Entscheidungen des Ober-Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs: Band 9, Heft 1 [Reprint 2022 ed.] 9783112673928, 9783112673911


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German Pages 126 [160] Year 1890

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Table of contents :
Inhalt
1. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 6. Juli 1889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Graf Bismarck" von Bremen (Selbstmord des Kohlenziehers Wilhelm Busch).
2. Spruch des Seeamts zu Königsberg in Ostpreußen vom 2. August 1889, betreffend den Seeunfall des Befahn-Evers „Maria" von Estebrügge.
3. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 5. August 1889, betreffend den Seeunfall der Jacht „Bertha" von Geestemünde
4. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 10. August 1889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Neckar" von Bremen (Selbstmord des Kohlenziehers I. F. Kuhn)
5. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 14. August 1889, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Ingraban" von Heiligenhafen mit dem Dreimastschooner „Director Barrow" von Flensburg.
6. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 28. August I889, betreffend den Seeunfall der Bark „L. R. Bishop" von Bremer
7. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 28. August 1889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Sachsen" von Bremen (verschwinden des Kohlenziehers Friedrich Julius Keinitz)
8. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 31. August 1889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Rolandseck" von Bremen
9. Spruch des Seeamts zu Stettin vom 5. September 1889, betreffend den Zusammenstoß der Schraubendampfer „Reval" und „Eduard" von Stettin
10. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 7. September 1889, betreffend den Seeunfall der Bark „Gutenberg" von Hamburg
11. Spruch des Seeamts zu Stralsund vom 10. November 1888 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 9. September 1889, betreffend den Seeunfall der Bark „Louise" von Barth
12. Spruch des Seeamts zu Brake vom 12. September 1889, betreffend den Seeunfall des Schooners „Marie" von Barßel
13. Spruch des Seeamts zu Brake vom 21. September 1889, betreffend den Seeunfall der Tjalk „Fünf Gebrüder" von West-Rhauderfehn
14. Spruch des Seeamts zu Stettin vom 26. September 1889, betreffend den Seeunfall des britischen Schraubendampfers „Horneburg"
15. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 2. Oktober I889, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Betty Sauber" von Hamburg mit dem britischen Schraubendampfer „James Turpie"
16. Spruch des Seeamts zu Brake vom 7. Oktober I889, betreffend den Seeunfall der Bark „Gerd Heye" von Elsfleth
17. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 10. Oktober 1889, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Tijuca" von Hamburg mit dem norwegischen Dreimastschooner „Dronning Sophie"
18. Spruch des Seeamts zu Stralsund vom 19. October 1889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Elsa" von Kiel
19. Spruch des Seeamts zu Lübeck vom 21. Oktober I889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Henriette" von Lübeck
20. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 23. Oktober 1889, betreffend den Zusammenstoß der Bark „I. L. Julius" von Hamburg mit dem niederländischen Fischerfahrzeug „Harmony"
21. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 10. August 1889, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Trave" von Bremen mit dein russischen Dreimastschooner „David
22. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 10. August 1889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Trave" von Bremen (Selbstmord des Kohlenziehers Franz Müller)
23. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 15. August 1889, betreffend die Seeunfälle des Schraubendampfers „Fulda" von Bremen (Selbstmord der Kohlenzieher Julius Waldt und Louis Eduard Bisterfeld)
24. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 18. September 1889, betreffend die Seeunfälle des Schraubendampfers „Dresden" von Bremen (Selbstmord des Kohlenziehers A. Effner und des Heizers G. Dönicke)
25. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 25. September 1,889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Friedrich Krupp" von Kiel
26. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 28. September 1889, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Ditmarsia II." von Rappeln a. d. Schlei mit Sr. Majestät Jacht „Lust
27. Spruch des Seeamts zu Danzig vom 24. Oktober 1889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Johannes" von Danzig
28. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 26. Oktober 1889, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Olympia" von Hamburg mit dem britischen Schraubendampfer „Cotopaxi"
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Entscheidungen des

Ober-Seeamts und der Seeämter des

Deutschen Reichs. Herausgegeben im

Reichsamt des Innern.

Neunter Band. Soft L

Hamburg. Druck und Verlag von L. Friederichsen & (£o. 1890.

