Europäisiertes Energierecht in Deutschland [1 ed.] 9783428519170, 9783428119172

In der vorliegenden Arbeit wird die europäische Strommarktliberalisierung thematisiert. Aufgezeigt wird unter anderem di

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Europäisiertes Energierecht in Deutschland [1 ed.]
 9783428519170, 9783428119172

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Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Band 37

Europäisiertes Energierecht in Deutschland Von

Cederick Allwardt

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

CEDERICK ALLWARDT

Europäisiertes Energierecht in Deutschland

Beiträge zum Europäischen Wirtschaftsrecht Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Europäisches Wirtschaftsrecht der Universität Erlangen-Nürnberg durch die Professoren Dr. Thomas Ackermann und Dr. Karl Albrecht Schachtschneider

Band 37

Europäisiertes Energierecht in Deutschland

Von

Cederick Allwardt

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat diese Arbeit im Jahre 2004 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D 29 Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0947-2452 ISBN 3-428-11917-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern Marie-France Allwardt und Dr. Fritjof Allwardt

Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht der Friedrich-Alexander-Universität in Nürnberg. Während dieser sehr prägenden Zeit habe ich von vielen Seiten Unterstützung erfahren, für die ich mich an dieser Stelle bedanken möchte. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider. Zahlreiche Gespräche, wichtige Hinweise und wertvolle Anregungen zu jeder Tages- und Nachtzeit, die mich sowohl fachlich als auch persönlich weiterentwickelten, halfen mir, diese Arbeit entstehen zu lassen. Danken möchte ich ebenfalls Herrn Prof. Dr. Wolfram Reiß, der freundlicherweise die Mühen auf sich genommen hat, das Korreferat für diese Arbeit zu übernehmen. Der Gustav Schickedanz-Stiftung danke ich für die Gewährung eines Promotionsstipendiums, das mir insbesondere in der Anfangsphase dieser Arbeit erlaubte, mich voll auf diese zu konzentrieren. Dank gebührt ebenfalls der Staedtler-Stiftung für die Verleihung des Promotionspreises, mit dem ich die Veröffentlichung dieser Arbeit finanzieren konnte. Hilfreich war ebenfalls die Anstellung in der strategischen Unternehmensentwicklung bei der N-ergie AG während der Endphase meiner Promotion, wodurch ich wichtige und wertvolle Einblicke in die praktische Umsetzung dieser Arbeit erhalten habe. Herzlich danken möchte ich des weiteren meinen Kollegen und Kolleginnen Dr. Angelika Emmerich-Fritsche, Thomas Koch, Matthias Rost, Dr. Dagmar Siebold, Dr. Peter Wollenschläger und unserer Sekretärin Else Hirschmann, die mich in jeder Hinsicht unterstützt haben. Eng verbunden war ich in dieser Zeit vor allem auch mit den Kollegen und Kolleginnen vom Lehrstuhl für Bank- und Börsenwesen und dem Lehrstuhl für Gesundheitsmanagement. Viele sachdienliche, aber auch zahlreiche sachfremde Diskussionen und Beiträge, die insbesondere während der Mittagszeit vor allem auch mit meinem Arbeitskollegen Dr. Carlo Beck entwickelt wurden, machen mir meine Zeit in Nürnberg unvergessen. Mein größter Dank gilt schlußendlich meinen Eltern Marie-France und Dr. Fritjof Allwardt und meiner Schwester Virginie Allwardt, die meine Ausbildung stets förderten und mich unermüdlich unterstützten und motivierten, diese Arbeit zu einem erfolgreichen Ende zu führen. Nürnberg, im Dezember 2005

Cederick Allwardt

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

I.

Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

II.

Rechtsakte und Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die wichtigsten europäischen Rechtsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Europäischer Gemeinschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fassung von 1996 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fassung von 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Regenerativstromrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die wichtigsten deutschen Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . b) Energiewirtschaftsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fassung von 1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fassung von 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erneuerbare-Energien-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Stromeinspeisungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erneuerbare-Energien-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Energiesicherungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32 34 37 39 39 43 48 50 50 53 53 62 66 66 68 76 84 85 87 93 97

III.

Rahmenbedingungen vor der Liberalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geschichtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deutschland vor der Energierechtsreform von 1998 . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tarifkunden und Sonderabnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Wettbewerbsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Mißbrauchsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Demarkationsvertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Konzessionsvertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Entwicklung der Konzessionsabgabenverordnung . . . . . . (2) Konzessionsabgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99 99 100 101 102 103 104 106 106 107

10

Inhaltsverzeichnis dd) Preisbindungsvertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Verbundvertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anschluß- und Versorgungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zugang Dritter zum Übertragungsnetz und Durchleitung . . . . . . . . . . 3. Die Energiewirtschaften der Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die übrigen Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109 111 111 113 114 115 116 117

IV.

„Drei-Stufen-Konzept“ des Elektrizitätsbinnenmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die erste Stufe der Strommarktliberalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die zweite Stufe der Strommarktliberalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die dritte Stufe der Strommarktliberalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

118 118 120 122

V.

Energieordnung in der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Energiepolitische Ziele und Aufgaben der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . a) Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Europapolitische Ermächtigung der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Harmonisierungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besondere Ermächtigung – Richtlinienkompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . c) Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Regenerativstromrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gemeinwohl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirtschaftspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Chancengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wettbewerb und Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unterteilung der Wettbewerbsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vorschriften an Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Vorschriften an Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wettbewerbsfreistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wettbewerbsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Begriff des Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kartellrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wettbewerb im Energiebereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Begriff der Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Tatbestand der staatlichen Mittelbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Beihilfen im Energiebereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Warenverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Elektrizität als Ware oder Dienstleistung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zwischenstaatlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

123 123 123 125 126 127 129 131 134 136 136 137 138 139 140 140 141 145 145 147 150 152 152 154 155 155 156 161

Inhaltsverzeichnis

VI.

11

c) Maßnahmen gleicher Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit im Energiebereich . . . . . . . 6. Umweltschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Umweltschutz als Gemeinschaftsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Europäisches Umweltprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Querschnittsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ressourcenschonung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vorsorge- und Verursacherprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Industriepolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff der Industriepolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geschichtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Grenzen der Industriepolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

163 165 167 167 168 169 172 172 173 173 174 175 177

Energieordnung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Demarkationsvertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Konzessionsabgabenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Allgemeine Versorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stromerzeugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Netzzugang in der Energiewirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff des Zugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Netzzugang nach der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie . . . . . . . . . . . . c) Netzzugang nach dem Energiewirtschaftsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verhandelter Netzzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Netzzugangsalternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Regulierter Netzzugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Netzzugang nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . aa) Anschlußberechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anschlußverpflichteter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kosten der Netzanbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Aufstellungsort der stromerzeugenden Anlage . . . . . . . . . . . . (2) Kosten des Leitungsbaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Netzanschlußkosten und Netzverstärkungskosten . . . . . . . . . . (4) Freistellung von der Ausbaupflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zugangsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stromdurchleitung in der Energiewirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff der Durchleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die vorhandene Infrastruktur – eine technische Analyse . . . . . . . . . . . c) Der Anspruch auf Durchleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

179 179 179 179 180 181 182 184 185 186 187 190 190 192 193 193 194 195 195 197 198 203 204 204 205 206 207

12

Inhaltsverzeichnis d) Durchleitungsverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verweigerungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Grenzüberschreitende Durchleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Absolute Verweigerungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Kapazitätsmangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Reziprozität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Alleinabnehmersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Alternativer Leitungsbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Relative Verweigerungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Technische Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Wirtschaftliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Preisanpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Bestand von Lieferverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Durchleitungsverweigerung regenerativer Energien . . . . . . . . . . . . (1) Rationelle Energienutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Braunkohleschutzklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Abwägungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Durchleitungsverweigerung in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entflechtungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich und Ziel der Entflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtliche Entflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Operationelle Entflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Personen, die mit Leitungsaufgaben des Netzbetreibers betraut sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Personen, die mit wesentlichen Tätigkeiten des Netzbetriebs betraut sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Personen, die in anderen Teilen sonstige Tätigkeiten des Netzbetriebs ausüben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Sonstige Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Informationelle Entflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Buchhalterische Entflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Freistellungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Grundprinzipien der Entflechtungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gemeinsame Dienstleistungsabteilungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Finanzplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Netzpachtverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Anteilsbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik . . h) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

208 210 211 212 212 214 216 216 217 217 217 218 219 220 221 222 223 223 224 224 225 226 227 228 229 229 230 230 230 232 232 233 234 235 235 235 236

Inhaltsverzeichnis VII. Gemeinschaftsrechtliche Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 1. Problemskizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vom Stromeinspeisungsgesetz zum Erneuerbare-Energien-Gesetz . . . . . . 3. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Stromeinspeisungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Umsetzung der Regenerativstromrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Regenerative Energien und Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Das Verhältnis Wettbewerb, Beihilfe, Warenverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . 7. Spürbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spürbare Wettbewerbsbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Spürbare Beihilfebeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Verhältnismäßigkeit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . a) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Maßnahme des geringsten Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fördermodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Poolmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Bonusmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Quotenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Preisstützungsmechanismen aus Sicht der Kommission . . . . . cc) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Wettbewerbsverfälschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spürbare Wettbewerbsverfälschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Materielle Tatbestandsvoraussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wettbewerbsverzerrung zugunsten des Umweltschutzes . . . . . . . . . . . . aa) Angemessene Beteiligung der Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unerläßlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wettbewerbsausschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung . . . . . . . . . . . ee) Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts . . . ff) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kein Wettbewerbsverstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Beihilfeverstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Spürbare Beihilfebeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erfüllungstatbestände eines Beihilfeverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Staatliche Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Begünstigende Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Wettbewerbsverfälschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels . . . . . . . . . . . .

13 237 237 239 244 247 248 250 254 254 258 259 260 261 262 263 264 265 265 267 268 270 273 274 274 276 277 277 278 279 279 280 280 281 282 282 283 288 289 291

14

Inhaltsverzeichnis c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zulässige Beihilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Umweltschutz als Ausnahmetatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gemeinschaftsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen (2) Bindungswirkung von Gemeinschaftsrahmen . . . . . . . . . . . . . . (3) Begrenzte Bindungswirkung von Gemeinschaftsrahmen . . . . bb) Preisfestsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Abwälzung der Mehrbelastung auf den Kunden . . . . . . . . . . . . . . dd) Kostentragung als Ausdruck der Ressourcenschonung und des Vorsorge- und Verursacherprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Adäquate Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Kein Beihilfeverstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Umweltschutz als Ausnahmevorschrift des Art. 30 EGV . . . . . . b) Der Umweltschutz als zwingendes Erfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Diskriminierung auf nationaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Diskriminierung beim Stromexport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Diskriminierung beim Stromimport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Europäische Umweltpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nicht unterschiedslos anwendbare Regelungen in der neueren Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtfertigung nicht unterschiedslos anwendbarer Regelungen . . (1) Bestehen primär- und sekundärrechtlicher Regelungen . . . . . (2) Vorsorge- und Verursacherprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Maßnahme des geringsten Eingriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Keine Verletzung der Warenverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Die besondere Ausgleichsregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes a) Problemskizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Spürbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Spürbare Wettbewerbsbeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Spürbare Beihilfebeeinträchtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhältnismäßige Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verursacherprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Europarechtliche Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

291 292 293 294 295 297 301 302 303 306 307 309 310 312 315 317 318 319 320 322 322 323 325 327 328 330 330 330 332 332 335 335 336 336 339 340 341 341

Inhaltsverzeichnis

15

bb) Beihilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Staatliche Mittelbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Aufteilung der Vergütungszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kein Beihilfeverstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Warenverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Besondere Ausgleichsregel ist mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Verfassungsrechtliche Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Selektive Wirkung der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Willkürverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Selektivität des Unternehmenszweigs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Selektivität der Strommenge und der spezifischen Kosten . . . . . . ee) Besondere Ausgleichsregel ist verfassungswidrig . . . . . . . . . . . . . 13. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

341 342 343 344 344 345 345 345 347 349 351 352 353

VIII. Schlußfolgerung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reziprozitätsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Änderung des Fördermodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anpassung der Förderungssumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Förderung der technischen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

356 356 357 357 358 358

IX.

Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410

Abkürzungsverzeichnis a a. a. a. A. a. a. O. Abb. ABGB ABl. ABlEG Abs. Abschn. a. E. a. F. AG a. M. ÄMinölStG Anm. AöR ARE Art. AS-GVO ATS Aufl. AVBEltV AVBGasV AWZ Az. BAFA BAnz BauGB BayVBl. BayVGH BB Bd. BDI

Jahr aber auch anderer Ansicht am angegebenen Ort Abbildung Gesetz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Absatz Abschnitt am Ende alte Fassung Amtsgericht/Aktiengesellschaft am Main Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsgemeinschaft Regionaler Energieversorgungsunternehmen e. V. Artikel Antisubventionsgesetzesverordnung Österreichische Schilling Auflage Allgemeine Verordnung für die Bedingungen der Elektrizitätsversorgung Allgemeine Verordnung für die Bedingungen der Gasversorgung ausschließliche Wirtschaftszone Aktenzeichen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle Bundesanzeiger Baugesetzbuch Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Betriebs-Berater Band Bundesverband der Deutschen Industrie e. V., Berlin/Köln

Abkürzungsverzeichnis Beil. Beschl. BeschlEltRL. BeschlGasRL. Bewag BGB BGBl. BGH BGHZ BGW BiomasseV BKartA Bl. BMU BR-Drucks. BT-Drucks. BTOElt Bull. EG BVerfG BVerfGE bzw. c ca. cmlr const. Conv DDR Def. DE-R ders. DE-V d.h. dies. div. DÖV Drucks. DSWR DVBl. DVG DVO EAGV

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Beilage Beschluß Beschleunigungsrichtlinie Elektrizität (2003/54/EG) Beschleunigungsrichtlinie Gas (2003/55/EG) Berliner Kraftwerk und Licht AG, Berlin Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft Biomasseverordnung Bundeskartellamt Blatt Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bundesratsdrucksache Bundestagsdrucksache Bundestarifordnung Elektrizität Bulletin der Europäischen Gemeinschaften Bundesverfassungsgericht Bundesverfassungsgerichtsentscheidung beziehungsweise Cent circa Common market law reports konstant Konvent Deutsche Demokratische Republik Definition Deutschland-Rechtsprechung derselbe Deutschland-Verwaltung das heißt dieselben divers Die Öffentliche Verwaltung Drucksache Datenverarbeitung Steuer, Wirtschaft (und) Recht Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Verbundgesellschaft e. V., Heidelberg Durchführungsverordnung Europäische Atom-Gemeinschaftsvertrag

18 ECCP ECU ECV ed. EdF EEAusbG EECH EEG EE-Strom EEX EG EGKSV EGV EG-WbR EL El-Ex ElTR EltRL EnBW endg. E.N.E.L. EnPrR EnSG EntEEAG

EntEnWG EnWG E&P Erl. erw. ErwGr. ET etc. EU EuGeI EuGH

Abkürzungsverzeichnis Europäisches Programm zur Klimaänderung (European Climate Change Programme) European Currency Unit Vertrag über die Energiecharta editors Electricité de France S.A., Paris/Frankreich Gesetz für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien im Strombereich (vom 31.07.2004) Europäische Energiecharta Erneuerbare-Energien-Gesetz Elektrizität aus erneuerbaren Energieträgern European Energy Exchange AG, Leipzig Europäische Gemeinschaft Vertrag der Europäischen Gemeinschaft für Kohle Stahl (auch Montanunion) Europäischer Gemeinschaftsvertrag EG-Wettbewerbsrecht Ergänzungslieferung electricity-exchange – The Nordic Power Exchange (skandinavische Strombörse), Finnland Elektrizitätstransitrichtlinie (RL 90/547/EWG) Elektrizitätsrichtlinie (RL 96/92/EG) Energie Baden-Württemberg AG, Karlsruhe endgültig Ente Nazionale Energia Elettrica impresa già della Edisonvolta SpA, Rom/Italien Energiepreisrecht Energiesicherungsgesetz Entwurf eines Gesetzes für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien im Strombereich (Entwurf des Bundestages vom 18.11.2003) Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes Energiewirtschaftsgesetz Euroheat & Power Erläuterung erweiterte Erwägungsgrund Energiewirtschaftliche Tagesfragen et cetera Europäische Union Gericht erster Instanz des Gerichtshofs der EG Europäischer Gerichtshof

Abkürzungsverzeichnis EuGRZ EuR EUR EURATOM EuZW e. V. E.V.A. evtl. EVU EWG EWGV EWIV EWR f. FAZ ff. Fn. FNA FS FTD FusionsKVO GA GasTRL GD GewArch GewO GG ggf. GRUR Int GWB GWG GWh Hdb. HEA HEW HGB hib Hinw. hrsg. Hrsg. HSE

19

Europäische Grundrechte-Zeitschrift Europarecht Euro Europäische Atomgemeinschaft Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht eingetragener Verein Energieverwertungsagentur eventuell Elektrizitätsversorgungsunternehmen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung Europäischer Wirtschaftsraum folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung fortfolgende Fußnote Fachnormenausschuß Festschrift Financial Times Deutschland Fusionskontrollverordnung Generalanwalt Gastransitrichtlinie (RL 91/296/EWG) Generaldirektion Gewerbearchiv (Zeitschrift für Gewerbe- und Wirtschaftsverwaltungsrecht) Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung Gaswirtschaftsgesetz Gigawattstunde (= 1000 MWh) Handbuch Fachverband für Energie-Marketing und -Anwendung Hamburgische Elektrizitäts-Werke AG, Hamburg Handelsgesetzbuch heute im bundestag Hinweis herausgegeben Herausgeber HEAG Südhessische Energie AG, Darmstadt

20 HStR i. A. i. d. F. i. d. F.v. i. d. R. i. d. S. IDW i. E. insb. internat. IPP i. S. v. IT i. V. m. IVU IWR JCMS Jg. JORF KAE Kap. Kart. KAV km Komm. Kraft BevV KRK kV kW kWh KWK-AG KWKG LAUBAG LG lit. Lit. LM ME m. H. Mio. Mitverf.

Abkürzungsverzeichnis Handbuch des Staatsrechts im Auftrag in der Fassung in der Fassung vom in der Regel in diesem Sinne Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. im Erscheinen insbesondere international Independent Power Producer (unabhängiger Stromerzeuger) im Sinne von Informationstechnologie in Verbindung mit Integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung Internationales Wirtschaftsforum Regenerative Energien, Münster Journal of Common Market Studies Jahrgang Journal officiel de la République française Anordnung über Konzessionsabgaben in Elektrizitätsbetrieben Kapitel Kartell Konzessionsabgabenverordnung Kilometer Kommentar Kraftwerksbevorratungs-Verordnung Klimarahmenkonvention Kilovolt Kilowatt Kilowattstunde Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz Lausitzer Braunkohle AG, Senftenberg Landgericht littera Literatur Lindemaier-Möhring – Nachschlagewerk des BGH Marktplatz Energie mit Hinweisen Millionen Mitverfasser

Abkürzungsverzeichnis Mrd. MW MWh m. w. Nachw. m. zahlr. w. Nachw. nat. NETA NeuregelungsG n. F. NFFO NJW NJWE n. n. ersch. No. Nr. NTC NTPA NuR NVwZ o. OLG öS o. V. p.a. RBeil. RdE Rdn. RegStRL REGTP Rep. RGZ RIW RL Rs. Rspr. RTW RWE s. S. s. a. SAEG

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Milliarden Megawatt Megawattstunde (= 1000 kWh) mit weiteren Nachweisen mit zahlreichen weiteren Nachweisen national New Energy Trading Arrangements Neuregelungsgesetz (Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes) neue Fassung Non Fossil Fuel Obligation Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift – Entscheidungen noch nicht erschienen number (Nummer) Nummer Net Transfer Capacitites (Netzübertragungskapazität) Negotiated Third Party Access (verhandelter Netzzugang Dritter) Natur und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht ohne Oberlandesgericht Österreichische Schilling ohne Verfasser per anno Rechtsbeilage zur Elektrizitätswirtschaft Recht der Energiewirtschaft Randnummer Regenerativstromrichtlinie (2001/77/EG) Bundesregulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post Republik Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Richtlinie Rechtssache Rechtsprechung Recht Technik Wirtschaft Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerke AG, Essen siehe Satz/Seite siehe auch Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaft

22 SAVE sc. SchdVfS Slg. s. o. sog. Sp. SPIC Spstr. StGB StrEG StromStG st. Rspr. SZ TEN TerrBG Textziff. ThürVBl. TKG TPA TranspRL TÜV Tz. u. u. a. UA UCPTE

Urt. USA usw. u. U. V v. v. a. VDEW VDI VEAG verb. VerstaatlichungsG VEW

Abkürzungsverzeichnis Specific Actions for Vigorous Energy Efficiency (effizientere Nutzung von Energie in der Europäischen Gemeinschaft) scilicet Schriften des Vereins für Socialpolitik Sammlung siehe oben sogenannte(s) Spalte Service public industriel et commercial Spiegelstrich Strafgesetzbuch Stromeinspeisungsgesetz Stromsteuergesetz ständige Rechtsprechung Süddeutsche Zeitung Transeuropäische Netze Terrorismusbekämpfungsgesetz Textziffer Thüringer Verwaltungsblätter Telekommunikationsgesetz Third Party Access Transparenzrichtlinie (RL 90/377/EWG) Technischer Überwachungsverein Textzahl und und andere/unter anderem Unterabsatz Union pour la Coordination de la Production et du Transport de l’Electricité (Union für des Koordinierung der Erzeugung und des Transports elektrischer Energie) Urteil United States of America und so weiter unter Umständen Volt vom/von vor allem Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke e. V., Frankfurt/Main Verein Deutscher Ingenieure Vereinigte Energiewerke AG, Berlin verbundene Verstaatlichungsgesetz Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen AG, Dortmund

Abkürzungsverzeichnis VG vgl. VIAG VIK VIK-Mitt. VKU VO Vorbem. Vorlagebeschl. VuR VV VV II+ VVDStRL VVerstrG VwGO WettbR WK WM WRP WRV WuW WuW/E ZAU z. B. ZEuS ZfE ZfK ZHR Ziff. ZIP ZNER ZUR

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Verwaltungsgericht vergleiche Vereinigte Industrie-Unternehmungen AG, Düsseldorf Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft e. V., Essen VIK.-Mitteilungen Verband kommunaler Unternehmen e. V., Köln Verordnung Vorbemerkung Vorlagebeschluß Verbraucher und Recht Verbändevereinbarung Verbändevereinbarung II plus Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Viertes Verstromungsgesetz (Gesetz zur Sicherung des Einsatzes von Steinkohle in der Verstromung in den Jahren 1996 bis 2005) Verwaltungsgerichtsordnung Wettbewerbsrecht WirtschaftsKurier Wertpapier-Mitteilungen Wettbewerb in Recht und Praxis Verfassung des Deutschen Reichs (Weimarer Reichsverfassung) Wirtschaft und Wettbewerb Entscheidungssammlung der Wirtschaft und Wettbewerb Zeitschrift für angewandte Umweltforschung zum Beispiel Zeitschrift für Europarechtliche Studien Zeitschrift für Energiewirtschaft Zeitung für kommunale Wirtschaft Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für neues Energierecht Zeitschrift für Umweltrecht

Einleitung Kennzeichnend für die traditionellen, historisch gewachsenen Strukturen der Versorgungssysteme, die sich mit der Versorgung der Bevölkerung mit leitungsgebundener Energie, insbesondere mit Strom, befassen, ist die weitgehende Ausschaltung von Bezugsalternativen der Abnehmer. Hintergrund dieser Konzeptionsebenen ist die Auffassung, daß Sicherheit und Preiswürdigkeit am ehesten gewährleistet ist, wenn nur ein Unternehmen mit der Versorgung des Gebietes betraut ist1. Trotz der unbestreitbaren Leistungen der Versorgungssysteme werden diese, wegen ihrer antikompetitiven Wirkung, in der Europäischen Gemeinschaft heutzutage wirtschaftspolitisch in dieser Form nicht mehr akzeptiert. Im Zuge vieler Strukturreformen, genannt sei hier vor allem die Privatisierung einstiger Staatsunternehmen, insbesondere der Energieunternehmen, hat sich ein großer Wandel eingestellt. Wegen der verschiedenen energierechtlichen Ausgestaltungen der mitgliedstaatlichen Märkte und somit auch den unterschiedlichen nationalen Interessen2 sind die Strukturen der Energieunternehmen und die damit verbundenen Gebietsversorgungen von der Sache her zwar ähnlich, aber nicht gleich organisiert. Die Gebietsversorgung kann beispielsweise einem einzigen staatlichen Monopolunternehmen übertragen sein (Frankreich, Italien). Sie kann von einer aus Staatsunternehmen gebildeten Versorgungsorganisation, also zu einer in einem Pool organisierten Elektrizitätswirtschaft, in der Abnehmer- und Lieferantenwahl möglich ist, durchgeführt werden (ehemals Großbritannien) oder aber privatwirtschaftlichen Unternehmen überantwortet sein, die, unter weitreichender staatlicher Aufsicht stehend, zur Versorgung ihres Gebietes verpflichtet sind, dafür aber nicht fürchten müssen, daß konkurrierende Anbieter in ihr Gebiet eindringen (Deutschland, Vereinigte Staaten)3. 1 J. F. Baur, Einleitende Worte, in: ders. (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, 1989, S. 11; auch P. Leipertz, Die 2. Stufe des Energiebinnenmarkts und ihre Umsetzung auf bundesdeutscher Ebene, 1997, S. 2 m. w. Nachw.; dazu allgemein H. Steeg, Versorgungssicherheit in liberalisierten Energiemärkten, ET 1999, 118 ff. 2 Als Beispiel sei hier der Ausstieg der Deutschen aus der Kernkraft genannt, wohingegen Frankreich gerade diese weiter ausbaut. 3 J. F. Baur, Einleitende Worte, in: ders. (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, S. 11; ders., Die politische Einigung über die Elektrizitäts-Binnenmarkt-Richtlinie, ET 1996, 474; s. a. T. Oppermann, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rdn 1321 f. m. w. Nachw.

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Einleitung

Um einen harmonisierten Elektrizitätsbinnenmarkt auf europäischer Ebene zu schaffen, werden die Strommärkte der Mitgliedstaaten geöffnet und gegeneinander in Wettbewerb gestellt. Die zentrale Zielsetzung der Energiepolitik der Europäischen Union ist die Herstellung eines harmonisierten Energiemarktes, die Bewältigung der Einfuhrabhängigkeit von Drittstaaten sowie eine dauerhafte Energieversorgung mit einer Erhöhung der Versorgungssicherheit und der Lebensqualität der Bürger und die Verbesserung des Umweltschutzes. Voraussetzung, um die genannten Ziele zu wirtschaftlich und ökologisch akzeptablen Bedingungen zu erreichen, ist vor allem die Diversifizierung und die Flexibilität der Versorgung, die rationelle Energienutzung in allen Bereichen, die Förderung der Energietechnologien und die Forschung4. Weitergehende Maßnahmen, die auf freiwilliger Basis oder die im Zuge von weiteren Reformen der Gemeinschaftsverträge zugunsten einer weiteren Vergemeinschaftung der Energiepolitik beschlossen werden könnten, werden nicht ausgeschlossen5. Durch die Strommarktliberalisierung verspricht man sich darüber hinaus Arbeitsplätze zu schaffen6. Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz wird dies in Deutschland vor allem im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen erwartet. Begründet wird dies damit, daß zur Realisierung der Entwicklung und des Aufbaus „regenerativer Kraftwerke“ Impulse für mehrere Industriezweige, wie der Metall- und elektrotechnischen Industrie, im Maschinen-, Motoren- und Apparatebau sowie in der Baustoffindustrie, ausgehen werden7. Auch in der Landwirt4

Vgl. ABlEG 1995, Rs. C 327/3 v. 07.12.1995. Vgl. Weißbuch der Kommission zur Energiepolitik; ähnlich auch T. Oppermann, Europarecht, Rdn 1347. 6 So T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1471, m. w. Nachw.; ABlEG 2001, Rs. C223/294 (295) Erwägung 1 v. 08.08.2001; so auch U. Kirstein, Die regenerativen Energien auf der Überholspur: Mit neuer Energie auf dem Markt, WK 8/2001, S. 24; anders mhm, Verbundunternehmen: Drastischer Stellenabbau erwartet Handelsblatt v. 11.03.1998, S. 8; o. V., Verdrängungswettbewerb und Konsolidierung, WK 01/2003, S. 28, hier belegen konkrete Zahlenbeispiele den Abbau der Arbeitsplätze um rund 25%; s. a. Fn. 2. 7 Vgl. Deutscher Bundestag, Begründung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz v. 25.02.2000, Anhang, A. Allgemeiner Teil. (BT-Drucks. 14/2776, S. 18); die IG rechnet mit 50.000 Arbeitsplätzen für die Produktion und 30.000 für die Inspektion und Wartung von Windkraftanlagen, auch soll die Exportquote von 20 Prozent bei Windkraftanlagen auf 80 Prozent gesteigert werden, abgedruckt in: hib, Nr. 38, vom 15.02.2000; anders aber die Europäische Kommission, die den Hauptgrund des Beschäftigungsrückganges eben gerade mit dem technischem Fortschritt begründet; weiterhin gesteht sie ein, daß sich dieser Prozeß durch die Marktöffnung beschleunigt hat – vor allem im Elektrizitätssektor, in: KOM(2001) 125 endg., S. 28; a. A. schon 1997 J. Grawe, Hauptgeschäftsführer der VDEW, der meinte: „Die Beschäftigungseffekte sind, sofern sie sich überhaupt seriös ermitteln lassen, auf jeden Fall gering“ in: W.-D. Michaeli, Disput um das Stromeinspeisungsgesetz, ET 1997, 566. Allerdings präsentiert der Europäische Rat auf seiner Tagung am 23./24. März 2000 in Lissabon als Abhilfe, das neue strategische Ziel der Union für das kommende Jahrzehnt, mit den extrem hochgesetzten Zielen: „die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen – einem Wirtschafts5

Einleitung

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schaft wird durch die mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verbundene energetische Biomassenutzung ein wirtschaftlicher Aufschwung erwartet8. Die Realität zeigt allerdings, daß die Beschäftigungszahlen seit 1990 im Elektrizitätssektor rückläufig sind9. Selbst die Europäische Kommission geht davon aus, daß die Einführung des Wettbewerbs zumindest kurzfristig zu einem Rückgang der im Elektrizitätssektor Beschäftigten führen und sich die Beschäftigungszahl erst mittel- und langfristig wieder erhöhen wird10. Durch den entstehenden Wettbewerb und den Wegfall von Beihilfen und Demarkationsverträgen tritt der Faktor der Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund, so daß vormalige Monopolisten sich an den geänderten Rechtsrahmen anpassen und ein Wettbewerbsdenken entwickeln müssen. Preise und Leistungen können nicht mehr nur diktiert, Stromdurchleitungen nicht mehr ohne weiteres verweigert werden; Kunden müssen nun umworben werden.

raum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen“. Weiterhin soll diese Strategie „die Union in die Lage versetzen, wieder die Voraussetzungen für Vollbeschäftigung zu schaffen und den regionalen Zusammenhalt in der Europäischen Union zu stärken“. 8 s. Fn. 7. 9 KOM(2001) 125 endg. v. 13.03.2001, S. 28; für die neuere Entwicklung, s. Industrie, Handel und Dienstleistungen: Entwicklung der Arbeitseinsatzindikatoren im dritten Quartal 2001, in: Europäische Gemeinschaft (Hrsg.), Statistik kurz gefasst, Thema-4, 5/2002, 2, 4 ff.; Zahlen nennend nach denen zwischen 13 und 18% der Arbeitsplätze abgebaut wurden seit Einführung des Wettbewerbs U. Heilemann/B. Hillebrand, Liberalisierung der Strom- und Gasmärkte – Erwartungen und erste Ergebnisse, RWI-Papiere, 2001, Nr. 73, S. 21; anders allerdings sse, Windenergie bringt auch Auftrieb für den Maschinenbau, WK 11/2002, S. 4. 10 Vgl. KOM(2001) 125 endg. v. 13.03.2001, S. 27 f.

I. Problemstellung Durch die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Binnenmarktes gewinnen zwischenstaatliche Verflechtungen von Unternehmen und grenzüberschreitende Geschäfte zunehmend an Bedeutung. Fast alle Wirtschaftszweige sind davon berührt. Der Energiesektor war hiervon lange Zeit weitgehend unbetroffen. In den meisten Mitgliedstaaten war die Energieversorgung bis zum Inkrafttreten der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (RL 96/92/EG) am 19. Februar 1997 sowohl staatlich als auch monopolistisch organisiert1. Der Zweck der Einführung von Wettbewerb ist bekanntermaßen, daß eine Effizienzsteigerung bei gleichzeitiger Preissenkung für die Masse der Endverbraucher zu erreichen gesucht wird2. Dies hat direkte Konsequenzen auf die Volkswirtschaften der betroffenen Staaten. Energieintensive Industrien, wie beispielsweise die Petro- und Chemieindustrie, begrüßen diesen Schritt3, weil insbesondere sie von der Kostensenkung profitieren. Wichtig ist dies vor allem auch für in Deutschland produzierende Unternehmen wegen des hiesigen verhältnismäßig hohen Energiepreisniveaus4, wodurch die internationale Wettbewerbsfähigkeit gefährdet sein könnte5. 1 Als einzige Ausnahme kann hier wohl lediglich Großbritannien genannt werden, wo bereits 1989 mit dem Electricity Act, also rund zehn Jahre vor allen anderen europäischen Mitgliedstaaten, durch eine Neuordnung der Versorgungsstruktur eine gewisse Liberalisierungsstruktur erreicht wurde. Dazu ausführlicher B.-M. Zinow, Rechtsprobleme der grenzüberschreitenden Durchleitung von Strom in einem EG-Binnenmarkt für Energie, 1991, S. 50 ff.; A. Rapp, Die gemeinschaftsrechtliche Verwirklichung von Wettbewerb in der leitungsgebundenen Energiewirtschaft, 1992, S. 33 ff. 2 So sind seit der Umsetzung der Elektrizitätsrichtlinie in fast allen Mitgliedstaaten die Strompreise für die Industriekunden gesunken, so in der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur Vollendung des Energiebinnenmarkts, KOM(2001)125 endg. v. 13.03.2001, S. 7 ff., 27. 3 Erstaunlicherweise haben aber gerade diese, zumindest Anfang der neunziger Jahre, keineswegs auf eine Reform in der Stromwirtschaft gedrängt, so in Deregulierungskommission, Marktöffnung und Wettbewerb: Berichte 1990 und 1991, Rdn. 317, S. 78. 4 s. Bull. EG 1-1987; H.-J. Budde, Liberalisierung der Stromversorgung im EG-Binnenmarkt, ET 1992, 528 ff.; zum Strompreisvergleich von Deutschland und Frankreich vgl. I. Scheffkes, Subventionen für die EdF?, VIK-Mitteilungen 3-1987, S. 66 ff.; VIK-Tagung: Liberalisierungsbedarf – Energiekosten als Standorthandicap, Handelsblatt Nr. 210 v. 30.10.1996, S. 19; zum europaweiten Strompreisvergleich s. W. Harms, Perspektiven des deutschen und europäischen Wettbewerbsrechts für die Energiewirtschaft, in: ders. (Hrsg.), Konturen eines EG-Energiemarkts, 1989, S. 244 ff. m. w. Nachw.; einen vergleichenden Überblick über Industriestrompreise gibt W. Schulz/Y.-P. Willers, Internationale Industriestrompreise, 1992; aktuelle Entwicklungen

I. Problemstellung

29

Die Harmonisierung des europäischen Strombinnenmarktes zeichnet sich aber nicht nur dadurch aus, daß die Energieversorgungsunternehmen gegeneinander in Wettbewerb gestellt werden, sondern auch dadurch, daß dem Umweltschutz besondere Aufmerksamkeit beigemessen wird. Im Vergleich zu vielen anderen Industriezweigen sind Energieunternehmen darüber hinaus mit einer Ware und Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut, die, verständlicherweise, als existentiell gilt6. Die „ständige Verfügbarkeit ausreichender Energiemengen ist eine entscheidende Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der gesamten Wirtschaft“7.

So gilt es, die Versorgungspflicht, -sicherheit, -kontinuität, die Stabilität und die Finanzierbarkeit und nicht zuletzt auch den Umweltschutz bestmöglich zu realisieren. Insbesondere aber, um dem Umweltschutz gebührend nachzukommen, sind sowohl auf europäischer als auch auf deutscher Ebene Vorschriften erlassen worden, welche eine differenzierte Betrachtung der sonst allgemein gültigen europäischen Wettbewerbsregeln nach sich ziehen8. So zielt das Erneuerbare-Energien-Gesetz in erster Linie darauf ab, den Anteil regenerativer Energien zur Stromproduktion von 6%9 bis zum Jahr 2010 auf 12% zu verdoppeln10. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht das deutsche Gesetz vor, regenerativ erzeugten Strom, dem durch fossile Quellen produzierten Strom vorzuziehen. Dies gilt aber nur für in Deutschland hergestellten erneuerbaren Strom, nicht für ausländischen. Einerseits könnten und werden beide Tatbestände zum Teil als verbotene Maßnahmen mit diskriminierender Wirkung im Sinne des EG-Vertrags angesehen. Andererseits wird dieses Ziel für den gesamten Bruttoinlandsder Industriestrompreise aber auch der privaten Haushalte findet sich in o. V., Verdrängungswettbewerb und Konsolidierung, WK 01/2003, S. 28. 5 Vgl. H. Michaelis, Der Weg zu einem europäischen Binnenmarkt für Energie, ET 1996, 216; B. Gellner, Quo vadis Energiepolitik?: Kernenergie als Option erhalten, Arbeitgeber, 10/53-2001, 38, 41; zum Teil können produzierende Unternehmen in Deutschland des weiteren auch von der besonderen Ausgleichsregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes profitieren, wodurch sie ihren inländischen Wettbewerbern bessergestellt werden, dazu ausführlich in Kap. VII. 12. 6 Vgl. BT-Drucks. 14/7509 v. 14.11.2001, so auch C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, 2001, S. 1 f.; i. d. S. auch T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1329; A. Rinne, Die Energiewirtschaft zwischen Wettbewerb und öffentlicher Aufgabe, S. 197, Rdn. 10; vgl. auch Kap. V. 5. a). 7 BVerfGE 30, 292, 323 f. 8 Dies ist unter gewissen Umständen beispielsweise im Rahmen des Art. 90 Abs. 2 EGV möglich. Dazu ausführlich in Kap. VII. 9 Bezogen auf das Jahr 2000. Stromverbrauch in der BRD 500 Mrd kWh/Jahr, vgl. dazu FAZ, Mo. 29.01.2001, S. 16. 10 Die Referenzwerte für die nationalen Richtziele der Mitgliedstaaten für den Anteil von Strom aus erneuerbaren Energiequellen am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2010, sind abgedruckt im Anhang der Richtlinie 2002/77/EG zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt, ABlEG 2001, Rs. L 283/33 v. 27.10.2001.

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I. Problemstellung

energieverbrauch der Europäischen Union vorgegeben11. Diese Zwielichtigkeit stellt Unternehmen, Regierungen und Rechtsprechung vor Probleme, die über viel Konfliktpotential verfügen. Zur Energierechtsreform im Jahr 1998 war die Rechtslage der Marktordnung verhältnismäßig unbestimmt, so daß eine detaillierte Bestimmung der Rechte und Pflichten der Marktteilnehmer nicht ohne weiteres möglich war. Erst im Laufe der Zeit und der Akkumulation von Erfahrungswerten war es sowohl für den europäischen als auch für den deutschen Gesetzgeber möglich, durch den Erlaß und die Novellierung von Richtlinien und deren Umsetzung in nationales Recht Unklarheiten vermehrt zu beseitigen. Einzelfallentscheidungen bleiben dennoch bestehen12. Aus deutscher Sicht äußert sich das insbesondere in der Frage der Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes, jetzt Erneuerbare-Energien-Gesetz13, mit dem Gemeinschaftsrecht14. Durch die Einführung der besonderen Ausgleichsregel in das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Jahr 2003 lassen sich neuerdings auch verfassungsrechtliche Probleme erkennen. Mit vornehmlicher Beachtung der deutschen Gesetze, vor allem dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, aber auch dem Energiewirtschaftsgesetz, die der Umsetzung wichtiger europäischer Richtlinien im Strombereich mit dem Ziel der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Strommarktes dienen, werden die damit verbundenen Veränderungen nicht nur für die Energieversorgungsunternehmen, sondern auch für die Endverbraucher herausgearbeitet. Mit der besonderen Förderung regenerativer Energien durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz wird das Augenmerk auf die damit verbundenen gemeinschaftsrechtlichen Problematiken gelenkt. Im Mittelpunkt steht dabei die Vereinbarkeit der Förderung des Umweltschutzes mit den Wettbewerbs- und Beihilferegeln und dem zwischenstaatlichen Handel. Dabei gilt es für die vorliegende Arbeit, zwei wesentliche Punkte zu berücksichtigen. Zum einen wird der Schwerpunkt auf den Elektrizitätsbinnenmarkt gelegt. Die Regelungen im Gasmarkt sind teils sehr ähnlich, manchmal sogar analog anwendbar. Auf sie wird im Verlauf der Arbeit dennoch nicht detailliert eingegangen, sondern nur an den Stellen, an denen eine differenzierte Betrach11 Vgl. Weißbuch für eine Gemeinschaftsstrategie und einen Aktionsplan: Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger v. 26.11.1997, insb. S. 10, 12, 53; a. a. ABlEG 2000, Rs. C-311/320 (321) E v. 31.10.2000. 12 Ähnlich EuGeI v. 30.01.2002 – Rs. T-54/99 (max.mobil Telekommunikation Service/Kommission), Slg. 2002, II-313, Rdn. 48; EuGH, v. 16.10.2001 – verb. Rs. C396/99 und C-397/99 (Griechenland/Kommission), Slg. 2001, I-7590, Rdn. 24. 13 Das Stromeinspeisungsgesetz ist durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz ersetzt worden, das in seiner ersten Fassung am 29.03.2000 in Kraft getreten ist und am 01.08.2004 durch das Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz novelliert wurde; vgl. dazu ausführlich in Kap. II. 2. c). 14 Dazu ausführlich in Kap. V., insb. Kap. VII.

I. Problemstellung

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tung der Regelungen des Elektrizitätsbinnenmarkts ohne den Gasmarkt nicht möglich ist. Von der Sache her sind aber die in dieser Arbeit gemachten Ausarbeitungen auf den Gasmarkt übertragbar15. Wegen der sich ständig ändernden Rahmenbedingungen gilt es zum anderen, den zeitlichen Betrachtungsrahmen einzuschränken. Insbesondere in jüngerer Zeit stehen energierechtliche Änderungen nahezu monatlich an. So wurde erst in jüngster Zeit das Erneuerbare-Energien-Gesetz novelliert. Nachdem zahlreiche Gesetzesentwürfe vorgelegt wurden, ist die geänderte Fassung am 01. August 2004 in Kraft getreten. Ähnlich verhält es sich mit dem Neuregelungsgesetz, dessen erster Artikel das Energiewirtschaftsgesetz enthält. Der jüngste Vorschlag ist auf den 28. Juli 2004 datiert. Bis zu dessen endgültiger Verabschiedung, die nicht vor Mitte 2005 zu erwarten ist, werden voraussichtlich noch diverse Änderungen an der Gesetzesvorlage vorgenommen werden. In der vorliegenden Arbeit wird auf die novellierte Fassung des ErneuerbareEnergien-Gesetzes abgestellt. Um die novellierte Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes bei Vergleichen oder Änderungen von der vormaligen Fassung unterscheiden zu können, wird diese an den entsprechenden Stellen auch als Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz (EEAusbG) tituliert. Wird auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz im eigentlichen Sinne eingegangen, bleibt die ursprüngliche Bezeichnung bestehen. Weil die erneute Energierechtsreform noch nicht in Kraft getreten ist, liegt das Energiewirtschaftsgesetz in der Fassung vom 28. April 1998 zugrunde. Berücksichtigung findet der bis Redaktionsschluß zuletzt vorliegende Gesetzesentwurf vom 28. Juli 2004, der mit „EntEnWG“ abgekürzt wird.

15 Zum Gasmarkt M. Püstow, Die Liberalisierung der deutschen und französischen Gaswirtschaft, 2003.

II. Rechtsakte und Gesetze Wie in allen anderen Bereichen auch muß im Energierecht zwischen der europäischen Ebene und der nationalen Ebene unterschieden werden. Auf europäischer Ebene fand sich das Energierecht lange Zeit in drei Verträgen. Der Vertrag der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKSV) regelte bis zu dessen Außerkrafttreten den Kohlesektor. Der Europäische Atom-Gemeinschaftsvertrag, auch EURATOM genannt (EAGV), den der Nuklearpolitik. Hinsichtlich der übrigen Energieträger existieren keine speziellen Gesetze, so daß diese auf den Vertrag über die Europäische Gemeinschaft, den EG-Vertrag, gestützt sind1. Darüber hinaus gibt es vermehrt Richtlinien, die auf eine gemeinsame Ordnung des Elektrizitätsbinnenmarktes abzielen. Die wichtigsten Richtlinien, welche die Liberalisierung des Strommarktes bewirken, sind die sechs vom Rat erlassenen Richtlinien über die Transparenz der Preise für industrielle Endverbraucher, je eine über den Transit von Elektrizität- und Erdgaslieferungen, jeweils eine die gemeinsamen Vorschriften über den Elektrizitäts- und Gasbinnenmarkt betreffend2 und die Regenerativstromrichtlinie, welche die Vollendung des Binnenmarktes auf dem Energiesektor bezwecken3. Diese regeln aber nicht die Energiefragen im engeren Sinne. Sie zielen auf die Verwirklichung eines wettbewerblich ausgestalteten Energiemarkts ab. Diskutiert wird in neuerer Zeit auch der Erlaß von Richtlinien die Versorgungssicherheit, die Energieeinsparung und die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung betreffend4. Richtlinien, für deren Umsetzung es auf deutscher Ebene bereits wirksame Gesetze gibt. Durch die Liberalisierung der Energiemärkte werden in Deutschland insbesondere die kartellrechtlichen Privilegien von Demarkations- und ausschließlichen Konzessionsverträgen abgeschafft5.

1

Ähnlich auch T. Oppermann, Europarecht, Rdn 1319, 1322. Die beiden Richtlinien werden auch Elektrizitäts- (RL 96/92/EG) und Gasbinnenmarktrichtlinie (RL 98/30/EG) genannt und wurden beide durch eine jeweils novellierte Fassung ersetzt; dazu ausführlich in Kap. II. 1. 3 Zu den hier genannten Richtlinien s. Kap. IV., a. a. Kap. II. 1. 4 Vgl. zur Sicherheit der Elektrizitätsversorgung KOM(2003)740 endg. v. 10.12. 2003; zur Energieeffizienz KOM(2003)739 endg. v. 10.12.2003; zur Förderung der KWK, 2002/0185 (COD) v. 08.09.2003 und ABlEG 2002, Rs. C 291/182 v. 26.11. 2002. 5 Dazu und zu den weiteren Änderungen ausführlich in Kap. III. 2. b) bb), III. 2. b) cc), VI. 1. b), VI. 1. c). 2

II. Rechtsakte und Gesetze

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Im deutschen Recht sind seit 1935 das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)6 und seit 1973 das Energiesicherungsgesetz (EnSG)7 zentrale Vorschriften des Energierechts. Im Interesse des Umweltschutzes sind das Stromeinspeisungsgesetz (StrEG)8, ersetzt zunächst durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)9, und in jüngster Zeit durch das Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz (EEAusbG)10 und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG)11, ersetzt durch das Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz (KWK-AG)12, hinzugekommen. Diese Gesetze sind energierechtlich von großer Wichtigkeit. Weiterhin sei das Stromsteuergesetz (StromStG)13 erwähnt. Als weitere wichtige Regelung existiert auf nationaler Ebene noch die Bundestarifordnung Elektrizität (BTOElt)14, die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBEltV)15 und die Konzessionsabgabenverordnung (KAV)16. Sie regeln, weitgehend vom Energiewirtschaftsgesetz losgelöst, wichtige Bereiche des Energiewirtschaftsrechts und gelten auch nach der Energierechtsreform von 1998 fort17. Wegen der Liberalisierung des Elektrizitätsmarktes wurde das Energiewirtschaftsgesetz 1998 grundlegend geändert. Die bis dahin üblichen Monopole für Versorgungsunternehmen wurden verboten und der Netzzugang Dritter forciert. 6

s. Kap. II. 2. b). s. Kap. II. 2. e). 8 s. Kap. II. 2. c) aa). 9 s. Kap. II. 2. c) bb). 10 s. Kap. II. 2. c) cc). 11 s. Kap. II. 2. d) aa). 12 s. Kap. II. 2. d) bb). 13 BGBl. I/1999 S. 378 v. 24.03.1999, geändert durch Gesetz vom 16.12.1999 (BGBl. I/1999 S. 2432, ber. 2000 S. 440). 14 BGBl. I/1979 S. 1865 v. 26.11.1979; ehemals Tarifordnung für elektrische Energie (RGBl. I/1938 S. 915 v. 15.06.1938); dazu L. Müller, Handbuch der Elektrizitätswirtschaft, 2. Aufl. 2001, S. 376 ff.; ausführlich zur BTOElt V. Weigt, in: Danner, BTOElt, 37. EL 2000; U. Berkner/H. P. Hofmann/E. Schmitz, Die neue Bundestarifordnung Elektrizität, 1990; allerdings soll die BTOElt im Zuge der neuerlichen Energierechtsreform außerkraft treten (Art. 5 Abs. 2 Nr. 4 EntEnWG). 15 BGBl. I/1979 S. 684 v. 21.06.1979; parallel hierzu existiert auch die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) BGBl. I/1979 S. 676 v. 21.06.1979; ausführlich zur AVBEltV H. P. Hermann/H. Recknagel/J. Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, Band I u. II, 1981. 16 BGBl. I/1992 S. 12 v. 09.01.1992; geändert am 22.07.1999 (BGBl. I/1999 S. 1669); zur Konzessionsabgabenverordnung M. Cronenberg, Anwendungs- und Auslegungsfragen der neuen Konzessionsabgabenverordnung, ET 1992, 175 ff.; A. Feuerborn, in: Danner, KAV, 37. EL 2000. 17 Vgl. B. Scholtka, Das Konzessionsabgabenrecht in der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft, 1999, S. 105 ff.; im Zuge der abermaligen Reform des EnWG soll die BTOElt jedoch abgeschafft werden: vgl. Art. 5 Abs. 2 Nr. 4 EnWG-Novelle vom 23.06.2004; dazu auch Kap. III. 2. 7

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II. Rechtsakte und Gesetze

Deutschland befürwortete anfangs den des verhandelten Netzzugangs (§ 6 EnWG), zu dessen Umsetzung ergänzend Verbändevereinbarungen von verschiedenen Energieverbänden erarbeitet wurden, die Rahmenrichtlinien für den Netzzugang und die damit verbundenen Netznutzungsentgelte enthalten18. Sie haben zur Aufgabe, die rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Probleme des verhandelten Netzzugangs zu lösen, ohne diese vertraglich zu fixieren19. Allerdings handelt es sich dabei lediglich um Vorschläge zur Entgeltermittlung, die nicht rechtsverbindlich sind. Man spricht hier auch von „außergesetzlichen Übertragungsregelungen“, die nicht ganz unumstritten sind20. Durch die Neufassung der zwei gewichtigen Richtlinien zur Schaffung eines gemeinsamen Elektrizitäts- und Gasbinnenmarktes im Jahr 2003, die den verhandelten Netzzugang als Liberalisierungsmaßnahme nicht mehr zulassen sondern den regulierten Zugang forcieren, wird Deutschland zum Einlenken gezwungen, wodurch auch die Verbändevereinbarungen hinfällig werden. Die offizielle Umsetzungsfrist dafür ist der 01. Juli 2004. Im folgenden wird ein Einblick in die wichtigsten der oben erwähnten Gesetze und Richtlinien gegeben, bevor auf die Probleme eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes für Strom eingegangen wird.

1. Die wichtigsten europäischen Rechtsakte Wie viele andere Teilbereiche der Gemeinschaftspolitik auch basiert das europäische Energierecht sowohl auf europäischem Primärrecht als auch auf europäischem Sekundärrecht. Aus primärrechtlicher Sicht zeichnet sich die Energieordnung dadurch aus, daß sie ursprünglich in den drei europäischen Gründungsverträgen verteilt geregelt war: 1. dem Vertrag der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKSV)21, 2. dem Europäischen Atom-Gemeinschaftsvertrag (EAGV)22, 3. dem EWG-Vertrag, jetzt der EG-Vertrag (EGV)23. 18

Dazu in Fn. 125. Vgl. § 6 EnWG; vgl. a. W. Danner, in: ders., EnWG, 39. EL 2001, § 6, Rdn. 21 ff. 20 Dazu und ausführlich zu den Verbändevereinbarungen C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 183 ff. 21 EGKSV vom 18.04.1951 (BGBl. II/1952 S. 445 v. 29.04.1952) am 23.07.1952 in Kraft getreten (BGBl. II/1952 S. 978 v. 14.10.1952). 22 EAGV vom 25.03.1957 (BGBl. II/1957 S. 753 v. 27.07.1957) am 01.01.1958 in Kraft getreten (BGBl. II/1958 S. 1 v. 27.12.1957). 23 EGV vormals EWG vom 25.03.1957 (BGBl. II/1957 S. 753 v. 27.07.1957) am 01.01.1958 in Kraft getreten (BGBl. II/1958 S. 1 v. 27.12.1957). 19

1. Die wichtigsten europäischen Rechtsakte

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Der EGKS-Vertrag besitzt keine Gültigkeit mehr, weil er am 23. Juli 2002 außer Kraft getreten ist24, so daß der Energiebereich nunmehr durch die beiden letztgenannten Verträge geregelt wird. Jegliche energierechtlichen Regelungen des EGKS-Vertrags sind auf den EG-Vertrag übergegangen25. Allerdings enthält keines der drei Vertragswerke eine spezielle Energiekonzeption. Die beiden erstgenannten Vertragswerke beschäftigen sich mit Energie: Der eine mit Kohle und der andere mit Kernenergie. Beide wurden zu einer Zeit verfaßt, als die Probleme der Kohleversorgung und der Versorgung mit Natururan nicht mit der heutigen zu vergleichen war26. Die alten Verträge eignen sich daher nicht, den gegenwärtigen Ordnungsansprüchen gerecht zu werden. Für Kohle enthielt der EGKS-Vertrag eine Reihe von Vorschriften, die Finanzbestimmungen, Investitionen und finanzielle Hilfe, Erzeugung, Preise, Kartelle und Zusammenschlüsse, Beeinträchtigungen der Wettbewerbsbedingungen, Löhne und Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Frachten und Transporte und die Handelspolitik betrafen27. Diese Vorschriften wurden jedoch Anfang der fünfziger Jahre abgefaßt, als die Energiewirtschaft in Europa wesentlich auf Kohle beruhte, diese aber knapp war28. Für den Bereich der Kernenergie regelt der EAG-Vertrag die Voraussetzungen für die Bildung und Entwicklung der Kernenergieindustrie: Förderung der Forschung, Verbreitung der Kenntnisse, Gesundheitsschutz, Investitionen, gemeinsame Unternehmen, Versorgung, Überwachung der Sicherheit, Eigentum an spaltbaren Stoffen, gemeinsamer Markt und Außenbeziehungen29. Für die praktische Lösung derzeitiger Probleme mit dem Energieträger Kernenergie ergeben sich jedoch eine Reihe von Schwierigkeiten, so beispielsweise mit den Bereichen Brennstoffversorgung und -entsorgung. Der deutsche Gesetzgeber versucht, diese Probleme langfristig durch den Erlaß des Gesetzes zur geordneten Beendigung der Kernenergienutzung zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität30 zu lösen. 24 Art. 97 EGKSV; dazu ausführlich, auch unter welchen Umständen der Vertrag hätte verlängert werden können W. Obwexer, Das Ende der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, EuZW 2002, 517 ff. 25 Zur Integration des EGKSV in den EGV W. Obwexer, Das Ende der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, EuZW 2002, 518; P. Lauffer, Beihilfen für den Steinkohlenbergbau in der Europäischen Union nach 2002, 1998, insb. S. 17 ff.; R. Lukes, in: Dauses, M – Energierecht, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Rdn. 4. 26 Vgl. H. D. Jarass, Europäisches Energierecht, 1996, S. 13. 27 Geregelt im dritten Titel des EGKSV in den Art. 46–75 EGKSV. 28 Der Energiebedarf der Mitgliedstaaten wurde in den fünfziger Jahren zu ca. 90% aus Kohle gedeckt, vgl. T. Oppermann, Europarecht, Rdn 1323. 29 Geregelt im zweiten Titel des EAGV in den Art. 4–106 EAGV; zum Anwendungsbereich M. Pechstein, Elektrizitätsbinnenmarkt und Beihilfenkontrolle im Anwendungsbereich des Euratom-Vertrags, EuZW 2001, 307 ff. 30 BGBl. I/2002 S. 1351 v. 22.04.2002.

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II. Rechtsakte und Gesetze

Für Mineralöl und Erdgas sowie für Elektrizität und erneuerbare Energie enthält keines der Vertragswerke explizite Vorschriften. Schon 1974 hat der Europäische Gerichtshof klargestellt, daß der EG-Vertrag keine Ausnahmen für bestimmte Wirtschaftsbereiche kennt31, so daß die allgemeinen Vorschriften des EG-Vertrags daher auch im Energiebereich gelten32. Jede gemeinschaftliche Regelung, sofern sie weder im EGKS-Vertrag noch im EAG-Vertrag geregelt war oder ist, hat daher in Anwendung allgemeiner Regelungen des EG-Vertrags zu erfolgen. Auf europäischer Ebene bestimmt Art. 305 EGV, daß die spezielleren Regelungen des EGKS-Vertrags und des EAG-Vertrags trotz der umfassenden Regelung des EG-Vertrags auf ihren Teilgebieten fortbestehen und der EG-Vertrag, und damit auch das auf ihn gestützte Sekundärrecht, dort nur subsidiär gilt33. Somit kommen die allgemeinen Vorschriften und Ermächtigungen zur Anwendung, wie das auch für die anderen Teilbereiche der Wirtschaft gilt. Dementsprechend sind im Energiebereich zahlreiche Rechtsakte erlassen worden (Sekundärrecht), gestützt vor allem auf die Ermächtigung zur Rechtsangleichung in Art. 94 f. EGV sowie auf die Befugnisergänzungsvorschrift des Art. 308 EGV34. Allerdings wird auch immer wieder von der Wechselwirkung der drei Gemeinschaftsverträge gesprochen und das Ziel der drei Gemeinschaften als Ganzes herausgestellt. Dabei sollte jeder Vertrag im Lichte der beiden anderen interpretiert werden35. Wegen der dargestellten Begebenheiten wird im weiteren weder auf den EGKS-Vertrag noch auf den EAG-Vertrag eingegangen, weil deren Regelungen für den weiteren Verlauf der Arbeit unerheblich sind. Aus dem EG-Vertrag werden lediglich die Artikel vorgestellt, die unmittelbar zur Regelung der Energiewirtschaft herangezogen werden. Die im dritten Teil des EG-Vertrags verankerten Vertragsbestimmungen über die Grundfreiheiten sind als primäres Gemeinschaftsrecht ebenso für die Energiewirtschaft bedeutsam wie das Wettbe31 Vgl. EuGH v. 04.04.1974 – Rs. 167/73 (Kommission/Französische Republik), Slg. 1974, I-359, Rdn. 17/23; EuGH v. 30.04.1986 – verb. Rs. 209 bis 213/84 (Ministère Public/Asjes), Slg. 1986, I-1457, Rdn. 30 ff.; EuGH v. 27.01.1987 – Rs. 45/85 (Verband der Sachversicherer/Kommission), Slg. 1987, I-447, Rdn. 12 ff.; ähnlich R. Lukes, in: Dauses, M – Energierecht, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 7. EL 1999, Rdn. 55. 32 U. Hüffer/K. Ipsen/P. J. Tettinger, Die Transitrichtlinien für Gas und Elektrizität, 1991, S. 102 f.; zur Anwendung des EG-Vertrags auf primäre und sekundäre Energieträger T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1328 ff. 33 Vgl. C. Vedder, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, 14. EL 1999, Art. 232, Rdn. 8; H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, 3/47. 34 Vgl. J. Grunwald, in: M. Röttinger/C. Weyringer (Hrsg.), Handbuch der Europäischen Integration, 1991, S. 895; s. a. Fn. 38; ausführlich zu den europarechtlichen Kompetenzen J. F. Baur/H. Blask, Regelungszuständigkeiten der EG im Bereich Energie, ET 2002, 637 ff. 35 Vgl. auch EuGH, v. 13.06.1958 – Rs. 9/56 (Meroni/Hohe Behörde), Slg. 1958, I11, 27; durch den Wegfall des EGKS-Vertrags reduziert sich diese Feststellung auf zwei Gemeinschaftsverträge.

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werbsrecht mit dem Beihilferecht und die Rechtsangleichungsvorschriften36. Diese Vorschriften werden in späteren Kapiteln noch ausführlich behandelt, weil sie von großer Wichtigkeit sind37. Des weiteren werden noch die wichtige Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie und die Regenerativstromrichtlinie vorgestellt, die in den Bereich des sekundären Gemeinschaftsrechts fallen und für die nachfolgende Arbeit von besonderem Interesse sind. a) Europäischer Gemeinschaftsvertrag Die Praxis hat gezeigt, daß sich der überwiegende Teil der im Bereich der Energiepolitik erlassenen Vorschriften auf die Art. 100 und 308 EGV stützt, zunehmend auch auf Art. 95 EGV38. Grund dafür ist, daß der Vertrag bis zur Novellierung im Jahr 1992 in Maastricht keine speziellen Normen für den Bereich des Energierechts enthielt, insbesondere keine Vorschriften, die Aufgaben und Befugnisse der Europäischen Gemeinschaft speziell für den Energiebereich festlegten39. So war angedacht, einen Titel „Energiepolitik“ im EG-Vertrag zu verankern. Die Frage nach der Einführung eines Vertragstitels „Energie“ sollte gemäß Erklärung Nr. 1 zur Schlußakte des EU-Vertrags auf der Regierungskonferenz „Maastricht II“ 1996/97 geprüft werden, wozu es nicht kam40. In seinem Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa hat das Sekretariat des Konvents Energie nun endlich in den Bereich geteilter Zuständigkeiten aufgenommen41. Energiepolitische Fragestellungen stützen sich großenteils nach wie vor auf die 1992 eingefügten Vertragsteile, die nachfolgend dargestellt werden42. In Art. 3 Abs. 1 lit. u EGV werden Maßnahmen im Bereich Energie ausdrücklich als Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft bezeichnet. Allerdings kann Art. 3 EGV lediglich als Aufgabenkatalog gesehen werden, der keine Befugnisse überträgt. Die dort genannten Ziele finden meist eine Entsprechung in 36 Vgl. R. Lukes, in: Dauses, M – Energierecht, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Rdn. 68. 37 Insbesondere in Kap. V. und VII. 38 Vgl. A. Bleckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rdn. 2872; H. E. v. Scholz, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Anhang Energiepolitik, 4. Aufl. 1991, Rdn. 17; s. a. Fn. 34. 39 Vgl. H. D. Jarass, Europäisches Energierecht, S. 14. 40 Vgl. T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1319; E.-J. Mestmäcker, in: Immenga/ ders., EG-WbR, Bd. II, 1997, XII. Abschn.: Art. 37, 90, B, Rdn. 17. 41 Vgl. Art. 13 Conv 820/1/03 vom 27.06.2003. 42 Dazu auch E. Brand/A. Witthohn, Die energiepolitischen Handlungsmöglichkeiten der EG, ET 2002, 253 f. m. w. Nachw.; zur neueren Entwicklung J. F. Baur/H. Blask, Regelungszuständigkeiten der EG im Bereich Energie, ET 2002, 640 f.

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II. Rechtsakte und Gesetze

den Kompetenznormen des Vertrags43. Der EG-Vertrag enthält für die Gesamtheit des Bereichs der Energie jedoch keine entsprechende Kompetenznorm, sondern beschränkt sich auf einzelne Gebiete, wie den Auf- und Ausbau transeuropäischer Netze oder den Umweltschutz44. Die Transeuropäischen Netze regelt Titel XV des EG-Vertrags (Art. 154 ff. EGV). Er dient der Vollendung des Binnenmarktes und der Verbesserung der grenzüberschreitenden Infrastruktur. Dort ist ausdrücklich der Auf- und Ausbau der Energieinfrastruktur erwähnt45. Zudem steht in Art. 154 Abs. 2 EGV, daß die Tätigkeit der Gemeinschaft auf die Interoperabilität der einzelstaatlichen Netze abzielt sowie auf den Zugang Dritter zu diesen Netzen46. Die Art und Weise der Verwirklichung dieser Ziele wird in Art. 155 f. EGV beschrieben. Dafür stellt die Gemeinschaft Leitlinien auf, in denen die Vorhaben von gemeinsamem Interesse wie Ziele, Prioritäten und die Grundzüge der in Betracht gezogenen Aktionen ausgewiesen sind47. Zur Umsetzung der Leitlinien kann die Gemeinschaft die Mitgliedstaaten mit Durchführbarkeitsstudien, Anleihebürgschaften oder Zinszuschüssen unterstützen (Art. 155 Abs. 1 UA 3 EGV). Um die Interoperabilität der Netze zu gewährleisten, insbesondere im Bereich der Harmonisierung der technischen Normung, führt die Gemeinschaft zum Erreichen dieser Ziele jede dafür notwendige Aktion durch48. Die Aufstellung der Leitlinien erfolgt gemäß Art. 156 EGV im Verfahren des Art. 251 EGV nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen, wobei es der Zustimmung des Mitgliedstaates, dessen Hoheitsgebiet betroffen ist, bedarf (Art. 156 Abs. 2 EGV). Schließlich wird der Energiesektor noch in den Art. 174 und 175 EGV erwähnt, allerdings in Verbindung mit dem Umweltschutz. Art. 175 Abs. 2 UA 3 EGV bestimmt, daß „der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments, des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen einstimmig Maßnahmen erläßt, welche die Wahl eines Mitgliedstaats zwischen 43 Vgl. A. v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, 15. EL 2000, EGV, Art. 3, Rdn. 18. 44 Vgl. J. Ukrow, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 3, Rdn. 25. 45 Vgl. Art. 154 Abs. 1 EGV. 46 Dazu ausführlich in den folgenden Kapiteln; dazu auch R. Linkrohr, Die Liberalisierung des EG-Binnenmarkts für Energie – Zwischen Markt und öffentlichem Dienst, ET 1993, 448. 47 Diese Leitlinien dürfen zu keiner rechtlichen Verpflichtung führen; so und ausführlich zu den Leitlinien R. Dieter, in: C. O. Lenz/K.-D. Borchardt, EGV, 3. Aufl. 2003, Art. 155, Rdn. 2 ff. 48 Art. 155 Abs. 1 UA 2 EGV; ausführlich zu den transeuropäischen Netzen R. M. Steyer, Transeuropäische Netze: Eine finanzwissenschaftliche Analyse des Auf- und Ausbaus großräumiger Infrastrukturnetze, 2001; H. Karl (Hrsg.), Transeuropäische Netze: Die infrastrukturpolitischen Aufgaben der EU, 1997.

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verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur seiner Energieversorgung erheblich berühren“.

Hieraus wird ersichtlich, daß das EG-Umweltrecht in bedeutender Weise auf die Energiewirtschaft einwirken kann, was im weiteren noch zu sehen sein wird49. b) Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie Die erste Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (EltRL) ist vom 19. Dezember 1996 und ist am 19. Februar 1997 in Kraft getreten. Insbesondere wegen den in ihr enthaltenen Netzzugangsbestimmungen für Wettbewerber stellt sie das Herzstück der europäischen Strommarktliberalisierung dar. Wegen der zu schleppenden und inhomogenen Liberalisierung des europäischen Strommarktes wurde die Richtlinie neu gefaßt und ist am 16. Juli 2003 in Kraft getreten, wodurch die erste Fassung ungültig wurde. Wesentliche Neuerungen der novellierten Fassung sind die Entflechtungsvorschriften. aa) Fassung von 1996 Am 19. Februar 1997 ist die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (96/92/EG) der EU mit einer Umsetzungsfrist von zwei Jahren für die Mitgliedstaaten in Kraft getreten50. Deutschland hat die Richtlinie mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes 1998 umgesetzt. Die nachfolgende Darstellung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie stellt zunächst die erste Version von 1996 dar. Die Richtlinie ist in acht Kapitel unterteilt, welche die in Artikel 1 dargelegten Ziele verwirklichen sollen: „Mit dieser Richtlinie werden gemeinsame Vorschriften für die Elektrizitätserzeugung, -übertragung und -verteilung erlassen. Sie regelt ferner die Organisation und Funktionsweise des Elektrizitätssektors, den Marktzugang, die Kriterien und Verfahren für die Ausschreibungen und die Vergabe von Genehmigungen sowie den Betrieb der Netze“.

Das erste Kapitel der Richtlinie enthält in Artikel 1 neben den genannten Zielen auch den Geltungsbereich. Ein umfangreicher Definitionenkatalog findet sich in Artikel 2. Das zweite Kapitel enthält mit Artikel 3 allgemeine Vorschrif49 Vgl. I. Pernice, Umweltschutz und Energiepolitik, in: H.-W. Rengeling (Hrsg.), Umweltschutz und andere Politiken der Europäischen Gemeinschaft, 1993, S. 106 ff., insb. S. 110. 50 ABlEG 1997, Rs. L 27/20 v. 30.01.1997; Ausnahmen stellen lediglich Belgien, Griechenland und Irland dar, denen eine Umsetzungsfrist von einem bzw. zwei Jahren mehr zugebilligt wird; vgl. hierzu Kap. VIII Art. 27 Abs. 2 EltRL; detailliertere Ausführungen vgl. A. Klemm, Das niederländische Elektrizitätsgesetz 1998, ET 1999, 700 ff.

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ten für die Organisation des Elektrizitätssektors. Dabei müssen, wenn Rechte begründet oder Pflichten auferlegt werden, die Objektivität, die Transparenz und Nichtdiskriminierung immer gewahrt bleiben, was regelmäßig und explizit durch die Richtlinie hindurch erwähnt wird, etwa in den ErwGr. Nr. 23, 25, 26 und 34 oder den Art. 3 Abs. 2, Art. 4, Art. 6 Abs. 6 und Art. 16 EltRL. Im Erzeugungsbereich, der im dritten Kapitel geregelt wird, bleibt es den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie ein Genehmigungsverfahren oder ein Ausschreibungsverfahren oder auch beides beim Erzeugungsanlagenbau vorziehen (Art. 4). Die Anforderungen des Genehmigungsverfahrens sind in Artikel 5, die des Ausschreibungsverfahrens in Artikel 6 geregelt. Die zwei nachfolgenden Kapitel schreiben den Betrieb des Übertragungsnetzes (Kapitel IV – Art. 7–9) und des Verteilernetzes (Kapitel V – Art. 10–12) vor51. Im großen und ganzen geben die Bestimmungen über den Betrieb der Netze entsprechende Regelungen wieder52. So müssen die Eigentümer von Übertragungs- und Verteilernetzen einen unabhängigen Netzbetreiber für einen bestimmten Zeitrahmen festlegen, der für den Betrieb und die Wartung des Netzes verantwortlich ist. Darüber hinaus soll er Kapazitätsengpässe durch den Ausbau der bereits vorhandenen Infrastruktur und Verbindungsleitungen mit anderen Netzen beheben, wodurch die Versorgungssicherheit gewährleistet wird (Art. 7 Abs. 1, Art. 10 Abs. 2). Gegenüber Netzbenutzern hat sich der Netzbetreiber jeglicher Diskriminierung zu enthalten (Art. 7 Abs. 5, Art. 11 Abs. 2). Um diese Unabhängigkeit am besten gewährleisten zu können, soll der Leitungsinhaber selbst keinen eigenen Stromhandel mehr betreiben dürfen, sondern soll lediglich den Betrieb eines sicheren, zuverlässigen und leistungsfähigen Netzes sicherstellen, das die Interoperabilität und die üblichen technischen Mindeststandards verwirklicht53. Ist der Netzbetreiber ein vertikal integrierter Energieunternehmer, muß er, um seine Unabhängigkeit einem Dritten gegenüber zu gewährleisten, zumindest auf der Verwaltungsebene von seinen übrigen Tätigkeiten unabhängig sein (Art. 7 Abs. 6). Artikel 8 und 11 bestimmen, daß dem Übertragungsnetzbetreiber zur Auflage gemacht werden kann, daß dieser bei der Inanspruchnahme von Erzeugungsanlagen Dritter denjenigen den Vorrang gibt, die Elektrizität aus erneuerbaren 51 Der Unterschied von Übertragungs- und Verteilungsnetzen ist lediglich die Spannungsebene. Während Übertragungsnetze Elektrizität über ein Hochspannungsverbundnetz transportieren, wird Elektrizität in Verteilernetzen mit mittlerer oder niedriger Spannung geleitet (s. a. Glossar). Beide können dem Zwecke der Stromversorgung von Endkunden dienen. Übertragungsnetze können den Verteilernetzen vorgeschaltet sein, aber nicht umgekehrt. Vgl. Art. 2 UA 5 und 6 EltRL. 52 Vgl. R. Lukes, in: Dauses, M – Energierecht, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Rdn. 81. 53 Art. 7 Abs. 3, Art. 11 Abs. 1 EltRL; in Deutschland sind die Versorgungsunternehmen dazu bereits durch nationales Recht verpflichtet, s. § 8 EnWG.

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Energieträgern oder aus Kraft-Wärme-Kopplung gewinnen54. Einheimische Energieträger können aus Gründen der Versorgungssicherheit ebenfalls bis zu einem vorgeschriebenen Mengenanteil bevorzugt behandelt werden (Art. 8 Abs. 4)55. Voraussetzung hierfür ist immer die Gewährleistung eines einwandfrei funktionierenden Elektrizitätsbinnenmarkts. Sensible Informationen, die Netzbetreiber untereinander austauschen müssen, um die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit des Verbundnetzes gewährleisten zu können, sind vertraulich zu behandeln (Art. 9, 12). Im Unterschied zu Übertragungsnetzbetreibern kann Betreibern von Verteilernetzen eine Anschluß- und Versorgungspflicht von Endkunden auferlegt werden56. Kapitel VI der Richtlinie befaßt sich mit der Entflechtung und Transparenz der Buchführung, wovon vor allem integrierte Energieunternehmen betroffen sind. So müssen gegebenenfalls, unabhängig von den Eigentumsverhältnissen und der Gesellschaftsform getrennte Konten und Jahresabschlüsse für Erzeugung, Übertragung, Verteilung und sonstige Aktivitäten geführt und erstellt werden (Art. 14 Abs. 2). Im Fall des Alleinabnehmersystems, auf das im folgenden noch eingegangen wird, müssen die Erzeugungs- und Verteilungstätigkeiten getrennt voneinander verwaltet werden (Art. 15 Abs. 1). Durch die Entflechtung der vertikal integrierten Unternehmen soll es den Behörden ermöglicht werden, eine gewisse Preistransparenz zu ermöglichen, um so kontrollieren zu können, ob freie Kapazitäten zur Verfügung stehen oder standen und die Durchleitungsentgelte diskriminierungsfrei und angemessen sind. Der zentrale Abschnitt der Richtlinie, der zur Realisierung des Wettbewerbs im Stromsektor unerläßlich ist, bildet die Organisation des Netzzugangs, die in Kapitel VII geregelt ist. Eine Liberalisierung des Elektrizitätsbinnenmarkts, ohne Zugang zum Leitungsnetz zu gewähren, ist nicht vorstellbar57. In den Artikeln 17 und 18 der Richtlinie sind die Kriterien des Netzzugangs geregelt. Artikel 17 bestimmt den Netzzugang auf Vertragsbasis, und Artikel 18 bestimmt den Netzzugang auf Basis des Alleinabnehmersystems, wobei die beiden in den 54 Im November 2002 haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union sogar einen Vorschlag zum Erlaß einer Richtlinie zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung unterbreitet (ABlEG 2002, Rs. C 291/182 v. 26.11.2002). 55 Energie, die aus einheimischen Energieträgern erzeugt wurde, kann bis zu einen Anteil, der 15% der in einem Kalenderjahr zur Deckung des gesamten Elektrizitätsverbrauchs des betreffenden Mitgliedstaats notwendigen Energie nicht überschreitet, vorrangig abgerufen werden. Im Änderungsvorschlag der Richtlinie werden noch genauere Kriterien zur Feststellung der Unabhängigkeit des Netzbetreibers eingeführt. 56 Dies gilt in Deutschland und geht aus Art. 10 Abs. 1 EnWG hervor. Aus der EltRL geht eine solche Bestimmung nicht hervor. 57 So die allgemeine Meinung (s. Fn. 137, 138, 139), anders B. Bergmann, Aussprache zu H. v. Bose, Die Richtlinienvorschläge der Kommission betreffend gemeinsame Vorschriften für den Erdgas-Binnenmarkt bzw. für den Elektrizitätsbinnenmarkt, in: J. F. Baur (Hrsg.), Die Europäische Gemeinschaft und das Recht der leitungsgebundenen Energie, 1993, S. 54.

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Artikeln 17 und 18 genannten Netzzugangskonzepte zu gleichwertigen wirtschaftlichen Ergebnissen und daher zu einer direkt vergleichbaren Marktöffnung sowie einem direkt vergleichbaren Zugang zu den Elektrizitätsmärkten führen müssen (Art. 3 Abs. 1 S. 2). Auf die beiden Systeme wird nicht detailliert eingegangen, weil die Netzzugangssysteme des Energiewirtschaftsgesetzes im wesentlichen mit denen der Richtlinie übereinstimmen und dort dargestellt werden58. In Artikel 19 wird der Zugang zu den Elektrizitätsnetzen optional verzögert, indem es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, ob sie den Markt sofort und vollständig öffnen, oder ob sie eine stufenweise Öffnung präferieren. In den Mitgliedstaaten, in denen die Marktöffnung nicht schlagartig vollzogen wird, ist der Kreis der zugangsberechtigten Kunden sukzessive auszudehnen, wobei industrielle Großverbraucher und Endverteilerunternehmen mit einem Mindestverbrauch von 100 GWh pro Jahr dennoch sofort als sogenannte zugelassene Kunden59 Zugang zum Netz haben müssen (Art. 19 Abs. 3). Um den Kreis der zugelassenen Kunden auszudehnen war die Mindestverbrauchsgrenze zum 19. Februar 2000 zunächst auf 20 GWh pro Jahr und zum 19.2.2003 auf 9 GWh pro Jahr zu senken. Dabei blieb es jedem Mitgliedstaat selbst überlassen, zu welchem Anteil er seinen Markt wann und wie öffnet, solange er die von der Richtlinie vorgeschriebenen Mindestgrenzen zeitlich beachtete. Durch die Artikel 17 und 18 wird den zugelassenen Kunden die Möglichkeit eingeräumt, ihre Stromlieferanten frei zu wählen (Art. 17 Abs. 2, Art. 18 Abs. 1). Über die weiteren Marktöffnungsschritte müssen sich die Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2006 einigen. Um Ungleichgewichte der Mitgliedstaaten auszugleichen, die aufgrund unterschiedlicher Marktöffnungsgrade bestehen, enthält Art. 19 Abs. 5 EltRL eine Reziprozitätsklausel 60. In Deutschland ist der Elektrizitätsbinnenmarkt unabhängig von der Richtlinie oder dem Erneuerbare-Energien-Gesetz sofort zu 100 % geöffnet worden61. Durch die schrittweise Öffnung des Elektrizitätsbinnenmarktes anderer Mitgliedstaaten soll die vollständige Liberalisierung bis spätestens 2007 im kompletten europäischen Binnenmarkt abgeschlossen sein, so daß private Haushalte dann ebenfalls zugelassene Kunden sind. 58 Vgl. Kap. II. 2. b) § 6 und 7 EnWG, einschließlich Fn. 123–130 und Kap. VI. 3. c); s. a. J. F. Baur, Die politische Einigung über die Elektrizitäts-Binnenmarkt-Richtlinie, ET 1996, 474 f. 59 Zur Begriffsdefinition eines zugelassenen Kunden s. Glossar. 60 Ausführlich zur Reziprozitätsklausel in Fn. 90. 61 s. ABlEG 2001, Rs. C 240 E/1 v. 28.08.2001, S. 5 für eine Statistik des Gasund Strommarkts in der EU im Jahr 2000. Außer Deutschland hatten bis Ende 2001 noch Finnland, das Vereinigte Königreich, Österreich und Schweden ihren Energiemarkt zu 100% geöffnet. Bis zum Frühjahr 2004 sind noch Dänemark und Spanien hinzugekommen, s. VDEW (Hrsg.), Strommarkt Deutschland: Zahlen und Fakten zur Stromversorgung, Frühjahr 2002, S. 9 und ebenda, Frühjahr 2004, S. 19.

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Netzzugangsverhandlungen müssen nach Treu und Glauben jeder beteiligten Partei erfolgen, wobei darauf zu achten ist, daß niemand ungerechtfertigterweise schlechter gestellt wird als vorher (Art. 20 Abs. 2). Jeder Mitgliedstaat muß dafür eine Schiedsstelle ernennen, die für die Beilegung von Streitigkeiten zuständig ist (Art. 20 Abs. 3). Die Genehmigung des Baus von Direktleitungen wird in Art. 21 EltRL explizit erwähnt. Der Bau setzt allerdings die Erlaubnis des betroffenen Mitgliedstaates voraus. Die Genehmigungskriterien zum Bau werden ebenfalls vom Mitgliedstaat festgelegt (Art. 21 Abs. 2). Die Zulässigkeit kann mit Gemeinwohlüberlegungen eingeschränkt oder sogar versagt werden (Art. 21 Abs. 4 und 5)62. Es ist Aufgabe der Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, daß Transparenz gewährleistet wird, marktbeherrschende Stellungen nicht ausgenutzt und Verdrängungspraktiken verhindert werden (Art. 22). Abschließend enthält Kapitel VIII noch Schlußbestimmungen. So können bei Marktstörungen vorübergehend nationalstaatliche Schutzmaßnahmen getroffen werden. Getroffene Maßnahmen sind aber auf ein Mindestmaß zu beschränken (Art. 23)63. Mitgliedstaaten können auch bei der Kommission zeitlich befristete Übergangsregelungen beantragen, wenn durch die Umsetzung der Richtlinie Schwierigkeiten auftreten oder aufzutreten drohen. Bei Genehmigung einer entsprechenden Übergangsregelung, die zeitlich begrenzt ist, wird dies im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (Art. 24 Abs. 1 und 3). Außerdem sind ein Bericht der Kommission über den weiteren Harmonisierungsbedarf und ein Erfahrungsbericht über das Funktionieren des Elektrizitätsbinnenmarktes vorgesehen (Art. 25 f.)64. Die letzten drei Artikel der Richtlinie bestimmen, an wen die Richtlinie gerichtet ist, wann sie in Kraft tritt und bis wann sie umzusetzen ist (Art. 27, 28 und 29)65. bb) Fassung von 2003 Die unterschiedlichen Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Einhaltung und Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie haben sowohl bei einigen Mitgliedstaaten als auch bei der EU-Kommission zu Unzufriedenheit geführt66. Um 62

Zum Bau von Direktleitungen wird es aus wirtschaftlicher Sicht eher selten kom-

men. 63 In Deutschland regelt das das Energiesicherungsgesetz, vgl. Kap. II. 2. e) insb. Fn. 303 ff. 64 s. dazu die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Vollendung des Energiebinnenmarkts, die auch den ersten Richtlinienänderungsvorschlag enthält, ABlEG 2001, Rs. C 240 E/1 v. 28.08.2001. 65 Vgl. zur Umsetzungsfrist auch Fn. 50. 66 Vgl. ABlEG 2001, Rs. C 221/25 v. 07.08.2001, Abschnitt 4.4, S. 27; ABlEG 2002, Rs. C 36/10 v. 08.02.2002, S. 10 ff.

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dem entgegenzuwirken und den Prozeß der Vereinheitlichung zu beschleunigen, haben das Europäische Parlament und der Rat im März 2001 einen ersten Vorschlag zur Änderung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie unterbreitet, zu dem der Wirtschafts- und Sozialausschuß kurze Zeit später Stellung bezog67. Im Juni 2002 wurde ein geänderter Richtlinienvorschlag unterbreitet68. Veröffentlicht wurde der geänderte Richtlinienvorschlag am 15. Juli 2003 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft und ist 20 Tage später in Kraft getreten (04. August 2003)69. Nachfolgend wird die geänderte Richtlinie präsentiert. Auf Änderungen soll jedoch lediglich hingewiesen werden. Eingegangen wird auf diese nur, wenn sie gravierend sind. Die wesentlichen Unterschiede zur ersten Fassung sind zum einen die Ausdehnung der Entflechtungsregeln, die aber nur für vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen gelten70. Des weiteren werden die Netzzugangsregelungen auf einen einzigen, nämlich den des geregelten Zugangs, begrenzt. Von großer Bedeutung ist auch die Neueinführung einer Regulierungsbehörde, die vormals nicht vorgesehen war. Die Einteilung der Richtlinie in acht Kapitel bleibt unverändert bestehen. Das erste Kapitel setzt sich auch weiterhin aus zwei Artikeln zusammen. Der erste Artikel, der den Anwendungsbereich bestimmt, bleibt unverändert bestehen. Auch Artikel 2, der Begriffsbestimmungen enthält, bleibt erhalten, wird allerdings um einige Definitionen ausgedehnt. Auch das zweite Kapitel (Allgemeine Vorschriften für die Organisation des Sektors) wird erweitert. Enthielt es einst lediglich gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, sind diese nun um den Schutz der Kunden erweitert worden (Art. 3). Neu sind insbesondere die von den Mitgliedstaaten durchzusetzenden Mindeststandards der Daseinsvorsorge (Art. 3 Abs. 3)71. Auch das Monitoring der Versorgungssicherheit ist neu hinzugekommen (Art. 4). Die technischen Vorschriften finden sich nunmehr in einem eigenen Artikel (Art. 5, Art. 7 Abs. 2 a. F.). Das dritte Kapitel, das die Erzeu-

67 Vorschlag zur Richtlinienänderung ABlEG 2001, Rs. C 240 E/60 v. 28.08.2001; die Stellungnahme ABlEG 2002, Rs. C 36/10 v. 08.02.2002. 68 ABlEG 2002, Rs. C 227 E/393 v. 24.09.2002. 69 ABlEG 2003, Rs. L 176/37 v. 15.02.2003, in ABlEG 2003, Rs. L 176/57 v. 15.02.2003 findet sich die Beschleunigungsrichtlinie für Gas. Ausführlich zum Weg der zur neuen Richtlinie geführt hat in H. Lecheler/J. Gundel, Ein weiterer Schritt zur Vollendung des Energie-Binnenmarktes, EuZW 2003, 621 f. 70 Vgl. dazu Kap. VI. 5. a). 71 Bisher eröffnete die Auferlegung solcher Aufgaben eine Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, die Verbindlichkeit gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben unter Berufung auf Art. 86 Abs. 2 EGV zu bestreiten: vgl. EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C 159/94 (Kommission/Frankreich), Slg. 1997, I-5819, Rdn. 51 ff. Der Spielraum der Mitgliedstaaten wird indes insofern eingeschränkt, als die Gemeinschaft selbst einen Mindestversorgungsstandard definiert, vgl. H. Lecheler/J. Gundel, Ein weiterer Schritt zur Vollendung des Energie-Binnenmarktes, EuZW 2003, 625.

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gung regelt, bleibt weitgehend unverändert. Die Artikel 4 und 5 a. F. werden als Genehmigungsverfahren für neue Kapazitäten in einem Artikel zusammengefaßt (Art. 6). Das Ausschreibungsverfahren neuer Kapazitäten findet sich nun in Artikel 7 (Art. 6 a. F.). Eine wichtige Neuerung ist, daß dem Ausschreibungsverfahren umweltschonender Energieerzeugung besonderer Vorrang eingeräumt wird. Allerdings kommt ein Ausschreibungsverfahren nur dann in Betracht, wenn die durch das Genehmigungsverfahren geschaffene Kapazität die Versorgungssicherheit nicht gewährleisten kann. Dies gilt nicht nur für umweltschonende Energieerzeugung. Entscheidende Änderungen finden sich in den Kapiteln IV (Betrieb des Übertragungsnetzes) und V (Betrieb des Verteilernetzes), die einen Teil der Entflechtungsregelungen enthalten. Die Benennung des Übertragungsnetzbetreibers findet sich in Artikel 8 (Art. 7 Abs. 1 a. F.), die Benennung des Verteilernetzbetreibers in Artikel 13 (Art. 10 Abs. 2 a. F.). Deren Aufgaben finden sich in den Artikeln 9 und 14 (Art. 11 a. F.). Eine grundlegende Änderung findet sich in den Artikeln 10 und 15, die stark ausgeweitete Entflechtungsregelungen für die Übertragungsnetzbetreiber (Art. 10) und für die Verteilernetzbetreiber enthalten. Bestimmte die erste Fassung noch, daß „der Netzbetreiber zumindest auf Verwaltungsebene unabhängig von den übrigen Tätigkeiten sein“

muß (Art. 7 Abs. 6 a. F.), also lediglich eine funktionelle Entflechtung vorsah, heißt es in der Neufassung: „Gehört der Übertragungsnetzbetreiber [Verteilernetzbetreiber] zu einem vertikal integrierten Unternehmen, so muss er zumindest hinsichtlich seiner Rechtsform, Organisation und Entscheidungsgewalt unabhängig von den übrigen Tätigkeitsbereichen sein, die nicht mit der Übertragung [Verteilung] zusammenhängen. Diese Bestimmungen begründen keine Verpflichtung, eine Trennung in Bezug auf das Eigentum des vertikal integrierten Unternehmens an Vermögenswerten des Übertragungsnetzes vorzunehmen“72.

Neu eingeführt wird demnach insbesondere die gesellschaftsrechtliche Entflechtung, wohingegen ausdrücklich präzisiert wird, daß eine eigentumsrechtliche Entflechtung nicht notwendig sei73. Die Inanspruchnahme und der Ausgleich von Kapazitäten (Art. 11) gibt im wesentlichen den alten Artikel 8 wieder. Die Vertraulichkeitsanforderungen oder auch die informationellen Entflechtungen finden sich für die Übertragungs72 Die Bestimmungen für Übertragungsnetzbetreiber finden sich in Art. 10 Abs. 1, die für Verteilernetzbetreiber in Art. 15 Abs. 1. Die kursive Schriftform ist zur Hervorhebung vom Autor hinzugefügt worden. 73 In vorhergehenden Überlegungen war die eigentumsrechtliche Entflechtung bereits verstärkt im Gespräch, wurde dann aber vermutlich und zu Recht aus nationalstaatlichen Gründen wieder fallengelassen; dazu ausführlich in Kap. VI. 5. insb. Kap. VI. 5. b) f.

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netzbetreiber in Artikel 12 (Art. 9 a. F.) und für Verteilernetzbetreiber in Artikel 16 (Art. 12 a. F.). Hinsichtlich der Entflechtungsregeln enthält der neu eingeführte Artikel 17 die Genehmigung, daß ein Netzbetreiber sowohl das Übertragungs- als auch das Verteilernetz in Kombination betreiben darf. Voraussetzung dafür ist, daß er beim Betrieb der Netze die geforderten Entflechtungsregeln einhält. Kapitel VI enthält die Entflechtung und Transparenz der Rechnungslegung und ist größtenteils mit der ehemaligen Regelung identisch (Art. 13 f. a. F.). Eine weitere entscheidende Änderung findet sich in Kapitel VII, der die Netzzugangsmodelle vereinheitlicht. Waren ehemals das Alleinabnehmersystem74, der verhandelte Netzzugang75 und der geregelte Netzzugang vorgesehen (Art. 16–18), existiert in der Neuregelung nur noch letzteres auf der Grundlage veröffentlichter und genehmigter Tarife. Dies soll diskriminierendes oder mißbräuchliches Verhalten von Netzbetreibern im Wege der ex-ante Kontrolle von vornherein vermeiden76. Die Netzzugangsverweigerung aufgrund von Kapazitätsmangel bleibt jedoch nach wie vor bestehen. Einer Behebung des Kapazitätsmangels darf aber aus objektiver Sicht nichts entgegenstehen (Art. 20 Abs. 2). Weil das Alleinabnehmersystem nicht weiter besteht, wird Artikel 15 a. F. ersatzlos gestrichen. Die Marktöffnung und die Gegenseitigkeit befinden sich nun in Artikel 21 der Richtlinie (Art. 19 a. F.). So richten sich die Marktöffnungsquoten für dann zugelassene Kunden auch weiterhin nach Art. 19 Abs. 1–3 EltRL a. F. (Art. 21 Abs. 1 lit. a), allerdings ist zu gewährleisten, daß diese bis spätestens zum 01. Juli 2004 erreicht werden. Unabhängig vom Verbrauch sind zum selben Termin alle Nicht-Haushalts-Kunden zuzulassen (Art. 21 Abs. 1 lit. b). Zum 01. Juli 2007 hat der Elektrizitätsbinnenmarkt dann für alle Endverbraucher frei zugänglich zu sein (Art. 21 Abs. 1 lit. c). Die Reziprozitätsklausel des Art. 15 Abs. 5 EltRL a. F. bleibt weitestgehend unverändert bestehen (Art. 21 Abs. 2). Ähnliches gilt für die Bestimmungen über den Bau von Direktleitungen (Art. 22, Art. 21 a. F.). Enorm erweitert wird auch der einstige Artikel 22 a. F., der den Mitgliedstaaten aufgibt, geeignete und wirksame Mechanismen für die Regulierung, die Kontrolle und die Sicherstellung von Transparenz zu schaffen. Dies soll nun von einer zu schaffenden nationalen Regulierungsbehörde übernommen werden, 74 Auch „Single-Buyer“ genannt, das Frankreich bei den Verhandlungen zur Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie hartnäckig als zulässige Variante durchgesetzt hat; zum Alleinabnehmersystem in Kap. VI. 3. c) bb). 75 Ein Wahlrecht der Mitgliedstaaten zu Gunsten dieser Gestaltung ist nur noch im Gassektor beim Zugang zu den Speicherstätten vorgesehen (Art. 19 Abs. 3 f. BeschlGasRL); zum verhandelten Netzzugang in Kap. VI. 3. c) aa). 76 Vgl. H. Lecheler/J. Gundel, Ein weiterer Schritt zur Vollendung des Energie-Binnenmarktes, EuZW 2003, 625.

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was insbesondere in Deutschland heftigen Widerstand auslöste77. Eine ihrer wesentlichen Aufgaben ist, die Methoden zur Berechnung einzelner Tarife festzulegen (Art. 23 Abs. 2). Gleichzeitig obliegt ihr die Aufgabe einer Streitbeilegungsstelle bei Beschwerden gegen Netzbetreiber (Art. 23 Abs. 5). Weiterhin wird ihnen eine Reihe von Beobachtungs- und Überwachungsaufgaben in Bezug auf die Einhaltung der Richtlinienvorgaben durch die Marktteilnehmer zugewiesen (Art. 23 Abs. 1). Kapitel VIII enthält schließlich die Schlußbestimmungen. So bleiben sowohl die Schutzmaßnahmen des Artikel 23 a. F. weiter bestehen (Art. 24) als auch die Ausnahmeregelungen des Artikel 24 a. F. (Art. 26). Allerdings entfällt in der letztgenannten die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, die so genannten „stranded costs“78 der Versorger zu kompensieren, in dem diese die Befreiung von Bestimmungen der Richtlinien, das heißt vor allem von der Verpflichtung zur Gewährung des Netzzugangs, beantragen konnten79. Im Gassektor bleibt der Ausnahmevorbehalt für „take-or-pay“-Verträge indes erhalten (Art. 27 BeschlGasRL)80. Neu eingeführt wird Artikel 25, der die Überwachung von Elektrizitätseinfuhren aus Drittländern vorsieht. Der nach Artikel 28 zu verfassende Bericht wird präzisiert und ist jährlich vorzulegen (Art. 26 a. F.). Des weiteren ist ein Überprüfungsverfahren eingeführt worden, nach dem Mitgliedstaaten, die den Richtlinienbestimmungen nicht in einem ausgewogenen Verhältnis zum verfolgten Ziel nachkommen, einen Antrag auf Freistellung von der Einhaltung der betreffenden Vorschrift einreichen können (Art. 27). Die Aufhebung von Rechtsvorschriften findet sich in Artikel 29, in dem insbesondere die Aufhebung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie aus dem Jahre 1996 zum 01. Juli 2004 bestimmt ist. Die novellierte Fassung ist zum 01. Juli 2004 umzusetzen (Art. 30 Abs. 1). Zeitlich begrenzte Freistellungsmöglichkeiten von den Entflechtungsregelungen sehen sowohl Artikel 30 Abs. 2 als auch Artikel 15 Abs. 2 UA 2 vor. So können Verteilernetzbetreiber von der gesellschaftsrechtlichen Entflechtung bis zum 01. Juli 2004 freigestellt werden. Verteilernetzbetreiber, die weniger als 100.000 angeschlossene Kunden oder kleine isolierte Netze beliefern, können hiervon und von der operationellen Entflechtung sogar zeitlich unbegrenzt freigestellt werden.

77 Dies ist nicht weiter verwunderlich, denn Deutschland nutzte als einzige Nation das Modell des verhandelten Netzzugangs, bei dem es keiner solchen Behörde bedarf. 78 Zur Begriffsdefinition der stranded costs s. Glossar. 79 Vgl. H. Lecheler/J. Gundel, Ein weiterer Schritt zur Vollendung des Energie-Binnenmarktes, EuZW 2003, 625. 80 Dazu U. Büdenbender, Grundfragen des energierechtlichen Netzzugangs in der Gaswirtschaft nach der Gasnovelle (§ 6a EnWG), RdE 2001, 165.

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c) Regenerativstromrichtlinie Die am 27. August 2001 erlassene und genau zwei Monate später, am 27. Oktober 2001 in Kraft getretene Richtlinie 2001/77/EG soll zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt beitragen und war ebenfalls bis zum 27. Oktober 2003 umzusetzen (RegStRL)81. Sie besteht aus zehn Artikeln. Artikel 1 bestimmt den Zweck der Richtlinie, nämlich die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energiequellen an der Stromerzeugung im Elektrizitätsbinnenmarkt zu fördern und eine Grundlage für einen entsprechenden künftigen Gemeinschaftsrahmen zu schaffen. Wie auch im Fall der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie werden in Artikel 2 der Richtlinie Begriffsbestimmungen vorgenommen. Aufgeführt und erläutert sind lediglich die Begriffe der erneuerbaren Energiequellen, der Biomasse, des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen und der des Stromverbrauchs. Absatz 2 dieses Artikels bestimmt aber, daß die Begriffsbestimmungen der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie für die Anwendung dieser Richtlinie ebenso Gültigkeit besitzen. Artikel 3 der Richtlinie, der nationale Richtziele vorgibt, beinhaltet die zentralen Regelungsinstrumente82. Dabei werden zwei Regelungsgegenstände dargetan: Zum einen sollen die Mitgliedstaaten geeignete, aber angemessene Maßnahmen ergreifen, welche die Steigerung des Verbrauchs von Strom aus erneuerbaren Energiequellen fördern (Art. 3 Abs. 1). Zum anderen werden sowohl den Mitgliedstaaten als auch der Europäischen Kommission verschiedene Berichtspflichten auferlegt (Art. 3 Abs. 2 ff.). Dem Anhang der Richtlinie ist eine Referenztabelle angefügt, welche die zu erreichenden durchschnittlichen Bruttoinlandsenergieverbräuche an Strom aus erneuerbaren Energiequellen für die Mitgliedstaaten bis zum Jahr 2010 enthält. Die Mitgliedstaaten müssen Bericht darüber erstatten, welche Maßnahmen sie ergreifen wollen, um bis zum Jahr 2010 die vorgegebenen Richtziele zu erfüllen (Art. 3 Abs. 2 S. 1). Dabei müssen die Maßnahmen mit den Kyoto-Verpflichtungen vereinbar sein (Art. 3 Abs. 2 Spstr. 2). Im Vordergrund steht, das globale Richtziel von 12 % der nationalen Bruttoinlandsenergieverbräuche im Jahr 2010 und insbesondere das Richtziel von 22,1 % für den Anteil von Strom aus erneuerbaren Energiequellen am gesamten Stromverbrauch der Gemeinschaft im Jahr 2010 zu erreichen (Art. 3 Abs. 4 Spstr. 2). Nach der Referenztabelle ist der deutsche Bruttoinlandsenergiever-

81 ABlEG 2001, Rs. L 283/33 v. 27.10.2001; ausführlich zur Entstehungsgeschichte der Richtlinie vgl. V. Oschmann, Strom aus erneuerbaren Energien im Europarecht, 2002, S. 79 ff.; zur Umsetzungsfrist und dem Inkrafttreten vgl. Art. 9 f. RegStRL. 82 So auch V. Oschmann, Strom aus erneuerbaren Energien im Europarecht, S. 93.

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brauch an Strom aus erneuerbaren Energiequellen bis zum Jahr 2010 auf einen Anteil von 12,5% zu bringen. Weiterhin ist von jedem Mitgliedstaat alle zwei Jahre ein Bericht zu veröffentlichen, in dem die Fortschritte zu den gesetzten Zielen der Mitgliedstaaten analysiert werden und in dem dargelegt wird, ob die nationalen Klimaschutzverpflichtungen eingehalten werden (Art. 3 Abs. 3). Falls die Kommission zu dem Schluß kommt, daß die nationalen Richtziele aus nicht stichhaltigen Gründen mit den globalen Richtzielen unvereinbar sind, behält sie sich vor, gezielt Vorgaben zu machen (Art. 3 Abs. 4 UA 3). Artikel 4 enthält Förderregelungen. Entscheidet sich ein Mitgliedstaat für ein System, durch das Stromerzeuger direkt oder indirekt unterstützt werden oder eine Beschränkung des Handels folgen könnte, bewertet die Kommission, unbeschadet der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags, die Anwendung der Förderregelungen (Art. 4 Abs. 1). Die Kommission legt vier Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie einen Bericht vor, in dem sie die unterschiedlichen Mechanismen zur Umsetzung der Richtlinie bewertet. Sie zieht sogar in Betracht, einen Vorschlag zur Schaffung eines gemeinschaftlichen Rahmens für Regelungen zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen vorzulegen (Art. 4 Abs. 2). Der Herkunftsnachweis für Strom aus erneuerbaren Energiequellen ist in Artikel 5 der Richtlinie geregelt. Danach hat jeder Mitgliedstaat binnen zwei Jahren ein System zur Ausgabe von Herkunftszertifikaten durch eine unabhängige Stelle zu errichten, damit die Herkunft des Regenerativstroms nach objektiven und nichtdiskriminierenden Kriterien nachgewiesen werden kann. Diese Zertifikate sollen den Erzeugern den Nachweis ermöglichen, daß der verkaufte Strom aus erneuerbaren Energien stammt (Art. 4 Abs. 4)83. Sie sind von den Mitgliedstaaten gegenseitig anzuerkennen. In den Zertifikaten ist die genutzte Energiequelle und der Erzeugungszeitpunkt und -ort anzugeben sowie bei Wasserkraftanlagen die Leistung (Art. 4 Abs. 3). Es ist wichtig, daß klar zwischen Herkunftsnachweisen und handelbaren grünen Zertifikaten unterschieden wird (ErwGr. 11). Die Mitgliedstaaten haben gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie den bestehenden rechtlichen und ordnungspolitischen Rahmen hinsichtlich der Genehmigungsverfahren stromerzeugender Anlagen aus regenerativen Energiequellen mit dem Ziel zu überprüfen, ordnungspolitische und andere Hemmnisse abzubauen und die Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen. Nach späte83 Dieser Verpflichtung kann sich Deutschland nicht unter Verweis auf die bereits existierenden privaten Nachweissysteme, wie TÜV e. V., Grünes Label e. V., Ökoinstitut e. V., entziehen, so V. Oschmann, Die Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und ihre Umsetzung in Deutschland, RdE 2002, 135.

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stens zwei Jahren ist laut Artikel 6 Absatz 2 der Richtlinie von den Mitgliedstaaten ein entsprechender Bericht zu veröffentlichen, in dem unter anderem der erreichte Sachstand, die Bewertung und die getroffenen Maßnahmen aufzuführen sind. Um die Übertragung und Verteilung von Strom aus regenerativen Energiequellen voranzutreiben, regelt Artikel 7 der Richtlinie den Netzanschluß solcher Kraftwerke, die Strom aus regenerativen Energiequellen erzeugen84. Hingewiesen wird auch darauf, daß entweder eine gesetzliche Regelung zu treffen ist, welche die Finanzierung der Kosten solcher Netzanschlüsse regelt, oder daß die anschließenden Netzbetreiber verpflichtet werden müssen, eine genaue Aufstellung der Kosten zu veröffentlichen, die bei einem Netzanschluß anfallen würden. In jedem Fall aber sind die Netzbetreiber verpflichtet, jedem Erzeuger, der neu an das Netz angeschlossen werden möchte, einen Kostenvoranschlag vorzulegen (Art. 7 Abs. 4)85. Besonderer Wert wird darauf gelegt, daß die Erzeuger regenerativen Stroms vor allem in bevölkerungsschwachen Regionen und in Randgebieten nicht benachteiligt werden (Art. 7 Abs. 6). Gemäß Artikel 8 der Richtlinie legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens am 31. Dezember 2005 und anschließend alle fünf Jahre einen zusammenfassenden Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie vor. Diese Berichte befassen sich mit den Fortschritten auf dem Gebiet der Internalisierung externer Kosten, konventioneller Energien sowie mit den Auswirkungen öffentlicher Unterstützung für die Stromerzeugung. Weitere Berücksichtigung findet der Aspekt, inwiefern die einzelnen Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, die im Rahmen dieser Richtlinie gesetzten nationalen Ziele erreichen zu können. Ferner soll eine etwaige Ungleichbehandlung verschiedener Energiequellen berücksichtigt werden (Art. 8 UA 2 Spstr. 2). Gegebenenfalls fügt die Kommission diesem Bericht weitere Vorschläge an das Europäische Parlament und den Rat bei (Art. 8 UA 3).

2. Die wichtigsten deutschen Gesetze a) Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts Unmittelbar nach Umsetzung der Binnenmarktrichtlinie für die Vollendung des Binnenmarkts für Elektrizität und Gas ist das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts am 29. April 1998 in Kraft getreten (NeuregelungsG)86. Dabei handelt es sich um ein Artikelgesetz, das vornehmlich mit dessen Artikel 1 bezweckt, das Energiewirtschaftsgesetz aus dem Jahr 1935 zu 84 Dabei sind die enthaltenen Regelungen sehr ähnlich mit denen des § 4 EEAusbG (§ 3 EEG), vgl. Kap. II. 2. c), insb. Fn. 183. 85 Vgl. dazu a. Kap. VI. 3. d) cc).

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ersetzen. Die Artikel 2 und 3 enthalten Regelungen zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen87, zur Streichung des Gerätesicherheitsgesetzes und zur Novellierung des Stromeinspeisungsgesetzes88. Artikel 4 enthält Ausgangs- und Übergangsbestimmungen. So wird bestimmt, daß laufende Konzessionsverträge als auch die damit verbundenen Konzessionsabgaben unberührt bleiben89. Weiterhin enthält Artikel 4 die wichtige Reziprozitätsklausel. Sie beruht auf Art. 21 Abs. 2 BeschlEltRL (Art. 19 Abs. 5 EltRL a. F.) und erlaubt Energieversorgungsunternehmen, ausländischen Anbietern den Netzzugang zu verweigern, sofern der beliefernde Anbieter nicht ebenfalls sein Netz für die Konkurrenz geöffnet hat. Es handelt sich um ein Durchleitungsverweigerungsrecht90. Diese Klausel ist bis Ende 2006 begrenzt, weil die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie in ihrer ersten Fassung vorsah, daß der europäische Binnenmarkt bis zu diesem Zeitpunkt vollständig geöffnet sein müsse (Art. 4 Abs. 2 NeuregelungsG)91. § 3 dieses Artikels enthält eine Klausel, nach der zu beachten ist, daß eine ausreichend hohe Verstromung von Braunkohle auch weiterhin gewährleistet sein muß. Der abschließende Artikel 5 regelt das Inkrafttreten des Neuregelungsgesetzes und das Außerkrafttreten des bis dahin gültigen Energiewirtschaftsgesetzes und der Bundestarifordnung Gas92. Um der Umsetzung der Gasbinnenmarktrichtlinie nachzukommen, hat die Bundesregierung dem Bundestag am 04. Dezember 2000 einen ersten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vorgelegt93. Am 21. Mai 2003 ist die Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes in Kraft getreten94. 86 BGBl. I/1998 S. 730 v. 24.04.1998 (BGBl. III 752-2), auch Neuregelungsgesetz genannt (NeuregelungsG). Mit dem Neuregelungsgesetz werden die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie in vollem Umfang und die Gasbinnenmarktrichtlinie weitestgehend umgesetzt, vgl. W. Danner, in: ders., Einführung, Rdn. 48. Auf die Gasmarktliberalisierung wird nicht weiter eingegangen. 87 Vgl. den Art. 103b GWB von 1998 in der Fassung des Art. 2 NeuregelungsG, der das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen insoweit ändert, als es Elektrizitätsversorgungsunternehmen von den Ausnahmeregelungen der §§ 103 und 103a GWB ausnimmt, der jedoch nur wenige Monate in Kraft war, weil das GWB kurze Zeit später novelliert wurde (BGBl. I/1998 S. 2521 v. 26.08.1998). 88 Dazu ausführlich in Kap. II. 2. c), a. a. Kap. VII. 2. 89 Art. 4 § 1 NeuregelungsG; ausführlich zu den Konzessionsverträgen in Kap. III. 2. b) cc). 90 s. a. BT–Drucks. 14/5969 v. 09.05.2001, Art. 2, S. 6; ausführlich zur Reziprozitätsklausel U. Büdenbender, Durchleitung elektrischer Energie nach der Energierechtsreform, RdE 1999, 9 f.; C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 213 ff.; K.-P. Horstmann, Netzzugang in der Energiewirtschaft, 2001, S. 71 f.; A. Klemm, Strom aus dem Ausland, EuZW 2000, 69 ff. 91 Vgl. hierzu Kap. VI. 4. d) cc) (2). 92 BTOGas, BGBl. I/1971 S. 1865 v. 26.11.1971. 93 Weitere folgten am 09.05.2001 (BT-Drucks. 14/5969) und am 17.12.2002. (BTDrucks. 15/197).

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Abgesehen von der Einbeziehung des Gasmarktes in den Gesetzestext ist die gravierendste Änderung, die den Elektrizitätsbinnenmarkt betrifft95, die Neufassung der Reziprozitätsklausel. Sie bleibt zwar nach wie vor bestehen, wird aber eingeengt. So wird ihr eine Verordnungsermächtigung beigefügt, nach der das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie befugt ist, Kriterien zur Bestimmung einer aus dem Ausland stammenden Elektrizitätslieferung als solche einzuordnen96 und Voraussetzungen für eine Netzzugangserlaubnis näher zu bestimmen. Die Regelung gilt unter Beachtung völkerrechtlicher Verpflichtungen ebenso wie zur Entgeltfindung für Elektrizitätslieferungen aus Drittstaaten97. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie kann durch Rechtsverordnung festlegen, ob und in welchem Umfang der Netzzugang für Elektrizitätslieferungen aus Drittstaaten verwehrt werden darf. Zweck der Reziprozitätsklausel ist für die deutsche Energiewirtschaft, Wettbewerbs- und Chancengleichheit herzustellen98. Transitlieferungen fallen allerdings nicht in den Regelungsgehalt dieser Vorschrift99. Insbesondere seit dem Jahr 2003 wird die Reform des Neuregelungsgesetzes stark debattiert. Hintergrund ist insbesondere die Umsetzung der novellierten Elektrizitäts- und Gasbinnenmarktrichtlinie. Zahlreiche Gesetzesentwürfe sind seitdem veröffentlicht worden. Die letzte Fassung ist vom 28. Juli 2004, die auch im weiteren Verlauf der Arbeit als Gesetzesnovelle zugrunde gelegt wird. Die Änderungsvorschläge betreffen in erster Linie die Reform des Energiewirtschaftsgesetzes, den ersten Artikel des Neuregelungsgesetzes also, worauf ausführlich in Kap. II. 2. b) bb) eingegangen wird. Aber auch die übrigen Artikel sollen nicht nur abgeändert, sondern gänzlich neu gefaßt werden. So soll der Artikel 2 dann das „Gesetz über die Bundesregulierungsbehörde für Elektrizität, Gas, Telekommunikation und Post (REGTPG)“, kurz der Regulierungsbehörde, enthalten. Artikel 3 enthält Änderungen sonstiger Gesetze und Rechtsverordnungen und Artikel 4 enthält die Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang. Wie auch schon die erste Fassung des Neuregelungsgesetzes enthält Artikel 5 schließlich Regelungen über das Inkrafttreten und das Außerkrafttreten anderer Gesetze. Hierbei sei insbesondere darauf hingewiesen, daß unter 94

BGBl. I/2003 S. 686 v. 20.05.2003. Die einzige Änderung, die mittelbar den Elektrizitätsmarkt betrifft, ist die Änderung der Wörter: „Bundesministerium für Wirtschaft“ in „Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie“, wobei es sich nur um eine Formalie handelt, vgl. BT-Drucks. 14/5969 Art. 1 Abs. 3. 96 Der Lieferant hat allerdings gegenüber dem Einspeisenetzbetreiber eine Nachweispflicht des Ursprungs des Stroms, vgl. BT-Drucks. 14/5969 S. 10. 97 So sieht das die erste Änderung des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts in Art. 4 § 2 Abs. 3 vor, vgl. BT-Drucks. 14/5969 S. 7. 98 Vgl. BT-Drucks. 14/5969 S. 14; vgl. dazu auch Kap. VI. 4. d) cc) (2). 99 Vgl. BT-Drucks. 14/5969 S. 10. 95

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anderem das „Übergangsgesetz aus Anlaß des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts“, Artikel 4 des noch gültigen Neuregelungsgesetzes also, zu Teilen in das Energiewirtschaftsgesetz überführt wird. Dieses Gesetz beinhaltet unter anderem die Reziprozitätsklausel, die jedoch nicht übernommen wird und ersatzlos entfällt100. Auch soll die Bundestarifordnung Elektrizität entfallen101. b) Energiewirtschaftsgesetz Das erste deutsche Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist am 13. Dezember 1935 in Kraft getreten102. Zielsetzung des Gesetzes war es, eine sichere und preiswürdige Energieversorgung zu gewährleisten. In dieser ersten Fassung sprach sich der Gesetzgeber noch ausdrücklich gegen den volkswirtschaftlich für schädlich erachteten Wettbewerb aus103. Mit dem Gesetz sollte eine Energieversorgung geschaffen werden, die so sicher und billig wie möglich sein sollte104. Auf dieses Gesetz stützte sich das Prinzip, geschlossene Versorgungsgebiete spezialgesetzlich abzusichern105. Die Energieversorgungsunternehmen unterstanden allesamt einer staatlichen Aufsichtsbehörde, die darauf zu achten hatte, daß die Energieversorgungsleistungen ein hohes Niveau an Zuverlässigkeit hatten. Das Energiewirtschaftsgesetz, daß durch die Strommarktliberalisierung 1998 grundlegend novelliert wurde, findet sich nunmehr in Art. 1 NeuregelungsG. Eine weitere Neuerung soll bereits 2004 verabschiedet werden, allerdings ist nicht damit zu rechnen, daß die novellierte Fassung vor dem zweiten Quartal 2005 in Kraft treten wird. aa) Fassung von 1998 Außer der Versorgungssicherheit (Präambel) regelte das Energiewirtschaftsgesetz von 1935 Betriebsaufnahmegenehmigungen (§ 5), die Anschluß- und Versorgungspflicht (§ 6)106, staatliche Preiskontrollen (§ 7), Betriebsuntersagungsverfahren (§§ 8, 9), Enteignungen (§ 11), Reglementierung der Konzessionsabgaben (§ 12) und die Regelung der technischen Beschaffenheit von Energieanlagen (§ 13). Das Energiewirtschaftsgesetz von 1935107 wurde durch Artikel 1 des Neuregelungsgesetzes von 1998 komplett überholt. Man spricht 100

Zur Konsequenz s. Kap. VI. 4. d) cc) (2). Weiterhin treten das EnWG i. d. F. von 1998 und die fünfte DurchführungsVO zur Förderung der Energiewirtschaft außer Kraft. 102 EnWG, Reichsgesetzblatt I/1935 S. 1451 v. 01.12.1935. 103 Präambel EnWG a. F. 104 Präambel EnWG a. F. 105 U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, 1999, S. V. 106 s. Kap. III. 2. c). 101

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von der Energierechtsreform. Diese Reform ist nötig geworden, um der Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, aber auch der Gasbinnenmarktrichtlinie nachzukommen108. Die Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes bedeutet eine grundlegende Umorientierung. Stand der Energiesektor vormals unter staatlicher Kontrolle und war kartelliert, werden nun alle wettbewerbsbehindernden Regelungen beseitigt109. Die Neuregelung stellt den Umwelt- und Klimaschutz in den Vordergrund und strebt eine weitgehende Dezentralisierung der Stromwirtschaft mit Wettbewerb um Erzeugung, Übertragung und Versorgung an. Durch Aufhebung der Demarkationsverträge110 werden die Strom- und Gasmärkte dem internen Wettbewerb geöffnet. Die primären Wettbewerbsinstrumente sind nun die Erzeugung, die Durchleitung und der direkte Leitungsbau111. Art. 1 EnWG beschreibt den Zweck des Gesetzes. Wie in der ersten Gesetzesfassung wird eine möglichst sichere und preisgünstige Elektrizitätsversorgung gefordert. Allerdings werden beide Kriterien um die Umweltverträglichkeit ergänzt112. Geradezu selbstverständlich hat die Strommarktliberalisierung das Prinzip von Wettbewerb zur Geltung gebracht, das im Energiewirtschaftsgesetz von 1935 vehement zurückgewiesen wurde. Wie schon in der alten Fassung des Energiewirtschaftsgesetzes findet sich in der neuen Fassung ein Paragraph, der verschiedene zum Verständnis des Gesetzestextes relevante Begriffe näher bestimmt. Hervorzuheben ist die darin neu hinzugefügte Definition der Umweltverträglichkeit und der Verweis des damit mittelbar verbundenen Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes und Erneuerbare-Energien-Gesetzes113. An der Genehmigungspflicht zur Energieversorgung hat sich wenig geändert. In der Neuregelung werden aber Ausnahmen von der Genehmigungspflicht gemacht, und zwar überwiegend für solche Energieunternehmen, die regenerative 107 s. zum Energiewirtschaftsgesetz von 1935 W. Danner, in: ders., EnWG, Einführung, Rdn. 4 ff.; C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 24 ff.; U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 16 ff.; H.-U. Evers, Das Recht der Energieversorgung, 2. Aufl. 1983; U. Büdenbender, Energierecht, 1982; H. Gröner, Die Ordnung der deutschen Elektrizitätswirtschaft, 1975. 108 s. Verweis in BGBl. I/1998 S. 730 v. 24.04.1998. 109 s. Fn. 87. 110 Ausführlich zu den Demarkationsverträgen in Kap. III. 2. b) bb). 111 Vorausgesetzt, daß dieser ökologisch und ökonomisch sinnvoll ist; vgl. W. Danner, in: ders., Einführung, Rdn. 42. 112 Vgl. UVPG (BGBl. I/1990 S. 205 v. 12.02.1990); dazu K. A. Schachtschneider, Umweltverträglichkeit als Umweltstandard der Europäischen Union, in: R. Breuer u. a. (Hrsg.), Umwelt- und Technikrecht, 1994, S. 463 ff. 113 s. § 2 EnWG (neue und alte Fassung). Abs. 5 bestimmt, daß die Abnahme- und Vergütungspflicht von Strom aus regenerativen Energien dem Erneuerbaren-EnergienGesetz entnommen wird.

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Energie in das Elektrizitätsnetz einspeisen114. Ausgeführt wird, unter welchen Umständen die Genehmigungspflicht verweigert werden darf, nämlich dann, wenn die personelle, technische oder wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für eine dauerhafte Versorgung nicht vorhanden ist115, auch dann, wenn für die Abnehmer daraus eine Schlechterstellung resultieren könnte. In § 4 EnWG, der den Betrieb des Elektrizitätsversorgungsnetzes regelt, sind mehrere für den Wettbewerb bedeutende Neuerungen zu finden. Zunächst wird den Elektrizitätsversorgungsunternehmen auferlegt, ihre Netze in einer Art und Weise zu betreiben, um den Zielen des § 1 EnWG nachzukommen116. Neu sind die Bestimmungen, unter welchen Bedingungen Fremdenergie einzuspeisen ist und welche Voraussetzungen die Verbindungsleitungen und der Netzanschluß dafür erfüllen müssen117. Wegen der ehemaligen Monopolstellung der Energieversorgungsunternehmen waren solche Maßnahmen vorher nicht vorgesehen, weil ein Netzanschluß eines Fremdunternehmens nicht bezweckt war. Ebenfalls neu ist die in Absatz 4 bestimmte organisatorische Entflechtung der Betriebsabteilung integrierter Elektrizitätsunternehmen118. Analog zur Entflechtung der Organisation ist auch die Trennung des Rechnungswesens in Anlehnung an die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie neu eingeführt worden (§ 9)119. Diese sowohl horizontale als auch vertikale organisatorische Entflechtung dient nicht nur der Transparenz, sondern auch der Vermeidung von Quersubventionen und Diskriminierungen120.

114 s. § 3 Abs. 1 EnWG, § 5 EnWG a. F. in dem darüber hinaus auch noch eine Mitteilungspflicht verankert war (Abs. 2). Zur Genehmigungspflicht s. a. die 3. DVO zum EnWG 1935 (BGBl. I/1985 S. 2251 v. 12.12.1985). 115 Diese Regelung war ähnlich auch schon in § 3 EnWG a. F. vorhanden, allerdings ohne die personelle Komponente. 116 Vgl. § 4 Abs. 2 EnWG. In der alten Fassung von 1935 war in § 8 noch festgesetzt, daß einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Betriebsgenehmigung entzogen werden kann, wenn es seinen Versorgungsaufgaben nicht mehr ordnungsgemäß nachkommt. Die Versorgungsaufgaben können in diesem Falle einem anderen öffentlichen Energieversorgungsunternehmen übertragen werden. 117 Vgl. § 4 Abs. 2 f. EnWG. So müssen die Kriterien für den Netzanschluß diskriminierungsfrei sein und ein vorgeschriebenes Mindestmaß an technischem Sicherheitsstandard haben. Der Sicherheitsstandard muß veröffentlicht sein; die Anforderungen sind den zuständigen Behörden und der Europäischen Kommission mitzuteilen. 118 Vertikal integrierte Elektrizitätsunternehmen nehmen auf den Gebieten Erzeugung, Übertragung und Verteilung mindestens zwei Funktionen wahr. Horizontal integrierte Elektrizitätsunternehmen nehmen mindestens eine dieser Tätigkeiten wahr, daneben aber eine weitere außerhalb des Elektrizitätsbereichs, Art. 2 Nr. 17–19 EltRL a. F. Die Bestimmungen der operationellen Entflechtung sind in Art. 7 Abs. 6 EltRL a. F. festgelegt 119 Die Bestimmungen der Entflechtung und Transparenz der Buchführung sind in Art. 13 ff. EltRL a. F. festgelegt; dazu näher K.-P. Horstmann, Netzzugang in der Energiewirtschaft, S. 24 ff. 120 s. W. Danner, in: ders., EnWG, § 4, Rdn. 18.

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Das Kernstück der Einführung von Wettbewerb im neuen Energiewirtschaftsgesetz ist der Zugang Dritter zum Elektrizitätsversorgungsnetz121, geregelt in den §§ 5, 6 und 7 EnWG. Unterschieden wird zwischen dem System des verhandelten Netzzugangs (§ 6) und dem Alleinabnehmersystem, der sogenannten Netzzugangsalternative oder auch Single-Buyer-System (§ 7). Der in der Elektrizitätsrichtlinie erwähnte geregelte Netzzugang (Art. 17 Abs. 4 EltRL a. F.), der sowohl von der Kommission als auch von vielen Mitgliedstaaten präferiert wird, ist im deutschen Energiewirtschaftsgesetz lediglich dann vorgesehen, wenn durch die beiden anderen Regelungen die Ziele des Gesetzes nicht hinreichend erreicht werden können (Art. 6 Abs. 2; Art. 7 Abs. 5). Der deutsche Gesetzgeber bevorzugt das System des verhandelten Netzzugangs, was aus der Formulierung des § 5 EnWG ersichtlich wird, in dem es heißt: „Der Zugang zum Elektrizitätsversorgungsnetz erfolgt, vorbehaltlich des § 7, nach dem System des verhandelten Netzzugangs“122.

Auch sieht der Gesetzgeber in der Netzzugangsalternative lediglich eine zeitlich befristete Alternative zum verhandelten Netzzugang, die spätestens zum 31. Dezember 2005 außer Kraft tritt (§ 8 S. 3 EnWG). § 6 Abs. 1 EnWG verpflichtet Netzbetreiber, ihr Netz diskriminierungsfrei der Konkurrenz zur Verfügung zu stellen, und zwar zu Bedingungen, die nicht schlechter sind als ihre eigenen. Das bedeutet, daß die Konditionen, zu denen Dritte das Netz in Anspruch nehmen, den Konditionen, die der Netzbetreiber für sich selbst benötigen und in Rechnung stellen würde, gleichwertig sein müssen. Das Handeln gegenüber Dritten wird somit am Handeln mit sich selbst gemessen. Es wird ein Durchleitungsanspruch nach vertraglich festzulegenden Bestimmungen eingeräumt. Der materielle Anspruch auf Nutzung fremder Netze ist aber nicht unbeschränkt123. Der Netzbetreiber hat die Möglichkeit, die Durchleitung schriftlich zu verweigern, wenn ihm diese aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht zumutbar ist124. Als einziger Mitgliedstaat hat Deutschland darauf verzichtet, die Durchleitungsentgelte gesetzlich festzulegen. Er setzt auf das Zusammenspiel von staatlicher Regulierung und wirtschaftlicher Selbstregulierung, das heißt, daß die Wirtschaft die Einzelheiten des Netzzugangs und der Entgelte selbst, fair und 121 Ähnlich auch K.-P. Horstmann, Netzzugang in der Energiewirtschaft, S. V; C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 68; U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 40. 122 Auch § 5 EnWG dient der Umsetzung der Elektrizitätsrichtlinie, s. §§ 16 ff. EltRL a. F. Die Elektrizitätsrichtlinie hingegen sieht die beiden Netzzugangsmöglichkeiten als gleichwertig an, vgl. W. Danner, in: ders., EnWG, § 5, Rdn. 9. 123 Vgl. U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 133. 124 Vgl. § 6 Abs. 1 S. 2 EnWG. Die Durchleitungspflicht entfällt auch, wenn die anfangs erwähnte Reziprozitätsklausel zum Tragen kommt; s. a. Kap. VI. 4. d) cc) (2) und Fn. 90.

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diskriminierungsfrei aushandelt und in Form einer Verbändevereinbarung festhält125. Im Fall des verhandelten Netzzugangs hat der Gesetzgeber eine Verordnungsermächtigung für den Zustand vorgesehen, daß Marktversagen eintritt oder einzutreten droht (§ 6 Abs. 2). Danach wird der Wirtschaftsminister im Einverständnis mit dem Bundesrat ermächtigt, die Gestaltung der Durchleitungsverträge und die Kriterien zur Bestimmung von Durchleitungsentgelten durch Rechtsverordnung festzulegen, was dann dem geregelten Netzzugang gleichkommt126. Der Grund für die Einführung des alternativen Alleinabnehmersystems war die Befürchtung der Kommunen, im System des verhandelten Netzzugangs dem Wettbewerb schutzlos ausgeliefert zu sein127. Die Praktizierung des Alleinabnehmersystems setzt eine Bewilligung der Behörde128 voraus, die den Netzzugang im Wege der Verhandlung, also nach § 6 EnWG, ausschließt (§ 7 Abs. 1 S. 1). Profitieren können von der Bewilligung lediglich Übertragungsnetzbetreiber während Verteilungsunternehmen davon ausgeschlossen sind129. Wie § 6 Abs. 2 EnWG enthält auch der § 7 EnWG in seinem Absatz 5 eine Verordnungsermächtigung, wonach der Gesetzgeber zugunsten der Marktöffnung die näheren Voraussetzungen der Bewilligungen ändern kann130. Auf die verschiedenen Netzzugangssysteme wird an dieser Stelle nicht vertiefend eingegangen. Dies geschieht in Kap. VI. 3. c). Zur Entgeltfindung enthält sonst § 11 EnWG Vorschriften über die allgemeinen Tarife und Versorgungsbedingungen. § 11 EnWG entspricht im wesentlichen dem § 7 EnWG a. F., auf dessen Verordnungsermächtigung die Bundestarifordnung Elektrizität sowie die Verordnungen über die Allgemeinen Bedin125 Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Durchleitungsentgelten v. 22.05.1998 (VV I), am 01.01.2000 durch die an die Marktentwicklung angepaßte Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Durchleitungsentgelten v. 13.12.1999 (VV II) abgelöst; analog dazu die Verbändevereinbarung zum Netzzugang bei Erdgas inkl. Anlagen v. 04.07.2000 (VV Gas); die Verbändevereinbarungen sind abgedruckt in: Beck-Texte, Energierecht, 2001; dazu auch U. Büdenbender, Durchleitung elektrischer Energie nach der Energierechtsreform, RdE 1999, 1 ff.; G. Kühne/B. Scholtka, Das neue Energiewirtschaftsrecht, NJW 1998, 1906; ders., Die Entwicklung des Energierechts in den Jahren 1998 und 1999, NJW 2000, 550 f.; E. Meller, Neue Verbändevereinbarung erleichtert den Marktzugang, ET 1999, 736 ff., zum Vergleich der beiden Verbändevereinbarungen ders., ebenda, insb. 740; am 01.01.2002 ist die weiterentwickelte Verbändevereinbraung II plus in Kraft getreten. 126 Vgl. C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 176 ff., insb. S. 178. 127 Vgl. G. Kühne/B. Scholtka, Das neue Energiewirtschaftsrecht, NJW 1998, 1906. 128 Zur zuständigen Behörde vgl. W. Danner, in: ders., EnWG, § 7, Rdn. 12. 129 Vgl. W. Danner, in: ders., EnWG, § 7, Rdn. 16; ausführlich zu den Zulassungsvoraussetzungen P. Franke, Zulassungsvoraussetzungen zum Alleinabnehmersystem, ET 1999, 273 ff. 130 Vgl. C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 176 ff., insb. S. 182.

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gungen der Elektrizitätsversorgung von Tarifabnehmern erlassen wurden131. Die Ermächtigungsgrundlage bleibt leicht modifiziert132 nach wie vor bestehen133. Um den Verbraucher trotz des zusätzlichen Wettbewerbs zu schützen, bleibt bei der Elektrizitätsversorgung von Tarifabnehmern eine besondere staatliche Preisaufsicht erhalten134. Neu ist die Möglichkeit, Vorschriften zu erlassen, die Elektrizitätsversorgungsunternehmen erlauben, Kosten, die ihnen durch Energieeinsparmaßnahmen entstehen, auf die Tarifabnehmer abzuwälzen135. Der Gesetzgeber begründet dies mit der Erläuterung, daß die Ziele einer möglichst sicheren, preisgünstigen und umweltverträglichen Elektrizitätsversorgung am besten erreicht werden können, wenn jeder Kunde die für seine Stromversorgung aufzuwendenden Kosten in vollem Umfang mit seinem Strompreis bezahlt136. Wegen der Leitungsgebundenheit der Stromversorgung verfügt der Netzbetreiber faktisch nach wie vor über eine Monopolstellung, aus der sich ein Kontrahierungszwang ableiten läßt137. Deswegen enthält die neue Fassung des Energiewirtschaftsgesetzes, wie die alte Fassung auch schon, eine allgemeine Anschluß- und Versorgungspflicht138. Danach sind Energieversorgungsunternehmen verpflichtet, allgemeine Bedingungen und Tarife öffentlich bekanntzugeben, nach denen sie jedermann an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen haben, wenn es wirtschaftlich zumutbar ist. Dieser Kontrahierungspflicht unterliegen Energieversorgungsunternehmen, die in einem Gemeindegebiet die allgemeine Versorgung von Letztverbrauchern durchführen (§ 10 Abs. 1). Ob der Anschluß im Einzelfall wirtschaftlich zumutbar ist, kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit durch Rechtsverordnung und Zustimmung des Bundesrates regeln139. Eigenversorger sind von der allgemeinen 131

Vgl. W. Danner, in: ders., EnWG, § 11, Rdn. 1. Vgl. W. Danner, in: ders., EnWG, § 11, Rdn. 1, 3. 133 Die Verordnungsermächtigung gibt dem für die Energiepolitik zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft die Befugnis, die Allgemeinen Stromtarife zu gestalten, wozu es der Zustimmung des Bundesrates bedarf, vgl. § 11 EnWG, a. Fn. 130. 134 Vgl. BT-Drucks. 13/7274 v. 23.03.1997, S. 17; eine Umstellung der Preisaufsicht auf eine kartellrechtliche Mißbrauchsaufsicht, wie sie zum Teil gefordert wird, soll aber erst und nur dann vorgenommen werden, wenn sich zeigen sollte, daß der verstärkte Wettbewerb aufgrund der geltenden Reform einen solchen Schritt tatsächlich rechtfertigt, vgl. BT-Drucks. 13/7274, S. 18. 135 Vgl. W. Danner, in: ders., EnWG, § 11, Rdn. 1, 9 f. 136 Vgl. BT-Drucks. 13/7274, S. 18. 137 Zum Kontrahierungszwang E. Schweers, Vertragsbeziehungen und Haftung im novellierten Energiewirtschaftsrecht, 2001, S. 37 ff. Der Kontrahierungszwang liegt aber nur so lange vor, solange Netzbetreiber und Energieversorger identisch sind, vgl. W. Danner, in: ders., EnWG, § 10, Rdn. 21; D. Hempel, in: Böwing, EnWG 1998 – Erläuterungen, 1999, § 10, Erl. 4.3.1, S. 206 f. 138 Vgl. § 6 EnWG a. F. und § 10 EnWG; beide Paragraphen sind zum größten Teil deckungsgleich. 139 Vgl. § 10 Abs. 3 EnWG; um wirtschaftliche Unzumutbarkeit zu vermeiden, kann das Energieversorgungsunternehmen auch Baukostenzuschüsse beantragen, 132

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Anschluß- und Versorgungspflicht ausgenommen, falls sie ihre Energie nicht aus einer regenerativen Energiequelle beziehen. Umgekehrt sind Eigenversorger aber auch nicht verpflichtet, irgendeinen Dritten mitzuversorgen140. Eigenversorger sind verpflichtet, einen Sondervertrag über notwendige Zusatz- oder Reserveversorgung abzuschließen, auf den sie nur dann Anspruch haben, wenn dies dem Energieversorgungsunternehmen wirtschaftlich zuzumuten ist141. Damit Energieversorgungsunternehmen ihrer Anschluß- und Versorgungspflicht nachkommen können, sind Wegenutzungsverträge vorgesehen, die eine maximale Laufzeit von 20 Jahren nicht überschreiten dürfen142. Wird der Vertrag danach nicht verlängert, müssen die für die allgemeine Versorgung notwendigen Verteilungsanlagen gegen eine wirtschaftlich angemessene Vergütung an das neue Energieversorgungsunternehmen abgetreten werden143. Gemeinden sind verpflichtet, ihre öffentlichen Verkehrswege dafür zur Verfügung zu stellen, sind aber, unabhängig von der Einführung des Wettbewerbs, also des Wegfalls des Ausschließlichkeitsrechts, nach wie vor berechtigt, dafür Konzessionsabgaben zu verlangen144. Diese sind in § 14 EnWG geregelt145. Die Höhe der Konzessionsabgaben richtet sich nach der Konzessionsabgabenverordnung. Ähnlich wie im Falle der Gemeinden, die den Energieversorgungsunternehmen ihre öffentlichen Verkehrswege zur Leitungsverlegung zur Verfügung stellen müssen, sind Privatgrundstücke davon ebenfalls betroffen, damit eine flächendeckende Versorgung gewährleistet werden kann. Weil es aber ein gesetzliches Nutzungsrecht fremder Grundstücke nicht gibt, muß eine einvernehmliche Lösung mit dem Grundstückseigentümer gefunden werden. Notfalls muß eine Enteignung erfolgen146. Das Bundesverfassungsgericht sieht eine solche unter dem Aspekt des Art. 14 Abs. 3 GG als zulässig an, weil die gesicherte Energieversorgung W. Danner, in: ders., EnWG, § 10, Rdn. 26; ausführlich zu den Baukostenzuschüssen, H. P. Hermann/H. Recknagel/J. Schmidt-Salzer, Kommentar zu den Allgemeinen Versorgungsbedingungen, S. 500 ff. 140 Vgl. § 10 Abs. 2 EnWG; a. a. W. Danner, in: ders., EnWG, § 10, Rdn. 5. 141 Vgl. BT-Drucks. 13/7274, S. 17; zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit bei der Zusatz- und Reserveversorgung s. W. Danner, in: ders., EnWG, § 10, Rdn. 5. 142 § 13 EnWG; die Befristung der Laufzeit auf 20 Jahre wurde 1980 durch die 4. GWB-Novelle eingeführt; dazu K. Markert, Zur kartellrechtlichen Beurteilung von Endschaftsbestimmungen in Konzessionsverträgen, ET 1993, 486 f. 143 § 13 Abs. 2 EnWG; diese Verpflichtung verhindert wirtschaftlich unsinnige Doppelinvestitionen, vgl. BT-Drucks. 13/7274, S. 21. 144 Erst nach Zahlung der Konzessionsabgaben sind die Gemeinden verpflichtet, ihre öffentlichen Verkehrswege freizugeben, vgl. § 13 Abs. 1 EnWG; G. Kühne/B. Scholtka, Das neue Energiewirtschaftsrecht, NJW 1998, 1907; dazu auch U. Büdenbender u. a., Energierecht I, 1999, Rdn. 1873, S. 997. 145 Ähnlich auch schon in § 12 EnWG a. F. enthalten. Allerdings war dort nicht das ob und wie geregelt, sondern enthielt lediglich eine Ermächtigungsgrundlage. 146 Vgl. § 12 EnWG (ähnlich schon § 11 EnWG a. F.); vgl. a. C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 256 ff.

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ein Gut von überragender Bedeutung ist und Enteignungen zur Erreichung dieses Zweckes gerechtfertigt sind147. Um die Ziele und Zwecke des Gesetzes gewährleisten zu können, müssen hohe technische Anforderungen an die jeweiligen Energieanlagen und die gesamte Infrastruktur gestellt werden, die in § 16 EnWG geregelt sind. Sie sind dynamisch an den jeweiligen Stand der Technik anzupassen148. Darüber hinaus wird dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit die Möglichkeit eingeräumt, im Verordnungswege weiteren Einfluß zu nehmen (§ 16 Abs. 4). Um der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und dem freien Warenverkehr nach Art. 28 ff. EGV zu entsprechen, enthält § 16 Abs. 3 EnWG Bestimmungen über die Anforderungen an Energieanlagen, welche die Gleichbehandlung mit in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie in Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum geltenden Sicherheitsstandards sicherstellen sollen149. Zur Sicherung der Energieversorgung ist das Bundesministerium, im Falle eines Rohstoffengpasses, ermächtigt Vorschriften zu erlassen, welche Energieversorgungsunternehmen verpflichten, einen Mindestvorrat an fossilen Brennstoffen zu halten. So können diese ihre Abgabeverpflichtungen über die Dauer von 30 Tagen gewähren (§ 17 Abs. 1). Von dieser Verordnungsermächtigung sind Eigenerzeuger ausgenommen, deren Kraftwerke eine Nennleistung von 100 MW nicht übersteigt150. Umgekehrt ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit genauso befugt, Vorschriften über die Freistellungen von dieser Regelung zu erlassen (§ 17 Abs. 2). Die Verordnungsermächtigung, die weiterhin in § 17 Abs. 3 EnWG enthalten ist, ist als Rechtsgrundlage zur innerstaatlichen Umsetzung der EG-Richtlinie erforderlich151. Der Paragraph über die Vorratshaltung zur Sicherung der Energieversorgung ist insofern notwendig, weil zur Durchsetzung der Bevorratungspflicht bei den Kraft-

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BVerfGE 66, 248 (248 ff.). Ähnlich § 16 Abs. 1 f. EnWG (ähnlich schon § 13 Abs. 2 EnWG a. F.); dazu auch K. A. Schachtschneider, Der Rechtsbegriff „Stand von Wissenschaft und Technik“ im Atom- und Immissionsschutzrecht, in: W. Thieme (Hrsg.), Umweltschutz im Recht, 1988, S. 81 ff. 149 Vgl. BT-Drucks. 13/7274, S. 22. 150 § 17 Abs. 1 EnWG; die Vorschrift übernimmt § 14 EnWG a. F. § 14 EnWG a. F. wurde durch Artikel 3 des Gesetzes zur Änderung energierechtlicher Vorschriften (BGBl. I/1977 S. 2750 v. 19.12.1977) in das Gesetz eingefügt. Dadurch wurde die europäische Richtlinie zur Brennstoffbevorratung in Kraftwerken umgesetzt (ABlEG 1975, Rs. L 153/35 v. 13.6.1975). Auf die Vorschrift ist die Verordnung über die Brennstoffbevorratung von Kraftwerken (Kraft BevV, BGBl. I/1981 S. 164 v. 11.02. 1981) gestützt, die beibehalten werden muß, vgl. BT-Drucks. 13/7274, S. 22; allerdings ist die Verordnung über die Brennstoffbevorratung von Kraftwerken inzwischen aufgehoben, s. Verordnung zur Aufhebung der Kraftwerksbevorratungsverordnung (BGBl. I/1999 S. 1934 v. 08.09.1999). 151 Vgl. W. Danner, in: ders., EnWG, § 17, Rdn. 4. 148

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werken der Ermächtigungsrahmen des Energiesicherungsgesetzes nicht ausreicht152. Des weiteren enthält das Energiewirtschaftsgesetz zum einen noch zwei Paragraphen über Aufsichtsmaßnahmen, Auskunftspflicht und Betretungsrecht (§ 18) und zum anderen einen Paragraphen über Bußgeldvorschriften153. Wie bereits das Energiewirtschaftsgesetz von 1935 stellt auch das neue Gesetz die Stromwirtschaft unter besondere staatliche Aufsicht154. Wegen der Einführung von Wettbewerb ist der Staatseinfluß vergleichsweise bescheiden155. Die Einhaltung der im Energiewirtschaftsgesetz verordneten Vorschriften wird durch die Energiebehörden überwacht. Auf Verlangen der Behörden sind die Energieversorgungsunternehmen auskunftspflichtig156. Die genannten Befugnisse der Behörden bestehen nur, wenn der im Energiewirtschaftsgesetz vorgesehene Zweck anders nicht mehr gewährleistet werden kann157. Der Ordnungswidrigkeitenkatalog über die Bußgeldvorschriften wurde der Neuregelung des Gesetzes angepaßt und die Höhe der Geldbuße auf höchstens 200.000 DM festgesetzt158. Seit dem Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes in der Fassung von 1998 wurden an dem Gesetz bereits zweimal Änderungen vorgenommen, die den Gesetzestext aber nur ergänzen. Die erste Änderung wurde im Jahr 2000 mit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes begründet, die aber lediglich das Wort: „Stromeinspeisungsgesetz“ durch die Wörter: „Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien“ ersetzt159. Bei der zweiten Änderung wurden dem Energiewirtschaftsgesetz zwei neue Paragraphen beigefügt sowie der § 12 geändert. Bei den zugefügten Paragraphen handelt es sich um § 11a, der ein Planfeststellungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb, aber auch bei Änderung bestimmter Energieanlagen verordnet160, und § 11b, der bestimmt, 152

Dazu ausführlicher in Kap. II. 2. e). § 19 EnWG; § 15 EnWG a. F. (Strafe und Bußgeld). 154 s. dazu U. Büdenbender, Die Energieaufsicht über Energieversorgungsunternehmen nach dem neuen Energiewirtschaftsgesetz, DVBl 1999, 7 ff. 155 Ähnlich W. Danner, in: ders., EnWG, § 18, Rdn. 1. 156 Unter welchen Umständen die Auskunftspflicht besteht, ist in § 18 Abs. 2 EnWG geregelt; ausführlich zur Energieaufsicht U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 509 ff. 157 Dazu ausführlich C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 253 f.; W. Danner, in: ders., EnWG, § 18, Rdn. 3 ff. 158 Vgl. BT-Drucks. 13/7274, S. 23; mit der Währungsreform wurden alle Beträge von „Deutsche Mark“ auf die Einheitswährung „Euro“ geändert. Um glatte Werte zu haben, wurde in der Regel ein Umrechnungskurs von 1:2 herangezogen. Vorliegend wurde dementsprechend die Höchstgrenze der Geldbuße auf 100.000 A festgesetzt. 159 Die Änderungsvorschrift befindet sich in Art. 2 EEG und betrifft § 2 Abs. 5 EnWG. 160 Dazu ausführlich P. Franke, Genehmigungsrecht und Umweltschutz, in: M. Bartsch/A. Röhling/P. Salje/U. Scholz (Hrsg.), Stromwirtschaft: ein Praxishandbuch, 2002, Kap. 47, Rdn. 12, 18, 20, 25. 153

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daß Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte eines Grundstücks Vorarbeiten zu dulden haben, die der Planung eines Vorhabens dienen161. bb) Fassung von 2004 Nach mehreren Gesetzesentwürfen ist die zur Zeit aktuellste Version einer Neufassung des Energiewirtschaftsrechts vom 28. Juli 2004. Sie besteht aus fünf Artikeln, von denen der erste die Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes enthält. Damit sollen die novellierte Elektrizitäts- (2003/54/EG) und Gasbinnenmarktrichtlinie (2003/55/EG) umgesetzt werden. Die Richtlinien beinhalten insbesondere regulierende Vorgaben für den Netzbetrieb der die neuzugründende Regulierungsbehörde einschließt und Regeln zur Entflechtung des Netzbetriebs. Lange Zeit war vorgesehen, das Gesetz zum 01. Juli 2004 zu reformieren, was dem in den novellierten Elektrizitäts- und Gasbinnenmarktrichtlinien festgesetzten Zeitplan entsprochen hätte (Art. 30 Abs. 1 BeschlEltRL). Dieser Zeitplan wurde aber nicht eingehalten. Im Gesetzesentwurf bleiben die wesentlichen Elemente der ursprünglichen Fassung erhalten, werden zu Teilen sogar unverändert übernommen. Der Gesetzestext wird enorm erweitert, so daß er vorliegend 118 Paragraphen vorweist, die in zehn Teile unterteilt sind. Der erste Teil enthält Allgemeine Vorschriften (§§ 1–5), der zweite Entflechtungsregeln (§§ 6–10), der dritte die Regulierung des Netzbetriebs (§§ 11–35), der vierte Vorschriften über die Energielieferung an Letztverbraucher (§§ 36–42), der fünfte Verfahren über die Planfeststellung und die Wegenutzung (§§ 43–48), der sechste die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Energieversorgung (§§ 49– 53), der siebte Vorschriften über Behörden (§§ 54–64), der achte diverse Verfahren (§§ 65–108), der neunte sonstige Vorschriften (§§ 109–111) und der zehnte Vorschriften zum Evaluierungsbericht und Schlußvorschriften. Einige Paragraphen, die bereits in der Fassung von 1998 bestanden, werden insofern verändert, als daß einzelne Absätze nunmehr eigenständige Paragraphen darstellen, ohne jedoch den Regelungsgehalt zu verändern. Dennoch sind viele Neuerungen in der novellierten Fassung zu finden. Auch sollen viele Details durch insgesamt etwa zwanzig Rechtsverordnungen präzisiert oder zumindest präzisiert werden können, die noch zu erlassen sind. Dies spricht für eine weitere Verzögerung der Umsetzung der Novelle. Weil eine detaillierte Beschreibung den vorliegenden Rahmen sprengen würde, werden nachfolgend lediglich die wichtigsten Änderungen angesprochen. Dies erscheint auch in Anbetracht dessen sinnvoll, als daß das Energiewirtschaftsgesetz auch Aufgaben der Landesbehör161 s. Art. 20 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVURichtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz (BGBl. I/2001 S. 1950 v. 27.07.2001); zu den beiden genannten Richtlinien M. Schröder, Europarecht und integriertes Umweltrecht, in: W. Erbguth (Hrsg.), Europäisierung des nationalen Umweltrechts, 2001, S. 34 ff.

