Die Verfügungsbefugnis nach § 8 Vermögenszuordnungsgesetz und korrespondierende Ausgleichsansprüche: Darstellung anhand des zu Wohnzwecken genutzten Vermögens nach Art. 22 Abs. 4 des Einigungsvertrages und der Privatisierung kommunaler Wohnungsbestände [1 ed.] 9783428502059, 9783428102051


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Die Verfügungsbefugnis nach § 8 Vermögenszuordnungsgesetz und korrespondierende Ausgleichsansprüche: Darstellung anhand des zu Wohnzwecken genutzten Vermögens nach Art. 22 Abs. 4 des Einigungsvertrages und der Privatisierung kommunaler Wohnungsbestände [1 ed.]
 9783428502059, 9783428102051

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T H O M A S GOHRKE

Die Verfügungsbefugnis nach § 8 Vermögenszuordnungsgesetz und korrespondierende Ausgleichsansprüche

Schriften zum Bürgerlichen Recht Band 239

Die Verfügungsbefugnis nach § 8 Vermögenszuordnungsgesetz und korrespondierende Ausgleichsansprüche Darstellung anhand des zu Wohnzwecken genutzten Vermögens nach Art. 22 Abs. 4 des Einigungsvertrages und der Privatisierung kommunaler Wohnungsbestände

Von Thomas Gohrke

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Gohrke, Thomas: Die Verfügungsbefugnis nach § 8 Vermögenszuordnungsgesetz und korrespondierende Ausgleichsansprüche : Darstellung anhand des zu Wohnzwecken genutzten Vermögens nach Art. 22 Abs. 4 des Einigungsvertrages und der Privatisierung kommunaler Wohnungsbestände / von Thomas Gohrke. - Berlin : Duncker und Humblot, 2001 (Schriften zum bürgerlichen Recht ; Bd. 239) Zugl.: Leipzig, Univ., Diss., 1999 ISBN 3-428-10205-3

Alle Rechte vorbehalten © 2001 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7387 ISBN 3-428-10205-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier

entsprechend ISO 9706 θ

Für Marie Sophie

Vorwort Die nachfolgende Arbeit untersucht eine der stark diskutierten und kontrovers ausgelegten Normen des Rechtes der neuen Bundesländer: § 8 VZOG. Eine Vorschrift, die für Kommunen, kommunale Unternehmen und Eigentümer von Grundstücken in den neuen Bundesländern bis heute nicht an Bedeutung verloren hat. Professor Dr. Ekkehard Becker-Eberhard hat nicht nur die Ambition zu dieser Arbeit geweckt, sondern sie auch von Beginn an intensiv betreut und konstruktiv kritisch begleitet. Ich danke ihm für zahlreiche Anregungen und Empfehlungen und die Ausdauer bei der Auseinandersetzung mit der vorliegenden, nicht gerade kurzen Abhandlung. Die Anregung zu diesem Thema stammt von Dr. Klaus Schaffner, dem ich dafür und für seine unschätzbaren Hinweise zur wissenschaftlich, aber praxisbezogenen Arbeitsweise danke. Ebenso bedanke ich mich bei Dr. Barbara Schmidt, die mich stets über aktuelle und zumeist unveröffentlichte Urteile informierte und so einen wesentlichen Beitrag für die vorliegende Arbeit leistete. Dr. Bernhard Opolony und seiner Frau Bettina danke ich für die Mühen mit dem Manuskript. Mein Dank gilt darüber hinaus Godo Brehsan, der alle nicht enden wollenden Ausführungen meinerseits zum und um das Thema der Arbeit stets erduldet und durch kritische Fragen bereichert hat. Für ihre immerwährende Unterstützung danke ich meinen Eltern. Mein besonderer Dank gilt meiner Frau Manuela für ihr Verständnis. Leipzig im September 2000

Thomas Gohrke

Inhaltsverzeichnis Einleitung

21

Α. Problemstellung und Ziel der Untersuchung

21

B. Aufbau und thematische Begrenzung der Arbeit

22

§ 1 Das Gesetz über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen (Vermögenszuordnungsgesetz- VZOG)

23

§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Gegenstand

28

A. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

28

I. Erstfassung II. Ausgangslage

28 29

III. Die Idee und Funktionsweise der Verfügungsbefugnis

29

IV. Einzelfragen

31

1. Zweck der Verfügungsbefugnis

31

2. Verfügungsbefugte

31

3. Gegenstand der Verfügungsbefugnis: Wahres Volkseigentum?

32

a) Verfügungen über „wahres Volkseigentum" zu Lasten der wahren öffentlichen Eigentümer (Zuordnungsberechtigter) unabhängig von der Art des zuordnungsfähigen Vermögens

33

b) Verfügungen über „scheinbares Volkseigentum" zu Lasten der wahren, privaten Eigentümer unabhängig von der Eigentumslage

34

aa) Zielsetzung des VZOG

37

bb) Gleichlauf der Rechtsmacht aus Verfügungsbefugnis und Feststellungsbescheid

39

10

nsverzeichnis cc) Die Ermöglichung des gutgläubigen Erwerbes nach § 892 BGB

40

(1) Grundfall des gutgläubigen Erwerbes vom eingetragenen Buchberechtigten nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB

42

(2) Gutgläubiger Erwerb vom nicht eingetragenen Rechtsinhaber gemäß § 892 Abs. 1 S. 1 BGB

44

(3) Rechtsschein aus dem Grundbuch und tatsächliche, gesetzliche Rechtsnachfolge

45

(4) Über den Grundbucheintrag erweiterter (doppelter) Rechtsscheintatbestand

47

(5) Gutgläubiger Erwerb gemäß § 892 BGB nach Übertragung der Buchposition „Eigentum des Volkes" auf die Verfügungsbefugten des VZOG

51

dd) Keine Änderung der materiellen Zuordnung

58

ee) Die „Rechte Dritter" nach § 6 Abs. 2 S. 1 a.F. VZOG

58

ff) Die Fiktion der Verfügung als „Berechtigter"

60

c) Zwischenergebnis B. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG a.F. I. Die Beibehaltung der Verfügungsbefugnis II. Standpunkte und Stellungnahmen der Rechtsprechung C. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG n.F. I. Die ratio legis des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes 1. Ausgangslage

63 64 64 65 67 67 67

a) Theorie der Maßgeblichkeit der DDR-Rechtsnormen

68

b) Theorie der Maßgeblichkeit der DDR-Rechtspraxis

69

2. Lösung des Gesetzgebers nach der Theorie der eingeschränkten Maßgeblichkeit der DDR-Rechtspraxis (eingeschränkte Rechtsbereinigung).

70

3. Stellungnahme

71

4. Weitere Regelungen des WoModSiG

72

II. Der Klarstellungsgedanke

73

III. Die Auslegung des § 8 VZOG n.F

74

IV. Zusammenfassung

79

nsverzeichnis § 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rückfolgen der Verfügungsbefugnis A. Rechtscharakter und Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis I. Der Begriff der Verfügungsbefugnis im Zivilrecht 1. Die Verfügungsbefugnis nach dem ZGB der DDR

80 80 80 80

a) Volkseigene Grundstücke - § 19 ZGB

80

b) Nicht volkseigene (persönliche) Grundstücke - § 24 ZGB

84

c) Zwischenergebnis

84

2. Die Verfügungsbefugnis nach dem BGB und der sachenrechtliche Verfügungsbegriff

84

a) Der einheitliche Begriff der Verfügungsbefugnis

84

b) Zwischenergebnis

89

II. Der Begriff der Verfügungsbefiignis im Vermögensrecht (VermG / InVorG)

89

1. Die Befugnisse der Verfügungsberechtigten nach § 2 Abs. 3 VermG ....

89

2. Die Verfügungsberechtigten nach dem Investitionsvorranggesetz

91

3. Zwischenergebnis

92

III. Der Begriff der Verfügungsbefugnis im § 8 VZOG

92

1. Der Verfügungsbegriff des § 8 VZOG

93

2. Verfügungen als „Grundstückseigentümer" nach § 14 Abs. 1 S. 1 SachRBeiG

96

a) Ausgangssituation

96

b) Der Verfügungsbefugte nach § 8 Abs. 1 VZOG als Anspruchsverpflichteter

97

3. Die »Auflassung" an sich selbst als Verfügung?

102

4. Unterfällt eine errichtende Umwandlung dem Verfügungsbegriff des VZOG? 102 a) Die errichtende Umwandlung nach § 58 Abs. 1 UmwG (1969)

103

aa) Sachgründung

103

bb) Umwandlung

104

(1) Zulässigkeit einer errichtenden Umwandlung

105

(2) Voraussetzungen

111

(3) Rechtsfolgen

112

12

nsverzeichnis b) Die Umwandlung als „Verfügung"

112

aa) Die Umwandlung als sachenrechtliche Verfügung

113

(1) Rechtsgeschäftliche und gesetzliche Übertragungen

115

(2) Rechtsgeschäftlich definierte, gesetzliche Übertragung einer Vermögensgesamtheit

116

bb) Die Umwandlung als Verfügung i. s. d. § 8 Abs. 1 VZOG

125

c) Zwischenergebnis

129

5. Tatsächliche Maßnahmen

130

6. Zusammenfassung zum Verfügungsbegriff des § 8 VZOG

132

7. Die inhaltliche Ausgestaltung der ,3efugnis" zu verfügen

133

a) Die Verfügungsbefugnis als gesetzliche Ermächtigung

133

b) Unterschiede der gesetzlichen Ermächtigung des § 8 VZOG und der rechtsgeschäftlichen Ermächtigung des § 185 Abs. 1 BGB

135

aa) Begründung der Verfügungsbefugnis - Ermächtigung

135

bb) Inhalt der Ermächtigung - Rechtsmacht des Ermächtigten

137

cc) Rechtsfolgen

138

dd) Grenzen der Ermächtigung

139

ee) Außenverhältnis

139

ff) Innenverhältnis Verfügungsbefugter/Berechtigter

140

(1) Das Innenverhältnis zwischen Verfügungsbefugten Wohnungsgenossenschaften

und 141

(2) Das Innenverhältnis zwischen Verfügungsbefugten und privaten Restitutionsberechtigten 143 (3) Das Innenverhältnis zwischen Verfügungsbefugten und öffentlichen Restitutionsberechtigten

145

(4) Zwischenergebnis

145

(5) Das Innenverhältnis zwischen Verfügungsbefugten und materiell, gegenständlich Berechtigten (Eigentümern) 145 gg) Zwischenergebnis

157

hh) Möglichkeiten des Rechtsschutz der Berechtigten bei unzulässigen Verfügungen 157 ii) Ende der Ermächtigung (1) Ende der rechtsgeschäftlichen Ermächtigung

160 160

(2) Ende der gesetzlichen Ermächtigung des § 8 Abs. 1 VZOG . 160

nsverzeichnis Β. Rückwirkung auf Verfügungen vor der Erlangung der Verfügungsbefugnis

162

I. Verfahrensrechtliche, ausdrückliche Rückwirkung des § 8 VZOG auf Verfügungen vor dem Inkrafttreten des VZOG ( 3. 10. 1990 bis 22. 3. 1991) .. 162 II. Rückwirkung des § 8 Abs. 1 VZOG n.F. III. Rückwirkung durch Konvaleszenz

163 165

1. Gesetzlich geregelte Konvaleszenzfälle

165

2. Gesetzlich nicht normierte, anerkannte Konvaleszenzfälle

166

3. Konvaleszenz von Verfügungen der Verfügungsbefugten des VZOG vor dessen Geltung analog § 185 Abs. 2 BGB 170 IV. Rückwirkung durch Konvaleszenz auf Verfügungen vor dem 3. 10. 1990? 171 V. Zusammenfassung

172

§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefugnis und korrespondierende Ausgleichsansprüche 173 A. Die Rechtsfolgen von Verfügungen als rechtsgeschäftlich Ermächtigter (§185 BGB) und der Ausgleichsanspruch des Berechtigten - eine Vergleichsgrundlage 173 I. Ausgangspunkt II. Übertragung von Eigentum an einem Grundstück 1. Veräußerung

173 174 174

2. Übertragung von Eigentum an einem Grundstück im Rahmen der Umwandlung 182 3. Zwischenergebnis

184

III. Bestellung dinglicher Rechte (Grundpfandrechte, Grunddienstbarkeiten und Erbbaurechte)

185

1. Grundpfandrechte

185

2. Grunddienstbarkeiten

187

3. Erbbaurechte

188

IV. Schuldrechtliche Verträge V. Rechtsgrundlose Verfügungen eines Ermächtigten nach § 185 BGB

189 191

14

nsverzeichnis Β. Die Rechtsfolgen von Verfügungen als gesetzlich Ermächtigter gemäß § 8 VZOG und der Ausgleichsanspruch des Berechtigten 192 I. Ausgangspunkt II. Die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück 1. Veräußerung

192 192 193

a) Ausgleich für Verfügungen über ehemals wahres Eigentum des Volkes 194 b) Zwischenergebnis

201

c) Ausgleich für Verfügungen über ehemals nur scheinbares Eigentum des Volkes 202 d) Ergebnis

207

2. Veräußerung zur Erfüllung der Ansprüche nach dem SachRBerG . . . . . . . 207 3. Übertragung bei errichtender Umwandlung

208

4. Besonderheiten zuordnungswidriger Übertragungen bei Umwandlungen

211

III. Bestellung dinglicher Rechte

213

1. Grundpfandrechte

214

2. Grunddienstbarkeiten

216

3. Erbbaurechte

218

IV. Schuldrechtliche Verträge

218

V. Rechtsgrundlose Verfügungen eines Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG 224 VI. Tatsächliche Maßnahmen eines Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG VII. Verfügungen nach § 8 VZOG und Restitutionsansprüche 1. Private Restitutionsanprüche nach dem Vermögensgesetz

225 225 226

2. Sonderfall: errichtende Umwandlung oder „Das Leipziger Problem" ... 229 3. Öffentliche Restitutionsansprüche

233

4. Rechtsweg

245

5. Zusammenfassung

246

nsverzeichnis C. Die Ausgleichsansprüche des Ermächtigten / Verfügungsbefugten

247

I. Ausgleichsansprüche eines rechtsgeschäftlich Ermächtigten

248

1. Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB - Abzug anrechenbarer Nachteile 248 2. Verwendungs-, Aufwendungs- und Rückgriffskondiktion des Ermächtigten 249 II. Ausgleichsansprüche eines nach § 8 VZOG gesetzlich Ermächtigten

252

1. Aufwendungen und Verwendungen des Verfügungsbefugten

252

2. Freistellungsanspruch des Verfügungsbefugten

254

3. Tilgung von Verbindlichkeiten des Berechtigten

254

III. Zusammenfassung

§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig? A. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 14 GG

256

257 257

I. Die Verfügungsbefugnis als Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung 257 II. § 8 VZOG - Ein Fall des Art. 135 a Abs. 2 GG? III. Verhältnismäßigkeit B. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 3 Abs. 1 GG

265 267 271

I. Die Differenzierung nach privaten und öffentlichen Eigentümern (Berechtigte) 271 II. Verfügungen vor und nach dem Erlaß eines VZOG-Bescheides III. Eigentumsverluste vor und nach dem 3. 10. 1990

271 273

C. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 20 GG - verfassungsrechtliche Fragen der festgestellten Rückwirkung I. Rückwirkung II. Zulässigkeit III. Zwischenergebnis

273 273 275 277

16

nsverzeichnis

§ 6 Zusammenfassung

278

§ 7 Ausblick - Ein Auftrag an den Gesetzgeber

281

Anhang I II III

Synopse der gesetzlichen Regelungen der Verfügungsbefugnis

284

Synopse zu Art. 233 § 2 EGBGB

288

Zeitliche Geltung der Vorschriften über eine Verfügungsbefugnis nach dem VZOG und besondere Rückwirkungstatbestände 289

Literaturverzeichnis

290

Sachwortverzeichnis

300

Abkürzungsverzeichnis a.A.

anderer Ansicht

a. a. O.

am angegebenen Ort

a.E.

am Ende

a.F.

alte Fassung

abl.

ablehnen (d)

Abl.

Amtsblatt

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

Alt.

Alternative

Anh.

Anhang

Anm.

Anmerkung

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

BayOblG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BB

Der Betriebs-Berater

Bd.

Band

BezG

Bezirksgericht

BFH

Bundesfinanzhof

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen

BMI

Bundesministerium des Innern

BrbgOLG

Brandenburgisches Oberlandesgericht

BRD

Bundesrepublik Deutschland

BT-Drs.

Β undestagsdrucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BWNotZ

Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg

DB

Der Betrieb

DDR

Deutsche Demokratische Republik

ders.

derselbe

diff.

differenzierend

Diss.

Dissertation

2 Gohrke

Abkürzungsverzeichnis

18 DNotZ

Deutsche Notar-Zeitung

DtZ

Deutsch-Deutsche Rechtszeitschrift

DVB1

Deutsches Verwaltungsblatt

DVO

Durchführungsverordnung

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

Einf.

Einführung

Einl.

Einleitung

ErbbRVO

Verordnung über das Erbbaurecht

EV

Einigungsvertrag

EWiR

Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

F/R/M/N

Fieberg / Reichenbach / Messerschmidt / Neuhaus, Vermögensgesetz

GBA

Grundbuchamt

GBBerG

Grundbuchbereinigungsgesetz

GBl.

Gesetzblatt (der DDR)

GBO

Grundbuchordnung

GesO

Gesamtvollstreckungsordnung

GG

Grundgesetz

ggf. GmbHG

gegebenenfalls

GmbHR

GmbH- Rundschau

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GVB1.

Gesetz- und Verordnungsblatt

GVO

Grundstücksverkehrsordnung n.F.

GVVO

Grundstücksverkehrsordnung a.F.

h.M.

herrschende Meinung

HB

Halbband

HGB

Handelsgesetzbuch

Hrsg.

Herausgeber

HS

Halbsatz

insb.

insbesondere

i. S. d.

im Sinne des

InVorG

Investitionsvorrangesetz

InsO

Insolvenzordnung

Jura

Jura/Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

JW

Juristische Wochenschau

JZ

Juristen-Zeitung

Kap.

Kapitel

KG

Kammergericht

KVermG

Kommunalvermögensgesetz

KVG

Kommunal Verfassungsgesetz (KVerfG)

LG

Landgericht

LKV

Landes- und Kommunalverwaltung

Abkürzungsverzeichnis LM

19

Nachschlagewerk des Bundesgerichthofes in Zivilsachen, herausgegeben von Lindenmaier-Möhring

LWB

Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH- LWB

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

MittBayNot

Mitteilungen des Bayrischen Notarvereins

MüKo

Münchner Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

NJ

Neue Justiz

NJW

Neue Juritische Wochenschrift

NJW-RR

NJW-Rechtsprechungsreport -Zivilsachen

Nr.

Nummer

NuR

Natur und Recht

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

OLG

Oberlandesgericht

OLGE

Entscheidungen des BayObLG

OLG-NL

OLG-Rechtsprechung Neue Länder

OLGR

Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte

OVspez.

Offene Vermögensfragen speziai

PachtkreditG

Pachtkreditgesetz

R/ R/ Β

Radier / Raupach / Bezzenberger,

RegVBG

Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz

RG

Reichsgericht

RGRK

Reichsgerichtsräte-Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

RGV

Rechtsprechung und Gesetzgebung zur Regelung offener Vermögensfragen

RGZ

Sammlung der Reichsgericht-Rechtsprechung in Zivilsachen

Rn.

Randnummer

Rpfleger

Der Reutsche Rechtspfleger

RtrAO RVI

Rechtsträgeranordnung Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR

S.

Seite

SachRBerG

Sachenrechtsbereinigungsgesetz

SächsGemO

Sächsische Gemeindeordnung

SächsKAQ

Sächsisches Kommunalabgabengesetz

SchuldRAnpG

Schuldrechtsanpassungsgesetz

str.

streitig

s.o.

siehe oben

ThürOLG

Thüringisches Oberlandesgericht

ThürVBl

Thüringische Verwaltungsblätter

TreuhG

Treuhandgesetz

UmwG

Umwandlungsgesetz

Urt.

Urteil

2*

Abkürzungsverzeichnis

20 v.

vom

VEB

Volkseigener Betrieb

VermG

Vermögensgesetz

VermRAnpG

Vermögensrechtsanpassungsgesetz

VerwArch

Verwaltungsarchiv

VG

Verwaltungsgericht

Vgl. VIZ

vergleiche Zeitschrift für Vermögens- und Investitionsrecht

VO

Verordnung

Vorbem.

Vorbemerkungen

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz (Bund)

VZOG

Vermögenszuordnungsgesetz

WarnR

Warneyer, Die Rechtsprechung des Reichsgerichtes

WertV

Wertermittlungsverordnung

WM

Wertpapiermitteilungen

WoGen VermG

Wohngenossenschafts-Vermögensgesetz

WoModSiG

Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz

z.B.

zum Beispiel

ZAP-Ost

Zeitschrift für Anwaltspraxis- Ausgabe Ost

ZflR ZGB

Zeitschrift für Immobilienrecht Zivilgesetzbuch der DDR

ZGR ZHR

Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht

Ziff.

Ziffer

ZIP

Zeitschrift fürWirtschaftsrecht

zov

Zeitschrift für offene Vermögensfragen

Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht

Einleitung Α. Problemstellung und Ziel der Untersuchung Mit der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 vereinigten sich auch zwei völlig unterschiedliche Rechtssysteme. Besonders in der Frage nach der inhaltlichen Ausgestaltung des Eigentumsbegriff und der Personen, die Eigentümer sein sollten, waren unüberwindliche Gegensätze zu verzeichnen. Das in der DDR existierende „Eigentum des Volkes" erwuchs aus einer dem Grundgesetz fremden Rechtsauffassung. Was sollte mit diesem „Eigentum des Volkes" werden? Wem steht es nach dem Einigungsvertrag zu, d. h. wer ist heute der neue Eigentümer und wer ist also bei Grundeigentum ins neue Grundbuch einzutragen? Eine Vielzahl von Fragen hatte der Gesetzgeber in kürzester Zeit zu beantworten. Die wohl wesentlichste Antwort enthielt und enthält Art. 233 § 2 EGBGB. Seit dem Wirksam werden des Beitritts finden nach Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB auf bestehendes Eigentum die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung. Ein „Eigentum des Volkes" gibt es seit diesem Tage nicht mehr. Der Eigentumsbegriff ist inhaltlich mit dem des BGB und dem des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG festgeschrieben worden. Es kann seit dem nur noch Privateigentum geben, das natürlichen und juristischen Personen des privaten oder öffentlichen Rechtes zusteht. Die Frage, wem im einzelnen bisheriges Volkseigentum zusteht,richtetsich nach den Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums, vgl. Art. 233 § 2 Abs. 2 S. 4 EGBGB n.F. Die bedeutendsten Abwicklungsvorschriften bilden die Art. 21 ff. EV. Die Abwicklung erfolgte unter anderem durch eine neue Zuordnung von Privateigentum an Grundvermögen, d. h. durch die Zuordnung ehemaligen Volkseigentums an Grundstücken. Bereits vor der endgültigen und im Grundbuch nachvollziehbaren Abwicklung räumte das Vermögenszuordnungsgesetz in § 6 Abs. 1 VZOG a.F.(jetzt § 8 VZOG) bestimmten juristischen Personen eine Verfügungsbefugnis über Grundstücke ein, die im Grundbuch noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind. Die aufgrund dieser Befugnis getroffenen Verfügungen sollten als die eines Berechtigten gelten, § 6 Abs. 2 S. 2 VZOG a.F. Diese gesetzliche Verfügungsbefugnis soll nachfolgend auf Sinn und Umfang untersucht werden. Dabei wird insbesondere die Frage zu beantworten sein, ob die Verfügungsbefugnis auch private Grundstücke erfaßt, die wegen des Grundbucheintrages nur scheinbar volkseigen waren. Sollte diese Frage bejaht werden, müssen die Folgen derartiger Verfügungen und korrespondierende Ausgleichsansprüche der Beteiligten festgestellt werden.

22

Β. Aufbau und thematische Begrenzung der Arbeit

B. Aufbau und thematische Begrenzung der Arbeit Die Verfügungsbefugnis des VZOG ist eine Befugnis im Vorfeld einer endgültigen Zuordnung über Grundstücken zu verfügen, die nach dem Grundbucheintrag Eigentum des Volkes waren. Die eigentliche Zuordnung des ehemaligen Eigentum des Volkes findet in vielschichtiger Art und Weise statt. Die Untersuchung der Verfügungsbefugnis nach dem Vermögenzuordnungsgesetz soll deshalb in erster Linie anhand des zu Wohnzwecken verwendeten Eigentums nach Art. 22 Abs. 4 S. 1 EV erfolgen. Dieser Teilbereich des Volkseigentums ist in das Eigentum der Kommunen übergegangen und von diesen zur Privatisierung häufig aufgrund der Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 a) VZOG in eine kommunale Wohnungsgesellschaft eingebracht worden. In diesem Zusammenhang gibt es gesetzgeberische Aktivitäten und höchstrichterliche Rechtsprechung aufgrund der „Sondersituation der Leipziger Wohnungsund Baugesellschaft mbH - LWB". Diese kommunale Wohnungs-GmbH soll im besonderen Gegenstand der Untersuchung sein. An ihrem Beispiel sollen Besonderheiten der Privatisierung kommunaler Wohnungsbestände in den neuen Ländern dargestellt werden. Zu Beginn der Untersuchung sollen Gegenstand und Inhalt der Verfügungsbefugnis aus § 6 VZOG a.F. und seiner Folgeregelungen dargestellt werden. Die Entwicklung der Verfügungsbefugnis soll dabei von ihren historischen Wurzeln bis zur heutigen Fassung nachvollzogen werden. Auf diese Weise werden Entwicklungen von Gesetzgebung und Rechtsprechung verständlich. Zugleich wird die Auseinandersetzung mit Einzelfragen übersichtlicher, da insbesondere die Rechtsprechung aus sich heraus nur verständlich ist, wenn die jeweilige gesetzliche Fassung der Verfügungsbefugnis und ihre Vorgängervorschriften bereits bekannt sind. Im Rahmen der historisch aufgebauten Untersuchung werden sich die tatbestandlichen Voraussetzungen und die Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis herauskristallisieren. Besonderes Augenmerk verdienen der Gegenstand und der Inhalt der Befugnis zu verfügen, der Begriff der Verfügung im VZOG und das Verhältnis der Verfügungsbefugten gegenüber materiell Berechtigten und Restitutionsberechtigten. Im Anschluß sollen die bisher in Rechtsprechung und Literatur kaum behandelten Ausgleichsansprüche nach einer Verfügung aufgrund der Verfügungsbefugnis untersucht werden, nach deren Feststellung es zum Ende möglich sein wird, auf gewichtige verfassungsrechtliche Fragen einzugehen.

