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German Pages 162 [172] Year 1895
Entscheidungen des
Gber-Seeamts und der Seeämter des
Deutschen Reichs. Herausgegeben
im
Reichsamt des Innern.
Elfter Band.
Heft 3.
Hamburg.
Druck und Verlag von L. Friederichsen &
57. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 16. November 1894, betreffend den Seeunfall
des Schraubendampfers „Essen" von Hamburg................................................................. 364 58. Spruch des Seeamis zu Rostock vom 19. November 1894, betreffend die Seeunfälle
des Schraubendampfers „Eonnnerzienrath Boeckel" von Wismar................................... 568 59. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 17. November 1894, betreffend den Seeunfall der Schoonergaliote „Charlotte" von Warsingsfehn........................................................... 575 60. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 8. December 1894, betreffend den Seeunfall
des Schraubendampfers „Bellona" von Hamburg............................................................. 579 61. Spruch des Seeamts zu Hamburg von: 17. December 1894, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Jtaparica" von Hamburg........................................................... 588
62. Spruch des Seeamts zu Danzig vom 20. December 1894, betreffend den Seeunfall der
Brigg „Paul Gerhard" von Danzig............................................. (Fortsetzung folgt auf der dritten Seite des Utnschlags.)
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49* vom 7. März
Spruch des Seeamts zu Brake 1894 und Entscheidung des kaiserlichen
Gber-Seeamts vorn 19* September 1894, betreffend den
Seeunfall der Schoonsrgaliote „Jantje" von Brake. Der Spruch des Seeanits lautet: Der Verlust der Schoonergaliote „Jantje" ist auf schweres Wetter zurückzuführen, in welchem das Schiff so schwere Beschädigungen erlitten hat, daß es als reparaturunwürdig condemnirt worden ist. Dem Schiffer Müller wird die Befugniß zur Ausübung des Schiffergswerbes belassen. Gründe. Die zu einem Netto Raumgehalt von 209,9 cbm oder 74,io britischen Register-Tons vermessene Schoonergaliote „Jantje", llnterschcidungs-Signal NDPS, war 1862 aus Holz erbaut und stand im alleinigen Eigenthum des Schiffers auf europäischer Fahrt Michael IHiiller zu Emden. Der heimathshafen des Schiffes war Brake. Es hatte die Elaste A des Germanischen Lloyd bis (895, war f89l in Leith mit einem Kostenaufwande von 4 OOO .Al. reparirt und zu 4000 Kronen in Kopenhagen versichert. Die Besatzung bestand aus dem Schiffer, dem Bestmann Eornelius Brüning aus Groningen, dem Leichtmatrosen Bunt ebendaher und dem Koch Hermann Warnkens aus Bremen. Die Reparatur in Leith war infolge einer am 22. Septen,ber 1891 auf den Ross Sands bei Island an der Vstküste von England unweit Berwick on Tweed erfolgten Strandung nothwendig geworden. Diese Strandung hat das Seeamt am 17. December 1891 beschäftigt. Die hauptvcrhandlung schloß mit der Verkündung des Spruches dahin, daß die Strandung lediglich durch elementare Ereignisse herbei geführt und dem Schiffer Müller sowie der übrigen Besatzung nicht das geringste Verschulden zur Last zu legen sei. Am 27. November 1895 trat die „Jantje" mit einer aus 31 Standard Grubenhölzer bestehenden und nach West-Hartepool be stimmten Ladung die Reise von Krageroe an. Von den hölzern XL 'M
306
Sdiooncrgaliotc 'Vntfio.
Birken- und Tannen-Props — waren 100 Stück Birken und 350 Stück
Tannen auf Deck verstaut.
Bis zum 2. December ging die Reise
glücklich von statten, obgleich schon am 29. November Sturm aus
WSW eintrat und das vor Sturm-Großsegel und Klüfock bcigedrehte
Fahrzeug viel Wasser übernahm.
