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German Pages 217 Year 1982
PETER KRAUSE
Eigentum an subjektiven öffentlichen Rechten
Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 61
Eigentum an subjektiven öffentlichen Rechten Die Tragweite des Eigentumsschutzes von öffentlich-rechtlichen Leistungsansprüchen am Beispiel der Rentenversicherung
Von
Peter Krause
DUNCKER
& HUMBLOT
BERLIN
Alle Rechte vorbehalten
© 1982 Duncker & Humblot, Berlln 41
Gedruckt 1982 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 05183 1
Vorbemerkung Rechtslehre und Rechtsprechung haben seit längerem die Einbeziehung subjektiver öffentlicher Rechte in den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz gefordert. Das Bundesverfassungsgericht hat sich dieser Forderung gegenüber lange zurückgehalten, wohl nicht zuletzt deshalb, weil damit Art. 14 GG von einem Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe in ein dem Bürger unabhängig vom Staat zustehendes Eigentum in ein Recht auf gesicherte Teilhabe an durch staatliche Maßnahmen zu leistendes Eigentum umschlagen müßte, der Inhalt eines derartigen Teilhaberechts auf Eigentum noch kaum geklärt ist und daher die Rechtsfolgen einer Einbeziehung ungewiß erscheinen müßten. Nachdem nunmehr das Bundesverfassungsgericht durch U rteU vom 28. Februar 1980 (BVerfGE 53, S.257) entschieden hat, daß jedenfalls "Ansprüche auf Versichertenrenten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und solche Rechtspositionen der Versicherten nach Begründung des Rentenversicherungsverhältnisses, die bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen, etwa des Ablaufs der Wartezeit und des Eintritts des Versicherungsfalles zum Vollrecht erstarken können (Rentenanwartschaften)" in den Schutzbereich des Art. 14 GG fallen, wird es höchste ~eit, das Problem der Einbeziehung subjektiver öffentlicher Rechte nicht mehr vordringlich unter dem Aspekt des "Ob" und "Inwieweit" zu erörtern, sondern sich der Frage zuzuwenden, welche verfassungsrechtliche Tragweite die Einbeziehung von vermögenswerten Berechtigungen des Bürgers gegenüber dem Staat in den Schutz des Eigentumsgrundrechts besitzen kann, insbesondere welche exakten Bindungen des Gesetzgebers sich daraus herleiten lassen. Einen Versuch dazu stellt die vorliegende Arbeit dar. Dem Verfasser wäre die Fertigstellung der Arbeit nicht ohne die Unterstützung seiner Mitarbeiter, insbesondere der Herren Assessoren Michael Nitsche und Herbert Schmitz sowie von Herrn Rechtspraktikanten Hans Fein und Frau Birgit Kaiser, möglich gewesen. Ihnen sei auch an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt. Die Arbeit wurde vor der 2. Sozialrechtslehrertagung am 1. und 2. April 1982 in Bielefeld zu dem Thema "Verfassungsrechtlicher Eigentumsschutz sozialer Rechtspositionen" abgeschlossen. Die Referate von Stolleis, Franz-Xaver Kaufmann und Streissler über den "Schutz der
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Vorbemerkung
Vermögenswerte des Bürgers gegenüber dem Staat" aus verfassungsgeschichtlicher, soziologischer und ökonomischer Sicht, von Rüfner, Papier und Kübler über "Die Differenziertheit sozialrechtlicher Positionen und den Anspruch der Eigentumsgarantie" sowie von Grimm über "Eigentumsschutz sozialpolitischer Positionen und rechtlich politisches System", die zusammen mit dem vorbereitenden Bericht von Stober über "Die Grundlinien der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundessozialgerichts und der anderen obersten Bundesgerichte" in der Schriftenreihe des Deutschen Sozialgerichtsverbandes veröffentlicht werden, konnten daher nicht mehr verarbeitet werden. Sie bestätigen im wesentlichen die vorgelegte Untersuchung.
Inhaltsverzeichnis Einführung ........................................................... 1. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar
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1980 über den Versorgungsausgleich ............................
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2. Die grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung ................
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3. Der Stand der Lehre und Rechtsprechung zum Eigentumsschutz für vermögenswerte Berechtigungen des öffentlichen Rechts .... 17 4. Die ersten Stellungnahmen zur Entscheidung ...................
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A. Der Schutzzweck von Art. 14 GG und die Möglimkeiten und Folgen seiner Erstreckung auf vermögenswerte Rechtspositionen des öffentIimen Remts .................................................... 21 I. Die einzelnen Regelungsgehalte des Art. 14 GG ....................
21
1. Die Sicherung der konkreten Zuordnung des Eigentumsgegen-
standes zum Eigentümer und die Ermächtigung zu ihrer Durchbrechung ...................................................... 21
2. Die Sozialbindung des Eigentumsgebrauchs .....................
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3. Der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG ...............................
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4. Die Gewährleistung von Vermögensunterschieden ..............
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H. Die Problematik der Einbeziehung der subjektiven öffentlichen Rechte in den Eigentumsschutz der Verfassung. . . . . . . . . .. .. . ... . .. 30 1. Die anfängliche Zurückhaltung .................................
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2. Die verstärkte Gesetzesabhängigkeit des subjektiven öffentlichen Rechts ........................................................ 31 3. Die Änderbarkeit des subjektiven öffentlichen Rechts als immanentes Problem des Rechtsverhältnisses oder als Problem der Verfassung .................................................... 34 4. Die normative Ausgestaltung eines subjektiven öffentlichen Rechts mit der Kraft des Eigentums als Selbstbindung des Gesetzgebers .................................................. 38 5. Der Sprung vom Abwehr- zum Teilhaberecht ..................
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Inhaltsverzeichnis 6. Von der Garantie eines konkreten Anteils am Vorhandenen zum bezifferten Scheck auf die Zukunft ............................. 42 7. Eigentumsschutz von öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen als Gewährleistung absoluter Sicherheit ........................... 45 8. Die fortbestehenden Bedenken gegen die Anwendung von Art. 14 GG auf vermögenswerte subjektive öffentliche Rechte .......... 46 9. Die verbleibende Möglichkeit einer analogen Anwendung des Art. 14 GG .................................................... 47
IH. Die Funktionen der Eigentumsgewährleistung ..................... 1. Die Sicherung der vorgefundenen Vermögensverteilung vor staat-
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lichem Zugriff .................................................
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2. Die Sicherung einer Sphäre der Freiheit ........................
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3. Die Sicherung des durch Leistung erworbenen Besitzstandes der sozialen Stellung .............................................. 56 4. Die Gewährleistung einer zielgerichteten, planbaren, verantwortlichen Lebensgestaltung durch verfassungsrechtlich gesicherte Zuordnung des ökonomischen Leistungserfolges ................ 57 5. übereinstimmungen zwischen der Funktion der Sicherung durch Art. 14 GG und der sozialen Sicherung .......................... 62 6. Die Notwendigkeit des Schutzes von Privateigentum fortsetzenden öffentlichen Berechtigungen und das Erfordernis einer Stabilisierung von einzelnen Sozialleistungsansprüchen als Grund für eine Analogie zu Art. 14 GG .................................... 64 7. Die Abhängigkeit des Eigentumsschutzes für subjektive öffentliche Rechte von der Entscheidung des einfachen Gesetzes ....... 64 8. Eigentumsschutz für öffentlich-rechtliche Berechtigungen aufgrund eigener Leistung des Berechtigten ........................ 65 IV. Die Rechtsfolgen der Einbeziehung einer öffentlich-rechtlichen Berechtigung in den Schutz von Art. 14 GG .......................... 70 1. Die Analogie ..................................................
70
2. Der besondere Schutz des Kernbereichs ........................
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3. Die Begrenzung des Randbereichs nach Art der Inhalts- und Schrankenbestimmung ......................................... 71 4. Die Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsprinzips durch die Unterscheidung von sozialem und personalem Bezug des Rechts 73 5. Die allgemeine Kompetenz des Gesetzgebers, im Wege der Inhalts- und Schrankenziehung bestehende Eigentumsrechte zu begrenzen ..................................................... 75 6. Der Ausschluß der Analogie zu Art. 14 Abs. 3 GG ...............
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Inhaltsverzeichnis
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B. Rentenversicherungsrechtliche Positionen als Gegenstand des EigentUmGsschutzes der "erfassung ...................................... 79 I. Darstellung des geltenden Rentenversicherungsrechts ..............
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1. Die Invaliditätsrente ...........................................
80
a) Die einzelnen Versicherungsfälle ............................
80
b) Wartezeit und Anwartschaftserhaltung ......................
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c) Rentenhöhe
................................................
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d) Anpassung der Bestandsrenten ..............................
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e) Die Bedeutung der Rentenreform 1957 ......................
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2. Die Altersrente ................................................
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3. Die Hinterbliebenenrente ......................................
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4. Leistungen zur Rehabilitation und zusätzliche Leistungen .......
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5. Beitragserstattungen und Abfindungen .........................
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6. Das Beitragsrecht der Rentenversicherung ......................
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7. Der schrittweise Aufbau des Versicherungsschutzes
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H. Die Strukturen des Rentenversicherungsverhältnisses ..............
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1. Die Rentenversicherung als Versicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . ..
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a) Das Privatversicherungsverhältnis als Modell ................
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b) Das Synallagma in der gesetzlichen Rentenversicherung ...... 100 c) Die Leistung der Gefahrtragung als Gegenstand des Anspruchs auf Versicherungsschutz ............................ 104 d) Die Rentenversicherung als Risikoversicherung .............. 108 e) Differenzen jn der Mittelaufbringung zwischen Privat- und Sozialversicherung: Der fehlende Zwang zur Globaläquivalenz ........................................................ 110 f) Die fehlende Individualäquivalenz von Beiträgen und Versicherungsschutz ............................................ 112 g) Das Rentenversicherungsverhältnis als solidarisches Schuldverhältnis .................................................. 116 2. Das primäre Ziel der Rentenve:rsjcherung: LebensstandardoIientierte Sicherung nach Maßgabe solidarischer SelbstvOl'Sorge ..... 118 a) Die Gewährleistung individueller Lohnangemessenheit ...... 118 b) Die Anpassung des Rentenniveaus an die wirtschaftliche Entwicklung ................................................... 120 c) Die Festsetzung eines allgemeinen Rentenniveaus ............ 121
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Inhaltsverzeichnis 3. Das sekundäre Ziel der Ausgestaltung der Rentenversicherung: Beitrags- und Anteilsgerechtigkeit .............................. 121 a) Die Hindernisse, die Beiträge in vollem Umfang nach dem Risiko zu staffeln ........................................... 122 b) Die Sicherung der Beitragsgerechtigkeit durch AntedIsgerechtigkeit ...................................................... c) Der Widerspruch der Anteilsgerechtigkeit zum Ziel der Lohnersatzsicherung ............................................. d) Das Instrument zur Auflösung des Zielkonflikts: Anrechnung beitragsloser Zeiten ........................................ e) Die Vereinbarkeit der Anrechnung beitragsfreier Zeiten mit dem Prinzip der Lastengerechtigkeit und dem Versicherungsprinzip .....................................................
123 123 124 125
4. Das verfehlte Bild einer aus einzelnen Bausteinen zusammengesetzten Rente ................................................ 131 III. Die eigentumsrechtlichen Grenzen einer Rentengesetzgebung ....... 133 1. Soziale Sicherheit, Rechtssicherheit, Sicherheit vor gesetzgebe-
rischen Eingriffen ............................................. 133
2. Der Gegenstand des Eigentumsschutzes ........................ 137 a) Das Vorliegen einer rentenversicherungsrechtlichen Rechtsposition .................................................... b) Rentenversicherungsrechtliche Positionen außerhalb des Gegenseitigkeitsverhältnisses und des Eigentumsschutzes ....... c) Unterschiede in der Gewährleistung der rentenversicherungsrechtlichen Rechtspositionen ................................ d) Einschränkung der Bestandssicherung auf den Umfang des Rentenanspruchs oder der Rentenanwartschaft zum Zeitpunkt des Erwerbs ................................................ e) Die Abstufung des Eigentumsschutzes nach Maßgabe der Äquivalenz ................................................. f) Der Kernbereich der Rentenanspruche und -anwartschaften ..
137 140 143 150 153 161
3. Die Verhältnismäßigkeit des gesetzlichen Eingriffs .............. 169 a) Die Schwere des Eingriffs .................................. b) Eingriffe :in Katastrophenfällen, etwa einer WirtschaftskriJSe .. c) Eingriffe zur Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenvemicherungen und zu deren Anpassung an veränderte Lagen als allgemeiner Auftrag zur Fortentwicklung der Rentenversicherung ......... . .. d) Die dynamische Entfaltung der Funktion des Rentenversicherungsverhältnisses .......................................... e) Eingriffe zur Vermeidung von Doppelversorgungen .......... f) Die Opfergrenze für den Inhaber eines Rentenanspruchs und einer Rentenanwartschaft ...................................
169 171
174 178 183 184
Inhaltsverzeichnis 4. Einzelne Probleme a) Gewährleistung der Leistungshöhe .......................... b) Die Anrechnung und Bewertung von Ausfall- und ErsatzzeLten ....................................................... c) Zurechnungszeit ............................................ d) Garantie der Rentenanpassung und Rentendynamik ......... e) Die Leistungen aus der Hinterbliebenenversicherung ......... f) Die Krankenversicherung der Rentner ...................... g) Die Kinderzuschüsse zu den Renten .................... , .... h) Sekundäre Eingriffe in Rentenansprüche und -anwartschaften i) Zur Anwendung des allgemeinen Vertrauensschutzprinzips neben dem Bestandsschutz aus Art. 14 GG ...................
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186 186 189 194 195 197 199 201 202 203
Zusammenfassung: Das Eigentumsgrundrecht als Schranke für den Rentengesetzgeber .................................................... 205 Literaturverzeichnis
.................... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 207
Einführung 1. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1980 über den Versorgungsausgleich
In seiner Entscheidung vom 28. Februar 19801 hat das Bundesverfassungsgericht die bis dahin offengelassene2 Frage, "ob, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang sozialversicherungsrechtliche Positionen den Schutz der Eigentumsgarantie genießen", dahin beantwortet, daß jedenfalls "Ansprüche auf Versichertenrenten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und solche Rechtspositionen der Versicherten nach Begründung des Rentenversicherungsverhältnisses, die bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen, etwa des Ablaufs der Wartezeit und des Eintritts des Versicherungsfalles, zum Vollrecht erstarken können (Rentenanwartschaften)", unter den Schutz von Art. 14 GG fallen3 : "Gegenstand des Schutzes sind - nach dieser Entscheidung - der Anspruch oder die Anwartschaft, wie sie sich aus der jeweiligen Gesetzeslage ergeben"". "Die konkrete Reichweite des Schutzes ergibt sich - allerdings - erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist6 ." "Bei der Bestimmung des Inhalts und der Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit zu. Dies gilt im besonderen für Regelungen, die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherungen im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen. Insoweit umfaßt Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG auch die Befugnis, Rentenansprüche und -anwartschaften zu beschränken; sofern dies einem Zweck des Gemeinwohls dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, Leistungen zu kürzen, den Umfang von Ansprüchen und Anwartschaften zu vermindern oder diese umzugestalten. Allerdings verengt sich seine Gestaltungsfreiheit in dem Maße, in dem RentenBVerfGE 53, 257. BVerfGE 11, 221, 226; 14, 288, 293; 22, 241, 253; 24, 220,225; 29, 22, 33 f.; 31, 185, 188 ff.; 40, 65, 84. 3 BVerfGE 53, 289 ·f. " BVerfGE 53, 293. /; BVerfGE 53, 292. 1
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Einführung
ansprüche oder Rentenanwartschaften durch den personalen Bezug des Anteils eigener Leistung des Versicherten geprägt sind. Insoweit entspricht der Höhe dieses Anteils ein erhöhter verfassungsrechtlicher Schutz: An die Rechtfertigung eines Eingriffs sind strengere Anforderungen zu stellen, als an die Änderung einer Rechtslage, die mit der eigenen Leistung des Versicherten nichts zu tun hat6 ." "Eine diesen Grundsätzen folgende Anwendung des Art. 14 Abs. 1 GG auf rentenversicherungsrechtliche Positionen bedeutet nicht, daß die Eigentumsgarantie Umgestaltungen des Rentenversicherungssystems oder Anpassungen an veränderte Bedingungen verhindert, die im Interesse der Verbesserung oder Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung unerläßlich erscheinen. Solche Veränderungen läßt Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu; er bindet sie freilich an Voraussetzungen, die es ausschließen, allein auf das Versicherungssystem als Ganzes zu blicken und darüber die individuellen Rechte der Versicherten außer Betracht zu lassen7 ." 2. Die grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung
Die Gesetzesbindung der Verwaltung, die für den Bereich des Sozialrechts durch I § 31 SGB und für das Gebiet des Sozialversicherungsrechts durch IV § 308GB verstärkt wird, verhindert es bereits, daß dem Berechtigten ein Anspruch aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der ihm von Rechts wegen zusteht, durch Verwaltung oder Rechtsprechung verkürzt oder entzogen wird. Gegen eine ungleiche Beeinträchtigung seiner Rechtspositionen durch jeden Träger der öffentlichen Gewalt schützt ihn zusätzlich Art. 3 GG, der nach Erschöpfung des grundsätzlich eröffneten Rechtswegs zu den Sozialgerichten auch die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts im Wege der Verfassungsbeschwerde möglich macht. Nur für den Fall einer allgemeinen richterlichen Fehlauslegung des einfachen Gesetzesrechts, die zur Verkürzung der nach richtiger Auslegung gegebenen vermögenswerten rentenversicherungsrechtlichen Rechtsposition führt, kann deren Einbeziehung in den Schutzbereich des Art. 14 GG gegenüber Maßnahmen der Exekutive oder Judikative den Zugang zum Bundesverfassungsgericht - als einer "Superrevisionsinstanz" - eröffnen, der allerdings angesichts der Zurückhaltung des Bundesverfassungsgerichts, die Auslegung des einfachen Rechts zu überprüfen, von geringer Bedeutung bleibt6. BVerfGE 53, 293. BVerfGE 53, 293 f. 8 Vgl. dazu, daß das durch die verfassungsmäßigen Gesetze ausgeformte Eigentum verfassungsrechtlichen Schutz genießt, BVerfGE 24, 367, 396; 37, 132, 140. 6 7
Das Urteil zum Versorgungsausgleich
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Im wesentlichen erschöpft sich deshalb die Bedeutung der Einbeziehung einer von einem Hoheitsträger zu gewährenden oder gewährten vermögenswerten Rechtsposition des öffentlichen Rechts in den Eigentumsschutz der Verfassung darin, daß die Befugnisse des Gesetzgebers selbst beschränkt und der Kontrolle durch die Verfassungsgerichtsbarkeit unterworfen werden. Da die vennögenswerten Rechtspositionen des Rentenversicherungsrechts sämtlich und in vollem Umfang durch Gesetz begründet und umschrieben sind, begrenzt ihre Einbeziehung in den Schutz des Art. 14 GG primär die Befugnis des Änderungsgesetzgebers, der eine einmal eingeräumte Rechtsposition nachträglich wieder entzieht oder einengt. Sie läuft darauf hinaus, das Recht des Gesetzgebers, seine Gesetze wieder aufzuheben, in einer spezifischen Weise einzuengen und tritt damit in Konkurrenz zu anderen Verfassungs'schranken für das Revokationsrecht des Gesetzgebers, wie das Vertrauensschutzprinzip, das Rückwirkungsverbot, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Willkürverbot und die Plangewährleistungspflicht9 • Dabei geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, daß sie diese Prinzipien nach dem Grundsatz der Spezialität verdrängt. Am Rande stellt sich die Frage, ob die Ausdehnung des Eigentumsschutzes die Schranken für den Gesetzgeber enger zieht oder gar erweitert; denn immerhin gestattet Art. 14 Abs. 3 GG den Entzug des Eigentums im Wege der Enteignung, soweit dem Betroffenen eine angemessene Entschädigung gewährt wird10• Die Schranken, die Art. 14 GG einer Änderung von öffentlich-rechtlichen, vennögenswerten Rechtspositionen entgegenstellt, beziehen sich allerdings nicht auf alle Änderungen. Art. 14 GG gewährleistet nicht, daß es bestimmte vennögenswerte Rechtspositionen des öffentlichen Rechts gibt oder weitergibt. Er garantiert sie allenfalls, wenn sie einem Inhaber bereits zustehen. Er sichert nicht davor, daß der Gesetzgeber für die Zukunft derartige Rechtspositionen nicht mehr zur Entstehung kommen läßt, solange er die erworbenen Rechte noch abwickelt oder sie in Einklang mit Art. 14 Abs.3 GG entzieht. M. a. W., der Schutz des Art. 14 GG bezieht sich nur auf bereits erworbene Rechtspositionen, nicht auf die allgemeine Chance, in der Zukunft solche Rechtspositionen erwerben zu können - eine andere Frage ist es, inwieweit individuell zuordenbare Erwerbsberechtigungen bereits unter Art. 14 GG fallen. Damit betrifft die von Art. 14 GG aufgerichtete Schranke in aller Regel übergangsregelungen, d. h. sie entscheidet über die Frage, inwieweit 9 Vgl. dazu Harald Bogs, Bestandsschutz für sozialrechtliche Begünstigungen als Verfassungsproblem, RdA 1973, S. 26 ff., 30 ff.; Papier, Verfassungsschutz sozialrechtlicher Rentenansprüche, -anwartschaften und -erwerbsberechtigungen, VSSlR 1973, S. 33 ff., 48 ff. 10 Vgl. dazu Papier, VSSR 1973, S. 42 f.
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Einführung
der Gesetzgeber bei Änderung des Leistungsrechts dazu verpflichtet ist, das alte Recht für bereits entstandene Rentenansprüche und Rentenanwartschaften aufrechtzuerhalten oder ob er sie ohne Einschränkung dem neuen Recht unterstellen darf l1 • Dabei stellt sich für die Sozialversicherung ein Sonderproblem, die Anwartschaft wird oft langfristig erworben, und ihr Erwerb ist häufig nicht abgeschlossen, sondern befindet sich in - stetem - Aufbau, den fertigen Rentenanspruch gibt es nur nach Eintritt des Versicherungsfalls, und selbst insofern wohnt ihm die Dynamik der künftigen Anpassung inne. Das wirft die Frage auf, ob sich die Wirkung der Eigentumsgarantie allein auf den bereits aufgebauten Teil der Rechtsposition bezieht oder auch auf die Eröffnung der Aufbauchance. Die Tatsache, daß die Wirkung der Eigentumsgarantie für Rentenrechtspositionen auf das übergangs recht begrenzt ist, läßt das Hindernis für den Gesetzgeber zu einer sozialen Reform zwar dem ersten Anschein nach kleiner werden, bedeutet aber - je nach den Anforderungen, die aus Art. 14 GG für das übergangsrecht hergeleitet werden - doch ein bedeutsames Hemmnis für eine legislatorische Reform. Das folgt bereits im Hinblick auf die Finanzierung; zwar ist der Gesetzgeber nach verbreiteter Anschauung dazu befugt, die versicherungsmäßige Form der Alters-, Hinterbliebenen- und Invalidensicherung ganz aufzugeben, jedenfalls steht ihm Art. 14 GG bei einem solchen Vorhaben nicht direkt im Wege; die übergangsrechtliche Absicherung der begründeten, durch Art. 14 GG garantierten Rentenrechtspositionen bedeutet jedoch - angesichts des Fehlens der zur Abdeckung erforderlichen Rücklage - eine jahrzehntelange Belastung, die, da Beiträge nicht mehr erhoben werden können, vom Steuerzahler zu tragen wäre. Zum anderen besteht die Gefahr, daß die übergangsregelung mit einer Meistbegünstigungsklausel verbunden wird, die weitere Finanzierungsprobleme aufwirft und in Konflikt mit dem Privilegierungsverbot des Art. 3 GG gerät; ob es in dem Zusammenhang tatsächlich möglich ist, diese Privilegierung mit dem weiten Spielraum des begünstigenden Gesetzgebers zu rechtfertigen, ist zweifelhaft; wer zur Finanzierung der Leistungen an die vom übergangsrecht Begünstigten zu erhöhten Beiträgen herangezogen wird, ohne vergleichbare Ansprüche erwerben zu können, wird nicht ohne innere Berechtigung die Legitimität der Begünstigung in Frage stellen, insbesondere, wenn der Begünstigte seinerzeit absolut und relativ weniger Beiträge aufgebracht und weitaus geringere Leistungen 11 Daß es nur um den Bestitzstand von 'Obergangsfällen geht, nicht um ein Hindernis für eine zukunftsgreifende Sozialreform, betonen Paptistella, Zum Kriterium der eigenen Leistung beim Eigentumsschutz öffentlich-rechtlicher Rechtspositionen, Diss. München 1974, 8.15; Rohwer-Kahlmann, Renten und Anwartschaften unter Eigentumsschutz (Art. 14 GG), 8Gb 1958, 8. 145 ff.
Das Urteil zum Versorgungsausgleich
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finanziert hat. Endlich ist ein langwieriges, komplexes übergangsrecht verwaltungsmäßig oft kaum oder nur unter erheblichen Aufwendungen zu bewältigen12 und setzt die ohnehin schon geringe Durchsichtigkeit, damit aber auch die Berechenbarkeit und Gerechtigkeit des Sozialleistungssystems, noch einmal erheblich herab. Es ist evident, daß die Notwendigkeit von übergangsregelungen zur Abwicklung erworbener Ansprüche u. U. jegliche Sozialreform blockieren könnte. 3. Der Stand der Lehre und Rechtsprechung zum Eigentumsschutz für vermögenswerte Berechtigungen des öffentlichen Rechts
Daß bestimmte vermögenswerte, subjektive öffentlich-rechtliche Rechtspositionen der Bürger als Eigentum gemäß Art. 14 GG zu schützen sind, wird seit langem vielfach gefordert13• Dagegen ist eine Dogmatik des Schutzes, den Art.14 GG für derartige vermögenswerte Positionen des öffentlichen Rechts bereithält, noch nicht entwickelt, zumeist begnügen sich Literatur und Rechtsprechung damit, einfach auf die überkommenen Institutionen zum Schutz des privatrechtlich struk12 Zur Notwendigkeit, übermäßig lange und teure übergangsregelungen zu vermeiden, s. Rüfner, Das Sozialrecht in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Jahrbuch des Sozialrechts der Gegenwart, Bd. 2, S. 21, 22 f. 13 Dürig, Der staat und die vermögenswerten öffentlich-rechtlichen Berechtigungen seiner Bürger, in: Staat und Bürger, Fe!rtschrift f. W. Apelt, 1958, S. 13 ff., insbesondere S. 27 f.; ders., Zurück zum klassischen Enteignungsbegriff, in: JZ 1954, S. 4 ff., S.9 Fn. 27; K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der BundeS'l"epublik Deutschland, 12. Aufl.. 1980, § 12 Irr 1 b, S. 181 f.; Rohwer-Kahlmann, Zum Eigentumsschutz sozialrechtlicher Positionen, in: Die Sozialgerichtsbarkeit 1975, S. 161 ff.; Wannagat, Die umstrittene verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie für die Rentner der gesetzlichen Rentenversicherung, in: Festschrift f. H. Peters zum 65. Geburtstag (19'7'5), S.I71 f.; W. Weber, Öffentlich-rechtliche Rechtsstellung als Gegenstand der Eigentumsgarantie in der Rechtsprechung, AöR Bd. 91 (1006), S. 382 ff. (400); BGHZ 74, 38, 60 ff.; gegen eine solche Einbeziehung: E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl.. 1954, Bd. II, S. 19 f.; gegen eine Einbeziehung sozialversicherungsrechtlicher Positionen: Harald Bogs, RdA 1973, S. 26 - 33; Papier, VSSR 1973, S. 33 ff., 46 ff.; Schneider, Der verfassungsrechtliche Schutz von Renten der Sozialversicherung, Juristische Studiengesellschaft Heft 146, 1980, S. 31. Skeptisch gegen ein Eigentumsgrundrecht von Rechtsansprüchen und -anwartschaften Meydam, Eigentumsschutz und sozialer Ausgleich in der Sozialversicherung, Diss. 1973, S.34, 46 L, 51; Rüfner, Die Rechtsformen der sozialen Sicherung und des allgemeinen Verwaltungsrechts, VVDStRL 28, 1, 220; Wertenbruch, Sozialrecht und allgemeines Verwaltungsrecht, Döv 1969, S. 593, 599; ders., Sozialhilfeanspruch und Sozialstaatlichkeit, Festgabe Küchenhoff, S. 343 ff., 353; Zacher, Zur Rechtsdogmatik sozialer UmverteiIung, DÖV 1970, S.3, 8 f.; nur akademische Bedeutung mißt ihm bei: Zimmer, Die durch eigene Leistung und eigenen Kapitalaufwand erworbene öffentlichrechtliche Rechtsposition, Döv 1.963, S.81 und 83. Vgl. auch Müller, Soziale Grundrechte in der Verfassung, Ztschr. f. Schweizer Recht 1973, S. 687 ff., 747 ff.; Zacher, Freiheits- und Sozialrechte im modernen Verfassungsstaat, in: Sizydzik, Christliches Gesellschaftsdenken im Umbruch, 1977, S. 75 M., 95 ff.; Isensee, Soziale Rechte mit Verfassungsrang? Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1979/80, S. 199 ff.
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Einführung
turierten Eigentums zu verweisenl4 • Wo sie darüber hinausgehen, beschränken sie sich auf den negativen Hinweis auf gewisse unbestimmte Einschränkungen, die weniger dogmatisch begründet sind, sondern vielmehr dazu dienen sollen, Vorbehalte gegen die Erstreckung des Art. 14 GG auf die subjektiven öffentlichen Rechte zu zerstreuen. So heißt es etwa, die Einbeziehung bedeute nicht, daß diese Rechtspositionen in vollem Maße den eigentumsrechtlichen Bestandsschutz privatrechtlicher vermögenswerter Berechtigungen erhaltenl6 • Um den demokratisch verfaßten, sozialen Rechtsstaat reaktionsfähig zu erhalten, müsse der Eigentumsschutz für öffentliche Berechtigungen nicht so ausgestaltet werden, daß es ihn hindere, sich neuen Herausforderungen zu stellen und neue Prioritäten zu setzen; die Eigentumsgarantie dürfe insbesondere das öffentliche Leistungsrecht nicht versteinern und sich damit dem Auftrag der Verfassung, mehr soziale Gleichheit und soziale Gerechtigkeit herzustellen, oder den notwendigen Anpassungen und Fortentwicklungen in den Weg stellenH1• Auf diese Weise wird der Schutz der öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen durch Art. 14 GG auf einen Kernbestand begrenztt7, der nur eine völlige Entziehung verbietetl8• Daneben wird darauf hingewiesen, daß Art. 14 GG durch die Erstrekkung auf öffentlich-rechtliche Rechtspositionen vom Abwehrrecht zum Teilhaberecht werdeul ; während die privatrechtlichen Positionen primär ,vor den staatlichen Eingriffen zu schützen seien, gewinne damit die Garantie der Anspruchserfüllung durch staatliche Maßnahmen den Vorrang2°. Das wird jedoch kaum zu dem Gedanken vorangetrieben, daß sich demzufolge die Dogmatik des Eigentumsschutzes von öffentlich-rechtlichen Berechtigungen weniger an der eines grundrechtlichen Abwehranspruches orientiert, wie er dem Grundrecht des Art. 14 GG bislang primär entnommen worden ist, sondern an der eines Teilhabe14 Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog, Grundgesetz, Kommentar, Art. 14, Rdnr. 37; Städter, über den Enteignungsbegriff, növ 1953, S. 97 ff., 98; BGHZ 6, 270, 278; BVerfGE 4,219, 240; 1'5, 1'6'7, 200; BVerwGE 25, 210, 220. 15 Badura, Eigentumsordnung, in: Sozialrechtsprechung, Festschrift zum 25jährigen Bestehen des Bundessozialgerichts, Bd.2, 1979, S. 673 ff . , 676. 16 Badura, Festschrift BSG 1979, S. 676. 17 BVerfGE 16, 94, 115. 18 BVerfGE 16, 94, 118. 19 Vgl. Badura, Festschrift BSG 19'79, S. 687. 20 Vgl. dazu a. Papier, VSSIR 1973, S.38; Zimmer, Zur Frage der Enteignungsfähig>keit von Rentenansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung, BABl. 1959, S.584, 585 f.; Wertenbruch, Eigentum und Verfassungsrecht, in: Eigentumsordnung und katholische Soziallehre, Köln 1970, S. 43 ff.; Oswald von Nell-Breuning, Was ist eigentumsfähig? Radius Heft 1, März 19'71, S. 8 ff.; Zacher, növ 1970, S.3, 6; Meydam, Diss. 1973, S. 45 ff.; Rüfner, VVDStRL 28, S.220; Nicolaysen, Eigentumsgarantie und vermögenswerte subjektive Rechte, in: Hamburger Festschrift f. Friedrich Schack, 1966, S. 107 ff., 113.
Das Urteil zum Versorgungs ausgleich
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grundrechts, für das die herkömmliche Interpretation des Art. 14 GG kaum Ansatzpunkte liefert. 4. Die ersten Stellungnahmen zur Entscl1eidung
Die Stellungnahmen zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts begnügen sich in aller Regel mit einem Referat und der Bekundung der Zustimmung21. Nur selten wird deutlich, daß die "rechtssoziologische 21 Heussner, Die Gewährleistung d~s verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes für Versorgungsanrechte in d~r Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: Betriebliche Altersversorgung 198Q, S.86, 88, unter Hinweis auf BVerfGE 1, 277; 4, 292; 14, 293; 22, 253; 24, 266; 31, 240 weist auf den Zusanunenhang der Berechtigung desInhabers mit einer eigenen Leistung hin, was als besonderer Schutzgrund für die Eigentümerposition anerkannt ist. Kritisch zur Differenzierung des Eigentumsschutzes nach Maßgabe des Anteils eigener ~istung: Rüfner, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 28. 2. 1980, 8Gb 1981, Heft 3, S. 107 ff. Grundsätzlich zustimmend Spohn, Rentenansprüche und -anwartschaften im Licht der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, in: Der Kompass 1980, S. 221 ff .• 222, 223, 225" 260, der auf die Funktion der Rechtspositionen der Sozialversicherung hinweist, "Mittel zur Sicherung eines vollen menschlichen Daseins" zu sein und das Funktionsdefizit des privatrechtlichen Eigentums auszugleichen. Der Schutz des Art. 14 GG führe jedoch nicht zu einem in jed~r Weise geschützten und unantastbaren "Renteneigentum". Den Versorgungsausgleich hält er bei Vorliegen bestimmter Tatumstänae für verfassungswidrig. Grundsätzlich zustimmend auch Bergner, Versorgungsausgleich und Berücksichtigung veränd~rter Verhältnisse, Diss. München 1981, der unter Hinweis auf Badura von einer Wandlung vom Abwehrrecht zum Teilhaberecht spricht und darauf hinweist, daß der Freiheitsraum, den Art. 14 GG gewährleisten solle, für den überwiegenden Teil der Bevölkerung nicht durch private Vermögenswerte, sondern durch die dynamische Rente gewährleistet werde. Grundsätzlich zustimmend auch Giesen, Das neue Scheidungsrecht auf dem Prüfstand der Rechtsprechung, JR 1980, S. 177 ff., 316 ff., 323, der jeduch nach wie vor Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Versorgungsausgleichs hat. Zustimmend auch Maunz, Wandlungen des verfassungs rechtlichen Eigentumsschutzes, BayVBl. 1981, S. 321 ff., 324, der auf das wesentliche Element der eigenen, an den Arbeitsertrag anknüpfenden Leistung hinweist. Das Gewicht der Staatszuschüsse soll demgegenüber zurücktreten. Kritisch zur Einbeziehung von Rentenanwartschaften in den Schutzbereich d~s Art. 14 GG Thieme, Verfassungsrechtliche Probleme einer Neuregelung der Hinterbliebenenversorgung, Festschrift f. Georg Wannagat, 1981, S. 599 ff., 608, 610, der darauf hinweist, daß es weniger um die Frage gehe, ob Rentenanwartschaften auch Eigentum seien, als um die Frage nach dem Umfang der Gewährleistung von Rentenanwartschaften. Er stellt entscheidend auf den Sinn des Eigentumsschutzes ab, Freih~it und Menschenwürde als oberstem Zweck der Rechtsordnung zu dienen. Skeptisch gegenüber der These, die Renten beruhten auf eigenen Leistungen angesichts des Umlagesystems und des Generationenvertrages, KUnkhardt, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 28. 2. 1980, ZBR 1980, S. 178 f., der auch darauf hinweist, daß für das Bundes'Ver:fiassungsgericht im vorliegenden Zuoommenhang das Verhältnis von sozialem und persönlichem Bezug nicht erheblich geworden ist. Kritisch auch Pitschas, Anmerkung zum Urteil des BVerfG vom 28.2.1980, JA 1980, S.535. "Einerseits eröffnet für die Zukunft Art.14 Abs. 1 Satz 2 GG dem Rentengesetzgeber einen realistischerweise und entgegen den relativ substanzlosen Hinweisen des Bundesverfassungsgerichts kaum fixierbaren Gestaltungsraum; andererseits vermag Art. 14 GG staatlicher Politik durch Geldleistungen keine Rich-
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Einführung
:Bedeutung" an erster Stelle steht!2. Im übrigen wird die These, Art. 14 GG liefere konkretere und klarer konturierte Maßstäbe für eine verfassungsrechtliche Beurteilung einer Rentenänderungsgesetzgebung, ohne weiteres wiederholt, wobei jeder Versuch unterbleibt, diese Maßstäbe deutlicher vorzuzeichnen. An dem Fehlen solcher Maßstäbe findet allerdings die vereinzelt geäußerte Kritik ihren Ansatzpunkt23•
tung zu weisen, in der zukünftig das Prinzip der Versicherung und der Selbstvorsorge durch Beiträge nach Maßgabe des Arbeitsentgelts auszugestalten wäre. Jedenfalls dürften Verfassungsschranken für den Sozialversicherungsgesetzgeber im Grunde kaum aus Art. 14 GG ableitbar sein ... Insoweit macht das Gericht ... ein Danaergeschenk ... ". Buczko, Versorgungsausgleich: Splitting und Quasi-Splitting grundsätzlich verfassungsgemäß, DAngVers 1980, S. 108 ff., wiederholt lediglich die Begründung des Bundesverfassungsgerichts ohne eigene Stellungnahme. Die Anmerkung von Berkemann, JR 1980, S .. 240 geht auf das hier entscheidende Problem nicht ein. 22 Vgl. Rohwer-Kahlmann, Rentenversicherung und Eigentumsschutz (Art. 14 GG), SGb 1980, S. 325. 23 Hans Schneider, S.31, schließt daraus: "Die Erstreckung der Eigentumsgarantie auf Renten und Anwartschaften besitzt mehr Symbolwert als rechtliche Wirksamkeit"; Rüfner, 8Gb 1981, S. 107 f., hält die Ansätze, die Art .. 14 GG für den Ausgleich zwischen Allgemeinwohl und Individualinteres1se gibt, für wenig geeignet, ihren Konflikt bei einer Änderung aufzulösen; er verweist darauf, daß sie allenfalls dann Hilfen bieten, wo es nicht darauf ankam, "die Rechte und Pflichten der Versicherten im Interesse der Funktionsfähigkeit der Versicherung ... anzupassen", so in dem extraordinären Fall des Versorgungsausgleichs, vgl. ähnlich bereits der Verfasser, Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. 2. 1980, FamRZ 1980, S. 534, 535 - Ir. 1; Rüfner, 8Gb 1981, S.109 ist freilich der Meinung, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts schließe eine Neuregelung der Witwenund Witwerversorgung aus, welche dem überlebenden Ehegatten nach dem Tode seines Ehepartners nicht mindestens seine volle eigene Versorgung beläßt, das folgt weniger aus den Prinzipien der Entscheidung, als aus den konkreten Ausführungen zum Versorgungsausgleich. Thieme, Festschrift f. Wannagat, S.610 hält Regelungen für unzulässig, die den Betroffenen zum bloßen Objekt machen, das besagt wenig, später konkretisiert er dahin, der Gesetzgeber müsse durch überleitungsvorschrift die Versicherten vor einer erheblichen Verschlechterung ihrer Position sichern (S. 611).
A. Der Schutzzweck von Art. 14 GG und die Möglichkeiten und Folgen seiner Erstreckung auf vermögenswerte Rechtspositionen des öffentlichen Rechts I. Die einzelnen Regelungsgehalte des Art. 14 GG 1. Die Sicherung der konkreten Zuordnung des Eigentumsgegenstandes
zum Eigentümer und die Ermächtigung zu ihrer Durchbrechung
Art. 14 GG ist auf die Sicherung des vorhandenen Eigentums vor einem Zugriff des Staates ausgerichtet. Er garantiert einen Bereich der Freiheit vor dem Staat. Er soll "den Bestand des im Eigenbereich des einzelnen jeweils Vorhandenen gewährleisten"24. Der Grundrechtsschutz des Eigentums ist - auf das Eigentum im sachenrechtlichen Sinne bezogen - zunächst Schutz der bestehenden individuellen Zuordnung der Sache zu einer Person. Er verwehrt es dem Staat grundsätzlich, dem einzelnen die Sache, die er als die seine besitzt, wegzunehmen oder ihn sonst in deren Besitz und Gebrauch zu stören. Nur wenn es in besonderen Fällen notwendig wird, die konkrete Zuordnung zum einzelnen im Allgemeininteresse aufzusprengen, ihm das Eigentum durch staatlichen Eingriff zu entziehen und es an einen anderen zu geben, läßt Art. 14 Abs.3 GG dem unter einschränkenden Bedingungen Raum, wobei er zusätzlich verlangt, die mit dem Eigentumsverlust verbundene Vermögenseinbuße durch eine angemessene Entschädigung auszugleichen. Es ist kaum eine öffentlich-rechtliche Rechtsposition vorstellbar, für die ein solcher Schutz der konkreten Zuordnung in Betracht käme. Rentenansprüche und -anwartschaften sind schon durch ihre Abstraktheit nicht in gleicher Weise dem Inhaber individuell zuzuordnen, wie seinselbst erbautes - Haus oder seine - ererbte - Uhr. Sie können nicht unter Durchbrechung der konkreten Zuordnung weggenommen werden. Sie können nur in ihrem Inhalt verändert, in ihrem Wert gemindert oder ganz beseitigt werden, das ist jedoch etwas anderes als Zuordnungsdurchbrechung. Sie sind daher auch kein tauglicher Gegenstand einer Enteignung im "klassischen" Sinne. Abgesehen davon, daß der nach Art. 14 Abs.3 GG gebotene Austausch der ursprünglichen Rechtsposition gegen eine gleichwertige andere Rechtsposition entweder weni24
Nicolaysen, Festschrift f. Schack, S. 114.
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A. Inhalt des Eigentwnsschutzes öffentlicher Rechte
ger sinnvoll oder aber nicht in vollem Umfang individuell angemessen sein dürfte, ist es verfehlt, die Ermächtigung dazu der Vorschrift zu entnehmen, die dem Staat ein Instrument dafür bieten will, die von ihm grundsätzlich zu achtende konkrete Zuordnung eines Gegenstandes zum Eigentum eines einzelnen zu lösen, um eine im Gemeinwohl erforderliche andere Zuordnung zu ermöglichen. Das ist der wesentliche Grund für die Zweifel daran, ob Rentenansprüche und -anwartschaften der Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG fähig sind26 • Stehen Rentenanwartschaft und Rentenanspruch aber nicht unter dem Vorbehalt der Zuordnungsdurchbrechung des Art. 14 Abs.3 GG, so sind sie auch nicht auf dessen sekundären Schutz angewiesen. Eine volle Entschädigung könnte überdies nur darin bestehen, den Rentenanspruch und die Rentenanwartschaft durch eine gleichwertige Rechtsposition zu substituieren, wobei gleichwertig im Zweifel nur eine identische Rechtsposition ist; allenfalls eine Aufrechnung von Begünstigungen oder Belastungen einer Reform käme in Betracht. Zudem ist der Spielraum, den Art. 14 Abs.3 Satz 3 GG für die Bemessung der Entschädigung gewährt, in der deutschen Staatsrechtslehre bislang noch nicht ansatzweise ausgelotet worden; es wäre eine illusionäre Hoffnung, in ihm sei der Maßstab für eine Umgestaltung des Sozialrechts zu finden, die zugleich nimmt und gibt; und selbst wenn Prinzipien für die Bemessung der Entschädigung nach Art. 14 Abs.3 GG bestünden, bedürfte es noch der überprüfung, ob sie auf Sozialreformen übertragen werden könnten, in Sonderheit, wenn die von der Reform Begünstigten und die durch sie Belasteten nicht individuell identisch sind. 2. Die Sozialbindung des Eigentumsgebrauchs
Art. 14 Abs.2 GG begründet Bindungen, die dem Eigentümer bei der Ausübung seines Eigentumsrechts weniger von Verfassungs wegen auferlegt sind, als vielmehr durch normative Konkretisierung auferlegt werden können. Gegenstand der Sozialbindung ist nicht das Eigentum, sondern sein Gebrauch, d. h. neben der Verfügung über das Eigentum insbesondere die Verwendung des Eigentumsobjektes und die Geltendmachung von Ausschlußrechten. Eine sozialgebundene Ausübung von Rentenansprüchen und -anwartschaften ist daher nicht vorstellbar, bei anderen öffentlich-rechtlichen Berechtigungen fließt die soziale Bindung ihres Gebrauchs weniger aus Art. 14 Abs. 2 GG als unmittelbar aus den Berechtigungen selbst, die nicht durch Art. 14 Abs.1 GG vorgeprägt sind, sondern in ihrer Entstehung vom Gesetzgeber abhängen. 26 Thieme, Festschrift f. Wannagat, 1981, S.609 m. w. Nachw.; im einzelnen ist auf die Frage noch einmal einzugehen.
I. Regelungsgehalt des Art. 14 GG
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Die Verfügungsbefugnis über die Rentenanwartschaften und den Rentenanspruch ist von Gesetzes wegen bereits äußerst eingeschränkt, wenn überhaupt vorhanden. Soweit das Bundesverfassungsgericht sie in bestimmten Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Begründung, des Aufbaus und der Aufrechterhaltung von Anwartschaften und in der Abhängigkeit der Rentenleistung von einem Antrag sehen will, handelt es sich nicht um eine Verfügung über die Berechtigung im herkömmlichen Sinn, sondern um eine Gestaltung und Einwirkung im Hinblick auf das grundlegende Rechtsverhältnis; jedenfalls ist bei dieser Art von Verfügung apriori ein Konflikt zwischen dem Individualinteresse, bloßer Beliebigkeit und dem Gemeinwohl, wie ihn Art. 14 Abs.2 GG vor Augen hat, ausgeschlossen. Der Gebrauch von Forderungsrechten wie den hier in Frage stehenden öffentlich-rechtlichen Ansprüchen dürfte im wesentlichen in der kaum eröffneten Verfügung im Rechtsverkehr bestehen; daß sie in Konflikt mit dem Gemeinwohl geraten sollte, ist nur in Sonderfällen möglich. Zu denken ist allenfalls an das Interesse, dem Inhaber seine Sozialleistungsansprüche auch gegen seinen Willen zu erhalten, damit er nicht der Sozialhilfe zur Last fällt; daß Art. 14 Abs. 2 GG dieses Interesse gemeint hat, erscheint undenkbar, zumal es letztlich stärker um das wohlverstandene Eigeninteresse des Berechtigten als um das Allgemeininteresse geht. Im übrigen besteht der Gebrauch von Forderungsrechten in deren Geltendmachung. Eine gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßende Geltendmachung von Forderungsrechten ist jedoch kein typisches Beispiel des Verstoßes gegen Art. 14 Abs. 2 GG. Die Rentenansprüche und -anwartschaften vermitteln kein Herrschaftsrecht, das den Inhaber wie den Eigentümer zum Verbot fremder übergriffe auf ihre Rechte berechtigt und bei dessen Ausübung eine Kollision mit den Sozialbindungen, die Art. 14 Abs. 2 GG hervorhebt, eintreten könnte. Letztlich besteht der Inhalt der Anwartschaften und Rechte allein darin, daß ihre Erfüllung beansprucht werden kann. Das Grundgesetz hat aber mit Art. 14 Abs.2 GG nicht daran gedacht, demjenigen, der Erfüllung eines Rechtsanspruches fordert, die Sozialbindung entgegenzuhalten, weil die Erfüllung das Gemeinwohl gefährden könnte. Jedenfalls gibt die Dogmatik des Art. 14 Abs. 2 GG nichts für die Bewältigung des Interessenausgleichs zwischen Gläubiger und Schuldner her. Eine ganz andere Frage ist die Verfügung über die mit Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Forderungen zugeflossenen Mittel, ihre Gewährleistung hat nichts mit der Gewährleistung der zugrunde liegenden Rechtsposition zu tun, sie folgt vielmehr allgemeinen Prinzipien, insbesondere der Verfügung über Geldeinkünfte und Geldvermögen26 • 26 In diesem Zusammenhang ist bereits auf eine grundlegende Problematik des Eigentumsschutzes im Bereich des staatlichen Leistungsrechts hin-
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
Nach allem scheidet Art. 14 Abs.2 GG zur Begrenzung von Rentenansprüchen und Rentenanwartschaften aus, "denn es kann nicht ernsthaft erwogen werden, daß ... Ansprüche ,zugleich dem Wohl der Allgemeinheit' dienen"27. 3. Der Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG
Anwendbar bleibt danach nur Art. 14 Abs.1 GG28. Aber auch die Heranziehung dieser Vorschrift stößt auf Schwierigkeiten. Sie verpflichtet dazu, Eingriffe in das Eigentum zu unterlassen, die ungesetzlich sind oder die sich weder als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung, noch als Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs.3 GG darstellen. Allgemein ist neben der zulässigen Enteignung und dem verbotenen Eingriff29 in das Eigentum, der - von eventuellen Entschädigungsfolgen abgesehen - nicht als Enteignung anzusehen ist, jedenfalls auch eine das Eigentumsrecht beschränkende Maßnahme in Gestalt der zulässigen Inhalts- und Schrankenbestimmung möglich30• Da sich die Unzulässigkeit ungesetzlicher Verkürzung von Rentenansprüchen und -anwartschaften von selbst versteht, eine Enteignung gleichfalls ausscheidet, kann Art. 14 GG für sie allein die Funktion gewinnen, die Befugnis des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken zu bestimmen, zu begrenzen. Seinem Wortlaut nach beschränkt jedoch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG diese Befugnis gerade nicht, er begründet sie vielmehr. Die Inhalts- und Schrankenbestimmung muß sich vor allem nicht auf künftig begründete Eigentumspositionen beschränken, sie kann nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsprinzips sogar in bestehende Rechte eingreifen und sie minderns1 . Das heißt aber nichts anderes, als daß die zuweisen, die Kirchhof auf die Fonnel bringt: "Leistungsrecht baut individuelle Vennögenspositionen auf, handelt also von der Phase der Eigent~ entstehung, nicht von einem verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsbestand", vgl. Paul Kirchhof, Steuergerechtigkeit und sozialstaatliche Geldleistungen, Vortrag bei den 12. Bitburger Gesprächen am 15.1. 1982, 8.17, demnächst veröffentlicht in: Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1962. 27 BVerfGE 42, 263, 294. 28 Dem entspricht BVerfGE 53, 257, 293, 294, wo ausschließlich vom Schutz durch Art. 14 Abs. 1 GG die Rede ist. Der weitergehende Leitsatz ist unpräziser, auch er spricht jedoch nur vom Schutz des Art. 14 GG, nicht von dessen Geltung oder gar davon, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften seien Eigentum im Sinne des Art. 14 GG, wie vereinfachend immer wieder, auch von mir (FamRZ 1980, 8. 534, 54Q) gesagt worden ist. 29 Daß keine Entziehung des Eigentums "unter dem Etikett einer Inhaltsbestimmung" unzulässig ist, betont BVerfGE 42, 263, 295; vgl. a. BGHZ 74, 38,64.
3., BVerfGE 52, 1 ff .., 27 f.
31 BVerfGE 31, 229, 240 ff.; 31, 275, 285 ff.; MI, 382, 392 ff. Die d!rei Weisen eigentumsrechtlich ,relevanter Regelungen differenziert noch einmal BVerfG, v. 1'5.7.1981, NJW 1982. 8.748 in dogmatisch überzeugender Weise.
1. Regelungsgehalt des Art. 14 GG
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Einbeziehung der Rentenanspruche und -anwartschaften in Art. 14 GG, sofern sie einen Rückgriff auf die allgemeinen Bestandssicherungen der rechtsstaatlichen Verfassung ausschließt, dem Gesetzgeber ein zunächst unbegrenztes Recht der Inhalts- und Schrankenbestimmung eröffnet, das erst noch rechtsdogmatisch zu begrenzen ist. Es kommt daher vorwiegend darauf an, aus dem Gesamtzusammenhang des Art. 14 GG Schranken für diese Gesetzgebung zu entwickeln. Dabei geben die drei üblichen Ansatzpunkte für die öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen weniger her, nämlich das dem Gesetzgeber vorgegebene "Wesen" des Eigentums und Art. 14 Abs. 2 GG oder Art. 14 Abs.3 GG. Das Wesen der jeweiligen Berechtigung besagt über die Ausgestaltung von öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen, die stets erst vom Gesetz geschaffen worden sind, erheblich weniger als selbst das Wesen des Urheberrechts, das all seiner Angewiesenheit auf Positivierung zum Trotz noch den Rekurs auf dem Gesetzgeber vorgegebene Strukturen und Funktionen zuließ und es erlaubte, den Gesetzgeber daran zu messen. Besondere Schwierigkeiten schließt es in sich aus dem "vorgegebenen" Wesen von öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen, die der Gesetzgeber mit Wirkung für die Zukunft ganz beseitigen kann, Hindernisse für ihre übergangslose Begrenzung zu entwickeln. Wenn auch Art. 14 Abs. 2 GG zwar als Ermächtigungsgrundlage für den einschränkenden Änderungsgesetzgeber ausscheidet, weil er auf Rentenanwartschaften und -anspruche nicht anwendbar ist, so fällt er zugleich auch als Maßstab zur Begrenzung seiner Befugnis zur Inhaltsund Schrankenbestimmung gemäß Art. 14 Abs.1 Satz 2 GG aus, jedenfalls lassen sich ihm keine klaren Grenzen entnehmen. Allenfalls die zum Begriff der Enteignung im weiteren Sinne entwickelten Kriterien und die für die Bemessung der Enteignungsentschädigung geltenden Prinzipien könnten Anhaltspunkte dafür bieten, wann eine Regelung den Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung überschreitet und welche Wertrelationen bei einem Austausch von Anspruchen und Anwartschaften eingehalten werden müssen. Doch greift man bereits weitgehend ins Leere, wenn man der Rechtswissenschaft und Rechtsprechung im Hinblick auf Eingriffe in das klassische Eigentum Kriterien von nur annähernd befriedigender Konsistenz, Klarheit und überzeugungskraft entnehmen will. Sie auf den Eingriff in bestehende öffentlich-rechtliche Berechtigungen auszudehnen, grenzt an Tollkühnheit. Nur wenn Art. 14 GG jede Schmälerung eines eigentumsgrundrechtlich geschützten Vermögensbestandes zur Enteignung machen würde, wäre eine Minderung der Rentenanspruche und -anwartschaften durch den den Inhalt und die Schranken bestimmenden Gesetzgeber ausgeschlossen. Das jedoch soll nach allen Thesen zu deren Einbeziehung in Art. 14 GG gerade vermieden werden.
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A. Inhalt des Eigentwnsschutzes öffentlicher Rechte
Die Einbeziehung der Rentenanspruche und -anwartschaften in den Schutz von Art. 14 Abs. 1 GG wirft aber noch eine weitere Schwierigkeit auf. Die Dogmatik des Art. 14 GG läßt nicht einmal Ansätze zur Lösung der Frage erkennen, ob und wie ein Eingriff des Gesetzgebers in bestehende - privatrechtliche - Rechtsverhältnisse, der den Interessenausgleich zwischen den Beteiligten dadurch verbessern soll, daß er die vermögenswerten Berechtigungen des einen oder des anderen schmälert, durch das Eigentumsgrundrecht begrenzt wird. Der Gesetzgeber hat ständig in erheblichem Umfang private Rechtsverhältnisse, die vermögenswerte Anspruche zum Inhalt haben und die unstreitig tauglicher Gegenstand der Enteignung sind, inhaltlich umgestaltet und die einzelnen vermögenswerten Anspruche dabei verkürzt und verändert, von zusätzlichen Bedingungen abhängig gemacht oder ausgeschlossen32• In keinem Fall hat bislang gegenüber einer Änderung eines Privatrechtsverhältnisses der Einwand eines Verstoßes gegen Art. 14 GG Erfolg gehabt3 3 • Nur einmal hat das Bundesverfassungsgericht im Rahmen des Art. 14 GG Abwägungen über den sachgerechten Ausgleich unter mehreren Beteiligten angestellt, doch ging es dabei nicht um die Grenzen der Ausgestaltung von Rechten und Pflichten in einem konkreten Rechtsverhältnis, sondern um die Forderungen, die ein sachgerechter Ausgleich der Interessen von Urhebern und Verwertern von Urheberrechten an die Regelungen zur Bestimmung von Inhalt und Schranken des absoluten Urheberrechts knüpft3 4• Eine Dogmatik der Schranken, die vom Gesetzgeber einzuhalten sind, der bei der Ausgestaltung eines komplexen Rechtsverhältnisses vermögenswerte Rechte beschränkt, fehlt dagegen noch ganz. Gerade sie aber wäre förderlich, wo es um die Gewährleistung von Anspruchen und Anwartschaften in dem hochkomplexen Sozialversicherungsverhältnis geht. 32 Vgl. zu der Problematik eingehend Klussmann, Zulässigkeit und Grenzen von nachträglichen Eingriffen des Gesetzgebers in laufende Verträge, 1971, S. 21 ff., der von einer "wesensmäßigen Bestandsschwäche" laufender Verträge gegenüber Rechtsänderungen spricht (S. 89 ff .. m. w .. Nachw.). Die Bemerkung Thiemes, Festschrift f. Wannagat, 1981, S.599, 609 über das "VertragSIVerhältnis, in das der Gesetzgeber regelmäßig nicht einzugreifen pflegt", bedarf jedenfalls der Einschränkung, es ist nicht einmal gewiß, daß die ,Reformen' auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts die auf Spezialgebieten des Vertragsrechts an Zahl und Intensität übertreffen, wenn auch die Vermutung dafür sprechen mag; s. bereits BetteTmann, Grundfragen des Preisrechts für Mieten und Pachten, 1952, S.35, 39. 33 Vgl. zwn Problem a. LuxenbuTger, Das Liquidationsrecht leitender Krankenhausärzte, 1981, S. 281 ff. m. w. Nachw., der auch die Parallele zu vermögenswerten Rechtspositionen des öffentlichen Rechts zieht (S.31'1, 382 m.. Anm. 59 zu BVerfGE 52, 303). 34 Vgl. BVerfGE 31, 229, 240 ff.
I. Regelungsgehalt des Art. 14 GG
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4. Die Gewährleistung von Vermögensunterschieden
Es ist offensichtlich, daß vermögenswerte Berechtigungen des öffentlichen Rechts nur selten in der Weise konkret individuell einer Person als das "Ihre" zugeordnet sind. Paradigmata mögen Berufsausübungsrechte oder Hoheitsbefugnisse sein; ihr Schutz ist unserer Verfassungsordnung jedoch im Prinzip fremd; inwieweit konzessionierte Berufsausübungsrechte den Schutz von Art. 14 GG genießen, mag im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen. Rentenansprüche und Rentenanwartschaften entsprechen jedenfalls nicht dem privaten Sacheigentum, sondern eher dem gleichfalls durch Art. 14 GG geschützten privaten Vermögen, das als Grundlage der ökonomischen Handlungsfreiheit Eigentum im Sinne des Grundgesetzes i81;3O. Art. 14 GG enthält zwar keine umfassende Vermögenswertgarantie. Seine Funktion, den Bürgern einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sicherzustellen36 und dem einzelnen den durch eigene Arbeit und Leistung erworbenen Bestand an vermögenswerten Gütern anzuerkennen37, erfüllt er jedoch insoweit, als das Vermögen durch Gesetze als Eigentum im Sinne der Eigentumsgarantie ausgeformt ist88• Eine jede Vermögensgarantie ist allerdings nur sinnvoll, wenn die Vermögen unterschiedlich verteilt sind, wie auch der Wert des Vermögens in der Möglichkeit seiner unterschiedlichen Verteilung, nämlich seiner Verschiebung, besteht. M. a. W. zielt die Gewährleistung von Vermögen auf "Schaffung zeitüberdauernder Freiheits- und Versorgungsreservate", nicht auf Sicherung von Solidaritätll9 , sie bedeutet Respektierung faktischer Vermögensungleichheit und nichts anderes. Sie kann also nur für öffentlichrechtliche Berechtigungen in Anschlag gebracht werden, die Wohlstandsdifferenzen nicht nur hinnehmen, sondern sie sogar herbeiführen, sie setzt voraus, daß eine derartige Herbeiführung von Wohlstandsdifferenzen durch öffentlich-rechtliche Berechtigungen überhaupt zulässig ist. Die unterschiedliche Verteilung von ökonomischer Handlungsfreiheit und ihre Garantie ist jedoch mit dem Anspruch der Verfassung, Gleichheit zu gewährleisten, nur zu vereinbaren, solange der Staat die Verantwortung für die Vermögensverteilung nicht zu übernehmen hat, d. h. nur solange er die Vermögensverteilung einem staatsfreien Prozeß überläßt, den er durch ein angemessenes Recht des Wirtschaftsverkehrs 36 Vgl. dazu Kirchhof, Besteuerung und Eigentum, VVDSrtRL Heft 39 (1961), S. 213 ff .., 227 ff., 246 m. w. Nachw. 36 BVerfGE 24, 367, 389; 30, 292,334. 37 BVerfGE 30, 292, 334. 38 BVerfGE 24, 367, 396; Papier, VSSR 1973, S. 36 ff .. m. w. Nachw. 39 Die Polemik von Meyer-Abich, Der Schutzzweck der Eigentumsgarantie, 1980, S. 51 geht fehl.
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
abstützt und in den er allenfalls behutsam umverteilend eingreift. Es bedarf dagegen einer Legitimation durch Gründe, wenn der Staat selbst durch von ihm zu verantwortende Leistungen unterschiedliche Freiheitschancen befördert. Eigentumsschutz für Sozialleistungen bedeutet jedenfalls, ein soziales Leistungssystem aufrecht zu erhalten, in welchem Sozialleistungen dem einen versagt, dem anderen in äußerlich gleicher Bedarfslage verwehrt werden, indem sie individuell bemessen, also in hohem Maße unterschiedlich gewährt werden40 • Eigentumsschutz von Sozialleistungen hat nur Sinn, wenn der Begünstigte ihm zufolge etwas erhalten muß, was nach einer an sich zulässigen "Sozialreform" ein anderer in vergleichbarer Bedarfslage nicht oder jedenfalls nicht in gleichem Maße (gleicher Höhe) bekommt. Eigentumsschutz bedeutet also polemisch Sicherung von "Sozialprivilegien". Eigentumsschutz wird sinnlos, wenn er sich auf soziale Leistungen bezieht, die jedermann in gleicher Weise und gleichem Umfang zu beanspruchen hätte41 , es sei denn, er solle die von ihm Gesicherten von einer allgemeinen Senkung des Niveaus egalitärer Leistungen ausnehmen. Es wäre allerdings verfassungsrechtlich nicht vertretbar und sozialpolitisch nicht realisierbar, bei gleicher Bedürfnislage zwischen eigentumsrechtlich geschützten alten und neuen Sozialhilfeempfängern zu unterscheiden - vom notwendigen allgemeinen rechtsstaatlichen Vertrauensschutz abgesehen. Ein Eigentumsschutz für diese Leistungsansprüche käme daher auf die verfassungsrechtliche Fixierung eines allgemeinen Sozialhilfeniveaus hinaus, das nicht mehr unterschritten werden kann, eine solche Bestandsschutzgarantie ist jedoch mit dem Sozialstaatsprinzip unvereinbar42. Überdies müssen egalitäre und egalisierende Leistungen aus dem Eigentumsschutz der Verfassung ausscheiden, weil sie auf Nivellierung, nicht auf Privilegierung gerichtet sind. Es ist ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber, der Sozialhilfe jedermann nach seinen individuellen Bedürfnissen in gleichem Maße zuwendet, zugleich Ansprüche begründen will, die wie Individualeigentum in zufällig unterschiedlichem Umfang ·40 Daß die dem Eigentum "wesenseigene Individualität" und "dessen freiheitssichernde Funktion ein Mindestmaß an Ungleichheit geradezu voraussetzt", betont Dietlein, Grundrechtlicher Eigentumsschutz und soziale Sicherung, ZSR 1975, S. 129 ff., 140 unter Hinw. a. Zacher, Freiheitliche Demokratie, 1969, S. 112. 41 Vgl. Werner Weber, Die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, in: Rechtsschutz im Sozialrecht, 1965, S. 279, 291, 200; Badura, Festschrift BSG, 1979, S.686; Zacher, Festschrift f. Ipsen, 19177, S.230; Ipsen, Gebundene Sozialstaatlichkeit, in: Festschrift f. Konrad Zweigert, Tübingen 1981, S . 747 ff., 757; Isensee, Die Rolle des Beitrags, S. 490 f. 42 VgI. Krause, in: Scholler / Krause, Die Neukonzeption des Sozialhilferechts und die Situation blinder Menschen, 1978, S. 95 - 98.
