Europäischer Finanzausgleich [1 ed.] 9783428487189, 9783428087181


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German Pages 434 Year 1996

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Europäischer Finanzausgleich [1 ed.]
 9783428487189, 9783428087181

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Abhandlungen zur Nationalökonomie Band 4

Europäischer Finanzausgleich Von

Frank Walthes

Duncker & Humblot · Berlin

FRANK WALTHES

Europäischer Finanzausgleich

Abhandlungen zur Nationalökonomie Herausgegeben von Professor Dr. Karl-Dieter Griiske in Zusammenarbeit mit den Professoren Dr. Wolfgang Harbrecht, Dr. Joachim Klaus, Dr. Werner Lachmann, Dr. Manfred Neumann

Band 4

Europäischer Finanzausgleich Von

Frank WaIthes

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Walthes, Frank:

Europäischer Finanzausgleich / von Frank Walthes. Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Abhandlungen zur Nationalökonomie; Bd. 4) Zugl.: Erlangen, Nümberg, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-08718-6 NE:GT

n2 Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0947-4595 ISBN 3-428-08718-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

E>

Einrdhrung des Herausgebers Die Schriftenreihe "Abhandlungen zur Nationalökonomie" wurde von den Mitgliedern des Volkswirtschaftlichen Instituts an der Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg gegründet, um wichtige Ergebnisse wirtschaftswissenschaftlicher Forschung in angemessener Form zu präsentieren und das weite Spektrum der Nürnberger Ökonomie vorzustellen. In erster Linie sollen deshalb herausragende Dissertationen, Habilitationen, Monographien und Sammelbände publiziert werden, die vor allem an der wirtschaftsund sozialwissenschaftlichen Fakultät in Nürnberg entstanden sind. Mit dem vorliegenden Band von Frank Walthes wird die Schriftenreihe weitergeführt. Die Arbeit entstand als Dissertation an meinem Lehrstuhl fiir Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft, und dient als grundlegender Beitrag eines umfassenderen Forschungsprojektes über die "Inzidenz der Regionalpolitik im Rahmen eines Europäischen Finanzausgleichs". In diesem Zusammenhang darf ich der Hans-Frisch-Stiftung und der HerrnannGutrnann-Stiftung danken, die durch ihre großzügige finanzielle Unterstützung das Gesarntprojekt erst ermöglicht haben. Der Vertrag von Maastricht mit den Beschlüssen zur Wirtschafts- und Währungsunion hat die wissenschaftliche und politische Diskussion zum finanziellen Transfersystem im Rahmen der europäischen Integration neu angeregt. Kritiker befürchten, daß die Einführung der Währungsunion den Anstoß zu einern kaum kontrollierbaren Wachstum der Transferströme in der EU geben könnte. Als ein Ausweg wird von verschiedenen Seiten die Schaffung des Systems eines Europäischen Finanzausgleichs mit institutionalisierten Regeln gefordert. Dabei bleibt bisher weitestgehend unbestimmt, was unter einern solchen System im europäischen Kontext zu verstehen ist. Weder seine Inhalte noch die Probleme seiner Ausgestaltung und Implementierung werden bisher eingehend thematisiert. Die vorliegende Dissertation schließt deshalb eine wichtige Forschungslükke, die sowohl für die Wissenschaft als auch für die Praxis von erheblicher Bedeutung ist. Daraus erklärt sich auch die Unterstützung des Promotionsvorhabens durch das ehemalige Bayerische Staatsministerium fiir Bundes- und Europaangelegenheiten sowie der europäischen Institutionen in Straßburg,

6

Einftlhrung des Herausgebers

Luxemburg und Brussel, mit denen der Verfasser, auch im Rahmen von Forschungsaufenthalten, engen Kontakt pflegte. Die Arbeit dient generell zwei Zielen: Zum einen untersucht sie die formalen Aspekte des Finanzausgleichs, indem sie die theoretisch-abstrakten Grundprinzipien der Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverteilung in einem fMerativ aufgebauten Gemeinwesen analysiert. Zum anderen befaßt sie sich mit dem materiellen Finanzausgleich, d.h. der konkreten Ausgestaltung der entsprechenden Tatbestände in der Europäischen Union. Aus der Perspektive von Theorie und Praxis des Europäischen Finanzausgleichs ergibt sich auch folgerichtig der Aufbau der Monographie. Das methodische Vorgehen der Analyse erfolgt in drei Teilen. Sie dienen erstens einer Grundlegung, die begründet, warum eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Europäischen Finanzausgleich notwendig ist, zweitens der Theorie und Ableitung einer konkreten Ausgestaltung und schließlich drittens den Reformen und Visionen in der Europäischen Union. Insgesamt ist es dem Verfasser gelungen, den Europäischen Finanzausgleich mit Hilfe eines breitgefächerten Analyserahmens umfassend und differenziert zu analysieren. Profunde Sachkenntnis und theoretische Versiertheit des Autors haben eine äußerst facettenreiche Arbeit entstehen lassen. Der Verfasser wertet alle vorliegenden Ansätze gründlich, kritisch und fundiert aus, baut sie sinnvoll in seine Arbeit ein, erweitert und modifiziert sie häufig oder entwikkelt sie auch eigenständig weiter. Der entscheidende Fortschritt der vorliegenden Analyse liegt dabei nicht nur in der wissenschaftlichen Versachlichung der kontrovers verlaufenden Diskussion um einen komplexen Europäischen Finanzausgleich, sondern auch in der systematischen Entwicklung einer einheitlichen Terminologie, in der Gegenüberstellung normativer und positiver Ansätze sowie in dem fundierten Vorschlag eines Reformkonzepts. Der Verfasser legt damit eine grundlegende Arbeit vor, die Theorie und Empirie des Europäischen Finanzausgleichs aus finanzföderalistischer Perspektive wissenschaftlich verknüpft und deutlich über die vorhandenen Ansätze im Schrifttum hinausgeht. Zukünftige Forschungen auf dem Gebiet der Europäischen Integration werden wohl kaum an diesem Band der Schriftenreihe vorbeigehen können. Nümberg, im März 1996

Karl-Dieter GrUske (Geschäftsführender Herausgeber)

Vorwort des Verfassers Die vorliegende Monographie entstand während meiner Zeit als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl fiir Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft, und wurde von der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nümberg im November 1995 als Dissertation angenommen. Ich habe die Untersuchung im Juli 1995 abgeschlossen. Sie berücksichtigt soweit dies bis dahin möglich war - den neuesten Stand der Literatur. Mein analytisches und empirisches Konzept des Europäischen Finanzausgleichs integriert die komplexen und bis dato weit verstreuten Ansätze erstmals in einer in sich geschlossenen Abhandlung. Eine solch breit angelegte Studie kann nicht ohne Anregungen, Hilfen und kritische Diskussionen entstehen. Mein besonderer und tiefer Dank gilt meinen akademischen Lehrern. Von ganzem Herzen danke ich meinem Doktorvater, Professor Dr. Kar/-Dieter GrlJske, der durch seinen wissenschaftlich-kritischen Rat, sein persönliches Engagement und seine fachliche wie auch menschliche Förderung ganz entscheidenden Anteil am Gelingen der Arbeit trägt. Auch meinem Zweitreferenten, Professor Dr. Joachim K/aus, bin ich zu großem Dank verpflichtet. Er hat Fortgang und Abschluß der Studie ermutigend und zustimmend begleitet. Meine Arbeit profitierte in besonderem Maße von einern "Europäischen Netzwerk". Dadurch angeregt konzentrierte ich mich in meinen Forschungen nicht nur auf die Theorie des Europäischen Finanzausgleichs, sondern auch auf die Praxis der europäischen Integration. Für das gezeigte Interesse am Werden meiner Arbeit danke ich Professor Dr. Bemhard Friedmann, Europäischer Rechnungshof, und Dr. Horst Reichenbach, Europäische Kommission. Für Ihre tatkräftige Unterstützung bei zahlreichen Recherchen danke ich den Abgeordneten des Europäischen Parlaments, JUrgen Brand, Dr. Ingo Friedrich, Dr. Heinz Kahler und Wi/mya Zimmermann. Zahlreiche Hinweise und Anregungen verdanke ich meinen Kollegen und Freunden. Namentlich möchte ich nennen: Dr. Udo Raab und Dr. Heike Stengel, die das Manuskript konstruktiv-kritisch gelesen haben; Dipl.-Ökonom Manfred Kraff und Dr. Ursu/a Schmidt haben sich in zahlreichen Fällen als hilfreiche Berater erwiesen; Dr. Klaus Georg Binder und Dr. Georg Krieger

8

Vorwort des Verfassers

standen mir mit Rat und Tat stets zur Seite. Ferner schulde ich allen Mitarbeitern des LehrstuhIs und des Volkswirtschaftlichen Instituts Dank. Mein besonderer Dank gilt der Bayerischen Staatsregierung, die durch ihre ideelle und materielle Förderung meine Forschungsaufenthalte bei den europäischen Institutionen in Brüssel, Straßburg und Luxemburg erst ermöglicht hat. Dem WiSo-Fakultätsbund Nümberg möchte ich für den großzügigen Druckkostenzuschuß danken. In meinen Dank beziehe ich schließlich meine Familie ein. Insbesondere meine Eltern haben meinen Werdegang entscheidend bestimmt. Meine Mutter hat mich in jeder Weise vielfach unterstützt. Die negativen externen Effekte meines Promotionsvorhabens hatten allen voran meine Frau Bianka und unsere beiden Kinder, Ann-Kristin und Felix, zu tragen. Ihnen widme ich dieses Buch. Nürnberg, im März 1996

Frank Walthes

Inhaltsveneichnis

Vorbemerkungen A. Impressionen lUld Visionen der europäischen Integration.................. ..... ..........

31

B. Europäischer Finanzausgleich im wissenschaftlichen Schrifttum......................

32

C. Untersuchungsgegenstand und Methodik der Analyse.. ....... ...... .... ...................

34

I.

Gegenstand der Untersuchung.......... .............. .................. ........................

34

11.

Methodisches Vorgehen...........................................................................

35

1. Teil

Zur Notwendigkeit eines Europäischen Finanzausgleichs Problemaufriß und Lösungsweg 1. Kapitel

Regionale Disparitäten in der Europäischen Union A. Auswahl relevanter Vergleichsindikatoren ......................................................

40

B. Sozioökonomisches Disparitätenmuster im Überblick... .......... ................ .........

43

I.

Disparitäten zwischen Mitgliedstaaten ............... .............................. ........

43

11.

Disparitäten zwischen Regionen...............................................................

47

III. Anmerkungen zum Disparitätenmuster.....................................................

49

C. Wirtschafts- und Wachstumszentren Europas ..................................................

50

2. Kapitel

Rechtliche Grundlagen und europäisches Ziel system A. Paraphierung lUld Ratifizierung der Maastrichter Beschlüsse...........................

52

Inhaltsverzeichnis

10

I.

Maastricht - ein europäischer Kompromiß................................................

53

II.

Ratiflzienmg der Verträge von Maastricht................................................

55

III. Konsequenzen der Karlsruher Urteilsbegründung.....................................

56

B. Zielformulienmgen der europäischen Union....................................................

57

I.

Ziele der Präambeln................ ........... .............. .............................. ..........

59

II.

Zielvorgaben des Unionsvertrages............................................................

60

III. Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche des EG-Vertrages................................

61

c. Ökonomische Essenz der Ziel vorgaben. ... ............. .......................... .......... ... ....

63

I.

Einordnung der Zielformulienmgen .........................................................

64

II.

Leitbild "soziale Marktwirtschaft" als ordnungspolitische Zielfunktion der Europäischen Union...........................................................................

65

3. Kapitel Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich A. Europäische Kohäsion.. ............. ................... .............. ......................... ............

68

Zur Bedeutung des Terminus "Kohäsion" .................................................

69

II. Postulat der Kohäsion nach Maastricht.....................................................

70

III. Strukturpolitische Maßnahmen................................................................

72

I. Strukturfonds ......................................................................................

72

2. Kohäsionsfonds...................................................................................

75

3. Kritische Anmerkungen zur Fondswirtschaft .......................................

76

B. Konvergenz als Voraussetzung weiterer Entwicklungsschritte .........................

79

I.

I.

Zum Begriff "Konvergenz". ............. ................ .........................................

79

II. Implikationen der Europäischen Wähnmgsunion......................................

80

1. Konvergenzkriterien - Anspruch und Wirklichkeit...............................

81

2. Ökonomische Folgen fi1r die Mitgliedstaaten.......................................

84

C. Theoretische Begründung kohäsionspolitischer Maßnahmen ............ .... ..... ... ...

87

I.

Gesichtspunkt der Kompensation.............................................................

87

II.

Wunsch nach Umverteilung .....................................................................

88

III. Aspekt der Entwicklung...........................................................................

89

Inhaltsverzeichnis

11

D. Europäischer Finanzausgleich als Lösungsweg ....... .......... .... ................. .... ......

90

Argumente filr einen Europäischen Finanzausgleich.................................

91

1. Kritik am bisherigen Fondssystem.......................................................

91

2. Integrationsstufe Europäische Währungsunion.....................................

92

3. Verfassungsauftrag des Europäischen Parlaments................................

93

4. Subsidiarität und Föderalismus in Europa ...........................................

94

5. Theoretische Gesichtspunkte...............................................................

95

Gegenposition zur Notwendigkeit eines Europäischen Finanzausgleichs...

96

ill. Fazit: Europäischer Finanzausgleich als Untersuchungsgegenstand...........

97

I.

ll.

2. Teil

Theorie und Deduktion des Europäischen Finanzausgleichs 4. Kapitel Elemente eines finanzföderalistischen Referenzsystems A. Ökonomische Theorie des Föderalismus als Ausgangspunkt............................

100

Föderalismus als Struktur- und Organisationsprinzip ...............................

101

1. Synopse alternativer Föderalismuskonzepte.........................................

102

2. Finanzföderalismus aus theoretischer und pragmatischer Sicht ............

104

Multiple Theorie des öffentlichen Sektors im weiteren Sinne...................

105

1. Verfassungs- und Bereitstellungsfunktion im dualen System ...............

105

2. Ressourcen- und Präferenzkosten bei Mehrheitsentscheidung ..............

107

3. Erweiterung der Musgraveschen Begriffstrias......................................

109

Wettbewerb als gemeinsames Organisationsprinzip..................................

112

B. Das föderative Verbundprinzip als Referenzmaßstab.......................................

114

I.

Prinzip des ökonomischen und politischen Verbundes nach Recktenwald

114

ll.

Das föderalistische Bezugssystem nach Biehl...........................................

117

ill. Das erweiterte Verbundprinzip in seiner föderalen Ausprägung...............

119

C. Ökonomische Theorie des Finanzausgleichs als Argumentationsrahmen..........

120

Inhalt und Terminologie des Finanzausgleichs..........................................

120

I.

ll.

m.

I.

Inhaltsverzeichnis

12 II.

Analyseebenen des Finanzausgleichs. ............. ............... ...........................

123

1. Nationaler und internationaler Finanzausgleich ............... ... ... ..............

123

2. Europäischer Finanzausgleich .............................................................

125

5. Kapitel Aufgaben- und Ausgabenzuteilung im passiven Finanzausgleich A. Allokationsfunktion des primären passiven Finanzausgleichs ............ ..............

130

Festlegung öffentlicher Aufgaben.............................................................

131

I.

II.

1. Marktversagen als Begründung filr Staatshandeln. ...............................

131

a) Technische Unteilbarkeit als Ausgangspunkt..................................

133

b) Internalisierung externer Effekte....................................................

134

c) Graduelle Entwicklung eines Kollektivgutschemas.........................

135

2. Umfang und Grenzen öffentlicher Güter......... .....................................

137

3. 'Second-best' - Theorem staatlichen Handelns ......................................

138

4. Erklärungsbeitrag der Theorie des optimalen Budgets .........................

139

Öffentliche Aufgabenträger in einer Multiföderation ................................

141

1. Optimale Zahl von Aufgabenträgem....................................................

142

a) Berücksichtigung individueller Präferenzen.....................................

142

b) Zentralisierungsgrad und Anzahl der Körperschaften ......................

145

2. Gruppierung von öffentlichen Aufgaben ..............................................

147

a) Zum Problem der optimalen Kollektivgröße ....................................

148

b) Heterogenität und Mobilität.. ............. .................... ...... ...................

149

III. Kompetenzausstattung und Kompetenzdifferenzierung .............................

150

1. Zuteilung der Entscheidungskompetenz...............................................

152

2. Zuordnung der Durchfilhrungskompetenz........ ...................... .......... ....

153

3. Verteilung der Finanzierungskompetenz..............................................

154

4. Horizontale und vertikale Kooperation im Föderalismus......................

155

IV. Subsidiarität - Handlungsmaxime filr die Aufgabenverteilung ..................

157

1. Gesellschaftliches Handlungs- und Ordnungsprinzip...........................

157

2. Das Subsidiaritätsprinzip aus ökonomischer Sicht...............................

159

B. Ergänzende Funktion des sekundären passiven Finanzausgleichs.....................

160

I.

Zuordnung distributionspolitischer Kompetenzen.....................................

160

II.

Zuordnung der Stabilisierungsfunktion.....................................................

162

Inhaltsverzeichnis llI.

13

Schlußfoglerungen für distributive und stabilisierende Aufgaben.............

163

C. Resümee zur Theorie des passiven Finanzausgleichs .......................................

164

D. Der passive Finanzausgleich in der Europäischen Union .................................

165

I.

ll.

Aufgabenbereiche und Ausgabenseite des EU-Budgets.............................

166

1. "Finanzielle Vorausschau" der Aufgabenbereiche................................

166

2. Finanzmittel zur Förderung der Kohäsion............................................

168

3. Exkurs "Norderweiterung" ..................................................................

170

4. Asynunetrie der Ausgaben....................... ..................... ..... .............. ....

172

5. Relative Bedeutung des Ausgabenvolumens ............ ..... ................. ......

173

Beurteilung der Aufgabenverteilung.... .... ........ ............... ..........................

174

1. Fehlende Konkretisierung des Subsidiaritätsprinzips ...........................

175

2. Europäische Kompetenz und Zentralität .......... ...................... ... ...........

176

3. Europäische Union als optimaler Integrationsraum ..............................

178

llI. Ausgabenvolumen in Abhängigkeit vom Integrationsstand. .......................

178

6. Kapitel

Primärer aktiver Finanzausgleich: (Europäischer) Finanzausgleich im engeren Sinn A. Einnahmenzuteilung im primären aktiven Finanzausgleich..............................

181

I.

Bestimmung öffentlicher Einnahmenarten................................................

181

ll.

Zuteilung der Einnahmen auf öffentliche Aufgabenträger .........................

183

1. Entscheidungskompetenz ....................................................................

184

2. Durchftlhrungskompetenz....................................................................

185

3. Ertragskompetenz................................................................................

186

llI. Einnahmenautonomie bei alternativen Verteilungssystemen.....................

186

1. Unkoordiniertes oder Konkurrenzsystem .............................................

188

2. Koordinierte Systeme..........................................................................

188

B. Resümee zum aktiven Finanzausgleich............................................................

190

C. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union ...................

191

1.

Das aktuelle EU-Einnahmensystem..........................................................

191

1. Retrospektive der Eigenmittelbeschlüsse.............................................

191

14

Inhaltsverzeichnis 2. Die Eigenmittel der Europäischen Union.............................................

a) Traditionelle Eigenmitte1................................................................

194 195

b) MWSt-Eigenmittel....... ............. .............. ................... ... ...................

197 199 d) Strukturelle Entwicklung der EU-Eigenmittel ................................. 201 c) BSP-Eigenmittel............................................................................. 3. Plafondierung als disziplinierendes Instnunent....................................

202

4. Korrektunnechanismen zum Ausgleich von Haushaltsungleich-

gewichten.. .............. .......... ............... ............... .................................... 203

a) Hintergrund der Implementierung.................................................... 204 b) Korrektunnechanismen für Großbritannien ..................................... 205 II. Kritische Würdigung des EU-Einnahmensystems ..................... ................ 206 7. Kapitel Sekundärer aktiver Finanzausgleich: (Europäischer) Finanzausgleich im engsten Sinn

A. Finanzzuweisungen im sekundären aktiven Finanzausgleich............................

213

I.

Ökonomische Begriffsbestimmung........................................................... 213

II.

Arten von Finanzzuweisungen.................................................................. 213

III. Vertikale und horizontale Ausgestaltung .................................................. 215 B. Modelltheoretische Implikationen ausgewählter Zuweisungsarten ................... 216 I.

Wirkungen allgemeiner Pauschalzuweisungen.......................................... 217

II. Wirkungsanalyse einer zweckgebundenen Zuweisung................. ............. 219 III. Reaktionen auf eine Mitfmanzierungspflicht.......... ..... ....... ........... ........... 222 IV. Bewertung der Implikationen von Finanzzuweisungen.. ............................ 225 1. Unzureichende Indifferenzkurvenanalyse.............................................

225

2. Sickerverluste und flypaper-Effekt ... ................... ................................

226

3. Komplexität und Praktikabilität ................................ ,.........................

227

4. Handlungsspielräume und Freiheitsgrade ............................................

228

C. Ökonomische Ziele von Finanzzuweisungen....................................................

229

I.

Allokativer Korrekturbedarf.. ........ ............. ...................... ........................ 229

II.

Distributiver Korrekturbedarf .................. :............................................... 230

III. Stabilisierung und Verstetigung der öffentlichen Einnahmen.................... 231

Inhaltsverzeichnis

15

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer fOderativen Finanzwirtschaft ............ 233 1.

Fiskalische Gleichheit zwischen Körperschaften .................. ...... .............. 234 l. Musgraves Konzepte im Überblick......................................................

a) b) c) d) e)

Gleichheit der tatsächlichen Ausgaben ........................................... Gleiche Versorgung mit öffentlichen Leistungen............................. Gleiche Unterschiede zwischen Finanzbedarfund Finanzkraft ........ Ausgleich der Finanzkraft............................................................... Gleiche Versorgung pro Einheit eigener Steuereinnahmen.............. t) Gleiche Versorgung pro Einheit eigener Anstrengung.....................

2. Ausgleichskonzepte des MacDougall-Berichtes ................................... a) Allgemeines Modell zum Finanzkraftausgleich............................... b) Finanzkraftausgleich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Steuerbelastung.............................................................................. c) Finanzkraftausgleich nach dem Repartitionsprinzip ........................ d) Verteilung eines fixen Betrages nach Maßgabe der Finanzkraft und der Finanzleistung..........................................................................

235 236 237 237 239 240 241 242 242 243 244 244

3. Fiskalische Gleichheit im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse ..... 246 II. Deckungsrelation von Finanzkraft und Finanzbedarf .. .............................. 248 1. Ermittlung der Finanzkraft ......... ................ ........................ ........ ......... 249 2. Bestimmung des Finanzbedarfs ...... .......... .................. ...... ................... 251 III. Festlegung des Ausgleichs- bzw. Nivellierungsgrades .............................. 254 E. Resümee zum Finanzausgleich im engsten Sinn .............. ................................ 256 F. Würdigung des sekundären aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union ............................................................................................................. 257 1.

Zuweisungen als Teilmenge europäischer Finanzströme................ .... ....... 257 1. Analytische Differenzierung ........... ................ ..................................... 257 2. Versuch einer Quantifizierung............................................................. 260 3. Schlußfolgerungen aus der Differenzierung ......................................... 261

II.

Beurteilung des Europäischen Finanzausgleichs im engsten Sinn ............. 262 8. Kapitel Politisch-institutionelle Dimension des Europäischen Finanzausgleichs

A. Akteure des europäischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses ........

267

16

Inhaltsverzeichnis I.

Methodik der Neuen Politischen Ökonomie.... ....................... ... ...... .........

267

II.

Interdependenzmodell der beteiligten Akteure...... ....................................

269

IIl. Politökonomische Akteure der Europäischen Union .................................

272

l. Formales Beziehungsgeflecht der europäischen Organe .......................

273

2. Erweitertes Beziehungsgeflecht mit Nebenorganen und Interessengruppen........................................................................

281

3. Totales Beziehungsgeflecht zwischen den europäischen Akteuren........

284

B. Tendenzielle Zentralisierung in der Europäischen Union.................................

286

I.

Das Delors-II-Paket aus politökonomischer Sicht.. ........................ ...........

287

II.

Demokratiedefizit und Zentralisierung .......... ...... .............. ........ ...............

290

IIl. Epigrammatische Zusammenfassung..... ................ ...................................

292

C. Verteilung der Finanzierungslasten zwischen den Mitgliedstaaten...................

293

I.

Prinzipien einer "gerechten" Lastenverteilung ..........................................

293

II.

Einwände gegen das Konzept der Nettopositionen.. ...... ............................

295

IIl. Sensitivitätsanalysen zur Lastenverteilung ...............................................

301

l. Formale Inzidenzanalyse der strukturpolitischen Maßnahmen..............

301

2. Lastverschiebungen bei den Eigenmitteln............................................

302

IV. Abschließende Anmerkungen zur Lastenverteilung ..................................

303

D. Der Europäische Finanzausgleich als 'Circulus vitiosus' ...................................

304

9. Kapitel Modellanalyse: Determinanten und Dimensionen eines subsidiären Europäischen Finanzausgleichs A. Konsequenzen aus der theoretischen Grundlegung..........................................

306

I.

Kernprobleme der (prä)föderativen Ausgestaltung....................................

306

II.

Restriktionen des Europäischen Finanzausgleichs........ ............................

309

IIl. Fiktiver Referenzpunkt der Modellanalyse .... ...........................................

310

B. Europäischer Finanzausgleich zwischen EU-Mitgliedstaaten ...........................

313

I.

Der Europäische Finanzausgleich aus horizontaler und vertikaler Sicht....

313

II.

Zur Zielfunlction des Europäischen Finanzausgleichs ..............................

314

IIl. Aspekte der Ausgestaltung.......................................................................

316

l. Finanzkraft, Finanzbedarfund Ausgleichsintensität.............................

316

Inhaltsverzeichnis

17

2. Horizontale Komponente des Finanzausgleichssystems........................

319

3. Vertikale Komponente des Finanzausgleichssystems ...........................

320

IV. Modellanalyse des europäischen Finanzausgleichsverfahrens ...................

321

1. Konstitutive Kriterien fiI.r das Ausgleichsverfahren..............................

322

2. Funktionaler Zusammenhang der Ausgangssituation.. ..........................

324

3. Das kombinierte Finanzausgleichsverfahren ........................................

325

4. Modellergebnis und fmanzpolitische Gestaltungsfreiheit .....................

326

V. Kritische Anmerkungen zum modellierten Finanzausgleichsverfahren......

326

C. Ein europäisches Rechenexempel....................................................................

328

I.

Ermittlung der Ausgangsdaten .......... .................... ...................... ........ .....

328

11.

Vier-Varianten-Rechnung zum Europäischen Finanzausgleich..................

330

1. Variante A: Status quo der 'Juste Retour' .............................................

332

2. Variante B: Vertikaler Finanzausgleich mit Plafondierung...................

332

3. Variante C: Teilausgleich mit horizontalen und vertikalen Komponenten.................................................................................................

333

4. Variante D: Ausgleichsintensität von 90 Prozent..................................

334

Anmerkungen zu Variantenvariationen....................................................

334

D. Fazit der Modellanalyse ....... .................. ................. ........................................

335

III.

3. Teil

Reformen und Visionen im (prä)röderalen Finanzausgleich der Europäischen Union 10. Kapitel Reformansätze im passiven und aktiven EU-Finanzausgleich A. Finanzverfassung als Nukleus einer europäischen Gesamtverfassung...............

339

B. Passiver Finanzausgleich: Reformansätze in der Aufgaben- und Ausgabenstruktur...........................................................................................................

340

C. Aktiver Finanzausgleich: Alternative EU- Finanzierungsformen ......................

342

I.

Das heutige Eigenmittelsystem als Ausgangspunkt...................................

342

11.

Umgestaltung des Eigenmittelsystems.................................................. ....

344

1. Anforderungsprofil einer Unionssteuer ............................................... .'

344

2 Walthes

Inhal tsvelZeichnis

18

2. Synopse alternativer EU-Steuem.........................................................

346

3. Refonnvorschlag: Regressives und progressives Eigenmittelmix.......... 354 11. Kapitel

Europäische Visionen: Vertiefung, Erweiterung und Konstitution A. Vertiefung: Chancen einer variablen Geometrie .............................................. 356 I.

Ein Kern integrationsorientierter EU-Mitgliedstaaten...............................

357

11.

Kreis oder Matrix der Integration.............................................................

358

B. Erweiterung: Optionen und Voraussetzungen ..................................................

359

Erweiterung um die Visegrad-Staaten ......................................................

360

I.

11. Wirtschaftliche Konvergenz als Voraussetzung ........................................ 362 C. Flexibilität bei Vertiefung und Erweiterung .................................................... 364 D. KonstitutionelIe und institutionelIe Aspekte einer europäischen Verfassung......................................................................................................

365

KonstitutionelIer Rahmen der Europäischen Union ..................................

367

I.

11. InstitutionelIer Rahmen der Europäischen Union...................................... 370 IlI. Prinzipien eines föderalen Verfassungsrahmens .......................................

371

Resümee: Ein konstruktives Fazit..................................................................... 375

Tabellenanhang ...................................................................................................

379

üteraturverzeichnis ............................................................................................. 400

Tabellenverzeichnis Tabelle

1:

Bruttosozialprodukt je Einwohner (1990-1992) ......................

45

Tabelle

2:

Längsschnittanalyse der Disparitäten (1980-1993) ..................

47

Tabelle

3:

Konvergenzkriterien der EWU im Überblick (1992-1994) ......

82

Tabelle

4:

Veränderungen der einzelnen Ausgabenbereiche ....................

170

Tabelle

5:

Kompensationszahlungen an die Beitrittsländer......................

171

Tabelle:

6:

Integrationsstand und Budgetvolumen ....................................

179

Tabelle

7:

Jährliche Obergrenzen filr Eigenmittel... ................................. 203

Tabelle

8:

Gerüst des aktiven Finanzausgleichs in der EU....................... 211

Tabelle

9:

Stimmen- und Sitzverteilung im Europäischen Parlament .......

Tabelle

10:

Qualifizierte Mehrheiten im Ministerrat ................................. 277

Tabelle

11:

Nettopositionen der EU-Mitgliedstaaten (Haushaltsjahr 1993) 297

Tabelle

12:

Pro-Kopf-Betrachtung der Nettopositionen filr das Jahr 1993 ..

300

Tabelle

13:

Beurteilung möglicher EU-Steuern .........................................

354

Tabelle

14:

Die Visegrad-Staaten im Vergleich (Jahr 1991) ......................

361

Tabelle

15:

Wachstumsraten als Voraussetzung für regionale Konvergenz

364

275

Tabellen im Anhang Tabelle

Al:

Ursprüngliche Finanzielle Mittelvorausschau der Europäischen Union (1993-1999) ...........................................

379

Tabelle

A2:

Aktualisierte Finanzielle Vorausschau (1993-1999) ................

380

Tabelle

A3:

Umfang und Struktur des EU-Budgets (1988-1995) ................

381

Tabelle

A4:

Tatsächliche Nettozahlerpositionen (1992) .............................

382

Tabelle

A5:

Tatsächliche Nettozahlerpositionen (1991) .............................

383

Tabelle

A6:

Tatsächliche Nettozahlerpositionen (1990) .............................

384

Tabelle

A7:

Tatsächliche Nettozahlerpositionen (1989) .............................

385



Tabellenverzeichnis

20 Tabelle

A8:

Tatsächliche Nettozahlerpositionen (1988) ............................. 386

Tabelle

A9:

Grundtabelle fiIr die modiflzierten Nettopositionen (1993) ..... 387

Tabelle

AlO:

Nettopositionen EAGFL-Garantie (1993) ...............................

388

Tabelle

All:

Nettopositionen Strukturmaßnahmen (1993) ...........................

389

Tabelle

A12:

Simulation BSP-Bemessungsgrundlage: Grundtabelle mit Basisdaten fiIr das Finanzausgleichsmodell (1993) .................

390

Tabelle

Al3:

Variante A: Juste Retour ........................................................ 391

Tabelle

A14:

Variante B: Vertikaler Finanzausgleich mit plafondiertem Budgetvolumen ...................................................................... 392

Tabelle

A15:

Variante C: Teilausgleich bei simultanem Einsatz von horizontalen und vertikalen Ausgleichskomponenten ..............

393

Tabelle

A16:

Variante D: 90-Prozent-Ausgleich ..........................................

394

Tabelle

A17:

Simulation MwSt-Bemessungsgrundlage: Grundtabelle mit Basisdaten fiIr das Finanzausgleichsmodell (1993) .................

395

Tabelle

A18:

Variante A: Juste Retour ........................................................

396

Tabelle

A19:

Variante B: Vertikaler Finanzausgleich mit plafondiertem Budgetvolumen ...................................................................... 397

Tabelle

A20:

Variante C: Teilausgleich bei simultanem Einsatz von horizontalen und vertikalen Ausgleichskomponenten ..............

398

Tabelle

A21:

Variante D: 90-Prozent-Ausgleich ..........................................

399

Abbildungsverzeichnis Abb.

1: Methodischer Aufbau der Analyse............ ................................. ... ......

36

Abb.

2: Erste Zielpyramide: Gesellschaftliche Wohlfahrt................................

59

Abb.

3: Zweite Zielpyramide: Solidarität und Föderalismus............................

60

Abb.

4: Dritte Zielpyramide: Kohäsion und Konvergenz.................................

61

Abb.

5: Vierte Zielpyramide: EU-Politiken mit Instrumentalcharakter ............

62

Abb.

6: Ziel-Mittel-Funktion der Zielpyramiden.............................................

64

Abb.

7: Föderalismus zwischen Partikularismus und Zentralismus .................

103

Abb.

8: Ressourcen- und Präferenzkosten in Abhängigkeit der Entscheidungsregeln ....................................................................

108

Abb.

9: Das Verbundprinzip...........................................................................

115

Abb.

10: Das erweiterte Verbundprinzip in seiner föderalen Ausprägung..........

119

Abb.

11: Vademekum zum Europäischen Finanzausgleich im weiteren Sinn.....

127

Abb.

12: Vademekum zum Europäischer Finanzausgleich im engsten Sinn .......

128

Abb.

13: Kollektivgutschema ...........................................................................

135

Abb.

14: Anpassung des Angebots öffentlicher Güter durch adäquate Aufgabenträger ..................................................................................

144

Abb.

15: Optimaler Zentralisierungsgrad und Anzahl öffentlicher Körperschaften..................................................................................

146

Abb.

16: Ausgabenstruktur des EU-Budgets ftlr 1995.......................................

173

Abb.

17: Formen des primären aktiven Finanzausgleichs. ... ................... ...........

187

Abb.

18: Entwicklung der EU-Einnahmen in Millionen ECU(1988-1995).... .....

195

Abb.

19: Struktur der Eigenmittel (1988-1995).................................................

201

Abb.

20: Wirkungsanalyse einer Pauschalzuweisung ................... .....................

217

Abb.

21: Zweckgebundene versus pauschale Zuweisung...................................

221

Abb.

22: Wirkung von Zweckzuweisung mit Eigenbeteiligung.. ........................ 223

Abb.

23: Abwägungsprozeß einer gebenden Körperschaft bei der Auswahl einer Zuweisungsart...........................................................................

224

22

Abbild\Ulgsverzeichnis

Abb.

24: Budgetkonten in der Europäischen Union...........................................

258

Abb.

25: Konzeption des praktizierten Europäischen Finanzausgleichs .............

259

Abb.

26: Interdependenzmodell des Willensbild\Ulgs- \Uld Entscheid\Ulgsprozesses ...........................................................................................

271

Abb.

27: Synopse des totalen Bezieh\Ulgsgeflechts............................................

285

Abb.

28: Finanzkraft eines Landes bezogen auf dessen Ausgleichsmeßzahl.......

332

Abkürzungsverzeichnis A

Österreich Amtsblatt

AbI. Abs. AdR

Absatz Ausschuß der Regionen

Art.

Artikel

AStV

Ausschuß der Ständigen Vertreter Belgien

B

BIP BSP BV BVerfG

Bruttoinlandsprodukt Bruttosozialprodukt Bevölkerung Bundesverfassungsgericht

CAP CEPR D DDR DK DM

Common Agricultural Policy Centre for Economic Policy Research Deutschland Deutsche Demokratische Republik Dänemark Deutsche Mark

E

Spanien

EAG

Europäische Atomgemeinschaft

EAGFL

Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds rur die Landwirtschaft

ECU EEA

European Curreny UnH Einheitliche Europäische Akte

EEF EFRE EFIA EG EG-Vertrag

Europäischer Entwicklungsfonds

EGKS

Europäische Gemeinschaft rur Kohle und Stahl

Europäischer Fonds rur Regionale Entwicklung European Free Irade Association Europäische Gemeinschaft(en) Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (vom 25.3.1957) in der Fassung vom 7.2.1992)

24 EIB

Elf EP

ERH

Abkürzungsverzeichnis Europäische Investitionsbank Europäischer Investitionsfonds Europäisches Parlament

ESF EU EU-Vertrag

Europäischer Rechnungshof Europäischer Sozialfonds Europäische Union Vertrag über die Europäische Union (vom 7.2.1992)

EuGH

Europäischer Gerichtshof

EuR

Europa und Recht

EUR12 EuZW

Europa der Zwölf (je nach Zahl: der sechs, der neun ... usw.)

EVP

Europäische Zeitschrift fi1r Wirtschaftsrecht Europäische Volkspartei

EWG

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

EWI

Europäisches Währungsinstitut Europäischer Wirtschaftsraum

EWR EWU EWWU EZB EZBS

Europäische Währungsunion Europäische Wirtschafts- und Währungsunion Europäische Zentralbank

F&E

Europäisches Zentralbankensystem Frankreich Forschung und Entwicklung

FAG

Finanzausgleich

FAM

Finanzausgleichsmasse

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung Finanzinstrument fIlr die Ausrichtung der Fischerei

F

FIAF

FL

Finnland

GATI

Fußnote Gemeinsame Agrarpolitik General Agreement on Iariffs and Irade

GB

Großbrifunnien

FN GAP

GD

Generaldirektion

gern.

gemäß

GG

Grundgesetz

GZI

Gemeinsamer Zolltarif

HdF HdWW

Handbuch der Finanzwissenschaft Handbuch der Wirtschaftswissenschaft

)\b~gsverzeichrüs

iwd

Infonnationsdient des Instituts der deutschen Wirtschaft

IWF KKP

Internationaler Währungsfonds

KKS

Kaufkraftstandards

L

Luxemburg

Loc

Lokale (örtliche) Gebietskörperschaft unter NUTS-III-Ebene

MdEP

Mitglied des Europäischen Parlaments

MwSt

Mehrwertsteuer

MwSt-BMG

Mehrwertsteuer-Bemessungsgrundlage

N

Norwegen

NJ\FTA

Nordamerikanische Freihandelszone

N)\TO

North )\tlantic Treaty Organization

NL

Niederlande

NPÖ

Neue Politische Ökonomie

NUTS

Nomenclature des Unites Territoriales Statistiques

Kaufkraftparitäten

O)\U

Organisation filr .Afrikanische Einheit

P

Portugal

S

Schweden

S.

Seite

UK

United Kingdom

UNO

United Nations Organization

USt

Umsatzsteuer

VK.

Vereinigtes Königreich

WiSt

Wirtschaftswissenschaftliches Studium

WiSu

Das Wirtschaftsstudium

WS)\

Wirtschafts- und Sozialausschuß

WuE

Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß

WWU

Wirtschafts- und Währungsunion

Z.

Ziffer

ZtRV

Zeitschrift filr Rechtsvergleichung

ZRP

Zeitschrift filr Rechtspolitik

25

Verzeichnis der formalen Parameter 1. Modellpararneter des 7. Kapitel

A

Ausgaben

Ai

durschsclmittliches Ausgabenvolurnen

B

Bemessungsgrundlage

B

durchsclmittliche Bemessungsgrundlage aller Körperschaften

BMZ

Bedarfsmeßzahl

E

Einnahmen (Steueraufkommen)

EI B

Steuerbelastung (Steuersatz)

F

Finanzbedarf Körperschaft (fiskalische Einheit)

K

Kosten der Aufgabenerfilllung

k

Stückkosten pro Bedarfseinheit

m

Anzahl der öffentlichen Aufgaben

n

Anzahl der Körperschaften

N

Bedarfsindex (need: i.d.R. Ni > 1)

N

durchsclmittlicher Bedarf

P

Bevölkerung (Population)

p

Verbraucherpreisindex

j

öffentliche Aufgabe

S

Steuerertragskraft

a

Dummy-Variable einheitlicher, gewünschter Standard fiIr alle Körperschaften

t

Steuersatz

Verzeichnis der fonnalen Parameter tc

Steuersatz der Ausgleichssteuer

u

Arbeitslosigkeit

V

Versorgungsniveau

V

durchschnittliches Versorgungsniveau

v

angestrebtes Versorgungsniveau in Prozent der Bedarfsgröße

w

Gewichtung des Berichtigungsfaktors

Z

(Ausgleichs)Zuweisungen

27

2. Modellparameter des 9. Kapitels ZE

Zentral-Ebene

R

Regional-Ebene

K

Kommunal-Ebene

L

Lokal-Ebene

EU

EU-Ebene

FKMj

Finanzkraftmeßzahl der fiskalischen Einheit i -> filr das Finanzausgleichsverfahren anrechenbares Finanzaufkommen (i.d.R. Steuerkraft oder deren Bemessungsgrundlage)

FBlj

Finanzbedarfsindikator der fiskalischen Einheit i -> politökonomisch zu bestimmende Kennzahl

FBlj

FB1i := (1 + A.i); A.i *" 0 bei Gewichtung bzw. Veredelung

BZj

(Wohn)Bevölkerung in absoluten Zahlen der fiskalischen Einheit i

FKMj

BZj *FBI;

q

Durchschnittliche Finanzkraft pro Kopf einer fiskalischen Einheit (z.B. EU-Land i) vor FAG Durchschnittliche Finanzkraft pro Kopf aller n fiskalischen Einheiten (z.B. 12 EU-Länder) vor FAG n

q=

r.FKM;

n

j=1

r. (BZj • FBIj)

j=1

AMZj

Ausgleichsmeßzahl der fiskalischen Einheit i: AMZi = q • BZi • FB1i

d

Relative Position eines EU-Landes bezogen auf den EU-Durschschnitt

28

Verzeichnis der formalen Parameter FKM; Bl; q

dj vor Finanzausgleich

.100

W;

di nach Finanzausgleich

_B_l..:.;_ .100 n

LW;

~

n

LBl;

;=1

r

Relative Finanzkraftstärke einer fiskalischen Einheit deren Ausgleichsmeßzahl ri vor Finanzausgleich

bezogen auf

=FKMi I AMZi • 100

ri nach Finanzausgleich = FVi I AMZi • 100

a

FKMj < AMZj

Finanzschwach, d.h. ausgleichsberechtigt

FKMj > AMZj

Finanzstark, d.h. ausgleichspflichtig

Ausgleichsgrad bei horizontalem FAG zwischen EU-Ländern -> politökonomisch zu bestimmender Ausgleichsgrad Ausgleichsgrad bei vertikalem FAG zwischen EU-Ebene und EULändern -> politökonomisch zu bestimmender Ausgleichsgrad

'"

Ausgleichsintensität (Voll- oder Teilausgleich) -> politökonomisch zu

FB;

Fehlbetrag, wenn AMZi > FKMi => FBi

OS;

Überschuß, wennAMZi ÜSi

HAB;

Horizontale Ausgleichsbeiträge: HABi =a • ÜSi

BAZ;

Horizontale Ausgleichszuweisungen: HAZi = a • FBi

FAM

Finanzausgleichsmasse, die insgesamt zum Vollausgleich benötigt wird

rv;

bestimmen; 0 ~ '" ~ 1 und '" =a + ß

(FAM=LFBi) Transfervolumen - Nettozahler

(TVi < 0), wenn FVi < FKMi TVi = HABi = FVi - FKMi < 0

- Nettoempfänger

(TVi > 0), wenn FVi > FKMi TVi = VAZi + HAZi = FVi -FKMi > 0

Verzeichnis der fonnalen Parameter

29

VAB

Vertikaler Ausgleichsbeitrag der übergeordneten Ebene (z.B. supranationale EU-Ebene): (LVAZi = VAB), VAB e I~

VAZ j

vertikale Ausgleichszuweisung an die fiskalische Einheit i VAZi = J3 • FBi

e

Dummy-Variable

a= 0, wenn ausgleichspflichtiges Land

a = 1, wenn ausgleichsberechtigtes Land FV;

Finanzvolumen nach horizontalem FAG: FVi = ~ + a • (AMZi - FKMi) Finanzvolumen nach vertikalem FAG: FVi =FKMi + VAZi Finanzvolumen nach horizontalem und vertikalem FAG: FVi = ~ + a • (AMZi - FKMi) + a • J3 • (AMZi - FKMi)

FV; / BZj

Durchschnittliche Finanzkraft pro Kopf einer fiskalischen Einheit nach FAG

Vorbemerkungen "Mit den Vereinbarungen von Maastricht hat der Integrationsprozeß einen neuen Entwicklungspfad eingeschlagen; alle Beteiligten haben das Recht zu erfahren, wohin die Reise gehen soll. Bei vorausschauenden ... Ziel-Mittel-Systemen oder Szenarios handelt es sich nicht um die Analyse der bereits eingetretenen Wirklichkeit, sondern um den Versuch, mögliche Entwicklungen daraufhin zu überprüfen, inwieweit sie gewissen hypothetischen Wert- und Zielvorstellungen entsprechen. Unterstellt man, daß im innerstaatlichen politischen Prozeß oder in internationalen Verhandlungen über politische Ziele Übereinstimmung erzielt werden kann, so ist zu untersuchen, welche Mittel und Verfahren zur Zielverwirklichung geeignet sind, inwieweit dies im politischen Kräftefeld möglich ist, ob der gegenwärtige Zustand im gewünschten Sinne veränderbar ist ... "

Hans von der Groeben (1995), S. 430 Mitglied der Kommission von 1958 bis 1970

A. Impressionen und Visionen der europäischen Integration Mit dem Vertrag von Maastricht wurde die Europäische Union als ein politisches System kreiert, das seiner Struktur und seiner Zielrichtung nach noch viel Raum für Evolution läßt. Aufgrund der fehlenden Finalität des europäischen Systems führt jede Veränderung - sei es durch neue Verträge, neue Mitglieder oder neue Integrationsschritte wie die Wirtschafts- und Währungsunion - immer wieder zurück zur Ausgangsfrage: 1 Welches Ziel hat die europäische Integration? Eine Beantwortung dieser Frage kann mit Leerphrasen wie Friede, Freiheit und Wohlstand relativ leicht erfolgen. Schwieriger wird es dagegen, wenn man ganz konkret die Implikationen der europäischen Integration auf Mitgliedstaaten, Regionen und/oder das einzelne Individuum aufzeigen will. Das letzte Projekt, in dessen Zusammenhang diese Frage auf allen Ebenen beantwortet worden ist, war der Europäische Binnenmarkt. Die Diskussion um vgl. Ehlermann (1993), S. 22. Die fehlende Einigkeit über die Finalität des Integrationsprozesses wird bei Groeben (1995), S. 491[, politisch begründet. Für Delors (1993), S. 4, schlägt der Vertrag von Maastricht "keinen Reißbrettentwurf fllr die künftige Gemeinschaft vor, sondern einen evolutionären Prozeß, der von der Natur der Sache her zu unterschiedlichen Interpretationen einlädt".

32

Vorbemerkungen

Maastricht hat mehr neue Fragen aufgeworfen als beantwortet. So wurde der Zweck von Maastricht in der Öffentlichkeit nur rudimentär erörtert und auf die Schaffung einer Europäischen Währungsunion verkürzt. Nach Belieben und je nach politischer Couleur wird Europas Vision mit Bundesstaat, Staatenverbund, Staatenstaat, Europa der Vaterländer, Wirtschafts- und Währungsunion, Sozialunion oder mit Europäische bzw. Politische Union beschrieben. Auch werden die Konsequenzen, die sich aus der jeweiligen Vision ergeben, bisher kaum konsequent zu Ende gedacht. Folglich verläuft eine Erörterung europäischer Themen häufig auf verschiedenen Diskussionsebenen. So geschieht es auch in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den zentralen Inhalten von Maastricht, zu denen neben der Wirtschafts- und Währungsunion vor allem der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt der Europäischen Union gehören. Gerade im Zusammenhang mit der Kohäsion gewinnt nach Ansicht mancher Autoren ein System an Konturen, das bereits als eine Art Europäischer Finanzausgleich bezeichnet werden kann. 2 Dabei bleibt jedoch weitestgehend unbestimmt, was unter Finanzausgleich überhaupt zu subsumieren ist. Trotz der Beteiligung eines breiten Publikums aus Politik und Wissenschaft an der Debatte um die für 1996 geplante Folgekonferenz zur Revision der Maastrichter Verträge werden bisher weder die Inhalte und Ausprägungen eines Europäischen Finanzausgleichs, noch die Probleme seiner Ausgestaltung und Implementierung thematisiert.

B. Europäischer Finanzausgleich im wissenschaftlichen Schrifttum Der Themenkomplex "europäische Integration und Finanzausgleich" war abgesehen von älteren ähnlich lautenden Arbeiten, 3 die aber seinerzeit noch ganz andere Inhalte damit verbanden - erst im Vorfeld und in Folge des MacDougall-Berichtes4 zum Gegenstand einer umfassenden (finanz-) wissenschaftlichen Diskussion geworden. Im deutschen Sprachraum sind auf der einen Seite einige Beiträge zu nennen, die sich darum bemühten, den erreichten Integrationsstand aus Sicht des Finanzausgleichs zu analysieren. 5 Auf der

2 Siehe hierzu unter anderem die Arbeiten von Schoneweg (1992b), S. 2f; Lammers (1993), S. 195f; Thomas (1994), S. 472f. 3 Siehe z.B. Rath (1953); Dahms (1960); Milow (1968). 4 Vgl. Kommission (1977a), (1977b). Mehr zum MacDougall-Bericht im 5. Kapitel, Punkt D.II!. und im 7. Kapitel, Punkt D.I.2. 5 Vgl. dazu Reding (1976); FranzmeyerlSeidel (1976). Zu den beiden Letztgenannten siehe auch die Buchbesprechung von K. Schneider (1977/78).

B. Europäischer Finanzausgleich im wissenschaftlichen Schrifttum

33

anderen Seite stehen Autoren, die an einer theoretischen Fundierung des Finanz(ausgleichs)systems der Europäischen Gemeinschaften arbeiteten. 6 An dieser Stelle ist insbesondere der finanzwissenschaftliche Ausschuß des Vereins für Socialpolitik zu erwähnen, der 1979 den "Finanzausgleich im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften"1 zum Untersuchungsgegenstand einer seiner Tagungen machte. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, daß sich bereits einzelne Monographien mit dieser Problematik beschäftigten. 8 Abgesehen von diesen und einigen anderen Beiträgen, die jedoch häufig den Eindruck vermitteln, als ließen sich die Fragen eines Europäischen Finanzausgleichs mit Hilfe einer Theorie und Politik der europäischen Regionalpolitik bzw. des europäischen Finanzsystems analysieren, fällt eine Dokumentation auf diesem wissenschaftlichen Forschungsfeld bis in die frühen 90er Jahre schwer. Auch in der angelsächsischen Literatur finden sich kaum Arbeiten, die den Versuch unternahmen, sich über die Theorie des fiscal federalism der europäischen Problemstellung zu nähern. 9 Erst im Zuge des Maastrichter Vertrages wurde die Finanzierung und Föderalisierung Europas wieder in den Vordergrund geschoben, und das Wort "Finanzausgleich" fand daraufhin verstärkt Eingang in die politische und wissenschaftliche Diskussion über die künftige Ausgestaltung der Europäischen Union. 10 Den aktuellen Forschungsbeiträgen mangelt es jedoch an einer grundsätzlichen Darlegung, was unter Finanzausgleich im allgemeinen und im europäischen Kontext im besonderen zu verstehen ist. Unbestimmt bleibt auch, auf welchem finanzausgleichstheoretischen Fundament die zumeist positiven Argumentationen stehen. Weil zwischen dem Finanzsystem der Europäischen Union und den Bemühungen um die europäische Einigung eine Ambivalenz herrscht, können weiterführende Überlegungen zum Europäischen Finanzausgleich "als Bedingung einer über den Status quo hinausführenden europäischen Einigung und als

6 Vgl. als Beleg hierzu Biehl (1978); Caesar (1980); Henke (1980). 1 Vgl. Pohmer (1981) mit Beiträgen von Henke (1981), S. 11f, Thoroe (1981), S. 85f, und Biehl (1981), S. 125f Eine lesenswerte Rezension über den Tagungsband liefert Reichenbach (1982), S.350f 8 So z.B. die Arbeiten von Hackenbroch (1983); Bock (1985); Ott (1987). 9 Zu den wenigen Ausnahmen gehören beispielsweise die Arbeiten von Dates (1977b), S. 291ff, und Emerson (1977), S. 129ff. 1m romanischen, insbesondere frankophonen Sprachraum bestand aufgrund der zentralstaatlichen Traditionen kein starkes Interesse an (fmanz)flideralistischen Themen. Der Finanzflideralismus wurde mehrfach als theoretische Fundierung empirischer Arbeiten über die fliderale Schweiz verwandt. Vgl. z.B. Daf!lon (1977). 10 Als Autorenbeleg siehe die Ausfllhrungen im 3. Kapitel, Punkt D., dieser ~beit. 3 Walthes

34

'Iorbernerklu1gen

wichtige Unterstützung der angestrebten Wirtschafts- und Währungsunion angesehen werden"! I. C. Untersuchungsgegenstand und Methodik der Analyse

Ziel dieser Untersuchung ist es, zum einen die Notwendigkeit aufzuzeigen, die zu einer thematischen Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex Europäischer Finanzausgleich führt; und zum anderen mit Hilfe theoretischer Deduktionen die zahlreichen Facetten des Finanzausgleichs in seiner europäischen Dimension zu systematisieren sowie auf den derzeitigen und künftigen Stand der Integration sowohl modellanalytisch zu übertragen als auch empirisch zu belegen. Der wesentliche Erklärungs- und Forschungsbeitrag der Analyse besteht nicht nur in der theoretischen Einordnung, kritischen Würdigung und Beurteilung des komplexen EU-Finanzsystems, sondern vor allem in der systematischen Aufarbeitung bisher voneinander getrennter Ansätze unter Verwendung einer einheitlichen Terminologie sowie in der Offenlegung möglicher Problembereiche und weiterer Forschungsfelder.

L Gegenstand der Untersuchung

Aus den in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur geläufigen Differenzierungen hinsichtlich Föderalismus und Finanzausgleich wird als Gegenstand der Untersuchung der Europäische Finanzausgleich abgeleitet. 12 Dabei sind grundsätzlich zwei Unterscheidungen zu treffen: (1) Der formale Finanzausgleich erörtert theoretisch abstrakt die Grundprin-

zipien der Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverteilung in einem föderalen Gemeinwesen.

(2) Der materielle Finanzausgleich befaßt sich mit der konkreten Ausgestaltung der finanzausgleichsrelevanten Tatbestände in einem real existierenden Gemeinwesen. Die vorliegende Monographie analysiert sowohl die formalen als auch materiellen Aspekte eines Europäischen Finanzausgleichs. Mit Hilfe dieser theoretischen Unterscheidung und einer finanzföderalistischen Basis lassen sich

11 Henke (1981), S. 11. 12 Siehe hierzu das 4. Kapitel im zweiten Teil dieser Arbeit.

C. Untersuch\U1gsgegenstand \U1d Methodik der Analyse

35

die themenspezifischen Integrationsfelder der Europäischen Union erschließen und vor einern ökonomisch rationalen Hintergrund kritisch beurteilen.

II. Methodisches Vorgehen

Bei der Untersuchung und Beurteilung eines komplexen Sachverhalts, wie ihn eine IFinanzunion" 13 darstellt, darf sich die Diskussion nicht nur auf Symptome konzentrieren und sich entlang einer Reihe von kasuistischen Kriterien orientieren. Vielmehr erfordert eine systematische Analyse, daß ein theoretisches Bezugssystem als Referenzmaßstab konzipiert wird, an dem der gegenwärtige Status quo zu messen ist. Denn nur durch eine fundierte Soll-IstAnalyse lassen sich Art und Ausmaß der Abweichungen ermitteln und im Rahmen präskriptiver Überlegungen alternative Lösungswege aufzeigen. Abbildung 1 visualisiert Konzeption und Methodik der Arbeit. Die angewandte Analytik erlaubt eine systematische Trennung der häufig ineinandergreifenden Argumente und legt die wesentlichen Determinanten einer europäischen Finanzausgleichskonzeption deduktiv offen. Die Analyse besteht aus drei Teilen, wobei der erste Teil der Arbeit die Themenstellung in drei Kapiteln entwickelt. Zunächst verdeutlicht ein Problemaufriß das bisherige Disparitätenrnuster und den finanz- und wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf der Europäischen Union. Im Anschluß an diese Status-quo-Analyse folgt das formal-juristische Zielsystem des europäischen Vertragswerkes. Danach werden die beiden aus dem Vertragstext abgeleiteten Schlüsselbegriffe Kohäsion und Konvergenz themenspezifisch interpretiert. Zur Überwindung der offensichtlichen Diskrepanz zwischen den normativen Sollvorgaben des Vertrages und der disparaten Ausprägung des Istzustandes weisen manche Autoren in Richtung Finanzausgleich. In diesem Zusammenhang wird aber deutlich, daß der Begriff Finanzausgleich seinem Inhalt nach bisher nur rudimentär konkretisiert und äußerst oberflächlich für die europäische Anwendung operationalisiert worden ist. Daher bedarf es sowohl einer umfassenden theoretischen Grundlegung als auch einer analytischen Deduktion des Europäischen Finanzausgleichs. Beides erfolgt im zweiten Teil der Arbeit.

13 Biehl (1978), S. 35, (1991b), S. 357. Darunter ist ein regionenübergreifendes System öffentlicher Einnahmen und Ausgaben, d.h. ein umfassendes Finanzausgieichssystem, zu verstehen. 3*

36

Vorbemerkungen

Vorbemerkungen Erster Teil

Zur Notwendigkeit eines Europäischen Finanzausgleichs - ProblemaufrIß und Lösungsweg 1. Kapitel Regionale Disparitäten inder Europäischen Union

+

+

2. Kapitel Recltliche Grundlagen und europllisches Zielsystem

3. Kapitel Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

Zweiter Teil

Theorie und Deduktion des Europäischen Finanzausgleichs 4. Kapitel Elemente eines finanzföderalistischen Referenzsysterns

---

+

5. Kapitel Passiver Finanzausgleich

I

+

6. Kapitel Primärer aktiver Finanzausgleich

---

8. Kapitel Politisch-institutione"e Dimension

I

I +

7. Kapitel Seku"ldärer aktiver Finanzausgleich

I

I

I

9. Kapitel Mode"analyse eines subsidiären Europllischen Finanzausgleichs

Dritter Teil

Reformen und VIsionen Im (prä)födera/en Finanzausgleich der Europäischen Union 10. Kapitel Reformansatze im passiven und aktiven EU-Finanzausgleich

11. Kapitel Vertiefung, ElWeitel\l1g und Konstitution

Resümee: Ein konstruktives Fazit

Abb. 1: Methodischer Aufbau der Analyse QueUe: Eigene DBlSteUung

I

C. Untersuchungsgegenstand und Methodik der Analyse

37

Deshalb liefert das vierte Kapitel zu Beginn des zweiten Teils ein integriertes finanzföderalistisches Fundament, das die zahlreichen verstreut vorliegenden theoretischen Elemente systematisch in einer geschlossenen Theorie des Europäischen Finanzausgleichs zusammenführt. Die Kapitel fünf bis acht setzen die Analyse des Finanzausgleichs mit der partiellen Gegenüberstellung von ökonomischer Theorie und europäischer Praxis fort. Im neunten Kapitel werden im Zuge einer formalen Modellanalyse die wesentlichen Determinanten und die finanziellen Dimensionen eines subsidiären Europäischen Finanzausgleichs aufgezeigt und empirisch belegt. Der dritte Teil verdeutlicht schließlich die notwendigen Reformschritte, die im Zuge der Maastrichter Folgekonferenz 1996 angegangen werden müssen, um einen rationalen Finanzausgleich in der Europäischen Union implementieren zu können.

1. Teil

Zur Notwendigkeit eines Europäischen Finanzausgleichs - Problemaufriß und Lösungsweg Das erste Kapitel analysiert das regionale Disparitätenmuster der Europäischen Union. Hierbei lassen sich im Zuge des europäischen Integrationsprozesses in Abhängigkeit von regionaler Abgrenzung und ausgewählten Indikatoren konvergente und divergente Phasen unterscheiden. Diese Status-quoAnalyse der regionalen Disparität zeigt ein Problem, das in den europäischen Vertragstexten explizit angesprochen und durch gemeinschaftliche Instrumentarien, wie Struktur- und Kohäsionsfonds, gelöst werden soll. Insofern dient das erste Kapitel als problemorientierte Synopse, vor deren Hintergrund die Ableitung des formal-juristischen Ziel systems im zweiten Kapitel gesehen werden muß. Dazu werden zunächst das rechtliche Fundament skizziert und aus den Vertragstexten das Zielsystem der Europäischen Union abgeleitet. Schließlich werden im dritten Kapitel Anspruch und Wirklichkeit der Zielprojektion hinsichtlich gewünschter Kohäsion und tatsächlicher Disparität sowie erforderlicher Konvergenz diskutiert. Zum einen wird gezeigt, inwieweit das Zielsystem überhaupt mit der Realität kompatibel ist, und zum anderen wird dargelegt, welche theoretischen Begründungen rur kohäsionspolitische Maßnahmen aufgrund der attestierten Soll-1st-Abweichung bestehen. Als Konsequenz aus den aufgezeigten Disparitäten, den vertraglich vorgegebenen Zielen und den künftigen Entwicklunglinien hin zu einer Europäischen Währungsunion verweist die Literatur auf die Errichtung eines europäischen Finanzausgleichssystems. Darin wird ein gangbarer Lösungsweg aus dem aufgezeigten Dilemma gesehen. Jedoch mangelt es den bisherigen Überlegungen an einer Präzisierung des Begriffes "Finanzausgleich" sowie an einer umfassenden Erörterung der konzeptionellen Ausgestaltung im Rahmen der Europäischen Union.

40

1. Kapitel: Regionale Disparitäten in der EU 1. Kapitel Regionale Disparitäten in der Europäischen Union

In der Europäischen Union existieren gravierende Unterschiede zwischen 'annen' und 'reichen' Regionen und Mitgliedstaaten. Das regionale Gefälle wird anhand geeigneter Indikatoren, die sowohl fiir die Diagnose vorhandener Unterschiede als auch fiir die Beurteilung der FörderungsWÜfdigkeit herangezogen werden können, kurz dargestellt. Dabei zeigen sich neben konvergenten auch divergente Entwicklungslinien. Insgesamt offenbart das Disparitätenrnuster einen wesentlichen Problembereich der europäischen Integration.

A. Auswahl relevanter Vergleichsindikatoren Die im europäischen Vertragswerk gewählten Formulierungen bezüglich des Disparitätenabbaus lassen breiten Raum fiir Interpretationen. 1 So können sich die Ausführungen zum "Entwicklungsstand" und "Rückstand,,2 sowohl auf die Disparitäten am Arbeitsmarkt oder im Pro-Kopf-Einkommen als auch auf sonstige soziale Indikatoren beziehen. Zur Erfassung und Beurteilung des unterschiedlichen Entwicklungsstandes der Gemeinschaft greift die Kommission in der Regel auf Indikatoren zurück, die die sozialen und/oder ökonomischen Gegebenheiten der zu analysierenden Regionen hinreichend widerspiegeln. 3 Zu den Schlüsselindikatoren zählen die Erwerbsquote, die Arbeitslosenquote, das Pro-Kopf-Einkommen sowie Kennziffern der Produktivität und der Infrastrukturausstattung oder des Industrialisierungsgrades. Je nach Untersuchungsgegenstand und -ziel werden weitere spezifische Indikatoren verwendet. In ihrer periodischen Berichterstattung über die "sozio-äkonomische Lage und Entwicklung der Regionen der Gemeinschaft,,4 analysiert die Kommission Vgl. KlodtiStehn u.a. (1992), S. 33. Zu den rechtlichen Grundlagen siehe 2. Kapitel, Punkt A,

erster Teil dieser Arbeit.

Art. BOa EG-Vertrag. Vgl. Kommission (1994a), S. 10r. Siehe hierzu den ersten (1981), zweiten (1984), dritten (1987), vierten (1991a) und filnften (1994a) periodischen Bericht der Kommission. So kreierte die Kommission in ihrem dritten Bericht einen sog. 'synthetischen Index', der als ein Indikator der Problernintensität die Schlüsselgrößen der wirtschaftlichen Leistungskraft und des Arbeitmarktes enthält. In ihrem vierten Bericht wird das Disparitätenmuster mit Hilfe von drei übergeordneten Indikatoren ermittelt. Dabei handelt es sich um 'Bevölkerung', ;Arbeitsmarkt' und 'Wirtschaft'. Diese drei Hauptindikatoren werden weiter untergliedert. So umfaßt beispielsweise der 'Arbeitsmarkt' die Erwerbs- und Arbeitslosenquote und die 'Wirtschaft' den Anteil der Sektoren an den Erwerbstätigen oder das durchschnittliche BIP. Im Vordergrund

A. Auswahl relevanter Vergleichsindikatoren

41

Ausmaß und Entwicklung des Disparitätenmusters. Hierbei stehen vor allem Sozialprodukt und Einkommensgrößen sowie Kennziffern des Arbeitsmarktes im Mittelpunkt der Betrachtung. Im Rahmen der europäischen Kohäsionspolitik spielen diese Indikatoren sowohl für die regionale Diagnose als auch für die Bestimmung von Fördergebieten eine zentrale Rolle. 5 Eine von der Generaldirektion Wissenschaft des Europäischen Parlaments in Auftrag gegebene Untersuchung zu den regionalen Auswirkungen der Gemeinschaftspolitiken konstatiert, daß der "gebräuchlichste Maßstab zur Messung des Entwicklungsstandes eines Landes oder einer Region ... das Pro-Kopf-Einkommen,,6 ist. Mit der Ermittlung regionaler Entwicklungsunterschiede gehen jedoch einige Problembereiche einher. Bevor ein Überblick über die Ausprägungen europäischer Disparitäten gegeben werden kann, sind zunächst einige Anmerkungen (1) zur Regionenabgrenzung, (2) zum statistischen Verfahren bei der Messung regionaler Disparitäten und (3) zur Auswahl der Indikatoren erforderlich: zu (1) Die Abgrenzung der regionalen Untersuchungsgegenstände ist in der Regel statistisch, d.h. verwaltungstechnisch, vorgegeben und erfolgt nach meist administrativen Kriterien. Von anderen Möglichkeiten der räumlichen Gliederung, wie der Bildung analytischer Regionen, 7 wird aus praktischen Gründen, die mit der Verfügbarkeit von Regionaldaten zusammenhängen, kein Gebrauch gemacht. Bei den von Eurostat verwandten Abgrenzungen für Gebietseinheiten (NUTS-Systematikt hanstehen dabei neben regionalen Unterschieden in den Arbeitslosenquoten vor allem die regionalen Einkommensdisparitlten, die am BIP pro Kopf gemessen werden. ~ Vgl. Waniek(1992a), S. 33. Europaisches Parlament (1991b), S.·9. Analytische Regionen können sein: (1) funktionale Regionen, die sich ergwende Raumeinheiten zusammenfassen (z.B. Arbeitsmarktregionen) und (2) homogene Regionen, die Gebiete mit Ahnlichen Charakteristika gruppieren. 8 NUTS = Nomenc1ature des Unites Territoriales Statistiques. Dieses Abgrenzungskonzept in drei Regionalebenen unterhalb des EU-Mitgliedslandes basiert auf einer zwischen den EUMitgliedstaaten und dem statistischen Amt der Gemeinschaft (Eurostat) vereinbarten Raumaufteilung. Die NUTS-Systematik der Gebietseinheiten stellt filr die Statistik zwar einen einheitlichen regionalen Bezugsrahmen bereit, doch liefert sie keine ideale räumliche Abgrenzung. So sind die Regionen bezilglich Fläche, Bevölkerungsdichte und ökonomischer Verflechtung der Teilraume zu unterschiedlich. Insbesondere die raumliche Größe einer Region kann die Schwere gewisser Regionalprobleme verschleiern. Auf der einen Seite treten die Probleme schrumpfender oder krisenanftlliger Strukturen um so krasser zu Tage, je kleinraumiger die Einheit ist. Auf der anderen Seite birgt eine kleinraumliche Abgrenzung die Gefahr in sich, daß durch grenzilberschreitende Verflechtungen (z. B. Pendlerströme) U.a. die Höhe der tatsächlichen regionalen Wirtschaftskraft verzerrt wird. Auf die NUTS-Systematik wird im 5. Kapitel, Punkt D.II.2.; 7. Kapitel, Punkt F.I.1. und 9. Kapitel, Punkt AI., wieder Bezug genommen.

1. Kapitel: Regionale Disparitäten in der EU

42

delt es sich in erster Linie um die institutionellen Gliederungsstrukturen der Mitgliedstaaten. zu (2) Zur Berechnung des regionalen Disparitätenmusters wird als statistische Methode meistens die gewichtete Standardabweichuni in Prozent des Pro-Kopf-BIP im EU-Durchschnitt herangezogen, was letztendlich dem Variationskoeffizienten entspricht. Die nachfolgende Darstellung und Interpretation der relevanten Vergleichsindikatoren konzentrieren sich auf diejenigen, welche auch von der Kommission :fiir die Auswahl von Fördergebieten vorrangig zugrunde gelegt werden. lo zu (3) Nicht alle Determinanten, die das Entwicklungsgefalle bestimmen, sind auch statistisch nachgewiesen. Zahlreiche Indikatoren bzw. Faktoren drücken ein und denselben übergeordneten Sachverhalt aus und sind oftmals nicht unabhängig voneinander. Trotz der hinlänglich bekannten definitorischen, meßtechnischen und wohlfahrtstheoretischen Unzulänglichkeiten eignen sich das Bruttosozialprodukt (BSP) und/oder das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Ausdruck :fiir die ökonomische Leistungskraft. ll Zur Darstellung der Entwicklungsdisparitäten werden zumeist zwei Indikatoren, das Einkommen als BSP oder BIP in Kaufkraftstandards (KKS) und die Arbeitslosenquote, verwendet. 12

Die Standardabweichung verdeutlicht als statistisches Maß die Disparitäten. Da die Standardabweichung immer positiv ist, ist die Disparität um so größer, je höher der ermittelte Wert ist Zur Gewichtung wird der Umfang der Bevölkerung der jeweiligen Region und/oder des Mitgliedslandes herangezogen. Folgende Formel liegt dem gewichteten Variationskoeffizienten zugrunde:

Jr.(Yr - Yy2 BrI B

Dabei entspricht Y dem durchschnittlichen BIP pro Kopf; Y, dem regionalen Pro-Kopf-BIP, B der EU-BevölkerungundB, der Bevölkerung der Region. Der Kommission (1991), S. 21, sind sowohl bei der Drucklegung als auch Interpretation der Standardabweichung indes einige Fehler unterlaufen. 10 Ein wesentlicher Grund fllr dieses pragmatische Vorgehen liegt in der Schlußfolgerung von Franzmeyer und Seidel, die aufgrund früherer EG-Untersuchungen zu dem Ergebnis kommen, daß eine kardinale Bestimmung der Entwicklungsunterschiede mit Hilfe einer Faktorenanalyse nicht möglich erscheint und deshalb eine willkürliche Bewertung der gewAhlten Indikatoren zu Meßzwecken erforderlich ist Vgl. Franzmeyer/Seidel (1990), S. 194. Siehe auchFranzmeyerlSeidel (1976). 11 Aus pragmatischen Gründen fmdet das BSP im EU-Finanzsystem blutig Verwendung. Im einzelnen siehe dazu 6. Kapitel, Punkt C.!.2.c); 7. Kapitel, Punkt F.lI.; 8. Kapitel, Punkt C.I. und 9. Kapitel, Punkt C.!. sowie 10. Kapitel, Punkt C.1I.2., dieser Arbeit. 12 Vgl. Schlitzl (1993b), S. 19. Die unterschiedlichen Berechnungsmethoden der Pro-KopfEinkommen, insbesondere bei der Zugrundelegung des BSP oder des BIP als Maßstab einer EGWohlstandsskala, erörtert Scheuer (1993), S. 573f; ausfllhrlich. Zur inhaltlichen Bestimmung der Begriffe Kaufkraftstandards und Kaufkraftparitäten siehe GrilskeIRecktenwald (1995), S. 313.

B. Sozioökonomisches Disparitlltenmuster im Überblick

43

B. Sozioökonomisches Disparitlltenmuster im Überblick Das sozioökonomische Bild der Europäischen Union wird von Disparitäten geprägt. Auf der einen Seite stehen in den zentralen Gebieten der Gemeinschaft zumeist prosperierende Regionen mit hoch entwickeltem soziokulturellem Umfeld und hohem Pro-Kopf-Einkommen; auf der anderen Seite finden sich, meist an der Peripherie des Wirtschaftsraumes gelegen - vorzugsweise im südlichen Gemeinschaftsgebiet - wirtschaftsschwache, mit öffentlichen Gütern und Diensten unterdurchschnittlich versorgte Regionen. l3

L Disparitäten zwischen Mitgliedstaaten

Die sukzessiven Erweiterungen der EG von ursprünglich sechs (1952/58) über neun (1973) und zehn (1981) auf zwölf (1986) Mitgliedstaaten fiihrten zu einer deutlichen Zunahme der Einkommensdisparitäten innerhalb des europäischen Integrationsraumes. Die jüngste Erweiterung (1995) wird nach Einschätzung der Kommission zur Folge haben, daß sich die zwischenstaatlichen Disparitäten in einer Union der Fünfzehn statistisch geringfiigig annähern. 14 Betrachtet man die Relation zwischen dem niedrigsten und höchsten BSP pro Kopf der Mitgliedsländer, so betrug die Disparität bei Gründung der Gemeinschaft 1 zu 2, nach der ersten Norderweiterung 1 zu 3 und nach den Süderweiterungen 1 zu 6. 15 Gemessen am BIP je Einwohner und je Erwerbstätigen lassen sich seit ·Gründung der EG vier Phasen unterscheiden: 16 (1) Die frühen sechziger Jahre sind von einer Annäherung der Pro-KopfEinkommen zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen gekennzeichnet.

13

Europäisches Parlarnent(1991b), S. 17.

Vgl. Kommission (1994a), S. 40. Der Grund filr die erwartete Annäherung liegt an der Fonnel des gewichteten VariationskoeffIzienten (siehe 1. Kapitel, Punkt A, Fußnote 9). Die neuen Mitgliedstaaten entsprechen in etwa dem EU-Durchschnitt (siehe Tab. 1) und deshalb trägt ihr Bevölkerungsgewicht zu einer Verringerung der Disparität bei. 15 Vgl. Schätzl (1993b), S. 18. Eine von Pfeil (1993), S. 184f, durchgefilhrte Homogenitätsanalyse kommt unter Anwendung der multidimensionalen Skalierung zu dem Ergebnis, daß "die BeneluxStaaten, Frankreich, Deutschland, das Vereinigte Königreich und Dänemark ... meistens eine homogene Gruppe" bilden, wAhrend die "Diskrepanz zwischen dieser Gruppierung und Griechenland, Portugal und Spanien recht groß" ist. 16 In Anlehnung an Kommission (1991), S. 19f, und Waniek (1992a), S. 33f, die nur zwei Phasen unterscheiden. Diese Phaseneinteilung erscheint aufgrund der Erweiterungen jedoch problematisch. So handeh es sich bei den Vergleichen zwischen den achtziger und den fiilhen siebziger Jahren um jeweils eine andere Gemeinschaft (EUR9, EURI0, EURI2). 14

44

1. Kapitel: Regionale Disparitäten in der EU

Diese Phase der Konvergenz endet Mitte der siebziger Jahre aufgrund der weltwirtschaftlichen Rezession, die durch die Ölkrise hervorgerufen wird. (2) Wegen ungünstiger Rahmenbedingungen, wie sie ihren Ausdruck in geringen Wachstumsraten, hohen Inflations- und Verschuldungsraten finden, kommt es zunächst zu einem Stillstand des Konvergenzprozesses, der schließlich in zunehmende Divergenz mündet. (3) Bis Mitte der achtziger Jahre vergrößern sich die regionalen Disparitäten und kehren auf das Niveau der frühen siebziger Jahre zurück. Vor dem Hintergrund zunehmender wirtschaftlicher Erholung nehmen die Unterschiede im Pro-Kopf-Einkommen kaum noch zu und stabilisieren sich seitdem mit leicht sinkender Tendenz. (4) Die regionalwirtschaftlichen Indikatoren lassen seit Anfang der neunziger Jahre eine "reale wirtschaftliche Konvergenz"17 erkennen. Für die letzten beiden Phasen können auf der Ebene der Mitgliedstaaten unterschiedliche Tendenzen aufgezeigt werden. So lagen die Wachstumsraten von Spanien, Portugal und Irland über dem EG-Durchschnitt, was nach Ansicht der Kommission die eigentliche Voraussetzung fiir wirtschaftliche Konvergenz darstellt. 18 Folglich kam es fiir diese Länder zu einer allmählichen Annäherung an den Gemeinschaftsdurchschnitt. Indes konnte sich die Position Griechenlands nur marginal verbessern und verharrt auf einem weit unterdurchschnittlichen Niveau. Der Tabelle 1 liegt das Bruttoinlandsprodukt zu Marktpreisen je Einwohner in KKS als Referenzmaßstab zugrunde. 19 Die Spitzengruppe der überdurchschnittlich wohlhabenden EU-Länder wird 1992 von Luxemburg (131,52%), gefolgt von Frankreich (113,0%) und Belgien (109,7%) angefuhrt. Weit abgeschlagen, deutlich unter 90 Prozent finden. sich in absteigender Reihenfolge Spanien (77,62%), Irland (77,03%), Portugal (67,44%) und Griechenland (50,28%). Infolge der deutschen Einheit belegt Deutschland nurmehr den ftinften Platz. Das Pro-Kopf-BIP der zum 1.1.1995 beigetretenen EFTALänder bewegt sich in den Jahren 1990 bis 1992 über bzw. um den Durch17 Kommission (1994a), S. 41. Inwieweit dies auf die Vollendung des Binnenmarktes, auf die Kohäsionspolitik und/oder der mit Maastricht in Angriff genommenen Vertiefung zuruckzufilhren ist, muß dahin gestellt bleiben. 18 Vgl. Kommission (1991), S. 19 u. S. 93. 19 BIP = BSP minus (Faktoreinkommen aus dem Ausland minus Faktoreinkommen an das Ausland). Die Verwendung des BIP als Bezugsgröße besitzt filr Luxemburg erhebliche quantitative Relevanz, während filr die übrigen MitgliedsIlInder der Unterschied zwischen BIP und BSP vernachlässigbar gering ist. Aufgrund der relativ hohen vom Ausland gezahlten Faktoreinkommen liegt bei Luxemburg das BSP um etwa 25 Prozent Ober dem BIP. (Vgl. Ott (1987), S. 37).

B. Sozioökonomisches Disparitätenmuster im Überblick

45

schnitt der Europäischen Union. 1992 rutschte Finnland jedoch deutlich unter die 100-Prozent-Marke. Tabelle 1

Bruttosozialprodukt je Einwohner (1990-1992) Rangfolge

BIP pro Kopf in KKS (in Prozent) Land

1990

1991

1992

1990

1991

1992

L

126,56

131,14

131,52

1

1

1

F

111,34

114,87

113,00

3

2

2

B

104,25

107,60

109,70

5

4

3

DK

105,71

110,72

107,66

4

3

4

D

117,38

105,62

107,43

2

6

5

I

102,43

106,06

105,64

6

5

6

NL

101,92

103,51

102,85

7

7

7

UK

100,12

98,16

98,76

8

8

8

E

75,10

79,94

77,62

9

9

9

IRL

70,73

74,25

77,03

10

10

10

P

60,55

65,58

67,44

11

11

11

GR

47,27

48,94

50,28

12

12

12

EUR12

100,00

100,00

100,00

A

106,17

105,51

109,29

5

7

4

S

108,13

102,14

101,31

4

8

8

FL

105,83

97,68

88,71

6

9

9

Länder von EUR12 sind nach der Rangfolge 1992 sortiert. Die Angaben der Länder A, FL, S beziehen sich aufEUR12. Queu.: eigene Zusammenstellung und Berechnlll18"" nach den Zahlenanpben von Eurostat (1994), S. 42.

Anhand der O.g. Tabelle 1 kristallisieren sich für die Zwölfergemeinschaft vier Ländertypen heraus: Typ 1 Die reichsten Länder erreichen ein Pro-Kopf-Einkommen, das mehr als 10% über dem EU-Durchschnitt liegt.

1. Kapitel: Regionale Disparitäten in der EU

46

Typ 2 Sechs Länder haben Einkommensniveaus, die sich in einer Marge von plus/minus 10 Prozentpunkten um den EU-Durchschnitt bewegen. Typ 3 Spanien und Irland weisen stark unterdurchschnittliche Pro-KopfEinkommen auf, liegen aber deutlich über 70 Prozent des Durchschnitts. Typ 4 Griechenland und Portugal bilden die Gruppe der ärmsten EU-Mitgliedsländer. Wie nachfolgende Tabelle 2 zeigt, veränderten sich die Einkommensdisparitäten im Beobachtungszeitraum 1980 bis 1993 zwischen den Mitgliedstaaten nicht grundlegend. Das BIP pro Kopf, ein Indikator der wirtschaftlichen Leistungskraft, hat sich deutlich angenähert. Indes veränderten sich sowohl das BIP je Erwerbstätiger, eine Kennziffer der Produktivität, als auch das BIP zwischen Regionen nur marginal. Die Disparitäten in den nationalen Arbeitslosenquoten verlaufen von 1983 bis 1993 zunächst leicht steigend, ab 1987 wieder fallend und erreichen ab 1990 in etwa wieder den Wert von 1983. Aufgrund der europaweiten Rezession vergrößerten sich die Disparitäten 1993. Erst im Zuge der deutschen Einheit ergibt sich ab 1991 ein Rückgang der Disparitäten im BIP je Einwohner der Union. Dennoch macht das gesamte Disparitätenmuster der gewichteten Standardabweichungen deutlich, daß auf der Ebene der Mitgliedstaaten in der betrachteten Dekade divergente Phasen von konvergenten Perioden abgelöst wurden. Inwieweit eine Angleichung tatsächlich stattgefunden hat, bleibt indes strittig, d.h. oftmals eine Angelegenheit der argumentativen Interpretation. Wie eine von Busch durchgeführte Längsschnittanalyse zeigt, konnte ein Großteil derjenigen Länder, die bereits 1960 ein überdurchschnittliches ProKopf-Einkommen erzielten, auch 1991 ein über dem Durchschnitt liegendes Einkommen je Einwohner erreichen. 2o Das untere Ende der nationalen Wohlstandsskala bilden die Südstaaten der Gemeinschaft (insbesondere Portugal und Griechenland).

20

Vgl. die Dokumentation von Busch (1992), S. l03ff, über das EG-Einkommensgefllle.

B. Sozioökonomisches Disparitätenmuster im Überblick

47

Tabelle 2

Längsschnittanalyse der Disparitäten (1980-1993) Bruttoinlandsproduki

Arbeitslosenquoten

Jahre

je Einwohnera)

je Erwerbstätiger a)

zwischen Regionen b)

1980

18,5

14,4

26,6

1981

19,8

14,6

28,4

1982

18,6

14,1

28,2

zwischen Staaten

zwischen Regionen

-

-

1983

18,7

14,1

28,3

3,3

4,1

1984

19,0

14,4

28,6

3,9

4,8

1985

19,0

14,1

29,0

4,4

5,2

1986

18,9

13,6

28,5

4,3

5,3

1987

18,2

13,1

28,2

4,2

5,5

1988

17,9

13,2

28,2

4,1

5,4

1989

17,5

13,3

27,9

3,6

5,2

1990

17,5

13,5

27,9

3,4

4,9

1991

14,8 c) U)

1992

15,0 C) 0)

1993

14,8 C) U)

-

14,3

30,6 e)

-

3,5

4,9

3,4 C)

5,2 C)

4,3

5,9 C)

C)

a) Disparitäten im Pro-Kopf-BIP zwischen den Mitgliedstaaten (EUR 12) b) Disparitäten im Pro-Kopf-BIP zwischen den Regionen (NUTS-2-Ebene). c) Einschließlich neue Bundesländer (Gesamtdeutschland). d) Nur mit Westdeutschland hätten sich folgende Disparitäten ergeben: 1991: 17,5, 1992: 17,5, 1993: 16,8. e) Ohne neue Bundesländer beträgt die Disparität fil.r 1991: 27,9. Quelle: eigene Zusammenstelltmg nach den Zahlenangaben der Komml..lon (1991), S. 871; (19940), S. 17Sf.

n. Disparitäten zwischen Regionen Wie auf der Ebene der Nationalstaaten haben sich im Beobachtungszeitraum 1980 bis 1993 auch auf der Ebene der Regionen die Einkommensdisparitäten weder substantiell verschärft noch verringert (siehe Tab. 2). Dennoch ist anzumerken, daß die Disparitäten auf der Regionalebene höher ausfallen als diejenigen, welche auf dem Vergleich der Nationalstaaten basieren.

1. Kapitel: Regionale Disparitäten in der EU

48

Die Relation zwischen dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen in den zehn schwächsten und zehn stärksten Regionen betrug 1980 etwa 1 zu 3 und 1988 ca. 1 zu 3,3. 21 Für 1991 erreicht diese Relation etwa 1 zu 3,5. Bezieht man die neuen Bundesländer mit ein, dann resultiert ein Verhältnis von 1 zu 4,5!22 Damit sind die in diesem Vergleich zum Ausdruck kommenden regionalen Disparitäten mindestens doppelt so stark wie in den USA. 23 Sowohl zu Anfang als auch gegen Ende der achtziger Jahre gehörten vor allem Metropolen (z.B. Hamburg, Paris, usw.) sowie süddeutsche Regionen (wie RheinMain, Oberbayem usw.) und Oberitalien zur einkommensstarken Spitzengruppe. Regionen, die sich dagegen in der geographischen Peripherie befinden, zählen zu den einkommenschwachen Gebieten. Zu ihnen gehören beispielsweise alle Regionen Irlands und Portugals, weite Teile Spaniens sowie viele Gebiete Griechenlands und Süditaliens. Dennoch zeigen einige dieser peripheren Regionen überdurchschnittlich hohe Zuwachsraten des BIP pro Kopfvon 1980 bis 1990. Nach der Auswertung von Eurostatuntersuchungen folgert Welfens, daß die Konvergenz der Einkommen im Verlauf der achtziger Jahre unter zwei Gesichtspunkten zu betrachten ist. Zum einen verzeichnen ca. 40% aller Regionen eine Annäherung an den Gemeinschaftsdurchschnitt von unten her; zum anderen ergibt sich die Konvergenz aber auch durch den Abstieg ehemals einkommensstarker Regionen wie die Toskana, Picardie und Nordrhein. Westfalen. 24 Den Untersuchungen von Schätzl zufolge sind die regionalen Disparitäten der Arbeitslosigkeit erheblich größer als die der Einkommensunterschiede. So betrug 1990 die durchschnittliche Arbeitslosenquote in den zehn Regionen mit den gravierendsten Arbeitsmarktproblemen 22 Prozent und in den zehn Regionen mit der geringsten Arbeitslosigkeit nur 2,5 Prozent. Nach Kommissionsangaben erreichte 1993 dieses Disparitätenmuster ein Verhältnis von 25,3 zu 3,6 Prozent. Das bedeutet, daß die Arbeitslosenquote in den zehn am stärksten beeinträchtigten Regionen um das Siebenfache über dem der zehn am

21

Vgl. Kommission (1991), S 87.

Vgl. Kommission (1994a), S. 9, die zu den Berechnungen fIlr 1991 anmerkt, daß "das durchschnittliche Pro-Kopf-BIP im vereinten Deutschland insgesamt um rund 14% niedriger ausfiel als in Westdeutschland, wobei das Pro-Kopf-BIP in den fIlnf neuen Ländern zusammen nur 35% des Gemeinschaftsdurchschnitts ausmachte" (S. 40). Statistisch gesehen bewirkte die Einbeziehung der neuen Bundesländer, daß das durchschnittliche Pro-Kopf-BIP in der Europäischen Union um 3% sank. 23 Vgl. neben Kommission (1991), S. 11, auch Schoneweg (1992a), S. 1, oder Ridinger (1992b), S.33. 24 Vgl. Welfens (1993), S. 169. 22

B. Sozioökonornisches Disparitätenmuster im Überblick

49

wenigsten betroffenen Regionen liegt. Auch hier weisen wieder die peripheren Gebiete der Gemeinschaft die mit Abstand höchsten Arbeitslosenquoten auf. Seit Beginn der achtziger Jahre haben auch einige altindustrielle Regionen, die sich im strukturellen Umbruch befinden, überdurchschnittlich hohe Arbeitsmarktprobleme, wenngleich sie zu den wirtschaftlich hochentwickelten, infrastrukturell gut ausgestatteten und einkommensstarken Regionen zählen. 25

m

Anmerkungen zum Disparitätenmuster

Resümierend kann zunächst festgehalten werden, daß zwischen den EUMitgliedstaaten und ihren Regionen ein offensichtliches Wohlstandsgefälle existiert, das sich im Zeitablauf erhalten hat. Werden der regionalpolitischen Diagnose die Kennziffern der Kommission zugrundegelegt, so ergibt sich ein recht grobes, aber eindeutiges Bild. Besonders in den achtziger Jahren hat sich das regionale Disparitätenmuster nicht grundlegend verändert und das Einkommensgefälle vom Zentrum zur Peripherie und von Nordosten nach Südwesten als stabil erwiesen. In seinem Gutachten fiir das Europäische Parlament kommt das Ifo-Institut fiir Wirtschaftsforschung mit Blick auf die Entwicklung der europäischen Regionen im Binnenmarkt zu dem Ergebnis, daß "das Problem interregionaler Disparitäten aufgrund der relativen Situationsverschlechterung in vielen strukturschwachen, ländlichen und altindustriellen Gebieten zunehmen wird,,26. Nach Ansicht von Koll erscheint "zumindest eine Verlangsamung beim Abbau der interregionalen Disparitäten ... durchaus plausibel't27. Obwohl die Disparitäten nach jüngsten Berechnungen von Wellenhofer8 im Zeitraum von 1986 bis 1992, sowohl in ECU als auch KKS gemessen, tendenziell rückläufig sind, so bleiben doch die einzelnen Abweichungen um den Gemeinschaftsdurchschnitt beachtlich. Auch im internationalen Vergleich, insbesondere mit den Vereinigten Staaten, erscheint die Streuung der Regionaleinkommen in der Gemeinschaft ausgesprochen hoch. Deshalb stellt die Reduktion der regionalen Disparitäten fiir Dehesa und Krugman eines der am vordringlichsten zu lösenden Probleme der Europäische Union dar. 29

2.1 26 27 18

29

vgl. Schlltzl (1993b), S. 2lf; Waniek (1992a), S. 34f; Kommission (1994a), S. 9f. Europäisches Parlament (1991c), S. 7. Koll (1992), S. 7. Vgl. Wellenhofer (1995), S. 242f. Vgl. DehesaIKrugman (1992), S. 49.

4 Walthes

1. Kapitel: Regionale Disparitäten in der EU

50

Das aufgezeigte Bild läßt sich aber auch ohne weiteres noch dramatisieren, indem das zurückliegende Entwicklungsmuster der Ziel-I-Regionen,3o d.h. der EU-Gebiete, die die höchste Förderpriorität genießen und in denen die Finanzmittel aller Fonds konzentriert eingesetzt werden, mit dem Gemeinschaftsdurchschnitt verglichen wird. Dabei zeigt sich, daß eigentlich nur Spanien seine relative Wohlstandsposition in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre verbessern konnte. Der wirtschaftliche Abstand der Ziel-I-Regionen von Griechenland, Portugal und Süditalien hat sich zum Gemeinschaftsdurchschnitt dagegen durchweg vergrößert. 31 Unabhängig von den Zielgebieten der Strukturfonds lassen sich dem PadoaSchioppa-Bericht zufolge die Problemregionen der EU grundsätzlich in zwei Kategorien unterteilen: 32 Zur ersten Gruppe gehören die benachteiligten Regionen. Diese verfUgen über eine unzulängliche Grundausstattung an Infrastruktur und weisen eine niedrige Produktivität auf. Das Pro-Kopf-Einkommen beträgt weniger als 75% des Gemeinschaftsdurchschnitts. Aufgrund der ungünstigen Arbeitssituation leiden diese Gebiete unter Abwanderungsdruck. Demgegenüber läßt sich die Gruppe der Regionen mit schrumpfenden Wirtschaftszweigen, insbesondere sekundärem Sektor, nur schwerlich abgrenzen. Grundsätzlich können zu dieser Gruppe solche Gebiete gezählt werden, deren BIP pro Kopf zwischen 75 und 100% des EU-Durchschnitts liegt, deren Arbeitslosenquote überdurchschnittlich hohe Werte aufweist und deren Fläche ganz oder teilweise im Rahmen nationaler Entwicklungspläne als Fördergebiet ausgewiesen ist. Im Gegensatz zur ersten Regionengruppe kann sich die geographische Verteilung und regionale Betroffenheit solcher Gebiete durch konjunkturelle Schwankungen oder technologischen Wandel relativ rasch verändern.

C. Wirtschafts- und Wachstumszentren Europas In der Literatur besteht ein weitestgehender Konsens darüber, daß insbesondere die wachstumsstarken, hochentwickelten und zentral gelegenen Gebiete von der fortschreitenden Europäischen Integration profitieren werden. 33 Die

30 31

32

Zu den Zielgebieten der Strukturfonds siehe 3. Kapitel, Punkt AIIU. Vgl. Ridinger (1992b), S. 33f. Vgl. Padoa-Schioppa (1988), S. 173f.

Vgl. hierzu Brunet (1989), S. 78f; Alia (1989), S. 74f; Zimmermann (1989), S. 21f, (1990a), S. 16f; Walthes (1990), S. SOf;Nerb u.a. (1992), S. 13f; Schlitzl (1993b), S. 26f. 33

c. Wirtschafts- und Wachstumszentren Europas

51

mit Abstand stärksten Integrationsimpulse werden zwei Verdichtungszonen im Kembereich der EU erhalten und damit deutliche Integrationsgewinne erzielen können. Zum einen handelt es sich um die sogenannte 'blaue Banane', hin und wieder auch mit "hot banana,,34 tituliert, die sich von Südengland über Nordwesteuropa, Ostfrankreich, Südwestdeutschland bis nach Oberitalien erstreckt. Auch die gesamte Schweiz und Teile Österreichs gehören zu dieser ersten Verdichtungszone. Mit den etablierten bzw. aufstrebenden Agglomerationsräumen wie London und Mailand als Eckpunkte und Frankfurt im Zentrum umfaßt dieses wirtschaftliche Kraftfeld die am dichtesten besiedelten und am höchsten entwickelten Regionen Europas. Aber auch altindustrialisierte Gebiete wie der Raum Manchester und Liverpool oder das Ruhrgebiet gehören dazu, wenngleich sich insbesondere letzteres mitten im positiven Strukturwandel befindet. Zum anderen bildet sich entlang einer Ost-West-Schiene vom östlichen Spanien über Südfrankreich bis zur Adria ein 'sunbelt' heraus. Zu dieser jüngeren und noch weniger ausgeprägten Entwicklungszone gehören mittelgut strukturierte Regionen, die aufgrund harter Standortfaktoren wie der Ansiedlung von High-Tech-Betrieben als auch weicher Faktoren wie ein attraktives Kultur- und Freizeitangebot eine hohe Zukunftsorientierung aufweisen. Die absehbare Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsraumes bzw. aufgrund der EU-Erweiterung um Österreich, Schweden und Finnland, sowie nicht zuletzt die deutsche Einheit und die Öffnung osteuropäischer Nachbarstaaten, geben den bislang peripher im Osten gelegenen Regionen der Union ungeahnte Entwicklungschancen. Dennoch wird das Zentrum-Peripherie-Gefälle der EU als zu lösendes Problem bestehen bleiben.

].4 Dehesa/Krugman (1992), S. 7. Eine dezidiert andere Meinung vertritt Schrump[(199S), S. 22f, der das Konzept der 'blauen Banane' venvirft. Er folgt dem Konzept der Wachstumspole und erkennt in Westeuropa keine Wachtumsbänder, sondern lediglich eine Vielzahl von Ballungszentren mit unterschiedlicher Produktivität

4'

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen Wld europäisches Zielsystem

2. Kapitel

Rechtliche Grundlagen und europäisches Zielsystem In konsequenter Weiterentwicklung der mit dem EG-Binnenmarkt erreichten Integration markiert das Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union den vorläufigen Abschluß entsprechender Bestrebungen hin zu einer Politischen Union. Maastricht und die damit verbundene Novellierung der Verträge bildet nicht nur das juristische Fundament der Europäischen Union, sondern liefert auch Klarheit über die Zielvorgaben der europäischen Integration. Die rechtlichen Grundlagen stecken den formalen Rahmen ab, in dem sich eine pragmatisch orientierte Diskussion bewegen muß. Die im Vertragstext genannten Zielbereiche werden in vier Zielpyramiden unterteilt. Jede fiir sich genommen bildet eine Teilebene des ökonomischen Ziel systems der Europäischen Union. Bei ganzheitlicher Betrachtung der redundanten Zielebenen kristallisiert sich fiir die Union das Leitbild einer sozialen Marktwirtschaft heraus, die ganz im Milller-Armackschen Sinne "als eine ordnungspolitische Idee definiert werden [kann], deren Ziel es ist, auf der Basis der Wettbewerbswirtschaft die freie Initiative mit einem gerade durch die marktwirtschaftliche Leistung gesicherten sozialen Fortschritt zu verbinden"l. Insgesamt macht das zweite Kapitel den Anspruch der Europäischen Union anband normativer Zielebenen deutlich, an denen das weitere gemeinschaftliche Handeln zu messen ist.

A. Paraphierung und RatifIZierung der Maastrichter Beschlüsse Am 9.110. Dezember 1991 hat der Europäische Rat - in Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs - im niederländischen Maastricht den Vertrag über die Europäische Union (EU-Vertrag) und damit die Novellierung der Verträge zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG-Vertrag) beschlossen. Nach juristischer Ausformulierung der Gipfel-Beschlüsse unterzeichneten am 7. Februar 1992 die Außen- und Finanzminister der EG-Mitgliedstaaten ebenfalls in Maastricht das Vertragswerk, das nebe~ 17 Protokollen auch 33 Erklärungen umfaßt. 2 1 MaUer-Armack (1956), s. 390. 2 Der paraphierte EU-Vertrag ist als Mantelvertrag angelegt und dient als Klammer bzw. Blilkkenfunktion zu den anderen vertraglichen Grundlagen (EGKS-, EWG-, EAG-Vertrag. EEA). So enthAlt der EU-Vertrag auch Textanpassungen des Montan-Vertrages (EGKS-Vertrag) und des Euratom-Vertrages (EAG-Vertrag), die sich aus den Veränderungen des EWG-Vertrages ergeben haben. 1m

A. Paraphierung und RatifIZierung der Maastrichter Beschlüsse

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Den Vorstellungen der Staats- und Regierungschefs zufolge hätte der EUVertrag zeitgleich mit der Vollendung des EG-Binnenmarktes am 1.1.1993 in Kraft treten sollen. Doch dauerte das Verfahren zur Ratifizierung erheblich länger als allgemein erwartet.

1 Maastricht - ein europäischer Kompromiß

Im Vorfeld des Maastrichter Gipfeltreffens wurde im Zusammenhang mit der geplanten Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) auch über Ausmaß und Umsetzung einer verstärkten Förderung rückständiger Regionen beraten. Neben einer Aufstockung der Finanzmittel rur die Strukturfonds war auch die Einfiihrung neuer, zum Abbau regionaler Disparitäten geeigneter Instrumente Gegenstand der Erörterungen. Im einzelnen ging es um die Einfiihrung eines Finanzausgleichssystems in der Union, die stärkere Berücksichtigung des relativen Wohlstandes der Mitgliedstaaten bei der Berechnung der Finanzierungslasten auf der Einnahmenseite sowie um die Schaffung weiterer Fonds. 3 Spanien wollte die WWU-Pläne nur mittragen, wenn folgende Bedingungen im Vertragswerk eine adäquate Umsetzung finden würden: 4 - Flexiblere Handhabung der Finanzinstrumente zugunsten strukturschwacher Regionen, d.h. Abkehr vom Prinzip der Additionalittit5, das die EGZuschüsse an nationale Beihilfen koppelt.

- Progressive Ausgestaltung des EG-Einnahmensystems unter Berücksichtigung des relativen Wohlstandes der Mitgliedsländer anhand von Sozialproduktsgrößen (BIP oder BSP). Zuge der Novellierung der Gr1lndungsvertrlge zur Europäischen(Wirtschafts)Gemeinschaft wurde die EWG in EG umbenannt (Art. G EU-Vertrag). Folglich handeh es sich bei dem novellierten Text nunmehr um den EG-Vertrag vom 25.3.1957 in der Fassung des Europäischen Unionsvertrages vom 7.2.1992. Der Vertrag über die Europäische Union gliedert sich in sieben Titel: (Titel I) Gemeinsame Bestimmungen, (Titel lI-IV) Bestimmungen zur Änderung der Gr1lndungsvertrlge der Europäischen Gemeinschaften, (Titel V) Bestimmungen über die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, (Titel VI) Bestimmungen über die Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, (Titel VII) Schlußbestimmungen. Unter den Protokollen fmden sich unter anderem jene zum Übergang zur dritten Stufe der Wirtschafts- und Wlhrungsunion, über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und über die Sozialpolitik. Die Erklärungen befassen sich beispielsweise mit dem Europäischen Entwicklungsfonds, dem Rechnungshof oder dem Wirtschafts- und Sozialausschuß. 3 Vgl. Ridinger (1992a), S. 133, (1992b), S. 13. 4 Vgl. Schäfers (1993), S. 43. 5 Durch dieses Prinzip sollen Mitnahmeetrekte auf seiten der Empfllnger ausgeschlossen werden. Das Prinzip hat zwei Ausprägungen: (1) EU-Mittel werden bei nationaler Kofmanzierung gewAhrt oder (2) bei Gewlhrung dürfen die nationalen Mittel im gefbrderten Bereich zumindest nicht sinken.

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2. Kapitel: Rechtliche Gnmdlagen und europäisches Ziel system

- Förderung von Investitionen in Sach- und Hurnankapital über einen zwischenstaatlichen Kompensationsjonds in den Mitgliedstaaten, deren Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf weniger als 90% des EU-Durchschnitts erreicht. Darüber hinaus kursierten noch weitere Vorschläge,6 wie die - Verdoppelung der Strukturjonds zugunsten peripherer EU-Gebiete. - Schaffung eines Umweltfonds, der den ärmeren Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der als Last empfundenen EG-Umweltschutzbestimmungen hilft und somit die künftige EU-Umweltpolitik auf hohem Niveau ermöglicht. - Errichtung eines Konvergenzjonds, der zur Finanzierung von Maßnahmen dient, die die schwächeren Mitgliedsländer in die Lage versetzen, die Konvergenzkriterien gern. Art. 109 j EG-Vertrag zu erfüllen. Damit sollten absehbare Hinderungsgründe für einen WWU-Beitritt mancher EU-Staaten bereits im Vorfeld beseitigt werden. Die mit diesen Forderungen verbundene finanzielle Dimension drohte das Gipfeltreffen scheitern zu lassen. 7 Zwischen finanz- und strukturschwachen Mitgliedstaaten einerseits und überdurchschnittlich wohlhabenden Ländern andererseits tat sich eine tiefe Kluft auf. Indem die Klärung von Finanzfragen zunächst ausgeklammert wurde und in einem neuen Fonds - nach Art. 130 d EG-Vertrag "Kohäsionsfonds" genannt - praktisch alles "verwurstet"8 wurde, was an noch unerledigten Ideen und Wünschen im Raume stand, konnte in Maastricht eine einstimmige Entscheidung zugunsten des Vertrages über die Europäische Union getroffen werden. 9 Kompromisse, die auf höchster politischer Ebene und unter Zeitdruck geschlossen werden, lassen sich durch einen gemeinsamen Umstand charakterisieren, nämlich den absoluten Willen, eine einvernehmliche Lösung herbeizufiihren. Dabei scheint der Preis einer solchen Konsensfindung oftmals eine untergeordnete Rolle zu spielen. Insofern stellt das Maastrichter Vertragswerk wieder ein Meisterstück europäischer Kompromißkunst dar. 10

vgl. V"gele (1992), s. 93f. 7 So komrnenKrdgenaulWetter (1993), S. 80, zu dem Ergebnis, daß ohne Ertbllung der Forderungen nach stArkeren Finanztransfers an die Irmeren LInder "die angestrebten Vertrapderungen hinsichtlich der Wirtschafts- und Wlhrungsunion sowie der Politischen Union geflhrdet" waren. 8 V"gele (1992), S. 93. 9 Zur BegrOndung des geplanten Mittelumfanges siehe Kommission (1992a), (1992b). Ausfllhrlicher zum Finanzrahmen der EU siehe S. Kapitel, Punkt D.I. 10 Vgl. BlnderlWalthes (1994), S. 262t; (199S), S. 306f. 6

A. Paraphierung und Ratiftzierung der Maastrichter Beschlüsse

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n RatifIZierung der Verträge von Maastricht Nach dem negativen dänischen Referendum vom 2. Juni 1992,11 der knappen Mehrheit in der französischen Volksabstimmung12 vom 20. September 1992 und der abwartenden britischen Haltung mehrten sich insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland Stimmen, die das Maastrichter Vertragswerk ablehnten. 13 In der Öffentlichkeit wurden die mögliche Aufgabe der deutschen Staatlichkeit, die mangelhafte demokratische Legitimierung der EGGesetzgebung und die vereinbarte Schaffung einer Währungsunion kontrovers diskutiert. 14 Bei genauer Analyse der einzelnen Meinungs- und Stimmungsbilder kommt man zu dem Schluß, daß die Maastrichter Vereinbarungen nicht nur kontrovers, sondern auch widersprüchlich erörtert wurden. So gingen die Beschlüsse für einige nicht weit genug, für andere hingegen griffen sie zu kurz und für manche schließlich beschritten sie einen ganz falschen Weg. Nachdem der Bundestag und der Bundesrat im Dezember 1992 dem EUVertrag zugestimmt hatten, konnte die RatifIkationsurkunde aufgrund eines beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Verfahrens nicht wie vereinbart vor Jahresende in Rom hinterlegt werden. 15 Am 12. Oktober 1993 11 Trotz Zustimmung des dinischen Parlamentes kam es in der Volksabstimmung zur Ablehnung der Maastrichter Vertrlge. In einem zweiten Referendum stimmten die Dlnen im Mai 1993 mit klarer Mehrheit zu, nachdem ihnen auf der Tagung des Europlischen Rates in Edinburgh im Dezember 1992 ein "Europa ala carte" zugestanden worden war. AusfIlhrlicher zum Sonderstatus Dlnemarks siehe G. Schuster (1993), S. 177f. 12 NachM"schel (1994), S. 124, hat in Frankreich nur eine "Zufallsmehrheit" positiv votiert. Das Abstimmungsergebnis hltte ebensogut umgekehrt ausfallen können, da sich mit 51,05 Prozent der gOltigen Stimmen nur eine sehr knappe Mehrheit fIlr die RatifIZierung der Maastrichter Beschlilsse aussprach. Hierzu merkt Bohley (1993), S. 34, kritisch an, daß in 9 der 22 franzözischen Regionen die Ja-Stimmen und in 13 Regionen die Nein-Stimmen das Übergewicht hatten. Bezieht man die Ja-Voten auf die Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen - mehr als 900.000 der abgegebenen 26,7 Millionen Stimmen waren ungOltig - so betrlgt die Zustimmung sogar nur 49,3 Prozent 13 Fllr die wirtschaftswissenschaftliehe Kontroverse sei hier exemplarisch das Manifest der 60 Pr0fessoren zu den Beschlilssen von Maastricht genannt (vgl. dazu das Interview mit Ohr (1992), S. 524f). 1m Gegenzug dazu sprachen sich die Chefvolkswirte der Commerzbank, Dresdner Bank und Deutschen Bank in einer gemeinsamen Stellungnahme generell fIlr Maastricht und insbesondere fIlr die WWU aus. Die deutsche Diskussion nach Maastricht wird im Anhang der Analyse von KrlJgenauIWetter (1993), S. 399ff, umfangreich dokumentiert. Eine Sammlung (sehr) kritischer Beitrlge zu den Maastrichter Beschlüssen fmdet sich bei M Brunner (1994). Für Tiebneyer (1994), S. 36, ist es jedoch erstaunlich, daß die öffentliche Diskussion über die WWU oder die Politische Union erst nach Maastricht richtig in Gang kam, obwohl beide Themenkomplexe schon seit Jahren auf dem Programm der Gemeinschaft standen. 14 Die formal-juristische Position der Maastricht-Kritiker wird durch Schachtschneider (1993a), S. 40ff, (1993b), S. 3ff, reprlsentiert. Eine prlgnante Positions-Bestimmung der Befllrworter gibt Beise (1993), S. 48. Sein Fazit lautet schlicht: "Viel Aufregung um wenig. Maastricht ist politisch zwingend erforderlich, wirtschaftlich vertretbar und verfassungsrechtlich zulissig". 15 Das BVerfG hatte über drei Verfassungsbeschwerden gegen das Gesetz zur Ratifizierung des EU-Vertrages zu entscheiden. Da die umfangreichen Schriftsltze hier nicht ausfIlhrlich zur Sprache

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen und europäisches Zielsystem

verkündete das BVerfG sein Urteil, indem es die Verfassungsbeschwerden zurückwies. Damit sind die Maastrichter Beschlüsse grundsätzlich mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar. 16 Nachdem auch die deutsche und damit die letzte der zwölf Ratiflkationsurkunden in Rom hinterlegt werden konnte, trat der Vertrag über die Europäische Union am 1. November 1993 in Kraft.

m

Konsequenzen der Karlsruher Urteilsbegrindung

Mit ihrer Urteilsbegründung haben die Karlsruher Verfassungsrichter sowohl "europäisches Wunschdenken" als auch "nationale Angstträume"17 relativiert. Nach Ansicht von Reissenberger nahm das BVerfG den EU-Vertrag (vielleicht) ernster als die zwölf Verfasser selbst. Nur so war es dem BVerfG möglich, potentielle Schwächen dieser Staatencharta bereits im Vorfeld der europäischen Realisation aufzuzeigen. Die ausführliche Urteilsbegründung erweckt den Eindruck, als sei die Verfassungskonformität des Maastrichter Vertragswerks nur durch eine restriktive Interpretation zu gewährleisten. Das bedeutet aber nichts anderes, als daß die interpretierende Urteilsbegründung nicht nur für die Bundesrepublik Deutschland Bestandteil des europäischen Vertragswerkes geworden ist, sondern damit auch für die gesamte weitere europäische Integration eine in ihrer Bedeutung noch nicht abzuschätzende Restriktion darstellt. 18 Nachfolgend werden jene Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts genannt, die für den weiteren Verlauf der Untersuchung von Bedeutung sind: 19 (l) Die EG ist eine supranational organisierte, zwischenstaatliche Gemeinschaft. Der EU-Vertrag begründet einen Staatenverbund der europäischen Staatsvölker und keinen Bundesstaat mit europäischem Staatsvolk.