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den bei der Energieaufsicht regeln soll, somit der Zustimmung des Bundesrates bedarf und die vorliegende Version damit noch nicht in der endgültigen Fassung existiert. Die umfangreichere Begriffsbestimmung hilft, Komplikationen und Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, weil die Pflichten und Rechte der am Markt Beteiligten präzisiert werden (§ 3). Die Begriffsbestimmungen halten sich im wesentlichen an die Definitionen der Beschleunigungsrichtlinien Strom und Erdgas. Im zweiten Teil finden sich die Anwendungsbereiche und Ziele der Entflechtung. Als Instrumente sind die rechtliche und operationelle, die informationelle sowie die buchhalterische Entflechtung festgelegt. Diese für vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen geltenden Vorschriften sollen einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb mit erhöhter Transparenz gewährleisten, wodurch auch Quersubventionen vermieden werden sollen162. Der dritte Teil, der die Regulierung des Netzbetriebs betrifft, wird in vier Abschnitte unterteilt. Der erste bestimmt die Aufgaben der Netzbetreiber. So sind Betreiber von Energieversorgungsnetzen sowohl für Wartung und Ausbau zuständig, für Maßnahmen zur Vermeidung von Versorgungsstörungen, aber auch zu deren Beseitigung. Dazu ist der Regulierungsbehörde einmal jährlich eine Schwachstellenanalyse vorzulegen (§§ 12–16). Der zweite Abschnitt betrifft den Netzanschluß, der im wesentlichen mit den §§ 6 und 10 EnWG 1998 vergleichbar ist und Vorschriften über den Netzanschluß, den Kontrahierungszwang und technischer Art enthält (§§ 17–19). Zur Schaffung von Rechtssicherheit sollen für den Netzanschluß zwei Verordnungen erlassen werden. Eine soll die Ausgestaltung der technischen und wirtschaftlichen Bedingungen für den Netzanschluß enthalten (NetzanschlußVO). Die andere soll die allgemeinen Bedingungen für den Netzanschluß und dessen Nutzung in Niederspannungs- und Niederdrucknetzen festlegen (AVBNetzanschlußVO) (§ 18 Abs. 3). Der Netzzugang wird im dritten Abschnitt behandelt (§§ 20–28). Auch diese Vorschriften sind teilweise bereits aus den §§ 6 Abs. 1 und 2 und 6a Abs. 3 und 5 bekannt. Wichtiger Baustein ist der grundsätzliche Zugangsanspruch zu den Elektrizitätsund Gasversorgungsnetzen (§ 20 Abs. 1). Der Gesetzesentwurf erlaubt es Netzbetreibern, die Entgelte „auf der Grundlage einer energiewirtschaftlich rationellen Betriebsführung kostenorientiert“ zu bilden (§ 23). Künftig sollen Netzbetreiber ihre Tarife für Regelenergie veröffentlichen. Sie müssen außerdem ihr Versorgungsnetz diskriminierungsfrei betreiben und anderen Netzbetreibern die notwendigen Informationen für einen sicheren und effizienten Betrieb bereitstellen. So besteht zwar nach wie vor keine eindeutige Kostenregelung über den Netzanschluß, was bereits in der ersten Fassung zu größeren Schwierigkeiten geführt hat163; allerdings wird hierauf zumindest eingegangen und kann im 162 163

Dazu ausführlich in Kap. VI. 5. Dazu ausführlich in Kap. VI. 3. d) cc).

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Zweifelsfall per Rechtsverordnung geregelt werden (Art. 21 i. V. m. Art. 24). Ist ein Netzanschluß oder -zugang unzumutbar, kann dieser auf Antrag bei der Regulierungsbehörde sowohl für Elektrizitäts- als auch für Gasnetze verweigert werden (§ 20 Abs. 2). Das Bundeswirtschaftsministerium wird ermächtigt, die Bedingungen für den Netzzugang sowie die damit in Verbindung stehenden Entgelte per Rechtsverordnung festzulegen (§ 24). Im vierten Abschnitt finden sich schließlich Befugnisse der Regulierungsbehörde und Sanktionsmaßnahmen (§§ 29–35). So entscheidet die Bundesregulierungsbehörde in den Bereichen Netzanschluß, Netzzugang und Ausgleichsleistungen durch Festlegung oder Genehmigung (§ 29). Bei Gesetzesverstößen räumt der Gesetzesentwurf den Verbraucherverbänden einen Unterlassungsanspruch ein. Gewinne, die aus Verstößen gegen das Gesetz erzielt werden, können von der Bundesregulierungsbehörde, aber auch von Verbänden und Einrichtungen, abgeschöpft werden (§ 23 f.). Die sieben Paragraphen des vierten Teils betreffen die Versorgung mit Letztverbrauchern (§§ 36–42). Neu eingeführt wird die Person des Grundversorgers, welcher der Lieferant mit den meisten Haushaltskunden in einem Netz der allgemeinen Versorgung ist und die Pflicht zur Grundversorgung nach genehmigten Tarifen hat (§ 36). Die Ermächtigung, im Rahmen der Bundestarifordnung Elektrizität Preisgenehmigungen vorzusehen, ist entfallen. Grundlage hierfür ist, daß die Bundestarifordnung Elektrizität mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes außer Kraft treten soll (Art. 5 Abs. 2 Nr. 4). Die Aufsicht nach der Bundestarifordnung Elektrizität wird in die Mißbrauchsaufsicht des § 40 überführt. Wiederum wird dem Wirtschaftsministerium vorbehalten, Verordnungen über die Gestaltung der allgemeinen Preise und für die allgemeine Bedingungen für die Belieferung von Haushaltskunden zu erlassen (§ 39). Künftig müssen die Strom- und Gasrechnungen getrennt die Energiekosten, die Netznutzung und die übrigen Kostenbestandteile aufführen. Stromrechnungen müssen auch Angaben über die Herkunft des Stroms enthalten (§ 42). Die Planfeststellung (§ 43) und die Wegenutzung (§ 46), die im fünften Teil geregelt sind, bleiben weitgehend unverändert. Sie bestanden bereits in der Fassung von 1998 (§§ 11a und 13). Auch finden sich hier die zum größten Teil bereits bekannten Regelungen über zu leistende Vorarbeiten (§ 44), Enteignungen (§ 45), Mitteilungspflichten (§ 46) und Konzessionsabgaben (§ 48) wieder (§§ 11b, 12 und 14 EnWG 1998). Der sechste Teil, der die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Energieversorgung regelt, wird um das Monitoring (§ 51), die Meldepflichten bei Versorgungsstörungen (§ 52) und die Ausschreibung neuer Erzeugungskapazitäten im Elektrizitätsbereich (§ 53) erweitert. Letzteres enthält ein sogenanntes Gleichbehandlungsprogramm, nach dem die Energieversorger selbst die Kriterien dafür festlegen können, wie sie einen diskriminierungsfreien Wettbewerb gewährlei-

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sten wollen. Vorschriften, die in erster Linie der Umsetzung der Beschleunigungsrichtlinien für Elektrizität und Gas dienen. Die Anforderungen an Energieanlagen (§ 49) als auch die Vorratshaltung zur Sicherung der Energieversorgung (§ 50) bleiben leicht erweitert bestehen (§§ 16 f. EnWG 1998). Ein Kernpunkt des novellierten Gesetzes ist die Definition der künftigen Regulierungsbehörde für den Strom- und Gasmarkt, die sich nicht nur ab § 54 des Entwurfs finden, sondern insbesondere auch in Art. 2, der das Gesetz über die Bundesregulierungsbehörde bestimmt. Die künftige Bundesregulierungsbehörde wird den Netzzugang und den Netzanschluß überwachen und entsprechende Sondervollmachten erhalten, die in Verwaltungsvorschriften detailliert beschrieben werden. Wird ein Verfahren eingeleitet oder Ermittlungen durchgeführt, ist die jeweilige Landesbehörde darüber zu unterrichten (§ 55). Die Wettbewerbsaufsicht verbleibt beim Bundeskartellamt. Die Novelle sieht aber eine enge Zusammenarbeit der beiden Behörden vor (§ 58). Die für sie bestimmten Verfahrensregelungen und die ihr zustehenden Befugnisse richten sich nicht nur nach dem siebten, sondern auch nach dem achten Teil. Die im achten Teil (§§ 65–108) enthaltenen Verfahrensvorschriften entsprechen größtenteils den Verfahrensvorschriften aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie dem Telekommunikationsgesetz. Die Verfahrensvorschriften sind in sieben Abschnitte unterteilt. Sie regeln das behördliche Verfahren (§§ 59–69), die Beschwerde (§§ 75–85), die Rechtsbeschwerde (§§ 86– 88), beinhalten gemeinsame Bestimmungen (§§ 89–93), regeln Sanktionen und Bußgeldverfahren (§§ 94–101), bürgerliche Rechtsstreitigkeiten (§§ 102–105) und Zuständigkeiten (§§ 106–108). Derzeit sieht die Novelle zwei parallele Klagerechtsebenen vor, eine für die Regulierungsbehörde selbst (§§ 65 ff.) und eine für Unternehmen bei Zivilgerichten (§§ 75 ff.). Der neunte Teil (§§ 109–111) regelt insbesondere das Verhältnis zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Danach bleiben Aufgaben und Zuständigkeiten der Kartellbehörden unberührt (§ 111). Die in Teil Zehn enthaltenen Schlußvorschriften (§§ 112–118) bestimmen das Bestehen von laufenden Wegenutzungsverträgen (§ 117), das Wirksamwerden der Entflechtungsbestimmungen (§ 114), die Regelung bestehender Verträge, wie etwa solcher über den Netzanschluß oder die Belieferung von Letztverbrauchern (§ 115), den Status bisheriger Tarifkundenverträge (§ 116) und die Konzessionsabgaben für die Wasserversorgung (§ 117). § 112 bestimmt, daß die Bundesregierung den gesetzgebenden Körperschaften bis zum 1. Juli 2007 einen Bericht über die Erfahrungen und Ergebnisse mit der Regulierung vorzulegen hat (Evaluierungsbericht). § 118 enthält schließlich Übergangsregelungen. Kurz gesagt enthält der zehnte Teil eine überarbeitete Fassung des Übergangsgesetzes aus Anlaß des Gesetzes zur Neufassung des Energiewirtschaftsrechts (Art. 4 EnWG 1998).

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c) Erneuerbare-Energien-Gesetz Ursprünglich hieß das Gesetz zur Förderung regenerativer Energien Stromeinspeisungsgesetz und wurde im Jahre 1990 beschlossen. Das nicht unumstrittene Stromeinspeisungsgesetz ist am 01. Januar 1991 in Kraft getreten164 und bildete die Rechtsgrundlage für den Ausbau regenerativer Energien, vor allem der Windenergie, in Deutschland. Bis zur Energierechtsnovelle 1998, die das Stromeinspeisungsgesetz einer umfassenden Novellierung unterzieht, bleibt das Stromeinspeisungsgesetz weitestgehend unverändert165. Novelliert wird das Gesetz im Jahr 2000 und ist fortan unter dem Namen Erneuerbare-Energien-Gesetz bekannt. Bis zur erneuten Novellierung im Jahr 2004 erfährt es zwei nennenswerte Änderungen. Zum einen wird die besondere Ausgleichsregel eingeführt, zum anderen wird die Förderung von Photovoltaik wegen des Auslaufens des 100.000 Dächerprogramms forciert166. Insbesondere die Kombination aus Umweltschutz, den das Erneuerbare-Energien-Gesetz zum Ziel hat, und der Schutz des produzierenden Gewerbes durch die im Jahr 2003 in das Erneuerbare-Energien-Gesetz eingefügte besondere Ausgleichsregel (ähnlich der des KraftWärme-Kopplungsgesetzes) werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit ausführlich diskutiert. Hierauf soll deswegen im folgenden genauer eingegangen werden. aa) Stromeinspeisungsgesetz Das Stromeinspeisungsgesetz (StrEG) regelt die Abnahme und Vergütung von Strom, der aus regenerativen Energiequellen erzeugt wird. Die Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind demnach verpflichtet, den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien abzunehmen und mit einem gesetzlich festgelegten Mindestbetrag zu vergüten. Die wichtigste Änderung des Stromeinspeisungsgesetzes durch die Energierechtsreform von 1998 ist, daß der Netzbetreiber anstelle des Gebietsversorgers sowohl zur Abnahme als auch zur Vergütung regenerativen Stroms verpflichtet wird (§ 2 S. 1 f., § 4 StrEG). Präzisiert wird in der Neufassung von 1998 die bedeutsame Bestimmung des abnahmepflichtigen Netzbetreibers. Es ist das Unternehmen, dessen für die Ein164 BGBl. I/1990 S. 2633 v. 07.12.1990; geändert durch das Neuregelungsgesetz, zuletzt durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz ersetzt. 165 Die erste Änderung wird durch Art. 5 des vierten Verstromungsgesetzes (BGBl. I/1994 S. 1618 v. 19.07.1994) herbeigeführt, die aber lediglich die Quelle der zu fördernden Energien um die der gewerblichen Be- und Verarbeitung von Holz (§ 1) erweitert, die im Neuregelungsgesetz aber wieder gestrichen wird; die weitaus bedeutendere Änderung ist die Hebung der Vergütungshöhe in § 3 Abs. 1 von 75% auf 80%; vgl. a. P. Salje, EEG, Einführung, 2. Aufl. 2000, Rdn. 42. 166 Ausführlich zur besonderen Ausgleichsregel und deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht in Kap. VII. 12.

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speisung geeignetes Netz am nächstgelegenen ist (§ 2 S. 2 StrEG). Zugestanden wird dem abnahmepflichtigen Netzbetreiber aber, die durch die Durchleitung entstehenden Mehrkosten bei der Ermittlung des Durchleitungsentgelts in Ansatz zu bringen (§ 2 S. 3 StrEG). Die gesetzliche Mindestvergütung ist in § 3 StrEG festgelegt. Strom aus Wasserkraft, Deponiegas, Klärgas und Biomasse bis zu einer installierten Leistung von 500 kW wird demnach mit 80%, aus Sonnen- und Windenergie sogar mit 90% des vom Energieversorgungsunternehmen durchschnittlich erzielten Stromerlöses vergütet. Von diesem Gesetz betroffen ist die Stromerzeugung aus Photovoltaik-Anlagen, Windkraft, Wasserkraft, Deponiegas, Klärgas sowie der mit Biomasse betriebenen Generatoren bis zu einer installierten Generatorleistung von 5 MW. Ausgenommen sind Anlagen, die sich zu über 25% in öffentlicher Hand befinden (§ 1 Abs. 1 UA 1 f. StrEG). In § 4 StrEG ist schließlich die sogenannte Härteklausel geregelt. Sie legt fest, daß ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen nicht dazu verpflichtet werden kann, so viel regenerativen Strom abzunehmen, daß es für das Unternehmen eine unbillige Härte darstellen würde167 oder es seiner Verpflichtung aus der Bundestarifordnung Elektrizität nicht nachkommen könnte168. Durch die Novellierung des Stromeinspeisungsgesetzes wird die Härteklausel dahingehend verändert, daß der Vergütungszwang des Anteils regenerativ erzeugten Stroms auf 5% des insgesamt abgesetzten Stroms eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens über sein Versorgungsnetz begrenzt wird. Erst bei Überschreitung dieser Hürde ist das Elektrizitätsversorgungsunternehmen berechtigt, die ihm durch die Vergütung des regenerativen Stroms entstehenden Mehrkosten an den vorgelagerten Netzbetreiber weiterzugeben. Diese Erstattungspflicht endet wiederum auch beim vorgelagerten Netzbetreiber nach Erreichen der 5%-Hürde169. Man spricht hierbei auch vom „doppelten-5%-Deckel“. Erreicht ein Netzbetreiber der höchsten Spannungsebene die 5%-Grenze, endet mit Beginn des nächsten Kalenderjahres die Abnahme- und Vergütungspflicht für neu errichtete Anlagen, weil diese nicht auf einen vorgelagerten Netzbetreiber zurückgreifen können170. Neu ist der angefügte § 4a, in dem der Gesetzgeber die Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu einer freiwilligen Selbstverpflichtung dahingehend auf167 Die unbillige Härte wird genauer in § 4 Abs. 3 StrEG definiert; vgl. a. M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung nach dem Stromeinspeisungsgesetz, 1996, S. 174 ff. 168 Dieser Zusatz ist im Neuregelungsgesetz nicht mehr enthalten. 169 s. a. A. Feuerborn, in: Danner, StrEG, 37. EL 2000, § 4, Rdn. 2 ff. 170 Vgl. BT-Drucks. 14/2371 v. 15.12.1999; s. a. A. Fridrich/K. Hoffmann, Erneuerbare-Energien-Anlagen: Exkurs: EEG, in: M. Rayermann/H. Loibl (Hrsg.), Energierecht, 2003, Teil 2, Kapitel 5, § 6, Rdn. 4.

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ruft, daß sie regenerative Energien, aber auch Stromerzeugung aus KraftWärme-Kopplung, soweit wie möglich fördern171. Durch das Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes am 01. April 2000 ist das Stromeinspeisungsgesetz außer Kraft getreten (Art. 4 EEG). bb) Erneuerbare-Energien-Gesetz Am 01. April 2000 ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)172 in Kraft getreten, das eine Fortschreibung des Stromeinspeisungsgesetzes zum Zweck hat. Allerdings wird der Anwendungsbereich des Gesetzes im Vergleich zum Stromeinspeisungsgesetz wesentlich ausgedehnt. Gleichzeitig beinhaltet es Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes und des Mineralölsteuergesetzes173. Die wichtigsten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sind: – dem Gesetz wird eine Zielbestimmung gegeben (§ 1), – Elektrizitätsversorgungsunternehmen werden uneingeschränkt in den Geltungsbereich des Gesetzes einbezogen (§ 2 Abs. 2 UA 2), – Netzbetreiber werden verpflichtet, regenerativen Strom vorrangig abzunehmen (§ 3 Abs. 1 S. 1), – die Vergütung wird, abhängig von der Primärressource, auf degressive und zeitlich begrenzte feste Vergütungssätze geändert (§ 4–8), – die Kostentragung der Netzanschluß- und Netzausbaukosten wird geregelt (§ 10), – die Härteklausel wird durch eine bundesweite Ausgleichsregelung ersetzt (§ 11), – das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat im Zweijahresrhythmus einen Erfahrungsbericht vorzulegen (§ 12), – in der ersten Gesetzesänderung wird eine besondere Ausgleichsregelung hinzugefügt (§ 11a), – in der zweiten Gesetzesänderung wird eine Übergangsvorschrift, zu den ebenfalls geänderten Vergütungssätzen aus Strom, der aus solarer Strahlungsenergie gewonnen wird (§ 8), hinzugefügt (§ 13). 171 Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung soll aber nur insofern begünstigt werden, soweit Biomasse, Deponie- und Klärgas zum Einsatz kommen, vgl. dazu BT-Drucks. 13/2681 v. 18.10.1995. Denn als das Stromeinspeisungsgesetz in Kraft getreten ist, gab es noch keine Regelung die Kraft-Wärme-Kopplung betreffend. 172 BGBl. I/2000 S. 305 v. 29.03.2000. 173 Zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes s. Fn. 159; die Änderungen des Mineralölsteuergesetz betreffen in erster Linie die Erstattung oder Vergütung fossiler Brennstoffe.

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Ziel des Gesetzes ist es, im Interesse des Umweltschutzes den Anteil erneuerbarer Energien nachhaltig zu fördern und bis zum Jahr 2010 mindestens zu verdoppeln174. Das Gesetz beläßt die Pflicht zur Abnahme und Mindestvergütung von Strom aus regenerativen Energieträgern und somit auch die Pflicht zur Subventionierung umweltpolitisch für richtig erkannter Ziele bei den öffentlichen Netzbetreibern (§ 3 ff.). Diese dürfen die so entstandenen Mehrbelastungen aber an die Endabnehmer weitergeben175. Die erste Gesetzesänderung führt eine besondere Ausgleichsregelung ein, die bestimmt, daß Unternehmen des produzierenden Gewerbes unter bestimmten Voraussetzungen von diesen Mehrbelastungen zu Teilen freigestellt werden können (§ 11a)176. Im Anwendungsbereich des Gesetzes wurden die zu vergütenden Primärenergieträger auf Grubengas177 und Geothermie178 ausgeweitet. Biomasse war zwar im Stromeinspeisungsgesetz auch schon erfaßt, aber nur bis zu einer installierten Generatorleistung von 5 MW. Dieser Wert wird auf 20 MW ausgeweitet179. Der Terminus Sonnenenergie wird in solare Strahlungsenergie geändert180. Im Erneuerbare-Energien-Gesetz wird der Kreis der vom Gesetz Begünstigten erweitert. So sind nun alle Unternehmen der allgemeinen Versorgung im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes in vollem Umfang förderfähig, sofern sie Anlagen im Sinne der §§ 2 und 3 EEG errichten und betreiben181. Es wird präzisiert, daß in den Anwendungsbereich des Gesetzes auch Strom fällt, der in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone, also bis zu einer Entfernung von 200 Seemeilen vom eigenen Festland entfernt, gewonnen wird. Dieser Zusatz 174 Vgl. § 1 EEG, diese Forderung steht damit auch im Einklang mit dem Weißbuch der EU-Kommission für eine Gemeinschaftsstrategie und einen Aktionsplan: Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger v. 26.11.1997, insb. S. 10, 12, 53. 175 Vgl. Dazu LG Koblenz – Urt. v. 31.01.2002 – 1 HO 92/01 = BB, Heft 28/29, S. 1443 ff. wonach Energieversorgungsunternehmen belastende Kosten nach dem EEG und KWKG nicht auf Gewerbekunden abwälzen können; s. a. Fn. 270. 176 BT-Drucks. 15/810; dazu ausführlich in Kap. VII. 12. 177 Wird ins Gesetz aufgenommen, weil die energetische Verwertung von Grubengas die Kohlendioxid- und Methanbilanz gegenüber der unverwerteten Abgabe an die Atmosphäre, verbessert, vgl. BT-Drucks. 14/2776, v. 23.02.2000, S. 21. 178 Die im Stromeinspeisungsgesetz nicht enthaltene Geothermie (Nutzung der Erdwärme) wird in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes aufgenommen, um deren großes Potential nutzbar zu machen, vgl. BT-Drucks. 14/2776, S. 21, P. Salje, EEG, Einführung, Rdn. 17. 179 Vgl. § 2 Abs. 2 UA 1 EEG; zur Definition von Biomasse s. BiomasseV, BGBl. I/2001 S. 1234 v. 21.06.2001. 180 Damit ist aber keine inhaltliche Änderung verbunden. In der Gesetzesbegründung steht, daß damit, wie im Stromeinspeisungsgesetz auch, sowohl der aus Photovoltaikanlagen gewonnene Strom, als auch der aus thermischen Kraftwerken gewonnene Strom einbezogen wird. Es handele sich dabei lediglich um den physikalisch korrekten Begriff, vgl. BT-Drucks. 14/2776, S. 20 f. 181 Vgl. P. Salje, EEG, Einführung, Rdn. 18; dazu auch J. Niedersberg, Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien, NVwZ 2001, 21.

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gibt Rechtssicherheit darüber, daß auch Offshore-Wind-Projekte unter die Förderung fallen182. Eine tiefgreifende Änderung findet sich in § 3 EEG, in dem der Gesetzgeber die Netzbetreiber verpflichtet, erneuerbare Energie vorrangig abzunehmen183. Mit dem Vorrangigkeitsprinzip verleiht der Gesetzgeber der Forderung der Europäischen Union Nachdruck, die Förderung regenerativer Energie maßgeblich voranzutreiben184. Darüber hinaus werden den Elektrizitätsversorgungsunternehmen noch weitere Pflichten auferlegt. Zum Anschluß der Anlage eines stromproduzierenden Dritten ist nach wie vor das Elektrizitätsversorgungsunternehmen verpflichtet, dessen Netz die kürzeste Entfernung zum Standort der Anlage hat und zur Einspeisung technisch geeignet ist185. Neu ist die Netzausbaupflicht, die dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen aufgebürdet wird. Ist der Netzausbau wirtschaftlich zumutbar186, so ist das Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu einem unverzüglichen Ausbau verpflichtet, sofern der Einspeisungswillige diesen verlangt187. Wegen der aufwendigen Planungen, die beide Parteien damit hätten und weil Vermögensdispositionen getroffen werden müßten, besteht eine wechselseitige Offenlegungspflicht von Netz- und Anlagedaten (§ 3 Abs. 1 S. 4). Nach Art. 3 Abs. 2 EEG ist der nächstgelegene Übertragungsnetzbetreiber zur Vergütung des gesamten eingespeisten Stroms verpflichtet188. 182 Vgl. BT-Drucks. 14/2776, S. 21; zu den rechtlichen Problemen; U. Büdenbender, Rechtsfragen des elektrizitätswirtschaftlichen Netzzugangs bei umfassendem Ausbau der Windenergienutzung, RdE 2003, 196; s. a. S. Klinski, Rechtliche Probleme der Zulassung von Windkraftanlagen in der „ausschließlichen Wirtschaftszone“ (AWZ): Rechtswissenschaftliche Expertise, i. A. für das Umweltbundesamt (Hrsg.), Berlin 2001. 183 Im Stromeinspeisungsgesetz war die Vorrangigkeit noch nicht gegeben, womit die Abnahme teils wegen unzureichender Netzkapazität verweigert wurde. Mit der Neuregelung wird dies ausgeschlossen, weil konventionell erzeugter Strom dem regenerativem Strom weichen muß, vgl. V. Oschmann, Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien, ET 2000, 462; auch P. Salje, EEG, § 3, Rdn. 49. 184 Vgl. Art. 11 Abs. 3 EltRL (Dies bleibt auch in der novellierten Fassung so bestehen, s. Art. 11 Abs. 3 und Art. 14 Abs. 4 BeschlEltRL); auch BT-Drucks. 14/2776, S. 22. 185 Bei der kürzesten Entfernung ist die Wegstrecke und nicht die Luftlinie gemeint. Es ist unter Umständen möglich, daß ein günstigerer Netzanknüpfungspunkt vom Standort der Anlage weiter entfernt ist, dazu aber auch allgemein P. Salje, EEG, § 3, Rdn. 13 ff., insb. Rdn. 16 ff. 186 Zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit, vgl. P. Salje, EEG, § 3, Rdn. 19 ff.; dazu auch W. Danner, in: ders., EnWG, § 6, Rdn. 36 ff. 187 Vgl. § 3 Abs. 1, S. 1 bis 3 EEG; der Gesetzgeber geht allerdings davon aus, daß von der Ausbaupflicht kaum Gebrauch gemacht werden wird, weil diese wegen der Vorrangigkeit erneuerbarer Energien (Fn. 183) erst eintreten würde, wenn das vorhandene Netz komplett mit regenerativer Energie ausgelastet wäre, vgl. BT-Drucks. 14/ 2776, S. 22, V. Oschmann, Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien, ET 2000, 462.

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Die Bestimmung und Zuweisung der durch die Stromeinspeisung erneuerbarer Energien entstehenden Kosten sind in den §§ 4 bis 10 EEG geregelt. Dabei bestimmen die §§ 4 bis 8 EEG die Vergütungssätze, die beim Einsatz der jeweiligen Primärenergieträger zu zahlen sind189. § 9 EEG regelt keine Kostentragung im eigentlichen Sinne. Vielmehr handelt es sich dabei um eine „Sammelregelung“, die für alle Arten der Einspeisung von Elektrizität aus regenerativen Energiequellen gelten soll190. Er regelt die Höchstförderdauer nach diesem Gesetz förderungswürdiger Anlagen und die Abrechnung regenerativen Stroms mehrerer Anlagen, die über eine gemeinsame Meßeinrichtung abgerechnet werden191. § 10 EEG regelt schließlich die Kostentragung für Netzanschluß und Netzverstärkung192. War im Stromeinspeisungsgesetz die Höhe der Vergütung noch vom Durchschnittserlös aus der Stromabgabe an Letztverbraucher abhängig, hat sie nunmehr je nach eingesetztem Primärenergieträger zwar unterschiedlich hohe, aber festgesetzte Beträge. Dabei handelt es sich um Mindestbeträge, die nach oben hin keine Grenze haben. Verständlicherweise dürfen im Falle einer Mehrvergütung die dadurch zusätzlich entstehenden Kosten nicht weitergegeben werden193. Zur Bestimmung der Vergütungsregelung hat der Gesetzgeber als Maßstab die Möglichkeit der wirtschaftlichen Betriebsführung angelegt194. Nach wie vor ist die Vergütungshöhe von der installierten elektrischen Leistung abhängig. Strom aus Wasserkraft, Deponiegas, Grubengas und Klärgas (§ 4), Strom aus Biomasse (§ 5) und Strom aus Geothermie (§ 6) werden bis zu einer vorgeschriebenen installierten Leistung mit unterschiedlich hohen Sätzen vergütet. Das, was über diese Leistung hinausgeht, wird zwar auch vergütet, aber mit einem niedrigeren Satz195. Neu ist die eingeführte degressive Vergü188 Die Kostenlast des zu vergütenden regenerativen Stroms wird im Falle des Anschlusses an das Netz eines Verteilungsnetzbetreibers von diesem komplett auf den vorgelagerten Übertragungsnetzbetreiber übergewälzt. Der Verteilungsnetzbetreiber agiert lediglich als Vermittler zwischen dem Anlagenbetreiber und dem Übertragungsnetzbetreiber. Die Kosten als auch der regenerative Strom laufen bei ihm nur durch, vgl. E. Brandt/J. Reshöft/S. Steiner, EEG, 2001, § 3, Rdn. 2, S. 79. 189 § 4 regelt die Vergütung für Strom aus Wasserkraft, Deponiegas, Grubengas und Klärgas; § 5 regelt die Vergütung für Strom aus Biomasse; § 6 regelt die Vergütung für Strom aus Geothermie; § 7 regelt die Vergütung für Strom aus Windkraft; § 8 regelt die Vergütung für Strom aus solarer Strahlungsenergie. 190 Vgl. P. Salje, § 9, Rdn. 1, S. 265. 191 Dazu ausführlich P. Salje, § 9, Rdn. 1 ff., S. 265 ff. 192 Dazu ausführlich in Kap. VI. 3. d). 193 Vgl. dazu V. Oschmann, Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien, ET 2000, 462 m. w. Nachw. 194 s. BT-Drucks. 14/2776, S. 22; dort auch zur Grundlage der Ermittlung der Vergütung. 195 s. § 4 S. 2 f., § 5 Abs. 1, § 6 EEG. Das bedeutet, daß erst der Stromanteil, der die jeweils vorgeschriebene Leistungsgrenze übersteigt, mit dem niedrigerem Satz ver-

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tung und die Begrenzung der Vergütung auf eine Dauer von 20 Jahren (§ 9 Abs. 1)196. Bei aus Biomasse erzeugtem Strom nimmt die Höhe der Vergütung seit dem 01. Januar 2002 um jährlich 1% (vgl. § 5 Abs. 2), bei aus Windenergie erzeugtem Strom um jährlich 1,5% (vgl. 7 Abs. 3) und bei aus solarer Strahlungsenergie erzeugtem Strom um jährlich 5% (vgl. 8 Abs. 1 S. 2) ab. Begründet wird dies mit der Fortentwicklung der betreffenden Technologien und den damit erwarteten Kostensenkungen197. Die verbleibenden Primärenergieträger198 sind von dieser Regelung ausgenommen, weil aus Sicht des Gesetzgebers deren Potentiale bereits weitgehend ausgeschöpft sind199. Besonderen Status genießt die Stromgewinnung aus Windenergie, deren Vergütung standortabhängig ist200. Die Vergütung wird zunächst für fünf Jahre festgelegt. Nach Ablauf dieser Zeit wird die Höhe der Vergütung anhand einer Referenzanlage201 bestimmt. Je nach Abweichung des Ertrags von dem der Referenzanlage verlängert sich der Zeitraum der Maximalvergütung (§ 7 Abs. 1)202. Weiterhin wird deutlich ein Signal zur Investition in Offshore-Windenergieanlagen gegeben203, die derzeit wegen mangelnder Erfahrungen und fehlender Serieneffekte noch sehr hohe Entwicklungskosten haben. In Zukunft versprechen diese aber deutlich niedrigere Stromgestehungskosten zu verursachen204. Der Gesetzgeber garantiert eine Vergütungslänge von neun Jahren für alle Anlagen diesen Typs, die bis zum Jahre 2006 in Betrieb genommen werden (§ 7 Abs. 1 S. 4)205. gütet wird. Bei größeren Anlagen, deren installierte elektrische Leistung die jeweilige Leistungsgrenze übersteigen, wird der Stromanteil bis zum Erreichen der Leistungsgrenze anteilig mit dem höheren Satz vergütet; vgl. V. Oschmann, Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien, ET 2000, 462 m. w. Nachw. 196 Ausgenommen hiervon ist Strom aus Wasserkraft, dessen Abschreibungszeiträume sehr viel höher sind. Die Befristung der Vergütungszahlung auf 20 Jahre folgt gängigen energiewirtschaftlichen Berechnungsformeln und Amortisationszyklen, vgl. BT-Drucks. 14/2776, S. 24. 197 s. BT-Drucks. 14/2776, S. 22. 198 Deponiegas, Grubengas, Klärgas und Geothermie. 199 s. BT-Drucks. 14/2776, S. 22. 200 Zwischen 13,5 Pf/kWh (für gute Standorte – küstennah) und 17,3 Pf/kWh (für schlechtere Standorte – Binnenlandstandorte), vgl. BT-Drucks. 14/2776, S. 23; s. a. § 7 Abs. 1 S. 4 EEG. Diese Differenzierung wird gemacht, um einerseits Anreize für die Errichtung von Windkraftanlagen im Binnenland zu schaffen und andererseits an windigeren Standorten keine höhere Vergütung zu zahlen als nötig ist, um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten. 201 Ist im Anhang des EEG technisch im Einzelnen beschrieben. 202 Dazu kritisch J. Niedersberg, Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien, NVwZ 2001, 22; P. Salje, EEG, § 7, Rdn. 22 ff. 203 Vgl. § 7 Abs. 1 S. 4 EEG; s. a. Fn. 182. 204 Vgl. BT-Drucks. 14/2776, S. 23. 205 Die in Deutschland geplanten Offshore-Windparks haben aber schon eine sehr konkrete Gestalt. Die geplanten Anlagen sollen in erster Instanz vor Helgoland, in der

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Die Besonderheit für aus solarer Strahlungsenergie gewonnenen Strom liegt darin, daß die gesetzliche Vergütungspflicht nur solange besteht, bis eine in Deutschland installierte Kapazität von insgesamt 350 MW erreicht wird206. Bevor die bestehende Vergütungspflicht ausläuft, ist der Bundestag verpflichtet, eine Anschlußvergütungsregelung zu bestimmen, die auch weiterhin eine wirtschaftliche Betriebsführung sicherstellt (§ 8 Abs. 2). Dies ist durch die zweite Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes geschehen207, indem eine Förderbeschränkung, die sich nach der installierten Leistung richtet, gänzlich entfällt. Dafür werden nun noch solche Anlagen gefördert, die an oder auf einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand angebracht sind (§ 11 Abs. 2 S. 1). Um den 1100-Kilowattdeckel des § 3 Abs. 2 Nr. 3 S. 2 EEG zu beseitigen, enthält der neu eingeführte dritte Absatz zusätzliche Förderungsmöglichkeiten, die allerdings an gewisse Voraussetzungen geknüpft sind (§ 11 Abs. 3)208. Auch kombinierte Photovoltaikanlagen werden besonders gefördert (§ 11 Abs. 6). Der jährliche Degressionssatz beträgt fünf Prozent des Vorjahreswertes und beginnt mit dem 01. Januar 2005 (§ 11 Abs. 5). Neu und von großer Bedeutung ist die in § 10 EEG geregelte Kostentragung für die Netzverstärkung und den Netzanschluß, für die es im Stromeinspeisungsgesetz keine ausdrückliche Regelung gab209. So ist festgelegt, daß der Netzbetreiber die Kosten, die durch den Netzausbau entstehen, trägt210 und der Anlagenbetreiber die der reinen Anschlußkosten an das ausgebaute Leitungsnetz (§ 10 Abs. 2)211. Prinzipiell gelten als Anschlußkosten all die Kosten, die nötig

Ostsee und der Nordsee errichtet werden (wobei bislang gerade mal zwei Projekte vor Borkum und Sylt genehmigt sind) und eine Gesamtkapazität von 1300 MW haben. Die Kosten dieser Vorhaben sollen sich zwischen 750.000 und 1,25 Mrd. A bewegen. Bis zum Jahr 2030 peilt die Bundesregierung eine Kapazität an, die 15% des heimischen Strombedarfs deckt; vgl. J. Heitmann, Windenergie-Zukunft liegt auf dem Meer, Handelsblatt v. 02.07.2003, S. B5; J. Niedersberg, Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien, NVwZ 2001, 22, der allerdings „nur“ eine Kapazität von 26 GW an Offshore-Feldern prognostiziert; L. Beukert, Erneuerbare Energien im Aufwind, Handelsblatt v. 28.03.2002, S. 13; Strategie der Bundesregierung zur Windenergienutzung auf See, Januar 2001; K. Rehfeldt/G. J. Gerdes, Internationale Aktivitäten und Erfahrungen im Bereich der Offshore-Windenergienutzung, Studie für das Bundesumweltministerium, Stand: Januar 2002. 206 Zur Bestimmung der Grenze von 350 MW vgl. BT-Drucks. 14/2776, S. 23 f. 207 BGBl. I/2003 S. 3074 v. 22.12.2003. 208 Dazu ausführlich BT-Drucks. 15/2864, S. 44. 209 Dazu ausführlich M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung nach dem Stromeinspeisungsgesetz, S. 183 ff. 210 Es bleibt dem Netzbetreiber allerdings freigestellt, ob er die ihm entstehenden Kosten bei der Ermittlung des Netznutzungsentgelts in Ansatz bringt oder nicht; vgl. § 10 Abs. 2 S. 3 EEG. 211 Im ursprünglichen Entwurf war vorgesehen, daß sich Anlagenbetreiber und Netzbetreiber die entstehenden Kosten teilen; so J. Niedersberg, Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien, NVwZ 2001, 23.

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sind, um eine stromerzeugende Anlage mit dem vorhandenen Leitungsnetz zu verbinden. Dazu zählen vor allem die Kosten für die Verbindungsleitung, die Anschlußsicherung, die Meßeinrichtung, die Baukosten sowie die Kosten der Inbetriebnahme. Sobald aber ein Eingriff in das vorhandene Netz nötig wird und dessen technische Spezifikationen verändert werden, handelt es sich um Netzverstärkungskosten212. Unabhängig von dieser Definition lassen sich Streitigkeiten zwischen Einspeisewilligem und Netzbetreiber um die Kostentragung nicht vermeiden, so daß für den Einzelfall geklärt werden muß, wo die Grenze des technischen Eingriffs liegt, um zwischen Netzausbaukosten, die der Netzbetreiber zahlen muß, und Netzanschlußkosten, die der Anlagenbetreiber tragen muß, differenzieren zu können213. Um Streitigkeiten dieser Art zu schlichten, sieht § 10 Abs. 3 EEG vor, daß das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie eine Clearingstelle einrichtet, an die sich die betroffenen Parteien wenden können. Eine weitere Neuerung ist, daß nicht ausschließlich der Netzbetreiber zum Netzanschluß befugt ist, sondern auch ein fachkundiger Dritter die Arbeiten durchführen darf (§ 10 Abs. 1 S. 3)214. Es muß dabei allerdings gewährleistet sein, daß der Anschluß den notwendigen technischen Anforderungen des Netzbetreibers und die anzuschließende Anlage den Anforderungen des § 16 EnWG entsprechen (§ 10 Abs. 1 S. 2). Die im Stromeinspeisungsgesetz vorhandene Härteklausel wird durch § 11 EEG ersetzt, einer bundesweiten Ausgleichsregelung, wodurch alle deutschen Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu einem relativ gleichen Anteil belastet werden. Damit soll der im Stromeinspeisungsgesetz noch vorhandene Mangel ausgemerzt werden, nachdem einzelne Regionen215 einen überdurchschnittlichen Anteil regenerativer Energie aufzunehmen und zu vergüten hatten216. Es sieht einen Belastungsausgleich zwischen den Verbundnetzbetreibern vor. Nach Vollzug des Ausgleichs auf der Ebene der Verbundnetzbetreiber besteht für jeden Stromlieferanten, der Letztverbraucher versorgt, die Verpflichtung, gemäß dem Anteil seines Absatzes an Letztverbraucher Regenerativstrom von seinem Verbundnetzbetreiber zu den durchschnittlich von allen Letztverbrauchern ge212

So auch P. Salje, EEG, § 10, Rdn. 8. Dazu ausführlich in Kap. VI. 3. d); s. a. J. Niedersberg/Weißferdt, Für das EEG besteht Änderungsbedarf!, Erneuerbare Energien 2000, Heft 3, 9. 214 Dieses Novum ist einerseits ein weiterer Schritt in Richtung Entmonopolisierung, andererseits hilft er auch, mehr Transparenz in die Rechnungslegung zu bringen. 215 In erster Linie die Norddeutsche Küsteregion, in der verhältnismäßig viele Windkraftanlagen in Betrieb sind, und Bayern mit einem verhältnismäßig hohen Anteil an Wasserkraft. 216 Vgl. BT-Drucks. 14/2776, S. 24. Die ungleiche finanzielle Belastung der Regionen waren auch ein Grund für verfassungsrechtliche Bedenken, die gegen das Stromeinspeisungsgesetz geäußert wurden, so J. Niedersberg, Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien, NVwZ 2001, 23. 213

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zahlten Einspeisevergütungen zu übernehmen und zu vergüten. Kurz gesagt lautet der Zweck der Ausgleichsregelung: „Vergleichmäßigung der Lastenverteilung aus Einspeisung und Vergütung von Strom aus regenerativen Energieträgern unter Wahrung der Kontinuität der Vergütungszahlung und damit der Aufrechterhaltung des Investitionsanreizes für solche Anlagen“217.

Von der Ausgleichsregelung ausgenommen sind Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die zu über 50% Strom aus erneuerbaren Energien liefern (§ 11 Abs. 4 S. 2), weil diese Unternehmen bereits dem Umwelt- und Klimaschutz ausreichend Genüge tun218. Allerdings darf nach diesem Gesetz vergüteter Strom nicht unter den durchschnittlichen Vergütungssätzen als Strom aus erneuerbaren Energien vermarktet werden (§ 11 Abs. 4 S. 6). Mit dieser Regelung soll dem Preisdumping auf dem Ökostrommarkt entgegengewirkt werden219. Die Selbstverpflichtungsklausel des Stromeinspeisungsgesetzes (§ 4a Abs. 1 StrEG), auch die Energieerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung zu fördern, wird fallengelassen. Es ist zu vermuten, daß dies an der Tatsache liegt, daß rund sechs Wochen nach Erlaß des Erneuerbare-Energien-Gesetzes das Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung in Kraft getreten ist220. Der Inhalt des Erfahrungsberichtes des § 4a Abs. 2 StrEG wird genauer ausformuliert und durch § 12 EEG ersetzt221. Danach wird der Bundesregierung alle zwei Jahre Bericht über die Marktdurchdringung und die technologische Entwicklung von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien erstattet. Der Gesetzgeber behält sich das Recht vor, die Vergütungs- und Degressionssätze der Marktsituation anzupassen222. Mit dem ersten Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes223 macht der Gesetzgeber hiervon Gebrauch. Dem Gesetz wird nach § 11 noch ein § 11a hinzugefügt, der eine besondere Ausgleichsregelung, auch Härtefallregelung genannt, enthält. Danach sollen besonders stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes von den durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz entstehenden Kosten teilweise freigestellt werden können. Grundvoraussetzung hierfür ist, daß die Differenzkosten224, welche die Unternehmen zu tragen ha217

Vgl. P. Salje, EEG, § 10, Rdn. 4. Vgl. BT-Drucks. 14/2776, S. 24. 219 Vgl. BT-Drucks. 14/2776, S. 25. 220 Ausführlich zum KWKG in Kap. II. 2. d). 221 Dazu P. Salje, EEG, § 12, Rdn. 1 f. 222 Vgl. BT-Drucks. 14/2776, S. 25, s. zum Preisrecht Kap. III. 2. b) dd), ausführlich B. Hauptkorn, Preisrecht, 2000. 223 BGBl. I/2003 S. 1459 v. 21.07.2003. 224 Zur Erläuterung und Berechnung der Differenzkosten s. Glossar. 218

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ben, maßgeblich zu einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit führen (§ 11a Abs. 2 Nr. 4). Eine Freistellung ist an strenge Kriterien geknüpft und wird für den Einzelfall bestimmt. Eine komplette Freistellung ist nicht vorgesehen, sondern nur eine finanzielle Erleichterung für den Anteil des Stroms, der die Abnahmemenge von 100 GWh pro Jahr überschreitet (§ 11a Abs. 3). Der Nachweis darüber, daß ein Unternehmen von der Härtefallregelung profitieren kann, ist von diesem per Testat eines Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers zu belegen (§ 11a Abs. 2 S. 2). Die durch diese Regelung eingesparten Differenzkosten des Unternehmens werden gemäß § 11 EEG, unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, gleichmäßig auf die nicht von der Härtefallklausel betroffenen Endabnehmer verteilt225. Die Regelung ist bis zum 01. Juli 2004 begrenzt (Art. 2 und 3). Die besondere Ausgleichsregel erfährt mit der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zum 01. August 2004 diverse Änderungen226. cc) Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz Lange Zeit hat der Gesetzgeber die Novellierung des Erneuerbare-EnergienGesetzes geplant. Es wurden mehrere Gesetzesentwürfe vorgelegt. Die abschließende Gesetzesnovelle ist am 01. August 2004 in Kraft getreten227. Nachfolgend wird in zusammengefaßter Form ein Überblick über die wichtigsten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, das des weiteren als ErneuerbareEnergien-Ausbaugesetz (EEAusbG) bezeichnet wird, gegeben. Ausschlaggebend sind nicht die Details, sondern zunächst der grobe Rahmen. Eine detailliertere Darstellung wird an den Stellen gegeben, an denen eine solche sinnvoll erscheint. Formulierte das Erneuerbare-Energien-Gesetz in seinem Paragraphen 1 noch die Ziele des Gesetzes, ist dort nun der Gesetzeszweck geregelt. Die ursprünglich genannten Ziele bleiben mehr oder minder unberührt, werden aber erweitert. Zusätzlich soll nun bezweckt werden, „die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung durch die Internalisierung langfristiger externer Effekte zu verringern, Natur und Umwelt zu schonen, einen Beitrag zur Vermeidung von Konflikten um fossile Energieressourcen zu leisten und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien zu fördern“.

Beziffert wird nunmehr der angestrebte Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromversorgung. Hieß es in der ursprünglichen Fassung noch, daß dessen Anteil verdoppelt werden sollte, beträgt die neue Zielsetzung langfristig bis zum Jahre 2050 mindestens 50%. Als Zwischenziele sind 12,5% bis zum Jahre 2010 225 226 227

§ 11a Abs. 7; BT-Drucks. 15/810 S. 7. BT-Drucks. 15/810 S. 7; ausführlich zu dieser Vorschrift in Kap. VII. 12. BGBl. I/2004 S. 1918 v. 21.07.2004.

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und 20% bis zum Jahre 2020 vorgegeben. Mit den Erweiterungen soll zum einen die Regenerativstromrichtlinie aufgegriffen werden und zum anderen der Auktionsplan zum Kyoto-Protokoll zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen228. Der Anwendungsbereich des § 2 EEAusbG wird gänzlich umstrukturiert. Wichtigste Änderung ist die Anwendung des Vorrangprinzips. So wird nun nicht mehr nur die Abnahme regenerativen Stroms geregelt, sondern wird dem Anschluß von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien und dessen Abnahme, Übertragung und Vergütung Vorrang eingeräumt. Wegen der weiten Ausdehnung der förderungsfähigen Anlagen entfallen die Ausnahmeregeln über den Strom, der nicht erfaßt wird, gänzlich oder werden in die §§ 3, 8 oder 11 EEAusbG verschoben. Neu ist § 3 EEAusbG, der Begriffsbestimmungen enthält. Nach der ursprünglichen Abnahme- und Vergütungspflicht (§ 3 EEG) war nur die Stromabnahme vorrangig zu behandeln. Dies wird nun nicht nur auf den Anschluß ausgedehnt, sondern muß beides auch unverzüglich geschehen. Dies kann durch Verträge mit den Anlagebetreibern teilweise abgedungen werden. Präzisiert wird die Ausbaupflicht. Diese besteht weiterhin, bedarf gegebenenfalls aber einer Anlagengenehmigung. Auch Art und Umfang werden präzisiert (Abs. 2)229. Die Streifrage, ob auch Betreiber von Übertragungsnetzen Normadressaten der Vorschrift sein können, wird erfüllt (Abs. 2). Bestimmt wird auch, daß auch der in Arealnetze eingespeiste Strom abzunehmen und zu vergüten ist (Abs. 5). Die §§ 6–11 EEAusbG enthalten die Vergütungsregelungen für die verschiedenen Primärenergieträger. Dabei richtet sich die Vergütungshöhe und die -dauer insbesondere nach dem Datum der Inbetriebnahme und der installierten Leistung230. Des weiteren ist die Vergütung für alle Energieträger degressiv ausgestaltet. Elektrische Energie aus Wasserkraftwerken wird wegen der dort ausgedehnten Förderung in Abhängigkeit der Leistungserhöhung gefördert (§ 6 Abs. 2 S 2 Nr. 1–5 EEAusbG)231. Bei der Förderung von Deponie-, Klär- und Grubengas ist die Förderung von der elektrischen Leistung abhängig (§ 7 Abs. 1 EEAusbG). Ähnlich ist dies bei der Biomasse und der Geothermie, bei denen die Vergütung ebenfalls von der elektrischen Leistung abhängt. Allerdings werden hier in den unteren Leistungsbereichen zwei neue Klassen eingeführt, deren Vergütung, relativ zur vorhergehenden Regelung, höher ausfällt (§§ 8 Abs. 1 228

Vgl. BT-Drucks. 15/2864 S. 21, 26. Dazu ausführlich BT-Drucks. 15/2864 S. 34. 230 Je nach Primärenergieträger spielen auch andere Kriterien eine Rolle, auf die im Einzelnen nicht eingegangen wird. Dazu ausführlich C. Allwardt, Die wichtigsten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch den Regierungsentwurf vom 18.11.2003, Studie für N-ERGIE vom 09.12.2003. 231 Die Förderung beträgt zwischen 3,70 c/kWh und 7,67 c/kWh. 229

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und 9 Abs. 1 EEAusbG). Grundsätzlich bleibt für Anlagen die vor dem Inkrafttreten der Gesetzesnovellierung in Betrieb waren, auch nach der Novellierung Höhe und Dauer der Vergütung nach den ehemaligen §§ 4–8 EEG bestehen (§ 21 Abs. 1 EEAusbG). Diverse Einzelfallausnahmen bleiben dennoch nicht aus, die nachfolgend an den relevanten Stellen explizit erwähnt werden. Der einstige § 4 EEG, der die Vergütung für Strom aus Wasserkraft, Deponiegas, Grubengas und Klärgas regelt, wird in der neuen Fassung in die zwei Paragraphen 6 und 7 untergliedert. § 6 EEAusbG regelt die Vergütung für Strom aus Wasserkraft, § 7 EEAusbG die für Strom aus Deponiegas, Grubengas und Klärgas. Ehemals wurden Wasserkraftwerke nur gefördert, sofern sie eine Maximalleistung bis einschließlich 5 MW haben. Dieser Wert wurde auf 150 MW angehoben. Unter gewissen Umständen können hiervon auch Laufwasserkraftwerke profitieren (§ 6 Abs. 1 UA 2 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 2). Die Vergütungshöhe ist abhängig von der installierten Leistung. Weil das Ziel des Gesetzes vor allem der Ausbau und nicht die Förderung bereits bestehender, wirtschaftlich arbeitender Anlagen ist, ist die Vergütungshöhe auch von der durch die Maßnahmen des § 6 Abs. 2 EEAusbG einhergehenden Leistungserhöhung abhängig. Nachweispflichtig ist der Anlagenbetreiber und somit der den Anschluß Begehrende oder der von der Förderung Profitierende (§ 6 Abs. 3). Die Degression der Vergütungshöhe setzt ab dem 01. Januar 2005 ein und beträgt jährlich ein Prozent (§ 6 Abs. 4). Die Änderungen des neuen § 7 EEAusbG, der die Vergütung für Strom aus Deponiegas, Klärgas und Grubengas regelt, sind nicht ganz so umfangreich wie die der Vergütung für Strom aus Wasserkraft. Ähnlich dem § 6 EEAusbG entfällt auch hier die Klausel, wonach nur Strom aus Anlagen mit einer installierten Leistung von maximal 5 MW gefördert wird. Allerdings ist für eine Vergütungszahlung die installierte Leistung der Anlage unerheblich. Vergütet wird trotzdem nur der Strom, der den im Gesetz genannten Leistungsklassen bis einschließlich 5 MW entspricht232. Neu ist die Förderung von Strom, der mittels Brennstoffzellen gewonnen wird. Die Mindestvergütungssätze sind 1 c/kWh höher als die für Strom aus Deponiegas, Klärgas und Grubengas (§ 7 Abs. 2). Neu ist ebenfalls die Degressionsvorschrift, welche die Vergütung jedes Jahr um zwei Prozent absenkt (§ 7 Abs. 3). Die Leistungsklassen für die Vergütung für Strom aus Biomasse bleiben weitgehend unberührt, werden aber um eine kleinere Leistungsklasse erweitert (150 kW). Dies dient dazu, Kleinstanlagen auch im privaten Betrieb, insbesondere im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, rentabel betreiben zu können, so daß 232

Vgl. BT-Drucks. 15/2864 S. 38.

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hiervon nur ein unwesentlicher Einfluß auf die Stromeinspeisung vermutet wird233. Die Vergütungshöhe bleibt unberührt, wird aber an die bereits eingesetzte Degression angepaßt. Ein zusätzlicher Anreiz findet sich in § 8 Abs. 2 EEAusbG, wonach eine Zusatzvergütung ausgezahlt werden kann, wenn ausschließlich vorgeschriebene Biomassearten zum Einsatz kommen. Übergangsregelungen finden sich in § 21 Abs. 1 Nr. 3–5 EEAusbG. Zusätzlich soll § 8 Abs. 3 f. EEAusbG eine Anreizwirkung schaffen, Biomasse in Verbindung mit Kraft-Wärme-Kopplung einzusetzen. Die Degressionsvergütung beläuft sich auf 1,5 Prozent des Vorjahreswertes (§ 8 Abs. 5). Zur Feststellung oder zur Befugnis, Vorschriften darüber zu erlassen, welche Stoffe als Biomasse im Sinne dieser Vorschrift gelten, ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ermächtigt (§ 8 Abs. 7). Dieser Zusatz dient der Ausgliederung aus den allgemeinen Vorschriften, weil die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie einen von den Vergütungsvorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes abweichenden Biomassebegriff verwendet234. Ähnlich der Vergütung für Strom aus Biomasse sind die Veränderungen in § 9 EEAusbG. Dort existieren in der noch gültigen Fassung gerade zwei Leistungsklassen: bis einschließlich 20 MW und ab einer installierten elektrischen Leistung von 20 MW. Auch hier werden zwei neue Leistungsklassen in die unteren Bereiche eingeführt (5 MW und 10 MW), um die relativ höheren spezifischen Kosten besser abzubilden235. Dementsprechend sind auch die Vergütungshöhen für diese beiden Klassen relativ höher. Die Vergütungshöhe für die bereits bestehenden Klassen bleibt unverändert. Neu eingeführt wird ebenfalls ein jährlicher Degressionssatz in Höhe von einem Prozent des Vorjahreswertes, beginnend ab dem 01. Januar 2010 (§ 9 Abs. 2 EEAusbG). Verhältnismäßig stark hat sich die Regelung zur Vergütung von Strom aus Windenergie geändert. Von der Sache her unverändert bleibt die differenzierte Förderung von Strom aus Windkraft, abhängig vom Standort. Allerdings wird die Grundförderung von 9,1 c/kWh auf zunächst 5,5 c/kWh nahezu halbiert. Zusätzlich zur Grundförderung gibt es noch eine ertragsabhängige Vergütung in Höhe von 3,2 c/kWh, deren Vergütungsdauer standortabhängig ist. Wird in der ersten Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes noch zwischen zwei unterschiedlichen Aufstellungsorten differenziert, so wird nun zwischen windreichen Gebieten, Gebieten mit durchschnittlichen Windverhältnissen und windschwachen Gebieten unterschieden236, wonach sich auch die Förderungsdauer rich233

Vgl. BT-Drucks. 15/2864 S. 39. Vgl. BT-Drucks. 15/2864 S. 41. 235 Vgl. BT-Drucks. 15/2864 S. 41. 236 Windreiche Gebiete im Sinne dieses Gesetze sind solche, in denen eine Windkraftanlage einen Ertrag liefert, der 150% des Ertrages einer im Anhang des EEG definierten Referenzanlage entspricht. Ein durchschnittlicher Windstandort ist ein Ort, an dem eine Windkraftanlage einen Ertrag liefert, der zwischen 150% und 60% des234

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tet237. Diese Differenzierung soll gewährleisten, daß solche Anlagen, die einen ohnehin schon hohen Ertrag haben, nicht über den für einen rentablen Betrieb erforderlichen Betrag hinweg gefördert werden. Es soll auch an mittelmäßigen Standorten eine Anreizwirkung geschaffen werden, weiterhin Windkraftanlagen zu bauen, von der Errichtung an windschwachen Orten hingegen soll von einer weiteren Errichtung abgesehen werden238. Präzisiert wird die Vergütung von Offshore-Anlagen, deren Förderungsdauer von neun auf zwölf Jahre angehoben wird (§ 10 Abs. 3). Auch wird die Vergütungsdauer von der Entfernung des Aufstellungsortes zur Basislinie der Grenze der Hoheitsgewässer und der Wassertiefe am Aufstellungsort, also den beiden Hauptkostenfaktoren, abhängig gemacht (§ 10 Abs. 3). Die noch im § 7 Abs. 2 EEG enthaltene Differenzierung zu Altanlagen entfällt oder wird zum Teil in den neuen § 21 Abs. 1 Nr. 6 EEAusbG verschoben. Unverändert bleibt die Vorschrift zur Ermächtigung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, eine Rechtsverordnung zur Ermittlung des Referenzertrages zu erlassen (§ 10 Abs. 6). Neu hinzugekommen ist Absatz 7, der solche Anlagen, die nach dem 01. Januar 2005 genehmigt worden sind, von der Vergütung ausschließt, die in einem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder einem Vogelschutzgebiet errichtet worden sind. Auch der jährliche Degressionssatz, der ursprünglich 1,5% des Vorjahreswertes für alle Anlagen betrug und ab dem 01. Januar 2002 beginnen sollte, wird nun in Onshore- und Offshore-Anlagen unterteilt. Die Degressionshöhe beträgt 2%, aber das Anlaufdatum beginnt für Onshore-Anlagen nun erst am 01. Januar 2005 und für Offshore-Anlagen am 01. Januar 2008 (§ 10 Abs. 5). § 11 EEAusbG, der die Vergütung Strom aus solarer Strahlungsenergie regelt, bleibt weitestgehend unverändert239. Auch der jährliche Degressionssatz bleibt bei fünf Prozent des Vorjahreswertes und beginnt mit dem 01. Januar 2005 (§ 11 Abs. 5). § 12 EEAusbG konkretisiert die gemeinsamen Vorschriften über die Abnahme, Übertragung und Vergütung (§ 9 EEG). Durch die Neueinführung des Absatzes 1 gibt der Gesetzgeber dem Anlagenbetreiber Rechtssicherheit darüber, daß dieser nun einen unmittelbaren Anspruch auf Abnahme, Verteilung und Vergütung gegenüber dem Netzbetreiber hat. Dieser wiederum darf die Erfüllung seiner Verpflichtung nicht von einem Vertragsabschluß abhängig masen der Referenzanlage liegt. An einem windschwachen Ort liefert eine Windkraftanlage 60% oder weniger des Ertrages der Referenzanlage. 237 Fünf bis fünfzehn Jahre (§ 10 Abs. 1). 238 Vgl. BT-Drucks. 15/2864 S. 42. 239 Dies verwundert nicht sonderlich, weil dieser Teil mit der zweiten Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, das erst am 01.01.2004 in Kraft getreten ist, grundlegend novelliert wurde. Einzig § 11 Abs. 2 UA 2 EEAusbG enthält eine Neuerung.

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chen240. Nach dem neuen Absatz 5 kann der Anlagenbetreiber unter erleichterten Bedingungen sogar eine einstweilige Verfügung gegenüber dem Netzbetreiber auf Anschluß erwirken241. Auch wird das auf dem Anlagenbetreiber haftende Prozeßrisiko genommen, indem der Netzbetreiber strittige oder nicht rechtskräftige Forderungen, wie Meß-, Abrechnungs-, Blindstrom- oder Versorgungskosten, nicht geltend machen darf (Abs. 4). Die Zeiträume der Vergütungsdauer bestimmt der dritte Absatz242. Die zeitliche Befristung schafft einerseits Planungssicherheit für die Anlagenbetreiber und verhindert andererseits eine Dauervergütung regenerativen Stroms. Die Vergütung von Anlagen, die über eine gemeinsame Meßeinrichtung abgerechnet werden soll, bleibt unberührt (Abs. 6). Selbiges gilt für die Feststellung, daß es sich bei den Preisen um Nettopreise handelt (Abs. 7)243. Die Passage über die Anschlußkosten wird präzisiert. Der Anspruch auf einen Netzanschluß und einen daraus möglichen resultierenden Netzausbau ergibt sich bereits aus § 4 EEAusbG. Als quasi Gegenzug der für den Anlagenbetreiber geschaffenen Rechtssicherheit bezüglich der Vergütungszahlungen (§ 12) kann die leicht modifizierte Formulierung des § 13 Abs. 1 EEAusbG zugunsten des Netzbetreibers gesehen werden, der diesem nun ebenfalls Rechtssicherheit gibt. Der oft zu Rechtsstreitigkeiten führende Punkt, wie weit die Anschlußkosten zu verstehen seien, wird dort präzisiert. So muß der den Anschluß Begehrende, der Anlagenbetreiber also, nicht nur die Kosten für den notwendigen Anschluß, sondern ebenfalls die Kosten für die notwendigen Meßeinrichtungen zur Erfassung der gelieferten und der bezogenen elektrischen Arbeit entrichten244. Präzisiert wird der günstigste Netzverknüpfungspunkt eines Anschlußbegehrenden, der auf seinem Grundstück Stromerzeugungsanlagen betreibt. Solange deren installierte Leistung insgesamt 30 kW nicht überschreitet, und der Anschlußberechtigte bereits über einen Anschluß verfügt, ist dieser als günstigster Netzverknüpfungspunkt zu sehen (§ 13 Abs. 1 S. 2). Auch die in Absatz 2 geregelte Netzausbaupflicht wird formal leicht geändert. Allerdings ist diese Änderung eine konsequente Folgeänderung, welche die in Folge der durch die Neuregelung des Gesetzes neu hinzugetretenen, förderungswürdigen Anlagen bei der Netzausbaupflicht mit berücksichtigt. Die Regelung über die Clearingstelle wird in § 19 EEAusbG verschoben. 240

Vgl. BT-Drucks. 15/2864 S. 45. Dazu und den daraus resultierenden Ansprüchen J. F. Baur/K. Henk-Merten, Entgeltfindung unter Kontrahierungszwang, 2003, S. 45 ff. 242 Diese variieren je nach Anlagentyp zwischen 15 und 30 Jahren. 243 Wörtlich bestimmt das Gesetz, daß bei den Zahlenwerten der Vergütungszahlungen die Umsatzsteuer nicht enthalten ist. Allerdings ist ein solcher Hinweis wichtig, denn selbst wenn in der ersten Fassung des EEG ebenfalls davon auszugehen war, daß dieses ausschließlich steuerfreie Zahlenwerte enthielt, wurde dieses explizit nirgends erwähnt. 244 Vgl. dazu auch Kap. VI. 3. d). 241

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Das Prinzip der bundesweiten Ausgleichsregelung bleibt weitestgehend unverändert (§ 14). Die maßgeblichen Änderungen sind zum einen, daß sich die Ausgleichsregelung nun gerechterweise nicht mehr auf die nach § 4 EEAusbG abgenommene, übertragende und verteilte Energiemenge erstreckt, sondern nur noch auf die nach § 5 EEAusbG vergütete. Zum anderen findet der zeitliche Verlauf der nach den §§ 4 und 5 EEAusbG abgenommenen und vergüteten Energiemenge Berücksichtigung (Abs. 1). Die zeitliche Berücksichtigung dient dazu, die in Absatz 4 der vierten Stufe der Ausgleichsregelung geänderte Kostenweiterwälzung durchzuführen245. Um sowohl den Übertragungsnetzbetreibern als auch den Elektrizitätsversorgungsunternehmen eine gewisse Planungssicherheit gewährleisten zu können, muß wegen der natürlichen Schwankungen, denen regenerative Energie in der Regel unterliegt, neuerdings ein Stromprofil der tatsächlichen Abnahme bekanntgegeben werden. Sollte die vierstufige Ausgleichsregelung246 praktische Probleme bereiten, die sich nicht im Wege der Einigung lösen lassen, hat der Gesetzgeber in Absatz 8 dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eine Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen beigefügt. Gänzlich neu ist § 15 EEAusbG, der Regelungen über die Transparenz festlegt. Absatz 1 schreibt aus Zwecken der Einheitlichkeit die Methode vor, mit der die durch das Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz entstehenden Differenzkosten zu berechnen sind. Diese dienen nicht nur einem objektiven Zahlenvergleich der Elektrizitätsversorgungsunternehmen untereinander, sondern werden auch für die Anwendung der besonderen Ausgleichsregelung benötigt, die durch die erste Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes eingeführt wurde und sich nunmehr in § 16 EEAusbG wiederfindet247. Des weiteren bestimmt Absatz 2, daß die für die Berechnung der bundesweiten Ausgleichsregelung nötigen Zahlen öffentlich zugänglich sein müssen. Dies dient der Transparenz, wodurch auch Quersubventionen oder überhöhte Forderungen unterbunden werden. Das Bundesumweltministerium wird ermächtigt, ein Anlagenregister zu schaffen. Nach dessen Einrichtung sind alle Anlagenbetreiber, die Rechte aus diesem Gesetz ableiten möchten, verpflichtet, ihre Anlagen eintragen zu lassen. Das Grundgerüst der nunmehr in § 16 EEAusbG befindlichen besonderen Ausgleichsregelung bleibt im wesentlichen unberührt. Der Kreis der Nutznießer wird jedoch erweitert. Zum einen muß der Stromverbrauch produzierender Unternehmen einen jährlichen Wert von 10 GWh (bisher 100 GWh) übersteigen. Zum anderen muß der Anteil der Stromkosten nur noch 15 % der Bruttowertschöpfung (bisher 20 %) ausmachen248. Vereinfacht wird das Antragsverfahren beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Eingeführt wird eine Be245 246 247

Vgl. BT-Drucks. 15/2864, S. 49. Vgl. dazu ausführlich BT-Drucks. 15/2864, S. 47 ff. Ausführlich zur besonderen Ausgleichsregelung in Kap. VII. 12.

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lastungsobergrenze für die nicht profitierenden Endverbraucher, deren härtefallbedingter Beitrag, der sich aus dem Gesetz ergibt, auf maximal 10% begrenzt ist. Auch die umweltfreundlichen Schienenbahnen können in Zukunft die Härtefallregelung in Anspruch nehmen, sofern ihr Jahresstromverbrauch mindestens 10 GWh beträgt. Gänzlich neu sind die Bestimmungen über einen Herkunftsnachweis (§ 17), ein Doppelvermarktungsverbot (§ 18) und eine Clearingstelle (§ 19)249. Die Einführung eines Herkunftsnachweises dient vorrangig der Umsetzung der Regenerativstromrichtlinie (Art. 5 RegStRL). Dabei obliegt es dem Anlagenbetreiber, der Strom aus regenerativen Energien gewinnt, sich ein solches ausstellen zu lassen. Dabei handelt es sich um eine „Kann-Vorschrift“, der Anlagenbetreiber ist nicht gezwungen sich ein solches Zertifikat ausstellen zu lassen. Die ausstellende Person oder Organisation (Umweltgutachter oder Umweltgutachterorganisation) hat indes keinen Spielraum. Sie ist auf Verlangen zur Ausstellung verpflichtet. Absatz 2 enthält Angaben darüber, welche Informationen ein Herkunftszertifikat enthalten muß. Diese Auskünfte erlauben es, genauere statistische Daten zu erhalten, wodurch ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Betreibern „regenerativer Kraftwerke“ begründet werden könnte. Um eventuellem Mißbrauch vorzubeugen, ist der Handel mit solchen Zertifikaten, welche die in Absatz 2 geforderten Angaben nicht vollständig enthalten, untersagt (Abs. 3)250. Allerdings fordert die Regenerativstromrichtlinie die Einführung solcher Zertifikate spätestens zum 27. Oktober 2003 (Art. 5 Abs. 1 S. 1 RegStRL). § 18 verbietet regenerativen Strom doppelt zu vermarkten. Wird regenerativer Strom im Sinne dieser Novelle vergütet, ist es nicht gestattet, denselben Strom anderweitig abermals zu vermarkten. Dies entspricht nicht nur den guten Sitten, sondern kommt auch dem Verbraucherschutz zugute. Die Einführung des § 19 EEAusbG greift den ursprünglichen Art. 10 Abs. 3 EEG auf, der maßgeblich geändert wird. So kann nunmehr zur Klärung von Streitigkeiten eine Clearingstelle eingerichtet werden, an der die beteiligten Kreise einbezogen werden können. Ehemals war die Einrichtung dieser Stelle eine Pflicht, ebenso wie die Einbeziehung der betroffenen Kreise. Der alle vier Jahre zu erstellende Erfahrungsbericht (§ 20) soll dazu dienen, die Vergütungsstrukturen bei Bedarf an die tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. Der neu hinzugefügte Absatz 2 dient zum einen der Transparenz, birgt zum anderen aber auch eine Offenlegungspflicht gegenüber dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Je nach Rechtsform 248 Vgl. M. Hennes, Stromintensive Unternehmen fordern Nachbesserungen bei Härtefallklausel, Handelsblatt v. 07./08.11.2003, S. 12. 249 Bestimmungen über die Errichtung einer Clearingstelle gab es zwar bereits im EEG (§ 10 Abs. 3), beanspruchte jedoch keinen eigenen Paragraphen für sich. 250 Vgl. BT-Drucks. 15/2864, S. 52 f.

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sind auch die Handelsbücher offenzulegen. Neu ist die Bestimmung, daß auch über Speichertechnologien und die Auswirkungen der Nutzung erneuerbarer Energien auf die Natur- und Landschaftsschutzbelange berichtet werden muß. Die Übergangsbestimmungen besagen zunächst, daß für Anlagen, die bereits vor dem 01. April 2004 betrieben wurden, das Erneuerbare-Energien-Gesetz in seiner ursprünglichen Fassung (BGBl. I/2003 S. 1459), bezüglich Vergütungshöhe und -dauer weiter fortbesteht. Absatz 1 enthält Ausnahmen hiervon. Die Absätze 2 bis 6 enthalten losgelöst vom ersten Absatz weitere Übergangsbestimmungen, die an den entsprechenden Stellen dieses Kapitels bereits herausgestellt wurden. Erhalten bleibt der Anhang, der eine Referenzanlage im Sinne des § 10 Abs. 1 EEAusbG enthält. Art. 2 EEAusbG ändert das Umweltauditgesetz, Art. 3 EEAusbG das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz251. Art. 4 EEAusbG bestimmt das Inkrafttreten der Novelle und das Außerkrafttreten der ursprünglichen Fassung. d) Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz Das am 17. Mai 2000 verabschiedete Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz252 knüpft an das Erneuerbare-Energien-Gesetz an. Beide Gesetzestexte beinhalten zum einen einen Rechtsanspruch auf Einspeisung der in den Gesetzen genannten Energien in geeignete Stromnetze (§ 3). Zum anderen besteht auch im Falle der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung eine Mindesteinspeisungsvergütung sowie ein bundeseinheitlicher Entlastungsausgleich (§ 4 f.). Diese beiden Parallelen sind nicht die einzigen, aber die wesentlichsten. Zu bemerken ist, daß Anlagen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung bisher weder durch das Stromeinspeisungsgesetz noch durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert wurden. Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz war von vornherein als Zwischenlösung gedacht, bis das Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz erlassen wird. In der weiteren Darstellung wird zunächst das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz in seiner ersten Fassung bearbeitet und anschließend das aktuell gültige Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz mit den Änderungen dargestellt253. 251

Vgl. dazu Kap. II. 2. d) bb). BGBl. I/2000 S. 703 v. 17.05.2000. Die Europäische Kommission hat bereits 1997 eine Mitteilung über Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) (KOM(97)514 endg. v. 15.10.1997) getätigt, in der sowohl eine Strategie zur Förderung der KWK umrissen, als auch die Verdopplung des KWK-Anteils in der EU bis 2010 vorgeschlagen wird. Im Aktionsplan zur Verbesserung der Energieeffizienz (KOM(2000)247 endg. v. 26.4. 2000) wird dieses Ziel nicht nur bekräftigt, sondern werden auch eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung der KWK aufgeführt. Im Rahmen des Europäischen Programms zur Klimaänderung wurde die Kraft-Wärme-Kopplung als vielversprechender Bereich zur Realisierung von Emissionssenkungen herausgestellt (KOM(2000)88 endg. v. 08.03.2000, S. 12). 252

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aa) Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) wird auch als „Rettungsmaßnahme“ für von akuter Stillegung bedrohte Erzeugungsanlagen und als „Reparaturnovelle“ zur Energierechtsreform von 1998 bezeichnet254. Durch die Liberalisierung des Energiebinnenmarktes ist der Fortbestand der ressourcenschonenden, umwelt- und klimafreundlichen Energieerzeugung aus Kraft-WärmeKopplung bedroht255. Zu deren befristeten Sicherung dient das Kraft-WärmeKopplungsgesetz. So ist der primäre Gesetzeszweck der befristete Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung im Interesse des Klimaschutzes und der Energieeinsparung (§ 1)256. Die angesprochene „Rettungsmaßnahme“ läßt sich aus § 2 KWKG herauslesen, in dem präzisiert wird, welche KWK-Anlagen förderungswürdig sind, nämlich nur solche, die vor dem 01. Januar 2000 in Betrieb genommen wurden oder zu diesem Zeitpunkt kurz vor der Inbetriebnahme standen257 und von Energieversorgungsunternehmen betrieben werden, die bereits als solche vor dem 31. Dezember 1999 tätig waren (§ 2 Abs. 1)258. In erster Linie werden also Altanlagen gefördert. Kraftwerke, an denen allgemeinversorgende Energieversorgungsunternehmen bis zum genannten Datum zu mindestens 25% beteiligt waren, werden den eben beschriebenen gleichgesetzt (§ 2 Abs. 1 S. 3 Ziff. 2)259. Die Förderungswürdigkeit ist auch von der relativ installierten Leistung abhängig (§ 2 Abs. 2), aber auch von den eingesetzten Primärenergieträgern, bei denen es sich um fossile Brennstoffe oder Abfall handeln muß (§ 2 Abs. 1 und 3)260. Ausdrücklich festgehalten wird darüber hinaus, daß ebenfalls Kraft-Wärme-Kopplung auf Basis von Brennstoffzellen-Anlagen in 253 Bei vorliegender Beschreibung ist bei der Verwendung des Namens: KraftWärme-Kopplungsgesetz (KWKG) die erste Fassung von 2000 gemeint, wohingegen bei der Verwendung des Namens: Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz oder Ausbaugesetz (KWK-AG) die Neufassung gemeint ist. Für die weitere Beschreibung sollen damit Verwechselungen ausgeschlossen werden. Offiziell heißt aber auch das KraftWärme-Kopplungsausbaugesetz nur Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz. 254 P. Salje, KWKG, Einführung, 2001, Rdn. 3, S. 8. 255 Vgl. BT-Drucks. 14/2765 v. 22.02.2000, S. 4. 256 Die Besonderheit der Kraft-Wärme-Kopplung ist, daß nicht nur Strom, sondern auch Prozeßwärme erzeugt wird, die primär für industrielle Verfahren weiterverwendet wird, aber auch z. B. Anwendung im Fernwärmenetz findet. Die Energieeinsparung wird dadurch erreicht, daß der Prozeß der Kraft-Wärme-Kopplung einen höheren Wirkungsgrad als herkömmliche Prozesse hat. Vgl. dazu U. Büdenbender u. a., Energierecht I, Rdn. 478 ff., S. 322 ff., insb. Rdn. 486 f., S. 325 f. 257 Man spricht hier auch von dem „ersten Förderweg“. Die Förderung von Neuanlagen ist im KWK-Ausbaugesetz festgehalten, auf das später noch eingegangen wird. 258 Dort auch zu den Eigentumsverhältnissen des Energieversorgungsunternehmens. 259 Sogenannter „zweiter Förderweg“. 260 Sowohl Abfall als auch die Brennstoffzelle waren bis dahin in noch keinem anderen Gesetz zur Förderung des Umweltschutzes berücksichtigt. Die förderungswürdigen fossilen Brennstoffe sind im Gesetzestext explizit aufgeführt.

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den Regelungsbereich dieses Gesetzes fällt. Als Besonderheit beinhaltet § 2 Abs. 1 S. 3 Ziff. 2 KWKG den sogenannten „dritten Förderweg“, in dem Strom, der aufgrund von Lieferverträgen, die vor dem 01. Januar 2000 geschlossen wurden, von einem Energieversorgungsunternehmen bezogen wird, dem oben genannten gleichgestellt wird261. Die Abnahme- und Vergütungspflicht und die Vergütungshöhe sind in den §§ 3 und 4 KWKG geregelt. Sie sind den entsprechenden Paragraphen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sehr ähnlich. Abnahmeverpflichtet ist auch hier das Unternehmen, dessen Netz die kürzeste Entfernung zum Standort der KWK-Anlage hat und dessen Netz technisch für die Aufnahme geeignet ist262. Auch hier ist eine Ausbaupflicht vorgesehen, die wirtschaftlich zumutbar sein muß263. Im Falle des Netzausbaus müssen die Netzdaten und Anlagedaten genauso offengelegt werden264. Wird das Netz nicht ausgebaut, ist das Unternehmen abnahmepflichtig, dessen Netz die für die Einspeiseleistung nächsthöhere Spannungsebene hat. In den Fällen, in denen der KWK-Anlagenbetreiber und der Netzbetreiber identisch sind, können die Vergütungen intern verrechnet werden, die Leistungen müssen aber auf getrennten Konten abgerechnet werden265. Mehraufwendungen, die durch diese Regelung entstehen und nicht zu vermeiden sind, können bei der Ermittlung des Netznutzungsentgelts in Ansatz gebracht werden. Die Netzbetreiber können aber auch den nach dieser Regelung aufgenommenen Strom an Dritte weiterverkaufen. Über die beiden letztgenannten Punkte besteht im Erneuerbare-Energien-Gesetz keine Regelung, sie spielen aber für den Belastungsausgleich eine Rolle266. Die Vergütungsregelung sieht in § 4 Abs. 1 KWKG, ähnlich zum Erneuerbare-Energien-Gesetz, eine degressive Vergütung vor267. Wegen bestehender Lieferverträge beinhaltet § 4 Abs. 2 261 Der dritte Förderweg ist umstritten und birgt rechtliche Probleme in sich, die auch schon vor Gericht ausgetragen wurden. Dazu ausführlich M. Gründel, Der dritte Förderweg nach dem KWK-Gesetz, ET 2001, 67 ff.; P. Salje, Der „dritte Förderweg“ des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes – eine Sackgasse?, ET 2001, 601 ff. Erläuterungen zu Urteilen finden sich in ET 2001, 607 ff. 262 Im Gesetzestext steht zwar, daß der Netzbetreiber anschlußpflichtig ist, dessen Netz für die Einspeiseleistung eine geeignete Spannungsebene aufweist, was aber gleichbedeutend mit der technischen Geeignetheit ist, vgl. dazu P. Salje, KWKG, § 3, Rdn. 11 ff., S. 167 f.; im Unterschied zum Erneuerbare-Energien-Gesetz ist hier keine vorrangige Abnahme vorgesehen, vgl. Fn. 183. 263 Zur wirtschaftlichen Zumutbarkeit s. P. Salje, KWKG, § 3, Rdn. 12, S. 167, Rdn. 16 ff., S. 169 f.; a. a. Fn. 186. Es ist anzumerken, daß es wohl eher in den selteneren Fällen zu einem Neuanschluß von KWK-Anlagen kommen wird, weil die förderungswürdigen Anlagen i. d. R. bereits am Netz sind. 264 § 4 Abs. 4 EEAusbG (§ 3 Abs. 1 S. 4 EEG); vgl. a. BT-Drucks. 14/2776, S. 22; BT-Drucks. 15/2864, S. 35. 265 Ähnlich zur getrennten Rechnungslegung: Fn. 119. 266 s. § 3 Abs. 1 S. 4 KWKG, § 3 Abs. 4 KWKG, s. a. Fn. 271. 267 Dazu ähnlich in Fn. 196, anders als beim Erneuerbare-Energien-Gesetz wird die degressive Vergütung hier nicht damit begründet, daß diese Art der Energiegewinnung

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KWKG, der lex specialis zu § 4 Abs. 1 KWKG ist268, eine Bestimmung, nach der die Vergütung von Strom aus bereits bestehenden Lieferverträgen zu den dort genannten Sätzen vergütet wird269. Anders als beim Erneuerbare-Energien-Gesetz ist der Belastungsausgleich geregelt. So ist im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz nur ein finanzieller Ausgleich verordnet, wohingegen im Erneuerbare-Energien-Gesetz ein kombinierter Mengen- und Vergütungsausgleich der Übertragungsnetzbetreiber untereinander, sowie eine Weiterwälzung der Lasten an letztverbraucherversorgende Elektrizitätsversorgungsunternehmen vorgeschrieben ist270. Im Falle des Kraft-WärmeKopplungsgesetzes besteht ein wirklicher Ausgleich der Bezuschussungen lediglich auf der Ebene der Übertragungsnetzbetreiber (§ 5 Abs. 2), die nur die nichtvermeidbaren Mehraufwendungen an die letztversorgenden Elektrizitätsversorgungsunternehmen weitergeben können271. Abschließend sind noch Übergangsvorschriften (§ 6), Inkrafttreten und Außerkrafttreten und Nachfolgelösungen geregelt (§ 7). So tritt das Gesetz mit dem Inkrafttreten des KWK-Ausbaugesetzes außer Kraft, spätestens aber Ende 2004. Die Übergangsvorschriften sind deshalb wichtig, weil sie bestimmen, daß Ausgleichsansprüche noch bis Ende 2005 geltend gemacht werden dürfen. Sie treten deshalb nicht außer Kraft. bb) Das Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz Das Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz (KWK-AG) ist am 01. April 2002 in Kraft getreten272, wodurch das bis dahin gültige Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz außer Kraft getreten ist. Das Gesetz ist bis Ende 2010 gültig, sofern bis dahin keine Verlängerung beschlossen wird (§ 13)273. Eine Verlängerung kann durch den Fortschritt der Technik wirtschaftlich auch ohne Subventionen immer tragfähiger wird, vgl. BT-Drucks. 14/2765, S. 5; Fn. 206. 268 Vgl. C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 359. 269 Strittig ist hier, ob die im Liefervertrag festgesetzte Vergütung höher oder niedriger als die im Gesetz vorgeschriebene Vergütung sein kein oder ob man sich an dem Mindestbetrag orientieren muß, vgl. K. Friedrich, Sieben Paragraphen, viele Fragen: Das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, RdE 2001, 13 m. w. Nachw.; K. Schrader/M. Riedel, Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz – Funktionsweise und rechtliche Bewertung, ZNER 2001, 135 ff.; vgl. dazu auch Fn. 261. 270 Vgl. §§ 4, 14 EEAusbG (§§ 3, 11 EEG) und § 5 KWKG; P. Salje, KWKG, § 5, Rdn. 3, S. 217 f., Rdn. 36, S. 229. 271 Dazu ausführlich C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 359 ff.; vermiedene Kosten sind ersparte Beschaffungskosten (BGHZ 119, 335 (341)) oder vermiedene Erzeugungskosten, insbesondere Brennstoffkosten, vgl. M. Bartsch/T. Dingeldey, Rechtsprobleme der Einspeisevergütung, ET 1995, 253. 272 BGBl. I/2002 S. 1092 v. 19.03.2002. 273 Ausgenommen sind Brennstoffzellen-Anlagen und KWK-Anlagen, mit einer elektrischen Leistung bis einschließlich 50 kW.

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aufgrund einer Zwischenprüfung nach § 12 KWK-AG vereinbart werden, falls die im Gesetz genannten Ziele nicht oder nicht ausreichend erreicht werden. Zuständig für den Vollzug des Gesetzes ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (§ 11). Insbesondere die Bekanntmachung nach § 5 Abs. 2 S. 4 KWK-AG, die Zulassung nach § 6 KWK-AG und die Erfassung des KWK-Stroms nach § 8 KWK-AG müssen von einer staatlichen oder vom Staat beauftragten Stelle durchgeführt werden274. Die Ausführung durch eine zentrale Stelle ist erforderlich, um bundeseinheitliche Maßstäbe bei der Zulassung von KWK-Anlagen sicherzustellen, wodurch gleichzeitig auch eine effektive bundesweite Erfassung der festgelegten Daten gewährleistet ist275. Die Kosten für das Tätigwerden des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und alle damit darüber hinaus verbundenen Amtshandlungen werden ebenfalls in § 11 KWK-AG geregelt. Der neue Zweck des Gesetzes, der in § 1 KWK-AG geregelt ist, ist eine mengenmäßige Klimaschutzzielbestimmung, nämlich eine Minderung der jährlichen Kohlendioxid-Emissionen. Sie ist Grundlage für die begleitende Beobachtung und die Zwischenüberprüfung und dient der Erfolgskontrolle des Gesetzes276. Neu sind die in § 3 KWK-AG für das Gesetz benötigten Begriffsdefinitionen, die sowohl physikalische und technische Begriffe für die KWK-Strom- und Wärmeerzeugung bestimmen, als auch die vom Gesetz erfaßten KWK-Anlagen aufzeigen. Wichtig ist die Erläuterung des Netzbetreibers in Absatz 9, wonach jeder darunter fällt, der ein Netz unabhängig von der Spannungsebene für die allgemeine Versorgung mit Elektrizität betreibt277. Der strittige Anwendungsbereich aus § 2 KWK-AG wurde gänzlich geändert: Die unterschiedlichen, teils strittigen Förderwege wurden gestrichen278. Zur Vergütung wird nunmehr lediglich festgehalten, daß solche KWK-Anlagen förderungswürdig sind, die nicht schon durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz vergütet werden. Diese Festsetzung ist von Bedeutung, um eine Doppelvergütung auszuschließen279. Die förderungswürdigen Anlagen sind nun in § 5 KWK-AG klassifiziert. Allerdings benötigen diese Anlagen eine Zulassung nach § 6 KWK-AG, was eine weitere Neuerung darstellt. Das Zulassungsverfahren ist notwendig, um die An274

Vgl. BT-Drucks. 14/2074 v. 04.10.2001, S. 15. Vgl. BT-Drucks. 14/7024, S. 15. 276 Vgl. BT-Drucks. 14/8059, S. 10. 277 Von Bedeutung ist das für die Feststellung der Abnahme- und Vergütungspflicht. 278 Hier sei v. a. auf den „dritten Förderweg“ hingewiesen; s. Fn. 261. 279 In der Praxis betrifft diese Ausnahme zur Zeit vor allem bestimmte kleinere Anlagen, die mit Deponiegas, Klärgas, Grubengas oder Biomasse betrieben werden, vgl. BT-Drucks. 14/7024, S. 10. 275

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lagenparameter zur Ermittlung des zuschlagsfähigen KWK-Stroms festzustellen. Die Anforderungen, die an den Antrag auf Zulassung gestellt werden dürfen, sind in Abs. 1 UA 1 bis 4 abschließend aufgezählt. Diese Regelung war im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz nicht erforderlich, weil dieses unterschiedslos sowohl Strom aus einer im Kondensationsbetrieb gefahrenen KWK-Anlage als auch den bei der gekoppelten Erzeugung von Strom und Nutzwärme anfallenden Strom vergütete280. Um solche Anlagenbetreiber nicht bei der Vergütungszahlung zu benachteiligen, deren Zulassungsverfahren noch läuft, ist in Absatz 2 geregelt, daß die Zulassung je nach Anlage rückwirkend erteilt wird. Sobald aber Anlagen, die eine Zulassung haben, verändert werden (dazu gehört auch die Modernisierung), erlischt diese und muß neu beantragt werden (§ 6 Abs. 3)281. Bei der Bestimmung der Kategorien der KWK-Anlagen aus § 5 KWK-AG wird unterschieden zwischen alten und neuen Bestandsanlagen, wobei die vorgenommene Differenzierung der Anlagen nach Art, Alter und Modernisierungsstand erfolgt282. Das ist wichtig, um die Höhe und Dauer der Vergütung zu bestimmen, die nun in § 7 KWK-AG geregelt wird. Danach haben nur solche Anlagen Anspruch auf Zahlung des Zuschlags, die sich vor Inkrafttreten des Ausbaugesetzes bereits im Dauerbetrieb befanden oder dieser geplant war (modernisierte Anlagen)283. Die einzigen Anlagen, die erst nach Inkrafttreten des Ausbaugesetzes in Dauerbetrieb genommen werden und dennoch zuschlagswürdig sind, sind kleine KWK-Anlagen und Brennstoffzellen-Anlagen (§ 5 Abs. 2)284. Dies liegt daran, daß es auch Zweck des Gesetzes ist, Anreize zur Modernisierung bestehender KWK-Anlagen zu schaffen285. Als maßgeblicher Zeitpunkt zur Bestimmung des Alters der Anlagen wird das Datum der Aufnahme des Dauerbetriebs genommen. Der Modernisierungsstand ist von Bedeutung, weil modernisierte Anlagen eine höhere Effizienz haben als solche, die noch mit einer älteren Technik oder älteren Anlageteilen arbeiten286. Dement280 Vgl. BT-Drucks. 14/7024, S. 12; s. dazu auch BT-Drucks. 14/7024, S. 10, in der ausdrücklich festgelegt wird, daß Anlagen, die Strom im Kondensationsbetrieb erzeugen, eben ausgeschlossen sind, was aus § 3 Abs. 4 KWK-AG hervorgeht; vgl. auch P. Rosin/M. Elspas, Das neue Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, RdE 2002, 175. 281 s. zum Anspruch auf Zahlung der Vergütung während des Zulassungsverfahrens auch § 8 Abs. 4 KWK-AG; dazu a. BT-Drucks. 14/7024, S. 19; zu den Kosten der Zulassung s. Verordnung über Gebühren und Auslagen des BAFA bei der Durchführung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (BGBl. I/2002 S. 1231 v. 02.04.2002). 282 Zur Differenzierung s. § 5 Abs. 1 KWK-AG; ausführlich zu den verschiedenen Kategorien A. Topp, KWK-Modernisierungsgesetz ante portas – Was ist zu tun?, E&P 2002, 42 f. 283 Vgl. § 5 Abs. 1 KWK-AG, dort auch zu den Details, welche Kriterien KWKAnlagen erfüllen müssen, damit sie zuschlagswürdig sind. 284 Die Förderung von Brennstoffzellen-Anlagen bezweckt den Anreiz, auf diesem Gebiet die Weiterentwicklung voranzutreiben. 285 Vgl. BT-Drucks. 14/2074, S. 9.

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sprechend werden modernisierte Anlagen auch vorteilhafter vergütet als Altanlagen. Die vorher bereits existente Anschluß-, Abnahme- und Vergütungspflicht bleibt leicht modifiziert bestehen, wird aber ausgeweitet. So finden Lieferverträge keine explizite Erwähnung mehr. Durch die Änderung des Belastungsausgleichs entfällt die Klausel über das Inansatzbringen der nichtvermeidbaren Mehraufwendungen. Die Abnahme- und Vergütungspflicht lehnt sich stark an die des Erneuerbare-Energien-Gesetzes an. Anschlußpflichtig ist nach wie vor der Netzbetreiber, zu dessen technisch für die Aufnahme geeignetem Netz die kürzeste Entfernung besteht. Wie im Erneuerbare-Energien-Gesetz auch wird dem Netzbetreiber, falls nötig, ein wirtschaftlich zumutbarer Ausbau aufgebürdet287. Verwunderlich ist an dieser Stelle, daß der Gesetzgeber offenläßt, wer die Kostentragung im Fall des Ausbaus übernimmt288. Die Preisregelung unterscheidet sich von der ursprünglichen Regelung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes. Die neue Preisregelung besteht aus zwei Elementen: Einem variablen Element und einem fixen Zuschlag. Das variable Element ist der (Markt-)Preis, den Anlagenbetreiber und Netzbetreiber zu vereinbaren haben (§ 4 Abs. 3). Für den Fall, daß keine Einigung über das variable Preiselement zustande kommt, verweist das Gesetz auf den üblichen Preis289. Der Gesetzgeber behält sich aber eine Ermächtigungsgrundlage vor, nach der er Grundlagen und Berechnungsgrundsätze zur Bestimmung des Vergütungsanspruchs näher bestimmen kann (§ 4 Abs. 7). Die Höhe des fixen Anteils, des Zuschlags, wird also in § 7 KWK-AG bestimmt. Dauer und Höhe des Zuschlags sind abhängig von der Anlagenkategorie und degressiv ausgestaltet. Auch hier wird der Anreiz geschaffen, alte Bestandsanlagen zu modernisieren, weil deren gesetzlich geregelter Zuschlagsteil höher vergütet wird (§ 7, insb. § 7 Abs. 1 und 3). Wie im Falle der Anschluß-, Abnahme- und Vergütungspflicht behält sich auch in diesem Falle der Gesetzgeber vor, durch Ermächti286 Zur Definition der Modernisierung i. S. d. Gesetzes s. § 5 Abs. 1 UA 3 S. 2 KWK-AG; dazu auch P. Rosin/M. Elspas, Das neue Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, RdE 2002, 177. 287 s. § 4 Abs. 6 KWK-AG; vgl. a. Fn. 186, 263. 288 P. Rosin/M. Elspas, Das neue Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, RdE 2002, 177; vgl. auch Kap. VI. 3. d). 289 Für die Ermittlung des üblichen Preises können z. B. die an den Strombörsen festgestellten Preise herangezogen werden, wobei aber die Charakteristik des eingespeisten Stroms zu berücksichtigen ist, vgl. BT-Drucks. 14/7024, S. 11; allerdings handelt es sich bei dem Wort „üblich“ um einen unbestimmten (offenen) Rechtsbegriff, dazu ausführlich K. Schrader u. a., Schwächen des neuen Fördergesetzes für KraftWärme-Kopplung, ET 2002, 67; ausführlich auch P. Rosin/M. Elspas, Das neue KraftWärme-Kopplungsgesetz, RdE 2002, 172 f. m. w. Nachw. Um diesem Problem beizukommen, hat der Gesetzgeber der Gesetzesnovelle zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (Inkrafttreten am 01.08.2004) einen Artikel beigefügt, der den üblichen Preis vom Börsenpreis in Leipzig abhängig macht. Dazu am Ende dieses Kapitels.

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gungsgrundlage die Dauer und Höhe der Begünstigung neu festzulegen, falls die Entwicklung der Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Betrieb von KWK-Anlagen gefährdet ist (§ 7 Abs. 6)290. Um eine mögliche Ausnutzung der Monopolstellung des Netzbetreibers zu verhindern, wird dem Betreiber der KWK-Anlage die Möglichkeit einer mittelbaren Vermarktung seines Stroms ermöglicht. Nennt der KWK-Anlagenbetreiber dem Netzbetreiber einen Dritten, der sich verpflichtet, den KWK-Strom zu einem bestimmten Preis abzunehmen, ist der Netzbetreiber verpflichtet, den KWK-Strom zum Angebotspreis des Dritten abzunehmen und an den Dritten weiterzuveräußern (§ 4 Abs. 3)291. Wie Erfahrungen mit der ersten Fassung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes gezeigt haben, kamen von der Anschluß- und Vergütungspflicht betroffene Wirtschaftskreise zu verschiedenen Aussagen über das Ausmaß der begünstigten Strommenge. Damit impliziert waren dementsprechend auch Finanzvolumina und die dadurch entstehenden Kosten von unterschiedlich großem Umfang292. Um dieses Problem zu bewältigen, unterliegen KWK-Anlagenbetreiber nunmehr einer monatlichen Nachweispflicht über die eingespeisten KWK-Strommengen (§ 8 Abs. 1 f.)293. Um die Richtigkeit der Angaben zu kontrollieren, darf die zuständige Stelle Maßnahmen zur Überprüfung ergreifen. Damit soll die mißbräuchliche Inanspruchnahme von Vergütungen verhindert werden (§ 8 Abs. 3). Die Daten aus der Mitteilungspflicht sind auch erforderlich, um statistisches Material über die Entwicklung der Kraft-Wärme-Kopplung zu erlangen sowie entsprechende Mitteilungspflichten der Bundesrepublik Deutschland gegenüber supra- und internationalen Organisationen zu erfüllen (§ 8 Abs. 5). Nicht zuletzt wird daran auch die Wirksamkeit des Gesetzes überprüft. Der Belastungsausgleich wurde neu ausgestaltet und ähnelt nun dem des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Die Bestimmung regelt den finanziellen Ausgleich der Belastungen zwischen den Netzbetreibern unter Einbeziehung der Letztverbraucher von Strom in das Umlagesystem. Dadurch soll eine bundesweite gleichmäßige Verteilung der Kosten erreicht werden. Berücksichtigungsfähig sind ausschließlich Zuschlags- und Ausgleichszahlungen nach dieser Bestimmung, die tatsächlich bei dem Netzbetreiber verblieben sind, keine sonstigen Kosten, also auch keine vermeidbaren Mehraufwendungen, wie sie im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz noch ansatzfähig waren294. Gab es im Kraft290 Zur Vergütung s. a. P. Rosin/M. Elspas, Das neue Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, RdE 2002, 180 f. 291 Verträge, die bereits vorher bestanden, werden in der gleichen Art und Weise gehandhabt wie hier beschrieben. 292 Vgl. BT-Drucks. 14/7024, S. 13. 293 Darüber hinaus müssen aber auch noch andere Angaben gemacht werden, wie z. B. über Brennstoffart und -einsatz.

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II. Rechtsakte und Gesetze

Wärme-Kopplungsgesetz lediglich einen horizontalen Belastungsausgleich und auch nur auf den von den Übertragungsnetzbetreibern gelieferten Strom, existiert nun zuerst ein horizontaler, alsdann auch ein vertikaler Belastungsausgleich (§ 9 Abs. 3 und 4). Im Zusammenspiel bewirken horizontaler und vertikaler Belastungsausgleich, daß die Belastungen gleichmäßig auf alle Netzbetreiber im Bundesgebiet verteilt werden. Durch dieses Umlageverfahren tragen im Ergebnis alle Verbraucher von Strom zur Finanzierung der Mehrkosten der KWK-Stromerzeugung bei, soweit dieser Strom in die Netze für die allgemeine Versorgung eingespeist wird295. Die wesentliche Änderung des Belastungsausgleichs gegenüber dem Erneuerbare-Energien-Gesetz als auch dem KraftWärme-Kopplungsgesetz besteht darin, daß die Netzbetreiber nunmehr berechtigt sind, geleistete, nicht ausgeglichene Zuschlagszahlungen bei der Berechnung der Netznutzungsentgelte in Ansatz zu bringen (§ 9 Abs. 7)296. Um in Deutschland produzierende Unternehmen international durch diese Regelung nicht schlechterzustellen, enthält § 9 KWK-AG eine besondere Härteregelung die der Ausgleichsregelung des § 11a EEG gleicht. Diese ist weniger eng gefaßt, weil nicht nur Unternehmen des produzierenden Gewerbes davon profitieren können (§ 9 Abs. 7 S. 2), sondern jedes Unternehmen mit einem jährlichen Stromverbrauch von über 100.000 kWh oder Unternehmen, bei denen die Stromkosten außergewöhnlich große Bedeutung als Kostenfaktor besitzen. Auf die hiermit verbundenen Problematiken, insbesondere auf verfassungsrechtlicher Ebene, wird ausführlich in Kap. VII. 12. eingegangen297. Durch Anfügung eines eigenen Artikels an das Erneuerbare-Energien-Gesetz änderte der deutsche Gesetzgeber gleichzeitig auch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, indem er diesem eine Mindestpreisregelung analog dem Erneuerbare-Energien-Gesetz einfügte (Art. 3 EEAusbG). Wenn sich Anlagen- und Netzbetreiber nicht über den Preis für Strom, der aus Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt wurde, einigen können, wird als Vergütung der „durchschnittliche Preis für Baseload-Strom an der Strombörse EEX in Leipzig“

294 s. § 9 Abs. 3 KWK-AG, in dem ausschließlich eine Ausgleichspflicht für Zuschlagszahlungen und Ausgleichszahlungen erwähnt wird; vgl. auch A. Topp, KWKModernisierungsgesetz ante portas – Was ist zu tun?, E&P 2002, 38. 295 Vgl. BT-Drucks. 14/7024, S. 14. 296 Dazu ausführlich M. Bartsch/M. Pohlmann, Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz im Regelungsvergleich zum EEG, in: M. Bartsch/A. Röhling/P. Salje/U. Scholz (Hrsg.), Stromwirtschaft: ein Praxishandbuch, 2002, Kap. 44, Rdn. 19; G. Britz/F. Müller, Die Kostenabwälzung auf Letztverbraucher im Rahmen der „subventionierenden Preisregelungen“ nach KWKG und EEG, RdE 2003, 165. 297 Vgl. BT-Drucks. 14/7024, S. 14; dazu ausführlicher P. Rosin/M. Elspas, Das neue Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, RdE 2002, 182 f.; vgl. zu den einzelnen Punkten auch J. Adam/G. Czernik, Kraft-Wärme-Kopplung im Aufwind oder nur ein laues Lüftchen?, ET 2002, 701 ff.; ausführlich zur Problematik des besonderen Belastungsausgleichs in Kap. VII. 12.

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zugrunde gelegt. Durch diese Änderung möchte der Gesetzgeber ein Unterlaufen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes durch die Netzbetreiber verhindern. e) Energiesicherungsgesetz Als Antwort auf das im Herbst 1973 verhängte Ölembargo der arabischen Staaten gegen die westlichen Industriestaaten, die Öl erstmals als politische Waffe einsetzten, reagierten die betroffenen Staaten, die zum Teil ihren Erdölbedarf zu 85 Prozent aus arabischen Ölquellen deckten, mit umfassenden Sparprogrammen. Der Bundestag verabschiedete am 09. November 1973 ein Energiesicherungsgesetz (EnSG)298, das unter anderem Sofortmaßnahmen zur Energieeinsparung vorsah. Wegen der kurzen Gültigkeit des Gesetzes von etwas mehr als einem Jahr, nämlich bis zum 31. Dezember 1974 (§ 20 EnSG), beschloß der Gesetzgeber, der Regierung weiterhin ein Instrumentarium an die Hand zu geben, das geeignet ist, auch in Zukunft etwaigen Versorgungsstörungen zu begegnen. Das neue Energiesicherungsgesetz trat am 01. Januar 1975 in Kraft299, mit dem leicht modifizierten Namen: „Energiesicherungsgesetz 1975“300. Das Energiesicherungsgesetz von 1975 ist dicht an das des Jahres 1973 angelehnt. Wichtige Neuerungen sind die materiell-rechtlichen Änderungen des Meldeverfahrens, des Krisenmanagements, des Auskunftsrechts sowie der Erweiterung der Ausnahmetatbestände vom Kartellgesetz. Auf europäischer Ebene ist die bedeutendste Änderung die Aufnahme des § 2 EnSG 1975 in den Gesetzestext, der internationale Verpflichtungen beinhaltet301. Die folgende Ausführung erläutert das Energiesicherungsgesetz aus dem Jahre 1975302. Der wichtigste Paragraph, auf den immer wieder Bezug genommen wird, weil er den Zweck des Gesetzes wiedergibt, ist § 1 EnSG 1975, insbesondere dessen Absatz 1: „Um die Deckung des lebenswichtigen Bedarfs an Energie für den Fall zu sichern, daß die Energieversorgung unmittelbar gefährdet oder gestört und die Gefährdung oder Störung der Energieversorgung durch marktgerechte Maßnahmen nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln zu beheben ist, können durch Rechtsverordnung Vorschriften über die Produktion, den Transport, die Lagerung, 298

BGBl. I/1973 S. 1585 v. 09.11.1973. BGBl. I/1974 S. 3681 v. 20.12.1974. 300 Um Verwechslungen zu vermeiden, ist mit EnSG das Energiesicherungsgesetz von 1973 gemeint, wohingegen das erneuerte Energiesicherungsgesetz von 1974 mit EnSG 1975 abgekürzt wird. 301 Ähnlich BT-Drucks. 7/2898 v. 04.12.1974, S. 3. 302 Zum Energiesicherungsgesetz von 1973, s. V. Götz, Das Energiesicherungsgesetz vom 9. November 1973, NJW 1974, 113 ff.; zu vielen Änderungen BT-Drucks. 7/2461 v. 09.08.1974, S. 9. 299

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II. Rechtsakte und Gesetze

die Verteilung, die Abgabe, den Bezug, die Verwendung sowie Höchstpreise von Erdöl und Erdölerzeugnissen, von sonstigen festen, flüssigen und gasförmigen Energieträgern, von elektrischer Energie und sonstigen Energien (Gütern) und Buchführungs-, Nachweis- und Meldepflichten über die in Nummer 1 genannten wirtschaftlichen Vorgänge, über Mengen und Preise sowie über sonstige Marktverhältnisse bei diesen Gütern erlassen werden. Als lebenswichtig gilt auch der Bedarf zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben und internationaler Verpflichtungen.“

Aus ihm geht hervor, daß im Falle der Gefährdung oder Störung der Sicherung des lebenswichtigen Bedarfs an Energie Rechtsverordnungen erlassen werden können303. Auch die Erfüllung öffentlicher Aufgaben und internationaler Verpflichtungen fallen unter den lebenswichtigen Bedarf. Das Energiesicherungsgesetz enthält dazu eine Ermächtigungsgrundlage, die sich aber nur wirksam erfüllen läßt, wenn es um die Beseitigung von unmittelbar bevorstehenden oder bereits eingetretenen Versorgungsschwierigkeiten geht304. Die Vorschriften des Energiesicherungsgesetzes sind grundsätzlich krisenbezogen. Sie sehen Instrumente zur unmittelbaren Bewältigung von Versorgungskrisen vor305. Getroffene Maßnahmen sind aber auf das Maß zu beschränken, das zur Behebung der Gefährdung oder Störung der Energieversorgung unbedingt erforderlich ist (§ 1 Abs. 4). Zur Anwendung des Gesetzes ist es erforderlich, daß eine Krisensituation nach § 1 EnSG 1975 vorkommt. Feststellungspflichtig ist die Bundesregierung. Für den Fall, daß Rechtsverordnungen nach diesem Gesetz erlassen werden, ohne daß eine Krisensituation nach § 1 EnSG 1975 bestätigt wurde, was im Anwendungsfall wegen der gebotenen Reaktionsschnelligkeit durchaus denkbar ist, ist die Bundesregierung auch im nachhinein feststellungspflichtig (§ 3 Abs. 3). Wegen des Übereinkommens über ein internationales Energieprogramm vom 18. November 1974 wurde in die Neufassung des Gesetzes ein Paragraph über internationale Verpflichtungen aufgenommen. Zentraler Bestandteil ist, daß Rechtsverordnungen, nach denen Ein- oder Ausfuhren von Erdöl und Erdölerzeugnissen in oder aus Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft beschränkt werden, nur erlassen werden können, wenn die Bundesrepublik Deutschland dazu gemeinschaftsrechtlich ermächtigt ist (§ 2 Abs. 2). 303 Durch die neueste Änderung des Energiesicherungsgesetzes (Art. 20 TerrBG, BGBl. I/2002 S. 361 v. 09.01.2002) ist die ursprünglich vorhandene Einschränkung auf Importstörungen aufgehoben worden, wonach das EnSG 1975 nur dann Anwendung fand, wenn die Einfuhr bestimmter Primärenergieträger gefährdet war. Mit der Änderung kann das EnSG 1975 nun auch angewendet werden, wenn Störungen auftreten, deren Ursachen im Inland liegen. Abgestellt wird dabei auf die Terroranschläge von New York und Washington v. 11.09.2001, vgl. BT-Drucks. 17/7151 v. 17.10. 2001, S. 3. 304 s. a. H.-U. Evers, Das Recht der Energieversorgung, 2. Aufl. 1983, S. 122. 305 Ähnlich W. Danner, in: ders., EnWG, § 17, Rdn. 5; s. a. § 1 Abs. 1 EnSG 1975.

2. Die wichtigsten deutschen Gesetze

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Der Erlaß von Rechtsverordnungen ist in § 3 EnSG 1975 geregelt. Um den volkswirtschaftlichen Schaden im Falle einer Störung gering zu halten, wird die Bundesregierung ermächtigt, aufgrund der Eile, die unter Umständen geboten sein kann, die nötigen Rechtsverordnungen ohne Zustimmung des Bundesrates zu erlassen. Um in einer Krisensituation die gewünschte Flexibilität zu haben, kann aus Dringlichkeitsaspekten die Anwendung von nach § 1 EnSG 1975 erlassenen Rechtsverordnungen auch ohne Zustimmung des Bundesrates aus- und wieder eingesetzt werden306. Die Geltungsdauer zustimmungsfreier Verordnungen ist auf sechs Monate beschränkt (§ 3). Die Ausführung der Rechtsverordnungen des Gesetzes ist Aufgabe der Länder einschließlich der Gemeinden und Gemeindeverbände. Damit diese im Ernstfall gerüstet sind, werden sie verpflichtet, personell, organisatorisch und materiell die Voraussetzungen zu schaffen, die nötig sind, um die Durchführung der Maßnahmen nach den §§ 1 f. EnSG 1975 gewährleisten zu können (§ 9). Ihnen wird die Verantwortung je nach Aufgabengebiet zugewiesen (§ 4)307. Damit diese Maßnahmen im Interesse des Allgemeinwohls erfolgreich durchgeführt werden können, regelt § 5 EnSG 1975, daß Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Verfügungen, die darin genannt werden, entgegen § 80 VwGO keine aufschiebende Wirkung haben. Um eine bundeseinheitliche Ausführung des Gesetzes und der Rechtsverordnungen sicherzustellen, sieht das Gesetz vor, im Anwendungsfall den Bundesminister für Wirtschaft und Technologie308 zu ermächtigen, allgemeine Verwaltungsvorschriften zu erlassen (§ 6). Dieser ist auch befugt, Einzelweisungen zu erteilen, wenn die regional ausgeglichene Versorgung gefährdet ist und die Auswirkungen der Maßnahmen sich auf mehr als nur ein Land erstrecken (§ 7). Beim Erlaß von Rechtsverordnungen nach diesem Gesetz können Vereinigungen beratend mitwirken, falls ihre Interessen davon unmittelbar betroffen sind. Dies ist vor allem von Wichtigkeit, wenn dadurch die Interessen breiter Verbrauchergruppen betroffen werden würden. Ziel ist es primär, die Entscheidungsfindung bei der Festlegung von Prioritäten zu erleichtern (§ 8)309. Um Vorbereitungen und Durchführungen von Rechtsverordnungen nach diesem Gesetz zu optimieren, besteht nach § 10 EnSG 1975 eine Auskunftspflicht 306

BT-Drucks. 7/2461, S, 11. BT-Drucks. 7/2461, S. 11: Differenziert wird beispielsweise zwischen der Durchführung von Höchstpreisvorschriften, den Maßnahmen zur überregionalen Versorgung und zum Ausgleich zwischen den Interessen und Bedürfnissen der Länder, zur Vorbeugung von Netzzusammenbrüchen oder zur Zuständigkeit der Zollverwaltung. 308 Weil sich im Laufe der Jahre die Ministerien immer wieder ändern, wird hier der im Gesetzestext zitierte Minister genannt, der stellvertretend für den jeweiligen im Amt befindlichen Minister und dessen Aufgabengebiet stehen soll. 309 BT-Drucks. 7/2461, S. 12. 307

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II. Rechtsakte und Gesetze

gegenüber den zuständigen Behörden oder auch dem Bundesminister für Wirtschaft und Technologie. Diese dürfen auch Grundstücke, Geschäfts- und Betriebsräume des Auskunftspflichtigen inspizieren, wenn das erforderlich sein sollte. Wer diese Auskunftspflicht vorsätzlich verhindert oder verfälscht, kann nach § 15 EnSG 1975 mit einer Gelbbuße bestraft werden. Zu einer Geldbuße kann aber auch der verurteilt werden, der gegen eine nach diesem Gesetz erlassene Rechtsverordnung verstößt (§ 15 Abs. 1). Wer die in § 1 Abs. 1 EnSG 1975 genannten Energieengpässe fördert, sei es mit Gewinnerzielungsabsichten oder aus terroristischen Motiven, kann mit Freiheitsstrafe bestraft werden (§ 15 Abs. 3). Die Regelung der Verwaltungszuständigkeiten für die Zuwiderhandlungen in den jeweiligen Aufgabengebieten regelt § 16 EnSG 1975. Diese Differenzierung dient insbesondere der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Behörden des Bundes und der Länder310. Die eigentumsrechtliche Problematik wird in § 11 EnSG 1975 behandelt. Im Falle eines Energienotstandes ist nicht auszuschließen, daß jemand durch Rechtsverordnung entweder enteignet wird oder ihm anderweitig ein Vermögensnachteil entsteht. In diesem Falle steht dem Geschädigten eine Entschädigung zu. Dabei ist zwischen Sozialpflichtigkeit nach Art. 14 Abs. 2 GG, und Eingriffen, die den Tatbestand der Enteignung erfüllen, zu unterscheiden. Im ersten Fall steht dem Betroffenen keine Entschädigung zu, im zweiten Fall wird die Entschädigung in Höhe einer verkehrsüblichen Entschädigung bestimmt311. Zahlungspflichtig ist der nach der Rechtsverordnung Begünstigte (§ 11 Abs. 2 f.). Ist ein solcher nicht ermittelbar, sind je nach Situation Bund oder Länder schadensersatzpflichtig. Der in § 12 EnSG 1975 geregelte Härteausgleich ergänzt die Entschädigungsregel nach § 11 EnSG 1975 um die des Vermögensnachteils. Um im Krisenfall eine schnelle Reaktion zu ermöglichen und um die Sicherung der Energieversorgung so gut wie möglich zu gewährleisten, kann der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie eine kartellrechtliche Freistellung erteilen, um Verträge oder Beschlüsse im Sinne der §§ 1 oder 14 GWB zu ermöglichen312. Die kartellrechtliche Freistellung ist auf sechs Monate begrenzt und muß die Wahrung der Interessen der Betroffenen berücksichtigen (§ 13 Abs. 2 f.). Um die Wirksamkeit von Maßnahmen, die der Behebung der Störung der Energieversorgung dienen, nicht mangels Bekanntmachung scheitern zu lassen, ist in § 14 EnSG 1975 die Zustellung geregelt. Danach gelten die Vorschriften

310 311 312

zerne.

BT-Drucks. 7/2461, S. 14. BT-Drucks. 7/2461, S. 13. Nutznießer sind in diesem Falle u. U. Mineralölkonzerne, aber auch Energiekon-

3. Zusammenfassung

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des Verwaltungszustellungsgesetzes313. In akuten Fällen ist aber fast jede Art der Mitteilung zulässig314. Abschließend enthält das Gesetz Bestimmungen über das In- und Außerkrafttreten des Gesetzes. Ursprünglich war vorgesehen, daß das Gesetz Ende 1979 außer Kraft tritt. Die Begrenzung der Gültigkeit des Gesetzes wurde aber 1979 durch Artikel 1 des ersten Gesetzes zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes 1975315 gänzlich gestrichen.

3. Zusammenfassung Die zur Bildung eines europäischen Binnenmarktes getroffenen Harmonisierungsmaßnahmen, sind durch Unstimmigkeiten insbesondere zwischen den Grundfreiheiten, den Wettbewerbs- und den Beihilferegelungen einerseits und dem Umweltschutz andererseits geprägt. Im deutschen Energiemarkt spiegelt sich dieses Verhältnis in Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes in Verbindung mit solchen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wider, wodurch energierechtliche Fragestellungen zunehmend Gegenstand rechtswissenschaftlicher Diskussionen geworden sind316. Seit der Energierechtsreform von 1998, die nicht nur das Energiewirtschaftsgesetz neu geregelt hat, sondern insbesondere auch das damals noch wirkende Stromeinspeisungsgesetz erheblich abänderte, sind nicht nur verschiedene Interpretations- und Anwendungsprobleme offenbar geworden317, sondern ist auch die Spannung zum Gemeinschaftsrecht ersichtlich geworden. In dem sogenannten Stromeinspeisungsurteil äußerte sich der Europäische Gerichtshof dazu erstmals im Jahr 2001 offiziell318, was die Kritiker jedoch nicht verstummen ließ. Auch die Novelle des Stromeinspeisungsgesetzes zum Erneuerbare-Energien-Gesetz hat nicht dazu beigetragen, in diese Debatte mehr Klarheit zu bringen, im Gegenteil sogar. Mit der Einführung der besonderen Ausgleichsregel im Jahr 2003, die so ähnlich aber bereits seit dem Jahr 2002 im Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz bestanden hat, ist nicht nur eine erneute Überprüfung dessen Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht nötig geworden, sondern insbesondere, ob diese mit der deutschen Verfassung vereinbar ist319. 313 314

BGBl. I/1952 S. 379 v. 03.07.1952. Die Arten der Mitteilungsmöglichkeiten sind in § 14 EnSG 1975 genauer defi-

niert. 315

BGBl. I/1979 S. 2305 v. 19.12.1979. Dazu auch B. Scholtka, Das Konzessionsabgabenrecht in der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft, S. 7. 317 Vgl. B. Scholtka, Die Entwicklung des Energierechts in den Jahren 1998 und 1999, NJW 2000, 549. 318 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099. 316

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II. Rechtsakte und Gesetze

So läßt sich festhalten, daß es im Bereich der Energiewirtschaft die verschiedensten Richtlinien, Verordnungen und Gesetze gibt, die aber nicht notwendigerweise aufeinander aufbauen oder abgestimmt sind. Das liegt vor allem daran, daß es sich hierbei teils um Bundesgesetze und teils um europäische Rechtsakte handelt, die zu unterschiedlichen Zeiten und mit unterschiedlichem Hintergrund erlassen wurden320. Seit 1994 existiert zwar eine „Europäische Energiecharta“321, die mit den osteuropäischen Staaten geschlossen wurde, die aber primär außenpolitische Wirkung über Europa hinaus hat. Sie dient einem gesamteuropäischen Energieverbund322. In den Ausführungen wurde herausgearbeitet, daß sich die Aktionen auf Einzelmaßnahmen beschränken, wie dem Erlaß von Richtlinien und Verordnungen, die kein geschlossenes Ganzes, sondern eher einen energierechtlichen Flickenteppich darstellen, den es zu flicken gilt. Von einer kohärenten europäischen Energiepolitik kann derzeit nicht gesprochen werden. So müssen die innereuropäischen Energiestrukturen erst miteinander in Einklang gebracht werden323, was nachhaltig forciert wird.

319

Diese Problematik wird eingehend in Kap. VII., insb. Kap. VII. 12. behandelt. Dazu auch L. Krämer, EC Environmental Law, 4. Aufl. 2000, S. 269. 321 ABlEG 1994, Rs. L 380/3, der Energiechartavertrag (ECV) ist am 16. April 1998 in Kraft getreten; dazu genauer die Tagungen des Rates für Energie. 322 Vgl. R. Lukes, Die Europäische Energiecharta, EuZW 1992, 401 ff.; ausführlich zur Europäischen Energiecharta (EECH) ders., in: Dauses, M – Energierecht, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Rdn. 94 ff. 323 So auch T. Oppermann, Europarecht, Rdn 1319, 1322, 1340; ähnlich E. Brandt, Energierecht, S. 2. 320

III. Rahmenbedingungen vor der Liberalisierung Durch die europäische Integrationspolitik hat das deutsche Energierecht zahlreiche Änderungen erfahren, die zum Teil bereits im vorherigen Kapitel dargestellt wurden. Nachfolgend werden die wichtigsten Eckpunkte der europäischen Energiewirtschaft und deren Organisation vor der Liberalisierung vorgestellt. Im Vordergrund steht dabei die deutsche Energiewirtschaft, aber ein kurzer Blick wird auch auf die Ordnungsstrukturen anderer Mitgliedstaaten geworfen.

1. Geschichtlicher Hintergrund Die Energiepolitik spielte in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts eine untergeordnete Rolle. Die Energiewirtschaft wurde weitestgehend als ein sich selbstregulierender Wirtschaftssektor betrachtet, der fast überall recht kräftige Subventionen erhielt, ohne daß die Politik eine Korrektur betriebswirtschaftlicher Investitionskalküle anstrebte1. Erst in den 50er und 60er Jahren wurde die Verfügbarkeit billigerer Energien interessant. In dieser Zeit wurde die Kernenergie populärer und wegen der industriellen, staatlich-militärischen und wissenschaftspolitischen Interessen besonders gefördert. In vielen Ländern zeichnete sich die Kernenergiepolitik durch ähnliche Erfolgskriterien und politisch-ökonomische Interessenstrukturen aus2. Zu gleicher Zeit wurden die heimischen Energieträger zunehmend durch Ölimporte aus Nahost verdrängt. Wenig später kam Gas als wichtiger Energieträger hinzu3. Die Organisationsmodelle der Elektrizitätsstrukturen der europäischen Mitgliedstaaten hatten viele Gesichter. Sie variierten zwischen fast vollständiger Verstaatlichung und privater Ausgestaltung, zwischen monopolistischer und plu-

1

Vgl. H. Kitschelt, Politik und Energie, 1983, S. 117. Dazu ausführlich H. Kitschelt, Politik und Energie, S. 117 ff. 3 Dies gilt v. a. für Deutschland und Frankreich. Den USA, die selbst über riesige Erdölvorkommen und die dementsprechende Industrie verfügen, stellte sich die Situation nicht ganz so dramatisch dar, wobei auch Frankreich sein Öl vornehmlich in ehemaligen Kolonien Nordafrikas förderte; zum Verbrauch und zur Änderung des Verbrauchs der unterschiedlichen Energieträger, damals wie heute o. V., Energie – die Vernetzung der verschiedenen Energieträger – und die Deckung des Energiebedarfs, WK 08/2001, S. 28; Zahlenwerte der Nachkriegszeit finden sich in H.-U. Evers, Das Recht der Energieversorgung, S. 41 ff.; ausführlich H.-W. Schiffer, Energiemarkt Bundesrepublik Deutschland, 5. Aufl. 1995, S. 29 ff. 2

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III. Rahmenbedingungen vor der Liberalisierung

ralistischer Versorgungszuständigkeit und zwischen vertikal vollständig integrierten und entflochtenen Unternehmensstrukturen4.

2. Deutschland vor der Energierechtsreform von 1998 Bis zur Energierechtsreform von 1998 war die Stromversorgung in Deutschland monopolisiert. Den gesetzlichen Rahmen für die Elektrizitätsversorgung bildete das Energiewirtschaftsgesetz von 1935, das Vorschriften zur Anschlußund Versorgungspflicht, zur Versorgungssicherheit und Preiswürdigkeit, zur staatlichen Investitionskontrolle und Preisaufsicht und zu Anforderungen an die wirtschaftliche Stabilität der Elektrizitätsversorgungsunternehmen enthielt5. Weil das Energiewirtschaftsgesetz die marktstrukturellen Lenkungsmaßnahmen über Wettbewerbsbeschränkungen vorschrieb, wurde für die Energieversorgung mit §§ 103 bis 104 GWB a. F. eine Bereichsausnahme geschaffen6. An die Stelle des Wettbewerbs trat eine umfassende Staatsaufsicht über die Betriebsaufnahme und die geplanten Investitionen. Im Falle schlechter Versorgungsleistungen war die Aufsicht befugt den weiteren Betrieb zu untersagen und ein anderes Energieversorgungsunternehmen in die Versorgungsaufgabe einzuweisen. Die Elektrizitätswirtschaft wurde auch von dem Verbot der vertikalen Preisbindung und den Regelungen von Bindungsvereinbarungen ausgenommen. Die Strompreise wurden zwar vom Monopolanbieter festgelegt, bedurften aber der Genehmigung der Energieaufsichtsbehörden7. Deutschland wurde in mehrere Versorgungsgebiete unterteilt, die rechtlich durch Demarkationsverträge voneinander getrennt wurden8. Das ausschließliche Recht des Leitungsbaus innerhalb der Versorgungsgebiete wurde durch Konzessionsverträge zwischen den Energieversorgungsunternehmen und den Kommunen sichergestellt, an die ein Kontrahierungszwang zur Anschluß- und Versorgungspflicht geknüpft war9. Die rechtliche Grundlage des Strombezugs war ein 4 Einen umfassenden Überblick über die Historie der Energiewirtschaft gibt H.-U. Evers, Das Recht der Energieversorgung, S. 21 ff.; W. Löwer, Rechtshistorische Aspekte der deutschen Elektrizitätsversorgung von 1880 bis 1990, in: W. Fischer (Hrsg.), Die Geschichte der Stromversorgung, 1992, S. 169 ff.; J. F. Baur, Entstehung und Wandel des Energierechts, in: ders./P. C. Müller-Graff/M. Zuleeg (Hrsg.), FS für Bodo Börner, 1992, S. 487 ff.; eine tabellarische Abfassung findet sich in C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 22 f. 5 Dazu ausführlich in Kap. II. 2. e). 6 Dazu ausführlich in Kap. III. 2. b). 7 Dazu in Kap. III. 2. b) dd); ausführlich und zur Ermächtigungsgrundlage E. Schweers, Vertragsbeziehungen und Haftung im novellierten Energiewirtschaftsrecht, S. 50 f. 8 Dazu ausführlich in Kap. III. 2. b) bb). 9 Ausführlich zum Konzessionsvertragsrecht in Kap. III. 2. b) cc), zur Anschlußund Versorgungspflicht in Kap. III. 2. c).

2. Deutschland vor der Energierechtsreform von 1998

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Vertrag im Sinne des § 433 BGB, woran sich auch nach der Energierechtsreform nichts geändert hat. Der Anschluß des Verbrauchers an das Versorgungsnetz war ein unselbständiger Teil der kaufvertraglichen Verpflichtungen des Stromanbieters10. In Deutschland dominierten gemischtwirtschaftliche Verbundunternehmen, die meistens sowohl horizontal als auch vertikal integriert waren11. In Abhängigkeit von der Art der betriebenen Netze12 und der Größe der Demarkationsgebiete wurden Elektrizitätsversorgungsunternehmen in Verbund-, Regional- und Kommunalunternehmen (Stadtwerke) unterschieden, welche die Endkunden teils unmittelbar, teils mittelbar der Rangordnung nach versorgten. Dabei wurden die Abnehmer in Tarif- und Sondervertragskunden unterschieden. Weiterhin wurde die Eigentumsstruktur in Elektrizitätsversorgungsunternehmen der öffentlichen Hand, gemischtwirtschaftliche sowie private Elektrizitätsversorgungsunternehmen unterteilt. Das Eigentum der Elektrizitätsversorgungsunternehmen lag zu einem erheblichen Teil in öffentlicher, insbesondere kommunaler Hand13. a) Tarifkunden und Sonderabnehmer Bereits im frühen zwanzigsten Jahrhundert kristallisierte sich heraus, daß das Bedürfnis der Mehrzahl der Kunden der Energieversorgungsunternehmen überwiegend deckungsgleich war. Aus Rationalisierungsgründen wurde damals schon darauf verzichtet, individuelle Verträge mit jedem einzelnen Kunden zu schließen, der eine verhältnismäßig geringe Stromabnahme hatte. Mit solchen Kunden allerdings, die eine beträchtliche Menge an Strom abnahmen, lohnte es sich, individuelle Vertragsbeziehungen auszuhandeln14. Die erstgenannte Gruppe stellt den Kreis der Tarifkunden dar, die zweitgenannte Gruppe den der Sonderabnehmer. Sie unterscheiden sich durch verschiedenartige Verbrauchsmengen, Benutzungsdauern, Belastungskurven und Leistungsbedürfnisse15. Tarifkunden wurden und werden im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG a. F. zu den allgemeinen Konditionen mit Niederspannung versorgt, die in der Verord10 Vgl. H.-W. Micklitz/P. Rott, Die rechtliche Stellung des Verbrauchers bei der Durchleitung von Strom, VuR 2000, 390 ff. 11 Dazu P. Drasdo/J. Drillisch/I. Hensing/M. Kreuzberg, Konzentration und Wettbewerb in der deutschen Energiewirtschaft, 1998, S. 37 ff. 12 Übertragungsnetze oder Verteilernetze, s. Fn. 51; s. a. Glossar. 13 Vgl. W. Fritz/S. König, Der liberalisierte Strommarkt, in: M. Kahmann/S. König (Hrsg.), Wettbewerb im liberalisierten Strommarkt, 2001, S. 3 f. 14 Vgl. H.-C. Knüppel, Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Energiewirtschaft, 1979, S. 5. 15 Vgl. P. Schwabe, Die deutsche Stromversorgungsstruktur und der EWG-Vertrag, 1993, S. 25.

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III. Rahmenbedingungen vor der Liberalisierung

nung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBEltV) und der Bundestarifordnung Elektrizität (BTOElt) geregelt sind. Beide Verordnungen sind nur für Tarifkunden verbindlich16. Zum Kreis der Tarifkunden gehören in erster Linie Haushaltskunden, aber auch kleine Gewerbetreibende oder Landwirte (§ 3 BTOElt). Sonderabnehmer wurden durch eine Negativabgrenzung zu den Tarifkunden definiert, das heißt, daß all diejenigen darunter fielen, die nicht zu den allgemeinen Bedingen des § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG a. F. angeschlossen und versorgt wurden. Der Bundesgerichtshof unterscheidet Tarif- und Sonderkunden voneinander dadurch, ob ein Energieversorgungsunternehmen eine bestimmte Preisgestaltung öffentlich für jedermann anbietet und dieses Preisgefüge damit zum Tarifpreis macht, oder ob eine Preisgestaltung nicht der Allgemeinheit, sondern nur einzelnen Abnehmern oder Abnehmergruppen angeboten wird17. Zu den Sonderabnehmern, deren Stromvergütung im allgemeinen unter den Preisen der Tarifkunden liegen, zählen vor allem industrielle Großabnehmer und Verteilerunternehmen, die ihre Vertragsbedingungen individuell mit den Elektrizitätsversorgungsunternehmen aushandeln18. Diese Differenzierung gilt bis heute fast unverändert fort19. b) Das Wettbewerbsprinzip Die deutsche Energiewirtschaft, die zwar monopolistisch organisiert war und einem staatlichen Energieaufsichts- und Preisrecht unterlag, hatte dennoch eine privatwirtschaftliche Verfassung und partizipierte an der marktwirtschaftlichen Ordnung20. Allerdings entzog sie sich aufgrund ihrer monopolistischen Struktur dem der marktwirtschaftlichen Ordnung zugrundeliegenden Wettbewerbsprinzip. Weil aber die Wirtschaftspolitik auf den Abbau aller Wettbewerbsbeschränkungen zielte, wurden die für die Energiewirtschaft geltenden Grenzen im Gesetz

16 Vgl. a. Fn. 14, 15 a. a. Kap. III. 2. c) insb. Fn. 76 bis 79; ausführlich zu den Tarifkunden und Sonderkunden E. Schweers, Vertragsbeziehungen und Haftung im novellierten Energiewirtschaftsrecht, S. 47 ff., 53 ff. 17 BGH, Urt. v. 12.12.1984 – ZR 295/83 = WM 1985, S. 431. 18 Vgl. H.-R. Ebel, Energielieferungsverträge, 1992, S. 44 ff.; dazu auch BGH, Urteil v. 12.12.1984. 19 Zur Differenzierung der Endabnehmer nach der Strommarktliberalisierung in Kap. VI. 1. a). 20 Umfassende Kritik der Fiskusdoktrin K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht. Kritik der Fiskustheorie, exemplifiziert an § 1 UWG, 1986; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, 2004, S. 220 ff.; folgend W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL, Heft 60, 2001, S. 417 ff.; vgl. nicht unkritisch auch D. Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: H.-U. Erichsen/ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2002, § 2, Rdn. 16 ff.

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gegen Wettbewerbsbeschränkungen definiert. Durch den § 103 GWB a. F., der die Versorgungswirtschaft von der Anwendung der §§ 1, 15, 18 GWB a. F. freistellte, billigte der Gesetzgeber deren monopolistische Struktur21. Diese Freistellung galt nur, wenn die Laufzeit der Verträge die Dauer von 20 Jahren nicht überschritt. Eine Verlängerung war prinzipiell möglich, bedurfte aber der Zustimmung der Kartellbehörde (§ 103a GWB a. F.). Auf alle übrigen Verhaltensweisen der Elektrizitätsversorgungsunternehmen fand das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung uneingeschränkt Anwendung. Die Freistellungstatbestände des § 103 GWB a. F. erstreckten sich auf vier Verträge, die zwischen Unternehmen und Gebietskörperschaften geschlossen wurden: Demarkationsverträge, Konzessionsverträge, Höchstpreisbindungen und Verbundverträge. Um ein mißbräuchliches Verhalten eines Versorgungsunternehmens zu verhindern, unterlagen diese allesamt der Mißbrauchsaufsicht. Sowohl hierauf, als auch auf die Verträge ist im weiteren näher einzugehen. Die Energiewirtschaft wurde nicht von den allgemeinen kartellrechtlichen Vorgaben freigestellt, um die leitungsgebundene Energiewirtschaft zu begünstigen und vor Wettbewerbsprozessen zu schützen, sondern um Belangen einer sicheren und preiswürdigen Versorgung zugunsten der Kunden nachkommen zu können22. Monopole können unter dem Aspekt des Gemeinwohls in einem Sozialstaat durchaus gerechtfertigt sein23. aa) Mißbrauchsaufsicht Die Energiewirtschaft wurde der Mißbrauchsaufsicht der Kartellämter aufgrund der §§ 22, 26, 103 Abs. 5 und 6 und 104 GWB a. F. unterstellt24. Auf diese Weise konnte die Kartellbehörde unter besonderer Berücksichtigung der verfolgten Ziele, insbesondere der Preiswürdigkeit und sicheren Versorgung von Strom, Unternehmen zwingen, einen beanstandeten Mißbrauch abzustellen, Verträge oder Beschlüsse zu ändern oder diese für unwirksam erklären. Das setzte voraus, daß diese Unternehmen ihre Position der Freistellung mißbräuchlich ausnutzten. Ein Mißbrauch lag vor, wenn ein Marktverhalten des Versorgungsunternehmens bei einem wirksamen Wettbewerb nicht möglich gewesen wäre25, 21 Zum Umfang der Freistellung s. V. Emmerich, Ausnahmebereich für die leitungsgebundene Energieversorgung im GWB, in: V. Emmerich/R. Lukes (Hrsg.), Ordnungspolitische Überlegungen zur leitungsgebundenen Energieversorgung, 1977, S. 56 ff.; R. Lukes, Preisvergleich und Strukturvergleich bei der Mißbrauchsaufsicht nach §§ 103, 104 GWB, 1977, S. 4 ff. 22 Vgl. U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, S. V. 23 Vgl. A. Baumbach/W. Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl. 2000, S. 96, Rdn. 75. 24 Vgl. H.-U. Evers, Das Recht der Energieversorgung, S. 38; H. Gröner, Die Ordnung der deutschen Elektrizitätswirtschaft, S. 336 m. w. Nachw.

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wenn das Versorgungsunternehmen ungünstigere Preise oder Bedingungen forderte als ein anderes, gleichartiges Unternehmen26 oder ein anderes Unternehmen unbillig an der Verwertung von in eigenen Anlagen erzeugter Energie hinderte27. Im letztgenannten Fall war die Verweigerung des Abschlusses eines Durchleitungsvertrages zwischen den betroffenen Energieversorgungsunternehmen mißbräuchlich, wenn diese eine unbillige Behinderung war28. Die Rechtsprechung als auch die Kartellamtspraxis sahen einen Mißbrauch darin, daß die durch § 103 Abs. 1 GWB a. F. zugelassene Marktstellung „dem Sinn und Zweck der Freistellung widersprach“29. Zusätzlich wurden in einem Katalog, der allerdings nicht abgeschlossen war, weitere Beispiele mißbräuchlichen Verhaltens umschrieben30. Andere Definitionsbemühungen, die auf den Gesichtspunkt der Interessenabwägung zwischen den Belangen des Energieversorgungsunternehmens und seiner Kunden und auf den Maßstab der leistungsgerechten Preise und Versorgungsbedingungen abstellten, waren ebenso wenig geeignet, dem Mißbrauchsbegriff in die Praxis umsetzbare Konturen zu geben31. Im Rahmen des § 22 Abs. 4 und 5 GWB a. F. bestand eine Mißbrauchsaufsicht insofern, daß ein Energieversorgungsunternehmen über eine marktbeherrschende Stellung verfügte, die aber auf tatsächlichen Umständen beruhte und nicht aufgrund von Freistellungsverträgen nach § 103 Abs. 1 GWB a. F. Dabei waren die Maßstäbe des § 103 Abs. 5 GWB a. F. entsprechend anzuwenden32. bb) Demarkationsvertragsrecht Durch Demarkationsverträge wurde Deutschland in mehrere Versorgungsgebiete aufgeteilt. Vertragsparteien solcher Verträge waren Elektrizitätsversorgungsunternehmen, untereinander oder mit Gebietskörperschaften33. In jedem 25 Zur zuständigen Kartellbehörde BT-Drucks. 07/3206 Tz. 114, S. 32; sogenannter „Als-ob-Wettbewerb“; § 103 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 GWB a. F. 26 § 103 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 GWB a. F. 27 Sogenannter „Behinderungsmißbrauch“; § 103 Abs. 5 S. 2 Nr. 3 GWB a. F. 28 § 103 Abs. 5 S. 2 Nr. 4 GWB a. F.; dazu ausführlich in Kap. III. 2. d). 29 BGH, Beschluß vom 27.11.1964, LM Nr. 1 zu § 104 GWB (Bl. 3 ff.) = WuW/E BGH 655 (656 ff.); BGHZ 59, 42 (45); ähnlich BGH Urteil v. 19.06.1975 = WuW/E BGH 1405 (1407) = NJW 1975, S. 2065. 30 Vgl. M. Lippert, Energiewirtschaftsrecht, 2002, S. 497. 31 Vgl. P. Salje, Preismißbrauch durch Elektrizitätsversorgungsunternehmen, 1978, S. 4 ff. 32 Dazu BGHZ 59, 42 (42); ebenso BGHZ 74, 327 (332); ähnlich U. Büdenbender, Energierecht, Rdn. 595, 660, 667. 33 Als Gebietskörperschaften waren Länder, Kreise und Gemeinden vertragsfähig; ausführlich zu den Vertragsparteien V. Emmerich, Ausnahmebereich für die leitungsgebundene Energieversorgung im GWB, in: V. Emmerich/R. Lukes (Hrsg.), Ordnungspolitische Überlegungen zur leitungsgebundenen Energieversorgung, S. 58.

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Versorgungsgebiet gab es für die betreffende Versorgungsart einen Vertragspartner, der das ausschließliche Recht der öffentlichen Versorgung erhielt. Erreicht wurde dies durch privatrechtliche Unterlassungsverpflichtungen im Sinne des § 241 S. 1 BGB. Danach einigten sich die Vertragspartner untereinander, im Rahmen der Freistellungsverträge nicht im Gebiet des jeweils anderen tätig zu werden34. Ermächtigungsgrundlage war § 103 Abs. 1 Nr. 1 GWB a. F. Zweck der Schaffung solcher Gebietskartelle war die Gewährleistung einer sicheren und billigen Energieversorgung im Interesse der Allgemeinheit35. Aus diesem Grund neigte der Bundesgerichtshof dazu, § 103 Abs. 1 Nr. 1 GWB a. F. weit auszulegen36. Abhängig von den Vertragsparteien gab es unterschiedliche Demarkationsverträge. So existierten gegenseitige und einseitige Demarkationsabsprachen. Es konnte sein, daß sich Energieversorgungsunternehmen entweder einseitig oder aber auch wechselseitig eine Verpflichtung im Sinne des § 103 Abs. 1 Nr. 1 GWB a. F. zu übernehmen garantierten37. Weiterhin gab es horizontale und vertikale Demarkationen. In den horizontalen Demarkationen, auch selbständige oder unmittelbare Demarkation genannt, vereinbarten zwei Energieversorgungsunternehmen keine elektrische Energie in das Versorgungsgebiet des Vertragspartners zu liefern38. In der Regel handelte es sich dabei um Regionalunternehmen, deren Absatzgebiete eine gemeinsame Grenze besaßen und die nicht in einem ständigen Lieferanten-Abnehmer-Verhältnis standen. Vertikale Demarkationen, auch unselbständige oder mittelbare Demarkation genannt, bestanden zwischen Energieversorgungsunternehmen vorund nachgelagerter Stufen, in denen gewöhnlich ein Gebietsschutz vereinbart wurde39. Wurden die Demarkationsabsprachen eigenständig in einer sich auf die Demarkation beschränkenden Vereinbarung getroffen, sprach man von selbständigen Demarkationsabsprachen, wurden sie im Zusammenhang mit einem 34

Vgl. U. Büdenbender, Energierecht, Rdn. 553. Dazu BT-Drucks. 7/3206 v. 04.02.1975 S. 36 ff.; die Bundesregierung war nicht immer dieser Ansicht, dazu ausführlich V. Emmerich, Ausnahmebereich für die leitungsgebundene Energieversorgung im GWB, in: V. Emmerich/R. Lukes (Hrsg.), Ordnungspolitische Überlegungen zur leitungsgebundenen Energieversorgung, S. 57. 36 BGH Urteil v. 19.06.1975 = WuW/E BGH 1405 (1407) = NJW 1975, S. 2065; BGH Urteil v. 22.10.1973 = NJW 1974, S. 901 (902); BGHZ 59, 42 (45 f.). 37 Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch die sogenannten Grenzmengenabkommen; dazu ausführlich H. Gröner, Die Ordnung der deutschen Elektrizitätswirtschaft, S. 339 f.; H.-R. Ebel, Energielieferungsverträge, S. 14 f. 38 Vgl. W. Hamm, Wettbewerbspolitische Probleme der öffentlichen Elektrizitätsversorgung, in: B. Röper (Hrsg.), Wettbewerbsprobleme der Elektrizitätsversorgung, 1972, S. 23 f. 39 BT-Drucks. 07/3206 S. 31; man redet hier auch von A-Verträgen; dazu auch W. Hamm, Wettbewerbspolitische Probleme der öffentlichen Elektrizitätsversorgung, in: B. Röper (Hrsg.), Wettbewerbsprobleme der Elektrizitätsversorgung, S. 16; U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 419 f. 35

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zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen Energielieferungsvertrag getroffen, von unselbständigen Demarkationsabsprachen40. In der Praxis überwogen zahlenmäßig die unselbständigen Demarkationen, die das endverteilende Elektrizitätsversorgungsunternehmen in seinem Versorgungsgebiet vor der Konkurrenz seines Energielieferanten schützten. Selbständige Demarkationen wurden häufig von Energielieferungsverträgen einerseits, sowie von Verbundverträgen andererseits überlagert41. Zu beachten war, daß selbständige Demarkationsverträge, die zwischen zwei Elektrizitätsversorgungsunternehmen ohne gleichzeitige Vereinbarungen über Energielieferungen abgeschlossen wurden, wettbewerbswidrige Gebietskartelle darstellten, die gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung verstoßen hätten42. Die unterschiedlichen Arten der Demarkation konnten beliebig miteinander kombiniert werden43. Die alleinversorgenden Energieversorgungsunternehmen durften durch die Unterlassungsvereinbarungen nicht faktisch daran gehindert werden, ihrer Versorgungsverpflichtung nachzukommen44. cc) Konzessionsvertragsrecht (1) Die Entwicklung der Konzessionsabgabenverordnung § 12 EnWG a. F. ermächtigte den Reichswirtschaftsminister (jetzt das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit), die von Energieversorgungsunternehmen zu entrichtenden Gebühren oder sonstigen Entschädigungen für die Benutzung von Straßen und Verkehrswegen jeder Art, allgemeine Vorschriften oder Einzelanordnungen über deren Zulässigkeit und Bemessung zu erlassen. Die Konzessionsabgabenanordnung wurde 1941 erlassen, um die immer höher werdenden Forderungen der Gemeinden zu reglementieren45. Im Zuge der vierten Kartellrechtsreform wurde die maximale Vertragslaufzeit von Konzessionsverträgen von ursprünglich 30 auf 20 Jahre herabgesetzt46. 40

Vgl. U. Büdenbender, Energierecht, Rdn. 558. Vgl. U. Büdenbender in: Tegethoff/Büdenbender/Klinger, § 103 GWB a. F., Rdn. 108. 42 BGH, Urteil vom 23.11.1961; BGH, Urteil vom 26.06.1962; dazu allgemein V. Emmerich, Kartellrecht, 9. Aufl. 2001, S. 349 f. 43 Vgl. U. Büdenbender, Energierecht, Rdn. 561 f. 44 s. § 103 Abs. 5 bis 7 GWB a. F.; Bundeskartellamt, Tätigkeitsbericht 1970 (BTDrucks. 6/2380 S. 91). 45 KAE v. 04.03.1941, Reichsanzeiger 1941 Nr. 57 v. 08.03.1941, auch abgedruckt in W. Danner, III EnPrR C 3.6., Stand: Mai 2000. 46 BGBl. I/1980 S. 1761 v. 24.09.1980; ausführlich zur Befristung der Freistellung der Gebietsschutzverträge U. Büdenbender, Energierecht, Rdn. 579 f. 41

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Wegen der mittelbaren Erhöhung der Stromkosten durch die Konzessionsabgaben gab es jahrelang Reformüberlegungen. Die Einführung der Anordnung über die Zulässigkeit von Konzessionsabgaben verfolgte die Absicht, Konzessionsabgaben allmählich völlig abzuschaffen, was zur finanziellen Ungleichbehandlung der Kommunen und einer Reihe weiterer administrativer Schwierigkeiten führte. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, daß Konzessionsabgaben rechtswirksam und auch deren differenzierte Höchstsätze zulässig seien. Allerdings sei der prinzipielle Ausschluß derjenigen Gemeinden von der Abgabe, die 1941 keine derartigen Abgaben erhoben hatten, unter Gleichbehandlungsaspekten und wegen eines Eingriffs in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, nicht mehr zulässig47. Auf diese Entscheidung hin wurde die Konzessionsabgabenverordnung von 199248 erlassen, die unter anderem die Bemessung und zulässige Höhe der Konzessionsabgaben regelte und noch immer regelt. Nach längeren Verhandlungen hatte sich der Bundesminister für Wirtschaft die Forderung der Länder zu eigen gemacht, das Volumen der Konzessionsabgabe zu begrenzen und möglichst zurückzuführen. Die Verordnung über Konzessionsabgaben für Strom und Gas ist ein Kompromiß zwischen den Finanzinteressen der Kommunen und den Interessen der Energieverbraucher49. (2) Konzessionsabgaben Gemeinden waren selbst verpflichtet, sich um die Regelung der Energieversorgung in ihren Gebieten zu kümmern. Diese Aufgabe konnte einem kommunalen Unternehmen oder einem Energieversorgungsunternehmen der Regionaloder Verbundstufe übertragen werden. Der Konzessionsvertrag stellte das rechtliche Mittel zur Übertragung dieser Pflicht dar50. Die Ermächtigungsgrundlage

47 BVerwGE 87, 133 (135); dazu auch R. Trzeciak, Rechtsformen und Grenzen kommunalen Handelns bei der Energieversorgung, 1990, S. 90 ff. 48 BGBl. I/1992 S. 12 v. 09.01.1992; geändert am 22.07.1999 (BGBl. I/1999 S. 1669); s. a. Kap. II Rdn. 16. 49 Die Konzessionsabgaben sind zu einem wichtigen Faktor der Gemeindefinanzierung geworden. Das Konzessionsaufkommen im Jahre 1997 betrug immerhin ca. 6,5 Mrd. DM, vgl. A. Feuerborn, in: Danner, KAV, Vorbemerkung, Rdn. 2; im Jahr 2002 betrugen die Konzessionsabgaben ca. 3,3 Mrd. A, vgl. Energie für Deutschland, Deutsches Nationales Komitee des Weltenergierates DNK (Hrsg.), August 2003, S. 62; vgl. a. Kap. VI. 1. c). 50 Der Begriff des Konzessionsvertrags ist im hier besprochenen Zusammenhang sachlich unzutreffend, weil der in der Praxis verwendete Begriff des Konzessionsvertrags sich nicht mit den in § 103 Abs. 1 Nr. 2 GWB a. F. geregelten Vereinbarungen deckt. Weil sich der Begriff aber im Bereich der Versorgungswirtschaft gefestigt hat, wird er hier auch weiterverwendet; dazu P. J. Tettinger./J.-C. Pielow, Der Sachzeitwert als der nach wie vor maßgebliche Übernahmepreis beim Versorgerwechsel, 1995, S. 6 m. w. Nachw.; U. Büdenbender, Energierecht, Rdn. 564 m. w. Nachw.