I. Regelungsgehalt des Art. 14 GG
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verfassungskräftig abgesichert sind. Es ist nicht vorstellbar, daß er, wenn er durch Ausbildungsförderung jedem unabhängig von seinem Vermögen die gleiche Bildungschance eröffnen will, zugleich dem, der schon Leistungen bezieht, die Fortdauer des höheren Leistungsniveaus zusichert, weIUl es mit Wirkung für die Zukunft gesenkt werden muß. Das gilt für andere Förderungsmaßnahmen entsprechend. Auch den an sich gegen Nivellierung gerichteten Belastungsausgleichsleistungen, wie Familienlastenausgleich, Behinderungslastenausgleich, Wohnungslastenausgleich, ist eine Versteinerung des Ausgleichsniveaus zugunsten derer fremd, die sie schon langfristig beziehen, weIUl den später in sie Hineinwachsenden von Anfang an die niedrigen Leistungen gewährt werden. Ob und in welchem Maße sie fortzugewähren sind, ist keine Frage des Art. 14 GG, sondern des sozialen Rechtsstaatesl3 •
Soziale Entschädigung, die ebenfalls gegen Nivellierung gerichtet ist, legitimiert sich daraus, daß die Allgemeinheit für den Schaden des direkt Betroffenen einzutreten hat. WaIUl eine derartige Schadensabwälzung erfolgt, ist oft schwer zu begründen, jedenfalls vielfach in das politische Ermessen des Gesetzgebers gestellt. Sofern sie von Verfassungs wegen nach Art und Umfang geboten ist, etwa durch den Gleichheitssatz oder die konkret beeinträchtigten Grundrechte, kaIUl ihre Einbeziehung in den Eigentumsschutz der Verfassung wenig nützen. Die Differenzierung der Entschädigungsausgleichsleistungen und die Differenzierung unter den Berechtigten, die durch den Eigentumsschutz verfestigt werden könnte, legitimiert sich aus der Entschädigungsfunktion. Unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen Entschädigung erscheint es indessen wenig sinnvoll, zwischen Entschädigungsfällen nach dem Zeitpunkt ihres Eintritts zu differenzieren und insbesondere bei Dauerleistungen für Altfälle ein Leistungsniveau aufrechtzuerhalten, das der Gesetzgeber für neue re Fälle nicht mehr für vertretbar hält - es sei denn, das allgemeine Vertrauensschutzprinzip gebiete die Differenzierung44. Ob der Staat bei der Opferentschädigung den Betroffenen dadurch besonders sicherstellen darf, daß er seine Ansprüche eigentumskräftig verfestigt, bedürfte jedenfalls sorgfältiger Prüfung. Für Ansprüche und Anwartschaften aus individuell differenzierenden solidarischen Vorsorgeverhältnissen gilt jedoch etwas anderes. Die mit ihr verbundene Differenzierung legitimiert sich aus dem Maß der Vor43 Vg1. BVerfGE 11, 70 f.; 18, 397; 19, 354, 370; 32, 128; 48, 413; zur Verpflichtung einer Lastenverteilung s. BVerfGE 41, 138 m .. w. Nachw. 44 Das isrt wohl auch der Sinn von BVerfGE 2, 402; 3, 11; problematisch bliebe es wohl doch (für einen Eigentumsschutz titulierter Ansprüche etwa BVerfGE 21, 102, 111; Ipsen, Anmerkung zu BVerfGE 2, 360, JZ 1953, S.663).
A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
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sorge. Mag die Vorsorge auch vom Staat veranlaßt oder erzwungen worden sein, ist sie doch in einer ähnlichen Weise mit einer individuellen Leistung verknüpft wie die private Vorsorge durch Ersparnisbildung, Versicherung und Erwerb von betrieblichen Versorgungsansprüchen, die letztlich alle unter dem Schutz der Eigentumsgarantie stehen. II. Die Problematik der Einbeziehung der subjektiven öffentlichen Rechte in den Eigentumsschutz der Verfassung 1. Die anfängliche Zurückhaltung
Anfänglich haben sich die Rechtsprechung und die Rechtswissenschaft gegen die Einbeziehung von öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen in den Schutz von Art. 14 GG gesperrt. Sie haben dabei u. a. darauf abgestellt, "das Grundgesetz wollte das Rechtsinstitut des Eigentums, so wie es das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen geformt haben, schützen, und dieser Schutz kann nicht auf eine vorwiegend durch das öffentliche Recht gewährte Rechtsposition erstreckt werden, der alle den Eigentumsbegriff konstituierenden Merkmale fehlen" 45. Dabei ist einmal die Auslegung des Art. 153 WRV, die den Eigentumsschutz nur auf private Vermögensrechte bezog, maßgeblich gewesen. Art. 14 GG sei wegen des Ausschlusses der entschädigungslosen Enteignung "möglicherweise enger, keinesfalls aber extensiver zu interpretieren" als Art. 153 WRV, zumal dem Verfassungsgeber bekannt gewesen sei, daß die ausdehnende Interpretation von Art. 153 WRV von namhaften Vertretern der Rechtswissenschaft zurückgewiesen worden sei und daß in der Zulässigkeit der entschädigungslosen Enteignung ein Ausgleich gegen die "prätorische" Ausdehnung des Eigentumsbegriffs erblickt wurde46• Außerdem gaben die Materialien zu Art. 14 GG keinen Anhalt dafür, daß der Parlamentarische Rat von der Beschränkung des Eigentumsbegriffs auf das Privatrecht hätte absehen wollen. Ein Bedeutungswandel des Eigentum.sschutzes ließ sich nicht daraus herleiten, daß der Staat heute mehr als in der Vergangenheit auch nach den vermögenswerten öffentlich-rechtlichen Berechtigungen seiner Bürger insgesamt greift 47 , denn "der Staat greift nicht erst neuerdings auch nach den vermögenswerten subjektiven Rechten des öffentlichen Rechts, sondern nimmt von jeher für sich in Anspruch, solche Rechte, die er selbst erst geschaffen hat, im Rahmen der Gesetze oder durch Gesetz wieder zu entziehen, sei es, daß es sich um Befugnisse oder Rechtspositionen BVerfGE 1, 264, 278 f. BVerfGE 2, 380, 300 f. 47 Vgl. BGHZ 6, 271, 278; ebenso noch Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Art. 14 GG, Rdnr. 33, 37. 45
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H. Problematik der Ausdehnung von Art. 14 GG
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handelt ... , sei es, daß subjektive Forderungsrechte in Rede stehen"48. Neben die historischen Argumente traten grundsätzliche Sachargumente. Die durch Gesetze des öffentlich-rechtlichen Bereichs eingeräumten vermögenswerten Positionen verleihen großenteils den Bürgern das Recht, vom Staat bestimmte Leistungen zu fordern oder Unterlassungen zu verlangen. "Würde man in jedem Falle einer Entziehung oder Verkürzung einer solchen Position eine Enteignung erblicken, so dürfte der Gesetzgeber solche Positionen auch für die Zukunft nur noch verbessern, nicht aber - ohne Entschädigung oder vorherige Änderung des Grundgesetzes - verschlechtern. Art. 14 GG könnte damit die einfache Gesetzgebung weitgehend blockieren und eine Anpassung des Rechts an die Veränderung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse hintanhalten. Eine solche Beschränkung des Gesetzgebers bedürfte einer ausdrücklichen und unzweideutigen Normierung in der Verfassung. In Art. 14 GG ist sie nicht enthalten49." Ausgangspunkt der Bedenken ist offenbar das Bewußtsein einer grundlegenden Differenz der Gewährleistung von Privateigentum und der Garantie subjektiver öffentlicher Rechte. Die Gewährleistung von Privateigentum bedeutet zunächst eine Verpflichtung des Staates zur Zurückhaltung gegenüber einer von ihm vorgefundenen privaten Ordnung. Selbst wenn die privaten Eigentumsrechte darauf angewiesen sind, daß der Staat die notwendigen Rechtsinstitute ausformt und ihnen Geltung verschafft, indem er sie prozessual, polizeilich und strafrechtlich schützt, wird das Eigentum durch die staatlichen Schutzmaßnahmen nicht konstituiert, sondern nur befestigt. Der Gesetzgeber ist nicht frei darin. wie er das Privateigentum ausgestaltet, sondern er ist durch die Institutsgarantie des Art. 14 GG gebunden. Weil der Staat nicht unmittelbar Adressat der Pflichten aus den privaten eigentumsrechtlichen Rechtspositionen ist, bleibt er, wenn er die private Eigentumsordnung ausformt, jedenfalls regelmäßig in der Rolle einer neutralen Instanz. Im übrigen tritt der Staat, wenn er ein Gemeininteresse gegenüber dem privaten Eigentum geltend macht, gleichsam von außen reglementierend und eingreifend an das Privateigentum heran. 2. Die verstärkte Gesetzesabhängigkeit des subjektiven öffentlimen Rechts
Es ist evident, daß der Gesetzgeber gegenüber den subjektiven öffentlichen Rechten apriori eine grundlegend abweichende Stellung einnimmt. Er ist unmittelbar aus ihnen verpflichtet, nicht erst vermittelt 48
49
BVerfGE 2, 380, 401. BVerfGE 2, 380, 402.
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A. Inhalt des Eigentwnsschutzes öffentlicher Rechte
über die Eigentumsgarantie der Verfassung. Sie fordern nicht primär Zurückhaltung des Staates, sondern staatliche Maßnahmen; sie sind durch die Institutsgarantie des Art. 14 GG kaum vorgebildet, ihre Ausformung ist fast vollständig dem politischen Ermessen des Gesetzgebers überlassen; er kann es sogar maßgeblich beeinflussen, ob sie den Schutz der Verfassung genießen, sie sind nicht ohne die öffentliche Gewalt zu denken; die öffentliche Gewalt kann ihnen gegenüber nie die Rolle der Neutralität einnehmen; sie ist stets Partei. Weil sie Adressat der Berechtigungen ist, scheint die Verfassungsgarantie der subjektiven öffentlichen Rechte diese unmittelbar in verfassungsrechtliche Berechtigungen zu verwandeln; eine Unterscheidung zwischen dem subjektiven Recht und der es gewährleistenden Verfassungsnorm erscheint kaum möglich. Wird so das Gesetz auf die Ebene der Verfassung heraufgehoben, so wird die Verfassung andererseits zugleich auf die Stufe des Gesetzes hinuntergezogen. Da die öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen stets auf einer besonderen Maßnahme eines Trägers der öffentlichen Gewalt beruhen, hängt nämlich die Stärke der mit ihnen verbundenen Gewährleistung davon ab, mit welcher Kraft der begründende Akt sie ausgestattet hat. Vereinfacht gesagt, der Gesetzgeber, der eine öffentlich-rechtliche Rechtsposition schafft. entscheidet gleichzeitig darüber, ob er sie mit der Kraft des Eigentums versieht und sie damit ähnlich wie dieses in ihrem Bestand sichert, oder ob er sie ohne diese Bestandssicherung läßt50• Das stellt vor eine völlig neuartige Problematik. Scheinbare Parallelen weisen wesentliche Differenzen auf. Ob mit einer Regelung, deren Vollzug im Interesse eines Bürgers liegt, ein Anspruch verbunden ist, oder wie weit eine normative Regelung Vertrauensschutz begründet und deshalb der an sich unbeschränkten Rechtsänderungsbefugnis des Gesetzgebers Grenzen setzt, ist eine Frage der Auslegung, wobei in einem Falle die Befugnis der öffentlichen Gewalt, Ansprüche zu begründen, unproblematisch ist, im anderen Falle aber die Bindung durch das Vertrauensschutzprinzip nicht auf eine verfassungsbedenkliche Kompetenz des Gesetzgebers gestützt werden muß, den künftigen Gesetzgeber zu determinieren. Daß es zunächst von der normativen Regelung der öffentlich-rechtlichen Rechtsposition selbst abhängt, inwiefern sie unter den Verfassungsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG zu ziehen ist, hat das Bundesverfassungsgericht immer wieder ausgesprochen, vor allem in der Formel, die Rechtsposition müsse so stark sein, "daß ihre ersatzlose Entziehung dem rechtsstaatlichen Gehalt des Grundgesetzes widersprechen würde"51. Denn diese Stärke muß normativ begründet sein. Zwar spricht 50 Vgl. a. Badura, Festschrift BSG, 1979, S. ü86 f. Das Bundesverfassungsgericht hat das stets anerkannt: BVerfGE 11, 221, 226; 16, 167, 200 f ..; 45, 142, 172 f.; 48, 403, 412 f.
II. Problematik der Ausdehnung von Art. 14 GG
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das Bundesverfassungsgericht heute von dem das "subjektiv-öffentliche Recht begründenden Sachverhalt"52, während es früher eindeutiger auf den normativ geregelten Tatbestand und die normativ angeordnete Rechtsfolge abstellte 53 . Jedoch kommt es für das Gericht gerade darauf an, ob die gesetzliche Ausformung des Rechts auf eine vermögenswerte öffentliche Leistung auch "den Sinn" hat, die Berechtigung "auf die Ebene einer eigentumsmäßigen Bestandsgarantie im Sinne des Art. 14 Abs.l GG zu heben"54. Damit entscheidet nicht unmittelbar die Verfassung in ihrem rechtsstaatlichen Gehalt, sondern erst der einfache Gesetzgeber durch die "gesamte rechtliche Ausgestaltung", die er dem subjektiven öffentlichen Recht gibt, darüber, ob und inwieweit es am Schutz des Eigentums teilhat55 • Dann, und nur dann, wenn "der das subjektiv-öffentliche Recht begründende normative Tatbestand seinem Inhaber eine so verfestigte Rechtsposition verschafft, daß sie im Hinblick auf ihre rechtliche Ausgestaltung und nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Verfassung nicht mehr wegfallen kann", ist es in den Eigentumsschutz einzubeziehen56• Jede Vermögensposition kann des "Eigentums"-Schutzes nur so weit teilhaftig werden, wie das ihrem gesetzlichen Inhalt entspricht57. Damit gerät die eigentums rechtliche Gewährleistung der öfentlich-rechtlichen Berechtigungen in Widerspruch dazu, daß die Möglichkeit von Änderungen grundsätzlich in jeder gesetzlichen Regelung angelegt ist58• Der Widerspruch verschärft sich, wo es sich um eine Rechtsmaterie handelt, die stets in besonderem Maße der Abänderung unterworfen worden ist, etwa das Sozialversicherungsrecht. "Die Unabänderlichkeit der bei ihrer Begründung bestehenden Bedingungen widerspricht dem Charakter der Versicherungsverhältnisse" in der Sozialversicherung, "die auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht und selbständigen, eigenverantwortlichen Versicherungsträgern anvertraut ist." Insbesondere muß sich bei der AbVgl. BVerfGE 16,94,111 ff.; 18,392,397; 40, 65, 83. Vgl. BVerfGE 24, 220, 225 f.; 40, 65, 83; 53, 257, 289. 53 BVerfGE 16, 94, 111; 18, 392, 397; im Leitsatz 3 der Entscheidung BVerfGE 4, 219 heißt es: "Maßgebend ist allein, ob im Einzelfalle ein subjektives öffentliches Recht dem Inhaber eine Rechtsposition verschafft, die derjenigen eines Eigentümers entspricht." Die Formulierung wird in BVel"fGE 15, 167, 200; 16,94, 111 aufgenommen und in der letzten Entscheidung dahin verdeutlicht, "daß der das subjektive öffentliche Recht begründende Tatbestand seinem Inhaber eine Rechtsposition verschaffen muß, die derjenigen des Eigentümers so nahe kommt, daß Art. 14 GG Anwendung finden muß". 54 BVerfGE 45,142, 172f. 55 BVerfGE 45, 142, 170; 48., 403, 412 f. 56 BVerfGE 48, 403, 412 f.; die Formulierung: "und nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen" verschleiert die Problematik. 67 BVerfGE 11, 221, 226. 58 Vgl. a. BVerfGE 15, 167, 200 f. 61
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3 Krause
A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
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hängigkeit der Sozialversicherung von der gesellschaftlichen Entwicklung der Gesetzgeber ihre Neugestaltung auch nach der finanziellen Seite vorbehalten. "Angesichts der Dauer solcher Versicherungsverhältnisse ist es zur Wirksamkeit solcher Neuordnung notwendig, daß sie auch Anwartschaften ergreift59 ." Letztlich kann daher die Frage des Eigentumsschutzes für öffentlich-rechtliche Berechtigungen der Bürger nicht von der Frage abgelöst werden, inwieweit der Gesetzgeber final ein besonderes Vertrauen in die Kontinuität seiner Gesetzgebung, nämlich des normativen Tatbestandes, der das subjektive öffentliche Recht von Vermögenswert geschaffen hat, zu begründen vermagG°. Eine solche finale Vertrauensbegründung durch eine Art "rechtsgeschäftlichen Bindungswillen" ist etwas anderes als Bindung unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, weil sie eine entsprechende Kompetenz voraussetzt. Dagegen ist es gleichgültig, ob die Ermächtigung zu einer verbindlichen Kontinuitätszusage aus dem Rechtsstaatsprinzip oder aus einem Grundrecht im Sinne des Art. 14 GG hergeleitet wird, auch in dem erst durch positives Recht eingeräumten, nicht naturwüchsigen Vermögensbestand gesichert zu werden; denn in jedem Fall gibt er dem Gesetzgeber die Macht, seine Norm gegen Abänderung zu sichern, und in beiden Fällen wird dem Gesetzgeber die Kraft zugesprochen, Kontinuitätsansprüche final zu begründen. Schutzwürdiges "Kontinuitätsinteresse - jedoch - ist seinem Wesen nach ein Ausnahmetatbestand; an sich ist alles Recht beliebig abänderbar"61. 3. Die Änderbarkeit des subjektiven öffentlimen Rechts als immanentes Problem des Rechtsverh~ltnisses oder als Problem der Verfassung
Eigentum im sachenrechtlichen Sinn unterliegt keiner zeitlichen Begrenzung, es bleibt mittels des gleichfalls in Art. 14 GG gewährleisteten Erbrechts selbst über den Tod des Eigentümers hinaus - beim Erben - bestehen. Jede zeitliche Begrenzung von Eigentum, etwa in der Form, daß es ab einem bestimmten Zeitpunkt erlischt, ist ein Eingriff in das Eigentum und daher prinzipiell unzulässig. Abweichendes gilt für das Urheberrecht, das seit dem Zeitpunkt, in dem es erstmalig geschützt wurde, stets zeitlicher Begrenzung unterworfen gewesen ist. Gleichwohl kann der Gesetzgeber nicht ohne weiteres die zeitliche Begrenzung enger fassen. Wenn der Gesetzgeber die Zeitdauer für ein bestehendes Urheberrecht verkürzt, greift er jedenfalls in das EigenBVerlGE 11, 221, 226 f. Vgl. Papier, VSSR 1973, S. 33 ff., 48 ff.; Leisner, Das GesetzeSIVertrauen des Bürgers, Festschrift f. Berber, 1973, S. 273, 294. 61 Leisner, Festschrift f. Berber, S. 276. 59
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11. Problematik d~r Ausdehnung von Art. 14 GG
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tum ein, ob dieser Eingriff als Schrankenbestimmung zulässig ist oder nicht, ist eine andere Frage62 • Die öffentlich-rechtlichen Berechtigungen stehen indessen weniger in Entsprechung zum Eigentum im sachenrechtlichen Sinne oder zum Urheberrecht, als zu den Ansprüchen aufgrund privater Schuldverhältnisse, jedenfalls gilt das für Rentenansprüche und -anwartschaften. Ob aber ein Schuldverhältnis besteht, das den Leistenden für die (alle) Zukunft verpflichtet, ob die G€währung von Leistungen unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs erfolgt& oder ob der Schuldner das an sich verbindliche Schuldverhältnis generell oder in bestimmten Fällen unter Einhaltung einer Frist oder ohne solche einseitig beenden kann, ist weniger eine Frage der Eigentumsgarantie, sondern des Inhalts des Schuldverhältnisses selber; auf die Ebene der Verfassung wird es allenfalls dann gehoben, wenn der G€setzgeber durch nachträgliche, rückwirkende Änderungen das Schuldverhältnis vorzeitig beendet oder die Befugnis des Schuldners, seine Verpflichtung zu beenden, erweitert und damit den bestehenden Anspruch in seinem Wert mindert. In das öffentlichrechtliche Schuldverhältnis kann der Staat jedoch in doppelter Weise eingreifen, einmal von außen auf einer Grundlage, die eine Wurzel außerhalb des konkreten Rechtsverhältnisses in einem "ius eminens" findet, und zum anderen aus einer Berechtigung, die aus dem Rechtsverhältnis selbst fließt. Daher ist es erforderlich zu unterscheiden, ob der Staat, der - ob als Gesetzgeber oder als Verwaltungsorgan - eine öffentlich-rechtliche Berechtigung eines Bürgers beendet (teilweise beendet, mindert oder sonst schmälert) von einem in dem grundlegenden Rechtsverhältnis angelegten Änderungsrecht Gebrauch macht, ober ob er sich damit eine Änderungsmöglichkeit aufgrund seiner generellen Hoheit erst neu schafft. Im ersten Fall ist der Vorgang schon durch das einfache Recht gerechtfertigt, nur im zweiten Fall kann er Verfassungsrelevanz gewinnen. über die allgemeinen Prinzipien des Vertrauensschutzes hinaus gibt es allerdings keine allgemeinen Maßstäbe für das Recht des Staates, sich von übernommenen öffentlich-rechtlichen Rechtsverbindlichkeiten loszusagen und damit die aus ihm erwachsenden Berechtigungen der Bürger zu beseitigen. Der Grundsatz "pacta sunt servanda", die Regeln des Zivilrechts über die Verbindlichkeit und Anfechtbarkeit von rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen, die Zu62 Vgl. dazu BVerfGE 31, 2'15, 284 f.; Charlotte Timm, Eigentumsgarantie und Zeitablauf, 1977, S. 66 ff., 115 ff., sieht wohl in der Befristung anfänglich unbefristeter, absoluter privater Rechte oder in der Fristverkürzung einen Totalentzug und nicht bloß eine Schrankenbestimmung des Eigentums. 63 Zur Anderbarkeit eines Versicherungsverhältnisses mit einer öffentlichen Anstalt zu Lasten des Versicherten aufgrund SatzungSIVorbehalts vgl. BGH, VersR 1971, S. 1116; VersR 1972, S.827; BAG, AP Nr.8 zu § 242 BGB Ruhegehalt - VBL; BAG v. 26. 5.1981, BB 1981, S.1772.
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A. Inhalt des Eigentwnsschutzes öffentlicher Rechte
lässigkeit eines Rücktritts oder die Unverbindlichkeit des formlosen 8chenkungsversprechens, die Prinzipien der Bindung an Verwaltungsakt und Zusage sind nicht anwendbar, wenn es sich um gesetzlich begründete Rechtsverhältnisse handelt. Eine Bindung des Gesetzgebers, der ein subjektives öffentliches Recht von Vermögenswert begründet, läßt sich daraus nicht herleiten, erst recht können sie keine Hinweise darauf geben, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber das zugrunde liegende Rechtsverhältnis modifizieren, revozieren oder beschränken darf. Es gibt auch kein öffentliches 8chuldrecht, aus welchem sich Rücktrittsrechte und Kündigungsbefugnisse des Gesetzgebers begründen oder begrenzen ließen. Andererseits hat der Gesetzgeber bei der konkreten Ausformung des Rechtsverhältnisses auch keinen Anlaß, festzulegen, unter welchen Umständen er sich eine Einwirkung auf das Rechtsverhältnis vorbehält und in welchen Fällen er nur noch Eingriffe aufgrund des "ius eminens" für zulässig halten will. Ausnahmsweise mag die Verfassung in Gestalt des Art. 33 GG dem Beamtengesetzgeber Vorgaben für die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses machen und ihm einen Rahmen dafür setzen, in welchen Fällen er eine normative Zusage irrevozierbar auszugestalten hat; sie muß selbst dann mit dem Problem fertig werden, daß er ähnlich wie ein privater Arbeitgeber "unverbindliche" Leistungsversprechen macht, Art. 14 GG vermag insofern nichts zu entscheiden. 80 wenig Art. 14 GG den in zulässiger Weise vorbehaltenen Widerruf eines Verwaltungsaktes ausschließt (vgl. X § 32 Abs.2 8GB), so wenig vermag er prinzipiell den Gesetzgeber zu hindern, einen Anspruch unter dem Vorbehalt der Rechtsänderung zu gewähren. Da das Gesetz gemäß dem Grundsatz "lex posterior derogat legern priorern" auf den ausdrücklichen Vorbehalt einer Änderungsbefugnis, eines Widerrufs überhaupt nicht angewiesen istM, der Änderungsvorbehalt vielmehr im M Vgl. Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, 2. Aufi.. Stuttgart 1006, S.616; ebenso Gravert, Rechtliche Gestaltungen dynamischer Sozialversicherungsleistungen, Diss. Göttingen 1971, S.103. Einen Vorbehalt enthält etwa die Satzung der Versorgungs anstalt der Deutschen Bundespost, wonach Satzungsänderungen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse und die bereits bewilligten Renten gelten (vgl. BAG v. 26.5.1961, 3 AZR 1175179, BB 1961, S. 1772). Dieser Vorbehalt ist durch das Versicherungsaufsichtsgesetz bedingt, das ihn erfordert. Ob der Gesetzgeber, der selbst ein Versicherungsverhältnis unmittelbar regelt, eines Änderungsvorbehaltes bedarf, ist damit nicht entschieden; es besteht überdies für den Gesetzgeber, der weiß, daß er eines solchen Änderungsvorbehalts bedarf, weil die Ansprüche verfassungsrechtlich in ihrem Bestand abgesichert sind, die leichte Möglichkeit, slich die Änderung vorzubehalten. Wenn er das in der Vergangenheit nicht getan hat, so kann das auch darauf beruhen, daß er einen Vorbehalt für unerheblich gehalten hat, das hieße, daß er unausgeschrieben mitgeregelt worden ist. Dafür spricht die Behandlung des Vorbehalts der Dynamisierung der Zugangsrenten.
11. Problematik der Ausdehnung von Art. 14 GG
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modernen Staat dem Gesetz apriori als generell eingeschrieben gilt, ist davon auszugehen, daß das normativ begründete Rechtsverhältnis selbst eine normative Umgestaltung zuläßt. In der Regel bedarf daher der Gesetzgeber, der eine solche Modifikation vornimmt, keiner besonderen Ermächtigunge5. Nur wenn der Gesetzgeber ausdrücklich und eindeutig in zulässiger Weise auf den jedem Gesetz eingeschriebenen Widerrufsvorbehalt verzichtet hat oder wenn er aufgrund besonderer verfassungs rechtlicher Pflicht die subjektive Berechtigung "unwiderruflich" begründen mußte, kommt eine über den allgemeinen rechtsstaatlichen Vertrauensschutz hinausgehende Bindung gemäß Art. 14 GG in Betracht. Das heißt nichts anderes, als daß der Gesetzgeber im Prinzip trotz Art. 14 GG in der Lage ist, "solche Rechte, die er erst selber geschaffen hat, im Rahmen der Gesetze oder durch Gesetze wieder zu entziehen"66. "Einen ,vollen' Schutz des Kontinuitätsvertrauens kann es ... nie geben, er würde die völlige Versteinerung der Gesetzgebung bedeuten und damit die Derogationskraft der lex posterior aufheben, Norm65 Zur .Änderbarkeit von Versicherungsverhältnissen im Wege der paritätischen Sozialpartnerentscheidung vgl. a. BAG v.26. 5.1001, BB 1981, S.1772 und BAG v. 8. 12.1S81 - 3 ABR 53/80 = BB 1982, S.l86 und 3 AZR 518/80 = DB 198'2, 46 ff. = BB lS82 , S.246, insbesondere folgende in BB 1981, 2139 vorab veröffentlichten gemeinsamen Leitsätze: ,,2. Schutzwürdig sind vor allem die Teile der Versorgungsanwartschaften, die bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung erdient wurden" Eine Kürzung dieses Teilwertes ist nur in seltenen Ausnahmefällen zulässig. 3. Schutzwürdig sind ferner die zugesicherten Steigerungsbeträge der Anwartschaften, deren Voraussetzungen bei Inkrafttreten der Neuregelung noch nicht erfüllt sind. Aber dieser Teil der Versorgungsanwartschaften ist gegenüber Neuregelungen weniger geschützt. Insoweit sind die sachlichen Gründe, die eine .Änderung gebieten, gegenüber den Interessen der Arbeitnehmer abzuwägen. 4. Im Streitfall muß der Arbeitgeber, der mit der Neuregelung mehrere Regelungsziele verfolgt, für jedes Regelungsziel im einzelnen darlegen, welche .Änderungen der Leistungsrichtlinien dadurch veranlaßt sind. Sollen die Kosten von Leistungsverbesserungen durch Leistungsminderungen an anderen Stellen ausgeglichen werden, so ist eine Aufstellung der geschätzten Mehr- und Minderkosten vorzulegen. 5. Besteht in einem Unternehmen mit 18 Betrieben in 3! Betrieben eine wesentlich günstigere Versorgungsregelung und will der Arbeitgeber für alle Betriebe eine einheitliche Regelung schaffen, den Dotierungsrahmen jedoch nur geringfügig erweitern, so rechtfertigt ein solches Vorhaben nicht den Eingriff in bereits erdiente Anwartschaften. Dagegen ist die Kürzung der Steigerungsbeträge in einem solchen Fall dann nicht zu beanstanden. wenn eine übergangsregelung dafür sorgt, daß ältere Arbeitnehmer gar nicht oder entsprechend ihrem Lebensalter weniger stark von Kürzungen betroffen sind." Vgl. dazu auch Ahrend / Förster / Rühmann, Die ablösende Betriebsvereinbarung - Instrument zur Anpassung betrieblicher Versorgungsregelungen, DB 1982, S. 224 ff; Höfer / Küpper, Die Änderung betrieblicher Versorgungszusagen durch Betriebsvereinbarungen, BB 1982, S. 565 ff. 66 BVerfGE 2, 380, 401; BSGE 5, 40, 43; Nicolaysen, Festschrüt f. Schack, S. nOff.
A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
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stufenunterschiede innerhalb der formalen Gesetzgebung einführen und letztlich die gesetzgebende Gewalt als solche zerstören67 ." 4. Die normative Ausgestaltung eines subjektiven öffentlichen Rechts mit der Kraft des Eigentums als Selbstbindung des Gesetzgebers
Wenn es von der gesetzlichen Ausgestaltung der öffentlich-rechtlichen Rechtsposition abhängt, ob sie die Stärke erreicht, die ihre Einbeziehung in den Eigentumsschutz der Verfassung begründet, gewinnt der Gesetzgeber die Kompetenz, den Gesetzgeber der Zukunft durch eine einfachgesetzliche Regelung in seiner Gesetzgebungskompetenz zu beschränken. Eine solche Kompetenz des Gesetzgebers zur Selbstbindung steht mit den Prinzipien der Parlamentssouveränität, die allein durch die Verfassung begrenzt wird, der Demokratie, die die Chance zum politischen Wechsel voraussetzt, und des Sozialstaates, der dynamische Anpassung fordert, in Widerspruch. Jede verfassungskräftige Festschreibung von Sozialleistungen bindet in hohem Maße staatliche Finanzmittel und engt damit den Haushaltsgesetzgeber ein, sie beschneidet zugleich die Spielräume zur Bewältigung neuer oder sich infolge des politischen Wandels neu stellender Gemeinschaftsaufgaben, insbesondere für eine neue politische Mehrheit68 • Es geht dabei nicht primär darum, die Möglichkeit offenzuhalten, Katastrophen und Staatsbankrotte durchzustehen, es geht auch nicht darum, die Sozialleistungssysteme so weit leistungsfähig zu erhalten, daß sie die verfassungsverbürgten Ansprüche zu erfüllen vermögen. Dazu reichen immanente Schranken aus, die unsere Verfassungsordnung allgemein anerkennt. Es geht vielmehr um die Möglichkeit, die politischen Prioritäten im normalen Verfassungsleben der Republik zu verändern. Wenn es richtig ist, daß das geltende Sozialleistungsgefüge sich in Deutschland detailliert und pragmatisch ausgebildet hai;69, wenn die soziale Sicherung in Deutschland so wenig wie anderswo ein einheitliches System bildet7°, dann ist damit zu rechnen, daß immer wieder Bedarfslagen von Personengruppen abgedeckt worden sind und abgedeckt werden, die der Gesetzgeber (die jeweilige politische Mehrheit) im Rahmen 67
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Leisner, Festschrift f. Berber, S. 281 f. Vgl. dazu Papier, VSS!R 1973, S.39; Tomandl, Gedanken zum Grund-
recht auf soziale Sicherheit, Festschrift f. Wannagat, 1981, S. 625 ff . , insbes. S. 638 ff. 69 Vgl. Krause, Die Entwicklungsgeschichte des Sozialgesetzbuches, in: Sozialgesetzbuch, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, Textausgabe mit 12 einführenden Aufstzen, 1977, S. 1. 70 Vgl. Krause, Sozialgesetze 1, Textausgabe mit einer Einführung, 1980, S.27 m. w. Nachw.; Isensee, Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1979/80, S.197.
H. Problematik der Ausdehnung von Art. 14 GG
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des ihm zukommenden, bei Begünstigungen besonders weiten politischen Ermessens für dringlich hielt, die aber eine andere politische Kraft für weniger dringlich erachtet oder die der gleichen Mehrheit nach nochmaliger überlegung als nachrangig gegenüber anderen Bedarfslagen und Risiken erscheint. So wenig es die Verfassung in Hinsicht auf Art. 3 GG dem Gesetzgeber verbietet, die ihm dringlicher erscheinenden Aufgaben vorrangig zu erfüllen, so wenig kann sie es ihm allgemein gestatten, deren Vorrang mit einfacher Mehrheit verfassungskräftig festzuschreiben, indem er ohne weiteres den von ihm begründeten Ansprüchen insbesondere auf Sozialleistungen Eigentumskraft verleiht. Die damit begründeten Bindungen mögen zwar nur übergangsfälle betreffen, häufig handelt es sich freilich um übergangsfälle von der Dauer eines Menschenlebens und bei Anwartschaften auf Hinterbliebenensicherung auch darüber hinaus, die überdies äußerste Schwierigkeiten bei der Abwicklung und langfristige Ungleichheiten mit sich führen. Aus diesen Gründen kann dem Gesetzgeber nicht ohne weiteres die Befugnis zukommen, öffentlich-rechtliche Vermögenspositionen, einschließlich der des Sozialrechts, mit der Stärke von Eigentum auszustatten und damit den künftigen Gesetzgeber über das Maß der allgemeinen rechtsstaatlichen Bindungen hinaus zu beschränken. Das gilt selbst dann, wenn die Befugnisse des künftigen Gesetzgebers, seinerseits durch Bestimmung von Inhalt und Schranken die Rechtspositionen wieder zu begrenzen oder zu beseitigen, weit interpretiert werden71 • Allgemein besteht an sich in der Staatsrechtslehre Einigkeit darüber, daß der Gesetzgeber, selbst wenn er in Form einer "superlegge" , eines Programmund Plangesetzes, ausdrücklich den Vorrang des späteren Gesetzes ausschließt, nur eine Auslegungsregel außer Kraft setzen kann72 , aber eine ausdrückliche Abweichung durch das spätere Gesetz nicht zu verhindern vermag73 , so daß jedes bewußt abweichende Gesetz seine volle Wirksamkeit behielte74• Eine Abweichung von diesem Grundsatz bedarf angesichts dessen einer besonderen Begründung, sie wird nicht dadurch ersetzt, daß dem Gesetzgeber die Befugnis, die ihm allgemein vorenthalten bleibt, unter dem Hinweis eröffnet wird, er brauche nach Belieben nur öffentlich-rechtliche Berechtigungen mit Eigentumskraft auszustatten, um seine Gewährungen gegen politische Veränderungen abzu71 Vom Vorwurf, daß insofern mit der einen Hand gegeben, was mit der anderen genommen wird, sei in diesem Zusammenhang abgesehen; vgl. dazu aber Thieme, Festschrift f. Wannagat, S.608; Rüfner, SGb 1981, S .. 107 ff.; Papier, VSSR 1973, S. 33, 44. 72 Vgl. Breuer, Selbstbindung des Gesetzgebers durch Programm- und Plangesetze? DVBl. 1970, S. 101 ff., 105. 73 Püttner, Unterschiedlicher Rang der Gesetze? DÖV 1970, S. 322 ff. 74 Würtenberger, Staatsrechtliche Probleme politischer Planung, Berlin 1979, S. 344 ff., 34&, 351.
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
sichern. Die Bindungskompetenz des Gesetzgebers kann daher nicht vorausgesetzt werden, sie müßte ihrerseits auf ein Verfassungsgebot zurückgeführt werden. 5. Der Sprung vom Abwehr- zum Teilhaberecht
Die Absicherung von öffentlich-rechtlichen Leistungsansprüchen im Wege des Art. 14 GG geht über die von privatrechtlichen Leistungsansprüchen weit hinaus. Während es dort den Staat nicht interessieren muß, ob der Schuldner fähig ist, die Verpflichtungen zu erfüllen, die den eigentums rechtlich gewährleisteten Ansprüchen entsprechen, sondern er sich ausschließlich vor Eingriffen zurückzuhalten hat, kann er sich bei öffentlich-rechtlichen Leistungsansprüchen nicht auf bloße Passivität beschränken. Er muß das Notwendige tun, um die Erfüllung der Ansprüche zu verwirklichen; er muß das Risiko der Leistungsfähigkeit abdecken75 . Das bedeutet, daß Art. 14 GG bei einer Erstreckung auf öffentlich-rechtliche Berechtigungen automatisch von einem Abwehrrecht in ein Teilhaberecht umschlägt78 . . In der Staatsrechtslehre besteht Einigkeit darüber, daß "Grundrechtsbestimmungen, die auf staatliche Leistungen und Teilhabe gerichtet sind", stets leges imperfectae sind, die nicht unmittelbar vollziehbar sind und ohne die Konkretisierung und Aktualisierung des Gesetzgebers keine subjektiven Rechte begründen können77 und daß sie in Konflikt mit den Freiheitsrechten treten können, insbesondere mit den Freiheitsrechten derer, die zur Realisierung der Teilhaberechte in Pflicht genommen werden müssen78• Der Eigentumsschutz von normativ eingeräumten öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen ist allerdings - dem ersten Anschein nach - wesentlich einfacher zu gewährleisten, als andere 75 Von einer staatlichen Garantie der gegenüber der Versichertengemeinschaft begründeten Rentenansprüche spricht BVerfGE 54, 11, 28. 78 Rüfner, VVDstRL 28, S.199: "Es geht nicht darum, ein erworbenes Vermögen gegen staatliche Eingriffe zu schützen, sondern darum, die Teilhabe an staatlichen Leistungen zu sichern"; zum Umschlagen in ein Teilhaberecht s. a. Zimmer, BABl.1959, S.584, 585 f.,; Wertenbruch, Eigentum und Verfas'sungsrecht, S.43 ff." 50; Zacher, DÖV 1970, S. 3, 9; von NeU-Breuning, Radius, 1971, S. 8 ff.; Meydam, Diss. Bochum 1973, S. 45 ff.; Rüfner, VVDStRL 2.6, S.22O; Papier, VSSR 1973, S.38; Badura, Festschrift BSG 1979, S.687; Isensee, Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1979/80, S.201; Scholz, Sozialstaat, S.39; Suhr, RechtsstaaUichkeit und Sozialstaatlichkeit, in: Der Staat 1970, S. 67 ff., 82. 77 Vgl. Martens, Grundrechte im Leistungsstaat, VVDStRL Heft 30 (HI72), s. 1 ff. (30); Rüfner, Grundrechtliche Leistungsansprüche, Festschrift f. Wannagat, 1981, S.379, M6 f. m. zahlr. Nachw.; Schwerdtfeger, Die praktische Relevanz der sozialen Rechte, Festschrift f. Wannagat, S.543, 549. 78 Martens, VVDStRL 30, S. 33. Für fragwürdig hält es Kirchhof, Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1002, Manuskript S. 5, schlechthin, den Begünstigten s0zialer Leistungsansprüche ein Individualrecht auf Belastung Dritter - der Steuerzahler - einzuräumen.
H. Problematik der Ausdehnung von Art. 14 GG
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grundrechtliche Teilhabeansprüche. Denn die eigentumsrechtliche Gewährleistung öffentlicher Berechtigungen scheint, wie die von Eigentum im Sinne des Privatrechts, nur Zurückhaltung des Gesetzgebers zu fordern. Im Unterschied zu den sonstigen Teilhaberechten besteht bei ihnen das subjektive Recht auf einfachgesetzlicher Grundlage bereits, sie sind da, ohne daß es eines weiteren Zutuns des Gesetzgebers bedarf. Gegenstand des Eigentumsschutzes können daher offenbar "der Anspruch oder die Anwartschaft, wie sie sich aus der jeweiligen Gesetzeslage ergeben", sein79 • Das gilt freilich nur, soweit sich die Gewährleistung der subjektiven öffentlichen Rechte auf die bloße Abwehr gegen quasi von außen an den Anspruch herantretende Eingriffe des Staates beschränkt80, nicht aber, wenn sie auf positive Maßnahmen des Staates erstreckt wird, die die Erfüllung des Anspruchs sicherstellen sollen. Abgesehen davon, daß die Sicherstellung unter extremen Umständen ganz ausgeschlossen sein kann, setzt sie eine Vielzahl von Vorkehrungen voraus, durch welche der Staat sich und die Sozialversicherungsträger mit den erforderlichen Mitteln ausstattet; dabei muß die Sicherstellung der öffentlichen Leistungsansprüche in ein politisches Prioritätssystem eingepaßt werden. Diese Aufgabe kann durch die Verfassung nicht in vollem Umfang vorweg entschieden werden. Würden etwa alle öffentlich-rechtlichen Leistungsverpflichtungen des Staates den Bürgern gegenüber durch Art. 14 GG abgesichert, geriete die Verfas~ung zum überhaushalt, der die gesamte staatliche Ausgabenpolitik ~estschriebe. Es gilt daher für die Garantie der Erfüllung von Rentenansprüchen und Anwartschaften durch Art. 14 GG das gleiche wie für die anderen Teilhaberechte, daß sie nämlich "unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen" stehen, "was der einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kannsI. Dies hat in erster Linie der Gesetzgeber in eigener Verantwortung zu beurteilen, der bei seiner Haushaltswirtschaft auch andere Gemeinschaftsbelange zu berücksichtigen und nach der ausdrücklichen Vorschrift des Art. 109 Abs.2 GG den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen hat82 ." BVerfGE 53, 257, 293. Vgl. dazu Krause, FamRZ 1980, S. 534 ff. 81 Ipsen, Über das Grundgesetz nach 25 Jahren, Döv 1974, S.296, weist darauf hin, daß "Leistungsanforderungen, die die Haushaltskraft überfordern", den "Schutz des gewährleisteten Eigentums" verringern müssen, weil sie es dem Abgabenelbstverantwortlicher, freier, ökonomischer Lebensgestaltung zu erpffnen, auch die Funktion, die Ergebnisse seiner ökonomischen Lebensgestaltung zu sichern1:M. Es ist offensichtlich, daß das Telos des Art. 14 GG, die durch Eigentum, Einkommen und Vermögen eröffnete Freiheit zu selbstverantwortlicher Lebensgestaltung zu sichern, in hohem Maße gefährdet würde, wenn der Staat nicht auch einen Bestand des durch autonomes Handeln Erworbenen verfassungskräftig gewährleisten würde. Eigenverantwortliche ökonomische Entscheidung setzt rationale Planbarkeit voraus, und sie wäre ausgeschlossen, wenn das erworbene Vermögen über die kalkulierbare Besteuerung hinaus zur unbegrenzten 136 Vgl. KTause, Anmerkung zur Entscheidung des BVerfG v. 22.6. 1977, SGb 1978, S. 349 ff., 350 f. 1:M Dazu eindringlich v. Arnim, VVDStRL 39 (1981), S. 304 ff. m. w. Nachw.; zur Funktion des Eigentums, das Erworbene zu schützen, vgl. BVerfGE 30, 2.92, 334 f. Einen verfassungsrechtlichen Erfolgsschutz proklamiert Pitschas, Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Witwenrente und Reform der Hinterbliebenenversorgung, ZRP 1979, S. 124 u. Hinw. a. Düng und PapieT.
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
Disposition des Staates stünde137• Zu ihrer Sicherung reicht das rechtsstaatliche Vertrauensschutzgebot nicht aus, es bedarf spezieller Rechtsinstitute, die, wie die Verbindlichkeit von Rechtsgeschäften und vor allem die Eigentumsgarantie, ein stärkeres Maß an berechenbarer Sicherheit bieten. Insofern "bewahrt die Eigentumsgarantie den konkreten, vor allem aber durch Arbeit und Leistung erworbenen Bestand an vermögenswerten Gütern" 138. Das fordert jedenfalls die Einbeziehung aller öffentlich-rechtlichen Vermögenspositionen in den Schutz des Art. 14 GG, die durch Verfügung über das ohnehin durch das Eigentumsgrundrecht geschützte Vermögen oder als eine Art Entgelt für eine bewußte Dienst- oder Arbeitsleistung erworben worden sind139• 137 Das Bundesverfassungsgericht leitet aus Art. 14, 20 GG ein Verbot von Regelungen ab, die "die geleistete Arbeit und den Einsatz von Kapital von heute auf morgen entwerten" und "das Vertrauen in die Beständigkeit der Rechtsordnung, ohne das eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung im vermögensrechtlichen Bereich nicht möglich ist, erschüttern" (NJW 1982, S. 752 m. w. Nachw.). Es geht um die Ermöglichung von zweckmäßigem Individualverhalten, in dem menschliches Leben in seiner gesamten Vielfalt allein zur Wirklichkeit kommen kann, vgl. dazu Krause, Die Lehre von der Arbeit in der Philosophie des Deutschen Idealismus, Diss. Saarbrücken 1965/1966, pas,.. sim, nicht dagegen um Anerkennung eines verdienten Leistungserfolges. Das Eigentum bleibt wie der Erfolg einmal vom Zufall abhängig - casum sentit dominus -; ob eine Arbeit den erstrebten Erfolg hat, steht nicht in unserer Hand. überdies verdankt niemand die Leistungsfähigkeit und Begabung sich selbst, sondern schuldet sie in vielfältiger Weise der Natur oder der Gnade Gottes und der Gesellschaft, die ihm die Gelegenheit gegeben hat, sie in Schule und Ausbildung zu entwickeln, und die ihm dieInSitrumente und das Wissen aus der Tradition an die Hand gegeben hat, vgl. dazu Kopper, Philosophische und anthropologische Grundlagen moderner Sozialpolitik, in: Sozialpolitik durch soziale Dienste, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd.82, 1981, S. 55 ff., insb. 65 f. m. Hinw. auf Pierre-Joseph Proudhon, "Was ist Eigentum?", 1840. 138 BVerfGE 31, 229, 239. Wenn das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang die Sicherung des durch Arbeit und Leistung Erworbenen und die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswerten Ergebnisses der schöpferischen Leistung fordert (BVerfGE 31, 229, 239, 240 f.), handelt es sich allerdings weniger darum, dem einzelnen sinnvolles Verhalten im ökonomischen Bereich, d. h. Freiheit des Eigentumsgebrauchs, zu ermöglichen und ihm dazu die Erfolge seines Eigentumsgebrauchs zu erhalten, es handelt sich vielmehr darum, dem Menschen auch die ökonomischen Erfolge seiner Arbeit und seiner schöpferischen Leistung zuzuwenden, d. h. es geht um die Freiheit des Gebrauchs der menschlichen Schaffenskraft, das verweist aber auf einen anderen Topos, vgl. a. BVerfGE 30, 292, 334: "Die Gewährleistung des Eigentums ergänzt insoweit die Handlungs- und Gestaltungsfreiheit (BVerfGE 14, 288, 293), indem sie dem einzelnen vor allem den durch eigene Arbeit und Leistung erworbenen Bestand an vermögenswerten Gütern anerkennt." Die bloße Anwartschaft dessen, der eine Versicherung begonnen hat, aber noch nicht die kleine Wartezeit erfüllt, begründet in der Regel keinen RechtSIanspruch, der des Schutzes von Art. 14 GG fähig wäre, vgl. Papistella, S.16; v. Altrock, .Der Standort der Sozialversicherung im Rechtsgefüge, Festschrift f. Walter Bogs, 1959, S. 34; dagegen Rohwer-Kahlmann, Die Entscheidung des BVerfG vom 11. Okt. 1962 über die Neuordnung der Selbstversicherung durch Art. 2 § 4 Abs. 1 S. 1 ArVNG, 5Gb 1963, S.161, 164. Vertrauensschutz ist etwas anderes.
III. Funktionen der Eigentumsgewährleistung
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Es liegt nahe, öffentlich-rechtliche Berechtigungen nicht anders zu behandeln, wenn dem Bürger nicht die Freiheit zur Leistung belassen wurde, sondern er einem Zwang zur Leistung ausgesetzt war, sofern die Leistung im Hinblick auf den mit ihr verbundenen Erwerb der Berechtigung eingefordert oder durch Berufung auf ihn gerechtfertigt worden ist1 40• Die Funktion des Eigentumsgrundrechts, dem einzelnen die Früchte seiner Arbeit zu sichern und ihm die vermögensrechtlichen Ergebnisse seiner schöpferischen Leistung zuzuordnen141, wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß dem Staat durch Art. 14 GG grundsätzlich untersagt wird, zwischen verdientem und unverdientem privatem Eigentum zu unterscheiden und den Eigentumsschutz auf das verdiente private Eigentum zu beschränken, denn das kann für die nicht staatsfrei erworbenen öffentlichen Rechtspositionen nicht gelten142, wie ja auch eine Besteuerung von unverdienten Gewinnen zulässig ist. Die Funktion wird auch nicht grundsätzlich dadurch widerlegt, daß unsere Rechtsordnung im Konflikt zwischen dem Eigentum, der geronnenen Arbeit und der Arbeit dem Eigentum Vorrang einräumt, etwa bei der wissentlichen Bearbeitung fremder Sachen, oder daß sie vertragliche Abmachungen zuläßt, durch die der "Arbeiter" gegen Entlohnung das unmittelbare Produkt seiner Arbeit einem anderen zuwendet. Die Worte "Erfolg" und "wirtschaftliches Ergebnis" von Leistung und Arbeit sind jedoch ebenso vage wie die Worte "Leistung" und "Arbeit" selbst. Menschliches Handeln erscheint nur unter einer bestimmten Bewertung und in bestimmten Zusammenhängen als Leistung oder Arbeit, es kann in anderem Kontext Spiel oder Zerstörung sein. Soweit die Leistung in der Umformung einer Sache besteht, fällt der "wirtschaftliche Erfolg" der Leistung dem zu, der Eigentümer der Sache ist oder - in irregulären Fällen - durch Verarbeitung wird. M. a. W. erfüllt die Eigentumsgarantie die Funktion, dem Arbeiter den Erfolg seiner Arbeit zu sichern, nur wenn er Eigentum am bearbeiteten Ge139
103.
BSGE 5, 40, 44; 9, 127, 128; 25, 170, 173; 26, 255, 257; 33, 177, 179; 38, 98,
BVerfG v. 1. 7. 1981, Umdruck S. 52, 53, 55. BVerfGE 31, 229, 239, 240 f. vgl. a. Dii.ng, Festschrüt f. Apelt, 1958, S.31; BVerfGE 53, 257,291 m. Nachw. 142 Es ist eines, ob sich der Staat dazu verpflichtet, ein ohne sein Zutun erworbenes privates Eigentum zu achten, selbst wenn es nicht verdient ist; es ist jedoch etwas ganz anderes, wenn er sich verfassungskräftig dahin verpflichtet, eine allererst von ihm geschaffene Rechtsposition nicht mehr zu beseitigen oder zu verkürzen, selbst wenn sie der Betroffene nicht verdient hat; vgl. zur Unmöglichkeit, den gleichen Schutz für die unverdiente öffentlich-rechtliche Berechtigung zu fordern wie für das unverdiente Privateigentum Dietlein, ZSR 1975, S. 142. 140
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
genstand hat. Soweit der Erfolg der Arbeit in fremdem Auftrag in dem vereinbarten Entgelt besteht, erfüllt Art. 14 GG die Aufgabe, dem Arbeiter den Erfolg der Arbeit zu sichern, nur abgeschwächt, nämlich indem sie dem Gläubiger Instrumente zur Durchsetzung der Entgeltansprüche gibt, den Entgeltanspruch selbst vor staatlichen Eingriffen schützt und das gezahlte Entgelt als Eigentum sichert. Handelt es sich beim Produkt der Arbeit um eine geistige Leistung, kann die Eigentumsgarantie die Aufgabe nur erfüllen, indem sie ein besonderes Recht an der geistigen Leistung begründet. Da diesem Recht ein sinnlich faßbares Substrat fehlt und das Verbot, fremde Gedanken weiterzudenken, zunächst absurd erscheinen muß, jedenfalls nicht so selbstverständlich, wie das Verbot, den Eigentümer präsumtiv störende Eingriffe in dessen Eigentum vorzunehmen, bedurfte es langer Zeit, bis das Recht durch ausdrückliche Rechtsbefehle (Kaiserliche Privilegien) ein "geistiges Eigentum" konstituiert hatte. Heute hat es Konturen gewonnen, die es gestatten, es durch Art. 14 GG institutionell abzusichern. Doch ist nicht zu übersehen, daß nach wie vor "geistiges Eigentum" zeitlich nur begrenzt und inhaltlich beschränkt auf Urheber- und Patentrechte gewährleistet ist, im übrigen aber ungeschützt bleibt, d. h. nicht vorhanden ist. Aus diesen Gründen lassen sich aus der gewiß vorhandenen Funktion des Art. 14 GG, dem Menschen die ökonomischen Erfolge seiner Leistung zu sichern, nicht ohne weiteres Schlüsse in der Richtung ziehen, jeder ökonomische Erfolg einer Leistung müsse durch Art. 14 GG gesichert werden, zumal die Möglichkeit, eine Leistung ökonomisch zu nutzen, zu guten Teilen abhängig davon ist, ob der Ausschluß anderer rechtlich möglich istt 43 • Die Zuordnung des Arbeitsergebnisses ist kein Gebot des Art. 14 GG, sondern in der Regel Ergebnis der positivrechtlichen Normierungl44 , die dem einzelnen den Arbeitserfolg als Eigentum zuordnet und ihn damit unter den Schutz von Art. 14 GG stelltl45 • überdies kann vom ökonomischen Erfolg einer Leistung nicht dann gesprochen werden, wenn eine Leistung nur zum Anlaß genommen wird, dem Leistenden einen ökonomischen Vorteil zuzuwenden. Ein Erfolg liegt vielmehr nur vor, wenn die Leistung zweckgerichtet eingesetzt worden ist, um den Vorteil zu erlangen. Es muß eine finale Beziehung zwischen Leistung und Erfolg bestehen. Nur im letzten Fall ist es möglich, die Leistung durch Vorenthaltung des Erfolges zu entwerten. Das ist anders, wenn eine Leistung den Anlaß für eine Belohnung bildet, sie aber nicht final auf die Belohnung gerichtet war; noch weniger kann die 143 Zweifel gegenüber einer Einbeziehung aller "verdienten" Begünstigungen finden sich etwa in der Rechtsprechung des Supreme Court der Vereinigten Staaten, dazu Rittstieg, S. 14Q ff. 144 BVerfGE 31, 229, 241. 145 Vgl. a. BVerfGE 31, 239, 240; 36,281, 290; vgl. auch noch einmal BVerfGE 30, 292, 334 f.
III. Funktionen der Eigentumsgewährleistung
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Entschädigung ein Erfolg einer Leistung sein; das wird deutlich, wo der Betroffene für ein Opfer entschädigt wird, das niemandem einen Nutzen bringt, wie das Opfer von Gewalttaten oder das zivile Opfer eines Bombenangriffes l4G • Die Gewährleistung von Opferentschädigung hat mit der Gewährleistung des ökonomischen Erfolges menschlicher Leistung nichts zu tun. Opfer sind entweder für die Allgemeinheit ohne Vorteil, wie die bezeichneten, oder sie tragen ihren Sinn in sich selbst, wie das Opfer des Lebensretters, des Soldaten, des Feuerwehrmannes, des Polizisten; sie werden als menschliche Handlungen nicht entwertet, wenn die Entschädigung, die das Recht für sie vorgesehen hat, später ausbleibt. Ein Vertrauen des Berechtigten auf Bestand der Entschädigungsleistungen, wie sie zur Zeit seiner Schädigung vorlagen, besteht nicht in gleicher Weise, ist wenigstens nicht in gleicher Weise schutzwürdig, wie das auf Bestand von ökonomischen Berechtigungen, die sich der Berechtigte durch finale Leistung zu sichern gesucht hat. Entschädigung ist nach dem Maße des Opfers und der Möglichkeiten der Gemeinschaft sozial gerecht zu bestimmen, d. h. letztlich ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Opfers. Wird dagegen der wirtschaftliche Erfolg einer Leistung rückwirkend manipuliert, verliert die Leistung selbst den Wert, den der Leistende und die Gesellschaft ihr in dem Zeitpunkt beigemessen haben, in dem sie erbracht worden ist, vor allem, weil Leistung nicht objektiv meßbar, sondern nur im sozialen Kontext der jeweiligen Zeit bewertet werden kann und der Mensch, der sie erbringt, sich auf diesen Kontext einstellt. Daß eine konstitutive finale Beziehung zwischen dem Erfolg und der Leistung vorliegt, wenn sich der Leistende das Ziel selbst gesetzt hat, ist offensichtlich; das gilt für die Umformung von Gegenständen wie für die Erbringung einer Leistung in einer frei eingegangenen gegenseitigen Rechtsbeziehung. Bei zwangsweise abgeforderten Leistungen erscheint die Beziehung auf einen Leistungserfolg nicht in gleicher Weise konstitutiv zu sein; der Arbeitnehmer arbeitet für sein Entgelt, er muß es hinnehmen, daß ihm Beiträge abverlangt werden, er weiß, daß er auch Versicherungsschutz genießt. Ob er die Beiträge "leistet", um Versicherungsschutz zu erlangen, oder ob seine Arbeit sogar diesem Zweck dient, ist ungewiß; die Mehrdeutigkeit zeigt sich daran, daß in gleichen Fällen häufig einige Kritisch gegenüber der Gleichsetzung von Opfer und Leistung: Klaus Die Ausdehnung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie auf Rechte des öffentlichen Rechts. Diss. Münster 1968, S. 106 - 112; für eine Einbeziehung der Kriegsopferversorgung in den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz dagegen: Thieme, Umfang und Grenzen des verfassungsrechtlich gewährleisteten Bestandsschutzes der saarländischen Kriegsopferrenten, in: 146
Brammen,
ZSR 1959, S. 149 ff., 170.
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
Personen sich gegen ihre Beitragspflicht wenden, während andere darum kämpfen, beitragspflichtig zu sein, um Versicherungsschutz zu erlangen. Letztlich kann in diesem Fall nicht die subjektive Einstellung ausschlaggebend sein, sondern die objektive Verknüpfung der Beitragserhebung mit der erworbenen subjektiven Berechtigung, insbesondere wenn die Last nur damit gerechtfertigt werden kann, daß sie Versicherungsschutz vermittelt. Die Finalität des autonomen Aktes der Beitragsleistung wird also durch die Finalität der heteronomen Belastung mit Beiträgen ersetzt. Daß von den Versicherten faktisch regelmäßig die mit der Leistung von unselbständiger Arbeit verbundene soziale Sicherung in die Kalkulation einbezogen wird, ist nur ein zusätzliches Argument. Jedenfalls ist es unbestreitbar, daß die Beitragsleistung im nachhinein entwertet werden könnte, wenn der Versicherungsschutz und damit die Rentenansprüche und -anwartschaften gemindert oder beseitigt würden147 • 5. Ubereinstimmungen zwischen der Funktion der Sicherung durch Art. 14 GG und der sozialen Sicherung
Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Eigentums vermittelt dem Eigentümer ein hohes Maß an Sicherheit, vorwiegend an rechtlicher Sicherheit. Die Aufgabe, dem einzelnen Sicherheit zu verbürgen, haben auch die Systeme der sozialen Sicherheit. Sie wollen dem Bürger ebenfalls die Grundlage für eine Zukunftsplanung bieten und Unsicherheit von ihm nehmen. Das vermögen sie nur, wenn sie berechenbar sind, d. h. wenn sie nicht voll zur politischen Disposition stehen. Letztlich ist soziale Sicherheit nicht ohne rechtliche Sicherheit möglich. Der Bürger, dem eine Sozialleistung nur unter dem Vorbehalt zugesagt wird, daß es sich der Gesetzgeber sachgerecht anders überlegt, hat ein geringeres Maß an sozialer Sicherheit erlangt, als der, der sich gewiß ist, daß die ihm verheißenen Leistungen unter dem Schutz der Verfassung stehen. Es liegt daher in der Logik des sozialen Rechtsstaates, die von ihm vermittelte soziale Sicherheit mit einem festen Bestandsschutz zu verbinden und damit wesentlich zu erhöhen. Daraus folgt freilich nicht, daß im sozialen Rechtsstaat des Grundgesetzes jedem Recht auf eine Sozialleistung, einschließlich des Rechts auf Versicherungsschutz, von Verfassungs wegen eine erhöhte Bestandskraft zukäme. Einmal steht ein solcher fester Bestandsschutz mit der Dynamik des demokratischen Sozialstaates in Konflikt148 , dem eher ein flexibleres Prinzip der Bestandssicherung, wie das des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes, geVgl. Brammen, 5.106. Vgl. dazu Zacher, Was können wir über das Sozialstaatsprinzip wissen? Festschrift f. Ipsen, 1977, S. 200 ff. 147
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IU. Funktionen der Eigenturnsgewährleistung
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recht wird, als die starrere Schranke des Art. 14 GG149. überdies kommt es auch auf die Art des Sozialleistungsanspruches an, ob er dem Berechtigten langfristige Dispositionen eröffnen soll oder ob er auch unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs sein Ziel erreicht. Wenn das Sozialstaatsprinzip in Verbindung mit der Verpflichtung zur Achtung der Menschenwürde jedem einzelnen den Anspruch auf eine Grundsicherung gibt, die ihm das Mindestmaß an Einkommen und/oder sozialer Hilfe verbürgt, der er bedarf, um als Mensch zu leben15(), fordert es nicht, diese Sozialhilfe ansprüche über die nächste Zukunft zu verfestigen und dazu unter den Schutz von Art. 14 GG zu stellen151. Es erfüllt die Aufgabe der Gewährleistung der sozialen Grundsicherung, die immer nur Sicherung für die Gegenwart sein kann, unter diesen Voraussetzungen selbst und unmittelbar. Das Eigentumsrecht kann legitimerweise nichts an Stabilität hinzutun und darf auch nichts fortnehmen. Anderes gilt für die gehobenen Sozialleistungssysteme der sozialen Entschädigung und der Sozialversicherung. Sie - insbesondere die Vorsorgesysteme - wollen dem Berechtigten eine Sicherheit auch für die Zukunft vermitteln, auf deren Grundlage er seinen Lebensplan entwickeln kann; dabei spielt es für die Vorsorgesysteme keine Rolle, ob der Leistungsfall schon eingetreten ist, denn sie dienen dazu, dem Gesicherten das Risiko bereits vorgreifend abzunehmen und die Gefahr, die in die Gegenwart hineinwirkt, auf den Leistungsträger und die hinter ihm stehende Gemeinschaft abzuwälzen. Es ist offenbar, daß sie diese Funktion besser erfüllen können, wenn sie nicht in vollem Umfang vom einfachen Gesetzgeber in Frage gestellt werden können. Das Bedürfnis, die Vorsorgeleistungen insofern dem gesetzgeberischen Eingriff zu entziehen, ist demgemäß groß. Es ist naheliegend, es durch die Inanspruchnahme der stabilisierenden Funktion des Eigentumsgrundrechts zu befriedigen zu suchen. Doch ist nicht zu übersehen, daß die Bestandssicherung der sozialen Vorsorgeleistungen den Staat in einer anderen Weise herausfordert als die von Eigentum. Die Sozialversicherung hat bislang den Versicherten nicht weniger, sondern mehr an Sicherheit geboten als das private Eigentum, weder der Besitz von Kapitalvermögen, noch der von Sacheigentum hat den zu ihrer Existenzsicherung darauf angewiesenen Bürgern ein vergleichbares Maß an Sicherheit verschaffen können. Gleichwohl ergibt sich aus der ver149 Vgl. a. BVerfGE 43, 13, 19 m. w. Nachw. 160 Vgl. dazu Rüfner, Festsmrift f. Wannagat, S. 382; BVerwGE 1, 159, 161 f.; 5, 23, 31; BVerfGE 40, 121, 133; 45, 376, 386 ff. = SGb 1978, S.344 m. Anm. Krause; s. a. Rüfner, Festschrift f. Wannagat, S. 380 m. Anm. 5. 151 BVerfGE 2, 380, 31).9 ff.; 3, 4, 11; 3, 58, 153; 11, 64, 70; 11, 221, 231; 15, 167, 200; 16, 94, 113; 45, 142, 170, insb. weil sie nicht durch Leistung gerechtfertigt sind, BVerfGE 16, 94, 113; 18,392,397; 29, 22, 33 f.