Inhalt j. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 6. Juli 1889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Graf Bismarck" von Bremen (Selbstmord des Kohlenziehers Wilhelm Busch)... ............................... '........................................................................................

1

2. Spruch des Seeamts zu Königsberg in Ostpreußen vom 2. August 1889, betreffend den Seeunfall des Besahn-Evers „Maria" von Estebrügge.........................................................

7

3. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 5. August 1889, betreffend den Seeunfall der Jacht „Bertha" von Geestemünde..................................................................................... io Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 10. August 1889, betreffend den Seeunfall des Schraubendainpfers „Neckar" von Bremen (Selbstmord des Kohlenziehers I. F. Kuhn) i^

5. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 1^. August 1889, betreffend den Zusammenstoß des Schranbendampfers „Ingraban" von Heiligenhafen mit dem Dreimastschooner „Director Barrow" von Flensburg........................................................................................... 17

6. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 28. August I889, betreffend den Seeunfall der Bark „L. R. Bishop" von Bremer: ................................................................................. 26 7. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 28. August 1889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Sachsen" von Bremen (verschwinden des Kohlenziehers Friedrich Julius Keinitz)............................................................................................................. 30

8. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 31. August 1889, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Rolandseck" von Bremen.................................................. 35 9. Spruch des Seeamts zu Stettin vom 5. September 1889, betreffend den Zusammenstoß der Schraubendampfer „Reval" und „Eduard" von Stettin ............................................. 36

10. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 7. September 1889, betreffend den Seeunfall der Bark „Gutenberg" von Hamburg............................................................................................. H 11. Spruch des Seeamts zu Stralsund vom 10. November 1888 und Entscheidung des Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 9. September 1889, betreffend den Seeunfall der Bark „Louise" von Barth..................................................................................................................... 53

12. Spruch des Seeamts zu Brake vom 12. September 1889, betreffend den Seeunfall des Schooners „Marie" von Barßel.......................................... 61 13. Spruch des Seeamts zu Brake vom 21. September 1889, betreffend den Seeunfall der Tjalk „Fünf Gebrüder" von West-Rhauderfehn..................................................................... 6^ 14. Spruch des Seeamts zu Stettin vom 26. September 1889, betreffend den Seeunfall des britischen Schraubendampfers „Horneburg"..................................................................... 66 15. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 2. Oktober I889, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Betty Sauber" von Hamburg mit dem britischen Schrauben­ dampfer „James Turpie"........................................................................................................... 72

16. Spruch des Seeamts zu Brake vom 7. Oktober I889, betreffend den Seeunfall der Bark „Gerd Heye" von Elsfleth............................................................................................... 85 Fortsetzung folgt auf der dritten Seite des Umschlags.)

b Spruch des Seeamts zu Bremerhaven üont 6. Juli ^889, betreffend den Seeunfall des Schrauben­ dampfers „Graf Bismarck" von Bremen (Selbstmord des Rohlenziehers Wilhelm Busch). Der Spruch des Seeamts lautet: Der Selbstmord des Kohlenziehers Wilhelm Busch, welcher

ant

28.

September

1888

auf

der

Reise

des

Dampfers

„Graf Bismarck" von Bremerhaven nach Brasilien über Bord

sprang und ertrank, ist darauf zurückzuführen, daß Busch bei der zu jener Zeit im Kesselraum herrschenden sehr starken Hitze die Arbeit nicht aushalten zu können glaubte und daher den

Entschluß faßte, sich das Leben zu nehmen, nachdem er schon mehrere Tage hindurch sich mit diesem Gedanken getragen hatte. Es geht aus der Verhandlung hervor, daß der Dienst des p. Busch ein außergewöhnlich schwerer nicht gewesen ist,

wiewohl er insofern anstrengend war, als Busch der einzige Kohlenzieher war, welcher zu der betreffenden Wache gehörte. Eine schlechte Behandlung seitens seiner Vorgesetzten hat Busch nicht erfahren; festgestellt ist nur, daß er vom zweiten Maschinisten Neumann, welcher ihn den Umständen nach für

arbeitsunlustig halten ntußte, am Tage des Selbstmordes wegen lässigen Arbeitens energisch zur Rede gestellt und zur Arbeit

angewiesen worden ist, eine Mißhandlung des Busch seitens des zweiten Maschinisten hat jedoch nicht stattgefunden, auch

ist festgestellt, daß die angebliche Aufforderung des letzteren, den Busch mit der Schaufel vor den Kopf zu schlagen, nicht erfolgt ist. In Bezug auf die Beschaffenheit und insbesondere die Lüftung des Heizraumes auf dem Dampfer sind Ausstellungen

nicht zu machen. Zur Rettung des Verunglückten sind alle den Umständen nach möglichen Maßregeln getroffen worden. Gründe. Am 28. September 1888 sprang der Kohlenzieher Wilhelm Busch (geboren ant 21. December 1871 in München, Sohn IX. 1

d

Schraubendampfer Graf Bismarck.