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des Konzessionsvertragsrechts fand sich in § 103 Abs. 1 Nr. 2 GWB a. F., wodurch Konzessionsverträge vom allgemeinen Kartellverbot ausgenommen wurden, beim Kartellamt aber angemeldet werden mußten. Konzessionsverträge wurden zwischen dem alleinversorgenden Energieversorgungsunternehmen und einer Gebietskörperschaft geschlossen51. Das zur Versorgung verpflichtete Unternehmen entrichtete ein Entgelt, die sogenannte Konzessionsabgabe52, an die Gemeinde, wodurch das Versorgungsunternehmen das ausschließliche Recht zur Verlegung und zum Betrieb von Versorgungsleitungen in den öffentlichen Straßen und Wegen erlangte. Als Gegenleistung verpflichtete sich die Gemeinde, keine eigene Versorgungstätigkeit auszuüben53. Die damit begründete Verzichtserklärung war essentiell für die Wirkung des ausschließlichen Wegerechts und somit für die Schaffung geschlossener Versorgungsgebiete54. Der Vertrag, der zwischen den Energieversorgungsunternehmen und der Gemeinde bestand, wurde als privatrechtlicher Vertrag qualifiziert55. § 103 Abs. 1 Nr. 2 GWB a. F. bestimmte, daß die getroffene Ausschließlichkeitsabrede nur „für eine bestehende oder beabsichtigte unmittelbare öffentliche Versorgung von Letztverbrauchern im Gebiet der Gebietskörperschaft mit Elektrizität oder Gas“

galt. Sie erstreckte sich lediglich auf die Versorgung von Tarif- und Sonderkunden, nicht aber auf die Versorgung von Verteilerunternehmen. Ein solcher Vertrag hätte gegen § 1 GWB a. F. verstoßen56. Die Möglichkeit der Energieerzeugung für eigene Zwecke blieb der Gemeinde unabhängig vom Konzessionsvertrag erhalten. Eigenbetriebe der Gemeinde bildeten rechtlich zudem einen Teil derselben, weshalb es der Gemeinde ebenfalls gestattet blieb, Betrieben die Verlegung von Leitungen zur Eigenversorgung zu genehmigen57. Ungültig waren Verträge zwischen Energieversorgungsunternehmen, welche diese verpflich51 BT-Drucks. 07/3206 Tz. 113, 116, S. 32 f.; K. P. Horstmann, Netzzugang in der Energiewirtschaft, S. 288. 52 Ausführlich zur Konzessionsabgabe R. Trzeciak, Rechtsformen und Grenzen kommunalen Handelns bei der Energieversorgung, S. 84 ff. 53 Vgl. P. J. Tettinger, Grundlinien des Rechts der Energiewirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland, in: A. Jiménez-Blanco/P. J. Tettinger (Hrsg.), Grundstrukturen der Energiewirtschaft in Spanien und in der Bundesrepublik Deutschland, 1992, S. 32. 54 Vgl. Z. Beckert, Abgeänderter Richtlinienvorschlag zum Binnenmarkt für Elektrizität, 1997, S. 28; zur Verzichtsklausel K. P. Horstmann, Netzzugang in der Energiewirtschaft, S. 336. 55 So die herrschende Meinung, ähnlich K. P. Horstmann, Netzzugang in der Energiewirtschaft, S. 288. 56 So E. Niederleithinger, Die Stellung der Versorgungswirtschaft im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, 1968, S. 202 f.; H. Schwaiger, Die Bindung der Vertragsfreiheit im Elektrizitätsverkehr zwischen öffentlichen Versorgungsunternehmen und industriellen Eigenerzeugern, 1967, S. 103 f.

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teten, keinem anderen Versorgungsunternehmen den Bau von Durchleitungen zu erlauben58. Mit der Ausschließlichkeitsabrede bestellte die Gemeinde ausschließliche Wegerechte für eine „öffentliche“ Versorgung. Der Begriff der „öffentlichen Versorgung“ entsprach der gesetzlichen Definition des § 3 Abs. 2 EnWG a. F., wonach jede Versorgung eines Dritten als öffentliche Versorgung anzusehen war. Eine Ausschließlichkeitsbindung der Gemeinde gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 2 GWB a. F. verhinderte folglich Wegerechte eines Dritten, welche diesem die Versorgung auch nur eines anderen, im Bereich der Gebietskörperschaft ansässigen Kunden hätte ermöglichen können59. Hätte trotz bestehender Ausschließlichkeitsabreden der Gebietskörperschaft die Möglichkeit bestanden, einem Dritten die Wegerechte zur Versorgung einzelner Kunden einzuräumen, die das Herauslösen dieser Kunden aus dem Versorgungsbereich des versorgenden Energieversorgungsunternehmen gestattet hätte, wäre entgegen den versorgungswirtschaftlichen Notwendigkeiten das Prinzip geschlossener Versorgungsgebiete unterlaufen worden60. Allerdings gilt das Konzessionsvertragsrecht auch nach der Energierechtsreform fort61. dd) Preisbindungsvertragsrecht Kern der kartellrechtlichen Aufsicht ist die Kontrolle der Preisgestaltung der Energieversorgungsunternehmen. Rechtsgrundlage und zentrale Vorschrift der staatlichen Aufsicht über Preise im Energiesektor ist § 7 Abs. 1 EnWG a. F., wonach Energiepreisaufsichtsbehörden ermächtigt wurden, die allgemeinen Tarifpreise sowie die Einkaufspreise der Energieverteiler wirtschaftlich zu gestalten, was gleichzeitig Ausdruck des Grundsatzes der preiswerten und sicheren Energieversorgung war. Dabei hatten sich jedoch alle staatlichen Maßnahmen auf Tarifpreise und Tarifstruktur zu beschränken62. Auf der Grundlage des § 7 EnWG a. F. ist 1971 die Bundestarifordnung Elektrizität 63 erlassen worden, die für die Versorgung aller Tarifabnehmer gilt und die Grundlage allgemeiner Tarife bildet64. Darunter versteht man Preise, zu denen ein Elektrizitätsversor57 Vgl. E. Niederleithinger, Die Stellung der Versorgungswirtschaft im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, S. 185 ff.; G. Malzer, Das Recht der Energielieferungsverträge, 1976, S. 60 ff. m. w. Nachw. 58 Vgl. G. Malzer, Das Recht der Energielieferungsverträge, S. 60 f. 59 Vgl. U. Büdenbender in: Tegethoff/Büdenbender/Klinger, § 103 GWB a. F., Rdn. 204; H. Fischerhof, Wegerechte zwecks Eigenversorgung, ET 1975, 228. 60 Vgl. U. Büdenbender, Energierecht, Rdn. 572. 61 Vgl. Art. 4 § 1 NeuregelungsG; vgl. auch V. Emmerich, Kartellrecht, S. 350 ff.; s. a. Kap. VI. 1. c). 62 Vgl. B. Hauptkorn, Preisrecht, S. 319; dort auch zur Ermächtigungsgrundlage. 63 BGBl. I/1979 S. 1865 v. 26.11.1979; s. a. Fn. 14.

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gungsunternehmen im Rahmen seiner Anschluß- und Versorgungspflicht jedermann an sein Versorgungsnetz anzuschließen und zu versorgen hat65. Zum Schutz der Abnehmer unterliegen Tarifgenehmigungen nach § 12 BTOElt einer Höchstpreisbindung66. Die genannten Ermächtigungen wurden durch das Bundesverfassungsgericht geprüft und haben dieser Prüfung standgehalten67. Energieversorgungsunternehmen hatten untereinander Preisbindungsvereinbarungen getroffen, wonach Zuliefer- und Verteilerenergieversorgungsunternehmen ihre Preise so zu gestalten hatten, daß das belieferte Energieversorgungsunternehmen seinen Abnehmern dieselben Preise zu berechnen hatte, wie sie das zuliefernde Energieversorgungsunternehmen seinen vergleichbaren Abnehmern gewährte. In diesem Zusammenhang wird von der Gleichpreisigkeitsklausel gesprochen68. Derartige Verträge wären nach allgemeinem Wettbewerbsrecht nichtig gewesen, weil sie den Verteilerunternehmen die durch § 15 GWB a. F. geschützte Freiheit der Gestaltung von Preisen und Geschäftsbedingungen in Verträgen mit ihren Kunden über die von dem Vorlieferanten bezogene Energie nahmen. § 103 Abs. 1 Nr. 3 GWB a. F. sah für diesen Fall deshalb eine Freistellung der Anwendung von § 15 GWB a. F. vor. Durch die Gleichpreisigkeitsklausel wurde die Anhebung der Preise oder Versorgungsbedingungen durch die Einschaltung des weiterverteilenden Energieversorgungsunternehmens verhindert und ein Beitrag zur Vereinheitlichung im unmittelbaren und mittelbaren Versorgungsbereich des zuliefernden Energieversorgungsunternehmens erreicht69. Die Preismißbrauchskontrolle der §§ 22 und 26 GWB a. F. galt zwar auch für Energieversorgungsunternehmen, doch hingen Mißbräuche regelmäßig mit einem in § 103 Abs. 1 GWB a. F. genannten Vertrag zusammen, so daß sich die kartellrechtliche Beurteilung nach § 103 Abs. 5 GWB a. F. richtete70. Allgemein

64 Verträge für Sonderabnehmer unterliegen nicht der Preis-, sondern der kartellrechtlichen Preismißbrauchsaufsicht. 65 Vgl. V. Weigt, in: Danner, BTOElt, § 1; vgl. dazu auch Kap. III. 2. c). 66 Vgl. V. Emmerich, Ausnahmebereich für die leitungsgebundene Energieversorgung im GWB, in: V. Emmerich/R. Lukes (Hrsg.), Ordnungspolitische Überlegungen zur leitungsgebundenen Energieversorgung, S. 65 f.; kritisch H. Gröner, Die Ordnung der deutschen Elektrizitätswirtschaft, 341; ausführlich zur Tarifpreisaufsicht B. Hauptkorn, Preisrecht, S. 320 f. 67 Zur Preisbindung allgemein BVerfGE 8, 274; sowie BVerfG, Beschl. v. 15.11. 1973 – BvR 569/72 = RBeil. 1974/82 (zur BTOElt); s. a. H.-R. Ebel, Preisgestaltung im neuen Energiewirtschaftsrecht, BB 2000, Beil. 6, 15 ff. 68 BT-Drucks. 07/3206 S. 31; zur Gleichpreisigkeitsklausel R. Lukes, Preisvergleich und Strukturvergleich bei der Mißbrauchsaufsicht nach §§ 103, 104 GWB, S. 7. 69 Vgl. U. Büdenbender, Energierecht, Rdn. 574, zur Legitimation der Gleichpreisigkeitsklausel Rdn. 575 m. w. Nachw. 70 Vgl. H. Mösbauer, Staatsaufsicht über die Wirtschaft, 1990, S. 212 ff.; U. Immenga, Strompreise zwischen Kartell- und Preisaufsicht, 1982, S. 25 ff.

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hatten jedoch die Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung Vorrang vor denen des Energiewirtschaftsgesetzes71. ee) Verbundvertragsrecht In Deutschland gab es neun Verbundunternehmen72, die zur Deutschen Verbundgesellschaft e. V. (DVG) zusammengeschlossen waren und ca. 80% der in Deutschland erzeugten elektrischen Energie produzierten. Das deutsche Verbundnetz ist durch den Zusammenschluß der Hoch- und Höchstspannungsnetze der Verbundunternehmen gekennzeichnet73. Der Zusammenschluß verschiedener Hochspannungsleitungen der Elektrizitätsversorgungsunternehmen zu einem Verbundnetz hat zum Vorteil, daß die Kunden sicherer und preisgünstiger mit Strom versorgt werden können und der Normalbetrieb im Fall einer Störung aufrechterhalten werden kann. Ermächtigungsgrundlage des Verbundvertragsrechts war § 103 Abs. 1 Nr. 4 GWB a. F., wonach vertraglich geregelt werden konnte, daß an Verbundverträgen beteiligte Elektrizitätsversorgungsunternehmen bestimmte Versorgungsleitungen über feste Leitungswege ausschließlich einem oder mehreren Versorgungsunternehmen für die öffentliche Versorgung zur Verfügung zu stellen hatten. Für die Benutzung der Verbundleitungen wurden Ausschließlichkeitsrechte eingeräumt, so daß der Zutritt zu diesem Transportmarkt beschränkt blieb74. Verbundverträge waren die Basis für die überregionale Zusammenarbeit größerer Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die Vereinbarungen über die Lieferung von Spitzenstrom, über die Sicherung der Reservehaltung und über die Benutzung von Verbundleitungen trafen. Derartige Vereinbarungen mußten nicht zwingend in einem einheitlichen Vertragswerk geregelt sein. Sie konnten auch in einer Summe von bilateralen Einzelverträgen getroffen werden. Dieses Vertragsgeflecht wurde auch als ein Kartell der Gebietsmonopole eingestuft75. c) Anschluß- und Versorgungspflicht Zum Ausgleich ihrer Monopolstellung unterlagen die Energieversorgungsunternehmen einer Anschluß- und Versorgungspflicht. Dieser Kontrahierungszwang folgte aus § 6 EnWG a. F. Danach mußte jedes Energieversorgungsunter71 Vgl. G. Malzer, Das Recht der Energielieferungsverträge, S. 64 m. w. Nachw., insb. 78 f.; V. Emmerich, Kartellrecht, S. 354. 72 Badenwerk AG, Bayernwerk AG, BEWAG, Energie-Versorgung Schwaben AG, HEW, Preussen Elektra, RWE AG, VEW AG, VEAG. 73 Vgl. A. A. Schweitzer, Verbundunternehmer als „Lückenbüßer“?, ET 1985, 69 f. 74 BT-Drucks. 07/3206 S. 31; s. a. H. Gröner, Die Ordnung der deutschen Elektrizitätswirtschaft. 75 Vgl. dazu auch ausführlich U. Büdenbender, Energierecht, Rdn. 577 f.

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III. Rahmenbedingungen vor der Liberalisierung

nehmen sicherstellen, daß es zuverlässig die erforderlichen Strommengen zu angemessenen Preisen liefern konnte, um den gegenwärtigen und den zukünftigen Bedarf seiner Abnehmer zu befriedigen. Zu diesem Zweck mußte es die nötigen Anlagen, die den entsprechenden technischen Anforderungen genügen mußten, errichten und betreiben. Zur Vermeidung einer mißbräuchlichen Ausnutzung der Monopolstellung unterlagen Versorgungsunternehmen der Regulierung ihrer Gebühren und Leistungen76. 1942 wurde die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit elektrischer Arbeit aus dem Niederspannungsnetz der Elektrizitätsversorgungsunternehmen (AVB Strom 1942)77 auf der Grundlage der Ermächtigung in § 7 EnWG a. F. für allgemeinverbindlich erklärt, um eine Vereinheitlichung der Bedingungen für Tarifkunden zu erreichen. Diese Verordnung war umstritten und wurde 1980 durch die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung (AVBElt)78 ersetzt, die bis heute die allgemeinen Anschlußbedingungen von Tarifkunden regelt79. Grenzen des Kontrahierungszwangs bestanden, wenn ein Anschluß wirtschaftlich unzumutbar war. Die Unzumutbarkeit konnte aus strukturbedingten Gründen oder auch aus Persönlichkeitsgründen resultieren. Strukturbedingte Gründe konnten die spezifischen Rahmenbedingungen des anzuschließenden Kunden sein, wenn etwa die Kosten für den Infrastrukturausbau so hoch gewesen wären, daß sie zu einer Unterdeckung der mit der Versorgung bedingten Kosten geführt hätten. An eine derartige Feststellung, die von dem Energieversorgungsunternehmen dargelegt werden mußte, waren und sind nach wie vor strenge Anforderungen gestellt80. Persönlichkeitsbedingte Gründe waren die Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit des Interessenten oder auch des bisherigen Kunden81. Die Anschluß- und Versorgungspflicht zu allgemeinen Bedingungen bestand nur gegenüber Letztverbrauchern. Sie traf deshalb nicht die Energieversorgungsunternehmen, welche sich auf die Versorgung von weiterverteilenden Energieversorgungsunternehmen beschränkten. Weil die Anschluß- und Versorgungspflicht nur zu allgemeinen Bedingungen bestand und somit zu Bedingungen, die für Sonderabnehmer uninteressant waren, machten diese in der Regel 76 Dazu ausführlich U. Scholz, Kontrahierungszwang in der Versorgungswirtschaft, 1997, insb. S. 31 ff., 41 ff., 73 ff. m. w. Nachw.; s. a. Kap. III. 2. b) dd). 77 RGBl. III/FNA 752-1-7 v. 27.01.1942. 78 s. Fn. 15. 79 Ausführlich zur Entstehungsgeschichte und Wandlung der AVB Strom 1942 zur AVBEltV E. Schweers, Vertragsbeziehungen und Haftung im novellierten Energiewirtschaftsrecht, S. 48 ff. 80 Vgl. M. Lippert, Energiewirtschaftsrecht, S. 496. 81 AG Biedenkopf, Beschl. v. 18.07.1973 – C 237/72 = Rbeil. 1974/35, a. a. LG Hannover, Urt. v. 25.08.1937 – Rbeil. 1938/17.

2. Deutschland vor der Energierechtsreform von 1998

113

keinen Gebrauch von den allgemeinen Anschluß- und Versorgungsbedingungen82. Eine weitere Ausnahmeregelung sah § 6 Abs. 3 EnWG a. F. für Eigenanlagenbetreiber vor. So konnten sich diese nicht auf die Anschluß- und Versorgungspflicht der Energieversorgungsunternehmen für die Grundstücke berufen, auf denen die Anlage stand, oder auch für weitere eigene Grundstücke, die von der Anlage versorgt werden konnten. Der Eigenanlagenbetreiber hätte aber in dem Umfang einen Anschluß und eine Versorgung verlangen können, in dem für das versorgende Unternehmen wirtschaftlich zumutbare Bedingungen realisierbar gewesen wären83. d) Zugang Dritter zum Übertragungsnetz und Durchleitung Grundsätzlich konnten Energieversorgungsunternehmen nicht verpflichtet werden, Eigenerzeuger oder dritte Versorgungsunternehmen an ihr Netz anzuschließen oder ihnen die Durchleitung von Strom durch ihre Netze zu ermöglichen. Es war ihnen aber auch nicht untersagt. Mit dem Durchleitungsverweigerungsrecht sollte die Nutzung freier Leitungskapazitäten gefördert werden. Unter gewissen Umständen konnte eine Fremddurchleitung durch die kartellrechtliche Mißbrauchsaufsicht sogar erzwungen werden, natürlich nur zu angemessenen Durchleitungsgebühren84. Im Rahmen der vierten Kartellrechtsnovelle von 1980 wurde § 103 Abs. 5 S. 2 GWB a. F. um Nr. 4 erweitert, eine Durchleitungsregelung, die durch die fünfte Kartellrechtsnovelle von 1990 nochmals modifiziert wurde85. Danach sollte eine Durchleitungsverweigerung prinzipiell nicht verboten werden, sie durfte aber nicht unbillig sein. Zur Feststellung eines Durchleitungsanspruchs mußten eigene und fremde Interessen abgewogen werden. Die versorgungswirtschaftlichen Interessen des Netzeigners hatten Vorrang, wodurch der Abwägung deutliche Einschränkungen gesetzt wurden86. § 103 GWB a. F. war eine Ausnahmevorschrift. Sie durfte deshalb nicht extensiv und gegen ihren Wortlaut ausgelegt werden87. So wurde § 103 Abs. 5 S. 2 Nr. 4 GWB a. F. von der

82

Vgl. M. Lippert, Energiewirtschaftsrecht, S. 496; dazu auch Kap. III. 2. a). Dazu ausführlich W. Ludwig/A. Cordt/J. Stech/H. Odentahl, Recht der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung, Band 1, II. Teil: EnWG, § 6, 19. EL 1984, S. 76 ff.; zur wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ders., ebenda, S. 70b ff. m. w. Nachw. 84 Vgl. H.-R. Ebel, Energielieferungsverträge, S. 139, 148 ff. 85 Vierte Kartellrechtsnovelle v. 26.04.1980 (BGBl. I/1980 S. 458), fünfte Kartellrechtsnovelle v. 20.02.1990 (BGBl. I/1990 S. 235). 86 Vgl. H.-U. Evers, Das Recht der Energieversorgung, S. 208 f.; s. a. G. Britz, Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie und Umsetzung ins deutsche Recht, EuZW 1997, 334 f. 83

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III. Rahmenbedingungen vor der Liberalisierung

Rechtsprechung so eng ausgelegt, daß er in der Praxis praktisch keine Anwendung fand88. Weiterhin bestanden Durchleitungsverträge, welche den Bau von Transitleitungen, sogenannten Stichleitungen, durch das Gebiet eines fremden Elektrizitätsversorgungsunternehmens erlaubten. Allerdings war mit diesen Verträgen kein Netzanschluß Dritter verbunden. Ein Zugang Dritter zum öffentlichen Übertragungsnetz war ausgeschlossen. Durch die Monopolstellung war es für einen Dritten weder möglich noch denkbar, an das Versorgungsnetz angeschlossen zu werden89. Bedingung für die Genehmigung des Baus von Stichleitungen war, daß das durchleitende Unternehmen auf jegliche Versorgung verzichtet womit ein möglicher Wettbewerb auch ausgeschaltet wurde, wenn Stromkunden mit relativ niedrigen Kosten hätten angeschlossen werden können90. Großindustrien, die ihr eigenes Kraftwerk auf dem Firmengelände hatten, verfügten über ein eigenes Netz. Man spricht hier von einer Inselversorgung, die wegen ihres „Inseldaseins“ keine Verbindung zum öffentlichen Netz hatte, somit selbständig war und den öffentlichen Energieversorgungsunternehmen keine Konkurrenz machte, weil überschüssiger Strom in der Regel nicht eingespeist werden konnte91.

3. Die Energiewirtschaften der Mitgliedstaaten Des weiteren wird knapp dargelegt, welche Ordnungssysteme die übrigen Mitgliedstaaten vor der Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie hatten. Besonderes Augenmerk wird dabei wegen seiner im Vergleich zu Deutschland andersartigen Energiepolitik auf Frankreich gelegt. Während Deutschland einen 87 Dahingehend RGZ 128, 102 (102 ff.); 140, 231 (239 f.); 153, 1 (23); BGHZ 11, 135 (143); vgl. auch BGH, Urt. v. 21.10.1958 = NJW 1959, 38 f. (Freizeichnungsklausel). 88 BGHZ 128, 17 (33 ff.); BGH Urt. v. 19.03.1996 – KZR 1795 = NJW 1996, 2656 ff. (Pay-TV-Durchleitung); ähnlich V. Emmerich, Stromdurchleitungen nach neuem Recht, in U. Hübner/W. F. Ebke (Hrsg.), FS für Bernhard Großfeld, 1999, S. 223 m. w. Nachw. 89 Begrenzte Ausnahmen stellen hier industrielle Eigenanlagenbetreiber dar, dazu ausführlich und unter welchen Umständen sogar eine Versorgung „Dritter“ durch diese möglich war in H.-R. Ebel, Energielieferungsverträge, S. 142 ff.; s. a. Fn. 59, 60. 90 Vgl. W. Hamm, Wettbewerbspolitische Probleme der öffentlichen Elektrizitätsversorgung, in: B. Röper (Hrsg.), Wettbewerbsprobleme der Elektrizitätsversorgung, S. 26; dazu auch V. Emmerich, Ausnahmebereich für die leitungsgebundene Energieversorgung im GWB, in: V. Emmerich/R. Lukes (Hrsg.), Ordnungspolitische Überlegungen zur leitungsgebundenen Energieversorgung, S. 62. 91 Zu den Möglichkeiten der Einspeisung s. H.-R. Ebel, Energielieferungsverträge, S. 12, 21 ff., 135 ff.; ausführlich zur Durchleitung nach nationalem Recht D. Kuhnt, Übertragung von Strom nach deutschem und europäischem Recht, in: H. Leßmann/ B. Großfeld/L. Vollmer (Hrsg.), FS für Rudolf Lukes, 1989, S. 412 ff.

3. Die Energiewirtschaften der Mitgliedstaaten

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Ausstieg aus der Stromproduktion aus Kernenergie versucht, beharrt Frankreich ganz besonders auf diese Energiegewinnungstechnik. Auch der Umweltschutz wird in Frankreich nicht derart aktiv betrieben wie in Deutschland. Darüber hinaus geht die Öffnung des französischen Strommarkts nur schleppend voran, so daß der Marktöffnungsgrad Frankreichs zu den europäischen Schlußlichtern gehört92. Während Deutschland seinen Markt auf einen Schlag freigegeben hat, lautet die französische Politik eher: Soviel wie vorgeschrieben, aber nicht mehr. a) Frankreich In Frankreich wurde die Stromwirtschaft 1946 per Gesetz verstaatlicht93. Das Verstaatlichungsgesetz erfaßte die Erzeugung, die Übertragung, die Verteilung und den Import und Export von Elektrizität 94. Der größte Teil der Stromerzeugungs- und Versorgungskapazität und das gesamte Übertragungsnetz befanden sich in Händen der Electricité de France (EdF), die als „Service public industriel et commercial“ (SPIC), also als öffentlicher Dienstleister mit industriellem und kommerziellem Charakter galt und der Kontrolle des Finanzministeriums unterlag95. Allerdings enthielt das integrierte Versorgungssystem auch geringe Wettbewerbselemente. So waren sowohl Stromeigenerzeugung als auch Stromeinspeisung in das öffentliche Netz der Energieversorgungsunternehmen grundsätzlich möglich. Ein Wettbewerb zwischen der nationalisierten Elektrizitätswirtschaft und den Kommunen um die Stromverbraucher fand indessen nicht statt96. Genauso wie in Deutschland waren Rechte und Pflichten der Erzeuger in Konzessionsverträgen festgelegt. So waren die Bereiche der Übertragung und Errichtung der Infrastruktur durch staatlich vergebene Konzessionen, die der Verteilung durch kommunale Konzessionen abgesichert97. Im Rahmen der Konzessionen mußten sowohl Konzessionsnehmer als auch Konzessionsverteiler die 92 Vgl. VDEW (Hrsg.), Strommarkt Deutschland: Zahlen und Fakten zur Stromversorgung, Frühjahr 2004, S. 19; s. a. Reuters, EU-Energiemärkte werden bis 2007 liberalisiert, Handelsblatt v. 25.11.2002; J.-C. Pielow, Liberalisierung „light“: Zur Refom der französischen Energiewirtschaft, RIW 2001, 352 f. 93 Gesetz Nr. 46–628 v. 08.04.1946, JORF v. 09.04.1946. 94 s. Art. 1 VerstaatlichungsG. 95 Vgl. H. Kitschelt, Politik und Energie, S. 121; dazu ausführlich A. Fiquet, Rechtlicher Rahmen der Elektrizitätswirtschaft in Frankreich, ET 1992, 554 f. 96 Selbiges gilt auch für Italien, Griechenland, Irland und Portugal vgl. H. P. Hermann, Ordnungsgrundlagen der Elektrizitätswirtschaft in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, in: J. F. Baur (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, 1989, S. 118 f.; ausführlich zu den Ausnahmen des Erzeugungs- und Verteilungsmonopols A. Fiquet, Rechtlicher Rahmen der Elektrizitätswirtschaft in Frankreich, ET 1992, 555 f.; kritisch zu den Wettbewerbselementen H. Michaelis, Einige kritische Bemerkungen zum Wettbewerb in der Energiewirtschaft, ET 1974, 13 ff.

116

III. Rahmenbedingungen vor der Liberalisierung

Bedingungen der jeweils geltenden Pflichtenhefte beachten98. So verpflichteten sich je nach Vergabe der Staat oder die Gebietskörperschaft, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit der Versorger der Erfüllung seiner Aufgabe nachkommen konnte. Im Gegenzug bestand für den Konzessionsnehmer die Sicherstellung der Versorgungskontinuität, eine Anschluß- und Versorgungspflicht, die Pflicht der Gleichbehandlung von Tarifkunden, aber auch von Sonderabnehmern, und eine Anpassungsfähigkeit, um die bestmögliche Dienstleistung zu den günstigsten Preisen anbieten zu können. Hierin konkretisierte sich das französische Konzept des service public99. b) Die übrigen Mitgliedstaaten In Frankreich, Griechenland, Irland, Italien und Portugal war die Elektrizitätswirtschaft verstaatlicht. In diesen Ländern bestand ein Monopol, das die Erzeugung, den Transport sowie die Verteilung und damit auch die Ausfuhr und die Einfuhr des Stroms umfaßte. Ähnlich war die Organisationsstruktur der Elektrizitätswirtschaft in Großbritannien. Auf der Grundlage einer pluralistischen Struktur der Elektrizitätswirtschaft bestand in den Niederlanden, Belgien, Spanien und Dänemark eine relativ weitgehende staatliche Lenkung und Kontrolle, die über eine wettbewerbsrechtliche Mißbrauchsaufsicht hinausging. Luxemburg hatte eine in sich geschlossene zentrale Versorgung mit Elektrizität, die größtenteils aus Deutschland importiert und dort lediglich durch ein nationales Unternehmen verteilt wurde100.

97 Vgl. H. Eiß/R. Lukes/H. Pick/W. Schulz, Die Ordnung des Elektrizitätsmarktes in der Europäischen Gemeinschaft, 1990, S. 299; A. Fiquet, Das französische System des Service Public unter besonderer Berücksichtigung der Elektrizitätswirtschaft, in: P. J. Tettinger (Hrsg.), Strukturen der Versorgungswirtschaft in Europa, 1996, S. 17 f. 98 EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C 159/94 (Kommission/Frankreich), Slg. 1997, I-5815, Rdn. 67 ff.; dazu auch A. Fiquet, Rechtlicher Rahmen der Elektrizitätswirtschaft in Frankreich, ET 1992, 557; zur Bindung der Vertragsfreiheit H. Schwaiger, Die Bindung der Vertragsfreiheit im Elektrizitätsverkehr zwischen öffentlichen Versorgungsunternehmen und industriellen Eigenerzeugern, S. 25 ff. 99 Vgl. G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 48; ausführlich zum service public J. Wieland, Die Konzessionsabgaben, 1991, S. 92 f.; dazu auch D. Kuhnt, Die Versorgung Europas mit sicherer und preisgünstiger Elektrizität, RdE 1994, 44 ff. 100 Vgl. zur Struktur der Mitgliedstaaten W. Schmitz, Das Recht der Energiewirtschaft im Ausland, 1953; K. Kühne, Öffentliche Wirtschaft in der Europäischen Gemeinschaft, in: H. Brede/A. v. Loesch (Hrsg.), Die Unternehmen der öffentlichen Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland, 1986, S. 280 ff.; H. P. Hermann, Ordnungsgrundlagen der Elektrizitätswirtschaft in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, in: J. F. Baur (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, S. 118 ff.; F. J. Säcker/J. Busche, Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie, ET 1998, 18 m. w. Nachw. insb. Fn. 6; ausführlich auch B. Bonde, Deregulierung und Wettbewerb in der Elektrizitätswirtschaft, 2002, S. 163 ff.

4. Zusammenfassung

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4. Zusammenfassung Bis zur Energierechtsreform im Jahre 1997 war die deutsche Organisationsstruktur pluralistisch ausgestaltet. Der Energiesektor, sogar der gesamte Versorgungssektor, stand unter staatlicher Regulierung und Aufsicht und unter der Prämisse einer billigen und zuverlässigen Energieversorgung. Dies erfolgte über dezentral organisierte Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die auf der Grundlage von Gebietsschutz- und Konzessionsverträgen die ihnen überantwortete Versorgungsaufgabe wahrnahmen. Allerdings schloß das deutsche Ordnungssystem weder eine Beteiligung der öffentlichen Hand (Bund, Länder, Gemeinden) noch eine Beteiligung der Privatwirtschaft an den Energieversorgungsunternehmen aus. Der Wettbewerb wurde nicht ausgeschlossen, aber stark eingeengt, so daß er nur erlaubt war, wenn er energierechtliche Ziele förderte. Das Ordnungssystem enthielt insofern gewisse Wettbewerbselemente, als die Elektrizitätsversorgungsunternehmen zum einen miteinander in einem ideellen Leistungswettbewerb standen und zum anderen das Bundeskartellamt im Rahmen der Mißbrauchsaufsicht in begrenztem Umfang über Gestaltungsmöglichkeiten verfügte, um den Wettbewerb zu verbessern, beispielsweise über eine Veränderung der Demarkationsverträge. Ein Wettbewerb im Sinne der Art. 81 ff. EGV war allerdings nicht vorgesehen101. Die rechtliche Ausgestaltung der Versorgungspolitik der anderen Mitgliedstaaten stellt sich teils ähnlich, teils sehr unterschiedlich dar. Gemein war allen Mitgliedstaaten, daß sie den Energiesektor der besonderen staatlichen Aufsicht unterstellten102. Einzige Ausnahme war Großbritannien, dessen Versorgungssektor zwar ehemals ebenfalls staatlicher Aufsicht unterlag, aber bereits 1990, also lange vor Erlaß der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, dem Wettbewerb überantwortet wurde103.

101 Dazu kritisch H. Michaelis, Einige kritische Bemerkungen zum Wettbewerb in der Energiewirtschaft, ET 1974, 8 ff. 102 Vgl. H. P. Hermann, Ordnungsgrundlagen der Elektrizitätswirtschaft in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, in: J. F. Baur (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, S. 118 ff., S. 142; dazu auch P. J. Tettinger (Hrsg.), Strukturen der Versorgungswirtschaft in Europa, 1996. 103 Zur britischen Elektrizitätswirtschaftsreform, I. Lewington/M. Weisheimer, Lehren aus der britischen Elektrizitätswirtschaftsreform, ET 1995, 591 ff.; ausführlich zur Ordnungsstruktur Deutschlands, aber auch der anderer Mitgliedstaaten H. Eiß u. a., Die Ordnung des Elektrizitätsmarkts in der Europäischen Gemeinschaft, S. 11 ff., 169 ff.

IV. „Drei-Stufen-Konzept“ des Elektrizitätsbinnenmarkts Die im Laufe der Zeit gewachsenen Strukturen des Elektrizitätsbinnenmarkts aufzubrechen, erfordert viel Beharrlichkeit und Klugheit. Sowohl nationale, internationale als auch wirtschaftliche Interessen hängen an diesem Wirtschaftszweig. Die Realisierung eines echten europäischen Binnenmarkts im Energiebereich sollte mittels eines „Drei-Stufen-Konzepts“ durchgeführt werden, das nach langer Debatte am 29. Oktober 1991 vom damaligen Energiekommissar Cardoso e Cunha vorgestellt wurde1. Nicht zu verwechseln ist das dreistufige Konzept zur Elektrizitätsmarktliberalisierung mit der in der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie von 1996 (Art. 19) enthaltenen Staffelung der zugelassenen Kunden. Das Konzept wurde nicht in seiner ursprünglichen Form durchgesetzt, weil die dafür vorgesehenen Richtlinien nicht rechtzeitig erlassen wurden. Während die erste Stufe planmäßig durchgeführt wurde, ist die für 1993 einberaumte zweite Stufe, die vorrangig den Erlaß der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie vorsah, nur ungenügend verwirklicht worden. Ursprünglich sollte die dritte Stufe der Strommarktliberalisierung am 01. Januar 1996 beginnen. Da die Ziele der zweiten Stufe jedoch erst Ende des Jahres 1996 realisiert wurde, ist eine nähere Betrachtung nötig, um festzustellen, zu welchem Zeitpunkt die dritte Stufe die zweite abgelöst hat. Zur Vorstellung des Drei-Stufen-Konzepts 1991 hatten noch viele Mitgliedstaaten gewichtige Bedenken gegen den Netzzugang Dritter geäußert und zusätzliche Untersuchungen gefordert2.

1. Die erste Stufe der Strommarktliberalisierung Die erste Stufe der Strommarktliberalisierung wurde 1991 mit der Umsetzung von drei Richtlinien vollzogen. Es handelt sich dabei um die Transitrichtlinien für Elektrizitäts- und Erdgaslieferungen über große Netze und die Transparenzrichtlinie, die spätestens zum 01. Juli 1991 und 01. Januar 1992 umzusetzen waren3. 1 Vgl. mbe, Liberalisierung stößt auf grundsätzliche Zustimmung, Handelsblatt v. 30.10.1991, S. 4. 2 Vgl. L. Eckert, Die Vorschläge der EG-Kommission zum „Third Party Access“ in der Gaswirtschaft, RdE 1992, 58. 3 Transitrichtlinien für Elektrizitäts- und Gaslieferungen über große Netze RL 90/ 547/EWG des Rates ABlEG 1990, Rs. L 313/30 v. 13.11.1990 (ElTR) und RL 91/

1. Die erste Stufe der Strommarktliberalisierung

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Die beiden Transitrichtlinien verpflichten die auf Verbundebene tätigen Energieversorgungsunternehmen, Strom oder Gas aus anderen Mitgliedstaaten durch ihre eigenen Netze durchzuleiten. Hierdurch sollte der Stromtransit zwischen großen europäischen Hochspannungsübertragungsnetzen zum Zweck der Handelsförderung erleichtert werden4. Nationale Interessenten, wie beispielsweise große Stromverbraucher und deren potentielle Energielieferanten, konnten keinen Transit verlangen. Ihnen blieb der Zugang zum Leitungsnetz zunächst verschlossen. Auf deutscher Ebene trat im Zeitpunkt der Richtlinienumsetzung die erste Fassung des Stromeinspeisungsgesetzes in Kraft, noch ohne die Reziprozitätsklausel und ohne den Finanzausgleich der Energieunternehmen zur gleichmäßigen Aufteilung der Mehrkosten, die durch den Abnahmezwang erneuerbarer Energien entstehen5. Der Bundesrat vertrat die Ansicht, daß den Transitregelungen nicht uneingeschränkt zugestimmt werden dürfe. Es müsse gewährleistet sein, daß den zur Durchleitung verpflichteten Unternehmen weiterhin der Vorrang der Netzbenutzung der Erfüllung ihrer eigenen Versorgungsaufgaben bleibe, und diese nur zur Durchleitung verpflichtet werden, wenn ihnen freie Kapazitäten zur Verfügung stünden6. Wegen des Ausschlusses Dritter vom Verbundnetz gewann die Preisdurchsichtigkeit der vom industriellen Endverbraucher zu zahlenden Gas- und Strompreise nach der Transparenzrichtlinie im Rahmen der ersten Liberalisierungsstufe noch wenig Einfluß. Weil die beiden Richtlinien weder eine Durchleitungspflicht noch Zugangsansprüche Dritter zu den Übertragungsnetzen forderten und auch sonst die Änderungen gering waren, ist die erste Liberalisierungsstufe ohne großen Widerstand der Energiebranche verabschiedet und in nationales Recht umgesetzt worden7. 296/EWG des Rates ABlEG 1991, Rs. L 147/37 v. 12.06.1991 (GasTRL) und Transparenzrichtlinie RL 90/377/EWG des Rates ABlEG 1990, Rs. L 185/16 v. 17.07.1990 (TranspRL) zur Einführung eines gemeinschaftlichen Verfahrens zur Gewährleistung der Transparenz der vom industriellen Endverbraucher zu zahlenden Gas- und Strompreise; zu den Richtlinien s. H. D. Jarass, Europäisches Energierecht, S. 20 ff.; s. a. U. Hüffer/K. Ipsen/P. J. Tettinger, Die Transitrichtlinien für Gas und Elektrizität. 4 s. Art. 2 RL 90/547/EWG und Art. 2 RL 91/296/EWG; die mitgliedstaatlichen Netzbetreiber die in den Regelungsrahmen der Richtlinie fallen, sind im Anhang der Transitrichtlinie für Elektrizität aufgeführt (Art. 1 Abs. 2 ElTR). 5 Ausführlich zu den Gesetzen in Kap. II., insb. dem Stromeinspeisungsgesetz und dem damit verbundenem Abnahmezwang und Finanzausgleich (Kap. II. 2. c)); zur Reziprozitätsklausel in Kap. II. 2. a) f., insb. Fn. 90. 6 Dazu auch L. Eckert, Die Vorschläge der EG-Kommission zum „Third Party Access“ in der Gaswirtschaft, RdE 1992, 58 (zum „Third Party Access“ im Glossar). 7 In Deutschland wurde die Umsetzung in nationales Recht durch den Abschluß von entsprechenden Verträgen mit den betroffenen Verbundunternehmen durchgeführt, s. BAnz v. 26.10.1991, S. 7269, zu Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelnder Umsetzung der Richtlinien H. D. Jarass, Europäisches Energierecht, S. 30 m. w.

120

IV. „Drei-Stufen-Konzept‘‘ des Elektrizitätsbinnenmarkts

2. Die zweite Stufe der Strommarktliberalisierung Die zweite Stufe der Strommarktliberalisierung begann am 01. Januar 1993 und sollte am 31. Dezember 1995 enden. Geplant war die Fortführung der ersten Etappe, die eine größere Liberalisierung des Elektrizitäts- und Gasmarkts unter Beibehaltung der vorhandenen Strukturen schaffen sollte. Zur Erreichung der Ziele war geplant, eine Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie zu erlassen, die zum 01. Januar 1993 bereits umgesetzt sein sollte8. Das wurde nicht erreicht. Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie zielte auf die Abschaffung der ausschließlichen Rechte für die Erzeugung von Elektrizität ab. Mit ihr sollten weiterhin die Exklusivrechte des Baus von Elektrizitäts- und Erdgasleitungen beseitigt werden, sowohl von Übertragungs- als auch von Verteilungsleitungen, um den Wettbewerb zu verstärken und neuen Marktteilnehmern Zugang zum Markt zu verschaffen. Der Zugang Dritter zu den Leitungsnetzen sollte sich in dieser Liberalisierungsstufe auf Großverbraucher und Verteilernetzbetreiber beschränken9. In dieser Fassung wurden als Großverbraucher Endkunden verstanden, die eine Elektrizitätsmenge von mindestens 100 GWh pro Jahr oder eine Gasmenge von mindestens 25 Mio. m3 pro Jahr abgenommen hätten10. Zugangsberechtigte Verteilerunternehmen hätten mindestens 3% des gesamten Elektrizitätsverbrauchs oder 1% des gesamten Gasverbrauchs eines Mitgliedstaats verkaufen müssen11. Weiterhin schloß die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie Vorschriften zur „Entbündelung“ der Produktion, Übertragung und Verteilung im Management und der Abrechnung vertikal integrierter Energieversorgungsunternehmen ein, um eine bestmögliche Transparenz und Nichtdiskriminierung zu gewährleisten und somit Quersubventionen auszuschließen12. Bereits der erste Vorschlag der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie enthielt im Kern schon die Regelungen, die sie auch im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Verabschiedung 1996 enthielt13.

Nachw.; für genauere Ausführungen s. P. Leipertz, Die 2. Stufe des Energiebinnenmarkts und ihre Umsetzung auf bundesdeutscher Ebene, S. 10 ff. m. w. Nachw. 8 s. Richtlinienvorschlag der Kommission bezüglich einer Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie ABlEG 1992, Rs. C 65/4 v. 14.03.1992 (KOM(91)548 endg.). 9 Vgl. S. 2 des Richtlinienvorschlags; ausführlich zur 2. Etappe P. Leipertz, Die 2. Stufe des Energiebinnenmarkts und ihre Umsetzung auf bundesdeutscher Ebene, insb. S. 14 ff. 10 s. H. v. Bose, Die Richtlinienvorschläge der Kommission, in: J. F. Baur (Hrsg.), Die Europäische Gemeinschaft und das Recht der leitungsgebundenen Energie, S. 45. 11 s. H. v. Bose, Die Richtlinienvorschläge der Kommission, in: J. F. Baur (Hrsg.), Die Europäische Gemeinschaft und das Recht der leitungsgebundenen Energie, S. 45. 12 Dazu ausführlich und einen Grundrechtsverstoß in der Pflicht der Entbündelung sehend, J. F. Baur, Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, ET 1997, 624 ff., insb. 627 f.; vgl. dazu auch Kap. VI. 5.

2. Die zweite Stufe der Strommarktliberalisierung

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Weil die Beratungen im Europäischen Parlament und im Rat nicht schnell genug voranschritten, wurden weder die gemachten Richtlinienvorschläge noch die geänderten Vorschläge für einen Elektrizitätsbinnenmarkt angenommen14. Aus diesem Grunde konnte der gesetzte Zeitplan nicht eingehalten werden. Anstelle dessen suchte die Kommission einen stärkeren politischen Dialog mit den Mitgliedstaaten, dem Rat und dem Europäischen Parlament. Regelungen für Verordnungs- und Entscheidungsvorschläge zu den Transeuropäischen Infrastrukturnetzen im Bereich der Strom- und Gasversorgung sollten die Vorschläge ergänzen15. Schlußendlich wird die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie am 19. Dezember 1996 erlassen und tritt am 19. Februar 1997 in Kraft. Die Richtlinie regelt den Abbau der ausschließlichen Rechte zur Elektrizitätserzeugung und zur Verlegung von elektrischen Leitungen16. Der Schwerpunkt aber liegt in der Freigabe des Leitungsnetzes. Erstmals dürfen unabhängige Stromproduzenten ihre Ware an Dritte verkaufen und durch die vorhandenen Netze leiten, womit den herkömmlichen Energieversorgungsunternehmen die rechtliche Monopolstellung genommen wird und die eigentliche Strommarktliberalisierung Einzug hält. Mit der Freigabe des Leitungsnetzes sind nun die Eigner verpflichtet, Dritten die Durchleitung von Strom zu ermöglichen17. Man spricht von „Third Party Access“, mit dem auch die Transparenzrichtlinie der ersten Etappe richtig zur Geltung kommt18. Dies stellt auch eine Erweiterung zur Transitrichtlinie für Elektrizität dar, die sich ausschließlich auf Netze der Hochspannungsebene bezieht und somit Verteilernetze, die in erster Linie Niederspannung leiten, nicht 13 Vgl. Kap. II. 2. a); ausführlich zum Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinienvorschlag der EG-Kommission, P. Leipertz, Die 2. Stufe des Energiebinnenmarkts und ihre Umsetzung auf bundesdeutscher Ebene, S. 14 ff. m. w. Nachw. 14 Der erste Vorschlag für eine Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie ist abgedruckt in ABlEG 1992, Rs. C 65/4 v. 14.03.1992. Nach zahlreichen Konsultationen bezieht das Europäische Parlament Stellung, s. ABlEG 1993, Rs. C 329/150 v. 06.12.1993. Zustimmung zu diesem Vorschlag: BR-Drucks. 160/92, S. 1 ff.; Ablehnung: D. Kuhnt, Die Versorgung Europas mit sicherer und preisgünstiger Elektrizität, RdE 1994, 44 ff.; der abgeänderte Vorschlag ist abgedruckt in ABlEG 1994, Rs. C 123/1 v. 04.05.1994 (gleiches gilt für den Erdgasbinnenmarkt); vgl. a. R. Lukes, in: Dauses, M – Energierecht, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Rdn. 76. 15 Vgl. Vorschlag einer Verordnung über die Erleichterung der Errichtung transeuropäischer Infrastrukturnetze im Bereich der Strom- und Gasversorgung ABlEG 1992, Rs. C 71/9 v. 20.03.1992, geändert durch ABlEG 1993, Rs. C 124/15 v. 06.05.1993, weiterhin den Vorschlag zur Entscheidung über Leitlinien für die Ausgestaltung transeuropäischer Netze im Energiebereich ABlEG 1994, Rs. C 72/10 v. 08.02.1994 und den Vorschlag für eine Entscheidung einer Reihe von Aktionen zur Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Entwicklung der transeuropäischen Netze im Energiebereicht ABlEG 1994, Rs. C 72/15 v. 08.02.1994. 16 Dazu und zur Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie ausführlich in Kap. II. 1. b); a. a. J. F. Baur, Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, ET 1997, 624 ff., insb. 627 f. 17 Dazu ausführlich in den Kap. VI. 3. und VI. 4. 18 Vgl. Fn. 3.

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IV. „Drei-Stufen-Konzept‘‘ des Elektrizitätsbinnenmarkts

berücksichtigt19. Die Vorgaben der Europäischen Union stellen Mindestanforderungen dar. Die Liberalisierungsbemühungen der Mitgliedstaaten divergieren stark. Großbritannien liberalisierte seinen Energiemarkt als einziger Mitgliedstaat bereits Anfang der neunziger Jahre. Nach Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie von 1996 öffnete Deutschland seinen Elektrizitätsmarkt schlagartig, wohingegen Frankreich beispielsweise den Markt nur soweit öffnete, wie unbedingt vorgeschrieben war20.

3. Die dritte Stufe der Strommarktliberalisierung Die dritte Etappe, die nach dem ursprünglichen Zeitplan zum 01. Januar 1996 beginnen sollte, baut auf den gesammelten Erfahrungen der zweiten Stufe auf. Ihr Ziel ist es, den Energiebinnenmarkt zu vollenden. Dazu ist eine Ausweitung der Netzzugangskriterien für Dritte avisiert als auch die Senkung der Schwellenwerte, damit Kunden nach freier Wahl direkt vom Produzenten versorgt werden können21. Weil diese Ziele die Beschleunigungsrichtlinie für Elektrizität vom 26. Juni 2003 realisiert, die am 01. Juli 2004 die ursprüngliche Fassung vom 19. Dezember 1996 ersetzt, muß dies auch als der Zeitpunkt angesehen werden, zu dem die dritte Stufe der Strommarktliberalisierung faktisch beginnt. Die entscheidenden Neuerungen der novellierten Richtlinie sind die konkrete Ausgestaltung der Marktöffnungsstufen (Art. 21 BeschlEltRL), die Ausweitung der Entflechtungsregeln (insb. Art. 10, 15 und 19 BeschlEltRL), die Abschaffung des verhandelten Netzzugangs- und Alleinabnehmersystems (i. d. S. Art. 20 BeschlEltRL) und die Einführung einer Regulierungsbehörde (Art. 23 BeschlEltRL). Zur Umsetzung regelt Deutschland das Energiewirtschaftsrecht (NeuregelungsG) neu. Weil dies zum 01. Juli 2004 hätte geschehen müssen, ist Deutschland, so wie fast alle anderen Mitgliedstaaten auch, im Verzug22.

19 So auch J. Perner/C. Riechmann/W. Schulz, Durchleitungsbedingungen für Strom und Gas, 1997, S. 17 f. 20 Vgl. Kap. III. 3. 21 Vgl. H. D. Jarass, Europäisches Energierecht, S. 32. 22 Vgl. dazu Kap. II. 2. b) bb) i. V. m. Kap. V. 2.

V. Energieordnung in der Gemeinschaft 1. Energiepolitische Ziele und Aufgaben der Gemeinschaft Seit Gründung der früheren Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (zum 25. Mai 1957) ist die europäische Idee von der Vorstellung beseelt, zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einen Markt ohne Binnengrenzen zu schaffen. Dieser ist Voraussetzung für eine freie Marktwirtschaft, um dem Prinzip Wettbewerb als Grundbaustein freier Gesellschaften zum Durchbruch zu verhelfen1. Es hat sich die Meinung durchgesetzt, daß die Versorgungswirtschaft, insbesondere die der Elektrizitätsversorgung, längst nicht mehr vor Wettbewerb geschützt werden muß, sondern daß durch Wettbewerb bessere Ergebnisse erzielt werden. Darüber hinaus erhofft man sich durch die Liberalisierung Effizienzsteigerungen, Preissenkungen, eine höhere Dienstleistungsqualität und eine größere Wettbewerbsfähigkeit rund um das Produkt Strom2. a) Ziele Das Hauptziel der Liberalisierung ist ein vom Wettbewerb geprägter Markt. Dieser soll unter Berücksichtigung der Einfuhrabhängigkeit der Primärenergieträger sowie einer dauerhaften Energieversorgung durch Förderung der Energietechnologien und der Energieforschung realisiert werden. Die Energieversorgung soll möglichst sicher und preisgünstig sein und möglichst keine Umweltschäden verursachen. Durch Einsatz regenerativer Energien soll die Ressourcenschonung und die Energieeinsparung intensiviert werden3. Darüber hinaus wird die Senkung der CO2-Emissionen angestrebt, wozu die Kommis1

s. T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 928 f.; vertiefend H.-P. Schwintowski, Recht und Gerechtigkeit, 1996, S. 143 ff.; dazu auch U. Hüffer/K. Ipsen/P. J. Tettinger, Die Transitrichtlinien für Gas und Elektrizität, S. 35 ff. 2 s. ErwGr. 2 BeschlEltRL; s. a. H.-P. Schwintowski, Visionen für ein zukünftiges Europäisches Energierecht, in: ders. (Hrsg.), Energierecht der Zukunft, 2001, S. 19; G. Drauz/E. Zeise, Europäische Energiepolitik – Ziele, Möglichkeiten und Grenzen, ebenda, S. 58. 3 Vgl. Weißbuch zur Energiepolitik (KOM(95)682) durch die Kommission am 13.12.1995 angenommen; s. a. H. P. Hermann, Ordnungsgrundlagen der Elektrizitätswirtschaft in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, in: J. F. Baur (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, S. 116; R. Lukes, Energiepolitik und Energierecht der Gemeinschaften, in: U. Hübner/W. F. Ebke (Hrsg.), FS für Bernhard Großfeld, 1999, S. 746.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

sion nicht nur entsprechende Richtlinien erlassen hat4, sondern im Jahr 2005 auch ein Handelszertifikatesystem eingeführt werden soll. Dieser sogenannte Emissionshandel setzt die im Kyoto-Protokoll festgeschriebenen Mechanismen zum Handel mit CO2-Emissionsberechtigungen um5. Wirtschaftliche Macht soll in all den Bereichen beseitigt werden, in denen sie die Wirksamkeit des Wettbewerbs beeinträchtigt und die bestmögliche Versorgung der Verbraucher in Frage stellt. Neue Versorger sollen ungehindert in den Markt eintreten und Kunden beliefern können, die bisher regelmäßig an ihren Gebietsversorger gebunden waren. Dazu sind die Leitungsnetze, die im Regelfall im Eigentum der Gebietsversorger stehen, zu angemessenen Konditionen, aber ohne Diskriminierung jedem Versorger zur Verfügung zu stellen6. Insbesondere zwischen dem Ziel des Wettbewerbs und der Versorgungssicherheit, aber auch dem Interesse am Umweltschutz besteht eine natürliche Konkurrenz. Die für die Versorgungssicherheit notwendige Reservehaltung, aber auch die Gewährleistung einer kontinuierlichen und zuverlässigen Stromversorgung verursachen zum einen zwar zusätzliche Kosten, was nicht im Sinne des Wettbewerbs ist. Bei langfristiger Betrachtung wirkt sich dies jedoch positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit der Union aus, weil eine sichere und kontinuierliche Energieversorgung im Interesse der Verbraucher, also auch der Unternehmen liegt und somit standortbestimmend sein kann. Versäumt ein Staat, seine Energieinfrastruktur auf einem technischen Mindeststandard zu halten, vernachlässigt er also, sich ausreichend um die Energiesicherheit zu kümmern, kann dies, muß aber nicht, im Falle eines Energieengpasses enorme volkswirtschaftliche Schäden hervorrufen7. Diese können je nach Auswirkungsgrad des Engpasses höhere Kosten verursachen als die Reservehaltungskosten hervorgerufen hätten. Weil die Elektrizitätsmarktstrukturen der Mitgliedstaaten sehr heterogen ausge4 Vgl. Weißbuch zur Energiepolitik, Rdn. 44, S. 15 – RL 92/76/EWG zur Begrenzung der Kohlendioxydemissionen (SAVE, ABlEG 1993, Rs. L 237/29 v. 22.09.1993); dazu ausführlich F. Hoster, Auswirkungen des europäischen Binnenmarkts für Energie auf die deutsche Elektrizitätswirtschaft, 1996, S. 109 ff.; RL 96/61/EG v. 24.09.1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung. Zu dieser RL liegt bereits ein erster Änderungsvorschlag vor (ABlEG 2002, Rs. C 75E/ 370 v. 26.03.2002). 5 F. Puderbach/I. Zenke, in: I. Zenke/N. Ellwanger (Hrsg.), Handel mit Energiederivaten, 2003, Rdn. 216 ff.; dazu vertieft B. Wieler/C. Carnap, Käufer sind noch rar, ME 2/2002, 26 ff.; S. Ulreich/R. Wagner, Früh übt sich . . ., ME 2/2002, 31 ff.; J. Meyer/A. Schubert/N. Steinbrecher/I. Puhl, Was kostet schlechte Luft?, ME 2/2002, 36 ff. 6 Hierzu ausführlich in Kap. VI. 1. 7 Siehe hier z. B. den Fall der Ölkatastrophe an der Galizianischen Küste im Jahre 2002, bei dem die spanische Regierung keinen hierfür geeigneten Katastrophenschutz unterhielt, und somit die eingeleitete Hilfe von spanischer Seite mangelhaft war, aber auch und vor allem der Fall des Stromausfalls in den Vereinigten Staaten von Amerika, vgl. Fn. 372.

1. Energiepolitische Ziele und Aufgaben der Gemeinschaft

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staltet sind, wäre der langfristige Wettbewerbsfaktor der Versorgungssicherheit staatenübergreifend zu definieren gewesen, weshalb jeder Mitgliedstaat diesen Sektor selbst regelt8. Allerdings liegt mittlerweile ein Vorschlag für eine Richtlinie „über Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen“ vor, der jedoch noch sehr allgemein gehalten ist9. Auch der Umweltschutz wirkt preistreibend, weil er den freien Wettbewerb insofern beeinträchtigt, als daß seine Verwirklichung mit zusätzlichen Kosten verbunden ist. Schädlich ist er für den Wettbewerb nicht, weil der Erhalt der natürlichen Umwelt im Interesse der Verbraucher liegt. Unter diesem Gesichtspunkt und der Beachtung anderer externer Kosten rücken der Wettbewerb und der Umweltschutz eng aneinander und bilden sogar einen Schulterschluß10. b) Aufgaben Um die gesetzten Ziele zu erreichen, sind rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen worden, die auf einen Binnenmarkt und eine einheitliche europäische Wettbewerbspolitik zielen11. Diese schreiben zum einen Transparenz der Sachverhalte vor, um Mängel der Energieversorgung im Binnenmarkt zu finden, zum anderen freies Spiel der Kräfte im Binnenmarkt, um diese Mängel zu beseitigen. Dazu gehören beispielsweise die Möglichkeit, daß ein jeder, der dieses begehrt, gewisse wirtschaftliche und technische Gegebenheiten vorausgesetzt, einen freien Zugang zur Stromerzeugung hat (Art. 20 f. EltRL a. F.; Art. 6 i. V. m. Art. 11 BeschlEltRL) und die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen, etwa durch nicht sachgemäße Subventionen12. Aufgabe der europäischen Wettbewerbshüter ist es ebenfalls sicherzustellen, daß der gemeinsame Binnenmarkt nicht durch wettbewerbsschädliche Praktiken der Energieversorgungsunternehmen verzerrt oder sogar völlig ausgeschlossen wird (insb. Art. 25 f. EltRL a. F.; Art. 27 BeschlEltRL). Gegen allzu große Marktmacht wird insbesondere das Instrument der Entflechtung eingesetzt13. 8 Vgl. P. Lauffer, Beihilfen für den Steinkohlenbergbau in der Europäischen Union nach 2002, insb. S. 106. 9 KOM(2003)740 endg.; s. a. die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 10.12.2003 – IP/03/1694. 10 Dazu ausführlich in Kap. V. 6., insb. Kap. VII. 9. c), VII. 10. b) bb), VII. 10. e), VII. 11. 11 Für den Elektrizitätsmarkt sind das insbesondere die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie Art. 3 alte und neue Fassung. 12 Vgl. H. D. Jarass, Europäisches Energierecht, S. 17; L. Müller, Handbuch der Elektrizitätswirtschaft, S. 76 i. V. m. § 3 Abs. 1 S. 1 EnWG. 13 Die Entflechtung gliedert sich in vier Ebenen (buchhalterisch, informatorisch, organisatorisch und gesellschaftsrechtlich). Bestimmt wird dies in der novellierten Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie von 2003.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

2. Europapolitische Ermächtigung der Gemeinschaft Vormalige Versuche, Kartelle von Energieversorgungsunternehmen oder die unmittelbar damit in Verbindung stehenden Energiemonopole der Mitgliedstaaten als Verstoß gegen die europäischen Wettbewerbsregeln darzustellen14, scheiterten über viele Jahre hinweg an einer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der, mit dem Hinweis, daß die Wettbewerbsregeln nur „zwischen Unternehmen“ und nicht „auf Konzessionsverträge zwischen Gemeinden, die in ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt handeln, und Unternehmen, die mit der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe betraut werden“15,

die Energieversorgung der Sache nach zu einem wettbewerblichen Ausnahmebereich erklärte16. Um diese Sparte der Versorgungswirtschaft ebenfalls dem europäischen Binnenmarktrecht zu unterwerfen, blieb es der Europäischen Kommission überlassen, primär mit Hilfe von Richtlinien und Verordnungen die Marktöffnung zu betreiben. Der verfolgte Zweck der verschiedenen Richtlinien ist im wesentlichen immer derselbe. Mit ihnen sollen durch Abbau unterschiedlicher Rechtsvorschriften in den einzelnen Mitgliedstaaten vor allem solche Handelshemmnisse wie Einfuhrbeschränkungen, Wettbewerbsbeschränkungen oder Beihilfen beseitigt werden, die dazu geeignet sind, die Grundfreiheiten zu behindern17. Zur Schaffung des Elektrizitätsbinnenmarktes ist der zwischenstaatliche Verkehr von vornehmlichem Interesse, insbesondere von Waren und Dienstleistungen. Immer mehr rückt allerdings der Umweltschutz in den Vordergrund. Ziel ist es erklärtermaßen, den Binnenmarkt zu harmonisieren. Gerade auch im Bereich der Energiewirtschaft zeichneten sich bereits im Vorfeld Spannungen ab. Diese resultieren aus den verschiedenen über Jahrzehnte hinweg gewachsenen Strukturen und daraus resultierenden Interessenlagen. Eine ordnungsgemäße Umsetzung der relevanten Richtlinien durch alle Mitgliedstaaten birgt somit ein ge14 Dazu E. Brand/A. Witthohn, Die energiepolitischen Handlungsmöglichkeiten der EG, ET 2002, 253; I. Hochbaum/W. Berg, in: Groeben/Schwarze, EGV, 6. Aufl. 2003, Art. 31, Rdn. 75. 15 EuGH v. 04.05.1988 – Rs. 30/87 (Bodson), Slg. 1988, I-2479, Rdn. 18; ähnlich EuGH v. 27.04.1994 – Rs. C-393/92 (Almelo), Slg. 1994, I-1508, Rdn. 28 ff.; EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C 159/94 (Kommission/Frankreich), Slg. 1997, I-5815. 16 Dazu ausführlich A. Arapostathis, Das griechische Stromversorgungsmonopol und seine Vereinbarkeit mit dem europäischen Recht, 1999, S. 64 ff.; dazu auch I. Zenke, Genehmigungszwänge im liberalisierten Energiemarkt, 1998, 309 ff. 17 Vgl. P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 187; H.-W. Eckert, Europäisierung des Privatrechts, in: G. Köbler u. a. (Hrsg.), FS für Alfred Söllner, 2000, S. 239, 248.

2. Europapolitische Ermächtigung der Gemeinschaft

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wisses Konfliktpotential in sich, welches es zu eliminieren, zumindest aber größtmöglich zu reduzieren gilt. a) Harmonisierungsbefugnis Das Bestehen der Gemeinschaftsverträge erteilt der Gemeinschaft noch keine allgemeine Handlungsbefugnis. Vielmehr muß sich jede Befugnis aus dem Primärrecht ergeben. Zum Tätigwerden bedürfen die gemeinschaftlichen Rechtsetzungsorgane grundsätzlich einer ausdrücklichen Ermächtigung, also einer Ermächtigungsgrundlage. Sie unterliegen dem Prinzip der begrenzten Ermächtigung18. Weil der EG-Vertrag keine besondere Regelung über den Bereich der Energie enthält19, ist festzustellen, worauf die Harmonisierungsbefugnis in diesem Gebiet beruht. Die einschlägige Harmonisierungsbefugnis findet sich in Titel VI Kap. 3 EGV, der Angleichungen der Rechtsvorschriften regelt. Insbesondere ist auf die Art. 94 und 95 EGV zu verweisen. Aber auch Art. 308 EGV ist von besonderer Bedeutung, weil er eine Befugnisergänzungsvorschrift enthält, die gerade wegen der mangelnden Ermächtigungsgrundlage für den Bereich der Energiewirtschaft zum Tragen kommen kann. Diese Vorschrift ist den anderen Ermächtigungsnormen subsidiär. Sie darf nur herangezogen werden, wenn eine andere Vertragsbestimmung die notwendige Befugnis zur Verwirklichung der Vertragsziele nicht umfaßt und die spezielle Regelung nicht abschließend ist20. Die Maßnahmen, die aufgrund des Art. 308 EGV ergriffen werden, müssen jedoch in jedem Fall dem Subsidiaritätsprinzip des Art. 5 Abs. 2 EGV genügen21. Auch eine 18 Vgl. BVerfGE 89, 155 (181, 191 ff.); K. A. Schachtschneider, Die existentielle Staatlichkeit der Völker Europas, in: W. Blomeyer/ders. (Hrsg.), Die Europäische Union als Rechtsgemeinschaft, 1995, S. 96, 113; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, 5. Aufl. 2004, S. 67 ff.; ders./Th. C. W. Beyer, Die Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, in: ders., Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, Stand: 2004, § 6; S. Schulte-Beckhausen, in: Ludwig/Odenthal, EGV, Teil B, 58 EL 1999, Rdn. 6 m. w. Nachw. 19 In seinem Art. 3 lit. u wird die Energiepolitik lediglich als Tätigkeit genannt, ohne Befugnisse zu übertragen. Im Entwurf für eine Europäische Verfassung vom 18.07.2003 soll die Union erstmalig eine geteilte Zuständigkeit im Energiebereich erhalten (Art. 13 Abs. 2 Spstr. 5). Dem Bereich der Energie wird dort des weiteren erstmalig ein eigener Abschnitt zuteil (Teil III, Abschnitt 10, Art. 157). Allerdings sind die darin enthaltenen Regelungen sehr knapp und wenig präzise. 20 EuGH v. 18.02.1964 – verb. Rs. 73 und 74/63 (N.V. Internationale Crediet), Slg. 1964, I-3, (29); EuGH v. 26.03.1987 – Rs. 45/86 (Kommission/Rat), Slg. 1987, I1493, Rdn. 13; EuGH v. 07.07.1992 – Rs. C-295/90 (Parlament/Rat), Slg. 1992, I4193, Rdn. 11. 21 Vgl. M. Rossi, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 308, Rdn. 65; dazu auch K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 82, 398 f.; ders./Th. C. W. Beyer, Die Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, in: ders., Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 6 I.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

Ausweitung der Aufgaben der Gemeinschaft über die Zielvorgaben der Präambel oder des Art. 2 EGV hinaus ist nicht erlaubt22. Für den Umweltbereich kommen die Art. 174 ff. EGV zum Einsatz, auf die sich die Regenerativstromrichtlinie stützt (Art. 175 Abs. 1 EGV). Als wichtige Ermächtigungsnorm für energierelevante Maßnahmen ist noch Art. 86 Abs. 3 EGV zu nennen, mit dessen Hilfe die Einhaltung der Wettbewerbsregeln durch Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem Interesse betraut sind, durchgesetzt werden kann23. Allerdings stützt sich keine Richtlinie, die energiewirtschaftliche Regelungen enthält, auf die Wettbewerbsordnung. Mit der Einführung des Art. 3 Abs. 1 lit. t EGV a. F. in den Maastrichter Vertrag wurde erstmals die Energiepolitik ausdrücklich als Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft genannt. Allerdings werden damit keine Befugnisse übertragen, sondern es kommt insoweit auf die besonderen Vorschriften des EG-Vertrags an24. Weiterhin wurde mit Titel XV ein Kapitel über „transeuropäische Netze“ in den EG-Vertrag eingeführt. Danach soll die Gemeinschaft den Auf- und Ausbau transeuropäischer Netze auf lange Sicht sicherstellen. Dieser dient in erster Linie der Sicherung der Versorgungskontinuität, aber überwiegend dem Abbau von staatenübergreifenden Kapazitätsengpässen, wodurch Durchleitungsverweigerungen vorgebeugt werden soll25. Nach Art. 5 Abs. 2 EGV darf die Gemeinschaft unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips26 nur tätig werden, wenn die Ziele der vorgeschlagenen Regelungen auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können. Die Notwendigkeit der Beachtung des Subsidiaritätsprinzips wird mittelbar in Art. 16 EGV ausgedrückt, der von einer konkurrierenden Zuständigkeit der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten für die Gewährleistung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse spricht und somit die Verantwortung der Mitgliedstaaten ausdrücklich bekräftigt27. Insbesondere der in 22 G. Nicolaysen, Europarecht I, 1991, S. 132 ff.; K. A. Schachtschneider/Th. C. W. Beyer, Die Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 6 II; insb. BVerfGE 89, 155 (184). 23 Dazu in Kap. V. 4. a) cc). 24 Vgl. K. A. Schachtschneider/Th. C. W. Beyer, Die Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 6; A. Bleckmann, Europarecht, Rdn. 2864. 25 Dazu auch KOM(2001)125 endg., v. 13.03.2001, S. 19; s. ausführlich in Kap. VI. 3. e); dazu auch Kap. II. 1. a). 26 Vgl. Fn. 21. 27 G. Kühne, Gemeinschaftsrechtlicher Ordnungsrahmen der Energiewirtschaft zwischen Wettbewerb und Gemeinwohl, RdE 2002, 259; vgl. a. C. Koenig/J. Kühling, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 16, insb. Rdn. 3; C. Jung, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 16, Rdn. 3; vermittelnd S. Storr, Zwischen überkommener Daseins-

2. Europapolitische Ermächtigung der Gemeinschaft

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Art. 16 EGV enthaltene ausdrückliche Hinweis auf Art. 86 Abs. 2 EGV ist in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als Ausdruck des Interesses der Mitgliedstaaten an der Wahrung ihrer Gestaltungsmöglichkeiten der Wirtschafts- und Finanzpolitik im Hinblick auf die Organisation von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verstanden worden28. Nimmt die Gemeinschaft im Rahmen der Daseinsvorsorge Aufgaben wahr, ist das Subsidiaritätsprinzip einzuhalten29. Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes für Energie setzt voraus, daß in allen Mitgliedstaaten die gleichen Rahmenbedingungen bestehen. Insofern muß die Befugnis zwangsläufig auch für die Schaffung eines liberalisierten Marktes einschlägig sein. Hieraus folgert die Europäische Kommission, daß sie durchaus primärrechtlich befugt ist, im Bereich der Energiewirtschaft tätig zu werden30. Nach den Vorstellungen der Kommission umfaßt die Energiepolitik vor allem vier Bereiche: Versorgungssicherheit und internationale Zusammenarbeit im Energiebereich, Integration der europäischen Energiemärkte und Vollendung des Energiebinnenmarkts, Förderung der nachhaltigen Entwicklung im Energiebereich und schließlich die Förderung von Forschung und technologischer Entwicklung31. b) Besondere Ermächtigung – Richtlinienkompetenz Wegen der schmalen primärrechtlichen Grundlagen ist die europäische Energiepolitik stark durch das Sekundärrecht geprägt. Als verbindliche Instrumente stehen der Gemeinschaft Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen zur Verfügung (Art. 249 EGV). Um dem Subsidiaritätsprinzip zu entsprechen, wird oft die Form der Richtlinie gewählt, weil sie lediglich Ziele vorgibt. Sie ist für vorsorge und Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, DÖV 2002, 360 ff., 364 ff. 28 EuGH v. 19.05.1993 – Rs. C-320/91 (Corbeau), Slg. 1993, I-2533, Rdn. 18; EuGH v. 27.04.1994 – Rs. C-393/92 (Almelo), Slg. 1994, I-1508, Rdn. 46; EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C-159/94 (Kommission/Frankreich), Slg. 1997, I-5815, Rdn. 52; dazu auch in Kap. V. 4. a) cc). 29 G. Kühne, Gemeinschaftsrechtlicher Ordnungsrahmen der Energiewirtschaft zwischen Wettbewerb und Gemeinwohl, RdE 2002, 263. 30 Vgl. Weißbuch der Kommission für „eine Energiepolitik für die Europäische Union“, KOM(95)682 endg. v. 13.12.1995, S. 5, 13, insb. S. 7. 31 KOM(97)167 endg., abgedruckt in BR-Drucks. 354/97 v. 12.05.1997 S. 2 ff.; zur Energiesicherheit KOM(2003)740 endg. v. 10.12.2003; s. a. die Pressemitteilung der Europäischen Kommission v. 10.12.2003 – IP/03/1694; zur Endenergieeffizienz und zu Energiedienstleistungen etwa KOM(2003)739 endg. v. 10.12.2003; zu Bedingungen für den Zugang zu Erdgasfernleitungsnetzen KOM(2003)741 endg. v. 10.12.2003; zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Netze im Energiebereich KOM(2003)742 endg. v. 10.12.2003; vgl. zu den Zielen und Aufgaben auch die Kap. V. 1. a) und V. 1. b).

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

jeden Mitgliedstaat verbindlich, überläßt ihm aber selbst die Wahl der Form und Mittel, um die geforderten Ziele zu erreichen. Dadurch wird weniger in die Eigenständigkeit der Mitgliedstaaten eingegriffen32. Weil es sich bei Richtlinien um Sekundärrecht handelt und dieses der Verwirklichung des primären Gemeinschaftsrechts dient, müssen sich Richtlinien auf eine primärrechtliche Ermächtigung stützen. Auf Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muß sich die Wahl der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen. Dabei nehmen das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts eine vorrangige Rolle ein33. Entscheidend für die Bestimmung der primärrechtlichen Vertragsgrundlage ist der verfolgte Hauptzweck der Maßnahme34 und nicht die Wirkung derselben. Dieser wird nur sehr geringes Gewicht beigemessen35. Einzig die zum Zeitpunkt des Erlasses der Rechtsakte geltenden Vertragsvorschriften sind zu berücksichtigen. Ob nach Erlaß der Richtlinie eine Vertragsänderung eintritt oder eine solche bevorsteht, ist bedeutungslos36. Ebenfalls werden die Zielsetzungen der Richtlinie durch die Zielvorgaben des primären Gemeinschaftsrechts bestimmt. Mitgliedstaatliche Regelungen, die dem inhaltlichen Zweck einer Richtlinie zuwiderlaufen, sind somit nicht richtliniengemäß und innerhalb der von einer Richtlinie eingeräumten Frist zu ändern. Versäumt ein Mitgliedstaat die Umsetzung, so ist es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unter gewissen Umständen möglich, daß die Richtlinie Direktwirkung, also unmittelbare Wirkung entfaltet37. Damit soll vermieden werden, daß Unionsbürger durch Versäumnisse ihres nationalen Gesetzgebers Nachteile erleiden38. 32 Dazu auch R. Börner, Zu den Auswirkungen der EG-Richtlinien zum Binnenmarkt für Strom und zum Binnenmarkt für Gas vor ihrer Umsetzung ins nationale Recht, RIW 1997, 476, dort auch zur Rechtslage von Verordnungen und deren Ungeeignetheit, gemeinschaftliche Ziele zu erreichen. 33 EuGH v. 11.06.1991 – Rs. C-300/89 (Titandioxid), Slg. 1991, I-2867, Rdn. 10; EuGH v. 26.03.1996 – Rs. C-271/94 (Parlament/Rat), Slg. 1996, I-1689, Rdn. 14; EuGH v. 04.04.2000 – Rs. C-269/97 (Kommission/Rat), Slg. 2000, I-2257, Rdn. 27; dazu auch C. Claßen, Nichtumsetzung von Gemeinschaftsrichtlinien, 1999, insb. S. 48 ff. 34 EuGH v. 17.03.1993 – Rs. C-155/91 (Kommission/Rat), Slg. 1993, I-939, Rdn. 20; EuGH v. 17.03.1993 – Rs. C-84/94 (Vereinigtes Königreich/Rat), Slg. 1996, I5755, Rdn. 21; EuGH v. 09.10.2001 – Rs. C-377/98 (Niederlande/Kommission und Rat), Slg. 2001, I-7079, Rdn. 27; dazu auch C. Claßen, Nichtumsetzung von Gemeinschaftsrichtlinien, 1999, insb. S. 48 ff. 35 EuGH v. 17.03.1993 – Rs. C-155/91 (Kommission/Rat), Slg. 1993, I-939, Rdn. 20; so auch W. Kahl, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 95, Rdn. 46. 36 EuGH v. 04.04.2000 – Rs. C-269/97 (Kommission/Rat), Slg. 2000, I-2257, Rdn. 45 f., Tätigkeitsbericht Nr. 12/2000 (Kommission/Rat), S. 2. 37 Ständige Rechtsprechung seit EuGH v. 06.10.1970 – Rs. 9/70 (Grad/FA Traunstein), Slg. 1970, I-825, Rdn. 10; EuGH v. 04.12.1974 – Rs. 41/74 (Van Duyn/Home Office), Slg. 1974, I-1337, Rdn. 12 ff.; EuGH v. 05.04.1979 – Rs. 148/78 (Ratti), Slg. 1979, I-1629, Rdn. 18 ff.; K. A. Schachtschneider/A. Emmerich-Fritsche, Die Grundrechte in der Gemeinschaft, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Eu-

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c) Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie Nach langen und zähen Verhandlungen wurde 1997 die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie erlassen, die 2003 novelliert wurde. Beide Richtlinien stützen sich auf die Art. 57 Abs. 2, Art. 66 und Art. 100a EGV a. F. (Art. 47 Abs. 2, Art. 55 und Art. 95 EGV n. F.). Bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der ersten Fassung stellte sich die Frage, ob sie eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage hatte. Analog läßt sich diese Fragestellung auf die Neuregelung, deren Wesengehalt der gleiche ist39, übertragen. Insbesondere verwundert, daß sich die Richtlinie auf Art. 57 Abs. 2 EGV a. F. stützt, der die Niederlassungsfreiheit regelt40. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum ausgerechnet die Niederlassungsfreiheit als Ermächtigungsgrundlage der Richtlinie herangezogen worden ist. Nicht zu vermuten ist, daß dies mangels energierechtlicher Regelungen im EG-Vertrag geschehen ist. Dafür gibt es andere, die Energiewirtschaft eher tangierende Vorschriften41. Eigentümlich ist in gewisser Weise auch die zweite Ermächtigungsgrundlage (Art. 66 EGV a. F.), welche die Dienstleistungsfreiheit regelt42. Wie in Kap. V. 5. a) gesehen, tangiert die Energiewirtschaft durchaus den Bereich der Dienstleistungsfreiheit. Dies betrifft in erster Linie die Bereithaltung des Netzes zur Versorgung mit Strom, die Versorgungssicherheit und die Versorgungskontinuität. Die Versorropäischen Union, Stand: 2004, § 12 III; C. Claßen, Nichtumsetzung von Gemeinschaftsrichtlinien, 1999, insb. S. 62 ff. 38 Ausführlich zur Problematik der Direktwirkung von Richtlinien C. Claßen, Nichtumsetzung von Gemeinschaftsrichtlinien, insb. S. 62 ff.; E. Grabitz, in: ders./Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 5. EL 1992, Art. 189, Rdn. 60 ff.; B. Hauschild, Die unmittelbare Wirkung von Richtlinien mit drittbegünstigendem oder -belastendem Charakter, in: C. Reichel/H. Schneider/H. Weyer (Hrsg.), Festschrift für Jürgen F. Baur, 1998, S. 101 ff.; zur Problematik der Direktwirkung der Stromrichtlinie R. Börner, Zu den Auswirkungen der EG-Richtlinien zum Binnenmarkt für Strom und zum Binnenmarkt für Gas vor ihrer Umsetzung ins nationale Recht, RIW 1997, 475 ff. 39 Vgl. dazu Kap. II. 1. b) aa) i. V. m. Kap. II. 1. b) bb). 40 So auch U. Steckert, Kommunale Energieversorgungsunternehmen, Daseinsvorsorge und Wettbewerb in Europa, in: J. F. Baur (Hrsg.), Energiewirtschaft zwischen Wettbewerb und öffentlichen Aufgaben, 1997, S. 54; J. F. Baur, Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, ET 1997, 626 die auch kein Verständnis dafür haben, daß die Richtlinie auf Art. 100a EGV a. F. gestützt wird; a. A. F. J. Säcker/J. Busche, Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie, ET 1998, 19; Z. Beckert, Abgeänderter Richtlinienvorschlag zum Binnenmarkt für Elektrizität, S. 222 f.; H. D. Jarass, Europäisches Energierecht, S. 101; S. Neveling/C. Theobald, Aktuelle Entwicklungen des europäischen Energiehandels, EuZW 2002, 111, die allerdings auch kein Verständnis dafür haben, daß die Richtlinie auf die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit gestützt wird. 41 So z. B. die Art. 81 ff. welche die Wettbewerbsregeln betreffen, Art. 154 ff. die den Auf- und Ausbau transeuropäischer Netze zum Ziel haben, Art. 174 EGV, der dem Umweltschutz dient; s. a. Kap. II. 1. a). 42 Vor allem mit Blick auf Kap. V. 5. a) läßt sich noch erklären, warum sich die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie auf die Dienstleistungsfreiheit stützt.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

gung mit Elektrizität unterfällt indes vornehmlich dem Warenverkehr und nicht der Dienstleistung, so daß auch insoweit die richtige Ermächtigungsgrundlage verfehlt wurde. Unbestritten ist, daß Art. 57 EGV a. F. Liberalisierungsmaßnahmen enthält, die auf Art. 66 EGV a. F., wegen dessen Verweis auf Art. 57 EGV a. F., übertragbar sind. Auch dienen beide Artikel der Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, weswegen sich Richtlinien, die eine Liberalisierung bezwecken, sich häufiger auf diese beiden Artikel stützen. Die Praxis bestätigt dies. Bestätigt wird aber auch, daß dabei der Bereich der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit geregelt wird43. Art. 100a EGV a. F. bezweckt ebenfalls die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten. Vom rechtfertigenden Zweck her kann Art. 100a EGV a. F. nur dann als Grundlage herangezogen werden, wenn die Maßnahme einen wesentlichen Beitrag zur Errichtung des Binnenmarkts leisten kann44. Weil Zweck der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie ist, den Elektrizitätsbinnenmarkt schrittweise zu harmonisieren, ist es die bessere Wahl, diesen Artikel als Rechtsgrundlage heranzuziehen45. Zu den zentralen Anwendungsbereichen des Art. 100a EGV a. F. gehört die Beseitigung von Wettbewerbsverfälschungen, welche die Freiheit des Warenverkehrs beeinträchtigen 46. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs liegt dem EG-Vertrag nach Wortlaut des Art. 2 EGV das Universalitätsprinzip47 zugrunde, wonach die Querschnittskompetenzen des Vertrags auf alle Wirtschaftsbereiche Anwendung finden. Dabei ist es unerheblich, ob der betroffene Wirtschaftszweig im Vertrag explizit hervorgehoben wird oder nicht48. Eine Anwendung setzt allerdings voraus, daß die Wettbewerbsverzerrungen spürbar sein müssen. Ansonsten ist die Tätigkeit 43

So W. Kluth, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 55, Rdn. 4. S. Neveling/C. Theobald, Aktuelle Entwicklungen des europäischen Energiehandels, EuZW 2002, 111; H.-H. Herrnfeld, in: Schwarze, EU-Kommentar, 1. Aufl. 2000, Art. 95 EGV, Rdn. 8. 45 So S. Neveling/C. Theobald, Aktuelle Entwicklungen des europäischen Energiehandels, EuZW 2002, 111; so wohl auch F. J. Säcker/J. Busche, Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie, ET 1998, 19. 46 H.-H. Herrnfeld, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 95 EGV, Rdn. 6, 22; R. Scholz/S. Langer, Europäischer Binnenmarkt und Energiepolitik, 1992, S. 213. 47 Dazu GA Stix-Hackl, Schlußanträge zu EuGH v. 11.12.2003 – Rs. C-322/01 (Deutscher Apothekerverband), Slg. 2003, Rdn. 59 (n. n. ersch.); s. a. R. Hellmann, in: Groeben/Schwarze, EGV, 6. Aufl. 2003, Art. 157, Rdn. 48; zum Finanzwesen F. Fugmann, Der Gesamthaushalt der EG, 1992, insb. S. 74 f. 48 Ausnahmen stellen nur solche Wirtschaftsbereiche dar, bei denen dies explizit formuliert wird, wie z. B. der Bereich der Landwirtschaft (Art. 36 EGV), so der EuGH (EuGH v. 04.04.1974 – Rs. 167/73 (Kommission/Französische Republik), Slg. 1974, I359, Rdn. 17/23; i. d. S. auch EuGH v. 30.04.1986 – verb. Rs. 209 bis 213/84 (Ministère Public/Asjes u. a.), Slg. 1986, I-1425, Rdn. 40; EuGH v. 27.01.1987 – Rs. 45/85 (Verband der Sachversicherer/Kommission), Slg. 1987, I-405, Rdn. 12); s. a. T. C. W. Beyer, Rechtsnormanerkennung im Binnenmarkt, 1998, S. 91 ff. 44

2. Europapolitische Ermächtigung der Gemeinschaft

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des Gemeinschaftsgesetzgebers mit dem Grundsatz der „begrenzten Einzelermächtigung“ nicht vereinbar49. Nach dem Universalitätsprinzip ergibt sich somit im Bereich der Energiewirtschaft, insbesondere nach Art. 100a EGV a. F., eine Rechtsangleichungsbefugnis50. Dieser Meinung folgen jedoch nicht alle. Bereits der Umstand, daß die Mitgliedstaaten es wiederholt bekämpft haben, der Gemeinschaft im Bereich der Elektrizitätsversorgung besondere Befugnisse einzuräumen, könnte eine Ausnahme von dem Universalitätsprinzip bewirken51. Weil die Ermächtigung des Art. 100a EGV a. F. umfassend auf die Verwirklichung des Binnenmarkts gerichtet ist und sich nicht nur auf Teilbereiche beschränkt, ist sie spezielleren Anwendungsbereichen subsidiär. So sind die Art. 154 ff. EGV, die den Bereich der Transeuropäischen Netze regeln, leges speciale zu Art. 100a EGV a. F. und somit prioritär52. Diese bezwecken unter anderem den Auf- und Ausbau der Energieinfrastruktur und erwähnen den Zugang zu den Netzen. Eine Durchleitungsermächtigung bieten aber auch sie nicht. Genau diese ist aber das Herzstück der Strommarktliberalisierung. So ist es verständlich, daß die Richtlinie sich auf Art. 100a EGV a. F. stützt und nicht auf die Art. 154 ff. EGV. Es bleibt zweifelhaft, ob Art. 100a EGV a. F. die Entflechtung und das Nebeneinander von Marktzugangs- und Dienstleistungssystemen deckt. Ebenfalls wird darin keine sichere, belastungsfähige Grundlage gesehen, um Dritten den Netzzugang zu gewähren53. Summa summarum wird eine Verletzung des Prinzips der begrenzten Ermächtigung, das durch die Art. 3, 5, 7 Abs. 1 und 249 Abs. 1 EGV zum Ausdruck kommt, in der Richtlinie gesehen54. Eine Berufung auf Art. 3 Abs. 1 lit. u EGV, der zumindest Maßnahmen im Bereich der Energie vorsieht, wäre indes nicht möglich gewesen, weil diese Vorschrift nur Aufgaben und Ziele der Ge49 EuGH v. 05.10.2000 – Rs. C-376/98 (Deutschland/Europäisches Parlament), Slg. 2000, I-8419, Rdn. 106 f.; EuGH v. 11.06.1991 Rs. C-300/89 (Titandioxid), Slg. 1991, I-2867, Rdn. 23; vgl. auch A. Epiney, Neuere Rechtsprechung des EuGH in den Bereichen institutionelles Recht, allgemeines Verwaltungsrecht, Grundfreiheiten, Umweltund Gleichstellungsrecht, NVwZ 2001, 525. 50 Dazu T. C. W. Beyer, Rechtsnormanerkennung im Binnenmarkt, insb. S. 84 ff.; s. a. Fn. 42. 51 Dazu auch U. Hüffer/K. Ipsen/P. J. Tettinger, Die Transitrichtlinien für Gas und Elektrizität, S. 105 f., 111; R. Scholz/S. Langer, Europäischer Binnenmarkt und Energiepolitik, S. 210 f.; A. A. Schweitzer, Der grenzüberschreitende Stromverbund in Europa, S. 115 f. 52 EuGH v. 26.03.1996 – Rs. C-271/94 (Telematiknetze), Slg. 1996, I-1689. 53 So J. F. Baur, Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, ET 1997, 626. 54 So F. J. Säcker/J. Busche, Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie, ET 1998, 19; zum Prinzip der begrenzten Ermächtigung K. A. Schachtschneider/Th. C. W. Beyer, Die Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 6 I; A. Emmerich-Fritsche, ebenda, § 13 I; Th. C. W. Beyer, Rechtsnormanerkennung im Binnenmarkt, S. 91 ff.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

meinschaft beschreibt, aber keine Handlungsermächtigung enthält. Weil der Wettbewerb zu den Schlüsselbereichen der EU-Politik gehört55, müßte sich die Richtlinie hingegen zusätzlich auf Art. 83 EGV56, oder aber auf Art. 86 Abs. 2 EGV stützen57. Wegen der Vorrangregelung, aber auch der in Verbindung mit Art. 100a EGV a. F. auftretenden Konflikte, wäre ein Verweis auf Art. 308 EGV, der Art. 100a EGV a. F. subsidiär ist, treffender gewesen. Dessen Befugnisergänzungsvorschrift wurde für den Fall geschaffen, in dem eine andere Befugnisnorm zur Verwirklichung der der Gemeinschaft übertragenen Aufgaben nicht ausreicht58, immer unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips59. d) Regenerativstromrichtlinie Die Kommission hatte ursprünglich gewünscht, die Regenerativstromrichtlinie wie die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie auch auf der Grundlage des Art. 95 EGV (Art. 100a EGV a. F.) zu erlassen. Sie stützt sich indes auf den Umweltartikel 175 Abs. 1 EGV60. Dies entspricht der gängigen Rechtspre55 Vgl. H. Decker, in: Ludwig/Odenthal, EGV, Art. 86, 58. EL 1999, Rdn. 37; J. Ukrow, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 3, Rdn. 11 insb. i. V. m. Rdn. 2; i. d. S. EuGH v. 21.02.1973 – Rs. 6/72 (Europemballage/Kommission), Slg. 1973, I-215, Rdn. 23 f.; EuGH v. 13.05.1971 – verb. Rs. 41 bis 44/70 (Fruit Company u. a./Kommission), Slg. 1971, I-411, Rdn. 68/72. 56 So J. F. Baur, Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, ET 1997, 626; P. Leipertz, Die 2. Stufe des Energiebinnenmarkts und ihre Umsetzung auf bundesdeutscher Ebene, S. 151; E.-J. Mestmäcker, Durchleitungspflichten auf dem Binnenmarkt für Erdgas, in: J. F. Baur (Hrsg.), Leitungsgebundene Energie und der gemeinsame Markt, 1990, S. 44 ff.; anders im Ergebnis F. J. Säcker/J. Busche, Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie, ET 1998, 20; Z. Beckert, Abgeänderter Richtlinienvorschlag zum Binnenmarkt für Elektrizität, S. 222 f.; H. D. Jarass, Europäisches Energierecht, S. 70 f. 57 So wohl auch I. Hochbaum/R. Klotz, in: Groeben/Schwarze, EGV, 6. Aufl. 2003, Art. 86, Rdn. 75 m. w. Nachw. 58 So auch E. Brand/A. Witthohn, Die energiepolitischen Handlungsmöglichkeiten der EG, ET 2002, 254; H. D. Jarass, Die Kompetenzverteilung zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, AÖR 1996, 174: „Die (bloße) Wahrnehmung eines Vertragsziels genügt allein im Falle der Kompetenzabrundung nach Art. 235 EGV“; kritisch R. Scholz, Freiheitlicher Binnenmarkt oder diktierte Marktstruktur?, ET 2001, 680 mit Verweis auf EuGH v. 05.10.2000 – Rs. C-376/98 (BRD/ Parlament und Rat), Slg. 2000, I-8419; Art. 308 EGV befugt nicht, neue Befugnisse zu schaffen, die über die primärrechtlich gesetzten Ziele hinweggehen, vgl. M. Rossi, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 308, Rdn. 2; ausführlich zu den primärrechtlichen Zielen, a. a. O. Rdn. 10 ff.; K. A. Schachtschneider/Th. C. W. Beyer, Die Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 6 II; s. a. Kap. V. 5. a). 59 K. A. Schachtschneider/Th. C. W. Beyer, Die Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 6 II. 60 Vgl. J. F. Baur, Ökologische Energieversorgung in Deutschland unter europarechtlichen Rahmenbedingungen, in: G. Kühne/ders./Baron/U. Büdenbender (Hrsg.),

2. Europapolitische Ermächtigung der Gemeinschaft

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chung, wonach auf Art. 175 EGV zurückzugreifen ist, wenn ausschließlich oder zumindest in erster Linie der Bereich des Umweltschutzes geregelt werden soll61. Dies ist im Bereich der Regenerativstromrichtlinie der Fall. Die Art. 95 und 175 EGV stehen zwar gleichwertig nebeneinander62, doch ist Art. 95 EGV nur dann heranzuziehen, wenn der Regelungsschwerpunkt sich im Bereich des Binnenmarkts bewegt und der Umweltschutz nur nebenbei oder implizit geregelt wird63. Selbst wenn die Regenerativstromrichtlinie Mischcharakter vorweisen würde, wäre eine Abstützung auf beide Artikel unzulässig, weil die Art. 95 und 175 Abs. 2 EGV unterschiedliche Verfahrensregelungen zur Erreichung der dort genannten Ziele vorsehen. Die in Art. 175 EGV bestimmte vorgesehene Einstimmigkeit der Ratsentscheidung würde das Beteiligungsrecht des Europäischen Parlaments im in Art. 95 EGV festgehaltenen Verfahren der Zusammenarbeit aushöhlen, was nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unzulässig ist64. Die in der Richtlinie enthaltenen Regelungen sind im Vergleich zur Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie recht weit gefaßt und lassen dem nationalen Gesetzgeber verhältnismäßig viel Spielraum. Sicher läßt sich aber sagen, daß dieser Rechtsakt darauf abzielt, mitgliedstaatliche Sonderregelungen zum Schutz bestimmter sozio-ökologischer Belange gerade zuzulassen, bei dem der Binnenmarkt nur am Rande tangiert wird. Für derartige Produktnormen mit negativem Binnenmarkteffekt ist die Wahl des Art. 175 Abs. 1 EGV als Rechtsgrundlage die richtige65. Das deutsche Berg- und Energierecht auf dem Wege nach Europa, 2002, S. 24; W. Kahl, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 95, Rdn. 10c in Verb. mit Rdn. 6; dazu auch C. Calliess, in: ders./Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 175, Rdn. 13 m. w. Nachw. 61 EuGH v. 17.03.1993 – Rs. C-155/91 (Kommission/Rat), Slg. 1993, I-939, Rdn. 19 ff.; EuGH v. 28.06.1994 – Rs. C-187/93 (Europäisches Parlament/Rat), Slg. 1994, I-2857, Rdn. 20 ff.; EuGH v. 25.02.1999 – verb. Rs. C-164/97 und 165/97 (Parlament/Rat), Slg. 1999, I-1139, Rdn. 14, 16. 62 Vgl. A. Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, 1997, S. 67 ff.; E. Grabitz/M. Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, 5. EL 1992, Art. 130s, Rdn. 23 ff.; R. Schmidt, Neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zum Umweltrecht, JZ 1995, 546; dazu auch C. Calliess, Anm. zu EuGH v. 25.02.1999 – verb. Rs. C-164/97 und 165/97 (Parlament/Rat), Slg. 1999, I-1139, ZUR 1999, 225 f. 63 EuGH v. 11.06.1991 – Rs. C-300/89 (Titandioxid), Slg. 1991, I-2867, Rdn. 22 ff.; EuGH v. 17.03.1993 – Rs. C-155/91 (Kommission/Rat), Slg. 1993, I-939, Rdn. 19, GA Saggio, Schlußanträge zu EuGH v. 01.10.1998 – Rs. C-127/97 (Burstein), Slg. 1998, I-6005, Rdn. 5; ders., Schlußanträge zu EuGH v. 28.01.1999 – Rs. C-319/97 (Kortas), Slg. 1999, I-3143, Rdn. 22. 64 EuGH v. 11.06.1991 – Rs. C-300/89 (Titandioxid), Slg. 1991, I-2867, Rdn. 18 ff.; i. d. S. EuGH v. 18.03.1980 – Rs. 91/79 (Detergentien), Slg. 1980, I-1099, Rdn. 8; EuGH v. 18.03.1980 – Rs. 92/79 (Schwefelhöchstgehalt), Slg. 1980, I-1099, Rdn. 8; dazu ausführlich J. Jahns-Böhm, in: Schwarze, EU-Kommentar, 1. Aufl. 2000, Art. 175 EGV, Rdn. 6 ff.; W. Kahl, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 95, Rdn. 46 ff. m. w. Nachw.; s. a. M. Ullrich, Die Wahl der Rechtsgrundlage als Rechtsproblem des Gemeinschaftsrechts, ZEuS 2000, S. 243 ff.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

3. Gemeinwohl a) Wirtschaftspolitik Der Ansatzpunkt der besonderen Ausgleichsregel ist der harte, international bestehende Wettbewerb, dem die Unternehmen ausgesetzt sind66. In der freien Marktwirtschaft sind die Unternehmen um des Überlebens willen in der Regel genötigt, nahe den Grenzkosten zu wirtschaften. Zusätzliche Kosten können ein Unternehmen schnell in die Insolvenz treiben oder auch den Abbau von Arbeitsplätzen bedeuten. Dies kann und soll auch nicht, weder vom europäischen und schon gar nicht vom deutschen Gesetzgeber, gewollt sein. So ist zwar ein funktionierender Wettbewerb auf europäischer Ebene fraglos eines der gesetzten Ziele der Gemeinschaft, jedoch nicht das einzige, so daß dieses Ziel nicht um jeden Preis realisiert werden muß, sondern nur im Rahmen der Abwägung mit den anderen Zielen der Gemeinschaft anzustreben ist67. Die Wirtschaftspolitik wird in den Art. 98 ff. EGV geregelt. Danach haben die Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitik so auszurichten, daß sie zur Erreichung der Ziele im Sinne des Art. 2 EGV beitragen, der als Katalog von Vertragszielen der Gemeinschaft zu interpretieren ist68. Aufgabe der Gemeinschaft ist es, einen Gemeinsamen Markt zu errichten, durch den unterschiedliche Vertragsziele gefördert werden. Genannt sind darin „eine harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Beschäftigungsniveau und ein hohes Maß an sozialem Schutz, die Gleichstellung von Männern und Frauen, ein beständiges, nichtinflationäres Wachstum, ein hoher Grad von Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz der Wirtschaftsleistungen, ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität, die Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität, der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten“ 69.

65 Dahingehend EuGH v. 17.05.1993 – Rs. C-155/91 (Kommission/Rat), Slg. 1993, I-939, Rdn. 19; EuGH v. 28.06.1994 – Rs. C-187/93 (Europäisches Parlament/Rat), Slg. 1994, I-2857, Rdn. 20 ff.; GA La Pergola, Schlußanträge zu EuGH v. 26.03.1996 – Rs. C-271/94 (Parlament/Rat), Slg. 1996, I-1689, Rdn. 14; im Ergebnis auch V. Oschmann, Strom aus erneuerbaren Energien im Europarecht, S. 138 ff.; dazu ausführlich ders., ebenda, S. 113 ff.; kritisch W. Kahl, Der EuGH als „Motor des europäischen Umweltschutzes?“, ThürVBl. 1994, 228 ff.; so wohl auch L. Krämer, EC Environmental Law, 4. Aufl. 2000, Rdn. 2–75. 66 Dazu ausführlich in Kap. VII. 12. 67 s. Fn. 73; dazu auch in Kap. V. 4. b) bb). 68 Vgl. J. Ukrow, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 2, Rdn. 1; A. v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, 15. EL 2000, Art. 2, Rdn. 2; diesem Ansatz folgend auch EuGH v. 29.09.1987 – Rs. 126/86 (Giménez Zaera/Instituto Nacional de la Seguridad), Slg. 1987, I-3697, Rdn. 10; EuGH v. 24.01.1991 – Rs. C-339/89 (Alsthom/Sulzer), Slg. 1991, I-107, Rdn. 8. 69 Art. 2 EGV.

3. Gemeinwohl

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Neben dem hohen Grad an Wettbewerbsfähigkeit und dem behandelten Umweltschutz finden noch andere wichtige Ziele, wie das des hohen Beschäftigungsniveaus, das des Wirtschaftswachstums und das der Hebung der Lebenshaltung und der Lebensqualität Erwähnung. Von herausragender Bedeutung ist aber auch der Verweis auf den sozialen Schutz, der in alle Politiken einzubeziehen ist und dem ein hoher Stellenwert beizumessen ist. Dessen Wichtigkeit kommt durch dessen Vorverlagerung im Zielkatalog durch den Vertrag von Amsterdam, aber auch durch dessen separate Regelung in den Art. 136 ff. EGV zum Ausdruck70. Bei der Erfüllung der Vertragsziele lassen sich, wie noch zu sehen sein wird, Zielkonflikte kaum vermeiden71. Beispielhaft sei hier die Spannung zwischen Umweltschutz und Warenverkehrsfreiheit, aber auch den Wettbewerbsregeln, welche die Beihilferegeln mitbeinhalten, genannt72. Diese Gegensätze gilt es im Wege der Konkordanz zu lösen. Ist eine harmonische Lösung nicht zu finden, so ist es unumgänglich, dem einen oder anderen Ziel vorübergehenden Vorrang einzuräumen. Dieser Vorrang darf jedoch nicht über das zwingend Nötige hinausgehen und muß zu jedem Zeitpunkt dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügen73. b) Chancengleichheit Mangelnde reale Gleichheit ist ein Ausschlußkriterium für einen fairen Wettbewerb. Bestehen ungleiche marktliche Möglichkeiten, ist eine Chancengleichheit nicht gegeben74. Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb ist somit Marktgleichheit75. Diese zu schaffen ist der Gesetzgeber mit der besonderen Ausgleichsregel bemüht76. 70 So auch J. Ukrow, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 2, Rdn. 12; zum Sozialprinzip K. A. Schachtschneider, Grenzen der Kapitalverkehrsfreiheit, in: ders. (Hrsg.), Rechtsfragen der Weltwirtschaft, 2002, S. 289 ff.; ders., Das Sozialprinzip, 1974; ders., Res publica res populi, 1994, 234 ff.; ders., Freiheit in der Republik, Stand: 2004, 11. Kap., III. 71 Dazu ausführlich in Kap. VII. 72 Dazu EuGH v. 14.07.1998 – Rs. C-389/96 (Aher-Waggon), Slg. 1998, I-4473, Rdn. 19 f.; EuGH v. 07.02.1985 – Rs. 240/83 (Procureur de la République/ADBHU), Slg. 1985, I-531, Rdn 15. 73 EuGH v. 21.06.1958 – Rs. 8/57 (Groupement des hauts Fourneaux/hohe Behörde), Slg. 1958, I-233, (254); EuGH v. 24.10.1973 – Rs. 5/73 (Balkan-Import-Export/Hauptzollamt Berlin), Slg. 1973, I-1091, Rdn. 24; EuGH v. 20.10.1977 – Rs. 29/ 77 (S.A. Roquette/Französischer Staat), Slg. 1977, I-1835, Rdn. 29/31; EuGH v. 29.10.1980 – Rs. 139/79 (Maizena/Rat), Slg. 1980, I-3393, Rdn. 35; EuGH v. 05.10. 1994 – Rs. C-280/93 (Deutschland/Rat), Slg. 1994, I-4973, Rdn. 47; EuGH v. 17.10.1995 – Rs. C-44/94 (the Queen/Minister of Agriculture), Slg. 1995, I-3115, Rdn. 37; R. Streinz, in: ders., EUV/EGV, Art. 2, 2003, Rdn. 38; zur Abstufung der Ziele, ders., ebenda, Rdn. 39 f.; vgl. J. Ukrow, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 2, Rdn. 30; zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Kap. VII. 8. 74 Vgl. K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 322.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

Um in der Lage zu sein, einen fairen Wettbewerb gewährleisten zu können, muß einem jeden Mitstreiter die Chance gegeben werden, sich am Markt behaupten zu können. Werden unter objektiv ungleichen Möglichkeiten die Marktbarrieren ungewöhnlich hoch gesetzt, so daß ein Markteintritt oder ein weiteres Bestehen im Markt unmöglich gemacht wird, besteht ein Marktungleichgewicht, das eine Schieflage des fairen Wettbewerbs nach sich zieht. Folge hiervon ist ein Konzentrationsprozeß einiger weniger Unternehmen, die im unglücklichsten Fall europarechtswidrig diese Machtstellung mißbräuchlich auszunutzen versuchen könnten77. Als diesen Prozeß vorbeugende Maßnahme setzt der nationale Gesetzgeber unter anderem das Mittel der Subvention schwächerer Teilnehmer ein78. Das Mittel der Subvention ist somit nicht notwendig eine Maßnahme, um einem Marktteilnehmer eine bevorzugte Position zu verschaffen oder eine verschleierte Beihilfe zu genehmigen, als welche eine solche häufig dargestellt wird, sondern kann genau das Gegenteil bewirken, nämlich eine verschobene Marktlage zu korrigieren, um gerade so einen fairen Wettbewerb auf einem liberalisierten Markt gewährleisten zu können. Dies entspricht der Zielvorgabe für einen gemeinsamen europäischen Binnenmarkt79.

4. Wettbewerb und Beihilfe Zur Realisierung eines Europäischen Binnenmarktes, der geprägt ist von einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, so wie es der EG-Vertrag in Art. 4 Abs. 1 fordert, ist es unerläßlich, Richtlinien und Verordnungen zu erlassen, welche die Mitgliedstaaten verpflichten, ihre nationalen Gesetze an die Vorgaben der Gemeinschaft anzupassen. In diesem Anpassungsprozeß gibt es viele Probleme. In erster Linie besteht die Schwierigkeit in der Umsetzung der Richtlinien und der damit verbundenen Rechtsangleichung der nationalen Gesetze, abhängig vom jeweiligen nationalen Ordnungssystem. Im Mittelpunkt steht dabei meist die Vereinbarkeit mit dem Wettbewerbs- und Beihilferecht. Uneinigkeit besteht so auch im Bereich der deutschen Energiewirtschaft. Insbesondere wird die Vereinbarkeit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes mit den Gemeinschaftsverträgen hinterfragt. Im Vordergrund steht dabei der Aspekt 75 Dazu ausführlich K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 323 f.; B. Lurger, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 157, 2003, Rdn. 32. 76 Zur Problematik der besonderen Ausgleichsregel in Kap. VII. 12. 77 Vgl. K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 323 f. m. zahlr. w. Nachw.; auf europäischer Ebene wird dies bereits explizit durch Art. 82 EGV untersagt. 78 Vgl. K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 324 m. zahlr. w. Nachw. 79 Allgemein zur Chancengleichheit K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 144 f., 326, 330, 344 ff., 347.

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einer Wettbewerbsverzerrung durch die besondere Förderung regenerativen Stroms. Damit einher geht der Vorwand der Beschneidung des freien Warenverkehrs. Allerdings hat der Erlaß der Regenerativstromrichtlinie dafür gesorgt, daß die Kritik erheblich an Gewicht verloren hat. Neue Fragestellungen ergeben sich auch nach der im Jahr 2003 neu eingeführten besonderen Ausgleichsregelung in das Erneuerbare-Energien-Gesetz (§ 11a EEG), die auch nach der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes am 21. Juli 2004 Bestand hat (§ 16 EEAusbG). Nachfolgend wird das europäische Wettbewerbsrecht, zu dem das Beihilferecht gehört, skizziert. Die Darstellung wird auf das für die Energiewirtschaft notwendige Maß beschränkt. Weil Beihilfe (Subvention) und Wettbewerb nahe beieinander liegen, lassen sich Überschneidungen nicht vermeiden. a) Unterteilung der Wettbewerbsregeln Die Tätigkeit der Gemeinschaft umfaßt nach Art. 3 Abs. 1 lit. g EGV die Errichtung eines Systems, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen schützt. Um dieses Ziel zu erreichen, enthält der EG-Vertrag in seinem 3. Teil Titel VI Kapitel 1 Wettbewerbsregeln (Art. 81–89 EGV), die in zwei Abschnitte unterteilt sind. Der erste Abschnitt richtet sich an die Unternehmen und enthält Vorschriften für diese (Art. 81–86 EGV)80. Der zweite ist an die Mitgliedstaaten gerichtet und enthält Vorschriften über staatliche Beihilfen (Art. 87–89 EGV).

80 Im Rahmen des Wettbewerbsrechts hat der Gerichtshof entschieden, „daß der Begriff des Unternehmens jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung umfaßt“, EuGH v. 21.09.1999 – verb. Rs. C-115/97 bis 117/97 (Brentjens’/Stichting), Slg. 1999, I-6025, Rdn. 77; EuGH v. 16.11.1995 – Rs. C-244/94 (Fédération française des sociétés d’assurance u. a.), Slg. 1995, I-4013, Rdn. 14; EuGH v. 23.04.1991 – Rs. C-41/90 (Höfner und Elser), Slg. 1991, I-1979, Rdn. 21. Weiterhin hat der Gerichtshof entschieden, daß Einrichtungen, die obligatorische, auf dem Grundsatz der Solidarität beruhende Systeme der sozialen Sicherheit verwalten, nicht unter den Begriff des Unternehmens fallen EuGH v. 17.02.1993 – verb. Rs. C-159/91 und 160/91 (Poucet und Pistre), Slg. 1993, I-637, Rdn. 8 ff., insb. 18 ff. Dagegen hat der Gerichtshof im oben genannten Urteil Fédération française des sociétés d’assurance u. a. für Recht erkannt, daß eine Einrichtung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die ein zur Ergänzung einer Grundpflichtversicherung durch Gesetz geschaffenes, auf Freiwilligkeit beruhendes Rentenversicherungssystem verwaltet, das nach dem Kapitalisierungsprinzip arbeitet, ein Unternehmen im Sinne der Artikel 85 ff. EG-Vertrag ist, EuGH v. 16.11.1995 – Rs. C-244/94 (Fédération française des sociétés d’assurance u. a.), Slg. 1995, I-4013, Rdn. 22; dazu auch ausführlich C. Jung, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 86, Rdn. 11 ff.; I. F. Hochbaum, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, 4. Aufl. 1991, Art. 90, Rdn. 8 ff.

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aa) Vorschriften an Unternehmen Unternehmen sind wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und Verhaltensweisen durch Art. 81 EGV und der Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch Art. 82 EGV untersagt. Mangels ausreichender Vorschriften zur Durchsetzung der in Art. 81 und 82 EGV enthaltenen Grundsätze ermächtigt Art. 83 EGV den Rat, sekundärrechtliche Durchführungsvorschriften zu erlassen81. Die Entscheidungsmacht über wettbewerbsrechtliche Vereinbarungen, die gegen Art. 81 und 82 EGV verstoßen, ist in Art. 84 EGV verankert. Das Verfahren, das bei Zuwiderhandlungen eingeleitet wird, findet sich in Art. 85 EGV. Weil hier das Primärrecht ebenso lückenbehaftet ist wie im Fall der Art. 81 und 82 EGV, sollen diese ebenfalls anhand von Durchführungsbestimmungen nach Art. 83 EGV geschlossen werden. Ohne Durchführungsbestimmungen ist die Durchsetzung des materiellen Gemeinschaftskartellrechts nicht realisierbar82. Die an die Unternehmen gerichteten Wettbewerbsregeln umfassen noch Art. 86 EGV, der aber insofern eine Zwitterstellung innehat, als er zwar im ersten Abschnitt verankert ist, sich tendenziell aber an die Mitgliedstaaten richtet. Weil Art. 86 EGV die Möglichkeit der Wettbewerbsfreistellung vorsieht, wird auf ihn separat in Kap. V. 4. a) cc) eingegangen. bb) Vorschriften an Mitgliedstaaten Die wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen, die an die Mitgliedstaaten gerichtete sind, finden sich im Abschnitt 2 der Wettbewerbsregeln in Form von staatlichen Beihilfen (Art. 87–89 EGV). Zentraler Bestandteil ist Art. 87 EGV, der die Unzulässigkeit solcher Beihilfen zum Ausdruck bringt, die geeignet sind, den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt zu verfälschen. Allerdings gilt dies nicht absolut. Art. 87 EGV enthält Bereichsausnahmen, die in erster Linie sozialer, wirtschaftlicher und industrieller Art sind83. Sollten Unternehmen unstatthafte Beihilfen gewährt werden, die den in Art. 87 EGV statuierten Grundsätzen entgegenlaufen, enthält Art. 88 EGV, ähnlich den Art. 84 und 85 EGV, Maßnahmen, die dagegen ergriffen werden können84. Weil auch das Beihilferecht primärrechtliche Lücken enthält, ermächtigt Art. 89 EGV ähnlich Art. 83

81 Darunter fallen in erster Linie Verordnungen und Richtlinien; vgl. C. Jung, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 83, Rdn. 2. 82 Vgl. H. Schröter, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, 4. Aufl. 1991, Art. 87 – erster Teil, Rdn. 1; ausführlich zu den Durchführungsverordnungen, ders., ebenda, Art. 87 – zweiter Teil. 83 Ähnlich K. Soukup, Staatliche Beihilfen, öffentliche Unternehmen und Quersubventionierung, in: T. v. Danwitz (Hrsg.), Rechtsfragen der Europäischen Beihilfeaufsicht, S. 46 f. 84 Ausführlich zu den Beihilfen in Kap. V. 4. c).

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EGV, Durchführungsverordnungen zu erlassen, um die Ziele des Art. 87 EGV zu erreichen. cc) Wettbewerbsfreistellung Eine Sonderrolle nimmt Art. 86 EGV ein. Er befindet sich im ersten Abschnitt der Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags, der „Vorschriften für Unternehmen“ regelt. Inhaltlich richtet er sich jedoch nicht an die Unternehmen, sondern an die Mitgliedstaaten, deren Vorschriften, namentlich „Staatliche Beihilfen“ sich aber erst im zweiten Abschnitt der Wettbewerbsregeln befinden. Nach dem Wortlaut des Art. 86 Abs. 1 EGV sind private und öffentliche Unternehmen gleich zu behandeln85. Nach dem Wortlaut des Art. 86 Abs. 1 EGV dürfen öffentliche Unternehmen und Unternehmen, denen die Mitgliedstaaten besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, nicht den Wettbewerbsregeln der Art. 81–89 EGV entgegenstehen. Dies bedeutet im Umkehrschluß, daß private und öffentliche Unternehmen gleich zu behandeln sind. Zur Wahrung der wettbewerblichen Chancengleichheit dürfen sich öffentliche Unternehmen dem Wettbewerbsrecht genauso wenig entziehen wie private86. Somit ist jede Einflußnahme der Mitgliedstaaten zugunsten öffentlicher Unternehmen oder solchen mit besonderen oder ausschließlichen Rechten zu unterlassen, die den Vorschriften des EG-Vertrags, insbesondere dem Diskriminierungsverbot und den Wettbewerbs- und Beihilferegeln entgegenstehen87. Ausnahmen hiervon enthält Art. 86 Abs. 2 EGV88. 85 KOM(2000)580 endg. v. 20.09.2000, Rdn. 21; E.-J. Mestmäcker, in: Immenga/ ders., EG-WbR, Bd. II, XII. Abschn.: Art. 37, 90, B, Rdn. 8 ff., insb. 16 ff.; ausführlich zur Anwendung des Art. 86 auf Energieunternehmen, als diese noch der Monopolstruktur unterlagen I. F. Hochbaum, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 90, Rdn. 66 ff. 86 Vgl. GA da Cruz Vilaça, Schlußanträge zu EuGH v. 13.03.1987, Rs. 30/87 (Bodson/Pompes funèbres), Slg. 1988, I-2479, Rdn. 68; GA Reischl, Schlußanträge zu EuGH v. 04.05.1982, verb. Rs. 188–190/80 (Frankreich, Italien und Vereinigtes Königreich/Kommission), Slg. 1982, I-2545, (2588); dazu kritisch, insb. zur unternehmerischen Betätigung der öffentlichen Hand, K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, insb. S. 322 ff.; ders., Fallstudie zur Konkurrentenklage, in: ders. (Hrsg.), Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, 3. Aufl. 2003, S. 508 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 220 ff. 87 Vgl. C. Jung, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 86, Rdn. 10 m. w. Nachw.; K. Soukup, Staatliche Beihilfen, öffentliche Unternehmen und Quersubventionierung, in: T. v. Danwitz (Hrsg.), Rechtsfragen der Europäischen Beihilfeaufsicht, 2000, S. 43 f.; I. Hochbaum/R. Klotz, in: Groeben/Schwarze, EGV, Art. 86, Rdn. 22; C. Koenig/ J. Kühling, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 86, Rdn. 24 ff. 88 Schachtschneider hält Art. 86 EGV für verfassungswidrig, weil er zu wenig bestimmt ist und gegen das Prinzip der begrenzten Ermächtigung verstößt, dazu K. A. Schachtschneider/A. Emmerich-Fritsche, Die Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 6 I.

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Art. 86 Abs. 2 EGV gestattet den Mitgliedstaaten, Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, von den im Vertrag enthaltenen Vorschriften zu entbinden, falls das für die Erbringung der ihnen übertragenen besonderen Aufgaben notwendig ist; also auch von den Wettbewerbs- und Beihilferegeln89. Der Gerichtshof hält dazu fest, daß es zur Aussetzung der Vertragsvorschriften genügt, wenn „ein Unternehmen [anwendbar], das mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut ist, wenn ihre Anwendung die Erfüllung der besonderen Verpflichtungen, die diesem Unternehmen obliegen, tatsächlich oder rechtlich gefährden würde. Es ist nicht erforderlich, daß das Überleben des Unternehmens bedroht ist“90.

Sollte ein Unternehmen von den Vorschriften des EG-Vertrags im Sinne des Art. 86 Abs. 2 EGV freigestellt werden, kommt eine Ausnahme von den Grundvorschriften des EG-Vertrags zum Tragen. Deswegen obliegt es dem Mitgliedstaat, der die Freistellung begehrt, den Nachweis der Erfüllung des Ausnahmetatbestands zu erbringen91. Für die Beihilfegewährung zugunsten öffentlicher Unternehmen ist zu differenzieren, welche Art von Unternehmensziel dieses anstrebt. In der Praxis kann dessen Unternehmer zwei unterschiedliche Positionen beziehen. Zum einen kann er wie ein privater Unternehmer agieren, was naheliegend wäre. Im Sinne von Art. 86 Abs. 1 EGV sind öffentliche Unternehmen wirtschaftlich handelnde Einheiten beliebiger Rechtsform92. Demnach sollte deren Maxime dieselbe wie die privater Unternehmen sein, nämlich die Gewinnerzielungsabsicht. Diese Maxime, die in der Praxis durchaus Anwendung findet, ist jedoch verfassungswidrig, weil sich der Staat nicht privatisieren darf93. Die Praxis und die herr89 So auch J. Bonkamp, Die Bedeutung des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeverbotes für die Beteiligung der öffentlichen Hand an einer Kapitalgesellschaft, 2001, S. 22; ausführlich dazu ders., ebenda, S. 152 ff.; im Falle von staatenübergreifendem Elektrizitätstransport hat auch der Gerichtshof so entschieden, vgl. Fn. 90. 90 EuGH v. 23.10.1997 – Rs. 157/94 (Kommission/Niederlande), Slg. 1997, I-5768, Rdn. 43; EuGH v. 23.10.1997 – Rs. 159/94 (Kommission/Frankreich), Slg. 1997, I5815, Rdn. 59; ähnlich EuGH v. 21.09.1999 – Rs. C-219/97 (Maatschappij Drijvende Bokken), Slg. 1999, I-6121, Rdn. 92, 97; EuGH v. 27.04.1994 – Rs. C-393/92 (Almelo), Slg. 1994, I-1508, Rdn. 46; EuGH v. 19.05.1993 – Rs. C-320/91 (Corbeau), Slg. 1993, I-2533, Rdn. 14–16. 91 EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C-157/94 (Kommission/Niederlande), Slg. 1997, I5768, Rdn. 51; EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C-159/94 (Kommission/Frankreich), Slg. 1997, I-5815, Rdn. 94. 92 Vgl. E.-J. Mestmäcker, in: Immenga/ders., EG-WbR, Bd. II, XII. Abschn.: Art. 37, 90, C, Rdn. 1 ff., insb. 4; I. F. Hochbaum, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 90, Rdn. 8; M. Burgi, Die öffentlichen Unternehmen im Gefüge des primären Gemeinschaftsrechts, EuR 1997, 264 f., 267. 93 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 261 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 220 ff.

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schende Lehre sehen im Staat jedoch ein Privatrechtssubjekt (Fiskusdoktrin) und gestehen dem Staat die „privatrechtliche“ (fiskalische) Betätigung zu94. Allerdings darf der Staat, entgegen der Praxis und herrschenden Lehre, nicht beanspruchen, privatheitlich zu handeln95. Die Privatrechtsfähigkeit hängt von der Privatheit ab, derer der Staat nicht fähig ist. Eine Privatheit des Staates widerspräche dem demokratischen Prinzip der Republik, aber auch dem Willkürverbot, beides Grundprinzipien des Rechts96. Nach Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Alle staatlichen Einrichtungen sind Einrichtungen des Volkes in dessen Staatlichkeit97. Privatheit ist das, was der Bürger nach seiner (freien) Willkür allein bestimmt98. Dazu zählt etwa das Gewinnstreben des Unternehmers, welches durch die allgemeinen Gesetze ermöglicht und begrenzt wird99. Dem Staat steht dies nicht zu100. Zum anderen hat er die Möglichkeit, hoheitliche, nicht profitable Aufgaben wahrzunehmen, was für die öffentliche Hand mindestens genauso naheliegt. Die Ziele sind hier aber sozialer, wirtschaftlicher und industrieller Art. Vor allem erstere sind aus eigener Kraft ohne Bezuschussung nicht finanzierbar101. Diese fallen in der Regel aber unter die Bereichsausnahme des Art. 87 Abs. 2 lit. a EGV und sind demnach vom 94 BVerfGE 27, 364 (373); BVerfG, NJW 1976, 667 ff.; BGHZ 35, 311 (312 f.); 36, 91 (95 f.); 37, 1 (16 f.); 82, 375 (381); BVerwGE 7, 180 (181 f.); 17, 306 (313); 38, 281 (283 f.); 39, 329 (337); zur Literatur K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 6 ff., 25 ff. 95 Umfassende Kritik der Fiskusdoktrin K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 220 ff.; folgend folgend W. Löwer, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, in: VVDStRL, Heft 60, S. 417 ff.; vgl. nicht unkritisch auch D. Ehlers, Verwaltung und Verwaltungsrecht im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, in: H.-U. Erichsen/ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2, Rdn. 16 ff. 96 BVerfGE 84, 90 (121); K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 14 ff., 990 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 3. Kap., IX. 6; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 369 ff. 97 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 372; vgl. ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 175 ff. zum institutionellen Begriff des Staates und S. 261 ff. zum Verbot der Privatisierung des Staatlichen; ders., Grundrechtliche Aspekte der freiberuflichen Selbstverwaltung, Die Verwaltung 1998, S. 142 ff.; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 28 ff., 296 ff. 98 Zur Privatheit K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 370 ff.; ders., Grundgesetzliche Aspekte der freiberuflichen Selbstverwaltung, Die Verwaltung 1998, S. 140 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 6. Kap., I, 2; ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 61 ff. 99 K. A. Schachtschneider, Fallstudie zur Konkurrentenklage, in: ders. (Hrsg.), Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 508 ff., insb. S. 511 f. 100 K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 261 ff., 310 ff. (allgemeine Meinung); ders., Der Anspruch auf materiale Privatisierung, S. 204 ff., 220 ff.; ders./A. Emmerich-Fritsche, Fallstudie zum kommunalen Wettbewerb, in: K. A. Schachtschneider (Hrsg.), Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 62 ff. 101 So wohl auch K. Soukup, Staatliche Beihilfen, öffentliche Unternehmen und Quersubventionierung, in: T. v. Danwitz (Hrsg.), Rechtsfragen der Europäischen Beihilfeaufsicht, S. 46 f.; s. hierzu auch Kap. V. 4. c) bb).

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Beihilfeverbot ausgenommen. Demgemäß vielfältig sind die finanziellen Beziehungen zwischen öffentlicher Hand und öffentlichem „Unternehmen“. Um die Gemeinwohlziele zu erreichen, sind Beihilfen zulässig, allerdings läßt sich der tatsächliche Charakter einer finanziellen Maßnahme nicht immer eindeutig klären, so daß Eigentümerbeziehungen auch genutzt werden, um verdeckte Beihilfen zu geben102. So ist es auffallend, daß in der Praxis Mitgliedstaaten vermehrt auch im Dienstleistungsbereich Beihilfen gewähren103. Je weiter die Liberalisierung voranschreitet, was den Rückzug des Staates aus Wirtschaftsunternehmen durch Privatisierung mit sich führt, desto mehr greifen die Mitgliedstaaten zur Förderung ihrer Industrie zum Mittel der Gewährung staatlicher Beihilfen104. Von Wallenberg meint, daß dadurch nicht nur die Liberalisierungs- und Privatisierungsbemühungen zunichte gemacht werden, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaftszweigen in der Gemeinschaft durch einen unkontrollierten Subventionswettlauf in Frage gestellt wird105. Allerdings ist es wichtig, auch hier zu differenzieren. Zwar ist auch der Wettbewerb in gewissermaßen ein Gemeinschaftsziel, dennoch darf er nur das Mittel zur Erreichung der im EG-Vertrag genannten Ziele sein106. Das Gemeinwohl muß in Verbindung mit dem Sozialprinzip eines der obersten Ziele sein und bleiben. Dieses wird aber nicht zwingend durch Wettbewerb geschaffen, wie die Beschäftigtenzahlen im Bereich der Energiewirtschaft, aber auch in anderen Bereichen zeigen. Die erhoffte Schaffung von Arbeitsplätzen ist bisher ausgeblieben, das erhoffte Wirtschaftswachstum auch107.

102 Vgl. K. Soukup, Staatliche Beihilfen, öffentliche Unternehmen und Quersubventionierung, in: T. v. Danwitz (Hrsg.), Rechtsfragen der Europäischen Beihilfeaufsicht, S. 46 f. 103 Vgl. G. v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, 16. EL 2000, vor Art. 87–89, Rdn. 5. 104 s. Fn. 103. 105 s. Fn. 103. 106 Vgl. Art. 98 Abs. 1 EGV i. V. m. Art. 2 und 4 Abs. 1 EGV. 107 In diese Richtung auch J. Sedemund, Neuere Entwicklung im Beihilfetatbestand, in: T. v. Danwitz (Hrsg.), Rechtsfragen der Europäischen Beihilfeaufsicht, S. 32 ff.; o. V., Verdrängungswettbewerb und Konsolidierung, WK 01/2003, S. 28, hier belegen sogar konkrete Zahlenbeispiele den Abbau der Arbeitsplätze um rund 25%; s. a. Fn. 2; ablehnend hingegen M. Seidel, in der Zwischendiskussion, ebenda, S. 53 ff.; vgl. Fn. 8, 9, 10; vgl. a. J. Flauger, Billiganbieter verabschieden sich, Handelsblatt, v. 16.01. 2003, S. 12, danach haben der zweit- und viertgrößte Billigstromanbieter Deutschlands bereits Insolvenz angemeldet.

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b) Wettbewerbsregeln aa) Begriff des Wettbewerbs Entgegen dem Gemeinwohlprinzip, insbesondere dem Sozialprinzip, hat sich die Gemeinschaft, unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes, den Schutz des Wettbewerbs als prioritäres Ziel gesetzt. Eine Definition des Wettbewerbsbegriffs findet sich jedoch weder in deutschen noch in europäischen Rechtstexten108. Es handelt sich um einen unbestimmten, besser: einen offenen oder ausfüllungsbedürftigen Rechtsbegriff109. Wegen der Vielfältigkeit der Wettbewerbsprozesse ist umstritten, ob eine Definition der Begrifflichkeit überhaupt gelingen kann110. Die Wissenschaft hat verschiedene Konzepte entwickelt, um sich dem Wettbewerbsbegriff zu nähern. Besonderer Popularität erfreut sich das der Nutzung des Gegenbegriffs der Wettbewerbsverfälschung111. Im EG-Vertrag wird der Wettbewerb ausschließlich anhand des Merkmals der Verfälschung beschrieben112. Die Art. 81 und 82 EGV regeln eine Reihe von Beschlüssen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verfälschung des Wettbewerbs bewirken. Gleichzeitig haben diese Artikel in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 lit. g und Art. 10 Abs. 2 EGV zum Zweck, den Wettbewerb vor Verfälschungen zu schützen. Schutzwürdig ist nur der erlaubte und lautere Wettbewerb113. So ist jede 108 Vgl. H. Schröter, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 85, Rdn. 15 f.; H.-C. Pape, Staatliche Kapitalbeteiligungen an Unternehmen und das Beihilfenverbot gem. Art. 92 EG-V, 1996, S. 127 f. 109 Weil alle Rechtsbegriffe etwas bestimmen, d.h. regeln ist der gängige Ausdruck „unbestimmter“ Rechtsbegriff irreführend. Der Ausdruck „offener Rechtsbegriff“ ist besser, K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 819 ff., 831 ff. 110 Verneinend Herdzina, Wettbewerbspolitik, 5. Aufl. 1999, S. 7 f.; D. Schmidtchen, Wettbewerbspolitik als Aufgabe, 1978, S. 33 ff.; so wohl auch V. Emmerich, Kartellrecht, S. 10; A. Baumbach/W. Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 18. Aufl. 1995, S. 60, Rdn. 1; anders W. Fikentscher, Wettbewerb und gewerblicher Rechtsschutz, 1958, S. 33 ff.; R. Knöpfle, Kann der Inhalt des Wettbewerbs i. S. des GWB bestimmt werden?, der Betrieb 1991, S. 1433 m. zahlr. w. Nachw.; dazu auch R. Lukes, Zum Verständnis des Wettbewerbs und des Marktes in der Denkkategorie des Rechts, in: H. Coing/H. Kronstein/E.-J. Mestmäcker (Hrsg.), FS für Franz Böhm, 1965, S. 199 ff.; F.-U. Willeke, Wettbewerbspolitik, 1980, S. 26 ff., insb. S. 27 f. 111 So etwa Fikentscher, Wettbewerb und gewerblicher Rechtsschutz, S. 33 ff.; K. Herdzina, Wettbewerbspolitik, S. 82 ff.; W. Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1983, Rdn. 69 ff.; V. Emmerich, Kartellrecht, S. 10; dazu auch U. Immenga, in: ders./Mestmäcker, GWB, 2. Aufl. 1992, § 1, Rdn. 183. 112 Dazu V. Emmerich, Kartellrecht, S. 391 ff., insb. S. 393 f. 113 V. Emmerich, Kartellrecht, S. 41 f.; A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, 2003, S. 187; A. Baumbach/W. Hefermehl, Wettbewerbsrecht, S. 100, Rdn. 81; W. Veelken, Nationales Lauterkeitsrecht und Europäisches Gemeinschaftsrecht, in: W. Blomeyer/K. A. Schachtschneider (Hrsg.), Die Europäische Union als Rechtsgemeinschaft, 1995, insb. S. 155 ff.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

künstliche und marktfremde Beeinträchtigung, die den natürlichen durch Angebot und Nachfrage gesteuerten Preisbildungsmechanismus stört, als Verfälschung des Wettbewerbs anzusehen114. Eine derartige Situation besteht regelmäßig dann, wenn die Marktposition des von der Beihilfe Profitierenden relativ verbessert wird, also die Wettbewerbsfähigkeit des Beihilfeempfängers durch die Beihilfe verstärkt oder verbessert wird115, dieser also einen Wettbewerbsvorteil erlangt116. Der Europäische Gerichtshof äußert sich zum Wettbewerb folgendermaßen: „Der in den Artikeln 3 und 85 EWG-Vertrag (Art. 81 EGV n. F.) geforderte unverfälschte Wettbewerb setzt das Vorhandensein eines wirksamen Wettbewerbs auf dem Markt voraus; es muß also soviel Wettbewerb vorhanden sein, daß die grundlegenden Forderungen des Vertrages erfüllt und seine Ziele, insbesondere die Bildung eines einzigen Marktes mit binnenmarktähnlichen Verhältnissen, erreicht werden“117.

Das damit angestrebte und, soweit erreicht, in seinem Bestand zu schützende System unverfälschten Wettbewerbs dient somit, im Zusammenhang mit den Vorschriften über die Grundfreiheiten, der Marktöffnung und -integration118. Generalanwalt Mayras schließt, daß Grundlage dieses Wettbewerbs, der vor Verfälschungen zu schützen ist, die Selbständigkeit unternehmerischer Entscheidungen und die freie Wahlmöglichkeit der Verbraucher zwischen Erzeugnissen und Dienstleistungen ist119. Der Europäische Gerichtshof bezeichnet die Selbständigkeit der unternehmerischen Entscheidungen als Grundgedanken der Wettbewerbsvorschriften des Vertrags120. 114 Vgl. F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, 4. Aufl. 1991, Art. 92, Rdn. 19; vgl. auch H.-C. Pape, Staatliche Kapitalbeteiligungen an Unternehmen und das Beihilfenverbot gem. Art. 92 EG-V, S. 129 f.; A. Schümann, Wirtschaftsförderung für die neuen Bundesländer im Lichte des EWGV, 1993, S. 193 m. w. Nachw.; V. Emmerich, Kartellrecht, S. 10. 115 Ähnlich H.-C. Pape, Staatliche Kapitalbeteiligungen an Unternehmen und das Beihilfenverbot gem. Art. 92 EG-V, S. 137; A. Bleckmann, Europarecht, Rdn. 2050; W. Mederer, in: Groeben/Schwarze, EGV, 6. Aufl. 2003, Art. 87, Rdn. 43 m. w. Nachw.; C. Koenig/J. Kühling, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 87, Rdn. 55. 116 EuGH v. 17.09.1980 – Rs. 730/79 (Philip Morris/Kommission), Slg. 1980, I2671, Rdn. 11 f.; EuGH v. 13.07.1988 – Rs. 102/87 (Frankreich/Kommission), Slg. 1988, I-4067, Rdn. 19; G. v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, 14. EL 1999, Art. 92, Rdn. 24; P.-C. Müller-Graff, Die Erscheinungsformen der Leistungssubventionstatbestände aus wirtschaftsrechtlicher Sicht, ZHR 152 (1988), 431; vgl. auch Kap. VII. 10. b) cc). 117 EuGH v. 25.10.1977 – Rs. 26/76 (Metro/Kommission), Slg. 1977, I-1875, Rdn. 20. 118 Vgl. P. Stockenhuber, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, 16 EL 2000, Art. 81, Rdn. 116. 119 GA Mayras, Schlußanträge zu EuGH v. 14.07.1972 – Rs. 48/69 (ICI/Kommission), Slg. 1972, I-619, (671). 120 EuGH v. 16.12.1975 – verb. Rs. 40–48, 50, 52-109/73 (Suiker Unie u. a./Kommission), Slg. 1975, I-1663, Rdn. 173/174; EuGH v. 14.07.1981 – Rs. 172/80 (Züch-

4. Wettbewerb und Beihilfe

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Für die Rechtslehre hat sich ein praktischer Wettbewerbsbegriff entwickelt, der darauf zurückgreift, was in der täglichen Praxis unter Wettbewerb verstanden wird. „Wettbewerb ist [danach] das selbständige Streben sich gegenseitig im Wirtschaftserfolg beeinflussender Anbieter oder Nachfrager nach Geschäftsverbindung mit Dritten durch Inaussichtstellen günstiger erscheinender Geschäftsbedingungen“121.

Mestmäcker bezeichnet den vom Kartellverbot geschützten Wettbewerb als denjenigen, den die Unternehmen in der Wirklichkeit vorfinden und den die Beteiligten durch Beschränkung ihrer Handlungsfreiheit regeln122. Somit schützt Art. 81 EGV den Wettbewerb, der ohne die verbotene Wettbewerbsbeschränkung bestehen würde123. bb) Kartellrecht Wie in Kap. III. 2. b) beschrieben, zeichnete sich die deutsche Energiewirtschaft durch ein flächendeckendes Netz sowohl von horizontal als auch vertikal verflochtenen Vereinbarungen zwischen den Energieversorgern der unterschiedlichen Stufen aus. Lange waren diese Vereinbarungen durch § 103 GWB a. F. vom Kartellverbot freigestellt und unterlagen lediglich der kartellrechtlichen Mißbrauchsaufsicht124. Seit der Energierechtsreform ist der kartellrechtliche Ausnahmebereich für Strom und Gas vollständig entfallen, so daß dieser Wirtschaftszweig mit den anderen Wirtschaftsbereichen gleichgestellt wird und dem allgemeinen Kartellrecht untersteht. Im europäischen Kartellrecht gibt es inzwischen zwei wesentliche Veränderungen. Die erste, die den Vertikalbereich, und die zweite, die den Horizontalbereich betrifft125. ner), Slg. 1981, I-2021, Rdn. 13; EuGH v. 28.05.1998 – Rs. C-7/95 (John Deere/Kommission), Slg. 1998, I-3111, Rdn. 86; EuGeI v. 20.03.2002 – Rs. T-16/99 (Lögstör Rör/Kommission), Slg. 2002, II-1633, Rdn. 94. 121 W. Fikentscher, Neuere Entwicklungen der Theorie zum Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsbeschränkung § 1 GWB, WuW 1961, 798; U. Immenga, in: ders./Mestmäcker, GWB, § 1, Rdn. 181; N. Koch, in: Grabitz/Hilf, EGV, vor Art. 85, 4. EL 1990, Rdn. 3; A. Gleiss/M. Hirsch/T. O. J. Burkert, EG-Kartellrecht, Art. 85, 1993, Rdn. 31; A. Bleckmann, Europarecht, Rdn. 1792. 122 E.-J. Mestmäcker, Europäisches Wettbewerbsrecht, 1974, S. 171. 123 EuGH v. 30.06.1966 – Rs. 56/65 (Maschinenbau Ulm), Slg. 1966, I-282, (303); EuGH v. 25.11.1971 – Rs. 22/71 (Béguelin), Slg. 1971, I-949, Rdn. 16/18; EuGH v. 10.07.1980 – Rs. 99/79 (Parfums Lancôme), Slg. 1980, I-2511, Rdn. 24. 124 Dazu ausführlich W. Möschel, Strompreis und kartellrechtliche Kontrolle, in: J. F. Baur (Hrsg.), Energiewirtschaft – Der neue energie- und kartellrechtliche Rahmen, 1999, S. 39 ff. 125 Verordnung zum Vertikalbereich VO (EG) 2790/1999 (ABlEG 1999, Rs. L 336/ 21 v. 29.12.1999 – ABlEG 2000, Rs. C 291/1 v. 13.10.2000) und zum Horizontalbereich ABlEG 2000, Rs. C 118/3 v. 27.04.2000. (ABlEG 2001, Rs. C 3/2 v. 06.01. 2001).

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

Auf nationaler Ebene bleiben neben dem energierechtlichen Instrumentarium die Bestimmungen über die mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung, insbesondere die §§ 19 f. GWB zur Durchsetzung von Durchleitungswünschen unberührt, was unmißverständlich in § 6 Abs. 1 S. 4 EnWG zum Ausdruck gebracht wird. Kartellrechtlich sind Durchleitungsbegehren Dritter somit für die Elektrizitäts- und Gaswirtschaft gleichermaßen im Rahmen des Mißbrauchs- (§ 19 GWB) und aufgrund des Behinderungsverbots (§ 20 GWB) durchsetzbar126. Diese Konzeption verfolgt das Ziel, jede Sonderregelung für die leitungsgebundene Energiewirtschaft im Kartellrecht zu vermeiden und auf diese Weise klarzustellen, daß zukünftig auch dieser Wirtschaftszweig uneingeschränkt dem Kartellrecht unterfällt127. Dabei bleibt immer zu berücksichtigen, daß das Kartellrecht allein wettbewerbsorientiert ausgerichtet ist. Andere als wettbewerbliche Aspekte sind für das Kartellrecht grundsätzlich irrelevant128. Rechtlich zweifelhaft und dementsprechend umstritten ist, ob auch wettbewerbsbeschränkende Nebenabreden zu Energielieferungsverträgen, insbesondere Kundenschutzklauseln und Alleinbezugsverpflichtungen, der Nichtigkeit nach § 1 GWB verfallen sind oder lediglich einer Mißbrauchskontrolle nach § 16 GWB unterliegen129. Wegen der Feststellung des Europäischen Gerichtshofs, die bereits im Jahre 1969 getroffen wurde, daß das europäische Kartellrecht dem nationalen Kartellrecht vorgehe, was 1987 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt wurde, hat das deutsche Kartellrecht keinen Anwendungsvorrang mehr130. Sowohl horizontale als auch vertikale Wettbewerbsbeschränkungen unterliegen der Kontrolle der Art. 81 und 82 EGV. Lange Zeit war die Zwei126

V. Emmerich, Kartellrecht, S. 234, 355 f. Dazu BT-Drucks. 13/7274 S. 23 ff.; in diesem Sinne EuGH v. 27.04.1994 – Rs. C-393/92 (Almelo), Slg. 1994, I-1508 Rdn. 34 ff.; EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C157/94 (Kommission/Niederlande), Slg. 1997, I-5768; EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C158/94 (Kommission/Italien), Slg. 1997, I-5793; EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C-159/94 (Kommission/Frankreich), Slg. 1997, I-5815; EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C-160/94 (Kommission/Spanien), Slg. 1997, I-5853; vgl. auch V. Emmerich, Kartellrecht, S. 346 f. 128 Vgl. U. Büdenbender, Die Kartellaufsicht über die Energiewirtschaft, 1995, S. 77 ff.; ders., Rechtsfragen anläßlich der Durchleitung elektrischer Energie, in: J. F. Baur (Hrsg.), Energiewirtschaft – Der neue energie- und kartellrechtliche Rahmen, 1999, S. 125 f. 129 Die herrschende Meinung tendiert zu einer Nichtigkeit der wettbewerbsbeschränkenden Klauseln nach § 1 GWB i. V. m. § 134 BGB, so A.-R. Börner, Zur Nichtigkeit eines Stromliefervertrages zwischen Regionalversorger und Stadt, ET 1999, 405 ff., J. F. Baur, Das Schicksal der Lieferverträge nach Wegfall der Ausschließlichkeitsabrede, RdE 1997, 42; so auch LG Mannheim, Urt. v. 16.04.1999; zur Problematik D. Seifert, Die kartellrechtliche Beurteilung von Wettbewerbsverboten in Lieferverträgen, in: E. Niederleithinger (Hrsg.), FS für Otfried Lieberknecht, 1997, S. 583 ff. 130 EuGH v. 13.02.1969 – Rs. 14/68 (Wilhelm/Bundeskartellamt), Slg. 1969, I-1, Rdn. 3; BVerfGE 75, 223, 244; V. Emmerich, Kartellrecht, S. 377; s. a. Fn. 134. 127

4. Wettbewerb und Beihilfe

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schrankentheorie herrschend, die sowohl das nationale als auch das europäische Kartellrecht als gleichberechtigt nebeneinander ansah. Im Konfliktfall setzte sich die jeweils strengere Rechtsordnung durch131. Hierdurch wurde aber das einheitliche europäische Kartellrecht in Frage gestellt, weswegen der Gerichtshof bestimmte, daß eine Freistellung sentscheidung der Kommission nach Art. 81 Abs. 3 EGV Ausdruck einer auf die einheitliche Gestaltung der Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft gerichteten grundsätzlichen Wettbewerbspolitik ist132. Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs hat insbesondere zur Folge, daß sich das europäische Kartellrecht des Art. 81 Abs. 1 EGV gegen nationales Kartellrecht durchsetzt133. Dies dürfte auch der Grund sein, warum die nationalen Gerichte vermehrt zu einer Direktanwendung europäischen Kartellrechts tendieren134. Wettbewerbsbeschränkung und Handelsbeeinträchtigungen müssen spürbar sein, um vom Kartellverbot erfaßt zu werden. Die Spürbarkeit ist ein Kriterium des deutschen Kartellrechts und ist nunmehr auf europäischer Ebene durch die Entscheidungspraxis der Kommission und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine zusätzlich entwickelte Tatbestandsvoraussetzung des Art. 81 Abs. 1 EGV135. Dabei geht es nicht um den Grad der Einschränkung der individuellen Handlungsfreiheit, sondern um den Markteinfluß, die „Außenwirkung“ der Wettbewerbsbeschränkung136. Insbesondere sind mit Art. 81 Abs. 3 EGV solche Abreden nicht zu vereinbaren, durch die der Zugang oder der Wettbewerb auf dem Markt, durch die kumulativen Wirkungen nebeneinander bestehender Netze gleichartiger vertikaler Beschränkungen von miteinander im Wettbewerb stehenden Käufern oder Lieferanten, in erheblichem Maße be131

V. Emmerich, Kartellrecht, S. 377. EuGH v. 13.02.1969 – Rs. 14/68 (Wilhelm/Bundeskartellamt), Slg. 1969, I-1, Rdn. 3; EuGH v. 10.07.1980 – verb. Rs. 253/78 und 1 bis 3/79 (Procureur de la République/Guerlain), Slg. 1980, I-2327, Rdn. 15; EuGH v. 21.05.1987 – Rs. 249/85 (Albako/Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung), Slg. 1987, I-2354, Rdn. 17; EuGH v. 16.07.1992 – Rs. C-67/91 (Dirección General/AEB), Slg. 1992, I-4820, Rdn. 32 ff.; V. Emmerich, Kartellrecht, S. 377. 133 V. Emmerich, Kartellrecht, S. 377 f. 134 Dazu ausführlich S. Klaue, Europäisches Kartellrecht für die Energiewirtschaft, in: P. Becker (Hrsg.), Energiewirtschaft im Umbruch, 2001, S. 126 f.; dazu auch V. Emmerich, Kartellrecht, S. 376 ff.; dazu nicht unkritisch E. Rehbinder, Der Vorrang des EG-Kartellrechts vor nationalem Kartellrecht bei Freistellungen, in: U. Immenga/ W. Möschel/D. Reuter (Hrsg.), FS für Ernst-Joachim Mestmäcker, 1996, S. 716 ff. 135 Vgl. V. Emmerich, Kartellrecht, S. 42 ff., insb. S. 394 f.; N. Koch, in: Grabitz/ Hilf, EGV, Art. 85, Rdn. 97; ausführlich zur Spürbarkeit in Kap. VII. 7. 136 EuGH v. 09.07.1969 – Rs. 5/69 (Völk/Vervaecke), Slg. 1969, I-295, Rdn. 7; EuGH v. 06.05.1971 – Rs. 1/71 (Cadillon/Hoess), Slg. 1971, I-351, Rdn. 7/10; EuGH v. 10.07.1980 – Rs. 30/78 (Distillers Company/Kommission), Slg. 1980, I-2229, Rdn. 28; dazu auch A. Gleiss/M. Hirsch/T. O. J. Burkert, EG-Kartellrecht, Art. 85, Rdn. 257 ff.; N. Koch, in: Grabitz/Hilf, EGV, Art. 85, Rdn. 97; ausführlich zur Spürbarkeit in Kap. VII. 7. 132

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

schränkt wird137. Wird eine marktbeherrschende Stellung aufrechterhalten, ist der Mißbrauchstatbestand ebenfalls erfüllt, soweit keine besonderen Umstände bestehen. Ist der Markteinfluß wegen der schwachen Marktstellung der Beteiligten nur geringfügig, so fällt die Vereinbarung selbst bei absolutem Gebietsschutz nicht unter die Verbotsvorschrift des Art. 81 Abs. 1 EGV138. Somit lassen sich Konzessionsverträge rechtfertigen, die auch nach der Energierechtsreform weiter bestehen, wie auch der Gesetzgeber klargestellt hat139. So kann sowohl die generelle Verweigerung, das Leitungsnetz im Einzelfall zu öffnen oder unangemessene Preise oder Vertragsbedingungen zu fordern, ebenso einen Mißbrauch von Marktmacht bedeuten, wie jede andere mißbräuchliche Ausnutzung einer Monopolstellung auch. Durch die sich wandelnde Unternehmenskultur im Bereich der Energiewirtschaft zugunsten des Wettbewerbs nimmt die Gefahr des unlauteren Wettbewerbs durch Nebenabreden zu. Diese gilt es zu unterbinden140. cc) Wettbewerb im Energiebereich Zur Verzerrung oder gar Unterbindung eines fairen Wettbewerbs sind viele Mittel geeignet. Überwiegend gehen diese von Unternehmen aus. Aber auch die Öffentliche Hand hat die Handhabe, dieses zu tun. Art. 4 Abs. 1 EGV stellt den Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb auf141. Dahinter steht in Verbindung mit dem Binnenmarktkonzept des Art. 14 EGV die Feststellung, daß Wohlstand und Entwicklung in der Gemeinschaft am besten durch einen funktionierenden Wettbewerb gesichert werden können142. Diese Erkenntnis steht allerdings im Widerspruch zur ehemaligen Ansicht, daß die Energiewirtschaft von den Verbots- und Eingriffsbestimmungen des Wettbewerbsrechts freizustellen ist, um eine sichere, ausreichende und preisgerechte Versorgung gewährleisten zu können143. Entkräftet wird dieser Antagonismus damit, daß die Energiewirtschaft nun eine reife In137

Vgl. Art. 6 VO 2760/1999 (ABlEG 2002, Rs. C 119/3 v. 27.04.2002). EuGH v. 09.07.1969 – Rs. 5/69 (Völk/Vervaecke), Slg. 1969, I-295, Rdn. 7; EuGH v. 06.05.1971 – Rs. 1/71 (Cadillon/Hoess), Slg. 1971, I-351, Rdn. 7/10; hierzu ausführlicher in Kap. VI. 1. c). 139 Art. 4 § 1 NeuregelungsG; vgl. auch V. Emmerich, Kartellrecht, S. 350 ff. 140 Dazu ausführlich in Kap. VII. 9. 141 Dazu B. Kempen, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 4, 2003, Rdn. 13 m. zahlr. w. Nachw. 142 So J. Bonkamp, Die Bedeutung des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeverbotes für die Beteiligung der öffentlichen Hand an einer Kapitalgesellschaft, S. 21; dazu allgemein M. Nettesheim/J. L. Duvigneau, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 131, Rdn. 3, 10. 143 Präambel EnWG i. d. F.v. 1935; vgl. auch Ludwig/Odenthal, EWG-Begriffsdefinitionen: Wettbewerb, Band 3, 61 EL 2000, S. 234. 138

4. Wettbewerb und Beihilfe

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dustrie sei, die zur Erreichung der energiewirtschaftlichen Ziele144 vor Wettbewerb nicht mehr geschützt werden müsse145. Hand in Hand mit der Liberalisierung der Energiemärkte ist regelmäßig die Zulässigkeit früherer Gebietsschutzverträge beseitigt worden146, um ein wettbewerbsorientiertes System implementieren zu können. Würde der Energiebereich konsequent in allen Bereichen zu einem wettbewerblichen System entwickelt werden, wäre eine staatliche Preiskontrolle sowohl hinsichtlich der Preisbildung, als auch hinsichtlich der Preishöhe ausgeschlossen147. Wichtig ist, das Ziel der Reformen nicht aus den Augen zu verlieren, nämlich einen freien, vor allem aber fairen Wettbewerb auf offenen Energiemärkten zu schaffen, selbstredend unter Wahrung der Versorgungssicherheit und -kontinuität. Im Rahmen des Wettbewerbs erfordert ein solcher Markt bestimmte rechtliche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen einschließlich institutioneller Vorkehrungen148. Insofern übernimmt der Wettbewerb die Kontrolle des Marktes. Auch im wettbewerblichen System bleiben jedoch Aufgaben der Staatsaufsicht erhalten, allerdings mit anderen Schwerpunkten, etwa den des Verbraucherschutzes oder dem Zugang Dritter zu den Netzen149. Darüber hinaus stellt der Umbruch der Versorgungswirtschaft neue Anforderungen an die Staatsaufsicht, wofür Deutschland bis zum Jahre 2004 eine Regulierungsbehörde einzurichten hat150. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob ein freier Energiehandel einschließlich einer Strombörse spezifischer, zusätzlicher Regelungen bedarf151.

