Entwicklungsmodell Westdeutschland: Aspekte der Akkumulation in der Geldwirtschaft [1 ed.] 9783428480463, 9783428080465


125 96 16MB

German Pages 148 Year 1994

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Entwicklungsmodell Westdeutschland: Aspekte der Akkumulation in der Geldwirtschaft [1 ed.]
 9783428480463, 9783428080465

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

JENS HÖLSCHER

Entwicklungsmodell Westdeutschland

Volkswirtschaftliche Schriften Begründet von Prof. Dr. Dr. h. c. J, Broermann t

Heft 437

Entwicklungsmodell Westdeutschland Aspekte der Akkumulation in der Geldwirtschaft

Von

Jens Hölscher

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Hölscher, Jens:

Entwicklungsmodell Westdeutschland : Aspekte der Akkumulation in der Geldwirtschaft I von Jens Hölscher.Berlin : Duncker und Humblot, 1994 (Volkswirtschaftliche Schriften ; H. 437) Zug!.: Berlin, Freie Univ., Diss., 1993 ISBN 3-428-08046-7 NE:GT

D 188 Alle Rechte vorbehalten © 1994 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0505-9372 ISBN 3-428-08046-7

"Aus allen Ländern floß das Geld In unsre offnen Hände, Auch Viktualien nahmen wir an, Verschmähten keine Spende." aus: Heinrich Beine, Deutschland. Ein Wintennärchen.

Vorwort Im intellektuellen Klima der Freien Universität Berlin ist diese Arbeit entstanden. Der kritische Geist, der durch die Studierenden aus allen Teilen Deutschlands, den vielen europäischen Austauschstudentinnen und -studenten sowie von Übersee - und zwar in erster Linie aus der sogenann- ten "Dritten Welt" - auf diesen Campus getragen wird, bildet den Nährboden, aus dem schließlich das nachstehende Resultat erwachsen ist. In Gesprächen, Übungen und Seminaren mußte ich Konzeptionen der Arbeit präsentieren, diskutieren, zum Teil verwerfen und vor allem in eine verständliche Form bringen - ohne eine Wiederbelebung Humboldtschen Bildungsidealismus' zu beschwören, da es lediglich eine Reaktion auf studentische Nachfrage war. Die institutionelle Infrastruktur für meine Arbeit als wissenschaftlieber Mitarbeiter im Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsgeschichte kam dem Dissertationsprojekt sehr entgegen: Ein "Laissez faire"Führungsstil meines Betreuers Horst Tomann verband sich mit scharfer Kritik aus neoklassischer Sicht an der Sache. Der Disput fand meistens auf dem Weg zwischen der Jugendstilvilla des Instituts und der postmodernen Mensa statt und wurde durch die Kollegin Anke Jacobsen auf eine allgemeinere Basis gestellt. In der Expansionsphase des Instituts kam durch Akquisition eines Forschungsprojekts Hans Weisfeld hinzu, dessen Zweifel in bezugauf die Angemessenheil des Entwicklungsmodells für Zentralosteuropa es zu zerstreuen galt. Die studentischen Mitarbeiterinnen Stefanie Gerecke und Arlina Tarigan-Sibero haben die Manuskriptfassung auf seine Verständlichkeit hin überprüft, Johannes Stephan hat die Formatierung besorgt und Stephan Herten hat wichtige analytische Hinweise gegeben. Inge Büttner hat durch ihre Verwaltung der Gefahr einer Entrückung aus der Alltagswelt vorgebaut. In dem von Hajo Riese inspirierten Arbeitskreis "Monetärer Keynesianismus" sind die entwicklungstheoretischen Überlegungen dieser

8

Vorwort

Arbeit insbesondere durch Mathilde Lüken gen. Klaßen angeregt worden. Hajo Riese selbst hat nicht nur dem intellektuellen Niveau eine Orientierung gegeben, sondern sich auch immer wieder persönlich in fachliche Debatten eingemischt, so daß ökonomisches Denken nie langweilig geworden ist. In Rieses Doktorandencolloquium habe ich einen wichtigen Abschnitt dieser Arbeit vorgestellt (Kapitel III, 2), der daraufhin nur in der vorliegenden, gestutzten Form haltbar ist. Außerhalb der FU Berlin habe ich durch einen Vortrag vor dem "Arbeitskreis Politische Ökonomie" und ein Gespräch mit dem Sachverständigenrat Gelegenheit zum wissenschaftlichen Austausch über das Thema meiner Arbeit gehabt. Wolfram Fischer und Hans-Peter Widmaier haben mir noch einige Hinweise vor der Drucklegung gegeben. Meinen Dank für die Unterstützung bei all den genannten Personen möchte ich mit dem Hinweis verbinden, daß Irrtum dennoch nicht ausgeschlossen ist, aber von mir allein durchzustehen ist. Dabei weiß ich mich des Halts meiner Frau Karin Ermert gewiß, ohne die meine Schrift andere Züge hätte, und unseres Sohnes Karl Hölscher-Ermert, der beharrlich für die Nebensächlichkeit der Volkswirtschaftslehre einsteht. University of Wales, Swansea, Januar 1994

Jens Hö/scher

Inhalt

I.

Einfiibrung...........................................................................................................13 1.

Zur Methodologie wirtschaftlicher Entwicklung ....................................13

1.1. 1.2. 2.

II.

III.

Begriffliche Abgrenzungen ............................................................ 13 Methode und Modell ......................................................................15

Aufbau der Arbeit ......................................................................................17

Präludium: Von der Währungsreform in die Zahlungskrise ......................19 1.

Die Notwendigkeit einer Währungsreform .............................................19

2.

Die Herausbildung der Profitinflation .....................................................25

3.

Der drohende Bankrott ..............................................................................29

Internes Krisenmanagement und externes Appeasement: Der Weg zur Unterbewertung der Deutseben Mark.................................... .33 1.

Die Wirtschaftspolitik der Krisenüberwindung ..................................... .33

1.1. 1.2. 13. 2.

Die Rolle der Geldpolitik ..............................................................34 Die Funktion des Protektionismus ...............................................39 Die Politik der Exportförderung ...................................................43

Die Bedeutung der Auslandshilfe.............................................................47

10

Inhalt

2.1. 2.2. 23. 3.

IV.

Anmerkungen zur Schuldenerlaßdebatte ................................................60

Elemente einer reinen Theorie der Akkumulation .......................................63 1.

Die Kreditvergabe als lnitial .....................................................................63

2.

Die Metapher des "goldenen Zeitalters" .................................................67

3.

Kapitaltheoretische Implikationen ...........................................................70 3.1. 3.2.

3.3. 4.

V.

Der Marshallplan ............................................................................48 Kapitalimport versus wirtschaftliche Entwicklung......................S1 Das Londoner Schuldenabkommen .............................................51

Die reine Rolle der Zeit .................................................................71 Physis und Technik..........................................................................74 Der Zins ...........................................................................................78

Die offene Wirtschaft .................................................................................81

•Aßtmal Spirits• und westdeutsche Stabllitit ................................................84 1.

Investition und Kapitalmarkt ....................................................................84 1.1. 1.2. 1.3.

Kreditpolitik und Exportförderung...............................................88 Die Rolle der Innenfinanzierung ..................................................90 Kreditvolume~ und Fristenstruktur ..............................................94

2.

Die Exportwirtschaft als Träger der Akkumulation...............................95

3.

Die staatliche Budgetpolitik ......................................................................97

4.

Die Gütermärkte.........................................................................................99

Inhalt

VI.

Geldpolitik und westdeutsche Stabilltät .......................................................102 1.

Die Phasen der Geldpolitik .....................................................................102

1.1. 1.2. 13. 2.

VIII.

Geldpolitik der "gelockerten Zügel" ...........................................102 Geldpolitik als "Fallbeil" ..............................................................104 Geldpolitik im Dilemma ..............................................................106

Die außenwirtschaftliche Flanke ............................................................112

2.1. 2.2.

VII.

11

Die Aufwertung der D-Mark.......................................................112 Weltwirtschaftliche Rahmenbedingungen .................................115

Das Modell auf postsozialistischem Terrain ................................................117 1.

Zum Szenario in Zentralosteuropa ........................................................117

2.

Außenwirtschaftliche Restriktionen .......................................................120

3.

Die Integrationsstrategie als anarchische Lösung ................................121

Statistischer Anhang........................................................................................ 126 1.

Ausgewählte Zinsen und Renditen ........................................................126

1.1. 1.2. 13. 1.4. 1.5. 1.6. 1.7. 2.

Diskontsatzfestlegungen...............................................................126 Notenbankzinsen ...........................................................................127 Geldmarktzinsen ...........................................................................127 Kapitalmarktzinsen .......................................................................128 Kontokorrentkredite .....................................................................128 Festgelder mit vereinbarter Laufzeit..........................................129 Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist .........................129

Inflationsrate ............................................................................................130

12

Inhalt

3.

lnvestitionsquote .......................................................................................130

4.

Profitquote ................................................................................................ 131

5.

Arbeitslosenquote .....................................................................................131

6.

Wachstum des Bruttosozialprodukts ......................................................132

7.

Konsumwellen der Akkumulation ..........................................................132

7.1. 7.2.

Veränderungsraten der Konsumausgaben .................................132 Einzelne Konsumwellen ...............................................................133 7.2.1.

Nahrungsmittelausgaben.................................................133

7.2.2. 7.23. 7.2.4. 7.2.5.

Bekleidung und Schuhe................................................... 133 Möbel und Einrichtungsgegenstände ............................134 Fahrrad, Motorrad und PKW ........................................134 Produktion von Rundfunkempfangsgeräten und Fernsehempfängern .................................................135

7.2.6. Reiseausgaben der Inländer im Ausland ......................135 8.

IX.

Salden im Außenhandel ...........................................................................136

Literaturverzeichnis .........................................................................................137

I. Einführung Die Bedingungen der Stabilität wirtschaftlicher Entwicklung aufzuzeigen, ist Anliegen dieser Arbeit. Die Erfahrungen mit der langanhaltenden Akkumulationsphase Westdeutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg werden durch die Verbindung mit Elementen einer Theorie der Akkumulation zur Konzipierung eines Entwicklungsmodells genutzt.

1. Zur Methodologie wirtschaftlicher Entwicklung Die methodologischen Ausführungen beschränken sich auf die notwendigsten Klärungen. Als Teil der Exposition sind sie der Erläuterung des Aufbaus der Arbeit vorangestellt, um die wissenschaftstheoretische Verankerung der Struktur des Vorgehens offenzulegen. 1.1. Begrimiche Abgrenzungen

Das theoretische Fundament des Begriffs wirtschaftlicher Entwicklung liefert Schumpeter (1911) mit einem übergreifenden Konzept, das diskontinuierliche ("spontane") Verschiebungen von Entwicklungspfaden und Gleichgewichtslagen beinhaltet. Die Vorstellung eines Gleichgewichts dient bei dieser Methode als Konstruktion zur Erschließung eines ökonomischen Zusammenhangs, indem über den Marktprozeß ein kohärenter Mechanismus der Zuordnung von Preisen und Mengen unter der Annahme ihrer Knappheit formuliert werden kann. Damit wird im Gegensatz zur Allgemeinen Gleichgewichtstheorie das Ungleichgewicht auf die gleiche analytische Ebene gestellt wie das Gleichgewicht, so daß der Unterschied allein in der Möglichkeit der Interpretation verschiedener Marktlagen mit Hilfe des preistheoretischen Instrumentariums liegt. Der Vorzug dieses Vorgehens besteht in der weitgehenden Endogenisierung von potentiell für den Wirtschaftsprozess relevanten Variablen, da die neue (Un-) Gleich-

14

I. Einführung

gewichtstage aus dem Marktprozeß heraus zu erklären ist und nicht als exogene Größe betrachtet werden muß. Die methodische Offenheit im Hinblick auf determinierende Variablen des Wirtschaftsprozesses wirft die Frage nach der Budgetrestriktion des Gesamtsystems auf, in dem die neoklassische Lösung einer exogen vorgegebenen "natürlichen" Erstausstattung allenfalls als SpeziaHall einer Punktbetrachtung Anwendung finden kann. Das Konstrukt der Unternehmerfunktion als Gestalt des historischen Subjekts ist dem neoklassischen Konzept insofern überlegen, als es eine Individuallösung für den Prozeß schöpferischer Zerstörung kapitalistischen WirtschafteDS begründet, kann jedoch keine Objektbeziehung im Sinne einer Bewertung des Aufbaus und Abbaus von Beständen durch Marktpreise begründen1. Die Einfassung des Fundaments für Entwicklungstheorie mit Betonung der spezifischen Bedeutung der Bestände insbesondere für die Akkumulationstheorie liefert Riese (1986), dessen Konzept Keynes' Forderung (1933) einer "monetären Theorie der Produktion" zur wissenschaftlichen Programmatik eines neuen Denkgebäudes der Ökonomie2 macht, in dem Geld die Budgetrestriktion des Gesamtsystems bildet und Produktionsprozesse in Relation zur Aufgabe von Geld ausgeweitet oder eingeschränkt werden. Im geldwirtschaftlichen Rahmen fmdet die Unternehmerfunktion ihren beschränkten Aktionsradius, da sie der Kreditvergabe bedarf, die dem durch das Verhältnis von Gläubigern und Schuldnern bestimmten Kalkül des Vermögensmarktes unterliegt. Wichtigster Teilnehmer dieses Marktes ist die Zentralbank, deren institutionelle Herausbildung die moderne Ökonomie in der historischen Ausformung sozialer Wirtschaftsweisen als Geldwirtschaft kennzeichnet.

