Soziale Aspekte des römischen Heerwesens in der Kaiserzeit 3515073000, 9783515073004

Seit den Tagen des ersten Prinzeps Augustus standen permanent ca. 450.000 Mann unter Roms Fahnen. Als gut ausgebildete B

134 70 15MB

German Pages 257 [262] Year 1999

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Die innere Hierarchie
1.1 Die senatorischen und ritterlichen Offiziere
1.2 Die Zenturionen
2 Finanzielle Sicherheit
2.1 Einkommen
3 Die medizinische Betreuung
Recommend Papers

Soziale Aspekte des römischen Heerwesens in der Kaiserzeit
 3515073000, 9783515073004

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Inhaltsverzeichnis Einleitung 1 Die innere Hierarchie 1.1 Die senatorischen und ritterlichen Offiziere 1.2 Die Zenturionen . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Exkurs: Ein Zenturionenleben . . . 1.3 Die Prinzipales . . . . . . . . . . . . . 1.4 Stellung und Aufgaben der immunes . . . 1.5 Die milites gregarii . . . . . . . . . . . . . 1.6 Zivile Bedienstete . . . . . . . . . . . . . .

..

.. ..

Finanzielle Sicherheit 45 2.1 Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2.1.1 Finanzielle Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 .... 2.1.2 Sold . . . . . . . . . . . . . . . .. . 48 2.2 Sonderzuwendungen . . . 54 . 54 2.2.1 Donativa . . . 2.3 Praemia nummaria . . . . . . . . . . . . . . . . 58 2.4 Ersparnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 2.5 Eigentum an Ausrüstung und Bewaffnung . . . . . . . 63 . 67 2.6 Eigentum an Immobilien . . . . . . . . . . 3 Die 3.1 3.2 3.3 3.4

medizinische Betreuung 71 Allgemeine Gesundheitsvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . 72 Die Betreuung von erkrankten und verwundeten Soldaten . . . 76 Heilbäder für Heeresangehörige . . . . . . . . . . . . . . . 84 Die vorzeitige Entlassung dienstuntauglicher Soldaten . . . 88

4 Freizeit und Urlaub

4.1 Unterhaltung am Garnisonsort . . .

4.2 Urlaub . . . . . . . . . 5

Persönliche Bindungen 99 5.1 Lebensgemeinschaften . . . . . . . . . . . 99 . . . 110 5.2 Gleichgeschlechtliche Beziehungen . . . . . . 112 5.3 Sklaven und Freigelassene von Soldaten . . . . . . . . 5.4 Kontakte zur Zivilbevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 5.4.1 Kontakte privater Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 5.4.2 Munizipale Würden, Unterstützung der Heimatgemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 5.4.3 Kontakte dienstlicher Art . . . . . . . . . . . . . . . . 131 5.4.4 Kontakte mit nachteiligen Folgen für die Zivilbevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 5.5 Testamentarische Versorgung von Hinterbliebenen . . . . . . . 139

6 Minderung oder Verlust der militärischen und der gesellschaftlichen Stellung 147 6.1 Verstöße gegen die disciplina militaris . . . . . . . . . . . . . . 147 6.2 Unberechtigter Eintritt in das Heer und Ausschluß vom Wehrdienst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 6.3 Militärdienstverweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 6.4 Unerlaubtes Entfernen von der Truppe, Übergang zum Feind . 163 6.5 Parteinahme für innere Gegner . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 6.6 Ungehorsam aus Glaubensgründen . . . . . . . . . . . . . . . 172

7 Rückkehr ins Zivilleben 7.1 Die Entlassung aus dem Militärdienst . . 7.2 Hilfen für den Aufbau einer Existenz . 7.3 Der Veteranenstand . . . . . . . . . . 7.3.1 Veteranenprivilegien . . . . . . . 7.3.2 Gelderwerb . . . . . . . . . . . . 7.3.3 Teilnahme am munizipalen Leben Schlußbetrachtung Bibliographie in Auswahl Register

.

179 . . . 179

. . . 185 . . . 191 . . . . . . . . . . . . 191 . . . . . . . . . . . . 194 . . . . . . . . . . . . 196

Danksagung Die vorliegende Abhandlung ist Teil meiner 1995 eingereichten und von der Fakultät für Orientalistik und Altertumswissenschaft der Ruprecht-KarlsUniversität Heidelberg angenommenen Habilitationsschrift. Es ist mir ein Bedürfnis, an dieser Stelle allen am Habilitationsverfahren beteiligten Gutachtern, den Herren Professoren G. Alföldy, A.R. Birley, H.A. Gärtner, K.H. Misera und A.M. Ritter meinen Dank für ihre Mühe und ihre hilfreichen Bemerkungen auszusprechen. Danken möchte ich ferner allen, die mir mit Hinweisen und bei der Besorgung von Literatur behilflich waren, ganz besonders W. Habermann, A. Scheithauer und F.M. Scherer. An erster Stelle bin ich Herrn Professor Alföldy zu Dank verpflichtet, nicht zuletzt auch für die Aufnahme der Arbeit in die von ihm herausgegebene Reihe HABES. Herrn Professor Birley, Düsseldorf, möchte ich nicht nur für seine Gutachtertätigkeit, sondern vor allem für seine freundliche Hilfsbereitschaft sehr herzlich danken. Mein besonderer Dank gilt der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Sie hat mir die Habilitation durch die Gewährung eines Stipendiums und die Publikation der Arbeit durch eine Druckkostenbeihilfe ermöglicht.

Einleitung Das römische Heer ist seit langem Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Beschäftigung1. Umfassende Abhandlungen zum römischen Heerwesen entstanden vor allem in den ersten Dezennien des 20. Jahrhunderts. Erinnert sei nur an A. von Domaszewskis erstmals 1908 veröffentlichte Arbeit 'Die Rangordnung des römischen Heeres', an das 1928 erschienene Werk 'Heerwesen und Kriegführung der Griechen und Römer' von J. Kromayer und G. Veith, an H. Delbrücks 1920/21 publizierte 'Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte' oder an die zur gleichen Zeit herausgebrachte, von R. Grosse verfaßte 'Römische Militärgeschichte von Gallienus bis zum Beginn der byzantinischen Themenverfassung'. Auch in den letzten Jahrzehnten wurden wiederholt Monographien geschrieben, die das römische Heer ausführlich behandeln. Allerdings kommt diesen Darstellungen teilweise eher der Charakter einführender Übersichten mit bisweilen populären Tendenzen als der stringenter wissenschaftlicher Abhandlungen zu. Ein Urteil, das keineswegs abwertend zu verstehen ist. Vielmehr kann eine Vielzahl komplexer und divergenter Themen, die nach heutiger Auffassung zur Gesamtdarstellung der Streitkräfte eines Weltreiches gehören - von der Kampftaktik über die Rangordnung bis hin zu den individuellen Lebensverhältnissen der Soldaten - im Rahmen eines Buches nur noch abrißartig bewältigt werden, zumal eine umfassende Arbeit über das römische Heerwesen konsequenterweise einen Zeitraum von mehreren hundert Jahren umfassen müiite. In dieser langen Zeitspanne war das Imperium Romanum und mithin sein Heer mehrfach politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Änderungen unterworfen. Reaktionen auf sich stetig verändernde außenpolitische Situationen führten letztlich um die Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert n. Chr. zu tiefgreifenden Militärreformen, in de'In der neueren deutschen Literatur findet sich in den letzten Jahren wiederholt der Begriff Armee als Synonym für das Heer bzw. für die Gesamtheit der Streitkräfte des Imperium Romanum. Es sei daher daran erinnert, da8 Armee im Deutschen eigentlich einen meist zu einem bestimmten Zweck aufgebotenen Teilverband bezeichnet.

ren Folge uns eine gänzlich andere Konzeption der Streitkräfte entgegentritt: Alte Ränge sind verschwunden, neue geschaffen. Lag der herkömmlichen Aufteilung des Heeres in Legionen und Auxiliarformationen ursprünglich der personenrechtliche Status der Soldaten (römische Bürger - Peregrine) zugrunde, so waren die Militärformationen nunmehr entsprechend ihrer Funktion im Verteidigungskonzept in Grenzwachen und mobile Eingreiftruppen aufgegliedert. Heute sieht sich der an Militärgeschichte interessierte Historiker einer in den vergangenen Jahrzehnten dank neu gefundener bzw. edierter Inschriften und Papyri stark verbreiterten Quellenbasis gegenüber, die es zunächst zu bewältigen gilt. Das Ergebnis ist eine Vielzahl von Arbeiten zu oft eng umgrenzten Themen, etwa zu den diversen Truppengattungen, zur Geschichte und Dislokation einzelner Einheiten, zur Stationierung von Militär in bestimmten Regionen, zur Veteranenversorgung wie zu Militärdiplomen. Als ein herausragendes Beispiel ist das 1989 von Y. Le Bohec vorgelegte Werk 'La troisieme lkgion Auguste' zu nennen, das sich militärischen, politischen, religiösen und demographischen Aspekten gleichermaßen ausführlich widmet. Als weitere Exempla seien nur B. Dobsons Arbeit über 'Die Primipilares. Entwicklung und Bedeutung, Laufbahnen und Persönlichkeiten eines römischen Offiziersranges' (1978), B. Isaacs Buch 'The Limits of Empire. The Roman Army in the East' (1990) und M.P. Speidels Werk 'Die Denkmäler der Kaiserreiter - equites singulares Augusti' (1994) angeführt. Das sind verdienstvolle Studien, die zugleich zeigen, daß allein die Bearbeitung einer Charge des Heeres mit gutem Grund eine ganze Monographie beanspruchen kann. Wiederholt war die Herkunft der Soldaten Gegenstand von Einzelstudien. Die Abhandlungen von G. Forni2, K. Kraft3 und J.C. Mann4 haben auf diesem Gebiet als grundlegend zu gelten. Von unschätzbarem Wert für die Militärgeschichte sind in den vergangenen Dezennien vorgelegte prosopographische Arbeiten. Das in diesen Kompendien aufbereitete Material zu Leben und Werdegang von Angehörigen des ordo senatorius wie des ordo equester bildet ein willkommenes Arbeits211 reclutarnento delle legioni da Augusto a Diocleziano. Pubblicazioni delia Facolti di Lettere e Filosofia della Universitii di Pavia 5 (Mailand - Rom 1953); ders., Estrazione etnica e sociaie dei soldati delle legioni nei primi tre secoli dell'impero. ANRW 2,1, 1974, 339-391 = ders., Mavors V 11-63 mit Ergänzungen ebd. 64-141. 3 Z ~ Rekrutierung r von Alen und Kohorten an Rhein und Donau. Dissertationes Bernenses 1,3 (Bern 1951). 4Legionary Recruitment and Veteran Settlement during the Principate. Hg. von M.M. Roxan. University of London, Institute of Archaeology Occasional Publication 7 (London 1983).

instrument zur Erforschung von Offizierslaufbahnen wie der sozialen und geographischen Herkunft der Betreffenden. Stellvertretend für andere seien hier neben der Prosopographia Imperii Romani5 die wichtigen Arbeiten von H.G. Pflaum, G . Alföldy und H.J. Devijver genannt6. In der Vergangenheit mehrten sich zudem Kongreßberichte und Sammelwerke zur Erforschung des Heeres. Erwähnt seien nur die von M.P. Speidel ins Leben gerufene Reihe 'Mavors. Roman Army Researches' und die seit Begründung der Limeskongresse im Jahr 1949 regelmäßig publizierten Akten dieser Veranstaltungen. Hinzu kommen zahlreiche hervorragende archäologische Arbeiten zur Erforschung der Militärlager, ihrer Innenbauten, der Grenzbefestigungen und der Heerstraßen. Zu erinnern ist vor allem an das grundlegende Werk von H. von Petrikovits, 'Die Innenbauten römischer Legionslager während der Prin~ipatszeit'~ oder an die in der deutschen Fassung von D. Baatz überarbeitete Monographie von Anne Johnson über Kastelle des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr.'. Ebenso standen Kleidung, Ausrüstung, Bewaffnung, Nahrung der Soldaten wie die Beschaffung dieser Güter wiederholt im Zentrum wissenschaftlichen Interessesg. Gleiches gilt für die Soldaten 5Erste Auflage: E. Klebs - H. Dessau - P. von Rhoden, Prosopographia Imperii Romani, saec. I. 11. 111. Bd. 1-3 (Berlin - Leipzig 1897-1898). Zweite Auflage (nicht abgeschlossen): E. Groag - A. Stein - L. Petersen - K. Wachtel (Hgg.), Prosopographia Imperii Romani saec. I. 11. 111. Bd. 1-6 (Berlin 1933-1998). 6H.-G. Pflaum, Les carrikres procuratoriennes equestres SOUS le Haut-Empire romain. Bd. 1-3: Inst. Francais dlArch. de Beyrouth. Bibl. d'Arch. et Hist. 75 (Paris 1960-1961); Suppl.: Inst. F'rancais d'Arch. du Proche-Orient Beyrouth - Damaskus - Amman. Bibl. d'Arch. et Hist. 112 (Paris 1982); G. Alföldy, Die Legionslegaten der römischen Rheinarmeen. ES 3 (Köln - Graz 1967); ders., Fasti Hispanienses. Senatorische Reichsbeamte und Offiziere in den spanischen Provinzen des römischen Reiches von Augustus bis Diokletian (Wiesbaden 1969); H. Devijver, Prosopographia militiarum equestrium quae fuerunt ab Augusto ad Gallienum. Bd. 1-5. Symbolae Facultatis Litterarum et Philosophiae Lovaniensis, ser. A 3 (Leuven 1976-1993); ders., A New Volume of the Prosopographia Militiarum Equestrium. ZPE 89, 1991, 179-187. 'Abhdl. der Rheinisch-Westfälischen Akad. der Wiss. 56 (Opladen 1975). 8A. Johnson, Römische Kastelle des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. in Britannien und in den germanischen Provinzen des Römerreiches. Bearb. von D. Baatz. Kulturgeschichte der Antiken Welt 37 (Mainz 1987). gSiehe etwa H.J. Ubl, Waffen und Uniform des römischen Heeres der Prinzipatsepoche nach den Grabreliefs Noricums und Pannoniens (Diss. Wien 1969); J. Oldenstein, Zur Ausrüstung römischer Auxiliareinheiten. Studien zu Beschlägen und Zierat an der Ausrüstung der römischen Auxiliareinheiten des obergermanisch-raetischen Limesgebietes aus dem zweiten und dritten Jahrhundert n. Chr. BerRGK 57, 1976,49-284; C. Franzoni, Habitus atque habitudo militis. Monumenti funerari di militari nella Cisalpina Romana. Studia Archaeologica 45 (Rom 1987); J.C.Coulston (Hg.), Military Equipment and the Identity of Roman Soldiers. Proc. Fourth Roman Military Equipment Conference. BAR,

verliehenen ~ u s z e i c h n u n ~ e n 'Auch ~ . den Feld- und Rangabzeichen des Heeres, der Religion und dem Kaiserkult im römischen Heer wurden seit A. von Domaszewskis maßgeblichen Aufsätzen 'Die Fahnen im römischen Heere"' und 'Die Religion des römischen Heeres'12 immer wieder Studien zuteil13. Im Rahmen von Biographien einzelner Kaiser und von Darstellungen der politischen Geschichte des Imperium Romanum widerfuhr dem Heer bzw. seiner zeitweisen Funktion als Kaisermacher, als Träger von Usurpationen wiederholt ausführlich Behandlung. Dabei wurde in erster Linie auf das Verhältnis von Feldherr und Heer sowie die Gefolgschaft der Soldaten bestimmende Faktoren eingegangen14. Weniger Aufmerksamkeit widmete die althistorische Forschung indes den verschiedenen sozialen Seiten des römischen Berufssoldatentums. Zwar sind Studien zu einzelnen Fragen zu verzeichnen, so etwa zur Herkunft der SolInt. Ser. 394 (Oxford 1988); C. van Driel-Murray (Hg.), Roman Military Equipment: the Sources of Evidence. Proc. Fifth Roman Military Equipment Conference. BAR, Int. Ser. 476 (Oxford 1989); M.C. Bishop - J.C.N. Coulston, Roman Military Equipment from the Punic Wars to the Fall of Rome (London 1993); H. Elton, The Study of Roman Military Equipment. JRA 7, 1994, 491-495; Th.K. Kissel, Untersuchungen zur Logistik des römischen Heeres in den Provinzen des griechischen Ostens (27 V. Chr. - 235 n. Chr.). Pharos Studien zur griechisch-römischen Antike 6 (St. Katharinen 1995); J. Remesal Rodriguez, Heeresversorgung und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Baetica und Germanien. Materialien zu einem Corpus der in Deutschland veröffentlichten Stempel auf Amphoren der Form Dresse1 20. Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg 42 (Stuttgart 1997). 1°P. Steiner, Die dona militaria. BJb 114-115, 1906, 1-98; V.A. Maxfield, The Military Decorations of the Roman Army (London 1981); dies., Systems of Reward in Relation to Military Diplomas. In: Heer und Integrationspolitik 26-43. "Abhandl. des Archäologisch-Epigraphischen Seminars der Universität Wien, Heft 5 (Wien 1885) = ders., Aufsätze 1-80. 12WZK 14, 1895, 1-124 = ders., Aufsätze 81-209. 13Zu Rang- und Feldzeichen siehe vor allem W. Zwikker, Bemerkungen zu den römischen Heeresfahnen in der älteren Kaiserzeit. BerRGK 27, 1938,7-22; A. Alföldi, Hasta - Summa imperii. The Spear as Embodiment of Sovereignty in Rome. AJA 63, 1959, 1-27; Ubl a.a.0. (wie Anm. 9) 371ff. 416ff. - Zur Religion siehe vor allem H. Ankersdorfer, Studien zur Religion des römischen Heeres von Augustus bis Diokletian (Diss. Konstanz 1973); E. Birley, The Religion of the Roman Army: 1895-1977. ANRW 2,16,2, 1978,1506-1541 = ders., Mavors IV 397-432; J. Helgeland, Roman Army Religion. ANRW 2,16,2, 1978, 14701505; G. Alföldy, Die Krise des Imperium Romanum und die Religion Roms. In: W. Eck (Hg.), Religion und Gesellschaft in der römischen Kaiserzeit. Akten des Kolloquiums Köln 1986 (Köln 1988) 94-102 = ders., Krise 381-387. 14Zu verweisen ist vor allem auf E. Flaig, Den Kaiser herausfordern. Die Usurpation im römischen Reich. Historische Studien 7 (Eankfurt - New York 1992); W. Dahlheim, Die Armee eines Weltreiches: Der römische Soldat und sein Verhältnis zu Staat und Gesellschaft. Klio 74, 1992, 197-220.

daten, Offiziere und ihrer Angehörigen, ihrer finanziellen Lage, der ihnen in Hinblick auf ihren Veteranenstand zuerkannten Privilegien und der daraus resultierenden rechtlichen und pekuniären Vorteile15. Eine übergreifende Behandlung fehlt indes. Daher setzt sich die vorliegende Studie zum Ziel, sich mit den menschlichen und persönlichen Seiten des Berufssoldatentums ebenso zu befassen wie mit der gesellschaftlichen Struktur des römischen Heeres, einer Streitmacht, die in der Kaiserzeit permanent etwa 400.000 bis 450.000 Mann unter ihren Fahnen hielt16. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den ersten drei Jahrhunderten n. Chr. Zur Illustration wurden, wo es angebracht schien, Quellen aus früherer und späterer Zeit herangezogen. Ein Soldat war nicht nur Mitglied des römischen Heeres, er war zugleich Teil einer hierarchisch strukturierten Gemeinschaft. Sie konservierte die traditionellen Strukturen der römischen Gesellschaft, indem sie Offiziersposten oberhalb der Zenturionenränge allein Angehörigen des ordo equester und ordo senatoriw vorbehielt. Stabilisierend auf die bestehende Gesellschaftsordnung wirkte das Heer zudem durch die regelmäßige Rekrutierung von Pereginen, denn ein Ort stärkerer Verinnerlichung römischer Wertvorstellungen als das Heer ist kaum vorstellbar. Folgerichtig erhielten Männer, die nicht über das römische Bürgerrecht verfügten, die civitas Romana spätestens bei ihrer Entlassung. Ein Vierteljahrhundert im Dienst Roms ließ sie zu römischen Bürgern erwachsen. Schließlich bot das Heer homines novi die Chance der weiteren Integration in die römische Gesellschaft. Die Angehörigen munizipaler Eliten hatten für gewöhnlich die Möglichkeit, innerhalb von ein bis drei Generationen über den Militärdienst in die Reichsaristokratie aufzusteigen. Während die Väter mit lokalen Ehrenstellen vorlieb nahmen, traten ihre Söhne dem gesellschaftlichen Ansehen ihrer Familie gemäß in den Reichsbzw. Militärdienst ein. In der Folgezeit gelang ihnen nicht selten die Aufnahme in den Ritterstand, womit ihnen die Bekleidung von Positionen in der höheren Reichsverwaltung offen stand. Hiermit ist eine Eigengesetzlichkeit des römischen Heeres angesprochen: Die höchste Position, die ein Soldat 15Zur Lage der Veteranen siehe vor allem R.F. Renz, The Legal Position of the Soldier and Veteran in the Roman Empire. (Diss. Fordham University, New York 1972); J.C. Mann, Legionary Recruitment and Veteran Settlement during the Principate, hg. V. M.M. Roxan. University of London, Institute of Archaeology, Occasional Publication 7 (London 1983); H. Wolff, Die Entwicklung der Veteranenprivilegien vom Beginn des 1. Jahrhunderts V. Chr. bis auf Konstantin d. Gr. In: Heer und Integrationspolitik 44-115; siehe auch dens., Zu den Bürgerrechtsverleihungen an Kinder von Auxiliaren und Legionären. Chiron 4, 1974, 479-520. 16A.R. Birley, Effects 39ff.; G. Alföldy, AAAH 32, 1989, 169f. = ders., Mavors I11 26f. (nach einer Berechnung von E. Birley); von einer geringeren Heeresstärke geht R. MacMullen, Klio 62, 1980, 451ff. aus; vgl. Scheidel, Measuring 121f. mit Anm. 80.

Bei den von einem Arbeitgeber zu erbringenden Leistungen denken wir heutzutage neben der tariflich geregelten Entlohnung und Urlaubszeit vornehmlich an Beiträge zur Altersversorgung, zur Krankenversicherung, an zusätzliche finanzielle und soziale Leistungen wie die Gewährung von Prämien, Urlaub, Kuren, die Bereitstellung von Sozialräumen innerhalb des Betriebes, besondere Hilfen für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit Familie und ähnliches mehr. Ein unserem Sozialsystem vergleichbares soziales Netz kannte die Antike nicht. Dennoch ist gerade im römischen Heer eine für antike Verhältnisse weitgehende Fürsorge für den einzelnen zu konstatieren. So verfügten die kaiserzeitlichen Streitkräfte über eine gut organisierte medizinische Versorgung (Kapitel 3). Außerdem konnten Soldaten bei Bedarf Heilbäder in Anspruch nehmen. Urlaub in Form einer den Soldaten regelmäßig zustehenden Anzahl von Tagen gab es nicht. Immerhin hatten Soldaten die Möglichkeit, Beurlaubungen zu beantragen, die in der Regel gewährt worden zu sein scheinen (Kapitel 4). Eine Betrachtung der sozialen Bezüge bliebe unvollständig, wenn nicht der persönlichen Bindungen der Soldaten zu ihrem Umfeld, namentlich zu ihren Angehörigen und zu ihren Mitbürgern, gedacht würde. Eine eigene Familie hatten Soldaten in der Kaiserzeit in steigender Zahl oft schon während ihrer aktiven Zeit, obwohl Ehe und Militärdienst bis auf Septimius Severus in offizieller Sicht als unvereinbar galten. Dennoch suchten Soldaten, durchweg Männer im heiratsfähigen Alter, Beziehungen zu Frauen, die vielfach über lange Zeit Bestand hatten. Ein Faktum, dem Rechnung zu tragen war, zumindest wenn man verhindern wollte, daß die gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung der Lebensgefährtinnen und illegitimen Kinder von Soldaten auf Dauer zu einem sozialen Problem wurde. Die Kontakte der Soldaten zur Zivilbevölkerung beschränkten sich nicht allein auf private Beziehungen. Vielmehr kamen Soldaten im Rahmen dienstlicher Aufträge immer wieder mit Zivilisten in Berührung (Kapitel 5). Der Preis für die Vorteile, die der Militärdienst mit sich brachte, waren lange Dienstzeiten, körperliche Strapazen, ein gewisses Risiko, verwundet oder getötet zu werden, die völlige Unterwerfung unter die disciplina militaris und die hierarchische Struktur des Heeres. Konnte oder wollte ein Soldat den Anforderungen, die der Dienst an ihn stellte, nicht gerecht werden, so drohten ihm Konsequenzen, die - wie etwa Degradierung oder unehrenhafter Ausschluß aus dem Heer - schwerwiegende Folgen haben konnten. Der Dienst im Heer garantierte also nicht nur ein gewisses soziales Ansehen und wirtschaftliches Auskommen, er konnte ebenso den Verlust der sozialen Stellung nach sich ziehen und dies nicht nur innerhalb der hierarchisch struk-

turierten Rangfolge des Heeres, sondern auch auf zivilem Sektor (Kapitel 6). Mit ihrem Abschied sahen sich Soldaten nach wenigstens 16 bis 28 Jahren Militärdienst veranlaßt, sich als Veteranen eine neue Existenz aufzubauen, den Lageralltag mit dem zivilen Leben in einer anderen sozialen Gemeinschaft zu tauschen, gegebenenfalls eine Erwerbstätigkeit auszuüben und eine Familie zu ernähren. Einen wesentlichen Beitrag zum Start ins bürgerliche Leben leisteten die den Veteranen zuerkannten Privilegien und das während der Militärzeit angesparte Barvermögen. Hinzu kam das freilich nicht allen Soldaten bei ihrem Ausscheiden in Form von Landzuweisungen oder Bargeld bewilligte praemium militiae (Kapitel 7). Darauf, inwieweit die angesprochenen Punkte zur Anziehungskraft der römischen Streitkräfte beitrugen oder dagegen sprachen, Militärdienst zu leisten, ist im folgenden näher einzugehen.

Kapitel 1 Die innere Hierarchie Geändert hat sich an der inneren hierarchischen Struktur der römischen Streitkräfte von Augustus bis ins späte 3. Jahrhundert im Grunde nichts. Der Oberkommandierende der gesamten Streitkräfte des Imperium Romanum war und blieb der Kaiser; innerhalb der einzelnen Truppen bestand eine klare Rangordnung, die sich grob folgendermaßen umreißen läßt: An der Spitze steht der Kommandeur, ihm untergeordnet sind die Führer der einzelnen Abteilungen und die gemeinen Soldaten. Bei den Legionen traten als vierte Gruppe die Tribunen als den Befehlshaber unterstützende Offiziere hinzu. Dessen unbeschadet änderten sich im Laufe der Zeit allmählich die Eingangsvoraussetzungen, das heißt, die an sich Senatoren vorbehaltenen höchsten Kommandostellen wurden zunehmend von Rittern besetzt, während bewährte Soldaten verstärkt über den Zenturionat in den Ritterstand aufsteigen konnten. Diese im ganzen recht komplexe Entwicklung soll im folgenden detaillierter beschrieben werden.

1.1

Die senatorischen und ritterlichen Offiziere

Die höchsten Offiziere des römischen Heeres setzten sich traditionsgemäß aus Senatoren und equites Romani zusammen. Legionslegaten und die tribuni militum laticlavii entstammten dem ordo senatorius. In Provinzen, in denen nur eine Legion stationiert war, fungierte in der Regel der Statthalter zugleich als legatus legionis. Seine Dienststellung erforderte vor allem, daß er als Statthalter wie als Kommandeur einer Legion dem Kaiser und dessen

Familie loyal gegenüberstand. So verwundert es kaum, daß zahlreiche Legionskommandeure in einem engen persönlichen Verhältnis zur kaiserlichen Familie standen. Vielfach hatten sie auf einer früheren Stufe ihrer Karriere als candidati Augusti ein Amt erlangt oder dank kaiserlicher Gnade als adlecti in den Senatorenstand Aufnahme gefunden1. Allerdings genügte seit den schweren Kriegen, die Marc Aurel führte, Loyalität allein nicht mehr zur Ausübung hoher militärischer Kommandos. Die steigende Bedrohung der Grenzen durch barbarische Völkerschaften erforderte als Befehlshaber Offiziere mit der entsprechenden militärischen Erfahrung. 'Gentlemen officers', das heißt Männer, die im Rahmen ihres cursus honomrn nur kurze Zeit beim Heer verbrachten, waren fehl am Platz. Daher zeichnet sich in severischer Zeit verstärkt die Tendenz ab, bewährte Legionslegaten nochmals mit einem militärischen Kommando zu betrauen. Man kann sagen, daß sich innerhalb der senatorischen 'Karriereleiter' eine Zweiteilung in eine auf den militärischen Sektor und eine auf den zivilen Bereich hin ausgerichtete Laufbahn seit dem Ende des 2. Jahrhunderts deutlich abzeichnet2. Überdies beschränkte man sich nicht allein darauf, Angehörige des ordo senatorius für die Führung von Legionen zu gewinnen. Vielmehr wurden seit Marc Aurel vermehrt equites Romani mit Legionskommandos betraut; freilich wurden sie zuvor in den Senatorenstand aufgenommen. Das Paradebeispiel stellt der spätere Kaiser Pertinax dar, dessen spezifische Fähigkeiten man während der Kriege Marc Aurels erkannte3. Die aufgezeigten Entwicklungen setzten sich im 3. Jahrhundert weiter fort. Das heißt, auf militärischem Gebiet hatten fähige und tüchtige Männer mehr denn je die Chance, in höchste militärische Positionen einzurücken. Einen typischen Vertreter dieser dank ihrer militärischen Fähigkeiten zu bedeutendsten Positionen gelangten viri militares des 3. Jahrhunderts finden wir in Domitius Antigonus, der um 218 n. Chr. das Kommando über die in Obergermanien stationierte legio XXII Primigenia und im Anschluß daran über die in Dakien stehende legio V Macedonica erhielt. Seine Karriere führte ihn schließlich über den Suffektkonsulat zur Statthalterschaft der Provinz Moesia inferior (235-236 n. Chr.). Seine Laufbahn hatte Antigonus, der aus Alföldy, Legionslegaten 111; vgl. 119ff. Zum Beförderungssystem, dessen Ausbildung im Laufe der Prinzipatszeit und zur Hierarchie der senatorischen Offiziere siehe G . Alföldy, BJb 169, 1969, 235ff. = ders., Mavors I11 5ff. mit Nachträgen und zahlreicher weiterer Literatur. 2Alföldy,Legionslegaten lllff. 119ff.;vgl. den seit Hadrian möglichen Aufstieg in höhere prokuratorische Posten über eine rein zivile Laufbahn; Zwicky, Verwendung 37; Pflaum, Procurateurs 179ff. mit Taf. 7. 3G. Alföldy, BJb 169, 1969, 242ff. = ders., Mavors I11 12ff.; siehe unten p. 23f.

dem Ritterstand stammte, unter Septimius Severus als Absolvent der militia equestris begonnen. Im Anschluß daran war er als Günstling Caracallas in die prokuratorische Laufbahn eingetreten und noch unter diesem Kaiser in den Senat aufgenommen worden (adlectio inter p r a e t o r i o ~ ) ~ . Erfahrene Offiziere hatten während der gesamten Kaiserzeit immer wieder die Möglichkeit, neben regulären auch außerordentliche Kommandostellen zu erhalten. Auf diesem Sektor tritt unter Septimius Severus mit der Bezeichnung duz ein neuer Titel für Kommandeure des Heeres im senatorischen Rang auf, den dieser Herrscher zur Bezeichnung übergeordneter, außerordentlicher Kommandos einführte5. Diese duces, die selbstverständlich zu den Vertrauten des Kaisers zählten und die über militärische Erfahrung verfügten, wurden bei Bedarf ernannt. Sie kommandierten als 'Generäle' mit weitreichenden Kompetenzen temporär größere Teile des exercitus Romanus6. Zu nennen sind als duces, die in den Jahren 193-197 n. Chr. maßgeblich zu den militärischen Erfolgen des ersten Severers beitrugen7: L. Fabius Cilo8, L. Marius Maximusg und Ti. Claudius Candidus". Fabius Cilo, der seine ersten militärischen Erfahrungen als Tribun der legio XI Claudia sammeln konnte und in der Folgezeit wiederholt militärische Kommandos versah, befehligte im Bürgerkrieg als dux die vexillationes per Italiam exercitus Imp(eratoris) Severz". Ti. Claudius Candidus, der seine militärische Laufbahn als eques Romanus unter Marc Aurel begann und der von Commodus in den Senatorenstand aufgenommen wurde, kommandierte als duz den exercitus Illyrici expeditione Asiana item Parthica item Gallica, das heißt im Krieg zwischen Septimius Severus und Pescennius Niger sowie im ersten Partherkrieg des Severers und im Bürgerkrieg mit Clodius Albinus. Darüber hinaus fiel ihm im Rahmen dieser Auseinandersetzungen die Auf4Dio 78,8,1f.; G. Alföldy, BJb 165,1965, 187ff. = ders., Mavors I11 36lff. mit Nachträgen 366f.; E. Birley, Chiron 9, 1979, 501; Dietz, Senatus 138ff. Nr. 31; PME D 16 + p. 1542 (alle mit weiterer Literatur); siehe künftig CIL V1 41221-41222 (im Druck). 5Saxer, Untersuchungen 122f.; R.E. Smith, ZPE 36, 1979, 276f.; Le Bohec, Troisieme legion 122. 6E.Birley, ES 8, 1969, 67 = ders., Mavors IV 25; R.E. Smith, ZPE 36, 1979, 274ff. 7 Z den ~ Ereignissen siehe ausführlich A.R. Birley, African Emperor 89ff. 8PIR2 F 27; Pflaum, Fastes 30ff. Nr. 17 et passim; A.R. Birley, African Emperor 40 et passim; Leunissen, Konsuln 12ff. et passim (alle mit weiterer Literatur). 'PIR2 M 308; A.R. Birley, African Emperor 35 et passim; Leunissen, Konsuln 13 et passim (alle mit weiterer Literatur). l0PIR2 C 823; Alföldy, Fasti Hispanienses 43ff.; A.R. Birley, African Emperor 106 et passim; Leunissen, Konsuln 48ff. et passim (alle mit weiterer Literatur). "CIL V1 1408f. + p. 3141 + p. 3805 add. (CIL V1 Suppl. Magistratus populi Romani, im Druck) = ILS 1141f.

+

gabe zu, in Asia und Noricum gegen Staatsfeinde und Rebellen den Kampf aufzunehmen. Nach der Niederwerfung des Albinus wurde er Statthalter der Provinz Hispania citerior und somit Befehlshaber der dort stationierten legio V11 gemina. Zugleich oblag es ihm als duz terra marique adversus rebelles hh(ostes) pp(ublicos), L. Novius Rufus12, einen Parteigänger von Clodius Albinus, samt seinen Anhängern unschädlich zu machen13. L. Marius Maximus fungierte als dux exerciti Mysiaci(!) aput Byzantium et aput L ~ g d u n u m ' ~ . Maximus, der erstmals als tribunus laticlavius der legio XXII Primigenia mit dem Heer in Berührung gekommen war, hatte vor diesem Sonderkommando bereits als Legionslegat die in der Provinz Moesia inferior stehende legio I Italica befehligt. Dem Kommando dieser drei duces ist gemeinsam, daß sie alle für einen exakt umschriebenen Kampfauftrag eingesetzt wurden und eine mobilisierte, ad hoc zusammengestellte Heeresgruppe kommandierten15. Daß ihnen dabei eine fast unbeschränkte Kommandogewalt zukam, ist nicht nur aufgrund der historischen Situation plausibel, im Falle von Ti. Claudius Candidus wird ausdrücklich vermerkt, daß er zu Lande wie zu Wasser das Oberkommando führte. Die Aufgaben dieser Offiziere unterschieden sich kaum von den altbekannten, immer anzutreffenden Sonderkommandos über für einen bestimmten Zweck zusammengestellte Heeresverbände. Neu ist aber, daß die in der Folgezeit belegten duces über längere Zeit hinweg und ohne daß ein konkreter Kriegsanlaß gegeben sein mußte, Truppenverbände, denen bestimmte Aufgaben oblagen, kommandierten. So sind in Dura Europos in der Zeit von der Regierung von Elagabal oder Severus Alexander bis 253 n. Chr. immerhin vier duces bezeugt, die ganz offenbar als vom Statthalter der Provinz Syria Coele unabhängige Offiziere den Oberbefehl über die Grenzverteidigung ausübten16. Equites Romani fanden im römischen Heer der Kaiserzeit als Befehlshaber von Hilfstruppen, als tribuni angusticlavii bei den Legionen und in bestimmten Fällen als Kommandeure einer Legion Verwendung. Als Legionstribunen 12PIR2N 189; Alföldy, Fasti Hispanienses 42f. (jeweils mit weiterer Literatur). 13Dio 75,6,5f.; vgl. HA, S 8,17; RIT 130 = ILS 1140 add. Kienast, Kriegsflotten 121 Anm. 154; Alföldy, Fasti Hispanienses 43ff. Zu den Bezeichnungen der diversen Bürgerkriege siehe Rosenberger, Bella lllff. 14CIL V1 1450 p. 3805 add. (CIL V1 Suppl. Magistratus populi Romani, im Druck) = ILS 2935. 15Entsprechende Kommandos verzeichnen auch die (im Druck befindlichen) Inschriften CIL V1 41185 (= 1640, vgl. 31835; 215 n. Chr. oder später). 41229 (um 244-249 n. Chr.). 16J.F. Gilliam, in: A. Perkins (Hg.), The Excavations at Dura-Europos. Final Report V 1: C.B. Welles - R.O. Fink - J.F. Gilliam, The Parchments and Papyri (New Haven 1959) 23 = ders., Mavors I1 208; H.-G. Pflaum, Historia 25, 1976, 113.

+

+

+

stellten sie zusammen mit ihrem senatorischen Kollegen die sechs höchsten Offiziere nach dem Befehlshaber der Legion. Dementsprechend übten sie verschiedene Aufsichts- und Ordnungsfunktionen aus". Im Laufe der Zeit, vor allem seit Ende des 2. Jahrhunderts, sind hinsichtlich der Absolventen der ritterlichen Militärlaufbahn (militia equestris) einige auffallende Veränderungen festzuhalten, so hinsichtlich der geographischen Herkunft der Männer. Für den Zeitraum von Marc Aurel bis Septimius Severus ergibt sich nach den Untersuchungen von H. Devijver folgendes Bild18: Der bereits vor Marc Aurel zu beobachtende Rückgang von Italikern unter den Militärdienst leistenden equites Romani schritt weiter voran. Die alten romanisierten Westprovinzen, Gallia Narbonensis und die hispanischen Gebiete, brachten kaum noch ritterliche Offiziere hervor. Dagegen dominierten nunmehr die Africani unter den ritterlichen Offizierenlg. Neu dazukamen equites aus den DonauprovinZen. Ein geringer Prozentsatz der Offiziere stammte aus den Provinzen Asia und Syria2'. Für das 3. Jahrhundert von Caracalla an ergibt sich ein Fortschreiten des Rückgangs der Italiker und ein deutlicher Anstieg von aus den östlichen Reichsteilen stammenden Offizieren. Zudem vergrößerte sich der Anteil der in den Donauprovinzen und in Nordafrika beheimateten equites weiter. Innerhalb der Provinzen sind ebenfalls Änderungen im geographischen Profil zu konstatieren, die anhand des aus den afrikanischen Provinzen vorliegenden Materials kurz erläutert seien: Hier stammten die ritterlichen Offiziere nicht mehr, wie für das 1. und 2. Jahrhundert charakteristisch, aus den romanisierten und urbanisierten Zentren, sondern zunehmend aus den Randgebieten, das heißt den Militärzonen der afrikanischen Provinzen. So kamen 21 von 30 in der Provinz Numidia beheimateten Offizieren aus dem dortigen l7Oficium tribunorum est vel eorum, qui exercitui praesunt, milites in castris continere, ad exercitationem producere, claves portarum suscipere, vigilias interdum circumire, frumentationibus commilitonum interesse, frumentum probare, mensorum fraudem coercere, delicta secundum suae auctoritatis modum castigare, principiis frequenter interesse, querellas commilitonum audire, valetudinarios inspicere (Dig. 49,16,12,2 [Macer]). E. Sander, RhM 103, 1960,299.310ff. und RE Suppl. 10 (1965) 403 sah aufgrund dieser Digestenstelle den Tribunen als den eigentlichen Gerichtsoffizier der Legion und als Beurkundungsrichter an. Beides geht aus dem Text nicht hervor; siehe Behrends, Geschworenenverfassung 222 Anm. 59. ''In: Prosopographie und Sozialgeschichte 20ff. = ders., Mavors IX 335ff. lgSiehe H. Devijver, in: A. Mastino (Hg.), L'Africa Romana 8. Atti del V111 convegno di studio, Cagliari 1990 (Sassari 1991) 127ff. = ders., Mavors IX 223ff. 20Siehedazu H. Devijver, in: D.H. French - C.S. Lightfoot, The Eastern Frontier of the Roman Empire. Proceedings of a Colloquium held at Ankara in September 1988. BAR, Int. Ser. 553 (Oxford 1989) Bd. 1, 77ff. = ders., Mavors IX 66ff.

Limesgebiet. Von ihnen stammten dreizehn aus Lambaesis, dem Standort der legio I11 Augusta und militärischem Zentrum der Provinzz1. Mit anderen Worten: die Offiziere des römischen Heeres waren nunmehr zum großen Teil in Gebieten heimisch, die an der Peripherie des Reiches lagen22. Insgesamt ist ein deutliches Desinteresse der alteingesessenen munizipalen Führungsschichten, aus denen die ritterlichen Offiziere zwei Jahrhunderte lang hervorgingen, am Militärdienst zu konstatieren. Die Ursache hierfür mag einerseits eine gewisse Bequemlichkeit und Unlust dieser in Wohlstand lebenden Kreise gewesen sein, Militärdienst zu leisten, anderseits barg eine Karriere im Reichsdienst seit dem ausgehenden 2. Jahrhundert verstärkt Risiken. Die über das Imperium Romanum hereingebrochenen Kriege ließen den Tod im Felde wieder näher rücken als in den Jahrzehnten zuvor. Außerdem brachten die sich häufenden Usurpationen mehr Gefahren für die eigene Person mit sich. Eine politische Fehlentscheidung konnte schnell nachhaltige Konsequenzen, wenn nicht für Leib und Leben, so doch für das gesamte Hab und Gut haben. Eine der Erfahrungen, die Rom aus den schweren Kriegen Marc Aurels ziehen mußte, war, daß das Heer in erhöhtem Maße im Militärdienst erfahrene und erprobte Männer als Kommandeure benötigte. Somit erscheint es logisch, daß eine Folge der Reformen des Septimius Severus die Erweiterung der Rekrutierungsbasis für Absolventen der militia equestris warz3. Unter den Absolventen der militia equestris finden sich nunmehr Angehörige der Prätorianerkohorten, der Legionen sowie Benefiziarier und AlendekurionenZ4. Unter ihnen waren die Veteranen bzw. die evocati die Hauptnutznießer der "Siehe die detaillierten Studien von H. Devijver, in: A. Mastino (Hg.), L'Africa Romana 8. Atti del V111 convegno di studio, Cagliari 1990 (Sassari 1991) 127ff. = ders., Mavors

IX 223ff.; dens, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 22 = ders., Mavors IX 337; vgl. M.G. Jarrett, Historia 12, 1963, 209ff. 22H. Devijver, Mavors IX 10M., bes. 118ff. Taf. 5ff.; ders., in: Prosopographie und Sozialgeschichte 20f. = ders., Mavors IX 335f.; vgl. dens., in: Ph. Freeman - D. Kennedy (Hgg.), The Defence of the Roman and Byzantine East. Proceedings of a Colloquium held a t the University of Sheffield in April 1986. BAR, Int. Ser. 297 (Oxford 1986) 109ff. = ders., Mavors V1 273ff.; dens., in: A. Mastino (Hg.), L'Africa Romana 8. Atti del V111 convegno di studio, Cagliari 1990 (Sassari 1991) 127ff. = ders., Mavors IX 223ff.; ferner: M.G. Jarrett, Historia 12, 1963, 209ff. 23H. Devijver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 12ff., bes. 19 = ders., Mavors IX 327ff., bes. 334. 24H.Devijver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 18 = ders., Mavors IX 333; siehe ebd. 12ff. = ders., Mavors IX 327ff. (Devijver listet insgesamt 19 Personen auf). Weitere, allerdings nicht gesicherte Fälle finden sich bei E. Birley, ES 8, 1969, 75f. = ders., Mavors IV 33f.; vgl. H. Devijver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 16 Anm. 40 = ders., Mavors IX 331 Anm. 40.

neuen A ~ f s t i e ~ s m ö ~ l i c h k e i tDas e n ~früheste ~. datierte epigraphische Beispiel gehört in das Jahr 212 n. Chr. Diese aus Sirmium stammende Inschrift nennt einen Mann namens P. Aelius Valerius, tribunus ex veterano der cohors I Campana voluntariorum civium R ~ m a n o r u r n Ein ~ ~ . anderes Beispiel fällt in die Jahre 235-238 n. Chr.27. Weitere Fälle gehören in die Jahre zwischen 238 und 244 n. Chr.28. Ein Teil dieser Offiziere nennt sich militiae petito?', ein Ausdruck, der sich erstmals unter Commodus findet30. Auffallenderweise wird die Bezeichnung zumeist für Männer verwendet, die noch keinen ritterlichen Offiziersposten versehen hatten, also sozusagen in 'Wartestellung' standen. Offenbar sollte mit dem Begriff der persönliche Wunsch und Wille des Betreffenden, in die militia equestris und damit in den ordo equester Aufnahme zu finden, umschrieben werden. Die Bezeichnung findet inschriftlich auch für Personen, die bereits dem Ritterstand angehörten, Verwendung31. Allerdings handelt es sich in drei von vier Fällen zweifelsfrei um equites der ersten Generation3=.

+

+

+

25CIL V1 3550 P. 3400 P. 3846 = ILS 2759; PME U 16 P. 2260; H. Devijver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 16f. = ders., Mavors IX 331f.; D. Breeze, ANRW 2,1, 1974, 443. 26PME A 70 P. 1423; CIL 111 3237; R.W. Davies, Klio 59, 1977, 163; H. Devijver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 12 Nr. 2. 17 = ders., Mavors IX 327 Nr. 2. 332. - Zur Verwendung von ex in Militärinschriften siehe Th. Mommsen, EE 5, 1884, 128f.; Zwicky, Verwendung 91f.; M.A. Speidel, ZPE 95, 1993, 190ff. "RIB 1896; PME Suppl. I F 60; H. Devijver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 14 Nr. 11 = ders., Mavors IX 329 Nr. 11. "AE 1969-70,637; vgl. PME Suppl. I D 35; H. Devijver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 13 Nr. 10 = ders., Mavors IX 328 Nr. 10; ferner D.J. Breeze, BJb 174, 1974,252. 254 = Breeze - Dobson, Mavors X 18. 20; ders., ANRW 2,1, 1974, 439 mit Anm. 21; vgl. E. Birley, ES 8,1969,76 = ders., Mavors IV 34; siehe auch CIL V1 36943 + p. 4354: [ - - evocalti Augus[ti ex praetorio - - - candid]ati equestlris ordinis] (238-244 n. Chr.). Weitere nicht näher datierbare Exempla sind ebenfalls dem 3. Jahrhundert zuzuweisen (RIB 966 und 988). - Zu den evocati siehe grundsätzlich von Domaszewski, Rangordnung 75ff.; vgl. Dobson ebd. XIXf. (mit weiterer Literatur); Durry, Cohortes 120f.; D.J. Breeze, BJb 174, 1974, 254 = Breeze - Dobson, Mavors X 20; H. Devijver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 13f. = ders., Mavors IX 328f. 29Von Domaszewski, Rangordnung 34; E. Birley, ES 8, 1969, 76 = ders., Mavors IV 34; H. Devijver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte llff. = ders., Mavors IX 326ff. 30H. Devjiver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 16 = ders., Mavors IX 331. 31H. Devijver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 16. 18 = ders., Mavors IX 331. 333. 32M. Ulpius Silvanus wurde von Commodus zum eques Romanus erhoben: CIL V1 3550 + p. 3400 p. 3846 = ILS 2759; PME U 16 p. 2260. Der Vater von Q. Gargilius Martialis schied als veteranus aus dem Militärdienst aus, gehörte also nicht zu den ritterlichen Offizieren; in seiner Heimat versah er angesehene munizipale Ehrenstellen; siehe CIL V111 20751; PME G 4 p. 1007 p. 1576f. Der Vater von Ti. Claudius Claudianus, militiae

+

+

+

+

+

Der Grund für ihre Bewerbung dürfte somit im vorangegangenen sozialen Aufstieg zu finden sein. Offenbar wollten sie durch Absolvierung der militia equestris ihre Befähigung unter Beweis stellen. Der 'Amtsmüdigkeit' zahlreicher alteingesessener equites Romani zum Trotz bemühte sich Septimius Severus verstärkt, Angehörige des ordo equester mit militärischen Kommandoaufgaben zu betrauen und so ein Gegengewicht zu den senatorischen Posten zu schaffen. Seit Septimius Severus ist zunehmend zu beobachten, daß Angehörigen des ordo equester an sich Senatoren vorbehaltene Befugnisse in der Provinzverwaltung übertragen wurden33. Zudem beschnitten Septimius Severus und sein Sohn Caracalla die Macht der senatorischen Statthalter und Armeekommandeure und somit die von diesen Männern ausgehende Usurpationsgefahr durch die Beschränkung der Anzahl der in einer Provinz stationierten Legionen auf maximal zwei. Um dies zu realisieren, verlegte man nicht einzelne Legionen, sondern teilte bestehende Provinzen neu auf. Im Jahr 194 n. Chr. wurde die drei Legionen starke Provinz Syrien zweigeteilt. Wohl unter Caracalla widerfuhr das gleiche Schicksal Britannien. Auch Pannonia superior wurde im Jahr 214 n. Chr. zu einer zwei Legionen umfassenden Provinz umgestaltet: Durch die Veränderung der Grenzlinie wurde die bisher zur Pannonia superior gehörige legio I adiutrix mit ihrem Lagerort Brigetio in die niederpannonische Provinz eingegliedert; fortan verfügte jede der pannonischen Provinzen über zwei Legionen34. An die Spitze der neugegründeten parthischen Legionen stellte Septimius Severus ritterliche Präfekten anstelle von S e n a t ~ r e n ~Die ~ . Kommandos über die in der Provinz Mesopotamien stationierten Legionen (I und I11 Parthica) bildeten somit einen Gegenpol zu den senatorischen Posten in den Ostgebieten des Imperium. Auch die Stationierung einer Legion, der I1 Parthica, vor den Toren Roms unter'dem Befehl eines ritterlichen praefectus legionis darf als Schwächung der Machtstellung des Senates wie jeglicher oppositioneller Strömungen gedeutet werden. Der Kaiser hatte nunmehr eine ihm loyal gepetitor, war Zenturio der cohors V1 praetoria; siehe CIL V1 2606, vgl. p. 3369. 3835 = XIV 2429 = ILS 2758 und PME C 132. Über Helvi[di]us Priscus schließlich ist nichts näheres bekannt (CIL I11 7416, vgl. I11 1420716);doch könnte auch er ein homo novus sein, der vielleicht dank Förderung durch die senatorischen Helvidii Prisci in den Ritterstand aufgenommen wurde; vgl. PME H 6 + p. 1584. 33Pflaum, Procurateurs 134. 34E. Ritterling, RE 12,l (1924) 1309f. 1320; G. Alföldy, BJb 169, 1969, 245 mit Anm. 74 = ders., Mavors I11 15 mit Anm. 74 und Nachtrag p. 18. Zur Teilung Britanniens siehe J.C. Mann, ZPE 119, 1997, 251ff.; vgl. A.R. Birley, Fasti 168ff. (mit weiterer Literatur). 35Bis ZU diesem Zeitpunkt wurden einzig die in Ägypten stationierten Legionen von equites Romani kommandiert.

sinnte Elitelegion in greifbarer Nähe36. Außerdem konnten die in Rom stationierten Truppen bzw. die neugeschaffene Legion im Fall von Aufruhr schnell gegen die Bevölkerung wie notfalls gegeneinander eingesetzt werden37. Die Garnisonierung der legio I1 Parthica in Albanum könnte als Hinweis auf die schwindende Bedeutung Italiens innerhalb des Imperium verstanden werden. Doch ist das Gegenteil der Fall. Die permanente Stationierung einer ganzen Legion, deren vorrangige Aufgabe es sein sollte, den Kaiser im Kriegsfall auf den Feldzug zu begleiten, zeigt, dafi Rom und Italien weiterhin der Mittelpunkt des Reichs waren; von hier aus wurde regiert, von hier brach der oberste Feldherr mit seinen Elitetruppen in den Krieg auf38.