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Zu den Zielen in Kap. V. 1. a). Vgl. H.-P. Schwintowski, Visionen für ein zukünftiges Europäisches Energierecht, in: ders. (Hrsg.), Energierecht der Zukunft, S. 19. 146 Dazu ausführlich in Kap. III. 2. b) bb); s. a. Kap. V. 4. b) bb). 147 Dazu W. Kilian, Europäisches Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2001, Rdn. 208 ff., insb. Rdn. 210; denn Preisregelungen bestehen im deutschen Recht nicht nur im Erneuerbare-Energien-Gesetz, sondern beispielsweise mittelbar auch in der Bundestarifordnung Elektrizität. 148 Vgl. M. Lippert, Energiewirtschaftsrecht, S. 491; C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 62 ff.; C. Theobald, in: J.-P. Schneider/ ders. (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003, § 1, insb. Rdn. 60 ff., 66, 77, 139, 198; J.-P. Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft durch regulative Marktorganisation, 1999, S. 444 ff. 149 Dazu K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 316 ff. m. w. Nachw. 150 Art. 30 Abs. 1 BeschlEltRL; Bü, In der EU beginnt der Abschied von den Energiemonopolen, FAZ v. 05.06.2003, S. 13; F. Flauger, Stromneulinge schlagen milde Töne an, Handelsblatt v. 23.07.2003, S. 10; dazu M. Schmidt-Preuß, Europarechtliche und verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Energiepolitik, in: R. Hendler/ P. Marburger/M. Reinhardt/M. Schröder (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, 2002, S. 38 ff.; s. a. Kap. II. 2. b) bb). 151 Dazu S. Schulte-Beckhausen, Stromhandel – Möglichkeiten und Grenzen im neuen europäischen und nationalen Ordnungsrahmen für Energie, RdE 1999, 59. 145

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

Der Wettbewerb ist eines der tragenden Grundprinzipien der Marktwirtschaft, wie dies auch im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Ausdruck findet. So bezweckt der Wettbewerb insgesamt zwar positive Ergebnisse für den Verbraucher, allerdings nicht um jeden Preis, so daß er etwa aus sozialen oder umwelt- und gesundheitsschützenden, aber auch aus anderen Gründen, durchaus Grenzen findet152. So tritt der Wettbewerb beispielsweise hinter die in Art. 30 EGV genannten Tatbestandsmerkmale zurück, aber auch aus anderen Rechtfertigungsgründen, auf die später noch näher eingegangen wird, ist der Wettbewerb subsidiär153. c) Beihilfen aa) Der Begriff der Beihilfe Der EG-Vertrag kennt auch für die Beihilfe keine allgemeine Begriffsdefinition154, sondern beschreibt diese anhand vieler Tatbestandsmerkmale, die er in Art. 87 EGV aufführt. Schon aus der Formulierung des Art. 87 EGV wird ersichtlich, daß der Beihilfebegriff nicht absolut gilt. Dies wird vor allem in den Absätzen 2 und 3 ersichtlich, in denen Legalausnahmen und Freistellungsbefugnisse beschrieben sind, die voraussichtlich oder unter Umständen eine ansonsten gemeinschaftswidrige Beihilfe zu rechtfertigen in der Lage sind155. In der Praxis wird der Beihilfetatbestand für jeden Fall einzeln bestimmt. Unzweifelhaft ist aber, daß der Beihilfetatbestand weit auszulegen ist156. Problematisch ist die Abgrenzung der Beihilfe zur Subvention. Schon sehr früh hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil zur Bergmannsprämie für Subventionen und Beihilfen folgende Kriterien herausgestellt: „Nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch ist eine Subvention eine Geld- oder Sachleistung, die einem Unternehmen zu dessen Unterstützung gewährt wird und die außerhalb des Entgelts liegt, welches der Käufer oder Verbraucher für die von dem betroffenen Unternehmen produzierten Güter oder Dienstleistungen entrichtet. In der Beihilfe wird allgemein ein hiermit eng verwandter Vorgang gesehen, der jedoch insofern in stärkerem Maße zweckbetont ist, als Beihilfen speziell als Mittel

152 Vgl. auch Ludwig/Odenthal, EWG-Begriffsdefinitionen: Wettbewerb, Band 3, S. 233. 153 Dazu ausführlich in Kap. VII. 11. a); s. a. Fn. 215. 154 Vgl. hierzu Fn. 109. 155 G. Kühne, Gemeinschaftsrechtlicher Ordnungsrahmen der Energiewirtschaft zwischen Wettbewerb und Gemeinwohl, RdE 2002, 258; ähnlich E. Grabitz, Zulässigkeit von Energiepfennigen und -steuern nach EG-Steuer- und -Beihilferecht, in: W. Harms (Hrsg.), Konturen eines EG-Energiemarkts, 1989, S. 146. 156 Vgl. H. Falk, Die materielle Beurteilung des deutschen Stromeinspeisungsgesetzes nach europäischem Beihilferecht, ZIP 1999, 738 m. w. Nachw.

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zur Verfolgung bestimmter Ziele angesehen werden, die in der Regel nicht ohne fremde Hilfe erreicht werden könnten.“157.

Nach ständiger Rechtsprechung führt er weiter aus: „Der Begriff der Beihilfe ist jedoch weiter als der Begriff der Subvention, denn er umfasst nicht nur positive Leistungen wie Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, welche ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen.“158.

Nach Art und Wirkung sind Beihilfen den Subventionen gleich. Allerdings umfassen Beihilfen, im Gegensatz zu Subventionen, die lediglich aus Geldoder Sachleistungen bestehen, auch Maßnahmen, welche die Belastungen von Unternehmen in verschiedenster Form nehmen können, weswegen Beihilfen zweckbetonter sind als Subventionen. Zwar wird mit dieser Aussage auch weiterhin keine eindeutige Abgrenzung getroffen, dennoch wird damit der Tatbestand bekräftigt, daß der Beihilfebegriff weiter zu fassen ist als der Subventionsbegriff. Unter den Beihilfebegriff, der den Subventionsbegriff mitumfaßt, fallen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EGV auch sonstige Maßnahmen, die in verschiedener Form zu einer Vermeidung regelmäßiger unternehmerischer Belastungen führen, wohingegen von einer Subvention nur bei positiver Leistungsgewährung die Rede sein kann159. Der Begriff der Beihilfe ist bei Zuschüssen, Befreiungen von Steuern und Abgaben, Befreiung von parafiskalischen Abgaben, Zinszuschüssen, Übernahme von Bürgschaften zu besonders günstigen Bedingungen, unentgeltlicher oder besonders preiswerter Überlassung von Grundstücken oder Gebäuden, Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen zu Vorzugsbedingungen, Übernahme von Verlusten, Erfüllung einer Bürgschaft ohne Versuch der Darlehensrückzahlung und jeder anderen entsprechenden Maßnahme erfüllt, wobei damit kein abschließender Katalog aufgestellt ist160. Gemeinsames Kennzeichen der genannten Beispielsfälle ist, daß es sich um in beliebiger Form erfolgende 157

EuGH v. 23.02.1961 – Rs. 30/59 (Bergmannsprämie), Slg. 1961, I-3, (42). Estmals EuGH v. 23.02.1961, Rs. 30/59 (Bergmannsprämie), Slg. 1961, I-3, (42); EuGH v. 15.03.1994 – Rs. C-387/92 (Banco Exterior de Espana), Slg. 1994, I877, Rdn. 13; EuGH v. 01.12.1998 – Rs. C-200/97 (Ecotrade), Slg. 1998, I-7907, Rdn. 34; so auch R. Schlegel, Subventionen im Beschäftigungsverhältnis und europarechtliches Beihilfeverbot, in: G. Köbler/M. Heinze/W. Hromadka (Hrsg.), FS für Alfred Söllner, 2000, S. 1017, 1029 ff. insb. S. 1030; dagegen E. Grabitz, Handlungsspielräume der EG-Mitgliedstaaten zur Verbesserung des Umweltschutzes, RIW 1989, 623 f.; a. a. H. Falk, Die materielle Beurteilung des deutschen Stromeinspeisungsgesetzes nach europäischem Beihilferecht, ZIP 1999, 738, welche die Begriffe synonym verwenden. 159 Vgl. Fn. 158; s. a. R. Schlegel, Subventionen im Beschäftigungsverhältnis und europarechtliches Beihilfeverbot, in: G. Köbler u. a. (Hrsg.), FS für Alfred Söllner, S. 1030. 158

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

Zuwendungen des Staates an Wirtschaftsunternehmen handelt, die die Wettbewerbsbedingungen beeinflussen können. Als Beihilfen sind also Zuwendungen eines unentgeltlichen Vorteils zu sehen161. Die Maßnahmen, die beihilfegleiche Wirkung entfalten, sind nach allgemeiner Meinung ebenfalls extensiv auszulegen162. bb) Tatbestand der staatlichen Mittelbelastung Staatliche Mittel werden mittelbar oder unmittelbar von der Regierung gewährt. Als Regierung wird jede öffentliche Körperschaft im Ursprungs- oder Ausfuhrland angesehen163. Unter diesen Begriff fallen auch Landes- und Gemeindeorgane sowie nachgeordnete Dienststellen. Auch Körperschaften des öffentlichen Rechts, die nicht im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig werden, gelten als „Regierung“ im Sinne der Bestimmung des Antisubventionsgesetzes. Damit der Subventionstatbestand erfüllt wird, ist es nicht erforderlich, daß die Subvention direkt von der Regierung an den ausführenden Produzenten gewährt wird, der Wertetransfer kann auch unter Einschaltung eines Dritten durchgeführt werden164. Die finanzielle Leistung ist der Regierung zuzuordnen, wenn die Regierung eine private Organisation anleitet, bestimmte Leistungen zu gewähren, die normalerweise von öffentlichen Stellen geleistet werden165. Wenn die Regierung eine wesentliche Beteiligung an solch einer privaten Organisation hält, wird die finanzielle Leistung als Subventionsgewährung anzunehmen sein. Leistungen eines Unternehmens mit einer staatlichen Minderheitsbeteiligung von 16% werden als nicht von einer „Regierung“ stammend angesehen166. 160 G. v. Wallenberg in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, EGV, Art. 92, Rdn. 4; D. Lefèvre, Staatliche Ausfuhrförderung und das Verbot wettbewerbsverfälschender Beihilfen im EWG-Vertrag, 1977, S. 113; eine weitere Definition des Beihilfebegriffs ist in den Schlußanträgen des GAs Jacobs zu finden: EuGH v. 14.09.1994 – verb. Rs. C-278/92 bis 280/92 (Spanien/Kommission), Slg. 1994, I4103, Rdn. 28; auch EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 63. 161 Vgl. EuGH v. 22.03.1977 – Rs. 78/76 (Steinike und Weinlig/BRD), Slg. 1977, I-595, Rdn. 19 ff., insb. 22. 162 Vgl. C. Koenig/A. Haratsch, Europarecht, 3. Aufl. 2000, Rdn. 683; ausführlich zur Begrifflichkeit J. J. Modlich, Nationale Infrastrukturmaßnahmen und Artikel 92 Abs. 1 EGV, 1996, S. 15 ff. 163 Art. 1 Abs. 3 AS-GVO. 164 Art. 1 Abs. 1 AS-GVO: „mittelbar oder unmittelbar“. 165 Vgl. M. Lukas, in: Grabitz/Hilf, Sekundärrecht, E7. Antisubventionsrecht, 15. EL 2000, Rdn. 27 f. 166 So der Richterspruch des EuGH: „ Subventionsgewährung wird ausgeschlossen, da keine konkreten Beweise für eine Einflußnahme von Regierungsstellen auf Unternehmensentscheidungen vorlagen“, abgedruckt in VO Nr. 1891/97, Lachsfall, ABlEG 1997, Rs. L 267/19 Rdn. 65; vgl. auch M. Lukas, in: Grabitz/Hilf, Sekundärrecht, E7. Antisubventionsrecht, Rdn. 28.

5. Warenverkehrsfreiheit

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cc) Beihilfen im Energiebereich Eine weitere Besonderheit der Energieversorgungsunternehmen ist die Aufgabe, mit der diese betraut sind. Anders als viele andere Unternehmen sind sie mit einer Aufgabe von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut. Dieses wurde ihnen zu Recht auch vom Europäischem Gerichtshof konstatiert, der feststellt, daß Stromversorgungsunternehmen welche „die ununterbrochene Versorgung aller Abnehmer, lokalen Versorgungsunternehmen oder Endverbraucher mit Strom im gesamten Konzessionsgebiet in den zu jeder Zeit geforderten Mengen zu einheitlichen Tarifen und unter Bedingungen, die nur nach objektiven Kriterien unterschiedlich sein dürfen, die für alle Kunden gelten“,

eine Aufgabe von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 86 Abs. 2 EGV innehaben167. Daraus ergibt sich wie gesehen, die Möglichkeit, die Energieversorgungsunternehmen, unabhängig von ihrer Rechtsform168, nach Art. 86 Abs. 2 EGV von der Feststellung des Beihilfetatbestands freizustellen. Diese Handhabe besteht dann, wenn die Energieversorgungsunternehmen nachweislich der ihnen übertragenen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich nicht nachkommen können169. Entscheidend ist die besondere Aufgabe von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, worunter die Versorgungsaufgabe zu subsumieren ist. Weil aber die Versorgungssicherheit vor allem dem Verbraucher zugute kommt und innerhalb der Europäischen Gemeinschaft insbesondere der Verbraucherschutz einen sehr hohen Stellenwert hat, muß genannte Rechtsprechung sogar an Gewicht gewinnen. Solange die Energieversorgungsunternehmen unter objektiven Gesichtspunkten jedoch in die Lage versetzt werden, ihrer Aufgabe ordnungsgemäß nachkommen zu können, ist eine Freistellung von den Beihilfevorschriften nach Art. 86 Abs. 2 EGV nicht vorgesehen.

5. Warenverkehrsfreiheit Zur Erreichung des freien Warenverkehrs innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sieht der EG-Vertrag in den Art. 23–30 EGV die Errichtung einer Zollunion170 und die Abschaffung aller mengenmäßigen Ein- und Ausfuhrbe167 EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C-159/94 (Kommission/Frankreich), Slg. 1997, I5815, Rdn. 57; EuGH v. 27.04.1994 – Rs. C-393/92 (Almelo), Slg. 1994, I-1508, Rdn. 48. Auch ist Strom nach wie vor ein existentielles Gut (vgl. Fn. 6), weswegen sich die Rechtsprechung diesbezüglich nicht ändern darf. 168 Vgl. E.-J. Mestmäcker, in: Immenga/ders., EG-WbR, Bd. II, XII. Abschn., Art. 37, 90, B, Rdn. 16 ff., insb. 18; I. F. Hochbaum, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 90, Rdn. 8; M. Burgi, die öffentlichen Unternehmen im Gefüge des primären Gemeinschaftsrechts, EuR 1997, S. 264 f., 267; vgl. auch Fn. 85. 169 Vgl. Kap. V. 4. a) cc), insb. Fn. 89.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

schränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung vor. Art. 30 EGV, auch als ordre-public-Klausel bekannt, bestimmt Ausnahmen von den Einfuhr-, Ausfuhrund Durchfuhrverboten oder -beschränkungen. Art. 31 EGV sieht die Umformung staatlicher Handelsmonopole vor. a) Elektrizität als Ware oder Dienstleistung? Zur Charakterisierung von Strom bestehen Abgrenzungsfragen zwischen dem Warenbegriff im Sinne des Titel I, des freien Warenverkehrs (Art. 23 EGV ff.) und des Dienstleistungsbegriffs im Sinne des Titel III, Kapitel 3, der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 ff. EGV)171. Der Begriff der Warenverkehrsfreiheit wird im Vertrag nicht definiert172. Aufgrund der Vielschichtigkeit von Dienstleistungen existiert auch hierfür keine eindeutige Begriffsdefinition173. Der EG-Vertrag nennt in Art. 50 UA 2 EGV vier Arten von Dienstleistungen. Aufgeführt werden aber nur Tätigkeiten174. Strom stellt jedoch keine Tätigkeit dar. Allerdings sind die Dienstleistungen nicht abschließend verfaßt, was durch die Formulierung „gelten insbesondere“ verdeutlicht wird. Allgemeiner werden Dienstleistungen im UA 1 formuliert. Danach sind darunter Leistungen zu verstehen, „die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen“.

Eine eindeutige Bestimmung oder Abgrenzung läßt auch dieser Wortlaut nicht zu. Er ermöglicht aber die Aussage, daß die den Warenverkehr regelnden

170 Ausführlich zur Zollunion A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 20 ff.; C. Waldhoff, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 23, Rdn. 1 ff. 171 Vgl. P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, 4. Aufl. 1991, Art. 30, Rdn. 111, der auch noch die Abgrenzung zum Kapital im Sinne der Art. 56 ff. EGV und der Zahlungen im Sinne des Art. 105 EGV anspricht. Letztere beiden werden hier ohne weitere Erläuterung ausgeschlossen. Zu ihrer Abgrenzung ders., ebenda, Rdn. 114; zur Abgrenzungsproblematik v. a. zur Dienstleistungsfreiheit s. F.-J. Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, 1989, insb. S. 54 ff. 172 Vgl. P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 110. 173 Abgesehen von der sehr allgemeinen Bestimmung als ökonomisches Gut zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse; s. Brockhaus – Die Enzyklopädie, 20. Aufl., Band 5; vgl. auch G. Wilms, Das Europäische Gemeinschaftsrecht und die öffentlichen Unternehmen, 1996, S. 217 m. w. Nachw.; W. Kluth, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 55, Rdn. 5 f.; A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 102 ff. 174 a) Gewerbliche Tätigkeiten, b) kaufmännische Tätigkeiten, c) handwerkliche Tätigkeiten, d) freiberufliche Tätigkeiten.

5. Warenverkehrsfreiheit

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Rechtsakte Vorrang vor solchen haben, die sich mit der Dienstleistung befassen. Schöne schließt daraus, daß die Wirtschaftsvorgänge, wie beispielsweise die grenzüberschreitende Lieferung von Elektrizität, die den beiden Grundfreiheiten nach den „herkömmlichen“ Abgrenzungskriterien nicht eindeutig zugeordnet werden können, zunächst den Art. 28 ff. EGV, also der Warenverkehrsfreiheit, zu unterstellen sind175. Die Bestimmung des Begriffs der Dienstleistung hängt weitgehend davon ab, an welche Merkmale angeknüpft wird (z. B. Produkteigenschaft, Produktionsprozeß). Im Unterschied zu Waren zeichnet sich Dienstleistung durch Immaterialität, Vergänglichkeit, Standortgebundenheit und Verbrauch aus176. Elektrischer Strom erfüllt lediglich das Kriterium der Immaterialität177. Elektrizität ist eine Form von Energie, die definitionsgemäß nicht verbraucht werden kann. Aus physikalischer Sicht kann Energie weder erzeugt noch verbraucht, sondern ausschließlich gewandelt werden178. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Elektrizität hingegen verbraucht179. Dieser Verbrauch dient allerdings der Erfüllung eines bestimmten Zwecks beim Endbenutzer, ebenso wie Ware auch180. Des weiteren ist Elektrizität nicht standortgebunden. Die Produktion ist fraglos standortgebunden, das Produkt181 – elektrischer Strom – nicht. Gerade unter der Erwägung eines europäischen Binnenmarkts, dessen Verbundnetz über dessen geographische Grenzen hinausgeht, kann keine standortgebundene Darstellung existieren, sondern muß sogar eine grenzüberschreitende Betrachtung bestehen.

175 s. F.-J. Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, S. 56. 176 s. Brockhaus – Die Enzyklopädie, 20. Aufl., Band 5; vgl. auch W. Kluth, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 50, Rdn. 5, 15; A. Bleckmann, Europarecht, Rdn. 1673. 177 Aus physikalischer Sicht ist Strom immateriell, aus rechtswissenschaftlicher Sicht wird bei der Lieferung von Elektrizität von der „Materie Strom“ oder der Sache gesprochen; zum Warenbegriff im deutschen Recht: RGZ 130, 85 (88); BGH, Urt. v. 02.07.1969 – VIII ZR 172/68 = NJW 1969, 1903 f.; BGH, Urt. v. 06.12.1978 – VIII ZR 273/77 = NJW 1979, 1304; im französischen Recht: vgl. den Nachweis bei G. Malzer, EWG-Kartellrecht und Energieversorgung, WuW 1963, 212; im italienischen Recht: C. Sasse, Anm. zu EuGH v. 15.07.1964 – Rs. 6/64 (Flaminio Costa/ENEL), Slg. 1964, I-1251, EuR 1966, 365. 178 So kann beispielsweise potentielle Energie etwa in kinetische Energie oder chemische etwa in thermische Energie oder aber auch ungekehrt oder in anderer Kombination gewandelt werden. Beim Aufstellen einer energetischen Bilanz muß diese immer ausgeglichen sein. Gewonnen oder vernichtet wird dabei nichts. 179 Wenn im weiteren Verlauf der Arbeit von Elektrizitätsverbrauch gesprochen wird, dann geschieht das der Einfachheit halber. Gemeint ist natürlich die Wandlung von elektrischer Energie in eine andere Energieform. 180 Bei diesem im Volksmund benutzten Stromverbrauch wird elektrische Energie in z. B. Wärme oder Bewegungsenergie (jedes haushaltsübliche Gerät) gewandelt. 181 Die Produkthaftungsrichtlinie ABlEG 1985, Rs. L 210/29 stellt ausdrücklich in Art. 2 fest, daß unter „Produkt“ (= jede bewegliche Sache) auch Elektrizität zu verstehen ist.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

Als Ware im eigentlichen Sinne werden physische Gegenstände verstanden182, also materielle Dinge. Die maßgebliche Verkehrsauffassung hingegen sieht Energien wie Elektrizität etwa als Naturkraft und nicht als körperlichen Gegenstand an183. Handelsrechtlich sind Waren alle beweglichen Sachen, die Gegenstand des Handelsverkehrs sind oder nach der Anschauung des Verkehrs als Gegenstand des Warenumsatzes in Betracht kommen können184. Darunter ist auch Elektrizität zu subsumieren was auch aus § 248 c StGB hervorgeht und im Brockhaus, so auch deutlich erwähnt wird185. Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs folgt dieser Darstellung186. Dieser versteht unter Waren Erzeugnisse, die einen Geldwert haben und deshalb Gegenstand von Handelsgeschäften sein können187. Diese Begriffsbestimmung findet sich auch in der Rechtsprechung auf mitgliedstaatlicher Ebene wie etwa in der deutschen Strafgerichtsbarkeit wieder. Die deutschen Gerichte verfolgen etwa die unbefugte Entnahme von Elektrizität strafrechtlich als Diebstahl einer Ware (§ 248c StGB)188. Der Fakt, daß Strom genauso wie andere Primärenergieträger (Kohle, Öl, Erdgas) im Gemeinsamen Zolltarif aufgeführt wird189, aber auch, daß ein 182 Vgl. § 1 Abs. 2 Spstr. 1 HGB; so auch H. Matthies/R. v. Borries, in: Grabitz/ Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, 14. EL 1999, Art. 30, Rdn. 44; F.-J. Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, S. 54 m. w. Nachw.; in diese Richtung auch P. Troberg, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, 4. Aufl. 1991, EWG, Art. 60, Rdn. 1; zunächst in Frage stellend P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 110 und in Rdn. 112 f. zustimmend. 183 So L. Enneccerus/H. C. Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl. 1959, S. 764 f.; K. Larenz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 6. Aufl. 1983, S. 271, im gleichen Buch der 9. Aufl. 2004 wird dann allerdings die Naturkraft auf die ungespeicherte Elektrizität begrenzt (§ 20, Rdn. 15); s. a. F.-J. Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, S. 55. 184 s. Brockhaus – Die Enzyklopädie, 20. Aufl., Band 23. 185 s. Brockhaus – Die Enzyklopädie, Band 23, die Elektrizität konkret als Beispiel aufführt. 186 Vgl. EuGH v. 15.07.1964 – Rs. 6/64 (Flaminio Costa/ENEL), Slg. 1964, I1251, (1276, 1278), in dem der Gerichtshof Strom als Handelsware definiert, und somit als Ware. Andererseits überläßt der Gerichtshof in demselben Prozeß, das national anrufende Gericht (Friedensgericht Mailand), die Entscheidung, ob es sich bei Strom um eine Ware handelt (S. 1276); Klarheit bringt der EuGH mit dem Urteil von Almelo (EuGH v. 27.04.1994 – Rs. C-393/92 (Almelo), Slg. 1994, I-1508, Rdn. 28); dazu auch F. Hölzer, Der Energiesektor zwischen Marktwirtschaft und öffentlicher Aufgabe, 2000, S. 84. 187 s. EuGH v. 10.12.1968 – Rs. 7/68 (Kommission/Italien), Slg. 1968, I-633, (642); ähnlich EuGH v. 30.04.1974 – Rs. 155/73 (Sacchi), Slg. 1974, I-409, Rdn. 6; vgl. auch P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 110. 188 Vgl. auch M. Seidel, Die Elektrizitätswirtschaft im System des Gemeinschaftsrechts, EuR 1988, 135. 189 s. A. A. Schweitzer, Der grenzüberschreitende Stromverbund in Europa, 1. Aufl. 1984, S. 157, Fn. 62; der gemeinsame Zolltarif führt elektrischen Strom unter Kapitel 27.17 an.

5. Warenverkehrsfreiheit

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persönliches Tätigwerden an der Entnahmestelle, also dort, wo der Strom letztendlich gebraucht wird, nicht erforderlich ist, spricht in funktioneller Hinsicht ebenfalls für den Warencharakter von Elektrizität 190. Die Abgrenzung der Dienstleistungs- von der Warenverkehrsfreiheit ergibt sich also nicht ausschließlich aus der Anwendung gesetzlicher Abgrenzungskriterien. Vielmehr ist die Abgrenzungsfrage an dem Grundtypus beider Vertragsfreiheiten orientiert. Grundlage ist der jeweilige Gesamtcharakter des konkreten Wirtschaftsvorgangs unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung191. Diese ist durch Ermittlung des Schwerpunkts der unternehmerischen Tätigkeit zu entscheiden192. Die Zuordnung komplexer grenzüberschreitender Wirtschaftsvorgänge, die sowohl Merkmale des Dienstleistungs- als auch des Warenverkehrs aufweisen, ist nicht allein an dem Kriterium der Form auszurichten, in der die Leistung die Grenze überschreitet193. Vielmehr ist diese, wie der Europäische Gerichtshof entschieden hat, maßgeblich unter Berücksichtigung der Natur der jeweiligen Tätigkeit und des Schwerpunkts der Art der Leistungserbringung vorzunehmen194. So können die Art. 28 ff. EGV anwendbar sein, wenn der grenzüberschreitende Austausch von (unkörperlichen) Leistungen die eigentliche Hauptleistung des Wirtschaftsvorganges darstellt. So ist die grenzüberschreitende Lieferung von elektrischem Strom, der als unkörperlicher Gegenstand zu qualifizieren ist195, den Art. 28 ff. EGV zuzuordnen196. Primärer Leistungsgegenstand dieses Wirtschaftsvorganges ist nach der Verkehrsauffassung

190 Vgl. P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 189. 191 So wohl auch U. Everling, Der Binnenmarkt nach der Rechtsprechung des Gerichshofs der Europäischen Gemeinschaft, in: R. Lukes (Hrsg.), Ein EWG-Binnenmarkt für Elektrizität – Realität oder Utopie, 1988, S. 141, der auf dieser Grundlage die grenzüberschreitende Stromlieferung den Warenverkehrsvorschriften der Art. 28 ff. EGV unterstellt; F.-J. Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, S. 56 f. m. w. Nachw. 192 Vgl. F.-J. Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, S. 56 f. m. w. Nachw. 193 Vgl. F.-J. Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, 32 ff. m. w. Nachw., S. 57. 194 EuGH v. 30.04.1974 – Rs. 155/73 (Sacchi), Slg. 1974, I-409, Rdn. 5 ff. 195 Vgl. RGZ 130, 85; im französischen Recht, in dem Elektrizität von Anfang an als bewegliche Sache („chose“ – Art. 379 Code penale) gewertet wird, und wie in Deutschland in den nationalen Zolltarif übernommen ist (vgl. Fn. 189); vgl. dazu G. Malzer, EWG-Kartellrecht und Energieversorgung, WuW 1963, 212; im italienischen Recht, vgl. C. Sasse, Anmerkung zum EuGH-Urteil v. 16.06.1966, Rs. 67/65, EuR 1966, 363 ff., insb. 365. 196 So A. Bleckmann, Europarecht, Rdn. 2873; F.-J. Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, S. 58; keine eindeutige Stellung beziehend: A. A. Schweitzer, Der grenzüberschreitende Stromverbund in Europa, S. 142; P. Troberg, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 60, Rdn. 2; M. Seidel, Die Elektrizitätswirtschaft im System des Gemeinschaftsrechts, EuR 1988, 135.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

nicht die (Dienst-)Leistung „Lieferung“197 von Strom, sondern die Lieferung der „Materie“ Strom198. Für die Beurteilung von Strom als Dienstleistung spricht, daß Elektrizität nicht auf Vorrat produziert werden kann und nicht stapelbar ist. Die Stromwirtschaft umfaßt aber weitaus mehr als nur die Produktion. Über die Produktion von Strom als Wirtschaftsgut hinaus gehört auch das Bereithalten der Elektrizität an den Entnahmestellen zu den Zeiten und den Mengen, die das weiterleitende Versorgungsunternehmen oder der Endabnehmer bestimmt. Diese immateriellen, aber zu vergütenden Leistungen sind als Dienstleistung zu deuten199. Auch die permanente Versorgungssicherheit und die Zuverlässigkeit, daß der gelieferte Strom keine Schwankungen aufweist, sind als Dienstleistung zu betrachten. Versorgung mit Elektrizität bedeutet eine auf die jeweilige Nachfrage der Elektrizitätsverbraucher abgestimmte Produktion200. Zusammenfassend ist festzustellen, daß es sich bei elektrischem Strom um ein geldwertes und handlungsfähiges sowie zugleich standardisiertes (nicht individuell geprägtes) und zum „Verbrauch“201 bestimmtes Gut handelt, das als Ware (nicht anders als Gas, Öl und Kohle) anzusehen ist202. Wegen der grundsätzlichen Subsidiarität der Dienstleistung muß an dieser Stelle nicht weiter differenziert werden. Demgegenüber ist die Bereithaltung des Leitungsnetzes zur Versorgung mit Strom, die Durchleitung, die permanente Versorgungssicherheit und -zuverlässigkeit und das Bereithalten der Elektrizität an den Entnahmestellen zu den Zeiten und den Mengen, die das weiterleitende Versorgungsunternehmen oder der Endabnehmer bestimmen, eine Dienstleistung203.

197 H. Matthies/R. v. Borries gehen sogar soweit zu sagen, daß auch die Lieferung von Elektrizität als Warenverkehr anzusehen ist und nicht als Dienstleistung, s. H. Matthies/R. v. Borries, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 30, Rdn. 52. Diese Meinung wird hier aber nicht geteilt, da der primäre Leistungsgegenstand die Lieferung ist, die eindeutig nicht als Ware, sondern als Dienstleistung charakterisiert wird. 198 Vgl. F.-J. Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, S. 58; W. Kluth, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 55, Rdn. 15. 199 So auch und ausführlich M. Seidel, Die Elektrizitätswirtschaft im System des Gemeinschaftsrechts, EuR 1988, 135 ff. 200 Vgl. M. Seidel, Die Elektrizitätswirtschaft im System des Gemeinschaftsrechts, EuR 1988, 135. 201 Vgl. Fn. 179. 202 So auch P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 113; im Ergebnis ebenso F.-J. Schöne, Dienstleistungsfreiheit in der EG und deutsche Wirtschaftsaufsicht, S. 58 f. m. w. Nachw.; M. Borchmann, Ein EWG-Binnenmarkt für Elektrizität – Realität oder Utopie?, EuR 1988, 220; zum Meinungsstreit: H. Matthies/R. v. Borries, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 30, Rdn. 44.

5. Warenverkehrsfreiheit

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b) Zwischenstaatlichkeit Der zwischenstaatliche Handel und dessen Durchsetzung dient der Schaffung und Wahrung des unverfälschten Wettbewerbs zwischen den Mitgliedstaaten, was Folge der Wahrnehmung der Grundfreiheiten ist, im Bereich der leitungsgebundenen Versorgungsindustrie vor allem der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr. Handel im Sinne der Zwischenstaatlichkeitsklausel ist der gesamte Verkehr nicht nur mit Gütern, sondern auch mit Dienstleistungen aller Art204. Der Zwischenstaatlichkeitsbezug ist hergestellt, wenn sich die Vereinbarung oder Verhaltensabstimmung auf das Angebot von oder die Nachfrage nach Gütern oder Leistungen bezieht, die Gegenstand des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs sind, waren oder sein können205. Eine Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels setzt als zwingendes Kriterium die Möglichkeit desselben voraus. Allerdings genügt bereits eine Eignung zur Beschränkung aber auch eine mittelbare Wirkung206. Der Europäische Gerichtshof stellt nur sehr geringe Anforderungen, um die Zwischenstaatlichkeit beeinträchtigt zu sehen207. Für Elektrizität, eine Ware, regeln insbesondere die Art. 28 f. EGV das Verbot der mengenmäßigen Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen und der Maßnahmen gleicher Wirkung, welche die Zwischenstaatlichkeit zu beeinträchtigen drohen.

203 So auch P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 113; H. Matthies/R. v. Borries, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 30, Rdn. 52. 204 Einhellige Meinung; vgl. A. Gleiss/M. Hirsch/T. O. J. Burkert, EG-Kartellrecht, Art. 85, Rdn. 231; dazu auch EuGH v. 25.10.1979 – Rs. 22/79 (GFP/SACEM), Slg. 1979, I-3275, Rdn. 11; EuGH v. 27.01.1987 – Rs. 45/85 (VdS/Kommission), Slg. 1987, I-405, Rdn. 44 ff.; EuGH v. 04.05.1988 – Rs. 30/87 (Bodson/PFRL), Slg. 1988, I-2479, Rdn. 24 f. 205 EuGH v. 01.02.1978 – Rs. 19/77 (Miller/Kommission), Slg. 1978, I-131, Rdn. 15; EuGH v. 17.07.1997 – Rs. C-219/95 P (Ferriere Nord/Kommission), Slg. 1997, I4411, Rdn. 19; ähnlich T. Eilmansberger, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 81, Rdn. 29; ders., ebenda, Art. 82, Rdn. 79; C. Jung, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, 17. EL 2001, Art. 82, Rdn. 265. 206 Vgl. N. Koch, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 85, Rdn. 90; so auch die ständige Rechtsprechung EuGH v. 30.06.1966 – Rs. 56/ 65 (Société Technique Minière/Maschinenbau Ulm GmbH), Slg. 1966, I-282, Rdn. 7; EuGH v. 29.10.1980 – verb. Rs. 209–215 und 218/78 (van Landewyck/Kommission), Slg. 1980, I-3125, Rdn. 170; EuGH v. 03.12.1998 – Rs. C-67/97 (Bluhme), Slg. 1998, I-8033, Rdn. 18. 207 Bisher hat der EuGH die Möglichkeit des zwischenstaatlichen Handels nur einmal verneint EuGH v. 16.12.1975 – verb. Rs. 40–48, 50, 54–56, 111, 113 und 114/73 (Suiker Unie und andere/Kommission), Slg. 1975, I-1663, Rdn. 36 ff.; s. a. EuGH v. 29.10.1980 – verb. Rs. 209–215 und 218/78 (van Landewyck/Kommission), Slg. 1980, I-3125, Rdn. 172; dazu auch E. Rehbinder, in: Immenga/Mestmäcker, EG-WbR, Bd. I, 1997, I. Abschn.: Einleitung, Rdn. 18 f.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

Im Bereich der Energiewirtschaft kommt die Zwischenstaatlichkeit durch den gegenseitigen Handel und die damit verbundene Durchleitung durch das europäische Verbundnetz zum Tragen. Noch vor der Liberalisierung der Märkte war aufgrund von Konzessions- und Demarkationsverträgen ein länderübergreifender, leitungsgebundener Wirtschaftsverkehr mit Energie de facto ausgeschlossen. Nicht ausgeschlossen war hingegen der zwischenstaatliche Handel in grenznahen Versorgungsgebieten208. Zwischen den Energieversorgungsunternehmen der europäischen Staaten bestand faktisch schon immer ein System wechselseitiger Stromlieferungen, das einen Stromausgleich zwischen den Produzenten vor allem bei Lieferengpässen durch den Rückgriff auf Stromlieferungen aus anderen Staaten ermöglicht hat209. Zum Zeitpunkt der Gründung europäischer Übertragungsnetzbetreiber fanden transnationale Elektrizitätslieferungen jedoch nur im Bedarfsfalle statt, ansonsten blieben die Elektrizitätserzeugung und -versorgung den einzelnen Staaten vorbehalten, die ihre Stromerzeugung dem eigenen Verbrauch anpaßten210. Seit der Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie hat sich dieses Verhältnis grundlegend geändert. Seit der Aufhebung der Demarkationsverträge wird ein staatenübergreifender Energiehandel nicht nur praktiziert, sondern gar forciert. Eine Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels durch einen Mitgliedstaat ist europarechtswidrig211. Die Einengung des zwischenstaatlichen Warenverkehrs kann in Ausnahmefällen gerechtfertigt sein212. Sie muß aber in jedem Falle dem Verhältnismäßigkeitsgebot entsprechen213. Ist die nationale Versorgungssicherheit gefährdet, kann dies als Schutzanliegen gesehen werden, das aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit eine Beschränkung zulassen würde214. Rechtfertigende Schutzanliegen sind nicht der Schutz der heimischen Industrie oder die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen215, weil das dem Wettbewerbsprinzip widerspräche. Wegen des Abnahmezwangs regenerativen Stroms, der durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz vorgeschrieben ist und dem heimische Energieversor208 BkartA, Beschl. v. 24.07.1995 – AZ B8-822000-N-139/93 = WuW/E 2778, 2785 f.; BkartA, Beschl. v. 28.02.1996 – AZ B8-40100-EG-135/95 = WuW/E 2859, 2866 f.; J. F. Baur, Der Einfluß des Europäischen Wettbewerbsrechts auf die deutsche Energiewirtschaft, RdE 1992, 41, 46. 209 Dazu ausführlich W. Kiwit, Großverbundsysteme in Europa, ET 1990, 761 ff., insb. 762 ff.; s. a. Kap. VI. 4. b) zum Sinn von Verbundnetzen. Dies ist insbesondere aus technischer Sicht unumgänglich, weil es ansonsten kein Verbundnetz wäre. 210 Vgl. I. F. Hochbaum, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 90, Rdn. 74. 211 Dazu ausführlich in Kap. V. 3. und Kap. VII. 9. 212 Dazu ausführlich in Kap. VII. 11. insb. Kap. VII. 11. b). 213 Dazu ausführlich in Kap. VII. 8. 214 Vgl. EnSG, dazu ausführlich in Kap. II. 2. e). 215 EuGH v. 10.07.1984 – Rs. 72/83 (Campus Oil Limited/Minister für Industrie und Energie), Slg. 1984, I-2727.

5. Warenverkehrsfreiheit

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gungsunternehmen unterliegen, wird der staatenübergreifende Handel mittelbar beeinträchtigt, was einer Maßnahme gleicher Wirkung gleich kommt. Es ist zu prüfen, ob sich diese Beschränkung der Grundfreiheiten mit der ebenfalls im EG-Vertrag verankerten Ressourcenschonung und dem Umweltschutz begründen läßt216. c) Maßnahmen gleicher Wirkung Die Begrifflichkeit der „Maßnahmen gleicher Wirkung“ wird in den Art. 28 und 29 EGV erwähnt, den Artikeln, die das Verbot mengenmäßiger Ein- und Ausfuhrbeschränkungen von Waren zwischen den Mitgliedstaaten bestimmen. Für den Energiebereich ist hierbei der grenzüberschreitende Stromverkehr betroffen, also der zwischenstaatliche Handel. Zur Materialisierung der Maßnahmen gleicher Wirkung festigte sich zunächst die Rechtsprechung, wonach darunter „jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern“

fällt. Dieser, 1974 vom Europäischen Gerichtshof aufgestellte Grundsatz wird als „Dassonville-Formel“ bezeichnet217. Er umfaßt nicht nur Diskriminierungen von Einfuhrgütern, sondern schließt nicht einmal staatliche Regelungen, die selbst auf einheimische Güter anwendbar sind, zwingend von den Maßnahmen gleicher Wirkung aus218. Im Hinblick auf derartige Regelungen hat sich schon früh die Frage nach einer Einschränkung dieser sehr weit gefaßten Formel gestellt, um zwingende Erfordernisse des einzelstaatlichen Gemeinwohls nicht zu vernachlässigen219. So bezweckt Art. 28 EGV fraglos die Sicherung des unbehinderten und diskri216

Dazu ausführlich in Kap. VII. 9. ff. EuGH v. 11.07.1974 – Rs. 8/74 (Dassonville), Slg. 1974, I-837, Rdn 5; EuGH v. 17.06.1981 – Rs. 113/80 (Kommission/Irland), Slg. 1981, I-1625, Rdn 9; EuGH v. 14.06.1988 – Rs. 29/87 (Dansk Denkavit/Landbrugsministeriet) Slg. 1988, I-2965, Rdn. 22; für anders lautende Definitionen für „Maßnahmen gleicher Wirkung“ s. EuGH v. 16.11.1977 – Rs. 13/77 (INNO/ATAB), Slg. 1977, I-2115, Rdn. 3; EuGH v. 26.06.1980 – Rs. 788/79 (Gilli und Andres), Slg. 1980, I-2071, Rdn 12; Richtlinie zur Beseitigung von Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen ABlEG 1970, Rs. L 13/29 v. 22.12.1969 (RL 70/50/EWG); zur näheren Beschreibung der „Dassonville-Formel“ s. P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/ Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 22 ff. m. w. Nachw.; N. Koch, in: Grabitz/Hilf, EGV, Art. 85, Rdn. 91 m. w. Nachw. 218 EuGH v. 17.06.1981– Rs. 113/80 (Kommission/Irland), Slg. 1981, 1625, Rdn. 10; so z. B. auch im sog. Urteil zum Reinheitsgebot für Bier, EuGH v. 12.03.1987 – Rs. 178/84 (Kommission/Deutschland), Slg. 1987, I-1227, Rdn. 28; ähnlich P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 23. 219 Vgl. P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 23 insb. Rdn. 70. 217

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

minierungsfreien Wareneinfuhrverkehrs. Mit ihm soll dennoch nicht die grundsätzliche Befugnis der Mitgliedstaaten, die im öffentlichen Interesse gebotenen und gemeinschaftsrechtlich anerkannten Schutzziele220 selbständig zu verfolgen, soweit keine Gemeinschaftsregelung besteht, beseitigt werden221. So hat sich zur Einschränkung der weiten Auslegung des Begriffs der „Maßnahmen gleicher Wirkung“ und der engen Auslegung des Art. 28 EGV nach der „Dassonville-Formel“ in der Praxis die vom Europäischen Gerichtshof erlassene „Cassis-Formel“222 durchgesetzt. Sie besagt: „Hemmnisse für den Binnenhandel der Gemeinschaft, die sich aus den unterschieden der nationalen Regelungen über die Vermarktung dieser Erzeugnisse ergeben, müssen hingenommen werden, soweit diese Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden“223.

Die zwingenden Erfordernisse, die auch als immanente Schranken des Art. 28 EGV bezeichnet werden224, sind unterschiedslos auf inländische und eingeführte Waren anzuwenden225. Eine unterschiedslos auf Waren jeder Herkunft 220 Für die zu schützenden Güter s. Art. 30 EGV, dazu zählt nun auch der Umweltschutz, dazu ausführlich in Kap. V. 5.; weiterhin gibt es auch andere Schutzziele als die dort aufgezählten, so z. B. die Bekämpfung des Alkoholismus, dazu näher EuGH v. 10.7.1980 – Rs. 152/78 (alkoholische Getränke), Slg. 1980, I-2299, Rdn. 15 ff.; zu den Schutzgütern allgemein: A. Deringer, in: Zum Spannungsverhältnis zwischen den Freiheiten des Gemeinsamen Markts und den nationalen Interessen der Mitgliedstaaten, in: W. G. Grewe/H. Rupp/H. Schneider (Hrsg.), FS für Hans Kutscher, 1981, S. 99 ff. 221 Vgl. P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 74 ff.; ähnlich H. Matthies/R. v. Borries, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 30, Rdn. 8; C.-D. Ehlermann, Das Verbot der Maßnahmen gleicher Wirkung in der Rechtsprechung des Gerichtshofs, in: R. Stödter/W. Thieme (Hrsg.), FS für Hans Peter Ipsen, 1977, S. 589 ff. 222 EuGH v. 20.02.1979 – Rs. 120/78 (REWE/Bundesmonopolverwaltung für Branntwein), Slg. 1979, I-649; „Cassis-de-Dijon-Urteil“, daß z. B. auch Anwendung findet in den Urteilen von EuGH v. 26.06.1980 – Rs. 788/79 (Gilli und Andres), Slg. 1980, I-2071, Rdn 6; EuGH v. 15.12.1982 – Rs. 286/81 (Oosthoek’s Uitgeversmaatschappij), Slg. 1982, I-4575, Rdn 14; EuGH v. 25.04.1985 – Rs. 207/83 (Kommission/ Vereinigtes Königreich), Slg. 1985, I-1201; s. a. S. Leible, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, 15. EL 2000, Art. 28, Rdn. 12 ff., insb. 22 ff.; für eine enge Auslegung der Maßnahmen gleicher Wirkung, soweit die Politikbefugnis bei den Mitgliedstaaten verblieben ist; P. Ulmer, Zum Verbot mittelbarer Einfuhrbeschränkungen im EWG-Vertrag, GRUR Int. 1973, 510 f.; A. Deringer, Zum Spannungsverhältnis zwischen den Freiheiten des Gemeinsamen Markts und den nationalen Interessen der Mitgliedstaaten, in: W. G. Grewe/H. Rupp/H. Schneider (Hrsg.), FS für Hans Kutscher, S. 106 f. 223 EuGH v. 20.02.1979 – Rs. 120/78 (REWE/Bundesmonopolverwaltung für Branntwein), Slg. 1979, I-649, Rdn. 8. 224 Vgl. P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 189 f.; enthaltend J. F. Baur/K. Henk-Merten/P. Matthey/M. Weck, Förderung von KWK-Anlagen, 2002, S. 74. 225 EuGH v. 17.06.1981 – Rs. 113/80 (Kommission/Irland), Slg. 1981, I-1625, Rdn. 10; EuGH v. 03.03.1988 – Rs. 434/85 (Allen & Hanburys/Generics), Slg. 1988, I-

5. Warenverkehrsfreiheit

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anwendbare Regelung, in einem Bereich, für den keine oder zumindest keine abschließende Gemeinschaftsregelung besteht, stellt danach trotz einfuhrbehindernder Eignung (im Sinne der Dassonville-Formel) keine Maßnahme gleicher Wirkung dar und verstößt auch nicht gegen den freien Warenverkehr im Sinne der Art. 28 f. EGV226. Die Dassonville-Formel ist der Cassis-Formel subsidiär. Immanente Schranken bilden insbesondere eine wirksame steuerliche Kontrolle, der Schutz der öffentlichen Gesundheit, die Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes227. Später, und das ist für die weitere Betrachtung von großer Bedeutung, ist noch der Umweltschutz hinzugetreten228. Allerdings wird die Cassis-Formel auch vom Gerichtshof insbesondere hinsichtlich der Unterschiedslosigkeit, die den entscheidenden Aspekt darstellt, nicht stringent eingehalten229. Hierauf wird an späterer Stelle noch detailliert einzugehen sein230. d) Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit im Energiebereich Für den Energiemarkt ist der Tatbestand „Maßnahmen gleicher Wirkung“ erfüllt, wenn ein Energieversorgungsunternehmen seine marktbeherrschende Stellung mißbräuchlich ausnutzt und Stromerzeugern anderer Mitgliedstaaten verwehrt, ihr Produkt auf dem eigenen Markt an andere Kunden zu verkaufen als 1245, Rdn. 35.; s. a. H. Matthies/R. v. Borries, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 30, Rdn. 20; ähnlich P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 83; die zwingenden Erfordernisse werden vom EuGH auch als „Erwägungen des Gemeinwohls“ ausgewiesen, so z. B. EuGH v. 16.12.1980 – Rs. 27/80 (Fietje), Slg. 1980, I-3839, Rdn. 9; EuGH v. 19.02.1981 – Rs. 130/80 (Kelderman), Slg. 1980, I-527, Rdn. 8; im Cassis-Urteil werden sie als „im allgemeinen Interesse liegende Ziele“ ausgewiesen: EuGH v. 20.02.1979 – Rs. 120/78 (REWE/Bundesmonopolverwaltung für Branntwein), Slg. 1979, I-649, Rdn 14. 226 EuGH v. 20.02.1979 – Rs. 120/78 (REWE/Bundesmonopolverwaltung für Branntwein), Slg. 1979, I-649, Rdn 8; EuGH v. 10.11.1982 – Rs. 261/81 (Rau), Slg. 1982, I-3961, Rdn. 12; EuGH v. 14.07.1988 – Rs. 298/87 (SMANOR), Slg. 1988, I4489, Rdn. 15. 227 EuGH v. 20.02.1979 – Rs. 120/78 (REWE/Bundesmonopolverwaltung für Branntwein), Slg. 1979, I-649, Rdn 8, 14. 228 EuGH v. 07.02.1985 – Rs. 240/83 (Procureur de la République/ADBHU), Slg. 1985, I-531, Rdn 11 ff., insb. Rdn. 15; EuGH v. 20.09.1988 – Rs. 302/86 (Kommission/Dänemark), Slg. 1988, I-4607, Rdn 8 ff., insb. Rdn. 9; EuGH v. 09.07.1992 – Rs. C-2/90 (Kommission/Belgien), Slg. 1992, I-4431, Rdn. 22 ff., 32; P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 74; vgl. auch die durch den Maastrichter Vertrag hinzugefügte Querschnittsklausel des Art. 174 Abs. 2 UA 2 EGV, dazu ausführlich in Kap. V. 5. insb. in Kap. VII. 11. b). 229 EuGH v. 09.07.1992 – Rs. C-2/90 (Kommission/Belgien), Slg. 1992, I-4431, Rdn. 34 ff., insb. Rdn. 36; EuGH v. 13.03.1984 – Rs. 16/83 (Prantl), Slg. 1984, I1299, Rdn. 24; so auch P. v. Wilmowsky, Abfall und freier Warenverkehr: Bestandsaufnahme nach dem EuGH-Urteil zum wallonischen Einfuhrverbot, EuR 1992, 415 f. m. w. Nachw. 230 Vgl. Kap. VII. 11. d) aa).

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

an sich selbst231. Umgekehrt ist der Tatbestand der Maßnahme gleicher Wirkung ebenso erfüllt, wenn potentielle Kunden des Mitgliedstaats, in dem das Monopolunternehmen tätig ist, daran gehindert werden, nach freier Wahl Strom aus anderen Mitgliedstaaten zu beziehen232. Solange der Europäische Binnenmarkt nicht vollständig liberalisiert ist, das heißt, noch nicht alle Endabnehmer von Elektrizität in der Europäischen Gemeinschaft, den Richtlinien entsprechend, zugelassene Kunden sind233, ist die Warenverkehrsfreiheit noch nicht verletzt. In Deutschland kann dieser Ungleichbehandlung durch die Reziprozitätsklausel vorgebeugt werden234. Umstritten war in dieser Hinsicht vor allem das Stromeinspeisungsgesetz, aber auch dessen Nachfolgeregelung, das Erneuerbare-Energien-Gesetz. Als nationales Gesetz gilt dieses nur innerhalb der deutschen Staatsgrenzen. Somit sind dessen Regelungen, primär die des Abnahmezwangs regenerativen Stroms zu vorgegebenen Preisen, ausschließlich für in Deutschland tätige Energieunternehmen von Bedeutung. Dadurch wird aber der zwischenstaatliche Handel und somit unmittelbar der freie Warenverkehr beeinträchtigt235. Fraglos ist, daß der Abnahmezwang in Verbindung mit der Preisregelung des Erneuerbare-EnergienGesetzes dem Umweltschutz dient. Nach herrschender Meinung ist dieser auch ein zwingendes Erfordernis im Sinne der Cassis-Formel, die unter bestimmten Umständen die Warenverkehrsfreiheit einzuschränken vermag236. Dies ist vor allem auch deswegen herauszustellen, weil lange Zeit keine Gemeinschaftsregelung bestand237. Entscheidend ist, daß weder das Stromeinspeisungsgesetz noch das Erneuerbare-Energien-Gesetz inländische und eingeführte Waren unterschiedslos behandeln. So spielt die Nationalität des Stromherstellers keine Rolle, allerdings erstreckt sich der Abnahmezwang und die vorgeschriebene Vergütung ausschließlich auf in Deutschland produzierten „Öko-Strom“. Zwingendes Merkmal der Cassis-Formel ist jedoch die unterschiedslose Behandlung inländischer und eingeführter Waren, so daß nach der gängigen Rechtsprechung die Cassis-Formel nicht mehr anwendbar ist und hinter die Dassonville-Formel 231 Vgl. A. Arapostathis, Das griechische Stromversorgungsmonopol und seine Vereinbarkeit mit dem europäischen Recht, S. 36; ähnlich H.-M. Koopmann/A. Rosenkötter, Instrumente zur Sicherstellung von Wettbewerb, in: M. Rayermann/H. Loibl (Hrsg.), Energierecht, 2003, Teil 1, Kapitel 3, Rdn. 27; C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 167 f. 232 Ähnlich auch A. Arapostathis, Das griechische Stromversorgungsmonopol und seine Vereinbarkeit mit dem europäischen Recht, S. 36. 233 s. Art. 12 Nr. 12 BeschlEltRL.; zum Begriff des „zugelassenen Kunden“ s. a. Glossar. 234 Vgl. Fn. 90 f. 235 Zur Eignung des Stromeinspeisungsgesetzes bzw. des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen ausführlich in Kap. VII. 11. 236 Vgl. Fn. 228, vgl. auch Kap. VII. 11. b), insb. Fn. 429. 237 Die kürzlich in Kraft getretene Regenerativstromrichtlinie ändert diesen Tatbestand (ausführlich zur RegStRL in Kap. II. 1. c)).

6. Umweltschutz

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zurücktritt. Weil auch Art. 30 EGV, als Ausnahmevorschrift der Art. 28 f. EGV, den Umweltschutz nicht als Ausnahmetatbestand aufführt, sind keine dieser beiden Regelungen geeignet, die Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs zu begründen238. Der Europäische Gerichtshof sieht in seinem Urteil zum Stromeinspeisungsgesetz trotzdem keinen Verstoß gegen Art. 28 EGV239, womit er abermals von seiner gefestigten Meinung abweicht240. Die hier kurz geschilderte, aber nicht zuletzt wegen des sich ständig wandelnden Rechtsrahmens schwierige Problematik wird eingehend in Kap. VII., insbesondere Kap. VII. 11. ausgeführt.

6. Umweltschutz a) Umweltschutz als Gemeinschaftsziel Zur Verwirklichung bestimmter wirtschaftlicher Ziele ist Wettbewerb durchaus geeignet. Fraglich ist aber, wie sich Wettbewerb gerade im Fall eines rein wettbewerbsorientierten Ansatzes mit dem Umweltschutz, der Versorgungssicherheit und anderen gesellschaftspolitischen Aspekten vereinbaren läßt. Bereiche, die sich privatheitlich nicht realisieren lassen, müssen daher durch politische Instanzen gelöst werden, wie das im Fall des Umweltschutzes etwa durch die Regenerativstromrichtlinie geschehen ist. Insofern ist die Problemlösungskapazität des Instruments Wettbewerb auf den wirtschaftlichen Bereich begrenzt241. Die Verfasser des EG-Vertrags haben dem Umweltschutz ursprünglich keine allzu hohe Priorität beigemessen und diesen klar hinter die Bedürfnisse eines gemeinsamen Binnenmarktes zurückgestellt. Erkenntlich wird dies daran, daß der Umweltschutz nicht als Rechtsgut in der „ordre-public-Klausel“ (Art. 30 EGV) genannt ist, die den freien Warenverkehr einzuschränken zu rechtfertigen vermag242. Weil die dort genannten Tatbestände nach herrschender Meinung nicht ausgedehnt werden können243, erließ der Gerichtshof im Jahr 1979 sein 238 Ausführlich zur Möglichkeit der Cassis-Formel und des Art. 30 EGV, den freien Warenverkehr einschränken zu können in Kap. VII. 11. 239 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001; ausführlich zum Urteil in Kap. VII. 3. 240 So auch M. Schmidt-Preuß, Europarechtliche und verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Energiepolitik, in: R. Hendler/R. Marburger/M. Reinhardt/ M. Schröder (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, 2002, S. 50 f.; vgl. auch Fn. 229 und 37. 241 Ähnlich H.-P. Schwintowski, Umweltschutz und Wettbewerb – zwei Seiten derselben Medaille, ZNER 2001, 83; H. Schmoldt, in: Bundesregierung pocht auf ehrgeizigere Ziele im Klimaschutz, FAZ v. 23.10.2002, S. 14. 242 So wohl auch L. Krämer, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, 4. Aufl. 1991, Vorb. Art. 130t, Rdn. 50; dazu ausführlich in Kap. VII. 11.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

„Cassis-Urteil“, in dem er entschied, daß bestimmte Hemmnisse für den freien Warenverkehr dennoch hingenommen werden müßten, soweit sie notwendig seien, um gemeinschaftsrechtlich anerkannten zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden244. Allerdings deklariert der Gerichtshof erstmals den Umweltschutz 1985, rund sechs Jahre später, zu einem wesentlichen Ziel der Gemeinschaft245. Bereits ein Jahr später, erklärt er den Umweltschutz zum zwingenden Erfordernis im Sinne der Cassis-Formel, der Grundfreiheiten einzuschränken rechtfertigt246. Diese Rechtsprechung wurde noch weiter entwickelt. Im PreussenElektra-Urteil setzt der Europäische Gerichtshof den Umweltschutz sogar mit den in Art. 30 EGV genannten Rechtfertigungsgründen gleich247. b) Europäisches Umweltprinzip Neben dem allseits erwähnten Wettbewerbsprinzip und Binnenmarktprinzip kennt die Europäische Union auch ein Umweltprinzip. Gerade hinsichtlich des Umweltschutzes gelten in der Europäischen Union für den Elektrizitäts- und Erdgassektor bereits eine Reihe gemeinsamer gemeinwirtschaftlicher Ziele oder Standards. Im Produktionsbereich betreffen sie die Verpflichtung der Produzenten, Mindestumweltstandards einzuhalten, eine Mindestmenge an Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu erzeugen oder aber auch andere Umweltziele zu erfüllen248. 243 Vgl. EuGH v. 25.01.1977 – Rs. 46/76 (Bauhuis/Niederlande), Slg. 1977, I-5, Rdn. 12; EuGH v. 17.06.1981 – Rs. 113/80 (Kommission/Irland), Slg. 1981, I-1625, Rdn. 7; EuGH v. 09.06.1982 – Rs. 95/81 (Kommission/Italien), Slg. 1982, I-2187, Rdn. 27; vgl. dazu Fn. 423 ff. 244 EuGH v. 20.02.1979 – Rs. 120/78 (REWE/Bundesmonopolverwaltung für Branntwein), Slg. 1979, I-649; vgl. auch Fn. 222; dazu in Kap. V. 5. c), VII. 11. b). 245 Anerkannt seit der ADBHU-Rechtsprechung, EuGH v. 07.02.1985 – Rs. 240/83 (Procureur de la République/ADBHU), Slg. 1985, I-531, Rdn 13, 15; EuGH v. 20.09.1988 – Rs. 302/86 (Kommission/Dänemark), Slg. 1988, I-4607, Rdn 8; EuGH v. 19.05.1992 – Rs. C-195/90 (Deutschland/Kommission), Slg. 1992, I-3141, Rdn. 29. 246 Erstmals EuGH v. 20.09.1988 – Rs. 302/86 (Kommission/Dänemark), Slg. 1988, I-4607, Rdn 9; EuGH v. 09.07.1992 – Rs. C-2/90 (Kommission/Belgien), Slg. 1992, I4431, Rdn. 29, 32; dazu ausführlich in Kap. VII. 11. b). 247 Vgl. EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 75; EuGH v. 23.05.2000 – Rs. C-209/98 (Sydhavnens Sten & Grus), Slg. 2000, I-3743, Rdn. 48; EuGH v. 14.07.1998 – Rs. C-389/96 (Aher-Waggon), Slg. 1998, I-4473, Rdn. 19 f.; EuGH v. 09.07.1992 – Rs. C-2/90 (Kommission/ Belgien), Slg. 1992, I-443, Rdn. 34 f.; so auch U. Ehricke, Staatliche Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Energien und europäisches Wettbewerbsrecht, RdE 2003, 63 f.; S. Heselhaus, Rechtfertigung unmittelbar diskriminierender Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit, EuZW 2001, 648; G. Kühne, Anmerkung zur Stromeinspeisungsgesetzentscheidung, JZ 2001, 760; s. a. Fn. 229; grundsätzlich zum Urteil in Kap. VII. 3; zur Einbeziehung des Umweltschutzes in Art. 30 EGV in Kap. VII. 11. a). 248 s. KOM(2001)125 endg., S. 20.

6. Umweltschutz

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So erwähnt bereits die 28. Begründungserwägung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie ausdrücklich, daß die Mitgliedstaaten aus Gründen des Umweltschutzes der Elektrizitätserzeugung auf der Grundlage erneuerbarer Energien Vorrang einräumen können. In ihrer neuerlichen Mitteilung über die Vollendung des Binnenmarktes bekräftigt die Kommission diese Erwägung dahingehend, daß sie Mitgliedstaaten sogar zum Erlaß geeigneter Maßnahmen verpflichten möchte, um das Erreichen grundlegender gemeinwirtschaftlicher Ziele, insbesondere das des Umweltschutzes, zu gewährleisten. Für den Bereich der Stromund Gasversorgung meint sie damit Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung249. Deutschland kommt dieser Forderung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz nach. Die Zielsetzug des Umweltschutzes ging bereits in der Fassung von 2000 klar aus § 1 EEG hervor und stimmt mit dem Weißbuch der Europäischen Kommission „Energie für die Zukunft: Erneuerbare Energieträger“ als auch der Regenerativstromrichtlinie überein250. Der mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz bezweckte Umweltschutz stellt ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut dar, welches nunmehr auch Art. 20a GG ausdrücklich im deutschen Verfassungsgesetz zum Ausdruck bringt251. So bestimmt das Energiewirtschaftsgesetz ausdrücklich, daß „eine möglichst sichere, preisgünstige und umweltverträgliche leitungsgebundene Energieversorgung mit Elektrizität und Gas im Interesse der Allgemeinheit“

Zweck des Gesetzes sei (§ 1 EnWG), wobei „Umweltverträglichkeit bedeutet, daß . . . eine schonende und dauerhafte Nutzung von Ressourcen gewährleistet ist“ (§ 2 Abs. 4 EnWG).

Diese Vorschrift ist auf die europäische Ebene auszuweiten. Sie steht den Europäischen Gemeinschaftszielen nicht entgegen, ganz im Gegenteil, sie fördert sie sogar. Ausdrücklich hält der Gesetzestext aber eine angemessene Berücksichtigung der Ziele vor, das heißt, sie sind nicht um jeden Preis umzusetzen. Diese Einschränkung gibt die europäische Rechtsprechung wieder und ist somit geboten, um mit dem Gemeinschaftsrecht übereinzustimmen252. c) Querschnittsklausel Wegen des geringen Gewichts, das der Europäische Gerichtshof dem Umweltschutz früher beigemessen hat, ergeben sich Anwendungsprobleme, insbe249 s. KOM(2001)125 endg., S. 22; ausführlich zur Förderung der Kraft-WärmeKopplung J. F. Baur u. a., Förderung von KWK-Anlagen. 250 s. Kap. VII. 3. 251 Vgl. S. Studenroth, Verfassungswidrigkeit des Stromeinspeisungsgesetzes?, DVBl 1995, 1220 f.; s. a. Kap. V. 5. 252 Herrschende Rechtsprechung, seit dem Cassis-Urteil, vgl. hierzu ausführlich Kap. VII. 11. b).

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

sondere weil der Stellenwert des Umweltschutzes nicht abschließend formuliert ist. Der Umweltschutz, der vor allem in jüngerer Zeit immer größere Bedeutung erlangt, wird zwar in Art. 174 EGV (Umweltartikel) behandelt, es geht aus ihm aber kein eindeutiger Rang hervor, wie ihn etwa die Grundfreiheiten genießen. Eine Neugewichtung auf primärrechtlicher Ebene verleiht der Europäische Gesetzgeber dem Umweltschutz nicht nur durch den im Vertrag von Amsterdam modifizierten Art. 2 EGV, der nicht mehr nur ein „umweltverträgliches Wachstum“ fordert, sondern nun ein „hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität“, sondern insbesondere auch durch den im Vertrag von Amsterdam neu eingeführten Art. 6 EGV. Mittels dieser sogenannten Querschnittsklausel muß der Umweltschutz nunmehr bei der Durchführung anderer Gemeinschaftspolitiken sogar miteinbezogen werden253. Zwar trifft auch er keine Aussage über dessen Gewichtung gegenüber anderen Gemeinschaftspolitiken, jedoch handelt es sich dabei um eine verbindliche Vorgabe, deren Beachtung vom Europäischen Gerichtshof überprüft werden kann254. So findet der Umweltschutz, in Art. 30 EGV, der den freien Warenverkehr einzuschränken vermag, keine Erwähnung. Die dort genannten Ausnahmetatbestände, der Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen sind zwar abschließend formuliert, können aber mittelbar in Verbindung mit dem Umweltschutz gebracht werden255. Dieser ist zwar keine zwingende Voraussetzung, um den in Art. 30 EGV genannten Schutz sicherzustellen, dient diesem aber in jeder Weise. Des weiteren findet der Umweltschutz in Verbindung mit Art. 30 EGV in Art. 95 Abs. 3 und 4 EGV Erwähnung, indem er neben die zu schützenden Güter des Art. 30 EGV tritt256. Bekräftigend haben das Europäische Parlament und der Rat ein nunmehr sechstes Umweltaktionsprogramm erlassen, das die Einbeziehung der Umweltbelange in alle Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen nach Art. 6 EGV fördern soll mit dem Ziel, die auf unterschiedliche Quellen zurückzuführenden Umweltbelastungen zu verringern257. Diese Forderung wird bereits etwas genauer im Umweltartikel (Art. 174 EGV) aufgeführt. 253 Vgl. K. A. Schachtschneider, Die Verträge in der Gemeinschaft und der Union, in: ders., Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, Stand: 2004, § 1 I 5 f. 254 J. Jahns-Böhm/S. Breier, Die umweltrechtliche Querschnittsklausel des Art. 130r II 2 EWGV, EuZW 1992, 54 f.; C. Calliess, Ansatzpunkte für eine umweltverträgliche Verkehrspolitik im europäischen Binnenmarkt, ZAU 1994, 322 ff.; D. H. Scheuing, Umweltschutz auf der Grundlage der Einheitlichen Europäischen Akte, EuR 1989, 176 f.; K. Hailbronner, Der „nationale Alleingang“ im Gemeinschaftsrecht am Beispiel der Abgasstandards für Pkw, EuGRZ 1989, 105; I. Pernice, Kompetenzordnung und Handlungsbefugnisse der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Umweltund Technikrechts, Die Verwaltung 1989, 3 f. 255 GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 232. 256 Vgl. Fn. 247; 423.

6. Umweltschutz

171

Der Europäische Gerichtshof geht nun tendenziell sogar von einem relativen Vorrang des Umweltschutzes aus258. Mit Berufung auf die Querschnittsklausel des Art. 6 EGV, laut dem „die Erfordernisse des Umweltschutzes . . . insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden“ müssen, zielt dieser in Verbindung mit Art. 174 EGV unmittelbar auf den Umweltschutz ab. Mit dieser Erhebung der Umweltverträglichkeit zu einem allgemeinen Rechtsgebot wird die Auffassung vertreten, daß der Umweltschutz im Konfliktfall nun nicht mehr neben die Gemeinschaftsziele tritt, sondern grundsätzlich Vorrang hat259. Daraus folgt nicht, daß der Umweltschutz eine uneingeschränkte Vorrangstellung innehat. Bei einer Güter- und Interessenabwägung genießt der Umweltschutz jedoch einen hohen Rang, der vor allem wirtschaftliche Gründe zurücktreten läßt260. Das Gemeinschaftsrecht umfaßt auch das sogenannte produktgebundene Umweltschutzrecht, zu dem alle nationalen Regelungen zählen, die aus Gründen des Umweltschutzes Beschaffenheitsanforderungen für Waren festlegen. Dieses können beispielsweise Vorschriften über die Vermarktung von Chemikalien oder Regelungen über zulässige Schadstoffemissionen von Kraftfahrzeugen oder eben auch Kraftwerken sein261. Die Querschnittsnorm des Art. 6 EGV ist eine Richtschnur für die EG-Organe und die Mitgliedstaaten und soll sie zum Umweltschutz und zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung anhalten262. Maßnahmen, die den freien Warenverkehr beschränken, können somit unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes gerechtfertigt sein263. Insbesondere versteht man hierunter die in 257

ABlEG 2002, Rs. L-242/1 ErwGr. 13. Vgl. M. Zuleeg, Umweltschutz in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, NJW 1993, 31, 35; W. Kahl, Der EuGH als „Motor des europäischen Umweltschutzes?“, ThürVBl. 1994, 226 f. 259 Vgl. W. Kahl, Der EuGH als „Motor des europäischen Umweltschutzes?“, ThürVBl. 1994, 226 f. m. w. Nachw.; C. Calliess, in: ders./Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 174, Rdn. 16 f. m. w. Nachw.; D. H. Scheuing, Umweltschutz auf der Grundlage der Einheitlichen Europäischen Akte, EuR 1989, 177; dazu ausführlich in Kap. VII.; den Vorrang auf Einzelfälle beschränkend J. Gebauer/U. Wollenteit/M. Hack, Der EuGH und das Stromeinspeisungsgesetz: Ein neues Paradigma zum Verhältnis von Grundfreiheiten und Umweltschutz?, ZNER 2001, 16; den Umweltschutz neben die Grundfreiheiten stellend W. Frenz, Nationalstaatlicher Umweltschutz und EG-Wettbewerbsfreiheit, 1997, S. 62. 260 Vgl. M. Zuleeg, Umweltschutz in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, NJW 1993, 35 m. w. Nachw. 261 Dazu R. Wallat, Beaufsichtigung des organisierten Emissionshandels, ET 2003, 180 ff. 262 Vgl. B. Nagel, Die Vereinbarkeit des EEG mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht, Vortrag beim Bundesverband WindEnergie e. V. am 08.08.2000. 263 Vgl. I. Pernice, Auswirkungen des europäischen Binnenmarktes auf das Umweltrecht – Gemeinschafts(verfassungs-)rechtliche Grundlagen, NVwZ 1990, 203; ausführlich in Kap. VII. 11. 258

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

Art. 174 EGV aufgezählten Grundsätze des Schutzes und der Verbesserung der Umweltqualität, der Schonung der Ressourcen, des Vorsorge- und Vorbeugeprinzips, der Bekämpfung der Beeinträchtigung an der Quelle und des Verursacherprinzips264. Die Querschnittsklausel bedingt somit, daß von der Gemeinschaft getroffene Maßnahmen, die der Angleichung von Rechtsvorschriften dienen, gleichzeitig die genannten Umweltschutzziele, zwar nicht um jeden Preis, aber auf möglichst hohem Niveau verwirklichen sollten. d) Ressourcenschonung Natürliche Ressourcen stehen ihrer Natur nach nicht in unbegrenztem Umfang zur Verfügung, so daß ein rechtzeitiger, schonender Umgang mit ihnen wichtig ist, wie es das umweltrechtliche Vorsorgeprinzip in Art. 174 Abs. 1 und 2 EGV fordert265. Damit wird gewährleistet, daß Freiräume für zukünftige Entwicklungen der Belastungs- und Nutzungsreserven offengehalten werden. Bewirtschaftungsvorbehalt und Konzessionspflicht erlauben eine künstliche Verknappung dieser Ressourcen; die Regenerativstromrichtlinie, als auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz fördern die Nutzung regenerativer Ressourcen. So ist es in Anbetracht der vorliegenden Problematik durchaus angebracht, die Auswirkungen der in Frage stehenden Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Entwicklung und der uneingeschränkten Anwendung des Verursacherprinzips zu berücksichtigen, zumal diese nicht im Sekundärrecht, sondern im Primärrecht ihre Verankerung finden266. e) Vorsorge- und Verursacherprinzip Das primärrechtlich verankerte Verursacherprinzip (Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV) zieht die Schuldner von Umweltschäden und -belastungen in die Verantwortung267. Dies dient dazu, daß sich Umweltsünder ihrer Tat bewußt werden. Wenn die Verursacher für ihr Verhalten nicht angemessen zur Rechenschaft gezogen werden, sondern die Beseitigung der Schäden der Allgemeinheit zur Last fällt (Gemeinlastprinzip), werden die Schädiger sich in den seltensten Fällen ihrer Schuld bewußt sein und aus ihrem Fehlverhalten nicht lernen. Anerkannt ist darüber hinaus auch, daß das Gemeinlastprinzip dem Verursacherprinzip subsidiär ist268. In Verbindung mit dem Verursacherprinzip muß das Vorbeugeprin264

Dazu ausführlich in Kap. VII. 11. d) bb) (2). Dazu in Kap. V. 6. e), a. a. in Kap. VII. 10. dd) und VII. 11. d) bb) (2). 266 ABlEG 2001, Rs. C-37/3 v. 03.02.2001, Rdn. 4. 267 Vgl. C. Calliess, in: ders./Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 174, Rdn. 34 ff.; R. Breuer, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl. 1999, 5. Abschn., Rdn. 12 ff.; A. Epiney, Umweltrecht in der Europäischen Union, S. 103 f.; W. Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, Rdn. 747. 265

7. Industriepolitik

173

zip gesehen werden, das ebenfalls in Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV festgehalten ist. Ohne Vorbeugeprinzip ist eine Erhaltung und Schutz der Umwelt nur wenig effektiv. Wird einer negativen Umweltbeeinträchtigung nicht zuvorgekommen, ist eine Erhaltung der Umwelt nicht möglich, im optimalen Fall lediglich eine vollständige Wiederherstellung. So muß der Grundsatz gelten, daß das Vorbeugeprinzip dem Verursacherprinzip vorgeht. Das Verursacherprinzip kann erst dann greifen, wenn die Umweltbeeinträchtigung, ein Schaden also, bereits eingetreten ist. Dies ist auch aus Praktibilitätsgründen einleuchtend, weil sich vor Eintreten des Umweltschadens dessen Auswirkungen in der Regel nicht beziffern lassen269.

7. Industriepolitik a) Der Begriff der Industriepolitik Der Begriff der „Industriepolitik“ findet sich zum ersten Male im Rahmen von Beschlüssen der Kommission über die Zuständigkeit der Kommissare und Generaldirektoren270. Allerdings fehlt seit langem eine anerkannte Definition des Begriffs der Industriepolitik mit einem hinreichend festen Bedeutungsinhalt271. Problematisch ist dies, weil eine feststehende Grenze zwischen der Industrie- und Wettbewerbspolitik, die beide leicht miteinander in Konflikt geraten, fehlt. So gibt es weder in der politischen Praxis noch in der einschlägigen Literatur eine eindeutige und von allen Seiten anerkannte Definition des Begriffs der Industriepolitik. Umschreibende Definitionen hingegen existieren vielfach, die sich indes auf die Beschreibung der unterschiedlichen Zielsetzungen, Instrumente oder Politikbereiche beschränken272. Im Kern versteht man unter diesem Begriff „alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen und Bestrebungen von öffentlicher Hand und Verbänden, die auf die Struktur und die Entwicklung der Industrie einwirken“273.

268 Zumindest gilt dies für Deutschland und es ist nicht einzusehen, warum dies nicht auch für die europäische Ebene gelten sollte, vgl. R. Breuer, in: E. Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 5. Abschn., Rdn. 17. 269 Vgl. Fn. 171. 270 In den Römischen Verträgen findet sich der Begriff „Industriepolitik“ nicht, sondern zum ersten Male im Jahre 1967. 271 Dazu grundlegend W. Veelken, Normstrukturen der Industriepolitik: eine vergleichende Untersuchung nach deutschem und französischem Wirtschaftsrecht, 1991; M. J. Seitz, Staatliche Industriepolitik, 2000, S. 32. 272 So und ausführlich zum Begriff der Industriepolitik M. J. Seitz, Staatliche Industriepolitik, S. 32, 273 Vgl. C.-P. Frees, Das neue Industriepolitische Konzept der EG, EuR 1991, S. 281 m. w. Nachw.

174

V. Energieordnung in der Gemeinschaft

Die begriffliche Unklarheit erfaßt auch den Begriff der „Industrie“, der nicht, wie etwa im deutschen Recht, in Abgrenzung zum Handwerk definiert werden kann. Weil die Industriepolitik nun aber insbesondere auf kleinere und mittlere Unternehmen abzielt, bleibt anzumerken, daß sich einige der Gemeinschaftsinitiativen für kleinere und mittlere Unternehmen auch auf Handwerksbetriebe erstrecken274. b) Geschichtlicher Hintergrund Die Kommission hat schon sehr früh „Industriepolitik“ betrieben. Als Rechtsgrundlage dienten hier vor allem der „Binnenmarktkompetenzartikel“ Art. 95 (Art. 100a EGV a. F.) und der Artikel der Kompetenzergänzungsvorschrift Art. 308 EGV (Art. 235 EGV a. F.)275. Die inhaltlichen Vorstellungen hat die Kommission in einem Memorandum276 an den Rat formuliert, in dem sich schon damals der tiefgreifende Widerspruch zwischen Industrie- und Wettbewerbspolitik zeigte. Die Industriepolitik erwies sich als ein Gegenentwurf zum Entwurf des unverfälschten Wettbewerbs277. Nachdem sowohl ein Kommissionsmitglied mit Fragen der „Industriepolitik“ betraut wurde als auch eine Direktion mit diesem Aufgabenbereich befaßt worden ist, führte die Gemeinschaft, anders als für den Energiebereich, die Industriepolitik aus der kompetenziellen Grauzone des Art. 308 EGV heraus, indem sie dem Maastrichter Vertrag mit Art. 157 EGV (Art. 130 a. F.) einen Industrietitel einfügte278. Gleichzeitig wurde dem Aufgabenkatalog des Art. 3 Abs. 1 EGV noch lit. m (Art. 3 Abs. 1 lit. l a. F.) zugefügt, der den Organen auferlegt, für „die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Gemeinschaft“ zu sorgen. In einer Entschließung des Europäischen Parlaments zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie279 fordert das Parlament die Kommission auf280, „Vorschläge für die Grundlagen einer echten europäischen Industriepoli274 Vgl. H. Lecheler, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, 16. EL 2000, Art. 157, Rdn. 17; dazu auch H. Mische, Nicht-wettbewerbliche Faktoren in der europäischen Fusionskontrolle, 2001, S. 38 ff. 275 Vgl. W. Müller-Huschke, in: J. Schwarze, EU-Kommentar, 1. Aufl. 2000, Art. 157 EGV, Rdn. 8. 276 Vgl. KOM 70/100/endg. v. 18.03.1970 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.), Die Industriepolitik der Gemeinschaft – Memorandum der Kommission an den Rat, Brüssel, 1970; a. a. IV. Gesamtbericht über die Tätigkeit der Gemeinschaften, 1970, Rdn. 205 f. 277 Vgl. H. Lecheler in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 157, Rdn. 2 f. 278 Titel XVI EGV; vgl. auch A. Kallmayer, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 157, Rdn. 27; H. Lecheler, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 157, Rdn. 1; C.-P. Frees, Das neue industriepolitische Konzept der EG, EuR 1991, S. 281 m. w. Nachw. 279 ABlEG 1998, Rs. C 167/199 v. 01.06.1998.

7. Industriepolitik

175

tik“ auszuarbeiten, die sich vor allem auf Maßnahmen zur Ankurbelung öffentlicher und privater Investitionen, die Einführung von Unterstützungsmechanismen (nach dem EGKS-Modell) zugunsten innovativer Industriebereiche, die neue Arbeitsplätze schaffen oder umstrukturiert werden, konzentrieren soll281. Weiterhin fordert Art. 157 Abs. 1 UA 2 Spstr. 4 EGV die Förderung einer besseren „Nutzung des industriellen Potentials der Politik in den Bereichen Innovation, Forschung und technologische Entwicklung“, womit die Kompetenzgrenze zu Titel XVIII EGV, insbesondere Art. 163 EGV, verwischt wird282. c) Anwendungsbereich Oberstes Ziel der Industriepolitik ist es, die Gemeinschaftsindustrie zu bewahren und zu stärken283. Um diesem Ziel, unter Beachtung des Oberziels der Wettbewerbsfähigkeit, nachkommen zu können, sieht Art. 157 EGV eine Reihe von Konsultationen und Koordinationen vor. So hat die Gemeinschaft bei der Ausübung sonstiger Handlungsermächtigungen und generell bei der Formulierung ihrer Politik die Verpflichtung, industriepolitische Ziele mit anzustreben284. Mit der in Art. 157 Abs. 3 S. 1 EGV enthaltenen Querschnittsklausel werden die industriepolitischen Zielsetzungen des Art. 157 Abs. 1 EGV auch auf andere Politiken des Vertrags und die zu ihrer Durchführung getroffenen Maßnahmen erstreckt. Dazu gehören die Energiepolitik, wie auch die Umweltpolitik285. So werden beispielsweise auch die Wettbewerbspolitik gemäß Art. 81 ff. EGV sowie die Beihilfeaufsicht gemäß Art. 87 ff. EGV insoweit tangiert, als auch sie industriepolitische Ziele grundsätzlich zu berücksichtigen haben, was nicht bedeutet, daß die Industriepolitik zum Ziel hat, die Wettbewerbspolitik zu relativieren286. Die Staats- und Regierungschefs haben sich in Lissabon das Ziel gesetzt, die Gemeinschaft bis zum Jahr 2010 zum „wettbewerbsfähigsten Wirt-

280

ABlEG 1998, Rs. C 167/199 Rdn. 12. Vgl. H. Lecheler, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 157, Rdn. 5. 282 Vgl. H. Lecheler, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 157, Rdn. 21 f. 283 Vgl. Weißbuch der Kommission: Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung – Herausforderungen der Gegenwart und Wege ins 21. Jahrhundert (KOM 93/ 700/endg.) Bull. EG 6-1993, S. 61 ff.; ausführlich zu den industriepolitischen Zielen M. J. Seitz, Staatliche Industriepolitik, S. 162 ff. 284 Vgl. P. Hommelhoff, Industriepolitik versus Wettbewerbspolitik im MaastrichtVertrag, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Der Staatenverbund der Europäischen Union, 1994, S. 134 f. 285 Vgl. T. Oppermann, Europarecht, 1999, Rdn. 950, 965 f. 286 W. Müller-Huschke, in: J. Schwarze, EU-Kommentar, Art. 157 EGV, Rdn. 25; ähnlich T. v. Danwitz, Grundfragen der Europäischen Beihilfeaufsicht, in: ders. (Hrsg.), Rechtsfragen der Europäischen Beihilfeaufsicht, 2000, S. 29. 281

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

schaftsraum der Welt“ zu entwickeln. Deutschland sieht dieses zweifelsohne sehr hochgesteckte Ziel insofern gefährdet, als der Ausbau der Industriepolitik, zu Lasten Deutschlands, nicht zügig genug vorangeht. Die Bundesregierung lastet die stockende Entwicklung dem ihrer Meinung nach zu vorrangig behandelten Umwelt- und Verbraucherschutz an287. Häufig ist es schwer, die vertragliche Grundlage festzustellen, auf der industriepolitische Maßnahmen vom Rat entschieden werden288. In der Praxis bedeutet dies keineswegs, daß Maßnahmen, die vom Industrierat beschlossen werden, immer auf Art. 157 EGV gestützt werden289. Das zeigt beispielsweise die Mitteilung der Kommission zum Thema: „Die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie für Informations- und Kommunikationstechnologien“290. Die Kommission bezeichnet darin die Informations- und Kommunikationstechnologie als wesentlichen Bestandteil der europäischen Wirtschaft, wobei das unterschiedliche Tempo der Liberalisierung der Märkte in den Mitgliedstaaten der stärkste Hemmschuh für eine verstärkte Übernahme von Technologien in den freien Markt sei291. Die für den Bereich der Energiewirtschaft zu behandelnden Problematiken, mit denen sich der Industrierat befaßt, insbesondere die der ungleichen Marktöffnung, sind die gleichen wie die der Informations- und Kommunikationstechnologie. In Deutschland wird dem Problem der unterschiedlichen Liberalisierungsgrade mit der Reziprozitätsklausel zu begegnen versucht. Diese dient nicht dazu, den Handel untereinander zu unterbinden, sondern lediglich dazu, den zwischenstaatlichen Wettbewerb nicht noch weiter zu verzerren292. Als Beispiel sei hier die französische Electricité de France (EdF), die italienische E.N.E.L. oder die belgische Electrabel293 angeführt, deren eigener Markt so wenig wie möglich liberalisiert wird, wohingegen sie selbst sich auf einen Einkaufszug quer durch Europa und sogar weltweit begeben294. Im Falle eines Wasserversor287 Vgl. bü, Bundesregierung will EU auf Industriepolitik verpflichten, FAZ v. 06.02.2003, S. 11. 288 Vgl. H. Lecheler, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 157, Rdn. 12. 289 Vgl. H. Lecheler, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 157, Rdn. 12. 290 ABlEG 1998, Rs. C 73/1 v. 09.03.1998. 291 Vgl. H. Lecheler, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 157, Rdn. 13. 292 s. Fn. 90. 293 Vgl. bü./St., EU-Kommission fordert mehr Investitionen in die Stromversorgung, FAZ v. 01.12.2003, S. 13. 294 Vgl. o. V., Der Französische Energiekonzern EDF stellt sich der Liberalisierung: 46,7 Mio. Kunden in 24 Ländern, WK 04/2003, S. 24; Beispiele finden sich in J.-F. Hake/S. Vögele/S. Rath-Nagel, Wettbewerbs- und Unternehmensstrukturen in europäischen Elektrizitätsmärkten, ET 2002, 612; s. a. G. Marquis, „Ausländische EVU und Wettbewerb“, 8. Handelsblatt-Jahrestagung Energiewirtschaft 2001; zu Subventions-

7. Industriepolitik

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gers geht die französische Regierung sogar so weit zu sagen, daß sie diesen nicht im Besitz des Auslandes sehen möchte295. Dies ist einer der ausschlaggebenden Gründe, warum sowohl die Elektritzitäts- als auch die Gasbinnenmarktrichtlinien novelliert wurden, nämlich um den unterschiedlichen Liberalisierungsgeschwindigkeiten entgegenzutreten. Nicht umsonst werden beide als „Beschleunigungsrichtlinien“ tituliert296. d) Grenzen der Industriepolitik Grenzen findet die Industriepolitik der Gemeinschaft zunächst im Subsidiaritätsgebot des Art. 5 UA 2 EGV, mit dem die Industriepolitik besonders leicht in Konflikt gerät297. Dies gilt auch für die Wettbewerbsregeln. Insbesondere, weil Art. 157 Abs. 3 UA 1 EGV in Verbindung mit Art. 157 Abs. 1 EGV der Gemeinschaft vor allem das Instrument der klassischen staatlichen Transferleistung (Subvention) an die Hand gibt, deren Vergabe gerade nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen darf298. So beschränkt sich die in Art. 157 Abs. 1 genannte Schaffung der „notwendigen Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie“ auf die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit. Eine Schaffung um jeden Preis würde die Wettbewerbsregeln aushebeln. Eine völlig wettbewerbsneutrale Industriepolitik, wie sie in Art. 157 Abs. 3 UA 2 EGV gefordert wird, ist daher kaum realisierbar299. Wettbewerbsverzerrungen, die sich mit Schaffung der genannten Ziele nicht vermeiden lassen, sind auf ein Minimum zu reduzieren, wobei Wettbewerbsverzerrungen erheblichen Ausmaßes generell unzulässig vorwürfen gegen die französische EdF und den gemeinsamen europäischen Markt für Strom befürwortend P. Delaporte, EdF-Strom nach Deutschland, ET 1987, 788 f., 781; es ist anzumerken, daß P. Delaporte Präsident des Verwaltungsrates der EdF war, und sich folgendermaßen zum Europäischen Strombinnenmarkt geäußert hat: „Allerdings bin ich sehr enttäuscht über die vorsichtige, ja kleinliche Politik im Elektrizitätsbereich. Hier wurden bislang keine Fortschritte Gemacht“. In bezug auf zwischenstaatliche Stromlieferverträge sagt er: „Selbstverständlich kann es sich hierbei nicht um eine Einbahnstraße handeln, sondern diese Netze müssen in beiden Richtungen genutzt werden können.“; 14 Jahre später wurde Frankreich wegen einer zu schleppenden Liberalisierung abgemahnt; auch Ende 2003 ist der italienische Staat noch immer mit einem Anteil von 68 % der E.N.E.L.-Anteile Mehrheitseigner, vgl. M. Gassmann, Stromkonzern Enel sucht dringend neue Investoren, FTD v.08.09.2003, S. 8. 295 gb, Stromriese EDF steigt bei Vivendi ein, FAZ v. 26.11.2002, S. 15; s. a. cn/ sce, Frankreich bewegt sich im Streit um die Öffnung des Energiemarkts, Handelsblatt v. 19.11.2002, S. 6. 296 Zu deren Regelungsgehalt in Kap. II. 1. b). 297 Vgl. H. Lecheler, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 157, Rdn. 28; s. a. Fn. 276; die Subsidiarität zum Wettbewerbsrecht geht aus Art. 157 Abs. 3 UA 2 EGV recht deutlich hervor. 298 Vgl. auch H. Lecheler, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 157, Rdn. 14 ff., zur Relativierung ders., ebenda, Rdn. 24. 299 Vgl. A. Kallmayer, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 157, Rdn. 23.

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V. Energieordnung in der Gemeinschaft

sind300. Dies ist auch aus Art. 157 Abs. 3 UA 2 EGV ersichtlich, der die Subsidiarität der industriepolitischen Ziele zu den Wettbewerbsregeln des Vertrages unterstreicht301.

300 Vgl. P. Hommelhoff, Industriepolitik versus Wettbewerbspolitik im MaastrichtVertrag, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), Der Staatenverbund der Europäischen Union, S. 136 f.; W. Müller-Huschke, in: J. Schwarze, EU-Kommentar, Art. 157 EGV, Rdn. 12, 31. 301 Ähnlich A. Kallmayer, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 157, Rdn. 22.

VI. Energieordnung in Deutschland 1. Allgemeine Bestimmungen a) Kunden Unverändert gibt es auch nach der Energierechtsreform Tarif- und Sonderkunden, wie in Kap. III. 2. a) beschrieben. Neu hinzugekommen sind Bündelkunden, die rechtlich in den Kreis der Sonderabnehmer fallen und somit auch geringere Konzessionsabgaben zahlen1. Bündelkunden sind zusammengeschlossene Energieabnehmer, die ihren Energiebedarf zusammenfassen, um gegenüber den Energieversorgungsunternehmen in ihrer so gebildeten Nachfragemacht günstigere Preise aushandeln zu können. Dabei ist es unerheblich, ob die Nachfragerseite den Strom für den Eigengebrauch nutzt oder ihn an Dritte weiterverkauft. Als Eigenverbraucher können Bündelkunden etwa in Form von Handwerkervereinigungen oder Kirchengemeinden auftreten. Die wohl populärste Form der Bündelkunden sind Einzelhandelsketten, die mit einem Energieversorgungsunternehmen aushandeln, daß dieses alle Filialen des Einzelhandelunternehmens im gesamten Bundesgebiet mit Energie versorgt. Aber auch auf Verteilerebene können Stadtwerke zu Bündelkunden zählen, die versuchen, sich als Energienachfrager zu etablieren. Hier wird der Strom weiterveräußert. Bündelkunden zeichnen sich dadurch aus, daß sie gesellschaftsrechtlich miteinander verbunden sind2. b) Demarkationsvertragsrecht Mit der sechsten Kartellrechtsnovelle von 1998 wurde der Ausnahmetatbestand der Freistellung für Demarkationsverträge und für Ausschließlichkeitsbindungen in Konzessionsverträgen abgeschafft, und damit auch die Existenz geschlossener Versorgungsgebiete3. Weil Demarkationsverträge auf die Aufteilung von Märkten abzielen, zu denen potentielle Konkurrenten keinen Zugang haben,

1

Vgl. dazu Kap. VI. 1. c). Vgl. a. B. J. Herrmann/C. Dick, Die Bündelung der Stromnachfrage als kartellund energierechtliches Problem, 2000; W. Zander u. a. (Hrsg.), Strombeschaffung im liberalisierten Energiemarkt, S. 70 f. 3 Dazu M. Lippert, Energiewirtschaftsrecht, S. 496. 2

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VI. Energieordnung in Deutschland

stellen Demarkationsverträge nach heutigem Recht klassische Gebietskartelle dar, die unter Art. 81 EGV fallen4. c) Das Konzessionsabgabenrecht Laufende Konzessionsverträge gelten auch nach der Energierechtsreform fort, jedoch fällt die Ausschließlichkeit weg (Art. 4 § 1 NeuregelungsG), wodurch auch die bisherige Diskussion über die Frage, wie die nach der ehemaligen Fassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zulässigen ausschließlichen Konzessionsverträge nach dem europäischen Wettbewerbsrecht zu beurteilen sind, hinfällig wird5. Ungeregelt bleiben hingegen die vertragsrechtlichen Folgen der Nichtigkeit, insbesondere von Demarkationsabreden, die vielfach formaler Bestandteil von langfristigen Lieferverträgen oder zumindest deren Geschäftsgrundlage sind6. Im Zuge der Strommarktliberalisierung wurde insbesondere zur Sicherung der weiteren Finanzierung der Kommunen die Konzessionsabgabenverordnung geändert7. Es ist nunmehr zulässig, Konzessionsabgaben auch ohne Benutzung gemeindeeigener öffentlicher Wege im Fall von Arealversorgungen zu vereinbaren8. Dies ist insbesondere aus Gründen der Gerechtigkeitserwägungen zulässig9. Die Konzessionsabgaben werden über den Netzkundenvertrag an den Letztverbraucher weitergegeben. Dies wurde in der Verbändevereinbarung II (VV II)10 beschlossen11. Weiterhin ist es wichtig geworden, die Konzessionsabgabenordnung dahingehend zu ändern, daß der Bündelkundenstatus nicht mißbräuchlich ausgenutzt wird. Weil Bündelkunden einen ähnlichen Status wie Sonderabnehmer innehaben und demnach auch geringere Konzessionsabgaben zu zahlen haben, wurde versucht, gewöhnliche Tarifkunden in diesen Stand zu 4 Vgl. H. v. Bose, Die Richtlinienvorschläge der Kommission, in: J. F. Baur: Die Europäische Gemeinschaft und das Recht der leitungsgebundenen Energie, 52. 5 Vgl. zum Diskussionstand U. Zinsmeister, Die Anwendung der Artikel 85 und 86 EG-Vertrag durch die nationalen Behörden, WuW 1997, 5 ff.; W. Löwer, Das Bundeskartellamt als Rechtsreformer im Energierecht, in: J. Ipsen/H.-W. Rengeling/J. M. Mössner/A. Weber (Hrsg.), Verfassungsrecht im Wandel, 1995, S. 425 ff. 6 Vgl. J. P. Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft durch regulative Marktorganisation, S. 443. 7 BGBl. I/1999 S. 1669 v. 22.07.1999. 8 § 2 VIII KAV (BGBl. I/1999 S. 1669 v. 22.07.1999). 9 Vgl. A. Feuerborn, in: Danner, KAV, Vorbemerkung, Rdn. 9 ff.; B. Scholtka, Die Entwicklung des Energierechts in den Jahren 1998 und 1999, NJW 2000, 550. 10 s. Fn. 125. 11 Ähnlich wie früher im Rahmen der Tarifgenehmigung nach § 12 BTOElt; vgl. B. Scholtka, Die Entwicklung des Energierechts in den Jahren 1998 und 1999, NJW 2000, 550; es bleibt allerdings anzumerken, daß VVen keine Rechtskraft besitzen, sie für die Marktteilnehmer also nicht bindend sind; s. dazu C. Bauer, Verbändevereinbarungen und verhandelter Netzzugang, ET 2001, 31.

1. Allgemeine Bestimmungen

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heben, indem diese lediglich gebündelt wurden. So wären die Kommunen um die für sie sehr wichtigen Konzessionseinnahmen gebracht worden, ohne daß damit der effektive Stromfluß durch die Leitungen erhöht worden wäre12. Im Rahmen der Energierechtsreform hat die Frage der Konzessionsabgabe eine große Rolle gespielt. Das Neuregelungsgesetz enthält an mehreren Stellen Vorschriften, die auf die Absicherung der Konzessionsabgaben abzielen. Danach sind Konzessionsabgaben auch auf durchgeleiteten Strom zu zahlen13. Nach Ablauf eines Konzessionsvertrages wird die Konzessionsabgabe unverändert für ein Jahr weiterhin geschuldet14. Laufende Konzessionsverträge bleiben einschließlich der vereinbarten Konzessionsabgaben, trotz Wegfalls der Ausschließlichkeit unberührt15. Die Konzessionsabgabenverordnung in der Fassung von 199216 knüpfte Konzessionsabgaben bereits nicht mehr an die Einräumung eines ausschließlichen Wegerechts. Auch für einfache Wegerechte können die Kommunen deshalb Konzessionsabgaben in derselben Höhe fordern und wegen ihrer Monopolstellung bei der Wegerechtsvergabe durchsetzen, wie dies auch bei der Einräumung ausschließlicher Wegerechte der Fall war17. d) Allgemeine Versorgung Die Anzahl der ehemals neun in Deutschland tätigen Verbundunternehmen18 ist im Zuge der Liberalisierung des Elektrizitätsbinnenmarktes zusammengeschrumpft. Nach der letzten Fusion von VEAG, HEW, Bewag und Laubag zur Vattenfall Europe AG im Jahr 2002 bleiben nunmehr vier Verbundunternehmen übrig19. Die „allgemeine Versorgung“, die des öfteren im Energiewirtschaftsgesetz zitiert wird und gesetzlich nicht definiert ist, erhält eine zentrale Bedeutung für die Ausnahmen der Genehmigungspflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 EnWG und die Anschluß- und Versorgungspflicht nach § 10 Abs. 1 EnWG20. Im Interesse der

12 Dazu D. Schulte Janson, Neue Fragestellungen für die Strompreisaufsicht und das Konzessionsabgabewesen, in: J. F. Baur u. a. (Hrsg.), Praktische Auswirkungen der Liberalisierung der Energiemärkte, S. 58 f.; zu den unterschiedlichen Arten von Abnehmern in Kap. III. 2. a) und VI. 1. a); R. Schulz-Jander, in: Böwing, EnWG 1998 – Erläuterungen, 1999, § 14, Erl. 2.3, S. 279 f.; s. a. B. J. Herrmann/C. Dick, Die Bündelung der Stromnachfrage als kartell- und energierechtliches Problem, S. 62 ff., insb. S. 65 f. 13 § 14 Abs. 3 EnWG. 14 § 14 Abs. 4 EnWG. 15 Art. 4 § 1 NeuregelungsG. 16 s. Fn. 16. 17 A. Feuerborn, in: Danner, KAV, Rdn. 6. 18 Vgl. Fn. 72. 19 s. H.-W. Schiffer, Deutscher Energiemarkt 2002, ET 2003, 175.

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VI. Energieordnung in Deutschland

Rechtssicherheit und -klarheit hat sich der Arbeitskreis Energiepolitik darauf verständigt, daß hierunter grundsätzlich nur sogenannte Gebietsversorgungen anzusehen sind, die auf der Grundlage eines Konzessionsvertrages nach § 13 Abs. 2 EnWG erfolgen21. Dies ist wichtig, weil die Befürchtung bestand, daß sich in den Ländern hierzu eine unterschiedliche Verwaltungspraxis entwickeln könnte und es umstritten war, ab welcher Kundenzahl eine „allgemeine Versorgung“ besteht. Sofern jedoch die Versorgung einzelner Letztverbraucher im Wege der Durchleitung22 erfolgt, bedürfen solche Unternehmen keiner Genehmigung zur „allgemeinen Versorgung“23. Fallen Netzbetreiber und Versorger auseinander, findet auch hier diese Abgrenzung Anwendung24. Eine Genehmigung ist nur dann erforderlich, wenn eine den Gesamtbereich des Netzes umfassende Versorgung (mittelbar) auf der Basis eines Konzessionsvertrags25 ausgeübt wird. Abgesehen von der methodisch nicht ohne weiteres begründbaren Anknüpfung an Konzessionsverträge bleibt unklar, wer in solchen Fällen die Anschluß- und Versorgungspflicht26 nach Art. 1 § 10 Abs. 1 EnWG zu tragen hat. Würde nämlich der Netzbetreiber als „Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung“ angesehen, müßte dieser stets Energie auch für die Kundenversorgung vorhalten, um zumindest die Tarifkunden versorgen zu können27.

2. Stromerzeugung Die Elektrizitätsrichtlinie sieht vor, daß grundsätzlich jedermann eine Genehmigung zum Bau von Kraftwerken oder Direktleitungen beantragen kann. Dies geschieht über ein Genehmigungsverfahren und/oder ein Ausschreibungsverfahren (Art. 4-6 EltRL a. F.; Art. 6 f., 22 BeschlEltRL). Wesentlich ist, daß die 20 Vgl. B. Scholtka, Die Entwicklung des Energierechts in den Jahren 1998 und 1999, NJW 2000, 549; s. a. H. Pünder, Die Förderung alternativer Energiequellen durch das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des europäischen Gemeinschaftsrechts, NVwZ 1999, 1059, mit Beispielen für Ausnahmen. 21 Arbeitskreis Energiepolitik der Wirtschaftsministerkonferenz, Fragen des Vollzugs des neuen Energiewirtschaftsrechts, v. 23.03.1999, S. 10, nicht genehmigungsbedürftig sind daher z. B. sog. „Arealversorgungen“. 22 Zur Durchleitung näher in Kap. III. 2. d). 23 Vgl. B. Scholtka, Die Entwicklung des Energierechts in den Jahren 1998 und 1999, NJW 2000, 549. 24 Laut Arbeitskreis Energiepolitik. 25 s. hierzu Kap. III. 2. b) cc). 26 s. Kap. III. 2. b). 27 Vgl. B. Scholtka, Die Entwicklung des Energierechts in den Jahren 1998 und 1999, NJW 2000, 549; ausführlich zur Auslegung des Begriffs der „Allgemeinen Versorgung“ P. Franke, Vollzugsprobleme des neuen Energiewirtschaftsrechts, in: J. F. Baur u. a. (Hrsg.), Praktische Auswirkungen der Liberalisierung der Energiemärkte, 1999, S. 26 ff.

2. Stromerzeugung

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genannten Verfahren diskriminierungsfrei sein müssen und etablierten Unternehmen kein Vorrang eingeräumt wird. Diese dürfen gleichwohl nicht benachteiligt werden, obwohl sie ohnehin schon über eine starke Marktstellung verfügen. Sowohl für die Erzeugung als auch für die Belieferung gilt vollständiger Wettbewerb. Neben den bekannten Kraftwerksbetreibern soll unabhängigen Stromerzeugern, sogenannten „Independent Power Producers“ (IPP), der Markteinstieg ermöglicht werden28. Im Vergleich zu früher ist nun jeder befugt, Kraftwerke, zwar mit behördlicher Genehmigung aber ohne staatliche Prüfung, zu errichten und zu betreiben, solange er sich an Vorgaben hält29. Sollen andere mit Strom versorgt werden, muß der Kraftwerksbetreiber die Leistungsfähigkeit besitzen, um eine möglichst sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung auf Dauer zu gewährleisten. Dabei sind die Ziele einer sicheren und umweltverträglichen Elektrizitätsversorgung gleichrangig zu berücksichtigen30. Dazu müssen die personellen, technischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für den störungsfreien Betrieb und die Instandhaltung der erforderlichen Versorgungsanlagen und technischen Betriebsmittel, unter Einhaltung der einschlägigen Sicherheits- und Umweltschutzvorschriften, vorhanden sein31. Durch die mögliche Versagung der Betriebsaufnahme der unabhängigen Stromerzeugung kann eine gewisse Steuerungsverantwortung des Staates begründet werden, die es gerade im Wettbewerb zu eliminieren gilt. Wegen der oben aufgeführten Aspekte, vor allem aber der möglichen Netzzugangsverweigerung32, ist eine wettbewerbsbehindernde, staatliche Kontrolle zu verneinen, weil sie lediglich eine nicht wettbewerbshindernde Schutzfunktion gegenüber dem Endabnehmer und somit auch eines jeden Bürgers und gerade nicht gegenüber dem Unternehmen wahrnimmt33. Eine Ausnahme hiervon stellen die Ministererlaubnisse von Kartellen dar, die aus Gründen der Gesamtwirtschaft oder des Gemeinwohls notwendig sein können. Nach § 8 Abs. 2 GWB gilt das gleiche. So können Wettbewerbsbeschränkungen zugelassen werden, wenn diese geeignet sind, bei unmittelbarer Gefahr für den Stand des überwiegenden Teils von Unternehmen diese abzuwenden. Die Norm zeigt im Wege des Umkehrschlusses, daß in allen anderen Fällen sonstige Argumente ausgeschlossen werden und allein wettbewerbsrechtlich zu argumentieren ist34.

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Vgl. dazu Kap. V. 3. b). Vgl. L. Müller, Handbuch der Elektrizitätswirtschaft, S. 76 i. V. m. § 3 Abs. 1 S. 1 EnWG. 30 BT-Drucks. 13/7274, S. 11. 31 BT-Drucks. 13/7274, S. 15. 32 Dazu in den Kap. VI. 3. e), VI. 4. d), VI. 4. d) ee). 33 s. a. BR-Drucks. 806/96, S. 34; mit der Novellierung des Energiewirtschaftsrechts wird dies geändert und eine Regulierungsbehörde nun auch für den Elektrizitätsmarkt eingeführt (bislang war dies nur für die Telekommunikation und die Post zuständig). 29

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VI. Energieordnung in Deutschland

Eine Genehmigung für die Betriebsaufnahme kann allerdings dann versagt werden, wenn die beantragte Versorgungstätigkeit zu erheblich ungünstigeren Versorgungsbedingungen für die Abnehmer führt, wenn also für das verbleibende Gebiet des bisherigen Versorgers Strukturveränderungen die Versorgungsbedingungen für die Abnehmer erheblich verschlechtern würden. Allerdings können eventuelle Kostennachteile für die Verbraucher ausgeglichen werden, wenn durch eine derartige Betriebsaufnahme Vorteile bei Versorgungssicherheit oder Umweltverträglichkeit erzielt werden. Sicherheits- oder Umweltvorteile müssen ihrerseits wiederum unter dem Gesichtspunkt der Preisgünstigkeit vertretbar sein35.

3. Netzzugang in der Energiewirtschaft Schon vor langer Zeit wurde darüber debattiert, ob und gegebenenfalls wie Wettbewerb in monopolistisch organisierte Industrien gebracht werden kann. Essentiell ist dafür, der Konkurrenz den Zugang zur Infrastruktur zu ermöglichen36. Grundsätzlich gibt es hierfür drei Ansätze: den Bau zusätzlicher Leitungen, den Zugang der Konkurrenz zum drahtlosen Verkehr (Funk) und den Zugang Dritter zum bestehenden Netzverbund. Erstere Möglichkeit ist aus ökonomischer Sicht wenig sinnvoll37, von der daraus resultierenden zusätzlichen Umweltbelastung ganz zu schweigen. Die zweite Möglichkeit bietet sich ausschließlich für den Bereich der Telekommunikation an38. Als sinnvollste Lö34 Vgl. U. Büdenbender, Rechtsfragen anläßlich der Durchleitung elektrischer Energie, in: J. F. Baur (Hrsg.), Energiewirtschaft – Der neue energie- und kartellrechtliche Rahmen, 1999, S. 125; in diesem Sinne ist auch Art. 86 Abs. 2 EGV auszulegen, dazu ausführlich in Kap. V. 4. a) cc). 35 BT-Drucks. 13/7274, S. 15 f. i. V. m. § 3 Abs. 2 EnWG. 36 Vgl. Fn. 136; für konträre Ansichten vgl. Fn. 57. 37 BGHZ 128, 17 (29); so auch A. Metzenthin, Wettbewerb durch EG-Stromimporte, 1992, S. 104 f. m. w. Nachw.; W. Harms, Perspektiven des deutschen und europäischen Wettbewerbsrechts für die Energiewirtschaft, in: ders. (Hrsg.), Konturen eines EG-Energiemarkts, S. 237; A. Wolf, Atomstrom aus Frankreich aus der Sicht des deutschen Kartellrechts, in: W. Harms (Hrsg.), Atomstrom aus Frankreich?, 1987, S. 55 ff.; C. Stewing, Die Richtlinienvorschläge der EG-Kommission, EuR 1993, 50 m. w. Nachw.; ähnlich H.-J. Koch, Verfassungsrechtlicher Bestandsschutz als Grenze der Deregulierung der umweltpolitischen Steuerung im Bereich der Elektrizitätswirtschaft?, DVBl 1994, 842; so auch die einhellige Beschlußfassung der Gerichte, vgl. Fn. 189; Ausnahmen stellen Parallelleitungen in Randgebieten dar, ansonsten ist die Kapitalintensität viel zu hoch, so auch G. Böhnel, Wettbewerbsbegründende Durchleitungen in der Elektrizitätswirtschaft, 2002, S. 54; s. a. Fn. 137, 189. 38 Vgl. im Bereich der leitungsgebundenen Telekommunikation, aber dieselbe Problematik betreffend K. M. Walter/J. v. Keussler, Der diskriminierungsfreie Zugang zum Netz: Reichweite des Anspruchs auf Durchleitung (Teil 1), RdE 1999, 190; dies., ebenda, (Teil 2), 223; dazu auch E.-J. Mestmäcker/H. Schweitzer, Netzwettbewerb, Netzzugang und „Roaming“ im Mobilfunk, 1999, S. 19 ff.; dazu auch C. Koenig/W. Rasbach, Trilogie komplementärer Regulierungsinstrumente, DÖV 2004, 733 f.

3. Netzzugang in der Energiewirtschaft

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sung, die den Aufwand verhältnismäßig gering hält, bleibt demnach die Einführung des Zugangs Dritter zum Leitungsnetz39. Kernfrage war und ist nach wie vor, wie auf einem von einer Monopolstruktur bestimmten Markt ein funktionsfähiger, im Bereich der Energieversorgung vor allem zuverlässiger, sicherer und ein die Grundversorgung gewährleistender, von Wettbewerb geprägter Markt geschaffen werden kann. Wurde ehemals eine sichere, preiswerte und umweltschonende Energieversorgung durch geschlossene Versorgungsgebiete, Gebietsmonopole und eine Staatsaufsicht gewährleistet, werden nun große Teile dieser Aufgabenerfüllung, aber auch Aufgabengewährleistung durch Wettbewerb und Kooperation übernommen40. Dabei untergliedert sich die Kette derer, die auf das physische Leitungsnetz angewiesen sind, in die Stromerzeuger und die Netzbetreiber41. a) Begriff des Zugangs Die Gemeinschaft definiert den Netzzugang als die Möglichkeit der Einspeisung von Elektrizität in das Netz und die damit verbundene Entnahme an anderer Stelle42. Streng genommen fehlt in dieser Darstellung noch der Schritt des Anschlusses, der zwar einmalig, aber zwingend nötig ist, um Strom überhaupt einspeisen zu können. Der Netzzugang basiert demnach auf zwei Komponenten: – Anschluß, – Durchleitung.

39 So auch geschehen bei der Bahn, bei der man auf das Schienennetz angewiesen ist. Ein Sonderfall stellt die Post dar, die auf das Straßennetz angewiesen ist, das ohnehin schon immer für jedermann nutzbar ist. Auch der Luftverkehr nimmt eine Sonderposition ein, weil er kein physisches Netz im eigentlichen Sinne in Anspruch nimmt. Dennoch müssen Betreiber von Fluggesellschaften Flughäfen, Fluglotsen und die sonstigen für den Flugverkehr benötigte Infrastruktur nutzen können. Der Bereich der Energiewirtschaft läßt sich am ehesten mit dem Bereich der Bahn vergleichen, bei welcher der Zugang zum elektrischen Leitungsnetz essentiell ist; vgl. a. Fn. 57. Für die Bedeutung solcher besonderer Strukturen für die Prüfung der Handelsbeeinträchtigung, H.-W. Arndt, „Common Carrier“ bei Strom und Gas, RIW, Beilage 7 zu Heft 10/1989, 17; S. Klaue, Der Strombezug von industriellen Sonderabnehmern, ET 1987, 74 ff.; dazu auch E.-J. Mestmäcker/H. Schweitzer, Netzwettbewerb, Netzzugang und „Roaming“ im Mobilfunk, S. 27 ff. 40 Dazu auch in Kap. V. 4. b) bb), insb. Fn. 87, 89, 142; ganz allgemein zur Durchleitung U. Büdenbender, Durchleitung elektrischer Energie nach der Energierechtsreform, RdE 1999, 1 ff. 41 Die Endverbraucher sind in gewisser Weise auch auf das physische Netz angewiesen, und zwar in sofern, als daß sie einen Anschluß benötigen, um mit elektrischer Energie versorgt werden zu können. Aber an der eigentlichen Wettbewerbsbeziehung der Einspeisung und Durchleitung sind diese nicht beteiligt. 42 Vorschlag für eine Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie (ABlEG 1992, Rs. C 65/4 v. 14.03.1992, S. 10).

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VI. Energieordnung in Deutschland

Dies herauszustellen ist wichtig, weil mit Blick auf Kap. VI. 4. a) deutlich wird, daß die von der Gemeinschaft gegebene Definition kongruent mit der der Durchleitung ist. Tatsächlich muß aber zwischen Netzzugang, Netzanschluß und Stromdurchleitung differenziert werden. Dieses schon deshalb, weil es vor allem interessant wird, wenn einer der genannten verweigert wird43, worauf im weiteren noch einzugehen sein wird. Der Anschluß ist die physische Anbindung einer Leitung an das bereits vorhandene Netz. Im Fall der wettbewerbsbegründeten Durchleitung handelt es sich in der Regel um den Anschluß neuer Stromerzeugungsanlagen44. Der Anschluß ist einmalig und bleibt für die Dauer des Betriebes eines Kraftwerkes an diesem Ort bestehen. Wenn ein Kraftwerk, egal welcher Art, vorübergehend vom Netz genommen wird, findet die Trennung nicht am Anschlußpunkt zum Übertragungs- oder Verteilungsnetz statt45. Als Sonderfall ist der Fall des Anschlusses von Endkunden zu sehen46. Die darauf folgende Durchleitung geht mit dem Anschluß Hand in Hand; denn es ist schwer einzusehen, warum jemand den Anschluß eines Kraftwerks an ein Netz begehren sollte, ohne dieses auch zur Einspeisung und somit zur Durchleitung nutzen zu wollen47. b) Netzzugang nach der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie sieht die Organisation des Netzzugangs in ihrem Kap. VII vor, genauer in Art. 20 BeschlEltRL (Art. 17 u. 18 EltRL a. F.), wonach die Mitgliedstaaten ihre Gesetzeslage so zu verändern haben, daß Dritte nicht nur die Möglichkeit auf einen Zugang zur Infrastruktur erlangen, sondern einen Anspruch darauf haben48. Der Netzzugang soll nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sein. Verweigert ein marktbeherrschendes Unter43 Für eine faktische Stromdurchleitung werden sowohl der Netzzugang, der Netzanschluß und die Netzdurchleitung benötigt. Wird eines dieser drei verweigert ist eine Stromdurchleitung unmöglich. 44 Vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. ii EltRL; zu den Kosten und Bedingungen des Anschlusses ausführlich in Kap. VI. 3. d). 45 Daß ein Kraftwerk an ein Verteilernetz angeschlossen wird, ist unwahrscheinlich, soll hier aber der vollständigkeitshalber dennoch erwähnt werden. Allerdings existieren auf Kraftwerke mit geringer Einspeiseleistung, die auch an ein Verteilernetz angeschlossen werden könnten, etwa Anlagen die Strom aus Grubengas o. ä. generieren. 46 Dazu in Kap. VI. 4. a). 47 Zum Begriff der Durchleitung s. Kap. VI. 4. a). 48 s. die Grundsatzentscheidung des OLG Dresden, Urt. v. 13.09.2001 – U 1693/01 Kart; vgl. a. OLG Dresden, Beschl. v. 23.02.2001 – W 290/01 (Kart.) = WuW/E DE-R 710, das Gericht bejaht dort einen Zugangsanspruch zu den kommerziellen Bedingungen der VV II.

3. Netzzugang in der Energiewirtschaft

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nehmen einem Dritten Unternehmen gegen angemessenes Entgelt den Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen, soweit es dem anderen Unternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung nicht möglich ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu werden, liegt darin seit der sechsten GWB-Novelle (Art. 19 Abs. 4 UA 4 GWB) der Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. „Dies gilt nicht, wenn das marktbeherrschende Unternehmen nachweist, daß die Mitbenutzung aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist“49,

wobei Umweltgesichtspunkte besonders zu berücksichtigen sind (Art. 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB)50. Durch die Neufassung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie im Jahr 2003 haben sich auch erhebliche Änderungen in den Netzzugangsmöglichkeiten ergeben. Sah die erste Fassung noch die Möglichkeit mehrerer Modelle vor, bestimmt die neugefaßte Version, daß es nur noch einen regulierten Netzzugang geben darf, und daß eine Regulierungsbehörde zu etablieren ist. c) Netzzugang nach dem Energiewirtschaftsgesetz Das deutsche Energiewirtschaftsrecht eröffnet ganz neue Möglichkeiten in Richtung Netzzugang, birgt jedoch auch Risiken für die Verbraucher. Das Gesetz eröffnet in Anlehnung an die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie Möglichkeiten, dem Ziel marktgerechter Strompreise in Deutschland näher zu kommen51. Das Kernstück des deutschen Energiewirtschaftsrechts bilden die §§ 5–7 EnWG, die drei Netzzugangsmöglichkeiten vorsehen. Zunächst den des verhandelten Netzzugangs (NTPA) in § 6 Abs. 1 EnWG. § 6 Abs. 2 EnWG enthält den des geregelten Netzzugangs auf Basis einer Netzzugangsverordnung. Die dritte Möglichkeit ist die der Netzzugangsalternative, auch Alleinabnehmersystem genannt, geregelt in § 7 EnWG52. Bis zur Reform des Energiewirtschaftsgesetzes, aufgrund der Neufassung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie werden 49

Art. 19 Abs. 4 UA 4 GWB. § 6 Abs. 1 S. 1 und 2 sowie Abs. 3 EnWG; ausführlich dazu in Kap. VI. 3. d) und VI. 4. d) ee); so auch V. Emmerich, Verweigerung des Zugangs zu wesentlichen Einrichtungen, in: G. Köbler/M. Heinze/W. Hromadka (Hrsg.), FS für Alfred Söllner, 2000, S. 281 ff. 51 Deutschland hatte vor der Energierechtsreform noch mit Abstand die höchsten Strompreise, und zwar sowohl für Klein- als auch für Großkunden, s. dazu W. Schulz/ Y.-P. Willers, Internationale Industriestrompreise, S. 33 ff., insb. S. 42 ff. Allerdings ist fraglich, ob der Verbraucher von den sinkenden Preisen profitieren wird, weil die „Öko-Steuer“ den größten Anteil der Einsparungen wieder für sich beansprucht, vgl. a. J. Flauger, Billiganbieter verabschieden sich, Handelsblatt v. 16.01.2003, S. 12. 52 Mit der Neufassung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie ist die Möglichkeit der Gewährung eines Alleinabnehmersystems entfallen. 50

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VI. Energieordnung in Deutschland

in Deutschland effektiv nur die erste und die dritte Möglichkeit angewandt. Die Netzzugangsmöglichkeit nach § 6 Abs. 2 EnWG dient als Eingriffsmöglichkeit des Staates für den Fall von Marktversagen. Sollte dieses eintreten, behält sich der Staat vor, in das Marktgeschehen per Rechtsverordnung einzugreifen53. Begehrt ein Dritter in Deutschland einen Netzzugang, richtet sich dieser nach der Verbändevereinbarung II plus54, welche nicht nur die Zugangsbedingungen, sondern auch das Netznutzungsentgelt regelt. In jedem Fall gilt dies für den verhandelten Netzzugang, allerdings werden die Alleinabnehmer dazu angehalten, ihren Tarif ebenfalls der Verbändevereinbarung anzupassen55. Allerdings hat die Verbändevereinbarung keine rechtliche Verbindlichkeit56. Je nach Spannungsebene, zu welcher der Zugang ersucht wird, existieren neben der Verbändevereinbarung noch ergänzende Netzzugangsbedingungen. Für den Zugang zum Höchstspannungsnetz ist dies der GridCode 2000, der Netz- und Systemregeln der deutschen Übertragungsnetzbetreiber beinhaltet. Regeln für den Zugang auf Ebene der Verteilungsnetze, d.h. auf Ebene der Mittel- und Niederspannungsnetze, sind im DistributionCode 2000 enthalten57. Noch drei Jahre nach Inkrafttreten der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie verhielt sich die Kommission zurückhaltend, Schlußfolgerungen aus den Liberalisierungsbemühungen zu ziehen58. So sah die Gemeinschaft kein Problem, die deutsche Verbändevereinbarung beizubehalten, solange nachweißlich ein transparenter und diskriminierungsfreier Zugang zu den Netzen gewährleistet ist59. Allerdings beschloß die EG-Kommission bereits am 13. März 2001 ein Maßnahmenpaket, durch das sie den Mitgliedstaaten eine verbindliche Vorgabe verordnen wollte, wonach diese nur noch den regulierten Netzzugang anzuwenden haben60. Die Kommission begründet ihre Vorschläge nunmehr mit den in der praktischen Umsetzung erkennbaren Defiziten des verhandelten Netzzugangs61. 53

Vgl. C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 177 f. Diese ist zwar zum 31.12.2003 ausgelaufen (Punkt 6.1), dennoch werden dessen Bestimmungen vor allem aber Tarifbestimmungen bis zum Erlaß eines neuen Energiewirtschaftsgesetzes auch weiterhin gelten. 55 s. Rdn. 6.3 VV II+, zur Verbändevereinbarung Fn. 125. 56 s. Fn. 125. 57 Abgedruckt in: Beck-Texte, Energierecht, 2001; dazu ausführlich W. Zander/M. Riedel/C. Held/M. Ritzau/C. Tomerius (Hrsg.), Strombeschaffung im liberalisierten Energiemarkt, 2000, S. 121 ff.; C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 193 ff. 58 Mitteilung der Kommission über „Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa“, KOM(2000)580 endg. v. 20.09.2000, S. 21; ähnlich R. Scholz, Freiheitlicher Binnenmarkt oder diktierte Marktstruktur?, ET 2001, 680 f. 59 Vgl. Reuters, EU-Energiemärkte werden bis 2007 liberalisiert, Handelsblatt v. 25.11.2002; sce/juf, Europa öffnet Energiemärkte bis 2007, Handelsblatt v. 26.11. 2002, S. 1. 60 KOM(2001)125 endg., S. 7. 61 KOM(2001)125 endg., insb. S. 38. 54

3. Netzzugang in der Energiewirtschaft

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Zwar erlaubte die im November 2002 noch tätige dänische EU-Ratspräsidentschaft, die von der deutschen Industrie gewünschte Branchenverbändevereinbarung beizubehalten, doch stört sich die Kommission daran, daß Deutschland als einziger Mitgliedstaat keine eigenständige Regulierungsstelle einrichten möchte62. So ist nachvollziehbar, daß vor allem Deutschland den von der Kommission vorgelegten Beschluß kritisiert hat. Aber auch in den eigenen Reihen finden sich Stimmen, wonach Erfahrungen zeigen, daß insbesondere das System des verhandelten Netzzugangs zu erheblichen Umsetzungsdefiziten und Rechtsunsicherheiten geführt hat und die Vorteile eines verhandelten Systems in der Praxis nicht genutzt wurden und werden63. Bereits der Richtlinienvorschlag sah zur Novellierung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie nicht nur die formale Abschaffung des in Deutschland weit verbreiteten verhandelten Netzzugangs, sondern auch die des Alleinabnehmersystems vor. Der Netzzugang soll somit nur noch nach dem Modell des geregelten Netzzugangs erfolgen64. Nach dem Beschluß das Europäische Parlaments genügt die Verbändevereinbarung den Anforderungen nicht mehr, um die EU-Vorgaben zu erfüllen, so daß nun auch Deutschland bis zum Sommer 2004 eine nationale Regulierungsbehörde einrichten mußte65. Verankert ist dies in der Beschleunigungsrichtlinie Elektrizität (Art. 23 BeschlEltRL i. V. m. Art. 30 Abs. 1 BeschlEltRL)66. In Deutschland wurden zwar schon mehrere Entwürfe für ein neues Energiewirtschaftsgesetz erlassen, allerdings wird die endgültige Fassung voraussichtlich erst Anfang 2005 erlassen werden, womit Deutschland im Verzug mit der Richtlinienumsetzung ist. Bis zum endgültigen Inkrafttreten des novellierten Energiewirtschaftsgesetzes werden nach wie vor die Modelle des verhandelten Netzzugangs und das des Alleinabnehmermodells Bestand haben67. Diese, in Grundzügen bereits in Kap. II. vorgestellten Netzzugangsmodelle werden nachfolgend dennoch neben dem dann alleingültigen regulierten Netzzugang erläutert. 62 Vgl. fri, Ringen um Öffnung der Energiemärkte, FAZ v. 22.11.2002, S. 15; dazu auch B. Bugdahl, Mit einem Energieregulierer droht mehr Staat, WK08/2003, S. 22. 63 Zu den praktischen Erfahrungen v. a. im Gassektor s. S. Neveling/C. Theobald, Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des EnWG, ZNER 2001, 65 f.; s. a. dies., Aktuelle Entwicklungen des europäischen Energiehandels, EuZW 2002, 107 f.; a. A. J. Kroneberg, Stärkung des verhandelten Netzzugangs in Deutschland, ET 2002, 392 f.; G. Kühne, Gemeinschaftsrechtlicher Ordnungsrahmen der Energiewirtschaft zwischen Wettbewerb und Gemeinwohl, RdE 2002, 263; D. Weidemann, Die Liberalisierung und ihre Kinder, WK 08/2003, S. 23. 64 Dazu ausführlich R. Schütz/S. Tüngler, Die geplante Novelle des EU-Energierechts – Inhalt und Umsetzungsbedarf, RdE 2003, 102. 65 Bü, In der EU beginnt der Abschied von den Energiemonopolen, FAZ v. 05.06.2003, S. 13; F. Flauger, Stromneulinge schlagen milde Töne an, Handelsblatt v. 23.07.2003, S. 10; dazu M. Schmidt-Preuß, Europarechtliche und verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Energiepolitik, in: R. Hendler/P. Marburger/M. Reinhardt/M. Schröder (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 38 ff. 66 Art. 30 Abs. 1 BeschlEltRL.

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VI. Energieordnung in Deutschland

aa) Verhandelter Netzzugang Ausgangslage ist, daß die Stromkunden bisher durch die Stadtwerke mit Strom versorgt wurden. Die Stadtwerke werden von einem großen überregionalen Energieversorger mit Strom beliefert, der auch Endkunden mit Strom versorgt, die sich außerhalb der Stadtgrenzen befinden. Durch das Neuregelungsgesetz ist es nun theoretisch für jedes Energieversorgungsunternehmen möglich, mit jedem Endverbraucher einen Liefervertrag abzuschließen, so daß dieser ebenfalls von günstigeren Preisen profitieren kann. Der verhandelte Netzzugang stellt den klassischen Wettbewerbsfall dar, indem Kunden vom Wettbewerber mittels Abwerbung gewonnen werden. § 6 EnWG eröffnet die Möglichkeit, mit jedem Stromversorger in Kontakt zu treten und individuell einen Vertrag zu schließen. Die Stadtwerke müssen nun dulden, daß das überregionale Energieversorgungsunternehmen einen direkten Vertrag mit dem Kunden schließt und durch das städtische Netz bis zum Endkunden liefert. Die Möglichkeit, seinen Strom von einem dritten Versorger zu kaufen, hat mit Inkrafttreten des Energiewirtschaftsgesetzes jeder. Probleme bereiten bei dieser Regelung in erster Linie die Bestimmung der Höhe der Durchleitungsentgelte und die Verhandlung mit einem Stromversorger außerhalb des eigenen Versorgungsgebietes. Die bislang von einzelnen Versorgern festgelegten Tarife haben eher den Charakter von „Schutzzöllen“, damit sich vor allem für kleinere und mittlere Stromanbieter die Durchleitung nicht lohnt68. bb) Netzzugangsalternative Von dem verhandelten Netzzugang, bei dem direkte Vertragsbeziehungen mit einem dritten Versorger aufgebaut werden, unterscheidet sich der alternative Netzzugang nach § 7 EnWG69. Hiernach können einzelne Energieversorger eine Bewilligung dafür beantragen, auch zukünftig allein ein bestimmtes Gebiet versorgen zu dürfen. In diesem Fall bleibt der örtliche Netzbetreiber alleiniger und ausschließlicher Energielieferant für die in seinem Gebiet ansässigen Letztverbraucher. Wie beim verhandelten Netzzugang auch gibt es drei Vertragsbeteiligte: den Stromkunden (Endabnehmer), den Netzbetreiber (Alleinbetreiber) und den Drittlieferanten. Der Hauptunterschied zum verhandelten Netzzugang 67 Auf die Fragestellung, ob die Richtlinie Direktwirkung entfaltet oder nicht, soll hier nicht im Detail eingegangen werden; dazu R. Breuer, Umsetzung von EG-Richtlinien im neuen Energiewirtschaftsrecht, NVwZ 2004, 528 m. w. Nachw. 68 Vgl. Informationsplattform für Energieverbraucher, www.Stromkosten.de; ähnlich auch J. Flauger, Billiganbieter verabschieden sich, Handelsblatt v. 16.01.2003, S. 12. 69 Eine anschauliche Gegenüberstellung der beiden Zugangsmodelle findet sich in B. Homberg/D. Paulat, Wahl des Netzzugangs, ET 1998, 455.

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ist, daß das Versorgungsunternehmen der Alleinabnehmer ist70. Weil darin eine mögliche Wettbewerbsverzerrung gesehen wird, wird eine Bewilligung hierfür nur dann erteilt, wenn diese Versorgungsalternative erwarten läßt, daß es zu wirtschaftlich gleichwertigen Ergebnissen und daher zu einer gleichen Marktöffnung führt, wie die des verhandelten Netzzugangs71. Für den Stromkunden ist es bei dieser Variante nicht ohne weiteres möglich, den Versorger zu wechseln. Es obliegt ihm selbst, in Erfahrung zu bringen, ob sein regionaler Versorger eine Ausnahmebewilligung im Sinne des Alleinabnehmersystems hat. Wird dies bejaht, ist der Stromkunde befugt, sich mit einem anderen Versorger in Verbindung zu setzen und diesen zur Abgabe eines verbindlichen Angebotes zu veranlassen. Mit diesem Angebot kann der Stromkunde seinen regionalen Versorger zwingen, zu entsprechend günstigen Konditionen zu liefern. Damit der Alleinabnehmer seine Quasimonopolstellung nicht mißbräuchlich ausnutzt, wird dieser ausdrücklich dazu verpflichtet, den Strom eines Dritten abzunehmen, wenn dieser einen Liefervertrag mit einem im Gebiet des Alleinabnehmers ansässigen Letztverbraucher geschlossen hat72. Allerdings ist der Alleinabnehmer nur zur Abnahme der Menge verpflichtet, die im Stromliefervertrag vereinbart ist, welche die tatsächlich benötigte Menge des Endabnehmers nicht überschreiten darf73. Folglich müssen Letztverbraucher als auch Drittlieferanten berechtigt sein, Stromlieferverträge abzuschließen. Der Alleinabnehmer unterliegt im Hinblick auf diesen Vertrag einem gesetzlichen Kontrahierungszwang74. Im Alleinabnehmersystem ist ebenfalls festgelegt, daß das Versorgungsunternehmen nicht uneingeschränkt zur Abnahme von Fremdenergie verpflichtet ist. Hier gelten dieselben Regelungen wie für den verhandelten Netzzugang75. Der einzelne Stromkunde hat den Vorteil, bei einem bindenden Angebot zu entsprechend günstigen Preisen die Energie beziehen zu können. Der gravierende Unterschied zwischen dem Alleinabnehmersystem und dem verhandelten Netzzugang liegt darin, daß unmittelbare Vertragsbeziehungen zu dem Versorger, der das günstigere Angebot abgibt, nicht aufgebaut werden76. Das Durchleitungsentgelt wird hingegen anders als im System des verhandelten Netzzugangs bestimmt. Die Verbändevereinbarung kommt nicht zwingen70

Vgl. W. Danner, in: Danner, EnWG, § 7, Rdn. 7. Vgl. § 7 Abs. 1 S. 2 EnWG; zur Feststellung ab wann wirtschaftlich vergleichbare Voraussetzungen vorliegen U. Becker/P. Rosin, Das Single-Buyer-System gemäß Energiewirtschaftsgesetz, ET 2000, 386 f. 72 Vgl. § 7 Abs. 2 EnWG. 73 Vgl. U. Becker/P. Rosin, Das Single-Buyer-System gemäß Energiewirtschaftsgesetz, ET 2000, 386. 74 Vgl. U. Becker/P. Rosin, Das Single-Buyer-System gemäß Energiewirtschaftsgesetz, ET 2000, 386. 75 Vgl. Fn. 124 f. 76 Vgl. Informationsplattform für Energieverbraucher, www.Stromkosten.de. 71

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derweise zum Tragen. Der Netzbetreiber stellt einen Durchleitungstarif auf, den er von der Preisbehörde genehmigen lassen und öffentlich bekanntgeben muß77. Der Sinn der Genehmigungspflicht ist es, prohibitive Durchleitungsregelungen zu verhindern und somit Drittlieferanten zu schützen78. Bei den veröffentlichten Tarifen handelt es sich nicht um Festpreise, sondern um Höchstpreise79. Wegen der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit darf der Netznutzungstarif nicht höher sein, als er bei einem verhandelten Netzzugang wäre80. Möchte ein im Gebiet des Letztabnehmers ansässiger Kunde seinen Strom von einem anderen Lieferanten als dem Alleinabnehmer beziehen, weil dieser beispielsweise günstigere Tarife hat, ist dies möglich. In diesem Fall ist der Alleinabnehmer verpflichtet, die vom Letztverbraucher benötigte Strommenge vom Drittlieferanten abzunehmen. Der Letztverbraucher muß für seinen Strom zunächst trotzdem den vom Alleinabnehmer veröffentlichten Tarif an diesen zahlen, so daß dieser zunächst mehr bezahlt als mit dem Drittlieferanten vereinbart. Weil der Alleinabnehmer den Strom vom Drittlieferanten bezogen hat, muß er das vom Letztverbraucher bezogene Entgelt abzüglich des Netznutzungsentgelts, das er einbehält, an den Drittlieferanten weitergeben. Der Alleinabnehmer profitiert lediglich von dem Netznutzungsentgelt. Der Drittlieferant, der vom Alleinabnehmer letztlich den Betrag erhalten hat, der dessen veröffentlichten Nettostromtarif entspricht, also über dem des Drittlieferanten liegt, muß nun dem Letztverbraucher soviel Geld zurückerstatten, daß dieser letztlich den mit dem Drittlieferanten verhandelten Tarif zuzüglich des Netznutzungsentgelts bezahlt. Diese Prozedur kann durch Abtretung und Aufrechnung vereinfacht werden81. In der Praxis hat die Regelung des Alleinabnehmersystems jedoch kaum Bedeutung erlangt. cc) Regulierter Netzzugang Der regulierte Netzzugang enthält in gewisser Hinsicht Anteile beider eben dargestellten Netzzugangsmöglichkeiten. Gleichsam dem verhandeltem Netzzugang werden mittels Abwerbung Kunden gewonnen. Allerdings werden die verschiedenen Tarife nicht verhandelt, sondern müssen, ähnlich dem Alleinabnehmersystem, die Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber ihre Netzzugangstarife 77

Vgl. § 7 Abs. 3 EnWG. Vgl. C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 176 ff., insb. S. 182. 79 Vgl. K.-P. Horstmann, Netzzugang in der Energiewirtschaft, S. 180 f. 80 Vgl. H. Recknagel, in: Böwing, EnWG 1998 – Erläuterungen, 1999, § 7, Erl. 10, S. 161. 81 Vgl. U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 372; ein anschauliches Zahlenbeispiel findet sich in W. Danner, in: ders., EnWG, § 6, Rdn. 24 f. 78

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öffentlich bekanntgegeben. Im Vorfeld müssen die Tarife aber von der neu einzuführenden Regulierungsbehörde genehmigt werden (Art. 20 Abs. 1 BeschlEltRL). Den Regulierungsbehörden obliegt es, beispielsweise die Methoden zur Berechnung oder Bestimmung der Bedingungen für den Netzanschluß und -zugang, einschließlich der Tarife für die Übertragung und die Verteilung, vor deren Inkrafttreten festzulegen oder zu genehmigen (Art. 23 Abs. 2 BeschlEltRL). d) Netzzugang nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz In Art. 154 Abs. 1 EGV heißt es, daß die Interoperabilität der einzelstaatlichen Netze und der Zugang zu diesen gefördert werden. Die Netzverstärkung kann als unter erstgenanntes Kriterium fallend und der Netzanschluß als unter zweiteres fallend gesehen werden. Prinzipiell ist der Netzanschluß auch als Vorhaben von gemeinsamen Interesse zu betrachten, so wie in Art. 155 EGV gefordert. Gleichzeitig dazu muß auch der Umweltschutz erwähnt werden. Strittig ist andererseits, ob ein Zugang von Anlagen, die Strom aus regenerativer Energie erzeugen, zum öffentlichen Stromnetz wettbewerbsfördernd ist. Durch die damit verbundene vorrangige Abnahmepflicht wird einerseits der freie Warenverkehr eingeschränkt, andererseits der Anteil regenerativer Energie am Bruttoinlandsenergieverbrauch gesteigert. Dies wird einerseits im nationalen Gesetz gefordert82, ist aber auch in der Europäischen Richtlinie zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt beordert83. aa) Anschlußberechtigter Das Erneuerbare-Energien-Gesetz regelt lediglich den vorrangigen Anschluß von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus regenerativen Anlagen (§ 2 EEAusbG), besagt aber nichts über den Anschlußberechtigten. Der Kreis der Zugangsberechtigten richtet sich nach dem Energiewirtschaftsgesetz und dessen § 6 Abs. 1 S. 1 (§ 20 Abs. 1 EntEnWG)84. Der Hauptunterschied zwischen denjenigen, die Strom aus regenerativer Energie gewinnen, und denjenigen, die Strom aus fossilen Brennstoffen generieren, ist, daß erstgenannte keiner staatlichen Betriebsaufnahmegenehmigung bedürfen85. Die sicherheitsrelevanten und 82 Vgl. § 1 EEAusbG, wurde an selber Stelle aber auch schon in der Fassung von 2000 gefordert (§ 1 EEG). 83 s. ErwGr. 17 und Art. 3 Abs. 3 Spstr. 2 RegStrRL. 84 Ausführlich in Kap. VI. 4. c). 85 § 3 EnWG; dazu P. Franke, Vollzugsprobleme des neuen Energiewirtschaftsrechts, in: J. F. Baur u. a. (Hrsg.), Praktische Auswirkungen der Liberalisierung der Energiemärkte, S. 31 ff.; G. Hermes, Die Regulierung der Energiewirtschaft zwischen öffentlichem und privatem Recht, ZHR 166 (2002), 438 f.

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VI. Energieordnung in Deutschland

technischen Bestimmungen sind die gleichen. Weiterhin ist den erstgenannten Vorrang einzuräumen, was aber nichts am Tatbestandsmerkmal des Anschlußberechtigten ändert. bb) Anschlußverpflichteter Die größte Behinderung bei dem Ausbau der aus regenerativen Energien produzierenden Stromanlagen stellten lange Zeit allzu ungenau formulierte Regelungen darüber dar, wer welche Kosten zu tragen habe86. Das ErneuerbareEnergien-Gesetz von 2000 hat für mehr Klarheit gesorgt. So ist die Bestimmung des zum Anschluß verpflichteten Netzbetreibers in § 3 Abs. 1 EEG präzisiert worden, in dem sowohl die Art des Anschlusses, als auch und vor allem der Ort des Anschlusses definiert wurde. Die Novellierung von 2003 hat dazu beigetragen, weitere Unklarheiten zu beseitigen. Hieß es in der Fassung von 2000 noch: „Die Verpflichtung trifft den Netzbetreiber, zu dessen technisch für die Aufnahme geeignetem Netz die kürzeste Entfernung zum Standort der Anlage besteht“,

erweitert die Neufassung den Tatbestand der Entfernung um die Wirtschaftlichkeit (§ 4 Abs. 2 S. 2 EEAusbG): „wenn nicht ein anderes Netz einen technisch und wirtschaftlich günstigeren Verknüpfungspunkt aufweist“.

Die unverzügliche Ausbaupflicht, wenn diese wirtschaftlich zumutbar ist, bleibt unverändert bestehen. Der Abnahmepflichtige ist somit der Netzbetreiber, zu dessen Netz die kürzeste Entfernung zum Standort der Anlage besteht, vorausgesetzt, daß das Netz technisch für die Aufnahme geeignet ist. Ein Netzausbau kann unter wirtschaftlichen Aspekten zugemutet werden. Soll etwa der Strom eines Windparks eingespeist werden, würde sich dazu ein Niederspannungsnetz technisch nicht eignen. Anschlußpflichtig wäre in diesem Fall der Betreiber eines Netzes einer höheren Spannungsebene87. Eine weitere Bestimmung findet sich im neu eingeführten Art. 12 EEAusbG, der die Netzkosten bestimmt. In seinem ersten Absatz bestimmt er, daß der günstigste Verknüpfungspunkt mit dem Netz, infolge neu anzuschließender Anlagen, sich dann auf einem Grundstück mit bereits bestehendem Netzanschluß befindet, wenn die anzuschließenden Anlagen eine Leistung von insgesamt 30 kW nicht überschreiten.

86 So J. Niedersberg, Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien, NVwZ 2001, 22. 87 Vgl. G. Britz, in: Ludwig/Odenthal, EEG, 61 EL 2000, § 2, Rdn. 59; zur technischen Eignung des Netzes s. P. Salje, EEG, § 3, Rdn. 13 ff.

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Ansonsten gilt als kürzeste Entfernung nicht die Luftlinie zwischen Aufstellungsort der Anlage und Verknüpfungspunkt, sondern die Wegstrecke88. Neu ist auch § 4 Abs. 5 EEAusbG, der klarstellt, daß auch regenerativer Strom, der in ein Arealnetz eingespeist wird, zu den im Gesetz genannten Konditionen vom Netzbetreiber abzunehmen ist89. Netzbetreiber sind in diesem Fall nicht Betreiber von Direkt- oder Stichleitungen, ohne daß diese an das Netz eines Versorgungsunternehmens angeschlossen sind90. Sie stellen eher Leitungsbetreiber dar. Netzbetreiber sind Betreiber mehrerer, untereinander verbundener Leitungen. Als Netzbetreiber wird derjenige gesehen, der den bestimmenden oder maßgeblichen Einfluß auf den Einsatz des Versorgungsnetzes hat, dabei sind Eigentumsbefugnisse unerheblich. In der Regel ist das der Inhaber der rechtlichen oder tatsächlichen Verfügungsgewalt91. cc) Kosten der Netzanbindung Seit dem Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gibt es keinen Zweifel mehr, daß Netzbetreiber verpflichtet sind, solche stromerzeugenden Anlagen an ihr Netz anzuschließen, die Strom aus regenerativer Energie erzeugen92. Das Konfliktpotential bildet jetzt die damit verbundenen Kosten. Es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen einspeisewilligen Anlagebetreibern und Netzbetreibern. Dabei geht es darum, die Grenze zwischen Netzverstärkungskosten und Netzanschlußkosten zu bestimmen. Der Netzbetreiber zahlt erstere, wohingegen der Anlagenbetreiber zweitere zu zahlen hat93. (1) Aufstellungsort der stromerzeugenden Anlage Der Anlagenbetreiber muß sich nicht vom Netzbetreiber vorschreiben lassen, wo der für ihn günstigste Netzanbindungspunkt ist. Er ist lediglich an die tatsächlichen und rechtlichen Vorgaben, die für den Aufstellungsort gelten, gebunden94. Allerdings sollte der Anlagenbetreiber, vorbehaltlich des § 12 Abs. 1 88

Dazu P. Salje, EEG, § 3, Rdn. 16. Begründung zu § 4 Abs. 5 EEAusbG BT-Drucks. 15/2564. 90 Vgl. W.-I. Kunze, in: Böwing, EnWG 1998 – Erläuterungen, 1999, § 4, Erl. 2.1, S. 72; H. Recknagel, ebenda, § 6, Erl. 5, S. 114; dazu auch U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 151. 91 Vgl. W.-I. Kunze, in: Böwing, EnWG 1998 – Erläuterungen, § 4, Erl. 2.1, S. 72; H. Recknagel, ebenda, § 6, Erl. 5, S. 114; dazu auch U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 151. 92 Vorbehaltlich dessen, daß die anzuschließenden Anlagen die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, wie sie in § 16 EnWG (§ 49 EntEnWG) festgelegt sind. 93 Dazu auch J. P. Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft durch regulative Marktorganisation, S. 426 f. 94 s. § 35 BauGB, insb. Abs. 1 UA 3, 6; vgl. auch F. Schidlowski, Standortsteuerung von Windenergieanlagen durch Flächennutzungspläne, NVwZ 2001, 388 ff. 89

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VI. Energieordnung in Deutschland

EEAusbG, darauf achten, daß sich der anschließend geforderte Netzausbau in einem wirtschaftlich zumutbaren Rahmen bewegt. Der Anschlußzwang besteht nur dann, wenn ein Ausbau des Netzes technisch und wirtschaftlich für den Netzbetreiber zumutbar ist. Ist dies sichergestellt95, so ist „. . . der Netzbetreiber auf Verlangen des Einspeisewilligen zu dem unverzüglichen Ausbau verpflichtet“96.