(2) Die Schaffung der WWU erfolgt ohne Automatismus und nicht im Selbstlauf. Die Konvergenzkriterien sind - im Gegensatz zum Zeitplan bindend.

kommen können, seien stellvertretend filr Wortlaut und Argumentationslinie der Beschwerden die Ausfilhrungen von Schachtschneider (1992), dem Prozeßbevollmtchtigten vonM Brunner, genannt 16 Zur richterlichen Begründung siehe BVerfG (1993a), S. 3ff. 17 Reissenberger (1993), S. 34. 18 Umfassende Würdigung des Urteils in Schachtschneider (1994b), S. Iff. 19 Vgl. hierzu die Leitsätze zum Urteil des Zweiten Senats des BverfG (1993b).

B. Zielfonnulierungen der Europäischen Union

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(3) Das Subsidiaritätsprinzip bedarf der konkreten Ausgestaltung anband transparenter (ökonomischer) Kriterien, damit es auch operationalisierbar und justitiabel wird. (4) Jeder Mitgliedstaat ist einer der Herren der Verträge. Auch wenn der EUVertrag auf unbegrenzte Zeit geschlossen wurde, besteht doch jederzeit die Möglichkeit des Austritts. (5) Die demokratische Legitimation der EU erfolgt nicht durch das Europäische Parlament, sondern durch die Rückkoppelung des HandeIns europäischer Organe mit den Parlamenten der Mitgliedstaaten. (6) Dem Deutschen Bundestag müssen trotz fortschreitender europäischer Integration Aufgaben und Befugnisse von substantiellem Gewicht verbleiben. (7) Das BVerfG prüft, ob Rechtsakte der EU sich in den Grenzen der ihr eingeräumten Hoheitsrechte halten oder sie überschreiten. Diese Festlegungen bilden entscheidende Eckpunkte im Datenkranz der EUKonzeption. Nur innerhalb dieser Bandbreiten wird sich die künftige Ausgestaltung der Union bewegen können. Alles darüber hinausgehende würde eine Vertragsänderung bzw. einen neuen Vertrag erfordern. Beides müßte aber wiederum, dem Prinzip der Einstimmigkeit folgend, von allen EU-Mitgliedstaaten getragen werden.

B. Zielformulierungen der Europäischen Union Die Ziele und Aufgaben der gegründeten Union sind primär im EU-Vertrag und im EG-Vertrag ausformuliert. Weitere Ergänzungen - zumeist nur wörtliche bzw. sinngemäße Wiederholungen - finden sich in den Protokollen und Erklärungen der Maastrichter Beschlüsse. Die Maastrichter Beschlüsse stellen die umfassendste Reform der Römischen Verträge nach der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) und die bisher weitreichendste Vision der künftigen europäischen Integration dar. Das Einigungswerk von Maastricht beinhaltet im Grunde drei Komponenten, vielfach auch als ungleichgewichtige Säulen bezeichnet: 2o

20 Unter vielen Hrbek (1993), S. 17f.

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen Wld europäisches Zielsystem

1. Säule: die Europäische Gemeinschaft,21 2. Säule: die neuen Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und 3. Säule: die vereinbarte Zusammenarbeit im Bereich der Innen- und Rechtspolitik Jede dieser drei Säulen verkörpert einen wesentlichen Teilbereich der Europäischen Union. Die Europäische Gemeinschaft, deren Kompetenzen erheblich erweitert wurden, bildet den vorerst tragfähigsten Pfeiler der Union. Sie verfügt als einzige der Säulen über eine zwischenstaatliche Organisation, die Rechtspersönlichkeit besitzt und mit Rechts- und Geschäftsfähigkeit auch in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen ausgestattet ist. 22 Zu ihr gehören beispielsweise die Bereiche Binnenmarkt, Agrar- und Strukturpolitik sowie Wirtschafts- und Währungsunion. Die anderen beiden Säulen umreißen die künftige politische Dimension der Union, die von einer gemeinsamen Verteidigungsgemeinschaft bis hin zur gemeinschaftlichen Asylpolitik reicht. Insofern haben die beiden letztgenannten Säulen eher intergouvernementalen Charakter, wenngleich sie mit dem EG-System sehr eng verbunden sind. Aus dieser Drei-Säulen-Betrachtung wird deutlich, daß in Maastricht mit der EU nicht nur ein ökonomisches, sondern auch ein politisches Programm mit visionärer Kraft über die Jahrtausendwende hinaus konzipiert worden ist. Aufgrund der wirtschaftswissenschaftlichen Ausrichtung der Untersuchung konzentrieren sich die weiteren Ausfiihrungen auf die Zielbereiche der ersten Säule. Folglich steht somit das ökonomische Zielsystem der Union im Mittelpunkt der Betrachtung. 23 Mit Hilfe von vier Zielpyramiden, die jeweils einen mitunter redundanten Teilbereich der gesamten europäischen Zielebene bilden, können die vertraglichen Vorgaben didaktisch anschaulich aufgezeigt werden.

21 Nachdem die drei Gemeinschaften (EGKS, EWG, EAG) seit dem Fusionsvertrag von 1965 aber gemeinsame Organe verfltgen, werden sie im allgemeinen Sprachgebrauch hlutig als Einheit behandelt, obwohl es sich fonnal um drei Europlische Gemeinschaften handelt. Die einseitige Umbenennung der EWG in EG im Zuge des Unionsvertrages wird zwar der herausragenden Bedeutung der EWG gerecht, trAgt aber nicht der fortgeschrittenen politischen und institutionellen Verschmelzung aller drei Gemeinschaften Rechnung. insofern wlrc die Subsumtion aller drei Gemeinschaften unter die AbkOrzung EG zutreffender gewesen. Vg1. dazu auch MonarlNeuwahVNoack (1993), S. 96 und Schachtschneider (1994a), S. 126. 22 Siehe Art. 210, 211 EG-Vertrag i.V.m. Art. A EU-vertrag. Vgl. auch Weidenfeld (1995), S. 18. 23 Auch bleiben die Zielprojektionen von EGKS und EAG unberacksichtigt. Im Vordergrund der Analyse steht die E(W)G.

B. Zielfonnulienmgen der Europäischen Union

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1 Ziele der Präambeln

Sowohl die Präambel des Vertrages zur Gründung der Europäischen (Wirtschafts-) Gemeinschaft, die durch die vertragliche Revision im Rahmen des EU-Vertrages nicht geändert wurde, als auch der Vorspann des Unionsvertrages nennen Ziele und Motive, die bei Gründung der Gemeinschaft bzw. der Union maßgeblich waren. So werden in beiden Präambeln die wesentlichen Entschlüsse, Absichten, Wünsche, Bekräftigungen und Willenserklärungen der Vertragsparteien genannt. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine schlagwortartige Vorwegnahme späterer Vertragsteile. Ganz nüchtern und grundlegend betrachtet dient die europäische Integration der Wahrung und Förderung von Frieden, Freiheit und Sicherheit. Dies beinhaltet die Steigerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt aller beteiligten Nationen. Als wesentliches Ziel der EG wird in der E(W)G-Präambel "die stetige Besserung der Lebens- und Beschäftigungsbedingungen" genannt. Dies erfordert neben einer "beständige[n] Wirtschaftsausweitung", einem "ausgewogenen Handelsverkehr" und einem "redlichen Wettbewerb" auch einen regionalen Ausgleich. Insbesondere letzteres drückt sich in dem Bestreben der Gemeinschaft aus, "ihre Volkswirtschaften zu einigen und deren harmonische Entwicklung zu fördern, indem sie den Abstand zwischen einzelnen Gebieten und den Rückstand weniger begünstigter Gebiete verringert"24. Es wird deutlich, daß die Zielvorgaben der Präambeln eher zu den Fernzielen der europäischen Integration gezählt werden müssen und eine Operationalisierung notwendig erscheint, um den Charakter von Leerformeln zu vermeiden. Folglich ist zwischen diesen eher abstrakten Zielen und denen zu ihrer Erreichung erforderlichen Zwischenzielen zu unterscheiden.

Harmonische Entwicldung

Einigung Verringerung der regionaler Volkswir1schalten Abstande

Abb. 2: Erste Zielpyramide: Gesellschaftliche Wohlfahrt QueUe: Eilen- Dantellung

24

Prlambel des E(W)G-Vertrages.

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2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen und europäisches Zielsystem

n. Zielvorgaben des Unionsvertrages Nach Art. A EU-Vertrag gründen die "Vertragsparteien untereinander eine Europäische Union"25, die aber erst sukzessive, durch konsequente Umsetzung des Vertragswerkes, vollendet wird. So gehört es zu den Aufgaben der Union, zum einen die "Entscheidungen möglichst bürgernah"26 zu treffen und zum anderen "die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen ihren Völkern kohärent und solidarisch zu gestalten"27.

Beziehungen zwischen Mitgliedstaaten undVOlkem

föderal

kohärent

solidarisch

Abb. 3: Zweite Zielpyramide: Solidarität und Föderalismus ~e:

Eigene Darslellwlg

25 Mit dieser fast schon lapidaren Feststellung haben die Vertragsparteien eine Zielvorgabc aufgegriffen, die bereits 1972 auf der Gipfelkonferenz von Paris formuliert und 1986 in der Prlambel der EEA explizit genannt wurde (vgl. Wesseis (1992), S. 4). Schon am 8. November 1993 beschlossen die EG-Außenminister, den Ministerrat fortan 'Rat der Europäischen Union' zu nennen. Damit haben sie zunächst filr erhebliche Verwirrung gesorgt, weil die EG als institutioneller Rahmen filr die supranationale Zusanunenarbeit nicht nur formal weiterbestcht und im Gegensatz zur EU auch Rechtspersönlichkcit besitzt (vgl. FAZ (1993a) S. 6, (1993c), S. 7). Im Sprachgebrauch hat bereits das Kürzel 'EU' die altvertraute 'EG' fast vollstlndig ersetzt. Dies wird in der vorliegenden Analyse wie folgt berücksichtigt: Für Tatbestlnde, die die Zeit vor Maastricht betreffen, fmden dje seinerzeit gültigen Begrifflichkeiten Verwendung (z.B. EWG, EG). Für künftige Entwicklungsschritte gelten die neuen Bezeichnungen. 26 Die Wortwahl''bürgemah'' entspricht einem Komprorniß und ersetzt den in den Vertragsentwürfen verwandten Begriff'fiiderale Ausrichtung' (vgl. Wesseis (1992), S. 4). Vor allem das Vereinigte Königreich, aber auch Frankreich, wehrten sich mit Erfolg gegen das 'f-word' (federalism) im Vertragstext von Maastricht Zu den Hintergründen dieser semantischen Argumentation vgl. LDbbe (1995), S. lUt: Aus Sicht dieser heiden Mitgliedstaaten gehören Föderalismus und Bundesstaat zusanunen. Sie streben aber eine Art von Konflklcration imDe GaulIeschen Sinne (Europa der Vaterländer) an. Dazu mehr bei Bohley (1993), S. 35. Nur Deutschland bemüht sich um einen europlischen Bundesstaat nach klassischem Muster, wenngleich Philipp (1992), S. 433, einschrlnkend feststelh: "Was die Bundesregierung in der Europapolitik will, sagt sie stets nur undeutlich. Das Bild des erstrebten Endzustandes ist noch nie vorgestelh worden, lediglich einzelne wichtige Elemente treten hervor: Anfang 1993 ... der gemeinsame Binnenmarkt ... , ... spätestens 1999 .. , soll die deutsche Mark verschwinden und einer Europawlhrung namens Ecu Platz machen. Immer wieder ist von einer europäischen "politischen Union" die Rede, die ganz offensichtlich als ein neuer Bundesstaat gedacht ist". 27 Art A EU-Vertrag. Das Wort "kohärent" wird im Vertragstext nirgendwo erkllrt Es hedeudet nach dem Duden soviel wie 'zusanunenhängend'. Im EU-Sprachverstlndnis ist es sowohl als Synonym zu dem Begriff "solidarisch" als auch im Sinne von 'aufeinander abgestimmt' zu gebrauchen.

B. Zielformulienmgen der Europäischen Union

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Aus Gründen der Übersichtlichkeit und in Abgrenzung zu den anderen Pyramiden werden diese Zielvorgaben mit den Worten "Solidarität" und "Föderalismus" überschrieben. Die Begriffe stehen fiir einen graduellen Ausgleich im politischen, ökonomischen und kulturellen Bereich zwischen den dezentralen Bestrebungen der Mitgliedstaaten und dem zentralistischen Streben der Union. Nach Art. B EU-Vertrag setzt sich die Union unter anderem folgendes Ziel. Es soll der wirtschaftliche und soziale Fortschritt dauerhaft und ausgewogen, gefördert werden. Dies wird erreicht, indem der Binnenmarkt vollendet, der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt gestärkt und die Wirtschafts- und Währungsunion errichtet werden. Dieser Zielbereich kann mit den Schlüsselwörtern "Kohäsion" und "Konvergenz" überschrieben werden. 28

dauerhafter wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt Wirtschaftsund Binnenmarkt

Währungsunion

wirtschaftlicher und sozialer ZusammenhaH

Abb. 4: Dritte Zielpyramide: Kohäsion und Konvergenz QueUe: Eisene Darste1lw1g

llL Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche des EG-Vertrages

Der EG-Vertrag konkretisiert die im EU-Vertrag genannten Forderungen. Insofern enthält der EG-Vertragstext die maßgeblich zu operationalisierende Zielformulierung. Wie schon in den Präambeln werden auch in Art. 2 EG-

28 In Art. B EU-Vertrag werden im einzelnen filnf Zielbereiche aufgelistet, die unter Beachtung des SubsidiaritAlsprinzips zu verwirldichen sind: (I) Wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt durch (a) Vollendung des Binnenmarktes, (b) Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltes und (c) Errichtung einer Wirtschafts- und Wlhrungsunion, (2) gemeinschaftliche Gestaltung der Außenund Sicherheilspolitik, wozu langfristig auch die Schaffung einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft gehört, (3) Einfilhrung einer UnionsbOrgerschaft, (4) Intensivierung der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, (5) Wahrung des bisher erreichten gemeinschaftlichen Besitzstandes (Integrationsstufen) und seine konsequente Weiterentwicklung.

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2. Kapitel: Rechtliche Gnmdlagen und europäisches Zielsystem

Vertrag sich teilweise überschneidende Zielbereiche fonnuliert, die aber allesamt auf eine stärkere ökonomische Wohlfahrt abzielen. Als Eckpunkte eines magischen Polygons lassen sich folgende Zielvorgaben festhalten: 29 (1) Hannonie und Ausgewogenheit des Wirtschaftslebens

(2) Nichtinflationäres und urnweltverträgliches Wirtschaftswachstum (3) Hohes Beschäftigungsniveau (4) Konvergenz der Wirtschaftsleistungen (5) Soziale Protektion (6) Hebung der Lebenshaltung und Lebensqualität (7) Solidarität (8) Wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt Weil keiner der genannten Eckpunkte vor vornherein Priorität genießt, führt die Realisierung dieser Vorgaben zwangsläufig zu Zielkonflikten. Der Zielbereich 'außenwirtschaftliches Gleichgewicht' fehlt gänzlich, obwohl gerade dieser Aspekt in den Zielkatalogen der Wirtschaftspolitik häufig explizit genannt wird. 30

Subsidiaritätsprinzip Tätigkeitskatalog

wwu

Abb. 5: Vierte Zielpyramide: EU-Politiken mit Instrumentalcharakter QueUe: Eigene DlJ'SteUung

29 Ahnliche Auflistungen fmden sich in dem kritischen Beitrag des Kronberger Kreises (1992), S. 1 Sf, über die europäische Integration nach Maastricht. 30 Zu möglichen Zielbeziehungen (Konflikt, Neutralität, Harmonie) und der abstrakten Analytik der Zielbeziehungen sowie des wirtschafts- und fmanzpolitischen Zielkataloges siehe Recktenwald (l983a), S. 741f, (1980), S. 11f, oder Streit (1991), S. 240f.

c. Ökonomische Essenz der Zielvorgaben

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Die Vollendung des Binnenmarktes, die Schaffung einer WWU sowie die gemeinschaftliche Durchführung von Politiken und Maßnahmen stellen nach Art. 2 Satz 1 EG-Vertrag jeweils entscheidende Zwischenziele oder zweckgerichtete Instrumente auf dem Weg zur Europäischen Union dar. Somit stehen Nah-, Zwischen- und Fernziele in einern Zweck-Mittel-Verhältnis zueinander. Art. 3 EG-Vertrag konkretisiert zwanzig verschiedene Aufgabenfelder, die wie ein 'Sammelsurium' unterschiedlich differenzierter Handlungsanweisungen wirken. Die einzelnen Ziffern dieses Artikels betreffen entweder die Vollendung des Binnenmarktes oder einzelne Politikbereiche und gemeinschaftliche Maßnahmen. Da es praktisch keinen Lebens- und Wirtschaftsbereich gibt, der in irgendeiner Form nicht angesprochen wird, belegt Art. 3 faktisch eine 'Allzuständigkeit' der Gemeinschaft. 31 Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß die Tätigkeiten der Gemeinschaft in der WWU separat in Art. 3a geregelt werden und das Subsidiaritätsprinzip in Art. 3b als Kompetenzabgrenzung gemeinschaftlichen Handeins zu gelten hat. Denn für sich genommen leistet das Subsidiaritätsprinzip bisher keine Hilfe, wenn es darum geht, eine politisch und ökonomisch korrekte Abgrenzung von Kompetenzen sowohl für die europäische und nationale als auch regionale Ebene zu finden. 32

c. Ökonomische Essenz der Zielvorgaben Das wirtschaftspolitische Zielspektrurn der künftigen EU geht weit über das hinaus, was beispielsweise nach den einschlägigen Ausfiihrungen des deutschen Grundgesetzes und Stabilitätsgesetzes expressis verbis angestrebt werden soll. Das Hauptproblem aller vier Zielfelder sowie der dazugehörenden Vertragstexte besteht darin, daß sich aufgrund der Redundanzen kaum eindeutige und klar zu trennende Zielhierarchien bilden lassen. Bei den Zielfeldern handelt es sich faktisch um eine Summe politischer Verlautbarungen, die das Ergebnis zahlreicher Kompromisse darstellen und insofern kaum systematisierbar sind. Auch wird die Suche nach der ökonomischen Essenz der sich permanent wiederholenden Zielvorgaben durch ein Wirrwarr von ähnlich

31 Vgl. LauferlArens (1995), S. 193. Ähnlich argumentiert Wesseis (1992), S. 3, daß sich die Organe und Gremien der Union "mit fast allen traditionellen Staatsaufgaben ... beschlftigen kÖMen. Dieser Union wird von den Mitgliedstaaten eine Breite in der Wahrnehmung öffentlicher Politik zugestanden, die weitgehend derjenigen der Mitgliedstaaten gleicht". 32 Da das bisher nicht justitiable Subsidiaritltsprinzip auf Interpretationshilfe aus der Föderalismustheorie angewiesen ist, erfolgt im 5. Kapitel, Punkt AIV., neben einer Vertiefung auch eine themenspezifische K1arstellung.

64

2. Kapitel: Rechtliche Gnmdlagen \Uld europäisches Zielsystem

lautenden und/oder synoyrn gebrauchten Wörtern erschwert. Nicht umsonst ist für AI/ais, Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften, der Maastrichter Vertrag ein schlecht durchdachter, "von Technokraten verfaßter, nicht eindeutig formulierter, ja teilweise Widersprüche aufweisender und sehr schwer zu lesender Text"33.

I Einordnung der Zielformulierungen

Trotz der angesprochenen Schwierigkeiten, die mit der ökonomischen Interpretation des europäischen Vertragswerkes verbunden sind,34 soll zunächst der Versuch unternommen werden, eine Ziel-Mittel-Funktion zu entwickeln (siehe Abb. 6). Faßt man die zahlreichen und oftmals nur mit anderen Worten ausformulierten Zielvorgaben selektiv zusammen, so kristallisiert sich eine Zielfunktion heraus, die im EU-Sprachgebrauch mit bestimmten Schlüsselbegriffen, teilweise sogar originären Wortschöpfungen, belegt ist.

Ziel

Zwischenziel

Instrumentalcharakter

zunehmender Abstraktionsgrad abnehmende Operationalisierung

Abb. 6: Ziel-Mittel-FlUlktion der Zielpyramiden Quelle: Eigene DarstellWlg

Eine Interpretation der zentralen Begriffe aus den Zielpyramiden kann nur dann einen themenspezifischen Erklärungsbeitrag leisten, wenn das wirt-

33 Allais (1992), S. 9. 34 Wegen der vertraglichen Redundanzen und des dynamischen Integrationsprozesses bleibt die vorgenommene Ausrichtung entlang der Ziel-Mittel-Achse im einzelnen diskussionsbedürftig. Ein weitergehendes, kritisches Hinterfragen der Zielvorgaben fmdet aber aufgrund der zu analysierenden Themenstellung nicht statt, wenngleich eine derartige Untersuchung durchaus reizvoll erscheint.

c. Ökonomische Essenz der Zielvorgaben

65

schafts- und ordnungspolitische Leitbild der Europäischen Union bekannt ist. Dazu bedarf es einer Wirtschaftsordnung,35 deren Ausgestaltung durch die Verwirklichung der aufgezeigten Teil- und Zwischenziele erfolgt.

n. Leitbild "soziale Marktwirtschaft" als ordnungspolitische Zielfunktion der Europäischen Union

Im Vergleich zur ordnungspolitischen Stoßrichtung des BinnenmarktProjektes, das als angebotsseitiges Mittel zur Überwindung der beklagten Eurosklerose und der Zeit des Europessimismus konzipiert war, erkennt Berthold in den Verträgen von Maastricht einen ParadigmenwechseI.36 Sowohl die neuen industriepolitischen und geplanten sozialpolitischen Aktivitäten als auch die Erweiterung der etablierten Fonds (EFRE, ESF, EAGFL) um den Kohäsionsfonds machen deutlich, daß der marktwirtschaftliche StrukturwandeI nicht nur gefördert,31 sondern in zunehmendem Maße sozial verträglich flankiert werden soll. Der Delors-Bericht zur WWU sieht als charakteristische Gemeinsamkeit der nationalen EG-Wirtschaftsordnungen, "daß sie einen großen Freiraum fiir marktorientiertes Verhalten und privatwirtschaftliche Initiative auf der einen Seite mit Interventionen der öffentlichen Hand bei der Bereitstellung bestimmter sozialer Dienstleistungen und öffentlicher Güter auf der anderen Seite miteinander kombinieren"38. Aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung der EU liegt der Schluß nahe, daß die europäische Integration zusehends von dem Leitbild einer sozialen Marktwirtschaft geprägt wird. 39 So ist jegliche Tätigkeit

35 Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begriffe Wirtschaftssystem, Wirtschaftsvetfassung und Wirtschaftsordnung nicht selten vennengt. Als Wirtschaftssystem wird die theoretische, idealtypische Betrachtung einer Volkswirtschaft bezeichnet. Die Wirtschaftsvetfassung umfaßt die juristische Konkretisierung; Wirtschaftsordnung ist demgegenOber die tatsAchlich realisierte Ausprägung eines Wirtschaftssystems aufgrund seiner Wirtschaftsvetfassung. 36 Vgl. Berthold (1993), S. 30. 31 Der Strukturwandel kann natorlich nur geßrdert werden, wenn die etfolgten Maßnahmen und eingesetzten Mittel nicht erhaltend, sondern tatsAchlich anpassend wirken. 38 Delors-Bericht (1989), Z. 25. Die ordnungspolitischen Positionen der nationalen Wirtschaftsordnungen der (zwölf) EU-Staaten werden bei Feldmeier (1992), S. 4f, Obersichtlich nebeneinander dargestellt. 39 Inwieweit die 'soziale Marktwirtschaft' als europäische Wirtschaftsordnung und Integrationsprinzip dienen kann, diskutieren Schilller (1991), S. Uf, Feldmeier (1992), S. 7f, (1993), S. 363f, und Derix (1994), S. 233f. Eine prägnante Zwischenbilanz der Entwicklung zum europlischen Sozialstaat zieht Paque (1992), S. 627f. Bereits ErhardIMaUer-Armack (1972), S. 348f, erörtern, ob die soziale Marktwirtschaft als Modell filr den gemeinsamen europlischen Markt dienen kann und folgern 5 Walthes

66

2. Kapitel: Rechtliche Grundlagen und europäisches Zielsystem

der Gemeinschaft "dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiern Wettbewerb"4O verpflichtet, doch manifestieren die Titel VIII 'Sozialpolitik', Titel X 'Gesundheitswesen', Titel XI 'Verbraucherschutz' und Titel XIV 'Wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt' sowie die dazugehörenden Protokolle des EU-Vertrages die soziale Komponente der Union. Anzumerken ist jedoch, daß sich im derzeitigen Vertragstext kein ausdrückliches Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft findet. Vielmehr enthält er neben marktlichen auch interventionistische sowie soziale Vorgaben. 41 Bei genauer Betrachtung wirken manche Artikel auch widersprüchlich. Zu kritisieren ist ferner, daß die Weiterentwicklung der europäischen Sozialpolitik faktisch nur von zehn bzw. elf Mitgliedstaaten getragen wird. Das Vereinigte Königreich wird in einern gesonderten Abkommen, das dem EU-Vertrag als Protokoll beigefügt ist, ausdrücklich von dieser sozialen Komponente befreit. Auch für Dänemark wurden mit Blick auf das zweite Referendum im Zuge der Nachverhandlungen zahlreiche Sonder- und Ausnahmeregelungen vorgesehen. 42 Nach dem neuen Art. 117 EG-Vertrag ist es erklärtes Ziel der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten, "auf eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen ... hinzuwirken und dadurch auf dem Wege des Fortschritts ihre Angleichung zu ermöglichen". Somit erteilt Maastricht einen klaren Auftrag, der in Anwendung der Grundaussage von Erhard und MUllerArmack wie folgt formuliert werden kann: Das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft kann als eine ordnungspolitische Idee des europäischen Wirtschaftsund Sozialraumes definiert werden, deren Ziel es ist, "das Prinzip der Freiheit auf dem Markt mit dem des sozialen Ausgleichs"43 zu verbinden. Ganz eindeutig und unmißverständlich drückt sich das Europäische Parlament aus. Am 10. Februar 1994 nahm das EP einen Entschließungsantrag des institutionellen Ausschusses über die Verfassung der Europäischen Union an (sog. Herman-Bericht). Demnach erfolgt die Ausgestaltung des Rechts-, Wirtschafts-

stringent, daß der gemeinsame Markt nur "durch die Anwendung der Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft gestaltet werden kann" (S. 349). 40 Art. 3a, Art. 102 a EG-Vertrag 41 Bezogen auf den Vertrag von Rom berichten hierzu Erhard und Milller-Armack (1972), S. 349, daß wAhrend der Verhandlungen zum EWG-Vertrag das ausdrückliche Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft "noch viel zu sehr als eine deutsche Spezialität gesehen worden" ist und es die deutschen Unterhändler "aus GrlInden des internationalen Taktes vermieden, den Gemeinsamen Markt ausdrücklich als eine Variante der Sozialen Marktwirtschaft zu charakterisieren". 42 Für Wesseis (1992), S. 7, ist diese Verfahrensweise "rechtlich einmalig und löst erhebliches Unbehagen bezüglich der notwendigen Einheitlichkeit des Rechtsraumes der Gemeinschaft aus". 43 ErhardlMüller-Armack (1972), S. 43.

c. Ökonomische Essenz der Zielvorgaben

67

und Lebensraurnes der Union nach dem "Grundsatz der sozialen Marktwirtschaft"44. Nachdem als ordnungspolitisches Leitbild die soziale Marktwirtschaft herausgearbeitet worden ist, werden vor diesem Hintergrund im nächsten Kapitel die Ausdrucke Kohäsion und Konvergenz definiert und der Begriff Solidarität in die theoretische Begründung fiir kohäsionspolitische Maßnahmen eingebracht. Eine inhaltliche Bestimmung dieser aus den Vertragstexten abgeleiteten Begriffiichkeiten weist auf finanzausgleichsrelevante Tatbestände hin. Diese werden im zweiten Teil der Arbeit vertiefend analysiert.

44 Art. 2 des Entwurfs einer Verfassung der Europäischen Union. Vgl. Europäisches Parlament (1994), S. 6. 5*

68

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz lUld Finanzausgleich

3. Kapitel

Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich Im folgenden ist zunächst zu klären, was sich konkret hinter der europäischen Zielsetzung der Kohäsion verbirgt. Nach einer begrifflichen Präzisierung wird das kohäsionspolitische Instrumentarium erörtert. Dabei wird deutlich, daß sich formaler Anspruch und disparate Wirklichkeit nur schwer in Einklang bringen lassen. Auch die Konvergenzkriterien belegen eindrucksvoll den offenen Widerspruch zwischen den vertraglich fixierten Zielvorgaben und dem regional- sowie währungspolitischen Disparitätenmuster. Der mit Maastricht vorgezeigte Weg der weiteren Integration, der über Vertiefung und Erweiterung fiihrt, l wird diesen Konflikt kaum entschärfen können. Ein resümierender Rückblick auf die vorangegangenen Ausführungen führt unweigerlich zu einem kritischen Urteil über die bisherigen Ausgleichsmechanismen. Im Zusammenhang mit der europäischen Ausgleichsproblematik gebrauchen zahlreiche Autoren das Schlüsselwort Finanzausgleich. Darin glauben sie einen gangbaren Lösungsweg zu erkennen, ohne diesen jedoch zu konkretisieren und auf das europäische Untersuchungsobjekt hin anzuwenden. Deshalb erscheint eine Versachlichung der Diskussion und eine systematische Erörterung der Finanzausgleichsproblematik für den Fortgang der Untersuchung dringend geboten.

A. Europäische Kohäsion Der inhaltlichen Bestimmung der Kohäsion, die für den damaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments, Klepsch, ein 11 grundlegendes Element des Vertrags von Maastricht" 2 darstellt, folgt das Postulat des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts. Anschließend wird die Konzeption der strukturpolitischen Maßnahmen aufgezeigt und kritisch gewürdigt.

1 2

Ausfilhrlicher zu den Aspekten Vertiefung und Erweiterung siehe 11. Kapitel. Klepsch (1993), S. 12.

A. Europäische Kohäsion

69

L Zur Bedeutung des Terminus "Kohäsion"

Das Wort "Kohäsion" avancierte in den letzten Jahren zu einer häufig benutzten "Euro-Vokabel"3. Mit diesem "Brüsseler Schlagwort"4 wird seit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) jener Teil des E(W)G-Vertrages bezeichnet, der in der deutschen Übersetzung des Vertragstextes mit "Wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt"5 überschrieben ist. Im einzelnen konkretisieren die Art. 130 a-e EG-Vertrag bereits die in der EWGPräambel und die in Art. 2 EG-Vertrag formulierten Zielvorgaben zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der Union. So wird die EU auf die Förderung "einer harmonischen Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes" verpflichtet und zum wiederholten Male aufgefordert, "die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete"6 zu verringern. Die relativ große Bedeutung, die die 'Herren der Verträge' der Kohäsion beimessen, dokumentiert sich auf der einen Seite in einem gesonderten Protokoll zum Maastrichter Vertragswerk, auf der anderen Seite in der Namensgebung für den Kohäsionsfonds. 7 Spätestens seit der "creation de ce fonds de cobesion rapprocherait la Communaute des systemes federaux dans lesquels des mecanismes de transfers sont organises au niveau central, comme le "Finanzausgleich" allemand"8. Diese von Prate vertretene Auffassung wird auch von V6gele geteilt. So drückt der Begriff "Kohäsion" auf der Ebene der Europäischen Union dasselbe aus wie das Wort "Finanzausgleich" innerhalb Deutschlands. 9 Dehesa und Krugman definieren Kohäsion als "Eurospeak for narrowing of interregional differences

3

Heinemann (1993), S. 11. Reichenbach (1991), S. 8. 5 Siehe Titel XIV des EG-Vertrages. Nach Art. 23 der EEA wurde 1987 dem EWG-Vertrag der Titel "Wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt" hinzugefilgt. Im Englischen spricht man von 'cohesion' und im Französischen von 'cohesion'. 6 Art. 130a EG-Vertrag. 7 Vgl. Heinemann (1993), S. 11. 8 Prate (1992/93), S. 817. 9 In diesem Zusammenhang meint Vögele (1992), daß es "eine beliebte Methode der Eurokraten (ist), hinter wohlklingenden Wortschöpfungen unangenehme Wahrheiten zu verbergen" (S. 89) und zitiert GrafLambsdorf[. der in der großen Europadebatte des deutschen Bundestages nach Maastricht erklärte: "Kohäsion ist eine vornehme Umschreibung dafilr, in die Tasche anderer Leute zu greifen" (S. 89). Diese Anmerkung gilt nicht nur filr den Begriff der Kohäsion sondern z.B. auch filr den der 'Solidarität'. Zur theoretischen Einordnung dieser "beliebten Methode der Eurokraten", ist auf den politökonomischen Erklärungsbeitrag im 8. Kapitel zu verweisen. 4

70

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz Wld Finanzausgleich

in living standards"JO. Somit verbirgt sich nach Westerhoff hinter Kohäsion die regionale "Angleichung der Lebensverhältnisse in der Gemeinschaft"IJ. Eine ebenso eindeutige, jedoch etwas überzogene Zielformulierung wählt Waniek, wonach es darum geht, "gleichwertige Lebensbedingungen in der gesamten Gemeinschaft herzustellen"12. Zunächst kann es aber nur - im Gegensatz zum grundgesetzlichen Gebot der "Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse"13 um die Schaffung von gleichwertigeren Lebensverhältnissen gehen. 14 Bereits diese kurze Gegenüberstellung einiger Interpreten der Kohäsion macht deutlich, daß in der Literatur ein enger Bezug zum Finanzausgleich gesehen wird, wenngleich eine detaillierte Begründung dieser Verbindung bisher fehlt. So ist es durchaus richtig, in der Kohäsion einen ersten Entwicklungsschritt in Richtung europäisches Finanzausgleichssystem zu sehen. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird sich zeigen,15 daß sich die Kohäsion gut in die Konzeption des Finanzausgleichs einfiigen läßt, wobei das kohäsionspolitische Instrumentarium im Rahmen eines Zuweisungssystems zum Einsatz kommt.

n. Postulat der Kohäsion nach Maastricht Aufgrund der Maastrichter Beschlüsse dominiert das Postulat des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts nunmehr über alle gemeinschaftlichen Politikbereiche. Mit der Kohäsionspolitik betreibt die EU eine Strategie, die vor allem auf die Schließung wirtschaftlicher, sozialer und technologischer Lücken zwischen den EU-Staaten zielt. Mit Förderung des sozialen und ökonomischen Zusammenhalts sollen zum einen die bestehenden Disparitätenmuster zwischen den EU-Mitgliedsländem abgebaut und zum anderen die befürchteten künftigen Ungleichgewichte infolge weiterer Integrationsschritte - wie EG-Binnenmarkt, EU-Erweiterung sowie Wirtschafts- und Währungsunion - vermieden werden. Somit lassen sich unter die Kohäsionspolitik prak-

10 DehesaIKrugman (1992), S. 1. 11 Westerhoff(1993), S. 59, oder wortgleichFranzmeyer (1994b), S. 206. 12 Waniek (1992b), S. 19. \3 Art. 72 Abs. 2 Nr. 3, Art. 106 Abs. 3 Nr. 2 GO 14 Zu dem Aspekt der Gleichwertigkeit von Lebensverhlltnissen siehe 7. Kapitel, Punkt 0.1.3. 15 Ein Verweis auf die spllteren Ausfllhrungen soll an dieser Stelle genügen. Zur Systematik. des Finanzausgleichs und der kohllsionspolitischen Einordnung siehe 4. Kapitel, Punkt C, sowie die entsprechenden Beztlge im 5. Kapitel, Punkt 0.1.2, und im 7. Kapitel, Punkt F.

A. Europäische Kohäsion

71

tisch alle Maßnahmen und Politikbereiche, die dem Kohäsionsziel direkt oder indirekt dienen, subsumieren. 16 Als wesentliche Erweiterungen des Kohäsionstitels sind vor allem drei Gesichtspunkte des Maastrichter Vertrages festzuhalten: (1) Gemeinsame Politiken sowie Aktionen der Gemeinschaft werden auf das

Kohäsionsziel hin ausgerichtet, um sicherzustellen, daß sie nicht im Widerspruch dazu stehen. Auch nationalstaatliche Regionalpolitik soll mit der gemeinschaftlichen Kohäsionspolitik kohärent sein.

(2) Die Gemeinschaft ist zu "spezifischen Aktionen außerhalb der Fonds und unbeschadet der im Rahmen der anderen Politiken beschlossenen Maßnahmen"17 berechtigt. (3) Neben den Strukturfonds wird ein Kohäsionsfonds institutionalisiert. Bei den zusätzlichen Ausfiihrungen des Protokolls über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt verdienen drei Aspekte besondere Beachtung, weil sie den ganzheitlichen Anspruch der Kohäsionspolitik verdeutlichen: 18 (1) Sowohl der Kapitalbedarf der Europäischen Investitionsbank Ern als auch der Umfang der Strukturfonds werden in Anbetracht der Gemeinschaftsaufgaben bezüglich der Kohäsion aufeinander abgestimmt und überprüft. 19

(2) Bei der Zuweisung von Finanzrnitteln aus den Strukturfonds herrscht nunmehr ein größeres Maß an Flexibilität. Es können ''besondere Bedürfnisse"20 finanziell berücksichtigt werden, die bisher nicht gefi)rdert wurden. (3) Der relative Wohlstand der Mitgliedstaaten findet sowohl bei der Gemeinschaftsbeteiligung (prinzip der Additionalität bzw. Kofinanzierung) als auch bei "der Beitragskapazität der einzelnen Mitgliedstaaten im Rahmen des Systems der Eigenrnittel" eine stärkere Berücksichtigung. In diesem Zusammenhang fordert das Protokoll Alternativen, "wie für die weniger

16 Vgl. SchlJfers (1993), S. 16. Siehe hierzu die Zeittafel zur Kohlsionspolitik (S. 203f), die 19S1 mit dem EGKS-Vertrag beginnt und über alle Integrationsstufen hinweg bis zum Kohlsionsfonds nach Maastricht reichl 17 Art. l30b Abs. 3 EG-Vertrag. 18 IS. Protokoll über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der Beschlüsse von Maastrichl 19 Für Franzmeyer (l993b), S. 97, konnte dies von vorneherein nur eine weitere Mittelaufstokkung bedeuten. Siehe dazu auch die Ausfilhrungen im S. Kapitel, in den Punkten D.I.l. und D.l2. 20 Was konkret darunter zu verstehen ist, bleibt im Vertragstext offen.

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

72

wohlhabenden Mitgliedstaaten regressive Elemente im derzeitigen System der Eigenmittel korrigiert werden können"21.

m. Strukturpolitische Maßnahmen Die strukturpolitischen Maßnahmen der Europäischen Union bilden den Kern und zugleich den Schwerpunkt beim Ausbau der gemeinschaftlichen Kohäsionspolitik. Deshalb werden die drei EU-Strukturfonds und der Kohäsionsfonds nach kurzer Vorstellung einer kritischen Würdigung unterzogen. Im Mittelpunkt stehen dabei ihre Ausgestaltung nach funktionalen Zielen sowie ihre geographische Zuordnung.

1. Strukturfonds Zu den EU-Strukturfonds zählen (1) der Europäische Fonds rur Regionale Entwicklung (EFRE), (2) der Europäische Sozialfonds (ESF) und (3) der Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds rur die Landwirtschaft - Abteilung Ausrichtung (EAGFL). Diese drei Fonds haben grundsätzlich folgende Förderaufgaben: 22 zu (1) Die Aufgabe des EFRE besteht in der Korrektur von regionalen Ungleichgewichten. In diesem Zusammenhang werden gewerbliche Investitionen mit Arbeitsplatzeffekten und Investitionen in die Infrastrukturen sowie die Erschließung des endogenen Entwicklungspotentials von Regionen gefördert. zu (2) Der ESF fördert neben berufsbildenden Maßnahmen und Existenzgründungen auch die Beschäftigungsmöglichkeiten von Arbeitskräften. zu (3) Die Abteilung Ausrichtung des EAGFL sorgt rur eine Umstrukturierung landwirtschaftlicher Gebiete und fördert auch Flächenstillegungen sowie umweltschützende Maßnahmen. Mit der Reform von 1988 wurden die bis dahin voneinander unabhängigen regional-, struktur- und sozialpolitischen Ziele dieser drei etablierten Fonds zusammengefaßt und auf ein gemeinsames Zielbündel hin ausgerichtet. 23 21

Dazu später mehr. Siehe 6. Kapitel, Punkt C.I., und 10. Kapitel, Punkt C. Vgl. Deutsches Institut filr Wirtschaftsforschung (1993), S. ISf. 23 Vgl. Kommission (1989), S. l3f. Einen guten Überblick vermitteln die Beiträge von Schoneweg (1991), S. 787f, (1993), S. 162f. 22

A. Europäische Kohäsion

73

Seitdem stellt die EU-Strukturpolitik den umfassendsten Ansatz zum Abbau sozioökonomischer Disparitäten in der Europäischen Union dar. Die reformierte Strukturpolitik war zunächst auf fiinf Jahre (1989-1993) angelegt und wurde im Nachgang zu Maastricht unter geringfiigig modifizierten Rahmenbedingungen für den Zeitraum von 1994 bis 1999 verlängert. In bewährter Weise basiert die EU-Strukturpolitik auf mehreren Grundsätzen,24 wobei der wohl wichtigste nach wie vor die Konzentration der verfügbaren Mittel auf die vorab definierten Zielbereiche darstellt. Die neuen Regelungen sehen sechs Ziele vor: 25 Ziel 1: Förderung der Entwicklung und der strukturellen Anpassung von Regionen mit erheblichem Entwicklungsrückstand. Unterstützungswürdig sind dabei Regionen, deren BIP pro Einwohner weniger als 75% des gemeinschaftlichen Durchschnitts erreicht. Ziel 2: Förderung von Regionen mit stark rückläufiger industrieller Entwicklung, insbesondere Umstrukturierung altindustrieller Ballungsräume. Förderkriterien sind hier eine überdurchschnittliche Arbeitslosenquote und rückläufige Beschäftigungszahlen in der Industrie. Ziel3: Bekämpfung der Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit sowie Förderung "der vom Ausschluß aus dem Arbeitsmarkt bedrohten Personen"26. Hierunter sind Arbeitsplatzsuchende unter 25 Jahren sowie Arbeitnehmer, die älter als 25 Jahre und mindestens 12 Monate arbeitslos gemeldet sind, zu subsumieren. Ziel 4: Betriebliche Umstrukturierungshilfen (Aus- u. Weiterbildung, Beschäftigungsbeihilfen usw), die als präventive Maßnahmen zur Erleichterung des wirtschaftlichen Wandels gewährt. Ziel 5: Förderung des landwirtschaftlichen Raumes, der Agrarwirtschaft und der Fischerei. Spaltung des Zielbereiches 5 in die Teilziele 5a und 5b: Ziel 5a: Beschleunigte Anpassung der Agrarstrukturen (Erzeugungs-, Verarbeitungs- und Verwaltungsstrukturen) im Hinblick auf die Reformen der GAP. Neben Land- und Forstwirtschaft werden erstmals in die Förderkulisse auch Hilfen zur Mo-

24 Diese Grundsätze werden jedoch in der Literatur ganz unterschiedlich abgegrenzt und begrifflich abweichend belegt. Die Kommission (1994a), S. 125, spricht von vier Grundsätzen: (1) Konzentration, (2) Programmplanung, (3) Partnerschaft und (4) Zusltzlichkeit. 25 Vgl. Waniek (1994), S. 44f. 26 Kommission (1994c), S. 2.

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3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

demisierung und Umstrukturierng der Fischerei aufgenommen. Ziel 5b: Förderungswürdig sind Agrarregionen mit einem niedrigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungsstand. Diese müssen mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllen: hoher Anteil der landwirtschaftlichen Erwerbspersonen, niedriges Einkommensniveau sowie geringe Bevölkerungsdichte oder Abwanderungstendenzen. Ziel 6: Um auch die Beitrittsländer Finnland und Schweden unterstützen zu können, werden künftig Regionen als förderungswürdig eingestuft, die weniger als acht Einwohner pro Quadratkilometer aufweisen. 27

Die Rahmenverordnung der Strukturfonds hat neben einer beträchtlichen Aufstockung der Strukturfondsmittel und einer Ausdehnung der Förderkulisse vor allem zu einer weiteren Konzentration der nur begrenzt zur Verfiigung stehenden Finanzmittel auf die am stärksten betroffenen Gebiete gefuhrt. Der relative Anteil der auf die Ziel-I-Regionen entfallenden Strukturmittel stieg nach der Reform von 1988 bis 1993 von 62% auf 65% und wird sich von 1994 bis 1999 auf 73% erhöhen. 28 Darüber hinaus wird der Anteil der Gemeinschaftsbevölkerung, die in den regionalpolitischen Zielgebieten 1, 2 und 5b leben, von 43% auf 52% ansteigen. 29 Mit Ausnahme von Griechenland, Irland und Portugal, die vollständig zu den Ziel-I-Regionen gehören, hat die regionale Förderkulisse (Fläche, Bevölkerung) in allen Mitgliedstaaten zugenommen. Als einzige EU-Länder weisen Dänemark und Luxemburg bei den Ziel-IRegionen keine Fördergebiete aus, wohl aber bei den anderen Zielvorgaben. In den Ziel-I-Regionen der Union leben nunmehr 92 Millionen Europäer, d.h. über ein Viertel der EU-Gemeinschaftsbevölkerung (26,6%). Im Zuge der Beitrittsverhandlungen mit den EFTA-Staaten wurde festgehalten, daß in Österreich 3% der Bevölkerung unter das Ziel-I-Kriterium fallen; im Norden der Union leben 16,7% der Finnen sowie 5,3% der Schweden in förderfähigen Ziel-6-Regionen. 3o

27 Das Ziel 6 ist seiner Art nach mit Ziel 1 vergleichbar und wird erst 1999 mit der geplanten Revision der Strulcturfondsverordnungen ilberprilft. Zwischenzeitlich richtet sich die FOrderung nach einem Protokoll in den Beitrittsvet1rlgen. 28 Prozentangaben beziehen die Mittel aus dem KohAsionsfonds mit ein. 29 Ohne Ziel-6-Regionen der BeitrittslInder österreich, Schweden und Finnland. 30 Vgl. Kommission (1994a), S. 12.5ff.

A. Europäische Kohäsion

75

2. Kohäsionsfonds

Mit dem Kohäsionsfonds hat die Europäische Union ein weiteres strukturpolitisches Instrument geschaffen, um den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in der Gemeinschaft zu ffirdem.31 Nach der Zielsetzung von Art. 130 d EG-Vertrag stellt der Kohäsionsfonds finanzielle Mittel für Vorhaben in den Bereichen Umwelt und transeuropäische Netze auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur bereit. Unter der Bezeichnung transeuropäische Netze subsumiert die EU den zügigen Auf- und Ausbau europaweiter Verkehrs-, Tele': kommunikations- sowie Energieversorgungsstrukturen. Bei den Verkehrsinfrastrukturen von gemeinschaftlichem Interesse handelt es sich um Maßnahmen zur Verbesserung des Verbundes und der Interoperabilität einzelstaatlicher Netze oder zur Schaffung von Zugängen zu diesen Verkehrsnetzen. Bei den umweltpolitischen Vorhaben orientiert sich die Union an den Zielformulierungen der Art 130 rund s EG-Vertrag. So strebt die EU-Umweltpolitik unter anderem nach dem Schutz und der Verbesserung des Mediums Umwelt sowie einer effizienten Nutzung natürlicher Ressourcen. Als förderungsWÜfdig gelten diejenigen Mitgliedstaaten, die über ein in Kaufkraftstandards (KKS) gemessenes Pro-Kopf-BSP von weniger als 90% des Gemeinschaftsdurchschnitts verfügen. Dabei handelt es sich um die Länder Griechenland, Spanien, Irland und Portugal. Darüber hinaus müssen die ausgewählten Empfangerstaaten im Hinblick auf die WWU ein vom Rat geprüftes Konvergenzprogramm zur Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite vorweisen. Auch die Finanzmittel des Kohäsionsfonds werden wie die der Strukturfonds vorab in Margen auf die vier Länder verteilt (indikative Mittelaufteilung). Die Quotierung erfolgt anband konkreter Kriterien wie Bevölkerung, Pro-Kopf-BSP und Grundfläche sowie weiterer sozioökonomischer Faktoren (z.B. mangelhafte Verkehrsinfrastruktur). Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ermittelte die Kommission folgende indikative Mittelaufteilung in Prozent des zur Verfügung stehenden Gesamtbetrages: Spanien 5258%, Griechenland 16-20%, Portugal 16-20% und Irland 7-10%.32 Anders als bisher wird im Rahmen des Kohäsionsfonds nicht mehr auf die regionale,

31 Vgl. ABI. (1993a), Nr. L 79n4 und ABI. (1993b), Nr. C 107106. Die nachfolgenden Ausfllhrungen zum KohAsionsfonds beziehen sich aufBinderlWalthes (1994), S. 261[, (1995), S. 306f. 32 Ganz objektiv lassen sich diese Prozentangaben jedoch nicht nachvollziehen. Vielmehr stellen sie das Ergebnis eines politökonomischen Entscheidungsprozesses zwischen den EU-Mitgliedstaaten dar (vgl. dazu das 8. Kapitel, zweiter Teil). Zur Kritik an der indikativen Mittelaufteilung siehe auch DiekmannIBreier (1993), S. 263f.

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3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

sondern auf die nationale Bedürftigkeit abgestellt. So werden nur Mitgliedstaaten und keine NUTS-Regionen aus dem Fonds bedient. 33 3. Kritische Anmerkungen zur Fondswirtschaft

Einige grundsätzliche Bedenken, die mit der konzeptionellen Ausgestaltung der Fonds zusammenhängen, dürfen nicht unerwähnt bleiben. Selbst wenn man die ausgleichsorientierte EU-Strukturpolitik als eine politische Zielvorgabe mit Verfassungsrang ansieht, die auch mittelfristig beibehalten wird, stellt sich doch die Frage nach einer ökonomisch sinnvolleren Ausgestaltung dieser Kohäsionspolitik. Bei der Beurteilung der Fondswirtschaft kann zwischen (1) prozeßpolitischer Effizienz, (2) kohäsionspolitischer Effektivität, (3) politökonomischem Automatismus und (4) ordnungspolitischen Erwägungen differenziert werden: zu (1) Prozeßpolitische Effizienz

Aufgrund der zahlreichen Subziele innerhalb der sechs Zielbündel droht aus Sicht des Instituts der deutschen Wirtschaft zum einen eine "Verzettelung in Einzelaktionen und eine weniger starke Konzentration auf die Förderung gewerblicher Investitionen"; zum anderen ruhren die Integration mehrerer Fonds und deren Kohärenz mit nationalen Struktur- und Entwicklungsprogrammen zu "Überschneidungen der Verantwortlichkeiten und zu großen Problemen bei Realisierung und Kontrolle"34. Betrachtet man nur die Kohäsionsländer, so erstreckt sich die gemeinschaftliche Finanzierung der Umwelt und der transeuropäischen Netze nunmehr auf einen weiteren Fonds. 35 Bei den Redundanzen, die sowohl Zielvorgaben als auch Förder- und Finanzinstrumente betreffen, und bei der in praxi schwach ausgeprägten Koordination

33 Aufgrund dieser Regelung haben die neuen BundeslAnder nur Anspruch auf Ziel-I-Förderung. Eine ErgAnzungsRlrderung durch den KohAsionsfonds ist nicht möglich, weil sich das Förderkriterium des Strukturfonds nach der regionalen und das des KohAsionsfonds nach der nationalen Ebene richtet. 34 Institut der deutschen Wirtschaft (1994b), S. 2. 35 Die vier Annsten Mitgliedstaaten erhiehen 1988 42% und 1992 50% jener Förderrnittel, die in die Ziel-I-Regionen flossen. Addiert man den KohAsionsfonds hinzu, so erhöht sich dieser relative Anteil bis 1999 auf54%. FOr diese vier Linder werden sich die EU-Strukturausgaben im Vergleich zu 1992 bis 1999 real verdoppeln. Vgl. Kommission (1994a), S. 128.

A. Europäische Kohäsion

77

zwischen den Fonds muß es zwangsläufig zur ineffizienten Mittelverwendung kommen. 36 Auch sprengt der Kohäsionsfonds die bisherige Systematik des ganzen Kohäsionstitels, denn die Definition von Art. l30a EG-Vertrag wird verlassen. Wurde bei der Kohäsion bisher auf den Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen abgestellt, so ist bei dem neuen Kohäsionsfonds das BSP pro Kopf der Mitgliedstaaten maßgebend. Wenig plausibel erscheint auch, daß sich das obligatorische Konvergenzprogramm nur auf die Staatsfinanzen und nicht auf alle Konvergenzkriterien der Währungsunion bezieht. zu (2) Kohasionspolitische Effektivitat

Die vorhandenen regionalen Disparitäten sind eine der Ursachen für innergemeinschaftliche Dauerkonflikte. 37 Die Reform der Strukturfonds von 1988 diente neben der Formulierung konkreter Zielvorgaben, der Festlegung von Kriterien und Verfahren der Mittelvergabe sowie der finanziellen Ausstattung der Kohäsionsinstrumente vor allem der Gewährleistung eines effizienten und effektiven Einsatzes der veranschlagten Ressourcen. Eine im Auftrag des Europaischen Parlaments durchgeführte Studie, inwieweit räumlich zurechenbare Ausgaben auch tatsächlich ausgleichenden Charakter haben, kommt zu einem widersprüchlichen Ergebnis. 38 Ordnet man die Wohnbevölkerung der EU-Regionen nach ihrem steigenden Pro-Kopf-BIP, so läßt sich eine Lorenzkurve ermitteln, die rechts von der Egalitätsgeraden verläuft und das Ausmaß der regionalen Disparität veranschaulicht. Ausgleichenden Charakter haben EU-Ausgaben immer dann, wenn sich die Lorenzkurve nach links hin zur 45 0 -Linie bewegt. Dies kann zwar für eine Vielzahl von EU-Politiken, insbesondere den Regionalfonds, gezeigt werden, doch weisen Subventionen für F&E, Darlehensvergabe der EGKS sowie Zahlungen des EAGFL polarisierende Effekte auf. 39 Im Rahmen einer Beurteilung des makroökonomischen Erfolges der EG-Strukturpolitik kommt Busch zu einem resignierenden Urteil. So läßt sich "ein eindeutiger Zusammenhang zwischen 36 Vgl. Ridinger (1992c), S. 653f, der sich auf einen Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes bezieht Siehe auchMartens (1994), S. I, der fllr die EVP-Fraktion im EP feststellt, daß "auch bei den Regionalbeihilfen ... der Rechnungshof in keinem Mitgliedsland in der Lage gewesen [sei], alle Ausgaben verwaItungsmäßig nachzuvollziehen". 37 Vgl. Ridinger (1992a), S. 134. Siehe hierzu die Ausftlhrungen im 1. Kapitel. 38 Vgl. Koll (1992), S. 8f. Siehe auch Europäisches Parlament (1991b). 39 Wie eigene Berechnungen im Anhang belegen (Tab. A10, All), pervertieren die Agrarausgaben das kohäsionspolitische Anliegen, während die Struktunnaßnahmen der Kohäsion dienen.

78

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

gemeinschaftlicher Strukturpolitik und Pro-Kopf-Einkommensentwicklung im Sinne des Kohäsionsziels ... nicht nachweisen"4O.

zu (3) Politökonomischer Automatismus Die Parallelität von fortschreitender Integration und zunehmenden kohäsionspolitischen Finanzmitteln ist nicht nur auf die konsequente Umsetzung der einschlägigen Formulierungen in den Vertragstexten zurückzuführen. Die Kohäsionspolitik ist vielmehr ein Resultat eines sogenannten 'bargaining process', der eng mit dem Verfahren der gemeinschaftlichen Entscheidungsfindung zusammenhängt. Da politische Entscheidungen der Gemeinschaft, insbesondere Erweiterungen und vertragliche Novellierungen, einstimmig erfolgen müssen, sind sie das Ergebnis komplexer und zäher Verhandlungen zwischen den beteiligten Vertragsparteien. 41 Bei differenzierter Betrachtung der politischen Hintergründe wird deutlich, daß der Kohäsionsfonds für die vier Empflingerländer eine Art "Unionsrente" in Form eines institutionalisierten Transfers für ihre Zustimmung nicht nur zum Maastrichter, sondern auch zum EWR-Vertrag darstellt. 42 Eine ähnliche Argumentationskette könnte für die nördlichen Beitrittsländer hinsichtlich der Ziel-6-Regionen und des Finanzinstruments für die Fischerei entwickelt werden.

zu (4) Ordnungspolitische ErwtJgungen Die bisherigen Erfahrungen mit der "Implementierung eines interventionistischen Fördersystems"43 zeigen in Form der EU-Strukturfonds, daß der erhebliche Verwaltungsaufwand mit Abstimmungsproblemen zwischen europäischen, nationalen und regionalen Politiken einhergeht. Ferner sprechen die in (1) und (2) ausgefiihrten Gründe dafür, das Kohäsionsanliegen "am besten mit 40 Busch (1992),

s. lIlt:

41 Vgl. Waniek (1992a), S. 26; Schäfers (1993), S. 44t: Die Diskussion um die politökonomische Dimension wird im 8. Kapitel wieder aufgegriffen und vertieft. 42 Nach dem schweizerischen "Nein" zum EWR-Vertrag mußten die Vereinbarungen zwischen damaliger EG und EFrA neu verhandelt werden. Dabei ging es vor allem um den vorgesehenen Beitrag der EFrA-Staaten in Höhe von zwei Mrd. ECU zum Kohäsionsfonds. Nachdem filr die Schweiz ein EFrA-Anteil von 27% vorgesehen war, bedurfte es einer neuen einvernehmlichen Lösung zwischen den verbliebenen Vertragsparteien. Diese Nachverhandlungen sind ein Grund dafUr, daß der EWR nicht wie geplant bereits mit dem Europäischen Binnenmarkt, sondern erst zum 1. Januar 1994 in Kraft treten konnte. Vgl. LaaserlStoltwedel u.a. (1993), S. 2. 43 Ridinger (1992c), S. 6.54.

B. Konvergenz als Voraussetzung weiterer Entwicklungsschritte

79

Hilfe eines ungebundenen Finanzausgleichsystems ... , das eine konsequente Anwendung des Subsidiaritätsprinzips ermöglicht und die Nachteile der bisherigen interventionistischen"44 EU-Struktrupolitik vermeidet, zu verwirklichen. Als Konsequenz auf diese in (1), (2) und (3) erhobenen kritischen Einwände ist keine erneute Modifikation der Reform, sondern eine grundlegende Revision und ordnungspolitische Ausrichtung der strukturpolitischen Maßnahmen zu fordern.

B. Konvergenz als Voraussetzung weiterer Entwicklungsschritte Angesichts der Vollendung des Europäischen Binnenmarktes, der Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraurnes, der Implikationen der deutschen Einheit und der Öffnung Osteuropas sowie der Inangriffnahme der Maastrichter Zielvorgaben erscheinen Zweifel angebracht, inwieweit sich die zumindest tendenziell beobachtbare Verminderung der Disparitäten auch im Zuge der weiteren europäischen Integration fortsetzen wird.

1 Zum Begriff "Konvergenz"

Die Beschlüsse von Maastricht haben die Kohäsion eng mit der Konvergenz verknüpft. Im europäischen Kontext bedeutet Konvergenz die Fähigkeit, "eine gleichgerichtet stabilitätsorientierte makroökonomische Wirtschaftspolitik zu betreiben"4s. Dazu gehören nach Harbrecht und Schmid die Angleichung monetärer und realer Größen, die Annäherung der Wirtschaftspolitik und die Übereinstimmung der eingesetzten Instrumente und Strategien. Im Hinblick auf die weiteren Entwicklungsschritte zu einer Wirtschafts- und Währungsunion beinhaltet die Konvergenz die Annäherung makroökonomischer Kennzahlen wie Inflationsrate, Verschuldungsquote usw sowie eine "Konjunktursynchronisation"46. Die Konvergenz bezieht sich damit auf die qualitative Ausgestaltung der nationalstaatlichen Rahmenbedingungen. Diese stellen sicher, daß die kohäsionspolitischen Maßnahmen der Europäischen Union, die zum weitaus größten

44 Waniek(1994), S. 48. 4S Franzmeyer (1994b), S. 206. Eine differenzierte Analyse zum Begriff der Konvergenz filhrt

Pfeil (1993),

s. 66ff, durch.

46 HarbrechtiSchmid (1987), S. 217.

80

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

Teil auf meso- und mikroökonomische Strukturen abzielen, nicht ins Leere laufen, sondern durch makroökonomische Indikatoren flankiert werden. Nicht umsonst wird erstmals ein Teilbereich des strukturpolitischen Instrumentariums, nämlich die Interventionen des Kohäsionsfonds, an die Bedingung geknüpft, daß das forderungswürdige EU-Land ein Konvergenzprogramm hinsichtlich der öffentlichen Finanzen vorweist. Somit bedingen sich Kohäsion und Konvergenz gegenseitig. Insgesamt stellt die Kohäsion somit zwar eine notwendige, aber keinesfalls eine hinreichende Bedingung fiir eine konvergente Entwicklung in Europa dar. 47

n. Implikationen der Europäischen Währungsunion Das Kernstück des in Maastricht festgelegten Vertiefungsprozesses stellt der zeitlich und inhaltlich fixierte Weg zu einer Währungsunion dar. Die Europäische Währungsunion (EWU) soll nach dem EG-Vertrag48 frühestens 1997 und spätestens Anfang 1999 realisiert sein. In drei Stufen stimmen die Regierungen die Wirtschafts-, Finanz- und Währungspolitik ihrer Länder aufeinander ab. Mit Eintritt in die Endstufe der EWU werden alle geld- und währungspolitischen Befugnisse auf das unabhängige Europäische Zentralbanksystem (EZBS) übergehen. Ziel ist es schließlich, anstelle der nationalen Währungen eine einheitliche, stabile europäische Währung zu schaffen. Der Stufenplan ist folgendermaßen zu skizzieren: 49 1. Im Rahmen der ersten Stufe (1990-1993) wurde die monetäre und wirtschaftliche Koordinierung im Ausschuß der Notenbankgouverneure verstärkt, das Instrumentarium der Strukturfonds ausgebaut und der gemeinsame EG-Binnenmarkt verwirklicht. 2. Die zweite Stufe (1994-1997) beinhaltet die Überprüfung der Haushaltsdisziplin nach den Konvergenzkriterien. Sanktionsmöglichkeiten bestehen hierbei jedoch noch nicht. Alle EU-Staaten garantieren die Unabhängigkeit 47 Vgl. Franzmeyer (1994b), S. 207. Das begriffliche Nebeneinander von Konvergenz und KohIsion sowie die widersprüchlichen Abgrenzungen diskutieren DiekmannIBreier (1993), S. 258f. FOr sie beruht Kohlsion auf einer statischen, d.h. zeitpunktorientierten, Betrachtungsweise, wAhrend Konvergenz einen dynamischen Prozeß bezeichnet. 48 Vgl. Titel VI EG-Vertrag, der in Kapitel 2 die Wlhrungspolitik sowie die Übergangsbestimmungen ab der zweiten Stufe zur WWU festlegt (Art. 109e-m EG-Vertrag). Zwischenzeitlich hat der Rat der Europäischen Union bekanntgegeben, daß die EWU erst nach 1997 angestrebt wird. 49 Vgl. Deutsche Bundesbank (1992), S. 45ft: Eine umfassende Analyse und Dokumentation der Europlischen Wirtschafts- und Wlhrungsunion (EWWU) vom Werner-Plan bis zum Vertrag von Maastricht fmdet sich bei KrdgenauIWetter (1993).

B. Konvergenz als Voraussetzung weiterer Entwicklungsschritte

81

ihrer nationalen Zentralbanken; darüber hinaus wird das Europäische Währungsinstitut (EWI) als Vorläufer einer Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt institutionalisiert.

3. Um in die dritte Stufe eintreten zu können, muß der Rat mit qualifizierter Mehrheit beurteilen, ob eine Mehrheit der Mitgliedstaaten "die notwendigen Voraussetzungen für die Einführung einer einheitlichen Währung erfüllt" und "ob es für die Gemeinschaft zweckmäßig ist, in die dritte Stufe einzutreten"50. Ergibt die Beurteilung ein positives Votum, so ist der Zeitpunkt für den Beginn der dritten Stufe festzulegen. Erfolgt dies nicht, tritt die Endstufe ab 1. Januar 1999 für diejenigen EU-Länder in Kraft, die sich nach den Konvergenzkriterien für die EWU qualifizieren. Diese drei Stufen sind in ihrem Zeitablauf so aufeinander abgestimmt, daß sich eine zunehmende währungspolitische Integration nur für solche Länder ergibt, die eine stabilitätsorientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik betreiben. sl Inwieweit der im Maastrichter Vertragstext geforderte wirtschaftliche Konvergenzprozeß letztlich auch tatsächlich voranschreitet und welche ökonomischen Implikationen sich daraus ergeben, ist Gegenstand der nachfolgenden Erörterung.

1. Konvergenzkriterien -Anspruch und Wirklichkeit Die Teilnahme an der EWU hängt von der Erfüllung einiger Kriterien ab. Nach dem Urteil des BVerfG stellen die Maastricht-Kriterien Mindestanforderungen dar, die zum einen nicht zur Disposition stehen und deren ErfUllung zum anderen keinen Automatismus zur Schaffung der EWU enthält. 52 Vier makroökonomische Kriterien dienen als Maßstab für die Beurteilung der Konvergenz zwischen den EU-Mitgliedsländem: s3

(1) Stabiles Preisniveau: Die Inflationsrate darf höchstens 1,5 Prozentpunkte über derjenigen der stabilsten EU-Länder liegen. Als Referenzmaßstab dienen höchstens drei EU-Staaten mit der niedrigsten Teuerungsrate. 50

Art. 109j Abs. 3 EG-Vertrag

51

Vgl. Fr6hlich (1992), S. 14.

Siehe hierzu die Ausfllhrungen im 1. Kapitel, erster Teil. Vgl. Art 109j Abs. 1 i.V.m Art 104c Abs. 6 EG-Vertrag. Zur Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit dieser Kriterien siehe die kritischen Beiträge von LeibfrilZ (1991), S. 3ff, (1992), S. 3ff. FrenkellKlein (1992), S. 113ff, beschlftigen sich mit der Frage, ob die EWU eine Beschrinkung der staatlichen FinanzierungsdeflZite erfordert. 52 S3

6 Walthes

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

82

(2) Solide Staatsfinanzen: Das affentliehe Haushaltsdejizit (NettoNeuverschuldung) darf höchstens 3 Prozentpunkte des BIP zu Marktpreisen betragen und der affentliehe Schuldenstand soll nicht mehr als 60 Prozent des BIP ausmachen. (3) Einheitliches Zinsniveau: Der Abstand beim langfristigen Zinsniveau (gemessen an langfristigen Staatsanleihen) zum Durchschnitt der drei preisstabilsten EU-Länder darf nicht mehr als 2 Prozent betragen, (4) Stabile Wechselkurse: In den letzten zwei Jahren vor Eintritt in die EWU müssen die Währungen am EWS-Wechselkursverbund ohne größere Kursschwankungen teilgenommen haben, d,h. es dürfen keine Abwertungen und keine Spannungen innerhalb der engen Bandbreiten des EWS stattgefunden haben, Tabelle 3 Konvergenzkriterien der EWU im "Oberblick (1991-1994)

Inflationsrate Land

Haushaltsdeflzi.t

Schuldenstand

Zinsniveau

1992 1993 1994 1992 1993 1994 1992 1993 1994 1992 1993 1994

B

2,4

2,8

2,6

-6,9

-7,4

-5,5

131,9

138,4

140,1

8,7

7,3

8,4

DK

2,1

1,2

1,8

-2,6

-4,4

-4,3

73,4

78,5

78,0

8,9

7,4

9,1

D

4,0

4,1

2,8

-2,6

-3,4

-2,9

44,6

48,0

51,0

7,9

6,6

7,7

GR

15,9

14,7

10,8

-13,2

-15,4

-14,1

106,7

113,6

121,3

21,7

21,4

18,3

E

5,9

4,6

4,9

-4,6

-7,2

-7,0

48,8

55,6

63,6

12,2

10,6

11,8

F

2,4

2,1

1,7

-3,9

-5,9

-5,6

39,2

44,9

50,4

8,6

7,0

8,2

IRL

3,1

1,4

2,8

-2,2

-3,0

-2,4

91,6

92,9

89,0

9,1

8,0

9,0

I

5,2

4,5

4,0

-9,5

-10,0

-9,6

108,0

115,8

123,7

13,4

11,8

12,4

L

3,2

3,6

2,3

-2,5

-2,5

1,3

7,3

10,0

9,2

7,9

7,0

-

NL

3,7

2,1

2,3

-3,5

-4,0

-3,8

79,7

83,1

78,9

8,3

6,7

7,8

P

8,9

6,5

5,5

-5,2

-8,9

-6,2

63,5

69,5

70,4

15,4

12,9

11,7

UK. EUa)

3,7

1,5

2,5

-5,9

-7,6

-6,3

47,3

53,2

50,4

9,1

7,7

8,9

3,8

2,9

3;4

-3,0

-3,0

-3,0

60,0

60,0

60,0

10,7

9,7

10,4

a)EU-Kriterium der EWU QueUe: ZusammengesteUt nach den Zahlenangaben von Fr6hJleir (1994), S. 67; Da"'elr, Bund..bank (1994), S. 27; H,lJmann (1995), S. 16.

Nach einem Vergleich der Konvergenzkritierien mit den tatsächlichen Wirtschaftsdaten kommt das Institut der deutschen Wirtschaft zu dem Ergebnis,

B. Konvergenz als Voraussetzung weiterer Entwicklungsschritte

83

daß sich die europaweite Rezession als entscheidender Störfaktor erwiesen hat. S4 Für das Jahr 1993 wäre nach Frohlich die EWU nur eine "One-ManShow"55 von Luxemburg gewesen. 56 Einer Prognose der Deutschen Bundesbank zufolge hätte 1993 kein einziger EWU-Aspirant sämtliche Konvergenzkriterien erfüllt. 57 Eine Aufstellung der EU-Ländern nach den monetären und fiskalischen "Qualifikationskriterien"58 für die Jahre 1992 bis 1994 zeigt Tabelle 3. Eine genaue Analyse der Konvergenzkritierien liefert für 1994 ein uneinheitliches Bild. Bei den monetären Indikatoren (preis-, Zinsniveau) lassen sich zum Teil beachtliche Konvergenzfortschrltte konstatieren, bei den fiskalischen Indikatoren (Haushaltsdefizit, Schuldenstand) kommt eine deutliche Divergenz zum Ausdruck. Danach erfüllen acht Länder das Inflationskriterium, sieben Staaten qualifizieren sich beim Zinsniveau. Griechenland und Italien verfehlen alle, Spanien und Portugal scheitern mindestens an drei Konvergenzkriterien. Im einzelnen liegen ganz erhebliche Zielabweichungen vor. Deshalb ist für einige Länder praktisch auszuschließen. daß die geforderten Stabilitätsbedingungen bis 1999 - geschweige denn bis 1997 - erreicht werden können. Nur Luxemburg und Deutschland hätten 1994 alle Kriterien erfüllt. Die übrigen EWU-Kandidaten verstoßen gegen mindestens ein Kriterium. Folglich bedarf es weiterer Konvergenzanstrengungen. Da die wirtschaftliche Konvergenz kein statischer Zustand, sondern ein dynamischer Prozeß ist, müssen diejenigen Länder, welche bis 1999 die Maastricht-Kriterien erfüllen wollen, bereits frühzeitig die finanz-, geld- und wirtschaftspolitischen Weichen stellen. Aus diesem Grunde fordert Art. 10ge EG-Vertrag die Aufstellung mehIjährlger Konvergenzprogramme, um eine Teilnahme an der EWU nicht zu geflUtrden. 59 Bei den neuen EU-Beitrittsländern handelt es sich zwar um

54 Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft (1993), S. 4f. Siehe auch BerschensIHandschuh u.a. (1993), S. 12f. 55 Institut der deutschen Wirtschaft (1994a), S. 4. 56 Vgl. Fr~hlich (1994), S. 63. 57 Vgl. Deutsche Bundesbank (1994), S. 26. 58 Breu.\'S (1992), S. 617. 59 Die Europäische Kommission hat 1994 erstmals durch sogenannte 'Blaue Briefe' Deutschland und neun andere EU-Staaten wegen zu hoher Staatsschulden abgemahnt Gleichzeitig wurde L und IRL bescheinigt, daß die Konvergenz-Kriterien bzgl. der Haushaltsdisziplin erfllih seien. Im Falle von IRL scheint dies höchst erstaunlich. Mit einem Schuldenstand von rd. 93% wird die ZieirnaIke bei weitem verfehlt 01liziel1 begr1lndet wurde diese Ausnahme mit dem erfolgreichen Bemühen der Iren, ihren Gesamtschuldenstand von 117% des Jahres 1987 deutlich zu ennAßigen. Ob der damit gezeigte Beurteilungsspielraum filr die Maastricht-Kriterien so groß sein darf und kann, muß bezweifelt werden. Vgl. FAZ (1994e), S. 9; Thrllnert(1994b), S. 8. NachR L. Weber (1994), S. 120, bestehen auch beim Zinskriterium und den Inflationsraten Ausiegunllll- und Interpretationsprobleme. 6·

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

84

stabilitätsorientierte Kandidaten, die aber 1994 der geforderten wirtschaftlichen Konvergenz noch nicht entsprechen. 60 Als Kriterium ist bisher die spannungsfreie Wechselkursentwicklung außer acht geblieben. Diese geriet besonders im August 1993 ins Wanken, als das EWS den heftigsten Spannungen seiner Geschichte ausgesetzt war. Lediglich zwei Währungen, nämlich die D-Mark und der holländische Gulden, konnten die vorgegebenen Margen von plus/minus 2,25 Prozent um den jeweiligen Leitkurs einhalten. Um das EWS vor dem Zerfall zu bewahren, wurden die engen Bandbreiten auf je 15 Prozentpunkte nach oben und unten erweitert. Damit tendiert das EWS - entgegen seiner Konzeption - nicht zu einem Währungsverbund als Vorstufe der EWU, sondern zu einem System freier Wechselkurse. Bereits Ende 1993 bewegten sich wieder sechs der zwölf EUWährungen innerhalb ihrer alten Bandbreiten. 61 2. Ökonomische Folgen for die Mitgliedstaaten

Von den Befürwortern einer EWU werden immer wieder folgende Argumente genannt: 62 Eine europäische Einheitswährung fUhrt (1) zu Ersparnissen beim Währungsumtausch, (2) zu einem Wegfall von Wechselkursrisiken und Kurssicherungskosten, (3) zu zusätzlichen Wachstumsimpulsen durch noch intensiveren Waren- und Dienstleistungsaustausch, (4) zu Skalenerträgen auf den Finanzmärkten und schließlich (5) zu einem nicht zu unterschätzenden psychologi-

60 Nach Hellmann (1995), S. 16, betrugen die Werte fiIr diese Llndergruppe in 1994 wie folgt: Land

Inflationsrate

Hausha1tsdeflZit

Schuldenstand

Zinsniveau

A

2,9

-4,4

64,7

7,7

FL

1,5

-4,7

72,5

10,1

S

3,2

-11,7

87,7

10,9

3,4

-3,0

60,0

10,4

EU

61 Ausfllhrlicher zur wirtschaftlichen Konvergenz in Europa im Spiegel der Maastricht-Kriterien siehe Frllhlich (1992), S. 16f, (1993), S. 31f, (1994), S. 63f. Vgl. auch die BeitrAge von Ohr (1994), S. 39fundBender(1994), S. 91f. 62 Vgl. Nerb (1992), S. 21. Zu den möglichen Vorteilen einer EWU siehe auch Klaus (1995), S. 342. Schltzungen der Kommission gehen aufgrund des Wegfalls aller Transaktionskosten bei Realisierung der EWU von einem jlhrlichen Einsparungspotential von 0,35 bis 0,4 % des EG-BIP aus. Dies entspricht etwa 15 bis 20 Mrd. ECU. Vgl. dazu Kommission (1990), S. 31 bzw. EmersonIHuhne (1991), S. 23ft:

B. Konvergenz als Voraussetzung weiterer Entwicldungsschritte

85

schen Effekt, weil eine gemeinsame Währung gleichzeitig die europäische Einheit symbolisiert. Letztendlich wird es eine politische Entscheidung sein, ob die Mitgliedstaaten der Europäischen Union den beschrittenen Weg der Wirtschaftsunion mit der Währungsunion krönen werden. Doch muß auch die politische Entscheidung auf einern ökonomischen Fundament basieren. So reduziert Tietmeyer die ökonomische Beurteilung der EWU auf zwei Aspekte: 63 (1) Bei Wegfall des Wechselkursinstrurnents als "Schockabsorber"64 müssen genügend anderweitige Anpassungsinstrurnente vorhanden sein, um bei asymmetrischen Schocks oder divergenten Wirtschaftsentwicklungen gegensteuern zu können. (2) Im europäischen Währungsgebiet muß das Europäische System der Zentralbanken die Geldwertstabilität hinreichend gewährleisten können.

Für die weitere Argumentation der Untersuchung steht der erste Problembereich im Vordergrund. Mit der Schaffung einer EWU können Wachsturns- und Stabilitätsunterschiede zwischen den EU-Volkswirtschaften nicht mehr über Wechselkursänderungen ausgeglichen werden. 65 Der Wechselkurs dient demnach nicht mehr als "Puffer"66 für unterschiedliche Entwicklungsstufen, wodurch die ökonomisch schwächeren EU-Länder unter einen unausweichlichen Anpassungsdruck geraten. Zudem stehen mit der finanz- und wirtschaftspolitischen Harmonisierung die Ausgleichsmechanismen des bisherigen nationalen Instrumentariums nicht mehr in vollem UflÜang zur Verfügung. In einer der Schlußfolgerungen des Maastricht-Manifestes von 60 namhaften deutschen Wirtschaftsprofessoren heißt es, daß eine EWU "hohe Transferzahlungen im Sinne eines "Finanzausgleichs""67 zwischen den stärker und schwächer entwickelten Partnerländern und Regionen notwendig macht.

63 Tietmeyer (1994), S. 45f. 64 Fr6hlich (1992), S. 38.

65 Vgl. Peffekoven (1991), S. 26f; Tichy (1993), S. 233; Francke (1993a), S. 3ff; Pommerehne (1994), S. 85. 66 Belke (1992), S. 628; Fr6hlich (1992), S. 12. 67 Schlußfolgerung Nr. 8 des Manifestes. Abgedruckt im dokumentarischen Anhang bei Krägenaul Wetter (1993). Nach Ansicht der Professoren werden "die ökonomisch schwächeren europäischen Partnerländer ... bei einer gemeinsamen Währung einem verstlrkten Konkurrenzdruck ausgesetzt, wodurch sie aufgrund ihrer geringeren Produktivität und Wettbewerbsfllhigkeit wachsende Arbeitslosigkeit erfahren werden" (S. 401). 1m Gegensatz dazu Caesar (1983), S. 329, der das Wechselkursargument bereits in der Diskussion um das Europäische Währungssystem damit relativiert hat, daß "der Versuch, einen innereuropäischen Finanzausgleich speziell mit der Errichtung des EWS zu rechtfertigen, theoretisch wie empirisch auf schwachem Fundament steht".

86

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

Als währungstheoretische Begründung eines innergemeinschaftlichen Finanzausgleichs dient vornehmlich das Wechselkursargument. So fuhrt eine abnehmende Wechselkursflexibilität dazu, daß einige der beteiligten Länder neue bzw. verstärkte Anpassungslasten zu tragen haben, weil der Wechselkurs als Instrument zur Beseitigung ungleichgewichtiger Wirtschaftsentwicklungen ausscheidet. Caesar unterscheidet hierbei das Phillips-Kurven- und das Standortverlagerungs-Argument. 68 Die erste Argumentationskette basiert auf der Annahme unterschiedlicher Phillips-Kurven in den einzelnen EWUVolkswirtschaften. 69 Damit sind unterschiedliche Zielkombinationen von Inflationsrate und Arbeitslosigkeit verbunden. Bei Gültigkeit des internationalen Inflationszusammenhangs führen fixe Wechselkurse dazu, daß vor allem diejenigen Länder Anpassungserfordernisse aufweisen, deren Inflationsraten deutlich über dem entsprechenden Konvergenzkrlterium liegen. Das zweite Argument analysiert die Beziehung zwischen Produktivitäts- und Lohnentwicklung sowie Zahlungsbilanz. Demnach kommt es dann zu Standortverlagerungen und damit zu einer Verschärfung der regionalen Disparitäten, wenn Wettbewerbsnachteile über den Wechselkurs nicht mehr hinreichend kompensiert werden können. Diese Argumentationskette macht deutlich, daß mit der Einführung fester Wechselkurse auch die Bereitschaft einhergehen muß, mögliche Friktionen am Arbeitsmarkt und sonstige sozioökonomische Disparitäten zu finanzieren! Solange asymmetrische Schocks innerhalb einer EWU für regional unterschiedliche Wirtschaftsentwicklungen sorgen, 70 werden die betroffenen Länder Anpassungshilfen fordern. Wie die Ausführungen zum Zielsystem der Maastrichter Verträge gezeigt haben,71 verlangen insbesondere die südlichen EU-Staaten ein umfassendes System von Finanztransfers (Kompensations-, Struktur-, Kohäsions-, Umwelt-, Konvergenzfonds), um einer befürchteten 68 Vgl. Caelar(1983), s. 323f. 69 Die modifIZierte Phillips-Kurve unterstelh einen inversen Funktiona1zusammenhang zwischen der Arbeitslosenquote und der lnflationsrate. Diese keynesianische Begründung wird von der monetaristischen Schule entschieden bestritten. Vgl. FeldererlHomburg (1991), S. 26Sf. 70 BezOglich der Frage, inwieweit exogene Schocks im Rahmen einer EWU verstArkt asymmetrisch auftreten werden, fmden sich in der Literatur zwei entgegengesetzte Hypothesen. Die einen vertreten die Auffassung. daß aufgrund der unterschiedlichen Produktionsbedingungen und Wirtschaftsstrukturen exogene Schocks in erster Linie asymmetrisch wirken. Andere folgen der Ansicht, daß die intraindustrielle Spezialisierung - im Gegensatz zu interindustrieller - im Zuge der fortschreitenden Integration weiter zunimmt und somit exogene Schocks eher symmetrisch wirken. In diesem Zusammenhang wird weiterhin kontrovers diskutiert, ob im Rahmen der EWU die bestehenden DisparitAten reduziert oder verstArkt werden. Dazu mehr bei Emerson u.a. (1991), (1992); BayoumilEichengreen (1992), Berthold (1992). 71 Siehe 2. Kapitel, Punkt AI.

c. Theoretische Begründung kohäsionspolitischer Maßnahmen

87

Zunahme der Disparitäten und damit einem Scheitern der künftigen Europäischen Union entgegenzuwirken.

c. Theoretische Begründung kohlisionspolitischer Maßnahmen In Ergänzung zu den Ausführungen zum Disparitätenmuster, zur Kohäsion und zur Konvergenz in Europa können drei stereotype Begründungen :fiir kohäsions- bzw. strukturpolitische Maßnahmen herausgearbeitet werden. Hier handelt es sich erstens um den Gesichtspunkt der Kompensation, zweitens um den Wunsch nach Umverteilung und drittens um den Aspekt der Entwicklung. Die ersten beiden Punkte entspringen dem Solidaritätsgedanken. 72 Dabei stellt die Kompensation eine Art Versicherung bzw. Garantie:fiir die integrationsaversen Mitgliedstaaten dar, wodurch die vorhersehbaren Risiken weiterer Integrationsschritte deutlich gemindert werden.

1 Gesichtspunkt der Kompensation

Diesem Gesichtspunkt liegt die Überzeugung zugrunde, daß die Vollendung des Binnenmarktes einen regionalen und sektoralen Strukturwandel herbeiführt, der im mikroökonomischen Bereich zwar effizienzsteigernd wirkt, auf meso- und makroökonomischer Ebene aber zunächst eine Ungleichverteilung von Integrationseffekten bewirkt. 73 Insbesondere die exportorientierten Regionen im Norden und der Mitte der Gemeinschaft profitieren von Liberalisierungs- und Deregulierungsmaßnahmen, während die peripheren Gebiete durch die Intensivierung des Wettbewerbs womöglich in einer Position der Schwäche verharren. 74 Dehesa und Krugman unterstellen, daß "not all regions of Europe will gain equally, or at all, from the increasingly integrated market"7s. Andererseits profitieren nach der Theorie des internationalen Handels auch ärmere Länder von einer Intensivierung des Wettbewerbs und Warenaustausches. Nachdem sich aber "weder die Aussagen des polarisationstheoretischen noch

72 vgl. Heinemann (1992), S. 4t; (1993), S. 12. Vgl. Walthes (1990), S. 36. 74 Vgl. Westerhoff(1993), S. 59. 7S DehesaIKrugman (1992), S. 1.

73

88

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz Wld Finanzausgleich

die des neoklassischen Modells bestätigen - aber auch nicht verwerfen"76 lassen, bleibt hinsichtlich der regionalen Auswirkungen der fortschreitenden Integration weiterhin ein gewisses Maß an prognostischer Unsicherheit bestehen. Bei dem Gesichtspunkt der Kompensation geht es um eine gleichmäßigere Verteilung wirtschaftlicher Aktivitäten im Raum, um eine angemessene Partizipation an den positiven Integrationsimpulsen und damit um die Vermeidung integrationshemmender Politikreaktionen der benachteiligten Mitgliedstaaten. Mit Hilfe von Kompensationsleistungen sollen auch die im Rahmen des Integrationsprozesses auftretenden Friktionen des Strukturwandels abgegolten werden. Aus Sicht der 'Integrationsgewinner' macht es durchaus Sinn, den 'Verlierern' aus der wirtschaftlichen Integration den Nutzenentgang zumindest teilweise - zu kompensieren. n Mit der Gewährung von Kompensationen soll sichergestellt werden, daß das Interesse am Fortgang der europäischen Integration bei allen beteiligten EU-Mitgliedern aufrechterhalten bleibt. In der Korrektur der Wohlstandsverteilung zwischen europäischen Regionen sieht Waniek einen Ausdruck gemeinschaftlicher Solidarität, die auch den Geberländern in Form politischer Stabilität wieder zugute kommt. 78 Genau derselben Argumentation begegnet man im Fall der Währungsunion, wenngleich hierbei kritisch zu hinterfragen ist, ob der gesamteuropäische Wohlfahrtseffekt - im Gegensatz zum Binnenmarkt, d.h. zur Wirtschaftsunion überhaupt positiv ist. 79

n

Wunsch nach Umverteilung

Die Kohäsion beinhaltet insofern auch eine reine Umverteilungsabsicht, als die Wohlstandsunterschiede nicht ausschließlich durch höhere Wachstumsraten der schwächeren Länder und Regionen eingeebnet werden sollen bzw.

76 KriegertrhoroeIWes.kamp (1985), S. 14f. Zur Übertragung der beiden Hypothesen auf die regionale Dimension des europäischen Binnenmarktes siehe Walthes (1990), S. 38[, und die dort angegebene Literatur. n Vgl. Klaus (1995), S. 345. 78 Vgl. Waniek(1992a), S. 25.

79 Siehe 3. Kapitel, Punkt B.II.2. Dem jAhrlichen Einsparungspotential der EWU von etwa 20 Mrd. ECU stehen die durch den Binnenmarkt vermiedene Kosten der Marktsegrnentierung von über 200 Mrd. ECU gegenüber. Vergleicht man die Schlußfogerungen von Cecchini (1988) mit denen der Kommission (1990) bzw. von EmersonlHuhne (1991), so scheinen die Risiken einer WAhrungsunion ungleich höher, als die der Wirtschaftsunion zu sein. Ähnlich kritisch äußert sich Pommerehne (1994), S.85.

C. Theoretische Begründung kohäsionspolitischer Maßnahmen

89

können. Der Konvergenzprozeß soll vielmehr durch den Transfer von Ressourcen aus den wohlhabenden in die schwächeren EU-Mitgliedstaaten beschleunigt werden. Solange der europäische Integrationsprozeß die wirtschaftliche Ungleichheit nicht verringert, bleiben die "problems of adjustment"80 sowie die Forderungen der Mitgliedsländer mit rückständigen Regionen nach umverteilungspolitischen Maßnahmen, nach selektiver Regional- und Strukturpolitik sowie nach einem etablierten Transfersystem bestehen. 81 Hierbei ist jedoch deutlich auf den Unterschied zwischen Verteilungs- und Umverteilungspolitik hinzuweisen. Während die Verteilungspolitik die Bedingungen verbessert, unter denen auf dem Europäischen Binnenmarkt die Einkommensverteilung zustandekommt, besteht die Aufgabe der Umverteilung hingegen darin, ergänzend Lücken in der Gesamtverteilung zu schließen, die über den Markt gar nicht oder nicht rechtzeitig geschlossen werden. Insofern stellt der Wunsch nach Redistribution immer nur eine flankierende Marktergänzung dar. 82 Überträgt man nun diese Überlegungen auf die Ebene der Europäischen Union, so bedeutet dies, daß nur die Lücken, die die mitgliedstaatliehe (Um)Verteilungspolitik nicht zu schließen vermag, durch europäische Umverteilungsmaßnahmen überbrückt werden. Deshalb liegt der europäische Wunsch nach Umverteilung nicht allein in einer (re)distributiven Marktkritik begründet, sondern auch in einer redistributiven Staatskritik an der ungenügenden (Um)Verteilung in den einzelnen Mitgliedstaaten.

m. Aspekt der Entwicklung In der Literatur wird der Begriff "Entwicklung" vielfach synonym zum Ausdruck "wirtschaftliches Wachstum" verwendet, wenngleich Differenzierungen möglich sind. So deutet das Wort "Wachstum" auf die mengenmäßige Veränderung von ökonomischen Größen (z.B. Sozialprodukt) hin. Neben diesem rein quantitativen Aspekt berücksichtigt der Terminus "Entwicklung" auch qualitative Gesichtspunkte der Struktur des Wachstums. Darunter sind nach Schätzl nicht nur strukturelle Veränderungen des In- bzw. Outputs, sondern auch langfristige Veränderungen der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bevölkerung zu verstehen. 83

80 Dehesa/Krugman (1992), S. 1. Vgl. Berthold (1992), S. 598. Vgl. Grilske (1985), S. 423. Vgl. Schätzl (1993a), S. 94.

81 82 83

90

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

Der Förderphilosophie der EU-Strukturpolitik folgend, sollen mit der Konzentration finanzieller Mittel auf schwache Regionen und deren endogenen Entwicklungspotentialen die Ursachen der ungleichgewichtigen Wirtschaftsentwicklung beseitigt werden. In der regionalwissenschaftlichen Literatur wird immer wieder auf die Bedeutung der Wirtschaftsstruktur fiir die regionale Entwicklung hingewiesen. So hängt es nach Klaus und Schleicher von der teilräumlichen Wirtschaftsstruktur (Resonanzboden) ab, ob wirtschafts- und finanzpolitische Maßnahmen und/oder Entwicklungsimpulse aufgenommen bzw. weitergegeben werden können. 84 Folglich determiniert der vorhandene Resonanzboden das regionale Entwicklungspotential und ist demnach fiir das Entwicklungsmuster einer Region ausschlaggebend. Es dürfen mögliche Integrationsimpulse "weder resonanzlos versickern noch ... von anderen Wachstumszentren aufgesogen werden"85. Durch Investitionen in den Bereichen der produktions- und umweltorientierten Infrastruktur sowie des Humankapitals soll die Reallokation der Ressourcen forciert und über die Einflußnahme auf die marktbedingten Determinanten der Einkommensverteilung ein wirtschaftliches Aufholen ermöglicht werden. 86 In diesem Zusammenhang geht es ausschließlich um verteilungspolitische Maßnahmen im Sinne der Allokationspolitik.

D. Europäischer Finanzausgleich als Lösungsweg Das derzeitige Ausgaben- und Einnahmensystem der Europäischen Union bewirkt zumindest tendenziell einen Ausgleich zwischen reicheren und ärmeren EU-Mitgliedstaaten, 87 wenngleich die vorangegangenen Ausfiihrungen deutlich gemacht haben, daß der Beitrag zur Reduktion der Disparitäten als ungenügend zu beurteilen ist. Dieser rudimentäre Ausgleich wird in der Literatur bereits häufig - jedoch etwas unpräzise - als ein über das EU-Budget abgewickelter innereuropäischer Finanzausgleich bezeichnet. 88 Da aber auf

84 KlauVSchleicher (1983), s. 30 85 FQrstIKlemmerfZimmermann (1976), S. 74. 86 Zu den Bestimmungmterkmalen der personalen Einkommensvcrteilung arn Markt siehe Graske (198S), S. 418f 87 Siehe hierzu die jeweilige WQrdigung der europlischen Praxis im S. Kapitel, Punkt D; 6. Kapitel, Punkt C; 7. Kapitel, Punkt F; 8. Kapitel, Punkt C. 88 Unter vielen seien hier KQhlcke/May (1986), S. 12, L. Hoffmann (1994), S. 33, und Thomas (1994), S. 472, herausgegriffen. Dagegen sucht Schmidhuber (1992), S. S7l, als EU-Kommissar diese Bezeichnung zu venneiden und weist darauf hin, daß es bei den Kohlsionsausgaben eben "nicht um

D. Europäischer Finanzausgleich als Lösungsweg

91

EU-Ebene die notwendigen politökonomischen Kompromisse meistens zu Lasten einer konzeptionell geschlossenen Lösung gehen, fehlt den bisher verwirklichten Ansätzen die sachliche Systematik und die notwendige Transparenz. 89 Insofern bedarf es neuerer Überlegungen hinsichtlich einer alternativen (Finanz)Ausgleichskonzeption.

L Argumente für einen Europäischen Finanzausgleich

Obwohl die angestrebten Finanzausgleichswirkungen des EU-Haushalts erheblich sind, sehen die Maastrichter Verträge noch kein in das EU-Budget integriertes Finanzausgleichssystem vor, das die Anhebung der Finanzkraft schwächerer Gebietskörperschaften auf ein gewünschtes Niveau bewirkt und eine Art solidarischer Umverteilung von finanzstarken auf finanzschwache EU-Staaten und deren Regionen erlaubt. Es lassen sich jedoch einige Argumente anführen, die für die Implementierung einer derartigen Finanzausgleichskonzeption in das EU-Finanzsystem sprechen. J. Kritik am bisherigen Fondssyslem

Nachdem die eingesetzten Fördennittel die Ursachen der Disparitäten nicht hinreichend beseitigen, führt auch eine neuerliche Ausweitung des Fördervolumens nicht automatisch zu einem Disparitätenabbau und damit zu einer Problemminderung. Vielmehr werden innergemeinschaftliche Spannungen und Belastungen zwischen Netto-Empfängerländern einerseits und Zahlerstaaten andererseits vorprogrammiert. 9O Folgt man Franzmeyer, so darf aus der mangelnden Zielerreichung der bisherigen Kohäsionspolitik aber keinesfalls gefolgert werden, daß auf das bisherige Transfervolumen verzichtet werden könnte. Vielmehr muß der weitere politisch-institutionelle Integrationsprozeß vom Aufbau einer "finanziellen Solidargemeinschaft"91 begleitet sein. Auch dies kann als ein Beleg dafür angesehen werden, daß ein höheres Kohäsionsniveau eng mit dem europäischen Solidaritätsgedanken zusammenhängt.

einen Finanzausgleich zwischen armen und reichen LIndern", sondern lediglich um die Beseitigung der "größten regionalen Ungleichgewichte" geht 89 VgI.Messal (1989), S. 2. 90 Siehe hierzu 8. Kapitel, Punkt C. 91 Franzmeyer (1993a), S. 94.

92

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

Nach seiner kritischen Bestandsaufnahme der europäischen Strukturpolitik weist Waniek auf den in der Literatur befindlichen Vorschlag hin, wonach das räumliche Ausgleichsanliegen der Europäischen Gemeinschaften anstelle der selektiv-interventionistischen Strukturpolitik auch alternativ mit einem allgemeinen, ungebundenen Finanzausgleich zwischen den Mitgliedsländern verfolgt und ökonomisch effizienter emeicht werden kann. 92 Eine sich ausschließlich am Subsidiaritätsprinzip orientierende Kohäsionspolitik liefe Schtifers zufolge auf ein reines Finanztransfersystem hinaus,93 bei dem das ineffiziente und ineffektive System mit sechs verschiedenen Zielgebieten und vier ineinandergreifenden Fonds hinfällig würde. Zwar sind mit der Etablierung eines transparenten EU-Finanzausgleichs vielschichtige Probleme verbunden,94 doch kann ein Europäischer Finanzausgleich als Substitut "für die vielfllitigen Aktivtitäten der EG im Bereich der Strukturpolitik, die ökonomisch nicht begriindbar sind und die deshalb zu einer Vielzahl von Fehlallokationen, Inkonsistenzen und Verschwendung führen"95, dienen.

2.. Integrationsstufe Europtiische Wtihrungsunion Die mangelnde Durchschlagskraft der Anstrengungen auf dem Gebiete der Kohäsion beruht nach Ansicht von Reichenbach zum Teil auf dem "unsoliden nationalen Wirtschaftsgebaren"96. Mit Schaffung der Europäischen Währungsunion eröffnet sich die einmalige Chance fiir einen wirtschafts- und finanzpolitischen Regimewechsel, der über die Einhaltung der Konvergenzkritien zu verbesserten Entwicklungsperspektiven der rückständigen Regionen führt. Die EWU stellt den höchstmöglichen ökonomischen Integrationsstand dar. Die nächste Integrationsstufe bildet dann bereits die Politische Union, die aber erst mit der europäischen Staatswerdung ansteht. Nach Meinung zahlreicher Autoren gewinnen mit zunehmender Integration (Zollunion -> Wirtschaftsunion -> Währungsunion -> Politische Union) auch Aspekte des Fi-

92 Vgl. Waniek (1992a), S. 170f, der jedoch keine detaillierte Begründung filr diesen Alternativvorschlag gibt 93 Vgl. Schtifers (1993), S. 191. Seiner Auffassung nach erfordert eine strikte Beachtung des Subsidiaritltsprinzips die Einfilhrung von Pauschtransfers, weil dadurch die Verausgabung ausschließlich der Präferenzstruktur der Empßngern überlassen bleibt 94 Vgl. Biehl (1991b), S. 387. 95 Lammers (1993), S. 199. 96 Reichenbach (1991), S. 12.

D. Europäischer Finanzausgleich als Lösungsweg

93

nanzausgleichs an Bedeutung. 97 So besteht für Francke die Konsequenz aus der fortschreitenden europäischen Integration darin, daß "in Europa ein umfassendes europäisches Finanzausgleichssystem eingeführt werden wird und muß"98, weil die angestrebte EWU ohne einen länderübergreifenden Finanzausgleich dauerhaft nur schwerlich konvergent gestaltet werden kann. 99 Zwar machen in der derzeitigen (prä)föderalen Phase der EU projekt- und programmorientierte Fonds noch Sinn, doch sollte nach Franzmeyer in einer späteren Integrationsphase "zu einem System des direkten horizontalen oder vertikalen Finanzausgleichs, etwa nach Art des deutschen, übergegangen wer': den" 100. In etablierten Föderationen hat die Gestaltung des Finanzausgleichs im Rahmen der Ausgaben- und Einnahmenverteilung nämlich ganz wesentlich dazu beigetragen, daß dem Ziel einer "gleichartigen Wirtschafts- und Wohlfahrtsentwicklung in den Teilgebieten des Staates"IOI Rechnung getragen werden konnte. Dieser Sachverhalt muß auch beim Ausbau der EWU beachtet werden. Angesichts zu erwartender differenzierter, regionaler Schocks und der im Vergleich zu den USA relativ geringen Mobilität der Produktionsfaktoren (insbesondere Arbeit) wertet Tichy das Fehlen eines automatischen Europäischen Finanzausgleichs als ein schwerwiegendes Argument gegen eine EWU. Insofern fordert er als eine unverziehtbare und im Rahmen der EU bisher noch wenig diskutierte Ergänzung der Europäischen Wirtschaftsunion zumindest ein "Mindestmaß eines automatischen Finanzausgleichs" 102. 3. Verfassungsauflrag des EuroptJischen Parlaments

Die Verträge von Maastricht verleihen der Kohäsion eine neue Dimension. Die Kohärenz, also die Forderung nach einer Finanz-, Geld- und Wirtschaftspolitik "aus einem Guß"I03, erfordert nicht nur eine widerspruchsfreie, sondern auch eine konzertierte Einbindung aller strukturpolitischen Maßnahmen in das aufgezeigte Ziel- und InstrumentenbÜDdel der Verträge. Obwohl das Wort "Finanzausgleich" weder in den Gründungsverträgen noch in den Novellie97 Siehe die Schemata bei Emerson u.a. (1991), S. 251, und Tichy (1993), S. 230, oder Straubhaar (1993), S. 104. Einen guten Überblick. zum Stand der europäischen Integrationsforschung gibt Breuss (1992). 98 Francke (1993a), S. I, (1993b), S. 1. 99 Vgl. Zeitel (1990), S. 355. 100 Franzmeyer (1993a), S. 97. 101 Zeitel (1990), S. 344. 102 Tichy (1993), S. 233. 103 Franzmeyer(1993a), S. 89.

94

3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

rungen der EEA und der Maastrichter Beschlüsse explizit enthalten ist, besteht doch in der Literatur ein weitgehender Konsens darüber, was mit den 'wohlklingenden' Formulierungen eigentlich gemeint ist. Hierzu wurden bereits einige Autoren angeführt,I04 die darauf hinweisen, daß es sich um finanzausgleichsrelevante Tatbestände handelt. In seiner Entschließung zum EntwUIf eines "Vertrages zur Gründung der Europäischen Union"105 hat das Europäische Parlament schon 1984 einen umfassenden VerfassungsentwUIf vorgelegt, der in seinen konkreten Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Ausgestaltung der künftigen Union deutlich über den Maastrichter Kompromiß hinausgeht. Beispielsweise ist in der Finanzverfassung der Union die Implementierung eines Finanzausgleichsystems vorgesehen. In Art. 73 heißt es kurz und bündig: "Zur Verringerung der Ungleichgewichte in der Wirtschaftskraft der Regionen wird ein Finanzausgleich eingeführt"I06. Im Gegensatz zum VerfassungsentwUIf von 1984 enthält der jüngste - im Herman-Bericht zur Diskussion gestellte - Verfassungsentwurf des EP in dem die Finanzen der Union regelnden Kapitel nur noch einen einzigen Artikel, der das Wort "Finanzausgleich" nicht mehr aufgreift. 107 Dafür sieht das Parlament als logische Konsequenz der bisherigen Integration die Schaffung einer "politischen Union fOderativer Art"108 vor und fordert eine föderalistisch orientierte Verfassung, die sich aus der abstrakten Föderalismustheorie und dem Subsidiaritätsprinzip ableitet. Damit sind, wenn auch nur implizit, finanzausgleichsrelevante Tatbestände angesprochen, die einer konkreten Erörterung bedürfen. 4. Subsidiarität und Föderalismus in Europa

Der EU-Vertrag nennt das Subsidiaritätsprinzip als entscheidende Handlungsmaxime. Bei konsequenter Anwendung hat das Subsidiaritätsprinzip eine föderative Struktur Europas zur Folge. Ein 'bürgernahes' Europa, das auch unter dem Stichwort "Europa der Regionen" firmiert, impliziert damit den Föderalismus als künftiges Strukturprinzip. Allerdings hat eine solche föderale Orientierung der europäischen Integration auch finanzielle Folgen, die in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion bisher weitgehend vemächläs104 vgl. DehesaIKrugman (1992), Vögele (1992), Waniek (1992b), Westerhoff(1993). lOS Europäisches Parlament (1984).

106 Art. 73 des Vertragsentwurfs zur Gtilndung der Europäischen Union vom 14.2.1984. 107 Vgl. Art. 40 des Entwuns einer Vetfassung der Europäischen Union vom 10.2.1994. 108 Siehe Begrllndung des Herman-Berichtes (vgl. Europäisches Parlament (1994), S. 22).

D. Europäischer Finanzausgleich als Lösungsweg

95

sigt werden. So sind föderalistische Strukturen in der Regel mit regionalen Transfers im Rahmen eines Finanzausgleichs verbunden. Bereits in der gegenwärtigen, konstituierenden Phase der europäischen (Kon)Föderation (1993-1999) bedarfes sowohl inter- als auch intraregionaler (Um)Verteilungsmechanismen, die Nutzen und Kosten der Integration in politisch annehmbarer Weise auf die beteiligten Regionen und/oder Staaten aufschlüsseln und damit einem möglichen Austritt von Mitgliedsregionen oder gar der Auflösung dieser (prä)Föderation vorbeugen. Somit müssen - noch unabhängig von den Folgen einer EWU - bereits in der Phase der Vollendung des Binnenmarktes bzw. der Wirtschaftsunion interregionale Entwicklungsunterschiede nunmehr auf EU-Ebene als innergemeinschaftliche Aufgabe begriffen werden, die im Zuge eines EU-internen Finanzausgleichs zu lösen sind.

5. Theoretische Gesichtspunkte Forderungen nach einem impliziten oder expliziten Finanzausgleich müssen sich auch theoretisch begründen lassen. Prinzipiell können der Musgraveschen Triade folgend drei Theoriebereiche genannt werden, die einen Europäischen Finanzausgleich aus allokationstheoretischer, verteilungspolitischer und stabilitätsorientierter Sicht rechtfertigen. 109 Ohne theoretisches Fundament läßt sich keine gehaltvolle, stringente Argumentationslinie entwickeln. So ist der Europäische Finanzausgleich aus theoretischer Sicht begrifflich zu systematisieren und inhaltlich zu definieren. Hierzu bedarf es einer Einordnung in ein finanzRkleralistisches Referenzsystem. Die Skizzierung eines theoretischen Referenzmodells ist insofern von Bedeutung, weil sich daraus geeignete Kriterien zur Beurteilung des gegenwärtigen europäischen Finanz(ausgleichs)systems ableiten lassen. Im Zuge einer normativen und positiven Analyse können Problemfelder wie Ermittlung der Finanzkraft, des Finanzbedarfs, der Ausgleichsintensität, die Art der Zuweisungen oder die Anzahl und Größe der fiskalischen Einheiten diskutiert werden. Damit beruht das ökonomisch rationale und transparente Finanzausgleichssystem auf einem (finanz)föderalistischen Fundament. 110

109 VgJ. MusgraveIMussgraveIKullmer (1990), s. sr. Eine von Delars beauftragte Gutachter· gruppe um Padaa.Schiappa (1987) nannte ihren Ergebnisbericht Musgrave folgend "Effizienz, Sta· bilität und Verteilungsgerechtigkeit". 110 Dazu mehr im 4. Kapitel.