1Schumpeter hat dieses DefiZit soziologisch auszugleichen gesucht (1942/SO). Die "Zyklen" (1939/61), die die Klärung des theoretischen Problems mittels der historischen Analyse suchten, sind zwar als Erweiterung von 1911 einzuschätzen, jedoch bereiten sie auch die Hypothese vom Zusammenbruch des kapitalistischen Wirtschaftssystems (1942/SO) im statistischen Teil vor. ~a die "Theorie der Geldwirtschaft" der Öffentlichkeit (noch) nicht vorliegt, besteht die Möglichkeit der spekulativen Interpretation auf der Basis der Theorie der Inflation (1986) und einiger Aufsätze.

1. Zur Methodologie wirtschaftlicher Entwicklung

15

Der Begriff der historischen Ausformung wird allerdings nicht mit dem Erfordernis einer geschichtlichen Ableitung verbunden, sondern wendet sich methodisch zum einen gegen einen universellen Begriff "des Wirtschaftens" und zum anderen gegen einen rein hermeneutischen Zugang einer Objektivierung im Museum. Es wird vielmehr am nomologischen Verständnis der Wirtschaftswissenschaften festgehalten, ohne jedoch der positivistischen Selbstüberschätzung mit der Konsequenz einer Sozialtechnologie zu unterliegen, so daß die Determiniertheil des sozialen Systems durch "ökonomische Gesetze" mit der Annahme fundamentaler Offenheit menschlicher Handlungsalternativen für die Fragestellung wirtschaftlieber Entwicklung aufgehoben wird. Dies gelingt, indem das nomos der Geldwirtschaft unter Rekurs auf Schumpeters Handlungstheorie3 als methodischer Rahmen einer dynamischen Subjekt-Objekt-Beziehung fungiert, deren ökonomische Qualität in der Marktlösung für (Un-) Gleichgewichte besteht. Damit liegt das erkenntnisleitende Interesse (vgl. Habermas 1965) auf der Ebene einer Theorie der Wirtschaftspolitik darin, die Bedingungen für Akkumulation anzugeben. Da die Grundlegung weder durch die zweifelhafte Tugend eines szientistischen Glaubensbekenntnisses ersetzt werden soll, noch die vorbehaltlose Wiederbelebung des sokratischen Dialogs angestrebt wird, ist die Methode empirisch und systematisch, so daß das Konzept der stilisierten Fakten (vgl. Bornbach 1992) zur Anwendung kommt. l.l. Methode und Modell

Obwohl dem begrifflichen Gehalt des Konzepts der stilisierten Fakten nach die konventionelle "deduktiv-nomologische" Aussagenstruktur naheläge, ist das Vorgehen der Arbeit auf die vorangegangene Begriffsabgrenzung aufbauend von den Kriterien des kritischen Rationalismus weit entfernt, da die Formulierung von ökonometrisch zu testenden Hypothesen nicht beabsichtigt ist, wenngleich die Formulierung einiger Aussagen der Arbeit in diesem Sinne möglich ist. Das Vorgehen ist der Form nach

~ie Konstruktion des "dynamischen Unternehmers• erlaubt einen exzeptionellen Voluntarismus als Individualkalkül.

16

I. Einführung

literarisch4, so daß dem Kriterium der Formstrenge und Exaktheit durch eine präzise Sprachführung zu genügen ist. Dem Gegenstand nach ist die als empirisch und systematisch charakterisierte Methode wirtschaftsgeschichtlich und theoretisch. Die Synthese von Theorie und Erfahrung erlaubt die Formulierung eines Modells wirtschaftlicher Entwicklung, das die Bedingungen für Akkumulation angibt, um ihre Möglichkeit in der Übertragung auf einen anderen Raum-Zeit-Bezug zu überprüfen. Der Begriff des Modells wird daher nicht im Sinne eines Ausschnitts aus der Realität, sondern als logische Anordnung von Strukturmerkmalen im Lichte von Theorie gebraucht. Die Empirie liefert für diesen Vorgang in doppelter Weise die Referenz: Aus der amorphen historischen Masse werden die Strukturmerkmale herausgefiltert, deren logische Verknüpfung mit Hilfe des Instrumentariums der ökonomischen Theorie sich wiederum in der konsistenten Erklärung der betrachteten Wirklichkeit erweisen muß. Darüber hinausgehend soll die Präzisierung des Modells aus dem Schliff an vielgestaltiger Wirklichkeit in Abwägung alternativer Erklärungsansätze erreicht werden, um auf diese Weise historische Erfahrung in einem Lernprozeß tradierbar zu machen, ohne die Konservierung des Bestehenden zu betreiben. Die Wahl der Dekade der fünfzigerJahrein Westdeutschland als Wirklichkeitsausschnitt für die Modellbildung folgt dem methodologischen Anarchismus (vgl. Feyerabend 1980), dessen Anwendung aufgrund der Konsistenzanforderung implizit die These beinhaltet, daß die Grundlegung in ihrer Kombination von Riese und Schumpeter sich als tragend für die darauf aufbauenden Aspekte zur Akkumulation in der Geldwirtschaft erweist.

4 Zum

Zweck einer komprimierten Darstellung sind nach Vorbild der Bundesbankberichte und SVR-Gutachten einige Schaubilder und Tabellen in den Text integriert und detailreiche Übersichten im Anhang zusammengestellt. Außerdem gibt es zwei Graphiken und einige Standardformeln im laufenden Text.

2. Autbau der Arbeit

17

2. Aufbau der Arbeit Die Verschränkung von Empirie und Theorie wird oberflächlich strukturiert, indem die Gliederung der Arbeit der Chronologie der fünfziger Jahre in Westdeutschland folgt. Für die theoretische Ebene einer Analyse wirtschaftlicher Entwicklung in der Zeit, die geographische Aspekte rigoros ausklammert und es bei einer nationalökonomischen Ortsbestimmung beläßt, ist dies angemessen, sofern sich aus dem Gliederungsprofil gewissermaßen als vertikale Dimension die theoretische Disposition erkennen läßt.

Das Präludium im anschließenden Kapitel ist den methodologischen Überlegungen entsprechend ein Exerzitium mit den Bausteinen monetärkeynesianischer Theorie, das die Konstitutionsproblematik der westdeutschen Ökonomie als Geldwirtschaft zum Gegenstand hat. Im Verbund mit einer über expandierende Profite initüerten Einkommensbildung erweist sich die Maßnahme einer Währungsreform theoretisch wie empirisch als nützliche, aber nicht hinreichende Wirtschaftspolitik zur Schaffung einer Basis für den Akkumulationsprozeß. Westdeutschland steht 1950 vor der Zahlungsunfähigkeit.

Das dritte Kapitel präsentiert die Überwindung der Krise als Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark, auf dem die wirtschaftspolitische Gestaltbarkeit in Relation zu außenwirtschaftliehen Rahmenbedingungen dargestellt und analysiert wird. Der Bedeutung der Auslandshilfe wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet, indem zunächst der Marshallplan den exemplarischen Anstoß zu einer vertiefenden Behandlung der Relevanz von Kapitalimporten für Entwicklung bietet und daraufhin die Erfahrungen mit dem Londoner Schuldenabkommen auf einer theoretischen Ebene für Anmerkungen zur allgemeinen Schuldenerlaßdebatte dienen. Nachdem damit die Grundzüge des Entwicklungsmodells vorgestellt worden sind, ist das Feld für Präzisierung und Spezifizierung abgesteckt. In dem zentralen theoretischen Kapitel IV. der Arbeit werden die elementaren Bestandteile und Zusammenhänge einer Theorie der Akkumulation unter Rekurs auf den Begriff des Kapitals dargelegt. 2 Hölocllu

18

2. Aufbau der Arbeit

Die auf diese Weise gewonnenen Einsichten werden spezifiZiert und erweitert, indem sie im fünften und sechsten Kapitel unter Rekurs auf die Empirie eine westdeutsche Wirklichkeit erscheinen lassen, die dem theoretischen Konzept entspricht. Auf die Darstellung des geldwirtschaftlich geläuterten Schumpeterstrangs folgend wird die westdeutsche Geldpolitik analysiert, wobei die Verbindung der beiden Kapitel in der Hervorhebung der Koinzidenz von Stabilität und Entwicklung liegt. Das Fazit der Arbeit wird im siebenten Kapitel in der Form einer wirtschaftspolitischen Anwendungsüberlegung des Entwicklungsmodells auf postsozialistischem Terrain vorgestellt, um den allgemeinen Charakter der Modellstruktur durch eine Raum-Zeit-Übertragung zu überprüfen.

11. Präludium: Von der Währungsreform in die Zahlungskrise Auf die Debatte zwischen ordoliberalen und postkeynesianischen Vertretern der wirtschaftshistorischen Nachkriegsgeneration, die hin und wieder Belebungsversuche erfährt1, wird nicht näher eingegangen. Die ordo-liberale Setzung der Währungsreform als "Stunde Null" ist für eine Studie zur Entwicklung in der Zeit inakzeptabe~ da das neue Geld nicht "vom Himmel fiel", sondern die Währungsreform aufgrundihrer differenzierten Behandlung von Bestands- und Stromgrößen einen wirtschaftspolitischen Geniestreich darstellte. Gegenüber der postkeynesianischen Position der "langen fünfziger Jahre" wird schon allein wegen der empirischen Evidenz der Zahlungskrise von 1950/51 ,Eigenständigkeit beansprucht.2

1. Die Notwendigkeit einer Währungsreform Der 20. Juni 1948 bildet durch die Etablie111118 einerneuen Währung in der westdeutschen Ökonomie den Ausgangspunkt einer monetären Theorie zur Analyse der langanhaltenden Akkumulationsphase der fünfziger Jahre. Indem die Währungsreform als Teil eines Präludiums thematisiert wird, drückt sich die theoretische Auffassung aus, daß es sich bei einer Währungsreform um eine wirtschaftlich gebotene, aber nicht hinreichende Bedingung zur Initiierung wirtschaftlicher Entwicklung und der Konstitution einer 1Von

postkeynesianischer Seite (Abelshauser 1993) wurde der behandelte Zeitabschnitt

mit hermeneutischem Geschick sogar als Argumentationsbasis für eine Industriepolitik in Ostdeutschland genutzt, während die ordoliberale Position das Dilemma einer lediglich situativen Anpassung an äußere Umstände (Eucken) und der Wirkungsmächtigkeit der Tradition (Hayek) auch in Überlegungen zum osteuropäischen Systemwandel nicht auflösen kann (Streit 1993). loie Selektion innerhalb der wirtschaftsgeschichtlichen Fachliteratur folgt der entwicklungstheoretischen Ambition. Ein detailreicher Rückblick auf die Zeitverhältnisse, i.n dem die Fakten allerdings als "spontaneous growth" vorgestellt werden, findet sich bei Giersch et al. 1993.

20

II. Von der Währungsreform in die Zahlungskrise

Geldwirtschaft handelt. Die historische Analyse im Lichte einer Theorie der Geldwirtschaft begründet denn auch, weshalb das eigentliche "Wirtschaftswunder" erst vier Jahre später einsetzte. Im Jahr 1948 resultierte die Notwendigkeit einer Währungsreform aus dem augenfälligen Verlust der Funktion der Reichsmark als Geld. Die Funktionen des Geldes als Wertaufbewahrungs- wie als Transaktionsmittel waren nicht mehr gegeben, was sich darin zeigte, daß Güter- und Sachwerte die Vermögenssicherungs- und amerikanische Zigaretten die Transaktionsfunktion übernommen hatten. Die Situation läßt sich dadurch charakterisieren, daß Güter knapp waren und Geld im Überschuß vorhanden war, was mit den Funktionsbedingungen einer Geldwirtschaft nicht vereinbar ist, da ihr Merkmal darin besteht, daß Geld knapp ist, während Güter und Ressourcen überschüssig sind. Für die Sphäre des Gütermarktes bedeutet dies die Notwendigkeit des Übergangs von "Verlcäufennärkten" zu "Käufermärkten" (vgl. Bank Deutscher Länder (im folgenden BDL) 1948/49, S. 7 und Riese 1990, S. 24) als Gesamtkonstellation, in der die Akzeptanz des Geldes mit der Mobilisierung der Aktiva korrespondiert. Monetärer Ausdruck der Erosion des Geldsystems war ein Geldüberhang, der aufgrund administrativer Vorschriften nicht preiswirksam werden konnte und in einen Prozeß der unterdrückten Inflation mündete. Verordnungen über Lohn- und Preiskontrollen, die bis ins Jahr 1933 zurückreichten und sich 1936 in einem Preisstopp sowie 1938 in einem allgemeinen Lohnstopp niederschlugen, verhinderten durch die Unterbindung von PreisLohn-Spiralen den Ausbruch einer offenen Inflation. Da die Alliierten nach Beendigung des Krieges Preis- und Lohnkontrollen sowie Rationierungsmaßnahmen beibehielten und damit eine planwirtschaftliche Wirtschaftsweise perpetuierten, kam es ähnlich wie bei einer offenen Hyperinflation zu einer sukzessiven Aushöhlung der Geldfunktionen. Die Entwertung der Reichsmark vollzog sich durch Qualitätsminderung der Güter bei gleichbleibenden Preisen sowie durch das begrenzte aggregierte Angebot an Gütern. Zum Zweck der Vermögenssicherung wurden Güter gehortet, die ihrerseits auf schwarzen und grauen Märkten

1. Die Notwendigkeit einer Währungsrefonn

21

gehandelt wurden. Resultat und verstärkendes Moment dieser Entwicklung bildete der Rückgang der Produktion in den Jahren 1945 bis 19473• Einerseits senkte die geringe Profitabilität den Investitionsanreiz für die Unternehmen und andererseits ging die Bereitschaft der Arbeitnehmer, Lohnkontrakte in Reichsmark einzugehen, wegen der mangelnden Kaufkraft zurück. Selbst bei bestehenden Arbeitsverhältnissen ging der Output wegen häufiger Abwesenheit zurück. Der Verlust der Funktionen des Geldes als Medium des Tausches wie der Wertaufbewahrung vermag jedoch noch keine Notwendigkeit einer Währungsreform zu begründen. Der Monetarismus plädiert denn auch für eine Freigabe von Löhnen und Preisen als hinreichend für einen Anpassungsprozeß (vgl. Friedman 1973, S. 52 ft). In einer Anpassungsinflation führt demnach die Erwartungskorrektur der Individuen zu einem letztlich stabilen Zustand, in dem die Höhe der Inflationsrate irrelevant ist. Dieser theoretischen Konzeption setzt der monetäre Keynesianismus das Paradigma einer Theorie der Geldwirtschaft entgegen, indem die Funktion des Geldes als Schuldentilgungsmittel (medium of deferred payment) und damit die Interaktion von Gläubigern und Schuldnern in das Zentrum der Analyse gerückt wird. "Dem Schuldner, der die Erwirtschaftung des Zinses und die Rückzahlung des Kredits kalkuliert, steht der Gläubiger gegenüber, dem die Einschätzung der Sicherheit des Vermögensrückflusses die Richtschnur liefert" (Riese 1990, S. 133). Die Bereitschaft, Gläubigerverhältnisse einzugehen und damit die Bereitschaft zur Aufgabe von Liquidität begrenzt die Kreditproduktion. Keynes' Liquiditätsprämie drückt die Unsicherheit des Vermögensrückflusses aus. Für eine wirtschaftspolitische Handlungsempfehlung bei Abwägung der Alternativen einer Anpassungsinflation und einer Währungsreform ist der Währungsreform im allgemeinen der Vorzug zu geben. Für den Fall der Inflation erhöht das steigende Preisniveau zunächst die Sicherheit des Vermögensrückflusses, da die Realwertsicherung durch Flucht in "Beton~ war demzufolge nicht die Kriegszerstörung von Kapazitäten, die die Produktion durch Versorgungsengpässe ("Flaschenhälse") behinderte. Die Produktionskapazität lag in etwa auf dem Vorkriegsniveau von 1939 (vgl. Stolper/Roskamp 1979, S. 380).