1.2

Die Zenturionen

Seit dem 2. Jahrhundert rekrutierten sich Zenturionen in steigender Zahl aus der eigenen Truppe, das heißt, das alte Karriereschema mit zahlreichen Versetzungen unterhalb der Zenturionenebene wurde zunehmend aufgegeben39. Die Vorteile einer Beförderung innerhalb der Truppe lagen in der besseren Kenntnis der Eigenheiten der Truppe wie dem persönlichen Kennen der Soldaten, des geographischen und ökonomischen Umfeldes des Truppenstandortes. Dessen unbeschadet gab es zu allen Zeiten translationes von Soldaten verschiedener Dienststellung von einer Einheit in eine andere40. 36Vgl. dagegen die Ansicht von Campbell, Emperor 404ff. 37Rostovzeff, Gesellschaft und Wirtschaft 2, 114. 38R.E. Smith, Historia 21, 1972, 487. 39Von Domaszewski, Rangordnung 90. 40Z.B. CPL 110 = Daris 13 = Fink 34 = ChLA XLIII 1242, Kol. 1, Z. 14 (98-127 n. Chr.; J. Kramer, ZPE 97, 1993, 150); CPL 112 = Fink 63 = ChLA I11 219, Kol. 2, Z. 46 (105 n. Chr.; translatus i n exerc[it]um Panno[nicumn; PSI IX 1026 + p. 49f. = CIL XVI p. 146 Nr. 13 = CPL 117 = Daris 83 98 = ChLA XXV 784 (Versetzung von Flottensoldaten in die legio X fretensis; 150 n. Chr.); BGU I1 696 = CPL 118 = Daris 9 = Fink 64 = ChLA X 411, Kol. 2, Z. 13ff. (156 n. Chr.; translationes in die cohors I Lusitanorum); Dig. 37,13,1,2 (Ulpianus); RIT 193 = ILS 2369: probato i n leg(ione) VI fer~a[t(a)],tra[ns]lato frum(entari0) i n leg(ione) VII g(emina) p(ia) f(e1ici). Im frühen 2. Jh. n. Chr. trat Claudius Terentianus, da sich keine andere Möglichkeit bot, in die Flotte ein. In der Folgezeit betrieb er mit Erfolg seine Versetzung zur Infanterie; P.Mich. V111 467-468 = CPL 250-251 = Daris 6-7; P.Mich. V111 476; R.W. Davies, BJb 169, 1969, 216 = ders., Service llf. Siehe auch P.Oxy. XIV 1666 = Daris 8 (3. Jh.): ein junger Ägypter erwirkte mit Hilfe seines Vaters die Versetzung aus der Legion in eine Ala nach Koptos; vgl. Mann, Recruitment 79; Di Vita-Evrard, Lkgionaires 97ff. Von translationes,

+

In Hinblick auf ihre Herkunft und ihren Werdegang lassen sich die Zenturionen in drei Kategorien einteilen. Die Hauptmasse stellten die centuriones es caliga, Männer, die sich von der Pike auf bis zum Zenturio hochdienten41. Eine weitere Gruppe bildeten Zenturionen, die dem militärischen Rang ihres Vaters entsprechend oder aufgrund hoher Protektion als Zenturionen ihren Militärdienst begannen. Hinzu kommen einige equites Romani, die nicht die militia equestris durchliefen, sondern als centurio ex equite Romano in eine Legion eintraten4'. Sie avancierten vielfach zum primus pilus und versahen anschließend noch höhere Offiziersposten. Was diese Männer bewog, nicht die klassische ritterliche Militärlaufbahn zu absolvieren, wissen wir nicht; von pekuniären E n g p ä ~ s e ndie ~ ~eine , längerfristige finanzielle Versorgung angeraten sein ließen, mangelnder Patronage bis hin zu einer persönlichen Vorliebe für die Legion und einer Abneigung gegenüber der sich an die militia equestris anschließenden zivilen prokuratorischen Laufbahn ist alles ~ o r s t e l l b a r ~ ~ . Posten standen innerhalb der militia equestris ungefähr ebenso viele wie für Zenturionen zur Verfügung; auch das Jahreseinkommen dürfte sich entsprochen haben45. Den einen oder anderen dieser centuriones es equite Romano mag vielleicht die Aussicht auf den angesehenen und lukrativen Posten eines primus pilus gelockt haben. Allerdings war für Männer, welche dem ordo equester angehörten, die Erlangung der Stellung eines primus pilus weniger attraktiv als für einen Mann, der sich zum Zenturio hochgedient die auf Wunsch des betreffenden Soldaten oder im Zuge einer Beförderung eintraten, sind Strafversetzungen zu trennen; vgl. unten p. 151. 169-171f. 41Den Werdegang von Soldaten bis hin zum Zenturio hat Forni, Reclutamento 152ff. und ANRW 2,1, 1974, 356f. = ders., Mavors V 28f. mit 72ff. zusammengestellt. - In der älteren Forschung ist heftig umstritten, welchen Kriterien die Beförderung der Zenturionen innerhalb der Zenturionenränge folgte. Die beste Zusammenfassung der diversen Meinungen bietet Wegeleben, Rangordnung 5ff., der zu Recht, wenn auch mit teilweise unzutreffenden Argumenten, für eine Weiterbeförderung nach Bedarf und Eignung eintritt. - Zur Einteilung in priores und posteriores und zu den Beförderungsmöglichkeiten von einer Klasse in die andere siehe K. Strobel, EpAnat 12, 1988, 43ff. 42Es ist das maßgebliche Verdienst von Zwicky, Verwendung 90ff. gegenüber der älteren Forschung klargestellt zu haben, daß diese Männer mit dem Eintritt in die Legion ihren Ritterrang nicht verloren, sondern daß die Bezeichnung ex equite Romano sie als Angehörige des Ritterstandes ausweist, was für Zenturionen eine ~esonderheitdarstellt. 43Vgl. Ront., Strat. 4,6,4. 44Nach Dobson, Primipilares 118f. waren die centuriones ex equate Romano häufig Brüder von ritterlichen Offizieren; möglicherweise haben in diesen Fällen die Brüder aus politischen oder finanziellen Erwägungen ihre militärische Karriere mit unterschiedlichen Dienststellungen begonnen. 45B. Dobson, AncSoc 3, 1972, 186ff. 202ff. = Breeze - Dobson, Mavors X 186ff. 195ff. Zum mutmaßlichen Einkommen von Zenturionen und Absolventen der militia equestris siehe unten p. 52f.

hatte und dem die Ausübung des Primipilats den Eintritt in den Ritterstand bescherte46. Bislang sind 26 equites R o m a n i bekannt, die als Zenturionen bzw. Primipilen Militärdienst leisteten4'. Drei von ihnen waren zuvor praefectus fabrum. Hinzu kommen vier equites, welche vor ihrem Eintritt in eine Legion als Zenturio einen oder zwei Posten im Rahmen der militia equestris versehen hatten48. Zehn der equites Romani, die ihre Militärlaufbahn als Zenturio begannen, gehören in die Zeit zwischen dem ausgehenden 2. und dem späteren 3. Jahrhundert4'. Beachtung verdient in diesem Zusammenhang die Bemerkung des Autors der Historia Augusta, Pertinax habe sich unter Vermittlung des Patrons seines Vaters um eine Zenturionenstelle bemüht50. Da die in der Historia Augusta gebotene Darstellung der militärischen Laufbahn von Helvius Pertinax durch eine in Brühl (Kreis Köln) zutage gekommene Ehreninschrift bestätigt wird, ist dieser Nachricht durchaus Glauben zu schenken. Allerdings ist Pertinax gemäß dieser Inschrift als Kohortenpräfekt in die Of-

46Mart.6,58; Dobson, Primipilares 115ff.; Demougin, L'ordre 646ff. 47Demougin, L'ordre 386ff.; Zusammenstellung ebd. 388ff.; ferner B. Dobson, AncSoc 3, 1972,196 mit Anm. 17 = Breeze - Dobson, Mavors X 189 mit Anm. 17; ders., Primipilares 324f. 48Demougin, L'ordre 389; B. Dobson, AncSoc 3, 1972, 196 mit Anm. 17 = Breeze Dobson, Mavors X 189 mit Anm. 17. 49M. Aelius Caesonianus Dionysius: CIL IX 951 (spätes 2. - Anfang 3. Jh.); Dobson, Primipilares 324 Nr. 239; siehe auch unter Nr. 240; vgl. Demougin, L'ordre 391 Nr. 4. M. Cocceius Romanus: CIL V111 20869 (späteres 2. - 3. Jh.); Dobson, Primipilares 325 Nr. 241; Demougin, L'ordre 392 Nr. 5. - C. Iulius Carianus: CIL I11 750 + p. 992 + p. 1338 (Ende 2. - Anfang 3. Jh.); siehe Dobson, Primipilares 324f. Nr. 240; T.Kolendo, Archeologia 31, 1980, 52; Demougin, L'ordre 391 Nr. 5. - M. Aurelius Iustus: RIT 177 (Ende 2. -Anfang 3. Jh.); Demougin, L'ordre 391 Nr. 6. - Cn. Marcius Rustius Rufinus: CIL X 1127 (Ende 2. - Anfang 3. Jh.), vermutlich identisch mit dem Prätorianerpräfekten Marcius um 210 oder 212 n. Chr.; Pflaum, Carrikres I1 625ff. Nr. 234; Dobson, Primipilares 269f. Nr. 154; Demougin, L'ordre 391 Nr. 7. - Sex. Iulius Severus: AE 1952,98 (Ende 2. - Anfang 3. Jh.); Dobson, Primipilares 325 Nr. 242; Demougin, L'ordre 392 Nr. 6. Victor: CIL V111 1647 + p. 1523 = ILS 9192 (Anfang 3. Jh.); Demougin, L'ordre 391 Nr. 9. - [- - -]us Hieraticus: CIG 2803 (erste Hälfte 3. Jh.?); Demougin, L'ordre 391 Nr. 10. - L. Petronius Taurus Volusianus: CIL XI 1836 = ILS 1332 (ca. 258 n. Chr., protector von Valerian und Gallien); PLRE I 980f. S.V.Volusianus 6; Demougin, L'ordre 392 Nr. 8. - L. Pullius Peregrinus: CIL V1 3558 p. 3407 = ILS 2669 (Anfang 3. Jh.); Demougin, L'ordre 392 Nr. 7. - Q. Eniboudius Montanus: CIL V 7865 = ILS 4664 und CIL V 7866; er gehört sicherlich in die Zeit von Marc Aurel (siehe E. Ritterling, RE 12,2 [I9251 1538) und nicht von Caracalla, wie Demougin, L'ordre 391 Nr. 8 alternativ vorschlägt. 50HA, P 1,5; vgl. Dio 74,3,1.

+

fizierslaufbahn eingetreten, doch könnten der Kohortenpräfektur vorausgegangene Zenturionenstellen in der Inschrift nicht erwähnt worden sein51. Auffallend hoch ist die Zahl der Zenturionen des Heeres, die als praepositi oder curam agentes52 von Auxiliareinheiten f ~ n g i e r t e n ~Etwa ~ . die Hälfte aller Belege gehört dem 3. Jahrhundert an54. Als praepositi von Auxilien fanden in Provinzen, in denen eine Legion stationiert war, in der Regel Zenturionen Verwendung; in Gebieten ohne Legion wurden Alendekurionen herangezogen55. Sie kommandierten auf Zeit eine permanente Auxiliareinheit, nahmen also einen traditionsgemäß von ritterlichen Offizieren ausgeübten Posten wahr. Erklärt wird das verstärkte Auftreten von Zenturionen als praepositi im 3. Jahrhundert mit dem bereits angesprochenen steigenden Desinteresse der equites Romani, Militärdienst zu leisten und dem daraus resultierenden Mangel an verfügbaren O f f i ~ i e r e n ~Diese ~ . Entwicklung hatte weitreichende Konsequenzen. Die temporär eingesetzten Männer brachten ein hohes Maß an militärischer Erfahrung mit, so da13 an die Stelle der im Verhältnis zu ihnen als Absolventen der militia equestris noch wenig militärisch erfahrenen Ritter 'Profis' traten. Zudem stellte das Kommando über eine Hilfstruppe oder Vexillation eine willkommene Bewährungsprobe für diejenigen dar, die über den Zenturionat oder Dekurionat hinaus weiter aufsteigen wollten. Die seit 51Schillinger 171; vgl. HA, P 1,5-2,4. - Ausführlich zur Inschrift bzw. zum Cursus des Pertinax: Pflaum, Carrieres I 451ff. Nr. 179 mit Suppl. 48ff. Nr. 179; H.-G. Kolbe, BJb 162, 1962, 407ff.; PIR2 H 73; PME H 9 p. 510 p. 1008 p. 1584f.; G. Alföldy, Situla 14-15, 1974, 199ff. = ders., Mavors I11 326ff.; A.R. Birley, Fasti 142ff.; H. Devijver, ZPE 75, 1988, 207ff. = ders., Mavors IX llff. 5 2 Z ~Austauschbarkeit r der Bezeichnungen praepositus und s u b cura bzw. c u r a m agens und ähnlichen Formulierungen siehe A. Passerini, DE 4, 601f.; Saxer, Untersuchungen 130f.; vgl. R.W. Davies, ES 12, 1981, 184. Der Ausdruck cura bezeichnet die Kommandogewalt wie die Aufsichtsfunktion der Betreffenden. Die ersten Zeugnisse für praepositi stammen aus hadrianischer Zeit; siehe CIL X 5829 = ILS 2726; Saxer, Untersuchungen 27 Nr. 47. 122 (mit der älteren Literatur). Zur Entwicklung des Terminus siehe R.E. Smith, ZPE 36, 1979, 263ff. 53Als Führer von Arbeits- oder Besatzungsvexillationen, die aus Legionen, Hilfstruppen oder gemischten Verbänden einer Provinzialarmee gebildet wurden, waren principales seit alters her tätig; siehe Saxer, Untersuchungen 126ff., vgl. dagegen die Praxis bei Kriegsvexillationen ebd. 120ff. 54SieheE. Birley, Latomus 42, 1983, 79ff. = ders., Mavors IV 227ff. Er listet insgesamt 41 Zenturionen und 7 Alendekurionen auf, die als praepositi oder c u r a m agentes wirkten. 55E. Birley, Latomus 42, 1983,77.83 = ders., Mavors IV 225. 231; Ausnahme: Aemilius Emeritus kommandierte zwischen 197-201 n. Chr. in Numidien einen Auxiliarverband; zu erwarten wäre an seiner Stelle ein Zenturio der legio I11 Augusta. 56E. Birley, Latomus 42, 1983, 83 = ders., Mavors IV 231; H. Devijver, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 19f. = ders., Mavors IX 334f.

+

+

+

dem späteren 3. Jahrhundert öfter belegten Karrieren vom einfachen Soldaten zum Oberkommandierenden haben hier ihre Grundlage. Sie sind nur vorstellbar, wenn die entsprechenden Möglichkeiten zur persönlichen Profilierung innerhalb des Heeresverbandes in größerem Maße bestanden. In diesem Zusammenhang verdient das temporäre Kommando des primus pilus der legio I1 Parthica, Pomponius Iulianus, als praepositus reliquationis im Jahr 242 n. Chr. Beachtung. Er vertrat während des Perserkrieges von Gordian 111. den Legionskommandeur am Standort und befehligte die Teile der Legion, die nicht in den Krieg gezogen waren5'. Da die Legion ohnedies von einem Angehörigen des ordo equester kommandiert wurde, lag es freilich nahe, zu dessen Vertreter den primus pilus der Legion, dem seine Dienststellung die Aufnahme in den Ritterstand einbrachte, zu bestellen. Als Glücksfall muß freilich die Karriere des Zenturio Claudius Pollio angesehen werden. Er wurde zum Dank für die Gefangennahme des Diadumenianus von Elagabal in den Senat aufgenommen und mit dem Rang eines gewesenen Konsuls ausgezei~hnet~~. Im 3. Jahrhundert erlangten auch Kapitäne der Flotten den Legionszenturionat. Das heifit, man ging von der seit der ersten Prinzipatszeit üblichen strikten Trennung zwischen Flotte und Heer ab59 und ermöglichte tüchtigen Flottenkapitänen, ihren Dienst zu Lande in der angesehenen Position eines Legionszenturio fortzuführen und bei Eignung noch höhere Posten zu bekleiden6'. Aufgrund ihrer Befehls- wie ihrer Disziplinargewalt sind die Zenturionen als eine deutlich gegenüber den nachgeordneten Dienststellungen herausgehobene Gruppe zu charakterisieren. Zugleich sind sie aber auch als eine in sich hierarchisch stukturierte Einheit zu begreifen. So verfügte der primus pilus nicht allein über ein deutlich höheres Ansehen und Einkommen als die übri57AE 1981,134. Bis zur Auffindung dieses Zeugnisses war die Position eines praepositus reliquationis einzig bei der Flotte belegt; CIL V111 14854 (= 1322) = ILS 2764; vgl. ILTun. 1287 (3. Jh.) und CIL X 3345 (2.-3. Jh.); Kienast, Kriegsflotten 20. 58Dio 79,40,1; PIR2 C 770, vgl. 964; Eck, Statthalter 89; Leunissen, Konsuln, bes. 67f. 246f. 591n der Triumviratszeit war C. Edusius Sex. f. sowohl als Flotten- wie Legionszenturio tätig: centurio legion(is) XXXXZ Augusti Caesaris et centurio classicus; CIL XI 4654 = ILS 2231. Hierbei handelte es sich zweifellos um eine Ausnahme. Edusius, offensichtlich ein Parteigänger von Augustus, dürfte seinen Aufstieg dem ersten Prinzeps verdankt haben; vgl. Kienast, Kriegsflotten 11. 20f. 60CIL V111 14854 (= 1322) = ILS 2764; CIL X 3348 = ILS 2847 (offenbar direkt vom nauarchus princeps zum primus pilus der legio I adiutrix befördert). CIL X 3342a. Zwicky, Verwendung 63f.; Kienast, Kriegsflotten 20ff.

gen Zenturionen, er hatte auch mehr Machtbefugnisse. Die Spitzengruppe der Zenturionen bilden die primi ordines, über deren Zusammensetzung eine Inschrift aus den principia in Novae die gewünschte Klarheit bringt. Danach bezeichnet der Terminus primi ordines nicht nur, wie verschiedentlich vermutet wurde, die drei ersten, sondern alle Zenturionen der ersten Kohorte der LegionG1. Die höhere Stellung der primi ordines gegenüber den übrigen Zenturionen der Legion findet gerade auf Inschriften aus der Zeit von Septimius Severus und Caracalla wiederholt ihren Ausdruck in der Formulierung primi ordines et centurionesG2.Dem Begriff ordines als Bezeichnung für die Zenturionenrangklassen kam also eigene Bedeutung Die Betonung der Hierarchie innerhalb der Zenturionen der Legion unter den Severern findet ihre Erklärung in dem in dieser Zeit erstarkten Selbstbewußtsein des Militärs und vor allem der Mannschaftsführer. Dieses schlug sich auch in einem bislang hiermit nicht in Zusammenhang gebrachten Detail der Epigraphik des ausgehenden 2. und der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts nieder, nämlich in den in diversen Inschriften und auch in den Papyri gebräuchlichen Rangbezeichnungen der Zenturionen in Form der Nennung der Untereinheit und des genauen Ranges des Zenturio, z.B. centuria sexti hastati prioris. Mit diesen Angaben befaßte sich wiederholt M.P. Speidel eingehendG4.Untersucht man das von ihm hierzu herangezogene Material in Hinblick auf seine zeitliche Einordnung näher, so ergibt sich ein erstaunlich geschlosse-

61T. Sarnowski, ZPE 95, 1993, 206ff., bes. 209 mit Anm. 23; vgl. von Domaszewski, Rangordnung 94; Dobson ebd. XXIVf.; A. Passerini, DE 4, 593. Andere Auffassungen vertraten Th. Mommsen, EE 4, 1881, 240 = ders., Gesammelte Schriften V111 (Berlin 1913) 377 und Wegeleben, Rangordnung 57, die nur die drei ersten Zenturionen der ersten Kohorte als primi ordines ansahen. Für Marquardt, Staatsverwaltung I1 371 umfaßt der Begriff dagegen die zehn ersten Zenturionen der Triarier; Parker, Legions 201 wiederum rechnet alle Zenturionen der ersten Kohorte plus sämtliche pili priores zu den primi ordines des kaiserzeitlichen Heeres. 621.) CIL XI11 6801 (Mainz, 204 n. Chr.); siehe dazu M.P. Speidel, JahrbRGZM 33, 1986, 325ff. Nr. 4 = ders., Mavors V111 47ff. Nr. 4. 2.) AE 1993,1364a-b; T. Sarnowski, ZPE 95, 1993, 205ff. (Novae; 195-196 n. Chr.). 3.) Inschrift aus Potaissa aus der Zeit Caracallas; T. Sarnowski, ZPE 95,1993,208 mit Anm. 19; vgl. CIL V111 2532 V111 18042 = ILS 2487 + ILS 9133-35a, frag. Ba (Hadrian) und CIL V111 18065 = ILS 2452 (Lambaesis, 162 n. Chr.); ferner CIL XI11 8050; W. Eck, BJb 185, 1985, 41ff. 63Vgl. AE 1978,504. Siehe die überzeugende Neuinterpretation von P. Le Roux, ZPE 94, 1992, 263f.; vgl. den Gebrauch des Wortes in der Historia Augusta: AC 1,l: qui ordines duzerat; P 1,5: ducendi ordinis dignitatem petit; ClA 11,6: ordinanos centuriones; Max. 4,4: ordines d w i t centuriatos. 64ES 13, 1983, 50ff. Nr. lff. = ders., Mavors V111 28ff. Nr. lff.

+

nes Bild. Lediglich zwei Inschriften sind in die Zeit Trajans zu weisen65, ein Papyrus mit einer entsprechenden Formulierung gehört in die Zeit des Commodus (188 n. Chr.)66. Zwei weitere Tituli entziehen sich einer näheren ~ e i t b e s t i m m u n ~Alle ~ ~ . übrigen Zeugnisse gehören zweifelsfrei in die Zeit vom Ende des 2. bis etwa Mitte des 3. J a h r h u n d e r t ~ ~Dabei ~ . ist vor allem bemerkenswert, daß die Nummer der Kohorte auf den Rang selbst überging, das heißt, die unter den pilz, principes, hastati przores bzw. posteriores bestehende Rangordnung kam nunmehr durch die Bezeichnung primus, secundus, tertius usw. deutlichst zum Ausdruck6'. Eine Erklärung für die Kennzeichnung der Zenturie, zu welcher der betreffende Soldat gehörte, nicht mehr durch den Namen des jeweiligen Zenturio, sondern unpersönlich durch dessen Rangstellung, besteht in dem steigenden Bedarf an Vexillationen. Hier mag eine neutrale Bezeichnung der Zenturienzugehörigkeit in der Tat die Bürokratie vereinfacht und für die nötige Klarheit gesorgt haben70. Außerdem mögen über längere Zeit abkommandierte Soldaten ohnedies den Kontakt und die persönliche Bindung zu 'ihrem' Zenturio verloren haben. Allerdings verzeichnen auch am Standort der Truppe errichtete Tituli gerade in der Zeit von Septimius Severus bis Severus Alexander zusätzlich zum Namen exakt die Position des jeweiligen Zenturio innerhalb der Truppe. Das heißt, diese Angaben sind nicht nur als Indiz für eine der steigenden Mobilität der Truppen angepaiite Bürokratie zu deuten, sie sind zugleich Ausdruck des eigenen Standesbewußtseins der Zenturionen und ihres Stolzes auf die von ihnen erreichte Stellung wie auch für eine bewußte hierarchische Strukturierung der Zenturionenränge von seiten der Heeresleitung. Als Ausfluß des angesprochenen 'Standesbewußtseins' innerhalb der Truppe dürfen auch die im 3. Jahrhundert zahlreichen Weihungen an die Genii der Unterabteilungen gewertet werden.

65CILI11 1480 = ILS 2654 = M.P. Speidel a.a.0. (wie Anm. 62) Nr. 4; vgl. E. Ritterling, RE 12,2 (1925) 1544; CIL V1 3584 = ILS 2656 = M.P. Speidel a.a.0. Nr. 8; vgl. P. Steiner, BJb 114-115, 1906, 58 Nr. 83. 66P.Mi~h.V11 445 = CPL 194 = ChLA V 284 = M.P. Speidel a.a.0. (wie Anm. 62) Nr. 32: (centuha) V1 ha(stati) pho[hs]. 671GLS9196 = M.P. Speidel a.a.0. Nr. 21; IGLS 9198 = M.P. Speidel a.a.0. Nr. 22. =*Mehrerein Apamea zu Tage gekommene Soldatengrabsteine mit entsprechenden Angaben gehören ebenfalls in diesen Zeitraum; AE 1993,1575. 1579. 1581-85. 1588. 69M.P.Speidel, ES 13, 1983, 45ff. = ders., Mavors V111 45ff. 70Vgl. M.P. Speidel, ES 13, 1983, 49 = ders., Mavors V111 27.

1.2.1

Exkurs: Ein Zenturionenleben

Eines der beeindruckendsten Zeugnisse eines Zenturionenlebens bildet die aus severischer Zeit stammende Inschrift des Mausoleums der Petronii auf dem Gebiet des antiken Cillium (Kas~erine)~'.Petronius Fortunatus, der Eigentümer der Grabanlage, dürfte um 172-175 n. Chr. in den Heeresdienst eingetreten sein72. Er diente zunächst vier Jahre in der in Niedermösien stationierten legio I Italica. Innerhalb dieser Truppe avancierte er über die Dienststellungen librarius, tesserarius, optio, signifer zum centurio. Diese Beförderung wurde ihm es suffragio legionis Nachdem er einige Zeit als Zenturio bei der legio I Italica Dienst getan hatte, begann eine faszinierende 'Rundreise' durch das Imperium Romanum. Fortunatus wirkte in der Folgezeit bei zwölf weiteren Legionen als centurio. Seine Tätigkeit führte ihn neben drei Legionen, deren Namen nicht mehr erhalten sind, zur legio I Minervia nach Bonn wie für kurze Zeit zurück in seine afrikanische Heimat74 zu der in Lambaesis liegenden legio I11 Augusta (um 192-195 n. Chr.) sowie nach Syrien zur legio I11 Gallica. Von dort wurde er erneut nach Niedergermanien, dieses Mal zur legio XXX Ulpia, versetzt. Bevor er sich als Veteran in Cillium niederlassen konnte, sollte er noch die legio V1 victrix in Britannien, die legio I11 Cyrenaica in der Provinz Arabia, die legio XV Apollinaris in Kappadokien, die legio I1 Parthica in Italien und zuletzt die legio I adiutrix in Pannonien kennenlernen. Aus dem Heer dürfte Fortunatus nach rund 50 Dienstjahren um 218-220 n. Chr. ausgeschieden sein75. Während seines Zenturionats bei der legio I11 Augusta heiratete Fortunatus Claudia Marcia Capitolina. Aus der Ehe ging ein Sohn namens M.

+

+

+

+

71CIL V111 217 11302 p. 925 p. 2353 ILTun 332 = ILS 2658; J.-M. Lasskre, AntAfr 27,1991,53ff. Zum Mausoleum vgl. Groupe de recherches sur I'Afrique antique, Les Flavii de Cillium. Etude architecturale, epigraphique, historique et litteraire du mausolee de Kasserine (CIL VIII, 211-216). EFR 169 (Rom - Paris 1993) bes. 220. 250. 72J.-M. Lasskre, AntAfr 27, 1991, 68. 73Beförderungen von Soldaten ex suffragio sind bisweilen bezeugt; Le Bohec, Tkoisikme legion 177 mit Anm. 224f. - Ohne Parallele in der Geschichte des kaiserzeitlichen Heeres ist die von Hadrian praktizierte Vergabe von dona militaria an einen Legionär suffragio legionis (CIL XI1 2230 = ILS 2313). Hier dürften die contiones der Republik Pate gestanden haben; vgl. R. Syme, in: Les Empereurs romains d'Espagne. Colloques Internationaux du C.N.R.S. Madrid - Italica, 31 mars - 6 avril 1964 (Paris 1965) 246 = ders., Roman Papers V1 106 (mit Diskussionsbeiträgen von Beranger, Pflaum, Veyne ebd. 251f. = 112f.); Maxfield, Decorations 120. 7 4 Z ~Herkunft r von Fortunatus siehe J.-M. Lasskre, AntAfr 27, 1991, 57ff. 75J.-M. Lasskre, AntAfr 27, 1991, 68. Nach den in der Inschrift enthaltenen Angaben diente Petronius 50 Jahre; die Zahl könnte gerundet sein.

Petronius Fortunatus hervor, der allerdings noch vor seinem Vater verstarb. Der Sohn trat dem Rang seines Vaters entsprechend als Zenturio ins Heer ein. Da er relativ spät zum Militär kam - er verstarb mit 35 Jahren nach nur sechs Dienstjahren - ist anzunehmen, daß er Schwierigkeiten hatte, eine Zenturionenstelle im Heer zu finden, bzw. die adäquate Patronage zu erhalten76. Der jüngere Fortunatus diente fern seiner afrikanischen Heimat in der Provinz Germania superior bei der legio XXII Primigenia und im Anschluß daran bei der legio I1 Augusta in Britannien; also möglicherweise bei zwei Truppen, bei denen sein Vater nie gewesen war7'. Die Laufbahn des älteren Fortunatus ist in mehrfacher Hinsicht von besonderem Interesse. Zunächst bestätigt sie den oben erwähnten Aufstieg eines Soldaten innerhalb einer Legion bis zum Zenturio. Dabei ist bemerkenswert, daß Fortunatus innerhalb von nur vier Dienstjahren den Zenturionat erreichte. Vermutlich beschleunigten die langwierigen und verlustreichen Kriege unter Marc Aurel seinen Werdegang. Die hohe Anzahl von Legionen, bei denen Petronius Fortunatus als Zenturio wirkte, darf als Ausnahme gelten. In der Regel waren vier bis sechs Versetzungen auf Zenturionenebene die Obergrenze78. Schließlich ist die Zahl seiner Dienstjahre auffallend hoch, was allerdings im späteren 2. wie im 3. Jahrhundert keinen Einzelfall darstellt79. Die zahlreichen Versetzungen von Petronius Fortunatus sprechen dafür, daß er auf einem bestimmten Sektor besonders qualifiziert war, also sozusagen als Spezialist für eine begrenzte Zeit zu einer Legion geschickt wurde. Seine Laufbahn bis zum Zenturionat wie die Auszeichnung mit dona mili76E. Birley, Überlegungen 6. 771n drei Fällen wissen wir nicht, bei welcher Einheit der ältere Petronius diente; eine dieser Legionen kann auf keinen Fall mit der legio XXII Primigenia oder legio I1 Augusta gleichgesetzt werden, da ihre Legionsziffer mit VIZ[- - -1 beginnt. 78CIL V111 2877 p. 1740 = ILS 2653 (sechs Legionen, 1. Hälfte 3. Jh.). V111 3005 + p. 1740 (fünf ? Legionen). V111 2891 (fünf Legionen, 1. Hälfte 3. Jh.). V111 2786 + p. 954 + p. 1739 = ILS 2659 (vier Legionen, 2. Hälfte 2. Jh.). V111 2907 + p. 1740 (vier Legionen). V111 14698 = ILS 2655 (vier Legionen, 2. Hälfte 2. Jh.); aber: V111 3001 + p. 1740 (zehn Legionen); Wegeleben, Rangordnung 27f.; E. Birley, Carnuntum Jahrb. 31, 196344, 29. 33 = ders., Mavors IV 217. 219f. 79E. Birley, Carnuntum Jahrb. 31, 1963-64,33 = ders., Mavors IV 219f. hat alle 40 und mehr Jahre Dienst leistenden Zenturionen zusammengestellt. Er kommt auf insgesamt 20 Fälle, wobei den Rekord Aelius Silvanus mit 61 Dienstjahren hält; siehe M. Nkmeth, Vezeto az Aquincumi Muzeum kothaban (Budapest 1971) 24f. Nr. 47. Frau Dr. M. Nkmeth, Budapest, danke ich vielmals für die Überlassung eines Photos und einer Umzeichnung der im Aquincum-Museum aufbewahrten Inschrift. Nach stilistischen Kriterien gehört die Grabinschrift des Silvanus in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts (wohl Severerzeit). Gemäß AE 1985,735 = ILNovae 27 (184 n. Chr.) konnte L. Maximius Gaetulicus als Primipil der legio I Italica auf stolze 57 Dienstjahre zurücksehen.

+

+

taria während des Partherfeldzuges deuten darauf hin, da%seine besondere Qualifikation weniger auf dem Sektor Militärverwaltung lag als im Bereich des Kriegshandwerks. Allerdings ist schwer vorstellbar, daß Fortunatus noch im fortgeschrittenen Alter bei Kampfeinsätzen oder als Ausbilder im Waffenhandwerk Verwendung fand. Da für die Versetzung eines Zenturio von einer Legion in eine andere mehrere Gründe in Betracht kommen, angefangen von der Stärkung der Disziplin über die Verbesserung des Ausbildungstandes und die Vermittlung neuer Kampfpraktiken bis hin zum Bedarf an kampferfahrenen Männern, könnten die Motive für die Versetzungen des Fortunatus quer durch das Imperium Romanum im Laufe der Zeit gewechselt habens0.

1.3

Die Prinzipales

Zwischen der Masse der einfachen Soldaten und den Zenturionen stehen in der Hierarchie des römischen Heeres die immunes und die principales. Zu den Letztgenannten gehören neben Stabsoffizieren wie den Benefiziariern Soldaten mit bestimmten taktischen Aufgaben und mit Weisungsbefugnis, so die tesserarii, signiferi und die aquiliferi. Die principales genossen innerhalb des Heeres hohes Ansehens1. Ihnen kam gegenüber den milites gregarii und den milites immunes eine übergeordnete Position und spätestens seit Septimius Severus die Strafgewalt für geringere Vergehen zus2. Au%erdem erhielten sie im Gegensatz zu den milites gregarii und den immunes je nach Dienststellung den eineinhalbfachen oder doppelten Solds3. Dennoch verlief in der Sicht der Soldaten die Trennlinie zwischen einfachen Soldaten und übergeordneten Rängen nicht zwischen immunes und principales, sondern eine Stufe tiefer zwischen einfachen Soldaten und immuness4. Für viele derjenigen, die im Laufe ihrer Dienstzeit höhere Positionen erreichten, stellte die Erlangung einer Position unter den principales (bzw. der Aufstieg innerhalb dieser Gruppe von einem Dienstgrad zu einem höheren) 80E.Birley, Carnuntum Jahrb. 31, 1963-64, 26ff. = ders., Mavors IV 212ff. 81D.J.Breeze, JRS 71, 1971, 134 = Breeze - Dobson, Mavors X 63. - Zumindest bei den equites Singulares Augusta berief man bevorzugt altgediente Soldaten zu signgfee M.P. Speidel, Denkmäler 397 Nr. 730. 82Siehevon Domaszewski, Rangordnung 2ff. und Dobson ebd. VIf.; E. Sander, Historia 3, 1954-55, 92ff., bes. 98; siehe unten p. 147f. 83D.J.Breeze, JRS 61, 1971, 133f. = Breeze - Dobson, Mavors X 62f. 84Sieheetwa CIL I11 7449. V1 221 + p. 3004 und V1 31306 (= 3755) + p. 4337 = ILS 2160; vgl. E. Sander, Historia 3, 1954-55, 92.

den Endpunkt ihrer Laufbahn dar. Den Aufstieg zum Zenturionat schaffte schon aufgrund der geringeren Zahl der vorhandenen Stellen nur ein Teil der principales85.

1.4 Stellung und Aufgaben der immunes Der Begriff immunis bezeichnet einen Soldaten, der von diversen, von den gemeinen Soldaten zu leistenden schweren und vielfach unbeliebten Verrichtungen befreit war. Der Grund für die immunitas lag meist darin, daß diese Soldaten bestimmte Spezialaufgaben innerhalb der Truppe verrichteten, denn wie jede auf Arbeitsteilung fußende Gemeinschaft benötigte das römische Heer zahlreiche Personen, die auf technische und handwerkliche Fertigkeiten sowie medizinische Dienste spezialisiert waren. Den besten Einblick in die vielfältigen Aufgaben der immunes bietet eine in den Digesten erhaltene Passage aus dem Werk des Taruttienus Paternusg6, wobei dieser zweifellos die Verhältnisse innerhalb der Legion vor Augen hattea7. Doch findet sich die Mehrzahl der angeführten Spezialisten auch bei den Hilfstruppen wieder. Dig. 50,6,7(6), Taruttienus Paternus libro primo militarium: Quibusdam aliquam vacationem munerum graviorum condicio tribuit, ut sunt mensores, optio valetudinarii, medici, capsarii, et artijices et qui fossam faciunt, veterinarii, architectus, gubernatores, naupegi, ballistrarii, specularii, fabri, sagittarii, aerarii, bucularum structores, carpentarii, scandularii, gladiatores, aquilices, tubarii, cornuarii, arcuarii, plumbarii, ferrarii, lapidarii, et hi qui calcem cocunt, et qui silvam injindunt, qui carbonem caedunt ac torrent. 85Vgl. D.J. Breeze, BJb 174, 1974, 278. 288f. = Breeze - Dobson, Mavors X 44. 54f. 8 6 Z ~korrekten r Namensschreibung siehe die Zeugenliste AE 1971,534 (angezeigt AE 1961,142 und 1962,142) = ILMaroc I1 94 (Tabula Banasitana). - Die Laufbahn des Juristen spricht für seine Kompetenz. Unter Marc Aurel versah er die Vertrauensstellung des ab epistulis Latinis. In dieser Funktion spielte er in militärischen Angelegenheiten keine geringe Rolle (siehe A.R. Birley, Locus 41-54). Außerdem begleitete Paternus den Kaiser an die Fkont. Im Zuge der kriegerischen Ereignisse betraute ihn der Kaiser mit diversen Missionen. Unter Commodus wurde er, mittlerweile zum praefectus praetorio avanciert, ermordet; Pflaum, Carrieres I 420ff. Nr. 172 (mit den Quellen); Kunkel, Herkunft 219ff. Nr. 54; Le Bohec, Troisieme lkgion 177. 87A. Passerini, DE 4, 603; Langhammer, Magistratus 269f. bezieht die Liste irrtümlich auf Angehörige von Berufen, die innerhalb der Gemeinden die Befreiung von den munera graviora genossen.

scheiden; vermutlich dachte Paternus an Geschütz- und Belagerungsmaschinenbauer. Des weiteren benennt Taruttienus Paternus Wagner, carpentarii, und Eisen-, das heißt Grobschmiede, ferrarizg4, sowie Bleiarbeiter, p1umbarizg5. Auch die tubarii und cornuarii, die Tuba- und Hornbauer, darf man zu den Schmiedehandwerkern zähleng6. Daß Legionen über eigene cornuarii sowie tubarii verfügt haben sollen, verwundert zunächst. Allerdings hatte eine Legion insgesamt rund 75 Horn- und Tubabläserg7. Defekte Instrumente dürften folglich öfter angefallen sein und das Anfertigen eines neuen Instrumentes dauerte fraglos längere Zeit. Außerdem werden die Fertigkeiten dieser Buntmetallschmiede auch für andere Metallarbeiten benötigt worden sein. Nicht zu vergessen ist schließlich, daB die von Paternus angeführten Spezialisten reguläre Soldaten waren, das heißt neben ihrer handwerklichen Tätigkeit diversen Verpflichtungen, nicht zuletzt dem Training, nachzukommen hatten. Dig. 50,6,7 nimmt die Betreffenden lediglich von der Ableistung der munera graviora aus. Eine Reihe von immunes war für das Bauwesen abgestellt. Hierzu zählten neben dem architectus, Pioniere und Bauleute, fabri, Fensterbauer bzw. Glasmacher, specularii, sowie Dachdecker, scandularii. Von Bedeutung waren bei der Anlage eines Lagers zuerst diejenigen, die Wall und Graben aushoben (qui fossam faciunt). Daß Paternus sie als eigenständige Gruppe anspricht, hat Sinn: Wall und Graben mußten permanent gejätet, nachgetieft und ausgebessert werden. Hinzu kommen Steinmetze (lapidarii) und Kalkbrenner (qui cal94Teil ihrer Aufgaben war das Anfertigen von Werkzeugen; H. von Petrikovits, in: Legio V11 gemina = ders., Beiträge I 539. Auch das Beschlagen, vor allem der die Lasten ziehenden oder tragenden Tiere bzw. das Anfertigen von Hufeisen oder von Hufschuhen, wird zu ihren Aufgaben gehört haben. So erwähnt etwa Veget., Epit. rei mil. 2,25 Ochsen als Zugtiere beim Transport der schweren onagri; auf die Verwendung von Rindern als Zugtiere im römischen Heer spielt auch HA, Pr. 20,6 an; vgl. M. Springer, Klio 65, 1983, 371. - Zur umstrittenen Frage des Schutzes von Tierhufen in römischer Zeit durch Beschlagen oder Beschuhen siehe ausführlich S. Alföldy-Thomas, in: E. Künzl (Hg.), Die Alamannenbeute aus dem Rhein bei Neupotz. Teil 1: Untersuchungen (Mainz 1993) 339ff. (mit weiterer Literatur). 95Vgl.Tab.Vindo1. I1 155 (2. 4). Plumbarii waren u.a. für das Anfertigen von Bleiplatten und -röhren zuständig. Erinnert sei nur an die kunstvoll ausgestaltete Bleiplatte aus Straßburg mit dem Namenszug der legio V111 Augusta (Finke 136) oder die aus Blei gefertigten Wasserrohre der legio XIV gemina aus Wiesbaden (CIL XI11 7576). Vermutlich wurden sie von den plumbarii der Truppe gefertigt. - Außerdem fand Blei zum Flicken verschiedener Gegenstände, selbst von Geschirr, wie als Bindemittel Verwendung. 96Beschreibung der diversen Blasinstrumente des Heeres und ihrer Funktion: Veget., Epit. rei mil. 3,5 und 3,s; F. Behn, MZ 7, 1912, 36ff. mit zahlreichen Abb. 97Dobson, Rangordnung XV.

cum c o ~ u n t ) ~ferner " Holzfäller (qui silvam i n f i n d ~ n t und ) ~ ~ Köhler (qui carbonem caedunt et torrent). Besondere Bedeutung kam den Wasserbautechnikern (aquilices) zu. Mensch und Tier benötigten täglich gutes Wasser, außerdem verbrauchten Werkstätten, Badeanlagen und Toiletten reichlich Wasser. Auch sollte für den Brandfall Löschwasser zur Verfügung stehen. Wie gut römische Lager und ihr Umfeld mit Zisternen, Brunnen sowie Wasserzu- und ableitungen versorgt waren, belegen archäologische Befunde1". Die Werkstätten der Handwerker lagen teils innerhalb der Lager, teils außerhalb. Sicherlich wurden nur Werkstätten, auf deren Tätigkeit man im Falle von feindlichen Überfällen verzichten konnte, außerhalb der Lagerumwehrung eingerichtet1''. Vielfach arbeiteten die Truppenhandwerker nicht im Bereich des Lagers, sondern im Rahmen von Arbeitsvexillationen vor Ort, etwa in Steinbrüchen oder im Wald. Zu denken ist auch an die allerdings erst in der Spätantike bezeugten zentralen Waffenfabrikenlo2. Erstaunen mag zunächst, daß Taruttienus Paternus unter den immunes der Legion auch Schiffszimmerleute, naupegi, und Steuermänner, gubernatores, auflistet. Indes fanden Schiffe nicht nur bei den Flotten und in expeditione als Beförderungsmittel Verwendung. Vielmehr wurde der alltägliche Güter- und Lastverkehr zumindest teilweise per Schiff abgewickeltlo3. Hinzu "Siehe z.B. G. Alföldy, ES 5, 1968,17ff.; W. Sölter, Römische Kalkbrenner im Rheinland (Düsseldorf 1970); Tab.Vindo1. I1 156 (Z. 4). "M.P. Speidel, Der Odenwald 30, 1983, lllff. = ders., Mavors V111 149ff. - Die genannten Handwerker waren in erster Linie für den Bau bzw. die Instandhaltung der Lager verantwortlich, wurden aber auch zu zahlreichen unter Beteiligung des Militärs durchgeführten Vorhaben eingesetzt; R. MacMullen, HSPh 69,1959, 216. 231 Anm. 76. "'H. von Petrikovits, in: Legio V11 gemina 244. 250ff. = ders., Beiträge I 537. 543ff. Einen guten einführenden Überblick über die Wasserversorgung, die sanitären Anlagen und die Aktivitäten des Militärs auf diesem Sektor bieten Johnson - Baatz, Römische Kastelle 223ff. 10IAusführlich zu den militärischen fabvicae: H. von Petrikovits, in: Legio V11 gemina 244f = ders., Beiträge I 537; ders., in: Actes du IXe Congres = ders., Beiträge I 612ff. Neben den Truppenhandwerkern versorgten private Handwerksbetriebe die Soldaten mit Ausrüstungsgegenständen. Hinzu kamen Tribut- und Sonderleistungen der Provinzialen; Dio 69,12,2; J. Oldenstein, BerRGK 57, 1976, 65ff.; M.P. Speidel, Mavors I329ff.; Kissel, Untersuchungen 178ff.; M. Gschwind, Germania 75, 1997, 607ff., bes. 630. lo2Auf Waffen- und Panzerfertigung an zentralen Stellen weisen etwa CIL XI11 2828 und 6763 hin. lo3Zum antiken Militärschiffswesen siehe Starr, Navy; Kienast, Kriegsflotten; H.D.L. Viereck, Die römische Flotte. Classis Romana (Herford 1975); 0 . Höckmann, Antike Seefahrt (München 1985) 94ff. 140ff.; dens., JbRGZM 30, 1986,369ff. - Zur frühen Prinzipatszeit siehe auch D.B. Saddington, JbRGZM 35, 1988, 299ff.; J.-M.A.W. Morel, Die Entwicklung der frühen römischen Militärhäfen in Nordwesteuropa. In: Römische Okkupation 159ff. Ferner siehe D. Ellmers, in: H. Jankuhn - W. Janssen u.a. (Hgg.), Das

kam der Fährverkehr. Es ist somit naheliegend, daß eine Legion über eigene Steuermänner und Schiffszimmerleute verfügte, auch wenn ihnen bislang kaum Beachtung zuteil wurde. Darauf, daß Legionen eigene Schiffe hatten und somit entsprechend ausgebildete Soldaten benötigten, weist u.a. ein Ankerstock aus Mainz hin. Er ist LEG XVI signiert'04, bezeugt also zweifelsfrei Legionsschiffe für die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts. Hierzu paßt ein Ankerstock aus dem Rhein bei Duisburg, der L V (= legionis V) beschriftet ist'05. Zu erwähnen ist ebenfalls ein mit LEG XXII gekennzeichneter eiserner Schiffsanker aus Eich1O6. Aufgrund einer um 200 n. Chr. gefertigten Grabinschrift kennen wir zudem einen Veteranen der Mainzer Legion, der als naupegus bezeichnet wirdlo7. Daß die 22. Legion Schiffahrt betrieb, belegen gleichermaßen die Weihungen von zwei ihrer signiferi, die zuvor als optiones navaliorum tätig waren'08. Strittig ist die Bedeutung der navalia; von Domaszewski dachte an den Stapelplatz der großen Ziegeleien'og, Starr und andere sahen sie als Werften bzw. Docks anllo, Höckmann trat für ihre Funktion als Bootshaus1" bzw. Schiffsstation

Handwerk in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. Teil 2: Archäologische und philologische Beiträge. Abhdl. der Akad. der Wiss. Göttingen, Phi1.-Hist. Kl., Folge 3 Nr. 123 (Göttingen 1983) 471ff. lo4K. Schumacher, MZ 1, 1906, 24. Io5W. Pieper, BJb 174, 1974, 565f. mit 536 Abb. 2f. '06B. Stümpel, MZ 69, 1974, 241 mit 250 Abb. 20. - Nach Front., Strat. 4,1,15 ließ P. Scipio Nasica während des Winterlagers (194-193 V. Chr.) Schiffe bauen, um die Soldaten zu beschäftigen. lo7CIL XI11 11861 = ILS 9226 = AE 1911,225 = Selzer, Steindenkmäler 145 Nr. 11. Einen gubemator der legio XVI Flavia firma bezeugt P.Mesopot. 6 (232 n. Chr.); erwähnt von K. Strobel, in: Le Bohec, Hierarchie 103. '08CIL XI11 6712 (198 n. Chr.) und XI11 6714 (185 n. Chr.). Zu den militärischen Hafenanlagen in Mainz siehe D. Baatz, Mogontiacum. Limesforschungen 4 (Berlin 1962) 82f. Zur Frage einer Legionsflotte in Mainz vgl. vor allem 0. Höckmann, JbRGZM 33, 1986, 409ff. (mit weiterer Literatur) und Ellmers a.a.0. (wie Anm. 103) 509f. Vgl. auch die in Bonn zutage gekommene Weihung des Soldaten Aurelius Perula, eines Angehörigen der legio I Minervia (Nesselhauf 186). Die Inschrift ist nicht vor dem 3. Jahrhundert gefertigt. Seine Dienststellung gibt der Dedikant als p. p. L. ripe Rheni an. Nesselhauf schlug als eine Auflösungsmöglichkeit p(rae)p(ositus) l(iburnariorum) vor. Schließlich bezeugt eine Inschrift aus Naissus einen Legionssoldaten, der dasce(n)s epibeta (= epibata) tituliert wird (CIL I11 14567). 'OgRangordnung 62 Anm. 14. Diese Auffassung ist gegenstandslos; auch aus CIL I11 11382 und I11 1 4 3 6 0 ~braucht ~ man dies nicht zu folgern. 'lONavy 148. 11' ArchKorrbl 14, 1984, 321.