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3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

n

Gegenposition zur Notwendigkeit eines Europäischen Finanzausgleichs

Folgt man den Ausfiihrungen des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium für Wirtschaft, so bedingt weder ein "erfolgreicher Föderalismus"111 noch eine Europäische Währungsunion aus sich heraus einen "zusätzlichen Bedarf an intraeuropäischen Transfers"l12. Es besteht vor allem deshalb kein zusätzlicher Finanzausgleichsbedarf, weil in einer Europäischen Währungsunion durch die Vergemeinschaftung der Zahlungsbilanzrisiken bereits dem Solidaritätsgedanken genüge getan ist. Insofern wird der These, daß massive internationale Transfers in Form eines offenen oder versteckten Finanzausgleichs nötig seien, um EWU-spezifische Probleme zu lösen, eine klare Absage erteilt. Damit vertritt der Beirat eine genau entgegengesetzte Meinung, als sie im Manifest der 60 Professoren zum Ausdruck kommt. Nachdem es sich bei dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates um eine ernstzunehmende Mahntafel handelt, sind die Forderungen Spaniens und der anderen weniger entwickelten EU-Staaten nach Schaffung eines Finanzausgleichs und progressiver Ausgestaltung der EU-Einnahmen mit Skepsis zu begegnen. Der finanzielle Umfang des Delors-II-Pakets und die Implementierung eines Kohäsionsfonds weckt bei vielen Kritikern der EWU die Befürchtung, daß die Währungsunion nur als Vorstufe einer großzügigen "Transferunion"l\3 zu verstehen ist. Eine solche Transferunion ist deshalb bedenklich, weil anstelle wegfallender "Transaktionskosten" nunmehr "Ausgleichskosten"114 bei den wohlhabenden EU-Volkswirtschaften entstehen. Nach Ansicht von Tietmeyer lädt ein "ausgeklügeltes Finanzausgleichssystem zu nationalem finanzpolitischen Fehlverhalten geradezu"115 ein. So befürchten Emerson u. a., daß die Anreize für eine dynamische Produktionstätigkeit geschwächt und eine wohlfahrtsstaatliche Abhängigkeit geschaffen werden. Bei tariflichen Lohnabschlüssen könnte das regionale Produktivitätsgefälle außer acht gelassen und die Verantwortung für die regionale Beschäftigungslage durch die nationalen Tarifpartner auf die öffentlichen Haushalte der jeweils anderen EULänder übertragen werden. I 16 Ein solches Fehlverhalten könnte leicht zu einer Überforderung der "euroföderalistischen Solidargemeinschaft"111 führen und 111 Wissenschaftlicher Beirat (1989),

s. 22.

112 Wissenschaftlicher Beirat (1989), S. 27.

113 Leibfritz (1992), S. 3. Bohley (1992a), S. 36. 115 Tietmeyer (1994), S. 47.

114

116 Vgl. Emerson U.Q. (1991), S. 252. Siehe auch Tietmeyer (1994), S. 48.

111 Bohley (1992), S. 36.

D. Europäischer Finanzausgleich als Lösungsweg

97

die Geberländer ausschließlich in die Rolle des 'Zahlmeisters' drängen, während die Nehmer- bzw. Empfängerländer eine "Kostgängermentalität"lI8 entwickeln. Zu berücksichtigen ist ferner, daß bei den diagnostizierten Entwicklungsunterschieden praktisch jedes Finanzausgleichssystem an seine Kapazitätsgrenze stoßen muß. 119 Damit ergibt sich auf EU-Ebene eine vergleichbare Problemlage wie im Finanzausgleich der Bundesrepublik Deutschland bei Berücksichtigung der neuen Länder. 120

m

Fazit: Europäischer Finanzausgleich als Untersuchungsgegenstand

Resümierend wird aus der Gegenüberstellung der Argumente von Pro und Kontra eines Europäischen Finanzausgleichs folgendes Fazit gezogen: (1) Die Ausführungen in den vorangegangenen Kapiteln zu Europas Zielfunktion, dem Konflikt zwischen europäischer Kohäsion, regionaler Disparität und währungspolitischer Konvergenz haben deutlich gemacht, daß das etablierte Finanz(ausgleichs)system seinen Anforderungen kaum gerecht wird. (2) Die angebotene Alternative, ein Europäischer Finanzausgleich, erfordert sowohl eine begrifiliche als auch inhaltliche Klarstellung, weil von nahezu allen Autoren offen gelassen wird, was im europäischen Kontext darunter zu verstehen ist. (3) Somit sprechen einige gewichtige Argumente dafiir, sich mit den Determinanten eines Europäischen Finanzausgleichs auseinanderzusetzen. Angesichts der bisherigen Erfahrungen sollte das künftige europäische Finanz(ausgleichs)system nach ökonomisch-rationalen Kriterien konzipiert sein. Deshalb wird die angesprochene Problematik im zweiten Teil der Analyse vor dem Hintergrund eines theoretischen Referenzsystems diskutiert. Dabei

118 Leibfritz/NamIParsche (1989), S. 15. Die Kosten werden ftlr die Zahlerländer um so hOher sein, je unterschiedlicher die Wirtschaftskraft und die Anpassungsßhigkeit der EWU Teilnehmer sind und je stArker die schwachen EU-LAnder einer "Wlhrungsillusion" erliegen (Vgl. Leibfritz (1992), S. 8). 119 Vgl. Ridinger (1992a), S. 139; Bohley (1992), S. 36. 120 Deshalb hllt der Sachverstlndigenrat (1992), S. 252, den Versuch, "ein europäisches Finanzausgleichssystem zu schaffen, gegenwärtig und auf absehbare Zeit nicht ftlr praktikabel". Neben den Granden in Analogie zur deutschen Einheit wird ferner angeftlhrt, daß es "kein europaeinheitlich geregeltes Steuersystem" gibt. Siehe zu letzterem auch die Ausftlhrungen im 6. Kapitel, Punkt C, sowie im 10. Kapitel in Punkt C.II. 7 Walthes

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3. Kapitel: Kohäsion, Konvergenz und Finanzausgleich

dient die Methodik des Finanzausgleichs als systematisierender Argumentationsrahmen, der einige wesentliche, bisher unberücksichtigt gebliebene Überlegungen und Zusammenhänge offenlegt.

2. Teil

Theorie und Deduktion des Europäischen Finanzausgleichs Der zweite Teil der Untersuchung zeigt. daß die ökonomische Theorie des Finanzausgleichs einen idealen Diskussionsrahmen darstellt, der nicht nur eine theoretisch gehaltvolle und konsistente Systematik liefert, sondern auch eine umfassende und breit angelegte Problemanalyse erlaubt. Zunächst wird ein (finanz)föderalistisches Referenzsystem aus den tradierten Konstrukten der Föderalismus- und Finanzausgleichsforschung entwickelt. Dieser Hintergrund erlaubt eine sequentielle Analyse des passiven, primären und sekundären aktiven Finanzausgleichs. Daran schließt sich die politisch-institutionelle Dimension des Finanzausgleichs an. In den Kapiteln 5 bis 8 werden jeweils Theorie und Praxis einander gegenübergestellt und kritisch gewürdigt. Im 9. Kapitel folgt die Deduktion eines subsidiären Europäischen Finanzausgleichs. Dort werden mit Hilfe einer formalen Modellanalyse die relevanten Determinanten einer europäischen Finanzausgleichskonzeption abgeleitet und die monetären Dimensionen anband von Rechenbeispielen belegt. Nachdem Zahl und Größe der fiskalischen Einheiten in der Europäischen Union exogen gegeben sind, verkörpern die Parameter Finanzkraft, Finanzbedarf und Ausgleichsintensität sowie die horizontalen und vertikalen Ausgleichsgrade die entscheidenden Determinanten eines europäischen Finanzausgleichssystems.

7*

100

4. Kapitel: Elemente eines fmanzfödera1istischen Referenzsystems

4. Kapitel

Elemente eines finanzföderalistischen Referenzsystems Wie die bisherigen Ausführungen belegt haben, 1 kommt für das Fernziel der europäischen Integration nur eine Union mit fOderativer Struktur in Betracht. Folglich muß auch das auszuwählende normative Bezugssystem einen fOderalistischen Charakter aufweisen. Die Ableitung eines solchen (finanz)fOderalistischen Referenzsysterns basiert dabei im wesentlichen auf den Erklärungsbeiträgen verschiedener Theorien, die zwar noch keine einfach anzuwendende und in sich geschlossene Konzeption darstellen, aber insgesamt alle benötigten Elemente in einern System vereinen. Im einzelnen basiert dieser eklektische Ansatz auf der ökonomischen Theorie des (Finanz)Föderalismus, auf dem Prinzip des ökonomischen und politischen Verbundes in seiner föderalen Ausprägung und der Theorie des Finanzausgleichs. Da sich die jeweilige Analytik der gewählten Theorien keineswegs einfach auf die europäischen Verhältnisse anwenden und beziehen läßt, bedarf es einer graduellen Herleitung und Übertragung der theoretischen Kernelemente auf das (prä)ffiderale Gebilde der Europäischen Union. Ziel ist es, mit Hilfe weniger Prinzipien geeignete Regeln abzuleiten, die bestehenden Föderationen als rationale Muster zugrundeliegen und die auch für die künftige Ausgestaltung Europas entscheidende Kriterien liefern.

A. Ökonomische Theorie des Föderalismus als Ausgangspunkt Aspekte des Staatsaufbaus und der damit verbundenen zweckmäßigen Ausgestaltung der finanziellen Beziehungen zwischen gebietskörperschaftlichen Ebenen eines Gemeinwesens wurden bisher in erster Linie im Staatsrecht sowie den Politik- und Verwaltungswissenschaften erörtert. Die ökonomische Theorie widmet sich erst seit Ende der 60er Jahre verstärkt diesem Untersuchungsgegenstand. 2 Auf dem Fundament einer freiheitlich-demokratischen Ordnung entwickelte die ökonomische Theorie des Föderalismus Grundsätze,

Siehe insbesondere 2. Kapitel, Punkt B, und 3. Kapitel, Punkt D.I.4. Einen gute Überblick zur ökonomischen Theorie des Föderalismus vennitteh der Beitrag von Neumann (1971) und die dort angegebene Literatur. 2

A. Ökonomische Theorie des Föderalismus als Ausgangspunkt

101

die eine Zuordnung von Kompetenzen auf verschiedene föderale Ebenen erlaubt. 3 Es stellt sich die Frage, inwieweit es :fiir das europäische Gemeinwesen überhaupt eine ideale föderative Struktur gibt. Die Fragestellung könnte auch etwas anders formuliert lauten: Von welchen ökonomischen Prinzipien sollte man sich beim Entwurf einer föderativen Ordnung leiten lassen?

1 Föderalismus als Struktur- und Organisationsprinzip

Da es keine allgemein akzeptierte Definition des "Föderalismus" gibt,4 hängt eine prägnante Umschreibung dieses Begriffes einerseits von der zu analysierenden Themen- und Problemstellung, andererseits von der angewandten Methodik der wissenschaftlichen Disziplin ab. Im Rahmen der Wirtschaftswissenschaften bezeichnet das Wort Föderalismus, lat. 'foedus' (Bund, Vertrag, Verbindung), ein politisches Strukturprinzip. Da staatliche Strukturprinzipien in der Regel juristisch verankert werden, spricht man auch vom Föderalismus als einem Verfassungsprinzip. In der Literatur geht es beim Föderalismus zumeist um die Zusammenlegung von Kollektiven zu einem größeren Gebilde, ohne Aufgabe von individuellen Eigenarten. Das Idealbild eines föderalen Systems ist die "Einheit in der Vielfalt"5. Aber auch die Interpretation des Föderalismus als Dezentralisierung größerer Einheiten bei Beibehaltung bestimmter zentraler Aufgaben ist möglich. Diese dezentralisierende Sichtweise bleibt häufig unerwähnt. Ganz allgemein fordert Föderalismus Machtverteilung im Rahmen einer gestuften Ordnung. Dadurch sucht der Föderalismus sowohl die Extreme Unitarismus, Zentralismus und Kollektivismus als auch Partikularismus, Separatismus und Anarchie zu vermeiden. 6 Als Struktur- und Organisationsprinzip kann der Föderalismus auch völkerrechtlichen Staatenverbindungen zugrunde liegen. In diesem Zusammenhang spricht man auch von einem Europäischen Föderalismus, weil die Europäische 3 Vgl. Henke (1983), S. 3. 4 Vgl. Kirsch (1977), S. 3;R. L. Frey (1977), S. 13; E. Richter (1982), S. 17f. Bei Kirsch fmdet sich ein guter Quersclmitt von unterschiedlichen Deftnitionen des Föderalismus, die in der Literatur zu ftnden sind. 5 Rudolf(1988), S. 312. 6 Ausftlhrlicher zum Föderalismus aus Sicht der Wirtschaftswissenschaften vgl. Rudolf (1988), S. 312ft". Erstaunlicherweise fmdet sich in der fmanzwissenschaftlichen Standardliteratur oftmals kaum eine klare Definition dieses Begriffes. Vielmehr wird Föderalismus olme nihere Speziftkation als Oberbegriff fIlr einen mehrgliedrigen Staatsaufbau und den Finanzausgleich verwendet. Vg1. hierzu unter vielen ShglitzlSchön[elder (1989), S. 670f.

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4. Kapitel: Elemente eines fmanzfMeralistischen Referenzsystems

Gemeinschaft als eine supranationale Organisation oder die Europäische Union als ein Staatenverbund über mehrere hierarchisch gegliederte Ebenen verfügen, die jeweils mit originären Hoheitsfunktionen ausgestattet sind. Ferner ist dem Europäischen Föderalismus ein bestimmtes politisches Struktur- und ökonomisches Organisationsprinzip inhärent. Neben dieser eher strukturellen Sichtweise kann der Begriff Föderalismus auch graduell bzw. funktional verwendet werden. Dabei bezieht er sich auf den Grad an Zentralität bei der Wahrnehmung und Erfiillung staatlicher Aufgaben. Resümierend läßt sich festhalten, daß der Föderalismus in seiner staatlichen Organisationsform nach einem politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ausgleich zwischen den Ebenen strebt, wobei es sowohl um die Stabilisierung zentripetaler und zentrifugaler Kräfte als auch um die kosten- und nutzenbezogene Ausgestaltung der Föderation geht. 7 Dabei beruht die ökonomische Theorie des Föderalismus auf dem Gedanken, daß nicht nur der Konsumtionsund Produktionsprozeß knappe Ressourcen beansprucht, sondern auch die politischen, sozialen und kulturellen Prozesse in einem Gemeinwesen. 8

1. Synopse alternativer FtJderalismuskonzepte Über die modell analytische Ausgestaltung des Föderalismus bestehen unterschiedliche Auffassungen. Die Vielgestaltigkeit des Begriffes Föderalismus ermöglicht und fördert die "Vielfalt der Dimensionen"9, anhand derer ein föderales Staatswesen gesehen und beurteilt werden kann. Der "Philosophie des Föderalismus"lo folgend, besteht das Hauptmerkmal einer föderalen Ordnung in ihrer geistigen Vielseitigkeit. Eine häufig anzutreffende Definition präzisiert ThtJni, indem er schreibt, daß unter Föderalismus eine "auf Dauer angelegte Verbindung von eigenständigen Körperschaften zu einer größeren Gesamtheit zur Verfolgung bestimmter (gemeinsamer) Aufgaben"ll zu verstehen ist. Diese Anschauung vom Förderalismus als dem Verbindungsglied zwischen Körperschaften entspricht der des Staatenbundes, weil die Konföderation nur ganz speziellen und auch be-

7 Vgl. Recktenwald (1983a), S. 182. Über zentrifugale und zentripetale Krlfte im Föderalismus vgl. Kir8ch (1987), S. 13ff. 8 vgl. BiehVWinter (1990), S. 29. 9 Kimminich (1987), S. 1115. 10 K. Lang (1971), S. 69. 11 TMni (1986), S. 30.

A. Ökonomische Theorie des Föderalismus als Ausgangspunkt

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grenzten Zwecken dient. 12 Als Beispiel lassen sich in Anlehnung an die europäische Integration neben der Schaffung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auch die Vollendung des Binnenmarktes nennen. Ein anderes Föderalismuskonzept verfolgt der Bundesstaat. Vormals eigenständige staatliche Einheiten schließen sich unter Aufgabe eines großen Teils ihrer Autonomie zu einer Föderation zusammen. Dabei verfügen die Bundesorgane über Souveränitätsrechte und die Mitgliedsstaaten über ausreichende Funktionalkompetenzen, um ihre Selbstverwaltungen aufrechtzuerhalten. Zum besseren Verständnis und zur eindeutigeren Einordnung dient eine Darstellung von Kinsky, wonach das Spektrum von internationalen Organisationen, dem Staatenbund und Bundesstaat über regionalisierte Staatswesen bis hin zum zentralistischen Einheitsstaat reicht (siehe Abb. 7).

Internationale Staatenbund Organisationen Konföderation

Bundesstaat Föderation

DezeatraJisiener Zentralistischer regionalisiener Einheitsstaat Staat

~~p~ PARTIKULARISMUS ( )

FÖDERALISMUS

~)

ZENTRALISMUS

=:::7~ze~ Beispiele: UNO Schweiz vor 1848 Europarat USA 1776-1789 Deutscher Bund 18IS-I866

Europiische Gemeinschaft

USA

Italien Deulschland Spaaien im .Dritten Reich" Bundesrepublik Belciea DDR Deutschland AuSlralien Indien Frankreich

Schweiz

österreich

Abb. 7: Föderalismus zwischen Partikularismus und Zentralismus QueDe: Klruky (1986), S. 32.

Diese Orientierungshilfe wird nach dem Kriterium des politischen Entscheidungszentrums l3 geordnet, das je nach Föderalismusmodell entweder eher dezentral oder mehr zentral institutionalisiert wurde. Damit läßt sich der Föderalismus als ein graduelles Modell schematisch entwickeln, das von links nach rechts eine wachsende Integration und von rechts nach links eine steigende Dezentralisierung zeigt. Zwischen den beiden extremen Polen Partikularismus einerseits und Zentralismus andererseits findet sich der Föderalismus. 12 VgJ. MusgravelMu!gravelKullmer (1992), S. 19. 13 Zur Einordnung des Entscheidungszen1rums in die Systematik einer integrierten Wirtschafts.. und Finanzpolitik siehe Recktenwald (1980), S. 12.

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4. Kapitel: Elemente eines fmanzföderalistischen Referenzsystems

Darunter versteht man nur noch jenen Bereich, "in dem ein annäherendes und möglichst sachgerechtes Gleichgewicht zwischen Einheit und Vielfalt, Integration und Differenzierung, dem Ganzen und seinen Teilen besteht"14. Die Europäische Gemeinschaft bzw. Union nimmt eine Sonderstellung ein. Sie ist weder Staatenbund noch Bundesstaat, sondern zwischen diesen beiden Entwicklungsstufen angesiedelt. Aus der ökonomischen Analyse der Finanzstrukturen von föderalen Staatswesen wird nicht unmittelbar ersichtlich, um welchen Integrationsgrad es sich handelt. Die Beurteilung darüber, welchen Stand der Integration das föderale Gebilde verkörpert, beinhaltet auch Überlegungen, die weit über die ökonomische Analyse hinausgehen. Deshalb liefert die folgende Analyse vor allem einen Argumentationsrahmen, der "das Wesen des Föderalismus zuallererst in einer mehrstufigen kollektiven Aufgabenerfiillung und der damit verbundenen Willensbildung und Entscheidung" 15 sieht.

2. FinanzJOderalismus aus theoretischer und pragmatischer Sicht Wird der föderative Staatsaufbau mit Hilfe des ökonomischen, insbesondere finanzwissenschaftlichen Instrumentariums analysiert, haben sich in Anlehnung an den angelsächsischen Sprachgebrauch die Synonyme 'Fiscal Federalism', Finanz- und/oder Fiskalföderalismus eingebÜfgert. 16 Jedoch werden in der Literatur auch diese Begriffe unterschiedlich verwendet. Einen ersten Einblick gewinnt man aus den Überlegungen von Musgrave, wonach "the heart of fiscal federalism thus lies in the proposition that the policies of the Allocation Branch should be permitted to differ between states, depending on the preferences of their citizens. The objectives of the Distribution and Stabilization Branches, however, require primary responsibility at the central level'0t7. Diese abstrakten, theoretischen Ausfiihrungen haben die klassische, finanzwissenschaftliche Definitorik seit Beginn der 60er Jahre geprägt. Nach 14 Kinsky (1986), S. 33.. 15 ThtJni (1986), S. 32. 16 Vgl. ZimmermannIHenke (1994), S. 174. Die Standardwerke von Oates (1972), (1977a),

(1991) runden die moderne finanzwissenschaftliche Literatur zum (Finanz-)fOderalismusvorläufig ab. Da sich an den Hauptaussagen nichts Wesentliches geändert hat, wird auf eine ausfilhrliche Erörterung der jüngsten Literatur an dieser Stelle venichtet. Einen prägnanten Überblick Ober 'fiscal federalism' vermitteln Oates (1990) und Walsh (1993). 17 Musgrave (1959), S. 18lf. "Federalism means different things to different people, and so do its fiscal implications. No wonder then that there is no distinct theory offiscal federalism. Rather, we deal with a composite oftheories or models, pointed at various facets ofthe problem" (Musgrave (1969), S. 521).

A. Ökonomische Theorie des Föderalismus als Ausgangspwilct

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Oates analysiert der Finanzföderalismus "those issues that arise in the fiscal relationships among public decision-makers at different levels of government"18. Diese einfachere und pragmatisch angelegte Verwendung des Begriffes hat vieles für sich. So verstehen auch Emerson und Denton in ihren EGbezogenen Untersuchungen unter "FinanzfOderalismus" die "economics of multilevel government finance"19 bzw. eine "öffentliche Viel-EbenenFinanzwirtschaft"20. In ihrem für die Europäische Kommission angefertigten Gutachten nimmt eine Expertengruppe bei der Begriffsbestimmung eine Art Synthese der bisher angeftihrten Definitionen vor, indem sie einerseits auf Oates verweist und andererseits im "Finanzföderalismus" die theoretische Basis, für die "economic principles involved in assigning different expenditure and tax/transfer functions to different levels of government"21 sieht.

n. Multiple Theorie des öffentlichen Sektors im weiteren Sinne Im folgenden werden zunächst die Funktionen herausgestellt, die sich in einem dualen Wirtschaftssystem Markt und Staat teilen. Danach werden im Rahmen alternativer Entscheidungsregeln zwei Kostenarten unterschieden, die es bei kollektiver Entscheidungsfindung zu beachten gilt. Anschließend wird die von Musgrave entwickelte multiple Theorie des öffentlichen Haushalts um die vorgenommenen Differenzierungen erweitert. Insgesamt ergeben die Ausführungen ein theoretisches Fragment, das nicht nur ein tragendes Argument für das finanzföderalistische Referenzsystem darstellt, sondern auch zur analytischen Klarheit der ökonomischen Theorie des Finanzausgleichs beiträgt. 1. Verfassungs- und Bereitstellungsfunktion im dualen System

Ein duales Wirtschaftssystem, das aus zwei Komponenten, einem privaten und einem öffentlichen Sektor, besteht, befriedigt die von den Individuen

18 Oates (1990), S. 2. Dabei konzentrieren sich seine Überlegungen nur auf die "vertical structure" des öffentlichen Sektors. Nach der Analytik dieser Untersuchung handelt es sich dabei lediglich um die ordnungspolitische Komponente des Finanzausgleichs. Dazu mehr im 4. Kapitel, Punkt C.II.2. 19 Emerson (1977), S. 129. 20 Denton (1979), S. 11. 21 Kommission (1993b), S. 31. Bei dem Gutachtenhandeh es sich um eine Untersuchung mit dem Titel "Stable money - sound fmances", die die öffentlichen Finanzen der Gemeinschaft im Hinblick auf die WWU analysiert.

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4. Kapitel: Elemente eines fmanzföderalistischen Referenzsystems

verfolgten Ziele arbeitsteilig. 22 Dabei kommt dem öffentlichen Sektor eine Doppelfunktion zu. Er nimmt einerseits eine Verfassungsfunktion und andererseits eine Bereitstellungsfunktion wahr. 23 Die Verfassungsfunktion beinhaltet die Schaffung eines einheitlichen Ordnungsrahmens sowohl für die Aktivitäten des öffentlichen Sektors (Fisci und Parafisci) als auch für die privaten Wirtschaftssubjekte (Unternehmen und Haushalte). Bei der Wahrnehmung der übergeordneten Verfassungsfunktion geht es in Anlehnung an Eucken um den "Kranz ... [der] ... gesamtwirtschaftlichen Daten"24, der ein System von Institutionen darstellt (Property RightsAnsatz25). Sie schaffen erst die Voraussetzungen dafiir, daß im Rahmen der Bereitstellungsfunktion öffentliche Güter produziert, angeboten und konsumiert werden können. Analog zur öffentlichen Bereitstellungsfunktion nutzt auch der private Sektor die ihm durch die Verfassungsfunktion zugewiesenen Institutionen, wie etwa Handlungs- und Verfügungsrechte oder Märkte, um seiner privaten Bereitstellungsfunktion nachzukommen, indem private Güter produziert, getauscht und konsumiert werden. 26 Die Verfassungsfunktion ist eine dynamische Funktion des öffentlichen Sektors, in deren Rahmen auf der Grundlage von zugeteilten Kompetenzen auch neue Regeln geschaffen werden können. Sowohl für die Wahrung und Veränderung der Verfassungs- als auch für die Bereitstellungsfunktion werden Ressourcen benötigt.

22 Vg1. Recktenwald (1980), S. 25f. 23 Die hier verwandten Begriffe (Verfassungs- und Bereitstellungsfunktion) wurden von Biehl

(1983), S. 7S, geprägt und inhaltlich belegt. Der ursprOngliche Ausdruck 'Leistungsfunktion' wurde in einem jQngeren Beitrag sinnvollerweise durch das Wort 'Bereitstellungsfunktion' ersetzt (Biehl (1991b), S. 358). Ähnliche Differenzierung bei BlankartlStoelZer (1991), S. 165. Diese Unterscheidung entspricht inhaltlich dem Vorgehen von Buchanan/Tullock (1962), S. 63ft; die zum einen zwischen der Wahl von Entscheidungs- und Spielregeln und zum anderen von laufenden Entscheidungen unter gegebenen Ralunenbedingungen sprechen. 1m Ralunen der Finanz- und Wirtschaftspolitik. wird im deutschen Schrifttum zwischen ordnungs- und prozeßpolitischen Instrumenten unterschieden. Siehe hierzu die filr den Finanzausgleich relevante Differenzierung in diesem Kapitel. 24 Eucken (1990), S. 378. 2S Dieser Forschungsansatz lAßt sich der Neuen lnstitutionenlehre zuordnen. Die Verteilung von Eigentums-, Handlungs- und Verfilgungsrechten gilt in diesem Kontext als Ralunenbedingung filr ökonomisches Handeln. Der Anreiz, Ressourcen effizient einzusetzen, ist dann filr die Individuen am größten, wenn die Internalisierung positiver und negativer ExternalitAten gelingt. Es geht letzten Endes dabei um die Frage, "wie eine Organisation beschaffen sein muß. damit die Steuerung des sozialen Verhaltens der Menschen im wirtschaftlichen Sinne optimal ist" (M Fischer (1994a). S. 316). 26 Vgl. Biehl (1988a), S. 66f, (l991b). S. 358.

A. Ökonomische Theorie des Föderalismus als Ausgangsp1.U1lct

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2. Ressourcen- und Prtijerenzkosten bei Mehrheitsentscheidung

Den meisten Ansätzen zur ökonomischen Theorie des (Finanz)Föderalismus ist gemein, daß auch außerökonomische Aspekte und politische Entscheidungen in Nutzen-Kosten-Abwägungen gefaßt werden. Zur Vereinfachung der nachfolgenden Überlegungen werden Nutzen als vermeidbare Kosten interpretiert. Damit kann das Optimum auch als Kostenminimum bestimmt werden. Um nun die häufig auftretende Dichotomie zwischen soziologischen, rechtlichen und politischen Abwägungskalkülen einerseits und ökonomischen andererseits zu vermeiden, schlägt Biehl in Anlehnung an Pennock sowie Buchanan und Tullock vor, daß eine Zweiteilung des Kostenbegriffes in Ressourcen- und Prtijerenzkosten vorgenommen wird. 27 Unter Ressourcenkosten sind tangible und quantifizierbare Größen wie Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital) zu verstehen, die bei Wahrnehmung der Verfassungs- und Bereitstellungs- oder Leistungsfunktion transformiert werden und damit :für alternative Verwendungen (Opportunitätskosten) nicht mehr zur Verfügung stehen. Als Beispiele lassen sich :für die Verfassungsfunktion institutionelle Entscheidungskapazitäten (parlament, Regierung, Administration) ebenso nennen wie die Beratungs- und Entscheidungszeit der Bürger, Politiker und Bürokraten. Im Rahmen der Bereitstellungsfunktion geht es um den Ressourcenverzehr, der mit der Erzeugung, Finanzierung und Verteilung öffentlicher Güter und Leistungen verbunden ist. Die Prtijerenzkosten entsprechen den "external costs"28 bei Buchanan und Tullock und der bewerteten "frustration"29 bei Pennock. Letzterer analysierte demokratische Mehrheitsentscheidungen und bezeichnet die unberücksichtigt gebliebenen Präferenzen der überstimmten Minderheit als "Frustrations-

27 Vgl. Biehl (1983), S. 74, (1987b), 53f, (1988a), S. 68f, (1990), S. 138, (1991c), S. 76, (1992), S. 56, (1994), S. 99f. In der Literatur werden ganz lhn1iche PhAnomene oftmals mit unterschiedlichen Begriffen belegt. So bezeichnetAndei (1990), S. 462, eine Produktion, die den Prlferenzen der Bürger entspricht, als struktureffJzient und eine, die zur Minimalkostenkombination erfolgt, als kosteneffJzient. In einer Rezension über BiehVWinter (1990) kritisiert Andel (1993), S. 134, die Biehlsche Begriffswahl (Ressourcen- u. PrAferenzkosten) mit den Worten: "Der Rezensent muß gestehen, daß ihm die vorgeschlagenen Begriffe nicht klar geworden sind ... ". 28 BuchananlIullock (1962), S. 43f und 63f. Zur Verallgemeinerung von Buchanans und Tullocks ökonomischer Verfassungstheorie siehe KirschlT'heiler (1976/1977), S. 35ff. FaberlBreyer (1980), S. 216f, interpretieren das Buchanansche und Tullocksche Konzept der gesellschaftlichen Interdependenzkosten und konfrontieren es mit der RealitAt in der Europäischen Gemeinschaft. Eine knappe Übertragung des Konzeptes auf die europäischen Verhältnisse fllhrt auch Leipold (1994a), S. If, durch. 29 Pennock(1959), S. 147.

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4. Kapitel: Elemente eines fmanzllideralistischen Referenzsystems

kosten" 30, weil durch die Majorisierung die Minderheit in eine Position von "forced riders" 31 gedrängt wird. Unter externen Kosten sind die individuell als belastend empfundenen Auswirkungen, von getroffenen Entscheidungen Dritter auf die eigene Wohlfahrt oder Wertordnung zu verstehen. Bei den Präferenzkosten geht es also, im Gegensatz zu den Ressourcenkosten, um Nutzeneinbußen, wie sie sich beispielsweise bei der Beschränkung demokratischer Partizipation, der Frustration bei Mehrheitsentscheidungen und/oder der Oktroyierung von Wertordnungen im Falle meritorischer Güter nachweisen lassen. Präferenzkosten

Ressourcenkosten

Anzahl der am Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß beteiligten Individuen

gering P-Kurve 0~~------+-----~~=--4~

(Zustimmungserfordemis)

n

Alleinentscheider

repräsentative Demokratie

.direkte Demokratie

Abb. 8: Ressourcen- und Präferenzkosten in Abhängigkeit der Entscheidungsregeln Quell.: In Anlehnung anBI.hI(1991b). S. 361.

Ohne die Frage nach kardinaler oder ordinaler Nutzenmessung vertiefen zu wollen, wird in Abbildung 8 unterstellt, daß sich sowohl Präferenz- als auch Ressourcenkosten in aggregierbaren Einheiten ausdrücken lassen. Dem Grundmodell folgend, sinken die Präferenzkosten (p-Kurve) von links oben nach rechts unten. In einer plebiszitären Situation, die von den demokratischen Mehrheitsregeln (qualifizierte oder einfache Mehrheit) bis hin zum Einstimmigkeitsprinzip reicht, können alle beteiligten Individuen ihre Präfe30 Biehl (1979), S. 114. 31 Stehn (1993b), S. 35.

A. Ökonomische Theorie des Föderalismus als Ausgangspunkt

lO9

renzen in das Entscheidungsverfahren einbringen (direkte Demokratie). Die Präferenzkosten erreichen ihr Minimum, wenn alle Mitglieder einer Gesellschaft an der Abstimmung über das Angebot öffentlicher Güter teilhaben (n = hohe Zahl der beteiligten Entscheider) und als Entscheidungsregel Einstimmigkeit gilt. Dann besitzt jedes Gruppenmitglied ein Vetorecht. Dafiir sind aber die Ressourcenkosten (R-Kurve), wie Kompensationszahlungen, Überredungs- und Überzeugungsanstrengungen sowie sonstige Investitionen in den kollektiven Willenbildungsprozeß hoch. Erfolgt die Entscheidungsfindung über repräsentative Abstimmungsverfahren, so steigen die Präferenzkosteri überproportional an (indirekte Demokratie). Ihr Maximum erreichen sie, wenn gleichzeitig das ressourcenkostenmäßige Minimum erreicht ist (1 = Alleinentscheider)32. In diesem Fall entscheidet nur ein Individuum über das Angebot öffentlicher Güter für das gesamte Kollektiv. Die Informations- und sonstigen demokratischen Entscheidungskosten wachsen überproportional mit zunehmender Anzahl der am Abstimmungsprozeß beteiligten und für eine Zustimmung notwendigen Individuen oder Gruppen. Addiert man nun beide Kostenkurven, so liegt im Regelfall das Kostenminimum zwischen diesen beiden Extrempunkten (U-förmige Gesamtkostenkurve)33. Damit sind auf der einen Seite die diktatorische Einzelentscheidung und auf der anderen Seite die plebiszitäre Partizipation mit Einstimmigkeit suboptimal. 34 Daraus lassen sich nun sowohl die repräsentative Demokratie als auch die Mehrheitswahlregeln als ein Verfassungsrahmen ableiten, der die Gesamtkosten der Willensbildung und Entscheidungsfindung reduziert. 3s

3. Erweiterung der Musgraveschen Begriffstrias Einer dualen Wirtschaftsordnung - wie der Europäischen Union - kommen aus ökonomischer Sicht zunächst drei wesentliche Funktionen zu: eine alloka-

32 In der Literatur wird dieser A1leinentscheider unter dem Paradigma des 'wohlwollenden Diktators' diskutiert. 33 Die Existenz von Randlösungen sei ausgeschlossen. 34 Im Wicksel/schen Sinne wAre nur die Einstirnmigkeitsregel pareto-eftizient Vgl. dazu Recktenwald (1983a), S. 133. 3S Die angestellten Überlegungen gehen von einer gegebenen GrOße des Kollektivs und einem gegebenen Grad an HeterogenitAt der PrAferenzstrukturen aus. Abgesehen von den Extrempunkten (1 und n) sorgt eine größere HeterogenitAt sowohl filr höhere Ressourcen- als auch PrAferenzkosten, weil die Kurven dann steiler verlaufen (ausfilhrlicher dazu Biehl (1990), S. 40f). Vgl. auch Witfmann (1976b), S. 69f, Napp (1994), S. 79. Zur graphischen Herleitung und Interpretation der Kostenkurven bei Bestimmung des optimalen Zustimmungserfordemisses siehe auch B. S. Frey (1981), S. 37f, FreylKirschgllssner (1994), S. 48f.

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4. Kapitel: Elemente eines fmanzfOderalistischen Referenzsystems

tions-, eine distributions- und eine stabilitätsorientierte Aufgabe. Diese in der Finanzwissenschaft hinlänglich akzeptierte Analytik der Musgraveschen Triade36 basiert auf der traditionellen Ressourcenbetrachtung im Rahmen der öffentlichen und privaten Bereitstellungsfunktion. Sie wird nun um die angestellten Überlegungen zur Verfassungsfunktion und zu den Präferenzkosten erweitert: 37 (1) Bisher fallen unter die Allokationsfunktion neben der effizienten und effektiven Aufteilung der vorhandenen Ressourcen in private und staatliche Verwendungen auch die Festlegung von Höhe und Struktur des öffentlichen Güterangebotes. Dabei geht es sowohl um eine markt- als auch staatswirtschaftlich optimale Allokation auf den jeweiligen Faktor- und Gütermärkten (private und öffentliche Bereitstellungsfunktion). Nun können aber auch die Zuteilung von Ressourcen zur Errichtung und Aufrechterhaltung einer organisatorisch-institutionellen Rahmenordnung sowie die Bereitstellung von Handlungs- und Verfügungsrechten (property rights) unter Berücksichtigung alternativer Präferenzordnungen als das Ergebnis eines Allokationsprozesses aufgefaßt werden. Eine ineffiziente Verfassungsfunktion liegt immer dann vor, wenn ohne Abwägung zwischen Ressourcen- und Präferenzkosten Institutionen in zu großer oder zu kleiner Qualität und Quantität bereitgestellt werden. (2) Als Distributionsfunktion wird die Korrektur der ökonomischen Verfügung38 (Einkommen, Vermögen, öffentliche Güter und Leistungen) - in Abhängigkeit von dem, was eine Gesellschaft als 'faire' bzw. 'gerechte' Verteilung ansieht - bezeichnet. Neben der Zuteilung von Verfügungsmacht geht es auch um die Zuteilung von Kompetenzen innerhalb des öffentlichen Sektors, um unter dem distributiven Blickwinkel einen Beitrag zur interpersonalen oder interkollektiven Verteilung zu leisten. Dabei tritt im Bereich der Verfassungsfunktion ein Zielkonflikt mit der Allokation auf. So können Kompetenzen auch mehr nach distributiven als nur nach allokativen Kriterien zugeteilt werden. Dies gilt insbesondere für eine ho36 Vgl. Musgrave/Musgrave/Kullmer (1990), S. Sf. Diese Unterteilung zeichnet sich nicht durch analytische Exaktheit, sondern durch Einfachheit in der Darstellung aus. In der jOngeren Finanzwissenschaft wird die Musgravesche Begriffstrias zunehmend kritisiert, weil sich unter anderem das Zielsystern als unzureichend und Oberlappend erweist. 37 Die Ausfi1hrungen folgen weitgehend einer Argumentationslinie, die von Biehl (1983), S. 7Sf, entwickelt und in zahlreichen Folgebeiträgen aufgegriffen worden ist. Vgl. insbesondere Biehl (1988a), S. 67f, (1994), S. 102f; aber auch BiehVWinter (1990), S. 3Sf. Eine ganz ilhnliche Betrachtungsweise fmdet sich bereits bei Forte (1977), S. 337f. 38 Mehr zum Objekt der (Re)Distribution und Konzept der ökonomischen Verfilgungsmacht bei GrQske (1985), S. 12 f.

A. Okonomische Theorie des Föderalismus als Ausgangspunkt

111

rizontale und vertikale Gewaltenteilung und -kontrolle im Bereich der legislativen, exekutiven und judikativen Aufgaben. (3) Die Stabilisierungsfunktion dient der (und mitunter nur ergänzenden) Glättung von Konjunkturzyklen einzelner Branchen und/oder ganzer Volkswirtschaften. Der Stabilisierungsbegriff kann aber auch auf den Ausgleich politischer Zyklen angewendet werden. Dabei geht es im Rahmen der Verfassungsfunktion um die Zuteilung der Ressourcen in Übereinstimmung mit den individuellen bzw. kollektiv determinierten Präferenzordnungen, damit die Stabilität des Verfassungssystems als Ganzes gesichert bleibt. Somit wird das Stabilisierungsziel nicht nur dann verletzt, wenn vom langfristigen Wachstumspfad abgewichen wird, sondern auch wenn das langfristige Gleichgewicht zwischen zentrifugalen und zentripetalen politischen Kräften verlassen wird. Mit Hilfe der erweiterten Begriffsbestimmung von Allokations-, Distributions- und Stabilisierungsfunktion kann nun die Frage beantwortet werden, wann es im Rahmen der Verfassungs- und Bereitstellungsfunktion zu einer Änderung in der Verteilung von Kompetenzen und Rechten kommt. Durch ordnungspolitische Rahmenbedingungen kann der immanente Zielkonflikt zwischen Allokation und Distribution entschärft werden. 39 Stellt sich in einer Mehrperiodenbetrachtung heraus, daß die unter den getroffenen Rahmenbedingungen sich einstellende personale oder regionale Einkommensverteilung (primärverteilung) den Gerechtigkeitsvorstellungen zuwiderläuft, dann wird im Rahmen der öffentlichen Bereitstellungsfunktion solange durch Umverteilung korrigiert (Sekundärverteilung), wie die gesamtwirtschaftlichen Kosten hierfür niedriger sind als für eine Änderung der Rechts- und/oder Eigentumsordnung im Rahmen der Verfassungsfunktion. Da im allgemeinen davon ausgegangen werden kann, daß der Steuer- und Transfennechanismus solange das kostengüDstigere Instrument darstellt, wie es sich um marginale Korrekturen und/oder nur um einen relativ kleinen Kreis von Begünstigten handelt, läßt sich umgekehrt argumentieren, daß bei großem Korrekturbedarf und zunehmendem Kreis der Betroffenen eine Änderung der Rechts- und Verfassungsordnung die effizientere Lösung sein wird. 4O Überträgt man nun diese Überlegungen auf die interkollektiven (Finanz)Beziehungen der EU-Mitgliedsländer, so läßt sich damit klären, inwieweit eine

39 Vgl.Berthold(1992), S. 598. 40 Vgl. Biehl (1988a), S. 68

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4. Kapitel: Elemente eines fmanzfOderalistischen Referenzsystems

Korrektur der Nettozahler- und Nettoempfangerpositionen der Nationalstaaten über Ausgleichszahlungen und Beitragsrabatte oder durch eine ModifIkation des gesamten EU-Finanzsystems erfolgen SOll.41 Bei der Erörterung von möglichen Alternativen sollten aber immer beide Kostenarten (präferenz- und Ressourcenkosten) beachtet werden. Insbesondere die Präferenzkosten können als ein für alle Gemeinschaftspolitiken unerläßlicher Indikator des gemeinschaftlichen Konsenses interpretiert werden. Bei gegebenen Ressourcenkosten erschweren hohe Präferenzkosten und erleichtern niedrige Präferenzkosten eine europäische KonsensfIndung.

m. Wettbewerb als gemeinsames Organisationsprinzip Weil die ökonomische Theorie den Föderalismus als ein Organisationsprinzip auffaßt, läßt sich ein klassischer Denkansatz anwenden, wonach das Geflecht von gesellschaftlichen, einschließlich politischen und institutionellen Beziehungen auch als das von Marktbeziehungen zu interpretieren ist. 42 So wurde im Rahmen der Europäischen Wirtschaftsordnung die Hobbessche "Homo-homini-Iupus-Gesellschaft"43 durch ein rivalisierendes, aber insgesamt friedliches und kalkulierbares Miteinander der EU-Volkswirtschaften ersetzt. Hinter dieser metaphorischen Umschreibung verbirgt sich das Prinzip des Wettbewerbs. Sowohl bei der Marktwirtschaft als auch beim Föderalismus und der Demokratie handelt es sich um dezentralisierte Organisationssysteme. 44 Alle drei haben als gemeinsames Organisationsprinzip den Wettbewerb. Die Akteure des Marktes sind private Haushalte und Unternehmen; beim Föderalismus handelt es sich um die gebietskörperschaftlichen Ebenen, und in der Demokratie sind es die Wähler und Politiker. Allen Akteuren ist gemein, daß sie sich um die Nutzung knapper volkswirtschaftlicher Ressourcen (z.B. Arbeit, Kapital usw.) bemühen. Indem die Entscheidungskompetenzen bei einer Vielzahl von Individuen und Institutionen oder Organisationen liegen, die dem Primat des methodologischen Individualismus folgen, kann es zur effizienten Allokation der volkswirtschaftlichen Ressourcen kommen. 45 41 Dazu mehr in den folgenden Kapiteln dieser Arbeit. 42 Vgl.M Neumann (1971), S. 494; Theiler(1977), S. 34. 43 Cassel (1988), S. 314.

44 Vgl. R L. Frey (1974), S. 362. 45 Dazu sind nach Frey vor allem drei Punkte des herkömmlichen Marktmodells (vollstAndige Konkurrenz) entscheidend: (1) Marktteilnehmer mOssen Ober die Parameter Menge und Qualiut der OOter infonniert sein und ober den Preis frei entscheiden können. (2) Es dOrfen weder Kartelle noch

A. Ökonomische Theorie des Föderalismus als AusgangspWlkt

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Solange Märkte bestreitbar (contestable market) bleiben, kann die Smithsche Idee einer 'unsichtbaren Hand' für die bestmögliche Versorgung der Individuen mit Gütern und Dienstleistungen sorgen. Diese Überlegungen lassen sich nun sowohl auf die föderale Ausgestaltung eines Gemeinwesens als auch auf die demokratischen Entscheidungsregeln übertragen. In der (reinen) Demokratie konkurrieren Politiker und Parteien um die Gunst der Wähler. Damit besteht ein starker Anreiz für die Parteien, ihre programmatischen Aussagen (z.B. Wahlprograrnme) an den Präferenzen der Bürger auszurichten. Analog ist es im Föderalismus, wo die föderativen Ebenen die Funktion von Produzenten übernehmen und ihre Güter (Infrastruktur, öffentliche Dienste, soziale Sicherheit, Stabilität, qualitatives Wirtschaftswachstum usw.) anbieten. Dabei stehen die Gebietskörperschaften zueinander in einem Konkurrenzverhältnis um Produktionsfaktoren (AIbeit, Kapital). Der Faktor AIbeit wird durch die Wohnbevölkerung und der Faktor Kapital durch die Ansiedlung von Unternehmen repräsentiert. Unter der Annahme von weitestgehender Mobilität der Produktionsfaktoren werden die Gebietskörperschaften sich genötigt sehen, den funktionalen Präferenzstrukturen zu entsprechen. Das führt im Föderalismus zu weniger Verschwendung und zu mehr Effizienz. Da eine Gebietskörperschaft massiven Abwanderungen seiner Wohnbevölkerung ebensowenig tatenlos zusehen kann wie ein Unternehmen steigenden Verlusten oder ein Politiker bzw. eine Partei fortlaufenden Wahlniederlagen, bedarf es entsprechender (Gegen) Maßnahmen, um die Bedürfnisse der Individuen besser zu befriedigen. Wie nun in der Marktwirtschaft durch (um)verteilungspolitische Maßnahmen die Einkommensverteilung sozial verträglich gestaltet werden muß, so bedingt auch der Föderalismus ein (Um)Verteilungsinstrument in Form des Finanzausgleichs. Jedoch weist der Finanzausgleich für die Funktionsflihigkeit des föderativen Systems ganz ähnlich strukturierte Probleme auf, wie sie die soziale Marktwirtschaft zu lösen hat. Im letzteren wird das Verteilungsergebnis des 'Wettbewerbs der Individuen' durch interpersonale (Re-) Distribution verändert und beim ersteren wird dasjenige des 'Wettbewerbs der Gebietskörperschaften' durch intra- bzw. interregionale (Um)Verteilung korrigiert. Damit ist stets die Gefahr verbunden, daß die gewählten Ausgleichsvorkehrungen die Eigeninitiative kontraproduktiv beeinflussen und die marktlichen Anreiz- und Lenkungsfunktionen unter-

Monopole existieren und (3) ExtemalitltenrnOssenOberdenMarktpreisinternalisierbarsein.VgI. R.

L. Frey (1991), S. 3. 8 Walthes

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4. Kapitel: Elemente eines fmanzfMeralistischen Referenzsystems

laufen. Durch wie auch immer begründbare Interventionen dürfen keine Signale gesetzt werden, die die Ressourcen in Raum und Zeit fehlallozieren. 46

B. Das föderative Verbundprinzip als Referenzmaßstab Das erweiterte Verbundprinzip stellt einen ganzheitlichen Referenzmaßstab zur Beurteilung der theoretischen und tatsächlichen Ausgestaltung des europäischen Finanz (ausgleichs)systems dar. Es integriert die relevanten Elemente zu einer in sich geschlossenen Systematik. Dabei werden Begriffiichkeiten gewählt und geprägt, auf die die Analyse im weiteren Verlauf immer wieder zurückgreift. Eine Finanzausgleichskonzeption, die den einzelnen Aspekten des Verbundprinzips genügt, kann zu einer systemimmanenten Steigerung von Effizienz und Effektivität beitragen.

1 Prinzip des ökonomischen und politischen Verbundes nach RecktenwalJ

Das von Recktenwald entwickelte Bezugsmodell des ökonomischen und politischen Verbundprinzips soll als Leitidee für die fbderale Ordnung eines Staatswesens dienen. 47 Ausgehend vom Kerngedanken des marktlichen Wettbewerbs und Tausches kann ein Kollektiv nur dann seine knappen Ressourcen effizient nutzen sowie Lasten und Nutzen gerecht verteilen, wenn Nutzer, Zahler, Entscheider und Anbieter öffentlicher Güter miteinander verbunden sind. Das Verbundprinzip zählt mit seinem axiomatischen Charakter, ebenso wie das Eigeninteresse, zu den zentralen Erklärungs- und Handlungsmaximen der Neuen Politischen Ökonomie. 48 Es basiert sowohl auf der Theorie des öffentlichen Gutes als auch auf der Theorie des Staatsversagens bezüglich des Angebotes, der Nutzung und der Finanzierung öffentlicher Güter und Leistungen und greift über das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz hinaus, weil es neben den rein fiskalischen Bezügen auch weitere ökonomische und politische Effekte (indirekte od~r intangible Implikationen) erfaßt.

46 Dieses alternative FOderalismusverständnis basiert auf Weizst2cker (1987), S. 217fund R. L. Frey (1991), S. If. 47 Vgl. Recktenwald (1983b), S. 2f, (1983a), S. 667f, (1984), 282f, (1989), S. 34f. 48 Vgl. GrQske (1985), S. 266; Leineweber (1988), S. 88. Zur Methodik der Neuen Politischen Ökonomie siehe 8. Kapitel.

B. Das föderative Verbundprinzip als Referenzmaßstab

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In einer Marktwirtschaft ist die Verknüpfung von Nutzer, Zahler, Anbieter und Entscheider jederzeit gegeben. Sie sorgt für eine optimale Allokation der Ressourcen. Am Markt kann keiner ein Gut nutzen, ohne dafür einen Preis zu zahlen. Sowohl Anbieter als auch Nachfrager sorgen ohne den Einfluß Dritter für ein (Markt)Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage. Indem die Marktteilnehmer stets ihren Nettonutzen maximieren, wird bei Produktion und Konsumtion die Einhaltung des Effizienzkriteriums erzwungen. Weil am Markt der personale, räumliche und zeitliche Verbund systemimmanent gelingt, sorgt dieser Marktmechanismus letztlich dafür, daß die Erzeugung, Verteilung und Finanzierung von Gütern und Diensten zu einer optimalen Bedürfnisbefriedigung führt. Wird aber der Verbund aufgelöst, so kommt es nach Recktenwald zu einer "ausbeuterischen Grundhaltung der Menschen gegenüber dem abstrakten Kollektiv" und öffnet dem "Politiker und Bürokraten den Weg, das Selbstinteresse dem Gemeinwohl" voranzustellen. Denn "wer nicht weiß, wieviel er und der Mitmensch für das Kollektiv aufgewendet hat und wer wieviel bekommt und aufweIche Weise, wird beim Geben und Nehmen in ein Dilemma gezwungen ... Er wird möglichst viel aus dem gemeinsamen Topf nehmen und möglichst wenig hineintun"49. Wie der vollkommene und gestufte Verbund sowie die extreme Trennung analytisch funktioniert, zeigt nachfolgende Abbildung 9. 50 Absolute Trennung

Gestufter Verbund auf je einer Ebene

F=O

F= 100% 1,4,6,8 2,3,5,7 gesllichelles Feld

= Verbund von zwei Gruppen = Verbund von drei Gruppen

=vollkommener Verbund

Freifah,e,·Verha~en F = 0, d.h. Nutzer = Entscheide, = Anbiele, = Zahle,

Abb. 9: Das Verbundprinzip Quelle: Reckt.nwald (1984). S. 283.

49

so



Recktenwald(1989), S. 34. Ähnliche Darstellungen bei Grüske (1985), S. 267 und Leineweber (1988), S. 90.

116

4. Kapitel: Elemente eines fmanztMera1istischen Referenzsystems

Eine Orientierung am Prinzip des ökonomischen und politischen Verbundes sorgt - unter annähernd vollständiger Information - bei den beteiligten Akteuren dafiir, daß sie simultan über Nutzen und Lasten öffentlicher Güter und Leistungen entscheiden. Damit sind mehrere Vorteile verbunden, die insbesondere auch für den weiteren Gang der Untersuchung von Bedeutung sein werden. In der Literatur werden hierzu häufig angefiihrt: 51 (1) Bewertung öffentlicher Güter und Leistungen anhand der Opportunitätskosten, (2) allokative Effizienz, (3) Selbstverwaltung und Selbstverantwortung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips, (4) Bürgernähe von Bürokratie und Politik, (5) Eindämmung zentralistischer Tendenzen und (6) Vermeidung von FreifahrerPositionen. Weil der Nutzen öffentlicher Güter und Dienste durchweg eine regionale Streuung aufweist, entstehen aus horizontaler und vertikaler Sicht soviele Gemeinwesen, wie es Streuungsradien gibt. 52 Folglich kommt es zu einem dezentralen Staatsaufbau, der über soviele geographische Einheiten (föderale Ebenen) verfügt, wie die öffentlichen Güter und Leistungen internationalen, nationalen, regionalen und lokalen sowie interregionalen oder meritorischen Charakter haben. 53 Das Verbundprinzip trägt auch den zwischen den föderalen Ebenen auftretenden Externalitäten oder Skalenerträgen Rechnung. Dabei darf nicht nur die fiskalische, sondern muß auch die ökonomische und politische Effizienz Berücksichtigung finden, indem auch intangible Werte wie kulturelle und historische Gegebenheiten in die Abwägung zwischen zentralen und dezentralen Tendenzen einbezogen werden. Da die föderale Ordnung eines Gemeinwesens dazu beitragen soll, daß die der Staatswirtschaft übertragenen Ressourcen effizient genutzt werden, muß es "Aufgabe der raumlichen Gliederung eines Staates" sein, soweit dies ökonomisch und politisch sinnvoll möglich ist, "den Verbund von Nutzer, Zahler und Entscheider regional zu verwirklichen"S4. Nach Grl1ske wird die Tendenz zur Ineffizienz umso größer und der Verbund desto mehr gelockert, je höher die föderale Ebene ist, auf der politisch entschieden und bürokratisch angeboten wird. 55 In einer dezentralen (Staats)Ordnung muß der Grundsatz des Verbundes vor allem den regionalen Verbund beinhalten. Das bedeutet für die regionale Verteilung von Aufgaben, 51 Vgl. Recktenwald (1983a), S. 669 52 Vertikal im Sinne von sovielen Ebenen, wie es Güter mit unterschiedlichen Nutzenradien gibt Horizontal im Sinne von sovielen Einheiten auf einer Ebene, wie es durch die Addition der Nutzendurchmesser bedingt ist. Siehe dazu auch S. Kapitel, Punkt AIlI.4. 53 Zu den verschiedenen Typen von öffentlichen Leistungen sieheR. L. Frey (1977), S. 42f. S4 Wust (1981), S. 6. 55 Vgl. GrlJske (1993), S. 160

B. Das föderative Verbundprinzip als Referenzmaßstab

117

daß die daraus folgenden Ausgaben an die Einnahmen der jeweiligen föderalen Ebene zu koppeln sind. Nur dadurch ist es zu gewährleisten, daß betroffene Bürger, Politiker und Bürokraten über das Angebot öffentlicher Güter und Leistungen effizient entscheiden. Überall dort, wo Nutzer und Entscheider nicht zur Finanzierung herangezogen werden, weil die Mittel von einer vorbzw. nachgeordneten oder gleichberechtigten Ebene zur Verfügung gestellt werden, führt diese Trennung zu einem Ausbau der öffentlichen Kapazitäten und zu einer verschwenderischen Nutzung. Daraus kann sich eine Freifahrerund Anspruchshaltung gegenüber anderen Ebenen entwickeln. Ein solches Fehlverhalten wird durch den Wähler noch forciert, indem er solche Ausgabensteigerungen der Politker mit seiner Stimme honoriert, zu deren Finanzierung er selbst nicht herangezogen wird. 56 Um den regionalen Verbund weiter zu konkretisieren, wird dem Recktenwaldschen Prinzip das föderale Bezugssystem von Biehl gegenübergestellt und aus beiden das föderative Verbundprinzip als Referenzmaßstab abgeleitet.

n

Das föderalistische Bezugssystem nach Biehl

In mehreren Beiträgen hat Biehl den Versuch unternommen, eine "eklektizistische Theorie des Föderalismus"57 zu entwerfen, um sie als Referenzsystem sowohl für die Beurteilung des EG-Finanzsystems als auch für die Entwicklung von Reformen hinsichtlich der gegenwärtigen und künftigen Ziele der europäischen Integration zu nutzen. Darauf aufbauend wird das Bezugssystem als ein grundsätzlicher Ansatz konzipiert, der sich auf einige wenige konstitutive Prinzipien des (finanz)fbderalistischen Referenzsystems konzentriert. Diese werden im folgenden kurz skizziert: 58 (1) Prinzip optimaler Zentralisation und Dezentralisierung: Es geht um eine optimale vertikale Aufgabenteilung zwischen den föderativen Ebenen im Staat. Hierbei stellen das Kongruenzprinzip, d.h. der räumliche Wirkungs-

56 V~.KrQus (1983), s. 260f;Leineweber(1988), S. 92f. 57 Biehl (1988a), S. 64. 58 Siehe unter den zahlreichen BeitrAgen von Biehl folgende Veröffentlichungen: Biehl (1987b), (1990), (1991b), (1991c), (1992), (1994) und BiehVWinter (1990). Die einzelnen Prinzipien werden im weiteren Verlauf der Untersuchung (folgende Kapitel des zweiten Teils) wieder aufgegriffen und umfassend analysiert. In der Literatur fmden sich einige Versuche, die Biehlschen Überlegungen als Erk1Arun~beitrag zu nutzen, doch mißlingt die verknüpfende Anwendung auf spezifische Untersuchun~gegenstlnde. So auch bei Eser (1991), S. 33f, der nach knapper Darstellung der Prinzipien auf eine thematische Umsetzung verzichtet.

118

4. Kapitel: Elemente eines fmanzföderalistischen Referenzsysterns

bereich einer Aufgabe und das Korrespondenzprinzip, wonach in Entscheidungsorganen Nutzer und Zahler vertreten sein müssen, die beiden wesentlichen Kriterien dar.

(2) Prinzip der optimalen Kompetenzausstattung und -differenzierung: Die Symmetrie zwischen Ausgaben und Einnahmen (Konnexittit) einerseits und der institutionellen Kompetenzausstattung andererseits soll sichergestellt werden. Dabei müssen Voll- oder Teilkompetenzen den unterschiedlichen Ebenen zugeteilt werden. (3) Multifunktionales Club-Prinzip und Fusionsprinzip: Für jedes öffentliche Gut gibt es genau eine bereitstellende Organisation (monofunktionaler Club). Entsprechend der individuellen Präferenzstruktur wird ein Individuum Club-Mitglied zum Zwecke des Konsums. Haben nun mehrere monofunktionale Clubs den gleichen räumlichen Nutzenradius, so können sie fusioniert werden. Es entsteht ein multifunktionaler Club, m.a.W. eine Gebietskörperschaft. (4) SubsidiariUitsprinzip: Handlungsprinzip im Föderalismus, wonach im Konfliktfall die Präferenzkosten mitunter stärker zu gewichten sind als die Ressourcenkosten. Damit verbleiben Kompetenzen auf einer niedrigeren Ebene oder werden dorthin zurück transferiert. (5) Prinzip der gerechten Lastenverteilung: Verteilung der Nutzen und Lasten aus öffentlichen Gütern und Leistungen nach dem Äquivalenz- oder Leistungsflihigkeitsprinzip. Die für Individuen angestellten Überlegungen der horizontalen und vertikalen Gerechtigkeit können auf Körperschaften, Regionen oder Staaten übertragen werden (personale bzw. regionale Lastenverteilung ). (6) Prinzip des Finanzausgleichs: Es umfaßt alle finanzausgleichsrelevanten Regelungen des Referenzsystems. Die Überlegungen zum Finanzausgleich tangieren praktisch alle vorangegangenen Prinzipien. S9 Das Prinzip des optimalen Zentralitätsgrades ist eng verknüpft mit der Frage nach einer adäquaten Kompetenzzuweisung. Zu berücksichtigen ist hierbei, daß jede fiiderale Ebene über ein eigenes institutionelles System zur Aufgabenbewältigung verfügt, das auch Ressourcen bindet. Bei jeder Aufteilung einer Vollkompetenz in mehrere Teilkompetenzen und bei Zuweisung dieser auf verschiedene Gebietskörperschaften entsteht eine Art Kompetenzverbund, der einen Zwang zur Kooperation beinhaltet. Dies entspricht einer Spielform S9 Deshalb erfolgt in diesem Kapitel unter Punkt C eine inhaltliche Vertiefung des Finanzausgleichs.

B. Das tMerative Verbundprinzip als Referenzmaßstab

119

des 'kooperativen Föderalismus'. Im Gegensatz dazu stellt die Zuteilung einer Vollkompetenz einen Fall des 'kompetitiven Föderalismus' dar. Durch die Beachtung des Korrespondenzprinzips, der Verknüpfung mit dem Kongruenzprinzip sowie der Konnexität und der Bildung von Clubs ergibt sich ein über die fiskalische Äquivalenz hinausgehendes raum- und gruppenbezogenes Äquivalenzprinzip, was dem Recktenwaldschen Verbundprinzip sehr nahe kommt. Warum die postulierten Prinzipien sich letztlich auch am Finanzausgleichsprinzip orientieren, hat vor allem zwei Gründe: Zum einen determinieren festgelegte Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverteilungen die in einem föderativen System erforderlichen Finanzströme; zum anderen müssen gerade diese in Grenzen gehalten werden, um einer minimalen Ressourcen- und Präferenzkostenkombination zu entsprechen.

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Das erweiterte Verbundprinzip in seiner föderalen Ausprigung

Abbildung 10 fiihrt die Konzepte von Recktenwald und Biehl in einer Synthese zusammen und veranschaulicht das erweiterte Verbundprinzip in seiner föderalen Ausprägung.

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Finanzausgleich

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Kompe1llnzdlllerenzleNng

RIII1I- und gNppenbezogene AqulYalenz

Abb. 10: Das erweiterte Verbundprinzip in seiner föderalen Ausprägung

120

4. Kapitel: Elemente eines fmanzföderalistischen Referenzsystems

Dem theoretischen Konzept des ökonomischen und politischen Verbundes zufolge wird die Implementierung eines vertikalen und/oder horizontalen Finanzausgleichs, der die Gesamtheit aller Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahrnenverteilungen regelt, auch davon abhängen, inwieweit ein Abweichen vom Verbundprinzip politisch gewollt, technisch erforderlich und ökonomisch tragbar ist. 60 Dabei bedarf es vor allem allokativer und distributiver Kalküle, die gegeneinander abgewogen werden müssen. Mit der Integration des Verbundprinzips in das skizzierte :R>derale Bezugssystem ist ein umfassender Referenzmaßstab gefunden, der nicht eine maximale, sondern "eine optimale Föderalisierung in Abhängigkeit von Raum und Zeit"61 erlaubt.

c. Ökonomische Theorie des Finanzausgleichs als Argumentationsrahmen Die einzelnen Prinzipien des :R>derativen Verbundprinzips lassen sich auch ohne weiteres in die ökonomische Theorie des Finanzausgleichs einordnen. Dadurch werden die Elemente des Föderalismus und der multiplen Theorie des öffentlichen Sektors zu einem in sich geschlossenen Argumentationsrahmen verknüpft. Zunächst wird der Begriff "Finanzausgleich" geklärt. Dabei wird deutlich, daß er weit über die bisher nur implizit zugrundegelegte Definition hinausgeht. Danach zeigen die einzelnen Analyseebenen des Finanzausgleichs verschiedene Dimensionen auf. In seiner europäischen Dimension muß er erst noch umfassend diskutiert werden. Mit Hilfe von zwei Vademekums werden die Inhalte des Europäischen Finanzausgleichs im Überblick gezeigt, ohne dabei auf die einzelnen Unterpunkte einzugehen. Dies bleibt den anschließenden drei Kapiteln vorbehalten.

L Inhalt und Terminologie des Finanzausgleichs

Der Begriff Finanzausgleich wurde erstmalig gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts ror die finanzwirtschaftlichen Beziehungen der Gebietskörperschaften im schweizerischen Bundesstaat verwandt. 62 Von Anfang· an wurde

60 vgl. Recktenwald (1984), S. 284. Siehe hierzu die weiteren Ausfllhrungen in den Kapiteln 5 bis 7. 61 Biehl (1987b), S. 56. 62 Vgl.Bickel(1956), S. 731.

C. Ökonomische Theorie des Finanzausgleichs

121

der Begriff Finanzausgleich auf recht unterschiedliche Untersuchungsgegenstände bezogen. So wurden nicht nur finanzielle Beziehungen zwischen den gebietskörperschaftlichen Ebenen eines nationalen Staates, sondern auch staatswirtschaftliche Probleme, wie das Verhältnis der Kolonialmächte zu ihren Dominien, darunter subsumiert. 63 Durch die Arbeiten von Popitz bürgerte sich der Begriff 'Finanzausgleich' in der deutschsprachigen Finanzwissenschaft ein. In seinem Beitrag zum Handbuch der Finanzwissenschaft definiert Popitz den Finanzausgleich als "die Gesamtheit der Tatbestände und Regelungen, die die finanziellen Beziehungen unter den in einem Einheitsstaat oder einer Staatenverbindung vorhandenen Gebietskörperschaften zum Inhalt haben"64. Eine ähnliche Definition stammt von Keller. Demnach OOlt unter die Bezeichnung Finanzausgleich ''jede Regelung der finanziellen Beziehungen zwischen mehreren Gemeinwesen"65. Das deutsche Wort "Finanzausgleich" greift für weite Auslegungen und Anwendungsgebiete indessen zu kurz. Denn die unreflektierte Interpretation legt nahe, daß es lediglich um eine ausgleichende Verteilung öffentlicher Einnahmen auf (bundes)staatlicher Ebene gehe. Auch ist das Wort "Ausgleich" insofern unglücklich gewählt, als es suggeriert, es handle sich nur um einen Ausgleich bereits anderweitig festgelegter Größen. Dagegen treffen die in der anglo-amerikanischen Literatur gebräuchliche Bezeichnung 'intergovernmental fiscal relations' und das im frankophonen Schrifttum benutzte 'partage des competences' den eigentlichen Untersuchungsgegenstand des Finanzausgleichs etwas genauer. 66 Jedoch ist anzumerken, daß die englische Umschreibung noch eng auf die finanzielle Sphäre abstellt, während die französische Formulierung auf die Kompetenzen, d.h. die Aufgabenverteilung, abzielt und damit viel weiter greift. In praktisch allen neueren Standardwerken der Finanzwissenschaft findet sich eine Abgrenzung, die nahezu alle möglichen Anwendungsgebiete umfaßt. 67 Sie basiert auf der Definition von Wilfmann, der unter Finanzausgleich "die Aufteilung der öffentlichen Aufgaben auf die verschiedenen Gebietskörperschaften und die Regelung der finanziellen Beziehungen ... zwischen ihnen 63 vgl. Popitz (1926), S. 1018. 64 Popitz (1927), S. 343. 65 Keller (1961), S. 542. 66 Vgl. dazu U.a. die Beitrlge von Bickel (1956), S. 733; Pagenkop[(1981), S. 301; Zimmermann

(1983), S. 4f. 67 Unter vielen Andel (1990), S. 462; ZimmermannIHenke (1994), S. 173. Einen ausgezeichneten Überblick über die zahlreichen Nuancen der deutschsprachigen Deftnitionen des Finanzausgleichs liefert Kraff( 1995).

122

4. Kapitel: Elemente eines fmanzfMera1istischen Referenzsystems

[versteht]. Der Finanzausgleich umfaßt somit die Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverteilung zwischen öffentlichen Körperschaften" 68 . Im folgenden wird diese breit angelegten Definition des Finanzausgleichs zugrundegelegt, weil sie - wie die weiteren Ausführungen deutlich zeigen werden - im Rahmen der europäischen Integration den größten Erklärungsbeitrag liefert. Um terminologische Klarheit zu schaffen. wird nunmehr der Wesensgehalt des Begriffes Finanzausgleich konkretisiert: 69 (I) Unter den Finanzausgleich im weiteren Sinn fallen praktisch alle finanzausgleichsrelevanten Problemstellungen. Dies gilt insbesondere für die beiden Fragekomplexe Aufgaben- und Ausgabenverteilung einerseits und Einnahmenzuteilung anderseits. (2) Werden öffentliche Aufgaben definiert und diversen Aufgabenträgern zugewiesen, so handelt es sich um eine Problemstellung, die im Rahmen des passiven Finanzausgleichs zu lösen ist. (3) Wird dagegen die Verteilung der Einnahmen determiniert, gehört die Fragestellung in den Bereich des aktiven Finanzausgleichs. (4) Sowohl der passive als auch der aktive Finanzausgleich können aus Gründen der Analytik jeweils in einen primtiren und sekundtiren Finanzausgleich unterteilt werden. (5) Die Thematik der Zuteilung möglicher Einnahmenarten auf Gebietskörperschaften wird auch unter dem Begriff Finanzausgleich im engeren Sinn subsumiert. Insofern sind die Termini primtirer aktiver Finanzausgleich und Finanzausgleich i.e.S. als Synonyme verwendbar. (6) Werden ausschließlich die 'ausgleichenden' Finanzströme zwischen den verschiedenen Gebietskörperschaften eines Gemeinwesens betrachtet, die auf der Korrektur von Divergenzen zwischen zugewiesenen Aufgaben. Ausgaben und Einnahmen beruhen. so läßt sich diese Problematik dem sekundtiren aktiven Finanzausgleich zuordnen. Dieser Aspekt wird auch als Finanzausgleich im engsten Sinn bezeichnet.

68 Wlttmann (1976a), S. 111. 69 Siehe auch Abb. 11 und 12 in diesem Kapitel. Die Bezeichnungen 'im weiteren Sinn', 'im engeren' und 'im engsten Sinn' entsprechen der in der Literatur gebrluchlichen Schreibweise (so z.B. bei Peffekoven (1988), S. 608). Es bleibt jedoch kritisch anzumerlc.en, daß sich diese Fonnulierungen nicht unmittelbar auf die Steigerungsfonnen 'weit, weiter, arn weitesten' und 'eng. enger, arn engsten' zurilckfIlhren lassen, sondern in der o.g. Fonn von allen Autoren unreflektiert als etablierte Fachausdrücke genutzt werden. hn Gegensatz zu dieser SystematiIc: spricht Keller (1961), S. 5431; vom Finanzausgleich des ersten, zweiten und dritten Grades, was aber inhahlich in etwa mit den obigen Abgrenzungen Qbereinstimmt.

C. Ökonomische Theorie des Finanzausgleichs

123

Diese Unterscheidungen erweisen sich für den Fortgang der Arbeit als wesentlich, weil darauf die analytische Trennung der nachfolgenden drei Kapitel beruht. Die Übertragung dieser Differenzierung auf den europäischen Untersuchungsgegenstand stellt einen neuen Ansatz dar, der durch die Verknüpfung von Finanzausgleichstheorie und -praxis auch originäre Inhalte bekommt.

n. Analyseebenen des Finanzausgleichs Die Terminologie des Finanzausgleichs kann sowohl auf nationale, internationale als auch europäische Untersuchungsgegenstände angewandt werden. Grundsätzlich lassen sich die finanzausgleichsrelevanten Beziehungen zwischen Nationalstaaten mit den Adjektiven international, zwischen-, überstaatlich und supranational hinreichend charakterisieren und differenzieren. Um jedoch der Bedeutung der europäischen Integration und des themenspezifi·· schen Untersuchungsgegenstandes gerecht zu werden, bedarf es einiger be. grifilicher Klarstellungen und systematischer Einordnungen. Im Ergeb.li. entsteht ein Vademekum für den zweiten Teil der Analyse, das das weJi:er~ Vorgehen transparent macht.

1. Nationaler und internationaler Finanzausgleich Die Regelungen des Finanzausgleichs beziehen sich üblicherweise auf die (Finanz)-Beziehungen verschiedener Gebietskörperschaften einer Volkswirtschaft (nationaler Finanzausgleich). Die Analytik der Aufgaben- und Begriffsbestimmungen des nationalen Finanzausgleichs lassen sich auch auf die (Finanz)beziehungen mehrerer Volkswirtschaften übertragen, weil sich vergleichbare Probleme und Fragen stellen. 70 Obwohl der nationalstaatliche Finanzausgleich als Untersuchungsobjekt analytischer Forschungen in umfassender Art und Weise aufgearbeitet ist, 71 fehlt es dem Forschungsfeld der internationalen Dimension des Finanzausgleichs noch an klaren Umrissen. In der Literatur wird der internationale Finanzausgleich zumeist als Überordnungsbegriff zum zwischenstaatlichen und überstaatlichen Finanzausgleich gesehen. 70 Vgl. RedingIPostlep (1978), S. 171. 71 Siehe dazu beispielsweise filr die Bundesrepublik Deutschland Albers (1961), Biehl (1983), Ehrlicher (1988), FuestILichtblau (1991) und Wegner (1992) mit einem Simulationsmodell von Gottfried/Wiegard (1992).

124

4. Kapitel: Elemente eines fmanzföderalistischen Referenzsystems

Keller spricht dann vom zwischenstaatlichen Finanzausgleich, "wenn souveräne Staaten Maßnahmen zur Abgrenzung ihrer Finanzhoheit und zur Ordnung der gegenseitigen finanziellen Beziehungen treffen"72. Peffikoven bezeichnet das Übertragen nationaler Souveränitätsrechte auf überstaatliche Finanzhoheiten als supranationalen Finanzausgleich. Dabei stehen die Beziehungen der einzelnen Staaten zu den von ihnen gemeinsam institutionalisierten Organen im Mittelpunkt dieser Finanzausgleichsfrage. 73

Eine Begriffsbestimmung, die diejenigen staatswirtschaftlichen Beziehungen berücksichtigt, die über die nationalstaatliche Sphäre hinausgehen, liefert Caesar. So ist für ihn der internationale Finanzausgleich "die Gesamtheit der Maßnahmen, die souveräne Staaten und/oder öffentliche zwischenstaatliche oder überstaatliche Organisationen zur Abgrenzung ihrer Finanzhoheit, zur Regelung der gegenseitigen finanziellen Beziehungen im Bereich der öffentlichen Finanzwirtschaften, zur Verteilung über den eigenstaatlichen Bereich hinausgehender Aufgaben und der daraus resultierenden finanziellen Lasten auf freiwilliger Grundlage treffen, sowie alle Tatbestände, die sich aus diesen Maßnahmen ergeben"74. Einer engeren Sichtweise bedient sich Biehl, der unter dem Begriff internationaler Finanzausgleich die Gesamtheit der Tatbestände und Regelungen versteht, "welche über die internationale Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmeverteilung die internationale Einkommensverteilung beeinflussen"75. Dabei unterscheidet er in Anlehnung an Keller je nach Intensität der Ausgleichswirkung drei Varianten des internationalen Finanzausgleichs: (1) Finanzausgleich ohne explizite Ausgleichsorientierung, (2) Finanzausgleich mit partieller Ausgleichsorientierung und (3) Finanzausgleich mit integrierter Ausgleichsorientierung. Bereits diese kurze Darstellung macht deutlich, daß es eine Vielzahl von möglichen Abgrenzungen gibt, deren Inhalte keineswegs problemlos übernommen werden können. Vielmehr muß der Europäische Finanzausgleich viel differenzierter und als eigenständiger Untersuchungsgegenstand gesehen werden. Deshalb wird er nicht dem internationalen Finanzausgleich untergeordnet, sondern als eigenständiges Konzept den o.g. Abgrenzungen zur Seite gestellt.

72

Keller (1961), s. S46. 73 Peffekoven (1988), S. 609. 74 Caesar (1980), S. 30. 7S Biehl (1988b), S. 692.

c. Ökonomische Theorie des Finanzausgleichs

125

2. Europtiischer Finanzausgleich

Als illustratives Beispiel :für einen zwischenstaatlichen Finanzausgleich

führt Keller die Schlüsselung der nationalen (Mitglieds-)Beiträge:für die EWG an. In diesem Zusammenhang wollte er bereits 1961 nicht ausschließen, "daß

es vor allem im Raume der EWG in absehbarer Zeit zu weitergehenden Maßnahmen im Sinne eines Finanzausgleichs ... kommen könnte, nämlich zu Ausgleichsleistungen von Staat zu Staat zwecks Verminderung der Unterschiede in der Finanzkraft"76. Als ein Beispiel :für einen multilateralen inter.:. nationalen Finanzausgleich mit sowohl impliziten als auch expliziten Komponenten nennt Biehl die europäische Integration. Sie zeigt eine Entwicklung auf, die von der einfachen Beitragsfinanzierung bis hin zur supranationalen Besteuerung reicht. Über ihr Budgetvolumen beeinflußt sie die Ausgaben- und Aufgabenverteilung der ihr angehörenden Gebietskörperschaften. 77 Beim Transfer der Methodik des Finanzausgleichs von einem bekannten zu einem neuen Anwendungsgebiet, wie von der nationalen über die internationale auf die europäische Ebene, bedarf es dennoch einiger Modifikationen. Prinzipiell lassen sich unter den Terminus Europtiischer Finanzausgleich praktisch alle bisherigen definitorischen Abgrenzungen subsumieren und auf die Europäische Union übertragen. So basiert die Argumentation auf den in der Finanzwissenschaft üblichen Begriffen, wie sie auch :für den nationalen Finanzausgleich in entwickelten Föderationen Verwendung finden. Dabei liefert die ökonomische Theorie des Finanzausgleichs eine geeignete Methodik, mit deren Hilfe die Weiterentwicklung des Finanzsystems der EG zur EU "sui generis"78 (d.h. bestehend aus einer Mischung von föderalen und konföderalen Elementen) aufgezeigt werden kann. Insofern löst sich das weitere Vorgehen von den einschlägigen Monographien,79 die entweder den nationalen oder internationalen Finanzausgleich ohne weiterführende inhaltliche wie begrifiliche Systematik auf die Phänome der 76 Keller (1961), S. S46. 77 vgl. Biehl (1988b), S. 704. Weitere Beispiele sind je nach Vorbandensein bzw. IntensitAt der Ausgleichsorientierung: (1) die ZahlungsstrOme zwischen souverlnen Staaten aufgrund von Vertrlgen über Zoll- oder Wirtschaftsunionen wie im Rahmen der Nafta, des EWR, der OAU, etc. (ausfllhrlicher zu den zahlreichen Wirtschaftsrlumen, -gemeinschaften, -bündnissen, HandeisblOcken und Freihandelszonen siehe FAZ (1993b), S. 17); (2) die Beit:rag$zahlungen an internationale Organisationen wie IWF, NATO, UNO etc. (vgl. Peffekoven (1984), S. 31Sff) oder (3) internationale Besteuerungsprinzipien zur Vermeidung von Doppelbesteuerung (vgJ. Petersen (1988), S. 137f). 78 Denton (1979), S. 12. 79 VgJ. hierzu u.a. die Dissertationen von Milow (1968); Kotte (1980); Hackenbroch (1983); Bock (1985); Seidel (1992).

126

4. Kapitel: Elemente eines fmanzföderalistischen Referenzsystems

europäischen Integration anwenden. Ein solcher ~tz greift indes für die hier durchzuführende Untersuchung zu kurz, weil sonst die Konzeption des Finanzausgleichs in den Hintergrund und die Deskription des institutionellen Finanzgebahrens der EG in den Vordergrund tritt. Die theoretische Deduktion eines Europäischen Finanzausgleichs aus den tradierten Elementen der ökonomischen Theorie des Finanzausgleichs eröffnet vielmehr die Chance eines originären Lösungsschemas, in dem die fortschreitende Europäisierung hinreichend Berücksichtigung findet. Die Abbildungen 11 und 12 veranschaulichen synoptisch die verschiedene Arten des Europäischen Finanzausgleichs. Im folgenden werden nur diejenigen Begriffe in den Abbildungen angesprochen, auf die bereits kurz eingegangen worden ist. Dabei handelt es sich jeweils um die Überordnungspunkte. Die untergeordneten Begriffe und Zusammenhänge werden erst in den nächsten Kapiteln vertieft. Möglichen Interdependenzen wird insofern schon Rechnung getragen, als mit Hilfe von durchgezogenen Linien klare Zuordnungen erkennbar werden und durch gestrichelte Linien Korrekturen über den Finanzausgleich im engsten Sinn erfolgen. In Abbildung 11 führen die Kästchen mit den Nurmmern 1 bis 3 unmitelbar zur Abbildung 12 und das Kästchen Nummer 4 führt von Abbildung 12 zurück zu Abbildung 11. Beide Abbildungen bilden zusammen einen interdependenten Kreislauf des Finanzausgleichs. Im Mittelpunkt der ordnungspolitischen Betrachtung stehen die Rahmenbedingungen des Finanzausgleichs (Verfassungsfunktion), innerhalb derer das Ausgleichsverfahren nach bestimmten Regeln im einzelnen abläuft. Ein solches Ordnungssystem kann spontan entstanden, historisch gewachsen oder administrativ gesetzt sein. Zu den Gestaltungsbereichen der Ordnungspolitik gehören die Staats- und Wirtschaftsordnung. 8o Je nach Ausprägung der einzelnen Ordnungselemente lassen sich verschiedene realtypische Wirtschaftssysteme unterscheiden, die systemspezifisch ihre Allokations- und Distributionsfunktionen erfüllen. Wie die vorangegangenen Ausführungen gezeigt haben, folgt die EU-Wirtschaftsordnung dem Leitbild einer Sozialen Marktwirtschaft, die beide Aspekte, Wettbewerb und Ausgleich, beinhaltet.

80 Unter die Gestaltungsbereiche der Staatsordnungspolitik. fallen Aspekte wie Staatsverfassung. Regierungssystem, supranationale Institutionen, Einflußtrlger, organisierte Interessen, etc.; zu dem Bereich der Wirtschaftsordnungspolitik zählen Markt-, Finanz-, Geld-, Außenwirtschafts-, Planungsund Koordinationsverfassung. usw. Dazu mehr bei Cassel (1988), S. 314 f.

C. Ökonomische Theorie des Finanzausgleichs

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Europäischer Finanzausgleich im weiteren Sinn

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127

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Aktiver Finanzausgleich Einnahmenzuteilung

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AufgabentrAger

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Zuordnung der StabIlisierungafunktion

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OtIenlliche Einnahmenarten

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Zuteilung der Einnahmen auf Clfentliche Aufgabentrtger

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Finanzausgleich im engeren Sinn

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Sekundlrer passiver Finanzausgleich

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Entscheidung&ko~enz

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Korrekturbedarf

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Abb. 11: Vademekum zwn Europäischen Finanzausgleich im weiteren Sinn QueUe: Eigene Dm1eUung

Im Rahmen der Verfassungsfunktion umfaßt der Europtiische Finanzausgleich im weiteren Sinn den passiven und aktiven Finanzausgleich. 81 Im Zuge 81 hn Gegensatz zur fmanzwissenschaftlichen Lehrbuchliteratur (z.B. Pagenkopf(1981), Peffekoven (1988), ZimmermannIHenke (1994» wird ganz bewußt der passive und aktive Finanzausgleich i. w.S. nicht als ein Problem des vertikalen Finanzausgleichs, sondern als ein ordungspolitisches Aufga-

128

4. Kapitel: Elemente eines fmanzföderalistischen Referenzsystems

der ordnungspolitischen Konzeption des Europäischen Finanzausgleichs findet neben der Aufgaben- und Ausgabenzuteilung (passiver Finanzausgleich) auch die Zuteilung der Einnahmen (aktiver Finanzausgleich), die der Aufgabenund Ausgabenfestlegung folgt, statt. Unter Prozeßpolitik versteht man die Steuerung der Abläufe im Wirtschaftsprozeß. Sie fällt unter die Bereitstellungsfunktion des öffentlichen Sektors. Diese Art der prozeßpolitischen Einflußnahme erfolgt innerhalb des ordnungspolitischen Datenkranzes und konzentriert sich auf Steuerungsbereiche wie Produktion und Beschäftigung, Einkommensverteilung, Wirtschaftsstruktur, USW. 82 r···_·····__····__·_····__ ····_·_····-1 j ordnung,polltlsch,r 1 :

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Abb. 12: Vademekwn zwn Europäischen Finanzausgleich im engsten Sinn QueUe: Eigene Dalstellwlg.

Im Europäischen Finanzausgleich wirkt die ablaufpolitische Komponente über den sekundären aktiven Finanzausgleich (siehe Abb. 12) und signalisiert benfeld gesehen, das im Rahmen der Verfassungsfunktion zu bearbeiten ist. Vertikal bezieht sich auf die Analyse verschiedener Ebenen eines Staates; horizontal betrachtet die Gebietskörperschaften einer Ebene. 82 Ausfilhlicher bei Cassel (1988), S. 315.

c. Ökonomische Theorie des Finanzausgleichs

129

mitunter ordnungspolitischen Korrekturbedarf an die Verfassungsfunktion (Abb. 11). Über den Finanzausgleich im engsten Sinn lassen sich mit Hilfe von Zuweisungen in der jeweils laufenden Wirtschaftsperiode Korrekturen an der Einnahmenverteilung vornehmen. Zur besseren Unterscheidung der Finanzströme differenziert die Analyse vertikale und horizontale Komponenten. Wie bereits erwähnt, bezieht sich das Adjektiv horizontal auf gleichrangige und vertikal auf vor- oder nachrangige Gebietskörperschaften. Steigt der monetäre Umfang der Zahlungsströme, so signalisiert dies ordnungspolitischen Korrekturbedarf, der zurück an den Ausgangspunkt, d.h. zum passiven und/oder aktiven Finanzausgleich, fUhrt. Diese Verbindung steht fiir die erwähnte Einbettung der Prozeßpolitik in den jeweiligen Ordnungsrahmen. Es ist jedoch anzumerken, daß sich im Rahmen der Verfassungs- und Bereitstellungsfunktion zwar ordnungs- und prozeßpolitische Komponenten des Finanzausgleichs adäquat definieren und begriffiich sauber voneinander trennen lassen, doch sind sie in der wirtschafts- und finanzpolitischen Praxis kaum einwandfrei zu unterscheiden. In den folgenden Kapiteln geht die kritische Analyse der aufgezeigten Aspekte intensiv und umfassend auf die schematischen Beziehungen zwischen den einzelnen Formen des Finanzausgleichs und ihre konkreten Wirkungen fiir das Europäische Finanzausgleichsverfahren ein.

9 Walthes

130

5. Kapitel: Passiver Finanzausgleich

5. Kapitel

Aufgaben- und Ausgabenzuteilung im passiven Finanzausgleich Der passive Finanzausgleich kann in einen primären und einen sekundären Teil gegliedert werden. Diese Art der Unterscheidung ist für den passiven Finanzausgleich in der Literatur kaum anzutreffen. l Sie erlaubt aber ein besseres Verständnis für die Logik des Finanzausgleichs im ganzen und ermöglicht insbesondere eine systematische Einordnung der theoretischen Begründungen für die Aufgabenzuteilungen in einem europäischen Staatswesen. Im Rahmen des primären passiven Finanzausgleichs wird bestimmt, was öffentliche Aufgaben sind und von welchem Aufgabenträger sie wahrgenommen werden. Insbesondere zu letzterem leistet das Subsidiaritätsprinzip einen Erklärungsbeitrag. Im Zuge des sekundären passiven Finanzausgleichs wird die ermittelte Aufgabenzuordnung unter der Distributions- und Stabilisierungsfunktion gegebenenfalls modifiziert. Da die einzelnen Teilbereiche des passiven Finanzausgleichs nicht unverbunden nebeneinander, sondern in einem interdependenten Zusammenhang stehen, wäre eine simultane Betrachtung wünschenswert. Jedoch ist wegen der zahlreichen zu berücksichtigenden Faktoren sowie der sich ergebenden Rückkoppelungs- und Interaktionsprozesse ein solches Vorgehen im Zuge einer verbalen Erörterung kaum durchfiihrbar. Deshalb werden die Teilbereiche des passiven Finanzausgleichs in der folgenden Analyse sequentiell aufgearbeitet.

A. Allokationsfunktion des primären passiven Finanzausgleichs Die erste Entscheidung im Rahmen des primären passiven Finanzausgleichs regelt die Frage, welche Aufgaben durch die öffentliche Hand wahrgenommen werden sollen (Theorie des Marktversagens). Damit wird zugleich festgelegt. welche Aufgaben im privaten Sektor verbleiben. Hierbei handelt es sich um ein klassisches Allokationsproblem, das sowohl Umfang (Niveau) als auch Zusammensetzung (Struktur) öffentlicher Aufgaben und ihre Erfüllung tangiert (Theorie des optimalen Budgets). Eine Ausnahme bilden die Arbeiten von Kops (1984a), (1989), HansmeyerlKops (1984), (1985) und Lenk (1993a). Dort wird aber anstelle der hier verwandten Begriffspaare ('primAr' und 'sekundAr') die Unterteilung des passiven Finanzausgleichs in einen "originlren" und einen "erglinzcnden" Teil zugrundegelegt. Im folgenden werden auch die sekundlren Aspekte des Finanzausgleichs aus themenspezifischen Gründen mit anderen Inhalten belegt. Zur besseren Übersicht siehe das Vademekum von Abb. 11.

A. Allokationsfunktion des primären passiven Finanzausgleichs

131

Der zweite Schritt löst das Problem des optimalen Staatsaufbaus. Hierbei werden anband regionaler und funktionaler Kriterien diejenigen öffentlichen Aufgabenträger ennittelt, die eine möglichst effiziente und effektive Erfüllung öffentlicher Aufgaben gewährleisten können (Theorie des Föderalismus). In einem dritten Aspekt werden klare Zuständigkeiten geschaffen. Den ennittelten Aufgabenträgern werden einzelne Kompetenzen zugewiesen. Bei mehrstufigen und aufeinander abzustimmenden Aufgabenträgern geht es um Aspekte der horizontalen und vertikalen Kooperation sowie um das Spannungsverhältnis zwischen einem zentralen und! oder dezentralen Staatsaufbau.

L Festlegung öffentlicher Aufgaben

Um sich der Problematik der Festlegung und Abgrenzung öffentlicher Aufgaben zu nähern, sollte man von konkreten, historisch gewachsenen Formen abstrahieren und sich von der Fiktion eines neu einzurichtenden Staatswesens leiten lassen. 2 Demnach ist darüber zu entscheiden, welche Aufgaben in quantitativer, qualitativer und struktureller Hinsicht vom privaten und öffentlichen Sektor arbeitsteilig wahrgenommen werden sollen. Die Entscheidung muß unter Berücksichtigung der Präferenzstrukturen der betroffenen Individuen erfolgen. Dabei ist jedoch zu beachten, daß eine Wahrnehmung von Aufgaben durch den öffentlichen Sektor immer zu einem Ressourcenentzug im privaten Sektor führt.

1. Marktversagen als Begrlindungfllr Staatshandeln Mit Marktversagen bzw. mit Marktmängeln wird in der Literatur das staatliche Eingreifen in die marktliche Allokation begründet. 3 Der Ausdruck Marktversagen ist indes ungenau, weil nicht der Markt versagt, sondern er vielmehr aufgrund technischer oder institutioneller Gebenheiten bestimmte Güterarten gar nicht oder nur ineffizient bereitstellen und im Sinne der gesellschaftlichen Wertvorstellungen nicht immer gerecht verteilen kann (partielles 2 Dies entspricht der von der ökonomischen Theorie des Föderalismus gewAhlten Vorgehensweise. Musgrave (1969), S. 521, schreibt hierzu: "Suppose the spaceship has just landed on the new planet Fiscalia, and man is about to settle it". Siehe dazu auch die durch Kirsch (1977) herausgegebenen Beiträge von Oates, Tullock, Tiebout, Olson und Breton. Demselben Ansatz folgen die Ausfilhrungen von Kops (1984a), S. 240, (1989), S. 16, und Lenk (1993a), S. 59f 3 Vgl. unter vielen Recktenwald (1983a), S. 372f; Stiglitz/SchtJnjelder (1989), S. 674f, Streit (1991), S. 13f;FritschIWeinlEwers (1993), S. 46ft: 9'

132

5. Kapitel: Passiver Finanzausgleich

oder totales Marktversagen). Die Frage, die es zu beantworten gilt, lautet lapidar: Aus welchen Gründen soll der öffentliche Sektor in den Marktprozeß eingreifen? Sobald die Annahmen des Marktmodells der vollständigen Konkurrenz verletzt werden, kommt es zwangsläufig zu Störungen in der Funktionsflihigkeit von Märkten. 4 Aus marktlichen Funktionsstörungen und seinen ökonomischen Folgen wird Staatshandeln abgeleitet. Als Begründung werden neben zahlreichen anderen Aspekten (wie Risiko, Unsicherheit, Marktmacht usw.) vor allem Unteilbarkeiten und Externalitäten angeführt. Aus der technischen Unteilbarkeit leitet man mithin zwei weitere Charakteristika fiir das öffentliche Gut ab, nämlich den Nichtausschluß und die Nichtrivalität. Bei den Externalitäten geht es um ihre ökonomischen Folgen. Beide Gründe werden explizit im Rahmen der Theorie des öffontlichen Gutes, die verschiedentlich auch als Synonym fiir die Theorie des Marktversagens gebraucht wird, diskutiert. 5 Obwohl sich das öffentliche Gut mit Hilfe einiger weniger Kriterien hinreichend charakterisieren läßt, besteht in der Literatur keine Übereinstimmung darüber, in welchem Kausalzusammenhang die einzelnen Kriterien zueinander stehen. 6

Die Theorie des Marktversagens beinhaltet eine systematische Analyse der ökonomischen Fol4 gen, wenn realistischerweise von den Prllmissen des Marlctrnodells der vollstlndigen Konkurrenz abgewichen wird. Zu den Modellannahmen gehören nach FritschIWeinlEwers (1993), S. 15: (1) Gegebene Ressourcenausstattung, (2) keine Verfahrensinnovationen und keine Produktinnovationen, (3) gegebene und konstante Präferenzen, (4) absoluter Freiheitsgrad zwischen Alternativen, (5) homogene Güter, (6) atomistische Marlctstruktur, (7) vollstlndige Markttransparenz, (8) MobiliWaller Produktionsfaktoren und Güter, (9) unbegrenzte Teilbarkeit der Produ1ctionsfaktoren und Güter, (10) unendliche Reaktionsgeschwindigkeit, (11) keine unfreiwilligen Austauschbeziehungen. 5 Vgl. hierzu die Lehrbücher von Petersen (1993), S. 1391; MusgraveIMusgraveIKullmer (1990), S. .541; ZimmermannIHenke (1994), S. 42. Zur Theorie des öffentlichen Gutes siehe die Überblicksartikel von Krause.Junk (1977) im HdF und vonH. Geyer (1988) im HdWW. 6 Die Diskussion um die Theorie öffentlicher Güter wurde durch einige Aufsitze von Samuelson (19.54), (19.5.5) entfacht. Zur wissenschaftlichen Diskussion um die Charakteristika des Konzepts der öffentlichen Güter siehe Hanusch (1972) und Liedtke (1972) sowie die dort angefllhrte Literatur. Als mögliche Kriterien zur Fest1egung dessen, was ein öffentliches Gutes ist, fmden sich in den modernen Lehrbüchern nach wie vor geringfilgig unterschiedliche Sichtweisen: Recktenwald (1983a), S. 430(, wAhlt die Unteilbarkeit als Ausgangspunkt. Neumann (1991), S. 2.54, sieht das Kriterium des Nichtausschlusses als konstitutiv an. MusgraveIMusgraveIKullmer (1990), S. .57(, legen nur Wert auf die Unterscheidung zwischen NichtrivaliW und Nichtausschluß. ZimmermannIHenke (1994), S. 43(, ergInzen diese Sichtweise um den Aspekt der Externalitlten. Insgesamt scheint die gesamte Diskussion mehr akademischer Art und kasuistisch zu sein, denn über die ökonomischen Folgen dieser Kriterien herrscht weitgehend Einigkeit.

A. Allokationsfunktion des primären passiven Finanzausgleichs

133

a) Technische Unteilbarkeit als Ausgangspunkt Bei der Unteilbarkeit handelt es sich um ein technisches Kriterium zur Charakterisierung von Güterarten. Es hat zur Folge, daß ein solches Gut nur 'en bloc', d.h. als eine ganze Funktions- bzw. Systemeinheit angeboten werden kann. Aus dieser Eigenschaft lassen sich Aussagen über die Marktfähigkeit ableiten. Ein unteilbares Gut kann von mehreren Individuen gleichzeitig nachgefragt und konsumiert werden, ohne daß der individuelle Konsum des einen den des anderen beeinträchtigt oder ausschließt. Ein Gut mit Nichtrivalität im Konsum geht artgleich in die Nutzenfunktion mehrerer Individuen ein, ohne dabei den gestifteten Nutzen zu schmälern. Hierbei bedeutet artgleich lediglich, daß es sich für jedes Individuum um das gleiche Gut handelt, nicht aber, daß alle Individuen in gleicher Höhe Nutzen daraus ziehen. Ein Anbieter eines unteilbaren Gutes, der dem marktlichen Effizienzkriterium folgend seinen Preis gleich den Grenzkosten setzt, müßte ein solches Gut praktisch kostenlos bereitstellen, weil ihm mit zusätzlichen Nutzern Grenzkosten von nahe null entstehen. Als weiteres kann mit Unteilbarkeit auch der Nichtausschluß verbunden sein. Wenn nutzungswillige Individuen aus technischen und/oder auch ökonomischen und/oder sozialen Gründen vom Konsum nicht ausgeschlossen werden, können sie das Gut ohne Entrichtung des Marktpreises nutzen (Freifahrer-Verhaltenf. Aus Sicht des Anbieters bedingt der Nichtausschluß, daß er zum einen die Eigentumsrechte an seinem Gut nicht geltend machen kann und zum anderen die Präferenzen der Konsumenten nicht über den Preis- und Marktmechanismus offenbart werden. Folglich unterbleibt das private Angebot am Markt. Güter, die sich durch die beiden aus der Unteilbarkeit abgeleiteten Kriterien (Nichtausschluß, Nichtrivalität) charakterisieren lassen, werden als öffentliche Güter bezeichnet. Treffen die Kritierien nicht zu, dann handelt es sich um private Güter. Private Güter bietet der Markt von sich aus an. Demgegenüber sind öffentliche Güter von sich aus nicht marktfähig. Damit sind die beiden polaren Güterarten, private und öffentliche Güter, zunächst hinreichend spezifiziert.

7 Als 'free-rider-Position' (Frei-, Schwarz- oder Trittbrettfahrerhaltung) wird folgender Sachverhalt bezeichnet: Ein nutzenmaximierendes Individuum, das aufgrund des Nichtausschlusses seine Präferenzen filr ein bestimmtes Gut nicht ober den Preismechanismus zu offenbaren braucht, nutzt dieses Gut ohne artikulierte Nachfrage und ohne angemessc Beteiligung an dessen Finanzierung. Vgl. auch GrQske/Recktenwald (1995), S. 206f.

134

5. Kapitel: Passiver Finanzausgleich b) Internalisierung externer Effekte

Aufgrund von positiven und/oder negativen externen Effekten, 8 die sowohl beim Produktions- als auch Komsumtionsprozeß auftreten können und auf die individuellen Produktions- und/oder Konsumfunktionen Dritter wirken, kommt es zu verzerrten Preissignalen. Diese fuhren im Marktprozeß dazu, daß Güter suboptimal, d.h. in zu großer oder zu geringer Menge nachgefragt bzw. angeboten und damit volkswirtschaftliche Ressourcen fehlgeleitet werden. Da Externalitäten nicht abgegoltene gesellschaftliche Kosten oder Nutzen darstellen, ist ihre Internalisierung durch Kompensationszahlungen möglich. In Anlehnung an das Coase-Theorem9 läßt sich ein staatlicher Handlungsbedarf mit den sogenannten 'large-number externalitites' - im Gegensatz zu 'small-number externalities' - begründen. Um welche Art von 'externalities' es sich handelt, hängt von der Anzahl und dem Organisationsgrad der betroffenen Wirtschaftssubjekte ab. Je größer die Anzahl der involvierten Individuen ist, je zahlreicher die beteiligten Gruppen und je heterogener die Interessenslagen sind, desto höher fallen die TransaktionskostenlO bei multilateralen Verhandlungen über die zu leistenden Kompensationen aus und desto unwahrscheinlicher erfolgt eine Internalisierung auf freiwilliger Basis. Da in diesen Fällen wegen der Transaktionskosten eine direkte Verhandlungslösung ausscheidet, bedarf es der staatlichen Intervention, um die ökonomische Effizienz zu gewährleisten. 11

8 Im deutschen Sprachgebrauch sind neben den AusdrOcken negative oder positive externe Effekte auch externe, soziale oder gesellschaftliche Kosten bzw. Nutzen Qblich. Im Englischen werden entweder 'extema1 costs' (diseconornies) und 'extema1 benefits' (econornies) oder auch 'spillover costs' bzw. 'benefits' verwandt. Seltener ist die Bezeichnung 'neighbourhood effects'. Zum Konzept der externen Effekte vgl. Recktenwald (1983a), S. 147. Auf eine weitergehende Differenzierung der ExternaliWen in (1) pekuniAre, (2) technologische und (3) psychologische externe Effekte wird bewußt verzichtet. Vgl. dazu die Ausfilhrungen bei FritschIWeirv'Ewers (1993), S. 541f. 9 Vgl. Coase (1960), S. Ut; (1993), S. 129ff. 10 Transalctionskosten werden hier im Sinne von lnternalisierungskosten gebraucht Zur Theorie der Transalctionskosten im Rahmen der Neuen Institutionenlehre siehe M. Fischer (1994a), S. 582f. Der Transalctionskosten-Begriffwird von Raab (1995), S. 22, auf den öffentlichen Sektor angewandt und als "ein Kriterium flIr die EffIZienz des öffentlichen AIIokationsmechanismus, dh. des Angebotes von Leistungen durch den Staat und der Finanzierung dieses Leistungsangebotes durch das öffentliche Einnahmensystem" genutzt. 11 Ausfllhrlicher zu dieser Argumentationskette bei Petersen (1993), S. 135.

A. Allokationsfunktion des primären passiven Finanzausgleichs

135

c) Graduelle Entwicklung eines Kollektivgutschemas In der Realität existieren nur wenige Güterarten, die den Reinformen privater oder öffentlicher Güter entsprechen. Häufig handelt es sich um Mischgüter, die entweder in die eine oder in die andere Richtung tendieren. Ein konkretes Gut, das sich nur zwischen den beiden Polen einordnen läßt, wird in der Literatur nicht einheitlich bezeichnet. Häufig werden Mischgüter auch Club-, Kollektiv- oder quasi-öffentliche Güter genannt. Diese Unterscheidungen lassen sich mit Hilfe eines zweidimensionalen Schemas klassifizieren und zusammenfassen (siehe Abb. 13). Kosten des individuellen Marldausachlusses

abnehmende Marklfthigkeit

Extemalitlten

Olfentlic:lles

abnehmende Marklfthigkeit

Qu.si-KoHektivgut

Gut

K

K

Privates Gut

o

Rivalitit

Clubgut

Nic:lltrivalitit

Qu.si-Individualgut

N

gegenoeitige G Beeintrlc:lltigung

Zahl der Nutzer

K = Sch-.wlle des Okonomisch vertretbaren Auuchlusses N = Sch_ne des unbeeintrlc:lltigten Konsums G Kapazititsgrenze

=

Abb. 13: Kollektivgutschema

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Verbundsystem

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x steht filr (feil·)Kompetenz, über die eine KOlpelSchaft im ieweilisen System der Einnlhrnenverteilung vodl\gt. Abb. 17: Fonnen des primären aktiven Finanzausgleichs QueUe: Eigene D8ISteUung. In AnIehung an H.nke (1981), S. 11, (1983), S. 26; Kops (1984b), S. 292, (1989), S. 31; L.nk (1993&), S.80.

Da sich das Zuweisungssystem auf solche Einnahmen bezieht, die sich bereits innerhalb des öffentlichen Sektors befinden und dann als innerstaatliche Transfermittel (sog. derivative Einnahmen) an diverse Körperschaften weitergeleitet werden,13 handelt es sich um einen Aspekt, der dem sekundären aktiven Finanzausgleich zuzuordnen ist. Damit verbleiben einerseits die Trennsysterne, welche in unkoordinierte (freie oder ungebundene) und gebundene Systeme unterteilt werden können, und andererseits die Mischsysteme, zu denen Zuschlagssysteme, Verbund- bzw. Quotensysteme und Anrechnungssysteme zu rechnen sind. Abbildung 17 zeigt eine synoptische Zusammenstellung alternativer Verteilungsverfahren, die anschließend im Rahmen der unkoordinierten und koordinierten Systeme kurz erörtert werden.

12 So z.B. Wittmann (1976a), S. 132f. Ähnlich auch bei Peffekoven (1988), S. 620. ZimmermannIHenke (1994), S. 184f, unterscheiden als Systeme der vertikalen Einnahmenverteilung Trenn-, Verbund- und Zuschlags- sowie Zuweisungssysteme. 13 Vgl. Kops (1984b), S. 293.

188

6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich

1. Unkoordiniertes oder Konkurrenzsystem

Über den höchsten Grad an Einnahmenautonomie verfügt das Konkurrenzsystem, das auch als ungebundenes (oder freies) Trennsystem bezeichnet wird. In diesem unkoordinierten System hat jede Körperschaft die Möglichkeit, sich die zur Deckung ihrer Aufgaben notwendigen Einnahmen selbst zu beschaffen, ohne dabei die Art der Besteuerung, der Steuerobjekte, Bemessungsgrundlagen und Steuersätze anderer Körperschaften berücksichtigen zu müssen. Den Vorteilen eines hohen Autonomiegrades bei der Einnahmengestaltung stehen aber auch Nachteile gegenüber. Bei letzterem sind insbesondere die mangelnde Koordination zwischen Körperschaften und die fehlende Abstimmung auf das Gesamteinnahmensystem mit seinen unterschiedlichen allokativen, (re)distributiven und stabilisierungspolitischen Zielsetzungen zu nennen. Folglich herrschen in einem derartigen System der Einnahmenverteilung zum einen aus steuerlicher Sicht keine homogenen Rahmenbedingungen und zum anderen bestehen damit unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen. 14 2. Koordinierte Systeme

Dem unkoordinierten Konkurrenzsystem stehen alternative Formen koordinierter Systeme gegenüber. Dazu gehören gebundene Trennsysteme und das Verbundsystem: 15 - Einen geringen Bedarf an Koordination benötigt das gebundene Trennsystem mit voller Gestaltungskompetenz, bei dem nur die Objektkompetenz einer oder mehreren Körperschaften zugewiesen wird. Über alle anderen Elemente der Gestaltungskompetenz entscheidet jede Körperschaft frei. Obwohl bei diesem System ein unkontrollierter Zugriff mehrerer Körperschaften auf ein und dieselbe Steuerquelle vermieden wird, bleiben doch die für das unkoordinierte System genannten Nachteile bestehen. - Das Anrechhungssystem vermeidet eine Mehrfachbesteuerung, indem die Möglichkeit zu Steueranrechung und -abzug eingeräumt wird. In diesen Fällen muß jedoch mindestens eine Körperschaft hinsichtlich der Gestaltungs- und Ertragskompetenz Abstriche hinnehmen, weil Regelungen anderer Körperschaften unmittelbar berücksichtigt werden. Jedoch bleiben auch hierbei die bereits angeführten Nachteile erhalten. 14 Vgl. Lenk (1993a), S. 72f. 15 Vgl. Kops (1989), S. 36f, Lenk (1993a), S. 73f. Ausfilhrlich zu den Pro und Kontras der nach-

folgenden Systeme siehe auch Fischer-Menshausen (1988), 648ff.

