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German Pages 147 [180] Year 1958
SAMMLUNG
GÖSCHEN
BAND
1070
DIFFERENTIALGLEICHUNGEN DER PHYSIK DR. F R I T Z
SAUTER
Professor an der Universität Köln
Mit 16 Figuren
Dritte, durchgesehene und ergänzte Auflage
WALTER DE GRUYTER & CO. •ormata G. J. Göscben'sche Verlagshandlung • J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung • Georg Reimer • Karl J . T r ü b n e r • Veit & Comp.
BERLIN
1958
© Copyright 1958 by Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35. - Alle Rechte, einschl. der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, von der Verlagshandlung vorbehalten. - Archiv-Nr. 111070. 1/10/14 W a l t e r de Gruyter & Co., -
Satz und Druck:
Printed in Germany. -
5000/306/57.
Inhaltsverzeichnis § 1. Einleitung I. Gewöhnliche Differentialgleichungen der Mechanik . . . . §2. Allgemeine Übersicht § 3. Die freie elastische Schwingung §4. Gekoppelte Schwingungen • § 5. Erzwungene Schwingungen § 6. Die allgemeine lineare Differentialgleichung mit einer unabhängigen Veränderlichen § 7. Der unharmonische Oszillator §8. Weitere Beispiele zur Integration der Bewegungsgleichungen . . . . a) Bewegung eines Körpers im homogenen Schwerefeld b) Bewegung eines geladenen Teilchens im homogenen Magnetfeld c) Bewegung im Coulombfeld II. Partielle Differentialgleichungen der Wellenphysik. . . . § 9. Problemstellungen A. Eindimensionale Probleme § 10. Die Differentialgleichung der homogenen Saite und ihr allgemeines Integral § 11. Die Eigenschwingungen einer homogenen Saite . § 12. Die schwingende Saite bei vorgegebenem Anfangszustand § 13. Die unendlich lange Saite § 14. Wärmeleitungsprobleme § 15. Der lineare harmonische Oszillator in der Wellenmechanik § 16. Die Hermiteschen Polynome und Orthogonalfunktionen B. Mehrdimensionale Probleme 1 82s § 17. Die Gleichung As = -^^m cartesischen Koordinaten a) Ein Wärmeleitungsproblem b) Die rechteckige Membran § 18. Umformung von As auf krummlinige Koordinaten 1 d*s § 19. Die Gleichung As = C -¡ — Oh in Zylinderkoordinaten 1*
Seite
5 7 7 8 13 17
22 26 30 30 32 34 36 36 38 38 43 45 50 55 60 65 70
70 72 73 75 78
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Inhaltsverzeichnis 1 e>2s § 20. Die Gleichung As = ^ — in räumlichen Polar-
Seite
koordinaten Die gewöhnlichen Kugelfunktionen Die zugeordneten Kugelfunktionen Die Besselfunktionen Beispiele zu den Zylinderfunktionen a) Die Eigenschwingungen einer kreisförmigen Membran b) Die Streuung von Schallwellen an harten Kugeln c) Zylinderwellen § 25. Die Laguerreschen Polynome C. Inhomogene Differentialgleichungen § 26. Die Potentialgleichung —ing 2 §27. Die Potentialgleichung — 1 d 0 —iizQ. . c et D. Näherungsverfahren § 28. Störungsrechnung bei kontinuierlichem Eigenwertspektrum § 29. Störungsrechnung bei diskreten einfachen Eigenwerten § 30. Störungsrechnung bei entarteten Eigenwertproblemen Literaturverzeichnis Register § 21. §22. § 23. § 24.