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
bleibenden Funktionsgleichheit ein Anstoß dafür, gesetzlich Ansprüche auf gehobene Sozialleistungen mit der Kraft des Eigentums auszustatten15l!. 6. Die Notwendigkeit des Schutzes von Privateigentum fortsetzenden öffentlieben Berechtigungen und das Erfordernis einer Stabilisierung von einzelnen Sozialleistungsansprüchen als Grund für eine Analogie zu Art. 14 GG
Es hat sich gezeigt, daß die Funktion des Art. 14 GG, die Vermögensverteilung von staatsfreiem Raum zu bewahren, durch die staatliche Abgabenerhebung bedroht ist153 • Damit wird einmal der Besteuerung eine Grenze gesetzt, deren Verlauf hier nicht weiter interessiert154• Zugleich aber wird es notwendig, die vermögenswerten Rechte, deren Erwerb die Auferlegung oder Einforderung von nichtsteuerlichen Abgaben legitimiert155 , die nicht nur "gruppennützig " , sondern wie die Sozialversicherungsbeiträge auch "privatnützig" verwendet werden, in ihrem Bestand zu sichern, schon um zu verhindern, daß den nichtsteuerlichen Abgaben im nachhinein durch Beseitigung der durch sie begründeten öffentlichen Berechtigungen die verfassungsrechtliche Legitimation entzogen werden kann.
Die analoge Erstreckung von Art. 14 GG auf gehobene Sozialleistungsansprüche wird dadurch unterstützt, daß bei diesen ein Bedürfnis besteht, den Bürger in ähnlicher Weise vor normativen Verkürzungen seiner Rechtspositionen zu schützen. Im einzelnen kommt es jedoch darauf an, ob der Gesetzgeber - insoweit verfassungsrechtlich unbedenklich - die Berechtigung mit einer Stärke ausgestattet hat, die ihre Einbeziehung in den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz gestattet. 7. Die Abhängigkeit des Eigentumssebutzes für subjektive öffentliebe Rechte von der Entscheidung des einfachen Gesetzes
Die subjektiven öffentlichen Rechte mit Vermögenswert sind im Unterschied zum privaten Eigentum, einschließlich des besonders auf normative Ausgestaltung angewiesenen Urheberrechts, nicht durch die Institutsgarantie des Art. 14 GG vorgeprägt. Daher entscheidet letztlich nicht Art. 14 GG, sondern ihre Ausstattung durch das einfache Gesetz darüber, ob und in welchem Maße sie in den Schutz der Eigentums152 153
m 155
Vgl. a. BVerfGE 53, 257, 291 f. VgI. oben, ferner v. Arnim, VVDStRL 3·9 (1981), S. 300 ff. m. w. Nachw. VgI. dazu Kirchhof und v. Arnim, VVDStRL 3e (1981), S. 213 ff., 286 ff. VgI. dazu a. BVerfGE 55, 274, 298, 302, 304 ff.
!Ir. Funktionen der Eigentumsgewährleistung
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garantie einbezogen sind. Daß sich die Funktion der grundrechtlichen Gewährleistung, nämlich die Vermögensverteilung im Prinzip staatsfrei zu erhalten und die vom Bürger kraft eigener Leistung erworbenen Vermögenswerte vor Eingriffen des Gesetzgebers zu schützen, auch noch erfüllt, wenn sich das private Vermögen in öffentlich-rechtliche Berechtigungen hinein fortgesetzt hat, und daß soziale Sicherheit auch Bestandssicherung gegenüber dem Gesetzgeber verlangt, gibt dem einfachen Gesetzgeber zwar nicht allein die Kompetenz dazu, diese Berechtigungen mit der Stärke von Eigentum auszustatten, die Verfassung verpflichtet ihn sogar in bestimmtem Umfang dazu, will er den Vorwurf verfassungswidriger Abgabenbelastung vermeiden, sie begründet aber die Einbeziehung der Berechtigung in den Verfassungsschutz nicht unmittelbar und in vollem Umfang. Letztlich kommt es darauf an, ob der Gesetzgeber - in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise - die subjektiven öffentlichen Rechte mit "den konstituierenden Merkmalen des Eigentumsbegriffs" ausgestattet hat und ihnen eine Stärke gegeben hat, die der des Eigentums entspricht l156 • Die normative Ausformung des Rechts muß darauf abzielen, es "auf die Ebene einer eigentumsmäßigen Bestandgarantie im Sinne von Art. 14 Abs.1 GG zu heben"157. Demgemäß ist das einfache Recht darauf zu untersuchen, inwiefern es den Ansprüchen und Anwartschaften eine Stärke geben wollte, die der des privaten Eigentums entspricht168 • 8. Eigentumsschutz für öffentlich-rechtliche Berechtigungen aufgrund eigener Leistung des Berechtigten
Die Funktionen des Eigentumsgrundrechts, die Vermögensverteilung, die ohne Beteiligung des Staates zustande gekommen ist, und die kraft eigener Leistung erworbenen Vermögenswerte des Bürgers vor schrankenlosen Zugriffen des Gesetzgebers zu sichern, rechtfertigen eine Erstreckung des Eigentumsschutzes durch den einfachen Gesetzgeber nur auf solche öffentlich-rechtlichen Berechtigungen mit Vermögenswert, 1156 Vgl. noch einmal BVerfGE 4, 219, 240; 15, 167, 200; 16, 94, 111 ff.; 18, 392, 397; 24, 220, 225f.; 40, 65, 83; 45,142, 172f.; 48, 403, 412f..; 53, 257, 289. Auf den Leitsatz von BVerfGE 4, 219 (240 f.), daß für die Einbeziehung in den Eigentumsschutz allein maßgebend ist, "ob im Einzelfall ein subjektives öffentliches Recht dem Inhaber eine Rechtsposition verschafft, die derjenigen eines Eigentums entspricht, bzw. ob sie derjenigen des Eigentums so nahekommt, daß Art. 14 GG Anwendung finden muß", kommt das BVerfG immer wieder zurück, vgl. BVerfGE 11, 221, 226; 15, 167, 200; 16, 94, 111; 18, 392, 397; 40, 65,83. 157 BVerfGE 45, 142, 172 f. 158 Dietlein, ZSR 1975, S. 129 ff., 139 weist darauf hin, daß eine Verstärkung des Bestandsschutzes den staat allerdings gerade dazu veranlassen kann, sich die Bewegungsfreiheit durch Versagung und Begrenzung der entsprechenden Rechtsposition zu verschaffen und zu erhalten.
5 Krause
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
die den personalen Bezug einer Verknüpfung mit der eigenen Leistung des Berechtigten aufweisen159 • Nur insoweit kann der Gesetzgeber sie auch verfassungsrechtlich unbedenklich mit einer Stärke ausstatten, die der des privaten Eigentums entspricht. Denn nur in diesem Maße verfestigt er nicht selbst gewährte Privilegien, sondern setzt den Schutz der Privateigentumsordnung fort. Dazu bedarf es freilich einer näheren Klärung des Begriffes der eigenen Leistung, die bislang noch nicht in vollem Umfang gelungen istl60 , sowie der Art ihrer Verknüpfung mit der Berechtigung, die sie prägen soll. Es gilt Kriterien dafür zu entwickeln, wann eine eigene Leistung vorliegt, insbesondere ob die eines Dritten dem Berechtigten als eigene zugerechnet werden kann, und für die Verbindung von Leistung und Berechtigung, in Sonderheit der Abstufungen, in welchen die Berechtigung stärker oder schwächer durch die eigene Leistung und damit durch den personalen Bezug geprägt ist. In einer offenen Gesellschaft gibt es einen verbindlichen Begriff der Leistung nicht. Sie erkennt nur das als Leistung an, was ihre Glieder als solche empfangen und erbringen. Das hängt von den konkreten Umständen ab; etwas kann in einer Beziehung als positive Leistung erscheinen, das in anderer Hinsicht als gleichgültig oder schädlich empfunden wird. Stets handelt es sich um eine Leistung, wenn sie in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung im Fremdinteresse erbracht wird. Eine solche rechtliche Verpflichtung liegt freilich nicht allein vor, wenn sie "vertraglich" vereinbart worden ist161• Dabei kommen als Erwerbsgrund der öffentlich-rechtlichen Berechtigungen neben Geldleistungen vor allem auch Dienstleistungen in Betrachtl62 • Dem ent159 Zur Anerkennung dessen, "was der einzelne durch eigene Leistung erworben hat", vgl. BVerfGE 14, 288, 293. Zur Ablehnung des Eigentumsschutzes wegen mangelnder Eigenleistung vgl. BVerfGE 3, 4, 11; 11,64,7; 19,354,370; 23, 85, 97; 32, 11, 128 m. abw. M. 129, 141 f .. ; ohne eigene Leistung kein Eigentum, BVerfGE 16, 94, 113; 18, 392, 97; 24, 220, 225 f.; 29, 22, 33 f.; 48, 4Q3, 413; keine eigene Leistung z. B. bei der Wohnungsbauprämie (BVerfGE 48, 403, 413), ist sie aber dem einzelnen zugeflossen, seinem Konto gutgebracht, ist sie selbstverständlich geschützt, aus diesem Grund geht die Kritik von Maunz, Wandlungen des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes, BayVBl. 1981, S. 321 ff., 325 fehl. Eine besondere Kontinuitätsverpflichtung des Gesetzgebers für auf Vorleistungen beruhende Ansprüche betont auch die Transferenquete-Kommission, Das Transfersystem in der Bundesrepublik Deutschland, 1981, Tz. 552, S.296; vgl. a. Ule, Rentenkürzung als Enteignung, ZSR 1956, S.181. Auf diesen Zusammenhang von verbindlich zugesagtem Leistungsanspruch und eigener Vorsorge weist Kirchhof, Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1982, Manuskript S. 5 hin; vgl. dazu auch dens., S. 20. 160 Vgl. Meydam, Diss. Bochum 1973, S. 98 m. w. Nachw. 161 Enger der Supreme Court der Vereinigten Staaten, dazu Rittstieg, S. 140 ff. 162 Vgl. Papier, VSSR 1973, S.46 u. Hinw. a. Dürig, Festschrift f. Apelt, 1958, S. 41 f. "Wenn auch nicht hinsichtlich der ziffernmäßigen Höhe und der sonstigen Modalitäten, so doch hinsichtlich des Kernbestandes seines Anspruchs auf standesgemäßen Unterhalt steht dem Beamten und dem Berufs-
II!. Funktionen der Eigentumsgewährleistung
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spricht der Leistungsbegriff des Zivilrechts, das unter Leistung das Verhalten des Schuldners im Sinne des § 241 BGB versteht, zu welchem er kraft des Schuldverhältnisses verpflichtet ist1t3• Wenn das Zivilrecht daneben auch jede Zuwendung durch Rechtsgeschäft oder sonstiges Handeln als Leistung bewertetl64, wobei Zuwendung die bewußte Mehrung des fremden Vermögens ist166 , kann dieser Begriff hier nicht zugrunde gelegt werden, weil die Leistung in diesem Sinne nur mit einem Bereicherungsanspruch zu verknüpfen ist1OO• Die aufgrund einer abstrakten Verpflichtung erbrachte Leistung des Bürgers - etwa die Leistung von Steuern oder des Wehrdienstes - läßt sich allerdings nicht mit einer öffentlich-rechtlichen Berechtigung verknüpfen. Der erforderliche Zusammenhang zwischen der Berechtigung und der Leistung wird aber dadurch hergestellt, daß Leistung und Berechtigung in einem synallagmatischen Verhältnis gegeneinander ausgetauscht werden167• Daß ein Bürger einem Eingriff ausgesetzt war oder ein besonderes Opfer erbringen mußtel68 , bedeutet dagegen nicht, daß er den daran anknüpfenden Anspruch auf Entschädigung durch eigene Leistung erworben hat. Vorausgesetzt ist vielmehr, daß die Leistung final im Hinblick auf die an sie knüpfende Berechtigung erbracht oder gefordert worden ist. Auch wenn eine subjektive öffentliche Berechtigung sekundär in Grund und Umfang an eine vorhergehende Leistung anknüpft, ist sie nicht in hinreichender Weise mit einer Leistung verknüpft, paradigmatisch ist der Anspruch und die "Anwartschaft" auf Arbeitslosenhilfe im Unterschied zum Arbeitslosengeld. Zwar wäre auch außerhalb des Synallagma eine finale Verknüpfung der eigenen Leistung des Versicherten mit dem Versicherungsschutz vorstellbar, etwa in dem Sinne, daß eine Beitragszahlung den Erwerb soldaten ein durch seine Dienstleistung erworbenes Recht in dem Sinne zu, daß es der Staat nicht ohne Kompensation entziehen kann" (BVerfGE 16, 94,
112 f.).
lt3 Vgl. v. Tuhr, Allgemeiner Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, 2. Bd., 2. Hälfte, 1957, S. 53. 164 v. Tuhr, zu Besonderheiten bei der Begründung einer Forderung s. S.122. 186 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd.2, 12. Auffl. 1981, S.524; BGHZ 58, 184, 188; allgemein zum Leistungsbegriff s. Wieacker, Leistungshandlung und Leistungserfolg im Bürgerlichen Schuldrecht, Festschrift f. Nipperdey zum 70. Geburtstag, Bd. 1, S. 783 ff. 166 Vgl. Papier, VSSIR 1973, S.45; abw. Dürig, Festschrift f. Apelt, S. 29 ff., 42 f.; Rohwer-Kahlmann, Die Krise des Eigentums, ZSR 1956, S.241. 187 Zur Begründung des Eigentumsschutzes aus der Gegenseitigkeitsbeziehung s. Nicolaysen, Diss. Hamburg 1957, S.77, 89; dens., Festschrift f. Schack, 1966, S. 107 ff., 214; ebenso Papier, VSSR 1973, S.46; UZe, ZSR 1956, S.181. 188 In diesem Sinne Dürig, Festschrift f. Apelt, S.43 (Anm. 77), 44; RohwerKahlmann, SGb 1980, S.333 m. w. Nachw.; Entschädigungsleistungen mit Ausnahme der "quasi-privatrechtlichen" Deliktsansprüche will auch Dietlein, ZSR 1975, S. 144, 145 vom Eigentumsschutz ausschließen.
5·
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
von Versicherungsschutz bezweckV69 • Solange der Versicherungsschutz jedoch nicht als eigentumskräftige Berechtigung gegen die eigene Leistung erworben wird, kann die Verfassung die Zweckverwirklichung nicht sichern. Sie begründet allenfalls eine "condictio causa data causa non secuta", die einen - eigentumskräftigen - Anspruch auf Beitragserstattung zur Folge hat170• Die verfassungsrechtliche Absicherung der Berechtigung muß daher stets an das die Verknüpfung von Leistung und Berechtigung bewirkende Rechtsverhältnis anschließen. Soweit es sich um ein Beamtenverhältnis handeltl7l, ist Art. 33 Abs. 5 GG die speziellere Verfassungsnorm, im übrigen - etwa auch bei anderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen - kann auf Art. 14 GG Bezug genommen werden172• Dagegen "kann sich eine Garantie der Erfolgserzielung als Annex zur grundrechtlichen Betätigungsfreiheit nicht auf diejenigen vermögenswerten Vorteile beziehen, die der Gesetzgeber, zwar an eine bestimmte Grundrechtsbeteiligung anknüpfend, erst freiwillig begründet hat"17lI. Der Begriff des Austausches darf allerdings nicht zu eng bestimmt und mit dem Äquivalenzgedanken vermengt werden; denn ein Synallagma erfordert wenigstens nach der deutschen Privatrechtstradition nicht die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung, sie kennt weder ein "iustum pretium", noch eine "laesio enormis". Es ist für das Vorliegen eines Austauschverhältnisses irrelevant, ob zwischen Leistung und Gegenleistung Äquivalenz besteht. Grundsätzlich ist es in einem auf Austausch von Leistungen gerichteten Rechtsverhältnis ausgeschlossen, daß jemand ein Zurückbehaltungsrecht oder einen Bereicherungsanspruch geltend macht, weil die Gegenleistung an Wert hinter der eigenen Leistung zurückbleibt. Daß der unverdiente Gewinn keinen geringeren Schutz verdient als der verdiente, folgt aus der Eigentumsgarantie selbst, die zur Sicherung privatautonomen Verfügens eine solche Differenzierung verbietet. Deshalb ist es auch für die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Austauschverhältnisses nicht erforderlich, daß die Leistung des Bürgers der Gegenleistung der öffentlichen Hand gleichwertig ist114, es reicht vielmehr aus, daß sie als wesentlicher Beitrag in einem Vorsorgeverhältnis erhoben oder erbracht 169 Vgl. § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB; in diesem Sinne Papier, VSSR 1973, S.33, 53 m. Anm. 89. 170 Vgl. BVerfGE 51, 1, 219; dazu auch Krause, Die höchstrichterliche Rechtsprechung zum SGB-I (Allgern. Teil) und zum SGB-IV (Gemeinsame Vorschriften mr die Sozialversicherung}, Jahrbuch des Sozialrechts der Gegenwart Bd.l, 1979, S. 73 ff., 88 f. 171 BVerfGE 3, 288, 342; 8, 332, 360; 15, 167, 199; 16, 94, 114 f.; 17, 337,355. 172 BVerfGE 16, 94, H6; 44, 249, 281. 113 Papier, VSSR 1973, S. 45, 46 m. w. Nachw. 174 So aber Papier, VSSR 1973, S. 46.
IH. Funktionen der Eigentumsgewährleistung
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wird17Ö• Eine andere Frage ist es, daß mangelnde Äquivalenz einen weiteren Spielraum für den einschränkenden Gesetzgeber begründet, weil sich dadurch verdiente und gewährte Anteile mischen. Ein Austauschverhältnis liegt stets vor, wenn die öffentlich-rechtliche Berechtigung auf einem Austauschvertrag beruht. Allerdings sind derartige Verträge selten. Ein Austauschverhältnis kann ferner durch möglicherweise zustimmungsbedürftigen - Verwaltungsakt begründet werden, ein Beispiel ist das Berufssoldatenverhältnis, in welchem der Soldat für sich und seine Hinterbliebenen vorsorgt, indem er für seine Dienste zugleich den Anspruch auf Besoldung wie die Anwartschaft auf Versorgung erwirkt. Trotz aller Besonderheiten des öffentlichen Dienstrechts ist die Parallele zum Arbeitsvertrag mit Versorgungszusage offensichtlich. Von einem Austauschverhältnis wird man aber auch sprechen müssen, wenn der Bürger in der Lage ist, einseitig wie bei der Ausübung einer Versicherungsberechtigung ein freiwilliges Sozialversicherungsverhältnis zu begründen; in der Lebenswirklichkeit erscheint die Differenz zum Abschluß einer Privatversicherung geringfügi g176. Schließlich kann von einem Austauschverhältnis auch gesprochen werden, wenn der Staat dem Bürger die Pflicht zu einer außersteuerlichen Abgabe auferlegt, die gerade durch den mit ihr verbundenen Erwerb eines subjektiven öffentlichen Rechts gerechtfertigt ist177• In diesem Fall besteht die Notwendigkeit, den Abgabenpfiichtigen davor zu schützen, daß der Gesetzgeber ohne weiteres die erworbenen vermögenswerten Berechtigungen beseitigt und damit den Abgaben im nachhinein die Legitimationsgrundlage entzieht178• Diese Aufgabe kann die Einbeziehung der Berechtigung in den Schutz von Art. 14 GG erfüllen. Wannagat, Festschrift f. Peters, S. 171 ff., 180. Trotz mißverstandener (Bergner, S. 170) Formulierungen in meiner Besprechung (FamRZ 1980, S. 534 f.) bin ich nicht der Meinung, daß freiwillige Beiträge zu einem Rentenanspruch besserer Qualität führen. Ich hatte dort bereits auf die Notwendigkeit zur Gleichbehandlung mit Pflichtbeiträgen hingewiesen und den Eigentumsschutz von Ansprüchen und Anwartschaften, die auf Pflichtbeiträgen beruhen, aus der Auferlegung von Abgabepflichten hergeleitet, die allein durch den mit ihnen verbundenen Versicherungsschutz gerechtfertigt werden könnten (vgl. a. Fremdlasten, VSSR 1980, S. 130 ff.). Im Gegenteil sind bei freiwilliger Versicherung Manipulationsmöglichkeiten gegeben, die es zulassen, durch relativ geringe Beiträge relativ große Anwartschaften zu begründen - übrigens auch bei der Nachentrichtung -, so daß gewisse Einschränkungen eher angezeigt sind (vgl. BVerfGE 36, 102 ff.; 37, 363, 398 ff.). 171 Vgl. dazu BVerfGE 51, 1 ff., 25, 30 und BSGE 16, 79, 83 f. Bedenklich ist die nachträgliche Entwertung von Beiträgen durch die Anrechnung der Zeiten als Ersatzzeiten, s. aber BVerfG (Dreierausschuß) v. 13.4.19'78, 1 BvR 52/77 und v. 8. 11. 1978, 1 BvR 782/78; kritisch Rüfner, Jahrbuch des Sozialrechts der Gegenwart 1'979, S.59., 69. 178 Auf den Zusammenhang von Eigentumsschutz und vermögenswerter Verpflichtung und Belastung weist BVerfGE 45, 142, 170 hin. 175
176
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
IV. Die Rechtsfolgen der Einbeziehung einer öffentlichrechtlichen Berechtigung in den Schutz von Art. 14 GG 1. Die Analogie
Die Einbeziehung einer öffentlich-rechtlichen Position in den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts hat nicht die Folge, daß die Berechtigung verfassungsrechtlich ganz so zu behandeln wäre wie Eigentum. Sie genießt vielmehr nur einen entsprechenden Schutz. Er richtet sich danach, inwieweit die spezifische Aufgabe des Eigentumsgrundrechts durch die Sicherung des subjektiven öffentlichen Rechts verwirklicht wird und in welchem Grade dieses dem Eigentum gleicht179• Damit zerstreuen sich zugleich eine ganze Reihe von Bedenken, die gegen die unmodifizierte Einbeziehung von vermögenswerten Berechtigungen des öffentlichen Rechts in die verfassungsrechtliche Eigentumsgewährleistung bestehen und die selbst von couragierten Verfechtem eines verfassungsrechtlichen Bestandsschutzes geteilt werden1so. 2. Der besondere Schutz des Kernbereiclts
Statt das Grundrecht des Art. 14 GG unmodifiziert auf die öffentlichrechtlichen Positionen zu übertragen, kann es einerseits im Hinblick auf die in ihnen enthaltenen Ansprüche auf Dynamik und Anpassung ausgedehnt und andererseits auf einen Kernbereich begrenzt werden. Gerade weil die tragenden Gründe des Eigentumsschutzes - nämlich die Fortsetzung des Schutzes der staatsfreien Vermögensverteilung und die konstituierenden Merkmale des Eigentumsbegriffs die öffentlich-rechtlichen Berechtigungen nicht in vollem Umfang prägen müssen, kann der Schutz des Art. 14 GG auf den Kernbestand beschränkt werden, in dem das subjektive öffentliche Recht dem Eigentum entspricht und in dem seine verfassungsrechtliche Absicherung die tragenden Gründe des Eigentumsschutzes verwirklicht. Es ist sogar davon auszugehen, daß beides für die öffentlichen Berechtigungen nicht in vollem Umfang zutrifft, weil sie anderenfalls dem Eigentum nicht allein entsprechen, sondern mit ihm identisch sein würden. 179 Zur Abstufung des Eigentumsschutzes, der "genügend Raum für die Beachtung soziaIstaatlicher Erfordernisse" beläßt, vgl. Rupp von Brünneck, in: BVerfGE 32, 111, 143; sie will danach differenzieren, ob die Ansprüche ganz oder teilweise auf staatlicher Gewährung beruhen, wieweit diese durch das Sozialstaatsprinzip gefordert oder freiwillig war und ob es sich um Dauerleistungen oder einmalige Leistungen handelt. Diese Differenzierungen überzeugen nicht voll. 180 Vgl. Tomandl, Festschrüt f. Wannagat, S. 625 ff.; Meydam, Diss. Bochum 1973, S.45 ff.
IV. Rechtsfolgen der Erstreckung von Art. 14 GG
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Die vielfach geäußerten Bedenken gegen die Einschränkung des Eigentumsschutzes auf den Kernbestand der öffentlich-rechtlichen Vermögenspositionen erheben einen Vorwurf, der nicht trifft; sie übersehen die analoge Erstreckung und wenden sich gegen eine Beschränkung des durch Art. 14 GG verbürgten Verfassungsschutzes auf einen Teil einer Berechtigung, die insgesamt Eigentum ist; eine solche Begrenzung des Eigentumsschutzes auf Teile des Eigentums entbehrt freilich jeder Grundlage 181 • In Wahrheit geht es um die abgestufte Erstrekkung des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes auf Berechtigungen, die nicht Eigentum sind, sondern dem Eigentum nur entsprechen. Eine solche Analogie ist nicht vor das harte Entweder-Oder gestellt. Die Differenzierung zwischen einem Kernbereich und einem Randbereich bedeutet freilich nicht, daß die öffentlich-rechtliche Rechtsposition nur teilweise dem Schutz von Art. 14 GG unterstellt wäre. Gegenstand des Schutzes ist vielmehr die öffentlich-rechtliche Berechtigung in ihrem gesamten Umfang, wie er sich aus der jeweiligen Gesetzeslage ergibtl82• Es geht allein um die sachgerechte Abstufung des Schutzes.. Soweit die Rechtsposition so stark ist, "daß es nach dem rechtsstaatlichen Gehalt des Grundgesetzes als ausgeschlossen erscheint, daß der Gesetzgeber sie ersatzlos entziehen kann", ist sie vor entschädigungsloser Beseitigung gesichert, das ist der Kernbestand l83. 3. Die Begrenzung des Randbereidls naclJ. Art der Inbalts- und SclJ.rankenbestimmung
Im übrigen ist sie aber aus dem Schutz des Art. 14 GG nicht ausgeschlossen, auch soweit das personale Moment der eigenen Leistung zurücktritt, bleibt die Rechtsposition eigentumsgrundrechtlich geschütztl84, allerdings ist der Gesetzgeber befugt, im Wege der Inhaltsund Schrankenbestimmung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Einschränkungen vorzunehmen, ihm ist es nicht verwehrt, "Leistungen zu kürzen, den Umfang von Ansprüchen und Anwartschaften zu vermindern oder diese umzugestalten"l86. Die Beurteilung der Einschränkung der eigentums rechtlich geschützten öffentlich-rechtlichen Position wie eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums ist nur als Analogie zu verstehen. Anderenfalls könnte die Herabsetzung der Höhe einer Forderung, die bei einem Anspruch des Privatrechts stets als teilweise Enteignung gelten 181 182
183 184 185
Vgl. Papier, VSSR 1973, S. 41 f. BVerfGE 53, 257, 293; ebenso v. 1. 7. 1981, Umdruck, S. 36. Vgl. BVerfGE 16, 94, 112. BVerfGE 53, 257, 293. BVerfGE 53, 257, 293.
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
müßte l86, nicht unter dem Blickwinkel einer Inhalts- oder Schrankenbestimmung gesehen werden187. Das schließt nicht aus, daß sie unter anderen Umständen auch in den Kernbereich zurückschlägt. Wenn das nicht der Fall ist, ist die gesetzliche Einschränkung an den Rändern analog zu Art. 14 Abs.l Satz 2 GG wie eine Inhalts- und Schrankenbestimmung zu werten: "Die Ordnung der züfernmäßigen Höhe und der sonstigen Modalitäten" einer in ihrem Kernbestand wie Eigentum geschützten vermögenswerten Berechtigung des öffentlichen Rechts "entspricht (I) ... der gesetzlichen Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums"l88. Bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums ist vor allem das Verhältnismäßigkeitsprinzip zu beachten18l1. Das gilt auch für die einschränkende Umgestaltung von in ihrem Kernbestand gegen entschädigungslose Entziehung geschützten Rechtspositionen des öffentlichen Rechts l90. Zudem steht der Umfang des Kernbereichs nicht ein für alle Male fest, er ist etwa als Anspruch auf "standesgemäßen Unterhalt"191 oder angemessene Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenensicherung variabel. Dabei sind die Anforderungen an die Rechtfertigung des Eingriffs einmal strenger, je stärker die Berechtigung durch die eigene Leistung des Berechtigten geprägt ist, d. h. je mehr damit der personale Bezug und mit ihm der tragende Grund des Eigentumsschutzes hervortritt, und sie mindern sich in dem Maße, als es um die Änderung von Elementen der Berechtigung geht, die mit der eigenen Leistung des Berechtigten weniger zu tun haben l92 . Doch auch wenn der Gesetzgeber ein Element der Berechtigung zum Nachteil des Berechtigten ändert, das von diesem nicht durch eigene Leistung erworben worden ist, bleibt die Maßnahme an Art. 14 GG kontrollierbar. Sie ist nur hinzunehmen, wenn eine Abwägung der betroffenen individuellen Rechte mit dem Gesamtinteresse ergibt, daß das Einzelinteresse dem Gemeinwohl zu weichen hat193. Zudem stufen sich die Anforderungen an die Legitimation des Eingriffs in ein subjektives öffentliches Recht, auf das der Schutz von Art. 14 GG erstreckt 186 Vgl. BeTg, Diss. Köln 1963, S. 170 f. 187 "Daß eine Eigentumsgarantie dem Wesen öffentlich-rechtlicher Geld-
forderungen ... in der Regel nicht gerecht werden kann" (BVerfGE 8, 1, 13), sofern sie diese wie bei privaten Forderungsrechten als "summenmäßig fest begrenzte Geldansprüche" erfassen würde (BVerfGE 16,94, 115 f.), ist für das Bundesverfassungsgericht offenbar stets evident gewesen (vgl. a. PapieT, VSSR 1973, S. 41). 188 BVerfGE 16, 94, 112; vgl. a. 53, 257, 292 ff., wenn auch nicht mehr ganz so klar. 189 BVerfGE 8,71,80; 50, 290, 339, 341; Hesse, 5.183. 190 BVerfGE 53, 257, 292. 191 BVerfGE 16,94, 113, 115 u. Hinw. a. BVerfGE 3, 58, 160. 192 BVerlGE 53,257,292,293. 193 BVerfGE 53, 257, 294; v. 1. 7.1981, Umdruck S. 36 f.
IV. Rechtsfolgen der Erstreckung von Art. 14 GG
73
wird, danach ab, inwieweit es nach der konkreten Gesetzeslage mit der Stärke von Eigentum ausgestattet worden ist; das bedeutet etwa für die Rentenansprüche und Rentenanwartschaften, daß zu beachten ist, in welchem Maße das überkommene Sozialversicherungsverhältnis von vornherein auf Anpassung an veränderte Verhältnisse und sozialpolitische Herausforderungen angelegt ist und in welchem Umfang es daher von vornherein sozialpolitischem Wandel Raum läßt. 4. Die Konkretisierung des VerhäItnismäßigkeitsprinzips durch die Unterscheidung von sozialem und personalem Bezug des Rechts
Im einzelnen gilt es, den jeweiligen Kernbereich der eigentumsrechtlich geschützten Rechtsposition des öffentlichen Rechts und seine Grenzen näher zu bestimmen und Kriterien dafür zu entwickeln, in welchem Maße der Gesetzgeber in den Randbereich regelnd und mindernd eingreifen darf. Das letztere erfordert vor allem, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit so auszufüllen, daß seine Heranziehung bei der Beurteilung von einschränkenden Rechtsänderungen sinnvoll werden kann. Nur unter diesen Voraussetzungen bietet Art. 14 GG "konkretere und deutlicher konturierte Maßstäbe einer verfassungsrechtlichen Beurteilung als der Rückgriff auf allgemeine Grundzüge der Verfassung, so daß seine Anwendung nicht nur ein höheres Maß an Schutz, sondern auch an Rechtsgewißheit gewährleistet"l94. Eine solche Ausfüllung des Verhältnismäßigkeitsprinzips könnte sowohl abstrakt generalisierend als auch konkret paradigmatisch im Hinblick auf bestimmte Eingriffsziele erfolgen. Allerdings gibt es dafür bislang noch keine Vorarbeiten196• Besondere Schwierigkeiten wirft es auf, daß eine Reihe von Anhaltspunkten, die es gestatten, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip im Hinblick auf die Beschränkung des Privateigentums Konturen zu geben, für die öffentlich-rechtlichen Vermögenspositionen ausfallen. So scheidet eine Inhalts- und Schrankenbestimmung zur Sicherung der Sozialpflichtigkeit des Eigentumsgebrauchs gemäß Art. 14 Abs.2 GGwie schon bemerkt - wenigstens für die Rentenversicherungspositionen weitgehend aus. Die Sozialbindung im Eigentumsgebrauchl96 wird für sie nicht aktuell. Während der Gebrauch des privaten Eigentums Vgl. BVerfGE 53, 257, 294. Vgl. aber den Vorschlag Meydams, Diss. Bochum 1973, S. 107 und SozSich 1975, S.29·7: Der "Entzug oder eine Kürzung von Leistungsansprüchen (und Versicherungsschutz) aus der sozialen Sicherung (durch Sozialversicherung) ist nur dann zulässig, wenn überwiegende Gründe des am Sozialstaatsgedanken ausgerichteten Gemeinwohls es unter besonderer Berücksichtigung des Vertrauens des Berechtigten erfordern. Bei der Abwägung des Vertrauens-interesses und der Gemeinwohlerfordernisse hat eine Gesamtbetrachtung der Leistungen zu erfolgen, die der Berechtigte aus dem System der sozialen Sicherung zu beanspruchen hat". 198 Vgl. dazu grundlegend Leisner, Sozialbindung des Eigentums, 1972. 194
195
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
einen sozialen Bezug und eine soziale Funktion aufweist, soweit er über die eigene Sphäre des Eigentümers in den allgemeinen gesellschaftlichen Bereich hinaus ausgreift, bleibt die Verfügung über Rentenansprüche und -anwartschaften und ihre Nutzung primär eine private Angelegenheit, in die nur der Versicherungsträger als Schuldner eingebunden ist, ein sozialer Bezug und eine soziale Funktion werden damit jedoch nicht hergestellt. Sie können daher keine Beschränkungen rechtfertigen, ihr Fehlen steht ihnen vielmehr entgegen, da eine Eigentumsbegrenzung um so weniger in Betracht kommt, "je mehr Eigentumsnutzung und -verfügung innerhalb der Eigentümersphäre verbleiben"197. Jedenfalls geben die Gesichtspunkte 198, die Rechtsprechung und Rechtswissenschaft zur Legitimation von Inhalts- und Schrankenbestimmungen aus dem sozialen Bezug und der sozialen Funktion des Eigentumsgebrauchs und der Eigentumsverfügung entwickelt haben, für die Begrenzung und Rechtfertigung einer Umgestaltung von Rentenansprüchen und -anwartschaften wenig her. Der gegenteilige Anschein, den die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Versorgungsausgleich erweckt, beruht auf einer Homonymie für zwei verschiedene Begriffe199. Der soziale Bezug der Rentenanwartschaft und des Rentenanspruchs, den das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung hervorkehrt und besonders darin sieht, daß die Renten durch staatliche Zuschüsse finanziert werden200, hat mit dem sozialen Bezug der individuellen Eigentumsverwendung ebenso wenig zu tun wie die besonders bedeutsame soziale Funktion des Leistungs- (und Beitrags-)Systems der gesetzlichen Rentenversicherung mit der sozialen Funktion eines konkreten Eigentumsobjekts. 197 BVerfGE 50, 291, 341. 198 Vgl. BVerfGE 52, 1, 29 zum Auftrag, Inhalt und Schranken zu bestimmen, um "ein Sozialmodell zu verwirklichen, dessen normative Elemente sich einerseits aus der grundgesetzlichen Anerkennung des' Privateigentums durch Art. 14 Abs.l Satz 1 GG und andererseits aus dem Sooialgebot des Art. 14 Abs.2 GG ergeben: Der Gebrauch des Eigentwns soll zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen (BVerfGE :YT, 132, 140; 38, 348, 3170)". Der Gesetzgeber muß bei Regelungen im SiIliIle des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG beide Elemente des im Grundgesetz angelegten Verhältnisses von verfiassungsrechtlich gesicherter Rechtstellung und dem Gebot sozialgerechter Eigentumsordnung in gleicher Weise Rechnung tragen = Verhältnismäßigkeit. Das Wohl der Allgemeinheit ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die Beschränkungen (Schutzzweck), BVerfGE 21, 1'50, 155; 25, 112, 117; 3rT, 133, 141. 199 Von einer besonderen "Pflichtigkeit" subjektiver öffentlicher Rechte spricht auch Meydam, SozSich 197'5, S.295 m. w. Nachw. Gemeint ist jedoch nicht eine Pflicht bei ihrem Gebrauch wie in Art. 14 Abs.2 GG, sondern eine besondere Einschränkba,rkeit wegen der solidarischen Natur des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses (zur Sozialpflichtigkeit des Renteneigentums s. a. BSGE 14, 133, 137). !lIlO BVerfGE 53, 257, 292 f.
IV. Rechtsfolgen der Erstreckung von Art. 14 GG
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Weil Art. 14 Abs.2 GG bei der Begrenzung der Rentenansprüche und -anwartschaften ausscheidet201 , der Begrüf des sozialen Bezugs und der sozialen Funktion des Eigentums aber ursprünglich allein im Hinblick auf Art. 14 Abs.2 GG entwickelt worden ist202 , muß das Bundesverfassungsgericht unter dem sozialen Bezug und der sozialen Funktion der Rentenansprüche und -anwartschaften daher etwas ganz anderes verstehen203• Das ist tatsächlich der Fall, es begreift darunter nämlich den proximativen Mangel eines personalen Bezuges und die allgemeinen Interessen an der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung. Dabei soll der personale Bezug desto stärker hervortreten, je höher der dem Anspruch zugrunde liegende Anteil eigener Leistung ist; umgekehrt erscheint also der soziale Bezug um so größer, je geringer der Anteil eigener Leistung ist, das erklärt auch den Hinweis auf die Staatszuschüsse. Es handelt sich also auch insofern allenfalls um eine Analogie, die an die Stelle der sozialen Lasten, die von der Ausübung des privaten Eigentums ausgehen, die sozialen Lasten ins Kalkül zieht, die ein jedes subjektives öffentliches Recht, das sich gegen einen Träger der öffentlichen Gewalt richtet, für die Allgemeinheit bedeutet. Insofern aber scheint sich im Unterschied zum Gebrauch des Privateigentums kein Bereich abschichten zu lassen, in dem das Recht innerhalb der Privatsphäre verbleibt. Indessen ist auch hier ein analoges Vorgehen angezeigt, soweit nämlich der Berechtigte die Berechtigung durch eigene Leistung selbst getragen hat, ist es nicht zu einer Belastung der Allgemeinheit gekommen. In dem Maße also, in dem sein Recht durch den personalen Anteil eigener Leistung geprägt ist, kann die "Sozialbindung" nicht geltend gemacht werden. 5. Die allgemeine Kompetenz des Gesetzgebers, im Wege der Inhaltsund Schrankenziehung bestehende Eigentumsrechte zu begrenzen
Bei der analogen Bewertung der Beschränkung eines eigentums rechtlich geschützten subjektiven öffentlichen Rechts außerhalb des unan201 "Denn es kann nicht ernsthaft erwogen werden, daß sie - ,zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen'." BVerfGE 42, 263, 294 (für Vergleichsansprüche; der soziale Bezug und die soziale Funktion der Möglichkeit, durch verbindliche Vergleiche sichere Rechtspositionen zu erwerben, ist evident). Zur Heranziehung des Art. 14 Abs.2 GG bei der Anführung des Verhältnismäßigkeitsprinzips vgl. eingehend Kirchhof, Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1982, Manuskript S.lO/11, der insbesondere zwischen Satz 1 für "ruhendes Eigentum" und Satz 2 für den "Eigentumsgebrauch" unterscheidet. Auch diese feinsinnige Differenzierung ist für die Dogmatik des Teilhaberechts nicht fruchtbar zu machen. 202 Zum sozialen Bezug der individuellen Eigent\llllSlausübung UrIld' zur sozialen Funktion des Eigentumsgegenstandes vgl. BVerfGE 50, 290, 341 f.; ebenso BVerfGE 37, 132, 140; 42, 263, 294; stets geht es um Art. 14 Abs.2 GG. 203 Kritisch gegenüber der Heranziehung der Gesichtspunkte aus dem Mitbestimmungsurteil auch RiLfner. SGb 1981. S. 107.
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentUcher Rechte
tastbaren Kernbereichs sind die Befugnisse, die der Gesetzgeber allgemein zur Begrenzung bestehender Positionen im Sinne des privaten Eigentumsrechts besitzt, von besonderer Bedeutung. Art. 14 Abs.1 GG verpflichtet den Gesetzgeber nämlich nicht unbedingt dazu, die bei einer neuen Regelung bestehenden Eigentumsrechte unbeschränkt fortdauern zu lassen2M ; das einmal in bestimmter Weise inhaltlich abgegrenzte Eigentum ist nicht auf alle Zeiten unantastbar, wenn es erst fest erworben worden ist; es unterliegt vielmehr auch dann noch der Disposition des Gesetzgebers, der die Schranken und den Inhalt des entsprechenden Eigentumstyps neu bestimmt. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gibt dem Gesetzgeber die Befugnis, notwendige Reformen auch unter Beeinträchtigung bestehender Eigentumspositionen zu verwirklichen, er ermächtigt den Gesetzgeber dazu, in bereits begründete Rechte einzugreifen und ihnen einen neuen Inhalt zu geben206 • Er kann individuelle Rechtspositionen umgestalten und sie dabei verengen und begrenzen, und zwar auch so, daß die neuen Vorschriften mit ihrem Inkrafttreten auch für die bisherigen Rechte und Rechtsverhältnisse gelten206• Die Befugnis dazu ist freilich nicht unbeschränkt207• Die Eingriffe müssen durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt sein und dürfen eine Opfergrenze nicht überschreiten. Hält sich der Gesetzgeber in diesem Rahmen, muß er das alte Recht für die nach ihm begründeten und erworbenen Rechtspositionen nicht aufrecht erhalten, sondern kann das neue Recht übergangslos von seinem Inkrafttreten an auch für die bisher erworbenen Rechte und entstandenen Rechtsverhältnisse gelten lassen208• Die Schranken, die er bei derartigen Verschlechterungen von begründeten Rechtspositionen zu beachten hat2", folgen vor allem aus dem Rechtsstaatsprinzip 210. Der Eingriff in konkrete, nach bisherigem Recht 2M Für die überleitung bestehender Rechtslagen, Berechtigungen und Rechtsverhältnisse (vgl. hierzu Götz, Bundesverfassungsgericht und Vertrauensschutz, in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, Bd. H, Tübingen 1976, S.421, 436) steht dem Gesetzgeber ein breiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung. Zwischen der sofortigen, übergangslosen Inkraftsetzung des neuen Rechts und dem ungeschmälerten Fortbestand begründeter subjektiver Rechtspositionen sind vielfache Abstufungen denkbar. Der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht unterliegt nur, ob der Gesetzgeber bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe unter Berücksichtigung aller Umstände die Grenze der Zumutbarkeit überschritten hat, vgl. auch BVertG v. 1. 7.1981, Umdruck S. 51. :205 BVerfGE 42, 263, 294; vgl. a. 31, 275, 284. 208 BVerfGE 31, 275, 285. 207 BVerfGE 21, 73, 82; 25, 112, 117 f.; 26, 215, 222; 31, 275, 289; 42, 263, 305. 208 BVerfGE 36, 281, 293- u. Hinw. a. BVerfGE 31, 275, 284 f. 208 BVerfGE 31, 275, 289; 36, 281, 293.
IV. Rechtsfolgen der Erstreckung von Art. 14 GG
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begründete und durch Art. 14 Abs.1 Satz 1 GG gewährleistete Rechtspositionen bedarf spezieller legitimierender Gründe, der Eingriff muß zum öffentlichen Wohl erforderlich und nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip gerechtfertigt sein211• Dabei reicht es nicht aus, daß die neue Regelung mit der Verfassung zu vereinbaren ist, das würde gerade für die durch das Eigentumsgrundrecht nicht als Institute abgesicherten subjektiven öffentlichen Rechte generell gelten; es ist vielmehr erforderlich, daß gerade der übergangsrechtliche Eingriff, die Einbeziehung der nach altem Recht erworbenen Rechte in das neue sie begrenzende Recht erforderlich ist212• Solche Gründe sind neben der sozialen Funktion des Eigentumsgebrauches und dem sozialen Bezug des Eigentumsobjekts213 vor allem die Notwendigkeit, aus "Änderungen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse" Folgerungen zu ziehen214• 6. Der Ausschluß der Analogie zu Art. 14 Abs. 3 GG
Die Einbeziehung einer öffentlich-rechtlichen Vermögensposition in den Schutzbereich des Art. 14 GG bedeutet gewiß, daß sie in ihrem Kernbestand gegen die entschädigungslose Entziehung gesichert ist. Keineswegs kann daraus auch die Anwendbarkeit des Art. 14 Abs. 3 GG hergeleitet werden. Das Rechtsinstitut der Enteignung ist dazu gedacht, die konkrete Zuordnung einer Sache zum Eigentümer aufzubrechen, es hat nicht die Aufgabe, den Austausch einerVermögensposition mit einem Surrogat zu erlauben. Es ist im Prinzip nicht auf die dem Schutz von Art. 14 GG unterstellten öffentlich-rechtlichen Vermögenspositionen anwendbar, weil sie in aller Regel nicht in der Weise wie Sacheigentum einem Eigentümer zugeordnet sind. Ihre Gewährleistung im Kernbestand schließt es geradezu aus, den Kernbestand im Wege der Enteignung fortzunehmen215 • Die These, alles was den Schutz wie Eigentum oder als Eigentum genießt, unterliege auch der Enteignung, ist verfehlt216 , weil sie weder BVerfGE 36, 281, 293 u. Hinw. a. 34. 139. 146 ff. BVerfGE 36, 281, 293 u. Hinw. a. 31, 275, 289 f. 212 BVerfGE 31, 275, 290. 213 BVerfGE 37, 132, 140; 42, 263, 294. 214 BVerfGE 52, 1, 30. 215 Vgl. dazu auch Papier, VSSR 1973, S. 41 ff. m. zahlr. Nachw. 216 Vgl. Papier, VSSR 1973, S. 42 f. Zu Recht verweist dagegen das Bundesverfassungsgericht - E. v. 15.7.1961, NJW 1982, S.745, 746, auf die Düferenz zwischen der in Art. 14 Abs. 1 GG enthaltenen Bestandsgarantie undJ der durch Art. 14 Abs.3 GG bezirkten Wertgarantie hin. Nur die letztere kommt für die Rentenpositionen in Betracht, vgl. a. Rittstieg, Grundgesetz und Eigentum, NJW 1982, S.721, 724 zur mangelnden Enteignungsfähigkeit von Vermögen. 210 211
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A. Inhalt des Eigentumsschutzes öffentlicher Rechte
der Funktion des Verfassungsinstituts der Enteignung gerecht wird, noch erkennt, daß sich eine analoge Heranziehung von Art. 14 GG naturgemäß auf die jeweils "passenden" Elemente des Grundrechts zu beschränken hat. Das bedeutet, daß eine Enteignung einer öffentlichrechtlichen Rechtsposition nur in Betracht kommt, wenn sie eine dem Sacheigentum entsprechende konkrete Zuordnung herstellt, die im Allgemeininteresse aufgebrochen werden muß - möglicherweise bei Gewerbeberechtigungen.
B. Rentenversicherungsrechtliche Positionen als Gegenstand des Eigentumsschutzes der Verfassung Ob und wieweit eine Berechtigung aus der Rentenversicherung unter den Eigentumsschutz des Grundgesetzes fällt, hängt nach allem davon ab, ob sie im geltenden Rentenversicherungsrecht mit einer Stärke ausgestattet worden ist, die der des Eigentums entspricht; das wiederum setzt voraus, daß der Rentengesetzgeber die Kompetenz zu einer entsprechenden, den künftigen Gesetzgeber bindenden Regelung besaß. Diese Kompetenz ihrerseits hängt davon ab, inwieweit die rentenversicherungsrechtlichen Berechtigungen der privaten Vermögenszuteilung entsprechen, in einem Verhältnis der Äquivalenz zu eigenen Leistungen des Versicherten stehen und auf Abgaben beruhen, die nur in einem Austauschverhältnis legitim erscheinen. Letztlich setzt die Antwort auf alle damit aufgeworfenen Fragen eine genaue Analyse des Rentenversicherungsverhältnisses voraus. I. Darstellung des geltenden Rentenversicherungsrechts Die gesetzliche Rentenversicherung findet ihre Rechtsgrundlage im 4. Buch der Reichsversicherungsordnung, im Angestelltenversicherungsgesetz, im Reichsknappschaftsgesetz und in zahlreichen Nebengesetzen. Während sich die Arbeiterrentenversicherung (RVO) und die Angestelltenversicherung seit 1957 nicht mehr unterscheiden, weist die Knappschaftsversicherung bei grundsätzlicher Übereinstimmung einige Differenzen in der Höhe der Leistungen und Beiträge auf, sie kennt außerdem weitere Risikofälle, in denen sie Leistungen gewährt. Aufgaben der Rentenversicherung sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen "die Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit der Versicherten, die Gewährung von Renten an Versicherte wegen Berufsunfähigkeit oder wegen Erwerbsunfähigkeit und von Altersruhegeld, die Gewährung von Renten an Hinterbliebene verstorbener Versicherter, die Förderung von Maßnahmen zur Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse in der versicherten Bevölkerung sowie die Aufklärung und Auskunft an Versicherte und Rentner". Zu unterscheiden sind sogenannte Mußleistungen, das sind die Leistungen, die die Rentenversicherungsträger zu erbringen haben, wenn
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
die normativen Voraussetzungen vorliegen, und Kannleistungen, das sind Leistungen, die sie nach Ermessen erbringen können. Zu den Mußleistungen, die die Berechtigten beanspruchen können, gehören die Renten an die Versicherten und deren Hinterbliebenen sowie Abfindungen und Beitragserstattungen. Zu den Kannleistungen, bei denen sich der Anspruch der Begünstigten auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung beschränkt, gehören die Maßnahmen der Rehabilitation. 1. Die Invaliditätsrente
a) Die einzelnen Versicherungsfälle Den Schutz im Fall der Invalidität, d. i. die voraussichtlich andauernde Erwerbsbeschränkung wegen Krankheit oder Gebrechens, hat die gesetzliche Rentenversicherung seit dem Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz vom 22. Juni 1889 (RGBl. S.97) für die Arbeiter und seit dem Angestelltenversicherungsgesetz vom 20. Dezember 1910 für die Angestellten übernommen. Im Laufe der Zeit ist der Begriff der Invalidität nicht unverändert geblieben, die Voraussetzungen des Versicherungsschutzes und die Höhe der Leistungen, insbesondere ihre Berechnungsart, haben grundlegenden Wandel erfahren, die tiefgreifenden Differenzen zwischen der Arbeiterrentenversicherung und der Angestelltenversicherung sind dabei abgeschliffen worden. Entsprechendes gilt für das Sondersystem der knappschaftlichen Rentenversicherung, das allerdings trotz prinzipieller Anlehnung an das der übrigen Rentenversicherungen eine Reihe von Besonderheiten beibehalten hat. In der Rentenversicherung der Arbeiter wurde die Erwerbsbeeinträchtigung bis zum Jahre 1957 als "Invalidität" bezeichnet, sie war gegeben, wenn der Betroffene nicht mehr das sogenannte gesetzliche Lohndrittel verdienen konnte, wobei der ortsübliche Lohn des ungelernten Arbeiters zugrunde gelegt wurde. In der Rentenversicherung der Angestellten sprach man von der Berufsunfähigkeit, sie war erreicht, wenn die Arbeitsfähigkeit auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken war (§ 25 GVfA v. 5. 12. 1911, RGBl. S. 989). Seit 1957 sind in beiden Versicherungszweigen zwei Stufen der Erwerbsbeeinträchtigung zu unterscheiden, nämlich die Berufsunfähigkeit und die Erwerbsunfähigkeit, sie schließen einander wechselseitig aus, entsprechendes gilt für die Altersrente, die die Invalidenrente verdrängt. "Berufsunfähig ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwächen seiner körper-
I. Das geltende Rentenrecht
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lichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die der Versicherte durch Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden ist" (§ 1246 RVO, § 23 A VG, § 46 RKG). Durch die Berufsunfähigkeitsrente soll der Betroffene vor einem beruflichen und sozialen Abstieg, d. h. vor Ansehensverlust und Einkommensverlust abgesichert werden; das hat sich als wenig praktikabel erwiesen; neuere Vorschläge erwägen eine stärker abgestufte Sicherung vor Einkommenseinbußen infolge beruflicher Leistungsminderung. "Erwerbsunfähig ist der Versicherte, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann. Nicht erwerbsunfähig ist, wer eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt" (§ 1247 RVO, § 24 AVG, § 47 RKG). Der Lohnausfall durch Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit wird durch eine Invalidenrente aufgefangen. Die knappschaftliche Versicherung hat bis 1957 eine gesonderte Entwicklung genommen. Seither kennt auch sie die Versicherungsfälle der Berufs- und der Erwerbsunfähigkeit, dazu aber noch den Versicherungsfall der verminderten bergmännischen Berufsfähigkeit. Bergmannsrente erhält nach § 45 RKG der Versicherte, der a) vermindert bergmännisch berufsfähig ist und eine Wartezeit von 60 knappschaftlichen Versicherungsmonaten erfüllt hat, oder b) das fünfzigste Lebensjahr vollendete, im Vergleich zur bisherigen knappschaftlichen Arbeit keine wirtschaftlich gleichwertigen Arbeiten mehr ausübt (Lohnabfall von mind. 7,5 0/0), und eine Versicherungszeit von 300 Kalendermonaten mit ständigen Arbeiten unter Tage oder diesen gleichgestellten Arbeiten nachweist. Vermindert bergmännisch berufsfähig ist, wer weder imstande ist, die von ihm bisher ausgeübte knappschaftliche Tätigkeit noch andere 6 Krause
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige zumutbare Arbeiten in
knappschaftlichen Betrieben auszuüben (Lohnminderung von mind. 12,5 Ufo).
Durch die Bergmannsrente soll die Lohnminderung ausgeglichen werden, die im allgemeinen beim Wechsel von der Tätigkeit im Bergbau zu einer minderentlohnten Arbeit eintritt. Die Bergmannsrente fällt weg mit der Gewährung der Knappschaftsrente oder des Knappschaftsruhegeldes. Daneben wird eine Knappschaftsausgleichsleistung auf Antrag unter bestimmten Bedingungen an Versicherte gewährt, die ihre Tätigkeit im Bergbau nach Vollendung des 55. Lebensjahres aufgeben müssen, bei einer Versicherungszeit von 300 Kalendermonaten (§ 98 a RKG), daneben wird eine Knappschaftsrente nicht gezahlt. Die Rentenempfänger einschließlich der Hinterbliebenen sind - jetzt wiederum nur, wenn der Versicherte längerzeitig Mitglied der Krankenversicherung war - auch gegen das Risiko der Krankheitskosten durch die gesetzliche Krankenversicherung geschützt (§ 165 Abs. 1 Nr.3 RVO).
b) Wartezeit und Anwartschaftserhaltung Der Bezug von Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sowie von Hinterbliebenenrenten setzt voraus, daß eine Wartezeit vor Eintritt der "Invalidität" erfüllt ist; auf die Warzeit werden Beitragszeiten und Ersatzzeiten angerechnet. Die Wartezeit beträgt grundsätzlich 5 Jahre, in Sonderfällen (Arbeitsunfall oder anderer Unfall alsbald nach Eintritt in das Berufsleben) wird auf die Wartezeit verzichtet (§ 1252 RVO). Die Wartezeit dient dazu, schlechte Risiken aus der Versicherung femzuhalten und gewährleistet außerdem, daß die Invalidenversicherung eine "Versicherung" bleibt, d. h. daß niemand Ansprüche erwerben kann, bei dem das Risiko bereits eingetreten ist. Davon gibt es heute eine - systemfremde - Ausnahme, der anfänglich Invalide !rann nach einer Versicherungszeit von 20 Jahren Anspruch auf eine Invalidenrente erwerben. Früher reichte es allerdings nicht aus, die Wartezeit zu erfüllen, die Anwartschaft mußte auch - wie heute noch in Österreich - durch Fortsetzung der Beitragszahlung erhalten werden. Anderenfalls verfiel der Versicherungsschutz ersatzlos. Nach gegenwärtigem Recht kann die Unterbrechung der Beitragsleistung den Versicherungsschutz nur noch schmälern, weil damit Zurechnungszeiten entfallen, die nicht durch Beitragszeiten ersetzt werden oder weil es an der Halbbelegung fehlt, die für die Anrechnung von Ausfallzeiten (§ 1259 Abs. 3 RVO) und der Zurechnungszeiten (§ 1260 Satz 2 RVO) erforderlich ist.
I. Das geltende Rentenrecht
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c) Rentenhöhe
Die Höhe der Renten ist ein Produkt aus drei Faktoren, nämlich dem Faktor der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre (vj), dem Faktor des Steigerungssatzes, der von dem Typus der Rente abhängt (Sts) und dem Faktor der für den Versicherten maßgebenden persönlichen Bemessungsgrundlage (Bgrdlg), d. h. Jahresbetrag der Rente = Vj X Sts X Bgrdlg, bzw. vier Faktoren, weil die persönliche Bemessungsgrundlage selbst ein Produkt der allgemeinen Bemessungsgrundlage und eines individuellen Vomhundertsatzes ist.
Anrechnungsfähig als Versicherungsjahre sind die Zeiten, in denen Beiträge geleistet wurden (Beitragszeiten), Zeiten, in denen der Betroffene infolge Krieges oder politischer Verfolgung nicht arbeiten konnte (Ersatzzeiten), Zeiten von Krankheit, Arbeitslosigkeit und Ausbildung (Ausfallzeiten) sowie u. U. eine sogenannte Zurechnungszeit. Durch die Zurechnungszeit wird fingiert, als sei der Versicherungsfall frühestens mit der Vollendung des 55. Lebensjahres eingetreten, um zu verhindern, daß infolge zu geringer anrechnungsfähiger Versicherungszeiten Minimalrenten anfallen. Im Normalfall werden durch das Zusammenwirken von Beitrags-, Ausfall- und Ersatzzeiten sowie der Zurechnungszeit mindestens 39 Jahre angerechnet, bei "Pensionierung" mit 65 Jahren sogar 49 Jahre. Zu geringerer Anrechnung kommt es nur bei einem Wechsel zwischen Arbeitnehmertätigkeit und nicht versicherter selbständiger Tätigkeit oder - für Frauen - Tätigkeit in Haushalt und Familie. Auch wer in die Beamtentätigkeit hineinwechselt, kann geringere Zeiten aufweisen. Der Steigerungssatz (Sts) beträgt bei der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit 1,5010, bei der Berufsunfähigkeitsrente 1010. Die für den Versicherten maßgebende Bemessungsgrundlage (Bgrdlg) ist ihrerseits ein Produkt aus der allgemeinen Bemessungsgrundlage und einem für den Versicherten spezifischen Faktor. Die allgemeine Bemessungsgrundlage, die jährlich neu festgesetzt wird (derzeit - 1981 - DM 22787,-), spiegelt die Dynamik der allgemeinen Lohnentwicklung wider. Der für den Versicherten maßgebliche Faktor setzt sein persönliches Individualeinkommen ins Verhältnis zum Durchschnittseinkommen aller Versicherten, dabei wird sein Einkommen, aus dem seine Beiträge berechnet und bezahlt worden sind, Jahr für Jahr mit dem Einkommen aller Versicherten verglichen und dann ein Durchschnittswert dieser Relation ermittelt, er ist theoretisch auf 200 010 begrenzt, faktisch überschreitet er - von Ausnahmen sehr alter Versicherungszeiten abgesehen 160010 kaum jemals.217. 217 s. a. Schmähl, Beitragszahlungen ohne Rentenanspruch? Sozialer Fortschritt 1981, S. 199 ff. (201). 6·
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
Der durch die Rentenformel über das Element der allgemeinen Bemessungsgrundlage gewährleistete Anpassungsautomatismus der Zugangsrenten218 weist einige besondere Strukturen auf, die der Darstellung bedürfen. Ursprünglich war allgemeine BemessungsgrundZage das durchschnittliche Bruttojahresarbeitsentgelt aller Versicherten im Mittel des dreijährigen Zeitraumes vor dem Kalenderjahr, das dem Eintritt des Versicherungsfalls voraufgegangen ist (vgl. § 1255 Abs.2 RVO in der ab 1957 geltenden Fassung). Die Folge des Nachhinkens der allgemeinen Bemessungsgrundlage ist, daß das Rentenniveau mit dem Grade der Bruttolohnentwicklung absinkt. Solange die Lohnsteigerungsrate unverändert bleibt oder nur konjunkturell um einen Mittelwert schwankt, bleibt die Relation zwischen Ersatzrente (Altersruhegeld eines Versicherten mit vierzig Versicherungsjahren und einer persönlichen Bemessungsgrundlage von 100 Ofo = Durchschnittsverdiener) I.md Durchschnittslohn (durchschnittliches Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten) konstant (stabiles bruttolohnbezogenes Rentenniveau). Ändert sich der Lohntrend jedoch nachhaltig, so ändert sich auch das Rentenniveau219 • Das ist auch der Hintergrund dafür, daß die Relation zwischen den erhobenen Beiträgen und den erforderlichen Rentenleistungen - bei unterstellter Konstanz aller anderen Variablen - davon bestimmt wird, welche Lohnsteigerungsrate zugrunde gelegt wird. Weil das Rentenniveau mit der Höhe des Lohnsteigerungssatzes sinkt, besteht im Interesse der Finanzierbarkeit der Rentenversicherung ein Interesse an hohen Lohnsteigerungsraten, wenigstens solange der Gesetzgeber die Alternative einer Modifikation der Rentenformel scheut. Durch das 20. und 21. Rentenanpassungsgesetz hat der Gesetzgeber zu einer Veränderung gegriffen, die die allgemeine Bemessungsgrundlage weniger ansteigen ließ und dadurch das Rentenniveau bewußt gemindert, für die Zeit nach 1981 jedoch die alte Dynamik auf der geminderten Basis fortgeführt (vgl. § 1255 Abs. 2 RVO i. d. F. des Gesetzes vom 1. 12. 1981, RGBl. I S. 1205). Der individuelle Vomhundertsatz der allgemeinen Bemessungsgrundlage, der für den jeweiligen Versicherten maßgeblich ist, entspricht dem 218 Das Gesetz bestimmte seit 1957 zunächst, daß die allgemeine Bemessungsgrundlage für die Zugangsrenten abweichend von der Grundregel durch Gesetz - dem Sinne nach niedriger - festgesetzt werden konnte, wenn die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung es erfordert. Dieser ausdrückliche Vorbehalt wurde mit Wirkung vom 1. 8. 1969 aufgehoben, weil er keine praktische Bedeutung erlangt hatte. 218 Vgl. Grohmann, Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland auf die gesetzliche Rentenversicherung, Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft, 1981, S.49, 53; dens., Ist die Rentenformel reformbedürftig?, in: Alterssicherung als Aufgabe für Wissenschaft und Politik, Helmut Meinhold zum 65. Geburtstag, hrsgg. v. Klaus Schenke und Winfried Schmähl, 1980, S. 413 ff.