B. Resümee zwn aktiven Finanzausgleich

189

- Beim Zuschlagssystem wird nur einer Körperschaft, zweckmäßigerweise der Zentralebene, sowohl die Objekt- als auch Gestaltungskompetenz gewährt. Die dezentralen (meist nachgeordneten) Körperschaften haben das Recht, auf die Bemessungsgrundlage oder Steuerschuld dieser zentralstaatlichen "Basissteuern"16 Hebesätze anzuwenden oder Zuschläge zu erheben. Liegt es im Ermessensspielraum der Körperschaften, Hebesätze bzw. Zuschläge der Höhe nach festzulegen, dann handelt es sich um ein ungebundenes Zuschlagssystem. Bei einem gebundenen Zuschlagssystem 17 ist hingegen der Ermessensspielraum gering. - Das gebundene Trennsystem ohne Gestaltungskompetenz weist mit dem gebundenen Zuschlagssystem Gemeinsamkeiten auf. Hier wird jedoch der Körperschaft, die über ein Zuschlagsrecht verfügt, die Höhe des Zuschlags exakt vorgegeben. Insofern besteht keine Gestaltungskompetenz. Einerseits können nun die Einnahmenwirkungen besser auf die Zielsetzungen des gesamten Einnahmensystems abgestimmt werden, andererseits wird auf eine angemessene Beteiligung der gebundenen Körperschaften verzichtet. - Wird die Ertragskompetenz für dezentrale Körperschaften nicht als fixer Zuschlag auf die Steuerschuld oder Steuerbemessungsgrundlage einer zentralen Körperschaft definiert, sondern nach Quoten an den Gesamteinnahmen einer Steuerquelle (Einzelverbund) oder mehrerer Steuerquellen (Gesamtverbund) auf die Körperschaften verteilt, so handelt es sich um ein Verbundsystem (Quotensystem, Steuer- bzw. Einnahmenverbund). Damit wird die Ertragskompetenz sowohl für die dezentrale als auch zentrale Körperschaft begrenzt. Ferner sind immer alle beteiligten Ebenen von Aufkommensschwankungen betroffen. Dafür wird aber eine einheitliche Steuergesetzgebung gewährleistet. Jedoch spricht die mangelnde Beachtung des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz als auch der fehlende Anreiz zur Pflege 'fremder' bzw. 'gemeinsamer' Steuerquellen sowie die politökonomische Anfälligkeit bei einer Revision der Ertragsanteile am Steueraufkommmen (sog. Zerlegung) gegen das Verbundsystem. B. Resümee zum aktiven Finanzausgleich Wie bei der Aufgabenverteilung kommt es auch bei der Einnahmenverteilung zu zahlreichen Ausnahmen, Überschneidungen und Vermischungen. 16 Kops (1984b), S. 292. 17 Häufig ist dabei ein Höchstzuschlag vorgegeben, was die Ertragskompetenz der zuschlagsberechtigten Körperschaft eingeschrinkt.

190

6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich

Grundsätzlich können die Entscheidungs-, Ertrags- und Durchführungskompetenz einer Einnahmenart entweder nur einer einzigen Körperschaft (kongruent) oder aber mehreren Körperschaften (inkongruent) zugeordnet werden. Darüber hinaus können die jeweiligen Teilkompetenzen ungeteilt einer oder geteilt mehreren Körperschaften zugeordnet werden. Ganz eindeutig ist nur das Konkurrenzsystem, bei dem alle Teilkompetenzen ungeteilt einer einzigen Körperschaft zugewiesen sind. Ein Beispiel, bei dem Teilkompetenzen geteilt und/oder inkongruent verteilt sind, ist das Verbundsystem, bei dem die Ertragskompetenz bei mehreren Körperschaften liegt und die Entscheidungskompetenz ungeteilt bei einer einzigen, zumeist der zentralen Körperschaft, angesiedelt ist. Unkoordinierte Systeme - aber auch die graduellen Übergänge vom rein koordinierten System des Einnahmenverbundes bis hin zum gebundenen Trennsystem - stärken die fiskalische Eigenverantwortlichkeit und verringern die Finanzierungsillusion auf seiten der Gebietskörperschaften und der Wähler. In diesem Kontinuum stellt die dezentralste Lösung das unkoordinierte System dar, während das Verbundsystem einiger oder aller Einnahmen die zentralste Regelungsart im Rahmen der koordinierten Systeme darstellt. Ein Auseinanderfallen von Teilkompetenzen, wie der Durchführungs- und Finanzierungs- bzw. Ertragskompetenz, läßt sich aus allokativen Überlegungen (z.B. Skalenerträge) rechtfertigen, begründet aber ein Anrecht auf Erstattung der mit der Durchführung verbundenen Aufwendungen. Bei diesen ErstaUungen handelt es sich um innerstaatliche Zuweisungen. Solange diese Art der Zuweisungen im Rahmen des primären aktiven Finanzausgleichs erfolgen und auf einer klaren Aufteilung der Einnahmenkompetenzen basieren, sind sie nicht mehr Gegenstand weiterer Untersuchungen. Erfolgt die Übertragung finanzieller Mittel im Zuge des sekundären aktiven Finanzausgleichs, so bedarf es einer genaueren Analyse im nächsten Kapitel.

C. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union Bevor eine fundierte Beurteilung des in der Europäischen Union praktizierten primären aktiven Finanzausgleichs erfolgen kann, muß das aktuelle Einnahmensystem skizziert werden. Erst danach schließt sich ein kritischer SollIst-Vergleich an. Die Gegenüberstellung von finanzwissenschaftlicher Theorie und europäischer Praxis wird deutlich zeigen, daß sich das derzeitige Einnahmensystem keinesfalls eindeutig in die theoretische Systematik einordnen läßt.

c. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union

191

L Das aktuelle EU-Einnahmensystem

Um die komplexe und in weiten Bereichen intransparente Ausgestaltung des derzeit praktizierten Einnahmensystems der Europäischen Union zu verstehen, ist es notwendig, sich zunächst die historische Entwicklung seiner Implementierung zu vergegenwärtigen. Danach erfolgt eine Vertiefung hinsichtlich Umfang und Struktur der europäischen Eigenmittel. Anschließend werden die Korrekturmechanismen zum Ausgleich von Haushaltsungleichgewichten analysiert. 1. Retrospektive der EigenmittelbeschlUsse

Das Budget l8 der Europäischen Gemeinschaft finanzierte sich in der Gründungs- und Frühphase - genauso wie der Haushalt anderer internationaler Organisationen auch - im wesentlichen aus Beiträgen der Mitgliedstaaten. 19 Anband eines Aufbringungsschlüssels, der im EWG-Vertrag fixiert war,20 bestimmten sich die Anteile der damaligen sechs Mitgliedsländer zum gemeinsamen Budget. Bei diesem Aufbringungsschlüssel handelt es sich um eine auf politischen Vereinbarungen basierende Schlüsselung, die sich nicht unmittelbar an makroökonomischen Größen (wie z.B. Sozialprodukt oder Bevölkerungszahl) orientierte. 21 Mit dem Beschluß "über die Ersetzung der Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch eigene Mittel der Gemeinschaften"22 (Eigenmittelbeschluß) wurde 1970 das europäische Finanzsystem auf eine 18 Der EU-Haushalt umfaßt im wesentlichen - bis auf den Funktionshaushalt der EGKS - alle Einnahmen und Ausgaben der drei Gemeinschaften (EGKS, EAG, EWG). Das EU-Budget stellt jedoch nur einen Teilbereich der fmanzwirtschaftlichen Aktivitäten der Gemeinschaft dar. Eine ganze Reihe von FinanztAtigkeiten werden nicht im EU-Haushalt ausgewiesen. Beispielsweise werden die Anleihetätigkeiten der EGKS und die Gewährung der Finanzbeihilfen über den EGKSFunktionshaushalt nicht über das Gesamtbudget abgewickelt Ferner fmanziert sich der Europäische Entwicklungsfonds (EEF) über eigene Finanzbeiträge der EU-Mitgliedsllnder und wird auch außerhalb des EU-Haushalts verwaltet Ebenso bleibt der Haushaltsansatz der Europäischen Investitionsbank (EIB) im Gesarntbudget unberücksichtigt. Vgl. Malchow (1992), S. 36f. Kritisch äußert sich Caesar (1992b), S. 52. 19 Zur Problematik der Finanzierung internationaler Organisationen siehe Peffekoven (1984), S. 316ft: Die Frage der Lastenverteilung zwischen den EU-Mitgliedstaaten wird im 8. Kapitel. Punkt C, erörtert 20 Nach Art. 200 Abs. 1 EWG-Vertrag umfassen die Einnahmen des Haushalts "unbeschadet anderer EiMahmen die Finanzbeitrlge der Mitgliedstaaten, die nach folgendem Aufbringungsschlüssel bestimmt werden": B 7,9%, D 28,0%, F 28,0%, I 28,0%, L 0,2% und NL 7,9%. Art 200 Abs. 2 EWGVertrag regelte den Aufbringungsschlüssel filr den Europäischen Sozialfonds: B 8,8%, D 32,0%, F 32,0%, I 20,0%, L 0,2%, NL 7,0%. Die Aufbringungsschlüssel filr die EAG sind nach Art 172 EAGVertrag geregelt. Vgl. dazu Messal (1991), S. 39f. 21 Für Nienhaus (1993), S. 31, gibt es "keinen ökonomischen oder demographischen Indikator, der eine Gleichbehandlung von Deutschland, Frankreich und Italien rechtfertigen würde". 22 EigenmitteIbeschluß vom 21.4.1970 (ABI. (1970) L 94).

192

6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich

neue Grundlage gestellt. Um dem jeweils fortgeschrittenen Stand der Integration Rechnung zu tragen, wurde dieses Eigenmittelsystem seitdem mehrfach modifiziert. Dabei läßt sich eine vierstufige Entwicklung nachvollziehen, die wie folgt zusammengefaßt werden kann: 23 (1) Der Eigenmittelbeschluß von 1970 sah nach einer Übergangszeit vor, daß ab 1975 der EG-Haushalt vollständig durch Eigenmittel finanziert werden sollte. Als "originäre" oder "traditionelle" Eigenmittel galten Agrarabschöpfungen, Zuckerabgaben und Zölle. Zur Finanzierung derjenigen Ausgaben, die über den Deckungsbeitrag dieser Eigenmittel hinausgingen, wurden zusätzlich die MwSt-Eigenmittel geschaffen. Nach dem Prinzip der Restfinanzierung war ein MwSt-Eigenmittelsatz jährlich im Haushaltsverfahren festzulegen. Er konnte maximal 1% der einheitlich zu ermittelnden MwSt-Bemessungsgrundlage betragen. 24 Nachdem es bei der Umsetzung der Durchführungsvorschriften zur einheitlichen Ermittlung der nationalen MwSt-Bemessungsgrundlagen Verzögerungen gegeben . hatte, konnte das EG-Budget erst ab 1980 komplett nach dem neuen Eigenmittelsystem finanziert werden. (2) Trotz der Ausschöpfung aller Eigenmittel trat für das Haushaltsjahr 1985 ein Budgetdefizit auf. Man behalf sich vorübergehend mit provisorischen Finanzierungsmechanismen. 25 Zur Vermeidung künftiger budgetärer Ungleichgewichte wurde der Höchstsatz bei den MwSt-Eigenmitteln von dem bis dahin gültigen 1 Prozentpunkt auf 1,4% angehoben. An der Funktion der MwSt-Eigenmittel als ein Instrument der Restfinanzierung wurde festgehalten. Darüber hinaus wurde zugunsten des Vereinigten Königreichs ein Korrekturmechanismus eingeführt, der über die MwStEigenmittel abzurechnen war. 26 (3) Nach der 1988 verabschiedeten Finanzreform sollte eine Neuverteilung der Finanzierungslasten auf der Einnahmenseite des EG-Budgets unter Berücksichtigung der Beitragskapazität der Mitgliedstaaten und eine 23 Einen guten Überblick über die Entwicklung und Reformen des Eigenmittelsystems in den er-

sten zwei bzw. drei Stufen vermitteln die Arbeiten von Off (1987), S. SSf, und Messal (1989), S. Sf. (1991), S. 21f. Die vierte Stufe wird prägnant von Nienhaus (1993), S. 31f, analysiert.

24 Die traditionellen Eigenmittel weisen nur eine unwesentlich Ulngere Tradition auf als die MwSt-Eigerunittel. Aufgrund ihres ökonomischen Charakters, der sich aus der Anwendung gemeinsamer Politiken ergibt, macht es aber durchaus Sinn, sie als originäre Eigenmittel zu bezeichnen. Die Zuckerabgaben werden überlicherweise den Agrarabschöpfungen zugeordnet. Vgl. Messal (1991), S. 22f. 25 Etwa Vorschußzahlungen durch die Mitgliedstaaten oder verspätete Auszahlungen durch die EG. 26 Vgl. Eigerunittelbeschluß vom 7.S.1985 (ABI. (1985) L 128).

C. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union

193

Ausstattung der Gemeinschaft mit ausreichenden Finanzmitteln durch zwei wesentliche Modifikationen erreicht werden. Zum einen wurde die nationale MwSt-Bemessungsgrundlage auf 55% des BSP für jedes Mitgliedsland beschränkt; zum anderen wurden mit Hilfe einer neuen Bemessungsgrundlage die BSP-Eigenmittel als nunmehr vierte Finanzierungsquelle eingeführt. Die Funktion der Restfinanzierung übernahmen nach dem gleichen Prinzip, wie es bisher für die MwSt-Eigenmittel galt, von nun an die BSP-Eigenmittel. Um eine verbesserte Haushaltsdisziplin im Rahmen einer mittelfristigen Finanzplanung (finanzielle Vorausschau) zu gewährleisten, wurde ferner die der Europäischen Gemeinschaft zur Verfügung stehende Summe aller Eigenmittel plafondiert. Der Korrekturmechanismus zugunsten von Großbritannien blieb vom Prinzip her bestehen. 27 (4) Im Mittelpunkt der im Dezember 1992 durchgeführten Beratungen des Europäischen Rates in Edinburgh stand neben der künftigen Dimension des EU-Haushalts erneut der Aspekt einer gerechteren Lastenverteilung zwischen den EU-Mitgliedstaaten. Das Eigenmittelsystem von 1988 wird im Zuge eines neuen Beschlusses über die Eigenrnittel verstärkt auf einen hinlänglich akzeptierten Wohlstandsindikator, das BSP der Mitgliedsländer, ausgerichtet. Dies erfolgt sukzessive ab 1995 durch zwei Neuregelungen: einerseits durch eine Senkung der Kappungsgrenze bei der MwStBemessungsgrundlage von 55% auf 50% des BSP des jeweiligen Mitgliedstaates und andererseits durch ein schrittweises Absenken des MwStEigenmittelsatzes von maximal 1,4% auf 1% der gekappten Bemessungsgrundlage. Somit kommt den BSP-Eigenmitteln als dem Instrument der Restfinanzierung des EU-Budgets eine wachsende Bedeutung zu. Ferner beziehen sich die Eigenmittelbeschlüsse auf die Jahre 1993-1999 und nicht wie ursprünglich vorgesehen auf einen Zeitraum von fünf Jahren. Dabei wurden wieder Obergrenzen für die Eigenmittel eingeführt, die schrittweise bis zum Ende der finanziellen Vorausschau auf 1,27% des EU-weiten BSP ansteigen. Der Korrekturmechanismus für Großbritannien kommt weiterhin zur Anwendung. 28 Im Hinblick auf das weitere methodische und didaktische Vorgehen der Untersuchung sind folgende Anmerkungen von Bedeutung:

27 Vgl. Eigenmittelbeschluß vom 24.6.1988 (ABI. (1988) L 185). Siehe dazu ausfilhrlicher die Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Edinburgh (Kommission (1992c), S. 37f). Vg1. Eigenmitteibeschluß vom 31.1 0.1994 (ABI. (1994) L 293). 28

13 Walthes

194

6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich

Das Eigenmittelsystem von 1988 führte erstmals die BSP-Eigenmittel ein. Deshalb treten bei empirischen Vergleichen mit vorherigen Haushaltsperioden Strukturbrüche auf, weil zu den bisherigen Eigenmitteln eine weitere Einnahmenquelle hinzutritt. Da der neue, auf dem Edinburgher Kompromiß beruhende Eigenmittelbeschluß von 1994 faktisch nur eine modifizierte Fortschreibung des bisherigen Finanzsystems von 1988 darstellt, konzentriert sich die weitere Betrachtung auf das derzeit und auch künftig praktizierte Eigenmittelsystem. In Abhängigkeit des verfUgbaren Zahlenmaterials werden die empirischen Bezüge anhand des Zeitraumes von 1988 bis 1999 illustriert. 2. Die Eigenmittel der Europtiischen Union

Ein Blick in den Haushaltsplan der Europäischen Union weist auf der Einnahmenseite neun Titel aus, die sich aus Gründen der Praktikabilität im wesentlichen zu zwei Positionen gruppieren lassen. Die erste Position beinhaltet die Eigenmittel (= eigene Mittel) und die zweite Position umfaßt alle übrigen Haushaltstitel, die als (verschiedene) andere Einnahmen bezeichnet werden können. Im einzelnen zählen zu den Eigenmitteln die traditionellen eigenen Mittel sowie die MwSt- und BSP-Eigenmittel. Unter die anderen Einnahmen lassen sich subsumieren: 29 (1) sonstige von der Gemeinschaft erhobene Abgaben, Abzüge und Gebühren; (2) Einnahmen aus laufender Verwaltungstätigkeit der EU-Organe; (3) Beiträge zu den Gemeinschaftsprogrammen, Erstattungen verauslagter Beträge und Vergütungen für entgeltliche Leistungen; (4) Verzugszinsen und Geldbußen, (5) Anleihen und Darlehen sowie (6) sonstige Einnahmen und (7) Überschüsse aus den vorhergehenden Haushaltsjahren.

29 Siehe beispielsweise die aufgelisteten Haushaltstitel des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften filr das Haushaltsjahr 1994 (ABI. (1994) L 34). Bei Messal (1988), S. 7, und in den darauf aufbauenden Arbeiten findet sich anstelle der hier gewählten Bezeichnung 'andere Einnahmen' der etwas unpräzise Begriff'sonstige Einnahmen', obwohl ein darunter subsumierter Haushaltstitel explizit so genannt wird. Das Haushaltsvademekum der Kommission (1994b), S. 104, verwendet die Bezeichnung "Verschiedenes".

C. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union 40000 35000 30000 25000 ECU 20000 15000 10000 5000 0 1988

1989

-

-

195

............... ~~

.--.

./ ~

/

1990

1991

1992

1993

1994

-+- originäre Eigenmittel

_

........... BSP-Eigenmittel

"",,*-andere Einnahmen

1995

MwSt-Eigenmittel

Abb. 18: Entwicklung der EU-Einnahmen in Millionen ECU (1988-1995) QueUe: Eigene DaISteUWlg Wld 8erechnWlgen nach Tab. AJ. ZlhJenangaben der Komml..ion (I994b), S. 38r.

Einen ersten Überblick über die Entwicklung der Gemeinschaftseinnahmen vermittelt Abbildung 18. Nachdem der EU-Haushalt für die Haushaltsjahre1994 und 1995 zu mehr als 99% aus Eigenmitteln finanziert wird,30 soll auf die anderen Einnahmen, die der Vollständigkeit halber nach Haushaltstiteln genannt worden sind, nicht weiter eingegangen werden. a) Traditionelle Eigenmittel Nach der Systematik der Eigenmittelbeschlüsse bilden die Agrarabschöpfungen (einschließlich Zuckerabgaben) und Zölle die originären eigenen Mittel der Gemeinschaft. Bei Importen aus Drittstaaten werden diese Eigenmittel an den EU-Außengrenzen erhoben. Die Schaffung der Zollunion und die Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) beim Außenhandel hatte auch die Übertragung der Ertragshoheit über die Zolleinnahmen zugunsten der Europäischen Union zu Folge. Agrarabschöpfungen sind ein Instrument der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Landwirtschaftliche Erzeugnisse, die den europäischen Agrarmarktordnungen unterliegen, werden beim Import aus Drittländem mit Agrarabschöpfungen belegt, um einen Preisausgleich zwi30 Das Volumen der anderen Einnahmen kann nicht zuletzt wegen der verfilgb8l'en ÜberschOsse zeitweise beträchtlichen Schwankungen unterliegen. Nur einmal - im Jahr 1990 - betrug der Anteil der anderen Einnahmen an den Gesamteinnahmen der EU mehr als 10%. Siehe Tab A3 im Anhang. 13'

196

6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich

sehen den meist höheren EU-Preisen und den Weltmarktpreisen herbeizuführen (prinzip der Gemeinschaftspräferenz).31 Die Abgabensätze für Agrarabschöpfungen und Zölle basieren auf handelsund agrarpolitischen Absprachen auf EU-Ebene. Fiskalische Gründe, wie die Haushaltsfinanzierung, spielen bei der Aufkommenssteuerung keine Rolle. Vielmehr basieren die auf EU-Ebene festgelegten Abgabensätze auf der innergemeinschaftlichen Produktions- und Nachfrageentwicklung sowie auf dem Niveau der Weltmarktpreise. 32 Die mit der Erhebung und Abführung verbundenen Kosten werden den Mitgliedstaaten pauschal abgegolten. So behalten die EU-Länder 10% des Aufkommens ein und führen lediglich 90% an das EU-Budget ab. 33 Da Agrarabschöpfungen und Zölle bei Wareneinfuhren - ganz unabhängig vom Bestimmungsland - an den Außengrenzen der Europäischen Union erhoben werden, kommt es zwangsläufig zu einer Konzentration im örtlichen Aufkommen zugunsten der erhebenden Mitgliedsländer einerseits und zum Nachteil der importierenden Bestimmungsländer andererseits. Infolge der Auswirkungen des innergemeinschaftlichen Warenaustausches, bei dem Güter aus Drittländem über ein Gemeinschaftsland ein- und in ein anderes EU-Land wieder ausgeführt werden, erhebt ein EU-Land die Gemeinschaftseinnahme (z.B. Zölle) und führt sie als Eigenrnittel an die EU-Ebene ab (Zahllast), während ein anderes Mitgliedsland die Finanzierungslast zu tragen hat (Traglast). Dieses Problem, das in einem Auseinanderfallen der formalen und effektiven Inzidenz besteht, firmiert in der Literatur unter dem Begriff "RotterdamAntwerpen-Effekt" 34• Insbesondere bei der später folgenden Diskussion um die Nettozahler-Positionen und um eine gerechtere Lastenverteilung verdient dieser Effekt Beachtung. 35

31 Zu den Agrarabschöpfungen zAhlen auch Zusatz- und AusgleichsbeitrAge sowie weitere Abgaben und Prllmien, die aufgrund der Agrarmarktordnungen erhoben werden. Die Zuckerabgabe stellt ein Spezifikum der Agrarabschöpfungen dar, weil sie als Produktionsabgabe auf Zucker und Isoglukose sowie als Lagerabgabe erhoben wird. Vgl. Augstein (1988), S. 324. 32 VgI.Messal (1991), S. 53. 33 Für Langes (1992), S. 11, erhalten die EU-Mitgliedstaaten "mit zehn Prozent Anteil an den Zöllen und Abschöpfungen filr ihre Verwaltungsleistungen eine zu hohe Bezahlung; filnf Prozent wOrden die tatsächlichen Kosten auch decken". 34 Ott (1987), S. 101. 35 Siehe dazu 8. Kapitel, Punkt C.II.

c. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union

197

b) MwSt-Eigenmittel Da in allen EU-Mitgliedstaaten eine Mehrwertsteuer erhoben wird und die vorhandenen Mehrwertsteuersysteme als weitgehend vergleichbar angesehen werden können,36 knüpft die Erhebung der MwSt-Eigenmittel daran an. Die MwSt-Bemessungsgrundlage eines Mitgliedstaates besteht aus der Summe aller steuerpflichtigen Umsätze (z.B. Einfuhren, Warenlieferungen und Dienstleistungen) auf der Stufe des Endverbrauchs. Nach einer Übergangsphase werden nunmehr die MwSt-Bemessungsgrundlagen in allen Mitgliedsländem nach einheitlichen Verfahren und Vorschriften ermittelt. 31 Nach den Edinburgher Vereinbarungen wird ab 1995 die MwStBemessungsgrundlage eines Mitgliedstaates, dessen BSP pro Kopf weniger als 90% des EG-Durchschnitts beträgt, nur noch in Höhe von 50% des BSP des jeweiligen Mitgliedstaates zur Berechnung der abzuführenden MwStEigenmittel herangezogen. Für alle anderen Mitgliedstaaten erfolgt die Einführung im Zeitraum von 1995-1999 stufenweise mit jeweils gleichen Reduktionen. Das Instrument der Kappung sorgt für eine Korrektur der Lastenverteilung zwischen den Mitgliedstaaten. Denn eine Budgetfinanzierung auf Basis der MwSt-Bemessungsgrundlage führt zu einer finanziellen Belastung in Abhängigkeit vom Konsumniveau des jeweiligen Landes. Bei gegebenem BSP ist die MwSt-Bemessungsgrundlage um so größer, je höher die Importe und je niedriger die Exporte und Investitionen sind. 38 Die Wirkung einer allgemeinen

36 Vgl. die Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (1992), S. 8.

37 In zwei Durchfilhrungsverordnungen zum Eigenmittelbeschluß von 1988 wird die einheitliche Berechnung geregelt Seit 1989 erfolgt die Ermittlung nach der sogenannten Einnalunenmethode. In Anlehnung an Messal (1989), S. 13[, kommt die Berechnung der MwSt-Bemessungsgrundlage (B) eines Mitgliedstaates (i) in folgender Formel zum Ausdruck: -Kil K Bj =Ei - - t - + i2 Bi entspricht den nationalen MwSt-Einnalunen (Ei)' die mit K jJ (erstes Korrektiv) um Ei/Ulalunen berelOigt werden, welche auf Umsätzen basieren, die nach den harmonisierten Berechnungsmethoden nicht Bestandteil der Bemessungsgrundlage sind. Der gewogene mittlere Meluwertsteuersatz t stellt einen Durchschnittssatz dar. Da in jedem Mitgliedsland mindestens zwei unterschiedliche MwSt-Sätze existieren, wird aus diesen ein Durchschnittssatz gebildet, wobei die einzelnen MwSt-Sätze anband der jeweiligen Umsätze gewichtet werden. Diejenigen Umsätze, die nach den einheitlichen Vorschriften zwar Bestandteil der harmonisierten MwSt-Bemessungsgrundlage sind, aber aufgrund von Ausnaluneregelungen unbesteuert bleiben, werden durch ein zweites Korrektiv K i2 hinzugerechnet. Detaillierter zur Ermittlung der MwSt-Bemessungsgrundlage und zu den gültigen Ausnaluneregelungen nimmt Messal (1991), S. 65f, Stellung. Einen sehr guten Einblick gewährt auch der Jahresbericht zum Haushaltsjahr 1992 des Europäischen Rechnungshofes (1993), S. 20-30. 38 Vgl. Peffekoven (1982), S. 415; Messal (1991), S. 73.

198

6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich

Verbrauchssteuer (z.B. MwSt) ist als regressiv zu bezeichnen, sofern davon ausgegangen wird, daß der relative Anteil des Konsums am Einkommen bei wachsendem Einkommen sinkt und deshalb bei Beziehern höherer Einkommen eine relativ geringere Belastung bewirkt. 39 Folgt man dieser Regressivitätsthese, dann gibt die MwSt-Bemessungsgrundlage die wirtschaftliche Leistungsfahigkeit bzw. Beitragskapazität eines Landes nur unzureichend wieder. 4O Auf die Europäische Union übertragen heißt das: Je wohlhabender ein Mitgliedsland ist, desto geringer fallt auch das Volumen seiner umsatzsteuerpflichtigen Umsätze im Verhältnis zu seinem BSP aus. Solange sich die Finanzierung des EU-Budgets ausschließlich oder primär an der MwStBemessungsgrundlage orientiert, werden demnach reichere Mitgliedstaaten einen geringeren Finanzierungsanteil beitragen, als es ihrem relativen Anteil am EU-weiten BSP entspricht. Die MwSt-Eigenmittel ergeben sich nun durch Anwendung eines Prozentsatzes auf die MwSt-Bemessungsgrundlagen der Mitgliedstaaten. Dieser fiir alle Mitgliedstaaten einheitliche MwSt-Eigenmittelsatz wird jährlich in einem komplizierten Haushaltsverfahren festgelegt und darf den Höchstsatz von 1,4% (bis 1999 sukzessive auf 1% sinkend) nicht übersteigen. Aufgrund des Korrekturmechanismus für Großbritannien, wonach der Korrekturbetrag und die Ausgleichsbeträge über die MwSt-Eigenmittel zu verrechnen sind, liegt der einheitliche MwSt-Eigenmittelsatz unter dem Maximalsatz. So betrug der durchschnittliche MwSt-Eigenmittelsatz der vergangenen Jahre in etwa nur 1,25%.41 Weil die Regelungen bezüglich der MwSt-Eigenmittel vielfach Anlaß. zu Mißverständnissen geben, sollen folgende Punkte festgehalten werden:

39 Zu dieser (auch theoretisch umstrittenen) These vgl. ZimmermannIHenke (1994), S. 242f; Ott (1987), S. 69f. OhlylReichenbach (1993), S. 142, haben anIäßlich ihrer Rezension zu Messal (1991) mit Hilfe einer Regressionsanalyse nachgewiesen, daß die MwSt-Einnahmen filr die Jahre 1988-1990 tatsächlich regressiv waren. Indes kommt B. Seidel (1992), S. 2401; zu dem Schluß, daß der "private Verbrauch in den Mitgliedstaaten ... keineswegs durchgehend invers mit der Höhe des Bruttoinlandsprodukt-pro-Kopf" variiert, sondern "die Konsumquoten auf einem relativ einheitlichen Niveau" liegen. . 40

41

Vgl. Busch (1990), S. 17.

Vgl. MessaVKlein (1993), S. 378. Zur Berechnung des MwSt-Eigenmittelsatzes siehe auch Busch (1990), S. 171; undMessal (1991), S. 76ff, sowie B"ker (1994), S. 82. Ein anderes Bild ergäbe sich, wenn sich der Eigenmittelsatz nicht auf die Bemessungsgrundlage der Mitgliedstaaten, sondern auf die der Union beziehen wilrde. Dann könnte der maximale MwSt-Eigenmittelsatz zwar insgesamt ausgeschöpft werden, jedoch wilrden dann fllr die Mitgliedstaaten unterschiedliche und zum Teil auch höhere Sätze gelten. MessaVKlein (1993), S. 380, weisen zurecht daraufhin, daß "eine Vereinfachung bei der Festlegung des einheitlichen MwSt-Eigenmittelsatzes ... dringend geboten" ist.

c. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union

199

(1) Die MwSt-Eigenrnittel stellen keine MwSt und/oder USt der EU dar, auch

wenn die Namensgebung zu diesem Schluß leiten mag.

(2) Der im EU-Haushaltsverfahren bestimmte MwSt-Eigenrnittelsatz legt lediglich fest, welcher Anteil von der (fIktiv) errechneten, nationalen MwSt-Bemessungsgrundlage als MwSt-Eigenrnittel durch die Mitgliedstaaten an die EU abzufiihren sind. (3) Die EU-Mitgliedstaaten zahlen die errechneten MwSt-Eigenmittel aus ihren nationalen Haushaltseinnahrnen und nicht zwangsläufIg aus den effektiven, nationalen MwSt-Einnahrnen. c) BSP-Eigenrnittel Mit dem Eigenrnittelbeschluß von 1988 wurde zu den bereits bestehenden traditionellen eigenen Mitteln und MwSt-Eigenrnitteln eine weitere Einnahmenquelle eingeführt. 42 Sie beruht auf dem Bruttosozialprodukt zu Marktpreisen der Mitgliedstaaten, welches als Bemessungsgrundlage dient. Das BSP defIniert sich als Aggregat aller im Laufe einer Wirtschaftsperiode geschaffenen Wertschöpfungen einer Volkswirtschaft und kann deshalb als ein umfassender Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines EU-Landes gelten. Jedoch hängt ein interregionaler Vergleich der BSP-Daten von einer harmonisierten Erfassung und von der Qualität der Primärstatistiken der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) ab. Trotz der Anwendung einer gemeinschaftlichen BSP-Richtlinie43 kann noch immer nicht von einer harmonisierten BSP-Bemessungsgrundlage gesprochen werden. Das EU-Haushaltsverfahren legt jährlich einen BSP-Eigenrnittelsatz fest, mit dem die Bemessungsgrundlage multipliziert wird. Als Ergebnis erhält man die BSP-Eigenmittel, die von den EU-Mitgliedstaaten aus ihren allgemeinen Deckungsmitteln an die EU abzufiihren sind. Für die Union stellen die BSP-Eigenrnittel eine sogenannte Residualeinnahrne dar, die der Restftnanzierung des Haushalts dient. Folglich verkörpert der BSP-Eigenrnittelsatz eine

42 Im allgemeinen EU-Sprachgebrauch wird sie als vierte Einnahme bezeichnet. Die vierte Nummer deshalb, weil zuvor (1) Agrarabschöpfungen, (2) Zölle und (3) MwSt-Eigerunittel gezählt werden. Dieser Nummerierung wird bei den o.g. Ausfi1hrungen aber nicht gefolgt. 43 Siehe den Bericht über die Anwendung der Richtlinie des Rates vom 13. Februar 1989 zur Harmonisierung der Erfassung des Bruttosozialprodukts zu Marktpreisen (Kommission (1992d), S. 1-41).

200

6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich

veränderliche Rechengröße, die beispielsweise für das Haushaltsjahr 1994 einheitlich 0,33872 betrug. 44 Eine Gewichtsverlagerung im Rahmen des Eigenmittelsystems von der MwSt- zur BSP-Bemessungsgrundlage verringert die bereits problematisierte regressive Wirkung der MwSt-Eigenmittel und führt zu einer zunehmenden Belastung der BSP-starken Mitgliedstaaten. Die geleisteten Zahlungen der Mitgliedsländer zum EU-Haushalt entsprechen danach eher dem Verhältnis ihres relativen BSP-Anteils. Ihrer Substanz nach handelt es sich aber bei beiden Einnahmenquellen um nationale Finanzierungsbeiträge, die in dennationalen Haushalten auch dementsprechend ausgewiesen werden. 45 Durch die Ausrichtung der Kappungsgrenze der MwSt-Bemessungsgrundlage auf das BSP wird die MwSt-Bemessungsgrundlage faktisch zur Teilmenge der BSPBemessungsgrundlage. Auch gibt es praktisch keinen prinzipiellen Unterschied zwischen den bei den Berechnungsmodi der abzuführenden Eigenmittel. 46 Ein Vergleich zwischen den beiden Bemessungsgrundlagen hinsichtlich ihrer Eignung als harmonisierter Indikator der Beitragskapazität eines Mitgliedstaates führt Messal zu folgendem Ergebnis: 47 (1) Die MwSt-Bemessungsgrundlage ist zwar harmonisiert, aber nur bedingt als Leistungsindikator geeignet. (2) Die BSP-Bemessungsgrundlage stellt zwar einen umfassenden Leistungs-

indikator dar, der aber noch nicht ausreichend harmonisiert ist.

Nachdem das Bruttosozialprodukt von 1958 bis 1970 und "spätestens seit den britischen Nachverhandlungen zum EG-Beitritt als "gerechter" Indikator der nationalen Leistungsfähigkeit anerkannt" worden ist, erscheint im nachhinein das vorübergehende "Abrücken vom Sozialprodukt als Leistungsfähigkeitsindikator und der Übergang zur MwSt-Finanzierung ... als unglücklich"48. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, daß sich trotz der angesprochenen Schwierigkeiten bei der harmonisierten Ermittlung der nationalen

44 Vgl. ABI. (1994) L 362, S. 34. BSP-Eigerunittelsatz rur 1993: 0,2383 .. Zur Bereclmung siehe die Ausruhrungen bei B6ker (1994), S. 84f. 45 Vgl. Schmidhuber (1992), S. 572, und die diesbezüglichen Ausruhrungen in Punkt C.II. in diesem Kapitel. 46 Vgl. Langes (1992), S. 11. 47 VgI.Messal(1991), S. 94. 48 Henke (1980), S. 63.

C. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union

201

BSP-Bemessungsgrundlagen in der Literatur praktisch nur Befürworter der BSP-Eigenmittel finden lassen. 49 d) Strukturelle Entwicklung der EU-Eigenmittel Die Entwicklung der Eigenmittelstruktur auf Basis des 88er Eigenmittelbeschlusses zeigt nachstehende Abbildung 19. Das künftige Eigenmittelsystem sieht hinsichtlich der Eigenmittelstruktur eine weitere Reduzierung der bisherigen Dominanz des MwSt-Anteils vor. So geht die stufenweise Anhebung der Eigenmittelobergrenze mit einer sukzessiven Absenkung der MwSt-Eigenmittel (durch MwSt-Kappung und MwSt-Eigenmittelsatz) und einer Zunahme der BSP-Eigenmittel einher. Nach den vorliegenden Schätzungen der Kommission führen die KappungsMaßnahmen dazu, daß der Anteil der MwSt-Eigenmittel auf ein gutes Drittel schrumpft. Nachdem die traditionellen Eigenmittel infolge der anstehenden Agrarreformen und der Umsetzung des GATT-Abkommens ihren derzeitigen Anteil von ca. 20% keinesfalls halten werden können, gewinnen die BSPEigenmittel deutlich mehr an Gewicht. Sie werden aller Voraussicht nach in Zukunft rd. 40% der Eigenmittel stellen. 50 100% 80% 60% 40% 20% 0%

1008

1009

1~0

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1~5

I!i originäre Eigenmittel • MwSt-Eigenmittel 0 BSP-Eigenmittel Abb. 19: Struktur der Eigenmitte11988-1995 Quelle:Eigene Darstellung u. Bereclmungen nach Tab. A3. Zahlenangaben der Kommission (I 994bl, S. 38f.

49 Siehe dazu insbesondere die Ausfiihrungen von Langes (1992), S. 14f, der ein reines BSPSystem fordert. 50 Vgl. Deutsche Bundesbank (1993), S. 69. Siehe die Beurteilung der Kommission (1992e), S. 35, über die möglichen Auswirkungen der GATI-Runde und der GAP-Refonn.

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6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich 3. Plafondierung als disziplinierendes Instrument

Mit der Reform des EG-Finanzsystems von 1988 fand ein neuer konzeptioneller Ansatz Eingang in die EU-Finanzplanung, der das gemeinschaftliche Finanzgebaren zumindest auf Seiten der Eigenmittel diszipliniert und mittelfristig auf eine solide und kalkulierbare Grundlage stellt. Mit dem Jahr 1988 beginnend wurden jährliche Teilobergrenzen definiert (siehe Tabelle 7), die alle im Budget ausgewiesenen eigenen Mittel umfassen und ihrer Höhe nach begrenzen. Zunächst wurde eine Obergrenze der Zahlungsermächtigungen von 1,2% des gemeinschaftlichen Bruttosozialproduktes eingeführt, die sukzessive bis 1992 ausgeschöpft werden konnte. Als Teil des sogenannten Delors-II-Pakets einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf dem Edinburgher Gipfel über die finanzielle Vorausschau der Europäischen Union für die Jahre 1993 bis 1999. 51 Der bereits für das Jahr 1992 vorgegebene Plafond blieb auch 1993 und 1994 bestehen und steigt erst zwischen 1995 und 1999 stufenweise auf die Höchstmarke von 1,27% des EUweiten BSP. Die jährlichen Obergrenzen für Eigenmittel dürfen unter keinen Umständen überschritten werden. 52 Solange die Teilobergrenzen eingehalten werden, sind Umschichtungen zwischen den Eigenmitteln möglich. Damit lassen sich Mindereinnahmen bei den originären und den MwSt-Eigenmitteln durch einen höheren Anteil an BSP-Eigenmitteln ausgleichen. 53 Da es sich bei den BSP-Eigenmitteln um ein subsidiäres Finanzinstrument handelt, besteht auch keine dem MwSt-Eigenmittelsatz vergleichbare Höchstgrenze. Folglich beziehen sich die Eigenmittelobergrenzen auf die BSP-Bemessungsgrundlage der Europäischen Union insgesamt. Damit zeigt sich die Definition des EUFinanzrahmens auch gegenüber einer Erweiterung der Union als flexibel, weil damit nicht notwendigerweise ein neuer Eigenmittelbeschluß verbunden sein muß. 54 Denn mit dem Beitritt unterwirft sich jedes neue Mitgliedsland - von Sonderregelungen und Übergangsbestimmungen einmal abgesehen - dem jeweils geltenden Eigenmittelbeschluß und leistet einen Beitrag zur Vergrößerung der BSP-Bemessungsgrundlage. Allerdings sind mit einem Beitritt auch höhere Ausgaben verbunden, die je nach Beitragskapazität des neuen Mitgliedstaates zu einer Erweiterung des Finanzrahmens in der Folgezeit führen kann.

53

Zur fmanziellen Vorausschau siehe S. Kapitel, Punkt D.I.1. Kommission (1992c), S. 37. Vgl. B(Jker (1994), S. 87.

54

VgI.MessaVKlein (1993), S. 376.

51 52

C. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union

203

Tabelle 7 Jährliche Obergrenzen für Eigenmittel

l. Finanzielle Vorausschau 1988 - 1992 Plafond Jahr 1,15 1988 1,17 1989 1,18 1990 1,19 1991 1,20 1992

2. Finanzielle Vorausschau 1993 - 1999 Jahr Plafond 1993 1,20 1994 1,20 1995 1,21 1996 1,22 1997 1,24 1998 1,26 1999 1,27

QueUe: Eigene DaJstollw1g. Zahlenangaben sem. Eigenmitlelbesc:h1uß (1988), (1994); Kommi"lon (I992c), S. 37.

Bis zum Haushaltsjahr 1993 wurde der vorgegebene Plafond niemals voll ausgeschöpft. Analysiert man die Steigerungsraten der Teilobergrenzen fiir die Jahre 1995 bis 1999, so kann der Finanzrahmen der EU-Eigenmittel durch die stufenweise Erhöhung der Plafonds "jährlich um einen guten Prozentpunkt zusätzlich zu der Nominalrate des EG-Bruttosozialprodukts steigen"55. Die BSP-Plafondierung bewirkt nicht nur eine proportionale Zunahme der EUEigenmittel, sondern induziert auch einen konjunkturreagiblen, prozyklischen Effekt. In einer Rezession werden die EU-Einnahmen und damit auch automatisch die EU-Ausgaben sinken bzw. weniger stark steigen. Im Boom verhält es sich genau umgekehrt. Konjunkturpolitisch wäre aber genau eine entgegengesetzte Entwicklung geoten. 56 4. Korrekturmechanismen zum Ausgleich von Haushaltsungleichgewichten

Obwohl die Korrekturmechanismen nicht explizit unter die Eigenmittelbeschlüsse fallen, gibt es doch Gründe, die die vorgenommene Einordnung erlauben. Denn zum einen spielen sie bei der Ermittlung und Festlegung der Eigenmittelanteile eine wesentliche Rolle und zum anderen erfolgt die Finanzierung und Abrechnung des Korrekturmechanismus über die MwSt- und BSP-Eigenmittel. 57

55 MessallKlein (1993), S. 376. 56 Vg1. Peffekoven (1994), S. 93f. 57 VgI.Messal(1991), S. 109.

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6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich a) Hintergrund der Implementierung

Ausgangspunkt fur die Einfuhrung eines Korrekturmechanismus bildet das Drängen der britischen Regierung, das als unfair erachtete System der Eigenmittel zugunsten finanzschwacher Mitgliedstaaten zu reformieren. 58 Bereits im Dezember 1974 forderten die Staats- und Regierungschefs im Schlußkommunique von Paris den Rat und die Kommission auf, unverzüglich "einen allgemein anwendbaren Korrekturmechanismus auszuarbeiten, mit dem im Rahmen des Systems und des Funktionierens der eigenen Mittel anband objektiver Kriterien und unter besonderer Berücksichtigung der Anregungen der britischen Regierung im Laufe des Annäherungsprozesses der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten das mögliche Auftreten von Situationen verhindert werden kann, die fur einen Mitgliedstaat unannehmbar und mit dem reibungslosen Funktionieren der Gemeinschaft unvereinbar wären"59. 1976 wurde ein allgemeiner Finanzmechanismus beschlossen, der zwar grundsätzlich fur jedes Mitgliedsland gelten konnte, aber dennoch auf das britische Problem zugeschnitten war. Jedoch wurde dieser Finanzmechanismus niemals angewandt, weil keines der Mitgliedstaaten gleichzeitig alle Voraussetzungen erfiillte. 6O Nachdem für Großbritannien aufgrund der Übergangsbestimmungen bis zum Ende der siebziger Jahre ohnehin nur eine eingeschränkte Leistungspflicht galt,61 wurde die Lösung des Finanzierungspro58 Das Vereinigte Königreich hatte bereits unmittelbar nach seinem EG-Beitritt im Jahre 1974 darauf hingewiesen, daß angesichts seines relativen Wohlstandes ein korrekturbedürftiges Mißverhältnis zwischen seinen Zahlungen an die Gemeinschaft und den RückflOssen besteht (vgl. May (1982), S. 57). Aufgrund des relativ kleinen Agrarsektors des Vereinigten Königreichs ergaben sich auf der einen Seite hohe Importe aus Drittllndem, was zu einer hohen Zahllast an Agrarabschöpfungen filhrte; auf der anderen Seite standen diesen Abfilhrungen vergleichsweise geringe Rückflüsse aus der GAP gegenüber (vgl. Augstein (1988), S. 328). Zum Problem der Nettozahler siehe 8. Kapitel, Punkt C.II. 59 Punkt 37 des Schlußkommuniques der Gipfelkonferenz in Paris (9.110.12.1974). Zitiert nach Strasser (1979), S, 497. 60 Der Finanzmechanismus sollte nur bei solchen Mitgliedsllndern Anwendung fmden, bei denen folgende Voraussetzungen gleichzeitig vorlagen: (1) das BSP pro Kopf eines Migliedstaates darf 85% des EG-Durchschnitts nicht erreichen, (2) die reale BSP-Wachstumsrate muß weniger als 120% des EG-Durchschnitts betragen und ferner muß bei dieser besonderen Wirtschaftslage (3) eine unangemessene Belastung zur EG-Haushaltsfmanzierung vorliegen. Letztere wird dann unterstellt, werm der abgefilhrte Eigenmittelbeitrag ober 10% des Betrages hinausgeht, der sich aus dem relativen BSPAnteil des betreffenden Landes ergibt Treffen alle diese Voraussetzungen zu, dann werden die abgefilhrten Eigenmittel über die MwSt-Eigenmittel korrigiert Vgl. da2.uPeffekoven (1994), S. 55. 61 Wie bei Beitritten üblich, werden dem neuen EU-Mitglied entweder Ober die Einnahmen- oder Ausgabenseite Teile ihrer Beitragsleistungen zurückerstattet Diese Regelung basiert auf der Annahme, daß sich die Nutzen aus einer EG-Mitgliedschaft erst im Laufe einiger Jahre voll entwickeln und folglich die volle Leistungspflicht auch erst dann beginnt Beispielsweise wurde in der Beitrittsakte filr Spanien und Portugal festgelegt, daß beide Llnder filr einen Übergangszeitraum von 6 Jahren einen

C. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union

205

blems erst zu Beginn der achtziger Jahre erforderlich. In den Jahren 1980 bis 1984 erhielt das Vereinigte Königreich pauschale Ad-hoc-Ausgleichszahlungen. Im Eigenmittelbeschluß von 1985 wurde ein allgemeiner Ausgleichsgrundsatz62 und ein Korrekturmechanismus, der die britischen Forderungen zu befriedigen vermochte, entwickelt. 63 Damit sollten die bisher eher diskretionären Ausgleichszahlungen der Gemeinschaftsebene einem regelgebundenen Handeln weichen. b) Korrekturmechanismen rur Großbritannien Der 85er Korrekturmechanismus fand lediglich bei den Berechnungen fiir die Haushaltsjahre 1985 und 1986 Anwendungen. Für das Jahr 1987 erfolgten die Korrekturzahlungen bereits auf der Grundlage des Eigenmittelbeschlusses von 1988. Um nun Großbritannien beim modifizierten Einnahmensystem weder schlechter noch besser zu stellen als vorher, gilt folgender Korrekturmechanismus, der aus mehreren Elementen besteht: 64 (1) Großbritannien erhält weiterhin 66% der Differenz zwischen seinem ungekappten MwSt-Eigenmittelanteil und dem relativen Anteil an den verteilten Gesamtausgaben. Dabei werden die Einsparungen in Abzug gebracht, die dem Vereinigten Königreich infolge der Kappung der MwStBemessungsgrundlage und der Einfiihrung der BSP-Eigenmittel zugute kommen. (2) Die anderen Mitgliedstaaten finanzieren den Korrekturbetrag nun nicht mehr proportional zur jeweiligen MwSt-Bemessungsgrundlage, sondern proportional zum relativen BSP-Anteil. Das Verrechnungsverfahren er-

degressiv gestaffelten Anteil ihrer geleisteten MwSt-Eigenmittel zuJilckerstattet bekommen. Abgewikkelt wird diese Erstattung jedoch ober die Ausgabenseite des EU-Budgets, was bedeutet, daß beide Staaten ihre Erstattungen mitfinanzieren. In diesem Zusammenhang steht der Exkurs zu den Kompensationszahlungen aufgrund der Norderweiterung im 5. Kapitel in Punkt 0.1.3. 62 Nach dem 1984 vom Europäischen Rat in Fontainebleau beschlossenen Ausgleichsgrundsatz kann "... jedem Mitgliedstaat, der unter BeJilcksichtigung seines relativen Wohlstands eine zu große Haushaltslast zu tragen hat, ... zu gegebener Zeit eine Korrektur gewährt werden" (Eigenmittelbeschluß von 1988; vgl. auch Denton (1984), S. 126). Jedoch unterblieb eine präzise Konkretisierung, was unter "relativer Wohlstand" und "zu große Haushaltslast" zu verstehen ist (vgl. B. Seidel (1992), S. 226). 63 VgI.Messal (1989), S. 25f;Busch (1990), S. 20f;Friedmann (1995a), S. 13f. 64 Vgl. ABI. (1988) L 185, S. 24f. Auf Hintergrund und Konsequenz dieser Vorschrift soll nicht weiter eingegangen werden. Im Detail erläutert Messal (1989), S. 211f, (1991), S. 1091f, den Korrekturmechanismus fllr Großbritannien. Siehe auch die darauf bezugnehmenden und in komprimierter Form dargestellten Ausfllhrungen bei Busch (1990), S. 19f.

206

6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich

folgt zunächst über die MwSt- und bei Bedarf auch über die BSPEigenmittel. (3) Die Bundesrepublik Deutschland finanziert weiterhin ein Drittel weniger, als es dem eigentlichen Finanzierungsanteil entspricht. (4) Der Korrekturanspruch einer gegebenen Periode wird in der Folgeperiode abgewickelt.

Hinsichtlich der Korrektur von Haushaltsungleichgewichten stellte der Europäische Rat im Dezember 1992 in Edinburgh erneut fest, daß die "Korrektur des Haushaltsungleichgewichts des Vereinigten Koenigreichs unter Anwendung der derzeitigen Formel im Einklang mit den Grundsaetzen und Verfahren berechnet [wird], die in dem Eigenrnittelbeschluß von 1988 ... enthalten sind"65. Kritisch betrachtet läßt sich in dem Korrekturmechanismus keine konsistente Konzeption erkennen. Vielmehr stellt er nur eine Ausnahme von der (Finanzierungs)Regel dar. So ist die Beibehaltung "eines globalen Ausgleichsanspruchs für Großbritannien ... nur politisch zu begründen"66 und macht "das Einnahmensystem der Europäischen Gemeinschaft komplizierter und undurchschaubarer"67. Das Nebeneinander von eingeschränkter und voller Beitragspflichtsowie von Korrektur- und Ausgleichszahlungen hat letztendlich dazu beigetragen, daß das komplexe "Finanzierungssystem völlig intransparent ist"68. Trotz der berechtigten und in der Literatur auch einhellig vorgetragenen Kritik an dem derzeitigen Korrekturmechanismus dürfte er aufgrund der "in der EU gängigen politischen Praxis ... zugunsten des Vereinigten Königreichs bis 1999 unverändert bleiben"69.

11 Kritische Würdigung des EU-Einnahmensystems

Der in der Europäischen Union praktizierte primäre aktive Finanzausgleich kann nicht ohne weiteres einem der aufgezeigten idealtypischen Einnahmensysteme zugeordnet werden. Dies hat mehrere Gründe:

65

Kommission (1992c), S. 38.

66 Messal (1988), S. 215. 67 B. Seidel (1992), S. 235.

68 Peffekoven (1994), S. 71. 69 Friedmann (1995a), S. 15.

C. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union

207

(1) Zum einen liegt eine gewisse Schwierigkeit darin, daß EU-Entscheidungen letztendlich durch den Europäischen Rat bzw. den EU-Ministerrat getroffen werden. Man kann unterstellen, daß es sich bei allen Entscheidungen, die über den "interinstitutionellen Trialog" 70 herbeigefiihrt werden, um einen Abstimmungsprozeß auf EU-Ebene handelt. Die entscheidenden EG-Organe sind neben Rat und Kommission bei Haushaltsfragen auch das Europäische Parlament. Alle drei Organe müssen in die Entscheidungsfindung mit einbezogen werden. Folgt man dieser Auffassung aber nicht, weil der Rat als ein Entscheidungsorgan der Mitgliedstaaten gesehen wird, dann fällt es schwer, der EU-Ebene überhaupt eine Entscheidungskompetenz auf der Einnahmenseite zuzuordnen. Denn in praxi determinieren allein die Mitgliedstaaten die Quellen der EU-Finanzierung, den Finanzrahmen und damit die Einnahmen- und Ausgabenspielräume. Somit liegt die Schlußfolgerung nahe, daß die Union praktisch keine Einnahmenautomie besitzt. 71 (2) Zum anderen hängt die Beurteilung, inwieweit (Teil)Kompetenzen bei der europäischen Ebene liegen sollen, von dem zugrundegelegten Referenzmaßstab ab. Unterstellt man das Anforderungsprofil des im vierten Kapitel entwickelten finanzföderalistischen Referenzsystems, dann würde das präföderale Gebilde der Europäischen Union bereits an dem Maßstab einer entwickelten Föderation gemessen werden müssen. Nach dem Verbundprinzip sollte die europäische föderale Ebene ihre Ausgaben durch eigene Einnahmen, die sie letztendlich gegenüber ihren Bürgern und Unternehmen auch selbst zu verantworten hat, finanzieren. 72 Dazu müßte sie aber über die volle Entscheidungs- und je nach Ausgestaltung des Einnahmensystems auch über eine ausreichende Ertrags- bzw. Durchfiihrungskompetenz verfugen. Dem entspricht jedoch der derzeitige Stand der Integration nur rudimentär. 73

70

C. Siebert (1989), s. 16.

Vgl. Caesar (1992b), S. 54; Häde (1993), S. 401; Schmidhuber (1993), S. 6; Peffekoven (1994), S. 25f. Siehe hierzu auch die politökonomischen lmplikationen im 8. Kapitel. 72 Nach Oates (1977b), S. 307, triffi die Bezeichnung Föderation filr eine Staatengemeinschaft erst dann zu, wenn das Recht zur eigenständigen Steuererhebung gegenüber den einzelnen Bürgern besteht. Dort aber, "wo die Zentralgewalt nicht den Bürgern selbst, sondern vielmehr den einzelnen Staaten Steuerbescheide zugehen läßt", handelt es sich um ein "konfMeralistisches Modell", das dem europäischen System sehr nahe kommt. 73 Eine ganz ähnliche Schlußfolgerung ziehen auch Theato/Gra[(1994), S. 14, indem sie schreiben, daß "der EG als bundesstaatsähnlichem Gebilde ... unter diesen Gesichtspunkten nur eine begrenzte Finanzautonomie zuzurechnen" ist. 71

208

6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich

(3) Der Korrekturmechanismus zugunsten von Großbritannien stellt an sich nur eine Ausnahme von der Regel dar. Der Ausgleichsbetrag wird in verschiedenen Rechenschritten zunächst fiktiv berechnet, und anschließend erfolgt die Verrechnung und Entrichtung der korrigierten MwStEigenrnittel der Mitgliedstaaten. Das hat zur Folge, daß sich der 'Britenrabatt' als ein unsystematisches Element des aktiven Finanzausgleichs nur schwer einordnen läßt, zumal auch tatsächlich keine (Ausgleichs) Zahlungen über den primären aktiven Finanzausgleich geleistet werden. (4) Außerdem führen nicht wenige Autoren eine konktroverse Diskussion

darüber, ob es sich bei den EU-Eigenmitteln überhaupt um steuerähnliche Abgaben handelt.14 Dies betrifft insbesondere die MwSt- und BSPEigenmittel, die "ihrem Charakter nach freiwillige Beiträge der Mitgliedstaaten an die Gemeinschaft sind"75. Klassiflziert man sie als solche, dann müßten sie in der Systematik des Finanzausgleichs eigentlich einem Zuweisungssystem im Rahmen des sekundären aktiven Finanzausgleichs zugeordnet werden. Darüber hinaus sehen die vertraglichen Grundlagen bisher kein Steuerflndungsrecht für die Union vor. Eine steuerliche Entscheidungskompetenz mag man allenfalls in den Tarifen der gemeinsamen Zölle und der Agrarabschöpfungen sowie in den allgemeinen Bestrebungen zur Steuerharmonisierung erkennen. 76 Unabhängig davon vertritt die Europäische Kommission die Meinung, daß der Begriff der Eigenmittel nicht irreführend sei und sich die eigenen Mittel der Union durchaus "als Steuereinnahmen definieren lassen und ihr ein für allemal zugewiesen werden; sie fließen ihr automatisch zu und es bedarf hierfür keines weiteren Beschlusses der einzelstaatlichen Behörden"77.

(5) Neben diesen Schwierigkeiten einer systematischen Einordnung der EU-

Eigenmittel gewinnt in der Praxis ein neues Finanzierungsinstrument an Bedeutung. Es lassen sich offene und versteckte Verschuldungstendenzen erkennen, obwohl eine Kreditflnanzierung des EU-Haushalts nur für ex-

74

Stellvertretend siehe Caesar (1990), S. .58f.

75

TheatoIGraf(1994), S. 1.5. Die Bezeichnung der BSP-Abgabe als Steuer entspricht nach Henke (1981), S. 64, "arn besten dem Selbstverständnis einiger EG-Organe", wenngleich sie als Begr\ln-

dung des Steuercharakters nicht ausreicht Auch die theoretischen Versuche "die BSPResidualeinnalune als 'shadow tax', also eine Abgabe auf das Sozialprodukt einzuordnen, erscheinen wenig überzeugend" (Friedmann (199.5a), S. 19). 76 Von Art. 49 EGKS-Vertrag wird abgesehen, der für die Deckung von EGKS-Ausgaben eine Art europlische Steuer (Umlage auf Kohle- und Stahl erzeugnisse) vorsieht. Für die Römischen Vertrlge orientierte man sich aber an der traditionellen Methode zur Finanzierung internationaler Organisationen und sah Finanzbeitrlge der Mitgliedsländer vor. Vgl. dazu TheatoIGraf(1994), S. 14. 77 Kommission (1994b), S. 18.

c. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union

209

plizit vorgesehene Anleihe- und Darlehensoperationen erlaubt ist. Damit verbunden sind nicht nur ineffiziente Mittelverwendungen, sondern auch eine erhebliche Intransparenz des Mittelflusses. 18 Aufgrund dieser Unschärfen bleiben die in der Literatur entwickelten Ansätze einer klaren Verknüpfung der tradierten theoretischen Muster mit dem praktizierten EU-Einnahmensystem oftmals nur Stückwerk. 19 Tabelle 8 veranschaulicht, wie sich die einzelnen Eigenmittel in das theoretische Gerüst einordnen lassen. Resümierend sind zu den drei Eigenmittelarten folgende Anmerkungen zu machen: (1) Originäre Eigenmittel: Agrarabschöpfungen und Zölle können dem gebundenen Trennsystem zugeordnet werden. 80 Bei dieser Einnahmenart handelt es sich sozusagen um die natürlichen Einnahmen eines integrierten Wirtschaftsraumes, weil die "Bemessungsgrundlagen regional nicht eindeutig zugeordnet werden können" 81 . Allein schon aufgrund der offensichtlichen Verzerrung zwischen formaler und effektiver Inzidenz dieser Abgaben dürfen sie nicht dem Mitgliedsland als Einnahme zugerechnet werden, in dem sie erhoben werden. Vielmehr ist es naheliegend, derartige Einnahmen direkt dem EU-Haushalt als originäre Eigenmittel zuzurechnen. Abgesehen von der zehnprozentigen Kostenpauschale fiir die Erhebung und Abfiihrung dieser Eigenrnittel (delegierte Durchfiihrungskompetenz) verfUgt die Europäische Union in diesem Fall über eine unbegrenzte Ertragskompetenz. (2) MwSt-Eigenmittel: Die MwSt-Eigenmittel lassen sich einerseits dem gebundenen Trennsystem zuordnen, andererseits aber auch dem Verbundsystem. In beiden Fällen wird der EU die Objektkompetenz über die fiktive MwSt-Bemessungsgrundlage von den Mitgliedstaaten zugewiesen. Für eine Zuordnung in das Trennsystem ohne Gestaltungskompetenz spricht der Umstand, daß die Union nur entsprechend der dafiir vorgesehenen Verfahren über den MwSt-Eigenmittelsatz entscheidet, der aber ansonsten als 'exogen gegeben' anzusehen ist. Für die Einordnung in ein Einzelverbundsystem spricht die gemeinsame Nutzung der MwSt als BemessungsZu den Kreditoperationen im EU-Finanzsystem siehe Caesar (1992a), S. 11.5ff. Exemplarisch seien die Ausfiihrungen von B. Seidel (1992), S. 52f, genannt, die zwar die Systematik von Henke (1981), S. 17, modifizieren, aber sie weitestgehend unbestimmt lassen. 80 Vgl. Friedmann (199.5a), S. 17. Nach Peffekoven (1982), S. 415, liegt bei den originären Eigenrnitteln ein "separierendes Trennsystem" vor. 81 Peffekoven (1994), S. 11.5. 18

19

14 Walthes

210

6. Kapitel: Primärer aktiver Finanzausgleich grundlage mit den Mitgliedstaaten als Steuerquelle sowie die Quotenbildung durch den MwSt-Eigenmittelsatz. Hinsichtlich der Ertragskompetenz bedeutet das, daß 1% der (gekappten) MwSt-Bemessungsgrundlage der EU-Ebene und das tatsächlich vereinnahmte MwSt-Aufkommen den Mitgliedstaaten zustehen. 82 Weil die Interpretation der MwSt-Eigenmittel als EU-eigene MwSt-Einnahmen unweigerlich eine Assoziation mit einer EU-MwSt hervorruft, ist darauf hinzuweisen, daß es sich hierbei um keine Steuer handelt. Das wäre dann der Fall, wenn z.B. grundsätzlich 1 Prozentpunkt der nationalen MwSt der EU-Ebene zustehen wÜrde (Zuschlagssystem). Auf alternative Konzeptionen der Finanzierungsfonn der eigenen Einnahmen wird im weiteren noch kurz einzugehen sein. 83

(3) BSP-Eigenmittel: Die BSP-Komponente läßt sich in das Verbundsystem einordnen. 84 Denn unabhängig von der besonderen Art der Berechnung (BSP-Eigenmitteleinsatz, BSP-Bemessungsgrundlage usw.) kann als Wesensmerkmal dieser Residualgröße eine Quotierung der Erträge im Einnahmeverbund zwischen EU und Mitgliedstaat erkannt werden. So treten die Mitgliedsländer aus ihrem Gesamtaufkommen an Haushaltseinnahmen einen bestimmten Teil, der sich aus Gründen der Lastenverteilung am Indikator der Beitragskapazität, dem BSP und seiner entsprechenden Bemessungsgrundlage anlehnt, zum EU-Budgetausgleich ab.

Solange für die Europäische Union die Mitgliedsländer die Zahlungspflichtigen (Schuldner) bleiben, handelt es sich zumindest bei den MwSt- und BSPEigenrnittein faktisch um Finanzbeiträge der EU-Länder. Dennoch ist der Charakter eigener Mittel insofern vorhanden, "als die jeweiligen Beträge automatisch jeden Monat auf das Konto der Gemeinschaft in dem betreffenden Mitgliedstaat überwiesen werden"85. Damit gelangen diese in gleichbleibenden Zwölftein abgeführten Mittel in die Verfügungsgewalt der Union, die dann ihrerseits gemäß ihrer Ausgabenplanungen autonom darüber verfügt. Trotzdem muß aus theoretischer Sicht weiterhin bezweifelt werden, ob die Europäische Union mit dem derzeit praktizierten Eigenmittelsystem die notwendige

82 Arunerkung: Peffekoven (1994), S. 60, sieht sogar die ausschließliche Ertragshoheit bei den nationalen Haushalten. Seiner Ansicht nach wird die Gesetzgebungshoheit auf dem Ge.\>i,::t der indirekten Steuern nur marginal durch die Harmonisierungsbestrebungen der EU beeinträchtigt. 83 Mehr zur Möglichkeit einer weiteren EU-Einnahme in Fonn einer Gemeinschaftssteuer auf harmonisierter Grundlage folgt im 10. Kapitel. 84 Andere Sicht bei ZimmermannIHenke (1994), S. 210, die die BSP-Eigenmittel eher einem gebundenen Trennsystem zuordnen und bei Friedmann (1995a), S. 17, der die BSP-Residualeinnahme weniger einem Verbundsystem als vielmehr einem Mischsystem zuweist. 85 Friedmann (1995a), S. 19.

C. Bewertung des aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union

211

finanzielle Autonomie schon erhalten hat, um als "Körperschaft der vierten Ebene" eigenverantwortlich und gestalterisch tätig werden zu können. Die Vertiefung dieser Kontroverse erfolgt im Zusammenhang mit der Diskussion möglicher Modifikationen und Reformen des EU-Finanzsystems. 86 Tabelle 8

Gerüst des aktiven Finanzausgleichs in der Europäischen Union

Eigenmittel ~ Kompetenzen .,l. Entscheidungskompetenz

Durchfllhrungskompetenz

ErtragsKompetenz

originäre Eigenmittel kongruent

EU-Ebene_(interinstitutioneller Trialog)

inkongruent

MwStEigenmittel inkongruent

inkongruent

EU-Ebene_(bzgl. Eigenmittelsatz, MwSt-Kappung) EU-Länder (bzgl. MwStTatbestände Bemessungsgrundlage)

EU-Ebene_(bzgl. Eigenmittelsatz) EU-Länder_(bzgl. Rahmenbedingungen, Bemessungsgrundlage)

inkongruent

inkongruent

EU-Ebene_(bzgl. Berechnung, Kontrolle) EU-Länder (mit 10% Kostenerstattung)

EU-Ebene_(bzgl. Berechnung, Kontrolle) EU-Länder (bzgl. Einnahmenerzielung)

EU-Ebene (bzgl. Berechnung, Kontrolle) EU-Länder (bzgl. BSP- Erwirtschaftung)

kongruent

inkongruent

inkongruent

EU-Ebene (90% des Aufkommens)

EU-Ebene (1% der gekappten MwStBemessungsgrundlage) EU-Länder (effekti v vereinnahmte MwSt)

Einnahmensystem

gebundenes Trennsystem mit Gestaltungskompetenz

Einnahmenautonomie

hoch

Verbundsystem oder gebundenes Trennsystem ohne Gestaltungskompetenz mittel

QueUe: Eigene DarsteUWlg

86 Siehe dazu 10. Kapitel. 14*

BSPEigenmittel

EU-Ebene (bzgl. Restfmanzierung des EUHaushalts) EU-Länder (künstl. Bemessungsgrundlage, deshalb Finanzierung aus allg. Deckungsmitteln) Verbundsystem

gering

212

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich 7. Kapitel

Sekundärer aktiver Finanzausgleich: (Europäischer) Finanzausgleich im engsten Sinn Die Funktion des sekundären aktiven Finanzausgleichs besteht in erster Linie darin, die Unzulänglichkeiten zu beseitigen, die (zwangsläufig) aus der Verteilung von Aufgaben und Einnahmen auf Körperschaften resultieren. Es handelt sich hierbei um einen grundsätzlichen Korrekturbedarf innerhalb von Föderationen, der dadurch entsteht, daß "der optimale bundesstaatliche Zentralisierungsgrad auf der Finanzierungsseite höher ist als der optimale Zentralisierungsgrad auf der Aufgaben- und Ausgabenseite"l. Zwischen den gebietskörperschaftlichen Ebenen eines fOderativen Gemeinwesens erfolgt diese ausgleichende Korrektur in aller Regel durch finanzielle Übertragungen, den sogenannten Finanzzuweisungen, über deren Umfang und Struktur im Rahmen des sekundären aktiven Finanzausgleichs entschieden werden muß. Gegenüber dem passiven und dem primären aktiven Finanzausgleich, die beide als ordnungspolitische Komponenten der Verfassungsfunktion bezeichnet werden können, handelt es sich beim Finanzausgleich im engsten Sinn auch um ein prozeßpolitisches Element der Bereitstellungsfunktion. Die nachfolgenden Ausführungen erörtern bzw. beantworten zunächst vier Fragen, die unweigerlich mit einer Implementierung und Operationalisierung eines korrigierenden Finanzausgleichs (Finanzausgleich im engsten Sinn) verbunden sind: (1) Welche Zuweisungsarten werden im sekundären aktiven Finanzausgleich überhaupt angewandt? (2) Welche Zuweisungsart gewährleistet eine effiziente Zielerreichung? (3) Welchen ökonomischen Zielen dient der Einsatz von Zuweisungen? (4) Wie läßt sich das distributive Ziel der 'fiscal equity' konkretisieren? Im Zuge der Beantwortung dieser Fragen werden neben der Theorie der Zuweisungen auch die Ermittlung von Finanzkraft und -bedarf sowie das Maß bzw. die Intensität des Ausgleichs erörtert. Im Anschluß an das Resümee zum sekundären aktiven Finanzausgleich folgt die Würdigung der europäischen Ausgestaltung.

1

R.L.Frey(1991),S.9.

A. FinanzzuweisWlgen im sekundären aktiven Finanzausgleich

213

A. Finanzzuweisungen im sekundären aktiven Finanzausgleich Die nachfolgenden Erläuterungen liefern neben einer Definition auch einen Überblick über die Arten und Möglichkeiten der Ausgestaltung von Finanzzuweisungen. Dieser Vorspann erleichtert den Einstieg in die Logik des sekundären aktiven Finanzausgleichs und fOrdert das Verständnis rur die Argumentation in den sich anschließenden Gliederungspunkten.

1 Ökonomische Begriffsbestimmung

Finanzzuweisungen (intergovemmental grants) bilden in fOderalen Gemeinwesen neben den originären Einnahmen, die im Rahmen des primären aktiven Finanzausgleichs behandelt wurden, eine weitere Möglichkeit der Einnahmenzuteilung. Sie verkörpern eine zusätzliche Quelle der Finanzierung eines gebietskörperschaftlichen Budgets. Unter den Begriff 'Zuweisungen' lassen sich in einem weiten Sinn alle Finanzströme subsumieren, die von einer öffentlichen Körperschaft ohne Anspruch auf direkte Gegenleistung an einen Empfänger im privaten oder öffentlichen Sektor fließen. 2 Die finanzwissenschaftliche Literatur spricht mehrheitlich bei Zahlungen an private Empfänger von Transfers (z.B. Sozialtransfers, Subventionen) und reserviert den Begriff 'Zuweisungen' fiir jene Finanzströme, die innerhalb des öffentlichen Sektors zwischen Körperschaften fließen. 3 Folglich besteht das charakteristische Kennzeichen eines Zuweisungssystems darin, daß "eine Ebene von Gebietskörperschaften aus ihrer Finanzmasse eine andere Ebene "alimentiert""4.

n

Arten von Finanzzuweisungen

Je nachdem, zwischen welchen körperschaftlichen Ebenen die Finanzzuweisungen fließen, welchen Zielvorgaben sie dienen oder mit welchen Auflagen sie verbunden sind, ergibt sich ein weites Spektrum unterschiedlicher Ausge2 Vgl. Benkert (1984a), S. 43. Für H. Fischer (1988), S. 24, ist die Fonnulierung 'direkte Ge· genleistung' deshalb erforderlich, weil Zuweisungen mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Verbal· tensauflagen verbunden sein können und insofern sehr wohl eine indirekte Gegenleistung beinhalten. 3 Eine andere Terminologie verfolgt z.B. Smekal (1980), S. 151fT, der von Transfers zwischen Gebietskörperschaften spricht. 4 ZimmermannIHenke (1994), S. 186.

214

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

staltungsfonnen. Wie ein Blick in die vorhandene Literatur zeigt, sind die Möglichkeiten der Ausgestaltung von Zuweisungen und die von ihnen ausgehenden Wirkungen vielschichtig. Nachdem in der Praxis unterschiedliche Arten von Zuweisungen existieren und die entsprechende Ausgestaltung eine in Nuancen andere theoretische Begründung beinhaltet, sind eine Vielzahl spezifischer Aspekte zu berücksichtigen. s Grundsätzlich sind aber mit der Errichtung eines Zuweisungssystems immer dieselben Probleme zu lösen. Das gilt auch, wenn souveräne Staaten gemeinsam bestimmte Aufgaben erfüllen und die damit verbundenen Kosten aufteilen. 6 Die beobachtbaren und denkbaren Arten von Finanzströmen zwischen öffentlichen Körperschaften können nach einer Reihe von Kriterien unterschieden werden, die hier jedoch nur synoptisch analysiert werden können: 7 (1) Je nach Ausgestaltung der Auflagen, die mit der Gewährung verbunden sind, können zweckgebundene und ungebundene Zuweisungen unterschieden werden. Allgemeine Finanzzuweisungen (general purpose grants) werden dem Empfänger zur freien Verfügung gestellt. Wird der Handlungsspielraum des Empfängers durch eine Zweckbindung eingeschränkt (Verwendungsauflage), so handelt es sich um eine zweckgebundene Zuweisung (special purpose grant). Eine derartige Zuweisung kann entweder eine sehr weit gefaßte oder aber eine bis ins Detail gehende Beschreibung eines Verwendungsgebietes zum Inhalt haben. (2) Zweckzuweisungen können auch mit Auflagen zur Eigenbeteiligung verbunden sein (matching grants). In einem solchen Fall muß sich der Empfänger in einem festgelegten Umfang an der Finanzierung des gefOrderten Aufgabengebietes beteiligen, um die Finanzzuweisung zu erhalten, d.h. die empfangende Gebietskörperschaft muß selbst Finanzmittel bereitstellen. (3) Finanzzuweisungen können nach ihrem Lenkungseffekt, d.h. dem Ausmaß der Verhaltensbeeinflussung, differenziert und beurteilt werden. (4) Zuweisungen können ihrem Betrag nach plafondiert (sog. "Repartitionsprinzip") oder unbegrenzt (sog. IQuotitätsprinzip "8) gewährt werden.

5 6

Vgl. Petersen (1988), S. 120. VgI. H. Fischer (1988), S. 20. 7 Ausfllhrlicher bei Benkert (1984a), S. 44; H. Fischer (1984), S. 229; Kops (1984c), S. 341f Ähnlich bei Peffekoven (1988), S. 622( oder bei Fischer-Menshausen (1988), S. 651. Eine schematische Auflistung der Merlcmale von Zuweisungen fmdet sich bei Gläser (1981), S. 36, und ZimmermannIHenke (1994), S. 187. Siehe hierzu auch die modelltheoretischen Implikationen einiger Zuweisungsarten in diesem Kapitel.

A. Finanzzuweisungen im sekundären aktiven Finanzausgleich

215

(5) Zuweisungen können prinzipiell nach zwei Verfahren an die potentiellen Empfänger verteilt werden. So können die Finanzmittel nach dem Windhundverfahren, d.h. in der Reihenfolge der gestellten Anträge, bewilligt und solange zugewiesen werden, bis das bereitgestellte Finanzvolumen erschöpft ist. Aber auch eine Schlüsselung über allgemeine Schlüssel, wie der Einwohnerzahl, oder spezielle, an den Bedürfnissen orientierte Schlüssel, ist praktikabel. (6) Ist die Berechtigung und Höhe der Zuweisungen nicht anband klarer, operabler und justitiabier Kriterien bestimmbar, so handelt es sich um diskretionäre Zuweisungen. Sind demgegenüber transparente, präzise und kontrollierbare Merkmale festgelegt, spricht man von regelgebundenen Zuweisungen (conditional grants). Solche Empfangsauflagen können geographische, politische, funktionale oder ökonomische Indikatoren zum Inhalt haben. 9 Die Übergänge sind jedoch mitunter fließend.

m

Vertikale und horizontale Ausgestaltung

In einem föderativen Staatswesen können die genannten Zuweisungsarten grundsätzlich in drei verschiedenen Varianten auftreten. In Abhängigkeit davon, in welche Richtung die Zuweisungen aus hierarchischer Sicht der föderalen Ebenen fließen, kann es sich im einzelnen um folgende Komponenten der Ausgestaltung handeln: (1) Vertikaler Finanzausgleich: Sofern die Finanzströme von 'oben nach unten' fließen, d.h. ein übergeordneter Aufgabenträger leistet an eine nachgeordnete Körperschaft Zuweisungen, kann man diese Art der Zahlungen auch als Dotationen bezeichnen. Geben die unteren Gebietskörperschaften Zuweisungen von 'unten nach oben' an eine höhere Ebene, so spricht man auch von Umlagen oder Beiträgen. 10

Glt/ser (1981), S. 37. Im angelslchsischen Sprachgebrauch werden erstere als 'fixcd-sum-' oder 'c1oscd-end-type of grant' und letztere als 'open-end-typc of grant' bezeichnet 9 Dient eine Finanzzuweisung dem Ziel der Angleichung der Finanzausstattungen der verschiedenen Körperschaften unter Berilcksichtigung der jeweiligen Ausgabenlasten, so kann die Empfang)lauflage darin bestehen, eine bestimmte Relation von Finanzkraft und -bedarf nachzuweisen, um zum Kreis der empfang)lbercchtigten Körperschaften zu gehören. Dazu spAter mehr in diesem Kapitel. 10 Als Beispiele lassen sich zum einen die sog. Matrikularbeitrlge der deutschen LInder rur das Reich (KostgInger der LInder) im 19. Jahrhundert anfilhren; zum anderen wurde das EG-Budgct bis 1978 aus FinanzbeitrAgen der Mitgliedstaaten bestritten. Zum letzteren siehe auch 6. Kapitel, Punkt c.

216

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

(2) Horizontaler Finanzausgleich: Werden die Zuweisungen zwischen Körperschaften derselben Ebene transferiert, so handelt es sich hierbei um Überweisungen. (3) Vertikaler Finanzausgleich mit horizontalem Effekt: Werden in ihrer Höhe unterschiedliche vertikale Zuweisungen gewährt, so ergibt sich eine den horizontalen Zuweisungen vergleichbare Wirkung. Findet beispielsweise im Rahmen eines vertikalen Finanzausgleichs ein Verteilungsschlüssel Anwendung, der die finanzstaren Körperschaften zugunsten von finanzschwachen Körperschaften benachteiligt, dann ergibt sich ein ausgleichender Effekt auf horizontaler Ebene zwischen gleichrangigen Körperschaften.

B. Modelltheoretische Implikationen ausgewählter Zuweisungsarten Die Vielzahl möglicher Zuweisungsarten macht deutlich, daß es sowohl auf den Einsatz- und Zielbereich der Finanzzuweisungen als auch auf den Steuerungsbedarf des Gebers gegenüber dem Empfänger (Lenkungseffekte) ankommt. Im folgenden werden exemplarisch drei Zuweisungsarten unter theoretischen Aspekten analysiert. 11 Im einzelnen handelt es sich um (1) ungebundene, (2) zweckgebundene Zuweisungen ohne Eigenbeteiligung und (3) Zweckzuweisungen mit Eigenbeteiligung. Dazu wird auf ein einfaches Budgetmodell zurückgegriffen, das sich in der Konsumtheorie der privaten Haushalte bewährt hat. Der politische Entscheidungsprozeß muß jedoch dahingehend limitiert werden, daß bereits mit Einstimmigkeit über das kollektive Güteranebot entschieden wurde und von Verteilungs- wie auch Finanzierungsproblemen abstrahiert wird. Insofern verfUgen alle Gemeindebürger über identische Präferenzen, und die zu analysierende Körperschaft kann wie ein einzelner, repräsentativer Konsument behandelt werden. Eine derartige Vereinfachung erlaubt die ausschließliche Konzentration auf allokative Aspekte. 12

11 Umfangreiche Wirkungsanalysen zu den wichtigsten Ausgestaltungsfonnen von Finanzzuweisungen fmden sich in den Aufsätzen von Smekal (1980), S. 176f, Hirte (1990), S. 5f, Nitsch (1995), S. 4f, sowie in den Monographien von Gläser (1981), S. 36ff,undH. Fischer (1988), S. 31ff. 12 Es darfjedoch nicht übersehen werden, daß in Wirklichkeit insbesondere PrAferenzunterschiede und fmanzpolitische Machtasynunetrien den Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß über das Angebot kollektiver Güter nicht unerheblich beeinflussen (vgl. Benkert (1984a), S. 45). Siehe auch die politökonomischen Aspekte im nächsten Kapitel.

B. Modelltheoretische Implikationen ausgewählter Zuweisungsarten

217

L Wirkungen allgemeiner Pauschalzuweisungen

Zu den grundlegenden Erkenntnissen der theoretischen Untersuchung von innerstaatlichen Zuweisungen gehört, daß allgemeine Zuweisungen (general purpose oder unconditional grants), die weder mit Empfangs- noch mit Verwendungsauflagen verknüpft sind, nur Einkommens-, aber keine Substitutionseffekte nach sich ziehen. 13 In einem einfachen Zwei-Güter-Modell läßt sich das Konsumverhalten der Bürger einer Körperschaft anschaulich darstellen (Abbildung 20). privates Güterbündel

A'

E

A

C'

r--~~~----~

C

+-_ _ _ _----.3"'" öffentliches

r------"'----D.....--"-B-----~...B-.-----i~ Güterbündel Abb. 20: Wirkungsanalyse einer Pauschalzuweisung Quelle: In AnIehnWlg In H. FI.cher (1988). S. 34.

Die Bürger verteilen ein gegebenes Einkommen (Budgetgerade AB) ihren Präferenzen (IndifIerenzkurve 10 ) entsprechend auf ein privates und auf ein öffentliches Güterbündel. Das Nutzenmaximum liegt in Punkt PO' Zur Bereitstellung der Menge von OD an öffentlichen Gütern müssen die Individuen auf AC an privaten Gütern verzichten. Dieser Verzicht kann als steuerähnlicher

13

vgl. H. Fischer (1990a), S. 293.

218

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

Tatbestand zur Finanzierung des öffentlichen Güterbündels interpretiert werden. 14 Der Steuersatz beträgt demnach AC/OA, d.h. SteuerbetraglEinkommen. Nach einer pauschalen Finanzzuweisung zugunsten der Körperschaft (parallelverschiebung der Budgetgeraden nach A'B') ist der neue Optimalpunkt PI im Normalfall sowohl durch ein Mehr an privaten (OC') als auch an öffentlichen (OD') Gütern gekennzeichnet. Die Einkommenselastizitäten der Nachfrage (i.d.R 0 < I; < 1), die sich in der Form der Indifferenzkwven15 widerspiegeln, bestimmen den Zuwachs an öffentlichen und privaten Gütern (neuer Optimalpunkt PI). Ein Teil der öffentlichen Zuweisung hat, wie zu erwarten war, zu einem vermehrten Konsum von privaten Güten geführt. Weil die Zuweisung an keine Verwendungsauflage gebunden ist, kommt sie einer allgemeinen Einkommenssubvention gleich. Damit das neue Angebot an öffentlichen Gütern realisiert werden kann, müssen die Bürger - am ursprünglich vorhandenen Einkommen gemessen - nur noch auf AC' an privaten Gütern verzichten. Folglich ist der Steuersatz von AC/OA auf AC'/OA gesunken. Die Steuerreduktion beträgt C'C. Der Gesamtbetrag der Zuweisungen (AA') bewirkt ein Anwachsen des Konsums öffentlicher Güter um DD'. Gemessen in privaten Gutseinheiten führt die Pauschalzuweisung einerseits zu einer Steuerminderung um A'E (= C'C) und andererseits zu einer Ausgabenerhöhung zugunsten öffentlicher Güter um AE.16 Die Wirkung von Pauschalzuweisungen läßt sich mit wenigen Worten präzisieren. Eine allgemeine Zuweisung führt zu einer Zunahme der Ausgaben für öffentliche Güter. Jedoch erfolgt die Ausgabensteigerung nicht in voller Höhe der Zuweisung, denn ein Teil der Zuweisung dient der steuerlichen Entlastung der Bürger der empfangenden Körperschaft. 17

14 Zur Finanzierung des öffentlichen GOterbOndels wird eine Pauschsteuer unterstellt 15 Der Verlauf und die Fonn des Indifferenzkurvensystems deutet weder auf eine Inferioritlt noch auf eine Superioritlt einer der beiden GOterarten hin. Ausfilhrlicher dazu Neumann (1991), S. 113f. 16 Vgl. dazu neben Benkert (1984a), S. 45f; und H. Fischer (1990a), S. 293f; auch MusgravelMusgraveIKullmer (1992), S. 24f. 17 Vgl. StigbtzlScMn[elder (1989), S. 682f. Im Verlauf der Indifferenzkurven kommen die Einkommenselastizitlten der Nachfrage nach öffentlichen und privaten GOtern zum Ausdruck. Nachdem davon ausgegangen werden kann, daß die Einkommenselastitzitlten nach öffentlichen GOtern großer sind als die nach privaten Gotem, ßlh die Mengenausdehnung nach einer Pauschalzuweisung beim öffentlichen GOterbOndel größer aus als beim privaten GOterbOndel. Vgl. hierzu H. Fischer (1988), S. 35.

B. Modelltheoretische Implikationen ausgewählter Zuweisungsarten

219

n. Wirkungsanalyse einer zweckgebundenen Zuweisung Wünscht die zuweisende Gebietskörperschaft von der empfangenden Körperschaft einen Anstieg der Ausgaben für ein bestimmtes Gut des öffentlichen Güterbündels (Lenkungseffekt), so werden die Finanzmittel im Rahmen einer selektiven, d.h. zweckgebundenen Zuweisung gewährt. Es wird unterstellt, daß sich die Verwendungsauflage der Zweckzuweisung auf ein Mindestangebot bezieht, für das die gebende Körperschaft die Kosten trägt. Die Wirkung einer Zweckzuweisung ist solange der einer Pauschalzuweisung gleich, wie die Höhe der Zweckzuweisung geringer ist als der Betrag, den die empfangende Gebietskörperschaft ohnehin für diesen Zweck verausgaben wollte. 18 In einem solchen Fall ersetzt die Zweckzuweisung nur die durch die Körperschaft ohnehin schon bereitgestellten Finanzmittel für das öffentliche Angebot (Mitnahmeeffekt).19 Folglich sichern sowohl die zweckgebundene als auch die allgemeine Zuweisungsart den gleichen Anstieg der Bereitstellungsmenge des öffentlichen Gutes. 20 Insofern handelt es sich bei einer derartigen Zweckbindung um eine absolut unnötige Determinierung. 21 Um durch eine Finanzzuweisung mit Verwendungsauflage einen Lenkungseffekt, d.h. eine effektive Ausweitung des Angebotes über das bisherige Ausmaß hinaus, zu bewirken, muß der Zuweisungsbetrag über demjenigen Betrag liegen, der bisher erforderlich war, um das vorherige Maximalangebot zu finanzieren. 22 Es fließen erst dann keine Zuweisungsmittel mehr in unerwünschte Verwendungen, "wenn die Aufrechterhaltung der von der Gemeinde gewünschten Güterkombination bei gegebener Preisrelation die Verwendung

18 19

Vgl. Smekal (1980), S. 181. Zum Zusanunenhang von Mitnahme-, Lenkungs- und Substitutionseffekt siehe Zimmermann (l987b), S. 339f. 20 Vgl.Musgraver'Musgrave/Kullmer(1992), S. 29. 21 Smekal (1980), S. 182, sieht auch die mit einer Zweckbindung verbundenen Verwaltungskosteno In Anlehnung an Andel ([1977] 1988, S. S02) interpretiert er diese vermeidbaren Kosten, die bei einer ungebundenen Finanzzuweisung mit gleicher Effektivität nicht aufgetreten wAren, als 'excess burden'. In Analogie zur neuen Analytik der Steuerwirkungslehre handelt es sich aber hierbei um einen Ressourcenverzehr im öffentlichen Sektor (Verwaltungskosten) und nicht um eine Zusatzlast (excess burden), die in einem Verlust an Produzenten- und Konsumentenrente zum Ausdruck kommt (vgl. dazu Graske (1991) S. 44). 221m allgemeinen bezieht sich die Zweckbindung auf die Ausweitung des Angebotes an öffentlichen Gütern. In einem solchen Fall kann von einer Meritorisierungszuweisung gesprochen werden. Auch der umgekehrte Fall einer Demeritorisierungszuweisung - mit dem Ziel einer Angebotsreduktion - ist denkbar.

220

7. Kapitel: Selamdarer aktiver Finanzausgleich

der gesamten verfügbaren Eigenrnittel für die Bereitstellung des nicht geförderten Gutes verlangt"23. Es läßt sich nun veranschaulichen, daß unter bestimmten Bedingungen die Bereitstellung eines bestimmten öffentlichen Gutes mit Hilfe einer zweckgebundenen Zuweisung aus Sicht der finanzierenden, d.h. zuweisenden Körperschaft, weniger kostspielig ist, als dies bei einer allgemeinen Zuweisung der Fall wäre. 24 In Abbildung 21 geht es um die Mengenvariationen der empfangenden Körperschaft, die über die Struktur des Angebotes an öffentlichen Gütern zu entscheiden hat. Es zeigt sich, daß die effektive Ausweitung des Angebotes eines bestimmten öffentlichen Gutes X nur dann erfolgt, wenn der Zuweisungsbetrag die Bereitstellungskosten des vorherigen maximalen Angebotes übersteigt. Gewährt eine übergeordnete einer nachgeordneten Körperschaft eine Zweckzuweisung ausschließlich zugunsten eines öffentlichen Gutes in Höhe von BB' (oder gemessen in anderen Gütern in Höhe von AA'), so wird nur der Abschnitt RB' als neue Budgetgerade verfügbar sein. Denn die Zweckbindung an das öffentliche Gut X schließt eine Ausweitung der Angebotsmenge der restlichen öffentlichen Güter Y über die bisher maximale Menge OA aus. Die Zweckzuweisung BB' ermöglicht bei Beibehaltung der Angebotsmenge von Y in Höhe von OA eine maximale Menge des öffentlichen Gutes X von OF (= AR). Wünscht sich die empfangende Körperschaft nun aber eine darüberhinausgehende Ausweitung von Gut X, so kann sie das nur unter einem Verzicht auf Gutseinheiten von Y erreichen. Bei dem gegebenen Preisverhältnis zwischen beiden Gütern ist dies nur entlang der Budgetgeraden RB' möglich. Das Gleichgewicht findet sich in PI und entspricht damit demjenigen, das sich auch bei einer Pauschalzuweisung eingestellt hätte.

23 Benkert (1984a), S. 46. 24 Vgl. MusgraveIMusgraveIKullmer (1992), S. 29f. Sie leiten geometrisch ab, daß eine Zweckzuweisung zur SichersteIlung eines erhöhten Angebotes eines öffentlichen Gutes mindestens ebenso effizient wie eine allgemeine Zuweisung mit gleichen Kosten sein kann. Die graphische Darstellungsweise gibt die Zusammenhinge jedoch sehr vereinfachend wieder, weil die zweidimensionale Abbildung nur auf öffentliche Güter abstellt Es müßte noch eine dritte Achse hinzugedacht werden, die das Angebot an privaten Gütern darstellt

B. Modelltheoretische Implikationen ausgewählter Zuweisungsarten

221

andere öffentliche Goter (Y)

A"

A'

c OL-..--D....F-..... D'-----'B'-'G'------...B~'- - - " " B .. -""-B-'·---....

öffentliches Gut (X)

Abb. 21: Zweckgebundene versus pauschale Zuweisung QueUe, In AnIehnq tlIMu'srave/Mu'srave/KuUmer (1992), S. 30.

Diese Situation ändert sich jedoch, wenn der Zuweisungsbetrag OB übersteigt und die Bereitstellungsmenge des öffentlichen Gutes X von der zuweisenden Körperschaft auf OG festgelegt wird. Eine Pauschalzuweisung in Höhe von BB'" würde die Budgetgerade auf A"'B'" verschieben und Kosten in Höhe von AA'" verursachen. Eine selektive Zuweisung hingegen verschiebt die Budgetgerade nur nach A"B". Nachdem der empfangenden Körperschaft nur die Budgetgerade SB" zur Verfugung steht, wird Punkt S gewählt. Die Kosten der Zuweisung reduzieren sich somit um B"B'" auf BB" (bzw. um A"A'" auf AAOI). Anzumerken ist jedoch, daß nicht der Schnittpunkt S, sondern der Tangentialpunkt P2 paretooptimal ist. Die Strecke P2S entspricht der verlorengegangenen Konsumentenrente (Zusatzlast in Form von Nutzenkürzung), weil die empfangende Körperschaft gemäß dem Indifferenzkurvensystem bei der meritokratisch festgelegten Angebotsmenge OG von X eine über OA hinausgehende Gütermenge von Y anbieten würde. Insofern bezieht sich die Aussage, daß eine selektive Zuweisungsform effizienter sei als eine allgemeine Zuweisung, auf die gebende Körperschaft. Sie erreicht die erhöhte Bereitstellung mit einem geringeren Kostenansatz im eigenen Budget. Aus Nehmersicht wird aber

222

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

in die Entscheidungsfreiheit über die Angebotsstruktur eingegriffen und der Kostenvorteil auf Geberseite durch eine Zusatzlast aufNehmerseite erkauft.

m

Reaktionen auf eine Mitfinanzierungspflicht

Ein etwas anderes Bild ergibt sich, wenn eine (zweck)gebundene Zuweisung gleicher Höhe mit Eigenbeteiligung herangezogen wird (matching grant).25 Die zuweisende Körperschaft (Geber) bestimmt wieder den Verwendungszweck, jedoch muß sich die empfangende Körperschaft mit einem bestimmten Prozentsatz an der Finanzierung des geförderten öffentlichen Gutes beteiligen. Werden Finanzmittel im Wege einer gebundenen Zuweisung mit Eigenbeteiligung einer Körperschaft zugeführt, so hat dies nachhaltige Wirkungen auf die Struktur des öffentliches Budgets und damit auf das Angebot an öffentlichen und privaten Gütern. Bei einer Eigenbeteiligung von 50% :für öffentliche Güter muß eine Gebietskörperschaft private Güter im relativen Wet von nur 50% aufgeben, um öffentliche Güter im Wert von 100% zu erhalten. Folglich verringert eine derartige Zuweisung den Preis bestimmter öffentlicher Güter und bewirkt deren Mehrkonsum. Wie bei allen Zuweisungsarten hat eine Verschiebung der Budgetrestriktion nach außen einen Einkommenseffekt zur Folge; nun tritt aber zusätzlich noch ein Substitutionseffekt hinzu. 26 Aufgrund der zugunsten oder zu ungunsten des öffentlichen Gutes veränderten Preisrelationen wird die empfangende Körperschaft gezwungen, ihre Verbrauchsbzw. Produktionsgewohnheiten oder -strukturen zu verändern. Die Körperschaft wird die Bereitstellung derjenigen Güter fördern, deren Preise sich im relativen Vergleich durch die Zuweisung vermindert haben. Dabei kommt es jedoch zu 'Nutzenkürzungen', weil eine gebundene Zuweisung mit Eigenbeteiligung den Empfänger in eine ungünstigere Position bringt als eine allgemeine Zuweisung ohne Mitfinanzierungspflicht. Diese Nutzenkürzungen können in Anlehnung an die Steuertheorie als "excess burden"27 bezeichnet werden. In Abbildung 22 kommt es durch eine zweckgebundene (Meritorisierungs) Zuweisung mit Eigenbeteiligung zugunsten eines bestimmten öffentlichen Gutes zu einer Drehung der Budgetgeraden AB nach AB'. Die Konsumenten der Körperschaft gelangen in Punkt PI zur Indifferenzkurve 11' Im Vergleich dazu führt eine wertmäßig gleiche Zuweisung ohne Mitfinanzierungspflicht 25 Vgl. Rosen (1985), 527f. 26 Vgl. Benkert (1984a), S. 48; Stiglitz/Schönfelder (1989), S. 685. 27 Recktenwald(1984), S. 396; arüske (1991), S. 44.

B. Modelltheoretische Implikationen ausgewählter Zuweisungsarten

223

zur Budgetlinie A"B'" und bringt die empfangende Körperschaft auf die höher gelegene Indifferenzkurve 12. privates GOterbOndel A" A'

A

----12

----I, - - " ' - - 10

O~----~B----B'~'~B-'.--~~B-'--------~

öffentliches Gut

Abb. 22: Wirkung von Zweckzuweisung mit Eigenbeteiligung QueUe: In Anlehnung an SII.I;tt/Schö'!folder (1989), S. 68S.

Die Budgetrestriktion A'B" ergibt sich durch eine Pauschalzuweisung und verhilft der Körperschaft auf dasselbe Wohlfahrtsniveau wie eine gebundene Zuweisung mit Eigenbeteiligung. Hierbei sind nun zwei Punkte von Bedeutung: (1) Die Ausgaben fiir das öffentliche Gut werden in dem Gleichgewicht P2 sowohl fiir die empfangende als. auch gebende Körperschaft geringer sein als bei der gebundenen Zuweisung mit Eigenbeteiligung. (2) Mit einer gebundenen Zuweisung mit Eigenbeteiligung ist immer auch eine Zusatzlast (Nutzenkürzung) auf seiten der empfangenden Körperschaft verbunden. Diese Nutzenkürzung beträgt A"A'. Als Schlußfolgerung für den Fortgang der Analyse kann als Ergebnis festgehalten werden, daß ein System von gebundenen Zuweisungen mit Eigenbeteiligung immer dann einer anderen Zuweisungsart überlegen ist, wenn es der zuweisenden Stelle darum geht, einerseits den Konsum bestimmter öffentlicher Güter zu fördern und dies andererseits mit einem minimalen Budgetan-

224

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

satz zu erreichen. 28 Nachdem aus ganzheitlicher Sicht aber auch die zusätzlichen Wohlfahrtsverluste auf seiten der Empfänger gebührend Berücksichtigung finden müssen, ist das eben gezogene Fazit zu relativieren. Bei gegebenem Mitteleinsatz (Zuweisungsbetrag) ist aus allokativer Sicht eine ungebundene Pauschalzuweisung zu gewähren. Diese führt aber zu einer geringeren Zielerreichung (Effektivität) aus Gebersicht, weil sich die ausschließliche Mittelverwendung für die gewünschte Erhöhung der Angebotsmenge bei autonomen Entscheidungen der Empfänger über die Struktur der Güterbündel nicht sicherstellen läßt. Die gebende Körperschaft sollte deshalb in einem Abwägungsprozeß - wie in Abbildung 23 veranschaulicht - nicht nur die eigenen Zielvorstellungen und den vorgesehenen Budgetansatz, sondern auch die zusätzlichen Wohlfahrtsverluste auf Empfangerseite mit ins Kalkül zu ziehen. 29 Last f(Ir (Zuweisungs)Nehmer

Last fOr (Zuweisungs)Geber

hoch

gering

Zielabweichung aus Gebersicht

I -::::::::::::~_----,L_:::::====~ Zunehmender Bindungsgrad F der Zuweisung aus Nehmersicht

_+-----------1 Ungebundene Zuweisung

Zweckzuweisung ohne bzw. mit geringer Eigenbeteiligung

Zwackzuweisung m~ hoher Eigenbeteiligung

Abb. 23: Abwägwlgsprozeß einer gebenden Körperschaft bei der Auswahl einer Zuweisungsart QueUe: Eiaene DarsteUWII

VgJ. StiglitziSchlJn[elder (1989), S. 686; MusgravetMusgraveIKullmer (1992), S. 31. 29 Siehe hierbei die Ambivalenz der Zusatzlast mit den PrAferenzk.osten und des Bugetansatzes filr den Zuweisungsbetrag mit den Ressourcenk.osten aus dem 4. Kapitel, Punkt AII.2. 28

B. Modelltheoretische Implikationen ausgewählter Zuweisungsarten

225

IV. Bewertung der Implikationen von Finanzzuweisungen

Gegen ein System von Finanzzuweisungen werden in der Literatur neben den bereits angedeuteten Problembereichen einige weitere gewichtige Argumente vorgetragen. Systematisiert man die Einwände, so kristallisieren sich vor allem (1) der ungenügende Erklärungsbeitrag der Indifferenzkurvenanalyse, (2) die Sickerverluste und der sog. flypaper-EfIekt, (3) die Komplexität und Praktikabilität sowie (4) die Handlungsspielräume und Freiheitsgrade der Gebietskörperschaften heraus.

1. Unzureichende IndijJerenzkurvenanalyse In Ergänzung zu den bereits angeführten theoretischen Restriktionen der dargestellten Wirkungsanalysen sollen noch kurz die Ergebnisse einer komplexeren Gleichgewichtsanalyse genannt werden. Wie unter anderem die Arbeit von Hirte zeigt, muß eine umfassendere Inzidenzanalyse von Finanzzuweisungen die bekannten Ergebnisse der einfachen Inzidenzkurvenanalyse nicht unbedingt widerspiegeln. Vielmehr hängen die Modellergebnisse und damit auch ihr Erklärungsbeitrag von der Art der Modellierung, wie beispielsweise die Art der Finanzierungsregelungen und die Art der zu berücksichtigenden oder der berücksichtigten Steuerarten, ab. Nachdem der Einfluß der einbezogenen Modellvariablen auf die Resultate "nicht unerheblich" ist und mit einer einfachen Inzidenzkurvenanalyse auch "so nicht abgeleitet werden können"30, sind die modellanalytischen Erklärungsbeiträge der herkömmlichen IndifIerenzkurvenanalyse etwas zu relativieren bzw. um folgende Ergebnisse zu ergänzen: (1) Zuweisungen weisen negative und Einkommenstransfers positive WohlfahrtsefIekte (gemessen an der Hickschen Äquivalenzvariation) auf.

(2) Die Konsequenz aus (1) würde demnach lauten, daß nach Möglichkeit keine Finanzzuweisungen sondern direkte Transfers an Individuen geleistet werden sollten, damit der wohlfahrtsmindernde GesamtefIekt möglichst gering ausfallt.

30 Hirte (1990), S. 33. Zu den Ergebnissen, deren Ennittlung ausfilhrlich belegt wird, gelangt Hirte mit Hilfe eines empirischen allgemeinen Gleichgewichtsansatzes Walrasianischer Provenienz und nach modellanalytischer Kalibrierung. 15 Wa1thes

226

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

2. Sickerverluste und jlypaper-EjJekt

Sickerverluste, auch Leakage-Effekte genannt,31 treten bei der Gewährung von Zuweisungen immer dann auf, wenn die (als homogen angenommenen) Individuen der empfangenden Körperschaft ihre Präferenzordnung aufrechterhalten und die Mittel ftir andere als die vorgegebenen Zwecke verwendet werden. Es geht hierbei um den Zielkonflikt zwischen einer größtmöglichen Ausgabenautonomie der empfangenden Körperschaft einerseits und den mit den Zuweisungen verfolgten spezifischen Zielvorgaben der Geber andererseits. Aus Gebersicht handelt es sich um Abweichungen von der Effektivität. 32 Derartige Verluste können als Beurteilungskriterium ftir die Eignung der einen oder anderen Zuweisungsart dienen. Wird dagegen dem Konzept der meritorischen Güter oder der kategorialen Gerechtigkeit nicht gefolgt, so ist jeder Eingriff des Gebers in die Entscheidungsfreiheit des Empfängers als ineffizient abzulehnen (excess burden).33 Empirische Überprüfungen verifizieren die Aussage, daß Zweckzuweisungen mit Eigenbeteiligung bei der Verhaltenssteuerung von Körperschaften mehr bewirken als Pauschalzuweisungen. Falsifiziert wurde hingegen die Voraussage, daß pauschale Zuweisungen dieselben Implikationen mit sich bringen wie gebundene Zuweisungen ohne Eigenbeteiligung. 34 So konnten zahlreiche in den USA durchgefiihrte emprische Untersuchungen die aus der theoretischen Deduktion gewonnenen Ergebnisse nicht bestätigen. 35 Die wesentliche Schlußfolgerung lautet, daß "allgemeine Finanzzuweisungen in 31 Vgl. Petersen (1988), S. 123. 32 Musgrave/Musgrave/Kullmer (1992), S. 33t: sprechen in diesem Zusammenhang von einem

EfflZienzkonzept. Dies ist jedoch wenig prlzise, weil die Finanzmittel von den Empftngern durchaus effIZient in andere Verwendungen gelenkt werden (wohlfahrtstheoretische Modellannahmen). Nur aus Gebersicht ist diese Mittelverwendung wenig effektiv.

33 Ähnlich äußert sich Benkert (1984a), S. 47. Er spricht von der Eingriffsintensität des Gebers und von der LenkungsefflZierlZ von Zuweisungen. Dabei werden Sickerverluste im Sinne von Mitnahmeeffekten verwandt. 34 Vg1. StiglitziSchtJn[elder (1989), S. 686. Zu den allgemeinen Zuweisungen ist kritisch anzumerken, daß nach der o.g. theoretischen Argumentationskette kein Unterschied darin besteht, "ob das Geld der Gemeinschaft oder unmittelbar den Konsumenten gewAhrt wird. Wird es der Gemeinschaft gegeben, so wird ein Teil über Steuerverminderung fllr private Güter verwendet. Wird es den Konsumenten gegeben, so wird ein Teil davon über erhöhte Steuern fllr öffentliche Ausgaben: verwendet. Das Ergebnis ist in heiden Fllllen dasselbe" (Musgrave/Musgrave/Kullmer (1992), S. 2.5f).

35 Exemplarisch ist auf die Studie von Gramlich/Galper (1973), S. 1St: zu verweisen, wonach eine allgemeine Finanzzuweisung in Höhe von 100 Dollar zu einer durchschnittlichen Vergrößerung der öffentlichen Ausgaben um 43 Dollar fUhrt. Demgegenüber bewirkt eine Erhöhung der privaten Einkommen um 100 Dollar in den untersuchten Körperschaften nur eine Zunahme der öffentlichen Ausgaben um S bis 10 Dollar. Einen guten Überblick über die grundlegenden empirischen Studien vermittelt Gramlieh (1977), S. 219f.

B. Modelltheoretische hnplikationen ausgewählter Zuweisungsarten

227

deutlich stärkerem Maße zu einer Erhöhung der öffentlichen Ausgaben und entsprechend weniger zu einer Verringerung der Steuersätze gefiihrt haben, als dies nach den ... Werten der Einkommenselastitzitäten zu erwarten war" 36 • Nachdem viele Körperschaften auf die Unterstützung durch Zuweisungen nicht mit einer Verringerung ihrer steuerlichen Anspannung reagieren, sondern vielmehr ihr Budgetvolumen zugunsten öffentlicher Güter stärker ausdehnen als dies nach theoretischen Überlegungen zu erwarten ist, hat sich hierfur vor allem in der angelsächsischen Literatur der Begriff des "flypaper effect" 37 eingebürgert. Mit dem Metapher des 'Klebenbleibens' verbleiben übertragene Finanzzuweisungen im öffentlichen Sektor ("money sticks where it hits" 38). Das Auftreten dieses Effektes läßt sich damit erklären, daß externe Finanzmittel, d.h. Zuweisungen, von den Bürgern anders wahrgenommen werden als von ihnen selbst aufgebrachte Steuermittel. Sie unterliegen einer Steuer- bzw. Fiskalillusion und unterschätzen den tatsächlichen Steuerpreis des öffentlichen Gutes. Deshalb sind sie bereit, mehr Finanzmittel fiir die Bereitstellung pro Einheit eines öffentlichen Gutes aufzuwenden, als sie dies bei vollständiger Eigenfinanzierung tun würden. 39 Neben diesen empirischen Erfahrungen weisen auch die Modellannahmen auf den begrenzten Aussagewert der theoretischen Überlegungen hin. Insbesondere die Ausklammerung des finanzpolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses wie auch der Verteilungsfragen lassen nur bedingt Schlußfolgerungen über die verschiedenen Allokationseffekte der einzelnen Zuweisungsarten zu. So hängt die Beurteilung einer Zuweisungsart von den konkreten Prämissen und Gegenheiten ab, unter denen sie gewährt werden. Zur Vermeidung eines Fliegenpapier-Effektes erscheint es aus Sicht der Bürger wünschenswert, einen aus Gebersicht bedauerlichen SickelVerlust in Kauf zu nehmen. 4O 3. Komplexität und Praktikabilität

Weil versucht wird, eine Finanzzuweisung gleichzeitig in den Dienst von mehreren ökonomischen und politischen Zielen zu stellen, besteht bei der

H. Fischer (1990a), S. 294. 37 Rosen (1985), S. 534. H. Fischer (1990a) übersetzt den Begriffmit "Fliegenpapier"-Effekt und MusgraveIMusgraveIKullmer (1992) nennen ihn "Fliegenf3nger"-Effekt. 38 CourantiGramlichIRubinfeld (1979), S. 5. 39 Vgl. Benkert (1984a), S. 48. Kritisch äußert sich Dates (1990), S. 8f. 40 Vgl. MusgraveIMusgraveIKullmer (1992), S. 35. 36

15*

228

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

praktischen Ausgestaltung von Finanzzuweisungen die Gefahr, daß ein verwirrendes und kaum nachvollziehbares Geflecht von Finanzströmen entsteht. Um dem Problem der Zielüberfrachtung zu entgehen, könnte man auf den Gedanken kommen, mindestens für jedes Ziel eine eigene Finanzzuweisung zu kreieren. Jedoch kann es hierbei unter Anspielung auf die in der EU kritisierte 'Töpfchenwirtschaft' zu einem mehr oder weniger unkoordinierten Nebeneinander der diversen Zuweisungen kommen, weil einzelne Projekte mitunter mehrfach gefördert werden und sich die gegenläufigen Finanzzuweisungen unter Umständen neutralisieren. Zweckzuweisungen sind im allgemeinen auch mit umfangreichen und detaillierten Vergabebestimmungen (bürokratischer Aufwand) verbunden. Damit besteht auch die Gefahr, daß diejenigen Gebietskörperschaften in den Genuß von Zuweisungen kommen, die gezielt 'rentseeking' und Vorschriftenstudium betreiben. In diesem Zusammenhang wird die Forderung nach einem Abbau der Zweckzuweisungen zugunsten allgemeiner Pauschal transfers erhoben. Dagegen spricht das Mitspracherecht der zuweisenden Körperschaft oder Ebene, die mit den Finanzzuweisungen ihrerseits ganz bestimmte Ziele zu realisieren sucht. Ferner bleibt der subsidiäre Charakter einer Zuweisung durch die Empfangsauflagen gewahrt. Die BegrifIspaare Komplexität und Praktikabilität bleiben solange mit einem System von Finanzzuweisungen verbunden, wie es allokativen, distributiven und stabilitätspolitischen Zielvorgaben genügen muß. 41

4. HandlungsspielrtJume und Freiheitsgrade Je nach Kompetenzausstattung verfügen die Körperschaften einer Föderation im Bereich der Aufgaben und Einnahmen über unterschiedliche Autonomiegrade. Beschränkt sich die Finanzautonomie nur auf die Ausgabenseite, so muß sichergestellt sein, daß die erforderlichen Einnahmen selbst beschaffi: oder zugewiesen werden können. Ein Zuweisungssystem im Rahmen des sekundären aktiven Finanzausgleichs erscheint in einem solchen Fall jedoch als die denkbar schlechteste Lösung der Einnahmenerzielung, weil sich Umfang, Struktur und Zeitpunkt der Finanztransfers der direkten Einflußnahme der empfangenden Körperschaft entziehen. Zu berücksichtigen ist auch, daß einer Körperschaft je nach Stringenz der Verwendungsauflage unterschiedliche Handlungsspielräume verbleiben. Je detaillierter die Auflagen, desto stärker ist der Entscheidungsspielraum des Empfängers eingeschränkt und desto eher denaturiert die empfangende Körperschaft zum reinen Vollzugsorgan. Inso41

Vgl. H. Fischer (1984), S. 233.