83 89 97 103 111 111 112 115 119 122 122 127 130 130 134 138 144 146
§ 1. Einleitung Die folgenden Ausführungen sollen weder eine allgemeine Theorie der gewöhnlichen oder partiellen Differentialgleichungen noch eine Ableitung der in der theoretischen Physik vorkommenden Differentialgleichungen oder eine Diskussion ihrer Lösungen geben. Ersteres ist Aufgabe einer rein mathematischen Darstellung, letzteres ist in jedem Lehrbuch der theoretischen Physik zu finden. Hier soll vielmehr nur die Brücke geschlagen werden von der reinen Theorie der Differentialgleichungen zu ihrer praktischen Anwendung in der Physik. Daher werden alle prinzipiellen Erörterungen über Existenz von Lösungen, über Lage und Häufigkeit von Eigenwerten und dgl. weggelassen und nur solche Fragen behandelt, die für die praktische Integration von Differentialgleichungen von Bedeutung sind. Dabei wird trotz der erstrebten Kürze der Darstellung auf möglichst große Strenge in der mathematischen Beweisführung Wert gelegt, wenn auch der Raummangel an manchen Stellen die ausführliche Wiedergabe eines Beweises verbietet. Die Darstellung geht fast durchweg von konkreten physikalischen Problemen aus, und an Hand dieser Beispiele werden dann die verschiedenen Lösungsmethoden entwickelt. Aus der Vielzahl der in der theoretischen Physik vorkommenden Differentialgleichungen muß naturgemäß eine Auswahl getroffen werden. Zur Behandlung kommen daher nur die wichtigsten und typischen Differentialgleichungen, wie die Schwingungsgleichung der Mechanik, die Wellengleichungen der Akustik, Optik und Wellenmechanik, die Potentialgleichung und die Wärmeleitungsgleichung. Es handelt sich hierbei durchweg um lineare Differentialgleichungen. Nichtlineare Gleichungen, wie sie etwa in der Hydrodynamik vorkommen, bleiben außer Betracht, zumal Lösungen für sie bisher nur in einer verschwindenden Zahl von Fällen bekannt sind. Ferner sollen die Vektorgleichungen der Elektrodynamik unbesprochen
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Einleitung
bleiben, da sie durch geeignete Umformung meist den Übergang zu skalaren Potentialgleichungen erlauben. Wer die Vektoranalysis soweit beherrscht, um mit den Maxwellgleichungen rechnen zu können, wird leicht diesen Weg gehen können. Auch sonst wird an mathematischen Kenntnissen so wenig als möglich vorausgesetzt. Außer der Beherrschung der Differential- und Integralrechnung sowie der einfachsten Reihen wird so gut wie nichts verlangt. Im besonderen wird auf jede Verwendung der Funktionentheorie verzichtet, obwohl sie oft die Durchrechnung erleichtern und die Darstellung vereinfachen würde. Da man aber hier fast durchweg auch ohne Funktionentheorie auskommt, soll die Darstellung der an sich schon nicht ganz leichten Materie nicht noch durch Verwendung einer im allgemeinen nicht sehr geläufigen Methode belastet werden. Das Ziel der folgenden Darstellung besteht nicht nur darin, dem Leser die verschiedenen I n t e g r a t i o n s m e t h o d e n im Prinzip verständlich zu machen, sondern ihm darüber hinaus an der Vielzahl von Beispielen auch ein bestimmtes Maß von R e c h e n t e c h n i k zu vermitteln. Stößt doch der mathematische Physiker jeden Moment auf Schwierigkeiten rechentechnischer Art, die nur durch ein gediegenes, fast handwerkmäßiges Können auf diesem Gebiet überwindbar sind. Und dieses Können kann nur durch andauernde eigene Beschäftigung mit Problemen dieser Art und durch fortgesetztes eigenes Üben an selbstgewählten Beispielen errungen werden, keinesfalls aber nur durch die Lektüre eines noch so guten Lehrbuches über diesen Gegenstand. Den Leser zum eigenen Erarbeiten des Könnens auf diesem Gebiet anzuregen und ihm bei den ersten Schritten auf diesem Wege Hilfestellung zu geben, ist mit der Zweck der folgenden Ausführungen.