1. Das geltende Rentenrecht
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durchschnittlichen Verhältnis, in dem während der zurückliegenden Beitragszeiten das versicherte Bruttoarbeitsentgelt des Versicherten zu dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt der Versicherten der Rentenversicherung gestanden hat. Problematisch ist dabei, ob die beitragslosen Versicherungszeiten in die Bewertung einbezogen werden, insbesondere die Ausfall- und Ersatzzeiten; das war zunächst nicht der Fall (vgl. aber RVÄndG vom 9.6.1965, BGBl. I S.476; 20. RAG vom 27.6.1977, BGBl. I S. 1040). Rentenempfänger aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind in der Regel in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert, die Regelungen haben mannigfaltige Änderungen erfahren. Auch soweit der Rentner nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist, hat er einen Anspruch auf einen Beitragszuschuß zu einer freiwilligen oder privaten Krankenversicherung, der nach § 381 Abs. 4 RVO a. F. für alle gleich bemessen war, heute gemäß § 1304 c RVO auf 11,8 % der Rente festgesetzt ist (vgl. §§ 381 Abs.2, 383, 385, 393 a, 393 b, jeweils in der Fassung des Gesetzes vom 1. 12. 1981, BGBl. I S. 1205 ff.). Schließlich tritt zu den Versichertenrenten - nicht zu den Witwenrenten - noch ein Kinderzuschuß hinzu, der für alle gleich hoch ist, früher an der Dynamik teilnahm und heute auf einen absoluten Betrag festgesetzt ist (§ 1262 RVO, zur Dynamisierung bei Vollwaisen s. § 1269 RVO). Die Regelungen über die Anrechnung von Ausfallzeiten und der Zurechnungszeit bewirken, daß der Versicherte, der unmittelbar nach Abschluß seiner Schul- oder Hochschulausbildung mit der Leistung von Beiträgen zur Rentenversicherung beginnt und sie nur im Falle der Arbeitslosigkeit, der Arbeitsunfähigkeit oder der Invalidität (Berufsoder Erwerbsunfähigkeit) unterbricht, sogleich vom Eintritt in die Versicherung an einen Anspruch auf Versicherungsschutz hat, bei welchem 39 Versicherungsjahre zugrundezulegen sind. Er steigert seinen Versicherungsschutz durch die Fortsetzung der Beitragszahlung bis zum 55. Lebensjahr nur insofern, als er - relativ zum Durchschnittseinkommen - höhere Beiträge leistet; allerdings würde er seinen Versicherungsschutz senken, wenn er aus einem anderen als den oben bezeichneten Gründen seine Beitragsleistung unterbrechen oder zur Leistung von geringeren Beiträgen übergehen sollte. Bei Unterbrechung der Beitragszahlung muß der Versicherte nicht allein mit dem Verlust der auf die Unterbrechung entfallenden Versicherungszeit rechnen, er verliert u. U. auch den Anspruch auf die Anrechnung weiterer Zeiten, insbesondere der Ausfall- und Zurechnungszeiten. Erst wenn der Versicherte über das 55. Lebensjahr hinaus Beiträge leistet oder die Beitragszahlung wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit unter-
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
bricht, erhöht er die anrechnungsfähigen Versicherungsjahre. Danach sind Renten mit einer geringeren Anzahl von Versicherungsjahren nur bei Personen mit einem unsteten Versicherungsleben zu erwarten, insbesondere bei Selbständigen, die von der Möglichkeit der Versicherungspflicht auf Antrag keinen Gebrauch machen und sich nicht freiwillig versichern und dann später eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, bei Arbeitnehmern, die umgekehrt in den Status eines Selbständigen oder eines Beamten wechseln und ihre Versicherung nicht mehr fortsetzen, sowie bei Frauen (oder Männern), die ihr Berufsleben zugunsten häuslicher Tätigkeit unterbrechen. Die Knappschaftsrenten werden bei gleicher Rentenformel etwas abweichend berechnet, die allgemeine Bemessungsgrundlage liegt geringfügig höher, von stärkerer Bedeutung sind die anderen Steigerungssätze, nämlich 1,2 bzw. 1,8 % für die Berufsunfähigkeitsrente, je nachdem, ob der Versicherte noch knappschaftlich arbeiten kann, und von 2 Ufo für die Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente. Damit liegt das Bruttorentenniveau in der Knappschaftsversicherung um ein Drittel höher als in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten. Ursprünglich waren die Steigerungssätze nach der Rentenreform von 1957 noch höher, nämlich 2,5 Ufo. Diese Steigerungssätze hat der Gesetzgeber aber beseitigt und sie dabei auch für Bestandsrenten zumindest im Zusammenhang mit der jährlichen Anpassung durch Abschmelzung auf das neue Rentenniveau abgesenkt220 • Auch der Steigerungssatz für die Knappschaftsausgleichsleistung beträgt 2 Ufo. Der Steigerungssatz bei der Bergmannsrente beträgt 0,8 Ufo, eine Zurechnungszeit wird nicht angerechnet. Zu den derart berechneten Renten tritt neben den in der sonstigen Rentenversicherung üblichen Zuschlägen - teils wie die Kinderzuschläge auf höherem Niveau - nach § 59 RKG ein Leistungszuschlag. d) Anpassung der Bestandsrenten
Die Bestandsrenten sind nicht wie die Zugangsrenten über die Rentenformel automatisch dynamisiert, sie sind aber nach § 1272 RVO jährlich anzupassen, und wurden daher auch bei einer Unterbrechung mit einjähriger, zeitweilig nur halbjähriger Verspätung jährlich entsprechend den Zugangsrenten angepaßt. Insgesamt ist der durchschnittliche Monatsbetrag der Versichertenrenten in der Arbeiterrentenversicherung in der Zeit seit der Renten~o Dabei wurde im Regelfall wenn auch nicht immer - eine Minderung des Rentenzahlbetrages vermieden, vgl. Ilgenfritz, Änderungen im Bereich der Knappschaftsversicherung, BABl.l968, 73 (78 f.); Zacher / Ruland, Der Bestandsschutz von Sozialversicherungsrenten in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, in: SGb 1974, S. 441 ff .., 441.
1. Das geltende Rentenrecht
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reform bis 1980 von 143,20 DM auf 679,10 DM, in der Angestelltenversicherung von 227,20 DM auf 1028,80 DM und in der knappschaftlichen Rentenversicherung von 197,18 DM auf 1471,40 DM gestiegen, d. h. auf über das Vierfache. Das Bruttorentenniveau ist zwar in der Zeit von 1957 bis 1971 von 50,9 Ufo auf 41,5 Ufo im Jahre 1971 abgesunken und danach trotz der Eingriffe des 21. RAG 1980 wieder auf 44,6 Ufo gestiegen. Abweichend davon ist das Nettorentenniveau von 59,3°/1) im Jahre 1957 auf 52,5 Ufo bis 53 Ufo im Jahre 1961 abgesunken, hat dann zwischen 1967 und 1974 wieder bei rund 57 Ufo gelegen, ist anschließend steil angestiegen bis auf einen Gipfel von 66,2 Ufo, um inzwischen nach den Eingriffen des 20. und 21. RAG auf einen Satz von 63,8 Ufo im Jahre 1980 abzufallen, der freilich noch wesentlich über dem von 1957 liegt. e) Die Bedeutung der Rentenreform 1957
Bis zum Jahre 1957 wurden die Renten abweichend berechnet, sie setzten sich aus einem für alle Versicherten gleichen Grundbetrag der in der Rentenversicherung der Arbeiter durch einen Reichszuschuß getragen wurde - und aus Steigerungsbeträgen, die der absoluten Höhe der geleisteten Beiträge gemäß bemessen waren, zusammen. Es ist evident, daß damit die Renten in ihrer Höhe nivelliert wurden, daß sie, je früher der VerSicherungsfall eintrat, um so niedriger bemessen waren und daß sie schließlich nicht an der Lohn- und Preisentwicklung teilnahmen; andererseits konnte damit eine Finanzierung durch das sogenannte Anwartschaftsdeckungsverfahren gewählt, d. h. eine Globaläquivalenz von Leistungen und Beiträgen hergestellt und aufrecht erhalten werden. Die abgesehen von den Grundbeträgen im Prinzip beitragsäquivalente Rente in der Arbeiterrentenversicherung und in der Angestelltenversicherung erwies sich überdies als unzureichend, sie konnte der - obschon von 1881 bis 1950 erheblich langsamer als heute verlaufenden - Steigerung des Lohn- und Preisniveaus nicht gerecht werden. Daher sah sich der Gesetzgeber in zeitlich großen Abständen dazu genötigt, nicht allein den aus Steuermitteln finanzierten Grundbetrag der Arbeiterrentenversicherung zu erhöhen, was zwar ohne Ab,weichung vom Anwartschaftsdeckungsverfahren möglich gewesen wäre, aber die Renten trotz unterschiedlicher Beiträge mehr und mehr einander angeglichen hätte, sondern auch die Steigerungsbeträge und den Grundbetrag in der Angestelltenversicherung zu erhöhen, was das Anwartschaftsdeckungsverfahren zerstören mußte. Überdies hatte die Ab,. hängigkeit der Steigerungsbeträge von der Summe der entrichteten Beiträge zur Folge, daß bei kurzer Versicherungsdauer auch nur geringe Steigerungsbeträge anfielen, die Rentenversicherung war damit nicht in der Lage, das Risiko der Frühinvalidität differenziert abzudecken,
B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
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sondern zog den Lebensstandard mehr oder minder auf das Niveau des Grundbetrages herab, der das Existenzminimum nicht gewährleistete. Schließlich aber führte umgekehrt die Gewährung eines Grundbetrages zu überhöhten Leistungen, weil sie auch den Personen zugute kam, die erst spät in die Rentenversicherung eintraten und sich dann für geringe Beiträge eine durch den Grundbetrag relativ hohe Rente sichern konnten. Dazu kamen zweimal - in der Inflation nach dem 1. Weltkrig und in dem Währungsverfall nach dem 2. Weltkriegexorbitante Geldentwertungen, die zu einer Währungsreform zwangen; in beiden Fällen hätte die Rentenversicherung ihre Aufgabe verfehlt, wenn sie ihre Leistungen nicht aufgewertet hätte; sie stellte sie daher nach dem Prinzip "Mark gleich Mark" um, obwohl das Anwartschaftsdeckungsvermögen selbst weitgehend durch den Geldwertverfall aufgezehrt worden war. Das waren die Gründe, die zum übergang auf die neuartige Rentenberechnungsformel im Jahre 1957 führten. Durch die Rentenreform selbst stieg das Rentenniveau außerordentlich an, die Durchschnittsrente machte von 1956 bis 1957 in der Arbeiterrentenversicherung einen Sprung von 90,20 auf 143,20 DM, in der Angestelltenversicherung von 137,80 auf 227,20 DM und in der knappschaftlichen Rentenversicherung von 197,18 auf 264,18 DM. 2. Die Altersrente
Das Risiko des Alters von regelmäßig 65 Jahren, in Sonderfällen schon von 60 Jahren, wird von der Rentenversicherung durch Rente in Form des Altersruhegeldes abgedeckt. Für die Berechnung und die Voraussetzung der Rente gilt das zur Invalidenrente Gesagte. Der Steigerungssatz beträgt 1,5 %221. Für das Altersruhegeld wird eine Wartezeit von 15 Jahren vorausgesetzt (vgl. § 1248 Abs.5 i. V. m. Abs.7 Satz 2 RVO, § 25 Abs. 5 i. V.m. Abs. 7 Satz 2 A VG, § 48 Abs. 5 i. V. m. § 49 Abs. 3 Satz 2 RKG) , bei vorzeitigem Altersruhegeld beträgt sie sogar 35 Jahre (vgl. im einzelnen § 1248 Abs. 1 i. V. m. Abs.7 Satz 1 RVO, § 25 Abs. 1 i. V. m. Abs.7 Satz 1 AVG, § 48 Abs. 1 i. V. m. § 49 Abs. 3 Satz 1 RKG). Wer die Wartezeit von 15 Jahren nicht erfüllt, bleibt nicht ohne jede "Alters"-Sicherung. Wird er nämlich infolge fortgeschrittenen Alters berufs- oder erwerbsunfähig, erhält er schon aufgrund der Wartezeit von fünf Jahren Invalidenrente. Das Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung setzt den Eintritt des Versicherungsfalles des Alters voraus (zum Begriff des VerSicherungsfalles vgl. BSGE 20, 48 [50)). Die wichtigsten Versicherungsfälle des Alters in der gesetzlichen Rentenversicherung sind die Vollendung des 63. Lebensjahres 221
In der knappschaftlichen Rentenversicherung 2 %.
I. Das geltende Rentenrecht
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(§ 1248 Abs.l RVO, § 25 Abs.l AVG, § 48 Abs.l Nr.l RKG), die Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 1248 Abs. 5 RVO, § 25 Abs. 5 AVG, § 48 Abs.5 RKG) und u. U. die Vollendung des 60. Lebensjahres (vgl. § 1248 Abs. 2 RVO, § 28 Abs. 2 A VG, § 48 Abs. 2 RKG; für Frauen vgl. a § 1248 Abs. 3 RVO, § 25 Abs. 3 AVG, § 48 Abs. 3 RKG). Dabei sind Empfänger von vorgezogenem Altersruhegeld (vor Vollendung des 65. Lebensjahres) in ihrer weiteren Erwerbstätigkeit bestimmten Beschränkungen unterworfen (vgl. § 1248 Abs. 4 RVO, § 25 Abs. 4 A VG, § 48 Abs. 4 RKG). In den meisten Fällen darf der Rentner nicht mehr als 1 000,- DM monatlich hinzuverdienen (§ 1248 Abs. 4 Satz 1 b RVO, § 25 Abs. 4 Satz 1 b A VG, § 48 Abs. 4 Satz 1 b RKG). Wird diese Grenze überschritten, fällt das Altersruhegeld weg. Die Altersgrenze, die durch das Invalidenversicherungsgesetz von 1889 auf 70 Jahre festgesetzt worden war, ist im Laufe der Zeit mehrfach verändert worden, über das 65. Jahr auf die flexible Altersgrenze von 63 Lebensjahren, bis hin zum 60. Lebensjahr für weibliche Versicherte, zeitweilig im Saarland für alle Versicherten oder heute für bestimmte Gruppen von Versicherten bzw. unter besonderen Umständen. In keinem Fall ist bei der Inanspruchnahme einer abweichend von der allgemeinen Altersgrenze vorzeitigen Altersrente ein versicherungsmathematischer Abschlag vorgenommen worden, dagegen kennt das geltende Recht bei verspäteter Inanspruchnahme des Altersruhegeldes einen begrenzten Rentenzuschlag, der jedoch hinter dem versicherungsmathematisch gebotenen Zuschlag zurückbleibt. 3. Die Hinterbliebenenrente
Beim Tode von Personen, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, erhalten Witwen (eingeschränkt auch Witwer, die unterhaltsbedürftig sind) und Waisen Hinterbliebenenrenten nach § 1263 RVO, § 40 AVG, § 63 RKG. Die Witwenrente beträgt in der Regel 60 % der Rente, die der Verstorbene bei Erwerbsunfähigkeit erhalten hätte; nur die jüngere, kinderlose, voll erwerbsfähige Witwe erhält, solange der Zustand anhält, weniger, nämlich nur 60 % der ohne Zurechnungszeit berechneten Berufsunfähigkeitsrente des Verstorbenen. Die Waisenrenten betragen bei Vollwaisen 20 Ofo und bei Halbwaisen 10 Ofo der Erwerbsunfähigkeitsrente des Verstorbenen, dazu tritt bei Halbwaisen ein Kinderzuschuß von derzeit 1 834,80 DM jährlich (§ 1262 Abs. 4 RVO, § 39 Abs. 4 A VG), in der Knappschaftsversicherung in Höhe von 1 854,- DM (§ 60 Abs. 4 RKG) und bei Vollwaisen von einem Zehntel der für die Berechnung der Versichertenrente maßgebenden allgemeinen Bemessungsgrundlage,
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
d. h. derzeit 2187,- DM jährlich. Die Summe der Hinterbliebenenrenten darf die Rente, die der Versicherte erhalten hätte, nicht überschreiten (§ 1270 RVO, § 47 AVG, § 70 RKG). Die Gewährung der Hinterbliebenenrente ist wie die der Invalidenrente von der Erfüllung einer Wartezeit abhängig, auf die unter gleichen Voraussetzungen verzichtet werden kann. In der ursprünglichen Arbeiterrentenversicherung hatte es keine Hinterbliebenenrenten gegeben. Sie wurden erstmals mit der Reichsversicherungsordnung und dem Angestelltenversicherungsgesetz eingeführt. In beiden war eine unbedingte Waisenrente vorgesehen; eine unbedingte Witwenrente kannte nur die Angestelltenversicherung, dagegen erhielt in der Arbeiterrentenversicherung anfänglich nur die invalide Witwe eine Rente, später - vorwiegend infolge der Bevölkerungspolitik des Nationalsozialismus - wurden auch ältere Witwen mit bestimmter Kinderzahl einbezogen. Erst nach dem 2. Weltkrieg 1949 - kam es auch in der Arbeiterrentenversicherung zur Einführung der unbedingten Witwenrente, u. a. um die Versorgung der "Kriegswitwen" auf die Versicherungsgemeinschaft abzuwälzen. Ihren vorläufigen Schlußpunkt erreichte die Entwicklung mit der Rentenreform von 1957. 4. Leistungen zur Rehabilitation und zusätzliche Leistungen
Außer den Renten - sogar mit Vorrang vor ihnen (§ 7 RehaAngG) - gewähren die Rentenversicherungsträger den Versicherten auch medizinische, berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation (§§ 1235 ff. RVO). Die Gewährung dieser Leistungen steht allerdings im pflichtgemäßen Ermessen der Rentenversicherungsträger, d. h. der Anspruch des Versicherten kann sich nicht unmittelbar auf sie, sondern nur darauf richten, daß die Leistungsträger von ihrem Ermessen fehlerfrei Gebrauch machen. Es erscheint ausgeschlossen, daß daraus eine eigentumsgleich zu schützende Rechtsposition des Versicherten erwachsen könnte, wonach die Beseitigung der grundsätzlichen Möglichkeit, in den Genuß der Rehabilitationsleistungen kommen zu können, an Art. 14 GG zu kontrollieren wäre. Entsprechendes gilt verstärkt für die zusätzlichen Leistungen der Rentenversicherung nach §§ 1305 ff. RVO. Sie bleiben daher in dieser Untersuchung ausgeklammert. 5. Beitragserstattungen und Abfindungen
Das Rentenversicherungsrecht hat regelmäßig vorgesehen, daß Beiträge unter bestimmten Voraussetzungen erstattet werden, wenn der Versicherte noch keinen Versicherungsschutz erworben hat, weil er die
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Wartezeit nicht erfüllt, und wenn er auch noch keine Leistungen - zur Rehabilitation - aus der Versicherung erhalten hat. Dabei sind stets die Beiträge nur zum Teil erstattet worden, offenbar weil der Rentenversicherungsträger schon ein gewisses Risiko (Wartezeitfiktion und Möglichkeit von Rehabilitationsleistungen) getragen hat. Gegenwärtig besteht dieser Anspruch auf Beitragserstattung, wenn das Versicherungsverhältnis vor Erreichung der Wartezeit endet und nicht freiwillig fortgesetzt werden kann, wenn der Versicherte vor Erreichung der Wartezeit erwerbsunfähig wird und die Wartezeit für das Altersruhegeld nicht mehr bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erfüllen kann, oder für die Witwe oder den Witwer, wenn diese nur mangels Erfüllung der Wartezeit keine Hinterbliebenenrente erhalten. Durch die Erstattung wird die Versicherungszeit getilgt. Ansprüche können auf sie nicht mehr gestützt werden. Früher kannte das Recht auch die Erstattung von Beiträgen wegen Heirat; grundlegend war der Gedanke, daß die Sicherung der Ehefrau über den Ehemann vermittelt wurde und eine eigenständige Sicherung deshalb nicht notwendig erschien. Die Regelung ist inzwischen beseitigt worden. Die Verweisung der hinterbliebenen Ehefrau an den neuen Ehemann findet aber noch dadurch statt, daß die Witwenrente bei Wiederheirat erlischt. An ihre Stelle tritt eine Abfindung (§ 1302 RVO); die Rente kann - allerdings nur einmal - wiederaufleben (§ 1291 RVO). 6. Das Beitragsrecht der Rentenversicherung
In der Arbeiterrentenversicherung sind nach § 1227 RVO alle Arbeiter pflichtversichert, in der Angestelltenversicherung zu den gleichen Bedingungen nach § 2 A VG sämtliche Angestellten, in der knappschaftlichen Versicherung alle Arbeitnehmer, die in knappschaftlichen Betrieben tätig sind (§§ 1 ff. RKG); pflichtversichert sind außerdem zunehmend Selbständige (vgl. § 1227 Abs.1 Nr. 3,4 RVO, § 1 HwVG, § 2 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 a AVG). Die Pflichtversicherung tritt unmittelbar ex lege ein, sie bedeutet, daß für den Pflichtversicherten Beiträge zu entrichten sind, sie bedeutet dagegen in der Rentenversicherung im Unterschied zur Krankenversicherung oder Unfallversicherung nicht, daß der Pflichtversicherte unmittelbar Versicherungsschutz genießt; Eintritt und Umfang des Versicherungsschutzes hängen vielmehr grundsätzlich von den tatsächlich - zu Recht - geleisteten Beiträgen ab, die nur in Ausnahmefällen fingiert werden. Neuerlich kennt das Gesetz auch eine sogenannte
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
"Pflichtversicherung auf Antrag" (§ 1227 Abs.1 Nr.9 RVO, § 2 Abs.1 Nr.ll AVG); dabei handelt es sich um die verbindliche Begründung einer Beitragspflicht nach Maßgabe des Erwerbseinkommens durch Willenserklärung des betroffenen Selbständigen. Eine besondere Rentenversicherung für Selbständige hat das Gesetz über die Altershilfe für Landwirte begründet; sie wird hier ebenso wie die Handwerkerversicherung wegen ihrer Besonderheiten ausgeklammert. Das Künstlersozialversicherungsgesetz bezieht die selbständigen Künstler stärker als bislang in die Rentenversicherung ein. Neben der Pflichtversicherung ist auch eine freiwillige Versicherung möglich, die Bedingungen, unter denen sie aufgenommen werden kann, haben immer wieder gewechselt. Bei ihrer Einführung stand sie jedermann offen, später war für eine gewisse Zeit nur eine freiwillige Weiterversicherung möglich, die die vorherige Erfüllung der kleinen Wartezeit von 60 Kalendermonaten voraussetzte, heute gilt das nur noch für Beamte, während alle anderen Personen sich freiwillig versichern können. Freiwillige Versicherung heißt nichts anderes als das Recht, Beiträge zur Rentenversicherung zu entrichten, es besteht dagegen keine Pflicht zur Beitragsentrichtung. Die Höhe der Beiträge bemißt sich nach dem Einkommen aus der Beschäftigung, die den Zugang zur Rentenversicherung vermittelt, bei der freiwilligen Versicherung steht sie im Belieben des Versicherten; die gesetzliche Rentenversicherung kennt keine Risikozuschläge wegen höheren Eintrittsalters oder höherer Morbidität oder weil der Versicherte verheiratet ist und daher potentiell Hinterbliebene hinterlassen kann. Sie kennt auch nicht, wie die private Lebensversicherung, die Möglichkeit, gleichen Versicherungsschutz trotz verkürzter Versicherungszeit durch eine entsprechende Beitragserhöhung auszugleichen. In der Rentenversicherung der Arbeitnehmer sind die Beiträge grundsätzlich in voller Höhe vom Arbeitgeber zu zahlen, er darf sich aber nur - durch Lohnabzug der Beitragshilfe beim Arbeitnehmer schadlos halten; in der knappschaftlichen Rentenversicherung, die auch höhere Leistungen vorsieht, ist der Arbeitgeberanteil an den Beiträgen höher. Der gesetzlichen Rentenversicherung fehlen Instrumente, die der privaten Lebensversicherung die kontinuierliche Beitragsleistung bis zum Eintritt des Versicherungsfalles gewährleisten, insbesondere eine obligatorische Beitragspflicht des Versicherten, die von dessen rechtlicher und tatsächlicher Lage unabhängig ist. Soweit der Betroffene freiwillig versichert ist, kann er jeden Tag die Beitragsleistung ab- oder unterbrechen, er kann die Beiträge herabsetzen, u. U. kann er in ein höhere oder geringere Beiträge erforderndes Pflichtversicherungsverhältnis wechseln und damit den Zugang zur freiwilligen Versicherung
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einbüßen. Auch die Pflichtversicherung begründet nicht die Garantie einer Versicherungskontinuität, sie setzt voraus, daß das ihr zugrunde liegende Erwerbsverhältnis fortbesteht, ist also davon abhängig, daß der Versicherte in der Lage und willens ist, seine Erwerbstätigkeit nach Art und Umfang aufrechtzuerhalten. Sie sichert ihn allerdings mittels der Ausfallzeiten wegen Krankheit, Invalidität und Arbeitslosigkeit in einem gewissen Maße vor dem Risiko, Einbrüche in seine rentenversicherungsrechtliche soziale Biographie zu erleiden. Parallel wirken Beitragsübernahmen durch den Bund bei Wehrpflichtigen, durch den Rehabilitationsträger oder durch den Träger der Arbeitslosenversicherung. 7. Der schrittweise Aufbau des Versicherungsschutzes
Für das Rentenversicherungsverhältnis222 ist eine stufenweise Begründung von subjektiven vermögenswerten Rechten kennzeichnend. Volle Leistungsansprüche realisieren sich erst nach Eintritt des Versicherungsfalles, wobei die Relevanz des Leistungsantrages hier dahinstehen kann. Diese Leistungsansprüche sind regelmäßig nicht bestimmt, sondern sind einer dynamischen Entwicklung (Anpassung) offen; daher läßt sich ihnen kein feststehender Kapitalwert zuordnen; die Einbeziehung der Dynamik in den Vertrauensschutz, gar in den Eigentumsschutz der Verfassung, stellt vor besondere Schwierigkeiten, auf die noch einzugehen ist. Problematisch ist auch der Bestandsschutz der Rechtsstellung des Versicherten oder Begünstigten vor Eintritt des Versicherungsfalles2"..3. Das gilt verstärkt, weil im Rentenversicherungsverhältnis diese "Anwartschaft" schrittweise heranwächst224• Der Versicherungsschutz wird beständig erweitert, schon mit Zahlung des ersten Beitrages wird im Hinblick auf die Möglichkeit der Wartezeitfiktion ein begrenzter Versicherungsschutz für den Fall der Invalidität und des Todes durch Unfall begründet225• Nach einer gewissen Beitragszeit kommen "Ansprüche" auf Rehabilitation hinzu; nach einer Wartezeit von 60 Monaten entsteht generell Versicherungsschutz wegen des Risikos der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit und des Todes. Die Anrechnung beitragsloser Zeiten und zum Teil auch die Teilnahme 222 Vgl. Schnorr von Carolsfeld, Über das SozialversicherungslVerhältnis, Festschrift f. Wannagat, 1981, S. 473. 223 Zum Kapitalwert der Rentenanspruche und Anwartschaften s .. Philipp, Wolfgang, Rechtliche und politische Risiken des Beitritts zur Rentenversicherung, in: BB 1973, S. 147 ff. 224 Schnorr von Carolsfeld, Festschrift f. Wannagat, S. 513. Vgl. a. BVerfG
v. 27. 1. 1982.
225 Vgl. § 1252 RVO; Schnorr von Carolsfeld, Festschrift f. Wannagat, S. 513, 515.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
an der Rentendynamik ist von der Stetigkeit des Versicherungsverhältnisses abhängig; das Altersruhegeld setzt eine Versicherungszeit von 180 oder, wenn es vorzeitig in Anspruch genommen werden soll, von 420 Kalendermonaten voraus, in weiteren Fällen sind andere Wartezeiten notwendig, etwa für die Gewährung von Altersruhegeld an eine sechzigjährige Versicherte. Es sind daher gleichsam verhaltene Anwartschaften von verhaltenen Ansprüchen zu unterscheiden226• Zugleich ist hinsichtlich der Rentenarten zu differenzieren. Der feste und gesicherte Bestand verändert sich im Laufe der Zeit beständig, die Anwartschaft auf Berufsunfähigkeitsrente besteht bereits sicher, während die auf Altersruhegeld oder gar flexibles Altersruhegeld erst erwächst und nach ihrer Begründung ständig gesteigert wird. Das wirft die Frage auf, ob jemand, der nur die eine Art von Versicherungsschutz oder noch keine erlangt hat, im Hinblick auf Art. 14 GG bereits Bestandsschutz hinsichtlich des noch zu erwerbenden weiteren Versicherungsschutzes geltend machen kann oder ob er nur für den bereits erworbenen Anspruch gesichert ist, während der Hinzuerwerb ausgeschlossen oder erschwert werden kann. Das Rentenversicherungsverhältnis ist ein Dauerrechtsverhältnis besonderer Struktur. Es handelt sich nicht um ein Dauerrechtsverhältnis, das auf den Austausch von teilbaren Leistungen und teilbaren Gegenleistungen ausgerichtet ist und in dem das Synallagma in einzelne Zeitabschnitte zerlegt werden kann. Dauerrechtsverhältnisse mit Austausch teilbarer Leistungen können in der Zeit beendet werden, ohne daß dadurch die ihnen innewohnende Austauschgerechtigkeit gestört wird. Mietzins und Sachüberlassung, Arbeitsentgelt und Arbeitsleistung lassen sich ebenso wie die normale Schadens- und Haftpflichtversicherung, bei der die Prämie für den Versicherungsschutz in einem bestimmten Zeitraum erhoben und gezahlt wird, in zeitlich abgegrenzte Austauschverhältnisse teilen227 ; ihre Beendigung oder Veränderung für die Zukunft mag die Erwartung enttäuschen, sie zu gleichen Bedingungen fortsetzen zu können; sie mag daher eingeschränkt oder nahezu ausgeschlossen sein; eine Entwertung der erbrachten Leistungen ist jedoch mit ihr grundsätzlich nicht verbunden; die Leistungen sind auf gleichzeitige Gegenleistungen, nicht auf solche in der Zukunft bezogen; sie begründen daher keineswegs einen eigentumsähnlichen Anspruch auf Fortsetzung des Rechtsverhältnisses228• Anderes gilt für die RentenSchnorr von earoIsjeId, Festschrift f. Wannagat, S. 513 ff. Der Versicherungsschutz in der Krankenversicherung ist z. B. von vorneherein auf die Dauer der Mitgliedschaft begrenzt, s .. BSGE 28, 9, 13. 228 Das Bundesverfassungsgericht weist zu Recht darauf hin, daß die Beiträge der Krankenversicherung auch im Hinblick auf das Sterbegeld für die Vergangenheit jeweils ihren Zweck erfüllt haben, dem Versicherten die 226
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1. Das geltende Rentenrecht
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versicherung. Zwar ist auch sie eine Risikoversicherung und kann enden, ohne daß Leistungen im engeren Sinne aus ihr gewährt werden, sie deckt jedoch nicht nur das Risiko während der Zeit ab, für die Prämien erbracht werden, sondern bietet - nach dem seit 1957 verwirklichten Konzept - auch noch Schutz, wenn sich das versicherte Risiko erst lange nach der letzten Prämienzahlung verwirklicht. Man spricht insofern von einer "latenten" Versicherung. Die Rentenversicherung unterscheidet sich insofern nachhaltig von der Lebensversicherung mit Sparanteil, bei der der Versicherte bis zum vereinbarten Endtermin beitragspflichtig ist, es sei denn, er kündigt das Versicherungsverhältnis und nimmt dessen Umwandlung in Kauf (vgl. §§ 175, 176 VVG). In der Rentenversicherung dauert der erworbene Versicherungsschutz dagegen fort, wenn der Versicherte bei freiwilliger Versicherung und bei Höherversicherung die Beitragszahlung einstellt oder bei Pflichtversicherung die versicherungspflichtige Tätigkeit aufgibt, was ihm jederzeit - ohne Kündigung - gestattet ist. Nach der heutigen Struktur der gesetzlichen Rentenversicherung hat nur der Versicherte, der die Wartezeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt, einen in etwa auf die Zeit der Beitragszahlung begrenzten Versicherungsschutz im Rahmen des § 1252 RVO. Schon wer die kleine Wartezeit von sechzig Kalendermonaten erfüllt hat, genießt sein ganzes Leben lang ohne Rücksicht auf die Fortsetzung der Beitragszahlung Versicherungsschutz gegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit, die, wenn der Versicherte nur lange genug lebt, schon wegen altersbedingter Leistungsmängel irgendwann eintreten müssen, sowie für den Fall des Todes unter Hinterlassung rentenberechtigter Hinterbliebener. Wer auch die große Wartezeit von 180 Kalendermonaten erfüllt hat, hat zusätzlich die gesicherte Aussicht, mit Erreichen der Altersgrenze ohne Rücksicht auf seine Erwerbsfähigkeit Altersruhegeld zu erhalten. Die Versicherungsträger haben also jedem Versicherten, der die Wartezeit erfüllt, auch wenn er die Beitragszahlung einstellt, bis zum Tode Versicherungsschutz zu gewähren, wobei Versicherungsleistungen in Gestalt Sicherheit zu vermitteln, bei Eintritt des Versicherungsfalls die vereinbarten Leistungen zu erhalten (BVerfGE 11, 221, 229); etwas anderes gilt nur dann, wenn die Beiträge auch das Fortbestehen des Versicherungsschutzes in die Zukunft erkauft haben, das ist eine Frage der Ausgestaltung des jeweiligen Versicherungsverhältnisses, für die Krankenversicherung trifft es nicht zu. Als Ausgestaltung des Anspruchs aus der Krankenversicherung war die Regelung des Finanzänderungsgesetzes nicht an Art. 14 GG zu mes'sen, da kein Mitglied einer Krankenversicherung einen eigentumsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf unveränderten Fortbestand des Mitgliedschaftsverhältnisses besitzt; deshalb verfehlt die obiter gemachten Bemerkungen in BVerfGE 40, 65, 82 ff.; vgl. auch BSGE 28, 9, 13, wonach die Ansprüche auf die Dauer der Mitgliedschaft begrenzt sind.
B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
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einer Hinterbliebenenrente bis zum Tode der Witwe oder des Witwers oder bis zu einem Höchstalter der Waisen fortdauern können, also noch lange nach dem Tod des Versicherten in Anspruch genommen werden können. Aber auch wenn die Beitragszahlung bis zum Eintritt des Versicherungsfalls fortgesetzt wird, wird der Versicherungsschutz, den der Versicherungsträger einem Versicherten zu bieten hat, regelmäßig durch Beitragszahlungen bestimmt, die jahrzehntelang zurückliegen.
n.
Die Strukturen des Rentenversicherungsverhältnisses 1. Die Rentenversicherung als Versidlerung
a) Das Privatversicherungsverhältnis als Modell Unter einem Versicherungsverhältnis in der Privatversicherung versteht man ein zweiseitiges Rechtsverhältnis, das durch Vertrag zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer zustande kommt. Der Versicherungsvertrag ist ein schuldrechtlicher gegenseitiger Vertrag, bei dem der Versicherungsnehmer Prämienzahlung, der Versicherer Gefahrtragung schuldet229• Die Gefahrtragung ist die Hauptleistung des Versicherers. Vor dem Versicherungsfall wird der Versicherungsschutz gleichsam im Ruhezustand (latent) gewährt, mit dem Versicherungsfall wird die Pflicht zur Gefahrtragung akut. Auch wenn der Versicherungsfall während der materiellen Versicherungsdauer niemals eintritt, hat der Versicherer die Leistung der Gefahrtragung erbrachtllao• Das Versicherungsverhältnis ist nicht notwendig auf zwei Beteiligte beschränkt; neben dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer können auch Dritte am Versicherungsverhältnis beteiligt sein und als solche volle Ansprüche auf Versicherungsschutz oder bedingte Ansprüche auf die Versicherungsleistung erwerben. Bei der Versicherung für fremde Rechnung (§ 74 VVG) wird zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer ein Vertrag zugunsten Dritter geschlossen. Während der Versicherungsnehmer zu den Prämien verpflichtet ist, trägt der Versicherer das Risiko für einen anderen; der Versicherte, dessen Schädigung oder Haftung den Versicherungsfall auslöst, erwirbt durch die fremde Beitragszahlung die vollen Rechte aus dem Versicherungsvertrag (zur Lebensversicherung auf die Person eines anderen s. § 159 I VVG). Es ist auch eine Prämienteilung zwischen dem Versicherten und dem Dritten möglich. Es ist offensichtlich, daß in diesen Fällen der Versicherungsnehmer dem Versicherten etwas zuwendet. Gegenstand der Zuwendung ist allerdings nicht die Prämie, sondern der Versicherungs229 230
Prölss I Martin, VVG, 21. Auft. 1977, § 1 Anm. 2. Vgl. bereits RGZ 52, 52 f.
H. Struktur des Versicherungsverhältnisses
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schutz. Es bedarf daher keiner Prüfung, ob die Prämien dem Versicherten zustehen, es kommt vielmehr darauf an, ob die Zuwendung des Versicherungsschutzes einen Rechtsgrund findet. Ein solcher Rechtsgrund kann etwa eine besondere arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht sein. Anders ist die Situation bei Versicherungen auf den Todesfall, bei denen ein Dritter als Bezugsberechtigter eingesetzt wird. Auch darin liegt eine Zuwendung, nämlich des Rechts, im Versicherungsfall Leistungen verlangen zu können, der Begünstigte gewinnt damit zwar eine gewisse Sicherheit, regelmäßig aber keinen vollen Anspruch auf Versicherungsschutz. Rechtsgrundlage der Zuwendung ist häufig familiäre Fürsorge. In der Privatversicherung unterscheidet man die bloße Risikoversicherung und die (Lebens-)Versicherung mit unbedingter Leistungspflicht. Die Risikoversicherung verpflichtet den Versicherer nur dann zur Leistung im engeren Sinne, wenn das versicherte Risiko eintritt, während er im übrigen seine Leistung in Form des Versicherungsschutzes durch Vorkehren zur Gefahrtragung erbringt. Die Versicherung mit unbedingter Leistungspflicht verpflichtet den Versicherer dagegen unbedingt, d. h. er muß zu einem bestimmten - vereinbarten Zeitpunkt die Versicherungssumme in jedem Fall zahlen, auch wenn sich das versicherte Risiko (noch) nicht realisiert hat; diese Form der Versicherung ist eine Mischung aus einem Sparverhältnis und einem Risikoversicherungsverhältnis. Die von einem Versicherungsnehmer der Lebensversicherung zu zahlenden Beträge setzen sich demzufolge zusammen aus der eigentlichen (Brutto-)Prämie und Nebengebühren, eventuell Zinsen. Die Bruttoprämie enthält die mathematisch errechnete Nettoprämie und die Zuschläge, insbesondere für Verwaltungskosten. Die Nettoprämie, die zur Deckung der Leistungen des Versicherers erforderlich ist, zerfällt bei Versicherungen mit unbedingter Leistungspflicht in Spar- und Risikoprämie: Ein Teil der Nettoprämie muß bei dieser gemischten Versicherung beiseite gelegt und angesammelt werden, da die Leistungspflicht des Versicherers eine unbedingte ist. Die Sparprämienanteile dienen der Bildung des Deckungskapitals (= Deckungsrücklage = Prämienreserve), während die Risikoprämienanteile zur Verfügung stehen für die Erbringung der Versicherungsleistungen bei vorzeitigen Risikofällen (unter Hinzunahme des bis dahin entstandenen Deckungskapitals). Würde eine solche Versicherung durCh Kündigung beendet, so stünde dem Versicherten das Deckungskapital zur Verfügung, aber der Versicherer ist berechtigt, hiervon einen Abzug zu machen (vgl. § 176 Abs. 1, .4 VVG). Den verbleibenden Betrag nennt man Rückvergütung oder Rückkaufswert. 7 Krause
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
Da generell am Markt nicht der Grundsatz des iustum pretium herrscht, sondern sich der Preis nach Marktbedingungen bildet, wäre in der Privatversicherung - wie auch sonst - keine absolute Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung zu erwarten, d. h. Prämie und Versicherungsschutz sind in der Privatversicherung nicht notwendig gleichwertig231 • Vielmehr kommt es in der Privatversicherung in mannigfaltiger Weise zu einer Subventionierung von höheren Risiken durch niedrigere Risiken, weil am Markt nicht das Gerechtigkeitsprinzip der Gleichheit von Leistung und Gegenleistung, sondern das Prinzip der günstigen Gelegenheit bestimmend ist. So versucht der Versicherer - im Rahmen der Marktbedingungen -, eine möglichst hohe Prämie zu erzielen, der Versicherungsnehmer, eine möglichst geringe Prämie zu zahlen, und umgekehrt bemüht sich der eine bei gleicher Prämie, sein Wagnis gering zu halten, während der andere dazu drängt, bei gleichbleibendem Beitrag den Versicherungsschutz auszudehnen. Dabei bleibt es freilich in der Privatversicherung nicht, weil für den Versicherungsmarkt im Unterschied zu anderen Märkten besondere Bedingungen gelten. Einmal stehen sich im Rahmen der Privatversicherung im wesentlichen Geldleistungen gegenüber, die dadurch einem gemeinsamen Wertmesser unterworfen werden können und leicht zu vergleichen sind; zum anderen muß der private Versicherer für Deckung sorgen, um sich am Markt behaupten zu können, und diese Deckung vermag er letztlich nur durch Rücklage der Beiträge zu erreichen. Aus diesem Grunde muß er nicht allein im Rahmen der normalen versicherungsbetriebswirtschaftlichen Gewinnkalkulation für sich selbst berechnen, ob die geforderten Beiträge dem versicherten Risiko entsprechen, sondern er muß das Ergebnis seiner Berechnungen auch publik machen, um Sicherheit zu verbürgen. Insofern gewinnt die versicherungsmathematische Äquivalenz, durch ein funktionierendes staatliches Versicherungsaufsichtssystem unterstützt, an Bedeutung für das Marktgeschehen, wenn auch im Einzelfall erhebliche Abweichungen in den Versicherungskonditionen bestehen bleiben, die deutlich machen, daß von absoluter Gleichwertigkeit nicht die Rede sein kann. Dem Versicherer geht es vorwiegend um die Globaläquivalenz, d. h. darum, daß die Gesamtheit der eingenommenen Beiträge der Summe des dadurch erworbenen Versicherungsschutzes einschließlich der Verwaltungs231 Die These "Niemand unter den Versicherten will die Wahrscheinlichkeit der ihm selbst drohenden Gefahr, seine Risikoquote, mit der Höhe seiner Beiträge überzahlen, und jeder Versicherte kauft so seine Deckungschance streng nur nach dem individualistischen GerechtigkeitspTinzip der Gleichheit von Leistung und Gegenleistung", Weddigen, Sozialversicherung I, HdSW Bd. 9, S. 595 verzeichnet die Realität beträchtlich. Zur Abweichung von der Äquivalenz im Privatversicherungsrecht s. a. Lucius, Die Grenze der Versicherbarkeit, 1979, S.142 ff., insb. a. zur Bemessung des Wertes "Versicherungsschutz", S. 151.
Ir. Struktur des Versicherungsverhältnisses
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kosten (und eines angemessenen Gewinns) entspricht; er nimmt es schon um die Kosten zu minimieren - hin, wenn im Einzelfall im Wege der Typisierung und Pauschalierung erhebliche Abweichungen von der Individualäquivalenz eintreten. Das versicherungswirtschaftliche Ziel einer günstigen Risikomischung ist der überzeugende Beleg dafür=. Nur selten haben es einzelne Versicherungsnehmer oder Versichertengruppen in der Hand, eine Korrektur der generalisierenden und typisierenden Versicherungsbedingungen zu erreichen. Die private Risikoversicherung hat dem Versicherten grundsätzlich während der Vertragsdauer Versicherungsschutz zu bieten, sie muß dazu für eine Deckung durch ihr zustehende Vermögenswerte sorgen, eventuell im Wege der Rückversicherung. Sie ist nicht in der Lage, den Versicherungsschutz zu gewährleisten, wenn sie im übermaß beansprucht wird, also die von ihr geforderten Beiträge hinter der von ihr versprochenen Risikoabdeckung zurückgeblieben sind233 - was eine 232 Zur vielfachen Subventionierung von höheren Risiken durch niedrige in der Privatversicherung s. George Akerlof, The Economics of "Tagging" as Applied to the Optimal Income Tax, Welfare Programs, and Manpower Planning, in: The American Economic Review 68 (1978), S. 8 -19; Michael Rothschild, Joseph Stiglitz, Equilibrium in Competitive Insurance Markets, An Essay on the Economics of Imperfect Information, in: The Quarterly Journal of Economics 90 (1976), S.629 - 649; Michael Spence, Product Differentiation and Performance in Insurance Markets, in: Journal of Public Economics 10 (1978), S.427 - 447. 233 Auch das Privatversicherungsrecht läßt eine einseitige Änderung der VerSlicherungsansprüche zu. Nach § 41 Abs.3 VAG berührt eine Änderung der Satzung oder der allgemeinen Versicherungsbedingungen ein bestehendes Versicherungsverhältnis zwar nur, wenn der Versicherte zustimmt. Das gilt aber nicht, sofern die Satzung ausdrücklich vorsieht, daß Versicherungsbedingungen mit Wirkung für die bestehenden Versicherungsverhältnisse geändert werden können. Der Bundesgerichtshof und das Bundesarbeitsgericht (BGH, VersR 1971, S.1116; BGH, AP Nr.8 zu § 242 BGB Ruhegehalt - VBL; v. 26.5.1981, BB 1981, S.1772) haben aus der Regelung des VAG, die an sich nur für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit gilt, einen allgemeinen Rechtsgrundsatz hergeleitet, wonach eine Satzungsänderung - insbesondere bei Versicherungsanstalten des öffentlichen Rechts - wirksam ist, wenn sie entweder vom Versicherten gebilligt oder in der geänderten Satzungsbestimmung vorbehalten war, so daß eine vorweggenommene Zustimmungserklärung zur Satzungsänderung vorliegt. Der Zustimmung der Versicherten oder des Vorbehalts der Satzungsänderung bedarf es nicht für Satzungsänderungen, die dem erzwingbaren Mitbestimmungsrecht des Betriebs- oder Personalrats unterliegen; sie muß der Versicherte auch gegen sich gelten lassen, wenn er der Satzungsänderung nicht zustimmt und die geänderte Satzungsbestimmung keinen Änderungsvorbehalt enthält. Dabei unterliegt die Änderung einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle (BAG v. 26.5. 1981, BB 1981, S. 1772). Der Personalrat kann sich zur Ausübung seiner Mitbestimmungsrechte der sogenannten organschaftlichen Lösung bedienen und in paritätisch besetzten Organen unmittelbar an den zu treffenden Entscheidungen mitwirken. Dieses Prinzip muß auf die paritätisch besetzten Organe der SozialverSlicherungsträger, die ebenfalls der sozialpartnerschaftlichen Selbstverwaltung unterliegen, ausgedehnt werden. Es fragt sich zudem, ob dem Gesetzgeber ein geringeres Maß an Eingriffsbefugnis zugestanden werden kann.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
funktionierende Versicherungsaufsicht zu verhindern hat -, daher ist im Konkurs eine proportionale Kürzung aller Ansprüche sachgerecht, allenfalls die bereits realisierten und ausgeglichenen Risiken sind dadurch begünstigt. Im übrigen aber kann die private Risikoversicherung jedes Risiko kalkulieren und muß es durch ein ihm entsprechendes aktuelles Vermögen absichern. In der privaten Erlebensversicherung mischt sich mit einer Risikoversicherung ein Sparvorgang234. Das von dem Versicherer für den Versicherten angesammelte Kapital wird als Prämienreserve bezeichnet, die vom Versicherten herausverlangt werden kann, wenn das Versicherungsverhältnis vorzeitig endet236 und bei Konkurs des Versicherers vor den anderen Konkursgläubigern geschützt wird. Zur Abdeckung dieses Anspruchs muß der Versicherer für jeden Versicherten eine Deckungsrücklage oder Deckungsrückstellung bilden238• "Die Deckungsrückstellung einer Versicherung - gemeint ist das jeweilige Versicherungsverhältnis - wird durch verzinsliche Ansammlung eines Teils der für die Versicherung bezahlten Prämien gebildet. Der zur Ansammlung verwendete Teil jeder Prämie ist, ebenso wie der Zinsfuß, durch den von der Aufsichtsbehörde genehmigten Geschäftsplan der Gesellschaft festgelegt. Der Rest der Prämie ist dazu bestimmt, die durch Tod fällig werdende Versicherungssumme zu zahlen und die Kosten der Verwaltung, vor allem die Abschlußkosten, zu decken"237. Sowohl bei der Risikoversicherung wie bei der Erlebensversicherung ist jedenfalls grundsätzlich gegenwärtige Dekkung für alle Ansprüche des Versicherten vorhanden. Ein Vorgriff auf künftige Einnahmen ist nicht notwendig, wäre auch nach dem Versicherungsrecht ausgeschlossen und würde einen negativen Effekt bei der Kundenwerbung haben. b) Das Synallagma in der gesetzlichen Rentenversicherung
Ungeachtet seines Zustandekommens ist das Rentenversicherungsverhältnis ein gegenseitiges Rechtsverhältnis, in welchem Beiträge gegen die Gewährleistung von Versicherungsschutz ausgetauscht werden238 • Es ist offensichtlich, daß freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung nur deshalb geleistet werden, weil sie dem Erwerb von Versicherungsschutz dienen. Auch der Antrag auf Pflichtversicherung wird nur gestellt, weil Vgl. Prölss / Martin, VVG, § 173 Anm. 1. Vgl. dazu Frels, Zum. Prämienrückkauf in der Lebensversicherung, VersR 197'2, S. 503 m. w.Nachw. 238 Vgl. Prölss / Schmidt I Sasse, Versicherungsaufsichtsgesetz, 8. Auf!. 1978, § 65 Anm.1. 237 Geschäftsplanmäßige Erklärung, abgedruckt bei Prölls / Schmidt I Sasse, § 65 Anm.l; ähnlich Goldberg / Müller, Versicherungsaufsichtsgesetz, 1980, § 65 Rz. 4. 238 Ob eine eigene Leistung bei Fremdrenten erbracht wurde, hat BVerfGE 29, 22, 33 f. offengelassen. 234
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die Pfiichtversicherung der Vorsorge gegen die Wechselfälle des Lebens dient. Ebenso machen die Bürger von der Möglichkeit der Beitragsnachentrichtung gewiß nur deshalb Gebrauch, weil damit die rechtlich gesicherte Erwartung auf soziale Sicherheit verbunden ist. Das mögen alles nur randständige, irreguläre Formen der Rentenversicherung sein, sie werfen jedoch ein Licht darauf, wie die Funktion der Rentenversicherung und die Verknüpfung von Beitragsleistung und Versicherungsschutz in der Öffentlichkeit gesehen wird. Schließlich aber ist auch bei der ohne weiteres ex lege eintretenden sogenannten Pflichtversicherung, die dem weitaus größten Teil der Sozialversicherungsverhältnisse zugrunde liegt, an einer synallagmatischen Verbindung zwischen der Zahlung von Beiträgen und der Gewährung von Versicherungsschutz nicht zu zweifeln239 ; der Versicherte weiß, daß er Beiträge zu einer Versicherung zu zahlen hat, die ihm dafür im Versicherungsfall Leistungen zu gewähren hat, er nimmt deshalb den Abzug der Beiträge hin, vielfach kämpft er sogar darum, versicherungspflichtig zu sein, ein Kampf, der nur im Hinblick auf die Möglichkeit, durch Beiträge Versicherungsschutz zu erlangen, Sinn hat; umgekehrt ist die Erhebung von Beiträgen zur Sozialversicherung nur durch die synallagmatische Verbindung mit dem Versicherungsschutz von der Steuer abzugrenzen und verfassungsrechtlich legitim240. Durch die Beteiligung der Arbeitgeber gewinnt das Verhältnis Züge einer Versicherung zugunsten Dritter, die das Synallagma des Versicherungsverhältnisses nicht in Frage stellt. Es kommt dagegen nicht darauf an, ob die Beitragsleistung des Bürgers freiwillig oder aufgrund staatlichen Zwanges erfolgt241, zumal in verbindlichen Austauschverhältnissen die Leistung stets erzwingbar ist; es ist auch irrelevant, ob das Rechtsverhältnis freiwillig eingegangen wurde oder auf einseitigen staatlichen Maßnahmen beruht, solange der Austauschcharakter erhalten bleibt. Im Rentenversicherungsverhältnis ist der Rentenversicherungsbeitrag die den Versicherungsschutz begründende Leistung des Versicherten242 , 239 Daß die Rentenansprüche durch Beiträge erworben sind, hebt BVerfGE 51, 1, 25 hervor. 240 BVerfGE 55, 274, 297 ff.; vgl. Krause, VSSR 1980, S.132 f.; BVerfGE 51, 356, 362 schreibt daher auch Gesetzen, die entrichteten Beiträgen die Wirksamkeit nehmen, "echte Rückwirkung" zu. Merkwürdigerweise ist das BVerfG aber nicht auf die Frage eingegangen, ob Beiträge, die für eine bestimmte Zeit geleistet worden sind, dadurch entwertet werden dürfen, daß die betreffende Zeit später als - minderbewertete - Ausfall- oder Ersatzzeit angerechnet werden mußte, BVerlG v. 13.4. 1978 - 1 BvR 52/77 - und v. 8.11.1978 - 1 BvR 782/78 - jeweils Dreierausschuß; kritisch Rü!ner, Jahrbuch des Sozialrechts der Gegenwart, 1979, S.69. 241 Vgl. a. BVerfG v. 1. 7.1981. 242 WerneT Weber, AöR 91, S. 382 ff., 400. Dem entspricht es, wenn BVerfGE 29, 22, 34 darauf abstellt, ob Beiträge zu einem Versicherungsträger in der Bundesrepublik und Westberlin erbracht worden sind.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
nicht seine Arbeitsleistung; dabei ist es irrelevant, ob der Versicherungsschutz proportional zu den geleisteten Beiträgen243 oder zu den der Beitragserhebung zugrunde liegenden - realen oder fiktiven Arbeitseinkommen bemessen ist; denn im Unterschied zur Krankenund Arbeitslosenversicherung setzt jedenfalls der Versicherungsschutz in der Rentenversicherung nicht allein das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern vor allem die tatsächliche Beitragszahlung voraus, die nur dann fingiert wird24 4, wenn dem Versicherten Beiträge abgezogen worden sind. Das aber schließt so wenig wie bei der gesetzlichen Unfallversicherung aus, daß der Versicherungsschutz gegen die Prämienzahlung geleistet wird. Die Arbeitsleistung mag zwar ein sozialpolitischer Grund für die Einbeziehung des Arbeitnehmers in die Rentenversicherung und die Beitragsbelastung des Arbeitgebers gewesen sein; das sogenannte versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis ist gleichwohl nur ein Tatbestandsmerkmal und ein Sachgrund für das Entstehen der Beitragspflicht, es ist nicht mit dem an es anknüpfenden Sozialversicherungsverhältnis identischUI, an dem der jeweilige Arbeitgeber ja auch nicht mehr als Berechtigter beteiligt ist. Ganz anders verhält es sich mit Versorgungsanspruchen aus dem Arbeitsverhältnis, dem Beamten- oder dem Soldatenverhältnis. Hier sind die Dienstleistungen selbst Gegenleistung für die vom Arbeitgeber oder Dienstherrn gewährte Versorgun~46, die freilich wieder in Form rechtlich verselbständigter Versicherungsanspruche gewährt werden kann. Es ist daher eine überzeichnung, wenn formuliert wird: "Der Rechtsgrund dieser Anwartschaften und Rechte ist die Erbringung von Arbeit, insbesondere von abhängiger Arbeit, die sozialversicherungsrechtlichen Rechtstitel sind von Arbeitsverhältnissen oder einem bestimmten Arbeitsvertrag abgeleitet247." Das ist nicht der Fall, s. Meydam, Diss. Bochum 1973, S. 4e f., 7,0 ff. Dem entspricht auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der es für die Einbeziehung in Art. 14 GG allein auf die Beitragsleistung gegenüber einer Versichertengemeinschaft in der Bundesrepublik und Berlin ankommt, vgl. BVerfGE 29, 22, 34. 245 Vgl. meinen Artikel "Beschäftigungsverhältnis", in: Luchterhand-Lexikon des Rechts; Schnorr von Carolsfeld, Festschrift f. Wannagat, S. 473 ff.; Gitter, Arbeitsverhältnis und Beschäftigungsverhältnis, Festschrift f. Wannagat, 1981, S. 141 ff. 24i1 Zum Eigentumsschutz von Soldatenbesoldungs- und -versorgungsansprüchen s. BVerfGE 16, 94, 116; 22, 387, 422. 247 Badura, Festschrift BSG 1979, S.687 m. w. Nachw.; Wannagat, Festschrift f. Peters, S.178; Walter Bogs, Die Einwirkung verfassungsrechtlicher Normen auf das Recht der sozialen Sicherheit, Referat vor der SIOzialrechtlichen Arbeitsgemeinschaft des 43. DJT (1961), Verhandlungen des 43. DJT Bd.2, S. G 5 ff., 56; ders., Zum Bestandsschutz öffentlich-rechtlicher Positionen im Sozialversicherungsrecht, in: Festschrift f. Paul Braess 1969, S. 11 ff., 22. 243
244
H. Struktur des Versicherungsverhältnisses
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Stellt man auf den synallagmatischen Zusammenhang zwischen Leistung und subjektiver Berechtigung des öffentlichen Rechts ab und bezieht man dazu noch die spezifische Struktur des Versicherungsverhältnisses ein, entfallen auch die Schwierigkeiten, die Beiträge des Arbeitgebers zu bewerten248• Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie als Lohnbestandteil dem einzelnen Arbeitnehmer zuzurechnen sind oder ob der Arbeitgeber mit ihnen einer individuellen Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag gegenüber dem Versicherten nachgekommen ist249 • Es ist allein maßgeblich, daß sie im Hinblick auf die von Gesetzes wegen eintretende Einbindung des Arbeitnehmers in ein solidarisches Vorsorgesystem und damit zu dem Zweck geleistet worden sind, ihm Versicherungsschutz zu vermitteln260• In der Rentenversicherung erscheinen sie demgemäß auch auf seinem Konto251 • Aber auch in der Unfallversicherung ist die Leistung der Beiträge durch die Arbeitgeber eine hinreichende Grundlage, weil es im synallagmatischen Versicherungsverhältnis nicht darauf ankommt, daß die Leistung von dem Versicherten selbst erbracht wird262• Im übrigen entspricht die Beitragsleistung der Arbeitgeber in der Unfallversicherung dem Prinzip der Haftungsersetzung durch Versicherungsschutz; der durch sie begründete Anspruch kann daher kaum schwächer sein als der Haftungsanspruch des Arbeitnehmers, den dieser für die Unfallversicherung eintauscht.
248
S.6.
Dagegen z. B. Funk, Die Rentenköpfung -
verfassungswidrig, SGb 1967,
Kritisch dazu BVerfGE 14, 312, 318. Demgemäß sehen den Arbeitgeberbeitrag als Leistung an, die Eigentumsschutz rechtfertigt: Paptistella, S.13; RohweT-Kahlmann, ZSR 1956, S.309; 311 m. Anm.60; ders., Die Einwirkung verfassungsrechtlicher Normen auf das Recht der sozialen Sicherheit, NJW 1960, S. 1644 Anm. 26; deTs., Sozialversicherung und sozialer Rechtsstaat, Festschrift f. Walter Bogs, 1967, S.119; WalteT Bogs, 43. DJT (1961), S. G 56 m. Anm.147; kritisch HaTaldBogs, RdA 1973, S.29; zur Bewertung der Arbeitgeberbeiträge vgl. auch Isenseee, Die Rolle des Beitrags bei der rechtlichen Einordnung und Gewährleistung der sozialen Sicherung, in: Die Rolle des Beitrags in der sozialen Sicherung - Colloquium der Projektgruppe für Internationales und Vergleichendes Sozialrecht der Max-Planck-Gesellschaft, Tutzing 1979 - hrsgg. von Hans F. Zacher, Berlin 1980, S. 461 ff., 487 f.; dens., Verfassungsmäßigkeit eines Maschinenbeitrages, DRV 1980, S. 145 ff., 148; Sieg, Quotenvorrecht in Sozialund Privatversicherung - zugleich Besprechung v. LG Berlin, VersR 1967, 1176 - JuS 1968, S. 357 H., 359. 251 Das Bundesverfassungsgericht rechnet sie dem Versicherten bei der von ihm nach dem Prinzip der causa data causa non secuta geforderten Beitragserstattung zu; vgl. BVerfGE 51, 1, 29. 252 Vgl. schon WalteT Bogs, Zum Bestandsschutz öffentlich-rechtlicher Positionen im Sozialversicherungsrecht, Festschrift f. Paul Braess, 1969, S. 56; ähnlich BaduTa, Festschrift BSG 1979. 249
260
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
Daß den Hinterbliebenenrenten eine Beitragsleistung zugrunde liegt, kann nicht ernstlich in Zweüel gezogen werden253 • Jeder Versicherte weiß, daß er durch seine Beiträge auch seinen Hinterbliebenen Sicherheit verschafft und akzeptiert aus diesem Grunde das Vorsorgesystem, es erschiene ihm unzureichend und ergänzungsbedürftig, wenn es wie anfänglich - eine Witwen- und Waisensicherung nicht mit einschlösse. Eine andere Frage ist, daß die Beiträge nicht nach dem potentiellen Risiko, unter Hinterlassung von rentenberechtigten Angehörigen zu sterben, bemessen werden; insofern liegt in der Hinterbliebenensicherung ein erhebliches Moment sozialen Ausgleichs bzw. Familienlastenausgleichs254• Nicht als Leistung kann dagegen eine Aufwendung gelten, die ein Versicherter im Hinblick auf eine Begünstigung gemacht hat, die nicht in einem synallagmatischen Zusammenhang zur Aufwendung steht. Der Schutz solcher Aufwendungen ist keine Aufgabe von Art. 14 GG, sondern des allgemeinen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes und des Rückwirkungsverbotes. Im Einzelfall ist eine sorgfältige Analyse zur Abgrenzung derartiger Begünstigung notwendig. c) Die Leistung der Gefahrtragung als Gegenstand des Anspruchs auf Versicherungsschutz Den Beiträgen der Versicherten steht als Leistung des Versicherers die Gefahrtragung gegenüber256• Der Anspruch auf die Leistung kann auch als Anspruch auf Versicherungsschutz bezeichnet werden, weniger sinnvoll ist es dagegen von einer Anwartschaft auf Versicherungsleistungen zu sprechen. Der Begriff ist jedoch zu vage. Im allgemeinen versteht man unter Anwartschaft nämlich die Rechtsposition dessen, der "eine rechtlich bereits mehr oder weniger gesicherte Aussicht auf den Anfall eines subjektiven Rechts" besitzt, "insbesondere einer Forderung oder eines dinglichen Rechts, die darauf beruht, daß der nor253 Vgl. dazu Krause, VSSR 1980, S. 115 ff., 137 f.; Zacher, Gleiche Sicherung von Mann und Frau - Zur gesellschaftspolitischen Relevanz der Rentenversicherung, DRV 1977, S.197, 205 ff.; Rohwer-Kahlmann, Grundgesetz und soziale Sicherheit der Hinterbliebenen (Korreferat), in: Ehe und Familie im Sozialversicherungs- und Versorgungsrecht, Schriftenreihe des Deutschen Sozialgerichtsverbandes, Bd. II 1967, -S.76; ders., Festschrift f. Walter Bogs, 1967, S. 12Q; ebenso Plagemann, NJW 1982, S. 559. 254 Thieme hat seine früher vertretene Ansicht, nach der Hinterbliebenenrenten nicht durch Leistung verdient sind (vgl. Grundgesetz und soziale Sicherung der Hausfrauen, in: Schriftenreihe des Deutschen Sozialgerichtsverbandes, Bd. Ir, 1967, S. 23 ff., 35), inzwischen revidiert (Festschrift f. Wannagat, 1981, S. 609 ff.). 265 Au! die Tragung des Versicherungsrisikos als Gegenleistung für die Beiträge weist BVerfGE 51, 28 hin.
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male Erwerbstatbestand eines solchen Rechts schon teilweise verwirklicht ist und seine Vollendung mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann"256. Die Anwartschaft ist insofern ein bedingtes oder befristetes, jedenfalls nur teilweise erworbenes Vollrecht. Dieser Begriff wird der Position des Versicherten vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht gerecht. Er befindet sich nicht in Erwartung des Vollrechts bei Eintritt des Versicherungsfalles, er verlangt Sicherheit bereits hic et nunc, etwa Sicherheit über sein Einkommen und den Unterhalt seiner Familie in der Zukunft trotz der Bedrohung durch die Wechselfälle des Lebens. Nicht die ,,(ein- oder mehrmalige) Geldleistung nach Eintritt des Versicherungsfalles" ist das, was der Versicherte beansprucht und was ihm der Versicherer zu gewähren hat, sondern die "ständige Leistung der Gefahrtragung"257. Demzufolge muß der Versicherer von Beginn seiner Pflicht zur Gefahrtragung an dafür sorgen, daß er nach Eintritt des Versicherungsfalles die Entschädigung erbringen kann; kann er diese Sicherheit nicht gewähren, kann der Versicherte schon vor Eintritt des Versicherungsfalles Erfüllungsklage erheben258 • Statt von Rentenanwartschaft sollte man daher genauer vom Recht auf Versicherungsschutz sprechen. Es ist kein teilweise erworbenes Recht, sondern ein Vollrecht, das im Versicherungsfall nur in einen Leistungs'anspruch umschlägt. Nach dem vor der Rentenreform von 1957 in Deutschland geltenden System diente die Bezeichnung "Anwartschaft" im Recht der Rentenversicherung freilich dazu, gerade den aktuellen Anspruch auf Versicherungsschutz zu bezeichnen, der durch Fortsetzung der Versicherung zu erhalten war59. Neben diesem Vollrecht auf Versicherungsschutz, das, abgesehen von § 1252 RVO, von der Erfüllung einer Wartezeit abhängig ist200 und dessen Umfang sich jeweils nach der bereits zurückgelegten sozialen Biographie bestimmt, besitzt jeder Versicherte die Aussicht, entweder durch Erfüllung der Wartezeit das Recht auf Versicherungsschutz zu erwerbenlffi l, sei es in vollem Umfang, sei es für einen weiteren Versicherungsfall, etwa den des (vorgezogenen) Altersruhegeldes, den der Bergmannsrente, oder sein Versicherungskonto weiter aufzufüllen und damit seinen bereits bestehenden 256 Kart Larenz, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 5. Aufi. 1980, S.I96f. 257 Vgl. Möller, Versicherungsvertragsrecht, 3. Aufi. 1977, S. 19' ff. Das übersieht das BVerfG in seiner Entscheidung vom 1. 7.1981, richtig insoweit die abw. Meinung des Richters Katzenstein.
258
Möller, S. 193.