§ 1 Das Gesetz über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen (Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG) 1. Der Vertrag zwischen der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag (EV) - vom 31. August 1990 regelte unter anderem den Übergang des Volkseigentums der ehemaligen DDR. Innerhalb des Volkseigentums war aus bundesdeutscher Sicht eine Differenzierung vorzunehmen. Das DDR-Volkseigentum bestand nämlich nicht nur aus öffentlichem Staatsvermögen, sondern auch aus Vermögensgegenständen, die nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten der privaten Wirtschaft zuzuordnen sind. a) Für Betriebe, Kombinate und sonstige Wirtschaftseinheiten war deshalb die Privatisierung vorgesehen, um einen Übergang der DDR-Planwirtschaft in ein marktwirtschaftliches System zu ermöglichen. Die eigens dazu geschaffene Treuhandanstalt erhielt den diesbezüglichen Privatisierungsauftrag, vgl. § 1 Abs. 1 S. 1 TreuhG1. Der zu privatisierende Bereich des DDR-Volkseigentums wurde nach § 11 TreuhG in die Gesellschaftsformen der GmbH und AG überführt. Die eigentliche Privatisierung erfolgte im Anschluß durch Verkauf der zunächst der Treuhandanstalt zustehenden Geschäftsanteile an den neu geschaffenen Gesellschaften2. b) Neben diesem der Privatwirtschaft zuzuführenden Bereich gab es auch einen Bereich im Volkseigentum der DDR, der nach bundesdeutschen Kategorien dem öffentlichen Vermögen von Hoheitsträgern zuzuordnen war. In die Art. 21 und 22 EV wurden daher Regelungen zur Aufteilung des öffentlichen DDR-Vermögens aufgenommen. Mit diesen Regelungen und dem Wirksamwerden des Beitritts ging das DDR-Volkseigentum qua Gesetz auf die in Art. 21 und 22 EV im einzelnen benannten Körperschaften über3. Der Einigungsvertrag selbst enthielt damit die Bestimmungen über eine neue materielle Zuordnung des öffentlichen DDR-Vermögens4 auf Körperschaften des öffentlichen Rechtes des nunmehr vereinigten Deutschlands5. ι Vom 17. Juni 1990 (GBl. I S. 300). 2 Vgl. § 1 Abs. 4 TreuhG. 3 Becker LKV 1992, 209, 211; Lange DtZ 1991, 329, 331; Früh NJ 1992, 75; Messerschmidt VIZ 1993, 373; Schmidt LKV 1992, 154, 156; Schöneich VerwArch 84 (1993), 383, 389; Bundesministerium für Raumordnung, Bau- und Städtebau Infodienst Kommunal Nr. 31 v. 9. 8. 1991 = LKV 1992, 17 ff.; vgl. auch § 1 Abs. 1 VZOG.

24 § 1 Gesetz über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen

So wurde ζ. B. Vermögen, das unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient (Verwaltungsvermögen6) gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EV Bundesvermögen, soweit es nicht zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben der Länder, Gemeinden oder sonstiger Träger öffentlicher Verwaltung diente. Sonstiges Vermögen von Rechtsträgern der DDR, einschließlich des Grundvermögens und des Vermögens in der Land- und Forstwirtschaft, das nicht unmittelbar bestimmten Verwaltungsaufgaben dient (Finanzvermögen nach Art. 22 EV), unterlag seit dem Wirksamwerden des Beitrittes der Treuhandverwaltung des Bundes. Durch Bundesgesetz sollten der Bund und die neuen Länder jeweils die Hälfte des (Finanz-) Vermögensgesamtwertes erhalten. Eine wichtige und hier näher zu betrachtende Ausnahme machte Art. 22 Abs. 4 S. 1 EV hinsichtlich solchen Vermögens, das zur Wohnungsversorgung genutzt wird und sich zur Zeit des Beitritts in der Rechtsträgerschaft der volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft befindet 7. Artikel 22 Abs. 4 Satz 3 bestimmt, daß dieses Vermögen mit Wirksamwerden des Beitritts unter gleichzeitiger Übernahme anteiliger Schulden in das Eigentum der Kommunen übergeht8. Die materielle Zuordnung nach den Bestimmungen des Einigungsvertrages knüpfte damit an inhaltliche Kriterien 9, wie die Zugehörigkeit zu Verwaltungsbzw. Finanzvermögen oder die Nutzung zur Wohnungsversorgung, an, die nicht offensichtlich und im Einzelfall auch nur schwer nachweisbar waren10. Besonders bei Grundeigentum war aus dem Grundbuch der neue (nach den Art. 21 und 22 EV) Eigentümer nicht ersichtlich. Mit dem Beitritt wurde der häufige Grundbucheintrag „Eigentum des Volkes, Rechtsträger xx" inhaltsleer. Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB bestimmt, daß seit dem Beitritt nur noch Eigentum im Sinne des BGB besteht, mithin Privateigentum11. Nach der Konzeption des 4 Försterling, Recht der offenen Vermögensfragen, 1993, S. 5 Rn. 9; soweit nicht bereits eine Verteilung nach dem weitergeltenden Kommunalverfassungsgesetz der DDR erfolgte, die der EV nur noch bestätigt hat, vgl. Becker LKV 1992,209,211. 5 Diese Regelungen wurden ergänzt durch das Kommunalvermögensgesetz und dem Treuhandgesetz einschließlich seiner Durchführungsverordnungen. 6 Zum Begriff vgl. BGH NJW 1995, 1493. 7

Vgl. im einzelnen Schmidt-Habersack in Kimme, Art. 22 EV, Rn. 37 ff. s Schöneich VerwArch 84 (1993), 383, 387; BGH NJ 1997, 255; siehe dazu auch BVerwG ZOV 1994, 505, 506 mit dem Hinweis auf Art. 135 a Abs. 2 GG. 9 Schöneich in König/Schuppert/Heimann, Vermögenszuordnung, 1994, S. 313 spricht insoweit von einem „Buch mit 7 Siegeln". Albrecht, Der Einigungsvertrag in der Praxis des Grundstücksrechts, 1991, S. 15 beschreibt ein großes Erstaunen, als die komplizierten Bestimmungen der Art. 21 und 22 EV bekannt wurden, die die entsprechenden Vorschriften des KVG ablösten. 10 Schmidt-Räntsch ZIP 1991, 973; Försterling S. 82 Rn. 211; Albrecht VIZ 1991, 88; Lipps VIZ 1992, 14 Früh NJ 1992, 75; Böhringer ZAP-Ost, Fach 7 S. 156; Teige/Rauch VIZ 1997,622. " BT-Drs. 11/7871 S. 40 zu Art. 233 § 2 EGBGB.

§ 1 Gesetz über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen

BGB kann Eigentümer nur sein, wer rechtsfähig ist, d. h. wer Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Das „Volk" (ost- oder gesamtdeutsch) als solches erfüllt diese Voraussetzung nicht12. Demgemäß bestimmte Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB a.F.13, daß die Frage, wem das neue Privateigentum aus dem ehemaligen Volkseigentum zusteht, sich nach den Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums richtet14. Für den nach diesen Abwicklungsbestimmungen neuen Eigentümer galt es, so schnell als möglich ins Grundbuch eingetragen zu werden. Die rasche Ermöglichung der dringend benötigten Investitionen forderte, daß Grundstücke veräußert, beliehen, verpachtet oder vermietet werden konnten15. Derartige Verträge würde ein Investor aber nur mit einem aus dem Grundbuch legitimierten Eigentümer schließen. Insbesondere die Stellung von Sicherheiten in Form von Grundpfandrechten setzte voraus, daß der neue Eigentümer vor der Bewilligung von Sicherheiten ins Grundbuch eingetragen wird 16 . Um als neuer Eigentümer eine Eintragung im Grundbuch zu erreichen, bedurfte es aber der Bewilligung des Voreingetragenen nach § 19 GBO oder des Nachweises der Unrichtigkeit des Grundbuches nach § 22 Abs. 1 GBO. Mit dem ersatzlosen Wegfall der DDR und seiner im Grundbuch eingetragenen Rechtsträger war eine Bewilligung nach § 19 GBO ausgeschlossen17. Damit verblieb nur die Möglichkeit des Nachweises der Unrichtigkeit. Die Unrichtigkeit der Eintragung „Eigentum des Volkes" ergab sich bereits aus dem Untergang dieses Rechtsinstitutes mit der Zugrundelegung des Eigentumsbegriffes des BGB 18 . Eines Nachweises hätte es insoweit nicht bedurft. Das Problem bestand aber darin, festzustellen, wer der neue Rechtsinhaber (des zugleich inhaltlich geänderten Rechtes), wer also der neue Eigentümer ist. Der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuches mußte, wenn ein bestimmter neuer Eigentümer eingetragen werden sollte, den Inhalt eines neuen Grundbucheintrages vollständig umfassen. Es war also auch der Nachweis zu führen, wer der neue Eigentümer ist. Der Nachweis einer Grundbuchunrichtigkeit kann gemäß § 29 Abs. 1 GBO nur durch Vorlage öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden geführt werden. Solche Urkunden über die Zugehörigkeit eines Vermögensgegenstandes zu den in Art. 21 und 22 EV zugeordneten Vermögensmassen und des gesetzlichen Über-

12

Vgl. Harm Peter Westermann, S. 55 f. 13 Vgl. Synopse im Anhang II. 14 Kinkel ZGR 1991, 1,9.

Die Altschulden aus dem volkseigenen Wohnungsbau,

15 Schmidt-Räntsch ZIP 1991, 973. 16 Butzer DtZ 1992, 256, 266; Arbeitshilfe des Gesamtverbandes für Wohnungswirtschaft, S. 166. 17 Försterling, Recht der offenen Vermögensfragen, S. 82 Rn. 211. 18

Vgl. auch Art. 8 Einigungsvertrag.

26 § 1 Gesetz über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen

gangs auf eine bestimmte Person, nämlich den neuen Eigentümer, gab es praktisch nicht19. Die Grundbuchämter hätten somit keine der materiell zuordnungsberechtigten Körperschaften als neue Eigentümer eintragen können, obwohl der Einigungsvertrag außerhalb des Grundbuches zu einem unmittelbaren, gesetzlichen Eigentumsübergang geführt hatte. Um dennoch eintragen zu können, forderten die Grundbuchämter jeweils die Zustimmung aller möglichen Zuordnungsberechtigten (Prätendenten), d. h. aller Körperschaften, die nach dem Einigungsvertrag neuer Eigentümer sein könnten20. Diese Verfahrensweise war äußerst langwierig. Dem Drängen der neuen Eigentümer auf rasche Eintragung konnte so nicht entsprochen werden. Es schien, als würde der grundbuchmäßige Vollzug der Eigentumszuordnung nach den Art. 21 und 22 EV ein entscheidendes Investitionshemmnis werden21. 2. Die Lösung sollte durch die Einführung 22 eines Zuordnungsverfahrens nach dem Gesetz zur Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen (Vermögenszuordnungsgesetz - VZOG) 23 erfolgen. Das VZOG sollte ein Verfahren einführen, mit dessen Hilfe die Feststellung der neuen Eigentumszuordnung in grundbuchvollzugsfähiger Form erfolgen kann. Die zuständigen Zuordnungsbehörden nach § 1 VZOG sollten in einem eigenen Verfahren die neue Zuordnung von Vermögensgegenständen, insb. von Grundstücken, ermitteln. Das Verfahren sollte nach § 1 Abs. 6 VZOG durch einen Antrag und später auch von Amts wegen eingeleitet werden können. Antragsberechtigt sollten die möglichen Berechtigten sein, d. h. alle Körperschaften, denen nach Art. 21 und 22 EV ein Teil des DDR- Volkseigentums zugeordnet wurde. Das Verfahren endet grundsätzlich mit einem Feststellungsbescheid nach § 2 VZOG. Durch ihn soll deklaratorisch das Eigentum der berechtigten, öffentlichen Körperschaft festgestellt werden24. Der Bescheid ist für alle Beteiligten bindend25. Er ergeht stets vorbehaltlich 19

Jantsch in Albrecht, Der Einigungsvertrag in der Praxis des Grundstücksrechts, S. 29 berichtet 1991: „Überhaupt ist zu sagen, daß die in den Art. 21 und 22 des Einigungsvertrages nur grundsätzlich geregelten Eigentumsfragen, insbesondere im Grundstücksverkehr, nahezu zu einer Stillegung auf dem Gebiet der Veräußerung sog. volkseigener Grundstücke geführt haben ... Es ist nicht feststellbar, wer materieller Eigentümer eines Grundstückes geworden ist."; vgl. auch Schmidt-Räntsch ZIP 1991, 973. 20 Schmidt-Räntsch DtZ 1991, 168, 170. 21

Bange in König/Schuppert/Heimann, Vermögenszuordnung, 1994, S. 66; Frenz VIZ 1993,40,44. 22 Art. 7 des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (Hemmnisbeseitigungsgesetz) v. 22. März 1991-BGBl. 1991 I, S. 766 23 In der Fassung vom 29. März 1994 (vgl. Anhang I). » BT-Drs. 12/103 S. 56 und 58; OLG Dresden Urt. v. 5. 1. 1994-5 U 166/93 = VIZ 1994,488 mit der Parallele zur Legitimation aus einem Erbschein. 2 5 Vgl. § 2 Abs. 3 VZOG.

§ 1 Gesetz über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen

des Eigentums, der Rechtsinhaberschaft oder sonstiger privater Rechter Dritter oder im einzelnen bezeichneter Beteiligter an dem Vermögensgegenstand, § 2 Abs. 1 Satz 5 VZOG. Außerdem bleibt das Vermögensgesetz26 gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 VZOG unberührt. Das Zuordnungverfahren nach dem VZOG findet also ungeachtet des Bestehens private Restitutionsansprüche statt. Entscheidend sollte dabei die Bindungswirkung eines bestandskräftigen Bescheides gegenüber dem Grundbuchamt sein. Die Zuordnungsbehörde27 ersucht nämlich unter Vorlage des Zuordnungsbescheides das Grundbuchamt um Eintragung des darin festgestellten neuen Eigentümers des ehemals volkseigenen Grundstückes. Das Grundbuchamt ist an die Feststellungen des Zuordnungsverfahrens gebunden. Die Berechtigung des aus dem Bescheid hervorgehenden Eigentümers ist nicht mehr zu prüfen, § 3 Abs. 2 VZOG. Der Zuordnungsbescheid ersetzt damit die nicht beizubringenden, öffentlichen Urkunden, die nach § 29 GBO für eine Grundbuchänderung notwendig gewesen wären. Mit der Eintragung des festgestellten Berechtigten als Eigentümer im Grundbuch entspricht die Buchlage regelmäßig der materiellen Zuordnungs- und neuen Eigentumslage nach den Art. 21 und 22 EV. Die Eigentumslage ist geklärt, das Volkseigentum i. S. d. Art. 233 § 2 EGBGB abgewickelt. Erst jetzt kann die eingetragene Körperschaft das betreffende Grundstück veräußern, belasten etc. Privaten Investitionen stünde nichts mehr im Wege.

26 V. 23. 9. 90 (BGBl. II, S. 889, 1159). 27 Vgl. § 1 VZOG - Präsident der Treuhand (Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben) oder Oberfinanzpräsident.

§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang Die Frage nach Sinn und Umfang der Verfügungsbefugnis aus dem VZOG wird seit der Erstfassung des § 6 VZOG, später § 8 VZOG, kontrovers diskutiert. Allein aus der Situation, die zur Einführung der Verfügungsbefugnis führte, kann die Befugnis inhaltlich erklärt werden. So sind viele Argumente für die eine oder andere Auslegung bzw. für das Verständnis der Verfügungsbefugnis historisch gewachsen. Die vorhandene Rechtsprechung zur derzeit geltenden Fassungen des VZOG ist deshalb nur mit der Kenntnis der Vorgängerregelung verständlich bzw. verständlicher. Nicht zuletzt wegen der in neuerer Zeit aufkommenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Verfügungsbefugnis nach dem Verständnis des Gesetzgebers wird es notwendig, die historische Entwicklung der Verfügungsbefugnis nachzuvollziehen und die Stellungnahmen von Rechtsprechung und Literatur zu den jeweils geltenden Fassungen des VZOG darzulegen. Auf diese Weise werden auch gesetzgeberische Änderungen und Klarstellungsversuche und die Reaktionen hierauf erklärlich. Zur besseren Übersicht sind alle bisherigen Fassungen der Verfügungsbefugnis im Anhang I (Synopse) abgedruckt.

A. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.1 I . Erstfassung Bereits die erste Fassung des VZOG enthielt in § 6 eine sog. Verfügungsbefugnis in Bezug auf Vermögen, das für die Wohnungswirtschaft genutzt wurde.

§ 6 Absatz 1 a) VZOG a.F. bestimmte: „Zur Verfügung über Grundstücke und Gebäude, die im Grundbuch noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, befugt: a) die Gemeinden, Städte und Landkreise, wenn sie selbst oder ihre Org oder ehemaligen volkseigenen Betriebe der WohnungsWirtschaft im Zeitpunk Verfügung als Rechtsträger des betroffenen Grundstückes eingetragen sind, .

1 In der Fassung des Art. 7 des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (1. VermRÄndG) v. 22. März 1991 - BGBl. 1991 I, S. 766; geändert durch Art. 9 des Gesetzes zur Änderung des Vermögensgesetzes und anderer Vorschriften (2. VermRÄndG) v. 14. Juli 1992 - BGBl. 1992 I, S. 1257 und der Neufassung des VZOG v. 3. August 1992 - BGBl. 19921, S. 1464.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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Darüber hinaus traf der bis heute unveränderte Abs. 2 folgende Regelung: „Die Verfügungsbefugnis des Eigentümers oder treuhänderischen Verwalters des fenen Grundstückes oder Gebäudes sowie Rechte Dritter bleiben unberührt. Grund der Verfügungsermächtigung nach Absatz 1 vorgenommene Rechtsgesch gelten als Verfügungen des Berechtigten. " 2.

I I . Ausgangslage Die Einführung des VZOG war durch die unüberwindlichen Schwierigkeiten des Grundbuchvollzuges bezüglich der Eigentumszuordnung nach dem Einigungsvertrag notwendig geworden. Damit war zugleich klar, daß grundsätzlich für jeden Gegenstand des ehemaligen Volkseigentums ein Zuordnungsverfahren stattfinden muß, da sich die materielle Berechtigung nur durch einen Feststellungsbescheid würde nachweisen lassen3. In Anbetracht der Fülle von solchen Gegenständen war mit einer nicht unerheblichen Zahl von Verfahren und einer korrespondierenden Verfahrensdauer zu rechnen. Um aber die „blühenden Landschaften" durch Investitionen Realität werden zu lassen, mußte ein sofortiges Handeln ermöglicht werden4 Aus diesem Grunde wurde der ursprüngliche Gesetzesentwurf zum VZOG nach einer Anhörung des Rechtsausschusses des deutschen Bundestages um eine Regelung der Verfügungsbefugnis ergänzt5. Investitionen in den neuen Ländern konnten nur gefördert werden, wenn bereits jetzt, d. h. vor dem Abschluß des Zuordnungsverfahrens nach dem VZOG, mithin vor Erlaß eines Zuordnungsbescheides, über ehemals volkseigenes (Grund-)Vermögen verfügt werden kann. Über einen Vermögensgegenstand kann im Grunde aber nur der Eigentümer oder eine von ihm ermächtigte Person verfügen. Damit wäre man aber wieder am Ausgangspunkt der Überlegungen gewesen, die zur Einführung des VZOG geführt haben. Es bestand ja gerade die Schwierigkeit, den neuen Eigentümer festzustellen.

I I I . Die Idee und Funktionsweise der Verfügungsbefugnis Der Rechtsausschuß des Bundestages empfahl als Ausweg eine neben das zugeordnete Eigentum tretende Verfügungsbefugnis für die Stellen einzuführen, die 2

Vgl. auch Synopse im Anhang I. 3 Schmidt-Räntsch ZIP 1991, 973,977. 4 Schmidt-Räntsch ZIP 1991, 973,977. 5 Bericht des Rechtsausschusses BT-Drs. 12/449 v. 29. 04. 1991, zu § 4 b - neu, S. 18.

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

Hauptanlaufstelle für potentielle Investoren sind6, mithin für Gemeinden, Städte, Kreise und Länder. Welche dieser Körperschaften sollte aber für ein konkretes Grundstück verfügungsbefugt werden, so daß für einen Investor und möglichen Erwerber des Grundstückes deren Berechtigung zweifelsfrei feststeht? Einziger Anknüpfungspunkt war zu dieser Zeit die aus DDR-Zeiten stammende Grundbucheintragung: „Eigentum des Volkes" verbunden mit dem Eintrag: „Rechtsträger: Rat der Gemeinde x" oder „Rechtsträger: VEB Gebäudewirtschaft x". An diesen Eintrag knüpfte § 6 VZOG a.F. daher die Befugnis über das betroffene Grundstück zu verfügen. Verfügungsbefugt sollte die Körperschaft sein, die selbst, deren Organe (Rat der Gemeinde, der Stadt, des Kreises und des Bezirkes) oder deren ehemals volkseigener Betrieb der Wohnungswirtschaft im Zeitpunkt der Verfügung als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist. Eine auf die Verfügungsbefugnis gestützte Verfügung sollte zugleich als Verfügung eines Berechtigten gelten, § 6 Abs. 2 S. 2 VZOG a.F. Die verfügungsbefugten Körperschaften konnten sich daher aus dem Zusammenspiel von Grundbucheintrag und Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 VZOG a.F. als Berechtigte legitimieren. Der Weg für eine sofortige Verkaufstätigkeit war eröffnet 7. Für einen Investor und Erwerber eines laut Grundbucheintrag ehemals volkseigenen Grundstückes war die Person eines berechtigten Veräußeres konkret bestimmbar. Für das zuständige Grundbuchamt sollte es analog § 40 GBO nicht auf die Voreintragung des Verfügungsbefugten ankommen8. Damit konnte eine Bewilligung zur Grundbuchänderung durch den nicht voreingetragenen Verfügungsbefugten nach § 19 GBO erfolgen. Der grundbuchmäßige Vollzug einer Privatisierung wurde möglich. Einer sich aus dem Grundbucheintrag ergebenden Verfügungsbefugnis bedarf es nicht mehr, wenn später durch ein bestandskräftig beendetes Feststellungsverfahren nach dem VZOG der neue Eigentümer ermittelt ist. Mit dem feststellenden Bescheid kann die begünstigte Körperschaft nach § 3 VZOG die Berichtigung des Grundbuches erreichen. Ist diese dann erst einmal erfolgt, können Verfügungen dieser Kommune nach den allgemeinen Regeln der Grundbuchordnung grundbuchmäßig vollzogen werden. Aus diesem Grunde bestimmte bereits § 6 Abs. 3 VZOG a.F., daß die Verfügungsbefugnis nach Absatz 1 mit einem bestandskräftigen Feststellungsbescheid nach den §§ 2, 4 und 7 VZOG und der Vorlage desselben nebst Bestandskraftzeugnis beim Grundbuchamt endet. Bis dahin galten alle Verfügungen der Verfügungsbefugten als die des Berechtigten. 6 Bericht des Rechtsausschusses BT-Drs. 12/449 v. 29. 04. 1991, zu § 4 b - neu, S. 18. 7 Dies war das vorrangige Ziel, welches mit der Einführung einer Verfügungsbefugnis verbunden war, vgl. Bericht des Rechtsausschusses BT-Drs. 12/449 v. 29. 04. 1991, zu § 4 b neu, S. 18. β Schmidt-Räntsch ZIP 1991, 973, 978; Böhringer BWNotZ 1993, 78, 80; ders. MittBayNot 1994, 18, 20.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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Teilweise grundbuchmäßig unvollzogene Verfügungen wurden dem Schutz des § 878 BGB unterstellt, vgl. § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG a.F.

IV. Einzelfragen 1. Zweck der Verfügungsbefugnis Es soll eingangs der Einzelfragen nochmals ausdrücklich festgehalten werden, welchen Zweck der Gesetzgeber mit der Einführung einer Verfügungsbefugnis verfolgte. Die Verfügungsbefugnis soll Verfügungen über Vermögen, das ausweislich des Grundbuches ehemaligen DDR-Vermögens darstellt, bereits in der Zeit bis zur Feststellung der materiellen Zuordnung durch einen Feststellungsbescheid ermöglichen. Sie dient der Verhinderung einer „investitionslosen Etappe"9 durch die Überbrückung der Dauer des Feststellungsverfahrens.