7 I. Gewöhnliche Differentialgleichungen der Mechanik § 2. Allgemeine Übersicht Die Mechanik der Massenpunkte und der starren Körper wird beherrscht von den sog. B e w e g u n g s g l e i c h u n g e n , welche die Beschleunigung der Punkte oder Körper mit den auf sie wirkenden Kräften verknüpfen. Diese Bewegungsgleichungen sind gewöhnliche Differentialgleichungen II. Ordnung in den Koordinaten des betrachteten Systems mit der Zeit als unabhängiger Veränderlichen. Denn die Beschleunigungen, gleichgültig ob lineare oder Winkelbeschleunigungen, sind stets die zweiten Ableitungen der jeweiligen Koordinaten nach der Zeit, während die Kräfte nur von den Koordinaten und der Zeit und evtl. (bei Reibungskräften oder magnetischen Kräften) noch von den Geschwindigkeiten, also den ersten Ableitungen der Koordinaten nach der Zeit, abhängen. Bei einem mechanischen System von f Freiheitsgraden handelt es sich demnach um ein System von f simultanen gewöhnlichen Differentialgleichungen II. Ordnung. Die Hauptaufgabe der Mechanik besteht in der Berechnung der Bewegung des betrachteten Systems bei Kenntnis der an ihm angreifenden Kräfte, d. h., mathematisch gesprochen, in der Integration der Bewegungsgleichungen. Daß diese Aufgabe zu einer eindeutigen Lösung führt, wenn man die Anf a n g s l a g e des Systems und seine A n f a n g s g e s c h w i n d i g k e i t , also die Werte aller f Koordinaten und Geschwindigkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgibt, ist für den Physiker selbstverständlich, kann aber auch rein rechnerisch gezeigt werden. Denn zur Bestimmung der Zeitabhängigkeit einer Koordinate benötigt man bei Anwendung der Taylorreihe neben dem Wert dieser Koordinate für einen bestimmten Zeitpunkt t 0 auch die Werte aller ihrer Ableitungen für t 0 ; letztere folgen aber mit Ausnahme der ersten Ableitung, die eben auch vorgegeben werden muß, aus den Bewegungsgleichungen und deren zeitlichen Ableitungen. Während also die Vorgabe der 2/Anfangswerte der Koordinaten und Geschwindigkeiten zur eindeutigen Bestimmung der Lösung ausreichend ist, so muß doch betont werden, daß
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Gewöhnliche Differentialgleichungen der Mechanik
statt dieser 2/ Größen im allgemeinen nicht 2f beliebige physikalische Größen vorgegeben werden können, um eine eindeutige Lösung zu erhalten. Man erkennt dies leicht an einem Beispiel, etwa an der Wurfbewegung einer Kugel im Schwerefeld der Erde. Sieht man von der Drehung der Kugel um ihren Mittelpunkt ab, so wird die Bewegung durch drei Raumkoordinaten beschrieben (f = 3). Bei Vorgabe von Ort und Geschwindigkeit für i = 0 ist die Bewegung eindeutig bestimmt. Gibt man aber statt dieser 6 Größen z. B. die drei Koordinaten des Anfangsortes und den Betrag der Anfangsgeschwindigkeit, aber an Stelle ihres Höhen- und Seitenwinkels die Höhe und Entfernung der Kugel vom Abschußort für einen bestimmten Zeitpunkt t > 0 vor, so ist trotz Vorgabe von 6 Größen die Bewegung teils unter-, teils überbestimmt; denn einerseits bleibt bei dieser Problemstellung der Seitenwinke] der Wurfbahn völlig unbestimmt, andrerseits kann die Kugel bei zu kleiner Anfangsgeschwindigkeit das vorgeschriebene Ziel überhaupt nicht erreichen. Für die Integration der Bewegungsgleichungen lassen sich, wie auch bei der Ausführung gewöhnlicher Integrale, keine allgemein anwendbaren Regeln angeben. In bestimmten Spezialfällen ist es möglich, ohne genaue Kenntnis der Kräfte einige der 2f Integrationen der Bewegungsgleichungen auszuführen. Wir