Am 2. December
herrschte schwerer Sturm aus westen;
das
Schiff lag so auf der Leite, daß man einen Theil der Deckladung Am Morgen des 3. lief der Wind nördlicher und
werfen mußte.
nahm an Stärke ab; man konnte Segel zusetzen und peilte morgens
um H Uhr das Feuer von Mandat und um 8 Uhr Oxöe-Feuerthurm. 8. December blieb
Bis zum
das Wetter
bei
veränderlichen
Winden durchweg stürmisch; die Luft war bis zum 6. December dick
von Schnee und Regen, so daß keine Observationen möglich waren.
Am
schwerer, orkanartiger SWLturm ein; die
8. December trat
Leeseite lag ganz unter Wasser, so daß die Deckladung zum theil
forttrieb.
Um 9 Ufa abends kam eine schwere Sturzsee über;
das
Schiff lag zum Kentern auf der Steuerbordseite; durch rasches Durch
schneiden
der
Schooten
des
Sturm-Großsegels
und
der
Klüfock
erreichte man jedoch, daß es sich etwas wieder aufrichtete. Da der Backbordanker vom Bug geschlagen war und außenbords hängend, durch den Bug zu schlagen drohte, ließ man denselben fallen
mit 25 Faden Kette.
Das Schiff legte sich nun mit dem Bug auf die
See. Die Sturzsee hatte ein neues Boot von Deck geschlagen, Schanz kleidung und Stützen an beiden Seiten zertrümmert, das Volkslogis eingeschlagen, die Backbords-Signallaterne fort- und die Winde im Deck losgerissen, sowie die Schanzregeling zerbrochen.
Der Groß
segelbaum und die Gaffel waren zerbrochen, das Schoonersegel war zerrissen und viel laufendes Tauwerk ruinirt.
Der Vordersteven war
losgerissen und die Ruderpinne gelockert. Da das Schiff noch schwer nach Steuerbordseite überlag und
Wasser machte,
wurde der Rest der an Steuerbordseite verstauten
Deckladung geworfen.
30 Minuten lenz.
Man setzte die Pumpe« an und pumpte in
Das Schiff machte jetzt 6 Zoll Wasser die Stunde.
Man schlug eine Stagfock als Großsegel an und reparirte die
Schäden nach Möglichkeit.
Am Morgen des 9- versuchte man den
Anker aufzuhieven, was jedoch wegen der hohen See ohne ernstliche
Gefahr nicht möglich war.
Man flippte daher nachmittags
Ufa
die Kette, setzte gereffte Segel und steuerte ONO, um einen norwegischen f)afen anzulaufen. Am s0. December 9 Uhr abends sichtete man das Feuer von
507
Schoonergaliote Jantje.
Lindesnäs, um U Uhr peilte man dasselbe GNM tu ctiva s2 See meilen Abstand und halste über Steuerbord. Der Wind war stürmisch mit heftigen Böen aus SSM; man führte dichtgereffte Segel und pumpte jede Mache lenz.
Da matt bei dem herrschenden Winde die
norwegische Küste nicht anzulaufen wagte, steuerte man in südlicher Richtung weiter.
Nachdenr am Nachmittage des
U. noch Sturm
mit Regen und hoher wilder See geherrscht hatte, trat gegen 8 Uhr abends Windstille ein; der bisher südöstliche Wind zog am \2. gegen
Mittag westlicher mit flauer Briese, dann am \ö. wieder zum Sturm aus Süden anwachsend.
Wiederum nahm das Schiff schwere Seen
über. Die Steuerbordseite lag beständig unter Wasser. Am
morgens
sprang der Wind nach westen um; man bemerkte Zunehmen des Wassers und hielt nun wieder nach Norwegen ab. Nach dem Mittags besteck vom 1^. December befand sich die „Jantje" auf 580 6' Nord
breite und 5 0 52 ' Mstlänge. Man lenzte nun bei heftigem WNWSturm mit Schnee- und
Regenböen
vor
dichtgerefftent
Schoonersegcl
und
Klüfock,
ohne
Observationen machett zu können, bis am Mittag des \5. der Wind
abnahm und am Morgen des s6. dicker Nebel eintrat.
Der Wind
war SW, der At mosphären Dampfdruck in dem Kessel. Nachmittags J Uhr, als etwa 3*/