C. Ökonomische Ziele von Finanzzuweisungen

229

fern tritt auch hier das Spannungsverhältnis zwischen Zentralismus und Dezentralität wieder zutage. 42

c. Ökonomische Ziele von Finanzzuweisungen Obwohl mit Hilfe von Zuweisungen auch außerökonomische und vor allem politische Ziele wie die Aufrechterhaltung eines dezentralen Gemeinwesens oder die Förderung der Konsensbildung im finanz- und wirtschaftspolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß verfolgt werden können, stehen zunächst nur ökonomische Zielsetzungen im Mittelpunkt der Betrachtung. 43 In Anlehnung an den bereits angesprochenen Musgraveschen Dreiklang werden allokative, distributive und stabilisierende Zielsetzungen unterschieden. 44

L Allokativer Korrekturbedarf

Im Rückgriff auf die Ausfiihrungen zum passiven Finanzausgleich besteht eine theoretisch notwendige Voraussetzung für die Ableitung des optimalen Zentralisierungsgrades eines föderativen Staates darin, daß sich spilloverEffekte internalisieren lassen. Es kommt solange zu keiner Unter- oder Überversorgung mit öffentlichen Gütern und Leistungen, wie die Nutznießer mit den Anbietern, Zahlern und Entscheidern verknüpft sind (Verbundprinzip). Indes zeigt die Realität, daß bereits die im Verbundprinzip implizit enthaltene Grundannahme der "räumlichen Koinzidenz von Kosten und Nutzen"45, m. a. W. fiskalische Äquivalenz, nur mangelhaft zu verwirklichen ist, denn eine große Zahl monofunktionaler Clubs ist wenig praktikabel und kaum demokratisch zu legitimieren und zu kontrollieren. Insofern stellen 'spillovers' den Preis für eine kleine Anzahl multifunktionaler öffentlicher Entscheidungsträger dar. Durch das stilisierte Faktum von drei bzw. vier fMeralen Ebenen, das sich mit Hilfe des Fusionsprinzips nur in Ansätzen begründen läßt, sind in der Realität immer spillover-Effekte gegeben. Abstrahiert man von einer kompen42

Vgl. ZimmermannIHenke (1994), S. 188; H. Fischer (1984), S. 233f. Siehe die Ausfilhrungen

im S. Kapitel, Punkt A

43

Zu den politischen Zielen siehe 8. Kapitel. Vgl. 4. Kapitel, Punkt AIl.3. Zur analytischen Einordnung eines zielgerichteten Zuweisungssystems siehe das Vademekum zum Europäischen Finanzausgleich im engsten Sinn (Abb. 12, 4. Kapitel, Punkt C.l1.2.). 45 H. Fischer (1984), S. 230. 44

230

7. Kapitel: Selamdärer aktiver Finanzausgleich

satorischen Ausgestaltung des Einnahmensystems (primärer aktiver Finanzausgleich) oder der unrealistischen Möglichkeit der Internalisierung auftretender Externalitäten über den Coaseschen Verhandlungsmechanismus, so bleibt ein Korrekturbedarf bestehen, der sowohl auf den primären als auch sekundären passiven Finanzausgleich zurückverfolgt werden kann. Abgesehen von dem Fall, daß die anbietende Körperschaft gleichsam im Auftrag anderer extern nutzender Körperschaften ein öffentliches Gut anbietet und dafür von den mitnutzenden Körperschaften Erstattungszuweisungen erhält, sind Finanzzuweisungen als ein Instrumentarium zu bezeichnen, das der Internalisierung räumlicher Externalitäten dient (Interna/isierungszuweisungen). Zuweisungen können aber auch anderen allokativen Zielen als der Kompensation von spill-over-Effekten und der Kostenerstattung dienen. So kann eine gebende, i.d.R übergeordnete Körperschaft mit Hilfe von Zuweisungen versuchen, das Angebot und den Konsum eines aus ihrer Sicht wünschenswerten öffentlichen Gutes zu forcieren und damit auf dem Wege der Budgetrestriktion die Präferenzstruktur der empfangenden und zumeist nachgeordneten Körperschaft zu beeinflussen bzw. zu korrigieren (Meritorisierungs-zuweisungen)46.

II. Distributiver Korrekturbedarf

In einem fMeralen Staat ist es jedoch aus zahlreichen Gründen niemals möglich, daß sich die aus der vereinbarten Aufgabenverteilung resultierenden Ausgabenverpflichtungen und die verfügbaren Einnahmenquellen zu 100 Prozent entsprechen. Es wird vielmehr so sein, daß einige Körperschaften (deutlich) mehr Einnahmen erzielen als es dem körperschaftlichen Aufgabenbedarf entspricht und andere dagegen weniger. Deshalb können übergeordnete Körperschaften in Analogie zur personalen Einkommensverteilung bestrebt sein, die Unterschiede in der interregionalen Einkommensverteilung zu reduzieren. 41 Dies geschieht zumeist mit Hilfe von horizontalen und/oder vertikalen Finanzzuweisungen, die als Korrekturinstrument eingesetzt werden. Das gilt natürlich nur unter der Prämisse, daß an der bisher getroffenen Aufgabenund Einnahmenverteilung des passiven und primären aktiven Finanzausgleichs keine Änderungen vorgenommen werden sollen. 48 Finanzzuweisungen 46 Klassische Beispiele sind öffentliche Güter und Leistungen in den Bereichen Gesundheits-, Bildungs- und Wohnungswesen.

41 Vgl. Benkert (1984b), S. 94.

48 Die interTegionale Mobilität der Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital) hat auch eine MobilitAt der (Stcucr)Bemcssungsgrundlage zur Folge, die dazu fllhren kann, daß das regional verfilgbarc

C. Ökonomische Ziele von FinanzzuweisWlgen

231

leisten dann einen Ausgleich zwischen den Bedürfnissen (Finanzbedarf) und der Leistungsflihigkeit (Finanzkraft) der Körperschaften. In einem solchen Fall spricht man von Ausgleichszuweisungen. 49 Analog zur personalen Einkommensverteilung kann es ebenfalls Absicht der Zentralebene sein, jedem Bürger - unabhängig von seinem Wohnort - eine bestimmte Mindestversorgung an öffentlichen Gütern und Leistungen zu garantieren. Ein Versorgungsstandard, der unterhalb der Minimalversorgung liegt, läßt sich auf drei Ursachen zuruckführen: so (1) Die originäre Einnahmenbasis ist zu gering, (2) interregionale Präferenzunterschiede verhindern einen entsprechenden Versorgungsgrad und (3) sozioökonomische Unterschiede haben verschiedene Finanzbedarfe zur Folge. Ausgleichszuweisungen setzen an den folgenden Punkten an, indem ad (1) die Einnahmenseite pauschal gestärkt wird bzw. ad (3) Besonderheiten in der Bevölkerungsstruktur und/oder spezielle Lasten gesondert in Form von Zuweisungen berücksichtigt werden. Bei dem Versuch, interregionale Präferenzunterschiede zu harmonisieren, handelt es sich um Meritorisierungszuweisungen und damit um keinen distributiven, sondern allokativen Korrekturbedarf.

In. Stabilisierung und Verstetigung der öffentlichen Einnahmen

Es ist schließlich auch möglich, die Finanzzuweisungen zugunsten einer stabiIitätsorientierten Einnahmen- und Ausgabenverteilung einer Volkswirtschaft einzusetzen (Stabilisierungszuweisungen). Dabei soll der Begriff Stabilisierung nicht nur den Ausgleich von Konjunkturschwankungen umfassen,

(Steuer)Aufkonunen nicht ausreicht, um die Ausgabenverpflichtungen zu fmanzieren. In einem solchen Fall ist es aus Gesichtspunkten der Eftizienz sinnvoll, daß aber ein Verbundsystem die abergeordnete Körperschaft mehr Einnahmen erzielt als es filr ihre Aufgabenerfllllung erforderlich ist. Unter distributiven Erwägungen wird dann das Mehrautkonunen aber Finanzzuweisungen an die nachgeordneten Körperschaften transferiert, um dorthin 'Kaufkraft' zu abertragen (vgl. Petersen (1988), S. 121). Solange diese Finanzzuweisungen auf einem System der Einnahmenverteilung beruhen, erfolgen sie innerhalb des primAren aktiven Finanzausgleichs und stellen damit keinen Korrekturbedarf aber den sekundären aktiven Finanzausgleich dar. 49 Vgl. H. Fischer (1984), S. 230, (1988), S. 78. so Vgl. Benkert (1984b), S. 94. Dazu mehr in diesem Kapitel in Punkt 4.

232

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

sondern auch auf die Förderung des wirtschaftlichen Wachstums abstellen. Es stehen zwei Aspekte im Vordergrund: 51 Zum einen dürfte es trotz des allgemeinen Konsenses darüber, daß konjunkturpolitische Aktivitäten bei einer zentralen Ebene angesiedelt sein sollten, unbestritten sein, daß gerade dezentrale und nachgeordnete Körperschaften durch ihr Einnahmen- und Ausgabenverhalten einen nicht zu unterschätzenden Einfluß auf die konjunkturelle Entwicklung ausüben. Um nun einem prozyklischen und damit kontraproduktiven Ausgabenverhalten der dezentralen Körperschaften entgegenzuwirken, können Finanzzuweisungen zu einer Verstetigung der öffentlichen Einnahmen bei den nachgeordneten Ebenen beitragen (Verstetigungszuweisungen). In Phasen der Rezession erhalten die dezentralen Körperschaften zusätzliche Finanzmittel (z.B. fiir öffentliche Investitionen) und in Boomphasen wird das Volumen der Stabilisierungszuweisungen überproportional gekünt, um das Ausgabenverhalten antizyklisch zu variieren. 52 Zum anderen können derartige Verstetigungszuweisungen solange als eine Sonderform der oben erwähnten Ausgleichszuweisungen betrachtet werden, wie es nur darum geht, eine durch den Konjunkturverlauf auftretende asymmetrische Entwicklung von Finanzbedarf und -kraft· zu korrigieren. 53 In beiden Fällen können jedoch mit den allokationspolitischen Zielen Konflikte auftreten. Das aus der Praxis der Subventionsvergabe an Unternehmen bekannte Verhaltensmuster läßt erwarten, daß mitunter öffentliche Ausgaben solange zurückgestellt werden, bis eine entsprechende Stabilisierungszuweisung die Finanzierung erleichtert (Attentismus) oder nur solche Ausgaben getätigt werden, die ohnehin geplant waren (Mitnahmeeffekte). Ferner sprechen gegen diese Art der Zuweisungen sämtliche aus der Konjunkturtheorie und Wirtschaftspolitik bekannten Probleme der Diagnose, Prognose, Dosierung und Terminierung. 54 Aufgrund dessen muß anstelle derartiger Finanzzuweisungen eine konjunkturgerechtere Aufgaben- und vor allem Einnahmenverteilung zugungsten der dezentralen Körperschaften gefordert werden. Jedoch determinieren die noch zu erörternden Widerstände im politökonomi51 Jedoch erweist sich die hier verwandte Musgravesche Trilogie unscharf; weil ~ dem Wachstumsziel auch allokative Aspekte tangiert werden. Ferner wird auf die in der Literatur häufig getroffene Unterscheidung in Stabilitäts- und Stabilisierungspolitik nicht weiter eingegangen. Zu dem weiten Komplex der Stabilisation, fllr den Finanzzuweisungen eingesetzt werden, nimmt H. Fischer (1988), S. 119f, ausfllhrlich Stellung. 52 Vgl. Benkert (1984b), S. 96f. 53

54

Vgl. Kops (1984c), S. 344. Vgl. H. Fischer (1984), S. 232.

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer föderativen Finanzwirtschaft

233

schen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß mögliche Reformen der passiven und aktiven Aspekte des Finanzausgleichs.

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer föderativen Finanzwirtschaft In jedem modemen Gemeinwesen besteht die gesellschaftliche Forderung nach einer als fair und gerecht empfundenen personalen Einkommensverteilung. In einem fOderalen Staat steht neben dem personalen Kriterium als ein weiterer Aspekt eine geographische Komponente: die (inter) regionale Einkommensverteilung. 55 In der Praxis wird zumeist versucht, das distributive Ziel der 'fiscal equity' im Rahmen des sekundären aktiven Finanzausgleichs zu realisieren. Deshalb wird die Distribution im folgenden gegenüber den anderen beiden ökonomischen Zielen der Allokation und Stabilisierung besonders herausgegriffen und eingehend erörtert. Anders als bei Buchanan, der das von Pigou 56 übernommene Prinzip der horizontalen Gerechtigkeit auf das 'fiscal residuum' der einzelnen Individuen bezieht, wird die 'fiscal equity' üblicherweise auf Gebietskörperschaften bezogen. 57 Für Scott handelt es sich dabei um das Prinzip der Nivellierung, das durch ein System von (Ausgleichs) Zuweisungen zwischen den Körperschaften eines Staates umgesetzt werden soll. 58 Danach wird dem Ziel der geographischen fiskalischen Gleichheit dann entsprochen, wenn mit Hilfe von Zuweisungen der Finanzbedarf (fiscal need) und die Finanzkraft (fiscal capacity) einer Region aufeinander abgestimmt werden. Diese Zielvorgabe läßt sich zum einen aus politischer Sicht mit der Stabilität des fOderativen Systems und zum anderen aus ökonomischer Perspektive mit der Vermeidung unerwünschter Wanderungen begründen. Insbesondere aus allokativer und (re)distributiver Sichtweise führen regionale Unterschiede in der Versorgung mit öffentlichen Gütern und Leistungen unter Umständen zu ineffizienten Wanderungen der Bürger (z.B. Überschreitung von Ballungsoptima). Dadurch können sich re-

55 So z.B. Scott (1970), S. 121; Limbert-Michaelis (1973), S. 30. 56 Vgl. Pigou (1928), S. 9, wonach "different persons should be treated similary unless they are dissimilar in some relevant respect". 57 Der Begriff 'fiscal cquity' geht auf Buchanan (1950), S. 5831; Musgrave (1961), S. 971; und Scott (1964), S. 2451; zurück. Im deutschen Schrifttum fmdet die Bezeichnung 'fiskalische Gleichheit' Verwendung. Vereinzelt wird auch von 'fiskalischer Gerechtigkeit' gesprochen. Zu Buchanans Konzept des Ausgleichs der fiskalischen Restwerte siehe H. Fischer (1988), S. 79f. Eine Begründung dafilr, warum die Literatur den Buchananschen Ansatz nicht weiter verfolgt, gibtMetz (1979), S. 49. 58 Vgl. Scott (1970), S. 125.

234

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

gionale Wachstums- und Einkommensunterschiede herausbilden oder noch verstärken. S9 Meistens wird die 'fiscal equity' auf Körperschaften derselben Ebene bezogen. Deshalb dominieren in der Literatur die horizontalen Ausgleichskonzepte, obwohl dieses Ziel auch mit Hilfe einer differenzierten Vergabe vertikaler Finanzzuweisungen verfolgt werden kann (vertikaler Finanzausgleich mit horizontalem Effekt).60 Ferner findet sich eine ganze Reihe von Ausgleichsmodellen, mit deren Hilfe sich die notwendigen Ausgleichszuweisungen berechnen lassen. Grundsätzlich können die diskutierten Konzepte in einen reinen Finanz(Steuer)kraftausgleich, einem Finanzbedarfsausgleich und einen kombinierten Finanzbedarfs-/Finanzkraftausgleich eingeteilt werden. Nachdem bei den reinen Konzepten immer nur eine Seite derselben Medaille betrachtet wird, ist ein kombiniertes Verfahren, das neben der Ausgabenverpflichtung auch die Einnahmenbeschaffung mit ins Kalkül zieht, aus theoretischer Sicht überzeugender. 61 Um einen Ausgleich der fiskalischen Ungleichgewichte zwischen Körperschaften vornehmen zu können, müssen vorab folgende Fragen geklärt werden: (1) Worauf bezieht sich der fiskalische Ausgleich? (2) Anhand welcher Indikatoren werden Finanzkraft und Finanzbedarf gemessen?

(3) In welchem Umfang soll zwischen den Körperschaften ausgeglichen werden?

L Fiskalische Gleichheit zwischen Körperschaften

Folgt man der Literatur, so kann die 'fiscal equity' im einzelnen sehr unterschiedlich interpretiert werden. Allein Musgrave hat in seinen "Approaches to fiscal theol)' of political federalism"62 sechs verschiedene Konzepte umfassend diskutiert. Aufgrund ihrer grundsätzlichen Bedeutung wird eine Auswahl der

S9 vgl. Peffekoven (1988), S. 629. Zur eingeschrlnkten Mobilitltsannahme in Europa siehe auch

s. Kapitel, Punkt AII.2.b). 60 Siehe Punkt AIII. in diesem Kapitel. 61 Vgl. H. Fischer (1984), S. 231.

62 Musgrave (1961), S. 98f. H. Fischer (1988), S. 84, weist zurecht daraufhin, daß es sich eigentlich um sieben Konzepte handelt.

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer föderativen Finanzwirtschaft

235

Musgraveschen Gedanken kurz erörtert. Anschließend werden darauf aufbauende Weiterfiihrungen, wie sie sich in den Ausgleichskonzepten des MacDougaU-Berichtes finden, knapp vorgestellt. Bei den nachfolgenden Verfahren zur formalen Konkretisierung der fiskalischen Gleichheit handelt es sich keineswegs um die einzig möglichen. Vielmehr hängt die Beurteilung grundsätzlich davon ab, welche Ziele mit der horizontalen und vertikalen Ausgetaltung des sekundären aktiven Finanzausgleichs verfolgt werden. Der kleinste gemeinsame Nenner dieser möglichen, Verfahren besteht darin, daß die Unterschiede zwischen dem Finanzbedarf und der Finanzkraft einzelner Körperschaften eines Staates ausgeglichen werden sollen, ohne daß dabei aber die Eigenständigkeit dieser Körperschaften gefährdet, der Anreiz zur Pflege eigener Steuerquellen verringert und die Fähigkeit, ein den regionalen Präferenzen entsprechendes Angebot an öffentlichen Gütern und Leistungen bereitzustellen, eingeschränkt wird. 63 Nachdem die praktische Ausgestaltung real existierender Zuweisungssysteme auf Teilen dieser Konzepte beruht, wird sich zeigen, daß einige Elemente auch fiir die Ausgestaltung des Finanzausgleichs in der Europäische Union Pate stehen können. Insbesondere die formale Logik dieser Ausgleichskonzepte dient als Basis für die später folgende Modellanalyse eines Europäsichen Finanzausgleichs. 64 1. Musgraves Konzepte im Überblick Bei seinen Überlegungen geht Musgrave von einem 'central fisc' aus, der mit positiven und negativen Ausgleichszuweisungen an bzw. von nachgeordneten Körperschaften sicherstellt, daß es zu einer Nivellierung vorab definierter fiskalischer Ungleichheiten kommt. Grundsätzlich wird unterstellt, daß sich das Ausgleichssystem selbst finanziert. Die Summe aus den positiven und den negativen Zuweisungen ergibt Null. Da das Budget des Oberverbandes durch derartige Transaktionen nicht berührt wird, lassen sich die angestellten Überlegungen sowohl auf die vertikale als auch horizontale Sichtweise übertragen. 65 63 Vgl. Peffekoven (1988), S. 628f; H. Fischer (1988), S. 78ft: 64 Siehe dazu die Modellanalyse im 9. Kapitel. 65 Die nachfolgenden Ausfilhrungen zu Musgraves Ausgleichskonzepten, die hier knapp skizziert und kritisch beurteilt werden, basieren neben dem Originalbeitrag auf den teilweise sehr umfassenden Interpretationen von Limbert-Michaelis (1973), S. 31f; Wittmann (1976a), S. 116f; Glliser (1981), S. 14Sf;Peffekoven (1988), S. 629f;H. Fischer (1988), S. 84f.

236

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich a) Gleichheit der tatsächlichen Ausgaben

Eine erste Möglichkeit, um die geographische fiskalische Gleichheit zu gewährleisten, könnte darin bestehen, die effektiven Ausgaben pro Kopf durch Zuweisungen anzugleichen (equalisation of actual outIay). Es finanzieren sich die tatsächlichen Ausgaben (A j ) einer Körperschaft (j) durch originäre Einnahmen (Ej ) und Zuweisungen (Zj), die ihrem Betrag nach positiv oder negativ sein können. Der Einfachheit halber beschränkt sich die Einnahmenerzielung auf die Steuern. Von der möglichen Finanzierung durch andere Einnahmenarten, insbesondere Kredite, wird abstrahiert. Eine Umverteilung findet von Körperschaften mit überdurchschnittlichen zu solchen mit unterdurchschnittlichen Steuereinnahmen statt. Somit ist von nachfolgender Definitionsgleichung auszugehen: (1)

Aj

= E j + Zj. wobei E j = tj • B j und r.Zj = 0

E j ergibt sich aus der Multiplikation des Steuersatzes tj mit der steuerlichen Bemessungsgrundlage B j • Wenn die durchschnittlichen Ausgaben in allen Körperschaften gleich hoch sein sollen, so gilt (2)

l:A· A·=--' I n

Aufgrund der bisherigen formalen Ausführungen ergibt sich die zu empfangende Zuweisung bzw. zu leistende Umlage aus (3)

Zj = A j - Ej

Obwohl Musgrave selbst nicht von 'per capita outIays' spricht. kann es sich bei den formalen Parametern dieses Konzeptes sinnvollerweise nur um ProKopf-Größen handeln. 66 Mit einem derartigen Verfahren, das Musgrave selbst als einen "rather primitive aproach"67 bezeichnet, sind jedoch erhebliche Nachteile verbunden. So werden die eigenen Anstrengungen der Körperschaften, um Einnahmen zu erzielen, nicht angemessen honoriert. Damit wird jeglicher Anreiz genommen, die eigenen Steuerquellen zu pflegen, denn eine Steigerung der originären Steuereinnahmen senkt die Höhe der zu empfangenden Zuweisungen oder erhöht die zu zahlenden Beiträge an das Zuweisungssystem. Im Extrem wäre eine ausschließliche Finanzierung über Zuweisungen vorstellbar. Darüber 66 Vgl. Glaser (1981). S. 146; Peffekoven (1988), S. 629. Dieses Problem der heutigen Interpretation wird von H. Fischer (1988), S. 8Sf, explizit angesprochen. Bei Limbert-Michaelis (1973), S. 32f, hingegen erfolgt diese K1arstellung nicht. 67 Musgrave (1961), S. 99.

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer lliderativen Finanzwirtschaft

237

hinaus können gleiche Pro-Kopf-Ausgaben zu unterschiedlichen Versorgungsniveaus in den einzelnen Körperschaften führen, weil demographische, topographische und/oder klimatische Gegebenheiten unberücksichtigt bleiben. Insoweit erscheint diese Interpretation der fiskalischen Gleichheit als ungeeignet. b) Gleiche Versorgung mit öffentlichen Leistungen In diesem Fall soll es jeder Körperschaft möglich sein, ein einheitliches Versorgungsniveau mit öffentlichen Leistungen anzubieten (equalisation of performance levels). Indern die tatsächlich geleisteten Ausgaben pro Kopf in Beziehung zu einem Bedarfsindex68 gesetzt werden, der die regionalen Unterschiede in den genannten Angebotsbedingungen berücksichtigt, läßt sich vermeiden, daß gleiche Staatsausgaben zu verschiedenen Leistungsniveaus fuhren. So hat ein relativ hoher Bedarfsindex (need: i.d.R Ni > ·1) bei einem durchschnittlichen Versorgungsniveau (v i) einen größeren Ausgabenbedarf (Ai) zur Folge. Demnach berechnen sich die Zuweisungen wie folgt: (4)

Z; =A; -E; = V; *N; -E;, wobei

v; = r.V;/n undN; > 0

Nach diesem Konzept erhält eine Körperschaft immer dann eine Zuweisung, wenn die originären Einnahmen nicht ausreichen, um das durchschnittliche Versorgungsniveau unter den ungleich schwierigeren Bedingungen bereitzustellen. Demnach empfangen Körperschaften mit niedrigen Steuern und hohem Bedarfsindex Ausgleichszuweisungen von Körperschaften mit hohen Steuern und geringem Bedarfsindex. Kritisch anzumerken ist jedoch, daß wieder nur eine Seite, nämlich die der Ausgaben, über den Bedarfsindex berücksichtigt wird. Ferner ist unklar, woraus sich der Bedarf im einzelnen ergibt. Der Anreiz, die eigene Finanzkraft zu stärken, bleibt weiterhin gering. Folglich ist auch dieses Ausgleichsverfahren als ungeeignet abzulehnen. c) Gleiche Unterschiede zwischen Finanzbedarf und Finanzkraft In diesem Verfahren (equalisation of differentials in need and capacity) werden die bestehenden Unterschiede zwischen der Finanzkraft und dem Finanz-

68

Die Bestimmung des Finanzbedarfs wird in diesem Kapitel in Punkt 0.11.2. problematisiert.

238

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

bedarf ausgeglichen. Dabei werden sowohl ein Finanzbedarfs- als auch Finanzkraftausgleich durchgeführt. Für alle Regionen wird ein bestimmtes Versorgungsniveau (Vs) festgelegt. Anstelle des bisherigen durchschnittlichen Versorgungsniveaus wird ein "centrally set level of performance"69 definiert. Dieses standardisierte Versorgungsniveau läßt sich durch Vs • (Ni - N) bestimmen. Ist der Bedarfsindex einer Körperschaft (Ni) größer als der durchschnittliche (N), so fließen so lange Ausgleichszuweisungen, bis das geforderte Versorgungsniveau Vs emeicht wird. Im umgekehrten Fall (Ni < N) leistet die Körperschaft Finanzzuweisungen. Dem ermittelten Finanzbedarf wird die Einnahmenseite (Finanzkraft) gegenübergestellt. Das regionale Steueraufkommen ergibt sich, wenn ein für alle Körperschaften einheitlicher Steuersatz (ts) auf die entsprechende Bemessungsgrundlage angewandt wird. Die Finanzkraftunterschiede werden insofern berücksichtigt, als die originäre Bemessungsgrundlage (Bi) von der durchschnittlichen Bemessungsgrundlage aller Körperschaften (B) in Abzug gebracht wird. Körperschaften, die über eine unterdurchschnittliche Bemessungsgrundlage vefügen, erhalten in Abhängigkeit von ts (Ausgleichs) Zuweisungen. Die Zuweisungen errechnen sich nach folgender Formel: (5)

Zi = Ai - Ei = Vs • (Ni - N) - ts * (Bi - B) =Vs*(Ni- N)+ts*(B -Bi)

Sind Vs und ts exogen bzw. zentral staatlich gegeben, so erfolgt ein umverteilender Ausgleich zwischen solchen Körperschaften mit hohem Bedarf und niedriger Bemessungsgrundlage und solchen mit niedrigem Bedarf und hoher Bemessungsgrundlage. Der große Vorteil eines derartigen Verfahrens liegt darin, daß die einzelnen Körperschaften weiterhin bestrebt sind, eigene Steuereinnahmen zu erzielen. Allerdings ist nicht gewährleistet, daß eine größere Steueranspannung10 der einzelnen Körperschaft i, z.B. durch höhere Steuersätze oder eine Ausweitung der Bemessungsgrundlage, honoriert wird. Vielmehr hat der Steuersatz ti keinerlei Einfluß aufRichtung und Ausmaß der Finanzzuweisungen.

69 Musgrave (1961), S. 102. 10 Steueranspannung sei hier defmiert als das Verhiltnis von Steueraufkommen zu Bemessungllgrundlage.

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer lliderativen Finanzwirtschaft

239

d) Ausgleich der Finanzkraft Das Ziel der fiskalischen Gleichheit kann sich auch auf den Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft (equalisation of fiscal capacity) zwischen den einzelnen Körperschaften beziehen. In diesem Fall erhebt eine Körperschaft j den von ihr festgelegten Steuersatz t j auf die Bemessungsgrundlage B j • Das so ermittelte Steueraufkommen wird einem möglichen Aufkommen gegenübergestellt, das sich durch Anwendung von tj auf die durchschnittliche Bemessungsgrundlage B aller n Körperschaften ergibt. Die Höhe der Zuweisungen bestimmt sich nach der Gleichung: (6)

Nachdem der Umfang der zu transferierenden Finanzmittel (LZ"j) nicht mehr von einem einheitlichen Steuersatz t$' sondern von verschiedenen regionalen Steuersätzen tj abhängt, ist der zentralstaatliche Budgetausgleich nicht mehr automatisch gewährleistet. Damit sich nun aber die Summe der positiven und negativen Zuweisungen gerade ausgleicht, müßte von Formel (6) der Summand (tc .Bj ) subtrahiert werden. 7l Bei ihm handelt es sich um eine positive oder negative Ausgleichssteuer, die mit einem Steuersatz von tc durch die übergeordnete Körperschaft auf die Bemessungsgrundlage B j der nachgeordneten Region angewandt wird. Übersteigen die zu leistenden Zuweisungen die zu ihrer Finanzierung aufgebrachten Umlagen,72 dann muß tc > 0 betragen. Dadurch werden die Zuweisungen an die unterdurchschnittlichen Körperschaften reduziert und die Umlagen der überdurchschnittlichen Körperschaften erhöht. Im umgekehrten Fall, wenn die Umlagen höher sind als die zu leistenden Zuweisungen, müßte tc < 0 betragen. Dadurch verringern sich die Umlagen und erhöhen sich die Zuweisungen. Damit handelt es sich um einen "Reinen Bemessungsgrundlagen-Ausgleich"73. Die Umverteilung erfolgt von Körperschaften mit hohen Bemessungsgrundlagen zu solchen mit geringen. Ein Anreiz zur stärkeren Steueranspannung besteht jedoch nur ftir solche Körperschaften, deren B j < B ist, denn mit steigendem tj erhöhen sich bei diesen auch die Zuweisungen. Anders verhält es sich bei Körperschaften mit

71 Aus Gründen der Vereinfachung wird auf diesen ·Subtrahenden bei den weiteren Verfahren verzichtet, da sich an den zu zeigenden Ergebnissen nichts lodert. Vgl. dazu auch Peffekoven (1988), S. 630 undH. Fischer (1988), S. 90. 72 Das ist dann der Fall, wenn in den Körperschaften mit unterdurchschnittlicher Bemessungs. gJUndlage relativ hohe Steuersätze und in denjenigen mit großen BemessungsgJUndlagen relativ nied· rige SAtze erhoben werden. 73 Gldser (1981), S. 149.

240

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

Bi> B. Hier wächst mit ti auch die Umlagenbelastung. 74 Durch eine zu hohe Steueranspannung können Wanderungsbewegungen ausgelöst werden, die sich auf die Bemessungsgrundlagen wie folgt auswirken: Bei Bi < B führt eine sinkende Bemessungsgrundlage zu steigendem Zuweisungsbedarf; bei Bi> B verringern sich tendenziell die zu leistenden Umlagen. e) Gleiche Versorgung pro Einheit eigener Steuereinnahmen Nach diesem Verfahren läßt sich die fiskalische Gleicheit dadurch realisieren, daß alle Körperschaften rur jede Einheit originärer (Steuer)Einnahmen das gleiche Niveau an öffentlichen Leistungen bereitstellen können (equalisation of performance levels per dollar of own tax revenue). Hierbei wird ein Ausgleich von Finanzbedarfsunterschieden vorgenommen, und die Umverteilung erfolgt "to more needy from less needy states"7S. Die notwendigen Ausgleichszuweisungen lassen sich nach folgender Gleichung berechnen: (7)

Es wird von verschiedenen Bedarfsindizes Ni ausgegangen, wobei der Durchschnitt aller n Körperschaften N = 1 beträgt. Ein Steueraufkommen von (Bi. ti) ermöglicht in der i-ten Körperschaft ein Versorgungsniveau Vi' Dabei gilt Vi = (Bi. t;) I Ni' Würde dasselbe Steueraufkommen hingegen auf den durchschnittlichen Bedarfsindex N bezogen, so ergäbe sich das Versorgungsniveau V = (Bi. t;) IN. Nach Formel (7) werden so lange Ausgleichszuweisungen geleistet, bis Vi = V entspricht. Folglich berechtigt ein hoher Bedarfsindex zum Empfang von Zuweisungen, ein niedriger Index verpflichtet zu Umlagen. In diesem Verfahren wird bei Körperschaften, die über einen überdurchschnittlichen Finanzbedarf verfugen, die eigene steuerliche Anspannung honoriert. So erhalten beispielsweise bei gleichem überdurchschnittlichen Finanzbedarfsindex diejenigen Regionen, die über ein höheres Steueraufkommen verfugen, auch höhere Zuweisungen und jene, die niedrige Einnahmen erzielen, erhalten auch geringere Zuweisungen. Dies gilt aber unabhängig davon, ob das geringe Steueraufkommen auf eine niedrige Bemessungsgrundlage oder eine ungenügende Steueranspannung zurückzuführen ist.

74 Dieser Punkt, wonach ausgleichspflichtige Gliedstaaten "quasi dafilr bestraft" werden, daß ihre "BQrger höhere PrAferenzen filr öffentliche Güter zeigen", wird von Metz (1979), S. 141f, mit einem Zahlenbeispiel belegt. 7S Musgrave (1961), S. 107.

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer föderativen Finanzwirtschaft

241

f) Gleiche Versorgung pro Einheit eigener Anstrengung

Diese von Musgrave favorisierte Variante erachtet die fiskalische Gleichheit

dann als gegeben, wenn jede Körperschaft ein gleiches Versorgungsniveau

unter Berücksichtigung der eigenen Anstrengung realisieren kann (equal performance of effort unit). Dieses Ziel kann nach der folgenden (Finanz)Ausgleichsformel sichergestellt werden: (8)

Zj =(B

- B j) • tj + (Nj - N) • t j • B

Der erste Summand entspricht dem des Finanzkraftausgleichs. Nach dem Ausgleichsverfahren verfugen allen Körperschaften über die Finanzkraft, die sie bei Anwendung ihres Steuersatzes auf die durchschnittliche Bemessungsgrundlage erzielt hätten. Der zweite Summand unterscheidet sich von demjenigen des Finanzbedarfausgleichs: Die Unterschiede in den Finanzbedarfindizes werden mit (B • ti) gewichtet. Darin drückt sich die steuerliche Anspannung aus. In welchem Ausmaß ein erhöhter Finanzbedarf berücksichtigt wird, hängt von der Höhe der eigenen Steuersätze, d.h. der eigenen Anstrengung ab. Damit das Zuweisungssystem sich immer selbst. finanziert, wäre auch hier eine Ausgleichssteuer in Höhe von (Bi • t c ) erforderlich. Nach diesem skizzierten Verfahren kommt es zu einer Umverteilung zwischen Körperschaften mit einem hohen Bedarfsindex und niedriger Bemessungsgrundlage auf der einen Seite und Körperschaften mit niedrigem Bedarfsindex und großer Bemessungsgrundlage auf der anderen. Je höher der Steuersatz t;. desto höher fallen - bei gegebenen Unterschieden in Finanzbedarfund Finanzkraft - die Zuweisungen bzw. Umlagen aus. Kritisch anzumerken ist jedoch, daß keine eindeutigen Aussagen rur jene Körperschaften abgeleitet werden können, die sowohl über (hohe) niedrige Bemessungsgrundlagen als auch (hohe) niedrige Bedarfsindizes verfugen. Das Verfahren berücksichtigt sowohl die Finanzkraft als auch den Finanzbedarf. Bei bedürftigen, unterdurchschnittlichen Körperschaften wird die höhere Steueranspannung honoriert. Dagegen können überdurchschnittliche Körperschaften geneigt sein, ihre Steuersätze zu reduzieren.

16 Walthes

242

7. Kapitel: Selamdärer aktiver Finanzausgleich

2. Ausgleichskonzepte des MacDougall-Berichtes In seinem Beitrag zum "Bericht der Sachverständigengruppe zur Untersuchung der Rolle der öffentlichen Finanzen bei der Europäischen Integration"76 (MacDougall-Bericht) hat Mathews einige Finanzausgleichsmechanismen für die zusammenwachsende Europäische Gemeinschaft zur Diskussion gestellt. Dazu wurde der Begriff Finanzausgleich ganz pragmatisch als ein "systematischer Prozeß von finanziellen Übertragungen zwischen Gebietskörperschaften"77 definiert, dessen Ziel es ist, die Finanzkraft oder wirtschaftliche Leistung auszugleichen. Konkret bedeutet das, daß im Zuge des Finanzausgleichs den Körperschaften die Möglichkeit gegeben werden soll, "to provide a standard range and quality of administrative, social and economic services for their citizens, whilst maintaining comparable fiscal efforts in the form of standard rates of taxation and other charges"78. Obwohl die Überlegungen grundsätzlich auch auf vertikale Ausgleichsverfahren zutreffen, bei denen es um den Erhalt oder die Wiederherstellung des finanziellen Gleichgewichtes zwischen mehreren föderalen Ebenen geht, steht der horizontale Aspekt zwischen den Körperschaften einer föderalen Ebene, deren Budgets ausgeglichen bzw. angeglichen werden sollen, im Mittelpunkt der Betrachtung. Aufgrund ihrer grundlegenden analytischen Bedeutung für das formal-logische Verständnis des Finanzausgleichs im engsten Sinn wird eine Auswahl der seinerzeit vorgestellten alternativen Finanzaus-gleichsmodelle knapp skizziert. 79 Im Vergleich zu Musgraves Konzepten sind sie abstrakter und in manchen Variationen noch weiter entfernt von einer praxisnahen Umsetzung. a) Allgemeines Modell zum Finanzkraftausgleich Das allgemeine Modell zum Finanzkraftausgleich sorgt rur einen Vollausgleich der Differenz zwischen Steueraufkommen und Ausgabenbedarf aller am Ausgleichssystem beteiligten Körperschaften. Die (Ausgleichs) Zuweisungen Zi werden wie folgt berechnet:

76

Vgl. Kommission (1977a), (1977b).

77 Mathews (1977a), S. 423. 78 Mathews (1977b), S. 103.

79 Zu den nachfolgenden Ausfilhrungen siehe die BeitrAge von Mathews (1977a), S. 423-452, (1977b), S. 103-132. Die Bezeichnungen der fonnalen Parameter wurden modifIZiert und auf den deutschen Sprachgebrauch zugeschnitten.

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer föderativen Finanzwirtschaft

243

(1)

Dabei handelt es sich bei P um die Bevölkerung (population), bei E um das Steueraufkommen (Einnahmen), bei B um die Bemessungsgrundlage, bei EIE um die tatsächliche Steuerbelastung (auch Steuersatz), bei A um die Ausgaben und bei K um die zusätzlichen prozentualen Kosten der Aufgabenerfüllung im Verhältnis zu den (durchschnittlichen) Standardkosten je Einwohner. Die Indizes ; und s bezeichnen die in den Ausgleich einbezogenen fiskalischen Einheiten und den gewünschten Standard für alle Körperschaften. Der standardisierte Referenzmaßstab wird häufig auf den Durchschnitt aller Körperschaften bezogen. Dies muß aber nicht zwangsläufig der Fall sein. Der Ausgleichsstandard kann sich auch an anders definierten Maßstäben orientieren. 80 Der erste Summand dieser Formel bewirkt den Ausgleich der unterschiedlichen Steuerkraft (Finanzkraftausgleichskomponente). Im zweiten Summanden kommt das erhöhte Kosteniveau aufgrund klimatischer, topographischer oder sonstiger Bedingungen zum Ausdruck (Finanzbedarfskomponente). Um dieses Modell in der Finanzausgleichspraxis anwenden zu können, bedarf es für jede Einnahmen- und für jede Ausgabenart gesonderter Berechnungen, die jeweils auf eine Standard-Körperschaft bezogen werden. 81 b) Finanzkraftausgleich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Steuerbelastung In diesem Ausgleichsverfahren wird das obige Modell des Finanzkraftausgleichs um einen Steuerbelastungsfaktor relativen Steuerertragskraft

!!i. Es B s

EiBi IEB

s -1 s

berichtigt, der mit der

für jede Körperschaft einzeln gewichtet

wird. Mit Hilfe von drei Komponenten (Finanzkraftausgleichs-, Steuerbelastungs- und Finanzbedarfsfaktor) läßt sich die Zuweisung berechnen: (2)

Zi

=

11 Es

Bs

(Bs _ Bi) +(Bi Es) Ps 11 Bs

(~/Es _ 1) + 11 Bi

Bs

As Ki

Ps

80 Z.B. an Mindeststandards, die durch einen relativen Anteil arn Durchschnitt bestimmt werden können. 81 Bei H. Fischer (1988), S. 96, fmdet sich eine kurze Erörterung dieser von Mathews propagierten Ausgleichsfonnel, die als Basis filr die Berechnung der australischen Ausgleichszuweisungen dient In leicht modifIZierter Fonn kann dieses Ausgleichssystem auch die Verfahren in Kanada und der Bundesrepublik Deutschland beschreiben (vgl. auch Mathews (1983), S. 276f). 16*

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

244

Je nachdem, ob die tatsächliche Steuerbelastung einer Körperschaft i gemäß der Steuerbelastungskomponente über oder unter dem Standard liegt, wird die Zuweisung gekürzt oder erhöht. c) Finanzkraftausgleich nach dem Repartitionsprinzip Wird ein im voraus festgelegtes und damit plafondiertes Zuweisungsvolumen an die Körperschaften verteilt, so berechnet sich der Anteil Zi jeder Körperschaft am Gesamtvolumen Z folgendermaßen: 82 (3)

Dabei verbirgt sich hinter

n. = p; ("E.E; Ss + "E.A; K;)

(4)

,

mit P

"E.p; S;

"E.P; K s

=Bevölkerung

"E.E; = durchschnittliches Steueraufkommen je Einwohner aller Körperschaften "E.P; Ss

S;

= durchschnittliche Steuerertragskraft aller Körperschaften im Ver gleich zur Steuerertragskraft der Körperschaft i

"E.A; = durchschnittliche Ausgaben je Einwohner aller Körperschaften "E.P; K;

Ks

= Kosten der Aufgabenerfüllung für die Körperschaft i im Vergleich zu den Durchschnittskosten aller Körperschaften

d) Verteilung eines fixen Betrages nach Maßgabe der Finanzkraft und der Finanzleistung Dieses Ausgleichsverfahren erweitert die Formeln (3) und (4) um Kennzahlen der finanz- und wirtschaftspolitischen Leistung einer Körperschaft. Je nach dem relativen Erfolg der Körperschaft i bei der Bekämpfung von beispielsweise Inflation und Arbeitslosigkeit kann die Zuweisung höher oder niedriger ausfallen: 82

Dieses Modell fand in Großbritannien Anwendung.

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer fbderativen Finanzwirtschaft

245

(5) Hierbei entsprechen

/; _ Cl-/LCl -j

fs

Pj

Ps Pj

j

LPj

= durchschnittliche Veränderung des Verbraucherpreisindex allerKörper schaften im Vergleich zu i

u.

_, = Veränderung der Arbeitslosigkeit in Körperschaft i im Vergleich zur Us

Wj

durchschnittlichen Veränderung in allen Ländern

= Gewichtung des jeweiligen Berichtigungsfaktors (~wi = 1)

Nachdem trj ftir jede Körperschaft berechnet worden ist, kann das zur Verfügung stehende Zuweisungsvolumen Z verteilt werden (6)

z.

1

=Z~

L1t j

Demnach verteilt sich das Gesamtvolumen an Zuweisungen in Abhängigkeit von der Bevölkerungszahl und nach Berichtigung um die unterschiedliche Finanzkraft und Wirtschaftsleistung. Die Gewichte ftir die einzelnen Berichtigungsfaktoren sind zwangsläufig willkürlich nach Maßgabe eines politökonomischen Entscheidungsprozesses zu bestimmen und hängen davon ab, welcher Berichtigungsfaktor hervorgehoben werden soll. Nach Ansicht von Mathews leistet dieses Modell ftir das Verteilungsproblem von Ausgleichszuweisungen an die EG-Mitgliedstaaten den größten Lösungsbeitrag. Allerdings sind nicht nur Datenprobleme zu lösen, um das ganze Verfahren erst rechenbar zu machen, sondern auch die politischen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewichtung und Bewertung der einzelnen Komponenten sind zu bewältigen. 83 So ist festzulegen, welche ökonomischen Leistungsfaktoren überhaupt berucksichtigt werden sollen, wie sie zu erfassen, zu messen und zu gewichten sind. Daruber hinaus muß das Zuweisungsvolumen plafondiert werden. Bisher gibt es aber keine praktische Anwendung eines

83

Vgl. dazu die selbstkritischen Arunerkungen vonMathews (1977a), S. 450f.

246

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

Leistungsausgleichs. Im Vordergrund der real existierenden Finanzausgleichssysteme stehen bisher ausschließlich die Finanzkraftunterschiede. 84 3. Fiskalische Gleichheit im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse

Sowohl die formalen Ansätze von Musgrave als auch die des MacDougallBerichtes leisten zum analytischen Verständnis der technischen Verwirklichung von fiskalischer Gleichheit einen guten Erklärungsbeitrag. Jedoch sind sie in weiten Teilen sehr abstrakt und lassen in einigen Bereichen eine Interpretationen der einzelnen Variablen offen. Insbesondere bedarf es noch einer inhaltlichen Bestimmung der fiskalischen Gleichheit für die weiterführende Analyse. Eine gleichmäßige und gleichartige Erfiillung von bestimmten öffentlichen Aufgaben läßt sich nicht allein aus dem föderalen Staatsaufbau ableiten, sondern muß ferner aus staatspolitischen und/oder verfassungsrechtlichen Gründen geboten sein. Insbesondere die Rechtsgrundlagen eines Staates können eine Sozialstaatspflicht begründen und in Einheitswahrungsklauseln zum Ausdruck bringen. 85 Wie die Ausführungen zu den juristischen Grundlagen im zweiten Kapitel dieser Arbeit gezeigt haben, ist ein derartiges Postulat in den EU-Verträgen mehrfach enthalten. Nachdem freiwillige Finanzleistungen zwischen föderalen Ebenen auf Dauer keine sichere Planungsgrundlage bieten können,86 sind klare (Ausgleichs)Regelungen erforderlich, die in einer entsprechenden Finanzverfassung auch verankert sein sollten. In der Diskussion um die Art und das Ausmaß eines regionalen Ausgleichs zwischen Körperschaften einer oder verschiedener Ebenen finden sich zwei unterschiedlich scheinende Normen, die als Ausgleichsziele angefiihrt werden. Dabei handelt es sich zum einen um die Einheitlichkeit, zum anderen um die Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen. Bei dem Begriff der Lebensverhältnisse, der sich auf den Versorgungsgrad einer regional abgegrenzten Population bezieht, kann es sich nach Neumark

84 Deshalb konzentriert sich auch die Modellanalyse des 9. Kapitels auf einen Finanzkraftausgleich unter Betilcksichtigung eines fiktiven Finanzbedarfs. 85 Vgl. Pagenkop[(1981), S. 74f. In dem Postulat der Wahrung einheitlicher Lebensverhlltnisse fmdet nach Fischer-Menshausen (1978), S. 147, das Leitbild "des modernen, nach EgalitAt und Einheit dringenden Sozialstaats seinen Ausdruck". 86 So Lenk (1993a), S. 81.

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer föderativen Finanzwirtschaft

247

nur um jenen Lebensbereich handeln, "der mehr oder minder unmittelbar durch Leistungen der öffentlichen Hand determiniert oder doch maßgeblich beeinflußbar ist"87. Zahlreiche Autoren weisen darauf hin, daß eine sich am Wortlaut orientierende Interpretation der Forderung nach 'Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse' den Grundprinzipien des Föderalismus widerspricht. 88 In einer polyzentrisch organisierten Föderation, zu deren "Signatur Individualität und Eigenständigkeit der Unterverbände, mithin administrative Pluralität und regionale Mannigfaltigkeit der öffentlichen Aufgabenerfiillung gehören"89, lassen sich territoriale Unterschiede nicht vereinheitlichen. Abgesehen von den ohnehin nicht beeinflußbaren topographischen und siedlungsstrukturellen Besonderheiten sowie naturräumlichen Bedingungen führt nach Ansicht von Fischer-Menshausen eine zu stark betriebene Reduktion der Unterschiede in den regionalen Lebens- und Entwicklungsbedingungen zu wirtschafts- und sozialpolitisch unerwünschten Folgen, "weil sie in den benachteiligten Gebieten den Willen zur Selbsthilfe schwächen und eine auf interregionalen Wettbewerb, Produktivitätssteigerung und ökonomischen Fortschritt gerichtete Entwicklungspolitik beeinträchtigen würde"90. Folglich erscheint eine vollkommene Egalisierung keinesfalls wünschenswert. Was empfehlenswert erscheint, ist vielmehr die Angleichung der regionalen Lebensverhältnisse durch "einen partiellen Ausgleich der Wirtschafts- und Finanzkraftunterschiede dergestalt, daß dadurch auf allen jeweils als essentiell betrachteten Gebieten Mindeststandards in bezug auf die Versorgung mit öffentlichen Gütern gesichert werden"91. Bei diesem eindeutigen Standpunkt erscheint es im Grunde gleichgültig und auch kasuistisch, wenn noch zwischen den Begriffen Gleichheit und Gleichwertigkeit differenziert wird. Dennoch soll kurz auf dieses Begriffspaar eingegangen werden, um für den Fortgang der Analyse zu prüfen, ob eine Auswechselung des Begriffes Einheitlichkeit durch Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Betracht kommt.

Neumark(1978), S. 166. Unter vielen Bohley (1992b), S. 73. Wittmann (1976a), S. 121, schreibt hierzu, daß die Einheitlichkeit der Lebensbedingungen zwischen den Regionen eines Landes keinesfalls beinhaltet, daß "slrntliche soziale Indiaktoren, die den globalen Indikator Lebensqualitlt ausmachen, auch nivelliert werden". 89 Fischer-Menshausen (1978), S. 148. 90 Fi3cher-Menshausen (1978), S. 148. 91 Neumark(1978), S. 174. 87

88

248

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

In einem Vergleich der beiden Normen Einheitlichkeit und Gleichwertigkeit gelangt Zimmermann zu folgender inhaltlichen Abgrenzung. 92 Danach enthält die Einheitlichkeit nicht unbedingt das vergleichsweise weitergehende Postulat, obwohl es in seiner Ausrichtung auf horizontale und vertikale Finanzausgleichsmaßnahmen erhebliche Budgetanteile beansprucht. Das diesbezügliche Ausgleichsverfahren ist i.d.R. sehr stark normiert und juristisch restringiert. Demgegenüber weist das Konzept der Gleichwertigkeit auf ein weitgreifendes und unscharf umrissenes regionales Ausgleichsziel hin. Für den Fortgang der Untersuchung wird dem Postulat der Gleichwertigkeit gefolgt, weil es schon rein sprachlich "unterschiedliche Zusammensetzungen der gliedstaatlich angebotenen "Warenkörbe" ... [zuläßt und] ... nur deren im Ergebnis gleichen Wert"93 verlangt. Im Zuge der bisherigen europäischen Integration wird das Ausgleichsanliegen mit Hilfe zahlreicher raumwirtschaftlich wirksamer Politiken betrieben. Aufgrund der bestehenden Disparitäten in Europa erscheint die Einheitlichkeit als Ziel zu absolut und illusionär. 94 Unterschiede in den Lebensbedingungen sind grundsätzlich dann vertretbar, wenn die Bandbreite des Disparitätenmusters innerhalb einer Föderation das Ziel der Stabilität durch politische Spannungen nicht gefährdet. Somit kann es immer nur - wie bereits angedeutet - um gleichwertigere Lebensverhältnisse innerhalb der europäischen Föderation gehen, weil ansonsten der Konflikt mit den allokativen Zielen des Föderalismus zu groß werden würde. 95

n. Deckungsrelation von Finanzkraft und Finanzbedarf Wie die formalen Konzepte von Musgrave und Mathews gezeigt haben, spielen die Finanzkraft und/oder der Finanzbedarf eines Empfängers und Gebers eine zentrale Rolle bei der Gestaltung von Ausgleichszuweisungen. Dabei stellt das Verhältnis von Finanzkraft und Finanzbedarf (Deckungsrelation) jeder Gebietskörperschaft den wesentlichen Verteilungsschlüssel für ein Ausgleichsverfahren dar. Mit Hilfe einer derartigen Schlüsselung kann ermittelt werden, "welche Körperschaft einer Ebene Zahlungen in welcher

92 Vgl. Zimmermann (1987a), S. 50, der diese Schlußfolgerung filr den Fall der Bundesrepublik. Deutschland zieht 93 Bohley (1992b), S. 75.

94 Spätestens seit der deutschen Einheit zeigt sich die Unangemessenheit der Norm 'Einheitlichkeit' bei der Ausgestaltung des Finanzausgleichs. Dazu mehr bei Bohley (1992b), S. 74. 95 Vg. Wittmann (1976a), S. 121.

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer lliderativen Finanzwirtschaft

249

Höhe leisten bzw. empfangen sol1"96. So erhalten diejenigen Körperschaften Zuweisungen, deren Deckungsrelation < 1 beträgt, und jene Körperschaften, die eine Deckungsrelation > 1 aufweisen, leisten Beiträge bzw. Umlagen oder Überweisungen. 97 Unberucksichtigt bleibt zunächst der Ausgleichs- bzw. Nivellierungsgrad. Er legt letztendlich die Höhe der Zuweisungen fest. 98 Zunächst ist die originäre Einnahmenkraft zu ermitteln und anschließend der aus der Verteilung öffentlicher Aufgaben resultierende Finanzbedarf einer Körperschaft zu bestimmen. Damit die beiden Größen im Zähler und Nenner der Deckungsrelation rechenbar werden, druckt man sie durch Meßzahlen aus, die "ihrerseits auf objektiv feststellbare und nicht willkürlich beeinflußbare Tatbestände grunden"99. Jedoch ist die Messung sowohl von Finanzkraft als auch Finanzbedarf "mit z.T. erheblichen theoretischen und methodischen Problemen verbunden" 100. 1. Ermittlung der Finanzkraft

Die Finanzkraft einer Gebietskörperschaft soll zum Ausdruck bringen, "inwieweit eine Körperschaft oder Region in der Lage ist, Einnahmen selbst zu erzielen"lol. Sie wird am Aufkommen oder an der Bemessungsgrundlage von einzelnen, einigen oder den gesamten Einnahmen gemessen. Um eine repräsentative Messung der Finanzkraft zu gewährleisten, müssen die Einnahmenquellen und/oder Bemessungsgrundlagen einheitlich normiert sein, damit die Finanzkraft auch tatsächlich vergleichbar ist. 102 Für Fischer-Menshausen kommt die Finanzkraft einer Körperschaft in ihren Haushaltseinnahmen "im großen und ganzen zutreffend zum Ausdruck" \03, unabhängig davon, ob in absoluten oder Pro-Kopf-Größen gemessen. Jedoch wird diese auf den ersten Blick einfache Ermittlung durch einige Gesichtspunkte erschwert. Einerseits dürfen nicht alle Bestandteile der tatsächlich erzielten Einnahmen berucksichtigt werden und andererseits müssen "unter bestimmten Bedingungen erzielbare Einnahmen fiktiv hinzugerechnet wer96 ZimmermannIHenke (1994), S. 192. 97 VgJ. Lenk (1993a), S. 82. 98

Dazu mehr im Punkt 0.111. in diesem Kapitel.

99 Fischer-Menshausen (1988), S. 658. 100 H. Fischer (1988), S. 97. 101 Peffokoven (1988), S. 632. 102 VgJ. Wittmann (1976a), S. 115. 103 Fischer-Menshausen (1988), S. 658.

250

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

den" I04. Denn Einnahmenunterschiede, die auf autonomes Handeln der Körperschaft zurückzuführen und von ihr zu verantworten sind (z.B. durch niedrigere oder höhere Hebesätze, Zuschläge), sollten unberücksichtigt bleiben. Diese Probleme treten insbesondere dann auf, wenn die einzelnen Einnahmenarten innerhalb einer Föderation, wie der Europäischen Union, nicht einheitlich erhoben werden, sondern zwischen den einzelnen Regionen Unterschiede bestehen. Um dennoch eine Vergleichsbasis zu bekommen, muß eine Typisierung, z.B. in Form fiktiver, normierter Belastungssätze auf die Bemessungsgrundlage, erfolgen. lOS Bei der Ermittlung der Finanzkraft scheint die Berücksichtigung aller Einnahmenarten theoretisch zwar geboten, doch aufgrund der damit verbundenen technischen Probleme der Abgrenzung und Bewertung konzentrieren sich die meisten praktizierten Ausgleichssysteme nur auf die Steuern. Häufig wird als Indikator der Finanzkraft das regionale Steueraufkommen pro Kopf herangezogen. Jedoch sind damit zwei Probleme verbunden. Zum einen darf nur dann vom tatsächlichen Steueraufkommen auf die finanzielle Leistungsfllhigkeit einer Körperschaft geschlossen werden, wenn von einer interregionalen Steuerüberwälzung, d.h. von Steuerexporten, abstrahiert wird. Zum anderen handelt es sich beim Steueraufkommen nur dann um einen geeigneten Indikator der Finanzkraft, wenn die Steueranspannung in jeder Körperschaft gleich ist. 106 Aufgrund dieser Schwierigkeiten kann in Föderationen, deren Körperschaften über ein relativ hohes Maß an Finanzautonomie verfügen, nicht das Steueraufkommen, sondern nur eine harmonisierte Bemessungsgrundlage gewählt werden, auf die gegebenenfalls ein einheitlicher (Abgaben)Satz angewandt wird. 101 Die Ausgleichsregelungen können auch vorsehen, daß zur Abgeltung von festgelegten Sonderlasten einzelne Körperschaften bestimmte Beträge von ihrer Finanzkraft in Abzug bringen dürfen (Vorwegabzug). Dadurch wird über die reduzierte Finanzkraftseite einem überdurchschnittlichem Finanzbedarf schon vor dem Ausgleichsverfahren gebührend Rechnung getragen. 108

104 Kop! (1984c), S. 344. lOS Vgl. Peffekoven (1988), S. 632. 106 Vgl.H. Fischer (1984), S. 231, (1988), S. 112.

101 Dies entspricht auch dem Verfahren, das die EU bei der Ennittlung ihrer Einnahmen wlhlt. Siehe dazu die Ausfllhrungen im 6. Kapitel, Punkt C. 108 Vgl. Lenk (1993a), S. 82.

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer fMerativen Finanzwirtschaft

251

2. Bestimmung des FinanzbedarJs Der Finanzbedarf einer Körperschaft läßt sich nach Seiler definieren als "die zur Erfüllung ihrer Aufgaben ... erforderliche Finanzausstattung" 109. Demnach bildet die im passiven Finanzausgleich zugewiesene Aufgabenverteilung die Grundlage, auf der die Berechnung des Finanzbedarfs erfolgt. Bei der erforderlichen Finanzausstattung handelt es sich eigentlich um einen dem sekundären aktiven Finanzausgleich vorgelagerten und einen im primären aktiven Finanzausgleich zu regelnden Bereich. Dennoch kann es möglich sein, daß im nachhinein finanzbedarfsrelevante Verschiebungen auftreten, denn der körperschaftliche Finanzbedarf wird in erster Linie durch drei Determinanten bestimmt: (1) Den Bedarf, d.h. die regionale Nachfrage nach öffentlichen Gütern und

Leistungen;

(2) das Versorgungsniveau, welches Ausmaß und Qualität der Bedarfsdekkung umfaßt, und (3) das Kostenniveau, das im interregionalen Vergleich z.T. beträchtlich differieren kann. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Nutzenbewertung öffentlicher Güter oder des Freifahrerproblems und des strategischen Verhaltens bei der Artikulation der Nachfrage fehlen "objektive Maßstäbe für die Dringlichkeit und Größe eines Bedarfs"lIo. Insbesondere bei der Festlegung des Versorgungsniveaus (z.B. Bestimmung eines Mindestniveaus)1I1 spielen politische Werturteile eine dominante Rolle. Das Kostenniveau richtet sich nach wirtschaftsgeographischen und siedlungsstrukturellen Gegebenheiten, die für jede Körperschaft unterschiedlich sein können und deshalb berücksichtig werden müssen. Folglich läßt sich der Finanzbedarf nach diesen Determinanten nur annähernd bestimmen und kann der Höhe nach nicht eindeutig ermittelt werden. Die soeben umrissenen Problemfelder des Finanzbedarfs einer Körperschaft

i lassen sich auch in eine formale Struktur einbinden: 112

109 Seiler (1980), S. 32. 110 Lenk (1993a), S. 83. 111 Zwar erscheint es notwendig operable Minimal- oder Maximalstandards filr öffentliche Güter und Leistungen zu formulieren, und bei der Vereinheitlichung von Leistungsstandards auch regionale Bedürfuisse zu berücksichtigen, doch ist dies letztendlich nur über den fmanzpolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß leistbar. Siehe dazu 8. Kapitel. 112 Vgl. Seiler (1980), S. 32;H. Fischer (1988), S. 113.

252

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich Fj

= IJi'jj = lJJjjBMZjjkijvi}' mit i

=

1, 2, ... n Körperschaften

mitj = 1,2, ... m öffentlichen Aufgaben. Der Finanzbedarf F einer zu erfüllenden öffentlichen Aufgabe j hängt in einer Körperschaft i ab von - der Bedarfsmeßzahl BMZ, - den Stückkosten pro Bedarfseinheit kund - dem angestrebten Versorgungsniveau v in Prozent der Bedarfsgröße. In Abhängigkeit davon, ob die Körperschaft die Aufgabe zu erfüllen hat oder nicht, kann der Faktor e den Wert 1 oder 0 annehmen (DurnrnyVariable). Summiert man den jeweils ermittelten Finanzbdarf aller Aufgaben (j = 1 bis m), so ergibt sich der gesamte Finanzbedarf einer Körperschaft. Jedoch scheitert diese einfache und einleuchtende formale Ermittlung an der praktischen Umsetzung. In der Literatur existieren zahlreiche Vorschläge, sich mit Hilfe ökonometrischer und/oder anderer analytischer Methoden der Bestimmung dieser vier Faktoren zu nähern. In der Finanzausgleichs-Praxis dominieren jedoch vergleichsweise simple Hilfsgrößen (sog. Bedarfsindikatoren oder -kritierien), welche anband von einfachen statistischen Verfahren oder durch Plausibilitätsüberlegungen begündet werden. 113 Ein traditioneller Indikator ist die Einwohnerzahl einer Körperschaft. Dieser Maßstab läßt sich relativ leicht ermitteln und ist nur in begrenztem Umfang manipulierbar. Insofern handelt es sich um eine objektive Größe. Um beispielsweise ein einheitliches öffentliches Versorgungsniveau zu gewährleisten, ist das erforderliche Ausgabenvolumen einer Körperschaft um so höher, je mehr Einwohner versorgt werden müssen. Ob sich nun der Finanzbedarf proportional, progressiv oder degressiv zur Einwohnerzahl entwickelt, ist allerdings umstritten. Auf den empirischen Untersuchungen von Popitz und Brecht beruhen die Ergebnisse,114 wonach bei steigender Bevölkerungszahl und dichte auch der Ausgabenbedarf pro Kopf der Bevölkerung in einer Körperschaft zunimmt. Eine elementare Schlußfolgerung aus der Untersuchung von Popitz lautet in diesem Zusammenhang, daß '~e höher die Einwohnerzahl einer Gemeinde ist, desto höher der Bedarf ansteigt" und "obgleich mit der 113 Vg1. H. Fischer (1988), S. 113f. Mehr zu den Methoden der Finanzbedarfs-Messung siehe B(Js (1971), S. 64f; Seiler (1980), S. 33fund Kops (1989), S. 137f, und die dort angegebene Literatur. 114 Siehe den internationalen Ausgabenvergleich von Brecht (1932) und das Gutachten zum Finanzausgleich vonPopitz (1932).

D. 'Fiscal equity' als distributives Ziel einer föderativen Finanzwirtschaft

253

Einwohnerzahl die Einnahmen aus allgemeinen Deckungsmitteln ... ansteigen, trotzdem der Bedarf an Finanzzuweisungen zunimmt"115. Ein ähnliches Ergebnis formuliert Brecht in seinem bekannten Gesetz von der "progressiven Parallelität zwischen Ausgaben und Bevölkerungsmassierung" 116. Obwohl dieses Brechtsche Gesetz als "theoretisch unfundiert und statistisch in keiner Weise abgesichert"l11 zu qualifizieren ist, sprechen einige Argumente fiir, jedoch auch einige gegen den behaupteten Zusammenhang. Auf der einen Seite steigen mit zunehmendem Agglomerationsgrad die Kosten fiir Vorleistungen (z.B. Grundstückspreise, Personalkosten usw); es können auch dise": conomies of scale auftreten (z.B. Bürokratie) und/oder das öffentliche Leistungsspektrum entwickelt sich weiter (z.B. Umweltschutz, innere Sicherheit usw). Auf der anderen Seite lassen sich bis zum Erreichen des Ballungsoptimums auch Kosten einsparen (z.B. Fühlungsvorteile, Kostendegression), oder die Finanzkraft nimmt mit zunehmender Bevölkerungsmassierung zu. Darüber hinaus existieren weitere Bedarfskrlterien, die einen erhöhten Finanzbedarf begründen. So bedingt die sozioökonomische Bevölkerungsstruktur (Kinder, Schüler, Sozialhilfeempflinger usw.) oder die differierende Präferenzstruktur (Kfz-Zulassungen usw.) körperschaftsspezifische Ausgabenarten. 118 Obwohl empirische Arbeiten den vermuteten Zusammenhang von hoher Bevölkerungsdichte und zunehmenden Ausgaben nicht immer bestätigen,119 so gibt es doch plausible Gründe, warum in der Praxis ein erhöhter Ausgabenbedarf unterstellt wird. In Ballungsräumen wird ein höheres BIP als in ländlichen Gebieten erwirtschaftet. Ein Großteil der verfiigbaren Einkommen wird jedoch durch höhere Lebenshaltungskosten gemindert. Insbesondere das Wohnen ist erheblich teuerer als in ländlichen Räumen. Dort können auch einen Vielzahl von Arbeiten (wie Wohnungsbau, Altenpflege, Kinderbetreuung usw.) innerhalb von Familiengemeinschaften geleistet werden, ohne daß sie unmittelbar einkommenswirksarn sind und damit die regionale Finanzkraft erhöhen. Folglich besteht in urbanen Räumen trotz hoher Finanzkraft ein erhöhter Finanzbedarf. Aufgrund der angedeuteten Schwierigkeiten, die mit einer objektiven Ermittlung des Finanzbedarfs verbunden sind, geht die Literatur übereinstimmend davon aus, daß "für die Ermittlung des Finanzbedarfs ein mehrdimen115 Popitz (1932), S. 266. 116 Brecht (1932), S. 6. 117 Littmann (1988), S. 360. 118 Vgl. Wittmann (1976a), S. 113f,Metz (1979), S. 163f, Pagenkop[(1981), S. 54f, Peffekoven (1988), S. 63lf;Lenk(1993a), S. 82. 119 Vgl. hierzu Leineweber (1988), S. 47f.

254

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

sionaler Index heranzuziehen ist, der neben der Einwohnerzahl noch andere ... Maßstäbe berücksichtigen SOIl"120. Um besonderen Bedarfssituationen gerecht zu werden, findet man häufig eine technisch relativ einfach zu leistende Veredelung der Einwohnerzahlen. Dabei wird die effektive Bevölkerungszahl mit einem Faktor (i.d.R. > 1) gewichtet, der den Mehrbedarf pro Kopf der Bevölkerung symbolisiert. Doch auch diese Methode unterliegt letztendlich einer politischen Vorentscheidung darüber, "welche besonderen Bedarfe zu welchem finanziellen Mehraufwand führen sollen"121. Trotz aller Bemühungen bleibt es weiterhin unmöglich, den Finanzbedarf objektiv zu bestimmen.

m

Festlegung des Ausgleichs- bzw. Nivellierungsgrades

Der sekundäre aktive Finanzausgleich "soll allen Gebietskörperschaften eine Finanzausstattung vermitteln, die sie bei durchschnittlicher Steueranspannung und wirtschaftlicher Haushaltsführung für ein bestimmtes ... Niveau der Versorgung mit öffentlichen Gütern und Leistungen benötigen"122. Dabei fixiert ein normierter Mindeststandard der Versorgung die untere Grenze der Finanzkraft. Der Ausgleich der interregionalen Unterschiede der Deckungsrelationen erfordert ein objektives, transparentes Ausgleichsverfahren. Jedoch stellt dieser Ausgleich ebenfalls eine ökonomisch-rational nicht nachprüfbare Zielgröße dar, denn das Ausgleichsziel entspricht einer Kompromißlösung, "dessen Inhalt im wesentlichen von den Vorstellungen und Interessen der jeweils herrschenden politischen Kräfte bestimmt wird"123. Von der Konkretisierung des Zieles der fiskalischen Gleicheit hängt es letztendlich ab, wie weit die Angleichung der relativen Finanzkraft in bezug zum Finanzbedarf erfolgen soll. Wird eine 'Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse' angestrebt, so müssen die nachgeordneten Körperschaften über annähernd gleiche Deckungsrelationen verfügen, um den einheitlichen Aufgabenkatalog wahrnehmen zu können. Auch der Grundgedanke der bundesstaatlichen Solidarität spielt bei der Festlegung der Ausgleichsgrade eine wesentliche Rolle.

120 Peffekoven (1988), S. 632. Es ist jedoch fraglich, ob ein komplizierter Index, der mehrere Komponenten enthält auch tatsächlich eine erhöhte und objektivere Aussagekraft aufWeist. Denn je mehr Faktoren berilcksichtigt werden, desto eher wird der Index filr Manipulationen über die Gewichtung der einzelenen Maßstäbe anflUlig (vgl. Wittmann (19?6a), S. 116). 121 H. Fischer (1988), S. 117.

122 123

Fischer-Menshausen (1988), S. 658 Fischer-Menshausen (1988), S. 656. Zur angesprochenen Problematik siehe das 8. Kapitel.

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Unter den zitierten Autoren besteht ein allgemeiner Konsens darüber, daß eine Egalisierung der Finanzausstattungen zwischen den Körperschaften grundsätzlich ausgeschlossen wird. Ansonsten käme es zu allokativen Verzerrungen, weil die gesamtwirtschaftlich positiven Anreize zur Ausschöpfung und zum Erhalt der eigenen Steuerquellen entfallen würden. Deshalb verfolgen die praktizierten Ausgleichssysteme eine partielle Schließung der finanziellen Lücken und nehmen nur einen sogenannten Spitzenausgleich vor. 124 Ferner muß bei der Festlegung des Ausgleichs- bzw. Nivellierungsgrades zwischen horizontalem und vertikalem Ausgleichsverfahren unterschieden werden. Ein rein horizontaler Ausgleich zwischen den Körperschaften derselben Ebene muß sicherstellen, daß die ausgleichspflichtigen Körperschaften infolge des finanziellen Ausgleichs nicht an oder unter die Ausgleichsgrenze gebracht werden. Erfolgt der Ausgleich über die horizontale Komponente, entsteht dieses Problem praktisch nicht, wenn es sich um einen vertikalen Finanzausgleich mit horizontalem Effekt handelt. Bei einem rein vertikalen Finanzausgleich hingegen muß darauf geachtet werden, daß nur ausgleichsberechtigte Körperschaften von den Finanzzuweisungen profitieren. Partizipieren alle Körperschaften - unter Umständen sogar unabhängig von ihren Dekkungsrelationen - von den zur Verfügung stehenden Finanzmitteln der zentralen Ebene, liegt der Schluß nahe, daß die ordnungspolitische Ausgestaltung des Finanzausgleichs überprüft werden muß. 125 Nachdem es sich beim Finanzausgleich im engsten Sinn nur um einen subsidiären Finanzausgleich handelt, kommt nach größeren und lang anhaltenden Abweichungen der Deckungsrelationen nur eine Korrektur der Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverteilung im passiven und primären aktiven Finanzausgleich in Betracht. Insoweit sind die ordnungspolitischen Aspekte des Finanzausgleichs nicht von den prozeßpolitischen Gesichtspunkten des· sekundären aktiven Finanzausgleichs zu trennen. Zwar empfiehlt sich rur eine systematische Darstellung und theoretische Erörterung die analytische Trennung des Finanzausgleichs in weitere, engere und engste Bereiche, doch darf dies "nicht den Blick dafiir verstellen, daß zwischen diesen Teilbereichen des Finanzausgleichs vielfältige Interdependenzen bestehen"126.

124 125

Vgl. ZimmermannIHenke (1994), S. 194. Vgl. H. Fischer (1984), S. 231, (1988), S. 117f. Siehe hierzu die graphische Verknüpfung im Vademekum zum Europlischen Finanzausgleich (Klstchen Nummer 4) zwischen Abb. 11 und 12. Vgl. 4. Kapitel, Punkt C.II.2. 126 Peffekoven (1988), S. 633. Zu den lnterdependenzen im Finanzausgleich siehe die umfassenden Ausfilhrungen von HansmeyerlKops (1985), S. 3ffundKops (1989), S. 29fund S. 44f.

256

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

E. Resümee zum Finanzausgleich im engsten Sinn Finanzzuweisungen werden mit den suboptimalen Regelungen in der Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverteilung innerhalb der ordnungspolitischen Komponente des Finanzausgleichs begründet. Daraus darf jedoch nicht die Schlußfolgerung gezogen werden, daß durch eine Optimierung der Regelungsbereiche des primären Finanzausgleichs auf den sekundären aktiven Finanzausgleich vollkommen verzichtet werden könnte. Vielmehr ergeben sich fast zwangsläufig Unstimmigkeiten innerhalb des passiven und primären aktiven Finanzausgleichs, weil die Beschränkung auf nur wenige föderale Ebenen unweigerlich mit Zielkonflikten verbunden ist. Ferner scheitern die bestmöglichen materiellen Regelungen zum Finanzausgleich häufig an politischen Restriktionen. Insofern ist die subsidiäre Funktion des sekundären aktiven Finanzausgleichs zu betonen. Deshalb muß versucht werden, die primäre Aufgaben- und Einnahmenverteilung zu modifizieren, bevor eine gezielte Nachbesserung mit Hilfe von Zuweisungen theoretisch begründbar und praktisch angeraten erscheint. 127 Resümierend sind es vor allem drei Zielbereiche, die mit Hilfe von Zuweisungen über den sekundären aktiven Finanzausgleich erreicht werden sollen: 128 (1) Internalisierung von Nutzen-spillovers (Allokation) (2) Mindestversorgung mit bestimmten öffentlichen Gütern und Leistungen (Distribution) (3) Angleichung interregionaler Einkommensunterschiede (Redistribution) Die Ausfiihrungen haben aber auch deutlich gemacht, daß mit jeder Zuweisungsart spezifische Probleme verbunden und im Einzelfall zu berücksichtigen sind. Insbesondere der distributive Zielbereich fOderaler Finanzwirtschaften läßt sich zwar theoretisch klar definieren, jedoch praktisch nur schwerlich operationalisieren. Dies gilt vor allem fiir die Konkretisierung von Finanzkraft und Finanzbedarf.

127 Vgl. Kops (1984c), S. 345. 128 Vgl. Benkert (1984b), S. 94.

F. Würdigung des sekundären aktiven Finanzausgleichs der EU

257

F. Würdigung des sekundären aktiven Finanzausgleichs der Europäischen Union Nachfolgend wird geprüft, inwieweit sich das Finanzsystem der Europäischen Union in die Konzeption eines sekundären aktiven Finanzausgleichs einordnen läßt. Dabei fällt die theoretisch scharfe Trennung in den primären und sekundären aktiven Finanzausgleich bei analoger Anwendung auf die europäischen Verhältnisse nicht immer leicht.

L Zuweisungen als Teilmenge europäischer Finanzströme

Unter die eingangs gewählte engere Definition von Finanzzuweisungen fallen nur die Finanzbeziehungen zwischen Körperschaften und nicht die Finanzbeziehungen zwischen Körperschaften auf der einen und den Unternehmen sowie privaten Haushalten auf der anderen Seite. 129 In der bisherigen Untersuchung - wie auch in Literatur und Politk - wurde implizit das gesamte Budgetvolumen als 'Potential' des Finanzausgleichs angesehen, obwohl nur die Finanzzuweisungen zum sekundären aktiven Finanzausgleich zählen. Hingegen gehören Zahlungen an private Empfänger nicht zur engeren Definition des Finanzausgleichs. Aus dieser eher trivial und kasuistisch wirkenden Differenzierung ergeben sich einige beachtenswerte Konsenquenzen, die nachfolgend noch zu analysieren sind. 130 1. Analytische Differenzierung Zu den föderalen Finanzströmen zählen Zuweisungen an öffentliche Körperschaften, Transfers an private Haushalte und Subventionen an Unternehmen. Zum Finanzausgleich im engsten Sinn gehören vor allem Finanz(ausgleichs)zuweisungen an Körperschaften zugunsten des Ausgleichs von Finanzkraft und Finanzbedarf. Zur Veranschaulichung dieser Unterscheidung (siehe Abbildung 24) werden die Finanzvolumina in eine sogenannte BudgetIeiste der jeweiligen föderalen Haushaltskonten eingetragen. Dabei stellt die Europäische Union die übergeordnete Ebene dar, während die Mitgliedstaaten

129 Siehe Punkt AI., in diesem Kapitel. 130 Die nachfolgenden Ausfi1hrungen unter Punkt F.I. basieren auf einem Beitrag von KraffIWalthes (1995), in dem auf diese begriffliche UnschArfe explizit aufinerksam gemacht wird 17 Walthes

258

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

stellvertretend durch eine ausgleichspflichtige und eine empfangsberechtigte Gebietskörperschaft berücksichtigt werden. Aus Sicht der EU fließen diese föderalen Finanzströme vertikal von der oberen an die unteren Ebenen (durchgezogene Linien). Auf mögliche Rückkoppelungseffekte der Mitgliedstaaten auf die EU-Haushaltseinnahmen wird aus Vereinfachungsgriinden verzichtet (gestrichelte Linien). Aufgrund der tradierten Definitorik des Finanzausgleichs und unter der Voraussetzung, daß dem Iresource-flow-principle"l3l Rechnung getragen wird, bewirken die Finanzzuweisungen einen vertikalen Finanzausgleich mit horizontalem Effekt. Die Zeichnung veranschaulicht, daß auch rein horizontale Effekte zwischen den Körperschaften einer Ebene integriert werden können. Das Augenmerk liegt indes auf der vertikalen Ausprägung der föderalen Finanzströme. _.. _.. _.. _.. _.. _... EU·Haushallseinnahmen i,....i--.-------.---.-.~ 1----==-..:..::::====="-----1

Einnahmenleiste

i

Ausgabenleiste

; ; i i i ; i i ;

r

i i i i i

Europäische Union

FOderate Finanzstr6ml

I Verwalq, Dritt••"en, ueW'.

i

~

Finanzschwacher Mitgliedstaat

Föderale Finanzströme an nachgeor nete Gebietskörperschaften, private Haushalte und

vertikaler Finanzausgleich mit horizontalem Etreld

horizontaler Finanzausgleich

Abb. 24: Budgetkonten in der Europäischen Union QueUe: KraJITWalth .. (1995). S. 6.

Die föderale Konzrderungswürdige Regionen fließen. Aufgrund des praktizierten Einnahmen- und Ausgabengebarens der Europäischen Union entsteht nach Biehl im Zuge des passiven und aktiven Finanzausgleichs :fiir die europäische Ebene ein Dilemma: "On the one band, the homogeneity of preferences is not yet strong enough in order to allow a fair and efficient system of equalization to be introduced; on the other band the implicit redistributive effects of regressive financing here and some expenditure policies with undesirable redistribution effectS there cause a sort of 'perverted' system offiscal equalization"135. Dieses Dilemma hat aus Sicht des sekundären aktiven Finanzausgleichs mehrere Gründe: (1) Noch gibt es keine EU-weite Festlegung darüber, wie die Finanzkraft einer Region gemessen werden soll. Die souveränen EU-Mitgliedstaaten verfügen über einen absoluten Autonomiegrad hinsichtlich der Einnahmenerzielung und sind aus politökonomischem Interesse auch eher an einem verschleierten als an einem transparenten und harmonisierten Einnahmengebaren interessiert. Deshalb finden die differierenden Steueranspannungen je Mitgliedsland keine Berücksichtigung. Ferner stellt die harmonisierte MwSt-Bemessungsgrundlage nur einen von drei Finanzierungsindikatoren der Gemeinschaft dar, der faktisch jedoch als eine Teilmenge der BSP-Bemessungsgrundlage zu interpretieren ist. Insofern gibt es keinen offiziellen Index zur Bestimmung einer regionalisierten Finanzkraft

135 Blehl (1990),

s. 146.

F. WÜfdigwtg des sekundären aktiven Finanzausgleichs der EU

263

in Europa. Vielmehr wird die regionale Finanzkraft approximativ über BSP- bzw. BIP-Werte ermittelt. (2) Auch bei der Bemessung des regionalen Finanzbedarfs orientiert sich die Kommission in erster Linie an Sozialproduktsgrößen. So fließen die strukturpolitischen Mittel im Rahmen der Ziel-I-Förderung nur in solche Regionen (NUTS-2-Ebene), deren BSP pro Kopf mindestens 25% unter dem EU-Durschschnitt liegt. Für den Kohäsionsfonds gelten nur jene Regionen als förderungswürdig (NUTS-O-Ebene), die über ein Pro-Kopf-BSP von weniger als 90% des Gemeinschaftsdurchschnitts verfUgen. In beiden Zielgebieten werden zur Ermittlung der Bedürftigkeit Pro-Kopf-Größen herangezogen. Darüber hinaus kommen bei den anderen Zielgebieten (Ziel-2, 5 und 6) auch weitere sozioökonomische Indikatoren zum Tragen. Dazu zählen vor allem die harmonisierte Arbeitslosenquote sowie die sektorale Beschäftigtenstruktur oder die Bevölkerungsdichte. Insofern wird auf EU-Ebene ein homogener Bedarf pro Kopf unterstellt, der sich nach dem durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen richtet. (3) Den rechtlichen Grundlagen und speziellen Fondsverordnungen ist nicht zu entnehmen, welcher Ausgleichs- und Nivellierungsgrad eigentlich angestrebt wird. Auch wird von seiten der EU-Mitgliedstaaten eine Diskussion um die Definition von Mindeststandards aus politischen Gründen vermieden. Der Logik der Strukturförderung entsprechend, könnte nach Friedmann argumentiert werden, daß "zumindest eine derartige Verbesserung der Situation erreicht werden soll, die zur Folge hätte, daß die Voraussetzungen für den Bezug von Hilfen entfallen" 136. Dies würde bedeuten, daß die fiskalische Gleichheit im Sinne gleichwertiger Lebensverhältnisse als erreicht angesehen werden könnte, wenn die vier Kohäsionsländer ein Pro-Kopf-BSP von mehr als 90% realisieren und die Ziel-lRegionen ein Pro-Kopf-BSP von über 75% erzielen. Damit wird ein Vollausgleich der attestierten Unterdurchschnittlichkeit angestrebt. \31 (4) In Föderationen, in denen ein funktionstüchtiger Finanzausgleich (im engsten Sinn) existiert, handelt es sich um einen reinen Einnahmenaus-

136 Friedmann (1995a), S. 22. 137 Gegen eine Finanzausgleichskonzeption, die sich an der durchschnittlichen Finanzkraft aller fiskalischen Einheiten orientiert, kann ein einleuchtendes Beispiel angcfilhrt werden (vgl. Peffekoven (1993), S. 23): Im Rahmen der nationalstaatlichen (Um)Verteilungspolitik wird aus allokativen GrlInden keinesfalls jedem Bürger das Durchschnittseinkommen mit der Maßgabe garantiert, daß alle überdurchschnittlichen Einkommensbezieher Steuern zahlen und alle unterdurchschnittlichen durch Finanztransfers an den Durchschnitt herangefilhrt werden. Vielmehr steht im nationalen Rahmen vor allen Dingen die Sicherung des soziookonomischen Existenzminimums im Vordergrund.

264

7. Kapitel: Sekundärer aktiver Finanzausgleich

gleich. Diese Art des Ausgleichs, in dem das Volumen der Einnahmen in Abhängigkeit des Ausgabenbedarfs bestimmt wird, existiert in der Europäischen Union indes nur auf der obersten föderalen Ebene. Hierbei handelt es sich in der Tat um einen Haushaltsausgleich, der durch Finanzausgleichszuweisungen herbeigeführt wird. In diesem Zusammenhang stellen die BSP-Eigenmittel jene Residualgröße dar, die die Declrungslücke durch Finanzzuweisungen der Mitgliedstaaten an die EU-Ebene schließt. Folglich beinhaltet dieses praktizierte Finanzsystem einen Europäischen Finanzausgleich zwischen EU-Ebene und Mitgliedstaaten. 138 Diese Einnahmenkorrektur bzw. dieser -ausgleich kann als Finanzausgleich im engsten Sinn bezeichnet werden. Jedoch fällt es auf allen anderen Ebenen schwer, einen derartigen Haushaltsausgleich zu erkennen, weil die Ausgleichspflicht bzw. Ausgleichsberechtigung nicht an der Einnahmenkraft gemessen wird. Vielmehr stehen Hilfsgrößen im Vordergrund, wie die Pro-Kopf-Größen des Bruttosozialprodukts. Als abschließende Beurteilung kann folgendes Fazit gezogen werden: Im derzeitigen EU-Finanzsystem findet ein Finanzausgleich im engsten Sinn über das kohäsionspolitische Instrumentarium statt, wenngleich es sich bei dieser europäischen Variante des Finanzausgleichs (1). um keinen reinen Haushaltsausgleich handelt, (2) sich die Finanzströme auf alle drei Arten (Zuweisungen, Transfers, Subventionen) erstrecken und (3) nur nach attestierten Unterdurchschnittlichkeiten (Empfangsauflagen) Finanzströme fließen, ohne jedoch auf die tatsächliche Deckungsrelation von Finanzbedarf und Finanzkraft abzustellen. Das bestehende Disparitätenmuster verdeutlicht eindrucksvoll, daß die Effektivität hinsichtlich der 'fiscal equity' bei pauschalen Minimalstandards, wie sie die 750/0- bzw. 900/0-Margen der Zielgebiete des Struktur- und Kohäsionsfonds darstellen, als ungenügend bezeichnet werden muß. 139 Folglich bewirken die vertikal ausgestalteten Finanzströme der europäischen Ebene nur einen geringen horizontalen Effekt. Den strukturpolitischen Grundsätzen der 'Partnerschaft' und der 'Kofinanzierung' folgend werden die Finanzmittel im Rahmen der gemeinschaftlichen Förderkonzepte i.d.R. mit Zweckbindung, d.h. als Zweckzuweisung mit Eigenbeteiligung, gewährt. Nach Ansicht des Europäischen Rechnungshofes gehen "etwa drei Viertel der Zahlungen der Strukturfonds in den investiven Bereich"14O. Dabei konzentrieren sich die

138 Deshalb stehen auch im Rahmen der Modellanalyse des 9. Kapitels die heiden obersten Ebenen

im Mittelpunkt der Betrachtung. 139 Siehe 1. Kapitel, Punkt B. und 3. Kapitel, Punkt AIII. 140 Friedmann (199Sa), S. 23.

F. Würdigung des selamdären aktiven Finanzausgleichs der EU

265

Mittel zunehmend auf die öffentliche Infrastruktur. Für Biehl ist "this type of transfer system ... not only oriented towards redistribution, but also contributes to convergence"141. Beurteilt man die kohäsionspolitischen Finanzzuweisungen anband der ökonomischen Ziele, die mit Finanzzuweisungen gemeinhin verbunden werden können, so handelt es sich auf europäischer Ebene faktisch ausschließlich um Ausgleichszuweisungen. Mit dieser Zuweisungsart soll über die Förderung von (um)verteilungspolitischen Maßnahmen der distributive Korrekturbedarf gemindert werden, welcher in erster Linie auf den primären aktiven Finanzausgleich und erst in zweiter Linie auf die Bereitstellungsfunktion der Europäischen Union zurückzuführen ist.

141 Biehl (1990), S. 147.

266

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

8. Kapitel Politisch-institutionelle Dimension des Europäischen Finanzausgleichs

Der materielle Finanzausgleich wird auf dem Verhandlungswege bestimmt. 1 Jegliche Diskussion über finanzausgleichsrelevante Tatbestände steht in dem Spannungsverhältnis zwischen sachlichen Kriterien und dem 'bargaining process'. Aufgrund dieser systemimmanenten Bedeutung ftir die konkrete Ausgestaltung eines materiellen Finanzausgleichskonzepts kann und darf auf die politisch-institutionelle Dimension des Finanzausgleichs im allgemeinen und auf die des Europäischen Finanzausgleichs im besonderen nicht verzichtet werden. Damit wird ein Aspekt vertieft, der in den vorangegangenen Kapiteln - wie auch in weiten Bereichen der Finanzausgleichsforschung2 - bestenfalls implizit und nur am Rande Berücksichtigung gefunden hat. Im Mittelpunkt stehen die am europäischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß beteiligten Akteure. Sie nehmen unmittelbar Einfluß auf die Entscheidungen, die die Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenverteilung der Europäischen Union betreffen. Dieser umfassende Erklärungsansatz wird zunächst abstrakt mit Hilfe der politökonomischen Methodik in seiner Grundstruktur dargelegt. Danach wird der Methode der abnehmenden Abstraktion gefolgt und die positive Theorie mit der europäischen Realität konfrontiert. Dabei veranschaulichen einige ausgewählte Beispiele der europäischen Praxis die politökonomischen Facetten und Implikationen des Europäischen Finanzausgleichs.

Folgt man BlJs (1971), S. 3, so zeigt sich im historischen Rückblick, daß eine ökonomisch fundierte Argumention nur zur Unterstlltzung der jeweiligen VerhUldlungspositionen dient. Die VerhU1dlungsergebnisse entsprechen jedoch keineswegs der ökonomischen Begr1lndung. 2 Eine Ausnahme steHen der Aufsatz von FaberlBreyer (1980) und die Monographie von ThlJni (1983) dar. Erst in jüngerer Zeit findet die politökonomische Argumentationslinie wieder EingUlg in die Diskurse zu europlischen F6dera1ismus- und Finanz(ausgleichs)fragen. Dabei gehört neben den Arbeiten von Vaubel auch ein Aufsatz von Schneider zu den grundlegenden BeitrAgen dieser politökonomischen Forschungsrichtung (vgl. VaubeVWillet (1991); Vaubel (1992, S. 30f), (1993a, S. 3f) und F. Schneider (1993), S. 191f). Einen aktueHen Literatw11berblick liefert die EU-bezogene PublicChoice-Analyse von Leipold (1994a), S. 9ff.

A. Akteure des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses

267

A. Akteure des europäischen Willensbildungsund Entscheidungsprozesses Zunächst ist es angezeigt, eine knappe Darlegung der anzuwendenden Ökonomik und die Nennung der an Willensbildung und Entscheidungsfindung beteiligten Akteure voranzustellen. Dabei werden die Erklärungsbeiträge der politökonomischen Modellansätze der repräsentativen Demokratie kurz skizziert. So können den Akteuren stereotype Zielfunktionen bzw. Verhaltensmuster zugewiesen werden. Danach folgt die sukzessive Erörterung des politischinstitutionellen Beziehungsgeflechtes der Europäischen Union.

L Methodik der Neuen Politischen Ökonomie

Die Neue Politische Ökonomie (NPÖ) greift auf Denkweise und Instrumentarium der Wirtschaftswissenschaften zurück und wendet deren Methoden auf politische Prozesse an. Das Theoriegebäude der NPÖ basiert auf den zentralen Annahmen des ökonomischen Verhaltensmodells, wonach nur Menschen handeln können. Dabei agieren die Individuen - unabhängig von einer sozialen, politischen, wirtschaftlichen oder juristischen Entscheidungssituation stets rational und ausschließlich im eigenen Interesse. 3 Weil die NPÖ auch bei der Analyse von Gemeinwesen am einzelnen Individuum ansetzt, liegt ihr der "methodologische Individualismus"4 zugrunde. Nach dieser wissenschaftstheoretischen Sichtweise können politische Prozesse unter Bezugnahme auf theoretische Aussagen über individuelles Handeln erklärt werden. Folglich stehen hinter kollektivem Verhalten immer individuelle Entscheidungen. Die soziale Interaktion beinhaltet auch gruppendynamische Prozesse. Deshalb üben Kollektive einen nachhaltigen Einfluß auf das individuelle Verhalten ihrer Mitglieder aus. Doch steht diese Tatsache durchaus im Einklang mit dem methodologischen Individualismus, weil sich

3 Da es sich um Wahlhandlungen handelt, wird in der englischsprachigen Literatur von 'rational choice' bzw. 'public choice' gesprochen. Im deutschen Sprachraum ist der Begriff 'Neue Politische Ökonomie' gebräuchlich, wenngleich auch andere Bezeichnungen, wie 'Ökonomische Theorie der Politik', synonym verwendet werden. Vgl. F. Schneider (1987), S. 2f; Kirsch (1993), S. 3f. Eine systematische Analyse der Forschungsfelder der Neuen Politischen Ökonomie filhrt Hart (1994) durch. 4 Dieser Terminus wird bereits von Schumperer (1908), S. 88 genannt

268

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

der Mensch (homo oeconomicus) nach wie vor "als eigennütziges, nutzenmaximierendes und unersättliches Individuum"5 verhält. Eine weitere Annahme der NPÖ stellt die Rationalität menschlichen Handelns dar, wonach das individuelle Verhalten als "Nutzenmaximierung unter Nebenbedingungen"6 interpretiert werden kann. Danach bemüht sich ein Individuum stets, unter gegebenen Restriktionen, diejenige Alternative zu wählen, die seinen Nutzen maximiert. Unter Restriktionen sind im wesentlichen die institutionellen Bedingungen sowie die Unsicherheit aufgrund unvollständiger Information zu verstehen. Insofern können durch Modifikation der Nebenbedingungen Anreize gesetzt werden, die das individuelle Verhalten gezielt beeinflussen, weil das Individuum auf Veränderungen seines Handlungsraumes nicht zufallig, sondern in vorhersagbarer Weise reagiert. Das Eigen- bzw. Selbstinteresse des Menschen stellt den Motivator für individuelles Handeln dar. Dieses Axiom ist weder analytisch konstruiert noch fiktiv, sondern entspricht der menschlichen Natur. Es beinhaltet das individuelle Streben nach Existenzsicherung, materiellem Wohlstand sowie gesellschaftlicher Anerkennung. 7 Im allgemeinen geht das ökonomische Verhaltensmodell davon aus, daß das selbstinteressierte Individuum sich gegenüber seinen Mitmenschen im Kollektiv weder gut noch schlecht, sondern eigennützig verhält. Es sind auch Situationen denkbar, in denen ein Individuum kooperativ, d.h. wohlwollend agiert. Die Aspekte kooperativen Verhaltens werden im Rahmen der Spieltheorie anband unterschiedlicher Entscheidungssituationen diskutiert (prisoner's-Dilemma-Situationen). 8 Vereinfacht dargestellt, ergibt sich folgendes individuelles Verhaltensmuster: Wenn Entscheidungen oft getroffen bzw. Spiele häuftg wiederholt werden, gute Informationen über das bisherige Verhalten der Beteiligten vorliegen und nur wenige Spieler teilnehmen, dann lohnt es sich für einen nutzenmaximierenden Spieler zu kooperieren. Dabei handelt das kooperierende Individuum aber dennoch selbstinteressiert, weil es beispielsweise' bereits künftige Entscheidungssituationen sowie mögliche Mehrheitsverhältnisse antizipiert und deshalb den Erwartungswert seines Nutzens maximiert.

5

6 7

GrilskelRecktenwald(199S), S. 413. Kirschgdssner(1991), S. 14. Ausfilhrlicher zum Selbstinteresse siehe Recktenwald (1983a), S. S40f. Vgl. North (1990), S. 12f.

A. Akteure des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses

269

II. Interdependenzmodell der beteiligten Akteure

Im folgenden wird das ökonomische Verhaltensmodell auf das Verhalten der am politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß beteiligten Akteure übertragen. Als Entscheidungsrahmen fungiert der aus dem finanzföderalistischen Referenzsystem abgeleitete Verfassungsrahmen der repräsentativen Demokratie. 9 Das wesentliche Charakteristikum an diesem indirekten oder parlamentarischen Demokratietyp ist, daß i.d.R nicht jene Individuen Entscheidungen treffen, die die damit verbundenen Konsequenzen auch zu tragen haben, sondern einige wenige Individuen im Namen und auf Kosten anderer entscheiden. Daraus ergibt sich ein Prinzipal-Agent-Problem, wobei der Agent seinen eigenen Nutzen und nicht denjenigen des Prinzipals maximiert. Dieses Prinzipal-Agent-Verhältnis relativiert sich etwas, wenn die Wohlfahrtsgewinne mit ins Kalkül gezogen werden (Ersparnis an Ressourcenkosten), die mit dem Übergang von der direkten zur indirekten Demokratie verbunden sind. Dennoch bleibt als Problem die Entkoppelung von Prinzipal und Agent bestehen. Eine Möglichkeit der Problemlösung besteht zum einen im institutionellen Rahmen, der eine Gewähr dafür bietet, daß der Agent seinen ihm zugestandenen Handlungsspielraum im Interesse des Prinzipals nutzt; zum anderen in der Kontrollfunktion des Prinzipals gegenüber dem Agenten, damit letzterer im Sinne des ersteren tätig wird. 10 Die Entscheidungen über Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmenzuteilung werden in der repräsentativen Demokratie von zahlreichen Akteuren beeinflußt bzw. getroffen. Hinzu kommt, daß diese Akteure in einem föderativen Gemeinwesen auf jeder Ebene auf das jeweilige Entscheidungszentrum einwirken. In Anlehnung an Recktenwald gehören dazu folgende Akteure, die sich durch aktive Einflußnahme am Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß (WuE) beteiligen: 11 Wähler, Interessengruppen, Politiker, Bürokraten und eine Kontrolle. Sie determinieren die materielle Ausgestaltung des Finanzausgleichs. Die Wähler verkörpern den Prinzipal, der je nach Präferenzstruktur eine Erhöhung des öffentlichen Angebotes (Aufgaben und Ausgaben) oder eine Reduzierung der Finanzierungslast (Einnahmen) wünscht. Die Präferenzstruktur wird durch die subjektiv empfundene sozioökonomische Lage bestimmt. Diese 9 Siehe dazu 4. Kapitel, Punkt All. Mehr zur indirekten Demokratie bei Kirsch (1993), s. 171ft: 10 VgJ. Blankart (1994), S. 4S Ir. Siehe auch die Ausfi1hrungen zu den Ressourcen- und Prlfercnzkostcn und zum Vcrbundprinzip im 4. Kapitel dieser Arbeit 11 VgJ. Recktenwald (1983a), S. 470.

270

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

hängt wiederum von den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten und institutionellen Rahmenbedingungen ab. Die aktive Beteiligung am Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß beschränkt sich für die Wähler Ld.R. auf den Wahlakt. Dabei bewertet der Wähler seine sozioökonomische Lage und nimmt damit unmittelbar Einfluß auf den Politiker. Bei den Interessengruppen handelt es sich um eine organisierte Wählerschaft, die sich auf spezifische Gruppeninteressen konzentriert. Nach Olsons Theorie der Interessengruppen hängen kleine Gruppengröße, begrenzte Interessen und hoher Organisationsgrad eng miteinander zusammen. Ferner nehmen bei stabilen institutionellen Rahmenbedingungen Einfluß und Anzahl der Interessengruppen zu. Ergänzend kann hierzu Beckers Modell der Lobby-Aktivität herangezogen werden. Aufgrund der einfacheren Konsensfindung beim Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß ziehen Interessengruppen die Bereitstellung öffentlicher Güter und Leistungen direkten Finanztransfers vor. Die gruppenspezifischen Ziele und Interessen werden auch unabhängig vom Wahlakt verfolgt. Die Einflußnahme der Interessengruppen auf den Agenten hängt unter anderem ab (1) vom Informationsvorsprung, (2) der Gruppengröße, d.h. dem Wählerpotential und (3) der Infiltration in den Bereich der Agenten. 12 Der Politiker agiert als politischer Unternehmer und ist Agent der Wählerschaft. Dem Grundmodell von Downs folgend, verhalten sich die Politiker im Parteienwettbewerb als Stimmen- oder Mehrheitsmaximierer, indem sie das Parteiprogramm so gestalten, daß sie mehrheitsfähig bleiben und/oder werden. Der politische Zeithorizont wird durch den Wahlzyklus bestimmt. Zwischen den Wahlen finden zumeist über Sachfragen keine Volksabstimmungen statt. Folglich ergeben sich rur den Politiker diskretionäre Spielräume, die ein gezieltes 'rent seeking' durch die Vertretung von Partikularinteressen ermöglichen. Ferner besteht nach Tullocks Stimmentauschmodell die Möglichkeit, daß durch ein Karussell von Stimmentauschrunden die Mehrheitsverhältnisse bei bestimmten Sachfragen zugunsten bestimmter Wählerschichten bzw. Interessengruppen verschoben werden. Damit enthält das politische Abstimmungssystem ein spieltheoretisches Strategieelement. Dies alles trägt zur Ausweitung des Aufgabenspektrums und damit zur Ausgabensteigerung der jeweiligen föderalenEbene beLI3

12 Vgl. Olson (1965) [1968], (1982) [1985]; Becker(1983). Eine gute Darstellung und Interpretation vermittelt Blankart (1994), S. 151f. 13 Eine weiterftlhrende Diskussion wAre filr die Analyse des Finanzausgleichs zu ausfilhrlich. Zu den Details vgl. Downs (1957), (1968); Tullock (1959). Zur Anwendung des Rent-Seeking-Konzeptes im politökonomischen System siehe Hart (1994), S. 80f. Einige spieltheoretische Erweiterungen des

A. Akteure des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses

271

Der Bürokrat ist wiederum ein Agent des Politikers (mehrstufiges PrinzipalAgent-Problem). Die Nutzen- und Zielfunktion des Bürokraten beinhaltet nach dem Ansatz von Migue/Belanger, die das Niskanenmodell um Verhaltenshypothesen der Bürokraten erweitern, neben der Budget- auch die Spielraummaximierung. Je nach bürokratischem Verhalten führt dies zu einer Kombination von erhöhtem Angebot und überhöhten Kosten bei der Bereitstellung öffentlicher Güter und Leistungen. 14 Im Rahmen der Kontrollfunktion sollen Politiker und Bürokraten im Auftrag der Wählerschaft kontrolliert werden. Jedoch verfolgt die Kontrolle als eigenständiger Akteur grundsätzlich ganz ähnliche Ziele wie die Bürokraten. Insofern liegt auch der Kontrollfunktion ein Prinzipal-Agent-Problem zugrunde. Mit Hilfe einer schematischen Grundstruktur des politökonomischen Modells können die Interdependenzen zwischen den einzelnen Akteuren des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses transparenter gemacht werden (Abb.26).

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FOderale Ebenen

Abb. 26: Interdependenzmodell des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses QueUe: Eigene DalStellung

Tullock-Modells liefern BartschIThomas (1995), S. 174f. Einen guten Überblick der ökonomischen Theorie der Politik gibtB. S. Frey (1970), (1985). 14 Vgl. MigueIBelanger (1974); Niskanen (1971). Zum BQrokratenvemalten siehe auch ZimmermannIHenke (1994), S. 70fundBernholzlBreyer (1984), S. 337f. In ihrer Erwiderung aufB/ankart (1994b), S. 24Sf, wOrdigen RichterlWiegard (1994), S. 259f, die positiven ErklinlnglibeitrAge der Public-Choice-Thoerie aus Sicht der normativ orientierten "neuen Finanzwissenschaft".

272

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

Das Interdependenzmodell kann als Rahmen rur Probleme des Europäischen Finanzausgleichs dienen. Dazu ist zunächst auf zwei Annahmen zu verweisen, die rur den Entmuf einer europäischen Finanzausgleichskonzeption gelten:

l. In einem föderalen Gemeinwesen basiert der Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß in erster Linie auf dem Einfluß und Ausgleich von Partikularinteressen und weniger auf einem ganzheitlichen, regel gebundenen Handeln der beteiligten Akteure. 2.

Regelungen zum Finanzausgleich werden nicht exogen entschieden, sondern entwickeln sich endogen im bestehenden System der Willensbildung und Entscheidungsfindung.

Aus dieser Einsicht leitet Kirsch etwas pointiert eine Schlußfolgerung ab, die sich ohne weiteres auf die politökonomischen Akteure der Europäischen Union übertragen läßt: "Mögen alle einzelnen Aktoren in ihrer begrenzten Rationalität überzeugt sein, daß sie diese oder jene Finanzausgleichsregelung "durchsetzen", so wird doch, was sie - angeblich freiwillig - wollen und - nach Maßgabe ihrer Kräfte - erreichen, auch abhängen von dem, was andere - aus deren Sicht freiwillig - wollen und - nach Maßgabe von deren Kräften - erreichen. Möge ein jeder von ihnen wollen, daß etwas Bestimmtes gemacht wird, so mag im Ergebnis geschehen, was niemand gewollt hat"15.

m. Politökonomische Akteure der Europäischen Union Für den Verfassungsrahmen einer repräsentativen Demokratie hat die Europäische Union zahlreiche untypische institutionelle Strukturen entwickelt, deren demokratische Legitimation und Kontrolle kritisch hinterfragt werden müssen. Die nachfolgenden Ausfuhrungen erfassen die offiziellen Organe und Nebenorgane der Europäischen Union. Die Interessengruppen werden qualitativ eingeordnet, ohne dabei einen Kreis von Lobbyisten besonders in den Vordergrund zu stellen. Unberücksichtigt müssen jedoch zahlreiche nachgeordnete Verwaltungseinheiten der Union bleiben, 16 denn eine Vielzahl von (unnötigen) Details würde nur zu Lasten einer klaren Argumentationslinie gehen. IS Kirsch (1987), S. 14.

16 Zu denken wAre an Subinstitutionen mit eigener Rechtsper5Önlichkeit wie das EWI, die EIB,

der Europäische Fonds flIr wihrungspolitische Zusammenarbeit, das Europäische Hochschulinstitut; sowie an jene ohne Rechtspersönlicheit wie der Europäische Entwicklungsfonds oder gemeinsame Koordinations- und Forschun~llen.