wollen jedoch hier nicht die in allen Lehrbüchern der theoretischen Mechanik gegebenen Ableitungen für die Erhaltungssätze des Impulses, des Drehimpulses und der Energie wiederholen, sondern uns sofort der Behandlung einiger typischer Bewegungsvorgänge zuwenden. § 3. Die freie elastische Schwingung Als wichtigsten Bewegungstyp der Mechanik betrachten wir zunächst die Schwingungen von mechanischen Systemen. Im einfachsten Fall der freien eindimensionalen elastischen Schwingung eines Körpers erhält man als Bewegungsgleichung eine homogene lineare Differentialgleichung vom Typ
Die freie elastische Schwingung
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Bei einer geradlinigen Oszillation bedeutet s die Entfernung des Körpers aus der Ruhelage, a seine Masse, — es die rückds
treibende elastische Kraft 1 ) und — l ^ eine der Geschwindigkeit proportionale Reibungskraft. Bei Drehbewegungen entspricht s dem Drehwinkel, und die Begriffe Masse und Kraft sind durch die Begriffe Trägheitsmoment und Drehmoment zu ersetzen. Auf eine Gleichung vom Typ (3,1) wird man übrigens auch bei elektrischen Schwingungskreisen geführt. Dann tritt an die Stelle von s die elektrische Stromstärke J,a bedeutet die Selbstinduktion L, b den Ohmschen Widerstand R und c die reziproke Kapazität 1/C. Die Gleichung (3,1) läßt sich durch den Ansatz (3, 2) s = ixeu u lösen. Denn die Funktion e multipliziert sich bei jeder Zeitdifferentiation mit dem konstanten Faktor k, so daß (3,1) durch (3, 2) befriedigt wird, wenn k der Gleichung (3, 3) a& + bk + c = 0 genügt. Als quadratische Gleichung besitzt (3, 3) zwei Lösungen kt und k2, so daß man mit (3, 2) auch zwei verschiedene Integrale von (3,1) erhält. Da bei einer linearen homogenen Differentialgleichung die Summe zweier Lösungen selbst wieder eine Lösung ist, so lautet das allgemeine Integral von (3,1) (3, 4) s = -0 in ( 3 , 1 0 a ) und ( 3 , 1 0 b ) . In Fig. 1 ist der Verlauf von ( 3 , 1 3 a ) eingezeichnet für die beiden Fälle, daß g mit der Dämpfungskonstante (Kurve I I ) oder mit der Eigenfrequenz (Kurve I I I ) der gedämpften Schwingung (Kurve I ) übereinstimmt.
Gekoppelte Schwingungen
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§ 4. Gekoppelte Schwingungen Sehr häufig tritt der Fall ein, daß zwei oder mehrere schwingungsfähige Systeme durch irgendeine mechanische oder elektromagnetische Kraft gekoppelt sind, so daß durch die Schwingungen eines der Systeme die übrigen zum Mitschwingen angeregt werden. Diese Koppelung kann bei mechanischen Systemen durch eine verbindende Feder oder durch Reibung, bei elektrischen Schwingungskreisen durch gegenseitige Induktion oder durch einen den Kreisen gemeinsamen Kondensator oder Widerstand hergestellt werden. Da alle diese Fälle in gleicher Weise durchgerechnet werden können, genügt zur Erläuterung der Methode die Behandlung eines Beispiels. Als solches sei der Fall zweier induktiv gekoppelter Schwingungskreise gewählt. Seien Lx und L2 die Selbstinduktivitäten in den beiden Kreisen, während L 1 2 die wechselseitige Induktivität bedeutet, so lauten die Schwingungsgleichungen für die beiden Ströme J1 und J2
d*Jt (4,1)
r
dJ, Jx
d*J,
dJ2
d2J1
J2
2 dt 5-2 +' '~JT dt+ 'TTC+2 12 - j ä - = Diese Gleichungen sind linear und homogen. Sie lassen sich daher wie im Fall eines einzelnen schwingenden Systems durch den Ansatz
(4, 2)
J x = ,10) (3 11) mit ° abklingt, während die erzwungene Schwingung in der F o r m der Partikularlösung (5, 7) eine konstante Amplitude besitzt, wird nach
22
Gewöhnliche Differentialgleichungen der Mechanik