2. Verfügungsbefugte Verfügungsbefugt waren und sind die in § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. genannten Körperschaften des öffentlichen Rechtes, nämlich Gemeinden, Städte und Landkreise, soweit sie selbst oder ein ihnen zuzuordnender Rechtsträger im Grundbuch eingetragen ist 10 . Mit den zuzuordnenden Rechtsträgern sind die ehemals volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft (Kommunale Wohnungsverwaltung KWV und VEB Gebäudewirtschaft) gemeint. Diese Betriebe waren in der DDR der Leitung und Kontrolle durch die kommunalen Räte (Rat der Stadt oder des Bezirkes) unterworfen. Man bezeichnet sie auch als kommunal unterstellte Betriebe 11 . Der § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. knüpfte an die Eintragung von Eigentum des Volkes und der Rechtsträgerschaft eines ehemaligen volkseigenen Betriebes der Wohnungswirtschaft an. Die Eintragung der Rechtsträgerschaft eines solchen Betriebes hat auch Art. 22 Abs. 4 S. 1 EVals Anknüpfungspunkt gewählt, um das Vermögen, das den Kommunen zugeordnet werden soll (Wohnungsvermögen12), zu bestimmen. 9 Gohrke ZOV 1997, 224, 227. 10

Auf die späteren Änderungen wird nachfolgend und im Anhang I eingegangen. Schillo NJ 1991, 290 mit dem Hinweis auf die Definition der „Unterstellung" im Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen in der DDR (GBl. I Nr. 18 S. 213). 12 Zum Begriff des Wohnvermögens als besonderes kommunales Finanzvermögen vgl. Eckert, Öffentliches Vermögen der ehemaligen DDR und Einigungsvertrag, 1994, S. 192 ff.; Trendelenburg in König/Schuppert/Heimann, Vermögenszuordnung, S. 108; zur Besonder11

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

Verfügungsbefugt ist, wer selbst oder wessen Betrieb als „Rechtsträger" im Grundbuch eingetragen ist. Dies wäre eine Selbstverständlichkeit, wenn mit dem Rechtsträger der Rechtsinhaber, also der Eigentümer gemeint ist. Daß nämlich dem Eigentümer einer Sache eine Verfügungsbefugnis über seine Sache zusteht, ist klar und ergibt sich aus § 903 BGB. Der DDR-Begriff des Rechtsträgers hat mit dem Rechtsinhaber nicht viel gemein. Während letztgenannter die Inhaberschaft eines Rechtes, insbesondere des Vollrechtes „Eigentum", umschreibt, ist der Begriff des Rechtsträgers ein Ausdruck für eine tatsächliche und rechtliche Verwaltungsbefugnis, aber nicht für ein dingliches Recht13. Die Einführung von Rechtsträgern wurde notwendig, weil das Eigentum an dem betreffenden Grundstück dem Volke in seiner Gesamtheit zustehen sollte. Das gesamte Volk kann aber die Bewirtschaftung und Verwaltung nicht bewerkstelligen. Es wurden deshalb vom Eigentümer (Volk) über dessen Organe (ζ. B. Rat des Kreises der Belegenheitsgemeinde14) ein Verwalter (Rechtsträger) eingesetzt. So war es möglich, daß die Rechtsträger ausgetauscht werden konnten, ohne daß die Eigentümerstellung des Volkes berührt wurde. Die Eintragung einer Rechtsträgerschaft hatte demgemäß für die Eigentumslage keine Bedeutung.

3. Gegenstand der Verfügungsbefugnis: Wahres Volkseigentum? Eine bis heute äußerst streitige Frage ist, welche Vermögensgegenstände von der Verfügungsbefugnis des VZOG umfaßt sind. Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut des § 6 Abs. 1 VZOG a.F., der insoweit bis heute unverändert ist. Danach wird den Verfügungsbefugten „über Grundstücke und Gebäude, die im Grundbuch noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind" die Verfügungsbefugnis eingeräumt. Dieser Wortlaut läßt keinen Zweifel daran, daß maßgeblich auf die genannte Eintragung abzuheben ist. Die Regelung läßt eine inhaltliche Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal des „Eigentum des Volkes" nicht zu. Es wird allein der in der DDR verwendete Text der Grundbucheintragung wiedergegeben. Die Verfügungsbefugnis wählte, wie ausgeführt, mit dem Grundbucheintrag den einzig verfügbaren und grundbuchklaren Anknüpfungspunkt. Der Verfügungsgegenstand wird also durch 2 Tatbestandsmerkmale definiert. Zum einen muß es sich um ein Grundstück oder Gebäude handeln. Zum anderen muß für diesen betroffenen Vermögensgegenstand die Eintragung im Grundbuch heit des Art. 22 Abs. 4 S. 2 EV vgl. Büteröwe, Vermögenszuordnung für kommunale Verwaltungsaufgaben in den neuen Bundesländern, 1996, S. 100 ff. 13 Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 5, S. 16, vgl. auch §§ 19, 20 ZGB. 14 § 14 RtrAO vom 21. August 1956, GBl. I, S. 702 und vom 7. Juli 1969 GBl. II, S. 433.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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lauten: „Eigentum des Volkes". Darüber hinausgehende, inhaltliche Kriterien enthielt § 6 Abs. 1 VZOG a.F. nicht. Daraus ergeben sich für die Umschreibung des Gegenstandes einer Verfügungsbefugnis in diesem Sinne folgenden Konsequenzen.

a) Verfügungen über „ wahres Volkseigentum " zu Lasten der wahren öffentlichen Eigentümer (Zuordnungsberechtigter) unabhängig von der Art des zuordnungsfähigen Vermögens Die Verfügungsbefugnis bestand und besteht für die in § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. genannten Körperschaften unabhängig davon, ob diese Körperschaften zugleich die materielle (neuen) Eigentümer gemäß der Zuordnung nach Art. 21 und 22 EV geworden sind. Die verfügungsbefugten Körperschaften müssen nicht auch die Zuordnungsberechtigten sein15. Es ist für die Verfügungsbefugnis also irrelevant, zu welcher Art. von ehemaligem DDR-Vermögen (Finanz-, Verwaltungs- oder Wohnvermögen) ein Grundstück oder Gebäude gehört. Damit eröffnet die Verfügungsbefugnis die Möglichkeit, über das Eigentum anderer, nach dem EV zuordnungsberechtigter Körperschaften zu verfügen. Mit anderen Worten, bereits die Verfügungsbefugnis des § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. beinhaltete die Rechtsmacht über fremdes, öffentliches Vermögen, welches zuvor Eigentum des Volkes war, wirksam zu verfügen. Die materielle Zuordnungslage nach dem Einigungsvertrag ist unbeachtlich. Nur so konnte die Verfügungsbefugnis ihre Wirkung entfalten. Sie sollte gerade den Zeitraum überbrükken, in dem niemand in der Lage ist, die durch den Einigungsvertrag geschaffene Rechtslage nachzuweisen. Ware aber diese Eigentumslage für die Verfügungbefugnis maßgeblich gewesen, so wäre die Vorschrift des § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. leergelaufen. Allein die Ablösung von inhaltlichen Kriterien machte die Verfügungsbefugnis zu einem tauglichen Übergangsmittel. Daß fremdes öffentliches Eigentum überwunden werden können soll, ergibt sich insbesondere aus § 6 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 VZOG a.F (später § 8 VZOG). Danach gilt die Verfügung eines nach Absatz 1 Verfügungsbefugten als die eines Berechtigten. Der nach der Feststellung der materiellen Zuordnung ermittelte neue Eigentümer (Berechtigter) soll nach einer Verfügung aufgrund der Verfügungsbefugnis statt seines Eigentums den Veräußerungserlös, mindestens aber den Verkehrswert erhalten. Der materiell Berechtigte wird auf ein Surrogat verwiesen, daß ihm für den Eigentumsverlust zufließt.

15 Allg. Auffassung: BT-Drs. 12/555 S. 167; Böhringer MittBayNot 1991, 189; SchmidtRäntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 6.13, S. 78, Dicke in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 8 VZOG, Rn 17; Leitschuh/ Lange in Rädler/ Raupach / Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR; § 8 VZOG Rn. 9. 3 Gohrke

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

Es ist somit festzuhalten, daß bereits die Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 a) VZOG durch eine formale Anknüpfung an den Grundbucheintrag „Eigentum des Volkes" unabhängig von der materiellen Zuordnungslage bestand16 und deshalb Verfügungen zu Lasten öffentlichen Eigentümer zuließ. Diese Verfügungsbefugnis beinhaltete eine Rechtsmacht zur Überwindung fehlenden öffentlichen Eigentums.

b) Verfügungen über „ scheinbares Volkseigentum " zu Lasten der wahren, privaten Eigentümer unabhängig von der Eigentumslage Aus der soeben gewonnenen Schlußfolgerung ergibt sich eine weitere bis heute unverändert streitige Frage. Wenn die neue, materielle Eigentumslage nach dem Einigungsvertrag für das Bestehen der Verfügungsbefugnis unbeachtlich ist, ist dann zumindest das Bestehen von ehemaligem, materiellem Eigentum des Volkes notwendig? Oder anders gefragt: Besteht eine Verfügungsbefugnis nur für zuordnungsfähiges, öffentliches Eigentum im Sinne der Art. 21 und 22 EV? Diese Frage stellt sich nach dem Wortlaut des § 6 Absatz 1 Satz 1 VZOG a.F. zunächst nicht. Sie ist aber durchaus berechtigt, wenn man folgende Überlegungen anstellt. Das Vermögenszuordnungsgesetz wurde geschaffen, um die Zuordnung des ehemaligen DDR-Vermögens in grundbuchmäßiger Form zu ermöglichen. Die nach inhaltlichen Kriterien per Gesetz vorgenommene Eigentumszuordnung sollte deklaratorisch festgestellt werden. Die neuen Eigentümer sollten mit dem Feststellungsbescheid eine öffentliche Urkunde über ihr Eigentum erhalten, die die Änderung des Grundbuches ermöglicht. Die Funktion des Feststellungsverfahrens nach dem VZOG erschöpft sich also in der Erleichterung der grundbuchmäßigen Vollziehung der bereits stattgefundenen Eigentumszuordnung des ehemaligen Eigentums des Volkes17. Dagegen unterliegt das private Eigentum keiner Vermögenszuordnung nach dem Einigungsvertrag. Es kann daher auch nicht Gegenstand eines Verfahrens nach dem VZOG sein. Die Verteilung von DDR-Vermögen innerhalb der öffentlichen Hand vollzieht sich nach dem Verteilungsschlüssel der Art. 21 und 22 EV. Privates Eigentum kann und soll nicht einer neuen Zuordnung unterliegen. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F. soll deshalb nach verbreiteter Auffassung ihrerseits nur in dem abgesteckten Rahmen der möglichen Zuordnungen den Zeitraum überbrücken, bis das Feststellungsverfahren beendet ist. Demzufolge können auch nur solche Grundstücke und Gebäude einer Verfügungsbefugnis unterfallen, die früheres Eigentum des Volkes (wahres Volkseigentum) waren und damit zuordnungsfähigen Eigentum sind. 16

Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 6.13, S. 78. π OLG Dresden Beschluß v. 25. 7. 1996-7 W 0536/96 = VIZ 1996,732 ff.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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Dem ist insoweit zuzustimmen, als der Sinn des Verfahrens nach dem VZOG tatsächlich allein darin bestand, die neue Verteilung des ehemaligen Volkseigentums in grundbuchtauglicher Form nachzuweisen. Eine Besonderheit besteht aber für die vorläufige, d. h. vor Erlaß eines Feststellungsbescheides, Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F. Dem Gesetzgeber war bereits bei Einführung des VZOG bewußt, daß auch dieses Feststellungsverfahren eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird. Es galt aber eine sofortige Verfügbarkeit des Grundbesitzes in den neuen Ländern herzustellen. Die Verkaufs- und Belastungsmöglichkeit für solche Grundstücke war zwingende Voraussetzung für private, wie auch Investitionen der öffentlichen Hand. Es gab demnach die logische Erkenntnis, daß ein Zuwarten bis zur Feststellung des tatsächlichen Eigentümers eines Grundstückes nicht möglich ist. Die Verfügung über ein Grundstück zuzulassen, dessen Eigentümer nicht bekannt ist, heißt aber, sich von der materiellen Eigentumslage zu lösen und allein auf einen deskriptiven Grundbucheintrag abzustellen. Damit ist aber auch klar, daß eine Differenzierung nach der Person des wahren, tatsächlichen Eigentümers ausscheidet. Ein Kriterium, das niemand überprüfen kann, ist inhaltsleer und untauglich. Besonders klar wird dies, wenn man sich in die Lage eines Erwerbers versetzt. Für einen Erwerber und Investor kommt nur ein Erwerb vom wahren Berechtigten in Betracht, wenn man dem Risiko des Baus auf fremden Boden entgehen will. Den Berechtigten anhand des Grundbuches zu bestimmen ist wegen der Eintragung „Eigentum des Volkes" nicht möglich. Die inhaltlichen Kriterien der neuen Zuordnung nach dem Einigungsvertrag können außerdem nicht mit ausreichender Sicherheit und auch nicht in grundbuchtauglicher Form nachgewiesen werden. Ja selbst die Frage, ob denn der Grundbucheintrag „Eigentum des Volkes" die materielle Rechtslage aus DDR-Zeiten zutreffend wiedergibt, kann der Erwerber nicht beantworten. Diese typische Schwierigkeit überwindet im allgemeinen die Vermutung des § 891 BGB, wonach für jemanden, der im Grundbuch eingetragen ist, die Vermutung streitet, daß ihm das eingetragene Recht auch zusteht. Diese Vermutung hilft vorliegend nicht. Mit dem Wirksamwerden des Einigungsvertrages ist der eingetragene ,jemand" außerhalb des Grundbuches, nämlich durch den Einigungsvertrag, als. tauglicher Rechtsträger untergegangen18. Und selbst wenn dies wegen der Unrichtigkeit der Eintragung nicht der Fall war, weil es sich tatsächlich um privates Eigentum (scheinbares Volkseigentum) handelt, so ist doch die Person des wahren Eigentümers unbekannt. Die Folge der Nichtbestimmbarkeit des Eigentümers wäre die Unmöglichkeit irgendwelcher Verfügungen über das betroffene Grundstück. Erst die durch Feststellungsbescheid ausgewiesenen Eigentümer ehemals volkseigenen und auch nur scheinbar volkseigener Grundstücke hätte in « Siehe dazu unten § 2 Α. IV. 3. cc) (1). 3*

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

solche Anwesen investiert werden können, wobei nicht außer Acht gelassen werden darf, daß selbst ein Feststellungsbescheid den neuen Eigentümer nicht mit Sicherheit feststellt 19. Seine Feststellungen ergehen nämlich gemäß § 2 Abs. 1 S. 5 VZOG vorbehaltlich des Eigentums Dritter. Einem Zuordnungsbescheid kommt daher keine konstitutive Wirkung zu. Das gesetzgeberische und notwendige Ziel war deshalb die Schaffung einer sofortigen Veräußerungsmöglichkeit in Bezug auf investitionstaugliche Grundstücke. Dazu wurde u. a. in § 6 Absatz 1 a) VZOG a.F. eine Verfügungsbefugnis aufgenommen, die den verfügungsbefugten Körperschaften bereits dann eine Veräußerungsmöglichkeit eröffnete, wenn sich im Grundbuch die Eintragung „Eigentum des Volkes" fand. Diese Eintragung entfaltete eine tatsächliche Vermutung, daß zu DDR-Zeiten Volkseigentum begründet wurde (ohne das es hierauf ankommt), welches der Zuordnung nach dem Einigungsvertrag unterliegt. Die Verfügungsbefugnis als Ausfluß dieser Vermutung knüpft nicht an das Vorliegen materiellen Volkseigentums, sondern allein an den diesbezüglichen Grundbucheintrag20. Die gewollte Formalisierung der sofortigen Verfügungsbefugnis besteht daher unabhängig davon, ob das betroffene Grundstück tatsächlich zuordnungsfähig im Sinn der Art. 21 und 22 EVist. Die Unmöglichkeit der Feststellung, ob jemals wirksam Eigentum des Volkes begründet wurde, scheint es zu gebieten, auch nur scheinbares Volkseigentum in den Gegenstand der Verfügungsbefugnis mit einzubeziehen. Nur dies scheint dem Sinn der Einführung einer vom Eigentum losgelösten Verfügungsbefugnis und dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 6 Absatz 1 a) VZOG a.F. zu entsprechen Die Funktionsfähigkeit der Verfügungsbefugnis gründet sich gerade darin, daß sie unmittelbar aus dem Grundbuch bzw. Bestandsblatt hervorgeht und weitere Nachforschungen nicht notwendig sind21. Ein Teil der bis dahin vorhandenen Literatur war deshalb auch der Auffassung, daß die Verfügungsbefugnis aus § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. unabhängig von der materiellen Eigentumslage besteht und deshalb über alle als Eigentum des Volkes ausgewiesenen Grundstücke verfügt werden kann22. »9 Schmidt-Räntsch ZIP 1996, 1859, 1861; Staudinger-Ztowsc/ie/; BGB, 13. Aufl. 1996, Art. 233 § 2 Rn. 15 m. w. N. 20 Bundesinnenministerium Infodienst Kommunal Nr. 57 v. 25. 9. 92, S. 25: „Sie [die Verfügungsbefugnis] ist unabhängig vom Eigentum. Ein besonderer Bescheid ist nicht nötig. Sie besteht automatisch und ist aus dem Grundbuch festzustellen.". 21 Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 6.1.9, S. 85; So urteilte das BVerwG (VIZ 1996, 213, 215): „Denn bis zur Eigentumsfeststellung im Zuordnungsbescheid ist derjenige verfügungsbefugt, der hierzu in § 8VZOG (= § 6 VZOG a.F.) anhand eindeutiger, leicht erkennbarer Merkmale bestimmt ist.". 22 Bundesministerium des Innern in Infodienst Kommunal Nr. 24 v. 19. April 1991 abgedruckt bei Schmidt-Ränstsch, RVI, Nr. 170.1 S. 10; Büteröwe, Vermögenszuordnung für kommunale Verwaltungsaufgaben in den neuen Bundesländern, S. 222; Eickmann, Grundstücks-

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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Demgegenüber vertrat zunächst nur das Oberlandesgericht Dresden in stetiger Rechtsprechung und in Übereinstimmung mit der Gegenauffassung der Literatur die Ansicht, daß die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F. nur für Grundstücke besteht, die wahres Eigentum des Volkes geworden sind23. Nachfolgend soll diese bis heute vertretene Auffassung auf ihre Vereinbarkeit mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Verfügungsbefugnis aus § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. untersucht werden. aa) Zielsetzung des VZOG

Das OLG Dresden ging in seiner Rechtsprechung stets davon aus, daß gemäß § 1 Abs. 1 VZOG mit dem Vermögenszuordnungsgesetz nur festgestellt werden soll, in welchem Umfang nach dem Einigungsvertrag bereits ein gesetzlicher Eigentumsübergang öffentlichen Volkseigentums stattgefunden hat Das trifft im Grundsatz zweifellos zu. Der zutreffende Ansatz des Gerichtes übersieht jedoch, daß die deklaratorische Feststellung des neuen öffentlichen Eigentümers die Zielvorgabe des Zuordnungverfahrens ist und gleichsam der Normalfall umschrieben wird. Mit einem das Feststellungsverfahren beendenden Bescheid nach § 2 VZOG wird in der Tat nur festgestellt, wer Eigentümer eines zuvor tatsächlich volkseigenen Grundstückes geworden ist. Die Bedeutung der vorzeitigen Verfügungsbefugnis aus § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. und die Notwendigkeit dessen Einführung resultiert aber gerade daraus, daß vor der Feststellung durch einen solchen Bescheid das nach dem Grundbuch volkseigene Vermögen verkehrsfähig wird. Die Verfügungsbefugnis ist nur „bei Gelegenheit" in das VZOG gelangt24. Sie flankiert das eigentliche Zuordnungsverfahren um eine vorgezogene Verfügungsermächtigung. Eine vorzeitige Verfügungsbefugnis kann nicht an die gleichen inhaltlichen Kriterien anknüpfen, wie das (spätere)

recht in den neuen Bundesländern, S. 27 Rn. 56; Försterling, Recht der offenen Vermögensfragen, S. 85 Rn. 222; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 4207; SchmidtRäntsch ZIP 1991, 973, 977 ders. DtZ 1991, 169, 173 Böhringer OVspez. 20/93 S. 6; ders. ZAP-Ost, Fach 7 S. 156; ders. BWNotZ 1993, 78, 80; Frenz DtZ 1993, 41, 42; Moser-Merdian/Flik/Keller, Das Grundbuchverfahren in den neuen Bundesländern, Rn. 148, 169, 201; Schmidt LKV 1992, 154, 157; Brettholle/Köhler-Apel in R / R / B , § 2 VermG, Rn. 60 unter Hinweis auf Gohrke ZOV 1997, 224; Lipps VIZ 1991, 14, 15 der aber verfassungsrechtliche Bedenken hat; unklar Albrecht VIZ 1991, 88, 91;vgl. auch BezG Dresden Beschluß v. 30. 10.1992-2 Τ 717/92 = VIZ 1993, 160,161 = Rpfleger 1993, 190; LG Dresden Beschluß v. 23. 11. 1995-2 T0789/95; OLG Dresden Urt. v.5.8. 1996-6 U 46/96. 23 OLG Dresden Beschluß v. 25. 7. 1996-7 W 0536/96 = VIZ 1996, 732 ff.; Friehe; Investitionen in den neuen Bundesländern, 1992; S. 126; Schillo in v. Drygalski/Weber, Immobilienhandbuch Ost, 1993, S. 280; Butzer DtZ 1992, 265, 266 Fn. 16; Lange DtZ 1991, 329, 336; Keller VIZ 1993,536,538; unklar Schmidt LKV 1992,154, 157. 24 OLG Dresden Urt. v. 5. 8. 1996-6 U 46/96 urteilte: „Die Einräumung der materiellrechtlichen Verfügungsbefugnis bestand nach § 6 VZOG a.F. aber ohne Bezug auf ein Verwaltungsverfahren zum Erlaß eines Vermögenszuordnungsbescheides."; Die Tatsache, das die Regelung des § 6 VZOG a.F. erst später auf Anhörung des Rechtsausschusses des Bundesta-

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

normale Zuordnungsverfahren. Mit dem Vorziehen der Verfügungsbefugnis vor die Feststellung der materiellen Eigentumslage ist zunächst ein Absehen von eben dieser Eigentumslage verbunden. Schon die Stellung im Gesetz macht dies deutlich. Im Gegensatz zum 1. Abschnitt des VZOG, der das eigentliche Feststellungsverfahren innerhalb der öffentlichen Hand regelt, regelte bereits § 6 VZOG a.F. einen der Fälle, in dem es um die Verfügung über Grundeigentum über den Kreis der öffentlichen Zuordnungsberechtigten hinaus geht. Die mit der Einführung der Verfügungsbefugnis beabsichtigte sofortige Verkaufstätigkeit geht per se über eine Feststellung der bereits erfolgten materiellen Zuordnung hinaus. Diese Ausgestaltung der Verfügungsbefugnis ergibt sich auch aus einem Vergleich mit den Regelungen der §§ 7,7 a VZOG a.F. (heute §§ 9,10 VZOG). Beide Vorschriften knüpften für investive oder kommunale Vorhaben an „ehemals volkseigene Grundstücke" bzw. „Grundstück nach Maßgabe des Artikels 21 EV" an. Eine vergleichbare Regelung enthielt § 6 VZOG a.F. gerade nicht. Während §§7, 7a VZOG a.F. die tatsächliche Zuordnung durch Bescheid regelten, betraf § 6 VZOG a.F. die Vorfeldbefugnis zu verfügen. Darin zeigt sich deutlich die inhaltliche Differenz der Verfügungsbefugnis zu den sonstigen Regelungen des VZOG. Die in Rechtsprechung und Literatur feststellbaren gesetzessystematischen Betrachtungen sind daher mit Zurückhaltung zu behandeln. Auch der Hinweis auf die Grenze einer Verfügungsbefugnis nach § 1 VZOG a.F. greift daher nicht durch. So wie die Verfügungsbefugnis zeitlich den Bereich vor der Feststellung des wahren Eigentümers betrifft, so läßt sie für die Dauer ihres Bestehens, d. h. bis zum Feststellungsbescheid auch Verfügungen über nur scheinbares Volkseigentum, das in Wahrheit Privateigentum geblieben ist, zu. Die Anknüpfung an die bis zu diesem Zeitpunkt allein sicher feststellbare Tatsache der Eintragung von „Eigentum des Volkes" im Grundbuch eröffnet daher die Möglichkeit der Verfügung über in Wahrheit privates Eigentum. Durch diese Anknüpfung hat der Gesetzgeber auch Verfügungen über scheinbares Volkseigentum wohl nicht in erster Linie ermöglichen wollen, aber doch in Kauf genommen25. Hätte er nur für wahres Volkseigentum eine, dann zugegeben sinnlose, Verfügungsbefugnis schaffen wollen, so wäre es ein Leichtes gewesen, ein Tatbestandsmerkmal „ehemals volkseigenes Vermögen" in § 6 Abs. 1 VZOG a.F. aufzuneh-

ges und seiner Sachverständigen in das Gesetz aufgenommen wurde, mag ein weiteres Indiz dafür sein. 25 BezG Dresden Beschluß v. 30. 10.1992-2 Τ 717/92 = VIZ 1993, 160 = Rpfleger 1993, 190; LG Dresden Beschluß v. 23. 11. 1995-2 Τ 0789/95; ähnlich Böhringer MittBayNot 1994, 18. 26 Fritsche LKV 1995, 308, 310; Gohrke ZOV 1997,224,225.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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bb) Gleichlauf der Rechtsmacht aus Verfügungsbefugnis und Feststellungsbescheid Läßt man somit Verfügungen zu Lasten privater Eigentümer zu, deren Eigentum von einer Buchposition zugunsten des Volkseigentums überlagert wird (scheinbares Volkseigentum), so beinhaltet die Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. eine größere Rechtsmacht, als sie ein Zuordnungsberechtigter nach Erlaß eines Zuordnungsbescheides hätte. Mit einem solchen Bescheid wird nur der vorherige gesetzliche Eigentumserwerb in grundbuchmäßiger Form festgestellt. Ein originärer Eigentumserwerb ist damit nicht verbunden. Der Bescheid ermöglicht nur, daß der (ggf. auch unrichtig) festgestellte neue „Eigentümer" als solcher ins Grundbuch eingetragen werden kann. Ab diesem Zeitpunkt kann das tatsächlich bestehende Eigentum eines privaten Dritten nur durch eine gutgläubigen Erwerb nach § 892 BGB überwunden werden. Die Eintragung des nach dem VZOG-Bescheid festgestellten „Eigentümers" im Grundbuch ist insoweit ein ausreichender Rechtsschein. Ab dem Erlaß des Feststellungsbescheides nach § 2 VZOG besteht eine Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG nicht mehr, vgl. § 6 Abs. 3 a) VZOG a.F. Während also ein „Eigentümer", der aufgrund eines Zuordnungsbescheides ins Grundbuch eingetragen wurde, im Falle der unrichtigen Zuordnung nicht Eigentümer ist und deshalb als Nichtberechtigter nur gemäß § 892 BGB wirksam verfügen kann, verfügt ein gesetzlich Verfügungsbefugter gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 VZOG a.F. stets als berechtigter".