einH2. Sicher ist es richtig, die navalia mit der Schiffahrt in Beziehung zu setzen und ihnen eine Mehrfachfunktion als Schiffshäuser und Orte, an denen Schiffe gebaut, überholt und gelagert wurden, zuz~weisen"~. Gleichermaflen weisen nautische Attribute auf von der Legion in Frankfurt a.M.-Nied produzierten Ziegeln auf die enge Verbindung der Truppe mit der Schiffahrt hin114. Zwei wohl aus den ersten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts stammende, mit Schiffsdarstellungen gezierte Ziegel der Legion zeigen, daß die Truppe über Kriegsschiffe verfügte115. Legionsziegel mit Schiffsdarstellungen kennen wir zudem aus der zweiten Hälfte des 2. oder aus dem frühen 3. Jahrhundert von der legio I Italica aus Novae116. Ob die Mainzer Legion zu allen Zeiten über Kriegsschiffe oder zumindest kriegstaugliche Schiffe verfügte"', oder ob sie vielleicht nur in der Frühzeit während der Okkupati~nsphase"~und dann wieder in der Spätzeit, als es l12JbRGZM 33, 1986, 409. - Zuletzt ist die Diskussion zusammengefaßt bei J. Dolata, Mainzer Arch. Zeitschr. 1, 1994, 70 (mit weiterer Literatur). l13Siehe Forcellini 6 (1940) 315 S.V.navalis. l140. Höckmann, JbRGZM 33, 1986, 409. 410 Abb. 17,l-5. Zu den diversen Stempelbildern der legio XXII Primigenia siehe die Zusammenstellungen CIL XIII,6 p. 62ff. und G. Vetter, Die Römischen Ziegelfunde aus Ffm.-HöchstINied. Höchster Geschichtshefte 22-23, 1974; dens., Höchster Geschichtshefte 40-41, 1983 (mir unzugänglich). 'l50. Höckmann, ArchKorrbl 14,1984,321 mit Taf. 39-40 (zugleich Berichtigung zu CIL XIII,6 p. 63 Form y 10 bzw. CIL XI11 12348,5); ders., JbRGZM 33, 1986, 395 Abb. 12. 410. l16T. Sarnowski - J. Trynkowski, in: Studien zu den Militärgrenzen Roms I11 536ff. mit Fig. 1,l-6 und Fig. 2; siehe auch 0 . Höckmann, ArchKorrbl 14, 1984, 319 mit 320 Abb. 1; ein Schiff zeigt ferner ein gestempelter Ziegel der legio X fretensis aus Jerusalem; R. Cagnat, Daremberg - Saglio 3,2 (1904) 1075 Abb. 4428; Sarnowski - Trynkowski a.a.0. 537 Fig. 5. "'Die spätantiken Schiffe hat 0. Höckmann, JbRGZM 30, 1983,433 et passim, zu Recht als multifunktionale Typen, gleichermaßen geeignet zu Patrouillenfahrten wie für Kampfeinsätze und Spezialtransporte, charakterisiert. Es ist anzunehmen, daß vergleichbare Mehrzweckschiffe bereits früher existierten. "'Auf den Bau von Kriegsschiffen in der frühen Kaiserzeit weist die Grabstele eines Schiffsbauers mit der Darstellung eines Kriegsschiffs hin (erwähnt von 0 . Höckmann, JbRGZM 33, 1986, 390 Anm. 52). Freilich bleibt offen, ob diese Schiffe für die Legionen oder die Flotte gebaut wurden. - Ellmers a.a.0. (wie Anm. 103) 510 sieht im Giebelschmuck des frühkaiserzeitlichen Grabsteins des C. Atilius Cf.. Soldat der legio XVI, ebenfalls einen Hinweis auf Legionsschiffe. Das Giebelfeld ziert ein von zwei Delphinen umrahmter Anker (CIL XI11 11881 = Selzer, Steindenkmäler 136 Nr. 47 = CSIR Deutschland II,5, 226 Nr. 114). Das Ankermotiv ist im Mainzer Raum singulär. Das sehr häufig auf Grabsteinen vorkommende Delphinmotiv an sich darf freilich nicht als Beleg für die Betätigung des Verstorbenen im Rahmen der Schiffahrt gedeutet werden. - Inschrift RIB 258 bringt Ellmers a.a.0. 510 ebenfalls mit einer Tätigkeit des verstorbenen Soldaten der legio I1 adiutrix im Bereich der Schiffahrt bzw. des Baus von Schiffen in Verbindung. Die-

den Rhein zu sichern galt, Kriegsschiffe unterhielt, ist derzeit nicht zu klären. Ebenso bleiben Fragen verwaltungstechnischer Natur offen: Oblag die Verwaltung und Kontrolle des Militärhafens der legio XXII Primigenia? Unterstanden ihr die in Mainz vorauszusetzenden Schiffswerkstätten? Auf jeden Fall stellte die legio XXII Primigenia keinen Einzelfall dar. Vielmehr ist es wahrscheinlich, daß alle an Wasserwegen stationierten Legionen wenigstens über Frachtschiffe und Patrouillenboote verfügtenllg. Es darf somit bis in die Spätzeit des römischen Heeres davon ausgegangen werden, daß die militärische Flußschiffahrt und -kontrolle nicht allein von den Flotten betrieben wurde, sondern die an Wasserstraßen stationierten Truppen daran ebenfalls Anteil hatten120. Mit den Aufgaben der Legionen zu Wasser könnte schließlich auch die im 3. Jahrhundert zu beobachtende Übernahme von Flottenkapitänen als Zenturionen in die Legionen in Zusammenhang stehenlZ1. Als für die Tierschlachtung Zuständige führt Paternus Metzger, lani, an. Da A. von Domaszewski die lani in der Legion als eine Neuerung des 3. Jahrhunderts, als die ,,altrömische Soldatenkost, das frumentum ... durch die Fleischkost der Barbaren" verdrängt wurdelZ2, ansah, sei auf diese Frage näher eingegangen. Gegen die Auffassung von Domaszewkis sprechen in den vergangenen Jahrzehnten durchgeführte naturwissenschaftliche Untersuchungen wie Hinweise bei antiken Autoren auf den Fleischkonsum von Soldaten bereits in republikanischer Zeit123. Untersuchungen von im Legionslager Dangstetten aufgefundenen Tierknochen belegen zweifelsfrei Tierschlachtung und Fleischkonsum für die frühaugusteische ZeitlZ4.Eine schöne Ergänzung sec Grabmal zieren im Giebel zwei Delphine, die einen Dreizack umrahmen. Unterhalb des Inschriftfeldes befindet sich die Darstellung einer Dechsel. llgEinen Steuermann der legio V1 victrix belegt RIB 653 = ILS 4787 (2.-3. Jh.) aus Eboracum (York). 120Vgl. 0.Höckmann, JbRGZM 33, 1986, 408ff. Er weist ebd. 409 zu Recht darauf hin, da5 die südlichsten Inschriftenfunde, die Hinweise auf die Rheinflotte enthalten, aus dem Brohltal stammen (Finke 252), die Flotte also vermutlich weiter rheinaufwärts nicht zum Einsatz kam. Dies ist ein zusätzliches Indiz für eigene Flottenabteilungen der Mainzer und Straßburger Legionen. l2'Siehe oben p. 25. 122Rangordnung46. 123Literarische Belege für die republikanische und die frühe Prinzipatszeit siehe bei W. Liebenam, RE 6,2 (1909) 1665. Stellvertretend für andere schriftliche Belege siehe etwa Tab.Vindo1. I1 182 = Bowman, Life l l l f . Nr. 8. 124H.-P. Uerpmann, Regio Basiliensis. Basler Zeitschrift für Geographie 18, 1977, 261ff. Zur Frage eines spezialisierten Metzgerstandes im Heer siehe ebd. 270f. Zur Reichhaltigkeit der Speisekarte römischer Soldaten siehe R.W. Davies, Britannia 2, 1971, 122ff. = ders., Service 187ff., der auf verschiedene Befunde aus römischen Militärlagern eingeht.

hierzu bietet der Befund des Kastells Velsen IlZ5.Die Auswertung der hier sichergestellten Fischgräten, die in anderen findkomplexen aus verschiedenen Gründen fehlenlZ6,belegt für diese Anlage den Verzehr von Fischen, was freilich aufgrund der Lage des Platzes zu vermuten war. Einen Einblick in das Konsumverhalten der Soldaten gewähren die beiden frühkaiserzeitlichen Militäranlagen Dangstetten (ca. 15 bis 7 V.Chr.)lZ7und Lorenzberg bei Epfach (ca. 10 V. Chr. bis Mitte 1. Jahrhundert n. Chr.)lZ8. Sie wiesen überaus hohe Anteile an Schweineknochen und verhältnismäßig geringe an Rinderknochen auflZg. Dies mag einerseits mit den angetroffenen Wirtschaftsstrukturen zusammenhängen, denn spätlatenezeitliche Fundplätze zeigten ebenfalls eine Dominanz des S c h w e i n ~ ' ~Zum ~ . 4. Jahrhundert hin ist ein Rückgang des Schweinefleischkonsums zugunsten von Rindfleisch zu konstatieren131, doch schwankt der Prozentsatz der Rinderknochen innerhalb der spätantiken Komplexe so erheblich, daß keine generellen Aussagen möglich sind13'. Zur Fleischversorgung trugen ferner partiell die Jäger, venatores, bei133. Neben der Beischaffung von Wildbret oblag es den Jägern zweifellos, für Mensch und Nutztier gefährliche Tiere zu erlegen; sicherlich wurden sie darüber hinaus eingesetzt, um Tiere für die Arena, sei es in Rom, es sei in der Nähe des eigenen Standlagers, zu fangen. Gemeinsam mit den Jägern arbeiteten sicherlich ab und an die vereinzelt belegten Fährtensucher, vestigiatores; allerdings werden sie nicht primär zum Ausmachen von Tierfährten, sondern im Rahmen von Patrouillen und Geländeerkundungen zum Aufspüren von lZ5Gegründetunter Tiberius; Datierung nach aufgefundener Sigillata Ca. 20-55 n. Chr.; H. Schönberger, BerRGK 66, 1985, 436 A 3, vgl. 438 B 1 (mit weiterer Literatur). 126Grundsätzlich bleibt zu bedenken, daß Knochenreste von Kleinvieh, vor allem von Geflügel, und Fischgräten vielfach im Boden vergangen sind oder aufgrund ihrer minimalen Größe bei Ausgrabungen nicht registriert wurden. Außerdem begünstigt eine oftmals nach Größe erfolgende Selektion des Fundmaterials eindeutig die Knochen von Rindern und Pferden. Zur Vorliebe für Fisch vgl. R.W. Davies, Britannia 2, 1971, 128ff. = ders., Service 193ff. lZ7H.Schönberger, BerRGK 66, 1985, 435 A 54 mit weiterer Literatur. lZ8H.Schönberger, BerRGK 66, 1985, 437 A 62 mit weiterer Literatur. 129Schibler- Furger, Tierknochenfunde 18. 19 Abb. 14. 24 Abb. 19. 130Schibler- Furger, Tierknochenfunde 23; siehe auch H.-P. Uerpmann, Regio Basiliensis. Basler Zeitschrift für Geographie 18, 1977, 263. 131Schibler - Furger, Tierknochenfunde 22 mit 24 Abb. 19. 132Schibler- Furger, Tierknochenfunde 18ff. mit Abb. 13f. 23. 1331hreStellung als immunes bezeugt auch CIL I11 7449; von Domaszewski, Rangordnung 46 sieht die venatores als Personal des Tierzwingers (vivarium) an. Dies bedeutet eine unnötige Verengung des Aufgabenfeldes. Erinnert sei nur an die von Vegetius erwähnten Hirsch- und Wildschweinjäger (Epit. rei mil. 1,7).

Fährten bzw. Spuren verschiedenster Art herangezogen worden sein134. Zumindest bei einigen Lagern existierten Freigehege für Tiere135. Diese werden teilweise für die Unterbringung von für die Arena vorgesehener Tiere bestimmt die Unterbringung von für die Arena vorgesehener Tiere bestimmt gewesen sein. Ebenso werden hier zum Verzehr bestimmte, zu Zuchtzwecken oder als Maskottchen gehaltene Tiere versorgt worden sein'36. Zugleich könnten die vivaria bei Bedarf als Gehege für erkrankte oder verwundete Tiere gedient haben. In der Aufzählung von Taruttienus Paternus finden sich auch Opferpriester, victimarii. Ihnen oblag es, die als Opfer bestimmten Tiere zu töten. Das Fleisch der Opfertiere kam den Soldaten zugute13'. Meßgehilfen fanden sowohl als mensores agrarii wie als mensores frumenti bei der Legion Verwendung. Relativ groß ist die Gruppe der librarii. Taruttienus Paternus nennt zunächst librarii ohne nähere Bezeichnung ihrer Aufgaben; zweifellos sind damit die in den Schreibstuben beschäftigten Soldaten gemeint138. Als Spezialpersonal kommen die librarii horreorum, die Buchhalter der Lagerhäuser13', die librarii depositorum, die für die ordnungsgemäße Abrechnung der Rücklagen der Soldaten verantwortlichen Buchhalter, und die librarii caducorum hinzu. Letztere waren offenbar für Erbschaftsangelegenheiten zuständig; sicherlich halfen sie unter anderem den Soldaten beim Aufsetzen der entsprechenden Schriftstücke. Die von Paternus angeführten adiutores der cornicularii und der stratores übten gleichfalls verwaltungstechnische Aufgaben aus140. Daß innerhalb einer Truppe an aus Fellen und Häuten gefertigten Produkten wie Decken, Zaumzeug, Sandalen, Stiefeln, Lederzelten und somit an 134Vgl.Dip. 33,7,12,12 (Ulpianus); ORL B Nr. 8 (Zugmantel) 156f. mit Taf. 27,18 (Trierer Bilderschüssel mit Graffito vesstigiatomm(!)); J . Wahl, Germania 55, 1977, 128f.; J.R. Rea, ZPE 82, 1990, 126ff. (zu SB XX 14180). 1 3 5 Z ~Frage r des archäologischen Nachweises solcher Tiergehege siehe Johnson - Baatz, Römische Kastelle 211f. 136Vgl.Colum., De re rust. 9,l zur Haltung von Wildtieren in Gattern bzw. Freigehegen im Rahmen von villa rustica-Betrieben; einen custos vivarii der Prätorianerkohorten in Rom belegt CIL V1 130 p. 3003 = ILS 2091 (241 n. Chr.). 13'S0 berichtet etwa Flavius Iosephus nach dem Fall von Jerusalem über umfängliche Stieropfer (B.I. 7,1,3); das anfallende Fleisch wurde an die Soldaten zum Siegesmahl verteilt. - Allgemein zur Verpflegung der Soldaten siehe etwa Johnson - Baatz, Römische Kastelle 215ff.; R.W. Davies, Britannia 2, 1971, 122ff. = ders., Service 187ff.; zu Verpflegungsbauten des römischen Militärs: von Petrikovits, Beiträge I1 55f. 138SieheG.R. Watson, in: M.G. Jarrett - B. Dobson (Hgg.), Britain and Rome. Essays presented to Eric Birley on his Sixtieth Birthday (Kendal 1966) 45ff. 139H.von Petrikovits, in: Legio V11 gemina 242 = ders., Beiträge I 535. 140Vgl.P.Oxy. V11 1022 = CPL 111 = Fink 87 = ChLA I11 215 (103 n. Chr.).

+

Personen, die Leder be- und verarbeiten konnten, reichlich Bedarf bestand, braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. Insofern verwundert es, daß diese Handwerker in der Aufzählung des Paternus fehlen, zumal ihre Existenz aufgrund zahlreicher Funde vorauszusetzen ist14' und in Vindolanda sutores schriftlich nachzuweisen sind142. Da die als Schuhmacher wirkenden Soldaten sicher auch zu den immunes gehörten, ist ihr Fehlen in der Liste des Paternus sicherlich mit dem exemplarischen Charakter der Aufzählung zu erklären. Wohl aus dem gleichen Grund sucht man Bauleute, structores, und Wandmaler bzw. Stuckierer, tectores, bei Paternus ~ e r g e b l i c h ' ~ ~ . Gegen Ende seiner Liste erwähnt Paternus p ~ l l i o n e s ' ~ ~ Polliones . sind häufiger inschriftlich bezeugt145. Die Erklärung von Aufgabe und Funktion der polliones differierte in der älteren Forschung erheblich146. Vor einigen Jahren trat K. Dietz mit überzeugenden Argumenten dafür ein, im pollio einen Sprachlehrer bzw. 'Bildungsoffizier', dem vielleicht zugleich die Funktion eines 'Unterhaltungsoffiziers' zufiel, zu sehen'47. Für diese Interpretation spricht, daß polliones seit Mitte des 2. Jahrhunderts, vor allem gegen Ende des 2. bis Mitte des 3. Jahrhunderts, vermehrt bezeugt sind, also zu einer Zeit, in der verstärkt Provinziale, denen die lateinische Sprache wenig vertraut war, dienten und zunehmend in höhere Dienststellungen e i n r ü ~ k t e n ' ~ ~ . Laut Paternus erteilten zudem die librarii Unterricht (sicherlich im Lesen, Schreiben und Rechnen). An dieser Stelle sei angemerkt, daß die Kommando- wie die Amtssprache im römischen Heer ausschließlich Latein war, Stammrollen und andere Dokumente, etwa Militärdiplome, einzig in lateinischer Sprache abgefaßt bzw. ausgestellt wurden14'. Allerdings stand diese Praxis oftmals nicht in Einklang mit den Sprachkenntnissen der Soldaten und ihrer Familien, wie nicht 141H. von Petrikovits, in: Legio V11 gemina 247 = ders., Beiträge I 540f. 142Tab.Vindol. I1 155 (Z. 2). 143Einen stmctor, Soldat der legio XI Claudia, bezeugt CIL XI11 5209 (ebenfalls aus Vindonissa); auf dem Stein sind auf dem Bau benötigte Gerätschaften dargestellt. Stmctores bzw. tectores belegen auch Tab.Vindo1. I1 155-157; O.Bu Njem 22. 27. 29; Marichal, Ostraca 80f. 144Vgl.Watson, Soldier 182 Anm. 178. 145Zusammenstellung der Belege: K. Dietz, Chiron 15, 1985, 235ff. 146Siehezusammenfassend K. Dietz, Chiron 15, 1985, 239ff. 147Chiron15, 1985, 235ff., bes. 243ff. 250f. 148K.Dietz, Chiron 15, 1985, 240; vgl. die Belege ebd. 235ff.; vgl. auch Marichal, Ostraca 46ff. 149J.Kaimio, The Roman and the Greek Language. Comm. Hum. Litt. 64 (Helsinki 1979) 153ff.; L. Zgusta, Die Rolle des Griechischen im römischen Kaiserreich. In: G. Neumann - J. Untermann (Hgg.), Die Sprachen im römischen Reich der Kaiserzeit. Beih. BJb 40 (Köln 1980) 132f.; R. Schmitt, ANRW 2,29,2, 1983, 562f.

und papyrologischen Materials einige Richtwerte gewonnen werden. Für gewöhnlich vergingen mehrere Jahre, bis ein einfacher Soldat (miles gregarius, munzfex)ls3 zu einem höheren Dienstgrad und von diesem über weitere Stufen zu einer Führungsposition gelangte. So wissen wir etwa, daß optiones der Prätorianergarde in der Regel 11 bis 15 Dienstjahre aufzuweisen hatten, bis sie diese Dienststellung erlangten und somit etwa zwischen 28 und 34 Jahre alt waren154. Die beneficiarii tribuni waren jünger. Sie hatten etwa sieben bis acht Dienstjahre hinter sich und standen im Alter von etwa 25 bis 30 Jahren. Selbst die Beförderung eines Soldaten zum eques legionis setzte gewöhnlich eine Dienstzeit von sieben oder mehr Jahren voraus155. Aufgrund von zwei stadtrömischen Inschriften aus den Jahren 205 und 210 n. Chr. läßt sich für Angehörige der cohortes vigilum feststellen, daß innerhalb von fünf Jahren die Promotion um einen Posten als Normalfall anzusehen ist156. Auf den Aufstieg innerhalb der Legionen wirft gerade die Karriere diverser centuriones ex caliga ein interessantes Licht. Sie erlangten den Zenturionat in der Regel nach 13 bis 20 Dienstjahren. In den Auxilien scheinen 15 bis 20 Dienstjahre bis zur Erlangung des Zenturionats Usus gewesen zu sein157. M. Carantius Macrinus, der seine Laufbahn im Jahr 73 n. Chr. als miles der ersten stadtrömischen Kohorte begann, benötigte 17 Jahre, bis er in eben dieser Einheit centurio wurdelS8. Die Dienstzeit der Zenturionen unterlag keiner zeitlichen Be~chränkung'~~. Sie konnten mehrere Jahrzehnte Dienst leisten. Erinnert sei nur an L. Maximius Gaetulicus, der als Primipil der legio I Italica auf 57 stipendia zurückblicken konnte160, oder an Petronius Fortunatus, der sich nach etwa 50 Dienstjahren ins Privatleben zurückzog161. Neben den Soldaten, die im Laufe ihrer Dienstzeit in höhere Positionen aufrückten, stand die große Masse der Männer, die als einfacher Soldat aus dem Heer ausschieden. Nach den Berechnungen von R.W. Davies erreichte etwa 153CILV 896 = ILS 2332 = IA 2774; CIL V1 2601 = ILS 2055; Veget., Epit. rei mil. 2,19; von Domaszewski, Rangordnung 2, vgl. 24; Marichal, Ostraca 68. 88f. 154D.J.Breeze, BJb 174, 1974, 254f. = Breeze - Dobson, Mavors X 20f.; ders., ANRW 2,1, 1974, 438. 155D.J.Breeze, BJb 174, 1974, 256 = Breeze - Dobson, Mavors X 22; ders., ANRW 2,1, 1974, 438. lS6CIL V1 1057f., vgl. 31234 p. 3777 p. 4320 (1058 = ILS 2157); D.J. Breeze, BJb 174, 1974, 262f. = Breeze - Dobson, Mavors X 28f.; ders., ANRW 2,1, 1974, 440f. 157D.J.Breeze, BJb 174, 1974, 286 = Breeze - Dobson, Mavors X 52; ders., ANRW 2,1, 1974, 447. 158CILXI1 2602; M.A. Speidel, Carrihre 371ff. 159E.Birley, Überlegungen 5. 160AE 1985,735 = ILNovae 27 (184 n. Chr.). 161Siehe oben p. 28ff.

+

+

jeder fünfte im Laufe seiner Dienstzeit die Stellung eines immunis oder eines principal~s'~~. Zudem gelang es einem kleinen Teil der in den Legionen und Auxilien dienenden Soldaten, in eine angesehenere Formation versetzt zu werden. Allerdings setzte die Aufnahme eines Legionärs in die Prätorianergarde in der Regel 15 oder 16 stipendia voraus163. Der Alltag des einfachen Soldaten war neben dem obligaten Training in der Regel mit Reinigungsarbeiten, der Beschaffung und Fertigung von Gütern sowie der Versorgung der der Truppe gehörigen Tiere a ~ s g e f ü l l t ' ~Dies ~ . illustrieren etwa die Rapporte der cohors XX Palmyrenorum aus der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. Hier sind selbst Soldaten, die mit der Besorgung von Brennholz zum Beheizen der Badeanlage, zum Beiholen von fitter und Lebensmitteln und ähnlichem beauftragt waren, eigens aufgeführt165. Ergänzend ist dem Briefwechsel des Tribunen Postumius Aurelianus aus dem Jahr 216 n. Chr. zu entnehmen, daß vorübergehend 28 Soldaten der Einheit zum Dienst beim procurator Augusti abkommandiert waren'66.

1.6

Zivile Bedienstete

Neben regulären Soldaten beschäftigte das Heer regelmäßig eine Anzahl von Zivilisten gegen Entgeld ( s a l a r i a r ~ i ) ' ~Dabei ~ . handelte es sich in der Regel um Spezialisten. So sind unter den Militärärzten wiederholt auf Honorarbasis tätige Mediziner a n z ~ t r e f f e n ' ~Die ~ . legio XI Claudia verfügte zeitweise über einen auf Gehaltsbasis für sie tätigen a r c h i t e c t ~ s ' ~In ~ . Brigetio fassen wir zwei salariarii der dort stationierten legio I adiutrix; einer von ihnen nennt sich interprex(!) D a c o r ~ m ' ~Er ~ . dürfte nicht nur für die Legion, sondern auch für das Statthalterofficium gedolmetscht haben17'. Zur Gruppe der 162ANRW2,1, 1974, 334 = ders., Service 68. 163D.J.Breeze, BJb 174, 1974, 273; ders., ANRW 2,1, 1974, 443f. ls4R.W. Davies, ANRW 2,1, 1974, 303ff. = ders., Service 34ff. ls5P.Dura 100-101 = Fink 1-2; vgl. R.W. Davies, ANRW 2,1, 1974, 308 = ders., Service 44. ls6P.Dura 66 = Fink 89 Nr. 4 = ChLA V1 321 D. 16'Vgl. von Domaszewski, Rangordnung 77 mit Anm. 11. 16'Siehe unten p. 79ff. 169AE1936,12 = CIMRM I1 2314 mit 2313 und Fig. 641. lrOAE1947,35 = RIU 59; derselbe ist CIL I11 10988 = RIU 422 bezeugt; weiterer salan'arius: CIL I11 11011 = RIU 475. 171Vgl. T . Nagy, ActaArch 28, 1976, 81ff.; M.P. Speidel, Tyche 2, 1987, 196 = ders., Mavors V111 76. - Zumindest in den pannonischen Provinzen gehörten als interpretes

salariarii gehört auch der hydraularius T. Aelius Iustus, der in Aquincum bei der legio I1 adiutrix wirkte17'. Auch in den militärischen fabricae fanden Zivilisten als Handwerker Arbeit173. Da die salariarii Tätigkeiten ausübten, die denen der immunes entsprachen, ist anzunehmen, daß sie, zumal sie keine regulären Soldaten waren, ebenso wie die immunes keine schweren Arbeiten verrichten m ~ ß t e n ' ~ ~ . Salariarii fanden nicht nur bei den Legionen Verwendung, wie eine in Apamea aufgefundene Grabinschrift beweist: D(is) M(anibus) Aur(e1ius) SUTUSsalariarius al< U> e Ulp(iae) con(tariorum) fecit in salario an(nos) X X vixit an(nos) XLV natus d(omo) Bautalia. Aur(e1ius) Crescintinus et Semp(ronius) Avitus heredes b(ene) m(erenti) p o s ( ~ e r u n t ) ' ~Die ~ . Inschrift zeigt zugleich, daß Zivilangestellte über Jahre hinweg im Dienst des Heeres bzw. ein und derselben Einheit stehen konnten. Was das römische Heer veranlaßte, Zivilisten zu bediensten, läßt sich nur vermuten. Ein Motiv wird Mangel an Fachkräften unter den regulären Soldaten oder nur zeitweiser bzw. temporär erhöhter Bedarf an bestimmten Spezialisten gewesen sein. Möglicherweise spielten gleichermaßen finanzielle Erwägungen eine Rolle. Für einen auf Honorarbasis tätigen Mann entfielen die an die Soldaten neben ihrem Sold bei verschiedenen Anlässen zu zahlenden praemia wie die einem Veteranen üblicherweise gewährten Privilegien. Ein salariarius kam somit auf Dauer gesehen billiger zu stehen als ein regulärer S01dat'~~. tätige Soldaten zum Personal des Statthalterofficiums: CIL I11 10505. 1434g5; in der Provinz Moesia superior vielleicht ebenso: CIL I11 14507 = IMS I1 53; von Domaszewski, Rangordnung 37. 47f. lT2CIL I11 10501; H. von Petrikovits, in: Legio V11 gemina 242 = ders., Beiträge I 534; ders., in: Roman Frontier Studies 1979, 1031f. = ders., Beiträge I1 78. Die Frau von Aelius Iustus trat ebenfalls als Wasserorgelspielerin und zudem als Sängerin auf (CIL I11 10507). Zu den beim Militär beschäftigten Zivilisten sind wohl auch der CIL XI11 ) vielleicht der AE 1992,1263 8639 belegte ursarius leg(ionis) XXX U(1piae) ~ ( i c t r i s und bezeugte [salar?]iarius zu rechnen. 173ChLA X 409 (2.-3. Jh.); Bishop - Coulston, Military Equipment 185; Kissel, Untersuchungen 191. 174VonDomaszewski, Rangordnung 46f. Nr. 73, vgl. 77 Anm. 11 und A. Passerini, DE IV 609 Nr. 87 rechnen den hydraularius T. Aelius Iustus zu den principales bzw. zu den immunes des Heeres. Allerdings gehen beide davon aus, daß Iustus regulärer Soldat war. 175AE1993,1596. lT61nschriften,die salariarii belegen, gehören vielfach in das späte 2. oder in das 3. Jahrhundert, also in eine Zeit, in der die finanziellen Aufwendungen für das Militär besonders hoch waren. Dies ist wohl ein Grund dafür, daß in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts Kombattanten als salarati (= salariarii) ins Heer aufgenommen wurden; P.Oxy. LXI 2951; M.P. Speidel, Tyche 2, 1987, 195ff. = ders., Mavors V111 75ff.

Kapitel 2 Finanzielle Sicherheit 2.1 2.1.1

Einkommen Finanzielle Vorteile

Im Jahr 115 n. Chr. ließ sich Claudius Terentianus, nachdem er sich vergeblich um Aufnahme in eine Legion bemüht hatte, als Flottensoldat werben'. Ebenso wie er dürfte mancher junge Mann den Militärdienst angestrebt haben, da er langfristige Beschäftigung, materielle Sicherheit sowie bei Eignung und persönlichem Einsatz die entsprechenden Aufstiegschancen verhieß. Die finanzielle Attraktivität des Militärdienstes erstreckte sich nicht allein auf den ausgezahlten Sold, vielmehr kam eine ganze Reihe weiterer Einnahmequellen hinzu2. Außerdem waren Soldaten von diversen von Zivilisten zu erbringenden finanziellen Leistungen entbunden. Soldaten genossen während ihrer aktiven Zeit Zollbefreiung3: Alles, was ein Soldat zu seiner Ernährung und zu seinem eigenen Gebrauch mit sich führte, war von der Verzollung ausgenommen. Ebenso waren Gegenstände, die er im Rahmen eines Feldzuges benötigte, nicht zollpflichtig. Diese im Zollgesetz der Provinz Asia (75 V. Chr.) festgeschriebenen Regelungen bestätigte Nero in seinem Reformedikt ausdrücklich4. Die Befreiung galt indes nicht für Waren, mit denen die 'P.Mich. V111 467 = CPL 250 = Daris 6; Pighi, Lettere 33ff. Terentianus schrieb an seinen Vater: m e probavi i n classe ne tib[i] paream a spe amar[a] parpa[tum] (= perpetuo) vagari quasi fugitivom (Z. 16f.). 2Laut Liv. 4,59,11 soll Sold erstmals 406 V. Chr. gezahlt worden sein. 3Grundsätzlich unterlag jeder Reichsangehörige unabhängig von seiner personenrechtlichen Stellung und jeder Fremde, sofern eine Zollstation passiert wurde, der Zollpflicht. 4Zollgesetz der Provinz Asia §§25-26 = H. Engelmann - D. Knibbe, EpAnat 14, 1989, 86ff. 167.

milites Handel trieben: militibus immunitas servaretur, nisi in iis, quae veno exerceren*. Eine Formulierung, die einerseits zeigt, daß Handelsgeschäfte von Soldaten betrieben wurden, anderseits aber hinsichtlich ihrer Auslegung Probleme aufwirft, denn sie sagt nicht aus, ob die ausgesprochene immunitas in erster Linie oder ausschließlich eine Zollbefreiung war, oder ob andere Verkehrssteuern eingeschlossen waren6. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, daß Zollfreiheit für Dinge des direkten persönlichen Gebrauchs ohnedies, wenn auch in einem eng umgrenzten Rahmen, bestand7. Die Privilegierung der Soldaten dürfte somit darin bestanden haben, daß Soldaten Waren über den unmittelbaren persönlichen Bedarf hinaus abgabenfrei über die Zollgrenzen befördern durften, sofern diese nicht zu Handelszwecken mitgeführt wurden8. Die von Nero getroffene Einschränkung der Zollfreiheit der Soldaten findet sich in einem Reskript von Severus und Caracalla wieder; hier heißt es an einen anfragenden Soldaten gerichtet: si qua portoria debere te apparuerit, exsolve9. Gleichzeitig wurde die von Nero verbürgte immunitas von Severus und Caracalla durch die Befreiung des Soldaten vom commissum erweitert1'. Ein Vorrecht, das im Jahr 365 n. Chr. von Valentinian, Valens und Gratian nochmals bestätigt, aber offenbar bald danach zurückgenommen wurdell. In ihren Heimatgemeinden kam Soldaten Befreiung von diversen munera zu, sofern sie sie persönlich und nicht allein ihr Vermögen betrafen. So wa5Tac., Ann. 13,51,1; vgl. Hadrians Reskript bezüglich der Einfuhr von Waren. Demnach mußte von allen Gütern, die zum Gebrauch des Heeres in die Provinz eingeführt werden sollten, für die Zolleinnehmer eine Liste angefertigt werden. Sie sollte die genaue Kontrolle darüber ermöglichen, welche Waren angefordert waren und welche zusätzlich mitgebracht wurden, denn letztere waren zu versteuern (Dig. 39,4,4,1 [Paulus]): De rebus, quas in U S U S advehendas sibi mandant praesides, divus Hadrianus praesidibus scripsit, ut, quotiens quis in U S U S aut eorum, qui provinciis exercitibusve praesunt, aut procumtorum suorum usw sui Causa mittet quendam empturum, signijicet libello manu sua subscripto eumque ad publicanum mittat, ut, si quid amplius quam mandatum est transferet, id munijicum sit; vgl. Dig. 39,4,9,7 (Paulus); A. Müller, Philologus 65, 1906, 295; A.R. Birley, Effects 45f.; H. Engelmann - D. Knibbe, EpAnat 14, 1989, 88; Whittaker, Frontiers 111; Wilmanns, Sanitätsdienst 118 mit Anm. 281; G. Wesch-Klein, Eos 83, 1995, 157. 'Klingenberg, Reformedikt; vgl. Cagnat, Imp6t 122f.; De Laet, Portorium 121; F. Vittinghoff, RE 22,l (1953) 395. CT 11,12,3, eine Konstitution aus dem Jahr 365 n. Chr., die die Immunität der Soldaten erneut bekräftigte, drückt sich klarer aus. Sie spricht allgemein von vectigalia vel cetera eius modi, quae inferri fisco moris est. 'Cagnat, Imp6t 105f.; De Laet, Portorium 428; Klingenberg, Reformedikt 71. 8Klingenberg, Reformedikt 71. 'CI 4,61,3. 'CI 4,61,3: ne ob omissas professiones poena commissi tenerentur. llCT 11,12,3; Klingenberg, Reformedikt 72 mit Anm. 125.

ren Soldaten als rei publicae causa absentes unter anderem davon befreit, ein munizipales Ehrenamt zu versehen, es sei denn, sie wollten es annehmen12: His, qui castris operam per militiam dant, nullum municipale munus iniungi potest13. Ergänzend hierzu bestätigte Caracalla die Befreiung von Medizinern, die als Ärzte auf Zeit im Heer tätig waren, von munizipalen Verpflichtungen14. Vermutlich galten entsprechende Privilegien auch für andere salariarii. Haussöhnen brachte der Militärdienst gewisse Freiheiten ein15. Sie konnten zu Lebzeiten ihres Vaters, der an sich der Eigentümer ihres gesamten Hab und Gutes war, über ihr peculium castrense frei verfügen16, z.B. einen Sklaven kaufen". Das peculium castrense konnte im Einzelfall beträchtliche Vermögenswerte umfassen, denn hierzu zählten neben dem im Kriegsdienst erworbenen Vermögen (vor allem Sold, Donative, Beute, Entla~sungsgeld~~) Erbschaften von ex castris noti, das heißt von Personen, die der Soldat einzig aufgrund seines Militärdienstes kennengelernt hattelg, und Abschiedsgeschenke, die ein Soldat ins Lager mitbrachte. Ferner wurden dem peculium castrense spätestens seit Hadrian Erbschaften zugeschlagen, die ein Haussohn als Soldat von einer vor dem Eintritt ins Heer geehelichten Frau erwarbz0. 12Dig. 4,6,45 (Scaevola): Milites omnes, qui discedere signis sine penculo non possunt, rei publicae causa abesse intelleguntur; ferner Dig. 4,6,35,4 und 9 (Paulus); Dig. 4,6,36 (Ulpianus); Dig. 4,6,41 (Marcellus); Dig. 49,16,1 und 50,4,3,10 (Ulpianus); Dig. 50,4,18,29 (Arcadius Charisius). Den urbaniciani milites bestätigte Antoninus Pius ausdrücklich diesen Status: Dig. 4,6,35,5 (Paulus); vgl. 4,6,7 (Ulpianus). Offiziere galten auf Dauer ihres Dienstes als rei publicae causa absentes; siehe Dig. 4,6,32 (Modestinus); vgl. 4,6,35,7-8 (Paulus) und 4,6,38,1 (Ulpianus); Kaser, Privatrecht I 248. 359; Campbell, Emperor 242 mit Anm. 37. 13Dig. 50,4,3,1 (Ulpianus); Mommsen erwog zur Stelle die Besserung operam dant, per militiam nullum. 14CI 10,53,1; siehe unten p. 80 Anm. 50. ''Der Eintritt ins Heer befreite einen filius familias nicht aus der väterlichen Gewalt; CI 12,36,3 (Severus Alexander; 224 n. Chr.). 16Dig. 14,6,1,3. 14,6,2. 18,1,2pr. 29,2,42,3 (Ulpianus); CI 12,36,2 (Severus Alexander; 224 n. Chr.). Ausführlich zum Eigenvermögen römischer Soldaten, die unter väterlicher Gewalt standen, B. Lehmann, ANRW 2,14, 1982, 183ff.; vgl. Renz, Legal Position bes. 78. 94ff. 147f. 15m. 17Dig. 29,2,42,3 (Ulpianus). lsObwohl der Soldat sein Entlassungsgeld erst beim Abschied erhielt, wurde es dem peculium castrense zugerechnet; B. Lehmann, ANRW 2,14, 1982, 188 mit Anm. 2. 19c1 12,36,1,2 und 4 (Imp. Alexander A. Prisciano; 223 n. Chr.); vgl. Dig. 22,6,9,1 (Paulus); B. Lehmann, ANRW 2,14, 1982, 188ff. 20Dig. 49,17,13 und 16pr. (Papinianus); vgl. Dig. 42,1,6pr. und 18 (Ulpianus); B. Lehmann, ANRW 2,14, 1982, 186. 202ff.; Campbell, Emperor 232f.

n. Chr. die um die Lager liegenden zivilen A n ~ i e d l u n ~ e nNach ~ ~ . dem Fall Cremonas beließen es die siegreichen Truppen Vespasians nicht bei Brandschatzung und Plünderung, sie versklavten auch die gefangengenommenen Einwohner. Als sich keine Käufer fanden, ermordeten sie die W e h r l ~ s e n ~ ~ . Einem derartigem Verhalten konnte von Seiten der Befehlshaber nur bedingt Einhalt geboten werden. Im Jahr 268 n. Chr. fand Postumus den Tod, weil er nach dem Sieg über Laelianus nicht gestattete, Mainz auszuraubenz6. Die genaue Höhe der Bezüge des römischen Soldaten ist seit Jahrzehnten immer wieder Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen2'. Dennoch sind mehr Fragen strittig als endgültig beantwortetz8. Dies liegt daran, daß die Quellen (Papyri, literarische und epigraphische Zeugnisse) kein lückenloses und einheitliches Bild über die Soldaten in den ersten Jahrzehnten des 3. Jahrhunderts zugewendeten Bezüge und Sonderzahlungen vermitteln. Erschwerend tritt besonders bei in griechischer Sprache abgefaßten zeugnissen hinzu. daß die gebrauchten Termini nicht immer eindeutig zu interpretieren sindz9. Auch sind Zeitpunkt und Anzahl der einzelnen Stipendiumerhöhungen bislang nicht völlig geklärt. Trotz dieser Vorbehalte darf man aufgrund der Untersuchungen und Berechnungen von J . Jahn, die von M.A. Speidel teilweise erweitert wurden, von folgendem Schema für das pro Jahr gezahlte Grundstipendium ausgehen (in Se~terzen)~': 24Tac.,Ann. 1,20,1. 25Tac., Hist. 3,34,2. 2 6 A ~ rVict. . 33,8; Eutrop. 9,9,1; Epit. de Caes. 32,4; Oros. 7,22,11; Ioh. Antioch. fr. 152 (= FGrHist. IV p. 598); Eck, Statthalter 98f. 27Genanntseien hier neben Jahn, Soldzahlungen, nur folgende wichtigere Beiträge neueren Datums (alle mit weiterer Literatur und kritischer Reflexion früherer Meinungen): B. Dobson, AncSoc 3, 1972, 193ff. = ders., Mavors X 186ff.; M.P. Speidel, JRS 63, 1973, 141-147; J . Kaimio, Arctos 9, 1975, 39-46; J.-M. Carrie, in: Les devaluations 227ff.; R.P. Duncan-Jones, Chiron 8,1978,541-560; J.H. Jung, ANRW 2,14,1982,914ff. (vor allen1 zu den Verhältnissen in republikanischer Zeit); J. Jahn, ZPE 53, 1983,217-227; M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 87-106; R. Alston, JRS 84, 1994, 113-123. Die folgenden Ausführungen stützen sich in erster Linie auf Jahn, Soldzahlungen und M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 87ff., die sich beide mit der älteren Literatur kritisch auseinandersetzen. Die Ausführungen von Speidel werden von Alston a.a.0. nur bedingt akzeptiert. 28Jahn, Soldzahlungen 58f. 29Zum Problem der Quellenzuverlässigkeit siehe zuletzt R. Alston, JRS 84, 1994, 113ff., bes. 120. 30M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 88 Tab. 1. 93 Tab. 3. 101 Tab. 4. 106 Tab. 7; ders., in: Le Bohec, Hierarchie 299ff.; ders., Schreibtafeln 64 Bild 32; vgl. Jahn, Soldzahlungen 66f. mit Tab. 2. Teilweise andere Zahlen legen Le Bohec, L'armee 226f. = ders., Armee 242 und R. Alston, JRS 84, 1994, 115 vor. So nimmt etwa R. Alston, ebd. 115 an, der Jahressold des Legionärs habe von Septimius Severus bis Diokletian 450, 675 und schließlich 1.350

Aug. Domit. Sept. Sev Rang 3.000 4.000 8.000 mil. praet. 1.500 2.000 mil. urb. 4.000 1.200 2.400 mil. leg., coh. c.R. 900 750 1.000 mil. coh. 2.000 1.050 1.400 2.800 eq. leg. 1.050 1.400 2.800 eq. alae 900 1.200 eq. coh. 2.400

Carac. Max. Thr. 12.000 24.000 6.000 12.000 3.600 7.200 3.000 6.000 4.200 8.400 4.200 8.400 3.600 7.200

Vom Sold wurde zumindest im späteren 2. und im 3. Jahrhundert ein Prozent einbehalten. Für welchen Zweck dieser Betrag verwendet wurde, harrt der Klärung3'. Die Basis für die Berechnung des Soldes bildete vom 1. bis ins späte 3. Jahrhundert der S e ~ t e r z ~Erst ~ . unter Diokletian wurde auf Berechnung in Denaren und Auszahlung in Folles u m g e ~ t e l l t ~Ausge~. zahlt bzw. abgerechnet wurde das stipendium bis ins 4. Jahrhundert hinein nachweislich anteilig drei Mal pro Jahr, nämlich am 1. Januar, 1. Mai ~ . den ausgezahlten Sold wurde genau Buch und am 1. S e ~ t e m b e r ~Über geführt. Anfänglich wurde pro Soldat für ein Rechnungsjahr eine 'Gehaltsliste' geführt. Spätestens seit severischer Zeit erfolgte die Rechnungslegung für jede stipendium-Auszahlung mittels G e ~ a m t l i s t e n ~Ein ~ . differenziertes Verfahren für die Auszahlung der Löhnung belegen für die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts einige Papyri aus Dura-Europos. Sie lassen, wie R.W. Davies herausarbeitete, ein zweigeteiltes Verfahren erkennen: 1.) Anforderung und Beischaffung der am 'Zahltag' voraussichtlich benötigten Summe (opinio) durch eine Abordnung von Soldaten. 2.) Verwendungsnachweis (ratio) über den tatsächlich ausgegebenen Gesamtbetrag, d.h. die den Soldaten geleisteten ~ t i ~ e n d i a ~ ~ . Denare betragen. - Über den Sold der Flottensoldaten ist nichts weiter bekannt; siehe Kienast, Kriegsflotten 61 Anm. 46b. 31M.P. Speidel, JRS 63, 1973, 144 = ders., Mavors I 86; Jahn, Soldzahlungen 63f. mit Anm. 36; vgl. M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 93; Jahn a.a.0. möchte weniger an eine von der Finanzverwaltung einbehaltene Einkommensteuer als an einen Abzug zugunsten eines alle Soldaten betreffenden Zweckes oder einer allen zuteil werdenden Leistung denken. 32 Jahn, Soldzahlungen 65. 71. 33 Jahn, Soldzahlungen 71. 34Jahn, Soldzahlungen 60. 66. Vorschußzahlungen waren möglich (etwa bei längerer Abwesenheit eines Soldaten); M.A. Speidel, Schreibtafeln 94ff. Nr. 2. 35Siehe CPL 122 + 123 = Fink 70 p. 256 = ChLA X 410 (= Daris 35, unvollständig); M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 97. 36Historia 16, 1967, 115ff. - Die Buchführung des römischen Heeres war offenbar auf allen Ebenen und in allen Bereichen gut organisiert; vgl. das von Augustus hinterlassene

+

Gemäß vorstehender Tabelle erhöhte Domitian den Sold gegenüber Augustus um 33 1 1 3 % ~ Die ~ . nächste Anhebung erfolgte 197 n. Chr. durch Septimius Severus3'. Er stockte die Löhnung um 100% auf. Caracalla erhöhte den Sold erneut um 50%. Macrin nahm die Erhöhung zum Teil zurück, was zu seinem Sturz beitrug3'. Daher wird Elagabal den Sold wieder voll ausgezahlt haben. Maximinus Thrax hob die Bezüge nochmals um 100% an40. Nach Maximinus Thrax wurde der Sold nicht mehr erhöht. Einen Ausgleich bildeten die kostenlose Abgabe von Naturalien, die vom späteren 2. Jahrhundert an allmählich Usus wurde, Kleiderspenden und höhere Donative41. Breviarium (Tac., Ann. 1,11,4; Suet., Aug. 101,4; Dio 56,33,2) und HA, AS 21,6-8. Laut dem unbekannten Autor der HA vertiefte sich Severus Alexander sooft wie möglich in entsprechende Listen; vgl. Amm. 18,5,lf. Zur Militärbuchhaltung siehe etwa G.R. Watson, JRS 42, 1952, 56ff.; dens., ANRW 2,1, 1974, 493ff. 37Vgl. Suet., Domit. 7,3; G.R. Watson, Historia 5, 1956, 332ff. 38Herod. 3,8,5; HA, S 12,2. Seit A. von Domaszewski, NHJ 10, 1900, 230 = ders., Aufsätze 222 ging man davon aus, dai? auch unter Commodus eine Solderhöhung erfolgte. Dies konnte A. Passerini, Athenaeum 24, 1946, 145ff. widerlegen. 39Herod. 4,4,7; Dio 79,12,7; 79,28,24; 79,36,1-5; vgl. 79,32,1-33,l. 40Herod. 6,8,8; Jahn, Soldzahlungen 67. 71; M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 100; vgl. dagegen R. Alston, JRS 84, 1994, 115. - Zum Geldwert unter den Severern: Th. Pekhy, Historia 8, 1959, 455ff.; Duncan-Jones, Money 25ff.; Beyer, Geldpolitik, bes. 124f. 41M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 98; Uniform-, Schuhspenden: HA, AS 40,5. - Für eine umfassende Diskussion der Heeresversorgung ist hier nicht der Ort. Grundsätzlich ist festzuhalten: 1.) Der Ausdruck annona militaris ist in der Forschung für unterschiedliche Sachverhalte gebräuchlich, das heißt sowohl für die Versorgung von Mensch und Tier mit Naturalien wie für eine (angebliche) Zwangsabgabe bzw. Steuer, durch welche die Naturalleistungen seit Septimius Severus finanziert worden sein sollen. 2.) Die Versorgung der Soldaten mit Naturalien wird heute nicht mehr als severische Institution angesehen; Remesal Rodriguez, Heeresversorgung, bes. 68ff. 78f.; ders., in: Akten des 14. Internat. Limeskongresses 55ff. weist nach, daß ein durchorganisiertes Versorgungssystem für das römische Heer seit der frühen Kaiserzeit existierte. Es unterlag einer zunehmenden 'Verstaatlichung', die unter Septimius Severus mit der Übernahme der vectura durch staatliche Behörden zum Abschiuß kam (von Severus Alexander wieder Privatleuten überlassen). An der Spitze des Versorgungssystems stand der pmefectus annonae und innerhalb der Provinzen die einzelnen procumtores Augusti. 3.) Unberührt von dem Vorhandensein eines gut strukturierten Versorgungssystems bleibt die Fkage nach der Einführung der kostenlosen Ausgabe von Getreide und anderen Naturalien an die Soldaten; van Berchem, L'annone 146ff. 199ff.; ders., in: Armks et fiscalite dans le monde antique. Colloques Nationaux du C.N.R.S. 936. Paris 1976 (Paris 1977) 331ff.; vgl. neben anderen A. Mocsy, Germania 44, 1966, 312ff. = ders., Mavors V11 106ff. (mit Nachtrag von B. Lorincz); D. Hagedorn, ZPE 1, 1967, 133ff.; H.-J. Horstkotte, Die Theorie vom spätrömischen Zwangsstaat und das Problem der Steuerhaftung. Beiträge zur Klassischen Philologie 185 (Königstein 21988). - Das Vorrecht des kostenlosen Empfangs von Getreide kam den Prätorianern bereits seit Nero zu (Suet., Nero 10,l; vgl. Tac., Ann. 15,72,1); van Berchem, L'annone 127; Durry, Cohortes 269; dens., RE 22,2 (1954) 1629. 4.) Der Klärung harrt, inwieweit Soldaten die

Bei den angeführten Werten handelt es sich jeweils um das Grundstipendium. Ein sesquiplicarius oder ein duplicarius erhielten die eineinhalb- bzw. zweifache Löhnung. Für die Differenz zwischen dem Sold eines gewöhnlichen Auxiliarsoldaten und eines einfachen Legionssoldaten gilt als Faustregel das Verhältnis von 5:642. Dagegen wurden Legions- und Alenreiter gleich besoldet43,während Kohortenreiter weniger erhielten44. Für die Zeit nach der Solderhöhung durch Maximinus Thrax wurden folgende (hypothetische) Jahresstipendia errechnet: Legionär 7.200, centurio legionis 108.000 (15faches der Grundeinheit), centurio primi ordinis 216.000 (30faches der Grundeinheit), primus pilus 432.000 Sesterzen (60faches der Gr~ndeinheit)~ Für ~ . die Zahlungen unter Septimius Severus bzw. seit Caracalla bis Maximinus Thrax ist dagegen von folgenden Werten auszugehen: centurio legionis 36.000 (seit Caracalla: 54.000), centurio primi ordinis 72.000 (seit Caracalla: 108.000), primuspilus 144.000 bzw. 216.000, centurio der Prätorianergarde und der stadtrömischen Kohorten wohl 60.000 (seit Caracalla 120.000?) S e s t e r ~ e n Das ~ ~ . Einkommen der Zenturionen und erst recht der Primipile mag unverhältnismäßig hoch gegenüber dem des einfachen Soldaten erscheinen. Die Respektierung des gradus dignitatis innerhalb des römischen Heeres schlug sich selbstverständlich in den Einkünften nieder. Im Verhältnis zu den Einkommen ritterlicher Prokuratoren, die 60.000, 100.000, 200.000 oder seit Marc Aurel sogar 300.000 Sesterzen Jahresgehalt bezogen, oder zu dem Spitzengehalt eines Prokonsuls von Afrika und von Asia, der immerhin eine Million Sesterzen pro Jahr erhielt4', liegen die Einkommen der Zenturionenränge deutlich tiefer. Sie zeigen aber auch, daß sich diese Personengruppe, vergleicht man ihr Einkommen mit dem eines sexagenaren Prokurators, finanziell sehr gut stellte. Schließlich ist nicht zu vergessen, daß Absolventen der militia equestris vermutlich nicht oder kaum mehr als die Zenturionen erhielten. Zwar ist nicht bekannt, wie sie besoldet wurden, gelieferten Lebensmittel bezahlen mußten; hier ist von wiederholten Änderungen im Laufe der Kaiserzeit auszugehen. Außerdem ist zu bedenken, daß die Truppen einen Teil ihres Bedarfs durch Selbstversorgung (Jagd, Fischfang und Haustierhaltung) deckten; Remesal Rodriguez, Heeresversorgung 68. 42Jahn,Soldzahlungen 62ff., bes. 65; M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 89. 98ff. 43Hierfür spricht auch der bisweilen zu konstatierende Wechsel von Legionsreitern in p. 1693 = ILS 305; AE eine Ala; P.Oxy. XIV 1666 = Daris 8; vgl. CIL V111 2354 1969-70,583 und 661; M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 92f. 96f. 99f. 44Hierauf deutet CIL V111 2532 p. 954 18042 = ILS 2487, Frag. Aa hin. 45Soldzahlungen 70 mit Tab. 3; M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 102, Tab. 5. 46M.A.Speidel, JRS 82, 1992, 102, Tab. 5 sowie ders., in: Le Bohec, Hierarchie 308. 47Dio 79,22,5. - Zu den Bezügen von Rittern und Senatoren siehe H.-G. Pflaum, in: Les dkvaluations 311ff.; G. Alföldy, Chiron 11, 1981, 183ff. = ders., Gesellschaft 176ff.