22

II. Von der WähNngsreform in die Zahlungskrise

gold" durch die Notenpresse finanziert wird. Die Preissteigerung auf den Bestandsmärkten sowie die Bildung von neuen Beständen erfährt keine Budgetrestriktion so daß im Ergebnis die Liquiditätsprämie sinkt. Gleichzeitig bedeutet der Spielraum für Preissteigerungen im Zuge einer Anpassungsinflation die Verbesserung der Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals durch die Stimulierung von Profiterwartungen, so daß der trade-off zwischen Liquiditätsprämie und Grenzleistungsfähigkeit im Inflationsprozeß die Investitionsnachfrage fördert und dadurch endogen ein zusätzlicher Druck auf das Preisniveau entsteht. In diesem Prozeß der Preisniveausteigerung ist bei Absenz von "Geldillusion" davon auszugehen, daß die lohnabhängig Beschäftigten zumindest ihre Kaufkraft gewahrt wissen wollen, so daß Nominallohnerhöhungen den Inflationsprozeß verstärken. Da auch für den Vermögensmarkt ein Realkalkül unterstellt wird, liegt hier der Wendepunkt für die Bewegung der Liquiditätsprämie und es besteht die Gefahr von sich gegenseitig aufschaukelnden Preisen und Löhnen, deren Resultat eine kumulativ steigende Inflationsrate bedeutet. Damit grenzt sich die keynesianische Inflationstheorie gegenüber dem Monetarismus ab, indem sie einen kumulativen Prozeß von Preisniveausteigerungen abzuleiten vermag, dessen Ende in der völligen Aushöhlung der Funktionen des Geldes - charakterisiert durch den Begriff der Hyperinflation- besteht (vgl. Riese 1986, S. 146ft). Wegen des kumulativen Elements des Inflationsprozesses ist eine Währungsreform zur Wiederherstellung der Funktionsbedingungen einer Geldwirtschaft einer Anpassungsinflation überlegen4•

41st

die Zentralbank nicht bereit, einen solchen Inflationsprozeß dauerhaft zu

akkomodieren, da sie im Interesse einer StabilisieNngspolitik die Akzeptanz des von ihr emittierten Geldes zu wahren strebt, ist umgekehrt von der Gefahr eines kumulativen Deflationsprozesses auszugehen. Die erforderliche restriktive Geldpolitik führt über steigende Zinsen zu einer erhöhten Uquiditätsprämie, während die Gefahr eines sinkenden Preisniveaus die Grenzleistungsfahigkeit des Kapitals verschlechtert. Auf diese Weise kann die Politik einer Anpassungsinflation durch Preisfreigabe wegen der daraufhin notwendigen Restriktionspolitik der Notenbank direkt in die Rezession führen (vgl. Tober 1989, S. 21). Im Marktprozeß erweist sich das Ziel einer "kleinen• Inflation als brisant.

1. Die Notwendigkeit einer Währungsreform

23

Für die historische Situation vor der Währungsreform in Westdeutschland ist zu vermerken, daß für den weitaus größten Teil der Verbindlichkeiten bei Kreditinstituten (über 80 Prozent, vgl. Wolf 1947, S. 206) der Staat Gläubiger war. Da sich die Betriebe im Zuge der schleichenden Inflation im nationalsozialistischen Deutschland weitgehend entschuldet hatten, gab es das Problem der Regulierung von "Altschulden" der Unternehmen, deren Last ihre Aktivität gehemmt hätte, während der .48er Währungsreform nicht. Die Entschuldung der Betriebe entspricht der Ratio einer schleichenden Inflation, da zwar die Liquiditätsprämie sinkt, jedoch aufgrund von Preiskontrollen im Gegensatz zur offenen Inflation ein positiver Anreiz für Profiterwartungen fehlt. So vollzieht sich die Sachvermögensbildung nicht durch Investitionen, sondern durch den Abbau von Verbindlichkeiten wird die Position des Reinvermögens erhöht. Das Resultat der Aushöhlung der Funktionen des Geldes bleibt hingegen das gleiche. Das Korrelat zur Entschuldung des Unternehmenssektors während der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft bildete die wachsende Verschuldung des Staates. Institutionell begünstigt wurde dieser Vorgang durch die Weisungsgebundenheit der Notenbank an die Reichsregierung, so daß sich die Kriegsfinanzierung durch Geldmengenausweitung umsetzen ließ. Den Verbindlichkeiten des Staates standen folglich 1948 neben Kassenbeständen der Unternehmen in erster Linie die Ersparnisse der privaten Haushalte gegenüber. Diese Spareinlagen können durchaus als "Zwangssparen" charakterisiert werden, da die Konsummöglichkeiten durch Mengenrationierungen begrenzt waren. Die Funktion des Geldes als Interaktionsmedium zwischen Gläubigem und Schuldnern war außer Kraft gesetzt, indem dem Privatsektor das Halten von Geld und Forderungen aufgezwungen wurde und vom Unternehmenssektor wegen der geringen Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals keine Kreditnachfrage ausging. Zur Wiederherstellung der Funktionen des Geldes wurden vor der Währungsreform zunächst zwei Voraussetzungen geschaffen. Am 1. März 1948 wurde mit der Bank Deutscher Länder ein zweistufiges Zentralbanksystem errichtet, das mit den modernen Instrumenten einer Notenbank, nämlich Diskont-, Lombard-, Mindestreserve- und Offenmarktpolitik, ausgestattet war. Die Verpflichtung auf das Ziel der Preisniveaustabilität

24

II. Von der Währungsreform in die Zahlungskrise

wurde durch die politische Unabhängigkeit der Zentralbank abgesichert. Damit war die institutionelle Voraussetzung für die Akzeptanz des neuen Geldes gegeben. Die neuen D-Mark-Banknoten wurden in geheimer Mission zwischen Februar und April aus den USA nach Westdeutschland verschifft und zwei Tage vor der Währungsreform an die Ausgabestellen für Lebensmittelkarten verteilt. Juristisch wurde die Währungsreform auf dem Wege von vier Gesetzen durchgeführt: dem Währungsgesetz, dem Emissionsgesetz, dem Umstellungsgesetz und dem Festkontogesetz. Am Tag der Währungsreform wurden zunächst alle Reichsmarkforderungen ungültig. Der Geldumlauf beschränkte sich auf ein Kopfgeld von 40 DM (weitere 20 DM konnten einen Monat später eingetauscht werden), das im Verhältnis 1:1 eingetauscht werden konnte, sowie auf Geschäftsgelder in den Unternehmen von 60 DM pro Beschäftigten. Nach einem Moratorium von einer Woche Dauer trat das Umstellungsgesetz in Kraft. Grundsätzlich ist die unterschiedliche Behandlung von Bestands- und Stromgrößen hervorzuheben: Die Bestände wurden um 90 Prozent abgewertet, während flows wie Löhne, Gehälter, Renten etc. im Verhältnis 1:1 umgestellt wurden. Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Kreditinstituten sowie Verbindlichkeiten des Reiches erloschen vollständig. Die privaten Einlagen waren bei einem Umtauschsatz von 10:1 nur zur Hälfte frei verfügbar, während die restlich 50 Prozent einem Festkonto gutgeschrieben wurden. Durch die Bestimmungen des Festkontogesetzes wurden schließlich 70 Prozent dieser Guthaben gestrichen, so daß sich für Sicht-, Termin- und Spareinlagen ein Umstellungssatz von 6,50 DM pro 100 RM ergab. Auf der Aktiva wurden dem Bankensystem "Ausgleichsforderungen des Bundes und der Länder" zur Verfügung gestellt, die als langfristiges Liquiditätspapier funktional Offenmarktpapieren entsprachen. Ziel des Geldschnitts als Teil der Währungsreform war es, nach Freigabe der Preise Preisniveauerhöhungen zu vermeiden. Verzerrungen im System relativer Preise als Folge der Mengenrationierungen und Preiskontrollen sollten sich bei konstantem Preisniveau ausgleichen. Zur Ermittlung der dazu geeigneten Geldmenge war von einer Umlaufgeschwindigkeit von 1,6

2. Die Herausbildung einer Profitinflation

25

ausgegangen worden. Es stellte sich jedoch schnell heraus, daß die Umlaufgeschwindigkeit drei Mal so hoch war und das Verhältnis der umlaufenden liquiden Mittel zum Sozialprodukt 24 Prozent betrug (vgl. Sauermann 1955, S. 200), so daß auf eine geringe Akzeptanz, das neu eingeführte Geld als Zahlungsmittel zu halten, geschlossen werden kann.

2. Die Herausbildung der Profitinflation Der geringen Nachfrage nach Depositen auf dem Vermögensmarkt entspricht eine hohe Nachfrage auf den Gütermärkten. Da auf Betreiben des Wirtschaftsministers Erhard in der Woche nach der Währungsreform nahezu alle Rationierungs- und Preisvorschriften abgeschafft waren, schlug sich die schlagartig einsetzende Nachfrage in zweistelligen Preisniveausteigerungen nieder. Für die Struktur der Preissteigerungen ist es im Hinblick auf die Herausbildung der Profitinflation bezeichnend, daß die Preise industrieller Grundstoffe weitaus stärker anzogen ( ca. 25 Prozent, BOL 1948/49, S. 3) als die Lebenshaltungskosten der Haushalte (ca. 15 Prozent, ebenda). In der Industrieproduktion ergab sich die außerordentliche reale Wachstumsrate von 50 Prozent (ebenda, S. 2) zu verzeichnen, so daß zunächst in den allgemeinen Kanon mit eingestimmt werden kann, "daß die Währungs- und Bewirtschaftungsreform eine SchlüsselroDe bei der Initiierung dynamischen Wirtschaftswachstums in Westdeutschland gespielt hat" (Buchheim 1988a, S. 231i. Das Zusammenwirken von Währungs- und Bewirtschaftungsreform ist zum. einen durch eine schwache Akzeptanz der D-Mark, die sich in der rasanten Umlaufgeschwindigkeit des Geldes niederschlug und zum anderen in der hohen Attraktivität der Realkapitalbildung als Folge der Preisfreigabe

~ie statistische Datenlage ist höchst unsicher, was zu einem Streit über das Ausmaß der Produktionssteigerung und damit über die Bedeutung der Währungs- und Bewirtschaftungsreform geführt hat. So warnt Abelshauser (1975) vor einer Mystiftzierung der Reform, indem er in einer Untersuchung über den Stromverbrauch in der Bizone die Unterschätzung der Produktion vor der Währungsreform aufzllZeigen sucht. Diese Ergebnisse werden von Ritschl (1985) mittels alternativer Schätzverfahren bestritten. Die Problematik einer quantitativen Erfassung Wllrde schon in der zeitgenössischen Literatur (vgl. Wallich 1955, S. 36 f) angemahnt, jedoch ohne einen qualitativen Sprung zu bezweifeln.