Aus dem Vorgenannten wird zum Teil 27 geschlußfolgert, daß die Verfügungsbefugnis als Überbrückungsmittel 28 keine weitere Rechtsmacht beinhalten kann, aus einem späteren Feststellungsbescheid resultieren würde. Die Verfügungsbefug nis solle nur solche Verfügungen ermöglichen, die auch nach einem Feststellungsbescheid möglich wären 29. In der Sache handelt es sich erneut um ein gesetzessystematisches Argument. Natürlich soll die Verfügungsbefugnis zunächst einmal sofort all die Verfügungen möglich machen, die auch nach der grundbuchtauglichen Feststellung des Eigentümers möglich wären. Das Ziel des VZOG ist schließlich die Feststellung der neuen öffentlichen Eigentümer. Die notwendige Formalisierung der Anknüpfung für die Verfügungsbefugnis an den derzeit feststellbaren Grundbucheintrag eröffnet aber auch die Möglichkeit, daß nur Vermögen, welches nach dem Grundbucheintrag (aber nicht tatsächlich) volkseigen ist, von einer Verfügung betroffen wird.

27 Keller VIZ 93, 536, 538. 28 Es findet sich auch der Begriff des „Vorabverfügungsbefugnis", vgl. Weber DtZ 1992, 47; Gemmeke OVspez. 14/94, S. 2. 29 OLG Dresden Beschluß v. 25. 7. 1996-7 W 0536/96 = VIZ 1996, 732 ff. unter Berufung auf Keller VIZ 1993, 536.

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

Die wahre Rechtslage soll erst später festgestellt werden und kann daher nicht Tatbestandsvoraussetzung sein. Aber auch ein Rückblick nach erfolgter Feststellung des wahren Eigentümer kann nicht maßgeblich sein. Eine vorzeitige Verfügungsbefugnis, bei der Verfügungen als die eines Berechtigten gelten, kann nicht nachträglich und rückwirkend entfallen. Wäre dies möglich, so wäre die vorzeitige Verfügungsmöglichkeit gleichsam obsolet. Sie kann doch nur dann einen Sinn haben, wenn ein rechtssicherer Erwerb auf Grund solcher Verfügungen erfolgt. Das zunächst zweifelhaft anmutende Ergebnis, daß der nach § 6 Abs. 1 a) VZOG Verfügungsbefugte eine größere Rechtsmacht innehat, als ein der durch einen Feststellungsbescheid ins Grundbuch Eingetragene, ist gesetzgeberisch gewollt 30 . Von einem Verfügungsbefugten soll ein Grundstück auch dann zu Eigentum erworben werden, wenn nicht die Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs nach § 892 BGB gegeben sind. Bereits § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. beinhaltete deshalb die Rechtsmacht für eine Veräußerungsmöglichkeit des Verfügungsbefugten, ohne daß ein Erwerber gutgläubig sein müßte. Die notwendige Konsequenz aus dem allein formalen Anknüpfungspunkt, Eintragung von „Eigentum des Volkes", und der Anordnung des Erwerbes von einem Berechtigten nach § 6 Abs. 2 S. 2 VZOG a.F. eröffneten demgemäß eine Möglichkeit des Erwerbes vom Nichtberechtigten (Nichteigentümer) aufgrund dessen gesetzlicher Verfügungsmacht 31. Den Verfügungsbefugten wurde mit § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. nicht nur eine verfahrensrechtlich Buchpostition sondern eine eigene materielle Rechtsposition eingeräumt 32.

cc) Die Ermöglichung des gutgläubigen Erwerbes nach § 892 BGB

Im Zusammenhang mit der Argumentation des Gleichlaufes der Rechtsmacht aus Verfügungsbefugnis und verfahrensbeendendem Feststellungsbescheid wird seit jeher eingewandt, daß es der soeben beschriebenen neuen Erwerbsmöglichkeit nicht bedürfe. Ausreichend und vom Gesetzgeber allein gewollt sei ein möglicher, gutgläubiger Erwerb eines Dritten von den durch § 6 VZOG a.E Verfügungsbefu ten gemäß § 892 BGB33. Mit § 6 VZOG a.F. solle keine neue Möglichkeit eines Erwerbes vom Berechtigten, sondern nur ein erweiterter gutgläubiger Erwerb ermöglicht werden, indem ein 30 Schmidt-Räntsc h ZIP 1996, 1858, 1862. 31 Gohrke ZOV 1997,224. 32 Siehe dazu § 3 A. III. 7. 33 OLG Dresden Urteil v. 17. 10. 9 6 - 4 U 1284/96, S. 11= OLG-NL 1997, 36 = VIZ 1997, 102 unter Hinwies auf Staudinger-Gursky, BGB, § 892 Rn. 15 und OLG Dresden Beschluß v. 25. 7. 1996-7 W 0536/96 = VIZ 1996, 732 ff. unter Hinwies auf Staudinger-Gwrjky, BGB, § 892 Rn. 36 a.E.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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Erwerb nach § 892 BGB nicht nur vom Eingetragenen sondern auch vom Verfügungsbefugten nach § 6 VZOG möglich werde. Zwar ist § 892 BGB seit dem 3. 10. 1990 gemäß Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB auch in den neuen Ländern anwendbar, jedoch scheidet der gutgläubiger Erwerb eines nur nach dem Grundbuch noch volkseigenen Grundstückes aus. Gutgläubiger Erwerb eines Grundstückes in der DDR? Wie gesagt, gilt seit dem Beitritt in den Ländern der ehemaligen DDR § 892 BGB. Aber bereits zu DDR- Zeiten war später ein gutgläubiger Erwerb eines volkseigenen, zu jeder Zeit der gutgläubige Erwerb eines sonstigen Grundstückes möglich. Bis zum 31. 12. 1975 galten Teile des BGB auch noch in der DDR, darunter § 892 BGB. Ein gutgläubiger Erwerb wäre nach dem Zivilrecht theoretisch möglich gewesen34. Im Bereich privater Grundstücke blieb dies unstreitig35. Die Veräußerung von Volkseigentum fand de facto nicht statt. Für volkseigene Grundstücke führte nämlich die verfassungsrechtlich festgeschriebene „Unantastbarkeit" von Volkseigentum zu einer Verkehrsunfähigkeit 36 und damit zum Ausschluß eines gutgläubigen Erwerbes. In der Rechtswissenschaft der DDR mehrten sich rasch die Stimmen, die einen gutgläubigen Erwerb von Volkseigentum generell für unzulässig erachteten und eine gesetzgeberische Klarstellung forderten 37. Zusammen mit der Einführung des ZGB schuf die DDR daher zugleich eine Grundbuchdokumentationsordnung (GDO) 38 , die in § 8 Abs. 1 S. 3 bestimmte, daß ein gutgläubiger Erwerb bei Volkseigentum nicht stattfinde. Dagegen blieb die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbes nicht volkseigener Grundstücke in § 8 Abs. 1 GDO, als einer dem § 892 BGB nachgebildeten Vorschrift, erhalten39. Mit dem 1. Zivilrechtsänderungsgesetz wurde § 8 Abs. 1 S. 3 GDO aufgehoben und so der Weg für den gutgläubigen Erwerb auch volkseigener Grundstücke nach § 8 Abs. 1 GDO eröffnet. Diese Möglichkeit setzt sich seit dem Beitritt theoretisch in § 892 BGB fort.

34 Vgl. Arlt/Rohde, Bodenrecht - Ein Grundriß, 1967, § 3 S. 493. 35 Zänker in Bodenrecht - Lehrbuch, Ziff. 12.50.1 S. 619.

36 Vgl. Jakobs JZ 1967,46,48 m. w. N. 37 Dornberger NJ 1953, 233; Nathan NJ 1957, 749; KG NJ 1951, 570 (zu §§ 932 ff. BGB). 38 Verordnung über die staatliche Dokumentation der Grundstücke und Grundstücksrechte in der DDR v. 6. 11. 75 (GBl. 1975 I, S. 697).

39 Janke NJ 1990, 407,408.

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

Fraglich erscheint jedoch, wie nach dem 3.Oktober 1990 im Falle der Veräußerung eines nach dem Grundbuch volkseigenen Grundstückes ein Gutglaubenstatbestand erfüllt werden sollte. Grundsätzlich verlangt nämlich § 892 BGB die Identität von Eigetragenem und Veräußerer. Bei einem Grundstück, in dessen Grundbuch „Eigentum des Volkes" eingetragen ist, müßte dann das „Volk" als Veräußerer tätig werden. Dazu die nachfolgenden Ausführungen. (1) Grundfall des gutgläubigen Erwerbes vom eingetragenen Buchberechtigten nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB Nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB gilt zugunsten desjenigen, welcher ein Recht an einem Grundstück, und dazu zählt das Eigentum, erwirbt, der Inhalt des Grundbuches als richtig, es sei denn, daß ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen ist oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist. Dieser Tatbestand macht den von einer Eintragung im Grundbuch ausgehenden Rechtsschein zur Grundjage eines Erwerbes vom Nichtberechtigten40. Dem vom öffentlichen und hoheitlichen Register - Grundbuch - ausgehenden Vertrauenstatbestand wird, soweit der Erwerber tatsächlich auf ihn vertrauen darf, der Vorrang vor dem Eigentumsrecht des wahren „Berechtigten" eingeräumt. Voraussetzung eines gutgläubigen Erwerbes nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB ist ein ausreichender Rechtsschein aus einem unrichtigen Grundbuch. 1. Unrichtig ist das Grundbuch, wenn die formelle Grundbuchlage nicht die materielle Rechtslage wiedergibt41. Bei einer Eintragung von „Eigentum des Volkes" ergibt sich eine Unrichtigkeit nicht bereits aus Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB. Nach dieser Vorschrift finden auf das Eigentum an Sachen mit dem Wirksamwerden des Beitritts die Vorschriften des BGB Anwendung. Seit diesem Zeitpunkt gibt es demgemäß nur noch Eigentum natürlicher und juristischer Personen des privaten oder öffentlichen Rechtes. Dagegen hat das eingetragenen „Volk" mit dem 3. Oktober 1990 die Fähigkeit verloren als solches Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Mithin gibt es seither auch kein Eigentum des Volkes mehr 42. Die anderslautende Verlautbarung aus dem Grundbuch wäre eigentlich unrichtig. Der Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB hat aber eine inhaltliche, rechtliche Neufassung des Eintrages „Eigentum des Volkes" vorgenommen. Ex lege hat sich der eingetragene Begriff des Eigentums verändert. Der neue Inhalt einer Eigentümerstellung entspricht der des § 903 BGB und nicht mehr den §§ 17 ff. ZGB.

40 Westermann JuS 1963, 1. 41 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 18 A II, S. 169. 42 BT-Drs. 11/7871 S. 40 zu Art. 233 § 2 EGBGB; Schmidt- Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 3 S. 4; Palandt - Bassenge Art. 233 § 2 EGBGB Rn 1 und 4; Weise ZIP 1992, 1357;BezG Potsdam 3 Τ 72/93 = ZOV 1993, 268.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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Keine Veränderung hat es insoweit gegeben, daß „Eigentum" an dem betreffenden Grundstück besteht. Die nur inhaltliche Neufassung des Eigentumsbegriffes 43 führt für sich noch nicht zu einer unrichtigen Grundbuchlage. Der Inhalt des Eigentums ist nämlich nicht Gegenstand der Grundbucheintragung, sondern nur die Eigentümerstellung im Sinne einer Rechtinhaberschaft. Das Grundbuch verlautbart nur ein Recht ohne es inhaltlich zu definieren. Das Grundbuch gibt zusammen mit Art. 233 § 2 Abs. 1 BGB zutreffend wieder, daß Privateigentum an dem betreffenden Grundstück besteht44. 2. Anders verhält es sich aber mit der Person des „Eigentümers". Das eingetragene „Volk" kann als solches nicht mehr Träger von Rechten und deshalb auch nicht Eigentümer eines Grundstückes sein45. Die Eintragung des „Volkes" als Eigentümer ist deshalb unrichtig. Wem ein ehemals volkseigenes Grundstück nach dem Beitritt zu neuem Eigentum zugeordnet wurde, ergibt sich gemäß Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB aus den Bestimmungen über die Abwicklung des Volkseigentums. Gemeint sind damit insbesondere die Art. 21 ff. EV 4 6 . Die Bestimmungen des Einigungsvertrages, die eine Neuzuordnung des ebenfalls neu ausgestalteten Eigentums vornehmen, bewirken einen gesetzlichen Eigentumserwerb 47. Dieser Erwerb ist eine gesetzliche Rechtsnachfolge in das Eigentum bestimmter Vermögensarten (Finanz-, Verwaltungs- oder Wohnvermögen) und innerhalb derer in das Eigentum eines konkreten Vermögensgegenstandes, mithin eine besondere, gesetzliche Einzelrechtsnachfolge 48. Voraussetzung ist stets, daß das zugeordnete Grundstück nach dem Recht der DDR tatsächlich im Eigentum des Volkes stand. Anders ausgedrückt fallen nur scheinbar volkseigene Grundstükke nicht unter diese originären Tatbestände des Eigentumserwerbes. Bei einem sol-

43 Becker-Eberhard, Jura 1994, 577,580; Kinkel ZGR 1991, 1,9. 44 Säcker in MüKo, BGB - Zivilrecht im Einigungsvertrag, 1991, S. 97 Rn. 247 beschreibt dies so, daß sich alle Eigentumsformen des ZGB unter den Eigentumsbegriff des § 903 BGB subsumieren lassen; ders. in MüKo, Ergänzungsband, 3. Aufl. 1996, Art. 233 § 2 EGBGB, Rn. 2. 45 BezG Potsdam 3 Τ 72/93 = ZOV 1993,268. 46 Daneben wird Volkseigentum auch nach dem Kommunalvermögensgesetz und dem Treuhandgesetz abgewickelt vgl. Försterling, Recht der offenen Vermögensfragen, S. 54 ff.; Palandt - Bassenge, Art. 233 § 2 EGBGB Rn 4. 47 Allg. Auffassung vgl. nur Försterling, Recht der offenen Vermögensfragen, S. 66. 48 Im Grunde handelt es sich bei Art. 21 und 22 EV um die Tatbestände eines ipso iure Übergangs von bestimmten Vermögensarten auf bestimmte Hoheitsträger, vgl. Prugger, Die Nachfolge in das Vermögen der ehemaligen DDR, 1994, S. 84 f. Damit ist aber keine Gesamtrechtsnachfolge verbunden, sondern nur eine Rechtsnachfolge in das Eigentum für eine bestimmte Person nach bestimmten inhaltlichen Kriterien, die durch Vermögensarten umschrieben werden. Im staatsrechtlichen Sinn ist zwar von einer Staatssukzession auszugehen, aber im zivilrechtlichen Sinn, nämlich in Bezug auf das Eigentum eines Rechtsträgers, kann von einer, sicherlich besonderen, Einzelrechtsnachfolge gesprochen werden. So wird die Verteilung von Volkseigentum auch als konkrete Zuordnung bezeichnet, vgl. Pugger Die Nachfolge in das Vermögen der ehemaligen DDR, S. 87.

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

chen Grundstück war bereits vor dem Wirksamwerden des Beitritts die Eintragung von Eigentum des Volkes unrichtig. Diese Unrichtigkeit des Grundbuches (in Bezug auf das Volk als Eigentümer) kann grundsätzlich nicht mit § 892 Abs. 1 S. 1 BGB überwunden werden. Die Fiktion der Richtigkeit des Grundbuches entgegen der wahren Eigentumslage bewirkt grundsätzlich nur, daß der eingetragene Rechtsinhaber zugunsten eines Erwerbers als Berechtigter gilt. Damit ist es nur möglich, die Unrichtigkeit des Grundbuches in Bezug auf die Begründung von Eigentum des Volkes vor dem 3. 10. 1990 gutgläubig zu überwinden. Die Vermutung der Richtigkeit der Eintragung dieses Rechtes ergibt sich aus § 891 BGB 49 . Dagegen kann für das „Volk" als Eigentum seit der Geltung des BGB keine Vermutung mehr streiten50. Einen solchen Rechtsträger gibt es seitdem nicht mehr 51. Der gutgläubige Erwerb vom eingetragenen Buchberechtigten gemäß § 892 Abs. 1 S. 1 BGB ist deshalb für solche Grundstükke, die nach dem Grundbuch noch „Eigentum des Volkes" sind, ausgeschlossen. (2) Gutgläubiger Erwerb vom nicht eingetragenen Rechtsinhaber gemäß § 892 Abs. 1 S. 1 BGB Die Auffassung, die dennoch einen gutgläubigen Erwerb für möglich hält, stützt sich meist auf einen Ausnahmefall, nämlich auf einen gutgläubigen Erwerb vom nicht eingetragenen Erben oder Scheinerben52. Es ist in Rechtsprechung53 und Literatur 54 anerkannt, daß ein gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB auch dann in Betracht kommt, wenn der verfügende Veräußerer nicht selbst als Rechtsinhaber im Grundbuch eingetragen ist. Daraus haben sich im Bereich der Gesamtrechtsnachfolge durch Erbschaft zwei anerkannte Ausnahmefälle herausgebildet, deren Gedanken nachfolgend auf ihre Übertragbarkeit für einen gutgläubigen Erwerb von Volkseigentum überprüft werden sollen.

49 Walter DtZ 1996, 226, 229; Moser-Merdian/Flik/Keller, Das Grundbuchverfahren in den neuen Bundesländern, Rn. 96. 50 Böhringer MittBayNot 1991, 189; KG DtZ 1991, 298, 300; a.A. BrbgOLG VIZ 1996, 722, 725, LG Leipzig Urt. v. 16. 12. 98 - Az. 15 Ο 8817/98. 51 BezG Potsdam 3 Τ 72/93 = ZOV 1993, 268; Harm Peter Westermann, Die Altschulden aus dem volkseigenen Wohnungsbau, S. 55 f. 52 OLG Dresden Beschluß v. 25. 7. 1996-7 W 0536/96 = VIZ 1996, 732 ff. unter Hinwies auf Staudinger-Gwrjty, BGB, § 892 Rn. 36 a.E.; BrbgOLG VIZ 1996, 722, 725; LG Neubrandenburg MDR 1992, 1056; für einen anders ausgestalteten, doppelten Gutglaubenstatbestand ist Walter DtZ 1996, 226, 229. 53 Ζ. B. BGH NJW 1972,434, auch schon RGZ 129, 284, 285. 54 Palandt-Bassenge § 892 Rn. 13; Staudinger- Gursky, § 892 Rn. 36.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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(3) Rechtsschein aus dem Grundbucheintrag und tatsächliche, gesetzliche Rechtsnachfolge Ist ein Erblasser zu Unrecht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen, so kann er, legitimiert aus dem unrichtigen Grundbuch, gemäß § 892 Abs. 1 S. 1 BGB einem Erwerber wirksam Eigentum verschaffen. Der wahre Erbe und damit Gesamtrechtsnachfolger tritt umfassend in diese Rechtsposition des Erblassers ein. Nach Wolff-Raiser geht damit auch die Legitimation, die der unrichtige Bucheintrag schafft, mit dem Vermögen auf den Rechtsnachfolger über 55. Die RichtigkeitsVermutung des Grundbucheintrages nach § 891 BGB wirkt demgemäß nicht nur zugunsten des eingetragenen Berechtigten, sondern auch zugunsten dessen tatsächlichen Gesamtrechtsnachfolger 56. Der wahre Erbe oder sonstige Gesamtrechtsnachfolger eines Buchberechtigten ist ein tauglicher Veräußerer im Sinn des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB 57 . Ein für den gutgläubigen Erwerb ausreichender Rechtsschein ergibt sich hier aus der Kombination von unrichtiger Grundbucheintragung, die nach § 892 Abs. l.S. 1 BGB zugunsten des Erwerbers alsrichtig gilt, und der tatsächlichen Gesamtrechtsnachfolge in den „Nachlaß" einschließlich der Legitimation aus der Buchposition. Dieser Fall läßt sich auf den Erwerb eines nach dem Grundbuch volkseigenen Grundstücks nicht übertragen. Zunächst erscheint es fraglich, ob mit der theoretischen Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbes von nicht eingetragenen Rechtsnachfolger die nötige, sofortige Verkehrsfähigkeit erreicht werden könnte. Es war gerade die Schwierigkeit, den wahren, neuen Eigentümer gemäß den Art. 21 ff. EV zu bestimmen, die zur Einführung des VZOG geführt hat. Wie also sollte ein Erwerber die Person des wahren Rechtsnachfolgers bestimmen? Wie sollte eine tatsächliche Rechtsnachfolge gegenüber dem Grundbuchamt nachgewiesen werden? Entscheidend ist aber, daß es eine Rechtsnachfolge in die Legitimation aus der Buchposition bei scheinbarem Volkseigentum nicht gibt. Der Übergang von Vermögensgegenständen aus dem ehemaligen Volkseigentum ist im Unterschied zur Erbschaft keine Gesamtrechtsnachfolge. Die neuen Eigentümer erhalten differenziert nach inhaltlichen Kriterien einzelne Vermögenswerte zugeordnet. Die Art. 21 ff. EV enthalten nur eine Aufteilung des DDR-Vermögens, aber keine Regelung einer Gesamtrechtsnachfolge nach der DDR 5 8 . Der „DDR-Nachlaß" geht 55 Wolff-Raiser, Sachenrecht, 10. Bearbeitung, 1957, S. 146 Fn. 26. 56 Wolff-Raiser, Sachenrecht, S. 140 Fn. 3; Palandt-floysenge, § 891, Rn. 5; Haegele/ Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 349 [,Auch für den Erwerb von dem wirklichen oder legitimierten (§ 2366 BGB) Erben des eingetragenen Nichtberechtigten gilt der öffentliche Glaube des Grundbuches, der für den eingetragenen Erblasser sprechende Rechtschein wirkt für den Erben fort."] OLG Dresden Urteil v. 25. 11. 9 3 - 8 U 193/93 = NL 1994, 155, 156; a.A. Walter DtZ 1996, 226, 229; vgl. für die Rechtsnachfolge nach einem VEB gemäß § 11 Abs. 2 S. 2 TreuhG- BGH ZIP 1995, 1553, 1554. 57 Wolff-Raiser, Sachenrecht S. 140; Staudinger-GwrjJty § 892, Rn. 36.

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

nicht auf den oder die Erben über, sondern es werden bestimmte Vermögensgegenstände zugeordnet. Ähnlich werden die Verbindlichkeiten der DDR behandelt, vgl. Art. 23 EV, die nicht allesamt mit dem Vermögen, sondern teilweise getrennt hiervon übergehen. Im Gegensatz zum gemeinschaftlichen Vermögen von Miterben nach § 2032 Abs. 1 BGB erhalten die neuen öffentlichen Eigentümer Alleineigentum an den ihnen zugeordneten Gegenständen. Sie unterliegen keiner gesamthänderischer Bindung. Die zuordnungsberechtigten Körperschaften, denen die Art. 21 ff. EV bestimmte Vermögenswerte zuordnen, sind dehalb keine Miterben nach der DDR. Die Zuordnung von Gegenständen aus dem ehemaligen DDR-Vermögen stellt sich daher als besondere Einzelrechtsnachfolge dar 59. Die Rechtsnachfolge nach Art. 21 ff. EV tritt aber nur ein, wenn das zum DDR-Nachlaß gehörende Grundstück tatsächlich auch in Eigentum des Volkes zu DDR-Zeiten überführt worden ist. Bei nur scheinbar volkseigenen Grundstücken findet daher eine Zuordnung und damit Einzelrechtsnachfolge nicht statt. Über das betreffende Grundstück hinaus gibt es keinen der Erbschaft vergleichbaren Nachlaß, der auf den neuen Eigentümer übergeht. Gibt es aber keine Rechtsnachfolge, so kann auch die Legitimation aus dem Bucheintrag nicht übergehen. Im übrigen läßt sich eine Rechtsnachfolge der Zuordnungsberechtigten hinsichtlich konkreter Vermögensgegenstände zwar durch Subsumtion unter die Art. 21 ff. EV tatbestandlich prüfen, aber nicht eineutig nachweisen. Im Gegensatz dazu ist die Rechtsnachfolge aufgrund Erbschaft nicht zuletzt durch einen Erbschein eindeutig nachweisbar.

Der gutgläubige Erwerb vom nicht eingetragenen Erben ist allgemein nur deshalb anzuerkennen, weil mit der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsstellung des Erblassers eingetreten wird, einschließlich der Legitimation aus der Grundbuchlage. Mit der tatsächlichen und feststellbaren Gesamtrechtsnachfolge geht d Rechtsschein des unrichtigen Grundbuches über. Für einen gutgläubigen Erwerber wird das an sich in Bezug auf die Person des Eigentümers unrichtige Grundbuch durch die tatsächliche und erkennbare Gesamtrechtsnachfolge wieder richtig. Grundbuch und tatsächliche Gesamtrechtsnachfolge ermöglichen zusammen die Bestimmung eines tauglichen Veräußerers im Sinne des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB. Eine vergleichbar eindeutige Bestimmung eines Zuordnungsberechtigten ermöglichen die Zuordnungsbestimmungen nicht. Eine Übertragung dieser Fallgestaltung 58 Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. II. 1., S. 27; Prugger, Die Nachfolge in das Vermögen der ehemaligen DDR, 1994, S. 84 f. (Vermögensübergang durch Nachfolge in einzelne staatliche Vermögensarten). Es wird eine Verteilung des DDR-Vermögens statt einer Gesamtrechtsnachfolge vorgenommen. 59 Ähnlich Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 143; DanzigerVIZ 1995, 277; ThürOLG OLG-NL 1995,44,47.