des Metalldruckers Ludwig Busch daselbst) von dem Dampfer des Norddeutschen Lloyd in Bremen „ Graf Bismarck", als dieser auf der Fahrt zwischen Antwerpen und Buenos Aires sich befand, über Bord und ertrank. Die Untersuchung dieses Seeunfalles ist auf Grund des § 3 Nr. 2 des Gesetzes vom 27. Juli (877 vom Reichskanzler angeordnet. Dieselbe hat folgenden Thatbestand ergeben: Vorauszuschicken ist, -aß der zu Bremen beheimathete Schrauben­ dampfer „Graf Bismarck", Unterscheidungssignal Q), einen BruttoRaumgehalt von 68^,8 cbm und einen Netto-Raumgehalt von 4988,s cbm oder (76 (,04 Register-Tons hat, im Jahre (87( gebaut ist und eine Zwillingsmaschine (nach Tompound-System) von 900 indicirten Pferde­ stärken besitzt. Die regelmäßige Besatzung besteht aus 55 Personen. Der verunglückte Wilhelm Busch ist, wie ermittelt worden, schon im Frühjahr (888 nach Bremerhaven gekommen, um sich dem Scemannsdienste zu widmen. Gr hat damals zuerst eine Reise auf einem Geestemünder Fischerever gemacht, sich dann aber als Aohlenzieher für den Lloyddampfer „Elbe" anmustern lassen. Von diesem Dampfer ist er gleich nach der Ankunft desselben in New-tzork desertirt, von dort mit einem Segelschiff nach Jamburg gefahren und von hier nach Bremerhaven zurückgekehrt, wo er wegen der Desertion zu einer Geld­ strafe von 30 Mark eventuell 6 Tagen Gefängniß verurtheilt worden ist. Zn Folge seiner Unpfändbarkeit hat er die substituirte Gefängniß­ strafe Ende August (888 verbüßt. Aus welchem Grunde Busch damals in New-tzork desertirt ist, läßt sich aus den betreffenden Acten nicht ersehen. Am 7. September (888 ließ Busch sich als Aohlenzieher für den Dampfer „Graf Bismarck" zu einer Reife von Bremerhaven nach den La Plata-Staaten und zurück für die Dauer von sechs Monaten gegen eine monatliche treuer von 36 M. anmustern. Es befanden sich auf jener Reife nur drei Aohlenzieher, nämlich außer Busch noch Aug. Schlegel und Ed. Schneider, an Bord, während sechs Heizer vorhanden waren, so daß, da die Arbeit im Maschinen- und Heizraum auf drei Wachen vertheilt war, zu jeder Wache außer einein Maschinisten und einem Dberheizer zwei Heizer und ein Aohlenzieher ge­ hörten. Busch wurde der ersten Wache zugetheilt, welche unter den: zweiten Maschinisten Karl Neumann stand und wozu der Dberheizer Friedrich Engel und die Heizer Gottlieb Mager und Johann Ballas gehörten. Der Dienst jeder Wache dauerte Stunden, dann folgte eine Ruhepause von 8 Stunden. Vor Beginn einer jeden Wache mußte der betreffende Aohlenzieher jedoch auch Asche hieven, welche Arbeit etwa '-'r bis

Schraubendampfcr Graf Bismarck.