26

II. Von der Währungsreform in die Zahlungskrise

gekennzeichnet. Die hohe Investitionsnachfrage nahm die Form einer Flucht in die Sachwerte an, so daß sich die Konstitutionsproblematik einer Geldwirtschaft abzeichnete. Zum einen setzte eine vorwiegend aus umgestellten Altguthaben gespeiste Konsumnachfrage ein, die den Druck auf das Preisniveau verstärkte. Das infolge beider Nachfragekomponenten steigende Preisniveau verbesserte die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals, was über die Stimulierung der Profiterwartungen zu einem zusätzlichen Investitionsanreiz führte. Reflex des Nachfragebooms war eine ausgesprochen geringe Sparneigung, was angesichts der gerade zusammengestrichenen Einlagen nicht verwunderlich sein konnte. Die gesamtwirtschaftliche Situation war folglich durch ein Ungleichgewicht von Nachfrage und Angebot, Investition und Ersparnis gekennzeichnet. Die Grundgleichungen für den Wert des Geldes als "ex-ante"-Konzept (vgl. Keynes 1930, S. 135 ff) erklären den Zusammenhang von Preisniveausteigerung und Profitexpansion: Im Ungleichgewicht von Investitionen (I) und Ersparnissen (S) entstehen aufgrund der Konstellation einer Überschußnachfrage bzw. eines -angebots vom Gleichgewichtsprofit (0) abweichende Marktlagengewinne bzw. -verluste (0'):

0' = I-S

(1)

Bezogen auf eine funktionale Aufteilung des Preisniveaus in die Erträge der Faktoren Arbeit (Löhne = W) und Kapital (Profit = 0) pro Einheit Output (X) im Gleichgewicht: (2)

P

= W/X + 0/X ; I = S,

bedeutet dies, daß bei einer Überschußnachfrage Marktlagengewinne auftreten, die mit Preisniveausteigerungen einhergehen: (3)

I > S: P

= W/X + 0/X + 0'/X

2. Die Herausbildung einer Profitinflation

27

Preisniveauschub und Profitexpansion sind daher Resultate einer Marktkonstellation, in der die Investitionen die Ersparnisse übersteigen. In der Tradition von Keynes wird dieser Sachverhalt als Profitinflation definiert (vgl. Keynes 1930, S. 155). Dabei grenzt sich die Profitinflation gegenüber der Inflation dadurch ab, daß sie keinen kumulativen Charakter aufweist, sondern eine einmalige Erhöhung des Preisniveaus bedeutet. Für die Verteilung des Volkseinkommens bedeutet dies eine Steigerung der Profitquote. Reflex einer erhöhten Profitquote ist eine gesunkene Lohnquote, die über ein steigendes Preisniveau, also eine Absenkung des Reallohns bei konstantem Nominallohn, herbeigeführt wird. Keynes definiert diesen Vorgang als Einkommensdeflation, die sich streng genommen erst in einem "ex-post"-Konzept begründen ließe. Allgemein ist der Vorgang an eine Konstanz der Nominallöhne (bzw. einen Anstieg unterhalb der Produktivitätsentwicklung) gebunden. Damit ist 1948 die Beibehaltung des Lohnstopps auf dem Arbeitsmarkt von analytisch gleichrangiger Bedeutung wie die Freigabe der Preise auf den anderen Gütermärkten. Eine simultane Freigabe von Preisen und Löhnen hätte die Stabilisierung der D-Mark gefährdet und damit die erfolgreiche Errichtung der Geldverfassung infrage gestellt. Die Entwicklung eines kumulativen Prozesses von Preis-Lohn-Erhöhungen wurde durch die Beibehaltung des Lohnstopps verhindert, so daß dieses Relikt der Planwirtschaft für die Herausbildung der Konstellation einer Gewinninflation den gleichen Stellenwert erhält wie das marktwirtschaftliche Element der Preisfreigabe. Für die wirtschaftliche Dynamik nach der Währungsreform ist die Profitinflation durch ihre stimulierende Wirkung auf die Investitionsnachfrage entscheidend. Von sekundärer Bedeutung ist hingegen, daß "das Koordinationsproblem ( ...) schlagartig durch die Währungs- und Bewirtschaftungsreform gelöst (wurde)" (Buchheim 1988b, S. 77), da es sich um ein Anpassungsphänomen handelt. Zwar konnten sich durch die Preisfreigabe im Zuge der Bewirtschaftungsreform Verzerrungen im System relativer Preise aus der planwirtschaftliehen Phase ausgleichen, jedoch war die optimale Allokation des Faktors Arbeit in einem freien Markt durch den Lohnstopp verhindert.

II. Von der Währungsreform in die Zahlungskrise

28

Die Subsumtion der Währungsreform unter die Thematik "Koordinationsproblem" ist analytisch unzulässig, da die optimale Allokation, wie der Monetarismus gezeigt hat, prinzipiell bei jedem Preisniveau möglich ist. Die theoretische Schwäche einer auf der "Koordinationsfunktion" der Währungsreform aufbauenden Begründung zeigt sich, wenn letztendlich "verschüttete Wachstumspotentiale" (Buchheim 1988b, S. 77) zur Erklärung der Akkumulationsdynamik nach der Währungsreform herangezogen werden müssen6, da Geld als Tauschmittel aufgefaßt wird. Mit der Bedeutung des Geldes als Interaktionsmedium von Gläubigern und Schuldnern wird deutlich, daß die Bereitschaft der Unternehmen, sich in D-Mark zu verschulden, für den lnvestitionsprozeß entscheidend war. Angesichts der freigegebenen Preise war die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals bei einer gleichzeitig geringen Liquiditätsprämie sehr hoch. Der Investitionsfmanzierung im Wege der Kreditexpansion standen jedoch bis auf die Festkontobeträge kaum private Einlagen gegenüber. In dieser Konstellation erwies es sich als richtige Strategie, daß die Zentralbank eine fiktive Gläubigerposition übernahm, indem sie "den Geldinstituten durch eine außergewöhnliche Refmanzierungshilfe die Gewährung langfristiger Produktions- und Investitionskredite im Vorgriff auf die künftige Kapitalbildung" (BDL 1948/49, S. 10) ermöglichte. Dieser Umstand macht deutlich, daß nicht die Ersparnis, sondern ein Geldvorschuß die Voraussetzung für Produktion darstellt. Geld gibt es jedoch unabhängig etwaiger Ressourcen bei der Notenbank, so daß die Verschuldung bei der Zentralbank unabdingbarer Ausgangspunkt zur Etablierung einer Geldwirtschaft ist. Die initiale Gläubigerfunktion der Zentralbank ist dabei insofern fiktiv, als ihr nicht das Kalkül eines privaten Vermögenseigentümers unterliegt, der wie die Geschäftsbanken die Unsicherheit des Vermögensrückflusses zum Kriterium der Aufgabe von Liquidität macht. Die Notenbank gibt in diesem Sinne keine Liquidität auf, sondern schafft Liquidität. Der Erfolg einer Währungsreform ist an die

~icsc Argumentationslinie geht auf die Rekonstruktionsthese von Janossy/Hollo (1966) zurück.

3. Der drohende Bankrott

29

Konstellation einer Gewinninflation gebunden, da durch sie die gesamtwirtschaftliche Situation charakterisiert wird, in der eine Verschuldung privater Investoren in dem neuemittierten Geld rational ist. Der politische Preis liegt in der Hinnahme einer Reallohnsenkung, die in Westdeutschland auch nur mittels eines administrativen Lohnstopps bis zum Ende des Jahres 1948 haltbar war. Die Gewerkschaften riefen zum Generalstreik gegen die Marktwirtschaft auf, der weitgehend befolgt wurde und die politische Spannung indiziert. Die Freigabe der Löhne war schließlich sozialpolitisch geboten.

3. Der drohende Bankrott Die Liberalisierung des Arbeitsmarktes führte nicht zu über einem den Produktivitätsfortschritt hinausgehenden Anstieg der Nominallöhne, der die Gefahr eines kumulativen Prozesses von Preis-Lohnsleigerungen bedeutet hätte. Neben dem hohen Ausmaß der Produktivitätsfortschritte ist dieses zunächst erstaunliche Phänomen auf die historische Situation, in der sich der Arbeitsmarkt befand, rückführbar. Der Zustrom von Flüchtlingen aus den ehemaligen Ostgebieten führte zu einer Verdreifachung der Arbeitslosenzahl innerhalb des ersten Jahres nach der Währungsreform bis Juni 1949 (vgl. BOL 1948/49, S. 7). Dies schwächte die Position der Gewerkschaften bei Nominallohnverhandlungen, wobei sich die gewerkschaftliche Strategie zunächst ohnehin eher auf die Systemkritik an der kapitalistischen Wirtschaftsform als auf die Erzielung von Lohnzuwächsen konzentrierte. Zudem wurde eine lange Wochenarbeitszeit staatlich gefördert, indem Einkommen aus Überstunden steuerfrei gestellt worden waren. Dies bedeutete eine Angebotsausweitung des Faktors Arbeit, was eine kollektive Verknappung zur Erzielung höherer Grundeinkommen behindert. In der Konstellation einer Gewinninflation war die hohe Wochenarbeitszeit nicht allein Ausdruck "wiedergewonnener Arbeitsfreude" (Erhard 1962, S. 19)7, 7Erhard wird

hier dahingehend interpretiert, daß die Geldlöhne in D-Mark einen positiven Anreizeffekt auf das Arbeitsangebot im legalen Sektor hatte.

30

II. Von der Währungsreform in die Zahlungskrise

sondern auch Konsequenz der unterprivilegierten sozialen Situation der Arbeitnehmer. Da die Situation am Arbeitsmarkt die Herausbildung eines kumulativen Inflationsprozesses verhinderte, blieb nach dem einmaligen Preisniveausprung ein weiteres Ansteigen des Preisniveaus aus. Ab 1949 war die Preisniveauentwicklung war sogar zeitweilig leicht rückläufig, so daß die Vermutung einer restriktiven Geldpolitik naheliegt Prinzipiell hat die Notenbank immer die Möglichkeit, über eine Restriktionspolitik den Rückgang des Preisniveaus zu erzwingen. Steigende Zinsen erhöhen die Liquiditätsprämie, während die Geldverknappung den Unternehmen die Realisierung des mark-up auf die Produktion verweigert. Die fallende Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals führt bei steigender Liquiditätsprämie in die Rezession, deren Mengeneffekt in einem Rückgang der Produktion und einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit besteht. Daher liegt die Gefahr einer kontraktiven Geldpolitik darin, den Akkumulationsprozeß, der mittels der Währungs- und Wirtschaftsreform initiiert werden sollte, über eine Zerrüttung der Investitionsnachfrage ( umzukehren. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Strategie eines tendenziell eher expansiven geldpolitischen Kurses durch die Bank Deutscher Länder zur Förderung der Investitionen. Das preisniveaustabilisierende Element ging 1949 von der Realisierung staatlicher Budgetüberschüsse aus. Die hoheitliche Geldschöpfung war weitgehend abgeschlossen und steigende Steuereinnahmen aufgrund expandierender Einkommen bewirkten einen Wechsel von HaushaltsdefiZiten zu -Überschüssen. Monetärer Ausdruck von Budgetüberschüssen ist eine Geldstillegung, die einen Teil der Kreditexpansion kompensierte, während das güterwirtschaftliche Korrelat in einem Rückgang der aggregierten Nachfrage besteht. Die Stabilisierung des Preisniveaus bedeutete auch die Stabilisierung der durch die Profitinflation generierten Profitquote, da sich die Nominallohnentwicklung im Rahmen des Produktivitätsfortschritts hielt. Es bestätigten sich die unternehmerischen Profiterwartungen der Vorperiode, so daß sich

3. Der drohende Bankrott

31

die Investitionsnachfrage stabilisierte und der Zustand des Vertrauens sich verbesserte. Binnenwirtschaftlich war ein Preisniveau erreicht worden, das den Unternehmen einen mark-up zugestand, der die Akkumulationstätigkeit sicherte. Für den Vermögensmarkt bedeutete das Erreichen von Preisniveaustabilität die Konstituierung der Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes. Damit war intern die Voraussetzung für ein privates Vermögensmarktkalkül gegeben, dessen Ratio darin besteht, auf D-Mark lautende Forderungen bei Kreditinstituten zu halten. Es bestand die Möglichkeit des Übergangs der Gläubigerposition in den privaten Sektor, was die erfolgreiche Etablierung einer Geldwirtschaft indiziert hätte. Die Symmetrie von GläubigerSchuldner-Beziehungen charakterisiert eine privatwirtschaftlich organisierte Ökonomie als funktionierende Geldwirtschaft, da sich in ihr die Akzeptanz des Geldes durch Nachfrage nach Depositen manifestiert. Von diesem Punkt war die westdeutsche Ökonomie zunächst jedoch noch weit entfernt, was durch eine Kapitalflucht von ca. 300-600 Millionen DM p. a. (vgl. Balogh 1950, S. 86) dokumentiert wird und auch durch rigorose Devisenbewirtschaftung nicht verhindert werden konnte. Der Gegenwert der D-Mark in US-Dollar betrug im Ausland zeitweise ein Sechstel der offiziellen Parität. Diese Situation demonstriert, daß sich das Vermögensmarktkalkül nicht auf den nationalstaatliehen Rahmen beschränkt, sondern die Qualitäten von Währungen einem internationalen Vergleich ausgesetzt sind. Dieser offensichtlichen Überbewertung der D-Mark entsprach im September 1949 die Maßnahme einer Abwertung. Im Zuge diverser Revaluierungen im System ftxer Wechselkurse wurden die meisten Währungen (allen voran das britische Pfund) gegenüber dem Dollar um 30,5 Prozent abgewertet, während die D-Mark nur um 20,6 Prozent abgewertet wurde (vgl. BDL 1948/49, S. 34). Die ökonomische Rationalität dieser Abwertung wurde offenkundig von dem politischen Signal dominiert, daß hierdurch der historische Reichsmarksatz von 4,20 Mark pro Dollar von vor 1933 erreicht wurde. Gegenüber den europäischen Handelspartnern entsprach dieser Satz jedoch einer Aufwertung, so daß die D-Mark insgesamt weiterhin überbewertet blieb.

32

II. Von der Währungsreform in die Zahlungskrise

Die güterwirtschaftliche Konsequenz der überbewerteten Währung wurde bei sukzessiver Liberalisierung der Importe deutlich: "Besonders die Preise erwiesen sich dabei in vielen Fällen als überhöht" (BOL 1950, S. 1). So hatte die relativ zum Ausland expansive Geldpolitik zwar zu einem ansteigenden Akkumulationsniveau geführt, jedoch um den Preis der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Aufgrund der Preisdifferenz bewirkte der Mengeneffekt der Inlandsnachfrage einen kräftigen Anstieg des Imports nach teilweiser Aufhebung der Mengenrestriktionen. Da die Exportnachfrage unverändert blieb, lag die Konsequenz in einer zunehmenden Verschuldung bei den europäischen Handelspartnern. "Das erste Jahr der EZU (Europäische Zahlungsunion) war durch die "deutsche Krise" gekennzeichnet(...)" (Erhard 1963, S. 100).