Der Anlagenbauer, der entweder eine Einzelanlage oder gar einen ganzen „Strompark“ baut ist nicht verpflichtet, darauf zu achten, daß der Anschluß an das Netz der allgemeinen Versorgung der geografisch betrachtet der kürzestmögliche ist. Vielmehr ist bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse darauf zu achten, daß ein Ort, der etwas entlegener ist, wahrscheinlich höhere Anschlußkosten verursacht. Allerdings handelt es sich dabei um einmalige Ausgaben97. Herrschen an einem weiter entfernten Ort bessere Windverhältnisse98, so ist dies in die wirtschaftliche Analyse einzubeziehen. Bei der Stromerzeugung und -einspeisung aus regenerativen Energienquellen muß mit dem gesamtwirtschaftlich günstigsten Kostenaufwand kalkuliert werden. Dabei muß die Gesamtheit aller Kosten, also Anschluß- und Netzverstärkungskosten, in die Berechnung einbezogen werden99. Es ist also nicht auszuschließen, daß die spezifischen Kosten einer weiter entfernten Anlage geringer sind100. 95 Zum wirtschaftlich zumutbaren Ausbau s. nächsten Abschnitt, zur Unverzüglichkeit, s. P. Salje, EEG, § 3, Rdn. 19 ff. 96 Vgl. § 4 Abs. 2 S. 2 EEAusbG; ein derzeit viel debattiertes Thema sind diesbezüglich der Anschluß von Offshore Anlagen. Diese kombinieren aus technischer Sicht viele Vorteile miteinander und stehen für technischen Fortschritt, dennoch ist das derzeitige Problem der Anschluß dieser Anlagen an das öffentliche Netz. Bei diesem Typ von Anlage kommt kostentreibend hinzu, daß die zu verlegenden Leitungen nicht nur Überlandleitungen sind, sondern vor allem sehr kostspielige Leitungen an das Festland, die u. U. viele Kilometer lang sind. Von den zusätzlichen Genehmigungen mal ganz abgesehen. Dazu ausführlich U. Jenisch, Die Errichtung von Windparks auf Hoher See und in der ausschließlichen Wirtschaftszone, in: P. Ehlers/W. Erbguth (Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2000, S. 21 ff., insb. S. 52 ff.; auch W. Erbguth, Rechtsfrage der Planung und Genehmigung von Offshore-Windenergieanlagen, in: P. Ehlers/ W. Erbguth (Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2000, S. 48; U. Büdenbender, Rechtsfragen des elektrizitätswirtschaftlichen Netzzugangs bei umfassendem Ausbau der Windenergienutzung, RdE 2003, 196. Aber auch die Offshore-Anlagen unterliegen der Abnahmepflicht nach § 4 EEAusbG (§ 3 EEG); vgl. dazu M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung nach dem Stromeinspeisungsgesetz, S. 150; s. a. Fn. 182. 97 Die Wartung des Netzes wird hierbei vernachlässigt, weil auch der zusätzliche Wartungsaufwand für die zusätzliche Leitungslänge für die weitere Betrachtung nicht merklich ins Gewicht fällt. 98 Dieses Beispiel gilt für Windkraftanlagen. Analog ließe es sich zum Beispiel mit besseren Sonnenintensitäten begründen bei der Schaffung von Photovoltaikanlagen. Ausführlich zur Standortbestimmung J. Schwabe, Potentiale und technische Möglichkeiten der Erzeugung von Strom durch Offshore-Windparks, in: P. Ehlers/W. Erbguth (Hrsg.), Aktuelle Entwicklungen im Seerecht, 2000, S. 15 ff. 99 Vgl. P. Salje, EEG, § 3 Rdn. 119, S. 206.

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Auch besteht die Möglichkeit, daß eine nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz förderfähige Anlage zwischen zwei oder mehr Energieversorgungsunternehmen errichtet wird. In diesem Fall ist es nicht zwingend notwendig, daß der Netzbetreiber zum Anschluß verpflichtet ist, zu dessen Netz die kürzeste Entfernung besteht. Es muß aus wirtschaftlicher Sicht abgewägt werden, welches Netz die geringsten zur Einspeisemöglichkeit erzeugenden Gesamtkosten101 verursacht. So ist es durchaus möglich, daß das näher gelegene Netz ausgelastet ist und ein Netzausbau nötig wäre, wohingegen ein Netzausbau beim weiter entfernten Netz nicht nötig wäre. Die zur Einspeisemöglichkeit auftretenden Gesamtkosten, wären bei einem Anschluß an das weiter entfernte Netz geringer102. (2) Kosten des Leitungsbaus Die Kosten des Leitungsbaus lassen sich in zwei Bereiche aufspalten. Zum einen entstehen Kosten durch den Leitungsbau, der dazu dient, neue Gebiete zu erschließen, das Netz engmaschiger zu gestalten oder mehrere Netze miteinander zu verknüpfen. Insbesondere infolge des zunehmenden grenzüberschreitenden Stromverkehrs, wird der zwischenstaatliche Leitungsbau von der Gemeinschaft vorangetrieben. Zum anderen müssen Leitungen errichtet werden, um Stromerzeugungsanlagen an das Netz anzuschließen. Nach Art. 154 EGV „trägt die Gemeinschaft zum Auf- und Ausbau transeuropäischer Netze in den Bereichen . . . Energieinfrastruktur bei“. Zum Ausbau der transeuropäischen Netze können also Zuschüsse von der Europäischen Gemeinschaft gefordert werden. Aufgrund des bisher sehr hohen Finanzvolumens des Auf- und Ausbaus der transeuropäischen Netze wird die planerische Hochstimmung auf Gemeinschaftsebene gebremst103, so daß sich die finanzielle Hilfe in der Praxis auf 10% der Ausbaukosten beschränken soll104. In Deutschland besteht noch die Möglichkeit für den Netzbetreiber, Baukostenzuschüsse über §§ 9 f. AVBEltV einzufordern, allerdings nur im Bereich von Nieder- und Mittelspannungsnetzen. Weil Verteilernetzbetreiber105 genauso

100 Mit spezifischen Kosten, sind hier die Netzanschluß- und Netzverstärkungskosten pro gelieferter kWh elektrischer Energie gemeint. 101 Zur Einspeisemöglichkeit erzeugende Gesamtkosten beihalten sowohl die Kosten des zur Abnahme verpflichteten, als auch des Einspeiswilligen. 102 So auch P. Salje, EEG, § 3 Rdn. 119, S. 205 f. 103 Im Jahre 1988 gab die Kommission vor, den Netzausbau mit Krediten der europäischen Investitionsband in Höhe von 320 Mio. ECU fördern zu wollen, s. dazu W. Harms, Perspektiven des deutschen und europäischen Wettbewerbsrechts für die Energiewirtschaft, in: ders. (Hrsg.), Konturen eines EG-Energiemarkts, S. 244; vgl. auch T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1476, dort auch zur Finanzierungssumme. 104 Vgl. T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1473; 10% bei Vorhaben, 50% bei Finanzierung von Studien, s. Rdn. 1476; s. a. ABlEG 1995, Rs. L 228/1.

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wie Übertragungsnetzbetreiber zur vorrangigen Abnahme von regenerativer Energie verpflichtet sind, liegt es nahe, daß die Netzbetreiber versuchen, die ihnen dadurch entstehenden Kosten über Baukostenzuschüsse wieder einzuverlangen, was aber nicht im Sinne des Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetzes ist. So läßt sich sagen, daß die Netzverstärkung, der Netzaus- und oder -umbau aber auch der Anschluß auf europäischer Ebene förderungswürdig sind. Im günstigsten Fall wäre eine zehn- bis zwanzigprozentige Beteiligung der Gemeinschaft möglich, so daß immer noch der Restbetrag von 80%–90% bleibt, der von den privaten Anlagen- und Netzbetreibern aufzubringen ist106. Für die in dieser Arbeit vorrangige Thematik ist der zweitgenannte Aspekt von größerem Interesse. Nachdem bestimmt wurde, welcher Netzbetreiber an welchem Ort zur Abnahme regenerativen Stroms verpflichtet ist und an welchen Orten der Anschlußbegehrende seine Anlagen errichten darf, bleibt zu klären, wer die Kosten für die Leitung trägt, um das Netz mit der Anlage zu verbinden. Diese Frage ist im Gesetzestext eindeutig bestimmt (§ 13 Abs. 1 S. 1 EEAusbG): „Die notwendigen Kosten des Anschlusses von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas an den technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des Netzes sowie der notwendigen Messeinrichtungen zur Erfassung der gelieferten und der bezogenen elektrischen Arbeit trägt der Anlagenbetreiber“.

So muß der Anlagenbetreiber nicht nur den Leitungsbau finanzieren, sondern auch die notwendigen technischen Meßeinrichtungen107. Eine Ausnahme hiervon enthält § 13 Abs. 1 S. 2 EEAusbG. (3) Netzanschlußkosten und Netzverstärkungskosten Beim Anschluß von Stromgewinnungsanlagen, insbesondere von „regenerativen Kraftwerken“ an das Leitungsnetz, ist zu klären wem die Kosten der Netzeinbindung auferlegt werden. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen 105

Nieder- und Mittelspannungsnetze werden primär für die Endversorgung benötigt und werden somit von Verteilernetzbetreibern unterhalten. 106 Über die Grundregeln für die Gewährung von Gemeinschaftszuschüssen für TEN, s. ABlEG 1995, Rs. L 228/1; diese Richtlinie soll allerdings überarbeitet und dem derzeitigen Stand des Elektrizitätsbinnenmarkts angepaßt werden, dazu in der Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur Vollendung des Energiebinnenmarkts, KOM(2001)125 endg. v. 13.03.2001, S. 17 ff., insb. S. 19, s. dazu auch S. Froning, Binnenmarkt kommt nur mühsam voran, ET 2002, 446; zur Finanzierung R. M. Steyer, Transeuropäische Netze, S. 128 ff., 214 ff., insb. S. 215, 217. 107 Die Kostentragung für den Leitungsbau enthielt in dieser Deutlichkeit schon das EEG (§ 10 Abs. 1 S. 1), neu hinzugekommen ist die Regelung über die technischen Meßvorrichtungen.

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gilt das Verursacherprinzip. Dies erhöht zwar die Kosten für die erneuerbaren Energien, schafft aber gleichzeitig die Basis dafür, daß sowohl der Standort für die einspeisenden Anlagen unter Berücksichtigung des vorhandenen Netzes der Elektrizitätsversorgungsunternehmen als auch ein möglichst kostengünstiger Anschluß ausgewählt wird. Im übrigen können Probleme im Einzelfall besser unter Einschaltung der Energieaufsicht als durch abstrakte gesetzliche Regelungen gelöst werden. Die Frage der Kostentragung für einen Ausbau des 110-kV-Netzes in Norddeutschland wird sich möglicherweise nicht stellen, weil die dortigen Landesregierungen den Ausbau dieses Netzes, soweit es nicht für die Versorgung der Stromverbraucher erforderlich ist, aus Gründen der Raumordnung möglichst vermeiden wollen. Das vorhandene Netz soll vielmehr optimal und dann auch ohne besondere Kosten für die Einspeiser genutzt werden (BTDrucks. 13/2681). Zu differenzieren ist zwischen Netzanschluß- und Netzverstärkungskosten, weil, wie noch zu sehen sein wird, der Anlagenbetreiber erstere, wohingegen der Netzbetreiber zweitere zu zahlen hat108. Grundsätzlich gelten als Anschlußkosten all die Kosten, die nötig sind, um eine stromerzeugende Anlage mit dem vorhandenen Leitungsnetz zu verbinden. Dazu zählen vor allem die Kosten für die Verbindungsleitung109, die Anschlußsicherung, die Meßeinrichtung, die Baukosten sowie die Kosten der Inbetriebnahme. Sobald ein Eingriff in das vorhandene Netz nötig wird und dessen technischen Spezifikationen verändert werden, handelt es sich hingegen um Netzverstärkungskosten110. Soll eine Stromgewinnungsanlage an das Netz angeschlossen werden, ist zu bestimmen, welche Arbeiten dazu erforderlich sind. Dabei ist prinzipiell zwischen drei Möglichkeiten zu unterscheiden: Erstens, der technisch und wirtschaftlich günstigste Verknüpfungspunkt ist tatsächlich der an einer bereits bestehenden Netzanschlußanlage und das Netz ist nicht voll ausgelastet, so daß eine zusätzliche Einspeisung von Strom keine weiteren Probleme darstellt111. In diesem Fall muß die Neuanlage „nur“ an die vorhandene Anschlußanlage angebunden werden, ohne daß das Netz aus- oder umgebaut werden muß. Diese Alternative wird vermutlich der seltenere Fall bleiben. Zweitens, dieses dürfte den Regelfall darstellen, müssen am technisch und wirtschaftlich nächsten Verknüpfungspunkt des Netzes Umbauarbeiten durchge108 Dazu auch J. P. Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft durch regulative Marktorganisation, S. 426 f. 109 Die Kostentragung der Verbindungsleitung wurde bereits geklärt (Kap VI. 3. d) cc) (2)) und ist hier nur der vollständigkeithalber aufgeführt. 110 So auch P. Salje, EEG, § 10, Rdn. 8. 111 Bei dieser Betrachtung wird davon ausgegangen, daß der eingespeiste Strom keinen Schwankungen unterliegt und der Forderungen der §§ 1, 4 EnWG als auch der Art. 7 Abs. 3 und Art. 11 Abs. 1 EltRL genügt.

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führt werden. Diese können unterschiedlich ausgestaltet sein. Dabei ist es möglich, daß am Verknüpfungspunkt Arbeiten durchgeführt werden müssen, wie die Erweiterung einer Schaltanlage um ein Einspeisefeld, damit die Leitungen physisch überhaupt erst angeschlossen werden können. Unter Umständen muß am Verknüpfungspunkt sogar ein kompletter Neubau einer Schaltanlage realisiert werden, um eine technisch sichere Netzverknüpfung zu gewährleisten. Bei der dritten Möglichkeit besteht bereits eine Netzanschlußanlage, jedoch ist das Netz bereits ausgelastet und bietet keine freien Kapazitäten mehr. Es ist dann denkbar, daß Transformatorenstationen, neue Leitungen oder Regeleinrichtungen geschaffen werden müssen, um die technisch sichere Durchleitung durch die Übertragungsleitungen zu gewährleisten112. Man spricht in diesem Fall auch von einer Netzverstärkung. Eine Kombination aus den beiden letztgenannten Möglichkeiten ist ebenso denkbar113. Um den jeweiligen Kostenträger zu bestimmen, sind vor allem der aus Kap. VI. 3. d) cc) (2) bekannte § 13 Abs. 1 S. 1: „Die notwendigen Kosten des Anschlusses von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas an den technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des Netzes sowie der notwendigen Messeinrichtungen zur Erfassung der gelieferten und der bezogenen elektrischen Arbeit trägt der Anlagenbetreiber“,

und dessen Absatz 2 Satz 1 von Bedeutung: „Die notwendigen Kosten eines nur infolge neu anzuschließender, reaktivierter, erweiterter oder in sonstiger Weise erneuerter Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren oder aus Grubengas erforderlichen Ausbaus des Netzes im Sinne von § 4 Abs. 2 zur Abnahme und Übertragung des Stroms aus Erneuerbaren Energien trägt der Netzbetreiber, bei dem der Ausbau erforderlich wird“.

Die eigentliche Kostentragung bleibt auch nach der Novellierung unverändert, wird aber wegen immer wieder auftretender Auseinandersetzungen im Gesetzestext genauer ausformuliert (insb. § 4 Abs. 2 S. 4 EEAusbG)114: „Die Pflicht zum Ausbau erstreckt sich auf sämtliche für den Betrieb des Netzes notwendigen technischen Einrichtungen sowie die im Eigentum des Netzbetreibers stehenden oder in sein Eigentum übergehenden Anschlußanlagen“.

Bestanden die Regelungen des § 13 EEAusbG weitestgehend bereits in der vorherigen Fassung (§ 10 EEG), ist die Präzisierung des § 4 Abs. 2 S. 4 EEAusbG gänzlich neu hinzugekommen. Insbesondere durch die Einfügung des § 4 Abs. 2 S. 4 EEAusbG, auf den § 13 Abs. 2 S. 1 EEAusbG verweist, ist 112 Vgl. auch P. Salje, EEG, § 10 Rdn. 22; zur Regeleinrichtung LG Itzehoe, prioritätengesteuerte Abschaltautomatik, ZNER 1998, 53. 113 Eine Kombination, daß eine Netzanschlußanlage erst errichtet werden muß oder um ein Anschlußfeld erweitert werden muß. 114 Vgl. Begründung besonderer Teil, § 4 Abs. 2 EEAusbG.

3. Netzzugang in der Energiewirtschaft

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nunmehr sehr viel deutlicher zu ersehen, wer für die Kosten, in Folge einer an das Netz anzuschließenden Anlage, aufzukommen hat. § 13 Abs. 1 S. 1 EEAusbG besagt, daß „Die notwendigen Kosten des Anschlusses . . . sowie der notwendigen Messeinrichtungen zur Erfassung der gelieferten und der bezogenen elektrischen Arbeit trägt der Anlagenbetreiber“,

Für den ersten Fall ist der Kostenträger somit eindeutig definiert. Am bestehenden Netz müssen keine Ausbauarbeiten vorgenommen werden. Der Anschluß erfordert auch technisch keine zusätzlichen Einrichtungen und keine Eingriffe in das Leitungsnetz, so daß reine Anschlußkosten anfallen, die der Anlagenbetreiber zu tragen hat115. Komplizierter wird es, wenn Umbauarbeiten am Verknüpfungspunkt notwendig werden, womit der zweite Fall betrachtet wird. In diesem Fall war es bislang schwer oder gar unmöglich, eine genaue Abgrenzung zwischen Netzanschlußkosten und Netzverstärkungskosten festzulegen116. Bisher hat berechtigterweise der Netzbetreiber solche Erweiterungsarbeiten durchgeführt und das Eigentum dafür beansprucht. Soweit Kosten für Einrichtungen und Anlagenteile anfallen, die letztlich der Veränderung oder Verbesserung des Netzes dienen, handelt es sich um reine Netzverstärkungskosten im Sinne des § 13 Abs. 2 EEAusbG117. Ehemals kam jedoch regelmäßig die Debatte empor, warum der Anlagenbetreiber die Kosten für die Anlage, die zur Netzanbindung nötig ist, tragen soll, obwohl der Netzbetreiber das Eigentum dafür beansprucht. Bereits während des Gesetzgebungsverfahrens des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von 2000 wurde gefordert, eine Formulierung in den Gesetzestext aufzunehmen, welche die beschriebene Problematik ausschließen oder zumindest eingrenzen sollte. Das Problem hat der Gesetzgeber offen gelassen und erst in der novellierten Fassung von 2004 in Form des § 4 Abs. 2 S. 4 EEAusbG aufgegriffen. So stehen nunmehr zwei Kriterien zur Abgrenzung der Netzanschluß- von den Netzausbaukosten zur Verfügung. Klargestellt wird, daß sich der Netzausbau „auf sämtliche für den Betrieb des Netzes notwendigen technischen Einrichtungen sowie die im Eigentum des Netzbetreibers stehenden oder in sein Eigentum übergehenden Anschlussanlagen“

erstreckt. Dabei ist zunächst der Begriff der technischen Einrichtung weit zu verstehen und umfaßt gegebenenfalls etwa auch ein notwendiges Schaltgebäude118. Nötig wird diese technische Einrichtung für den Betrieb des Netzes 115 Von einem wirtschaftlich zumutbaren Ausbau wird in den hier erwähnten Fällen ausgegangen. 116 Es gibt eine ganze Anzahl von Fällen, in denen Netzanschlußanlagen teilweise Netzverstärkungen darstellen, so und mit Beispielen J. Niedersberg, Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien, NVwZ 2001, 23. 117 So P. Salje, EEG, § 10, Rdn. 8, 22.

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VI. Energieordnung in Deutschland

dann, wenn sie für dessen ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit unentbehrlich wird119. Unentbehrlich im Sinne des § 4 Abs. 2 S. 4 EEAusbG ist sie auch dann, wenn ihre Einrichtung erst für oder durch den Anschluß einer Anlage an das Netz nötig wird120. Grundsätzlich läßt sich sagen, daß die Grenze zwischen Netzanschluß- und Netzausbaukosten anhand der Eigentumsverhältnisse zu ziehen ist. Noch zu schaffende Anlagenteile sind dann als Netzbestandteile zu betrachten, die vom Netzbetreiber zu zahlen sind, wenn diese das Eigentum daran erlangen121. Im dritten Fall ist die Lage ähnlich eindeutig wie für den ersten Fall. Das Netz ist ausgelastet und eine Netzverstärkung ist nötig, so daß zunächst nur reine Netzausbaukosten entstehen. Die eindeutige Kernaussage des § 13 Abs. 2 S. 1 EEAusbG ist, daß „Die notwendigen Kosten eines . . . erforderlichen Ausbaus des Netzes im Sinne von § 4 Abs. 2 . . . trägt der Netzbetreiber, bei dem der Ausbau erforderlich wird“.

Die eigentlichen Anschlußkosten im Sinne des § 13 Abs. 1 EEAusbG trägt wiederum der Anlagenbetreiber. Wird eine bestehende Anlage ausgebaut, so daß sie mehr Leistung einspeisen kann, und wird dadurch ein Netzausbau nötig, zahlt dies ebenfalls der Netzbetreiber. Ein Netzanschluß ist nicht nötig, dieser besteht bereits. Die Kosten, die durch den Netzausbau entstehen, trägt der Netzbetreiber, wobei ihm freigestellt wird, diese Kosten bei der Ermittlung des Netznutzungsentgelts in Ansatz zu bringen122. Die reinen Anschlußkosten an das ausgebaute Leitungsnetz trägt wiederum der Anlagenbetreiber. Mit der Erweiterung des Gesetzestextes um die „vermiedenen Netznutzungsentgelte“ schafft § 5 Abs. 2 EEAusbG Klarheit darüber, daß der Anlagenbetreiber keine Netznutzungsentgelte zu entrichten hat123. Aus dem gesetzessystematischen Zusammenhang ließ sich dies aus dem Gesetzestext in der Fassung vom 22. Dezember 2003 nicht sicher schließen124. Bestehen bleibt die Regelung, daß ein fachkundiger Dritter befugt ist, die Arbeiten zum Netzanschluß durchzuführen (§ 13 Abs. 1). Es muß dabei allerdings 118

Vgl. Begründung besonderer Teil, § 4 Abs. 2 EEAusbG. So und dazu ausführlich Begründung besonderer Teil, § 4 Abs. 2 EEAusbG. 120 Vgl. Begründung besonderer Teil, § 4 Abs. 2 EEAusbG. 121 Vgl. Begründung besonderer Teil, § 4 Abs. 2 EEAusbG. 122 s. § 13 Abs. 2 EEAusbG (§ 10 Abs. 2 EEG); Im ursprünglichen Entwurf war vorgesehen, daß sich Anlagenbetreiber und Netzbetreiber diese Kosten teilen. 123 Vgl. Beiträge aus den Fachgesprächen: Dezentrale Einspeisung-Vermiedene Netznutzungsentgelte beim EnergieVerein vom 19.05.2004. 124 So P. Salje, EEG, § 3, Rdn. 125; a. A. W. Zander u. a. (Hrsg.), Strombeschaffung im liberalisierten Energiemarkt, S. 33, die meinen, daß Einspeiser zumindest die Betriebskosten des unmittelbaren Netzanschlusses zahlten sollten, weil diese unmittelbar zugerechnet werden können. 119

3. Netzzugang in der Energiewirtschaft

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gewährleistet sein, daß der Anschluß den notwendigen technischen Anforderungen des Netzbetreibers und die anzuschließende Anlage den Anforderungen des § 16 EnWG entsprechen (§ 49 EntEnWG). Durch die Zulassung Dritter ist außer dem Wettbewerb auch größere Transparenz entstanden. Sie hat nämlich eine genauere Aufschlüsselung der für den Anschluß erforderlichen Teilkosten zur Folge. Im Hinblick auf die Netzanbindungskosten hat sich im Laufe der Zeit gezeigt, daß eine Kostenreduzierung von bis zu 30% möglich war125. (4) Freistellung von der Ausbaupflicht Oberstes Gebot beim Leitungsaus- oder -umbau ist immer die Gewährleistung der Versorgungssicherheit126. Ist diese nachweislich nicht gewährleistet, kann ein Ausbau des Leitungsnetzes verweigert werden. Als weiteren Freistellungstatbestand formuliert der Gesetzgeber, daß der Ausbau wirtschaftlich zumutbar sein muß (§ 4 Abs. 2 EEAusbG)127. Bevor also die Pflicht zum Ausbau des Elektrizitätsnetzes besteht, muß geprüft werden, ob es sich dabei um einen für den Netzbetreiber wirtschaftlich zumutbaren Ausbau handelt128. Nach § 13 Abs. 2 EEAusbG wird dem Netzbetreiber zugestanden, die auf ihn anfallenden Kosten bei der Ermittlung des Netznutzungsentgelts in Ansatz zu bringen. Kann der Netzbetreiber lediglich ein Netznutzungsentgelt realisieren, das unter seinen Kosten liegt, muß der dem Anlagenbetreiber gegenüber die für den ordnungsgemäßen Anschluß notwendigen Kosten nachweisen129. Erst wenn nachgewiesen worden ist, daß die übrigen Kosten unerläßlich sind und diese das anlegbare Netznutzungsentgelt schon ausschöpfen, ist der weitere Netzausbau für den Netzbetreiber wirtschaftlich unzumutbar130. Eine Ausbaupflicht der Infrastruktur zu Lasten des Netzbetreibers besteht dann nicht mehr.

125 s. hierzu auch J. Niedersberg, Das Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien, NVwZ 2001, 23. 126 Vgl. Art. 4, insb. Art. 6 Abs. 2 lit. a) und b), 7 Abs. 1 und 9 lit. b) BeschlEltRL. 127 Der gravierendste Fall der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit des Netzausbaus, dürfte vorliegen, wenn ein Ausbau zur Einspeisung von Kleinstmengen von Strom gefordert wird, der Ausbau aber unverhältnismäßig hohe Kosten für den Netzbetreiber mit sich führt. 128 Dazu W. Danner, in: ders., EnWG, § 6, Rdn. 36 ff. 129 Zur Beweislast s. P. Salje, EEG, § 3 Rdn. 24. 130 So H. Mengers, Zu den Pflichten nach § 3 Erneuerbare-Energien-Gesetz, ZNER 2001, 45 auch Beispiele nennend; vgl. auch zum wirtschaftlich zumutbaren Ausbau P. Salje, EEG, § 3 Rdn. 19 ff.

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VI. Energieordnung in Deutschland

e) Zugangsverweigerung Netzeigner, die gleichzeitig auch Stromlieferant sind, haben von sich aus kein Interesse daran, ihr Netz der Konkurrenz zur Verfügung zu stellen. Bedeutsam ist, daß der Gesetzgeber im Zuge der Energierechtsreform die, abweichend vom Regelfall der Mitbenutzung als Ausnahme vorgesehene, Zugangsverweigerung in Form eines Regelbeispiels für den Mißbrauch von Marktbeherrschung normiert hat. Ursprünglich war für den Zugang Dritter zum Leitungsnetz noch eine Interessenabwägung vorgesehen. Wird der Zugang zu einer wesentlichen Einrichtung, hier also zum Leitungsnetz, trotz Angebots einer angemessenen Vergütung und ohne, daß dafür betriebsbedingte oder sonstige Rechtfertigungsgründe bestehen, verweigert, wird darin nunmehr bereits ein Mißbrauch gesehen131. Wie Anfangs dargelegt, umfaßt der Netzzugang den Netzanschluß und die Stromdurchleitung. Der Netzanschluß, der durchaus auch verweigert werden kann132, stellt aber im Gegensatz zur Stromdurchleitung eine einmalige Sache dar. Sobald ein physischer Anschluß besteht, kann der Netzanschluß nicht mehr verweigert werden, sondern nur noch die Durchleitung. Unter welchen Umständen eine Durchleitung verweigert werden darf, wird im folgenden erörtert.

4. Stromdurchleitung in der Energiewirtschaft Die Märkte der leitungsgebundenen Energie über den Hebel eines Zugangs Dritter zum Versorgungsnetz zu öffnen, ist nicht nur im europäischen Bereich prägend für die Energierechtsreform, sondern auch im internationalen Bereich und im Bundesrecht133. Allerdings übten im Vorfeld insbesondere Vertreter der Energiewirtschaft und energierechtliche Institute sowie von der Energiewirtschaft in Auftrag gegebene Gutachten zum Teil heftige Kritik an den Vorstellungen der Europäischen Kommission, ein System über den Netzzugang und der damit verbundenen Stromdurchleitung Dritter einzuführen134. Dies verwundert nicht weiter, weil es gerade die Kritiker sind, die von der Leitungsgebundenheit von Strom profitieren. Durch das Oligopol des Leitungsnetzes lassen 131 So wohl auch R. Lukes, Stromlieferverträge im liberalisierten Strommarkt, BB 2000, Beil. 8, 20. 132 Dazu ausführlich in Kap. VI. 3. e), VI. 4. d), VI. 4. d) ee). 133 Vgl. M. Lippert, Energiewirtschaftsrecht, S. 491. 134 Zu den Vertretern der Energiewirtschaft s. L. Eckert, Die Vorschläge der EGKommission zum „Third Party Access“ in der Gaswirtschaft, RdE 1992, 58 ff.; zu denen der energierechtlichen Institute VIK-Berichte, Durchleitung als Wettbewerbsinstrument in der Stromversorgung, Nr. 200, 1991, S. 9 ff.; P. J. Tettinger, Die öffentlichen Unternehmen im primären Gemeinschaftsrecht unter besonderer Berücksichtigung der Energiewirtschaft, DVBl 1994, 91 f. auch J. F. Baur/F. Gläser, Mehr Wettbewerb durch Regulierung?, ET 1992, 146 f.

4. Stromdurchleitung in der Energiewirtschaft

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die Netzbetreiber anderen Wettbewerbern im allgemeinen freiwillig keine Einstiegschance in den Markt135. Anders findet diese Situation in der Literatur Darstellung. Weil zur Realisierung des Wettbewerbs sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene der Netzzugang Dritter durch die vorhandene Infrastruktur essentiell ist136, wird ein Netzzugang oft befürwortet und als unerläßlich angesehen137. Dieser Ansicht sind auch die Vertreter der Kommission138 und die Vertreter der industriellen Großverbraucher. Diese erhoffen sich durch die Liberalisierung des Leitungsnetzes eine enorme Kostenersparnis beim Strombezug139. a) Der Begriff der Durchleitung Im Fall von Stromdurchleitungen wird der Begriff der Durchleitung nicht im eigentlichen Sinne eines Transports verstanden, nämlich daß Strom zu einem bestimmten Zeitpunkt eingespeist, transportiert und nach dem Transport am Bestimmungsort aus der Leitung entnommen wird. Vielmehr finden die Tätigkeiten der Einspeisung und der Entnahme simultan statt140. Physikalisch nicht kor135 Zur Interessenabwägung EuGH v. 27.03.1974 – Rs. 127/73 (BRT/Sabam und Fonior), Slg. 1974, I-313, Rdn. 6 ff.; EuGH v. 02.03.1983 – Rs. 7/82 (GVL/Kommission), Slg. 1983, I-483, Rdn. 49 ff.; EuGH v. 20.03.1985 – Rs. 41/83 (Italien/Kommission), Slg. 1985, I-873, Rdn. 25 f. 136 Vgl. dazu Fn. 57. 137 Vgl. Deregulierungskommission, Marktöffnung und Wettbewerb, 1991, Rdn. 356 ff., S. 84 f.; S. Padgett, The single European Energy Market, in: JCMS 1992, 58 f.; C.-D. Ehlermann, Die vorgesehene Regelung zur Strom- und Gasdurchleitung (TPA) als Verwirklichung der Wettbewerbsvorschriften des EWG-Vertrages, RdE 1993, 41 ff.; den erzwungenen Netzzugang ablehnend P. J. Tettinger, Die öffentlichen Unternehmen im primären Gemeinschaftsrecht unter besonderer Berücksichtigung der Energiewirtschaft, DVBl 1994, 89 f.; C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 19; s. a. Fn. 57; zur Ablehnung aus ökonomischer Sicht Fn. 37. 138 Ähnlich H. v. Bose, Die Richtlinienvorschläge der Kommission, in: J. F. Baur (Hrsg.), Die Europäische Gemeinschaft und das Recht der leitungsgebundenen Energie, S. 50 f., dort auch zum Verstoß gegen die Art. 81, 82 und 86 EGV für den Fall einer Durchleitungsverweigerung, enger C. Stewing, Die Richtlinienvorschläge der EG-Kommission, EuR 1993, 48 ff. insb. 49, der die Meinung vertritt, daß ein Leitungseigentümer zur Durchleitung nicht gezwungen werden kann. 139 Vgl. H.-J. Budde, Liberalisierung der Stromversorgung im EG-Binnenmarkt, ET 1992, 528 ff.; F. Helfrich, EU-Binnenmarkt für Strom aus Verbrauchersicht, ET 1994, 28 f.; A. Rinne, Die Energiewirtschaft zwischen Wettbewerb und öffentlicher Aufgabe, S. 15. f. 140 Simultan bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, daß ein Endabnehmer Strom nur dann entnimmt, wenn der Kraftwerksbetreiber in dem Moment Strom einspeist. Eine solche Regelung einzugehen, wäre weder der Betreiber, noch der Kunde bereit. Simultan soll vielmehr bedeuten, daß das Kraftwerk permanent Strom einspeist und die Summe der Kunden an den unterschiedlichsten Stellen des Leitungsnetzes permanent Strom entnehmen kann. Unter Beachtung aller Einflußfaktoren (wie Zeit, Durchleitungsverluste, Kapazitäten der anderen Kraftwerke, . . .) muß eine ausgeglichene Mengenbilanz resultieren. Dazu auch B.-M. Zinow, Rechtsprobleme der grenzüber-

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VI. Energieordnung in Deutschland

rekt, aber dennoch eher treffend, ist Durchleitung die Entnahme des Stroms durch die Inbetriebnahme elektrischer Verbraucher141. Bei dem entnommenen Strom handelt es sich um den gleichen, nicht aber um denselben. Selbstredend sind für diesen Vorgang Verbindungsleitungen nötig. Nicht nötig sind Direktleitungen. Zwingend ist jedoch, daß der Einspeise- und Entnahmepunkt demselben Verbundnetz angehören. Für die technische Durchleitung spielen die Eigentumsverhältnisse keine Rolle. Diese gewinnen aus ökonomischer Sicht erst an Bedeutung, wenn das Leitungsnetz eines Dritten verwendet wird142. b) Die vorhandene Infrastruktur – eine technische Analyse Der Großteil der bestehenden Übertragungssysteme und -anlagen ist vor allem zu dem Zweck gebaut worden, die Erzeugungsanlagen eines Elektrizitätsversorgungsunternehmens mit dessen Verbraucherschwerpunkten zu verbinden und einen Systemverbund zu ermöglichen, der die Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Stromversorgung durch Vorhaltung gegenseitiger Reserven erhöht. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert, nur daß nun die Ermöglichung und die Förderung eines grenzüberschreitenden Handels und der Netzzugang Dritter im Vordergrund stehen143. Für die Zwecke der Durchleitungsverträge wird davon ausgegangen, daß die Übertragung von Fremdenergie über einen hierfür vorgesehenen „Vertragsweg“ erfolgt. Tatsächlich erfordert eine Durchleitung jedoch, daß das gesamte Übertragungssystem des übertragenden Versorgungsunternehmens sowie dessen Erzeugungsanlagen und die Erzeugungsanlagen benachbarter Versorgungsunternehmen verwendet werden, um den gewünschten Energiefluß zu erreichen. In vielen Fällen führen Fremdenergieübertragungen darüber hinaus zu „ungewollten Energieflüssen“ durch die Übertragungssysteme von Versorgungsunternehmen, die nicht Parteien des Vertrags zur Übertragung von Fremdenergie sind und die für diese „ungewollte“ Benutzung ihrer Übertragungskapazität im allgemeinen keine Entschädigung erhalten. Allerdings ist von diesen Energieflüssen und der „Inanspruchnahme“ anderer Erzeugungsanlagen jedes Versorgungsunternehmen betroffen. Letztlich sind hiervon alle Beteiligten mehr oder minder gleichmäßig betroffen, so daß sie, gewollt oder nicht, in eischreitenden Durchleitung von Strom im EG-Binnenmarkt, S. 28; U. Büdenbender, Energierecht, Rdn. 643. 141 Dazu ausführlich und anschaulich G. Klätte, Wettbewerb und EG-Binnenmarkt, ET 1988, 414 f. 142 Zum Begriff der Durchleitung auch C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 65 m. w. Nachw.; V. Purtscher, Die Liberalisierung der österreichischen Elektrizitätswirtschaft, 2000, S. 30 f. mit zahlreichen weiteren Definitionen. 143 Vgl. C. Theobald, Europäischer Energiehandel: Rechtsfragen des Stromim- und -transportes, in: H. J. Koch/A. Roßnagel/J. P. Schneider/J. Wieland (Hrsg.), 11. Deutsches Atomrechtssymposium, 2002, S. 490.

4. Stromdurchleitung in der Energiewirtschaft

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nem permanenten Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, bei dem für niemanden wirklich zusätzliche Kosten entstehen144. Weil elektrische Energie nicht speicherbar ist, müssen die Erzeugung und der Verbrauch simultan erfolgen, wobei der Strom, je nach Bedarf, an einer Stelle des Netzes eingespeist und an der benötigten Stelle aus dem Netz ausgekoppelt wird145. Weil aber in der Regel die Einspeisung des Stromlieferanten und die Auskopplung durch den Endverbraucher nicht zeitgleich sind, wird der Netzverbund als eine Art Zwischenspeicher genutzt, dem bei Bedarf zu jeder Zeit Strom entnommen werden kann. Auf der anderen Seite hat jeder Energieversorger das Recht, in diesen „Pool“ Strom einzuspeisen, soweit dies dem Netzbetreiber aus objektiven technischen und wirtschaftlichen Begebenheiten möglich ist. Für dieses Recht hat er dem Netzbetreiber je nach Einspeisemenge anteilige Gebühren zu entrichten. Der Netzbetreiber gewährleistet im Gegenzug, ein zuverlässiges und leistungsfähiges Netz zu unterhalten146. Je größer dieses Verbundnetz ist, um so effektiver ist es147. Aus technischer Sicht agiert das komplette Netzwerk als ein großer „Puffer“, der in jeder Hinsicht für eine bestmögliche Versorgungsqualität und -sicherheit sorgt. c) Der Anspruch auf Durchleitung Der Anspruch auf Durchleitung findet sich in § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG (§ 17 Abs. 1 EntEnWG), wonach „andere Unternehmen“ durchleitungsberechtigt sind. Darin finden sich zwei Aspekte, die es zu berücksichtigen gilt. Zunächst sind „andere“ durchleitungsberechtigt, d.h. jedermann ist durchleitungsberechtigt außer dem Netzbetreiber selbst. Dies bedeutet nicht, daß der Netzbetreiber selbst keinen Strom durchleiten darf, doch braucht dieser, wie es in der Natur der Sache liegt, keinen Anspruch darauf, sein eigenes Netz benutzen zu dürfen148. Eine Schmälerung des bis hierhin uneingeschränkten Durchleitungsanspruchs findet sich im Begriff „Unternehmen“. Einen Durchleitungsanspruch hat demnach ein jedes Unternehmen, aber kein privater Endverbraucher. Dabei ist es 144 Dazu auch A. Böwing, Rechtsfragen bei Netzzugang, Netzbenutzung und Durchleitung, in: J. F. Baur (Hrsg.), Die Energiewirtschaft im Gemeinsamen Markt, 1998, S. 25. 145 Vorausgesetzt die Netzkapazität läßt dieses zu, wovon zunächst auszugehen sein sollte. 146 Dazu ausführlich R. M. Steyer, Transeuropäische Netze, insb. S. 24 ff., 280 ff. 147 So wohl auch A. A. Schweitzer, Der grenzüberschreitende Stromverbund in Europa, S. 16 f.; s. a. Kap. VI. 4. a); siehe im Vergleich den Netzzusammenbruch der Vereinigten Staaten, das gerade mangels ausreichender Verknüpfungspunkte kollabiert ist, vgl. Fn. 372. 148 Eine Einschränkung davon bringen in gewisser Weise die bis Juli 2007 einzuführenden Entflechtungsregeln, insb. die gesellschaftsrechtlichen (Art. 10 und 15 BeschlEltRL). Dazu später ausführlich in Kap. VI. 5. insb. VI. 5. b).

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VI. Energieordnung in Deutschland

unerheblich, ob das Unternehmen versorgende Qualität hat oder ob es den Durchleitungsanspruch als Stromempfänger begehrt149. Zwar existiert kein eindeutiger allgemeingültiger Unternehmensbegriff150, doch ist für den Durchleitungsanspruch die Rechtsform des Unternehmens belanglos. Der Anspruch besteht für ein Energieversorgungsunternehmen, einen unabhängigen Stromproduzenten mit und ohne eigenem Netz genauso wie auch für einen Eigenanlagenbetreiber. Ebenfalls haben Bündelkunden einen Anspruch auf Durchleitung151. Umgekehrt haben alle Netzbetreiber, die ihre eigenen Netze selbst für eine erwünschte Durchleitung zur Verfügung stellen müssen, einen gegenseitigen Anspruch auf Durchleitung durch die Netze des jeweils konkurrierenden Unternehmens. Wie Art. 22 Abs. 3 BeschlEltRL (Art. 21 Abs. 3 EltRL) ausdrückt, schließt auch die Möglichkeit der Versorgung auf dem Wege einer Direktleitung den Anspruch nicht aus152. Nach § 6 Abs. 1 EnWG sind alle Übertragungs- und Verteilernetzbetreiber, die dinglich oder obligatorisch zum Netzbetrieb berechtigt sind, anschlußberechtigt153. Auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 EnWG können selbst „virtuelle“ Unternehmen, die weder über ein Versorgungsnetz noch über eigene Kraftwerke verfügen, stromwirtschaftliche Tätigkeiten aufnehmen154. d) Durchleitungsverweigerung Das zentrale Problem in der Elektrizitätswirtschaft ist die Leitungsgebundenheit. Die Versorgung neuer Kunden kann regelmäßig nur unter Benutzung von Versorgungsnetzen Dritter im Wege der Durchleitung erfolgen155. Wie in Kap. VI. 4. c) dargestellt, begründet das Energiewirtschaftsgesetz in Art. 6 Abs. 1 S. 1 (§ 17 Abs. 1 EntEnWG) einen Anspruch auf diskriminierungsfreien Zu149 Vgl. U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 157; dabei ist wichtig, daß wenn die Durchleitung als Stromempfänger begehrt wird, der Stromempfänger gerade Unternehmensqualität haben muß. 150 Zum Unternehmensbegriff K. A. Schachtschneider/A. Emmerich-Fritsche, Fallstudie zum kommunalen Wettbewerb, in: K. A. Schachtschneider (Hrsg.), Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 59 ff. 151 Zu den Bündelkunden in Kap. VI. 1. a) m. w. Nachw. 152 Vgl. M. Lippert, Energiewirtschaftsrecht, S. 522. 153 Danach sind Netzbetreiber jeder Spannungsebene Durchleitungsverpflichtet. So auch M. L. Holtorf/K.-P. Horstmann, Aktuelle Entscheidungspraxis über prozessuale und materiell-rechtliche Aspekte des Netzzugangs in der Energiewirtschaft, RdE 2002, 265. 154 Vgl. Fn. 57. 155 Zur leitungsgebundenen Telekommunikation, aber dieselbe Problematik betreffend, vgl. K. M. Walter/J. v. Keussler, Der diskriminierungsfreie Zugang zum Netz: Reichweite des Anspruchs auf Durchleitung (Teil 1), RdE 1999, 190; dies., ebenda, (Teil 2), 223; ganz allgemein zur Durchleitung U. Büdenbender, Durchleitung elektrischer Energie nach der Energierechtsreform, RdE 1999, 1 ff.

4. Stromdurchleitung in der Energiewirtschaft

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gang zu den Netzen der Versorgungsunternehmen156. Die Durchleitungsverweigerung ist eine in der Literatur durchaus umstrittene Frage, zu der es viele Beispiele gibt157. Vor der Liberalisierung hat das die Fremdenergie übertragende Versorgungsunternehmen sich zahlreiche Faktoren des Durchleitungsbegehrenden eingeholt. Es tat dies nicht nur, um zu bestimmen, welche Dienstleistungen es anzubieten in der Lage war, sondern vor allem anzubieten bereit war. Hierzu gehörten vor allem158: – die Übertragungskapazität, die im eigenen System im Zeitverlauf zusätzlich zum Lastbedarf in ihrem Versorgungsgebiet aufgrund geplanter Durchleitungen zur Verfügung steht, – das veranschlagte Wachstum der Übertragungsnachfrage, – die für das Geschäft vorgesehenen Abgabepunkte und die entsprechenden Lastflüsse, – die Vergütung der erbrachten Dienstleistung, – die Einschätzung der Möglichkeiten des übertragenden Versorgungsunternehmens, Transaktionen für eigene Kunden durchzuführen, die ihm entgehen könnten, wenn es seine überschüssigen Kapazitäten für Dritte unwiderruflich freigibt, – die Einschätzung seiner Fähigkeit, die Übertragungskapazitäten zu ersetzen oder zu erweitern, die es für die Übertragung von Fremdenergie reserviert hat. Nach der Liberalisierung hat sich der Entscheidungsspielraum deutlich geschmälert. Insbesondere die beiden letztgenannten Punkte halten wegen des Wegfalls der ehemals zulässigen Willkür seitens des Netzbetreibers einer Durchleitungsverweigerung nicht mehr Stand. Die wichtigsten Bestimmungsfaktoren sind nunmehr in erster Linie technischer Natur, weil der Netzbetreiber nur noch befugt ist, unter objektiven Kriterien festzustellen, ob er in der Lage ist, die geforderte Dienstleistung zu erbringen. Um seinen Handlungsspielraum möglichst nicht einengen zu müssen und sich vor der Konkurrenz abzuschotten, 156

s. a. M. Lippert, Energiewirtschaftsrecht, S. 522. So z. B. die „Bewag-Fälle“, BkartA, Beschl. v. 30.08.1999 – AZ B8-40100-T-99/ 99 = WuW DE-V 149; dazu auch K.-P. Schultz, Netzzugang und Kartellrecht, ET 1999, 753; auch die Klage von RWE vor dem VG Berlin (Az.: VG 4A268/99); Bundeskartellamt/Ruhrgas-Thyssengas – ET 1997, 96, Urt. v. 30.10.1996, Az.: KZR 21/ 95; Bundeskartellamt/RWE-Energie-Stadt Nordhorn – ET 1997, 177, AG Plön: 13.06.1996; Beschluß v. 23.12.1996, Az.: KZR 7/96; Stadt Detmold/Wingas – ET 1997, 375, LG Dortmund, Urt. v. 21.06.1994, Az.: 8O161/94 und OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.12.1995, Az.: U (Kart) 33/94. 158 Vgl. J. L. Pfeffer, Der Wettbewerb und die Umstrukturierung in der Elektrizitätswirtschaft der Vereinigten Staaten, in: J. F. Baur (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, 1989, S. 32; vgl. a. Kap. III. 2. d). 157

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wird die Durchleitung daher gerne verweigert159. Hat vor der Strommarktliberalisierung eine Durchleitung quasi nie stattgefunden160, stellt der erste Fall der Durchsetzung einer wettbewerbsbegründenden Durchleitung nach der Liberalisierung der „Elektromarkt-Fall“ dar, bei dem das Bundeskartellamt eingeschritten ist161. aa) Verweigerungsbefugnis Nach der Energierechtsreform von 1998 ist der Netzzugang Dritter die Regel, die diesbezügliche Verweigerung die Ausnahme. Ein Durchleitungsbegehren muß nicht in jedem Fall und unter allen Umständen genehmigt werden. Ein Netzbetreiber hat durchaus die Befugnis, eine Durchleitung zu verweigern, nämlich dann, wenn ihm eine Durchleitung unmöglich oder aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 EnWG unzumutbar ist (§ 6 Abs. 1 S. 2 EnWG; § 17 Abs. 2 EntEnWG)162. Unterschieden wird dabei zwischen absoluten und relativen Verweigerungsgründen. Ein relativer Verweigerungsgrund ist gegeben, wenn der Umstand grundsätzlich geeignet ist, gegen eine Durchleitung geltend gemacht zu werden, sie jedoch nur im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Aspekte für und gegen eine Durchleitung unter Beachtung der allgemeinen Ziele des Energiewirtschaftsgesetzes in Betracht kommt. Ein absoluter Verweigerungsgrund begründet allein die Befugnis oder die praktische Unmöglichkeit der Durchleitung.

159

Vgl. D. Weidemann, Die Liberalisierung und ihre Kinder, WK 08/2003, S. 23. Vgl. R. Lukes, Beseitigung der kartellrechtlichen Freistellung für die leitungsgebundene Energieversorgung und die Auswirkungen auf Netzbenutzungen, RdE 1998, 50. Demnach ist die Durchleitungsregelung, die mit der 4. GWB-Novelle eingeführt und mit der 5. GWB-Novelle modifiziert wurde bis zur Energierechtsreform ein einziges Mal zu einem Durchleitungsverfahren geführt, und das in der Gaswirtschaft. s. zum Sachverhalt BGHZ 128, 17 ff. 161 Vgl. Tätigkeitsbericht BKartA 1997/98, BT-Drucks. 14/1139, S. 120 f.; hierzu auch K.-P. Schultz, Netzzugang und Kartellrecht, ET 1999, 753; detaillierter B. Scholtka, Die Entwicklung des Energierechts in den Jahren 1998 und 1999, NJW 2000, 552; weitere Fälle werden aufgeführt in R. Schäfer, Deutsches und europäisches Energiewirtschaftsrecht, ET 1999, 557. 162 Allerdings ist im Energiewirtschaftsgesetz nicht weiter spezifiziert was betriebsbedingte oder sonstige Gründen sind. Dies wird im weiteren Verlauf dieses Kapitels erörtert. Einen guten Überblick darüber gibt auch K. M. Walter/J. v. Keussler, Der diskriminierungsfreie Zugang zum Netz: Reichweite des Anspruchs auf Durchleitung (Teil 2), RdE 1999, 224 ff. 160

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bb) Grenzüberschreitende Durchleitung Einen Sonderfall stellt die grenzüberschreitende Durchleitung dar, weil sie keinen Grund zur Durchleitungsverweigerung im eigentlichen Sinne gibt. Sie nimmt eine Zwitterstellung zwischen den beiden Verweigerungsgründen des Kapazitätsengpasses und der Reziprozität ein163. Wie in anderen liberalisierten Bereichen auch, ist es in Europa zu einem Verdrängungswettbewerb von Energieunternehmen gekommen164. Wegen der unterschiedlichen Strompreise der verschiedenen Staaten untereinander und dem vorhandenen Verbundsystem Zentraleuropas besteht ein reger zwischenstaatlicher Handel mit Strom. Die Warenverkehrsfreiheit wird in diesem Bereich insofern eingeschränkt, als daß für den „Im- und Export“ ausschließlich die vorhandene Infrastruktur, sprich die grenzüberschreitenden Leitungen, die konstruktionsbedingt nur eine begrenzte Übertragungskapazität besitzen, zur Verfügung steht165. Für den Fall, daß Engpässe für Durchleitungen auftreten, wird nach allgemeinem Verständnis, so im übrigen auch im GridCode 2000, demjenigen Vorrang eingeräumt, der als erster die Übertragungsrechte beansprucht und dafür Verträge abgeschlossen hat166. Um den Kapazitätsengpässen zu begegnen, hat die Kommission einen Vorschlag für eine Entscheidung zur Festlegung von Leitlinien für die transeuropäischen Netze im Energiebereich vorgelegt167. Unabhängig von jedweden technischen Barrieren stellt sich im Fall der grenzüberschreitenden Durchleitung darüber hinaus die Frage der Netznutzungsentgelte, die europaweit nicht einheitlich geregelt sind. Würde ein deutscher Kunde einen Stromliefervertrag mit einem im Ausland ansässigen Unternehmen abschließen, entstünde die Situation, daß sich die Netznutzungsentgelte kumulierten, wodurch der erhoffte Kostenvorteil mit hoher Wahrscheinlichkeit schnell zunichte gemacht werden würde. Eine Steigerung würde der Fall darstellen, daß an der Durchleitung noch ein dritter Staat beteiligt wäre. Durch die Nutzung dessen Netzes würden die Netznutzungsgebühren noch weiter steigen. Resultat könnte eine ungewollte Schieflage des Wettbewerbs sein. Die Europäische Kommission hat sich dieses Themas angenommen168.

163 Auf diese beiden absoluten Verweigerungsgründe wird im nächsten Abschnitt ausführlich eingegangen. 164 Dazu ausführlich o. V., Verdrängungswettbewerb und Konsolidierung, WK 01/ 2003, S. 28. 165 Dazu H. J. Haubrich/W. Fritz/C. Zimmer/K. v. Sengbusch/S. Kopp/F. Li, Grenzüberschreitende Übertragungskapazitäten und Engpässe im europäischen Stromnetz, ET 2002, 232 ff. 166 So auch L. Müller, Handbuch der Elektrizitätswirtschaft, S. 87, der auch die zwischenstaatlichen Übertragungskapazitäten (NTC) aufführt. 167 KOM(2003)742 endg. v. 10.12.2003.

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Weiterhin kann die grenzüberschreitende Durchleitung, sei sie rechtlich oder politisch bedingt oder auch nicht, durch Einengung der mengenmäßigen Einoder Ausfuhrbeschränkungen beschnitten werden. Dies würde gegen die Warenverkehrsfreiheit der Art. 28 und 29 EGV verstoßen, was aber unter bestimmten, in Art. 30 EGV genannten Umständen gerechtfertigt sein kann. In Deutschland besteht durch Anwendung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes eine solche Einschränkung. Dabei handelt es sich um ein komplexes Problem, auf das in Kap. VII. ausführlich eingegangen wird. cc) Absolute Verweigerungsgründe (1) Kapazitätsmangel Die Verweigerungsbefugnis im Fall eines Kapazitätsmangels ist die einzige, die in der Elektrizitätsrichtlinie explizit zur Geltung kommt (Art. 17 Abs. 5 EltRL, Art. 18 Abs. 4 EltRL; Art. 20 Abs. 2 BeschlEltRL). Der Durchleitung wird aus technischer Sicht ein Riegel vorgeschoben, wenn die physisch installierte Kapazität ausgelastet ist. Eine Durchleitung kann nicht gefordert werden, weil sie tatsächlich unmöglich ist. Eine Ausbaupflicht besteht nicht, es sei denn, daß das netzbetreibende Unternehmen auf Verteilerebene seiner Anschluß- und Versorgungspflicht nach § 10 EnWG nicht nachkommt und der Grund dafür eine nicht ausreichende Kapazität ist169. Eine Ausbaupflicht des Leitungsnetzes kann dann bestehen, wenn die Durchleitung regenerativen Stroms gefährdet ist. Auf diesen Punkt wird in Kap. VI. 3. d) eingegangen. Die Gesetzesnovelle sieht vor, daß im Falle eines Kapazitätsmangels eine Begründung dafür gegeben werden muß, die aussagekräftige Informationen darüber enthält, welche konkreten Maßnahmen und damit verbundene Kosten zum Ausbau des Netzes im Einzelnen erforderlich wären, um den Netzanschluß durchzuführen (§ 20 Abs. 2 EntEnWG). Wird die gesamte Kapazität des Netzes für die Bedürfnisse des Betreibers genutzt, kann eine Durchleitung verwehrt werden. Der Bedarf zur Nutzung des eigenen Netzes muß nicht hinter die Fremdinteressen zurückgestellt werden170, 168 So auch S. Schulte-Beckhausen, Stromhandel – Möglichkeiten und Grenzen im neuen europäischen und nationalen Ordnungsrahmen für Energie, RdE 1999, 56; s. a. Punkt 2.2.4 VV II; 2.9.10 VV II+. 169 So schon der BGH (ET 1979, 575); ebenso W. Danner, in: ders., EnWG, § 6, Rdn. 42; dazu auch S. Schulte-Beckhausen, Stromhandel – Möglichkeiten und Grenzen im neuen europäischen und nationalen Ordnungsrahmen für Energie, RdE 1999, 56; J.-P. Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft durch regulative Marktorganisation, S. 426. 170 Diese wäre nicht mit Art. 14 GG vereinbar, in diesem Sinn auch auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 31, 229 (240); 52, 1 (29 f.); 68, 361 (367); 79, 292 (303); so auch G. Britz, in: Ludwig/Odenthal, EnWG, § 6,

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auch nicht, wenn die Netzleistung bereits aufgrund vorher verbindlich getroffener Durchleitungsvereinbarungen vergeben ist. Etwas anders stellt sich die Situation dar, wenn die Netzkapazität zur Durchleitung von Strom verbundener oder assoziierter Unternehmen, etwa von Tochtergesellschaften, verwendet wird. Ein Dritter darf nicht schlechter gestellt werden als genannte Unternehmen. Kapitalmäßige Verflechtungen rechtfertigen keinen Vorrang (§ 6 Abs. 1 EnWG)171. In diesem Fall kann ein Kapazitätsengpaß nicht als Verweigerungsgrund geltend gemacht werden172. Übersteigt die Summe der gewünschten Durchleitungskapazitäten der unterschiedlichen Durchleitungspetenten die frei vorhandene Durchleitungskapazität, gibt es für den Netzbetreiber mehrere Möglichkeiten, diesem Problem beizukommen. So kann er jedem Durchleitungsbegehrenden sein Netz anteilig zur Verfügung stellen, was als Repartierung bezeichnet wird. Ähnlich wie im Fall der grenzüberschreitenden Durchleitung kann er auch denjenigen Vorrang einräumen, die als erstes Interesse signalisiert oder entsprechende Verträge unterzeichnet haben. Dann wird dem Prioritätsgrundsatz gefolgt. Das Gesetz gibt darüber, welche Regelung anzuwenden ist, keinen Aufschluß, so daß der Netzbetreiber Eigeninteressen berücksichtigen kann. Diese dürften regelmäßig wirtschaftlicher Art sein, so daß für ihn langlaufende Durchleitungsverträge interessanter sind als kurzlebige173. Auch wird er sein Netz wohl eher wenigen großen als vielen kleinen Durchleitungspetenten zur Verfügung stellen. Wichtig ist aber immer, daß seine Entscheidung wettbewerbsfördernd, nichtdiskriminierend und im Sinne des Gesetzes ausfällt174.

Rdn. 58 ff. m. w. Nachw.; anders BKartA., Beschl. v. 30.08.1999 – B8 – 40100-T-99/ 99 = RdE 2000, 33; ausführlich zum Eigentum K. A. Schachtschneider, Das Recht am und das Recht auf Eigentum, in: J. Isensee/H. Lecheler (Hrsg.), FS für Walter Leisner, 1999, S. 743 ff. 171 Nach Novellierung des Energierechts und den dann umzusetzenden Entflechtungsregeln bleibt diese Thematik nicht mehr bestehen (vgl. Kap. VI. 5.). 172 Vgl. W. Danner, in: ders., EnWG, § 6, Rdn. 14. 173 Hier besteht die Problematik, daß längerfristigere Lieferverträge eine Wettbewerbsbeschränkung dahingehend ausüben können, als daß sie für die Laufzeit der Verträge der Konkurrenz die Netzzugangsmöglichkeit nehmen, vgl. W. Harms, Zur Anwendung der Schutzklauseln für Öko-, KWK- und Braunkohlestrom im Neuregelungsgesetz vom 24.4.1998, RdE 1999, 174. 174 So auch M. Lippert, Energiewirtschaftsrecht, S. 528, anders BKartA., Beschl. v. 30.08.1999 – B8 – 40100-T-99/99 = RdE 2000, 36 f., das grundsätzlich der Meinung ist, im Falle eines Leitungsengpasses die vorhandenen Netzkapazitäten anteilig allen Interessenten zur Verfügung zu stellen; im GridCode von 1998 hingegen war in Punkt 2.2.2 (5) noch der Prioritätsgrundsatz vorgesehen, was allerdings in der geänderten Fassung des GridCode 2000 nicht mehr enthalten ist.

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(2) Reziprozität Zweck der Reziprozitätsklausel ist die Eindämmung der Verzerrung des Wettbewerbs durch unterschiedlich hohe Marktöffnungsgrade in den einzelnen Mitgliedstaaten. Die in Art. 4 § 2 NeuregelungsG verankerte Klausel erteilt die Befugnis zur Verweigerung der Durchleitung von Strom aus dem Ausland, wenn der im Inland zu beliefernde Abnehmer in dem Mitgliedstaat, aus dem der Strom eingeführt werden soll, nicht ebenfalls durch Dritte beliefert werden kann. Es handelt sich um die Umsetzung der in Art. 19 Abs. 5 (Art. 21 Abs. 2 BeschlEltRL) enthaltenen „Anti-Ungleichgewichts-Klausel“175. Diese Verweigerungsklausel, die als Reziprozitätsklausel bekannt ist, ist allerdings bis zum 31. Dezember 2006 begrenzt. Grund dafür ist wohl, daß ursprünglich geplant war, den europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt spätestens bis zum 01. Januar 2007 vollständig zu liberalisieren176. Weil dieser Termin für eine vollständige Liberalisierung vielerseits als unrealistisch eingestuft wird, haben sich die EU-Wirtschaftsminister im November 2002 in Brüssel auf den Termin des 01. Juli 2007 geeinigt, was so auch in der Neufassung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie verankert ist (Art. 21 Abs. 1 lit. c) BeschlEltRL). Für gewerbliche Kunden soll die freie Wahl bereits drei Jahre früher in Kraft treten, so daß diese seit dem 01. Juli 2004 ihren Stromlieferanten frei wählen können (Art. 21 Abs. 1 lit. b) BeschlEltRL)177. Vorausgesetzt, daß alle Mitgliedstaaten die Frist einhalten und der zu beliefernde Abnehmer ein gewerblicher Kunde ist, entfällt für diesen Bereich die Reziprozitätsklausel als Durchleitungsverweigerung, weil bei ordentlicher Umsetzung die gewerblichen Kunden dann europaweit zugelassene Kunden sind und ebenfalls von einem deutschen Energieversorgungsunternehmen beliefert werden können. Problematisch stellt sich die Situation in Bezug auf die privaten deutschen Haushalte dar. Ab dem 01. Januar 2007 können diese unabhängig der Marktöffnungsgrade in den übrigen Mitgliedstaaten von allen Stromlieferanten versorgt werden, weil die Reziprozitätsklausel nach der derzeitigen Gesetzeslage in 175 Ähnlich C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 213 ff. 176 Ähnlich U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 168; der auch in Erwägung zieht, daß der deutsche Gesetzgeber davon ausgegangen ist, daß sich die deutsche Energiewirtschaft bis zum 31.12.2006 gut positioniert und gefestigt hat. Somit wäre sie in der Lage ab dem 01.01.2007 auch auf einem heterogenem Markt die Konkurrenz nicht scheuen zu müssen. Im Vorschlag der Europäischen Kommission war für die Vollendung des Elektrizitätsbinnenmarktes sogar der 01.01. 2005 genannt, Art. 18 Abs. 1 lit. c Änderungsvorschlag (ABlEG 2002, Rs. C 227 E/ 393 v. 24.09.2002). 177 Dazu auch sce/juf, Europa öffnet Energiemärkte bis 2007, Handelsblatt v. 26.11.2002, S. 1; fri, Der Strommarkt wird 2007 geöffnet, FAZ v. 26.11.2002, S. 11.

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Deutschland dann keine Wirkung mehr entfaltet. Die deutschen Energieversorgungsunternehmen werden dann gegenüber solchen Energieversorgungsunternehmen diskriminiert, deren heimischer Markt erst zum 01. Juli 2007 vollständig geöffnet wird. Binnen dieser sechsmonatigen Frist kann es noch zu einer deutlichen Wettbewerbsverzerrung kommen. Der Netto-Stromverbrauch der deutschen Haushalte stellt immerhin einen Anteil von ca. 27% dar178. In diesen großen Markt kann von „geschützten Stromlieferanten“179 bedenkenlos vorgedrungen werden. Weil Art. 19 Abs. 5 EltRL (Art. 21 Abs. 2 BeschlEltRL) aber zum Ziel hat, Ungleichgewichte bei der Öffnung der Elektrizitätsmärkte zu unterbinden, müßte die Reziprozitätsklausel in Deutschland um mindestens sechs Monate verlängert werden180. Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie von 1996 beinhaltete noch eine Restriktion, wonach die dort genannten Kriterien, die der Vermeidung der Wettbewerbsverzerrung dienten, nur bis zum 19. Februar 2006 anzuwenden seien (Art. 19 Abs. 5 EltRL a. F. i. V. m. Art. 26 EltRL a. F.), jedoch galt auch die jetzt noch gültige deutsche Reziprozitätsklausel bereits über diesen Termin hinweg. Hiervon können auch ausländische Netzbetreiber betroffen sein, deren Elektrizitätsmarkt vollständig geöffnet ist, die Reziprozitätsklausel aber ebenfalls vor dem 01. Juli 2006 außer Kraft tritt. Vermutlich hat die Kommission diese oder eine ähnliche Problematik auch schon aufkommen sehen. Bereits in ihrem Richtlinienänderungsvorschlag ist die zeitliche Begrenzung für die Anwendung der Schutzklausel gänzlich entfallen, was letztlich so auch in die Neufassung übernommen wurde181. Daher wäre es schon aus Gründen der Wahrung des fairen Wettbewerbs geboten, nicht nur einer Verlängerung der Reziprozitätsklausel nichts entgegenzusetzen, sondern diese sogar zu forcieren182. Allerdings hat sich nach dem derzeitigen Sachstand (Entwurf vom 28. Juli 2004) der deutsche Gesetzgeber nicht nur dagegen entschieden, sondern sieht die Reziprozitätsklausel in der Novellierung des Neuregelungsgesetzes überhaupt gar nicht mehr vor. Tritt die Gesetzesnovelle somit vor dem 01. Ja178 Das entspricht in etwa einem Netto-Stromverbrauch von 139,1 Mrd. kWh, vgl. Statistik in: VDEW (Hrsg.), Strommarkt Deutschland: Zahlen und Fakten zur Stromversorgung, Frühjahr 2004, S. 4. 179 Geschützte Stromlieferanten in dem Sinne, als daß der eigene Markt noch staatlich abgeschottet ist, so daß kein Gegeneindringen gefürchtet werden muß und man sich ausschließlich auf den Markt des Wettbewerbers konzentrieren kann. 180 Selbst wenn die Dauer der Gültigkeit der Reziprozitätsklausel den Termin des 01.07.2007 übersteigen sollte, würde sie für den heimischen Markt keine schützende Wirkung mehr entfalten, weil sie bei vollständiger Marktöffnung nicht mehr greifen würde. Letztlich trägt sie ausschließlich dafür Sorge, daß der deutsche Netzbetreiber mit dem die Durchleitung begehrenden ausländischen Stromlieferanten hinsichtlich der Wettbewerbsgewährleistung gleichgestellt wird. In keinem Falle wird er besser gestellt. 181 Vgl. Art. 19 Abs. 2 Änderungsvorschlag und Art. 21 Abs. 2 BeschlEltRL. 182 So wird die Reziprozitätsklausel im ersten Gesetz zur Änderung des NeuregelungsG zwar neu gefaßt, der Auslauftermin wird allerdings beibehalten (BGBl. I/2003 S. 686 v. 20.05.2003).

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nuar 2007 in Kraft, was so gut wie sicher ist, wird die Schutzklausel bei Elektrizitätsimporten (Reziprozitätsklausel) sogar schon vor diesem Termin ausgehebelt. (3) Alleinabnehmersystem Erhält ein Verteilerunternehmen die Bewilligung der zuständigen Energieaufsichtsbehörde, auch weiterhin als alleinversorgendes Unternehmen nach § 7 EnWG in einem gewissen Gebiet tätig zu sein, wird § 5 und somit auch § 6 EnWG, der den verhandelten Netzzugang beinhaltet, ausgeschlossen. Ein Durchleitungsbegehren eines Dritten kann zurückgewiesen werden, weil der Alleinabnehmer keinem Kontrahierungszwang zur Durchleitung unterliegt183. Dies dient dem Schutz des Alleinabnehmers und ist letztlich Sinn und Zweck des Alleinabnehmersystems184. Voraussetzung hierfür ist eine energieaufsichtsbehördliche Entscheidung, nämlich die Genehmigung des Tarifs für die Nutzung des Versorgungsnetzes nach § 7 Abs. 3 EnWG185. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß das Alleinabnehmersystem zwar keine Durchleitungsverpflichtung beinhaltet, dafür aber eine Abnahmeverpflichtung186. Über die für das Alleinabnehmersystem vorgesehene Dreieckskonstellation der jeweiligen Verträge kann so eine Durchleitung dennoch mittelbar erzwungen werden187. Mit der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes wird dieser Verweigerungsgrund hinfällig, weil darin das Alleinabnehmersystem nicht mehr vorgesehen ist. (4) Alternativer Leitungsbau Nach dem Energiewirtschaftsgesetz ist es jedem freigestellt, ein eigenes Netz aufzubauen und zu betreiben188. Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß der Netzbetreiber dem Konkurrenten den Zugang mit Hinweis darauf verweigert, daß dieser mittels Leitungsbau sein eigenes Netz errichten kann. In der Praxis hingegen stemmen sich die Gerichte vehement gegen derartige Versuche mit der Argumentation, daß dies dem Konkurrenten regelmäßig nicht zuzumuten ist189. 183

Vgl. W. Danner, in: ders., EnWG, § 6, Rdn. 16; ders., ebenda, § 7, Rdn. 30; s. a. Kap. VI. 3. c) bb), unter welchen Umständen ein Alleinversorger zumindest zur Abnahme des Stroms eines Dritten verpflichtet ist. 184 Ähnlich W. Danner, in: ders., EnWG, § 7, 39. EL 2001, Rdn. 30. 185 Vgl. W. Danner, in: ders., EnWG, § 7, Rdn. 26; ausführlich zu den Netzzugangssystemen R. Lukes, Alleinabnehmerstatus für Letztverbraucher versorgende EVU, ET 1998, 26 ff. 186 Vgl. K. M. Walter/J. v. Keussler, Der diskriminierungsfreie Zugang zum Netz: Reichweite des Anspruchs auf Durchleitung (Teil 1), RdE 1999, 193. 187 Vgl. hierzu ausführlich Kap. VI. 3. c) bb); insb. Fn. 81. 188 Vorausgesetzt natürlich, daß alle rechtlichen Rahmenbedingungen und vorgeschriebene Standards eingehalten werden.

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dd) Relative Verweigerungsgründe (1) Technische Gründe Eine Durchleitung kann aufgrund objektiver, nichtdiskriminierender technischer Kriterien verweigert werden. Voraussetzung dafür ist zunächst, daß Spannungsebene, Anschlußleistung und Gestaltung der Schaltanlagen aus technischer Sicht miteinander harmonisieren und im Einklang stehen, damit eine Frequenzund Spannungshaltung gewährleistet ist. Befindet sich das Netz in einem technisch derartigen Zustand, daß bei einer zusätzlichen Durchleitung das in § 1 EnWG erwähnte Ziel der sicheren Elektrizitätsversorgung nicht gesichert wäre, kann eine Durchleitungsverweigerung allerdings zugelassen werden190. Eine Netzausbaupflicht besteht nicht191. Wird der Durchleitungsantrag bewilligt, hat der Durchleitungspetent sich um den zur Durchleitung nötigen Anschluß zu kümmern. Dies ist nicht Sache des Netzbetreibers192. (2) Wirtschaftliche Gründe Wirtschaftliche Verweigerungsgründe hat der Netzbetreiber, wenn der Durchleitungspetent nicht in der Lage oder nicht willig ist, ein angemessenes Durchleitungsentgelt für die von ihm geforderte Dienstleistung zu entrichten. Ist der Durchleitungspetent dem Netzbetreiber nachweislich als unzuverlässig bekannt, kann ebenfalls die Durchleitung verweigert werden. Auch für den Fall, daß der die Durchleitung Begehrende beim Netzbetreiber bereits verschuldet und es nicht zu vermuten ist, daß die Schulden in einer für den Netzbetreiber zumutbaren Weise getilgt werden, kann die Durchleitung verweigert werden. Voraussetzung hierfür ist, daß es sich um unstreitige Verbindlichkeiten handelt193.

189 Die Nichtzumutbarkeit beruht primär auf ökonomischen Gesichtspunkten, aber auch auf Umweltgesichtpunkten, dazu LG Berlin, Urt. v. 27.06.2000 – 16 O 652/99 (Kart.) = NJWE-WettbR 2000, 270 = WuW/E DE-R 533 = ZNER 2000, 142; LG Dortmund, Urt. v. 01.09.2000 – 13 O 134/00 (Kart.) = BB 2000, 2325 = GRUR-RR 2001, 43 = WuW/E DE-R 565 = ZNER 2000, 208; LG Dortmund, Urt. v. 12.04.2001 – 13 O 36/01 (Kart.) = ZNER 2001, 101; BGHZ 128, 17 (29); s. a. Fn. 37, 137. 190 Ähnlich G. Britz, in: Ludwig/Odenthal, EnWG, 59 EL 2000, § 7, Rdn. 65; s. a. W. Danner, in: ders., EnWG, § 6, Rdn. 41. 191 Vgl. H. Recknagel, in: Böwing, EnWG 1998 – Erläuterungen, § 6, Erl. 11.3.2., S. 120; vgl. G. Britz, in: Ludwig/Odenthal, EEG, 61 EL 2000, § 6, Rdn. 68; C. Fischer-Zernin/L. Ende, Praktische Rechtsprobleme der Stromdurchleitung, ZUR 1999, 207 f.; s. a. Kap. VI. 4. d) cc) (1). 192 Die Durchleitungsverweigerung aufgrund technischer Gründe ist in gewisser Weise ähnlich mit der aufgrund eines Kapazitätsmangels, vgl. daher auch Kap. VI. 4. d) cc) (1). Für regenerative Energien stellt sich der Sachverhalt etwas anders dar. Dazu ausführlich in Kap. VI. 3. d) cc).

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VI. Energieordnung in Deutschland

Der Rechtfertigungsgrund für die wirtschaftliche Verweigerung leitet sich daraus ab, daß der Durchleitungsberechtigte von Anfang an zu erkennen gibt, seine Leistungspflichten nicht erfüllen zu wollen. Somit stehen nicht nur die Leistung des Energieversorgungsunternehmens und die Gegenleistung des Vertragspartners in einem unangemessenen Verhältnis zueinander. Zwangsläufig würde dadurch ebenfalls die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Netzbetreibers in Mitleidenschaft gezogen werden194. (3) Preisanpassung Begehrt ein Dritter die Durchleitung zu Konditionen, die günstiger sind als die des Netzeigners, war es zumindest bis zur Energierechtsreform so, daß dieser eine Durchleitung verweigern konnte, wenn er seine Konditionen an die des Petenten anpaßte195. Allerdings war die Rechtslage eine andere als die heutige. Relevant ist dieses Problem primär für den Fall, daß das betreffende Netz soweit ausgelastet ist, daß ein sicherer Betrieb gewährleistet werden kann. Hier muß abgewogen werden, wer das Netz nutzt: nutzt der Betreiber die Kapazitäten selber, nutzt sie ein verbundenes oder assoziiertes Unternehmen im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 1 EnWG oder nutzt sie ein Dritter und welche Lieferverträge bestehen im jeweiligen Fall196. Bietet der Netzinhaber an, sein Preisniveau dem des Konkurrenten anzupassen, liegt dies mit Sicherheit im Interesse des Kunden, um einen möglichst günstigen Strompreis zu realisieren197. Damit wird aber nicht auf das Absatzinteresse des Durchleitungspetenten sowie dem Deregulierungsinteresse des Gesetzgebers eingegangen, die aber mindestens ebenso schutzwürdig sind wie diejenigen der Endkunden198. Im novellierten Energierecht entfällt die gesetzliche Wertigkeit geschlossener Versorgungsgebiete. Dafür ist der Anspruch auf 193 Vgl. U. Büdenbender, Rechtsfragen anläßlich der Durchleitung elektrischer Energie, in: J. F. Baur (Hrsg.), Energiewirtschaft – Der neue energie- und kartellrechtliche Rahmen, 1999, S. 91. 194 Vgl. S. Tüngler, Der Netzzugang in der Elektrizitätswirtschaft auf der Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), 2002, S. 158 m. w. Nachw. 195 BGHZ 128, 17 (38). 196 Zu den Abwägungskriterien M. Lippert, Energiewirtschaftsrecht, S. 533; U. Büdenbender, Rechtsfragen anläßlich der Durchleitung elektrischer Energie, in: J. F. Baur (Hrsg.), Energiewirtschaft – Der neue energie- und kartellrechtliche Rahmen, 1999, S. 96. 197 Nach Ansicht der Kommission ist die sichere Stromversorgung zu vernünftigen Preisen in vielerlei Hinsicht eine der wichtigsten gemeinwirtschaftlichen Aufgaben, ABlEG 2001, Rs. C 17/04 v. 19.01.2001, S. 21. 198 So C. Fischer-Zernin/L. Ende, Praktische Rechtsprobleme der Stromdurchleitung, ZUR 1999, 208; ähnlich auch R. Lukes, Beseitigung der kartellrechtlichen Freistellung für die leitungsgebundene Energieversorgung und die Auswirkungen auf Netzbenutzungen, RdE 1998, 50 f.

4. Stromdurchleitung in der Energiewirtschaft

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Durchleitung verankert worden. Es ist zu vermuten, daß der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung für den geschilderten Fall den gewandelten Umständen anpassen wird. Einer wettbewerbsbegründeten Durchleitung sollte in diesem Fall unter objektiven, nicht diskriminierenden Erwägungen in der Regel nichts im Wege stehen199. (4) Bestand von Lieferverträgen Bei der Durchleitungsverweigerung aufgrund bestehender Lieferverträge muß zwischen Lieferverträgen, die vor und die nach der Energierechtsreform von 1998 geschlossen wurden, differenziert werden. Es ist durchaus möglich, sogar sehr wahrscheinlich, daß solche, die vorher abgeschlossen wurden, wettbewerbsbeschränkende Absprachen enthalten, die nach neuem Recht gemäß § 1 GWB in Verbindung mit § 139 BGB in jedem Fall unwirksam sind200. Lieferverträge, die solche Klauseln enthalten, können zu einer Gesamtunwirksamkeit des Vertrages nach 139 BGB führen. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, daß ausschließlich die wettbewerbsbeschränkenden Klauseln für unwirksam erklärt werden, der Restvertrag aber als erhalten eingestuft wird. Der Restvertrag stellt einen wettbewerbsbegründeten Stromliefervertrag dar, bei dem keine sachlichen Gründe ersichtlich wären, die das Recht auf eine Durchleitungsverweigerung zugunsten des Netzbetreibers gutheißen würden, weil hier keine Vertriebsbindung anzunehmen ist, die ein Hinausgehen über übliche Kundenschutzregeln rechtfertigen201. Soweit besteht hierin ein relativer Verweigerungsgrund. Wird ein Liefervertrag aufgrund einer gerichtlichen oder kartellbehördlichen Entscheidung eindeutig als unwirksam erklärt, hat der bis dahin Durchleitende zunächst kein schutzwürdiges Interesse mehr an einer Durchleitung202. Dieser Zustand begründet trotzdem keinen Durchleitungsverweigerungsgrund seitens des Netzbetreibers. Im Gegenteil, dieser muß ein Durchleitungsbegehren gewähren, wenn der vormalige oder auch Neukunde von diesem Stromlieferanten beliefert werden möchte. Anders ausgedrückt entscheidet der Abnehmer darüber, wer zur Durchleitung zugelassen wird, weil letztlich dieser bestimmt, von wem er den Strom beziehen möchte203. Dies gilt aber nur so lange, als der Netzbesit199 U. Büdenbender, Rechtsfragen anläßlich der Durchleitung elektrischer Energie, in: J. F. Baur (Hrsg.), Energiewirtschaft – Der neue energie- und kartellrechtliche Rahmen, 1999, S. 92; C. Fischer-Zernin/L. Ende, Praktische Rechtsprobleme der Stromdurchleitung, ZUR 1999, 208. 200 Vgl. J. F. Baur, Schicksal der Lieferverträge nach Wegfall der Ausschließlichkeitsabrede, RdE 1997, 42; A. R. Börner, Zur Nichtigkeit eines Stromliefervertrages zwischen Regionalversorger und Stadt, ET 1999, 405 ff., insb. 410. 201 Vgl. E. Schweers, Vertragsbeziehungen und Haftung im novellierten Energiewirtschaftsrecht, S. 88. 202 Vgl. C. Fischer-Zernin/L. Ende, Praktische Rechtsprobleme der Stromdurchleitung, ZUR 1999, 207 f.; ähnlich G. Britz, in: Ludwig/Odenthal, § 6, Rdn. 69.

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VI. Energieordnung in Deutschland

zer freie Kapazitäten besitzt, die er selbst nicht in Anspruch nimmt. Der Abnehmer kann den Netzbetreiber nicht dazu zwingen, Vertragsbruch mit einem Stromlieferanten zu begehen, mit dem er zwingend einen Stromliefervertrag geschlossen hat, um Netzkapazitäten freizusetzen, damit er von einem Lieferanten seiner Wahl beliefert werden kann. Dies würde auch gegen § 1 UWG verstoßen, weil es einer Verleitung zum Vertragsbruch gleich kommen würde204. Hierin ist ein absoluter Verweigerungsgrund zu sehen, weil eine Abwägung, ob ein Vertragsbruch dem Wettbewerb zugute kommt, inakzeptabel wäre205. Hingegen ist es dem Endverbraucher freigestellt, den Lieferanten zu wechseln, vorausgesetzt dieser beliefert das Gebiet mit Strom, in dem der Endverbraucher ansässig ist206. Eine Durchleitungsverweigerung, etwa wegen Kapazitätsmangel, ist dann ausgeschlossen, weil der Stromkunde wegen des bestehenden Kontrahierungszwangs in jedem Fall beliefert werden muß. Durch einen Anbieterwechsel gibt dieser zwar keine Leitungskapazitäten frei, beansprucht aber auch keine zusätzlichen. ee) Durchleitungsverweigerung regenerativer Energien Art. 11 Abs. 3 und Art. 14 Abs. 4 BeschlEltRL (Art. 8 Abs. 3 und Art. 11 Abs. 3 EltRL) ermächtigt Mitgliedstaaten dazu, der Durchleitung regenerativer Energien Vorrang einzuräumen. Nach ehemaligem Recht war ein Durchleitungsbegehren nur im Rahmen der kartellrechtlichen Mißbrauchsaufsicht durchsetzbar. Der Kunde oder Mitwettbewerber mußte nachweisen, daß die Durchleitung beim Gebietsversorger möglich und diesem zumutbar war. Nach geltendem Recht ist die Durchleitung der Regelfall, die Beweislast wurde umgekehrt. Dies ergibt sich aus Systematik und Wortlaut des § 6 Abs. 1 EnWG (§ 17 Abs. 2 EntEnWG), wonach der Netzbetreiber beweisen und schriftlich begründen muß, falls für ihn die Netznutzung durch einen weiteren Stromlieferanten nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Eine Durchleitungsverweigerung stellt nicht zwingend ein kartellrechtswidriges Verhalten dar. Unter gewissen Umständen kann diese mit dem europäischen Recht in Einklang stehen (vgl. Kap. VI. 4. d)). Nach Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes war es nur eine Frage der Zeit, bis der erste Rechtsstreit um die Durchsetzung eines Durchleitungsbegehrens auf der Basis des neuen Rechts vor Gericht gebracht werden würde207. 203 Vgl. A. Böwing, Die Bedeutung des Unbundling für den Wettbewerb in der Strom- und Gaswirtschaft, in: J. F. Baur (Hrsg.), Die Energiewirtschaft im Umbruch, 2000, S. 66. 204 Dazu C. de Wyl/J. Essig/G. Holtmeier, in: J.-P. Schneider/C. Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003, § 10, Rdn. 181 ff., insb. 210 ff. 205 U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 180. 206 So auch U. Büdenbender, Schwerpunkte der Energierechtsreform 1998, Rdn. 181.

4. Stromdurchleitung in der Energiewirtschaft

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Im Falle der ökologischen Stromeinspeisung gelten die in Kap. VI. 4. d) genannten Durchleitungsverweigerungsgründe grundsätzlich fort, werden aber um zwei weitere Aspekte ergänzt. Diese können, wenn die Rahmenbedingungen stimmen, die erwähnten Verweigerungsgründe teilweise aushebeln. Im Fall der Braunkohleschutzklausel handelt es sich natürlich mitnichten um eine ökologische Stromeinspeisung. Sie wird aber an dieser Stelle erwähnt, weil im Fall eines Durchleitungskonflikts zwischen dem aus regenerativen Energien gewonnenen Strom und dem aus Braunkohle gewonnenen Strom die Verweigerungsgründe nebeneinander treten und abgewägt werden muß, welcher Durchleitung Vorrang eingeräumt wird. (1) Rationelle Energienutzung Der deutsche Gesetzgeber hat in Art. 6 Abs. 3 EnWG (i. d. S. § 17 EntEnWG)208 einen besonderen Durchleitungsverweigerungsgrund in Form der Unzumutbarkeit verankert, in dem heißt es: „Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit nach Absatz 1 Satz 2 ist besonders zu berücksichtigen, inwieweit dadurch Elektrizität aus fernwärmeorientierten, umweltund ressourcenschonenden sowie technisch-wirtschaftlich sinnvollen Kraft-WärmeKopplungsanlagen oder aus Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energie verdrängt würde, wobei Möglichkeiten zum Verkauf dieser Elektrizität an Dritte zu nutzen sind“.

Eindeutiges Ziel dabei ist die Förderung regenerativer Energiequellen, insbesondere des wirtschaftlichen Betriebs von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Danach kann der Netzbetreiber nämlich ein Durchleitungsbegehren eines Dritten verweigern, wenn dadurch regenerative Elektrizität verdrängt werden würde. Im umgekehrten Fall, daß ein Dritter regenerativen Strom durch das Netz eines Betreibers leiten möchte, ist dieses Durchleitungsbegehren vorrangig zu behandeln. Andererseits würde die regenerative Energie zwar nicht von der Leitung, aber vom Markt verdrängt werden. Gesetzt dem Fall, daß ein Kraftwerk, das genannte Energieträger als Primärenergiequelle einsetzt, nahe der Vollauslastung arbeitet, kann eine Verdrängung gestattet werden, solange durch eine Teilverdrängung der wirtschaftliche Betrieb der Anlage nicht gefährdet wird. In jedem Fall ist der Netzbetreiber im Fall einer Netzzugangsverweigerung in der Beweispflicht209.

207 Eines der ersten, wenn nicht sogar das erste Urteil hat das LG Stuttgart am 17.11.1998 (Az.: 11 KfH O 156/98) gefällt, wobei die Durchleitungspflicht abgelehnt wurde. Die Entscheidung des LG Stuttgart ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil wurde aus Gründen der Fristwahrung Berufung eingelegt (Az.: 2 U 259/98); für nähere Erläuterungen s. o. V., Energiewirtschaft, ET 1999, S. 200. 208 Vgl. Begründung besonderer Teil, § 17 Abs. 2 EntEnWG v. 28.07.2004.

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VI. Energieordnung in Deutschland

Die Klausel ist allerdings nicht ganz bedenkenlos, da die Verhältnismäßigkeit210 des Zwecks in Frage gestellt wird, weil ausgerechnet ein Netzzugangsverweigerungsrecht, das stärkste Mittel zur Wettbewerbsbeeinträchtigung, als Mittel zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung eingesetzt wird. (2) Braunkohleschutzklausel Die Braunkohleschutzklausel ist nicht mehr wirksam (Art. 4 § 3 Abs. 2 NeuregelungsG)211, wird vollständigkeitshalber dennoch erwähnt. Weder handelt es sich bei Braunkohle um einen regenerativen Primärenergieträger, noch wird die Braunkohleschutzklausel im Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelt. Sie diente aber ebenfalls als eventuelle Durchleitungsbarriere. So handelt es sich bei Braunkohle um kein zu schützendes Gut, es sollte aber die ausreichend hohe Verstromung sichergestellt werden212. Weil Braunkohle ausschließlich in den neuen Ländern abgebaut wird, traf die Klausel in erster Linie die VEAG (Vattenfall)213, die in dieser Region der größte Netzbetreiber ist. Ähnlich wie im Fall der Kraft-Wärme-Kopplung sollte eine Verdrängung ostdeutscher Braunkohle vermieden werden. Eine Durchleitungsverweigerung von Braunkohle hätte dann zulässig sein können, wenn im Gegenzug alternative Absatzmärkte erschlossen wurden, was für den Einzelfall zu prüfen war. Gelang es dem Netzbetreiber nachzuweisen, daß eine Durchleitung eine ausreichend hohe Verstromung ostdeutscher Braunkohle gefährdet hätte, hätte unter bestimmten Umständen auch hier eine Durchleitungsverweigerung rechtmäßig sein können. Es reichte hingegen nicht aus, daß ein Netzbetreiber darauf verwies, daß er bereits anderweitig Strom durchleitete, der seinerseits nicht aus der Verstromung ostdeutscher Braunkohle stammte. Dies gebot der in § 6 Abs. 1 EnWG, §§ 19 Abs. 4 Nr. 1, 4; 20 Abs. 1 GWB verankerte Grundsatz des Diskriminierungsverbots214. Eine Durchleitungsverweigerung mit Berufung auf die Braunkohleschutzklausel wurde während dessen Gültigkeit nicht bewilligt215. Ausschlagge209 Vgl. U. Büdenbender, Rechtsfragen anläßlich der Durchleitung elektrischer Energie, in: J. F. Baur (Hrsg.), Energiewirtschaft – Der neue energie- und kartellrechtliche Rahmen, 1999, S. 94 f.; s. a. BVerfGE (Beschluß v. 27.04.2000, Az.: 2 BVR 801/99 = NVwZ 2000, 789 ff.). 210 Dazu ausführlich in Kap. VII. 8. 211 s. a. U. Büdendenbender, EnWG, 2003, § 6, Rdn. 52 ff., insb. Rdn. 54. 212 Ausführlich wann eine „ausreichend hohe Verstromung vorliegt“ C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 210 f. 213 Anträge auf Netzzugang dürfen nur dann abgelehnt werden, wenn sie das Übertragungsnetz der VEAG betreffen. Die Betreiber regionaler Übertragungs- und Verteilernetze dürfen die Bestimmung nach Ablauf einer zweijährigen Übergangsfrist seit Dezember 2001 nicht mehr anwenden; vgl. Urteil der Kommission vom 11.12.1999, ABlEG 1999, Rs. L 319/18, Art. 2 Nr. 2. 214 s. das Urteil des LG Berlin vom 27.06.2000 (Az.: 16 O 652/99 = NJWE-WettbR 2000, 270 ff.).

4. Stromdurchleitung in der Energiewirtschaft

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bend war, daß sich die Gesamtbilanz des Absatzes ostdeutscher Braunkohle nicht verschlechterte. In der Beweispflicht war in jedem Falle der Netzbetreiber. Aus Sicht der Kartellämter war die Braunkohleschutzklausel durchaus vereinbar mit europäischem Recht216, daß hieß restriktiv im Sinne eines Regel-Ausnahme-Verhältnisse s zwischen Durchleitung im Regel- und etwaiger Verweigerung im Einzelfall auszulegen, nicht zuletzt auch wegen des direkt enthaltenen Bezugs auf das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung. Ein vergleichbarer Bezug ist in Art. 6 Abs. 3 EnWG nicht enthalten217. Die Braunkohleschutzklausel ist zum 31. Dezember 2003 außer Kraft getreten. Auch in der novellierten Fassung des Neuregelungsgesetzes wird die Thematik der Braunkohle nach dem derzeitigen Stand nicht mehr aufgegriffen. (3) Abwägungsklausel Problematisch ist indes, daß bei der Frage des Netzzugangs die umweltfreundliche Energiegewinnung nur als ein Abwägungsbelang neben anderen steht. Die Stromversorgung aus erneuerbaren Energie und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen muß sich in den neuen Ländern überdies mit dem Anspruch der Braunkohleverstromung messen. Die Entscheidung für umweltfreundlich erzeugten Strom wird damit zunächst in das Abwägungsermessen des Netzbetreibers gestellt. Dieser muß jedoch wegen der unklaren Rechtsvorschriften damit rechnen, daß eine Durchleitungsverweigerung keinen Bestand hat und er in diesem Fall mit hohen Schadenersatzforderungen konfrontiert wird218. e) Durchleitungsverweigerung in der Praxis Die gängige Praxis beweist, daß eine Durchleitungsverweigerung eines Netzbetreibers noch nicht erfolgreich war219. Auf der Ebene der absoluten Verweigerungsgründe wurde bisher weder eine Ablehnung aufgrund eines Kapazitätsmangels noch aus Gründen der Reziprozität genehmigt. Auch die anderen Ver215 OLG Dresden – Urt. v. 08.02.2001 – U 2978/00 Kart. = RdE 2001, 148; LG Berlin – Urt. v. 25.07.2000 – 16 O 749/99; LG Chemnitz – Urt. v. 24.07.2000 – 4 HKO 3126/00; LG Potsdam – Urt. v. 02.02.2000 – 51 O 2/00; dazu auch B. Scholtka, Die Entwicklung des Energierechts in den Jahren 2000 und 2001, NJW 2002, 486. 216 Die Europäische Kommission hat die Braunkohleschutzklausel zwar genehmigt, aber nur unter beachtlichen Auflagen und Bedingungen als vereinbar mit Art. 24 EltRL betrachtet, vgl. ABlEG 1999, Rs. L 319/18 vom 11.12.1999 insb. S. 29 f. 217 C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 206. 218 W. Zander u. a. (Hrsg.), Strombeschaffung im liberalisierten Energiemarkt, 2000, S. 108 f.; zur Braunkohleschutzklausel a. a. O. S. 109 f.; ausführlich S. Tüngler, Der Netzzugang in der Elektrizitätswirtschaft auf der Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes, S. 208 ff. 219 Im Vergleich zum anderen Extrem vor der Energierechtsreform, dazu in Fn. 160.

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VI. Energieordnung in Deutschland

weigerungsgründe wurden in der Regel von den Zivilgerichten zurückgewiesen. So gab es Versuche, den Zugang zu verweigern, weil bereits Lieferverträge abgeschlossen wurden. Auch versuchten Netzbetreiber, sich auf die Verbändevereinbarung zu stützen, was mangels Rechtsverbindlichkeit keinen Erfolg hatte220. Seitens der Netzbetreiber gab es weiterhin Aufforderungen gegenüber Netzzugangspetenten zum Direktleitungsbau oder zur Suche von alternativen Leitungswegen. Keiner der Verweigerungsanträge wurde bewilligt, was die Durchleitungsinteressenten der wettbewerbsfreundlichen Entscheidungspraxis der Zivilgerichte, aber auch der Kartellbehörden zu verdanken haben221.

5. Entflechtungsregeln Bestimmendes Merkmal der Neufassung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie aus dem Jahre 2003 und somit auch der Reform des Energiewirtschaftsgesetzes sind die Entflechtungsregeln. Enthielt die Fassung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie von 1996 lediglich Regelungen zur Entflechtung und Transparenz der Buchführung (Art. 13 ff. EltRL a. F.), werden die Entflechtungsregeln in der Neufassung wesentlich erweitert. a) Anwendungsbereich und Ziel der Entflechtung Durch das Inkrafttreten der Beschleunigungsrichtlinien für Elektrizität (2003/ 54/EG) und Gas (2003/55/EG) werden die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verpflichtet, sowohl ihren Elektrizitäts-, als auch ihren Erdgasbinnenmarkt verstärkt zu liberalisieren. Herzstück ist die Einführung von Entflechtungsgrundsätzen (sogenanntes Unbundling) zur Schaffung und Wahrung vermehrter Transparenz. Um einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu gewährleisten und Interessenkonflikte zu vermeiden, muß das Netzgeschäft von der Produktion und der Versorgung von miteinander konkurrierenden vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen getrennt werden. Als Zeitpunkt der rechtlichen Entflechtung ist der 01. Juli 2004 vorgesehen (Art. 30 Abs. 1 BeschlEltRL). Der deutsche Gesetzgeber kommt dem nach, indem er das Energiewirtschaftsgesetz mit den Entflechtungsregelungen im zweiten Teil des Gesetzesent220 Vgl. Fn. 20 i. V. m. dem Urteil des LG Hannover, Urt. v. 24.06.2002 – 21 O 35/ 02 – Kart., S-8 ff. UA; LG Hannover, Urt. v. 14.05.2001 – 21 O 2176/01(46)Kart. = ZNER 2001, 97. 221 Dazu umfassend mit zahlreichen Beispielen M. L. Holtorf/K.-P. Horstmann, Aktuelle Entscheidungspraxis über prozessuale und materiell-rechtliche Aspekte des Netzzugangs in der Energiewirtschaft, RdE 2002, 265 ff. m. w. Nachw.; eine umfassende Entscheidungssammlung findet sich in B. Malmendier/M. Uebe, Handbuch des Energiewirtschaftsrechts, Ordner 2, 2002.

5. Entflechtungsregeln

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wurfs neu faßt (§§ 6–10 EntEnWG). Nach dem letzten Regierungsentwurf vom 28. Juli 2004 geht der deutsche Gesetzgeber allerdings weit über das von der Richtlinie geforderte Ziel hinaus. Die Entflechtungsregelungen bestehen aus vier Komponenten: der gesellschaftsrechtlichen Entflechtung (sogenanntes Legal Unbundling; § 7 EntEnWG), der operationellen Entflechtung (§ 8 EntEnWG), der informationellen Entflechtung (§ 9 EntEnWG) und der buchhalterischen Entflechtung (§ 10 EntEnWG)222. Hiervon sind im wesentlichen zwei Arten von Netzbetreibern betroffen: zum einen vertikal integrierte Elektrizitätsversorgungsunternehmen und zum anderen rechtlich selbständige Versorgungsnetzbetreiber, die zu einem vertikal integrierten Elektrizitätsversorgungsunternehmen gehören (§ 6 EntEnWG). Die Entflechtung des Eigentums (Verkauf der Sparte Netzbetrieb, Verkauf von Vermögenswerten des Netzes) ist nicht vorgeschrieben223. Sowohl die Richtlinien als auch der Gesetzesentwurf sehen unter bestimmten Voraussetzungen Freistellungsmöglichkeiten von den Entflechtungsgrundsätzen vor. Hiervon können ausschließlich Verteilernetzbetreiber profitieren. Übertragungsnetzbetreiber sind von der Freistellung ausgenommen (Art. 15 und 30 Abs. 2 BeschlEltRL). Zum einen besteht die Freistellung der rechtlichen Entflechtung für Betreiber von Elektrizitäts- und/oder Gasverteilernetzen bis zum 01. Juli 2007 (§ 7 Abs. 3 EntEnWG). Durch die längere Planungsphase soll den Unternehmen die Möglichkeit eröffnet werden, Kosteneffizienz und Qualität optimieren zu können. Zum anderen besteht die Möglichkeit, Verteilernetzbetreiber mit weniger als 100.000 Kunden (De-Minimis-Regel) sowohl von der rechtlichen, als auch der operationellen Entflechtung gänzlich freizustellen (§ 7 Abs. 2 EntEnWG). b) Rechtliche Entflechtung Zweck der rechtlichen Entflechtung ist die Vermeidung von Quersubventionen und die Erhöhung der Transparenz. Dazu werden Netzbetreiber, die Teil eines integrierten Energieversorgungsunternehmens sind, verpflichtet, sich so zu organisieren, daß sie hinsichtlich ihrer Rechtsform, Organisation und Entscheidungsgewalt unabhängig von den übrigen Tätigkeitsbereichen sind, die nicht mit dem Netzgeschäft zusammenhängen (Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 BeschlEltRL). Soll ein von den übrigen Tätigkeiten eines vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens getrennter Netzbetreiber gegründet werden, bestehen dafür prinzipiell zwei Möglichkeiten. Einerseits kann das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen alle oder zumindest so viele Geschäftsanteile des

222 223

Zugrunde gelegt wird jeweils der Gesetzesentwurf vom 23.06.2004. Vgl. Begründung besonderer Teil, § 6 EntEnWG v. 23.06.2004.

226

VI. Energieordnung in Deutschland

Netzunternehmens einbehalten, daß es nach wie vor das Unternehmen kontrollieren kann224. Für diesen Fall muß das Netzunternehmen auch noch operationell entflochten werden. Andererseits kann das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen die Kontrolle über das Unternehmen vollständig aufgeben225. Das Netzunternehmen wäre dann kein Bestandteil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens mehr, und die Anwendung des Art. 15 Abs. 2 BeschlEltRL (operationelle Entflechtung von Verteilernetzbetreibern) käme nicht zum Tragen (§ 8 EntEnWG). Die Rechtsform des Netzbetreibers kann frei gewählt werden. Entscheidend ist, daß die Unternehmensleitung eine ausreichende Unabhängigkeit vom Mutterunternehmen hat. Lassen bestimmte Unternehmensformen eine Mitbestimmung der Unternehmenseigner zu, ist dies durch eine entsprechende Klausel in der Unternehmenssatzung zu unterbinden. Das Netzunternehmen muß nicht Eigentümer der Netzvermögenswerte sein. Es muß aber tatsächliche Entscheidungsbefugnisse im Einklang mit den Anforderungen an die funktionale Entflechtung haben (Art. 10 Abs. 1 und Art. 15 Abs. 1 BeschlEltRL). Solche Unternehmen, die sowohl Übertragungs- als auch Verteilernetzbetreiber sind, brauchen ihr Netz nicht in zwei Unternehmen auszugliedern, sondern können diese in Kombination innerhalb eines Unternehmens betreiben (Art. 17 BeschlEltRL)226. Voraussetzung dafür ist, daß die Rechnungslegung und die Tätigkeit des Kombinationsnetzbetreibers operationell von den anderen Tätigkeiten entflochten wird. Wiederum unter der Voraussetzung, daß die Rechnungslegung von den anderen Tätigkeiten entflochten wird, kann der Betrieb mehrerer Netze unterschiedlicher Art (Elektrizität, Gas, Wasser, Fernwärme, Telekommunikation, Bier) in einem Unternehmen verbleiben227. c) Operationelle Entflechtung Mit der operationellen Entflechtung wird den Bestimmungen der Art. 10 und 15 BeschlEltRL (Art. 8 und 13 BeschlGasRL) nachgekommen. Zweck ist die Trennung wesentlicher Funktionsbereiche und die damit einhergehende Transparenz. Von der operationellen Entflechtung (auch funktionale Entflechtung genannt) sind entsprechend ihrer Einwirkungsmöglichkeiten vier Personengruppen betroffen. Explizit differenziert das novellierte Energiewirtschaftsgesetz zwar nur zwi224

Im Sinne des Art. 3 Abs. 3 der VO ABlEG 1998, Rs. C 66/5, v. 02.03.1998. Beispielsweise durch Veräußerung aller oder zumindest den Großteil der Geschäftsanteile. 226 § 7 EntEnWG sagt nichts gegensätzliches, da es dort lediglich „Netzbetreiber“ heißt, was nicht gegen das Kombinationsmodell spricht. 227 Punkt 4.2.3 Interpretationspapier der Generaldirektion Energie und Verkehr zur BeschlEltRL vom 16.01.2004. 225

5. Entflechtungsregeln

227

schen drei Personengruppen, deren Vorschriften es in § 8 Abs. 2 Spstr. 1–3 EntEnWG regelt. Faktisch besteht aber noch der Kreis von Personen, die mit dem Vertrieb oder dem Handel des Produkts Elektrizität befaßt sind und damit die vierte Personengruppe bilden. aa) Personen, die mit Leitungsaufgaben des Netzbetreibers betraut sind Der Entwurf des novellierten Energiewirtschaftsgesetzes bestimmt die erste Personengruppe in seinem § 8 Abs. 2 Spstr. 1: „Für Personen, die für den Netzbetreiber tätig sind, gelten zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzbetriebes folgende Vorgaben: 1. Personen, die mit Leitungsaufgaben für den Netzbetreiber betraut sind, dürfen keinen betrieblichen Einrichtungen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens angehören, die direkt oder indirekt für den laufenden Betrieb in den Bereichen der Gewinnung, Erzeugung oder des Vertriebs von Energie an Kunden zuständig sind.“

Darunter sind Personen zu subsumieren, die Einfluß auf die Unternehmenspolitik haben, insbesondere mit Hinblick auf unternehmerische Verantwortung, Planung und operative Gestaltung. Genannt seien hier beispielsweise die Geschäftsführer oder auch Bereichsleiter. Je nach Ausgestaltung der funktionalen Kompetenz können darunter unter anderem auch leitende Angestellte fallen. Ist die Einrichtung, in der Personen mit Leitungsaufgaben direkt oder indirekt für den laufenden Betrieb der Bereiche Gewinnung, Erzeugung oder Vertrieb zuständig sind, dürfen diese nur im Geschäftsbereich Netzbetrieb tätig sein und keiner weiteren betrieblichen Einrichtung im gesamten vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen angehören, die direkt oder indirekt zuständig für den laufenden Betrieb der Wettbewerbsbereiche Elektrizität sind. Eine eventuelle Zuständigkeit ist für den Einzelfall zu prüfen. Mitglieder der Geschäftsführung der Netzbetriebsgesellschaft dürfen in keinen Leitungsgremien des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens vertreten sein. Weitere Aufgaben dürfen keine Zuständigkeit für die Wettbewerbsbereiche Elektrizität und Gas begründen. Aufgaben aus benachbarten Bereichen dürfen nur jenseits der Sektoren Elektrizität und Gas übernommen werden. Dies ist wichtig, damit die Handlungsunabhängigkeit der betroffenen Personen gewährleistet ist228. Sollte sich ein vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen für eine Holdingstruktur entscheiden, ist es einem Geschäftsführer der möglichen Holdinggesellschaft gestattet, eine Aufsichtsfunktion im Netzunternehmen auszuüben, ohne jedoch in Entscheidungen zum laufenden Betrieb involviert zu sein229.

228

Vgl. Begründung besonderer Teil, § 8 Abs. 2 EntEnWG.

228

VI. Energieordnung in Deutschland

Die Personalgehälter dürfen nicht an den Unternehmenserfolg der Muttergesellschaft gekoppelt sein. Auch müssen die Gründe für die Ersetzung eines Vorstandsmitglieds der Netzgesellschaft auf Initiative der Muttergesellschaft in der Unternehmenssatzung ausdrücklich niedergelegt sein230. Der spätere Wechsel eines Mitglieds des Managements der Netzgesellschaft zur Holding- oder zur Versorgungsgesellschaft darf nicht bereits bei seiner Berufung in das Management der Netzgesellschaft vorgesehen sein231. All diese Maßnahmen dienen der Wahrung der Unabhängigkeit und der Vermeidung von Interessenkollisionen. bb) Personen, die mit wesentlichen Tätigkeiten des Netzbetriebs betraut sind Die Personengruppe die mit wesentlichen Tätigkeiten betraut sind, regelt der Gesetzesentwurf in § 8 Abs. 2 Spstr. 2: 2. „Personen, die mit wesentlichen Tätigkeiten des Netzbetriebs, insbesondere der Vermarktung von Netzkapazitäten oder der Steuerung des Netzes betraut sind, müssen für die Ausübung dieser Tätigkeiten einer betrieblichen Einrichtung des Netzbetreibers angehören und dürfen nicht einer betrieblichen Einrichtung des Vertriebs von Energie an Kunden angehören; Personen, die mit wesentlichen Tätigkeiten des Übertragungsnetzbetriebs betraut sind, dürfen auch nicht einer betrieblichen Einrichtung der Erzeugung angehören.“

Hierunter ist das mittlere Management zu verstehen, das die operative Leitung des Betriebes innehat. Anders als zur erstgenannten Gruppe muß dieser Personenkreis mit Tätigkeiten dienender Funktionen betraut sein, die keine erheblichen Gestaltungs- und Einwirkungsmöglichkeiten auf die Wettbewerbsinteressen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens bieten und nicht in den Anwendungsbereich der dritten Personengruppe (Kap. VI. 5. c) cc)) fallen. Die Personen, die mit wesentlichen Aufgaben betraut sind, müssen ebenfalls für die Ausübung dieser Tätigkeiten einer betrieblichen Einrichtung des Netzbetreibers angehören. § 8 Abs. 2 Spstr. 2 zählt dazu insbesondere solche Personen auf, welche die Netzkapazitäten vermarkten oder das Netz steuern. Wesentliche Tätigkeiten erstrecken sich auf die Bedarfs-, Einsatz- und Bauplanung der Kapazitäten, der Kapazitätsprüfung von Transport- und Speicheranfragen aber auch die Optimierung des Netzes auf Grundlage der Nominierungen aller Netzkunden232. Personen, die mit diesen oder ähnlichen Aufgaben betraut 229 Punkt 4.2.1 BeschlEltRL vom 230 Punkt 4.2.1 BeschlEltRL vom 231 Punkt 4.2.1 BeschlEltRL vom

Interpretationspapier der Generaldirektion Energie und Verkehr zur 16.01.2004. Interpretationspapier der Generaldirektion Energie und Verkehr zur 16.01.2004. Interpretationspapier der Generaldirektion Energie und Verkehr zur 16.01.2004.

5. Entflechtungsregeln

229

sind, dürfen nicht einer betrieblichen Einrichtung des Vertriebs von Energie an Kunden angehören, sondern müssen für die Ausübung ihrer Tätigkeiten einer betrieblichen Einrichtung des Geschäftsbereichs Netzbetrieb angehören. Zweck der Separierung ist es, Dienstleistungen im Bereich wesentlicher Netzbetriebstätigkeiten durch das Personal anderer betrieblicher Einrichtungen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens auszuschließen und die Eigeninteressen stärker an die des Netzbetreibers zu binden. cc) Personen, die in anderen Teilen sonstige Tätigkeiten des Netzbetriebs ausüben Die dritte Personengruppe findet sich schließlich in § 8 Abs. 2 Spstr. 3: 3. „Personen, die in anderen Teilen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens sonstige Tätigkeiten des Netzbetriebs ausüben, sind insoweit den fachlichen Weisungen der Leitung des Netzbetreibers zu unterstellen.“

Unter diese Personengruppe fallen Personen, deren Tätigkeitsbereich nicht so viel Einfluß auf den Betrieb des Netzes hat, als daß er durch das Personal dieses Geschäftsbereichs auszuführen wäre, also Personal, das unter die zwei erstgenannten Personengruppen fällt. Anders als bei den beiden erstgenannten Gruppen ist eine Anstellung dieser Personen an anderer Stelle des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und die Betrauung mit anderen Aufgaben zulässig233. Werden diese Personen allerdings im Netzbetrieb tätig, sind sie der ausschließlichen Weisungsbefugnis des Leitungspersonals des Netzbetreibers zu unterstellen. Dienstleistungen anderer Geschäftsbereiche des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens können unter Wahrung anderer Bestimmungen, etwa der informationellen Entflechtung, in Anspruch genommen werden, wie etwa Serviceeinrichtungen zur Wartung von technischen Anlagen und Geräten, IT-Dienste oder Rechtsberatung234. dd) Sonstige Personen Die vierte nicht in § 8 Abs. 2 EntEnWG genannte Personengruppe beinhaltet Personen, die mit der Produktion, dem Vertrieb oder dem Handel des Produkts Elektrizität oder Gas befaßt sind. Personen also, die gerade mit Tätigkeiten betraut sind, die es gilt vom Netzbetrieb zu trennen. Ihnen ist es daher untersagt,

232 233 234

Vgl. Begründung besonderer Teil, § 8 Abs. 2 EntEnWG. Vgl. Begründung besonderer Teil, § 8 Abs. 2 EntEnWG. Vgl. Begründung besonderer Teil, § 8 Abs. 2 EntEnWG.

230

VI. Energieordnung in Deutschland

in betrieblichen Einrichtungen des Geschäftsbereichs Netzbetrieb angestellt zu werden. Dies dient der Transparenz und der klaren Kontrollzuständigkeit. d) Informationelle Entflechtung Das nach § 8 Abs. 5 EntEnWG einzuführende Gleichbehandlungsprogramm gehört zwar formell zu den operationellen Entflechtungsregelungen von Netzbetreibern235, mittelbar dient es aber der informationellen Entflechtung. Zweck ist es, allen Mitarbeitern des Netzunternehmens diskriminierende Handlungen zu untersagen. Insbesondere sollen keine Versorgungsunternehmen oder sonstige Kunden bevorzugt werden. Wirtschaftlich sensible Daten, von denen Unternehmen in ihrer Tätigkeit als Netzbetreiber Kenntnis erlangen, sind umsichtig zu behandeln. Jegliche Daten, die von wirtschaftlichem Vorteil sein können, sind in nicht diskriminierender Weise offenzulegen236. Diese Regelungen sind spätestens zum 01. Juli 2004 umzusetzen. e) Buchhalterische Entflechtung Ziel ist die interne Führung getrennter Konten für die Netztätigkeiten der Bereiche Gas und Elektrizität nach Maßgabe des Handelsgesetzbuches (§ 10 i. V. m. § 108 Abs. 2 EntEnWG). Bis zur vollständigen Marktöffnung sind für zugelassene und für nicht zugelassene Kunden getrennte Konten zu führen. Dies gilt ab dem ersten vollständigen Wirtschaftsjahr nach dem Inkrafttreten des neuen Energiewirtschaftsgesetzes. Für alle anderen Tätigkeiten, einschließlich der übrigen gas- und elektrizitätswirtschaftlichen Aktivitäten, können konsolidierte Konten weitergeführt werden. Dies gilt nicht für zugelassene und nicht zugelassene Kunden. Zweck dieses Zusatzes ist die Vermeidung einer Quersubventionierung zugelassener Kunden durch nicht zugelassene Kunden237. f) Freistellungsmöglichkeiten Prinzipiell bestehen drei Arten der Freistellungsmöglichkeit. Zunächst besteht die Möglichkeit der nationalen Befreiung von den Entflechtungsvorschriften, falls die Kommission in ihrem Bericht über die Fortschritte bei der Schaffung 235

Vgl. Art. 10 Abs. 2 lit. d) und 15 Abs. 2 lit. d) BeschlEltRL. § 9 EnWG i. V. m. Art. 12 und 16 BeschlEltRL. 237 Punkt C.2 Interpretationspapier der Generaldirektion Energie und Verkehr zur BeschlEltRL vom 16.01.2004. 236

5. Entflechtungsregeln

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des Elektrizitätsbinnenmarktes nach Art. 28 Abs. 3 BeschlEltRL bereits einen effektiven, nicht diskriminierenden und ungehinderten Netzzugang feststellt (Art. 27 BeschlEltRL). Diese Freistellungsmöglichkeit dürfte in der Praxis aber kaum Bedeutung erlangen238. Die beiden anderen Freistellungsmöglichkeiten werden in der Praxis indes vermutlich gehäuft auftreten. Zum einen besteht die zeitlich unbegrenzte Freistellung (De-Minimis-Regel), zum anderen eine mögliche zeitliche Aufschiebung der Entflechtungsvorschriften bis zum 01. Juli 2007. Diese Art der Freistellungsmöglichkeiten von den Entflechtungsvorschriften gelten grundsätzlich nur für Verteilernetzbetreiber, nicht für Übertragungsnetzbetreiber. Laut der Beschleunigungsrichtlinie Elektrizität hätten letztere die Entflechtungsregeln zum 01. Juli 2004 umsetzen müssen (Art. 30 Abs. 1 BeschlEltRL). Weil Deutschland, so wie fast alle anderen Mitgliedstaaten, mit der Richtlinienumsetzung im Verzug ist, ist den Entflechtungsregeln spätestens mit dem Inkrafttreten des novellierten Energiewirtschaftsgesetzes nachzukommen. Die Differenzierung der Netzbetreiber hängt mit der jeweiligen Größe der Unternehmen zusammen. Der Schutz von Unternehmen, die ohnehin schon ein größeres Marktgewicht besitzen, ist nicht angestrebt, sondern das der kleineren, denen durch die Entflechtung ungerechtfertigt hohe Transaktionskosten entstehen könnten und die ohnehin ein vergleichsweise geringes Diskriminierungspotential aufweisen. Für eine Freistellungsmöglichkeit ist der bestimmende Einfluß der Anteilseigner entscheidend. Zu den vertikal integrierten Unternehmen zählen auch Gruppen von Unternehmen, deren gegenseitige Beziehungen in Art. 3 Abs. 3 FusionsKVO (sogenannte Konzernklausel) festgelegt sind. Nach dieser Klausel ist entscheidend, ob ein Unternehmen einen bestimmenden Einfluß auf die Tätigkeit eines anderen Unternehmens ausübt. Erfaßt werden so zum Beispiel Fälle, bei denen ein Verbundunternehmen mit mehr als 50 % an einem Stadtwerk beteiligt ist. Zwar sind in der Praxis Verbundunternehmen meist Minderheitsgesellschafter, halten also weniger als 50% der Stadtwerkeanteile, aber auch diese Stadtwerke können zum Legal Unbundling verpflichtet sein; denn ein Minderheitsgesellschafter übt einen bestimmenden Einfluß auf das Stadtwerk aus, wenn dem Gesellschafter neben seinen Anteilen gewisse Zusatzrechte zustehen. Dazu zählen beispielsweise Vetorechte über den Wirtschaftsplan, die Besetzung der Geschäftsführung oder den Abschluß wichtiger Verträge. Für die Auslegung des bestimmenden Einflusses bedarf es im Einzelfall der Überprüfung des Gesellschaftsvertrags und gegebenenfalls der Konsortialvereinbarung, falls eine solche vorhanden ist.

238 Auch die in Deutschland bestehenden Verbändevereinbarungen sind starker Kritik ausgesetzt und werden allgemeinhin als unzureichend für die Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs erachtet. Für eine Freistellung von den Entflechtungsregeln reichen diese nicht aus.

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VI. Energieordnung in Deutschland

Für die rechtliche Entflechtung besteht eine zeitlich nicht begrenzte Freistellung für Verteilernetzbetreiber, die weniger als 100.000 Kunden239 versorgen (Art. 15 Abs. 2 S. 2 BeschlEltRL). Verteilernetzbetreiber, die 100.000 oder mehr Kunden versorgen, kann ein Aufschub bis zum 01. Juli 2007 gewährt werden (Art. 30 Abs. 2 BeschlEltRL). „Kundenzahl“ ist in dem Fall mit der „Anzahl von Anschlüssen“ gleichzusetzen240. Für Verteilernetzbetreiber, die weniger als 100.000 Kunden versorgen, besteht wiederum eine zeitlich unbegrenzte Freistellung von der operationellen Entflechtung (Art. 15 Abs. 2 S. 2 BeschlEltRL). Alle übrigen Netzbetreiber, also auch Verteilernetzbetreiber, die 100.000 oder mehr Kunden versorgen, können von der operationellen Entflechtung nicht freigestellt werden, so daß die operationelle Entflechtung laut Richtlinie zum 01. April 2004 zu vollziehen war. Sowohl für die informationelle Entflechtung, als auch für die buchhalterische Entflechtung sind keine Freistellungsmöglichkeiten vorgesehen, also auch nicht für Klein- oder Kleinstunternehmen. g) Grundprinzipien der Entflechtungsregeln aa) Gemeinsame Dienstleistungsabteilungen Soweit sich aus diesen Vorgaben keine zwingende Aufgabenwahrnehmung durch Personal des Geschäftsbereichs Netzbetrieb ergibt, ist das Unternehmen frei, unter Beachtung sonstiger Bestimmungen, wie beispielsweise zur informationellen Entflechtung, Dienstleistungen anderer Geschäftsbereiche in Anspruch zu nehmen (§ 8 Abs. 2 Spstr. 3 EntEnWG). Dabei ist die Erbringung von Dienstleistungen ausschließlich im Auftrag des Netzbereiches ebenso wie gemeinsame Dienste denkbar, die gleichzeitig verschiedenen Geschäftsbereichen des Unternehmens angeboten werden. Als Beispiele kommen etwa Serviceeinrichtungen zur Wartung von technischen Anlagen und Geräten, Personalverwaltung, die Finanzverwaltung, IT-Dienste, Unterbringung, Transport, und andere in Betracht241. Grundsätzlich sollen solche Dienstleistungen zwar getrennt er239 Die Anzahl der Kunden errechnet sich aus der Summe aller kontrollierten Versorgungsunternehmen eines viEVU. Verfügt das viEVU über ein eigenes Verteilernetz, sind diese Anschlüsse hinzuzuaddieren. Kontrolliert ein viEVU mehrere Versorgungsunternehmen, die jedes für sich weniger als 100.000 Kunden haben, in der Summe diese Anzahl aber überschreiten, ist für jedes einzelne Versorgungsunternehmen eine rechtliche und funktionale Entflechtung vorzunehmen, unabhängig davon, ob die Einzelunternehmen weniger als 100.000 Kunden versorgen oder nicht. Dies dient dazu, einer mißbräuchlichen Ausnutzung der De-Minimis-Regel vorzubeugen. 240 Ein Zwei- oder Mehrpersonenhaushalt stellt einen Anschluß dar, wohingegen beispielsweise ein Zweifamilienhaus mit zwei Mietparteien zwei Anschlüsse darstellt. 241 Punkt 4.2.2 Interpretationspapier der Generaldirektion Energie und Verkehr zur BeschlEltRL vom 16.01.2004.

5. Entflechtungsregeln

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bracht werden, allerdings würden dadurch zum einen sinnvolle Synergieeffekte verloren gehen, zum anderen würde es kleine Unternehmen vor erhebliche wirtschaftliche Probleme stellen. Unter drei kumulativ zu erfüllenden Bedingungen ist eine Trennung zu vermeiden (Einzelfallentscheidung)242: 1. Alle Quersubventionen, die vom Netzgeschäft entweder gewährt oder erhalten werden, müssen ausgeschlossen sein. Um dies zu gewährleisten, muß jede Dienstleistung zu Marktbedingungen erbracht werden, die in einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der die Dienste leistende Gesellschaft und der die Dienste in Anspruch nehmende Gesellschaft niedergelegt sein muß. 2. Gemeinsame Dienste müssen, so fordert es die Kommission, regelmäßig außerhalb des Netzgeschäfts betrieben und geleitet werden, das heißt von der verbundenen Versorgungsgesellschaft oder, was zu bevorzugen ist, von der Holdinggesellschaft. 3. Die Nutzung der gemeinsamen Dienste muß eindeutig die wirtschaftlichste Möglichkeit darstellen. Eine Ausgliederung der Dienste an einen unabhängigen Diensterbringer muß als Alternative erwogen worden sein243.

Insbesondere in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgebot, an das auch die Kommission gebunden ist (Art. 5 Abs. 3 EGV), erscheint eine Trennung gemeinsam genutzter Dienstleistungsabteilungen zur effektiven Durchführung der Entflechtung nicht notwendig. Für Verteilernetzbetreiber, die nicht rechtlich, sondern nur funktional entflochten sind, gelten die genannten Grundsätze in gleicher Weise244. bb) Unabhängigkeit Alle mit dem Betrieb, der Wartung und dem Ausbau des Netzes zusammenhängenden kommerziellen und operativen Entscheidungen müssen im Netzgeschäft ohne Beteiligung des verbundenen Versorgungsunternehmens oder der Holdinggesellschaft des integrierten Unternehmens getroffen werden (§ 8 Abs. 4 S. 1 EntEnWG). Von besonderer Bedeutung ist dies in Bereichen, die sich auf den Wettbewerb im Versorgungsmarkt auswirken können, etwa im Bereich des Baus oder Ausbaus von Verbindungsleitungen zu anderen Systemen. Der Netzbetreiber soll tatsächliche Entscheidungsbefugnisse zur Nutzung des Netzanlagevermögens für den Betrieb, die Wartung und den Ausbau des Netzes zugewiesen bekommen. Das Netzunternehmen muß über ausreichende Humanres242 Punkt 4.2.2 Interpretationspapier der Generaldirektion Energie und Verkehr zur BeschlEltRL vom 16.01.2004. 243 C. Koenig/A. Haratsch/W. Rasbach, Neues aus Brüssel zum Unbundling: „Interpreting Note“ zu den Beschleunigungsrichtlinien für Strom und Gas, ZNER 2004, S. 11. 244 Punkt 4.2.3 Interpretationspapier der Generaldirektion Energie und Verkehr zur BeschlEltRL vom 16.01.2004.

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VI. Energieordnung in Deutschland

sourcen und physische Ressourcen verfügen, um seine Arbeit unabhängig von anderen Teilen des integrierten Unternehmens durchführen zu können. Ferner müssen ihm ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um seine Aufgaben, Wartung und Ausbau des Netzes, zu erfüllen245. Untersagt sind Weisungen des Mutterunternehmens bezüglich des laufenden Betriebs oder einzelner Entscheidungen über den Bau oder die Modernisierung von Leitungen, die über den Rahmen des genehmigten Finanzplans oder eines gleichwertigen Instruments hinausgehen (§ 8 Abs. 4 S. 4 EntEnWG). Mindestens zwei Aufsichtsratsmitglieder der Netzgesellschaft sollten von der Muttergesellschaft unabhängig sein246. cc) Finanzplan Das Mutterunternehmen darf den jährlichen Finanzplan oder ein gleichwertiges Instrument (restriktive Auslegung)247 der Netzgesellschaft genehmigen, sowie generelle Grenzen für die Verschuldung des Tochterunternehmens festlegen (§ 8 Abs. 4 S. 2). Innerhalb des Finanzplans muß die Netzgesellschaft völlig unabhängig sein. Der Finanzplan hat eine ausreichende Ausstattung der Netzgesellschaft mit finanziellen Mitteln zur Wartung und zum Ausbau der Infrastruktur zu ermöglichen248. Die Nutzung gesellschaftsrechtlicher Instrumente der Einflußnahme und Kontrolle, unter anderem der Weisung, der Festlegung allgemeiner Verschuldungsobergrenzen und der Genehmigung jährlicher Finanzpläne oder gleichwertiger Instrumente, ist insoweit zulässig, als dies zur Wahrnehmung der berechtigten Interessen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens an der rentablen Geschäftsführung des Netzbetriebs erforderlich ist und nicht einer Einschränkung der Unabhängigkeit des Netzbetriebs zu diskriminierenden Zwecken dient (§ 8 Abs. 4 S. 2). Dabei ist die Einhaltung der §§ 11 bis 16 EntEnWG sicherzustellen (§ 8 Abs. 4 S. 3).

245 Punkt 4.3.1 Interpretationspapier der Generaldirektion Energie und Verkehr zur BeschlEltRL vom 16.01.2004. 246 Punkt 4.3.3 Interpretationspapier der Generaldirektion Energie und Verkehr zur BeschlEltRL vom 16.01.2004. 247 Der Begriff des „gleichwertigen Instruments“ ist dahingehend restriktiv auszulegen, daß nur Instrumente, die von ihrer Funktion her einem Finanzplan entsprechen, in der jeweiligen nationalen Terminologie jedoch nicht „Finanzplan“ heißen, von dem Mutterunternehmen genehmigt werden dürfen; vgl. Punkt 4.3.3 Interpretationspapier der Generaldirektion Energie und Verkehr zur BeschlEltRL vom 16.01.2004. 248 Vgl. Begründung besonderer Teil, § 8 Abs. 4 EntEnWG.

5. Entflechtungsregeln

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dd) Netzpachtverträge Netzpachtverträge müssen so gestaltet sein, daß die Netzgesellschaft die Grundentscheidungen hinsichtlich des Netzes trifft. Zwar kann die Muttergesellschaft in die Durchführung dieser Entscheidungen einbezogen werden. Es muß allerdings sichergestellt sein, daß die Muttergesellschaft lediglich Entscheidungen vollzieht, die von der Netzgesellschaft getroffen worden sind. Sollte das Mutterunternehmen diesen Entscheidungen nicht Folge leisten, muß die Netzgesellschaft die Möglichkeit haben, mittels eines Selbsteintrittsrechts einzuschreiten249. ee) Anteilsbesitz Aus Gründen der Unabhängigkeit darf das netzbetreibende Unternehmen keinen Anteilsbesitz am verbundenen Versorgungs-, Erzeugungs- oder Holdingsunternehmen haben250. Einzige Ausnahme hiervon ist, daß das netzbetreibende Unternehmen die Holdinggesellschaft eines Erzeugungs- oder Versorgungsunternehmens ist251. Ähnliches gilt für die Leitung des Netzunternehmens, dessen Unabhängigkeit gewährleistet sein muß. Ein Eingriff in die Eigentumsrechte an den Netzvermögenswerten ist jedoch nicht vorgeschrieben (sogenanntes ownership unbundling). Dem Gesetz wird ausreichend nachgekommen, wenn ein netzbetreibendes Unternehmen gegründet wird, das nicht gleichzeitig Eigentümer der Netzvermögenswerte ist252. ff) Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik Die Bundesregulierungsbehörde hat die Auswirkungen auf die betroffenen Unternehmen in zeitlicher, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht hinreichend zu berücksichtigen. Dies impliziert insbesondere, daß der Stand von Wissenschaft und Technik hinreichend zu beachten ist. Beispielsweise sei hier das Vorhandensein von Software genannt, die erst entwickelt werden muß, um den geforderten Entflechtungsstufen in angemessener Weise nachkommen zu können.

249 Punkt 4.3.2 BeschlEltRL vom 250 Punkt 4.3.2 BeschlEltRL vom 251 Punkt 4.2.1 BeschlEltRL vom 252 Punkt 4.2.1 BeschlEltRL vom

Interpretationspapier 16.01.2004. Interpretationspapier 16.01.2004. Interpretationspapier 16.01.2004. Interpretationspapier 16.01.2004.

der Generaldirektion Energie und Verkehr zur der Generaldirektion Energie und Verkehr zur der Generaldirektion Energie und Verkehr zur der Generaldirektion Energie und Verkehr zur

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VI. Energieordnung in Deutschland

h) Zusammenfassung Die Europäische Kommission dürfte präferieren, wenn die Bereiche Netz und Vertrieb jeweils in eine eigene Tochter überführt werden. Notwendig ist dies nicht, auch die alleinige Separierung des Netzbereiches erfüllt die Vorgaben der Richtlinien. Ausdrücklich unnötig ist dabei, das Eigentum an den Netzanlagen auf eine entsprechende Tochtergesellschaft zu übertragen. Somit sind Modelle möglich, bei denen die Netztochter das Netz von der Muttergesellschaft pachtet. Nach dem Wortlaut der Richtlinienentwürfe betrifft die erforderliche personelle Trennung nur die Leitung des Netzbereiches und nicht wie in früheren Texten die Verwaltung. Daraus läßt sich ableiten, daß das für den Netzbetrieb notwendige Personal nicht komplett in eine Tochter überführt werden muß. Über einen Betriebsführungsvertrag könnte die Tochter somit das (teilweise) bei der Muttergesellschaft verbleibende Personal nutzen. Arbeitsrechtliche Bezüge sind bei dieser Managementlösung separat zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob es aus steuerlichen Gründen interessant sein könnte, nicht das Netz, sondern den Bereich Erzeugung und Vertrieb in eine Tochter zu überführen253. Nach dem Wortlaut der Richtlinienentwürfe wäre diese Lösung zumindest zulässig (steuerliche Optimierung). Die Richtlinienentwürfe treffen nur Aussagen zum Verhältnis der Bereiche Erzeugung/Vertrieb zum Bereich Netz (jeweils für Strom und Gas). Alle anderen Sparten werden nicht angesprochen. Sie lassen sich daher nach Belieben bei der Muttergesellschaft oder bei der Tochter ansiedeln. Auch die Gründung einer sogenannten Infrastrukturgesellschaft, die alle Netze in sich vereint, ist unbedenklich.

253

siert.

So hat sich beispielsweise HSE (HEAG Südhessische Energie AG) neu organi-

VII. Gemeinschaftsrechtliche Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Seit Erlaß des Stromeinspeisungsgesetzes im Jahre 1990 gibt es Streitigkeiten darüber, ob die dort enthaltenen Regelungen mit dem primären und sekundären Gemeinschaftsrecht übereinstimmen. Auch die Nachfolgeregelung, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, schafft darüber keine Klarheit. Zwar hat der Europäische Gerichtshof im März 2001 entschieden, daß das Gesetz euro parechtlich unbedenklich sei. Dieses Urteil wird in der Literatur differenziert bewertet. Auch hat das Gesetz seitdem zwei Änderungen erfahren, von denen insbesondere die erste, die Einführung einer besonderen Ausgleichsregelung für industrielle Stromgroßverbraucher, für die vorliegende Problematik von Bedeutung ist. Eine Gesetzesreform stand lange Zeit an und ist schlußendlich am 01. August 2004 in Kraft getreten. Nachfolgend werden die Probleme der Integration des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dargelegt. Betrachtung findet zunächst nur das Erneuerbare-Energien-Gesetz in seiner ersten Fassung. Im Anschluß daran werden sowohl die erste Gesetzesänderung, welche die besondere Ausgleichsregelung enthält1, als auch die novellierte Fassung miteinbezogen. Die Untersuchung schließt mit einem Fazit darüber, ob das Erneuerbare-Energien-Gesetz oder dessen Novelle gegen Gemeinschaftsrecht verstößt.

1. Problemskizze Konfliktpotential birgt zum einen der uneingeschränkte Abnahmezwang von in Deutschland produziertem regenerativem Strom durch in Deutschland tätige Energieversorgungsunternehmen zu festgesetzten Preisen. Darin wird ein Verstoß sowohl gegen das wettbewerbsrechtliche Beihilfeverbot als auch gegen die Warenverkehrsfreiheit gesehen2. Zum anderen unterliegt die, durch die erste Gesetzesänderung neu eingeführte besondere Ausgleichsregelung, dem Vorwurf der Ungleichbehandlung und des Willkürverbots. Für Kontroversen sorgt der Zwang, Unternehmen durch staatliche Maßnahmen zu einer nach Art. 81 Abs. 1 oder Art. 82 EGV verbotenen Handlung zu 1 Die zweite Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die zum 01.01.2004 in Kraft getreten ist, wird nicht beachtet, weil diese in erster Linie nur die Vergütung für Strom aus solarer Strahlungsenergie ändert und für die vorliegende Problematik belanglos ist. 2 Dazu ausführlich in Kap. VII. 9. ff.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

nötigen3. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht ein Verstoß des ErneuerbareEnergien-Gesetzes gegen Art. 81 Abs. 1 lit. a, c und d EGV: gegen die Festsetzung der Ankaufspreise regenerativen Stroms, die im Erneuerbare-Energien-Gesetz vorgeschrieben sind, gegen die Aufteilung der Märkte, die mittelbar durch den vorgeschriebenen Kreis der Nutznießer besteht und schließlich gegen die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen oder gleicher Ware zwischen den Handelspartnern, was einer Wettbewerbsverzerrung gleichkommt4. Die Kritiker des Erneuerbare-Energien-Gesetzes kommen aus den verschiedensten Reihen. Primär handelt es sind dabei um deutsche Energieversorgungsunternehmen, aber auch um in Deutschland Gewerbetreibende, für welche die Abnahmepflicht nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz besteht. Diese fühlen sich, nicht zu Unrecht, gegenüber den Wettbewerbern aus dem Ausland benachteiligt, vor allem gegenüber solchen, deren Strompreise nicht aufgrund von Gesetzen angehoben werden5. Weiterhin fühlen sich solche Stromproduzenten benachteiligt, die nicht von der Abnahmeverpflichtung der Netzbetreiber profitieren. Sie werden nicht in die vorteilhafte Lage versetzt, ihre „Kraftwerke“ risikolos betreiben zu können6, mit der Gewißheit, ihren Strom zu einem Festpreis absetzen zu können. Diese Besserstellung resultiert aber nicht aus ökologischem Bewußtsein der Abnehmer des regenerativen Stroms, sondern aufgrund eines Gesetzes, einer staatlichen Maßnahme. Darin wird eine Beihilfe angenommen7. Auf europäischer Ebene hat das Erneuerbare-Energien-Gesetz mittelbar auf solche Energieunternehmen Einfluß, die außerhalb der wirtschaftlichen Grenzen Deutschlands regenerativen Strom erzeugen. Deren Strom fällt nicht unter die vom Erneuerbare-Energien-Gesetz vorgeschriebene Abnahmepflicht, so daß er 3 Vgl. G. Bauer, Wettbewerbsbeschränkungen durch Staaten?, 1990, S. 127 m. w. Nachw.; A. v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, 16. EL 2000, Art. 5, Rdn. 61. 4 Dazu ausführlich in Kap. VII. 9. 5 In Deutschland geschieht dies durch das EEAusbG (EEG) aber auch durch das KWK-AG (KWKG) und das StromstG, vgl. dazu J. Flauger, Energiebranche besteht auf Sonderweg, Handelsblatt v. 17.02.2003, S. 16; nf./St., Trittin will Strom aus erneuerbaren Energien stärker fördern, FAZ v. 29.01.2003, S. 13; allerdings kennen auch andere Mitgliedstaaten eine durch Gesetz bedingte Förderung erneuerbarer Energie. 6 Vgl. EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 54; auch P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 189; wobei der Kreis der Nutznießer mit der Reform des EEG ausgeweitet werden soll, dazu C. Allwardt, Die wichtigsten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch den Referentenentwurf vom 12.08.2003, Studie für N-ERGIE vom 20.11.2003; ders., Die wichtigsten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch den Regierungsentwurf vom 18.11.2003, Studie für N-ERGIE vom 09.12.2003. 7 Dazu ausführlich in Kap. VII. 10.

2. Vom Stromeinspeisungs- zum Erneuerbare-Energien-Gesetz

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im Vergleich zum „deutschen grünen Strom“ nur zweitrangig behandelt wird. Konsequenz hiervon ist, daß der nicht-deutsche Energieversorger für das gleiche Produkt standortbedingt Absatzeinbußen hinnehmen muß. Hierin wird eine Diskriminierung gesehen, die sich als eine Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit im Sinne des Art. 28 EGV darstellt8. Die Ungleichbehandlung durch die besondere Ausgleichsregelung resultiert aus der Gegebenheit, daß nur das produzierende Gewerbe davon profitieren kann. Andere Stromverbraucher sind davon ausgenommen. Die Willkürlichkeit kommt dadurch zum Ausdruck, daß die profitierenden Unternehmen vorgegebene Grenzwerte zu überschreiten haben, um von der Regelung zu profitieren. Für die Höhe der Werte, wie etwa der jährliche Mindeststromverbrauch oder aber auch die Abhängigkeit der Stromkosten von der Bruttowertschöpfung, gibt es keine plausiblen Gründe. Der deutsche Gesetzgeber aber auch die Verfechter regenerativer Energien rechtfertigen die geschilderten Begebenheiten zum einen mit dem Umweltschutz und zum anderen mit der Wettbewerbsfähigkeit des produzierenden Gewerbes. Weil der Umweltschutz und die Ressourcenschonung einen sehr hohen Rang im Erneuerbare-Energien-Gesetz einnehmen, ist im Wege der Abwägung darüber zu entscheiden, ob dessen Regelungen die faktische Wettbewerbsverzerrung, die unterstellte Beihilfe und den eingeschränkten Warenverkehr zu rechtfertigen in der Lage sind. Die Antwort hierauf entscheidet darüber, ob das Erneuerbare-Energien-Gesetz dem Gemeinschaftsrecht entspricht oder nicht. Wird dies bejaht, ist darüber hinaus zu prüfen, ob und inwiefern die besondere Ausgleichsregelung daran etwas ändert. Das Inkrafttreten der Regenerativstromrichtlinie hat dazu beigetragen, insbesondere zur ersten Fragestellung mehr Klarheit zu bringen, weil sie stark an das Erneuerbare-Energien-Gesetz angelehnt ist.

2. Vom Stromeinspeisungsgesetz zum Erneuerbare-Energien-Gesetz Das Stromeinspeisungsgesetz war, seitdem es in Kraft getreten ist, sowohl verfassungsrechtlichen9 als auch europarechtlichen10 Bedenken ausgesetzt, so 8

Dazu ausführlich in Kap. VII. 11. Die Verfassungsmäßigkeit verneinend: K. H. Friauf, Das Stromeinspeisungsgesetz als Mittel einer unzulässigen Zwangssubventionierung zu Lasten privater Unternehmen, ET 1995, 597 ff.; F. Ossenbühl, Zur Verfassungswidrigkeit der Vergütungsregelung des Stromeinspeisungsgesetzes, RdE 1997, 46 ff., insb. 54 f.; P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 187 ff.; H.G. Dederer/C. Schneller, Garantierte Stromeinspeisungs-Vergütung versus ZertifikatsHandelsmodell, RdE 2000, 216 ff.; die Verfassungsmäßigkeit bejahend: E. M. Hucko, Zum Stromeinspeisungsgesetz, zum Verfassungsrecht als Nothelfer und zur Rechtskul9

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

daß das Bundesverfassungsgericht11 als auch der Europäische Gerichtshof12 mit den einschlägigen Problemen befaßt wurden13. Eine Vielzahl von juristischen Gutachten wurde zu dieser Streitfrage von verschiedenen Interessengruppen mit den unterschiedlichsten Ergebnissen vorgelegt14. Diesbezügliche Klarheit bringt

tur der alten Griechen, RdE 1995, 141 f.; R. Scholz, Die Vergütungsregelung des Stromeinspeisungsgesetzes als Mittel verfassungsmäßiger Wirtschaftslenkung und Umweltpolitik, ET 1995, 600 ff.; C. Theobald, Verfassungsmäßigkeit des Stromeinspeisungsgesetz, NJW 1997, 550 ff., insb. 554; S. Studenroth, Verfassungswidrigkeit des Stromeinspeisungsgesetzes?, DVBl 1995, 1216 ff.; umfassend und mit zahlreichen Nachw. P. Salje, EEG, Einführung, Rdn. 100 ff.; Neutral: hat verfassungsrechtlich keine Einwände, sieht das StrEG aber als hart zur Grenze der Verfassungswidrigkeit an: H.-W. Arndt, Zur finanzverfassungsrechtlichen Zulässigkeit subventionierender Vergütungen nach dem Stromeinspeisungsgesetz v. 7. Dezember 1990, RdE 1995, 49; ähnlich auch M. Pohlmann, Der Streit um das Stromeinspeisungsgesetz vor dem Grundgesetz, NJW 1997, 550; mit Schwerpunkt auf der Weitergabe der politischen Mehrbelastung U. Büdenbender, Die Weitergabe politischer Mehrbelastung an endverbrauchende Kunden, ET 2001, 298 ff. 10 Einen Verstoß gegen das Europarecht bejahend K. Gent, Deutsches Stromeinspeisungsgesetz und Europäisches Wettbewerbsrecht, ET 1999, 854 ff., insb. S. 858; P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 192; hingegen verneinend H. Pünder, Die Förderung alternativer Energiequellen durch das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des europäischen Gemeinschaftsrechts, NVwZ 1999, 1059 m. w. Nachw.; H. Falk, Die materielle Beurteilung des deutschen Stromeinspeisungsgesetzes nach europäischem Beihilferecht, ZIP 1999, 738 ff.; D. Fouquet/I. Zenke, Das Stromeinspeisegesetz auf dem europarechtlichen Prüfstand, ZNER 1999, 61 ff.; das StrEG europarechtlich als unproblematisch erachtend, aber u. U. Probleme auf deutscher Verfassungsebene sehend, M. Gellermann, Das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des Europäischen Gemeinschaftsrechts, DVBl 2000, 509 ff. 11 Die Verfassungsmäßigkeit verneinend AG Plön, C-350/96, NJW 1997, S. 591 f. (Das BVerfG hat die Akten des AG Plön an diesen, ohne Entscheidung zurückgereicht, mit der Begründung der Erledigung in Folge Außerkrafttretens des StrEG – ein verfahrensrechtliches Novum); zunächst verneinend LG Karlsruhe, Beschluß v. 29.08.1995 – Az.: 2 O 176/95, abgedruckt in RdE 1996, 75 f., später aber doch befürwortend LG Karlsruhe Beschluß v. 10.05.199 – Az.: 2 O 176/95 = NJW 1997, 590 (Das BVerfG gab dem LG Karlsruhe mit Beschluß v. 09.01.1996 – 2 BvL 12/95, eine „Chance zur Nachbesserung“ des erst ergangenen Urteils = NJW, 1997, 573 f.); weiterhin befürwortend BGHZ 119, 335 (336, 340 f.); 133, 177 (179); 134, 1 (1, 10, 13) und OLG Schleswig, Urt. v. 7.09.1999 – Az: 6 U Kart 87/97 = ZNER 1999, 149 ff. 12 Vgl. EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001. 13 So war das PreussenElektra-Urteil zunächst das letzte Verfahren vor dem EuGH; vgl. C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 346; auch vor dem BVerfG gibt es derzeit wohl keine anhängigen Verfahren mehr, vgl. J.-P. Schneider, Verfassungs- und europarechtliche Risiken einer Privilegierung stromintensiver Industrien im Rahmen des Belastungsausgleichs nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, ZNER 2003, 93 m. w. Nachw. 14 So z. B. K. H. Friauf, Rechtsgutachten für die Badenwerk AG, erstattet im Juli 1995; F. Ossenbühl, Rechtsgutachten für die PreussenElektra, erstattet im September 1995; R. Scholz, Rechtsgutachten im Auftrag des Bundesverbandes Deutsche Wasserkraftwerke, abgedruckt in: Windenergie Aktuell 7/1995, 15 ff.

2. Vom Stromeinspeisungs- zum Erneuerbare-Energien-Gesetz

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erstmalig das PreussenElektra-Urteil, das dem Stromeinspeisungsgesetz keine europarechtswidrigen Qualitäten beimißt15. Bei dem Stromeinspeisungsgesetz handelt es sich um eine von der Bundesregierung nach Art. 88 Abs. 3 EGV notifizierte deutsche Beihilfe16, die in ihrer ersten Fassung von der Kommission durch Schreiben vom 19. Dezember 1990 beihilferechtlich genehmigt wurde17. Aus der Genehmigungsbegründung läßt sich allerdings ersehen, daß keine eingehende Prüfung der Beihilfequalität des Gesetzes erfolgte18, vielmehr wurde es aufgrund des gering prognostizierten Unterstützungsvolumens genehmigt19. Allerdings erreichten die Erlöse der Elektrizitätserzeuger, die Strom aus regenerativen Energien gewinnen, fast das Achtfache der ursprünglich geschätzten Werte20. Neuer Unfriede entstand dadurch, 15 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001; vgl. Kap. VII. 3. 16 s. BT-Drucks. 11/7816, S. 4 Nr. 9; s. a. EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 11. 17 Vgl. EG-Kommission (Hrsg.), XX. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1991, Tz. 291; vgl. auch EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 11; auch P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 187; a. A. D. Fouquet/I. Zenke, Das Stromeinspeisegesetz auf dem europarechtlichen Prüfstand, ZNER 1999, 63. 18 Was aber auch daran liegen kann, daß es sich bei der Beihilfeprüfung lediglich um eine repressive Kontrolle nach Art. 88 Abs. 1 EGV handelte, die im Fall von Altbeihilfen angewandt wird, wenn die Beihilferegelung also schon besteht, vgl. hierzu genauer C. Koenig/J.-D. Braun, Eigentumsschutz nach Art. 14 GG für durch staatliche Beihilfen Erworbenes?, NvWZ 1999, 1057. 19 Die Kommission führte in ihrem Wettbewerbsbericht aus, daß der Beihilfesatz, abhängig von der Energiequelle zwar zwischen 28% und 48% beträgt, sie vermutete aber, daß das keine Strompreiserhöhung mit sich ziehen würde (EG-Kommission (Hrsg.), XX. Bericht über die Wettbewerbspolitik, Tz. 291). Deswegen stehe der Gesetzentwurf im Einklang mit der Empfehlung des Rates v. 8.11.1988 (ABlEG 1988, Rs. L 335/29 v. 07.12.1988 zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Energieversorgungsunternehmen und Eigenerzeugern). Der deutsche Gesetzgeber schätzte den entstehenden Mehraufwand auf ca. 50 Mio. DM p.a., bzw. auf 0,1% der Erlöse der EVU aus Stromlieferungen an Letztverbraucher (BT-Drucks. 11/7816, S. 4 Nr. 6); a. A. E. M. Hucko, Zum Stromeinspeisungsgesetz, zum Verfassungsrecht als Nothelfer und zur Rechtskultur der alten Griechen, RdE 1995, 141, der damals von einer Summe von 150 Mio. DM sprach und ebenfalls einen prozentualen Anteil von 0,1% erwähnte; kritisch dazu K. Gent, Deutsches Stromeinspeisungsgesetz und Europäisches Wettbewerbsrecht, ET 1999, 854 ff.; P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 187 f., in dem die Mehrerlöse auf ca. 48 Mio. DM p.a. von der Kommission beziffert werden; ders., EEG, Einführung, Rdn. 8 ff., S. 16 f., Rdn. 14, S. 18 f. 20 Vgl. K. Gent, Deutsches Stromeinspeisungsgesetz und Europäisches Wettbewerbsrecht, ET 1999, 855; dazu auch A. Feuerborn, in: Danner, StrEG, Vorbemerkung, Rdn. 5 f.; dem Urteil des EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 20 ist zu entnehmen: „. . . daß der Anteil von Windstrom am gesamten Stromabsatz der Beklagten, der 1991 bei 0,77 % lag, seither kontinuierlich gestiegen ist und 1998 etwa 15 % betrug“, der Erhöhungsfaktor liegt hier sogar bei etwa 20, wobei es sich hierbei lediglich um Windenergie handelt;

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

daß der deutsche Gesetzgeber es versäumt hat, die erste Gesetzesänderung von 1994 zu notifizieren21. Aber auch die weit umfassendere Novellierung von 1998, in der die veränderte Härteklausel eingeführt wurde, ist von der Bundesregierung nicht notifiziert worden, was wiederum zu heftigen Debatten führte. Strittig war, ob die Novellierung gegen primäres Gemeinschaftsrecht verstoßen hätte und daher hätte notifiziert werden müssen22. Wegen dieser Unklarheit ist somit auch fraglich, inwieweit die Sperrwirkung des Art. 88 Abs. 3 EGV ausgelöst wurde23. Durch die Einführung des Stromsteuergesetzes, das am 01. April 1999 in Kraft getreten ist, hätte sich die Einspeisevergütung, die nach dem Stromeinspeisungsgesetz zu entrichten gewesen wäre, abermals verteuert. Weil dies aber auch das erklärte Ziel der Regierung gewesen ist, und erneuerbare Energien hierdurch bessergestellt wurden, fand die Kommission darin einen Anlaß dafür, das Stromeinspeisungsgesetz erneut, gemäß Art. 88 Abs. 2 EGV zu überprüfen, weil Deutschland es versäumt hatte die durch die Stromsteuer eingeführte Beihilfe zu notifizieren24. Das gegen Deutschland eingeleitete Verfahren befaßte sich aber nicht mit der beihilferechtlichen Problematik der Einspeisevergütung durch das Stromeinspeisungsgesetz, sondern wendete sich gegen die Erhöhung der Einspeisevergütung, die durch die Neueinführung des Stromsteuergesetzes eingetreten wäre25. Allerdings hätte sich die Erhöhung der Vergütung aufgrund genauere Zahlenwerte finden sich im Bericht zur Härteklausel nach § 4 Abs. 4 des Stromeinspeisungsgesetzes (BT-Drucks. 14/2371 v. 15.12.1999.) 21 Problematisch bei der Nichtnotifizierung der Änderung von 1994 ist, daß die Genehmigung der ursprünglichen Fassung, die Betriebskostenbeihilfe, auf drei Jahre begrenzt war und 1994 ausgelaufen ist; dazu genauer P. Salje, EEG, Einführung, Rdn. 96; im Widerspruch dazu sagt ders. in: P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 187, daß die ursprüngliche Genehmigung lediglich auf zwei Jahre begrenzt war, und am 18.12.1992 ausgelaufen ist; D. Fouquet/I. Zenke hingegen vertreten die Auffassung, daß es sich bei dem Stromeinspeisungsgesetz um keine zu notifizierende Beihilfe handelt, in: dies., Das Stromeinspeisegesetz auf dem europarechtlichen Prüfstand, ZNER 1999, 63; zu den Betriebsbeihilfen vgl. ABlEG 1994, Rs. C 72/3 v. 10.03.1994 (nicht mehr gültig), insb. Punkt 1.5.3, 2.3, 3.4. 22 Vgl. H. Falk, Die materielle Beurteilung des deutschen Stromeinspeisungsgesetzes nach europäischem Beihilferecht, ZIP 1999, 738; ausführlich zum Hergang der Notifizierung B. Nagel, Die Vereinbarkeit des EEG mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht, Vortrag beim Bundesverband WindEnergie e. V. am 08.08.2000. 23 So und ausführlich P. Salje, EEG, Einführung, Rdn. 93, 96, 99. 24 Vgl. ABlEG 1999, Rs. C 306/19 v. 23.10.1999; zur Überprüfung unter Beihilfeaspekten H. Pünder, Die Förderung alternativer Energiequellen durch das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des europäischen Gemeinschaftsrechts, NVwZ 1999, 1060 m. w. Nachw. 25 Vgl. ABlEG 1999, Rs. C 306/19 v. 23.10.1999; durch die Auswirkungen der Stromsteuer auf den durchschnittlichen Strompreis erhöht sich zumindest formell die Einspeisevergütung nach § 3 StrEG; die Kommission hatte der Freistellung nach Art. 87 und 88 EGV bereits stattgegeben, s. ABlEG 1999, Rs. C 166/02 v. 12.06.