3

3k Stunden in Anspruch nahm, so daß die Arbeitszeit jedes Kohlenziehers ’/s bis ^3k Stunden betrug. Während der Wache bestand die Arbeit der Kohlenzieher darin, daß sie die zur Unterhaltung der sechs Feuer, welche die Schiffskessel haben, erforderlichen Steinkohlen aus den an den Heizraum angrenzenden Kohlenbunkern in Körbe füllen und vor die Feuer schaffen mußten. Auf einer Wache wurden 70 bis 80 Körbe Kohlen verbraucht. Auf der Hinreise des Schiffes nach Brasilien wurde das Füllen der Körbe dadurch sehr erleichtert, daß in den gefüllten Bunkern die Kohlen stets von oben bis unten vor das Schott nachfielen, so daß die Kohlenzieher nicht in die Bunker hineinzugehen brauchten, sondern vom Heizraum aus durch das Schott die Körbe füllen konnten. Die Entfernung von den Bunkern bis zu den Feuern beträgt etwa 5 bis 6 Schritt. Außerdem mußten die Kohlenzieher den Heizern beim Nachschleusen der Feuer auf Erfordern behülflich sein. Die Heizer Wäger und Ballas, welche mit Busch zusammen arbeiteten, haben als Zeugen ausgesagt, daß die Arbeit für denselben nicht übermäßig schwer gewesen sei. Dasselbe haben der Gberheizer Mattusch, welcher damals als Heizer auf der zweiten Wache arbeitete, sowie der Kohlenzieher Schneider, welcher zur dritten Wache gehörte, ausgesagt, letzterer mit dem Hinzufügen, daß er selbst wie auch der zur zweiten Wache gehörige Kohlenzieher die Arbeit ganz gut ausgehalten haben. Die Lüftung im Heizraum, welche durch vier Ventilatoren bewirkt wird, war nach Aussage der Zeugen eine gute. Trotzdem war jedoch der Hitzegrad in jenem Raunr auf der fraglichen Reise zeitweilig ein beträchtlicher; in der Nähe der Feuer soll die Hitze nach Aussage des Dberheizers Engel bis über 50 Grad gestiegen sein, während sie an den Bunkern in der Regel nicht über 30 Grad betragen haben soll. Busch arbeitete bei Beginn der Reise und auch noch nach der Abfahrt des Schiffes von Antwerpen gut. Bald darauf äußerte er aber schon auf seinem Zimmer, er könne die Hitze im Heizraunr nicht aushalten. Wie der Zeuge Mager bekundet, entzog sich auch Busch etwa zwei Tage vor seinem Tode der Arbeit in der Weise, daß er sich während seiner Wache an Deck versteckt hielt. Zur Strafe hierfür mußte er auf Anordnung des zweiten Maschinisten Neumann zwei Stunden lang auf der zweiten Wache nacharbeiten. Nach diesem Vorfall erklärte Busch noch mehrmals während der Wache, er könne die Arbeit wegen der Hitze nicht aushalten. Auch wurde er sehr lässig und mußte wiederholt vom Maschinisten Neumann zur Arbeit ungehalten werden. Nunmehr äußerte er mehrfach die Absicht, sich

4

^chranbendampfer Graf Bismarck.