A. Akteure des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses

273

Zugunsten der Transparenz des Beziehungsgeflechts zwischen den europäischen Akteuren wird die Komplexität der tatsächlichen Interdependenzen auf das Wesentlichste reduziert. 1. Formales Beziehungsgeflecht der europäischen Organe

Die Aufgaben der Europäischen Union nehmen nach Art. 4 Abs. 1 EGVertrag fünf Organe wahr. Es handelt sich um (1) das Europäische Parlament, (2) den Rat der Europäischen Union, (3) die Europäische Kommission, (4) den Europäischen Gerichtshof und (5) den Europäischen Rechnungshof. Die Handlungsbefugnisse der Organe werden im fiinften Teil des EG-Vertrages im einzelnen dargelegt. Für das politökonomische Verständnis der Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse auf europäischer Ebene erscheint eine prägnante Charakterisierung der Organe und ihre institutionelle Einbindung unabdingbar. ad (1) Europäisches Parlament Das Europäische Parlament (EP) hat seinen Ursprung in der 1952 gegründeten Parlamentarischen Versammlung der EGKS. Seit den Römischen Verträgen ist das EP fiir alle drei Gemeinschaften zuständig. 11 Die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) werden seit 1979 direkt, in allgemeiner unmittelbarer Wahl fiir eine fiinfjährlge Legislaturperiode gewählt. Nach der jüngsten Erweiterung gehören dem EP nunmehr 626 Parlamentarier an. 18 Das Plenum tagt in Straßburg, die Ausschüsse arbeiten in Brüssel, und die ParIamentsverwaltung hat ihren Sitz in Luxemburg. Das EP besitzt vier Arten von Mitwirkungs- und Kontrollrechten: (1) Zustimmungskompetenz (z.B. Unionsbürgerrechte, internationale Abkommen, Modalitäten der Europawahlen, Ernennung der EU-Kommission), (2) Mitentscheidungsrechte (z.B. Vollendung des Binnenmarktes, Kultur und Forschung, Transeuropäische Netze, Verbraucherschutz), (3) Verfahren der Zusammenarbeit (z.B. Verkehrs-, Umweltpolitik, Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern, Durchfiihrung der Struktur-

11 Siehe 2. Kapitel, Punkt B. 18 Mit dieser Gesamtzahl ist nach Meinung mancher Autoren die maximale Abgeordnetenzahl schon fast erreicht Denn "um die Arbeitsfahigkeit des Europäischen Parlaments auch in einer erweiterten Union sicherzustellen, sollte eine Obergrenze filr die Anzahl der Parlamentssitze festgelegt werden, die deutlich unter 700 liegt" (Weidenfeld (1995), S. 44). Die Zahl der in jedem EU-MitgJiedsland gewAhlten Abgeordneten beträgt: B 25, DK 16, D 99, GR 25, E 64, F 87, IRL 15, I 87, L 6, NL 31, P 25, UK 87, A 21, FL 16 (vgJ. Beitrittsakte, in: ABI. (1994) C 241, S 22. 18 Walthes

274

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

fonds) sowie (4) Anhörungsrechte bei den übrigen EU-Gesetzgebungsverfahren. Kritik ist vor allem an folgenden Punkten zu üben: Nach wie vor ist es dem Parlament versagt, durch ein originäres Vorschlags- und Initiativrecht die europäische Integration aus eigener Kraft zu forcieren. Die Legislative liegt noch immer beim Rat der Europäischen Union. Daran ändern auch die Verfahren der Kodezision (Art. 189b EG-Vertrag) und Kooperation (Art. 189c EG-Vertrag) nichts, wonach das EP im Rahmen der Mitentscheidung und Zusammenarbeit ein Vetorecht besitzt. Bei den EP-Abgeordneten handelt es sich um die Vertreter der europäischen Völker (EU-Mitgliedstaaten als Nationen) und nicht um die Repräsentanten eines europäischen Souveräns. Dafür sprechen zum einen auch, daß es keine europaweiten, sondern nur nationale Parteilisten gibt; zum anderen bestimmt sich die nationale Abgeordnetenzahl nach einem vertraglich festgesetzten Schlüssel. Die bisherige Sitzverteilung stellt Oleinen politischen Komprorniß dar, dem als Ausgangsbasis ... nicht der Grundsatz einer proportional der Bevölkerung entsprechenden parlamentarischen Vertretung zugrundeliegt"19. Somit verfugen die bevölkerungsarmen EU-Mitgliedstaaten über ein deutlich höheres Stimmengewicht, als es ihrem relativen Bevölkerungsanteil entspricht. Damit wird in der Repräsentanz der europäischen Wählerschaft gegen das Prinzip "ein-Bürger-eine-Stimme"20 verstoßen. Wie die Berechnungen in Tabelle 9 zeigen, sollte ein EPAbgeordneter im Durchschnitt von EUR15 etwa 585 bzw. im Durchschnitt der aggregierten nationalen Abgordnetenkontingente etwa 451 Tausend Einwohner vertreten. Repräsentiert ein EP-Abgeordneter weniger (mehr) Bewohner als der Durchschnittswert angibt, so ist das nationale Kontingent im relativen Vergleich zu groß (klein) bemessen.

19

Bundesrat (1993), S. 9.

20 Senger und Etterlin (1992), S. 17. Streng genommen haben natürlich alle Wahlberechtigten

genau eine Stimme. Aufgrund der unterschiedlichen Größe der Wahlkreise wird jedoch die Stimme eines Bürgers z. T. ganz unterschiedlich repräsentiert.

A. Akteure des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses

275

Tabelle 9 Stimmen- und Sitzverteilung im Europäischen Parlament Land

Bya)

Status quo bis 1994 Sitze

EW

pro MdEpb)

Modell ab 1994/95

Stirn-

Sitze

mengewichtC

EW

pro MdEpb)

Stirn-

Wahlsystemd) mengewichtC

D

79,7

81

984

1

99

805

1

I

57,7

81

712

1,38

87

663

1,21

V

UK

57,5

81

710

1,39

87

661

1,22

M

V

F

56,9

81

702

1,40

87

654

1,23

V

E

39

60

650

1,51

64

609

1,32

V

NL

15

25

600

1,64

31

484

1,66

V

GR

10,2

24

425

2,32

25

408

1,97

V

B

10,0

24

417

2,36

25

400

2,01

V

P

9,9

24

413

2,39

25

396

2,03

V

DK

5,1

16

319

3,09

16

319

2,53

V

IRL

3,5

15

233

4,22

15

233

3,45

V

L

0,4

6

67

14,76

6

67

12,08

V

S

8,5

22

386

2,08

V

A

7,8

21

371

2,54

V

FL

4,9

16

306

2,63

V

567 567

608 475 g)

1,32 2,64

626 626

585 451 g)

1,37 2,59

EUR12

~j

344,9 344,9

EUR15 e) f)

366,1 366,1

518 518

666 519 g)

1,47 3,12

a) Bevölkerung 1991 in Millionen. Bei D vor deutscher Einheit 61,8 Mio EW => 763 Tsd. EW pro MdEP. Under nach Bevölkerung sortiert. b) Einwohner pro Sitz in Tsd.; z.B. fUrD -> 79,7/81 = 984

c) Stimmengewicht im Vergleich zu D d) Nationales Wahlsystem: V =Verhältniswahlrecht, M =Mehrheitswahlrecht e) Unter der Annahme, es gibt nur ein europäisches Wahlvolk f) Unter Berücksichtigung der europäischen Wahlvölker

g) ~ EW pro MdEP / Anzahl der Mitgliedstaaten Quelle: Eigene Dar.;tellWlg und z.T. eigene BerechnWlgen. L'\ AnlehnWlg an Bundesrat (1993), S. 9; Zahlenangaben gern. Euro>tat (1994), S. 121;ABI. (1994) C 241, S. 22f

18*

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

276

Nach der Argumentationslinie des Bundesverfassungsgerichtes erfolgt die demokratische Legitimation der europäischen Organe nicht durch das EP, sondern durch die nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten. 21 Obwohl die Befugnisse des EP im Maastrichter Vertragswerk erheblich erweitert wurden, bleiben das oft beklagte Demokratiedefizit und die nur beschränkten Kontrollmöglichkeiten des Europäischen Parlaments vorerst weiterhin bestehen. 22 ad (2) Der Rat Der Rat der Europäischen Union (Ministerrat) ist nach dem Europäischen Rat (Staats- und Regierungschefs) das höchste EU-Entscheidungsgremium. Die generellen, visionären Zielvorgaben und Impulse geben die Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsländer. Obwohl der Europäische Rat kein offizielles Organ darstellt, verfügt er doch über die Richtlinienkompetenz. Im Ministerrat treten hingegen die jeweiligen Fachminister der nationalen Regierungen zur Beratung und Beschlußfassung zusammen. Der Ministerrat bleibt auch nach Maastricht weiterhin der "Hauptgesetzgeber"23 der Union. Die Abstimmungsmodalitäten hängen vom Gegenstand der Beschlußfassung ab. Die eigentliche Verhandlung der Kommissionsentwürfe findet in Ausschüssen bzw. Areitsgruppen statt. 24 Erzielen die nationalen und europäischen Bürokraten auf diesen Fachebenen Einvernehmen über Richtlinien oder Verordnungen, so werden diese vom Ministerrat als sog. A-Punkte ohne weitere Aussprache verabschiedet. Dieses Verfahren führt zu einer Arbeitserleichterung, die es dem Rat erlaubt, sich auf sog. B-Punkte, d.h. auf strittige Details mit politischer Brisanz zu konzentrieren. In praxi komIilen etwa 80% der Entscheidungen durch die Bürokraten zustande und nur etwa 20% der Beschlüsse werden durch das B-Punkte-Verfahren herbeigeführt. 25 Obwohl das bürokratische Handeln weisungs- und regelgebunden ist, ist doch ein relativ großer Gestaltungsspielraum deutlich erkennbar.

21 22

Vgl. 2. Kapitel, Punkt AIII.

Unter einem Demokratiedeftzit versteht man i.d.R "die Diskrepanz zwischen den der Unionsebcne übertragenen Befugnissen und ihrer Kontrolle" (Europlisches Parlament (1993), S. 29). 23 Fastenrath (1994a), S. 2. 24 Hierbei ist an den Ausschuß der Stlndigen Vertreter (AStV) als Botschaftergrcmium und an funktional ausgerichtete Arbeitsgruppen zu denken. Zur Arbeitsweise des Rates siehe Schloh (1991), S.99f. 25 VgI.Mentler(1991), S. 411.

A. Akteure des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses

277

Tabelle 10 Qualifizierte Mehrheiten im Ministerrat Land

EUR6 1958-1972

EUR9 1973-1980

EURI0 1981-1985

EUR12 1986-1994

D

4 (32,00)

10 (24,25)

10 (22,74)

10 (18,93)

10 (21,88)

10 (21,94)

10 (20,78)

10 (17,59)

10 (IS,73)

UK

EURlS seit 1995

F

4 (26,44)

10 (20,28)

10 (19,92)

10 (17,15)

10 (IS,61)

I

4(29,43)

10 (21,32)

10 (20,83)

10 (17,7S)

10 (IS,4S)

8 (11,97)

8 (10,62)

5 (5,24)

5 (4,51)

5 (4,14)

5 (3,58)

5 (3,09)

5 (2,81)

5 (3,63)

5 (3,06)

5 (2,73)

5 (3,16)

5 (2,68)

E

NL

2 (6,57)

5 (5,32)

GR

B

2 (5,37)

5 (3,80)

P

DK

3 (1,96)

3 (1,89)

3 (1,59)

3 (1,41)

IRL

3 (1,20)

3 (1,27)

3 (1,10)

3 (0,97)

2 (0,14)

2 (0,13)

2 (0,11)

2 (0,11)

L

1 (0,18)

S

4 (2,36)

A

4 (2,15)

FL

3 (1,37)

~Stimmen

17

qualifizierte Mehrheit Stimmenanteil

12

41

45

54

62

70,59%

70,69%

71,43%

71,05%

71,26%

BV-Anteil *)

67,81%

70,49%

70,13%

63,21%

62,51%

58

63

76

87

Spemninorität

6

18

19

23

26

BV-Anteil *)

31,81%

12,32%

13,85%

12,10%

12,08%

Arun.: Die in Klanunern gesetzten Werte entsprechen dem prozentualen Anteil der Bevölkerung eines Migliedstaates an der Gesamteinwohnerzahl der Europäischen Union (EUR6, 9, 10, 12, 15, 16).

*) Dieser Prozentsatz gibt den relativen Anteil der Mindestbevölkerung an, um die gewogenen Stimmenanteile zu erzielen. Beispiel: Bei EUR12 haben B, GR, P, DK, IRL und L zusammen 23 Stimmen. In diesen sechs Länder leben aber nur 12,1 % der gesamten EU-Bevölkerung. QueUe: Eigene DllsteUung. In Anlehnung U\ Lahodynsky (1994), S. 13. Eigene Berechnungen bei EURI5 nach den Bevölkerungszalen von Eurostat (1994), S. 115.

278

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

Die Wahl einer bestimmten Entscheidungsregel (einfache oder qualifizierte Mehrheit) tangiert nicht nur die Entscheidungskosten der Europäischen Union, sondern beeinflußt auch "die relative Macht jedes einzelnen Mitgliedes gegenüber seinen Partnern in den Entscheidungsgremien"26. Doch wo der Einstimmigkeitsregel gefolgt wird, "eröffnen sich den nationalen Regierungspolitikern zusätzliche Spielräume :für Tauschgeschäfte zu Lasten Dritter"21. Bei Entscheidungen, die einstimmig gefaßt werden müssen. wie im Bereich der Steuerharmonisierung oder Erweiterung und Assoziierung, verfügt jedes EU-Land über eine Stimme. Zumeist entscheidet der Ministerrat jedoch, wie beispielsweise bei der Beschlußfassung über den Gesamthaushaltsplan, mit qualifizierter Mehrheit. Dabei verfügen die EU-Mitgliedstaaten über eine nach der Landesgröße gewichteten Stimme (siehe Tabelle 10). Bei diesem Abstimmungsmodus der qualifizierten Mehrheit besteht die Möglichkeit der Sperrminorität, die es erlaubt, Beschlüsse zu verhindern. Die praktizierte Sperrminorität wird nach Fastenrath durch "eine komplizierte Balance ... zwischen großen und kleinen, den nördlichen und den südlichen Mitgliedsländern, den Gründungsmitgliedern der Gemeinschaft und später beigetretenen Staaten"28 gehalten. Denn keine dieser Staatengruppen soll in der Lage sein, eine andere Staatenallianz zu übervorteilen. 29 Weil sich der Rat der Europäischen Union aus den Interessenvertretern der nationalen Regierungen zusammensetzt, verhält sich jedes Ratsmitglied als 'homo politicus', der sein Handeln nach den Wiederwahlchancen im nationalstaatlichen Rahmen ausrichtet. Insofern ist es nicht verwunderlich, daß Delors die Veto-Politik einiger EU-Mitgliedsländer oder die strategischen Allianzen zugunsten einer möglichen Sperrminorität als "Geiselnahme"30 bezeichnet Und in den Bereich der kriminellen Machenschaften zu Lasten der Europäischen Union verweist. Indes gehen die am nationalen Eigennutz orientierten Rechnungen, zumeist als Komprorniß getarnt, immer wieder auf 31 Dies birgt die Gefahr der Imitation in sich. Als Belege :für das politökonomische Verhaltensmuster der Nationalstaaten ruhren TheatolGraf die Erweiterungen an. So

26 FaberlBreyer (1980), S. 213. 21 Vaubel (1992), S. 46. 28 Fastenrath (1994a), S. 2. Zu dem Problem der Abstimmungsregelung in einem wachsenden Ministerrat siehe Busch (1994), S. 30f. 29 Vgl. auch die Modellanalyse von Bomsdorf(1992), S. 471f, zu den Machtstrukturen im Ministerrat und Parlament Er verwendet den Shapley-Wert als Machtindex, der die Wahrscheinlichkeit daftlr nennt, daß ein EU-Land die zur Beschlußfassung entscheidende Stimme abgibt 30 Zitiert nach Triebswener (1994), S. 2. 31 Siehe dazu die Ausfilhrungen zum Maastrichter Kompromiß im 2. Kapitel.

A. Akteure des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses

279

wurde nach dem Beitritt des Vereinigten Königreiches "der Regionalfonds geschaffen, um die Ungleichgewichte auszugleichen, die die Gemeinsame Agrarpolitik: ... den Briten aufbürdete. Der griechische Beitritt 1981 fiihrte zur Einfiihrung der Integrierten Mittelmeerprogramme ... , die ein Gegengewicht zur Bevorzugung der reicheren nördlicheren Regionen der Gemeinschaft durch die EG-Politiken ... bieten sollten. Und der Beitritt von Spanien und Portugal 1986 zwang schließlich zur verstärkten Ausstattung des Regional-, Sozial- und Agrarstrukturfonds"32. Etwas überspitzt nennt Triebswetter weitere Beispiele. Noch wurden "bei der Sanierung des deutschen Stahlwerks Eko die Wünsche der anderen Stahlproduzenten nach einem Ausgleich ... mit Geschick abgewehrt, und auch die Italiener ließen sich schließlich zur Erhöhung der Haushaltsmittel überreden, ohne daß ihre Milchquote verbessert wurde. Doch die Spanier konnten nur mit der teilweisen Öffnung der irischen Fischgründe ... zur Zustimmung fiir die Norderweiterung gewonnen werden"33. ad (3) Europäische Kommission Die Kommission verkörpert als unabhängiges und supranationales Organ die Interessen der Europäischen Union. Sie stellt noch keine europäische Regierung mit Entscheidungsbefugnis, sondern lediglich den bürokratischen Apparat (Exekutive) zur Vorbereitung und Umsetzung der Entscheidungen des Rates dar. Die Europäische Kommission wird von 20 Kommissaren geleitet, 34 die im gegenseitigen Einvernehmen von den Regierungen der EUMitgliedstaaten nominiert und vom EP als Kollegium bestätigt werden. Ihre Kompetenzen reichen vom alleinigen Initiativrecht fiir Gesetzesvorhaben, der Kontrolle über die Durchfiihrung und Anwendung der getroffenen Beschlüsse bis hin zur Beteiligung am Gesetzgebungsverfahren. Der frühere Kommissionspräsident Hallstein bezeichnete die Europäische Kommission als "Motor, Wächter und ehrlicher Makler"35 der Gemeinschaft. Den Kommissionsdienst32 TheatoIGraf(1994), S. 19f. 33 Triebswetrer (1994), S. 2. Nach dem Verhandlungsmarathon mit Spanien und Großbritannien

auf der einen Seite und Norwegen auf der anderen Qbenchrieb die FAZ (1994b), S. 7, ihre kritische Berichtentattung mit dem Titel "Europa ist wichtiger als Kabeljau". Zu den einzelnen Verhandlungspositionen der vier Beitrittsländer (A, S, FL, N) sowie zu den wichtigsten Beitrittsvereinbarungen siehe FAZ (1994a), S. IS. 34 Aufgrund der jetzigen Anzahl von 20 Kommissaren stelh sich lIhnlich wie beim EP und Rat die Frage, ob nunmehr eine Größe erreicht worden ist, die "eine effiziente Arbeitsweise der Kommission noch möglich macht" (Busch (1994), S. 33). 35 Zitiert nach R~tringer (1991), S. 78. In der Literatur wird die Kommission auch hlufig 'HQterin der VertrAge' genannt, weil sie verpflichtet ist, Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht zu verfolgen (z.B. mit Geldbußen) und gegebenenfalls dem EuGH anzuzeigen.

280

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

stellen (Generaldirektionen) stehen zur Koordination von Detailfragen zahlreiche Ausschüsse zur Seite. So arbeiten etwa 250 ständige und über 1000 adhoc-Ausschüsse an Entscheidungsvorlagen. Vorschläge der Europäischen Kommission dürfen vom Rat nur mit Einstimmigkeit verändert werden, ansonsten wird über die Kommissionsvorlage mit Mehrheitsbeschluß (einfache oder qualifizierte Mehrheit) entschieden. Die strenge Veränderungssregel macht aus Sicht der Kommission durchaus Sinn, weil sie bereits in der Entstehungsphase eines Vorschlags (decision shaping) die aktive Beratung mit den betroffenen Kreisen sucht und die politische Durchsetzbarkeit in den Mitgliedstaaten sondiert. Erst danach wird ein Vorschlag dem Rat formell unterbreitet. 36 ad (4) Europäischer Gerichtshof Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat seinen Sitz in Luxemburg. Er sichert die Wahrung des europäischen Rechts bei der Auslegung und Anwendung des E(W)G-Vertrages. Seine Mitglieder setzen sich aus 16 Richtern und 8 Generalanwälten zusammen, die von den nationalen EU-Regierungen im gegenseitigen Einvernehmen und ohne Beteiligung des EP ernannt werden. Die Amtszeit beträgt jeweils 6 Jahre. Seine ursprüngliche rechtsprechende Funktion hat der EuGH sukzessive um eine rechtsetzende Komponente ergänzt. Durch seine juristische Kontrollfunktion trägt er wesentlich zur Entwicklung einer europäischen Rechtsgemeinschaft bei. 37 ad (5) Europäischer Rechnungshof Der Europäische Rechnungshof (ERH) ist erst seit Inkrafttreten des EUVertrages ein vollwertiges Gemeinschaftsorgan. Der ERH wird von 15 Mitgliedern geleitet, die von den EU-Staaten im gegenseitigen Einvernehmen und nach Anhörung des Parlaments ernannt werden. Ihre Hauptaufgaben bestehen in der Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Haushaltseinnahmen und ausgaben sowie der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsfiihrung der Europäischen Union. Die Prüfberichte des ERH haben relativ großes politisches Gewicht, 36 Vgl. Röttinger (1991), S. 76ff. Zu den Entscheidungsverfahren der Europäischen Union siehe den Überblicksartikel vonPhilips-Slavkoff(1993), S. 27f. 37 Für die Vollendung des Europäischen Binnerunarktes war das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung von entscheidender Bedeutung. Als allgemeine Richtschnur gilt seit der EuGH-Entscheidung im Fall 'Cassis de Dijon' (20.2.1979) neben einem Mindestmaß an Harmonisierung die gegenseitige Anerkennung von nationalen Vorschriften und Normen. Die Abkehr vom traditionellen Ansatz einer ex ante Rechtsangleichung (institutionelle Harmonisierung) zugunsten einer funktionalen Harmonisierung im Sinne des Ursprungslandprinzips hatte weitreichende Folgen. 1m Detail zum EuGH und zum gemeinschaftlichen Rechtssystem sieheDi BucciIDi Bucci (1991), s. 144ff.

A. Akteure des WillensbildWlgs- Wld EntscheidWlgsprozesses

281

weil sie dem EP als Entscheidungsgrundlage rur die Entlastung der Kommission dienen. Als 'Ritter ohne Schwert' hat der ERH selbst keine Möglichkeit, Unzulänglichkeiten und Mängel abzustellen. Sein Intrumentarium beschränkt sich auf die Mängelrüge und Klagedrohung vor dem EuGH. Nachdem in den vorangegangenen Jahren vor allem die GAP im Mittelpunkt der Kritik stand, werden in jüngster Zeit vermehrt die Strukturfonds geprüft. Von 1988 bis 1992 hat die Gemeinschaft rd. 42 Mrd. DM über 230 verschiedene Programme fiir strukturpolitische Zwecke zur Verfiigung gestellt. Die Prüfung von nur vierzig dieser Strukturprogramme ergab im Gesamturteil "gravierende Mängel in den Bereichen Programmplanung, Koordinierung, Begleitung und Bewertung"38. Dabei stellt sich die durchaus berechtigte Frage nach der Effizienz und Effektivität des kohäsionspolitischen Mitteleinsatzes. Aus Sicht der Kommission überschreitet der ERH jedoch seine Kompetenzen, wenn er - wie er es häufig tut - ganze EU-Programme zur Diskussion stellt. Ein Vergleich der europäischen Finanzverfassung mit den gesetzlichen Regelungen der Kontrolle, der Möglichkeiten zur Wiedererlangung zu Unrecht ausgezahlter Finanzzuweisungen und der Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen die finanziellen Interessen der Europäischen Union macht den noch unzureichenden Stand einer entsprechenden Verankerung im Gemeinschaftsrecht deutlich. Nach Ansicht von Theato und Graf erlassen die EU-Mitgliedstaaten über den Rat der Europäischen Union "nur widerwillig strenge Regeln und Vorgaben"39, weil gerade die nationalen Administrationen dann diesen Gesetzen unworfen wären. 4O 2. Erweitertes Beziehungsgeflecht mit Nebenorganen und Interessengruppen

Auf das formale Beziehungsgeflecht wirken weitere Akteure ein. Zum einen handelt es sich um zwei offizielle Nebenorgane, (1) den Wirtschafts- und Sozialausschuß sowie (2) den Ausschuß der Regionen, und zum anderen um eine Vielzahl von Interessengruppen, (3) den Lobbyisten. ad (1) Wirtschafts- und Sozialausschuß Der Wirtschafts- und Sozialausschuß (WSA) besteht aus "Vertretern der verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens"41. Seine 38 Reicherzer (1993), S. 33.

39 TheatoIGraf(1994), S. 20. Mehr zum ERH bei Friedmann (1994).

40

41

Art. 193 EG-Vertrag.

282

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

222 Mitglieder werden auf Vorschlag der EU-Mitgliedstaaten vom Rat der Europäischen Union nach Anhörung der Europäischen Kommission ernannt. 42 Das Nominierungsverfahren und die Ernennungsmethode gibt jedoch kein repräsentatives Spiegelbild nationaler und europäischer Verbandsarbeit wider. Der WSA unterhält Fachgruppen rur die Hauptsachgebiete des EG-Vertrages. In einigen wenigen, vertraglich festgelegten Fällen, wie z.B. bei den Grundlinien der gemeinsamen Agrarpolitik (Art. 43 EGV), ist die Anhörung des WSA Bestandteil des Willensbildungs- und Entscheidungsverfahrens. Ansonsten haben die Stellungnahmen des WSA weder fur Rat noch Kommission bindenden Charakter. Beim WSA handelt es sich lediglich um eine beratende Institution. Bis in die 70er Jahre hinein verfugte der WSA als eine Art 'Wirtschaftsparlament' über einen relativ starken informellen Einfluß, der sich auf sein Expertenwissen gründete. Jedoch existieren keine quantitativen Erfolgsmessungen, die den Einfluß oder die Wirksamkeit des WSA auf die europäische Entscheidungsfindung belegen könnten. Aufgrund der signifikanten Erhöhung der auf europäischer Ebene agierenden Verbände und Interessengruppen sowie im Zuge der Direktwahlen zum Europäischen Parlament verlor der WSA an institutioneller Bedeutung. 43 ad (2) Ausschuß der Regionen Die Gründung des beratenden Ausschusses der Regionen (AdR) im Frühjahr 1994, der sich "aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften"44 zusammensetzt, ist zum einen Ausdruck des im Maastrichter Vertrag verankerten Subsidiaritätsprinzips und zum anderen ein Instrument gegen den "bürgerfernen Zentralismus und die unzureichende demokratische Kontrolle in den gemeinschaftlichen Entscheidungsverfahren"45. Aus organisatorischen Gründen leisteten fur den neuen Ausschuß sowohl der WSA als auch die "Versammlung der Regionen Europas" sowie der "Rat der Gemeinden und Regionen Europas" Aufbauhilfe. Wie dem WSA gehören auch dem AdR 222 Mitglieder an. 46 Obwohl die Kompetenzen der nachgeordneten Körperschaften 42 Die Mitgliederzahl pro Land beträgt: B 12, DK 9, D 24, GR 12, E 21, F 24, IRL 9, I 24, L 6, NL 12, P 12, UK 24, A 12, FL 9, S 12. 43 Ausfilhrlicher zur Geschichte, Organisation und zum politischen Einfluß des Wirtschafts- und Sozialausschusses bei Catling (1991), S. 128ft: 44 Art. 198a EG-Vertrag. 45 Handelsblatt (1994), S. 11. 46 Deutschland entsendet 24 Vertreter, davon 21 aus den BundeslAndern und 3 von der kommunalen Ebene. Die filnf großen BundeslAnder habe jeweils 2 Sitze, die 11 kleineren je einen. Die deutsche Repräsentanz ist mit relativ hochkarätigen Persönlichkeiten besetzt (Ministerprlsidenten, Staatsminister, BQrgermeister).

A. Akteure des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses

283

in den EU-Mitgliedstaaten zumeist sehr begrenzt sind, soll der AdR ein umfangreiches Aufgabenspektrum erfüllen. Es erstreckt sich von den Arbeitsbereichen Bildung (Art. 126 EGV), Kultur (128 EGV), Gesundheitswesen (Art. 129 EGV), transeuropäische Netze (Art. 129 b, c, e EGV) bis hin zu den Fragen des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts mit Strukturfonds und deren Neuordnung (Art. 130 b, d). Darüber hinaus kann der AdR zu allen Vorgängen Stellung nehmen, mit denen sich der WSA befaßt. Ferner verfügt der Ausschuß über ein sogenanntes Selbstbefassungsrecht, d.h. er kann auch ohne Anfragen der Organe tätig werden. Indes hat der AdR noch kein verfas": sungsmäßiges Klagerecht vor dem EuGH und kein Initiativrecht in der Legislative. Insofern wird sich erst in Zukunft - nach der konstituierenden Phase zeigen, welchen informellen Einfluß der beratende AdR auf den Entscheidungs- und Willensbildungsprozeß der Europäischen Union nehmen wird und kann. 47 ad (3) Lobbyisten48 Im Umfeld der europäischen Institutionen wird Lobbying von "industriellen, kommerziellen und gewerkschaftlichen Verbänden, von Verbrauchergruppen und Umweltschützern, von den Regierungen der Mitgliedsländer und regionalen Vertretungen, von Staatsunternehmen und Interessengruppen"49 betrieben. Ihre genaue Anzahl läßt sich jedoch nur approximativ bestimmen, weil es weder eine offizielle Registrierung noch eine einheitliche Abgrenzung fiir das, was einen Lobbyisten charakterisiert, gibt. Einige Autoren schätzen die Anzahl der "EU-Lobbyisten" auf etwa 5000 Personen, die fiir ungeflihr 900 Interessenvertretungen tätig sind. Andere Schätzungen sprechen gar von bis zu

47 Mehr zum Ausschuß der Regionen bei HoppelSchulz (1992), S. 26f; Kalbfleisch-Kottsieper (1995), S. IIf. Eine Auflistung und kurze Charakteristika der regionalen Interessenvereinigungen auf EU-Ebene gibt das Europäische Parlament (1994b). Dazu zAhlen beispielsweise folgende Organisationen: Committee ofthe Region, Council ofEurope Bodies, Assembly ofEuropean Regions, Conference ofperipheral maritime Regions ofthe European Community, United Towns Organisations, European Centre for Regional Development usw. 48 Laut Duden ist ein Lobbyist jemand, der Abgeordnete filr seine Interessen zu gewinnen sucht 1m parlamentarischen Sprachgebrauch bedeutet Lobby die Wandelhalle im Parlamentsgebäude, in der die Abgeordneten mit Wählern u. Interessengruppen zusammentreffen, die versuchen, die Entscheidungen von Abgeordneten zu beeinflussen. 49 V. Hoffmann (1991), S. 263. Eine umfangreiche Auflistung - hauptslchlich von WirtschaftsverbAnden - fmdel sich im Verzeichnis der VerbAnde der Europäischen Gemeinschaft (1992), das jene VerbAnde enthält, die über ein Sekretariat auf europäischer Ebene verfilgen, mindestens drei nationale oder europäische VerbAnde als Mitglieder haben, keine Gewinnorientierung betreiben und im Einklang mit den Zielen der Europäischen Union handeln.

284

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

10.000 Lobbyisten. 5o Im Vergleich zu anderen internationalen Organisationen handelt es sich angesichts des territorial begrenzten Handlungsbereichs der Europäischen Union um eine sehr hohe Anzahl von 'Beobachtern'. Alle EuroLobbyisten verfUgen über eine annähernd gleiche Zielfunktion. Sie wollen auf den Norm- und Rechtssetzungsprozeß der Europäischen Union frühzeitig Einfluß nehmen, diesen kontrollieren sowie den Zugang zu lukrativen EUFörderungen finden. Die formelle und informelle Einflußnahme hängt im wesentlichen von den fachspezifischen Informationen ab, die die Lobbyisten als Experten zur VerfUgung stellen können, sowie vom Organisationsgrad und der Größe der vertretenen Interessengruppen. Im europäischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß übernehmen die Lobbyisten demzufolge eine Vermittler-, eine Kontroll- und eine Filterfunktion. Sie helfen durch Selektion, Reduktion und Kanalisierung von Information, die Präferenzen ihrer Mitglieder auf europäischer Ebene zu offenbaren (Siehe Abbildung 26, 27). Für den Adressaten der durch den Lobbyisten vorgefilterten Information besteht das Problem, daß die bereitgestellten Informationen verzerrt und unvollständig sind. Dadurch wird den Entscheidungsträgern das Denken in Alternativen erschwert. Am stärksten konzentriert sich das Euro-Lobbying auf die Beamten der Europäischen Kommission. Der Ministerrat wird durch nationale Interessengruppen in den jeweiligen Mitgliedsländern beeinflußt. Durch die zunehmende Stärkung des Europäischen Parlaments konzentrieren sich die EULobbyisten auch vermehrt auf die Abgeordneten. Nachdem dieses 'rentseeking-Verhalten' auch mit Kosten für die Interessengruppen verbunden ist, muß der erwartete Grenznutzen aus dem Lobbying größer oder gleich den Kosten eines zusätzlichen Lobbyisten sein. 51

3. Totales Beziehungsgej1echt zwischen den europdischen Akteuren Die Interaktionen der am europäischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß beteiligten Akteure können zusammenfassend in einem totalen

50 Zu diesen unterschiedlichen Größenordnungen vgl. V. Hoffmann (1991), S. 263 und Bullard (1993), S. 34. Dagegen sprichtPeirce (1991), S. 281, von 546 "pressure groups fonnally represented at the European Communities". Vaubel (1994), S. 218, vennutet "mehr als 500 Organisationen". Nach Meinung von Senger und Etterlin (1992), S. 21, soll es in Brüssel rd. 8000 Lobbyisten geben. Ähnliche Zahlenangaben bei SchnabellTiedemann (1995), S. 13. 51 Bullard (1993), S. 34, zitiert den Holländer A. Metten (MdEP) mit den Worten: "Die [Lobbyisten] geben fast zwei Milliarden DM pro Jahr aus. Das machen sie nicht zum Spaß, sondern weil es ihnen etwas bringt".

A. Akteure des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses

285

Beziehungsgeflecht dargestellt werden. Abbildung 27 veranschaulicht diese Synopsis.

I

Europäischer Gerichtshof Ouristische Kontrolle)

I

Externe

KONTROLLE

I

Europäischer Rechnungshof (OkonorTische Kontrolle)

I

t

dek8

UnterstOlzung bei Entscheidungsfindung (Art. 155 EGV)

I

Europäische Kommission

+!

11~"___------------1."1

I'

Verfahren

(Art. 189 b EGV

/......

(Art. 189 c EGV)

r""~

Zusammenarbe~!

i

!

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Unterstützung

J

Aufforderung zum Handeln

.

(Art. 152 EGV)

Rat der Union

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I

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Nationale Vao1r_

V.""' ndlu_. _ ....nh_gon

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Elnll"ben.

Ra:i~nen

PooIIonopapiore.

I

Meinung der Medien durch ca. 800 akkreditierte Journalisten

Verötfen~ichte

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Gatprtcha•

Ausschuß

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1

I

und Sozialausschuß

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Sludlon. Fcnct"•.,gNI'beI~,

Lobbyisten auf EU-Ebene (Teilrnenge der nationalen Wählerschaft)

Abb. 27: S}1lopse des totalen Beziehungsgeflechts QueUe: Eisene DarsteUung. Erhebtich erweitert nach V. HoJfmann (1991), S. 286.

Das eigentliche Entscheidungszentrum bildet das formale Beziehungsgeflecht der europäischen Organe. Dabei tritt ein interinstitutionelles Dreieck zwischen Kommission, Rat und Parlament hervor. Vereinfacht dargestellt, verfügt die Kommission über das lnititativrecht, das Europäische Parlament über diverse Mitwirkungsrechte und der EU-Rat über das alleinige Entschei-

286

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

dungsrecht. Daneben üben der Europäische Gerichtshof eine juristische und der Europäische Rechnungshof eine ökonomische Kontrollfunktion aus. Auf dieses formale Entscheidungszentrum wirken nicht nur die offiziellen Nebenorgane (WSA, AdR) als Beratergremien mit eigenen Interessensfunktionen, sondern vor allem auch die informellen Interessengruppen ein. Insbesondere letztere nehmen durch gezieltes Lobbying auf den Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß deutlich Einfluß. In Anlehnung an Hrbek läßt sich diese Art der Mehr-Ebenen-Mehr-Aktoren-Analyse resümierend als Politikverflechtung einer europäischen "Konkordanz-Demokratie bei Dominanz des gouvernemental-administrativen Elements"52 bezeichnen.

B. Tendenzielle Zentralisierung in der Europäischen Union Wie empirische Studien belegen,53 impliziert der Entscheidungsrahmen einer repräsentativen Demokratie zum einen ein wachsendes Aufgabenspektrurn sowie Ausgabenvolumen der Gebietskörperschaften und zum anderen eine tendenzielle Zentralisierung zugunsten der oberen föderalen Ebenen. Nachdem der Europäischen Union ein repräsentativer Entscheidungsrahmen zugrunde liegt, sorgt das EU-spezifische Beziehungsgeflecht (siehe o.g. Abb. 27) bei der materielle Ausgestaltung des passiven EU-Finanzausgleichs fur eine ähnliche Entwicklung. Die bisherige Suche nach einer europäischen Föderativ- und Finanzausgleichsstruktur ist nicht ergebnisorientiert (desgin by machines), sondern vielmehr verfahrensorientiert (design by politicians) verlaufen. Deshalb verkörpert die Europäische Union ein präföderales Gebilde, dessen Vergangenheit den gegenwärtigen Zustand prägt und dessen Gegenwart die künftige Entwicklung determiniert. 54 Bei kritischer Betrachtung dieser präföderalen Union lassen sich unschwer zunehmende Zentralisierungstendenzen erkennen, die im folgenden belegt werden.

52 Hrbek (1979), S. 38. Zur Politikverf!echtung vgl. Scharpf(1985), S. 323f. Eine amüsante Ansammlung von zahlreichen Anektoden über die "BrOsseler Machenschaften" liefert Donat (1975). Eine durchaus lesenswerte, jedoch in weiten Teilen höchst einseitige, polemische und etwas oberflächliche Darstellung des europäischen Beziehungsgeflechts gibt G. Müller (1994). 53 So z.B. F. Schneider (1993), S. 193f, der die budgetären und politisch-institutionellen Strukturen des öffentlichen Sektors der Bundesrepublik Deutschland (repräsentative Demokratie) mit denen der Schweiz (direkte Demokratie) vergleicht 54 Ä1ullich bei Kirsch (1984), S. 123, (1987), S. 16; Hesse (1993), S. 43.

B. Tendenzielle Zentralisierung in der Europäischen Union

287

L Das Delors-II-Paket aus politökonomischer Sicht

Aufgrund einiger Beobachtungen, die durch Beispiele veranschaulicht werden, lassen sich die Parallelen zwischen den - zwar abstrakten und simplifizierenden - politökonornischen Modellansätzen von Downs, Tul/ock, Becker, Olson und Niskanen und der europäischen Realität deutlich aufzeigen. Als der neue Kommissionspräsident Delors Anfang 1985 die Regierungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich neuer EG-Initiativen konsultierte und als Zielprojektionen Währungsunion, Verteidigungsgemeinschaft und Binnenmarkt zur Auswahl stellte, erwies sich nur das Binnenmarkt-Projekt als mehrheitsfahig. Nachdem Delors davon ausgehen mußte, daß sein zeitlicher Horizont als Kommissionspräsident auf 8 Jahre beschränkt sein würde, fixierte er als erstes Zieldatum den 31.12.1992. Als politischer Unternehmer, der sich die Rückkehr in die französische Politik offenhalten wollte, verband er erfolgversprechende Integrationsschritte mit seinem Namen (z.B. Delors-Bericht bzw. Paket). Das Delors-I-Paket nahm seinen Ursprung in der EEA, wonach der europäischen Ebene zusätzliche Kompetenzen aus den Bereichen Währungs-, Sozial-, Forschungs- und Umweltpolitik erwuchsen. In diesem Zusammenhang erkennt man eine bewährte Strategie der Europäischen Kommission, die einem zielgerichteten Handlungsmuster gleicht. Zunächst fordert die Kommission für die Europäische Union weitere Aufgabenfelder und dann die damit verbundenen Kompetenzen. Faktisch impliziert die europäische Integration eine Ausweitung der EU-Kompetenzen. 55 In den Maastrichter Beschlüssen gelang es nun Delors, seine bisher unberücksichtigten Zielvorgaben anzugehen. Die ursprüngliche Fassung des von der Kommission vorgeschlagenen Delors-II-Paketes dokumentiert in überzeugender Art und Weise die politökonomische These vom europäischen Technokraten, der als Brüsseler Bürokrat seinen Budget- und Handlungsspielraum maximiert. Die entscheidende Frage, ob eine Aufgabe tatsächlich von dem europäischen Aufgabenträger effizienter als von den Mitgliedstaaten und deren Körperschaften erfüllt werden kann (Subsidiaritätsprinzip), wird nicht gestellt. Nachdem sich die Staats- und Regierungschefs mit dem EU-Vertrag für eine erweiterte europäischen Aufgabenwahmehmung ausgesprochen ha55 Z.B. äußerte sich 1988 Delors vor dem Europäischen Parlament wie folgt: "In zehn Jahren werden 80 Prozent der Wirtschafts gesetzgebung, vielleicht auch der steuerlichen und sozialen, gemeinschaftlichen Ursprungs sein" (zitiert in Vaubel (1993b), S. 107). Mit Hilfe eines Public-ChoiceAnsatzes analysiert Vaubel (1991a), S. 306[, den Delors-I-Bericht von 1989, der sich mit Fragestellungen einer europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beschäftigt.

288

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

ben, folgt die unmittelbar mit der Aufgabenerfüllung verbundene Forderung nach zusätzlichen Kompetenzen und Finanzmitteln (Delors-II-Paket). Deshalb erscheinen die im Nachgang zu Maastricht diskutierte finanzielle Vorausschau sowie die Überlegungen zu den neuen Finanzierungsmöglichkeiten der Union für Caesar "nur als ein weiterer Schritt in einer längeren Kette, die von den Eigenmittelbeschlüssen der siebziger Jahre über die Einheitliche Europäische Akte und das Binnenmarktprogramm sowie die Brüsseler Haushaltsbeschlüsse von 1988 bis zu Maastricht reichen"56. Das Ergebnis dieser Strategie, die einem Zentralisierungsprozeß zugunsten der europäischen Ebene gleicht, kann vereinfacht an drei Punkten abgelesen werden: 57 (1) Das Vertragswerk der Europäischen Union dokumentiert einen kontinuierlichen Kompetenzzuwachs der europäischen Ebene. (2) Das Budgetvolumen der Europäischen Union wächst aufgrund der neuen . Aufgabenfelder weiter, ohne daß die agrarlastige Asymmetrie der Ausgabenstruktur bisher korrigiert worden ist. (3) Obwohl nun Aufgaben zusätzlich von der europäischen Zentralebene

erfüllt werden, kommt es zu keiner entsprechenden Einschränkung des Personalbestandes und/oder Budgetvolumens auf nationaler Ebene.

Für eine deutliche Zunahme der institutionellen und prozeduralen Komplexität des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses sprechen einerseits die gewachsene Anzahl der beteiligten Organe bzw. Nebenorgane und andererseits das Konglomerat der parlamentarischen Beteiligungsrechte (Nichtbeteiligung, Anhörung, Zusammenarbeit, Mitentscheidung und Zustimmung).58 Wesseis begründet diese Entwicklung durch das "Nutzenkalkül der beteiligten Regierungen"59. Für Franzmeyer ist die in den Maastrichter Beschlüssen und dem Delors-II-Paket erfolgte Verknüpfung von Kohäsion und Konvergenz nicht nur auf den 'bargaining process' zwischen den unterschiedlichen Interessen der Mitgliedstaaten zurückzuführen, sondern auch auf einen

56 Caesar (1992b), S. 51. einzelnen vgl. Vaubel (1992), S. 48. Ähnlich kritisch äußert sich Senger und Etterlin

57 Im

(1992), S. 16f. 58 Treffend beurteilt der britische Staatsminister Davis (1995), S. 8, die Beschlüsse von "M aas t - r i g h t" wie folgt: "Und in der Tat ist es so gewesen, daß das Europäische Parlament nach und nach mehr Befugnisse bekommen hat, während die anderen Organe alle ihre Befugnisse behalten haben. Als Ergebnis haben wir weder mehr Demokratie noch mehr Legitimation. Nur mehr Komplikation". 59 Wesseis (1992), S. 15.

B. Tendenzielle Zentralisierung in der Europäischen Union

289

interinstitutionellen Machtampf zwischen den EU-Organen. 6O Denn diejenigen EU-Organe, die über die Verwendung des EU-Budgets befinden, determinieren die EU-Politiken. Nachdem es sich bei den kohäsionspolitischen Mitteln um nicht-obligatorische Ausgaben handelt, liegt die letzte Entscheidung beim EuroptJischen Parlament. Eine Aufstockung dieser Mittel stärkt die Position des EP gegenüber dem Rat. 61 Ebenso wird die Kommission gegenüber den EUStaaten gestärkt, weil auf ihren Initiativen die Ausgabenansätze im Haushaltsplan basieren. Deshalb verkörpern vor allem Kommission mit Parlament bei kohäsionspolitischen Aufgaben und den damit verbundenen Ausgaben die treibende und der Rat die bremsende Kraft. 62 Jedoch beeinträchtigt die Einstimmigkeitsregel nach Art. 130 EG-Vertrag die Bremswirkung des Ministerrates, weil "die Nettoempfänger ... eine Koalition mit Kommission und Parlament" bilden, wobei der Preis, "sich einer strengeren Konvergenzdisziplin zu unterwerfen, ... die Aussicht auf mehr Mittel"63 ist. Bei all ihren Vorschlägen legt die Kommission eine Gradwanderung zurück. So muß sie stets den 'tradeoft' zwischen höheren Finanzzuweisungen einerseits und den mit der Aufgabenübertragung verbundenen Autonomieeinbußen anderseits beachten. Ansonsten bestünde die Gefahr, daß die EU-Mitgliedstaaten über ihre Vertreter im Europäischen Ministerrat durch Vetopositionen entsprechende Vorschläge vereiteln. Gleichzeitig bemüht sich die Kommission um die Pflege einer konstruktiv-positiven Beziehung zum EP, um einer zu harten Kritik am "Brüsseler Zentralismus" bereits im Vorfeld zu begegnen.

60 Franzmeyer (1993b).

S. 101. In einer Selbstdarstellung seiner Haushaltsbefugnisse offenbart das EP diese Interessensfunktion. So war das Parlament stets bemOht, "den Anteil der nicht-obligatorischen Ausgaben, bei denen es das letzte Wort hat und so wichtige Bereiche der europäischen Integration wie den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, Verkehr. Forschung und Entwicklung betreffen, zu vergrößern. Seine BemOhungen waren insoweit erfolgreich, als der Anteil der nicht-obligatorischen Ausgaben am Gemeinschaftshaushalt vor lS Jahren noch unter 10% lag und heute bei fast 40%" (EuroplIisches Parlament (1993). S. 17). 62 Zur Gemeinsamen Agrarpolitik siehe die NPÖ-Analyse von JoslinglMoyer (1991). S. 286f 63 Franzmeyer (1993b). S. 101. Nicht ohne Ironie beschreibt Senger und Etterlin (1992). S. 22. diese Verhaltens- und Abstimmungsmechanismen. So funktioniert die "Verteilung von Pfiilnden und Privilegien in Europa ... so ausgeklOgelt ...• daß jeder Mitgliedstaat sein Häppchen abbekommt und so dem generellen Trend nichts entgegensetzt ... Die Kommission hat sich zu einem gigantischen Umverteilungsapparat der Ressourcen entwickelt, der in dem Maße an Akzeptanz gewinnt, wie er immer mehr Personen und Körperschaften an seinem warmen Förderregen teilhaben läßt". 61

19 Walthes

290

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

n

DemokratiederlZit und Zentralisierung

Das Prozedere bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung in der Europäischen Union offenbart ein Verfassungsdilemma. Sein Ursprung liegt in den Römischen Verträgen, wo der Vorrang der funktionalen vor der institutionellen Integration gegeben wurde. Jedoch wurde die Diskussion um das adäquate Integrationsverfahren nicht mit der Ratifizierung des europäischen Vertragswerkes beendet, sondern auf der Ebene der europäischen Organe fortgesetzt. Vaubel differenziert dieses europäische Dilemma nach zwei Ursachen: Zum einen werde das Prinzip der Montesquieuschen Gewaltenteilung mißachtet, denn für legislative Funktionen trägt eher die Exekutive, in Form des Rates und der Kommission, als das Europäische Parlament die Verantwortung. Zum anderen verfUgt das bürokratische Element der Exekutive (Europäische Kommission) gegenüber dem politischen Organ (Ministerrat) über eine ungewöhnlich starke Stellung. So ist es mit dem Verfassungsrahmen einer parlamentarischen Demokratie einfach nicht vereinbar, daß die EU-Exekutive "weitreichende Entscheidungen trifft, ... ohne daß das übliche Verfahren hinsichtlich politischer Verantwortung ror die Handelnden und Kontrolle durch das Parlament auf EG-Ebene zum Tragen kommt ... Es fehlt insbesondere die Möglichkeit, die Verantwortlichen abwählen zu können"64. Zwar sind die Mitglieder des Rates einer nationalen parlamentarischen Kontrolle unterworfen und orientieren sich bei ihrem Handeln an ihren Wiederwahlchancen und damit tendenziell an den Präferenzen ihrer Wählerschaft, doch verhält sich die Kommission entsprechend ihrer bürokratischen Interessensfunktion. Sie hat einen starken Anreiz, "nur zentralisierende Maßnahmen vorzuschlagen und zu billigen und nicht etwa Zuständigkeiten zurückzugeben"65. Ferner sind die im Rat vertretenen nationalen Regierungen in besonderem Maße dazu geneigt, die aus politischer Sicht eher unangenehmen Kompetenzen abzutreten. Als Beispiele für das auf die Ebene der Europäischen Union delegierte "schmutzige Geschäft"66 nennt Vaubel die agrarpolitischen Maßnahmen, die freiwilligen Exportbeschränkungen und 64 Parsche (1992), S. 3. 65 Vaubel (1994), S. 216. Etwas sarkastisch und Qberzogen llußert sich hierzu Senger und Etterlin (1992). Die Kommission folge einer Europaideologie, wonach "sich die meisten gesellschaftlichen Probleme von heute nur noch auf einer Qberstaatlichen Ebene lösen lassen" (S. 16); und die europili-

schen BQrokraten ließen sich nur von einem Arbeitsprinzip leiten: "Wie kann ich mir selbst und damit der Kommission mehr Kompetenzen zuschanzen" (S. 19). 66 Vaubel (1992), S. 39.

B. Tendenzielle Zentralisienmg in der Europäischen Union

291

Anti-Dumping-Maßnahmen mit Drittländern sowie die Bildung von Krisenkartellen usw. Derartige Maßnahmen sichern den Politikern des Rates "per saldo Wählerstimmen, weil der Nutzen auf wenige Wähler konzentriert ist und daher von diesen auch wahrgenomen wird, während die Kosten breit gestreut sind und daher von informationsbewußten, rationalen Wählern nicht registriert werden"67. Demnach liegt aus Sicht der europäischen Regierungen der Europäisierung von Kompetenzen der Grundsatz 'diffused costs - concentrated benefits' zugrunde. Die Europäische Union verhält sich wie alle internationalen Organisationen und übernimmt faktisch alle Kompetenzen, die sie übernehmen kann. Dies geschieht ganz unabhängig davon, welches politische Konfliktpotential die einzelnen Kompetenzen in sich bergen. Dieses doppelte Dilemma, das einerseits in einem Demokratiedefizit und andererseits in einem Zentralisierungsprozeß besteht, erleichtert die Einflußnahme von Interessengruppen, die ihrerseits für "zentralisierende Tendenzen ... verantwortlich zu machen"68 sind. Als Beispiele dafür, daß sich die Europäische Union vor allem auf die Befriedigung europaweit homogener Interessengruppen spezialisiert, lassen sich die protektionistische Außenhandelspolitik, das Stahlkartell, die Industriepolitik, die Forschungspolitik und die Fischereipolitik anführen. Eine Analyse der Ausgabenseite des EU-Haushalts führt Vaubel zu der Schlußfolgerung, daß über 70% der Unionsausgaben auf Interessengruppen entfallen. 69 Nachdem aber das EU-Budget nur über ein begrenztes Volumen verfügt, bemühen sich die Lobbyisten anstelle von Subventionen auch um Regulierungen. 7o Weil die Kommission über keine Einnahmenautonomie und Verschuldungsmöglichkeit verfügt, nutzen die Politiker und Bürokraten in besonderem Maße das Instrumentarium der kostengünstigen (De)Regulierungen. Peirce hat den Versuch unternommen, das Ausmaß der europäischen Regulierung zu quantifizieren. Er hat die Seiten des EG-Amtsblattes der ersten Jahreshälfte 1988 analysiert und ermittelt, daß

Vaubel (1985), S. 413. Weiden/eid (1995), S. 21. 69 Vgl. Vaubel (1992), S. 39. Nach Schnabel/I'iedemann (1995), S. 13, sehen darin manche Eu-

67

68

roskeptiker eine Ven;chwörungstheorie, wonach "in Brüssel eine unheilige Allianz von Eurokraten und Eurolobbyisten" existiert, die "Politik zur Förderung ihrer Partikularinteressen betreiben". 70 Indem Markteintrittsbarrieren geschaffen werden oder der Wettbewerb beschrAnkt wird, dienen nach Stigler (1971), S. 3f, Regulierungen häufig nur dazu, Interessengruppen zu unterstützen. Sinngemäß argumentiert Vaubel (1993b), S. 113. Das Binnenmarkt-Projekt zielte auf Deregulierung, was vor allem im Interesse der europäischen Insdustrie lag, um Skalenerträge auf bisher regulierten Märkten zu realisieren. Zu beachten ist hierbei, daß auch Deregulierungen entsprechend reguliert werden müssen. Insofern kann die Argumentationskette der Regulierung auch auf die Deregulierung angewandt werden. 19*

292

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

weite Teile den Interessengruppen gewidmet sind. 71 Aus Sicht der im Rat vertretenen EU-Mitgliedstaaten und der auf europäischer Ebene agierenden Interessengruppen mindert der Zentralisierungsprozeß die Transaktionskosten, hebt aber aus Sicht des einzelnen Verbrauchers, Wählers und Steuerzahlers aufgrund der räumlichen Feme und der Entscheidungskomplexität die Kosten politischer Information und Kontrolle deutlich an. 12

m

Epigrammatische Zusammenfassung

Die vorangegangenen Ausführungen zu den politökonomischen Akteuren des europäischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses und die sich daran anschließende Erörterung der Zentralisierungstendenzen haben deutlich gezeigt, daß die Neue Politische Ökonomie einen guten Erklärungsrahmen für die materielle Ausgestaltung des passiven Finanzausgleichs in der Europäischen Union liefert. Anband von drei Zitaten können die für den Fortgang der Arbeit relevanten Zwischenergebnisse festgehalten werden: (1) Nach Weidenfeld laden "dynamische, in ständiger Veränderung befindli-

che Mehrebenensysteme wie die Europäische Union ... dazu ein, Verantwortlichkeiten auf die höhere Ebene abzuschieben ll73 .

(2) Für Schindler wirkt im institutionellen System der EU "ein staatenbündisch zusammengesetztes Organ, der Rat, mit drei eher unitarisch ausgerichteten Organen", dem EP und EuGH sowie der Kommission, zusammen. Nachdem der Rat bei Entscheidungen das letzte Wort hat, liegt es "an ihm und damit an den Regierungen der Mitgliedstaaten, die Gewichte zwischen zentralistischen und föderalistischen Tendenzen zu verteilen. In gewissen Phasen der Entwicklung wirkte der Rat eher retardierend, in anderen förderte er die Integrationsdynamik"74. (3) Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft kommt zu dem Schluß, daß sich mit jeder EU-Erweiterung und mit jeder EU-Vertiefung die Spannungen innerhalb der Gemeinschaft vergrößern. Um dem entgegenzuwirken, sind "die demokratischen Institutionen der 71 VgJ. Peirce (1991), S. 278. 12 VgJ. Vaubel (1992), S. 38, (1994), S. 217f. Dieser Argumentationslinie folgt auch Hesse (1993), S. 45f. In Vaubel (1993a), S. 14f, wird der bemerkenswerte Versuch unternommen, eine politökonomische Theorie der Zentralisierungsdynamik zu entwickeln. 73 Weidenfold (1995), S. 22. 74 Schindler (1992), S. 212.

C. Verteilung der Finanzierungslasten zwischen den Mitgliedstaaten

293

Gemeinschaft ebenso wie die der Mitgliedstaaten mehr als bislang an Willensbildung und Entscheidungsfindung zu beteiligen, vor allem an der Kontrolle der Ausübung politischer Macht. Das Europäische Parlament ist bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben zu stärken, namentlich im Sinne einer erhöhten Transparenz der Entscheidungsprozesse. "75

C. Verteilung der Finanzierungslasten zwischen den Mitgliedstaaten Als ein weiteres Beispiel der politökonomischen Dimension des materiellen Finanzausgleichs kann die Verteilung der EU-Finanzierungslasten zwischen den Mitgliedstaaten genannt werden (aktiver Finanzausgleich). In der politischen Diskussion um die angemessene Finanzierungslast der EUMitgliedstaaten werden immer wieder zwei Prinzipien angeführt, nach denen die Verteilung der Finanzierungslasten beurteilt werden kann. Nachfolgend werden diese beiden möglichen Prinzipien zunächst genannt und ihre Relevanz für die Europäische Union bestimmt. Wie die kritischen Einwände gegen die "Zahlmeistertheorien" zeigen, läßt das Konzept der Nettopositionen nur tendenzielle Aussagen über die Lastenverteilung zu. Eine Sensitivitätsanalyse zur Lastenverteilung, die zum einen die formale Inzidenz der strukturpolitisehen Maßnahmen des gemeinsamen Haushalts und zum anderen die geplanten Lastverschiebungen bei den Eigenmitteln untersucht, macht deutlich, daß die Kohäsionsländer Nutznießer der künftigen Ausgestaltung des EU-Eigenmittelsystems sind.

L Prinzipien einer "gerechten" Lastenverteilung

Die immer wiederkehrende Diskussion um die Finanzierungslasten der einzelnen EU-Mitgliedstaaten beruht auf mehreren Ursachen, die sich vor dem Hintergrund der vorausgegangenen Ausführungen zum gegenwärtigen EUFinanzsystem erklären lassen. Zum einen handelt es sich bei den ertragreichsten Einnahmenarten (MwStund BSP-Eigenmittel) aus Sicht der Mitgliedsländer um nationale Mitgliedsbeiträge. 76 Zum anderen sehen sich die einzelnen Mitgliedstaaten gegenüber 75 Wissenschaftlicher Beirat (1994), S. 90. Siehe insbesondere die präskriptiven Ausfilhrungen im 11. Kapitel. 76 Siehe 6. Kapitel, Punkt C.II.

294

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

der Europäischen Union in der Rolle des Schuldners. Des weiteren steht die Aufbringung der nationalen Finanzierungsanteile im Ermessen der Mitgliedstaaten. Darüber hinaus ist es durch politisches Taktieren möglich, Ausnahmen von der Finanzierungsregel zu erzwingen. Insofern unterscheiden sich die grundsätzlichen Vorüberlegungen zu einer angemessenen Verteilung der Finanzierungslasten innerhalb der Europäischen Union nur marginal von denen anderer internationaler Organisationen. Danach bieten sich:fiir die Europäische Union grundsätzlich zwei Verfahrensweisen an: 77 (1) die äquivalenzrnäßige Berechnung der Finanzbeiträge und (2) die Finanzierung anhand der Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten. zu (1) Eine Äquivalenzfinanzierung muß in der Regel an den Schwierigkeiten der Ermittlung, Bewertung und des Vergleichs der Kosten und Nutzen einer EU-Mitgliedschaft scheitern. Auch widersprechen äquivalenztheoretische Ansätze im Sinne eines '~uste retour" nach Ansicht von Henke sowohl dem Buchstaben als auch dem Geist des europäischen Vertragswerkes. Durch dieses Finanzierungsprinzip verringern sich "die Möglichkeiten einer intermitgliedstaatlichen Umverteilung, wie sie sich als Aufgabe der EG aus der Präambel und aus Artikel 2 des EWGVertrages ableiten läßt" 78 • Aus Sicht der Europäischen Union verbergen sich hinter einer äquivalenztheoretischen Argumentation drei Grundhaltungen: Zum ersten findet darin eine mangelnde Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten ihren Ausdruck, zum zweiten kann auf eine ablehnende Haltung gegenüber einer weiterführenden Vertiefung der europäischen Integration geschlossen werden und zum dritten ergeben sich daraus systemirnrnanente Ausgabenforderungen gegenüber dem Gemeinschaftsbudget, weil der Nutzen der Union :fiir ein Mitgliedsland ausschließlich an den Rückflüssen beurteilt wird. zu (2) Eine Finanzierung nach der Leistungsfähigkeit berücksichtigt die Beitragskapazität der einzelnen Mitgliedsländer. Dazu wird ein geeigneter Indikator gewählt, der die Leistungsfähigkeit einzelner Volkswirtschaften angemessen widerspiegelt. Trotz der hinlänglich bekannten Definitions-, Erfassungs- und Bewertungsfragen stellt das Sozialprodukt :fiir die Europäische Union den dominierenden Indikator der Leistungsfll77 vgl. Peffekoven (1981/82), S. 14f; Hackenbroch (1983), S. 112f. Zu den Grundprinzipien der steuerlichen Einnahmen\astverteilung siehe Petersen (1993), S. 206f. Eine EG-spezifische Erörterung des Literaturstandes fmdet sich bei BlJker (1994), S. 36ff. 78 Henke (1980), S. 2S.

c. Verteilung der Finanzierungslasten zwischen den Mitgliedstaaten

295

higkeit dar. 19 Folglich wird die Beitragsgerechtigkeit anband von Sozialproduktsgrößen (BSP oder BIP)80 beurteilt, wobei bisher ein proportionaler Belastungsverlauf der EU-Länder bezogen auf ihre BSPBemessungsgrundlage als Referenzmaßstab zugrundegelegt wird. Die Finanzierung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip ermöglicht eine interregionale Umverteilung nach dem "resource-flow-principle"81, wonach die Finanzmittel von den reicheren zu den ärmeren Mitgliedstaaten fließen. Obwohl sich das Äquivalenzprinzip für die Bemessung der Finanzbeiträge (eigentlich Eigenmittel) im europäischen Kontext wenig eignet, stellt es doch in den Diskussionen "um eine "angemessene" oder "gerechte" Verteilung der Finanzierungslasten eine beliebte Argumentationsstütze dar"82. Deshalb überrascht es nicht, daß anstelle von sorgfältigen Analysen der gesamtwirtschaftlichen Vor- und Nachteile des Integrationsprozesses "von den Vertretern der Mitgliedsländern kameralistisch anmutende ... Nettotransferrechnungen als Entscheidungsgrundlagen im Rahmen der fortschreitenden Integration herangezogen werden"83.

n. Einwände gegen das Konzept der Nettopositionen Das Konzept der Nettopositionen besteht - vereinfacht ausgedrückt - in einer Gegenüberstellung der von einem Mitgliedsland geleisteten Eigenmittel und

19 vgl. Peffekoven (1981/82), S. 20t; (1982), S. 413. Im Hinblick auf die Regienmpkonferenz 1996 (siehe dazu den dritten Teil dieser Arbeit) fordert der Bundesrat, daß die künftigen "Finanzbeziehungen zwischen der EU und der Bundesrepublik ... von einem fairen Interessenausgleich geprägt sein" müßten. Denn bisher werde Deutschland im "Verblltnis zu den übrigen Mitgliedstaaten ... überproportional belastet. Für die Zeit nach 1999 sei eine Neuverteilung der Belastungen unbedingt notwendig. Dabei sollten sich die Lasten stArker als bisher an der wirtschaftlichen Leistungsflhigkeit der LAnder orientieren" (FAZ (1995b), S. 11). 80 Das BSP als Wohlstands indikator hat gegenüber dem BIP den Vorteil, daß "es auf die Einkommen der InIlDder abstellt, also auch die aus dem Ausland empfangenen Faktoreinkommen (netto) miteinbezieht" (Scheuer (1993), S. 573). Verwendet man anstelle der ECU-Umrechnunpkurse die KKP bzw. KKS, so ergeben sich nach Kommissionsangaben bei der BSP-Grundlage tendenzielle Unterschiede: im Falle der Inneren Mitgliedstaaten liegt die ECU-Umrechnung "generell unter dem in KKP berechneten BSP und im Falle der reicheren Mitgliedstaaten generell über dem in KKP berechneten BSP". Das bedeutet, daß eine nach ECU-Kursen berechnete Gegenüberstellung der nationalen BSP-Grundlagen "eine geringftlgige Progression erkennen l16t" (Kommission (1992e), S. 26). 81 Reichenbach (1983), S. 456f. Siehe dazu auch 7. Kapitel, Punkt F.I.l. 82 Peffekoven (1981/82), S. 20. 83 Henke (1980), S. 24.

296

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

den aus dem EU-Haushalt erhaltenen Rückflüsse. 84 Demnach findet über das gemeinschaftliche Budget ein Ressourcentransfer zwischen den EUMitgliedstaaten statt, der sich in der Höhe nach der Differenz zwischen Einzahlungen und Rückflüssen richtet. Nettoempfänger erhalten mehr Rückflüsse, als sie eigene Zahlungen geleistet haben, wobei diese Differenz durch die Nettozahler finanziert wird. An der Position der Nettozahler, die es bei einem Nullsurnmenspiel nach dem 'resource-flow-principle' geben muß, macht die äquivalenzorientierte "Zahlmeistertheorie"85 fest. Weil es sich in der europapolitischen Diskussion eingebürgert hat, die Nettopositionen als einen Indikator fiir die Vor- und Nachteile einer EU-Mitgliedschaft zu interpretieren, werden von der Europäischen Kommission keine Nettotransfersalden mehr publiziert. 86 Wie die Eigenmittelquoten der nachfolgenden Tabelle 11 fiir das Jahr 1993 exemplarisch zeigen, weist das EU-Einnahmensystem, bezogen auf die BSP-Bemessungsgrundlage der Migliedstaaten, keinen eindeutig proportionalen Belastungsverlauf auf. Deutliche Unterschiede ergeben sich bei den Ausgabenquoten. Sonderfalle stellen diejenigen Länder dar, in denen sich zahlreiche europäische Institutionen befinden. Hier verzerren die Verwaltungsausgaben das Bild. Es wird aber deutlich, daß insbesondere im relativen Vergleich zu den BSP-starken Mitgliedsländem die vier Kohäsionsländer von den EUAusgaben profitieren.

84 vgl. Kühlcke/May (1986), S. 11. Differenzierter bei Edwards (1982), S. 747f, der das EGBudget in einen "zugewiesenen Haushalt" und einen "nicht zugewiesenen Haushalt" trennt Deshalb arbeitet er mit Bruttobeiträgen zu dem gesamten EG-Budget Die Nettopositionen beziehen sich nur auf die (Netto )Beiträge zu und die Rückflüsse von dem "zugewiesenen Haushalt", der unter anderem die AufWendungen im Bereich der Entwicklungshilfe filr Drittlllnder (externe Politikbereiche) nicht enthält 85 Hierbei handelt es sich um kein Theoriegebäude an sich. Damit sind lediglich alle Argumentationsketten gemeint, mit deren Hilfe die EU-Mitgliedstaaten den filr eine fortschreitende Integration kontraproduktiven Satz "I want my money back" filr sich einfordern (vgl. Langes (1993), S. 3). Bezeichnenderweise nennen Kühlcke/May (1986) ihren Beitrag "Zahlmeister oder Nutznießer?". 86 Bis zum Jahre 1978 konnte bei der Diskussion der Nettopositionen nicht auf autorisiertes Zahlenmaterial zurückgegriffen werden. Aus Sicht der Kommission war es dem Geist der europäischen Zusanunenarbeit nicht fOrderlich, wenn Berechnungen über die Adllquanz der fmanziellen Gegenleistungen angestellt wurden. Erst nachdem unrichtige Berechnungen über die fmanzielleit Konsequenzen einer EU-Mitgliedschaft kursierten, wurden offizielle Nettozahlerpositionen vorgelegt Seit 1984 werden keine Nettopositionen mehr veröffentlicht, um der rein fmanziellen Vor- und Nachteilsbetrachtung keinen weiteren Vorschub zu leisten. Vgl. May (1982), S. .53f; Oft (1987), S. 43f; Böker (1994), S. 89. Die Entwicklungen in den Finanzbeziehungen der Bundesrepublik Deutschland zur Europäischen Union werden ganz ausgezeichnet durch einige Monatsberichte der Deutschen Bundesbank (1977), (1982), (1985), (1988), (1993) dokumentiert Ein gutes Beispiel filr einen oberflächlichen Beitrag zur Nettozahler- und Zahlmeisterdiskussion liefert Der Spiegel (0. v. (1995), S. 97f).

c. Verteilung der Finanzierungslasten zwischen den Mitgliedstaaten

297

Tabelle 11 Nettopositionen der EU-Migliedstaaten (Haushaltsjahr 1993) Spalten

(1)

(2)

EU-Land

EUEigenrnittel

EUAusgaben

in Mio.

in Mio.

in Mio.

in Mio.

ECU

ECU

ECU

ECU

D

19076,4

7246,1

11830,3

UK

7626,6

4500,8

I

10265,0

NL

(3)

(4)

(5)

(6)

Eigenmittelquote _M4>*100

Ausgabenquote

in%

in%

1577600

1,21

0,46

3125,8

911000

0,84

0,49

8739,6

1525,4

1040000

0,99

0,84

4030,6

2704,0

1326,6

257000

1,57

1,05

F

11545,5

10525,9

1019,6

1084380

1,06

0,97

B

2394,9

2454,5

-59,6

174900

1,37

1,40

L

167,0

356,6

-189,6

11030

1,51

3,23

DK

1206,5

1583,4

-376,9

111500

1,08

1,42

IRL

567,4

2939,3

-2371,9

34860

1,63

8,43

P

909,6

3418,0

-2508,4

73200

1,24

4,67

E

5172,6

8263,0

-3090,4

498000

1,04

1,66

GR

1011,2

5147,9

-4136,7

67610

1,50

7,61

N ettosal-den BSP(1)-(2) Bemessung.'! -grundlage

(2}'C4)*l00

Anm.: In Spalte 3: Nettozahler bei " + " u. Nettoempflmger bei " - ". QueUe: Eigene Berechmmgen. ZäIlenangaben gern. ABI. (1993) L 31; Europ'l3ChIr R.c"""n,.ho/(l994).

Im Anhang vermitteln die Tabellen A4 bis A8 einen Überblick über die Nettopositionen der EU-Mitgliedsländer von 1988 bis 1992. Obwohl es sich lediglich um eine reine Zahlungsstromanalyse anhand der Zahlenangaben des Europäischen Rechnungshofes handelt, steht doch außer Zweifel, daß die EUMitgliedstaaten durch die über den EU-Haushalt laufenden Finanzströme in ganz unterschiedlicher Art und Weise belastet und/oder begünstigt werden. 87 Auch ist die Feststellung, daß die ermittelten Nettopositionen "kein befriedigender Beurteilungsmaßstab für die nationalen Vor- und Nachteile einer EG87 Betrachtet man die absoluten Zahlen, so waren in der Vergangenheit vor allem Deutschland und Großbritannien, in letzter Zeit aber auch Frankreich Nettozahler zum gemeinschaftlichen Haushalt Die Nettozahlerpositionen anderer EU-Llnder fallen dagegen kaum ins Gewicht Manche EULlnder weisen dauerhaft sehr hohe Nettoempfllngerpositionen auf.

298

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

Mitgliedschaft sind"88, nicht neu. Deshalb ist es müßig, die aufgezeigten Nettopositionen im einzelnen zu würdigen und jeweils zu relativieren. Folglich soll nur auf einige Einwände, die gegen eine einseitige Analyse der Zahlungsströme vorgebracht werden können, kurz hingewiesen werden: (1) Die Nutzen-Kosten-Aspekte einer EU-Mitgliedschaft können nicht ausschließlich an den Einnahmen-Ausgaben-Strömen im Sinne einer formalen Inzidenz gemessen werden. So erlaubt die Rolle eines Nettozahlers, wie sie z.B. von der Bundesepublik Deutschland wahrgenommen wird, keinesfalls den Rückschluß auf gesamtwirtschaftliche Nachteile der EUMitgliedschaft. Vielmehr ist zu unterstellen, daß Nettopositionen durch nicht-budgetäre Aktivitäten, wie handelsschaffende Integrationseffekte, überkompensiert werden. 89

(2) Die Rückflüsse der Gemeinschaft an die Mitgliedsländer richten sich nach den einzelnen EU-Politiken, insbesondere nach der Agrar- und Struktur. politik. Solange die Agrarausgaben im Gesamthaushalt dominieren, spiegeln sich in dem Schema der Nettosalden in erster Linie die Interventionsausgaben der Agrarleitlinie wider. Verallgemeinernd läßt sich feststellen, daß normalerweise jene Länder, die über einen höheren Lebensstandard und einen outputstarken Agrarsektor verfUgen, zu den Nutznießern der Agrarpolitik gehören. Dagegen kommen die Leistungen aus den Strukturfonds vor allem den wirtschaftsschwächeren Mitgliedsländern zugute. 90 (3) Bei der Ermittlung der Nettopositionen wird unterstellt, daß die traditionellen Eigenmittel zu Lasten der Steuerzahler oder Verbraucher des erhebenden Mitgliedslandes gehen. Obwohl diese Annahme im allgemeinen auch begründet erscheint, vermitteln diese Eigenmittel aufgrund des Rotterdam-Antwerpen-Effekts kein klares Bild über die effektive Verteilung der Finanzierungslasten. 91 Deshalb dürften diese originären Eigenmittel

88 Ott (1984), S. 3Sl. Ähnliche Anmerkungen wurden bereits von der Konunission bei ihrer ersten Veröffentlichung derartiger Berechungen getroffen. 89 Vgl. Deutsche Bundesbank (1977), S. IS. 90 Vgl. Peffelroven (1982), S. 416; Ott(1984), S. 338f. Siehe die Berechnungen zur modifIZierten formalen Inzidenz der agrar- und strukturpolitischen Maßnahmen in diesem Kapitel. 91 In der Praxis dOrfte dieses Problem wahrscheinlich nur filr D, NL und B von Bedeutung sein. So wird ein erheblicher Anteil der deutschen Importe Ober die SeehAfen Antwerpen und Rotterdam abgewickelt Insofem ist davon auszugehen, daß die Eigenmitte1zahlungen von NL und B die Belastungen der belgischen und hollllndischen Steuerschuldner zu hoch und die der deutschen zu niedrig erscheinen lassen. Vgl. Edwards (1982), S. 7S If. Dasselbe Problem entsteht im Rahmen der Agrarexportcrstattungen und der Interventionskosten filr den Ankauf landwirtschaftlicher Produkte auf der

c. Verteilung der Finanzierungslasten zwischen den Mitgliedstaaten

299

bei den Transfersalden auch nicht als nationale Finanzierungsanteile ausgewiesen werden. 92 (4) Belgien und Luxemburg nehmen bei der Nettobetrachtung relativ günstige Empfängerpositionen ein. Dies ist auf die dort ansässigen europäischen Institutionen und die dorthin gezahlten Verwaltungsausgaben der Organe zurückzuführen. 93 (5) Weil sich die Nettotransferrechnungen bislang nur auf das EU-Budget beziehen, geben sie ein unzureichendes Bild über das gesamte Finanzvolumen, das durch die Europäische Union transferiert wird. So bleiben der

EGKS-Funktionshaushalt, der EEF sowie sämtliche Anleihe- und Darlehenstätigkeiten (z.B. EIB) unberücksichtigt. Ferner lassen sich die exakten Nettopositionen allein schon aufgrund des statistischen Materials nicht errechnen, weil der Europäische Rechnungshof nur etwa 90% aller Budgetausgaben als Mittelrückflüsse in die einzelnen Länder ausweist. Darüber hinaus bleiben die durch die EU induzierten Folgeausgaben in den Mitgliedstaaten unberücksichtigt.94

(6) Ausgaben der Union, die projektgebunden und fondsbezogen in die Mit-

gliedstaaten fließen, werden nicht vollständig in den Empfängerregionen verbleiben und dort nachfragewirksam werden. So ist es möglich und auch wahrscheinlich, daß aufgrund der Input-Output-Strukturen (z.B. Branchen-, Import-, Exportverlechtungen) in grenznahen Wirtschaftsräumen die EU-Impulse außerhalb der Zielregionen ihre Inzidenz finden. 95 Deshalb müssen auch die Regionenabgrenzungen der Gebietskörperschaften nach der NUTS-Systematik kritisch hinterfragt werden.

(7) Ferner macht eine reine Staatenbetrachtung wenig Sinn. Bisher werden

bevölkerungsarme Länder wie Luxemburg mit bevölkerungsreichen Staaten wie Deutschland verglichen. Hier würden Pro-Kopf-Betrachtungen sowohl auf der Einnahmen- als auch Ausgabenseite die nationalstaatlichen Aggregate zum Teil doch erheblich relativieren (siehe Tab. 12).96

Ausgabenseite. Sie werden jenen Mitgliedstaaten zugerechnet, in denen die Ausgaben geWigt werden. Vgl. Ott(1984), S. 344. 92 Zugunsten einer gemeinschaftlichen Zuordnung sprechen auch die Überlegungen, "die in einem Bundesstaat dazu filhren, die Grenzabgaben dem Bund zuzuweisen" (Andei (1983), S. 331). 93 Vgl. Peffekoven (1982), S. 417. 94 Vgl. Henke (1980), S. 25. 95 Vgl. Walthes (1990), S. 59. 96 Eine andere Meinung vertrittPeffekoven (1982), S. 417, der es aufgrund der mangelnden Aussagekraft von Nettopositionen als wenig sinnvoll erachtet, "die Nettopositionen eines Landes pro Kopf der Bevölkerung zu berechnen und dann mit dem Pro-Kopf-Sozialprodukt zu vergleichen".

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

300

Tabelle 12 Pro-Kopf-Betrachtung der Nettopositionen für das Jahr 1993

Spalten

(1)

(2)

(3)

EU-

EU-

Nettosalden

EU-Land

Eigenmittel

Ausgaben

(1)-(2)

D

235,2

89,3

145,9

19449,9

NL

263,5

176,8

86,7

16800,7

UK

131,7

77,7

54,0

15726,7

I

176,9

150,6

26,3

17922,4

F

200,1

182,5

17,7

18796,7

B

238,2

244,1

-5,9

17394,3

DK

232,7

305,4

-72,7

21508,5

E

132,2

211,1

-79,0

12723,2

P

97,3

365,6

-268,3

7828,9

GR

97,1

494,4

-397,3

6493,5

L

426,7

911,1

-484,4

28180,9

IRL

159,0

823,6

-664,6

9767,4

(4)

BSPBemessungsgrundlage

Anm.: Länder nach Nettosalden sortiert. Zahlenangaben in ECU. In Spalte 3: Nettozah-

ler bei 11 + 11 u. Nettoempilinger bei 11 _

n.

QueUe: EiFRe Berechnungen. Zahlenangaben gern. ABi (1993) L 31; Europ4t.cher R..hnun,.ho/(I 994); Kommt..ton (I 993h).

Die vorgetragenen Argumente untermauern die Feststellung, daß die Aussagekraft der bisherigen Konzepte und Berechnungen zur Beurteilung der Lastenverteilung zwischen den EU-Mitgliedstaaten unzureichend sind. Eine Lösung kann nun darin bestehen, daß das der Nettozahlerdiskussion zugrundeliegende Problem als Finanzausgleichsproblem verstanden wird,97 und die möglichen Lösungsansätze unter dem Blickwinkel des passiven und aktiven Finanzausgleichs entwickelt werden. Darüber hinaus bleibt zu fordern, daß die Nettotransferrechnungen dringend um umfassendere Inzidenz- und NutzenKosten-Analysen sowie um Simulationen mit modifizierten Eigenmittelberechnungen und differenzierten Ausgabenpositionen erweitert werden. Nach97

Vgl. Biehl (1987a), S. 172.

C. Verteilung der Finanzierungslasten zwischen den Mitgliedstaaten

301

dem sich aber derartige Untersuchungen kaum auf wenigen Seiten entwickeln bzw. abhandeln lassen und zudem den Rahmen dieser Arbeit sprengen würden, sollen zum einen auf einige Forschungarbeiten98 verwiesen und zum anderen die Ergebnisse zweier Sensitivitätsanalysen betrachtet werden.

m. Sensitivitätsanalysen zur Lastenverteilung Im folgenden werden das methodische Vorgehen und die Ergebnisse einer formal nach Zahlungsströmen durchgefuhrten Inzidenzanalyse beschrieben, die auf einer modifizierten Zurechnung der EU-Eigenmittel basiert. Danach werden die Konsequenzen der jüngsten Eigenmittelbeschlüsse auf die Lastenverteilung skizziert. 1. Formale lnzidenzanalyse der strukturpolitischen Maßnahmen

Die im Anhang dokumentierten Zahlenangaben (Tabellen A9 bis All) beruhen auf folgender Vorgehensweise: 1. Es wird eine Spaltung des EU-Budgets vorgenommen. Im Mittelpunkt der formalen Ausgabeninzidenz stehen die Mittelansätze der agrar- und strukturpolitischen Maßnahmen, wie sie dem Jahresbericht des Rechnungshofes zu entnehmen sind. Alle anderen Ausgabenrubriken bleiben unberücksichtigt. 2. Die Finanzierung der Ausgaben erfolgt nach dem NonafIektationsprinzip, weil bei der Erhebung der Eigenmittel keine Zweckmittelbindung vorliegt.99 Die relativen Finanzierungsanteile der Mitgliedstaaten fiir die beiden Ausgabenpositionen bestimmen sich anhand ihrer gewichteten MwStund BSP-Eigenmittelanteile am Gesamthaushalt. 100

98 Siehe z.B. die Monographien von Kone (1980), May (1982), On (1987) sowie das vom Europlischen Parlament (1991b) in Auftrag gegebene und von FranzmeyerlHrubeschlSeidel u.a bearbeitete Gutachten ober die regionalen Auswirkungen der Gemeinschaftspolitiken. Eine umfassende Inzidenzanalyse der regionalpolitischen Ausgaben aufNUTS-2-Ebene filhrtHoltzmann (1995) durch. 99 Im Eigenmittelbeschluß von 1988 heißt es explizit: "Die Einnahmen dienen unterschiedslos zur Finanzierung aller im Haushalt der Gemeinschaften ausgewiesenen Ausgaben" .Detailliertere Ausfilhrungen zur europlischen Regelung bzgl. der Non-Affektation bei Strasser (1991), S. 49. 100 Lesebeispiel: Deutschland hat im Haushaltsjahr 1993 mit 29,78% zum Gesamtaufkommen an MwSt- und BSP-Eigenmittel der EU beigetragen. Folglich kann als deutscher Finanzierungsanteil filr die einzelnen EU-Politiken genau dieser Prozentsatz unterstellt werden.

302

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

3. Die traditionellen Eigenmittel werden direkt der EU-Ebene und nicht den Mitgliedstaaten zugeordnet. Deshalb bleiben diesbezügliche Länderanteile unberücksichtigt. Für das analysierte Haushaltsjahr 1993 zeigt sich, daß die strukturpolitischen Maßnahmen dem "resource-flow-principle" und nicht dem Prinzip der "juste retour" entsprechen. Wie die Berechnungen verdeutlichen, sind in erster Linie die vier Kohäsionsländer Nettoempfanger von strukturpolitischen Maßnahmen, während es sich bei den anderen Ländern (mit Ausnahme von Italien) entsprechend der Differenz aus Finanzierungsanteil und strukturpolitischen Rückflüssen um Nettozahler handelt. Mit dieser relativ einfachen Berechnung wird noch einmal deutlich, daß das Ausgabenvolumen der Agrarleitlinie als die wesentliche Ursache für die als ungerecht empfundene Lastenverteilung bezeichnet werden kann. So gehört beispielsweise auch Portugal zu den Nettozahlern im Agrarbereich. Das Problem zu hoher bzw. als ungerecht empfundener Nettopositionen, im EU-Sprachgebrauch auch als haushaltmäßige Ungleichgewichte bezeichnet, muß nicht notwendigerweise über die Ausgabenpolitik gelöst bzw. gemildert werden. 101 Eine dauerhafte Problemlösung bedarf der Korrekturen auf beiden Budgetseiten (Ausgaben und Einnahmen). Somit kann auch über die Einnahmenseite eine Entlastung erfolgen. Doch sollte sich diese nicht an dem Korrekturmechanismus für Großbritannien orientieren. 102

2. Lastverschiebungen bei den Eigenmitteln Mit der Einführung der BSP-Eigenmittel in das EU-Finanzierungssystem sollte einerseits eine stärkere Orientierung am Entwicklungs- und Wohlstands niveau der Mitgliedstaaten erreicht und andererseits die regressive Verteilungswirkung der MwSt-Eigenmittel kompensiert werden. Nachdem aber die BSP-Eigenmittel ihrem Grundsatz nach nur proportional und nicht progressiv ausgestaltet sind, muß die angestrebte Korrektur unzureichend bleiben. 103 . Unabhängig von dieser grundsätzlichen Kritik lassen sich die Lastverschiebungen zwischen den Mitgliedstaaten, die durch eine Senkung der Kappungsgrenzen erzielt werden, mit Hilfe von Modellrechnungen darstellen. Wie em101 Wenngleich nach den Schlußfolgerungen des Europäischen Rates, "die Ausgabenpolitik auf absehbare Zeit das wichtigste Mittel darstellt" (Eigenmittelbeschluß von 1985). 102 Siehe 6. Kapitel, Punkt C.1.4.b). Zu den Refonnansätzen im Einnahmensystem siehe 10. Kapitel. 103 Vgl. Ceasar (1992b), S. 54. Siehe auch 6. Kapitel, Punkt C.I.2.c).

c. Verteilung der Finanzierungslasten zwischen den Mitgliedstaaten

303

pirische Untersuchungen von Messal und Klein zeigen, 104 führen die Kappungen zu einer Gewichtsverlagerung von den MwSt-Eigenmitteln zugunsten der BSP-Eigenmittel. Sie bewirken jedoch nicht zwangsläufig bei allen EUMitgliedstaaten eine Annäherung der Finanzierungsanteile an ihre BSPRelation. Deutlich profitieren nur die vier Kohäsionsländer von der Lastenumverteilung. Die zusätzlichen Finanzierungslasten haben die Länder Dänemark, Italien und Belgien zu tragen, während sich für die übrigen EU-Länder nur geringe Belastungsverschiebungen ergeben.

IV. Abschließende Anmerkungen zur Lastenverteilung

Aus Sicht der Mitgliedstaaten bildet die Europäische Union mit ihren Eigenmitteln und ihrem Ausgabenvolumen ein supranationales Element innerhalb des öffentlichen Finanzsektors. Für die Bundesrepublik Deutschland stellt die EU eine weitere Haushaltsebene neben Bund, Ländern und Gemeinden dar, wenngleich kritisch hinterfragt werden müßte, ob es sich um die vierte oder die erste Ebene handelt. 105 Da die nationalen Haushaltseinnahmen durch die Abführungen an die europäische Ebene geschmälert werden und sich die größten Ausgabenpositionen der Union auf Politikfelder beziehen, die ansonsten in nationaler oder regionaler Verantwortung liegen würden, bieten die Nettopositionen durchaus einen Anhaltspunkt für die Belastungen der öffentlichen Nationalhaushalte. I06 Auch darf nicht übersehen werden, daß auf nationaler Ebene die interne Diskussion durchaus anband von Nettopositionen geführt wird, wenn es um Änderungen der Finanzverfassungen geht. Als Beispiel einer innerstaatlichen Kontroverse, die sich der Argumente der "Zahlmeistertheorie" bedient, kann die Neugestaltung des deutschen Finanzausgleichs im Zuge der deutschen Einheit angeführt werden.

104 Die Modellanalyse von MessaVKlein (1993), S. 375-383, arbeitet mit der verfilgbaren Datenbasis des Jahres 1993. Um die Verteilun~irkungen einer verringerten Kappungsgrenze zu analysieren, wird der Simulation die tatsächliche Lastenverteilung des Berichtsjahres gegenübergestellt, d.h. der Rechenmodus des Jahres 1999 wird mit dem des Jahres 1993 verglichen, obwohl die Änderungen im Eigenmittelsystem realiter erst ab 1995 in mehreren Schritten bis 1999 umgesetzt werden. Deshalb liefern die ermittelten Modellergebnisse in erster Linie nur Tendenzaussagen, die eine erste Vorstellung von der relativen Größenordnung geben können. Auch bleibt aus Gründen der Vereinfachung der Korrekturmechanismus filr Großbritannien unberücksichtigt. 105 Zu dieser Problematik siehe auch 5. Kapitel, Punkt 0.11.2., und 7. Kapitel, Punkt F.I. 106 Vgl. Deutsche Bundesbank (1993), S. 64.

304

8. Kapitel: Politisch-institutionelle Dimension

Unabhängig davon, daß die Nettopositionen kein alleiniger Maßstab für Nutzen-Kosten-Abwägungen sein können, wirft doch ihr Entwicklungstrend in Anspielung auf die Formulierungen des ursprünglichen Delors-II-Paketes die Frage nach einer angemessenen Lastenverteilung bei der Bereitstellung von "ausreichende[n] Mittel[n] für unsere ehrgeizigen Ziele"107 in der Europäischen Union auf. Durch die Aufnahme von Finnland, Schweden und Österreich kommt es bei der EU-Finanzierung zu einer Lastenverschiebung, denn bei Österreich und Schweden handelt es sich um leistungsstarke Länder, die für den europäischen Gesamthaushalt einen Nettobeitrag leisten werden, während Finnland die Position eines Nettoempfängers einnehmen wird. Insgesamt führt die jüngste Erweiterung zu einem positiven Budgetbeitrag und damit zu einer Haushaltsentlastung. Deshalb kann in der Norderweiterung ein Ausgleich für die Belastungen gesehen werden, "die durch die zweifache Süderweiterung um Griechenland bzw. Spanien und Portugal entstanden sind"108.

D. Der Europäische Finanzausgleich als Circulus vitiosus Die vorausgegangenen Darlegungen haben deutlich gemacht, daß jeder Finanzausgleich - auch der europäische - einem systemimmanenten Wandlungsprozeß unterworfen ist. Dieser Strukturwandelläßt sich zu einem großen Teil mit dem politökonomischen Verhaltensmuster der am Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß beteiligten Akteure begründen. Ganz entscheidend trägt die institutionelle Einbindung der europäischen Organe in den Verfassungsrahmen der Europäischen Union dazu bei, daß die ökonomischen Anreizsysteme der politökonomischen Akteure auf eine Wagnersche Ausdehnung der europäischen Staatstätigkeit und eine Popitzsche Anziehungskraft der europäischen Zentralebene hinauslaufen. Insbesondere unter dem Deckmantel des kohäsionspolitischen Unionsziels der 'Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse' besteht die Gefahr, daß immer mehr Aufgaben zur universellen Erfüllung auf die europäische Zentralebene übertragen werden. Dies gilt nicht nur für neue Aufgaben, die im Zuge der fortschreitenden Integration anfallen, sondern auch für jene Aufgaben, die bisher oder auch weiterhin von den nachgeordneten bzw. anderen föderalen Ebenen erfüllt werden.

107 Konunission (1992a), Titelblatt. Dieser Untertitel bezieht sich auf das unrsprungJiche Delorsll-Paket, das den fmanziellen Rahmen nach Maastricht abstecken sollte. 108 Peffekoven (1994), ~. 97.

D. Der Europäische Finanzausgleich als Circulus vitiosus

305

Im Zuge des europäischen Integrationsprozesses können sich auf jeder föderalen Ebene Diskrepanzen zwischen den zugewiesenen Aufgaben, den daraus folgenden Ausgaben und den zur Verfügung gestellten oder stehenden Einnahmen ergeben. Dabei gewinnt aus politökonomischer Sicht der sogenannte "stille oder auch versteckte"I09 bzw. "unsichtbare Finanzausgleich" 11 0 an Bedeutung. Darunter sind die zahlreichen (De)Regulierungen der Europäischen Union zu verstehen, die die konkrete Umsetzung von Aufgaben vorsehen und dabei - beabsichtigt oder unbeabsichtigt - die nachgeordneten Gebietskörperschaften fiskalisch be- und/oder entlasten bzw. den zur Verfügung stehenden nationalen Entscheidungsspielraum einengen und/oder erweitern. Wie die bisherigen Ausführungen ferner zeigen, erscheint eine regionale Neuabgrenzung der europäischen Gebietskörperschaften nach ökonomischen Kriterien zugunsten einer eindeutigen Zuordnung von Aufgaben und Ausgaben auf die unterschiedlichen föderalen Ebenen der Europäischen Union (passiver Finanzausgleich) aufgrund der divergenten Interessensfunktionen der betroffenen Akteure als ein kaum realisierbares Unterfangen. Die föderative Praxis macht deutlich, daß sich selbst bei korrektiven Änderungen im Rahmen des passiven und aktiven Finanzausgleichs niemals alle fiskalischen Unterschiede zwischen den europäischen Gebietskörperschaften erfassen lassen werden. Insofern bedarf es trotz der Neuabwägung von Aufgabenverteilung, Ausgabenbedarf und Finanzausstattung eines permanenten Ausgleichs als Korrektiv (sekundärer aktiver Finanzausgleich). Weil der Europäische Finanzausgleich einem ständigen politökonomischen Interaktionsprozeß unterworfen ist, kann es keine endgültige europäische Finanzausgleichsregelung geben. Vielmehr setzt die Konzeption eines Europäischen Finanzausgleichs eine fortschreitende Evaluierung der sich ändernden Rahmenbedingungen und der beteiligten Akteure (z.B. aufgrund von Vertiefung und Erweiterung) voraus. Deshalb handelt es sich auch beim Europäischen Finanzausgleich - wie schon beim nationalen Finanzausgleich - um eine "ewige Aufgabe"lll, deren Lösungsmöglichkeiten durch politisch-institutionelle Systeme determiniert werden.

109 Pagenkop[(1981), S. 35. 110 ZimmennannIHenke (1994), S. 180. III Pagenkop[(1981), S. 78. 20 WaHhes

306

9. Kapitel: Determinanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

9. Kapitel Modellanalyse: Determinanten und Dimensionen eines subsidiären Europäischen Finanzaus&leichs Im folgenden wird der Versuch unternommen, die vorangegangenen Ausführungen im Rahmen einer Modellanalyse auf einige wenige, wesentliche Gesichtspunkte zu reduzieren. Dabei steht der subsidiäre, d.h. ergänzende bzw. korrigierende, Finanzausgleich im engsten Sinn im Mittelpunkt der Modellbetrachtung. Zwar abstrahiert das empirische Modell in mehrfacher Weise von der europäischen Wirklichkeit, doch legt es gleichzeitig eine überschaubare Anzahl von bedeutsamen Zusammenhängen vereinfachend offen. Um Modifikationen im Finanz- und Ausgleichssystem herbeizuführen, ist es notwendig, sich Klarheit über die Wirkungsverläufe und die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Determinanten eines in sich geschlossenen Finanzausgleichssystems zu verschaffen. Erst dies ermöglicht eine darauf aufbauende präskriptive Analyse des Europäischen Finanzausgleichs.

A. Konsequenzen aus der theoretischen Grundlegung Den Ausgangspunkt der Modellanalyse bildet die theoretische Grundlegung des passiven und aktiven Finanzausgleichs mit ihren Bezügen zur europäischen Praxis. Dazu bedarf es zunächst einer knapp resümierenden Zusammenstellung der bisher ermittelten und für den Fortgang relevanten Ergebnisse. Daraus läßt sich das Aufgabenspektrum eines EU-spezifischen Finanzausgleichs ableiten. Ein fiktiver Referenzpunkt, der zur Deduktion einer möglichen europäischen Finanzausgleichsregelung herangezogen werden kann, bildet den vorläufigen Abschluß der Ausfiihrungen zum theoretischen Fundament.

1 Kemprobleme der (prä)föderativen Ausgestaltung

Die europäische Föderation weist einige immanente Problembereiche auf. Diese Probleme resultieren aus der präfOderalen Arbeitsteilung zWischen der Europäischen Union und den souveränen EU-Mitgliedstaaten. Die bisherigen Ausführungen haben zum einen die funktionale Aufgaben- und Einnahmenzu-

A. Konsequenzen aus der theoretischen Grundlegung

307

teilung und zum anderen das institutionelle Beziehungsgeflecht erörtert. 1 Nach der ökonomischen Theorie des Föderalismus und der Dezentralisation ist für jede Aufgabe eigens eine Spezialregion zu bilden. Damit entsteht im Spannungseld von rein dezentraler und zentraler staatlicher Organisation eine Vielzahl institutioneller Ebenen. Im Rahmen dieser funktionalen Aufgabenerfüllung finden beispielsweise in der föderativen Praxis der Europäischen Union die europäischen, nationalen und regionalen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse auf mehreren gebietskörperschaftlichen Ebenen statt. Innerhalb der EU besteht im allgemeinen jede nationale Zentral-Ebene (ZEi) aus weiteren nationalen Regional-Ebenen (Rij) und diese wiederum aus weiteren nationalen Kommunal-Ebenen (Kijk), die ihrerseits wiederum aus lokalen Untergliederungen (Lijkg) bestehen können. 2 Zu unterscheiden sind demge-

mäß:

(1) nationale Zentral-Ebene (z.B. Deutschland): ZE; = EU-Land i, mit i = 1, ... n (2) nationale Regional-Ebene (z.B. Bundesländer): Rij = EU-Regionj des Landes i, mitj = 1, ... , m m

ZE;= LR;j j=1

(3)

Ebene der kommunalen und lokalen Gebietskörperschaften (3.1) nationale Kommunal-Ebene (z.B. Bezirke, Kreise): Kijk = EU-Kommune K der EU-Regionj des EU-Landes i, mit k = 1, ... , h h

R .. = LKi.J'/c I}

k=1

1 Siehe insbesondere S., 6. und 8. Kapitel. 2 Eine Ausnahme bildet Luxemburg. das ausschließlich aus der nationalen Zentral-Ebene besteht Auch Irland und Dlnemark weichen von der Nonnierung ab, weil sie nur llber weitere nationale Kommunal-Ebenen, nicht dagegen llber nationale Regional-Ebenen verfllgen. Siehe dazu auch die räumliche Abgrenzung. Bezeichnung und Anzahl europäischer Regionen nach der EU-Systematik der Gebietseinheiten filr Statistik NUTS. Zur kritischen WQrdigung der Eignung solcher Unterteilungen filr die Regionalpolitik vgl. Waniek (1992a), S. 29 ff; siehe aber auch 1. Kapitel, Punkt A, und 7. Kapitel, Punkt F.I.1., dieser Arbeit. Im Zuge der anstehenden Reform der Strukturfonds wird die regionale Gemeinschaftsnomenklatur um eine LOC-Ebene nach unten erweitert. Damit kann Eurostat tieferregionalisierte Daten filr die gemeinschaftlichen Politikbereiche zur Verfllgung stellen (vgl. dazu KnocheIKähler (1992), S. 214f). Fllr die formale Darstellung wird von dem Problem des heterogenen Staatsaufbaus der EU-Mitgliedstaaten (Anzahl, Größe usw.) abstrahiert und vereinfachend unterstellt, daß sich die gebietskörperschaftlichen Ebenen bis hin zur supranationalen Ebene aufsummieren lassen. 20'

308

9. Kapitel: Detenninanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs (3.2) nationale Lokal-Ebene (z.B. Gemeinden): L!J}g = lokale Ebene g der Kommune k der Region j des Landes i. mitg= 1•...• z Kijk =

z

L Lijkg

g=1

Hinzu kommt die supranationale Ebene der Europäischen Union. die nunmehr aus 15 nationalen Zentral-Ebenen. den EU-Mitgliedstaaten. besteht. Für den föderalen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland bedeutet dies. daß sich im Zuge der europäischen Integration nunmehr eine "vierte. supranationale Ebene"3 herausgebildet hat. Aus deutscher Sicht läßt sich die europäische Gebietskörperschaft formal wie folgt integrieren: 15

(4) supranationale EU-Ebene: EU= LZE; ;=1

IS

LZE;

;=1

IS

=L

mhz

L L LL!J1eg

;=1 j=1 k=1 g=1

In einem (prä)fMeralen System. wie es die EU derzeit verkörpert. überlagern sich sowohl die funktionale Gliederung als auch die institutionelle und strukturelle Unterteilung des Staatsaufbaus. Insofern hängen Entscheidungen. insbesondere in den regionalen Subsystemen (Rij mit Kijk (und Lijkg». weitgehend voneinander ab. weil sie sowohl die gleichen Wirtschaftsräume als auch die gleichen Wirtschaftssubjekte betreffen. Immer dann. wenn sich die Kompetenz- und Handlungsspielräume der Entscheidungsträger föderaler Ebenen überschneiden. was in föderativen Systemen praktisch immer der Fall ist. kann es zum politischen Konflikt kommen. Die Konfliktbewältigung erfolgt nach den bekannten politökonomischen Verhaltensmustern der beteilig. ten Akteure. 4

3 Biskup (1982), S. 584. Vgl. auch Schaler (1974), S. 47. Inwiefern dieser supranationalen Ebene eine übergeordnete Weisungsbefugnis (Entscheidungsbefugnis) hinsichtlich der nationalen Aufgabenverteilung zußllt, ist nicht Gegenstand dieser Analyse und auch fllr den Fortgang der Untersuchung ohne Relevanz. Zu den möglichen Varianten der Gewichtsverlagerung zwischen EU, Bund und lindern siehe im 5. Kapitel, Punkt D.11.2. 4 Siehe 8. Kapitel.

A. Konsequenzen aus der theoretischen Grundlegung

309

n Restriktionen des Europäischen Finanzausgleichs Unter Restriktionen sind jene Rahmen- und Startbedingungen zu verstehen, die fiir eine europäische Finanzausgleichskonzeption in der Realität gelten. Sie bilden eine essentielle Beschränkung, die beachtet und der im Zuge einer konzeptionellen Ausgestaltung auch Genüge getan werden muß. Im folgenden werden die aus der bisherigen Analyse ableitbaren Restriktionen kurz dargelegt: (1) Bei ausschließlicher Betrachtung der ökonomischen Säule der Europäischen Union gibt es nur ganz wenige Bereiche, in denen eine klare Arbeitsteilung und damit Aufgabenzuordnung zwischen europäischer, nationalstaatlicher und regionaler Ebene existiert. Eine solche Ausnahme bilden lediglich der primäre Wirtschaftssektor und der EGKS-Bereich. In allen anderen Wirtschaftsbereichen existiert ein enges Geflecht von verschiedenen Aufgabenträgem auf unterschiedlichen Ebenen, die sich denselben öffentlichen Aufgaben widmen. Insbesondere im Bereich der kohäsionspolitischen Maßnahmen agiert ein Konglomerat von Ziel-MittelTräger-Ebenen. Über das partnerschaftliche Miteinander werden dabei die europäischen, nationalen und regionalen Zielbereiche ineinander verwoben und aufeinander abgestimmt. Folglich stellen die kohäsionspolitischen Maßnahmen eine Gemeinschaftsaufgabe der EU-, National- und Regionalebenen dar. Dabei entspricht die eher meritokratisch motivierte Mitwirkung der EU-Zentralebene solange nicht dem Subsidiaritätsprinzip, wie die EU-Maßnahmen bei einer gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung (Gemeinschaftsaufgabe) gegenüber den Mitgliedstaaten in einem subsidiären Verhältnis stehen. (2) Die Europäische Union ist eine Union von Nationalstaaten. Diese bilden einen europäischen Staatenverbund mit einem besonderen institutionellen System der Willensbildung und Entscheidungsfindung. Somit spielen fiir die Konzeption des Europäischen Finanzausgleichs vorerst nur zwei Ebenen eine dominante Rolle, nämlich die Ebene der EU und die der Mitgliedstaaten. (3) Nachdem die regionale Neuabgrenzung der europäischen Gebietskörperschaften anhand klarer ökonomischer Kriterien fiir die Zuordnung von Aufgaben und Ausgaben auf die unterschiedlichen tOderalen Ebenen Europas auf lange Zeit einen absolut unrealistischen Lösungsweg darstellen wird, muß vom status quo der tOderalen Gliederung und Aufgabenzuteilung ausgegangen werden. Deshalb braucht sich das mögliche Aufgaben-

310

9. Kapitel: Detenninanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

spektrum eines Europäischen Finanzausgleichs nur noch auf den Strang des aktiven Finanz- bzw. Einnahmenausgleichs zu konzentrieren. (4) Die Mitgliedstaaten alimentieren die EU-Ebene durch ein Verbundsystem. Wenngleich die europäische Einnahmenautonomie als äußerst gering einzuschätzen ist, so verfügt die Europäische Union doch in weiten Bereichen über die Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Ausgaben. Deshalb kann davon ausgegangen werden, daß die von der europäischen Zentralebene vereinnahmten Finanzmittel in zunehmendem Maße nach kohäsionspolitischen Zielvorgaben (z.B. resource-flow-principle) verausgabt werden. (5) Der politökonomische Entscheidungsspielraum der am Finanzausgleichsverfahren beteiligten Akteure verhindert eine transparente und konzeptionell geschlossene Finanzausgleichslösung. Damit wird eine ökonomisch rationale Ausgestaltung gefährdet. Aus diesem Grund müssen die durch Politiker festzulegenden Variablen analytisch klar von den ökonomisch ableitbaren Parametern getrennt werden. Dadurch verengt sich der 'bargaining process' auf nur wenige Entscheidungsfelder des Finanzausgleichs. Fazit: Obwohl bei einer konzeptionellen (Neu)Gestaltung des Europäischen Finanzausgleichs alle Regelungen des passiven und primären aktiven Finanzausgleichs betroffen wären, muß zumindest aus kurz- und mittelfristiger Sicht der diesbezügliche Status quo als Datum gelten. Insofern können Korrekturen nur über den sekundären aktiven Finanzausgleich erfolgen. Deshalb leistet die Diskussion um den Europäischen Finanzausgleich in seinem engsten Sinn für die konzeptionelle Ausgestaltung eines Finanzausgleichs im Rahmen der Europäische Union einen besonderen Erklärungsbeitrag.

m

Fiktiver Referenzpunkt der Modellanalyse

Mit Hilfe der wesentlichen Elemente des finan.zllideralistischen Referenzmaßstabs, der als ein fiktiver Null- bzw. Ausgangspunkt interpretiert werden soll, kann man sich den ökonomischen Lösungsbeitrag, den ein Finanzausgleich in der Europäischen Union zu leisten hat, unmittelbar vor Augen führen. Dieser fiktive Urzustand stellt eine Situation dar, in der kein subsidiärer Finanzausgleich erforderlich ist. Für die EU würde das bedeuten, daß ein Europäischer Finanzausgleich im engsten Sinn überflüssig wäre. Eine derartige

A. Konsequenzen aus der theoretischen Grundlegung

311

unrealisitsche Ausgangssituation läßt sich durch folgende Eigenschaften charakterisieren: s (1) Die finanzielle Leistungsfllhigkeit der Individuen (aus privaten und Unternehmerhaushalten) ist in allen Teilregionen der Union annähernd vergleichbar. (2) Die Finanzierung der Güter und Leistungen, die von öffentlichen Aufgabenträgern im Rahmen ihrer Verfassungs- und Bereitstellungsfunktion wahrgenommen werden, erfolgt nach Möglichkeit durch Entgeltabgaben (Gebühren, Beiträge). Eine Steuerfinanzierung beschränkt sich lediglich auf die Korrektur der regionalen Einkommensverteilung (Redistribution) und auf die Verstetigung der ökonomischen Entwicklung (Stabilisierung). (3) Die regionalen Gebietskörperschaften der Union sind prinzipiell in der Lage, die zu ihrer Aufgabenerfiillung erforderlichen Finanzmittel zu vereinnahmen. (4) Solange sich die Einnahmen der Gebietskörperschaften stetig entwickeln, besteht kein finanz- und wirtschaftspolitischer Handlungsbedarf. Die zentralen Körperschaften gestalten ihre mittelfristige Finanzplanung konjunkturgerecht. (5) Das regionale Verbundprinzip in seiner politischen und ökonomischen Ausprägung gilt als verwirklicht. Das repräsentative Demokratieprinzip wird um das Prinzip der Immediatkontrolle ergänzt, wodurch die Entkoppelung von Prinzipal und Agent zumindest tendenziell überwunden wird. Von regionalen spill-over-Effekten (Externalitäten) sowie von Haushaltsnotlagen oder sonstigen Finanzkrisen wird abstrahiert. In dieser Referenzsituation gibt es ex definitione keinen subsidiären Finanzausgleichsbedarf. Löst man sich nun aber sukzessive von diesem finanzausgleichsfreien Urzustand, indem die Annahmen realitätsnäher formuliert werden, erkennt man das Aufgabenspektrum und die Dringlichkeit eines Europäischen Finanzausgleichs im engsten Sinn. zu (1) Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Indviduen und damit der Regionen ist in der EU höchst unterschiedlich. Dies zeigt sich besonders deutlich am sozioökonomischen Disparitätenmuster. So sind die ärmeren Gebiete der Gemeinschaft kaum in der Lage, die erforderlichen Infrastrukturausstattungen (Verkehrsnetze, Ausbildung usw.) bereitzustel-

5

Die nachfolgenden Überlegungen basieren auf einer analogen Argumentationskette, wie sie

Grossekenler (1993), S. 91, filr den Bund-Llnder-Finanzausgleich der Bundesrepublik verwendet.