259 Vgl. Meydam, Diss. Bochum 1973, S.6 f. 200 Ausschließlich in diesem Sinn sprechen von Rentenanwartschaft Paptistella, S.16; Berg, Diss. Köln 100-3, S.I63; v. Altrock, Festschrift f., Bogs, 1959, S. 25 u. 33. 261 BVerfGE 14, 288, 293; 24, 220, 225 unterscheidet sie von der Anwartschaft.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
Versicherungsschutz zu verbessern. Sie hat ihren Standort zwischen der bloßen Chance des Nichtversicherten, der ebenfalls durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder einer freiwilligen Versicherung die Wartezeit erfüllen und dann seinen Versicherungsschutz verbessern kann, und dem Vollrecht des erworbenen Versicherungsschutzes262 • Dabei unterscheidet sich die Situation desjenigen, der bereits einen Beitrag geleistet hat und zumindest den vorläufigen Versicherungsschutz infolge der Wartezeitfiktion des § 1252 RVO besitzt oder gar eine Wartezeit erfüllt hat, doch nachdrücklich von der Chance des Nichtversicherten. Wird nämlich dem Versicherten die Möglichkeit abgeschnitten, sein Versicherungskonto weiter anzufüllen, dann verliert er nicht nur eine Chance, sondern er büßt Versicherungsschutz ein. Der Versicherungsschutz nach § 1252 Abs.2 RVO endet sechs Jahre nach Abschluß der Ausbildung und achtzehn Monate nach der letzten Zahlung von Pflichtbeiträgen; der erworbene Schutz aufgrund erfüllter Wartezeit mindert sich für jeden Monat vor Vollendung des 55. Lebensjahres, in welchem der Versicherte keine Beiträge mehr leisten kann. Erst dem Versicherten, der bereits 55 Jahre alt ist, wird nur noch die Aussicht, seinen Versicherungsschutz zu verbessern, genommen. über die Beeinträchtigung des Versicherungsschutzes, die dadurch eintritt, daß in der künftigen sozialen Biographie Lücken eintreten, geht es noch hinaus, wenn die Lücken selbst wiederum die Anrechnung und Bewertung von beitragslosen Zeiten ausschließen, weil die erforderliche Halbbelegung nicht mehr erreichbar ist. Während die Anwartschaft auf die Zukunft verweist, in der der Berechtigte u. U. das Vollrecht erlangt, ist der Versicherungsschutz auf einen Zeitraum bezogen, für welchen der Versicherer die Gefahrtragung übernimmt. Versicherungsschutz hat daher seine Zeit, er kann mit ihrem Ablauf enden, ohne daß es je zu einer weiteren Versicherungsleistung gekommen ist, durch seine Beendigung wird dem Versicherten nicht notwendig eine Anwartschaft entzogen, es wird vielmehr nur der Versicherungsschutz in seiner Dauer begrenzt. Ob eine solche Begrenzung ohne Verstoß gegen Art. 14 GG erfolgen kann, hängt davon ab, ob der Versicherte, ähnlich wie ein Mieter oder Arbeitnehmer, Kündigungsschutz genießt, m. a. W., ob er einen begründeten Anspruch auf Fortdauer des Versicherungsschutzes hat. Das ist nicht notwendig der Fall. Die Krankenversicherung gewährt Versicherungsschutz nur für die Dauer der Mitgliedschaft (vgl. auch § 214 RVO) , sie gibt dem Ver262 VgI. zu einem allgemeinen Verständnis von Anwartschaft Dürig, Festschrift f. Apelt, S.13, 55 m. Anm.I26; Berg, Diss. Köln 1003, S.163; dens., Zur Rechtsprechung des BSG auf dem Gebiete der Eigentumsgarantie sozialrechtlicher Positionen, Festschrift Bogs, 1967, S. 13 ff.; UZe, ZSR, 1956, S. 138 ff. 180 ff., 182.
H. Struktur des Versicherungsverhältnisses
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sicherten die Möglichkeit, die Mitgliedschaft zu erhalten, sie gewährt ihm aber nicht einen durch Art. 14 GG gesicherten Anspruch darauf. Beendet der Gesetzgeber das Krankenversicherungsverhältnis, beseitigt er zugleich die Pflicht zur Beitragsleistung und den Versicherungsschutz, er entzieht keine Antwartschaft auf Fortbestand der Versicherung; er wird daher nicht durch Art. 14 GG begrenzt, sondern hat nur dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutz Rechnung zu tragen. Entsprechendes gilt für Einschränkungen des Versicherungsschutzes, es ist in der Krankenversicherung jederzeit möglich, den Versicherungsschutz für die Zukunft, d. h. für alle noch nicht eingetretenen Versicherungsfälle, einzuschränken, da der Versicherte durch seine Beiträge ausschließlich Versicherungsschutz für die Gegenwart erwirbt. Das gilt mit gewissen Einschränkungen selbst für die in der Krankenversicherung enthaltene Sterbegeldversicherung, die keinen Versicherungsschutz in die Zukunft hinaus verbürgt, sondern die Fortsetzung des Krankenversicherungsverhältnisses bis zum Tode voraussetzt. Grundsätzlich ist die Tatsache, daß jemand, der aus einer Versicherung ausscheidet, damit nach geltendem Recht auch alsbald den Versicherungsschutz verliert, ein Indiz dafür, daß er keinen mit der Stärke von Privateigentum ausgestatteten Anspruch auf in alle Zukunft uneinschränkbaren und unentziehbaren Versicherungsschutz, sondern nur ein Recht auf Versicherungsschutz in der Gegenwart erwirbt, das jederzeit eingeschränkt werden kann. Die Gewährleistung des bis dahin zu erbringenden Versicherungsschutzes verlangt allerdings, daß die bereits eingetretenen Versicherungsfälle nach altem Recht abgewickelt werden; der Gesetzgeber, der in sie eingreift, muß sich mit der Garantie des Art. 14 GG auseinandersetzen. Im übrigen ist jederzeit eine Änderung oder Beendigung des gesamten Versicherungsverhältnisses möglich, die die gegenseitigen Ansprüche auf Beiträge und Versicherungsschutz unmittelbar einstellt oder beseitigt, ohne daß ein Anspruch auf Fortbestand geltend gemacht werden kann, der über den auf Vertrauensschutz hinausgeht; es handelt sich dabei um eine Rechtsfigur, die mit Kündigung oder Änderungskündigung eines Dauerrechtsverhältnisses zu vergleichen ist263 • Ähnliches gilt für die Unfallversicherung und mit etwas stärkerer Zukunftsbindung (vgl. § 104 Abs.3 AFG) für die Arbeitslosenversicherung. Anders ist die Lage hinsichtlich der Rentenversicherung. Mit ihr erwirbt der Versicherte einen irrevozierbaren Versicherungsschutz, er bleibt gesichert, solange er lebt. Wird dieser Versicherungsschutz be263 Das Privatversicherungsrecht gestattet mit Ausnahme der Lebensversicherung mit Prämienreserve jederzeit die Beendigung des Versicherungsvertrages, der auf unbestimmte Zeit eingegangen wurde (vgl. § 8 VVG; §§ 165, 175,178 VVG).
108
B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
endet, wird die dem Versicherten zustehende Leistung "Versicherungsschutz" verkürzt, ihm wird ein bestehendes Recht genommen; wird der Versicherungsschutz beschränkt, wird in ein bestehendes Vollrecht eingegriffen. Daneben besteht die Anwartschaft, die Versicherung zu den ,geltenden Leistungsbedingungen fortsetzen zu können. Sie wird auch beeinträchtigt, wenn zwar der bereits erworbene Versicherungsschutz durch die Änderung nicht berührt wird, indem bis zum Zeitpunkt der Änderung vergangene Zeiten nach altem Recht bewertet werden, künftige Beiträge oder beitragsfreie Zeiten aber anders - geringer oder gar nicht bewertet werden oder die Versicherung ganz endet. Eine solche Änderung liegt bereits in jeder Erhöhung der Beitragssätze. Im einzelnen läßt sie sich häufig nicht leicht von einem Eingriff in das Vollrecht abgrenzen, so ist es etwa problematisch, ob es sich um einen Eingriff in die bloße Anwartschaft oder in das Vollrecht handelt, wenn Anforderungen an die Aufrechterhaltung der "Anwartschaft" gestellt werden, die bislang nicht bekannt waren, etwa wenn für die Fortdauer des Versicherungsschutzes, die Teilnahme an der Dynamik oder die Anrechnung von beitragsfreien Zeiten in der Vergangenheit die regelmäßige - Zahlung von Versicherungsbeiträgen gefordert wird und dgl.l!64. Es liegt daher nahe, diese "Anwartschaft" des Inhabers von Versicherungsschutz in vollem Umfang unter den Eigentumsschutz. zu ziehen. Sie bleibt jedoch sowohl vom Vollrecht "Rentenanspruch" wie vom Vollrecht "Anspruch auf Versicherungsschutz" zu unterscheidenl!66, es ist stets zu prüfen, ob ihr Schutz nicht wesentlich gemindert ist. Dabei ist auch danach zu differenzieren, ob die Rechtsänderung es zuläßt, den erworbenen Versicherungsschutz - wenn auch durch erhöhte Anstrengung - zu bewahren und auszubauen, oder ob der Versicherte in eine Lage versetzt wird, in der er dem im Laufe der Zeit eintretenden Verfall des Versicherungsschutzes zusehen muß bzw. an seinem künftigen Ausbau ganz gehindert ist. Letztlich ist eine abschließende Beurteilung nicht generell möglich. Sie ist nur konkret im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der einschränkenden Regelung zu vollziehen. d) Die Rentenversicherung aLs Risikoversicherung Insgesamt läßt sich die Rentenversicherung mit einer privaten Risikoversicherung vergleichen, d. h. einer Versicherung mit "verlorenen" 264 Zur Forderung der Dreivierteldeckung für die Anrechnung von Ausfall- und: Zurechnungsrzeiten statt der Halbbelegung vgl. BVerfGE 29, 283, 302 ff. 266 Unscharf BVerfGE 11, 2'21, 226; 14, 288, 293; 22, 241, 253; 24, 220, 225; BSGE 15, 271, 277; Lerche, Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit der "Dreivierteldeckung" in der freiwilligen Weiterversicherung nach dem Finanzänderungsgesetz, 1968.
Ir. Struktur des Versicherungsverhältnisses
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Prämien-; das ist evident für die in der Rentenversicherung als Teil enthaltene Invalidenversicherung, bei der es nicht zu Leistungen kommt, wenn keine frühzeitige Invalidität eintritt; gleichwohl bietet die Invalidenversicherung, ebenso wie die in der Krankenversicherung enthaltene Arbeitsunfähigkeitsversicherung und die Arbeitslosenversicherung, dem Versicherten, auch wenn er nie invalide, länger arbeitsunfähig krank oder arbeitslos wird, aktuelle soziale Sicherheit in Form des Versicherungsschutzes. Solange die kleine Wartezeit nicht erfüllt ist, sind nur in Sonderfällen (§ 1252 RVO) Leistungen zu gewähren, gleichwohl werden die Beiträge nur teilweise und nicht generell erstattet (§ 1303 RVO). Die Rentenversicherung ist auch im Hinblick auf die Versicherungsfälle des Todes und des Alters keine Versicherung mit "unbedingter Leistungspflicht des Versicherers", bei der nur ein Teil der Prämie der Abdeckung des Risikos des "vorzeitigen" Eintritts von Invalidität oder Tod dient, während der andere zur Ansammlung eines Deckungskapitals führt, das dem Versicherten, dem von ihm bestimmten Bezugsberechtigten oder seinen Erben "unbedingt" auszuzahlen ist21l7 • Stirbt der Versicherte nämlich nach Erfüllung der notwendigen Wartezeiten, bevor er das Rentenalter erreicht, ohne rentenberechtigte Hinterbliebene zu hinterlassen, sind keine Leistungen aus der Rentenversicherung zu gewähren, aber auch keine Beiträge zu erstatten21l8 • Und selbst wenn der Versicherte das Rentenalter erreicht und die große Wartezeit erfüllt hat oder wenn es sonst zur Gewährung einer Rente an ihn oder seine Hinterbliebenen kommt, behält die Rentenversicherung den Charakter einer Risikoversicherung; ihr aleatorisches Element besteht dann darin, daß die erforderlichen Leistungen von der Lebenserwartung des Rentenbeziehers und seiner Angehörigen abhängig bleiben.
Vgl. a. BSGE 22, 92,96; 45, 247, 250. Vgl. hierzu Hofmann, Privatversicherungsrecht, 1978, S.211. 268 z. B. nicht an Witwer, wenn die verstorbene Ehefrau die Wartezeit nicht erfüllt hat; BVerfGE 31, 1. Das ist der Ansatz der Verfassungsbedenken gegen die Folgen des Versorgungsausgleichs gewesen (vgl. BVerfGE 53, 257); er begründet freilich sogleich den Gegeneinwand der S~stemimmanenz; abwegig Bergner, S.174, der die Rentenversicherung unter Abstraktion von der genannten nicht untypischen Fallkonstellation zu einer Versicherung mit unbedingter Leistungspfticht stilisiert und dann den Eintritt der generellen Konstellation in dem besonderen Fall übertragender Rentenanwartschaften als Systemwiderspruch und Eigentumseingriff interpretiert. Vgl. BVerfGE 22, 349, 367: "Denn das Risiko, bei Nichterfüllung der zeitlichen und sonstigen Voraussetzungen den Versicherungsanspruch ersatzlos zu verlieren, gehört zum Wesen der Versicherung. Außerdem hat der Versicherungsträger während der Versicherungszeit jedenfalls das Risiko ... getragen." VgL auch BSGE 22, 92, 96. 268 267
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
e) Differenzen in der Mittelaufbringung zwischen Privatund Sozialversicherung: Der fehlende Zwang zur Globaläquivalenz
Das Rentenversicherungsverhältnis weist freilich in der Art seines Zustandekommens und im Hinblick auf die gegenseitigen Rechte und Pflichten tiefgreüende Unterschiede zum Privatversicherungsverhältnis auf. Es wird nicht durch Vertrag begründet, der durch die Versicherung angestrebte Versicherungsschutz ist nicht disponibel, er wird allein durch die Versicherungsdauer und die Höhe der Beiträge festgelegt, die ihrerseits nur in Sonderfällen frei gewählt werden können. Die Ansprüche der Versicherungsträger aus dem Versicherungsverhältnis sind unterentwickelt. Grundsätzlich setzen sie das Bestehen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit voraus, die der Versicherte jederzeit abbrechen kann. Bei freiwilliger Versicherung besteht überhaupt kein Anspruch auf Zahlung der Prämie, sondern nur ein Recht, die Prämie zu behalten. Andererseits sind für alle Personen, die in eine versicherungspflichtige Tätigkeit eintreten und in ihr verbleiben, Beiträge zu leisten. Dem stehen grundsätzlich volle subjektive Rechte des Versicherten auf Versicherungsschutz und auf Leistungen im Versicherungsfall gegenüber. Allerdings steht der Inhalt dieser Rechte nicht mit dem Abschluß des Versicherungsverhältnisses fest, so daß man ihn auf diesen Zeitpunkt des Erwerbs fixieren könnte, er verändert sich nach Maßgabe von Unterbrechungen der Beitragsleistungen und von Veränderungen der Beitragshöhe. Die gesetzliche Rentenversicherung weist somit hinsichtlich des Verhältnisses von Beiträgen und dem mit diesen verknüpften Versicherungsschutz prinzipielle Unterschiede zur Privatversicherung auf. Den Versicherten fehlt grundsätzlich die Freiheit, über den Abschluß, die Auswahl des Versicherers und den Inhalt des Versicherungsverhältnisses zu entscheiden. Sie werden vielmehr von Gesetzes wegen in ein durchnormiertes Versicherungsverhältnis mit einem Versicherungsträger eingebunden. Die Sozialversicherungsträger sind daher nicht auf Werbung angewiesen, sie brauchen nicht darzutun, daß ihre Prämien niedriger sind oder daß der von ihnen gebotene Versicherungsschutz besondere Qualitäten besitzt, etwa im Hinblick auf den Umfang der Risikoabdeckung, die unbürokratische Schadensabwicklung oder das hohe Maß der Sicherung ihrer Leistungsfähigkeit. Aus diesem Grund brauchen sie keine Globaläquivalenz zwischen den Prämien eines bestimmten übersehbaren Zeitraumes und der mit ihnen verbundenen Versicherungswagnisse zu berechnen und keine Mittel zur Abdeckung der künftigen Wagnisse zu thesaurieren. Sie können auf ein Anwart-
II. Struktur des Versicherungsverhältnisses
111
schaftsdeckungsverfahren verzichten und zu einem reinen Umlageverfahren übergehen, wie es im geltenden Rentenversicherungsrecht seit dem Jahre 1957 stufenweise geschehen ist. Der übergang ist nach der Ausweitung der Rentenversicherung auf den größten Teil der Bevölkerung schon deshalb unvermeidbar, weil in einer Volkswirtschaft immer nur das verbraucht werden kann, was gleichzeitig erwirtschaftet wird und umgekehrt alles zu einer Zeit erwirtschaftete - von der Möglichkeit der Lagerhaltung abgesehen - auch in dieser Zeit verbraucht werden muß2119. Bei einer Umlagefinanzierung ist es nur noch notwendig, die laufenden Einnahmen und die laufenden Ausgaben miteinander abzustimmen, erforderlichenfalls sind die Einnahmen oder Ausgaben herauf- oder herabzusetzen; soweit nicht eine Seite verfassungs rechtlich fixiert ist, sind beide Veränderungen haushaltstechnisch gleichwertig. Der Verzicht der Sozialversicherung auf globale Äquivalenz zwischen dem in einem Zeitraum erworbenen Versicherungsschutz und den für diesen Zeitraum geleisteten Beiträgen bleibt ohne Auswirkung, solange es um die Absicherung eines relativ kurzfristigen Versicherungswagnisses geht, wie in der gesetzlichen Krankenversicherung. Bei ihr trägt die Gesamtheit der Mitglieder jeweils alle gemeinsamen Versicherungswagnisse, daher stellt sich ein Gleichgewicht der Summe von Beiträgen zu der Summe der Leistungen unmittelbar ein. Inäquivalenzen der Belastung oder Begünstigung treten nur unter den einzelnen Mitgliedern auf. Änderungen des Leistungsniveaus treffen unmittelbar die Gesamtheit der Beitragszahler. Ganz anders ist die Lage in der Rentenversicherung, bei der die Beiträge zwar dazu dienen sollen, den Versicherungsschutz sämtlicher Beitragszahler bis zum Tode und darüber hinaus zu begründen, aber infolge des Umlageverfahrens nicht mehr am künftigen Versicherungsschutz bemessen werden und ihn global abdecken, sondern die zur Zeit der Beitragszahlung erforderlichen Leistungen finanzieren, die den Versicherungsschutz für eine ganz andere Menge von Beitragszahlern - nämlich denen der Vergangenheit - verwirklichen. Daher wird eine Globaläquivalenz von Beitragslast und erworbenem Versicherungsschutz nur unter der irrealen Voraussetzung eintreten, daß der Umfang des jeweiligen Versicherungsschutzes und die Menge der Beitragszahler oder jedenfalls ihr Verhältnis in allen Zeiten unverändert bleibt. In Wirklichkeit unterliegt dieses Verhältnis jedoch erheblichen Änderungen, die teils demographisch durch Geburtenhäufigkeit und Sterblichkeit, teils durch das Erwerbsverhalten bedingt sind, teils auf normative Entwicklungen, etwa eine Expansion der Rentenversicherung, die immer neue Bevölkerungskreise oder Risiken einbezieht oder das Leistungsniveau verbessert, zurückzuführen sind. 269
Mackenroth, S.43,ff.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
Schon aus diesem Grunde würde selbst bei einem stabilen Preis- und Lohnniveau und bei unverändertem Leistungsumfang die Gesamtbeitragslast in einer Weise von dem mit den Beiträgen erworbenen gesamten Versicherungsschutz abweichen, daß von einer Globaläquivalenz keine Rede sein kann. Sie darf nur in extremen Sonderfällen erwartet werden. Solange die expansive Entwicklung der Rentenversicherung, vor allem die Steigerung der Erwerbsquote, anhält und die Sterblichkeit sinkt, wird dagegen der zur Abdeckung gleichbleibenden Versicherungsschutzes erforderliche Gesamtbeitrag stetig anwachsen, entsprechendes gilt, wenn infolge sinkender Geburtenraten und wegen späteren Eintritts in das Erwerbsleben der Quotient von Beitragszahlern und Rentnern ebenfalls geringer wird. Jedenfalls liegt es in der Struktur des Umlageverfahrens, Versicherungsansprüche zu Lasten einer künftigen Generation zu begründen. Zwar ließe sich in einem Umlageverfahren der Ausgleich nicht allein dadurch herbeiführen, daß die Beiträge den gleichbleibenden Leistungen angepaßt werden, sondern auch dadurch, daß die Leistungen den gleichbleibenden Beiträgen folgen. Aber auch damit wird keine Globaläquivalenz hergestellt, vielmehr erhält eine Generation, bei der der Quotient von Beitragszahlern und Rentenempfängern es zuläßt, höhere und bessere Leistungen, eine andere, die mutmaßlich gerade diese höheren Leistungen finanziert hat, geringere Leistungen, obwohl beide Generationen in gleicher Weise mit Beiträgen belastet waren. Insgesamt ist wegen der Umlagefinanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung eine Äquivalenz der Summe der in einem Zeitraum aufgebrachten Beiträge und des darauf beruhenden Versicherungsschutzes für die Beitragszahler nur in Ausnahmefällen zu verwirklichen, selbst wenn man von den Verzerrungen durch die Dynamik des Lohnniveaus, der Beiträge und Leistungen absieht, die zusätzlich auftreten. So trägt in der Rentenversicherung die Gesamtheit der Beitragszahler jeweils eine Last, die mit dem von ihr insgesamt erworbenen Versicherungsschutz nicht kommensurabel ist, sondern allein durch das Maß des Versicherungsschutzes bestimmt wird, den eine andere Generation - die der Väter - erhält, weil diese für ihre Vorfahren auch .eingetreten ist, aber ohne Rücksicht darauf, ob sie für ihre Vätergeneration in gleichem Umfang einzustehen hatte.
f) Die fehlende Individuatäquivalenz von Beiträgen und Versicherungsschutz Wenn die Gesamtlast auf die einzelnen Beitragszahler verteilt wird, kann daher auch automatisch keinesfalls die Äquivalenz zwischen dem individuellen Beitrag und dem mit ihm erworbenen individuellen Ver-
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sicherungsschutz hergestellt werden; es ist allenfalls möglich, die Gesamtlast nach dem Verhältnis der individuellen Anteile am Gesamtversicherungsschutz aufzuteilen bzw. den individuellen Versicherungsschutz nach dem individuellen Anteil am Beitragsaufkommen zu bemessen270 ; in beiden Fällen handelt es sich nur um eine Gleichheit von Relationen, nicht um eine Wertgleichheit271 , es läßt sich allenfalls eine Anteilsgerechtigkeit behaupten272 • 1.!70 Nach BVerfGE 54, 11, 28 legt die Beitragshöhe nur die Rangstelle des Versicherten in der Versichertengemeinschaft fest. 271 Ebenso PapieT, VSSR 1973, S.47 u. Hinw. a. Wannagat, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, 1965, S. 115 f.; WalteT Bogs, Festschrift f. Braess, 1969, S. 22. 272 Vgl. Ruland, Stellungnahme des Verbandes der Rentenversicherungsträger, AZ.040-02 (1.4) v. 14.2.1979: "Für das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung kann der Begriff der ,Beitragsäquivalenz' '" nur in einem anderen Sinne als in der privaten Lebensversicherung, d. h. nur im Sinne einer Anteilsgerechtigkeit, verstanden werden. In dem Generationsvertrag, der der Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde liegt, kann es nicht, wie in einem wechselseitigen Austauschverhältnis ... darum gehen, daß der Barwert der Leistungen (Beiträge) und der Barwert der Gegenleistungen (Renten) gleich hoch sind. Im Umlageverfahren ist entscheidend die Anteilsgerechtigkeit. Sie hat zwei Seiten: 1. den Anteil an der Aufbringung der Mittel, 2. den Anteil an den Leistungen. Anteilsgerechtigkeit bedeutet auf der Seite der Beitragszahler (,Beitragsgerechtigkeit'), 1. daß jeder Versicherte bei gleicher Leistungsfähigkeit an der Umverteilung zugunsten der Rentner in gleicher Weise, d. h. mit einem gleich hohen Beitragssatz, zu belasten ist; 2. daß jeder in der gleichen Zeitspanne durch gleich hohe Beiträge gleichwertige Anrechte (Werteinheiten) auf Leistungen erwirbt. Anteilsgerechtigkeit bedeutet auf der Seite der Leistungsempfänger (Rentner), 1. daß gleichwertige Anteilsrechte auf Leistungen unabhängig von der Zeit, der sie entstammen, zu gleichen Leistungen berechtigen; 2. daß die Leistungen die auf das Versicherungsleben bezogene Relation widerspiegeln, in der der individuelle Anteil des Versicherten an der Umverteilung an ihr stand; 3. daß die Leistungen im Grundsatz, nicht jedoch in bestimmter Höhe, an die allgemeine Einkommensentwicklung gekoppelt sind. Die Anteilsgerechtigkeit des Rentenrechts kann - von dem letzten Aspekt abgesehen - Gerechtigkeit immer nur zwischen den jetzigen Beitragszahlern und den jetzigen Rentnern begründen. Die Gleichbehandlung der Beitragszahler oder der Rentner in der fortlaufenden zeitlichen Dimension kann wegen immer wieder auftretender Veränderungen im Bereich der gesellschaftlichen (z. B. generatives Verhalten) oder wirtschaftlichen Determinanten (z. B. Rezession) nicht gewährleistet werden. Anteilsgerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit ergänzen sich. Im Wege des sozialen Ausgleichs kann zugunsten des Versicherten, wenn er aus sozialrelevanten gesamtgesellschaftlichen (Ersatzzeiten) oder individuell (Ausfallzeiten) bedingten Gründen gehindert war, seinen Anteil zur Umverteilung zu erbringen, ein entsprechender Anteil fingiert und entsprechendes Anrecht gutgeschrieben werden. Auf der Leistungsseite sind entsprechende Korrekturen möglich (z. B. Rente nach Mindesteinkommen)". (Zitiert nach Kaltenbach, Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1979/80, S. 298 - 299).
8 Krause
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
Der Umfang des individuellen Versicherungsschutzes bestimmt in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht wie in der Privatversicherung die Höhe der geforderten Prämien, er entspricht aber auch nicht umgekehrt dem Wert des individuellen Beitrags273 . Soziale überformungen der Beitragsgestaltung bestehen daher auch nicht darin, daß einem Versicherten ein Versicherungsschutz zugesichert wird, der seinem Versicherungsbeitrag nicht gleichwertig ist, sondern allein darin, daß er bei der Verteilung der Gesamtbeitragslast auf die einzelnen Versicherten nicht seinem individuellen Wagnis entsprechend berücksichtigt worden ist. Oder aber sie gründen darin, daß Versicherte, die zur gleichen Zeit gleich hohe Beiträge leisten, dennoch unterschiedlich hohen oder weiten Versicherungsschutz erwerben274 . An der Äquivalenz von Beiträgen und Leistungen in der Rentenversicherung fehlt es spätestens seit der Sozialreform von 1957276• Der mangelnden Äquivalenz von Beiträgen und mit ihnen verbundenem Versicherungsschutz entspricht auch die Kontroverse um ihre richtige Bewertung276, die im abweichenden Votum des Richters Katzenstein zur Entscheidung des Bundesverfasungsgerichts über das Ruhen von Auslandsrenten zum Ausdruck kommt. Einigkeit besteht darüber, daß eine Bewertung nach dem Nominalwert ausscheidet277• Während aber der Senat vom Wert der geleisteten Beiträge ausgeht, wobei er es für notwendig hät, einen Abzug für die Verwaltungskosten und den bereits für die Vergangenheit geleisteten Versicherungsschutz zu machen, und es auch für unerläßlich ansieht, einen Ausgleich für die Geldentwertung, etwa in Form einer angemessenen Verzinsung, zu veranschlagen278, oder den Realwert der Beiträge im Zeitpunkt ihrer Entrichtung zugrunde zu legen279 , geht Katzenstein vom Wert des durch 273 Vgl. BVerfGE 37, 363, 400. "Die für die Herbeiführung deS' Rentenrechts erforderlichen Aufwendungen (z. B. Beitragsnachzahlungen gemäß Art. 2 § 1 Nr. 12 oder § 2 Nr. 13 RRG) bleiben weit hinter dem zurück, was in eine Lebensversicherung hätte eingezahlt werden müssen, um eine gleich hohe Rente zu erhalten. Die Vergünstigung besteht fort. Sie belastet die Gemeinschaft der Sozialversicherten". 274 Vgl. a. Krause, VSSR 1980, S. 134. :275 Vgl. Zacher, Döv 1970, S. 3 H., 9; Harald Bogs, RdA 1973, S. 29 f.; eingehend BVerfGE 54, 11, 27 ff. 276 In welcher Weise die Gleichwertigkeit zwischen Rentenansprüchen und den zugrunde liegenden Beiträgen gestört sein kann, hebt Hans Schneider, S. 18 ff. m. genaueren Nachw. hervor. 277 Vgl. a. BVerfGE 54, 11 H., 27 gegen Heubeck, Steuerliche Gerechtigkeit für die Ruhegehaltsempfänger, DB 1964, S. 1669, 16'10; sowie Friauf, Gleichmäßigkeit der Besteuerung bei den Versorgungsbezügen der Unselbständigen, DStz (A) 1974, S. 58, 60. 278 BVerfGE 51, 1, 29; Katzenstein, BVerfGE 51, 31, 35 hält einen Jahreszins von 5 41/ 0 für erwägenswert. 279 BVerfGE 54, 11, 27.
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die Beiträge erworbenen Versicherungsschutzes aus. Die Berechnungen Katzensteins belegen dabei eindrucksvoll, in welchem Maß die Wertrelation zwischen den Beiträgen und dem Versicherungsschutz auseinanderklafft, daß Beiträge, deren durch eine den Geldwertverfall mehr als ausgleichende Verzinsung aktualisierter Wert je nach der Zeit, in der sie erbracht worden sind280, außerordentlich unterschiedlich ist (in dem von Katzenstein gewählten Beispiel 7 400,- DM und 34 700,- DM), einen gleichen Versicherungsschutz vermitteln können. Wenn aber in der Rentenversicherung typischerweise nicht eine Äquivalenz von Beitragsleistung und Versicherungsschutz besteht281 , dann ist es undenkbar, dem Versicherten den grundrechtlich gesicherten Anspruch auf einen Rentenanspruch oder eine Rentenanwartschaft zuzuerkennen, die seinen Beiträgen äquivalent ist282 • Selbst wenn die Rentenversicherung 280 Zum Kapitalwert der Rentenanspruche und -anwartschaften s. Philipp, BB 1973, S. 147, 148. 1281 BSGE 13, 247, 250; v. 24.11. 1964, SozEntsch. Slg. BSG X/He 6 § 2 GAL Nr.1; BSG v. W. 4.1971, SozR § 1260 a RVO Nr. 1; BSG v. 15.12.1977, 11 RA 74/77. Das BundesverfassWlgsgericht hat die Frage, ob das Verhältnis der Beiträge zueinander dem der Leistungen zueinander entsprechen müsse, offengelassen; BVerfGE 36, 73, 81; zur Differenzierung trotz gleicher Beiträge vgl, BVerfGE 36, 102, 114, 116; 36, 120, 123 ff. In der ArblVers mißt BVerfGE 51, 115, 124 u. NJW 1980, S. 1739 der Äquivalenz kaum Bedeutung zu (Krause, VSSR 1980, S.134); sie ist dadurch geprägt, daß in ihr nicht der Grundsatz der Abgeltung der individuellen Leistung des Versicherten, sondern das Prinzip des sozialen Ausgleichs herrscht; vgl. a. Wannagat, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, 1965, S. 115 ff.; Papier, VSSR 1973, S.47; Zimmer, növ 1963, S.81, 83; Rüfner, VVDStRL 28, S.I96. Zur Frage der Äquivalenz vgl. auch Butz, Zum Äquivalenzproblem in der Rentenversicherung, Köln 1980; Denneberg, Zum Äquivalenzprinzip in der gesetzlichen Rentenversicherung, DRV 1978, S. 133 ff.; Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, Berlin 1973, S. 13 ff.; dens., Verfassungsmäßigkeit eines Maschinenbeitrages, DRV 1980, S. 145 ff., 148; Jantz, Sechzig Jahre Angestelltenversicherung - Zwanzig Jahre BfA, 1973, S.121 ff.; Kressmann, Das versicherungstechnische Äquivalenzprinzip in der gesetzlichen Altersversicherung der BRD, Diss. Frankfurt 1978; Ruf, Das versicherungstechnische Äquivalentprinzip und die gesetzliche Rentenversicherung, DAngVers 1'979, S. 335 ff.; Schmähl, Beitragsäquivalenz in der Rentenversicherung, Anmerkungen zu einer einzelwirtschaftlichen Analyse, Wirtschaftsdienst 1981, S.345ff. 282 Extrem: Paptistella, S. 12: Nur der Rentenanteil, der im streng versicherungsmathematischen Sinne durch Beiträge gedeckt ist, sei eigentumsrechtlich geschützt. Das ist abwegig: Die Versicherungsmathematik kann aus den möglichen Versicherungsanwartschaften keine Teile herausfiltern, die versicherungsmathematisch abgedeckt sind; möglich ist es allenfalls festzustellen, daß bei einer bestimmten Ausgestaltung des Leistungssystems die erforderten Beiträge das abgedeckte Versicherungswagnis übersteigen. Ein solcher präsumtiver Beitragsüberschuß ist allerdings - in den ver9icherungsaufsichtlich gesteckten Grenzen - für die g.ewinnorientierte Privatversicherung konstitutiv; für die Sozialversicherung, die auch auf sozialen Ausgleich abzielt, ist es notwendig, daß einzelne Beitragspflichtige Beiträge erbringen, die über ihr versicherungsmathematisch ermitteltes Risiko hinausgehen (im übrigen von Paptistella durchaus erkannt, vgl. insb. S. 15). Wer mittels des Art. 14 GG jedem Beitragszahler jedenfalls den versicherungs-
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
auf äquivalenten Versicherungsschutz und nicht auf äquivalente Versicherungsleistungen abzielte - letzteres ist mit einer Versicherung unvereinbar und führt unmittelbar zum Zusammenbruch des Sozialversicherungssystems - wird eine solche Garantie dem Wesen der Sozialversicherung nicht gerecht. Auch wenn sich weder eine individuelle Äquivalenz der einzelnen Beiträge, noch eine Globaläquivalenz aller in einer Zeit erbrachten Beiträge zu den durch die Beiträge erworbenen Rentenansprüchen und -anwartschaften herstellen läßt, bedeutet das allerdings noch nicht, daß die rentenversicherungsrechtlichen Positionen nicht in einem Synallagma zu den Prämien stehen können, da - wie bereits bemerkt - ein Austausch nicht ein iustum pretium voraussetzt.
g) Das Rentenversicherungsverhältnis als solidarisches Schuldverhältnis Das Rentenversicherungsverhältnis ist ein besonderer Typus eines Versicherungsverhältnisses283, d. h. eines synallagmatischen Verhältnisses, in welchem der Leistung der Prämie die Gegenleistung des Versicherungsschutzes gegenübersteht284• Es ist dagegen nicht auf den Austausch von Prämien und Rentenleistungen gerichtet. Es trägt damit Züge eines gegenseitigen Schuldverhältnisses, darf aber nicht nur als Schuldverhältnis verstanden werden, es wird auch durch mitgliedschafts- oder gesellschaftsrechtliche Strukturen geprägt285• Das Sozialversicherungsverhältnis beruht sogar wesentlich auf der Solidarität der Versichertengemeinschaft und verlangt daher eine gegenseitige Rücksichtnahme, die über die Rücksichtnahme im Schuldverhältnis weit hinausgeht, zu welcher Gläubiger und Schuldner einander nach § 242 BGB verpflichtet sind286• mathematischen Gegenwert seiner Beiträge zusichern will, konstituiert die Sozialversicherung als ein im Prinzip auf Subvention angelegtes System, bei dem alle über den versicherungsmathematischen Gegenwert der Beiträge zufließenden Leistungen durch Staatszuschüsse oder - in der Regel verdeckte, nämlich bei den künftigen Beitragszahlern aufgenommene - Anteile aufgebracht werden müssen. Er läßt jedenfalls keinen sozialen Ausgleich innerhalb der Solidargemeinschaft der Versicherten zu. Einen Anspruch auf prämiengerechte Leistungen verneint auch BSGE 13, 247, 250; 23, 59, 60; 38, 98,103. 283 Dem gemeinsamen Nenner von Sozial- und Privatversicherung spürt Wertenbruch, Sozialversicherung? Festschrift f. Wannagat, 1981, S.687, 696 f. nach, wobei er den identischen Kern in dem Versicherungsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherten finden will. 284 Vgl. dazu Krause, FamRZ 1900, S.535, 538, 540 m. w. Nachw.; Meydam, SozSich 1975, S. 292 ff., 296. 285 Vgl. Krause, Das Sozialrechtsverhältnis, Schriftenreihe des Deutschen Sozialgerichtsverbandes, Bd.18, 1980, S. 12 ff., 17, 18: zur Solidarität vgl. auch BVerfG v. 1. 7.1981. 286 Vgl. Zacher / Ruland, Der Bestandsschutz von Sozialversicherungsrenten in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, SGb 1974, S. 442.
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Die Solidarität zwischen der Gemeinschaft der Mitglieder der Rentenversicherung287, das sind die Rentner, die Anwartschaftsberechtigten und die Beitragszahler, muß die Spannung aushalten, daß keine Identität zwischen den Belasteten und den Begünstigten besteht, sondern die Sicherung im Wege des sogenannten Generationsvertrages erfolgt. Mit dem Generationsvertrag ist es unvereinbar, wenn im Interessenwiderstreit zwischen der Gläubiger- und der Schuldnergeneration primär die Lösungen gelten sollen, die zu der Zeit entwickelt worden sind, als die jeweilige Rentnergeneration Beiträge gezahlt hat. Es bedarf vielmehr einer weitergreifenden Abwägung zwischen dem eigentumsrelevanten Kontinuitäts- und Vertrauensinteresse der einen Seite und dem gleichfalls eigentumsrelevanten Interesse der anderen Seite, nicht im Übermaß mit Beiträgen belastet zu werden. Sie muß die komplizierte Struktur des Generationsvertrages in seiner Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftsbezogenheit aufnehmen288• Die Ansprüche aus der Sozialversicherung sind daher nicht allein als Elemente eines schuldrechtlichen Austauschverhältnisses zu bewerten und zu sichern, sie sind vorwiegend auf mitmenschlicher Solidarität289 begründet, die in der Rechtsform der Rentenversicherung ein Entstehen der Erwerbsgeneration für die Alten, Invaliden und die Hinterbliebenen von Menschen fordert, die sich dieser Solidarität nicht entzogen haben, sondern sie nach Maßgabe ihres Beitrags übernommen haben. Der Austausch im Sozialversicherungsverhältnis vollzieht sich primär in der Gegenseitigkeit solidarischen Verhaltens 290• Erst sekundär ist er versicherungstechnisch zu verstehen. Das ist auch ein Hintergrund für den Mangel an Äquivalenz zwischen Leistungen und Beiträgen: "Die Sozialversicherung erhebt keinen Anspruch darauf, das in der Individualversicherung geltende Äquivalenzprinzip zu praktizieren, ja, man Zu Solidarität und sozialem Ausgleich der Sozialversicherung als Legitimation einer Anspruchsbeschränkung s. a. BSGE 43, 128, 131. 287 Vgl. dazu Krause, in: Krause / v. Maydell / Merten / Meydam, GK-SGB IV § 47 Rz. 43, 46 ff. 288 Meinhold, Ökonomische Probleme der sozialen Sicherheit, Kieler Vorträge NF 86, Tübingen 1978, S.17, 24, weist auf die Notwendigkeit hin, den künftigen Beitragszahlern ihre Beitragspflicht plausibel zu machen. 289 In einer Solidargemeinschaft können nicht eifersüchtig Eigentumsrechte geltend gemacht werden, sie verlangt, daß die Mitglieder den guten wie den schlechten Tropfen schlucken, vgl. Hans Schneider, S.28, vgL auch BVerfG v. 1. 7. 1001, Umdruck S. 37. 290 Sozialen Ausgleich und Solidarität verbindet Meydam, SozSich 1975, S. 296. Eine besondere Sozialpflichtigkeit des "Eigentums" in Form von öffentlich-rechtlichen Berechtigungen, die sich aus dem ihnen zugrunde liegenden Treueverhältnis ergeben kann, erkennt BVerfGE 16, 94, 117 an. Dabei kann das Treueverhältnis ein Dienstverhältnis sein, es kann aber auch das solidarische Vorsorgeverhältnis sein, in dem alle Rechte und Pflichten in einer Gegenseitigkeitsbeziehung aufgehoben sind.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
kann die Sozialversicherung geradezu als eine Versicherung definieren, in der dieses Prinzip der Gleichheit der Erwartungswerte für Leistung und Gegenleistung auch nicht zu gelten braucht; wie anders würde sie sonst die Bezeichnung Sozialversicherung rechtfertigen291 ." 2. Das primäre Ziel der Rentenversicherung: Lebensstandardorientierte Sicherung nach Maßgabe solidarischer Selbstvorsorge
Die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung haben seit der Rentenreform des Jahres 1957 die Aufgabe eines bloßen Zuschusses verloren und die eines Lohnersatzes gewonnen292• Ihre Lohnersatzfunktion wird dadurch gewährleistet, daß sie am individuellen Arbeitseinkommen, das sie ersetzen sollen, ausgerichtet sind, daß sie im Vergleich zu diesem eine angemessene Höhe (Rentenniveau) erreichen und daß sie wie dieses an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung teilnehmen293• Dem versuchen drei Faktoren der Rentenformel Rechnung zu tragen, nämlich die vom individuellen versicherten Arbeitseinkommen abhängige persönliche Bemessungsgrundlage, der Steigerungssatz und die die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung repräsentierende allgemeine Bemessungsgrundlage294• a) Die Gewährleistung individueller Lohnangemessenheit
Die persönliche Bemessungsgrundlage soll die Rente an dem individuellen Lebensstandard ausrichten, den der Versicherte in seinem Versicherungsleben erreicht hat. Sie richtet sich an dem Verhältnis des Einkommens des Versicherten und des Durchschnittseinkommens über die gesamte Dauer des Versicherungslebens des Versicherten aus. Sie bewirkt daher keine Beitragsäquivalenz, sie hat nicht einmal die Folge, daß die Rente den geleisteten Beiträgen proportional wird, denn der Vomhundertsatz wird ohne Rücksicht auf die Differenzen in der absoluten Höhe der Beiträge296 und auf Veränderungen der Beitragssätze 291 Heubeck, Das versicherungsrechtliche Aquivalenzprinzip in der Sozialenquete, in: Ztschr. f. Versicherungswesen, 1967, S. 235 ff.; Waldmann, Zum Problem der Beitragsäquivalenz in der gesetzlichen Rentenversicherung, DRV 1981, S.453, 464, weist nach, daß die aktualisierten Beiträge nach 1950 einen Rentenbetrag von allenfalls zwei Dritteln der derzeit tatsächlich gezahlten Rente rechtfertigen; vgl. a. Thullen, Zum Begriff der Beitragsäquivalenz, DRV 1981, S. 497. 292 Vgl. Regierungsentwurf zum Rentenversicherungsgesetz, BT-Drucks. II12437, S. 57 f. 293 Regierungsentwurf, ebd., S. 58. 294 Vgl. §§ 1253 Abs. 1, Abs. 2, 1254 Abs. 1 RVO. 296 Vgl. dazu die eindrucksvollen Beispiele in dem abweichenden Votum von Katzenstein, BVeriiGE 51, 31, 35.
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bestimmt, SO daß ein geringer Beitrag des Jahres 1957 in seiner Wirkung einem sehr viel höheren Beitrag des Jahres 1981 entspricht. Die Festsetzung des Vomhundertsatzes beachtet auch nicht, daß früher gleichzeitig unterschiedlich hohe Beitragssätze in der Arbeiterrentenund Angestelltenversicherung galten, sie läßt es sogar außer acht, daß einzelne Versicherte gleichzeitig Beiträge zu beiden Versicherungen gezahlt haben, und sie hat schließlich die Anrechnung von alten Beiträgen abgeschnitten, wenn damit ein höherer Prozentsatz der persönlichen Bemessungsgrundlage als 200 erzielt würdeH6. Die Formel bewirkt auch nicht, daß die Rente dem Einkommen proportional ist, welches der Beitragsentrichtung zugrunde gelegen hat. Denn einmal wird das Einkommen auf einen Höchstbetrag nivelliert, der nur theoretisch das Doppelte des durchschnittlichen Einkommens aller Versicherten erreichen kann, faktisch aber seit 1957 um 160 Ofo gelegen hat, und zum anderen wird die Proportionalität in vielfältiger Weise durch die vom Einkommen unabhängige Bewertung bestimmter Versicherungszeiten durchbrochen. Das geschieht nicht allein durch die günstigere Bewertung der ersten fünf Kalenderjahre der Pflichtversicherung nach § 1255 Abs. 4 RVO, sondern auch dadurch, daß seit 1965 beitragsfreie Zeiten bewertet werden. Durch die Regelungen über die Bewertung der ersten fünf Kalenderjahre und der beitragsfreien Zeiten hat der Gesetzgeber mehrfach nivellierend auf den Vomhundertsatz Einfluß genommen und damit den Zusammenhang von Rentenhöhe und Einkommenshöhe gelockert. Ein Beispiel dafür bietet auch die Rente nach Mindesteinkommen. Die sozialpolitische Leitvorstellung, den Lebensstandard der Versicherten zu gewährleisten, die die Rentenversicherung in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahre 1957 beherrscht, läßt allerdings verschiedene Ausprägungen zu, wie ausländische Beispiele, etwa das Österreichs, zeigen, wo nicht an das durchschnittliche Lebenseinkommen, sondern an im Zuge des sozialen Aufstiegs für einen längeren Zeitraum erreichte höhere Einkommen angeknüpft wird. Wenn in der Bundesrepublik demgegenüber grundsätzlich daran festgehalten worden ist, den Vomhundertsatz der persönlichen Bemessungsgrundlage am Lebensdurchschnitt zu orientieren, dann mag dabei der Gesichtspunkt höherer Beitragsgerechtigkeit maßgeblich gewesen sein. Daß er nicht als zwingend angesehen worden ist, belegen die zahlreichen Abweichungen.
296 Nach BVerfGE 20, 52, 54 verstößt das weder gegen Art. 3 noch gegen Art. 14 GG.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
b) Die Anpassung des Rentenniveaus
an die wirtschaftliche Entwicklung
Die allgemeine Rentenbemessungsgrundlage soll dazu dienen, die Zugangsrenten automatisch an die allgemeine Einkommensentwicklung aller Versicherten anzupassen. Sie ist nicht dazu geeignet, strukturelle Einkommensentwicklungen weiterzugeben, etwa die Schrumpfung der Einkommensunterschiede, grundsätzlich wird der Versicherte vielmehr an überholten Einkommensdifferenzen festgehalten, auch wenn sie längst nicht mehr dem Lohn- und Gehaltsniveau der jeweiligen Berufsgruppe im Gesamtlohngefüge entsprechen. Inwieweit die allgemeine Rentenbemessungsgrundlage die Renten im Gleichschritt mit der Lohnund Gehaltsentwicklung halten kann, ist von zwei Momenten abhängig, nämlich von der Entwicklung des Verhältnisses zwischen Bruttound Nettoarbeitseinkommen und Brutto- und Nettorente sowie von der Aktualität der Anpassung. Entwickelt sich infolge höherer Besteuerung und verstärkter Abgabenbelastung, insbesondere durch Sozialversicherungsbeiträge, Brutto- und Nettoarbeitseinkommen immer stärker a~ einander, während die Renten abgabenfrei bleiben, dann steigt trotz gleichbleibenden Bruttorentenniveaus das Nettorentenniveau (Verhältnis von Nettorente zum Nettoeinkommen) beständig. Außerdem sinkt oder steigt das Bruttorentenniveau trotz eines mechanischen Automatismus in der Anpassung der Bemessungsgrundlage, wenn der Automatismus ein time lag aufweist. Die in der Rentenreform gewählte Bindung an den Durchschnittssatz des mit dem Anfang des Kalenderjahres vor dem Eintritt des Versicherungsfalles beendeten Dreijahreszeitraums sichert keineswegs ein gleichbleibendes oder sich nach rationalen Kriterien verschiebendes Verhältnis der Bruttoeckrente zum Bruttoentgelt297• Bei steigendem Lohnniveau sinkt die Relation zwischen Renten und Löhnen (das Rentenniveau), und zwar - bei der Erwerbsunfähigkeitsrente - je nach dem jährlichen Anstieg des Lohnniveaus von 0,6 (bei Lohnstabilität) auf 0,442 (bei Lohnerhöhung von 8 0/0)298. Die mit jeder Lohnerhöhung automatisch eintretende Senkung des Rentenniveaus ist auch der Grund dafür, warum bei hohen Lohnzuwachsraten die Finanzierung der Renten gesichert werden kann, ohne daß die Rentenformel modifiziert werden muß. In der Realität hat in der Zeit seit 1957 das Bestandsrentenniveau bezogen auf den Bruttolohn zwischen 0,49 und 0,42 geschwankt299• Der Gesetzgeber kann aber 297 Alternativen in Richtung auf ein festes Rentenniveau schlägt Grohmann, Festschrift f. Meinhold, 1980, S. 413, 430 ff. vor. 298 Vgl. Schmäht, Das Rentenniveau in der Bundesrepublik, SPES Schriftenreihe, 1975, S. 42; Grohmann, Festschrift f. Meinhold, S.417. 298 Grohmann, Festschrift f. Meinhold, S. 420, macht deutlich, daß die
Regelung des 20. und 21. RAG nicht unter das faktisch bedingte tiefste
Ir. Struktur des Versicherungsverhältnisses
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durch eine Herabsetzung der allgemeinen Bemessungsgrundlage ebenso Einfluß auf die Rentenhöhe nehmen, wie durch eine Veränderung der Steigerungssätze. Das ist durch Einbringung eines unter 1 liegenden Multiplikators in die allgemeine Bemessungsgrundlage im 20. und 21. Rentenanpassungsgesetz geschehen. Durch das 20. RAG hat der Gesetzgeber eine Konstante von 0,923 in die Rentenformel eingebrach1;3°°. Sie wirkt sich also ebenso aus, wie ein "Abschmelzen" der Steigerungssätze um diesen Faktor. Damit hat er die Eckrente von 60 Ofo auf 55,4 Ofo herabgesetzt. Das 21. RAG hat die Konstante noch einmal auf 0,8636 und damit die Eckrente auf 51,8 Ofo gesenkt. Die verfassungsrechtliche Beurteilung von Eingriffen in die Rentenformel hat jedenfalls die Irrationalität der ohnehin eintretenden Schwankungen des Bruttorentenniveaus und Nettorentenniveaus, das überdies durch Veränderungen der Sozialbeitragssätze und der Besteuerung noch stärker variiert, mit einzubeziehen. c) Die Festsetzung eines allgemeinen Rentenniveaus
Der Steigerungssatz dient dazu, allgemein ein bestimmtes Rentenniveau dezisionär festzulegen. Die Erreichung dieses Zwecks wird jedoch aus zwei Gründen in Frage gestellt, einmal ergeben sich durch die Steuerfreiheit der Renten je nach deren Höhe erhebliche Abweichungen im Nettorentenniveau361 , zum anderen hängt das Rentenniveau nicht allein vom Steigerungssatz ab, sondern auch von faktischen Vorgängen, die auf die Höhe der allgemeinen Rentenbemessungsgrundlage einwirken. Dennoch eröffnet die Herabsetzung des Steigerungssatzes dem Gesetzgeber eine Möglichkeit, das Rentenniveau allgemein zu senken, von ihr hat er bereits einmal Gebrauch gemacht. 3. Das sekundäre Ziel der Ausgestaltung der Rentenversicherung: Beitrags- und Anteilsgeredltigkeit
Der Rentenversicherung als eine Form solidarischer Selbstvorsorge mag zwar das Prinzip der Abgeltung individueller Vorteile und Lasten fremd sein, sie mag als Sozialversicherung wesentlich durch Gedanken des sozialen Ausgleichs und der sozialen Fürsorge geprägt sein, sie Niveau geführt hat, sondern nur den langfristigen Durchschnitt des Rentenniveaus bei 0,435 fixiert hat. 300 Vgl. Grohmann, Festschrift f. Meinhold, S.421 m. genauerer Berechnung.
301 Vgl. die Rechenbeispiele bei Schäfer, Lebensstandardlprinzip und Steuerpflicht, Festschrift f. Meinhold, 1980, S. 463, wonach bei einer bruttolohnbezogenen Rente von 50 G/o die Nettorelation mit der Höhe des grundlegenden Einkommens von 59,6 bis 72,7% ansteigt.
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bleibt den Geboten der - sozialen - Gleichheit und der Solidarität unterworfen, die Lastengerechtigkeit einzuschließen, und muß daher Instrumente entwickeln, die diese gewährleisten. Anderenfalls büßt die mit ihr verbundene Beitragslast an Legitimität und Plausibilität ein, anderenfalls aber verliert auch die Leistungsdifferenzierung die Grundlage, letztlich würde sie nicht mehr als Versicherung angesprochen werden können, wenn sie die Berechtigten nicht nach dem Maße des ihnen zugewendeten Versicherungsschutzes an den Lasten beteiligte. Sie muß daher ein Minimum an Beitragsgerechtigkeit gewährleisten.
a) Die Hindernisse, die Beiträge in vollem Umfang nach dem Risiko zu. staffeln Die gesetzliche Rentenversicherung verwirklicht die Beitragsgerechtigkeit trotz mangelnder Äquivalenz teilweise, indem sie die Prämien nach der Höhe des Einkommens staffelt, auf welches die Rentenbemessung Bezug nimmt. Sie erreicht es dadurch, daß die Beiträge, die für den gleichen Zeitabschnitt entrichtet werden, im Prinzip gemäß ihrer unterschiedlichen Auswirkung auf die individuelle Bemessungsgrundlage differenziert sind. Sie bemißt die Beiträge dagegen nicht nach dem individuellen Risiko der Invalidität oder des Todes, darin liegt eine Typisierung und Pauschalierung, der sie wegen der Massenhaftigkeit der Versicherungsverhältnisse kaum zu entraten vermag, weil die erforderlichen Verwaltungskosten wahrscheinlich so hoch würden, daß keine Entlastung der geringeren Risiken, sondern eine generelle Mehrbelastung eintreten würde; überdies entspricht der Verzicht der sozialen Aufgabe. Sie unterscheidet auch nicht die Beiträge für Versicherte, die präsumtiv Hinterbliebene hinterlassen werden, und andere; auch insofern sind - angesichts der Möglichkeit, jederzeit zu heiraten und Kinder zu haben - freilich kaum Alternativen eröffnet, solange sie den Versicherten nicht die Möglichkeit des freiwilligen Zugangs zur oder freiwilligen Ausschlusses von der Hinterbliebenenversicherung eröffnen will, was einen Arbeitgeberbeitrag ausschließen müßte. Die gesetzliche Rentenversicherung läßt es aber auch nicht zu, die Prämie .bei gleichbleibendem Versicherungsschutz dem Eintrittsalter gemäß zu staffeln, und sie setzt den Versicherten auch keinem Zwang zur stetigen Fortsetzung der Beitragszahlung aus. Dazu ist sie schon deshalb nicht in der Lage, weil sie, um die Arbeitnehmer keinem Wettbewerbsnachteil auszusetzen, den Arbeitgeberbeitrag nicht differenzieren kann und weil ihr Beitragsverfahren die ausschließliche Bindung des Beitrages an die Lohnhöhe erfordert. Nur im Rahmen der freiwilligen Versicherung kann der Versicherte bis zur Höchstgrenze die Beiträge und damit das Maß des Versicherungsschutzes variieren. Die Rentenversicherung
H. Struktur des Versicherungsverhältnisses
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vermag daher eine präsumtive Verkürzung in der Zeitdauer der Vorsorgebeteiligung nicht dadurch auszugleichen, daß sie den Vorsorgebeitrag erhöht und damit bei einer risikoadäquaten, zureichenden Leistungshöhe Beitragsgerechtigkeit gewährleistet. Damit scheitert die Möglichkeit, die Lastengerechtigkeit auf der Beitragsseite zu sichern. Wenn die Rentenversicherung aber ihre Beiträge weder von Eintrittsalter und Versicherungsdauer abhängig macht, noch jedermann zur Beitragsleistung verpflichtet und zugleich auf die Forderung nach einer Anwartschaftserhaltung verzichtet, muß sie damit rechnen, daß Personen, die lange Zeit weder eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausüben, noch freiwillig Beiträge leisten, erst spät in die Versicherung eintreten und doch noch die Wartezeit erfüllen oder trotz häufiger Unterbrechungen den Anspruch auf Versicherungsschutz erwerben. Wollte sie ihnen stets den vollen Lohnersatz zugestehen, würde sie mangelnde Solidarität prämieren, den Anreiz zu dauernder Beitragsleistung nehmen und das Gerechtigkeitsgefühl stören. b) Die Sicherung der Beitragsgerechtigkeit
durch Anteilsgerechtigkeit
Um die Lastengleichheit in dem erforderlichen Minimum zu sichern und die Solidarität zu bewahren, muß die soziale Rentenversicherung einen Ausgleich auf der Leistungsseite herbeiführen, indem sie den Personen den angemessenen Lohnersatz ganz oder teilweise versagt, die nicht stetig zur Solidargemeinschaft beigetragen haben; sie ersetzt das privatversicherungsrechtliche Prinzip der Beitragsgerechtigkeit durch das Prinzip der Anteilsgerechtigkeit. Aus diesem Grunde hat sie in der Rentenformel einen weiteren Faktor eingebracht, den der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre, durch den das Rentenniveau in ein direktes Verhältnis zur Versicherungsdauer gesetzt wird. c) Der Widerspruch der Anteilsgerechtigkeit
zum Ziel der Lohnersatzsicherung
Es ist offensichtlich, daß die Rentenhöhe am stärksten durch Bindung an die Zahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre bestimmt wird. Diese Bindung ist - wenn sie nicht gemildert wird - sinnwidrig, denn mit der Staffelung der Rentenhöhe nach der Beitragsdauer302 wird es .in hohem Maße ungewiß, ob die Rente der Forderung nach Lohnersatz und Sicherung des Lebensstandards genügen kann. Die Bindung widerspricht damit der Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung, dem Versicherten bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeit und den Hinterbliebenen beim Tode des Versicherten eine Rente zu gewährleisten, die 302
Vgl. Regierungsentwurf BT-Drucks. II/2437, S.57.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
es - nach Maßgabe des für angemessen geltenden Rentenniveaus erlaubt, den Lebensstandard, wie er durch das versicherte Einkommen bestimmt wurde, aufrechtzuerhalten. Sie ist keinesfalls ein notwendiger Ausfluß versicherungsmäßiger Äquivalenz, wie das Gegenbeispiel der privaten Lebensversicherung zeigt, bei der die vereinbarte Versicherungssumme ohne Rücksicht auf die Dauer der Prämienzahlung fällig wird, auch wenn das Risiko sich vorzeitig verwirklicht. Sie wird nur infolge der besonderen Ausgestaltung des Beitragssystems der gesetzlichen Rentenversicherung notwendig, die darauf verzichten muß, die Prämie dem Eintrittsalter gemäß zu staffeln und die mit Unterbrechungen der Prämienzahlung zu rechnen hat, ohne die privatversicherungsrechtlichen Modelle zur Bewältigung einer Unterbrechung (vgl. § 174 VVG) nutzen zu können. Es ist jedenfalls offensichtlich, daß auf diese Weise Versicherte, bei denen der Versicherungsfall früh eintritt oder deren Versicherungsleben Unterbrechungen aufweist oder verspätet aufgenommen wurde, ohne Rücksicht auf ihr Verschulden mit erheblichen Rentenkürzungen zu rechnen haben303 • d) Das Instrument zur Auflösung des Zielkonflikts: Anrechnung beitragsloser Zeiten
Will die Rentenversicherung das Ziel einer lebensstandardorientierten Sicherung aufrecht erhalten und zugleich Anteilsgerechtigkeit gewährleisten, dann muß sie sich eines Instrumentes bedienen, das es verhindert, daß jede Unterbrechung oder Verkürzung der Versicherungsdauer zu einer erheblichen Senkung des Rentenniveaus führt, aber zugleich ausschließt, daß die Verspätung der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bzw. der freiwilligen Versicherung und ihrer Unterbrechung, die ohne anerkennenswerten Grund erfolgen, prämiert werden. Am einfachsten ist es, bei Unterbrechungen des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses und bei Aufschub des Eintritts in ein solches für Beitragszahlung zu sorgen, das geschieht seit längerem für die Zeiten des Wehrdienstes, seit kurzem für Zeiten der Arbeitslosigkeit und Krankheit, in der DDR etwa auch für Zeiten des Studiums. Es ist nur ein anderer Weg zum gleichen Ziel, wenn auch beitragslose Zeiten als Versicherungsjahre angerechnet werden; das geltende Recht kennt drei Typen: Ersatzzeiten, Ausfallzeiten und die Zurechnungszeit. Ersatzzeiten sind Zeiten, in denen aus bestimmten Gründen, die in die Verantwortung der Allgemeinheit fallen, eine Beschäftigung nicht möglich war, Ausfallzeiten sind Zeiten einer weiterführenden Schul- und 303 Vgl. Regierungsentwurf, ebd., S.74 zu den Krankheits- und Arbeitslosigkeitszeiten.