+

+

+

doch erhellt sich ihr Einkommen daraus, daß auf die dritte Stufe der militia equestris eine sexagenare Prokuratur folgte, während einen ehemaligen primus pilus eine centenare Prokuratur erwartete48. Dafür, daß ein Absolvent der militia prima nicht mehr, aber auch nur geringfügig weniger als ein Legionszenturio erhielt, spricht auch die Promotion von Kohortenpräfekten zu Legionszenturionen wie der Entschluß einiger equites Romani, als Zenturionen ins Heer einzutreten4'. Ebenso ist anzunehmen, daß die tribuni militum angusticlavii nicht besser entlohnt wurden als die Zenturionen. Es ist somit sicher richtig, für einen Kohortenpräfekten (oder einen tribunus cohortis voluntariorum civium Romanorum = erste Stufe der militia equestris) wie für einen ritterlichen Legionstribunen (oder einen tribunus cohortis milliariae = zweite Stufe der militia equestris) dem Sold der Zenturionen entsprechende Bezüge v o r a u s z ~ s e t z e n ~Für ~ . die Zeit nach der Solderhöhung durch Caracalla scheint sich das Jahresgehalt der Militärtribunen (= 2. Stufe der militia equestris) auf 50.000, also auf 4.000 Sesterzen weniger als das eines centurio primi ordinis, belaufen zu haben51. Hiervon ausgehend scheint es plausibel, daß ein Absolvent der militia tertia etwa soviel wie ein centurio primi ordinis erhielt. Anderseits erhielt er fraglos weniger als ein primus pilus, dem seit Septimius Severus 144.000 und nach der Solderhöhung durch Caracalla 216.000 Sesterzen zustanden52. Das salarium der Legionslegaten dürfte unter Septimius Severus oder Caracalla ebenfalls erhöht worden sein; jedenfalls verdienten einzelne Legionslegaten seit der Severerzeit erheblich mehr als 200.000 Sesterzen pro Jahr53. 48B. Dobson, AncSoc 3, 1972, 196 = ders., Mavors X 189; vgl. Pflaum, Procurateurs 216ff. 49Demougin, L'ordre 386ff.; siehe oben p. 23f. SoSiehe B. Dobson, AncSoc 3, 1972, 200 = ders., Mavors X 193, der allerdings etwas andere Zahlen als die vorstehend genannten für das jeweilige Einkommen der Zenturionen zugrundelegt; H. Devijver, in: T. Hackens - P. Marchetti, Histoire economique de l7Antiquit6 (Louvain-la-Neuve 1987) 120 = ders., Mavors V1 409; M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 103. 51B. Dobson, AncSoc 3, 1972, 196. 200f.; G. Alföldy, Chiron 11, 1981, 185 = ders., Gesellschaft 178; Devijver a.a.0. 119f. = ders., Mavors V1 408f.; M.A. Speidel, JRS 82, 1992, 103; Grundlage für die Berechnung bildet CIL XI11 3162; vgl. de? Kommentar von H.-G. Pflaum, Le Marbre de Thorigny. Bibl. de 1'Ecole des Hautes Etudes 292 (Paris 1948) bes. 27. Nach dieser Inschrift erhielt ein tribunus sexmenstris um 220 n. Chr. 25.000 Sesterzen. Die Summe dürfte der Hälfte des Einkommens eines praefectus cohortis entsprochen haben. - Zu den tribuni sexmenstres siehe Le Bohec, Troisieme lkgion 122. 52B. Dobson, AncSoc 3, 1972, 203 = ders., Mavors X 196, dachte an ein Salär für einen Alenpräfekten in Höhe von 100.000 bzw. seit Caracalla von 150.000 Sesterzen. 53Hierfür spricht die Beförderung des ehemaligen praefectus annonae T . Messius Extricatus, eines Parteigängers von Septimius Severus, zum Legionslegaten: CIL V1 41190f. (=

Ein gesetzlich verankerter und somit einklagbarer Anspruch auf Auszahlung des stipendium bestand nicht; gegebenenfalls waren Unruhestiftung und Meuterei die einzigen Mittel, die Soldaten hatten, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Offiziere konnten ihr salarium auf dem Wege der cognitio extra ordinem einklagen54. Ob sie diesen Weg freilich beschritten oder aus politischem Kalkül lieber auf ausstehende Bezüge verzichteten, ist eine andere Rage.

2.2 2.2.1

Sonderzuwendungen Donativa

Die in der Kaiserzeit immer wieder belegte Austeilung eines d o n ~ t i v u m ~ ~ , sei es an das gesamte Heer, sei es an einzelne Heeresteile, gründet in der Vorgehensweise von Augustus und seinen Nachfolgern. Auch die Ambivalenz der Donativzahlungen drückt sich bereits in der Handlungsweise des ersten Prinzeps aus. Wie ein Patron hinterließ er den Soldaten pro Kopf eine ansehnliche Summe. Zugleich halfen diese Beträge seinem Nachfolger, sich die Loyalität der Soldaten und Prätorianer zu sichern. Augustus hatte für jeden Prätorianer 250, für jeden miles der cohortes urbanae 125 und für jeden Legionär bzw. die Soldaten der cohortes civium Romanorum 75 Denare ausgesetzt56. Tiberius verdoppelte die vorgesehenen Beträge aus eigener Tasche5'. Bei seinem Tod hinterließ Tiberius wiederum die gleichen Summen für die Soldaten wie zuvor Augustus. Sein Nachfolger Caligula fügte bei der Auszahlung für die Prätorianer nochmals 250 Denare hinzu58. Die Gewährung eines Donativs bei Regierungsantritt blieb in der Folgezeit Usus.

+

3839 a-b = 31776 a-b 3861 = 31875 mit p. 7738) = ILS 1329; M. Cebeillac-Gervasoni, PP 34, 1979, 267ff.; G. Alföldy, Chiron 11, 1981, 187 = ders., Gesellschaft 180; Pflaum, Carrihres Suppl. 72ff. Nr. 293; PIR2 M 518. 54M. Kaser, Zivilprozeßrecht 456; ders., Privatrecht I 474f.; J.H. Jung, ANRW 14,2, 1982,918. 55Griechisch1x1600~~ oder 6opeoi; im Lateinischen findet sich als Terminus technicus vereinzelt auch congiarium anstatt donativum; siehe CIL V111 2532 18042 p. 954 = ILS 2487 + 9133-35a; 0.Flor. 6; Jahn, Soldzahlungen 54f. Anm. 7. - Zu Donativen siehe vor allem H.O. Fiebiger, RE 5,2 (1905) 1542ff.;Watson, Soldier 108ff.;Jahn, Soldzahlungen 54f. 56Suet.,Aug. 101,2; Tac., Ann. 1,8,2; Dio 56,32,2. 57,5,3 und 6,4; Kraft, Rekrutierung 82ff.; P.A. Brunt, ZPE 134, 1974, 181f. 57Suet.,Tib. 48,2. 58Dio59,2,1 und 2,3.

+

+

traordinarium, das der Militärtribun Iunius Maximus 166 n. Chr. anläßlich der Überbringung der Nachricht vom Sieg der von Avidius Cassius geführten Truppen gegen die Parther in Rom erhielt. Dies ist der erste Beleg dafür, daß einem römischen Offizier aufgrund kriegerischer Verdienste ein als Donativ bezeichnetes Geldgeschenk zuteil wurde'j7. Um die Wende vom 2. zum 3. Jahrhundert scheint nicht nur in der Umgangssprache, sondern auch im offiziellen Sprachgebrauch die Gleichsetzung der ursprünglich verschiedenes bezeichnenden Begriffe donativum (bzw. congiarium) und liberalitas abgeschlossen gewesen zu sein6'. Gerade aus der Zeit der Severer sind mehrere Inschriften erhalten, die namhafte Zuwendungen an Soldaten bezeugen. Die Soldaten der in Lambaesis stationierten legio I11 Augusta erwähnen auf Inschriften wiederholt die largissimae liberalitates und die largissima stipendia, die ihnen dank Septimius Severus zuteil wurden69. Desgleichen bedankte sich die cohors V Lingonum bei Caracalla für die Bereicherung durch liberal~tates~~. Die ala I Hispanorum Campagonum Antoniniana ehrte ebenfalls einen unbekannten Augustus (wohl Caracalla) indulgentiis eius aucta liberalit[at]ibusque ditata71. Die ala Frontoniana Alexandriana zeigte sich gegenüber Severus Alexander aus dem gleichen Grund zutiefst dankbar72. Regelmäßige, das heißt jährliche Donativzahlungen nahmen ihren Anfang unter Kaiser Claudius (zunächst allerdings allein für die Prätorianer). Er beschenkte die Prätorianer von 42 n. Chr. an jedes Jahr anläßlich seines dies imperii mit 25 Denaren73. Die Donativzahlungen erfolgten offensichtlich in der Kaiserzeit niemals proportional, sondern stets unabhängig von der Höhe des Soldes der E m ~ f ä n g e r Hinsichtlich ~~. der Höhe des Betrages wurde zwi'j7G. Alföldy (U. H. Halfmann), ZPE 35, 1979, 195ff., bes. 200. 207f. = ders., Mavors I11 203, bes. 208. 215f. 68A.U. Stylow, Libertas und Liberalitas. Untersuchungen zur innenpolitischen Propaganda der Römer (Diss. München 1972) 65 mit Verweis auf einen As (205-207 n. Chr.), der zu der Legende LIBERALITAS AVGG Septimius Severus und Caracalla, hinter beiden einen Offizier und vor ihnen einen eine Spende entgegennehmenden Soldaten zeigt (BMC V p. 346 Nr. 846*). 69CIL V111 2553 P. 954 18047 AE 1906,9 = ILS 2438; CIL V111 2554 + p. 954 + 18048 = ILS 2445; CIL V111 18070 (= 2552); AE 1898,108f. = ILS 9100; AE 1899,60 = ILS 9099, vgl. AE 1895,204; Murphy, Septimius Severus 76f. 'OE. Toth, Porolissum. Das Castellum in Moigrad. Ausgrabungen von A. Radnoti 1943. RkgFüz 11.19 (Budapest 1978) 22ff. Nr. 10 = AE 1958,231. %IL I11 1378. 72CIL I11 797; zur Datierung siehe PIR2 I 12; Thomasson, Laterculi 158 Nr. 58; Piso, Fasti 192ff. Nr. 42. 73Dio 60,12,4. 74Jahn, Soldzahlungen 54; anders etwa von Domaszewski, Rangordnung 111.

+

+

+

schen Soldaten und Prätorianern differenziert (bisweilen gab es noch eine mittlere Gruppe, stadtrömische Kohorten und vigile^)^^. Berechnungsbasis für Donative war ursprünglich der Aureus (zu 25 Denaren), seit 294 n. Chr. trat der Follis (zu 12,5 Denaren) an seine Stelle76. Ausgenommen von Donativzahlungen waren ursprünglich die nicht über das Bürgerrecht verfügenden Auxiliar~oldaten'~.Seit wann auch sie mit Donativen bedacht wurden, ist unbekannt. Möglich erscheint, daß sie um die Mitte des 2. Jahrhunderts in die Donativzahlungen einbezogen waren78. Die Höhe der den Soldaten teilweise testamentarisch als Donative zugewandten Summen dürfte sich an der Höhe der den römischen Bürgern zugedachten congiaria orientiert haben79. Nach dem Vorbild des Augustus bzw. Tiberius dürften sie sich zunächst auf 75 Denare (300 Sesterzen) belaufen haben und bis in severische Zeit auf maximal 250 Denare (1000 Sesterzen) angestiegen seins0. Die Entwicklung des Donativs zum regulären Bestandteil des Soldateneinkommens war um 300 n. Chr. weitgehend abgeschlossens1. Für das ausgehende 3. wie für das 4. Jahrhundert ist vorauszusetzen, daß bei Regierungsund Konsulatsantritt, am dies imperii und am Geburtstag des Herrschers, Donative gezahlt wurden und zwar an alle Soldaten, also auch an diejenigen, die in Auxiliarformationen dienten. Unter Diokletian erhielt ein praepositus der equites promoti der legio I1 Traiana anläßlich des dies imperii und des dies natalis jeweils ein Donativ in Höhe von 2.500 Denarens2. Unter Konstantin empfing ein praepositus einer unbekannten Einheit ebenfalls 2.500 Denare bei Wiederkehr des dies imperiis3. Im Gegensatz zur früheren Praxis wurden die Geldzahlungen nunmehr entsprechend dem Rang der Empfänger gestaffelt. So wurden beispielsweise die lancearii der legio I1 Traiana wie die equites sagittarii zum dies im75Watson, Soldier 108ff.; Jahn, Soldzahlungen 54. 76Jahn, Soldzahlungen 56. 58. 77Dio 59,2,3. 78Bagnall, Florida Ostraka 20f. 7gJahn, Soldzahlungen 54; vgl. Duncan-Jones, Money 248ff. "75 Denare: RGDA 15; Plut., Ant. 16,2 (pro Bürger; Caesar); Suet., Aug. 101,2; Tac., Ann. 1,8,2; Dio 56,32,2 (für Soldaten; Augustus); Dio 59,2,3 (125 Denare für Soldaten in Rom, 75 für Soldaten in den Provinzen; Tiberius); Vidman, F.O. a. 37 (zwei congiaria); Vidman, F.O. a. 84 (congiarium); 100 Denare: Vidman, F.O. a. 145 (congiarium); vgl. HA, AP 10,2; 200 Denare: HA, Dd. 2,l (für Soldaten; fiktive Rede Macrins); 250 Denare: Dio 46,46,7 (für Soldaten; Septimius Severus); Dio 77,1,1 (für Prätorianer; Septimius Severus); vgl. Dio 80,9,lf. slP.Panop. 2; Jahn, Soldzahlungen 55. 82P.Panop. 2. 8 3 P . 0 ~ yV11 . 1047 mit BL 7 p. 134 (nach 324 n. Chr.).

Zeit ihren ursprünglich hohen ideellen Wert teilweise eingebüßt87. Zudem war zu Beginn des 3. Jahrhunderts aus dem römischen Heer längst ein Berufsheer geworden, in dem der einzelne Soldat seine Stellung in erster Linie nach seiner Dienststellung und seinem Sold bemaß. Es lag somit nahe, diesen Bedürfnissen entgegenzukommen und herausragende Leistungen im Feld nicht mehr mit ehrenvollen Auszeichnungen, sondern mit realen Werten adäquat zu e n t l ~ h n e n ~Zudem ~. klaffte die Schere zwischen Verwaltungsdienst und kämpfender Truppe im Laufe der Zeit immer weiter auseinander. An die Verleihung der für Tapferkeit im Felde vorgesehenen dona militaria war für hervorragende Leistungen von Nichtkombattanten im Prinzip nicht zu denkensg. Wollte man diese Männer für ihre Verdienste auszeichnen, mußten andere Wege beschritten werden. Auch unter diesem Aspekt betrachtet ist es verständlich, wenn unter Caracalla handfeste Werte, Geldzahlungen und Beförderungen, an die Stelle der alten dona militaria trateng0. Unter der Alleinregierung von Caracalla ist die Auszeichnung des T. Aurelius Flavinus durch Geld und Beförderung aufgrund besonderer Verdienste belegtg1: A Divo Magno Antonino Aug(usto) HS L milia n. et XXV (milia n.) Neuerung in Form einer corona aurea civica eingeführt haben. Jedenfalls wurde C. Didius Iulianus, den seine militärische Laufbahn bis zum primus pilus hinauf führte, Divis Severo et Magno Antonino coron(a) aurea civica et (h)asta pura argent(ea) ausgezeichnet; AE 1900,95; vgl. P. Steiner, BJb 114-115, 1906, 43; von Domaszewski, Rangordnung 69 und Dobson, ebd. XVIII; Maxfield, Decorations 71f. 87Zunächstlag der zentrale Effekt der dona militaria in der persönlichen Statuserhöhung (auch auf zivilem Sektor) aufgrund militärischer Leistungen; J. Rüpke, Domi militiae. Die religiöse Konstruktion des Krieges in Rom (Stuttgart 1990) 205f. 88G. Alfoldy (und H. Halfmann), ZPE 35, 1979, 207f. = ders., Mavors I11 215f. wiesen zu Recht darauf hin, daß Soldaten bis auf Caracalla Donative normalerweise nur im Frieden aufgrund herausragender Ereignisse arn kaiserlichen Hof oder als Belohnung für ihre Loyalität, bzw. um diese zu stärken, empfingen. 89Dona-Verleihungen an 'Nichtkombattanten' sind im Ausnahmefall und nur in ganz geringer Zahl belegt, siehe P. Steiner, BJb 114-115, 1906, 92 Anm. 4. gOBeförderungenwaren, soweit sich den Inschriften entnehmen läßt, in den ersten zwei Jahrhunderten nicht an den Erhalt von dona militaria gekoppelt. Allerdings existieren Beispiele aus republikanischer Zeit: CIL 12 709 = ILS 8888 = FIRA 12 Nr. 17 = ILLRP 515; Marquardt, Staatsverwaltung I1 773f.; P. Steiner, BJb 114-115, 1906, 92 mit Anm. 3 (mit den Quellen); von Domaszewski, Rangordnung 69f.; A. Büttner, BJb 157, 1957, 173 Anm. 209; G . Alföldy (und H . Halfmann), ZPE 35,1979,208 mit Anm. 39 = ders., Mavors I11 216 mit Anm. 39; Maxfield, Decorations 64. 116. 249; H. Wolff, in: Heer und Integrationspolitik 46. - Bereits Varro (Ling. lat. 5,90) definiert die duplicarii folgendermaßen: duplicarii dicti quibus ob virtutem duplicia cibaria ut darentur institutum. Virtus war also um die Mitte des letzten vorchristlichen Jahrhunderts für den Erhalt doppelten Soldes ebenso die Voraussetzung wie für die Auszeichnung mit dona militaria. 91CIL I11 14416 = ILS 7178 = ILBulg. 18 (gesetzt unter Severus Alexander oder Elagabal); vgl. D. Tudor, Latomus 19,1960,350ff.; AE 1961,208; B. Gerov, in: Acta of the Fifth

[et] gradum promotionis [ob] alacritatem virtu[tis advlersus hostes ...92. Der Text der Inschrift ist sicherlich so zu verstehen, daß Flavinus nicht nur einmal, sondern zweimal eine Geldprämie erhielt, einmal in Höhe von 50.000 und das andere Mal von 25.000 Sesterzeng3. Überdies wurde ihm eine Beförderung zuteil. Die genannten praemia sind schon in Hinblick auf ihre Höhe nicht mit den sonst Soldaten zugedachten Geldgeschenken zu vergleichen, sie sind vielmehr als eine besondere Form der Belohnung für ausgezeichnete Leistungen zu verstehen.

2.4

Ersparnisse

Die finanziellen Rücklagen, die ein Soldat im Lager bei der Tkuppenkasse bilden konnte, gliedern sich in depositum, sepositum und viaticum. Unter den seposita sind im Gegensatz zu den deposita Pflichteinlagen zu verstehen, über die der Soldat nicht frei verfügen konnte. Offenbar sollten diese Beträge zurückgehalten werden, um dem Soldaten bei seinem Ausscheiden als Starthilfe für das Zivilleben zu dieneng4. Vermutlich setzten sich die seposita in erster Linie aus Donativzahlungen zusammen, denn nach Vegetius mußte entsprechend einer alten Vorschrift von jedem ausgezahlten Donativ die dimidia pars apud signa hinterlegt werdeng5. Mit viaticum ist wohl das erste Geld, das der tiro erhielt, zu verstehen. Ausgezahlt wurde es, sobald der Rekrut beim Militär angekommen war. Es handelt sich also um eine Art Wegegeld bzw. Einstiegssold, der vermutlich primär zu Deckung anfallender International Congres of Greek and Roman Epigraphie, Cambridge 1967 (Oxford 1971) 431ff. = ders., Beiträge 251ff.; D. Boteva, in: XI Congresso Internat. di Epigrafia Graeca e Latina, Roma 18-24 settembre 1997, Preatti (Rom 1997) 610ff. (aufgrund der Lesung von Boteva ist ein Teil der Überlegungen von Gerov a.a.0. zum Inhalt der Inschrift hinfällig geworden). 9 2 Z ~ rVerwendung des Begriffs alacritas in militärischem Zusammenhang siehe Amm. 25,1,7; Veget., Epit. rei mil. 2,19; F. Vollmer, ThLL 1 (1900) 1475ff.; die alacaritas Prägungen des Kaisers Gailienus behandeln Alföldi, Studien 12ff.; R. Göbl, NZ 75, 1953, 11; vgl. S.W. Stevenson - C.R. Smith - F.W. Madden, Dictionary of Roman Coins, Republican and Imperial (London 1889, Nachdr. London 1964) 32. 616. 93Dobson, Primipilares 295 mit Anm. 580 unter Verweis auf eine Mitteilung von E. Birley. g4CPLP. 236 Anm. 2; Fink p. 269. 95Epit. rei mil. 2,20: Illud vero ab antiquis divinitus institutum est, ut ex donativo, quod milites consecuntur, dimidia pars sequestraretur apud signa et ibidem ipsis militibus servaretur, ne per luxum aut inanium rerum conparationem ab contubemalibus posset absumi. Die nicht ausgezahlten Teilbeträge reduzierten zugleich das Bargeldaufkommen erheblich; vgl. Remesal Rodriguez, Heeresversorgung 69f.

Unkosten gedacht warg6. Ob die Summe stets 75 Denare (3 Aurei) betrug oder ob Rekruten je nachdem, in welche Truppe sie eintraten, mehr bzw. weniger erhielten, ist ungeklärt. Indes ist gut vorstellbar, daß Augustus ein einheitliches viaticum festsetzteg7. Die Spareinlagen des Soldaten rechneten zu seinem peculium castrense. fielen also unter sein Eigenvermögen. Die bei der Einheit deponierten Geldbeträge wurden vielleicht gewinnbringend genutzt. Jedenfalls scheint unter Severus Alexander eine Weihung ex u[s]ur[isdep(ositorum)? nulmeri finanziert worden zu seing8. Laut Vegetius waren die signiferi für die Verwaltung der Rücklagen der Soldaten zuständigg9. Dies bestätigt ein Papyrus aus dem Jahr 117 n. Chr.loo. Ihnen zur Seite standen als Buchhalter die librarii depositorum. Für welchen Zeitraum die von Vegetius tradierte Zwangshinterlegung der Hälfte der Donativzahlungen Bestand hatte, ist ungeklärt. Wie wir wissen, wurden spätestens um die Wende vom 3. zum 4. Jahrhundert die Donative ganz a ~ s ~ e z a h l t ' ~doch ' , gibt es keinen Grund, dies schon in früherer Zeit vorauszusetzen. In diesem Zusammenhang wäre es auch interessant zu wissen, wie lange die aus den Erfahrungen des Saturninus-Aufstaiides geborene Verordnung Domitians, kein Soldat dürfe plus quam mille nummos bei den signa deponieren, in Geltung warlo2. In der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts lag das durchschnittliche Sparvermögen von Auxiliarsoldaten einer berittenen Einheit jedenfalls deutlich über 1.000 Sesterzenlo3. Die bei der Truppe angesparten Summen brauchten keineswegs das alleinige (Bar-)Vermögen eines Soldaten auszumachen. So konnte ein Soldat bei einer soldatischen Vereinigung, bei der er Mitglied war, Beträge einzahlen, die ihm entweder bei seinem Ausscheiden ausgezahlt wurden oder an seine Erben fielen bzw. für seine Beisetzung und Grabstätte verwendet

+

+

96BGU I1 423, Z. 8-10 (2. Jh.); CPL 122 123 = Fink 70 p. 256 = ChLA X 410 (= Daris 35, unvollständig); Tab.Vindo1. I 40; vgl. den Kommentar zu Fink 74 (= PSI IX 1063 = Daris 33 = FIRA 111' Nr. 126). Gesichert ist die Zahlung des Wegegeldes nur für die Hilfstruppen und die prätorischen Flotten, doch ist sie für alle Truppengattungen vorauszusetzen; vgl. Dig. 29,1,42 (siehe unten p. 141 Anm. 211). 97M.A. Speidel, Carriere 373 mit Anm. 23; vgl. R.W. Davies, BJb 169, 1969, 223ff. = ders., Service 19ff. 98CIL XI11 7751. 99Epit. rei mil. 2,20. loOPSIIX 1063 = Daris 33 = Fink 74 = FIRA 111' Nr. 126 (3.9.117 n. Chr.). lolVgl. oben p. 57f. lo2Suet., Domit. 7,3. Mit nummi sind Sesterzen gemeint; Watson, Soldier 150. lo3P.Fay. 105 = CPL 124 = Daris 34 = Fink 73 = ChLA I11 208, Kol. 3 (um 175 n. Chr.); Wierschowski, Heer 38.

wurdenlo4. Außerdem stand Soldaten die Möglichkeit offen, durch private Geschäfte, etwa den Verkauf von ihnen gehörenden Sachenlo5, Sklaven oder Tieren, Geld zu verdienen106. Ferner war es Soldaten möglich, Geldbeträge zu verleihen und dadurch Zinsgewinne zu erwirtschaftenlo7. Soldaten konnten bei der Truppe nicht nur Geld deponieren, sie hatten ebenso die Möglichkeit, ein Darlehen aufzunehmen. Diese Schulden wurden mit den Soldzahlungen verrechnet1''. Allerdings scheinen sich Soldaten lieber privat, in der Regel von Kameraden, Geld geliehen zu habenlog. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, daß der Sold gepfändet werden konnte. Eine Pfändung konnte einem Soldaten nicht allein infolge von privater Verschuldung, sondern auch im Rahmen einer Geldstrafe drohen"'. Stand einem Soldaten die Zwangsvollstreckung ins Haus, kam ihm das Privileg zu, maximal zu eatenus, quatenus facere potest verurteilt zu werden"'. Gemäß einer Konstitution Caracallas aus dem Jahr 216 n. Chr. war eine Pfänderrangfolge zu beachten, in der das stzpendium an letzter Stelle rangierte112.

+

lo4Sieheetwa CIL V111 2557 18050 = ILS 2354. - Zum Aufkommen der sogenannten Militärvereine und zu ihrem Charakter siehe W. Liebenam, Zur Geschichte und Organisation des römischen Vereinswesens. Drei Untersuchungen (Leipzig 1890, Nachdr. Aalen 1964) 297ff.; M. Ginsburg, TAPA 71, 1940, 149ff.; Murphy, Septimius Severus 67ff.; F.M. Ausbüttel, Untersuchungen zu den Vereinen im Westen des römischen Reiches. FAS 11 (Kallmünz 1982) nach Index p. 128; dens., Hermes 113, 1985, 500ff.; Le Bohec, Troisikme 16gion 394f.; dens., L'arm6e 205 und Armee 219f. lo5Dig. 18,1,2pr. (Ulpianus): Kaufvertrag zwischen Vater und Sohn de rebus castrensibus. logSiehe unten p. 66 Anm. 135 (Verkauf eines Pferdes). Den Verkauf eines ungefähr sieben Jahre alten Sklavenjungen unter Kameraden bezeugt P.Lond. I1 229 = CPL 120 = ChLA I11 200 =FIRA 1112 Nr. 132 (166 n. Chr.; Käufer (optio der misenischen Flotte) und Verkäufer (Flottensoldat) dienten auf derselben Triere). Wie diese Beispiele zeigen, war private wirtschaftliche Tätigkeit Soldaten, solange der Dienst davon nicht tangiert wurde, erlaubt; J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 941; anders E. Sander, RE Suppl. 10 (1965) 401. lo7Z.B. M.A. Speidel, Schreibtafeln 98ff. Nr. 3 (90 n. Chr.); P.Mich. V11 438 = CPL 188 = ChLA V 303 (140 n. Chr.); P.Fouad 45 = CPL 189 (153 n. Chr.); Wierschowski, Heer 17ff. lo8P.Fay. 105 = CPL 124 = Daris 34 = Fink 73 = ChLA I11 208, Kol. 1-2; Wierschowski, Heer 38. lo9Z.B. Lugd.Bat. 16,14 (131 n. Chr.); vgl. D. Hagedorn, ZPE 1, 1967, 146ff.; H.J. Wolff, Pre-Antoninian Roman Law in Egypt. In: R.S. Bagnall - W.V. Harris, Studies in Roman Law in Memory of A.A. Schiller (Leiden 1986) 164f.; P.Mich. V11 438 = CPL 188 = ChLA V 303 (140 n. Chr.); P.Fouad 45 = CPL 189 (153 n. Chr.); P.Mich. V11 445 = CPL 194 = ChLA V 284 (188 n. Chr.); CI 4,32,6 (212 n. Chr.); Wierschowski, Heer 16ff. "OPolyb. 6,37; A. Müller, NJA 17, 1906, 552. 558. "'Dig. 42,1,6pr. (Ulpianus). l12CI 7,53,4 (Idem A. Marcello militi): Stipendia retinen' proptereß, quod condemnatus es, non patietur praeses provinciae, cum rem iudicatam possit aliis rationibus exsequi (216 n. Chr.); J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 960ff.

2.5

Eigentum an Ausrüstung und Bewaffnung

Wie etwa Papyrus Fink 7o1l3 im Vergleich zu Fink 68 und 69114 oder zu P.Masada I1 722 zeigt115, ging man im Laufe des späteren 2. Jahrhunderts davon ab, das stzpendzum des Soldaten mit regelmäßigen Abzügen für Nahrung, Tierfutter, Bekleidung, Ausrüstung und Bewaffnung bzw. deren Reparatur zu belasten116. Das he&, die Besorgung und Bezahlung dieser Gegenstände wurde nunmehr in die Verantwortung des Soldaten gegeben. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob der Soldat der Eigentümer oder nur der Besitzer seiner Ausrüstung war. Eine abschließende Aussage ist derzeit nicht möglich. Zwar verfügen wir über Besitzermarken oder entsprechende Kennzeichnungen auf militärischen Ausrüstungsgegenständen, doch ist anhand dieser Texte nicht zu entscheiden, ob der Genannte Besitzer oder Eigentümer des Stückes war1''. In den letzten Jahren ist eine Reihe von reich verzierten und aufwendig gestalteten, oftmals aus Silber gefertigten Verschlußblechen von Brustpanzern publiziert worden. Bei einigen dieser Stücke ist der Name einer Legion in punzierten Buchstaben in die Gesamtkomposition eingebunden118. Es ist somit anzunehmen, daß der Panzer für einen Angehörgen der betreffenden l13Siehe oben p. 61 Anm. 96. l14P.Gen.Lat. 1 = CPL 106 = Daris 30 = Fink 68 = ChLA I 7; P.Gen.Lat. 4 = CPL 107 = Daris 31 = Fink 69 = ChLA 1 9 . l15M. Clauss, Einführung in die Alte Geschichte (München 1993) 148f. l16R.W. Davies, BJb 169, 1969, 224 = ders., Service 19; Jahn, Soldzahlungen 71. Das heißt nicht, daß Soldaten nichts mehr über ihre Einheit besorgen oder bei ihr reparieren lassen konnten. "'ZU Inschriften auf Ausrüstungsgegenständen siehe Veget., Epit. rei mil. 2,18; R. MacMullen, AJA 64, 1960, 23ff.; H.U. Nuber, Chiron 2, 1972, 483ff., bes. 500f.; R. Wiegels, Germania 70, 1992, 383ff., bes. 384ff. (alle mit weiterer Literatur). ll"Beispiele: legio V11 Claudia: I. Popovii, La cuirasse romaine d'apparat de Ritopek. Avec un appendice sur la conservation et la restauration de l'objet par A. Stojkovii: (Belgrad 1993) 29. 51 mit Fig. 1-2 und Taf. 3-4. 6,l-2. - X gemina: J. Garbsch, Römische Paraderüstungen. Münchener Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte 30 (München 1978) 77 Nr. 7 mit Taf. 34,2; J. Tejral, BerRGK 73, 1992, 395 mit Abb. 12,2. - XIV gemina: L. Borhy, BVBl 55, 1990, 303 mit Taf. 17,4-5 und Taf. 18. - Zur Frage, ob diese Verschlußbleche Teile von Paraderüstungen waren, siehe Th. Fischer, Zwei neue Metallsammelfunde aus Künzing/Quintana. In: J. Garbsch (Hg.), Spurensuche. Festschrift für H.-J. Kellner zum 70. Geburtstag. Kataloge der Prähist. Staatssammlung München, Beiheft 2 (Kallmünz 1991) 137f.; M. Junkelmann, Reiter wie Statuen aus Erz. Zaberns Bildbände zur Archäologie (Mainz 1996) 67ff.

Legion gefertigt wurde; indes sagt das Vorhandensein des Legionsnamens nichts darüber aus, ob die Stücke Eigentum der Truppe oder ihres Trägers waren. Auch erhaltene Soldabrechnungen helfen kaum weiter. Sie zeigen lediglich, daß den Soldaten ein gewisser Betrag für Kleidung und dergleichen in Rechnung gestellt wurde. Ob es sich im Einzelfall um Abzüge oder Ratenzahlungen für erworbenes Eigentum, um eine sukzessive einbehaltene Leihgebühr, oder um die Begleichung der durch Wartung und Ergänzung der Ausrüstung anfallenden Kosten handelte, ist nicht definitiv zu beantworten. Theoretisch könnten mehrere Möglichkeiten nebeneinander bestanden habenllg. Grundsätzlich ist damit zu rechnen, daß sich die Gepflogenheiten im Laufe der Zeit änderten. Für die Kaiserzeit bis in das spätere 3. Jahrhundert erscheint es plausibel, daß Kleidung, Ausrüstungsgegenstände und Waffen normalerweise Eigentum der Soldaten waren. So beklagten sich unter Tiberius meuternde Soldaten darüber, daß Kleidung, Waffen und Zelte von ihnen bezahlt werden mußten120. Hierzu paßt, daß im Jahr 27 n. Chr. ein Alenreiter besonders aufwendig gearbeitete Ausrüstungsgegenstände als Sicherheit bei einer Geldanleihe stellte: ob pignera cassidem inargentatam et insigne inargentatum et vaginam pugionis [-]urgenteum(!) subiecto eboreo121. Die Objekte müssen also Eigentum des Schuldners gewesen sein. Nach dem Briefwechsel zwischen Claudius Terentianus und seinem Vater zu urteilen, hatten im frühen 2. Jahrhundert die Mannschaftsgrade für ihre Kleidung und Ausrüstung wenigstens teilweise selbst zu sorgen, jedenfalls erbat sich Terentianus von seinem Vater wiederholt Kleidung und Ausrüstungsgegenstände122. Auch die von Hadrian an die Reiter der cohors V1 Commagenorum gerichteten Worte über den Zustand ihrer Pferde und Waffen: equorum forma armorum cultus pro stipendi m 0 d 0 ' ~sind ~ wohl so zu verstehen, daß die Soldaten ihre Pferde und Waffen selbst finanziertenlZ4.Im Jahr 143 n. Chr. erhielt die Mutter und Erbin eil19Vgl. J.F. Gilliarn, BJb 167,1967,238f. = ders., Mavors I1 321f.; H.U. Nuber, Chiron 2, 1972, 496ff.; D. Breeze, Britannia 7, 1976, 93ff.; M.P. Speidel, Mavors V111 131ff.; Bishop - Coulston, Military Equipment 198f.; H. Elton, JRA 7, 1994, 495. 120Tac., Ann. 1,17,4. 121SBXVI 12609 = ChLA XLV 1340; H. Harrauer - R. Seider, ZPE 36,1979,109ff. Zu den bisweilen sehr kostbaren und fein ausgestalteten Dolchscheiden der frühen PrinzipatsZeit vgl. G. Ulbert, Der Legionarsdolch von Oberammergau. In: Aus Bayerns Frühzeit. F. Wagner zum 75. Geburtstag. Schriftenreihe zur Bayer. Landesgesch. 62 (München 1962) 175ff.; dens., BVBl 36, 1971, 44ff. 122P.Mi~h. V111 467-468 = CPL 250-251 = Daris 6-7 (frühes 2. Jh.). 123CILV111 18042 Aa (Manöverkritik Hadrians). 124A.Müller. Manöverkritik Kaiser Hadrians (Leipzig 1900) 44.

nes verstorbenen Soldaten der cohors I1 Thracum 21 Denare und 27,5 Obolen in amnis und 20 Denare für den papilio a ~ s g e z a h l t ' ~Die ~ . betreffenden Gegenstände waren also Eigentum oder Miteigentum des Verstorbenen. Im Jahr 153 n. Chr. lieh sich ein Reiter der ala veterana Gallica bei einem Kommilitonen 50 Denare für den Kauf von Waffen. Leider wissen wir nicht, welche Waffen er dafür a n ~ c h a f f t e ' ~Schließlich ~. befaßt sich der Jurist Ulpianus mit dem Fall, daß einem Soldaten Geld zur Beschaffung von castrenses vel militares res hinterlassen wurde127. Diese Beispiele veranschaulichen, daB zur Kriegführung notwendige Gegenstände von Soldaten gekauft und somit deren Eigentum sein konnten, nicht aber, daß dies ausnahmslos der Fall war128. Der jüngere Plinius verschaffte einem Landsmann eine Zenturionenstelle im Heer. Zudem versorgte er ihn mit 40.000 Sesterzen für die Beschaffung der notwendigen Ausstattung und A u s r ~ s t u n g ' ~Nach ~ . der Historia Augusta stellte Hadrian Männern, die von ihm selbst ad militiam berufen worden waren, Pferde, Maultiere, Kleidung und weitere Gegenstände130. Dies weist darauf hin, daß auch Offiziere ihre Ausrüstung sowie ihre Reit- und Lasttiere selbst finanzierten. Bisweilen trugen die Kaiser für die Ausstattung ihrer Soldaten Sorge. Dieses Vorgehen ist indes nicht als Eintreten in die Pflicht des Staates, sondern als Ausnahme, als Belohnung und Auszeichnung für die Soldaten zu deuten131. Hierzu paßt, daß erstmals 458 n. Chr. die Bewaffnung von SollZ5P.Col.325; vgl. J.F. Gilliam, BJb 167, 1967, 233ff., bes. 238. 240 = ders., Mavors I1 317ff., bes. 322. 324. lZ6P.Fouad45 = CPL 189. lZ7Dig. 49,17,3 (Ulpianus): Si mulier filio uiri militi ad castrenses uel militares forte res comparandas reliquerit pecuniam, utique castrensi peculio ea quae comparantur adnumerari incipiunt; vgl. CI 12,36,1,1; B. Lehmann, ANRW 2,14, 1982, 193f. 128Selbstverständlich hatten Soldaten auch diverse Gegenstände des persönlichen Bedarfs zu eigen. Vgl. CI 12,36,1,1: Peculio autem castrensi cedunt res mobiles, quae eunti in militiam a patre vel a matre aliisve propinquis uel amicis donatae sunt, item quae in castris per occasionem militiae quaeruntur. lZ9Epist.6,25. 130H 17,2. l3'H.U. Nuber, Chiron 2, 1972, 501ff. konnte Waffenstiftungen des Commodus, vermutlich im Zeitraum zwischen 185-192 n. Chr., plausibel machen; ein Zusammenhang mit dem bellum desertorum scheint wahrscheinlich; vgl. aber die Bedenken, die R. Wiegels, in: H.-G. Simon - H.-J. Köhler u.a.. Geschirrdepot des 3. Jahrhunderts. Grabungen im Lagerdorf des Kastells Langenhain. Materialien zur römisch-germanischen Keramik 11 (Bonn 1992) 161ff. gegen diese Annahme geltend macht. - M.P. Speidel, Mavors V111 5 nimmt mit Verweis auf Tac., Ann. 2,23 und Ann. 2,26 an, daß Germanicus den Soldaten die zur Leichterung der Schiffe über Bord geworfenen Waffen ersetzte. Siehe auch Suet., Iul. 67,2 (Ausstattung von Soldaten mit Silber- und goldverzierten Waffen durch Caesar) und HA, AS 40,5 (Kaiser stiftet Beinschienen, Kleider, Schuhe).

daten aus öffentlichen Mitteln belegt ist: milites, qui a re publica amzantur darf man aus dem Wortlaut nicht zwingend folet ~ l a n t u r ' ~Allerdings ~. gern, daß alle Soldaten aus öffentlichen Mitteln bewaffnet wurden, geschweige denn, daß dies schon zuvor üblich war133. Nach Hadrians Manöverkritik zu urteilen, hatten Reiter zu seiner Zeit für ihre Pferde selbst a u f z ~ k o m m e n ' ~ Offensichtlich ~. mußten aber zumindest einfache Soldaten bei ihrem Eintritt in eine Reitereinheit des römischen Heeres kein Pferd mitbringen. Indes gab es sicher häufiger Reiter, die ihr eigenes Pferd mit sich führten. Dies dürfte vor allem bei Soldaten, die aus typischen Reitervölkern stammten, der Fall gewesen sein. Auch mag sich mancher Reiter ein besonders edles Pferd geleistet haben135. Papyri aus Dura Europos aus den Jahren 208 und 251 n. Chr. belegen, daß die Pferde der cohors XX Palmyrenorum einer strengen Buchführung unterlagen136. Dabei wurde exakt festgehalten, wie die Reittiere aussahen, wo sich ihr Brandzeichen befand, wie alt, was sie wert und wann bzw. von wem sie auf ihre Tauglichkeit als Militärpferd hin geprüft worden waren137. Da ihr Wert mit 125 Denaren angegeben wird, ist anzunehmen, daß dies in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts der übliche Preis für Kavalleriepferde war138. Dabei bleibt fraglich, ob die 125 Denare den gesamten Anschaffungspreis beziffern, oder lediglich '32CI 12,35,15pr. (Imp. Leo A. Aspari magistro militum); vgl. HA, AS 52,3; Veget., Epit. rei mil. 2,19. - Schon C. Gracchus hatte die Ausrüstung der Soldaten auf Kosten der res publica durchgesetzt (Plut., C. Gracch. 5,l); allerdings dürfte sein Gesetz einige Jahre später ersatzlos gestrichen worden sein; vgl. unten p. 74 Anm. 16. - Die von Veget., Epit. rei mil. 1,11 gewählte Wendung scutun publicum meint keinen auf öffentliche Kosten gefertigten bzw. zur Verfügung gestellten Schild, sondern den üblicherweise gebräuchlichen Schildtyp im Gegensatz zum schweren Ubungsschild; anders M.P. Speidel, Mavors V111 136 Anm. 19. '33Davon geht E. Sander, IUiM 101, 1958, 173 aus. '34Siehe oben p. 64. 135PSI V1 729 = CPL 186 = ChLA XXV 782 (77 n. Chr.): C. Valerius Longus, Reiter der ala Apriana, kauft von C. Iulius Rufus, Zenturio der legio XXII Deiotariana, ein Pferd (equus Cappadox niger) im Wert von 2.700 Drachmen (675 Denaren); R.W. Davies, Latomus 28, 1969, 435 = ders., Service 156; siehe auch Tab.Vindo1. I1 182 (Z. 12). 136P.Dura56 = CPL 330 = Fink 99; P.Dura 97 = CPL 325 = Fink 83; vgl. M. Rostovtzeff, Militärarchiv 370-372. 375. 13'P.Dura 56 = CPL 330 = Fink 99; P.Dura 97 = CPL 325 = Fink 83; R.W. Davies, Latomus 28, 1969, 429ff., bes. 437ff. 445ff. = ders., Service 153ff., bes. 158ff. 166ff.; vgl. J.F. Gilliam, CPh 47, 1952, 229f. = ders., Mavors I1 107f. Ein adäquates Verfahren wurde auch bei anderen Tieren, so bei Kamelen, durchgeführt; R.W. Davies, Latomus 28, 1969, 433ff. = ders., Service 154ff.; zur Verwendung von dronedarii siehe E. Dqbrowa, in: Roman Frontier Studies 1989, 364-366. 138J.F. Gilliam, YClSt 11, 1950, 180f. 202. Lediglich ein Tier war billiger (P.Dura 97 = CPL 325 = Fink 83, Z. 16); vgl. Fink 75 = ChLA IX 397 (139 n. Chr.).

die Summe, die der Reiter für das Pferd selbst aufzubringen hatte, also etwaige Mehrkosten zu Lasten des Heeresetats gingen. Ferner ist vorstellbar, daß die 125 Denare als Kaution zu verstehen sind, die Soldaten, die sich kein eigenes Pferd leisten konnten oder wollten, für ein von der Truppe bereitgestelltes Tier zu hinterlegen hatten. Des weiteren harrt der Klärung, ob ein Reiter für den Verlust seines Pferdes selbst einstehen mußte oder ob ihm je nach den Umständen, unter denen er sein Pferd verlor, ein Ersatzpferd gratis oder verbilligt zur Verfügung gestellt wurde.

2.6

Eigentum an Immobilien

Eine Möglichkeit, Geld sinnvoll, langfristig und sicher anzulegen, stellt der Erwerb von Grund und Boden dar, zumal dessen Bewirtschaftung weitere Gewinne versprach. Nutzten Soldaten oder ihre Angehörigen ihr Eigentum nicht selbst, konnten sie es verpachten bzw. vermieten und dadurch zusätzliche Einnahmen erzielen139. Grundsätzlich war es Soldaten und Offizieren ebenso wie zivilen Mandatsträgern untersagt, in der Provinz, in der sie ihren Dienst versahen, Grundstücke zu erwerben: Qui oficii Causa in provincia agit vel militat, praedia comparare in eadem provincia non potest, praeterquam si paterna eius a fisco distrahant~71~~. Ähnlich äußerte sich der Jurist Marcianus: Milites prohibentur praedia comparare in his provinciis, in quibus militant141. Die Gründe, die dem Verbot zugrunde lagen, waren unterschiedlicher Natur. Während das Erwerbsverbot für Offiziere der ratio potentatus entsprang, fußte das Verbot für Soldaten auf einer Disziplinarvorschrift: die Soldaten sollten kein Agrarland erwerben, um sich nicht im Ackerbau zu verlieren142. Aufgrund entsprechender Überlegungen war die Bodenpacht ebenfalls untersagt143. Dagegen unterlag Grundeigentum außerhalb der Sta139P.CornellI 64 (Karanis; 136 n. Chr.; Vermietung eines Hauses und Verpachtung eines Ackers an einen ehemaligen Mitsoldaten); N. Lewis, TAPA 90, 1959, 139-146. 140Dig. 18,1,62pr. (Modestinus). 141Dig. 49,16,9pr. (siehe unten Anm. 151); vgl. Dig. 49,16,13pr. (Macer): Milites a g m m comparare prohibentur i n ea provincia, i n qua bellica Opera peragunt, scilicet ne studio culturae militia sua avocentur. et ideo domum comparare non prohibentur. sed et agros i n alia provincia comparare possunt. ceterum i n ea provinica, i n qua propter proelii causam venerunt, ne sub alieno quidem nomine eis a g m m comparare licet: alioquin fisco vindicabitur. Vgl. BGU V 1 (Gnomon des Idios Logos) $111 mit dem Kommentar von W. Graf Uxkull-Gyllenband, BGU V 2, 46. 142H.Erman, ZSRG 22, 1901, 236. 143Dig. 19,2,50 (Modestinus); Justinian verbot gleichfalls die Pacht von Häusern; CI 4,65,35,1; J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 942ff.

tionierungsprovinz keinen Beschränkungen, da man aufgrund der räumlichen Entfernung voraussetzte, daß der Boden durch Dritte bewirtschaftet werden m ~ f i t e l ~Ebenso ~. war es Soldaten erlaubt, sich Häuser zu kaufen, denn im Gegensatz zum Ackerland bürdert ein Haus dem Eigentümer keine dauernden Pflichten auf145. Ausgenommen vom Erwerbsverbot in der Stationierungsprovinz waren väterliche Grundstücke, die wegen Steuerschulden zur Veräußerung durch den Fiskus anstanden. Sie durfte der Soldat gemäß einem Entscheid von Septimius Severus und Caracalla zwecks Wahrung des Familienbesitzes aufkaufen146. Dazu konnte er Mittel aus seinem peculium castrense verwenden14'. Das Ererben von Grundbesitz fiel ebenfalls nicht unter das Erwerbsverbot: Mzlites si heredes extiterint, possidere ibi praedia non p r o h i b e n t ~ r ' ~ ~ . Selbstverständlich durfte ein Soldat vor dem Eintritt ins Heer erworbene Immobilien behalten. Dies bedeutet freilich, daß mit Zunahme der permanenten Stationierung von Einheiten an ein- und demselben Ort, der Zunahme von Soldatenfamilien wie der lokalen Konskription, Soldaten und Offiziere in steigender Zahl über Grundeigentum in ihrer Stationierungsprovinz verfügt haben dürften149. Hinzu kommt, daß Veteranen, nachdem im frühen 2. Jahrhundert die Landassignationen seltener geworden waren, Grund und Boden selbst kaufen oder pachten mußten, anderseits dabei freie Ortswahl hatten, also vielfach im Umland ihres letzten Dienstortes blieben150. Vermutlich wird der eine oder andere allen Verboten zum Trotz während seiner aktiven Zeit ein geeignetes Objekt gekauft haben. 144Dig.49,16,13pr. (siehe Anm. 141); J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 942f.; 0 . Behrends, in: Heer und Integrationspolitik 165 mit Anm. 172. - Den Mitbesitz eines Soldaten an Rebgelände bezeugt CI 3,37,2 (222 n. Chr.). '45Dig. 49,16,13pr. (siehe Anm. 141). Offenbar war der Kauf eines Hauses auch gestattet, wenn es gewerblich genutzt werden sollte; J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 943. - Auffälligerweise befassen sich gerade die severerzeitlichen Juristen mit Eigentumsfragen. Es ist möglich, daß infolge der Aufhebung des Eheverbots durch Septimius Severus das Interesse der Soldaten an Eigentum stieg und somit auch die Zahl der damit einhergehenden juristischen Fragen; vgl. 0.Behrends, in: Heer und Integrationspolitik 165 mit Anm. 172. 146Dig. 18,1,62pr. (Modestinus); 49,16,9pr. (siehe Anm. 151); J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 944f. '47CI 12,36,1,4 (223 n. Chr.): i n castrensi vero peculio praedium donatum non esse constat, quamvis empta ex castrensi peculio pmedia eius condicionis eficiantur, E. Sander, RhM 101, 1958, 201. 148Dig. 49,16,9,1 (Marcianus); vgl. CI 12,36,1,2 (223 n. Chr.). 14'Vgl. R.S. Bagnall, Chiron 22, 1992, 47-54 (zur Frage des Grundeigentums von Offizieren im 4. Jh. in Ägypten). lSOZurWahl des Wohnsitzes siehe unten p. 187ff.

Die Beschränkung des Erwerbs von Grund und Boden in der Garnisonsprovinz entfiel mit der Entlassung des Soldaten aus dem Heer. Daher wurden Verstöße gegen das Erwerbsverbot spätestens zur Zeit des Juristen Macer relativ groflzügig gehandhabt: Wurde ein Soldat wegen des widerrechtlichen Erwerbs von Grund und Boden während seiner Dienstzeit angezeigt, so zog der Fiskus das Grundstück ein. War der Soldat in Ehren verabschiedet worden, bevor der illegale Kauf zur Anzeige gebracht wurde, war diese gegenstandslos. Die damit praktizierte Strafverschonung wurde gewissermaßen als Belohnung für verdiente ehemalige Soldaten verstanden151. Zugleich deutet diese Verfahrensweise auf eine positive Einstellung gegenüber dem Eigentum von Soldaten an Grund und Boden hin. Sie dürfte sowohl in der Reinvestition des von Soldaten angesparten Vermögens als auch in der Sicherung ihres künftigen Auskommens durch den zu erwartenden Ertrag begründet gewesen sein. Ebenso wird dem Gesetzgeber an der Bewirtschaftung und Pflege des Grund und Bodens gelegen gewesen sein, denn Land, das agrarisch genutzt werden konnte, war hinreichend vorhanden. In diesem Zusammenhang sei kurz auf eine Stelle der Severus AlexanderVita der Historia Augusta eingegangen: Sola, quae de hostibus capta sunt, limitaneis ducibus et militibus donavit, ita ut eorum essent, [militarent] si heredes eorum militarent, nec umquam ad privatos pertinerent, dicens attentius eos m,ilitaturos, si etiam sua rura defenderent. addidit sane his et animalia et semros, ut possent colere, quod acceperant, ne per inopiam hominum vel per senectutem possidentium desererentur rura vicina barbariae, quod turpissimum ille d ~ c e b a t l ~ ~ . Der Inhalt des Textes wurde in früherer Zeit für bare Münze genommen, was in der älteren Forschung zu der These von der Entstehung einer Bauernmiliz in severischer Zeit führte153. Mittlerweile geht man im allgemeinen davon aus, daß diese Passage weniger als Spiegel für Zustände zur Zeit des Severus Alexander gelten darf, als vielmehr als Reflex auf die Gegenwart des Autors und vielleicht als Reformvorschlag zu verstehen ist. Außerdem schreibt der Anonymus nichts davon, daß gleichzeitig Militärdienst geleistet lSIDig. 49,16,9pr. (Marcianus): Fisco autem vindicatur praedium illicite comparatum, si delatus fuerit. sed et si nondum delata causa stipendia impleta sint vel missio contigerit, delationi locus non est. Dig. 49,16,13,1-2 (Macer): Is autem, qui contra disciplinam agrum comparaverit, si nulla de ea re quaestione mota missionem acceperit, inquietari prohibetur. Illud constat huius praescriptionis commodum ad eos, qui ignominiae causa missi sunt, non pertinere, quod praemii loco veteranis intellegitur: et ideo et ad eum, qui causaria missus est, potest dici pertinere, cum huic quoque praemium praestatur. lS2HA. AS 58,4f. lS3Dagegen wendet sich etwa Syme, Ammianus 46f. (mit weiterer Literatur).

und der Acker bestellt werden soll; vielmehr sollte der Grund und Boden nur unter der Maßgabe vergeben werden, daß die späteren Erben Militärdienst leisten; was sie, nach der Severus Alexander vom Autor der Historia Augusta unterschobenen Auffassung um so eifriger tun würden, d a sie letztlich ihr Eigentum verteidigten. Zu beachten ist zudem der Hinweis der Historia Augusta auf die senectus der Eigentümer, die diese an der Bestellung des Landes hindern könnte. Nach der Vorstellung des Historia AugustaAutors sollten folglich altgediente bzw. in den Ruhestand tretende Soldaten Land zur Bewirtschaftung erhalten, das später an ihre Söhne, nachdem diese Militärdienst geleistet hatten, fallen sollte154. Ähnlich artikuliert sich der unbekannte Verfasser der Historia Augusta in der Probus-Vita: Probus soll infolge von Übergriffen isaurischer Räuber Veteranen Land geschenkt haben unter der Bedingung, daß ihre Söhne vom 18. Lebensjahr als Soldaten dienten und nicht etwa als Räuber ~ m h e r z ö g e n ' ~Neuere ~. Inschriftenfunde präzisieren die Bemerkungen des Autors der Historia AugustalS6. Zweifellos hatte Pisidien zur Zeit von Probus und wohl noch von Carus unter Räuberbanden zu leiden. Offenbar wurden damals gezielt Ansiedlungen in gefährdeten Regionen vorgenommen. Dabei dürfte das Land bevorzugt an Männer vergeben worden sein, die nicht nur gewillt waren, den Boden zu bestellen, sondern die auch fähig waren, ihren Besitz zu verteidigen. Es bot sich somit an, Veteranen, die im Umgang mit Waffen geübt waren, zu bevorzugen.

lS4M. Springer, Klio 65, 1983, 373; vgl. Mann, Recruitment 67; Wierschowski, Heer 84; H. Wolff, in: Heer und Integrationspolitik 55 Anm. 46. 155HA,Pr. 16,8; vgl. Zos. 1,69,1-70,5. lS6M.Zimmermann, ZPE 110, 1996, 265ff., bes. 276 (mit weiterer Literatur).