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auf die besondere Einzelrechtsnachfolge in Grundstücke der ehemaligen DDR ist nach alledem ausgeschlossen. Es bleibt zu untersuchen, ob es einen doppelten Rechtsscheinstatbestand geben kann, der von der Prüfung einer tatsächlichen Einzelrechtsnachfolge des jeweiligen Zuordnungsberechtigten befreit. (4) Über den Grundbucheintrag erweiterter (doppelter) Rechtsscheintatbestand Das Vorgenannte hat gezeigt, daß in der Regel nur der im Grundbuch eingetragene Rechtsinhaber oder sein wahrer Gesamtrechtsnachfolger taugliche Veräußerer im Sinn des § 892 Abs. 1 S. 1 BGB sein können. Der gute Glaube an eine Rechtsnachfolge ist dagegen grundsätzlich nicht in der gleichen Form wie der Glaube an die Richtigkeit des Grundbuches geschützt. Etwas andere gilt nur dann, wenn auch hinsichtlich der möglichen Rechtsnachfolge ein Rechtsscheintatbestand vorliegt, auf den sich ein gutgläubiger Dritter verlassen kann. Für einen Erben oder eben auch nur Scheinerben ergibt sich ein solcher Rechtsschein aus einem auf ihn lautenden Erbschein gemäß § 2366 BGB. Zugunsten eines gutgläubigen Erwerbers gilt der Inhalt des Erbscheines alsrichtig.Die öffentliche Urkunde „Erbschein" entfaltet einen Vertrauenstatbestand für die Gesamtrechtsnachfolge des benannten Erben. Handelt es sich um einen Scheinerben, so gilt dieser ausweislich des Erbscheins dennoch als Erbe. Dieser Scheinerbe tritt zugunsten eines gutgläubigen Dritten fiktiv in die Rechtsstellung des Erblassers ein. War dieser zu Unrecht im Grundbuch als Eigentümer eines Grundstückes eingetragen, so wird der Übergang der Legitimation aus dem unrichtigen Grundbuch auf den Scheinerben nach § 2366 BGB fingiert. Damit ist ein gutgläubiger Erwerb vom nicht eingetragenen Rechtsnachfolger möglich, wenn sowohl für die Rechtsnachfolge (Erbschein) als auch für das zu übertragende Recht (Gundbucheintragung) ein (doppelter) Rechtsscheintatbestand zugunsten eines gutgläubigen Erwerbers vorliegt 60. Der Erwerb eines im Grundbuch zu Unrecht als Eigentum des Volkes geführten Grundstücks scheint dieser Fallkonstellation auf den ersten Blick vergleichbar. Erforderlich wäre ein vergleichbarer, zweiteiliger Gutglaubens- und damit Rechtsscheintatbestand. Die Unrichtigkeit des Grundbuchs in Bezug auf die Entstehung von Volkseigentum könnte grundsätzlich über § 892 Abs. 1 S. 1 BGB durch guten Glauben überwunden werden. Problematisch erscheint allein der nötige Rechtsschein für die gesetzliche Rechtsnachfolge nach den Art. 21 ff. EV. Es wurde bereits gezeigt, daß es eine 60 Vgl. nur BGH NJW 1972,434.

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

tatsächliche Einzelrechtsnachfolge gemäß den Bestimmungen über die Abwicklung des Volkseigentums nur bei wahrem Eigentum des Volkes gibt. Für nur scheinbares Volkseigentum kommt demgemäß auch nur eine scheinbare Einzelrechtsnachfolge in Betracht. Sie ergibt sich, wenn man die Richtigkeit des Grundbuches unterstellt, indem man prüft, welche juristischen Person des öffentlichen Rechtes nach Art. 21 ff. EV das Eigentum erworben hätte61. Der gute Glaube an eine solche gedachte und nur theoretische Rechtsnachfolge ist aber nicht per se geschützt. Es bedürfte daher eine dem Erbschein vergleichbare öffentliche Urkunde, auf Grund derer die Rechtsnachfolge zugunsten eines gutgläubigen Erwerbers als erfolgt gilt 62 . Eine solche Urkunde müßte die Rechtsnachfolge in das Eigentum an einem konkreten Vermögensgegenstand aus dem Volkseigentum feststellen, so wie der Erbschein die Stellung als Erbe feststellt. Nach §§2 und 3 VZOG ergeht am Ende des Feststellungsverfahren nach dem VZOG ein Bescheid, der für das Grundbuchamt verbindlich (§ 3 Abs. 2 S. 1 VZOG) den neuen öffentlichen Eigentümer feststellt. Mit einem solchen Bescheid wäre ein Rechtsschein über eine tatsächliche Einzelrechtsnachfolge gegeben. So wie der VZOG-Bescheid die Möglichkeit eröffnet, daß sich der aus ihm Begünstigte ins Grundbuch als Eigentümer eintragen läßt, so entfaltet der Bescheid eine ausreichende Rechtsscheingrundlage für einen gutgläubigen Erwerb. Ein nur scheinbar volkseigenes Grundstücke könnte aufgrund des doppelten Rechtsscheintatbestandes von Grundbucheintrag und Feststellungsbescheid erfolgen. In Rede steht hier aber ein möglicher gutgläubiger Erwerb vor dem Erlaß eines Feststellungsbescheides nach dem VZOG. Es bleibt somit zu klären, ob die vor Erlaß eines solchen Bescheides als Überbrückung dienende Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 a.F. VZOG den Rechtsschein für die erfolgte Rechtsnachfolge ersetzen soll und kann63 und so den erforderlichen, zweiteiligen Gutglaubenstatbestand komplettiert. Nach Auffassung des OLG Dresden soll dies der Fall sein. Das Gericht verkennt aber, daß auch ein gutgläubiger Erwerb aus dem Zusammenwirken von § 892 Abs. 1 S. 1 BGB und der Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 a.F. VZOG nicht erfolgen kann, da die Verfügungsbefugnis nach der eigenen Rechtsprechung des OLG im Falle der Grundbuchunrichtigkeit (scheinbares Volkeseigentum) nicht zur Entstehung kommen soll64 . Für nur scheinbar volkseigene Grundstücke gibt es

61 So Staudinger-GwrsJty, BGB, § 892 Rn. 36 a.E. 62 Ein Zuordnungsbescheid nach dem VZOG hat nicht den Charakter eines Erbscheines, da insb. die Gutglaubenvorschriften keine Anwendung finden, vgl. LG Leipzig VIZ 1996, 368. 63 So OLG Dresden Urteil v. 17. 10. 9 6 - 4 U 1284/96, S. 11 = VIZ 1997, 102 unter Hinwies auf Staudinger-Gwrsfcy, BGB, § 892 Rn. 15 und OLG Dresden Beschluß v. 25. 7. 19967 W 0536/96 = VIZ 1996, 732 ff. unter Hinweis auf Staudinger-Gursky, BGB, § 892 Rn. 36 a.E. 64 OLG Dresden VIZ 1996,732, 733 ff. (stetige Senatsrechtsprechung).

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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nach dieser Auffassung daher weder eine Verfügungsbefugnis, noch eine Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbes 65. Möglich bleibt im Grunde nur die Annahme, daß ein guter Glaube in Bezug auf eine Scheinverfügungsbefugnis über scheinbares Volkseigentum ausreichend ist 66 . Es müßte dann eine Regelung über den Schutz des guten Glaubens an die Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 a) VZOG gegeben haben bzw. heute in Bezug auf § 8 VZOG geben. Einen Schutz des guten Glaubens an eine vom Eigentum losgelöste Verfügungsbefugnis hat der Gesetzgeber nur in den Fällen des § 366 HGB (guter Glauben an die Verfügungsbefugnis eines Kaufmanns über bewegliche Sachen) und denen der §§ 2368 Abs. 3, 2366 BGB geregelt67. Der Gesetzgeber normiert damit für jeden Fall den Gutglaubensschutz durch die Beschreibung des Rechtsscheins auf Seiten des Verfügenden und den Gutglaubensvoraussetzungen auf Seiten des Erwerbenden. Zugunsten des Erwerbenden streitet dabei stets eine gesetzliche Vermutung, sei es die des Besitzes nach § 1006 Abs. 1 S. 1 BGB, die des Grundbucheintrages nach § 891 BGB oder die des § 2365 für das Erbrecht. Erst durch die gesetzlichen Vermutungen macht der Gesetzgeber den Schutz eines Gutgläubigen möglich. Der Gutgläubige darf nämlich auf derartige Vermutungen vertrauen. Ohne eine ausdrückliche Regelung ist ein gutgläubiger Erwerb dagegen nicht anzuerkennen. Ein Rechtsschein, der den gutgläubigen Erwerb ermöglicht, bedarf der gesetzlichen Anordnung68. Nur dem Gesetzgeber steht es zu, sich für oder gegen den Schutz eines Gutgläubigen, für oder gegen das Interesse des wahren Rechtsinhabers zu entscheiden69.

Eine gesetzliche Regelung über den Schutz desjenigen, der gutgläubig an ei Verfügungsbefugnis gemäß § 6 Abs. 1 a.F. (§ 8) VZOG glaubt, gab es und gibt nicht. § 6 VZOG regelte nur, wer Verfügungsbefugter ist und daß deren Verfügungen nach Absatz 1 als die eines Berechtigten gelten. Damit könnte allenfalls ein Rechtsschein auf Seite des „Verfügenden" beschrieben sein, aber bereits die Voraussetzungen auf Seiten eines Erwerbers sind im VZOG nicht normiert. Eine gesetzliche Vermutung der Verfügungsbefugnis, an die sich ein gutgläubiger Erwerb anschließen könnte, stellt das VZOG ebenfalls auch nicht auf 70. Gesetzlich wird 65

Zustimmend Fritsche OVspez. 1998, S. 181 Fn. 4 der einen gutgläubigen Erwerb über § 892 BGB bei wahrem Eigentum des Volkes annimmt. 66 So wohl Walter in DtZ 1996, 226, 229 der einen guten Glauben an den Rechtsschein des Grundbuches und die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG (§ 6 VZOG a.F.) verlangt. 67 Promberger in MüKo, § 2368, Rn. 40; Soergel-Dürnraw, § 2368, Rn. 12 m. w. N. 68 Westermann JuS 1963, 1,2. 69 Dies verkennt Walter DtZ 1996, 226, 229. 70 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F.(vgl. Anhang II). Aufgrund der dort geregelten unwiderleglichen Vermutung einer Verfügungsbefugnis ist für einen Rechtsschein kein Raum mehr. Die einen gutgläubigen Erwerb zu Grunde liegenden Vermutungen sind allesamt widerleglich. Nur deshalb soll der Gutgläubige geschützt werden, wenn er auf den im Einzelfall nicht vorliegenden Normalfall vertraut. 4 Gohrke

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

nur die Befugnis zu verfügen in Form einer Verfügungermächtigung (vgl. § 6 Abs. 2 S. 2 VZOG a.F.) geschaffen. Zu den Voraussetzungen auf Seiten eines gutgläubigen Dritten, wie ein tatbestandlicher Mangel des § 6 VZOG überwunden werden könnte, enthält das Gesetz keine Aussagen. Die Überwindung einer fehlenden Verfügungsbefugnis durch guten Glauben einschließlich den Anforderungen an diesen Glauben regelt das VZOG nicht71. Das Erfordernis der gesetzlichen Anerkennung eines schützenswertes Rechtsscheins verbietet darüber hinaus eine Analogie. Gibt es, wie vorliegend, keine ausdrückliche Regelung, so sind die Rechtsfolgen nur nach Maßgabe der wirklichen Rechtslage zu beurteilen72. Ein Erwerb eines Grundstückes aus dem scheinbaren „Eigentum des Volkes" aufgrund einer vermuteten Scheinverfügungsbefugnis ist demgemäß nicht anzuerkennen73. Eine gesetzliche Anerkennung des gutgläubigen Erwerbes von Verfügungsbefugten i. S. d. § 6 Abs. 1 a) VZOG enthält auch der später durch das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz74 eingeführte § 11 Abs. 1 Grundbuchbereinigungsgesetz (GBBerG) nicht. Nach dieser Vorschrift gilt der Grundsatz der Voreintragung des Bewilligenden aus § 39 GBO nicht für Verfügungen nach § 8 VZOG (§ 6 VZOG a.F.75). Die Einführung des § 11 Abs. 1 GBBerG wurde aus folgenden Gründen notwendig. Der grundbuchmäßige Vollzug einer Verfügung kann im Grundsatz nach §§19 und 39 GBO nur erfolgen, wenn der im Grundbuch als Berechtigte eingetragene Rechtsinhaber die Bewilligung erteilt. Der § 39 GBO stellt sicher, daß eine stufenweise Entwicklung im Grundbuch nachvollziehbar ist. Der Letzteingetragene ist regelmäßig der Bewilligende76. Von diesem Grundsatz läßt § 40 GBO Ausnahmen zu, insbesondere bei der Bewilligung durch einen Erben des eingetragenen Rechtsinhabers. Die Voreintragung des Erben ist für das Grundbuchverfahren nicht notwendig77. Es kommen, wie auch bei § 892 BGB (positive Kenntnis) und § 932 Abs. 2 BGB (auch grob fahrlässige Unkenntnis) unterschiedlich „Grade" des guten Glaubens in Betracht. Das VZOG hat im übrigen an anderer Stelle die für notwendig erachtete Gutgläubigkeit gesetzlich auch normiert. So bestimmt § 2 Abs. 1 a) S. 4 VZOG, daß eine öffentliche Restitution beim gutgläubigen Erwerb ausgeschlossen ist. Zwar hat diese Regelung durch die spätere Einführung des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG bzgl. der Gutgläubigkeit keine Bedeutung mehr. Es läßt sich aber im Umkehrschluß feststellen, daß das VZOG dort, wo die Gutgläubigkeit notwendig ist, auch eine diesbezügliche Regelung getroffen hat. 72 Westermann JuS 1963, 1,2. 73 So auch Grün ZIP 1998, 321, 327; a.A. Walter DtZ 1996, 226, 229. 74 V. 20. 12. 93 BGBl. 1993 I, S. 2182. 75 § 11 Abs. 1 GBBerG nimmt auf § 8 VZOG Bezug, weil mit dem RegVBG auch die Umnummerierung des § 6 in § 8 VZOG erfolgte, vgl. Synopse im Anhang I. 76 Demharter, § 39 GBO; Rn. 7; Baur/Stürner,Sachenrecht, § 16 IV, S. 149. 77 Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 141 f.; Baur/Stürner Sachenrecht, § 16IV, S. 149.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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Bei Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefugnis des § 6 VZOG (später § 8 VZOG) könnte nach dem Grundsatz der §§ 19 und 39 GBO durch den Verfügungsbefugten keine Bewilligung einer Grundbucheintragung erfolgen. Um dennoch den grundbuchmäßigen Vollzug einer Verfügung zu erreichen, sollte der § 40 analog angewendet werden78. Zur Absicherung dieser Verfahrensweise 79 Schloß der Gesetzgeber die zur Analogie führende Regelungslücke durch die Einführung des § 11 Abs. 1 GBBerG 80. Durch diese Vorschrift wird klargestellt, daß es bei Verfügungen der Verfügungsbefugten des § 8 VZOG (§ 6 VZOG) einer Voreintragung nicht bedarf® 1. Es wird eine weitere Ausnahme zu § 39 GBO normiert, die unnötige Schreibarbeiten des Grundbuchamtes vermeiden soll82. Ein gutgläubiger Erwerb wird dadurch genauso wenig ermöglicht, wie durch § 40 GBO. Es bleibt neben der Grunbuchverfahrensweise nach § 11 Abs. 1 GBBerG die Möglichkeit der Eintragung des Betroffenen. Nur diese Voreintragung kann einen gutgläubigen Erwerb nach § 892 BGB ermöglichen83. Bei einer Verfügung ohne Voreintragung verbleibt es bei den vorgenannten Ausführungen, sodaß ein gutgläubiger Erwerb ausscheidet84. (5) Gutgläubiger Erwerb gemäß § 892 BGB nach Übertragung der Buchposition „Eigentum des Volkes" auf die Verfügungsbefugten des VZOG Die Möglichkeit eines Rechtsscheinerwerbes vom Verfügungsbefugten über § 892 BGB hat später auch der BGH in seinem Urteil zu § 8 VZOG a.F.85 angenommen. Im Vorgriff auf die spätere Entwicklung der Verfügungsbefugnis muß daher zu den gerichtlichen Ausführungen in Bezug auf § 8 VZOG a.F. Stellung genommen werden. Der BGH hat sinngemäß folgendes ausgeführt. Mit der Verfügungsbefugnis sollte den Befugten eine dem § 891 BGB entsprechende Buchposition eingeräumt werden. Das Grundbuchamt sei an die Vermutung insoweit gebunden und der grundbuchmäßige Vollzug von Verfügungen möglich. Auch einem gutgläubigen Erwerb über § 892 BGB stände somit nichts entgegen. 78 Vgl. nur Schmidt-Räntsch ZIP 1991,973,978. 79 Darüber hinaus wurde als mißlich empfunden, daß § 40 analog GBO bei der Bewilligung eines Grundpfandrechtes nicht zur Anwendung kommen kann. Deshalb eröffnet der § 11 GBBerG auch die Möglichkeit der Grundstücksbelastung ohne Voreintragung, vgl. dazu Keller BWNotZ 1994,73, 79. so Böhringer OtZ 1993, 336, 337. 8» Böhringer in Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, § 11 GBBerG, Rn. 14 und Anhang zu §11 GBBerG. 82 Böhringer in Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, § 11 GBBerG, Rn. 1. 83 Böhringer in Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, § 11 GBBerG, Rn. 2. 84 Grün ZIP 1998, 321, 327 (anders noch in ZIP 1997,491,493). 85 BGH Urt. v. 19. 6. 98 - V ZR 356/96 = ZIP 1998, 1324 ff.; dem folgend OLG Dresden Urt.v.27. 8. 98-19 U 1762/96. *

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

Zunächst kann, ebenfalls mit dem BGH-Urteil, festgestellt werden, daß der Gesetzgeber die Einräumung einer Buchposition nicht gewollt hat. So kam auch der BGH nicht umhin, anzumerken, daß der eigenen Entscheidung die Gesetzesmaterialien entgegenstehen86. Aber nicht nur aus dem Inhalt der Gesetzesmaterialien, sondern auch aus den tatsächlichen Regelungen wird deutlich, daß der Gesetzgeber dem Verfügungsbefugten gerade keine verfahrensmäßige Buchposition, sondern eine eigene, materielle Rechtsposition einräumen wollte. So spricht § 8 Abs. 1 VZOG (§ 6 VZOG a.F.) von einer ,3efugnis zu verfügen" und in Abs. 2 S. 2 werden die „auf Grund der Vertügungsermächtigung vorgenommen Rechtsgeschäfte" als die eines Berechtigten angesehen87. Wäre, wie der BGH meint, die Erweiterung der Vermutung des § 891 BGB auf die Verfügungsbefugten gewollt gewesen, so hätte eine gesetzliche Regelung erfolgen können, daß und unter welchen Voraussetzungen diese Vermutung auch zugunsten der jeweiligen Körperschaften streitet, die im Gesetz als „zur Verfügung befugt" benannt werden. Der § 6 VZOG und später § 8 VZOG haben aber immer die Regelung enthalten, daß eine Befugnis zu verfügen bestehe und getroffene Verfügungen als die eines Berechtigten gelten. Außerdem war immer klar, daß mit der Verfügungsbefugnis nicht auch eine Vermutung des Eigentums zugunsten des Verfügungsbefugten besteht. Sie sollte gerade unabhängig vom Eigentum bestehen88. Mit der Verfügungsbefugnis des VZOG hat der Gesetzgeber niemals einen Rechtsschein dergestalt begründen wollen, daß die Verfügungsbefugten eigentlich die einzutragenden neuen 86 So heißt es auf S. 12 des Urteil: „vgl. demgegenüber die Gesetzesmaterialien ... zu § 8 VZOG n.F."; Raisch, Juristische Methoden, S. 154 äußert sich allgemein zur Bedeutung dieser Materialien so: „ . . . in Zweifelsfällen können die Gesetzesmaterialien über die Meinung des Gesetzgebers zu dem Wortgebrauch weiterhelfen." 87 So hat der BGH an anderer Stelle (VIZ 1996, 273, 274) auch ausgeführt: „Denn die gesetzliche Ermächtigung begründet, wie die Einwilligung nach § 185 BGB, die Zuständigkeit, jedenfalls ab dem Inkrafttreten des VZOG über das Eigentum im eigenen Namen zu verfügen ... Ob die Eintragung [Eigentum des Volkes] materiell zutreffend ist und wem das Grundstück oder das Gebäude zusteht oder zu übertragen ist, ist für die Verfügungsbefugnis ohne Bedeutung." Hier spricht der gleiche BGH-Senat keineswegs von einer reinen Buchposition. 88 Einhellige Auffassung, soweit es um öffentliches Eigentum geht, vgl. Allg. Auffassung: BT-Drs. 12/555 S. 167; Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 6.13, S. 78, Dicke in Kimme; § 8 VZOG, Rn 17; Leitschuh/Lange in Rädler/ Raupach / Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR; § 8 VZOG Rn. 9 st reitig soweit es um privates Eigentum geht, vgl. Bundesministerium des Innern in Infodienst Kommunal Nr. 24 v. 19. April 1991 abgedruckt bei Schmidt-Räntsch, RVI, Nr. 170.1 S. 10; Eickmann, Grundstücksrecht in den neuen Bundesländern, S. 27 Rn. 56; Försterling, Recht der offenen Vermögensfragen, S. 85 Rn. 222; Schmidt-Räntsch ZIP 1991, 973, 977 ders. DtZ 1991, 169, 173 Böhringer OVspez. 20/93 S. 6; ders. ZAP-Ost, Fach 7 S. 156; ders. BWNotZ 1993, 78, 80; Frenz DtZ 1993, 41,42; Moser-Merdian/Flik/Keller, Das Grundbuchverfahren in den neuen Bundesländern, Rn. 148, 169, 201; Schmidt LKV 1992, 154, 157; Brettholle/Köhler-Apel in R / R / B , § 2 VermG, Rn. 60 unter Hinweis auf

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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Eigentümer sind und deshalb bereits vor ihrer Eintragung die Vermutung gemäß § 891 BGB für die Verfügungsbefugten streitet89. Es ist in diesem Zusammenhang nochmals auf die Regelung des § 2 Abs. la) S. 4 VZOG hinzuweisen. Dort hat der Gesetzgeber die Notwendigkeit eines gutgläubigen Erwerbes für den Ausschluß der Restitution geregelt. Es muß die Frage erlaubt sein, warum ausgerechnet mit der Bestimmung des § 8 VZOG, der Verfügungen als die eines Berechtigten ansieht, ein gutgläubiger Erwerb ermöglicht werden sollte. Es hätte nahe gelegen, daß der Gesetzgeber dann in § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG ebenfalls die Notwendigkeit eines guten Glauben des Erwerbers normiert hätte und zwar als Voraussetzung für die Gleichstellung mit Verfügungen eines Berechtigten. Gerade dies hat der Gesetzgeber aber nicht getan. Man muß dem BGH-Urteil auch entgegenhalten, daß ein alleiniger gutgläubiger Erwerb über § 892 BGB bereits nach dem Wortlaut des § 8 VZOG (§ 6 VZOG) nicht gewollt war. Wäre dem nämlich so, so wäre zugleich klar, daß ein Eigentümer, der sein Eigentum wegen eines gutgläubigen Erwerbes verliert, nach den Regelungen des Bereicherungsrechts einen Ausgleich erhält. Nun hat aber § 8 VZOG (§ 6 VZOG) mit den Absätzen 4 und 5 eigene Ausgleichsregelungen getroffen, die eine Besserstellung der betroffenen Eigentümer beinhaltet90. Solcher Regelungen hätte es nicht bedurft und sie wären auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz, wenn ein Eigentümer grundsätzlich, abgesehen vom verschuldensabhängigen Anspruch nach den §§ 989, 990 BGB analog, nur den Erlös auch unterhalb des Wertes nach § 816 Abs. 1 BGB erhält, während ein Eigentümer, der wegen § 8 VZOG sein Eigentum verliert, aber in jedem Fall mindestens den Wert des Gegenstandes bekommen soll. Dies ist vom Gesetzgeber so nicht gewollt gewesen. Er hat mit § 8 VZOG eine materielle Rechtsposition geschaffen, deren Folgen über die ebenfalls neu geschaffenen Regelungen des § 8 Abs. 4 und 5 VZOG erfolgen. Der BGH stellt in der eingangs genannten Entscheidung fest, daß das Grundbuchamt an die Vermutung zugunsten der Verfügungsbefugten gebunden ist. Woraus sich dies ergeben soll, läßt er, sicher nicht ohne Grund, offen. Der § 8 VZOG wie seine Vorgängerbestimmungen enthalten dazu jedenfalls keine Regelung, obwohl das VZOG eine Bindung des Grundbuchamtes sehr wohl kennt. So versagt § 3 Abs. 2 VZOG dem Grundbuchamt eine Prüfungskompetenz zur Frage, ob ein Feststellungsbescheid darüber, wer der neue Eigentümer ist, rechtmäßig ist. Die vom BGH angenommene Bindung des Grundbuchamtes ergibt sich da-

Gohrke ZOV 1997, 224; Lipps VIZ 1991, 14, 15 der aber verfassungsrechtliche Bedenken hat; unklar Albrecht VIZ 1991, 88, 91; vgl. auch BezG Dresden Beschluß v. 30. 10.1992-2 T717/92 = VIZ 1993,160,161 =Rpfleger 1993,190; LG Dresden Beschluß v. 23. 11.19952 Τ 0789/95. 89 Keller VIZ 1996, 16, 19 m. w. Ν. 90 Siehe dazu § 4 Β. II. 1.