einiger Zeit bloß noch letztere übrigbleiben. Daher genügt es in der Anwendung meist, nur diese Schwingung zu betrachten. § 6. Die allgemeine lineare Differentialgleichung mit einer unabhängigen Veränderlichen Im Anschluß an § 5 soll eine allgemeine Betrachtung über die Lösung von gewöhnlichen linearen Differentialgleichungen eingeschaltet werden, die für spätere Abschnitte von Bedeutung ist. Wir schreiben die allgemeine lineare Differentialgleichung II. Ordnung für die Funktion s (t) in der Form an, wobei p, q und f vorgegebene Funktion von t sind. Zur Lösung dieser inhomogenen Gleichung ist die Kenntnis der Integrale der homogenen Gleichung e~2et. § 7. Der unharmonische Oszillator Bisher haben wir Probleme betrachtet, die auf lineare Differentialgleichungen führten. Wir wollen nunmehr ein Schwingungsproblem untersuchen, bei dem die rücktreibende Kraft K(s) nicht mehr linear von der Entfernung s abhängt. Lassen wir der Einfachheit halber die Dämpfung außer Betracht, so haben wir eine Differentialgleichung der Form (7.1)
m~
= K(s)
zu lösen. Im besonderen wollen wir die Bewegung eines physikalischen Pendels untersuchen mit der Schwingungsgleichung (7.2)
©^
eet - mgl sin x bzw. co — Ü ) L ' , nur Oszillationsbewegungen in der z-Richtung bleiben in ihrer Frequenz ungeändert. (Normaler Zeemaneffekt!) c) B e w e g u n g im C o u l o m b f e l d . Die vorübergehende Einführung der komplexen Größe 'Q nach (8, 8) ist auch bei den Bewegungsgleichungen für ein geladenes Teilchen im Coulombfeld (oder auch für einen Körper im Gravitationsfeld einer sehr großen Masse) von Vorteil, wenn auch nur zu ihrer Transformation auf ebene Polarkoordinaten. Die Bewegung verläuft in der durch die Richtungen der Anfangsgeschwindigkeit und der Verbindungslinie vom Teilchen zum Kraftzentrum bestimmten Ebene, da die in dieser Ebene wirkende Kraft nie eine Beschleunigungskomponente senkrecht zur Ebene erzeugen kann. Nimmt man diese Ebene als xyEbene an mit dem Kraftzentrum als Koordinatenursprung, so lauten die Bewegungsgleichungen
wobei im Fall der Anziehung C positiv ist. Die beiden ersten Gleichungen lassen sich mit (8, 8) zusammenfassen in der Form dt2
c r43
Weitere Beispiele zur Integration der Bewegungsgleichungen
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Geht man durch f = zu ebenen Polarkoordinaten über, so erhält man nach Kürzung durch e,i(p rei(f
(8'17) rlPj-r\Tt) W + tyldt Tt + Da r, cp und G reelle Größen sind, müssen Real- und Imaginärteil dieser Gleichung einzeln verschwinden. Letzterer läßt sich nach Multiplikation mit r in der Form
IKH
schreiben. Da /¿r2 ^
gleich dem Drehimpuls des Teilchens ist
(fir 2 = Trägheitsmoment, ^ = Winkelgeschwindigkeit),
so
6esagt die Gleichung ( 8 , 1 8 ) die Konstanz des Drehimpulses. Ihr Integral lautet (8,19)
r ^ = r
o V
Dabei ist r0 der Abstand eines Scheitelpunktes der Bahnkurve vom Rraftzentrum und v0 bedeutet die Geschwindigkeit des Teilchens in diesem Punkt, die in Scheitelpunkten definitionsgemäß senkrecht auf dem Radius steht. Unter Verwendung von ( 8 , 1 9 ) folgt dann aus dem Realteil von ( 8 , 1 7 )
Dies ist eine gewöhnliche Differentialgleichung I I . Ordnung für r allein, die sich nach dem im § 7 angegebenen Verfahren dr integrieren läßt. Multiplikation mit ^ und Integration führt auf 1/W 2 \dt)
rgvg -Z-ir 2 r2
C , = const., r
oder bei Bestimmung der Konstante wiederum aus den Daten d/T für den Scheitelpunkt, für den ^ = 0 ist, auf r0i eine Ellipse und für den oben betrachteten Grenzfall C = r 0 i^/2 eine Parabel.