Kapitel 3 Die medizinische Betreuung Medizinische Betreuung im heutigen Sinn gliedert sich in Vorsorge, Behandlung von Krankheiten und Verwundungen und in Nachsorge. Es ist somit berechtigt zu fragen, ob sich im römischen Heer die medizinische Versorgung der Soldaten einzig auf den Zeitraum erstreckte, in dem ein Leiden akut war, oder ob darüber hinaus Maßnahmen zur Vorbeugung vor Krankheiten, körperlichen Schäden und für eine entsprechende Nachsorge getroffen wurden. Aufgrund verschiedenster Verwendung ist bei römischen Soldaten dabei nicht allein an Kriegsverwundungen und deren Folgeschäden zu denken. Die vielfältigen Aufgaben, mit denen Soldaten betraut wurden, reichten über handwerkliche Tätigkeiten im Lagerbereich, Wach- und Ordnungsdiensten in der Provinz bis hin zu Abkommandierungen zum Holzfällen, Fouragieren, zu Arbeiten in Steinbrüchen, zum Kalkbrennen und zum Bau von Straßen. Soldaten waren also einer ganzen Reihe von Aufgaben gegenübergestellt, die unfallträchtig waren bzw. bleibende körperliche Gebrechen nach sich ziehen konnten1. Außerdem war ein Soldat wie jeder andere Mensch Krankheiten verschiedenster Art bis hin zur Lebensmittelvergiftung und Wurmverseuchung ausgesetzt2. Wie wichtig die medizinische Betreuung der Soldaten war, veranschaulicht ein Tagesrapport der in Vindolanda stationierten cohors I Tungrorum; von 295 vor Ort anwesenden Soldaten (Zenturionen eingeschlossen) waren insgesamt 31 aus gesundheitlichen Gründen dienstunfähig: 15 von ihnen wa'Zu den unterschiedlichen Aufgaben von Soldaten siehe etwa Dig. 1,16,7,1 (Ulpianus); Watson, Soldier 144ff.; B. Dobson, in: Heer und Integrationspolitik 10ff.; R.W. Davies, ANRW 2,1, 1974, 29W. = ders., Service 33ff.; K. Strobel, in: Le Bohec, Hierarchie 93ff. 2Fischvergiftungeines Soldaten: P.Mich. V111 478; vgl. 477, Z. 35-39. - Wurmbefall: W. Specht, Saalburg Jahrb. 21, 1963-64, 90ff.

ren erkrankt (aegri), 6 verwundet (volnerati) und immerhin 10 Männer litten an einer chronischen Augenerkrankung (lipp~entes)~.

3.1

Allgemeine Gesundheitsvorsorge

Vor ihrer Aufnahme in das römische Heer wurden die Rekruten (tirones) in Hinblick auf ihren bürgerlichen Status wie ihre körperliche Tauglichkeit einer Prüfung unterzogen4. Die Musterung (probatio) des künftigen Soldaten beschränkte sich auf seine geistige und äußerliche körperliche Beschaffenheit, vor allem seine Körpergröße, sein Alter, seine allgemeine Verfassung, also auf Merkmale, zu deren Beurteilung keine medizinischen Fachkenntnisse notwendig, aber wünschenswert waren. Des weiteren interessierten seine Herkunft, sein Beruf und seine Charaktereigenschaften5. Auch achtete man darauf, daß zumindest ein Teil der Ausgehobenen des Lesens und Schreibens kundig war, denn beides war für Soldaten, die Verwaltungsaufgaben zu erledigen hat3Tab.Vindol. I1 154. Aus den Ostraka von Bu Njem ergibt sich eine Krankenrate zwischen 2,3 und 11,8%; Marichal, Ostraca 85ff. 4Wilmans, Tauglichkeitskriterien; dies., Sanitätsdienst 125. - Zur Prüfung von Rekruten siehe etwa P.Oxy. V11 1022 = Daris 4 = CPL 111 = Fink 87 = ChLA I11 215 (103 n. Chr.); BGU I1 696 = CPL 118 = Daris 9 = Fink 64 = ChLA X 411, Kol. 1, Z. 31ff. (156 n. Chr.); Acta S. Maximil. (Musurillo p. 244ff., vgl. p. XXXVII; 295 n. Chr.); vgl. PLRE I 253 s.v. Cassius Dio; CLG I11 p. 31ff. (ed. Goetz); Veget., Epit. rei mil. 1,6; ferner: Plin., Epist. 10,29; R.P. Wright - M.W.C. Hassall, Britannia 3, 1972, 354 Nr. 13; CIL XI11 6405 = H. Castritius - M. Clauss - L. Hefner, in: W. Wackerfuß (Hg.), Beiträge zur Erforschung des Odenwaldes und seiner Randlandschaften 2. Festschrift für Hans H. Weber (Breuberg - Neustadt 1977) 270 Nr. 57 (225 n. Chr.); dazu Eck, Statthalter 90; P.Dura 89 = CPL 331 = Fink 50, Kol. 1, Z. 14f. (239 n. Chr.). - Zumeist wird davon ausgegangen, daß Rekruten mit Ankunft bei ihrer Truppe ihr signaculum (Kennmarke aus Blei) erhielten, in die matricula (Stammrolle) ihrer Einheit eingetragen wurden und damit reguläre Soldaten waren; Dig. 39,1,42; vgl. Isid., Etym. 9,3,36-37; J. Gilliam, Eos 48, 1957, 207ff. = ders., Mavors I1 163ff.; Watson, Soldier 31ff.; R.W. Davies, BJb 169, 1969, 208ff. = ders., Service 3ff. Dagegen deutet O.Bu Njem 5 (Truppenrapport) darauf hin, daß Männer, nachdem sie bereits bei ihrer Einheit angekommen und in diese aufgenommen waren, noch als tirones gelten konnten. Der Wechsel vom tiro zu miles könnte demnach, zumindest ab und an, unabhängig vom Zeitpunkt der Ankunft bei der Truppe erfolgt sein; vgl. Marichal, Ostraca 72. 5Plin., Epist. 10,30,2; Veget., Epit. rei mil. 1,2-1,7. - Zur Überprüfung von körperlichen Mängeln und Besonderheiten in Hinblick auf eine Beeinträchtigung der Wehrfähigkeit siehe Dig. 49,16,4pr.; vgl. CI 12,35,6; P.Oxy. I 3 9 I1 p. 319 und P.Oxy. I1 317 (Freistellung vom Militärdienst wegen schwerer Augenerkrankung; 52 n. Chr.).

+

zutage getreten sein13. Rekruten wurden neben der eigentlichen militärischen Ausbildung (Waffengebrauch, Marsch-, Geländetraining, Schwimmen) bei Bedarf zusätzlich zu schweren körperlichen Arbeiten, etwa zu Straßenbauarbeiten, herangezogen14. Somit kann man voraussetzen, daß Männer, die sich als tirones bewährt hatten, den körperlichen Anforderungen des Militärdienstes gewachsen waren. Das Eintrittsalter der Rekruten war nicht genau fixiert. Laut der Historia Augusta soll selbst der um die res militaris stets besorgte Kaiser Hadrian die Alterskriterien nur allgemein formuliert haben: de militum etiam aetatibus iudicabat, ne quis aut minor quam virtus posceret, aut maior quam pateretur humanitas, in castris contra morem veterem ver~aretur'~. Immerhin scheint es aufgrund der epigraphischen Zeugnisse für die Kaiserzeit plausibel, daß etwa drei Viertel aller Soldaten im Alter von 17 bis 20 Jahren in das Heer eintraten16. Bei den equites singulares ist im 3. Jahrhundert ein Trend zu einem früheren Eintrittsalter fest~ustellen'~.Dies mag damit zusammenhängen, dafi einerseits ein erhöhter Bedarf an Reitern im römischen 13Wilmanns, Tauglichkeitskriterien 36f. - Zur Grundausbildung siehe Veget., Epit. rei mil. 1,9-19; Horsmann, Untersuchungen, bes. 10W.; zu Schwimmübungen mit Pferden vgl. die Auszeichnung eines Soldaten, der in Gegenwart Hadrians die Donau durchmaß; CIL I11 3676 = ILS 2558 = CLE 427; vgl. Dio 69,9,6. Während man früher annahm, der erfolgreiche Soldat sei Mitglied der cohors I11 Batavorum equitata oder der ala I Batavorum gewesen, tritt M.P. Speidel, AncSoc 22,1991,277ff. und Riding 45ff. 62, zu Recht für seine Zugehörigkeit zu den equites singulares ein; vgl. dens., Denkmäler 370; AE 1991,1550. Schwimmübungen mit Pferden bezeugt auch CT 7,1,13 = CI 12,35,12 (27.5.391 n. Chr.). 14AE 1955,133: viam fecit per tirones lectos ex provincia Cyrenensi (Tkajan, Straße Cyrene - Apollonia). Desgleichen führten die tirones iuventutis novae Italicae unter der Regierung von Maximinus Thrax (235 oder Anfang 236 n. Chr.) im Raum von Aquileja Straßenbauarbeiten durch; CIL V 7989 = ILS 487 = IA 2893a; CIL V 7990 = IA 2893b und IA 2892; Ginestet, Les organisations, bes. 165. 200ff. 246f. Nr. 161-164 (mit weiterer Literatur); vgl. Herod. 4,8,2f. 15HA, H 10,8. Ähnlich unbestimmt Sall., Cat. 7,4; Herod. 6,3,1; Fkonto, Epist. liber 2 (p. 140 Naber = p. 134 Van den Hout); Dio 79,13,4; Isid., Etym. 9,3,36. 16Forni, Reclutamento 27. 135ff.; W. Scheidel, Chiron 22, 1992, bes. 290f. 296; ders., Measuring 97ff., bes. 101. 104. 112f.; M.P. Speidel, Riding 87f.; ders., Denkmäler 21. - 17 Jahre wurden im 1.-3. Jahrhundert als das Mindestalter für Rekruten angesehen; Plut., C. Gracch. 5,l (Festsetzung des Mindestalters auf 17 Jahre. Unklar ist, ob dieses Gesetz zu den von M. Iunius Silanus aufgehobenen gehört; vgl. Rotondi, Leges 324). Auch erhielten römische Bürger erst mit 17 Jahren Stimmrecht in den Komitien; Gell., N.A. 10,28,1; Mommsen, Staatsrecht I1 408; J.H. Jung, ANRW 14,2, 1982, 912. Dies schließt nicht aus, daß immer wieder jüngere Männer eingezogen wurden. Ritterliche Offiziere traten entweder wie die Mehrzahl der Soldaten als ganz junge Männer ins Heer ein oder als ältere (über 30jährige), nachdem sie bereits eine munizipale Karriere hinter sich gebracht hatten; E. Birley, Mavors IV 148ff., bes. 151f. 17M.P. Speidel, Riding 87f.; ders., Denkmäler 21 Taf. 7; Scheidel, Measuring 116.

3.2

Die Betreuung von erkrankten und verwundeten Soldaten

Das durchorganisierte Sanitätswesen, das uns im kaiserzeitlichen Heer allenthalben entgegentritt, ist eine Schöpfung des ersten Prinzeps Augustus, der damit nicht nur seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Soldaten genügte, sondern auch den Bedürfnissen eines stehenden Heeres Rechnung trugz3. Freilich überließ man verwundete Soldaten in früherer Zeit nicht einfach ihrem Schicksal. Sie wurden soweit wie möglich von Kommilitonen versorgt. Außerdem brachte man Verwundete und Kranke in zivile Siedlungen, um sie dort pflegen zu lassenz4. Schließlich führten Offiziere seit alters her Leibärzte mit sich ins Feld, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten sicherlich auch um verletzte und kranke Soldaten kümmertenz5. Die Praxis, eigene Ärzte mitzunehmen, behielten die römischen Kaiser bei. So begleiteten Ärzte TiberiusZ6;der Mediziner Stertinius Xenophon von Kos folgte Claudius auf seinem BritannienfeldzugZ7. T. Statilius Kriton betreute Tkajan während der DakerkriegeZ8; ebenso nahm Oribasius als Julians Leibarzt an dessen Kampagnen teilz9. 23Zum Sanitätswesen im römischen Heer siehe umfassend Wilmanns, Sanitätsdienst, die ebd. 23ff. einen guten Überblick über die gesamte ältere Forschung bietet. 24Sieheunten p. 83. 25W. Liebenam, RE 6,l (1909) 1668; G. Veith, in: Kromayer - Veith, Heerwesen I1 414; R.W. Davies, ES 9, 1972, 3; J.C. Wilmanns, ZPE 69, 1987, 183; dies., Sanitätsdienst llff. 26Vell.2,114,2. 27PIR' S 666; E. Kind, RE 3 A 2 (1929) 2450f. Nr. 3; S. Sherwin-White, Ancient Kos. Hypomnemata 51 (Göttingen 1978) 150. 283ff.; J.C. Wilmanns, ZPE 69, 1987, 183; dies., Sanitätsdienst 76; dies., Arzt 171f. 28E. Kind, RE 11,2 (1922) 1935ff. Nr. 7; J. Benedum, RE Suppl. 14 (1974) 216ff.; J.C. Wilmanns, ZPE 69, 1987, 183; dies., Sanitätsdienst 76. 29H.0. Schröder, RE Suppl. 7 (1940) 797ff.; G.W. Bowersock, Julian the Apostate (London 1978) bes. 115ff.; PLRE I 653f. Einige dieser Mediziner, so Statilius Kriton und Oribasius, hielten das Kriegsgeschehen in schriftlicher Form fest. Ebenso schrieb der Arzt Kallimorphos, der als Militärarzt am Partherfeldzug des Lucius Verus teilnahm, die Ereignisse in seiner Muttersprache nieder; siehe Lucian., Hist.Conscr. 16,24f. (FGrHist. I1 210); F. Jacoby, RE 10,2 (1919) 1648f. Nr. 1; vgl. H. Gossen, ebd. Nr. 2; C.P. Jones, Culture and Society in Lucian (Cambridge, Mass. - London 1986) 63f.; Wilmanns, Sanitätsdienst 229ff. Zur Frage, ob der Name des Kallimorphos von Lukian frei erfunden wurde, vgl. H. Solin, Die sogenannten Berufsnamen antiker Ärzte. In: Ph.J. van der Eijk - H.F.J. Horstmanshoff - P.H. Schrijvers, Ancient Medicine in its Socio-cultural Context. Papers Read at the Congress Held at Leiden University 13-15 April 1992. Bd. 1 (Amsterdam Atlanta 1995) 119ff.

Die ersten Valetudinarien des römischen Heeres entstanden in der Zeit um Christi Geburt bei der Nordarmee. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Ein gut ausgebildeter und voll einsatzfähiger Soldat stellte für das römische Heer gerade im Zuge von Okkupationen fernab des Mutterlandes einen erheblichen Wert dar. Schon aus diesem Grund war es angesagt, kranke und verwundete Soldaten gut zu versorgen und gegenseitige Ansteckungen nach Möglichkeit zu vermeiden. Im Zuge der Eroberung Germaniens mußten die Soldaten überdies in einem klimatisch ungünstigen Gebiet ohne entsprechende Infrastruktur behandelt und gepflegt werden3'. Zudem war es Augustus aufgrund seiner auf inneren Frieden, Ruhe und Ausgleich ausgelegten Politik nicht ohne weiteres möglich, Männer willkürlich und in beliebiger Zahl zu rekrutieren. Auch unter diesem Aspekt war es geraten, die unter den Fahnen stehenden Soldaten medizinisch optimal zu betreuen. Ein eigenes Gebäude zur Unterbringung der Kranken gehörte zur baulichen Ausstattung eines jeden Legionslagers sowie der größeren Auxiliarkastelle31. Kleinkastelle besaßen offensichtlich kein eigenes V a l e t ~ d i n a r i u m ~ ~ . Die Besatzungen dieser Kleinanlagen wurden sicherlich vom Fachpersonal des nächstgelegenen größeren Kastells mitbetreut bzw. notfalls dorthin gebracht. Gleiches ist für die Besatzungen von Wachtürmen und Feldwachen vorauszusetzen. Hierbei handelte es sich ohnedies um Soldaten, die nur temporär von ihrer Einheit zum Wachdienst abkommandiert wurden, ansonsten an den Annehmlichkeiten des Standlagers partizipierten. Im übrigen war es kein größeres Problem, bei Bedarf eine Mannschaftsunterkunft oder einen anderen Raum in ein Krankenzimmer umzufunktionieren. Selbst medizinische Eingriffe konnten notfalls außerhalb der Valetudinarien vorgenommen werden. Die Flotten und die stadtrömischen vigiles hatten offenbar keine eigenen Krankenhäuser. Freilich sind die Wachlokale bzw. Stützpunkte dieser Formationen archäologisch nicht so erforscht, dai3 die Existenz eines Valetu30E. Künzl, Die medizinische Versorgung der römischen Armee zur Zeit des Kaisers Augustus und die Reaktion der Römer auf die Situation bei den Kelten und Germanen. In: Römische Okkupation 185ff., bes. 197ff. 202; ferner: H. von Petrikovits, in: Legio V11 gemina 252 = ders., Beiträge I 545; Wilmanns, Sanitätsdienst 14f.; dies., Arzt 172 (jeweils mit weiterer Literatur). 31R.W. Davies, Saalburg Jahrb. 27, 1970, 94ff. = ders., Service 222ff.; von Petrikovits, Innenbauten 98ff.; Jackson, Doctors 133ff.; ders., JRA 3, 1990, 11; Künzl a.a.0. (Anm. 30) 197ff. - Zur Frage von Heiligtümern in Valetudinarien: P. Dyczek, Was it sacellum Aesculapii in the valetudinarium at Novae? In: Nunc de Suebis dicendum est. Studia archaeologica et historica G. Kolendo ab amicis et discipulis dicata (Warschau 1995) 125128. 32Wilmanns, Sanitätsdienst 106ff. mit der archäologischen Literatur.

dinarium mit Sicherheit ausgeschlossen werden könnte. Doch ist gut vorstellbar, daß die Flottensoldaten auf ihren Schiffen oder auf einem eigens dafür ausgerüsteten Schiff des Flottenverbandes medizinisch versorgt wurden. Die vigiles werden in ihren stationes oder von ihren zumeist in Rom ansässigen Angehörigen gepflegt worden sein33. Nach den Berechnungen von J.C. Wilmanns konnte ein Valetudinarium rund 4 bis 4,5% der Mannschaft mühelos aufnehmen34. In Notfällen konnten zweifellos weitere Betten eingeschoben, das heißt mehr Patienten betreut werden. Zudem dürften Kranke und Verwundete auch in ihren eigenen Unterkünften behandelt und gepflegt worden sein. Wie im Legionslager Neuss nachgewiesen wurde, gehörten zu Valetudinarien medizinische K r ä ~ t e r g ä r t e n ~Ingredienzien ~. zur Bereitung von Aufgüssen, Salben usf. standen demnach vor Ort zur Verfügung. Medikamente und andere medizinische Bedarfsgüter, deren Herstellung vor Ort nicht möglich war, wurden oft über weite Strecken herange~chafft~~. Archäologisch sind Räume, die als Krankenhausapotheke oder -küche dienten, nicht nachgewiesen, doch gab es sie sicher37. In spätantiken Lagern sind keine Valetudinarien bekannt. Dies mag am Fehlen von entsprechend gut ergrabenen späten Lagern liegen. Allerdings ist möglich, daß das wesentlich stärker mobilisierte Heer der Spätzeit auf den Bau und Unterhalt von Lazaretten verzichtete und seine erkankten und verwundeten Soldaten ähnlich wie in republikanischer Zeit geeigneten Familien in Stadt und Land zur Pflege überstellte, sie zu ihren eigenen Angehörigen z u r ~ c k b r a c h t e ~oder ~ , sie der kirchlichen Betreuung überantwortete. Immerhin gewannen in dieser Zeit die christlichen Xenodochien zunehmend an Verbreitung und an Bedeutung für die K r a n k e n ~ f l e ~ e ~ ~ . 33Vgi. Wilmanns, Sanitätsdienst 119; dies., Arzt 182; Wilmanns bemerkt zu Recht, daß beide Truppengattungen nach Ausweis der Inschriften nicht über einen optio valetudinarii, sondern jeweils über einen optio convalescentium verfügten; ein Bedeutungsunterschied, der am besten mit dem Fehlen von valetudinaria zu erklären ist. 34Sanitätsdienst 105; dies., Arzt 179. 35K.-H. Knörzer, Sudhoffs Archiv f. Gesch. d. Medizin U. Naturwiss. 47, 1963, 311ff.; ders., ebd. 49, 1965, 416ff.; J.C. Wilmanns, Wehrmedizinische Monatsschr. 34, 1990, 496; dies., Sanitätsdienst 130. 36R.W. Davies, Saalburg Jahrb. 27, 1970, 92ff. = ders., Service 219ff.; Kissel, Untersuchungen 244ff. 37Vgl. R.W. Davies, Britannia 2, 1971, 122ff. = ders., Service 187ff.; Wilmanns, Arzt 182. 38Vgl. unten p. 83. 3 9 0 . Hiltbrunner, RE 9 A 2 (1967) 1487ff., bes. 1491ff.; F. Glaser, Carinthia 190, 1980, 89ff.; C. Krumeich, Hieronymus und die christlichen feminae clarissimae. Habelts Dissertationsdrucke, Alte Geschichte 36 (Bonn 1993) 289ff.; H.-G. Severin, Pilgerwesen und

Die Verwaltung eines Valetudinarium oblag dem optio v a l e t ~ d i n a r i i ~Bei ~. den anhängigen Verwaltungsaufgaben unterstützte ihn ein librarius. An der Spitze des medizinischen Personals standen die Ärzte. Inschriften belegen medici für alle Truppengattungen des kaiserzeitlichen Heeres einschließlich der stadtrömischen Einheiten, das heißt das Vorhandensein eines oder mehrerer Truppenärzte war nicht von der Existenz eines Lazarettes abhängig4'. Selbst Vexillationen wurden von Ärzten begleitet42. Neben Ärzten bemühten sich um die Wiederherstellung der Kranken und Verwundeten vor allem Sanitäter (capsarii) zusammen mit ihren Lehrlingen (discentes capsariorum) und Krankenpflegern (qui aegris praesto ~ u n t ) Bei ~~. den zuletzt genannten Männern handelt es sich vermutlich um Soldaten, die nicht ständig im Bereich der Krankenpflege Dienst taten, sondern bei Bedarf herangezogen wurden44. In Schlachten und anderen Notlagen leisteten zudem Kameraden erste Hilfe4'. Vorstellbar ist zudem, daß auch die Sklaven der Offiziere und Soldaten bei Bedarf zu Hilfstätigkeiten bei der Versorgung von Verwundeten und Kranken im Feld wie im Lager herangezogen wurden. Interessanterweise finden sich unter den Militärärzten immer wieder Zivilisten. Das heißt, neben Medizinern, die eine normale Dienstzeit als Soldat absolvierten, standen dem römischen Heer Ärzte zur Verfügung, die sich, ohne in den Soldatenstand einzutreten, für eine bestimmte Zeitspanne verdingten, das heißt ihre Sold- und Dienstbedingungen frei a ~ s h a n d e l t e n ~Zu~. dem mußte sich ein Vertragsarzt nicht den für reguläre Soldaten bindenden Herbergen. In: E. Dassmann - J. Engemann (Hgg.), Akten des 12. Internat. Kongr. für Christl. Arch., Bonn 22.-29. Sept. 1991 (Münster 1995) 329ff. 40Zum Sanitätspersonal ausführlich Wilmanns, Sanitätsdienst 117ff. 41R.W. Davies, ES 8, 1969, 95ff.; ders., Saalburg Jahrb. 27, 1970, 87ff. = ders., Service 214ff. und ES 9, 1972, 11; Wilmanns, Arzt 173; dies., Sanitätsdienst 142ff. 42CIL XI11 7943 (145 n. Chr.). 43Beide Gruppen gehören zu den immunes (Dig. 50,6,7). - Wilmanns, Arzt 173f. hält es für wahrscheinlich, daß eine Legion wenigstens 20 Sanitätssoldaten plus Lehrlinge hatte. - Eigene Krankenträger gab es im Gegensatz zu der wiederholt auf Grundlage von P.Gen.Lat. 1 = CPL 106 = Daris 10 = Fink 9 = ChLA I 7, V Kol. 2, Z. 14 vertretenen Ansicht offenbar nicht; siehe Wilmanns, Sanitätsdienst 123f. mit Anm. 295. Vermutlich übernahmen diesen Dienst die Kameraden. 44Wilmanns, Sanitätsdienst 55. Eine Abkommandierung ad valetudinarium belegt PSI XI11 1307 = CPL 108 (Z. 20) und wohl auch Tab.Vindo1. I1 155 (Z. 6). 45Tac., Hist. 2,45,3. - Ein anschauliches Bild von der Versorgung Verwundeter am Rande des Schlachtfeldes bietet ein Detail der Trajanssäule; C. Cichorius, Die Reliefs der Trajanssäule (Berlin 1896) Szene 102-103 mit Kommentar Textbd. 2, 198; vgl. Jackson, Doctors 132 Abb. 34; Davies, Service 208 Abb. 10.1; Kissel, Untersuchungen 242. 46Vgl. von Domaszewski, Rangordnung 45; R.W. Davies, ES 8, 1969, 85ff. und ES 9, 1972, 3ff.; J.C.Wilmanns, ZPE 69, 1987, 177ff.

Vorschriften in Hinblick auf Ehe und Dienstzeit unterwerfen4'. Fraglos bot das Heer einem Arzt genug Möglichkeiten, bei einem gesicherten Einkommen seine Fachkenntnisse zu erweitern, fremde Heilmethoden zu studieren und nebenbei bislang ihm unbekannte Regionen des Imperium Romanum kennenzulernen. So wirkte beispielsweise M. Ulpius Telephorus zunächst bei der in der Germania superior in Echzell stationierten ala Indiana und dann bei der in der Mauretania Tingitana liegenden ala I11 Asturum als Arzt4'. Ebenso betont Pedanius Dioskurides, er sei als Militärarzt weit h e r ~ m g e r e i s t ~ ~ . Einen Vertragsarzt im Militärdienst fassen wir in Numisius, dem ein Kaiser (wahrscheinlich Caracalla) auf seine Anfrage hin bestätigte, daß er auf Dauer seiner Tätigkeit bei der in Aquincum stationierten legio I1 adiutrix keine rnunera civilia zu leisten brauche50. Danach genoß er nur noch Befreiung, wenn er unter die begrenzte Zahl von zivilen Ärzten fiel, denen innerhalb ihrer Gemeinde Immunität zukam. Die Zahl dieser bevorrechtigten Mediziner war seit Antoninus Pius je nach Größe des Gemeinwesens auf maximal fünf, sieben bzw. auf zehn begrenzt51. Dieser Numerus clausus mag manchen Arzt bewogen haben, seinem Beruf für einige Jahre beim Heer nachzugehen. Da das Heer in Notzeiten wie in der Aufbauphase des Sanitätswesens unter Augustus immer wieder Mangel an regulären Soldaten, die als Arzt ausgebildet waren, gehabt haben dürfte, wird man gerne auf Zivilisten zurückgegriffen haben. Insgesamt hatte das Heer lediglich drei Möglichkeiten, sich mit Ärzten zu versorgen: erstens bereits voll ausgebildete Mediziner als Soldaten aufzunehmen; zweitens selbst Ärzte heranzubilden; drittens Zivilisten für bestimmte Zeit unter Vertrag zu nehmen52. Zur erstgenannten Möglichkeit ist 47Wilmanns, Sanitätsdienst 101f. 48CIL XI 3007 = ILS 2542. 49Mat. med., praef. 4 (1. Jh.); vgl. Galen. 13,604 (ed. Kühn); M. Wellmann, RE 5, 1903, 1131f.; J.C. Wilmanns, ZPE 69, 1987, 183; dies., Sanitätsdienst 27. 127; dies., Arzt 176f. 50CI 10,53,1(Imp. Antoninus A. Numisio): Cum te medicum legionis secundae adiutricis esse dicas, munera civilia, quamdiu rei publicae Causa afueris, suscipere non cogeris: cum autem abesse desieris, post finitam eo iure vacationem, si in eorum numero eris, qui ad beneficia medicis concessa pertinent, ea immunitate uteris. R.W. Davies, ES 8, 1969, 93; J.C. Wilmanns, ZPE 69, 1987, 181; dies., Sanitätsdienst 208f. Nr. 58. - Dagegen sieht Link, Privilegierung 97f. Numisius als regulären Soldaten an. Er wertet zudem CI 10,53,1 als Beleg für eine fehlende Befreiung der Veteranen von den munera civilia unter Antoninus Pius. 51Dig. 27,1!6,2-3; F. Oertel, Die Liturgie. Studien zur ptolemäischen und kaiserlichen Verwaltung Agyptens (Leipzig 1917) 391 mit Anm. 8. 395. - Privilegien, über die ein Mediziner verfügte, bevor er als Truppenarzt tätig wurde, standen ihm nach Beendigung seines Dienstes wieder zu; Dig. 4,6,33,2 (Modestinus). 52Vgl. Wilmanns, Sanitätsdienst 71ff. 101f. 128; dies., Arzt 174f.

Der Sinn dieser Aufgabe war fraglos ein doppelter: Prüfung der Unterbringung und Versorgung der Kranken wie die Aussonderung von SimulantenG1. Über den hohen Stand der Medizin in Hinblick auf die Behandlung von Kampfverletzungen informieren zahlreiche Funde chirurgischer InstrumenteG2 wie die Traktate des zur Zeit des Tiberius schreibenden A. Cornelius Celsus und des auf früheren Quellen fußenden berühmten alexandrinischen Mediziners Paulos von Aigina (7. Jh. n. Chr.). Beide befaßten sich unter anderem eingehend mit der Extraktion von Hieb- und Stichwaffen, also mit einem Problem, vor das sich Militärärzte häufiger gestellt sahenG3. Einige Inschriften lassen erkennen, daß es unter den Truppenmedizinern zumindest an manchen Orten Fachärzte für spezielle Fälle gab. Belegt sind der chirmrgus, der ocularius (ophthalmicus) und der clinicus (Facharzt für innere Krankheiten?)64. Erwähnung verdienen noch die ausschließlich in Nordafrika bezeugten marsi, Spezialisten für Schlangen- und Skorpionbisse; sie waren keine Ärzte, sondern für die Behandlung von Bißwunden ausgebildete SanitäterG5. Klagen von Soldaten über eine schlechte medizinische Betreuung sind im Gegensatz zu vielen anderen Beschwerden nicht überliefert. Dies läßt in Kombination mit dem, was wir über den Sanitätsdienst wissen, darauf schließen, daß der Stand der ärztlichen Betreuung gut warG6.Zudem scheint sie kostenlos gewesen zu sein; jedenfalls haben wir keine Hinweise darauf, daß Soldaten für ärztliche Dienstleistungen bezahlen mußten. 61Simulantentum bezeugt Dig. 49,16,6,5 (Arrius Menander). 6 2 Z ärztlichen ~ Instrumenten in römischer Zeit siehe R.W. Davies, Saalburg Jahrb. 27, 1970, 89ff. = ders., Service 215ff.; E. Künzl, Medizinische Instrumente aus Sepulkralfunden der römischen Kaiserzeit. Kunst und Altertum am Rhein. Führer des RLM Bonn 115 (Köln - Bonn 1983); dens., BJb 186, 1986, 491ff. (zu Funden chirurgischer Instrumente in Thermen); H. Matthäus, Der Arzt in römischer Zeit. Medizinische Instrumente und Arzneien. Archäologische Hinterlassenschaften in Siedlungen und Gräbern. Schriften des Limesmuseums Aalen 43 (Aalen 1989); R. Jackson, JRA 3, 1990, 5ff. 63Paul. Aeg. 6,88,lff. (Corp. Med. Graec. 9,2 p. 129ff.);Cels. 7,5,lff. (p. 308ff. Marx I); Webster, Imperial Army 252f. 64Z.B. CIL V1 2532 = ILS 2093; AE 1945,62; Galen. 12,786 (ed. Kühn); vgl. R.W. Davies, ES 8, 1969, 87f.; vgl. 95ff.; dens., Saalburg Jahrb. 27, 1970, 87 = ders., Service 214; Wilmanns, Sanitätsdienst 22. 68. 116. 146ff.; dies., Arzt 183. 65Cagnat, L'armee 192f.; Wilmanns, Sanitätsdienst 73. 117f. 122f. 243ff.; dies., Arzt 182; vgl. R.W. Davies, Saalburg Jahrb. 27, 1970, 87 = ders., Service 212. - Wilmanns, Sanitätsdienst 123 vermutet, daß diese Tkadition auf den libyschen Stamm der Psylli zurückgehen könnte. Heilkundige Psyller standen schon Cato Uticensis auf seinem Marsch von der Cyrenaica in die Provinz Africa zur Verfügung. 66R.W. Davies, Saalburg Jahrb. 27, 1970, 102 = ders., Service 231; ders., Medical Hist. 14, 1970, 10lff.; Wilmanns, Sanitätsdienst 129f.

Wie die Krankenpflege auf dem Marsch oder im Rahmen von Vexillationen, fernab der mit Valetudinarien ausgestatteten Lager, geregelt war, ist im Detail fraglich6'. Einiges ist den literarischen Quellen zu entnehmen. Zu den vorbildlichen Verhaltensweisen eines fähigen Feldherrn gehörte nach der Historia Augusta die Sorge um die Kranken: Er besuchte die kranken Soldaten in den Zelten und ließ sie im Bedarfsfall auf Wagen weiterbefördern. Schwerer Erkrankte wurden nicht mit dem Heer mitgeführt, sondern auf Kosten des Kaisers geeigneten Familien zur Pflege überlasseP. Die Idealdarstellungen der Historia Augusta fußen zweifellos auf dem mobilen, nicht in Dauerstandlagern kasernierten Feldheer, doch gehen wir kaum fehl, ein entsprechendes Versorgungssystem für das auf dem Marsch oder Feldzug befindliche Heer seit republikanischer Zeit vorauszusetzen69. Die kaiserzeitlichen Valetudinarien verfügten offenbar über einen eigenen Fuhrpark; das heißt bei großangelegten Feldzügen werden auch Teile des Personals der Valetudinarien samt beweglichem Gerät den Soldaten in den Krieg gefolgt sein; in Friedenszeiten könnten die dem Valetudinarium zugehörigen Wagen unter anderem zum Transport von Rekonvaleszenten in ein Heilbad benutzt worden sein70. Angemerkt sei noch, daß sich die medizinische Betreuung im römischen Heer nicht allein auf den Menschen erstreckte; auch für erkrankte oder ver67H. von Petrikovits, in: Legio V11 gemina 252 = ders., Beiträge I545 nimmt aufgrund von PS.-Hyg. 4 und PS.-Hyg. 35 Valetudinarien auch für Marschlager an. Dabei ist an Lazarettzelte zu denken. Kritisch wurde es, wenn Zelte und medizinische Bedarfsgüter dem Feind in die Hände fielen; Tac., Ann. 1,65,6. 68HA, H 10,6. AS 47,2f.; vgl. A 7,8 (kostenlose ärztliche Hilfe für Soldaten) und Veget., Epit. rei mil. 3,2, der ebenfalls die Fürsorgepflicht der Offiziere und des Heerführers für erkrankte Soldaten herausstellt. Diese hat eine lange, in republikanische Zeit zurückgeliende Tradition; siehe Plut., Ant. 43,l (Antonius besucht nach der Schlacht die Verwundeten und spricht ihnen Mut zu); Vell. 2,114,lf. (Tiberius hilft durch die Bereitstellung von Ärzten, der benötigten speziellen Verpflegung sowie mit allem, was zur Bereitung eines Bades nötig ist); Tac., Ann. 1,71,3 (Germanicus besucht die Verwundeten und lobt ihre Taten); Arr., Peripl. m. Ex. 6,2 (Visitierung der Kranken). - Ausgabe von Verbandsmaterial: Tac., Ann. 1,69,1 (Agrippina) und Dio 68,8,2 (Trajan). - Soldaten in der Obhut niedergelassener Zivilärzte: P.Ross.Georg. I11 1 und 2 mit BL 3 p. 156 (270 n. Chr.); Wilmanns, Sanitätsdienst 97ff. mit Anm. 241. 69SieheCaes., B.c. 3,75,1 (Verbringung von Kranken und Verwundeten nach Apollonia); Bell. Alex. 44,4; Front., Strat. 2,11,2 (Unterbringung von Verwundeten in einer Stadt); Bell. Afr. 21,2 (Beförderung von Verwundeten nach Hadrumetum); ferner: Plut., Ant. 45,4 (Transport von Kranken und Verwundeten); G. Veith, in: Kromayer - Veith, Heerwesen I1 414. 7 0 ~ i l m a n n sSanitätsdienst , 117f. mit Anm. 280. 241ff. Nr. 87 (= CIL V111 2563 + p. 954 p. 1723 = ILS 2437; unter der Samtherrschaft von Septimius Severus und seinen Söhnen).

+

wundete Tiere standen eigens Fachleute (medici veterinarii) zur Verfügung. Erwähnt seien stellvertretend für andere der iscscwictrpog der cohors I Thebaeorum(?) equitata Gaius Aufidius71 und der medicus cohortis primae praetorzae veterinarius [. A?]llius Quartio7'. Unterstützung dürften die Tiermediziner von den pecuarii erhalten haben, die ohnedies mit der Aufsicht über den Viehbestand betraut waren73.

3.3

Heilbäder für Heeresangehörige

Zur Rekonvaleszenz wie zur Behandlung chronischer Erkrankungen suchte man im Altertum ebenso wie heute Heilbäder auf. Somit liegt es nahe, daß sich auch Soldaten von diesen Orten Heilung oder wenigstens Linderung ihrer Leiden erhofften. Nach dem derzeitigen Forschungsstand scheint es plausibel, daß die Mehrzahl der Provinzen über wenigstens ein für das Militär bestimmtes 'Staatsheilbad' verfügte. Wie sie personalmäßig ausgestattet waren und von wem sie verwaltet wurden, wird sich, wenn überhaupt, nur durch weitere glückliche Funde klären lassen. Ebensowenig läßt sich sagen, ob Badeund Tkinkkuren für Heeresangehörige kostenlos waren, oder ob sie, zumindest anteilig, dafür aufzukommen hatten. Neben aktiven Soldaten74 suchten Veteranen75 und Familienangehörige von Soldaten und Offizieren Heilbäder auP6. Ob sie als Privatpersonen oder als Heeresangehörige im weiteren Sinn am Kurbetrieb teilhatten, ist nicht bekannt. Die Angehörigen des niedergermanischen Heeres suchten schon im 1. Jahrhundert in Aquae Granni (Aachen), ihre Kollegen in Obergermanien spätestens in flavischer Zeit in Aquae (Baden-Baden) und in Aquae Mattiacorum 71CIG 5117 = IGRR I 1373 = SB V 8541 = Wilmanns, Sanitätsdienst 233f. Nr. 78 (wohl 1. Hälfte 1. Jh.). 72CIL V1 37194 = ILS 9071 = Wilmanns, Sanitätsdienst 142f. Nr. 1 (sicherlich 1. Jh.). Zu Tierärzten siehe R.W. Davies, ES 8, 1969, 88; dens., Saalburg Jahrb. 27, 1970, 87 = ders., Service 212; Wilmanns, Sanitätsdienst 64. 90. 143. 180f. 202f. 233. 243. Zur Frage, ob die veterinan'a der Lager als 'Tierlazarette' oder eher als Zug- und Tragtierpferche zu interpretieren sind, siehe von Petrikovits, Innenbauten 101f. mit 182f. Anm. 131. 73R.W. Davies, ES 8, 1969, 83. 88; vgl. A. Passerini, DE 4,1, 609 Nr. 70. 74Von der Beliebtheit warmer Quellen bei den Soldaten zeugt auch CIL I11 12336 = IGRR I674 = FIRA IZ Nr. 106 = IGBR IV 2236. 75Siehe das folgende. '=So dankte Antonia Postuma, die Gattin des Mainzer Legionslegaten T. Porcius Rufianus, in Wiesbaden der Göttin Diana Mattiaca für die Heilung ihrer Tochter (CIL XI11 7565; siehe dazu die Ergänzungen von G. Alföldy, Germania 44, 1966, 136ff.).

(Wiesbaden) Heilung. Sicher bevorzugten die Angehörigen der Mainzer Legion wie die in der Nähe garnisonierten Auxiliarsoldaten Aquae Mattiacorum, die am Oberrhein eingesetzten Soldaten hingegen Aquae (Baden-Baden). In Britannien erstrebten römische Soldaten in Aquae Sulis Genesung. Den in der Provinz Pannonia superior stehenden Truppen stand Aquae Iasae als Heilbad zur Verfügung77. Die in Aquincum (Pannonia inferior) stationierten Soldaten hatten warme Quellen zum Baden und zur Erholung direkt vor der Hau~tür~~. In der Provinz Rätien stationierte Soldaten nutzten die Heilquellen im heutigen Bad Gögging79. Der Badebetrieb in Bad Gögging reicht möglicherweise bis in flavische Zeit zurück. Um die Mitte des 2. Jahrhunderts war das Bad voll in Betrieb. Ein deutlicher Aufschwung des Kurbetriebs ist nach Ankunft der legio 111 Italica in Regensburg zu konstatieren. Er zog die entsprechenden Baumai3nahmen nach sichs0. Inschriften- und Ziegelstempelfunde legen nahe, daß an der Finanzierung und Errichtung der vom Militär genutzten Heilbäder bereits seit dem 1. Jahrhundert Kaiser, Fiskus und Heer beteiligt waren. In Bad Gögging sind Stempel der Regensburger legio I11 Italica in mehreren Varianten wie der cohors I11 Brittonum equitata (Standort: Eining) und vielleicht noch einer dritten Truppe zu verzeichnen. Weitere in Bad Gögging zutage gekommene Ziegel sind CAESAR oder FISCAL (in drei Varianten) gestempelts1. Auch im Bereich der Heilthermen von Aquae Granni fanden in großer Zahl von Einheiten des niedergermanischen Heeresverbandes gestempelte Ziegel

77Vgl. die Inschriften AIJ 458ff.; A. U. J. Sa~el,Situla 5, 1963, 356f.; diess., Situla 19, 1978, 1171f. 7 8 Z den ~ Kurorten des Heeres in den beiden germanischen Provinzen, in Dakien wie Britannien und vor allem zu Aquae Iasae siehe H. von Petrikovits, ArhVest 19, 1968, 89ff. = ders., Beiträge I 479ff.; dens., in: Studien zur europäischen Vor- und Fkühgeschichte. Festschrift für H. Jankuhn (Neumünster 1968) 118f. = ders., Beiträge I 477f. Zu Aachen siehe dens., ebd. sowie H. Nesselhauf, BJb 167, 1967, 268ff., bes. 278f.; Schillinger 144; C.B. Rüger, in: RiNW 322f. und H.G. Horn, ebd. 328f. CIL XI11 12006 (Aachen) nennt einen Veteranen der legio X gemina. Zu Wiesbaden siehe auch E. Ritterling, RE 12,2 (1925) 1734; H.G. Simon, in: FüH 487ff.; W. Czysz, Wiesbaden in der Römerzeit (Stuttgart 1994) 58-109. - H. von Petrikovits, in: Studien zur europäischen Vor- und Fkühgeschichte. Festschrift für H. Jankuhn (Neumünster 1968) 118 = ders., Beiträge I 477 hält es für möglich, daß in Lambaesis ebenfalls ein Truppenkurheilbad existierte. 7 9 ~ u b e rAusgrabungen, , bes. 17f. 40. 80Nuber, Ausgrabungen 40. 81Nuber, Ausgrabungen 17ff. mit Abb. 6,l-10.

Verwendungs2. In Aquae Mattiacorum wurden zur Errichtung der Thermenanlagen Ziegel der l . , 14., 21. und 22. Legion verwendet; die legio XIV gemina Martia fertigte zudem die für eine Wasserleitung benötigten Bleirohres3. Auch für Baden-Baden lieferten verschiedene Einheiten des römischen Heeres Baumaterialien bzw. erledigten vor Ort Bauarbeiten. Nachweislich fertigten die XI Claudia, die bis in Trajans Zeit in Vindonissa (Windisch) stand, die seit flavischer Zeit permanent in Argentorate (Straßburg) stationierte legio V111 Augusta wie die cohors XXVI vol. C. R. Ziegelmaterial für Baden-Baden. An verschiedenen Baumaßnahmen waren gemäß den epigraphischen Testimonien vor Ort die cohors XXVI vol. C. R.84, die V11 Raetorum equitata sowie Detachements der legio I adiutrix beteiligt. Möglicherweise steht die Anlage bzw. der Ausbau der genannten Heilbäder mit der Einrichtung der germanischen Gebiete als reguläre Provinzen in Zusammenhang. Baden-Baden erfreute sich offensichtlich der besonderen Gunst Domitians, der dort umfängliche Baumaßnahmen vornehmen ließs5. Schließlich veranlaßte Caracalla die Renovierung von Teilen der Thermena6. Möglicherweise galten auch Baumaßnahmen von Severus Alexander den Heilquellen in Baden-Badens7. In Hinblick auf die Kurenden erlauben die epigraphischen Zeugnisse den Schluß, daß die 'Militärheilbäder' Heeresangehörigen aller Truppengattungen und Ränge offenstanden. Zwar läßt sich im Einzelfall nicht feststellen, ob der betreffende Soldat zu Kurzwecken oder in dienstlichem Auftrag am Ort weilte, doch dürfte ersteres mehrheitlich zutreffen. In Aquae Sulis (Bath) finden sich mehrfach Angehörige der legio I1 A u g ~ s t a "wie ~ der legio V1 82H. von Petrikovits, ArhVest 19, 1968, 91 = ders., Beiträge I 481; siehe auch dens., in: Studien zur europäischen Vor- und Frühgeschichte. Festschrift für H. Jankuhn (Neumünster 1968) 118f. = ders., Beiträge I 477f. (mit den Quellen). 83CIL XI11 7576; H.G. Simon, in: RiH 488. 84CIL XI11 6306f. Einen Architekten und Steinmetze, sicher der 26. Kohorte, belegt ein Minerva geweihter Altar; siehe H. Nesselhauf, Fundber. Bad.-Württ. 3, 1977, 328ff. Nr. 1. 85CIL XI11 6297f. p. 92 Finke 338; siehe dazu F. Drexel, Germania 13, 1929,173; E. Schallmayer, in: RiBW 226ff., bes. 227f.; vgl. H. Nesselhauf, Fundber. Bad.-Württ. 3, 1977, 328ff., bes. 328 Anm. 2; M. Riedl, Fundber. Bad.-Württ. 4, 1978, 307ff.; siehe ferner: E. Schallmayer, Aquae - das römische Baden-Baden. Führer zu archäologischen Denkmälern in Baden-Württemberg 11 (Stuttgart 1989). 86CIL XI11 6301 + 6312 p. 92 Finke 337. 87CIL XI11 6302. - Für den Erhalt der Heilbäder trugen die Herrscher auch in späterer Zeit Sorge. So ließ Konstantin im vom Feuer verheerten Aquae Iasae umfängliche Renovierungsarbeiten vornehmen; CIL I11 4121 = ILS 704 = AIJ 469. 88RIB 146 (centußo); RIB 147 (imaginifer); RIB 157 (miles).