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

her allein aus der Tatsache, daß der § 8 VZOG die Befugnis zu verfügen einräumt und nach § 40 analog GBO bzw. später nach § 11 GBBerG eine Voreintragung der Verfügungsbefugten ausnahmsweise entbehrlich ist. Damit ist aber eine materielle und nicht nur eine rein formelle Befugnis verbunden, denn für eine formelle Befugnis hätten die Bestimmungen zur Modifizierung des formellen Grundbuchrechtes ausgereicht. Entscheidender als die vorgenannten Überlegungen erscheint aber folgendes. Geht man mit dem BGH von einer Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbes nach § 892 BGB aus, so ergibt sich eine Frage. Nach § 892 BGB wird der Inhalt des Grundbuches zugunsten eines Erwerbes als richtig vermutet. Nach Auffassung des BGH soll § 8 VZOG statt § 891 BGB die Verfügungsbefugten an die Stelle eine Buchberechtigten setzen. Ein gutgläubiger Erwerb setzt begrifflich den guten Glauben des Erwerbers voraus. § 892 BGB verlangt insoweit, daß dem Erwerber die Unrichtigkeit des Grundbuches nicht bekannt ist, mit anderen Worten er an das Recht des Eingetragenen glaubt. Welches Recht soll dies bei einem Verfügungsbefugten sein? Da mit der Verfügungsbefugnis nichts über das Eigentum ausgesagt wird, kann es sich bei dem maßgeblichen Recht nicht um dieses Eigentum handeln. Es ist aber kein anderes Recht ersichtlich, welches hypothetisch eingetragen sein könnte, wenn man über § 8 VZOG eine Buchposition i. S. d. § 891 BGB annimmt.

Woran soll denn der Erwerber glauben, wenn er weiß, daß der Veräußerer Verfügungsbefugter nach § 8 VZOG keineswegs auch der Eigentümer sein muß? Ein Erwerber kann letztlich nur an den Bestand der Verfügungsbefugnis glauben und diese Befugnis hat zunächst nur der Rechtsinhaber. Aus § 8 VZOG (§ 6 VZOG) resultierte nach der Auffassung des BGH nicht die Befugnis über fremde (scheinbar volkseigene) Grundstücke zu verfügen. Mangelt es aber an einer weiteren, gesetzlichen Verfügungsbefugnis neben der des Rechtsinhabers, so kann eine dennoch getroffene Verfügung nur beim Schutz des Guten Glauben an die Verfügungsbefugnis wirksam sein. Der Schutz eines guten Glaubes an die Verfügungsbefugnis ist jedoch weder in § 892 BGB noch im VZOG gesetzlich normiert worden. Der § 8 VZOG (§ 6 VZOG) legt deshalb näher, daß die dort Genannten unmittelbar zur Verfügung befugt sind und darüber hinaus seitens eines Erwerbers an nichts geglaubt werden muß. Wie sonst ist § 8 Abs. 2 S. 1 VZOG zu verstehen, wonach trotz der (zusätzlich) eingeräumten Verfügungsbefugnis die Verfügungsbefugnis des Eigentümers unberührt bleibt. Wie kann dies sein, wenn nach der BGH-Auffassung die Verfügungsbefugten als (Buch-)Berechtigte zu behandeln sind, zu deren Gunsten die Vermutung des § 891 BGB streitet. Der gute Glaube eines Erwerbes muß gemäß § 892 BGB doch darauf gerichtet sein, daß der verfügende Buchberechtigte auch der materiell Berechtigte (im Sinne der Rechtsinhaberschaft) ist. Dies ist aber, wenn § 8 VZOG, wie der BGH urteilt, keine weitere materielle Berechtigung schafft, nur der wahre Eigentümer. Seine Verfügungsbefugnis soll aber wiederum unberührt

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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sein. Allein dieser Wortlaut des § 8 VZOG läßt die Annahme eines gutgläubigen Erwerbes zweifelhaft erscheinen. Zutreffender ist die Annahme einer materiellen Befugnis aus § 8 VZOG. Der BGH billigt im Ergebnis den Verfügungsbefugten keine Buchposition gemäß § 891 BGB zu, sondern eine Bewilligungsbefugnis im Sinne des Grundbuchverfahrensrechtes, mithin im Sinne des § 19 GBO. Damit erklärt sich auch die von ihm postulierte Bindung des Grundbuchamtes91. Böhringer 92, der sich selbst als „Vater" der Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG (§ 6 VZOG) bezeichnet93, hat zutreffend ausgeführt, daß die Bewilligungsbefugnis nach § 19 GBO nicht mit der Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG auf gleicher Stufe steht. Letztere Rechtsnorm sei eine materielle Vorschrift hinsichtlich der Verfügungsbefugnis einer anderen Person als des tatsächlichen Rechtsinhabers. Dagegen führe die Bewilligungsbefugnis nur dazu, daß das Grundbuchamt die materielle Berechtigung des Bewilligenden nicht zu prüfen hat. Die rein verfahrenstechnische Bewilligungsbefugnis sage aber nichts über eine materielle Berechtigung aus. Räumt man, wie der BGH, den Verfügungsbefugten nur eine Bewilligungsbefugnis ein, so mangelt es an einer Rechtsposition, die Grundlage eines gutgläubigen Erwerbes sein kann. Die Auffassung des BGH führt im übrigen zu einer weiteren erstaunlichen Konsequenz. Billigt man den Verfügungsbefugten nur eine Buchposition nach § 891 BGB zu und ist demgemäß ein rechtswirksamer Erwerb nur nach § 892 BGB möglich, so kann vom Verfügungsbefugten nur erwerben, wer durch ein Verkehrsgeschäft erwirbt. Als Investor, der Grundstücke erwerben will und muß, kommen daher kommunale Unternehmen, d. h. eigene Unternehmen der Verfügungsbefugten, nicht in Betracht. Eine Veräußerung an sie würde kein Verkehrsgeschäft darstellen und mithin keinen sicheren Eigentumserwerb ermöglichen. Gerade diese eigenen Gesellschaften der Verfügungsbefugten sind aber die größten Investoren im Bereich des Wohnungsvermögens in der ehemaligen DDR. Natürlich läßt sich dem entgegenhalten, daß in allen Fällen, in den der Verfügungsbefugte zugleich der neue Eigentümer ist, ein materieller Erwerb vom Berechtigten erfolgt und auf § 892 BGB gar nicht zurückgegriffen werden muß. Das Problem besteht nur darin, daß die Beteiligten in Bezug auf ein konkretes Grundstück gerade nicht wissen, ob es der einen oder der anderen Kategorie zuzuordnen ist, ob also gerade ein Erwerb vom Berechtigten oder vom Nichtberechtigten vereinbart wird. Damit wäre eine Veräußerung an kommunale Unternehmen nur verbunden mit dem Risiko möglich gewesen, daß in fremde Grundstücke investiert 91 Der BGH (S. 12 des Urteil) versucht die Bindung des GB A deshalb auch mit einer Kommentarstelle zu § 19 GBO zu begründen. 92 VIZ 1998,424.

93 Böhringer OVspez. 16/97, S. 286.

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wird und ein Aufwendungs- und Verwendungsersatz nur beschränkt erfolgt, nämlich nach den §§ 987 BGB bzw. dem Bereicherungsrecht. Hinzu kommt, daß im Einzelfall für die Ausgleichsfrage im Rahmen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses die Frage der Gut- oder Bösgläubigkeit jedenfalls zweifelhaft sein kann94. Im Ergebnis wäre damit aus Sicht kommunaler Unternehmen ein Erwerb vom Verfügungsbefugten, jedenfalls aber eine Investition in solche Grundstücke nicht zu verantworten gewesen. Die öffentliche Hand, vertreten durch ihre Unternehmen, hätte als Investor ausscheiden müssen. Dies aber kann nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen sein. Auch unter Zugrundelegung der hier vertretenen Auffassung, daß die Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 a.F. VZOG unabhängig von der materiellen Eigentumslage ex lege besteht, ist ein gutgläubiger Erwerb nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB nicht möglich. Die ex lege verliehene Verfügungsbefugnis besteht für die in § 6 Abs. 1 a.F. VZOG genannten Körperschaften unabhängig davon, ob sie tatsächlich der neue Eigentümer sind95. Mithin sagt die Verfügungsbefugnis nichts, einem Erbschein vergleichbares, über eine Rechtsnachfolge aus96. Die Befugnis zu verfügen besteht gerade ohne Bezug zu einer Einzelrechtsnachfolge nach den Bestimmungen des Einigungsvertrages. Ein zweiteiliger Rechtsscheintatbestand, wie er vergleichsweise durch das Zusammenwirken von § 892 und § 2366 BGB erreicht wird, entsteht mit der Verleihung der Verfügungsbefugnis nicht. Nun wird in § 6 Abs. 2 S. 2 a.F. VZOG bestimmt, daß die Verfügungen als die eines Berechtigten gelten. Nach dem Wortlaut könnte man in dieser Fiktion einen Rechtsscheintatbestand sehen. Die Fiktion der „Berechtigung" ist aber nicht an einen guten Glauben oder sonstige Voraussetzungen in der Person eines Erwerbers gebunden. Voraussetzung ist allein die Eintragung von Eigentum des Volkes im Grundbuch. Die Richtigkeit dieser Eintragung ist nicht Tatbestandsmerkmal97. Räumt der Gesetzgeber aber unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung im Grundbuch eine Verfügungsbefugnis ein, so bedarf es des Rückgriffes auf § 892 BGB nicht. Der durch diese Vorschrift geschützte gute Glaube an die Richtigkeit eines Grundbucheintrages wird nicht relevant, wenn die Richtigkeit der Eintragung 94 Stellwaag (in R / R / B , Vorbemerkungen zu §§ 11- 16 VZOG) schrieb im Zusammanhang mit § 2 Abs. 1 a) S. 4 und § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG: „Streit über die Frage der Gutoder Bösgläubigkeit wirkt sich hemmend auf den Rechtsverkehr aus. Derartige Hemmnisse sollen gerade vermieden werden.44. 95 Allg. Auffassung, vgl. nur Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 6.13, S. 78. 96 Böhringer OVspez. 20/93 S. 6; dasselbe gilt für einen VZOG-Bescheid, vgl. LG Leipzig 1997, 368. 97 Dies hat der Gesetzgeber später mit dem WoModSiG eindeutig klargestellt, vgl. Synopse im Anhang I.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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unbeachtlich ist. Die mögliche Unrichtigkeit des Grundbuches ist bereits dadurch überwunden, daß die Verfügungsbefugnis an den tatsächlichen Grundbucheintrag anknüpft 98. Bezüglich dieses Eintrages muß ein Erwerber nicht gutgläubig sein. Ist der Eintrag von Eigentum des Volkes und einer entsprechenden Rechtsträgerschaft vorhanden, dann besteht nach der gesetzlichen Anordnung des § 6 Abs. 1 a.F. VZOG eine Verfügungsbefugnis. Der Sinn der Verfügungsbefugnis besteht u. a. darin, daß ein Erwerber über die Feststellung des tatsächlichen Grundbucheintrages hinaus keine weiteren Nachforschungen anstellen muß99. Solche Nachforschungen hätten eine Rechtsunsicherheit enthalten, die potentielle Erwerber vom Kauf abhalten hätte können. Solche Investitionshemmnisse sollten aber gerade überwunden werden. Ist also allein der Grundbucheintrag Grundlage der Anordnung der Verfügungsbefugnis und der Berechtigungsfiktion nach § 6 Abs. 2 S. 2 a.F. VZOG, so gibt es darüber hinaus keine Erwerbsvoraussetzungen, die ein Erwerber prüfen bzw. auf die er gutgläubig vertrauen müßte100. Der Gesetzgeber hat damit eine Erwerbsmöglichkeit vom nur formell Berechtigten geschaffen, ohne die Grundsätze des gutgläubigen Erwerbes heranzuziehen101. Fingiert das Gesetz für einen aus dem Grundbuch legitimierten Verfügungsbefugten unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung die Befugnis als Berechtigter zu verfügen, so bleibt für einen gutgläubigen Erwerb gemäß § 892 Abs. 1 S. 1 BGB kein Raum. Nicht der gute Glaube eines Erwerbes, sondern die gesetzliche Anordnung der Verfügungsbefugnis überwindet die möglicherweise falsche Grundbucheintragung. Fazit: Es kann nach alledem festgehalten werden, daß die Verkehrsfähigkeit von Grundstücken, die im Grundbuch als „Eigentum des Volkes" geführt werden, nur dann gewährleistet ist, wenn unabhängig von der materiellen Zuordnungs- und Eigentumslage eine gesetzliche Verfügungsbefugnis besteht, wie sie § 6 Abs. 1 VZOG a.F. angeordnet hat 102 . Weder zur Begründung noch im Wege der ex post Betrachtung ist die Verfügungsbefugnis davon abhängig, daß die Eintragung der wahren Rechtslage entspricht. Die Rechtssicherheit gebietet die Anknüpfung an bereits feststehende Tatsachen103 statt an einen nicht gesetzlich normierten Gutglaubenstatbestand. Ein Grundstück, das im Grundbuch noch als Eigentum des

98 BT-Drs. 12/449 zu § 4 b neu S. 18 - „grundbuchklarer Anknüpfungspunkt". 99 Vgl. nur Köther, Der Umfang der Prüfungspflicht im Grundbuchrecht, Diss., Würzburg, 1981, S. 198. •oo Eickmann, Grundstücksrecht in den neuen Bundesländern, 2. Aufl. S. 27, Rn. 56; Böhringer OVspez. 16/97 S. 266. ιοί Gohrke ZOV 1997,224. 102 Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 6.13, S. 78. 103 Wilhelms ZOV 1997, 347.

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Volkes geführt wird, kann nämlich nicht nach § 892 Abs. 1 S. 1 BGB gutgläubig erworben werden 104.

dd) Keine Änderung der materiellen Zuordnung Ein weiteres, häufig anzutreffende Argument ist, daß das Feststellungsverfahren nach dem VZOG keine Veränderungen der materiellen Rechtslage bewirken soll. Das Verfahren soll nur deklaratorisch sein und dem Grundbuchvollzug der bereits erfolgten materiellen Eigentumszuordnung des Einigungsvertrages dienen. Ließe man Verfügung zu Lasten der wahren Privateigentümer zu, so würde man vollendete neue Eigentumsverhältnisse schaffen. Dem kann im Grundsatz ebenfalls nicht widersprochen werden. Indes ergibt sich bereits aus § 6 Abs. 4 VZOG a.F., daß der Gesetzgeber die Schaffung neuer Eigentumslagen ermöglichen wollte. Soweit nämlich zu Lasten anderer öffentlicher Eigentümer verfügt wird, werden diese auf den Erlös oder Verkehrswert als Surrogat verwiesen. Das zunächst per Einigungsvertrag erworbene Eigentum ist anderweitig vom Berechtigten gemäß § 6 Abs. 1 und 2 S 2 VZOG a.F. veräußert worden und auf den Erwerber übergegangen. Klar ist damit zunächst, daß öffentliches Eigentum durch die Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefugnis überwunden werden kann. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 VZOG knüpft wie gezeigt an den Grundbucheintrag an. Sie entsteht ohne Beachtung der Eigentumsverhältnisse an dem betroffenen Grundstück. Demgemäß überwinden von ihr getragene Verfügungen auch die materielle Rechtslage ohne Differenzierung danach, ob privates oder öffentlichen Eigentum betroffen ist. Der Gesetzgeber hat die aus dem Grundbucheintrag hervortretende Prognose, daß durch den Einigungsvertrag öffentliches Eigentum an dem betroffenen Grundstück entstanden ist, als ausreichend erachtet. Erfüllt sich diese Erwartung später nicht, so ändert dies nichts an der gesetzlichen Verfügungsbefugnis des §6 Abs. 1 VZOG.

ee) Die „Rechte Dritter" nach § 6 Abs. 2 S. 1 a.F. VZOG Gegen eine Verfügungsbefugnis über nur scheinbar volkseigene Grundstücke wendet das OLG Dresden in stetiger Senatsrechtsprechung ein, daß, wenn ein Zordnungsbescheid nach dem VZOG private Rechte Dritter unberührt lasse, dies auch für Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefugnis gelten müsse, weshalb Verfügungen zu Lasten privater Eigentümer ausscheiden müssen. 104 So auch Grün ZIP 1998, 321, 327 (anders noch in ZIP 1997, 491,493); SchmidtRäntsch ZIP 1996, 1854, 1862; unklar Horn, Das Zivil- und Wirtschaftsrecht im neuen Bundesgebiet, 2. Aufl. 1993, § 11 Rn. 72.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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Das OLG beruft sich insoweit auf die §§ 2 Abs. la S. 3 und 6 Abs. 2 S. 1 a. F. VZOG 105. Diese Vorschriften und weitere gesetzessystematische Überlegungen stehen aber einer Verfügungsbefugnis zu Lasten privater Grundstückseigentümer nicht entgegen.

Nach § 2 Abs. la S. 3 VZOG a.F. 106 ergeht ein Feststellungsbescheid vorbehaltlich „privater Rechte DritterDiese Vorschrift stellt die rein deklaratorische Wirkung des Zuordnungsbescheides nochmals klar. Sie enthält aber keine Aussage über die möglichen Wirkungen einer Verfügung nach § 6 Abs. 1 VZOG a.F. Außerdem wird sie durch die insoweit speziellere Vorschrift des § 6 Abs. 2 S. 1 VZOG a.F. (später § 8 Abs. 2 S. 1 VZOG) verdrängt. Danach bleiben „Rechte Dritter" neben der Verfügungsbefugnis des Eigentümers und des treuhänderischen Verwalters unberührt. Die Norm bestimmt zunächst, daß Rechte Dritter von der Einräumung einer (weiteren) Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 VZOG unbe rührt bleiben. So wie die Feststellung in einem Zuordnungsbescheid nicht in der Lage ist, die materielle Rechtslage zu ändern, so bewirkt die Schaffung einer von der Eigentumslage losgelösten Verfügungsbefugnis keine Veränderung der Rechte Dritter in Bezug auf den Vermögensgegenstand. Exemplarisch ist insoweit die uneingeschränkt fortbestehende Verfügungsbefugnis des wahren Eigentümers als Bestandteil seines Rechtes genannt. Nicht erfaßt sind dagegen die Einflüsse von Verfügungen auf die Rechte Dritter. Erst nach der Anordnung in § 6 Abs. 2 S. 1 VZOG a.F., daß Rechte Dritter unberührt bleiben, bestimmt das Gesetz in § 6 Abs. 2 S. 2 VZOG a.F., daß Verfügungen als die eines Berechtigten gelten. Inwieweit diese Fiktion einen Einfluß auf Rechte Dritter hat, bestimmt § 6 VZOG a.F. nicht 107 . Mit Rechten Dritter ist ζ. B. getrenntes Gebäudeeigentum für ein Gebäude umschrieben, das sich auf einem der Verfügungsbefugnis unterfallenden Grundstück befindet. Dritte im Sinn des § 6 Abs. 2 S. 1 VZOG a.F. sind Personen, die weder Eigentümer noch Verfügungsbefugte sind, so ζ. B. der Inhaber eines privaten (§ 1 VermG) oder öffentlichen (Art. 21 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 S. 7 EV) Restitutionsanspruches. Diese schuldrechtlichen Restitutionsansprüche bleiben unberührt 108. Gemäß § 9 Abs. 1 VZOG a.F. bleiben derartige vermögensrechtliche Ansprüche auch bei Verfügungen nach § 6 Abs. 1 VZOG a.F. unberührt. Die Unterscheidung zwischen der Verfügungsbefugnis des (wahren) Eigentümers eines Grundstücks und Rechten Dritter in § 6 Abs. 2 S. 1 zeigt, daß mit den 105 Vgl. nur OLG Dresden VIZ 1996,732,733. 106 Die Regelung wurde nach der Neufassung des VZOG durch das 2. VermRÄndG v. 14. Juli 1992 in § 2 Abs. la S. 3 VZOG eingefügt. 107 Anders wohl BMI in Infodienst Kommunal v. 19.4. 91, Nr. 24, S. 4.

io» Teige/Rauch VIZ 1997, 622 (zu § 8 VZOG n.F.); Schmidt LKV 1992, 154, 157 versteht unter „Rechte Dritter" die Rechte früherer Eigentümer.

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

letztgenannten Rechten nicht das Eigentumsrecht selbst gemeint sein kann. Der Eigentümer kann nicht zugleich Dritter im Sinne des Gesetzes sein. An dieser Stelle soll nochmals ein Vorgriff auf die Änderung des VZOG durch das Registerverfahrenbeschleunigungsgesetz erfolgen. In § 2 Abs. 1 wurde folgender Satz eingefügt: „Er (der Bescheid) ergeht ansonsten vorbehaltlich des Eigentums, der Rechtsinhaberschaft oder sonstiger privater Rechte Dritter ... an dem Vermögensgegenstand."109. Damit wird in dem geänderten § 2 VZOG das Eigentum als ein („oder") sonstiges privates Recht Dritter beschrieben. Dagegen blieb in § 8 Abs. 2 S. 1 VZOG (vormals § 6 Abs. 2 S. 1 VZOG) bei der Aufzählung von Verfügungsbefugnis des Eigentümers, des Treuhänders sowie Rechten Dritter. Hätte der Gesetzgeber einen gleichlautenden Vorbehalt wie in § 2 Abs. 1 VZOG gewollt, so hätte es zumindest der Verwendung der Bezeichnung „privater Rechte Dritter" bedurft. Durch die unterschiedlichen Formulierungen hat der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, daß gerade das (nicht genannte) Eigentum eines Dritten kein Recht nach § 8 Abs. 2 S. 1 VZOG (vormals § 6 Abs. 2 S. 1 VZOG a.F.) sein soll.

Verfugungen aufgrund der Verfügungsbefugnis des VZOG können daher im gensatz zu Zuordnungsbescheiden zu Lasten privaten Eigentums erfolgen.

ff) Die Fiktion der Verfügung als „Berechtigter" Letztlich wurde und wird gegen eine Verfügungsbefugnis über nur scheinbar volkseigene Grundstücke folgendes eingewandt. Nach § 6 Abs. 2 S. 2 VZOG a.F. gelten die aufgrund der Verfügungsbefugnis vorgenommenen Rechtsgeschäfte zwar als die eines „Berechtigten". Mit der Person eines „Berechtigten" sei aber nur ein Zuordnungsberechtigter im Sinne des VZOG gemeint110. Die möglichen „Berechtigten" in diesem Sinne nennt § 1 Abs. 6 a.F. VZOG, der ihnen ein Antragsrecht für die Durchführung eines VZOG- Verfahrens einräumt. Antragsberechtigt sind aber nur die nach Art. 21 ff. EV möglichen Zuordnungsprätendenten, mithin nur Körperschaften des öffentlichen Rechtes. Mit der „Berechtigung" sei daher nur die nach dem VZOG, nicht aber die nach § 873 Abs. 1 BGB, gemeint111. Hinzu komme, daß in § 6 Abs. 4 a.F. VZOG nur für solche Berechtigte, die aus einem Feststellungsbescheid hervorgehen, ein Ersatzanspruch für den 109 Art. 16 RegVBG v. 20 Dezember 1993, BGBl. 1993 I, S. 2226. no Diese inhaltliche Unterscheidung zwischen verschiedenen Berechtigten führt trotz der eindeutigen Formulierung des § 6 Abs. 2 S. 2 VZOG (§ 8 Abs. 2 S. 2 VZOG), daß die Verfügungen als die eines Berechtigten gelten, zu folgender Fragestellung (Haegele /Schöner/ Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 4207): „Nicht vollständig ist geklärt, ob der Erwerb nach § 8 VZOG einen Erwerb vom Berechtigten" oder „Nichtberechtigten" darstellt,...". m OLG Dresden Urteil v. 30. 10. 9 7 - 7 U 1365/97 = VIZ 1998, 218 = ZIP 1998, 350, zustimmend Grün ZIP 1998, 321.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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Rechtsverlust bei Verfügungen über ihre Grundstücke vorgesehen sei. Ein Bescheid nach §§ 1 und 2 VZOG könne aber nur eine öffentliche Körperschaft als Berechtigten benennen, nicht aber einen Privaten. Für diese ebenfalls gesetzessystematische Auslegung spricht zunächst, daß das VZOG an verschiedenen Stellen den Begriff eines berechtigten" verwendet und ein Begriff in einem Gesetz grundsätzlich auch nur in einem Sinne verwendet wird 112 . Zutreffend ist auch, daß § 1 Abs. 6 a.F. VZOG nur möglichen öffentlichen Eigentümern ein Antragsrecht einräumt 113. Dies resultiert aus der Natur des Feststellungsverfahrens, das im Ergebnis nur die Zuordnung ehemals volkseigener Grundstücke feststellen kann 114 . Zu bedenken ist aber, daß die vorzeitige Verfügungsbefugnis des § 6 a.F. VZOG ihrem Wesen nach außerhalb des eigentlichen Feststellungsverfahrens nach dem VZOG steht. Sie entsteht ex lege, d. h. ohne ausdrückliche Verleihung115 und unabhängig von einem Antragsrecht zur Einleitung eines VZOG- Verfahrens. Die Berechtigung des Verfügungsbefugten ist also nicht unbedingt identisch mit einer Antrags· oder Zuordnungsberechtigung. Ob mit der Fiktion einer Verfügung als Berechtigter tatsächlich nur die Zuordnungsberechtigung gemeint ist, erscheint fraglich. Die Gesetzgebungsunterlagen sind insoweit nicht hilfreich. Die Begriffsbestimmung muß deshalb aus dem Sinn und Zweck der Regelung erfolgen. Der Begriff des Berechtigten nach § 6 Abs. 2 S. 2 a.F. VZOG ist insbesondere im Zusammenhang mit der Regelung in § 6 Abs. 4 S. 2 a.F. VZOG zu betrachten. Nach letztgenannter Vorschrift ist der Erlös aus einer Verfügung nach § 6 Abs. 1 VZOG, mindestens aber der Verkehrswert des betroffenen Vermögensgegenstandes, dem aus einem unanfechtbaren Bescheid über die Zuordnung nach den §§ 1 und 2 hervorgehenden Berechtigten auszukehren. Damit wird sichergestellt, daß der nach den Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums neue Eigentümer 116 für das verlorene Eigentum einen Ersatz erhält. Wieso ist aber überhaupt ein Eigentumsverlust

eingetreten?

Der wahre materielle Berechtigte im Sinne des § 873 Abs. 1 BGB hat keine Verfügung vorgenommen. Wäre dies so, so hätte er selbst auch den Erlös oder einen

112 Eine dem § 2 Abs. 1 VermG vergleichbare Regelung (Legaldefinition des Berechtigten) enthielt und enthält das VZOG nicht. 113 Grün ZIP 1998, 321.