das Leben zu nehmen. Auch sagte er zu seinen Arbeitsgenosscn während der Wache, sie möchten ihn mit der Aohlenschaufel vor den Kopf schlagen, damit er todt sei; dies ist vom Heizer Ballas bekundet. Ferner hat der Bootsmann Tauke ausgesagt, er habe den Busch am Tage vor dem Selbstmorde aus der Regeling liegend angetroffen, ihm dies mit dem Hinweis daraus, daß er über Bord fallen könne, untersagt und ihn, als er den Befehl nicht befolgt, gewaltsam von der Regeling heruntergerissen. Auch von dem Vberheizer Ehrlinger wurde Busch an jenem Tage von der Back fortgewiesen, weil er äußerte, er wolle über Bord springen. Am folgenden Tage war es, wie Mager ausgesagt hat, im Heizraum ungewöhnlich heiß, Busch klagte während der Nachmittagswache roteberum, daß er die Arbeit vor Hitze nicht aushalten könne. Seins Mitarbeiter riethen ihm, zum zweiten Maschinisten Neumann zu gehen. Er ging dann auch aus dem Heizraum in den Maschinenraum. Nach einiger Zeit kam Neumann und fragte, wo Busch stecke. Es wurde ihm geantwortet, daß derselbe sich in die Maschine begeben habe, um sich krank zu melden. Neumann entfernte sich hierauf. Busch kehrte dann zurück und erzählte, daß er im Maschinenraum den zweiten Maschinisten nicht getroffen habe, daher zum ersten Maschinisten gegangen sei und sich krank gemeldet habe, worauf er jedoch den Bescheid erhalten habe, er solle sehen, daß er seine Arbeit verrichte, weil Niemand zu seinem Ersätze da sei. Als Busch sich kurze Zeit hierauf wieder aus -em Heizraum entfernt hatte und der Maschinist Neumann ihn bei der Revision wiederum nicht antraf, wurde letzterer ärgerlich und stellte ihn, als er zurückkehrte, darüber zur Rede, wo er so lange gesteckt habe, wobei er ihm, offenbar in dem Glauben, er habe sich wieder von der Arbeit gedrückt und fälschlich vorgegeben, daß er in die Maschine gegangen sei, um sich krank zu melden, eine leichte Ohrfeige versetzte. Dann wurde Busch angewiesen, an den Feuern der beiden Heizer nachzuschleusen, welchem Befehl er nachkam. Der Heizer Mager dispensirte ihn jedoch bald von dieser Arbeit und schickte ihn mit einem Eimer nach oben, um sich Trinkwasser zu holen. Busch nahn: den Eimer und ging hinaus und auf Deck. Oben traf er den Lagermeister Klingenberg und sagte zu diesem, er wolle über Bord springen. Als Klingenberg ihm abrieth, warf Busch plötzlich seine Pantoffeln von den Füßen, schwang sich auf die Regeling und sprang, bevor Klingenberg ihn zurückhalten konnte, ins Meer. Auf Klingenbergs Ruf: „Mann über Bord" wurde sofort der MaschinenTelegraph auf „volle Kraft rückwärts" gestellt und dem Verunglückten

Schraubendcunxfer Graf Bisinarck.

5

ein Rettungsring zugeworfen. Lin mit dem dritten Steuermann und mehreren Leuten besetztes Rettungsboot wurde schleunigst zu Wasser gelassen und ruderte zu der Stelle, wo der verunglückte trieb, hin, kehrte dann aber unverrichteter Sache zurück, da Busch, bevor das Boot ihn erreichte, untersank. Der vorstehend geschilderte Thatbestand ergiebt sich aus den Aussagen der Zeugen: zweiter Maschinist Neuinann, Gberheizer Lngel, Gberheizer Lhrlinger, Lagermeister Klingenberg, Bootsmann Tanke, Heizer Mager, Heizer Mattusch, Heizer Ballas und Kohlenzieher Schneider. Die persönlichen Verhältnisse und das Vorleben des Busch sind durch die Vernehmung seines Vaters in München sowie des Wirthes Schwarting zu Bremerhaven, bei welchem er häufig logirt hat, klargestellt. Ferner hat sich die Beweisaufnahme auf Beziehung der Musterrolle des Dampfers „Graf Bismarck" und Vernehmung des Führers desselben, Schiffer warnkes, sowie des Gberheizers Brinkmann und der Kohlenzieher Kalingkat, Bernhard und witzel, welche erst später in den Dienst des Dampfers getreten sind, erstreckt. Auch ist ein Theil der Torrespondenz des Busch mit seinen Litern beigezogen worden. Das Seeamt hat auf Grund der Verhandlung die im ent­ scheidenden Theile des Spruches näher dargelegte Auffassung des Sachverhaltes gewonnen. Ls ist dazu noch Folgendes zu bemerken. Lin verschulden dritter Personen an dem Unfall läßt sich nicht behaupten. Insbesondere ist die von dem Vater des Busch aus­ gesprochene Meinung, der Selbstmord sei durch Mißhandlungen und Drohungen seitens der Vorgesetzten des Busch herbeigeführt worden, unbegründet. Daß Busch mißhandelt worden sei, ist durch die Beweis­ aufnahme nicht dargethan. Die von Neumann demselben versetzte leichte Ghrfeige kann unter den Umständen, unter denen sie erfolgte, nicht als Mißhandlung bezeichnet werden, sonstige Thätlichkeiten haben nicht stattgefunden; ebensowenig ist Busch bedroht worden. Zwar soll der Kohlenzieher August Schlegel behauptet und auch dem Vater des Verunglückten brieflich mitgetheilt haben, der Maschinist Neumann habe an andere Kohlenzieher oder Heizer die Aufforderung gerichtet, „sie sollten den Busch mit der Schaufel vor den Kopf schlagen, daß er Tage genug habe". Diese Behauptung hat sich jedoch als unwahr herausgestellt. Sie beruht wahrscheinlich nur auf einer Verdrehung der schon erwähnten Thatsache, daß Busch selbst seine Arbeitsgenossen aufgefordert hat, ihn mit der Schaufel vor den Kopf zu schlagen, von der Vernehmung des Zeugen Schlegel, dessen Aufenthalt nicht