+

+

+

+

vi~trix'~,der XX Valeria victrixgOsowie der ala Vettonum C. R." und ein centurzo regionariusg2als Kurgäste. Diffuser als in Aquae Sulis gestaltet sich der Befund im obergermanischen Aquae (Baden-Baden). Hier ist unklar, inwieweit die vorgefundenen, überwiegend aus flavischer Zeit stammenden Belege für die Präsenz von Soldaten mit den erwähnten Baumaßnahmen zu erklären sindg3. So könnten mehrere in Aquae bestattete Soldaten der legio V111 dort entweder im Zuge eines Kuraufenthaltes oder während einer Abkommandierung zu Bauarbeiten verstorben seing4. Auch bei den in Aquae Mattiacorum erhaltenen Weihungen und Grabinschriften römischer Soldaten und Veteranen ist nicht in allen Fällen zweifelsfrei zu entscheiden, ob diese die Heilquelle nach Wiesbaden führte oder ob sie kurzzeitig in Wiesbaden lagen bzw. dorthin abkommandiert waren. Auch wird der eine oder andere in Mainz stationierte Soldat aus privaten Gründen im benachbarten Wiesbaden geweilt haben. Die Wiesbadener Heilquellen könnten schließlich in der Zeit des Severus Alexander einen Zenturio der legio V11 gemina [[Alexandriana]]zur Kur dorthin geführt habeng5. 89RIB 139 sowie RIB 143. 144 (liberti für das Wohlergehen ihres Patrons = centun'o). SoMB 156 (fabricensis legionis); M B 158 (miles); RIB 160 (emen'tus ex legione). glRIB 159 (eques). 92RIB 152. 93Weihungenund Grabsteine von Heeresangehörigen in Aquae: H. Nesselhauf, Fundber. Bad.-Württ. 3, 1977, 331ff. Nr. 2 mit Abb. 2 (Weihung an Mercur; miles der I adiutrix). - Cohors V11 Raetorum: CIL XI11 6295 Finke 338 (Weihung an Minerva; Sklave des Präfekten). - Cohors XXVI vol. C. R.: CIL XI11 6292 (Weihung an Mater deorum; centun'o); XI11 6305 p. 92 (Grabstein eines miles); XI11 11717 (Grabstein für einen centun'o). - XI11 11711 (Weihung an I.O.M.; bucinator; keine Einheit genannt). - Zur 8. und 14. Legion siehe die folgenden Anm. 94CIL XI11 11716 (Veteran[?] der V111 Augusta); weitere Inschrift eines Veteranen der 8. Legion (kaum später als 1. Jh.): H.U. Nuber, Legionäre und Veteranen im Kurzentrum AquaefBaden-Baden. In: E. Sangmeister (Hg.), Zeitspuren. Archäologisches aus Baden. Archäologische Nachrichten aus Baden 50, 1993, 144f. Einen weiteren 1980 aufgefundenen Grabstein eines aktiven Soldaten der V111 Augusta erwähnen von E. Schallmayer, in: RiBW 228 und Nuber a.a.0. 144. - Soldaten der legio XIV gemina dürften in Baden-Baden eher dienstlich als als Kurgäste geweilt haben, denn für in Mainz stationierte Soldaten hätte eine Badekur in Wiesbaden näher gelegen. Allerdings wissen wir nicht, inwieweit bei der Wahl des Kurortes ärztliche Indikationen eine Rolle spielten; CIL XI11 6304 + p. 92. XI11 11712 (Altar für Minerva). 95CIL XI11 7564; E. Ritterling, RE 12,2 (1925) 1637f. erwog aufgrund dieser Inschrift eine Beteiligung der hispanischen Legion am Germinenkrieg des Severus Alexander. Weihungen, Grabsteine von Soldaten und Veteranen in Wiesbaden: Legio VIII: CIL XI11 7574 p. 128 (Grabstein; miles). - Legio XIV gemina: CIL XI11 7575 p. 128 (Grabstein; Veteran). - Legio XXII Primigenia: CIL XI11 7570b; vgl. XI11 7570c (Weihung an Sol; Veteran); XI11 7577 + p. 128 (Grabstein; Veteran). - Legion nicht erhalten:

+

+

+

+

seines Leidens nicht ohne weiteres erneut in das Heer eintreten. Ein entsprechender Bescheid Gordians zeigt, daß selbst in Krisenzeiten ein per missio causaria entlassener Soldat nur nach genauer Begutachtung durch mindestens zwei Ärzte und einen iudex competens (Statthalter?) unter Anrechnung der bereits geleisteten Dienstzeit erneut dienen durfte1". Die Zahl der alljährlich vorzeitig entlassenen Soldaten kennen wir ebensowenig wie ihr weiteres Schick~al'~'.Pompeius besiedelte die von ihm zur Erinnerung an seinen Sieg über Mithridates VI. (66 V. Chr.) gegründete Stadt Nikopolis in der Hauptsache mit Veteranen und Kriegsversehrtenlo2. Eine Vorgehensweise, die kaum einen Einzelfall darstellte. Für die Betroffenen sicher ein Glück im Unglück, denn die gemeinsame Ansiedlung mit altgedienten Kameraden stempelte sie kaum zu Außenseitern, sondern gab ihnen die Möglichkeit zur Integration in ein gesellschaftliches Umfeld, von dem sie akzeptiert wurden. Im Kreis ehemaliger Soldaten hatte man sicher Verständis für ihre Behinderungen und Leiden. Ihr Auskommen dürften die causarii gehabt haben, denn sie erhielten die einem Veteran zustehenden Vorrechte und Vergünstigungen und ein praemium militiae, also ein Landlos oder eine pekuniäre Abfindunglo3. Einbußen mußten sie unter Caracalla hinnehmen. Fortan sollten nur noch diejenigen, die im Falle der missio causaria 20 Dienstjahre, also de facto die Ableistung der regulären Dienstzeit eines Legionärs, aufzuweisen hatten, in den Genuß aller einem Veteranen zustehenden Privilegien kommen: Qui causaria missione sacramento post viginti stipendia solvuntur, et integram famam retinent et ad publica privilegia veteranis concessa pertinent104.Die hohe Anzahl der Dienstjahre läßt darauf

loOCI12,35,6 (Imp. Gordianus A. Bruto militi): Seme1 causaria missis militibus instauratio non solet concedi obtentu recuperatae valitudinas melioßs, quando non temere dimittantur, nisi quos constet medicis denuntiantibus et iudice competente diligenter etiam investigante vitium contraxisse; J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 913. lolNach W. Scheidel, Klio 77, 1995, 232ff., bes. 249f. dürften Ca. 10-15% der Soldaten vorzeitig das Heer verlassen haben; dabei ist wiederum fraglich, wieviele davon aufgrund einer missio causaria ausschieden. lo2Strabo 12,3,28; Dio 36,50,3; Oros. 6,4,7; vgl. App., Mithr. 105.115; E. Olshausen, Zum Organisationskonzept des Pompeius in Pontos - ein historisch-geographisches Argument. In: ders. - H. Sonnabend (Hgg.), Stuttgarter Kolloquium zur Historischen Geographie des Altertums 2, 1984 und 3, 1987. Geographica Historica (Bonn 1991) 452f.; R. Syme, Anatolica. Studies in Strabo (Oxford 1995) 112. lo3Dig. 49,16,13,2 (Macer): et ideo et ad eum, qui causaria missus est, potest dici pertinere, cum huic quoque praemium praestatur. H . Graßl, in: Römische Geschichte, Altertumskunde 283f.; W. Scheidel, Klio 77, 1995, 250. lo4CI 5,65,1 (Imp. Antoninus A. Saturnino; 213 n. Chr.).

schließen, daß Mißbrauch ein Riegel vorgeschoben werden solltelo5. Eine Milderung trat offenbar unter den Nachfolgern Caracallas ein. Gemäß Modestin erhielten Soldaten, die wenigstens fünf Dienstjahre absolviert hatten, bevor sie aufgrund eines körperlichen Gebrechens vorzeitig entlassen wurden, je nach Dauer ihres Militärdienstes immunitates zuerkannt. So waren sie von der Verpflichtung, Vormundschaften zu übernehmen oder Ehrenstellen wahrzunehmen, je nach Länge ihrer Dienstzeit entbunden. Diese Befreiung galt auf Dauer von einem Jahr nach 5, von 2 Jahren nach 8, von 3 Jahren nach 12 und von 4 Jahren nach 16 Dienstjahren. Dagegen genossen Veteranen, die wenigstens 20 Jahre gedient hatten, grundsätzlich Befreiung von der tutela gegenüber Zivilistenkindern, nicht aber gegenüber den Kindern von Soldaten. Hierzu konnten sie nach einem Jahr vacatio herangezogen werdenlo6. Kaiser Konstantin I. erkannte schließlich denjenigen, die infolge einer Kampfverletzung vorzeitig entlassen werden mußten, für sich und ihre Ehefrau Steuerfreiheit (Befreiung von der capitatio) zu, auch wenn die Entlassung wegen Invalidität vor Ableistung von 20 Dienstjahren erfolgte107.

105Vorstellbarist sowohl das Erkaufen der missio causaria als auch Selbstverletzung oder das Simulieren von Leiden durch dienstmüde Soldaten. lo6Dig. 27,1,8,2f. (Modestinus);A. Neumann, RE Suppl. 9 (1962) 1603; vgl. Fijala, Veteranenversorgung 168; H. Wolff, in: Heer und Integrationspolitik 109f. mit Anm. 176. lo7FIRA 12 Nr. 93, Z. 16ff. (311 n. Chr.): si quis forte ex preli vulnere causarius fuerit effectus, etiam si intra viginti stipendia ex ea causa rerum suarum vacationem fverit consecutus, ad beneficium eiusdem indulgentiae nostrae pert(a)niat ita, ut suum et uxoris suae kaput excuset; H. Wolff, in: Heer und Integrationspolitik 108.

Kapitel 4 Freizeit und Urlaub 4.1

Unterhaltung am Garnisonsort

Seit alters her folgten Roms Truppen Händler, Köche, Bäcker, Gaukler, Schauspieler, Akrobaten, Tänzer, Sangeskünstler und Musikanten beiderlei Geschlechts. Zu ihnen gesellten sich Prostituierte, Wahrsager und Opferpriester'. Diese Personen waren den Soldaten wegen der Abwechslung und Zerstreuung, die sie boten, willkommen. Den Kommandeuren dagegen gaben sie immer wieder Anlaß, sie wegen ihres demoralisierenden Einflusses auf die Heeresdisziplin aus der Nähe der Soldaten zu entfernen2. Es ist somit berechtigt zu fragen, inwieweit dem Bedürfnis der Soldaten nach Unterhaltung, allgemeiner formuliert, nach Möglichkeiten, sich zu vergnügen, im römischen Heer Rechnung getragen wurde. 'H. von Petrikovits, in: Roman Fkontier Studies 1979, 1027ff. = ders., Beiträge I1 75f.; ders., Beiträge I1 169. Die Händler waren teilweise bestimmten Einheiten zugeordnet. Vermutlich benötigten sie eine besondere Erlaubnis, um im Lagerbereich Handel treiben zu dürfen; eine Zusammenstellung der Belege ist R. Ivanov, ZPE 80, 1990, 131ff. zu verdanken; vgl. R. Grosse, RE 13,l (1926) 929f.; G. Barbieri, DE 4, 1426f.; Welwei, Unfreie 86ff.; C.S. Sommer, Fundber. Bad.-Württ. 13, 1988, 490f. Anm. 211; Stumpp, Prostitution 181. 186f. 21ustin. 38,10,lff.; siehe etwa das Durchgreifen von Scipio vor Numantia: App., Iber. 85 (367ff.); Val. Max. 2,7,1; Fkont., 4,1,1; von Q. Caecilius Metellus (109 V. Chr.): Val. Max. 2,7,2 wie das des Marius: PS.-Quint., Decl. 3,12. - Immer wieder lesen wir, daß sich Soldaten bereits in republikanischer Zeit dem Wohlleben und Luxus hingaben und sich von Köchen und Bäckern bewirten ließen, anstatt sich eigenhändig ein einfaches Soldatenmahl zu bereiten: App., Iber. 85 (367ff.); Val. Max. 2,7,lf. Laut HA, PN 10,4 soll Pescennius Niger verboten haben, Bäcker auf den Feldzug mitzunehmen. - Ferner zu dem Heer nachziehenden Personen: Bell. Afr. 75,3; Tac., Hist. 4,15,3.

Zunächst stellten die Thermen, die kaum an einem Truppenstandort fehlten, einen geselligen Treffpunkt dar. Die von mehreren Badebesuchern gleichzeitig benutzten Räume, Wannen und Becken wie die zur sportlichen Betätigung vorgesehenen Freiflächen bzw. die palaestrae luden zu gemeinsamen Übungen und zur Kommunikation ein. Gleichermaßen bildeten die in jeder Lagervorstadt und vielleicht in den Lagern selbst anzutreffenden Gaststuben einen Anziehungspunkt für alle, denen nach Essen, Trinken, Glücksspiel und anderem zu Mute war3. Seit dem 1. Jahrhundert n. Chr. kam man dem Wunsch der Soldaten nach Zerstreuung durch diverse kulturelle Einrichtungen in steigendem Maß entgegen. So hatten zahlreiche Orte, an denen Truppen garnisoniert waren, ein eigenes, speziell für die Soldaten erbautes Amphitheater, wie etwa die Legionsstandorte Lambaesis4, Vindonissa5, Carnuntum6 und Aquincum7 zur Genüge zeigen. Auch im Vorfeld kleinerer Militärlager fanden sich für diverse Darbietungen geeignete Anlagen8. Hierzu zählen, um nur einige Beispiele zu nennen, Auxiliarlager in Obergermanien (Frankfurt a. M.-Heddernheimg, Zugmantell0), in Rätien (Dambach") ebenso wie in Britannien (Tomen-yMur1') und in Syrien (Dura E ~ r o ~ o s ' ~ ) . 3 Z Gaststuben ~ in Lagern: M.A. Speidel, Schreibtafeln 79ff. 188ff. Nr. 45. 4P. Romanelli, Topograiia e archeologia dell'Africa romana. Enciclopedia classica 12,7 (Turin 1970) 163. 168. SStaehelin, Schweiz 468f. mit Abb. 125. 630f. 6L.Klima - H. Vetters, Das Lageramphitheater von Carnuntum. Der römische Limes in Österreich 20 (Wien 1953). 'CIL I11 10493; MacMullen, Soldier 99ff.; A. Mocsy, RE Suppl. 11 (1968) 127f. (mit weiterer Literatur). sZusammenfassend H. von Petrikovits, in: Legio V11 gemina = ders., Beiträge I1 533f.; J. Wahl, Germania 55, 1977, 123ff. (jeweils mit weiterer Literatur). - Nicht eindeutig geklärt ist die Funktion der in das Areal des Kastelles The Lunt bei Baginton integrierten kreisrunden Arena; eine Funktion als gyms (Reitplatz) oder als Tierzwinger wurde ebenso erwogen wie eine Nutzung für Waffenübungen, Schaukämpfe und künstlerische Darbietungen; B. Hobley, in: Actes du IXe Congrks 371ff. mit Taf. 60. 63-65; ders., 'Pransactions Birmingham and Warwickshire Arch. Soc. 85, 1971-73, 30ff.; ders. ebd. 87, 1975, 10f. mit Taf. 2; J. Wahl, Germania 55, 1977, 126 Anm. 85; H. von Petrikovits, in: 150 Jahre Deutsches Archäologisches Institut 1892-1979 (Mainz 1981) 168f. = ders., Beiträge I1 177; Johnson - Baatz, Römische Kastelle 211f. mit Abb. 144; Davies, Service 168 Abb. 7,5. g ~Wahl, . Germania 55, 1977, 123 mit 124 Abb. 5. 1°J. Wahl, Germania 55, 1977, 127f. mit Abb. 8,l-2. "J. Wahl, Germania 55, 1977, 126 mit Abb. 6,l. 12J. Wahl, Germania 55, 1977, 126 mit Abb. 6,2. 13AE 1937,239 (216 n. Chr.); J. Wahl, Germania 55, 1977, 126f. mit Abb. 7. - Inschriftlich sind in Dura Europos rpayy8oi und ihre Gehilfen, die Sxoxprmi, belegt: M.I. Rostovtzeff - C. Bradford Welles, in: M.I. Rostovtzeff u.a., The Excavations at Dura-

Die für die Soldaten errichteten Amphitheater wurden sicherlich multifunktional genutzt, also nicht nur für Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen, sondern ebenso für szenische und musische Veranstaltungen14. Einen Teil der für die Arenen benötigten Tiere scheinen die Soldaten selbst gefangen zu haben, jedenfalls verfügte die legio XXX Ulpia victrix über einen eigenen Bärenfänger15. Ein Zenturio der I Minervia rühmte sich, innerhalb von sechs Monaten fünfzig Bären gefangen zu haben16. Zudem verfügten die Legionen nachweislich über venatores im Range von immunes". Sie werden sicherlich auch Tiere für die Arena besorgt haben1'. Zu den Künstlern, die vor den Soldaten ihr Talent bewiesen, sind zunächst diejenigen zu rechnen, die den Soldaten nachzogen und ihr Können gegen Bezahlung darbotenlg. In der älteren Forschung wurden wiederholt für das Heer tätige Künstler als reguläre Soldaten bzw. sogar als immunes oder principales angesehen20. Dieser Auffassung ist nicht zuzustimmen, vielmehr sind die im Umfeld des Heeres wirkenden Künstler entweder als Zivilisten, die für bestimmte Zeit engagiert wurden2', oder als reguläre Soldaten, die in ihrer Reizeit Spaß an der Schauspielerei hatten, anzusehen. In diesem Zusammenhang sei kurz auf den scaenicus im römischen Heer eingegangen. Europos. Preliminary Report 9,3 (New Haven - London 1952) 30ff. Nr. 945-950; H. von Petrikovits, in: Roman Frontier Studies 1979, 1029 = ders., Beiträge I1 76. 14J. Wahl, Germania 55, 1977, 123f.; H. von Petrikovits, in: Roman Frontier Studies 1979, 1031 = ders., Beiträge I1 78. - Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß die bei Lagern nachgewiesenen Amphitheater (und vergleichbare Bauten) als Trainingsgelände und Exerzierplatz für Soldaten und Reiter genutzt worden sein dürften; siehe H. von Petrikovits, in: 150 Jahre Deutsches Archäologisches Institut 1892-1979 (Mainz 1981) 168f. = ders., Beiträge I1 177; Johnson - Baatz, Römische Kastelle 240. 1 5 c 1 XIII ~ 8639. 16CIL XI11 12048 = ILS 9241 = Galsterer, Steininschriften 17 (2. Jh. n. Chr.); Staehelin, Schweiz 468; J. Wahl, Germania 55, 1977, 129; vgl. auch RIB 1905 (Weihung der zum Militär gehörigen venatores Banniess(es) an den Gott Silvanus). "CIL 111 7449. 18Zu Jagd und Tierfang durch Soldaten und Offiziere siehe H. Devijver, Kleio 20, 1990, 87ff. = ders., Mavors IX 129ff. lgEine vor dem Heer auftretende Künstlerin (Tänzerin?) fassen wir möglicherweise in Polla Matidia sive Olumphia (= Olympias), die im 2. Jahrzehnt des 1. Jahrhunderts n. Chr. im Auxiliarvicus Asciburgium verstarb: CIL XI11 12075; Neulesung der Inschrift (Z. 1 Ende) und Datierung: H. von Petrikovits, in: Roman Frontier Studies 1979, 1029ff. mit Taf. 69,l = ders., Beiträge I1 76 mit Abb. 1 (Photo der Inschrift); vgl. K. Dietz, Chiron 15, 1985, 251f. mit Anm. 93f. 20Diese Meinung prägten vor allem A. Passerini, DE IV, 2.B. 609 Nr. 86f. (scaenicus, hydraularius) oder Nr. 89 (ursarius) wie partiell von Domaszewski, Rangordnung, 2.B. 46f. Nr. 73 (hydraularius); vgl. Dobson ebd. XVf. 21Siehe oben p. 43f.

Aufführung inszenierende Soldatengruppe nennt sich vexillatio. Sicher ist der Annahme von Th. Mommsen zu folgen, daß es sich hierbei nicht um eine reguläre militärische Vexillation handelte, sondern um eine Schar von Soldaten, die sich mit dem Einverständnis ihres Kommandeurs temporär als Laientheatergruppe zusammenfanden30. Im übrigen waren die Trupps jeweils aus Mannschaften aller Kohorten der vigiles und den Besatzungen dreier Flottenschiffe bunt zusammengewürfelt. Ein Ensemble war immerhin 3831, das andere über 42 Mann32 stark. Die Laiendarsteller führte jeweils ein vermutlich eigens zu diesem Zweck gewählter aedilis (Spielgeber) an. Auffälligerweise werden nur einige Truppenmitglieder mit ihrem Rollenfach bezeichnet, was mehrere Erklärungen erlaubt. So könnten die übrigen als Bühnenarbeiter oder Requisiteure gewirkt haben. Gut möglich ist ferner, daß lediglich die Hauptdarsteller eigens gekennzeichnet wurden. In Anbetracht der großen Zahl der Mitglieder pro Truppe ist zudem daran zu denken, daß das Ensemble in sich in mehrere kleinere Gruppen aufgeteilt war, die jeweils eine Darbietung einstudierten und a ~ f f ü h r t e n ~ ~ . Auch Veteranen zog es bisweilen ebenfalls auf die Bühne. Zu ihnen gehört Zeno, emeritus der classis Misenatium, der ß ~ o h 6 y o genannt ~ Ob er dem Ruf auf die Bühnenbretter schon als aktiver Flottensoldat oder erst als Veteran folgte, ist nicht zu entscheiden. In Lugdunum stiftete T. Flavius Super Cepula scaencius honesta missione missus ex leg(ione) XXX U(1pia) für die schola pollionum leg(ionum) IIII eine ara, die am 5. November 207 n. Chr. dediziert wurde35. Der Text der zugehörigen Inschrift legt nahe, daß Cepula bereits als aktiver Soldat seine Kameraden mit seinem Talent erfreute. Allerdings ist nicht völlig auszuschlief3en, daß er erst als Veteran die Liebe zum Theater entdeckte. Auf jeden Fall zeigt der Aufstellungsort des von ihm als Veteran finanzierten Altars seine enge Verbindung zum Heer. Außerdem 30Hermes 5, 1871, 304; Saxer, Untersuchungen 116. Da Soldaten die ars ludicra bei Todesstrafe verboten war (Dig. 48,19,14 [Macer]), sind Aktivitäten dieser Art grundsätzlich nur als F'reizeitbeschäftigung mit Genehmigung der Vorgesetzten im Rahmen der Truppenunterhaltung vorstellbar. 3 1 VI ~1063.~ ~ 32CIL V1 1064. Erhalten sind 42 Personennarnen; es fehlen weitere. 33Vgl. Th. Mommsen, Hermes 5, 1871, 307f.; Leppin, Histrionen 51 mit Anm. 8. 34CIL I11 14695 = IGRR I 552 (Salona). Die von den Editoren des CIL erstmals geäußerte Vermutung, biologos non ad classem referendus est; videtur idem esse qood mimus, wird von R. Cagnat, IGRR I 552 akzeptiert; zustimmend auch L. Robert, REG 49, 1936, 240f. = ders., Opera minora selecta I 676f. 35AE 1913,124 = ILS 9493 = ILTG 234; siehe auch Fabia, Garnison 75; Freis, Cohortes urbanae 31. 148; Clauss, U?tersuchungen 164 Anm. 144; K. Dietz, Chiron 15, 1985, 237 mit Anm. 9f.; F. Bkrard, REL 70, 1992, 184f.

legt die Dedikation nahe, daß das Können von Cepula entsprechend honoriert wurde. Für die Engagierung und Bezahlung von Cepula dürften die polliones, die Nutznießer seiner Weihung, zuständig gewesen sein.

4.2

Urlaub

Ein häufiges Problem innerhalb des Heeres bildete der Wunsch der Soldaten nach Urlaub ( c o r n m e a t ~ s ~und ~ ) der damit betriebene M i ß b r a ~ c h ~Aemi~. lius Macer, einer der führenden Juristen der Severerzeit, ermahnte unter Berufung auf seinen Kollegen Taruttienus Paternus die Heerführer, mit der Bewilligung von Urlaub äußerst sparsam zu sein38. Macers Mahnung impliziert einerseits ein reges Interesse der Soldaten an der Wahrnehmung von Urlaub und anderseits das prinzipielle Verständnis der Heeresleitung für die individuellen Belange und Wünsche der Soldaten angefangen vom Heimaturlaub bis hin zu Freiräumen für die Erledigung privater Angelegenheiten. Gleichzeitig zeigen die im folgenden herangezogenen Texte der Rechtsgelehrten, da% ein Teil der Beurlaubungen eine Untersuchung wegen Überschreitung der eingeräumten Urlaubszeit nach sich zog. Dies gibt zu denken, denn ein entsprechendes Fehlverhalten der Mannschaften ist letztlich nicht ohne die Nachlässigkeit oder Bestechlichkeit der ihnen vorgesetzten Offiziere möglich39. Commeatus stand Soldaten aller Truppengattungen, vom einfachen Mann bis hin zum Offizier, zu. Keinesfalls ist der Soldaten gewährte Urlaub mit Erholungsurlaub im modernen Sinn gleichzusetzen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß Soldaten und Offiziere im Prinzip nur Urlaub erhielten, das heißt 36W. Bannier, ThLL 3 (1907) 1822ff.; zum folgenden bes. 1825f. Zur Etymologie des Wortes commeatw: A. Walde, Lateinisches etymologisches Wörterbuch. 3. V. J.B. Hofmann neubearb. Aufl. Bd. 2 (Heidelberg 1954) 73. 37M. Rostowzew, RE 4,l (1900) 718ff. (zu den Verhältnissen in republikanischer Zeit ebd. 718f.); A. Müller, Philologus 65, 1906, 289ff.; Lesquier, L'armke 247; M.P. Speidel, YCSt 28, 1985, 283ff. = ders., Mavors V111 330ff.; vgl. Forni, Mavors V 75; vgl. künftig G. Wesch-Klein, in: Heer, Kaiser und Gesellschaft im Römischen Reich (Arbeitstitel einer dem Gedenken an Eric Birley gewidmeten, von G. Alföldy, B. Dobson und W. Eck herausgegebenen Schrift (erscheint in der Reihe HABES). 38Dig. 49,16,12,1; auch Veget., Epit. rei mil. 2,19 und 3,4 zeigt eine deutliche Abneigung gegen das zu häufige Gewähren von commeatus. 39Vgl. etwa die Darstellungen HA, AS 15,5 und PN 3,8. - Strenge Kaiser und Heerführer schritten immer wieder gegen die zu häufige Abwesenheit von Soldaten von ihrer Einheit ein, offenbar ohne langfristigen Erfolg; siehe etwa Suet., Aug. 24,l; Tac., Ann. 15,9,2; Suet., Galba 6,2; HA, H 10,3.

für einige Tage vom Dienst befreit wurden, wenn sie entsprechende Gründe vorbringen konnten40. Commeatus wurde entgegen anderen Auffassungen Soldaten und Offizieren vom Truppenkommandeur oder von einem von ihm beauftragten Tribunen genehmigt4'. Ihr Urlaubsgesuch hatten einfache Soldaten wie Offiziere, Legionäre wie Auxiliarsoldaten, schriftlich e i n z u r e i ~ h e n ~ ~ . Der Urlaub wurde nach Erteilung unter Angabe von Datum und Dauer in den Truppenbüchern r e g i ~ t r i e r t ~Der ~ . um Urlaub nachsuchende Soldat erhielt ebenfalls einen schriftlichen Bescheid, der wohl zugleich als Passierbzw. Urlaubsschein fungierte44. Bei der Urlaubserteilung wurde exakt zwischen den eigentlichen Urlaubstagen und der Zeit, die der Betreffende zur

40Sall.,B.I. 64,l und 73,2; Vell. 2,11,2 (Marius ersucht Metellus um Freistellung zwecks Bewerbung in Rom); Cic., Verr. 2,5,111 (Beurlaubung wegen schweren Augenleidens); Veget., Epit. rei mil. 2,19: tunc enim dificile commeatus dabatur, nisi causis iustissimis adprobatis; P.Wisc. I1 70: ein Dekurio erhält Urlaub ad inteniisendds possessi6[nes tuas] quds habes nomo Arsinoiti (frühes 2. Jh.); vgl. P.Mich. V111 466, 38ff. (Hoffnung auf Urlaub für Familienbesuch); ferner HA, H 10,3 wie die Praxis bei den Inhabern von zivilen Dienststellungen und Ehrenpositionen, siehe etwa Augustus: Sen., Brev. vit. 4,2; Tiberius: Vell. 2,99,2; Suet., Tib. 10,2 oder Plinius d. Jg.: Epist. 10,8,6-10,9 sowie die Verfahrensweise in den Städten: Dig. 50,1,2,6 (Ulpianus). - Aufgrund von Tac., Hist. 1,46,4 vermutet M.P. Speidel, YCSt 28, 1985, 285 = ders., Mavors V111 332; vgl. R.W. Davies, ANRW 2,1, 1974, 333 = ders., Service 67, Soldaten hätten alljährlich Anspruch auf Urlaub gehabt; doch besagt die Stelle nur, Otho habe die jedes Jahr zu entrichtenden Geldbeträge für vacationes zu begleichen versprochen. Damit sind Geldzahlungen gemeint, die Soldaten erbrachten, um von bestimmten Dienstverpflichtungen befreit zu werden; vgl. Tac.. Ann. 1,35,1 (Klage der Soldaten gegenüber Germanicus über die pretia vacationum). Die vacatio m u n e m m zeichnet die immunes aus; F. Lammert, RE V11 A 2 (1948) 2028ff. 41Siehe etwa Cic., Verr. 2,5,62 (Kauf von Urlaub) und 2,5,111; Val. Max. 9,3,7; Tac., Ann. 15,9,2; Suet., Galba 6,2; P.Gen.Lat. 1 = CPL 106 = Daris 10 = Fink 9 = ChLA I 7, V, Kol. 9, Z. 1; P.Mich. V111 466 (107 n. Chr.); P.Oxy. XIV 1666 = Daris 8 (3. Jh. n. Chr.); M. Rostowzew, RE 4,l (1900) 719; A. Müller, Philologus 65, 1906, 294. Dagegen nehmen andere, so M.P. Speidel, YCSt 28, 1985, 286. 291 = ders., Mavors V111 333. 338 an, die Gewährung von Urlaub habe den Zenturionen und Dekurionen oblegen; siehe allerdings dens., ebd. 286 = 333. Inwieweit Zenturionen bei der Gewährung von Urlaub mitzusprechen hatten, harrt der Klärung. Möglicherweise oblag es ihnen, die Bitten der ihnen untergebenen Soldaten um Urlaub zu befürworten und weiterzuleiten. Vielleicht hatten sie auch für die des Schreibens unkundigen Soldaten die Urlaubsanträge niederzuschreiben. 42Tab.Vindol.I1 166-177; Bowman, Life 107f. Nr. 5; R. Birley, The Roman Documents from Vindolanda, Northumberland (Newcastle 1990) 31; ChLA XI 467. 43S0 P.Gen.Lat. 1 = CPL 106 = Daris 10 = Fink 9 = ChLA I 7, V, Kol. 9-10, Z. 1; Veget., Epit. rei mil. 2,19. 440.Flor. 1; P.Wisc. I1 70.

Reise benötigte, getrennt45. Urlaub war also normalerweise nicht nur zweckgebunden, sondern auch zeitlich limitiert46. Überschritt ein Soldat den ihm zugebilligten Urlaub, so wurde er je nach Länge der Zeit gleich einem emansor oder desertor behandelt47. Grundsätzlich war die Ursache der Unpünktlichkeit festzustellen. Dabei war zu untersuchen bzw. von dem Betroffenen nachzuweisen, ob er rechtzeitig aufgebrochen und einzig aufgrund widriger Umstände verspätet bei seiner Truppe angekommen war, das heißt, ob er sich hinsichtlich der Länge seiner eigentlichen Urlaubszeit korrekt verhalten hatte. Als Entschuldigungsgründe für eine verspätete Rückkehr galten persönlich bedingte Gründe, etwa Krankheit, oder durch höhere Gewalt verursachte Unterbrechungen der Reise48. In diesem Zusammenhang war zu berücksichtigen, welcher Fortbewegungsmittel sich der zu seiner Einheit zurückkehrende Urlauber bedient hatte, ob er zu Lande oder zu Wasser unterwegs war4'. Hatte der Soldat seine Verspätung nicht selbst zu verantworten, ging er straffrei aus.

450.Flor. 1: zehn Tage Urlaub plus zwei weitere Tage für die Rückkehr (2.-3. Jh.). Bemerkenswert ist, daß der Name des um Urlaub nachsuchenden Soldaten von anderer Hand hinzugesetzt wurde. Es könnte sich somit um ein Blankoformular handeln, das bei Bedarf entsprechend vervollständigt wurde. Vorstellbar ist auch, daß man grundsätzlich mehrere Personen mit der Ausfertigung des Urlaubsscheins betraute, um Mißbrauch vorzubeugen; vgl. M.P. Speidel, YCSt 28, 1985, 288f. = ders., Mavors V111 335f. 46Vgl. M.P. Speidel, YCSt 28, 1985, 287f. = ders., Mavors V111 334f. Siehe auch das Procedere bei Amtsträgern, z.B. Plin., Epist. 3,4,2. 10,8,4 und 6. 10,9; zu liber commeatus siehe künftig G. Wesch-Klein a.a.0. (wie Anm. 37). 47J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 980f. Der die Urlaubszeit überziehende Soldat verlor seine Privilegien: Dig. 50,1,2,6 (Ulpianus): Zs, qui ultra commeatum abest vel ultra fonnam commeatui datam, ad munem vocan' potest. 48Dig. 49,16,14pr. (siehe die folgende Anm.); J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 980. 49Dig. 49,16,3,7 (Modestinus): Si ad diem commeatus quis non veniat, perinde in eum statuendum est, ac si emansisset vel deseruisset, pro numero temporis, facta prius copia docendi, nun1 forte casibus quibusdam detentus sit, propter quos venia dignus videatur; Dig. 49,16,14pr. (Paulus): Qui commeatus Spatium excessit, emanson's vel deserton's loco habendus est, habetur tamen ratio dierum, quibus tardius reversus est: item temporis navigationis vel itinel-is. et si se probet valetudine impeditum vel a latronibus detentum similive casu moram passum, dum non tardius a loco profectum se probet, quam ut occurrere posset intra commeatum, restituendus est; vgl. Dig. 49,16,4,15.

Kapitel 5 Persönliche Bindungen 5.1

Lebensgemeinschaften

Für Soldaten des kaiserzeitlichen Heeres bestand aufgrund einer Disziplinarvorschrift des ersten Prinzeps Augustus bis in severische Zeit ein reichsweites Heirats- und Eheverbot', von dem Offiziere ausgenommen waren2. Eine vor Eintritt in das Heer geschlossene Ehe wurde für die Dauer des Militärdienstes suspendiert3. Eventuell mit der Gattin während der Militärzeit gezeugte Kinder galten folglich als unehelich. Vermutlich muBte der Soldat auch die dos zurückgeben4. Da die Ehe zwar ausgesetzt, aber nicht aufgehoben wurde, konnte die Ehefrau nur erneut heiraten, wenn eine förmliche Scheidung vollzogen wurde. Anderseits konnte die Ehe nach Beendigung des Militärdienstes ohne weitere Formalitäten sofort fortgesetzt werden5. Freilich gingen diese gesetzlichen Bestimmungen an der Realität vorbei. Die Soldaten führten weder ein zölibatäres Leben noch beschränkten sie ihr Sexualleben auf den 'Dagegen war das Eingehen eines contubernium erlaubt. Die Frage des Eheverbotes ist in der äiteren Literatur kontrovers behandelt; in der neueren herrscht darüber Einigkeit, dai3 Soldaten die Ehe untersagt war. 2Versuche des ersten Prinzeps, das Eheleben von Senatoren und Rittern für die Dauer ihres Dienstes bei den Streitkräften einzuschränken, scheiterten; vgl. Suet., Aug. 24,l; Dig. 1,16,4,2 (Ulpianus); J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 334f.; Pflaum, Procurateurs 297ff.; D. Balsdon, Die Frau in der römischen Antike (München 1979) 64ff. 30. Behrends, in: Heer- und Integrationspolitik 116ff., bes. 150ff. 162ff.; vgl. J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 320ff. 4Vielleicht zeugt P.Mich. V11 442 = CPL 210 = ChLA V 295 = FIRA 1112 Nr. 20 (2. Häifte 2. Jh. n. Chr.) von einer dos-Rückforderung wegen Aufnahme des Militärdienstes durch den Ehemann; vgl. A. Berger, J J P 5, 1946, 13ff. 50.Behrends, in: Heer und Integrationspolitik 163f.

Verkehr mit Prostituierten. Zeitgenössische Quellen vermitteln vielfach den Eindruck, daß Soldaten sich keine reinen Sexualbeziehungen oder kurzfristige Liebschaften wünschten, sondern an dauerhaften Verbindungen interessiert waren. Einem Soldaten, der eine Lebenspartnerin suchte, standen mehrere Wege offen: Häufiger gewann ein Soldat durch Freilassung einer Sklavin eine (aufgrund seiner Patronatsrechte gebundene) Lebenspartnerin6. Des weiteren unterhielten Soldaten Lebensgemeinschaften mit Frauen, die in der Umgegend der Lager ansässig waren. Einen besonderen Fall bildeten Frauen, die der eine oder andere Soldat bei seiner Rückkehr von einem Feldzug aus der Ferne an den Truppenstandort mitbrachte. Beispielsweise fand M. Tertinius Gessius seine aus Nikomedia stammende Lebensgefährtin Tertinia Amabilis vermutlich während des Partherfeldzuges von Caracalla7. Begegnete dem Soldaten in seinem persönlichen Lebensumfeld keine passende Partnerin, hatte er wie ein Zivilist die Möglichkeit, dieses Defizit durch den Kauf einer Unfreien zu beheben. So beauftragte Claudius Terentianus einen Freund, für ihn eine geeignete Sklavin auszusuchen und zu erwerbens. Die Beziehungen von Soldaten zu Frauen hielten oftmals Versetzungen und Abkommandierungen stand. Vielfach nahmen Soldaten ihnen nahestehende Personen, Lebensgefährtinnen oder Verwandte, bei einer Versetzung mit an ihren neuen Stationierungsort, wie zum Beispiel der Zenturio T . Flavius Virilis. Er hatte seine Gattin Lollia Bodicca zweifellos während seines Dienstes bei den britannischen Legionen kennengelernt. Als er zur legio I11 Augusta versetzt wurde, folgte sie ihm nach Afrikag. Mansuetia Poppa, die Schwester eines Veteranen, dürfte mit ihrem Bruder aus Obergermanien nach Lugdunum gekommen sein1'. Begünstigt wurde die Tendenz, sich schon während der aktiven Zeit eine Lebenspartnerin zu suchen, durch die seit dem späten 1. Jahrhundert zunehmende dauerhafte Stationierung an ein und demselben Ort. Vielfach wurden 'Dies gilt gleichermaßen für Veteranen; Libertine als Lebenspartnerinnen bzw. als Ehefrauen von ehemaligen Soldaten belegt 2.B. CIL V 936-937 = ILS 2423 = IA 2756a-b (L. Titius L.f., Veteran der legio V111 Augusta; Konkubine: Titia Fusca, seine Freigelassene; 1. Jh.); Ehe ausdrücklich erwähnt: AE 1984,761. Zur Bindung der Freigelassenen an ihren Patron durch das Patronatsrecht siehe 0.Behrends, in: Heer und Integrationspolitik 156. 164. 7CIL XI11 1897; F. Berard, REL 70, 1992, 176. 8P.Mich. V111 476. 9CIL V111 2877 p. 1740 = ILS 2653 (1. Hälfte 3. Jahrhundert). 1°CIL XI11 1868;,zur Mobilität von weiblichen Angehörigen von Soldaten und Veteranen siehe F. Bkrard, REL 70, 1992, 185 Anm. 17; L. Wierschowski, Die regionale Mobilität in Gallien nach den Inschriften des 1. bis 3. Jahrhunderts n. Chr. Historia Einzelschriften 91 (Stuttgart 1995) 262ff. 324ff.

+

Dennoch sah sich Hadrian veranlaßt, gegenüber der allzu strengen Handhabung unter seinen Vorgängern den Legionssoldaten ein Vorrecht für ihre während ihrer Dienstzeit geborenen Kinder zu gewähren und diese in der dritten Erbklasse (unde cognati) zu Erbschaften zuzulassen. Freilich wies Hadrian ausdrücklich darauf hin, daß es sich nicht um ein den Soldaten zustehendes Privileg, sondern um einen Akt kaiserlicher Gnade, um eine menschenfreundlichere Auslegung des bestehenden Rechts, handle13. Einen gewissen Ausgleich für das Verbot, eine rechtsgültige Ehe zu schließen und vor dem Gesetz Vater der eigenen, während der Militärzeit gezeugten Kinder zu werden, schuf Claudius, indem er den Soldaten die verheirateten Männern zukommenden Vorrechte zubilligte14. In Auxiliarformationen dienende Soldaten erhielten in der Regel ebenfalls seit Claudius nach Ablauf ihrer regulären Dienstzeit die civitas Romana sowie das conubium, das Recht mit einer Peregrinen eine reguläre Ehe einzugehen15. Dies konnte die Frau sein, mit der sie am Ende ihrer regulären Pflichtdienstzeit oder zum Zeitpunkt ihrer Entlassung in geschlechtlicher Gemeinschaft lebten oder eine Frau, die sie in Zukunft finden würden16. Zudem erhielten sie das römische Bürgerrecht für ihre Kinder und Nachkommen17. 140 n. Chr. trat eine einschneidende Änderung ein. Die Auxiliarsoldaten bislang für die Kinder, die sie zum Zeitpunkt der Erteilung der civitas Romana hatten, bewilligte Civität entfiel. Ausgenommen von dieser Beschränkung waren allein die leiblichen Kinder von Dekurionen und Zenturionen der Auxiliareinheiten, vorausgesetzt, ihre Väter erbrachten vor dem Statthalter den Beweis ihrer Vaterschaft18. Die Rücknahme der Bürgerrechtsverleihung an die Kinder von gewöhnlichen Auxiliarsoldaten durch Antoninus Pius ist nicht als Absage an die 13Da die dritte Erbklasse, unde cognati, an sich die eheliche Abstammung voraussetzte, erkannte Hadrian mit seinem Entscheid den unehelichen Kindern eine quasi-eheliche Abkunft zu; 0.Behrends, in: Heer und Integrationspolitik 158f.; G. Wesch-Klein, Eos 82, 1994, 286f. 14Dio60,24,3. 15M. MirkoviC, in: Heer und Integrationspolitik 172. 16Dieses Privileg galt nur für eine einzige Ehe; F. Vittinghoff, in: Heer und Integrationspolitik 544. 17DieKinder konnten von verschiedenen Müttern stammen; siehe M. Mirkovit, in: Heer und Integrationspolitik 182. 184. Caligula schränkte den Civitätserwerb auf die Kinder ein, was zu Unmut führte. Sein Nachfolger Claudius schloß dagegen erneut ausdrücklich liben und posten in die Civitätsverleihungen ein; Suet., Cal. 38,l; 0. Behrends, in: Heer und Integrationspolitik 136ff. 18CIL XVI 132; AE 1960,103 = RMD 53; H. Nesselhauf, Historia 8, 1959, 434ff.; vgl. H. Wolff, Chiron 4, 1974, 481ff. 488fff. 509; F. Vittinghoff, in: Heer und Integrationspolitik 538f.; vgl. M. MirkoviC, ebd. 176ff.

eheähnlichen Bindungen der Soldaten zu sehen, vielmehr scheint der Grund in dem häufiger damit betriebenen Mißbrauch zu liegenlg. Nach Wegfall der civitasGewährungen für einen Großteil der Kinder von Auxiliarsoldaten konnten deren Söhne das römische Bürgerrecht in der Regel allein über den Dienst im Heer erlangen. Sie vergrößerten somit das Rekrutierungspotential vor allem für die Auxiliareinheiten und Flotten, denn die Aufnahme von Nichtbürgern in eine Legion (unter Gewährung der civitas Romana) war auf Ausnahmen beschränkt2'. Im Gegensatz zu den Auxiliarsoldaten blieben die in den prätorischen Flotten dienenden Soldaten besser gestellt. Allerdings sind Beschränkungen zu konstatieren. Zwischen 152 und 158 n. Chr. trat im Formular der für Angehörige der prätorischen Flotten ausgefertigten Diplome eine Beschränkung ihrer Privilegien ein21. Die Formulierung bezüglich Erteilung der civitas Romana für die Kinder hieß nunmehr: ipsis filisque eorum quos susceperint ex mulieribus quas secum concessa consuetudine vixisse probaverint civitatem Romanam dedit et conubium ...22, während die entprechende Passage zuvor ipsis liberis posterisque eorum civitatem Romanam dedit et conubium ... lautete. Zunächst werden in der erstmals 158 n. Chr. bezeugten Version die posteri nicht mehr miteinbezogen; außerdem trat an die Stelle von liberi das Wort filii, wodurch das natürliche, biologische Verhältnis zwischen Eltern und Kind betont wird, ohne damit den Eindruck zu erwecken, daß für diese Kinder irgend ein Anspruch auf rechtliche Anerkennung bestand23. Zugeordnet sind die filii mulieres, mit denen die Soldaten in einer von ihnen namhaft gemachten und anerkannten Verbindung lebten24. Der Nachweis war durch ein entsprechendes Feststellungsverfahren zu führen. Einzig Kinder, die ein Soldat der prätorischen Flotten im Rahmen einer Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft gezeugt hatte, sollten fortan in den Genuß der civitas Romana gelangen. Die in den Provinzflotten dienenden classici wurden 140 n. Chr. gleich den Auxiliaren behandelt. Nach 145, spätestens im Laufe des Jahres 148 lgMögliche Ursachen erörtert M.M. Roxan, in: Heer und Integrationspolitik 265ff.; vgl. H. Wolff, Chiron 4, 1974, 490f. 20Siehe unten p. 157f. 21CIL XVI 100 (5.9.152 n. Chr.); N. Hanel, BJb 185, 1985, 89ff., bes. 93; AE 1985,994 = 1986,526 = RMD 171. 22AE 1985,994 = 1986,526 = RMD 171. 23P. Weiß, ZPE 80, 1990, 149. 24Unter einer auf einer concessa consuetudo fußenden Lebensgemeinschaft ist wohl eine nach dem jeweiligen Peregrinenrecht des Soldaten gültige Ehe zu verstehen; 0. Behrends, in: Heer und Integrationspolitik 164f.; vgl. Watson, Soldier 138; J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982,319.338f.; N. Hanel, BJb 185,1985,93; M. MirkoviC, in: Heer und Integrationspolitik 181ff.; F. Vittinghoff, ebd. 539 Anm. 24; S. Link, ZPE 63, 1986, 190; dens., Konzepte 30.

n. Chr., wurden sie den prätorischen Flottensoldaten gleichgestellt, indem man ihnen wiederum das Bürgerrecht für ihre Kinder einräumte; die entsprechende Formel in den Militärdiplomen lautete nunmehr: item classicis item filis classicorumZ5. Allerdings war die Reprivilegierung von kurzer Dauer. Das letzte Diplom, das diese Formulierung enthält, datiert Herbst 154 n. Chr.26. Vermutlich besteht ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der Rücknahme des Vorrechts und der Einschränkung der Privilegierung der prätorischen F1ottensoldatenz7. Die Flottensoldaten zuerkannten Privilegien scheinen in der Folgezeit gänzlich außer Kraft gesetzt worden zu sein; jedenfalls existiert bislang kein Diplom für einen classicus der Provinzflotte, das später als 161 n. Chr. ausgestellt wurde. Es ist also möglich, daß sie seit Marc Aurel weder civitas noch conubium erhielten. Auch für Soldaten der prätorischen Flotten fehlen von Marc Aurel an bis in severische Zeit DiplomeZ8. Somit könnten sie ebenfalls unter Marc Aurel ihre Privilegien eingebüßt haben. Septimius Severus hatte im Zuge seiner Machtergreifung vielfach von der Unterstützung durch die prätorischen Flottensoldaten profitiert. Es ist daher naheliegend, daß er ihnen erneut zu civitas und conubium verhalP9. Nach Beendigung ihrer Dienstzeit stand es Soldaten selbstverständlich frei zu heiraten, das heißt zugleich, eine bereits bestehende Lebensgemeinschaft zu legalisieren. Dabei unterlagen sie als römische Bürger bezüglich des Status ihrer künftigen Frau den allgemein geltenden Ehebeschränkungen30. Wie oben dargelegt erhielten Auxiliarsoldaten regelmäßig ius conubii mit den peregrinen Frauen, mit denen sie in geschlechtlicher Gemeinschaft lebten, oder die sie künftig zur Frau wählen würden3'. Legionäre erhielten normaler25Erstmals bezeugt am 9.10.148 n. Chr. (CIL XVI 179 und 180). 26RMD 169; P. Weiß, ZPE 80, 1990, 146ff.; M.M. Roxan, RMD I11 p. 341 mit Anm. 3. Das zeitlich nächste Diplom stammt vom 8.2.157 n. Chr. Die Privilegierung muß demzufolge spätestens Anfang 157 n. Chr. zurückgenommen worden sein. 27Hierfür spricht ferner, daß der Ausdruck filiiallein in den Diplomformularen für Flottensoldaten vorkommt und er für beide Kategorien von classici unter Antoninus Pius eingeführt wurde; P. Weiß, ZPE 80, 1990, 149. 28Misenische Flotte: CIL XVI 122 (166 n. Chr.); XVI 127 (zw. 192 und 218 n. Chr., Datierung umstritten; die Diskussion ist zusammengefdt von M.M. Roxan, RMD I11 p. 248; vgl. Link, Konzepte 32 Anm. 108). - Ravennatische Flotte: CIL XVI 100 (152 n. Chr.); RMD 189 (206 n. Chr.). 2gDio 74,17,1; HA, D1 6,3; Kienast, Kriegsflotten 78; Link, Konzepte 30ff. 30Vgl. dazu W. Kunkel, RE 14,2 (1930) 2259ff.; Kaser, Privatrecht I71ff. 310ff. I1 111115. 31Dies bedeutet zugleich, da6 über die Erteilung des Militärdiploms hinaus dienende Männer verheiratet sein konnten. Erst seit trajanischer Zeit wurden die Empfänger von Militärdiplomen zu diesem Zeitpunkt in der Regel auch entlassen; G. Alfoldy, Historia 17, 1968, 215ff. = ders., Mavors I11 51ff.; J.C. Mann, ES 9, 1972, 233ff.

weise kein conubium mit peregrinen Frauen und kein Bürgerrecht für während ihrer Dienstzeit zur Welt gekommene Kinder32. Die offenkundige Benachteiligung der Legionäre hatte wohl den Zweck, Legionssoldaten als römische Bürger dazu anzuhalten, römische Bürgerinnen zu heiraten bzw. mit diesen eine geschlechtliche Gemeinschaft einzugehen. Gründeten sie während ihrer Dienstzeit mit einer römischen Bürgerin eine Lebengemeinschaft, konnten sie diese Beziehung als Veteran jederzeit legalisieren. Außerdem waren ihnen von einer römischen Bürgerin geborene Kinder von Geburt an cives Romani; sie benötigten folglich keine civitas Romana für ihre Kinder. Dagegen ging man im Fall von Auxiliarsoldaten offenbar davon aus, daß sie in den Lebensverhältnissen, in denen sie als Veteranen lebten, romanisierend wirken würden33. Indes existieren einige Belege dafür, daß Legionäre das conubium und das Bürgerrecht für Kinder, die während ihrer Militärzeit geboren worden waren, erhielten. Hier sind zunächst die Flottensoldaten zu nennen, die in die nicht als vollwertige Legionen gegründete legio I adiutrix und legio I1 adiutrix aufgenommen wurden34. In domitianischer Zeit erhielten Legionäre wiederholt das conubium bzw. die civitas Romana für ihre unehelichen Kinder35. Über die Hintergründe läßt sich nur mutmaßen. Daraus zu schließen, Domitian habe Legionsveteranen die Ehe mit peregrinen Frauen ermöglicht und ihnen die Civität für ihre unehelichen Kinder verliehen, erscheint anbetrachts der dürftigen Quellenbasis zu gewagt36. Da alle bislang bekannten Zeugnisse allein auf Veteranen der legio X fretensis und der XI1 Deiotariana Bezug nehmen, könnte es sich um diesen beiden Legionen (temporär) zugebilligte Vergünstigungen handeln. Im Fall der legio X fretensis ist zudem damit zu rechnen, daß es sich um aus der Flotte übernommene Soldaten handelt, denen die Privilegien der Flottensoldaten bei ihrem Übertritt in die Legion erhalten blieben3'. Septimius Severus erteilte den Soldaten das Privileg yuvct~tio u v o ~ x ~ i v ~ ~ . Da keine Einzelheiten überliefert sind, wurden und werden Inhalt und juristi32Dagegen vertritt F. Vittinghoff, in: Heer und Integrationspolitik 541ff. die Ansicht, Legionsveteranen sei ebenfalls das Privileg des conubium zuteil geworden. 33Vgl. 0.Behrends, in: Heer und Integrationspolitik 117ff. 34Siehe unten p. 158 Anm. 63. 35CIL XVI P. 146 Nr. 12 = ILS 9059 = CPL 104 = Daris 104 (Soldaten der legio X fretensis); P.Mich. V11 432 = CPL 105 = Daris 89 und P.Ry1. IV 611 = CPL 176 = ChLA IV 248 (Soldaten der legio XXII Deiotariana). 36Für eine derartige Änderung unter Domitian tritt Link, Konzepte 87f. ein. Allerdings räumt er ein, daß sie nicht von langer Dauer gewesen sein könne. 37H. Wolff, Chiron 4, 1974, 509f. 38Herod. 3,8,4.

scher Charakter dieses Vorrechts in der Forschung unterschiedlich bewertet3g. Wie immer die Eheerlaubnis des Septimius Severus im Detail ausgesehen haben mag, entscheidend ist letztlich, daß damit den realen Verhältnissen Rechnung getragen wurde und aktive Soldaten mit Ausnahme der urbaniciani und praetoriani nunmehr Ehen schließen konnten4'. Nach der Aufhebung des Ehehindernisses durch den ersten Severer bestanden weiterhin Beschränkungen hinsichtlich der Eheschließung von Offizieren auf Dauer ihres Dienstes mit einer Frau aus der Dienstprovinz. Nur in dem Fall, in dem die Dienstprovinz zugleich die Heimatprovinz des Ehewilligen war, durfte die Ehe geschlossen werden. Diese Einschränkung mußten ebenfalls römische Mandatare, die Zivilisten waren, hinnehmen41. Es handelt sich somit um keine spezifische Beschränkung für Offiziere, sondern um eine allgemeine, auf der ratio potentatus gründende Maßnahme42. Für einfache Soldaten, das heißt für Militärpersonen ohne Amtsgewalt, wird das Verbot schwerlich gegolten haben43. Die durch der Aufhebung des Eheverbots durch Septimius Severus veränderte Rechtslage zeitigte unverzüglich eine Reihe von Reskripten, die in anschaulicher Weise aufzeigen, welche juristischen Fragen Soldatenehen aufwerfen konnten44. Grundsätzlich stand die Ehe eines Soldaten wie jede andere unter strafrechtlichen Bestimmungen. Dabei galten für Soldatenehen rigidere Maßstäbe als für Ehen zwischen Zivilisten. Das heißt, die Ehe eines Soldaten wurde einerseits als Privatangelegenheit und als Bestandteil des Zi39Die Diskussion wurde etwa von E. Sander, RhM 101,1958,152ff. wie von M. MirkoviC, ZPE 40, 1980, 259ff. zusammengefaßt; vgl. etwa E. Birley, ES 8, 1969,63f. = ders., Mavors IV 21f.; P. Garnsey, CSAC 3, 1970, 45ff.; B. Campbell, JRS 68, 1978, 153ff., bes. 161ff.; J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 302ff. (ebd. 339 zur negativen Tendenz in der Darstellung Herodians); 0.Behrends, in: Heer und Integrationspolitik 164ff. 40Zum Fortbestand des Eheverbots für diese Einheiten: Th. Mommsen, CIL I11 p. 2011ff.; H. Nesselhauf, CIL XVI p. 155; vgl. aber J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 339f. 41Z.B. Dig. 23,2,38pr. (Paulus); 23,2,63 (Papinianus) und 65pr.-1 (Paulus); 24,1,3,1 (Ulpianus); CI 5,4,6 (239 n. Chr.); vgl. Dig. 23,2,57 (Marcianus); Kaser, Privatrecht 1317; J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 340f.; Friedl, Konkubinat 165. 42Dig. 23,2,63 (Papinianus); J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 341; vgl. D. Cherry, Historia 46, 1997, 113ff. 43H. Erman, ZSRG 22, 1901, 236f. 44Sohatte sich die Rechtsprechung in Hinblick auf Soldatenehen einer ganzen Reihe von Streitfällen anzunehmen. Einzelfragen erörtert etwa Papinianus, Dig. 23,2,35 (ein filius familias durfte, auch wenn er Soldat war, nicht ohne das Einverständnis seines Vaters ein iustum matrimonium eingehen) wie Dig. 49,17,16pr. (bei der Eheschließung übergebene dos wurde nicht zum peculium castrense geschlagen); vgl. Ulpian, Dig. 29,1,16 (Soldat durfte über die dos nicht testamentarisch verfügen); siehe dazu B. Lehmann, ANRW 2,14, 1982, 203f.; vgl. B. Campbell, JRS 68, 1978, 161ff.