111. Internes Krisenmanagement und externes Appeasement: Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

Die Überwindung der Zahlungskrise 1950/51 bildet den Ausg;mgspunkt des westdeutschen Wirtschaftswunders. Innerhalb weniger Monate entwickelte sich die Bundesrepublik Deutschland vom größten Schuldner zum Gläubiger der Europäischen Zahlungsunion (EZU). Diesem Wechsel vom Schuldner zum Gläubiger liegt ein Krisenmanagement zugrunde, dessen Elemente sich auch nach Überwindung der Krise verstetigen und im Resultat die Strategie zur Initüerung der langanhaltenden Akkumulationsphasederfünfziger Jahre bilden. Aus diesem Grunde muß eine nur episodische Rezeption des Tatbestandes, daß sich die Organisation für Europäische Zusammenarbeit mit dem "Bankrott Westdeutschlands" (Emminger 1986, S. 46 sowie Erhard 1962, S. 37) konfrontiert sah, abgelehnt werden. Insbesondere kann eine Begründung mit dem Verweis auf den Korea-Krieg, der eine Weltinflation (beziehungsweise einen Weltpreisniveauschub) auslöste, nicht überzeugen, da sich die anderen EZU-Teilnehmerländer, denen gegenüber sich das Defizit entwickelte, in derselben historischen Situation befanden, ohne daß ihnen die Zahlungsunfähigkeit drohte.

1. Die Wirtschaftspolitik der Krisenüberwindung Die EZU wurde von 17 europäischen Staaten im September 1950 rückwirkend zum 1. Juli 1950 gegründet und sah eine multilaterale Handelsabrechnung über die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel vor1• Zur Überbrückung von kurzfristigen Zahlungsbilanzungleichgewichten standen den Teilnehmern Kreditquoten zur Verfügung, die zu 1Auf die Bedeutung der EZU im Hinblick auf die Überwindung des Bilateralismus und die wirtschaftliche Integration Westeuropas kann im vorliegenden Zusammenhang nicht näher eingegangen werden (vgl. hierzu Buchheim 1990, S. 88 ff). 3 Hölleher

01. Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

34

einem Drittel in Gold oder US-Dollar auszugleichen waren. Der BR Deutschland wurde ein Kreditrahmen von 320 Mio. US-Dollar eingeräumt. Die Devisenreserven Westdeutschlands waren derart unbedeutend, daß ein Handelsbilanzdefizit durch Verschuldung ausgeglichen werden konnte. Gegenüber den USA konnte die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit ausgeschlossen werden, da ein Importüberschuß durch im Rahmen des Marshallplans administrierte Kapitalimporte gedeckt wurde. Die in Rede stehende Krise trat daher nur gegenüber den in der EZU zusammengeschlossenen Ländern auf, mit denen ca. 75 Prozent (vgl. BDL 1950, S. 46) des Außenhandels abgewickelt wurden. Die Entwicklung der Rechnungsposition der BRD gegenüber der EZU zeigen die Salden der nachstehenden Tabelle in Mio. US-Dollar (BDL 1950, s. 46):

1950

1951

Juli August September Oktober November Dezember Januar Februar März April

pro Monat

kumulativ

-28,6 -53,3 -91,5 -116,1 -34,7 -32,5 -42,1 -58,3 +11,3 +45,1

-28,6 -81,9 -173,4 -289,5 -324,2 -356,7 -398,8 -457,1 -445,8 -400,7

1.1. Die Rolle der Geldpolitik

Auf die drastische Verschuldungszunahme gegenüber der EZU reagierte die westdeutsche Notenbank mit der Einleitung einer restriktiven Geldpolitik. Die Restriktionsmaßnahmen der BDL setzten ein, als bereits im September mit einem kumulativen Defizit von 173 Mio. US-Dollar die Hälfte des Kreditrahmens ausgeschöpft war. Die Logik eines restriktiven

1. Die Wirtschaftspolitik der Krisenüberwindung

35

geldpolitischen Kurses zur Vermeidung des Bankrotts aufgrund kumulierender Auslandsverschuldung resultiert aus dem geldwirtschaftlichen Zusammenhang der Steuerung von Ein- und Auszahlungsströmen einerseits und der Rentabilität der Produktion andererseits. Saldenmechanisch (vgl. Stützel1978, S. 136ff) entspricht dem Leistungsbilanzdefizit einer Volkswirtschaft die ex post Summe von Leistungsbilanzdefiziten inländischer Wirtschaftseinheiten der Sektoren Unternehmen, private Haushalte und Staat, was lediglich den Sachverhalt ausdrückt, daß mehr ausgegeben als eingenommen wird. Dieser Ausgabenüberschuß wird im Inland ex ante durch den kommerziellen Bankkredit finanziert. Ein Problem der Zahlungsfähigkeit gegenüber dem Ausland entsteht entsprechend den Bedingungen im Inland so lange nicht, wie der Ausgabenüberschuß durch ausländische Kreditgeber fmanziert wird. Das Erfordernis ausländischer Kreditgeber resultiert daraus, daß der Ausgabenüberschuß in ausländischer Währung getätigt wird, welche im Inland nicht herstellbar ist und daher nur durch Kapitalimporte oder einen Exportüberschuß erworben werden kann. Ist die Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits im Ausland (Kapitalimport) nicht möglich, muß auf divergierende Kreditvergabebedingungen zwischen In- und Ausland geschlossen werden, da der das Leistungsbilanzdefizit begründende Ausgabenüberschuß im Inland bereits durch Kreditvergabe fmanziert worden ist. Für den Fall Westdeutschlands ist in diesem Zusammenhang signifikant, daß es einen auf kommerzieller Basis beruhenden Kapitalimport bis zum Ausbruch der Zahlungskrise gar nicht gegeben hat, und diese Möglichkeit in der Zahlungskrise mangels Kreditwürdigkeit verschlossen war. Der bundesdeutsche Kapitalimport beruhte vielmehr auf der in der EZU geschlossenen Vereinbarung zur Einräumung der Kreditquote von 320 Mio. US-Dollar sowie der Marshall-Plan-Hilfe, auf die noch gesondert eingegangen wird. Indem die staatlich administrierten Kapitalimporte kommerzielle Kapitalimporte ersetzten, wurde die Divergenz zwischen in- und ausländischen Kreditvergabebedingungen gefördert: "Durch Stützungszahlungen und Geschenke wurde es(...) ermöglicht, ein Niveau der Kreditkonditionen und Bonitätsanforderungen aufrechtzuerhalten, das so tief war, daß einzelwirtschaftliche Leistungsbilanzdefizite geplant wurden und entstanden, die schon bei ihrer Geburt mit dem Makel behaftet waren, grundsätzlich nicht 3•

36

III. Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

an Hartwährungs - Kredit- und Kapitalmärkten konsolidierbar zu sein" (Stützel1978, S. 140). Der Vorzug einer saldenmechanischen Argumentation liegt in der direkten Verknüpfuns des Leistungsbilanzsaldos mit den binnenwirtschaftlichen Produktionsbedingungen in ihrer Abhängigkeit von Dispositionen auf dem Vermögensmarkt Der Zentralbank als Steuerungsinstanz des Geldangebots fällt die Aufgabe zu, mittels ihrer Geldpolitik zahlungsbilanzkonforme Produktionsbedingungen im Inland herzustellen, indem die Konditionen der Kreditvergabe dem internationalen Niveau angepaßt werden. Damit obliegt es der Geldpolitik, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der inländischen Produktion sicherzustellen. Die Maßnahmen, mit denen die BOL der Zahlungskrise von 1950 begegnete, waren außerordentlich drastisch. Den Auftakt der einschneidenden Restriktionspolitik bildete die Erhöhung der Mindestreservesätze um 50 bzw. 100 Prozent (vgl. Deutsche Bundesbank (im folgenden DB) 1961, S. 96). Die Heraufsetzung des Mindestreservesatzes bedeutet zunächst, daß ein erhöhter Anteil der Bankeinlagen zinslos in der Form von Zentralbankgeld zu halten ist, so daß ceteris paribus eine Volumenkontraktion aus dem Erfordernis einer Kreditverknappung zur Erfüllung der Mindestreserveverpflichtung resultiert. Die Rentabilitätseinbuße wird durch Überwälzung auf den Kreditnehmer mit der Folge eines gestiegenen Zinsniveaus ausgeglichen. Eine Diskontsatzerhöhung um 50 Prozent markierte die konsequente Fortführung des Restriktionskurses durch die BOL auch gegen politischen Widerstand. Es kam in den Auseinandersetzungen um diese Maßnahme zur ersten Konfrontation der autonomen Notenbank mit der gewählten politischen Macht. Insofern ist die Zentralbankratssitzung vom 26. Oktober 1950, die im Bonner Kanzleramt stattfand, ein historisches Datum. Die Entscheidung für die Erhöhung des Diskontsatzes von 4 auf 6 Prozent erfolgte gegen das ausdrückliche Votum des Bundeskanzlers Adenauer, der befürchtete, dies werde "zu allgemeiner politischer Beunruhigung führen"

1. Die Wirtschaftspolitik der Krisenübetwindung

37

(Emminger 1986, S. 55f Einzig Wirtschaftsminister Erhard plädierte seitens der Bundesregierung für die Diskonterhöhung. Adenauer dazu: "Ach hören Sie nicht auf den!"(Emminger 1986, S. 55). In Abwesenheit der Regierungsmitglieder fällte der Zentralbankrat die Entscheidung für die Diskonterhöhung. Die Erhöhung des Zinssatzes, zu dem sich die Geschäftsbanken mit Zentralbankgeld versorgen, hat eine direkte Steigerung des Geldmarktzinssatzes und darüber vermittelt des allgemeinen Zinsniveaus zur Folge. Unterstützt wurde dieser Restriktionskurs wenig später durch die Reduzierung des Rediskontvolumens sowie die Einschränkung des Rediskonts von Bankakzepten. Der Verlauf der Zahlungskrise zeigt allerdings, daß selbst eine derart restriktive Geldpolitik auf kurze Sicht nicht ausreicht, den Leistungsbilanzsaldo umzukehren. Zwar ging die Nettoverschuldung der Geschäftsbanken bei der Zentralbank zurück, und auch die monatliche Neuverschuldung Westdeutschlands gegenüber der EZU sank im November um zwei Drittel von 116,1 Mio auf 34,7 Mio. US-Dollar, jedoch war der Kreditrahmen mit einem kumulativen DefiZit von 324,2 Mio. US-Dollar bereits im November ausgeschöpft. Die EZU stellte daraufhin zur Vermeidung der deutschen Zahlungsunfähigkeit einen Sonderkredit in Höhe von 120 Mio. US-Dollar als Überbrückungshilfe befristet vom Dezember 1950 bis zum Mai 1951 zur Verfügung. Die Kreditvergabe war allerdings an von den Sonderbeauftragten der EZU, Cairncross und Jacobsson, entwickelte Bedingungen geknüpft. Das Sanierungsprogramm enthielt im wesentlichen folgende Auflagen: -

Fortführung restriktiver Geldpolitik Exportförderung steuerliche Maßnahmen zur Senkung des Konsums Ausgleich des Staatshaushalts3 ständige Kontrolle des Programms durch die EZU.

~ stellt ein bemerkenswertes Kuriosum der Wirtschaftspolitik dar, daß Adenauers politischer Instinkt, der ihn einen Zusammenhang zwischen einer Geldverknappung und einer Kontraktion der Güter- und Arbeitsmärkte vermuten ließ, durchaus zutreffend ist, während seine ökonomische Begründung, nach der steigende Zinsen zu einem steigenden Preisniveau führen würden, abwegig ist.

III. Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

38

Das Sanierungsprogramm konnte jedoch nicht verhindern, daß im Februar 1951 auch der Sonderkredit voll in Anspruch genommen war. Aufgrund dieser Entwicklung schlug die Notenbank die Entliberalisierung des Imports vor, was nach Billigung durch einen Vermittlungsausschuß der EZU am 22. Februar durch die Bundesregierung vollzogen wurde. Diese Maßnahme ist Gegenstand des nachfolgenden Kapitels über die Funktion des Protektionismus. Die BDL setzte ihren Restriktionskurs mit bisher einmaligen Methoden in der Geschichte der deutschen Notenbank fort: Durch Anordnung einer Rückführung des kurzfristigen Kreditvolumens um 1 Mrd. D-Mark innerhalb von drei Monaten ab dem 1. März 1951 wurde eine Kontraktion des Kreditvolumens direkt administrativ verfügt. Bereits vorher war ein Kreditstopp für kurzfristige Kredite angeordnet worden. Parallel dazu wurden Kreditriebtsätze ermittelt, in denen ein bestimmtes Verhältnis zwischen Eigenkapital und Kreditvolumen der Geschäftsbanken festgelegt wurde4 • Die Kreditrückführungsaktion stellt insoweit eine selektive Maßnahme dar, als die Investitionsfmanzierung aufgrundihres langfristigen Charakters von der Reduzierung des kurzfristigen Kreditvolumens nicht betroffen war und auch die Exportfinanzierung von dieser Maßnahme ausgenommen war. Die Zielrichtung konnte daher nur in einer Reduzierung der Lagerbestände im Konsumgüterbereich bestehen. Die Exportfinanzierung wurde instrumentell über das Wechselgeschäft abgewickelt. So wurden Exporttratten trotz ihrer Kurzfristigkeil (Laufzeit bis zu 3 Monate) weiterhin zum Diskont hereingenommen, wenngleich sich das Grundgeschäft auf bestimmte Länder beziehen mußte (vgl. BDL 1952, S. 86). Wechsel, die über das Spezialkreditinstitut für den Export, die Ausfuhrkredit-AG, ausgestellt waten, wurden von der Notenbank zur Finanzierung mittel- und langfristiger Exportaufträge diskontiert. "Die Finanzierungshilfe soll den Zeitraum vom Produktionsbeginn bis zum