II. Partielle Differentialgleichungen der Wellenphysik § 9. Problemstellungen Die gesamte Kontinuums- und Wellenphysik wird beherrscht von partiellen Differentialgleichungen, die mit Ausnahme der hydrodynamischen Grundgleichungen linear sind und in ihrem einfachsten Fall, in der Akustik, Optik und Elektrodynamik die Form
Problemstellungen
in den Sinusargumenten die komplexe Größe toj/l — 2iqjm, wodurch alle Nullstellen im Nenner verschwinden. Dann sind übrigens auch die Eigenfrequenzen der freischwingenden Saite wie in § 3 beim freien gedämpften Oszillator etwas verstimmt (und zwar gleich \/(an2 — g 2 ), und die Eigenschwingungen klingen exponentiell mit der Zeit (wie e - « ' ) ab. Wird das eine Saitenende periodisch mit einer Frequenz o)0 4= cu» bewegt und das andere Ende festgehalten, gilt also SJ = er cos OJ0(, s2 = 0, so läßt sich das Problem am besten direkt durch den Ansatz s = f(x) cos co0t lösen. Aus der Saitengleichung und den Randbedingungen erhält man dann (13,12)
s =
a cos
w0t c
§ 14. Wärmeleitungsprobleme In den letzten vier Abschnitten wurde gezeigt, wie man ein Wellenproblem lösen kann, dem eine lineare homogene Differentialgleichung mit zwei Veränderlichen zugrunde liegt. Doch könnte eine hierbei auftretende Besonderheit zu Mißverständnissen Anlaß geben, nämlich die Tatsache, daß bei der homogenen Saite alle Wellen mit gleicher Geschwindigkeit laufen, daß also in diesem Falle keine D i s p e r s i o n der Fortpflanzungsgeschwindigkeit besteht. Dies gilt keineswegs allgemein. Wir zeigen dies an dem Beispiel der Wärmeleitung (in einer Dimension).
Eindimensionale Probleme
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Die Differentialgleichung für die von einem beliebigen Normalwert aus gerechnete Temperatur T(x, t) lautet für ein homogenes Medium mit der „Temperaturleitfähigkeit" X d*T
1 dT
Sie unterscheidet sich also von der Saitengleichung durch das Auftreten der ersten Ableitung nach der Zeit. Dies hat zur Folge, daß für die Bestimmung des zeitlichen Temperaturausgleiches aus einem Anfangszustand nur eine Funktion, nämlich T (x, 0) vorgegeben werden kann, nicht aber auch
(
dT\
-¡ff jt - Di e s ist nicht nur physikalisch einleuchtend, sondern ergibt sich auch aus der Darstellung von T als Taylorreihe nach Potenzen von t. Die partikulären Integrale von (14,1) kann man wie in § 10 durch den Separationsansatz (10, 2) gewinnen und erhält so mit der Separationskonstante kz (14, 2)
T = [ im ersten Exponenten das obere und für negatives a> das untere Vorzeichen zu nehmen. 1 Man kann hier, wenn auch nur unter Verwendung funktionentheoretischer Hilfsmittel, die co-Integration ausführen und erhält t X2 f T o ( Z ] , r * ^ 7 » dr. 2 V W (< — r) U —oo Die Temperaturverteilung zur Zeit t hängt somit nur von den Randwerten Ta ab, die zeitlich früher liegen. Man bestätigt leicht, daß (14,12) der Wärmeleitungsgleichung und der Randbedingung für x - ^ o o genügt. Daß auch die Randbedingung bei x = 0 erfüllt ist, erkennt man durch Ausführung der Transformation r = t — x2/ika2 mit a als neuer Veränderlichen. Dann wird (14,12)
T =
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Eindimensionale Probleme oo
(14,13)
0 welcher Ausdruck für x = 0 in der Tat in T0 (t) übergeht. Ist T0 speziell gegeben durch T0 = a cos to01 = Realteil von ue*®«1, wie es näherungsweise für den täglichen oder jährlichen Temperaturgang an der Erdoberfläche angesetzt werden kann, so folgt der Temperaturverlauf für x > 0 direkt aus (14, 9) als Realteil der zu w = co0 gehörigen Fourierkomponente. Nach kurzer Umformung erhält man
Die Temperatur läuft also in Form einer gedämpften Welle mit zunehmender Phasenverschiebung in die Erde hinein und wird um so stärker geschwächt, je höher die Frequenz co0 ist.