114 Böhringer OVspez. 20/93 S. 6 spricht von einem „Streit der öffentlichen Hand um das Eigentum44. us Infodienst Kommunal v. 19. 4. 91, Nr. 24, S. 22; BT-Drs. 12/5553 S. 167; Leitschuh/ Lange, R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 9. 116 Vgl. Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB in der Fassung durch Anlage I Kap. III,Sachgebiet B, Abschnitt II Nr. 1 zum EV.

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

sonstigen Vorteil aus der Verfügung erhalten. Eine ,Auskehr" an ihn würde in einem solchen Fall ausscheiden. Die Funktion des § 6 Abs. 4 S. 2 a.F. VZOG besteht also darin, die Folgen der Verfügung eines gegenständlich Nichtberechtigten zu regeln. Eine Parallelvorschrift ist § 816 Abs. 1 BGB. Danach gilt folgendes: Trifft ein Nichtberechtigter eine Verfügung, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, so ist er (der Nichtberechtigte) dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Hier, wie auch bei § 6 Abs. 4 S. 2 VZOG, ist Voraussetzung, daß die Verfügung dem materiell Berechtigten (Eigentümer) gegenüber wirksam ist. Für den § 816 Abs. 1 BGB sind dies insbesondere die Fälle des gutgläubigen Erwerbes nach den §§ 932 ff. BGB bzw. §§ 892, 893 BGB. Bei Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefugnis nach § 6 Abs. 1 a.F. VZOG enthält Abs. 2 S. 2 demgegenüber die Bestimmung, daß die Verfügungen als die eines Berechtigten gelten. Damit enthält § 6 Abs. 2 S. 2 a.F. VZOG eine Fiktion der Rechtsmacht, die Rechte des tatsächlichen Rechtsinhabers und „Berechtigten" zu überwinden, d. h. Verfügungen zu treffen, die ihm gegenüber wirksam sind. Der Ausgleich für die Überwindung der materiellen Berechtigung besteht im Auskehranspruch auf das „aus der Verfügung Erlangte" nach Maßgabe des § 6 Abs. 4 S. 2 a.F. VZOG. Dieser Anspruch tritt im Wege der Surrogation an die Stelle des verlustigen Eigentums. So wie der Auskehranspruch den wahren Eigentümer schützt, so schützt die Fiktion des § 6 Abs. 2 S. 2 VZOG den Erwerber. Der von einem Verfügungsbefugten Erwerbende kann sich darauf verlassen, daß sein Erwerb, sollte er nicht vom Berechtigten erfolgen, zumindest als der vom Berechtigten gilt. Mit der „Berechtigung" nach § 6 Abs. 2 S. 2 a.F. VZOG kann daher nur die sachenrechtlich-materielle, wie sie auch in § 816 Abs. 1 BGB und § 873 Abs. 1 BGB beschrieben ist, . 117

gemeint sein Offenkundig wird dies, wenn man die Gegenauffassung erneut aus der Sicht eines Erwerbes behandelt. Für ihn ist allein maßgeblich, daß der Erwerb vom Verfügungsbefugten zum Eigentumserwerb führt. Nach der hier zu prüfenden Auffassung, soll dies aber nur der Fall sein, wenn tatsächlich Eigentum des Volkes begründet wurde. Nur für diesen Fall könne die Berechtigung des neuen, öffentlichen Eigentümers überwunden werden. Dies kann aber nicht ohne weiteres festgestellt werden. Die Beantwortung der Grundsatzfrage nach der Entstehung von Volkseigentum kann doch gerade noch nicht erfolgen. Macht man dennoch die Entstehung von „Eigentum des Volkes" zur Voraussetzung der Verfügungsbefugnis, so entsteht eine Unsicherheit für den potentiellen Erwerber. Es könnte nämlich sein, daß er dem wahren privaten Eigentümer gemäß i n Thüringer OLG OLG-NL 1995, 44, 45; Moser-Merdian/Flik/Keller, Das Grundbuchverfahren in den neuen Bundesländern,Rn. 203 a.E; Brettholle/Köhler-Apel in R / R / B , § 2 VermG, Rn. 61; Neuhaus in F / R / M / N , § 2 VermG, Rn. 45; Keller VIZ 1996, 16, 22; wohl auch Böhringer MittBayNot 1994, 18, der ausführt, daß es eben auf einen guten Glauben eines Erwerbers, wegen des Erwerbes vom „Berechtigten", nicht ankomme.

Α. Die Verfügungsbefugnis nach § 6 VZOG a.F.

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§ 985 BGB zur Herausgabe verpflichtet ist und er außerdem vom Verfügungsbefugten den Kaufpreis zurückverlangen muß. Die beabsichtigte Verkehrsfähigkeit und sofortige Verkaufstätigkeit der Verfügungsbefugten kann auf diese Weise nicht erreicht werden 118. Dies geht nur, wenn man gänzlich unbeachtet der Eigentumslage eine Verfügung ermöglicht, die allen materiell Berechtigten, seien sie nun öffentliche Körperschaften oder Private, gegenüber wirksam ist. Genau dies bezweckt § 6 Abs. 2 S. 2 a.F. VZOG, mit der Fiktion einer Verfügung als berechtigter". Das vordergründige Argument der Wort- und Sinngleichheit von Berechtigung in § 1 Abs. 6 und § 6 Abs. 2 S. 2 VZOG konteragiert den gesetzgeberischen Willen in sein Gegenteil. Die Schutzbedürftigkeit des Erwerbers wird allgemein anerkannt bei der Verfügung über ehemals wahres Volkseigentum. Sie ist aber in gleicher Form vorhanden bei nur scheinbar volkseigenen Grundstücken. Würde der Schutz nur teilweise gewährt, hätte die Verfügungsbefugnis keinen Beschleunigungseffekt mehr. Die Frage nämlich, ob der Erwerber tatsächlich zu neuem Eigentum erworben hat, stünde erst fest, wenn die Eigentumsfrage geklärt ist. Dann muß aber die Frage erlaubt sein, wozu der Gesetzgeber eine vor der Feststellung des Eigentümers bestehende Verfügungsmacht eingefühlt hat. Resümierend bleibt festzuhalten, daß § 6 Abs. 2 S. 2 a.F. VZOG, wonach die Verfügung eines Verfügungsbefugten als die eines Berechtigten gilt, der Überwindung der materiellen Rechtslage dient und vergleichbar dem § 816 Abs. 1 BGB für die Wirksamkeit der Verfügung gegenüber dem „Berechtigten" sorgt. Begründet wird daher eine materielle Rechtsposition der Verfügungsbefugten, die einen Erwerb vom „Berechtigten" ermöglicht. Die Gegenauffassung, die dem entgegenhält, es mangele an einer Erlösregelung für übergangene Private, verkennt, daß das Fehlen einer Surrogatsregelung die gesetzgeberische Intention nicht widerlegt. Es bleibt zu prüfen, ob es sein kann, daß öffentliche Eigentümer anders als Private für den Eigentumsverlust einen Ersatzanspruch nach § 6 Abs. 4 S. 2 a.F. VZOG erhalten. Daß der Gesetzgeber eine solche ausdrücklich Regelung nicht aufgenommen hat, läßt aber die Absicht, eine rechtssichere Verfügungsbefugnis zu schaffen, unberührt.

c) Zwischenergebnis Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 a) VZOG a.F. sind von der Verfügungsbefugnis der genannten Körperschaften sämtliche Grundstücke umfaßt, die im Grundbuch als „Eigentum des Volkes" eingetragen sind. Die Verfügungsbefugnis ergibt ns Der 12. Senat des BGH (VIZ 1995, 595,596) führte zutreffend aus: „ . . . kann die rechtliche Befugnis der verfügenden Stellen ... nicht in Zweifel gezogen werden. Anderenfalls würde die gesetzlich angeordnete Verfügungsbefugnis in einem nicht unwesentlichen Teilbereich leerlaufen.".

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

sich allein aus dem Grundbuch und der Benennung des konkreten Verfügungsbefugten nach § 6 Abs. 1 VZOG a.F. Die tatsächliche, aber derzeit unbekannte, materielle Rechtslage ist weder für die Begründung noch für eine ex post Betrachtung nach erfolgten Verfügungen maßgeblich. Alle, ohne Beachtung der Eigentumsverhältnisse an dem betroffenen Grundstück, getroffenen Verfügungen gelten gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 VZOG als die eines Berechtigten. Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefugnis führen zu einem Erwerb vom „Berechtigten" i. S. d. §§ 873, 816 BGB. Sie überwinden sowohl öffentliches als auch privates Eigentum am betreffenden Grundstück. Der sein Eigentum verlierende, wahre Eigentümer hat ggf. anderweitige Ausgleichsansprüche119.

B. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG a.F. 120 I . Die Beibehaltung der Verfügungsbefugnis Durch das Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung registerrechtlicher und anderer Verfahren (Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz) wurde das VZOG teilweise geändert. Die Verfügungsbefugnis wurde nunmehr in § 8 VZOG geregelt. An ihrer Regelung wurde festgehalten, denn sie hatte sich bis dato bewährt 121 . Aufgenommen wurden weitere Verfügungsbefugte, die Treuhandanstalt und der Bund, um eine lückenlose Verfügungsbefugnis sicherzustellen122. Für die bereits bisher verfügungsbefugten Gemeinden, Städte und Landkreise wurde die Verfügungsbefugnis auch für solche Fälle eingeführt, in denen ein dingliches Nutzungsrecht eingetragen worden ist. Eine erhebliche Veränderung erfuhr der Absatz 4 des neuen § 8 VZOG unter gleichzeitiger Anfügung des Absatzes 5. Nach § 6 Abs. 4 VZOG a.F. war zwingend der Erlös, mindestens aber der Verkehrswert aus einer Verfügung nach § 6 Abs. 1 VZOG a.F. an den aus einem unanfechtbaren Bescheid nach den §§ 1 und 2 hervorgehenden Berechtigten auszukehren. Mit § 8 Abs. 5 VZOG a.F. wurde den „verfügenden Stellen" eine Ersetzungsbefugnis 123 eingeräumt. Sie konnten statt dieser Auskehr ein Ersatzgrundstück vergleichbaren Wertes oder sogar das betreffende Grundstück zu Eigentum des Berechtigten verschaffen. Diese Regelung er119 Siehe dazu § 4 B. 120 In der Fassung vom 29. März 1994, BGBl. 1994 I, S. 709 aufgrund des Art. 16 des RegVBG vom 20. Dezember 1993, BGBl. 1993 I, S. 2182. 121 BT-Drs. 12/5553 S. 167. 122 BT- Drs. 12/5553 S. 167; Berlit LKV 1994, 153, 154; Böhringer DtZ 1993, 336, 337; Gemmeke OVspez. 14/94, S. 2. 123 Schmidt-Räntsch/Hiestand,RVI, § 8 VZOG, Rn. 27 (Abwendungsbefugnis); so auch Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 4209.

. Die Verfügungsbefugnis nach § VZOG a.F.

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scheint bezüglich der Verschaffung des Grundstückes, über welches gerade verfügt wurde, unverständlich. Gemeint sind damit Fälle, in denen eine Einwirkungsmöglichkeit der ehemals Verfügungsbefugten in der Form besteht, daß sie einseitig das veräußerte Grundstück zurückverlangen können. Dabei kommt insbesondere die Ausübung eines für den Fall der nachträglichen Feststellung des Eigentümers in dem zugrundeliegenden Grundstückskaufvertrag vereinbarten Widerrufs- oder Rücktrittsrechtes durch die Verfügungsbefugten in Betracht 124. Es wird aber auch der Fall erfaßt sein, in denen eine Gesellschafterstellung die Möglichkeit der Anweisung zur Herausgabe des betreffenden Grundstückes eröffnet 125 . Die Kommunen als Allein- oder Hauptgesellschafter ihrer Wohnungsgesellschaften könnten derartige Weisungen erteilen und tun es in der Praxis auch. Zu den weiteren Einzelheiten der Änderungen des § 8 VZOG a.F. kann auf die Gegenüberstellung im Anhang verwiesen werden.

I I . Standpunkte und Stellungnahmen der Rechtsprechung Zur Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG a.F. gab es erstmals eine Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen. Dies lag unter anderem daran, daß die Verfügungsbefugten von ihrer Befugnis in vielerlei Hinsicht Gebrauch machten und die Gerichte gefordert waren, die Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis näher zu konkretisieren. Der 5. Senat des BGH hat in seiner ersten Entscheidung die eingangs aufgeworfene Frage nach der Überwindung privaten Eigentums durch Verfügungen nach § 8 VZOG a.F. ausdrücklich offengelassen 126. Er hatte aber bereits zuvor in einem obiter dictum zur Frage, ob die Verfügungsbefugnis die tatsächliche Entstehung von Volkseigentum voraussetzt, abweichend ausgeführt, daß es allein auf die tatsächliche Eintragung im Grundbuch ankommt127. Die offengelassene Frage nach der Verfügungsbefugnis über nur scheinbar volkseigene Grundstücke war wohl nicht so eindeutig zu beantworten, wie es insbesondere das OLG Dresden bisher getan hatte. Gerade das OLG Dresden sowie einige Landgerichte128 und ein Teil der Literatur 129 hielten trotz Kritik an der Auffassung fest, daß eine Verfügungsbefugnis 124 Zur Rückabwicklung von Verfügungen eines Ermächtigten vgl. Braun ZIP 1998, 1469. 125 BT- Drs. 12/5553 S. 168 nennt den Fall, wenn eine Kommune ihre Wohnungsbaugesellschaft mbH mit zuviel Land ausgestattet hat.

i * BGH Urteil v. 29. 03. 96 - V ZR 326/94 = NJW 1996, 1890 = ZIP 1996, 1059. ι 2 ? BGH Urteil v. 15. 12. 95 - V ZR 110/94 = ZIP 1996, 653, 654 unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 12/449 S. 18 zu § 4b neu. ™ OLG Dresden Beschluß v. 25. 7. 9 6 - 7 W 0536/96 = VIZ 1996, 732; Urteil v. 17. 10. 9 6 - 4 U 1284/96 = VIZ 1997, 102; LG Dresden Urteil v. 8. 5. 96-14 Ο 0751/96; LG Leipzig Beschluß v. 26. 10. 94-12 Τ 4596/94; Beschluß v. 6. 1. 95-12 Τ 6096/94; Urteil v. 16. 1 . 9 6 - 7 Ο 6305/95; Urteil v. 12. 3. 9 6 - 4 Ο 6982/95. 5 Gohrke

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

nur an Grundstücken bestehen könne, die tatsächlich in das Eigentum des Volkes überführt worden sind. Erstmals wurden aber außerdem auch verfassungsrechtliche Bedenken in Bezug auf Art. 14 GG erhoben 130. Auf diese soll später im einzelnen eingegangen werden 131 . Mit seinem Urteil vom 19. 6.1998 bestätigte auch der 5. Senat des BGH 1 3 2 im wesentlichen die Rechtsauffassung des OLG Dresden und entschied die bisher offengelassene Frage entgegen seinem obiter dictum vom 15. 12. 1995. Die ebenfalls in Rechtsprechung133 und Literatur 134 vertretene Gegenauffassung, der wohl auch der 12. Senat des BGH folgt 135 , betonte weiterhin den „Leerlauf" der Verfügungsbefugnis für den Fall, daß man die Entstehung von Volkseigentum zur Tatbestandsvoraussetzung erhebt. Die angestrebte sofortige Verkaufsmöglichkeit von Grundstücken, die nach dem Grundbuch „Eigentum des Volkes" sind, sei nur durch die alleinige Anknüpfung an den Grundbucheintrag möglich. Jedes darüber hinausgehende inhaltliche Kriterium schließt eine Verkehrsfähigkeit dieser Grundstücke aus.

129 zu § 6 VZOG a.F.: F rie he; Investitionen in den neuen Bundesländern, 1992; S. 126; Schillo in v. Drygalski/Weber, Immobilienhandbuch Ost, 1993, S. 280; Butzer DtZ 1992, 265, 266 Fn. 16; Lange DtZ 1991, 329, 336; Keller VIZ 1993, 536, 538; Böhringer OVspez. 20/93 S. 6 f.; unklar Schmidt LKV 1992, 154, 157; zu § 8 VZOG a.F.: Walter DtZ 1996, 226, 229, unklar Säcker-Hummert, VermG, § 2 Rn. 66. 130 OLG Dresden Urteil v. 30. 10. 9 7 - 7 U 1365/97 = VIZ 1998, 218 = ZIP 1998, 350, zustimmend Grün ZIP 1998, 321; schon zur Regelung des § 6 VZOG a.F. vgl. Lipps VIZ 1991, 14. 131 Siehe dazu §5. 132 BGH Urt. v. 19. 6. 98 - V ZR 356/96 = ZIP 1998, 1324 ff. 133 KG Beschluß v. 31. 8. 95 - 1 W 4287/93 = Rpfleger 1996, 104; OLG Jena Beschluß v.l2. 10. 9 5 - 6 W 390/95 = VIZ 1996, 170; LG Dresden Beschluß v. 25. 4. 95 - 2 Τ 0766/ 94; LG Leipzig Urteil v. 3. 7. 96-03 Ο 0426/96; Beschluß v. 9. 9. 96-03 Ο 7259/96; Urteil v. 14. 11. 96-08 Ο 831/96 = ZOV 1997, 187; Beschluß v. 17. 11.97 - 09 0 7341/97. 134 Zu § 6 VZOG a.F.: Bundesministerium des Innern in Infodienst Kommunal Nr. 24 v. 19. April 1991 abgedruckt bei Schmidt-Räntsch, Nr. 170.1 S. 10; Eickmann, Grundstücksrecht in den neuen Bundesländern, S. 27 Rn. 56; Försterling, Recht der offenen Vermögensfragen, S. 85 Rn. 222; Schmidt-Räntsch ZIP 1991, 973, 977; ders. DtZ 1991, 169, 173 Böhringer OVspez. 20/93 S. 6; ders. ZAP-Ost, Fach 7 S. 156; Frenz DtZ 1993, 41, 42; Lipps VIZ 1991, 14, 15 der aber verfassungsrechtliche Bedenken hat; unklar Albrecht VIZ 1991, 88, 91; zu § 8 VZOG a.F.: Keller Rpfleger 1994, 439; Fritsche LKV 1995, 308, 310 f.; Schmidt-Räntsch ZIP 1996, 1859, 1861 f.; Teige/Rauch VIZ 1997, 622, 623; Gohrke ZOV 1997,224; 225 f. 135 BGH Urteil v. 17. 5. 95 - XII ZR 235/93 = W M 1995,1679 = DtZ 1995, 370.

C. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG n.F.

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C. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG n.F. 136 I . Die ratio legis des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes Die in Rede stehende Neufassung des § 8 Abs. 1 VZOG beruht auf Art. 2 des Gesetzes zur Absicherung der Wohnraummodernisierung und einiger Fälle der Restitution (Wohnraummodernisierungssicherungsgesetzes - WoModSiG)137. Die Vorschrift lautet seither: „Zur Verfügung über Grundstücke und Gebäude, die im Grundbuch oder Bestandsblatt noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, sind unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung befugt: a) die Gemeinden, Städte und Landkreise .. " 1 3 8 . Neben § 8 Abs. 1 VZOG änderte das WoModSiG auch die Art. 231 § 8 Abs. 2, Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB 1 3 9 und führte den Art. 237 §§ 1 und 2 EGBGB neu ein. Diese Heilungsvorschriften sind in Rechtsprechung und Literatur zum Teil erheblicher Kritik und verfassungsrechtlicher Bedenken ausgesetzt, so daß es notwendig wird, sich mit dem gesetzgeberischen Anliegen näher auseinander zu setzen. Die verfassungsrechtlichen Fragen werden in einem gesonderten Abschnitt Gegenstand der Untersuchung sein. Die nachfolgenden Aspekte werden dort erneut beachtlich. Zum Verständnis der Motivation des Gesetzgebers „Heilungsvorschriften" einzufügen und Klarstellungen vorzunehmen, soll die aus Rechtsprechung und Literatur hervorgehende Ausgangssituation kurz dargestellt werden.

1. Ausgangslage Die Rechtsprechung der Zivil- und der Verwaltungsgerichte hatte in vielen Verfahren festgestellt, daß Rechtspositionen auch nach dem in der DDR geltenden Recht als unwirksam zu betrachten wären. Immer wieder führten Verfahrensmängel, Nachlässigkeiten und die grundsätzlich nach freiem Belieben stattfindende Anwendung von DDR-Recht durch die staatlichen Stellen zu Streitigkeiten über die wirksame Begründung von Rechtspositionen. Im Schuldrechtsanpassungs- und dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz wurden derartige, an sich unwirksame oder unvollkommene Rechtspositionen neu bewertet.

136 in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Absicherung der Wohnraummodernisierung und einiger Fälle der Restitution (Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz) v. 17. Juli 1997-BGBl. 1997 I, S. 1823. 137 V. 17. Juli 1997- BGBl. 19971, S. 1823. 138 Vgl. dazu auch Synopse im Anhang I. 139 Vgl. Synopse im Anhang II. 5*

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

Mit dem sog. Nachzeichungsprinzip140 wurden Rechtspositionen nicht nach den vorgefundenen, sondern nach den bei ordnungsgemäßem Verwaltungshandeln eintretenden Rechtszuständen bewertet 141. Der Gesetzgeber führte zu Ende, was zu DDR-Zeiten unerkannt unwirksam war oder bekannt, aber unbeachtlich gewesen ist. Aus der Häufigkeit von Verstößen gegen geltendes DDR-Recht durch staatliche Organe resultierten auch außerhalb der vorgenannten Gesetze Probleme im Zusammenhang mit der Anerkennung von tatsächlich unwirksamen Rechtspositionen. Besonders bei der Frage, ob ein Grundstück wirksam in das Eigentum des Volkes überführt wurde, recherchierten die Alteigentümer oftmals eine Vielzahl von Verfahrensverstößen. Besonders häufig waren dies Zustellungs-, Zuständigkeits- und Vertretungsfragen 142. Bei der Frage, wie derartige Verfahrensmängel zu behandeln sind und welche Rechtsfolgen aus ihnen resultieren, bildeten sich im wesentlichen zwei Auffassungen. a) Theorie der Maßgeblichkeit der DDR-Rechtsnormen

143

Nach der Auffassung einiger Autoren und der älteren BGH-Rechtsprechung müssen alle in der DDR erworbenen Rechtspositionen nach denen zur Zeit des Erwerbes geltenden Rechtsnormen beurteilt werden. Die häufigen Verfahrensverstöße dürften nicht darüber hinwegtäuschen, daß die DDR ein Gesetzesstaat gewesen sei. Der Grundsatz der „Gesetzmäßigkeit" der Verwaltung war im weitesten Sinne auch in der DDR zu beachtet. Demgemäß seien Verfahrensfehler nicht allein deshalb unbeachtlich, weil sie häufig und ggf. typisch waren. Ist ζ. B. die Enteignung eines Grundstückes von der unzuständigen Behörde veranlaßt, der Enteignungsbescheid nicht zugestellt worden oder wurde ein Kaufvertrag von einem nicht vertretungsberechtigten Mitarbeiter eines staatlichen DDROrgans unterzeichnet, so hat es nach geltendem DDR-Recht keine wirksame Veränderung der Eigentumslage gegeben. Der Alteigentümer könnte gemäß § 985 BGB die Herausgabe seines Eigentums verlangen. Der Schutz des Besitzers müßte sich nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses gemäß §§ 987 BGB richten. Insbesondere eine Enteignungsmaßnahme als ein DDR- Verwaltungsakt hat im Falle der Nichtigkeit oder der fehlenden Bekanntgabe keine Rechtswirkungen. Nach Art. 19 S. 3 EV sollen nur solche Verwaltungsakte aufrechterhalten werden, die bestandskräftig geworden sind, also zumindest bekannt140 Vgl. § 1 SchuldRAnpG; § 3 Abs. 2 SachRBerG. 141 Czub, Sachenrechtsbereinigung, Rn. 40 ff.; ders. VIZ 1997,561. 142 Vgl. nur BGH Urteil v. 12. 11. 92 - V ZR 230/91 = VIZ 1993, 67 ff. 143 BGH Urteil v. 12. 11. 92 - V ZR 230/91 = VIZ 1993, 67; Urteil v. 19. 03. 93 - V ZR 247/91 = DtZ 1993, 249 = DB 1993, 1462, Urteil v. 17. 03. 95. V ZR 100/93 = VIZ 1995, 404; Grün ZIP 1996, 1860 und ZIP 1997, 491,494, Horst DtZ 1997, 183; differenzierend BGH Urteil v. 7. 7. 95 - V ZR 243/94 = VIZ 1995, 590, Urteil v. 7. 7. 95 - V ZR 46/94 = VIZ 1995, 646.

. Die Verfügungsbefugnis nach § VZOG .F.