3Das geringe

BudgetdefiZit ist nur ein Nebenaspekt Vorschriften der Bankenaufsicht zur Bilanzstruktur sind von rein betriebswirtschaftlicher Bedeutung, da insbesondere die auf vielfache Weise (stille Reserven, Neuemissionen, Gewinnverwendung) veränderbare Größe "Eigenkapital" eine ausgesprochen weiche Budgetrestriktion darstellt. 4Die

1. Die Wirtschaftspolitik der Krisenüberwindung

39

Eingang des Exporterlöses überbrücken (mindestens 6 Monate, höchstens 4 Jahre), nicht aber etwa Investitionen in dem Betrieb der Ausfuhrfirmen ermöglichen oder Betriebsmittel für allgemeine Exportzwecke bereitstellen" (BDL 1952, S. 86). Die Kreditpolitik der Zentralbank folgte nicht allein der Maxime einer Sicherstellung nichtkonsumtiver Verwendung ihrer Mittel, sondern zielte im Zusammenspiel mit protektionistischen Außenhandelsmaßnahmen auf einen Überschuß in der Leistungsbilanz durch selektive Exportförderung. Die Wirkung der Notenbankpolitik im Binnenmarkt zeigt sich in einer Analyse der BDL bezüglich des Einzelhandels: "(...) die ( ...) einsetzende verschärfte Kreditrestriktion es ihm immer schwerer machte, wachsende Lagerbestände durchzuhalten" (BDL, MB 5/1951, S. 1). Die Lagerreduzierungen zogen nun ihrerseits einen unmittelbaren Auftragsrückgang bei der Konsumgüterindustrie nach sich, so daß die BDL feststellte: "Im Mai ist infolgedessen die Verbrauchsgüterproduktion fast auf der ganzen Linie beträchtlich reduziert worden" (BDL, MB 5/1951, S. 2). Der Anteil des Konsums am Bruttosozialprodukt (BSP) sank von 64,1 Prozent 1950 auf 60,9 Prozent im Jahre 1951, während der Anteil der Investitionen am BSP konstant blieb (Statistisches Bundesamt 1972, S. 28), so daß angesichts der Begrenzung des inländischen Konsums durch restriktive Geldpolitik das weiterhin hohe Niveau der Investitionsnachfrage im Zusammenhang mit der Herausbildung der Exportwirtschaft als Träger der Akkumulation erfaßt werden muß. 1.2. Die Funktion des Protektionismus

Die Zahlungskrise entwickelte sich vor dem Hintergrund einer weitgehend liberalisierten Einfuhr: Der Bundesrepublik kam aufgrund der Politik des Wirtschaftsministers Erhard eine gewisse Vorreiterrolle in bezug auf die innereuropäische Importliberalisierung zu, so daß fast 75 Prozent des Imports gemessen am Basisjahr 1949 ohne Mengenrestriktion importiert werden konnten (Emminger 1986, S. 48). Die ersten Maßnahmen zur Verringerung des Importvolumens setzten parallel zu den geldpolitischen Maßnahmen ein. Zunächst wurden am 7. Oktober 1950 alle noch nicht ausgenutzten, aber bereits erteilten Einfuhrbewilligungen für ungültig erklärt. Die Inanspruch-

111. Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

40

nahme neuer Lizenzen wurde ab dem 16. Oktober an die Stellung eines Bardepots für Importe gebunden. 50 Prozent des beantragten Devisenbetrages mußten in D-Mark zinslos bei der zuständigen Landeszentralbank hinterlegt werden und wurden erst bei Warenlieferung oder Verzicht auf die Lizenz freigegeben. Diese Maßnahme stellt daher eine Erhöhung der Bonitätsanforderungen der Importwirtschaft dar. Allerdings führt die Bardepotpflicht zu einem generell erhöhten Kreditbedarf, so daß eine starke Zunahme des kurzfristigen Kreditvolumens die Folge war. Da dies keineswegs intendiert war, wurde die Bardepotpflicht bereits im Dezember auf 25 Prozent ermäßigt. Ohnehin ließ sich kein nennenswerter Rückgang der Importe aufgrund der Bardepotpflicht verzeichnen. Prinzipiell ist die Effizienz einer Verteuerung der Importe an die Nichtüberwälzbarkeit auf den Endverbraucher gebunden. Die Struktur der westdeutschen Importe, die zu 40,5 Prozent aus Nahrungsmitteln und zu 39,6 Prozent aus Rohstoffeil bestand (BDL 1953, S. 81), läßt diese Bedingung aufgrund ihres Grundbedürfnischarakters zweifelhaft erscheinen. Dann jedoch wären Förderung des Preisanstiegs und insbesondere unter dem Regime restriktiver Geldpolitik auch ein "crowding-out"-Effekt am Kreditmarkt die Folge5. Das Bardepot wurde als erste im internen Krisenmanagement ergriffene Maßnahme bereits am 20. September wieder aufgehoben. Eine abschließende Beurteilung seiner Effizienz wird erschwert durch die im Februar 1951 eingeleitete Politik, die eine drastische Importreduzierung zur Folge hatte. Am 22. Februar 1951 wurde als ultima ratio zur Abwendung der erneut drohenden Zahlungsunfähigkeit die Zwangsbewirtschaftung der Importe aus dem EZU-Raum beschlossen. Der Euphemismus, hierfür die Bezeichnung "vorübergehende Aufhebung der Einfuhrliberalisierung" (Erhard 1962, S. 35) zu verwenden, ist vermutlich durch die politische Brisanz dieser Maßnahme begründet. Schließlich steht Protektionismus generell und erst recht in einer derart krassen Form in deutlichem Widerspruch zu den von Erhard propagierten Prinzipien der Marktwirtschaft.

5Die

Wirkung einer Bardepotpflicht entspricht analytisch der einer Abwertung auf die

Importe. Empirische Untersuchungen haben für den Mengenanpassungsprozeß einen Zeitraum von ca. 2 Jahren nachgewiesen (sog. J-Kurven-Effeltt).

1. Die Wirtschaftspolitik der Krisenüberwindung

41

Unter dem Titel "in Bonn ging es hoch her" berichtet Erhard im Rückblick auf die politischen Auseinandersetzungen: "Höchst bedenklich und ( ...) äußerst gefährlich war es jedoch, daß die marktwirtschaftliche Politik selbst in der eigenen Regierung und Koalition nur noch geteilte Unterstützung fand, ja sogar mit versteckter und offener Feindschaft zu kämpfen hatte" (Erhard 1962, S. 32). Auf dem Höhepunkt der Krise, in der jetzt die Marktwirtschaft schlechthin zur Disposition stand, gab Erhard sich in einer tumultartig verlaufenden Bundestagsdebatte moderat: "Wir wollen die Funktion des Marktes erhalten. Aber wir sind uns darüber klar, daß manche Freiheit durch bewußte, planvolle und sinnvolle Regelungen ersetzt werden müssen. ( ...) Das war nicht die Leichenrede der Marktwirtschaft ( ...)" (Abelshauser 1987, S. 94 ff). Nach Einführung der Importbewirtschaftung konnte die Erteilung von Einfuhrlizenzen durch die BOL nur noch je nach Höhe von festgelegten Einfuhrplafonds erfolgen. Die Höhe des Plafonds wurde durch Schätzung des vermutlichen Devisenanfalls im Einvernehmen mit den an der EZU beteiligten Staaten festgelegt. Allein durch den bürokratischen Aufwand, der eine "Langwierigkeit des Weges" (BOL 1951, S. 3) zur Folge hatte, wirkte das Plafondverfahren restriktiver als es durch das festgesetzte Kontingent geplant war. Die Reduktion der Importe hatte bei steigenden Exporten eine Aktivität der Leistungsbilanz und damit die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit zum Resultat. So erfolgte die Rettung der Marktwirtschaft auf dem inkonformen Weg des Protektionismus. Die Tabelle auf der folgenden Seite veranschaulicht die Reduktion der Importe aus dem EZU-Raum in Mio. D-Mark (BOL 1950, S. 56 und 1951, s. 58). Voraussetzung für den Erfolg des Protektionismus war dessen Akzeptanz seitens der Handelspartner in der EZU. Dieses Appeasement drückte sich in der Aufrechterhaltung liberaler Einfuhrbedingungen und in der Akzeptanz von Leistungsbilanzdefiziten gegenüber Westdeutschland aus. Nur so war für die Bundesrepublik ein Exportüberschuß möglich. Die expansive Politik der wichtigsten deutschen Handelspartner, Frankreich und Großbritannien, zog vor dem Hintergrund des Koreabooms eine starke Auslandsnachfrage

III. Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

42

nach sich. Allerdings konnte der bundesdeutsche Import nur noch unter Aufsicht eines von der OEEC eingesetzten Vermittlungsausschusses erfolgen, so daß der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) klagte: "Leider steht nunmehr die Einfuhrpolitik unseres Bundes in starker Abhängigkeit von den Beschlüssen der westeuropäischen Staaten" (DIHT 1950/51, S. 13). Obwohl die Autonomie der Bundesregierung im Hinblick auf die Steuerung der Importe als eingeschränkt gelten muß, läßt die sich verändernde Zusammensetzung der Importe auf eine selektive Handhabung des Instruments der Importbewirtschaftung schließen. Dieses Resultat ist allerdings insofern nicht erstaunlich, als EZU und BRD in dem Ziel der Exportsteigerung völlig übereinstimmten. Das entscheidende strategische Ziel ist der Saldo der Leistungsbilanz und nicht die Struktur des Handelsvolumens.

Januar

Februar

März

April

Mai

895,9

914,3

866,0

633,4

555,0

Die Importbewirtschaftung mit der Intention der Förderung der Exporte schlägt sich in einem Rückgang des Anteils von Fertigprodukten am Gesamtimport nieder. Dieses Prinzip der Diskriminierung von Fertigwarenimporten bestimmt auch die Intention des am 1. Oktober 1951, also noch unter dem Regime der lmportbewirtschaftung, in Kraft getretenen Deutschen Zolltarifgesetzes, in dem erstmals eine Tarifierung nach Werten vorgenommen wird (Bundesgesetzblatt 1951, S. 527-738). Es ist ein Musterbeispiel der "effektiven Protektion", da tendenziell eine Steigerung der Tarife mit zunehmendem Verarbeitungsgrad festzustellen ist. Dies galt auch für die Importe der Ernährungswirtschaft. So waren Getreideimporte zollfre~ während Mehl aus Getreide mit Zollsätzen zwischen 12 und 30 Prozent belegt wurde. Besonders deutlich wird die mit dem Verarbeitungsgrad steigende Tarifierung bei den Importen des industriellen Sektors. Rohstoffe wie Erze zur Gewinnung von Metallen, Schrott, Kohle und elektrischer Strom waren zollfrei. Der Zolltarif setzt dann bei Roheisen und ähnlichen Vorprodukten mit 12 Prozent ein, erhöht sich für Universaleisen und -stahl auf 18 Prozent, steigert sich für Nägel u. ä. auf 20 Prozent, bei Schrauben auf 25 Prozent und erreicht für spezialisierte Güter wie z. B.

1. Die Wirtschaftspolitik der Krisenüberwindung

43

Elektrobleche 28 Prozent. Endprodukte wie Kraftwagen waren schließlich mit 35 Prozent zu verzollen. Überhaupt wurden Fertiggüter für den privaten Konsum und Luxusartikel mit den höchsten Zollsätzen belegt. Der selektive Protektionismus setzte sich auch nach Aufhebung der Importbewirtschaftung durch sukzessive Liberalisierung ab dem 1. Januar 1952 in Form der Zollgesetzgebung fort. Die Selektion bestand weiterhin in der Diskriminierung von Fertigprodukten und damit in der Begünstigung der Investitionen zu Lasten des privaten Konsums. 1.3. Die Politik der Exportförderung

Aus der Kombination von restriktiver Geldpolitik und selektivem Protektionismus resultiert eine Strategie der Exportförderung. Im Schatten protektionistischer Selektion wird der Ausbau der industriellen Produktion begünstigt, da Fertigwarenimporte vom Binnenmarkt ferngehalten werden. Dies erlaubt, isoliert betrachtet, unter dem Niveau ausländischer Rentabilitätsbedingungen zu produzieren. Hieraus würde sich ein Wettbewerbsnachteil auf ausländischen Exportmärkten ergeben. In dieser Situation wird die Restriktionspolitik der Zentralbank zum Argument, das den Protektionismus in den Dienst einer Exportförderungspolitik stellt6• Indem die Notenbank der Industrie auf dem Wege der Restriktionspolitik hohe Rentabilitätsbedingungen bei der Kreditvergabe auferlegt, sichert sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Produktion. Die entgegen- 1 gesetzte Politik Frankreichs und Großbritanniens sorgte für einen Nachfragesog, der Profitabilitätsbedingungen entstehen ließ, die den westdeutschen Investitionsprozeß stimulierten. Hierzu leistete der selektive Protektionismus seinen Beitrag, obwohl die Allokationseffekte per se tendenziell Ineffizienzen nach sich ziehen. Der bundesdeutsche Protektionismus legitimiert sich allerdings schon allein durch die Rettung der Zahlungsfähigkeit. Die schnelle Wirksamkeit durch den direkten Zugriff auf den Markt bildete das Hauptargument Auch in ~ie seit Friedrich List geführte Schutzzolldebatte läßt sich nicht allein innerhalb einer strukturpolitischen Analyse entscheiden, da die Geldpolitik die generelle Norm für die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Ökonomie setzt. IneffJ.Zienzen in der Allokation auf den heimischen Gütermärkten sind vor diesem Hintergrund sekundär.