§ 15. Der lineare harmonische Oszillator in der Wellenmechanik Die Ausführungen des § 13 zeigten, daß bei der homogenen Saite die Eigenfrequenzen um so näher zusammenrücken, je länger die Saite ist, so daß man im Grenzfall der unendlich langen Saite von einem kontinuierlichen Spektrum der Eigenfrequenzen sprechen kann. Man könnte nun glauben, daß ein unendliches Grundintervall stets ein kontinuierliches Eigenwertspektrum zur Folge hat. Daß dies nicht der Fall ist, soll am Beispiel der Wellengleichung des Oszillators gezeigt werden. Gleichzeitig wird an diesem Beispiel eine Methode zur Auffindung der Eigenwerte in diesem und in ähnlichen Fällen entwickelt. Die Wellengleichung des linearen harmonischen Oszillators mit der Eigenfrequenz a>0 (im Sinne der klassischen Mechanik) lautet h2 82y> /i(x>\x2 h Sy>
Der lineare harmonische Oszillator in der Wellenmechanik
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h ist dabei die durch 2n geteilte Plancksche Konstante h und fj, die Masse des schwingenden Teilchens. Die Zeitabhängigkeit ist durch den Ansatz iEi (15,2) y>(x, t) = x(x) e Ä abzuspalten, in dem E die Energie des schwingenden Systems bedeutet. Für die zeitfreie Wellenfunktion gilt somit die Gleichung (Schrödinger-Gleichung) (15,3) Zulösen ist sie durch eine im ganzen B e r e i c h — o o < a ; < + oo einschließlich der ersten Ableitung stetige und endliche Funktion. Im besondern sind diejenigen Werte von E (Eigenwerte) zu ermitteln, für die eine solche Lösung existiert. Wir beginnen mit einer kurzen Betrachtung des Symmetriecharakters von Da sich die Gleichung (15, 3) bei Vertauschung des Vorzeichens von x nicht ändert, muß mit der Funktion £ (-f- x) auch die Funktion % (— x) eine Lösung von (15, 3) sein. Das gleiche gilt von der Summe und der Differenz dieser beiden Funktionen, von denen die erste in x gerade, die andere ungerade ist. Man kann sich daher von vornherein bei der Integration von (15, 3) auf gerade bzw. ungerade Funktionen beschränken. Im ersten Fall erhalten wir in einem ^-Diagramm Kurven, die durch Spiegelung an der ^-Achse in sich übergehen und diese Achse mit horizontaler Tangente schneiden. Die Ordinate des Schnittpunktes ist wegen der Homogenität von (15,3) belanglos. Bei der ungeraden Lösung geht die ^-Kurve durch Spiegelung am Nullpunkt in sich über; sie läuft daher durch den Nullpunkt mit einer Neigung, deren Größe ebenfalls wegen der Freiheit in der Wahl des Maßstabes auf der ^-Achse belanglos ist. Diese Bemerkungen sind wichtig für die folgende graphische Darstellung von Eigenlösungen. Zuvor betrachten wir aber noch den Verlauf der ^-Funktionen im Unendlichen. Für sehr große »-Werte kann man in (15,3) das zweite Glied neben dem dritten weglassen. Die
62
Eindimensionale Probleme
restliche Gleichung wird dann annähernd gelöst durch den Ansatz tuo,x2 Ha0x* (15, 4)
x
«ae
2h
+ ße
2h
.