II. Struktur des Versicherungsverhältnisses
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einer abgeschlossenen Hochschulausbildung, einer Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit und einer Arbeitslosigkeit. Die Zurechnungszeit bewirkt - grob gesagt -, daß der frühzeitig Berufs- oder Erwerbsunfähige - entsprechendes gilt für die nach frühem Tod Hinterbliebenen - eine Rente in der Höhe erhält, als wäre der Versicherungsfall erst in höherem Alter des Versicherten eingetreten, sie umfaßt die Zeitspanne zwischen dem Eintritt des Versicherungsfalles und dem der Vollendung des 55. Lebensjahres. e) Die Vereinbarkeit der Anrechnung beitragsjreier Zeiten mit dem Prinzip der Lastengerechtigkeit und dem Versicherungsprinzip
Die Anrechnung der beitragslosen Zeiten bedeutet nicht grundsätzlich eine Verletzung des Prinzips der Lastengerechtigkeit und der Solidarität304• Sie widerspricht auch nicht stets dem Versicherungsprinzip. 304 In der Finanzierung des durch Ersatz- und Ausfallzeiten verursachten Mehrbedarfs sieht das BVerfGE 54, 11, 30 einen Ausgleich für die der Versichertengemeinschaft aus Gründen des Gemeinwohls auferlegten Fremdlasten; vgl. dagegen Krause, VSSR 1980, S. 155 ff.: "Die Rentversicherungsträger haben ihren Forderungen nach Fortgewährung von Bundeszuschüssen einen Katalog von Fremdlasten zugrunde gelegt, der zum Teil auf der These mangelnder Zugehörigkeit zum Kreis der Versicherten beruht (vgl. z. B. Carla Orsinger, Die versicherungsfremden Leistungen der Angestelltenversicherung im Verhältnis zum Bundeszuschuß, AngVers. 1967, S.41 ff.; Mörschel, Die Zuschüsse des Staates zu den gesetzlichen Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten, DRV 1978, Heft 6, S. 332 ff.). Im einzelnen werden darin als Kriegsfolgelasten aufgeführt die Versichertenrenten, bei dienen der Versicherungsfall durch Kriegsleiden herbeigeführt wurde, sowie die Hinterbliebenenrenten, sofern der Tod durch den Krieg beschleunigt wurde, ferner sämtliche Rehabilitationsleistungen wegen eines kriegsbedingten Leidens (zur Belastung vgl. BfA, Aufstellung von Leistungen der Rentenversicherung, v. 22. 2.1979, Nr.8 und 9: 2,63 % + x %) und alle Rententeile, die auf Ersatzzeiten (§ 1251 RVO) (zum Problem der Anrechnung von Ersatzzeiten s. BSGE 20, 184, 186) und auf Fremdrentenanteilen beruhen (zur Belastung vgl. BfA-Aufstellung von Leistungen der Rentenversicherung, v. 22.2.1979, Nr.6: 3,310f0 der AV Rentenausgaben). Das erscheint zunächst einleuchtend, ist gleichwohl problematisch; in Wahrheit können sie nämlich der Allgemeinheit nur zur Last gelegt werden, wenn ein Nichtversicherter mit ähnlichem Schicksal eine entsprechende Leistung - etwa aus der Kriegsopferversorgung - erhalten würde (in diesem Sinne auch Musa, BB 1964, S. 1197 bei Anm. 3). Handelt es sich dagegen um Leistungen, die allein Versicherten zugute kommen, während die Nichtversicherten ihr Schicksal selbst zu tragen haben, besteht kaum eine Legitimation dafür, die Nichtversicherten zur Finanzierung heranzuziehen. Kriegsfolgelasten in der Rentenversicherung sind nicht per se Fremdlasten. Das ist wohl auch der Hintergrund für die problematisch formulierte Entscheidung des BundeS'Verfassungsgerichts, wonach es keinen ungeschriebenen Verfassungsrechtssatz gibt, ,der es dem Bunde verböte, den öffentlich-rechtlichen Körperschaften Kriegsfolgelasten aufzuerlegen' (BVerfGE 14, 221, 234, 237; vgl. a. 21, 362; 23, 12, 24; kritisch Harald Bogs, Die Sozialversicherung im Staat der Gegenwart, 19'73, S. 135; BVerfGE 28, 104, 118, wonach die Versichertengemeinschaft nicht für einen Unrechtstatbestand der DDR einstehen müsse, betrifft einen
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
anderen Fall, nämlich den einer normativen Beschränkung des Versdcherungsscl1utzes). Zum anderen ist zu beachten, daß das Reich zwar für die Wehrdienstzeiten keine vollen Beiträge gezahlt (§ 3 der Verordnung zur Durchführung und Ergänzung des Aufbaugesetzes v. 1. 9. 1938, RGBl. I S. 1142), aber in jener Zeit übermäßige Zuschüsse zur Rentenversicherung geleistet hat, deren Verbuchung als Beiträge die heutige Finanzlage der Rentenversicherung nicht verändern würde (heute leistet der Bund Beiträge, vgl. a. die Forderung des "Gutachtens zur Neugestaltung und Finanzierung von Alterssicherung und Familienlastenausgleich ", vom Finanzwissenschaftlichen Beirat beim Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen, Sthriftenreihe des BMfflF, Heft 18, S.47). Als versicherungsfremde Lasten werden außerdem Rententeile genannt, die auf Ausfallzeiten (§ 1259 RVO) beruhen (zu der Legitimation s. BSGE 30, 163, 166). Auch sie lassen sich nicht per se der Fürsorge zuordnen, die nicht von der Versichertengemeinscl1aft, sondern von der Allgemeinheit getragen werden müßte. Denn einmal kommen wiederum nur die Versicherten in den Genuß entsprechender Leistungen, zum anderen gehört es wohl zu einer sachgerechten Rentenversicherung auch, zu verhindern, daß sich Lücken in der Beschäftigung durch gängige Risiken auf den Versicherungsschutz auswirken; ob sie das durch die Erhöhung der Beiträge im übrigen oder durch Erhebung der Beitäge auch von den Kranken und Erwerbslosen abdeckt, ist eine andere Frage (daß es keine allgemeine Regel gibt, wann Beitragslücken durch Beitragserhöhungen zu Lasten der Versichertengemeinschaft und wann sie durch Staatszuschüsse abzudekken sind, betont das Gutachten des Finanzwissenscl1aftlichen Beitrages, S.47, der allerdings die Legitimität einer Ausfallzeit für Ausbildung in Frage stellt - als Subvention der Hochverdienenden -; ebenso Meinhold, Fiskalpolitik und sozialpolitische Paraftsci, 1976, S. 165). Absurd ist es, wenn sogar die auf Zurechnungszeiten beruhenden Rententeile als Fremdlasten ausgegeben werden, weil diesen keine Beitragsleistung zugrunde liege. Hier wird die übernahme des Versicherungsrisikos zur Fremdlast erklärt (zur Funktion vgl. BergneT / BTeueT / Schmeiduch, Die Zurechnungszeit im VerS'Orgungsausgleich, SozVers. 19'79, S. 65 ff., 203 ff.., 231 fi.; gegen die Anrechnung entgeltloser Zeiten Musa, BB 1964, S.1194; Jahn, Allgemeine Sozialversicherungslehre, 1965, S. 104 f.; MÖTschel, DRV 19'7'8, S. 300 ff.). Schließlich werden als versicherungsfremd die Leistungen bezeichnet, die die Rentenversicherungsträger für Umstellungsrenten zu erbringen haben, d. h. für Renten, die bei der Rentenreform 1957 durch Umstellung von aufgrund alter Formeln berechneter Renten entstanden sind (Jahn, Allgemeine Sozialversicherungslehre, 1965, S.103; MeinhoZd, Fiskalpolitik, S.81, 84, 89 f., spricht von einer Fiktion äquivalenter Beiträge, die Fremdlasten für die Versicherten neuer Art begründe und vom Staat abgelöst werden müßte); auch hier handelt es sich um Leistungen, die ausschließlich Versicherten zugute kommen und auf eine gesetzgeberiscl1e Maßnahme zurückgehen, die primär die Interessen der Versicherten im Auge hatte. Insgesamt kann von Fremdlasten in der Rentenversicherung wohl nur die Rede sein, wenn es sachgerecht ist, die entsprechenden Leistungen nicht im Rahmen der Rentenversicherung, sondern in allgemeinen FürS'Orge- und Versorgungssystemen zu erbringen (so Meinhold, Fiskalpolitik, S. 77 f.); es hieße also die Berücksichtigung von Ersatz-, Ausfall-, Zurechnungs- und Fremdrentenzeiten (zu der Höhe der Aufwendungen in der Angestelltenversicherung für beitragslose Zeiten vgl. BfA, Aufgliederung von Leistungen der Rentenversicherung v. 22.2.19'79, Nr. 1: 17,65 G/o der Rentenausgaben - davon rund je 7,5 Ofo für Ersatz- und Ausfallzeiten -) in der Rentenversicherung auszuschließen und die entsprechenden Personen an die allgemeinen Systeme zu verweisen (zu den möglichen Folgen MeinhoZd, Fiskalpolitik, S. 112; er hält die Gewährung von einkommensbezogenen Sozialleistungen - außer dem Entschädigungsrecht? - nur durch Versicherung für gerechtfertigt, vgl. a. S.46). Zu' den Fremdlasten s. a. Ruland, Aktuelle Probleme der Rentenversicherung im Wandel der letzten 100 Jahre, SGb 1931, S.391, 398 ff. m. w. Nachw.
II. Struktur des Versicherungsverhältnisses
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Die Bindung des Rentenniveaus an die Versicherungsdauer stellt nämlich nur ein Mittel zur Sicherung der Lastengerechtigkeit dar, um Personen, die es nicht verdienen, die volle Lebensstandardsicherung zu versagen. Ihm stehen andere gleichwertige Instrumente gegenüber; das Rentenversicherungsrecht hätte etwa auch von einem festen Prozentsatz des angemessenen Rentenniveaus ausgehen und ihn jedem Versicherten garantieren können, um ihn nur bei bestimmten Verzögerungen des Versicherungsbeginns und bei bestimmten unentschuldigten Unterbrechungen der Versicherung herabzusetzen und auf diese Weise die Gewährleistung von vollem Lohnersatz im Regelfall mit der gerechten Minderung für Fälle mangelnder Solidarität zu verbinden. Bei einem solchen Modell, das in vollem Umfang differenzierte, dem individuellen Einkommen gerechte Leistungen gewährleisten könnte, wäre es kaum möglich erschienen, zwischen Rententeilen, die durch Beitragszeiten erworben werden, und solchen, die auf beitragslose Zeiten zurückzuführen sind und daher als unverdient gelten sollen, zu unterscheiden. Außerdem ist den anrechnungsfähigen Versicherungsjahren eine ähnliche Funktion zuzumessen, wie sie die ruhegehaltsfähige Dienstzeit besitzt, wie nicht zuletzt die jüngst in das Beamtenversorgungsrecht übernommene "Zurechnungszeit" belegt; dort ist aber nicht zwischen erdienten und nicht erdienten - auf Ausbildungs- und Zurechnungszeiten beruhenden - Versorgungsanteilen zu unterscheiden, zumal die Versorgung nicht proportional mit der Dienstzeit wächst. Schließlich kann das von der Dauer der Beitragsjahre unabhängige Niveau des Versicherungsschutzes, wie es vermöge der Anrechenbarkeit von beitragsfreien Zeiten dem stetig Versicherten zugute kommt, ähnlich bewertet werden wie die vereinbarte Versicherungssumme, die im Rahmen der privaten Lebensversicherung auch nicht gemindert wird, solange der Versicherte sich bei der Prämienzahlung stetig verhält, und daher auch bei vorzeitigem Tod oder vorzeitiger Invalidität voll ausgezahlt werden muß. Wenn die Rentenversicherung daher trotz einer Bindung des Rentenniveaus an die Versicherungsdauer dem Versicherten im Normalfall bei Verlust des Lohnes oder des lohngestützten Unterhalts einen angemessenen Lohnersatz bietet und damit den Lebensstandard sichert, obwohl der Versicherungsfall früher eingetreten ist oder gewisse als typisch akzeptierbare - Störungen im Versicherungsverlauf aufgetreten sind, d. h. wenn sie jedem Versicherten, der die geforderte Wartezeit erfüllt, grundsätzlich einen vollen Versicherungsschutz gewährt, solange er sich nicht der Solidarität entzieht, dann erscheint es fragwürdig, nur wegen der Technik der Rentenberechnung davon zu sprechen, der Versicherte habe den ihm vermittelten Versicherungs-
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:So Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
schutz durch seine vorhergehenden Beiträge nicht in vollem Umfang, sondern nur zum Teil erworben. Es ist unklar, warum es der Rentenversicherung verwehrt sein sollte, in den durch sie vermittelten und durch die Beiträge erkauften Versicherungsschutz auch die Gefahr mit aufzunehmen, daß der Versicherte vorzeitig invalide wird oder stirbt, daß er zeitweilig keine Beiträge erbringen kann, weil er krank oder erwerbslos ist; daß Beiträge für Rehabilitanden oder für Arbeitslose im Wege der sozialen Versicherung aufgebracht werden können, ist evident; daß die Rentenversicherung selbst Randrisiken mit übernimmt, erscheint nicht ausgeschlossen, auch wenn es sich dabei nicht um primäre Risiken der Rentenversicherung, sondern um sekundäre Arbei~ nehmerrisiken handelt. Die Anrechnung von Zurechnungs-, Krankheits- und Arbeitslosigkeitszeiten, wie der Zeiten nach § 1259 Abs.1 Nr.5 und 6 RVO muß daher keineswegs gegen das Prinzip der versicherungsmäßigen Abdeckung verstoßen, sondern kann durch die Beiträge erkauft sein. Es ist dabei daran zu erinnern, daß gerade die Rentenreform von 1957, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Prinzip der solidarischen Selbstvorsorge in der gesetzlichen Rentenversicherung zu verstärken, die Ausfallzeiten neu geschaffen hat306 • Es ist daher kaum anzunehmen, daß sie ihr als Abweichung vom Prinzip der Anteilsgerechtigkeit erschienen sind. Daß sie wie die Sozialversicherung insgesamt dem sozialen Ausgleich dienen, besagt nicht, daß sie dem Versicherungsprinzip widerstreiten. Nur das Ansparprinzip ist verletzt, es ist aber nicht für den Erwerb von Versicherungsschutz in einer Risikoversicherung kennzeichnend, im Gegenteil gilt es nur, wo sich mit einer Versicherung eine andere Form der Sicherung verbindet. Wie jedes Produkt läßt sich auch das einheitliche Produkt der Rentenformel als Summe ausdrücken. Die einzelnen Elemente der Summe sind in diesem Fall selbst Produkte, sie weisen, wenn man auf den kleinsten Zeitabschnitt, der in der Rentenversicherung gesondert berücksichtigt wird, nämlich den Kalendermonat, abstellt, folgende Faktoren auf: a) 1/12 für jeden Monat der anrechnungsfähigen Versicherungszeiten (Beitragszeiten, Ersatzzeiten, Ausfallzeiten, Zurechnungszeit) b) das Verhältnis des tatsächlichen oder fiktiven versicherten Einkommens des Versicherten in dem entsprechenden Monat zu dem Durchschnittseinkommen aller Versicherten sowie c) den Steigerungssatz und
d) die allgemeine Bemessungsgrundlage. 305 Zweng / Scheerer, Handbuch der Rentenversicherung, 2. Auf!. 1966, § 1229 RVO Anm. I.
II. Struktur des Versicherungsverhältnisses
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Da die Faktoren a, C und d entweder Konstanten oder allgemeine Variablen sind, läßt sich der Faktor b als einziger individueller Faktor - die Werteinheit - herausgreifen. Die Rentenformel gewinnt damit folgende Struktur: 1/12 X Steigerungssatz X allgemeine Bemessungsgrundlage X die Summe der Werteinheiten. Differenzen in der Rentenhöhe können daher allein auf Differenzen in der Summe der Werteinheiten beruhen. Damit scheint sich der Erwerb der Rentenansprüche und Rentenanwartschaften als Erwerb von Werteinheiten interpretieren zu lassen. Unter der Anwendung des Gedankens, daß der Schutz des Rentenanspruchs (der Rentenanwartschaft) davon abhängt, "wie sie sich als Äquivalent eigener Leistung erweist oder auf - freier staatlicher Gewährung beruht"3oo, scheint sich damit ein Ansatz für die Staffelung des Eigentumsschutzes zu ergeben. Es kommt nur darauf an, festzustellen, ob die einzelne Werteinheit durch eigene Leistung erworben worden ist oder ob sie auf staatlicher Gewährung beruht. Durch eigene Leistung erworben sind gewiß die Werteinheiten, die auf einen Monat entfallen, in welchem der Versicherte eine versicherungspflichtige Arbeit geleistet hat, aufgrund derer ihm Beiträge abgezogen worden sind; entsprechendes wird man für Zeiten gelten lassen müssen, in denen ein Dritter für den Versicherten Beiträge erbracht hat oder die Beiträge vom Konto des früheren Ehegatten im Wege des Versorgungsausgleichs übertragen worden sind. Dagegen könnten die Werteinheiten für Zeiten, in denen weder der Versicherte noch ein anderer für ihn Beiträge geleistet hat, nicht auf eigener Leistung beruhen, sondern im Wege des sozialen Ausgleichs zugeflossen sein. Diese Betrachtungsweise ist jedoch verfehlt. Sie wird der im Prinzip einheitlichen Funktion der Rente als lebensstandardsichernde Lohnersatzleistung nicht gerecht, wie sie in der Fassung der Rentenformel als Produkt Ausdruck findet, in das allein die Summe der Versicherungszeiten einfließt. Sie beachtet nicht, daß die Bewertung der Zurechnungszeiten nicht durch diese, sondern - wie ursprünglich für alle beitragsfreien Zeiten - durch die Bewertung der übrigen Versicherungszeiten bedingt ist. Sie übersieht, daß die Einbeziehung der Versicherungsjahre in die Rentenformel nur die sekundäre Funktion hat, das solidaritäts- und egalitätsbedingte Maß der Beitragsgerechtigkeit und Vorsorgebereitschaft zu gewährleisten, aber mit dem Ziel der Rentenversicherung in grundlegendem Widerspruch steht und deshalb durch die Anrechnung beitragsloser Zeiten ergänzt werden muß, soweit sie im Hinblick auf die Lastengleichheit und die Erhaltung der Solidarität vertretbar erscheint. Daraus folgt nicht, daß alle Werteinheiten für beitragsfreie Zeiten gleich zu behandeln sind. Die Werteinheiten 306 BVerfGE 14, 288, 294. 9 Krause
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
der Zurechnungszeit, deren Bewertung ausschließlich durch die übrigen Versicherungszeiten erfolgt, sind weniger deshalb, sondern vorwiegend aus dem Grunde als durch Leistung erworben anzusehen, weil es zu einem ordentlichen Rentenversicherungssystem gehört, für einen auch bei frühem Eintritt des Risikos ausreichenden Versicherungsschutz zu sorgen. Die dafür erforderlichen Risikobeiträge müssen als miterhoben gelten. Entsprechendes gilt für die Arbeits- und Beitragsunterbrechung infolge von Krankheit, Invalidität oder Arbeitslosigkeit; es ist offensichtlich, daß ein Sozialversicherungssystem, welches es anstrebt, vorwiegend die Arbeitnehmer umfassend gegen die Risiken von Krankheit, Invalidität, Alter und Arbeitslosigkeit im Wege der Vorsorge zu sichern, auch die Vorsorge dafür einschließen muß, daß der Versicherte infolge des Eintritts eines der versicherten Risiken nicht mehr in der Lage ist, weiter vorzusorgen, und sie ihn daher gegen derartige Insuffizienzen zu schützen hat. Dabei ist es eine zweite Frage, ob der Schutz gegen diese sekundären Risiken dadurch erfolgt, daß die Vorsorgesysteme nicht allein Leistungen zur Abdeckung des primären Risikos erbringen, sondern auch das sekundäre Risiko mit abdecken, paradigmatisch ist die Leistung von Krankenkassenbeiträgen durch die Bundesanstalt für Arbeit nach den §§ 155 ff., 162 ff. AFG für Arbeitslose; es ist nicht apriori ausgeschlossen, daß die Versicherung bei Eintritt bestimmter Risiken, die mit dem Unvermögen der Fortführung der Vorsorge verbunden sind, beitragsfrei fortgeführt wird; in diesem Fall muß der vorherige Beitrag so kalkuliert sein, daß er es gestattet,· dieses zusätzliche Risiko mitzutragen, paradigmatisch ist die Fortdauer des Krankenversicherungsschutzes nach Beendigung der Mitgliedschaft für Erwerbslose nach § 214 RVO. Eine solche beitragsfreie Fortsetzung des Versicherungsverhältnisses liegt besonders nahe, wenn die Insuffizienz zur Beitragszahlung auf einem Risiko beruht, für welches das konkrete Versicherungsverhältnis gerade Schutz zu bieten hat; ein Beispiel ist die beitragsfreie Fortdauer der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung für die Dauer der Lohnersatzleistungen nach § 311 Nr.2, 3 RVO, ein weiteres die Anrechnung von Zeiten der Invalidität als Ausfallzeit nach § 1259 Abs.1 Nr.5 RVO; in diesem Fall von unverdientem Versicherungsschutz zu sprechen, ist offensichtlich abwegig. Schwieriger ist allerdings die Bewertung der Ersatzzeiten und der Ausbildungszeit. Die Ersatzzeiten dienen einer auf die Rentenversicherung beschränkten Bewältigung von Kriegs- und Regimefolgen, sie lassen sich nicht mit dem Versicherungsprinzip erklären, sondern sind dem sozialen Ausgleich zuzuordnen. Die Ausbildungszeiten geben einen Ausgleich für die Verkürzung der Erwerbszeit bei längerer theoretischer Vorbildung, ihre Anrechnung ist ebenfalls nicht auf das Versicherungsprinzip zurückzuführen. Sie beruhen ausschließlich auf staatlicher
II. Struktur des Versichierungsverhältnisses
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Gewährungll°7• Bei beiden kann daher die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung weiter sein. 4. Das verfehlte Bild einer aus einzelnen Bausteinen zusammengesetzten Rente
Die Auseinanderlegung der Faktoren, durch die die Lohnersatzfunktion der Rente bestimmt wird, nämlich unter Orientierung an dem individuellen Durchschnittsarbeitseinkommen, an einem angemessenen Rentenniveau in Abhängigkeit von der Versicherungsdauer und an der allgemeinen Entwicklung der Arbeitnehmereinkommen erweist, insbesondere in der Form, wie sie in die Rentenformel eingebracht wurden, daß es dem Gesetzgeber des Jahres 1957 fremd war, die Rente mosaikartig aus in einzelnen Zeitabschnitten erworbenen Teilen aufzubauen, sondern daß er von einer einheitlichen Leistung ausging, die die Lohnersatzfunktion verwirklichen sollte. In der sozialen Wirklichkeit ist indessen das Bild der durch das ganze Versicherungsleben insgesamt geprägten und durch die gesamte Lebensleistung verdienten, einheitlichen Rente mit Lohnersatzfunktion durch das des Mosaiks einer aus zeitlichen Bausteinen zusammengesetzten Rente verdrängt worden. Das Produkt der Rentenformel ist in die Summe von jeweils in einzelnen Zeitabschnitten verdienten Werteinheiten aufgelöst worden, die jeweils mit der allgemeinen Bemessungsgrundlage zu multiplizieren sind. Nachdem der Gesetzgeber durch § 1255 a RVO aufgrund des "Gesetzes zur Versicherung von Härten in der gesetzlichen Rentenversicherung" vom 9.6.1965 (BGBl. I S.476) den beitragslosen Zeiten - mit Ausnahme der Zurechnungszeit - ein fiktives Einkommen zugeschrieben und dieses in die Berechnung des durchschnittlichen individuellen Arbeitseinkommens einbezogen hat, hat er das letzte Hindernis gegen die Vorstellung von in einzelnen Zeitabschnitten erworbenen Rentenstücken aus dem Weg geräumt. Seither kann man nicht allein einzelne Elemente der Rentenformel (Versicherungsjahre), sondern ganze Teile der Rente den beitragslosen Zeiten zuordnen und als unverdient kategorisieren. Der Versorgungsausgleich hat den Ansatz genutzt und die bei der Rentenberechnung benutzten "Werteinheiten" auf die Ebene eines Gesetzesbegriffs gehoben308 • überdies hat der Gesetzgeber damit die Möglichkeit gewonnen, anstatt das allgemeine Rentenniveau für alle 307 So allerdings ohne die erforderliche Differenzierung für alle Ausfallzeiten Vorlagebeschluß des BSG v. 23. April 1981, 1 RA 111/79, MS S.17. 308 Das beweist freilich nichts, arbeitet das Gesetz doch auch im Beamtenrecht, bei dem es keine entsprechend proportionalen Versorgungsanspruche gibt, mit derartigen, hier eindeutig "künsUichen" Werteinheiten. Ähnlich auch § 2 BetrAVG; zur Problematik dieser ratierlichen Zerlegung von Rentenansprüchen vgl. BAG v. 8. 12. 1961, BB 1982, S. 186, 188.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
betroffenen Personen durch die Einschränkung der Anrechnung von beitragsfreien Zeiten herabsetzen zu müssen, die Bewertung der beitragsfreien Zeiten zu verändern und damit Personen mit hohem oder geringem individuellen Durchschnittseinkommen unterschiedlich zu treffen und die Renten, sofern sie auf beitragsfreien Zeiten beruhen, zu nivellieren. Ob das mit dem Eigentumsschutz für Rentenanwart1>chaften und -ansprüche in vollem Umfang vereinbar ist, bedarf der näheren Prüfung. Seit der Rentenreform von 1957 wird die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland durch die Lohnersatzfunktion der Rentenleistungen geprägt. Sie bildet das sozialpolitische Ziel; die Rentenversicherung soll im Wege der Vorsorge durch Sozialversicherung dem Versicherten und seinen Angehörigen eine Einkommensleistung verbürgen, die es ihm mit Einschränkungen gestattet, den bisherigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Das Ziel findet seinerseits seine Rechtfertigung darin, daß die Lebensstandardsdifferenzen, die durch die Rentenversicherung bewahrt werden sollen, als leistungsgerecht gelten, ohne daß dieses näherer überprüfung bedarf. Beitragsgerechtigkeit ist demgegenüber eine sekundäre Forderung; es geht im wesentlichen um zwei Ziele, den einzelnen Versicherten in einem Maße an der Last zu beteiligen, die dem von ihm zu erwerbenden Versicherungsschutz entspricht und niemanden zu prämieren, der die Solidarität nicht in dem seinem Risikoanteil angemessenen Grade mitgetragen hat.
Es stellt nur ein Instrument dar, um dieses sekundäre Ziel einer Beitragsgerechtigkeit zu erreichen, wenn das geltende Rentenversicherungsrecht den Versicherungsschutz nach den geleisteten Beiträgen ausrichtet. Keineswegs geht es in der Rentenversicherung primär darum, das Ausmaß des Versicherungsschutzes an die geleisteten Beiträge zu binden, die Leistungsdifferenzen von den Beitragsdifferenzen abhängig zu machen, den Rang in der Beitragslast in den Rang bei den Leistungen umzusetzen, Anteilsgerechtigkeit zu sichern. Nicht die anteilsgerechte Rente ist das Ziel der Rentenversicherung, sondern die lohnorientierte, lebensstandardsichernde Rente. Anteilsgerechtigkeit ist nur die Kehrseite der sekundären Forderung nach einer Beitragsbelastung, die mit dem Gleichheitssatz vereinbar und deshalb nach dem Umfang des Versicherungsschutzes differenziert ist. Sie drängt sich nur deshalb in den Vordergrund, weil das System der gesetzlichen Rentenversicherung offenbar viel leichter in der Lage ist, Differenzierungen im Leistungsbereich zu verwirklichen, als die Beiträge unterschiedlich zu bemessen, nicht zuletzt wegen der Belastung der Arbeitgeber und des Wettbewerbs der Arbeitskräfte309 • 009 Die Abschaffung der Mimtestrente alten Rechts ist unter Heranziehung von Art. 14 GG verschiedentlich kritisiert worden, vgl. Lappe, Der Bestands-
Irr. Grenzen der Rentengesetzgebung
In.
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Die eigentumsrechtlichen Grenzen einer Rentengesetzgebung 1. Soziale Sicherheit, Rechtssicherheit, Sicherheit vor gesetzgeberischen Eingriffen
Gerade in der Rentenversicherung besteht ein überaus starkes Interesse an der Bestandssicherung der Ansprüche und Anwartschaften. Es herrscht daher auch weitgehend Einigkeit darüber, daß es notwendig ist, die Berechtigungen von langjährig versicherten Personen dem unbeschränkten Zugriff des Gesetzgebers zu entziehen und sie daher verfassungsrechtlich abzusichern310• Denn offensichtlich ist der Bürger nicht schon zureichend gegen die Wechselfälle des Lebens gesichert, wenn ihm bei Eintritt eines Risikos eine entsprechende Sozialleistung gewährt wird, sondern nur dann, wenn er einen festen Anspruch darauf hat, und zwar nicht erst, wenn das Risiko sich verwirklicht hat, sondern in Form eines Schutzanspruches schon zuvor. Er sieht den Sinn seiner Einbeziehung in das Vorsorgesystem der sozialen Rentenversicherung gerade darin, sich einen festen Anspruch auf Versicherungsschutz zu erwerben. Die durch Sozialversicherung vermittelte Sicherheit ist in Frage gestellt, wenn dem Gesetzgeber unbegrenzte Manipulationsmöglichkeiten eingeräumt sind. Die erforderliche Gewißheit wird zum Teil durch das Vertrauen in die Beständigkeit des politischen Prozesses begründet, der in der Tat die Rentenversicherten jedenfalls generell bislang noch nicht enttäuscht hat, er verschafft dem einzelnen Versicherten als solchen freilich keine gesicherte Position, die begründete Sicherheit bezieht sich vielmehr auf die Rentenversicherung insgesamt. Sie ist nicht geeignet, das differenzierte Leistungssystem vor einer Nivellierung zu bewahren. Zwar gewinnt der einzelne durch den Gleichheitssatz eine weitergehende Sicherheit, er kann sich darauf verlassen, daß es von Verfassungs wegen ausgeschlossen ist, seine Ansprüche bei einer Fortentwicklung des Rentenversicherungssystems diskriminierend zu verkürzen oder zu beseitigen. Das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs.l GG kann aber nur mit erheblichem Aufwand und nur unter besonderen Umständen zu einem Differenzierungsgebot gesteigert werden, das dem besonderen individuellen Versicherungsschutzanspruch des einzelnen gerecht wird. Es schutz für Rentenanwartschaften, SGb 1961, S. 129; Wiegand, Verletzt die Abschaffung der Mindestrente die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG? 9Gb 1962, S.65; schon in diesem Zusammenhang wurde die Möglichkeit einer Ausklammerung von nicht synallagmatischen Rentenanteilen aus eiem Bestandsschutz - verneinend - erörtert. 310 Vgl. Zacher, Freiheitliche Demokratie, 1969, S. 148 f. m. w. Nachw.; Papier, VSSR 19'73, S. 33 f . ; Tomandl, Festschrift f. Wannagat, 1981, S. 638, 641; Meydam, SozSich 1975, S.297 sowie alle Verfechter des Eigentumsschutzes für Rentenansprüche und -anwartschaften.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
liegt nahe, es allererst als verwirklicht anzusehen, wenn der individuelle Anspruch auf Versicherungsschutz mit der Stärke von Eigentum ausgestattet und in den Schutzbereich des Art. 14 GG einbezogen ist311 • Nicht eine institutionelle Gewährleistung der Rentenversicherung für die Gesamtheit der Versicherten, die auch zur Sicherung der individuellen Rechtsposition unnötig ist, sondern nur eine individuelle Gewährleistung für jeden einzelnen Anspruch auf Versicherungsschutz vermag das Sicherheitsbedürfnis in vollem Maße zu erfüllen. Es besteht daher ein starkes Motiv für den Rentenversicherungsgesetzgeber, den ;rentenversicherungsrechtlichen Positionen eine der des Eigentums entsprechende Stärke zu geben. Der Rentenversicherungsgesetzgeber ist zu der Ausstattung der Ansprüche und Anwartschaften aus der Rentenversicherung mit der Stärke von Eigentum auch befugt, da diese in einem synallagmatischen Verhältnis aufgrund eigener Leistung des Versicherten erworben zu werden pflegen, er ist sogar dazu verpflichtet. Es ist daher im Prinzip davon auszugehen, daß die festen Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung unter dem Eigentumsschutz der Verfassung stehen. Dieser Eigentumsschutz hängt aber von der Stärke ab, mit der der Gesetzgeber die Rentenversicherungsansprüche ausgestattet hat. Dabei sind zwei Aspekte von Bedeutung, einmal die politische Dynamik, der das Rentenversicherungsverhältnis in seiner hundertjährigen Geschichte unterworfen war, zum anderen die Solidarität der Generationen, die dem Rentenversicherungsverhältnis zugrunde liegt und die eine gegenseitige Rücksichtnahme erfordert. Der Erwerb eines eigentumsrechtlich geschützten Anspruchs auf Versicherungsschutz ist mit der Beitragszahlung nicht abgeschlossen, er vollzieht sich vielmehr über die gesamte Dauer eines Versicherungslebens hinweg. In dieser Zeit wird das Beitrags- und Leistungssystem in der Regel so vielen Veränderungen unterworfen312 , daß der Berech311 Die verschiedentlich (vgl. Zacher, Soziale Gleichheit. Zur Rechtsprechung des Bundesverliassungsgerichts zu Gleichheitssatz und Sozialstaatsprinzip, AöR 93 (1968), S. 341 f.; dens., Soziale Sicherung in der sozialen Marktwirtschaft, VSSR 1973, S. 97 f.) gerügte Vernachlässigung von kleinen Gruppen und von Individuen wird bei der Heranziehung des Art. 14 GG, der gerade gegen das Sonderopfer und die besondere Härte schützt, eher zu verhindern sein, als über Art. 3 GG, der Härten infolge einer Pauschalierung und Typisierung weitgehend billigt. 312 Auf die Vielzahl von Anderungen des Sozialversicherungsrechts weist Schneider, S. 26 f. hin, er zählt allein über 240 Änderungen der Reichsversicherungsordnung auf. Darauf, daß Renteneigentum etwas Variables ist, das auf dem einmal errichteten Betrag weder nach oben noch nach unten fixiert werden kann, weist eindringlich Hans Schneider, S.31, hin; zur Labilität der Rentenversicherung s. ferner Zacher, Festschrift f. Ipsen, 1977, S.254; ders., Soziale Indikatoren als politisches und rechtliches Phänomen, VSSR 2 19174, S.15 ff.; vgl. auch BVerfG v. 1. 7.1981, Umdruck S. 37.
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tigte nicht davon ausgehen kann, es werde auf dem für ihn optimalen Stand bewahrt werden, zumal das Optimum vielfach erst zu bestimmen ist, wenn das gesamte Verhältnis - mit Einschluß der Hinterbliebenenleistungen - abgewickelt worden ist. In Wirklichkeit hat das Versicherungsverhältnis in der Rentenversicherung ständigen Änderungen unter wirtschaftspolitischen und stärker noch unter sozialpolitischen Gesichtspunkten unterlegen. Der Versicherte hatte in ihm niemals eine feste Leistungsgarantie, sondern ist in ein System eingebunden gewesen, das Änderungen zuläßt313• Der Eigentumsschutz der Rentenansprüche muß dieser in dem Rentenversicherungsverhältnis von vornherein angelegten Beweglichkeit Raum lassen314• Nach geltendem Recht geht bereits der Anspruch auf Versicherungsschutz nur dahin, daß nach Eintritt eines der typischen Versicherungsfälle und nach Erfüllung aller gesetzlichen Voraussetzungen Leistungen erbracht werden, wie sie gegenwärtig nach Art, Umfang und Dauer zu gewähren sind310• Hat das Rentenversicherungsverhältnis bereits nach seiner historischen Entwicklung eine starke Veränderlichkeit und daher auch nach einfachem Recht eine Bestandsschwäche aufzuweisen, ist es doch in einem Kernbereich von hoher Festigkeit gewesen, so daß sich eine einfachgesetzliche Ausstattung mit der Stärke von Eigentum nicht schlechthin verneinen läßt. Im Gegenteil läßt sich aus der Bezeichnung und Durchführung der Rentenversicherung als Sozialversicherung, wie sie auch die Verfassung selbst vornimmt, herleiten, daß der Berechtigte aus ihr Ansprüche erwerben soll, die in wesentlichen Strukturen mit denen des Privatversicherungsrechts übereinstimmen. Da die Ansprüche aus der Privatversicherung Eigentum sind, spricht schon das für eine Ausstattung der Rentenversicherungsansprüche mit einer Stärke, 313 Vgl. Thieme, Festschrift f. Wannagat, 1981, S.599, 609; die Variabilität ist im Versicherungsverhältnis angelegt, s. BSGE 43,128, 131. 314 Dabei ist eine Gesamtbetrachtung des Sozialleistungssystems unter Einschluß von Sicherungsformen außerhalb des Sozialrechts im engeren Sinne (etwa der Beamtenversorgung) notwendig, BSGE 9, 127; 25, 170, 175 f.; vgl. a. Walter Bogs, 43. DJT, S. G 57 m. Anm.151, wonach die Herabsetzung laufender Renten und Rentenanwartschaften mit Art. 14 GG vereinba3 Andererseits war der Schutz von bloßen Rentenantragstellern bei Verlagerung der Altersgrenze bzw. Einführung einer Nebenverdiensthöchstgrenze zu verneinen, obwohl sie nahezu alles getan hatten, was für die Bewilligung der Rente erforderlich ist (BVerfGE 37, 362, 398).
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leistungen verweigern wollte. Das schließt nicht aus, daß die Erwerbsbeeinträchtigung typisiert wird. Auch wenn der Gesetzgeber die Verdiensteinbuße, die zur Zuerkennung einer Rente, etwa der Bergmannsrente, führt, heraufsetzt, wird dem Rentenempfänger nicht ein Mehr an Flexibilität abverlangt als dem versicherten "Anwartschaftsberechtigten", der nach der Rechtsänderung eine Verdienstminderung erleidet, die den alten Grad, nicht aber die neue Schwelle erreicht; denn dem ~etzteren wird eine Lebensumstellung zugemutet, vor der er sich durch die - knappschaftliche - Rentenversicherung geschützt glaubte, es wird ihm keineswegs einleuchten, seinem Kollegen, der die Rente bereits bezog, sei die Lebensumstellung nicht mehr zumutbar. Der Gleichheitssatz verlangt insofern Gleichbehandlung. Bei Rentenkürzungen gilt nichts anderes. Eine Herabsetzung des Rentenzahlbetrages kann in Krisenzeiten den Rentenbestand nicht verschonen. Der Gleichheitssatz wäre verletzt;364, wenn die Lasten einer Konsolidierung allein den Zugangsrentnern aufgebürdet würden, die in der Regel bis zuletzt noch durch ihre Beiträge die höheren Bestandsrenten getragen haben. Auch in diesem Fall wäre es abwegig, die für die Bestandsrentnereintretende Einkommensminderung für weniger zumutbar zu erklären, als die der Zugangsrentner, die auf das gleiche Niveau gesetzt werden, allerdings von dem höheren Ausgangsniveau ihres Erwerbseinkommens aus. Eine ganz andere Frage ist es, ob ein junger Versicherter sich durch anderweitige Vorsorge auf die Minderung des Rentenniveaus einstellen kann; mit einer Differenzierung des Bestandsschutzes von Rentenansprüchen und -anwartschaften hat das nichts zu tun. Auch bei der Beseitigung ganzer Versicherungsfälle ist eine Begünstigung der bewilligten Renten keineswegs selbstverständlich. Wenn der Gesetzgeber sich etwa daran machte, die kleine Witwenrente zu beseitigen, was er, ohne in den Kernbestand der Rentenansprüche oder -anwartschaften einzugreifen, tun könnte, wäre es durchaus zweifelhaft, ob die Empfängerinnen solcher Renten ein höheres Maß an Schutz verdienen als die erst nach der Rechtsänderung in die Rente hineinwachsenden Frauen. Wie man es einer Frau klannachen soll, die nach langer Ehe, in der sie mehrere Kinder erzogen hat und aus dem Berufsleben ausgeschieden war, im Alter von über vierzig Jahren ihren Mann verliert, sie könne keine unbedingte - kleine - Witwenrente mehr erhalten, während ihrer kinderlosen Nachbarin, die während ihrer kurzen Ehe die Arbeit nie aufgegeben hat, bis ans Lebensende Witwenrente gewährt werden müsse, nur weil ihr Mann noch unter der 354 Zum Erfordernis der Gleichbehandlung bei übergangsrechtlichen Regelungen s. BVerfGE 36, 281, 296 ff.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
Geltung des alten Rechts verstorben war, ist unklar; denn gerade die erstere kann jahrelang auf den nun ausbleibenden Schutz der Rentenversicherung vertraut haben. Nach allem ist davon auszugehen, daß im Prinzip laufende Renten nicht stärker in ihrem Bestand geschützt sind als Rentenanwartschaften366 • Eine Differenzierung zwischen beiden ist jedenfalls in vielen Fällen nicht sachgerecht und würde daher gegen Art. 3 GG verstoßen356• Tatsächlich hat der Gesetzgeber bei Rechtsänderungen laufende Renten in höchst unterschiedlicher Weise behandelt357• Ganze Rententypen hat er bislang noch nicht beseitigt, so daß sich die Frage des völligen Wegfalls von bewilligten Renten noch nicht gestellt hat. Bei der Rentenreform von 1957 hat er die Schwellen der Invalidenrente abweichend vom alten Recht festgesetzt, dabei hat er alte Bestandsrenten ohne weiteres in Erwerbsunfähigkeitsrenten umgewandelt, obwohl die Rentner nach neuem Recht aller Wahrscheinlichkeit nach in nicht unbeträchtlichem Umfang nur berufsunfähig gewesen sein dürften. Diese Begünstigung ist offenbar weniger zum Schutze der erworbenen Rechtsposition als zur Verwaltungsvereinfachung erfolgt. Es wäre präsumtiv nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand möglich gewesen, zu ermitteln, ob die Bestandsrentner erwerbs- oder berufsunfähig 355 Der These, die laufenden Renten sollten einen höheren Bestandsschutz genießen, läuft die Ansicht quer, die Regelungen über die Berechnung der Zugangsrenten besäßen Vorrang gegenüber der Rentenanpassung, die jährlich durch Gesetz vollzogen werden müßte. In Verbindung miteinander würden die beiden Meinungen darauf hinauslaufen, die laufenden Renten seien primär in ihrem Zahlbetrag garantiert, d. h. die Konsolidierung des Rentensicherungssystems dürfe auf der Leistungsseite allein durch Unterbleiben der Anpassung der Bestandsrenten erfolgen. Die Ablösung der BestandSlrente von der Anpassung würde aber eine Schere zwischen den Erwerbseinkommen einschließlich der Zugangsrenten und den Bestands'renten, vor aUem aus älterer Zeit, öffnen, die den sozialen Schutz durch die Rentenversicherung weitgehend entwerten würde. 356 Das schließt nicht aus, daß es sachlich gerechtfertigt sein kann, Ersatz für eine bereits gefestigte Rechtsposition, nicht hingegen für eine bloße Erwartung zu geben (BVediGE 49, 192, 211 ff.; vgl. a. RilfneT, Jahrbuch des 50zialrechts der Gegenwart, 1980, S. 21 ff., 22 f.). Eingriffe in ein gesetzlich begründetes Dauerrechtsverhältnis, aus denen ein laufender Anspruch auf Geldleistungen entstanden ist, hat das Bundesverfassungsgericht als Fälle "unechter Rückwirkung" behandelt (BVerfGE 31, 94, 00; Seuffert: BVerfGE 31, 100, hat dem mit Hinweis auf BVerfGE 18, 159, 166 f. widersprochen, sofern der Berechtigte nicht damit rechnen kann, daß seine Bezüge pro futuro gekürzt werden). Es hat sie jedenfalls für zulässig gehalten, solange der Vertrauensschutz in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip keinen Vorrang der Bestandseinkommen gegenüber den Interessen des allgemeinen Wohls begründet, dem die auf das Dauerverhältnis nachhaltig einwirkende Vorschrift dienen soll. 357 Die Beseitigung des Kinderzuschusses für bestimmte Fälle, die die laufenden Renten minderten, hat das BVerfG nicht kritisiert (vgI. BVerfGE 55, 100, 111 ff.).
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waren; dieser Aufwand, der nicht allein Verwaltungskosten nach sich gezogen hätte, sondern der auch erhebliche Zeit in Anspruch genommen und ein erhebliches Gutachterpotential gebunden und Unsicherheit erzeugt hätte, zu vermeiden, war ein hinreichender Sachgrund für die Begünstigung der Bestandsrenten. Auch nicht durch Art. 14 GG war es erzwungen, wenn der Gesetzgeber bei der Rentenreform von 1957 die Bestandsrenten nach dem Prinzip der Meistbegünstigung behandelte, d. h. die Rentenberechnung alternativ durchführen ließ und dem Rentenbezieher dann die alte Rente erhielt, wenn das für ihn vorteilhaft war; denn das letztere konnte nur der Fall sein aufgrund von "unverdienten" Rentenanteilen, insbesondere des durch ReichszuschÜS5e und nicht aus Beiträgen finanzierten Grundbetrages. In der Zeit der Weltwirtschaftskrise hat der Gesetzgeber dagegen auch die laufenden Renten herabgesetzt358• Abweichend ist er bei der Herabsetzung der Steigerungssätze der Knappschaftsversicherung verfahren. Dabei hat er im Regelfall die Zahlbeträge der laufenden Renten nicht angepaßt, sondern sie durch Verzögerung der Anpassung abgeschmolzen; in Einzelfällen ist es dabei zu einer Senkung des Zahlbetrages gekommen. Der vorübergehend eingeführte Krankenkassenbeitrag der Rentner betraf auch die Bestandsrenten; dagegen haben sich die Änderungen in der Bewertung von Ausfallzeiten für die laufende Rente schon deshalb bisher nicht ausgewirkt, weil sie in der Regel nur in der Zukunft liegende Zeiten betrafen. Bei der Herabsetzung der Bewertung der Ausbildungsausfall358 Hans Schneider, S. 8 f., weist darauf hin, daß in den Krisenjahren 193,1 und 1932 (7 MiR Arbeitslose) nicht bloß die Besoldung und Versorgung der Beamten beschnitten wurden, sondern auch die sozialversicherungsrechtlichen Anwartschaften und Ansprüche auf Renten herabgesetzt wurden. Durch mehrere Verordnungen des Reichspräsidenten aufg,rund des Art.43 Abs.2 RVO sind mehrlach verschärfte Bedingungen für den Bezug von Renten und generelle Kürzungen von laufenden Rentenansprüchen vorgenommen worden. Vgl. im einzelnen Zweite VO des RPräs. z.ur Sicherung von WirtschaJit und Finanzen vom 5. Juni 1001 (RGBl. I S.279), 5. Teil, Kap.l § 1 (Kürzung der Steigerungssätze für Pensionen der Reichsknappschaft); Vierte VO des RPräs. zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 8. Dezember 1931 (RGBl. I S.699), 5. Teil, Kap. IV, Abschnitt 1 (Kumulierungsverbote bei Zusammentreffen mehrerer Renten, Höchstbeträge für Hinterbliebenenrenten, Streichung von Witwenrenten in der Il1iValidenversicherung, Wegfall von Kinderzuschüssen und Waisenrenten bei Kindern über 15 Jahren, Verlängerung der Wartezeiten in der Invaliden- und in der Angestellten-Versicherung). Dazu mindernde übergangsbestimmungen für laufende Rentenfälle in der VO des Reichsarbeitsministers (Stegerwald) vom 30. 1. 1932 (RGBl. I S., 55); VO des RPräs. über Maßnahmen zur Erhaltung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialversicherung sowie zur Erleichterung der Wohlfahrtslasten der Gemeinden, vom 14. Juni 1932 (RGBl. I S.273), 1. Teil, Kap. II (Niedrigere Grundbeträge für Invalidenrenten, Angestellten-Ruhegelder, Witwenrenten, Kürzung von Unfallrenten um 1'5% bzw. 71/2%); VO des Reichsarbeitsministers (Schäfter) über die Berücksichtigung der Renten aus der Sozialversicherung bei anderen Leistungen, vom 10. Oktober 1932 (RGBl. I S. 496).
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
zeiten hat der Gesetzgeber die laufenden Renten ausgespart3 69 • Die Beseitigung von Kinderzuschüssen für Enkelkinder bezog wiederum die laufenden Renten ein, die sich dadurch je Enkelkind im Monat um rund 150,- DM minderten. Ebenfalls wurden die laufenden Renten davon betroffen, daß der Beitragszuschuß zur - freiwilligen - Krankenversicherung der Rentner nicht mehr für alle einheitlich, sondern proportional zur Rente festgesetzt worden ist. Ein prinzipieller Vorrang in der Gewährleistung laufender Renten läßt sich nach allem nicht behaupten360• d) Einschränkung der Bestandssicherung auf den Umfang des Rentenanspruchs oder der Rentenanwartschaft zum Zeitpunkt des Erwerbs
Wenn die Erstreckung des Eigentumsschutzes auf vermögenswerte Berechtigungen des öffentlichen Rechts dadurch legitimiert und gefordert wird, daß sie auf eine bestimmte Weise durch den Einsatz einer eigenen Leistung erworben worden sind, liegt es nahe, sie in dem Umfang in ihrem Bestand zu sichern, den sie zum Zeitpunkt hatten, in welchem sie erworben worden sind und in dem die ihnen zugrunde liegende Leistung bewirkt worden i,stlI'81. Das würde bedeuten, daß zu Zeiten, als es noch keine unbedingte Witwenrente in der Rentenversicherung der Arbeiter gab, erworbene Rentenanwartschaften unter Ausschluß der Anwartschaft auf unbedingte Witwenrente gesichert wären, daß zum Zeitpunkt der Geltung der ursprünglichen Rentenformel - vor der Rentenreform von 1957 - erworbene Anwartschaften nur nach Maßgabe des damaligen Berechnungsmodus Bestandsschutz genössen, daß ein verfassungsrechtlich gesicherter Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente in der Arbeiterrentenversicherung nicht aus Beiträgen hergeleitet werden könnte, die vor 1957 erbracht worden sind, oder daß insoweit die Rentendynamik nicht geschützt wäre. Wenn diese Folge359
Das BVerfG hat das nicht als Verstoß gegen Art. 3 GG angesehen (vgl.
E v. 1. 7. 11981, Umdruck S. 5'1).
3&0 Ob das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 31, 94) anders hätte entscheiden können, wenn nicht ein laufendes Witwengeld von der Kürzung betroffen gewesen wäre, sondern die Kürzung eine bald nach Inkrafttreten des Änderungsgesetzes verwitwete Frau getroffen hätte, die in der Erwartung, durch ihren Mann gesichert zu sein, ihr voreheliches Vorsorgeverhältnis aufgelöst hatte, erscheint zweifelhaft. In beiden Fällen kommt es auf die "Härte" des Eingriffs an, sie ist nicht davon abhängig, da·ß die Leistung bereits bezogen wird; vgl. auch Rüfner, Jahrbuch des Sozialrechts der Gegenwart 1980, S.21, 22 f.; zur Abwägung von Vertrauen und Allgemeininteresse s. Rüfner, ebd., S. 27 f. 361 In dieser Richtung Tomandl, Festschrift f. Wannagat, 1981, S,,625, 638; das BSG, Vorlagebeschluß vom 23. April 1981, 1 RA 111179, MS S. 18, will eine Vergünstigung nicht als durch Beitragsleistung erworben ansehen, wenn sie erst nachträglich mit der Beitragsleistung verbunden wird.
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rungen fragwürdig erscheinen, weist das auf einen grundlegenden Mangel im Ansatz zurück. Er besteht darin, daß der Erwerb des Versicherungsschutzes sich nicht in einzelne Zeitabschnitte aufteilen läßt. Das Rentenversicherungsrecht hat vielmehr die soziale Biographie stets als Einheit betrachtet, zu keiner Zeit hat es den Rentenanspruch oder die Rentenanwartschaft als eine Summe von jeweils in einzelnen Zeitabschnitten nach dem jeweils geltenden Recht erworbenen Teilen von Versicherungsschutz behandelt. Es läßt auch keine derartige Aufgliederung zu. Sie war weder mit dem vor 1957 geltenden Recht, noch mit dem heutigen Recht vereinbar. Das frühere Recht gewährte dem Beitragszahler Versicherungsschutz ~n Form eines Anspruchs auf Grund- und Steigerungsbeträge; während die Anwartschaft auf die letzteren nach einzelnen Zeitabschnitten zugeordnet werden konnte, schied eine derartige zeitliche Zuordnung für die Grundbeträge aus. Sie wurden viehnehr kontinuierlich über das gesamte Versicherungsleben hin erworben, insbesondere weil die "Anwartschaft" erhalten werden mußte; es erscheint jedenfalls unmöglich, den Versicherten, der Beiträge vor der Rentenreform 1957 geleistet hat, so zu behandeln, als sei er am 31. 12.1957 rentenberechtigt gewesen, und ihm diesen Rentenanspruch oder die entsprechende Anwartschaft zu gewährleisten, daneben aber auch zu fingieren, er sei am 1. 1.1957 erneut in die Rentenversicherung eingetreten, und ihm dann zusätzlich die Rentenansprüche aufgrund des neuen Rechts zu geben, die ihrerseits eine kontinuierliche Betrachtung des Versicherungslebens erfordern, weil sie auch maßgeblich durch anrechnungsfähige Zeiten bestimmt sein können, die nicht mit den Zeiten der Beitragsleistung übereinstimmen. Es läßt sich keineswegs eindeutig feststellen, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch auf Anrechnung dieser beitragslosen Zeiten erworben worden ist. Scheinbar einfach ist die Sachlage für die Ersatzzeiten, die stets angerechnet werden, wenn alsbald nach ihrem Ende eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen wurde. Man könnte ihren Erwerb als unmittelbar in der ersten anschließenden versicherungspflichtigen Beschäftigung vollzogen ansehen; indessen werden die Ersatzzeiten auch bei vorheriger Versicherung angerechnet. Nahezu unmöglich ist es, den Zeitpunkt des Erwerbs der Ausfall- und Zurechnungszeiten festzulegen, denn in beiden Fällen ist eine Halbdeckung erforderlich (vgl. § 1259 Abs. 3 RVO, § 1260 Satz 2 RVO). Es erscheint absurd, daß der Versicherte im Jahre 1936 die Anrechnung einer Ersatzzeit wegen Flucht oder Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg oder die Anrechnung einer Ausfallzeit wegen einer Krankheit oder Arbeitslosigkeit nach 1950 erworben haben kann, ganz abgesehen davon, daß im Jahre 1936 die Anrechnung derartiger Zeiten gar nicht vorgesehen war. Erworben hatte er einen Anspruch auf eine Rente nach den da-
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
maligen Berechnungsmodalitäten, bei der ein anderer Ausgleich für Verkürzungen der Versicherungszeit durch den Grundbetrag vorgesehen war. Schwierigkeiten bereitet es auch, wenn eine Nachentrichtung von Beiträgen gestattet worden ist, es erhebt sich die Frage, ob der Versicherungsschutz nach Maßgabe der zur Zeit der Nachentrichtung oder der zur Zeit, für welche die Nachentrichtung erfolgt ist, maßgeblichen Rechtslage eigentumskräftig geschützt sein soll. Das eine bedingt eine Ungleichheit zwischen den Versicherten, die ihre Beitragspflicht zur rechten Zeit erfüllt haben, und denen, die von der Nachentrichtung Gebrauch machen konnten, das andere widerspricht der bei der Nachentrichtung vollzogenen oder möglichen Kalkulation. Das alles sind jedoch nicht die eigentlichen Schwierigkeiten; die wahren Probleme entstehen dadurch, daß die jeweilige Ausgestaltung des Rentenversicherungsystems so erfolgt, daß sie nur sinnvoll ist, wenn die gesamte soziale Biographie in sie einbezogen wird. Die Problematik läßt sich vielleicht am deutlichsten am internationalen Sozialversicherungsrecht veranschaulichen. Es verfährt keinesfalls wie der Versorgungsausgleich, indem es Werteinheiten pro ratione temporis zuteilt; es rechnet vielmehr die Versicherungszeiten in den verschiedenen Rechtsordnungen zusammen, berechnet daraus eine theoretische Leistung nach jeder der Rechtsordnungen und ermittelt dann den dem Verhältnis der jeweiligen Dauer der unter der konkreten Rechtsordnung zurückgelegten Versicherungszeit zur Gesamtversicherungszeit entsprechenden Teilrentenanspruch (vgl. Art. 45, 46 EGVO 1408/71). Es ist evident, daß sich auf diese Weise ein Rentenanspruch erst ex post feststellen läßt und daher nicht ex ante verfassungsrechtlich zu verbürgen ist. Letztlich würde ein Eigentumsschutz, der sich auf die Bestandssicherung des Rentenversicherungsanspruchs und der Rentenanwartschaft in dem Umfang beschränken wollte, den sie zum Zeitpunkt ihres Erwerbs hat, nicht allein an den Bewertungsproblemen scheitern. Er würde auch weitgehend seine praktische Relevanz verlieren. Wollte man den Erwerb des eigentumsrechtlich zu garantierenden Versicherungsschutzes mit dem Zeitpunkt der Beitragsentrichtung als abgeschlossen ansehen, würden spätere Verbesserungen des Versicherungsschutzes, die auch auf alte Beiträge bezogen wären, aus dem Eigentumsschutz herausfallen. Es wäre etwa zu fragen, ob die Wiedererwekkung eines nach altem Recht mangels der erforderlichen Erhaltung der Anwartschaft untergegangenen Versicherungsschutzes auf bloßer Gewährung beruhend aus der Eigentumsgarantie herausfällt; es würde zweifelhaft, ob ein Beitrag aus der Zeit vor der Einführung der unbedingten Witwenrente oder der Berufsunfähigkeitsrente oder der Rentendynamik das eigentumskräftige Recht auf entsprechenden Versiche-
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rungsschutz zu begründen vennag. Selbst unter dem Aspekt des Generationsvertrages wäre es gerechtfertigt, die Beiträge nur insofern zu honorieren, als sie zum Zeitpunkt ihrer Entrichtung den Alten, Invaliden und Hinterbliebenen Sicherung gegeben haben, spätere substantielle - über eine Anpassung an die Einkommensentwicklung hinausgehende - Verbesserung erscheinen durchaus nicht von vorneherein als verdient. Daher ist auf eine derartige Beschränkung des Eigentumsschutzes zu verzichten, auch wenn wiederum deutlich wird, daß gerade insofern die direkte Anwendung von Art. 14 GG auf rentenversicherungsrechtliche Positionen nicht sachgerecht wäre. Weil dem eigentumsrechtlich gesicherten Versicherungsschutz deshalb jede Fonn der Äquivalenz mangelt, steht die Erstreckung des Eigentumsschutzes auf ihn auch stets in der Gefahr, die sozialgerechte Lösung des Konflikts zwischen den Interessen der Beitragszahler und der Rentenempfänger zu verfehlen, sie darf sie jedenfalls nicht einseitig darin finden, den Versicherungsschutz auf dem einmal erreichten höchsten Niveau zu fixieren und die Belastung der Beitragszahler entsprechend hinaufzutreiben. Wenn die Eigentumsgarantie nicht auf den Umfang des zum Zeitpunkt der Beitragsentrichtung bestehenden Versicherungs'schutzes beschränkt wird, sie vielmehr auch die nachträgliche, für den Versicherten positive Dynamik des Rentenversicherungsrechts mit umfassen soll, muß sie daher auch Einschränkungen zulassen3t2• Die Inanspruchnahme einer solchen Ausdehnung des Eigentumsschutzes fordert die Hinnahme von Entwicklungen, die dem einzelnen lästig sind. Die Solidarität der gesetzlichen Rentenversicherung kann nicht einseitig interpretiert werden, sie gibt nicht nur Ansprüche, sie fordert und rechtfertigt auch Opfer, die mit langfristigen Strukturveränderungen verbunden sind. e) Die Abstufung des Eigentumsschutzes nach Maßgabe der Äquivalenz
Obschon das Vorliegen eines Austauschverhältnisses und die den Eigentumsschutz dem Grunde nach legitimierende Beziehung der öffentlich-rechtlichen Berechtigung davon unabhängig sind, daß die eigene Leistung des Bürgers und die Berechtigung äquivalent sind, sind doch Maß und Stärke des Eigentumsschutzes von dem Grade der Äquivalenz abhängig363. Äquivalenz ist allerdings nur überaus schwer fest1162 Art. 14 Abs.l GG steht der Beseitigung besonders günstiger Aus,gestaltungen der Rentenversicherungspositionen nicht entgegen (vgl. BVerfGE 11, 221, 230 f.; 51, 257, 265 f.). 11M Vgl. BVerfGE 11, 221, 226; 14, 288, 293, 294; 51, 356, 364; BSGE 25, 170, 173 u. Hinw. a. BSGE 5,40,43; 26, 255, 257'; 33,177,1719,183; v. 30. 8.1966 SozR
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
stellbar. Schon das gebührenrechtliche Äquivalenzprinzip öffnet dem Gebührengesetzgeber Tür und Tor für die unterschiedlichsten Bewertungen und entzieht sich nachhaltig einer verläßlichen Strukturierung384, weil der wirtschaftliche Wert der Verwaltungsleistung für den Gebührenschuldner sich regelmäßig kaum abschätzen läßt. Der Vergleich von Leistung und Beitrag ist zwar einfacher, wenn beiden von vorneherein ein Geldwert zukommt, der mathematisch berechnet und verglichen werden kann, wie es in der Rentenversicherung weitgehend der Fall ist. Doch wird der Vorteil durch andere Erschwernisse aufgewogen; es ist nämlich notwendig, die Geldwertveränderung in der Zeit mit einzu.,kalkulieren und daher den Wert der Beiträge auf den Zeitpunkt umzurechnen, in dem die Leistungen anfallen. Schon dafür bieten sich bereits drei Möglichkeiten an, von denen keine in vollem Umfang zu befriedigen vermag; der absolute Betrag kann mit angemessener Verzinsung auf einen Gegenwartswert hochgerechnet werden, er kann unter Zugrundelegung einer weit geringeren Verzinsung nach dem Realwertindex der Preisentwicklung angepaßt werden, er kann ebenso der generellen oder der speziellen Lohnentwicklung angeglichen werden, in jedem Fall wird sich ein anderer Zeitwert ergeben. Der Wert der Rentenanspruche und der Rentenanwartschaften muß für den gleichen Zeitpunkt versicherungsmathematisch ermittelt werden, wobei die künftige Dynamik mit zu veranschlagen ist; dabei können Zwar die Unsicherheiten über das generative Verhalten und die individuelle Neigung zur Ehe ausgeklammert werden, weil sich die Problematik statistisch, d. h. versicherungsmäßig, im Normalfall wieder ausgleicht, so daß es letztlich unbedenklich ist, die Hinterbliebenenrenten mit in die Bewertung einzubeziehen. Jedoch ist nicht zu übersehen, daß die Wertrelation sich beständig verschiebt, je nach dem Zeitpunkt, der als Ausgangspunkt des Vergleichs gewählt wird; das führt angesichts der Tatsache, daß Versicherungsschutz eine Dauerleistung bildet, die letztlich von Beginn der Versicherung bis zum Tode des letzten rentenberechtigten Hinterbliebenen angeboten werden muß, zur Aporie. Obwohl diese BerechNr.5 zu Art. 2 § 4 ArVNG; zur Abstufung des Eigentumsschutzes einer Rentenversicherungsposition nach Maßgabe dessen, "wie weit sie sich als Äquivalent eigener Leistung erweist oder auf staatlicher Gewährung beruht", s. noch einmal BVeriGE 14, 288, 293 f. Einen großen Spielraum gibt auch das BSG (SorLR 2200 § 381 Nr.4) dem Gesetzgeber, wenn er in eine Berechtigung eingreift, die nur lose mit der eigenen Leistung des Versicherten zusammenhängt, aber nicht "strikt an Vorleistungen des einzelnen gebunden und SQmit ,erdient' ist", der Gesetzgeber ist dann "weniger in seinem Gestaltungsermessen beschränkt" (u. Hinw. a. BVerfGE 16, 94, 111 und auf Rupp v. Brünneck, BVerfGE 32, 129, 143). 364 Vgl. Jürgen Salzwedel, Anstaltsnutzung und Nutzung öffentlicher Sachen, in: Erichsen/Martens, Allgemeines Verwaltungsrecht, 5. AufI. 1981, S.391.
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nungen, wie angedeutet wurde, äußerst kompliziert und mit mannigfachen Unsicherheiten behaftet sind, sind sie allein tauglich36li• Nicht tauglich sind dagegen andere Methoden, mit denen äquivalente und nichtäquivalente Anteile von Rentenansprüchen und -anwartschaften unterschieden werden sollen. Ungeeignet ist etwa ein Verfahren, das das Maß der Globaläquivalenz der Beiträge eines bestimmten Zeitraumes zu dem durch sie vermittelten Versicherungsschutz danach bestimmt, in welchem Umfang die Beiträge einer Periode dazu ausgereicht haben, die Versicherungsleistungen dieser Periode zu finanzieren366• Dieses Verfahren wäre nur akzeptabel, wenn die Zahl und Zusammensetzung der Beitragszahler und die Menge und Qualität der verwirklichten Risiken in allen Perioden gleich bleiben oder sich vollständig proportional entwickeln würden; es ist unsinnig, wenn die Versicherung - sei es im Hinblick auf die einbezogenen Personen, sei es im Hinblick auf die erfaßten Risiken, sei es im Hinblick auf die Leistungshöhe und Leistungsqualität - expandiert oder schrumpft. Signifikant für die mangelnde Eignung des Verfahrens ist die gegenwärtige Erörterung, ob durch die Zulassung einer überzahlung von Beiträgen die Finanzen der Rentenversicherung auf Dauer zu sanieren sind; dabei wird zu Recht darauf hingewiesen, daß die überzahlung nur vorübergehend zu einer Erhöhung der Einnahmen, später aber zu einer Erhöhung der Ausgaben der Rentenversicherungsträger führt, also das Finanzierungsloch nur nach hinten verschiebt und es dabei u. U. noch vergrößert. Entsprechendes gilt für sonstige Expansionen. In den ersten Jahren wird eine jede neu begründete Renten- oder Lebensversicherung auch bei einer Unterdeckung die notwendigen Leistungen ohne Schwierigkeiten aus den Beitragsaufkommen finanzieren können. Umgekehrt ist eine Rentenversicherung mit stark schrumpfendem Bestand an Beitragszahlern, auch wenn diese zu Beiträgen verpflichtet sind, die weit über dem Wert des dadurch vermittelten Versicherungsschutzes liegen, regelmäßig nicht in der Lage, die Leistungen aus den laufenden Beitragsaufkommen zu decken; das ist die allenthalben beschworene Gefahr für die gesetzliche Rentenversicherung, die sich für die Knappschaftsversicherung bereits realisiert und zur Notwendigkeit von Ausgleichszahlungen von der Angestelltenversicherung an die Arbeiterrentenversicherung geführt hat. Es liegen Berechnungen vor, nach denen das Verhältnis der Steigerungssätze zu den Beiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung 365 Hermann Albeck, Zur sozialen Sicherung der Frau, Reform der Alterssicherung - leistungsorientiert oder bedarfsorientiert? Anmerkungen zu einem Kommissionsgutachten, ZgS Bd.I36, 1980, S. 705ff.., gibt exakte Hinweise dafür, wie Äquivalenz von Leistungen und Beiträgen zu bemessen ist. 366 So ähnlich BVerfGE 54, 11, zur Besteuerung von Renten und Pensionen.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
der Arbeiter und der Angestellten in etwa dem in der knappschaftlichen Rentenversicherung entspricht367 , gleichwohl kann die eine Versicherung überwiegend aus Beiträgen finanziert werden, die andere nicht mehr. Es ist evident, daß eine Abschwächung des Bestandsschutzes der Knappschaftsrenten wegen ihrer weit überwiegenden Finanzierung aus Steuermitteln nicht vertretbar ist368• überdies berücksichtigt dieser Ansatz nicht, daß der zur Zeit der Beitragsleistung in Aussicht gestellte Versicherungsschutz keineswegs mit dem heutigen Versicherungsschutz identisch ist und daß aller Wahrscheinlichkeit nach auch künftig Abweichungen zu erwarten sind. Bislang sind primär die Leistungen ausgeweitet worden. Erwartungen wurden kawn enttäuscht, längst erloschene Anwartschaften wurden erweckt, eine nie vorhergesehene Dynamik eingeführt, Invaliditäts- und Altersgrenzen zurückgenommen, die Witwenrenten erweitert und verbessert, alles für solche Versicherte, die ihren Vätern und Müttern entsprechende Leistungen versagt haben369• Insofern kann der Generationenvertrag die den jetzigen Rentnern gewährte Sicherung nicht voll rechtfertigen. Wo die Leistungen eingeschränkt worden sind, etwa durch Verzicht auf die alte Grundrente, haben die Beitragszahler heute Leistungen zu finanzieren, die sie nicht mehr erhalten können. Das hat zu der fragwürdigen These geführt, alle vor 19.57 begründeten Leistungen und Leistungsteile seien versicherungsfremde Altlasten, die von der Allgemeinheit zu finanzieren seien. Sinnlos wäre es jedoch auch, den individuellen äquivalenten Gegenwert der Beiträge im Augenblick der Beitragsleistung durch versicherungsmathematische Berechnungen zu ermitteln und allen darüber hinausgehenden Rentenansprüchen und Rentenanwartschaften den vollen Eigentumsschutz zu versagen. Dabei würde sich nämlich zeigen, daß im Regelfall nur noch geringwertige Bruchteile der Ansprüche und Anwartschaften in vollem Maße durch das Eigentumsgrundrecht geschützt wären. Bei exakter Berechnung übersteigen nämlich die mit den Beiträgen verknüpften Rentenansprüche und -anwartschaften deren versicherungsVgl. Zache'/' I Ruland, SGb 1974, S.443. VgL Harald Bogs, Bestandsschutz für sozialrechtliche Begünstigungen als Verfassungsproblem, RDA 1973, S. 26 f:tl., 29; dens., Die SOzialversicherung im staat der Gegenwart, 11973, S . 611; ebenso schon Dürig, Festschrift f .. Apelt, 1958, S. 13 ff., 43 m. Anm. 72 gegen Ule, ZSR 1956, S. 182 f. 389 Schrnähl, Das Rentenniveau in der Bundesrepublik, SPES Schriftenreihe, 1975, S. 345; "Die Rentner werden so gestellt, als ob sie sich während ihres ganzen Arbeitslebens ganz bestimmten Situationen gegenübergesehen hätten bzw. als ob auch damals die Regeln gültig gewesen wären", zur Problematik einer solchen Ungleichheit s. Ipsen, Rechtsfragen berufsständischer Zwangsversorgung, in: Aktuelle Probleme der VersicherungswirtSlChaft vom Standpunkt der Versicherungswissenschaft betrachtet, hrsg. v. Walter Rohrbeck, 19'59, S. 31 (51 f.). 387 368
rI!. Grenzen der Rentengesetzgebung
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mathematischen Gegenwert in einer exorbitanten Weise. Der Eigentumsschutz der Renten wäre damit so reduziert, daß er als nahezu wertlos angesehen werden müßte. Wenn es richtig ist, daß die heutigen Beiträge - Lohnstabilität unterstellt - nur dem halben Erwartungswert des durch sie begründeten Versicherungsschutzes entsprechens70 , dann sind angesichts des Geldwertverfalls und der geringeren Beitragssätze in der Vergangenheit die äquivalent erworbenen Anteile noch weit unter 50 Prozent anzusetzen. Aus diesem Grunde hat es bislang noch keinen Versuch gegeben, den Eigentumsschutz von Rentenansprüchen und -anwartschaften nach dem Grade der individuellen Äquivalenz abzustufen und dazu das Äquivalenzverhältnis zwischen den Beiträgen und den Leistungen auch nur einigermaßen genau zu bestimmen. Es werden vielmehr Abweichungen von der individuellen Äquivalenz mehr oder minder kraft Vorurteils behauptet. Im allgemeinen liegt dem eine Verwechslung der individuellen Äquivalenz mit dem Prinzip der Anteilsgerechtigkeit zugrunde, das seinerseits ohne klares Konzept betrachtet wird. Statt die Frage der Anteilsgerechtigkeit nach den Umverteilungsströmen zu bemessenS71 , die durch eine bestimmte Abstimmung von Beiträgen und Versicherungsschutz in Gang gesetzt werden, wird die Fehlerhaftigkeit der Abstimmung selbst einfach präjudiziell vorweg entschieden, indem sie aus bestimmten Elementen der Rentenformel herausgelesen wird. Äquivalenz von Beitrag und damit verbundenem Versicherungsschutz wird jedoch nicht durch die Proportionalität von Beiträgen und Renten gewährleistet. Proportionalität von Renten oder Rententeilen und Beiträgen ist nur für die Berechnungsart der Renten bedeutsam, sagt aber darüber nichts aus, ob die geleisteten Beiträge dem durch sie vermittelten Versicherungsschutz gleichwertig sind. Das wird evident am Beispiel einer extremen Veränderung der Beitragssätze zur Rentenversicherung bei unveränderter Rentenberechnungsart; daß in diesem Fall die Wertrelation von Beitrag und Versicherungsleistung verschoben würde, ist offensichtlich. Die Äquivalenz von Beiträgen und Versicherungsschutz kann daher mit der Beitragsproportionalität der Renten nicht gleichgesetzt werden. überdies ist in der seit 1957 geltenden Art der Rentenberechnung die Rentenhöhe nicht den Beiträgen proportional, sie wird vielmehr dadurch bestimmt, in welchem 370
Meinhold, Fiskalpolitik, S.64.