vilrechts betrachtet, anderseits wurde in Hinblick auf die von Soldaten geforderte Unbescholtenheit und Disziplin besonders streng verfahren. Beispielsweise wurde ein Soldat, der sich mit dem Liebhaber seiner Frau einigte, mit Deportation bestraft. Aufgrund der mit der Verurteilung einhergehenden Infamie wurde er zudem für immer aus dem Militär ausgeschlossen: Miles, qui cum adulter0 uxoris suae pactus est, solvi sacramento deportarique debet45. Dies bedeutete gegenüber der lex Iulia de adulteriis, die dieses Verhalten als Kuppelei bewertete und dafür Relegation und Konfiskation eines Vermögensteils vorsah, eine Strafver~chärfung~~. Sinn der harten Bestrafung war es in erster Linie, den betrogenen Soldaten zur Anzeige zu verpflichten. Dies ist von besonderem Interesse, bedenkt man, daß es im allgemeinen Strafrecht keine Pflicht zur Anzeige gab. Außerdem werden die angezeigten adulterii vielfach commilites gewesen sein, die aufgrund der infamierenden Wirkung einer Verurteilung wegen adulterium der Ausschluß aus dem Heeresdienst ereilte4'. Letztlich können diese Bestimmungen als Untermauerung der moralischen Grundsätze Hadrians gelten. Er hatte das Vermächtnis von Soldaten an Frauen, die für ihre sexuelle F'reizügigkeit bekannt waren, ausdrücklich für nichtig erklärt48. Als Verstoß gegen die Sitte sah Gordian 111. die Heirat zwischen einem Soldaten und einer Witwe vor Ablauf der gesetzlichen Trauerfrist an. Wußte der Soldat um die Trauerzeit, verfiel er der Infamie und somit dem unehrenhaften Ausschluß aus dem Militär49. Genaue Zahlen darüber, wie viele Soldaten im Laufe der ersten drei nachchristlichen Jahrhunderte eheähnliche Beziehungen eingingen oder verheiratet waren, sind nicht zu ermitteln5'. Einen Anhaltspunkt bietet die von M.M. Roxan vorgenommene Auswertung der Angaben auf Grabsteinen von Auxiliarsoldatenfamilien51.Im 1. Jahrhundert wurden gerade 5,2% aller 45Dig. 48,5,12pr. (Papinianus). Die Unvereinbarkeit von Ehebruch, dessen nachsichtiger Behandlung und militärischer Disziplin wird bereits in trajanischer Zeit für Offiziere problematisiert: Plin., Epist. 6,31,4-6; vgl. A.N. Sherwin-White, The Letters of Pliny. A Historical and Social Commentary (Oxford 21968, reissued with corrections 1985) 393f.; J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 1001. - Beispiel eines Soldaten, der seine untreue Frau anklagen möchte: CI 9,9,15 (242 n. Chr.). 46J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 1000. 47Dig.3,2,2,3 (Ulpianus); vgl. Dig. 49,16,4,7 (Arrius Menander); J.H. Jung, ANRW 2,14, 1982, 329 und 999f. 48Siehe unten p. 143. 49CI 2,11,15. Zum Interesse von Soldaten an Witwen, die oft in dem Ruf standen, für Intimverkehr besonders aufgeschlossen zu sein, vgl. Plaut., Mil. glor. 1401ff.; J.-U. Krause, Saeculum 45, 1994, 71ff. 50Vgl. Friedl, Konkubinat 237ff. 51M.M. Roxan, in: Roman Frontier Studies 1989, 462ff. - Beispiele für Konkubinate von Soldaten hat Friedl, Konkubinat 395ff. zusammengetragen; allerdings halten die an-

Grabsteine von F r a ~ e n ~ ~ I K i n d für e r nSoldaten und 1,7% von Soldaten für ihre FrauenIKinder erstellt. Dafür kümmerten sich in 56% der Fälle Kameraden/Erben um die Aufstellung eines Steins. Im 2. Jahrhundert wurden bereits 16,8% der Grabzeichen von FrauenIKindern und 4,4% von Soldaten ihren FrauenIKindern gewidmet. Dafür sank der Anteil der Kameraden/Erben auf 36,5%. Dieser Trend hielt weiter an: 2.13. Jahrhundert wurden 28,6% aller Steine von FrauenIKindern und 13,3% von Soldaten für Frauen/Kinder sowie 19,4% von KameradenIErben in Auftrag gegeben. Im 3. Jahrhundert ließen FrauenIKinder 20,8% aller Denkmäler und Soldaten 24,2% der Grabsteine für ihre FrauenIKinder erstellen, während die Anzahl der von KarneradenlErben besorgten Denkmäler auf 16,5% zurückging. Der kontinuierliche Anstieg der Belege für Lebensgemeinschaften vom 1. zum 3. Jahrhundert ist nicht auf Auxiliare beschränkt, vielmehr weist die Untersuchung von verstorbenen Legionären errichteten Denkmälern ein ähnliches Ergebnis auf. Während aktive Legionssoldaten im 1. Jahrhundert kaum Familien gründeten, wird ab dem 2. Jahrhundert ein zunehmender Trend zur Familienbildung deutlich53. Bei den stadtrömischen Einheiten zeichnet sich ebenfalls ein deutlicher Anstieg von Soldaten, die familiäre Bindungen eingingen, vom 1. zum 3. Jahrhundert hin ab54. geführten Quellenstellen wie die Ausführungen von Ried1 einer kritischen Prüfung nicht immer stand. Eine schöne Zusammenstellung von Belegen für Soldaten und ~ e t e r i e n f a milien bietet A.W. van Buren, Some Families formed by Roman Soldiers and Veterans. In: Hommages ii Albert Grenier. Bd. 3. Collec. Latomus 58 (Brüssel 1962) 1564-1570. In Militärdiplomen bezeugte Flottensoldaten, die eine Frau undJoder Kinder hatten, wurden von M. MirkoviC, in: Heer und Integrationspolitik 182 zusammengestellt (insgesamt zehn Belege); davon gehören zwei dem 1. Jh. (CIL XVI 12 und 24), drei dem 2. Jh. (CIL XVI 79; RMD 44. 105) und fünf der ersten Hälfte des 3. Jh.s an (CIL XVI 152. 154; RMD 74. 131. 133; hinzu kommen mittlerweile: RMD 142. 171 (beide 2. Jh.) und RMD 189. 201 (beide 1. Hälfte 3. Jh.). 52Der Begriff umfaßt alle Personen weiblichen Geschlechts, welche die Rolle einer Ehefrau spielten. In Inschriften werden sie vielfach als coniux bezeichnet. 53G. Alföldy, AAAH 32, 1989, 176f. mit Anm. 27 = ders., Mavors I11 32f. mit Anm. 27 (zu den Verhältnissen in Mogontiacum und in Carnuntum); M. Debrunner Hall, Männerwelt 222f. 54S. Panciera, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 268f. legt folgende Zahlen vor: 1. Jahrhundert: 165 Inschriften, fünf bezeugen Rauen, von denen drei coniux bzw. uxor genannt werden = 3%; 2. Jahrhundert: 517 Inschriften, 54 belegen Rauen, von denen 41 als coniux oder als uxor bezeichnet werden = 10,4%; 3. Jahrhundert: 378 Inschriften, 96 belegen Frauen, von denen 86 als coniux oder als uxor angesprochen werden = 25,3%. Diese Zahlen liegen etwas niedriger als die von M.M. Roxan ermittelten. Zu bedenken ist, daß für die Prätorianer und Soldaten der stadtrömischen Kohorten im 3. Jahrhundert ein Eheverbot fortbestand. Auch die in Rom stationierten equites singulares gründeten seltener als Angehörige der Provinztruppen Lebensgemeinschaften bzw. Familien; siehe

Darüber, wieviele Veteranen mit Frauen geschlechtliche Lebensgemeinschaften bzw. Ehen eingingen, gibt das inschriftliche Material partiell Aufschluß. M.M. Roxan gelangte anhand von Grabsteinen ehemaliger Auxiliarsoldaten (1. bis ausgehendes 3. Jahrhundert) zu dem Ergebnis, daß im 3. Jahrhundert 56,9% aller Auxiliarveteranen gewidmeten Denkmäler von Frauen/Kindern errichtet wurden. Dagegen erstellten 25,5% der Steine Veteranen für ihre FrauenIKinder. Hinzu kommen Grabzeichen, die dem 2. oder dem 3. Jahrhundert zuzuweisen sind. Von ihnen wurden 58,7% von FrauenIKindern und 19,6% von Veteranen für F'rauenIKinder besorgt. Bei Steinen, die eindeutig dem 2. Jahrhundert angehören, liegen die Prozentsätze deutlich niedriger. Nur 20% der Monumente ließen FrauenIKinder und 17,5% Veteranen für FrauenIKinder aufstellen. Noch drastischer sind die Verhältnisse im 1. Jahrhundert: von 36 Grabsteinen wurden gerade 13,9% von FrauenIKindern und 2,8% von Veteranen FrauenIKindern gewidmet. Erwartungsgemäfl sinkt proportional zum Anstieg von Familien die Zahl der Grabsteine, die von Kommilitonen/Erben, die nicht Frauen oder Kinder waren, errichtet wurden (1. Jahrhundert: 41,6%; 2. Jahrhundert: 27,5%; 2.13. Jahrhundert: 2,2%; 3. Jahrhundert: 5,9%)55. Die vorgestellten Ergebnisse entsprechen der bei aktiven Soldaten zu beobachtenden T e n d e n ~was ~ ~ ,nicht weiter verwunderlich ist, denn das Gros der Veteranen dürfte seine Lebensgefährtin schon während der aktiven Zeit gefunden haben. Dem römischen Heer bescherten die von Soldaten eingegangenen Lebensgemeinschaften ein reiches Potential an Rekruten, denn vielfach ergriffen die Söhne den Beruf ihres Vaters. Zudem war der oftmals im Umkreis der Militärlager aufgewachsene Nachwuchs von Kindesbeinen an mit dem Soldatenleben und dessen Anforderungen vertraut. Die Eltern scheinen in der Regel mit der Berufswahl iher Söhne einverstanden gewesen zu sein oder dachten von Anfang an daran, ihre Söhne ins Heer eintreten zu lassen. Hierauf weisen etwa die Cognomina des veteranus ex equite legionis III Italicae M. Aurelius Militius und seines Sohnes Aurelius Militaris hin57. Gleichermaßen veranschaulicht ein um 200 n. Chr. gefertigter Grabstein aus Aquincum die Erwartung der Eltern an ihr Kind. Der gerade vier Jahre alt gewordene Sohn eines cornicen der legio I1 adiutrix wurde auf seinem Grabmal mit dem M.P. Speidel, Denkmäler 22 mit Anm. 121; vgl. dens., in: Roman F'rontier Studies 1989, 466. 55M.M.Roxan, in: Roman Fkontier Studies 1989, 426ff.; vgl. M. Debrunner Hall, Männerwelt 222. 56Siehe oben p. 100ff. 57CILI11 5955 = IBR 391 (Castra ReginaIRegensburg).

cingulum militare bekleidet dargestellt. In seiner linken Hand hält er eine Schriftrolle, auf die er den Zeigefinger seiner Rechten schwörend gelegt hat58.

5.2

Gleichgeschlechtliche Beziehungen

In welchem Umfang Homo-, Bisexualität und Päderastie in den römischen Streitkräften verbreitet waren, ist unbekannt. Die immer wieder geäußerten Vermutungen, gleichgeschlechtliche Beziehungen seien im römischen Heer häufig gewesen, fußen auf der Annahme, das enge Zusammenleben der Soldaten im Lager, ihre zeitweise Abgeschiedenheit, etwa während langer Winter im Feldlager, müsse zwangsläufig zu einer weiten Verbreitung von Homosexualität (stuprum cum masculis, nefanda libido, impudicitia, monstrosa Venus) geführt haben59. Darauf, daß ein Teil der Soldaten und Offiziere homosexuell veranlagt war und seinen Neigungen nachgab, weisen nur wenige Textstellen hin, die mehrheitlich die Verhältnisse in republikanischer Zeit widerspiegeln6'. Vielfach wird angenommen, Homosexualität habe im römischen Heer grundsätzlich unter Strafe gestanden6'. Dies scheinen die Quellen auf den ersten Blick zu bestätigen: Gemäß den vorhandenen Zeugnissen wurden die Beteiligten, das heißt vornehmlich die aktiven Partner, zur Verantwortung gezogen. Allerdings liegt der Grund für ihre Bestrafung nicht in ihrer persönlichen sexuellen Disposition, sondern in der Art und Weise, in der sie ihre Wünsche zu befriedigen suchten. In allen tradierten Fällen handelt es sich um versuchte oder erfolgte Notzucht von Untergebenen, die ausnahmslos römische 58CIL I11 15159 = Schober, Grabsteine 158 mit Fig. 77. - Allerdings gab es auch Farnilien, in denen die Söhne und Enkel nicht den Soldatenberuf ihres Vaters bzw. Großvaters ergriffen. Eines der wichtigsten Zeugnisse für einen Veteranen und seine Nachfahren bilden die die Familie des M. Lucretius Diogenes betreffenden Papyri. Sie ermöglichen uns einen partiellen Einblick in das Leben einer Soldatenfamilie über vier Generationen. Nach diesem Material zu urteilen, scheint keiner der Nachkommen des Veteranen M. Lucretius Clemens Soldat geworden zu sein. Von ihrem gesellschaftlichen Status her sind seine Kinder und Kindeskinder zu den kleinen, wenig vermögenden Landbesitzern in Ägypten zu rechnen; Schubert, Archives, bes. 17. 5gGrimal,Liebe 100; J.P.V.D. Balsdon, Romans and Aliens (London 1979) 226; Friedl, Konkubinat 234 (mit weiterer Literatur). 6oSiehe die unten Anm. 62 angeführten Quellenstellen; weitere Hinweise auf Homosexualität von Heeresangehörigen: Plut., Cim. 1,2; Sert. 26,l; Suet., Domit. 10,5. Polyb. 6,37,9 geht es m.E. nicht um Homosexualität, sondern um die mißbräuchliche Behandlung des eigenen Körpers; anders J.H. Jung, ANRW 14,2, 1982, 964. 61Grimal, Liebe 100; Lilja, Homosexuality 111. 135, vgl. 106ff.; Fkiedl, Konkubinat 233.

Bürger waren62. Daraus folgt nicht, daB römischen Soldaten und Offizieren homosexuelle Praktiken generell untersagt waren, bzw. sie grundsätzlich verfolgt und bestraft wurden, zumal die römische Gesellschaft spätestens seit der Zeit der ausgehenden Republik bis in die Zeit der christlichen Kaiser ein hohes Maß an Akzeptanz gegenüber gleichgeschlechtlichen Beziehungen aufbrachte. Nicht zu vergessen ist, da8 selbst bedeutende Heerführer aus ihren homoerotischen Neigungen keinen Hehl machten. Erinnert sei nur an Kaiser Hadrian, einen um das Heer und dessen Disziplin überaus besorgten Oberbefehlshaber. Es ist somit davon auszugehen, da8 Homosexualität von Soldaten toleriert wurde, solange nicht die disciplina militaris oder allgemeine Beschränkungen tangiert wurden. Mit anderen Worten: der sexuell passive Partner durfte kein freier Knabe oder Bürger sein63. Gleichgeschlechtlichen Beziehungen mit anderen Personen, etwa mit männlichen Prostituierten oder den eigenen Sklaven, stand dagegen nichts im Wege. 62Dion.Hal. 16,4,1-3; Val. Max. 6,1,11: C. (Dion. Hal.) oder M. (Val. Max.) Laetorius Mergus, Tribun im 3. Samniterkrieg, verging sich an einem jungen Soldaten. Die Verhängung der Todesstrafe wurde mit dem personenrechtlichem Status des Mißbrauchten und dem bestehenden Abhängigkeitsverhältnis begründet. Mergus entzog sich dem Urteil noch vor dessen Fällung durch Flucht und Selbstmord; F. Münzer, RE 12,l (1924) 450 S.V. Laetorius Nr. 11. - Cic., Inv. 2,124; Mil. 4,9; Val. Max. 6,1,12; Plut., Mar. 14,3-5; Quint., Inst. 3,11,14; Decl.mai. 3; Calp., Decl. 3; Schol.Bob., Mil. 279 Or.: Der Offizier C. Lusius, ein Neffe des Feldherrn C. Marius, begehrte einen ihm unterstellten Soldaten. Als Lusius versuchte, den Mann zu mißbrauchen, griff dieser zur Waffe und tötete seinen Peiniger. Marius sprach ihn im folgenden Prozeß von der Anklage des Mordes frei und belobigte ihn für sein Verhalten; F. Münzer, RE 13,2 (1927) 1872f. S.V.Lusius Nr. 1. 63Zngenui,die sich der Prostitution verschrieben, galten als infamiert. Das stupmm mit einem Freigeborenen stand grundsätzlich unter Strafe; ebenso der Mißbrauch von Knaben, die noch nicht 12 Jahre alt waren. Mit steigender Akzeptanz der Homosexualität in der römischen Gesellschaft reduzierte sich das Strafmaß. Während die frühe Republik auf Kapitalstrafe erkannte, wurden Verstöße später mit einer Geldbuße belegt (lex Sca(n)tinia). Die späte, vom Christentum geprägte Kaiserzeit verhängte aus sittlichen Motiven wieder die Todesstrafe; W. Rein, Das Kriminalrecht der Römer von Romulus bis auf Justinian (Leipzig 1844, Nachdr. Aalen 1962) 863ff.; Mommsen, Strafrecht 30f. 703f.; A. Berger, RE Suppl. 7 (1940) 411f. S.V.lex Scatinia; W. Krenkel, Der Kleine Pauly 4 (1972) 1583f. S.V. Paederastie; ders., Männliche Prostitution in der Antike. Das Altertum 24, 1978, 49ff.; ders., Pueri meritorii Romani. In: I. Weiler (Hg.), Soziale Randgruppen und Außenseiter im Altertum. Referate vom Symposion 'Soziale Randgruppen und antike Sozialpolitik' in Graz, 21. bis 23. September 1987 (Graz 1988) 191ff.; J. Boswell, Christianity, Social Tolerance, and Homosexuality. Gay People in Western Europe from the Beginning of the Christian Era t o the Fourteenth Century (Chicago - London 1980) 61ff.; Lilja, Homosexuality 106ff.; P. Veyne, Homosexualität im antiken Rom. In: Ph. Ariks - A. Bkjin (Hgg.), Die Masken des Begehrens und die Metamorphosen der Sinnlichkeit. Zur Geschichte der Sexualität im Abendland (Frankfurt a.M. 31984) 40ff.; Stumpp, Prostitution 184f.

5.3

Sklaven und Freigelassene von Soldaten

Sklaven war es verwehrt, Soldat zu werden. Zudem nahm man bei den Streitkräften von der im zivilen Bereich üblichen Praxis der Beschäftigung von Unfreien im Rahmen der täglich anfallenden Verwaltungsaufgaben Abstand. Eine Ausnahme bildet die legio I11 Augusta, bei der kaiserliche Sklaven als dispensatores oder Bedienstete im tabularium Verwendung fanden64. H.-G. Pflaum erklärte diesen Sonderfall wohl zu Recht mit dem Sonderstatus Numidiens und den daraus für den Legaten der Legion resultierenden, erweiterten Aufgabed5. Da das Heer über keine eigenen Sklaven verfügte, ist anzunehmen, daß bei Bedarf auf die unfreien Diener der Soldaten und Offiziere zurückgegriffen wurde66. Möglicherweise erhielten die Soldaten als Besitzer der Sklaven hierfür ein Entgelt67. Dies kam auf jeden Fall billiger zu stehen, als der Ankauf und Unterhalt eigener S k l a ~ e n Im ~ ~ Ganzen . ist die Zahl der Belege für Sklaven von Soldaten und Offizieren im Verhältnis zur Gesamtzahl der Soldaten und Offiziere auffallend niedrig6'. Berechnungen darüber, mit wie vielen

+

64CIL V111 1878 p. 1576 = ILAlg. I 3137; CIL V111 3288. 3289 + p. 1741. 3291 + p. 1741. 16525 p. 2731 = ILAlg. I 3009; CIL V111 18327. 18787 p. 1576 = ILAlg. I 3137; ILAlg. I 2997; AE 1969-70,664 und AE 1973,83; kaiserliche liberti: CIL V111 3290; AE 1956,123 1991,1691; ferner wohl: CIL V111 18140 (= 2803) = CLE 576B; CIL V111 4372. 18553 (= 4373); ILAlg. I 3024; AE 1946,38; Le Bohec, Troisieme lhgion 257f. 65Libyca 3, 1955, 130f. = ders., Scripta varia I 60f. 66Ausführlich Welwei, Unfreie 99ff. 67So bewilligte Konstantin Reitersoldaten, die einen Sklaven oder zwei Pferde stellten, die doppelte annona; siehe C T 7,22,2,1f. 6eIm Einzelfall mögen auch Freie temporär gegen Bezahlung für Dienste im Troß herangezogen worden sein. Hierauf könnten CIL XI11 8732 und AE 1980,887 (beide 1. Jh.) hindeuten. Allerdings ist in beiden Fällen nicht klar, ob die erwähnten lixae im Auftrag der Truppe tätige Händler waren oder ob sie als 'Burschen' bei der Truppe arbeiteten; vgl. M.P. Speidel, ZPE 38, 1980, 146ff. = ders., Mavors I 203ff. mit add.; Welwei, Unfreie 86f. - Wenig zu dieser Frage vermag für die Kaiserzeit eine Konstitution von Valentinian I. und Valens vom 14. Februar 367 n. Chr. beitragen (CT 7,1,10): Plen'que milates secum homines condicionis ingenuae propinquitate simulata vel condicione lixarum frequenter abducunt; vgl. Welwei, Unfreie 88. 69Forni, Reclutamento 125; ders., ANRW 2,1, 1974, 391 = ders., Mavors V 63 (jeweils mit Zusammenstellung der epigraphischen Belege); G. Alföldy, AAAH 9, 1961, 123s. 13%. (Sklavenbesitz von Heeresangehörigen in Dalmatien); MacMullen, Soldier 91. 106ff.; Freis, Cohortes urban* 52; Wierschowski, Heer 65ff. (ebenfalls mit Zusammenstellung inschriftlicher Belege für Freigelassene von Soldaten und Veteranen); Welwei, Unfreie 90f. 99ff.; Kissel, Untersuchungen 191 Anm. 61.

+

+

+

Sklaven pro Einheit zu rechnen ist, erwiesen sich als fruchtl~s'~.Wieviele calones (unfreie Pferdeknechte) den Reitern des römischen Heeres zuzurechnen sind, ist ebenfalls ungeklärt. Vorstellbar ist, daß nicht jeder Reiter einen eigenen Sklaven zur Pferdepflege hielt, sondern ein contubernium gemeinsam einen Burschen hatte7'. Auch könnte eine turma gemeinsam einige Sklaven für die Versorgung ihrer Pferde gehalten haben. Zudem ist in Rechnung zu stellen, daß mit steigender Zahl von Lebensgemeinschaften zwischen Soldaten und im Lagerumfeld lebenden Frauen so mancher Dienst, den Sklaven für Soldaten auf privatem und zivilem Sektor erbrachten, sicherlich von diesen Frauen übernommen wurde. Dies gilt in besonderem Maße für die Zeit nach Aufhebung des Eheverbots durch Septimius S e ~ e r u s ~Auch ~ . wird die gute Infrastruktur der Dauerstandlager und ihres Umfeldes manche Tätigkeit aufgefangen haben, für die sonst Sklaven benötigt wurden. Der Klärung harrt, inwieweit die von Reitern und Infanteristen zu ihrer persönlichen Bedienung mitgeführten Unfreien auf dem Marsch Aufgaben im Rahmen des Troßes zu übernehmen hatten. War das Heer unterwegs, so fiel im Bereich des Trains, angefangen von der Beförderung des schweren Geräts und des Hab und Guts der Soldaten bis hin zur Versorgung der Tiere mehr als genug Arbeit an. Da ein auf dem Marsch befindliches Heer schwerlich überzählige Personen mit sich nehmen konnte, ist anzunehmen, daß die mitgeführten Sklaven und Freigelassenen, sofern sie nicht ihre Herren bei deren Dienstobliegenheiten unterstützten, im Troß ihr Tagewerk verrichteten. In antiken Quellen ist bisweilen die Rede davon, daß die unfreie Dienerschaft zu 70SieheWelwei, Unfreie 92ff., der sich eingehend mit bislang aufgestellten Berechnungen auseinandersetzte und durchweg deren Unhaltbarkeit aufzeigen konnte. 71Vgl. M.P. Speidel, AncSoc 20, 1989, 239ff. = ders., Mavors V111 342ff.; dens., Chiron 19, 1989, 119ff. = ders., Mavors V111 353ff.; M. Junkelmann, Die Reiter Roms. Teil 2: Reitweise und militärischer Einsatz. Kulturgeschichte der Antiken Welt 49 (Mainz 1991) 100f.; C.S. Sommer, Where did they put the horses? In: W. Czysz u.a. (Hgg.), Provinzialrömische Forschungen. Festschrift für G. Ulbert zum 65. Geburtstag (Espelkamp 1995) 163. 72Welwei,Unfreie 81ff., bes. 99ff.; M.P. Speidel, AncSoc 20, 1989, 239ff. = ders., Mavors V111 342ff. - Da5 Sklaven auch im 3. Jahrhundert und später im Heer vorhanden waren, belegen wiederholt Passagen des Codex Iustinianus, so etwa CI 4,51,1 (224 n. Chr.); CI 5,16,2 (213 n. Chr.); CI 9,23,5 (225 n. Chr.); P.Oxy. XLI 2951 (267 n. Chr.) sowie diverse Juristentexte, die sich mit der Emanzipation der zum peculium castrense gehörenden Sklaven von Soldaten befassen: Dig. 29,2,42,3 (Ulpianus); Dig. 37,14,8pr. (Modestinus); Dig. 38,2,22 (Marcianus); Dig. 49,17,13 (Papinianus); Dig. 49,17,19,3 (Tryphoninus); Dig. 38,4,3,3 und Dig. 49,17,6 (Ulpianus). - Konstantin d. Gr. billigte einem Veteranensohn, der als Reiter ins Heer eintreten wollte und zwei Pferde oder ein Pferd und einen Sklaven zu stellen vermochte, das Vorrecht zu, den Militärdienst als circitor zu beginnen; CS 7,22,2,1f.; Welwei, Unfreie 10lff.

Waffenübungen sowie zu handwerklichen Tätigkeiten herangezogen wurde; im Ernstfall hatte sie (para)militärische Aufgaben zu ~ b e r n e h m e n ~Dies ~. erscheint sinnvoll, allerdings bleibt offen, ob jeder Soldatensklave unter dieses Reglement fiel oder ob es nur für bestimmte Gruppen unter den Unfreien galt. Besser als mit Belegen für Sklaven steht es mit Zeugnissen für Freigelassene von Soldaten und Veteranen. Dies mag seine Erklärung in wirtschaftlichen Interessen finden. Die betreffenden liberti übten nach ihrer Freilassung, sicherlich mit Unterstützung ihres Patrons oder in dessen Auftrag, ein Gewerbe oder eine vergleichbare Tätigkeit aus, von deren Einnahmen auch ihr Patron profitierte74. Es ist also plausibel, daß vor allem Soldaten gezielt Sklaven freiließen, um sie als 'Erwerbsquelle' zu nutzen. Interessanterweise fehlen nach den Untersuchungen von P. Varon für die Kaiserzeit Steininschriften, die servae bzw. ancillae von aktiven Soldaten belegen75. Allerdings bezeugen Rechtsdokumente und Privatbriefe wiederholt den Erwerb von Unfreien weiblichen Geschlechts durch S ~ l d a t e n Die~~. ser Befund findet seine Erklärung einerseits darin, daß weibliche Sklaven von Soldaten schwerlich intra castra geduldet wurden7'. Folglich mußten Soldaten zu ihrer Bedienung im Lager auf Unfreie männlichen Geschlechts 73Caes., B.G. 7,45,2f.; Flav. Ios., B.I. 3,4,2-5,l; ChLA X 409; vgl. Veget., Epit. rei mil. 1,10 und 3,6; Welwei, Unfreie 81ff.; Bishop - Coulston, Military Equipment 185; Kissel, Untersuchungen 191 mit Anm. 61. 74Wierschowski, Heer 67; Welwei, Unfreie 101. 75P. Varon, Emptio ancillae/mulieris by Roman Army Soldiers, in: Roman and Byzantine Army 189ff. Einschränkend ist anzumerken, daß P. Varon nicht das gesamte epigraphi- sche Material durchgesehen hat, sondern sich auf eine Auswahl stützte.-1m übrigen findet sich auch unter den Sklaven der equites singulares keine Frau, unter ihren Freigelassenen eine; siehe M.P. Speidel, Denkmäler 23. Die von Friedl, Konkubinat 400f. angeführten Belege sprechen für ein positives persönliches Verhältnis von Sklavin und Herr, doch muß dieses nicht oder zumindest nicht in allen Fällen mit einer geschlechtlichen Beziehung bzw. einer eheähnlichen Verbindung gleichzusetzen sein, zumal in den Quellen entsprechende Hinweise fehlen. - Eine Sklavin, mit der ein Soldat einen Sohn zeugte, belegt für die ausgehende Republik indirekt 1nscr.It. X 5,2, 871. 76Den Kauf von Sklavinnen durch Soldaten belegen etwa P.Mich. V111 476 (frühes 2. Jh. n. Chr.; Käufer: ägyptischer Legionär); 0 . Eger, ZSRG 42, 1921, 452ff. = AE 1922,135 = SB I11 6304 = CPL 193 = FIRA 111' Nr. 134 (151 n. Chr. oder früher; siehe Degrassi, Fasti 43; Käufer: T. Memmius Montanus, Soldat der ravennatischen Flotte); CIL I11 p. 959, XXV = IDR I 3 8 = FIRA2 I11 Nr. 89 (4.10.160 n. Chr.; Käufer: Soldat der legio XI11 gemina); vgl. Varon a.a.0. (wie Anm. 75) 193f.; P.Oxy. XLI 2951 (267 n. Chr.; Verkäufer: Kataphraktarier; Käufer: optio); Starr, Navy 82. 77Vgl. Tac., Hist. 1,48,2. Einzig hohe Offiziere hatten bisweilen ihre Gattinnen bei sich im Lager. Diese Damen mögen für ihre persönlichen Bedürfnisse weibliches Personal mitgebracht haben. -

5.4 5.4.1

Kontakte zur Zivilbevölkerung Kontakte privater Art

Soldaten werden gerne als eigene gesellschaftliche Gruppe innerhalb des Imperium Romanum angesprochen und gegenüber Senatoren, Rittern und der übrigen Bevölkerung ab- bzw. ausgegrenzt. Eine solche Trennung ist in Hinblick auf die spezifischen Aufgaben der Soldaten und die Bedeutung, die dem Heer zukam, gerechtfertigt. Auch grenzten die den Soldaten auferlegten Beschränkungen wie die ihnen zuerkannten Privilegien vielfach Militär und Zivilbevölkerung voneinander ab. Hinzu kommt, daß sich die Streitkräfte seit Begründung des stehendes Heeres durch den ersten Prinzeps Augustus kontinuierlich zu einer eigenen 'society' entwickelten. Hierfür maßgeblich verantwortlich waren die Kasernierung der Soldaten, die vielfach zu beobachtende Stationierung der Truppen in Randzonen des Imperium Romanum, lange Dienstzeiten, festgefügte Reglements und Aufgabenteilungen sowie eine strenge hierarchische Struktur innerhalb des Heeres83. Zudem ist mit Fortschreiten der Prinzipatszeit eine zunehmende Bindung der Soldaten an ihre Garnisonsprovinz zu beobachten. Seit dem späten 1. Jahrhundert wurden Soldaten in verstärktem Mai3e und seit Marc Aurel bevorzugt in der Provinz, in welcher der Garnisonsort lag, oder in einer Nachbarprovinz ausgehobena4. Papyrussammlung. Sitzungsber. Heidelberger Akad. der Wiss., Phi1.-hist. Kl., Jg. 1916, 10. Abhdl. (Heidelberg 1916) 4ff.; BGU I326 = FIRA 111' Nr. 50 (191-194 n. Chr.). 83Vgl. hierzu vor allem die Ausführungen von R. MacMullen, Historia 33, 1984, 440ff. = ders., Changes 225ff. 84Erinnert sei nur an den Neckarsueben Vitalis; CIL XI11 6558. - Im 2. und 3. Jahrhundert stammte die Mehrzahl der uns bekannten Soldaten der legio V11 gemina aus Hispanien und zwar in erster Linie aus dem Nordwesten, also aus dem weiteren Umfeld des Truppenstandortes; G. Alföldy, AAAH 32, 1989, 181f. = ders., Mavors I11 37f. (mit weiterer Literatur); vgl. Forni, Reclutamento 72. 85ff., bes. 99f. 215ff.; dens., ANRW 2,1, 1974, 386ff. = ders., Mavors V 58ff. mit 116ff. - Die Soldaten der legio I11 Augusta rekrutierten sich in dieser Zeit mit überwältigender Mehrheit aus den afrikanischen Provinzen und den zugehörigen Randzonen; nach Le Bohec waren im Zeitraum von 193-238 n. Chr. von 524 Legionären nur 24 Auswärtige. Alle übrigen waren Afrikaner bzw. gaben als Origo castris an; siehe 'Ikoisihme 16gion 503. - Bei den Alen und Kohorten ist neben der deutlich überwiegenden Ergänzung aus dem Lagernachwuchs wie dem weiteren Hinterland des Standortes noch in geringerem Maß die Rekrutierung im ursprünglichen Aufstellungsbezirk der Einheit zu konstatieren, siehe Kraft, Rekrutierung 43ff., bes. 62.68. Diese Aushebungspraxis dürfte mit der Hilfstruppen teilweise eigenen speziellen Kampfweise und Bewaffnung zu erklären sein. Zur Rekrutierung der Legionen siehe auch die Ausführungen und die Materiaizusammenstellung bei Mann, Recruitment bes. 66ff. 73. 75ff. 86. 95f. 105f. 120ff. 129. 134f. 142. 145f. 152. 155.

Eine Ausnahme stellten die während eines Kriegszuges in den Gebieten, durch welche die Truppe zog bzw. in denen sie einige Zeit verweilte, ausgehobenen und in die Einheit eingegliederten Soldaten dara5. Die Sonderstellung des Heeres bewirkte allmählich auch außerhalb der Lager die Ausbildung einer 'Militärgesellschaft' - besonders in den Militärzonen des Reiches. Die im Umfeld der Lager ansässigen und als Lebenspartnerinnen in Frage kommenden Frauen waren häufig Töchter oder Schwestern von Soldatena6. Die in der Nähe militärischer Anlagen lebenden Personen waren also vielfach mit den Soldaten verwandt und mehr oder weniger auf deren Einkommen angewiesen oder sie lebten als Gewerbetreibende von den am Ort stationierten Soldaten und ihren Angehörigen. Allerdings vernachlässigt die skizzierte Fächerung der römischen Gesellschaft die Bindungen zwischen Soldaten und breiteren Kreisen der Zivilbevölkerung sowie die aus diesen Kontakten resultierende gegenseitige Beeinflußunga7. Ebensowenig trägt sie den unterschiedlichen demographischen Strukturen im Imperium Romanum Rechnung. Im Umfeld von Lagern konnten relativ leicht reine 'Militärgesellschaften' in der dargelegten Art entstehen. Innerhalb urbaner Zentren wie etwa in Rom bildeten die Soldaten dagegen nur einen geringen Prozentsatz der Gesamtbevölkerung. Das heißt, sie gingen in dieser mehr oder weniger aua8. Schließlich waren Soldaten Teil der Reichsbevölkerung mit durchaus gleichen Interessen wie andere in Hinblick auf wirtschaftlichen Wohlstand, Sicherheit und Ordnung. Im Krisenfall konnte die gesellschaftliche Einbindung der Soldaten in die Reichsbevölkerung zu einem Gefahrenpotential erwachsen. Dies sei an folgendem Beispiel illustriert: Die Soldaten des Maximinus Thrax wurden massiv angegriffen, als der Kaiser Geldmittel, welche für Lebensmittel, Spenden, Theaterveranstaltungen und diverse Feste vorgesehen waren, beschlagnahmtea9. Vermutlich hatte die von der Zivilbevölkerung auf die Soldaten übertragene Unzufriedenheit erheblichen Anteil an der kurze Zeit später erfolgten 85G. Alföldy, ES 4, 1972, 26ff., bes. 29f. (zu thrakischen und illyrischen Soldaten in den rheinischen Legionen); Mann, Recruitment 148f.; F. Bkrard, REL 70, 1992, 174f. 86G. Alföldy, AAAH 32, 1989, 181ff. = ders., Mavors I11 38ff.; vgl. E. Birley; ES 8, 1969, 9 = ders., Mavors IV 27. Siehe auch die Untersuchungen von F. Berard, REL 70, 1992, 166ff. zu den Verhältnissen im antiken Lyon; vgl. Pollard, Army 219f. 8 7 Z Recht ~ betont von Sünskes Thompson, Legitimation 76; zum Folgenden siehe ebd. 76ff. 88Dies schließt nicht aus, da5 es auch hier Soldatenfamilien gab, das heißt Familien, in denen wiederholt Angehörige, die in militärischen Verbänden dienten, nachzuweisen sind. Zu den Verhältnissen in Rom siehe S. Panciera, in: Prosopographie und Sozialgeschichte 261ff. 89Herod. 7,3,5f.

Ermordung des Kaisersgo. Umgekehrt versuchte Maximinus Thrax bei der Belagerung Aquilejas, die sozialen Bindungen eines Tribunen, welcher aus Aquileja stammte und dort seine gesamte Familie wohnen hatte, zu seinen Gunsten zu nutzen. Dem Wunsch des Kaisers entsprechend sollte der Tribun die Einwohner der belagerten Stadt zur Aufgabe bewegen. Allerdings tat er genau das Gegenteil und ermutigte seine Mitbürger zur Fortsetzung ihres Widerstandesg1. Beide Vorgänge zeigen hinlänglich, daß Soldaten wie Offiziere in einen Gewissenskonflikt zwischen Pflichterfüllung, Gehorsam gegenüber dem Kaiser sowie den Interessen ihres sozialen Umfeldes geraten und letztere die Oberhand über die Pflichten des Soldaten gewinnen konnten. Erinnert sei noch an ein Ereignis aus späterer Zeit: Wie Ammian verbürgt, trug die Angst der Soldaten um ihre Familien erheblich zu ihrer Weigerung bei, einem Marschbefehl des Constantius nachzukommen. Statt dessen leisteten sie Julian Gefolgschaftg2. Bisweilen fürchteten sich Soldaten vor den Reaktionen der Bevölkerung auf ihr Verhalten. So verschanzten sich die Prätorianer, nachdem sie Pertinax ermordet hatten, in ihrem Lager, um nicht dem Volkszorn schutzlos ausgesetzt zu seing3. Entsprechend den im Imperium Romanum weit verbreiteten Klientelverhältnissen müssen Soldaten vielfach zur Gefolgschaft namhafter und vermögender Patrone gehört haben. Wie gefährlich Klienten in Uniform werden konnten, war, seit Pompeius eine ganze Armee aus seinen Klienten rekrutiert hatte, nur zu gut bekanntg4. Eine Vorsichtsmaßnahme ergriff Kaiser Claudius, indem er Soldaten grundsätzlich untersagte, Senatoren ihre Aufwartung zu macheng5. Soldaten als Klienten sind relativ selten namentlich zu fassen, doch müssen sie, nach den spärlichen Zeugnissen zu urteilen, teilweise zur Klientel äußerst einflußreicher Personen gehört haben. So weiß Herodian von Soldaten, die zu den Klienten von Iulia Maesa zählteng6. Der Prätorianerpräfekt Macrinus machte sich bei der Ermordung Caracallas seine Stellung 'OHerod. 8,5,8f.;vgl. HA, Max. 23,6. Siehe auch die Einflußnahme der Bevölkerung auf das Verhalten der Soldaten gegenüber Macrinus und Diadumenianus; Dio 79,20,3f. und 39,4. "Herod. 8,3,1-9. 92Amm. 20,4,10ff. 93Herod.2,5,9. - Auch die in Rom zurückgelassenen Soldaten des Maximinus Thrax fürchteten sich vor der Bevölkerung; Herod. 7,11,2 und 5. 94Vell.2,29; Plut., Pomp. 6. 95Suet.,Claud. 25,l. - Zu Angehörigen der munizipalen Oberschicht als Anstifter von Unruhen vgl. H.P. Kohns, in: Klassisches Altertum 257ff. 964,13,1f.

als Patron zunutze; der von ihm mit der Ausschaltung Caracallas betraute Zenturio war ein früherer, ihm zu Dank verpflichteter Klientg7. Schließlich kamen bzw. blieben Soldaten im Rahmen von Vereinigungen und Kultgemeinschaften, die Zivilisten wie Soldaten gleichermaßen offenstanden, mit der Bevölkerung in Kontakt. Vielerorts frequentierten Soldaten und Zivilisten die gleichen Heiligtümer, um ihrem Gott die Ehre zu erweisen und gemeinsam den Kult zu praktizieren. Die Motive der Götterverehrung dürften dabei weitgehend identisch gewesen sein. Beide Gruppen erhofften sich Schutz und Förderung von Seiten der verehrten Gottheit. Die Mitgliedschaft in einer Kultgemeinschaft vermittelte Soldaten wie Zivilisten gleichermaßen ein Gefühl der Zu- und Zusammengehörigkeit, des Geborgenseins in der von ihrem Gott beschützten Gruppe. Ebenso wie Zivilisten übten Heeresangehörige innerhalb von Kultgemeinschaften sakrale Funktionen aus, was zugleich ein entsprechendes Ansehen innerhalb der Kultgemeinschaft mit sich brachte. Aus einer 241 n. Chr. in Rom dem Numini sancti dei Aescul[api] Sindrinae reg(ionis) Philippopoli[ta]naegeweihten Inschrift geht hervor, daß ihr Stifter Aurelius Mucianus Priester des Gottes und im täglichen Leben Soldat der 10. Prätorianerkohorte war. Sein der Gottheit gegebenes Versprechen löste er cum civibus et commil[i]tonibus suis eings. Ein Musterbeispiel für die gemeinsame Religionsausübung von Zivilisten und Militärpersonen in ein und derselben Kultgemeinschaft stellt der Mithraskult dar, der als staatskonforme Religion die Sympathie der domus imperatoria genoß, aber dennoch nie wie andere Mysterienkulte zur offiziellen Staatsreligion erhoben wurdeg9. Der usprünglich von Italien aus vor allem in den Westprovinzen des Reiches verbreitete Kult hatte um die Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert im Heer Fuß gefaßtlOO. In der Folgezeit gehörten zu den cultores Mithrae Offiziere, Soldaten und Veteranen. Belege für diesem Personenkreis angehörende Mithrasanhänger finden sich vornehmlich in der Zeit vom Ende des 2./Anfang des 3. bis ins 4. JahrhundertlO1. Vor allem unter der Regierung von Septimius Severus und seinen Söhnen ist eine ganze Anzahl von Aufwendungen, oftmals von (oder unter Beteiligung von) Militärpersonen für Mithräen bezeugtlo2. Der Aufschwung der Mithraskultstätten unter 97Herod.2,6,7; J.-U. Krause, Spätantike Patronatsformen im Westen des Römischen Reiches. Vestigia 38 (München 1987) 7. 98CIL V1 30685. 99Clauss,Cultores 256. 100Clauss,Mithras 43; ders., Cultores 254. 1°'Siehe Clauss, Cultores, bes. 22. 62ff. 79f. 267ff. 102Clauss,Cultores 257. 268. Doch ging die Mithrasverehrung mit den Severern keineswegs zu Ende. So wurde um die Mitte des 3. Jahrhunderts in Poetovio unter maßgeblicher

den ersten Severern findet seine Erklärung in der Identifizierung des Gottes Sol invictus Mithras mit Sol invictus, der seit Commodus und unter den Severern in besonderem Maße proklamiert und häufig auf Münzreversen abgebildet wurde103. Zudem verschmolz im Laufe des 3. Jahrhunderts der Kaiser immer mehr mit dem Sonnengottlo4. Die meisten Heeresangehörigen werden wohl im Rahmen ihres Dienstes im Heer mit dem Kult bekannt geworden und ihm von da an treu geblieben sein. Sicherlich trugen ehemalige Soldaten nach der Rückkehr ins Zivilleben an ihrem neuen Wirkungsort zur Verbreitung des Kultes bei. In vielen Fällen ist das Militär als Träger des Kultes in den Provinzen zu betrachten, doch fand er allenthalben schnell Anhänger unter der Zivilbe~ölkerung'~~. Nach den Berechnungen von M. Clauss betrug der Anteil der Offiziere, Soldaten und Veteranen unter den Mithrasverehrern 10,6%. In einigen Provinzen, in denen die Mithrasreligion bei der Bevölkerung weniger verbreitet war, lag der Anteil der Militärpersonen höher, überschritt aber auch hier nicht die Marke von zwanzig Prozent106. Die Auffächerung der epigraphischen Zeugnisse nach der Dienststellung entspricht sonst zu beobachtenden Verhältnissen: Auf 28 gewöhnliche Soldaten kommen nach den Untersuchungen von M. Clauss 52 Prinzipales und 25 Zenturionen. Diese Zahlen sind, da es sich meist um Stifter- bzw. Dedikationsinschriften handelt, nicht mit einer unterschiedlichen Attraktivität des Mithraskultes zu erklären, sondern mit dem besseren Einkommen der Prinzipales und der Zenturionen, die sich eher eine Zuwendung an die Kultgemeinde leisten konnten als einfache Soldaten. Zudem hatten diese Gruppen mehr als andere Grund, ihrem Gott Mithras für ihr Fortkommen, ihren Aufstieg innerhalb des Heeres zu danken107. Unter den Angehörigen der Auxiliarverbände fand die Mithrasreligion nur wenige Anhängerlog. Dieses Mißverhältnis ist sicher zum geringsten Teil mit der besseren finanziellen Stellung der Legionäre zu erklären. Ganz offenbar fühlten sich römische Bürger stärker als Peregrine zum Mithraskult hingezogen. Beteiligung des Militärs ein Mithrasheiligtumrenoviert und ausgebaut, siehe AIJ 313-315; vgl. CIMRM 1584ff.; Clauss, Mithras 43; dens., Cultores 162ff., bes. 169. lo3Clauss, Cultores 257. lo4G. Alföldy, AAAH 13, 1961, 123. lo5Clauss, Mithras 45f.; ders., Cultores 270ff. lo6Clauss,Mithras 45; ders., Cultores 268; ders., Klio 76, 1994,384ff. Eine Ausnahme bildet Britannien. Dort liegt der Anteil (die ritterlichen Auxiliarkommandeure eingerechnet) bei 83%;siehe Clauss, Cultores 268 Anm. 12. lo7Vgl. Clauss, Cultores 255. lo8Nach Clauss, Cultores 267 beläuft sich das Verhältnis von Legionen zu Auxiliareinheiten auf 81:18. Dabei sind nur zwei der Auxiliarangehörigen sicher als Peregrine zu identifizieren.

Eine gewisse Rolle dürfte die Werbung der Soldaten unter ihren Kameraden gespielt haben; das heißt, wo der Kult einmal etabliert war, erfuhr er durch die entsprechende Propaganda weitere Ausbreitung. Hinzu kommt, daß bekanntlich senatorische Offiziere häufiger dem Mysterienkult anhingen. Sicherlich motivierten sie durch ihr Vorbild, ihre pekuniären Aufwendungen, die Soldaten zur Nachahmunglog. Obwohl sich der Mithraskult bei Heeresangehörigen großer Beliebtheit erfreute, bekleideten sie in der Regel keine Priestergrade, sondern begnügten sich mit der allgemeinen Einweihung in die Mithrasreligion, der Teilnahme an den Kultfeiern und finanziellen Aufwendungen. Das eigentliche sakrale Kultgeschehen oblag vielfach Zivilisten und unter diesen öfter Freigela~senen"~. Zivilisten und Militärpersonen übten also nicht nur gemeinsam ein und dieselbe Religion aus; Soldaten waren innerhalb der Kultgemeinde den Zivilisten, die Priestergrade versahen, untergeordnet. R. MacMullen hatte die Hinwendung der Soldaten im 3. Jahrhundert zum Mithraskult als Beleg für die zunehmende Barbarisierung gesehen"'. Diese Ansicht erscheint problematisch. Soldaten bildeten wie dargelegt den kleineren Teil der Mithraskultgemeinde. Zudem ist keine Entfremdung zwischen römischen Wertvorstellungen und den Idealen des Kultes zu sehen. Vielmehr war die 'Mithrasgemeinde' mit ihrem vom Sklaven bis hin zum Senator reichenden Anhängerspektrum, ihrer hierarchischen Struktur, den Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb der Priesterschaft letztlich ein Abbild der sozialen Wirklichkeit des Imperium Romanum und des exercitus Rornanu~"~. Enge Beziehungen zum Lichtgott Mithras weist der Kult des Iuppiter Dolichenus auf, denn Sol und sein Pendant Luna waren diesem Kult attribuiert113. Der Kult, der sich bis zu seinem Niedergang in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhundertsu4 bei Zivilisten beiderlei Geschlechts und unterschiedlicher sozialer Stellung wie bei S~ldatenfamilien"~der Beliebtheit erfreute, hatte lo9Vgl. Clauss, Mithras 44f.; ders., Cultores 179ff. 189f. 248ff. 254. 268. llOClauss, Cultores 276f. - 236 n. Chr. ist ein miles der 22. Legion in Bingen belegt, der sich matricarius (Führer der Matrikel der Kultgemeinschaft) nennt. Er beteiligte sich also aktiv arn Leben des Kultvereins, aber ohne ein Priesteramt auszuüben; sein Bruder, mit dem er einen Altar für Mithras stiftete, war hingegen pater sacromm (Finke 226 = CMIRM 1243). "'Soldier 96f. l12Vgl. Clauss, Cultores 278. l13Siehe M.P. Speidel, Religion 25ff. "4Eine Militärweihung zu Ehren Dolichens gehört dem 4. Jh. an: AE 1972,446 = CCID 235. uSCIL I11 3998 + p. 1745 = AIJ 583 = CCID 276 (centurio mit Gattin und Söhnen; 198-209 n. Chr.); CIL XI11 8620 = CCID 546 (primus pilus mit Ehefrau und Sohn; 228

sich im Laufe des 2. Jahrhunderts unter Soldaten wie Offizieren ausgebreitet. Unter Commodus hatte er unter Militärangehörigen fest Fuß gefaßt116. Früher wurde gemeinhin angenommen, der Dolichenuskult habe seine Verbreitung aus Kommagne stammenden Händlern und Soldaten zu danken; diese Ansicht ist aufgrund neuerer Forschungen zu relativieren, denn neben wenigen Soldaten aus Kommagene finden sich zahlreiche Kultanhänger, die aus anderen Gebieten des Imperium Romanum stammen, wobei milites aus dem Osten des Reiches für den Kult besonders empfänglich waren"'. Dem einen oder anderen Soldaten mögen die häufiger zu konstatierende militärisch anmutende Gewandung des Iuppiter Dolichenus wie seine Attribute und signa den Zugang zum Kult erleichtert haben1''. Vor allem in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts sind unter denjenigen, die Dolichenus etwas dedizierten, immer wieder Soldaten anzutreffen. Die von Militärangehörigen ausgehenden Weihungen kulminieren in severischer Zeit; ein Ergebnis, das auch sonst in der Epigraphik erkennbaren Tendenzen entspricht und daher nicht etwa mit einer besonderen Förderung des Kultes durch die Severer erklärt zu werden brauchtllg. Aus den bereits genannten Gründen gehört die Mehrzahl der nachweisbaren militärischen Kultanhänger

n. Chr.); CIL V111 18222 = M.P. Speidel, Religion 67 Nr. 36 = CCID 626 (praefectus castrorum mit Gemahlin und Kindern; bald nach 224 n. Chr.; siehe Le Bohec, Troisikme lhgion 133f.); CIL V111 2624 p. 1739 = ILS 4323 = M.P. Speidel, Religion 67 Nr. 35 = CCID 624 (praefectus castrorum der legio I11 Augusta Severiana mit Gattin; vgl. Le Bohec, Troisikme lhgion 134); CIL I11 14490 = IDR 11 201 = CCID 177 (centurio und Frau; 1. Hälfte 3. Jh. n. Chr.?). l16CIL I11 11134 = Vorbeck, Militärinschriften 10 = CCID 223; CIL V 1870 = CCID 449; CIL V1 414 = ILS 4315 = CCID 408; CIL V1 30495 = CCID 409; CIL XI11 6646 = M.P. Speidel, Religion 9 Nr. 14 = CCID 538; CIL XIV 22 = M.P. Speidel, Religion 69 Nr. 42 = CCID 441; CIL XIV 110 = M.P. Speidel, Religion 5 Nr. 2 = CCID 440. ll7M.P. Speidel, Religion 7ff. l18Zu den Attributen und Kultzeichen des Dolichenus siehe ausführlich M.P. Speidel, Religion 38ff. 55ff. llgVgl. M.P. Speidel, Religion 10.