Die Lösungskurven wachsen somit für x - + o o über alle Grenzen an, sofern nicht tx = 0 ist. Die Endlichkeitsforderung für x verlangt daher ot = 0 und stellt so eine wesentliche Bedingung für die Lösung der Differentialgleichung dar, die sicher nicht für alle, sondern nur für bestimmte E-Werte (Eigenwerte) erfüllbar sein wird. Stände in (15, 3) statt der potentiellen Energie V = ( i w f f i ß des Oszillators eine andere F-Funktion, welche für x-*oo verschwindet, so müßte sich X im Unendlichen wie . ix r ix (1B, 5) X » «e » + ße Ä verhalten. Dann gäbe es zu jedem positiven E-Wert eine im Unendlichen endliche Lösung, während für negative Energien ein diskretes Eigenwertspektrum existieren könnte. Diese Überlegungen sollen ergänzt und veranschaulicht werden durch eine graphische Konstruktion von %{x). Dabei
ist
zu berücksichtigen,
daß ^Jr ein Maß für
die Krümmung der ^-Kurve ist. Nach (15,3) ist diese Kurve für positive wie negative ^-Werte stets zur xAchse hingekrümmt, wenn E < F = fjM^x2¡2 ist, während sie für E > F stets von der a-Achse wegkrümmt. Alle Kurvenpunkte auf der axAchse (% = 0) und die beiden durch E = V bestimmten Punkte sind Wendepunkte. Geht man nun bei der Konstruktion einer geraden ^-Funktion von einem Punkt der ^-Achse mit horizontaler Tangente (s. o.) aus, so erhält man für einen bestimmten Wert E1 etwa die in Fig. 10 gezeichnete Kurve 1, welche für große z-Werte mit positiver Krümmung dauernd anwächst. Für einen anderen Wert E2 ergibt sich in gleicher Weise etwa die Kurve 2, welche schließlich monoton gekrümmt ins negativ
Der lineare harmonische Oszillator in der Wellenmechanik
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Unendliche geht. Da sich der Kurvenverlauf bei / „ stetiger Veränderung von '/ E ebenfalls stetig ändern / muß, so gibt es zwischen E1 und ^ m i n d e s t e n s einen / X / — > B-Wert, bei dem der Kurvenverlauf vom Typ 1 in den Typ 2 umschlägt. Dieser isolierte B-Wert führt zu einem Kurvenverlauf 3, der sich ent\ \ sprechend dem F a l l « = 0 Fig. 10. Schematischer Verlauf der Löin (15, 4) asymptotisch der sungskurven von ( 1 5 , 3 ) für falsche B(Kurven 1 und 2) und für einen z-Achse anschmiegt und Werte Eigenwert (Kurve 3). Die G r e n z e E = V ( x ) daher der Endlichkeitsfor- liegt für die drei Energien bei verschiedenen a:-Werten. derung genügt. Dieser EWert ist somit einer der gesuchten Eigenwerte. Wir gehen nunmehr an die rechnerische Lösung der Schwingungsgleichung (15, 3) und im besonderen an die Bestimmung der Eigenwerte E. Zur Vereinfachung führen wir als Abkürzungen
\\\
(15, 6)
t
_ 1/ViCüo
x,
*
E = h(o„ ("/. +
i)
ein. Dann geht (15, 3) über in (15.7)
^
+ (2A + 1 — i«) Z = 0.
An der kritischen Stelle £ oo verhält sich wie e~Pl 2 . Daher ist der Ansatz naheliegend (15.8)
x
nach (15, 4)
= im Unendlichen nur wie eine Potenz von £ oder wie eine ähnliche Funktion anwachsen darf, welche neben der Exponentialfunktion nicht ins Gewicht fällt. Für