Hier findet sich ein signüikanter Mangel in der Entscl1eidung des BVerfG v.!. 7. 1'981, Umdruck S. 41 f. Das BVerfG lehnt es, nachdem es wie zu zeigen ist - die mangelnde Äquivalenz hinsichtlich des Erwerbs von AusbildungsausfaUzeiten behauptet hat, ohne sie exakt zu begründen, ab, dier von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Frage nachzugehen, ob sich infolge einer besonderen Risikostruktur ein Umverteilungssrtrom zu ihren Lasten ergeben habe, der durch die Anrechnung der Ausbildungsausfallzeiten nur ausgeglichen wird. Das war - unabhängig von der generellen Legitimation dieser Umverteilung - im konkreten Zusammenhang verfehlt. 371
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
Verhältnis der jeweils geleistete Beitrag zum Beitrag des Versicherten mit durchschnittlichem Einkommen im gleichen Zeitraum gestanden hat. Eine Äquivalenz von Rentenansprüchen und Rentenanwartschaften und den Leistungen des Versicherten läßt sich auf dem Umweg über die Rentenberechnungsart nur begründen, wenn dem Begriff eine andere Bedeutung untergelegt wird372 • In Wahrheit besteht über den Verlauf der Umverteilungsströme in der gesetzlichen Rentenversicherung bislang keine Klarheit. Begünstigt sind gewiß Personen mit höherem Invaliditäts- und Todesrisiko, ebenso wie solche mit hoher Morbidität und großer Anfälligkeit zur Arbeitslosigkeit (vgl. § 1259 Abs.1 Nr. 1- 3 RVO). Keine darüber hinausgehende Umverteilung bewirkt die Zurechnungszeit, die allen Frühinvaliden in gleicher Weise zugute kommt. Durch die Hinterbliebenensicherung findet gegenwärtig eine Umverteilung zu Lasten von ledigen Männern und von erwerbstätigen Frauen statt, die präsumtiv keine anspruchsberechtigten Ehegatten hinterlassen373 • Dabei ist de lege lata die Belastung der Frauen gewiß, während die ledigen Männer durch spätere Heirat immer noch in den Kreis der Begünstigten gelangen können. Jedoch wird die Belastung der erwerbstätigen Frauen teils dadurch ausgeglichen, daß sie zu einem früheren Zeitpunkt die Altersgrenze erreichen. Im übrigen wird jeder, der von der flexiblen Altersgrenze Gebrauch macht, begünstigt, wobei es sich nach der Statistik insbesondere um gut Verdienende handelt.
372 Schneider, S. 16 ff., hält es für äußerst problematisch, ob der Eigentumsschutz einzelner Rentenarten (z. B. Witwenrente, Invaliditätsrente) geringer angesetzt werden kann, als bei anderen (Altersrenten), weil die Eigenfinanzierungsquote in dem einzelnen Fall größer oder kleiner sei. Dem ist zuzustimmen, das Argument verliert aber an Schärfe, weil der zugrunde liegende Gedanke, die Eigenfinanzierungsquote lasse sich bei einzelnen Rentenarten unterschiedlich bewerten, problematisch ist. Die Berechnungsarten sagen über das Maß der Eigenfinanzierung nichts aus; auch die Einbringung von beitragsunabhängigen Faktoren sagt über das Maß der Beitragsäquivalenz nichts aus. Zu unterscheiden ist eher in einem simplen Sinne zwischen verdienten oder erdienten Renten und Rentenelementen und weniger verdienten und erdienten Renten und Rententeilen. Unter diesem Gesichtspunkt läßt sich keine Rente als nicht durch die Beitragszahlung unverdient ansehen; jeder Versicherte verdient es, für den Fall der Invalidität, des Alters und des Todes (für seine Hinterbliebenen) angemessen gesichert zu sein. Die Frage, ob eine Rente oder ein Rententeil mehr oder minder verdient ist, führt damit auf die Frage nach der angemessenen Sicherung zurück, die als Kernbestand des verfassungsrechtlich wie Eigentum geschützten Renten- und Versicherungsschutzanspruchs anzusehen ist. 373 Die Belastung wird freilich ausgeglichen, wenn die Personen nicht als Eltern zur Heranziehung der künftigen BeitragszahIergeneration beitragen (vgl. dazu unten bei Anm. 457).
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Die günstige Bewertung der ersten fünf Beitragsjahre nach § 1255 Abs.4 RVO kommt durchgängig allen Pflichtversicherten zugute; nur eine atypische Gruppe, die gleich mit hohem Einkommen beginnt, ist von ihr, ebenso wie die freiwillig Versicherten, ausgeschlossen. Die einzige beitragsfreie Zeit, die einer deutlich abschichtbaren Gruppe von Versicherten, nämlich den Akademikern und den Personen mit höherer Schulbildung, zugute kommt, ist die Ausbildungsausfallzeit374 • Die Ersatzzeiten begünstigen alle Kriegs- und Regimegeschädigten. Begünstigungen von Versichertengruppen können schließlich dadurch eintreten, daß für sie das Verhältnis zwischen der angerechneten beitragsfreien Zeit und den Beitragszeiten besonders vorteilhaft ist, das gilt vor allem für freiwillig Versicherte und für Versicherte mit unständiger sozialer Biographie, aber auch für Personen, die von den Nachentrichtungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht haben. Insgesamt liegt es nahe, bei den letzteren wie bei den durch die Ausbildungszeiten Begünstigten von weniger verdienten Rechtspositionen zu sprechen.
Es zeigt sich jedenfalls, daß die Unterscheidung von verdienten und gewährten Anteilen in der Rentenversicherung sehr viel schwieriger ist, als es zunächst erscheint. Warnungen, nach denen sie sich als fiktiv erweisen könnte375, gewinnen an überzeugungskraft376 • Die Abschwächung des Eigentumsschutzes für nicht durch eigene Leistung abgedeckte Anteile an prinzipiell dem Eigentumsschutz unterstellten Berechtigungen377 hat demnach vielfach Widerspruch erfahren378• In der Tat muß es den Bestandsschutz der Rentenansprüche und -anwartschaften erheblich herabsetzen, wenn man in dieser Weise Anteile aussondern wollte. Soweit in Zweifel gezogen wird379, daß der Arbeitgeberbeitrag380 dem Versicherten als eigene Leistung zuzurechnen ist, 374 375
142.
VgL dazu BVerfG v. 1. 7., 1981, Umdruck S. 40. Vgl. Rittstieg, S. 373; Rupp I v. Brünneck, abw. Meinung in BVerfGE 32,
376 Kritisch gegenüber der Tendenz, "unverdiente" Sozialversicherungsansprüche in die Nähe der Fürsorge zu rücken, Zacher / Ruland, 8Gb 1974, S. 444; PZagemann, NJW 1982, S. 559, f. 377 Dafür etwa UZe, ZSR 1956, S. 180, 182 f. 378 Vgl. schon Dürig, Festschrift f. Apelt, 1958, S. 43 m. Anm. 77, S.44; Wannagat, Festschrift f. Peters, 1975, S. 178. 379 Etwa mit der Begründung, der Arbeitgeberbeitrag werde nicht als Lohn versteuert, vgl. Schneider, S.17.f. 380 Die Aussagen des BVerfG zum Arbeitgeberbeitrag sind zwiespältig: Die Beitragsleistung des Arbeitgebers "entspricht dem Gedanken der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für seinen Arbeitnehmer" (BVerfGE 1'1, 105, 116). "Die Auffassung, ihre Verpflichtung, Beiträge zu leisten, lasse sich auf das einzelne Arbeitsverhältnis zurückführen, ist mit dem System der Sozialversicherung unvereinbar" (BVerfGE 14, 312, 318). Dann aber räumt das Gericht den Versicherten den Anspruch auf Erstattung auch der Arbeitgeberbeiträge
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
wäre die Rente in halbem Umfang dem erleichterten Zugriff des Gesetzgebers ausgesetzt. Die heute geleisteten Beiträge sollen überdies einschließlich der Arbeitgeberbeiträge - Lohnstabilität unterstellt nur dem halben Erwartungswert des durch sie begründeten Versicherungsschutzes entsprechen381 und unter Berücksichtigung der Dynamisierung noch dahinter zurückbleiben. Soweit den Hinterbliebenenrenten kein Beitrag zugrundeliegen soll382, könnte die Anwartschaft auf sie ohne Rücksicht auf Art. 14 GG beseitigt oder geschwächt werden. Soweit die Anrechnung von beitragslosen Zeiten, wie Ersatz-, Ausfall- und Zurechnungszeiten nicht durch eigene Leistung geprägt sein soll, könnten sie gestrichen oder niedriger bewertet werden, ohne daß Einwendungen unter dem Aspekt des Eigentumsschutzes berechtigt wären. Im Gegenteil schlösse die Einbeziehung des anderen Rentenbestandteils in den Eigentumsschutz auch den Einwand aus, eine Nivellierung der nicht eigentumsrechtlich gestützten Elemente sei nicht mit dem Prinzip leistungsgerechter Renten zu vereinbaren. Wenn es richtig ist, daß der Umfang der umverteilenden Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung - ohne den Familienlastenausgleich - sich auf einem Drittel der Rentenausgaben beläuft38S , die Belastung durch Hinterbliebenenrenten aber noch einmal etwa 30 Prozent der Rente an Versicherte ausmacht, dann bliebe für eigentumsrechtlich gewährleistete Rententeile absolut jedenfalls nur ein minimaler Betrag von knapp einem Viertel der Rentenausgaben übrig. Nach allem ist es nicht möglich, zwischen solchen Ansprüchen, die auf eigenen Leistungen beruhen, und solchen darreichender Art, denen kein Eigenbeitrag zugrunde liegt, hart zu unterscheiden, und dem Gesetzgeber die Möglichkeit zu vindizieren, letztere beliebig zurückzunehmen384, dafür aber ein: "... die bei Pflichtversicherten vom Arbeitgeber ausschließlich im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis des Versicherten und nur zu dessen Sicherheit geleisteten Beiträge" (BVerfGE 51, 1, 29). In der Entscheidung zur Pensionsbesteuerung sieht es dann aber - in diesem Fall wohl zu Recht - von den Arbeitgeberbeiträgen ab (vgl.. BVerfGE 54, H, 16 ff.). Zur Rechtfertigung der Arbeitgeberbeiträge vgl. a. BVerfG v. 3.3.1'00(2., 381 Vgl. Meinhold, Fiskalpolitik, S.64. 382 So Ham Schneider, S.17. Nach Dietlein, ZSR 1975, S.l43, genügt es, wenn die Rechtsposition ihre Ursache oder Teilursache in eigenen Aufwendungen findet. 383 Mörschel, Die Zuschüsse des Staates zu den gesetzlichen Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten, DRV 1978, S. 332 ff., 348 f. 384 In diese Richtung BVerfGE 29, 283, 302; Philipp, BB 1973, S. 147 f.; so im Prinzip auch BVerfG v. 1. 7.1981, Umdruck S.36: "Soweit das Bundessozialgericht und die Beschwerdeführer ihre Argumentation zu Art. 14 GG allein auf die Begrenzung der Bewertung von Ausbildungs-Ausfallzeiten beschränken, ohne die Auswirkungen dieser Begrenzung auf die Renten oder Rentenanwartschaften insgesamt an dieser Grundrechtsnorm zu messen, kann dem nicht gefolgt werden. Renten und Rentenanwartschaften beruhen auf ver-
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die auf Beiträgen beruhenden Anteile zu stabilisieren385. Wenn das Bundesverfassungsgericht die Befugnis des Gesetzgebers zur Aufhebung und Beschränkung von Rentenansprüchen und Rentenanwartschaften danach staffeln will, in welchem Maße "die Rentenansprüche und Rentenanwartschaften durch den personalen Bezug des Anteils eigener Leistung des Versicherten geprägt sind"386, könnte das so aufgefaßt werden, als solle zwischen solchen Anteilen der rentenversicherungsrechtlichen Positionen, die leistungsgeprägt sind und daher durch Art. 14 GG geschützt sind, und anderen, die ohne Rücksicht auf Art. 14 GG der Disposition des Gesetzgebers unterliegen, ein grundlegender Unterschied gezogen werden. Das ist jedoch nicht der Fall387. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG läßt nicht jede Beschränkung von Rentenversicherungspositionen in Elementen mit sozialem Bezug zu. "Der soziale Bezug" einer rentenversicherungsrechtlichen Position, die nicht im wesentlichen durch eigene Leistung verdient ist, rechtfertigt daher nicht ohne weiteres eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, die diese Position beeinträchtigt388. Es bedarf jeweils noch einer Auseinandersetzung mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und der Verfassungsordnung im übrigen.
f) Der Kernbereich der Rentenansprüche und -anwartschaften In der Entscheidung vom 26. 3. 1980 zur unterschiedlichen Besteuerung von Renten und Pensionen hat das Bundesverfassungsgericht nähere Ausführungen zu dem subjektiven öffentlichen Recht gemacht, das dem Beitragszahler aus der gesetzlichen Rentenversicherung erwächst: "Er erwirbt dafür einen staatlich garantierten Anspruch gegen die Versichertengemeinschaft, nach Erreichen der Altersgrenze" - wie nach schiedenen Elementen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führen. Die einzelnen Elemente können nicht losgelöst voneinander behandelt werden, als seien sie selbständige Ansprüche (vgl. BVerfGE 14, 288, 294). Im Hinblick auf Art. 14 GG ist die rentenversicherungsrechtliche Position insgesamt Schutzobjekt." 385 In diesem Sinne Pitschas, Rentenanpassung oder Rentenreform? Verfassungsprobleme um das 21. RAG, VSSR 1978, S. 373; kritisch bereits Papier, VSSR 11973, S.58; Badura, Eigentum im Verfassungsrecht der Gegenwart, Vhdl. d. 49. DJT, Bd.!I 1972, S. T 10 f. Anm. 22, betont zu Recht die existenzsichernde Funktion der Sozialleistungsansprüche gegenüber der Legitimation von Eigentum durch eigenen Aufwand; ähnlich Papier, VSSR 1973, S. 36. 386 BVerfGE 53, 257, 293. 387 Richtig gesehen im Vorlagebeschluß des BSG v .. 23. April 1981, 1 RA 111179, MS S. 12 ff., keine Beschränkung des Eigentumsschutzes auf die Rententeile, die äquivalent eigener Leistung sind, nur eine Abstufung des Eigentumsschutzes unter Berücksichtigung des Leistungsprinzips. 388 Irreführend! BSG Vorlagebesch.luß vom 23. April 1981, 1 RA 111179', MS S. 19. Die Aufrechterhaltung einer langdauernd:en Versicherungsstruktur, die durch untragbare Relation von Beiträgen und Leistungen als Wohltat erscheint, kann nach Art. 14 GG nicht gefordert werden, BVerfGE 11, 221, 230 f. 11 Krause
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
jedem Eintritt des Versicherungsfalles - "durch die dann Erwerbstätigen ebenfalls versorgt zu werden (,Generationsvertrag'). Dieser Gedanke eines Anspruchs auf eine angemessene, aber noch nicht genau bestimmte und von der Entwicklung der Verhältnisse - zum Beispiel der Leistungsfähigkeit der jeweils Erwerbstätigen - abhängigen Versorgung hat in der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Aufgabe des Anwartschaftsdeckungsverfahrens und durch die gleichzeitige Dynamisierung der Renten im Jahre 1957 äußeren Ausdruck gefunden. Bei Zahlung der Beiträge steht der Gesamtwert des mit jeder Beitragszahlung wachsenden Rentenrechts noch nicht fest; mithin ist es auch nicht möglich, die Summe der mit den einzelnen Beitragsleistungen erworbenen Teile des Rentenrechts ... zu bewerten. Die absolute Höhe der Beiträge hat für die Höhe der Rente vielmehr nur noch insofern Bedeutung, als sie die Rangstelle des Versicherten innerhalb der Versicherungsgemeinschaft festlegt389." Damit wird der Kern des Rentenanspruchs und der Rentenanwartschaft bezeichnet. Es handelt sich um einen staatlich garantierten Anspruch390 • Die staatliche Garantie wird aktuell, wenn der Gesetzgeber nicht durch vorgreifende Einschränkungen der Ausgaben oder Verbesserungen der Einnahmen für den notwendigen Ausgleich sorgt. Sie gewinnt ferner Bedeutung, wenn der Gesetzgeber die Sozialversicherung ganz beseitigt, weil er dann anstelle der Beitragsfinanzierung für eine Finanzierung aus Steuermitteln sorgen muß, und sie verhindert schließlich einen Konkurs des Rentenversicherungsträgers, der die durch Art. 14 GG gewährleisteten Ansprüche beeinträchtigen könnte391 , zieht damit allerdings u. U. zugleich den Staat mit in den Konkurs der Rentenversicherungsträger hinein. Durch die staatliche Garantie wird die Auseinandersetzung zwischen den Interessen des Berechtigten und der zur Finanzierung Herangezogenen indessen nicht primär oder ausschließlich zu einem Konflikt zwischen den Berechtigten und dem Staat (der Allgemeinheit der Steuerzahler). Der Anspruch bleibt gegen die Versichertengemeinschaft - genauer gegen die "dann Erwerbstätigen" - gerichtet, ihre Solidarität wird zuerst - erschöpfend - in Anspruch genommen, ehe der Staat garantierend eingreift (§ 1384 Abs. 2 RVO). Auch das schließt es aus, den Anspruch der Versicherten abstrakt zu betrachten, es gilt vielmehr das Maß der vom Berechtigten geübten Solidarität - im Zeitpunkt der Beitragsleistung - mit dem Maß der von ihm geforderten Solidarität im Zeitpunkt des Leistungsbezuges - ins Verhältnis zu setzen. Dabei kann weder eine Gleichheit der Beitragsbelastung noch der Leistungen BVerfGE 54, H ff., S. 28. Vgl. dazu näher Klaus Schenke, Die garantierte Leistungsfähigkeit, Festschrift f. Meinhold, 1980, S. 333. 391 Schenke, Festschrift f. Meinhold, S. 341. 389
390
III. Grenzen der Rentengesetzgebung
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angestrebt werden, es muß die Belastbarkeit der jeweils Beitragenden wie die Bedürfnislage der jeweils Versorgten mitbedacht werden. Dem trägt das Bundesverfassungsgericht dadurch Rechnung, daß es nicht den Anspruch gibt, "ebenso" versorgt zu werden, sondern nur "ebenfalls" versorgt zu werden, daß es den Anspruch nicht auf eine "genau bestimmte", sondern auf eine "angemessene" Versorgung gerichtet sein läßt, wobei es die Angemessenheit nicht wie im Beamtenrecht an eine berufliche Stellung, sondern an eine Reihe anderer Momente heftet. Als solche Momente hebt es die "Entwicklung der Verhältnisse", die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere die Einkommensverhältnisse, hervor. Sie sind allerdings nicht ausschließlich maßgeblich; zusätzlich bedeutsam ist die "Leistungsfähigkeit der jeweils Erwerbstätigen". und nicht zuletzt ist bei der Ausgestaltung des Anspruchs die durch die jeweilige Höhe der Beiträge festgelegte "Rangstelle des Versicherten innerhalb der Versichertengemeinschaft" zu beachten. Sie verbietet ein übermaß der Nivellierung392. Vorsicht ist dabei gegenüber dem Zungenschlag geboten, wonach die Rangstelle durch die absolute Beitragshöhe bestimmt wird. Maßgeblich ist nämlich nicht die absolute Beitragshöhe, sondern der relative Umfang des - erzwungenen oder freiwilligen Beitrages zur Gesamtsolidarität, den der Versicherte jeweils im Verhältnis zu den übrigen Versicherten aufgebracht hat, weniger bereits seine Zeitdauer, sofern Gründe eine Unterbrechung oder Verzögerung rechtfertigen. Das Prinzip der Sicherung des individuellen Lebensstandards ist durch die Rentenreform des Jahres 1957 zwar erheblich verstärkt worden393, aber auch vorher war die Rentenhöhe nach der Maßgabe der geleisteten Beiträge differenziert394• In der Tat läßt sich die Belastung der Versicherten mit unterschiedlichen Beiträgen vor dem Gleichheitssatz nur rechtfertigen, wenn die unterschiedlichen Beiträge "dem Aufbau einer individuellen, vom eigenen Vermögensopfer und Umfang und 392 Zur Tendenz, bei der Anpassung zu nivellieren, s. etwa Kirner, Diskussionsbeitrag zum Symposium der Freien Universität Berlin: Die Anpassung von Sozialleistungen an wirtschaftHche Veränderungen in verschiedenen Systemen der sozialen Sicherung, in: ZVersWiss. 1980, S. 3'52. Zur tatsächlichen Entwicklung des Brutto- und Nettoeckrentenniveaus s. a. Schmähl, Die Diskussion über Veränderungen des Rentenanpassungsverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland, ZVersWiss. 1980, S.336 H.; zur Rentenanpassung vgl. a. v. Maydell und SChmähl, Die Anpassung von Sozialleistungen an wirtschaftliche Veränderungen in verschiedenen Systemen der sozialen Sicherung - ein interdisziplinäres, internationales Symposium an der Freien Universität Berlin, ZVersWiss. 1980, S. 225 ff. 393 Vgl. Jantz, Zur Entwicklung und Durchsetzung des Prinzips der bruttolohnbezogenen Rente, BABI. 19172, S. 418 ff., 426. 394 VgI,. Papier, VSSR 1973, S,OO, "Recht auf ausreichende, an dem bisherigen Lebensstandard als Lohnempfänger orientierte rentenmäßige Sicherung".
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
Wert eigener Arbeitsleistung nicht unabhängigen Sicherung dient"395. Daraus folgt, daß der Gesetzgeber auch nicht nachträglich diese Beziehung aufbrechen darf396 • Allerdings gilt in der Sozialversicherung nicht das strikte Prinzip, daß Beitragsdifferenzen auch Leistungsdifferenzen entsprechen müssen397. Die Sozialversicherung nimmt Abweichungen von dem maßstabgerechten Beitrag nicht nur hin39S, es gehört sogar wesensmäßig zu ihr, einen sozialen Ausgleich durchzuführen3911 . Sie zielt bewußt auf interpersonale Umverteilung4OO• Umverteilung ist nicht gleichheitswidrig, sie bewirkt soziale Gleichheit. Sozialbeiträge sind nicht individualadäquate Risikoprämien, sondern dienen auch dem sozialen Ausgleich41l1 und finanzieren Fürsorge- und Versorgungsleistungen mit. Die Versorgung ist ferner unangemessen, wenn sie der Veränderung der Verhältnisse, vor allem dem Lohn- und Preisniveau, nicht Rechnung trägt und ohne Rücksicht auf die gestiegene Leistungsfähigkeit der jeweils Erwerbstätigen auf zu geringer oder übermäßiger Höhe fixiert wird. Nach geltendem Rentenrecht kann der Kernbestand402 des Versicherungsschutzes nur in der Gewährleistung der Sicherheit bestehen, daß bei den typischen Risiken der Rentenversicherung - deren genauere Umschreibung im Rahmen der sozialen und sozialpolitischen 395 Papie-r, VSSR 1973, S.55 m. w. Nachw.; vgl. a. Krause, VSSR 1980, S. 130 ff. m. w. Nachw. 396 Krause, VSSR 1900, S.138 1. 397 Zu Legitimität und Grenzen der Umverteilung durch SozialverSlicherungsbeiträge s. Krause, VSSR 1980, S.I36 ff., 146 ff., 159 ff" m. w. Nachw. 39S In besonderen Fällen ist allerdings Risikogerechtigkeit des Beitrags verlangt und sozialer Ausgleich verboten, vgl. BVerfGE 48, 227, 235 f.; nach Isensee, Umverteilung durch Sozialbereicherungsbeiträge, S.48, könnte dafür der Kompetenztitel "Sozialversicherung" nicht in Anspruch genommen werden. 399 Isensee, Umverteilung durch Sozialversicherungsbeiträge, S.48; nach S.42 ist der Sozialversicherungsbeitrag durch Äquivalenz und Solidarität konstituiert. 41)0 Meinhold, Fiskalpolitik, S.35 m. w .. Nachw.; Achinger, Sozialpolitik als Gesellschaftspolitik, 1958, S. 140 ff.; Zache-r, DÖV 1970, S. 3 ff.; deshalb hält der Österr.. Ver:llGH (Slg. 3721) eine Differenzierung zu Lasten der sozialen Gruppe, der besondere Vorteile aus der Versicherung erwachsen sind, dann nicht nur für nicht geboten, sondern für unzulässig, wenn es sich um eine sozial besonders schwache Gruppe handelt. Nach BSG, SGb 1970, So 348, ist eine Beitragsbelastung einer Gruppe von Versicherten zugunsten einer anderen, schwächeren, zulässig. 41)1 BSGE 13, 247, 250; BSG v. 24.11.1964, SozEntsch. BSG X H c 6 § 2 BAL Nr.l; BSG v. 30.4.19·71, Sozialrecht Nr.l zu § 1260 a RVO; v. 15.12..1977, 111 RA 74/77, vgl. a. Österr. VerfGH, Slg. 3670; ferner BVerfGE 11, 105, 117; 28, 314, 348 f.; 29, 245, 254 f.; Hax, Die Entwicklungsmöglichkeiten der Individualversicherung in einem pluralistischen System der sozialen Sicherung, 1968, S. 7'7 f. Der Sozialversicherungsbeitrag ist nicht prinzipiell umverteilungsreS'istent, wie Ruland, SGb 1981, S.398, behauptet. 402 Vgl. a. Wannagat, Festschrüt f. Werner Weber, 1:974, S. 830 m. w. Nachw ..; ders., Festschrüt f. Peters, 1975, S. 178.
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Entwicklung nicht festgelegt ist - Lohnersatzleistungen erbracht werden, die in ihrer Orientierung am erreichten Lebensstandard und nach Maß und Dauer im übrigen in etwa den gegenwärtigen Leistungen ent::;prechen403 • Dem entspricht in etwa der Kernbestand404 , in dem das Bundesverfassungsgericht den Soldatenversorgungsanspruch gegen entschädigungslose Entziehung geschützt hat405 • Es hatte zunächst die Al403 Vg1. Pauls, S. 55 f. Angemessen ist die Sicherung insbesondere, wenn sie drei im Rentenversicherungss~stem stets und besonders mit der Rentenreform von 19'57 enthaltenen Grundforderungen genügt: erstens muß sie in den im jeweiligen Kontext der sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen dringlichen Bedarfsfällen des Alters - mit einer entsprechend beweglichen Grenze -, der Invalidität - mit zeitgerechten Begrenzungen und gegebenenfalls Abstufungen - und des Todes - unter Einbeziehung der sozialtypischen Unterhaltsabhängigen - eintreten; zum zweiten muß sie in diesen Bedarfsfällen eine Leistung gewähren, die den jeweiligen allgemeinen Einkommens- und Lebensverhältnissen entspricht und einen sachgerechten, solidarischen Ausgleich zwischen den Beitragsverpflichteten und den Berechtigten im Sinne des Generationsvertrages vollzieht; drittens müssen die Leistungen jeweils den Differenzen in den den Beiträgen tatsächlich oder fiktiv zugrunde liegenden Einkommen und damit auch den Beiträgen selbst entsprechend gestaffelt werden, wobei die staffelung weniger der Dauer der geleisteten Beiträge als deren Höhe zu entsprechen hätte, jedenfalls aber verschiedene Mod'elle möglich sind, eine derartige Entsprechung zu verwirklichen. In ähnlicher Richtung der von Scholz, S.49, proklamierte "dynamische Gruncm-echtsschutz" . 404 Der Kernbereich der Rentenansprüche und -anwartschaften ürt nicht der Wert dessen, was der Versicherte angespart hat (irreführend etwa Rudolf Gerhardt, Renten, das Eigentum des kleinen Mannes, F AZ vom 22. 3. 1980) und zwar aus verschiedenen Gründen: Erstens ist die Rentenversicherung eine reine Risikoversicherung, bei der nicht angespartes Vermögen zurückgewährt wird, sondern bei der nach Maßgabe ihrer gesetzlichen Ausgestaltung für bestimmte Risikofälle Versicherungsschutz geboten wird, zum anderen ist es mit dem Wesen der Sozialversicherung unvereinbar, die auch auf sozialen Ausgleich in der Versichertengemeinschaft gerichtet ist, jedem Versicherten den Anspruch auf einen Versicherungsschutz zu bieten, der seinem Beitragsanteil entspricht, zum dritten aber wäre eine solche Garantie geradezu läppisch, da die angesparten Beiträge auch bei höchster Verzinsung und Aufwertung im Regelfall weit hinter dem Wert der Ansprüche und: Anwartschaften zurückbleiben. 405 Wenn Art. 14 GG für die Soldatenversorgung und -besoldung den gleichen Schutz bietet wie Art. 33 Abs. 5 GG für die Beamtenbesoldung" muß auch umgekehrt die Begrenzung des Schutzes von Art. 33 Abs. 5 GG für den durch Art. 14 GG gelten. Das würde bedeuten, daß die Möglichkeit einer Kürzung für Beamtengehälter und -pensionen (vgl. BVerfG, ZBR 1981, S. 102, 104 u. Hinw. a. BVerfGE 52, 303, 341 ff.) ebenso für Rentenansprüche und -anwartschaften eröffnet ist (zur Kürzung eines erworbenen Versorgungsanspruchs s. BVerfGE 3, 58, 140, 160; 1,6, 254, 273); vgl. a. BVerfGE 17, 3317, 355: "Art. 14 GG wird durch die angegriffene Rechtsvorschrift in der Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts nicht berührt. Art. 3C3 Abs. 5 GG geht, insofern er die vermögensrechtlichen Ansprüche der Beamten betrifft, als lex specialis dem Art. 14 GG vor. Im übrigen könnte Art. 14 GG durch eine Kürzung des Ruhegehalts, die nach Art und Umfang wie in § 115 begrenzt ist, von vorneherein nicht verletzt sein, weil der Beamte durch den Eintritt in das Beamtenverhältnis pro futuro nur einen der Höhe nach variablen Anspruch auf Gehalt und Versorgung erwirbt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesverfassungs'gerichts vom
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
ters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenensicherung der Soldaten in den Schutz von Art. 14 GG einbezogen, weil sie in einem Vorsorgeverhältnis begründet worden ist, das zwar nicht auf Geldleistungen, sondern unmittelbar auf Dienstleistungen der Berechtigten oder eines Angehörigen beruht. Als Kernbestand des Vorsorgeanspruchs hat es dann den unentziehbaren Anspruch auf eine "angemessene Rente für seinen und seiner Familienangehörigen Unterhalt" bezeichnet406 • Nicht zum Kernbestand, sondern zum Randbereich, der einem Zugriff des Gesetzgebers nach Art der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums unterliegt, rechnet es dagegen die "ziffermäßige Höhe und die sonstigen Modalitäten". Umgekehrt kann aus Entscheidungen, die einen absoluten Schutz für eine "bestimmte Art der Rentenberechnung" und eine "bestimmte Leistungshöhe"407 verneint haben, geschlossen werden, daß insofern der Kernbestand des Rentenanspruchs und der Rentenanwartschaft (der feststehende Inhalt) nicht betroffen ist. "Ob das Altersruhegeld vom 60. oder erst vom 65. Lebensjahr an gewährt wird, zählt ebensowenig wie die Beitrags- und Leistungshöhe zum feststehenden Inhalt jener Anwartschaft406 • Die Veränderlichkeit der genannten Modalitäten ist von vorneherein in der Anwartschaft angelegt; sie entspricht dem Charakter der Sozialversicherung, die auf dem Prinzip der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht409." Aus diesen Entscheidungen lassen sich eine Reihe von Anhaltspunkten für die Spielräume entnehmen, die Art. 14 GG dem Gesetzgeber beläßt, wenn er übergangslos das Leistungssystem der gesetzlichen Rentenversicherung so verändert, daß es zu Einschränkungen von Rentenversicherungspositionen kommt. Sie dürfen jedoch weder vom Einzelfall gelöst und verabsolutiert werden, noch darf die gefundene, oft nur umrißartige Begründung überschätzt werden. Der Hinweis, es 7. Mai 1963 (BVerfGE 16, 95)." Wenn der "Kernbestand! des beamtenrechtlichen Besoldungs- und Versorgungsanspruchs durch Art. 33 Abs. 5 GG in der gleichen Weise gesichert ist, wie er es durch Art. 14 GG sein würde" (BVerfGE 16, 94, 115), können die Argumente zu Inhalt, Umfang und Grenzen d!er Garantie des Art. 33 Abs. 5 GG auch in die Diskussion zum Schutz von sonstigen öffentlich-rechtlichen Vermögensrechten durch Art. 14 GG eingebracht werden. 406 BVerfGE 116, '94, 111 f. Zum Kernbestand des Anspruchs des Beamten auf angemessenen Unterhalt s. a .. BVerfGE 37, 167, 173, der durch Art .. 33 Abs.5 GG grundrechtsgleich wie das Eigentum dUrch Art. 14 GG gesichert ist (vgl. ferner BVerfGE 21, 329, 344 f.). 407 Vgl. BVerfGE 11, 221, 226; 20, 52, 54; 22, 241, 253; auch sonst hält Walter Bags, 43. DJT, S. G 57 m. Anm. 151 die Herabsetzung van Rentenanwartschaften und laufenden Renten für mit Art. 114 GG vereinbar. 408 Die Altersgrenze zählt nicht zum "feststehenden Inhalt" des Anspruchs auf Altersversicherungsschutz., BVerfGE 22, 241, 253. 409 BVerfGE 22, 241, 253 u. Hinw. a. 20, 52, 54, wonach die Berechnungsart der Renten nicht durch Art .. 14 GG geschützt ist; ebenso Schalz, S.42.
III. Grenzen der Rentengesetzgebung
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handele sich um einen "Rentenanteil" , dem keine Beitragsleistung zugrunde liegt, läßt unentschieden, ob sich der Eigentumsschutz auf ihn nicht erstreckt, ob er aus dem Kernbereich herausfällt, oder ob dem Gesetzgeber bei seiner Ausgestaltung im Rahmen der Inhalts- und Schrankenziehung ein weites Ermessen eingeräumt ist, das er offensichtlich nicht überschritten hat. Überdies ist der Kernbereich nicht absolut zu bestimmen, sondern gewinnt durch das Element der Angemessenheit eine Variabilität410 • Deshalb wird man die genannten Entscheidungen ebenso wie die weitere Einzelfalljudikatur des Bundesverfassungsgerichts nicht blind bei der Abgrenzung des Kernbereichs zugrunde legen können. Daher lassen sich die Aussagen, der Gesetzgeber könne die Anrechenbarkeit von beitragslosen Zeiten und deren Bewertung, insbesondere von Ersatzzeiten 411 , von Ausfall- und Ersatzzeiten412 sowie von Fremdrentenzeiten, denen keine Beiträge in der Bundesrepublik zugrunde liegen413 , ausschließen und verändern, ohne gegen Art. 14 GG zu verstoßen414 , nicht generalisieren. Ähnlich wie das Bundesverfassungsgericht hat auch das Bundessozialgericht den Schutz vor den Folgen des Alters durch Gewährung des Altersruhegeldes und des Todes durch Gewährung von Hinterbliebenenrenten gleichbedeutend neben den Maßnahmen, die eine angemessene soziale Vorsorge für die Erhaltung und Besserung, vor allem 410 Die Möglichkeit von Änderungen ist innerhalb bestimmter Grenzen in dem Sozialrechtsverhältnis angelegt (BVerfGE 11, 221, 226), es ist daher stets zu prüfen, ob dJie Erwerbsberechtigung (verneinend' BVerfGE 14, 288, 293; 24, 220 ff.; 29, 283, 302 für das Recht zur Weiterführung einer freiwilligen Versicherung), die Anwartschaft (verneinend BVerfGE 11, 221, 226 für die Anwartschaft auf Sterbegeld in der sozialen Krankenversicherung) oder die Rente (verneinend BVerfGE 20, 52, 54 für die Art der Rentenberechnung ähnlich schon BVerfGE 13, 39, 45 -; vgl. a. BSG v. 30.4.1971, SozR § 1260 a RVO Nr. 1; BVerfGE 22, 241, 253 für die Altersgrenze) ihrem Inhalt nach unentziehbar sind oder nicht verschlechtert werden dürfen; das gilt jedenfalls nicht, wenn es sich um vorläufige Gewährungen handelt, BVerfGE 18, 196, 202 f.; ähnlich 15, 167, 200; vgl. a. 42, 263 H. Dem entsprechend heißt es in einer Entscheidung des Bundessozialgerichts: "Diese Rechtsposition besagt aber nichts darüber, ob die Anwartschaft selbst entzogen werden darf oder weitergeführt werden muß. Sie verleiht insbesondere nicht den Anspruch auf ein unverändertes Fortbestehen der Anwartschaft", BSGE 33, 1'7'7, 1'79 f. bezüglich der Anwartschaft auf Beitragserstattung bei Heirat; kritisch freilich Badura, Festschrift BSG 1979, S. 688 f.; aber auch sonst kann die Individualposition nur im Gesamtrahmen garantiert werden, d. h. die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems, die für die Erfüllung des Einzelanspruchs vorausgesetzt wird, bildet eine Grenze der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der individuellen Berechtigung, ähnlich BVerfGE 42, 263, 301 ff . , wo von einer Schicksalsgemeinschaft die Rede ist. 411 BVerfG v. 26.9. i968, in: SoziaIrecht, Rechtsprechung und Schrifttum, Art. 14 GG Nr. 14. 412 BVerfGE 29, 283, 302. 413 BVerfGE 29, 22, 33 f. 414 So auch Funk, SGB 1007, S. 6; UZe, ZSR 1956, S.182f. 1
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
gegen die Minderung oder den Verlust der Erwerbsfähigkeit415 , bieten, zum Kernbestand des Anspruchs aus dem Rentenversicherungsverhältnis gezählt416. Daß es auf Schwierigkeiten stößt, einzelne Teile der Anwartschaften und Ansprüche aus der Rentenversicherung in besonderer Weise dem personalen Bezug der eigenen Leistung zuzuordnen, ist bereits deutlich geworden. Das geltende Rentenversicherungsrecht geht gerade nicht von abschnittsweise erworbenem Versicherungsschutz aus, sondern setzt voraus, daß der Versicherungsschutz durch ein ganzes Versicherungsleben hindurch kontinuierlich erworben wird. Selbst das Bild vom stetigen Aufbau eines Versicherungsschutzes hat sich als schief erwiesen. Eine Beschränkung des Kernbereichs auf RentenanteUe, die in besonderer Weise "durch den personalen Bezug des Anteils eigener Leistung des Versicherten geprägt sind"417, ist untunlich, einmal angesichts der Unschärfe des Begriffs, zum anderen, weil die Aussonderung derartiger Anteile der Struktur des Rentenversicherungsrechts nicht gerecht wird und drittens, weil eine solche Beschränkung so weit getrieben werden ;kann, daß der Eigentumsschutz nur noch unerhebliche Teile der Rentenansprüche und -anwartschaften erfaßt. Der Eigentumsschutz für öffentlich-rechtliche Berechtigungen erschöpft sich vor allem nicht in der Gewährleistung eines unentziehbaren Kernbereichs, er erfaßt die in ihn einbezogenen Rechtspositionen vielmehr in vollem Umfang; er läßt keine eigentumsgrundrechtlich irrelevanten Eingriffe in den nicht absolut gesicherten Kernbereich zu, er gestattet es nicht einmal, ganz am Rande ausschließlich auf staatlicher Gewährung beruhende Anteile auszusondern, die nicht in den Bereich des Art. 14 GG einzubeziehen sind. Die Differenzierung zwischen dem Kernbereich stärker leistungsäquivalenter und eher staatlicher Fürsorge zuzuordnenden Anteilen einer insgesamt dem Eigentumsschutz unterworfenen öffentlich-rechtlichen Berechtigung bedeutet nur eine abgestufte Kompetenz zur Regelung. Solange der Gesetzgeber den Kernbereich schont, ist ihm eine Inhalts- und Schrankenbestimmung prinzipiell gestattet, sie ist aber 415 Zum Kernbereich gehört daher etwa, daß ein Versicherungsschutz gegen das Risiko der Invalidität geboten wird, doch ist der Gesetzgeber dazu befugt, den Begriff der Invalidität den Entwicklungen des Arbeitsmarktes anzupassen oder nach seinen sozialpolitischen Bewertungen die Anforderungen an die Unzumutbarkeit einer unterwertigen Beschäftigung oder einer Einkommenseinbuße zu verschärfen, vgl. Dürig, Festschrift f., Apelt, 1958, S. 55; Rohwer-Kahlmann, ZSR 1956, S. 311. Zum Kernbereich vgl. a. BSGE 33, 177, 180; 38, 98, 103; ferner Wilke I Schachel, Die Grundrechte in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, VSSR uns, S.271 (346). 4UI BSGE 33, 17-5, 180 f. 417 BVerfGE 53, 257, 293.
ur. Grenzen der Rentengesetzgebung
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durch Art. 14 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip kontrolliert; daraus folgt, daß die Sperren gegenüber Rücknahmen im nicht mehr leistungsgerecht erworbenen Randbereich der eher staatlichen Fürsorge zuzuordnenden Leistungen schwächer sind, m. a. W. schon ein weniger gewichtiges Gemeininteresse den Eingriff aufwiegt, wohingegen in dem stärker leistungsäquivalenten Bereich das Legitimationsbedürfnis für Eingriffe im Wege der Inhalts- und Schrankenbestimmung steigt. 3. Die VerbäItnismäßigkeit des gesetzlichen Eingriffs
a) Die Schwere des Eingriffs
Rentenansprüche und -anwartschaften sind von Gesetzesänderungen mannigfaltiger Art bedroht, durch Beseitigung eines Versicherungsfalles, durch Verschärfung seiner Voraussetzungen, durch Befristungen und Bedingungen der Leistungen, durch Veränderung der Berechnungsformeln und ihrer Faktoren, durch Kürzung und Wegfall von Nebenleistungen, durch Anrechnung von anderweitigen Einkommen, durch Unterbleiben der üblichen Anpassung und durch unerwartete Belastung der Renteneinkünfte mit Abgaben. Dabei läßt sich, abgesehen vom Extremfall der völligen Beseitigung aller Ansprüche und Anwartschaften, nicht von vorneherein und allgemein sagen, welcher Eingriff die größte Einbuße für die Versicherten mit sich bringt. Ob die generelle Kürzung aller Renten für die Versicherten und Rentner weniger einschneidend ist als etwa die Abschaffung eines einzelnen Rententyps, z. B. der Bergmannsrente, der unbedingten - kleinen - Witwenrente oder der Rente an die frühere Ehefrau, ist ungewiß. Eine Beschränkung der Rentendynamik kann die Qualität der Rentenversicherung wesentlich stärker beeinträchtigen als eine Herabsetzung der Faktoren der Rentenformel. Selbst der Wegfall einer laufenden Rente oder deren Minderung kann für den Betroffenen leichter erträglich sein als die Entziehung oder Beschränkung einer Anwartschaft auf eine weitere Rente, die ihm noch offensteht; zu denken ist etwa an die Bezieher einer kleinen Witwenrente, die die Aussicht haben, eine große Witwenrente zu erhalten, die Bezieher einer Berufsunfähigkeitsrente, die die Aussicht auf Altersruhegeld oder Erwerbsunfähigkeitsrente ins Kalkül einbeziehen, oder um ein Beispiel aus dem Beamtenrecht zu nehmen, den Professor, der vor die Wahl zwischen den höheren Emeritenbezügen nach der alten Besoldungsordnung H mit anschließender geringere'r Witwenversorgung und dem niedrigeren Ruhegehalt nach der neuen Besoldungsordnung C mit höherem Witwengeld gestellt ist. Daher ist es nicht ohne weiteres möglich, gesetzgeberische Eingriffe in rentenversicherungsrechtliche Positionen je nachdem, ob sie "nur" eine An-
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
wartschaft betreffen oder ob sie sogar eine laufende Rente entziehen oder herabsetzen, oder ob sie "nur" die Anpassung ausschließen oder mindern oder sogar Faktoren der Rentenformel verschlechtern oder ob sie "nur" zu einer Rentenkürzung führen, oder ob sie sogar einen Versicherungsfall beseitigen, als bloße Inhalts- und Schrankenbestimmung oder als Beeinträchtigung des Kernbereichs zu bewerten. Es ist vielmehr notwendig, die Auswirkungen des Eingriffs auf die gesamte Qualität des Rentenanspruchs und der Rentenanwartschaft zu ermitteln und sorgfältig zu analysieren, ehe der Eingriff qualifiziert werden kann. Dabei stellt sich zusätzlich die Frage, ob die Analyse auf den Einzelfall des von der gesetzlichen Maßnahme betroffenen einzelnen Berechtig~ ten zu beschränken ist oder ob sie das gesamte System der Rentenversicherung ins Auge fassen dürfte. Die Ansprüche aus der Rentenversicherung stehen nicht für sich allein, sie können nicht nur innerhalb des Systems der Rentenversicherung durch andere Ansprüche ersetzt werden418 , sie sind innerhalb des gesamten Sozialleistungsgefüges vertauschbar, ohne daß sich die wirtschaftliche und soziale Lage der Betroffenen ändert419 • Es ist daher auch nicht möglich und zulässig, eine einzelne einer Reform zum Opfer gefallene Vergünstigung "für sich losgelöst aus ihrem Zusammenhang unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes" zu würdigen und daran die Feststellung einer Eigentumsbeeinträchtigung zu knüpfen. Es ist vielmehr die Lage des Betroffenen innerhalb des gesamten Sozialleistungsgefüges zu betrachten und zu bewerten. "Nur eine Gesamtwürdigung, die unter Umständen sogar Rechtsveränderungen außerhalb des Versicherungsverhältnisses in die Prüfung einbezieht, ... kann darüber Aufschluß geben, ob der Verlust einer Anwartschaft auf eine bestimmte Leistung" einen Eingriff bedeutet, der auf seine Yereinbarkeit mit Art. 14 GG zu prüfen wäre. Bei inhaltlich "aufeinander abgestimmten Rechtsänderungen", die "nur zu einer Veränderung des rechtlichen Erscheinungsbildes ohne Verschiebung der wirtschaftlichen Gesamtlage" führen, kann von einem Eingriff in eine vermögenswerte Rechtsposition des öffentlichen Rechts keine Rede sein 4l!G. 418 Daß bei der Bewertung das gesamte Versicherungsverhältnis einbezogen werden muß, betont Badura, Festschrift BSG 1979, 8. 600'; ebenso a. BVerfG v.!. 7.1981; Plagemann, 1'982, 559. 419 Eine "Gesamtbetrachtung der Leistungen ..., die der Berechtigte aus dem System der sozialen Sicherheit zu beanspruchen hat", fordert auch Meydam, Diss. Bochum 1973, 8.107; ders., SozSich. 1975,8. 2IiYI. 4l!G BSGE 15, 71, 76; zur Freiheit des Gesetzgebers, ohne Verstoß gegen Art. 14 GG eine Leistung durch eine im Wirtschaftlichen wesentlich gleichwertige andere zu ersetzen, vgl. a. BSG, SozR 2200 § 380 Nr.4 und BSGE 9, 127, 130; vgl. a. WiLke / SchacheI, VSSR 1973, 8.271 (345) und BSGE 24, 285, 290; 41, 13, 14.
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Da keine Beeinträchtigung der eigentumsrechtlich geschützten Rechtsposition vorliegt, scheidet daher eine Grundrechtsverletzung von vorneherein aus, wenn ein Anspruch nur durch einen anderen ersetzt wird, "der zu einem wirtschaftlich im wesentlichen gleichen Ergebnis führt" 421. Das gilt erst recht, "wenn bei der Gesamtwürdigung einer gesetzlichen Regelung ... festzustellen ist, daß die Rechtsstellung des Versicherten aufs Ganze gesehen noch verbessert worden ist"422. Ein Eingriff in eine rentenversicherungsrechtliche Position liegt auch nicht vor, wenn eine in der Position von vorneherein angelegte Schranke aktualisiert worden ist. Ebenso wenig wie die Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts die Rechte des Partners verletzt, bedeutet die Vornahme einer dem Berechtigten gegenüber in zulässiger Weise vorbehaltenen Rechtsänderung einen Eingriff in dessen Rechte. Daher kann von einem Eingriff jedenfalls nicht gesprochen werden, solange der Gesetzgeber nur eine Rechtsstellung beseitigt oder beschränkt, die er unter dem Vorbehalt einer künftigen Neuregelung oder nur vorläufig eingeräumt hatte423 • Kein Eingriff liegt weiter vor, wenn mit einer Mitgliedschaft verbundene Rechte, die ohne Mitgliedschaft nicht in Betracht kommen, dadurch entfallen, daß die Mitgliedschaft beendet wird 424 , es sei denn, es bestünde eine durch Art. 14 GG gesicherte Rechtsposition auf Fortsetzung der Mitgliedschaft. Keinen Eingriff bedeutet es auch, wenn andere Wegfallgründe eintreten, die die öffentlich-rechtliche Berechtigung von vorneherein belastet haben425 . Wenn in einer Analyse der getroffenen Maßnahme und nach einer Gesamtwürdigung festgestellt worden ist, daß ein Eingriff vorliegt, ist die Prüfung noch nicht abgeschlossen; aus Art. 14 GG kann keine "Verpflichtung zur allgemeinen Besitzstandswahrung sozialer Rechte hergeleitet werden"426. Es ist vielmehr zu ermitteln, ob sich der Eingriff im Rahmen der Inhalts- und Schrankenbestimmung hält, insbesondere ob er den Kernbestand der Rechtsposition beeinträchtigt und ob er verhältnismäßig ist.
b) Eingriffe in Katastrophenfällen, etwa einer Wirtschaftskrise Daß es in Krisenfällen auch zu Kürzungen von Rentenansprüchen und Anwartschaften kommen muß, ist offensichtlich. Das Beispiel der 421 BSGE 41, 13, 14.
BSGE 24, 285, 290. BSGE 2, 201, 220 f.; 5,40,46; 5,246,249. 424 BSGE 28, 9, 13. 425 Vg1. BSGE 15, 177, 18'3; 38, 183, 186. 426 BSGE 24, 285, 289 f. 42:2
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Jahre 1931 und 1932 ist bekannt427 • Die damaligen Rentenkürzungen waren von Bindungen des Eigenturnsgrundrechts aus drei Gründen dispensiert. Erstens lehnten Rechtswissenschaft und Rechtspr~chung der damaligen Zeit noch einhellig die Anwendung von Art. 153 WRV auf öffentlich-rechtliche Forderungen ab428 , zum zweiten ließ Art. 153 WRV es zu, Eigentum ohne Entschädigung zu entziehen429 , zum dritten konnte der Reichspräsident zur Bewältigung eines nationalen Notstandes - wie ihn eine Krise der Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung bildet - das Eigentumsgrundrecht nach Art. 48 WRV suspendieren430 • Alle drei Legitimationsgründe für eine Rentenkürzung sind durch das Grundgesetz ausgeschlossen. Gleichwohl wird niemand einen Zweifel daran hegen wollen, daß das Eigentum an rentenversicherungsrechtlichen Rechtspositionen einer Gesetzgebung zur Katastrophenbewältigung nicht entgegensteht431 • Die dogmatische Begründung ist damit noch nicht geleistet. Der Satz "Not kennt kein Gebot" ist zu grobschlächtig, wenn es um die Bewältigung der Kriegs- und Nachkriegsfolgen geht. Bislang konnte man jedoch stets darauf verweisen, daß es um Eingriffe ging, die vor dem Inkrafttreten des Grundgesetzes erfolgt sind bzw. daß die öffentlich-rechtlichen Rechtspositionen nicht erst nachträglich verengt wurden, sondern unter der Geltung des Grundgesetzes vom Gesetzgeber erst in verengter Weise neu begründet worden sind. Keine Grundlage für die Begrenzung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen bietet Art. 14 Abs. 2 GG, er betrifft nur den Eigentumsgebrauch und läßt dessen Einschränkungen im Notfall gewiß zu, nicht aber die Verkürzung des Eigentums selbst, die Sozialpfiichtigkeit des Eigentums rechtfertigt auch seine nur teilweise Wegnahme nicht. Auch Art. 14 Abs.3 GG läßt nur die Enteignung von Sacheigentum zu, er gibt dem Staat nicht die Befugnis, im Notstandsfall Vermögen einzuziehen und sich durch Unterlassen der vollen Entschädigung Finanzmittel zu beschaffen, auf nichts anderes aber liefe es hinaus, wenn man die Entziehung von Ansprüchen gegen teilweise Entschädigung zulassen wollte432 • Letztlich ist die Kürzung und Beseitigung von RentenansprüHans Schneider, S. 8 f. hat die mannigfaltigen Eingriffe aufgeführt. Ausnahme: Städter, Öffentlich-rechtliche Entschädigung, 1003, S. 159 f. 429 Diese Differenz war für die anfänglich restriktive Interpretation von Art. 14 GG durch das BVerfG maßgeblich. 430 Vgl. Hans Schneider, S. 12. 431 Vgl. Dürig, Festschrift :Il. Apelt, S. 55, verweist zu Recht auf Treu und Glauben, d. h. hier auf die Solidarität der Generationen. Bei einem Bankrott des staates soll nach BVerfGE 23, 153, 100 Art. 14 hinter Art. 3 GG zurücktreten (vgl. a. BVerfGE 24, 203, 214; 29, 413, 425, 429; 41, 126, 152, Hi8; sowie 15, 126, 135 ff.; 1,9, 150, 159 ff.). 432 Verfehlt insofern Rohwer-Kahlmann, ZSR 1956, S.239, 243; ders., Zum Eigentumsscbutz sozialrechtlicher Positionen, in: DVB1. 1964, S. 7, 10, der auf Art. 14 Abs. 3 GG verweist. 427
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chen und Rentenanwartschaften im Notfall aber dadurch gerechtfertigt, daß diese von vorneherein unter einem entsprechenden Vorbehalt stehen. Dieser Vorbehalt ist den rentenversicherungsrechtlichen Positionen immanent, und er erwächst zusätzlich aus der solidarischen Natur der Sozialversicherung433. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits die Zugehörigkeit zu der Schicksalsgemeinschaft von gleichermaßen Bedürftigen genügen lassen, um Eigentumsbeschränkungen zu rechtfertigen434. Sie müssen es sich gefallen lassen, daß individuelle Ansprüche beschränkt werden, um die Erfüllbarkeit der Anspruche im allgemeinen zu sichern. Die Solidargemeinschaft der Sozialversicherten, die neben den Berechtigten auch die Verpflichteten, d. h. die Beitragszahler, umfaßt, verlangt auch Rücksicht auf deren Interessen. Wer Solidarität in Anspruch nimmt, muß auch Solidarität gegenüber den dadurch Belasteten üben435 . Er kann sich der Solidargemeinschaft, der er zugehört, nicht entziehen und muß im Falle der Not auch die Beitragszahier durch Begrenzung seiner Forderungen enUasten436 • Insofern ist die Begrenzungsmöglichkeit bereits in der Anwartschaft und dem Anspruch aus der Rentenversicherung angelegt437. Fß ist allerdings nicht einfach, den Notstandsfall abzugrenzen. Die Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung ist theoretisch so lange gegeben, als durch Steigerung der Beitragseinnahmen und der StaatszuschÜS5e die Ausgaben finanzierbar sind. Die Grenzen der Belastbarkeit der Wirtschaft zu erproben, ist freilich ein problematisches Unterfangen; es besteht die Gefahr, daß bei einer übermäßigen Belastung die aufgebrachten Mittel sinken, statt zu steigen. Pie damit gesetzten Grenzen objektiv und für alle Zeiten zu bestimmen, jst nicht möglich. Die Grenze der Belastbarkeit der Beitragspflichtigen ist jedenfalls nicht erst dann erreicht, wenn ihre Einkünfte das Sozialhilfeniveau unterschreiten, was gegenwärtig nicht selten eintritt. Die Alternative, anstatt die Beitragspflichtigen zu belasten, die Bundeszuschüsse zu erhöhen, stößt auf sozialpolitische Einwendungen; es ist nicht unproblematisch, Leistungen, die nur einem Teil der Bevölkerung, nämlich der Gruppe der Rentenversicherten, zukommen, auf Dauer und in hohem Maße durch Steuermittel, die von jedermann auf433 Kritisch dazu Benda, Die verfassungsrechtliche Relevanz des Sozialrechts, in: Schriftenreihe des Deutschen Sozialgerichtsverbandes, Bd., XIV, 1975, S.32, 41 f.; zustimmend hingegen Herzog, Das SozialSltaatsprinzip als Regulativ im Recht der sozialen Sicherheit, in: Schriftenreihe des Deutschen Sozialgerichtsverbandes, Band IX, 19'72, S. 32, 37; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, München 1977, S. '117. 434 BVerfGE 42, 263, 301 ff. 435
Hans Schneider, S.28.
436 Vg1. Zacher / Ruland, SGb 1974, S. 441, 442 m. zahlr. Nachw. 437 Vgl. BVerfGE 11, 221, 227; 22, 241, 253.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
gebracht werden müssen, zu finanzieren438 • Der Finanzierung der Sozialversicherung aus Steuermitteln kann nicht ohne weiteres eine Priorität vor anderen Staatsaufgaben eingeräumt werden. Auch für eine Steuererhebung bestehen Grenzen. Letztlich muß die Beantwortung der Fragen politisch erfolgen, es ist Aufgabe der politischen Entscheidungsgremien, zu entscheiden, ob die Rentenanwartschaften und Rentenansprüche noch ohne Not finanzierbar sind. Das Bundesverfassungsgericht kann ihnen die Entscheidung nicht abnehmen, es kann allenfalls grobe Fehler korrigieren. c) Eingriffe zur Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherungen und zu deren Anpassung an veränderte Lagen als allgemeiner Auftrag zur Fortentwicklung der Rentenversicherung Es ist allgemein bekannt, daß das Bewußtsein, gesichert zu sein, das menschliche Verhalten verändert439 • Moral hazard und Bajazzoeffekt sind gängige Begriffe440• Erweisen sich die bewirkten Veränderungen des Verhaltens als sozial unerträglich, werden Gegensteuerungen notwendig; die Frage erhebt sich, ob diese Gegensteuerungen auch in einer Beseitigung oder Herabsetzung der sozialen Sicherheit bestehen können, die die Ursache für die soziale Fehlentwicklung war. Sozialleistungssysteme sind nicht abgeschlossen; sie haben sich pragmatisch entwickelt. Das gilt auch für das System der Rentenversicherung. Derartige Systeme stehen einer sozialpolitischen Entwicklung offen, es kann sich als notwendig erweisen, ein Risiko anders zu bewerten, paradigmatisch ist das Risiko der Sicherung der verheirateten Frau und des verheirateten Mannes. Stellt sich dabei heraus, daß bestimmte Bedarf&lagen sich typischerweise nicht mehr stellen, andere an Bedeutung gewonnen haben, erhebt sich die Frage, ob die Abdeckung des dringenderen Risikos durch Verzicht auf die der weniger dringlich erscheinenden ermöglicht werden oder ob sie nur durch weitere Belastung von Beitragszahlern oder Staat erfolgen kann. Erweist sich die Belastung der Beitragszahler oder des Staates in der bisherigen Höhe oder nach einer zur Abdeckung der Leistungen erforderlichen Erhöhung als so438 Vgl. dazu Krause, VSSR 1>980, S.1-57; Schneider, S.8. Vgl. a. Ruland, SGb 1981, S. 399, Anm. 112, der einen doppelten Gleichheitsverstoß konstatiert. 439 Vgl. Krause, Das Paradoxon der Mitarbeit von passiv Sozialbetreuten, in: Selbstverantwortung in der Solidargemeinschaft, Das Recht der sozialen Sicherung und der Verantwortungswille des Bürgers. Veröffentlichung der Konrad-Andenauer-Stiftung, Baden-Baden 1981, S. 101 ff., 105. 440 Vgl. dazu Krause, das Paradoxon der Mitarbeiter von passiv Sozialbetreuten, S.106 m. näheren Ausführungen.
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zial-, wirtschafts- oder haushaltspolitisch nicht tragbar, ohne daß schon eine "Katastrophe" droht oder eingetreten ist, ist zu prüfen, ob sie nicht zu Lasten der Rentenanspruche und -anwartschaften gering gehalten werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hat im Urteil über den Versorgungsausgleich gewisse Eingriffe des Gesetzgebers privilegiert, d. h. ihnen bei der Abwägung nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ein Gewicht beigelegt, das die Begrenzung und Beseitigung von Anwartschaften aufwiegen kann. Eingriffe in Rentenanspruche und -anwartschaften, "die dazu dienen, die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherungen im Interesse aller zu erhalten, zu verbessern oder veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen", sollen danach erleichtert möglich sein441 • Der Begriff der funktion des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung ist allerdings mehrdeutig. Nicht gemeint sein kann die dem System gesetzlich zugewiesene Funktion, nämlich die Durchführung der Maßnahmen der Rehabilitation, die Erbringung von Renten an Versicherte und Hinterbliebene, sowie die Förderung der gesundheitlichen Verhältnisse und die Aufklärung und Auskunft im vollen Umfang (vgl. § 1226 RVO). Denn eine Herabsetzung oder Beseitigung der Rentenanwartschaften und Rentenanspruche könnte nie dazu dienen, die Funktion der Rentenversicherung in diesem Sinne zu erhalten und zu verbessern, sondern bestünde gerade in einer Beschränkung der Funktion. Sie vermag allenfalls die Funktion in diesem Sinne an veränderte Bedingungen anzupassen, wobei sich die Frage stellt, ob nur eine Anpassung an einen wirtschaftlichen Wandel in Betracht kommt; denkbar ist auch eine Anpassung an Rechtsänderungen, z. B. an ein neues Scheidungsrecht: paradigmatisch die Ersetzung der "Geschiedenenwitwenrente" durch die "Erziehungsrente" . Entsprechendes gilt für den Begriff der Leistungsfähigkeit. Wenn Leistungsfähigkeit die Fähigkeit ist, die Leistungen der Rentenversicherung in dem Umfang zu erbringen, wie er im Gesetz vorgesehen ist, dann kann ein Wegfall oder eine Herabsetzung von bestimmten Leistungen zwar die Fähigkeit der Rentenversicherungsträger erhalten, andere offenbar wichtiger erscheinende Leistungen zu erbringen; insgesamt ist sie bereits eine Folgerung daraus, daß die Leistungsfähigkeit nicht mehr ausreicht. Eine Anpassung der Leistungsfähigkeit an veränderte wirtschaftliche Bedingungen durch Einschränkung von Lei$tungen bedeutet ebenfalls nichts anderes, als die Kraft auf einen Teil des gesetzlichen Leistungsumfanges zu konzentrieren. 441
RVerfGE 53, 257, 293, 294.