+

zu den ~ o m m a n d e u r e n 'oder ~ ~ zu den pr~nczpales'~',doch bedachten auch ganze Einheiten122und Legionsvexillationen'23 wie einfache Soldaten Dolichenus mit W e i h ~ n g e n ' ~Auffallend ~. hoch ist der Anteil von Benefiziariern unter den Doli~henusanhängern'~~. Wie die Anhänger des Mithras blieben auch die Verehrer des Dolichenus ihrem Gott über ihre Militärzeit hinaus '20Pmefectus cohortis: RIB 916 = CCID 577 (197 n. Chr.?; vgl. I. Richmond, JRS 45, 1955, 189); CIL XI11 7411 = CCID 527 (211 n. Chr.); Finke 240 = CCID 493 (222-235 n. Chr.). - Kohortenpräfekt und pmepositus von Legionsvexillation: AE 1950,126 = IRT 868 = M.P. Speidel, Religion 69 Nr. 44 = CCID 616 (209-211 n. Chr.). - Praefectus castrorum: CIL V111 18222 = M.P. Speidel, Religion 67 Nr. 36 = CCID 626 (bald nach 224 n. Chr.; siehe Le Bohec, Troisieme lt5gion 133f.); CIL V111 2624 + p. 1739 = ILS 4323 = M.P. Speidel, Religion 67 Nr. 35 = CCID 624 (Severerzeit; siehe Le Bohec, Troisieme legion 133f.). Siehe auch die Wiederherstellung eines Dolichenusheiligtums durch den legatus Augusti pro pmetore L. Lucceius Martinus: CIL XI11 8201 = ILS 4312 = M.P. Speidel, Religion 67f. Nr. 38 (211 n. Chr.). '2'Optio classis praetoriae: AE 1971,28 = CCID 432. - Signifeeri: G. Finaly, AA 37, 1912, 530 = CCID 161 (198-211 n. Chr.); CIL 111 14503 = AE 1902,20 = CCID 86. - Centun'ones: IRT 292 = AE 1951,228 1968,8c = CCID 615 (11.4.203 n. Chr.); vgl. Halfmann, Itinera 21W.; CIL I11 3998 p. 1745 = AIJ 583 = CCID 276 (198-209 n. Chr.); AE 1954,264 = CCID 32 (211 n. Chr.); CIL XI11 11811 = M.P. Speidel, Religion 8 Nr. 12 = CCID 524; RIB 587 = CCID 581 (225-235 n. Chr.); siehe auch P.Dura 98 = Fink 50 = M.P. Speidel, Religion 71 Nr. 49 = CCID 39 (27.128.5.239 n. Chr.); CIL I11 14490 = IDR I1 201 = CCID 177; CIL I11 3316 = AE 1910,153 = CCID 201 (beide wohl 1. Hälfte 3. Jh. n. Chr.); CIL XI11 8620 = CCID 546. - Decurio alae: Ph. Filtzinger, Limesmuseum Aalen (Stuttgart 31983) 19f. = M.P. Speidel, Religion 68 Nr. 39 = CCID 476. lZ2Weihungenganzer Kohorten: RIB 1896 = CCID 572 (235-238 n. Chr.); SEG V11 270 = AE 1954,265 = CCID 33 (Juni-Okt. 251 n. Chr.); SEG V11 771 = AE 1954,266 = CCID 34 (251-253 n. Chr.); AE 1968,453 = M.P. Speidel, Religion 5 Nr. 3 = CCID 95 (Mitte 3. Jh. n. Chr.). 123LegioXXII Primigenia: Nesselhauf - Lieb 151 = M.P. Speidel, Religion 6 Nr. 6 = CCID 537 (206 n. Chr.); CIL XI11 6623 = ILS 9119 = M.P. Speidel, Religion 6 Nr. 7 = CCID 536 (207 n. Chr.); CIL XI11 11782 = M.P. Speidel, Religion 70 Nr. 45; vielleicht auch CIL XI11 11950 = CCID 508 (205 n. Chr.); AE 1967,259 = CCID 575 dürfte eine Vexillation der legio V1 victrix finanziert haben (um 217 n. Chr.; siehe E. Birley, ES 4, 1967, 103 ff. = ders., Mavors IV 251ff.). Siehe auch das Dolichenum der equites Singulares in Rom; M.P. Speidel, Religion 12ff. 124RIB 1022 = CCID 576 (217 n. Chr.; E. Birley, ES 4, 1967, 105 = ders., Mavors IV 253) wie CIL I11 4791 = CCID 342 (zwei Soldaten der legio I1 Italica Severiana); wohl ebenfalls dem 3. Jh. gehört AE 1954,268 = CCID 35 (Soldat der 1111 Skythica) an. '25Siehe 2.B. AE 1978,662 = CCID 155 = CBIR 506 (198-211 n. Chr.); vgl. M.P. Speidel, ZPE 103, 1994, 215ff.; AE 1947,30 = RIU 1,11 = CCID 270 (208 n. Chr.); CIL I11 7645 = CCID 137 = CBIR 524 (211-212 n. Chr.); AE 1972,505 = IGBR 12 24 bis = CCID 71 (um 214 n. Chr.); AE 1957,327 = CCID 132 (um 224 n. Chr.); Al. Popa - I. Berciu, Latomus 26, 1967, 996ff. Nr. 1 = M.P. Speidel, Religion 73 Nr. 51 = CCID 150 (238-244 n. Chr.); CCID 131 = CBIR 525 (243 n. Chr.).

+

+

t r e ~ ' ~Angehörige ~. des exercitus Romanus, die im 3. Jahrhundert innerhalb des Dolichenuskultes Priesterfunktionen ausübten bzw. zu übernehmen beabsichtigten, sind nur wenige bekannt; hierzu gehört unter Maximinus Thrax in Carnuntum [Ulpilus [Almandianus. Er war, als er Dolichenus eine Weihung darbrachte, optio ocatavi principis prioris; in der zugehörigen Inschrift nennt er sich candidatus n ~ m i n i ' ~Soldat ~ . war sicher auch der sacerdos Dolicheni Arcias Marinus, der 250 n. Chr. den equites der cohors I Flavia einen Altar zu Ehren der domus divina stiftete128. Zu nennen ist ferner der Veteran Aelius Valentinus, der in Carnuntum als Priester fungierte129. Die Gefahren, die Kontakte der Soldaten zur Bevölkerung in sich bargen, erkannte man wohl. Sie waren vermutlich der Hauptgrund für die auffallende, von der Norm abweichende Rekrutierungspraxis für die legio I1 Parthica. Diese von Septimius Severus aufgestellte Legion stand in Albanum, also in keiner nennenswerten Entfernung von Rom. In der Legion dienten fast ausschließlich Soldaten, die in Pannonien, Illyricum und vor allem in der Provinz Thracia rekrutiert worden waren130. Sie hatten somit zumindest anfänglich keinerlei Kontakte zur ortsansässigen Bevölkerung, vor allem nicht zur stadtrömischen plebs. Allerdings bestanden in einigen Fällen enge Kontakte zwischen den Angehörigen der stadtrömischen Einheiten untereinander wie zu in der legio I1 Parthica dienenden Soldaten. Sie waren teilweise dadurch bedingt, daß nicht nur Landsleute, sondern auch nahe Verwandte ungefähr zur gleichen Zeit für die genannten Truppen ausgehoben bzw. in diese versetzt wurden131. Entsprechende Überlegungen mögen ebenfalls der seit Septimius Severus für die Prätorianer üblichen Rekrutierungspraxis zugrundeliegen. Sie wurden nunmehr aus in den Provinzen stehenden Legionen ausgesucht, kamen also aus Regionen, deren Bewohner mit der Bevölkerung 126Z.B.CIL I11 7760 = M.P. Speidel, Religion 54 Nr. 29 = CCID 156 (Ende 2. - Anfang 3. Jh. n. Chr.); CIL I11 8044 (= 1614) = CCID 158 (2. oder 3. Jh. n. Chr.); CIL I11 11135 = Vorbeck, Militärinschriften 86 = CCID 232; vgl. M.P. Speidel, TAPA 112, 1982, 209ff. = ders., Mavors I 197ff.; AE 1939,265 = CCID 291 (2. oder 3. Jh. n. Chr.); CIL V 2475 = CCID 451 (frühestens Marc Aurel - Lucius Verus). 127CILI11 11135 = Vorbeck, Militärinschriften 86 = CCID 232; vgl. M.P. Speidel, TAPA 112, 1982, 20W. = ders., Mavors I 197ff. 128CILXI11 7786 = M.P. Speidel, Religion 49 Nr. 27 = CCID 550. 12'CIL I11 7760 = M.P. Speidel, Religion 54 Nr. 29 = CCID 156; zu Soldaten als Priester des Dolichenus siehe ebd. 46ff. 130Forni, Reclutamento 97ff. 198ff. 219; ders., ANRW 2,1, 1974, 376ff. = ders., Mavors V 48ff. mit 120f.; Mann, Recruitment 63. 157. Zu den equites singulares, die die einzelnen Herrscher offenbar bevorzugt aus ihrer eigenen Heimat holten, siehe M.P. Speidel, Riding 64ff., bes. 66. 131Vgl. M.P. Speidel, Denkmäler 22.

Roms kaum in Berührung kamen. Gleichzeitig konnte man sich der Loyalität der Ausgewählten sicher sein, schließlich hatten die Soldaten vor ihrer Beförderung in die Prätorianerkohorten eine ganze Anzahl von Dienstjahren bei einer Legion absolviert. Das im 3. Jahrhundert fortbestehende Eheverbot für aktive praetoriani und urbaniciani findet seine Erklärung nicht nur in dem von diesen Elitetruppen geforderten Höchstmaß an Disziplin, sondern ebenso in der gezielten Vermeidung engerer Kontakte zwischen der stadtrömischen Bevölkerung und diesen Einheiten. Auch das merkwürdige und bis heute nicht befriedigend erklärte Phänomen, daß die stadtrömischen Truppen einschließlich der equites singulares gerade im 3. Jahrhundert Militärdiplome empfingen132,ist sicher ebenfalls mit einer bewußten Separierung dieser Soldaten zu erklären133. Offenbar wurde es in Hinblick auf mögliche Aufstände der stadtrömischen und der italischen Bevölkerung als vorteilhaft angesehen, wenn Angehörige der in Rom stationierten Eliteformationen weder heirateten noch mit den ortsansässigen Familien in enge Kontakte traten, indem sie sich Lebenspartnerinnen aus diesem Kreis suchten. Daher räumte man ihnen weiterhin die Möglichkeit ein, Ehen mit peregrinen Frauen zu schließen, bzw. eine während der Dienstzeit bestehende Verbindung im Nachhinein zu legalisieren. Auch die Angehörigen der Flotten von Misenum und Ravenna empfingen gerade im 3. Jahrhundert Militärdiplome und dies, obwohl sie bereits während ihrer aktiven Zeit Ehen schließen durften. Offensichtlich legte man auch im Fall der an Italiens Küsten stationierten Soldaten darauf Wert, daß diese Männer keine einheimischen Rauen heirateten, sondern sich Lebensgefährtinnen aus ihrer Heimat oder weit entfernten Grenzregionen holten bzw. mitbrachten. Diese Frauen verfügten trotz der constitutio Antoniniana häufiger nicht über die civitas Romana. Diesen Überlegungen widerspricht nicht, daß die stadtrömischen vigiles, die nunmehr wie die in den Provinzen stationierten Soldaten während ihrer aktiven Zeit heiraten durften, im Gegensatz zu den stadtrömischen Eliteeinheiten keine Diplome mehr erhielten (oder benötigten). Da sie nur paramilitärische Funktion hatten, scheint man in der Tatsache, daß sie sich aus Freigelassenen und in Rom ansässigen Bürgern rekrutierten und sich zumeist in ihrem angestammten Umfeld ihre Ehefrauen suchten, keine Gefahr gesehen zu haben. 13'Nachweisen lassen sich Diplome bis um die Mitte des 3. Jh.s; 2.B. CIL XVI 144 (230 n. Chr.); 146 (237 n. Chr.); 152 (247 n. Chr.); 154 (249 n. Chr.); RMD 134 und 135 (223-235 n. Chr.); 197 (230 n. Chr.); 198 (237 n. Chr.); 199 (246 n. Chr.). 133Vgl. H.-J.Kellner, in: Heer und Integrationspolitik 243f. 248; H. Lieb, ebd. 342ff. Nach der constitutio Antoniniuna beschränkte sich der Inhalt der Diplome auf die Erteilung des conubium.

5.4.2

Munizipale Würden, Unterstützung der Heimatgemeinden

Grundsätzlich gab es für Soldaten und Offiziere eine ganze Reihe von Möglichkeiten, Gemeinden und deren Bewohner zu unterstützen. So wandten sich Gemeinden wiederholt an ihre Militärdienst leistenden Bürger mit der Bitte um Übermittlung ihrer Anliegen an Behörden, den Statthalter oder an den Kaiser persönlich. Die Gründe für diese Verfahrensweise sind pragmatischer Natur134. Soldaten und Offiziere hatten aufgrund ihrer Tätigkeit und ihrer Mobilität die besseren Möglichkeiten, Schreiben zu befördern und Anliegen den zuständigen Amtspersonen vorzutragen. Somit lag es nahe, dai3 die Bewohner von Skaptopara in Thrakien ihren convicanus und conpossessor Aurelius Pyrrhus, miles der in Rom stationierten cohors X praetoria, mit der Übermittlung ihres Bittschreibens an den Kaiser beauftragten. Umgekehrt machte auch der Kaiser von dieser Möglichkeit Gebrauch und ließ seine Antwort den Dorfbewohnern durch Pyrrhus übermitteln (238 n. Chr.)135. Darüber hinaus dienten in Rom und Umgebung stationierte Soldaten und Offiziere ihren aus der Fremde angereisten Mitbürgern als Anlaufstelle. Gleiches gilt für die in die einzelnen Statthalterofficia abkommandierten Soldaten und Offiziere. Sie konnten ihre Landsleute mit anderen bekannt machen, sie in die Gesellschaft einführen, geschäftliche Kontakte vermitteln oder ihnen einfach mit praktischen Hinweisen helfen136. Eine herausragende Ehrung stellte die Wahl zum Patron eines Gemeinwesens dar. Sie wurde seit dem 1. Jahrhundert wiederholt Heeresangehörigen zuteil. Dabei handelt es sich bis gegen Ende des 3. Jahrhunderts stets um Einzelfälle, wobei meist kein Zusammenhang zwischen der militärischen Funktion und der Wahl zum patronus erkennbar ist13'. Ein direkter Zusammenhang bestand dagegen im Fall des Legaten der legio V11 gemina C. Marius 134Daraus mit M. Rostovtzeff eine 'entente cordiale' zwischen Bauern und Militär zu folgern, ist verfehlt; siehe Herrmann, Hilferufe 56f. . ~ = FIRA 12Nr. 106 = IGBR IV 2236 (mit 135CILI11 12336 = IGRR I674 = S ~ l l 888 ausführlichem Kommentar). Ebenso bedienten sich die Kolonen von Aragua (?) eines Soldaten zur Überstellung ihrer Bittschrift (CIL I11 14191 = OGIS 519 = FIRA 12 Nr. 107 = IGRR IV 598); siehe das Folgende. I3Vgl. H. Galsterer, Provinz und Metropole in Italien. Ulubrae und Butunti. In: H. von Hesberg (Hg.), Was ist eigentlich Provinz? Zur Beschreibung eines Bewußtseins (Köln 1995) 128. 13'Vgl. Harmand, Patronat 307f. - Im 1. Jahrhundert wurde öfter bei Gründung von Veteranenkolonien der ehemalige Befehlshaber der deduzierten Veteranen zum Patron erkoren, siehe ebd. - Zum Städtepatronat, vor allem in der Spätantike, siehe J.-U. Krause. Chiron 17, 1987, lff. (mit der relevanten älteren Literatur).

Pudens Cornelianus (um 219-222 n. Chr.). Ihn kooptierte der conventus Cluniensis offenbar direkt nach seiner Rückkehr nach Rom zum patronus. Der Grund dürfte ein doppelter gewesen sein; einerseits wird sich Cornelianus als Kommandeur der V11 gemina um die Clunienses verdient gemacht haben, anderseits werden diese sich von ihm in Rom Unterstützung für diverse Anliegen erhofft haben'38. Soldaten stand es frei, während ihrer aktiven Zeit Mitglied eines ordo decurionum zu werden oder es zu bleiben. Bisweilen wurde Soldaten sogar die Dekurionenwürde regelrecht angetragen. Dennoch sind Testimonien, die von der Mitgliedschaft aktiver Soldaten in einem ordo decurionum künden, in den ersten drei Jahrhunderten der Kaiserzeit rar13'. Dies hängt zunächst damit zusammen, daß Soldaten weit von ihrer Heimatstadt entfernt stationiert sein konnten und somit schon aus geographischen Gründen keine Möglichkeit hatten, dort munizipale Verpflichtungen wahrzunehmen. Ferner dürften die von Inhabern munizipaler Würden in der Regel erwarteten finanziellen Aufwendungen manchen Soldaten von derlei Ambitionen abgehalten haben. Dennoch konnten Soldaten, die selbst keine munizipalen Würden wahrnahmen, dank verwandtschaftlicher Beziehungen zu den führenden Familien einer Stadt zählen. So war beispielsweise C. Iulius Sabinus, librarius a rationibus der legio XI11 gemina, der Sohn eines Duovirn von S a r m i ~ e ~ e t u s a ' ~ ~ . Zum Kreis der aktiven Soldaten, die Mitglied eines ordo decurionum waren, sind die Söhne von C. Iulius Valerius zu rechnen. Bereits der Vater, Veteran der legio XI11 gemina Severiana, wirkte in Sarmizegetusa als Dekurio und Duovir. Seine Söhne Carus (frumentarius)und Fronto (miles cohortis I praetoriae) hatten während ihrer Militärzeit ebenfalls die Dekurionenwürde in ih-

+

13'CIL V1 1454 31659 = ILS 6109 (222 n. Chr.); PIR2 M 317; Harmand; Patronat 218. 307. 347; Alföldy, Fasti Hispanienses 109. 124f.; Leunissen, Konsuln 341. 139Langhammer, Magistratus 37. Eine Zusammenstellung der epigraphischen Zeugnisse findet sich bei Nelis-Clement, Carrikres 133f. 140ff. Auch wenn sie keinen Anspruch auf letzte Vollständigkeit erhebt, sind doch zwölf Belege für die Zeit vom 1. bis um die Mitte des 3. Jahrhunderts eine sehr geringe Anzahl. Hinzu kommt, daß der Beleg CIL 1111 142169 = ILS 7150a = Nelis-Clkment, Carrikres 144f. Nr. 6 möglicherweise entfällt, da nicht klar ist, ob der Betreffende, er war medicus der legio V11 Claudia, als regulärer Soldat oder als salariarius einzustufen ist. Vgl. Wedenig, Quellen, C 27; C 37; V 44. 140CIL I11 7979. Ferner 2.B. CIL I11 5606 + p. 2328200 (rnil. praet.; Verwandte: lokale Würdenträger); CIL I11 4838. 5073 + p. 1825. 11608 (= 5663) p. 2286 (mil. praet.; Väter: Ädile); CIL I11 5336 (centurio; Vater: IIvir i.d.); CIL V 2069 (mil. praet.; Bruder: IIIIvir); IGRR I11 1131 (optio; Bruder: Bouleute); AE 1984,799 = ISM I 302 = CBIR 634 (beneficiarius consularis; Bruder: Dekurio); Nelis-Clement, Carrikres 139f.; Wedenig, Quellen, Cet. 5; 0 1; S 9; V 12; V 23.

+

rer Vaterstadt innet4'. Auch M. Valerius Valentinus übte munizipale Funktionen aus. Er tituliert sich b(ene)f(iciarius) co(n)s(ularis) [mi]l[es] le[g(ionis)] XIII g(eminae) Gord(ianae) aed[il(is)] col(oniae) Nap(ocae) agens sub sig(no) Samum cum reg(zone) Ans(amen~ium)'~~. Ob Valentinus die Ädilität schon früher wahrgenommen hatte (und nur der Ehre wegen erwähnte) oder ob er die Würde in absentia inne hatte, läßt sich nicht entscheiden. Auf jeden Fall ist er zu den Soldaten zu rechnen, die sich auf munizipalem Gebiet engagierten. Der Prätorianer C. Tullius Celer wirkte während seiner aktiven Zeit in seiner Vaterstadt Bovianum vetus als curator f i s ~ i ' ~Da ~ . die Tätigkeit primär beratender Natur war, konnte er seinen Pflichten während seiner Heimataufenthalte nachkommen. Einen Versuch besonderer Art, einen Soldaten als Dekurio zu gewinnen, unternahm die Stadt Madauros. Sie trug Q. Obstorius Honoratus während seiner Militärzeit, die er bei der cohors I urbana in Karthago absolvierte, kostenlos die Dekurionenwürde an. Honoratus willigte ein. In der Folge übernahm er munizipale Ehrenstellen und zeichnete sich durch namhafte Aufwendungen für die Stadt und ihre Einwohner aus144.Ob Gemeinden öfter versuchten, Soldaten mit der kostenfreien Übertragung von Ehrenstellen zu deren Übernahme zu verlocken, ist nicht zu sagen, wohl aber vorstellbar. Grundsätzlich stellten die sonst von den Inhabern munizipaler Würden zu zahlenden summae honorariae eine willkommene Einnahmequelle dar, auf welche die Gemeinden in der Regel ungern verzichteten. Freilich zeigen die Ausgaben, die Honoratus für seine Vaterstadt auf sich nahm, daß sich der Verzicht auf das 'Eintrittsgeld' für Madauros sehr wohl auszahlte. Was die Gemeinden Dionysopolis, Kallatis und Marcianopolis bestimmte, den beneficiarius consularis M. Pompeius Lucius mit der Dekurionenwürde auszuzeichnen, liegt im D ~ n k e l n ' ~B.~ Gerov . setzte die Ehrung des M. Pompeius Lucius in Bezug zu den Einfällen der Carpi, die verschiedene Städte im Raum der Donaumündung und der Dobrudia verheerten und andere Ge141AE1933,248= IDR III,2, 113 = CBIR 548; Nelii-Clhment, Carrihres 143f. Nr. 4 (wohl 1. Drittel 3. Jh. n. Chr.). 14'CIL I11 7633 (= 827) = CBIR 530 (239 n. Chr.); Nelis-Clement, Carrikres 142f. Nr. 3. 143CILIX 2772. 144AE1919,44 = ILAlg I 2130; Bassignano, Flaminato 273 Nr. 6. 277 Nr. 6. 280 Nr. 6; Nelis-Clkment, Carrikres 140f. Nr. 1 (veteranus cohortis I urbanae; wohl Ende 2. oder Anfang 3. Jh.). 145AE1972,505 = IGBR 1224bis = CCID 71 = CBIR 614; vgl. B. Gerov, in: Acta of the Fifth International Congres of Greek and Roman Epigraphie, Cambridge 1967 (Oxford 1971) 434 = ders., Beiträge 254; Nelis-Clhment, Carrikres 148 Nr. 10. - Zur Verleihung der Dekurionenwürde als Ausdruck des Dankes vgl. Harmand, Patronat 288f.

meinden gefährdeten'46. Vielleicht war er als Benefiziarier des Statthalters mit Aufgaben im Bereich der Verteidigung der Städte (sofern sie überhaupt bedroht waren) beauftragt; ebenso ist möglich, daß er aus anderen dienstlichen Gründen mit diesen Orten zu tun hatte14'. Er muß seine Aufgaben so gut bewältigt haben, daß ihn die Orte zum Dekurio erkoren. T. Aurelius Flavinus wurde nicht nur von Caracalla mit einer Beförderung und namhaften Geldgeschenken a ~ s ~ e z e i c h n e t sondern '~~, auch von insgesamt sechs Städten, von Oescus, Tyras, Dionysiopolis, Marcianopolis, Aquincum und der civitas Tungrorum mit der Bouleutenwürde bedacht. Er dürfte sich folglich in besonderem Maße um die genannten Gemeinden bemüht haben. Interessanterweise liegen die Orte teilweise räumlich weit auseinander, was darauf schließen läßt, daß die Dekurionenwürden Flavinus nicht alle gleichzeitig angetragen wurden. Die Würde des princeps ordinis coloniae seiner Vaterstadt Oescus dürfte Flavinus erst nach seiner aktiven Zeit in Anerkennung seiner Karriere und seiner Verdienste zuteil geworden sein. Zweifellos war man auf den Sohn der vom Militär geprägten Stadt, der als Primipil und somit als wohlhabender Mann nach Hause zurückkehrte, stolz und überließ ihm gerne die Position des Ersten unter den D e k ~ r i o n e n ' ~Da~. gegen werden ihn dienstliche Gründe in die anderen fünf Orte geführt haben. So könnte Flavinus mit diesen Städten im Rahmen logistischer Aufgaben in Berührung gekommen seinlS0. Ob sich dabei freundschaftliche Beziehungen zwischen Flavinus und den ansässigen Dekurionen entwickelten, die seine Aufnahme in den ordo decurionum zur Folge hatten, oder ob er den genannten Orten im Rahmen seiner Tätigkeit behilflich war, sie beispielsweise vor Nachteilen, etwa im Zuge der Requirierung von Lebens- und Futtermitteln, schützte, muß dahingestellt bleiben. C. Iulius Alexander, den seine militärische Laufbahn wenigstens bis zum stolarchus der misenischen Flotte führte, verliehen die Orte Mallos und Antio146a.a.0. (wie vorhergehende Anm.). 147Vgl.künftig P. Herz, T. Aurelius Flavinus primipilaris. Gedanken zu einer Inschrift aus Oescus. Zur Geschichte des römischen Heeres während der Reichskrise I; Publikation vorgesehen in der Zeitschrift Eos. P. Herz danke ich herzlichst für die Überlassung seines Manuskriptes und für freundliche Hinweise. 14%iehe p. 59f. 14'Auf Oescus als Heimat weisen seine Tribus und der Umstand, daß ihm dort sein Freigelassener Artemidorus eine Inschrift widmete; ILBulg. 19; vgl. Gerov a.a.0. (wie Anm. 145) 432f. = 252f.; vgl. Halfmann, Itinera 224. - Zum Terminus princeps ordinis vgl. T. Kotula, Les principales dlAfrique. Etude sur l'hlite municipale au Bas-Empire romain. Travaux de la Soci6t6 des Sciences et des Lettres de Wroclaw ser. A 226 (Wroclaw u.a. 1982) bes. 14ff.; Schwind, ThLL 10,2 (1995) 1279ff., bes. 1280f. 1283. 1285. lS0Siehe künftig die Ausführungen von P. Herz a.a.0. (wie Anm. 147).

chia die ~ekurionenwürde'~~. Mit beiden Orten dürfte Alexander im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit als praepositus reliquationis der beiden prätorischen Flotten im Zuge der Orientexpedition des Severus Alexander zu tun gehabt haben152. Dabei mögen sich freundschaftliche Beziehungen zu den einflußreichen Familien der Orte entwickelt haben. Ebenso könnte sich Alexander im Zuge seiner dienstlichen Tätigkeit um die Belange der Städte in besonderem Maße gekümmert haben. Eine herausragende Rolle kam Q. Gargilius Martialis bzw. dessen gleichnamigem Sohn in der nordafrikanischen Stadt Auzia zu. Der Vater verlebte seinen Veteranenstand in Auzia, wo er als flamen perpetuus, patronus coloniae, curator et dispunctor rei publicae wichtige Funktionen im Gemeindeleben ausübte153. Welche Dienststellungen er beim Heer innegehabt hatte, ist unbekannt. Seine munizipalen Ehrenstellen und die Zugehörigkeit seines Sohnes zum ordo equester weisen auf eine gehobene Dienststellung hin154. Vermutlich profitierte der Vater hinsichtlich seiner gesellschaftlichen Stellung in Auzia auch vom Ansehen seines homonymen Sohnes, der in Auzia sowie in Rusguniae zu den Dekurionen gehörte. Er hatte als militiae petitor die ritterliche Offizierslaufbahn a b ~ o l v i e r t ' ~Um ~ . 254-256 n. Chr. wurde er als praepositus coh(ortis) sing(u1arium) et vex(il1ationis) [e]qq(uitum) Mauror(um) i n territorio [A]uziensi praetendentium nochmals aktiv als Offizier eingesetzt. Sein militärischer Erfolg dürfte ihm die Ehrenstellung eines patronus provinciae eingetragen haben. Ungefähr fünf Jahre später (260 n. Chr.) war Martialis kein Glück beschieden. Er geriet in einen Hinterhalt der Bavares und wurde getötetlS6. Der Ordo von Auzia ehrte ihn ob insignem i n cives amorem et singularem erga patriam adfectionem, et quod eius virtute ac vigilantia Faraxen rebellis cum satellitibus suis fuerit captus et i n t e r f e c t ~ s ' ~ ~ .

151Zu Mallos siehe unten p. 18%. Iulius Alexander war überdies Patron der civitas Cillanensium; NdS 1909, 210 = ILS 9221 (246 n. Chr.); vgl. J. Keil, AAWW 12, 1955, 167f.; Robert, Villes 414f. (zu S. 234-236); Ziegler, Prestige 97; Kissel, Untersuchungen 285ff.; siehe künftig P. Herz a.a.0. (wie Anm. 147). lS2Siehe künftig P. Herz a.a.0. (wie Anm. 147). lS3CIL V111 20751; Bassignano, Flaminato 358f. Nr. 2. 154Nach P. Herz a.a.0. (wie Anm. 147) könnte der ältere Gargilius Martialis Zenturio gewesen sein. Dafür spricht, daß er in seiner Heimatgemeinde als curator et dispunctor rei publicae fungierte und daß sein Sohn in den Ritterstand aufrückte. 155PMEG 4 + P. 1007 + P. 1576f.; siehe oben p. 19f. mit Anm. 32. 1 5 6 Zden ~ Einfällen der Bavares siehe Gutsfeld, Herrschaft 129ff. 15'CIL V111 9047 + 20736 = ILS 2767. - Zu dem Unwesen, das die Raxinenser um 254-256 n. Chr. in Nordafrika trieben, siehe Gutsfeld, Herrschaft 130f. 134; vgl. Harmand, Patronat 401f.; M.P. Speidel, ANRW 2,3, 1975, 218f. = ders., Mavors I 133f.

Die Würdigung des jüngeren Gargilius Martialis in Auzia entspricht den Unbilden der ZeitlS8. Räuberunwesen und Übergriffe verschiedener einheimischer Stämme und Sippen hatten die Bevölkerung sensibilisiert. Dieses Bewußtsein führte zu einem erhöhten Ansehen von Mitbürgern, die militärisch erfahren waren, zum Schutz der Heimat aktiv beitragen konnten und diese im Ernstfall verteidigten. War man früher auf Mitbürger, die in der Ferne Karriere machten und Erfolge feierten, stolz, so rückten nun ihre uneigennützige Hilfe, ihr persönlicher Einsatz vor Ort wie ihre Vermittlung bei den Behörden in den Vordergrund. So gesehen wird verständlich, wieso die Mehrzahl der Inschriften, die Soldaten oder Offiziere als Inhaber munizipaler Würden bezeugen, dem 3. Jahrhundert zuzuweisen ist.

5.4.3

Kontakte dienstlicher Art

Vielerorts leisteten Soldaten einen maßgeblichen Beitrag zur Erhaltung von Ruhe und Ordnung. Sie wurden nicht allein zum Schutz und zur Sicherung militärischer Anlagen, der Grenzen und der Küsten des Imperium Romanum eingesetzt. Schon Augustus und Tiberius hielten es für ratsam, im Inneren des Imperium Romanum Militärposten zur Überwachung der Verkehrswege und zur Bekämpfung des Räuberunwesens zu schaffen159. Diese Aufgabe versahen die entlang der Verkehrswege und an Knotenpunkten eingerichteten Militärstati~nen'~~. Spätestens zur Zeit Trajans war es zudem 158Vgl.den Primipil Septimius [- - -]lis. Er war Patron von Ancona und wohl mehrerer weiterer Orte (AE 1911,128 = ILS 9201). Seine Kooptation dürfte mit seiner auf den Primipilat folgenden Tätigkeit als praepositus Umbriae Piceni et Apuliae in Zusammenhang stehen. Vermutlich oblag ihm die Säuberung dieser Regionen von latrones; Dobson, Primipilares 322f. Nr. 234. - Vgl. die Leistungen des P. Aelius Primianus als praepositus vexillationis equitum Maurorum et defensor provinciae suae (Primianus dürfte zur einheimischen, romanisierten Elite gehört haben); CIL V111 9045 = ILS 2766; Pflaum, Carrikres I1 909ff.; M.P. Speidel, ANRW 2,3, 1975, 216f. = ders., Mavors I 131f.; Dobson, Primipilares 308f. Nr. 216; PME A 53; Gutsfeld, Herrschaft 126f. lSgSuet., Aug. 32,l und Tib. 37,l; für die spätere Zeit siehe etwa Tert., Apol. 2,8. Zur Angst der Bevölkerung, besonders der Oberschichten, vor Räubern siehe A. Kneppe, Die Gefährdung der secußtas: Angst vor Angehörigen sozialer Randgruppen der römischen Kaiserzeit am Beispiel von Philosophen, Astrologen, Magiern, Schauspielern und Räubern. In: I. Weiler (Hg.), Soziale Randgruppen und Außenseiter im Altertum. Referate vom Symposion 'Soziale Randgruppen und antike Sozialpolitik' in Graz, 21. bis 23. September 1987 (Graz 1988) 165-176. 160Mommsen,Strafrecht 311f.; Zwicky, Verwendung 82ff.; Bellen, Studien, bes. 95f. 10lff.; R.W. Davies, ANRW 2,1, 1974, 321f. = ders., Service 56f.; Krause, Gefängnisse 28ff.; vgl. A. von Domaszewski, MDAI(R) 17, 1902, 330ff.

in Ausnahmefällen Usus, Städten (meist auf ihren eigenen Wunsch hin) Soldaten zur Aufrechterhaltung der Ordnung zur Verfügung zu stellen161. An Statthaltersitzen waren Soldaten ohnedies zugegen. Militärpersonen fanden ferner bei der Eintreibung von Abgaben und als Eskorten für Warentransporte V e r ~ e n d u n g ' ~ ~ . Im späteren 2. Jahrhundert waren zu Polizeiaufgaben abkommandierte stationarii zu einer festen Einrichtung a ~ a n c i e r t ' ~In ~ . dieser Zeit dürften auch die ebenfalls Polizeifunktionen wahrnehmenden centuriones regionarii zu einer Institution geworden sein164. Zahlreiche ägyptische Papyri bezeugen, dai3 sich geschädigte Personen nicht an die weiterhin bestehenden zivilen Behörden, sondern an Zenturionen bzw. Dekurionen mit der Bitte um Hilfe bzw. um Dingfestmachung und Bestrafung der Schuldigen wandten. Bisweilen schalteten sie militärische und zivile Stellen ein165. Das Spektrum der den Zenturionen vorgetragenen Delikte reicht vom Diebstahl über Einbruch, Raub und tätlichen Angriffen bis hin zum Mord166. Dabei handelte es sich lGISiehePlin., Epist. 10,74 und 10,77-78; Ael. Arist., Orat. 67; vgl. Strabo 17,1,12 (798 C); P.Mich. V111 478 (Terentianus wird bei einem Tumult in Alexandria schwerer verletzt): 0 . Hirschfeld, Sitzungsber. Berliner Akad. 1891, 863ff. = ders., Kleine Schriften 596f.; R.W. Davies, AncSoc 4, 1973, 199 = ders., Service 175. 16'Z.B. SB V1 9223 = Daris 66 (2 V. Chr.); P.Oxy. I1 276 = Daris 68 (77 n. Chr.); Plin., N.h. 6,101; U. und D. Hagedorn - L.C. und H.C. Youtie, Das Archiv des Petaus. Papyrologica Coloniensia 4 (Köln - Opladen 1969) 222; Isaac, Limits 282ff.; Alston, Soldier 80. lG3SieheDig. 11,4,4; vgl. Dig. 11,4,1,2 (Ulpian); P.Fouad 45 = CPL 189 (198-211 n. Chr.); SB XVI 12966 (3. Jh.) und 12967 (2.-3. Jh.); 0 . Hirschfeld, Sitzungsber. Berliner Akad. 1891, 864f. = ders., Kleine Schriften 597f. mit zahlreichen Belegen. 164CILXI11 2958; AE 1944,103 1950,105; AE 1953,129; RIB 152 = ILS 4920; IGRR I11 301; vgl. Zwicky, Verwendung 82ff.; Alston, Soldier 86ff. 165SBI11 6952 (195 n. Chr.); BGU I275 (215 n. Chr.); P.Tebt. I1 333 (216 n. Chr.). "-?Siehe 2.B. SB I 5238 (Diebstahl und Körperverletzung; 12 n. Chr.); SB I 5954 = P.Lond. I1 276; Duplikat: SB X 10308 (zu Unrecht beanspruchtes Grundstück; 15 n. Chr.); P.Oxy. XIX 2234 (Fischdiebstahl und Tätlichkeiten; 37 n. Chr.); P.Ry1. I1 141 = Daris 76 (Tätlichkeiten; 37 n. Chr.); P.Oslo I1 21 (Diebstahl von Oliven; Eigentümer stellt die Diebe und überstellt sie an den Zenturio; 71 n. Chr.); BGU I 36 = Daris 82, Duplikat: BGU I1 436 (Raub, Tötungsversuch; trajanische Zeit); P.Fay. 107 (Diebstahl; 133 n. Chr.); P.Hamb. I 10 (Einbruch, Diebstahl und Mord an drei Bediensteten; 2. Jh. n. Chr.); P.Tebt. I1 304 (Tätlichkeiten; 167-168 n. Chr.) P.Tebt. I1 332 (Einbruch, Diebstahl; 176 n. Chr.); P.Amh. I1 78 (Streit mit Miteigentümer führt zu Repressalien und Morddrohung; 184 n. Chr.); P.Lond. I1 342 (Repressalien; 185 n. Chr.); BGU I1 651 (Brandstiftung; 192 n. Chr.); P.Mich. I11 175 = Daris 77 (Eigentumsstreit einhergehend mit Tätlichkeiten; 193 n. Chr.); BGU I1 454 = Daris 79 (Diebstahl; 193 n. Chr.); P.Tebt. I1 334 (Ehefrau von Mann verlassen und um ihr Erbe betrogen; 200-201 n. Chr.); SPP XXII 87 (Kürbisse von fremdem Vieh abgefressen; 202 n. Chr.); P.Gen. I 16 (fünf Brüder terrorisieren ein Dorf; 207 n. Chr.); SPP XXII 54, vgl. P.J. Sijesteijn, ZPE 45, 1982, 190 (Diebstahl,

+

bisweilen um Verstöße von Personen in offizieller F u n k t i ~ n ' ~ Vermißten~. anzeigen wurden ebenfalls an die Adresse von Militärpersonen gerichtet168. Selbst Erbschaftstreitigkeiten wurden den Offizieren ~ o r g e t r a g e n ' ~ ~Die . Bagatellen und unbedeutendere Streitigkeiten klärten sie selbst, während schwere Straftatbestände an höherer Stelle verhandelt wurden'70. Zusätzlich zu den bestehenden permanenten Straßenposten wurden bei Bedarf Soldatendetachements zur Bekämpfung von Banditen eingesetzt171. Von Überfällen bedroht waren keineswegs allein einzelne Reisende, vielmehr wurden bisweilen ganze Landstriche von Banditen systematisch kontrolliert. Zwar wurden wiederholt Maßnahmen gegen das Räuberunwesen getroffen, ausgerottet wurde es indes nie172.Die Aktualität des Problems und die Angst der Bevölkerung vor Überfällen verdeutlicht Apuleius (2. Jh. n. Chr.), in dessen Werk das Räuberunwesen eine namhafte Rolle spielt'73. Eine Änderung trat im 3. Jahrhundert offenbar nicht ein. Jedenfalls gelang es Septimius Severus nur mit Mühe, den Räuberhauptmann Bulla Felix, der mit seinen Leuten zwei Jahre lang Teile Italiens in Angst und Schrecken versetzte, zu erTätlichkeiten; 210 n. Chr.); P.Oslo I1 23 (Brandstiftung; 214 n. Chr.); BGU I322 vgl. 321 (Einbruch, Diebstahl; 216 n. Chr.); SB V1 9203 (Diebstahl einer Eselin mit Todesfolge; 222-235 n. Chr.); SB IV 7464 (Mißhandlung; 248 n. Chr.); P.Heid. I11 237, siehe dazu BL 5 p. 43 und J.M.S. Cowey u.a., ZPE 80, 1990, 291 (Ehefrau nimmt Habe des Gatten bei Auszug mit; Mitte 3. Jh.); BGU I 157 (Diebstahl; 2.-3. Jh.); SB V111 9657 = P.Mil.Vog1. IV 234 (Diebstahl; 3. Jh. n. Chr.). Bisweilen wurden die Offiziere nicht von den Betroffenen selbst, sondern von Dritten, die sich Zucht und Ordnung angelegen sein ließen, informiert: SPP XXII 55 (167 n. Chr.); vgl. MacMullen, Soldier 52f.; Daris, Documenti 156f. Anm. 1; R.W. Davies, AncSoc 4, 1973, 199ff. = ders., Service 175ff.; Pollard, Army 214f. 16?Z.B.bei der Einforderung von Abgaben begangene Tätlichkeiten: BGU I11 908 (trajan. Zeit); BGU I1 515 = Daris 78 (193 n. Chr.); SPP XXII 49 (201 n. Chr.). 168P.Grenf.I 4 7 (Sklave spurlos verschwunden; 148 n. Chr.); P.Gen. I 17 = Daris 73 (Ehemann, von Beruf Steuereintreiber, kehrt nicht nach Hause zurück; 207 n. Chr.); P.Tebt. I1 333 (Vater, von Beruf Jäger, und Bruder kehren von der Jagd nicht zurück; 216 n. Chr.). 169P.Gen.I 3 (177-179 n. Chr.); BGU I 9 8 (211 n. Chr.). 170Vorladungbzw. Anforderung von Personen: P.Oxy. I 6 2 (3. Jh.); P.Oxy. I 6 5 (3. oder frühes 4. Jh.). 171Ap~l., Met. 7,7,4; Dio 77,10,4 und 6 (Septimius Severus setzt equites Singulares gegen Bulla Felix und seine Bande ein; vgl. M.P. Speidel, Denkmäler 414); Dig. 49,16,6,9 (Arrius Menander); vgl. MacMullen, Soldier 51f. 17'Siehe etwa Plin., Epist. 6,25; Dig. 48,13,4,2 (Marcianus; Mandatsverordnungen bezüglich der Verpflichtung der Statthalter, gegen Tempel-, Straßen- und Menschenräuber vorzugehen); Cypr., ad Donat. 6 (Corp. Christ. 3 A 6); G. Alföldy, Historia 22, 1973, 490f. = ders., Krise 307f.; Gutsfeld, Herrschaft 127. 173Z.B. Met. lib. 7; 0 . Hirschfeld, Sitzungsber. Berliner Akad. 1891, 861 mit Anm. 1 = ders., Kleine Schriften 594 mit Anm. 1; vgl. CIL I11 10312f.; AE 1905,114; 1910,145; RIU 5,1127-1137 (Intercisa, um 185 n. Chr.): ripam omnem burgis a solo extmctis item praesidis per loca opportuna ad clandestinos latmnculorum transitus oppositis munivit.

greifen und seine rund 600 Mann starke Bande zu vernichten1'*. Darauf, daß Reisende öfter das Opfer von Überfällen wurden, läßt eine Bemerkung des in severischer Zeit wirkenden Juristen Paulus schließen. Er führt a latronibus detentum ausdrücklich als Entschuldigungsgrund für die verspätete Rückkehr von Soldaten zu ihrer Truppe an175. 227 n. Chr. konnte T. Licinius Hierocles, praeses provinciae Mauretaniae Caesariensis, mit Hilfe von Vexillationen, die aus Soldaten der in den beiden mauretanischen Provinzen stationierten Heeresverbände gebildet worden waren, eine Räuberbande zer~chlagen'~~. In die Zeit von Severus Alexander fällt die Schaffung eines außerordentlichen Kommandos zur Eindämmung der Piraterie177. Ein weiterer Hinweis auf Belästigungen durch latrones stammt aus dem Jahr 246 n. Chr. Damals wurden zwanzig Soldaten der classis praetoria Ravennas unter Führung eines evocatus zur Bekämpfung des Räuberunwesens aufgeboten17'.

174Dio77,10,1-7; vgl. M.P. Speidel, Riding 63f. Ob CIL V1 234 = ILS 2011 auf die Ausschaltung von Bulla Felix Bezug nimmt, wie Friedländer, Sittengeschichte I1 45 Anm. 1 annahm, erscheint fraglich. Doch könnte dieser Titulus, unbeschadet der Meinung von H. Dessau, Kommentar zu ILS 2011, auf die erfolgreiche Niederwerfung einer oder mehrerer Räuberscharen im 3. oder im frühen 4. Jahrhundert hinweisen; vgl. 0. Hirschfeld, Sitzungsber. Berliner Akad. 1891,86 mit Anm. 3 = ders., Kleine Schriften 592 mit Anm. 3. Vgl. auch HA, Q 12,l-3 und 5. Nach dieser Quelle soll Proculus aus einer Familie stammen, die ihr Vermögen durch Räubereien zusammenbrachte. Er selbst soll imstande gewesen sein, 2.000 eigene Sklaven zu bewaffnen. lr5Dig. 49,16,14pr. Paulus setzt voraus, daß die Betreffenden zwar Hab und Gut verloren, aber am Leben blieben. Soldaten, die im Rahmen eines militärischen Auftrags oder als Reisende von Gewalttätern getötet wurden, belegen 2.B. CIL V1 234 = ILS 2011; CIL XI11 2282; XI11 2667; Pais 58 = ILS 2646; siehe auch CIL I11 4850 und V111 9047 + 20736 = ILS 2767; CPL 112, Kol. 2, Z. 46. lr6AE 1966,597; vgl. Gutsfeld, Herrschaft 124f.; M. Christol, Les troubles en Mauretanie Cesarienne sous le govemement de T. Licinius Hieroclks. In: Y. Le Bohec (Hg.), L'Afrique, la Gaule, la religion a l'epoque romaine. Mklanges A la mkmoire de Marcel Le Glay. Collec. Latomus 226 (Brüssel 1994) 254ff. - Für die Aufrechterhaltung der Ordnung in den Provinzen hatten die Gemeinden und der Statthalter Sorge zu tragen; die Städte setzten teilweise eigene Beamte für diese Aufgaben ein; 0 . Hirschfeld, Sitzungsber. Berliner Akad. 1891, 861ff. = ders., Kleine Schriften 593ff. 177CIG 2509; PIR S 69; A. Stein, RE I A 2 (1920) 1958 s.v. Sallustius Nr. 21; Zwicky, Verwendung 49f.; Pflaum, Carrihres I1 840ff. Nr. 325; siehe auch A. von Domaszewski, MDAI(R) 17, 1902,334f.; dens., RhM 59, 1903, 382ff. lr8CIL XI 6107 = ILS 509; Zwicky, Verwendung 88. - Zu beachten ist, daß innere Feinde im 3. Jh. als latrones abqualifiziert wurden; so wurde der Krieg gegen Maximinus Thrax als bellum contra latrones apostrophiert (HA, MB 2,lO); Rosenberger, Bella 119.

5.4.4

Kontakte mit nachteiligen Folgen für die Zivilbevölkerung

Die vorstehenden Ausführungen könnten den Eindruck erwecken, Soldaten seien ausnahmslos als 'Freund und Helfer' der Zivilbevölkerung anzusehen. Dieses Bild trifft indes nur bedingt zu, denn Mutwillen und Übergriffe von Soldaten konnten zu teilweise erheblichen Belastungen für die Bevölkerung führen. In den literarischen Quellen, vor allem in der Historia Augusta, nehmen Berichte über Ausschreitungen von Soldaten gegenüber Dritten und fremdem Hab und Gut einen relativ breiten Raum ein. Die immer wieder geschilderten Übergriffe von Soldaten auf die Zivilbevölkerung lassen sich im wesentlichen in drei Kategorien aufteilen. Zu nennen sind erstens im Rahmen von Feldzügen erfolgte Plünderungen und Diebstähle, zweitens in F'riedenszeiten begangene Mutwilligkeiten bzw. kriminelle Handlungen und drittens Delikte, die infolge von Notlagen begangen wurden, etwa weil die Soldaten nicht genügend Lebensmittel bei sich hatten. Grundsätzlich waren Behelligungen der Zivilbevölkerung durch Soldaten seit alters her immer wieder an der Tagesordnung179. Allerdings häufen sich '7gFür die Zeit der Republik sei nur an die Zustände erinnert, die vor dem Eintreffen von Q. Metellus in Numidien bei den dort stationierten Soldaten herrschten (Sall., B.I. 44,5): lixae permixti cum militibus diu noctuque vagabantur, et palantes agros vastare, villas expugnare, pecoris et mancipiorum praedas certantes agere. Für das 1. Jahrhundert siehe etwa Luk. 3,14; CIG 4956 = OGIS 665 = IGRR I 1262 = Smallwood, Documents I 382, Z. 15ff.: Soldaten, Zenturionen und Tribunen dürfen nur Leistungen fordern, wenn sie die entsprechenden Schriftstücke des Präfekten von Agypten vorweisen können; Tac., Hist. 1,46,4: Soldaten verschaffen sich Geld für den Kauf von Dienstbefreiungen durch Straßenraub und Plünderung; Tac., Agric. 7: Agricolas Mutter wird bei einem Überfall der das Land durchstreifenden classis Othoniana auf ihren Gütern ermordet. Tacitus' Zeitgenosse Frontin kannte Heeresgruppen, die eine continentia notabilis zeigten, offenbar nur vom Hörensagen, jedenfalls greift er auf ein Beispiel aus der Zeit des M. Aemilius Scaurus (195 V. Chr.) zurück (Strat. 4,3,13): namque memoriae tradidit Scaurus pomiferam arborem, quam i n pede castrorum fuerat complexa metatio, postero die abeunte exercitu intactis fructibus relictam; des weiteren Plin., Epist. 10,78,3; St. Mitchell, JRS 66, 1976, 106ff. 111 mit den cursus publicus betreffenden Beispielen; Kissel, Untersuchungen 255ff. - Exempli gratia sei nur an die Klage der von Soldaten mißhandelten coloni des Saltus Burunitanus aus der Zeit des Commodus (182 n. Chr.) erinnert. Allerdings handelten die Soldaten im Auftrag eines korrupten Prokurators; CIL V111 10570 = ILS 6870 = FIRA 12 Nr. 103; D. Flach, Chiron 8, 1978, 470ff. 489ff.; G. Alföldy, AAAH 32, 1989, 179 = ders., Mavors I11 36; Herrmann, Hilferufe 12 mit Anm. 16f. Siehe auch das Schreiben des Statthalters von Syria C. Iulius Saturninus an die Einwohner von Phaena (CIG 4551 = OGIS 609 = IGRR I11 1119): 'E&v r t byiv ~ trribqyfio~ß ~ a i omparthrq< ~ 5j xai 18thrq