6

Lchraubendampfer Graf Bismarck.

ermittelt werden konnte, hat das Seeamt deshalb abgesehen, weil (Ermittelungen, die über die Persönlichkeit und das Vorleben dieses Zeugen angestellt worden sind, ergeben haben, daß derselbe auf Glaubwürdigkeit nur einen sehr geringen Anspruch machen sann. Mängel in der (Einrichtung des Schiffes sind durch die Verhandlung nicht hervorgetreten, während ein Mangel in der Bemannung desselben allerdings in dem Umstande zu finden ist, daß nur drei Aohlenzieher, also für jede Mache nur einer, für die Reise angemustert waren. Daß dies unzureichend war, ist schon dadurch klar, daß bei dem doch immerhin möglichen und daher mit in Rechnung zu ziehenden Falle einer Erkrankung eines der drei Aohlenzieher kein Ersatzmann für die betreffende Mache vorhanden war, da die beiden anderen Aohlenzieher im Hinblick auf ihren schon ohnehin anstrengenden Dienst doch nicht noch zur Vertretung des Erkrankten herangezogen werden konnten. Auch hat die Schiffsführung beziehungsweise die Rhederei das Mangel­ hafte jenes Zustandes offenbar selbst eingesehen, da auf den späteren Reisen sechs Aohlenzieher für das Schiff engagirt worden sind, wodurch sich die Arbeitslast jedes einzelnen auf die Hälfte vermindert hat. Gleichwohl ist für die damals fungirenben drei Aohlenzieher die Arbeitslast eine übermäßig schwere nicht gewesen, da die beiden anderen Aohlenzieher dieselbe ganz gut haben bewältigen können und der Zeuge Schneider dies auch ausdrücklich versichert. Auch Busch hat, wie sich aus der Verhandlung ergiebt, über eine zu große Arbeitslast eigentlich nicht geklagt, sondern vielmehr über die zu große Hitze, die ihm das Arbeiten erschwere oder gar unmöglich mache. In dieser Hitze und der Unfähigkeit des Busch, dieselbe zu ertragen, ist daher die eigentliche Ursache des. Selbstmordes zu erblicken. Es scheint, daß Busch in besonders hohem Maße durch Hitze körperlich angegriffen wurde, da die anderen Personen des Heiz- und Maschinen­ personals offenbar erheblich weniger darunter gelitten haben; daß noch sonstige Umstände als Motive zur That mitwirkten, ist nicht festgestellt. Ein heruntergekommener Mensch, dem am Leben nichts liegt, war Busch offenbar nicht, vielmehr scheint er gut veranlagt, strebsam und tüchtig im Beruf, dabei moralisch von guten Grundsätzen gewesen zu fein; auch körperlich war er nach den Aussagen der Zeugen im Uebrigen kräftig und gesund. Neigung zum Trunk hat Niemand bei ihm wahrgenommen, auch Geistesstörung ist nie bei ihm bemerkt worden.

Besahn-Lvcr Maria.