312

9. Kapitel: Detenninanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs len, um im Wettbewerb der Regionen um Unternehmen und Menschen erfolgreich bestehen zu können.

zu (2) Öffentliche Güter und Leistungen werden in erster Linie nicht über Entgelte, sondern über Steuern finanziert. Dies führt dazu, daß das summierte Steueraufkommen aller Gebietskörperschaften bestenfalls einer wertmäßigen Gesamtdeckung entspricht. Folglich wird der äquivalente Zusammenhang zwischen Kosten der Bereitstellung und Finanzierung der Nutzung durch ein Zurechnungs- und Verteilungsproblem des Steueraufkommens überlagert (Verbund-, Trenn-, Mischsystem). Im europäischen Kontext wird zwar versucht, dieser Problematik durch bilaterale Doppelbesteuerungsabkommen oder mit dem Ursprungs- bzw. Bestimmungslandprinzip bei Gütersteuern und/oder mit dem Quellen- bzw. Wohnsitzprinzip bei Faktorsteuern zu begegnen, doch bleiben die eigentlichen Zerlegungs- und Schlüsselungsfragen hinsichtlich der Finanzkraft und des Finanzbedarfs ungelöst. zu (3) Die europäischen Regionen haben nicht immer die Möglichkeit, die ihnen zustehenden Einnahmen auch tatsächlich einzuziehen. Wie die neue Analytik der Steuerwirkungen zeigt, 6 können insbesondere die Ausweichlasten mit den Aspekten des Steuerentzugs und der Vermeidung des Steuerobjekts zu SteuerausOOlen (z.B. Steueroase Luxemburg) führen. Ferner existieren in der europäischen Realtität vielfältige nicht abgegoltene Externalitäten (z.B. Ökologie). zu (4) Auch der Ausschluß von Finanz- und Verschuldungskrisen sowie von Haushaltsnotlagen muß angesichts der europäischen Realität (NichtErfüllung der Maastricht-Kriterien) als höchst unrealistisch angesehen werden. Selbst wenn die Gebietskörperschaften über Einnahmen- und Ausgabenautonomie verfügen, so reagieren sie in ihrem Einnahmenund Ausgabengebaren zumeist konjunkturreagibel. zu (5) Das ökonomische und politische Verbundprinzip wird weder auf der nationalen noch auf der europäischen Ebene hinreichend berücksichtigt. Insbesond~re auf der europäischen Zentralebene wird in eklatanter Weise dagegen verstoßen. Deshalb steigen neben den Ressourcen- vor allem auch die Präferenzkosten der europäischen Integration .. Nachdem in der Europäischen Union praktisch keine der postulierten Charakteristika der fiktiven Referenzsituation auch nur annähernd gegeben ist, stellen die skizzierten Abweichungen von der Referenzpunktsituation einen 6

Vgl. Grüske (1991), S. 44f.

B. Europäischer Finanzausgleich zwischen EU-Mitgliedstaaten

313

Handlungsbedarf für den subsidiären Finanzausgleich dar. Alle finanz- und wirtschaftspolitischen Instrumente, die eine Annäherung an das Referenzsystern bewirken, können das Aufgabenspektrum des Finanzausgleichs (zumindest teilweise) verkleinern. Deutlich wird auch, daß der Europäische Finanzausgleich im engsten Sinn zwar ein Umverteilungssystem darstellen, den öffentlichen Körperschaften als Ganzes aber nicht zu mehr Einnahmen verhelfen kann. 7

B. Europäischer Finanzausgleich zwischen EU-Mitgliedstaaten Nachdem man sich die Konsequenzen der theoretischen Grundlegung vor Augen geführt hat, geht es nunmehr um die Ableitung eines rationalen Finanzausgleichssystems. Ziel der nachfolgenden Ausführungen ist es, einerseits die relevanten Parameter eines Europäischen Finanzausgleichs modellanalytisch abzuleiten und andererseits die monetären Dimensionen anhand von Rechenbeispielen zu belegen. 8

L Der Europäische Finanzausgleich aus horizontaler und vertikaler Sicht

Weil eine simultane Neuabgrenzung der Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen aller europäischen Gebietskörperschaften vorerst kaum realisierbar erscheint, stehen im folgenden nur noch die finanziellen Beziehungen der beiden höchsten gebietskörperschaftlichen Ebenen im Mittelpunkt der Analyse: einerseits die supranationale EU-Ebene und andererseits die fünfzehn nationalen Zentral-Ebenen. 9 Folglich wird - wie im übrigen auch häufig in der finanzund wirtschaftspolitischen Praxis - unter dem Etikett 'Finanzausgleich' nur die Korrektur der unterschiedlichen Finanzkraft einzelner föderaler Körperschaften verstanden. Dabei werden horizontale und vertikale (Um)Verteilungsmechanismen wirksam, die sicherstellen, daß die Gebietskörperschaften eines Gemeinwesens die ihnen übertragenen Aufgaben erfüllen können. Ein solcher Europäischer Finanzausgleich läßt sich dreifach erreichen: 7 8

Vgl. Grossekettler (1993), S. 96f. Die folgende Deduktion bezieht sich aufGrilskeIWalthes (1994), S. 373ft: 9 Aus pragmatischen Gründen konzentriert sich die verbale Argumentation der Finanzausgleichskonzeption auf die EU-Mitgliedstaaten, d.h. im nachfolgenden Modell wird n = 12 bzw. 15 angenommen. Da die formalen Ausfi1hrungen aber das grundsltzliche Verfahren eines Finanzausgleichs zeigen, wlre das Modell auch auf die jeweiligen NUTS-Ebenen anwendbar.

314

9. Kapitel: Detenninanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

(1) Horizontaler Finanzausgleich: Die 'reichen' EU-Staaten leisten Finanztransfers an die 'armen' Mitgliedsländer (sog. horizontaler Finanzausgleich in reiner Form) (2) Vertikaler Finanzausgleich: Die 'armen' Mitgliedsländer erhalten von der supranationalen EU-Ebene mehr als die 'reichen' EU-Staaten (sog. vertikaler Finanzausgleich mit horizontalem Effekt). (3) Auch eine Kombination aus (1) und (2) ist denkbar und möglich (kombiniertes Finanzausgleichsverfahren).

n. Zur Zielfunktion des Europäischen Finanzausgleichs Wie die finanzwissenschaftliche Diskussion um die Zielvorgaben des sekundären aktiven Finanzausgleichs gezeigt hat, steht das Ziel der 'fiscal equity' im Vordergrund. Es läßt sich ohne weiteres in die europäische Zielpyramide 'Kohäsion und Konvergenz' integrieren. So können für die fiskalische Gleichheit zwischen Gliedstaaten einer 'Europäischen Union' exemplarisch fünf Ziele formuliert werden: 10 1. Gleichheit der öffentlichen Pro-Kopf-Ausgaben in den EU-Mitgliedsländern. 2.

Gleichwertiges Versorgungsniveau mit öffentlichen Gütern und Leistungen in den EU-Regionen.

3. Äquivalenter Versorgungsgrad mit öffentlichen Gütern und Leistungen pro Einheit eigener Steuereinnahmen. 4.

Abbau der Wohlstandsunterschiede durch Angleichung der Pro-KopfEinkommen.

5.

Gleiche Finanzkraft der EU-Mitgliedstaaten.

Derartige, aus dem Prinzip der räumlichen und fiskalischen Gleichheit abgeleitete, Zielvorgaben lassen sich jedoch "bestenfalls zwischen Regionen realisieren, in denen dieselben Lebensgewohnheiten und dieselbe Steuermoral herrschen"ll. Angesichts der großen sozioökonomischen Disparitäten zwischen den EU-Staaten und innerhalb der Mitgliedsländer sowie der differierenden Ausgestaltung der nationalen Finanzsysteme erscheinen diese Zielvor10 In Anlehnung an Wittmann (1976a), S. 116f. Ähnliche Zielvorgaben flOden sich filr die Neuordnung des Finanzausgleichs im vereinten Deutschland bei FuestILichtblau (1991), S. 10. 11 Peffekoven (1991), S. 26.

B. Europäischer Finanzausgleich zwischen EU-Mitgliedstaaten

315

stellungen kurz- und mittelfristig kaum realisierbar. Insofern bedürfen diese Ziele in erster Linie einer langfristigen Einbettung in eine europäische Ausgleichskonzeption. Einen pragmatischen Weg weisen die Auffassungen von Peffekoven, Zimmermann und Europtiischem Parlament. So ist es für die Konstruktion eines Finanzausgleichssystems zwischen EU-Mitgliedsländern zweckmäßig, sich an den Problemlösungen funktionstüchtiger Föderationen zu orientieren. 12 Zum Beispiel verfolgt der bundesdeutsche Finanzausgleich das Ziel, all~ Bundesländer mit einer etwa gleichen Finanzausstattung pro Kopf der Bevölkerung zu versehen (entspricht Zielformulierung Nr. 5). Bei der Umsetzung dieser Zielvorgabe ist einerseits zwischen der unterschiedlichen regionalen Leistungsfähigkeit und andererseits den spezifischen regionalen Problembereichen, die auch nach einem subsidiären Finanzausgleich mitunter fortbestehen, zu unterscheiden. So können durch redistributive Finanzausgleichsmaßnahmen zwar die Unterschiede in den regionalen Finanzausstattungen gemindert werden; die Ursachen divergierender Leistungsfähigkeiten lassen sich damit aber bestenfalls langfristig beheben. \3 Sprechen nun die (supra)nationalen Präferenzen für eine Nivellierung, d.h. eine Annäherung und keine Egalisierung der regionalen Finanzausstattungen, so kann dies mit Hilfe eines systematischen Finanzausgleichs erfolgen. Mit einem solchen Finanzausgleichssystem ist die Definition von regionalen Ausgleichszielen verbunden, wie es im Rahmen der europäischen Integration in Art. 2 und 130 a EGV geschehen ist. Die im EG-Vertrag formulierten Ausgleichsziele stehen für die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse im europäischen Staatenverbund. Noch konzentrieren sich in der EU die Ausgleichsbemühungen auf die Zielgebiete der Strukturfonds (EFRE, ESF, EAGFL) bzw. des Kohäsionsfonds und damit einseitig auf einzelne Aufgabenbereiche. Folglich handelt es sich bei diesem fondsbezogenen supranationalen Finanzausgleich um keinen Ausgleich der unterschiedlichen Finanzausstat-

12 Vgl. Zimmermann (1990a), S. 31f. Auf dem selben Ansatzpunkt basiert ein internes Positionspapier der Generaldirektion Wissenschaft, das die Übertragbarkeit des bundesdeutschen Llnderfmanzausgleichs als Modell rur Ausgleichszahlungen zwischen den EU-Staaten pr1lft, siehe dazu Europlisches Parlament (1990), S. 1ff. Ein lhnIiches Vorgehen auch bei Peffekoven (1991), S. 26f. Ein gutes Beispiel rur einen derartigen Ansatz bietet eine Studie von BltJchingerlR. L. Frey (1992), S. S1Si; in der gepr1lft wird, inwieweit der schweizerische Föderalismus ein Modell rur den institutionellen Aufbau der EU liefern kann. 13 Vgl. Peffekoven (1991), S. 26; Zimmermann (1990a), S. 32.

316

9. Kapitel: Determinanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

tung von Gebietskörperschaften, sondern um "ein zweckgebundenes Zuweisungssystem mit regionalpolitischer Zielsetzung"14. Im folgenden soll :fiir die EU ein langfristig anzustrebendes Modell eines allgemeinen, interregionalen und expliziten Finanzausgleichssystems zwischen Gebietskörperschaften mit vertikalen und horizontalen Komponenten abgeleitet werden.

m

Aspekte der Ausgestaltung

Den Überlegungen von Fischer-Menshausen folgend, setzt ein rationales Finanzausgleichssystem ein rechtsverbindliches (Lasten)Verteilungssystem voraus, das die finanziellen Verantwortungsbereiche der Gebietskörperschaften auf der Grundlage "genügend trennscharfer und praktisch brauchbarer Kriterien so gegeneinander abgrenzt, daß hierauf eine bedarfsgerechte, berechenbare und hinreichend stabile Einnahmenverteilung gegründet werden kann" 15. Ferner darf nach Ansicht von Grossekettler die Finanzausgleichskonzeption nicht "unnötig intransparent und kompliziert gestaltet"16 sein. Das Umsetzen dieser Prämissen erfordert ein finanzwissenschaftliches Anforderungsprofil, das bei der modellanalytischen Entwicklung des Europäischen Finanzausgleichs auch die Gesichtspunkte der Praktikabilität und Operationalität berücksichtigt.

1. Finanzkrajt, FinanzbedarJ und Ausgleichsintensittit Um die Unterschiede zwischen Ausgaben und Einnahmen zu reduzieren, bedarf es eines Verteilungsschlüssels, der die Höhe zu leistender bzw. empfangender Transfers :fiir alle betroffenen Gebietskörperschaften bestimmt. Dazu sind zunächst drei Gesichtspunkte zu berücksichtigen: (1) Die Finanzkrajt jedes einzelnen EU-Mitgliedslandes ist zu erfassen. Wie bereits festgestellt, spiegelt sich im großen und ganzen die Finanzkraft einer Gebietskörperschaft in ihren absoluten Haushaltseinnahmen (LdR

14 K. Schn(!ider(1977178), S. 343. 15 Fischer-Menshausen (1988), S. 642. 16 Grossekettler (1993), S. 103. Die Konzepte von Musgrave und insbesondere diejenigen von Mathews (siehe 7. Kapitel, Punkt 4.1) genügen dieser Forderung kaum.

B. Europäischer Finanzausgleich zwischen EU-Mitgliedstaaten

317

Steuereinnahmen oder deren Bemessungsgrundlagen)17 zutreffend wider. Jedoch kann aufgrund der weitreichenden nationalstaatlichen Finanzautonomie der EU-Länder keinesfalls das jeweilige Steueraufkommen als Finanzkraft gewählt werden. Vielmehr sollte nach Möglichkeit eine harmonisierte Bemessungsgrundlage als Hilfsgröße herangezogen werden. Ein Blick in das EU-Einnahmensystem zeigt, daß sowohl die MwSt- als auch die BSP-Bemessungsgrundlage Anwendung findet. Insofern verwendet das EU-Finanzsystem zur Bestimmung der nationalen Finanzkraft einen Indikator der Leistungsfähigkeit. 18 Die Finanzkraft wird anhand der Finanzkrajlmeßzahl (FKMi) bestimmt. FKMi drückt das für das Finanzausgleichsverfahren anrechenbare Finanzaufkommen der fiskalischen Einheit i aus. (2) Bei der Ermittlung des Finanzbedarfs muß festgehalten werden, welche Ausgabenbelastung aus der Aufgabenerfüllung resultiert. Jedoch hat die vorausgegangene Analyse ergeben, daß es für die Bestimmung des Finanzbedarfs einer Gebietskörperschaft keinen objektiven Maßstab gibt. So determinieren im allgemeinen die Nachfrage nach öffentlichen Gütern und Leistungen sowie das Versorgungs- und Kostenniveau den Finanzbedarf, wobei diese drei Determinanten das Ergebnis geographischer, historischer, kultureller und sozioökonomischer Unterschiede sind. 19 Da insbesondere die Nachfrage nach öffentlichen Gütern unbestimmt ist, wird der Finanzbedarf einer Gebietskörperschaft i.d.R politökonomisch festgelegt. Dazu wird meist ein Index aus einzelnen Indikatoren (FBIi = Finanzbedarfsindikator pro Kop/) gebildet, der eine hinreichende Differenzierung bei der Pro-Kopf-Betrachtung zwischen den Gebietskörperschaften ermöglicht.

Der Einfachheit halber wird im folgenden unterstellt, daß der Finanzbedarf pro Kopf in allen EU-Ländern gleich sei. Verzichtet man auf eine differenzie-

17 Die Problematik einer EU-weit hannonisierten Messung bleibt zunächst unberilcksichtigt. 18 Zu dieser Problematik siehe 7. Kapitel, Punkte D.Il.I. und F., sowie Punkt C.I. in diesem Kapi-

tel.

19 Die Ennittlung der Bedarfskriterien steUt eines der vielschichtigsten und schwerwiegendsten Probleme eines jeden Finanzausgleichsystems dar. So bildet die Bevölkerungszahl einer Gebietskörperschaft zwar einen wesentlichen, aber nicht einen ausreichenden und ausschließlichen Indikator filr den Finanzbedarf. Dennoch wird i.d.R. der Einfachheit halber auf Pro-Kopf-Größen zur1lckgegriffen. Vgl. zu dieser Problematik Pagenkopf(1982), S. S4 f. Siehe auch 7. Kapitel, Punkt D.Il.2. Mehr zur Bedeutung außerökonomischer Faktoren bei Graske (1992), S. 4S If.

318

9. Kapitel: Detenninanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

rende Veredelung des Finanzbedarfsindikators, so weist der Finanzbedarf je Einwohner eine Gewichtung von 1 auf: 20 FBlj = (1 + Ä.;J

wobei

'-i = 0

Ai :# 0

bedeutet, daß Sonderbedarfe keine Berücksichtigung finden. eine Gewichtung oder Veredelung führt dazu, daß FBI; entweder kleiner oder größer 1 ist.

Die durchschnittliche Finanzkraft pro Kopf eines EU-Landes i vor Finanzausgleich läßt sich mit Hilfe des Quotienten aus Finanzkraftmeßzahl (FKMi) und der mit dem Finanzbedarjsindikator (FBIi) gewichteten Bevölkerungszahl (BZi) bestimmen. Formal ausgedrückt heißt das FKM/(BZi FBIi>.

*

Somit beträgt die durchschnittliche Pro-Kopf-Finanzkraft (q) aller n EULänder vor Finanzausgleich n

q=

r.FKM; -:n:--,-=j-;!..)- - -

r. (BZj • FB!;)

j;)

Zusammenfassend kann die Ausgleichsmeßzahl ermittelt werden, die der fiskalischen Einheit i als Referenzgröße bei der Beurteilung der eigenen Finanzkraft vor Finanzausgleich dient. Die Ausgleichsmeßzahl (AMZi) einer Gebietskörperschaft i ergibt sich durch die Multiplikation der durchschnittlichen Pro-KopJ-Finanzkraft aller EUStaaten (q) mit der Bevölkerungszahl (BZi) und mit dem Finanzbedarjsindikator (FBIi). Damit steht dem Land i folgende Ausgleichsmeßzahl als Referenzgröße zur Verfügung:

AMZi

=

q * Bli *FBIi

(3) Aus der Gegenüberstellung von Finanzkraftmeßzahl und Ausgleichsmeßzahl läßt sich die Ausgleichsleistung (Ausgleichszuweisungen oder Ausgleichsbeiträge) einer fiskalischen Einheit ableiten. Inwieweit die Differenz von Finanzkraft und Finanzbedarf reduziert bzw. ein relatives Min20 Arunerkung: Unterschiedliche Finanzbedarfsindizes (FBI) könnten dazu filhren, daß z. B. ein Deutscher einen FBI von 0,3, ein Grieche von 2,5, ein Spanier von 1,8 und ein Luxemburger von 0,1 aufweist. Wie die unterschiedliche Gewichtung der EU-Bürger allerdings in der politischen Praxis begründet und durchgesetzt werden kann, muß an dieser Stellen offenbleiben. Insofern darf man wohl berechtigterweise von einem 'Durchschnitts-' bzw. 'Standardeuropäer' (mit FBI = 1) ausgehen.

B. Europäischer Finanzausgleich zwischen EU-Mitgliedstaaten

319

destniveau an Ausgleichsleistungen garantiert wird, hängt von der politökonomisch zu bestimmenden AusgleichsintensiUit (Teil- oder Vollausgleich) ab. Diese AusgleichsintensiUit läßt sich als Prozentsatz ("') der Differenz von Finanzkrajtmeßzahl und Ausgleichsmeßzahl definieren (0 ~ '" ~ 1). Ein EU-Land i gilt als jinanzschwach und damit ausgleichsberechtigt, wenn FKMi < AMZi, als jinanzstark und damit ausgleichspflichtig, wenn FKMi > AMZi. Finanzschwache Länder erhalten Ausgleichszuweisungen, und finanzstarke Länder leisten Ausgleichsbeiträge. Mit Blick auf die Europäische Union sind aber noch zwei weitere Gesichtspunkte von Bedeutung: 21 (4) Es muß politökonomisch geklärt sein, ob der Finanzausgleich seinem Gesamtvolumen nach vorher festgelegt werden soll und damit wie beim deutschen kommunalen Finanzausgleich plafondiert wird, oder ob das horizontal zu transferierende Volumen wie beim deutschen Länderflnanzausgleich sich seiner Höhe nach erst im nachhinein ergeben soll. (5) Ferner ist aus politökonomischen Gründen vor einem Finanzausgleich zu bestimmen, ob die monetären Transfers (Ausgleichszuweisungen) mit oder ohne Zweckbindung und/oder als Kompensationszahlung zufließen sollen.

2. Horizontale Komponente des Finanzausgleichssystems Für ein horizontales Ausgleichsverfahren zwischen EU-Ländern sind folgende Aspekte zu berücksichtigen: - Ein jinanzschwaches EU-Land i weist aufgrund der Differenz von Ausgleichsmeßzahl und Finanzkraftmeßzahl einen Fehlbetrag auf (AMZi > FKMi => FBi). Dagegen verfügt ein jinanzstarkes Land über einen Überschuß (AMZi < FKMi => ÜSi).22 - Im Zuge des horizontalen Finanzausgleichs leisten die ausgleichspflichtigen an die ausgleichsberechtigten Länder Ausgleichsleistungen. Diese Ausgleichsleistungen stellen für Zahlerländer horizontale Ausgleichsbeitrage (HABi) dar. Für die Emfängerländer handelt es sich um horizontale Ausgleichszuweisungen (HAZi). 21 Vgl. Zimmermann (1990), S. 34. 22 Fonnal haben der Fehlbetrag ein positives und der Überschuß ein negatives Vorzeichen.

320

9. Kapitel: Determinanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

- Das horizontale Finanzausgleichsverfahren entspricht einem Nullsummenspiel, d.h. (L HAZi = L HABO.23 - Die Ausgleichsintensität \jI detenniniert das Finanzausgleichsziel hinsichtlich des angestrebten Finanzvolumens (FVi) nach Finanzausgleich und bestimmt damit das erforderliche Transfervolumen (TVi)' Mit Hilfe des horizontalen Ausgleichsgrades 0., der ebenfalls politökonomisch festzulegen ist, wird im Rahmen des horizontalen Finanzausgleichs geklärt, mit welchem Prozentsatz der ermittelte Fehlbetrag finanzschwacher EU-Länder ausgeglichen bzw. der Überschuß finanzstarker Länder zur Finanzierung der Ausgleichsbeiträge herangezogen werden soll (0 ~ 0. ~ 1). Wird nur die horizontale Komponente des Finanzausgleichssystems praktiziert, dann ist \jI = 0.. - Der Ausgleichsgrad 0. bestimmt nun die Ausgleichsleistungen, die ausgleichsberechtigte Länder in Form von Zuweisungen (HAZi) empfangen bzw. die finanzstarke Länder als Ausgleichsbeiträge (HABi) zu finanzieren haben. - Der maximale EU-weite Bedarf an Finanzausgleichsmasse (FAM) ergibt sich aus der Summe der Fehlbeträge (L FBO. Zur Finanzierung dieses maximalen Bedarfs steht bei horizontalen Finanzausgleichskomponenten die Summe der Überschüsse (L ÜSi) zur Verfügung. Das Finanzvolumen eines Landes i nach horizontalem Finanzausgleich ergibt sich aus (1) FVi

wobei

=

FKMi + Cl • (AMZI - FKMJ

(AMZI - FKMJ > 0, => FBI

HAZI

= Cl

.FBI

(AMZI - FKMJ < 0, => ÜSI

HAB I

= 0..

ÜS I

3. Vertikale Komponente des Finanzausgleichssystems Neben den horizontalen Ausgleichsleistungen der EU-Länder ließe sich auch ein vertikaler europäischer Ausgleichsbeitrag (VAB) ableiten, der nur an finanzschwache EU-Länder geleistet wird. Er besteht aus den EUEigenmitteln (Zölle, Abschöpfungen, MwSt- und BSP-Anteil) oder Teilen

23 Die Kosten des Ausgleichsverfahrens, d.h. die Effizienz der Mittelzu- und Mittelumverteilung. bleibt unbertlcksichtigt.

B. Europäischer Finanzausgleich zwischen EU-Mitgliedstaaten

321

davon und stellt die vertikale Komponente mit horizontalem Ausgleichseffekt im Gesamtsystem dar. Der vertikale Ausgleichsbeitrag entspricht den relevanten Ausgleichszuweisungen der höchsten fiskalischen Einheit (EU-Ebene) an die nachgeordneten EU-Ebenen, hier: EU-Mitgliedsländer; denkbar wären aber auch EURegionen. Auch die vertikale Ausgleichszuweisung (VAZi) der europäischen Ebene an eine finanzschwache Einheit i wird von der Finanzkraftmeßzahl (FKMv, der Ausgleichsmeßzahl (AMZi) und damit vom jeweiligen Finanzbedarfsindikator (FBli) sowie der Bevölkerungszahl (BZv determiniert. Die Multiplikation des Fehlbetrages (FBi) mit dem vertikalen Ausgleichsgrad ß (0 :s: ß :s: 1) bestimmt die vertikale Ausgleichszuweisung (VAZi) der EU-Ebene an das Empßngerland i. Wird nur ein vertikaler und kein horizontaler Finanzausgleich praktiziert, dann ist", = ß. Werden dagegen horizontale und vertikale Ausgleichskomponenten kombiniert, so ist", = Cl. + ß. Mit Hilfe einer Dummy-Variablen e kann formal gewährleistet werden, daß nur ausgleichsberechtigte EU-Länder in den Genuß von VAZi kommen. (2) VAZj = e • ß • (AMZj - FKlvf~

e = 0, wenn ein Land ausgleichspflichtig ist, e = 1, wenn ein Land ausgleichsberechtigt ist,

wobei L VAZi = VAB = 1. ß • L FBi' was einer Plafondierung der Transfermittel entspricht. Ansonsten würde sich der vertikale Ausgleichsbeitrag der Höhe nach erst im Verlauf des Finanzausgleichsverfahrens ergeben. Das Finanzvolumen eines ausgleichsberechtigten Landes i nach vertikalem Finanzausgleich ergibt sich aus (3) FV; = FKlvf; + VAZj

IV. Modellanalyse des europäischen Finanzausgleichsverfahrens

Die Modellanalyse basiert in ihrer Grundstruktur auf den in der Literatur und in dieser Arbeit hinreichend erörterten Anforderungsprofilen und Implikationen von Finanzausgleichsmaßnahmen. Die nachstehenden Ausfiihrungen erweitern und modifizieren die tradierten Elemente um die Besonderheiten des Europäischen Finanzausgleichs.

21 Walthes

322

9. Kapitel: Detenninanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

1. Konstitutive Kriterien fllr das Ausgleichsveljahren In einem ersten Schritt folgt die Erörterung der Anforderungen, die ein solches Ausgleichsystem zu erfüllen hat. Im Hinblick auf ein konsistentes und formal überzeugendes Finanzausgleichssystem sind nach Buhl/Pfingsten und FuestiLichtblau oder in Anlehnung an Michalk, Taube und Huther sowie Lenk folgende Kriterien konstitutiv: 24 1.

VolIsUindige Verteilung: Die Summe derfür den Ausgleich aufzubringenden Beiträge entspricht den Ausgleichszuweisungen, d.h. die Summe aller verfügbaren Finanzvolumina ergibt sich nach Zu- und Abrechnung aller horizontalen Ausgleichszuweisungen bzw. Ausgleichsbeiträgen sowie nach Addition des vertikalen Ausgleichsbeitrags.

2. Monotonie der Ausgleichsmeßzahl und der vertikalen Ausgleichsbeitrtige: Erhöht sich ceteris paribus die Finanzkraftmeßzahl einer fiskalischen Einheit, so dürfen sich die verfügbaren Finanzvolumina nach Finanzausgleich bei keiner der übrigen fiskalischen Einheiten verringern. Das Finanzvolumen einer fiskalischen Einheit darf ferner nicht sinken, wenn ceteris paribus der Bedarfsindikator steigt. Das gleiche giltfür den Fall, daß die vertikalen Ausgleichszuweisungen steigen. 3. Stetigkeit: Die marginale Änderung der Ausgangsdaten von Finanzkraftmeßzahl, Bevölkerung und Finanzbedarfsindikator darf keine abrupten Änderungen in den Ergebnissen der Finanzvolumina pro Kopf nach Finanzausgleich hervorrufen. 25 Bei steigender Finanzkraftmeßzahl eines Landes i kommt es demnach ceteris paribus entweder zu einem kontinuierlichen Absinken der Zuweisungen oder zu einem kontinuierlichen Ansteigen der Ausgleichsbeiträge. 4. Konstanz der Rangfolge: Die Rangfolge der Finanzkraft vor Finanzausgleich muß auch nach dem Ausgleichsverfahren beibehalten werden, d.h. die Reihenfolge der Länder bezüglich der Finanzkraft je Einwohner wird durch den Finanzausgleich nicht verändert. Eine weniger strenge Auslegung des Prinzips fordert lediglich, daß kein finanzschwaches Land nach dem Finanzausgleich über eine höhere Finanzkraft verfügen darf als ein ursprünglich finanzstarkes Land.

24 Vgl. BuhlIPfingsten (1986), S. 102f, (1990), S. 365f, (1991), S. 482f; Buhl (1986), S. 477; FuestILichtblau (1991), S. 12ff; Michalk (1989), S. 446; Taube (1990), S. 372; Hüther (1993), S. 44; Lenk (1993b), S. 2. 25 Beispielsweise können im geltenden System des Finanzausgleichs in der Bundesrepublik Deutschland durch die ausgleichsfreie Zone Sprünge auftreten.

B. Europäischer Finanzausgleich zwischen EU-Mitgliedstaaten

323

5. AnreizkompatibiliUit: Dazu gehören neben einer ökonomisch sinnvollen Definition der Finanzkraft und des Finanzbedarfs insbesondere eine Umverteilungsintensität, die eine 'Übernivellierung' vermeidet, d.h. die marginalen Abschöpfungsquoten einer erhöhten Finanzkraft müssen kleiner als eins sein, da sonst ein konfiskatorischer Effekt mit negativer Anreizwirkung entsteht. 6.

Transparenz: Die zugrundegelegten Regeln und Verfahrensweisen müssen technisch einfach, allgemeinverständlich, durchschaubar und stringent handhabbar sein. Anzumerken ist jedoch, daß für die politische Konsensfähigkeit eine zunehmende Intransparenz mitunter sogar gewollt ist.

7. Effizienz: Allokationseffizienz soll durch die Internalisierung regionaler Spillovers gewährleistet werden. Wohlfahrtsverluste durch die bisherige selektiv-interventionistische Regionalpolitik sollen durch ungebundene Transfers zum Haushaltsausgleich vermieden werden. Das politische und ökonomische Verbundprinzip sollte weitgehend beachtet werden, um die Tendenz zur Ineffizienz einzudämmen. 8. Eignung: Das zu etablierende System des Finanzausgleichs soll durch ein geeignetes Finanzvolumen je EU-Land zur Gleichwertigkeit europäischer Lebensverhältnisse entsprechend der Zielfunktion beitragen. Dazu gehört aus Sicht der Neuen Politischen Ökonomie auch eine geringere Strategieanfälligkeit (Spieltheorie), die sich durch eindeutige, vollständige und widerspruchsfreie Festlegungen verwirklichen läßt.

In der Literatur werden die formalen Kriterien und/oder Prinzipien eines rationalen Finanzausgleichs inhaltlich oft unterschiedlich belegt. Insofern lassen sich die konstitutiven Kriterien nicht nur differenzierter abgrenzen oder um weitere Anforderungen ergänzen, sondern auch modellbezogen verfeinern. 26 Mit den formulierten Kriterien ist jedoch das Anforderungsprofil des Finanzausgleichsmodells für den Fortgang der Analyse hinreichend skizziert. Es folgt die Klärung der relevanten Determinanten des europäischen Finanzausgleichsmodells.

26 Die Grundsatzfragen eines rationalen Finanzausgleichs erörtert auch das Gutachten zum LAnderfmanzausgleich in der Bundesrepublik Deutschland. Vgl. Wissenschaftlicher Beirat (1992), S. 74f. Vgl. auch die Beurteilung.o;maßstäbe von Grossekettler (1993), S. 107, filr den Bund-LAnderFinanzausgleich. Er unterscheidet (a) Maßstabsgruppen (Eignung. Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit) und (b) EinzeImaßstAbe als konstitutive Kritierien. 21·

324

9. Kapitel: Detenninanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

2. Funktionaler Zusammenhang der Ausgangssituation Vor dem Finanzausgleichsverfahren verfügt jedes EU-Land zunächst über sein anrechenbares Finanzaufkommen, das in FKMi zum Ausdruck kommt. Nach horizontalem und vertikalem Finanzausgleich verfügt jedes beteiligte Land über folgendes Finanzvolumen FVi: (4) FVj = FKlvfj + CL • (AMZj - FKlvf~ + =

FKMj

a • ß • (AMZj - FKlvf~

+ (CL + a • ß) • (AMZj - FKlvf~

Das Finanzvolumen eines Landes nach Finanzausgleich hängt einerseits von seiner Finanzkraftmeßzahl und von seiner Ausgleichsmeßzahl ab, deren Differenz bestimmt, ob es sich um ein ausgleichspflichtiges oder ausgleichsberechtigtes Land handelt; andererseits von der AusgleichsintensiUit und deren Aufteilung in horizontale und vertikale Ausgleichsgrade. Die formale Darstellung dieses funktionalen Zusammenhanges lautet: (5) FVj = FVj (FKlvfj • AMZj • 0/)

3. Das kombinierte Finanzausgleichsverjahren Für die Ermittlung des Finanzvolumens eines EU-Landes i nach horizontalem und vertikalem Finanzausgleich sind folgende Unterscheidungen zu treffen:

l. Finanzstarke und damit ausgleichspflichtige Länder, wenn (AMZi - FKMi) < 0, FVj = FKlvfj + CL



(AMZj - FKlvf~ = FKMj + CL



(Üs~

= FKMj - HAB j

2. Finanzschwache und ausgleichsberechtigte Länder, wenn (AMZi - FKMi) > 0

FVi = FKMi + CL * FBi + ß * FBi = FKMi + HAZi + VAZi Daraus läßt sich nunmehr das TransJervolumen (TVi = FVi - FKMi) ablei-

ten und die Nettoposition als Zahler bzw. Empfänger ermitteln. Der Ausdruck TVi zeigt an, um welchen Ländertypus es sich handelt:

-> TVi < 0: oder -> TVi > 0:

Nettozahler, wenn FVi < FKMi

TVi = HAB i

=

FVi - FKMi < 0

Nettoempfanger, wenn FVi > FKMi

TV;

=

VAZi + HAZi = FVi - FKMi > 0

B. Europäischer Finanzausgleich zwischen EU-Mitgliedstaaten

325

Damit nun ein· finanzschwaches EU-Land nicht nach dem Finanzausgleich eine überdurchschnittliche Finanzausstattung aufweist, gilt für den horizontalen und vertikalen Ausgleichsgrad bzw. für die Ausgleichsintensität (6) a + ß=

",~l.

Die Rangfolge der Länder in der Finanzausstattung pro Kopf wird vor Finanzausgleichsverfahren von FKMi/(BZi • FB1i) und nach Finanzausgleich von FVi/(BZi • FB1i) bestimmt. Diese Rangfolge wird während des Finanzausgleichsverfahrens weder durch den jeweiligen Teilausgleich der 'Finanzschwäche' (HAZi + VAZi) noch durch die Finanzierungslast der finanzstarken Länder (HABi) verändert.

4. Model/ergebnis undjinanzpo/itische Gestaltungsfreiheit Die Ausfiihrungen haben gezeigt, daß insbesondere die politökonomisch festzulegende Umverteilungsintensität (1jI) und ihre beiden Umverteilungsgrade (a und ß) eine zentrale Rolle spielen. Zwischen Umverteilungsintensität und Umverteilungsgrad besteht folgende funktionale Abhängigkeit: ljI = ljI (a, ß), d.h. mit a und ß liegt auch ljI fest; allgemein ausgedrückt: es können immer nur zwei der drei Größen autonom bestimmt werden. Abschließend lassen sich die wichtigsten Ergebnisse festhalten: Erstens:

Bei ljI = 0 findet kein und bei ljI > 0 findet ein Finanzausgleich statt. Die Bestimmung von a und/oder ß als Umverteilungsgrade determinieren den jeweiligen Beitrag der horizontalen und/oder vertikalen Komponente zur Verwirklichung der gewünschten Umverteilungsintensität des Finanzausgleichsverfahrens.

Zweitens:

Bei a = 1 findet ein Vollausgleich im Rahmen des horizontalen Finanzausgleichs statt, d.h. die Finanzkraft aller Länder ist nach Finanzausgleich vollkommen nivelliert. Unabhängig von der nationalen Finanzkraftmeßzahl (FKMi) verfügt jedes Mitgliedsland nach dem Finanzausgleichsverfahren über seine Ausgleichsmeßzahl (AMZi). Da es nunmehr weder finanzstarke noch finanzschwache Länder gibt, entfällt bei vollkommener Nivellierung der Finanzkraftunterschiede die Notwendigkeit eines vertikalen Finanzausgleichs mit horizontalem Effekt.

Drittens:

Bei a = 0 und ß < 1 behält jedes EU-Land sein anrechenbares Finanzaufkommen FKMi und erhält nur, falls finanzschwach, die nach AMZi anrechenbare europäische Ausgleichszuweisung

326

9. Kapitel: Detenninanten Wld Dimensionen eines Finanzausgleichs

(VAZi). Unter diesen Umständen wird ein vertikaler Finanzausgleich mit horizontalem Effekt praktiziert, der sich der Höhe nach ausschließlich an der 'Unterdurchschnittlichkeit' (AMZi > FKMi) der finanzschwachen Länder orientiert. Bei ß = 1 erfolgt - falls der Plafonds ausreicht - ein Vollausgleich der finanzschwachen EU-Länder über die vertikale Finanzausgleichskomponente. Viertens:

Die europäische Wirklichkeit dürfte zwischen den beiden Polen 'Vollausgleich' und 'Kein Ausgleich' liegen. Da weder vollständige Egalität noch völliger Verzicht auf einen Finanzausgleich politökonomisch erstrebenswert scheint, wird für (a +ß) ein Wert größer Null und kleiner Eins europaweit konsensfähig sein (0< '" < 1), d.h. es käme zu einem Teilausgleich.

Fünftens:

Im Rahmen des jinanzpolitischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses sind folgende Ansatzpunkte klärungsbedürftig: (a) Welche Staatseinnahmen oder welche Bemessungsgrundlage sind für die Ermittlung der Finanzkraft FKMi verwendbar? (b) Inwiefern sollen vorhandene Sonderlasten und/oder die

Veredelung von Einwohnerzahlen bei der Ermittlung des Bedarfs (FBIi) berücksichtigt werden?

(c) Es bleibt diskussionsbedürftig, ob die Einnahmenzuweisungen (Beiträge) der Mitgliedstaaten an die supranationale EU-Ebene als Vorwegabzug bei der Ermittlung der FKMi zu berücksichtigen sind. (d) Zur Bestimmung der politisch gewünschten Umverteilungseffekte sind die Umvereilungsintensität '" sowie deren horizontale und vertikale Umverteilungsgrade (a, ß) festzulegen. V. Kritische Anmerkungen zum modellierten Finanzausgleichsverfahren

Bereits beim nationalen Finanzausgleich wie im bundesdeutschen Länderfinanzausgleich und im kommunalen Finanzausgleich gestaltet sich die Ermittlung der Finanzkraft, des Finanzbedarfs und der Höhe des Ausgleichs beson-

B. Europäischer Finanzausgleich zwischen EU-Mitgliedstaaten

327

ders schwierig. 27 Insofern erscheint eine europaweite Lösung für zwölf bzw. fiinfzehn oder noch mehr 'enfants terribles' als ein nahezu utopisches Unterfangen. Ferner wird das skizzierte Verfahren des Finanzausgleichs von der nationalen Leistungsfähigkeit geprägt. ohne aber den erforderlichen 'Input' bei der Beurteilung der divergierenden 'Outputs' zu würdigen. Insofern besteht die Gefahr, daß ein institutionalisierter europäischer Finanzausgleich die Anreize zur Selbsthilfe mindert und die Gewöhnung an Transfers zu einer Anspruchsmentalität der Empfängerländer führt. Ein weiterer Kritikpunkt eines solchen Finanzausgleichsmodells ist darin zu sehen, daß zum einen die Finanztransfers nach der durchschnittlichen Situation des gesamten Mitgliedslandes ermittelt werden und nicht auf Regionen unterhalb der NUTS-O-Ebene abzielen. Zum anderen müßten die Transfers der ökonomischen Theorie des Föderalismus folgend - entgegen der gängigen EUPraxis und von Internalisierungszuweisungen vorhandener 'spillovers' einmal abgesehen - in ungebundener Form geleistet werden, damit die nationalen Präferenzen bei der Mittelverwendung nicht verzerrt werden. Die EU-weite Diskussion um regionale Disparitäten drückt sich nicht in einer nivellierenden nationalen Gesamtlage aus, sondern im Wohlstandsgefälle (Bsp. Synthetischer Index) zwischen den Regionen der NUTS-Ebenen quer über alle Mitgliedstaaten hinweg. Insofern berücksichtigt das Finanzausgleichsmodell Regionen als nationalstaatliches Ganzes, obwohl nur in den seltensten Fällen ein gesamtes EU-Land einer einzigen regionalen Problemgruppe angehört. 28 Um die Praktikabilität und Operationalität eines europäischen Finanzausgleichsverfahrens sicherzustellen. sind folgende Punkte zu beachten: (1) Nicht nur für die Festlegung der EU-Einnahmen, sondern auch für den Europäischen Finanzausgleich muß jeweils auf eine EU-weit einheitlich bestimmbare nationale bzw. regionale Finanzkraft zurückgegriffen werden können (harmonisierte Bemessungsgrundlage). (2) Die Intensität des Ausgleichs bzw. der Ausgleichsgrad müssen losgelöst von den Zahlmeistertheorien gesehen werden.

27 Beispiel: Der Konflikt zwischen den Bundesländern um die Einwohnergewichtung bzw. Einwohnerverede1ung oder um die Berl1cksichtigung von Sonderlastcn im Rahmen des Finanzausgleichs. Vgl. die Refonnvorschllge des Sachverstlndigenrates (1992), S. 212ft: 28 Aufgrund des synthetischen Index gehören ganz Spanien, Portugal, Griechenland und Irland zu den unterentwickelten Regionen.

328

9. Kapitel: Detenninanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

(3) Um das europaweite Solidaritätsgefühl nicht überzustrapazieren, wird auch im Rahmen des europäischen Finanzausgleichsverfahrens eine vorher fixierte Summe festzulegen sein (plafondierung). (4) Der Finanzbedarf läßt sich nur approximativ nach dem Bedarf ganzer Länder oder Regionen festlegen. (5) Eine Zweckbindung der Mittel erscheint trotz allokationstheoretischer Bedenken, insbesondere aus Gebersicht, unverzichtbar. Dies gilt solange, wie das Solidaritätsgefühl eher noch schwach ausgeprägt und die ökonomische Rationalität in der Verausgabung der Mittel national wie regional unterschiedlich ist.

C. Ein europäisches Rechenexempel Anband der folgenden Modellrechnung lassen sich die formalen Anforderungen an ein geeignetes, transparentes, vollständiges, widerspruchsfreies, strikt monotones und stetiges Regelungssystem zum Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft der EU-Länder exemplarisch verdeutlichen. Zunächst wird die Datenauswahl problematisiert· und anschließend mit Hilfe einer einfachen Sensitivitätsrechnung eine Simulation des Europäischen Finanzausgleichs skizziert.

L Ermittlung der Ausgangsdaten

Die Finanzkraftmeßzahl (FKMi) der fiinfzehn EU-Mitgliedsländer kann wie mehrfach angeklungen - nur ungefähr ermittelt werden, denn der Versuch, die Finanzkraft anband der laufenden Einnahmen der EU-Staaten bzw. mit Hilfe der Abgaben- und/oder Steuerbelastung zu ermitteln, scheitert an mehreren Punkten. Aufgrund der höchst heterogenen Einnahmensysteme und des hohen nationalen Autonomiegrades bei der Einnahmenerzielung sowie der damit verbundenen unterschiedlichen Steueranspannungen läßt sich keine vergleichbare Ausgangsbasis bilden, die zur Ermittlung der jeweiligen Finanzkraft geeignet wäre. 29 Deshalb scheiden die tatsächlichen Staatseinnahmen der Mitgliedstaaten als Kennziffer der Finanzkraftmeßzahl aus.

29 Allein die Unterschiede in den Steuerquoten (Steueraufkommen am BSP der EU-Länder) sind gravierend. So betrug 1991 die Abgabenbelastung durch Steuern in DK 46,9% und in Spanien 22,4%

C. Ein europäisches Rechenexempel

329

Folglich muß als Basis der nationalen Finanzkraft auf die MwSt- und/oder BSP-Bemessungsgrundlage ausgewichen werden. Die Auswahl dieser beiden Bemessungsgrundlagen liegt deshalb besonders nahe, weil sie zur Berechnung der EU-Eigenmittel herangezogen werden. Die BSP-Bemessungsgrundlage stellt einen Indikator der Leistungsfähigkeit dar, der jedoch nicht angibt, welche Finanzmittel durch die Gebietskörperschaften tatsächlich vereinnahmt werden. Nachdem aber die gesamte Diskussion um eine gerechte Lastenverteilung zwischen den EU-Staaten sowie die Mittelverwendung der Strukturfonds auf BSP- bzw. BIP-Relationen abstellen, erscheint diese pragmatische Vorgehensweise durchaus gerechtfertigt. Ebensogut könnte man aber auch die harmonisierte MwSt-Bemessungsgrundlage als Indikator der Finanzkraft zugrunde legen. Die MwSt-Bemessungsgrundlage hat den Vorteil, daß sie EU-weit harmonisiert und damit unmittelbar vergleichbar ist. Indes ist ihr Nachteil, daß sie sich als Leistungsindikator wenig eignet. Genau umgekehrt verhält es sich beim BSP. Nachdem die MwSt-Bemessungsgrundlage ohnehin im Einnahmensystem an Bedeutung verlieren wird und aufgrund der RegressivitätsHypothese heftige Kritik erfährt,30 erscheint sie als Datenbasis weniger gut geeignet. Im Anhang werden die Simulationen sowohl auf Basis der MwSt- als auch BSP-Bemessungsgrundlage ausführlich dokumentiert (Tab. A12 bis A21). Da es lediglich um das Aufzeigen der finanziellen Dimensionen geht, die mit einem europäischen Finanzausgleichsverfahren verbunden sein können, beschränken sich die nachfolgenden verbalen Ausführungen auf die Darstellung und Interpetation der Ergebnisse, die sich aus der BSP-Bemessungsgrundlagen-Simulation ergeben. 31 Die Finanzierungsanteile der Mitgliedstaaten zum EU-Budget werden bei der Ermittlung der Finanzkraft nur insofern berücksichtigt, als sie bereits im Vorwegabzug die BSP-Bemessungsgrundlage mindern. Somit wird ein möglicher nivellierender Effekt der Lastenverteilung der EU-Mitgliedschaft über das EU-Einnahmensystem implizit beachtet.

des jeweiligen BSP (vgl. Institut der deutschen Wirtschaft (1994), Tab. 148). Dies ist ein deutlicher Beleg dafilr, daß die Steueranspannungen zwischen den Mitgliedstaaten ganz erheblich differieren. Dennoch legt der wissenschaftliche Dienst des Parlaments in seinem internen Positionspapier die Staatseinkünfte in Prozent des BlP zugrunde (vgl. Europäisches Parlament (1990), S. 11). 30 Siehe 6. Kapitel, Punkt C.1.2.b). 31 Die Datenbasis bezieht sich auf die Zahlenangaben der aktuellen amtlichen und nicht-amtlichen Statistik ftlr das Jahr 1993. Die Daten ftlr 1994 bzw. 1995 konnten noch nicht herangezogen werden, weil es sich um vorläufige und noch teilweise nicht ftlr alle EU·LAnder verftlgbare Größen handelt Aufgrund des Bezuges auf das Jahr 1993 wird in dem Rechenmodell nur das EUR12 betrachtet.

330

9. Kapitel: Determinanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

n. Vier-Varianten-Rechnung zum Europäischen Finanzausgleich Mit Hilfe einer Varianten-Rechnung lassen sich die finanziellen Dimensionen eines europaweiten Finanzausgleichs zwischen den EU-Mitgliedstaaten exemplarisch simulieren. Im Anhang liefert Tabelle A12 die Grunddaten für die vier Varianten A, B, C und D: (A) Variante A spiegelt die europäische Wirklichkeit wider, d.h. fehlender horizontaler Finanzausgleich und vertikale Ausgleichszuweisungen an alle EU-Staaten im Sinne der 'Juste Retour'. (B) Variante B simuliert einen vertikalen Finanzausgleich mit plafondiertem

Budgetvolumen.

(C) Variante C zeigt einen Teilausgleich bei simultanem Einsatz von horizon-

talen und vertikalen Ausgleichskomponenten.

(0) Variante D verdeutlicht die Konsequenzen einer sehr hohen Ausgleichsin. tensität.

Das simulierte Finanzausgleichsverfahren kann anhand zweier Kennziffern beurteilt werden: (1) Der Indikator d stellt die relative Position eines EU-Landes bezogen auf den EU-Durchschnitt vor und nach Finanzausgleich dar. Insbesondere die politische Diskussion um den Disparitätenabbau im Rahmen der strukturpolitischen Maßnahmen konzentriert sich auf diesen Indikator, weil er in Pro-Kopf-Größen gemessen wird. Formal ergibt sich: FKM;

d vor Finanzausgleich:

d·I

d nach Finanzausgleich: d;

BZ· q

= --'- •

100

.100

= ;=1

n

'L,BZ;

;=1

(2) Eine Kennziffer, die die Effektivität des Ausgleichsverfahrens zum Ausdruck bringt, ergibt sich aus dem Verhältnis der jeweiligen Finanzkraft eines EU-Landes und dessen Ausgleichsmeßzahl. Für diese Kennziffer steht der Buchstabe r, der besonders aus finanzausgleichstechnischer Sicht interessant ist, weil damit deutlich wird, wie hoch die prozentuale Abwei-

C. Ein europäisches Rechenexempel

331

chung von der jeweiligen Ausgleichsmeßzahl ist. Es errechnet sich r wie folgt: r vor Finanzausgleich:

rj =

FKMj / AMZj



100

r nach Finanzausgleich:

rj =

FVj / AMZj



100

Die einzelnen Rechenschritte aller vier Varianten geben die Tabellen A13 bis A16 wieder. Die Ergebnisse der Kennziffer r visualisiert Abbildung 28. Weil die Darstellung der d-Werte einen sehr ähnlichen Kurvenverlauf ergeben würde, wird auf eine graphische Darstellung dieses Indikators verzichtet. Die Interpretation der Berechnungen erfolgt für jede Variante in den nächsten Gliederungspunkten.

250 200 r--

_vorFAG -o-A

)

--8 ~c

r

150 r-- --&-0 100 50

o

.-;

t--

r-

u

GR

.....:I!!lI

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....-"'!

p-

P IRL E UK NL

B

I

F

t.

~

D DK L

Abb. 28: Finanzkraft eines Landes bezogen auf dessen Ausgleichsmeßzahl QueUe: Eigene DarsteU\UlI

Um im Zuge des Finanzausgleichs die finanzschwachen EU-Länder (FKMi

< AMZi) auf ein durchschnittliches Niveau an Finanzkraft zu heben (Vollausgleich), bedarf es mehr als 429 Mrd. ECU an Finanzausgleichsmasse

für das Jahr 1993. Die Finanzausgleichsmasse errechnet sich aus L FBi. Berücksichtigt man dabei, daß dem EU-Budget über das Eigenmittelsystem 1993 insgesamt nur annähernd 64 Mrd. ECU zur Verfugung standen, so läßt sich unschwer die monetäre Dimension einer vollkommenen Nivellierung im Zuge des Europäischen Finanzausgleichs erkennen.

332

9. Kapitel: Detenninanten Wld Dimensionen eines Finanzausgleichs

1. Variante A: Status quo der 'Juste Retour' Die Variante A stellt das (Finanz)Ausgleichsverfahren dar, wie es der europäischen Wirklichkeit entspricht. Es findet kein horizontaler Ausgleich statt, und alle EU-Staaten - unabhängig davon, ob als finanzstark oder finanzschwach eingruppiert - erhalten aus dem EU-Budget über die gemeinsamen Politiken gemäß der programmorientierten Bedürftigkeit (z.B. Strukturfonds) vertikale Ausgleichszuweisungen. Die VAZi entsprechen den tatsächlichen Rückflüssen der EU für das Jahr 1993 an die Mitgliedstaaten. Das vertikale Finanzausgleichsvolumen beträgt ca. 61 Mrd. ECU. Anzumerken ist, daß nicht alle von der EU vereinnahmten Deckungsmittel als Finanzausgleichsvolumen für die EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen. 32 Legt man die konstitutiven Kriterien des Europäischen Finanzausgleichsverfahrens der Modellanalyse zugrunde, so läßt sich feststellen, daß bei dem praktizierten Ausgleichsverfahren die Konstanz der Rangfolge vor und nach Finanzausgleichsverfahren bestehen bleibt. 33 Analysiert man die relative ProKopf-Position der unterdurchschnittlichen EU-Länder, so haben sich fast alle Länder - wenn auch nur marginal - verbessert. Nur beim Vereinigten Königreich verschlechtert sich der d-Wert. Da es sich um eine rein vertikale Finanzausgleichskomponente handelt und alle EU-Länder Ausgleichszuweisungen erhalten, kommen zwar alle ausgleichsberechtigten Mitgliedstaaten ihrer Ausgleichsmeßzahl etwas näher (r-Wert), doch entfernen sich gleichzeitig alle ausgleichspflichtigen Länder zum Teil doch ganz erheblich von ihren Ausgleichsmeßzahlen.

2. Variante B: Vertikaler Finanzausgleich mit Plafondierung Variante B unterstellt, daß dem 'resource-flow-principle' entsprochen wird. Über den EU-Haushalt erfolgen ausschließlich vertikale Ausgleichszuweisungen (VAZ) an· finanzschwache Länder. Das EU-Budget weist mit einem Umfang von etwa 61 Mrd. ECU nur 14,23% der maximalen Finanzausgleichsmasse (FAM = rd. 429,3 Mrd. ECU) auf. Unter der Annahme, daß das EUBudgetvolumen für Ausgabenumschichtungen zugunsten der finanzschwachen EU-Länder disponibel sei, könnte damit eine Ausgleichsintensität von 0,14 32 Die Simulation berücksichtigt unter anderem nicht: Zahlungen an Drittstaaten sowie ein nicht zurechenbarer Teil der EU-Verwaltungsausgaben. 33 Bei der Simulation mit der MwSt-Bemessungsgrundlage wird die Konstanz der Rangfolge vor und nach Finanzausgleichsverfahren verletzt. Siehe Tab. Al8 im Anhang.

c. Ein europäisches Rechenexempel

333

realisiert werden (\jI = ß = 0,14).34 Es liegt kein horizontaler Finanzausgleich zwischen den EU-Ländern, sondern nur ein plafondierter vertikaler Finanzausgleich mit horizontalem Effekt zwischen EU-Ebene und ausgleichsberechtigten EU-Staaten vor. Formal errechnet sich das Finanzvolumen eines EULandes nach Finanzausgleich aus den Gleichungen (2) und (3):

60,1 MrdECU= VAB = LVAZj = 1

* 0,14 *}YB

j

FVj = FKMj + 0,14 FBi = FKM; + VAZ j Angesichts des vorhandenen Disparitätenmusters ist der nivellierende Effekt bei der durchschnittlichen Pro-Kopf-Betrachtung (d-Wert) ausgesprochen gering. Zwar ist bei den vier schwächsten Ländern (E, IRL, P, GR) ein finanzkraftstärkender Effekt deutlich abzulesen, doch bleibt das ermittelte Finanzvolumen dieser Kohäsionsländer von ihren Ausgleichsmeßzahlen noch weit entfernt (r-Wert). Spanien (E) erreicht annähernd 80% und Irland (IRL) mehr als 60 % der jeweiligen Ausgleichsmeßzahl (AMZ) als Finanzvolumen (FV). Jedoch beträgt diese Relation bei Griechenland (GR) weiterhin keine 50% und bei Portugal (P) bleibt sie deutlich unter 60%.

3. Variante C: Teilausgleich mit horizontalen und vertikalen Komponenten Variante C zeigt die Ergebnisse bei simultanem Mechanismus des Finanzausgleichs mit horizontalem und vertikalem Effekt (a = 0,36; ß = 0,14). Dabei wurde die Ausgleichsintensität \jI auf 50% der maximalen F AM beschränkt. Dieses in Prozentpunkten formulierte Ausgleichsziel wird durch einen horizontalen Teilausgleich in Höhe von 36% und einen vertikalen Teilausgleich von 14% erreicht. Da jetzt die ausgleichspflichtigen Länder durch ihre HABi fur die Finanzierung der HAZi aufkommen müssen, entsteht ein deutlich nivellierender Effekt sowohl von der oberen als auch unteren Marge des Disparitätenmusters her. Nettoempfänger sind ausschließlich die als ausgleichsberechtigt eingruppierten EU-Staaten. Sie verfügen nach Finanzausgleich über FVi = FKMi + BAZi + VAZi . Um eine Ausgleichsintensität von 0,5 zu realisieren, ist ein Finanzausgleichsvolumen von über 214 Mrd. ECU erforderlich. Dabei entfallen auf die ausgleichspflichtigen EU-Staaten horizontale Ausgleichsbeiträge von insgesamt über 154 Mrd. ECU. Formal stellt sich dieser Zusammenhang nach Gleichung (4) dar: 34 Der Einfachheit halber bleibt hierbei unberücksichtigt, daß das Ausgabengebaren der Europlisehen Union kurz- und mittelfristig kaum variierbar ist.

334

9. Kapitel: Detenninanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

FVi

=

FKMi + 0,36 • (AMZi - FKM;J + (). 0,14 • (AMZi - FKM;J

Im Rahmen dieser Variante erreicht das finanzschwächste Mitglied Griechenland (GR) ein Finanzvolumen von deutlich mehr als 68% des EUDurchschnitts und fast 70% seiner Ausgleichsmeßzahl. Für die ausgleichspflichtigen EU-Mitgliedsländer scheint jedoch der Preis, den sie fiir diesen Disparitätenabbau zu entrichten hätten. relativ hoch auszufallen. 4. Variante D: Ausgleichsintensittit von 90 Prozent

Im Rahmen der Variante D wird die unterstellte Ausgleichsintensität '" = 0,9 mit Hilfe des horizontalen Ausgleichsgrades a. = 0,76 und des vertikalen Ausgleichsgrades ß = 0,14 realisiert. Nach Abschluß des Finanzausgleichsverfahrens verfUgen alle finanzschwachen Länder über ein FV, das mehr als 90 Prozent ihrer Ausgleichsmeßzahl entspricht. Die deutlich nivellierende Wirkung ist der Vier-Varianten-Übersicht (Abb. 28) zu entnehmen. Die finanzstarken Länder haben insgesamt horizontale Ausgleichsbeiträge von über 326 Mrd. ECU aufzubringen. Der supranationalen EU-Ebene steht nach wie vor nur das (plafondierte) Budgetvolumen fiir vertikale Ausgleichsbeiträge (VAB) zur VerfUgung. Aus politökonomischer Perspektive disqualifiziert jedoch das erforderliche Finanzausgleichsvolumen von über 380 Mrd. ECU diese Variante.

m. Anmerkungen zu Variantenvariationen Die exemplarisch durchgeführten Berechnungen zeigen zwar die Spannweiten eines Europäischen Finanzausgleichs auf, sie repräsentieren aber nur eine geringe Auswahl möglicher Varianten. So ließen sich unter anderem die formalen Parameter verändern und/oder ergänzen. Zum Beispiel könnte ein Mindestniveau an' Finanzvolumen in Prozent der Ausgleichsmeßzahl garantiert werden. Dazu wären aber national unterschiedliche Ausgleichsgrade zu berechnen, die das Finanzvolumen (FVi) nach Finanzausgleich auf das gewünschte Mindestmaß heben. Die Simulation enthält bisher keinerlei Hypothesen über die möglichen Reaktionen sowohl auf Geber- als auch Empfängerseite. Insofern ist die zugrundegelegte Modellanalyse um Verhaltenshypothesen erweiterbar und kann durch Variation der Parameter auch zunehmender Komplexität Rechnung tragen.

D. Fazit der Modellanalyse

335

D. Fazit der Modellanalyse Weil der Europäische Finanzausgleich mit den bekannten nationalen Finanzausgleichsverfahren nur die Grundstrukturen gemein hat, wurde er im Verlauf der bisherigen Ausführungen in weiten Teilbereichen neu durchdacht und modellanalytisch skizziert. Abschließend werden die aus der Modellanalyse ableitbaren Folgerungen gezogen und in fünfErgebnisthesen formuliert: l. These

Obwohl im Rahmen des EU-Einnahmensystems (primärer aktiver Finanzausgleich) so etwas wie ein Haushaltsvollausgleich über die BSP-Residualgröße existiert, gibt es in der Europäischen Union bisher keinen Steuerkraftausgleich. Auf der Ausgabenseite des EU-Budgets orientiert man sich an BSP-Relationen und leitet daraus den jeweiligen Ausgleichsbedarf nur approximativab.

2. These

Die BSP-Relationen offenbaren einen durch den subsidiären Finanzausgleich kaum zu befriedigenden und keinesfalls zu leistenden Korrekturbedarf. Die Definition von Mindeststandards hinsichtlich eines normierten Ausgabenbedarfs sowie die Festlegung einer Einwohnergewichtung erscheint unabdingbar. Nur so lassen sich Nachholbedarfe und/oder klimatische, kulturelle und ökonomische Unterschiede berücksichtigten.

3. These

Das verfugbare Budgetvolumen der Europäischen Union kann auf absehbare Zeit zu keiner auch nur annähernden Zielerreichung fuhren. Dies gilt solange, wie die Messung der regionalen Unterschiede über durchschnittliche Sozialproduktsgrößen erfolgt und sich die EU-Förderungen in erster Linie nach 75- und 90-Prozent-Margen richten.

4. These

Bei den vier Kohäsionsländern haben die vertikalen Ausgleichszuweisungen der Europäischen Union in Relation zur jeweilgen BSP-Bemessungsgrundlage bereits Größenordnungen erreicht, nach denen man im metaphorischen Sinne durchaus davon sprechen kann, daß diese Länder am europäischen (Förder-)Tropf hängen.

5. These

Bei der politökonomischen Diskussion um die konzeptionelle Ausgestaltung des Europäischen Finanzausgleichs bleiben zahlreiche Problemfelder deshalb ungelöst, weil der passive Finanzausgleich faktisch nicht zur Disposition steht und der primäre aktive Finanzausgleich nur sehr zögerlich modifiziert wird.

336

9. Kapitel: Detenninanten und Dimensionen eines Finanzausgleichs

Deshalb versucht man in der Europäischen Union, den gesamten Korrekturbedarf über den sekundären aktiven Finanzausgleich zu regeln. Aufgrund der finanziellen Ausstattung des EUBudgets kann dieser Finanzausgleich im engsten Sinn insofern aber immer nur eine ergänzende, d.h. eine subsidiäre Funktion erfüllen.

3. Teil

Reformen und Visionen im (prä)rdderalen Finanzausgleich der Europäischen Union Für das Jahr 1996 ist die Überprüfung der Maastrichter Beschlüsse und eine entsprechende Revision des Unionsvertrages vorgesehen. Bereits im Vorfeld dieser Reformkonferenz werden Strategien und Optionen der Europäischen Union vielschichtig diskutiert. 1 Nachdem sich im Zeichen der geplanten Regierungskonferenz in zunehmendem Maße namhafte Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Politik zur künftigen Entwicklung der Europäischen Union äußern und dies durch zahlreiche Publikationen dokumentieren, sollen nur einige wesentliche Gesichtpunkte dieser fruchtbaren Diskussion aufgegriffen werden. Die nachfolgenden Ausführungen versuchen, die Diskussion zu versachlichen und zur Konzentration auf einige bedeutsame Aspekte beizutragen. Die Erörterung von finanztechnischen Regelungsbereichen des (prä)föderalen Finanzausgleichs sowie von Optionen der Vertiefung, Erweiterung und konstitutionellen Rahmenbedingungen runden die Analyse des Europäischen Finanzausgleichs nicht nur sinnvoll ab, sondern zeigen auch weitere Forschungs- und Handlungsfelder auf.

1 Zu nennen sind hier insbesondere die Materialien zur Revision des Maastrichter Vertrages von Weidenfeld (1994a), (1994b), (199S) sowie die Artikelserie "Maastricht Zwei" der FAZ oder das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirates (1994) beim Bundesministerium fIlr Wirtschaft. In diesem Zusammenhang siehe auch die Entschließung des Bundesrates (199S) zur Vorbereitung der Regierungskonferenz 1996 oder die diesbezOglichen Forderungen derBayerischen Staatskanzlei (199S). 22 Walthes

338

10. Kapitel: Refonnansätze im EU-Finanzausgleich

10. Kapitel Reformansitze im passiven und aktiven EU-Finanzausgleich

Aus Sicht des finanzföderalistischen Referenzsysterns widerspricht das derzeit praktizierte EU-Finanzsystem in nahezu allen Punkten den Prinzipien des erweiterten Verbundprinzips in seiner fMerativen Ausprägung. Die vorangegangene Gegenüberstellung von finanzausgleichstheoretischem Anforderungspro:fil und europäischer Realität haben einen umfassenden Reformbedarf erkennen lassen. Die nachfolgenden Ausfiihrungen versuchen, mit Hilfe einer präskriptiven Analyse mögliche Reforrnschritte zu erörtern. Denn erst die Modifikation der verfassungmäßigen Rahmenbedingungen und die Reform des bestehenden EU-Finanzsysterns erlauben die Implementierung einer in sich geschlossenen Finanzausgleichskonzeption. Nachdem davon auszugehen ist, daß die Europäische Union einen fMeralen Verfassungsrahmen entwickeln wird, 1 die EU-Länder aber über ganz unterschiedliche fMeralistische bzw. zentralistische Einnahmen- und Ausgabenstrukturen verfügen, 2 stellt sich eine grundsätzliche Frage: Inwieweit tangiert die zu erwartende Föderalisierung Europas das derzeitige EU-Finanzsystem und damit die künftige EU-Finanzverfassung? Zur Beantwortung dieser Frage ist vom bestehenden EU-Finanzsystem auszugehen und über Reformansätze, die über die Modifikationen des jüngsten Eigenmittelbeschlusses hinausreichen, nachzudenken. 3

1 Zur Begr1lndung siehe 2. Kapitel, Punkt B.II.; 3. Kapitel, Punkt D.1.4.; 11. Kapitel, Punkt D. 2 Beispiel Einnahmenstruktur: Im Hinblick auf den Europlischen Binnenmarkt hat das IfoInstitut ftJr Wirtschaftsforschung die Finanzvmassungen der damaligen zwölf Mitgliedstaaten analysiert und dabei große Unterschiede festgestelh (vgl. Leibfritz/NamIParsche (1989), S. IIf). Im einzelnen wurden die Steuergesetzgebung und die Einnahmenverteilung untersucht Dabei zeigte sich, daß vor der jQn~ EU-Erweiterung Deutschland der einzige Bundesstaat in der Gemeinschaft mit einer vergleichsweise autonomen Llnder- bzw. Regionenebene war. Ansonsten verfbgen die Regionen und Gemeinden der Niederlande, von Portugal und Spanien Ober eigene Steueritompetenzen. Alle anderen EU-Staaten weisen praktisch der Zentralebene alle Einnahmenkompetenzen zu. Die fmanzielle Beteiligung der nachgeordneten Körperschaften molgt Ober Komponenten des primIren und sekundlren aktiven Finanzausgleichs. 3 Aruneritung: Im Namen des Rates sprach sich der französische Außenministei Lamassoure (1995), S. 10, vor dem EP dafilr aus, daß die EU-Finanzierung reformiert werden mOsse, da sie "seit vielen Jahren auf einem Ungleichgewicht [beruhe], das auf Dauer nicht beibehahen werden könne". Zwar hat das EP bei den Ausgaben das letzte Wort, indes sind es der Rat und die Mitgliedstaaten, die die notwendigen Finanzen bereitstellen m1lssen. Nach Lamassoures Ansicht haben "wir ... mehr recht als schlecht mit dieser Situation gelebt, die vom technischen Gesichtspunkt her ein wenig widerspr1lchlieh und vom politischen und demokratischen Gesichtspunkt her nicht völlig zufriedensteIlend ist". Deshalb fordert er eine "kohlrentere und stabilere" Finanzierung flIr die Europäische Union.

A. Finanzverfassung als Nukleus einer europäischen Gesamtverfassung

339

Zunächst wird in der materiellen Ausgestaltung der EU-Finanzverfassung das Kemelement einer künftigen Gesamtverfassung der Europäischen Union gesehen. Danach werden mögliche Reformansätze in der Ausgabenstruktur erörtert und anschließend Reformvorschläge für das Einnahmensystem diskutiert.

A. Finanzverfassung als Nukleus einer europäischen Gesamtverfassung Seit Beginn der europäischen Integration werden durch die EUMitgliedstaaten sowohl die Aufgabenfelder als auch der Finanzrahmen vorgegeben. So folgen die Aufgaben- und Einnahmenzuweisungen auf europäischer Ebene nach wie vor dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung. Ferner beruht die EU-Finanzverfassung neben der Eigenmittelplafondierung auch auf dem Prinzip der Budgetdeckung, wonach die EU-Ausgaben aus laufenden Mitteln finanziert werden. Das derzeitige Finanzsystem ist geprägt durch einen Interessenausgleich zwischen Europäischem Parlament auf der einen Seite und den im Rat repräsentierten Regierungen der EU-Mitgliedstaaten auf der anderen. Das praktizierte Finanzsystem entspricht dem prä:fMeralen Stand der Integration vor Maastricht. Den Entwicklungsschritten von einer Konföderation über eine Föderation hin zu einem Europäischen Bundesstaat werden auch das EU-Finanzsystem und das EU-Finanzgebaren folgen rnüssen. 4 Wie der Argurnentationsrahrnen des Finanzausgleichs bisher deutlich gemacht hat,s antizipiert eine finanzausgleichstheoretisch fundierte Verteilung von europäischen Aufgaben-, Ausgaben- und Einnahmen bereits weite Regelungsbereiche einer künftigen Verfassung. Damit läßt die ganzheitliche Sicht des (Fiskal)Föderalismus das EU-Finanzsystern als einen ausbaufähigen Kern einer europäischen Gesamtverfassung erscheinen. Die Regelungsbereiche der EU-Finanzverfassung leisten nicht nur einen Beitrag zur Problemlösung von Finanzausgleichsfragen, sondern sie bilden auch ein richtungsweisendes Fundament für die künftige Integration.

4

S

22·

Vgl. Wissenschaftlicher Beirat (1994), S. 59. Siehe zweiter Teil dieser Arbeit.

340

10. Kapitel: Refonnansätze im EU-Finanzausgleich

B. Passiver Finanzausgleich: Reformansitze in der Aufgaben-und Ausgabenstruktur Auf der Ausgabenseite müssen mögliche Reformansätze6 zunächst am Problem der unklaren Aufgabenzuordung zwischen privatem und öffentlichem Sektor im allgemeinen und der Verteilung zwischen europäischem und nationalstaatlichem Aufgabenträger im besonderen anknüpfen. Obwohl klar sein dürfte, daß eine eindeutige Aufgabenzuweisung in einem sich erst entwickelnden föderalen System nur schwerlich zu leisten ist, so weist doch der EG-Vertrag der Europäischen Union einen eher unpräzisen und allgemeingültigen Aufgabenkatalog zu, der neben einem gestalterischen Spielraum auch ausreichend Platz rur Interpretationen über den Intensitätsgrad der Aufgabenerfiillung liefert. So nimmt die EU-Ebene nur einige wenige Aufgaben exklusiv wahr. Die Regel ist vielmehr eine permanente Gemeinschaftsaufgabe in nahezu allen Politikfeldern. Deshalb fuhrt die Wahrnehmung einer Aufgabe auf europäischer Ebene nicht zwangsläufig zu einer äquivalenten Minderung an nationalstaatlicher Kompetenz in diesem Aufgabenbereich. Vielmehr ergibt sich daraus ein Problem der Kompetenzverflechtung. Dadurch verwischen sich die Verantwortlichkeiten, nimmt der Koordinationsbedarf zu, wird die parlamentarische Kontrolle erschwert und einer ineffizienten sowie ineffektiven Mittelverwendung Vorschub geleistet. Dem Subsidiaritätsprinzip wird bisher nur ungenügend gefolgt. Damit dieses Prinzip keine Leerformel bleibt, bedarf es neben einer Überprüfung aller bisherigen EU-Aufgaben und gegebenenfalls einer Rückübertragung auf nachgeordnete Ebenen auch einer steten Beurteilung und Kontrolle aller neuen EUAufgaben. Jedoch sprechen die Interessenfunktionen der beteiligten Akteure des europäischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses :fiir eine tendenzielle Zentralisierung und fiir eine Kompetenzübertragung. Insofern besteht die Gefahr, daß bei permanenter Nichtbeachtung des erweiterten Verbundprinzips (finanzföderalistisches Referenzsystem) die Präferenzkosten deutlich ansteigen. Damit erhöht sich die Zahl der 'forced rider' derart, daß zunehmend Widerstände gegen fortschreitende Integrationsschritte in weiten Bevölkerungskreisen zu erwarten sind. Deshalb verwundert es auch nicht, daß die Ausgabenverteilung der Europäischen Union mit Mängeln behaftet ist. Abgesehen von der problematischen Unterscheidung in obligatorische und nichtobligatorische Ausgaben, tendieren 6 Eine sehr gute Synopse möglicher Reformansätze, die sich aus der mangelnden Aufgaben- und Ausgabenverteilung ergeben, liefertB. Seidel (1992), S. 2S1ft:

B. Refonnansätze in der Aufgaben-und Ausgabenstruktur

341

die politökonomischen Prozesse unweigerlich zu systemimmanenten Ausgabensteigerungen. Wie die vorangegangenen Ausführungen gezeigt haben, spielen diese institutionellen Interaktionen auch im Bereich der Ausgabenstruktur (z.B. Strukturfonds) eine entscheidende Rolle. Vergegenwärtigt man sich diese Tatsachen und konfrontiert den Ist-Zustand der Aufgaben- und Ausgabenverteilung in der Europäischen Union mit den finanzfMeralistischen Fundamenten des passiven Finanzausgleichs, so ergeben sich folgende Reformvorschläge, die in einen künftigen Verfassungsrahmen zu integrieren sind:

(1) Die Transparenz im Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß ist nur durch eine klare Trennung der Kompetenzen, die mit europäischen Aufgaben verbunden sind, zu erreichen. Dabei muß für jede einzelnen Aufgabe analytisch klar und eindeutig festgelegt werden, auf welcher 10deralen Ebene welche Kompentenzen wahrgenommen werden können und sollen. Der Aspekt der Transparenz bezieht sich nicht nur auf den passiven, sondern auch auf den aktiven Finanzausgleich. (2) Wenn es gelingt, auf der Seite des aktiven Finanzausgleichs die Prinzipien der Korrespondenz und Konnexität zu gewährleisten, müssen auch die Prinzipien der Kongruenz und der Fusion bei der Aufgabenwahrnehmung befolgt werden. Dadurch wird das erweiterte Verbundprinzip in seiner 10deralen Ausprägung verwirklicht, wodurch ein kostenminimales Angebot an europäischen Gütern und Leistungen erzwungen wird. Dazu bedarf es einer verstärkten Kontrollfunktion des Europäischen Parlaments sowie der nationalen Volksvertretungen und des Europäischen Rechnungshofes. Denn nur dann, wenn die Immediatkontrolle auf allen fOderalen und parlamentarischen Ebenen das mehrstufige Principal-Agent-Problem in den Griff bekommt, wird sich ein Verbund zwischen den europäischen Bürgern als Zahlern und Nutzern, der Kommission und den nationalen Administrationen als Anbietem sowie den institutionellen Akteuren als Entscheider herstellen lassen. Als Ergebnis einer solchen Reform wird folgendes erreicht: Sobald die Aufgabenverteilung überprüft und das Einnahmensystem darauf ausgerichtet worden ist, stellt sich aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen eine Ausgabenstruktur ein, die dem "resource-flow-principle" uneingeschränkt entspricht.

342

10. Kapitel: Refonnansätze im EU-Finanzausgleich

c. Aktiver Finanzausgleich: Alternative EU-Finanzierungsformen Zwar ist nach derzeitger Beschlußlage der EU-Mitgliedstaaten nicht davon auszugehen, daß die für einen Europäischen Finanzausgleich zentrale Frage einer EU-Finanzreform auf der Revisions- und Regierungskonferenz 1996 behandelt werden wird, 7 so müssen doch mögliche Reforrnschritte erörtert und in die Diskussion eingebracht werden. Ohne die gesamte politische und wissenschaftliche Diskussion über neue Einnahrnenarten aufzugreifen, 8 wird im folgenden auf die Modifikation im bestehenden Finanzsystem und auf die Möglichkeit einer neuen vierten Einnahrnenquelle eingegangen. Die diesbezüglichen Ausfiihrungen können die Argumentation der vorangegangenen Kapitel sinnvoll abrunden.

1 Das heutige Eigenmittelsystem als Ausgangspunkt

Zwischen EU-Mitgliedstaaten, Europäischem Parlament und Europäischer Kommission besteht Einigkeit darüber, daß das geltende Finanzierungsverfahren dem erreichten Integrationsstand der Europäischen Union nicht mehr angemessen erscheint. Für Schmidhuber liegen die Schwächen des heutigen Finanzsysterns in folgenden Punkten: 9 (1) Unausgewogene Machtbalance in Haushaltsfragen zwischen Parlament und Rat. (2) Die Einnahrnenautonornie der EU-Ebene besteht nur der Form nach. (3) Die Lastenverteilung des Einnahrnensysterns orientiert sich nicht stark genug an der Leistungsfähigkeit der EU-Länder. (4) Das Eigenrnittelsystem ist übertrieben komplex, absolut intransparent und mehrfach inkonsistent. In der Literatur bestehen vielfältige Lösungsvorschläge, wie diese Mängel abgestellt werden könnten und in welche Richtung sich das künftige EUFinanzsystem entwickeln sollte. Jedoch hat auch der jüngste Eigenrnittelbeschluß von 1994 am bestehenden System nicht viel geändert. Wie bereits er-

So die Einschltzung von Schmfdhuber (1993), S. S. 8 Einen guten Überblick zur bisherigen Diskussion Ober die Refonn des Einnalunensystems IiefertBlJur (1994), S. 107ft: 9 Vgl. Schmfdhuber (1993), S. 1. Siehe auch die kritische WOrdigung im 6. Kapitel, Punkt C.II. 7

c. Aktiver Finanzausgleich: Alternative EU-Finanzierungsformen

343

läutert,10 zielt er darauf ab, die dem Eigenmittelsystem inhärente Regressivität zu beschränken und die relative Beitragskapazität der Mitgliedstaaten verstärkt zu berücksichtigen. Unter den Ansätzen, die in europapolitischen Kreisen diskutiert werden. sind insbesondere folgende Vorstellungen hervorzuheben: (1) Bereits im Padoa-Schioppa-Bericht wurde der Standpunkt vertreten. daß

eine künftige EU-Finanzreform zum einen "so weit wie irgend möglich einen Gemeinschaftshaushalt mit automatischer Ausgewogenheit" gewährleisten müsse und zum anderen auch eine Progression bezüglich der BSP-Bemessungsgrundlage auf der EU-Einnahmenseite enthalten sollte, weil damit die Notwendigkeit entfallen würde, "auf der Ausgabenseite des Haushalts Allokations- und Verteilungsmerkmale zu vermischen" 1I.

(2) Wählt man mit dem schweizerischen Finanzfbderalismus eine materielle Referenzbasis für ein funktionstüchtiges aktives Finanzausgleichssystem, dann können für die Europäische Union nur beschränkte Einnahmenkom-

petenzen abgeleitet werden, weil ein zu großes Maß an Einnahmenautonomie eher zu einem 'unitarischen Föderalismus' als zu einem dezentralen, kompetenzdifferenzierenden und kooperativen Föderalmodell passen würde. 12 In dieselbe Richtung argumentiert Laufer, indem er das Subsidiarltätsprinzip anführt. Danach entscheiden allein die EU-Mitgliedstaaten darüber, "welche Finanzmittel sie der Gemeinschaft zur Verfügung stellen wollen" und ''behalten damit die Kontrolle darüber, was in der Gemeinschaft gewollt ist"13. Folglich verbleibt die Entscheidungskompetenz ausschließlich bei den Mitgliedstaaten.

10 11

Siehe 6. Kapitel, Punkt C.I. Padoa-Schioppa (1988). S. 103. Der von der Kommission in Auftrag gegebene Bericht wurde von einer internationalen Gruppe unabhlngiger Sachverstlndiger aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft erarbeitet. Die Untersuchung versuchte, im Hinblick auf den EG-Binnenmarkt mögliche Modifikationen und Refonnen im Gemeinschaftssystem zu entwerfen und Wege zu einer ausgeglichenen Entwicklung der Gemeinschaft aufLuzeigen. 12 Vgl.Bullmallll(1992). S.1l7. 13 Laufer (199S), S. 213. Er lehnt jegliche Besteuerungskompetenz auf EU-Ebene ab, weil nach seiner Ansicht die EuropAische Union noch "nicht die höchste Stufe eines fMcrativen Systems" darstellt. Dieser BcgrOndung ist jedoch dezidiert zu widersprechen. Wie die Ausftlhrungen zum passiven und aktiven Finanzausgleich deutlich gezeigt haben, stelh die EU - wie bereits cr6rtert - eine tbdcrale Ebene neben allen anderen Körperschaften (Mitgliedstaaten, LIndern, Regionen ctc.) dar. In diesem Zusammenhang vertritt Schmfdhuber (1993), S. 6, die Auffassung. daß die "Refonn des Eigcnrnittclsystems ••. die volle Finanzautonomie der Gemeinschaft herstellen" soll. Dieser Forderung kann jedoch nur dann uneingcschrAnkt zugestimmt werden, wenn auch die Aspekte der Aufgabenvertcilung und des Willcnsbildungs- und Entscheidungsprozcsses in die Refonnbctrachtung mit einbezogen werden.

344

10. Kapitel: Refonnansätze im EU-Finanzausgleich

(3) Ferner fordert Peffekoven "ein technisch einfaches, von den nationalen Regierungen und von den Bürgern nachvollziehbares" Finanzierungssystem, das transparent werden läßt, welche Kosten die Bürger "infolge der Tätigkeiten der EU tragen müssen"14. Es wird sich im folgenden zeigen, ob ein EU-Einnahmensystem denkbar ist, das diesen Forderungen genügen kann und zugleich im Einklang mit dem erweiterten Verbundprinzip steht. Nachdem sich bei den Akteuren (Rat, Kommission, Parlament), die am bisherigen Finanzsystem beteiligt sind, die Auffassung durchgesetzt hat, daß die MwSt- und BSP-Eigenmittel zwar 'Eigene Einnahmen' der Union sind, aber keine dem Integrationsstand angemessene Eigenmittelart darstellen, und in Zukunft die Verantwortung sowohl für die Einnahmen als auch Ausgaben keinesfalls mehr auseinanderfallen sollten, benötigt die Union weitere echte eigene Einnahmenarten. 15

II. Umgestaltung des Eigenmittelsystems

Der klassische Katalog der Staatseinnahmen enthält ganz allgemein alle in Frage kommenden Unionseinnahmen. 16 Da die europäische Ebene aus theoretischer Sicht aber nur für solche öffentlichen Güter und Leistungen als Aufgabenträger dienen soll, die auch über einen europäischen Streuungsradius verfügen (Kongruenzprinzip), scheiden aufgrund der Freifahrerproblematik Ld.R Beitrags- und Gebührenfinanzierungen aus. Insofern bleibt nur die Einführung einer Unionssteuer als Finanzierungselement des europäischen Aufgabenspektrums. Eine solche Europa-Steuer könnte als vierte Einnahmenquelle zu den bisherigen treten oder Teile der zweiten und dritten Eigenmittelart ersetzen.

1. Anforderungsprofil einer Unionssteuer Wollte man versucben, für die Beurteilung verschiedener Besteuerungsvorschläge die in der Steuerliteratur bekannten theoretischen Aspekte sowie das pragmatisch-technische Anforderungsprofil aus Sicht der Europäisc.hen Union 14 Peffekoven (1994), S. 118. 15 Die originären Eigerunittel (Zölle und Agrarabschöpfungen) stellen die

erste Art der eigenen Eirutahmen der Europäischen Union dar. MwSt- und BSP-EigeMlittel entsprechen ihrem Charakter nach mehr den nationalen Finanzbeiträgen. Siehe hierzu die Schlußfolgerungen im 6. Kapitel, Punkt C. 16 In Zukunft wären auch die Abfilhrungen der ÜberschQsse einer EZB zu berOcksichtigen.

c. Aktiver Finanzausgleich: Alternative EU-Finanzierungsfonnen

345

und der Nationalstaaten in einem Prüfkatalog zu integrieren, so würde dieser einen erheblichen Umfang annehmen, ohne jemals den Anspruch auf eine umfassende Berücksichtigung aller themenrelevanten Gesichtspunkte genügen zu können.11 Stattdessen wird im folgenden nur ein relativ einfacher Kriterienkatalog entwickelt, der sich flir die Umsetzung praktischer Vorschläge aber durchaus eignet. Obwohl die EU-Kommission noch kein in sich geschlossenes Anforderungsprofil entwickelt hat, läßt sich sowohl aus theoretischer als auch aus europäischer Sicht eine ganze Reihe von Forderungen ableiten, denen eine Gemeinschaftssteuer genügen sollte: 18 (1) Transparenz: Die Steuer muß für den Steuerpflichtigen (Bürger, Unternehmen) sichtbar und fühlbar sein. 19 Sie darf jedoch nicht darüber hinaus zu einer zusätzlichen Abgabenlast führen. Dies stellt eine Grundvoraussetzung für die Korrespondenz zwischen Zahler und Nutzer dar. Ferner benötigt die EU-Ebene einen höheren Autonomiegrad,20 damit auch die KonnexiUit zwischen Einnahmen und Ausgaben verwirklicht wird. Nur so läßt sich dem Verbundprinzip sukzessive näherkommen. (2) Harmonisierte Bemessungsgrundlage: Die Erhebung muß auf einer ein-

heitlichen, d.h. harmonisierten Bemessungsgrundlage erfolgen. Bei letzterer sollte es sich um eine effektive Größe, wie das tatsächliche Steueraufkommen oder das Sozialprodukt, handeln.

(3) Gerechte Lastenverteilung: Die Bemessungsgrundlage sollte nach Mög-

lichkeit nicht regressiv, sondern eher progressiv zur BSP-Leistungsfähigkeit verlaufen. Die Steuer sollte bereits bei der Erhebung für umverteilende Zwecke genutzt werden können.

(4) Effizienz: Die Steuer sollte relativ einfach und kostengünstig zu erheben

und zu verwalten sein. Bezieht man hierbei nicht nur die Ressourcenko-

17 Vgl. Caesar (1990), S. 82f, der einen umfassenden Kriterienkatalog ableitet Ähnliche Anforderungen, die an ein rationales EG-Einnahmensystem zu stellen sind, nennt bereits Henu (1981), S. 50f. 18 Vgl. dazu Kommission (1992g), S. 44f, Schmidhuber (1992), S. 573, (1993), S. 8; B"ur (1994), S. 112f. Siehe hierzu auch den fOderativen Referenzmaßstab im 4. Kapitel, Punkt B. 19 Steuerpflichtig können natllrlich auch die Mitgliedstaaten sein. Doch mOssen sich diese bei ihren Bürgern und Unternehmungen refmanzieren. Insofern bezieht sich das Prinzip der Korrespondenz in erster Linie auf Bürger bzw. Unternehmen, wenngleich eine Verbindung zwischen den Gebietskörperschaften aus Sicht des Finanzausgleichs genauso denkbar wAre. 20 Dabei stellt filr Peffekoven (1994), S. 26, das Motto "no taxation without representation" ein Kernelement der reprAsentativen Demokratie dar. Für die EU leitet sich daraus die Forderung ab, daß eine Steuerautonomie mit einer parlamentarischen Beteiligung der betroffenen Individuen einhergehen muß.

10. Kapitel: Refonnansätze im EU-Finanzausgleich

346

sten, sondern auch die Pra!erenzkosten mit ein, so lassen sich darunter neben steuertechnischen und steuerpsychologische Problemen auch die

Minimierung von Zusatzlasten (excess burden) subsumieren.

(5) Fiskalische Ergiebigkeit: Die Ertragskraft einer EU-Steuer muß den Bedürfnissen der EU-Finanzierung dauerhaft Rechnung tragen können.

(6) Durchsetzbarkeit: Eine Gemeinschaftssteuer muß in allen Mitgliedstaaten ohne Ausnahmeregelungen für alle Steuersubjekte gelten, die den steu-

erpflichtigen Tatbestand erfullen. Insofern müssen sowohl auf politökonomische Konsens- als auch praktische Durchsetzungsfähigkeit geachtet werden.

Dieses Anforderungsprofil ist bereits so komplex, daß eine simultane Berücksichtigung aller Kriterien als kaum möglich erscheint. Deshalb werden Art und Umfang der neuen EU-Steuer letztendlich davon abhängen, welche dieser Kriterien bei den politischen Akteuren kompromißfähig sind und bei der Entscheidung für eine Unionssteuer stllrker gewichtet werden als andere.

2. Synopse alternativer EU-Steuern Für die Neuschaffung einer vierten Eigenmittelart kommen gleich mehrere Optionen in Frage. Gleichwohl kann schon jetzt gesagt werden, daß keine der möglichen EU-Abgaben den aufgelisteten Kriterienkatalog uneingeschränkt erfullt. Dennoch lassen sich einige der obigen Kriterien in überzeugender Art und Weise untermauern. Zu unterscheiden sind indirekte Steuern, etwa die MwSt oder spezifische Verbrauchsteuern, insbesondere eine Energiesteuer, von den direkten Steuern, die bei den Individuen (Einkommensteuer), den Unternehmen (Körperschaftsteuer) oder bei den Mitgliedstaaten (Sozialproduktsteuer) erhoben werden können.

Mehrwertsteuer Nach Ansicht von Langes erfiillt die MwSt "die Forderungen nach hohem Verbreitungsgrad, Einfachheit, Transparenz und einer Verbindung zwischen Steuerzahler und Adressat"21. Deshalb stellt sie eine emstzunehmende Option für eine Unionssteuer dar.

21 Langes (1993), S. 9. Es ist jedoch kritisch anzumerken, daß Langes seine Einschltzung nicht begrilndet. Dies gilt insbesondere flIr den Vmund zwischen Steuerzahler und Adressat.

c. Aktiver Finanzausgleich: Alternative EU-Finanzierungsfonnen

347

Jedoch entspricht die gegenwärtige Teilhabe der europäischen Ebene an der MwSt nur sehr rudimentär einer eigenen Steuereinnahme. 22 Denn die MwStBemessungsgrundlage stellt ihrem Charakter nach eher eine statistische bzw. fiktive Rechengröße als tatsächlich vereinnahmte Eigenmittel dar. Ferner wurde bisher nur die Steuerart harmonisiert und damit die Bemessungsgrundlage, nicht dagegen die einzelnen MwSt-Sätze. 23 Was die fiskalische Ergiebigkeit anbelangt, so führt bereits eine geringe MwSt-Satzerhöhung zu einem deutlichen Anstieg des Steueraufkommens. Dies hat seine Ursache in der breiten Bemessungsgrundlage. Jedoch entwickeln sich MwSt-Bemessungs~ grundlage und Sozialprodukt unterschiedlich. Im Vergleich zur BSPBemessungsgrundlage wächst die der MwSt langsamer. Bei allen Überlegungen, die die MwSt als eine indirekte Verbrauchsteuer einbeziehen, wird jedoch die Regressivitäts-Hypothese24 nur unbefriedigend zu entkräften sein. Damit eignet sich die MwSt generell nicht für Umverteilungszwecke zugunsten schwächerer Wohlstands- bzw. Einkommensgruppen. Zur Herstellung eines Verbundes zwischen Zahler, Nutzer und Entscheider könnte man eine Zuschlaglösung auf die jeweils nationalen MwSt-Tatbestände ins Auge fassen (Zuschlagsystem). Dazu müßte die MwSt in einen nationalen und einen europäischen Anteil gespalten werden. Ziel ist es, daß mit dieser EU-Steuer jedes Individuum auf der Endstufe des Verbrauchs durch die MwStZahllast zumindest teilweise konfrontiert wird. Jeder MwSt-Teil würde autonom nach den jeweiligen Entscheidungsverfahren beschlossen werden (ungebundenes Zuschlagsystem). Für die Ebene der Europäischen Union würde dies bedeuten, daß sie über die Einnahmenautonomie des EU-Zuschlags bzw. EU-Abgabensatzes verfUgt und gegenüber den Steuerpflichtigen auch die Verantwortung dafür trägt. Zu beachten ist jedoch, daß ein MwSt-Zuschlag die nationalstaatliche Struktur des fijderalen Einnahmenverbundes tangiert und zu Kompetenzverschiebungen zwischen Mitgliedstaaten und EU-Ebene führt, die das MwSt-Aufkommen berühren. 2S Schließlich erscheint ein MwSt-Zuschlag Siehe die Ausfilhrungen im 6. Kapitel, Punkt C.II. 23 In EUR12 fanden acht unterschiedliche Steuersltze Anwendung, die - von steuerbefreiten Umsitzen einmal abgesehen - zwischen 15 und 25 Prozent lagen. 24 Siehe hierzu 6. Kapitel, Punkt C.1.2.b). 2S Ausgeklammert wurde bisher das Problem einer grenzQberschreitenden MwSt-Besteuerung, weil im Rahmen dieser Arbeit die Frage einer geeigneten Steuerart zur Finanzierung des europlaischen AusgabenbedaJfs im Vordergrund steht und nicht das nationale Steueraufkommen in AbhAngigkeit unterscheidlicher grenzüberschreitender Besteuerungsprinzipien. In diesem Zusammenhang ist auf einige wichtige Untersuchungen von FehrlRosenberg/Wiegard (1992), (1995) zu verweisen, die die quantitativen Wirkungen grenzüberschreitender Umsatzbesteuerung auf der Grundlage eines empirischen allgemeinen Gleichgewichtsmodells filr die alternativen Regelungen des Europäischen Binnenmarktes entwickelten. Sie simulieren die in der Diskussion befmdlichen Umsatzsteuer-Varianten 22

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10. Kapitel: Refonnansätze im EU-Finanzausgleich

aus steuertechnischer und steuerpsychologischer Sicht unbefriedigend, weil die MwSt bei Anwendung der Steuererklärungsmethode mit relativ hohem Verwaltungsaufwand verbunden ist und auf seiten der Steuerpflichtigen einen breiten Spielraum der Steuerausweichung zuläßt. Insgesamt bleibt der Aspekt einer gerechten Lastenverteilung in diesem Modell eines MwSt-Zuschlags ebenso unberücksichtigt wie bei den derzeitigen MwSt-Eigenmitteln. Auch dürfte das Modell eines ungebundenen MwSt-Zuschlags aus politökonomischer Sicht wenig Realisierungschancen haben, weil auf absehbare Zeit kein Mitgliedsland einem Transfer von so weitgehenden Autonomierechten auf die EU-Ebene zustimmen würde. Deshalb käme eine weitere Alternative in Frage, die dem derzeitigen MwSt-Eigenmittelsystem sehr nahe liegt. Anstelle eines ungebundenen MwSt-Zuschlags wird die EU-Ebene im Rahmen eines Einnahmenverbundes am MwSt-Aufkommen der Mitgliedstaaten generell beteiligt (Verbundsystem). Die Entscheidungs- und Durchfiihrungskompetenz über die MwSt bliebe weiterhin bei den Nationalstaaten, die Ertragskompetenz könnte hingegen im Zuge des Steuerverbundes zwischen Mitgliedstaat und EU-Ebene aufgeteilt werden. Die Finanzautonomie der EU-Ebene bleibt weiterhin stark beschränkt, denn die Festlegung der Beteiligungsquote am MwStAufkommen (Einzelverbund) unterliegt der politökonomischen Entscheidungsfindung zwischen den am Verbundsystem beteiligten Körperschaften. Durch ein gebundenes Zuschlagsystem könnte trotz der geringen EUFinanzautonomie eine engere Verbindung zwischen EU und Bürger hergestellt werden. Dazu müßten die EU-Mitgliedstaaten ihre MwSt-Eigenmittel-Zahllast als MwSt-Zuschlag der EU gegenüber den Wirtschaftssubjekten ausweisen. Doch würde wegen der unterschiedlichen Höhe der nationalen MwStAufkommen und aus Gründen einer gerechten Lastenverteilung die Beteiligungsquote und damit der MwSt-Zuschlag in jedem Mitgliedstaat unterschiedlich hoch sein. Nur so entstünde eine im Durchschnitt gleichmäßige Pro-Kopf-Belastung. Abschließend wird deutlich, daß die kritischen Argumente überwiegen. Insofern ist vorerst ein spezifischer MwSt-Zuschlag bzw. -Satz der EU-Ebene abzulehnen und eine andere Finanzierungsalternative in Erwägung zu ziehen.

(Bestimmungslandprinzip, Obergangssystem, Mischsystem, Gemeinsamer-Markt-Prinzip., ClearingSystem usw.) und filhren die Wirkungen der Änderung der verschiedenen Besteuerungsprinzipien auf nationale und internationale Einkommens- und Substitutionseffekte zurQck.

C. Aktiver Finanzausgleich: Alternative EU-Finanzierungsfonnen

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Spezifische Verbrauchsteuern Weil in allen EU-Mitgliedstaaten spezifische Verbrauchsteuern erhoben werden,26 könnten sie eine Alternative zur MwSt darstellen. In der europapolitischen Diskussion findet sich immer wieder die Mineralölsteuer oder die COrAbgabe. Weniger häufig werden spezielle Verbrauchsteuern aus dem Bereich der Genußmittel (wie Tabak-, Zigaretten- und/oder Alkoholsteuern) genannt. Die Finanz- und Steuerpolitik eines Staatswesens sieht in den Verbrauchsteuern auch markt- und/oder ordnungskonforme Steuerungsinstrumen~ te, die finanzielle Anreize und/oder Belastungen schaffen, damit sozioökonomische Veränderungen erfolgen (meritorische oder demeritorische Begründung). Folgt man nach Henke der These, daß "der nationale Energieverbrauch mit der Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten langfristig und gleichgerichtet korreliert, läge hier ein Ansatzpunkt für eine europäische Energiebesteuerung"27. Auch entspricht die Einführung einer EU-Steuer auf den Energieverbrauch den Zielvorstellungen der EU-Umweltpolitik und könnte, da es sich um eine Lenkungssteuer handelt, zu einer Verminderung der interregionalen negativen externen Effekte beitragen, die mit dem Energieverbrauch beim Produktions- und Konsumtionsprozeß verbunden sind. Jedoch zeigt sich bei genauerer Analyse, daß bisher weder Klarheit darüber besteht, welche Energieverbräuche den steuerpflichtigen Tatbestand erfiillen, noch in welcher Form die Bemessungsgrundlage ermittelt und der Tarifverlauf gestaltet werden sollen. Dennoch sieht Peflekoven bei diesen technisch relativ einfachen indirekten Steuern keine größeren Probleme in der Harmonisierung der entsprechenden Bemessungsgrundlagen. 28 Eine konkrete Möglichkeit bestünde beispielsweise darin, die EU-Ebene an der Mineralölsteuer im Rahmen eines koordinierten Systems (z.B. gebundenes Trenn- oder Verbundsystem) zu beteiligen. 29 Zwar würde dadurch die Ertragskompetenz der Union gestärkt, aber die Verantwortlichkeit der EU-Ebene gegenüber dem Bürger nur unwesentlich hervorgehoben. Ferner dient die Energieverbrauchsteuer eigentlich nicht nur fiskalischen, sondern auch lenkungspolitischen und äquivalenztheoretischen Aspekten. Insofern besteht ein 26 Schon heute erhebt die Europlische Union so etwas wie spezifische Verbrauchsteuem: z.B. die Mitverantwortungsabgaben im Agrarbereich. 27 Henke (1981), S. 60. 28 Vgl. Peffekoven (1994), S. 116. 29 Siehe dazu die möglichen Formen des prirnlren aktiven Finanzausgleichs im 6. Kapitel, Punkt AIII.

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10. Kapitel: Refonnansätze im EU-Finanzausgleich

Konflikt zwischen nichtfiskalischen und fiskalischen Zielen. 3o Bei erfolgreichem Einsatz der Steuer kann es zu Energieeinsparungen kommen, und damit würden die Haushaltseinnahmen sinken. Eine ganz ähnliche Argumentation gilt für die Erhebung einer COrSteuer, wobei die Berechnungen der Kommission aber davon ausgehen, daß z.B. "bei einer Kohlenstoffabgabe von 10 Dollar pro Barrel beim derzeitigen Stand der COrEmmissionen ein Steueraufkommen von 1,1 v.H. des EU-Bruttoinlandsproduktes erreicht werden kann"31. Solange aber keine EU-weite Harmonisierung der Bemessungsgrundlagen erfolgt, solange wird es auch voneinander abweichende Regelungen hinsichtlich von Steuerbefreiungen und -ermäßigungen geben. Deshalb bleiben zahlreiche Fragen klärungs- und regelungsbedürftig. 32 Trotz dieser Schwierigkeiten darf das prozeßpolitische Lenkungselement einer spezifischen Verbrauchsteuer für die Europäische Union nicht außer acht gelassen werden. Neben dem Umweltbereich könnte eine derartige 'Straf-' oder 'Erziehungssteuer' aus Internalisierungsgründen im Rahmen der Struktur-, Regional- und Verkehrspolitik durchaus Sinn machen. 33 In diesen Steuerrahmen ließe sich die des öfteren vorgeschlagene Agglomerationssteuer,34 die als ein regionalpolitisches InStrument das Überschreiten von Ballungsoptima verhindern soll, einordnen. Insofern stellen spezifische Verbrauchsteuern, insbesondere eine COrEnergiesteuer, durchaus eine wünschenswerte, aber langfristige Option einer EU-Steuer dar. Einkommen- und Körperschaftsteuer Eine direkte EU-Steuer entspricht den gemeinschaftlichen Anforderungskriterien eher als die indirekten Steuern. Der Vorteil dieser direkten Besteuerungsquellen liegt vor allem in ihrer Ergiebigkeit und ihrem unmittelbaren Verbund zum steuerpflichtigen Haushalt und Unternehinen. Die Bemessungsgrundlage steigt in etwa gleichem Maße wie das Sozialprodukt. Ferner greifen 30 Einen intetessanten Ansatzpunkt stellt in diesem Zusammenhang die 'Double-DividendHypothese' dar, wonach man mit Hilfe des Steueraufkommens aus Ökosteuern andere verzerrende Steuern reduziert. Dadurch kommt es zu einem 'doppelten Vorteil', weil nicht nur die UmwehqualiW verbessert wird, sondern auch Zusatzlasten (excess burden) verursachende Steuern gemindert werden können. Damit wird letztendlich das gesamte Steuersystem effizienter gestaltet. Insofern können Ökosteuern, wie eine CO2-Steuer, Ober den umweltpolitischen Aspekt hinausgehenden Zielen, wie der Effizienz des gesamten Steuersystems, dienen. Dazu mehr in SchlJb (1995), S. 93ff. 31 Peffekoven (1994), S. 116. 32 VgI.B"ker(1994), S.117f. 33 Vgl. Langes (1993), S. 13. 34 Vgl. Henke (1981), S. 56; Biehl (1991a), S. 175, sieht das Konzept einer AggIomerationssteuer substitutiv zu einem Finanzausgleich. Hierbei handelt es sich um Überlegungen, die analytisch im Bereich des sekundären aktiven Finanzausgleichs anzusiedeln sind.

C. Aktiver Finanzausgleich: Alternative EU-Finanzierungsfonnen

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diese Steuern direkt auf das Individuum bzw. Unternehmen zurück. 35 Ebenso wie bei einer EU-MwSt sollte sich auch bei einer EU-Einkommen- und EUKörperschaftsteuer die gesamte Traglast der Steuersubjekte keinesfalls erhöhen. Vielmehr muß die EU-Traglast durch Teile des nationalen Steueraufkommens gegenüber den Steuerpflichtigen kompensiert werden. Aufgrund der Heterogenität der nationalen Steuersysteme steht eine Unionssteuer in diesen Bereichen vor nahezu unüberwindbaren Harmonisierungsproblemen. Bisher haben im Bereich der direkten Steuern, mit Ausnahme der sogenannten Doppelbesteuerungsabkommen, kaum Harmonsierungsbestrebungen Erfolge verzeichnet. Nach Aussage von Schmidhuber hüten die EU-Mitgliedstaaten ihre "direkten Steuern eifersüchtig als rein nationale Dornäne"36. Selbst Langes setzt für die Einführung einer gemeinschaftlichen Einkommen- und Körperschaftsteuer "ein weit höheres Maß an Kohäsion der Wirtschafts- und Sozialsysteme in der Union voraus, als es heute gegeben ist, wie auch eine größere Harmonisierung in den Steuersystemen, bei der Steuererhebung und den Kontrollmechanismen"37. Zusammenfassend können sowohl Einkommen- als auch Körperschaftsteuer in einer höheren Integrationsstufe, z.B. der Politischen Union, eine geeigntete EU-Steuer darstellen - derzeit und auf absehbare Zeit allerdings nicht. 38

Sozialproduktsteuer Das Sozialprodukt gilt spätestens seit dem Beitritt des Vereinigten Königsreichs als ein wnfassender und vor allem gerechter Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und nationalen Wohlfahrt. 39 Ferner erscheint aufgrund des derzeitigen Eigenrnittelsystems und dessen deutlicher Anlehnung an der BSP-Bemessungsgrundlage eine Steuer auf das Sozialprodukt der EUMitgliedstaaten eine überlegenswerte Alternative. Eine verstärkte Finanzierung der Europäischen Union über eine Sozialproduktsteuer hätte einige Vorteile: 4O

35 In diesem Zusammenhang ist auf ein von BiehVWinter (1990) entwickeltes Zuschlagsverfahren auf die individuelle Einkonunensteuenahllast zu vetWeisen. Dieses Finanzierungsmodell wird durch Model1rcchnungen untermauert, auf die jedoch im Rahmen dieser Analyse nicht nAher eingegangen werden soll. Zur Kritik an diesem Zuschlagsystcm sieheH. Fischer (1990b), S. 133f, und zu alternativen Vorschlägen Stoll (1990), S. 143f. 36 Schmidhuber (1993), S. 10. 37 Langes (1993), S. 14. 38 Vgl. Caesar (1990), S. 92f, der diese beiden Steuerarten ausftlhrlich diskutiert. 39 Siehe 6. Kapitel, Punkt C.1.2.c). 40 Vgl.Peffekoven (1984), S. 317; Henke (1988), S. 140.

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10. Kapitel: Refonnansätze im EU-Finanzausgleich

(1) Ein Abgaben- bzw. Zuschlagsystem auf das Sozialprodukt ist technisch einfach. Dazu müssen aber Definition, Erfassung, Bewertung usw. harmonisiert sein. Dies gilt bereits zum weitaus größten Teil fiir die BSPBemessungsgrundlage.

(2) Es bleibt den EU-Mitgliedstaaten überlassen, wie die innerstaatliche Erhebung der Deckungsmittel erfolgt und nach welchen Gerechtigkeitspostulaten sich die Finanzierungslasten auf die Wirtschaftssubjekte verteilen (z.B. Verhältnis von direkten zu indirekten Steuern). Damit wird dem Subsidiaritätsprinzip entsprochen und föderale Strukturunterschiede bleiben unberührt. (3) Eine Doppel- oder Mehrfachbeanspruchung von ein und derselben Bemessungsgrundlage durch verschiedene Körperschaften (regional, national, europäisch) scheidet aus. Es besteht kein finanzausgleichsrelevanter Koordinationsbedarf zwischen mehreren gebietskörperschaftlichen Ebenen.