2. Vom Stromeinspeisungs- zum Erneuerbare-Energien-Gesetz

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des Stromsteuergesetzes erst im Jahr 2001 bemerkbar gemacht. Wegen der beihilferechtlichen Bedenken der Europäischen Kommission wurde das Stromsteuergesetz noch in dem selben Jahr modifiziert, so daß das Stromsteuergesetz keine Auswirkung auf die Vergütung hatte26. Die Kommission zweifelte die Rechtmäßigkeit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes trotzdem an, und stufte dieses als nicht notifizierte Beihilfe ein27. In seinem Schlußantrag im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof über die Rechtmäßigkeit des Stromeinspeisungsgesetzes verneint Generalanwalt Jacobs zum einen die unzulässige Beihilfe, bekräftigt zum anderen aber die Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit, die sich seiner Ansicht nach jedoch durch Gründe des Umweltschutzes rechtfertigen läßt28. Der Europäische Gerichtshof folgt dem und erklärt das Stromeinspeisungsgesetz als mit Europäischem Recht vereinbar29. Durch das Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes am 01. April 2000 ist das Stromeinspeisungsgesetz außer Kraft getreten. Dieser Wandel kam nicht ganz unerwartet. Bereits mit der Einleitung des Beihilfeverfahrens wurde damit gerechnet, daß das Stromeinspeisungsgesetz in Übereinstimmung mit der Kommission geändert wird30. Eine erste Änderung hat das Erneuerbare-Energien-Gesetz am 22. Juli 2003 erfahren, in dem dem Gesetz im wesentlichen eine besondere Ausgleichsregelung, von der industrielle Großverbraucher profitieren, beigefügt wurde. Die zweite Änderung vom 22. Dezember 2003 faßt die Vergütung für Strom aus solarer Strahlungsenergie neu. Im Jahr 2004 wurde das Erneuerbare-Energien-Gesetz grundlegend novelliert31.

1999; s. a. EG-Kommission (Hrsg.), XXIX. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1999, Rdn. 253 (SEK(2000)720 endg. v. 05.05.2000). 26 Vgl. BGBl. I/1999 S. 2432 v. 16.12.1999; Änderungen des Art. 2 Nr. 5 Buchstabe b, c, d und e erlangen erst Gültigkeit wenn die Europäische Kommission hierfür die Genehmigung erteilt, frühestens aber am 01.01.2000, s. Art. 3 Abs. 2 StrStG n. F. 27 Vgl. C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 346. 28 GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH v. 26.10.2000 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 106 ff., insb. Rdn. 186 und Rdn. 232 f. i. V. m. Rdn. 238. 29 EuGH v. 26.10.2000 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099. 30 Vgl. P. Salje, EEG, Einführung, Rdn. 99; A. Feuerborn, in: Danner, StrEG, § 3, Rdn. 11; aber auch die Klausel des 5%-Deckels sollte abgeschafft werden, weil das Erreichen der Grenzen dieser Vorschrift, damals in naher Zukunft lag, vgl. dazu BTDrucks. 14/2371. 31 Dazu C. Allwardt, Die wichtigsten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch den Referentenentwurf vom 12.08.2003, Studie für N-ERGIE vom 20.11. 2003; ders., Die wichtigsten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch den Regierungsentwurf vom 18.11.2003, Studie für N-ERGIE vom 09.12.2003; zur endgültigen Fassung in Kap. II. 2. c) cc).

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

3. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zum Stromeinspeisungsgesetz Aufgrund eines Vorlagebeschlusses des LG Kiel vom 01. September 199832 war beim Europäischen Gerichtshof ein Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EGV, insbesondere wegen der Vereinbarkeit der §§ 2, 3, 4 StrEG mit dem EG-Beihilferecht (Art. 87 f. EGV) und dem Recht auf freien Warenverkehr (Art. 28 ff. EGV) anhängig33. Die Entscheidung fiel zugunsten des Stromeinspeisungsgesetzes aus. Zwar entschied der Europäische Gerichtshof darüber erst im März 2001, also nachdem das Stromeinspeisungsgesetz bereits durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz ersetzt worden und die Regenerativstromrichtlinie in Kraft getreten war. Diese Entscheidung gilt dessen ungeachtet als richtungsweisend, nicht zuletzt, weil sich dieser Richterspruch auch auf das ErneuerbareEnergien-Gesetz übertragen läßt34. Aus beihilferechtlicher Sicht, läßt sich das Urteil sogar auf das Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz übertragen35. Aus Umweltschutzgründen ist mit dieser Aussage eher Zurückhaltung geboten, weil der reine Kraft-Wärme-Kopplungsprozeß keine Angaben zum Primärenergieträger macht und somit auch fossile Energieträger zuläßt36. Der Europäische Gerichtshof lehnt den Tatbestand der Beihilfe mit der Begründung ab, daß durch den Abnahme- und Finanzierungsmechanismus des Erneuerbare-Energien-Gesetzes der Staat weder mittelbar noch unmittelbar tätig oder finanziell belastet werde37. Die Ausgleichszahlungen flössen direkt zwischen den beteiligten Unternehmen, ohne daß der Staat als Zwischenhändler 32 Vgl. Vorlagebeschluß des LG Kiel an den EuGH, EuZW 1999, 29; vgl. hierzu auch: Brüssel nimmt Beihilfeprüfung für regenerativen Strom auf, Handelsblatt Nr. 74, 13.04.2000, S. 23. 33 Vgl. EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 27; Vorlagebeschluß des LG Kiel an den EuGH, EuZW 1999, 29. 34 So auch C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 349; W. Heller, Stromeinspeisungsgesetz bestätigt – europäisches Beihilferecht keine Allheilmittel gegen ordnungspolitische Fehlentwicklungen, GewArch 2001, 193; A. Witthohn/U. Smeddinck, Die EuGH-Rechtsprechung zum Stromeinspeisungsgesetz – ein Beitrag zum Umweltschutz?, ET 2001, 466; so wohl auch W. Gronau/A. Topp, Darf man KWK fördern?, ZNER 2001, 145; U. Ehricke, Staatliche Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Energien und europäisches Wettbewerbsrecht, RdE 2003, 64. 35 s. M. Schmidt-Preuß, Europarechtliche und verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Energiepolitik, in: R. Hendler u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 44 f. 36 s. M. Schmidt-Preuß, Europarechtliche und verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen der Energiepolitik, in: R. Hendler u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 51. 37 Vgl. EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 58 f., 61 f.

3. Entscheidung zum Stromeinspeisungsgesetz

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agiere. Diese Argumentation bietet viele Kritikpunkte, aber auch die Entscheidung ist mehr als strittig und wird von manchen als Widerspruch zu vorhergehenden Entscheidungen gesehen38. Andererseits werden zur Verteidigung der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs die Fälle van Tiggele39 und Sloman Neptun40 angeführt, in denen der Europäische Gerichtshof den Tatbestand der Beihilfe verneint hat, weil der Staat weder mittelbar noch unmittelbar tätig werde, sondern ausschließlich dritte Privatpersonen belastet würden41. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz bringt weder unmittelbar oder mittelbar noch nachträglich für die öffentliche Hand eine Geld- oder Naturalleistung oder einen Verzicht auf die Steuererhebung oder andere ihr geschuldete Geld- oder Naturalleistungen mit sich, so daß die Begünstigung nicht zu Lasten der öffentlichen Hand gehe42. Weil wichtige Ziele der Energiepreisaufsicht, wie auch des Erneuerbare-Energien-Gesetzes der Umweltschutz und die Ressourcenschonung sind, wird eine Einbeziehung der Kosten aus Stromeinspeisung in die von den Tarifabnehmern verlangten Entgelte (Tarifgenehmigung) ermöglicht43. Das heißt, daß die von der Ausgleichszahlung betroffenen Energieversorgungsunternehmen die Mehrkosten an die Endverbraucher weitergeben können44. Die gezahlten Vergütungen fließen im Sinne eines reinen Finanztransfers entsprechend dem gemeinschaftsrechtlichen Verursacherprinzip direkt in die Stromentstehungs-

38 Dazu ausführlich S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung regenerativer Stromeinspeisungen in Deutschland, 2000, S. 103 ff., insb. S. 110; S. Heselhaus, Rechtfertigung unmittelbar diskriminierender Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit, EuZW 2001, 645 f.; vgl. auch Fn. 260; a. A. H.-P. Schwintowski, Umweltschutz und Wettbewerb – zwei Seiten derselben Medaille, ZNER 2001, 82; vgl. a. F. C. Mayer, Die Warenverkehrsfreiheit im Europarecht – eine Rekonstruktion, EuR 2003, 808. 39 EuGH v. 24.01.1978 – Rs. 82/77 (Niederländische Staatsanwaltschaft/Van Tiggele), Slg. 1978, I-25; zum Urteil S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung regenerativer Stromeinspeisungen in Deutschland, 2000, S. 103 f. 40 EuGH v. 17.03.1993 – verb. Rs. C-72/91 und 73/91 (Sloman Neptun), Slg. 1993, I-887; zum Urteil S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung regenerativer Stromeinspeisungen in Deutschland, 2000, S. 107 f. 41 Vgl. EuGH v. 24.01.1978 – Rs. 82/77 (Niederländische Staatsanwaltschaft/Van Tiggele), Slg. 1978, I-25, Rdn. 23/25 und EuGH v. 17.03.1993 – verb. Rs. C-72/91 und 73/91 (Sloman Neptun), Slg. 1993, I-887, Rdn. 19 ff. 42 Vgl. H. Pünder, Die Förderung alternativer Energiequellen durch das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des europäischen Gemeinschaftsrechts, NVwZ 1999, 1059 f. m. w. Nachw.; genauer EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001. 43 § 12 BTOElt, vgl. P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 188 m. w. Nachw. (s. Fn. 19 in Salje). 44 Vgl. EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 22, VDEW prognostiziert ein Mehrbelastung für die Endverbraucher im Jahre 1994 auf ca. 125–150 Mio. DM (FAZ v. 17.05.1995, S. 15); ausführlich zur Abwälzbarkeit der Mehrkosten U. Büdenbender, Die Weitergabe politischer Mehrbelastung an endverbrauchende Kunden, ET 2001, 298 ff., insb. 303 f., 320 f.; s. a. Fn. 19.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

kosten ein45. Aus den genannten Gründen subsumiert der Gerichtshof, daß eine endgültige staatliche Mittelbelastung nicht vorliege, weshalb er berechtigterweise die Beihilfebelastung des Gesetzes ablehnt46. Eine Verletzung des freien Warenverkehrs nach Art. 28 EGV wird ebenfalls abgelehnt. Durchaus konstatiert der Europäische Gerichtshof, daß das Erneuerbare-Energien-Gesetz geeignet ist, den zwischenstaatlichen Warenverkehr potentiell zu behindern, sieht diesen aber gerechtfertigt, weil diese Maßnahme dem von der Europäischen Gemeinschaft vorrangig verfolgten Ziel des Umweltschutzes nachkomme47. Häufiger Kritikpunkt ist hierbei, daß der Gerichtshof, um Rechtsklarheit zu schaffen, keine klare Linie zwischen der Regelung des Art. 30 EGV und der Cassis-Formel ziehe48, beides Regelungen, die den Warenverkehr einzuschränken vermögen. So geht der Europäische Gerichtshof über eine eindeutige Erläuterung hinweg, indem er als Rechtfertigung eine Kombination aus den beiden genannten Methoden gibt und den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen mittelbar dem Umweltschutz zuordnet49, Tatbestandsmerkmale die in Art. 30 EGV genannt werden und eine Einschränkung des Warenverkehrs zu rechtfertigen vermögen, auch wenn es sich dabei um eine diskriminierende Maßnahme handelt. Erstaunlich ist indes, gerade weil es sich im vorliegenden Fall um eine prekäre Angelegenheit handelt, daß der Gerichtshof keine Verhältnismäßigkeitsprüfung vornimmt, ja diese in seinem Urteil nicht einmal erwähnt50. Summa summarum wurden die im Stromeinspeisungsgesetz enthaltenen Regelungen allesamt für vertragsgemäß erklärt. Generalanwalt Jacobs hatte bereits in seinen Schlußanträgen den Tatbestand einer Beihilfe bei Mindestpreisen und Abnahmezwang verneint. Dieser Meinung hat sich der Europäische Gerichtshof angeschlossen51. Obwohl dieses Urteil auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz übertragbar ist52, hat Wettbewerbskommissar Monti Deutschland darüber informiert, daß seine Beamten das Erneuerbare-Energien-Gesetz auf eventuelle beihilferechtliche Ungereimtheiten hin überprüfen werden. Zweifel bestehen hier 45 Vgl. BT-Drucks. 14/2776 v. 23.02.2000, Begründung zum Erneuerbare-EnergienGesetz, Anhang, A. Allgemeiner Teil, S. 20. 46 Vgl. P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 188. 47 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 69, 73 f. 48 Zur Cassis-Formel vgl. Kap. V. 5. b) f., ausführlich zu dessen Anwendung in Kap. VII. 11. 49 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I 2099, Rdn. 75. 50 Dazu ausführlich in Kap. VII. 11. 51 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 24; zur staatlichen Beihilfe Rdn. 58, 61 ff., 66. 52 Vgl. Fn. 34.

4. Umsetzung der Regenerativstromrichtlinie

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zu allererst über die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit als Beihilfemaßnahme53. Bedenken hat Monti vor allem aufgrund des Zwangs der Abnahme von Strom zu überhöhten Preisen54.

4. Umsetzung der Regenerativstromrichtlinie Die wichtigsten in der Richtlinie geforderten Ziele sind die Gewährleistung des Netzanschlusses regenerativer Kraftwerke, die Festlegung von Richtzielen für den Verbrauch von regenerativ erzeugtem Strom und die Entwicklung eines Systems von Herkunftsnachweisen. Somit kann das Erneuerbare-Energien-Gesetz als Umsetzung der Regenerativstromrichtlinie gesehen werden. Die in der Richtlinie bestimmten Rahmenbedingungen sind in Deutschland größtenteils bereits umgesetzt55, wobei auch die Richtlinie keine direkte Festlegung von Mindestpreisen zugunsten des Umweltschutzes vorsieht. Im Unterschied zum Erneuerbare-Energien-Gesetz sieht die Regenerativstromrichtlinie die Einführung von Herkunftszertifikaten vor56. Schon in dem am 31. Mai 2000 vorgelegten Vorschlag für eine Regenerativstromrichtlinie57 vertritt die Kommission die Auffassung, daß die Einführung eines Systems von Herkunftszertifikaten für Strom aus erneuerbaren Energiequellen, die einer gegenseitigen Anerkennung zugänglich sein sollen, durch die einzelnen Mitgliedstaaten unabdingbar sei, um den Handel mit diesem Strom zuverlässig und praktisch möglich zu machen58. In dieser Deutlichkeit wird der Herkunftsnachweis letztlich in der Regenerativstromrichtlinie nicht hervorgestellt, doch wird deutlich gemacht, daß die Verweigerung der Anerkennung eines Herkunftsnachweises die Ausnahme sein soll (Art. 5 Abs. 4 RegStRL). Vermutlich soll hiermit zum einen auf die Fördermodelle anderer Staaten eingegangen werden, wie z. B. die Großbritanniens und Dänemarks, die ein Quotenmodell mit handelbaren Zertifikaten haben59. Zum anderen ermöglicht das System von Herkunftszertifikaten, die Förderung auslän-

53 Vgl. C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 346; hierzu ausführlich in Kap. VII. 11. b). 54 Vgl. o. V., Die EU-Kommission prüft das deutsche Ökostromgesetz, FAZ, 24.07.2001, S. 17. 55 So auch J.-P. Schneider, in: ders./C. Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, 2003, § 18, Rdn. 185. 56 So auch J.-P. Schneider, in: ders./C. Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 18, Rdn. 185; zur Umsetzung V. Oschmann, Strom aus erneuerbaren Energien im Europarecht, S. 243 ff. 57 ABlEG 2000, Rs. C 311/320 E v. 31.10.2000, geändert durch ABlEG 2001, Rs. C 223/294 v. 08.08.2001. 58 s. hierzu auch EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 80. 59 Vgl. T. Zimmer, Bericht: Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, DÖV 2002, S. 202; zu den Quotenmodellen ausführlicher in Kap. VII. 8. b) bb) (3).

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

dischen regenerativen Stroms zu berücksichtigen, weil sich nachvollziehen läßt, wie viel, aber vor allem wo der regenerative Strom produziert wurde60. Dies dient nicht nur der statistischen Auswertung, sondern ist hilfreich, um zu einem späteren Zeitpunkt einen staatenübergreifenden Handel mit ökologisch produziertem Strom zu realisieren, wodurch die bestehenden Einschränkungen der Warenverkehrsfreiheit zurückgedrängt werden61. Gleichzeitig ermöglicht es der Kommission, den eingeschränkten zwischenstaatlichen Verkehr solchen elektrischen Stroms besser begründen zu können, der nicht aus regenerativen Energien gewonnen wird. Um dem nachzukommen, sieht der deutsche Gesetzesentwurf zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes die Einführung von Herkunftszertifikaten vor62.

5. Regenerative Energien und Wettbewerb Essentielle Aufgabe der Gemeinschaft, speziell aber der Mitgliedstaaten, ist es, die notwendigen Voraussetzungen der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie der Gemeinschaft zu schaffen (Art. 157 Abs. 1 EGV)63. Davon ist die Industrie, die Strom aus regenerativen Energiequellen erzeugt, nicht ausgeschlossen64. So bleibt es nicht aus, daß bei der Gestaltung eines energiewirtschaftlichen Ordnungsrahmens, speziell eines umweltschonenden, Spannungsverhältnisse hinsichtlich des marktwirtschaftlichen Wettbewerbsprinzips kreiert werden. Insbesondere bestehen diese in der Integration von Unternehmen, der Umweltnutzung, sowie der nationalen Versorgungssicherheit65. Mit Blick auf das Grünbuch über die Versorgungssicherheit66 und die Regenerativstromrichtlinie wird jedoch ersichtlich, daß es neuerdings eine Prioritätenverschiebung vom Wettbewerb in Richtung Gemeinwohl gibt67.

60 Ähnlich EuGH v. 02.04.1998 – Rs. C-213/96 (Outokumpu), Slg. 1998, I-1777, Rdn. 39. 61 Vgl. dazu Kap. VII. 11. d) bb). 62 Vgl. C. Allwardt, Die wichtigsten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch den Referentenentwurf vom 12.08.2003, Studie für N-ERGIE vom 20.11. 2003, S. 21; ders., Die wichtigsten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch den Regierungsentwurf vom 18.11.2003, Studie für N-ERGIE vom 09.12.2003, S. 21. 63 Vgl. Kap. V. 7. 64 Vgl. T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 950, 965 f. 65 Dazu auch P. Drasdo u. a., Konzentration und Wettbewerb in der deutschen Energiewirtschaft, S. 7 ff. 66 Sogenanntes Grünbuch über die Energieversorgungssicherheit, KOM(2000)769 endg. v. 29.11.2001. 67 Vgl. G. Kühne, Gemeinschaftsrechtlicher Ordnungsrahmen der Energiewirtschaft zwischen Wettbewerb und Gemeinwohl, RdE 2002, 257 f.; mit Bezug auf den Umweltschutz C. Nowak, Perspektiven einer umweltverfassungskonformen Auslegung der

5. Regenerative Energien und Wettbewerb

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Wie gesehen, kommt Deutschland dieser Aufgabe zunächst mit dem Stromeinspeisungsgesetz und später mit dessen Nachfolgeregelung, dem ErneuerbareEnergien-Gesetz nach. Weil Strom ein existentielles Gut ist, ist die Deckelung der Strompreise, so wie es die Bundestarifordnung Elektrizität in Deutschland vorsieht, für den Verbraucher wünschenswert, nicht zuletzt, weil die sichere Stromversorgung zu marktwirtschaftlich verträglichen Preisen eine der wichtigsten Aufgabe der Gemeinschaft ist68. Im Fall der regenerativen Energie hingegen stellt sich die Situation aber gerade umgekehrt dar. Es wird ein Mindestpreis festgelegt, der nicht gedeckelt ist. Dies trifft den Endverbraucher über die Weitergabe der Strompreise an diesen mittelbar. Allerdings gewährt dies zum einen die Überlebenschance der Industriesparte, die umweltverträglich Strom produziert und ansonsten verdrängt werden würde69. Längerfristig betrachtet ist das Ziel, den Markt derart zu verändern, daß die Anbieter regenerativer Energie auch ohne Preisstützungssystem mit den Anbietern konventioneller Kraftwerke zu Bedingungen der freien Marktwirtschaft konkurrieren können70. Dies erklärt auch, warum eine Durchleitungsverweigerung regenerativen Stroms wegen Unzumutbarkeit nicht gewährt werden muß71. Zumindest ist die Verweigerungsbarriere zur Durchleitung regenerativen Stroms wesentlich schwerer zu passieren, als die für Strom, der aus konventionellen Kraftwerken gewonnen wird72. Wird nämlich die Verteilung regenerativer Energie verdrängt oder eingeschränkt, wird der wirtschaftliche Betrieb und somit die Überlebenschance zusätzlich gefährdet73. Eine Verdrängung dieses Energiezweiges vom Markt wäre die Konsequenz, ein Verdrängungswettbewerb, der gerade nicht gewollt ist, weeuropäischen Wirtschaftsverfassung, in: T. Bruha/J. J. Hesse/ders. (Hrsg.), Welche Verfassung für Europa?, 2001, insb. S. 227 ff. 68 ABlEG 2001, Rs. C 17/04 v. 19.01.2001, S. 21; s. a. Fn. 6 f. 69 Vorausgesetzt den Fall, daß es sich dabei weder um ein Forschungslabor noch um die Tochter einer großen Unternehmung handelt, die finanziell in der Lage ist, sich ein Zuschußgeschäft zu leisten; so auch P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 189; auch EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 26; o.V., Was ist das EEG? Trittin will Ökostrom stärker fördern, Handelsblatt v. 15.08.2003, S. 3; ähnlich H. Pünder, Die Förderung alternativer Energiequellen durch das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des europäischen Gemeinschaftsrechts, NVwZ 1999, 1060 m. w. Nachw.; a. A. T. Weller, Marktaspekte der verteilten Energieerzeugung, ET 2001, 94, der der Windenergie sehr wohl die Erzeugung von Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen zuspricht. Bei der Photovoltaik teilt er die herrschende Meinung. 70 Vgl. U. Ehricke, Staatliche Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Energien und europäisches Wettbewerbsrecht, RdE 2003, 57; s. a. Fn. 489. 71 Dazu ausführlich in Kap. VI. 4. d) ee) (1). 72 Hiervon ausgenommen ist Strom aus KWK-Anlagen; vgl. dazu ausführlich für Strom aus fossilen Energieträgern in Kap. VI. 4. d) und für Strom aus regenerativen Energieträgern in Kap. VI. 4. d) ee). 73 So W. Zander u. a. (Hrsg.), Strombeschaffung im liberalisierten Energiemarkt, 2000, S. 108; W. Harms, Zur Anwendung der Schutzklauseln für Öko-, KWK- und

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

der auf nationaler noch auf europäischer Ebene. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz wäre dann überflüssig und in logischer Konsequenz wäre auch die Regenerativstromrichtlinie nicht umgesetzt. Studenroth rechtfertigt die Preisfestsetzung damit, daß die Subventionierung einer Mindestpreisregelung immanent ist. Sie soll den durch die Preisfestsetzung Begünstigten in wirtschaftlicher Hinsicht absichern. Dies umfaßt in gewissen Grenzen auch die Gewinnerzielung und läßt nicht nur die Festlegung eines kostendeckenden Preises zu74. Dies ist indes problematisch. Prinzipiell ist nichts gegen eine wirtschaftliche Absicherung einzuwenden und schon gar nichts gegen eine Gewinnerzielung, wenn diese aus eigenen Stücken kommt. Der Konkurrenz, die Strom aus fossilen Energieträgern generiert, steht auch keine subventionierte, wirtschaftliche Absicherung zu und schon gar keine garantierte Gewinnerzielung.

6. Das Verhältnis Wettbewerb, Beihilfe, Warenverkehrsfreiheit Der EG-Vertrag enthält mit den Art. 3 Abs. 1 lit. g, Art. 28 ff. EGV, Art 81 f. EGV sowie Art. 87 f. EGV Vorschriften, die alle die Schaffung eines Europäischen Binnenmarktes zum Ziel haben75. Grundsätzlich ist die Kommission der Ansicht, daß Art. 3 Abs. 1 lit. g EGV nicht derart ausgelegt werden darf, daß den Mitgliedstaaten auf wirtschaftlichem Gebiet jeder Eingriff in den freien Wettbewerb untersagt ist76. In Verbindung mit dieser Annahme kann Art. 81 EGV gesehen werden. Allerdings dürfen staatliche Eingriffe nicht soweit gehen, daß ein Mitgliedstaat verbotene Kartellabsprachen vorschreibt oder daß er das spezifische Ziel verfolgt, Unternehmen zu ermöglichen, sich den gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln zu entziehen77. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs dürfen die Mitgliedstaaten nach ständiger Rechtsprechung

Braunkohlestrom im Neuregelungsgesetz vom 24.4.1998, RdE 1999, 171; zur Begrifflichkeit der Verdrängung ders., ebenda, 172 f. 74 S. Studenroth, Verfassungswidrigkeit des Stromeinspeisungsgesetzes?, DVBl 1995, 1220. 75 Es wird v. a. auf diese Artikel abgestellt, weil sie in Bezug auf das StrEG von großer Bedeutung sind und auch die Gerichtsentscheidung zur Feststellung der Beihilferegel des StrEG auf ihnen basieren, s. EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099. 76 EuGH v. 10.01.1985 – Rs. 229/83 (Leclerc/Au blé vert), Slg. 1985, I-1, Rdn. 12. 77 Vgl. EuGH v. 21.09.1988 – Rs. 267/86 (van Eycke/ASPA), Slg. 1988, I-4769, Rdn. 16; EuGH v. 17.11.1993 – Rs. C-185/91 (Reiff), Slg. 1993, I-5841, Rdn. 14; EuGH v. 09.06.1994 – Rs. C-153/93 (Delta Schiffahrts- und Speditionsgesellschaft), Slg. 1994, I-2517, Rdn. 14; s. a. EuGH v. 10.01.1985 – Rs. 229/83 (Leclerc/Au blé vert), Slg. 1985, I-1, Rdn. 12.

6. Das Verhältnis Wettbewerb, Beihilfe, Warenverkehrsfreiheit

251

„keine Maßnahmen, und zwar auch in Form von Gesetzen oder Verordnungen, treffen oder beibehalten, die die praktische Wirksamkeit der für die Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln aufheben könnten“78.

Andererseits reiche es nicht aus, mögliche Mißbräuche schon damit zu begründen, daß eine beherrschende Stellung auf einer staatlichen Maßnahme beruhe79. Mit dieser Aussage verlangt der Gerichtshof in einem gewissen Umfang eine wettbewerbsorientierte Ausgestaltung der nationalen Rechtsordnungen. Aufgrund der Tatsache, daß der EG-Vertrag in Deutschland unmittelbare Geltung hat80, müssen auch die nationalen Gesetze den Vorschriften des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs genügen81. Die herrschende Lehre ist der Ansicht, daß die Gemeinschaftsverträge eine „autonome Rechtsordnung“ begründet hätten, deren Vorschriften in den Mitgliedstaaten unmittelbar und unabhängig von deren Rechtsordnung gelten und damit, wenn Vorschriften beider Ordnungen einander widerstreiten, vorrangig vor dem mitgliedstaatlichen Recht anwendbar sein würden. Begründet wird dies mit einzelnen Bestimmungen der Gemeinschaftsverträge wie Art. 10 oder Art. 249 UA 2 EGV82, aber auch die nationalen Verfassungsgrundlagen für die Begründung der Gemeinschaften wie etwa Art. 23 GG werden dafür herangezogen83. So ist jeder Mitgliedstaat innerstaatlich verpflichtet, das Gemeinschafts-

78 EuGH v. 17.11.1993 – Rs. C-185/91 (Reiff), Slg. 1993, I-5841, Rdn. 14; EuGH v. 17.11.1993 – Rs. C-2/91 (Meng), Slg. 1993, I-5791, Rdn. 14; EuGH v. 18.06.1998 – Rs. C-266/96 (Corsica Ferries France), Slg. 1998, I-3981, Rdn. 35; EuGH v. 01.10.1998 – Rs. C-38/97 (Librandi), Slg. 1998, I-5979, Rdn. 44; EuGH v. 21.09.1999 – Rs. C-67/96 (Albany), Slg. 1999, I-5863, Rdn. 65; EuGH v. 21.09.1999 – verb. Rs. C-115/97 bis 117/97 (Brentjens Handelsonderneming), Slg. 1999, I 6029, Rdn. 65; EuGH v. 21.09.1999 – Rs. C-219/97 (Drijvende Bokken), Slg. 1999, I-6125, Rdn. 55; EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 63; hierzu ausführlich in Kap. VII. 12. 79 EuGH v. 16.11.1977 – Rs. 13/77 (INNO/ATAB), Slg. 1977, I-2115, (2135). 80 Dazu ausführlich K. A. Schachtschneider/A. Emmerich-Fritsche, Das Verhältnis des Gemeinschaftsrechts zum Nationalen Recht Deutschlands, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, Stand: 2004, § 5; auch schon in: ders./A. Emmerich-Fritsche, Das Verhältnis des Europäischen Gemeinschaftsrechts zum nationalen Recht Deutschlands, Teil I–III, DSWR 1999, 72 ff. 81 Ähnlich A. v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 5, Rdn. 59; s. a. K. A. Schachtschneider/A. Emmerich-Fritsche, Das Verhältnis des Gemeinschaftsrechts zum Nationalen Recht Deutschlands, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 5; P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 192. 82 Vgl. H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 10/51 ff.; auch E. Grabitz, Gemeinschaftsrecht bricht nationales Recht, 1966, S. 98 ff.; K. A. Schachtschneider/A. Emmerich-Fritsche, Das Verhältnis des Gemeinschaftsrechts zum Nationalen Recht Deutschlands, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 5 III 3. 83 Vgl. H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 10/51 ff.; auch A. Bleckmann, Europarecht, Rdn. 1072 ff.; K. A. Schachtschneider/A. Emmerich-Fritsche, Das

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

recht zu verwirklichen (Art. 10 EGV). Grenzen für den Vorrang des Gemeinschaftsrechts ergeben sich indes aus der existentiellen Staatlichkeit der Völker84. Die erneuerbaren Energien nehmen auf europäischer Ebene eine Sonderrolle ein. Die Förderung erneuerbarer Energien wird befürwortet. Ihr Anteil am Stromkonsum soll in Deutschland bis zum Jahr 2010 verdoppelt werden und bis zum Jahr 2050 einen Anteil von 50% haben85. Die Kommission führt dazu aus, daß die Mitgliedstaaten gemäß der Regenerativstromrichtlinie dafür Sorge tragen müssen, daß sich der Anteil von Energie aus erneuerbaren Energien im Einklang mit den auf Ebene der Mitgliedstaaten oder der Gemeinschaft festgelegten energie- und umweltpolitischen Zielen entwickelt86. Um diese Ziel zu erreichen, fordert die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten auf, auf nationaler Ebene Ziele für den künftigen inländischen Stromverbrauch aus erneuerbaren Energien festzulegen und dafür zu sorgen, daß diese eingehalten werden87. Dieses Ziel verfolgte schon das Stromeinspeisungsgesetz und verfolgt auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz weiter. Zwar umfassen die im Primärrecht festgehaltenen Wettbewerbsregeln die Beihilferegeln, wegen deren prinzipiell unterschiedlichen Adressaten ist eine getrennte Prüfung trotzdem notwendig. So sind die Art. 28 und Art. 87 EGV und die Art. 3 Abs. 1 lit. g und Art. 81 EGV nebeneinander anwendbar88; denn die Art. 3 Abs. 1 lit. g und Art. 81 f. EGV sollen den Wettbewerb zwischen Unternehmen schützen, während die Art. 28 und Art. 87 EGV vornehmlich der Wahrung fairen Wettbewerbs zwischen Volkswirtschaften dienen89. Verhältnis des Gemeinschaftsrechts zum Nationalen Recht Deutschlands, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 5 III 3. 84 K. A. Schachtschneider/A. Emmerich-Fritsche, Das Verhältnis des Gemeinschaftsrechts zum Nationalen Recht Deutschlands, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 5 III 3; K. A. Schachtschneider, Deutschland nach dem Konventsentwurf einer „Verfassung für Europa“, in: W. Hankel/K. A. Schachtschneider/J. Starbatty (Hrsg.), FS für Wilhelm Nölling, 2003, S. 308 ff.; V. Emmerich, Kartellrecht, S. 377; s. a. Kap. V. 4. b) bb). 85 Vgl. P. Ehrlich, Trittin kanzelt Energieversorger ab, FTD v. 15.08.2003, S. 9; o.V., Was ist das EEG? Trittin will Ökostrom stärker fördern, Handelsblatt v. 15.08.2003, S. 3. 86 Vgl. Kap. V. 5. 87 ABlEG 2000, Rs. C-311/320 S. 321 E v. 31.10.2000. 88 Ähnlich P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EGVertrag, RIW 1998, 192; A. v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 5, Rdn. 59; hierzu gehört auch Art. 87 EGV, der ebenfalls neben Art. 28 EGV tritt, vgl. J. F. Baur u. a., Förderung von KWK-Anlagen, S. 62. 89 s. Fn. 88; ähnlich H. Matthies/R. v. Borries, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 30, Rdn. 53; EuGH v. 05.04.1984 – verb. Rs. 177 und 178/82 (van de Haar und Kaveka de Meern), Slg. 1984, I-1797, Rdn. 11; laut EuGH betrifft Art. 81 EGV an sich „nur das Verhalten von Unternehmen und nicht durch Gesetz oder Verordnung getroffene Maßnahmen der Mitgliedstaaten“; s. EuGH v.

6. Das Verhältnis Wettbewerb, Beihilfe, Warenverkehrsfreiheit

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Prinzipiell gilt, daß bei handelsbeeinträchtigenden Beihilfen die Art. 87 ff. als leges speciale gegenüber den Art. 28 ff. EGV anzuwenden sind90. Das Zurücktreten der generellen Norm setzt voraus, daß die speziellere Norm die in Frage stehende Rechtspflicht vollständig und nicht nur in Teilbereichen regelt91. Wird das gemeinsame Ziel verfolgt, den freien Warenverkehr unter fairen Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, treten die beiden Artikel nebeneinander92. Gewährt ein Mitgliedstaat eine Beihilfe, die einerseits die Warenverkehrsfreiheit im Sinne des Art. 28 EGV verletzt, andererseits aber auch das Beihilferecht in einer Art tangiert, daß beide Beeinträchtigungen nicht unabhängig voneinander beurteilt werden können, sind die Art. 87 ff. EGV als Grundlage des Vertragsverstoßes heranzuziehen. Wird die Warenverkehrsfreiheit hingegen in einer Art und Weise beeinträchtigt, die eine von der beihilferechtlichen Problematik losgelöste Betrachtung zuläßt, kann sich der Einzelne vor den innerstaatlichen Gerichten auf die Verletzung des Art. 28 EGV berufen93. Im vorliegenden Fall ist somit zu prüfen, ob das Erneuerbare-Energien-Gesetz gegen die gemeinschaftlichen Beihilferegeln im Sinne des Art. 87 EGV verstößt. Wird dieses bejaht, müssen trotz dessen Vorrangigkeit die selbständigen Tatbestandsmerkmale, die eine Handelsbeeinträchtigung bergen, dennoch an Art. 28 EGV gemessen werden. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ist zu sehen, ob der Wettbewerb auf dem gemeinsamen Markt verfälscht und Art. 81 EGV verletzt wird. Dies gilt insbesondere für die Einführung der besonderen Ausgleichsregelung der ersten Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in Verbindung mit dem erwähnten Verbot, ein Kartell durch Gesetz zu begründen94.

21.09.1999 – Rs. 67/96 (Albany), Slg. 1999, 5863, Rdn. 65; EuGH v. 21.09.1999 – verb. Rs. C-115/97 bis 117/97 (Brentjens Handelsonderneming), Slg. 1999, I-6029, Rdn. 65; EuGH v. 21.09.1999 – Rs. C-219/97 (Drijvende Bokken), Slg. 1999, I-6125, Rdn. 55; EuGH v. 17.11.1993 – Rs. C-185/91 (Reiff), Slg. 1993, I-5841, Rdn. 14; EuGH v. 17.11.1993 – Rs. C-2/91 (Meng), Slg. 1993, I-5791, Rdn. 14; in dem Urteil EuGH v. 18.06.1998 – Rs. C-266/96 (Corsica Ferries France), Slg. 1998, I-3981, Rdn. 35 wird obiger Satz sog. auf Art. 81 f. EGV ausgedehnt; ähnlich EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 65. 90 Vgl. D. Fouquet/I. Zenke, Das Stromeinspeisegesetz auf dem europarechtlichen Prüfstand, ZNER 1999, 64; vgl. P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 158 m. w. Nachw.; P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 192 m. w. Nachw.; S. Leible, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 28 EGV, Rdn. 49. 91 A. v. Bogdandy, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 5, Rdn. 30. 92 Vgl. M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, S. 285. 93 EuGH v. 24.11.1982 – Rs. 249/81 (buy Irish), Slg. 1982, I-4005, Rdn. 16 ff., insb. Rdn. 18; vgl. W. Gronau/A. Topp, Darf man KWK fördern?, ZNER 2001, 146. 94 Vgl. Fn. 78; dazu ausführlich in Kap. VII. 12.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Zielkonflikte sind weder zugunsten eines bestimmten Zieles noch zugunsten der Ziele eines anderen Politikbereichs zu lösen. Die Kollision ist im Wege der Abwägung zu lösen, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechend95. Der EGVertrag begründet kein Rangverhältnis zwischen den verschiedenen Zielen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß die Gemeinschaft vorrangig eine Wirtschaftsgemeinschaft ist, deren Hauptziel die Verwirklichung des Binnenmarktes sei96.

7. Spürbarkeit In der Literatur ungeklärt ist, ob für eine Wettbewerbsverfälschung97, eine gemeinschaftswidrige Beihilfe98 oder eine Handelsbeeinträchtigung99 das Kriterium der Spürbarkeit erfüllt sein muß. Zur Spürbarkeitsbestimmung hat die Kommission De-Minimis-Regeln erlassen, bei denen zwischen solchen für die Anwendung des Art. 81 und des Art. 87 EGV zu unterscheiden ist. a) Spürbare Wettbewerbsbeeinträchtigung Die Bagatellbekanntmachung der Kommission über Wettbewerbsbeschränkungen im Sinne des Art. 81 Abs. 1 EGV von 1986 wurde 2001 grundlegend novelliert100. Der Europäische Gerichtshof sieht die Erfüllung der Spürbarkeit 95 E.-J. Mestmäcker, in: Immenga/ders., EG-WbR, Bd. II, XII. Abschn.: Art. 37, 90, B, Rdn. 51 m. w. Nachw.; dazu ausführlich in Kap. VII. 8. 96 E. Grabitz/M. Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, 5. EL 1992, Art. 130r, Rdn. 59. 97 Die ständige Rechtsprechung setzt diese voraus, so z. B. EuGH v. 30.06.1966 – Rs. 56/65 (Société Technique minière (Ltm.)/Maschinenbau Ulm GmbH), Slg. 1966, I-281 (303 f.); EuGH v. 16.12.1975 – verb. Rs. 40–48, 50, 54–56, 111, 113 und 114/ 73 (Sniker Unie u. a./Kommission), Slg. 1975, I-1663, Rdn. 72; EuGH v. 10.12.1985 – Rs. 260/82 (Nederlandse Sigarenwinkeliers Organisatie), Slg. 1985, I-3801, Rdn. 46; so auch S. Schulte-Beckhausen, in: Ludwig/Odenthal, EGV, Teil D, Rdn. 7 f., 24. 98 Dem zustimmend EuGH v. 18.02.1971 – Rs. 40/70 (Sirena/Eda), Slg. 1971, I-69, Rdn. 13; EuGeI v. 27.12.1992 – Rs. T-19/91 (Vichy/Kommission), Slg. 1992, II-415, Rdn. 82; EuGeI v. 14.07.1994 – Rs. T-77/92 (Parker Pen/Kommission), Slg. 1994, II549, Rdn. 39; F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, 4. Aufl. 1991, Art. 92, Rdn. 21; G. Püttner/W. Spannowsky, Das Verhältnis der europäischen Regionalpolitik zur deutschen Regionalpolitik, 1986, S. 161 f.; neutral G. v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 92, Rdn. 27; nicht zustimmend C. Koenig/J. Kühling, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 87, Rdn. 56; D. Lefèvre, Staatliche Ausfuhrförderung und das Verbot wettbewerbsverfälschender Beihilfen im EWG-Vertrag, S. 125 f.; J. J. Modlich, Nationale Infrastrukturmaßnahmen und Artikel 92 Abs. 1 EGV, S. 86 f. m. w. Nachw. 99 Diese fordernd W. Keßler, Zur Auslegung des Art. 92 Abs. 1 EWG-Vertrag, DÖV 1977, 620 ff.; darauf abstellend auch EuGH v. 21.03.1990 – Rs. 142/87 (Belgien/ Kommission), Slg. 1990, I-959, Rdn. 43; EuGH v. 11.11.1987 – Rs. 259/85 (Frankreich/Kommission), Slg. 1987, I-4393, Rdn. 24.

7. Spürbarkeit

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als Voraussetzung für eine gemeinschaftswidrige Wettbewerbsverzerrung an, was auch in der Bagatellbekanntmachung der Kommission eindeutig festgehalten wird. In der Fassung von 1986 kam das in dieser Deutlichkeit noch nicht zum Ausdruck. Darin heißt es: „Nach Auffassung der Kommission fallen Vereinbarungen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten oder den Wettbewerb nur geringfügig beeinträchtigen, nicht unter das Kartellverbot des Artikels 85 Absatz 1“101.

In der novellierten Fassung von 2001 hingegen wird ausgeführt: „Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat präzisiert, dass diese Vorschrift nicht eingreift, wenn die Vereinbarung keine spürbaren Auswirkungen auf den innergemeinschaftlichen Handel hat oder keine spürbare Wettbewerbsbeschränkung vorliegt“102.

Die Bagatellbekanntmachung der Kommission, erwähnt in der Fassung von 1986 zwei Tatbestandsmerkmale, die kumulativ erfüllt sein müssen, um als spürbar angesehen zu werden. Entscheidend ist zum einen der Marktanteil, den die Gruppierung innehaben würde103. Beansprucht ein Kartell einen absoluten Gebietsschutz für sich, muß dies das Kriterium der Spürbarkeit nicht schon zwingenderweise erfüllen, etwa dann, wenn die Gruppierung der Unternehmen, die das Kartell formen, den Markt nur geringfügig beeinträchtigt104. In ihrer Bagatellbekanntmachung bestimmt die Kommission, daß Handels- und Wettbewerbsbeeinträchtigungen erst ab einem Marktanteil von 5% gleicher oder gleichartiger Güter oder Dienstleistungen in der Europäischen Gemeinschaft spürbar sind. Zum anderen darf der jährliche Gesamtumsatz der beteiligten Unternehmen von 200 Mio. ECU nicht überschritten werden105.

100 De-Minimis-Regel von 1986: ABlEG 1986, Rs. C 231/2 v. 12.09.1986; novellierte De-Minimis-Regel von 2001: ABlEG 2001, Rs. C-368/13 v. 22.12.2001. 101 ABlEG 1986, Rs. C 231/2 v. 12.09.1986, Rdn. 2. 102 ABlEG 2001, Rs. C-368/13 v. 22.12.2001, Rdn. 1. 103 EuGH v. 28.03.1984 – Rs. 29 und 30/83 (CRAM und Rheinzink/Kommission), Slg. 1984, I-1679, Rdn. 30; EuGH v. 07.06.1983 – Rs. 100/80 (Musique Diffusion Francaise/Kommission), Slg. 1983, I-1825, Rdn. 86; vgl. a. EuGH v. 10.07.1980 – Rs. 30/78 (Distillers Company/Kommission), Slg. 1980, I-2229, Rdn. 28. 104 Beispielhaft sind hier Zusammenschlüsse von Unternehmen die Luxusgüter produzieren. Diese sind weder lebensnotwendig, noch für den Großteil der Bevölkerung bestimmt. Auch sind sie in der Regel substituierbar; s. a. EuGH v. 09.07.1969 – Rs. 5/ 69 (Völk/Vervaecke), Slg. 1969, I-295, Rdn. 7; EuGH v. 28.04.1998 – Rs. C-306/96 (Javico/YSLP), Slg. 1998, I-1983, Rdn. 17; EuGH v. 07.06.1983 – verb. Rs. 100/80 bis 103/80, (Musique diffusion française u. a./Kommission), Slg. 1983, I-1825, Rdn. 85. 105 ABlEG 1986, Rs. C 231/2 v. 12.09.1986, Rdn. 7; vgl. auch EuGH v. 21.03. 1990 – Rs. 142/87 (Belgien/Kommission), Slg. 1990, I-959, Rdn. 42 f.; EuGH v. 01.02.1978 – Rs. 19/77 (Miller/Kommission), Slg. 1978, I-131, Rdn. 9 f.; EuGH v. 25.10.1983 – Rs. 107/82 (AEG/Kommission), Slg. 1983, I-3151, Rdn. 58.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Weil bis zum Zeitpunkt der Novellierung der Bagatellbekanntmachung noch das Erneuerbare-Energien-Gesetz in der Fassung von 2000 in Kraft war, wird auch nur dieses bei der Prüfung der Tatbestandsmerkmale berücksichtigt. Der Marktanteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung betrug im Jahr 2002 rund 6%. Dieser Wert, der fraglos über 5% liegt, stellt somit den maximalen Behinderungsgrad des zwischenstaatlichen Warenverkehrs, bedingt durch den Abnahmezwang, dar. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz kannte aber Förderungsbeschränkungen. In Deutschland wurde zu diesem Zeitpunkt über die Hälfte des regenerativ erzeugten Stroms aus meist Großwasserkraftwerken gewonnen106. Diese waren nach § 2 Abs. 2 EEG nicht förderungswürdig107, wodurch sich der Behinderungsgrad reduziert und rein rechnerisch in jedem Fall unterhalb der 5% Marke liegt. § 2 Abs. 2 EEG nannte noch weitere Einschränkungen, wodurch der Behinderungsgrad, nicht notwendigerweise, aber der größten Wahrscheinlichkeit nach noch weiter reduziert wird. Das Argument der baldigen Überschreitung der 5% Grenze ist, um dieses Tatbestandsmerkmal zu erfüllen, unzureichend. Ein wahrscheinliches zukünftiges Eintreten reicht nicht aus, um einer faktischen Verletzung gegen das Gemeinschaftsrecht wegen einer später eintretenden Spürbarkeit zuzustimmen108. So läßt sich zunächst nur festhalten, daß die 5% Grenze aller Voraussicht nach bis zum Zeitpunkt der Neufassung der Bagatellbekanntmachung nicht überschritten wurde, wobei der Spürbarkeitswert auch weit darunter liegen konnte109. Das zweite Tatbestandsmerkmal, wonach der Hilfssatz der nutznießenden Unternehmen den Wert von 200 Mio. ECU pro Jahr nicht überschreiten durfte, wurde um ein vielfaches überschritten. Der Jahresumsatz aus dem gesamten Stromabsatz an Endverbraucher und Stromversorgern inklusive des Erneuerbare-Energien-Anteils betrug in Deutschland im Jahr 2001 ca. 53 Mrd. A110. Wird hiervon der Anteil von 5% kalkuliert, beläuft sich der Umsatz der ÖkoStromproduzenten auf ca. 2,7 Mrd. A. Weil der Umsatz der nutznießenden Unternehmen wegen der überhöhten Förderung regenerativen Stroms relativ höher ausfällt als solcher Unternehmen, die von der Förderung nicht profitieren, stellt 106 Laut dem BMU wird die Wasserkraft in naher Zukunft evtuell von der Windenergie überholt werden, BMU (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Zahlen – nationale und internationale Entwicklung, Nov. 2003, S. 4; vgl. a. H.-W. Schiffer, Deutscher Energiemarkt 2003, ET 2003, 178. 107 s. VDEW (Hrsg.), Strommarkt Deutschland: Zahlen und Fakten zur Stromversorgung, Frühjahr 2002, S. 19; zum Anwendungsbereich des Gesetzes Art. 2 EEG; nach Novellierung des EEG sollen unter bestimmten Umständen Großwasserkraftwerke dann aber auch in die Förderung miteinbezogen werden. 108 Ausführlich zur Spürbarkeitsanalyse S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung regenerativer Stromeinspeisungen in Deutschland, S. 129 ff. 109 Vgl. W. Weiß, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 81, Rdn. 90. 110 Vgl. VDEW (Hrsg.), Strommarkt Deutschland: Zahlen und Fakten zur Stromversorgung, Frühjahr 2002, S. 2.

7. Spürbarkeit

257

die Bildung des arithmetischen Mittels bereits die Untergrenze dar, so daß der Wert von 200 Mio. ECU in jedem Falle überschritten wurde111. Weil beide Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllt sein müssen, um die Spürbarkeit zu erfüllen, wäre eine durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz hervorgerufene Wettbewerbsverfälschung im Sinne des Art. 81 ff. EGV nicht spürbar gewesen. Diese Aussage wäre dann zu verneinen, wenn die 5% Grenze herabgesetzt werden würde. Weil die Bagatellbekanntmachung in dieser Art aber keinen Bestand mehr hat und sich diese Arbeit auf die Gegenwart bezieht, soll hierauf nicht vertieft eingegangen werden. Nach der Novellierung der Bagatellbekanntmachung der Kommission gelten die genannten Tatbestandsmerkmale so nicht weiter. Die Bestimmung über den jährlichen Maximalumsatz entfällt112. Auch kann nunmehr bei horizontalen Vereinbarungen ein Marktanteil von bis zu 10%, bei vertikalen Vereinbarungen sogar ein Marktanteil von bis zu 15% als nicht spürbar eingestuft werden113. Für das Erneuerbare-Energien-Gesetz müßte der Wert von 10% angenommen werden, weil für den Fall eines durch Gesetz gegebenen Kartells, wie es das Erneuerbare-Energien-Gesetz vorschreibt, von einer vertikalen Vereinbarung auszugehen ist. Allerdings gelten diese Grenzen nicht absolut. Unanwendbar sind sie für den Fall, daß die in Frage stehende Maßnahme die Verkaufspreise an Dritte festsetzt, die Produktion oder den Absatz beschränkt oder Märkte oder Kunden aufteilt. Insbesondere die erstgenannte Restriktion ähnelt stark der des Art. 81 Abs. 1 UA a) EGV. In gewisser Weise eignet sich sowohl das Erneuerbare-Energien-Gesetz, als auch dessen Neufassung dazu, alle drei aufgeführten Tatbestandsmerkmale zu erfüllen. Die eigentlichen Einwendungen gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz bestehen im Abnahmezwang zu festgesetzten Preisen, womit der erste Punkt verwirklicht wird. Die anderen beiden Aspekte werden kumulativ erfüllt. Durch die garantierte Stromabnahme wird den Betreibern regenerativer Kraftwerke ein fester Markt zugesprochen. Der verbleibende Marktanteil wird somit automatisch verkleinert. Mittelbar werden dadurch die nicht vom Gesetz profitierenden Kraftwerksbetreiber gezwungen, ihre Stromgenerierung herunterzufahren, weil die regenerativen Stromproduzenten den Markt mit ihrem Strom sättigen. Weil für eine Einschränkung der Bagatellbekanntmachung die positive Erfüllung einer Restriktion ausreicht, wäre eine Wettbewerbsverfälschung im Sinne der Art. 81 f. EGV auch spürbar.

Der Umrechnungfaktor von ECU zu A beläuft sich ungefährt auf den Wert 1. Für Vereinbarungen zwischen kleinen und mittleren Unternehmen wird der Jahresumsatz von 40 Mio. A als Grenze zugrunde gelegt, vgl. ABlEG 2001, Rs. C-368/ 13, Rdn. 3. 113 ABlEG 2001, Rs. C-368/13, Rdn. 7. 111 112

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

b) Spürbare Beihilfebeeinträchtigung Anders als die Bagatellbekanntmachung der Kommission über spürbare Wettbewerbsbeeinträchtigungen erwähnt die De-Minimis-Regel über spürbare Beihilfebeeinträchtigungen explizit nur ein Tatbestandsmerkmal, das es zu erfüllen gilt. So darf die einem Unternehmen gewährte Beihilfesumme den Wert von 100.000 A in einem Zeitraum von drei Jahren nicht überschreiten. Anders als bei der Bagatellbekanntmachung für eine Wettbewerbsverfälschung bezieht sich der Wert von 100.000 A nicht auf den Umsatz, sondern auf die tatsächlich geflossenen Mittel. Die durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz entstandenen volkswirtschaftlichen Kosten, exklusive vermiedene externe Kosten, beliefen sich im Jahr 2002 auf ca. 1,35 Mrd. A, Tendenz steigend114. Aus diesem Betrag läßt sich nicht weiter ermitteln, wie die Zahlungen im Einzelnen aufzuteilen sind, so daß auch hier wieder ein mathematischer Mittelwert gebildet wird. Rein rechnerisch müßten diese Gelder auf 40.500 Unternehmen aufgeteilt werden, damit ein jedes Unternehmen eine Förderung von 100.000 A über einen Zeitraum von drei Jahren erhält. In Anbetracht der Tatsache, daß es in Deutschland lediglich rund 1.000 Energieversorgungsunternehmen gibt, die teils selbst Strom aus konventionellen Kraftwerken produzieren, müßte es rechnerisch etwa 39.000 Anlagenbetreiber geben, um den Wert von 100.000 A zu unterschreiten. So läßt sich zusammenfassend feststellen, daß der zulässige Wert der De-Minimis-Regel vielleicht nicht von jedem Unternehmen, aber doch von einigen Unternehmen überschritten wird. Implizit beinhaltet die Bagatellbekanntmachung aber auch den Marktanteil, den die Gruppierung innehaben würde115. Zu unterscheiden ist, daß an Art. 87 EGV, also an das Verhalten von Mitgliedstaaten, ein strengerer Maßstab als an das Verhalten von Unternehmen, also an Art. 81 EGV, zu legen ist116. Die Spürbarkeitsgrenze kann nicht als starrer Wert gesehen werden und liegt im Fall einer Beihilfeprüfung erheblich unter der einer Wettbewerbsbeeinträchtigung. Als Richtgröße für eine Beihilfeprüfung gilt der Wert von 1%, was so auch im Vorabentscheidungsverfahren zum Stromeinspeisungsgesetz betont wurde117. In jüngerer Rechtsprechung hat sich der Gerichtshof zur Spürbarkeit 114 Vgl. U. Leprich/A. Thiele, Zielführende Entlastung stromintensiver Unternehmen durch EEG-Härtefallregelung, ET 2003, 632. 115 EuGH v. 28.03.1984 – Rs. 29 und 30/83 (CRAM und Rheinzink/Kommission), Slg. 1984, I-1679, Rdn. 30; EuGH v. 07.06.1983 – Rs. 100/80 (Musique Diffusion Francaise/Kommission), Slg. 1983, I-1825, Rdn. 86; vgl. a. EuGH v. 10.07.1980 – Rs. 30/78 (Distillers Company/Kommission), Slg. 1980, I-2229, Rdn. 28. 116 GA Lenz, Schlußanträge zu EuGH v. 10.07.1986 – Rs. 234/84 (Belgien/Kommission), Slg. 1986, I-2263, (2274); G. Püttner/W. Spannowsky, Das Verhältnis der europäischen Regionalpolitik zur deutschen Regionalpolitik, S. 161 f.; D. Lefèvre, Staatliche Ausfuhrförderung und das Verbot wettbewerbsverfälschender Beihilfen im EWG-Vertrag, S. 125 m. w. Nachw.; A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 194.

8. Verhältnismäßigkeit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

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zwar ähnlich geäußert, aber darauf verzichtet, sich auf einen Wert festzulegen118. Wie in Kap. VII. 7. a) aufgeschlüsselt, fällt der geförderte Strom allerdings nicht unter die für eine Beihilfeprüfung relevante 1%-Marke119, so daß eine Beihilfe auch spürbar wäre. An Relevanz verloren hat somit die eingangs gestellte Frage, ob für eine Wettbewerbsverfälschung, eine gemeinschaftswidrige Beihilfe oder eine Handelsbeeinträchtigung das Kriterium der Spürbarkeit erfüllt sein muß. Sollte das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine Wettbewerbsverfälschung im Sinne des Art. 81 EGV hervorrufen, eine gemeinschaftswidrige Beihilfe im Sinne des Art. 87 EGV sein oder die Warenverkehrsfreiheit im Sinne des Art. 28 EGV in unzulässiger Weise beschneiden, wäre die Beeinträchtigung spürbar120. Ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht würde sich nicht über das Spürbarkeitskriterium rechtfertigen lassen. Die Spürbarkeit wäre lediglich für eine Wettbewerbsverfälschung bis zur Novellierung der Bagatellbekanntmachung zu verneinen gewesen, weil der damals gültige Spürbarkeitswert von 5% unterschritten wurde, der allerdings unter gewissen Umständen auch weit unter dieser Grenze liegen konnte. Für die aktuelle Betrachtung ist das aber belanglos, weswegen im weiteren hierauf nicht weiter eingegangen wird121.

8. Verhältnismäßigkeit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Werden Maßnahmen nach Art. 95 Abs. 4 oder Art. 176 EGV ergriffen, die ausnahmsweise vom Tatbestand der Beihilfegewährung oder Wettbewerbsverfälschung ausgenommen werden sollen oder ist der Tatbestand eines Kriteriums nach Art. 30 EGV oder eines ausschließenden zwingenden Erfordernisses nach der Cassis-Formel erfüllt, ist die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Voraussetzung122. Der allgemeine Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit

117 GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH v. 26.10.2000 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 203 f. 118 EuGH v. 14.07.1994 – Rs. C-379/92 (Matteo Peralta), Slg. 1994, I-3453, Rdn. 24; EuGH v. 18.06.1998 – Rs. C-266/96 (Corsica Ferries France), Slg. 1998, I-3949, Rdn. 31; EuGH v. 21.08.1999 – Rs. C-44/98 (BASF), Slg. 1999, I-6269, Rdn. 16. 119 Dazu ausführlicher in Kap. VII. 12. b). 120 A. A. B. Nagel, Die Vereinbarkeit des EEG mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht, Vortrag beim Bundesverband WindEnergie e. V. am 08.08.2000, der einen Wert von 1% vorgibt und damit die Spürbarkeit verneint. 121 Das hierauf nicht weiter eingegangen wird ist auch deswegen zulässig, weil das Erneuerbare-Energien-Gesetz ohnehin nicht gegen Art. 81 EGV verstößt, vgl. Kap. VII. 9. 122 Ähnlich KOM(2001)125 endg. v. 13.03.2001, S. 24; W. Schroeder, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 30, Rdn. 49 ff.; dazu D. Güttler, Umweltschutz und freier Warenverkehr, BayVBl. 2002, 231 ff.; F. C. Mayer, Die Warenverkehrsfreiheit im Europarecht – eine Rekonstruktion, EuR 2003, 797 ff.; W. Schroeder, in: Streinz, EUV/

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

bildet eine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für jedes mitgliedstaatliche Tätigwerden123. So ergibt sich die Frage, ob die Abnahmepflicht aus den §§ 4 und 5 EEAusbG und die Preisfestsetzung nach den §§ 6–11 EEAusbG verhältnismäßig sind, das heißt, ob die Elektrizitätsversorgungsunternehmen in einem zumutbaren Maße in die Pflicht genommen werden. Damit der vom ErneuerbareEnergien-Gesetz verfolgte Umweltschutz dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt, so daß eine mögliche Beihilfe oder Wettbewerbsverfälschung genehmigt werden oder eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung gerechtfertigt sein kann, muß das Gesetz geeignet, erforderlich und angemessen sein124. a) Geeignetheit Das Argument der Geeignetheit ist ein schwaches. Es gebietet festzustellen, ob die in Frage stehende Maßnahme dem vorgegebenen Ziel überhaupt gerecht wird. Spezielles Augenmerk wird dabei auf das aus der getroffenen Bestimmung resultierende Ergebnis gelegt. Die eigentliche Art und Weise, mit der das Ziel erreicht wird, ist zunächst unerheblich. Im vorliegenden Fall stellt der Umweltschutz dieses Ziel dar125. Würde Frankreich beispielsweise ein Programm aufstellen, das die heimische Stromproduktion aus Kernkraft besonders schützt, wäre in einem ersten Schritt darzulegen, daß dieses geeignet ist, den Umweltschutz zu fördern. Diese Art der Stromproduktion hat einen Null-Kohlendioxidausstoß und kommt somit sogar internationalen Verpflichtungen, namentlich dem Kyoto-Protokoll, nach. Allerdings dürfte es wohl unmöglich sein, die Atomenergie als umweltschützende Technologie einzustufen126. Dies ergibt sich alleine schon aus der nicht gelösten Problematik der Endlagerung. Würde ein solches Programm existieren

EGV, 2003, Art. 28, Rdn. 773; A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 48 ff. 123 EuGH v. 07.02.1973 – Rs. 40/72 (Schröder KG), Slg. 1973, I-125, Rdn. 18 ff.; EuGH v. 05.07.1977 – Rs. 116/76 (Granaria), Slg. 1977, I-1247, Rdn. 15. 124 P. Kirchhof, Mittel staatlichen Handelns, HStR, Bd. III, 1988, § 59, Rdnr. 26; K. A. Schachtschneider, Das Rechtsstaatsprinzip der Republik, 1992, S. 401 ff.; ders., Das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes, JA 1978, S. 188; allgemein ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 399 m. w. Nachw.; H. Kutscher, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Recht der Europäischen Gemeinschaften, in: Deutsche Sektion der Internationalen Juristen-Kommission (Hrsg.), Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in europäischen Rechtsordnungen, 1985, S. 89 ff.; K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl. 1984, S. 866; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl. 1995, Rdn. 185. 125 Vgl. dazu A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, 2000, S. 151, 207 ff., 427. 126 Vgl. dazu A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, S. 207 ff., 427.

8. Verhältnismäßigkeit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

261

und an den Verhältnismäßigkeitskriterien geprüft werden, scheitert es spätestens am Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit127. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz verfolgt hingegen das Ziel der Förderung des Umweltschutzes mittels Begünstigung regenerativer Energien. Die darin verankerte Regelung des Abnahmezwangs regenerativen Stroms ist in jedem Falle geeignet, den Umweltschutz zu fördern. Die Eignung kann weder durch die mit der Produktion und Errichtung regenerativer Kraftwerke einhergehenden „Umweltverschmutzung“, noch durch Umweltbeeinträchtigungen, wie mögliche Auswirkungen auf die Vogelwelt oder das Mikroklima, in Abrede gestellt werden128. b) Erforderlichkeit Weiterhin muß eine Maßnahme erforderlich sein. Eine getroffene Maßnahme ist erforderlich, wenn sich ohne staatliche Maßnahme nicht die Möglichkeit bietet, das zu behebende Ungleichgewicht zu beseitigen oder das verfolgte Ziel zu erreichen. Das vom Staat gewählte Mittel muß gleichzeitig den geringstmöglichen Eingriff in die freie Marktwirtschaft darstellen, um den angestrebten Zweck „gleich wirksam“ zu erreichen129. Es darf also keine andere Regelung geben, die den Wettbewerb oder zwischenstaatlichen Handel weniger beeinträchtigt130. Der Europäische Gerichtshof spricht von der Notwendigkeit der Unvermeidbarkeit der entsprechenden Maßnahme für das angestrebte Ziel131. Der die Maßnahme erlassene Mitgliedstaat darf selbst nicht von dieser in anderen Fällen abweichen132. In Verbindung mit dem Grundsatz des bestmöglichen Umweltschutzes sind nur Maßnahmen zulässig, die zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sind133.

127

W. Kahl, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 174, Rdn. 91. Vgl. zu den Umweltbeeinträchtigungen M. Kaltschmitt/A. Wiese in: dies. (Hrsg.), Erneuerbare Energien, 1995, S. 268 ff. 129 Vgl. A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, S. 151 f. 130 EuGH v. 11.05.1989 – Rs. 25/88 (Wurmser), Slg. 1989, I-1105, Rdn. 13; EuGH v. 06.07.1995 – Rs. C-470/93 (Mars), Slg. 1995, I-1923, Rdn. 15; EuGH v. 03.12.1998 – Rs. C-67/97 (Bluhme), Slg. 1998, I-8033, Rdn. 35. 131 EuGH v. 07.02.1985 – Rs. 240/83 (Procureur de la République/ADBHU), Slg. 1985, I-531, Rdn 15. 132 Beispielhaft sie hier das Reinheitsgebot für Bier genannt. Dieses kann dem Gesundheitsschutz nicht dienen, weil die im deutschen Bier verbotenen Zusatzstoffe in anderen Getränken zugelassen sind, vgl. EuGH v. 12.03.1987 – Rs. 178/84 (Kommission/Deutschland), Slg. 1987, I-1227, Rdn. 49. 133 Vgl. A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, S. 258 f.; 362 f. 128

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

In das Umfeld eines bestmöglichen Umweltschutzes fällt fraglos die Senkung von Schadstoffemissionen134. Bei der Stromproduktion ist der Primärenergieträger für Emissionsausstöße verantwortlich135. Werden Primärenergieträger wie Wind, Wasser und Sonne zur Stromgewinnung genutzt, werden Schadstoffemissionen gänzlich vermieden136. Der Einsatz solcher Energien dient zusätzlich zum Umweltschutz auch der Ressourcenschonung. Weil der Einsatz dieser Energien zur Stromerzeugung verhältnismäßig kostenintensiv ist und sich regenerative Kraftwerke in der freien Marktwirtschaft nicht behaupten würden, ist es unter dem Aspekt des bestmöglichen Umweltschutzes erforderlich, diese Art der Stromerzeugung zu unterstützen. Somit ist ein Gesetz, das erneuerbare Energien fördert, erforderlich. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das die Förderung regenerativer Energien vorschreibt, ist im Sinne des bestmöglichen Umweltschutzes erforderlich. Darüber hinaus erklärt der Europäische Gerichtshof am deutschen Fall der regenerativen Stromeinspeisung, daß der Umweltaspekt schwerer wiegt als die Beeinträchtigung des Warenverkehrs, dies nicht nur innerhalb der Gemeinschaft, sondern auch Drittstaaten gegenüber. Dabei spielt er auf die Erfüllung des Kyoto-Protokolls an, das zu dem Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen die Notwendigkeit der Entwicklung erneuerbarer Energieträger zusätzlich unterstreicht137. aa) Maßnahme des geringsten Eingriffs Damit das Erneuerbare-Energien-Gesetz als erforderliche Maßnahme im Sinne der Verhältnismäßigkeit klassifiziert werden kann, muß es das Mittel darstellen, das den geringsten Eingriff in die freie Marktwirtschaft darstellt. Für den Abnahmezwang zu festgesetzten Preisen ist dem zunächst entgegenzusetzen, daß eine Erhöhung des Anteils regenerativer Energien am Gesamtstromverbrauch Deutschlands ohne weiteres auch erreichbar wäre, wenn ausländische Erzeuger ebenfalls in den Kreis der Begünstigten einbezogen werden würden. Diese Position ist jedoch nicht haltbar. Für das reine Ziel der Anteilserhöhung regenerativer Energien am Stromverbrauch ist nicht der Ort der Erzeugung aus134 In diesem Sinne auch K. A. Schachtschneider (P. Wollenschläger), Fallstudie Umweltschutz (FCKW-Verbot), in: K. A. Schachtschneider (Hrsg.), Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 327. 135 Emissionsbilanzen finden sich in M. Kaltschmitt/A. Wiese in: dies. (Hrsg.), Erneuerbare Energien, S. 28 ff., 144, 163, 204,226, 264, 288, 319, 339, insb. 410 f. 136 Dies gilt nicht für regenerative Energien wie Biomasse und Klär- oder Deponiegase o. ä. Hier findet ein Verbrennungsprozeß statt. Gase haben zwar eine sauberere Verbrennung als Feststoffe, eine Verbrennung zieht aber immer eine Emittierung von Schadstoffen mit sich. 137 s. hierzu auch EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 74.

8. Verhältnismäßigkeit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

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schlaggebend (etwa das europäische Ausland), sondern die Einspeisung in das deutsche Elektrizitätsnetz. Unberücksichtigt ist in dieser Betrachtung indes, daß der deutsche Gesetzgeber das Ziel verfolgt, den Anteil des in Deutschland produzierten regenerativen Stroms zu erhöhen und nicht den europaweiten138. Dies ist nicht nur mit dem in Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV verankertem Grundsatz vereinbar, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprungsort zu bekämpfen139, sondern trägt auch dazu bei, die in der Regenerativstromrichtlinie festgesetzten Referenzwerte, die nicht nur Deutschland, sondern ein jeder Mitgliedstaat bis zum Jahr 2010 erreichen sollte, zu erfüllen. So ist nicht einzusehen, warum die deutschen Energieversorgungsunternehmen zusätzlich belastet werden sollten, indem sie im Ausland produzierten ökologisch sinnvollen Strom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz vergüten sollten. Für die Anteilserhöhung solchen Stroms in einem anderen Mitgliedstaat sind nicht die deutschen Energieversorgungsunternehmen zuständig, sondern die dort jeweils ansässigen Energieversorgungsunternehmen, um ihre eigene nationale Quote zu erfüllen. Um diesem Erfordernis nachzukommen, haben andere Mitgliedstaaten eigene Maßnahmen, wie Bonus- oder Quotenmodelle, aber auch Preismodelle ähnlich dem des Erneuerbare-Energien-Gesetzes erlassen, die den freien Warenverkehr einzuschränken ebenfalls geeignet sind. Die Ungleichbehandlung ist somit vergleichsweise gering, ja von der Regenerativstromrichtlinie mittelbar gar vorgegeben. So gilt das Erneuerbare-Energien-Gesetz zwar nur in den Wirtschaftsgrenzen Deutschlands, dennoch ist es ausländischen Elektrizitätsversorgungsunternehmen nicht untersagt, innerhalb dieser Grenzen ebenfalls tätig zu werden, um von der Förderung zu profitieren. Gerade auch die Grundfreiheiten, insbesondere die Niederlassungsfreiheit des Art. 43 EGV und die Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EGV, ermöglichen dieses Verhalten. Weil dennoch die Maßnahme eine solche darstellen muß, die den geringsten Eingriff in den Markt darstellt, müssen andere Modelle, die das gleiche Ziel verfolgen, verglichen werden. bb) Fördermodelle So existieren neben dem deutschen Modell, das gesetzlich definierte und garantierte Vergütungssätze vorschreibt, noch solche, die staatlich vorgegebene Ausschreibungsmargen vorsehen (England), oder solche, die sich auf vorgegebene, handelbare und zertifizierte Quoten erneuerbarer Energien konzentrieren.

138 139

Ähnlich auch W. Gronau/A. Topp, Darf man KWK fördern?, ZNER 2001, 144. Dazu ausführlich in Kap. VII. 11. d) bb) (2) f.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

(1) Poolmodell Beim „Poolmodell“, das ehemals in England praktiziert wurde140, werden alle Erzeuger regenerativen Stroms gezwungen, gegeneinander in Wettbewerb zu treten. Die Regierung schreibt eine feste Strommenge aus, die in Produktionsanlagen für erneuerbare Energien erzeugt werden sollen141. Einen Einspeisevertrag erhalten nur die Bieter mit dem günstigsten Angebot, woraus im Vergleich zu Einspeisetarifsystemen tendenziell ein hohes Risiko für Investoren resultiert142. Der regenerativ erzeugte Strom dieser Bieter wird vorrangig abgenommen, unterliegt aber ebenfalls einem Subventionsmechanismus143. Die Ausschreibung trägt dazu bei, daß mehr Wettbewerb in den Markt der erneuerbaren Energien Einzug hält. Bei der Vergabe der Fördermittel wird die Wirtschaftlichkeit der Erzeugung der erneuerbaren Energien mitberücksichtigt144. Unrentable Erzeugungsanlagen werden so von der Förderung ausgeschlossen und somit nicht über lange Zeit künstlich am Leben gehalten145. Allerdings birgt dies einen hohen Regulierungsaufwand146. Ähnlich dem Erneuerbare-Energien-Gesetz war auch das Poolmodell, dessen Einführung in Deutschland ebenfalls diskutiert wurde147, massiver Kritik ausgesetzt. Diese war nicht nur ökonomischer Art, weil die Bieter wegen des hohen Wettbewerbsdrucks nicht zu verwirklichende Tiefpreise abgaben, was zur Folge hatte, daß nur ein geringer Prozentteil der ausgeschriebenen regenerativen Energiemengen tatsächlich realisiert wurde. Auch rechtlicher Art gab es Probleme, weil die Poolpreise von den zwei größten englischen Elektrizitätsversorgungsunternehmen beeinflußt werden 140 Das ursprüngliche Ausschreibungssystem NFFO (Non Fossil Fuel Obligation) wurde 1989 in Großbritannien eingeführt und 2001 durch das bilaterale Handelssystem NETA (New Energy Trading Arrangements), einem neuen Ökostromgesetz ersetzt. 141 Bedeutet, daß die Preise allmählich an den Marktpreis angenähert werden sollen; vgl. J. P. Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft durch regulative Marktorganisation, S. 233. 142 Vgl. R. Madlener, Handelbare Zertifikate für Strom aus erneuerbaren Energieträgern in: Friedrich, K./Wallner, W. (Hrsg.), Energieinnovation im liberalisierten Markt, 2000, S. 137 f. 143 Vgl. J. P. Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft durch regulative Marktorganisation, S. 233. 144 A. Witthohn, Die EuGH-Rechtsprechung zum Stromeinspeisungsgesetz – Beitrag zum Umweltschutz?, ET 2001, 469; ders., Beihilfe-Wegweiser bald fertig, ZfK 02/ 2000, 13. 145 A. Witthohn, Die EuGH-Rechtsprechung zum Stromeinspeisungsgesetz – Beitrag zum Umweltschutz?, ET 2001, 469. 146 Vgl. N. Weigt, Die Position der kommunalen Energieversorger zum Wettbewerb, RdE 1994, 214. 147 Vgl. dazu J. F. Baur/M. Moraing, Rechtliche Probleme einer Deregulierung der Elektrizitätswirtschaft, 1994, S. 13 ff. insb. S. 17 ff.; H.-J. Koch, Verfassungsrechtlicher Bestandsschutz als Grenze der Deregulierung der umweltpolitischen Steuerung im Bereich der Elektrizitätswirtschaft?, DVBl 1994, 841.

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konnten, was unter wettbewerblichen Aspekten nicht hinnehmbar ist148. Kleine Betreiber werden von dem Ausschreibungsprozeß quasi ausgeschlossen, weil sie finanziell mit den Konditionen der Großen nicht mithalten können149. Weiterhin findet dieser Prozeß nur in unregelmäßigen Abständen statt, was jedoch geändert werden kann. Darüber hinaus legt er aber auch Obergrenzen für die Förderung regenerativer Energien fest. Ein natürliches Wachstum dieser Industriesparte ist damit ausgeschlossen. Des weiteren schafft der mit dem System verbundene Ausgleichsprozeß beihilferechtliche Probleme. Ähnlich dem Luxemburger Modell wird den den regenerativen Strom aufnehmenden Energieversorgungsunternehmen der Differenzpreis, der zwischen der Vergütungszahlung und dem durchschnittlichen marktwirtschaftlichem Strompreis liegt, aus einem „Pool“ zurückerstattet150. Dieser untersteht jedoch einer staatlichen Behörde, womit die Ausgleichszahlung unmittelbar einer staatlichen Institution zuzurechnen ist, worin eine Beihilfe zu sehen ist151. (2) Bonusmodell Eine andere Maßnahme ist die des Bonusmodells. Der Hauptunterschied zum Erneuerbare-Energien-Gesetz besteht dabei darin, daß die strittige Abnahmepflicht als auch die garantierte Einspeisevergütung wegfällt. Der regenerativ erzeugte Strom wird frei auf dem Markt gehandelt, wie jeder andere Strom auch. Allerdings wird auch er mit einem Zuschlag versehen152. (3) Quotenmodell In jüngerer Zeit sind vor allem Quotenmodelle populär geworden153. Sie werden zwar schon seit längerem diskutiert, wurden anfangs jedoch nicht als wirk148 Vgl. C. D. Walker/W.T. Lough, A critical review of deregulated foreign electric utility markets, Energy Policy 1999, 883; dazu David M. Newberry, The restructuring of UK energy industries, in: G. MacKerron/P. Pearson (ed.), The UK energy experience, S. 11 ff.; B. Bonde, Deregulierung und Wettbewerb in der Elektrizitätswirtschaft, S. 166 f. 149 Vgl. H. Scheer, EU-Einspeiserichtlinie und Einspeisegesetze für Erneuerbare Energien versus Einführungsquoten, ZNER 1998, S. 6 f.; a. A. N. Weigt, Die Position der kommunalen Energieversorger zum Wettbewerb, RdE 1994, 213. 150 Vgl. ABlEG 2002, Rs. C 255/15 v. 23.10.2002. 151 So entschied das der Europäische Gerichtshof für das Luxemburger Modell; vgl. ABlEG 2002, Rs. C 255/15 v. 23.10.2002 S. 16. 152 Vgl. W. Gronau/A. Topp, Darf man KWK fördern?, ZNER 2001, 144. 153 Großbritannien, Irland, Niederlande, Italien, Schweden, Dänemark. So hat beispielsweise das Umwelt- und Verkehrsministerium Baden-Württemberg als Alternativvorschlag zum EEG einen Entwurf für eine Quotenregelung ausarbeiten lassen, vgl. in H. Bergmann, Vertiefende Betrachtung der rechtlichen Aspekte eines Quotenmodells für erneuerbare Energie. Folgegutachten im Auftrag des Umwelt- und Verkehrsmini-

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liche Alternative gesehen, sondern lediglich als Unterform des Ausschreibungsmodells154. Salje vertritt die Position, daß für die prozentuale Erhöhung regenerativer Energie in Deutschland in Bezug auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ein solches System hätte eingeführt werden müssen, weil dadurch der Grad der Diskriminierung deutlich weiter abgesenkt worden wäre155. Ähnlich dem Ausschreibungsmodell geben Quotenmodelle den Elektrizitätsversorgungsunternehmen einen Anteil an Elektrizität vor, der aus regenerativen Energien gewonnen werden muß. Als Nachweis für das Erreichen der vorgegebenen Quote dienen handelbare Zertifikate. Durch die Bildung eines solchen Zertifikatmarktes treten die Erzeuger regenerativen Stroms miteinander in Konkurrenz156. Dadurch wird sowohl die statische (sinkende Grenzkosten) als auch die dynamische (Förderung von Innovationen) Effizienz gesteigert157. Im Vergleich zu festgesetzten Einspeisetarifen erlauben handelbare Zertifikate eine Steigerung der ökonomischen Effizienz wegen ihres flexiblen und wettbewerbsorientierten Ansatzes158. In einem idealtypischen Quotenhandelsmodell würde Strom aus erneuerbaren Energien einen diskriminierungsfreien Netzzugang erhalten. Auch würde keine Abnahmepflicht der Netzbetreiber, sondern ein Selbstvermarktungsgebot der Anlagenbetreiber bestehen, wodurch diese ebenfalls in Konkurrenz zu konventionellen Erzeugern treten würden159. In der Literatur finden sich indes auch Stimmen, die der Einführung eines solchen Modells skeptisch gegenüber stehen160. Dies liegt nicht zuletzt an der Tatsache, daß über deren Effizienz noch verhältnismäßig wenig ausgesagt werden kann, weil sich die bisherigen Erfahsteriums Baden-Württemberg, 16.10.1999; J. Drillisch, Quotenregelung für erneuerbare Energien und Zertifikatehandel auf dem niederländischen Elektrizitätsmarkt, ZfE 1998, 247 ff. insb. 262 f. 154 Vgl. M. v. Haberzettel, Zertifikathandel als neues Förderinstrument im Wettbewerb?, ET 2000, 640. 155 Vgl. P. Salje, EEG, Einführung, Rdn. 98; so auch H.-G. Dederer/C. Schneller, Garantierte Stromeinspeisungs-Vergütung versus Zertifikats-Handelsmodell, RdE 2000, 221, der das Quotenmodell sogar als diskriminierungslos darstellt. 156 Vgl. W. Bräuer/H. Bergmann, Ordnungspolitische Bewertung von Quotenhandelsmodellen zur Förderung erneuerbarer Energien im Stromsektor, ZfE 2001, 205. 157 Vgl. R. Madlener, Handelbare Zertifikate für Strom aus erneuerbaren Energieträgern, in: K. Friedrich/W. Wallner (Hrsg.), Energieinnovation im liberalisierten Markt, 2000, S. 138; vgl. W. Bräuer/H. Bergmann, Ordnungspolitische Bewertung von Quotenhandelsmodellen zur Förderung erneuerbarer Energien im Stromsektor, ZfE 2001, 211. 158 Vgl. R. Madlener, Handelbare Zertifikate für Strom aus erneuerbaren Energieträgern, in: K. Friedrich/W. Wallner (Hrsg.), Energieinnovation im liberalisierten Markt, 2000, S. 137. 159 Vgl. W. Bräuer/H. Bergmann, Ordnungspolitische Bewertung von Quotenhandelsmodellen zur Förderung erneuerbarer Energien im Stromsektor, ZfE 2001, 206. 160 So z. B. in der Pressemitteiling des BMU, Nr. 003/04 v. 15.01.2004, in dem Zertifikatshandelmodelle gerade als teurer und ohne Marktdurchbruch dargestellt werden; im Ergebnis so auch A. Sohre, Europäische Handlungsalternativen bei der Förderung Erneuerbarer Energien im Lichte des Subsidiaritätsprinzips, ZNER 2003, 302.

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rungswerte mit Quotenmodellen in Europa noch in einem überschaubaren Rahmen halten161. Nachteilig ist, daß keine vielfältige, dezentrale Energieerzeugungsstruktur gewährleistet werden kann. Wie beim Ausschreibungsmodell auch, wird beim Quotenmodell weder eine automatische Steigerung der ökologischen Verträglichkeit des Energiesystems noch eine selbständige Erhöhung des Anteils regenerativer Energien sichergestellt162. Aber auch das Quotenmodell stellt tendenziell ein hohes Risiko für Investoren dar, das im Vergleich zu Einspeisetarifsystemen einen gesteigerten administrativen Aufwand erfordert163. Des weiteren führt das Quotenmodell, wie es hier beschrieben ist, zu einem Wettbewerb der regenerativen Primärenergieträger untereinander. Überlebensfähig ist danach über kurz oder lang nur eine regenerative Stromquelle, nämlich diejenige, welche die geringsten Stromgestehungskosten hat. Dieses ist aber nicht gewollt, was so auch in der Regenerativstromrichtlinie steht (Art. 8 UA 2 Spstr. 2 RegStRL), so daß es dessen ungeachtet sinnvoll ist, die verschiedenen ökologischen Energiequellen zu unterschiedlichen Preisen zu fördern. (4) Preisstützungsmechanismen aus Sicht der Kommission Selbst die Kommission gelangt angesichts der in den Mitgliedstaaten angewandten Förderregelungen für Elektrizität aus erneuerbaren Energieträgern zu der Auffassung, daß „gegenwärtig für die Einführung einer harmonisierten, gemeinschaftsweiten Förderregelung mit einer Preisbestimmung für Elektrizität aus erneuerbaren Energieträgern durch gemeinschaftsweiten Wettbewerb zwischen den Erzeugern von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen keine ausreichende Basis besteht. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die direkte Preisstützung, die gebräuchlichste Art der Förderung“164.

Aus dieser Formulierung läßt sich entnehmen, daß die Kommission, um der Förderung erneuerbarer Energieträger angemessen nachzukommen, eine Preisfestsetzung nicht prinzipiell als europarechtswidrig ansieht, was sie auch deut161 Vgl. W. Frenz, Quoten, Zertifikate und Gemeinschaftsrecht, DVBl 2001, 673 ff.; V. Oschmann, Strom aus erneuerbaren Energien im Europarecht, S. 71 ff. m. w. Nachw.; I. Kühn/W. Bräuer, Quotenmodelle – Was können sie leisten, wo sind ihre Grenzen, in: Ministerium für Umwelt und Verkehr und Wirtschaftsministerium BadenWürttemberg (Hrsg.), Instrumente zur Förderung erneuerbarer Energien im Strombereich, Tagungsband vom 13. April 2000, S. 48. 162 Vgl. R. Madlener/S. Stagl, Promoting Renewable Electricity Generation through Guarantedd Feed-in Tariffs vs Tradable Certificate, 2000, S. 10 f. 163 Vgl. R. Madlener, Handelbare Zertifikate für Strom aus erneuerbaren Energieträgern, in: Friedrich, K./Wallner, W. (Hrsg.), Energieinnovation im liberalisierten Markt, 2000, S. 137 f. 164 ABlEG 2000, Rs. C 311/320 (321) E v. 31.10.2000, Vorschlag RL zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt, also noch vor dem StrEG-Urteil.

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lich im 14. Erwägungsgrund der Regenerativstromrichtlinie zum Ausdruck bringt. In einem Kommissionspapier verleiht sie dieser Aussage sogar noch Nachdruck, indem sie Preisstützungsmechanismen als angebracht erklärt, um erneuerbaren Energien eine nachhaltige Zukunftsentwicklung zu ermöglichen165. Die Praxis bestätigt dieses. Es hat sich gezeigt, daß in solchen Staaten der Aufbau regenerativer Kraftwerke deutlich höher ist als in solchen, in denen ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich ist166. Dies ist nicht weiter verwunderlich, weil keine Privatperson unter normalen Bedingungen in eine wirtschaftlich unrentable Anlage investieren würde. Durch die Möglichkeit der wirtschaftlichen Betriebsführung wird überhaupt erst der Grundstein dafür gelegt, daß solche Anlagen zukünftig in der freien Marktwirtschaft wettbewerbsfähig werden, was auch im Einklang mit der Regenerativstromrichtlinie steht167. cc) Ergebnis Es läßt sich durchaus eine europäische Tendenz erkennen, die das Quotenmodell favorisiert. Ob die hier dargestellten Modelle einen geringeren Eingriff in die Grundfreiheiten darstellen als das Erneuerbare-Energien-Gesetz, bleibt jedenfalls offen. Unbestritten ist, daß sie ebenfalls zumindest potentiell im Sinne der Dassonville-Formel dazu geeignet sind, den freien Warenverkehr zu behindern. Auch ist Deutschland, was keine Rechtfertigung darstellen kann und soll, aber anzumerken ist, nicht der einzige Staat, der regenerative Energien über eine Preisregelung fördert168. Es ist aber einer der wenigen Staaten, in dem regenerativer Strom zu Preisen finanziert wird, die einen wirtschaftlichen Betrieb überhaupt erst ermöglichen169. Gerade der letztgenannte Aspekt ist aber ein wesentlicher, insbesondere weil das Ziel verfolgt wird, regenerative Energien wettbewerbsfähig zu machen. In der Praxis erweist es sich als schwer nachweisbar, daß andere Maßnahmen unter Erreichung des gleichen Erfolges geringere Eingriffe mit sich bringen würden170. Dies ist auch deshalb so, weil externe Effekte mit in Ansatz ge165

Vgl. in V. Oschmann, Strom aus erneuerbaren Energien im Europarecht, Fn. 69. Vgl. V. Oschmann, Strom aus erneuerbaren Energien im Europarecht, S. 76. 167 s. ErwGr. 16 RegStRL. 168 Preisregelungen gibt es beispielsweise auch in Dänemark und Spanien. 169 Vgl. V. Oschmann, Strom aus erneuerbaren Energien im Europarecht, S. 67 ff., 76, der Biomasse von der Writschaftslichkeit hingegen ausnimmt, ders., ebenda, S. 75; einen Überblick über die unterschiedlichen Förderregime gibt J. Karstens, Das novellierte Stromeinspeisungsgesetz und alternative Möglichkeiten der Förderung regenerativer Energien, ZUR 1999, 190 ff.; H. Scheer, EU-Einspeiserichtlinie und Einspeisegesetze für Erneuerbare Energien versus Einführungsquoten, ZNER 1998, S. 3 ff. 170 So auch P. Salje, EEG, Einführung, Rdn. 97; so auch A. Sohre, Europäische Handlungsalternativen bei der Förderung Erneuerbarer Energien im Lichte des Subsidiaritätsprinzips, ZNER 2003, 302. 166

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bracht werden müssen, deren Bestimmung in der Praxis unter objektiven Kriterien problembehaftet ist. Für den Energiesektor, der größtenteils auf fossilen Primärenergieträgern aufbaut, findet dahingehend eine Ressourcenverschwendung statt, die objektiv nicht in Zahlenwerte zu fassen ist. Ähnliches gilt für das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das auf den Umweltschutz abzielt und somit implizit der Umweltzerstörung (saurer Regen, verseuchter Boden, Luftverschmutzung etc.) entgegenhalten soll. Ein Preis für die Umwelt oder besser deren Erhalt läßt sich genausowenig bestimmen171. Würde man strikt dem Grundsatz des geringsten Eingriffes folgen, wären unterschiedliche Marktmodelle, wie sie sogar in der Regenerativstromrichtlinie zwar nicht gefordert, aber gestattet werden, nicht vorstellbar172. Weil jedes bis dato praktizierte System zumindest potentiell in die Warenverkehrsfreiheit eingreift, könnte konsequenter Weise nur eines dieser Systeme, um die gemeinschaftsrechtliche Beeinträchtigung zu rechtfertigen, das mit dem geringsten Eingriff in die freie Marktwirtschaft sein. Folge hiervon wäre, daß dieses System von all den Staaten eingeführt werden müßte, die den Zielen der Regenerativstromrichtlinie nachkommen wollen oder besser müssen und sich zu dessen Realisierung für ein Modell entschieden haben, das den freien Warenverkehr in welcher Weise auch immer tangiert. Dieses Kriterium dürften wohl alle Mitgliedstaaten erfüllen. Bislang verfügt keiner der Mitgliedstaaten über ein Modell, das geeignet ist, den in der Regenerativstromrichtlinie vorgegebenen Zielen nachzukommen, ohne gleichzeitig den Warenverkehr auf die eine oder andere Art einzuschränken. Die Richtlinie hätte in diesem Fall einen nicht gewollten Verordnungscharakter173, was auch nicht zulässig ist174. Weil oberstes Ziel aber ein funktionierender Binnenmarkt ist, der an die jeweiligen Begebenheiten anzupassen ist, ist es auch im Fall des geringstmöglichen Eingriffes und vor allem in einem so essentiellen Markt wie dem der Energiewirtschaft unerläßlich, auch hier eine gewisse Bandbreite an Toleranz zu gewähren. Dies wird indirekt auch in der Richtlinie beansprucht, die einen Übergangszeitraum von mindestens sieben Jahren vorsieht, um die verschiedenen Förderregelungen an den sich entwickelnden Elektrizitätsbinnenmarkt anzupassen175, was in Deutschland durch die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes auch deutlich gewor171 So auch H.-P. Schwintowski, Umweltschutz und Wettbewerb – zwei Seiten derselben Medaille, ZNER 2001, 83; vgl. dazu auch K. Homann/A. Suchanek, Ökonomik: eine Einführung, 2000, S. 215; dazu auch W. Krewitt/J. Nitsch, Das EEG – eine Investition in die Zukunft zahlt sich schon heute aus, ET 2002, 484 ff.; s. a. Fn. 387. 172 s. ErwGr. 14 RegStRL. 173 Dies läßt sich aus den Erwägungsgründen der Regenerativstromrichtlinie schließen, die den Mitgliedstaaten recht freie Hand lassen. 174 Dazu A. Emmerich-Fritsche, Rechtsakte, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, Stand: 2004, § 13 III; W. Schroeder, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 289, Rdn. 53, 56. 175 s. ErwGr. 16 RegStRL.

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den ist. Daraus wird über kurz oder lang ein einheitliches europäisches System resultieren, was schon wegen des europaweiten Handels grüner Zertifikate von Bedeutung ist. Solange aber noch keine einheitliche europäische Struktur gewachsen ist, stellt das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Rahmen dieser Darstellung eine Maßnahme dar, die das vorgegebene Ziel, die Förderung regenerativen Stroms in Deutschland, mit einem geringstmöglichen Eingriff im Sinne des Europarechts realisiert und somit erforderlich ist. c) Angemessenheit Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist verwirklicht, wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt wurde176. Abwägungsgüter sind insofern die in Rede stehenden Freiheitsbeschränkungen und die Gemeinschaftsinteressen, denen die gesetzliche Regelung dienen will177. Soll ein Ziel erreicht werden, wird sich dafür in der Regel immer ein geeignetes Mittel finden. Jedoch dürfte in der Allgemeinheit der Fälle eine einseitige Betrachtung der Problemstellung nicht stattfinden, das heißt eine Erreichung des Ziels um jeden Preis. Vielmehr muß die zu treffende Maßnahme das Mittel darstellen, das unter Betrachtung der Gesamtheit der verfolgten Ziele der Zweckbestimmung am besten nachkommt und den geringstmöglichen Eingriff darstellt178, die getroffene „Regelung, muß . . . in einem angemessenem Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen“179. Allerdings läßt sich die geringste Beeinträchtigung regelmäßig nicht feststellen. Der Europäische Gerichtshof, der zwar einen weiten Ermessensspielraum besitzt, zieht sich hier stark zurück. In seinem Urteil zur Bananenmarktordnung führt er aus: „der Gerichtshof kann jedoch nicht die Beurteilung des Rates in der Frage, ob die vom Gemeinschaftsgesetzgeber gewählten Maßnahmen mehr oder weniger angemessen sind, durch seine eigene Beurteilung ersetzen, wenn der Beweis nicht erbracht ist, daß diese Maßnahmen zur Verwirklichung des verfolgten Zieles offensichtlich ungeeignet waren“180. 176 BVerfGE 83, 1 (19); 81, 70 (92); 77, 84 (111); 70, 1 (30); 68, 193 (219); 67, 157 (178); 30, 292 (316 f.); 25, 1 (22); 23, 50 (56); 13, 97 (104 f.); 11, 30 (42 f.). 177 BVerfGE 25, 1 (22); 30, 292 (323). 178 EuGH v. 09.07.1997 – verb. Rs. C-34 bis 36/95 (de Agostini), Slg. 1997, I3843, Rdn. 45. 179 EuGH v. 20.09.1988 – Rs. 302/86 (Kommission/Dänemark), Slg. 1988, I-4607, Rdn. 6; ähnlich auch EuGH v. 23.04.2002 – Rs. C-443/99 (Merck, Sharp & Dohme), Slg. 2002, I-3703, Rdn. 18. 180 EuGH v. 05.08.1994 – Rs. C-280/93 (Deutschland/Rat der Eruopäischen Union), Slg. 1994, I-4973, Rdn. 94; ähnlich EuGH v. 25.07.1991 – verb. Rs. C-1/90 und 176/90 (Aragonesa), Slg. 1991, I-4151, Rdn. 17; A. Emmerich-Fritsche, Der

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Letztlich bleibt somit die Angemessenheitsprüfung dem Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten vorbehalten, auch wenn dieser vergleichsweise klein ist181. Ganz allgemein bedeutet Angemessenheit die Einhaltung des rechten oder vernünftigen Maßes, die Ausgewogenheit, die mit dem Gedanken der Gerechtigkeit und der Gleichheit untrennbar verbunden ist182. Dem europäischen Gerechtigkeitsgedanken liegt das in den Mittelpunkt gestellte Prinzip der gleichen Würde und Freiheit der Menschen von Kant zugrunde183. Die Angemessenheit sucht die Gleichheit der Verhältnisse und realisiert so die gleiche Freiheit aller184. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung darf die sorgfältige Definition nicht vernachlässigt werden. Keine Einwände sind zumindest gegen solche Förderkriterien einzuwenden, die nachweislich nur Anlagen fördern, die erwiesenermaßen einen spürbaren Beitrag zur Minderung der CO2-Emissionen leisten185. Für die im Erneuerbare-Energien-Gesetz geförderten Anlagen ist dieses Kriterium durchaus erfüllt186. So stellt der Umweltschutz zwar ein zu beachtendes Ziel dar, in keinem Falle aber das einzige. Die zugunsten des Umweltschutzes erlassene Maßnahme muß, mit Blick auf die Verwirklichung anderer Gemeinschaftsziele und der damit hervorgerufenen Behinderungen angemessen sein187. Im Konflikt mit der Warenverkehrsfreiheit und der Beihilfe- und Wettbewerbsbeeinträchtigung ist eine umfassende Güter- und Interessenabwägung zwischen den verschiedenen Belan-

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, S. 428. 181 Vgl. K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 400 m. w. Nachw.; dazu A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, S. 420 ff., 426; anders drückt dies der Europäische Gerichtshof aus, der meint den Mitgliedstaaten einen weiten Ermessensspielraum zu belassen (EuGH v. 14.07.1983 – Rs. 174/82 (Sandoz), Slg. 1983, I-2445, Rdn. 19; EuGH v. 15.08.1994 – Rs. C-293/93 (Houtwipper), Slg. 1994, I-4249, Rdn. 22.). 182 Vgl. K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 865; A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, S. 66, 213. 183 A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, S. 66 m. w. Nachw. 184 A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, S. 66. 185 Vgl. J. F. Baur u. a., Förderung von KWK-Anlagen, S. 60 f. 186 Es gibt allerdings auch Stimmen, die dem nicht beipflichten. Als Argument wird dabei angeführt, daß das in die Förderung regenerativer Kraftwerke fließende Geld sinnvoller ausgegeben werden könnte, wie etwa für zusätzliche Filter von Kraftwerken. Dem ist nicht zuzustimmen, weil die Filter i. d. R. bereits so effektiv sind, daß eine weitere Effizienzsteigerung nur noch zu unverhältnismäßig hohen Kosten möglich wäre. 187 Vgl. A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, S. 213; A. Epiney/Th. M. J. Möllers, Freier Warenverkehr und nationaler Umweltschutz, 1992, S. 87.

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gen vorzunehmen188. Der Angemessenheit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist zuzustimmen, wenn die mit der entstehenden Beschränkung verbundenen Nachteile die daraus entstehenden Vorteile nicht überwiegen189. Im Hinblick auf Art. 176 EGV sind die Vorteile dabei danach zu bestimmen, inwieweit sie über die bereits durch gemeinschaftsweite Maßnahmen erreichten Vorteile hinausgehen190. Zu beachten ist ebenfalls, daß der Markt nicht komplett abgeschottet wird. Den anderen Mitgliedstaaten bleibt es nach wie vor überlassen, nicht nur ihren regenerativen, sondern ebenfalls ihren konventionell erzeugten Strom über die deutschen Staatsgrenzen hinweg zu transportieren. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz dient nicht nur dem Klima- und Umweltschutz. Es steuert seinen Teil dazu bei, daß das auch auf mitgliedsstaatlicher Ebene gesetzte Ziel des Ausbaus erneuerbarer Energien erreicht werden kann. Darüber hinaus kommt es auch dem in Art. 174 Abs. 2 EGV formulierten Vorsorge- und Vorbeugeprinzip nach191. Allesamt Prinzipien, die es gestatten den freien Warenverkehr zu beeinträchtigen192. Unter Abwägung aller Kriterien stellt das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine angemessene Regelung dar, so daß abschließend festzustellen ist, daß diese Regelung verhältnismäßig im Sinne des Europarechts ist193.

188 Vgl. M. Zuleeg, Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Europarecht im Lichte des Grundgesetzes und seiner Dogmatik, in: U. Battis/E.G. Mahrenholz/D. Tsatsos (Hrsg.), Das Grundgesetz im internationalen Wirkungszusammenhang der Verfassungen – 40 Jahre Grundgesetz, 1990, S. 241; in diesem Sinne auch V. Oschmann, Strom aus erneuerbaren Energien im Europarecht, S. 183. 189 Vgl. K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, S. 866; A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, S. 213; W. Frenz, Nationalstaatlicher Umweltschutz und EGWettbewerbsfreiheit, S. 98 f. 190 Vgl. W. Frenz, Nationalstaatlicher Umweltschutz und EG-Wettbewerbsfreiheit, S. 99. 191 Dazu A. Epiney u. a., Europäisches Umweltrecht und die Schweiz, S. 32 ff.; s. a. Kap. VII. 10. e) dd) und VII. 11. d) bb) (2). 192 Dazu auch in Kap. VII. 10. e) dd), VII. 11. d) bb) (2). 193 Vgl. M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, 2002, S. 285; so im Ergebnis auch U. Ehricke, Staatliche Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Energien und europäisches Wettbewerbsrecht, RdE 2003, 65; so wohl auch V. Oschmann, Strom aus erneuerbaren Energien im Europarecht, S. 182, 191 f., 276; anders P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 190 mit Verweis auf S. 192 (s. Fn. 74), in dem er das Verhältnismäßigkeitsprinzip entkräftet. Dabei handelt es sich noch um das Stromeinspeisungsgesetz, wobei zu vermuten sein dürfte, daß er diese These auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz überträgt; ders., EEG, Einführung, 91 ff., obwohl er dort vor einer eins zu eins Übernahme einer Europarechtswidrigkeit warnt; K. Gent, Deutsches Stromeinspeisungsgesetz und Europäisches Wettbewerbsrecht, ET 1999, 858.

9. Wettbewerbsverfälschung

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9. Wettbewerbsverfälschung Die Vergütungssätze regenerativen Stroms liegen deutlich über den üblichen Marktpreisen für Strom. In Verbindung mit der Abnahmegarantie des geförderten Stroms findet ein Eingriff in den Preisfindungsmechanismus der freien Marktwirtschaft statt. Weil dies eine künstliche Marktbeeinträchtigung darstellt, könnte hierin eine Wettbewerbsverfälschung gesehen werden194. Diese könnte verneint werden, wenn alle europäischen Unternehmen von den begünstigenden Maßnahmen profitieren oder zumindest davon nicht ausgeschlossen wären, also unterschiedslos behandelt werden würden. Dem ist aber nicht so. Im Fall des Erneuerbare-Energien-Gesetzes profitieren davon ausschließlich in Deutschland tätige Produzenten regenerativen Stroms. Zur Beurteilung, ob durch Preisfestsetzung und Abnahmezwang eine Wettbewerbsverfälschung im gemeinschaftlichen Sinne hervorgerufen wird, muß eine genauere Differenzierung vorgenommen werden. Die einschlägigen Bestimmungen hierfür finden sich in den Art. 81 und 82 EGV. Diese wenden sich, im Vergleich zu Art. 87 EGV, der nur Maßnahmen der Mitgliedstaaten betrifft, unmittelbar an Unternehmen und Vereinigungen zwischen diesen. Daß eine Wettbewerbsverzerrung besteht, kann nicht voreilig mit dem Argument negiert werden, daß faktisch weder Unternehmensvereinbarungen noch -vereinigungen vorhanden sind. Das Verhalten der beteiligten Unternehmen wird durch Gesetz begründet195. Fraglich ist, ob das Erneuerbare-Energien-Gesetz ein nach Art. 81 EGV verbotenes Kartell durch Gesetz schafft. Nach ständiger Rechtsprechung besteht eine Wettbewerbsbeeinträchtigung dann, wenn ein Mitgliedstaat gegen Art. 81 EGV verstoßende Kartellabsprachen vorschreibt, erleichtert oder die Auswirkungen solcher Absprachen verstärkt, aber auch dann, wenn er seiner eigenen Regelung dadurch ihren staatlichen Charakter entzieht, indem er die Verantwortung für in die Wirtschaft eingreifende Entscheidungen privaten Wirtschaftsteilnehmern überträgt196. Durch die Kombination des Abnahmezwangs mit der Preisfestsetzung begründet das Erneuerbare-Energien-Gesetz faktisch ein horizontales Preiskartell197, bei dem die Höhe der Vergütung für die Kartell194

Vgl. F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 19. Von der Sache her EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/ Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 64; vgl. auch Kap. VII. 6. 196 Vgl. EuGH v. 21.09.1988 – Rs. 267/86 (van Eycke/ASPA), Slg. 1988, I-4769, Rdn. 16; EuGH v. 17.11.1993 – Rs. C-185/91 (Reiff), Slg. 1993, I-5841, Rdn. 14; EuGH v. 09.06.1994 – Rs. C-153/93 (Delta Schiffahrts- und Speditionsgesellschaft), Slg. 1994, I-2517, Rdn. 14; vgl. auch Kap. V. 4. b) bb). 197 Zu einer vertikalen Preisbindung hat der EuGH folgendes bestimmt: „Im Lichte dieser Erwägungen untersucht die Kommission die Frage, ob ein vertraglich begründetes System der vertikalen Preisbindung, das sich nur auf einen Mitgliedstaat bezieht, den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann.“ EuGH v. 16.11.1977 – Rs. 13/77 (INNO/ATAB), Slg. 1977, I-2115, (2136); zur vertikalen Preisbildung auch 195

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

mitglieder vereinheitlicht wird198, so daß man zu dem Schluß gelangen muß, daß die im Erneuerbare-Energien-Gesetz enthaltenen Elemente dazu geeignet sind, den Wettbewerb zu verfälschen199. a) Spürbare Wettbewerbsverfälschung Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Anwendung des Art. 81 Abs. 1 EGV voraus, daß die Wettbewerbsbeschränkung spürbar ist200, was in der Literatur aber nicht abschließend geklärt ist201. Als Kriterien dafür werden der Marktanteil, die Marktstellung, die finanziellen Ressourcen sowie der Umfang der Produktion und der betroffenen Handelsströme herangezogen202. Wie in Kap. VII. 7. erörtert wäre eine Wettbewerbsbeeinträchtigung spürbar, weil die in der Bagatellbekanntmachung der Kommission erwähnten Restriktionen erfüllt sind. Ob eine Wettbewerbsverfälschung besteht, und diese möglicherweise zulässig ist, ist an den materiellen Tatbestandsmerkmalen des Art. 81 EGV zu prüfen. b) Materielle Tatbestandsvoraussetzung Für eine Wettbewerbsverzerrung nennt Art. 81 EGV mehrere Tatbestandsmerkmale, die kumulativ erfüllt sein müssen. Zunächst muß es sich um Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen handeln. Verboten sind diese, wenn sie geeignet sind, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen und dadurch die Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken. P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 62 ff., insb. Rdn. 66 m. w. Nachw. 198 Zum horizontalen Preisvergleich U. Immenga, in: ders./Mestmäcker, GWB, § 1, Rdn. 240 ff., 249 ff., S. 124 f. mit dem Unterschied, daß dort nicht von staatlich legitimierten Preiskartellen die Rede ist; a. A. H. Pünder, Die Förderung alternativer Energiequellen durch das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des europäischen Gemeinschaftsrechts, NVwZ 1999, 1061 m. w. Nachw. 199 Vgl. dazu auch K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 316 f. 200 Z. B. EuGH v. 30.06.1966 – Rs. 56/65 (Société Technique minière/Maschinenbau Ulm GmbH), Slg. 1966, I-281, (303 f.); EuGH v. 16.12.1975 – verb. Rs. 40–48, 50, 54–56, 111, 113 und 114/73 (Suiker Unie u. a./Kommission), Slg. 1975, I-1663, Rdn. 366/368 ff.; EuGH v. 10.12.1985 – Rs. 260/82 (Nederlandse Sigarenwinkeliers Organisatie/Kommission), Slg. 1985, I-3801, Rdn. 44 ff.; vgl. a. S. Schulte-Beckhausen, in: Ludwig/Odenthal, EGV, Teil D, Rdn. 7 f., 24. 201 Vgl. Kap. VII. 7., insb. Fn. 97 ff. 202 Vgl. A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 194.

9. Wettbewerbsverfälschung

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Besonders gravierende Regelbeispiele werden vom Vertrag einzeln aufgeführt. Dem Wortlaut nach erfüllt das Erneuerbare-Energien-Gesetz zwei davon. Zum einen das Verbot der „Festsetzung der An- oder Verkaufspreise“ (Art. 81 Abs. 1 lit. a EGV) und zum anderen das Verbot der „Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen“ (Art. 81 Abs. 1 lit. d EGV). Weil die in Frage stehende Maßnahme ebenfalls dazu geeignet ist, sowohl den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen203 als auch eine Wettbewerbsverfälschung bewirkt204, sind die zu verhindernden Auswirkungen gemeinsam erfüllt. Wie eingangs erwähnt, wäre, streng nach dem Wortlaut des Art. 81 EGV, keiner von den in Absatz 1 Satz 1 aufgezählten Aspekte für die Auswirkungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ursächlich. Es bestehen weder Unternehmensvereinbarungen oder -vereinigungen noch aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen. Die von der Preisfestsetzung und dem Abnahmezwang betroffenen Parteien handeln nicht willkürlich205, sondern aufgrund eines Gesetzes206. Somit besteht keine Handlung, die auf das wettbewerbswidrige Verhalten Privater zurückzuführen ist, weswegen, wegen der Staatlichkeit der Maßnahme, im weiteren vor allem auch der Tatbestand der Beihilfe ausgiebig zu prüfen sein wird207. Auch eine Berufung auf Art. 82 EGV ist nicht möglich. Dieser ähnelt dem Art. 81 Abs. 1 EGV im wesentlichen. Jedoch verlangt er die mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung, die den freien Warenverkehr einzuschränken in der Lage ist. Eine marktbeherrschende Stellung ist nicht verboten, lediglich deren mißbräuchliche Ausnutzung208. Offen ist, ab wann eine marktbeherrschende Stellung besteht. Der Europäische Gerichtshof hält eine solche selbst bei einem Marktanteil von unter 10% für möglich209. Dieses setzt aber besondere Umstände voraus. Nach eigenem Bekunden reicht eine Preisfestsetzung nicht aus:

203

Dazu ausführlich in Kap. VII. 11. Dazu auch in Kap. VII. 10. b) cc) und VII. 9. a). 205 Willkürlich im Rahmen der Gesetze; dazu ausführlich K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 366 ff. 206 Auf den Aspekt, daß der nationale Gesetzgeber keine Verordnungen oder Gesetze erlassen darf, die es Unternehmen erlauben, sich dem Wettbewerb zu entziehen, soll hier zunächst nicht eingegangen werden, nicht zuletzt, weil es für die hier behandelte Problematik nicht entscheidend ist. Dies wird ausführlich in Kap. VII. 12. g) ee) getan. 207 Dazu ausführlich in Kap. VII. 10. 208 Vgl. W. Weiß in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 82, Rdn. 1; H. Schröter, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, 4. Aufl. 1991, Art. 85, Rdn. 128. 209 EuGH v. 25.10.1977 – Rs. 26/76 (Metro/SABA I), Slg. 1977, I-1875, Rdn. 17; EuGH v. 22.10.1986 – Rs. 75/84 (Metro/Kommission), Slg. 1986, I-3021, Rdn. 85 f. 204

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

„Die Kommission bezweifle ernsthaft, daß ein System vorgeschriebener Preise, das sich, wie im vorliegenden Fall, aus dem Gesetz ergebe, die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung begünstige. Sicher schreibe die nationale Maßnahme ein bestimmtes System der Preisbildung vor, aber dies schaffe keine Abhängigkeit, der eine beherrschende Stellung entspreche“210.

Die Betreiber regenerativer Kraftwerke haben keine marktbeherrschende Stellung inne. Der Einfluß dieser Betreiber auf den Markt ist so gering, daß sie diesem nicht einmal vorsätzlich schaden könnten, sondern wegen ihrer ökonomischen Ineffizienz eher vom Markt verschwinden würden. Ausgeschlossen kann indes in jedem Fall eine mißbräuchliche Ausnutzung werden, weil die Nutznießer die Preise weder vorgeben noch ändern können. So gelten zwar die in Art. 81 Abs. 1 EGV aufgeführten Regelbeispiele nur für Kartellabsprachen211, die wegen der Staatlichkeit der Maßnahme abzulehnen sind. Zu verleugnen ist nicht, daß das Erneuerbare-Energien-Gesetz funktional trotzdem wie ein Kartell wirkt. Würde eine Wettbewerbsverfälschung aus diesem Grund trotzdem bejaht, würden die Ausnahmetatbestände des Art. 81 Abs. 3 EGV diese genehmigen212. c) Wettbewerbsverzerrung zugunsten des Umweltschutzes Die aus den Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes folgenden Verbote der unmittelbaren oder mittelbaren „Festsetzung der An- oder Verkaufspreise“ aus Art. 81 Abs. 1 lit. a EGV, und der „Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen“ aus Art. 81 Abs. 1 lit. d EGV können über die Ausnahmeregelungen des Art. 81 Abs. 3 EGV gerechtfertigt werden. Danach können „die Bestimmungen des Absatzes 1 . . . für nicht anwendbar erklärt werden“, wenn dadurch „unter angemessener Beteiligung der Verbraucher“ ein „Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts“

beigetragen wird. Allerdings darf den beteiligten Unternehmen keine Beschränkung auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerläßlich sind (Art. 81 Abs. 3 lit. a) EGV). Auch darf den beteiligten Unternehmen nicht die Möglichkeit eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten (Art. 81 Abs. 3 lit. b) EGV).

210 211 212

EuGH v. 16.11.1977 – Rs. 13/77 (INNO/ATAB), Slg. 1977, I-2115, (2135). Vgl. W. Weiß, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 81, Rdn. 133. s. dazu ABlEG 1999, Rs. L 336/21 v. 29.12.1999.

9. Wettbewerbsverfälschung

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aa) Angemessene Beteiligung der Verbraucher Eine Freistellung erfordert, daß die Verbraucher an dem entstehenden Gewinn angemessen beteiligt werden. Der hervorgebrachte Gewinn muß aber nicht finanzieller Art sein213. Als Gewinn ist die Summe aller Vorteile zu verstehen, die aus der Wettbewerbsbeeinträchtigung hervorgehen. In der Summe müssen die Vorteile die Nachteile übertreffen214. Umweltverbesserungen, wie sie das Erneuerbare-Energien-Gesetz hervorruft, wirken in der Regel zwar kostensteigernd, doch müssen die damit verbundenen Vorteile gesehen werden. Durch eine Verbesserung der Umweltqualität wird die Volksgesundheit, aber auch die Lebensqualität verbessert, was als Gewinn für den Verbraucher zu werten ist215. Konkret wurde bereits die Verminderung der Luftverschmutzung, die Schonung der natürlichen Ressourcen und die Verringerung von Umweltrisiken, allgemein also die Umsetzung umweltpolitischer Zielsetzungen, als angemessene Beteiligung der Verbraucher beurteilt216. Alles das sind Ziele, die mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verfolgt und auch erreicht werden, so daß dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt ist. bb) Unerläßlichkeit Die in Art. 81 Abs. 1 lit. a) EGV formulierte Unerläßlichkeit bringt das Verhältnismäßigkeitsprinzip zum Ausdruck217. Existiert objektiv eine weniger wettbewerbsbeschränkende Alternative, um die in Absatz 3 genannten Ziele zu erreichen, ist die Maßnahme unangemessen und somit unverhältnismäßig, wodurch die Unerläßlichkeit zu verneinen wäre218. Auch wenn sich kein praktikabler Weg findet, die ausländische Konkurrenz in die wettbewerbsbeeinträchtigende Maßnahme miteinzubeziehen, ist deren Ausschluß unter Wahrung der Unerläßlichkeit zulässig219. So ist zwar das Ziel des Erneuerbare-EnergienGesetzes in erster Linie die Förderung des Umweltschutzes durch die Förderung 213 Vgl. EuGH v. 25.10.1977 – Rs. 26/76 (Metro/SABA I), Slg. 1977, I-1875, Rdn. 48; vgl. a. Kommissionsentscheidung, ABlEG 1988, Rs. L-230/39 Rdn. 30; ABlEG 1990, Rs. L-100/32, Rdn. 16, Ziff. 2; A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 198 214 ABlEG 1971, Rs. L-10/15, S. 22; I. Brinker, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 81 EGV, 1. Aufl. 2000, Rdn. 72; H. Schröter, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 85, Rdn. 221; A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 198. 215 ABlEG 1988, Rs. L 301/68 Rdn. 23; ABlEG 1994, Rs. L 309/1 Rdn. 82 ff. 216 Kommissionsentscheidung ABlEG 1994, Rs. L 378/37, Rdn. 25 ff.; ABlEG 1994, Rs. L 144/20, Rdn. 71; ABlEG 2001, Rs. L 319/1, Rdn. 142. 217 EuGH v. 27.01.1987 – Rs. 45/85 (Verband der Sachversicherer/Kommission), Slg. 1987, I-405, Rdn. 58. 218 Ausführlich zum Verhältnismäßigkeitsprinzip in Kap. VII. 8. 219 Vgl. W. Frenz, Europäisches Umweltrecht, Rdn. 720.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

regenerativer Energien und nicht unmittelbar die Verfolgung der in Absatz 3 genannten Ziele, diese werden aber mittelbar mitverfolgt. Das von Deutschland eingesetzte Mittel, um diesem Ziel nachzukommen, das Erneuerbare-EnergienGesetz, ist verhältnismäßig und somit angemessen220. Das angestrebte Ziel, die Förderung des Umweltschutzes durch die Förderung erneuerbarer Energieträger, ist nicht nur ein nationales Ziel, sondern wird auch von der Europäischen Kommission gefordert221. Weil das Erneuerbare-Energien-Gesetz dazu dient, den Anteil des in Deutschland erzeugten regenerativen Stroms zu erhöhen, ist auch der Ausschluß der Europäischen Konkurrenz zulässig, so daß der Unerläßlichkeit zuzustimmen ist. cc) Wettbewerbsausschaltung Den beteiligten Parteien darf nicht die Möglichkeit gewährt werden, den Wettbewerb für einen wesentlichen Teil der Waren auszuschalten. Wirksamer Wettbewerb ist bestmöglich zu verwirklichen222. Maßstab für die Möglichkeit der Wettbewerbsausschaltung ist zum einen der Marktanteil der Beteiligten. Liegt er bei unter 20%, begegnet die Absprache keinen Bedenken223. Selbst bei einem Marktanteil von 30% ist im Regelfall mit einer Freistellung zu rechnen224. Selbst wenn alle Unternehmen einer bestimmten Branche zusammenarbeiten, schaltet dies nicht notwendigerweise den Wettbewerb aus, solange diese Branche einen gewissen Marktanteil nicht überschreitet225. Zum anderen sind die sonstigen Verhältnisse des Marktes zu betrachten. Zu berücksichtigen sind in etwa die Marktverhältnisse wie die Marktmacht oder das Bestehen ähnlicher Absprachen bei der Konkurrenz. Bestehen beispielsweise selektive Vertriebssysteme, die keine andere Vertriebsform mehr zulassen, ohne daß andere Wettbewerbsfaktoren diesen Nachteil ausgleichen können, fehlt es an wirksamem Wettbewerb226. Offene Vertriebssysteme hingegen werden nicht von Art. 81 Abs. 1 EGV umfaßt227. Andererseits kann eine Freistellung ergehen, wenn trotz Absprachen über Spezialisierung bei Forschung und Produktion der Wettbewerb 220

Vgl. Kap. VII. 8. Vgl. Kap. VII. 4. 222 EuGH v. 21.02.1973 – Rs. 6/72 (Europemballage und Continental Can.), Slg. 1973, I-215, Rdn. 25. 223 ABlEG 1977, Rs. L 16/8, S. 12; so auch T. Eilmansberger in: Streinz, EUV/ EGV, 2003, Art. 81, Rdn. 142. 224 ABlEG 1976, Rs. L 30/13, S. 20; ähnlich A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 198. 225 Vgl. W. Frenz, Europäisches Umweltrecht, Rdn. 721. 226 EuGH v. 22.10.1986 – Rs. 75/84 (Metro/Kommission; ), Slg. 1986, I-3021, Rdn. 34, 40, 66; dazu auch A. Bleckmann, Europarecht, Rdn. 1894 ff.; A. EmmerichFritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 191 f. 227 Vgl. A. Bleckmann, Europarecht, Rdn. 1896. 221

9. Wettbewerbsverfälschung

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auf demselben Markt aufgrund unterschiedlicher Erzeugnisse und Verkaufspolitiken bestehen bleibt228. Der Marktanteil der Kraftwerksbetreiber, die regenerativen Strom produzieren, liegt weit unterhalb der 20%-Grenze. Durch den Abnahmezwang wird zwar in gewisser Weise ein selektives Vertriebssystem begründet, eine Ausschaltung anderer Vertriebsformen erfolgt hierdurch jedoch nicht, so daß das ErneuerbareEnergien-Gesetz auch nicht die Möglichkeit eröffnet, den Wettbewerb auszuschalten. dd) Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz entsteht keine direkte Verbesserung der Warenerzeugung im eigentlichen Sinne. Die physikalischen Eigenschaften des Produkts Strom bleiben unverändert. Eine Verbesserung findet aber durch die umweltschonendere und ressourcenschonendere Produktion statt, was als externe Faktoren in die Warenerzeugung miteinzubeziehen ist229. Weil die Warenerzeugung auf den gemeinsamen Markt zu beziehen ist, der in Verbindung mit Art. 2 EGV auch aus einer ökologischen Komponente besteht, ist auch der Umweltnutzen zu berücksichtigen230. ee) Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts Das Erneuerbare-Energien-Gesetz eignet sich fraglos dazu, den technischen Fortschritt zu fördern. Die Produktion von Strom aus regenerativen Primärenergieträgern wird erfolgreich praktiziert. Die dazu nötigen Kraftwerke arbeiten meist emissionsfrei, zuverlässig und werden kontinuierlich fortentwickelt. Der technische Fortschritt liegt nicht nur in der Erhöhung der Wirkungsgrade, sondern auch in der effektiveren Ausnutzung der unterschiedlichen Primärenergieträger. Wie in Kap. VII. 9. c) dd) auch, sind in die Förderung des technischen Fortschritts die Reduzierung der für die Umwelt schädlichen Emissionen oder die Einsparung natürlicher Ressourcen miteinzubeziehen 231.

228

ABlEG 1976, Rs. L 30/13 S. 12. So auch W. Frenz, Nationalstaatlicher Umweltschutz und EG-Wettbewerbsfreiheit, S. 54. 230 Vgl. W. Frenz, Nationalstaatlicher Umweltschutz und EG-Wettbewerbsfreiheit, S. 54; vgl. auch Kap. V. 3. 231 Vgl. W. Frenz, Nationalstaatlicher Umweltschutz und EG-Wettbewerbsfreiheit, S. 53; ähnlich auch M. Bock, Umweltrechtliche Prinzipien in der Wettbewerbsordnung der Europäischen Gemeinschaft, Heft 2/1994, 50. 229

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

ff) Zusammenfassung Die für eine Freistellung des Wettbewerbs notwendigen Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 3 EGV müssen kollektiv erfüllt sein. Einzige Ausnahme stellt die Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung (Kap. VII. 9. c) dd)) und die Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts (Kap. VII. 9. c) ee)) dar. Es reicht aus, wenn eines dieser Kriterien eintritt, um als Bereichsausnahme zu gelten. Erfüllt werden dennoch beide, aber auch alle anderen Prüfobjekte, so daß die für eine Genehmigung der Wettbewerbsverzerrung in Art. 81 Abs. 3 EGV geforderten Merkmale allesamt bestehen. d) Kein Wettbewerbsverstoß Fraglos ist, daß der nationale Gesetzgeber die Bildung von Kartellen nicht fördern darf und mit seiner Gesetzgebung die größtmögliche Wettbewerbsfreundlichkeit anzustreben hat. Feststehen dürfte auch, daß es aus jeder Gesetzgebung einen Nutznießer und einen Geschädigten gibt, was einer Wettbewerbsverzerrung gleichzustellen ist. Damit die Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes eine Wettbewerbsverletzung im Sinne des Art. 81 und 82 EGV darstellt, bleiben dafür zwingend notwendige Tatbestandsvoraussetzungen, nämlich die gemeinschaftswidrigen Kartellabsprachen zwischen Unternehmen, faktisch unerfüllt. Funktional ist einer Wettbewerbsbeeinträchtigung im Sinne des Art. 81 Abs. 1 EGV gleichwohl zuzustimmen, die aber über den Ausnahmetatbestand des Art. 81 Abs. 3 EGV mit der Förderung des Umweltschutzes gerechtfertigt wird. So stellt auch der Rat die Stromerzeugung aus regenerativen Energien von den Wettbewerbsregeln, insbesondere mit Stützung auf Art. 81 Abs. 3 EGV, mit ähnlicher Argumentation frei. Er begründet dies mit der Verringerung der damit indirekt verbundenen Umweltschutzprobleme, wie der Emissionseinsparung232. Allerdings sind weder der Umweltschutz noch die Ressourcenschonung in Art. 81 EGV aufgeführt. Weil der Umweltschutz über die Querschnittsklausel (Art. 6 EGV) in alle Politiken der Gemeinschaft einzubeziehen ist und dieser auf möglichst hohem Niveau zu realisieren ist233, ist er nicht nur mit anderen Politiken, sondern auch mit den Grundfreiheiten zumindest gleichgewichtig. Er ist somit in der Lage eine Wettbewerbsbeeinträchtigung zu rechtfertigen234. Wettbewerbspolitik und Umweltschutzpolitik schließen also einander 232

s. KOM(2001)125 endg., S. 22 ff., insb. S. 29. Vgl. W. Frenz, Nationalstaatlicher Umweltschutz und EG-Wettbewerbsfreiheit, S. 62; ausführlich zur Querschnittsklausel in Kap. V. 6. c). 234 Ähnlich L. Krämer, Die Integrierung umweltpolitischer Erfordernisse in die gemeinschaftliche Wettbewerbspolitik, in: H.-W. Rengeling (Hrsg.), Umweltschutz und andere Politiken der Europäischen Gemeinschaft, 1993, S. 47, 59 f.; dazu ausführlich in Kap. V. 5. 233

10. Beihilfeverstoß

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nicht aus, vielmehr ist der Umweltschutz mittlerweile zu einem Wettbewerbsparameter avanciert235. Bei der Festlegung und Durchführung der Wettbewerbspolitik sind Umweltschutzerfordernisse jedoch insbesondere im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung zu berücksichtigen236. Auch wird nicht gegen Art. 10 EGV verstoßen, der die Pflicht der Europatreue – oder in den Worten des Europäischen Gerichtshofs, Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit – vorschreibt237. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz dient dazu, europäisches Sekundärrecht umzusetzen und verstößt somit gerade nicht gegen die Gemeinschaftstreue. Die regenerative Stromerzeugung soll wettbewerbsfähig werden. Es handelt sich demnach um einen wettbewerbsfördernden Eingriff238. Weil diese Maßnahme der Schaffung der notwendigen Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit dieser Industrie dient, ist sie auch mit Art. 157 EGV vereinbar239. Weil sie sogar der Förderung des Umweltschutzes dient, einem gemeinschaftlichem Ziel, wäre sogar eine geringfügige, auf das höchstmögliche Minimum reduzierte Wettbewerbsverzerrung zulässig240.

10. Beihilfeverstoß Viel debattiert worden ist darüber, ob die Stromeinspeisungsvergütungs- und Erstattungsregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes als europarechtswidrige Beihilfe zu qualifizieren ist. Schon im Vorfeld gab es bei diesem Thema heftige Diskussionen und Kontroversen. Auch in der Literatur und bei den Generalanwälten existierten divergierende Auffassungen241. 235 So auch U. Büdenbender, Durchleitungsverweigerungsrechte aus Gründen des Umweltschutzes, in: R. Hendler/P. Marburger/M. Reinhardt/M. Schröder (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, 2002, S. 128. 236 KOM(2001)125 endg. v. 13.03.2001, S. 3, die Kommission erinnerte an ihre Bereitschaft zur Einbindung der Umweltschutzpolitik in alle anderen Gemeinschaftspolitiken auch in ihrem Bericht für den Kölner Gipfel: „Einbeziehung der Umweltbelange – Mainstreaming der Umweltpolitik“ (SEK(1999) 777) und in ihrem „Bericht über die Einbeziehung der Umweltbelange und der nachhaltigen Entwicklung in die Gemeinschaftspolitiken“ (SEK(1999) 1941) an den Europäischen Rat in Helsinki. 237 EuGH v. 14.11.1989 – Rs. 14/88 (Italien/Kommission), Slg. 1989, I-3677, Rdn. 20; EuGH v. 26.08.2000 – Rs. C-262/97 (Rijksdienst voor Pensioenen/Engelbrecht), Slg. 2000, I-7321, Rdn. 20; EuGH v. 20.03.2003 – Rs. C-135/01 (Kommission/ Deutschland), Slg. 2003, I-2837, Rdn. 29; s. a. GA Léger, Schlußanträge zu EuGH v. 17.06.2003 – Rs. C-453/00 (Kühne & Heitz), Slg. 2003, Rdn. 20 (n. n. ersch.); GA Geelhoed, Schlußanträge zu EuGH v. 12.12.2002 – Rs. C-14/02 (ATRAL), Slg. 2003, I-4431, Rdn. 69. 238 Vgl. U. Ehricke, Staatliche Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Energien und europäisches Wettbewerbsrecht, RdE 2003, 64. 239 Hierzu in Kap. V. 7. d). 240 So wohl P. Lauffer, Beihilfen für den Steinkohlenbergbau in der Europäischen Union nach 2002, 1998, insb. S. 73; vgl. Fn. 300; zum Umweltschutz als Ziel s. Kap. V. 6. b).

282

VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

a) Spürbare Beihilfebeeinträchtigung Ähnlich der Wettbewerbsverfälschung setzt auch die Beihilfe eine Spürbarkeit voraus, die allerdings wesentlich restriktiver gehandhabt wird. Ein Marktanteil von 1% reicht bereits aus, um spürbar zu sein. Sollte das Erneuerbare-Energien-Gesetz als Beihilfe eingestuft werden, würde es auch, wie in Kap. VII. 7. erörtert, den Tatbestand der Spürbarkeit erfüllen, weil die in der De-MinimisRegel aufgeführten Ausnahmetatbestände nicht erfüllt werden. b) Erfüllungstatbestände eines Beihilfeverbots Für den Tatbestand einer Beihilfe müssen mehrere Kriterien kumulativ erfüllt sein. Damit das Erneuerbare-Energien-Gesetz den Beihilfetatbestand materiell erfüllt, müssen die geleisteten Vergütungszahlungen staatlich oder aus staatlichen Mitteln gewährt sein und bestimmten Unternehmen oder Produktionszweigen einen einseitigen Vorteil verschaffen, also eine begünstigende Wirkung haben. Mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar sind sie erst, wenn sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigen (Art. 87 Abs. 1 EGV)242. Werden diese Tatbestände allesamt erfüllt, ohne daß dafür eine adäquate Gegenleistung erbracht wird243, läßt sich daraus zunächst nur schließen, daß das Erneuerbare-Energien-Gesetz das Beihilferecht beeinträchtigt244. Als gemeinschaftswidrige Beihilfe ist es erst dann zu klassifizieren, wenn es nach Art. 87 Abs. 2 EGV mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar ist oder keine der in Art. 87 Abs. 3 EGV genannten Ausnahmevorschriften erfüllt.

241 A. Witthohn/U. Smeddinck, Die EuGH-Rechtsprechung zum Stromeinspeisungsgesetz – ein Beitrag zum Umweltschutz?, ET 2001, 467; ein Verstoß gegen das Beihilferecht durch das StrEG bejahend K. Gent, Deutsches Stromeinspeisungsgesetz und Europäisches Wettbewerbsrecht, ET 1999, 854 ff.; verneinend H. Pünder, Die Förderung alternativer Energiequellen durch das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des europäischen Gemeinschaftsrechts, NVwZ 1999, 1062; vgl. dazu S. P. Iro, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RdE 1998, 11 ff., der die Subventionierung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen als zulässige Beihilfe i. S. v. Art. 87 Abs. 3 lit. b EGV beurteilt, aber einen Verstoß gegen die Art. 28 ff. EGV konstatiert, weil Strom aus anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union von der gesetzlichen Begünstigung ausgenommen wird. 242 Vgl. auch GA Stix-Hackl, Schlußanträge zu EuGH v. 27.11.2002 – verb. Rs. C34 bis 38/01 (Enirisorse), Slg. 2003, Rdn. 130 (n. n. ersch.). 243 Dazu ausführlich in Kap. VII. 10. e) ee). 244 Vgl. D. Lefèvre, Staatliche Ausfuhrförderung und das Verbot wettbewerbsverfälschender Beihilfen im EWG-Vertrag, S. 115; G. v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 92, Rdn. 5 ff.

10. Beihilfeverstoß

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aa) Staatliche Mittel Die Art. 87 ff. EGV reglementieren, wie aus dem Wortlaut des Vertrages hervorgeht, nur staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen. Vorteile, die auf Initiative Privater, wie etwa Kirchen oder Gewerkschaften zurückzuführen sind, und konsequenterweise Vorteile, die auf Programmen der Gemeinschaft beruhen, sind hiervon ausgeschlossen245. Dies bedeutet, daß die Gemeinschaft ihrerseits Beihilfen gewährt, die aufgrund von Vorschriften des sekundären Gemeinschaftsrechts nicht den Art. 87 f. EGV unterliegen246. Ähnlich äußert sich der Europäische Gerichtshof, der in ständiger Rechtsprechung ausführt, daß „nur solche Vorteile als Beihilfen im Sinne von Art. 92 Abs. 1 EGV (Art. 87 Abs. 1 EGV n. F.), anzusehen [sind], die unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden“247.

Weil der Begriff der Beihilfe extensiv auszulegen ist248, erläutert er, daß „die in dieser Bestimmung vorgenommene Unterscheidung zwischen staatlichen und aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfen bedeutet nämlich nicht, daß alle von einem Staat gewährten Vorteile unabhängig davon Beihilfen darstellen, ob sie aus staatlichen Mitteln finanziert werden, sondern dient dem Zweck, in den Beihilfebegriff nicht nur unmittelbar vom Staat gewährte Beihilfen, sondern auch solche Beihilfen einzubeziehen, die durch vom Staat benannte oder errichtete öffentliche oder private Einrichtungen gewährt werden“249. 245 Vgl. K. Ritgen, Stromeinspeisungsgesetz und europäisches Beihilfenaufsichtsrecht, RdE 1999, 179 f. 246 Vgl. F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Vorb. zu Art. 92, Rdn. 4; P. Lauffer, Beihilfen für den Steinkohlenbergbau in der Europäischen Union nach 2002, 1998, insb. S. 74. 247 Erstmals EuGH v. 24.01.1978 – Rs. 82/77 (Niederländische Staatsanwaltschaft/ Van Tiggele), Slg. 1978, I-25, Rdn. 23/25; EuGH v. 14.07.1998 – Rs. C-341/95 (Bettati), Slg. 1998, I-4355, Rdn. 73; EuGH v. 17.03.1993 – verb. Rs. C-72/91 und C-73/ 91 (Sloman Neptun), Slg. 1993, I-887, Rdn. 19; GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH v. 07.05.1998 – verb. Rs. C-52 bis 54/97 (Epifanio Viscidio u. a./Ente Post Italiane), Slg. 1998, I-2629, Rdn. 9; EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/ Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 58; zur Auslegung von Art. 87 EGV ebenda Rdn. 54 ff.; dazu E. Kruse, Das Merkmal der „Staatlichkeit“ der Beihilfe nach Art. 87 Abs. 1 EG, ZHR 165 (2001), 580 f.; s. a. Fn. 249. 248 Vgl. D. Lefèvre, Staatliche Ausfuhrförderung und das Verbot wettbewerbsverfälschender Beihilfen im EWG-Vertrag, S. 112; G. v. Wallenberg in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, EGV, Art. 92, Rdn. 5; F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 5. 249 Vgl. EuGH v. 30.11.1993 – Rs. C-189/91 (Kirsammer-Hack), Slg. 1993, I-6185, Rdn. 16; EuGH v. 07.05.1998 – verb. Rs. C-52/97 bis C-54/97 (Viscido u. a.) Slg. 1998, I-2629, Rdn. 13; EuGH v. 17.06.1999 – Rs. C-295/97 (Piaggio), Slg. 1999, I3735, Rdn. 35; EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 58, ähnlich EuGH v. 30.01.1985 – Rs. C-290/83 (Kommission/Frankreich), Slg. 1985, I-439, Rdn. 14; EuGH v. 17.03.1993 – verb. Rs. C-72/ 91 und C-73/91 (Sloman Neptun), Slg. 1993, I-887, Rdn. 19.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Verfügt der die Vergünstigung Gewährende über die volle Entscheidungsautonomie, ist er nicht hierunter zu subsumieren. Jedoch darf dessen Entscheidungsfindung weder nur in enger Abstimmung mit einer staatlichen Institution möglich sein, noch dürfen die vom leistenden Objekt gewährten Vorteile aus Mitteln eines Mitgliedstaates erbracht werden250. Würden somit öffentlich-rechtliche Institutionen zu einer Vergütungszahlung verpflichtet werden, von der bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige profitieren würden, wäre darin eine Maßnahme zu sehen, die mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden würde. Würden die Energieversorgungsunternehmen, die der Abnahmepflicht unterstehen, die Differenzkosten251, die ihnen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz entstehen, beispielsweise aus einem vom Staat verwalteten Fond, rückerstattet bekommen, wäre dies ebenfalls als staatliche Maßnahme einzustufen, weil die Gelder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt würden252. Fraglich ist insofern, ob auch eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Maßnahme im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV anzunehmen ist, wenn sich privatrechtliche Unternehmen einem Abnahmezwang zu Mindestpreisen beugen müssen, ohne daß dadurch staatliche Mittel beansprucht werden, weder mittelbar noch unmittelbar, so wie durch die Regelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Die der Abnahmepflicht unterliegenden Energieversorgungsunternehmen sind privatrechtlich organisiert und weder vom Staat benannte noch vom Staat errichtete Unternehmen253. Auch werden die Ausgleichs- und Vergütungszahlungen direkt zwischen den Stromproduzenten, den beteiligten Energieversorgungsunternehmen und den Letztverbrauchern vorgenommen. Der Staat wird so weder in irgendeiner Art und Weise tätig, noch gewährt er oder entgehen ihm dadurch unmittelbar oder mittelbar finanzielle Mittel. Dies ist aber eine zwingende Voraussetzung, um den Beihilfetatbestand zu erfüllen. Der Tatbestand der Preisregelung ändert daran nichts, weil diese keineswegs einen Präzedenzfall darstellt. Erstmals hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil „van Tiggele“ die Qualifizierung der Festsetzung von Mindestpreisen als staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe mit der Begründung abgelehnt, daß diese ausschließlich zu Lasten der Kunden ginge und somit weder eine unmittelbare noch eine mittelbare finanzielle Belastung des Staates festgestellt werden könne254. Dies wiederholte er im deutschen Stromeinspeisungsurteil255. 250 Vgl. F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 10 f. m. w. Nachw. 251 Vgl. Glossar. 252 Vgl. beispielsweise Kap. VII. 8. b) bb) (1). 253 Trotz teilweiser kommunaler Anteileignerschaft, sind die von der Abnahmepflicht betroffenen Unternehmen dennoch Teil der privaten Wirtschaft, vgl. H. Falk, Die materielle Bedeutung des deutschen Stromeinspeisungsgesetzes nach europäischem Beihilferecht, ZIP 1999, 739. 254 EuGH v. 24.01.1978 – Rs. 82/77 (Niederländische Staatsanwaltschaft/Van Tiggele), Slg. 1978, I-25, ähnlich Rdn. 23/25; EuGH v. 13.08.1982 – verb. Rs. C-213

10. Beihilfeverstoß

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Grabitz hingegen sieht in der Abnahmevergütung zu überhöhten Preisen einen mittelbaren Beihilfeverstoß256. Anders als der Europäische Gerichtshof legt er dar, daß es nicht erforderlich ist, daß die Mittel von der öffentlichen Hand kommen. Eine staatlich finanzierte Maßnahme im Sinne des Beihilferechts bestünde auch dann, wenn aufgrund staatlicher Vorschriften von Privaten Abgaben erhoben und die auf diesem Wege erlangten Mittel wieder umverteilt würden, indem sie bestimmten Unternehmen als Zuschüsse zugute kämen257. Ähnlich äußert sich Richter, der darlegt, daß der Erlaß eines entsprechenden Gesetzes, das sowohl die letztverbindliche staatliche Entscheidung über das „Ob“ und das „Wie“ der Beihilfevergabe trifft und unmittelbar die materiellen Vorgaben determiniert, als Beihilfe eingestuft werden könnte258. Unbestritten ist, daß der Abnahmezwang und die Preisfestsetzung faktisch diese Wirkung entfalten. In erster Instanz müssen die Energieversorgungsunternehmen den regenerativ erzeugten Strom abnehmen und vergüten, wovon die Betreiber regenerativer Stromerzeugungsanlagen profitieren. Dies wird von den Energieversorgungsunternehmen nicht freiwillig getan, sondern aufgrund eines Gesetzes, worin fraglos eine staatliche Maßnahme zu sehen ist. Uneinigkeit besteht somit darüber, ob sich der Gerichtshof mit der Feststellung, daß eine Beihilfebelastung mangels finanzieller staatlicher Belastung nicht festgestellt werden könne259, in Widerspruch zu dem von ihm selbst betonten Grundsatz begibt, daß es für die Beihilfequalität einer Maßnahme vornehmlich auf die Wirkung derselben ankomme und nicht auf deren Gründe oder Ziele260. Diese Interpretation ist aber bereits und 215/81 (Norddeutsches Vieh- und Fleischkontor), Slg. 1982, I-3583, Rdn. 22 f.; so auch in W. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 87, Rdn. 11. 255 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 59. 256 Vgl. E. Grabitz, Zulässigkeit von Energiepfennigen und -steuern nach EGSteuer- und -Beihilferecht, in: W. Harms (Hrsg.), Konturen eines EG-Energiemarkts, 1989, S. 150 m. w. Nachw.; ähnlich auch F. Rawlinson, in: C. O. Lenz/K.-D. Borchardt, EG-Vertrag, 3. Aufl. 2003, Art. 87, Rdn. 5 f.; a. A. J.-P. Schneider, in: ders./C. Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 18, Rdn. 154. 257 Vgl. E. Grabitz, Zulässigkeit von Energiepfennigen und -steuern nach EGSteuer- und -Beihilferecht, in: W. Harms (Hrsg.), Konturen eines EG-Energiemarkts, 1989, S. 150 m. w. Nachw. 258 Vgl. S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung regenerativer Stromeinspeisungen in Deutschland, S. 114; ähnlich auch C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 345. 259 Die Voraussetzung der finanziellen Belastung des Staatshaushalts ablehnend F. Rawlinson, in: C. O. Lenz/K.-D. Borchardt, EG-Vertrag, Art. 87, Rdn. 6; E. Grabitz, Zulässigkeit von Energiepfennigen und -steuern nach EG-Steuer- und -Beihilferecht, in: W. Harms (Hrsg.), Konturen eines EG-Energiemarkts, 1989, S. 150 m. w. Nachw.; a. A. GA Jacobs, Schlussantrag zu EuGH v. 19.02.1998 – verb. Rs. C-52 bis 54/97 (Epifanio Viscido u. a./Ente Poste Italiane), Slg. 1998, I-2629, Rdn. 9 ff.; K. Ritgen, Stromeinspeisungsgesetz und europäisches Beihilfenaufsichtsrecht, RdE 1999, 181; dazu M. Gellermann, Das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des Europäischen Gemeinschaftsrechts, DVBl 2000, 511 f.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

angesichts des Wortlauts des Art. 87 Abs. 1 EGV, der „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen“ verlangt, nicht überzeugend, was so auch in stetiger Rechtsprechung vom Europäischen Gerichtshof bestätigt wird261. Unberücksichtigt bleibt bei der hier vorgebrachten Kritik ebenfalls, daß bei all den Gerichtsentscheidungen, bei denen eine Maßnahme aufgrund ihrer Wirkung als Beihilfe eingestuft wurde, damit auch öffentliche Mittel in Verbindung gebracht werden konnten. Sei es in Form der teilweisen Befreiung von den Soziallasten für Familienabgaben262, der finanziellen Beteiligung an der Durchführung eines Sozialplans263 oder gar der direkten Gewährung staatlicher Mittel264. Jedesmal wurden staatliche Mittel mittelbar oder unmittelbar beansprucht, womit sich der Vorwurf, daß für eine Beihilfe das Kriterium der Wirkung und nicht das der staatlichen Mittelbelastung ausschlaggebend ist, entkräften läßt. Auch die Unterstellung, daß die Regelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes eine mittelbare staatliche Belastung verursacht, indem der Staat hierdurch direkte oder indirekte Steuereinbußen erleidet, ist nicht haltbar, das Gegenteil ist der Fall. Zwar werden durch die Preisfestsetzung und den Abnahmezwang bestimmten Unternehmen Umsatzeinbußen zugemutet, wodurch sich deren zu versteuerndes Ergebnis schmälert265. Jedoch stellt der Anteil der Steuermindereinnahmen in der Gesamtbilanz der tatsächlichen Fördergelder nicht nur einen zu vernachlässigenden Anteil dar; es ist vielmehr fraglich, ob dieser überhaupt existent ist. Wegen der Abwälzbarkeit der Mehraufwendungen auf den Endkunden werden nämlich die entstandenen Kosten letztlich nur in der Kette vom Erzeuger zum Verbraucher durchgereicht. So beschränkt sich die finanzielle Belastung der Energieversorgungsunternehmen auf den möglicherweise nicht erzielten Gewinn. Ohne Abnahmezwang hätte dieser dann erzielt werden können, wenn die Energieversorgungsunternehmen den Strom bei einem anderen Anbieter günstiger hätten einkaufen und mit Gewinn weiterverkaufen können. Ob hieraus letztendlich Steuerausfälle resultieren, dürfte in der Regel, wenn über260 Vgl. EuGH v. 02.07.1974 – Rs. 173/73 (Italien/Kommission), Slg. 1974, I-709, Rdn. 27; EuGH v. 24.02.1987 – Rs. 310/85 (Deufil/Kommission), Slg. 1987, I-901, Rdn. 8; EuGH v. 26.09.1996 – Rs. C-241/94 (Frankreich/Kommission), Slg. 1996, I4551, Rdn. 20; EuGeI v. 27.01.1998 – Rs. T-67/94 (Landbroke Racing/Kommission), Slg. 1998, II-1, Rdn. 52; vgl. auch N. Koch, in: Grabitz/Hilf, EGV, Art. 85, Rdn. 97; so wohl K. Ritgen, Stromeinspeisungsgesetz und europäisches Beihilfenaufsichtsrecht, RdE 1999,184. 261 So auch W. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 87, Rdn. 10. 262 EuGH v. 02.07.1974 – Rs. 173/73 (Italien/Kommission), Slg. 1974, I-709. 263 EuGH v. 26.09.1996 – Rs. C-241/94 (Frankreich/Kommission), Slg. 1996, I4551. 264 EuGH v. 24.02.1987 – Rs. 310/85 (Deufil/Kommission), Slg. 1987, I-901. 265 Dazu GA Slynn, Schlußanträge zu EuGH v. 02.02.1988 – verb. Rs. 67, 68 und 70/85 (van der Kooy u. a./Kommission), Slg. 1988, I-219, (250); dazu auch M. Pohlmann, Rechtsprobleme der Stromeinspeisung nach dem Stromeinspeisungsgesetz, S. 60.