44

III. Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

bezug auf die Exportförderungspolitik ist der direkte Zugriff auf den Gütermarkt gegenüber einer indirekt wirkenden kreditpolitischen Maßnahme im Vorteil. Offensichtlich gibt es bei gegebener Nachfrage nach Fertigprodukten einen direkten Produktionsanreiz, wenn deren Import unterbunden wird. Mit kreditpolitischen Mitteln ist ein solcher Effekt nicht zu erreichen. Vielmehr können restriktive Kreditbedingungen ohne Protektionismus zum Unterbleiben der Investition führen. Wiederum zeigt sich die Bedeutung der selektiven Handhabung im Sinne einer Förderung von binnenwirtschaftlichen Strukturen der Industrie. So bewirkt die Selektion eine gewisse Ausdifferenzierung und Fertigungstiefe der industriellen Struktur. Diese schlägt sich dann schließlich auch in der Struktur der Exportgüter nieder. Erwartungsgemäß ist sie das Spiegelbild der Importe. Dies zeigt die nachstehende Tabelle über die Zusammensetzung der Exporte nach Warengruppen in Prozent (BOL 1953, S. 81): 1951

Nahrungsmittel GenuSmittel Rohstoffe Halbwaren Fertigwaren

1952

1953

2,7

1,6

1,8

0,7

0,6

0,8

9,0 14,5

7,6 15,1

8,0 14,7

73,1

75,1

74,7

Die komplexe Struktur der westdeutschen Industrie findet ihren Niederschlag darin, daß fast ausschließlich Halb- und Fertigwaren exportiert wurden. Der in geringem Umfang stattfmdende Rohstoffexport bestand überwiegend aus Kohlelieferungsverpflichtungen gegenüber den Alliierten und ist daher nicht als Marktphänomen anzusehen. Träger des Exports war in erster Linie der Maschinenbau mit einem Anteil von 21 Prozent und die Fahrzeugindustrie mit ca. 7 Prozent (BOL 1953, S. 80). Beide Branchen befanden sich, wie gezeigt wurde, im Schutz des Protektionismus. Daß nun gerade diese protegierten Branchen die Hauptträger des Exports sind, belegt eindrucksvoll die These, daß Protektionismus nicht zu einer Fehlallokation im Sinne einer verminderten internationalen Wettbewerbsfähigkeit führen muß. Vielmehr kann durch restriktive Geldpolitik ein Niveau von Rentabilitätsbedingungen durchgesetzt werden, das die internationale Wettbewerbsfähigkeit zur Folge hat.

1. Die Wirtschaftspolitik der Krisenüberwindung

45

Die Restriktionspolitik der Zentralbank hat allerdings nicht nur Konsequenzen für die inländischen Rentabilitätsbedingungen. Obwohl nicht explizit darauf hingewiesen wurde, muß klargestellt werden, daß dieses Kriterium als Realkategorie aufzufassen ist. Der nominale Zins ist in seiner Höhe beliebig - solange er durch eine noch höhere Inflationsrate überkompensiert wird, der Realzins also negativ ist, kann ein kontraktiver Effekt im Sinne einer Auslese der höchsten Rentabilitätsbedingungen nicht erfolgen. So rückt schließlich auch die Inflationsrate in das Blickfeld einer Politik der Exportförderung. Die Inflationsrate ist das Indiz der Härte einer Währung, da sich in ihr die Sicherheit der Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes ausdrückt. Vor diesem Hintergrund ist in der ersten Phase des Wirtschaftswunders eine deutliche Härtung der D-Mark festzustellen (vgl. Anhang, Tabelle 2):

Inflationsrate

1951

1952

1953

1954

11,9

5,3

-0,4

0,0

Das Erreichen der Preisniveaustabilität wurde begleitet von einer sukzessiven Lockerung des Restriktionskurses, was sich in sinkenden Mindestreserveanforderungen und Diskontsätzen niederschlug. Die Geldpolitik, die geprägt war von dem Erfordernis, "denkbar größte Rücksicht auf die außenwirtschaftliche Lage nehmen (zu) müssen" (BDL 1952, S. 19), ist auch, nachdem sie zu einer Politik der gelockerten Zügel übergegangen ist, in der Relation zum Ausland als durchaus restriktiv einzuschätzen, denn "der westdeutsche Diskontsatz liegt damit allerdings noch immer über dem Niveau der Diskontsätze nahezu aller übrigen OEEC-Länder (...)" (BOL 1953, S. 18). Der Abbau des Restriktionskurses der Notenbank ohne die Gefährdung der Preisniveaustabilität wurde begünstigt durch die Geldstillegong des Bundeshaushalts in Milliardenhöhe ab 1952/53. Die Preisniveaustabilität hatte, indem sie die Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes sicherte, unmittelbare Konsequenzen für den Außenhandel. Diese zeigten sich zunächst in einer Verbesserung der tenns of payment. Handelskredite traten an die Stelle von Vorauszahlungen westdeutscher

46

111. Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

Importeure. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, daß auch die deutschen Exporteure ihren Handelspartnern Kredite einräumten, also eine Nachfrage nach D-Mark-Krediten im Ausland entstand. Diesem beginnenden Kapitalexport trug die BDL Rechnung, indem sie schon unter dem Regime strenger Devisenbewirtschaftung die Einrichtung konvertierbarer DM-Konten für Ausländer ermöglichte (vgl. BDL 1953, S. 98). Indem die D-Mark zum Medium internationaler Forderungen und Verbindlichkeiten auf der Grundlage privater Handelsverträge geworden ist, zeigt sich, daß sich die D-Mark zu einer international kontraktfähigen Währung entwickelt hatte. Damit war die westdeutsche Währung als Interaktionsmedium internationaler Gläubiger-Schuldner-Beziehungen akzeptiert. Für die Herausbildung der internationalen Kontraktfähigkeit ist die Diskussion um die freie Konvertibilität symptomatisch. Nimmt die BDL 1952 noch eine zurückhaltende Position zum "Problem der Konvertibilität" ein (vgl. BDL 1942, S. 24 ff), werden zu Beginn des Jahres 1954 Lockerungen der Devisenbewirtschaftung beschlossen, die "wichtige Vorstufen für einen späteren freien Devisenzahlungsverkehr sind" (BDL 1953, s. 97). Der Weg zur unterbewerteten Währung führte unmittelbar über die skizzierte Geldpolitik Eine kontraktfähige Währung ist offensichtlich Voraussetzung für Unterbewertung. Die neue Qualität einer unterbewerteten Währung gegenüber einer nur kontraktfähigen besteht darin, daß sich im Vergleich zu einem "neutralen" Wechselkurs bei ausgeglichener Leistungsbilanz die Importe verteuern und die Exporte verbilligen. Damit aber ist eine unterbewertete Währung der konsequente Ausdruck einer Politik der Exportförderung, womit sie ein strategisches Moment darstellt. In ihrer Wirkung ist die Strategie der Unterbewertung vom herkömmlichen Protektionismus hauptsächlich dadurch zu unterscheiden, daß Unterbewertung pauschal alle Importe relativ verteuert und alle Exporte relativ verbilligt, während Importbewirtschaftung, Zoll- und Fiskalpolitik eine selektive Vorgehensweise ermöglichen. Die selektive Vorgehensweise zeigt sich noch einmal bei der Anwendung des "Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Ausfuhr" vom Juni 1951 (vgl. Bundesgesetzblatt 1951, S. 405 ff). Bestandteile des

2. Die Bedeutung der Auslandshilfe

47

Gesetzes sind Steuererleichterungen bei der Einkommensteuer, für Fertigwarenexporte, Befreiung von der Wechselsteuer für Auslandswechsel und Befreiung von der Versicherungssteuer bei Transportversicherungen im Außenhandel. Von der gerade erhöhten Umsatzsteuer ausgenommen wurde der Handel für den Export (Ausfuhrhändlervergütung), während der Industrie die Umsatzsteuer nach gestaffelten Sätzen erstattet wurde (Ausfuhrvergütung). Sie betrugen: 2,5 Prozent für Fertigwaren, 1 Prozent für Halbwaren und 0,5 Prozent für sonstige Gegenstände. Die Begünstigung von Fertigwarenexporten wurde folglich auch durch fiskalische Maßnahmen unterstützt. Durch diese selektiv geförderte Import-Export-Struktur profitierte die Bundesrepublik beträchtlich von dem Anfang 1952 einsetzenden Rückgang der Rohstoffpreise auf den Weltmärkten als Folge des Ausklangs des Koreabooms. Die Preise für Fertigprodukte sanken erheblich langsamer, so daß eine Verbesserung der terms of trade die Folge war (vgl. BOL 1953, S. 79). Die Entwicklung der terms of trade ist jedoch in ihrer Bedeutung für die Entstehung und Überwindung der westdeutschen Zahlungskrise nicht zu überschätzen, da sich der Wechsel vom Schuldner zum Gläubiger innerhalb Europas vollzog, womit die Preisentwicklung zwischen Industriegüter- und Rohstoffhandel auf den Weltmärkten von untergeordneter Bedeutung ist. Immerhin bildeten die terms oftradeeinen verstärkenden Faktor. Im selben Zeitraum wird die Importbewirtschaftung in mehreren Stufen zurückgenommen, während gleichzeitig eine zunehmende Härtung der D-Mark zu verzeichnen ist. Bereits 1955 ist die westdeutsche Einfuhr vollständig liberalisiert, und damit die Mengenbeschränkung der Importe abgebaut. Die erste Zollsenkung vom April 1955 und die nachfolgenden Zollsenkungen 1956 signalisieren den Verzicht auf den selektiven Protektionismus. An seine Stelle ist der Protektionismus mit Hilfe der unterbewerteten Deutschen Mark getreten. So konnte sich die Strategie der unterbewerteten Währung vor dem Hintergrund eines selektiven Protektionismus vollziehen, dessen Erfolg es erlaubte, auf eben jene Starthilfe zu verzichten.

2. Die Bedeutung der Auslandshilfe "Auch im Fall Afrikas spricht man nicht von einer Verschuldungskrise, denn südlich der Sahara handelt es sich um die Länder, die durch ein

48

III. Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

geringes Einkommen pro Kopf gekennzeichnet sind, so daß eher Hilfe als Kredite angezeigt ist" (Siebert 1991, S. 36). In Abgrenzung zur Politik des Appeasements wird im folgenden die aktive Leistung des Auslands für die Wirtschaftsentwicklung Westdeutschlands analysiert. Das Appeasement setzt eine aktive interne Akkumulation voraus und regte diese an, während Auslandshilfe einen exogenen Anstoß für Entwicklung darstellt und damit für ein an externer Verschuldung orientiertes Entwicklungskonzept steht. Leistungen des Auslands sind neben humanitärer Hilfe die in jeder Schuldenkrisendiskussion erörterten Maßnahmen des Kapitalimports (als Synonym für Kredit) und Schuldenerlasses. Die sublime Unterscheidung zwischen Hilfe und Kredit kann in ihrem ökonomischen Kern keinen geographischen Kriterien folgen oder sich am Pro-Kopf-Einkommen orientieren. Entscheidend ist die Relevanz für wirtschaftliche Entwicklung, die eine Einordnung in ein binnenorientiertes oder exogen fmanziertes Modell erlaubt. Die Analyse der Krise und ihrer Überwindung läßt sich mithilfe Sieberts Unterscheidung durchführen, ohne auf Sieberts außerökonomische Kriterien zurückzugreifen.

2.1. Der Marshallplan

Der Marshallplan bezeichnet einen Kapitalimport Westeuropas aus den USA nach dem Zweiten Weltkrieg, der als European Recovery Programm (ERP) abgewickelt wurde. Der Kapitalimport stellte eine politische Maßnahme dar und entsprang nicht einer Marktkonstellation, sondern erfolgte auf administrativer Basis. Ein Importüberschuß war für Westdeutschland aufgrUn.d seines Devisenmangels nur durch externe Verschuldung möglich. Es ist daher unzulässig, die Relevanz des Marshallplans für die Wirtschaftsentwicklung Westdeutschlands zu begründen, indem argumentiert wird, "tatsächlich ist die Marshallplanhilfe angesichts der Passivität der deutschen Handelsbeziehungen mit dem Dollar-Raum in diesen Jahren von großem Wert gewesen ..." (Abelshauser 1983, S. 57), da es ohne Marshallplan eine solche Passivität gar nicht hätte geben können.

2. Die Bedeutung der Auslandshilfe

49

Vielmehr ermöglichte umgekehrt der administrierte Kapitalimport eine passive Handelsbilanz. Im Rahmen des ERP flossen der Bundesrepublik von Kriegsende bis 19521mporte im Wert von 3,2 Mrd. US-Dollar zu (vgl. Pohl1973, S. 187). Darin enthalten sind GARIOA (Government andRelief in Occupied Areas) Lieferungen in Höhe von 1,6 Mrd. US-Dollar, die in erster Linie der Abwendung von Seuchen und Hungersnöten dienten. Die Verwendung der Marshallplangelder veranschaulicht die folgende Tabelle in 1000 US-Dollar (vgl. Bundesminister für den Marshallplan 1953, S. 23). Nahrungs- u.

industr.

Maschinen

Frachten

Futtermittel

Rohstoffe

Fahrzeuge

135 212

32 29 31

122

Saaten

1948/49 1949/50 1950/51 1951/52 1952/53

213 175 196 76 24

100 38

8 9 13 8 2

Summe

684

725

36

240

26

4

Die Warenzusammensetzung entsprach in ihrer Struktur prinzipiell der des kommerziellen Imports, so daß überwiegend Nahrungsmittel und Rohstoffe eingeführt wurden. Ein Technologietransfer7 fand nicht statt, was sich in der relativen Bedeutungslosigkeit der Kapitalgüter mit einem Anteil von 2 Prozent niederschlug. Die stoffliche Zusammensetzung der Importe liefert daher kein Argument für die Relevanz des Marshallplans im Hinblick auf die ökonomische Entwicklung Westdeutschlands. Sein Volumen entsprach denn auch lediglich 2,8 Prozent des BSP im Planjahr 1948/49 bzw. 1,9 Prozent 1949/50.