7

2. Spruch des Seeamts zu Königsberg in Ostpreußen vom 2. August 1889, betreffend den Seeunfall des BefahnLoers „Maria" von Lstebrügge. Der Spruch des Seeamts lautet: Der Seeunfall, welchen der Besahn-Ever „Maria" auf der Fahrt von Burg nach Memel in der Nacht vom (J. zum (2. Juli f889 in der (Ostsee durch Strandung an der Kurischen Nehrung in der Nähe von Schwarzort erlitten hat, ist durch Natur- und Mitterungsverhältniffe — Stromversetzung und dicke Luft in der Kimm — herbeigeführt worden. Dem Schiffer Meyer ist ein Verschulden nicht zur Last zu legen, jedoch ist zu bemängeln, daß die Bemannung des Schiffes außer dem Schiffer Meyer nur aus einem neunzehnjährigen Matrosen und einem vierzehnjährigen Schiffsjungen bestanden hat. Gründe: Der dem Schiffer Hans Heinrich Meyer gehörige Besahn-Ever „Maria", Unterscheidungssignal KLLD, Heimathshafen Estebrügge, ist im Jahre 1862 aus Eichenholz gebaut und mit Bolzen aus unverzinktem Eisen verbolzt, zu einem Brutto-Raumgehalt von 115,8 cbm und einem Netto-Raumgehalt von HO cbm oder 38,84 britischen Register-Tons vermessen und in der Veritas mit 5/e P. 1.1. classificirt. Seit der letzten Untersuchung durch die Veritas, welche vor etwa zwei Jahren stattgefunden hat, sind Reparaturen an dem Schiffe nicht nothwendig gewesen. Am 6. Juli 1889 verließ das Schiff den Hafen von Burg mit Ballast, um nach Memel zu segeln. Die Besatzung bestand aus dem Schiffer Johann Heinrich Meyer aus Estebrügge, welcher ein Zeugniß über die Befähigung zum Schiffer auf großer Fahrt besitzt, dem neun­ zehnjährigen Bestmann Jakob Suhr und dem vierzehnjährigen Schiffsjlmgen Peter Giese. Der Tiefgang des Schiffes betrug vorn und hinten 3 Fuß — 0,94 m. Bis zum U. Juli ging die Reife gut von Statten; 8 Uhr Abends an diesem Tage übergab der Schiffer Meyer dem Bestmann Suhr die Mache, nachdem er vorher auf der Karte das Besteck abgesetzt hatte; nach diesem befand sich das Schiff auf 55° TM, und der Heiligenhafener Schrauben­

dampfer

„Ingraban",

Unterscheidungssignal

LTNP,

am

sind

8. November 1888 außerhalb der Barre von Newchwang mit ein­

ander zusammengestoßen.

stoßes

verloren

Der Schooner ist in Folge dieses Zusammen­

gegangen,

wohingegen

der Dampfer

unbeschädigt

geblieben ist.

Der Schooner wurde geführt von dem Schiffer Hans Karl Ludwig Holm aus Arentoft im Kreise Tendern, der Dampfer von dem Schiffer

Joachim Rudolf Maßmann aus Hamburg. Zur Besatzung des Schooners gehörte unter anderen der Steuer­

nrann Richard Hellwig aus Gardelegen. Februar 1889 nach Deutschland zurück.

Dieser kehrte zu Anfang Die Schiffer beider Fahr-

IX.

2

18

Schraubendampfer Ingraban und Dreimastschooner Director Barrow.

zeuge und die übrigen zur Besatzung gehörenden Leute sind seither nicht zurückgekehrt. Nachdem der Steuermann Hellwig dem Seeamt seine Rückkehr angezeigt hatte, fand am 18. Februar 1889 die erste seeamtliche Verhandlung über den vorliegenden Unfall statt. In dieser Verhandlung wurde Hellwig als Zeuge vernommen. Zur Beweisaufnahnte wurden sodann verlesen die mittlerweile vom kaiserlich deutschen Konsulate in Eanton eingesandten Verhandlungen, enthaltend die Verklarung des Schiffers Ukaßmann und die in Anlaß des Unfalls daselbst erhobenen weiteren Ermittelungen. Nach geschlossener Beweis­ aufnahme beantragte der Reichscommissar, daß die Sache vertagt werde, bis eine weitere Vernehmung des Schiffers Ukaßmann herbeigeführt werden könne. Das Seeamt beschloß, diesen Antrag abzulehnen, weil nach seinem Erachten die Sache genügend aufgeklärt war. Nunmehr stellte der Reichscommissar den Antrag, daß dem Schiffer Ukaßmann die Befugniß zur Ausübung des Schiffergewerbes entzogen werde. Das Seeamt beschloß hierauf/, zunächst durch das betreffende Eonsulat eine Vernehmung des Schiffers Ukaßmann in Bezug auf den von dem Reichscommissar gestellten Antrag herbeizuführen und demselben Gelegenheit zu geben, sich zu vertheidigeu. In Ausführung dieses Beschlusses wurde das Aaiserlich deutsche Eonsulat in Hongkong ersucht, den Schiffer Ukaßmann zu vernehmen und ihm mitzutheilen, daß Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf Ukittwoch den 1H. August 1889, Vormittags U Uhr, anberaumt sei, sowie daß er hierzu geladen werde. Diese Requisition ist demnächst vom Aaiserlich deutschen Eonsulate in Eanton, wohin sie vom Eonsulate in Hongkong abgegeben worden, erledigt worden. Nach einer dem Seeamt vorliegenden Verhandlung de dato Eanton, den 2. Ukai 1889, ist dem Schiffer Ukaßmann der Antrag des Reichscommissars auf Patententziehung sowie das, was zur Begründung dieses Antrages vorgetragen worden war, mitgetheilt und ihm dabei eröffnet worden, daß er zu dem heutigen Verhandlungstermin geladen werde. Nach derselben Verhandlung hat sich der Schiffer Ukaßmann gegen die Vorwürfe des Reichscommissars vertheidigt und beantragt, daß ihm die Befugniß zur Ausübung seines Gewerbes belassen werde. In der heutigen Verhandlung ist der Schiffer Ukaßmann nicht erschienen. Als Vertreter und Vertheidiger meldete sich der hiesige Navigationslehrer Ebsen. Dieser legte zu seiner Legitimation vor: 1. Vollmacht des Rheders des Dampfers „Ingraban"