10. Beihilfeverstoß

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haupt, nur schwer zu ermitteln sein266. Durch den faktisch teurer gewordenen Strom entstehen dem Energieversorgungsunternehmen jedoch noch zusätzliche Kosten aus der Stromsteuer, so daß nicht von einem staatlichen Steuerausfall, sondern besser von einem Steuergewinn gesprochen werden sollte267. Vergessen werden darf bei einer solchen Betrachtung auch nicht der eigentliche Zweck des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, der nicht bestimmten Unternehmen Wettbewerbsvorteile verschaffen, sondern dem Umweltschutz dienen soll. Die steuerlichen Mindereinnahmen wären, wenn sie überhaupt bestünden, unter der Verfolgung des eigentlichen Ziels, ein hinzunehmender Nebeneffekt268. Des weiteren sind die (vermeintlich vernachlässigbaren) Steuerausfälle auch schon deswegen vom Beihilfetatbestand ausgenommen, weil sie von dem vom Europäischen Gerichtshof oft erwähnten effet utile abweichen269. So hält der Europäische Gerichtshof die Anschuldigung der Steuerausfälle nicht aufrecht270, zu Recht; denn bei den Mehraufwendungen handelt es sich finanzverfassungsrechtlich weder um Steuern, noch um parafiskalische Abgaben, so daß dem Staat keine Einnahmen verlorengehen271. Eine staatliche Mittelbelastung ist demnach abzulehnen.

266 Vgl. insoweit auch S. P. Iro, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RdE 1998, 13 f.; auch der EuGH lehnt eine Beihilfe wegen zu vernachlässigender Steuereinbußen ab, EuGH v. 17.03.1993 – verb. Rs. C-72/91 und C-73/91 (Sloman Neptun), Slg. 1993, I-887, Rdn. 21. 267 Seit 1998 hat sich die Belastung der Strompreise nahezu verdreifacht. Schuld hieran sind insbesondere die im Jahr 2000 eingeführte Stromsteuer (ca. 45% der Belastung). Des weiteren kommen noch Belastungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz, den Konzessionsabgaben und der Mehrwertsteuer hinzu. Insgesamt machen die genannten Belastungen etwa 40% des Bruttostrompreises aus, vgl. VDEW (Hrsg.), Strommarkt Deutschland: Zahlen und Fakten zur Stromversorgung, Frühjahr 2004, S. 15 i. V. m. VDEW (Hrsg.), Strommarkt Deutschland: Zahlen und Fakten zur Stromversorgung, Frühjahr 2002, S. 13. 268 So auch M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, S. 55, 64 f.; J.-P. Schneider, Verfassungs- und europarechtliche Risiken einer Privilegierung stromintensiver Industrien im Rahmen des Belastungsausgleichs nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, ZNER 2003, 95 m. zahlr. w. Nachw. 269 EuGH v. 24.02.1987 – Rs. 310/85 (Deufil/Kommission), Slg. 1987, I-901, Rdn. 8; ähnlich auch EuGH v. 02.07.1974 – Rs. 173/73 (Italien/Kommission), Slg. 1974, I709, Rdn. 36/40; K. A. Schachtschneider/Th. C. W. Beyer, Die Kompetenzverteilung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten, in: K. A. Schachtschneider, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, § 6 III; T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 527 ff. 270 Vgl. EuGH v. 17.03.1993 – verb. Rs. C-72/91 und 73/91 (Sloman Neptun), Slg. 1993, I-887, Rdn. 21; EuGH v. 01.12.1998 – Rs. C-200/97 (Ecotrade), Slg. 1998, I7907, Rdn. 36; EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 62. 271 Vgl. U. Büdenbender, Die Weitergabe politischer Mehrbelastung an endverbrauchende Kunden, ET 2001, 320.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Der Erlaß des Erneuerbare-Energien-Gesetzes stellt fraglos eine staatliche Maßnahme dar. Dies reicht jedoch nicht aus, die im Gesetz geregelten Bestimmungen als Beihilfe zu deklarieren. Entscheidend ist, daß die in Frage stehenden Regelungen staatliche Mittel für sich beanspruchen müssen, unmittelbar oder mittelbar. Dies ist aber nicht der Fall, so daß die durch das ErneuerbareEnergien-Gesetz getroffenen Maßnahmen den Beihilfetatbestand der Finanzierung aus staatlichen Mitteln nicht erfüllen. bb) Begünstigende Wirkung Als weiteren Beihilfetatbestand verlangt Art. 87 Abs. 1 EGV, daß eine Maßnahme eine begünstigende Wirkung hat. Dies gilt sowohl für deutsches als auch für europäisches Recht272. Nicht nur durch das Bestehen des Kontrahierungszwangs werden die Stromproduzenten regenerativer Energie bessergestellt, sondern insbesondere durch die Abnahmepflicht in Verbindung mit der Mindestpreisregelung. Dies stellt eine ordnungspolitische Ausnahme dar, die für die profitierenden Stromerzeuger einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber der Konkurrenz bedeutet273, was einer begünstigenden Wirkung gleichkommt. Begünstigt werden ausschließlich Stromerzeuger, die regenerative Primärenergieträger als „Brennstoff“ einsetzen. Differenzierungen der Vergütungshöhe und -dauer bestehen hinsichtlich des eingesetzten Primärenergieträgers und der installierten Leistung. Auch darin könnte eine begünstigende Wirkung gesehen werden. In Verbindung hiermit muß das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gesehen werden. Wird keine angemessene Gegenleistung erbracht, ist darin eine begünstigende Wirkung zu sehen. Wird eine angemessene Gegenleistung erbracht, ist das zwar ein zwingendes aber kein hinreichendes Kriterium, um die begünstigende Wirkung zu verneinen. Zwar erbringen die geförderten Einspeiser eine Gegenleistung für das ihnen zustehende Entgelt, jedoch bemißt sich dieser Wert nach den vermiedenen Kosten der Produktion, die geringer sind als die im Gesetz festgesetzten Tarife. Hieraus läßt sich ein Differenzpreis zwischen dem durchschnittlichen Marktpreis und den im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegten Preis errechnen, der als Vermögensvorteil zu sehen ist. Dem ist entgegenzuhalten, daß darin die externen Kosten der Stromproduktion nicht berücksichtigt sind, die jedoch auch internalisiert werden müssen274. Hierauf wird in Kap. VII. 10. e) ee) ausführlich eingegangen. 272 Vgl. H. Falk, Die materielle Bedeutung des deutschen Stromeinspeisungsgesetzes nach europäischem Beihilferecht, ZIP 1999, 738. 273 BT-Drucks. 11/7816, S. 4 Nr. 7. 274 Vgl. H.-J. Koch, Stellungnahme zur Verfassungsbeschwerde der PreussenElektra AG gegen das Stromeinspeisungsgesetz (Gutachten für die Landesregierungen von Hessen, Schleswig-Holstein und das Saarland), Sonderbeilage Neue Energie I/1999,

10. Beihilfeverstoß

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Ausschlaggebend für die begünstigende Wirkung ist jedoch der Ausnahmecharakter, die selektive Wirkung also, wobei auch hier zu unterscheiden ist. War bei der in Frage stehenden Maßnahme eine Selektivität bei einer ex-ante Betrachtung weder bekannt noch zu erkennen, wird dies als wirtschaftspolitische Maßnahme erachtet, die nicht in den Bereich der Beihilfe fällt275. Eine derartige Sachlage muß für das Erneuerbare-Energien-Gesetz aber ausgeschlossen werden. Es wird erklärtermaßen ein bestimmter Produktionszweig unterstützt, wodurch nur eine gewisse Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern gefördert wird. Das Gesetz ist von vornherein so ausgelegt, daß es selektive Wirkung entfaltet. Somit erfüllt der im Erneuerbare-Energien-Gesetz bestimmte Abnahmezwang regenerativen Stroms zu festgesetzten Preisen das Wirkungskriterium des Art. 87 Abs. 1 EGV, die begünstigende Wirkung bestimmter Produktionszweige, was ebenfalls vom Europäischen Gerichtshof bestätigt wird276. cc) Wettbewerbsverfälschung Der Begriff der Wettbewerbsverfälschung der Art. 81 und 82 EGV und des Art. 87 Abs. 1 EGV haben zwar eine gemeinsame Zielrichtung, dieser ist jedoch für die beiden Fälle unabhängig voneinander auszulegen277. Art. 87 Abs. 1 EGV bezweckt der Verpflichtung der Gemeinschaft auf dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb nachzukommen. Grundlegendes Gebot ist eine harmonische und ausgewogene Entwicklung des Wirtschaftslebens in der Gemeinschaft, mit dem Ziel, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt sowie die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten miteinander in Einklang zu bringen278. So verbietet Art. 87 Abs. 1 EGV Beihilfen, die „den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen“.

Der Begriff des Wettbewerbs ist im EG-Vertrag materiell unbestimmt. Im Art. 87 Abs. 1 EGV wird er mit Hilfe des Merkmals der „Verfälschung“ negatorisch beschrieben279. Unter den Begriff der „Verfälschung“ im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV fällt jede marktfremde und künstliche Beeinträchtigung,

C III c) bb); H. Falk, Die materielle Bedeutung des deutschen Stromeinspeisungsgesetzes nach europäischem Beihilferecht, ZIP 1999, 739. 275 Vgl. F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 16. 276 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 54; ob die selektive Begünstigung bestimmter Unternehmen unter den Ausnahmetatbestand des Art. 87 Abs. 3 lit. c) EGV subsumiert werden kann, der die Förderung gewisser Wirtschaftszweige vorsieht, ist für die Bestimmung des beihilferechtlichen Charakters einer Maßnahme zunächst unerheblich. 277 Vgl. F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 17. 278 Vgl. F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 17. 279 H.-C. Pape, Staatliche Kapitalbeteiligungen an Unternehmen und das Beihilfenverbot gem. Art. 92 EG-V, S. 127 f.; vgl. auch Kap. V. 4. b) aa).

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

die den dynamischen Ablauf des Wettbewerbs und damit die Marktbedingungen für die miteinander konkurrierenden Wettbewerber verändert und dadurch den durch Angebot und Nachfrage gesteuerten Preisbildungsmechanismus stört280. Ausschlaggebend dafür, ob der Abnahmezwang zu Mindestpreisen den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, ist, daß die Marktposition der begünstigten Unternehmen zu Lasten der Konkurrenz gestärkt wird281. Zur Beurteilung wird der zeitlich, sachlich und räumlich relevante Markt vor und nach der begünstigenden Maßnahme betrachtet282, wobei dies unter objektiven Gesichtspunkten nur anhand einer Bewertung komplexer wirtschaftlicher Vorgänge möglich sein dürfte283. Wird in ein tatsächlich bestehendes oder ein womöglich entstehendes Wettbewerbsverhältnis zwischen Unternehmen oder Produktionszweigen eingegriffen, hat dies zur Folge, daß die am Wettbewerb teilnehmenden Parteien ungleich behandelt werden284, was einer Wettbewerbsverfälschung im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV gleichkommt285. Dies entspricht auch der herrschenden Meinung286. Der Europäische Gerichtshof folgt dem so nicht, sondern gibt der Kommission vor, daß diese die Umstände einer tatsächlichen oder möglichen Wettbewerbsverfälschung zu nennen hat287. Der vom Erneuerbare-Energien-Gesetz festgesetzte Abnahmezwang zu Mindestpreisen entspricht einer Wettbewerbsverfälschung in jeder Weise. Dem ist bereits aus dem Umstand zuzustimmen, daß hiervon nur bestimmte Unternehmen profitieren, deren Gut auf dem relevanten Markt substituierbar wäre. Der nicht geförderte Strom wird am Markt erst zugelassen, wenn der geförderte 280 Vgl. F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 19; H.-C. Pape, Staatliche Kapitalbeteiligungen an Unternehmen und das Beihilfenverbot gem. Art. 92 EG-V, S. 129 f.; G. v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 92, Rdn. 24; A. Schümann, Wirtschaftsförderung, S. 193. 281 EuGH v. 17.09.1980 – Rs. 730/79 (Philip Morris/Kommission), Slg. 1980, I2671, Rdn. 11; W. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 87, Rdn. 12. 282 EuGH v. 02.07.1974 – Rs. 173/73 (Italien/Kommission), Slg. 1974, I-709, Rdn. 36/40; F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 18, 20; F. Rawlinson, in: C. O. Lenz/K.-D. Borchardt, EG-Vertrag, Art. 87, Rdn. 11 f. 283 So T. v. Danwitz, Grundfragen der Europäischen Beihilfeaufsicht, in: ders. (Hrsg.), Rechtsfragen der Europäischen Beihilfeaufsicht, S. 21. 284 s. Kap. VII. 10. b) bb); dazu auch W. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 87, Rdn. 13 f. 285 Vgl. F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 18 f. 286 EuGH v. 24.02.1987 – Rs. 304/85 (Falck/Kommission), Slg. 1987, I-871, Rdn. 24; W. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 87, Rdn. 12 m. w. Nachw. 287 EuGH v. 13.03.1985 – verb. Rs. 296 und 318/82 (Leeuwarder Papierwarenfabrik/Kommission), Slg. 1982, I-809, Rdn. 24; EuGH v. 14.10.1987 – Rs. 248/84 (Deutschland/Kommission), Slg. 1987, I-4013, Rdn. 18; GA Cosmas, Schlußanträge zu EuGH v. 11.05.1999 – Rs. C-288/96 (Deutschland/Kommission), Slg., I-8237, Rdn. 153; GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH v. 19.09.2002 – verb. Rs. C-113 und 114/00 (Spanien/Kommission), Slg., I-7601, Rdn. 32; ähnlich T. Oppermann, Europarecht, Rdn. 1114.

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Strom die Nachfrage nicht mehr decken kann. Wegen des so künstlich verkleinerten Marktes wird der Wettbewerbsdruck solcher Unternehmen erhöht, die von der Förderung nicht profitieren, wohingegen solche Unternehmen, deren Strom gefördert wird, einen fest zugeschriebenen Marktanteil haben, in dem kein Konkurrenzdruck entsteht. So ist der Europäische Gerichtshof nicht nur grundsätzlich der Ansicht, daß Betriebsbeihilfen geeignet sind, die Wettbewerbsbedingungen zu verfälschen288, sondern stellte bereits im Jahr 1985 fest, daß „eine Vereinbarung über die Festsetzung eines Mindestpreises für ein Erzeugnis, . . . ihrer Natur nach, den Wettbewerb auf diesem Markt zu verfälschen [bezweckt]“289.

In Kombination mit dem Abnahmezwang muß man zu dem Schluß gelangen, daß die im Erneuerbare-Energien-Gesetz enthaltenen Elemente dazu geeignet sind, den Wettbewerb im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EGV zu verfälschen. dd) Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels Damit der zwischenstaatliche Handel beeinträchtigt werden kann, muß zwar die praktische Möglichkeit dafür bestehen. Weil der Europäische Gerichtshof aber nur sehr geringe Anforderungen an eine Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs stellt, reicht eine mittelbare Wirkung für die Eignung zur Beschränkung aus290. Durch den Abnahmezwang des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, das nur innerhalb der deutschen Grenzen Gültigkeit besitzt, ist dem Gesetz eine warenverkehrseinschränkende Qualität zuzuschreiben, die unmittelbar mit einer Einschränkung des zwischenstaatlichen Handels verbunden ist, so daß auch dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt ist. Auf eine nähere Untersuchung der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels soll an dieser Stelle verzichtet werden. Eine ausführliche Erörterung findet sich in Kap. VII. 11. c) Zwischenergebnis Festzustellen ist, daß das Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht gegen das gemeinschaftliche Beihilferecht verstößt, die dafür nötigen Tatbestandsmerkmale

288 EuGH v. 19.09.2000 – Rs. C-156/98 (Deutschland/Kommission), Slg. 2000, I-6859, Rdn. 30; EuGH v. 05.10.2000 – Rs. C-288/96 (Deutschland/Kommission), Slg. 2000, I-8237, Rdn. 77; dazu EuGH v. 14.02.1990 – Rs. 301/87 (Frankreich/Kommission), Slg. 1990, I-307; EuGH v. 06.11.1990 – Rs. C-86/89 (Italien/Kommission), Slg. 1990, I-3891; dazu ausführlicher in Kap. VII. 10. e) aa). 289 EuGH v. 30.01.1985 – Rs. C-123/83 (BNIC/Clair), Slg. 1985, I-403, (424) Rdn. 22. 290 s. Kap. V. 5. b).

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sind nicht kumulativ erfüllt. Zwar werden Stromproduzenten regenerativen Stroms den übrigen Elektrizitätsproduzenten bessergestellt, entscheidend ist aber, daß für diese Begünstigung staatliche Mittel weder unmittelbar noch mittelbar gewährt werden. Die öffentliche Hand ist an den zusätzlichen Kosten weder direkt noch indirekt beteiligt und kommt mit diesen auch zu keinem Zeitpunkt in Kontakt, auch nicht in Form eines durchlaufenden Postens. Diese fließen ausschließlich in Form eines rein privaten Finanztransfers. Somit ist auch unerheblich, ob die im Erneuerbare-Energien-Gesetz getroffenen Regelungen den Wettbewerb verfälschen oder den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Ohne direkte oder indirekte Belastung staatlicher Mittel kann gegen das gemeinschaftliche Beihilfeverbot nicht verstoßen werden. Selbst wenn die Erfüllungstatbestände, insbesondere das der staatlichen Mittelbelastung extensiver zu interpretieren wäre, so daß eine aus einer staatlichen Maßnahme resultierende Begebenheit, als welche das Erneuerbare-Energien-Gesetz fraglos zu sehen ist, ausreichen würde, um dieses Tatbestandsmerkmal zu erfüllen, müßte man zu einem anderen Schluß gelangen. In dem Fall wären alle Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EGV erfüllt, was allerdings noch keinem Beihilfeverstoß, sondern lediglich einer Beihilfebeeinträchtigung gleichkommt. Diese könnte über einen Ausnahmetatbestand des Art. 87 Abs. 2 oder 3 EGV gerechtfertigt werden. d) Zulässige Beihilfen Voraussetzung für zulässige Beihilfen ist, daß diese materiell-rechtlich über die Bereichsausnahmen des Art. 87 Abs. 2 oder 3 EGV gerechtfertigt sind. Ob eine legale Ausnahme des Art. 87 Abs. 2 EGV erfüllt ist, muß von der Kommission entschieden werden und als Beihilfe genehmigt werden291. Über einen Ermessensspielraum darüber, ob eine Beihilfe als legale Ausnahme gesehen wird, verfügt die Kommission nicht292. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Beihilfe deswegen der Kontrolle durch die Kommission im Rahmen des Art. 88 EGV entzogen ist293. Anders ist das für die Genehmigung einer Beihilfe im Rahmen der Ausnahmetatbestände des Art. 87 Abs. 3 EGV. Die Kommission verfügt hier über ei-

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Vgl. W. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 87, Rdn. 19. EuGH v. 17.09.1980 – Rs. 730/79 (Philip Morris/Kommission), Slg. 1980, I2671, Rdn. 17; so auch S. Hoischen, Die Beihilferegelung in Art. 92 EWGV, 1989, S. 72 ff.; G. v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 92, Rdn. 37; B. Bär-Bouyssière, in: Schwarze, EU-Kommentar, Art. 87 EGV, 1. Aufl. 2000, Rdn. 46. 293 Vgl. F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 28. 292

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nen weiten Ermessensspielraum und ist nicht verpflichtet, jeden unter Art. 87 Abs. 3 EGV fallenden Ausnahmetatbestand als Beihilfe zu genehmigen294. e) Umweltschutz als Ausnahmetatbestand Unter die Bereichsausnahmen des Art. 87 Abs. 2 EGV können Beihilfen sozialer Art oder solche, die der Beseitigung von durch Naturkatastrophen verursachten Schäden dienen, fallen. Umweltbeeinträchtigungen, deren Kausalität als Auslöser für die Naturkatastrophe nachgewiesen werden kann, sind als legale Ausnahme nicht anerkannt295. Als dritten Rechtfertigungsgrund nennt Art. 87 Abs. 2 EGV Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter Gebiete der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie zum Ausgleich der durch die Teilung Deutschlands verursachten wirtschaftlichen Nachteile erforderlich sind. Insoweit dienen die in Art. 87 Abs. 2 EGV getroffenen Regelungen, Schäden und Wettbewerbsnachteile auszugleichen, weil durch die Aufhebung von Wettbewerbsverfälschungen die Wettbewerbslage wiederhergestellt wird296. Der vom Erneuerbare-EnergienGesetz verfolgte Umweltschutz läßt sich mit keiner dieser legal definierten Bereichsausnahmen begründen. Von den fünf in Art. 87 Abs. 3 EGV benannten Ausnahmetatbeständen sind zwei geeignet, das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu rechtfertigen: Zum einen die Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamen europäischem Interesse (Art. 87 Abs. 3 lit. b) EGV)297. Weil der Umweltschutz ein wichtiges Ziel der Gemeinschaft ist, der auch neben die Grundfreiheiten zu treten in der Lage ist, gilt er als wichtiges Vorhaben von gemeinsamen europäischem Interesse. Dem hat auch der Europäische Gerichtshof zugestimmt, indem er mitgliedstaatliche Programme zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung unter Art. 87 Abs. 3 lit. b) EGV subsumiert hat298. Auch hat die Kommission Vorschriften über 294 Erstmalig EuGH v. 22.03.1977 – Rs. 78/76 (Steinike und Weinlig), Slg. 1977, I595, Rdn. 8; EuGH v. 17.09.1980 – Rs. 730/79 (Philip Morris/Kommission), Slg. 1980, I-2671, Rdn. 17; EuGH v. 19.09.2000 – Rs. C-156/98 (Deutschland/Kommission), Slg. 2000, I-6857, Rdn. 67; dazu ausführlich W. Cremer, Forschungssubventionen im Lichte des EGV, 1995, S. 108 ff. 295 Vgl. F. Rawlinson, in: C. O. Lenz/K.-D. Borchardt, EG-Vertrag, Art. 87, Rdn. 24; G. v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 92, Rdn. 39; dahingehend EuGH v. 28.04.1993 – Rs. C-364/90 (Italien/Kommission), Slg. 1993, I-2097, Rdn. 14 ff. 296 Vgl. S. Hoischen, Die Beihilferegelung in Art. 92 EWGV, S. 74; ähnlich P. Lauffer, Beihilfen für den Steinkohlenbergbau in der Europäischen Union nach 2002, insb. S. 76; s. a. Kap. V. 3. insb. Kap. V. 3. b). 297 So auch G. v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 92, Rdn. 50; dazu in Kap. VII. 10. e) bb). 298 EuGH v. 08.03.1988 – verb. Rs. C-62 und 72/87 (Exécutif régional Wallon/ Kommission), Slg. 1988, I-1573, Rdn. 22; dazu ausführlicher W. Cremer, Forschungssubventionen im Lichte des EGV, S. 108 ff.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Energieeinsparungs-299 und Umweltschutzmaßnahmen 300 angewandt. Wichtigstes Kommissionspapier ist in diesem Zusammenhang der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen 301. Zum anderen ist eine Subsumtion ebenfalls unter dem Auffangtatbestand des Art. 87 Abs. 2 lit. c) EGV möglich, der die Förderung und Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige bezweckt. Um der ebenfalls primärrechtlich vorgeschriebenen Ressourcenschonung, aber auch dem Vorbeuge- und Verursacherprinzip, die über die Querschnittsklausel der Art. 174 und 6 EGV in die Gemeinschaftspolitiken miteinzubeziehen sind302, genüge zu tun, haben sich die Mitgliedstaaten die Entwicklung der Nutzung erneuerbarer Energieträger zum vorrangigen Ziel gemacht303. Um dieser Verpflichtung nachkommen zu können, hätte Deutschland ohne Erneuerbare-Energien-Gesetz oder Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz diese Energien anderweitig fördern müssen, weil ein eigenständiges Überleben dieses Wirtschaftszweiges zu marktwirtschaftlichen Konditionen derzeit ausgeschlossen ist304. Um der Notwendigkeit einer öffentlichen Förderung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen Nachdruck zu verleihen, soll ein Vorschlag für ein Gemeinschaftsrahmen für Regelungen zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen erarbeitet werden. Zwischenzeitlich verweist die Regenerativstromrichtlinie auf den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen 305. aa) Gemeinschaftsrahmen Anders als die Art. 174 und 6 EGV, die den Umweltschutz nur mittelbar in die ordre-public-Klausel einbeziehen, oder als Tatbestandsvoraussetzung der Wettbewerbsfreistellung sehen, benennt Art. 2 EGV ein hohes Maß an Umweltschutz und die Verbesserung der Umweltqualität direkt als von der Gemeinschaft verfolgte Ziele306. Hieraus wird ersichtlich, daß staatliche Umweltschutzbeihilfen generell nicht schon deswegen auszuschließen sind, weil sie mit Art. 87 EGV nicht vereinbar sind. Unter bestimmten Umständen können gewisse Maßnahmen davon freigestellt werden. Zur Beurteilung bestimmter Beihilfearten verwendet die Kommission seit Mitte der neunziger Jahre vermehrt Gemeinschaftsrahmen, aber auch Leitlinien307. Mittlerweile sind diese schon 299

ABlEG 1982, Rs. L 37/29 v. 15.12.1981. Kommission, 16. Bericht über die Wettbewerbspolitik 1986, 1987, Ziff. 259. 301 Vgl. ABlEG 2001, Rs. C 37/3, v. 03.02.2001 (aktuell gültige Fassung), dazu ausführlich in Kap. VII. 10. e) aa). 302 Dazu ausführlich in Kap. V. 6. c). 303 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 74. 304 s. Fn. 69. 305 12. und 16. ErwGr. RegStRL. 306 Vgl. a. Kap. V. 5. 300

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zum Orientierungsmaßstab der mitgliedstaatlichen Beihilfepraxis avanciert308. Die darin enthaltenen Regeln entscheiden sowohl prozedurale als auch materielle Fragen309. Die Regenerativstromrichtlinie, deren Umsetzung das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist, verweist in ihrem 12. Erwägungsgrund auf den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen. (1) Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen Erstmalig stellte die Kommission Grundsätze für die Durchführung der Beihilfekontrolle für Umweltschutzbeihilfen in einem Schreiben an die Mitgliedstaaten auf310. Einen „Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen“ nahm die Kommission 1994 an, der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft abgedruckt wurde311. Dieser besaß bis zum 31. Dezember 2000 Gültigkeit und wurde 2001 novelliert, der die aktuell gültige Fassung beinhaltet312. Demgemäß hat die Kommission Betriebskostenbeihilfen im Bereich des Umweltschutzes und der Umwelteinsparung bereits mehrfach genehmigt313. Neu ist in der revidierten Fassung, daß Umweltschutzbeihilfen im Energiesektor nun gesondert Anwendung finden. Insbesondere wird auch die Beihilfefähigkeit regenerativer Energie hervorgehoben. Von besonderem Interesse ist Ziffer E, welche die „Allgemeinen Voraussetzungen für die Genehmigung von Umweltschutzbeihilfen“ enthält. Dies mag der Grund für die Erwähnung des Gemeinschaftsrahmens in der Regenerativstromrichtlinie sein. Weil das ErneuerbareEnergien-Gesetz die Umsetzung dieser Richtlinie darstellt, ist zu prüfen, ob und 307 So z. B. Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen in der Kfz-Industrie, ABlEG 1989, Rs. C-123/3 v. 18.05.1989; Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen, ABlEG 1992, Rs. C-213/2 v. 19.08.1992; Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zugunsten der Kunstfaserindustrie, ABlEG 1992, Rs. C-246/2 v. 30.12.1992; Gemeinschaftsrahmen für Umweltschutzbeihilfen, ABlEG 1994, Rs. C-72/3 v. 10.03.1994; Leitlinien über staatliche Beihilfen auf dem Fischerei- und Aquakultursektor, ABlEG 1994, Rs. C 260/3 v. 17.09.1994; Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten, ABlEG 1994, Rs. C-368/5 v. 23.12.1994; zu den neueren Rechtsvorschriften und Bekanntmachungen s. EG-Kommission (Hrsg.), XXXI. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 2001, S. 326. 308 Vgl. C. Koenig/J. Kühling, Grundfragen des EG-Beihilfenrechts, NJW 2000, 1072. 309 Vgl. P. Schütterle, Die Beihilfenkontrollpraxis der Europäischen Kommission im Spannungsfeld zwischen Recht und Politik, EuZW 1995, 393. 310 SEK(74) 4264 v. 06.11.1974. 311 Vgl. ABlEG 1994, Rs. C 72/3, v. 10.03.1994. 312 Vgl. ABlEG 2001, Rs. C 37/3, v. 03.02.2001. 313 Vgl. C. Koenig/J. Kühling, Grundfragen des EG-Beihilfenrechts, NJW 2000, insb. 1068; i. d. S. EuGH v. 17.03.1993 – verb. Rs. C-72/91 und 73/91 (Sloman Neptun), Slg. 1993, I-887, Rdn. 21; EuGH v. 30.09.1993 – verb. Rs. C-189/91 (Kirsammer Hack), Slg. 1993, I-6185, Rdn. 17.

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inwiefern das Erneuerbare-Energien-Gesetz den im Gemeinschaftsrahmen niedergelegten Regelungen entspricht. Von Bedeutung sind hierbei die Regelungen über staatliche Investitionsbeihilfen314 und Betriebsbeihilfen315. Investitionsbeihilfen werden im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nicht geleistet316. Bleibt die Überprüfung der Betriebskostenbeihilfe. Unter der Annahme, daß die im Erneuerbare-EnergienGesetz bestimmte Preisregelung und der Abnahmezwang mittelbar staatliche Mittel beanspruchen würden, wäre einer Betriebskostenbeihilfe zuzustimmen. Betriebskostenbeihilfen sind nicht prinzipiell verboten, allerdings enthält Ziffer E. 3 Kriterien für deren Gewährung. Um einen Anreiz zu deren Effektivität zu geben, ist Voraussetzung für die Genehmigung, daß die Betriebskostenbeihilfe vorübergehend und grundsätzlich degressiv sein muß. Auch muß sich die Höhe der Beihilfen auf den alleinigen Ausgleich der Produktionsmehrkosten beschränken. Diese Merkmale enthielt bereits die Fassung aus dem Jahr 1994317. Die Förderung regenerativer Energie nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz erfüllt diese Aspekte, das Stromeinspeisungsgesetz hingegen sah weder eine zeitlich begrenzte, noch eine degressive Vergütung vor318. Undefiniert blieb in der ersten Fassung, welcher Zeithorizont sich hinter der Formulierung „vorübergehend“ verbarg. Dies wurde in der neuen Fassung geklärt und auf den Wert von fünf Jahren festgesetzt319. Diesem Kriterium entspricht das Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht. Auch die novellierte Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sieht diesbezüglich keine wesentliche Änderung vor. § 9 Abs. 1 EEG schreibt eine Vergütungsdauer von mindestens 20 Jahren vor320. Die novellierte Fassung senkt die Mindestförderdauer für gewisse Primärenergieträger ab (Wasserkraft, Grubengas, Biomasse), aber lediglich auf 15 Jahre (§ 12 Abs. 3 EEAusbG). Allerdings wendet die Kommission in ihrem XXXI. Wettbewerbsbericht nichts gegen die im Vereinigten Königreich festgesetzten Umweltschutzbeihilfen im Energiesektor ein, die eine Förderdauer von 10 Jahren haben321. 314

Vgl. ABlEG 2001, Rs. C 37/3, Ziff. E.1. Vgl. ABlEG 2001, Rs. C 37/3, Ziff. E.3. 316 Aber auch solche unterfallen laut dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen nicht zwingendermaßen dem Beihilferecht. 317 Vgl. Rdn. 43 n. F. (Ziff. 3.4 a. F.); zur Degressivität P. Lauffer, Beihilfen für den Steinkohlenbergbau in der Europäischen Union nach 2002, insb. S. 61. 318 Außer für Geothermie, Deponiegas, Klärgas und Grubengas enthielt das EEG i. d. F. von 2000 für die übrigen förderungswürdigen Primärenergieträger Degressionsätze (§§ 5, 7, 8, 9 EEG). Das EEAusbG enthält hingegen nunmehr für alle geförderten Energieträger einen Degressionssatz (§§ 6–11 EEAusbG). 319 Rdn. 45. 320 Dazu J. F. Baur u. a., Förderung von KWK-Anlagen, S. 59; zur Höchstförderdauer auch P. Salje, EEG, § 9, Rdn. 4 ff. 321 Vgl. EG-Kommission (Hrsg.), XXIX. Bericht über die Wettbewerbspolitik, Rdn. 382. 315

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Dies ist zwar nur halb so lange wie die deutsche Förderung, übertrifft aber unabhängig davon ebenfalls den im Gemeinschaftsrahmen festgelegten Zeitraum um das doppelte, so daß der Wert von fünf Jahren lediglich als Richtwert angesehen werden kann. Ob auch der dritte Aspekt erfüllt ist, daß durch die Beihilfen lediglich die Produktionsmehrkosten abgedeckt werden dürfen, ist nicht ohne weiteres zu beantworten. Zwar übersteigen die Vergütungszahlungen die Produktionsmehrkosten und kommen so einem garantierten Gewinn gleich322. Allerdings ist dem entgegenzuhalten, daß sich die Produktionsmehrkosten regelmäßig nicht oder nur schwer errechnen lassen323, zumal fragwürdig ist, ob diese die Mehrkosten der Investition beinhalten324. Weil aber Investitionsbeihilfen als auch Betriebsbeihilfen für dasselbe Projekt gewährt werden dürfen, könnten für das Erneuerbare-Energien-Gesetz die Betriebsbeihilfen, welche die Produktionsmehrkosten im Sinne des Gemeinschaftsrahmens übersteigen, als Investitionsbeihilfen gesehen werden325. Bevor abgewogen wird, ob und inwieweit die geschilderten Abweichungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen entscheidungsrelevant sind, wird zunächst geprüft, ob die Gemeinschaftsrahmen für die Mitgliedstaaten überhaupt rechtsverbindlich sind. (2) Bindungswirkung von Gemeinschaftsrahmen Veröffentlicht werden die Gemeinschaftsrahmen im Teil C der Europäischen Amtsblätter, die keine Rechtsakte im eigentlichen Sinne sind (Art. 249 EGV). Vielmehr handelt es sich dabei um eine kodifizierte Gemeinschaftspraxis, mit der die Kommission die Grundsätze ihrer Prüfung vorweg erläutert, also eine Art von Verwaltungsvorschriften. Sie sollen die Entscheidungen der Kommission im Beihilfebereich dadurch vereinheitlichen, daß sie abstrakte Regeln für die Anwendung der Ausnahmebestimmungen des Art. 87 Abs. 2 und 3 EGV 322 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 54; K. Ritgen, Stromeinspeisungsgesetz und europäisches Beihilfenaufsichtsrecht, RdE 1999, 178. 323 So auch H.-P. Schwintowski, Umweltschutz und Wettbewerb – zwei Seiten derselben Medaille, ZNER 2001, 83; vgl. dazu auch K. Homann/A. Suchanek, Ökonomik: eine Einführung, S. 215; dazu auch W. Krewitt/J. Nitsch, Das EEG – eine Investition in die Zukunft zahlt sich schon heute aus, ET 2002, 484 ff.; s. a. Fn. 387. 324 So auch P. Salje, EEG, Einführung, Rdn. 97; so auch A. Sohre, Europäische Handlungsalternativen bei der Förderung Erneuerbarer Energien im Lichte des Subsidiaritätsprinzips, ZNER 2003, 302. 325 Ein reines Abtun der Mehrkosten als Investitionsbeihilfen würde wohl an der dann fehlenden Transparenz scheitern. Dies müßte anhand der im Gemeinschaftsrahmen vorgegebenen Quoten und tatsächlichen Stromkosten bestimmt werden. Wegen dessen Umfang, aber insbesondere wegen dessen Nebensächlichkeit an dieser Stelle, soll darauf hier nicht vertiefend eingegangen werden.

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aufstellen326. Sie erleichtern damit den Mitgliedstaaten die Planung der nationalen Beihilfeprogramme, indem sie mehr Transparenz im Beihilfebereich schaffen und somit zur Verbesserung der Rechtssicherheit beitragen327. Zwar werden Gemeinschaftsrahmen im Primärrecht namentlich nicht erwähnt, das läßt jedoch keine Aussage darüber zu, ob diese eine Bindungswirkung entfalten oder nicht, weil diese nicht an einer Bezeichnung festgemacht werden kann. Vielmehr, so auch die ständige Rechtsprechung, ist die rechtliche Qualifizierung eines Rechtsaktes vor allem von dessen Gegenstand abhängig328. Im Gemeinschaftsrecht hat der Grundsatz Geltung, daß die Bezeichnung lediglich eine untergeordnete Rolle spielt329. Differenziert werden muß einerseits zwischen einseitig von der Kommission erlassenen Gemeinschaftsrahmen und andererseits von Gemeinschaftsrahmen, die mit Zustimmung der Mitgliedstaaten erlassen werden. Die bedeutendste Verschiedenheit ist, daß einseitig erlassene Gemeinschaftsrahmen auf von Mitgliedstaaten erlassene und bereits genehmigte Beihilfen keine Anwendung finden. Eine Anpassung dieser an den Gemeinschaftsrahmen ist nicht erforderlich330. Anders für Gemeinschaftsrahmen, die mit Zustimmung der Mitgliedstaaten erlassen wurden. Durch ihre Zustimmung verpflichten sich die Mitgliedstaaten, bereits bestehende Beihilfen an den Gemeinschaftsrahmen anzupassen331. Voraussetzung für die Verbindlichkeit in Deutschland ist jedoch ein Vertragsschluß mit Zustimmung durch die jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften (Art. 59 GG). Sollen neue Beihilfen erlassen oder bereits bestehende Beihilfen umgestaltet werden, haben beide Arten der Gemeinschaftsrahmen gemein, daß sich deren Verbindlichkeit auf die Notifizierung der Beihilfen beschränkt332. Diese Verpflichtung ergibt sich aber bereits 326 EG-Kommission (Hrsg.), XXII. Bericht über die Wettbewerbspolitik, 1992, Tz. 18; K. Hellingman, State participation as state aid under Article 92 of the EEC Treaty, CMLR 1986, 118. 327 Vgl. P. Schütterle, Die Beihilfenkontrollpraxis der Europäischen Kommission im Spannungsfeld zwischen Recht und Politik, EuZW 1995, 394. 328 EuGH v. 13.07.1961 – verb. Rs. 22 und 23/60 (Raymond Elz/Hohe Behörde), Slg. 1961, I-391, (408); EuGH v. 14.12.1962 – verb. Rs. C-16 und 17/62 (Confédération nationale u. a./Rat), Slg. 1962, I-963, (978); EuGH v. 06.10.1982 – Rs. 307/81 (Alusuisse Italia S.p.A./Rat und Kommission), Slg. 1982, I-3463, Rdn. 13. 329 EuGH v. 13.07.1961 – verb. Rs. 22 und 23/60 (Raymond Elz/Hohe Behörde), Slg. 1961, I-391, (408); EuGH v. 06.10.1982 – Rs. 307/81 (Alusuisse Italia S.p.A./Rat und Kommission), Slg. 1982, I-3463, Rdn. 7; H.-W. Daig/G. Schmidt, in: Groeben/ Thiesing/Ehlermann, EWG, 4. Aufl. 1991, Art. 189, Rdn. 25 m. w. Nachw. 330 Vgl. P. Schütterle, Die Beihilfenkontrollpraxis der Europäischen Kommission im Spannungsfeld zwischen Recht und Politik, EuZW 1995, 394; so wohl auch GA Lenz, Schlußanträge zu EuGH v. 24.03.1993 – Rs. C-313/90 (CIRFS u. a./Kommission), Slg. 1993, I-1125, Rdn. 30 f. 331 Dazu T. Jestaedt/U. Häsemeyer, Die Bindungswirkung von Gemeinschaftsrahmen und Leitlinien im EG-Beihilfenrecht, EuZW 1995, 789, 791.

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aus Art. 88 Abs. 3 EGV. Bezüglich der sich aus Art. 87 Abs. 2 und 3 EGV ergebenden Ausnahmeregelungen sind die Gemeinschaftsrahmen für die Mitgliedstaaten hingegen rechtlich unverbindlich333. 1993 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, daß das „Gebot der Rechtssicherheit verlangt, daß jede Maßnahme, die rechtliche Wirkungen erzeugen soll, ihre Bindungswirkung einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts entnimmt, die ausdrücklich als Rechtsgrundlage bezeichnet sein muß und die Rechtsform vorschreibt, in der die Maßnahme zu erlassen ist“334.

Um dem zu entsprechen, nennt die Kommission als Rechtsgrundlage für Gemeinschaftsrahmen vermehrt Art. 88 Abs. 1 EGV, der das Vorschlagen zweckdienlicher Maßnahmen vorsieht, welche die fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erfordern. So auch in der Neufassung des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen, die dafür nötige zweckdienliche Maßnahmen im Sinne des Art. 88 Abs. 1 EGV bestimmt335. Zweckdienliche Maßnahmen sind ihrer Natur nach jedoch unverbindlich336, was auch aus deren Formulierung im Gemeinschaftsrahmen für Umweltschutzbeihilfen ersichtlich wird337. Wird ein Prüfungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat eingeleitet, kann sich dieser indes vor Gericht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung auf den Gemeinschaftsrahmen berufen338. Aufschluß über die Verbindlichkeit von Gemeinschaftsrahmen gibt auch ein Zitat der Kommission: Es sei „zu bemerken, daß der Gemeinschaftsrahmen zwar nur den Charakter einer Empfehlung hat, . . .“339.

332 Vgl. T. Jestaedt/U. Häsemeyer, Die Bindungswirkung von Gemeinschaftsrahmen und Leitlinien im EG-Beihilfenrecht, EuZW 1995, 790. 333 Vgl. T. Jestaedt/U. Häsemeyer, Die Bindungswirkung von Gemeinschaftsrahmen und Leitlinien im EG-Beihilfenrecht, EuZW 1995, 790. 334 EuGH v. 16.06.1993 – Rs. C-325/91 (Frankreich/Kommission), Slg. 1993, I3283, Rdn. 26. 335 ABlEG 2001, Rs. C-37/14, Rdn. 75 ff. 336 So P. Schütterle, Die Beihilfenkontrollpraxis der Europäischen Kommission im Spannungsfeld zwischen Recht und Politik, EuZW 1995, 393; so auch G. v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, 15. EL 2000, Art. 88, Rdn. 117 m. w. Nachw.; W. Cremer, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 88, Rdn. 6, der zweckdienliche Maßnahmen als Empfehlungen darstellt. 337 ABlEG 2001, Rs. C-37/14, Rdn. 75 ff. 338 EuGH v. 24.02.1987 – Rs. C-310/85 (Deufil/Kommission), Slg. 1987, I-901, Rdn. 20 ff.; allgemein zum Vertrauensschutz K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 406 ff.; ders., Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 259, 277 f.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 418 f. 339 ABlEG 1990, Rs. L-188/55 v. 20.07.1990 S. 59; bei dieser Entscheidung, die gegen Deutschland gerichtet ist, handelt es sich darüber hinaus sogar um den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen in der Kfz-Industrie, der im gegenseitigen Einverständnis erlassen wurde, vgl. Fn. 330.

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Der EG-Vertrag bestimmt in Art. 249 Abs. 1 UA 5 EGV ausdrücklich, daß Empfehlungen nicht verbindlich sind. So sind Gemeinschaftsrahmen für die Mitgliedstaaten rechtlich unverbindlich, wohingegen die Kommission selbst an die Prüfungskriterien der Gemeinschaftsrahmen gebunden ist, solange sie diese aufrechterhält340. Allerdings hat sie die Möglichkeit, bei sich ändernden Marktgegebenheiten die Prüfungskriterien von einseitig erlassenen Gemeinschaftsrahmen jederzeit anzupassen341. Faktisch gibt sie somit verbindlich den Rahmen für die nationale Wirtschaftsförderung der Mitgliedstaaten vor, weil eine faktische Wirkung dahingehend besteht, als daß die Gemeinschaftsrahmen eine Zusammenfassung von Einzelfallentscheidungen sind, so daß die Kommission die Beihilfen, die im Widerspruch zu den Gemeinschaftsrahmen gewährt wurden, beanstanden kann342. Der Großteil aller erlassenen Gemeinschaftsrahmen wurde einseitig erlassen343, so auch der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz verstößt nicht wesentlich gegen die im Gemeinschaftsrahmen aufgestellten Richtwerte. Der Hauptverstoß liegt in der zu langen Förderungsdauer. Moniert werden könnte auch die zu hohe Förderungssumme, welche die Produktionsmehrkosten übersteigt, was aber wegen der Problematik der objektiven Berechnung der externen Kosten strittig ist. Jüngst äußerte sich der Europäische Gerichtshof, insbesondere zum zweiten Punkt, folgendermaßen: „Die einschlägigen Bestimmungen dieses Gemeinschaftsrahmens, nach denen Investitionsbeihilfen nur zulässig seien, wenn sie strikt auf die zusätzlichen Kosten beschränkt seien, die notwendig seien, um höheren als den durch Gesetz vorgeschriebenen Normen oder aber neuen zwingenden Umweltschutznormen zu genügen, seien als ein Regelwerk anzusehen, das unbeschadet des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag (Art. 87 Abs. 3 lit. c EGV n. F.) nur auf die beabsichtigte Praxis der Kommission hinweise. Daher könne der Gemeinschaftsrahmen für Umweltschutzbeihilfen nicht die Wirkung haben, dass die Anwendung dieser Bestimmung auf die in ihm genannten Fälle beschränkt werde. Die streitigen Beihilfen hätten

340 EuGH v. 24.03.1993 – Rs. C-313/90 (CIRFS u. a./Kommission), Slg. 1993, I1125, Rdn. 34 ff.; EuGeI v. 05.11.1997 – Rs. T-149/95 (Ducros/Kommission), Slg. 1997, II-2031, Rdn. 61; EuGeI v. 12.12.1996 – Rs. T-380/94 (AIFFASS und AKT/ Kommission), Slg. 1996, II-2169, Rdn. 57; EuGH v. 13.02.2003 – Rs. C-409/00 (Spanien/Kommission), Slg. 2003, I-1487, Rdn. 61. 341 Vgl. Gemeinschaftsrahmen für Umweltschutzbeihilfen, ABlEG 1994, Rs. C-72/ 3, Rdn. 4.3, aber auch in der aktuellen Fassung, ABlEG 2001, Rs. C-37/14 v. 03.02.2001, Rdn. 81. 342 Vgl. T. Jestaedt/U. Häsemeyer, Die Bindungswirkung von Gemeinschaftsrahmen und Leitlinien im EG-Beihilfenrecht, EuZW 1995, 789, 792. 343 Ausnahmen stellen hier der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen in der Kfz-Industrie, ABlEG 1989, Rs. C-123/3 v. 18.05.1989 und der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zugunsten der Kunstfaserindustrie, ABlEG 1992, Rs. C-236/2 v. 30.12.1992 dar.

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daher als Investitionsbeihilfen genehmigt werden müssen, auch wenn sie nicht alle im Gemeinschaftsrahmen ausdrücklich aufgestellten Voraussetzungen erfüllten“344.

Grundlage war hierbei ebenfalls der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen. Der Gerichtshof weist eindeutig darauf hin, daß es sich dabei nur um die beabsichtigte Praxis der Kommission handle. Entscheidend ist, und dies gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem der Gerichtshof die Umweltschutzbeihilfen genehmigt, obwohl auch sie nicht alle im Gemeinschaftsrahmen aufgestellten Voraussetzungen erfüllen. Begründet wird dieser Schritt mit dem Hinweis darauf, daß die im Gemeinschaftsrahmen genannten Anwendungsbestimmungen nicht abschließend seien345. Dabei sei es unerheblich, ob es sich um Investitionsbeihilfen oder Betriebsbeihilfen handele346. (3) Begrenzte Bindungswirkung von Gemeinschaftsrahmen Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß Gemeinschaftsrahmen für neu einzuführende Beihilfen oder umzugestaltende bereits bestehende Beihilfen unverbindlich sind, weil es sich dabei nicht um Rechtsakte handelt, sondern diese lediglich den Charakter von Empfehlungen haben. Der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen entfaltet keine Bindung, sondern stellt lediglich richtungsweisende Bestimmungen dar. Übertragen auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz bedeutet das, daß die vermeintlichen Betriebsbeihilfen nicht schon deshalb gegen europäisches Recht verstoßen würden, weil deren Regelungen von den Vorgaben des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen in wenigen Punkten abweichen, was auch der Europäische Gerichtshof explizit in einer auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz anwendbaren Gerichtsentscheidung herausgestellt hat347. Der vom Erneuerbare-Energien-Gesetz verfolgte Umweltschutz engt den Ermessensspielraum der Kommission hinsichtlich der Umweltschutzbeihilfen in keiner Weise ein. Die Beihilfekodizes der Gemeinschaftsrahmen stehen im Einklang mit den Ausnahmetatbeständen des Art. 87 Abs. 3 EGV.

344 EuGH v. Rdn. 84. 345 EuGH v. Rdn. 84 i. V. m. 346 EuGH v. Rdn. 86. 347 EuGH v. Rdn. 84.

13.02.2003 – Rs. C-409/00 (Spanien/Kommission), Slg. 2003, I-1487, 13.02.2003 – Rs. C-409/00 (Spanien/Kommission), Slg. 2003, I-1487, Rdn. 85. 13.02.2003 – Rs. C-409/00 (Spanien/Kommission), Slg. 2003, I-1487, 13.02.2003 – Rs. C-409/00 (Spanien/Kommission), Slg. 2003, I-1487,

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bb) Preisfestsetzung In einem Urteil hat der Gerichtshof entschieden, daß Beihilfen im Energiesektor, vor allem wenn sie sich auf die Preisgestaltung der Energie auswirken, nicht in den Ausnahmebereich des Art. 87 Abs. 3 lit. b EGV fallen348. Allerdings lag damals der Sachverhalt anders. Der festgesetzte Tarif wurde künstlich auf niedrigem Niveau gehalten, bei dem unternehmensuntypisch auf jeden Gewinn verzichtet wurde349, um dadurch den Energieverbrauchern einen finanziellen Vorteil zukommen zu lassen350. Eine Preisregelung verstößt nämlich nicht gegen das Beihilferecht, „wenn gezeigt würde, daß der betreffende Vorzugstarif im Kontext des betreffenden Marktes objektiv durch wirtschaftliche Gründe wie die Notwendigkeit gerechtfertigt ist, auf diesem Markt im Preiswettbewerb mit anderen Energiequellen zu bestehen“351.

Regenerative Energien stehen im Wettbewerb zu fossilen Energieträgern, deren Existenz durch die Preisregelung und den Abnahmezwang des ErneuerbareEnergien-Gesetzes gewährleistet ist352. Die Preisfestlegung dient dazu, Investitionen im Sinne einer wirtschaftlichen Betriebsführung überhaupt erst zu ermöglichen353. So hat der Europäische Gerichtshof auch entschieden, erstmalig im van Tiggele-Urteil, daß „eine Maßnahme, die durch die Festsetzung von Mindestpreisen mit dem Ziel gekennzeichnet ist, den Verkäufer eines Erzeugnisses allein zu Lasten der Verbraucher zu begünstigen, keine Beihilfe sein kann“354.

348 EuGH v. 02.02.1988 – verb. Rs. C-67, 68 und 70/85 (Landbouwschap u. a./ Kommission), Slg. 1988, I-219. 349 In der Literatur wird teils darüber gestritten, ob die Gewinnerzielungsabsicht ein Unternehmensmerkmal ist, vgl. dazu F. Rittner, Wirtschaftsrecht mit Wettbewerbsund Kartellrecht, 1979, S. 133; vgl. K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 310 ff.; ders., Fallstudie zur Konkurrentenklage, in: ders. (Hrsg.), Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 457 ff.; ders./A. Emmerich-Fritsche/ D. I. Siebold, Grundlagen des Gewerberechts, 2003, S. 15 f. 350 EuGH v. 02.02.1988 – verb. Rs. 67, 68 und 70/85 (Landbouwschap u. a./Kommission), Slg. 1988, I-219, Rdn. 28. 351 EuGH v. 02.02.1988 – verb. Rs. 67, 68 und 70/85 (Landbouwschap u. a./Kommission), Slg. 1988, I-219, Rdn. 30. 352 Vgl. Fn. 69. 353 Vgl. BT-Drucks. 14/2776, Begründung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz v. 23.02.2000, Anhang, A. Allgemeiner Teil, S. 20; s. a. Fn. 169. 354 EuGH v. 24.01.1978 – Rs. 82/77 (Niederländische Staatsanwaltschaft/Van Tiggele), Slg. 1978, I-25, Rdn. 23/25; GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH v. 26.10.2000 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 118; BT-Drucks. 14/2776, Begründung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz v. 23.02.2000, Anhang, A. Allgemeiner Teil, S. 20; a. A. P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 188.

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Dieser Aussage folgend wäre eine gemeinschaftswidrige Beihilfe dann zu verneinen, wenn Mehrbelastungen zu Lasten des Verbrauchers gingen. Im Fall van Tiggele war nicht einmal der Umweltschutz oder ein anderer Ausnahmetatbestand des Art. 87 Abs. 2 oder 3 EGV betroffen, so daß für die Beurteilung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sogar noch der Umweltschutz bekräftigend hinzukommt. cc) Abwälzung der Mehrbelastung auf den Kunden Ob die den Energieversorgungsunternehmen zusätzlich durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz entstehenden Kosten auf die Letztverbraucher abgewälzt werden dürfen, ist umstritten355. Explizit steht dies weder im Energiewirtschaftsgesetz, noch in der ersten Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Auch findet dieser Punkt weder in der ersten noch in der zweiten Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Erwähnung, sondern nur in der Begründung des Bundestages356. Erst in der Gesetzesnovelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wird auf die Weiterwälzbarkeit mittelbar eingegangen. Eine direkte Erlaubnis zur Weiterwälzbarkeit findet sich indes auch dort nicht357. Umgekehrt steht aber auch nirgends geschrieben, daß eine Weitergabe nicht gestattet ist, so daß zwischen Tarif- und Sondervertragskunden zu differenzieren ist358. Dabei stellt sich die rechtliche Situation für die Tarifkunden wesentlich unkomplizierter dar, als für die Sondervertragskunden. Der Strompreis der Tarifkunden richtet sich nach der Bundestarifordnung Elektrizität. Diese bestimmt bereits in ihrem § 1 Abs. 1 BTOElt, daß die Tarife der Elektrizitätsversorgungsunternehmen den Erfordernissen einer möglichst sicheren, preisgünstigen und rationellen Elektrizitätsversorgung unter Beachtung der Ressourcenschonung und der Umweltbelastung zu genügen haben. Allerdings müssen die Tarife eine rationelle Betriebsführung ermöglichen (§ 12 Abs. 2 BTOElt). Zwar soll durch die Energiewirtschaftsreform die Bundestarifordnung Elektrizität abgeschafft werden (Art. 5 Abs. 2 Nr. 4 EntEnWG), die aufgezählten Ziele gelten trotzdem weiter. Um den in der Bundestarifordnung vorgegebenen Zielen nachkommen zu können, insbesondere dem der rationellen Betriebsführung, ist es erforderlich und auch gestattet, Mehrbelastungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, aber auch aus dem Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz an die Tarifkunden weiterzugeben359. Verfahrensrechtlich hat sich in der Praxis eine zweijährige 355 Vgl. U. Büdenbender, Die Weitergabe politischer Mehrbelastungen an endverbrauchende Kunden, ET 2001, 298 ff.; H.-R. Ebel, Weitergabe von Mehrbelastungen an endverbrauchende Stromkunden?, ET 2001, 812 ff. 356 Vgl. BT-Drucks. 15/810 S. 1; ähnlich auch schon BT-Drucks. 14/2341 S. 2. 357 Vgl. § 15 EEAusbG i. V. m. BT-Drucks. 15/810 S. 1; ähnlich auch schon BTDrucks. 14/2341 S. 2. 358 Ausführlich zur Unterscheidung von Sonder- und Tarifkunden in Kap. III. 2. a).

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Laufzeit für Tarifgenehmigungen eingebürgert, so daß eine Anpassung der Tarifpreise an die aktuellen Begebenheiten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und des Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetzes möglich ist360. So hat auch das Amtsgericht Warendorf in einem rechtskräftigen Urteil bestätigt, daß die vorgeschriebene Mindestvergütung nicht durch den Staat, sondern von den Energieversorgungsunternehmen aufgebracht werde und letztlich auf die Verbraucher umgelegt werden könne361. Anders als die Tarifkunden unterliegen die Sondervertragskunden in der Regel beim System der Strompreisaufsicht nicht der Preisaufsicht, sondern der Kartellaufsicht362. Somit ist es nicht möglich, bei der Genehmigung und Anpassung von Tarifpreisen auch Einfluß auf die Preise von Sondervertragskunden zu nehmen363. Werden Lieferverträge geschlossen, bei denen eine den Vertrag betreffende Änderung erkennbar ist, hat das Energieversorgungsunternehmen die Möglichkeit, eine entsprechende Klausel in den neu zu gestaltenden Vertrag einzufügen, wonach durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz oder sonstige staatliche Regelungen entstehende Mehrbelastungen auf den Sondervertragskunden weitergereicht werden können. Wird dieses versäumt, vorsätzlich oder fahrlässig, hat das Energieversorgungsunternehmen die daraus entstehenden Konsequenzen selbst zu tragen, da es ihm obliegt, den Vertrag nach bestem Wissen auszugestalten. Anders stellt sich die Situation für bereits bestehende Lieferverträge dar, insbesondere solche mit längerer Laufzeit. Wurde ein Liefervertrag mit einer Laufzeit von zehn oder auch mehr Jahren geschlossen und war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht erkennbar, daß durch eine staatliche Regelung dem Energieversorgungsunternehmen zusätzliche Belastungen auferlegt werden, ist es strittig, inwiefern diese Mehrbelastung trotz bestehenden Liefervertrages an den Kunden weitergegeben werden darf364. Das Landgericht Koblenz hat in einem erstinstanzlichen Urteil entschieden, daß Versorgungsunternehmen diese Kosten nicht an Letztverbraucher weitergeben dürfen, wenn dieses im Liefervertrag nicht eindeutig festgehalten ist oder dieser keine Regelungslücke vor-

359 Vgl. U. Büdenbender, Die Weitergabe politischer Mehrbelastung an endverbrauchende Kunden, ET 2001, 301; so wohl auch V. Weigt, in: Danner, BTOElt, § 12, Rdn. 14 f. 360 Vgl. U. Büdenbender, Die Weitergabe politischer Mehrbelastung an endverbrauchende Kunden, ET 2001, 301. 361 Urt. v. 01.10.2001, Az.: 5C 525/01 = ET 2002, 268. 362 Vgl. V. Weigt, in: Danner, BTOElt, § 12, Rdn. 16. 363 Vgl. V. Weigt, in: Danner, BTOElt, § 12, Rdn. 16. 364 Dem zustimmend U. Büdenbender, Die Weitergabe politischer Mehrbelastung an endverbrauchende Kunden, ET 2001, 301 ff.; ablehnend H.-R. Ebel, Weitergabe von Mehrbelastungen an endverbrauchende Stromkunden?, ET 2001, 812 ff.

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weist, was in zweiter Instanz vom Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt wurde365. Abschließend ist festzustellen, daß die Mehrkosten grundsätzlich an die Letztverbraucher weitergegeben werden dürfen, so daß deren Inpflichtnahme nicht an einer gesetzlichen Regelung scheitert. Allerdings handelt es sich hierbei um eine „Kann-Vorschrift“, so daß eine Weiterreichung nicht zwingend ist366. Bei Tarifkunden ist die Abwälzbarkeit fraglos zu bejahen, zumal der deutsche Gesetzgeber sowohl in seinem Entwurf zur ersten Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes als auch in der novellierten Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes darlegt, daß Differenzkosten367 an die Letztverbraucher weitergegeben werden können368. Bei Sondervertragskunden ist die Situation prekärer. Es obliegt zwar den Energieversorgungsunternehmen darauf zu achten, daß eine entsprechende Klausel im Liefervertrag enthalten ist, prinzipiell ist die Abwälzung der Mehrbelastung auf den Kunden aber möglich369. Weil es sich aber um eine „Kann-Vorschrift“ handelt, obliegt es dem Erzeuger, die Vergütung anzunehmen, und dem Energieversorgungsunternehmen, diese gegebenenfalls an den Verbraucher weiterzugeben. Dies zu bestimmen, liegt in der Entscheidungsgewalt des jeweils betroffenen Marktteilnehmers370. Wegen der prinzipiellen Möglichkeit der Weitergabe der Kosten an den Endverbraucher hat auch der Europäische Gerichtshof die Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes als Beihilfe abgelehnt, was mit seiner Rechtsprechung des van Tiggele-Urteils im Einklang steht371.

365 LG Koblenz – Urt. v. 31.01.2002 – Az.: I HO 92/01 = ET 2002, 793 f.; LG Osnabrück – Urt. v. 21.09.2001 – Az.: 13 O 273/01 = ET 2002, 796 f.; LG Krefeld – Urt. v. 05.03.2002 – Az.: 12 O 174/01 = ET 2002, 794 ff.; OLG Oldenburg – Urt. 08.03.2002 – Az.: 6 U 198/01 = ET 2002, 797.; OLG Düsseldorf – Urt. 10.10.2002 – Az.: 17 U 76/02 = ET 2003, 490 ff.; a. A. U. Büdenbender, Die Weitergabe politischer Mehrbelastung an endverbrauchende Kunden, ET 2001, 321, der eine Abwälzung auch ohne vertragliche Übereinkunft bejaht. 366 Eine Nichtabwälzung der Mehrbelastungen auf die Endkunden wäre aus Gründen des Wettbewerbs vorstellbar. 367 Zur Erläuterung und Berechnung der Differenzkosten s. Glossar. 368 s. § 15 EEAusbG i. V. m. BT-Drucks. 15/810 S. 1; ähnlich auch schon BTDrucks. 14/2341 S. 2. 369 Vorausgesetzt es greift keine Klausel, die im ersten Änderungsantrag des Erneuerbare-Energien-Gesetzes festgehalten ist und dieses Rechtsgültigkeit erlangen sollte, vgl. Fn. 368. 370 Ausgenommen ist der Endverbraucher, der die Kosten an niemanden weiterreichen kann; dazu ausführlich M. Altrock, „Subventionierende“ Preisregelungen, S. 56 ff. 371 GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH v. 26.10.2000 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 118.

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dd) Kostentragung als Ausdruck der Ressourcenschonung und des Vorsorge- und Verursacherprinzips Im Vergleich zu den meisten anderen Industrien des produzierenden Gewerbes sind Elektrizitätsversorgungsunternehmen mit einer Aufgabe von überragendem gesellschaftlichem Interesse beauftragt. Ohne das von ihnen produzierte Gut – Elektrizität – ist keine Industrie, kein privater Haushalt und keine öffentliche Einrichtung, kurz, keine Industrienation überlebensfähig372. Die Arten der Stromgenerierung sind vielfältig, aber nicht alle sind zum Schutze der Umwelt geeignet. Produktionsprozesse, bei denen fossile Primärenergieträger eingesetzt werden, führen zwei ungewollte Effekte mit sich. Beim Stromgestehungsprozeß werden die eingesetzten Brennstoffe in nicht vermeidbare und teils ungewollte Nebenprodukte gewandelt, so daß diese in ihrer dann existenten Form nicht ohne weiteres wiederverwendet werden können373. Damit ist zum einen ein Abbau natürlicher Ressourcen verbunden. Zum anderen werden die entstandenen Nebenprodukte mittelbar oder unmittelbar in Kontakt mit der Umwelt gebracht, was dieser nicht immer zuträglich ist374. Nukleare Energie hat das Emissionsproblem nicht. Wegen der ungelösten Endlagerung der radioaktiv verseuchten Brennelemente ist aber auch hier ein negativer Umwelteinfluß auszuweisen. Anders ist dies für erneuerbare Energien. Hier wird weder Raubbau an der Natur betrieben noch werden Schadstoffe emittiert375. Werden regenerative Energieträger zur Elektrizitätsgewinnung eingesetzt, ist das Produkt Strom absolut gleichwertig zu dem, welcher beim Einsatz fossiler Energieträger generiert wird, so daß einer Substituierung unter qualitativen Ge372 Siehe jüngst den Stromausfall der Vereinigten Staaten Amerikas vom 15.08.2003 bei dem rund 50 Mio. Amerikaner über 30 Stunden lang ohne Elektrizität auskommen mußten. Davon betroffen waren nicht nur Privathaushalte, sondern auch Industriebetriebe, Krankenhäuser etc.; vgl. etwa o. V., Stromausfall offenbart marodes Energiesystem, SZ v. 16./17.08.2003, S. 1; C. Herbst/M. Böschen, Labyrinth mit Tükken, FTD v. 28.08.2003, S. 28; ausführlich zum Vorsorgeprinzip beim Umweltschutz M. Schröder, Überlegungen zur Anwendung des Vorsorgeprinzips im Klimaschutz, in: U. Büdenbender/G. Kühne (Hrsg.), FS für J. F. Baur, 2002, S. 149 ff. 373 Beispielhaft sei der bei Kohlekraftwerken u. a. entstehende Schwefelausstoß genannt. Um diesen nicht unbehandelt in die Umwelt auszustoßen, wird das Schwefeloxid in einem Rauchgas-Entschwefelungsprozeß unter der Zugabe eines Mehl-Kalkgemisches zu Gips verarbeitet. Die Kraftwerksbetreiber können den so entstandenen Gips in der Regel aber nicht gewinnbringend verkaufen, sondern sind glücklich, wenn dieser von einem Dritten kostenlos abgenommen wird, wodurch sich die Kraftwerksbetreiber die Abtransport- und Entsorgungskosten sparen. 374 Etwa der CO -Ausstoß aus Kraftwerken, die mit fossilen Energieträgern befeuert 2 werden. 375 Ausgenommen ist die Biomasse, die als Produkt forst- und landwirtschaftlicher Abfälle nicht abgebaut wird, beim Verbrennen aber ebenfalls Schadstoffe emittiert. Auch fällt Raps nicht unter den Raubbau, weil dieser schnellwachsend ist im Vergleich zu fossilen Energieträgern, die über tausende von Jahren entstanden sind.

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sichtspunkten nichts entgegenzusetzen ist. Anders als bei der konventionellen Elektrizitätserzeugung wird hier dem Erhalt und dem Schutz der Umwelt, mittels des Vorsorge- und Verursacherprinzips, Rechnung getragen. Aber auch die Ressourcenschonung findet hierbei Beachtung, alles Prinzipien, die primärrechtlich erwähnt werden (Art. 174 EGV)376. Somit ist es nicht nur gerechtfertigt, sondern auch nachvollziehbar, daß die Energieversorgungsunternehmen, die für sie aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz entstehenden Kosten auf die Letztverbraucher abwälzen, welche als Energienachfrager die eigentliche Ursache für die Inanspruchnahme von Umwelt und Ressourcen sind377. Werden die Verursacher der Umweltbeeinträchtigung zur Schadensregulierung nicht herangezogen, erfahren diese eine finanzielle Vergünstigung im Rahmen der Beihilfeüberlegung. Nach dem Verursacherprinzip müssen die Verantwortlichen für die von ihnen erzeugten Schäden selbst aufkommen378. So könnte man überlegen, ob die Weiterwälzungsmöglichkeit an die Kunden379 nicht nur möglich, sondern vorgeschrieben sein sollte, um gerade nicht gegen europäisches Beihilferecht zu verstoßen. Diese Aussage steht nicht im Widerspruch zu der im vorherigen Kapitel getroffenen „Kann-Vorschrift“. Aus beihilferechtlicher Sicht ist es unerheblich, wer für den erzeugten Schaden aufkommt; der Kraftwerksbetreiber, der Netzbetreiber oder der Letztverbraucher, solange keine staatlichen Mittel dafür beansprucht werden. Bedeutend ist, daß der erzeugte Schaden oder besser die Kosten für den vermiedenen Schaden beglichen werden. ee) Adäquate Gegenleistung Die staatliche Preisfestsetzung und Überwachung ist dem Energiewirtschaftsrecht nicht unbekannt380. Eingriffe des Staates, welche die Wirtschaft lenken, bedürfen einer Rechtfertigung, die dann gegeben ist, wenn ohne staatliche Intervention „ein nicht hinnehmbares Ungleichgewicht zu Lasten überragender öffentlicher Güter und zugunsten der handelnden Wirtschaftssubjekte entstünde. Das ErneuerbareEnergien-Gesetz enthält deutliche (energie-)wirtschaftslenkende Regelungen“381.

376

Vgl. ausführlich in Kap. V. 6. d) und V. 6. e). So auch U. Büdenbender, Die Weitergabe politischer Mehrbelastung an endverbrauchende Kunden, ET 2001, 321; dazu ausführlich A. Bührer, Die finanzielle Inpflichtnahme Privater für den Umweltschutz, 2000. 378 Vgl. ausführlich in Kap. V. 6. e). 379 Vgl. Kap. VII. 10. e) cc). 380 Vgl. M. Bauer, Verwaltungsrechtliche Probleme staatlicher Preisadministration, 1985, S. 34 ff., 84 ff.; H. Knöchel, Die Preisaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1989, S. 80 ff. 377

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Die staatliche Preisbestimmung wäre ohne rechtfertigenden Grund aufzuheben382. Dieser ist aber durch den Umweltschutz gegeben, der ein überragendes öffentliches Gut darstellt, zu dessen Gunsten durch das Erneuerbare-EnergienGesetz wirtschaftslenkende Regelungen vorgenommen werden. Aus rein ökonomischer Sicht stellt die Umwelt ein Gut dar, dessen Schutz zusätzliche Kosten verursacht. Bei der Stromproduktion weist das zu vermarktende Produkt physikalisch identische Eigenschaften auf, unabhängig davon, welcher Primärenergieträger zu dessen Erzeugung verwendet wird383. In der Regel werden Letztverbraucher wie das produzierende Gewerbe ihre Herstellungskosten aus eigenen Stücken nicht erhöhen, ohne daß ihnen daraus ein Vorteil erwächst384. Hinsichtlich der Stromkosten geht dies zu Lasten der Umwelt. Die Umwelt auf einem hohen Niveau zu schützen, ist jedoch sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene ein erklärtes Ziel. Regenerativer Strom trägt dazu bei, diesem Ziel nachzugehen, allerdings hat dieser seinen Preis. Betreiber regenerativer Kraftwerke liefern Strom der unter umweltschonenden Konditionen produziert wird. Somit erhalten sie keine Subventionen, weil sie im Gegenzug zur Strompreisvergütung eine adäquate Leistung erbringen, deren Vorhandensein den Beihilfecharakter einer Maßnahme ausschließt385. Ähnlich argumentiert der Deutsche Bundestag, der die Einspeisevergütungen von Strom nach § 2 EEG schon begrifflich nicht als Beihilfe einstuft386. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz benachteilige nämlich nicht die Anlagenbetreiber der konventionellen Stromerzeugung, sondern gleiche die Nachteile der Anlagenbetreiber aus, die Strom aus regenerativen Energien gewinnen. Ihnen sei es zu verdanken, daß man gesetzten Klimaschutzzielen näher käme und somit wäre es nicht richtig, die sozialen und ökologischen Folgekosten in die Kostenbilanz nicht einzubeziehen387. Deswegen müsse der Mehrwert, den die geförderten Produzenten erhielten, als Faktor für den Umweltschutz in die Strom381 H. Klinger, Das Stromeinspeisungsgesetz vom 14.12.1990 – ein ordnungspolitischer Sündenfall, in: J. F. Baur/P. C. Müller-Graff/M. Zuleeg (Hrsg.), FS für Bodo Börner, 1992, S. 548. 382 H. Klinger, Das Stromeinspeisungsgesetz vom 14.12.1990, in: J. F. Baur/P. C. Müller-Graff/M. Zuleeg (Hrsg.), FS für Bodo Börner, S. 548; S. Studenroth, Verfassungswidrigkeit des Stromeinspeisungsgesetzes?, DVBl 1995, 1220. 383 Auf die Diskussion der Versorgungskontinuität mangels Wind oder Sonne wird hier verzichtet. Dies würde zu weit führen und ist für die eigentliche physikalische Eigenschaft unerheblich. 384 Vorteile wären etwa eine Qualitätsverbesserung des Produkts oder eine Reduzierung der Produktionsdauer, wodurch mittelbar die Lohnkosten gesenkt würden und die Lieferzeiten sich reduzieren würden. 385 Vgl. D. Triantafyllou, in: Groeben/Schwarze, EGV, 6. Aufl. 2003, Art. 87, Rdn. 227; C. Koenig/J. Kühling, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 87, Rdn. 29; G. v. Wallenberg, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 92, Rdn. 7. 386 Diese Argumentation dürfte sich wohl analog auf die Neufassung des EEAusbG übertragen lassen.

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preiskalkulation miteinbezogen werden. Würde dies nicht geschehen, würden die Produzenten regenerativen Stroms für ihr Produkt keine angemessene Vergütung erhalten. Dies würde einem Vertrieb unter Marktpreis gleichkommen, was der Europäische Gerichtshof wiederum als Beihilfe einstuft388. ff) Zwischenergebnis Wegen des primärrechtlich verankerten „hohen Schutzniveaus“ der Umwelt nach Art. 174 Abs. 2 S. 1 EGV, aber auch wegen des in Art. 20a GG festgehaltenen Schutzes der „natürlichen Lebensgrundlagen“ obliegt es den staatlichen Organen, die ihnen übertragene Infrastrukturverantwortung auch auf die negativen Auswirkungen der Energieversorgung, welche diese auf die Umwelt hat, anzuwenden389. Die primärrechtliche Verankerung ermöglicht somit, staatliche Eingriffe zu harmonisieren390. Das Ziel des hohen Schutzniveaus bedeutet jedoch nicht, daß ein durchschnittlicher oder minimaler Umweltschutz zur Zielerreichung ausreicht. Genausowenig ist hiermit der höchstmögliche Umweltschutz gemeint391. Eine Beihilfe darf aber nicht so weit gehen, daß die Chancengleichheit nicht mehr gewahrt wird. Wird ein Wettbewerber des subventionierten Unternehmens von vornherein in eine derartige Position gedrängt, daß ein Überleben auf dem gemeinsamen Markt ausgeschlossen ist, wird darin berechtigterweise eine Wettbewerbsverfälschung gesehen, die ausreicht, um Art. 87 EGV anzuwenden392. Umweltschutzmaßnahmen sind, so wie andere Maßnahmen auch, grundsätzlich unter Abwägung der damit verbundenen Einschnitte in andere Bereiche und der damit verfolgten Ziele zu beurteilen. Genügen sie dem

387 Es bleibt zu bemerken, daß die Aufstellung einer solchen Kostenbilanz subjektiven Kriterien unterliegt, weil sich der Marktpreis der Umwelt nicht wirklich berechnen läßt. Dies wird vor allem im Falle der Entsorgung von atomaren Abfällen ersichtlich, zu der es keine wirkliche Endlösung gibt. Somit kann dafür auch kein Preis kalkuliert werden; dazu auch A. Epiney/H. Pfenninger/R. Gruber, Europäisches Umweltrecht und die Schweiz, 1999, S. 32 ff.; H.-P. Schwintowski, Umweltschutz und Wettbewerb – zwei Seiten derselben Medaille, ZNER 2001, 83; vgl. dazu auch K. Homann/A. Suchanek, Ökonomik: eine Einführung, S. 215. 388 EuGH v. 02.02.1988 – verb. Rs. 67, 68 und 70/85 (van der Kooy u. a./Kommission), Slg. 1988, I-219, Rdn. 28. 389 Vgl. G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 518 m. w. Nachw. 390 Vgl. U. Ehricke, Staatliche Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Energien und europäisches Wettbewerbsrecht, RdE 2003, 64. 391 EuGH v. 14.07.1998 – Rs. C-284/95 (Safety Hi-Tech), Slg. 1998, I-4301, Rdn. 49; EuGH v. 14.07.1998 – Rs. C-341/95 (Bettati), Slg. 1998, I-4355, Rdn. 47 ff.; GA Fennelly, Schlussanträge zu EuGH v. 05.10.2000 – Rs. C-376/98 (Deutschland/Parlament und Rat), Slg. 2000, I-8419, Rdn. 85; dazu auch H. D. Jarass, Europäisches Energierecht, S. 124 m. w. Nachw.; W. Kahl, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 174, Rdn. 59. 392 Vgl. P. Lauffer, Beihilfen für den Steinkohlenbergbau in der Europäischen Union nach 2002, insb. S. 76.

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Verhältnismäßigkeitsgrundsatz393, können sie die Beihilferegelungen einschränken394. Der Umweltschutz ist ein wichtiges Vorhaben von gemeinsamen europäischem Interesse im Sinne des Art. 87 Abs. 3 lit. b) EGV. Die im ErneuerbareEnergien-Gesetz enthaltenen Preisfestsetzungen sind notwendig, um regenerativen Strom und somit den Umweltschutz zu fördern, was einer Förderung der Entwicklung der regenerativen Stromgewinnung im Sinne des Art. 87 Abs. 3 lit. c) EGV gleichkommt. Der spezielle Fördermechanismus verwirklicht des weiteren das Vorsorge- und Verursacherprinzip, indem die Kosten alleine zu Lasten der Endverbraucher gehen, die so ihren Beitrag zum Umweltschutz leisten. Werden die Kosten nicht bis zum Endkunden durchgereicht, fallen sie der Privatwirtschaft zur Last, ohne staatliche Finanzen zu belasten. Als Gegenleistung erhalten die Abnehmer Strom, der gewonnen wurde, ohne natürliche Ressourcen abzubauen. Unter Berücksichtigung der externen Kosten erhalten die Stromkonsumenten eine adäquate Gegenleistung. Bereits der Tatbestand, daß für den nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz vergüteten Strom eine adäquate Gegenleistung erbracht wird, reicht aus, um eine Beihilfe zu verneinen. Werden die externen Kosten nicht berücksichtigt, so daß der Vorwurf erhoben werden könnte, die Vergütungszahlungen wären überhöht, wäre die Preisfestsetzung in Verbindung mit dem Abnahmezwang unter die Ausnahmetatbestände des Art. 87 Abs. 3 lit. b) und c) EGV zu subsumieren, welche das Erneuerbare-Energien-Gesetz als legale Beihilfe klassifizieren würden. Der mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verfolgte Umweltschutz hätte die Kraft, einen vermeintlichen Beihilfeverstoß zu rechtfertigen. f) Kein Beihilfeverstoß Gerade Rechtsakte, die im Bereich der freien Marktwirtschaft erlassen werden, tangieren nicht selten Marktpositionen. Damit einher geht mittelbar oder unmittelbar auch ein Eingriff in den Wettbewerb. Gesetze werden und dürfen nicht willkürlich erlassen, sondern nur um das gute Leben aller in allgemeiner Freiheit bestmöglich zu verwirklichen395. Die These, ein wirtschaftslenkender Eingriff stelle bereits deswegen eine Beihilfe dar, weil er geeignet sei, den Wettbewerb zu verfälschen, ist daher absurd396. Gleiches gilt für die Aufrechterhaltung des Marktes. Die Untersagung eines Gewerbes nach § 35 Abs. 1 GewO 393

Vgl. Kap. VII. 8. So auch F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 54. 395 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 299 ff., 350 ff., 573 ff., 625 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VI; 5. Kap, II, 2. 396 So auch A. Bührer, Die finanzielle Inpflichtnahme Privater für den Umweltschutz, S. 191 f. m. w. Nachw. 394

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wegen Unzuverlässigkeit begründet auch hierin nicht spezifisch einen Wettbewerbsnachteil, sondern schützt die Allgemeinheit397. Eine gemeinschaftswidrige Beihilfe bedingt zunächst, wie es in der Natur der Sache liegt, daß der Beihilfetatbestand erfüllt ist. Der wesentliche Grund, weshalb eine gemeinschaftswidrige Beihilfe abzulehnen ist, ist, daß der Beihilfetatbestand nicht erfüllt ist. Das zwingende Tatbestandsmerkmal, das eine Beihilfe ausmacht, daß staatliche Mittel unmittelbar oder mittelbar beansprucht werden müssen, ist nicht gegeben. Selbst wenn der Erlaß des Erneuerbare-Energien-Gesetzes als staatliche Maßnahme gesehen werden sollte, die als Beihilfetatbestand ausreiche, wäre eine Beihilfe weiterhin zu verneinen, weil für die Vergütungszahlung eine adäquate Gegenleistung erbracht wird. Ungeachtet dieser Kriterien wäre der mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verfolgte Umweltschutz in der Lage, die Beihilferegeln einzuschränken398. Die Industriesparte der Energieproduzenten sind weder mit einem Luxusgut, noch mit einer belanglosen Sache, sondern mit einer essentiellen Aufgabe befaßt, die dem Allgemeinwohl dient, nämlich der Stromproduktion. Diese muß unter Einhaltung der zu erreichenden Ziele gewährleistet sein. Einer Substituierung des Primärenergieträgers ist insoweit nichts entgegenzusetzen, solange die Summe der Ziele unter Abwägung besser, zumindest aber gleichwertig realisiert werden kann. Somit besteht kein Einwand gegen eine Substitution zugunsten regenerativer Energieträger. Weil diese zusätzlich den Umweltschutz fördern, ist es nicht zulässig, die Auswirkungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes als Verstoß gegen das europäische Beihilferecht zu werten. Eine gegenteilige Überlegung muß unter Berücksichtigung der oben genannten Aspekte sogar angestellt werden, nämlich ob eine Unterlassung der Förderung dieses Industriezweiges nicht sogar einem Beihilfeverstoß gleichkommen würde, weil diese Industriesparte im Preiswettbewerb mit anderen Energiequellen keine Überlebenschance auf dem Markt hätte. Gerade dies ist aber weder im Interesse des deutschen Gesetzgebers noch der Europäischen Kommission399. So ermöglicht das Erneuerbare-Energien-Gesetz überhaupt erst eine wirtschaftliche Betriebsführung regenerativer Kraftwerke, wodurch dem Umweltschutz unter Einbeziehung der Ressourcenschonung und des Verursacher- und Vorsorgeprinzips gedient wird400. Die vom Europäischen Gerichtshof dargelegte Argumentation im Stromeinspeisungsurteil geht ebenfalls in diese Richtung, 397 Dazu ausführlich K. A. Schachtschneider/A. Emmerich-Fritsche, Fallstudie zur Gewerbeuntersagung, in: ders. (Hrsg.), Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 3 ff., insb. S. 10 ff. 398 So auch F.-H. Wenig, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 92, Rdn. 54; s. a. Fn. 300. 399 Dahingehend EuGH v. 02.02.1988 – verb. Rs. 67, 68 und 70/85 (van der Kooy u. a./Kommission), Slg. 1988, I-219, Rdn. 28. 400 Dazu ausführlich in Kap. VII. 11. d) bb) (2).

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

was aber so direkt nicht ausgesprochen wird. Vermutlich liegt das daran, daß der Europäische Gerichtshof keinen neuen Rechtfertigungstatbestand eröffnen möchte, um auch weiterhin Beihilferegelungen und Verstöße gegen Grundfreiheiten für den Einzelfall regeln zu können. Die vorgetragenen Aspekte müssen nicht kumulativ existent sein. Bereits eine der nachgewiesenen Freistellungsmöglichkeiten reicht aus, um eine Beihilfe abzulehnen oder als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen. Alle hier erörterten Schlüsse zu entkräften ist unter objektiven Bedingungen nicht möglich, so daß ein Beihilfeverstoß klar abzulehnen ist.

11. Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit In bezug auf die beihilferechtlichen Regelungen muß festgestellt werden, inwieweit das Erneuerbare-Energien-Gesetz den zwischenstaatlichen Handel beeinträchtigt401. Der Europäische Gerichtshof definiert, daß Maßnahmen „den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher oder tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen läßt, daß sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder der Möglichkeit nach, den Handel zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise beeinflussen kann, die der Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteilig sein kann“402.

Zur Klärung der Frage, ob die Warenverkehrsfreiheit tangiert wird, reicht es nicht aus, nur den Handel mit den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen, die direkte Nachbarn Deutschlands sind. Es ist auch der Einfluß auf Mitgliedstaaten mit einzubeziehen, die keine Stromlieferung nach Deutschland beabsichtigen403. Durch den Abnahmezwang von Strom wird die Wahl der Abnahmequellen solcher Energieversorgungsunternehmen eingeschränkt, die zur Abnahme auf deutscher Seite verpflichtet sind. Folglich findet mit dieser Regelung eine Einschränkung des innerdeutschen Wettbewerbs statt. Das Erneuerbare-EnergienGesetz sieht zwar einen gesetzlich geregelten Kostenausgleich vor (§ 14 EEAusbG)404, so daß alle deutschen Energieunternehmen zu einem prozentual gleichen Anteil an den Kosten zur Abnahme des regenerativen Stromes betei-

401 Die Wettbewerbsbeschränkung und die Handelsbeeinträchtigung müssen spürbar sein, um vom Kartellverbot erfaßt zu werden. Zur Spürbarkeit ausführlich N. Koch, in: Grabitz/Hilf, EGV, Art. 85, Rdn. 97 ff. 402 EuGH v. 09.07.1969 – Rs. 5/69 (Völk/Vervaecke), Slg. 1969, I-295, Rdn. 5; EuGH v. 28.04.1998 – Rs. 306/96 (Javico International/YSLP), Slg. 1969, I-1998, Rdn. 16; EuGH v. 03.10.2000 – Rs. 9/99 (Echirolles Distribution), Slg. 2000, I-8207, Rdn. 44; EuGH v. 25.10.2001 – Rs. 475/99 (Ambulanz Glöckner), Slg. 2001, I-8089, Rdn. 48. 403 Vgl. P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 187.

11. Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit

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ligt sind. Mittelbar werden dennoch solche Unternehmen bevorzugt, die nicht unter die direkte Abnahmepflicht fallen. Diese können ihre bisherigen Bezugsquellen beibehalten oder ihre über viele Jahre hinweg aufgebauten „guten Geschäftsbeziehungen“ zu anderen Energieunternehmen auch weiterhin aufrechterhalten. Betroffen sind insbesondere auch Energieversorgungsunternehmen, die sich im Grenzgebiet zu anderen Mitgliedstaaten befinden und ihren Strom außerhalb der deutschen Staatsgrenzen beziehen. Weil diese deutschen Energieversorgungsunternehmen nun ihren Strom oder zumindest Teile davon mittelbar oder unmittelbar aus Deutschland beziehen müssen, wird der bisherige Stromlieferant, das ausländische Energieversorgungsunternehmen, durch die Nichtmehroder Minderabnahme des Stroms durch das deutsche Energieversorgungsunternehmen in seinen Liefergewohnheiten beschnitten. Dies kann, wenn auch nur vorübergehend, zu einer Reduzierung dessen absoluten Energieflusses führen und folglich zu einer wirtschaftlichen Verschlechterung. Wird der Betrachtungswinkel erweitert und noch in Erwägung gezogen, daß das ausländische Energieversorgungsunternehmen wegen des reduzierten Stromflusses wiederum von dessen Stromliefereranten eine geringere Strommenge abnimmt, kann sogar letztgenanntes Energieversorgungsunternehmen von der deutschen Regelung betroffen sein405. Durch diese „Verschiebung“ der Stromzu- und -belieferer können mittelbar sogar Marktpositionen ausländischer Anbieter beeinflußt werden406. So ist zwar nicht zu vermuten, daß dieser Fall in diesem Maße eintritt, weil der Anteil regenerativ erzeugten Stroms in Deutschland noch verhältnismäßig gering ist, dennoch berühren die Abnahme- und Vergütungsregelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes den zwischenstaatlichen Handel potentiell und entfalten eine mittelbare Wirkung auf ausländische Energieversorgungsunternehmen407. 404 Weil durch das StrEG eine geringe Mehrbelastung prognostiziert wurde, war eine Ausgleichspflicht ursprünglich nicht für nötig erklärt worden, s. BT-Drucks. 11/ 7816, S. 4 Nr. 6; s. a. Fn. 19, 44. 405 Im Rahmen der hier geführten Betrachtung soll von der Spürbarkeit der Maßnahme abgesehen werden; denn das Spürbarkeitskriterium dürfte hier wohl kaum mehr erfüllt sein. Außer acht gelassen wird des weiteren, daß andere Mitgliedstaaten ebenfalls über einen Fördermechanismus für regenerative Energien verfügen, wodurch ein Ausgleich zu den hier genannten Verschiebungen geschaffen werden könnte. 406 s. hierzu auch EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 26, 70; diese These wird von den Streitbeihelfern und der Deutschen Regierung dementiert, vgl. dazu Rdn. 37; i. d. S. EuGH v. 10.07.1984 – Rs. 72/83 (Campus Oil Limited/Minister für Industrie und Energie), Slg. 1984, I-2727, Rdn. 15, 24; EuGH v. 20.03.1990 – Rs. 21/88 (Du Pont de Nemours Italiana.), Slg. 1990, I-889, Rdn. 8; vgl. Kap. VII. 8. c). 407 Vgl. hierzu auch EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/ Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 71; EuGH v. 26.06.1980 – Rs. 788/79 (Gilli und Andres), Slg. 1980, I-2071, Rdn 5; so auch P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 188.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Ferner ist im Rahmen der Festpreisregelung eine unbegrenzte Abnahmeverpflichtung unter gleichzeitiger Sicherstellung von Vergütungszahlungen zu sehen. § 4 ff. EEAusbG sorgt dafür, daß jedem aus dem „Verbund“ der Stromerzeuger aus regenerativen Energiequellen ein Mindestabsatzpreis garantiert wird. § 10 EEAusbG läßt zum Beispiel zu, das Angebot an gestützter Windenergie unbegrenzt anwachsen zu lassen, solange sich geeignete Grundstücke finden, das Fehlen baurechtlicher Restriktionen unterstellt408. Ferner sieht das Erneuerbare-Energien-Gesetz keine mengenmäßige Beschränkung des Absatzes dieses Stromes vor, so daß genannte Unternehmen die Gewißheit haben, auf ihrem Produkt nicht sitzen zu bleiben. Die Produktion kann beliebig erhöht werden, ohne daß dieses einen unkalkulierbaren Einfluß auf die Vergütungshöhe hätte409. Dieses kommt einer uneingeschränkten Nachfrageausweitung gleich und ist so nicht ohne weiteres mit den Grundsätzen des freien Warenverkehrs vereinbar. Das Prinzip des freien Warenverkehrs beruht auf der Selbststeuerung der Angebots- und Nachfrageströme. Werden Anbietern von Waren und Dienstleistungen ein unbegrenzter Absatz zum Mindestpreis garantiert, wird dieses Prinzip außer Kraft gesetzt410. Weil die Spürbarkeit bereits bejaht wurde, ist festzustellen, dass der freie Warnverkehr beeinträchtigt ist411. Dies stellt zwar einen Eingriff in die europäischen Grundfreiheiten dar, ist jedoch nicht notwendigerweise als Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht zu beurteilen. Unabhängig von der Rechtsverbindlichkeit des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen412 ist zu konstatieren, daß dieser beispielsweise eine Einschränkung des zwischenstaatlichen Verkehrs erlaubt, wenn dies der Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamen europäischem Interesse dient. Dies gilt insbesondere für die Verfolgung von Umweltschutzzielen 413. Weil die Anwendung des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen, wegen dessen Subsidiarität zum Primärrecht, in Verbindung mit Art. 87 Abs. 3 lit. b EGV schnell leer laufen würde, ist es kennzeichnend, daß die Kommission diese Norm in Verbindung mit staatlichen Umweltschutzbeihilfen nicht mehr anwendet414. 408 Praktisch sind die Reserven geeigneter Standorte in Deutschland aber weitgehend erschöpft, vgl. U. Büdenbender, Rechtsfragen des elektrizitätswirtschaftlichen Netzzugangs bei umfassendem Ausbau der Windenergienutzung, RdE 2003, 196. Dennoch besteht die Möglichkeit, ältere Anlagen durch modernere mit einer erhöhten Leistung zu ersetzen. Auch kommen vermehrt Offshore-Anlagen ins Gespräch. 409 So ist die Vergütungshöhe zwar degressiv und richtet sich nach diversen Kriterien wie z. B. Alter der Anlage, sie ist aber zu keinem Zeitpunkt unkalkulierbar. 410 Vgl. P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 190. 411 Vgl. Kap. VII. 7. 412 Vgl. Kap. VII. 10. e) aa), insb. VII. 10. e) aa) (2). 413 Vgl. ABlEG 2001, Rs. C-37/3, Rdn. 73. 414 Vgl. J. F. Bau u. a., Förderung von KWK-Anlagen, S. 59.

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Prinzipiell sieht das Europarecht jedoch zwei Einschränkungsmöglichkeiten des Art. 28 EGV vor, um eine zwischenstaatliche Handelsbeeinträchtigung zu rechtfertigen, zum einen, eine erfüllte Tatbestandsvoraussetzung des Art. 30 EGV, zum anderen, ein zwingendes Erfordernis im Sinne der Cassis-Formel415. Beiden Einschränkungsmöglichkeiten ist gemein, daß sie in jedem Fall dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen müssen416. Wesentlicher Unterschied ist, daß Art. 30 EGV einen abgeschlossenen Katalog formuliert, jedoch Ungleichbehandlungen zu rechtfertigen vermag, wohingegen zwingende Erfordernisse nach der Cassis-Formel rein taxativ sind, dafür aber unterschiedslos gelten müssen417. In der jüngeren Rechtsprechung hat sich aber auch noch eine dritte Alternative herauskristallisiert, um nicht unterschiedslos geltende Regelungen im Rahmen des Gemeinschaftsrechts zuzulassen, um dadurch wichtigen europäischen Zielen nachkommen zu können. a) Der Umweltschutz als Ausnahmevorschrift des Art. 30 EGV Erklärtes Ziel des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist der Umweltschutz. Es ist zu prüfen, ob dies ausreicht, um als Rechtfertigungsgrund des Art. 30 EGV herangezogen zu werden, so wie es der Europäische Gerichtshof mittelbar in seinem Urteil zum Stromeinspeisungsgesetz tat418, um eine Beschränkung des freien Warenverkehrs rechtfertigen zu können. Anders als bei der Cassis-Formel ermöglicht Art. 30 EGV die Rechtfertigung verbotener Maßnahmen nach Art. 28 f. EGV, die unterschiedlich oder unterschiedslos sein können. Um eine willkürliche Diskriminierung zu unterbinden, müssen Ausnahmebestimmungen verhältnismäßig sein. Sind sie das, kann die in Frage stehende Regelung von den Mitgliedstaaten solange beibehalten werden, bis eine etwaige gemeinschaftseinheitliche Maßnahme getroffen wird, um die handelsbeschränkende Wirkung einzuschränken419. Daß die im Erneuerbare415 Vgl. A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, zum Prüfungsschema Kap. VII. 11. b). 416 Ähnlich KOM(2001)125 endg. v. 13.03.2001, S. 24; W. Schroeder, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 30, Rdn. 49 ff.; dazu D. Güttler, Umweltschutz und freier Warenverkehr, BayVBl. 2002, 231 ff.; F. C. Mayer, Die Warenverkehrsfreiheit im Europarecht – eine Rekonstruktion, EuR 2003, 797 ff.; W. Schroeder, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 28, Rdn. 773; A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 48 ff.; vgl. Kap. VII. 8. 417 Vgl. W. Schroeder, in: Streinz, EUV/EGV, 2003, Art. 28, Rdn. 71 ff.; ders., in: Streinz, EUV/EGV, Art. 30, Rdn. 33 ff.; A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 44 ff. 418 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 73 i. V. m. Rdn. 75; GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 232.

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Energien-Gesetz enthaltenen Regelungen verhältnismäßig sind, wurde bereits konstatiert420, so daß die Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit dann rechtmäßig ist, wenn der Umweltschutz ein Tatbestandsmerkmal des Art. 30 EGV erfüllt. Allerdings ist der Umweltschutz in Art. 30 EGV nicht genannt421. Zwar wird den Mitgliedstaaten ein weiter Beurteilungsspielraum eingeräumt, jedoch sind Ausnahmevorschriften wie etwa der Art. 30 EGV eng auszulegen und grundsätzlich nicht analogiefähig422. In der Literatur finden sich indes Stimmen, die den Umweltschutz bereits aus systematischen und teleologischen Gründen von dem Ausnahmetatbestand des Art. 30 EGV mitumfaßt sehen423. Sicherlich waren Aspekte wie der Verbraucherschutz, der Datenschutz oder der Umweltschutz bei der Formulierung des Art. 30 EGV weniger relevant als heute. Ebenso verwundert, daß der soziale Schutz nicht genannt ist. Nach herrschender Meinung sind die in Art. 30 EGV aufgezählten Gründe dennoch abschließend und nicht ergänzungsfähig. Entgegen der Darstellung des Generalanwalt Jacobs, der sagt, daß der Katalog der Rechtfertigungsgründe des Art. 30 EGV historisch bedingt sei und daher nicht mehr als abschließend angesehen werden könne424, ist der Umweltschutz nicht als Rechtfertigungsgrund heranzuziehen, um die Einschränkung des Warenverkehrs zu rechtfertigen425. Somit kann die eingeschränkte 419 Vgl. H. Mehrländer, Umweltschutz und Wettbewerbspolitik, in: H.-W. Rengeling (Hrsg.), Umweltschutz und andere Politiken der Europäischen Gemeinschaft, 1993, S. 37. 420 Vgl. Kap. VII. 8. 421 EuGH v. 20.02.1979 – Rs. 120/78 (REWE/Bundesmonopolverwaltung für Branntwein), Slg. 1979, I-649, (662); EuGH v. 17.06.1981 – Rs. 113/80 (Kommission/ Irland), Slg. 1981, I-1625, Rdn 7; C. Koenig/A. Haratsch, Europarecht, Rdn. 683; 511; W. Frenz, Nationalstaatlicher Umweltschutz und EG-Wettbewerbsfreiheit, S. 61. 422 EuGH v. 14.12.1972 – Rs. C-29/72 (Marinex), Slg. 1972, I-1309, Rdn. 4 f.; Eugh v. 25.01.1977 – Rs. 46/76 (W.J.G. Bauhuis/Niederlande), Slg. 1977, I-5, Rdn. 12/15; EuGH v. 27.02.2002 – Rs. C-302/00 (Kommission/Frankreich), Slg. 2002, I2055, Rdn. 33; vgl. a. A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 54; P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 75. 423 Vgl. W. Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht: eine Untersuchung zur Rechtsidee des „bestmöglichen Umweltschutzes“ im EWG-Vertrag, 1993, S. 184; S. Heselhaus, Rechtfertigung unmittelbar diskriminierender Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit, EuZW 2001, 647; diese These befürwortend S. Leible, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 28, Rdn. 20; dazu auch C. Moench, Der Schutz des freien Warenverkehrs im gemeinsamen Markt, NJW 1982, 2689 ff.; W. Gronau/A. Topp, Darf man KWK fördern?, ZNER 2001, 145; tendenziell wohl auch M. Gellermann, Das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des Europäischen Gemeinschaftsrechts, DVBl 2000, 515 f. 424 GA. Jacobs, Schlußanträge zu EuGH v. 26.10.2000 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 226 ff.; G. Kühne, Anmerkung zur Stromeinspeisungsgesetzentscheidung, JZ 2001, 760. 425 EuGH v. 09.06.1982 – Rs. 95/81 (Kommission/Italien), Slg. 1982, I-2187, Rdn. 20 f., 26, insb. 27; vgl. U. Ehricke, Staatliche Maßnahmen zur Förderung umwelt-

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Warenverkehrsfreiheit, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz hervorruft, nicht auf Art. 30 EGV gestützt werden. Die Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels läßt sich mit Art. 30 EGV nicht rechtfertigen426. b) Der Umweltschutz als zwingendes Erfordernis Als weitere Möglichkeit kann eine Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels mittels der Cassis-Formel gerechtfertigt werden, wonach immanente Schranken (zwingende Erfordernisse) die unterschiedslos anzuwenden sind, die Warenverkehrsfreiheit einzuschränken vermögen427. Dabei ist zu beachten, daß Einschränkungen der Warenverkehrsfreiheit nur aus zwingenden Erfordernissen, nicht aus rein wirtschaftlichen Erwägungen möglich ist428. Unter Einbeziehung des vom Erneuerbare-Energien-Gesetz verfolgten Umweltschutzes faßt der Europäische Gerichtshof die Cassis-Formel folgendermaßen: „In Ermangelung einer gemeinschaftlichen Regelung des Inverkehrbringens der betreffenden Erzeugnisse sind Hemmnisse für den freien Binnenhandel der Gemeinschaft, die sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen ergeben, hinzunehmen . . . die dadurch gerechtfertigt werden kann, daß sie notwendig ist, um zwingenden Erfordernissen des Gemeinschaftsrechts gerecht zu werden. Weil der Umweltschutz ein wesentliches Ziel der Gemeinschaft darstellt, ist er ein solch zwingendes Erfordernis“429.

Zwingende Erfordernisse, namentlich die des Umweltschutzes, stellen somit gerechtfertigte Einschränkungen dar. Abweichungen sind auf äußerste Fälle zu begrenzen430. Daraus läßt sich schließen, daß die dem Erneuerbare-EnergienGesetz entgegenstehende mengenmäßige Einfuhrbeschränkung dem Umweltschutz nachsteht, soweit das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht außer acht gelas-

freundlicher Energien und europäisches Wettbewerbsrecht, RdE 2003, 63; A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 54; in der Literatur gibt es hingegen auch Meinungen, die aus systematischen und teleologischen Gründen vor allem mit Wirkung der Querschnittsklausel (s. Kap. V. 6. c)) eine Erweiterung des Art. 30 EGV befürworten, s. Fn. 423. 426 Dazu ausführlich und zur Auslegung des Art. 30 EGV C. Moench, Der Schutz des freien Warenverkehrs im Gemeinsamen Markt, NJW 1982, 2689 ff. 427 Vgl. zur Cassis-Formel Kap. V. 5. c), insb. Fn. 222 ff. 428 EuGH v. 28.04.1998 – Rs. C-120/95 (Decker), Slg. 1998, I-1831, Rdn. 39; EuGH v. 28.04.1998 – Rs. C-120/95 (Dusseldorp), Slg., 1998 I-1831, Rdn. 44. 429 EuGH v. 20.09.1988 – Rs. 302/86 (Kommission/Dänemark), Slg. 1988, I-4607, (4607 f.); ähnlich EuGH v. 26.06.1980 – Rs. 788/79 (Gilli und Andres), Slg. 1980, I2071, Rdn 1; EuGH v. 15.08.1994 – Rs. C-293/93 (Houtwipper), Slg. 1994, I-4249, Rdn. 22. 430 So P.-C. Müller-Graff, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 30, Rdn. 126; dagegen z. B. H. Matthies/R. v. Borries, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 30, Rdn. 39.

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sen wird431. Weil der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erfüllt ist432, muß die Maßnahme, um als zwingendes Erfordernis im Sinne der Cassis-Formel legitimiert zu sein, unterschiedslos für einheimische und eingeführte Waren gelten433. Eine Diskriminierung existiert, wenn gleiche Waren unterschiedlich behandelt werden. Beim Erneuerbare-Energien-Gesetz handelt es sich um ein nationales Gesetz, das lediglich die Abnahme und Vergütung von in Deutschland produziertem regenerativem Strom regelt. Regenerativ erzeugtem Strom aus anderen Mitgliedstaaten wird keine Beachtung geschenkt. Er unterfällt weder den Abnahme- noch den Förderregelungen, worin zu Recht eine diskriminierende Maßnahme gesehen wird. Kann der Vorwurf der Diskriminierung entkräftet werden, ist die Beeinträchtigung des Warenverkehrs durch die Cassis-Formel legitimiert. Nachfolgend wird die Frage nach der Diskriminierung zunächst nur auf nationaler Ebene betrachtet, ohne den zwischenstaatlichen Handel zu berücksichtigen. Dieser wird nachfolgend miteinbezogen, wobei der Stromexport und der Stromimport aus deutscher Sicht differenziert Beachtung finden.

aa) Diskriminierung auf nationaler Ebene Zunächst soll der rein nationale Handel betrachtet werden, unabhängig davon, daß dabei der zwischenstaatliche Warenverkehr nicht beeinträchtigt wird. Der Vorwurf gegen „die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden“, Art. 81 Abs. 1 lit. d EGV also, wird bei rein innerstaatlicher Betrachtung direkt vom Erneuerbare-Energien-Gesetz entkräftet. Unter gleicher Leistung wird die Ware „regenerativer Strom“ verstanden und nicht die Ware „Strom“ in ihrer Gesamtheit. Die ungleiche Behandlung von konventionell erzeugtem Strom und solchem, der aus regenerativen Energieträgern er-

431 Ähnlich KOM(2001)125 endg. v. 13.03.2001, S. 24; dazu D. Güttler, Umweltschutz und freier Warenverkehr, BayVBl. 2002, 231 ff.; F. C. Mayer, Die Warenverkehrsfreiheit im Europarecht – eine Rekonstruktion, EuR 2003, 797 ff. 432 Vgl. Kap. VII. 8. 433 EuGH v. 20.02.1979 – Rs. 120/78 (REWE/Bundesmonopolverwaltung für Branntwein), Slg. 1979, I-649, (669); EuGH v. 17.06.1981 – Rs. 113/80 (Kommission/ Irland), Slg. 1981, I-1625, Rdn 10; EuGH v. 20.09.1988 – Rs. 302/86 (Kommission/ Dänemark), Slg. 1988, I-4607, (4607 f.); EuGH v. 25.07.1991 – Rs. C-1/90 (Aragonesa de publicidad), Slg. 1991, I-4151, Rdn. 13; sehr weitgehend allerdings EuGH v. 09.07.1992 – Rs. C-2/90 (Kommission/Belgien), Slg. 1992, I-4431, Rdn. 34, wo der EuGH nach einer Diskriminierung fragt und diese wegen der „Besonderheit der Abfälle“ und dem in Art. 174 Abs. 2 EGV aufgestellten Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen nach Möglichkeit an ihrem Ursprung zu bekämpfen, ablehnt, um die immanenten Schranken des Art. 28 EGV anwenden zu können; a. A. M. Gellermann, Das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des Europäischen Gemeinschaftsrechts, DVBl 2000, 515 f.

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zeugt wird, läßt sich wie gesehen durch den Umweltschutz und die damit verbunde Ressourcenschonung, aber auch das Verursacher- und Vorbeugeprinzip legitimieren434. Nach § 4 Abs. 6 EEAusbG ist der dem Produzenten regenerativen Stroms vorgelagerte Übertragungsnetzbetreiber zur Abnahme und Vergütung nach den §§ 6–12 EEAusbG des Stroms des ersten Produzenten verpflichtet. In Deutschland trifft dieses insbesondere norddeutsche und bayerische Übertragungsnetzbetreiber, norddeutsche wegen des dortigen hohen Windaufkommens und der dementsprechenden Anhäufung von Windkraftanlagen, bayerische wegen des verhältnismäßig hohen Aufkommens von Wasserkraftwerken435. Die Übertragungsnetzbetreiber, die im Durchschnitt weniger regenerativen Strom abnehmen, haben gegenüber den Handelspartnern, die dementsprechend mehr abnehmen, eine Vergütungs- und Abnahmepflicht436, bis sich ein wirtschaftliches Gleichgewicht unter den nationalen Übertragungsnetzbetreibern einstellt. Im einzelnen resultiert aus dem Gesetzestext zwar eine komplizierte, aber tragfähige Ausgleichspflicht, die dazu dient, alle Energieversorgungsunternehmen gleichmäßig zu belasten437. Durch die Möglichkeit der Weitergabe der Mehrkosten an den Endkunden438 trägt letztendlich dieser die Kosten der Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen zugunsten des Umweltschutzes439. So werden alle Wirtschaftsteilnehmer gleichmäßig belastet, ohne daß jemand bevorzugt wird. Eine Diskriminierung ist zu verneinen440. bb) Diskriminierung beim Stromexport Wird der Betrachtungsfokus auf die gesamte europäische Ebene ausgedehnt, muß der zwischenstaatliche Handel miteinbezogen werden. Eine Beeinträchtigung des der Warenverkehrsfreiheit ist erst dann möglich. Hinsichtlich des Stromexportes ist festzustellen, ob hier der zwischenstaatliche Verkehr Einschränkungen im Sinne des Art. 29 EGV erfährt. Dies ist in 434

Vgl. Kap. VII. 10. e) dd) f. Vgl. C. Allwardt, Die wichtigsten Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes durch den Regierungsentwurf vom 18.11.2003, Studie für N-ERGIE vom 09.12. 2003, S. 9 f. 436 Die Abnahmepflicht folgt aus § 14 Abs. 2 S. 2 EEAusbG; die Vergütung ergibt sich dann nach §§ 6–12 EEAusbG. 437 So auch U. Büdenbender, Die Weitergabe politischer Mehrbelastung an endverbrauchende Kunden, ET 2001, 299. 438 Vgl. Kap. VII. 10. e) cc). 439 Dazu in Kap. VII. 10. e) cc) f. 440 Im Ergebnis ebenso S. Richter, Grenzen der wirtschaftlichen Förderung regenerativer Stromeinspeisungen in Deutschland, S. 77 ff.; durch die ehemals existente 5%Regelung des Stromeinspeisungsgesetzes wäre einer Nichtdiskriminierung auf nationaler Ebene so nicht stattzugeben. Diese hat aber seit Inkrafttreten des EEG keinen Bestand mehr, so daß hierauf nicht eingegegangen wird. Zur 5%-Klausel in Kap. II. 2. c) aa), insb. Fn. 169 ff. 435

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Verbindung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz klar zu verneinen, weil dieses weder unmittelbar noch mittelbar ausfuhrbehindernde Elemente enthält. Strom kann unabhängig vom eingesetzten Primärenergieträger schrankenlos in andere Mitgliedstaaten exportiert werden, ein Abnehmer dafür vorausgesetzt441. Hierauf haben die Regelungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes jedoch keinen Einfluß. cc) Diskriminierung beim Stromimport Etwas anders stellt sich die Situation beim Import dar, der naturgemäß den zwischenstaatlichen Handel ebenfalls miteinbezieht. Vom Abnahmezwang des teuren deutschen regenerativen Stroms ist ausschließlich der in Deutschland tätige Energieversorger betroffen. Dadurch erhöht sich der ohnehin schon nicht günstige deutsche Strompreis noch weiter, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Unternehmens nicht nur außerhalb der Staatsgrenzen, sondern auch innerhalb derselben zusätzlich gefährdet wird442. Zur Kompensation dieser Benachteiligung dürfen aber keine Einfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung für im Ausland erzeugten Strom, der nach Deutschland importiert werden soll, erhoben werden (Art. 23, 25 EGV). Weiterhin sind alle mitgliedstaatlichen Elektrizitätsversorgungsunternehmen zur Durchleitung von Fremdstrom verpflichtet, ohne daß sie dabei inländischen Strom bevorzugen dürfen, weil dies gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen würde443. Auch das für diese Leistung anfallende Durchleitungsentgelt muß für alle Marktteilnehmer diskriminierungsfrei sein444, so daß auch hierüber kein Ausgleich geschaffen werden kann. Dem deutschen Letztverbraucher steht es zu, seinen Energieversorger selbst zu wählen, so daß dieser sich in der Regel für denjenigen entscheiden dürfte, der das für ihn günstigste Preis-Leistungsverhältnis bietet445. In gegebe441 Relevante Einschränkungen bestehen lediglich technischer Art. Hierbei bleibt der Aspekt vernachlässigt, daß andere Mitgliedstaaten über ähnliche Regelungen verfügen, wodurch die Warenverkehrsfreiheit abermals eingeschränkt werden würde, allerdings zu Lasten des deutschen Stroms. 442 Ausgenommen sind hier Dänemark und Spanien, die ebenfalls ein Stromeinspeisungsgesetz mit Abnahmezwang zu festgesetzten Preisen kennen. Unter Betrachtung des deutschen EEG ist dies aber unerheblich; vgl. dazu Deutscher Bundestag, Begründung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz v. 25.02.2000, Anhang, A. Allgemeiner Teil; s. a. nf./St., Trittin will Strom aus erneuerbaren Energien stärker fördern, FAZ v. 29.01.2003, S. 13; eine Ausnahme hiervon stellt die neueingeführte besondere Ausgleichsregelung dar, auf die detailliert in Kap. VII. 12. eingegangen wird. 443 Vgl. § 6 EnWG; zur Durchleitungspflicht, s. Kap. III. 2. d) f. zu dessen Verweigerungsmöglichkeiten Kap. VI. 4. d) und VI. 4. d) ee), die aber in jedem Fall objektiv und diskriminierungslos sein müssen. 444 Vgl. § 4 Abs. 3 EnWG. 445 Eine Eurobarometer-Umfrage hält fest, daß lediglich 25% der noch EU-Bürger (15 Mitgliedstaaten) bereit sind, für erneuerbare Energien höhere Preise zu zahlen, vgl. in S. Froning, Erneuerbare Energien im Trend, ET 2003, 205.

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nem Fall dürfte das der Energieversorger mit dem niedrigsten Preis pro gelieferter Kilowattstunde sein. Am ehesten realisieren läßt sich dies für solche Elektrizitätsversorgungsunternehmen, denen keine zusätzlich hohen Kosten oktroyiert werden. Unternehmen, die sich im Wettbewerb befinden, verfügen in der Regel über keine hohe Gewinnmarge, weil sie genötigt sind, nahe den Grenzkosten zu kalkulieren, um auf dem freien Markt bestehen zu können446. Die Mehrbelastung der abnehmenden Unternehmen stellt somit kein zu vernachlässigendes Problem dar. Als Schutzmaßnahme zur Wahrung der Überlebensfähigkeit enthielt der Vorgänger des Erneuerbare-Energien-Gesetzes noch eine Härteklausel, die Elektrizitätsversorgungsunternehmen vor einer unbilligen Härte schützte. Im Gesetz zur Sicherung des Einsatzes von Steinkohle in der Verstromung in den Jahren 1996 bis 2005447 wird eine unbillige Härte, im Sinne des Gesetzes, folgendermaßen definiert: „Eine unbillige Härte liegt vor, wenn die Belastung wesentlich dazu beiträgt, daß eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des einzelnen Unternehmens oder eines Unternehmensteils oder einer Betriebsstätte droht“448.

Übertragen auf das Stromeinspeisungsgesetz, hätte eine unbillige Härte vorgelegen, wenn die Elektrizitätsversorgungsunternehmen gezwungen worden wären, ihre Preise spürbar über die Preise gleichartiger oder vorgelagerter Elektrizitätsversorgungsunternehmen hinaus anzuheben449. Diese Passage wurde zunächst ersatzlos gestrichen. In der ersten Änderung des Erneuerbare-EnergienGesetzes aus dem Jahre 2003 wurde zwar wieder eine Härtefallklausel in Form einer besonderen Ausgleichsregelung eingeführt, diese beschränkt sich aber auf den Schutz stromintensiver Unternehmen des produzierenden Gewerbes450. In einem so heiß umkämpften Markt, wie dem der Energiewirtschaft, kann eine spürbare Preisdifferenz hingegen zu einem schnellen wirtschaftlichen Bankrott führen. Es besteht also eine reine Inländerbenachteiligung. Diese fällt allerdings nicht unter Art. 28 EGV451. 446 Dieses Problem besteht v. a. in der Telekommunikationsbranche, aber auch im Energiesektor. Der Konkurrenzkampf ist hier sehr hoch, weil viele neue Unternehmen in den Markt kommen. 447 BGBl. I/1994 S. 1618 v. 19.07.1994; auch Viertes Verstromungsgesetz genannt. 448 § 7 Abs. 2 S. 2 VVerstrG. 449 Vgl. § 4 Abs. 3 StrEG. 450 In der novellierten Fassung werden auch weniger stromintensive Unternehmen und Schienenbahnen berücksichtigt (§ 16 Abs. 1 EEAusbG); dazu ausführlich in Kap. VII. 12. 451 So auch C. Theobald/C. Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 350; dem zunächst zustimmend H. Weyer, Die Anwendbarkeit des Art. 20 EGV auf rein innerstaatliche Sachverhalte, in: C. Reichel/H. Schneider/ders. (Hrsg.), Festschrift für Jürgen F. Baur, 1998, S. 130 m. w. Nachw. im Ergebnis aber ablehnend ders., ebenda, S. 140; vgl. auch R. Streinz, Europarecht, 6. Aufl. 2003, Rdn. 682 ff.

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Zu einem anderen Ergebnis muß man gelangen, wenn man berücksichtigt, daß das Erneuerbare-Energien-Gesetz nur in den Wirtschaftsgrenzen Deutschlands Gültigkeit besitzt. Die Handelsware „regenerativer Strom“ wird also nur gefördert, wenn sie in Deutschland produziert wird. Somit werden aber die deutsche und die ausländische Ware nicht unterschiedslos behandelt, womit das Gesetz diskriminierenden Charakter hat. So muß auch von der reinen Inländerbenachteiligung abgewichen werden. Diese gilt in einem ersten Schritt lediglich für Energieversorgungsunternehmen und in einem zweiten Schritt für die Letztverbraucher. Die von der Regelung profitierenden Betreiber „regenerativer Kraftwerke“ werden gegenüber den gleichen Betreibern, die außerhalb der deutschen Staatsgrenze „grünen Strom“ produzieren, bessergestellt. Somit handelt es sich beim Erneuerbare-Energien-Gesetz um keine unterschiedslos anwendbare Maßnahme im Sinne der Cassis-Formel452. c) Ergebnis Die durch die Regelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes verursachte Einschränkung des freien Warenverkehrs läßt sich weder durch die ordre-publicKlausel noch mit der Cassis-Formel rechtfertigen, so daß eine Rechtfertigung der gemeinschaftswidrigen Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels aus rein primärrechtlicher Sichtweise nicht mehr möglich ist, was nicht bedeutet, daß die Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit zwingendermaßen gegen Gemeinschaftsrecht verstößt. Unter gewissen Umständen, die an strengen Kriterien gemessen werden, können die Beschneidung von Grundfreiheiten, aber auch die Beeinträchtigung des Wettbewerbs gerechtfertigt werden, nämlich wenn der Verwirklichung eines hohen Gemeinschaftsgutes Rechnung getragen werden soll, im vorliegenden Fall dem der Umwelt, das gleichzeitig auch der Erreichung der Regenerativstromrichtlinie festgehaltenen Ziele dient. Dazu ist ein weiter Spielraum unerläßlich und sind gewisse Einschnitte unvermeidbar. d) Europäische Umweltpolitik Im Rahmen der Politik eines gemeinsamen europäischen Binnenmarktes mit gemeinsamen Rahmenregelungen ist es faktisch unmöglich, in allen Mitgliedstaaten zu jeder Zeit gleich zu agieren, um die gesetzten Ziele zu erfüllen. Vielmehr müssen Rahmenregelungen für jeden Mitgliedstaat so angepaßt werden, daß die Entwicklung möglichst harmonisch von dannen geht. Unterschiedliche Maßnahmen lassen sich gegebenenfalls mit andersartigen Infrastrukturen begründen. 452 Vgl. P. Salje, Die Vereinbarkeit des Stromeinspeisungsgesetzes mit dem EG-Vertrag, RIW 1998, 190.

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So ist es voreilig zu argumentieren, daß mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz das Wettbewerbsprinzip unterlaufen oder gegen das Binnenmarktprinzip verstoßen wird. Diese beiden Prinzipien sind zwar durchaus von größter Wichtigkeit, aber es existieren neben ihnen auch noch andere gewichtige Prinzipien, zum Beispiel das vom Erneuerbare-Energien-Gesetz verfolgte Umweltprinzip, das dem Binnenmarktprinzip gleichgestellt ist453. Zur Verfolgung europäischer Integrationspolitik wird nicht jedwede Handlung gerechtfertigt. Im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung können bestimmte Maßnahmen als mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar angesehen werden, auch wenn dadurch andere Bereiche Beschneidungen erfahren. Es ist faktisch unmöglich, jedes gesetzte Ziel vollständig zu verwirklichen, ohne dabei andere Politiken zu beeinträchtigen. Eine all zu enge Auslegung der europäischen Verträge wäre nicht hilfreich, weil die Gemeinschaftspolitik einen weiten Spielraum benötigt. Wegen des derzeitigen Vorrangs europäischen Klimaschutzes und den teils sehr unterschiedlichen nationalen Marktbegebenheiten muß die vollständige Angleichung eines einheitlichen Binnenmarktes dem Umweltschutz in Einzelfällen weichen454. aa) Nicht unterschiedslos anwendbare Regelungen in der neueren Rechtsprechung Die unterschiedslose Anwendung einer umweltschützenden Maßnahme auf in- und ausländische Güter gilt für die Umweltprinzipien des Art. 174 EGV nur eingeschränkt. Besondere Ausnahmefälle sehen vor, daß nicht unterschiedslos anwendbare Regelungen nach Art. 28 EGV gerechtfertigt sein können. So heißt es in der Gesetzesbegründung zum Stromeinspeisungsgesetz, die sich ebenso auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz anwenden läßt, daß „die Einführung einer gesetzlichen Mindestvergütung für Strom bedeutet, daß von dem Grundsatz der freien Preisbildung mit kartellrechtlicher Mißbrauchsaufsicht und dem Prinzip der vermiedenen Kosten abgewichen wird, eine solche Maßnahme in einer marktwirtschaftlichen Ordnung die absolute Ausnahme bleiben muß, weil die preisrechtliche Bestimmung im vorgesehenen Umfang vertretbar und richtig ist, wegen des energie- und umweltpolitischen Stellenwertes der erneuerbaren Energien“455.

453 J. Gebauer/U. Wollenteit/M. Hack, Der EuGH und das Stromeinspeisungsgesetz: Ein neues Paradigma zum Verhältnis von Grundfreiheiten und Umweltschutz?, ZNER 2001, 15; vgl. dazu auch Kap. V. 6. b). 454 Vgl. J. Gebauer/U. Wollenteit/M. Hack, Der EuGH und das Stromeinspeisungsgesetz: Ein neues Paradigma zum Verhältnis von Grundfreiheiten und Umweltschutz?, ZNER 2001, 17. 455 BT-Drucks. 11/7816, S. 4 Nr. 7.

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Wenn es in der Begründung aber schon heißt, daß eine gesetzliche Mindestvergütung für Strom eine „absolute Ausnahme“ bleiben muß, mit der Rechtfertigung, daß die preisrechtliche „Bestimmung im vorgesehenen Umfang vertretbar und richtig ist“, ist diese Argumentationsführung besonders aus rechtswissenschaftlicher Sicht mit Vorsicht zu genießen456. Aus der gewählten Formulierung wird klar ersichtlich, daß man sich des Konfliktpotentials, welches das Gesetz birgt, durchaus bewußt ist und einer Prüfung am nationalen, vor allem aber auch am europäischen Rechtsrahmen skeptisch gegenübersteht457. Aber selbst der Europäische Gerichtshof hat bereits in seinem „Abfallurteil“ festgestellt, daß der Umweltschutz ein so zwingendes Erfordernis im Sinne der Cassis-Formel darstellen kann, daß er den freien Warenverkehr einzuschränken in der Lage ist, auch wenn dadurch gleichwertige inländische und ausländische Produkte unterschiedlich behandelt werden458. Begründet wurde die Ungleichbehandlung mit dem in Art. 174 Abs. 2 EGV aufgestellten Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen nach Möglichkeit an ihrem Ursprung zu bekämpfen, wodurch die Maßnahme als nicht diskriminierend gewertet wurde, weil es „Sache jeder Region, Gemeinde oder anderen Gebietskörperschaft ist, die geeigneten Maßnahmen zu treffen, um Aufnahme, Behandlung und Beseitigung ihrer eigenen Abfälle sicherzustellen, damit ihre Verbringung soweit wie möglich eingeschränkt wird“459.

Diese tatbestandliche Ausnahme zu den „zwingenden Erfordernissen“ der Cassis-Formel, die als neuer Anwendungsfall des Art. 30 EGV erklärt worden ist, stellt eine erhebliche Korrektur der Rechtsprechung zur Warenverkehrsfreiheit dar460. Es verwundert daher nicht, daß diese Abkehr von der Differenzierung zwischen den Rechtfertigungsgründen des Art. 30 EGV und den immanen-

456 Allerdings spricht auch schon das Bundesverfassungsgericht über eine „seltene Ausnahme“, bezüglich Sonderabgaben (BVerfGE 82, 159 (181)). 457 Dies folgt auch aus der Tatsache, daß der deutsche Gesetzgeber das Vorhaben der Europäischen Kommission gemäß Art. 88 Abs. 3 EGV zur Prüfung unter Beihilfezwecken vorgelegt hat, vgl. in BT-Drucks. 11/7816, S. 4 Nr. 9. 458 EuGH v. 09.07.1992– Rs. C-2/90 (Kommission/Belgien), Slg. 1992, I-4431, Rdn. 34; s. a. EuGH v. 14.07.1998 – Rs. C-389/96 (Aher-Waggon), Slg. 1998, I-4473, Rdn. 19; ähnlich EuGH v. 28.04.1998 – Rs. C-120/95 (Decker/Caisse de maladie), Slg. 1998, I-1831, Rdn. 39 wobei dort die soziale Sicherheit den Ausnahmegrund darstellt; vgl. a. W. Gronau/A. Topp, Darf man KWK fördern?, ZNER 2001, 144. 459 EuGH v. 09.07.1992 – Rs. C-2/90 (Kommission/Belgien), Slg. 1992, I-4431, Rdn. 22 ff. 460 Vgl. P. v. Wilmowsky, Abfall und freier Warenverkehr, EuR 1992, 415 f.; M. Zuleeg, Umweltschutz in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, NJW 1993, 34 f.; A. Epiney, Einbeziehung gemeinschaftlicher Umweltschutzprinziien in die Bestimmung mitgliedstaatlichen Handlungsspeilraums, DVBl 1993, 99; S. Tostmann, Anmerkung zum EuGH-Urteil C-2/90, EuZW 1992, 579; P. Craig/G. de Búrca, EC Law, Text, Cases, and Materials, 1995, S. 610.

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ten Schranken des Art. 28 EGV in der Literatur kritisiert wird und darauf hingewiesen wird, daß „die Beschränkung der zwingenden Erfordernisse auf unterschiedslos anwendbare Maßnahmen nicht allzu ernst genommen werden darf“461.

In den Schlußanträgen zum Stromeinspeisungsurteil leitet Generalanwalt Jacobs eine Rechtfertigung diskriminierender Umweltschutzmaßnahmen aus der umweltbezogenen Querschnittsklausel des Art. 6 EGV her, der die Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung anderer Gemeinschaftspolitiken verlangt462. Durch die Auflockerung der Cassis-Formel zugunsten diskriminierender Regelungen fördert Generalanwalt Jacobs nationales Umweltrecht463. Wie vom deutschen Gesetzgeber im Vorfeld bereits vermutet, ergibt sich im Fall des Stromeinspeisungsgesetzes eine Rechtsprechung, die ebenfalls die hier dargelegte Richtung einschlägt. Übertragen auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz, läßt das Abfallurteil den Schluß zu, daß die Mitgliedstaaten befugt sind, innerhalb ihres Staatsgebiets fossile Kraftwerke durch regenerative Kraftwerke, die geeignet sind, den Schadstoffausstoß zu reduzieren, zu ergänzen oder zu ersetzen, um dem Ursprungs- und Verursacherprinzip gerecht zu werden464. Somit ist der Umweltschutz in der Lage, nach sorgfältiger Abwägung, auch Ungleichbehandlungen zu rechtfertigen465. bb) Rechtfertigung nicht unterschiedslos anwendbarer Regelungen Unter bestimmten Umständen kann somit sogar über die Regelungen der Art. 28 und 30 EGV „hinweggegangen“ werden. Zwingende Voraussetzung hierfür ist, daß für den betreffenden Bereich eine abschließende sekundärrechtliche Regelung besteht466. Ist dies gegeben, ist ein nationaler Alleingang nur dann möglich, wenn eine entsprechende primärrechtliche Ermächtigung vorhan461 Dazu ausführlich P. v. Wilmowsky, Abfall und freier Warenverkehr: Bestandsaufnahme nach dem EuGH-Urteil zum wallonischen Einfuhrverbot, EuR 1992, 415 f. 462 GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 231; zur Querschnittsklausel in Kap. V. 6. c). 463 GA Jacobs, Schlußanträge zu EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 230 ff.; vgl. a. J. F. Baur, Ökologische Energieversorgung in Deutschland unter europarechtlichen Rahmenbedingungen, in: G. Kühne u. a. (Hrsg.), Das deutsche Berg- und Energierecht auf dem Wege nach Europa, S. 21; F. C. Mayer, Die Warenverkehrsfreiheit im Europarecht – eine Rekonstruktion, EuR 2003, 805 ff. 464 Dazu ausführlich in Kap. VII. 11. d) bb) (2). 465 Vgl. a. W. Gronau/A. Topp, Darf man KWK fördern?, ZNER 2001, 144; ähnlich D. Güttler, Umweltschutz und freier Warenverkehr, BayVbl. 2002, 229, die jedoch von einer „formal diskriminierenden Maßnahme“ spricht.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

den ist467. Sind beide Voraussetzungen erfüllt, wird wieder die Cassis-Formel als Prüfungsmaßstab herangezogen. Die Besonderheit besteht dann darin, daß diese im Rahmen von Harmonisierungsmaßnahmen nur noch begrenzt Anwendung findet, begrenzt insofern, als daß die Maßnahme nach wie vor der Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten muß, jedoch nicht mehr dem Kriterium der Unterschiedslosigkeit. Weil der Verhältnismäßigkeitsprüfung ein so hohes Maß an Rechtfertigungskraft beigemessen wird, daß sie sogar eine ausreichende Kontrolle vor Mißbrauch bietet468, insbesondere der Protektion des einheimischen Marktes, wird diese so eng gefaßt, daß der Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten sehr eingeschränkt wird. Insbesondere die Erforderlichkeit wird dabei herausgearbeitet, dessen Kern es ist, das mildeste Mittel zu wählen, das zur Zweckerreichung notwendig ist469. Demgemäß führt der Europäische Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung aus, „daß die betreffenden nationalen Bestimmungen in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen und daß dieses Ziel nicht durch Maßnahmen hätte erreicht werden können, die den innergemeinschaftlichen Handel weniger beeinträchtigen“470.

Es muß die Maßnahme in Erwägung gezogen werden, die den Warenverkehr geringstmöglich einschränkt, um dem Umweltschutzziel unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bestmöglich nachzukommen. Die umstrittene Maßnahme wird dann nicht mehr an Art. 28 EGV gemessen471. Insbesondere zu Art. 30 EGV hat der Gerichtshof in zahlreichen Entscheidungen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit herausgearbeitet 472, das sich sowohl für unterschiedlich

466 Vgl. A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 55. 467 Vgl. A. Epiney, in: Calliess/Ruffert, EGV, 2. Aufl. 2002, Art. 28, Rdn. 24 m. w. Nachw.; ausführlich zur Richtlinienkompetenz in Kap. V. 2. 468 Vgl. R. Streinz/S. Leible, Die unmittelbare Drittwirkung der Grundfreiheiten – Überlegungen aus Anlass von EuGH, EuZW 2000, 468, EuZW 2000, 463; in diesem Sinne wohl auch A. Epiney, in: Calliess/Ruffert, EGV, Art. 28, Rdn. 38; W. Hakenberg, Grundzüge des Europäischen Gemeinschaftsrechts, S. 99 f. 469 Vgl. A. Emmerich-Fritsche, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Direktive und Schranke der EG-Rechtsetzung, S. 62 ff.; dazu ausführlich in Kap. VII. 8. b). 470 Schon 1970 wurde diese These von der Sache her im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht (ABlEG 1970, Rs. L-13/29); vgl. EuGH v. 20.09.1988 – Rs. C-302/86 (Kommission/Dänemark), Slg. 1988, I-4607, Rdn. 6; EuGH v. 14.07.1998 – Rs. C-389/96 (Aher-Waggon), Slg. 1998, I-4473, Rdn. 20; s. a. EuGH v. 09.07.1997 – verb. Rs. C-34 bis 36/95 (De Agostini und TV-Shop), Slg. 1997, I-3843, Rdn. 45; EuGH v. 23.10.1997 – Rs. C-189/95 (Franzén), Slg. 1997, I5909, Rdn. 75; GA Colomer, Schlußanträge zu EuGH v. 13.09.2001 – Rs. C-233/99 (Anklagemyndigheden/Tonny Haugsted Hansen), Slg. 2002, I-3107, Rdn. 38; s. a. F. C. Mayer, Die Warenverkehrsfreiheit im Europarecht – eine Rekonstruktion, EuR 2003, 797 ff. 471 So wohl auch U. Ehricke, Staatliche Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Energien und europäisches Wettbewerbsrecht, RdE 2003, 64.

11. Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit

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als auch für unterschiedslos auf inländische und Waren aus Mitgliedstaaten angewandte Maßnahmen bezieht473. (1) Bestehen primär- und sekundärrechtlicher Regelungen Um eine Ungleichbehandlung rechtfertigen zu können, ist die Überprüfung des objektiven, sachlichen Grundes nicht an einem nationalen, sondern an einem gemeinschaftsweiten Maßstab vorzunehmen, damit protektionistische Maßnahmen von vornherein ausgeschlossen werden können474. Entspricht das Ziel der Maßnahme und das zu dessen Erreichung eingesetzte Instrumentarium im Sekundärrecht getroffenen Grundentscheidungen oder läßt sich mit diesen vereinbaren, wird dies als Rechtfertigung anerkannt475. Dies läßt sich leicht nachvollziehen, weil gültiges Sekundärrecht gerade nicht dem Protektionismus der heimischen Industrie dient, sondern der Harmonisierung des Binnenmarktes. Als weitere Darlegungslast wird der unvollkommene Binnenmarkt anerkannt, was sich erstmals in der „Aher-Waggon“ Rechtsprechung herauskristallisierte476. Sind diskriminierende nationale Maßnahmen gegenüber Art. 28 EGV gerechtfertigt oder aufgrund von Sekundärrechtsakten nicht vollständig harmonisiert worden, so ist es dem Mitgliedstaat gestattet, diese bei der Konzeption von umweltpolitischen Maßnahmen miteinzubeziehen 477. Dabei bedarf es nicht der Erfüllung beider dargelegten Aspekte. Wird einer der beiden verwirklicht, reicht dies zur Begründung der diskriminierenden Maßnahme aus. Sowohl das Ziel eines möglichst hohen Umweltschutzniveaus, als auch das dafür ausgewählte Mittel, erneuerbaren Energien Vorrang einzuräumen, ist sekundärrechtlich sowohl in der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie, als auch in der Regenerativstromrichtlinie festgehalten und auch anerkannt. Das Ziel des hohen Umweltschutzniveaus ist sogar primärrechtlich bestimmt (Art. 174 Abs. 2 S. 1 EGV, aber auch Art. 6 EGV), so daß hier einer Rechtfertigung bereits zugestimmt werden kann. Aber auch der zweiten Argumentationslinie über den unvollkommenen Binnenmarkt hält das Erneuerbare-Energien-Gesetz stand. So er472 Z. B. EuGH v. 14.07.1983 – Rs. 174/82 (Strafverfahren gegen Sandoz), Slg. 1983, 2445 (2463); EuGH v. 10.12.1985 – Rs. 247/84 (Motte), Slg. 1985, 3887 (3905). 473 Vgl. A. Emmerich-Fritsche, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Europäischen Gemeinschaft, S. 54 f. 474 Vgl. S. Heselhaus, Rechtfertigung unmittelbar diskriminierender Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit, EuZW 2001, 649. 475 Vgl. S. Heselhaus, Rechtfertigung unmittelbar diskriminierender Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit, EuZW 2001, 649. 476 EuGH v. 14.07.1998 – Rs. C-389/96 (Aher-Waggon), Slg. 1998, I-4473, Rdn. 1 ff. 477 Vgl. S. Heselhaus, Rechtfertigung unmittelbar diskriminierender Eingriffe in die Warenverkehrsfreiheit, EuZW 2001, 649.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

wähnt die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie in ihrer ersten Fassung, daß dessen Durchführung auch weiterhin „Hemmnisse für den Elektrizitätshandel zwischen den Mitgliedstaaten fortbestehen“ läßt, weil deren Maßnahmen lediglich „eine weitere Liberalisierungsstufe darstellen“ (39. ErwGr. EltRL 1996). Aber auch in der neugefaßten Form des Jahres 2003 steht in den ersten Erwägungsgründen, daß der Elektrizitätsbinnenmarkt noch nicht vollendet ist (insb. 3. ErwGr. BeschlEltRL). Ähnliches steht auch in der Regenerativstromrichtlinie, in der nach wie vor von einem sich entwickelnden Elektrizitätsbinnenmarkt die Rede ist (16. ErwGr. RegStRL), so daß die Einbeziehung von Umweltschutzmaßnahmen nicht nur legitim, sondern gewünscht ist. Dies geht schon aus dem Primärrecht hervor, das die Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der Maßnahmen im Bereich der Energie zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung fordert (Art. 6 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 lit. u EGV). Daß Richtlinien als sekundärrechtliche Regelungen zur Umsetzung von Umweltschutzzielen herangezogen werden, ist durchaus üblich, daß deren Umsetzung problembehaftet ist, ebenfalls478, so eben auch bei der Regenerativstromrichtlinie in Verbindung mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Unstrittig ist, daß das Erneuerbare-Energien-Gesetz die Regenerativstromrichtlinie umsetzt479. Weil die Regenerativstromrichtlinie eine abschließende sekundärrechtliche Regelung ist, deren Regelungsgehalt im Primärrecht nicht näher definiert ist und mit Verweis auf den Umweltartikel (Art. 175 EGV) eine primärrechtliche Ermächtigung besitzt480, sind zunächst die zwingenden Voraussetzungen erfüllt, die für eine Abschwächung der Art. 28 und 30 EGV nötig sind481. (2) Vorsorge- und Verursacherprinzip Der Europäische Gerichtshof hat in seinem „Abfallurteil“482 die unterschiedliche Behandlung in- und ausländischen Abfalls, die zur Einschränkung des freien Warenverkehrs führte, unter Berufung auf das Vorsorgeprinzip gerechtfertigt483. Legitimiert hat er diesen Schritt mit dem in Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV 478 Vgl. M. Lutter, Die Auslegung angeglichenen Rechts, JZ 1992, 593; M. Zuleeg, Umweltschutz in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, NJW 1993, 35; s. a. Kap. V. 2. 479 s. Kap. V. 2. d), VII. 3. 480 Dazu ausführlich in Kap. V. 2. d). 481 So wohl auch U. Ehricke, Staatliche Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Energien und europäisches Wettbewerbsrecht, RdE 2003, 64. 482 EuGH v. 09.07.1992 – Rs. C-2/90 (Kommission/Belgien), Slg. 1992, I-4431, Rdn. 34; s. a. EuGH v. 17.03.1993 – Rs. C-155/91 (Kommission/Rat – Abfallrichtlinie), Slg. 1993, I-939, Rdn. 12 ff.

11. Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit

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niedergelegten Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen484. Dies bedeutet nicht, daß sie erst zu bekämpfen sind, wenn sie auftreten, sondern daß ihrem Entstehen, wenn möglich und diese Möglichkeit verhältnismäßig ist, bereits vorgebeugt werden soll. Beim ErneuerbareEnergien-Gesetz handelt es sich um präventiven Umweltschutz. Der Emissionsverhinderung ist im Gegensatz zur Immissionsbekämpfung und der Festlegung von Umweltstandards eine prioritäre Position einzuräumen485. Werden Umweltschutzmaßnahmen getroffen, die der Ursprungsbekämpfung nach Maßgabe des Art. 174 Abs. 2 EGV dienen, stellen diese keine Diskriminierung im Sinne der Warenverkehrsfreiheit dar486. Das vom Europäischen Gerichtshof getroffene Stromeinspeisungsurteil weicht nicht vom Abfallurteil ab. Durch die Legitimierung des Erneuerbare-EnergienGesetzes wird ein wirtschaftlicher Betrieb regenerativer Kraftwerke in Deutschland ermöglicht und somit ein Anreiz zu deren Errichtung geschaffen. Dadurch wird den Schadstoffemissionen herkömmlicher Kraftwerke vorgebeugt, weil zur Stromgenerierung diese gerade nicht oder zumindest vermindert erbaut werden. Somit wird nicht nur dem Vorsorge- und Ursprungsprinzip Rechnung getragen, sondern auch den in der Regenerativstromrichtlinie vorgegebenen Zielen nachgekommen. Im Falle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wäre es demnach richtiger, von Schutzstandards zu sprechen und nicht von Beihilfen oder einfuhrbehindernden Maßnahmen. Solche Schutzstandards gibt es häufiger. So ist beispielsweise das Verbot des Verkaufs von Alkoholgetränken an Jugendliche wohl nicht als Beihilfe für alkoholfreie Getränke zu sehen487. Auch die gezielte Verbilligung bleifreien Benzins ist keine Beihilfe, trotz der höheren Produktionskosten. Vielmehr handelt es sich dabei um einen mit dem Verursacherprinzip begründeten Kauf- und Investitionsanreiz zum Schutz der Jugend und der Umwelt488. Gerade am Fall von bleifreiem Benzin ist zu erkennen, daß dessen Förderung dazu beigetragen hat, diese Art des Kraftstoffes wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu machen. Es bleibt zu hoffen, daß dieser Effekt auf die regenerativen Kraftwerke übergreifen wird489. 483

Dazu ausführlich in Kap. V. 6. e). EuGH v. 09.07.1992 – Rs. C-2/90 (Kommission/Belgien), Slg. 1992, I-4431, Rdn. 34, in dem einem Einfuhrverbot ausländischen Mülls stattgegeben wurde. 485 Ähnlich E. Grabitz/M. Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EWG, Art. 130r, Rdn. 43 f. 486 Vgl. W. Gronau/A. Topp, Darf man KWK fördern?, ZNER 2001, 145 m. w. Nachw. 487 EuGH v. 24.01.1978 – Rs. 82/77 (Niederländische Staatsanwaltschaft/Van Tiggele), Slg. 1978. 488 Vgl. Deutscher Bundestag, Begründung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz v. 25.02.2000, Anhang, A. Allgemeiner Teil. 489 Einige Hersteller sind bereits der Meinung, daß eine Förderung in Zukunft nicht mehr nötig sein wird, um mit konventionellen Kraftwerksbetreibern konkurrieren zu können, vgl. J. Heitmann, Windenergie-Zukunft liegt auf dem Meer, Handelsblatt v. 484

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

(3) Maßnahme des geringsten Eingriffs Die Anordnung von Abnahme- und Vergütungspflichten sind allemal geeignet, die Nutzung regenerativer Energiequellen in Deutschland zu fördern490. Dies beweist die rasante Entwicklung regenerativer Stromerzeugungstechnologien, aber auch der sehr schnelle Auf- und Ausbau regenerativer Stromerzeugungsanlagen, die weit über die vom Gesetzgeber im Jahre 1990 geäußerten Zielvorstellungen hinausgegangen sind491. Damit das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Rahmen einer nichtunterschiedslosen anwendbaren Regelung gerechtfertigt werden kann, muß es nun noch das Mittel darstellen, welches zur Erreichung der gesetzten Ziele den geringsten Eingriff in den Markt bedeutet. Dies wurde in Kap. VII. 8. b) aa) ausführlich erörtert, mit dem Ergebnis, daß das Erneuerbare-Energien-Gesetz im Rahmen dieser Darstellung die Maßnahme aufzeigt, die das vorgegebene Ziel, das des Umweltschutzes durch die Förderung regenerativen Stroms in Deutschland, mit einem geringstmöglichen Eingriff im Sinne des Europarechts realisiert. cc) Zwischenergebnis Der mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz verfolgte Umweltschutz hat sowohl eine primärrechtliche als auch eine sekundärrechtliche Regelung, er dient dem Vorsorge- und Verursacherprinzip und stellt die Maßnahme dar, die den geringsten Eingriff in die freie Marktwirtschaft zur Zielerreichung hat. Die Anforderungen, die im Rahmen europäischer Umweltpolitik eine nicht unterschiedslose Behandlung inländischer und ausländischer Waren legitimieren, werden alle erfüllt, so daß das Erneuerbare-Energien-Gesetz allen Kriterien gerecht wird, den freien Warenverkehr beeinträchtigen zu können, ohne diesen zu verletzen. e) Keine Verletzung der Warenverkehrsfreiheit Das Erneuerbare-Energien-Gesetz entfaltet eine derartige Wirkung, daß damit die Warenverkehrsfreiheit beschnitten wird. Die sonst üblichen Rechtfertigungsgründe der Ausnahmetatbestände des Art. 30 EGV oder die der Cassis-Formel 02.07.2003, S. B5; dazu kritisch F. Laser, in: R. Drescher, Windkraft-Aktien stehen vor harter Zeit, Handelsblatt v. 28.08.2003, S. 30. 490 Die Meinung vertretend, daß es die einzige Möglichkeit ist, den regenerativen Strom zu fördern: H. Pünder, Die Förderung alternativer Energiequellen durch das Stromeinspeisungsgesetz auf dem Prüfstand des europäischen Gemeinschaftsrechts, NVwZ 1999, 1060. 491 Vgl. z. B. M. v. Haberzettel, Zertifikathandel als neues Förderinstrument im Wettbewerb?, ET 2000, 640; U. Büdenbender, Die Weitergabe politischer Mehrbelastung an endverbrauchende Kunden, ET 2001, 298; s. a. Fn. 19, 44, 404.

11. Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit

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bleiben wirkungslos und die des Art. 30 EGV, weil er abschließend formuliert ist und der Umweltschutz nicht genannt wird; die der Cassis-Formel, weil die in Frage stehende Maßnahme diskriminierende Elemente enthält. Wegen der teils stark divergierenden Märkte besteht als dritte Rechtfertigung die Verfolgung europäischer Integrationspolitik. So ist nach Prüfung und Abwägung aller Kriterien festzustellen, daß die vom Erneuerbare-Energien-Gesetz ausgehende Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit dazu dient, auf europäischer Ebene für richtig erkannte Ziele zu verfolgen, namentlich die des Umweltschutzes. Unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes läßt sich die Ungleichbehandlung, die das Erneuerbare-Energien-Gesetz entfaltet, rechtfertigen, weil es die Maßnahme ist, die den geringstmöglichen Markteingriff vornimmt. Der freie Warenverkehr ist nicht verletzt. Spekuliert werden kann indes darüber, ob aus der hier dargestellten Ausnahme eine Regel wird. So liegt die Frage nahe, wie vieler Ausnahmen es bedarf, um daraus die Regel zu machen492. Auch im Hinblick auf andere Urteile ergibt sich eine Tendenz fort von der Differenzierung zwischen unterschiedlich und unterschiedslos anwendbaren Maßnahmen, hin zur Überprüfung, ob Maßnahmen gleicher Wirkung aus Gründen des Allgemeininteresses nichtwirtschaftlicher Art gerechtfertigt sind493. Dieser Wandel ist begrüßenswert, weil die Staaten sonst regelmäßig vor das Problem gestellt würden, ihre eigenen, im Regelfall höheren Anforderungsmaßstäbe an das niedrigste Niveau anzupassen, alternativ die eigene Industrie zu ungleich zu behandeln, um gerade keine Maßnahmen zu ergreifen, die gegen Art. 28 EGV verstoßen könnten. Grundvoraussetzung hierfür muß aber immer die Wahrung der Verhältnismäßigkeit sein, damit einem mißbräuchlichen Handeln wie der Gewährung verschleierter Beihilfen oder der Protektion der nationalen Wirtschaft vorgebeugt wird494.

492 Vgl. J. Gebauer/U. Wollenteit/M. Hack, Der EuGH und das Stromeinspeisungsgesetz: Ein neues Paradigma zum Verhältnis von Grundfreiheiten und Umweltschutz?, ZNER 2001, 15. 493 Vgl. beispielsweise EuGH v. 09.07.1997 – verb. Rs. C-34 bis 36/95 (de Agostini), Slg. 1997, I-3843, Rdn. 44 f.; EuGH v. 28.04.1998 – Rs. C-120/95 (Decker), Slg. 1998, I-1831, Rdn. 36, 39; sowie – in Bezug auf Dienstleistungen EuGH v. 28.04.1998 – Rs. C-158/96 (Kohll), Slg. 1998, I-1931, Rdn. 35, 41; so auch R. Streinz/S. Leible, Die unmittelbare Drittwirkung der Grundfreiheiten – Überlegungen aus Anlass von EuGH, EuZW 2000, 468, EuZW 2000, 463; vgl. W. Weiß, Nationales Steuerrecht und Niederlassungsfreiheit – Von der Konvergenz der Grundfreiheiten als Beschränkungsverbote zur Auflösung der Differenzierung zwischen unterschiedslosen und unterschiedlichen Maßnahmen, EuZW 1999, 497; im Ergebnis ähnlich W. Hakenberg, Grundzüge des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 2. Aufl. 2000, S. 99 f.; R. Streinz, Europarecht, Rdn. 739; P. W. Heermann, Artikel 30 EGV im Lichte der „Keck“-Rechtsprechung, GRUR Int. 1999, 588 ff. 494 Vgl. dazu ausführlich in Kap. VII. 10. b) aa).

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

12. Die besondere Ausgleichsregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes Mit der ersten Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hat der Gesetzgeber dem Gesetzestext eine besondere Ausgleichsregelung zugefügt (§ 11a EEG), die sich sehr stark an den Belastungsausgleich des § 9 Abs. 7 KWK-AG anlehnt495. Zweck der Regelung ist es, besonders stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes teilweise von den durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz entstehenden Mehrkosten zu befreien. Dies dient dazu, die berechtigten Unternehmen vor einer erheblichen und nicht nur vorübergehendenen Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit zu schützen. An eine Freistellung sind hohe Anforderungen geknüpft (§ 11a Abs. 2 EEG). Mit der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes wird auch die besondere Ausgleichsregel überarbeitet (§ 16 EEAusbG), wodurch die hohen Anforderungen abgesenkt werden. Zu prüfen ist, ob die Regelung geeignet ist, eine Gemeinschaftsrechtsbeeinträchtigung darzustellen, und diese gegebenenfalls gerechtfertigt werden kann. Zu prüfen ist aber insbesondere, ob die Regelung wegen ihrer differenzierenden Qualität gegen das nationale Diskriminierungsverbot und somit gegen Verfassungsrecht verstößt. a) Problemskizze Im wesentlichen müssen vier Kriterien erfüllt sein, damit ein Unternehmen in den Genuß der besonderen Ausgleichsregelung kommen kann: Sein Strombezug muß innerhalb des letzten Kalenderjahres über 100 GWh an einer Abnahmestelle betragen, die Stromkosten müssen im Verhältnis zur Bruttowertschöpfung496 einen Anteil von mindestens 20% ausmachen, das Unternehmen muß anteilig vergüteten Strom abgenommen haben und die Differenzkosten497 müssen maßgeblich zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit führen (Art. 11a Abs. 2 lit. 1–4 EEG). Darüber hinaus können von der besonderen Ausgleichsregelung nur Unternehmen des produzierenden Gewerbes profitieren (§ 11a Abs. 1 EEG). Erfüllt ein Unternehmen alle diese Punkte, können die anteilig weitergereichten Erneuerbare-Energien-Zuschläge gedeckelt werden (§ 11a Abs. 3 EEG). Den bis zum Erreichen der hier genannten Kriterien in Anspruch genommenen Strom (100 GWh/a und Entnahmestelle) muß das Unternehmen in jedem Fall zu dem marktüblichen Satz, also inklusive aller Zu495 Die nachfolgende Betrachtung findet insofern größtenteils analoge Anwendung auf das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz. Unterschiedlich ist Kap. VII. 12. g) cc) zu betrachten, weil das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz in erster Instanz nicht ausschließlich das produzierende Gewerbe fördert (§ 9 Abs. 7 S. 2 KWK-AG). Im Ergebnis ist eine analoge Anwendung jedoch zulässig. 496 Zur Defintion s. Glossar. 497 Zur Erläuterung und Berechnung der Differenzkosten s. Glossar.

12. Ausgleichsregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

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schläge, vergüten. Erst wenn ein Unternehmen darüber hinaus noch mehr Elektrizität verbraucht, kann dieser Teil von den durch das Erneuerbare-EnergienGesetz entstehenden Mehrkosten anteilig befreit werden. Die Einführung der besonderen Ausgleichsregelung ist großer Kritik ausgesetzt. Vorwürfe gibt es in mehrerlei Hinsicht. So wird gemahnt, daß die im Gesetzestext verankerten Zahlenwerte willkürlich seien und nicht zu verstehen sei, warum eine Befreiung mit der Bruttowertschöpfung gekoppelt wird498. Darüber hinaus entstehe durch die Regelung mehr Bürokratie und Verwaltungsaufwand499. Fraglich ist, ob die besondere Ausgleichsregelung den Wettbewerb im Sinne des Art. 81 EGV f. einschränkt, eine versteckte Beihilfe birgt oder den Warenverkehr einschränkt. Auch wird auf eine bestehende Diskriminierung verwiesen, weil die Möglichkeit der Befreiung auf bestimmte Unternehmen, nämlich insbesondere solche des produzierenden Gewerbes einer bestimmten Größe, begrenzt ist500. An diesen Vorwürfen ändert auch der Umstand nichts, daß die besondere Ausgleichsregelung ursprünglich nur bis zum 01. Juli 2004 rechtlich verbindlich sein und danach aus dem Gesetz gestrichen werden sollte (Art. 3 i. V. m. Art. 2 EEG). Der Termin des Auslaufens der Regelung hätte vermuten lassen, daß die heimische Industrie von diesem Zeitpunkt völlig sich selbst überlassen bliebe. Dieser Termin ist mit dem vom Europaparlament geforderten Zeitpunkt zusammengefallen, zu dem eine vollständige Öffnung des Elektrizitätsbinnenmarktes für Industriekunden in der gesamten Gemeinschaft realisiert sein sollte501. Laut Aussage des Deutschen Bundesumweltministeriums war dieser Zeitpunkt allerdings rein politisch bedingt und von dem Termin der vollständigen Marktöffnung für Industriekunden unabhängig. Hintergrund waren die bis zum 01. Juli 2004 umzusetzenden Beschleunigungsrichtlinien für Elektrizität (BeschlEltRL) und Gas (BeschlRLGas), die zahlreiche Umstrukturierungen mit sich bringen502. So wurden nicht nur die Verbändevereinbarungen Strom II+ und Gas II mit einer Rechtswirkung ausgestattet503, sondern wird in Konsequenz zur Richtlinienumsetzung auch das Energiewirtschaftsgesetz novelliert504. 498 BT-Drucks. 15/1121 S. 4; a. A. U. Leprich/A. Thiele, Zielführende Entlastung stromintensiver Unternehmen durch EEG-Härtefallregelung, ET 2003, 633 f. 499 BT-Drucks. 15/1121 S. 4 f., 7. 500 Diesbezüglich zu den verfassungs- und europarechtlichen Problemen J.-P. Schneider, Verfassungs- und europarechtliche Risiken einer Privilegierung stromintensiver Industrien im Rahmen des Belastungsausgleichs nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz, ZNER 2/2003, 93 ff. 501 Vgl. Art. 21 Abs. 1 lit. c) BeschlEltRL. 502 Art. 30 ABlEG 2003, Rs. L 176/37 v. 15.07.2003 (Beschleunigungsrichtlinie Elektrizität), Art. 30 ABlEG 2003, Rs. L 176/57 v. 15.07.2003 (Beschleunigungsrichtlinie Gas). 503 Vgl. BT-Drucks. 15/2015 S. 1; vgl. dazu auch OLG Düsseldorf, – Beschl. v. 30.07.2003 – Kart. 22/02 (V) – RdE 2003, 311.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

Auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz wurde novelliert. Die bis dahin gewonnenen Erfahrungen der besonderen Ausgleichsregelung sind im Rahmen zur Neugestaltung des Gesetzes genutzt worden505. War die besondere Ausgleichsregelung im Referentenentwurf vom 12. August 2003 noch weitgehend unverändert, wurde sie im ersten Gesetzesentwurf des Bundestages vom 18. November 2003 abgeändert. Maßgebliche Änderung ist, daß die Zahlenwerte, die für das Greifen der Regelung vorgegeben sind, herabgesetzt werden (§ 16 Abs. 2 EntEEAG). Der zweite Regierungsentwurf vom 17. Dezember 2003 weist keine weiteren markanten Änderungen zum vorhergehenden vor. Auch der Nachfolgeentwurf vom 02. April 2004 beläßt die besondere Ausgleichsregelung weitestgehend unverändert, die dann mit den geänderten Kriterien am 01. August 2004 mit dem dann novellierten Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz in Kraft getreten ist. Auf die Zeitspanne zwischen dem 01. Juli 2004 und dem 01. August 2004, der Zeitraum also, in dem die besondere Ausgleichsregelung rechtlich außer Kraft gesetzt wurde, wird hier nicht vertieft eingegangen. In diesem Zusammenhang ist es aber wichtig herauszustellen, daß die Klausel über das Aufheben der besonderen Ausgleichsregelung, nachdem diese im Referentenentwurf noch enthalten war, in der novellierten Fassung gänzlich entfallen ist und die Härtefallregel somit unbefristet Gültigkeit erlangt hat506. Die wichtigsten Änderungen der besonderen Ausgleichsregelung ist zum einen die Erweiterung der Nutznießer um die Unternehmen des schienengebundenen Verkehrs. Der eigentliche Ausgleichsmechanismus bleibt dabei weitestgehend unberührt. Zum anderen sind die Korrekturen, welche die strittigen Zahlenwerte erfahren haben, die stark herabgesetzt wurden, entscheidend. Greift die erste Fassung der Regelung erst ab einem jährlichen Verbrauch von 100 GWh pro Entnahmestelle, beträgt der neue Wert 10 GWh. Auch die Kopplung der Bruttowertschöpfung des Unternehmens an den Strompreis wurde von 20% auf 15% abgesenkt. Ersatzlos gestrichen ist die Klausel, nach welcher nur Unternehmen unter die Schutzbestimmungen fallen, die vor einer erheblichen und nicht nur vorübergehendenen Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit zu schützen sind. Allerdings können hiervon nach wie vor nur Unternehmen des produzierenden Gewerbes profitieren. Durch die Novellierung wird der Kreis der Begünstigten weit ausgedehnt, gleichzeitig werden aber auch die zusätzlich belasteten Letztverbraucher durch einen neuen „10%-Mechanismus“ geschützt

504 Das novellierte Energiewirtschaftsgesetz ist bis zum 01.07.2004 nicht in Kraft getreten, sondern tritt vermutlich erst im 2. Quartal 2005 in Kraft, womit Deutschland im Verzug mit der Richtlinienumsetzung ist. Allerdings hat bis zum 01.07.2004 gerade mal ein Mitgliedstaat die Beschleunigungsrichtlinien Vertragsgerecht umgesetzt. 505 BT-Drucks. 15/1121 S. 7. 506 Die Aufhebungsklausel findet sich im Ersten Gesetz zur Änderung des EEG in Art. 2, im Referentenentwurf vom 12.08.2003 findet sie sich noch an der gleichen Stelle, bis sie im darauf folgendem Entwurf des Bundestages (18.11.2003) entfällt.

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(§ 16 Abs. 5 EEAusbG). Aufgrund dieses Mechanismus wird die finanzielle Mehrbelastung der Letztverbraucher eingeschränkt. Zwar wird der Kreis der Nutznießer durch die Neuregelung deutlich erweitert, doch wird durch die Einführung des „10%-Deckels“ die finanzielle Mehrbelastung der übrigen Letztverbraucher ebenfalls beschränkt. Zwar sollen die profitierenden Unternehmen nur noch 10% des abgenommenen Vorjahreswertes voll vergüten und die verbleibenden Differenzkosten umlegen, andererseits dürfen die Strombezugskosten der verbleibenden Letztverbraucher um nicht mehr als 10% steigen. Zu vermuten ist, daß das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz zur Gesetzesfindung Modell gestanden hat. Dessen Belastungsausgleich (§ 9 Abs. 7 KWK-AG) ist nahezu identisch mit der hier in Frage stehenden besonderen Ausgleichsregelung. So stellt der Belastungsausgleich des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes keine Verletzung des Europarechts dar, was als Indiz dafür gesehen werden könnte, daß auch die besondere Ausgleichsregelung des Erneuerbare-EnergienGesetzes europarechtsgemäß ist. Zumindest wurde das Gesetz von der deutschen Regierung nicht als Beihilfe nach Art. 88 Abs. 3 EGV notifiziert. b) Spürbarkeit Wird der Markt nur geringfügig beeinträchtigt, muß die Beeinträchtigung nicht schon zwingenderweise eine spürbare sein507. Mitentscheidend ist dafür unter anderem der Marktanteil508. Es wird geschätzt, daß rund 15% der Unternehmen je betroffener Branche von der besonderen Ausgleichsregelung in der Fassung von 2003 profitieren509. Durch die Ausweitung der Nutznießer in der Gesetzesnovelle wird dieser Anteil sogar noch weit überschritten. aa) Spürbare Wettbewerbsbeeinträchtigung Der zulässige Marktanteil horizontaler Vereinbarungen von bis zu 10%510 wird um rund die Hälfte überschritten. Wird eine Wettbewerbsbeeinträchtigung konstatiert, so ist auch diese spürbar. Durch die Ausweitung der Nutznießer in 507 Beispielhaft sind hier Zusammenschlüsse von Unternehmen die Luxusgüter produzieren. Diese sind weder lebensnotwendig, noch für den Großteil der Bevölkerung bestimmt. Auch sind sie in der Regel substituierbar; s. a. EuGH v. 09.07.1969 – Rs. 5/ 69 (Völk/Vervaecke), Slg. 1969, I-295, Rdn. 7; EuGH v. 28.04.1998 – Rs. C-306/96 (Javico/YSLP), Slg. 1998, I-1983, Rdn. 17; EuGH v. 07.06.1983 – verb. Rs. 100/80 bis 103/80, (Musique diffusion française u. a./Kommission), Slg. 1983, I-1825, Rdn. 85. 508 EuGH v. 28.03.1984 – Rs. 29 und 30/83 (CRAM und Rheinzink/Kommission), Slg. 1984, I-1679, Rdn. 30. 509 Vgl. Kap. VII. 12. c). 510 Vgl. Kap. VII. 7. a).

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der novellierten Fassung wird dieser Anteil überschritten, so daß diese an der Spürbarkeit nichts ändert. bb) Spürbare Beihilfebeeinträchtigung Die durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz entstehenden Mehrkosten entsprechen rund 0,29 c/kWh511. Weil von der besonderen Härtefallregelung nur solche Unternehmen profitieren, deren jährlicher Stromverbrauch 100 GWh überschreitet, was rein rechnerisch einen Mehrbetrag von 870.000 A über einen Zeitraum von drei Jahren ergibt, wird das in der De-Minimis-Regel geforderte Tatbestandsmerkmal von 100.000 A pro Unternehmen und Zeitraum von drei Jahren weit überschritten512. Aus der Gesetzesnovelle von 2004, die einen jährlichen Wert von 10 GWh vorsieht, ergibt sich rein rechnerisch ein Betrag von 87.000 A über einen Zeitraum von drei Jahren und Unternehmen, was mit der Bagatellbekanntmachung vereinbar wäre. Allerdings wird auch hier der Wert von 100.000 A bereits überschritten, sobald der Stromverbrauch eines profitierenden Unternehmens knapp über der Mindestgrenze von 10 GWh liegen würde. Die meisten profitierenden Unternehmen dürften darunter fallen, so daß auch dann die geforderte Dreijahresschranke von 100.000 A von den wenigsten eingehalten werden kann. Auch das Kriterium des Marktanteils wird mit einem Wert von ungefähr 15% weit überschritten. Die Novellierung ändert hieran nichts, ganz im Gegenteil, wegen der abgesenkten Werte, dient es dazu, den Marktanteil zu vergrößern. Sollte die besondere Ausgleichsregel eine Beihilfebeeinträchtigung bewirken, wäre diese auch spürbar im Sinne des Gemeinschaftsrechts. c) Verhältnismäßige Belastung Zu untersuchen ist, ob die besondere Ausgleichsregelung eine zumutbare Belastung darstellt, also dem Verhältnismäßigkeitsprinzip gerecht wird. Verstößt die Regelung gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit, kann auf eine weitere Vereinbarkeitsprüfung mit dem Gemeinschaftsrecht verzichtet werden. Die in Frage stehende Maßnahme würde dann gegen geltendes Recht verstoßen513. Festzustellen ist, welche Wirkung die besondere Ausgleichsregelung entfaltet. Effektiv werden gewisse Letztverbraucher von dem Erneuerbare-Energien-Zuschlag freigestellt, was durch die verbleibenden Letzt511 Vgl. U. Leprich/A. Thiele, Zielführende Entlastung stromintensiver Unternehmen durch EEG-Härtefallregelung, ET 2003, 632. 512 Vgl. Kap. VII. 7. b). 513 Vgl. K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 381 ff.; hierzu ausführlich in Kap. VII. 8.

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verbraucher ausgeglichen werden muß. Bestimmend sind also die auf die Endkunden zukommenden Mehrbelastungen. Ähnliches hat der Deutsche Bundestag im besonderen Teil seiner Gesetzesbegründung niedergeschrieben514. Er beziffert die erhöhten Strombezugskosten, die den Letztverbrauchern durch die besondere Ausgleichsregelung entstehen könnten, als „geringfügig“515. Nachfolgend wird die Verhältnismäßigkeit zunächst an der ursprünglichen Fassung der besonderen Ausgleichsregel gemessen (§ 11a EEG), bevor dann die Neuformulierung herangezogen wird (§ 16 EEAusbG). Das produzierende Gewerbe beansprucht ca. 46,5% des deutschen NettoStromverbrauchs für sich, also rund die Hälfte516. Geht man zunächst davon aus, daß die gesamte Industrie von der besonderen Ausgleichsregelung profitieren könnte, würden sich somit im Extremfall die Differenzkosten pro nichtprofitierendem Letztverbraucher maximal in etwa verdoppeln. Dies entspricht einer relativen Preissteigerung von etwa 100%. Die derzeitige monatliche Belastung pro Haushalt beträgt in etwa einen Euro517. Die daraus resultierende absolute Mehrbelastung beträgt ca. 1 A/Haushalt und Monat. Dieser Betrag stellt unter absoluten Gesichtspunkten keine unzumutbare Belastung dar518. Unberücksichtigt bleiben bei dieser Extremalbetrachtung die Kriterien, die ein jedes Unternehmen zu erfüllen hat, um von der Regelung profitieren zu können. Dies führt direkt zu einer Reduzierung der Anzahl der bevorzugten Unternehmen und somit auch der monatlichen Mehrbelastung der verbleibenden Letztverbraucher. Aber auch der Umstand, daß die besondere Ausgleichsregel, wenn überhaupt, erst dann zum Tragen kommt, nachdem ein Endverbraucher 100 GWh innerhalb eines Jahres und Entnahmestelle konsumiert und voll zu vergüten hat, also inklusive des Erneuerbare-Energien-Zuschlags, bleibt in dieser Darstellung unberücksichtigt. Letztlich werden die profitierenden Unternehmen auch nicht von den Kosten freigestellt, sondern erfahren lediglich eine Entlastung. Der Erneuer514

BT-Drucks. 15/810 S. 7 zu Abs. 4. BT-Drucks. 15/810 S. 2. 516 Vgl. VDEW (Hrsg.), Strommarkt Deutschland: Zahlen und Fakten zur Stromversorgung, Frühjahr 2004, S. 4. 517 Vgl. nf./St., Trittin will Strom aus erneuerbaren Energien stärker fördern, FAZ v. 29.01.2003, S. 13; nf., EEG-Härtefallregel reicht Industrie nicht, FAZ v. 21.05. 2003; S. 12; auch im Jahr 2004 wird das von Trittin noch vertreten, in: W. Gillmann, Strom aus Sonne und Biogas boomt, Handelsblatt v. 23.08.2004, S. 12; die Erhebungen das Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2002 geben eine Strompreiserhöhung für private Haushalte von 5,3% wieder, vgl. in H.-W. Schiffer, Deutscher Energiemarkt 2002, ET 2003, 178; Britz gibt einen Wert von 018–0,26 Cent/kWh an, in: G. Britz/F. Müller, Die Kostenabwälzung auf Letztverbraucher im Rahmen der „subventionierenden Preisregelungen“ nach KWKG und EEG, RdE 2003, 162 f.; anders das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, das eine EEG-Umlage von 42 Cent/kWh anerkennt, also fast der Wert, den das Ministerium erst für 2010 progonstizierte, vgl. nf., Weiter Ärger um die Windenergie, FAZ v. 28.08.2003, S. 11. 518 Hierzu ausführlich und im Ergebnis ebenso in Kap. VII. 9. a). 515

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bare-Energien-Zuschlag, der über die Menge von 100 GWh/a hinausgeht, wird nicht gänzlich abgewälzt, sondern lediglich gedeckelt (§ 11a Abs. 3 EEG). Eine Verdoppelung der Differenzkosten für die übrigen Letztverbraucher ist also selbst theoretisch nicht möglich, so daß zumindest für Haushaltskunden nicht von einer unzumutbaren Belastung gesprochen werden kann. Schätzungen ergeben, daß von der besonderen Ausgleichsregelung nur eine Handvoll Unternehmen eines jeden stromintensiven Industriezweiges (ca. 15%) von der Maßnahme profitieren519. Die insgesamt sich hieraus ergebende Mehrbelastung wird auf rund 570 Mio. A geschätzt520. Davon entfallen ca. 254 Mio. A auf die Privathaushalte, 80 Mio. A auf öffentliche Einrichtungen und 236 Mio. A auf nichtprofitierende Unternehmen. Die Privathaushalte tragen dann ca. 42% (ehemals 26%, was einer Steigerung von ca. 61,5% entspricht), öffentliche Einrichtungen 13% (ehemals 8%, was einer Steigerung von ca. 62,5% entspricht), nichtprofitierende Unternehmen 39% (ehemals 24,2%, was einer Steigerung von ca. 61,2% entspricht) der aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz entstehenden Last521. Insbesondere die Mehrbelastung für nichtprofitierende Unternehmen stellt keinen unerheblichen Betrag dar. Hieraus läßt sich aber kein Schluß darüber ziehen, wie hoch die absolute Mehrbelastung für ein jedes Unternehmen ausfällt. Eine gleichmäßige Aufteilung der Mehrkosten ist nicht zulässig, so daß sich hier zunächst nichts über eine zumutbare Mehrbelastung aussagen läßt. Mit der Gesetzesnovelle wurde der Kreis der Berechtigten erweitert522. Kalkulatorisch ändert sich an der maximalen Mehrbelastung von 1 A pro Haushalt und Monat nichts. Der erweiterte Kreis ist in der hier angestellten Rechnung bereits berücksichtigt worden. Anders als bei der ursprünglichen Ausnahmeregelung müssen die profitierenden Unternehmen einerseits nur noch 10% des von ihnen abgenommenen Stroms voll vergüten (§ 16 Abs. 4 EEAusbG) bevor die Ausnahmeregelung, die nach wie vor eine Deckelung des Erneuerbare-Energien-Zuschlags pro genutzter kWh vorsieht, zum Tragen kommt. Andererseits sorgt die neu hinzugefügte „10%-Schutzklausel“ dafür, daß sich für keinen der nicht begünstigten Letztverbraucher die Belastungen infolge des Greifens der 519 BT-Drucks. 15/1121 S. 5, 7 (dieser Wert bezieht sich auf die im ersten Gesetz zur Änderung des EEG festgesetzten Zahlenwerte, denn die novellierte Fassung soll den Kreis der Begünstigten erweitern); ausführliche Zahlenwerte finden sich bei U. Leprich/A. Thiele, Zielführende Entlastung stromintensiver Unternehmen durch EEGHärtefallregelung, ET 2003, 632 f. 520 U. Leprich/A. Thiele, Zielführende Entlastung stromintensiver Unternehmen durch EEG-Härtefallregelung, ET 2003, 633. 521 U. Leprich/A. Thiele, Zielführende Entlastung stromintensiver Unternehmen durch EEG-Härtefallregelung, ET 2003, 633. 522 Jährliche Entnahmemenge wird von 100 auf 10 Gwh/a abgesenkt, das Verhältnis des Strompreises zur Bruttowertschöpfung des Unternehmens wird von 20 auf 15% abgesenkt, das Unternehmen hat Differenzkosten entrichtet und die Wettbewerbsfähigkeit muß nicht mehr nachhaltig gestört sein (§ 16 Abs. 2 EEAusbG); vgl. Kap. II. 2. c) cc).

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Ausgleichsregelung im Verhältnis zum Vorjahr um mehr als 10% erhöhen dürfen (§ 16 Abs. 5 EEAusbG)523. Durch diese Regelung werden die Ausgleichszahlungen insgesamt fairer verteilt. Zum einen wird der Kreis der Nutznießer stark erweitert und zum anderen werden die verbleibenden Letztverbraucher vor stark steigenden Elektrizitätskosten geschützt. Weil von dieser Deckelung die Letztverbraucher profitieren, die von der besonderen Ausgleichsregelung ausgeschlossen sind, läßt sich zunächst nur die Aussage treffen, daß wenn die ursprüngliche Regelung eine zumutbare Belastung darstellt, dies auch für die novellierte Fassung gilt. Für Haushaltskunden würden die durchschnittlichen Stromkosten im ersten Jahr um maximal 0,1 A/a steigen. Keine Aussage läßt sich weiterhin über den Status der übrigen Unternehmen treffen. Je nach Stromaufkommen, kann eine Mehrbelastung von 10% eine erhebliche wirtschaftliche Benachteiligung bewirken. Wie gesehen, übersteigt die Mehrbelastung aller Kundengruppen den Wert von 10% um ein vielfaches, so daß als Preissteigerung, der in der Novelle vorgeschriebene „Deckelungswert“, voraussichtlich von allen erreicht wird. Weil die Frage der zumutbaren Belastung an dieser Stelle nicht abschließend geklärt werden kann, insbesondere auch unter dem Aspekt, ob eine Abwägung unter Heranziehung des absoluten Wertes überhaupt zulässig ist, soll diese vorübergehend zurückgestellt werden524 und die übrigen Tatbestandsmerkmale geprüft werden. d) Verursacherprinzip Ziel des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist unter anderem, daß die letztverbrauchenden Stromkunden einen Beitrag zur Verursachergerechtigkeit leisten sollen525. Wenn durch die Härtefallklausel aber die Situation entsteht, daß gerade die „größten Umweltsünder“, also die Unternehmen, die wegen ihres hohen Stromverbrauchs auch dementsprechend mehr für den Umweltschutz zahlen sollten, hiervon teilweise freigestellt werden, dann ist das mit dem Verursacherprinzip so nicht vereinbar. Ohne besondere Ausgleichsregelung bestand die Situation, daß der Produzent einer Ware, seine Stromkosten inklusive Erneuerbare-Energien-Zuschlag und somit den von ihm geleisteten Beitrag zum Umweltschutz durch den Verkaufspreis an den Kunden weiterreichte. Dies ist gerade unter Beachtung des Verursacherprinzips gewollt. Letztlich läßt sich argumentieren, daß der durch die Produktion der Ware entstandene Umweltscha523 Hier ist zu beachten, daß sich die 10% auf die Stromkosten des vorangegangenen Kalenderjahres beziehen. So daß es sich bei den hieraus entstehenden Stromkosten um eine relative Anpassung handelt. 524 Darauf wird insb. in Kap. VII. 12. g) zurückzukommen sein. 525 BT-Drucks. 14/9807 S. 6; dazu ausführlich in Kap. VII. 10. e) dd).

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den indirekt im Auftrag des Kunden entstanden ist, weil dieser das Produkt begehrt, so wie das Produkt Strom eben auch. Eine Weitergabe der Kosten durch den Verkaufspreis ist somit legitim526. Durch Einführung der besonderen Ausgleichsregelung hat sich dieses Verhältnis geändert. Solche Produkte, deren Herstellung einen hohen Energieaufwand erfordern (z. B. Metall-, Zement-, Chemie- und Papierindustrie527), werden künstlich verbilligt, indem jeder Letztverbraucher solche Produkte mittelbar mitfinanziert. Dabei ist unerheblich, ob diese von diesem Produkt mittelbar oder unmittelbar profitieren können oder überhaupt profitieren möchten. Besonders hart dürfte dies die unmittelbaren Konkurrenten treffen. Eine Abmilderung dessen dürfte die Neuregelung der Klausel in zweierlei Hinsicht bewirken. Zum einen durch die Ausdehnung derer, die von der Regelung profitieren können und zum anderen durch die Einfügung des „10%-Deckels“. Unbestritten sollte dennoch sein, daß jede Anwendung der besonderen Ausgleichsregelung eine Aufweichung des Verursacherprinzips mit sich zieht528, wobei die relative Inpflichtnahme verschiedener Kundengruppen in einer Wettbewerbsordnung eher von der Wettbewerbsintensität der einzelnen Teilmärkte abhängen dürfte und nicht zwingend dem Verursacherprinzip entsprechen muß. Daher wäre es vorstellbar, eine Privilegierung bestimmter Kundengruppen bei der Weiterwälzung im Rahmen der Stromlieferpreisgestaltung umzusetzen529; denn gerade auch aus wirtschaftspolitischer Sicht stellt das Verursacherprinzip eine hinreichende aber keine notwendige Rechtfertigung dar. So kann es durchaus als Rechtfertigung einer Kostenzurechnung dienen, allerdings besteht nicht schon deswegen ein Europarechts- oder ein Verfassungsverstoß, weil das Verursacherprinzip nicht eingehalten wird. e) Zwischenergebnis Die neu in das Erneuerbare-Energien-Gesetz eingeführte besondere Ausgleichsregelung stellt lediglich eine Zusatzregelung in Form einer Härtefallregelung dar. Vornehmliches Ziel bleibt die Verfolgung des Umweltschutzes durch die Förderung regenerativer Energien530. Die Regelung bezweckt nicht, einheimische Unternehmen gegenüber der ausländischen Konkurrenz zu bevorteilen, sondern vielmehr den Wettbewerbsnachteil, den diese durch die künstliche Strompreiserhöhung erfahren, abzumildern. Die Regelung ist nicht in der Lage, 526

Dazu ausführlich in Kap. VII. 10. e) cc). BT-Drucks. 14/7024 S. 14. 528 So auch U. Leprich/A. Thiele, Zielführende Entlastung stromintensiver Unternehmen durch EEG-Härtefallregelung, ET 2003, 633. 529 Vgl. J.-P. Schneider, Verfassungs- und europarechtliche Risiken einer Privilegierung stromintensiver Industrien im Rahmen des Belastungsausgleichs nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, ZNER 2003, 93. 530 Dazu ausführlich in Kap. V. 1. a). 527

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einen europarechtswidrigen Eingriff zu verursachen. Eine erneute Prüfung der drei Bereiche Wettbewerb, Beihilfe und Warenverkehrsfreiheit wäre somit hinfällig. Durch die abermalige Prüfung dieser Bereiche soll nachfolgend dennoch gezeigt werden, daß die besondere Ausgleichsregelung nicht geeignet ist, gegen europäisches Recht zu verstoßen, was dadurch zum Ausdruck kommt, daß die Rechtfertigungsgründe die gleichen sind wie ohne diese Regelung531. Nicht geprüft ist bis hierhin, ob die Regelung verfassungsrechtliche Bedenken hervorruft. Zweifel erweckt die vorgenommene Differenzierung. Von primärer Bedeutung ist nicht die Unterscheidung des produzierenden Gewerbes zu den übrigen Elektrizitätsnutzern, sondern die Besserstellung stromintensiver Unternehmen, deren Stromkosten darüber hinaus noch einen gewissen Anteil ihrer Bruttowertschöpfung übersteigen müssen. Nach Prüfung der europarechtlichen Regelungen, wird darauf eingegangen, ob dies unter Gleichheitsgesichtspunkten zulässig ist. f) Europarechtliche Problematik aa) Wettbewerb Die Frage, ob die besondere Ausgleichsregelung wettbewerbsverfälschende Elemente enthält, ist zunächst zu bejahen. Jedoch beruht die Besserstellung stromintensiver Unternehmen des produzierenden Gewerbes, deren Stromkosten einen vorgegebenen Anteil an der Bruttowertschöpfung haben auf einer staatlichen Maßnahme, die nicht unter Art. 81 f. EGV zu subsumieren ist532. Entscheidendes Merkmal ist, daß die besondere Ausgleichsregelung keines der geforderten Tatbestandsmerkmale, das für eine Wettbewerbsverfälschung nötig ist, erfüllt. Wie bereits in Kap. VII. 9. gesehen, wird kein Kartell begründet. Es existieren keine Unternehmensvereinbarungen, keine Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und keine aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen. Eine gegen die Art. 81 f. EGV verstoßende Wettbewerbsverfälschung ruft die besondere Ausgleichsregelung somit nicht hervor. bb) Beihilfe Der deutsche Gesetzgeber sieht in der besonderen Ausgleichsregelung keine Beihilfe. Dies kommt dadurch zum Ausdruck, daß er die Änderung des Gesetzes der Kommission nicht als solche nach Art. 88 Abs. 3 EGV notifiziert hat. 531

Vgl. Kap. VII. 9.–VII. 11. H. Schröter, in: Groeben/Schwarze, EGV, 6. Aufl. 2003, Art. 81, Rdn. 130; P. Stockenhuber, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EGV, Art. 81, Rdn. 118; ABlEG 1974, Rs. L-343/19, S. 23; dazu auch in Kap. VII. 9. 532

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Selbst wenn Deutschland diese Maßnahme als Beihilfe deklariert hätte, hätte dieses vor dem 22. Juni 2003, also vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung geschehen müssen, weil ein Beihilfevorhaben nur als solches registriert werden kann, wenn die in Frage stehende Maßnahme noch nicht durchgeführt ist533. Voraussetzung für eine Notifizierung ist zunächst jedoch, daß die sonstigen Tatbestandsmerkmale einer Beihilfeverfälschung erfüllt werden. (1) Staatliche Mittelbelastung An der staatlichen Mittelbelastung ändert sich nichts. So ist zunächst unerheblich, wie die Ausgleichszahlung stattfindet, wer begünstigt ist und wer nicht. Im finanziellen Mechanismus bleibt die deutsche Regierung auch weiterhin außen vor. Dies soll nochmals an einem anderen ähnlichen Fall exemplifiziert werden. In Frage stand der luxemburgische Ausgleichsmechanismus aus einem Fond, der für die Vergütung regenerativen Stroms geschaffen wurde534. Der Fond soll gewährleisten, daß die Kosten für die Einspeisung regenerativen Stroms in einem ersten Schritt gleichmäßig auf alle Energieversorgungsunternehmen und in einem zweiten Schritt gleichmäßig auf alle Endkunden aufgeteilt werden. Von der Sache her entspricht dies auch der Kostenverteilung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes535. Ähnlich der besonderen Ausgleichsregelung sind nach dem luxemburger Modell Unternehmen mit einer hohen Anschlußspannung von der Zahlungspflicht befreit536. Im Gegensatz zu Deutschland hat die luxemburgische Regierung die Regelung des Ausgleichsfonds zwar als Beihilfe gemäß Art. 88 Abs. 3 EGV bei der Kommission angemeldet, allerdings zu spät. Die Maßnahme wurde bereits eine geraume Zeit vor dieser Anmeldung praktiziert. Weil die Europäische Kommission in der Funktionsweise des luxemburgischen Fonds eine staatliche Beihilfe sieht und bezweifelt, daß diese Maßnahme im Einklang mit dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen steht537, hat sie dennoch das Kontrollverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EGV eingeleitet und die Beteiligten zur Stellungnahme aufgefordert538.

533

Vgl. ABlEG 2002, Rs. C 255/15 v. 23.10.2002 S. 15. ABlEG 2002, Rs. C 255/15 v. 23.10.2002. 535 Ausführlich zur „4-Stufen Ausgleichsregelung“ des EEG BT-Drucks. 15/2864 S. 47 f. 536 Anders als im deutschen Fall, definiert Luxemburg die Großunternehmen nicht über die Abnahmemenge, sondern über die angeschlossene Spannung, die über 65 kV liegen muß (ABlEG 2002, Rs. C 255/15, S. 16). Allerdings ändert diese unterschiedliche Definierung nichts an der vorliegenden Problematik. 537 Vgl. dazu ausführlich in Kap. VII. 10. e) aa). 538 Vgl. ABlEG 2002, Rs. C 255/15 v. 23.10.2002 S. 16; die Kommission hat ebenso die Beitragsbefreiung bestimmter Stromverbraucher moniert; ausführlich zum Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen in Kap. VII. 10. e) aa). 534

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Der Ausgleichsfond wird von der luxemburgischen Regulierungsbehörde verwaltet, so daß durch das System der Ein- und Auszahlung in und aus dem Fond die Ausgleichsgelder unmittelbar dem Staat zugerechnet werden können539. Dieser Punkt ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entscheidend und notwendig, damit der Beihilfetatbestand erfüllt ist540. Der luxemburgische Fond hat somit den Charakter eines typischen parafiskalischen Ausgleichsfonds541. Anders bei der deutschen Regelung. Ihr fehlt die staatliche Mittelbelastung. Somit wird, nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, das entscheidende und notwendige Beihilfetatbestandsmerkmal nicht erfüllt. Eine mittelbare oder unmittelbare staatliche Belastung aus der besonderen Ausgleichsregelung ist zu verneinen. (2) Aufteilung der Vergütungszahlung In Frage gestellt werden kann, ob die Art und Weise der Vergütungszahlungen gerechtfertigt ist. So wird der Erneuerbare-Energien-Zuschlag nicht von jedem Stromverbraucher gleichmäßig getragen, sondern ist der Anteil der Ausgleichszahlungen, je nach Anwendung der besonderen Ausgleichsregelung, variabel ausgestaltet. Wiederum wurde der Europäische Gerichtshof in einem Urteil vom 08. November 2001 mit einer ähnlichen Problematik befaßt542. Dabei ging es um Befreiungen von österreichischen Energieabgaben. Energieintensive Unternehmen die in erster Linie Wirtschaftsgüter herstellten, bekamen von den staatlichen Finanzbehörden, von ihnen geleistete Energieabgaben teilweise zurückerstattet. Das Resultat ist ähnlich dem der deutschen Regelung. Entscheidender Unterschied ist aber, daß der rückvergütete Preis der Österreicher eine durch die staatliche Finanzverwaltung auf den Strompreis aufgeschlagene staatlich vereinnahmte Energieabgabe war, wohingegen der deutsche Staat durch die Kompensationszahlung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz finanziell nicht belastet wird, weil dieser hiermit weder mittelbar noch unmittelbar tangiert wird. Die österreichische Art der Stützung hingegen unterfällt direkt dem Art. 87 EGV, weil es sich bei der Rückvergütung um staatliche Mittel handelt. Durch die Einführung der besonderen Ausgleichszahlung wird der eigentliche Vergütungsmechanismus nicht umgestaltet, lediglich die Aufteilung der Vergütung ändert sich. Eine staatliche Mittelbelastung konnte aber bereits beim Erneuerbare-Energien-Gesetz weder mittelbar noch unmittelbar festgestellt werden, so daß deswegen auch nicht einzusehen ist, warum sich daran mit der be539

Vgl. ABlEG 2002, Rs. C 255/15 v. 23.10.2002 S. 17, Rdn. 12, insb. 16, 20. Hierzu ausführlich in Kap. VII. 10. b) aa). 541 Vgl. J.-P. Schneider, Verfassungs- und europarechtliche Risiken einer Privilegierung stromintensiver Industrien im Rahmen des Belastungsausgleichs nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, ZNER 2003, 97. 542 EuGH v. 08.11.2001 – Rs. C-143/99 (Adria-Wien-Pipeline), Slg. 2001, I-8365. 540

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sonderen Ausgleichsregelung etwas ändern sollte. So hat selbst der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil zum Stromeinspeisungsgesetz festgestellt, daß, wenn die Pflicht zur Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz keine staatliche Beihilfe darstellt, auch die darauf folgende Aufteilung der sich ergebenden finanziellen Belastungen keine mittelbare oder unmittelbare Übertragung staatlicher Mittel darstellen kann543. Somit birgt der Aufteilungsmechanismus der besonderen Ausgleichsregel keine europarechtswidrige Maßnahme in sich. (3) Kein Beihilfeverstoß Die besondere Ausgleichsregelung verstößt nicht gegen europäisches Beihilferecht. Entscheidendes Kriterium ist, daß keine staatlichen Mittel zur Finanzierung der profitierenden Unternehmen beansprucht werden und somit keine Beihilfezahlung im Sinne des Art. 87 EGV geleistet wird. Zwar hat die besondere Ausgleichsregelung selektive Elemente544, jedoch bezweckt das Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht die Förderung von stromintensiven Unternehmen des produzierenden Gewerbes, sondern in erster Linie den Umweltschutz durch die Förderung regenerativer Energie. Die besondere Ausgleichsregelung hat somit lediglich einen Einfluß auf die Aufteilung der Vergütungszahlungen, nicht auf die absolute Vergütungshöhe. Stellt aber eine bestimmte Zahlung keinen Beihilfeverstoß dar, so kann auch deren anschließende Aufteilung nach ständiger Rechtsprechung nicht gegen das Beihilferecht verstoßen. Die geänderte Ausgleichsregelung des Jahres 2004 ändert hieran nichts. cc) Warenverkehrsfreiheit Durch die besondere Ausgleichsregelung, sei es in der ersten oder in der novellierten Fassung, wird die in Verkehr gebrachte Quantität regenerativen Stroms in keiner Weise beeinflußt. Lediglich die Differenzkosten werden umverteilt545, so daß der grenzüberschreitende Warenverkehr unberührt bleibt. Die Negierung der Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit bedeutet, daß diese im Verhältnis zu der vorherigen Situation, also ohne besondere Ausgleichsregelung, nicht zusätzlich beschnitten wird. Eine europarechtswidrige Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit wurde aber bereits verneint, so daß sich daran konsequenterweise auch mit der besonderen Ausgleichsregelung nichts ändert546.

543 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 59 f., insb. Rdn. 67. 544 Dazu ausführlich in Kap. VII. 12. g). 545 Dazu ausführlich in Kap. VII. 12. b).

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dd) Besondere Ausgleichsregel ist mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar Die besondere Ausgleichsregelung verstößt nicht gegen europäisches Recht, was aus den anfangs genannten Gründen nicht verwunderlich ist. Sie hat keinen Einfluß auf das gemeinschaftliche Recht, weil für eine Beeinträchtigung des Gemeinschaftsrechts ausschließlich die im Erneuerbare-Energien-Gesetz vorgeschriebene Preisfestsetzung und die Abnahmegarantie maßgeblich sind. Ziel der besonderen Ausgleichsregelung ist es nicht und kann es auch nicht sein, verschleierte Beihilfen zu gewähren, sondern den geförderten Unternehmen in bereinigter Marktlage eine realistische Wettbewerbschance, unter Wahrung des Gemeinwohlprinzips547, auf dem Markt zu geben, was in erster Linie positive volkswirtschaftliche Konsequenzen mit sich bringt, nicht nur auf nationaler, sondern auch auf europäischer Ebene. Hierdurch wird auch den in Art. 2 EGV geforderten Zielen der nachhaltigen Entwicklung des Wirtschaftslebens, der Förderung des hohen Beschäftigungsniveaus und des Wirtschaftswachstums nachgekommen. Die Regelung bewirkt keine mit dem Markt unvereinbare Bevorteilung gegenüber der ausländischen Konkurrenz, weswegen sie diesen gegenüber auch nicht unzumutbar ist. Die besondere Ausgleichsregel verletzt das europäische Recht nicht. g) Verfassungsrechtliche Problematik Auf nationaler Ebene bestehen indes verfassungsrechtliche Probleme wegen der diskriminierenden Wirkung, welche die besondere Ausgleichsregelung entfaltet. Zum einen wird nur ein gewisser Wirtschaftszweig gefördert, nämlich der des produzierenden Gewerbes, wofür sich Rechtfertigungsgründe finden lassen. Zum anderen werden aber nur stromintensive Unternehmen gefördert, deren Stromkosten darüber hinaus noch in einem gewissen Verhältnis zur Bruttowertschöpfung stehen müssen, woran auch die Novellierung nichts ändert. Die im Gesetz willkürlich festgesetzten Werte stellen eine Ungleichbehandlung dar. Zu prüfen ist, ob diese auch gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. aa) Selektive Wirkung der Regelung Selektive Wirkung entfaltet die besondere Ausgleichsregel zunächst dadurch, daß Nutznießer ausschließlich Unternehmen des produzierenden Gewerbes sind,

546 So im Ergebnis auch J.-P. Schneider, in: ders./C. Theobald (Hrsg.), Handbuch zum Recht der Energiewirtschaft, § 18, Rdn. 210. 547 Vgl. Kap. V. 3.

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die eine bestimmte Menge Strom pro Abnahmestelle und Kalenderjahr zu entnehmen haben. Die Art und Güte der produzierten Ware sind unerheblich. Hierdurch werden alle nicht profitierenden Unternehmen, insbesondere aber die direkten Konkurrenten der Nutznießer schlechter gestellt, die ein gleichwertiges Gut herstellen. Die besondere Ausgleichsregelung ändert weder etwas an der Quantität des zu vergütenden Stroms, der von der installierten Leistung und der Umwelt abhängt, noch an dessen Preis, der im Gesetz geregelt ist, so daß der Anteil des abzugeltenden Stroms, den die von dieser Regelung profitierenden Unternehmen nicht abfinden, auf die verbleibenden Endkunden aufgeteilt werden kann. So leisten vor allem Kleinbetriebe einen Beitrag, um die Wettbewerbsfähigkeit der großen Konkurrenz zu sichern. Der Aspekt der Selektivität läßt sich in zwei Komponenten untergliedern. Zum einen berücksichtigt die Regelung nur das produzierende Gewerbe, was eine Bevorteilung gegenüber den übrigen Unternehmen ist, obwohl diese ebenso Energiegroßverbraucher sein können und deren Existenz, nicht nur für die Volkswirtschaft, ebenso von Bedeutung ist548. Zum anderen müssen die bevorteilten Unternehmen einen bestimmten Stromkonsum und hohe spezifische Stromkosten haben. Mittelbar profitieren also nur Großunternehmen, was unter anderem auch im Widerspruch zu der vom Industrieartikel (Art. 157 EGV) geforderten Förderung eines günstigen Umfelds insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen steht549. Wichtig ist des weiteren, daß die Regelung in der Fassung vom 16. Juli 2003 nur dann greift, wenn nachweislich durch den Erneuerbare-Energien-Zuschlag die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens maßgeblich und erheblich gefährdet ist (§ 11a Abs. 2 Nr. 4 EEG). Der Nachweis der maßgeblichen und erheblichen Wettbewerbsförderung dürfte unter objektiven Gesichtspunkten in der Regel kaum bis gar nicht zu erbringen sein. Durch die Neufassung der besonderen Ausgleichsregelung werden die oben kritisierten Punkte umgestaltet. So wird der Nachweis der erheblichen und nachhaltigen Wettbewerbsgefährdung ersatzlos gestrichen. Damit entfällt die Möglichkeit, die besondere Ausgleichsregelung aus sozialpolitischen Gründen, wie der Arbeitsplatzerhaltung, zu begründen. Ansonsten beschränken sich die für die Selektivität maßgeblichen Abwandlungen auf die Absenkung der Zahlenwerte550. Durch die reine Absenkung sowohl des jährlichen Stromkonsums als auch des Verhältnisses der Bruttowertschöpfung zu den Stromkosten würden Unternehmer anderer Bereiche als dem des produzierenden Gewerbes mehr 548 Vgl. EuGH v. 08.11.2001 – Rs. C-143/99 (Adria-Wien-Pipeline), Slg. 2001, I-8365, Rdn. 50; dazu auch in Kap. VII. 11. d) aa). 549 Vgl. EG-Kommission (Hrsg.), XXIX. Bericht über die Wettbewerbspolitik, Rdn. 245; dies geht bereits aus dem Industrieartikel hervor (Art. 157 EGV), s. dazu ausführlich Kap. V. 7. 550 Die Änderung der Deckelung der Strompreiserhöhung der übrigen Letztverbraucher spielt in diesem Kontext keine Rolle.

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denn je in den Kreis der Nutznießer einbezogen werden. Dieses würde speziell der Förderung kleiner und mittelständiger Unternehmen zugute kommen, denen gegenüber die Kommission im Allgemeinen wohlwollend eingestellt ist. Dies liegt an deren strukturellen Nachteilen gegenüber Großunternehmen, aber auch an ihrem Potential für Innovationen, Arbeitsplatzschaffung und Wachstum551. Der Kreis der profitierenden Unternehmen wurde trotzdem lediglich um den der Schienenbahnen erweitert. Durch die Absenkung sowohl der Mindeststromabnahme als auch der spezifischen Stromkosten kommen deswegen zusätzlich nur kleine und mittelständige Unternehmen des produzierenden Gewerbes in den Genuß der Förderung (§ 16 Abs. 1 S. 1 EEAusbG). bb) Willkürverbot Das Bundesverfassungsgericht praktiziert in ständiger Rechtsprechung ein Willkürverbot552. Gemäß dem tradierten Verständnis des Art. 3 Abs. 1 GG: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“553, setzt dieses Grundrecht, der Gleichheitssatz, ein Gesetz voraus, das tatbestandsgemäß anzuwenden dieser Gleichheitssatz gebietet554. Dieses Gesetzmäßigkeitsprinzip, diese Rechtsanwendungsgleichheit, darf der Gesetzgeber nicht relativieren; denn er ist durch Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte gebunden555. Wenn die Unterschiede, die der 551 Vgl. EG-Kommission (Hrsg.), XXIX. Bericht über die Wettbewerbspolitik, Rdn. 245; dies geht bereits aus dem Industrieartikel hervor (Art. 157 EGV), s. dazu ausführlich Kap. V. 7. 552 Zuletzt BVerfGE 102, 254 (299, 302); dazu und zum Folgenden K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 990 ff., auch S. 410 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 2. Kap., VII; 3. Kap., IX, 2 f.; ders., Prinzipien des Rechtsstaates, S. 366 ff. 553 Diese Formel entstammt Art. 3 der Menschen- und Bürgerrechtserklärung der Französischen Verfassung von 1793. Diese sogenannte Jakobinerverfassung ist nicht in Kraft getreten. Die Formel ist von Art. 137 Abs. 3 der Reichsverfassung von 1849 und von Art. 109 Abs. 1 WRV für „alle Deutschen“ übernommen worden; Art. 4 S. 1 der Preußischen Verfassungsurkunde lautete: „Alle Preußen sind vor dem Gesetz gleich“. Art 20 Abs. 1 S. 3 Verfassung der DDR von 1968 lautete: „Alle Bürger sind vor dem Gesetz gleich“; vgl. dazu v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 1, 3. Aufl. 1985, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 1. 554 G. Anschütz, WRV-Komm., 14. Aufl. 1933, Art. 109, Anm. 1 f.; H. P. Ipsen, Gleichheit, in: F. L. Neumann/H. C. Nipperdey/U. Scheuner (Hrsg.), Die Grundrechte, Bd. 2, 1954, S. 115 f.; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, 32 EL. 1994, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 8 ff.; K. Schweiger, Zur Geschichte und Bewertung des Willkürverbots, in: FS 25 Jahre BayVGH, 1972, S. 57 ff.; N. Luhmann, Grundrechte als Institution, 2. Aufl. 1974, S. 167 ff.; E. Eyermann, Gleichheitssatz, Wurzel des Willkürverbotes?, in: FS 25 Jahre BayVGH, 1972, S. 45 ff.; E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, 2. Aufl. 1971, S. 134 ff.; v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 1; vgl. R. Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 357 ff., der die unzureichende Kritik an diesem Verständnis skizziert. 555 Art. 1 Abs. 3 GG zwingt nicht, ein Prinzip der Gesetzgebungsgleichheit in Art. 3 Abs. 1 GG hineinzulesen, wie die umfangreiche Kommentierung der Rechtsanwendungsgleichheit von G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 21 ff. er-

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Gesetzgeber macht, nicht einleuchten, kann ihm der Vorwurf der Unsachlichkeit, der Ungleichbehandlung, der Willkür gemacht werden556. Das Willkürverbot ist die Logik der äußeren Freiheit als der „Unabhängigkeit von eines anderen nötigender Willkür“557.

Das als Willkürverbot praktizierte Prinzip der Gesetzgebungsgleichheit558 erfaßt wie das formale Freiheitsprinzip alle denkbaren Politiken; denn jede Politik muß „willkürfrei“559, „sachlich“560, „vernünftig“561 begründet sein562. Der Vorwurf des gleichheitswidrigen Gesetzes bestreitet dem Gesetz die praktische Vernünftigkeit, also die Rechtlichkeit563. Das Bundesverfassungsgericht bestimmt den Gleichheitsverstoß seit BVerfGE 1, 14 (52) insbesondere nach folgender Formel: „Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt, kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet werden muß“564. weist; das verkennt wie viele R. Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 357; auch v. Mangoldt/Klein/Stark, GG, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 20. 556 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 366 ff. 557 Kant, Metaphysik der Sitten, S. 345, dazu K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 376 ff. 558 Etwa, mit divergierenden Formeln, BVerfGE 3, 58 (135 f.); 4, 144 (155); 9, 124 (129 f.); 10, 234 (246); 12, 341 (348); 15, 167 (201); 23, 12 (24 f.); 25, 101 (105); 25, 269 (292 f.); 42, 374 (388); 48, 227 (235); 49, 192 (209); 50, 177 (186); 51, 295 (300 f.); 57, 107 (115); 60, 16 (42); 71, 202 (205); 76, 256 (329); 89, 48 (51); 97, 298 (315); st. Rspr. des Zweiten Senats, gestützt auf G. Leibholz, Die Gleichheit vor dem Gesetz, 1925, 2. erw. Aufl. 1959, S. 95 f., 216 ff.; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 364 f. 559 Vgl. Fn. 558. 560 BVerfGE 3, 58 (135 f.); 10, 234 (246); 12, 341 (348); 12, 326 (333); 23, 135 (143); 25, 101 (105); 25, 269 (292 f.); 55, 72 (88 ff.); 60, 16 (42); 76, 256 (329); vgl. K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 365. 561 BVerfGE 10, 234 (246); 23, 135 (143); 42, 374 (388); 49, 192 (209); 51, 225 (300 f.); 71, 39 (58); 76, 256 (329); 84, 90 (121); 102, 254 (302); K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 365. 562 Vgl. v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 11; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 309 ff., 331 ff., 339 ff.; W. Rüfner, GG, Bonner Komm., Rdn. 29 ff. zu Art. 3 Abs. 1; P. Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, § 124, Rdn. 205 ff.; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 365. 563 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 366 ff. 564 So etwa auch BVerfGE 33, 367 (384); 54, 11 (25 f.); 102, 254 (299, 302); vgl. K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Rdn. 438 f.; v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 10; W. Rüfner, GG, Bonner Komm., 67 EL 1992, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 16 ff., 21 ff., 29 ff. zu Art. 3 Abs. 1; R. Alexy, Theorie der Grundrechte, 1994, S. 364 ff.; P. Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, § 124, Rdn. 22 ff., 86 ff., 235 ff.; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 366.

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Die neue Formel des Ersten Senats seit BVerfGE 55,72 (88) aus dem Jahre 1980 lautet: „Die Verfassungsnorm (sc. Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Demgemäß ist dieses Grundrecht vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“565.

Ein Willkürverbot und ein Begründbarkeitsgebot sind nichts anderes als das Sachlichkeitsgebot, die Pflicht zur praktischen Vernunft also, oder eben die Pflicht des Gesetzgebers zur das Volk vertretenden Sittlichkeit566. Das Gesetz, welches die Freiheit aller verwirklicht, das allgemeine Gesetz also, ist gleichheitlich567, weil es seinem Begriff nach sittlich, praktisch vernünftig ist568. Dem entspricht die besondere Ausgleichsregelung weder in ihrer ursprünglichen, noch in ihrer novellierten Fassung. cc) Selektivität des Unternehmenszweigs Die besondere Ausgleichsregel bezweckt eine Entlastung des produzierenden Gewerbes von den durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz entstehenden Abgaben. Hiervon kann aber nur das produzierende Gewerbe profitieren. Zu beachten ist indes, daß eine Volkswirtschaft essentiell vom produzierenden Gewerbe abhängig ist, weil dort die relative Wertschöpfung am höchsten ist. Mit dem produzierenden Gewerbe ist unmittelbar die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen nicht nur im eigenen Betrieb, sondern auch in nachgelagerten Unternehmen, wie etwa in Dienstleistungs- oder Handelsunternehmen verbunden. Exemplarisch seien hier solche Dienstleistungsunternehmen wie Beratungsoder Werbefirmen genannt, die ohne das produzierende Gewerbe keine Prozesse zu optimieren und keine Produkte zu vermarkten hätten. Natürlich gibt es auch Unternehmen, wie etwa Banken oder selbständige Berufe (etwa Ärzte und Rechtsanwälte), die nicht unmittelbar mit dem produzierenden Gewerbe in Ver565 Ebenso u. a. BVerfGE 58, 369 (374); 60, 329 (346); 70, 230 (239 f.); 71, 146 (154 f.); 74, 9 (24); 75, 108 (157); 75, 284 (300); 75, 348 (357); 75, 382 (393); 78, 249 (287); vgl. a. a. Zweiter Senat, etwa BVerfGE 71, 39 (58 f.) m. H.; P. Kirchhof, Der allgemeine Gleichheitssatz, HStR, Bd. V, § 124, Rdn. 215 ff.; W. Rüfner, GG, Bonner Komm., Art. 3 Abs. 1, Rdn. 25 ff.; so schon E. Kaufmann, Die Gleichheit vor dem Gesetz im Sinne des Art. 109 der Reichsverfassung, in: VVDStRL 3, 1927, S. 9 f.; K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 366 ff. 566 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 366 ff., insb. S. 371. 567 K. A. Schachtschneider, Res publica res populi, S. 410 ff., 993 ff.; ders., Freiheit in der Republik, 7. Kap., I, 2; 7. Kap., II, 2; so auch v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 1; G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 8 ff. 568 K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 371.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

bindung zu bringen sind und die gleichfalls Beratungs- oder Werbefirmen beauftragen können. Mittelbar, auch wenn dieses weit gefaßt ist, sind aber auch solche Unternehmungen und Berufe vom produzierenden Gewerbe abhängig. Für deren fraglos wichtiges Tätigwerden, aber auch für den Bürger, ist eine gewisse physische Infrastruktur notwendig. Darunter fallen in einem ersten Schritt sauberes Wasser, Elektrizität, Gebäude, Straßen, technische Hilfsmittel, der Zugang zu Lebensmitteln und Medikamenten und vieles mehr. Unter genauer Betrachtung wird all dieses in erster Instanz vom produzierenden Gewerbe bereitgestellt. Ohne das Baugewerbe, die Verfahrenstechnik, den Maschinenbau, die Pharmaindustrie und viele andere, ist die benötigte Grundinfrastruktur weder zu errichten noch zu erhalten. Unmittelbar einher geht hiermit die Daseinsvorsorge, die ebenfalls auf eine gewisse Infrastruktur angewiesen ist. Zweifellos sind die anderen Berufsstände, die nicht von der besonderen Ausgleichsregelung unmittelbar profitieren, für die Erhaltung und Optimierung der Infrastruktur und Daseinsvorsorge, womit das Gemeinwohl, dem der Staat gesetzlich verpflichtet ist569, verwirklicht wird, ebenso unerläßlich. Dennoch ist es wohl am ehesten das produzierende Gewerbe, das einer Volkswirtschaft am zuträglichsten ist und am ehesten weitere Unternehmungen mit sich zieht570. Für Deutschland gilt dies so zumindest, weil für die deutsche Volkswirtschaft insbesondere der Industrie eine zentrale Bedeutung zukommt. Das produzierende Gewerbe ist die Drehscheibe der Wirtschaft. Auch im Vergleich zu anderen EU-Ländern und insbesondere den USA ist ihr Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Produktion gerade in Deutschland recht hoch. Der industrielle Sektor, dem eine vergleichsweise hohe Bedeutung zukommt, ist Ausdruck der gewachsenen Spezialisierungsstruktur der deutschen Wirtschaft aufgrund ihrer komparativen Vorteile571. So profitieren zwar andere Unternehmenszweige nicht unmittelbar von der besonderen Ausgleichsregelung, durch eine positive volkswirtschaftliche Entwicklung, die durch produzierende Gewerbe hervorgerufen wird, aber doch zumindest mittelbar. Auch werden diese Unternehmen und Letztverbraucher durch diese Regelung nicht unmittelbar in ihrem existentiellen Bestand bedroht572. 569 Vgl. K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 283 f.; ders., Fallstudie zum Streik im öffentlichen Dienst, in: ders. (Hrsg.), Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 223 f.; dazu ausführlich K. A. Schachtschneider, Staatsunternehmen und Privatrecht, S. 242 ff.; dahingehend J. Isensee, Grundrechtsvoraussetzungen und Verfassungserwartungen, HStR, Bd. V, 1992, § 115, Rdn. 262 ff.; ders., Anwendung der Grundrecht auf juristische Personen, ebenda, § 118, Rdn. 79; speziell für den Energiebereich I. Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 7. Aufl. 2001, S. 323. 570 Aus deutscher Sicht sei hier beispielhaft BASF in Ludwigshafen, Volkswagen in Wolfsburg oder Mercedes-Benz, Porsche und BOSCH in Stuttgart genannt. 571 Vgl. Deutsche Bundesbank Monatsbericht, September 2002, S. 63; http:// www.bmwi.de/Navigation/Unternehmer/industrie.html. 572 Ob nichtprofitierende Unternehmen durch die Erhöhung der Stromkosten in den wirtschaftlichen Ruin getrieben werden läßt sich nicht ohne weiteres feststellen, zu-

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Die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes kommt den nichtprofitierenden Unternehmen insofern entgegen, als daß sich deren Stromrechnung in Folge der Regelung maximal um 10 % erhöhen darf (§ 16 Abs. 5 EEAusbG). Eine derartige Deckelung war der ersten Fassung unbekannt. Eine Differenzierung zwischen Unternehmen des produzierenden Gewerbes und sonstigen Letztverbrauchern läßt sich aus sachlich einleuchtenden Motiven begründen. Würde sich die besondere Ausgleichsregelung auf die Differenzierung des Unternehmenszweigs begrenzen, ließe sich die Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich rechtfertigen, insbesondere deswegen, weil unter dem Aspekt der Gleichheit konkurrierende Unternehmen nicht besser oder schlechter gestellt würden. dd) Selektivität der Strommenge und der spezifischen Kosten Damit ein Unternehmen in den Genuß kommt, von der besonderen Ausgleichsregel profitieren zu können, müssen noch weitere Tatbestandsmerkmale erfüllt sein. Fraglich sind insbesondere das der Mindeststromabnahme und das der Kopplung der Stromkosten an die Bruttowertschöpfung des Unternehmens. Eine überzeugende sachliche Begründung hierfür bleibt der Gesetzgeber schuldig. Die dazu abgegebene Stellungnahme überzeugt nicht, was auch von der Opposition so gesehen wird573. So reicht als Begründung nicht aus, die relativ hohen Zahlenwerte damit zu rechtfertigen, daß so der Nachweis- und Kontrollaufwand für die Umsetzung der Härtefallregelung in Grenzen gehalten wird. Damit soll dem Vorwurf einer ausufernden Bürokratie begegnet werden, weil nur einige wenige Unternehmen hiervon profitieren, insbesondere die Großindustrie zu Lasten der kleineren, wofür es keine Rechtfertigung gäbe574. Eine Bestätigung hierfür gibt die Gesetzesnovelle selbst, in welcher die strittigen Grenzwerte weit abgesenkt werden und somit die angeführte Kritik haltlos wird. Dies wird selbst von Befürwortern der besonderen Ausgleichsregelung so gesehen.575 Ebensowenig genügt die Rechtfertigung, daß stromintensive Industrien auch im mindest aber werden durch die reine Differenzierung ganzer Unternehmenszweige zunächst keine Konkurrenzunternehmen besser oder schlechter gestellt. 573 BT-Drucks. 15/1121 S. 4; generell zwar anderer Ansicht, die wissenschaftliche Herleitung der Zahlenwerte dennoch verneinend U. Leprich/A. Thiele, Zielführende Entlastung stromintensiver Unternehmen durch EEG-Härtefallregelung, ET 2003, 633 f. 574 So U. Leprich/A. Thiele, Zielführende Entlastung stromintensiver Unternehmen durch EEG-Härtefallregelung, ET 2003, 634. 575 Vgl. J.-P. Schneider, Verfassungs- und europarechtliche Risiken einer Privilegierung stromintensiver Industrien im Rahmen des Belastungsausgleichs nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, ZNER 2003, 99; zur Privilegierung des produzierenden Gewerbes bei der Stromsteuer M. Herdegen/W. Schön, Ökologische Steuerreform, Verfassungsrecht und Verkehrsgewerbe, 2000, S. 59 ff.

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KWKA-Gesetz und im Ökosteuergesetz besser gestellt werden, ganz im Gegenteil sogar. Das Argument, daß andere Staaten ihre Unternehmen ebenfalls auf die eine oder andere Art stützen würden und die besondere Ausgleichsregelung dann einen Kompensationsmechanismus darstelle, ist ebensowenig haltbar576. Eigenes Fehlverhalten läßt sich nicht damit rechtfertigen, daß man aus Gleichheitsgründen den gleichen Fehler wie andere Sünder ebenfalls begeht; denn prinzipiell gibt es im Unrecht kein Recht auf Gleichbehandlung577. Vielmehr müssen alle die bestraft werden, die ein Vergehen verüben. Ein sachlich einleuchtender Grund besteht weder für die Besserstellung stromintensiver Unternehmen noch für die Kopplung der Strompreise an die Bruttowertschöpfung des Unternehmens. Die unterschiedliche Behandlung der Normadressaten läßt sich nicht begründen, so daß ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG besteht. Dies ist auf die novellierte Fassung der besonderen Ausgleichsregelung zu übertragen. So wird zwar der Kreis derer, die in den Genuß der besonderen Ausgleichsregel kommen können erweitert und die Grenzzahlenwerte abgesenkt, dennoch bleibt eine (willkürliche) Stromabsatzbarriere bestehen, die nicht zu rechtfertigen ist. ee) Besondere Ausgleichsregel ist verfassungswidrig Durch die besondere Ausgleichsregelung werden in Deutschland tätige, stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes bessergestellt, indem sie teilweise von der Ausgleichsabgabe des Erneuerbare-Energien-Gesetzes befreit werden können. Das damit verfolgte Ziel hat weder umweltrechtliche Hintergründe, noch solche die der Förderung erneuerbarer Energieträger zugute kommt, sondern soll in gewisser Weise die Überlebensfähigkeit der heimischen Produktion wahren578. Dogmatisch werden keine Kartelle geformt, die Wirkung, welche die Regelung entfaltet, kommt solchen aber gleich. Stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes, deren Stromkosten einen vorgeschriebenen Anteil 576

So etwa T. Mock, Belastungen für die energieintensive Industrie durch neue fiskalische Instrumente, ET 2003, 306; dazu auch W. Mederer, in: Groeben/Schwarze, EGV, Art. 87, Rdn. 44 m. w. Nachw. 577 Zum Grundsatz: „Keine Gleichheit im Unrecht“, G. Dürig, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Abs. 1, Rdn. 179 ff.; P. Kirchhof, Gleichheit in der Funktionenordnung, HStR, Bd. V, 1992, § 125, Rdn. 65 ff.; L. Osterloh, in: Sachs, GG, 3. Aufl. 2003, Art. 3, Rdn. 46 ff.; i. d. S. auch K. A. Schachtschneider (P. Wollenschläger), Fallstudie Umweltschutz (FCKW-Verbot), in: K. A. Schachtschneider (Hrsg.), Fallstudien zum Öffentlichen Wirtschaftsrecht, S. 356. 578 Dies geht aus der Gesetzesbegründung hervor, in der es heißt, daß „. . . eine erhebliche und nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen zu vermeiden“ ist; vgl. BT-Drucks. 15/810 S. 5; auch ist aus logischer Sichtweise kein anderer Grund dafür zu benennen.

13. Zusammenfassung

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der Bruttowertschöpfung übersteigen, werden im Vergleich zu den übrigen Unternehmungen bessergestellt. Die auf sie anfallenden Ausgleichsabgaben können zu Teilen auf die übrigen Letztverbraucher, also auch auf nicht profitierende Konkurrenzunternehmen übergewälzt werden. Die profitierenden Unternehmen haben so ihrer Konkurrenz gegenüber einen Wettbewerbsvorteil. Es werden für gleichwertige Leistungen gegenüber Handelspartnern unterschiedliche Bedingungen angewandt, worin eine diskriminierende Wirkung zu sehen ist, die sich nicht rechtfertigen läßt und somit unzumutbar ist. Es läßt sich durchaus diskutieren, warum ein anderes Unternehmen als ein produzierendes, das die von der besonderen Ausgleichsregelung geforderten Kriterien ebenso erfüllen würde, nicht auch hiervon profitieren sollte. Die Differenzierung der Unternehmenszweige läßt sich dennoch über den Aspekt der Wichtigkeit des produzierenden Gewerbes für die Volkswirtschaft verfassungsrechtlich rechtfertigen. Eine frühzeitige Festlegung auf einen einzigen Unternehmenstyp sollte dennoch vermieden werden. Die geforderten Unterscheidungsmerkmale der Mindeststromabnahme und die Kopplung der Stromkosten an die Bruttowertschöpfung, die für ein Greifen der Regelung sogar kumulativ bestehen müssen, sind unter Gleichheitsgesichtspunkten hingegen nicht begründbar. Darin ist ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG zu sehen579. Die besondere Ausgleichsregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist mit dem deutschen Verfassungsrecht unvereinbar.

13. Zusammenfassung Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz resultierende Abnahmepflicht in Verbindung mit der Preisfestsetzung verhältnismäßig ist und nicht gegen europäisches Recht verstößt580. Die im Juli 2003 eingeführte besondere Ausgleichsregelung ändert daran nichts. Allerdings verstößt die besondere Ausgleichsregelung gegen deutsches Verfassungsrecht. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz verstößt weder gegen europäisches Beihilferecht nach Art. 87 EGV, noch gegen die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28 EGV, beides spezielle Vertragsnormen. Weil das Erneuerbare-Energien-Gesetz 579 Die herrschende Lehre sieht das Willkürverbot in Art. 3 Abs. 1 GG, Schachtschneider hingegen sieht es bereits in Art. 2 Abs. 1 GG verankert, dazu ausführlich K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 372 ff. 580 Zur Preisfestsetzung aus volkswirtschaftlicher Sicht, s. J. Kruse, Ordnungstheoretische Grundlagen der Deregulierung, in H. St. Seidenfus (Hrsg.), Deregulierung – eine Herausforderung an die Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Marktwirtschaft, S. 28 ff., der dazu sagt: „Interventionen in die Preisfestsetzung von Unternehmen sind für Wettbewerbsmärkte ökonomisch nicht begründbar.“ In Bezug auf den Umweltschutz allerdings befürwortet er eine staatliche Regulierung, ders., ebenda, S. 29.

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VII. Probleme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes

vom deutschen Gesetzgeber erlassen wurde, ist dies eine staatliche Maßnahme, die nicht gegen Art. 81 EGV verstößt581. Die allgemeineren Normen haben somit weiterhin Bestand, dürfen aber nicht allzu eng ausgelegt werden582. In Verbindung mit Art. 81 EGV bedeutet dies, daß den Mitgliedstaaten auf wirtschaftlichem Gebiet nicht jeder Eingriff in den freien Wettbewerb untersagt ist583. Genausowenig ist eine allzu weite Auslegung gestattet. Weit heißt hier, daß der nationale Gesetzgeber Verordnungen oder Gesetze erläßt, die es den Unternehmen erlauben, sich dem Wettbewerb zu entziehen584. Wird durch Verordnung oder Gesetz kartellartiges Verhalten begründet oder zumindest zugelassen, ist also die Wirkung der Regelung auf dem freien Markt kartellartig, verstößt das gegen Gemeinschaftsrecht. Man kann in diesem Fall von einem Kartell aufgrund eines Gesetzes sprechen. Ausnahmeregelungen hiervon können insbesondere die Förderung erneuerbarer Energien darstellen und so mittelbar der Umweltschutz. In keinem Fall sind jedoch die Maßnahmen der Art. 81 f. EGV auf unternehmerisches Handeln anzuwenden, weil das wettbewerbswidrige Verhalten den Unternehmen durch nationale Rechtsvorschriften, durch staatliche Maßnahmen also, vorgeschrieben wird585. Ein gemeinschaftswidriger Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln der Art. 81 f. EGV besteht nicht. Ein Kartell oder eine ähnliche Absprache existiert nicht. Bei dem Erneuerbare-Energien-Gesetz handelt es sich um eine staatliche Maßnahme, so daß die Preisfestsetzung und der Abnahmezwang an den Art. 87 ff. EGV zu messen sind, den Beihilferegeln. Selbst wenn die Wirkung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ein Kartell durch Gesetz begründen würde und somit doch die Art. 81 f. EGV beeinträchtigen würde, wäre dieses über die Ausnahmevorschriften des Art. 81 Abs. 3 EGV, dem Umweltschutz, gerechtfertigt. Eine gemeinschaftswidrige Beihilfe besteht ebenfalls nicht. Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz werden staatliche Mittel weder mittelbar noch unmittelbar tangiert, so daß die Tatbestandsmerkmale für ein Beihilfeverstoß unerfüllt bleiben. Selbst wenn eine Beihilfebeeinträchtigung bestünde, würde sich diese über den Umweltschutz rechtfertigen lassen. Auch die Warenverkehrsfreiheit wird nicht verletzt. Allerdings kann dies nicht mit den originären Rechtfertigungsgründen belegt werden. Weder Art. 30 581

Vgl. Kap. V. 4. a), insb. Kap. V. 4. a) aa). Vgl. VII. 6. 583 s. EuGH v. 10.01.1985 – Rs. 229/83 (Leclerc/Au blé vert), Slg. 1985, I-1, Rdn. 12. 584 s. Fn. 76. 585 EuGH v. 11.11.1997 – verb. Rs. C-359/95 P und 379/95 P (Landbroke Racing/ Kommission und Frankreich), Slg. 1997, I-6265, Rdn. 33; H. Schröter, in: Groeben/ Thiesing/Ehlermann, EWG, Art. 85, Rdn. 47 f. m. w. Nachw.; U. Ehricke, Staatliche Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Energien und europäisches Wettbewerbsrecht, RdE 2003, 60. 582

13. Zusammenfassung

355

EGV noch die Cassis-Formel rechtfertigen die Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit, sondern die Umsetzung europäischer Umweltpolitik. Die Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs resultiert aus der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe, die Marktbedingungen der einzelnen Mitgliedstaaten innerhalb einer gewissen Bandbreite gleich zu gestalten. Die mitgliedstaatlichen Eingriffe werden in Form von Richtlinien vorgegeben und können somit von der Kommission kontrolliert werden. Dadurch kann gewährleistet werden, daß die erforderlichen staatlichen Eingriffe, die zur Erreichung der gesetzten Ziele nötig sind, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit das mildeste Mittel darstellen, um den Wettbewerb oder die Warenverkehrsfreiheit einzuschränken586, und somit nicht gegen die Grundfreiheiten, insbesondere die des freien Warenverkehrs verstoßen wird. Die im Jahr 2003 hinzugefügte besondere Ausgleichsregelung hat keinen Einfluß auf das europäische Recht. Allerdings verstößt sie gegen deutsches Verfassungsrecht. Die für eine Entlastung von den Regenerativstromkosten zu erfüllenden Tatbestandsmerkmale lassen sich im wesentlichen in zwei Teile unterscheiden: Die Unterscheidung des produzierenden Gewerbes von den übrigen Letztverbrauchern und die Kriterien, die ein produzierendes Gewerbe zu erfüllen hat, um von der Regelung profitieren zu können. Die Unterscheidung der Unternehmenszweige läßt sich mit Gemeinwohlbelangen rechtfertigen, zumal hierdurch vermeintliche Konkurrenten nicht unterschiedlich behandelt werden. Die Abhängigkeit der jährlichen Stromabnahme und deren Kopplung an die Bruttowertschöpfung des profitierenden Unternehmens läßt sich hingegen nicht begründen. Durch den Erlaß der besonderen Ausgleichsregelung wirkt der deutsche Gesetzgeber den nationalen Zielen entgegen. Die kartellähnliche Wirkung, welche die besondere Ausgleichsregelung entfaltet, verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz587, so daß die Maßnahme mit dem nationalen Recht, namentlich dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, unvereinbar ist. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz, verstößt weder in der Fassung von 1998, noch in der Fassung von 2003 und auch nicht in der novellierten Fassung von 2004 gegen gültiges europäisches Recht. Die besondere Ausgleichsregelung verstößt hingegen sowohl in der ersten Fassung von 2003 als auch in der überarbeiteten Version gegen nationales Verfassungsrecht und ist mit dem Grundgesetz unvereinbar.

586 Vgl. U. Ehricke, Staatliche Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Energien und europäisches Wettbewerbsrecht, RdE 2003, 65. 587 Dazu ausführlich K. A. Schachtschneider, Prinzipien des Rechtsstaates, S. 366 ff.

VIII. Schlußfolgerung und Ausblick 1. Wettbewerb Die Einführung von Wettbewerb bezweckt vorrangig eine Verschlankung der Kostenstruktur innerhalb eines Unternehmens und die Einführung von mehr Transparenz. Wettbewerb darf aber nicht immer uneingeschränkt als vorteilhaft dargestellt werden. Zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit müssen gerade in umkämpften Märkten die Kosten gesenkt werden. Ein großes Einsparpotential, das in vielen Unternehmen gesehen wird, ist die Einsparung von Personal oder die Abwanderung der Industrie in die so genannten „Billiglohnländer“, weil im Wettbewerb alles „billig“ sein muß1. Dieses Problem ist vor allem auch für die deutsche Volkswirtschaft von großer Bedeutung, wegen der hiesigen verhältnismäßig hohen Lohn- und Lohnnebenkosten. Sicherlich freut sich der Verbraucher über sinkende Preise. Es bleibt aber abzuwarten, inwiefern sinkende Preise, die von vorübergehender Art sein können, für eventuell sinkende Qualität gerechtfertigt sind, von der Bevölkerungszufriedenheit ganz abgesehen. So ist zu sehen, wie sich die Beschäftigtenzahlen entwickeln. Gerade in der nahen Vergangenheit ist des öfteren zu beobachten gewesen, daß die Einführung von Wettbewerb oft zu Entlassungen führte2. Dies gilt für den Energiemarkt ebenso. Hatten im Jahr 1993 die deutschen Energieversorger noch 204.400 Beschäftigte, waren es im Jahr 2003 nur noch 131.500 Beschäftigte. Gesetzt den Fall, die prognostizierte Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt wird erfüllt, müßte die Zunahme von Arbeitsplätzen im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen den Wegfall der Arbeitsplätze insbesondere im Bereich der „Großen“, ehemals staatlichen Unternehmen in einem angemessenen Maß kompensieren, so daß unterm Strich wirklich von einer gesunden Volkswirtschaft geredet werden kann, so wie es der EG-Vertrag vorsieht3, und zwar nicht nur auf europäischer Ebene, sondern auch auf nationalstaatlicher Ebene. 1 Vgl. W. Harms, Perspektiven des deutschen und europäischen Wettbewerbsrechts für die Energiewirtschaft, in: ders. (Hrsg.), Konturen eines EG-Energiemarkts, S. 245 f. m. w. Nachw.; ähnlich auch H. Michaelis, Der Weg zu einem europäischen Binnenmarkt für Energie, ET 1996, 216. 2 Dies gilt insbesondere im Bereich der Großunternehmen, die durch Fusionen oft Personal freisetzen und nicht selten in erheblichem Umfang. 3 Insb. Art. 2 EGV, a. a. Art. 4 Abs. 3 EGV, laut einer Studie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit arbeiten in etwa 120.000 Menschen direkt oder indirekt im Bereich erneuerbarer Energien, vgl. Erneuerbare Energien in Zahlen, Stand: März 2004, S. 4.

3. Änderung des Fördermodells

357

So darf aus deutscher Sicht, aber auch aus der Sicht anderer Nationen, nicht einzig der reine Wettbewerb im Vordergrund stehen, sondern es muß auch darauf geachtet werden, daß eine gesunde Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gewährleistet ist. Dieses Ziel ist nicht um jeden Preis und für ein jedes Unternehmen anzustreben, zumindest muß aber in der Gesamtheit eine angemessene Voraussetzung dafür geschaffen werden. Dies liegt nicht nur im nationalen Interesse, sondern auch im gesamteuropäischen. Die Kommission führt zur Zeit eine Studie zur Bewertung der Auswirkungen der Liberalisierung der Energiemärkte auf die Umwelt insgesamt durch. Die Kommission wird die Lage genau beobachten und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zum Schutz der Umwelt vorschlagen, die gleichzeitig mit den Binnenmarktvorschriften im Einklang stehen4. Die Kommission wird ihre daraus resultierenden Schlußfolgerungen spätestens zum 27. Oktober 2004 in einem zusammenfassenden Bericht veröffentlichen5.

2. Reziprozitätsklausel Das vorzeitige Außerkrafttreten der Reziprozitätsklausel (Art. 4 § 2 NeuregelungsG), so wie es der derzeitige Gesetzesentwurf zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vorsieht, ist unter Gleichheitsgesichtspunkten nicht erstrebenswert. Diese Klausel stellt keine Protektionsklausel dar, sondern eine Maßgabe zur Wahrung der Chancengleichheit im Wettbewerb. So sollte, unabhängig der Tatsache, ob die Reziprozitätsklausel tatsächlich Wirkung entfaltet oder nicht, deren Laufzeit nicht verkürzt, sondern verlängert werden. Der Zeitpunkt des Außerkrafttretens sollte mit dem der vollständigen europäischen Marktöffnung zusammenfallen, dem 01. Juli 2007 also.

3. Änderung des Fördermodells Durch die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes hätte das Vergütungsmodell regenerativen Stroms geändert werden müssen. Nachdem das deutsche System zwar einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglicht, andere Fördermodelle aber den zwischenstaatlichen Verkehr oder den Wettbewerb geringfügiger beeinträchtigen, hätte man die Einführung eines Kombinationsmodells in Erwägung ziehen müssen. Eine sinnvolle Erweiterung des bestehenden Fördermodells wäre die anteilige Festlegung eines jeden ökologisch förderungswürdigen Primärenergieträgers, gekoppelt mit einer Absatzgarantie. Also eine Verbindung des Quotenmodells mit 4 5

s. KOM(2001)125 endg., S. 27. s. Art. 3 Abs. 4 UA 2 RegStRL.

358

VIII. Schlußfolgerung und Ausblick

dem Prinzip, regenerativ erzeugten Strom auf dem Markt zu wirtschaftlich sinnvollen Konditionen auch absetzen zu können. Somit würden langfristig derzeit noch kostenintensive Stromgewinnungsanlagen nicht vom Markt verdrängt werden, der Anteil regenerativen Stroms am Markt würde auch weiterhin erhöht werden, gleichzeitig würden die Hersteller regenerativen Stroms aber auch gegenseitig in Wettbewerb treten. Das Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz geht in einem ersten Schritt zumindest soweit, als daß Herkunftsnachweise für regenerativen Strom eingeführt werden, die sich auch handeln lassen können, weil sie Angaben zu der erzeugten Strommenge, Erzeugungszeitraum und Erzeugungsanlagen enthalten (Art. § 17 Abs. 2 Nr. 1 und 5 EEAusbG), so wie es auch die Regenerativstromrichtlinie vorsieht (Art. 5 RegStRL). In einem weiteren Schritt sollen handelbare grüne Zertifikate eingeführt werden, die dann auch über die Staatsgrenzen hinweg gehandelt werden können. Durch die Einführung von Zertifikaten und dem damit vorgesehen Handel wird zumindest der Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit Rechnung getragen. Gänzlich wird sie wohl, wenn überhaupt, erst in ferner Zukunft verschwinden. Dafür sind die verschiedenen mitgliedstaatlichen Märkte noch zu inhomogen ausgestaltet, insbesondere auch wegen der Neuaufnahme der zehn osteuropäischen Staaten in die Gemeinschaft am 01.04.2004. Trotz Beschleunigungsrichtlinien wird dies wohl noch eine geraume Zeit so bleiben.

4. Anpassung der Förderungssumme Nachdem das Vergütungsmodell des Abnahmezwangs in Verbindung mit der Preisfestsetzung regenerativen Stroms beibehalten wurde, sind zumindest die Fördersummen anpassungsbedürftig. Ein wirtschaftlicher Betrieb sollte zwar nach wie vor ermöglicht werden, ein Gewinn muß nicht von vornherein gewährleistet werden. Vielmehr sollte der Gewinn durch geschicktes Wirtschaften der Nutznießer zu Stande kommen. So werden in der Neufassung des ErneuerbareEnergien-Gesetzes die Vergütungs- und Degressionssätze an die aktuellen Begebenheiten angepaßt. Insbesondere die Vergütungssätze für Strom, der aus Windenergie und aus Wasserkraft gewonnen wird, wurden modifiziert und sind nun stärker von der installierten Leistung, dem Ertrag und dem Anlagenalter abhängig. Hervorzuheben ist die separierte Regelung von onshore und offshore Windkraftanlagen. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen die veränderten Vergütungs- und Degressionssätze auf die Volkswirtschaft haben werden.

5. Förderung der technischen Entwicklung Es läßt sich nicht leugnen, daß das Erneuerbare-Energien-Gesetz in den Bereich der energiepolitischen Maßnahmen fällt, die neben Art. 154 ff. EGV sowohl unter Art. 157 EGV wie auch unter Art. 163 EGV ergriffen werden kön-

5. Förderung der technischen Entwicklung

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nen6. Die Ziele der Industriepolitik des Art. 157 EGV sind erklärtermaßen7 insbesondere auch die Förderung der technischen Entwicklung8. Primärer Zweck des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und dessen Nachfolgeregelung, dem Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz, ist es, den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromversorgung zu erhöhen. Der Gesetzeszweck des Erneuerbare-EnergienAusbaugesetzes wurde richtigerweise aber um die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien erweitert. So läßt sich die technologische Entwicklung unmittelbar aus der Erzeugung von Strom aus regenerativen Energien ableiten. Die dazu benötigten Verfahren sind nicht notwendigerweise aufwendig, in jedem Fall aber innovativ. Dieses Innovationspotential gilt es zu finanzieren. So ist es zwar lobenswert, den Gesetzeszweck um die Komponente der technologischen Entwicklung erweitert zu haben. Um dem aber Nachdruck zu verleihen, insbesondere aber, weil im Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz die Abnahmepflicht zu festgesetzten Preisen fortbestehen bleibt, hätte dem Gesetzestext eine Klausel beigefügt werden müssen, welche die begünstigten Stromerzeuger dazu verpflichtet, einen Mindestsatz der erhaltenen Vergütungszahlungen nicht nur in den Erhalt der Anlagen zu investieren, sondern vor allem auch in die kontinuierliche Modernisierung der Anlagen9. So sollte nicht „nur“ die technische Sicherheit gewährleistet sein und der Standard „nur“ auf einem Niveau gehalten werden, daß die Anlagen vom TÜV abgenommen werden, sondern es sollte auch hier, zumindest im Rahmen einer Selbstverpflichtung seitens der Anlagenbetreiber, wie ehemals auch der Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung, die Infrastruktur auf einem möglichst hohen Niveau gehalten werden, wie etwa der bestmöglichen Technologie. Eine ähnliche Maßnahme sieht auch der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen vor10, die sich leicht mit den erklärten Gemeinschaftszielen rechtfertigen ließe. Gefördert werden sollen nicht nur der Umweltschutz, sondern auch die Forschung und Entwicklung11. Dieses Ziel genießt zwar nicht dieselbe Priorität wie der Umweltschutz, allerdings würde dieser hierdurch nicht beeinträchtigt werden, im Gegenteil sogar. Je moderner die jeweiligen Anlagen sind, desto höher ist ihr Wirkungsgrad, die Elektrizitätsausbeute pro eingesetztem Primärenergieträger also. Die Abnahmemenge von Strom aus erneuerbaren Energien würde gestei6

s. Kap. II. 1. a). s. Kap. V. 7. 8 Die Ziele des Art. 163 EGV differieren nur wenig von denen des Art. 157 EGV, da auch hier die Förderung der technischen Entwicklung im Vordergrund steht. 9 Vgl. §§ 4 Abs. 2, 16 EnWG. 10 Vgl. dazu Kap. VII. 10. e). aa). 11 Art. 3 Abs. 1 lit. n EGV; u. a. in Art. 157 Abs. 1 UAbs. 2 Spstr. 4 EGV gefordert; ähnlich Art. 163 Abs. 3 EGV; prinzipiell sind die Forschung und die technologische Entwicklung in Titel XVIII in den Art. 163–173 EGV geregelt; vgl. auch EGKommission (Hrsg.), XX. Bericht über die Wettbewerbspolitik, Tz. 284. 7

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VIII. Schlußfolgerung und Ausblick

gert werden, wodurch sowohl dem nationalen als auch dem europäischen Ziel, die Nutzung dieser Energiequellen zu steigern, Rechnung getragen werden würde. Einzig die bis dato unangefochtenen Sieger, die aus dem ErneuerbareEnergien-Gesetz hervorgehen, nämlich die Produzenten regenerativen Stroms, würden nun ihrerseits in Mitleidenschaft gezogen werden. Sie würden wiederum ihren Beitrag zur Förderung der Forschung und Entwicklung leisten. Dadurch würde sich lediglich ihr Gewinn, der ihnen gesetzlich zugeschrieben ist, verringern. Der Kreis derer, die von dem Erneuerbare-Energien-Gesetz profitieren, würde sich um die Entwickler und Forscher erweitern. Es würden keine zusätzlichen Gelder seitens der Stromabnehmer ausbezahlt, sondern die Gelder würden gerechter verteilt werden12. Es bleibt zu berücksichtigen, daß es nicht zuletzt die Weiterentwicklung und Optimierung von Prozessen und technischen Komponenten, die aus der Forschung und Entwicklung resultieren, sind, die den Umweltschutz maßgeblich vorantreiben. Durch die Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist der Gesetzgeber dem lediglich in abgeschwächter Form nachgekommen. Eine Pflicht zur Modernisierung „regenerativer Kraftwerke“ begründet der Gesetzestext nicht. Er schafft jedoch eine dahingehende Anreizwirkung. Bei der Vergütungshöhe und -dauer wird zum Teil zwischen Neu- und Altanlagen differenziert. So kann beispielsweise die Förderdauer von Windkraftanlagen verlängert werden, indem die installierte Leistung durch Erneuerung oder Ersatz mindestens verdreifacht wird (sogenanntes „Repowering“; § 10 Abs. 2 Nr. 2 EEAusbG). Ähnlich ist dies für die Wasserkraft. Ein Kriterium der Förderung bestimmter Anlagen ist, daß diese erneuert werden und dadurch eine Leistungssteigerung von mindestens 15% hervorgerufen wird (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 EEAusbG).

12 Das die Ausgestaltung der Art und Weise der Verteilung der in Frage stehenden Gelder nicht gegen europäisches Beihilferecht verstößt, wurde ausführlich in Kap. VII. 12. b) dargelegt.

IX. Zusammenfassung in Thesen 1. Die wichtigsten energierechtlichen Rechtsakte auf europäischer Ebene finden sich nicht im Primärrecht, sondern im Sekundärrecht. Neben anderen Richtlinien gehören für die Liberalisierung des europäischen Energiebinnenmarktes insbesondere die Elektrizitäts- und Gasbinnenmarktrichtlinien dazu. Um dem Umweltschutz gebührend Rechnung zu tragen, ist noch die Regenerativstromrichtlinie zu nennen (Kap. II.). 2. Auf deutscher Ebene beschränken sich die wichtigsten energierechtlichen Rechtsakte, um der Umsetzung der genannten Richtlinien nachzukommen, im wesentlichen auf das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts, welches das Energiewirtschaftsgesetz enthält und das ErneuerbareEnergien-Gesetz, das die Regenerativstromrichtlinie umsetzt. Zu erwähnen sind aber auch noch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz und das Energiesicherungsgesetz (Kap. II.). 3. Die monopolistische Struktur der Energieversorgungsunternehmen wurde in Deutschland durch Ausnahmetatbestände in der alten Fassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ermöglicht. Um einem Mißbrauch entgegenzuwirken, unterstanden die Versorgungsunternehmen den Kartellämtern. Zum Ausgleich ihrer Monopolstellung unterlagen die Energieversorgungsunternehmen einem Kontrahierungszwang nach § 6 EnWG a. F. (Kap. III.). 4. Ein Durchleitungsrecht Dritter bestand prinzipiell nicht, ebenso war eine Durchleitungsverweigerung grundsätzlich nicht untersagt, sie durfte aber nicht unbillig sein. Jedoch hatten die versorgungswirtschaftlichen Interessen des Netzeigners Vorrang. Es bestanden Verträge, welche den Bau von Stichleitungen durch das Gebiet eines fremden Elektrizitätsversorgungsunternehmens erlaubten. Ein Netzanschluß Dritter war hiermit nicht verbunden (Kap. III.). 5. Bis zur Energierechtsreform bestanden in Deutschland Demarkationsverträge, die ersatzlos abgeschafft wurden. Das Konzessionsabgabenrecht bleibt hingegen auch nach der Energierechtsreform bestehen (Kap. III.). 6. Dir rechtliche Ausgestaltung der Versorgungspolitik der anderen Mitgliedstaaten stellt sich teils ähnlich, teils sehr unterschiedlich dar. Gemein war allen Mitgliedstaaten, daß sie den Energiesektor der besonderen staatlichen

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IX. Zusammenfassung in Thesen

Aufsicht unterstellten. Großbritannien liberalisierte seinen Elektrizitätsmarkt bereits 1990 (Kap. III.). 7. Die erste Stufe der Strommarktliberalisierung wurde 1991 mit der Umsetzung der beiden Transitrichtlinien für Elektrizitäts- und Erdgaslieferungen über große Netze und die Transparenzrichtlinie, die spätestens zum 01. Juli 1991 und 01. Januar 1992 umzusetzen waren, vollzogen (Kap. IV.). 8. Die zweite Stufe sollte ursprünglich Anfang 1993 beginnen und die Umsetzung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie beinhalten. Weil die Beratungen im Europäischen Parlament und im Rat jedoch nicht schnell genug voranschritten, konnte die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie zunächst nicht erlassen werden, so daß der gesetzte Zeitplan nicht eingehalten werden konnte. Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie trat schlußendlich im Jahr 1997 in Kraft (Kap. IV.). 9. Die dritte Stufe der Strommarktliberalisierung, die nach dem ursprünglichen Zeitplan zum 01. Januar 1996 beginnen sollte, baut auf den gesammelten Erfahrungen der zweiten Stufe auf. Ihr Ziel ist es, den Energiebinnenmarkt zu vollenden. Weil das durch die Beschleunigungsrichtlinie für Elektrizität vom 26. Juni 2003 realisiert wird, muß dies auch als der Zeitpunkt angesehen werden zu dem die dritte Stufe der Strommarktliberalisierung faktisch beginnt (Kap. IV.). 10. Das Hauptziel der Liberalisierung ist ein vom Wettbewerb geprägter Markt. Dieser soll unter Berücksichtigung der Einfuhrabhängigkeit der Primärenergieträger sowie einer dauerhaften Energieversorgung durch Förderung der Energietechnologien und der Energieforschung realisiert werden. Die Energieversorgung soll möglichst sicher und preisgünstig sein und möglichst keine Umweltschäden verursachen. Durch Einsatz regenerativer Energien soll die Ressourcenschonung und die Energieeinsparung intensiviert werden. Darüber hinaus wird die Senkung der CO2-Emissionen angestrebt. Aufgabe der europäischen Wettbewerbshüter ist es sicherzustellen, daß der gemeinsame Binnenmarkt nicht durch wettbewerbsschädliche Praktiken der Energieversorgungsunternehmen verzerrt oder sogar völlig ausgeschaltet wird. Gegen allzu große Marktmacht wird insbesondere das Instrument der Entflechtung eingesetzt (Kap. V. 1.). 11. Besondere Bestimmungen zur Harmonisierung des Elektrizitätsbinnenmarktes enthält der EG-Vertrag nicht. Ausdrücklich wird der Bereich der Energie als Tätigkeit in Art. 3 Abs. 1 lit. u EGV erwähnt, was jedoch keine Befugnis überträgt. Wegen der schmalen primärrechtlichen Grundlagen ist die europäische Energiepolitik stark durch das Sekundärrecht geprägt, insbesondere durch Richtlinien (Kap. V. 2.).

IX. Zusammenfassung in Thesen

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12. Mit den Art. 47 Abs. 2, 55 EGV, auf die sich die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinien stützen, wurde die richtige Ermächtigungsgrundlage verfehlt, weil weder die Niederlassungs- noch die Dienstleistungsfreiheit geregelt werden soll. Art. 95 EGV, auf den sich die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinien ebenfalls stützen, trifft die korrekte Ermächtigungsgrundlage insofern, als daß der Elektrizitätsbinnenmarkt harmonisiert werden soll. Zweifelhaft ist, ob Art. 95 EGV die Entflechtung und das Nebeneinander von Marktzugangs- und Dienstleistungssystemen deckt. Eine sichere, belastungsfähige Grundlage, um Dritten den Netzzugang zu gewähren und insbesondere die Energieversorgungsunternehmen gesellschaftsrechtlich zu entflechten, kann darin nicht gesehen werden. Der Erlaß der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinien verletzt das Prinzip der begrenzten Ermächtigung, das durch die Art. 3, 5, 7 Abs. 1 und 249 Abs. 1 EGV zum Ausdruck kommt. Eine Berufung auf Art. 3 Abs. 1 lit. u EGV, der zumindest Maßnahmen im Bereich der Energie vorsieht, ist nicht möglich, weil diese Vorschrift nur Aufgaben und Ziele der Gemeinschaft beschreibt, aber keine Handlungsermächtigung enthält. Weil das Hauptziel wettbewerbs- und umweltpolitische Maßnahmen sind, hätte sich die Richtlinie zusätzlich auf Art. 83 EGV stützen müssen. Wegen der Vorrangregelung, aber auch der in Verbindung mit Art. 95 EGV auftretenden Konflikte, wäre ein Verweis auf Art. 308 EGV treffender gewesen (Kap. V. 2.). 13. Die Regenerativstromrichtlinie stützt sich auf den Umweltartikel 175 Abs. 1 EGV. Dies entspricht der gängigen Rechtsprechung, wonach auf Art. 175 EGV zurückzugreifen ist, wenn ausschließlich oder zumindest in erster Linie der Umweltschutz geregelt werden soll, was im Bereich der Regenerativstromrichtlinie zutreffend ist. Die in der Richtlinie enthaltenen Regelungen sind im Vergleich zur Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie recht weit gefaßt und lassen dem nationalen Gesetzgeber verhältnismäßig viel Spielraum. Die Wahl des Art. 175 Abs. 1 EGV ist die richtige Rechtsgrundlage (Kap. V. 2.). 14. Bei der Erfüllung der Vertragsziele lassen sich Zielkonflikte kaum vermeiden. Beispielhaft sei hier die Spannung zwischen Umweltschutz und Warenverkehrsfreiheit aber auch den Wettbewerbsregeln, welche die Beihilferegeln mitbeinhalten, genannt. Diese Gegensätze gilt es im Wege der Konkordanz zu lösen. Ist eine harmonische Lösung nicht zu finden, so ist es unumgänglich, dem einen oder anderen Ziel vorübergehenden Vorrang einzuräumen. Dieser Vorrang darf jedoch nicht über das zwingend Nötige hinausgehen und muß zu jedem Zeitpunkt dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügen (Kap. V. 3.). 15. Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb ist die Marktgleichheit, was voraussetzt, jedem Mitstreiter die Chance zu geben, sich am Markt behaup-

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IX. Zusammenfassung in Thesen

ten zu können. Um ein Marktungleichgewicht zu vermeiden, wird unter anderem das Mittel der Subvention schwächerer Teilnehmer eingesetzt. Das Mittel der Subvention ist somit nicht notwendigerweise eine Maßnahme, um einem Marktteilnehmer eine bevorzugte Position zu verschaffen oder eine verschleierte Beihilfe zu genehmigen, sondern kann eine verschobene Marktlage korrigieren (Kap. V. 3.). 16. Energieversorgungsunternehmen sind mit einer Aufgabe von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Art. 86 Abs. 2 EGV betraut, woraus sich die Möglichkeit ergibt, von den Beihilferegeln freigestellt zu werden. Solange die Energieversorgungsunternehmen ihrer Aufgabe ordnungsgemäß nachkommen können, ist eine Freistellung jedoch nicht vorgesehen (Kap. V. 4.). 17. Elektrischer Strom ist ein geldwertes und handlungsfähiges Gut, das als Ware anzusehen ist. Die Bereithaltung des Leitungsnetzes zur Versorgung mit Strom, die Durchleitung, die permanente Versorgungssicherheit und -nachhaltigkeit und das Bereithalten der Elektrizität an den Entnahmestellen, zu den Zeiten und den Mengen, die das weiterleitende Versorgungsunternehmen oder der Endabnehmer bestimmen, ist eine Dienstleistung (Kap. V. 5.). 18. Seit der Aufhebung der Demarkationsverträge wird ein staatenübergreifender Energiehandel nicht nur praktiziert, sondern forciert. Ist die nationale Versorgungssicherheit gefährdet, kann dies als Schutzanliegen gesehen werden, das aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit eine staatlich angeordnete Beschränkung des zwischenstaatlichen Energiehandels zulassen würde (Kap. V. 5.). 19. Wegen des Abnahmezwangs regenerativen Stroms, der durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz vorgeschrieben ist und dem heimische Energieversorgungsunternehmen unterliegen, wird der staatenübergreifende Handel mittelbar beeinträchtigt, was einer Maßnahme gleicher Wirkung gleich kommt (Kap. V. 5.). 20. Die Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie erwähnt ausdrücklich, daß die Mitgliedstaaten aus Gründen des Umweltschutzes der Elektrizitätserzeugung auf der Grundlage erneuerbarer Energien Vorrang einräumen können. Die Kommission möchte Mitgliedstaaten sogar zum Erlaß geeigneter Maßnahmen verpflichten, um den Umweltschutz zu gewährleisten (Kap. V. 6.). 21. Der Umweltschutz wird in Art. 174 EGV (Umweltartikel) behandelt, der jedoch keinen eindeutigen Rang bestimmt. Eine Neugewichtung auf primärrechtlicher Ebene wird dem Umweltschutz durch Art. 6 EGV (Querschnittsklausel) verliehen, welche die Mitgliedstaaten zum Umweltschutz und zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung anhalten soll. Maßnahmen, die den freien Warenverkehr beeinträchtigen, können somit unter dem

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Gesichtspunkt des Umweltschutzes gerechtfertigt sein. Insbesondere versteht man hierunter die in Art. 174 EGV aufgezählten Grundsätze des Schutzes und der Verbesserung der Umweltqualität, der Schonung der Ressourcen, der Wahrung des Vorsorge- und Vorbeugeprinzips, der Bekämpfung der Beeinträchtigung an der Quelle und das Verursacherprinzip (Kap. V. 6.). 22. Der Europäische Gerichtshof geht nunmehr tendenziell sogar von einem relativen Vorrang des Umweltschutzes aus. Er erhebt die Umweltverträglichkeit zu einem allgemeinen Rechtsgebot, so daß der Umweltschutz im Konfliktfall nun nicht mehr neben die Gemeinschaftsziele tritt, sondern grundsätzlich Vorrang hat. Daraus folgt nicht, daß der Umweltschutz eine uneingeschränkte Vorrangstellung innehat. Bei einer Güter- und Interessenabwägung genießt der Umweltschutz einen hohen Rang, der vor allem wirtschaftliche Gründe zurücktreten läßt (Kap. V. 6.). 23. Jeder ist befugt, Kraftwerke zwar mit behördlicher Genehmigung, aber ohne staatliche Prüfung zu errichten und zu betreiben, solange er sich an Vorgaben hält (Kap. VI. 1.). 24. Mit der Novellierung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie werden sowohl der verhandelte Netzzugang als auch das Alleinabnehmersystem abgeschafft. Der Netzzugang hat dann nach dem Modell des regulierten Netzzugangs auf der Grundlage veröffentlichter Tarife stattzufinden. In Deutschland wurden zwar schon mehrere Entwürfe für ein neues Energiewirtschaftsgesetz erlassen, allerdings wird die endgültige Fassung voraussichtlich erst Anfang 2005 erlassen werden, womit Deutschland im Verzug mit der Richtlinienumsetzung ist, so daß bis dahin nach wie vor die Modelle des verhandelten Netzzugangs und das des Alleinabnehmermodells Bestand haben (Kap. VI. 3.). 25. Die durch den Netzanschluß entstehenden Kosten sind vom Anschlußbegehrenden zu zahlen, wohingegen die Netzausbaukosten vom Netzbetreiber zu tragen sind. Die ihm entstehenden Kosten kann er bei der Ermittlung des Netznutzungsentgelts in Ansatz bringen (Kap. VI. 3.). 26. Grundsätzlich läßt sich sagen, daß die Grenze zwischen Netzanschluß- und Netzausbaukosten anhand der Eigentumsverhältnisse zu ziehen ist. Noch zu schaffende Anlagenteile sind dann als Netzbestsandteile zu betrachten, die vom Netzbetreiber zu zahlen sind, wenn diese das Eigentum daran erlangen (Kap. VI. 3.). 27. Nach dem Energiewirtschaftsgesetz besteht ein Anspruch Dritter gegenüber einem Netzbetreiber auf einen Netzanschluß und Durchleitung. Der Netzbetreiber kann eine Durchleitung nur noch dann ablehnen, wenn ihm eine Durchleitung unmöglich oder aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen

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unzumutbar ist. Unterschieden wird dabei zwischen absoluten und relativen Verweigerungsgründen. In der gängigen Praxis war eine Durchleitungsverweigerung eines Netzbetreibers bislang noch nicht erfolgreich (Kap. VI. 4.). 28. Herzstücke der Beschleunigungsrichtlinien für Elektrizität und Gas sind die Entflechtungsregeln, die der deutsche Gesetzgeber mittels Novellierung des Energiewirtschaftsrechts umsetzt. Er geht dabei aber weiter als von den Richtlinien gefordert (Kap. VI. 5.). 29. Die Entflechtungsregeln sollen mehr Wettbewerb in den europäischen Energiebinnenmarkt bringen. Sie bestehen aus der gesellschaftsrechtlichen, der operationellen, der informationellen und der buchhalterischen Entflechtung des Netzbetreiberbereichs und des Bereichs der Gewinnung, der Erzeugung oder des Vertriebs von Energie an Kunden. Diese Bestimmungen sind je nach Ausgestaltung und Größe der Unternehmen bis zum 01. Juli 2004, spätestens aber zum 01. Juli 2007 umzusetzen. Unter besonderen Umständen können hiervon Ausnahmen erteilt werden (Kap. VI. 5.). 30. Sollte das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine Wettbewerbsbeeinträchtigung verursachen, wäre die Spürbarkeit unter Beachtung der seit 2001 geltenden De-Minimis-Regel zu bejahen. Die dort geforderte Restriktion, daß die in Frage stehende Maßnahme die Verkaufspreise an Dritte nicht festsetzen darf, die Produktion oder der Absatz dadurch nicht beschränkt werden darf oder Märkte oder Kunden aufgeteilt werden, wird nicht erfüllt. Auch die Spürbarkeit für eine etwaige Beeinträchtigung des Beihilferechts ist gegeben. Die in der Bagatellbekanntmachung geforderte 100.000 EuroGrenze pro Unternehmen und Dreijahresfrist wird nicht eingehalten (Kap. VII. 7.). 31. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist eine verhältnismäßige Maßnahme. Es ist sowohl geeignet den Umweltschutz zu fördern, als auch dafür erforderlich, weil es die Maßnahme mit dem geringsten Eingriff darstellt. Auch ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine zumutbare Maßnahme, die das rechte und vernünftige Maß einhält und somit angemessen (Kap. VII. 8.). 32. Ein Verstoß gegen Art. 81 EGV ist mangels Erfüllung der dort aufgeführten Tatbestandsmerkmale zu verneinen. Die durch Gesetz bestimmte Preisfestsetzung in Verbindung mit dem Abnahmezwang stellt kein Kartell im Sinne des Art. 81 EGV dar (Kap. VII. 9.). 33. Funktional stellt die Regelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dennoch eine Wettbewerbsverzerrung dar, die jedoch über die Förderung des Umweltschutzes in Verbindung mit Art. 81 Abs. 3 EGV gerechtfertigt werden kann (Kap. VII. 9.).

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34. Ein Beihilfeverstoß besteht nicht. Der für eine Beihilfe zwingend erforderliche Tatbestand besteht nicht darin, daß die fragliche Maßnahme eine staatliche, etwa in Form eines Gesetzes ist, sondern daß staatliche Mittel mittelbar oder unmittelbar in Anspruch genommen werden. Durch den Abnahmezwang und die Vergütungspflicht zu festgesetzten Preisen werden ausschließlich private Mittel beansprucht (Kap. VII. 10.). 35. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz entfaltet eine begünstigende Wirkung insofern, als daß nur der Wirtschaftszweig der regenerativen Stromproduzenten gefördert wird. Keine begünstigende Wirkung besteht hinsichtlich der Vergütung, weil dafür eine angemessene Gegenleistung erbracht wird, nämlich umweltfreundlich produzierter Strom (Kap. VII. 10.). 36. Selbst wenn eine Verletzung des Beihilferechts bestehen sollte, wäre diese über den verfolgten Umweltschutz mittels des Absatzes 3 des Art. 87 EGV zu rechtfertigen. Die im Gesetz festgeschriebene Preisfestsetzung ist aber keine Beihilfe, weil die dadurch entstehenden Mehrkosten allein zu Lasten der Verbraucher gehen (Kap. VII. 10.). 37. Die Weiterwälzung der durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz entstehenden finanziellen Mehrbelastung auf die Endverbraucher steht dem EG-Vertrag nicht entgegen. Mittelbar wird dadurch nicht nur der Ressourcenschonung nachgekommen, sondern auch dem Vorsorge- und Verursacherprinzip (Kap. VII. 10.). 38. Unter Beachtung der in Art. 87 Abs. 1 EGV geforderten Ziele, in Verbindung mit dem Umweltschutz und den damit verbundenen externen Kosten, wird nicht gegen das Beihilferecht verstoßen, weil von den Produzenten regenerativen Stroms eine adäquate Gegenleistung erbracht wird (Kap. VII. 10.). 39. Eine Unterlassung der Förderung der Industriesparte, die Strom aus regenerativen Energiequellen erzeugt, würde zu deren Verdrängung aus dem Markt führen. Dies ist weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene gewollt. Die Preisfestsetzung in Verbindung mit dem Abnahmezwang stellt demnach keine Beihilfe dar, sondern sichert das Überleben auf dem Markt (Kap. VII. 10.). 40. Die im Erneuerbare-Energien-Gesetz verankerte Preisfestsetzung in Verbindung mit dem Abnahmezwang ist geeignet, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen (Kap. VII. 11.). 41. Die ordre-public-Klausel (Art. 30 EGV) kann die Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs nicht rechtfertigen. Der Katalog der Ausnahmetatbestände des Art. 30 EGV ist abschließend. Der Umweltschutz findet darin keine Erwähnung (Kap. VII. 11.).

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42. Die Cassis-Formel kann die Behinderung zwischenstaatlichen Verkehrs ebenso wenig rechtfertigen. Zwar stellt der Umweltschutz ein zwingendes Erfordernis im Sinne der Cassis-Formel dar, jedoch vermag diese keine Ungleichbehandlung bei gleichwertigen Leistungen zu rechtfertigen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz fördert nur in Deutschland produzierten regenerativen Strom und eignet sich somit, ausländischen regenerativ erzeugten Strom ungleich zu behandeln (Kap. VII. 11.). 43. In der neueren Rechtsprechung hat der Europäische Gerichtshof eine tatbestandliche Ausnahme zu den „zwingenden Erfordernissen“ der Cassis-Formel entwickelt, die als neuer Anwendungsfall des Art. 30 EGV erklärt worden ist. Danach können in engen Grenzen auch ungleichbehandelnde Maßnahmen die sich außerhalb des Art. 30 EGV bewegen gerechtfertigt werden, nämlich dann, wenn europäische Integrationspolitik betrieben wird und in diesem Rahmen für politisch sinnvoll erachtete Ziele durchgesetzt werden sollen. Dazu muß die fragliche Maßnahme sowohl eine primärrechtliche Ermächtigung haben als auch eine sekundärrechtliche Regelung finden, dem Vorsorge- und Verursacherprinzip dienen und der geringste Eingriff in die freie Marktwirtschaft zur Zielerreichung sein. In Verbindung mit der durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz verfolgten Umweltpolitik erfüllt dieses alle Kriterien, so daß der freie Warenverkehr zwar beeinträchtigt ist, dieser aber nicht verletzt wird (Kap. VII. 11.). 44. Mit der ersten Gesetzesänderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahr 2003 hat der Gesetzgeber dem Gesetzestext eine besondere Ausgleichsregelung hinzugefügt (Art. 11a EEG). Unter bestimmten Umständen können danach stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes von den durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz entstehenden Mehrkosten zum Teil befreit werden. Zum 01. August 2004 wurde das ErneuerbareEnergien-Gesetz novelliert und mit ihm die besondere Ausgleichsregelung. Danach profitieren nun wesentlich mehr Unternehmen des produzierenden Gewerbes von der besonderen Ausgleichsregelung. Auch wird die dadurch entstehende Mehrbelastung der übrigen Kunden gedeckelt (Kap. VII. 12.). 45. Sollte die besondere Ausgleichsregelung eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne der Art. 81 f. EGV darstellen, so wäre diese auch spürbar. Auch ein Verstoß gegen das Beihilferecht im Sinne des Art. 87 EGV wäre spürbar. Dies gilt sowohl für die erste Fassung der besonderen Ausgleichsregelung als auch für die novellierte Fassung (Kap. VII. 12.). 46. Dem Verursacherprinzip wird die besondere Ausgleichsregelung nicht gerecht. Sobald ein förderungswürdiges Unternehmen davon profitiert, werden die Mehrkosten an die übrigen Letztverbraucher weitergegeben. Dies geschieht aber weder im Interesse des Umweltschutzes noch im Interesse

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der Letztverbraucher. Allerdings stellt das Verursacherprinzip lediglich eine hinreichende aber keine notwendige Rechtfertigung dar, so daß wegen dessen Nichteinhaltung nicht schon ein Europarechts- oder ein Verfassungsverstoß besteht (Kap. VII. 12.). 47. Bei der besonderen Ausgleichsregelung handelt es sich lediglich um eine Zusatzregelung in Form einer Härtefallregelung, die an dem vornehmlichen Ziel des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die Verfolgung des Umweltschutzes durch die Förderung regenerativer Energien, nichts ändert. Sie verstößt weder gegen das Wettbewerbs- oder Beihilferecht, noch gegen die Warenverkehrsfreiheit (Kap. VII. 12.). 48. Die besondere Ausgleichsregelung erfüllt keine der in Art. 81 f. EGV aufgeführten Tatbestandsmerkmale, weil es sich bei ihr um eine staatliche Regelung handelt. Sie eignet sich lediglich dazu, die Vergütungszahlungen umzuverteilen, staatliche Mittel werden nach wie vor weder unmittelbar noch mittelbar in Anspruch genommen, so daß kein Beihilfeverstoß besteht. Die Warenverkehrsfreiheit wird durch die besondere Ausgleichsregelung nicht zusätzlich beeinträchtigt. Weil aber das Erneuerbare-EnergienGesetz in seiner ursprünglichen Fassung Art. 28 EGV nicht verletzt hat, eignet sich auch die besondere Ausgleichsregelung nicht dazu, den freien Warenverkehr zu verletzen (Kap. VII. 12.). 49. Die besondere Ausgleichsregelung verletzt das Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG und somit deutsches Verfassungsrecht. Außer der Differenzierung des produzierenden Gewerbes zum übrigen Gewerbe, lassen sich insbesondere weder die Tatbestandsmerkmale der Mindeststromabnahme, noch die der spezifischen Stromkosten rechtfertigen. Die novellierte Fassung ändert daran nichts, weil sie lediglich die (willkürlichen) Zahlenwerte ändert (Kap. VII. 12.).

Glossar Bedarfsverkauf Stromverkäufe eines Erzeugungsunternehmens an ein Versorgungsunternehmen, das nicht über ausreichende eigene Erzeugungskapazitäten verfügt1. Binnenmarkt Der Binnenmarkt umfaßt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Bruttowertschöpfung „Der Terminus der Bruttowertschöpfung entspricht dem vom Statistischen Bundesamt in volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen verwendeten Begriff. Die Bruttowertschöpfung umfaßt nach Abzug sämtlicher Vorleistungen die insgesamt produzierten Güter und Dienstleistungen zu den am Markt erzielten Preisen und ist somit der Wert, der den Vorleistungen durch eigene Leistungen des Unternehmens hinzugefügt worden ist“2. Deregulierung Wirtschaftspolitisches Programm, vor allem im Rahmen angebotsorientierter Wirtschaftspolitik, zur Reduzierung staatlicher Eingriffe (Regulierung) in das Marktgeschehen. Deregulierung verfolgt das Ziel, ineffiziente Normen und ordnungsrechtliche Vorschriften sowie Marktzutrittsbeschränkungen abzubauen, um für Unternehmen größere Entscheidungsspielräume zu schaffen, wirtschaftliches Wachstum zu begünstigen, Arbeitsplätze zu schaffen und die Schattenwirtschaft einzudämmen. Der Staat soll sich durch die Zurücknahme von gesetzlichen Reglementierungen auf die Schaffung von Rahmenbedingungen für die marktwirtschaftliche Selbststeuerung beschränken3. dezentrale Energieerzeugung – erzeugungsbezogen Energie wird dort gewandelt (Stromerzeugung), wo die entsprechenden klimatischen Bedingungen herrschen oder die Infrastruktur es am besten zuläßt (Windkraftanlage 1 J. L. Pfeffer, Der Wettbewerb und die Umstrukturierung in der Elektrizitätswirtschaft der Vereinigten Staaten, in J. F. Baur (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, S. 29. 2 BT-Drucks. 15/810, S. 6; U. Leprich/A. Thiele, Zielführende Entlastung stromintensiver Unternehmen durch EEG-Härtefallregelung, ET 2003, 632. 3 Brockhaus – Die Enzyklopädie, 20. Aufl.; vgl. auch J. Kruse, Ordnungstheoretische Grundlagen der Deregulierung, in H. St. Seidenfus (Hrsg.), Deregulierung – eine Herausforderung an die Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Marktwirtschaft, S. 10.

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steht auf dem Berg, wo der Wind weht, Wasserkraftwerk ist im Tal, wo der Fluß fließt; s. a. ! verteilte Energieerzeugung)4. Differenzkosten Differenzkosten stellen den Kostenanteil dar, der zusätzlich zu den ! durchschnittlichen Strombezugskosten pro kWh eines Endverbrauchers aufgrund der Förderregelung (§ 11 EEG; § 14 EEAusbG) des Erneuerbare-Energien-Gesetzes anfallen5. Durchleitungsentgelte oder andere Kosten dürfen in diese Kalkulation nicht miteinbezogen werden6. Die Formel für die Ermittlung der Differenzkosten läßt sich wie folgt darstellen [c/kWh] (wobei sämtliche Formelbestandteile auf EVU-Datenbasis zu ermitteln sind)7: DK Dvg dBk kS

Differenzkosten Durchschnittsvergütung durchschnittliche Beschaffungskosten konventioneller Strom

DK = (Dvg „EEG-Strom“ · prozentualer Anteil „EEG-Strom“ + dBk für kS · prozentualer Anteil kS) – dBk für kS durchschnittliche Strombezugskosten durchschnittliche Strombezugskosten sind die „Summe der mit den zugehörigen Strommengen multiplizierten unterschiedlichen Preise dividiert durch die gesamte von dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen bezogene Strommenge“8. Mathematisch handelt es sich dabei also um ein arithmetisches Mittel. Energie Energie sind Elektrizität und Gas, soweit sie zur leitungsgebundenen Energieversorgung verwendet werden9. Energieversorgungsunternehmen (EVU) Elektrizitätsversorgungsunternehmen sind ohne Rücksicht auf Rechtsformen und Eigentumsverhältnisse alle Unternehmen und Betriebe, die andere mit Energie versorgen oder ein Netz für die allgemeine Versorgung betreiben10. Das heißt, daß sowohl Übertragungsunternehmen als auch Verteilungsunternehmen Energieversorgungsunterneh4

Vgl. T. Weller, Marktaspekte der verteilten Energieerzeugung, ET 2001, 90. Vgl. BT-Drucks. 15/810 S. 6. 6 Vgl. BT-Drucks. 15/810 S. 6. 7 Die Formel stammt vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), Referat 434 – Erneuerbare Energien; s. a. V. Oschmann, Die Novelle des ErneuerbareEnergien-Gesetzes, NVwZ 2004, 914. 8 Vgl. BT-Drucks. 15/810 S. 6. 9 Art. 1 § 2 Abs. 1 EnWG. 10 Art. 1 § 2 Abs. 3 EnWG. 5

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men im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes sind. Dabei ist es wichtig, daß ein Interesse der Allgemeinheit besteht. Ein Zurverfügungstellen des Netzes nur für einen oder mehrere von vornherein abschließend festgelegte Abnehmer reicht nicht aus11. Gesamtbedarfskunde Elektrizitätsversorgungsunternehmen ohne eigene Erzeugungskapazitäten, das seinen gesamten Strombedarf von einem anderen Versorgungsunternehmen kauft. Koordinierungsverkäufe Stromaustausch zwischen zwei oder mehreren Versorgungsunternehmen, die alle eine ausreichende Erzeugungs- und Übertragungskapazität besitzen12. Liberalisierung Befreiung von einschränkenden Vorschriften. Aufhebung oder Reduzierung dirigistischer Eingriffe in einen freien Austausch von Gütern und Produktionsfaktoren, im Rahmen angebotsorientierter Wirtschaftspolitik auch als Deregulierung bezeichnet13. Bezogen auf den Außenwirtschaftsverkehr der systematische Abbau von Handelshemnissen (Zölle, Kontingente) und Kapitalverkehrsbehinderungen (Devisenbewirtschaftung)14. Netzbetreiber Betreiber eines Stromverteilungsnetzes15. Der Netzbetreiber muß nicht Eigentümer des physischen Netzes sein, da er es eventuell nur gemietet hat. Ist zur Instandhaltung des Netzes verpflichtet und auch zur Durchleitung von Strom Dritter Parteien, die in einem möglichen Konkurrenzverhältnis stehen16. Verlangt für die Durchleitung aber Entgelt. Preisvereinbarung Vertrag zwischen im einzelnen aufgeführten Parteien, die bestimmte Dienstleistungen erbringen17. 11

Ausführlich W. Danner, in: ders., EnWG, § 2, Rdn. 23 ff. J. L. Pfeffer, Der Wettbewerb und die Umstrukturierung in der Elektrizitätswirtschaft der Vereinigten Staaten, in J. F. Baur (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, S. 29. 13 Kursive Schrift, vom Autor hinzugefügt. 14 Brockhaus – Die Enzyklopädie, 20. Aufl. 15 EuGH v. 13.03.2001 – Rs. C-379/98 (PreussenElektra AG/Schleswag AG), Slg. 2001, I-2099, Rdn. 17; das Stromverteilungsnetz kann auf Nieder, Mittel, Hoch- und Höchstspannungsebene betrieben werden. 16 RL 96/92/EG. 17 J. L. Pfeffer, Der Wettbewerb und die Umstrukturierung in der Elektrizitätswirtschaft der Vereinigten Staaten, in J. F. Baur (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, S. 30. 12

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Repartierung Vorhandene Leitungskapazitäten werden unter allen Netznutzern entsprechend einer bestimmten Quote anteilig aufgeteilt18. Stichleitung Stichleitungen sind Leitungen, mit denen in der Regel Endverbraucher angeschlossen werden. Dabei handelt es sich um Leitungen, die meist an das Verbundnetz angeschlossen werden, um damit Kunden an das Versorgungsnetz anzuschließen. Sie unterscheiden sich von Ringleitungen, die in sich geschlossen sind. Ein Ringnetz, an das mehrere Stichleitungen angeschlossen sind, wird als Strahlennetz bezeichnet. Der Nachteil des Strahlennetzes ist ein eventuell auftretender Spannungsabfall vor allem am Ende einer Stichleitung. stranded costs Investitionen, die, zumeist auf staatliche Veranlassung, noch unter Monopolbedingungen getroffen worden waren und deren Geschäftsgrundlage durch den Wettbewerb gefährdet ist. Im Energiebereich insbesondere Kosten, die durch den Aufbau der Infrastruktur (etwa Netze, Kraftwerke) entstanden sind. Tarif Allgemeines Angebot, jedem Versorgungsunternehmen, das den Nutzungskriterien des Tarifs entspricht, Leistungen zu den angegebenen Bedingungen zu bieten. Er ist kein Vertrag und nicht auf bestimmte Parteien beschränkt19. Teilbedarfskunde Verteilungsunternehmen, denen noch andere Stromquellen, möglicherweise auch eine gewisse eigene Erzeugungskapazität, zur Verfügung stehen. Third Party Access (TPA) Der Zugang Dritter zum Übertragungsnetz20. Alternativ existiert noch der Negotiated Third Party Access (NTPA), der für den verhandelten Zugang Dritter nach § 6 EnWG.

18 B. Scholtka, Die Entwicklung des Energierechts in den Jahren 1998 und 1999, NJW 2000, 553. 19 J. L. Pfeffer, Der Wettbewerb und die Umstrukturierung in der Elektrizitätswirtschaft der Vereinigten Staaten, in J. F. Baur (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, S. 30. 20 Ausführlich G. Wilms, Das Europäische Gemeinschaftsrecht und die öffentlichen Unternehmen, S. 235 ff.

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Übertragung Übertragung ist der Transport von Elektrizität über ein Hochspannungsverbundnetz zum Zwecke der Stromversorgung von Endverbrauchern oder Verteilern21. Das Übertragungsunternehmen ist dem Verteilungsunternehmen vorgeschaltet. Übertragungsdienstleistung Wenn ein Versorgungsunternehmen einen Teil seiner Übertragungskapazität, die zur Zeit zur Versorgung der eigenen Kunden nicht benötigt wird, einem Dritten für die Durchleitung zur Verfügung stellt, erbringt das Unternehmen eine Übertragungsdienstleistung22. verteilte Energieerzeugung – verbrauchsbezogen Ein Kraftwerk wird in der Nähe derjenigen Einrichtung errichtet, wo die erzeugte Arbeit verbraucht wird (s. a. ! dezentrale Energieerzeugung)23. Verteilung Verteilung ist der Transport von Elektrizität mit mittlerer oder niedriger Spannung über Verteilernetze zum Zwecke der Stromversorgung von Kunden24. Das Verteilungsunternehmen ist dem Übertragungsunternehmen nachgeschaltet. zugelassener Kunde Zugelassene Kunden sind die Kunden, die in ihrem Hoheitsgebiet die Rechts- und Geschäftsfähigkeit haben, Stromlieferverträge abzuschließen und Elektrizität von einem Lieferanten ihrer Wahl zu kaufen25.

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Kap. I Art. 2 Abs. 5 ELTRL; s. vergleichend auch „Verteilung“. J. L. Pfeffer, Der Wettbewerb und die Umstrukturierung in der Elektrizitätswirtschaft der Vereinigten Staaten, in J. F. Baur (Hrsg.), Neue Strukturen der Energieversorgung, S. 30. 23 Vgl. T. Weller, Marktaspekte der verteilten Energieerzeugung, ET 2001, 90. 24 Kap. I Art. 2 Abs. 6 ELTRL; s. vergleichend auch „Übertragung“. 25 s. Art. 2 Nr. 12 BeschlEltRL. 22

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Stichwortverzeichnis Abfallurteil siehe Rechtsprechung Abnahmepflicht siehe Erneuerbare-Energien-Gesetz Abnahmezwang 166, 237 Alleinabnehmersystem siehe Netzzugang Alleinbezugsverpflichtung 148 Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden 33, 102 allgemeine Versorgung 181 allgemeines wirtschaftliches Interesse 142, 155, 364 Anschluß- und Versorgungspflicht 111 Antisubventionsgesetz 154 Arbeitsplätze siehe Beschäftigungsniveau Aufstellungsort 195 Ausbaupflicht – Freistellung 203 – wirtschaftliche Zumutbarkeit 86 Ausschließlichkeitsabrede 109 Ausschließlichkeitsrecht 111 AVBEltV siehe Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden Bananenmarktordnung 270 Befugnisergänzungsvorschrift 36, 127, 134 begrenzte Einzelermächtigung 133 begrenzte Ermächtigung 127 Behinderungsgrad 256 Beihilfe 30, 126, 138, 140, 144, 152, 238, 245, 253, 275 – Aufsicht 175 – Begriff 152 – Energiebereich 155 – Freistellungsbefugnis 152

– Gewährung 142 – Kostenabwälzung 303 – Legalausnahme 152 – notifiziert 241, 298 – Preisfestsetzung 302 – Tatbestand 155 – Umweltschutz 293 – Verstoß 281, 310, 367 – zulässige 292 Beihilfebeeinträchtigung – begünstigende Wirkung 288 – De-Minimis-Regel 258, 282 – selektive Wirkung 289 – spürbar 258, 282 – Wirkung 285 Beihilferecht 37 Beihilfeverbot 144, 237 – Erfüllungstatbestände 282 – Staatliche Mittel 283 Belastungsausgleich 332 Bereichsausnahme 100 Beschäftigungsniveau 27, 137, 144 Beschleunigungsrichtlinie 122, 177, 224, 231 besondere Ausgleichsregel 253, 332 besondere Ausgleichsregelung 30, 66, 75, 97, 136, 237, 368 – 10%-Schutzklausel 338 – Anwendungsbereich 333 – Aufteilung der Vergütungszahlung 343 – Beihilfe 341 – Gleichheitsverstoß 348 – Gültigkeit 333 – Härtefallregelung 369 – Kosten 338 – luxemburger Modell 342 – produzierendes Gewerbe 349

Stichwortverzeichnis – Rechtsanwendungsgleichheit 347 – selektive Wirkung 345, 349 – spezifische Kosten 351 – spürbare Beihilfebeeinträchtigung 336 – Verfassungsrecht 352 – verfassungsrechtliche Problematik 345 – Verhätnismäßigkeit 336 – Warenverkehrsfreiheit 344 – Wettbewerb 341 – Wettbewerbsbeeinträchtigung 335 – Willkürverbot 347 Betriebsaufnahme 184 Betriebskostenbeihilfe 295 bilateraler Einzelvertrag 111 Binnenmarkt 132 – Harmonisierung 327 – Kompetenzartikel 174 – Prinzip 323 – Vollendung 169 Braunkohleschutzklausel 221 Bruttoinlandsenergieverbrauch 48 BTOElt siehe Bundestarifordnung Elektrizität Bündelkunde 179 Bundeskartellamt 117 Bundestarifordnung Elektrizität 33, 102, 249, 303 Cassis-Formel 164, 168, 246, 259, 315, 317, 322, 324, 330, 355, 368 – immanente Schranke 317 – zwingendes Erfordernis 163, 166, 315, 368 Chancengleichheit 137, 309, 357 Clearingstelle 83 Daseinsvorsorge 44, 129, 350 Degressionssatz 358 degressive Vergütung 296 Demarkation – selbständige 105 – unselbständige 106 – Vertrag 27, 32, 100, 103, 162, 361

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– Vertragsrecht 104, 179 Deutsche Verbundgesellschaft 111 Dienstleistung 29, 128, 144, 232, 251 Dienstleistungsfreiheit 131 Differenzkosten 75, 284, 305, 332, 337 Direktleitung 182 Diskriminierung 40, 315, 318 – Stromexport 319 – Stromimport 320 – Verbot 141, 164, 222, 320, 332 DistributionCode 2000 188 Drei-Stufen-Konzept 118 Durchleitung 113 – Anspruch 56, 119 – Begehren 148 – Entgelt 191 – Gebühren 113 – Pflicht 119 Durchleitungsrecht Dritter 361 Durchleitungsvertrag 114 Durchleitungsverweigerung 249, 366 – Abwägungsklausel 223 – Braunkohleschutzklausel 222 – Praxis 223 Durchleitungsverweigerungsrecht 113 EAGV siehe Europäischer Atom-Gemeinschaftsvertrag EEAusbG siehe Erneuerbare-EnergienAusbaugesetz EEG siehe Erneuerbare-Energien-Gesetz effet utile 287 EGKSV siehe Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl EG-Vertrag 32, 36, 37 – Energieinfrastruktur 38 – Energiepolitik 37 – Kompetenznorm 38 – Leitlinien 38 Eigenanlagenbetreiber 113 Eigentum 236 Eigentumsverhältnisse 202 Einfuhrbeschränkung 126

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Stichwortverzeichnis

Einspeisevergütung 242 Electricité de France 115 Elektrizität als Ware 156 Elektrizitätsbinnenmarkt 30, 42, 269 Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 28, 37, 39, 120, 162 – Ausschreibungsverfahren 40, 45 – Direktleitung 43, 46 – Durchleitungsentgelt 41 – Endverteilerunternehmen 42 – Entflechtungsvorschriften 39 – Erfahrungsbericht 43 – Genehmigungsverfahren 40 – industrielle Großverbraucher 42 – Jahresabschluß 41 – Kapazitätsengpaß 40 – Leitungsausbau 40 – Monitoring 44 – Netzzugang 41, 186 – Netzzugangskriterien 41 – Netzzugangsverhandlung 43 – Nichtdiskriminierung 40 – Preistransparenz 41 – Rechnungslegung 46 – Reziprozitätsklausel 42, 46 – Schiedsstelle 43 – Streitbeilegungsstelle 47 – Transparenz 40 – vergleichbare Marktöffnung 42 Emissionen 123, 262 – Einsparung 280 – Handel 124 Empfehlung 300 Energieaufsichtsbehörde 100 Energieeinsparung 32, 362 Energieinfrastruktur 124, 133 Energieordnung Deutschlands 179 Energiepolitik 175 – Aufgaben 125 – Ziele 123 Energiepreisaufsichtsbehörde 109 Energierechtsreform 30, 31, 33, 54

Energiesicherungsgesetz 33, 93 Energieunternehmen 29 Energieversorgungsunternehmen 30, 155 – vertikal integriert 40, 44, 120 Energiewirtschaftsgesetz 30, 33, 39, 53 – Alleinabnehmersystem 56, 57 – Anschlußpflicht 58 – Enteignung 59 – Entgeltfindung 57 – Gleichbehandlungsprogramm 64 – Kontrahierungszwang 58 – Konzessionsabgaben 59 – Mißbrauchsaufsicht 64 – Netzzugang 56, 187 – Neuregelungsgesetz 181 – Single-Buyer-System 56 – Sondervertrag 59 – verhandelter Netzzugang 56 – Verordnungsermächtigung 60 – Versorgungspflicht 58 Energiewirtschaftsgesetz, Anschlußpflicht 181 EnSG siehe Energiesicherungsgesetz 33 Entbündelung 120 Entflechtung 41, 62, 125, 234 – Anteilsbesitz 235 – Anwendungsbereich und Ziel 224 – bestimmender Einfluß 231 – Buchhalterisch 230 – De-Minimis-Regel 231 – Eigentumsrechte 235 – eigentumsrechtliche 45 – Freistellungsmöglichkeiten 230 – funktionelle 45 – gesellschaftsrechtliche 45, 47 – Grundprinzipien 232 – informationelle 45, 230 – Netzpachtverträge 235 – operationelle 47, 226 – organisatorische 55 – rechtliche 225 – Regeln 44, 122, 224, 366

Stichwortverzeichnis – Unabhängigkeit 233 Entscheidung 129 EnWG siehe Energiewirtschaftsgesetz Ermächtigungsgrundlage 126 – Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 131 – Regenerativstromrichtlinie 134 Ermessensspielraum 271, 293, 326 Erneuerbare-Energien-Ausbaugesetz 31, 33, 76 – Abnahmeverpflichtung 80 – Anschlußkosten 81 – Ausgleichsregelung 82 – Degressionssatz 78 – Differenzkosten 82 – Doppelvermarktungsverbot 83 – Erfahrungsbericht 83 – Gesetzeszweck 76 – Planungssicherheit 81 – vorrangige Abnahme- und Vergütungspflicht 77 Erneuerbare-Energien-Gesetz 29, 33, 66, 166, 268 – Abnahmepflicht 194, 319 – Anschlußberechtigter 193 – Anschlußkosten 73 – Anschlußverpflichteter 194 – Ausbaupflicht 194 – Belastungsausgleich 74 – Clearingstelle 74 – Förderungsbeschränkung 256 – Härtefallregelung 76 – Härteklausel 74, 242, 321 – Kostentragung 68, 71, 73 – Mindestvergütung 69 – Netzausbaupflicht 70 – Netzzugang 193 – Selbstverpflichtungsklausel 75 – Vergütungssätze 71 – Verhältnismäßigkeit 259 – Vorrangigkeitsprinzip 70 – Wirkung 354 EURATOM siehe Europäischer AtomGemeinschaftsvertrag

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Europäische Amtsblätter 297 Europäische Gemeinschaft 37 Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl 32 europäische Industrie, Wettbewerbsfähigkeit 174 Europäischer Atom-Gemeinschaftsvertrag 32 europäischer Binnenmarkt 118, 157 Europäischer Gerichtshof 152 – Rechtsprechung 130, 135 europäischer Strommarkt 30 Europatreue 281 existentielle Staatlichkeit 252 Finanzausgleich 119 Finanzmonopol 142 Fiskusdoktrin 143 Fördermodelle 263 – Bonusmodell 265 – Poolmodell 264 – Quotenmodell 247, 265, 268, 357 freie Marktwirtschaft 123, 136 Gasmarkt 30 Gebietskartell 105 Gebietsmonopol 111 Gebietsschutzvertrag 151 Gebietsversorger 124 Gemeinschaftsrahmen 294 – Bindungswirkung 297, 301 – einseitig erlassen 298 – Investitionsbeihilfe 296 – mit Zustimmung 298 – Umweltschutzbeihilfe 295, 314, 359 Gemeinschaftsrecht 239 gemeinwirtschaftliche Ziele 169 Gemeinwohl 103, 136, 144, 248 – Prinzip 145, 345 – Ziele 144 Geschichtlicher Hintergrund 99 Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts 50

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Stichwortverzeichnis

– Durchleitungsverweigerungsrecht 51 – Reziprozitätsklausel 51 Gesetzesvorrang 251 f. Gewinnerzielungsabsicht 142 Gleichheitsgrundsatz 352, 355 Gleichpreisigkeitsklausel 110 GridCode 2000 188, 211 Großverbraucher 120 Grundfreiheiten 126, 293 siehe auch Dienstleistungsfreiheit grüne Zertifikate 270 Handel – Förderung 119 – Verkehr 158 – Zertifikate 124, 266, 358 Handlungsbefugnis 127 Handlungsermächtigung 134, 175 Harmonisierung 132 – Befugnis 127 – Maßnahme 326 Herkunftsnachweis 83, 247, 358 Hochspannungsebene 121 Hochspannungsübertragungsnetz 119 Höchstpreisbindung 103, 110 immanente Schranke 164 Industrie, energieintensiv 28 Industrieartikel 346 Industriepolitik 173, 359 – Begriff 173 – Grenze 177 Inländerbenachteiligung 321 Innovation 359 Inselversorgung 114 Integrationspolitik 99, 323, 331, 368 Kapitalverkehrsfreiheit 263 Kartell 111, 253, 255, 354, 366 – Absprache 250 – Aufsicht 304 – Behörde 103

– Recht 140, 147 – Rechtsnovelle 113 – Verbot 149 Kartellrecht, Direktanwendung 149 KAV siehe Konzessionsabgabenverordnung Kernenergie 35, 99 Kombinationsmodell 357 Kompetenzergänzungsvorschrift 174 Kontrahierungszwang 100, 111, 191, 288, 361 – Grenze 112 Konzession – Abgabe 107, 179 – Abgabenrecht 180, 361 – Abgabenverordnung 33, 59, 106, 180 – Vertrag 32, 100, 103, 150 – Vertragsrecht 106 Kostenausgleich 312 Kostenweitergabe 319 Kraft-Wärme-Kopplung 32, 169 Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz 33, 87, 244 – Anschlußpflicht 90, 91 – Ausgleichszahlungen 91 – Belastungsausgleich 91 – besondere Härteregelung 92 – Bestandsanlagen 89 – Doppelvergütung 88 – horizontaler Belastungsausgleich 92 – Mehraufwendung 90 – Monopolstellung 91 – Preisregelung 90 – Vergütungspflicht 91 – vertikaler Belastungsausgleich 92 – wirtschaftliche Zumutbarkeit 90 – Zuschlagszahlungen 91 Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz 33, 84 – Abnahmepflicht 86 – Belastungsausgleich 86 – dritter Förderweg 86 – Energieeinsparung 85 Kraftwerksbau 182

Stichwortverzeichnis Kunde, zugelassen 42, 46, 118, 166 KWK-AG siehe Kraft-Wärme-Kopplungsausbaugesetz KWKG siehe Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz Kyoto-Protokoll 77, 124, 260 Lebensqualität 137 Leitlinien 294 Leitungsbau 100, 109 – Kosten 197 Liberalisierung 32, 33 – vollständig 42 Liefervertrag 180, 304 Lohnkosten 356 Marktanteil 255, 278 Marktbarriere 138 marktbeherrschende Stellung 43, 148, 150, 275 – mißbräuchliche Ausnutzung 150, 165 Marktmacht 278 Marktöffnung 146 Maßnahme des geringsten Eingriffs 262, 330 Maßnahme gleicher Wirkung 156, 163 Mehrkosten 332 mengenmäßige Ein- und Ausfuhrbeschränkungen 163 Mißbrauch 140 Mißbrauchsaufsicht 103, 147, 220 – kartellrechtliche 113 Mitgliedstaaten – Energiewirtschaften 114 – Frankreich 115 – Konzessionsvertrag (Frankreich) 115 – Umweltschutz 115 – Verstaatlichungsgesetz (Frankreich) 115 Monopol, Struktur 102 Monopolstellung 33, 55, 58, 114, 121 – Mißbrauch 187 – mißbräuchliche Ausnutzung 112

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Netz – Betreiber 195 – Betrieb 236 – Infrastruktur 206 – Kosten 194 – Nutzungsentgelt 188, 207, 211 Netzanschluß – Kosten 195, 198, 365 – Wirtschaftlichkeitsanalyse 196 Netzausbau 201 – Kosten 365 – Verstärkungskosten 195, 198 – wirtschaftlich zumutbar 203 Netzzugang – Alleinabnehmersystem 41, 46, 122, 187, 216, 365 – Alternative 187, 190 – Alternativer Leitungsbau 216 – Anschluß 185 – Begriff 185 – berechtigte Kunden 42 – Diskriminierung 213 – diskriminierungsfrei 224 – Dritter 33, 38, 113, 120, 151, 184, 204 – Durchleitung 185 – geregelt 46, 187 – reguliert 192, 365 – verhandelt 34, 46, 122, 187, 190, 365 – Verweigerung siehe Netzzugangsverweigerung Netzzugangsverordnung 187 Netzzugangsverweigerung 204 – Bestand von Lieferverträgen 219 – Preisanpassung 218 – relative Gründe 217 – technische Gründe 217 – wirtschaftliche Gründe 217 Netzzugangsverweigerung siehe Zugangsverweigerung Neuregelungsgesetz 31 nicht unterschiedslos anwendbare Regelungen 323

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Stichwortverzeichnis

– primär- und sekundärrechtliche Regelungen 327 – Rechtfertigung 325 Nichtdiskriminierung 120 Niederlassungsfreiheit 131, 263 Notifizierung 342 offene Marktwirtschaft 150 Offshore 72, 80 ordre-public-Klausel 167, 294, 322, 367 Photovoltaik 73 praktische Vernunft 349 Preis – Aufsicht 304 – Festsetzung 250 – Gestaltung 109 – Mißbrauchskontrolle 110 – vertikale Bindung 100 Preisbildungsmechanismus 146 Preisbindungsvertragsrecht 109 Preisfindungsmechanismus 273 Primärrecht 34, 36, 129, 237, 252 Privatrechtsfähigkeit 143 Produktionsmehrkosten 297 produzierendes Gewerbe 239, 332 Protektionismus 327 Querschnittsklausel 175, 280, 294, 325, 364 Querschnittskompetenz 132 Quersubvention 120, 233 Rechtsangleichung 132, 138 – Befugnis 133 – Vorschriften 37 Rechtsprechung 237 – Abfallurteil 324, 328 – Aher-Waggon 327 – Cassis-Formel siehe Cassis-Formel – Dassonville 163 – Dassonville-Formel 268

– PreussenElektra-Urteil 97, 168, 241, 244, 284, 329 – Sloman Neptun 245 – van Tiggele 245, 284, 302 Rechtssicherheit 298 Rechtsvorschrift, Angleichung 127 Regel-Ausnahme-Verhältnis 223 Regenerative Energien 123 – Wettbewerb 248 Regenerativstromrichtlinie 32, 37, 48, 247, 327 – Herkunftsnachweis 49 – Herkunftszertifikat 49 Regierung 154 Regulierungsbehörde 44, 46, 52, 62, 65, 122, 151, 193 Regulierungsstelle 189 Repowering 360 Reservehaltung 111, 124 Ressourcenschonung 123, 172, 239, 245, 262, 294, 307, 362 Reziprozitätsklausel 119, 166, 176, 357 Richtlinie 30, 32, 126, 129, 138 – Direktwirkung 130 – Umsetzung 138, 247 Richtlinienentwurf 236 Richtlinienkompetenz 129 Sachlichkeitsgebot 349 Sekundärrecht 34, 36, 129, 237, 281, 325, 327 Selbstvermarktungsgebot 266 Selbstverpflichtung 359 selektive Vertriebssysteme 278 Service public 115 Sittlichkeit 349 solare Strahlungsenergie 73 Sonderabnehmer 101, 112 Sondervertragskunde 101, 179, 304 sozialer Schutz 137 Sozialprinzip 144, 145 Spürbarkeit 149, 254 – Bagatellbekanntmachung 254

Stichwortverzeichnis – De-Minimis-Regel 254 staatliche Maßnahme 284 staatliche Mittelbelastung, Tatbestand 154 staatliche Preiskontrolle 151 Staatsaufsicht 100, 151 Stadtwerke 101 Stand von Wissenschaft und Technik 235 Steuereinbußen 286 Stichleitung 114, 195 stranded costs 47 StrEG siehe Stromeinspeisungsgesetz Strom – Erzeugung 182 – Gestehungskosten 267 – Liefervertrag 191 – Preis 249 – Versorgungsunternehmen 155 Strombörse 151 Stromdurchleitung 204 – Anspruch 207 – Begriff 205 – grenzüberschreitend 211 Stromdurchleitungsverweigerung 208 – absolute Gründe 212 – Befugnis 210 – Beispiele 209 – erneuerbare Energien 220 – Kapazitätsmangel 212 – rationelle Energienutzung 221 – Reziprozität 214 Stromeinspeisungsgesetz 30, 33, 66, 166, 239 – Härteklausel 67 – Mindestvergütung 67 – Selbstverpflichtung 67 Stromeinspeisungsurteil siehe Rechtsprechung Strommarktliberalisierung 39, 118, 121 Stromsteuer 287 Stromsteuergesetz 33, 242 StromStG siehe Stromsteuergesetz Subsidiaritätsgebot 177 Subsidiaritätsprinzip 127, 129, 134

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Subvention 138, 152, 364 take-or-pay 47 Tarif – allgemeiner 109 – Genehmigung 110, 304 Tarifkunde 101, 179, 303 – Anschlußbedingung 112 Tatbestandsmerkmal 253 Third Party Access 121 transeuropäische Netze 38, 128, 133, 197 Transitleitung 114 Transitrichtlinie 118 Transparenz 41, 43, 125, 203 Transparenzrichtlinie 118 Übertragungsnetzbetreiber 45 Umweltpolitik 175, 322 Umweltprinzip 168, 323 Umweltschutz 29, 38, 123, 126, 135, 137, 165, 167, 239, 245, 340, 364 – adäquate Gegenleistung 307 – Ausnahmevorschrift des Art. 30 EGV 315 – bestmöglicher 262 – hohes Schutzniveau 309, 327 – Kosten 268 – Kostentragung 306 – präventiv 329 – Querschnittsklausel 169 – Vorrang 171 – zwingendes Erfordernis 317 umweltverträgliche Elektrizitätsversorgung 183 Unbundling siehe Entflechtung Ungleichbehandlung 237 Universalitätsprinzip 132 Unterlassungsverpflichtung 105 Unternehmen, Begriff 208 Ursprungsprinzip 263, 325 Verbändevereinbarung 34, 57, 180, 189, 333

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Stichwortverzeichnis

Verbändevereinbarung II plus 188 Verbraucher 125 Verbraucherschutz 145, 151, 155, 277 Verbund – Netz 111, 157 – Unternehmen 111, 181 – Vertrag 103 – Vertragsrecht 111 Verdrängungswettbewerb 249 Verfassungsgesetz 169 Verfassungsrecht 355 Vergütungspflicht 319 Verhältnismäßigkeit 76, 222, 233, 246, 331 – Angemessenheit 270 – Erforderlichkeit 261 – Geeignetheit 260 – geringstmöglicher Eingriff 270 – Grundsatz 259 – Prinzip 137, 162, 254, 326 vermiedener Schaden 307 Verordnung 126, 129, 138 Versorgungskontinuität 131, 151 Versorgungspflicht 29, 181 Versorgungssicherheit 26, 32, 40, 41, 44, 124, 131, 151, 155, 160, 167, 203, 206, 364 – Grünbuch 248 Verteilernetz 41 Verteilernetzbetreiber 45, 120 Verursacherprinzip 172, 199, 245, 294, 307, 325, 339, 365 Volkswirtschaft 356 Vorabentscheidungsverfahren 244, 258 Vorbeugeprinzip 272, 294 Vorrangregelung 327 Vorsorgeprinzip 172, 272, 307 Vorsorge- und Verursacherprinzip 328 Ware 29 Warenverkehr 132, 246, 251, 253 – Einschränkung 170

Warenverkehrsfreiheit 137, 155, 237, 330 – Ausnahmetatbestand 167 – Beeinträchtigung 312 – Einschränkung 165 Wegerecht 109 Wettbewerb 28, 114, 120, 123, 134, 136, 138, 152, 167, 184, 250, 356 – Ausschaltung 278 – Begriff 145 – Bereichsausnahme 140, 143 – Durchführungsbestimmungen 140 – Durchführungsverordnungen 141 – Einschränkung 312 – Freistellung 140, 141, 149 – Politik 173, 175 – Prinzip 102, 323 – Recht 37, 139 – Regeln 137, 139, 145 – unlauter 150 – Unternehmensvereinbarungen 273 – Unternehmensvorschriften 140 – unverfälscht 161 – Verfälschung 132 – Verzerrung 366 Wettbewerbsbeeinträchtigung – angemessene Beteiligung der Verbraucher 277 – Bagatellbekanntmachung 336 – Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts 279 – spürbar 254 – Umweltschutz 276 – Unerläßlichkeit 277 – Verbesserung der Warenerzeugung 279 – Warenverteilung 279 Wettbewerbsbeschränkung 100, 126 – Außenwirkung 149 – zugelassene 183 Wettbewerbsfähigkeit 28, 144, 320 Wettbewerbsverfälschung 273 – Begriff 289

Stichwortverzeichnis – materielle Tatbestandsvoraussetzung 274 – spürbare 274 Wettbewerbsverzerrung 139, 238, 255 – spürbar 132 Willkürverbot 143, 237, 353, 369 Wirkung 130 – diskriminierend 29 – mittelbar 161 wirtschaftliche Betriebsführung 302 Wirtschaftlichkeit 27, 206, 294, 329 Wirtschaftspolitik 136

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Zolltarif 158 Zugangsverweigerung, Kapazitätsmangel 46 zweckdienliche Maßnahme 299 Zweischrankentheorie 149 zwischenstaatlicher Handel 30, 206 – Beeinträchtigung 291 – erlaubte Beeinträchtigung 162 zwischenstaatlicher Verkehr 126, 159, 318 – Beeinträchtigung 161 Zwischenstaatlichkeit 161