7Sofem im Rahmen von "know-how"-Transfers ein Import amerikanischer "Bildungsgüter" stattfand, wurde dieser nicht bilanzwirksam.

50

III. Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

Diese Einschätzung teilte schon die Bundesregierung, indem sie formulierte: "Die politische und psychologische Seite des Marshallplans war für Deutschland (...) nicht weniger bedeutsam als die materielle Seite" (Bericht der Dt. Bundesregierung über die Durchführung des Marshallplanes 1949 - 51, S. 19). Um so erstaunlicher muß die nachträgliche Mystifizierung im Rahmen ökonomischer Theoriebildung sein. Neben Politologie und Psychologie kann die Ökonomie vermerken, daß der Marshallplan einer Verknappung des Faktors Arbeit durch Seuchen und Hungersnöte entgegenwirkte. Generell bedeuten ausländische Hilfelieferungen jedoch immer eine Reduktion der Nachfrage nach heimischen Erzeugriissen, die prinzipiell Anreize für die inländische Produktion dämpft. Eine Würdigung des Marshallplans muß demzufolge seine Bedeutung als humanitären Akt unterstreichen und von einer Glorifizierung als "one of the great economic success stories of modern time" (Wexler 1983, S. 255) absehen. Damit sind aber auch Leistungen caritativer Verbände unter dem Begriff der Auslandshilfe zu thematisieren. Angesichts der westdeutschen Erfolgsstory nimmt es nicht Wunder, daß diese Hilfelieferungen aus dem allgemeinen Bewußtsein verschwunden sind, wenngleich ihr Volumen von mindestens 1,2 Mrd. D-Mark durchaus in den Kategorien des Marshallplans liegt (vgl. Wollasch 1976, S. 30). Eine Subsumtion unter die Ideologie des Wirtschaftswunders verbat sich aufgrund des offensichtlich caritativen Charakters der Leistungen: "Angerührt durch die schreiende Not eines geschlagenen Volkes (...) bekannten sich Menschen in Ländern aller Erdteile zu christlich-humanitärer Solidarität, sichtbar gemacht in aktiver Hilfe für den Nächsten in Not" (Wollasch 1976, S. 30). Den Marshallplan im Gegensatz zu Caritas-Spenden als begründend für die wirtschaftliche Entwicklung Westdeutschlands anzusehen, entspringt jedoch nicht rein ideologischer Natur beziehungsweise der Freiheit der Historiker im Hinblick auf ökonomische Theorie, sondern ist Ausfluß neoklassischen Denkens und damit konventioneller ökonomischer Theoriebildung. Die Orientierung der Neoklassik an einem rein materiellen Mengenkonzept unter Ausblendung der Bewertungsproblematik von Beständen dokumentiert sich in der Thematisierung des Marshallplans unter Begriffen wie "technologische Lücke" (Henning 1981, S. 94) oder

2. Die Bedeutung der Auslandshilfe

51

"Problem der Kapitalknappheit" (Buchheim/Borchardt 1987, S. 320), als deren monetärer Ausdruck ein Phämomen der "Dollar-Lacke" (Buchheim 1990 b, S. 81) diagnostiziert wird. Nachdem die stoffliche Zusammensetzung der Importe einen Verweis auf eine Kapitalmenge und Technik fragwürdig erscheinen ließ, und vielmehr den Begriff der "Hilfe" nahelegte, bleibt noch nach der theoretischen Validität eines derartigen Entwicklungskonzepts zu fragen. Die faktische Irrelevanz des Marshallplans für den westdeutschen Akkumulationsprozeß liefert noch keine theoretische Fundierung eines Entwicklungsmodells ohne externe Verschuldung. Der feinsinnigen Unterscheidung von Kredit und Hilfe folgend wird der Begriff Kapitalimport als Synonym für ausländischen Kredit benutzt. 2.2. Kapitalimport versus wirtschaftliche Entwicklung

Kapitalimporte stellen ceteris paribus einen Wohlfahrtsimport dar und sind demnach im Kontext der Paretoeffizienz eine wünschenswerte Erscheinung. Allerdings erfolgt diese Allokation zwischen Ökonomien auf der Basis des status quo, dessen Veränderung nun gerade Zielrichtung der entwicklungsstrategischen Forschung ist. In einem evolutorischen Konzept des Wirtschafrens ist ein Verweis auf den wohlfahrtsinduzierenden Charakter von Kapitalimporten nichtssagend, da sich die Frage nach einer Initüerung ökonomischer Dynamik, wofür das "Wirtschaftswunder" exemplarisch steht, durch die Gleichgewichtsreferenz nicht formulieren läßt. Wirtschaftliche Entwicklung in einer Ökonomie benötigt als Referenzpunkt den Entwicklungsstand einer anderen Ökonomie, deren Verknüpfung sich im Saldo der Leistungsbilanz ausdrückt. In diesem Sinne setzt der terminus von einer nachholenden Entwicklung schon ein Ungleichgewicht voraus, so daß die Theorie optimaler internationaler Arbeitsteilung allein nur begrenzt Anwendung finden kann8. Im entwicklungsstrategischen ~eoklassische Theorie macht Faktorimmobilitäten zur Norm internationalen Handels, und ihr p&eudoliberaler Charakter zeigt sich in entsp~hend repressiven Imperativen zur Begrenzung der Arbeitsmobilität bei freiem Kapitalverkehr (vgl. Siebert 1992, 5. 69), während der klassische Liberalismus von eingeschränkter Kapitalmobilität ausging, um Reallohndifferenzen zu erklären (vgl. Ricardo 1817).

52

III. Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

Kontext ist daher ein Kapitalimport als Überschuß zu thematisieren, der eine Netto-Schuldnerposition der Entwicklungsökonomie impliziert. Das Plädoyer für Kapitalimporte folgt der traditionellen Vorstellung von einem "Aufbringungsproblem", die auch die Position der Bank Deutscher Länder in den 50er Jahren prägte: "Westdeutschland wird immer ein kapitalarmes Land bleiben" (Vocke zitiert nach Emminger 1986, S. 69). Die Kapitalmangelthese leitet aus einer strukturell begründeten Sparlücke die Notwendigkeit ab, ausländisches Kapital zu importieren. Ziel ist die Finanzierung von Investitionen zur Förderung der Einkommensbildung in der Entwicklungsökonomie, so daß das Hauptargument auf einer nichtkonsumtiven Verwendung der Importe liegt. Die Praxis der westdeutschen Notenbank nach der Währungsreform zeigte jedoch, daß für die Investitionsfmanzierung nicht Ersparnis, sondern ein Geldvorschuß die Voraussetzung ist. Damit geht die Betonung einer nichtkonsumtiven Verwendung von Kapitalimporten am Kern der Fragestellung vorbei. Indem die Notenbank als Geldangebotsinstanz das Vorschußvolumen der Investitionsfmanzierung steuert, fällt die diffuse Vorstellung einer Kapitalarmut in sich zusammen und rückt die Geldpolitik einer Ökonomie in den Mittelpunkt eines Entwicklungskonzepts. Entsprechend bildet für eine monetäre Theorie wirtschaftlicher Entwicklung die Existenz verschiedener Währungen das Unterscheidungskriterium für die Existenz unterschiedlicher nationaler Ökonomien. Unterschiedliche Gelder, deren qualitatives Verhältnis zueinander sich im Wechselkurs ausdrückt, begründen die Notwendigkeit der Nationalökonomie in Abgrenzung zu einer Regionaltheorie. Der Wechselkurs als Preis des internationalen Vermögensmarktes stellt eine entwicklungsstrategische Variable dar, die in bezug auf das Angebots-Nachfrageverhältnis nach dieser Währung eine tendenzielle Unterbewertung verlangt. Ein Kapitalimportüberschuß indiziert nun aber gerade das Gegenteil. Die Nachfrage nach Auslandswährung übersteigt die nach Inlandswährung, so daß die Währung überbewertet ist. Auf dem Vermögensmarkt generiert ein

2. Die Bedeutung der Auslandshilfe

53

Kapitalimportüberschuß Abwertungserwartungen, die mit der Gefahr einer kumulativen Kapitalflucht verbunden sind. Der Effekt einer überbewerteten Währung auf die Leistungsbilanz ist eine Verbilligung der Importe und eine Verteuerung der Exporte, was ein Deflzit festschreibt. Ein KapitalimportüberschuB ist mit einer Entwicklungsstrategie nicht vereinbar, da sich die angestrebte Einkommensexpansion über einen Exportüberschuß vollziehen muß. Für internationale Gläubiger-Schuldner-Beziehungen wird über die Verschuldung die Konstellation von Abhängigkeitsverhältnissen vermittelt (vgl. Lüken-Klaßen/Betz, 1989, S. 241 ff.). Augenfällig wird dies im Falle einer restriktiven Geldpolitik der Gläubigernation, deren Zinsanstieg sich multiplikativ auf die Schuld auswirkt und damit das asymmetrische Verhältnis dokumentiert. Erst eine Netto-Gläubiger-Position stützt eine monetäre Argumentation für Kapitalimporte zur Wahrnehmung von Wohlfahrtseffekten. Der Adressat ist demzufolge nicht die Entwicklungswirtschaft, der vielmehr die interne Akkumulation erst ermöglicht werden muß: Das sich in der Ersparnis (S) niederschlagende Akkumulationsniveau steigt mit dem Exportüberschuß (Ex-Im):

S

= I + (Ex- Im)

Dieser Saldenmechanik entzieht sich auch ein Plädoyer für Kapitalimporte als Technologietransfer nicht. Die Konsequenz der geldwirtschaftlichen Rahmenbedingung begründet Schumpeters Konzept der Imitation im nationalökonomischen Maßstab9 , um einer kapitalimportvermittelten Verschuldungsproblematik im Prozeß nachholender Entwicklung auszuweichen. Das Argument der Technik wird allein salden-neutral zum ökonomischen Argument, da es sonst dazu verleitet, dem Begriff des Kapitals im Sinne seiner organischen Zusammensetzung zu verstehen, anstatt Kapital als Wertgröße zu thematisieren. Die Produktivität entspringt nicht einer bestimmten Physis der Produktion, sondern unterliegt der Bewertung durch Preise, die aus einer speziftschen Marktkonstellation 9Für die

aufholenden Staaten bildet zunächst die Erlangung der Wettbewerbsfdhigkeit (ggf. unter "low-tech"-Bedingungen) das strategische Ziel, um dann die Möglichkeitzu nutzen, den Wettbewerb als "Entdeckungsverfahren" im Sinne Hayeks einzusetzen.

54

111. Der Weg zur Unterbewertung der Deutschen Mark

resultieren. Der preistheoretische Ausdruck eines Technologieimports als Defizit ist gerade die Überbewertung der Währung. Allgemein lassen sich für die Frage eines Technologieimports die Ergebnisse der im Rahmen der Kapitaltheorie geführten "reswitching"Debatte (vgl. Harcourt 1972, S. 118 ft) als heuristisches Prinzip für ein außenwirtschaftliches Modell nutzen. Da die Wahl der Technik nicht die Produktivität determiniert, der Saldo der Leistungsbilanz unabhängig von den technischen Produktionsgegebenheiten einer Ökonomie ist. Die traditionelle Vorstellung von Faktorausstattungen, die den internationalen Handel begründen sollen, wird nicht durch die Berücksichtigung der Technologie zu einer außenwirtschaftliehen Entwicklungstheorie, denn "die Wahl der Technik stellt überhaupt keine Wahl von Proportionen dar" (Pasinetti 1988, S. 187). Die Graphik auf der folgenden Seite verdeutlicht die Zusammenhangslosigkeit der Wahl der Technik mit den Faktorproportionen. Die Kurven TA und TB repräsentieren unterschiedliche Technologien in den Nationen A und B, die durch die Strukturen von Input-Output-Matrizen vorgegeben sind. Das Rentabilitätskriterium bewirkt, daß die Wahl auf die Technik fällt, die für jede gegebene Profitrate (r) den höchsten Lohn ergibt, oder- was dasselbe ist - auf die Technik, die für jeden gegebenen Lohn (w) die höchste Profitrealisierung zuläßt. Unter der Annahme vollständiger Kapitalmobilität sind die Profitraten in den Ländern A und B identisch (rA = rB). Die maximalen Profitraten (R) werden bei w = 0 erzielt, wenn also Arbeitnehmer im ökonomischen Sinn den Maschinen gleichzusetzen sind, während der maximale Lohn (W) den Fall einer kapitallosen Wirtschaft demonstriert. Der Saldo der Leistungsbilanz der Nation A (LBA) ist hingegen eine Funktion des Wechselkurses:

55

2. Die Bedeutung der Auslandshilfe w

w

I

--L-----I

1

r R

Der reale Wechselkurs (E) als das Maß der Wettbewerbsfähigkeit einer Ökonomie ist mit jedem Niveau der Profitrate vereinbar, da er ein rein monetäres Phänomen darstellt. Der Begriff "real" bezeichnet lediglich die Multiplikation des nominalen Wechselkurses (e) mit dem reziproken Preisniveauverhältnis (PB/PA) der Nationen, so daß sich eine dimensionslose Größe ergibt. Bei einem Wert von 100 ist die Leistungsbilanz ausgeglichen, der Wechselkurs sozusagen "neutral" in bezug auf die Güterströme. Für E>100 ist die Währung des Landes A unterbewertet, womit ein ExportüberschuB korrespondiert, während E < 100 eine Überbewertung mit einem entsprechenden Importüberschuß indiziert. Bei einem Devisenbestand von Null kann ein Importüberschuß allein durch Kredite (Kapitalimporte) finanziert werden. Da die Wahl der Technik unabhängig von Unter- oder Überbewertung der Währung ist, hat der Saldo der Leistungsbilanz nichts mit der Wahl der Technik zu tun. In den Intervallen 0< =r