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Solange Funktions- und Leistungsfähigkeit undifferenziert auf die Abdeckung der Rentenansprüche und -anwartschaften in vollem gesetzlichen Umfang bezogen bleiben, besagt die Formel des Bundesverfassungsgerichts, was ohnehin selbstverständlich ist, nämlich "ultra posse nemo obligatur" . Offensichtlich stellt sich beim Konkurs des Systems der Rentenversicherung nicht die Frage, ob Rentenansprüche nicht erfüllt werden dürfen, es stellt sich vielmehr das Problem, welchen Ansprüchen und Anwartschaften der Vorzug zukommt. Dafür gibt die Formel, solange die Begriffe von Funktions- und Leistungsfähigkeit nicht eingegrenzt werden, aber so gut wie nichts her. Ein Konkurs der Rentenversicherung ist angesichts der Möglichkeit, die Beiträge und den Bundeszuschuß zu erhöhen, überdies nur bei äußerst ernsten Krisen der Volkswirtschaft vorstellbar. Die Begriffe von "Funktions- und Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung" können daher in der Art, wie sie das Bundesverfassungsgericht verwendet, nicht auf die Abdeckung der gesamten gesetzlichen Anwartschaften und Ansprüche, sondern nur auf die Gewährleistung eines grundlegenden elementaren Standards der sozialen Rentenversicherung abzielen. Die Funktion des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung besteht dann darin, ein Mindestmaß an Versicherungsschutz zu gewährleisten; seine Leistungsfähigkeit wird gefährdet, wenn es dazu nicht mehr in der Lage zu sein droht. Das Mindestmaß des Versicherungsschutzes, das in jedem Fall zu erhalten ist, verlangt dann u. U. verzichtbare und einschränkbare Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu mindern oder zu beseitigen, um es zu erhalten, zu verbessern und veränderten Umständen anzupassen. Daher gilt es, den Begriff der grundlegenden Funktion näher zu bestimmen. Th liegt nicht fern, dabei vom Kernbestand der rentenversicherungsrechtlichen Individualrechtsposition auszugehen und ihn ins Allgemeine zu wenden. Das bedeutet, daß Eingriffe in die Randbereiche der Rentenansprüche und -anwartschaften zulässig sind, wenn sie erforderlich werden, um die Funktion der Rentenversicherung, den Kern des Versicherungsschutzes zu gewährleisten und die dazu erforderliche Leistungsfähigkeit zu erhalten oder zu verbessern. Die Formel des Bundesverfassungsgerichts läßt überdies einen weitergehenden Spielraum; Verbesserungen der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung sind nämlich nur vorstellbar, wenn der Reformgesetzgeber einen Entscheidungsbereich besitzt, innerhalb dessen die Funktion nicht von Verfassungs wegen festgelegt ist. Letztlich bedeutet die Ermächtigung, Rentenansprüche und -anwartschaften zum Zwecke der Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung einzuschränken, nichts anderes als die Verleihung der Befugnis an den Gesetzgeber, die Schwerpunkte zu
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verändern und durch Beseitigung eines ihm weniger dringlich erscheinenden Rentenanspruchs oder einer Rentenanwartschaft eine Lücke aufzureißen, um eine andere Lücke zu schließen, deren Abdeck:ung er aufgrund veränderter Wertungen oder veränderter Umstände als sozialpolitisch geboten ansieht. Darüber hinaus ist die Beurteilung der Leistungsfähigkeit eine Aufgabe, die zuvörderst dem Gesetzgeber zukommt, er muß darüber entscheiden, ob eine weitere Belastung der Beitrags- oder der Steuerzahler zu verantworten ist oder ob den Versicherten oder den Rentnern Einschränkungen zugemutet werden müssen; Leistungsfähigkeit ist kein starrer Begriff, sie ist nicht erst dann gefährdet, wenn die Finanzierungsquellen erschöpft sind, sondern ihre Erhaltung und Verbesserung verlangt auch Rücksichtnahme auf die zur Finanzierung herangezogenen Personen442 • Es muß daher dem Gesetzgeber im Interesse aller gestattet sein, Eingriffe in die Rentenanspruche und -anwartschaften in Fällen vorzunehmen, in denen noch keine unmittelbare Gefahr für die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung besteht, in denen aber die Erhaltung der Leistungsfähigkeit nur durch eine Belastung der Beitrags- und/oder Steuerzahler erkauft werden kann, die ihm sozial- und wirtschaftspolitisch nicht mehr vertretbar erscheint. Zumindest im Rahmen der Anpassung der Funktions- und Leistungsfähigkeit an veränderte Bedingungen hat der Gesetzgeber regelmäßig die Befugnis, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu kürzen und zu beseitigen, um die Belastung der Allgemeinheit durch die Rentenversicherung auf einem erträglichen Niveau zu halten oder sie auf ein erträgliches Maß zu senken, etwa um den staatlichen Haushalt zu entlasten oder um die Lohnnebenkosten zu begrenzen. Die Formel ist letztlich nur als Leerformel praktikabel; sie verweist auf einen Begriff der Funktion, der der Klärung bedarf, sie verwendet einen Begriff der Leistungsfähigkeit, der gesamtwirtschaftliche Komponenten einschließt, sie besagt nichts über die Frage, wie die notwenpigen Eingriffe in die Rentenanwartschaften und -ansprüche zu verteilen sind, etwa ob sie durch eine gleichmäßige oder eine progressive Kürzung aller Renten, durch Beseitigung einzelner Rententypen oder durch sonstige Verkürzungen des Versicherungsschutzes (z. B. durch die ßchaffung von erschwerten Voraussetzungen für Versicherungsleistungen, Beseitigung oder Hinausschiebung von Versicherungsfällen etc.) zu verwirklichen wären; eine gewisse Konkretisierung erhält sie durch 442 Auf die Zusammenhänge zwischen staatlicher Leistung und staatlicher Mittelinanspruchnahme weist besondJers Kirchhof, Bitburger Gespräche, Jahrbuch 1982, Manuskript S. 2, hin; vgl. auch dens., S. 23.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
den Kernbestand der Rentenansprüche und -anwartschaften, der die wesentliche Funktion der Rentenversicherung bestimmt. Sie schließt ;Eingriffe mit wirtschafts- und sozialpolitischer Zielsetzung nicht aus. Sie ermächtigt dagegen nicht zu Eingriffen, die nichts mit der Aufgabe des Systems der Rentenversicherung zu tun haben. Sie engt allenfalls die Befugnis des Gesetzgebers ein, Rentenansprüche und -anwartschaften aus solchen allgemeinen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Gründen zu beschränken und zu beseitigen, die nur im Allgemeininteresse, nicht aber wenigstens auch im mittelbaren Interesse der engeren Solidargemeinschaft stehen. Im übrigen lassen sich Eingriffe, die die Funktion nicht verändern, kaum vorstellen. Selbst die Eingriffe zur Durchführung des Versorgungsausgleichs dienen dazu, die Schutzfunktion der Rentenversicherung für die Ehegatten, die bei fortbestehender Ehe in Gestalt der Hinterbliebenenversicherung gegeben ist, über die vorzeitige Auflösung der Ehe hinaus in einer anderen, angemesseneren Form zu bewahren. M. a. W., man hätte u. U. den Versorgungsausgleich auch als eine Regelung zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Rentenversicherung bewerten können und war nicht gezwungen, ihn nur unter dem Aspekt der Bewältigung der Scheidungsfolgen - quasi privatrechtlich - zu deuten. Jedenfalls wird es schwer, außerhalb von wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Maßnahmen ein weiteres Beispiel eines Eingriffs vorzustellen, dem der Gesetzgeber nicht die Aufgabe zugedacht hätte, die Rentenversicherung in ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, sie zu verbessern oder dem Wandel anzupassen. Letztlich ist davon auszugehen, daß der Gesetzgeber in erleichterter Weise in Rentenansprüche und -anwartschaften eingreifen kann, wenn es erforderlich ist, um die Rentenversicherung in ihrer grundlegenden Funktion zu erhalten, zu verbessern und an veränderte äußere Umstände und sozialpolitische Wertungen anzupassen, kurz, sie sozialpolitisch fortzuentwickeln. Dem entsprechen frühere Aussagen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgericht,s443. d) Die dynamische Entfaltung der Funktion des Rentenversicherungsverhältnisses
Die rentenversicherungsrechtliche Rechtsposition ist von vorneherein in das Solidarverhältnis der Rentenversicherung eingebunden, die es einschließt, "seinen Inhalt der Fortentwicklung der gesellschaftspoliti443 VgI. unten d); ferner: "Auf der anderen Seite muß der Gesetzgeber gerade im Bereich des Sozialversicherungsrechts aus Gründen des Allgemeinwohls Neuregelungen treffen können, die sich den jeweiligen Erfordernissen anpassen. Dabei muß er neben gesellschaftspolitischen Veränderungen auch wechselnde Interessen und die Belastbarkeit der Solidargemeinschaft berücksichtigen", BVerfGE 51, 356, 363.
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schen Anschauungen, insbesondere den Erfahrungen und neue ren Erkenntnissen über die soziale Schutzbedürftigkeit der Bürger anzupassen"444. Sie kann es daher dem Gesetzgeber nicht verwehren, sie zugunsten eines vordringlich erscheinenden Sicherungsbedürfnisses der Versicherten oder zur ihm erforderlich dünkenden Entlastung der Solidargemeinschaft zu begrenzen445 , auch wenn der einzelne Versicherte einen Nachteil zu tragen hat, der nicht durch einen äquivalenten individuellen Vorteil aufgewogen wird. Demgemäß hat das Bundesverfassungsgericht nicht allein auf die Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Sozialversicherung abgestellt. Es hat auf die Dynamik des Sozialversicherungsverhältnisses hingewiesen, die Eingriffe zulasse446. Art. 14 GG schützt daher nicht davor, daß bei gleichbleibendem wirtschaftlichen Gesamtergebnis nur in ihrem Erscheinungsbild unterschiedliche Leistungen, wie Renten und Beamtenversorgung, gegeneinander ausgetauscht werden447. überhaupt läßt es der Prozeß der ständig notwendigen Anpassung des Rechts der Sozialversicherung an neue Sachverhalte, Erkenntnisse und Wertungen nicht zu, daß einzelne versicherungsrechtliche Positionen für sich losgelöst aus ihrem Zusammenhang unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes beurteilt werden. Vielmehr ist eine Gesamtwürdigung notwendig, die sich weder auf das Recht des einzelnen Versicherungszweiges, noch der Sozialversicherung oder des Sozialgesetzbuches beschränkt, sondern unter Umständen auch weitere soziale Sicherungssysteme - etwa der Beamtenversorgung oder der Bewältigung von Kriegs- und Regimefolgen - einbezieht;448. Auf ihrer Grundlage erst ist es möglich festzustellen, ob eine Regelung eigentumsbeschränkenden Charakter hat449 , und selbst dann kann der Eingriff als in der Dynamik des Sozialversicherungsverhältnisses angelegt gelten und deshalb hinzunehmen sein. Die Einbindung der Berechtigten in eine Solidargemeinschaft mit den Beitragspflichtigen legitimiert es nicht nur, sie fordert es sogar, daß 444 BSGE 33, 177, 180; zur Beachtung von "gesellschaftspolitiscl1en" Änderungen s. a. BVerfGE 51, 356, 363. 445 Vgl. BVerfGE 31, 185, 1'92: "Vertrauen ist nicht besonders schutzwürdig, wenn es um den Abbau einer sozialpolitisch unerwünschten Regelung geht." Die nicht ganz geratene Formulierung (vgl. Zacher / Ruland, 8Gb 1974, S.443, 444 m. w. Nachw.) darf allerdings nicht so verstanden werden, als könnein der Regel nach einer legitimen Meinungsänderung des Gesetzgebers nicht mehr Erwünschtes ohne jede Rücksicht auf das Individualrecht beseitigt werden. Eine Abwägung bleibt notwendig. 44.6 BVerfGE 11, 221, 226 ff.; vgl. a. BSGE 15, 71, 75, wonach "das auf Dauer angelegte Versicherungsverhältnis '" der Dynamik der gesellschaftlichen Entwicklung unterliegt, die ein starres' Festhalten an den jeweils durch Gesetz oder Satzung festgelegten Beiträgen und Leistungen nicht zuläßt". 447 BSGE 9, 127, 130. 448 BSGE 3, 77, 81 f.; 9,12'7,130; 15,71,75. 449 BSGE 15, 71, 75 f.
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beider Interessen gegeneinander abgewogen werden450• Schließlich kann das Sozialstaatsprinzip es dem Gesetzgeber gestatten, aus Gründen sozialer Gerechtigkeit unbefriedigende Ergebnisse einer früheren Regelung zu beseitigen451 • Der "Abbau einer sozialpolitischen Regelung" kann durch den Bestandsschutz nicht absolut verhindert werden452 • Das Sozialstaatsprinzip rechtfertigt auch Änderungen, um dem Wandel der realen und geistigen Wirklichkeit zu folgen. "Gerade im Bereich des Sozialversicherungsrechts muß der Gesetzgeber aus Gründen des Gemeinwohls Neuregelungen treffen können, die sich modernen Erfordernissen anpassen453." Das auf die Dauer eines Menschenlebens und in bezug auf die Hinterbliebenensicherung darüber hinaus angelegte Versicherungsverhältnis der gesetzlichen Rentenversicherung ist der Dynamik der gesellschaftlichen Entwicklung in einer Weise ausgesetzt, die ein starres Festhalten an den jeweils in Gesetz und Satzung niedergelegten Regeln über Beiträge und Leistungen nicht zuläßt454• "Es versteht sich von selbst, daß gerade das in der gesetzlichen Rentenversicherung begründete Versicherungsverhältnis mit den darauf begründeten Rechten und 'pflichten zur sozialen Sicherstellung des Versicherten als eigentumsähnliche Rechtsposition in besonderem Maße der Sozialgebundenheit unterliegt und daß .es deshalb dem Gesetzgeber nicht verwehrt sein kann, seinen Inhalt der Fortentwicklung der gesellschaftspolitischen Anschauungen insbesondere den Erfahrungen und neue ren Erkenntnissen über die soziale Schutzbedürftigkeit der Bürger anzupassen4M." Die immanenten Schranken41i6 der Rentenansprüche und -anwartschaften, die durch die Funktionsbedingungen des Systems der Rentenversicherung als Grundlage ihrer Verwirklichung gebildet werden, reichen außerordentlich weit. Der Generationsvertrag der Rentenversicherung erweist sich als eine verschobene Beziehung, es entsteht der Anschein, als finanziere der Beitragszahler seine Altersicherung vor, inVgl. dazu noch einmal Zacher / Ruland, SGb 1974, S.442. BVerfGE 17, 337, 355; 18, 315,332; 25, 142, 155. Das Interesse, eine fehlgeleitete wirtschaftliche Entwicklung abzubrechen, kann das Eigenturnsinteresse des einzelnen am Fortbestand einer alten Regelung übertreffen, vgl. BVerfG v. 23.6.. 1978, 1 BvR 590n7, 1 BvR 55/78. 452 BVerfGE 31, 1'8'5, 192. 453 BVerfGE 24, 220, 230. 454 Vgl.. BVerfGE 11, 221, 226 ff.; BSG 15, 71, 75. 455 BSGE 33, 177, 180, 45i1 Auf die Unvermeidbarkeit und Immanenz des Anpassungsbed'Ürfnisses weist Werner Weber, AöR !91, S.395, hin; vgl. a. Harald Bogs, RdiA uns, S.30; für eine allgemeine Verstärkung des Prinzips der Änderbarkeit von Sozialversicherungsrecht treten Zacher / Ruland, SGb 1974, S. 444, ein, allerdings unter Berücksichtigung des individuellen Sicherheitsinteresses. 450
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dessen steht sein Guthaben nur auf dem Papier; ihm fehlt die Deckung, solange die neue Generation noch nicht in den Vertrag eingetreten ist. Das macht es erforderlich, ihr die Rentenversicherung plausibel zu machen. Sollte es der neuen Generation einfallen, eine andere Sicherungsform zu suchen, verlöre ihre Beitragsbelastung ihre Legitimation in die Zukunft. Eine Grundlage' aber findet das Einstehen für die alte Generation - wenn man von der nicht sicherbaren eigenen Hoffnung absieht, von der folgenden Generation ebenfalls versorgt zu werden allein in dem Bewußtsein, der alten Generation verpflichtet zu sein; und diese Verpflichtung folgt gerade nicht aus dem Generationsvertrag der Rentenversicherung als einem Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Kinder, sondern allein aus der Dankbarkeit gegenüber den Eltern. Das läßt sich von einströmenden Ausländern nicht erwarten. Sie mögen sich auf andere Formen der sozialen Sicherheit besinnen, sie können für die Zukunft auch ein Sicherungssystem gründen, das die "Aborigines" ausschließt. Die allgemeine Solidarität der Menschheit ist nicht ausreichend, um jemanden zur Finanzierung von fremden Altersrenten zu veranlassen, sie begründet allenfalls Armenhilfe. Soziale Sicherung durch Rentenversicherung ist ohne Appell an die Solidarität des Staatsvolkes nicht zu gewährleisten. überdies setzt die Finanzierung der Rentenversicherung es voraus, daß eine nachfolgende Generation überhaupt vorhanden ist, die sich der vorigen in der Weise als verpflichtet weiß. Der Generationsvertrag muß daher Änderungen des Rentenversicherungs- und Sozialleistungssystems zulassen, die diese Funktionsbedingungen sichern467• In die Bewertung der Interessen der von einer inhalts- und schrankenbestimmenden Maßnahme ungünstig Betroffenen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist auch die Tatsache einzubeziehen, daß sie unter dem Eindruck der ursprünglich günstigeren Regelung die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung, der Pflichtversicherung auf Antrag oder der Beitragsnachentrichtung ergriffen haben und nun ihre Leistungen wesentlich entwertet sehen. Die Tatsache, daß ein Rentenversicherungsverhältnis autonom begründet worden ist, spricht freilich nicht unbedingt für einen erhöhten Bestandsschutz, sie verbietet es dem Gesetzgeber nicht schlechthin, aufgrund eines Wandels in der sozialpolitischen Wertung Leistungen abzubauen, die ihm im nachhinein als 457 Vgl. im einzelnen Oswald von Nell-Breuning, Soziale Rentenversicherung in famiMen- und bevölkerungspolitischer Sicht, Festschrift f. Meinhold, 11980, S. 3ß9, 3175, der deshalb fordert, clde Leistung der Hausfrauen und Mütter in Anschlag zu 'bringen, die Rente nach der Kinderzahl zu differenzieren und der bruttolohnbezogenen Rente den Abschied zu geben. Es ist irrelevant, ob die Thesen im einzelnen berechtigt sind, es gilt nur zu sehen, wie weit immanente Schranken zur Sicherung der Funktionsbedingungen reichen können.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
unverdiente Privilegien erscheinen oder denen er jedenfalls gegenüber anderen Interessen in vertretbarer Weise Nachrang einräumen will458• Das Vertrauen der autonom entscheidenden Bürger steht einer Änderung des Rentenversicherungsverhältnisses, das sie begonnen haben, allerdings entgegen, wenn davon auszugehen ist, die Betroffenen hätten die Disposition bei verständiger Würdigung unter der Geltung des geänderten Rechts nicht getroffen, weil sie evident nachteilige Wirkungen hat oder die mit ihr verbundenen Vorteile die durch sie begründeten Lasten nicht aufwiegen. Dabei ist zunächst der Weg der Rückabwicklung zu beschreiten459 und erst dann eine Bestandssicherung zu erwägen, wenn die bloße Rückabwicklung nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen kann, etwa weil der Bürger anderweitige Vorsorgeformen nicht genutzt hat, die ihm nun nicht mehr offenstehen. Allgemein geht es darum, den Bürger davor zu sichern, daß eine Änderung der Rechtslage seiner Disposition die Geschäftsgrundlage entzieht. Das ist allerdings nicht schon der Fall, wenn das Geschäft nicht mehr ganz so vorteilhaft ist, insbesondere kann davon keine Rede sein, wenn der Betroffene trotz der Änderung noch einen präsumtiv sehr hohen Vorteil aus dem Geschäft zieht, m. a. W. nicht, solange der Wert des erworbenen Versicherungsschutzes nach der Änderung nicht hinter dem Wert einer Sicherung durch eine alternativ mögliche - private - Vorsorge und dem Wert der Aufwendungen zurückbleibt, beide vielmehr übersteigt. Bei aller sonst gegenüber der These angebrachten Vorsicht, daß dem Betroffenen mindestens die seinen Aufwendungen äquivalenten Berechtigungen erhalten bleiben müssen, läßt sich daraus in diesem Zusammenhang ein Anhaltspunkt gewinnen. Der Betroffene soll durch seine Entscheidung und die spätere Änderung nicht in seinem negativen Interesse betroffen sein. Ein Grund, ihn darüber hinaus abzusichern, ist nicht ersichtlich. In der Abwägung zwischen den Interessen der Versichertengemeinschaft, nicht durch sozialpolitisch verfehlt erscheinende Begünstigungen belastet zu werden, und den Interessen, die sich autonom in das Versicherungsverhältnis unter Einschluß dieser Begünsti468 So gewährt Art. 1:4 keinen Schutz davor, daß Versicherungsberechtigten "die Früchte eines finanziellen Einsatzes nicht in dem zunächst erwarteten Umfang zufallen", insbesondere kann berücksichtigt werden, daß "die für die Herleitung des Rentenrechts erforderlichen Aufwendungen ... weit hinter dem" zurückbleiben, "was in einer Lebensversicherung hätte eingebracht werden müssen, um eine gleich hohe Rente zu erhalten" und daß durch fortbestehende Vergünstigungen die Versichertengemeinschaft belastet wird (s. BVerfGE 37, 363, 399, 400; vgl. a. BVerfGE 11, 221, 230 f.; 51, 257, 265f.). So zu Recht auch BVer1'G v. 1. 7. 1001, Umdruck S. 42, 49ff., 53, 55; vgl. aber die Mahnung der abweichenden Meinung, Umdruck S. 6 ff., vor dem unehrenhaften venire contra factum proprium. 459 So offenbar auch BVerfG v. 1. 7. 1'981, UmdJruck S. 55 f .. ; abw. Meinung, Umdruck S. 8, 9.
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gungen eingekauft hat, verdient das Einzelinteresse nicht apriori den Vorrang46". e) Eingriffe zur Vermeidung von Doppelversorgungen
Das Fehlen eines einheitlich konzipierten, in sich selbst abgestimmten Sozialleistungssystems läßt es immer wieder zu sinnwidrigen Doppelversorgungen kommen461 • Solche Doppelsicherungen sind vor allem beim übergang von Sozialversicherungssystemen in das Beamtenversorgungssystem zu beobachten. Wenn man mit dem Gedanken ernst macht, daß der Eigentumschutz die Lebensleistung des Berechtigten achten und schützen soll, muß die Frage zulässig sein, ob die Versorgungsvorteile, die sich infolge der Berechnungsweisen von Ruhegehalt und Rente für denjenigen Beamten ergeben, der erst im vorgerückten Alter in das Beamtenverhältnis berufen wurde, trotzdem die Höchstpension erlangt, aber auch noch eine nennenswerte Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält, durch eine höhere Lebensleistung verdient sind. In Wahrheit unterscheidet sich seine Lebensleistung nicht von der desjenigen, der dauernd im Beamtendienst tätig war und sich deshalb mit dem angemessenen Ruhegehalt begnügen muß. Eine Differenz liegt dann allein in der Aufbringung von Beiträgen46l!. Wenn die Rentenansprüche und Rentenanwartschaften letztlich nur
in einem Kernbereich gewährleistet sind und dieser in einer angemes-
senen, lebensstandardorientierten Sicherheit besteht und der Beamte nur den Anspruch auf amtsgemäße Versorgung hat, dann erscheint es keineswegs verfehlt, die Ansprüche gegenseitig anzurechnen; eine andere Frage ist, daß der Beamte das Recht hat, die amtsgemäße Versorgung allein von seinem Dienstherrn zu verlangen, das würde nicht ausschließen, daß der Rentenanspruch auf den Dienstherrn übergeht463. Zu erwägen ist freilich, dem Beamten zum Ausgleich die angemessen verzinsten Beiträge zu erstatten, da diese ihren Zweck verfehlt haben464 , allerdings ohne die Arbeitgeberbeiträge. Aus diesem Grunde sind Maßnahmen, die zur Beseitigung der Doppelversorgung dienen, wie die Bestimmungen des § 1260 a RVO und des § 55 Beamtenversorgungs4110 Abw. Vorlagebeschluß des BSG v. 23. April 1981, 1 RA 111/79, MS S.27f. 461 Das BVerfG hat es stets für legitim gehalten, zu deren Vermeidung Leistungen einzuschränken und zum Ruhen zu bringen, zuletzt BVerfGE 53, 3-13, 331, sowie BVerfGE 31, 185, 190; 40,65, 79; 42, 176, 190 f.; vgl. a. BSGE 22,54,59; 43, 26, 27; 43,128,131 ähnlich 25, 142, 1'55. 46l! Vgl. dazu BVerfGE 54, 11, 26 ff. 463 Unverständlich erscheint mir die These Papiers, VSSR 1973, S.61, nach d~r in jedem Fall die Rentenversicherungsansprüche vorrangig sein sollen. 464 Vgl. BVerfGE 51, I, 29 f.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
gesetz nicht unverhältnismäßig, geschweige denn Eingriffe in den Kernbestand des Rechts auf angemessenen Versicherungsschutz oder angemessene Beamtenversorgung. f) Die Opfergrenze für den Inhaber eines Rentenanspruchs und einer Rentenanwartschaft
Wenn Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zur Bewältigung einer Notsituation oder mit sozial- und wirtschaftspolitischer Zielsetzung beseitigt oder geschmälert werden können, darf doch das Recht des einzelnen Versicherten nicht außer Blick geraten465 • Schon der Gleichheitssatz fordert, daß dem einzelnen kein Sonderopfer abgefordert wird; der Gesetzgeber muß vermeiden, daß sich sein Eingriff im einzelnen Fall besonders hart auswirkt. Der Schutz des Eigentumsgrundrechts geht dabei über den Schutz des Gleichheitssatzes wesentlich hinaus; während Art. 3 GG SchlechtersteIlungen, die durch eine "unvermeidliche" Typisierung und Pauschalierung eintreten, insbesondere die Diskriminierung vernachlässigungswert kleiner Gruppen, zulassen kann, schützt Art. 14 GG weniger vor allgemein auferlegten Beschränkungen, sondern wendet sich vorwiegend den durch eine eigentumsbegrenzende Maßnahme besonders betroffenen kleinen Gruppen und den Individuen zu. Art. 14 GG dient der Abwehr von Sonderopfern. Insofern ist es nötig, in jedem Einzelfall zu ermitteln, ob die Schmälerung, Beseitigung oder Wegnahme eines Rentenanspruchs oder einer Rentenanwartschaft zu einem besonderen Opfer für den einzelnen Versicherten führt. Ist das der Fall, dann muß das Opfer ausgeglichen werden. Dabei darf der Begriff des besonderen Opfers nicht mit dem der besonderen Härte verwechselt und auf die Gesamtsituation des Betroffenen bezogen werden, was im sozialpolitischen Bereich naheliegen mag. Maßgeblich ist allein die Auswirkung des Eingriffs im Hinblick auf die von ihr betroffene Rentenanwartschaft des einzelnen. Evident ist, daß etwa die Ersetzung der Witwenrenten durch Renten aufgrund eigener Erwerbs- und Erziehungsarbeit die Ehefrau besonders hart treffen muß, die sich zusammen mit ihrem Mann unter anderen sozialen Wertvorstellungen darauf verlassen hat, durch die von ihrem Ehemann für sie begründete Witwenrentenanwartschaft gesichert zu sein und die deshalb überzeugt war, trotz Beschränkung auf die Hausfrauenrolle hinreichend vorgesorgt zu haben. Sie wird von dem Wegfall einer akzessorischen Sicherung unzumutbar hart getroffen, auch wenn sie dadurch nicht bedürftig wird. Umgekehrt liegt in der Schmälerung einer Anwartschaft nicht schon deshalb ein Sonderopfer, weil der Betroffene infolgedessen auf Sozialhilfe angewiesen ist. Es 465
VgJ. BVerfGE 53, 257, 294; Thieme, Festschrift f. Wannagat, 1981, S.610.
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kann auch nicht in allen Fällen, in denen einzelne Versicherte oder eine Gruppe von Versicherten Leistungsverschlechterungen hinnehmen müssen, ohne eine Aussicht auf eine meßbare kompensatorische Leistungsverbesserung zu haben, von einern Sonderopfer gesprochen werden. Schon weil eine Leistungsbeschränkung, die in vollem Umfang kompensiert wird, kaum als Eigentumsbeeinträchtigung aufgefaßt werden kann, kann nicht jeder Fall einer individuell nicht kompensierten Leistungsbegrenzung als für den Betroffenen besonders hartes Eigenturnsopfer angesehen werden, es kommt vielmehr darauf an, ob das Opfer für ihn zumutbar ist. Dabei ist der Gedanke des sozialen Ausgleichs heranzuziehen, um die vertretbare Inanspruchnahme von Solidarität von einer übermäßigen Heranziehung zu unterscheidenMHI • In jedem Fall ist die Opfergrenze überschritten, wenn in die Substanz der eigentumsrechtlich geschützten Rechtsposition, in ihren Kernbereich, eingegriffen wird. Der Kernbestand eines angemessenen Versicherungsschutzes für die Fälle des Alters, der Invalidität und des Todes unter Hinterlassung von unterhaltsbedürftigen Hinterbliebenen ist unantastbar, selbst in dem Fall der Katastrophe, die im Rahmen des Angemessenen freilich auch von dem Versicherten mitgetragen werden muß. überhaupt bewirkt das Element der Angemessenheit, daß der Kernbereich nicht starr definiert werden kann, und zwar nach beiden Richtungen. Es ist nicht möglich, ihn als Mindestversicherungsschutz - sei es mit absoluten Rentenbeträgen, einem absoluten Höchstalter, einer absoluten Invaliditätsgrenze, einer absoluten Umgrenzung der rentenberechtigten Hinterbliebenen etc. ,- zu deuten, hinter den der Gesetzgeber nicht mehr zurückgehen kann. Es ist aber auch nicht möglich, allgemein bestimmte Leistungen oder Leistungsteile als nicht dem Kernbereich zugehörig zu bewerten, die dem erleichterten Zugriff des Gesetzgebers offenstehen. Welcher Versicherungsschutz nicht unterschritten werden darf, ist vielmehr von den allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen abhängig, es kommt auf die Einkommenstrukturen ebenso an wie auf Erwerbsmöglichkeiten. Der Gesetzgeber kann allerdings nicht jede Sicherung, die ihm wegen einer Veränderung im sozialen Verhalten und wegen gewandelter sozialer Wertungen überflüssig oder nachrangig erscheint, übergangslos beseitigen, er muß vielmehr dem fortdauernden Sicherungsbedürfnis der Menschen Rechnung tragen, die sich an die seinerzeit gebilligten und üblichen, wenn auch inzwischen überholten Lebensmodelle gehalten und ihr daraus folgendes Vorsorgebedürfnis nach geltendem Recht für erfüllt angesehen haben, er muß ihnen daher den Versicherungsschutz 468 Ob man dabei mit Prozentsätzen arbeiten kann oder nur auf Prozentsätze abstellt, ist zweifelhaft, vgl. aber BVerfG v. 1. 7. 1961, Umdruck S. 45.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
erhalten, auf den sie sich in ihrem Lebensplan eingestellt haben, das gilt etwa für die akzessorische Sicherung der nichterwerbstätigen Ehefrauen, selbst wenn sie kinderlos geblieben sind. Anderenfalls verletzt er den Kernbereich des Anspruchs auf Hinterbliebenensicherung. Auch wenn Art. 14 GG einer vorgesehenen Einschränkung oder Beseitigung eines Rentenanspruchs oder einer Rentenanwartschaft nicht entgegensteht, kann es der mit dem Eigentumsschutz verbundene Vertrauensschutz erfordern, Regelungen zu treffen, um Härten zu vermeiden. So kann es notwendig sein, bei laufenden Renten einen Leistungsabstrich nicht sofort, sondern erst nach dem Ablauf einer übergangszeit eintreten zu lassen467 ; insbesondere bietet es sich an, das Verfahren zu wählen, die absolute Höhe zu schonen (den Zahlbetrag) und die Differenz durch das Unterbleiben von Anpassungen aufzehren zu lassen. Ein solches Verfahren ist freilich weder allgemein von Verfassungs wegen geboten, noch ist es geeignet, verfassungsrechtliche Bedenken stets zu zerstreuen, denn die Eigentumsgarantie ist nicht auf den Zahlbetrag begrenzt468. Härteklauseln können u. U. verhindern, daß atypische Fälle von einer neuen Regelung betroffen werden, die sich für sie unerträglich auswirken muß4eo. 4. Einzelne Probleme
a) Gewährleistung der Leistungshöhe Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts470 und des Bundessozialgerichts471 hat stets betont, daß Art. 14 GG den Gesetzgeber nicht dazu verpflichtet, eine bestimmte Art der Rentenberechnung und eine bestimmte Leistungshöhe beizubehalten. Die negative Aussage ist jedoch nicht erschöpfend4?!. Modifikationen der Rentenberechnung und Vgl. dazu Schneider, S. 3() m. w. Hinw., a. BVerfGE 43, 288 u. 51, 356,. Zum Anspruch auf Anpassung s. o. B Ir 2 b. 469 Vgl. dazu Schneider, S. 30, dessen etwas abfällige Äußerungen zur Computergerechtigkeit freilich zu Bedenken Anlaß geben, einmal ist der Verwaltungsaufwand ein ernstes Argument, wo es um Millionen Fälle geht, die von Amts wegen auf Härten gesichtet werden sollten, zum anderen aber leidet die Gerechtigkeit, wo nur der besser behandelt wird, der es versteht, seinen "Härtefall" darzustellen. 470 Vgl. BVerfGE 11,221, 226; 20, 52, 54; 22, 241, 253. 471 Vgl. BSGE 15, 71, 75. 472 Kritisch Papier, VSSR 1973, S.54 f. Die Pflicht des Gesetzgebers, die "Kontinuität des geltenden Rechts" zu wahren, betont die TransferenqueteKommission, Das Transfersystem in der Bundesrepublik Deutschland, 1981, Tz 551, S. 296, sie verneint zwar die Möglichkeit, langfristige Leistungsversprechen in Mark und Pfennig abzugeben und betont das Ermessen des Gesetzgebers, "die Relation zwischen dem dUrchschnittlichen Einkommen der Rentner und dem der Erwerbstätigen aus übergeordneten verteilungspolitischen Gründen zu bestimmen, wenn auch innerhalb relativ enger Grenzen". Dem ist in seiner Unbestimmtheit zuzustimmen. 467
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der Leistungshöhe, die sich zu Lasten der Anspruchsberechtigten und Anwartschaftsinhaber auswirken, unterliegen stets der Kontrolle durch Art. 14 GG. Sie müssen sich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit halten, sie müssen vor allem den Kernbestand der Rechtsposition achten. Zu ihm gehört es jedenfalls, daß die Höhe der einzelnen Rente der Funktion der Lebensstandardsicherung entsprechend nach dem bei der Beitragsermittlung tatsächlich oder hypothetisch - bei freiwilliger Versicherung und Handwerkerversicherung - zugrunde gelegten individuellen Einkommen bemessen wird und daß das generelle Rentenniveau in einem adäquaten Verhältnis zum Einkommen der Versicherten gehalten wird. Doch läßt die Rentenversicherung ihrem Wesen nach Abweichungen von dem Prinzip zu, daß unterschiedliche Beiträge auch in gleichem Maße unterschiedliche Leistungen nach sich ziehen. Insofern gehört nicht eine starre Bindung der Rentenhöhe an die Beitragshöhe zum Kernbereich des Rentenanspruchs, noch weniger die im geltenden Recht gewählte Form der Bindung der Rentenhöhe an das durchschnittliche versicherungspflichtige Einkommen. Daher greift der Gesetzgeber nicht in den absolut geschützten Kernbestand ein, wenn er die im geltenden Recht angelegten Abweichungen vom Prinzip der Beitragsgerechtigkeit maßvoll verstärkt oder abschwächt, wo es ihm sozialpolitisch geboten erscheint. Die gegenwärtige Rentenformel genießt keinen absoluten Verfassungsschutz473 • Der Änderungsgesetzgeber muß aber auch insofern die Verhältnismäßigkeit wahren, er darf vor allem die Renten nicht im übermaß nivellieren474 • Eine solche Nivellierung liegt nicht allein vor, wenn Spitzen abgeschnitten werden475 , sie tritt auch ein, wenn von unten aufgefüllt wird476 oder werin die Rentenanpassung unter Begünstigung der niedrigeren Rente differenziert erfolgt·m. Der Gesetzgeber darf auch das Rentenniveau neu festlegen, ohne damit bereits den Kernbestand des Versicherungsschutzanspruchs zu beeinträchtigen, solange die Rente dadurch nicht die Funktion verliert, VSSR 1973, S. 57. Ähnlich Papier, VSSR 1973, S. 55 f. 475 Vgl. BVerfGE 20, 52, 55 f. zur Begrenzung der persönlichen Bemessungsgrundlage. 416 Vgl. Papier, VSSR 1973, S.56, dessen Bedenken gegenüber den Renten nach Mindesteinkommen ich aber nicht zu teilen vermag, vgl, Krause, VSSIR 1980, S. 158, weil ich eine Einebnung als unerträglich angesehener Lohndifferenzen der Vergangenheit mit Wirkung auf die Renten übergangsrechtlich (!) für legitim halte. Eine weitergehende Nivellierung dürfte auch sozialpolitisch verfehlt sein, zumindest solange sie auch "Kleinrentnern" zugute kommt, die anderweitig gesichert sind oder die sich der solidarischen Vorsorge ganz entzogen haben; vgl, a. Ruland, 8Gb 1981, S; 395. 417 Zu einer Nivellierung im Wege der Anpassung kritisch Papier, VSSIR 1973, S.56. 473
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Papier,
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
den Lohnausfall in wesentlichem Umfang zu kompensieren, und wieder, wie vor der Rentenreform, zum bloßen Zubrot wird. Nicht zum Kernbestand gehört insbesondere die Ausrichtung des Rentenniveaus am Bruttolohn, das bedeutet aber nicht, daß das Rentenniveau ohne weiteres auf den Nettolohn bezogen werden dürfte; beim übergang zum Nettolohnbezug ist vielmehr im Prinzip das vorherige Nettolohnniveau eigentumsrechtlich geschützt. Welches Bruttorentenniveau derzeit mindestens angestrebt wird, folgt aus § 1272 RVO; aus ihm ergeben sich auch vielfältige Aspekte, die bei seiner Festlegung eine Rolle spielen können. Sie erlauben gewiß ein Abgehen von der bruttolohnbezogenen Rente. Zwar ist damit eine Absenkung des Rentenniveaus nicht prinzipiell ausgeschlossen, solange der Kernbereich nicht unterschritten wird, sie ist aber in jedem Fall bedenklich, wenn sie im Nettovergleich zu bedeutsamen Einbußen führt, soweit sie nicht durch ein vorrangiges sozialpolitisches Ziel gerechtfertigt werden kann. Abweichendes gilt nur für einzelne Rententypen, die keinen vollen Lohnausgleich bewirken sollen - wie die Bergmannsrente oder die Berufsunfähigkeitsrente. Sie können zum Zwecke der Harmonisierung so herabgesetzt werden, daß sich eine sinnvolle Abstufung der Gesamteinkünfte der nichtrentenberechtigten Erwerbstätigen, der nur eingeschränkt Erwerbsfähigen und der Erwerbsunfähigen ergibt. Auch kann die Absenkung des Rentenniveaus in einem Sondersystem (Knappschaftsversicherung) zur Angleichung an die allgemeinen Systeme (Arbeiter- und Angestelltenrentenversicherung) gerechtfertigt sein; dabei ist allerdings zu beachten, daß die Renten der Sondersysteme deshalb besonders hoch bemessen worden sind, weil sie nicht allein die durch die Rentenversicherung vermittelte Grundsicherung, sondern zugleich eine - berufsspezifische - Zusatzsicherung verbürgen sollen; es ist nämlich oft nur ein historischer Zufall, ob die Versicherten in einem herausgehobenen Einheitsversicherungssystem (Knappschaftsversicherung) oder in dem allgemeinen Rentenversicherungssystem und zugleich in einem Zusatzsystem versichert sind (Hüttenknappschaftliche Zusatzversicherung im Saarland); Sondersysteme können daher die Funktion haben, eine betriebliche Zusatzversicherung ganz oder teilweise zu erübrigen. In Anbetracht dessen, daß die Eckrente aus der knappschaftlichen Versicherung bei 40 anrechnungsfähigen Versicherungsjahren nach Senkung des Steigerungssatzes 1980 bei 85 % des Nettoarbeitsentgelts lag und ohne die Senkung 107 % erreicht hätte, und daß die Eckrente nach der Senkung bei 45 anrechnungsfähigen Versicherungsjahren noch immer bei 96 Ofo des Nettoarbeitseinkommens liegt, stellte die Senkung des Steigerungssatzes in der knappschaftlichen Rentenversicherung noch keinen Eingriff in den Kernbestand des Rechts des Knappschaftsversicherten auf einen nahezu vollständigen Lohnersatz dar478 •
IIr. Grenzen der Rentengesetzgebung
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b) Die Anrechnung und Bewertung von Ausfall- und Ersatzzeiten
Ob Ausfall- und Ersatzzeiten oder Beitragszeiten vorliegen, ist häufig nur eine Frage der Konstruktion, die für den Versicherten kaum sichtbar wird und die ihn auch kaum interessiert. überdies ist es auch für die gegenwärtige Finanzlage der Rentenversicherung letztlich gleichgültig, ob der Staat in der Vergangenheit für den Wehrdienstleistenden Beiträge gezahlt oder ob er statt dessen den Staatszuschuß erhöht hat, ob die Bundesanstalt für Arbeit für Arbeitslose Beiträge abzuführen hatte oder ob der Gesetzgeber den als Einheit vorgestellten Versicherungsbeitrag zwischen der Bundesanstalt für Arbeit und den Rentenversicherungsträgern nur in einer anderen Weise aufgeteilt hat479 • Denn die gegenwärtige Belastung bleibt gleich. In beiden Fällen läßt sich sogar nicht einmal sagen, daß für die Versichertengemeinschaft zu den Zeiten der Beitragsleistung eine wirkliche Entlastung eintritt; es ist letztlich ein buchungstechnischer Vorgang, ob der Bund seine Zuschüsse erhöht oder ob er Beiträge für Wehrpflichtige leistet, und bei der Identität, die nahezu zwischen den Versichertengemeinschaften der Arbeit~ losen- und der Rentenversicherung besteht, bleibt es weitgehend irrelevant, ob die Bundesanstalt ihre Beiträge erhöht, um ihrerseits Beiträge an die Rentenversicherungsträger zu zahlen, oder ob diese unmittelbar höhere Beiträge erheben. Schon unter diesen Aspekten erscheint es fragwürdig, ob die Zeiten, in denen für den Betroffenen Beiträge vom Staat oder anderen Sozialleistungsträgern erbracht worden sind, anders behandelt werden können als beitragslose Ersatz- und Ausfallzeiten, denen der gleiche soziale Sachverhalt zugrundeliegt. Das gilt für Wehrdienst und Arbeitslosigkeit, die nun Versicherungszeiten sind, aber auch für andere Zeiten. Nach Inkrafttreten des Lohnfortzahlungsgesetzes und stets für Angestellte ist eine kurzfristige Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit Beitragszeit, vor dem Inkrafttreten des Lohnfortzahlungsgesetzes war sie für Arbeiter Ausfallzeit; es erscheint zweifelhaft, ihre Anrechnung je nach der mehr oder minder zufälligen Ausgestaltung des Arbeitsrechts als verdient oder unverdient anzusehen. Das Lebensstandardprinzip der Rentenversicherung wird in der Bundesrepublik auch gerade dadurch verwirklicht, daß "beitragslose" Zeiten 478 Für Eingriffe zur Vermeidung von 'Oberversorgung bei Betriebsrenten durch Betriebsvereinbarung vgl. auch Leitsatz Nr.6 zu den Entscheidungen des BAG vom 8. 12. 1981 - 3 ABR S3I80 und 3 AZR 518/80 in BB 1001, S.2139: "Sieht eine Versorgungsordnung vor, daß die Betriebsrente zusammen mit einem anrechenbaren Teil der Sozialversicherungsrente 8S Ofo des letzten Bruttoeinkommens nicht übersteigen darf, so kann eine Neuregelung diese Obergrenze dahin abändern, daß l!OOOfo des letzten Nettoeinkommens maßgebend sind, und zwar auch für bereits erdiente Teile von Versorgungsanwartschaften. Das Vertrauen der Versorgungsberechtigten darauf, eine höhere Gesamtversorgung erwarten zu können, isrt nicht schutzwürdig." 479 Vgl. dazu Krause, VSISR 1980, S. 156 f. m. w. Nachw.
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
bei der Rentenberechnung zugrundegelegt werden480• Ob eine Rentenformel, die - bei notwendig erhöhtem Steigerungssatz oder einem anderen Ausgleich für die übliche Verkürzung der Versicherungsdauer (Paradigma: pauschale Ausfallzeit) - der Rentenberechnung nur Beitragszeiten zugrunde legte und diese auch ausschließlich nach Maßgabe der geleisteten Beiträge - nicht wie die ersten fünf Kalenderjahre günstiger - bewertete, wirklich dem Ziel der Anteilsgerechtigkeit näher käme, ist ungewiß. Jedenfalls könnte sie der Anrechnung von Zurechnungszeiten nur um den Preis unzureichender Sicherung bei frühem Tod oder früher Invalidität entraten. Nach allem sind gegenüber einer Tendenz, die allzu leicht Rentenanteilen aufgrund beitragsloser Zeiten ein minderes Maß an Verfassungsschutz einräumt als anderen, erhebliche Vorbehalte nötig481 • Jedenfalls bedarf es sorgfältiger Analysen, ehe man ihr folgt. Zu Recht hat das Bundesverfassungsgericht deshalb auch den Eigentumsschutz für nicht äquivalente Rentenanteile nicht schlechthin ausschließen wollen, sondern nur eine Abschwächung erwogen482 • Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die Rentenversicherung, die das ausdrückliche Ziel verfolgt, ihre Versicherten nach Maßgabe ihres durch das beitragspflichtige Entgelt vermittelten Lebensstandards zu sichern, dem Versicherten, der seine soziale Biographie nicht durch freiwillige Aufgabe der versicherten Tätigkeit unterbricht, den entsprechenden Versicherungsschutz gewähren will. Wie sie dazu verfährt, wie sie die Rente technisch berechnet, um ihr Ziel zu erreichen und zugleich zu vermeiden, daß jemand, der sich nicht stetig solidarisch verhält, ungerechtfertigt den vollen Versicherungsschutz in Anspruch nehmen kann, ist 486 Vgl. Zacher, Festschrift f. Ipsen, 1977, S. 207 ff., 249, nach ihm tragen sie zur incüviduellen Gerechtigkeit bei, die auch Art. 14 GG schützen will. 481 Vgl. etwa Schneider, S. 20; BGHZ 74, 34, 61, die sie dem fürsorgerischen Prinzip zuordnen, kritisch gegen die Verwendung des Terminus im Rentenrecht Zacher / Ruland, SGb 1974, S.444; zu einfach: BVerfGE 29, 283, 302: "Ein Verstoß gegen Art. 14 GG liegt ebenfalls nicht vor. Die Anrechnung von - beitragslosen - Ausfall- und Zurechnungszeiten beruht für die befreiten, freiwillig Weiterversicherten insgesamt gesehen nicht auf ihren Beiträgen, sondern überwiegend auf staatlicher Gewährung; sie nimmt deshalb am verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz nicht teil.," Kritisch zum Vortrag der Bundesregierung, der Gesetzgeber habe die Anrechnung der Ausfallund Zurechnungszeiten ganz abschaffen können, im Verfahren (BVerfGE 29, 283, 294) zu Recht Philipp, BB 1973, S. 147 ff." 148. Fragwürdig ist es, wenn dias BVer:llG den Einwand, das Kriterium der mangelnden BeitragsbezogenheU der Ausfallzeiten sei sachlich nicht begründet (so schon Sieg, Anm. z. BVerfG v. 27.10.1970, SGb 1971, S. 56 f. m. w. Nachw.), mit der These zurückweist, es seien einmal Kriterien der Unterscheidung notwendig, um überhaupt differenzieren zu können. Diese These bedeutet extrem formuliert nichts anderes als: Ein untaugliches Kriterium ist besser als gar keines (so aber E. v., 1. 7.1981). 482 Vgl. BVerfGE 53, 257, 29().
III. Grenzen der Rentengesetzgebung
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für den Versicherten mit solidarischem Verhalten irrelevant, es betrifft nur den Berechnungsmodus48='. Insgesamt können Anteile aufgrund von Zurechnungs-, Ausfall- und Ersatzzeiten nur als "unverdient" bezeichnet werden, wenn die Dekkung, die der Versicherte von der Rentenversicherung zu beanspruchen hat, allein durch die im engeren Sinne beitragsbezogenen Rentenanteile gewährleistet wäre484 • Das ist jedoch nicht der Fall. Gleichwohl sind die Anteile nicht alle in gleicher Weise verdient. Es kann die Aufgabe der Rentenversicherung sein, den Versicherten auch für den Fall zu schützen, daß er infolge eines von ihr an sich nicht versicherten Wagnisses nicht mehr zur Beitragszahlung imstande ist. Das versicherte Wagnis ist insoweit ausgedehnt worden485 • Das gilt für die Ausfallzeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit; die Ausfallzeit wegen Invalidität gehört ohnehin zum Wagnis der Rentenversicherung hinzu. Die Rentenanteile, die auf diesen Ausfallzeiten beruhen, und die aufgrund von Zurechnungszeiten, gehören zu den echten Gegenleistungen der Rentenversicherung. Anders ist es mit den Wehrdienstzeiten, sie bewirken eine Unterbrechung des Arbeitslebens und damit eine Prämienunterbrechung, gegen deren Eintritt sich der Versicherte nicht beim Rentenversicherungsträger versichern kann. Durch sie vollzieht sich ein - nicht versicherungsmäßig zu deutender - sozialer Ausgleich. Sie sind daher auch unter dem Aspekt des Eigentumsschutzes disponibel, allerdings ebenso wie die weiteren, auf Ersatzzeiten zurückgehenden Elemente durch die Gesamtverantwortung zum Ausgleich von Sonderopfern gesichert. Dagegen stellt die Ausbildungsausfallzeit eine außerordentliche Ausfallzeit dar, sie beruht nicht auf einer schicksalhaften Unterbrechung eines bereits vorgeprägten Versicherungsverlaufs, sondern auf der Wahrnehmung einer Chance, die zugleich die Möglichkeit vermittelt, auf höherem Niveau in das Arbeits- und Versicherungsleben einzutreten. Ihre Anrechnung ist weder wie bei den Ersatzzeiten auf den Ge~ danken sozialer Entschädigung zurückzuführen, noch kann sie, wie bei den anderen Ausfallzeiten, auf Mitversicherung der unverschuldeten Beitragsunterbrechung zurückgeführt werden, sie ist auch keine Gegenleistung für die von den Versicherten erbrachte Leistung, sich selbst zu bilden und auszubilden486, sie beruht ausschließlich auf der sozialen Vgl. dazu Krause, VSSR 1980, S. 156 f. Vgl. Krause, VSSR 1980, S.157. 485 Vgl. Krause, VSSR 1980, S.143. 486 Ausbildungszeiten sind keine Arbeitszeiten im Sinne des Rentenversicherungsrechts, vgl. BVerfG v. 1. 7.1981, Umdruck S.4O: "Ein gegenüber der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit verstärkter Schutz der durch Ausbildungs-Ausfallzeiten bestimmten Rentenanwartschaft läßt sich nicht damit 483 484
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B. Tragweite des Eigentumsschutzes für Renten
Anerkennung der Bildung und der Hochschulausbildung, d. h. auf dem Gedanken des sozialen Ausgleichs. Sie dient nur dazu, im Wege eines sozialen Ausgleichs bei Personen, die infolge einer weiterlührenden Ausbildung verspätet in das Versicherungsleben eintreten, eine Verkürzung der sozialen Biographie mit den damit verbundenen Folgen einer Minderung der Versicherungsjahre zu vermeiden. Sie soll die theoretisch ausgebildeten Versicherten denen gleichstellen, die sogleich praktisch, d. h. versicherungspflichtig, tätig werden. Selbst wenn man die Anrechnung von Ausbildungszeiten zum Kernbestand der Rentenanwartschaften und -ansprüche rechnen könnte, müßte ihre Bewertung doch dem Randbereich zugeordnet werden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die geltende Rentenformel nur den durchschnittlichen Lebensstandard absichern will, nicht, wie etwa in Österreich, den höchsten Lebensstandard, kann es nicht als unangemessen angesehen werden, wenn der Gesetzgeber den Lebensstandard während der Ausbildung, der in aller Regel keineswegs den versicherten Lebensstandard nach Abschluß der Ausbildung erreicht, geringer bewertet. Ob er dabei im Hinblick auf sonstige Korrekturen - etwa für Lehrzeiten nach § 1255 a RVO oder für die ersten fünf Kalenderjahre pflichtversicherter Tätigkeit - systemgerecht handelt, kann im vorliegenden Zusammenhang außer Acht bleiben. Es ist also nicht erlorderlich, die erst verspätet in das praktische Berufsleben eintretenden Versicherten auf Kosten der früher Erwerbstätigen so zu behandeln, als hätten sie während ihrer Ausbildung bereits das höhere Entgelt erzielt, das sie infolge ihrer qualifizierten Ausbildung erreicht haben; es genügt, sie so zu behandeln, als ob sie während ihrer Ausbildung überhaupt versicherungspflichtig tätig geworden seien und die Ausfallzeiten mit dem Einkommen zu· bewerten, das die Versicherten im Durchschnitt erreicht haben. Solange der Gesetzgeber die Zeiten mit dem höheren durchschnittlichen Einkommen des Betroffenen bewertete, hat er das Privileg der theoretisch ausgebildeten Versicherten noch verstärkt. Die Aufrechterhaltung derartiger Privilegien für die unter seiner Geltung begründeten Rentenanwartschaften kann nicht unter Hinweis auf Art. 14 GG gefordert werden, da ihr keine beitragsmäßige Mehrleistung des Begünstigten zugrunde liegt. Der Gesetzgeber ist vielmehr dazu befugt, sie zu beseitigen, wenn das zur Verbesserung der sozialen Gerechtigkeit notwendig und im Hinblick auf die Interessen der Betroffenen nicht unverhältnismäßig ist. Daß sie geeignet und erforderlich ist, kann nicht bezweifelt werden487 ; in Betracht kommt nur ein Verstoß gegen das übennaßbegründen, daß auch Ausbildungszeiten Zeiten ,persönlicher Arbeitsleistung' seien"; abw. Pl:agemann, NJW 1982, S. 559 f. 487 VgL die Ausführungen des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. 8/337, S.25, 39, 79, 86, 90, wonach eine Bewertung nicht nach einem späteren Entgelt, sondern nach dem Entgelt angestrebt worden ist,
UI. Grenzen der Rentengesetzgebung
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verbot. Die individuellen Interessen der Betroffenen können den Vorrang verdienen, wenn sie in besonderer Weise in ihrem Vertrauen zu schützen sind. Die Lohnersatzfunktion der Rente gehört seit dem Jahre 1957 zum Kernbestand des Rentenanspruchs und der Rentenanwartschaft, damit aber auch ihre Ausrichtung am individuellen Arbeitseinkommen. Diese Ausrichtung kann zwar - wie das Lohnersatzprinzip - für die Zukunft modifiziert oder ganz aufgegeben werden, sie darf hinsichtlich der bestehenden Ansprüche auf Renten oder auf Versicherungsschutz nicht übermäßig dadurch gestört werden, daß den beitragsfreien Zeiten rückwirkend niedrigere, fiktive Einkommensbeträge zugeschrieben werden. Überdies wäre eine Nivellierung der Renten nach Maßgabe der beitragsfreien Zeiten kaum mit dem Gleichheitssatz zu vereinbaren, weil sie sich auf einen nicht nach sachgerechten Kriterien ausgewählten Kreis beschränkt, sondern vor allem die Versicherten mit besonders vielen beitragsfreien Zeiten trifft, die in der Regel schon ein härteres Schicksal hinter sich haben488 • Mit der Lohnersatzfunktion unvereinbar wäre eine Bewertung der Zurechnungszeit mit allgemeinen Durchschnittswerten, nicht dagegen, wenn bei der Bewertung von Ausfallund Ersatzzeiten nicht das gesamte Erwerbsleben, sondern nur das vor der beitragsfreien Zeit erzielte Arbeitseinkommen zugrunde gelegt wird, denn insofern bleibt nicht nur die Orientierung am Individualeinkommen erhalten, die Regelung trägt auch der Tatsache Rechnung, daß eigentlich nur die vorher geleisteten Beiträge den Maßstab für den miterworbenen Versicherungsschutz bilden können489 • Verhindert werden muß freilich, daß eine niedrigere Bewertung der Ausfall- und welches normalerweise in der betreffenden Zeit verdient worden wäre, wenn statt der Ausbildung eine versicherungspflichtige Beschäftigung auS>geübt worden wäre. Anderenfalls läge in der Tat eine Privilegierung vor (vgl. S. 7'9; ferner Abg. Urbaniak, Vhlg. des Deutschen Bundestages, 8. Wahlperiode, 26. Sitzung, 12. Mai 19'77, S. 1888 D), die auch nicht durch das Prinzip des Lohnersatzes und den damit verbundenen Grundsatz, die Bewertung der Renten - einschließlich der auf beitragslosen Teilen beruhenden - am individuellen durchschnittlichen Arbeitseinkommen zu orientieren, erzwungen wird, weil es sich bei der Ausbildungsausfallzeit um eine außerordentliche Ausfallzeit handelt, durch die das individuelle Versicherungsleben . gerade nicht unterbrochen, sondern in seinem Beginn heraus,gezögert wird., Ähnlich, wenn auch allein auf die Erhaltung der Finanzkraft der Rentenversicherung abstellend, BVerfG v. 1. 7. 1001. 488 Verfehlt insofern der Entwurf zur Härtenovelle, BT-Drucks. IV/2572, S. 4, 8, wonach beitragslose Zeiten einheitlich bewertet werden sollten. Er wäre freilich für die Zukunft mit Art. 14 GG vereinbar gewesen. 489 Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik zu BT-Drucks. IV/3233, S.5, daß eine für alle gleiche Bewertung den tatsächlichen Verdienst und die soziale Stellung zu Unrecht nicht berücksichtigt; vgl. a. BT-Drucks. 223';1177, S. 31; BT-Drucks. 8/556, S. 12; 446. Sitzung dies Bundesrates v. 3. Juni 1977, S. 114. 13 Krause
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B. Tragwei.te des Eigentumsschutzes für Renten
Ersatzzeiten in vollem Umfang auch auf die Zurechnungszeit durchschlägt. Es muß vielmehr Sorge dafür getragen werden, daß das in der ursprünglichen Rentenformel angelegte und bis zur Härtenovelle von 1965 rein verfolgte Ziel, die Zurechnungszeiten ausschließlich nach Maßgabe der 'Beitragszeiten zu bewerten, erhalten bleibt. Anderenfalls kann die Anrechnung von Ausfall- und Ersatzzeiten statt zur Wohltat zur Plage werden, damit würde zudem auch der Kernbereich der Rentenansprüche und -anwartschaften verkürzt4°°. c) Zurechnungszeit
Die Herausnahme der Zurechnungszeit aus dem eigentumsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Invaliden- und Hinterbliebenenrenten würde in den Fällen früher Invalidität und frühen Todes nur noch eigentums rechtlich gesicherte Minimalrenten übriglassen; die größten TeUe der Rente würden bloßer staatlicher Gewährung zugerechnet und unverclient sein. Indessen ist die Zurechnungszeit nur ein Instrument, in den genannten Fällen des frühen Eintritts des Versich~rungsf?lls eine angemessene Leistung zu gewähren, sie hat eine Wirkung, die der vollen Fälligkeit der Lebensversicherungssumme beim Tode im Privatversicherungsrecht vergleichbar ist, sie ist notwendiges Element einer angemessenen Versichel'Ul.lg. für die Risiken der Invalidität und des Todes, sie verbürgt wesentlich die Verwirklichung des Lebensstandardprinzips i91. Sie dient im wesentlichen der gleichen Aufgabe, die das Privatversicherungsrecht daqurch erreicht, daß es die Leistung ungeachtet des früheren Eintritts des R.isikos ungeschmälert gewährt. Sie beeinträchtigt daher das Prinzip der Anteilsgerechtigkeit nicht, die auf sie zurückgehenden Rententeile sind ebenso verdient wie die aufgrund von Beitragszeiten. Die Gewährung einer auch bei Frühinvalidität und bei frühem Tod ausreichenden Rente, die durch die Zurechnungszeit vermittelt wird, gehört zum Kernbestand der Rentenberechtigung. Sie kann daher nicht mehr zurückg~nommen werden. Zum Kernbestand gehört auch, daß die frühe Rente am individuellen Einkommen ausgerichtet bleibt und nicht nivelliert wird, das verbietet eine Nivellierung der Bewertung der Zurechnungszeit, auch durch die Einrechnung von durchschnittlich bewerteten Ausfall- und Ersatzzeiten in den Bewertungsmaßstab für Zurechnungszeiten. 490 Insorern hätte ich die von der abweichenden Meinung BVerfG v. l. 7. 1961 zu Recht als zulässig angesehene Beschwerde auch als begründet angesehen; vgl. PLagemann, NJW 1982, S. 561. Die Verfassungsmäßigkeit der Absenkung des Rentenanspruchs dJurch niedrige freiwillige Beiträge infalge ihrer Auswirkung auf dde Zurechnungszeit stellt dagegen zu Recht BVerfG v. 27. l. 1982 fest. 491 Vgl. a. Krause, VSSR 1980, S. 157 m. w. Nachw.
III. Grenzen der Rentengese1rzgebung
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d) Garantie der Rentenanpassung und Rentendynamik
Daß die unterlassene Anpassung einer Rentenkürzung gleichkommt, wenn das Preisniveau steigt, ist nicht zu übersehen492 . Aber auch ein Zurückbleiben des Lebensstandards der Rentner hinter der allgemeinen Entwicklung ist mit dem Ziel, das sich die Rentenversicherung seit der Rentenreform gesetzt hat, nicht vereinbar. Gehen der Anspruch und die Anwartschaft auf eine dynamische Rente, dann bedeutet es einen Eingriff in dieses Recht, wenn die Anpassung ausbleibt493 • Entsprechendes gilt, wenn die Zugangsrenten nicht mehr automatisch durch die Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage dynamisiert werden, sondern deren Anstieg künstlich gebremst wird, wie es durch das 20. und 21. Rentenanpassungsgesetz geschehen ist. Es besteht jedoch kein Anspruch auf starre Dynamik der Zugangsrenten und starre Anpassung der Bestandsrenten494. Dazu bedarf es keines gesetzlichen Vorbehaltes, wie er 1957 ursprünglich auch für die Dynamik der Zugangsrenten ausgesprochen worden ist;495. Daß die Anpassung bei Gefährdung des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben unterbleiben kann, versteht sich einerseits von selbst, bedeutet aber andererseits nicht, daß das Gleichgewicht primär durch die Einschränkung der Ausgaben und nicht durch die Steigerung der Einnahmen hergestellt werden müßte. Auch gegenwärtig ist eine starre Anpassung der Bestandsrenten durch § 1272 Abs. 1 RVO nicht vorgeschrieben. Von einer Anpassung "gemäß" den Veränderungen ist in § 1272 Abs.l RVO keine Rede; bei einem Anpassungsautomatismus wäre auch die Forderung nach einem Anpassungsgesetz überflüssig gewesen. überdies entwickelt § 1272 Abs. 2 RVO eine Reihe von Gesichtspunkten, die bei der Festsetzung des Renten492
VgL. Zacher / Ruland, 8Gb 19'74, 8.442.
493 Vgl. Walter Bogs, Festschrift f. Braess, ]1009, S.ll, 2·1 ff.; ders., über
bewegliche Sozialleistungen, insbesondere die gesetzliche Planung der Rentendlynamik, in: Festschrift f. Jantz, 19168, S.71 ff., 80 ff.; Meydam, Diss. Bochum 1973, S.loo ff.; Papier, VSSR 1003, S.33, 59 ff .. ; Zacher / Ruland, SGb 1974, 8.442; "Das Recht auf Anpassung mit in die DiskUSS