(4) Eine unmittelbare Orientierung an der Beitragskapazität, d.h. der nationalstaatlichen Leistungsfähigkeit, ist gewährleistet. Selbst "eine progressive Ausgestaltung der Beitragshöhe ist möglich, wenn man z.B. die prozentuale Belastung des Sozialprodukts mit steigendem Pro-KopfEinkommen eines Mitgliedstaates wachsen läßt"41. Damit wird dem Umverteilungspostulat genüge getan. (5) Durch Variation des Abgabensatzes können selbst konjunkturpolitische Zielsetzungen realisiert werden. (6) Gerade im Hinblick auf einen Finanzkraft- bzw. Steuerkraftausgleich im Rahmen eines subsidiären Finanzausgleichs zwischen den EU-Mitgliedstaaten stellt die Sozialproduktsteuer und ihre Bemessungsgrundlage einen transparenten Indikator dar, der sich ohne weiteres in eine Finanzausgleichskonzeption integrieren läßt. Als Einwände, die gegen diese relativ einfache Finanzierungsalternative sprechen, lassen sich vor allem folgende Argumente vorbringen: 42 (1) Zum einen sprechen steuersystematische Bedenken dagegen, weil ein völlig neues Besteuerungselement eingeführt wird, das die bestehenden nationalstaatlichen Steuerstrukturen unberücksichtigt läßt. Zum anderen kann mit der Sozialproduktsteuer kein Steuerverbund realisiert werden. Es handelt sich zwar weiterhin um nationale FinarlZbeiträge, die aber nun-

41 42

Peffokoven (1994), S. 112. Siehe die ausfllhrliche Diskussion bei Henke (1981), S. 61f.

c. Aktiver Finanzausgleich: Alternative EU-Finanzierungsformen

353

mehr dem Charakter nach Steuerschulden der Mitgliedstaaten gegenüber der Union sind. (2) Schließlich erfüllt diese Art von Europasteuer auch die Forderung nicht, nach der die EU-Steuerlast unmittelbar durch die Individuuen bzw. die Unternehmen aufzubringen ist. Folglich fehlt auch bei der Sozialproduktsteuer die "Steuergläubiger-Steuerschuldner-Beziehung"43. Nachdem die interne Lastenverteilung der BSP-Steuer aber den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, kann es ferner dazu kommen, daß das 'arme' Individuum im 'reichen' Staat das 'reiche' Individuum im 'armen' Mitgliedstaat alimentiert. 44 (3) Ein argumentatives Problem liegt auch darin, daß auf europäischer Ebene eine progressive Lastenverteilung "noch viel weniger eindeutig begründet werden [kann] als bei der Steuerlastverteilung innerhalb eines Mitgliedstaates auf dessen Bürger"45. Insbesondere der auf die BSP-Bemessungsgrundlage anzulegende Progressionsgrad hängt einerseits von der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten und andererseits vom politökonomisehen Interaktionsprozeß ab. Das erste Argument ist auf EU-Ebene geringer ausgeprägt als im nationalstaatlichen Rahmen; das zweite wird von den divergierenden Interessenfunktionen der beteiligten Akteure determiniert. Synoptische Bewertung der verschiedenen EU-Steuern

Tabelle 13 veranschaulicht in einer abschließenden Beurteilung, inwieweit die oben erwähnten Steuerarten dem geforderten Anforderungsprofil entsprechen. Als eine mögliche EU-Steuer scheiden die Einkommen- und Körperschaftsteuer vorerst aus, weil weder die Bemessungsgrundlagen hinreichend harmonisierbar noch die Durchsetzbarkeit möglich erscheinen. Im Bereich einer spezifischen Ökosteuer ist wohl auf EU-Ebene eher ein Konsens möglich, als dies bei der MwSt der Fall ist. Dennoch scheitern sowohl MwSt als auch spezifische Verbrauchsteuern an dem Kriterium der Lastenverteilung, weil sie bei steigendem Einkommen regressive Belastungsverläufe aufweisen. Als operabel zeigt sich die Sozialproduktsteuer, die in fast alle Kriterien dem Anforderungsprofil entspricht. Nur das Kriterium der Transparenz bleibt unerfüllt, weil der Verbund zwar zwischen den Mitgliedstaaten und der EU-Ebene, 43 Henke (1988), s. 142. 44 Für B. Seidel (1992), S. 58, ist dies jedoch "lediglich unter dem Blickwinkel der individuellen LeistungsBhigkeit problematisch, nicht jedoch filr den Finanzausgleich zwischen Mitgliedstaaten". 45 B. Seidel (1992), S. 59. 23 Waltlles

10. Kapitel: Refonnansätze im EU-Finanzausgleich

354

nicht aber zwischen den Individuen und der EU besteht. Der Aspekt der Durchsetzbarkeit kann nur mit Einschränkung positiv beurteilt werden, weil insbesondere der anzuwendende Progressionsgrad dem politökonomischen Interaktionsprozeß unterworfen ist. Tabelle 13 Beurteilung möglicher EU-Steuern

Steuerart ~

Indirekte Steuern

Direkte Steuern

MwSt

sepzifische VerbrauchSt

+

+

+

(+)

-

+

Lastenverteilung

(-)

(-)

(+)

+

Effizienz

(+)

(+)

(+)

+

Fiskalische Ergiebigkeit

+

(-)

(+)

+

Durchsetzbarkeit

(-)

(+)

-

(+)

Kriterium ~ Transparenz Bemessungsgnmdlage

Einkommen- u. SozialproduktSteuer KörperschaftSt

+

(- )

Arun.: + (+) =Kriterium spricht (mit Einschränkung) filr EU-Steuer - (-) = Kriterium spricht (mit Einschränkung) gegen EU-Steuer QueUe: Eigene DoIsIeUtmg

3. Reformvorschlag: Regressives und progressives Eigenmittelmix

Unterstellt man, daß ein EU-Eigenmittelsystem immer aus mehreren Einnahmenkomponenten' besteht (Eigenmittelmix), dann kompensieren sich mitunter die unerwünschten Nebenwirkungen. Insofern stellt eine progressiv ausgestaltete Sozialproduktsteuer ein Gegengewicht zu den eher regressiv wirkenden MwSt-Eigenmitteln dar. Der Refonnvorschlag stützt sich auf ein mehrstufiges Verfahren, wobei der Finanzbedarf der Europäischen Union den Ausgangspunkt der Einnahmenseite bildet. Dieser Finanzbedarf wird aufgrund der zugewiesenen Aufgaben ennittelt. Daran schließen sich folgende Finanzierungsschritte an:

c. Aktiver Finanzausgleich: Alternative EU-Finanzierungsfonnen

355

(1) In einem ersten Schritt werden die sonstigen Einnahmen sowie die originären Eigenmittel (Zölle, Argarabschöpfungen) direkt der EU-Ebene zugerechnet. Dabei ist es unbedeutend, in welchem Mitgliedstaat die EUAbgaben vereinnahmt wurden. Diese Finanzmittel leisten einen Dekkungsbeitrag zur Haushaltsfinanzierung. (2) Im nachfolgenden Schritt wird die auf 50% gekappte MwStBemessungsgrundlage mit einem MwSt-Eigenmittelsatz von 1% belegt. Die MwSt-Eigenmittel stellen die zweite Eigenmittelart dar und werden als nationale Finanzierungsanteile gewertet. Die EU-Mitgliedstaaten zahlen ihren MwSt-Eigenmittelanteil aus ihrem nationalen MwStAufkommen und bilden deshalb mit der EU-Ebene hinsichtlich dieser Einnahmenart einen Einnahmenverbund. (3) Die fehlende Deckungslücke im EU-Haushalt wird durch eine progressiv ausgestaltete Sozialproduktsteuer geschlossen. Diese dritte Eigenmittelart dient, wie bereits die BSP-Eigenmittel, als eine Residualgröße, die den Haushaltsausgleich auf europäsicher Ebene herbeifiihrt. Die Nationalstaaten finanzieren diese BSP-Steuer aus ihren allgemeinen Deckungsmitteln. Die Vorteile eines derartigen Finanzierungssystems liegen einerseits in seiner Einfachheit und Transparenz, zum anderen bleibt die Struktur des nationalen Steuersystems weitgehend unberührt. Ferner wird sichergestellt, daß die von den EU-Mitgliedstaaten aufzubringenden Mittel dem Prinzip der gerechten Lastenverteilung zwischen den EU-Ländern entsprechen und den innerstaatlichen Präferenzen zur Refinanzierung der Nationalhaushalte bei den steuerpflichtigen Individuen gefolgt werden kann. Dies alles sind wesentliche Voraussetzungen für die Beachtung des Verbundprinzips in seiner regionalen Ausprägung. Steuerpflichtig sind aus Sicht der Europäischen Union nur die Nationalstaaten. Das macht so lange Sinn, wie es die Mitgliedstaaten sind. denen letztendlich die Entscheidungskompetenz über weitere Integrationsschritte obliegen. Ferner ermöglicht dieses Eigenmittelsystem eine gerechtere Lastenverteilung, die sich durch das progressive Element der Sozialproduktsteuer und durch die tendenziell regressiv wirkende MwSt zu einem 'gerechteren' Belastungsverlauf der EU-Mitgliedstaaten hinsichtlich der BSP-Bemessungsgrundlage kumuliert.

23*

356

11. Kapitel: Vertiefung, Erweiterung und Konstitution 11. Kapitel

Europäische Visionen: Vertiefung, Erweiterung und Konstitution Zu den Aufgaben der Folgekonferenz 1996 gehört es auch, die in der Diskussion befindlichen europäischen Visionen zu konkretisieren. Deshalb analysieren die weiteren Ausführungen mögliche Optionen und Implikationen, die sowohl mit einer integrativen Vertiefung als auch Erweiterung verbunden sind. Eine explizite Konzentration auf die Aspekte der vertiefenden Integration und der Aufnahme neuer Mitgliedstaaten erscheint schon deshalb angebracht, weil eine europäische Konzeption des Finanzausgleichs immer beiden Richtungen der fortschreitenden Integration Rechnung tragen können muß. Die Verfassungsfunktion des Europäischen Finanzausgleichs im weiteren Sinn legt den ordnungspolitischen Rahmen für die Ausgestaltung des passiven und aktiven Finanzausgleichs fest. Dies ist der Grund, warum abschließend das konstitutionelle und institutionelle Arrangement der Europäischen Union analysiert werden. Im Mittelpunkt dieser Überlegungen steht vor allem die Implementierung eines demokratisch legitimierten Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses auf europäischer Ebene. 1

A. Vertiefung: Chancen einer variablen Geometrie Der mit Maastricht eingeschlagene Prozeß der vertiefenden Integration führt über eine "zeitlich und inhaltlich festgelegte Route zu einer Wirtschafts- und Währungsunion"2. So soll eine einheitliche europäische Währung einerseits die realwirtschaftliche Integration der Wirtschaftsunion forcieren und abrunden sowie andererseits ein wesentliches Etappenziel auf dem Weg zur Politischen Union bilden. Jedoch hat die Betrachtung der Konvergenzkriterien sehr deutlich gezeigt, daß keinesfalls alle EU-Mitgliedstaaten fristgerecht an der währungspolitischen Vertiefung partizipieren können. Mit Maastricht hat sich der Trend verstärkt, wonach sich die Europäische Union mindestens zu einer "Gemeinschaft der zwei Geschwindigkeiten"3 entwickelt. Die Union spaltet Nach Ansicht des Wissenschaftlichen Beirates (1994), s. 10, beim Bundesministerium ßIr Wirtschaft mOssen die Institutionen der Europäischen Union auf die Möglichkeit vorbereitet werden, daß "eines nicht zu femen Tages die Under Mitiel-/Osteuropas in die Europlische Union aufzunehmen sind und dann vielleicht zwanzig oder noch mehr Mitgliedstaaten an der innergemeinschaftlichen Willensbildung teilhaben". 2 Rothschild (1994), S. 263. Siehe 2. Kapitel, Punkt B, und 3. Kapitel, Punkt B.II. Zu den einzelnen Stufen der europäischen Vertiefung lußert sich Leipold (1994b), S. 40f. 3 Kux (1992), S. 88.

A. Vertiefung: Chancen einer variablen Geometrie

357

sich demnach in solche Mitgliedstaaten, die an der Vertiefung teilhaben, und in solche, die auf dem bisherigen Integrationsstand verharren. Man kann sogar noch weiter gehen und argumentieren, daß aufgrund der zahlreichen Ausnahmeregelungen. die die EU-Mitgliedstaaten bei den bisherigen Integrationsschritten fiir sich in Anspruch genommen haben. 4 bereits "de facto ein 'Europa verschiedener Geschwindigkeiten' des Integrationsprozesses"s existiert.

L Ein Kern integrationsorientierter EU-Mitgliedstaaten

Einen pragmatischen Mittelweg unter zwei möglichen Extremlösungen, die zum einen in keiner EWU und zum anderen in einer alle EU-Staaten umfassenden EWU bestehen. stellt die Überlegung dar, daß die Währungsunion zunächst nur fiir diejenigen Mitgliedsländer eingefiihrt wird, die in ihrer sozioökonomischen Entwicklung eine hohe Konvergenz aufweisen. Dies sind unter Berücksichtigung der jüngsten Erweiterung gegenwärtig Frankreich, Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Dänemark, Deutschland und Österreich. In die gleiche Richtung gehen die "Überlegungen zur europäischen Politik"6 der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Sie hat mit ihrem Positionspapier die europapolitische Diskussion im Vorfeld der Regierungskonferenz von 1996 um einige wesentliche Nuancen bereichert. Das Papier zielt neben der politischen HandlungsflUrigkeit der EU-Ebene vor allem auf die demokratische und föderale Ausgestaltung der Europäischen Union. Dazu wird die Forderung erhoben. daß sich die weitere Integration auf ein Kerneuropa konzentriert, damit den zentrifugalen Kräften einer sich erweiternden Union ein starkes Zentrum gegenübersteht. 7

4 Siehe hierzu z.B. die Sonderbestimmungen filr Dlnemark und/oder Großbritannien, wie sie nicht zuletzt im Maastrichter Vertrag enthalten sind. Vgl. 2. Kapitel, Punkt All. S Wissenschaftlicher Beirat (1994), S. 1St: 6 Die einschlilgigen Passagen des Papiers der CDU/CSU-Fraktion fmden sich in FAZ (1994c), S. 7. AhnIiche Überlegungen fonnuliert die FDP-Bundestagsfraktion in einem Papier unter dem Titel "Für eine progressive lntegration Europas". Im Prinzip hillt die FDP an einem gemeinsamen Vorangehen aller Mitgliedstaaten bei weiteren lntegrationsschritten fest, wenngleich ein "Vorausgehen mit unterschiedlichen lntegrationsgeschwindigkeiten" möglich sein sollte. So "muß es einzelnen Gruppen von integrationswilligen Mitgliedstaaten erlaubt sein, flexibel voranzuschreiten" (FAZ (1995a), S. 2). Die Kerneuropa-These wird indes nicht so vehement vertreten, obwohl sich die Positionen in weiten Bereichen sehr nahe kommen. 7 Dieser Gedanke, wonach die Gemeinschaft ein Gravitationszentrum darstellt, um das sich die beitrittswilligen Nachbarstaaten gruppieren, wird bereits bei Michaelis (1990), S. l43f, systematisch entwickelt. Er plildiert filr ein Europa der vier Kreise, bestehend aus (1) EU-Mitgliedstaaten, (2) EFTA-Staaten, (3) ost- und zentraleuropilische Staaten sowie (4) übrige KSZE-Mitglieder.

358

11. Kapitel: Vertiefung, Erweiterung Wld Konstitution

Gegen diese Überlegungen einer Kernbildung und damit einer kleinen Währungsunion läßt sich nur ein politisches Argument anfUhren. Ein 'Europa der EWU-Exklusivität' beruht auf der Geometrie der konzentrischen Kreise, wobei jeder Kreis einen Ländertypus mit identischem Integrationsstand symbolisiert. Unter den EU-Mitgliedstaaten könnte dieser Vorschlag indes eine "Desintegrationswelle"8 auslösen. Denn auf der einen Seite impliziert eine Währungsunion ökonomische Vorteile, die die sozioökonomischen Disparitäten zwischen EWU-Staaten und Nicht-EWU-Ländern eher noch vergrößern als verringern; auf der anderen Seite ist die EWU politisch motiviert und soll Integration erst bewirken, was mit einer kleinen Währungsunion in nur beschränktem Maße für alle EU-Mitglieder zu leisten wäre.

n

Kreis oder Matrix der Integration

Das Denkmodell der konzentrischen Kreise entspringt einem hierarchischen Organisationssystem. Überzeugender ist für manche Autoren die Organisationsform der Matrix. Eine Matrix-Organisation "ist nicht nur offener und durchlässiger - und paßt damit besser zu einem liberalen, demokratisch verfaßten Europa -, sondern auch besser geeignet, Erweiterung und Vertiefung miteinander zu versöhnen"9. Indem die EU-Mitgliedstaaten entlang der Ordinate abgetragen werden und die europäischen Politikbereiche (Kohäsions-, Binnenmarkt-, Währungs-, Außen-, Verteidigungspolitik usw.) sich auf der Abszisse wiederfinden, werden die EU-Mitgliedstaaten nicht auf einen Kreis und einen Integrationsstand fixiert, sondern können zugleich mehreren und verschiedenen integrativen Zuständen angehören. 10 Dieses Modell zeigt eine deutliche Analogie zum Clubprinzip. 11 Dadurch wäre es möglich, jedem einzelnen Politikbereich eine optimale Clubgröße zuzuweisen und damit den optimalen Grad der Vertiefung zu finden (passiver Finanzausgleich). Es muß aber festgehalten werden, daß sich auch in dem Matrix-Modell der Abstand zwischen den sozioökonomischen Unterschieden zu vergrößern droht.

8 Thr4nert (1994b), S. 9. FQr ihn "scheint die Grundidee von Maastricht, nImlich die politische Integration via der Errichtung einer gemeinsamen WAhrung zu schaffen, in eine Sackgasse zu filhren" (S.8). 9 Baron (1994), S. 3. 10 Vgl. WISU (1994), S. 747. Zu den Chancen einer variablen Geometrie siehe auch Schlecht (1994), S. 19. 11 Siehe hierzu die Ausfi1hrungen im S. Kapitel um Punkt Aß. und Punkt 0.11.3. Vgl. auch die sinngeml.ßen AusfiIhrungen bei Teutemann (1992), S. 326ft:

B. Erweiterung: Optionen und Voraussetzungen

359

Dabei werden jedoch die zentrifugalen Kräfte abgeschwächt, weil durch die verschiedenen Aufgabenfelder (z.B. gern. EU-Haushaltsrubriken) eine Vielzahl europäischer Clubs entstehen, die den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in dem jeweiligen Aufgaben- bzw. Politikbereich ermöglichen. Dadurch würde die künftige Europäische Union zwar in sich weniger geschlossen und in vielen Bereichen heterogener sein und bleiben als bei Vollintegration; jedoch zeigt sich diese Europäische Union bei integrativen Veränderungen, wie Vertiefung und Erweiterung, flexibler. Für die Gesamtkonzeption des Europäischen Finanzausgleichs hätte eine Matrix-Integration zur Folge, daß es in Abhängigkeit der Anzahl der Mitglieder, die von einer europaweiten Aufgabenerfüllung partizipieren, für jeden einzelnen Matrix-Club eine spezifische Ausgestaltung des aktiven Finanzausgleichs geben würde.

B. Erweiterung: Optionen und Voraussetzungen Im Hinblick auf die künftigen Erweiterungen der Europäischen Union können zwei Ländergruppen unterschieden werden. Auf der einen Seite stehen die restlichen EFfA-Staaten, deren Beitritt vom Prinzip her keine größeren Probleme aufwerfen dürfte. 12 Auf der anderen Seite finden sich die osteuropäischen Anrainerstaaten, deren Aufnahme in die Europäische Union einen abgeschlossenen Transformationsprozeß zur Voraussetzung hat. \3 Unter den osteuropäischen Nachbarn werden von politischer Seite nur den Visegrad-Staaten berechtigte Hoffnungen auf eine baldige Vollmitgliedschaft 12 EITA und EG bilden seit dem 1. Januar 1994 den EWR. Die EITA-Staaten stinunen ihre Nonnen, Nomenklaturen sowie neuen Gesetze in zunelunendem Maße auf den 'acquis conununautaire' ab. Insofern stellen die Beitritte weiterer EITA-Staaten weder einen Systemwechsel noch große Anpassun~gungen fIIr die Europäische Union dar. 1 Ein umfassende Analyse der Erweiterungsthematik. liefert CEPR (1992). Das Europliische Parlament (1992), S. 6, kann sich fIInf Gruppen von beitriUswilligen Staaten vorstellen: (1) die EITAGruppe, die die Europäische Union aufEUR19 erhöhen kOnnte; (2) das Szenario des 'Central European Enlargement' (Visegrad-Staaten) könnte EUR22 ergeben; (3) die 'Mediterranean Enlargement Group' mit Malta, Zypern und TOrkei wOrde EUR25 bewirken; (4) die 'Occidental states of Eastem Europe' und (5) die 'Balkan States' ergäben schließlich EUR34! In diesem Zusammenhang weist Ehlermann (1993), S. 21, auf die praktischen Anforderungen der Mehrsprachigkeit hin. Solange an der geObten Praxis festgehalten wird, daß z.B. die EP-Sitzungen in alle EU-Amtssprachen Obersetzt werden, erhöht sich kOnftig die notwendige Zahl der Dolmetscher wie folgt: 9 Amtssprachen -> 72 Kombinationen => 27 Dolmetscher 12 Amtssprachen -> 132 Kombinationen => 36 Dolmetscher 13 Amtssprachen -> 156 Kombinationen => 39 Dolmetscher 17 Amtssprachen -> 272 Kombinationen => SI Dolmetscher

360

11. Kapitel: Vertiefung, Erweitenmg und Konstitution

gemacht. Zu dieser Staatengruppe zählen Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Polen. 14 Abgesehen von einer durch die Transfonnationsphase bedingten Wartefrist, stellt die Erweiterung der Union um diese Staatengruppe ein diskutables Szenario dar. Völlig anders geartet sind die Überlegungen hinsichtlich von Albanien, Bulgarien, Rumänien und den baltischen Staaten. Neben dem adäquaten Entwicklungsniveau fehlt es hier an der konsequenten Freisetzung der Transfonnationsmechanismen. Ganz unabhängig davon, inwieweit ein Beitritt der osteuropäischen Anrainerstaaten politisch und/oder auch ökonomisch wünschenswert erscheint, ist darauf hinzuweisen, daß sich dadurch "die Probleme der Kohäsion und des Finanzausgleichs sicherlich sehr verschärfen"IS würden.

L Erweiterung um die Visegrad-Staaten

Zu den Aspirantenfür eine baldige EU-Vollmitgliedschaft, die politischen Verlautbarungen zufolge nach der Iahrtausendwende ansteht, gehören die Visegrad-Staaten. Die Beitrittsbestrebungen dieser Länder, wie auch der Türkei und Zyperns, basieren vor allem auf der Hoffnung, auf dem Wege einer "Vollmitgliedschaft" in den Genuß von europäischer Solidarität und Kohäsion zu gelangen. Dabei muß davon ausgegangen werden, daß sich ihre Erwartungen an den finanziellen Leistungen orientieren, die die vier Kohäsionsländer von der europäischen Solidargemeinschaft erhalten. Die Größenordnung der potentiellen Belastungen einer EU-Erweiterung läßt sich mit Hilfe einer einfachen Sensitivitätsrechung, die eine unveränderte Vergabepraxis der Europäischen Union unterstellt, ermitteln. Wie Untersuchungen von Baldwin zeigen (siehe Tabelle 14),16 verfUgen die VisegradStaaten im Durchschnitt über weniger als ein Drittel des gemeinschaftlichen BSP pro Kopf der Bevölkerung. Den niedrigsten Pro-Kopf-Wert erreicht die Slowakei mit nur 22% des EU-Durchschnitts. Spitzenreiter ist Tschechien, das rd. 45% erzielt und damit nur knapp unter dem schwächsten EU-Land Griechenland liegt. Im Hinblick auf den Agrarsektor erreicht der durchschnittliche BSP-Anteil der Visegrad-Staaten das 2,5fache des Wertes der Zwölfergemein14 Manclunal wird auch Slowenien genannt. IS Rothschild (1994), S. 275.

16 Die Studie von Baldwin (1994), S. 6ff, analysiert die budgetAren Aspekte einer EUErweiterung um die osteuropäischen Nachbarstaaten. Dabei bezieht er sich auch auf andere Untersuchungen und integriert deren Ergebnisse in seine Argumentation. Einen guten Überblick über jüngere Untersuchungen zu den fmanziellen Lasten einer EU-Osterweiterung gibt Leipold (1994a), S. 60ff.

B. Erweitenmg: Optionen und Voraussetzungen

361

schaft. Indes weisen die Kohäsionsländer durchaus ähnliche Agraranteile aus. Dabei dominiert Griechenland mit Abstand noch vor Ungarn. Tabelle 14 Die Visegrad-Staaten im Vergleich (Jahr 1991) Lander

Bevölkenmg

BSPproKopf Pro-KopfBSP-Anteil des in USoS Position (in %) Agrarsektors . (in %) (in Tsd.) EURl2 = 100 4.720 28,1 7

Polen

(in Mio.) 38,2

Tschechien

10,4

7.570

45,0

8

Ungarn

10,3

6.080

36,2

10

Slowakei

5,2

3.790

22,5

8

Visegrad

64,1

5.325

31,7

8

EUR12

346

16.800

100

3

Spanien

39

12.670

75,5

5

Griechenland

10,3

7.680

45,7

17

Portugal

9,9

9.450

56,2

9

Irland

3,5

11.430

68,0

11

QueUe: Eigene Zusammenstel1ung u. z.T. i!e=hnungen nach den ZahlelWlpben von Baldwin (1994), S. 10.

Nachdem annähernd 80% des EU-Budgets zum Ausgleich der agrarökonomischen und strukturellen Unterschiede der Gemeinschaft verausgabt werden, 17 läßt sich unschwer die finanzielle Dimension erahnen bzw. abschätzen, die mit einer Vollmitgliedschaft der Visegrad-Staaten verbunden wäre. Unterstellt man beispielsweise, daß die Visegrad-Staaten, wie zuvor die ehemalige DDR, die höchste Förderpriorität innerhalb der Strukturfonds erhalten (Ziel-IGebiete) und die Agrarstrukturen trotz des Transformationsprozesses konstant bleiben, dann würde ein "enlargement by 2000 ... require an increase of the EU budget of about 70%"18. Damit verbunden wären aber - bei Beibehaltung 17 Siehe S. Kapitel, Punkt 0.1.4. 18 Baldwin (1994), S. 22. Im Vorfeld dieser Schlußfolgerung ftIhrt Baldwin (1994), S. 14, eine im Auftrag der Kommission durchgefilhrte Untersuchung an, welche die budgetlren Folgen einer Osterweiterung projeziet1: "The study asserts that Portugal and Greece are likely to receive about 400 ECU per capita after the Edinburgh agreement increases are carried out by 1999. Currently these countries receive approxirnately halfthis figure. To project the total cost, the study argues that 'a ECU 400 transfer per head in their favour would seern, on current policy, a minimum in view oftheir relative backwardness and evident lack of modern infrastructure'. Using this assumtion, the Visegrad-4 would receive 26 billion ECU in Structural Funds. For comparison, note that in 1993 the incumbent poor-four received about 16 billion ECU". Zu lhnIichen Größenordnungen kommt auch Welfens (1993), S. 148, nach eigenen Berechnungen.

362

11. Kapitel: Vertiefung, Erweiterung Wld Konstitution

der Eigenmittelplafonds - sowohl eine Reduktion der EU-Ausgaben für die bisher als strukturschwach und agrarisch geltenden EU-Regionen als auch eine höhere Finanzierungslast der derzeitigen EU-Mitgliedstaaten. Im Extremfall könnten durch eine Osterweiterung auch Spanien und Irland in die Position von Nettozahlern gelangen. Obwohl eine Umlenkung des Transfervolumens gen Osten aus humanitärer, solidarischer und vor allem sicherheitspolitischer Sicht als durchaus positiv beurteilt werden kann, so haben die bisherigen Erfahrungen aus dem europäischen Vertiefungs- und Erweiterungsprozeß doch deutlich gemacht, daß solche finanziellen Belastungen weder von den Regierungen noch der Bevölkerung der ausgleichspflichtigen Ländern ohne weiteres akzpiert werden würden. 19 Insofern besteht aus politökonomischer Sicht für beide Maßnahmen, d.h. Umstrukturierungen im Budget und höhere Finanzbeiträge, wenig Aussicht auf Realisierung. Ergänzend läßt sich argumentieren, daß unter sicherheits- und stabilitätspolitischen Gesichtspunkten die relativ hohen Transferzahlungen an die osteuropäischen Anrainerstaaten eine durchaus 'rentable' Politikoption für die Europäische Union darstellen. Aber unter ordnungspolitischen Aspekten gehen mit den zu erwartenden Transferströmen marktverzerrende Effekte einher, die den allokativen Transformationsprozeß gefährden. Darüber hinaus muß damit gerechnet werden, daß sich auf seiten der ausgleichsberechtigten Länder unter Umständen Anspruchsdenken und Empfängermentalitäten verfestigen. 20

n

Wirtschaftliche Konvergenz als Voraussetzung

Es stellt sich nun die Frage, welche Vorausetzungen für regionalwirtschaftliche Konvergenz durch die vier Visegrad-Staaten zu erfüllen sind,21 damit ein

19 Vgl. Rothschild (1994), S. 275. Ähnlich bei L. Hoffmann (1994), S. 35. Siehe dazu die Ausfilluungen zur politökonomischen Dimension im achten Kapitel. Nach Baldwin (1994), S. 22, scheint es, "that a coaIition of EU farmers and poor countries would block an Eastem enlargement until the Eastemers are much richer and much less agricultural". 20 Vgl. Welfenl (1993), S. 149f. Ähnlich bei Stehn (1995), S. 15, der die Beteiligung der mittelund osteuroplischen BeitrittslInder an den EU-Fonds kaum als ein fmanzpolitisches, sondern eher als ein ordnungs- und politökonomisches Problem sieht. Eine Ahernative gegen Anspruchsdenken und Empflngermentalititen könnte natürlich darin bestehen, daß die Zuweisungen an relativ fmanzschwache Mitgliedstaaten grundsAtzIich degressiv ausgestaltet werden. Dies dUrfte jedoch aufgrund des enormen Handlungabedarfs und der sich dynamisch entwickelnden integration kaum Ilngerfristig beibehalten werden können. 21 Zu den wirtschaftlichen Voraussetzungen einer zukllnftigen Osterweiterung vgl. Klaul (1995), S.347f.

B. Erweiterung: Optionen und Voraussetzungen

363

möglicher EU-Beitritt :fiir den Haushalt der Europäische Union annähernd budgetneutral erfolgen kann. Im Rahmen der kohäsionspolitischen Maßnahmen gibt es vor allem zwei Margen, an denen die Förderwürdigkeit einer Region bzw. eines Mitgliedstaates festgemacht wird. Zum einen handelt es sich um die 75o/o-Grenze der ZielI-Gebiete und zum anderen um die 90o/o-Marke des Kohäsionsfonds. 22 Tabelle 15 zeigt die Ergebnisse einiger Sensitivitätsberechnungen. Anband gegebener Ausgangsniveaus (Xo) und unterschiedlicher Zielmargen (Xt) werden in Ab~ hängigkeit von der Zeitdauer des Konvergenzprogramms die erforderlichen Wachstumsraten ermittelt. Damit beispielswiese eine Region bzw. ein Land, dessen Pro-Kopf-Index zu Anfang die Hälfte des EU-Durschschnitts (50%) beträgt, innerhalb von 5 Jahren 90% erreicht, muß das Wachstum pro Kopf um 12,7 Punkte über dem durchschnittlichen Wachstum der Europäischen Union liegen. Folglich müßte das regionale Pro-Kopf-Wachstum bei einem angenommenen durchschnittlichen EU-Wachstum von 2 % jährlich 14,7% betragen. In Abhängigkeit von dem Zeitraum des Aufholens bzw. bis zum unterstellten EU-Beitritt ergeben sich unterschiedliche Wachstumsraten. Allein dieses Zahlenbeispiel macht deutlich, daß die wirtschaftliche Konvergenz bis zur Jahrtausendwende kaum zu realisieren sein wird, um eine problemlose Eingliederung der Visegrad-Staaten in die Gemeinschaft zu ermöglichen. 23 Nachfolgende Tabelle zeigt auch, daß realistischerweise etwa 10 bis 15 Jahre benötigt würden, um die Visegrad-Staaten aus der Förderkulisse der Europäischen Union herauszuführen. Erst wenn die 75 bzw.- 90-Prozent-Werte erreicht worden sind, könnte von einer budgetneutralen Konvergenz der Beitrittsländer gesprochen werden. Ansonsten würde das erforderliche Transfervolumen :fiir die übrigen EU-Mitgliedstaaten die Grenze des finanziell Vertretbaren übersteigen. Ebenso sollte in den beitrittswilligen Staaten der relative Anteil des Agrarsektors derart umstrukturiert werden, daß er bei steigendem Pro-Kopf-Sozialprodukt dieser Staatengruppe sinkt. Wäre dies nicht der Fall, dann fällt auch :fiir die Gemeinsame Agrarpolitik die Prognose nicht schwer: "quite simply, the extra cost of Visegrad membership would bankrupt the CAP"24.

22 Siehe 7. Kapitel, Punkt F.II. 23 Etwas verhann10send schreibt Rothschild (1994), S. 274, daß "abgesehen von einer gewissen Wartefrist keine besonderen neuen Probleme" zu erwarten sind. 24 Baldwin (1994), S. 14.

11. Kapitel: Vertiefung, Erweitenmg und Konstitution

364

Tabelle 15

Wachstumsraten als Voraussetzung für regionale Konvergenz

Veränderung im Index des BIP bzw. BSP pro Kopf (EURI5 = 100) in% von nach

t= 5 Jahre

t= 10 Jahre

t = 15 Jahre

t =20 Jahre

Xo

Xt

50

75

Erforderliche Abweichung der regionalen Wachstumrate vom EU-Durchschnitt a) 8,6 4,2 2,8 2,1

50

90

12,7

6,1

4,1

3

75

90

3,8

1,9

1,2

0,9

a) Den Berechnungen liegt folgende Formel zugrunde: (wR - wEU) = (1 + wEU)

(VX;{o - 1) .

Dabei sind w die Wachstumsraten in den Regionen bzw. der Mitgliedstaaten (wR) und der Europäischen Union (WEU), Xo der Pro-Kopf-Index am Anfang und X t am Ende des Zeitraumes t, wobei sich die 100 aufEUR15 beziehen. Quelle: Eiple DustelJung u. Berechnungen. In Anlehnung an Komm/ni"" (1991&), S. 93.

c. Flexibilität bei Vertiefung und Erweiterung Die Ausführungen haben deutlich gemacht, daß die beitrittswilligen Länder Mittelosteuropas noch nicht die ökonomischen Voraussetzungen für eine EUVollmitgliedschaft erfullen können. Gleichwohl erscheint eine stärkere Einbindung dieser Staatengruppe in die europäische Integration aus politischen Gründen wünschenswert. 25 Nachdem aber auf absehbare Zeit die ökonomische Säule des Maastrichter Vertrages ausscheidet, bleiben nur die anderen Bereiche der integr~tiven Vertiefung. Dazu gehören die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie die Zusammenarbeit in der Innen- und Rechtspolitik. Durch ein "flexibleres Europa mit mehrstufigen Mitgliedschaften"26 (EU als Matrix-System) läßt sich der Beitritt zur Wirtschafts- und Währungsunion vorbereiten und durch gezielte entwicklungspolitisch motivierte Beihilfen solidarisch flankieren. Insbesondere im Bereich des Agrarsektors wird es zu 25 Als mögliche Grilnde, warum die Llndcr Mittclostcuropas eine baldige EU-Vol1mitgliedschaft anstreben, nennt Schal/er (1994), S. 79f,jeweils ein (1) ordnungspolitisches , (2) wirtschaftliches und (3) politisches Argument 26 SiebertIKoop (1994), S. 616.

D. Konstitutionelle und institutionelle Aspekte

365

Umstrukturierungen kommen müssen, wobei die damit verbundenen Friktionen der kohäsionspolitischen Flankierung bedürfen. Darüber hinaus muß der europäische Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß im Hinblick auf einen größeren Staatenverbund modifiziert werden. 27 Diesbezügliche Überlegungen zur konstitutionellen und institutionellen Reform der EU werden im folgenden synoptisch erörtert.

D. Konstitutionelle und institutionelle Aspekte einer europäischen Verfassung Die Notwendigkeit einer europäischen Verfassung wird in der Literatur ebenso zahlreich wie vielschichtig diskutiert. 28 Es dominieren aber bei weitem die politikwissenschaftlichen und juristischen Beiträge. In einem Memorandum zur Frage, "wie Europa verfaßt sein soll"29, würdigt eine renommierte Arbeitsgruppe die Notwendigkeit und Ausgestaltung einer europäischen Verfassung. Neben zahlreichen anderen Argumenten kristallisieren sich aus Sicht des Finanzausgleichs vor allem drei Aspekte heraus: (1) Mangelnde Legitimation des Entscheidungszentrums

Die Europäische Union wird in erster Linie durch die nationalen Parlamente legitimiert. Diese ratifizieren Vertragsänderungen, stimmen Integrationsschritten zu (oder auch nicht) und setzen europäische Zielvorgaben in nationales Recht um. Die nationalen Parlamente legitimieren sich durch die nationale Wählerschaft. Weder für den Bereich der Legislative noch für den der Exekutive gibt es auf der Ebene der Europäischen Union eine lückenlose Legitimation durch demokratische Entscheidungsfindung und Kontrolle (mehrstufiges Principal-Agent-Problem). 30

27 Vgl. hierzuM Seidel (1995), S. 22[, der die Refonn der institutionellen Strukturen als Vorbedingung filr eine Osterweiterung ansieht. 28 Aus der kaum noch zu übersehenden Literatur vgl. SchwarzeIBieber (1984); BuchananIP6hll Price/Vibert (1990); KingIBosco (1991), Bernholz (1992). 29 Weidenfeld (1991), S. 80f. Der Arbeitgruppe "Europäische Verfassung" gehörten folgende Wissenschaftler an: Bracher, Everling, Hilf, Graf Kielmansegg, Lübbe, Maihofer, Rovan, Weidenfeld. 30 Siehe hierzu die Ausfi1hrungen im 8. Kapitel, Punkt All.

11. Kapitel: Vertiefung, Erweitenmg und Konstitution

366

(2) Intransparenz des politischen Willensbildungs- und Entscheidungssystems Die Europäische Union basiert auf verschiedenen Verträgen. Je nach Entscheidungsgegenstand gelten unterschiedliche Entscheidungsprozeduren. Die Vielfalt institutioneller Organisationsformen verhindert oftmals die Umsetzung konzeptioneller Ansätze. Insofern bedarf es zur Steigerung der Transparenz, zur Gewährleistung der Kontrolle und damit zur Erhöhung der Effizienz und Effektivität einer überschaubaren Organisationsform sowohl fiir die Willensbildung als auch fiir das Entscheidungszentrum.

(3) Fehlende europtiische Identittit Der erreichte Integrationsgrad tangiert die einzelnen Individuen in unzähligen Wirtschafts- und Lebensbereichen, ohne daß die Verantwortlichkeiten klar erkennbar würden. Selbst das Prinzip der fiskalischen Äquivalenz, ein wesentlicher Teilbereich des politischen und ökonomischen Verbundprinzips, wird in eklatanter Weise mißachtet. Entscheidungen werden vor allem unter Berücksichtigung der Ressourcenkosten getroffen. Der Gesichtspunkt der Präferenzkosten wird kaum mit einbezogen. 31 Zur Schaffimg einer europäischen Identität sind aber beide Kostenarten von Bedeutung, um 'forced-riderPositionen' zu minimieren. Die Vorteile eines europäischen Verfassungsrahmens liegen demnach in erster Linie in der Etablierung demokratischer, direkt legitimierter Entscheidungsverfahren mit Immediatkontrolle; Reduktion der Komplexität, Gewährleistung von Transparenz und Effizienz der interinstitutionellen Entscheidungsprozesse; Identitätsstiftung auf Seiten der Individuen durch raum- und gruppenbezogene fiskalische Äquivalenz, was dem politischen und ökonomischen Verbundprinzip schon sehr nahe kommen würde. Dieser kurze Begründungskatalog deckt sich mit den Erkenntniszielen der ökonomischen Theorie der Verfassung, die aus dem Public-Choice-Ansatz hervorgegangen ist. 32 Eine Verfassung dient demnach der Überwindung von Unvollkommenheiten bei der politischen Machtkontrolle. Durch die Funktion der Kontrolle wird das Principal-Agent-Problem einer repräsentativen Demo-

31 32

Siehe 4. Kapitel, Punkt B. Einen guten Überblick zur ökonomischen Theorie der Verfassung liefert Leipold (1988),

S.2S7f.

D. Konstitutionelle und institutionelle Aspekte

367

kratie entschärft und der Entkoppelung aller am Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß beteiligten Akteure entgegengewirkt.

1 Konstitutioneller Rahmen der Europäischen Union

Wie die schweizerische Erfahrung lehrt, 33 lassen sich Gebietskörperschaften mit verschiedenen Sprachen und unterschiedlichen Kulturen nur föderal integrieren. Daraus ergibt sich nach BI6chliger und Frey etwas überspitzt formuliert die Schlußfolgerung: "Europe will be federal, or it will not be"34. Wie bereits gezeigt wurde,35 entspricht das evolutorische Prinzip des Föderalismus dem Prinzip des Wettbewerbs. Letzteres erlaubt ein Entdeckungsverfahren (trial-and-error) für staatliche Organisations- und Ordnungsprinzipien. Dabei können sich langfristig nur solche Institutionen und Politikbereiche durchsetzen, die auch den Präferenzstrukturen der Individuen (Wähler) entsprechen. So ergibt sich bei einer Vielzahl von Gebietskörperschaften die jeweils ideale Lösung nicht ex ante (Harmonisierung), sondern erst ex post durch einen Selektionsprozeß im "föderalistischen Labor"36. Insofern wird der künftige Verfassungsrahmen der Europäischen Union ein föderalistischer sein. Als logische Konsequenz der bisherigen Integrationsschritte strebt das Europti;sche Parlament "eine Politische Union föderativer Art ... [an). .. , die auf Offenheit und Demokratie beruht'037. In Anlehnung an den Herman-Bericht lassen sich vier abstrakte Föderalismusmodelle nennen, die vor dem Hintergrund der schon betrachteten Thesen-Konstellationen zur ausgewogenen Kompetenzdifferenzierung gesehen werden müssen: 38

33 Einige Autoren haben den ~hweizeri~hen FOderaJismus als Referenzmodell fiIr die Europli-

Union gewAhlt und daraus Empfehlungen filr die weitere Integration abgeleitet Vgl. Bl6chligerlR. L. Frey (1992), S. 5401; Bussmann (1992), S. 1151; Schindler (1992), S. 2121; F. Schneider ~hen

(1993), S. 191f. 34 BI"chligerlR. L. Frey (1993), S. 237. Lilbbe (1995), S. 111, ~hreibt diesen satz Bundeskanzler Kohl zu, der in einer Rede in ZQrich am 18.06.1992 sinngem1ß erldlrte: Europa werde flideralisti~h sein oder es wird nicht sein. 35 Siehe 4. Kapitel, Punkt AIII. 36 Bussmann (1992), S. 116. Einige Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates (1994), S. 26f, beurteilen die angefilhrte Selektionsthese skepti~her. Einen guten Überblick zur tatslchlichen Verfassungsvielfalt der EU-Mitgliedstaaten liefert Brettschneider (1994), S. 463ff. 37 Herman-Bericht des Europllischen Parlaments (1994), S. 22. Zur Kritik an dem "unvollendeten" EP-Verfassungsentwurf siehe H"lscheidt (1995), S. 24f. 38 Siehe 5. Kapitel, Punkt D.l1.2. Vgl. Herman-Bericht (1994), S. 261; lhnIichc, aber politikwis~haftlich orientierte Optionen der curopli~hen Integration froden sich beiM"schel (1992), S. 13.

368

11. Kapitel: Vertieftmg, Erweiterung und Konstitution

(1) Konf6deralion (zwischenstaatliches Modell)

In diesem Föderalsystem, das einem Staatenbund entspricht,39 behalten die Mitgliedstaaten ihre Souveränitätsrechte. Die Herren der Verträge sind die Nationalstaaten. Das alleinige Entscheidungszentrum verkörpert der Rat. Dem Parlament verbleibt nur die Funktion eines öffentlichen Forums. Das Modell der Konföderation war Ausgangspunkt der europäischen Einigung. Seit Inkrafttreten der Maastrichter Beschlüsse kann dieses Föderalmodell als überwunden angesehen werden. Obwohl die EU zwischenzeitlich deutlich mehr als einen traditionellen Staatenbund verkörpert, ist sie kein Bundesstaat. Noch fehlen der Union "wesentliche Attribute eines Staates, wie die Kompetenz zur Führung einer einheitlichen Aussen- und Verteidigungspolitik und die Möglichkeit, gegenüber den Mitgliedstaaten Zwangsgewalt anzuwenden"4O. Nach wie vor verfügt die Union im "Gegensatz zur potentiellen Universalzuständigkeit der Staaten ... lediglich über funktional begrenzte Zuständigkeiten"41. Deshalb nennt das Bundesverfassungsgericht den derzeitigen fMeraien Integrationsstand auch nicht mehr Staatenbund, sondern Staatenverbund. 42 Diesen begrifflichen und konzeptionellen Unterschieden geht Maihofer beispielsweise dadurch aus dem Weg, indem er die Europäische Union als eine "Supranationale Union Souveräner Nationen"43 begreift. (2) Föderalistisches Modell

Dieses reine Föderalismusmodell wird unter anderem erfolgreich in den USA, in Deutschland und in der Schweiz praktiziert. In Analogie bedeutet dies für die Europäische Union, daß die Europäische Kommission die Rolle der 'Föderalregierung' wahrnimmt (Exekutive). Die Legislative wird durch den Rat als 'Oberhaus' und das Europäische Parlament als 'Unterhaus' gebildet. In diesem Gedankenrnodell vollendet sich der Europäische Bundesstaat. Kurzund mittelfristig erscheint dieses Modell kaum realisierbar, weil die europäische Ebene einen deutlichen Kompetenzzuwachs erhalten müßte, um

39 Fastenrath (1994b), S. 14, defmiert einen Staatenbund als einen "Verein", in dem sich Staaten völkerrechtlich zusammenschließen, um bestimmte Sachfragen gemeinsam zu regeln. 40 Schindler (1992), S. 205. Zur Staatswerdung der Europäischen Union siehe die Sanun1ung der Beiträge in Wildenmann (1991). 41 Wissenschaftlicher Beirat (1994), S. 3. 42 Siehe 2. Kapitel, Punkt AIlI. 43 Maiho[er (1995), S. 62. Diese dualistische Konzeption ermöglicht seiner Ansicht nach den Spagat, der zugleich "eine größtmögliche Einheit der Ökonomie und eine größtmögliche Vielfalt der Kultur" (S. 63) garantiert.

D. Konstitutionelle Wld institutionelle Aspekte

369

Staatscharakter zu bekommen. 44 Wie die Erfahrungen mit der Ratifizierung der Maastrichter Verträge zeigen, 4S ist ein ''bundesstaatlich verfaßtes Europa einstweilen nicht aktuell"46. Denn die mit einem Europäischen Bundesstaat einhergehende Zentralisierung liefe sowohl den Nationalregierungen als auch den Wählern zuwider.

(3) Europa der Regionen In diesem Modell bilden die Regionen unterhalb der nationalen Ebene das zentrale Element. Dadurch soll dem Subsidiaritätsprinzip bereits systemimmanent entsprochen werden, weil auf dieser regionalen Ebene sowohl demokratische Legitimation als auch Bürgernähe eher gewährleistet seien. Das Entscheidungszentrum bildet hier ein 'Rat der Regionen', der in der Legislative die Funktion des 'Oberhauses' einnimmt. Obwohl dieses Modell seinen analytischen Reiz hat, erscheint ein regional verfaßtes Europa nicht praktikabel. Denn im gegenwärtigen Integrationsstadium verfugen die europäische Regionen über höchst unterschiedliche Autonomiegrade. 41

(4) F(jderalmodell mit kooperativer und dezentraler Struktur Dieses Modell basiert auf einer doppelten Legitimation: zum einen durch die Individuen als Mitglieder eines nationalen und europäischen Clubs und zum anderen durch die Mitgliedstaaten. Dazu müssen EU-Ebene und EU-Staaten in allen Entscheidungsstufen miteinander verbunden und aufeinander abgestimmt sein. Die Umsetzung vor Ort bleibt dabei ausschließlich den Mitgliedstaaten überlassen (Subsidiaritätsprinzip). Auf der europäischen Entscheidungsebene sollten in der Legislative Rat und Parlament gleichberechtigt seien (Zwei-Kammern-System).48 Die Mitgliedstaaten bleiben die Herren der Verträge. Ein solches Modell stellt einen praktikablen Kompromiß der drei vorangegangenen Modelltypen dar. An diesem Föderalmodell orientiert sich der jüngste Verfassungsentswurf des europäischen Parlaments.

44 Zur Diskussion um Staatenbund, Bundesstaat und Europlische Union vgl. Fastenrath (1994b), S. 14; Weber (1993), S. 32Sf. FOr Labbe (199S), S. 114, ist die "Europlische Union ... kein Staat, vielmehr ein staatsanaloges Gebilde". 4S Siehe 2. Kapitel, Punkt All. 46 Wissenschaftlicher Beirat (1994), S. 12. 41 AusfIlhlich zu den Aspekten eines 'Europa der Regionen' bei Engel (1993), GroßlSchmittEgner (1994), Ammon (1994). Einen sehr guten Überblick Ober die unterschiedlichen Sichtweisen und Inbahe von Föderalismus und Regionalismus in den EU-Mitgliedstaaten liefert Ossenbahl (1990). 48 Der Ausbau zum Zwei-Kammcm-Sys!cm wird bei Wetdenfeld (1994a), S. 34; (199S), S. 4Of, erörtert.

24 Walthes

370

11. Kapitel: Vertiefung, Erweiterung und Konstitution

n

Institutioneller Rahmen der Europäischen Union

Der institutionelle Rahmen muß auf das angestrebte föderale Leitbild abgestimmt werden. Dafür ist es zum einen erforderlich, daß bereits im Verfassungsrahrnen föderative und demokratische Strukturen ausgewogen und transparent miteinander verwoben werden; zum anderen müssen die Beiträge der europäischen Ebene zur individuellen Wohlfahrt fiihl- bzw. erkennbar werden. So wächst nach Ansicht der Expertengruppe um Weiden/eid die Bedeutung der demokratisch legitimierten Institutionen in dem Maße, wie Häufigkeit und Tragweite europäischer Entscheidungen zunehmen. Der Maastrichter Vertrag hat dem theoretisch begründbaren Junktim von europäischem Kompetenzzuwachs und erweiterter Legitimationsbasis, was dem Verbundprinzip zumindest teilweise entspräche, in nur unbefriedigender Weise Rechnung getragen. Zwar sind die Mitentscheidungsrechte "des Europäischen Parlaments ebenso wie seine Stellung gegenüber der Kommission ... gestärkt worden, doch reicht dieser [parlamentarische] Kompetenzzuwachs angesichts des Umfangs der inzwischen erreichten europäischen Regelungszuständigkeiten nicht aus"49. Auch muß bezweifelt werden, ob die angedeuteten Legitimationsfragen allein durch eine Aufwertung des Europäischen Parlaments hinreichend beantwortet werden können. Zwar filhrt nach Bieber die Entwicklungslinie einer parlamentarischen Demokratie auf europäischer Ebene nicht notwendigerweise über eine Verlagerung von Kompetenzen zu Lasten der nationalen Parlamente; sondern vielmehr über eine Kompetenzverschiebung zwischen Rat und Kommission zugunsten des Europäischen Parlaments. so Doch stellt der Anspruch einer alleinigen Gesetzgebungsbefugnis auf seiten des Europäischen Parlaments eine unrealistische Maximalforderung dar. Wie die Formulierung in Art. 137 EG-Vertrag zeigt, handelt es sich bei der Europäischen Union um eine Gemeinschaft zusammengeschlossener Staaten. SI Davon wird sich auch das Entscheidungssystem nicht lösen können. Insofern verbleiben wesentliche Legislativrechte bei der Staatenkammer, d.h. dem Rat der Europäischen Uni.on. Doch wird in einer zunehmend integrierten Gemeinschaft das 'Prinzip der Staatengleichheit' an Dominanz verlieren müssen. Nach Ansicht von Fastenrath muß das Stimmengewicht im Rat der Europäischen Weidenjeld (1994a), S. 32. Vgl. Bieber (1991), S. 105t: SI FOr Klelmansegg (1995a), S. 13, wird die Europlische Union "primlr eine Gemeinschaft von Staaten bleiben und kann nur sekundlr eine Gemeinschaft von BOrgem werden, so wichtig diese sekundlre Entwicklung auch ist". 49

so

D. Konstitutionelle und institutionelle Aspekte

371

Union nicht notwendigerweise "streng proportional an der Größe der Länder ausgerichtet werden"52. Auch im deutschen Bundesrat ist das nicht der Fall. Für den Entscheidungsprozeß in der Europäischen Union würde es aber ausreichen, wenn die EU-Mitgliedstaaten zumindest tendenziell entsprechend ihrem repräsentativen Gewicht beteiligt werden. Daneben spielen indes auch die Abläufe innerhalb des institutionellen Rahmens eine entscheidende Rolle. Bereits durch eine Vereinfachung der interinstitutionellen Entscheidungsprozesse würde der europäischen Ebene eine stärkere Legitimation erwachsen. 53 Denn für eine große Anzahl der bestehenden Entscheidungsverfahren gibt es - von dem politökonomischen Erklärungsmuster einmal abgesehen - "keine rational nachvollziehbare Begriindung"54.

m

Prinzipien eines föderalen Verfassungsrahmens

Bei den nachfolgenden Punkten handelt es sich um einige Prinzipien, die eine europäische Föderalverfassung unbedingt enthalten sollte. Diese Prinzipien runden die Überlegungen zum finanzfMeralistischen Referenzsystem, zum passiven und aktiven Finanzausgleich sowie zur politisch-institutionellen Dimension des Europäsichen Finanzausgleichs ab. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Festlegung einer Priorität ergeben sich nach Auswertung der Literatur acht Verfassungspunkte, die bei einer Neugestaltung des Europäischen Finanzausgleichs unbedingt beachtet werden sollten: 55 (1) Die Europäische Kommission entwickelt sich zu einer europäischen Regierung mit klar abgegrenztem Aufgabenkatalog. S6 Die Legislative, die 52 Fastenrath (1994a), S. 2. Zu den Vorschlagen der Vereinfachung von Entscheidungsverfahren siehe Wetdenfeld (1994a), S. 35f, (1995), S. 41f. Dort fmdet sich auch jeweils eine graphische Darstellung des vereinfachten Beschlußverfahrens. 54 FAZ (1994d), S. 8. 55 Zur jOngeren Diskussion und Erörterung der konstitutionellen und institutionellen Aspekte der Europlischen Integration siehe Bernholz (1990), S. 3f, Buchanan (1991), S. 127f, Europlltsches Parlament (1992); F. Schneider (1993), S. 208f, BllJchligerlR. F. Frey (1992), S. 540t; (1993), S. 237f, Wissenschaftlicher Beirat (1994), S. IIf, Weidenfeld (1995), S. 227f. 56 Zu den politischen Leitlinien der Kompetenzabgrenzung vgl. Laufer (1995), S. 201. Beispielsweise schlAgt Weidenfeld (1995), S. 241; unter anderem einen Kompetenzkatalog vor, der "auf der Kompetenzverteilung. die dem Unionsvertrag zugrundeliegt", basiert. Dabei wird zwischen Primärund Partialkornpentenzen unterschieden. Die Bayerilche Staatskanzlei (1995) schlagt vor, die EUBefugnisse in (1) ausschließliche, (2) nicht-ausschließliche und (3) erginzende Zustlndigkeiten sowie in (4) noch zu vergemeinschaftende Bereiche einzuordnen. S3

24'

372

11. Kapitel: Vertiefung, Erweiterung und Konstitution

sich auf alle Bereiche der europäischen Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen erstreckt, wird durch ein Zwei-Kammern-System gebildet. Gemeinsame Entscheidungen sollten grundsätzlich mit einfacher Mehrheit in beiden Kammern getroffen werden können. Solange die demokratische Legitimation in erster Linie über die Rückkoppelung an die nationalen Parlamente erfolgt, sollte der Rat gegenüber dem Parlament das letzte Wort behalten. 57 Insofern sind während der präfMeralen Phase Übergangsregelungen hinsichtlich der Abstimmungsverfahren erforderlich. (2) Das Aufgabenspektnun der Europäischen Union orientiert sich ausschließlich an der Theorie der öffentlichen Güter und dem Subsidiaritätsprinzip. Deshalb kommen exemplarisch nur Aufgabenbereiche mit einem europaweiten Streuungsradius für Nutzen und Kosten in Frage, wie das bei gemeinsamer Sicherheits-, Außen-, Binnenmarkt- und Wettbewerbspolitik sowie Umweltpolitik der Fall ist. 58 (3) Im bisherigen EU-Einnahmensystem werden Deckungslücken durch die BSP-Eigenmittel im Zuge eines Haushaltsausgleichs geschlossen. Solange die demokratische Legitimation vor allem über die Rückkoppelung an die nationalen Parlamente und Regierungen erfolgt, sollte die Möglichkeit einer Defizitfinanzierung des EU-Haushalts ausgeschlossen bleiben. Deshalb sollte das Recht der Verschuldung der EU-Ebene erst dann gewährt werden, wenn die Verantwortlichkeiten für Haushaltseinnahmen und Budgetausgaben durch die parlamentarische Kontrolle transparent gedacht, institutionell klar zugewiesen und durch politische Wahlhandlungen auch sanktioniert werden können. 59 (4) Der Europäischen Union sollte ein Einnahmenfindungsrecht zugestanden werden. Die Einführung einer Steuer-, Gebühren- und/oder Beitragsfinanzierung bzw. die Änderung der Abgabensätze und der Bemessungsgrundlagen bedarf sowohl der jeweils mehrheitlichen Zustimmmung (2/3Mehrheit) durch EP und Rat als auch der Bestätigung durch ein Referendum. Dieses Verfahren, das in der Schweiz üblich ist, garantiert die Ver57 Genau entgegengesetzt argumentiert F. Schneider (1993), S. 208, indem er fordert, falls ''tbe two chambers could not agree on a legislative or budgetary item, the Parliament could ovenule the decision of the second chamber by three-quarters majority". Zu den Optionen einer institutionellen Refonn vgl. Janning (1995), S. 2731; der fIlr die Abstimmungsmodalitlten in einer sich erweiternden EU konkrete VorschlAge unterbreitet. S8 Vgl. hierzu auch das mögliche Aufgabenspektrum der EuropIischen Union bei Teutemann (1992), S. 196. S9 Jedoch funktioniert in reprlsentativen Regierungssystemen die Kontrolle der Politiker durch die WAhler nicht. Detaillierter zu den Ursachen einer wachsenden Sta&tsverschuldung vgl. GrQske (1995), S. 287f. Gegen eine europlische Verschuldungskompetenz spricht sich Heinemann (1995), S. 13, aus.

D. Konstitutionelle Md institutionelle Aspekte

373

knüpfung von Entscheidern und Zahlern auf der Einnahmenseite. Dadurch wird die Gefahr, daß Popitz- und Wagnereffekte auftreten, zumindest tendenziell gebannt. (5) Prinzipiell sollte die europäische Verfassung plebiszitäre Elemente enthalten. Dadurch könnte das mit einer parlamentarischen Demokratie unweigerlich verbundene Principal-Agent-Problem durch Entscheidungselemente der direkten Demokratie gemindert werden. Ferner ließe sich so die Akzeptanz bei den Individuen erhöhen und eine europäische Identität schaffen. Deshalb sollten nicht nur Einnahmen- und Ausgabenveränderungen des EU-Budgets, sondern auf Wunsch einer noch festzulegenden Anzahl von Wählern auch neue Handlungsfelder zur Abstimmung gestellt werden. 6O (6) Die Mitgliedstaaten müssen auch das Recht und die Möglichkeit zum Austritt aus der Europäischen Union haben. Ebenso müßte es möglich sein, aufgrund von Referenden eine Gebietsreform im Zuge des passiven Finanzausgleichs, auch über die nationalen Verwaltungsgrenzen der Mitgliedstaaten hinweg, durchzuführen. In all diesen Fällen muß das jeweilige Procedere bereits im Vorfeld genau fixiert sein. 61 (7) Jeder europäische Staat hat das Recht, Mitglied der Europäischen Union zu werden, wenn er neben ökonomischer Konvergenz noch folgende Voraussetzungen erfUllt: (1) der Beitrittskandidat verfUgt über ein rechtstaatliches Verfassungssystem, das demokratische Entscheidungsstrukturen garantiert; (2) seine Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsordnung sichern die (soziale) Marktwirtschaft; (3) mit dem EU-Beitritt wird das europäische Regelwerk - von Übergangsbestimmungen einmal abgesehen - uneingeschränkt übernommen. (8) Nachdem eine ganze Reihe von derzeitigen (Kohäsionsländer) und vor allem von künftigen EU-Mitgliedstaaten (insbesondere Visegrad-Staaten) über derart ungünstige sozioökonomische, strukturelle und geographische Voraussetzungen verfUgen, daß sie kaum in der Lage sein werden, den Mindestbedarf ihrer Bürger an öffentlichen Gütern und Leistungen zu be60 Hierzu schlAgtF. Schneider (1993), S. 208, im Detail vor, daß"a popular referendum has to be held iffive million citizens ask for it and if at least 30% of a11 people entitled to vote participate". 61 Nach Buchanan (1991), S. 129, muß die konstituierende Verfassung "eine explizite Anerkennung der Rechte der BOrger in den verschiedenen Staaten enthalten, aus der Union auszutreten, und zwar aufgrund einer Entscheidung mit einer festgelegten qualifIZierten Mehrheit der zustAndigen Instituionen des ausscheidenden Staates. Wie das amerikanische Beispiel lehrt, mQssen die Vorteile einer Union dergestalt sein, daß eine Sezession nie eine sinnvolle Alternative fllr die BOrger eines oder mehrerer Staaten dieser Union wird".

11. Kapitel: Vertiefung, Erweitenmg Wld Konstitution

374

friedigen, werden wohl dauerhaft kohäsionspolitische Maßnahmen zum Einsatz kommen. Jedoch müssen die interregionalen Ausgleichsmechanismen, die im Rahmen eines subsidiären Finanzausgleichs erfogen sollten, von vornherein plafondiert sein und strengen Wirksamkeits- und Wirtschaftlichkeitskontrollen unterliegen. Die europäischen Ausgleichszuweisungen müssen 'Hilfe zur Selbsthilfe' bleiben, weil sie sonst über mikroökonomische Fehlanreize zu makroökonomischen Fehlwirkungen :fiih-

ren. 62

Bei seinen Gedanken über die Möglichkeiten einer europäischen Verfassung zieht Buchanan Parallelen zwischen den Vereinigten Staaten von 1787 und der Europäischen Union heute. Folgt man den seinerzeitigen Vorstellungen von Madison, so sollte eine Verfassung Regeln enthalten, "welche die souveräne Macht der Einzelstaaten über ihre Bürger" einschränkt und gleichzeitig eine Zentralregierung begründet, "die ihrerseits auf die Loyalität der Bürger direkten Anspruch"63 hat. Jedoch muß die föderative Wirklichkeit der Europäischen Union davon ausgehen, daß sich die Bürger zwar rational als 'Europäer der Union' betrachten, aber niemals aufhören werden, sich emotional als Briten, Italiener, Spanier, Franzosen, Iren, Belgier, Finnen, Österreicher, Dänen, Holländer, Luxemburger, Portugiesen, Griechen, Schweden oder Deutsche (Bayern und Franken) zu :fiihlen. Insofern wartet die Europäische Union noch auf ihren Madison, "der den Wettbewerb der Verfassungen versteht und der gleichzeitig empfllnglich ist filr die Nuancen des überzeugenden Arguments, der Verhandlungstaktik beherrscht und Kompromisse richtig einschätzt, welche filr die Einigung divergierender Interessen notwendig sind"64.

62 Auf diesen Aspekt weisen BICchligerlR. L. Frey (1992), S. S44t; sowie der W/88en8chajtliche Be/rat (1994), S. 19, deutlich hin. 63 Buchanan (1991), S. 127. 64 Buchanan (1991), S. 13S.

Resümee: Ein konstruktives Fazit "Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser wird, wenn es anders wird - aber soviel kann ich sagen, daß es anders werden muß, wenn es besser werden soll". Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799)

Der Kreis der Argumentation schließt sich durch ein kurzes Resümee. Dabei wird auf den methodischen Aufbau der Analyse zurückgegriffen und eine Quintessenz anhand von drei Ergebnisthesen gezogen:

Erste Ergebnisthese: Es ist notwendig, in der politischen und wissenschaftlichen Diskussion die Problematik einer konzeptionellen Ausgestaltung des Europäischen Finanzausgleichs umfassend zu erörtern.

In der wissenschaftlichen Diskussion wird die Errichtung der Währungsunion und/oder die Reform der Strukturfonds häufig mit der Einführung eines europäischen Finanzausgleichssystems in Verbindung gebracht. Ein Blick in die Literatur macht aber deutlich, daß der Begriff Finanzausgleich nur unzureichend definiert und äußerst unpräzise verwendet wird. Dies erforderte eine wesentlich differenziertere Analyse des Europäischen Finanzausgleichs, als es in Wissenschaft und Praxis bisher üblich ist. Der diesbezügliche finanz- und wirtschaftspolitische Handlungsbedarf der europäischen Integration nach Maastricht wurde analytisch herausgearbeitet und systematisiert. Seit Gründung der Europäischen Gemeinschaft herrscht ein weitgehender Konsens darüber, daß ein gewisser Ausgleich zwischen leistungsstarken und schwachen Mitgliedsländern erfolgen soll. Doch zeigt das bisherige Transferverfahren innerhalb des europäischen Einnahmen- und Ausgabensystems zum einen nicht den gewünschten Erfolg und bildet zum anderen häufig eine Quelle von Unstimmigkeiten zwischen Nettozahlern und -empfängern der Union. Die vorangegangene Diskussion zu Finanzsystem und Lastenverteilung verdeutlicht, daß der EU-Haushalt auf der Einnahmenseite die ärmeren Mitgliedstaaten nur marginal entlastet, auf der Ausgabenseite dagegen umfangreiche Mittel ausschließlich zu ihren Gunsten reserviert. Bisher ging es bei der Einführung ausgabenintensiver Politikbereiche in der Gemeinschaft in erster Linie um die Umverteilung finanzieller Ressourcen und weniger um die (de)zentrale Bereitstellung öffentlicher Güter und Lei-

376

Resümee: Ein konstruktives Fazit

stungen. Auch haben die diversen Ausgabenpositionen des EU-Budgets, angefangen bei der Agrarpolitik über die Strukturfonds bis hin zu den internen Verwaltungsmitteln, eine unkontrollierte Eigendynamik entwickelt. So entsprechen die tatsächlichen Ausgleichswirkungen den postulierten Gerechtigkeitsvorstellungen allenfalls noch zufällig. Anstatt alte und neue Politikbereiche ökonomisch zu begründen und diejenigen mit widersprüchlichen (Um)Verteilungseffekten einzustellen, wurden zur Kompensation unerwünschter Verteilungseffekte die kohäsionspolitischen Fonds aufgestockt. Insofern verstößt dieser, durch die verschiedenen Politikbereiche bewirkte, implizite Finanzausgleich permanent gegen den ursprünglichen Konsens zur regionalen (Um)Verteilung im europäischen Finanzsystem. Dieses implizite Ergebnis ist somit Ausdruck des erfolgreichen Einflusses zahlreicher Partikularinteressen auf einzelne Aufgaben- und Ausgabenbereiche.

Zweite Ergebnisthese: Sowohl die Theorie als auch die Deduktion des Euro-

päischen Finanzausgleichs stellen einen Argumentationsrahmen bereit, innerhalb dessen sich die finanzausgleichsrelevanten Problemstellungen der europäischen Integration nach Maastricht umfassend erschließen lassen. Das finanzföderalistische Referenzsystem hat sich als ein hilfreiches theoretisches Konstrukt erwiesen. Zum einen konnte dadurch die komplexe europäische Praxis des Finanzausgleichs transparenter gemacht, zum anderen konnten mögliche Wirkungszusammenhänge zwischen den einzelnen Bereichen des Finanzausgleichs aufgezeigt werden. Die entwickelte Theorie des (Europäischen) Finanzausgleichs ist allgemeingültig und eignet sich somit für die grundsdtzliche Erörterung von Finanzausgleichsfragen in Föderationen. Auch bei der Beantwortung der anstehenden Fragen hinsichtlich der künftigen europäischen Integration leistet das aufgezeigte Theoriegebäude einen umfassenden Erklärungsbeitrag, auf dem weitere Forschungsarbeiten aufbauen können. Insgesamt wurde deutlich, daß alle Fehlregelungen in den Bereichen des primären Finanzausgleichs zu Lasten eines überdimensionierten Transfervolumens gehen, das über den sekundären aktiven Finanzausgleich dauerhaft nicht zu bewerkstelligen sein wird. Derzeit besteht ein Europäischer Finanzausgleich nur zwischen EU-Ebene und Mitgliedstaaten. Ein Finanzausgleich zwischen den Regionen Europas ist aufgrund der Heterogenität der nationalen Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsysteme auf absehbare Zeit kaum realisierbar. Zu viele Determinanten - wie Finanzkraft, Ausgleichsmeßzahl, Ausgleichsintensität - bleiben auf regionaler Ebene noch unbestimmt. Folglich bezieht sich

Resümee: Ein konstruktives Fazit

377

der Europäische Finanzausgleich in seinem weiteren, engeren und engsten Sinn auf die beiden obersten föderalen Ebenen, d.h. die EU und ihre Mitgliedstaaten. Aber auch der subsidiäre Finanzausgleich kann sich in der Europäischen Union immer nur auf einen Teilausgleich beziehen. Dazu bedarf es nicht nur einer Definition von sozioökonomischen Mindeststandards, sondern auch eines klaren Bekenntnisses zur (Un)Gleichbehandlung in Abhängigkeit vom regionalen und nationalen Entwicklungsstand. Bisher orientiert sich die europäische Finanzausgleichskonzeption an der durchschnittlichen Finanzkraft aller fiskalischen Einheiten und richtet auch ihre Zielmargen der Kohäsion darauf aus. Das erforderliche Transfervolumen des sekundären aktiven Finanzausgleichs steigt durch einen durchschnittlich fixierten Finanz- bzw. Ausgabenbedarf pro Europäer derart an, daß ein solches Finanzausgleichssystem von vorneherein am Widerstand der ausgleichspflichtigen Länder scheitern muß. Die erforderliche Finanzausgleichsmasse kann somit je nach Ausgleichsintensität Dimensionen erreichen, die kaum finanzierbar sind. Deshalb ist eine Differenzierung, d.h. eine Einwohnergewichtung bzw. -veredelung, zu fordern, die sich nach objektiven Bedarfsgrößen richtet. Folglich könnte eine Reform des bestehenden Finanzausgleichssystems bereits darin bestehen, daß ausschließlich die ausgleichsberechtigten Länder Nutznießer der kohäsionspolitischen Maßnahmen werden. Im Rahmen des sekundären aktiven Finanzausgleichs sollte dabei die subsidiäre Funktion der Finanzströme deutlich zum Ausdruck kommen, indem zum einen zunehmend vertikale Pauschalzuweisungen gewährt werden, diese aber zum anderen ihrem Volumen nach auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt bleiben. Aus Gebersicht stellen natürlich Zweckzuweisungen mit Eigenbeteiligung die effektivere (Lenkungsfunktion), jedoch nicht die effizientere Lösung dar (excess burden). Abschließend muß noch einmal darauf hingewiesen werden, daß Finanzzuweisungen bestensfalls kurzfristig geeignet sind, realwirtschaftliche Probleme zu beseitigen. Der wohl wichtigste Einflußfaktor wirtschaftlicher Entwicklung, nämlich der Mensch in seinem persönlichen, sozialen, kulturellen und historischen Selbstverständnis, war - von den stereotypen Verhaltensmustern der NPÖ einmal abgesehen - bisher nicht Gegenstand der Erörterung. An ihm liegt es aber letztendlich, daß es trotz einheitlicher Wirtschaftsordnung und politik sowie zahlreicher Maßnahmen häufig nur beim Versuch der Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen bleibt. Auch deshalb wurde das Ziel der Kohäsion in der Europäischen Union bisher nicht erreicht: "Trotz jahrzehntelanger Ausgleichsleistungen unter ... den Mitgliedsländern ... haben sich die relativen Gewichte nur wenig verschoben. Die Starken von damals sind noch immer stark, die Schwachen noch immer schwach. Mit Wirtschaftsordnung

378

ResOmee: Ein konstruktives Fazit

und -politik, geographischer Lage, klimatischen Bedingungen und ähnlichem ist dies nur zum Teil zu erklären. Der unerklärte Rest dürfte aufunterschiedliche Neigungen und Verhaltensweisen der jeweiligen Bevölkerung ZUlÜckzufUhren sein"l.

Dritte Ergebnisthese: Auch die Visionen der Vertiefung und Erweiterung sowie der künftigen Konstitution lassen sich mit Hilfe der gewählten Analytik des Finanzausgleichs erörtern. Auf dem Weg zu einer umfassenden Finanzausgleichskonzeption besteht fiir die Europäische Union die Möglichkeit, das aktuelle EU-Finanzsystem anband finanzföderalistischer Kriterien zu modifizieren. Bis zur Implementierung eines transparenten Finanzausgleichssystems zwischen den EU-Mitgliedstaaten bleiben der Union zumindest auf zwischenstaatlicher Ebene weitere Reformmöglichkeiten im Rahmen des EUAusgaben- und EU-Einnahmensystems. So orientiert sich bereits der jüngste Eigenmittelbeschluß verstärkt an der Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten, ohne jedoch der EU-Ebene die volle Einnahmenautonomie zuzuweisen. Nach dem bisherigen Planungsstand wird die Union bis 1999 Kostgänger der Mitgliedsländer bleiben. Dadurch bestehen auf der Einnahmenseite die politökonomischen Probleme, die sich aus der Trennung von Zahler, Nutzer, Entscheider und Anbieter ergeben, unverändert fort. Aus diesem Grunde ist die Forderung zu stellen, daß auch die Überlegungen zu einer neuen Einnahmenquelle (I. Eigenmittelart) im Rahmen der Regierungskonferenz 1996 zu diskutieren sind. Auf der Maastricht-Folgekonferenz werden aller Voraussicht nach indes nur Aspekte des passiven Finanzausgleichs erörtert. Von der Aufgaben- und Ausgabenseite des Verbundprinzips sollte jedoch keinesfalls die Finanzierungsseite getrennt werden. Vielmehr sind die Regelungsbereiche des passiven und aktiven Finanzausgleichs simultan zu lösen. Solange aber ein Aspekt des Europäischen Finanzausgleichs ausgeblendet bleibt, ist keine optimale Abstimmung der Aufgaben-, Ausgaben und Einnahmenverteilung zwischen EU und Mitgliedstaaten realisierbar.

1

MlegeVGrQnewald/GrQ!ke (1991), S. 117.

Tabelle Al: Ursprüngliche Finanzielle Mittelvorschau der Europäischen Union (1993-1999)

1.

2. 2.1 2.2 3. 4. 5. 6. 6.1 6.2

Qu_

Mittel für Verpflchlungen In Mio ECU ZU Prellen von 1992 (AuSAabenselte) 1993 1994 1995 1995 1993 1994 In ECU In ECU In ECU In" In" In" 49.30 Aara~aItIlnie 35230 50.90 35095 50.20 35722 StrukturmaBnahmen 21277 30.80 21885 31.30 23480 32.40 Strukturfonds 19777 21480 29.60 28.60 20135 28.80 2000 280 Kohäslonafonds 1500 2.20 1750 2.50 Interne Poltikbereiche 4323 3940 5.70 4084 5.80 6.00 4000 5.70 4280 5.90 Externe PoImkberelche 3950 5.70 V_aitunasausaaben 3280 470 3380 4.80 3580 4.90 R_rven 1100 1500 1500 2.10 1.50 2.20 WOhrungsr_rve 1000 1.40 1000 1.40 500 0.70 600 Externe PoItIkberelche 500 0.70 500 0.70 0.80 Mittel für Verpftlchlungen (Sunme 1. bis 6.1 69177 100.00 69944 100.00 72485 100.00 Erforderlche Mittel für Zahlungen In ECU 65908 67036 69150 1.19 1.2 In" d. asp 1.2 SpIelraum für unvorhergesehene Ausgaben In .. d. BSP 0 0.01 0.01 8genmlltal-Obergrenze 1.21 In'" d. asp 1.2 1.2

zu-menor_ng naell den Zahlenangab., cMr

1996 InECU 36364 24990 22740 2250 4520 4560 3690 1100 500 600

1996 In" 48.30 33.20 30.20 3.00 6.00 6.10 4.90 1.50 0.70 0.80

1997 In ECU 37023 26526 24026 2500 4710 4830 3800 1100 500 600

1997 In" 47.50 34.00 30.80 3.20 6.00 6.20 4.90 1.40 0.60 080

1998 InECU 37697 28240 25690 2550 4910 5180 3850 1100 500 600

1998 In" 46.60 34.90 32.00 3.10 6.10 6.40 4.80 1.40 0.60 0.70

1999 In ECU 38389 27400 2600 5100 5600 3900 1100 500 600

1999 In" 45.70 35.70 32,60 3.10 6.10 6.70 4.60 1.30 0.60 0.70

75224

100.00

77989

100.00

80977

100.00

84089

100.00

30000

~

-= C'" ~ ~

=-= ~

=

~

(JQ

71290 1.21

74491 1.23

77249 125

80114 1.26

0.01

0.01

0.01

0.01

1.22

1.24

1.26

1.27

KommIIoIan (l'192b). s.~. Promnlanl"'~. Berechnungen.

.... 00

o

Tabelle A2: Aktualisierte Finanzielle Vorschau (1993-1999) 10 _ _ EUR12

1. 2. 2.1 2.2 2.3 3. 4. 5. 6. 6.1 6.2 7.

~:

Aara~elllnie

Struklurmoßnahman strulthxlondS KohOSlonslonds EWR-Rnonzlerunasmech. Interne Polttkbaralcha Externe Polttkbaralche Verwoltung,ousgoban Reserven Watvungsrasarve Exteme Polttkbaralche AusoialchlZahiungen Mittel fClr Verpflchlt.w1gen I(SUrrma 1. bis 7.) Erforderliche Mittel tor Zahlungen InECU In"'d.8SP SpIelra.... für unvorhergesehene Ausgaben In"'d.8SP Bganmlttel-Obargranze In"'d.8SP

_

2.17

1994 InECU 36465 23176 21323 1853

1994 In'" 49.62 31.54 29.02 2.52

522

5.71 5.72 4.75 2.11 1.39 0.72

4370 4311 3634 1530 1000 530

5.95 5.87 4.95 2.oB 1.36 0.72

72021

100.00

73486

100.00

1993 InECU 36667 22192 20627 1565

1993 In'" 50.90 30.111

4109 4120 3421 1522

1(0)

28.64

68611 1.2

1995 InECU 37944 26329 24069 2152 llJ1 !iOLIO 4895 4022 1146 5al 646 1547 80943

1995 In" 46.88

32.53

1996 InECU

39546

0.13 6.25 6.os 4.97 1.42 0.62 0,80 1.91

27710 25206 2396 llJ1 5233 5162 4110 11«1 5al 6«1 701

100.00

83e02

29.74

2.66

1996 In" 47,3/J 33.15 30.15 2.117 0.13 6.26 6.17 4.92 1.36

199$ ((UR1&)

1997 In'" 46.74 34.10 30.88 3.1l9 0.13 6.33 6.35 4.91 1.32 0,58 0.7" 0.25

1998 InECU 41006 31164 28340 2716 llJ1 5677 5865 4295 11«1 5al

6«1 99

1998 In" 45.95 34.92 31.75 3.G1 0.12 6.36 6.57 4.111 1.28 0,56 0.72 0.11

1999 InECU 41764 32956 30187 27tR

0.77 0.114

1997 InECU 1ICIl67 29375 26e04 2663 llJ1 5449 5468 4232 11«1 5al 6«1 212

5894 6340 4359 11«1 5al 6«1

6.38 6.116 4.71 1.23 0.54 0.69

100.00

86143

100.00

89246

100.00

92453

100.00

OAl)

7D352 1.20

77229 1.2

79248 1.21

82227 1.22

8!i073 1.23

88007 1.2"

0

0

0.01

0.01

0.02

0,03

0,03

1.2

1.2

1.21

1.22

1.24

1.26

~nachden~

__

(I99").S.62.(I995).S.IO;E~

__

(I9'Mc).S.I$._~"

1.27

__

1999 In'" 45.17 i 35.65' 32.65 ' 3.00 ,

~

J

Tabelle A3: UMfang und Struktur des EU-Budgets (1988-1995) 8nnahmenarten In Mllionen ECU 1988 1989 1990 11916.0 12710.6 12160.8 23927.6 26293.4 27440.1 4519.D 94.9 4445.8 2376.8 6773,3 1554.0

odglnäre Elgenmlltel MwSt-8gervnlltel 8SP-Elgenmlltel andere EInnahmen Insaesamt

41843.4

45899.8

8nnahmenarten In Prozent 1988 1989 27.69 28.48 57.18 57.28 10.62 9.85 3.71 5.18

odglnäre Elgenmlltel MwSt-8genmlttel 8SP-Elgenmlltel ande.. 8nnahmen lnIaeramt

odglnäre Elgenmlltel MwSt-8gervnlttei 8SP-Elgenmlltel lNaesamt

100.00

1994 14658.4 35931.3 18908.0 515.9

1995 14242.3 35107.9 22477,2 5220

46469.1

56249.2

59711.8

65672,8

70013.6

72349.4

1990 26.17 59.05 0.20 14.58

1991 24.82 53.81 13,24 8.13

1992 22,24 58.04 13.94 5.78

1993 19.77 52.52 25.15 2.56

1994 20.94 51.32 27.01 0.74

1995 19.69 48,53 31.07 0.72

10000

10000

100.00

100.00

100.00

1991 13962.0 30269.0 74451

1992 13280.2 34659.3 8322.2

1993 12985.5 34489.9 16517.9

1994 14658.4 35931.3 18908.0

1995 14242.3 35107.9 22477,2

39695.8

51676.1

56261.7

63993.3

69497.7

71827.4

1990 30.63 69.13 0.24

1991 27.02 58.57 14.41

1992 23.60 61.60 14.79

1993 20.29 53.90 25.81

1994 21.09 51.70 27.21

1995 19.83 48.88 31.29

100.00

l00.0(L

100.00

100.00

100.00

43523.0

______ Insgesamt _ 100.00_ c......l~~ _

1993 12985.5 34489.9 16517.9 1679.5

100.00

Elaenmlttelln Prozent 1989 1988 29,20 29.58 59.39 60.41 11.03 10.38

odglnäre EIgenmIttel MwSt-Bgervnlttei BSP-Elgenmlltel

1992 13210.2 34659.3 8322,2 3450.1

Elgervnlltelln MlIRonen ECU 1988 1989 1990 11916.0 12710.6 12160.8 23927.6 26293.4 27440.1 4445.8 4519.0 94.9 40289.4

10000

1991 13962.0 30269.0 7445.1 4573.1

100.00

g: 1994 gern. H_an.>1an. 1996 gern. Vor.,lwu~ _ Qu_

HcauhaII.-lans

eg.,. leredlnunga>. Zahlenangaben d. K~ (1_). s. 38r.

~

I n

.... 00

Tabellenanhang

382

Anmerkungen zu den Tabellen der Nettozahlerpositionen (Tab. A4 bis All): -

Quelle: Jahresberichte des Europäischen Rechnungshofes, verschiedene Jahrgänge

-

Negativer Saldo = Nettoempfänger.

-

Positiver Saldo = Nettozahler.

-

Abweichungen der eigenen Berechnungen von den Zahlenangaben der Quellen beruhen aufRundungsdifferenzen.

-

Zahlenangaben in Mio ECU. TabelleA4 Tatsächliche Nettozahlerpositionen (Haushaltsjahr 1992)

Spalten EU-Land

(1)

(2)

EU-EigenEUmittel Ausgaben

(3)

Nettosalden

(1)-(2)

B

2239,1

2404,6

-165,5

DK

1034,8

1311,4

(4)

BSPBemessungsgrundlage

(5)

Eigenmittelquote

(1)/(4)*100

(6)

Ausgabenquote (2)/(4)*100

172620

1,30

1,39

-276,6

107070

0,97

1,22

D

16997,5

7299,9

9697,6

1446000

1,18

0,50

GR

728,6

4332,6

-3604,0

66800

1,09

6,49

E

4828,0

7567,6

-2739,6

463900

1,04

1,63

F

10493,4

9049,8

1443,6

1030000

1,02

0,88

IRL

462,3

2602,4

-2140,1

32600

1,42

7,98

I

8279,9

7775,6

504,3

988000

0,84

0,79 2,76

L

123,5

287,5

-164,0

10410

1,19

NL

3534,0

2705,0

829,0

239740

1,47

1,13

P

838,1

2978,0

-2139,9

61700

1,36

4,83

UK

6702,4

4314,6

2387,8

874400

0,77

0,49

Tabellenanhang

383

TabelIeA5 Tatsächliche Nettozahlerpositionen (Haushaltsjahr 1991)

Spalten EU-Land

(I)

(2)

EU-EigenEUmittel Ausgaben

(3)

Nettosalden

(1)-(2)

(4)

(5)

(6)

BSPEigen- AusgabenBemesmitteIquote sungsquote (2)/(4)*100 grundlage (1)/(4)*100

B

2217,4

2634,0

-416,6

156800

1,41

1,68

DK

1033,5

1379,8

-346,3

101710

1,02

1,36

D

15394,2

6597,4

8796,8

1366450

1,13

0,48

GR

762,1

3688,5

-2926,4

62000

1,23

5,95

E

4580,2

6874,8

-2294,6

411400

1,11

1,67

F

10602,0

8152,5

2449,5

972500

1,09

0,84

IRL

452,4

2809,7

-2357,3

30550

1,48

9,20

I

8699,8

7311,2

1388,6

916500

0,95

0,80

L

108,8

268,5

-159,7

9100

1,20

2,95

NL

3537,7

2999,8

537,9

230000

1,54

1,30

P

712,0

2228,2

-1516,2

51800

1,37

4,30

UK

4736,4

4069,5

666,9

811000

0,58

0,50

384

Tabellenanhang TabelleA6 Tatsächliche Nettozahlerpositionen (Haushaltsjahr 1990)

Spalten EU-Land

(1)

(2)

EU-EigenEUmittel Ausgaben

(3) Nettosalden (1)-(2)

(4)

(5)

(6)

BSPEigen- AusgabenBemesmittelquote sungsquote (2Y(4)*lOO grundlage (lY(4)*lOO

B

1763,7

989,8

773,9

138000

1,28

0,72

DK D

775,1

1197,6

-422,5

93000

0,83

1,29

10357,5

4807,1

5550,4

1117400

0,93

0,43

GR

563,6

3033,8

-2470,2

57300

0,98

5,29

E

3671,4

5382,7

-1711,3

353570

1,04

1,52

F

8089,5

6284,6

1804,9

875700

0,92

0,72

IRL

368,2

2260,7

-1892,5

26900

1,37

8,40

I

6097,7

5681,0

416,7

821700

0,74

0,69

L

74,5

14,5

60,0

7800

0,96

0,19

NL

2615,2

2983,6

-368,4

207340

1,26

1,44

P

502,4

1103,2

-600,8

43700

1,15

2,52

UK

6534,3

3147,4

3386,9

839000

0,78

0,38

Tabellenanhang

385

TabelleA7 Tatsächliche Nettozahlerpositionen (Haushaltsjahr 1989)

Spalten EU-Land

(1)

(2)

EU-EigenEUmittel Ausgaben

(3) Nettosalden (1)-{2)

(4)

(5)

(6)

BSPEigen- AusgabenBemesmitteIquote sungsquote (2)/(4)·100 grundlage (1)/(4)·100

B

1807,2

683,3

1123,9

132700

1,36

0,51

DK D

871,1

1045,3

-174,2

91500

0,95

1,14

11110,4

4579,8

6530,6

1048300

1,06

0,44

GR

566,3

2564,S

-1998,2

52300

1,08

4,90

E

3575,1

4950,8

-1375,7

294800

1,21

1,68

F

8622,8

5676,5

2946,3

823300

1,05

0,69

IRL

370,9

1711,7

-1340,8

23800

1,56

7,19

I

7605,9

6177,1

1428,8

743700

1,02

0,83

L

72,8

8,2

64,6

7800

0,93

0,11

NL

2700,S

3829,9

-1129,4

195600

1,38

1,96

P

458,3

1113,8

-655,5

36700

1,25

3,03

UK

6568,1

3214,3

3353,8

689600

0,95

0,47

25 Wallhes

Tabellenanhang

386

TabelleA8 Tatsächliche Nettozahlerpositionen (Haushaltsjahr 1988)

Spalten

(1)

(2)

EU-EigenEUmittel Ausgaben EU-Land

(3)

(4)

(5)

(6)

Nettosalden

BIP

Eigenmittelquote

Ausgabenquote

(2)/(4)*100

(1)-(2)

(1)/(4)*100

B

1833,5

838,5

995,0

128300

1,43

0,65

DK D

955,6

1286,2

-330,6

92100

1,04

1,40

11534,9

5427,7

6107,2

1010400

1,14

0,54

GR

429,9

1921,5

-1491,6

44900

0,95

4,25

E

2678,1

4012,3

-1334,2

291800

0,92

1,37

F

9095,5

7314,6

1780,9

815100

1,12

0,90

IRL

328,2

1487,5

-1159,3

29200

1,14

5,15

I

5426,8

5551,0

-124,2

710200

0,76

0,78

L

81,6

14,2

67,4

5800

1,41

0,24

NL

2795,6

3945,6

-1150,0

195900

1,43

2,01

P

399,9

914,8

-514,9

35300

0,98

2,25

UK

5323,9

3253,9

2070,0

706900

0,75

0,46

Tabellenanhang

387

TabeIIeA9

Grundtabelle für die modifIZierten Nettozahlerpositionen (1993) Spalten

(1)

(2)

(3)

(4)

EU-Land

MwStEigenmittel

BSPEigenmittel

Swrune (I) + (2)

in%

B

1029,3

491,9

1521,2

2,98

DK

626,4

319,6

946,0

1,86

D

10565,2

4617,2

15182,4

29,78

25·

GR

616,7

217,9

834,6

1,64

E

3304,7

1270,2

4574,9

8,97

F

6812,9

3037,4

9850,3

19,32

ffi.L

282,4

99,0

381,4

0,75

I

6247,2

2883,4

9130,6

17,91

L

114,3

37,5

151,8

0,30

NL

1813,5

746,3

2559,8

5,02

P

527,7

193,6

721,3

1,41

UK

2549,4

2584,0

5133,4

10,07

EUR12

34489,7

16498,0

50987,7

100,00

Tabellenanhang

388

TabelleAlO Nettozahlerpositionen EAGFL-Garantie (1993)

Spalten

(1)

(2)

EU-EigenEUAusgaben mittel EU-Land

(3)

Nettosalden

(1}{2)

(4)

(5)

(6)

Eigen- AusgabenBSPBemesmittelquote sungsquote (2Y(4)·lOO grundlage (lY(4)·lOO

B

1026,7

1298,8

-272,1

174900

0,59

0,74

DK D

638,5

1332,3

-693,8

111500

0,57

1,19

10246,6

4862,0

5384,6

1577600

0,65

0,31

GR

563,3

2718,5

-2155,2

67610

0,83

4,02

E

3087,6

4188,2

-1100,6

498000

0,62

0,84

F

6647,9

8167,7

-1519,8

1084380

0,61

0,75

IR.L

257,4

1606,4

-1349,0

34860

0,74

4,61

I

6162,2

4773,3

1388,9

1040000

0,59

0,46

L

102,4

6,8

95,6

11030

0,93

0,06

NL

1727,6

2299,4

-571,8

257000

0,67

0,89

P

486,8

479,1

7,7

73200

0,67

0,65

UK

3464,5

2679,0

785,5

911000

0,38

0,29

Tabellenanhang

389

Tobel/eAII

Nettozahlerpositionen Strukturmaßnahmen (1993) Spalten

(1)

(2)

(3)

(4)

(5)

(6)

EU-EigenEUAusgaben mittel EU-Land

Nettosalden (1 )-(2)

BSPEigen- AusgabenBemesmittelquote sungsquote (2)/(4)·100 grundlage (1)/(4)·100

B

476,5

187,2

289,3

174900

0,27

0,11

DK

296,3

107,4

188,9

111500

0,27

0,10

D

4755,7

870,5

3885,2

1577600

0,30

0,06

GR

261,4

1897,4

-1636,0

67610

0,39

2,81

E

1433,0

2971,3

-1538,3

498000

0,29

0,60

F

3085,5

1682,4

1403,1

1084380

0,28

0,16

IRL

119,5

1088,4

-968,9

34860

0,34

3,12

I

2860,1

3406,6

-546,5

1040000

0,28

0,33

L

47,5

13,9

33,6

11030

0,43

0,13

NL

801,8

205,9

595,9

257000

0,31

0,08

P

225,9

2327,0

-2101,1

73200

0,31

3,18

UK

1608,0

1213,4

394,6

911000

0,18

0,13

....

\0

o

Tabelle A12: Simulation BSP-Bemessungsgrundlage: Grundtabelle mit Basisdaten für das Finanzausgleicbsmodell (1993) EU-land

B DK

0

GR E F IRl

I l Nl P UK ~URl2_

BSP-BM

8genmlttel

In Mrd ECU 174.900 111.500 1577.600 67.610 498.cDl 1084.380

In MrdECU 2.395 1.207 19.076 1.011 5.173 11.546 0.567 10.265 0.167 4ml 0.910 7.627

34.860

104O.!XXl 11.030 257.cDl 73.200 911.cDl

5B41.QIICL ~.973

Bl FKM In 10110. In Mrd. ECU hv6lteruna ln.505 10.oss 110.294 5.184 1558.524 81.111 66.fJR 10.412 492.827 39.141 1072.835 57.690 34.293 3.569 1029.735 58.1J28 10.863 0.391 252.969 15.297 9.350 72.290 903.373 57.927 5777.107

FKM/Bl

In Tod. ECU oroKODI 17.156 21.276 19.215 6.396 12.591 18.597

AMZ

In Mrd ECU

q

In'"

17.745 27.754 16.537 7.732 15.595

166.847 86.1J21 1345.913 172.771 649.485 957.277 59.222 962.886 6.495 253.830 155.149 961.210

103.39 128.22 115.80 38.55 75.88 112.07 57.91 106.94 167.26 99.66 46.59 93.98

16.593

5777.107

100.00

9.608

348.155

d

= 16.593 lld.

ECU

r

In'"

103.39 128.22 115.80 38.55 75.88 112.07 57.91 106.94 167.26 99.66 46.59 93.98

Rang (pro KopI) nachd 6 2 3 12 9 4 10 5

AMZ- FKM

I

-4.368

7 11 8

82.859

-

FKM AMZ auoglolcho-

-5.658 -24.273 -212.611 106.172 156.658 -115.557 24.929 -66.849 0.861 57.837

FB Fa FB

~

_Ia US US

III III

us

III FB FB FB

0

Sunrne FB = Sl.nYTl8 OS.

429.316 -429.316

Mrd. ECU Mrd. ECU

FAM benogt rd. 429.3 Mrd. ECU Quelle:

8gene Berechnungen gern. dan Zahlanangbaben yon KommIson. Euopälschem Pa~ament und EurapOischer Rechnungshof. Vgl. ABI. (1993) l31. ABI. (1994) C 327. Kommison (1993c).

t-j

j ~

Tabelle Al3: Variante A: Juste Retour EU-Land

hFAG (-) HAB

(+) HAl

8 DK

0

GR E F IRL I L NL

P

UK EUR12

RückflOsse FV VAl In Mrd. ECU In Mrd. ECU 174.960 2.455 111.877 1.583 1565.770 7.246 5.148 71.747 8.263 501.090 10.526 1083.360 2.939 37.232 8.740 1038.475 14.429 3.566 2.704 255.673 3.418 75.708 4.501 907.874 61.089

vertikales RnanzausgleichsVolumen:

5838.195

FV/8Z

d

r

In Tsd. ECU

pro Kopf 17.400 21.581 19.304 6.891 12.802 18.779 10.432 17.896 36.865 16.714 8.097 15.673

103.76 128.70 115.12 41.09 76.34 111.99 62.21 106.72 219.84 99.67 48.29 93.46

16.769

100.00

In"

In'!!.

104.86 130,06 116.34 41.53 77.15 113.17 62.87 107.85 222.17 100.73 48.80 94.45

Rang (pro Kopf) nach FAG 6 2 3 12 9 4 10 5 1 7 11 8

TV (-) Zahllll (+) Emplöng81

2.455

1.583

7.246 5.148 8.263 10.526 2.939 8.740 3.566 2.704 3.418 4.501

~

i n

61.089 Mrd. ECU

.... .....

\0

I.H

IS

Tabelle A14: Variante B: Vertikaler Finanzausgleich mit plafondiertem Budgetvolumen a =0; ~ =0,14; 'I' =0,14 EU-land

hFAG (0) HAB

Rückflüsse

VAl

FV

GR E F IRl I l Nl P UK

14.864 21.932

0.121 11.600 8.097

In Mrd. ECU 172.505 110.294 1558.524 81.463 514.759 1072.835 37.783 1029.735 10.863 253.090 83.891 911.471

EUR12

60.104

5837.211

B

e+) HAZ

DK

0

3.490

61.089 Mrd. ECU entsprechen etwa 14.23 'I(, der FAM

FV/BZ

In Tsd. ECU

d

17.156 21.276 19.215 7.824 13.151 18.597 10.586 17.745 27.754 16.545 8.972 15.735

In"" 102.33 126,90 114.60 46.67 78.44 110.92 63.14 105.84 165.54 98.68 53.51 93.85

16.766

100.00

pro Kopf

r In'"

103.39 128.22 115.80 47.15 79.26 112.07 63.80 106.94 167.26 99.71 54.07 94.83

Rang

TV

(pro Kopf)

(-)Zoh_

noch FAG 6 2 3 12 9 4 10 5 1 7

e+) Emplänglll

11 8

14.864 21.932 3.490

11.600

~

Cl>

J

Tabelle A15: Variante C: Teilausgleich bei simultanem Einsatz von horizontalen und vertikalen Ausgleichskomponenten (l = 0,36; 13 = 0,14; '" = 0,5 EU-land

hFAG

Rückflüsse

FV

FV/BZ

d In ,.

0.121 11.600 8.097

170.468 101.555 1481.984 119.685 571.156 1031.234 46.757 1005.669 9.290 253.400 113.720 932.292

pro Kopf 16.954 19.590 18.271 11.495 14.592 17.875 13.101 17.331 23.736 16.565 12.163 16.094

101.12 116.84 108.98 68.56 87.03 106.62 78.14 103.37 141.57 98.80 72.54 95.99

60.104

5837.211

16.766

100.00

Erforderliches Ananzausgleichsvolumen beträgt:

214.658

Mrd. ECU

(+) HAI

B DK 0 GR E F IRl I l NL P UK

-2.037 -8.738 -76.540 38.222 56.397 -41.601 8.975 -24.066 -1.573 0.310 29.829 20.821

EUR12

0

Summe HAZ Summe HAB

154.554 -154.554

r

Rang (pro Kopf)

TV (.) Zahler

In'"

nach FAG

(+) Empfänger

6 2 3 12 9 4 10 5 1 7 11 8

-2.037 -8.738 -76.540 53.086 78.329 -41.601 12.465 -24.066 -1.573 0.430 41.429 28.918

In Tsd. ECU

(.) HAB

VAl

14.864 21.932 3.490

In Mrd. ECU

102.17 118.06 110.11 69.27 87.94 107.73 78.95 104.44 143.05 99.83 73.30 96.99

~

j CI>

....

\0 ....

.... ':f

Tabelle A16: Variante D: 9O-Prozent-Ausgleich

EU-Land

hFAG (-) HAB (+) HAZ

Rückffüsse

VAl.

a

=0,76; ~ =0,14; '" =1

FV

FV/BZ In Tsd. ECU pro Kopf 16.729 17.717 17.223 15.574 16.193 17.074 15.895 16.870 19.272 16.588 15.707 16.494

In'" 99.78 105.67 102.72 92.89 96.58 101.84 94.80 100.62 114.95 98.94 93.68 98.37

d

UK

-3.320 0.654 62.973 43.956

0.121 11.600 8.097

In Mrd. ECU 168.205 91.846 1396.940 162.154 633.819 985.011 56.729 978.930 7.543 253.744 146.863 955.426

EUR12

0

60.104

5837.211

16.766

100.00

SUrTYTle HAZ, Summe HAB

326.280 -326.280

Notwendiges Ananzausglelchsvolumen beträgt:

386.384

Mrd. ECU

B

DK 0 GR E F IRL I L Nt

P

-4.300

-18.447 -161.584 80.691 119.060

14.864 21.932

~7.823

18.946

-50.805

3.490

r

In'"

100.81 106.77 103.79 93.85 97.59 102.90 95.79 101.67 116.14 99.97 94.66 99.40

Rang (pro Kopf) noch FAG 6 2 3 12 9 4

10 5 1 7

11 8

TV (-) Zahle! (+) Empfänge,

-4.300

I

-18.447 -161.584 95.555 140.992

~ "'

~7.823

22.437

-SO.805 -3.320 0.775 74.573 52.053

I

j

Tabelle Al7: Simulation Mwst.-Bemessungsgrundlage: Grundtabellen mit Basisdaten für das Finanzausgleichsmodell (1993) MwSl-BM

Eigenmmel

FKM

In Mrd. ECU

In M,d. ECU

UK

44.soo 782.500 37.186 25a.ol0 535.000 19.173 442.000 6.067 132.500 40.260 500.000

In M,d. ECU 2.395 1.207 19.076 1.011 5.173 11.546 0.567 10.265 0.167 4.031 0.910 7.627

EUR12

2876.195

63.973

2812.222

EU-land

B

DK 0 GR E F IRl I l

NL

P

79JXXJ

76.1D> 43.294 763.424 36.174 252.837 523.455 18.606 431.735 5.900 128.469 39.350 492.373

10.412 39.141 57.690 3.569 58.028 0.391 15.297 9.350 57.927

FKMI BZ In Iscl. ECU pro KoDl 7.619 8.351 9.412 3.474 6.460 9.074 5.213 7.440 15.073 8.398 4.209 8.500

AMZ (q,hFBI) In M,d. ECU 81.219 41.874 655.173 84.103 316.161

348.155

8.077

BZ InMIO. Bevölkeruno 10.055 5.184

81.111

d

r

In~

94.32 103.39 116.52 43.01 79.97 112.33

In'" 94.32 103.39 116.52 43.01 79.97 112.33

64.54

64.54

3.162 123.561 75.525 467.905

92.11 186.60 103.97 52.10 105.23

92.11 186.60 103.97 52.10 105.23

2812.222

100.00

465.990 28.829

468.nl

q = 8.077 Tsd. ECU

Rang (pro Kopl) vo, FAG 7 6 2 12 9 3 10 8 1 5 11 4

AMZ-FKM

4.614 -1.420 -108.250 47.929 63.324 -57.464 10.223 36.986 -2.738 -4.908 36.174 -24.469

FKM < AMZ FKM> AMZ auoglelch>-

auoglolchs·

berechrtal FB

pllchlla

Os ÜS

FB FB ÜS FB F8 OS ÜS FB ÜS

0

Swnme FB = Swnme Os =

199.249 -199.249

~ ~

J

Mrd. ECU Mrd. ECU

FAM be"ägl rd. 199.2 Mrd. ECU Quele:

EIgene Berechnungen gem. den Zahlenangbaben von Kommission. Europäischem Pa~amenl und Europäischer Rechnungshof. Vf1.. ABI. (1993) l31. ABI. (1994) C 327. Kommission (1993h).

W

\Q

V.

W

\0

0\

Tabelle AlB: Variante A: Juste Retour EU-Land

hFAG

FV

UK

Rückflüsse VAZ In Mrd. ECU 2.455 1.583 7.246 5.148 8.263 10.526 2.939 8.740 3.566 2.704 3.418 4.501

In Mrd. ECU 79.0f:IJ 44.877 770.670 41.322 261.100 533.980 21.545 440.475 . 9.466 131.173 42.768 496.874

EUR12

61.089

2873.310

(-) HAB (+) HAI

B DK D GR E F IRL I L NL

P

Durch das EU-BUdget zur Verfügung gestellte Rnanzausglelchsvolumen:

FV/BZ In Tsd. ECU pro Kopf 7.863 8.657 9.501 3.969 6.671 9.256 6.037 7.591 24.184 8.575 4.574 8.578

d

r

In" 95.27 104.89 115.13 48.09 80.83 112.15 73.15 91.98 293.03 103.90 55.42 103.93

In% 97.34 107.17 117.63 49.13 82.58 114.59 74.73 93.97 299.40 106.16 56.63 106.19

8.253

100.00

61.089 Mrd. ECU

Rang (pro Kopf) nach FAG 7 4 2 12 9 3 10 8 1 6 11 5

TV (-) Zahler (+) E"",'önger 2.455 1.583 7.246 5.148 8.263 10.526 2.939 8.740 3.566 2.704 3.418 4.501

!

J

Tabelle A19: Variante B: Vertikaler Finanzausgleich mit plafondiertem Budgetvolumen a=O; ~=0,3; ",=0,3 EU-Land

hFAG

Rückflüsse

FV

C-) HAB

B

C+)HAZ

VAl.

1.384

DK D GR E F IRL I L NL

14.379 18.997 3.067 11.096

P

10.852

UK ~lJR12

-----

§9.775

In Mrd. ECU 77.989 43.294 763.424 50.553 271.834 523.455 21.672 442.831 5.900 128.469 50.203 492.373

FV/BZ In Tsd. ECU pro Kopf

2871.996

7.756

d In'" 94.02 101.24 114.10

8.351 9.412 4.855 6.945 9.074 6.072 7.631 15.073 8.398 5.369 8.500

84.19 109.99 73.61 92.51 182.72 101.81 65.09 103.04

8.249

100.00

58.86

r In'" 96.02 103.39 116.52 60.11 85.98 112.33 75.18 94.48 186.60 103.97 66.47 105.23

Rang (pro Kopf) nachFAG 7 6 2 12 9 3 10 8 1 5 11 4

TV C-) Zahler (+) ErJ"4)tänge/

1.384

14.379 18.997 3.067 11.096

i

J

10.852

Benötigtes Ananzausglelchsvolumen: 59.775 Mrd. ECU 61.089 Mrd. ECU entsprechen etwa 30.66% der FAM W \0

-..J

W

\0

00

Tabelle A20: Variante C: Teilausgleich bei simultanem Einsatz von horizontalen und vertikalen Ausgleichskomponenten

a = 0,2; 13 = 0,3; '" = 0,5 EU-Land

hFAG (-) HAB

(+) HAB

B DK D GR E F IRL I L NL UK

0.923 -0.284 -21.650 9.586 12.665 -11,493 2.045 7.397 -0.548 -0.982 7.235 -4.894

EUR12

0

Summe HAZ Summe HAB

39.850 -39.850

P

Rückflüsse

J

Rang

TV (-) Zahler

In'"

In'"

(pro Kopf) nachFAG

95.14 100.57 110.86 70.02 88.11 107.58

80.56

97.16 102.71 113.22 71.51 89.99 109.87 82.27

94.06 165.76 101.03 74,47 102.02

169.28 103.18 76.05 104.18

FV

FV/BZ

VAl

In Mrd. ECU

In TOO. ECU pro Kopf

1.384

78.912 43.010 741.774 60.139 284.499 511.962 23.717 450.228 .5.352 127.488 57.437 487.480

7.848 8.297 9.145 5.776 7.269 8.874 6.645 7.759 13.674 8.334 6.143 8.415

2871.996

8.249

100.00

14.379 18.997 3.067 11.096

10.852

59.775

Das benötigte Flnanzausglelchsvolumen beträgt:

99.624 Mrd. ECU

d

96.05

7 6 2 12 9 3 10 8 1 5

11 4

( +) Empfänger

2.307 -0.284 -21.650 23.964 31.662 -11.493 5.111 18,493 -0.548 -0.982 18.087 -4.894

...., g.

I Cl)

Tabelle A2l: Variante D: 90-Prozent-Ausgleich

a EU-Land

Rücktlüsse

FV

VAl.

UK

hFAG (-) HAB (+) HAZ 2.768 -0.852 -64.950 28.757 37.994 -34.478 6.134 22.191 -1.643 -2.945 21.704 -14.681

EUR12

0

59.775

Summe HAZ Summe HAB

119.549 -119.549

B DK

0

GR E F IRL I L NL

p

1.384

14.379 18.997 3.067 11.096

10.852

=0,6; J3 =0,3; '" =0,9

d

r

In'!!. 97.36 99.25 104.39 92.34

In'!!. 99.43 101.36 106.61 94.30 98.00 104.93 96.45 99.21 134.64 101.59 95.21 102.09

In Mrd. ECU 80.758 42.442 698.473 79.310 309.829 488.976 27.806 465.022 4.257 125.525 71.907 477.692

FV/BZ In Tsd. ECU pro Kopf 8.032 8.187 8.611 7.617 7.916 8.476 7.791 8.014 10.876 8.206 7.691 8.246

102.75 94.45 97.15 131.84 99.47 93.23 99.97

2871.996

8.249

100.00

Das benötigte Flnanzausglelchsvolumen beträgt:

95.96

Rang (pro Kopf) nachFAG 7 6 2 12 9 3 10 8 1 5

11 4

TV (-) Zahler (+) ErTllfängal

4.153 -0.852 -64.950 43.136 56.991 -34.478 9.201 33.287 -1.643 -2.945 32.557 -14.681

>-l

g.

j ~

179.324 Mrd. ECU W \0 \0

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Einftlhrung in ausgewählte Teilbereiche der Gemeinschaftspolitiken, München. Nach Amtsblättern zitierte Quellen

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Endgültige Feststellung des Berichtigungs- und Nachtragshaushaltsplans Nr. 2 rur die Europäische Union rur das Hauhaltsjahr 1994, in: ABI. (1994) L 362, 31.12.94. Endgültige Feststellung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften rur das Haushaltsjahr 1993, in: ABI. (1993) L 31, 08.02.93. Geänderter Vorschlag fllr eine Verordnung (EWG) des Rates zur Errichtung eines Kohäsions-Finanzinstruments, in: ABI. (l993b) C 107/06, 17.04.93. Verordnung (EWG) Nr. 792/93 des Rates vom 30. März 1993 zur Errichtung eines Kohäsions-Finanzinstruments, in: ABI. (1993a) L79n4, 01.04.93. Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1552/89 des Rates vom 29. Mai 1989 zur Durchftlhrung des Beschlusses 88/376/EWG, Euratom über das System der Eigenmittel der Gemeinschaften, in: ABI. (1989) L 155,07.06.89, S. 1-8. Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 des Rates vom 29. Mai 1989 über die endgültige einheitliche Regelung fllr die Erhebung der Mehrwertsteuereigenmittel, in: ABI. (1989) L 155,07.06.89, S. 9-13. 28 Walthes