Schraubendampfer Ingraban und Dreimastschooner Virector Barrow.

V)

J. p. Naßmann in Heiligenhafen vom 7. August {889, worin er den Navigationslehrer Ebsen bevollmächtigt, den in Ehina abwesenden Schiffer I. R. Maßmann von seinem Dampfer „Zngraban" bei der Verhandlung in der Eollisionssache dieses Schiffes mit dem Flensburger Dreimastschooner „Director Barrow" vor dem Königlichen Seeamt in Flensburg zu vertreten und $u vertheidigen. 2. Schreiben des Rheders Maßmann in Heiligenhafen vom {{.August {889, worin er mittheilt, daß Schiffer Maßmann ihn ersucht habe, für ihn ;u thun, was er für gut befinde. Zu seiner Legitimation berief sich der Navigationslehrer Ebsen ferner darauf, daß der Rheder Maßmann in Heiligenhafen ein Vetter des Schiffers Maßmann vom Dampfer „Zngraban" fei. Der Reichscommiffar protestirte gegen die Zulassung des Navigationslehrers Ebsen als Vertheidiger des Schiffers Maßmann, indem er darauf hinwies, daß der erstere durch die vorgelegten Schrift­ stücke nicht gehörig legitimirt werde und hervorhob, daß nach der Entscheidung des Kaiserlichen Gber-Seeamts vom {5. Mai {888, betreffend den Unfall des Schraubendampfers „Rapid" von Flensburg, das Auftreten einer dritten perfon an Stelle des betheiligten Schiffsofficiers im seeamtlichen Verfahren ausgeschlossen sei. Das Seeamt beschloß, daß der Navigationslehrer Ebsen als Ver­ theidiger des Schiffers Maßmann zuzulassen sei. Nach Verkündung des Beschlusses wurde die Verhandlung in der Sache selbst ausgenommen. Es wurde zunächst die 'ant {8. Februar {889 stattgehabte Beweis­ aufnahme wiederholt. Sodann wurden noch folgende mittlerweile hier eingetroffene Schriftstücke verlesen: {. Eine am {5. December {888 im Kaiserlich deutschen Eonsulate aufgenontmene Verhandlung, enthaltend die eidliche Vernehmung des Bootsmanns Kraft vom Dreimastschooner „Director Barrow" über den Unfall und dessen begleitende Thatumstände. 2. Eine am {5. November {888 im Kaiserlich deutschen ViceEonsulat zu Newchwang aufgenommene Verhandlung, enthaltend die Aussage des Lootsen p. F. Lorenzen in Newchwang, welcher zur Zeit des Zusammenstoßens sich an Bord des „Ingraban" befand. 3. Eine am {H. December {888 in demselben Eonsulate auf­ genommene Verhandlung, enthaltend die Aussage des Lootsen Benedict (Carlos in Newchwang, welcher zur Zeit des Zusammenstoßens auf deut in der Nähe befindlichen englischen Dampfer „lVhampoa" war.