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gegeben und nicht nichtig sind 144 . Die Parteien des Einigungsvertrages haben damit das DDR-Recht und nicht die ggf. rechtswidrige Praxis zum Maßstab der Anerkennung von hoheitlichen Maßnahmen der DDR gemacht. b) Theorie der Maßgeblichkeit der DDR-Rechtspraxis

145

Die Gegenauffassung, insbesondere in der Rechtsprechung des BVerwG, rückt die von den Rechtsnormen losgelöste, gelebte146 Rechtspraxis der DDR in den Mittelpunkt. Es sei bei Abschluß des Einigungsvertrages bekannt gewesen, daß die Verfahrensvorschriften in der DDR nicht mit der Sorgfalt einer rechtsstaatlichen Verwaltung beachtet wurden. Bereits die verfassungsrechtliche Zielsetzung der Schaffung von Volkseigentum ließ die Überführung von Grundstücken in das Eigentum des Volkes als irreversibel erscheinen. Erstmals zum 1. Juli 1989 147 schuf die DDR die Möglichkeit eines Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Bis dahin aber war mit einer staatlichen Maßnahme des Eigentumsentzuges der tatsächliche Verlust des selbigen verbunden, unabhängig davon, ob sämtliche Verfahrensvorschriften beachtet waren. Die DDR-Praxis führte daher auch bei den Betroffenen nicht zu Zweifeln über die Wirksamkeit derartiger Maßnahmen. Mit der Regelung des Art. 19 EV wurde diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, daß sämtliche Verwaltungsakte, unabhängig von Verfahrensfehlern, als wirksam zu betrachten sind 148 . Nur unter den besonderen Voraussetzungen des Art. 19 S. 2 EV kommt nachträglich eine Aufhebung in Betracht. Ginge man dagegen allein vom geschriebenen Recht der DDR aus, so würden Verstöße gegen Verfahrensbestimmungen zur Unwirksamkeit bestimmter Maßnahmen führen. Damit würde man den Interessen der wahren Eigentümer Rechnung tragen, aber einen Schutz des Nutzers und damit einen sozialen Ausgleich, wie ihn insbesondere § 4 Abs. 3 VermG für den redlichen Erwerber vorsieht, unterlaufen. Demgemäß hat das BVerwG ausgeführt, daß Verwaltungakte der DDR nach Art. 19 S. 1 EV wirksam ergangen und weiterhin gültig sind, wenn sie nach der seinerzeitigen Staats- und Verwaltungspraxis ungeachtet etwaiger Rechtsmängel als wirksam angesehen und behandelt wurden 149. Die zustimmende Literatur stellte darüber hinaus die Frage, ob zu DDR Zeiten ein Anspruch auf Fehlerkorrektur durchsetzbar gewesen wäre 150 . 144 Horst in DtZ 1997, 183. 184. 145 BVerwG Urteil v. 19. 1. 9 5 - 7 C 42/93 = VIZ 1995, 288 Urteil v. 20. 3. 9 7 - 7 C 23/ 96 = VIZ 1997, 348; BVerfG Urteil v. 8. 10. 9 6 - 1 BvR 875/92 = VIZ 1997, 31;schon Brouer OVspez. 8/95 S. 115; Rapp VIZ 1995,630,632; Redeker LKV 1997,237,240. 146 BT-Drs. 13/7275 S. 90. 147 Gesetz über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen vom 14. 12. 1989 GBl. 19881, S. 327. 148 Pauly/Danker WZ 1995, 185, 187. 149 BVerwG Urteil v. 20. 3. 9 7 - 7 C 23/96 = VIZ 1997, 348.

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§ 2 Die Verfügungsbefugnis - Sinn und Umfang

2. Lösung des Gesetzgebers nach der Theorie der eingeschränkten Maßgeblichkeit der DDR-Rechtspraxis 151 (eingeschränkte Rechtsbereinigung) Der Gesetzgeber hat mit dem WoModSiG eine vermittelnde Auffassung vertreten und eine Kompromißlösung gewählt. Ausgehend davon, daß der Einigungsvertrag einen Schlußstrich unter die Enteignungsfälle ziehen will und eine Totalrevision nicht gewollt war, sollen Fehler, die auf „Schlampigkeiten" beruhen, die Wirksamkeit von staatlichen Enteignungsmaßnahmen unberührt lassen152. Eine Überführung in Eigentum des Volkes soll nur dann nicht wirksam sein, wenn sie nach den einschlägigen DDR-Vorschriften grundsätzlich nicht möglich war oder mit rechtsstaatlichen Grundsätzen schlechthin unvereinbar gewesen ist 153 . Der Gesetzgeber hat deshalb in Art. 237 § 1 EGBGB normiert, daß Fehler beim Ankauf, der Enteignung oder sonstiger Überführung eines Grundstückes in Volkseigentum nur beachtlich sind, wenn diese Überführung nach den allgemeinen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen und der ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis nicht wirksam hätte vorgenommen werden können. Es ist also nach Wegdenken des Rechtsmangels zu fragen, ob eine Begründung von Volkseigentum nach dem Recht der DDR möglich gewesen wäre 154 . Anders als nach der Theorie der Maßgeblichkeit der DDR-Rechtsnormen ist nicht maßgeblich, ob die tatsächliche Verfahrensweise den DDR-Bestimmungen entsprach, sondern ob das faktische Ergebnis unter ordnungsgemäßer Anwendung dieser Vorschriften hätte erreicht werden können. Der Gesetzgeber spricht von einer eingeschränkten „kleinen" Sachenrechtsbereinigung, die sich an das Nachzeichnungsprinzip des § 3 Abs. 2 SachRBerG anlehnt155. Der Gesetzgeber bemüht hier außerdem den Rechtsgedanken des § 46 VwVfG 1 5 6 . Wäre das Ergebnis einer staatlichen Maßnahme bei Einhaltung der DDR-Rechtsvorschriften kein anderes gewesen und leidet eine solche Maßnahme daher nur an vermeidbaren Fehlern, so soll diese Maßnahme wirksam sein. Eine der DDR-Rechtspraxis entsprechende Überführung eines Grundstückes in das Eigentum des Volkes ist im Grundsatz wirksam, etwaige Fehler sind unbeachtlich.

150 Sendler NJW 1995,1797, 1798. 151 BT-Drs. 13/7275 S. 73 ff.; BGH Urteil v. 10. 10. 97 - V ZR 80/96 = VIZ 1998, 95 = OVspez. 9/98, S. 140 mit Anmerkung von Wilhelms; LG Leipzig Urteil v.19. 8. 9 7 - 7 Ο 2413/97; Czub VIZ 1997,561,562. 152 BT-Drs. 7275 S. 31 f. 153 BT-Drs. 7275 S. 32. 154 Grün ZIP 1997,491,494; Böhringer OVspez. 16/97, S. 265. 155 BT.-Drs. 7275 S. 86. 156 BT.-Drs. 7275 S. 86.

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Dieser Grundsatz wird durch zwei Ausnahmetatbestände begrenzt. Der erste Ausnahmetatbestand ist als negatives Tatbestandsmerkmal ausgestaltet. Die Überführung eines Grundstückes in das Eigentum des Volkes ist dann nicht wirksam, wenn sie auch unter Anwendung der DDR-Rechtsvorschriften nicht fehlerfrei hätte erfolgen können. Darüber hinaus wird die Grenze der Vereinbarkeit mit rechtsstaatlichen Grundsätzen herangezogen. Der Art. 237 § 1 EGBGB nimmt insoweit Bezug auf § 1 Abs. 2 VwRehaG 157 . 3. Stellungnahme Mit der Heilungsvorschrift des Art. 237 § 1 EGBGB hat der Gesetzgeber eine vertretbare Kompromißlösung im Spannungsfeld zwischen den widerstreitenden Interessen gefunden 158. Die alleinige Betrachtung des zur Zeit der Überführung eines Grundstückes in das Eigentum des Volkes geltende Recht der DDR hätte eine oftmals gegenteilige Rechtspraxis außer Acht gelassen, auf die sich bis zum Beitritt der neuen Länder das Vertrauen der Nutzer und Erwerber derartiger Anwesen stützen durfte. Das geltende Recht darf nur als Maßstab dafür gelten, welche Rechtsmacht die Exekutive der DDR hatte. Ob von dieser Macht in fehlerfreier Form Gebrauch gemacht wurde, muß dagegen, bis auf extreme Ausnahmefälle, unbeachtlich bleiben. Entscheidend ist dabei wohl die Tatsache, daß die Frage nach möglichen Verfahrensfehlern vor dem Beitritt selbst von den unmittelbar Betroffenen nicht gestellt wurde, da keinerlei Aussicht darauf bestand, daß eine Fehlerkorrektur erfolgen wird. Die Macht der DDR war nun einmal über solche Fragen und vergleichsweise geringen Rechtsverstöße erhaben. Aus dieser unangreiflichen Position der DDR leiten die Nutzer und Erwerber ihr Vertrauen in einen sicheren, d. h. rechtsfesten Erwerb ab. Zu ihrem Schutz darf daher auch nach dem Wegfall der DDR und ihrer faktischen Gewalt die Frage nach Verfahrensfehlern und deren Rechtsfolgen nur gestellt werden, wenn gegen rechtsstaatliche Grundsätze in eklatanter Art verstoßen wurde. Dagegen müssen leichtere Verstöße unbeachtlich bleiben, will man eine unsoziale Totalrevision der Rechtsverhältnisse in den neuen Ländern verhindern. Dieser Gedanke hat sich zu Recht bereits im Nachzeichungsprinzip der Sachenrechtsbereinigung für das Verhältnis von Alteigentümer und Nutzer niedergeschlagen. Es ist konsequent, wenn für den Bereich der Begründung von Volkseigentum vergleichbare Regelungen gelten, wie sie für die Begründung sonstiger dinglicher Rechtspositionen geschaffen wurden. Die erweiterte Sachenrechtsbereinigung durch die Nachzeichnung von Überführungen in Volkseigentum ist politisch geboten und durch Art. 237 § 1 EGBGB rechtlich abgesichert. 157 Gesetz über die Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen im Beitrittsgebiet und die daran anknüpfenden Folgeansprüche (Verwaltungsrechtliches Rehabilitationsgesetz -VwRehG v. 23. 6. 1994 BGBl. 19941, S. 1311). 158 Zustimmend Czub VIZ 1997, 561,569; Schmidt-Räntsch VIZ 1997,449,453.

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Die Parteien des Einigungsvertrages haben in der Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juni 1990 einen sozial verträglichen Ausgleich offener Vermögensfragen vereinbart. Demgemäß gibt es in § 1 VermG einen abschließenden Katalog der Restitutionstatbestände. In den dort genannten Fällen geht der Schutz der Alteigentümer allen anderen vor, es sei denn, es liegt ein Restitutionsauschlußgrund vor. Insbesondere ein redlicher Erwerb nach § 4 Abs. 2, 3 VermG schließt eine Restitution aus. Der Alteigentümer ist auf eine Entschädigung nach § 9 VermG i.V.m. dem Entschädigungsgesetz verwiesen. Der abschließende Charakter des § 1 VermG verbietet es, daß in den Fällen, in denen neben einem Restitutionstatbestand oder auch ohne einen solchen eine Überführung in Volkseigentum wegen Verfahrensfehlern als unwirksam behandelt wird und der Alteigentümer nach § 985 BGB die Herausgabe verlangen kann. Ließe man einen solchen Anspruch zu, so könnte ein redlicher Nutzer dem Herausgabeverlangen seine Redlichkeit nicht entgegenhalten. Dagegen wäre dies bei Vorliegen eines Restitutionstatbestandes nach § 4 Abs. 2 VermG der Fall 159 . Es muß demgemäß mit der Rechtsprechung des BVerwG und der Gesetzesänderung eine grundsätzlich Unbeachtlichkeit solcher Verfahrensfehler angenommen werden, die keine gravierenden Verstöße gegen rechtsstaatliche Grundsätze darstellen. Daneben kann ein sozialverträglicher Ausgleich für die dann noch offenen Vermögensfragen nur nach dem VermG erfolgen, vgl. Art. 237 § 1 Abs. 3 EGBGB.

4. Weitere Regelungen des WoModSiG Neben Art. 237 § 1 EGBGB hat der Gesetzgeber weitere Heilungsvorschriften geschaffen. Zur Komplettierung des Schlußstrichgedankens des Einigungsvertrages hat der Gesetzgeber für die Geltendmachung der nach Art. 237 § 1 EGBGB noch verbleibenden und damit ausnahmsweise beachtlichen Fehler bei der Überführung von Grundstücken in Volkseigentum in Art. 237 § 2 EGBGB eine Ausschlußfrist vorgesehen. Nach deren Ablauf soll zur Sicherung des Rechtsfriedens eine Berufung auf grundsätzlich beachtliche Fehler ausgeschlossen sein 160 . Mit dem Ablauf dieser letzten Frist wird die Buchposition zum Eigentum des Eingetragenen aufgewertet. Die aus der DDR-Praxis resultierende Grundbuchlage wird in unanfechtbare Rechtspositionen gewandelt. Damit kann scheinbares Volkseigentum nach Ablauf der Ausschlußfrist nur noch in den Fällen bestehen, in denen gemäß Art. 237 § 2 EGBGB der Fristablauf durch Klage oder Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung verhindert worden ist. In allen sonstigen Fällen erstarkt 159 Sendler OVspez. 14/95, S. 292; Fritsche NJ 1996, 118, 124. 160 Schmidt-Räntsch VIZ 1997,449,453.

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die Buchposition zum Vollrecht. Der Eingetragene wird Eigentümer des zuvor scheinbar volkseigenen Grundstückes. Einer Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG bedarf es dann nicht mehr. Ausdruck des Zieles, die zu DDR-Zeiten unbeanstandete Praxis auch jetzt nach dem Beitritt unberührt zu lassen, ist auch die Bestimmung des Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. Der Gesetzgeber nahm in diese Vorschrift eine unwiderlegbare Vermutung für die Verfügungsbefugnis der über volkseigene Grundstücke verfügenden Stellen auf. Die Vermutung bestätigt eine streitige Verfügungsbefugnis über tatsächlich volkseigene Grundstücke seit dem 15. März 1990 für die dort genannten Stellen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß Vertretungsmängel, die der BGH in den sog. Briefkopfurteilen 161 für beachtlich gehalten hatte, durch eine widerlegliche Vermutung der Vertretungsmacht staatlicher Stellen gemäß Art. 231 § 8 Abs. 2 EGBGB geheilt wurden.

I I . Der Klarstellungsgedanke Der bereits dargestellte Streitstand um die Voraussetzungen einer Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG war nicht dazu angetan, den Investoren in den neuen Ländern Rechtssicherheit beim Erwerb von Grundeigentum zu vermitteln. Insbesondere die Rechtsprechung des OLG Dresden veranlaßte den Gesetzgeber, eine Ergänzung des § 8 Abs. 1 VZOG vorzunehmen162. Gemäß Art. 2 des Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz163 wurde § 8 Abs. 1 VZOG um die Formulierung ergänzt, daß die Verfügungsbefugnis unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung von Eigentum des Volkes besteht. In der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses des deutschen Bundestages vom 20. März 1997 164 wird die Gesetzesänderung wie folgt begründet: „In der Praxis ist Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage entstanden, ob die Verfügungsbefugnis bereits dann gegeben ist, wenn im Grundbuch Volkseigentum eingetragen ist oder ob vielmehr noch erforderlich ist, daß das Volkseigentum auch tatsächlich besteht. Der Wortlaut und der Wille des Gesetzgebers sprechen für die erste Auslegung. Man kann dies aber in Zweifel ziehen, weil die Regelung zur Folge hat, daß der Verfügungsbefugte eine größere Handlungsmacht hat als der Empfänger eines Zuordnungsbescheides, der regelmäßig 161 BGH Urteil v.15. 12. 95 - V ZR 176/94= VIZ 1996, 272; Urteil v. 26. 1. 96 -V ZR 212/94 = VIZ 1996, 342. 162 Nach Schmidt-Räntsch ZIP 1996, 1858, 1861 war der konkrete Anlaß das Urteil des OLG Dresden vom 17. 10.96-4 U 1284/96 = VIZ 1997, 102. 163 V. 17. 7. 1997- BGBl. 1997 I, S. 1823. 164 BT-Drs. 13/7275 S. 73 ff.

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Rechte Dritter unberührt läßt. Dies ist aber unvermeidlich, wenn § 8 seine Funktion als gesetzliche Handlungsermächtigung erfüllen soll. Würde man verlangen, daß das Volkseigentum wirksam begründet worden ist, liefe die Vorschrift leer, weil das Grundbuchamt die Wirksamkeit der Begründung von Volkseigentum nicht erkennen kann und der Nachweis der Wirksamkeit nicht einmal durch einen Zuordnungsbescheid geführt werden kann ... Deshalb soll klargestellt werden, daß es auf die Wirksamkeit der Begründung von Volkseigentum nicht ankommt."

I I I . Die Auslegung des § 8 Abs. 1 V Z O G n.F. 1. Ausgehend von der klarstellenden Änderung der Bestimmung und der zugrundeliegenden Gesetzesbegründung muß klar sein, daß die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG unabhängig von der Entstehung von Volkseigentum ist. Maßgeblich war und bleibt allein der tatsächliche Grundbucheintrag. So, wie es bereits zu § 6 und 8 VZOG a.F. vertreten wurde, eröffnet § 8 Abs. 1 VZOG n.F. zugleich eine Verfügungsbefugnis über nur scheinbares Volkseigentum, mithin über private Grundstücke. Es handelt sich bei den Ergänzungen des § 8 VZOG in der Tat um eine Klarstellung, die die notwendige Rechtssicherheit bringen sollte165. 2. Dennoch wird nach wie vor die Gegenauffassung verteidigt, daß die Begründung von Eigentum des Volkes sehr wohl Voraussetzung der Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG n.F. ist. Eine Klarstellung habe es nicht gegeben, da die Entstehung von Volkseigentum bereits bei den Vorgängerbestimmungen Voraussetzung gewesen ist 166 . Darüber hinaus solle eine Klarstellung in der Form, wie sie wohl vom Gesetzgeber gewollt ist, die Verfassungswidrigkeit des § 8 VZOG nach sich ziehen167. a) Zunächst aber wird weiterhin daran festgehalten, daß die historische und systematische Auslegung des VZOG dazu führe, daß eine Verfügung zu Lasten privater Eigentümer nicht gewollt war. Private Grundstücke standen bei der Einführung des Gesetzes überhaupt nicht im Blickfeld des Gesetzgebers168. Den Gesetzgebungsmaterialien zum VZOG sei zu entnehmen, daß allein ein grundbuchmäßi165 LG Leipzig Urt. v. 19. 08. 97 - 7 Ο 2413/97; Schmidt-Räntsch ZIP 1996, 1858; Der 12. Senat des BGH (VIZ 1995, 595, 596) führte zutreffend aus, daß eine Verfügungsbefugnis über jeden Zweifel erhaben sein müsse. Anderenfalls würde die gesetzlich angeordnete Verfügungsbefugnis in einem nicht unwesentlichen Teilbereich leerlaufen. 166 OLG Dresden Urteil v. 30. 10. 9 7 - 7 U 1365/97 = VIZ 1998, 218 = ZIP 1998, 350, zustimmend Grün ZIP 1998, 321. 167 OLG Dresden Urteil v. 30. 10. 9 7 - 7 U 1365/97 = VIZ 1998, 218 = ZIP 1998, 350, zustimmend Grün ZIP 1998, 321. 168 Grün ZIP 1998, 321, 323.

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ger Vollzug der neuen Eigentumszuordnung erreicht werden sollte169. Dagegen sollten, sollen und müssen Rechte privater Dritter unberührt bleiben. Dieser Auslegung steht neben dem gesetzgeberischen Willen mit § 8 Abs. 1 VZOG n.F. nunmehr auch der eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen. Bekanntlich bildet der Wortsinn des Gesetzes die äußere Grenze einer möglichen Auslegung170. Das OLG verläßt den zulässigen Rahmen einer Auslegung, wenn es behauptet, die Ergänzung des § 8 Abs. 1 VZOG n.F. um die Worte „unabhängig von der Richtigkeit dieser Eintragung" beziehe sich auf die Eintragung der Gemeinden, Städte und Landkreise sowie ihrer ehemaligen Organe oder Betriebe als Rechtsträger 171. Der § 8 Abs. 1 VZOG n.F. bestimmt, daß über Grundstücke, die im Grundbuch noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, unabhängig von der Richtigkeit dieser Eintragung, für die nachfolgend genannten Körperschaften eine Verfügungsbefugnis besteht. Die Bezugnahme auf die Eintragung von Eigentum des Volkes ist offensichtlich. Der Wortlaut läßt daher eine Auslegung, wie sie das OLG vorgenommen hat, nicht zu. Sie ist darüber hinaus mit dem aus der Gesetzesbegründung und dem Gesetzswortlaut klar hervortretenden gesetzgeberischen Willen nicht vereinbar. Es besteht kein Zweifel, daß die Unbeachtlichkeit der tatsächlichen Entstehung von Eigentum des Volkes mit der Ergänzung des § 8 Abs. 1 VZOG klargestellt werden sollte172. Die gegenteilige Auslegung begründet weiterhin die bereits festgestellte Rechtsunsicherheit auf Seiten der Erwerber und führt damit zum Leerlauf der Verfügungsbefugnis. Böhringer, der sich selbst als ein Vater der Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG bezeichnet173, weist nach der Klarstellung durch den Gesetzgeber erneut 174 zutreffend darauf hin, daß mit der Einführung der Verfügungsbefugnis eine faktische Grundbuchblockade aufgehoben werden sollte. Demgemäß war sich der Gesetzgeber bewußt, daß der Verfügende im zivilrechtlichen Sinn materieller Nichtberechtigter sein kann 175 . Dies ergibt sich nach Böhringer bereits aus der Möglichkeit, daß über ein Grundstück verfügt werden kann, das in einem Zuordnungsverfahren einem anderen zuzuordnen wäre. Ohne es aus169 OLG Urteil v. 30. 10. 9 7 - 7 U 1365/97 = VIZ 1998, 218 = ZIP 1998, 350 - wobei das Gericht wie selbst verständlich die Ausführungen des Gesetzgebers unbeachtet läßt, die nach dessen Auffassung die Gründe der Klarstellung enthalten. Das Gericht erklärt dem Gesetzgeber, daß er nicht einfach etwas klarstellen könne, was der Senat zuvor anders verstanden hat. 170

Vgl. nur Larenz, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl.; § 4 II, S. 80. πι OLG Dresden Urteil v. 30. 10. 9 7 - 7 U 1365/97 = VIZ 1998, 218 = ZIP 1998, 350. 172 BT-Drs. 7275 S. 3 und 73 ff.; Böhringer OVspez. 16/97 S. 266; Schmidt-Räntsch ZIP 1996, 1859, 1861. 173 Böhringer OVspez. 16/97 S. 266. 174 Vgl. bereits Böhringer OVspez. 20/93 S. 6. 175 Böhringer OVspez. 16/97 S. 266.

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zusprechen, macht Böhringer damit deutlich, daß der Gesetzgeber bewußt Verfügungen über fremdes Eigentum vorübergehend zulassen wollte und mußte. Dies muß aber auch dann gelten, wenn das Eigentum nicht in einem Zuordnungsverfahren einer anderen Körperschaft zuzuordnen wäre, sondern wenn ein Nichtzuordnungsberechtigter, d. h. ein privater Eigentümer, der wahre Berechtigte ist. Eine Differenzierung innerhalb der zulässigen Verfügungen als Nichtberechtiger über fremdes Eigentum nach den betroffenen Eigentümer ist nicht vorzunehmen. Das Gesetz sagt, daß die Verfügungsbefugnis unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung des Volkseigentums ist. Damit sind alle Grundstücke, die nur ausweislich des Eintrages volkseigen waren, mithin auch nur scheinbar volkseigene und tatsächlich private Grundstücke, taugliche Verfügungsgegenstände. Insoweit stellt auch Böhringer klar, daß es auf die Entstehung von Volkseigentum bei der Inanspruchnahme der Verfügungsbefugnis nicht ankommt176. Man kann dies auch so formulieren, daß für die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG n.F. die Feststellung des Grundbucheintrages „Eigentum des Volkes" notwendig und ausreichend ist. Weitergehende Voraussetzungen verlangt das Gesetz nur für die Bestimmung des Verfügungsbefugten. Auch insoweit ist aber die Eintragung im Grundbuch maßgeblich177. b) Nach der Kritik von Grün 178 , der sich nunmehr auch der BGH 1 7 9 angeschlossen hat, ergibt sich aber eine Widersprüchlichkeit der Gesetzgebung aus der Änderung des Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB 180 . Nach dieser Vorschrift wird für ehemals volkseigene Grundstücke eine Verfügungsbefugnis für die als Rechtsträger eingetragene Stelle oder diejenige, die deren Aufgaben wahrgenommen hat und ab dem 3. 10. 90 für die später in § 8 Abs. 1 VZOG a.F. 181 genannten Verfügungsbefugten unwiderleglich vermutet. Nach Grün ergibt sich daraus, daß die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG auch nur für ehemals volkseigene Grundstücke besteht. Diese auf den ersten Blick widersprüchliche Ausgestaltung von unwiderleglicher Vermutung und Verfügungsbefugnis in § 8 Abs. 1 VZOG n.F. wird aber erklärlich, wenn man die Gründe der Ergänzung des Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB untersucht. Diese Ergänzung des Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB wurde notwendig, weil das Kammergericht in stetiger Rechtsprechung, aber mit veränderlichen Begründungen, wiederholt geurteilt hatte, daß die aus dem Verkaufsgesetz vom 7. 3. 1990 re176 Böhringer OVspez. 16/97 S. 266. 177 Böhringer OVspez. 16/97 S. 266 spricht von einer Anknüpfung an den Grundbucheintrag ohne Wenn und Aber. ne ZIP 1998, 321, 326. 179 BGH Urt.v. 27. 1 1 . 9 8 - V Z R 180/97. 180 Vgl. Synopse im Anhang II. 181 In der Fassung des RegVBG v. 20. 12. 93 - vgl. Anhang I.

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sultierende Verfügungsbefugnis über Volkseigentum noch zu DDR-Zeiten entfallen sei. Dies sollte nach Auffassung des KG zum einen aus dem Inkrafttreten des Treuhandgesetzes am 1.7. 90 1 8 2 , zum anderen auch mit dem Inkrafttreten des Staatsvertrages am 21. 6. 9 0 1 8 3 der Fall gewesen sein. Der Gesetzgeber sah sich daher veranlaßt, eine Regelung darüber zu treffen, daß zu DDR Zeiten (15. 3. 90-2. 10. 90) bestimmte staatliche Stellen zur Verfügung über Volkseigentum befugt waren und nach dem Beitritt diese Verfügungsbefugnis den später in § 8 Abs. 1 VZOG a.F. genannten Stellen ebenfalls zustand. Sinn des Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. ist nur, der Rechtsprechung über den Wegfall der Verfügungsbefugnis über wahres Volkseigentum bis zur Schaffung einer lückenlosen Verfügungsbefugnis durch § 8 Abs. 1 VZOG a.F. den Boden zu entziehen und Rechtssicherheit zu schaffen 184. Die aus der Kammerrechtsprechung resultierende Verunsicherung der Erwerber volkseigener Grundstücke sollte beseitigt werden. Es bedurfte deshalb einer grundsätzlichen Sicherstellung, daß über bisheriges Volkseigentum verfügt werden konnte und wer jeweils der Verfügungsbefugte war. Den angeblichen Wegfall der Verfügungsbefugnis nach der Kammergerichtsrechtsprechung überwindet das Gesetz durch eine unwiderlegliche Vermutung des Gegenteils. Die Person des Verfügungsbefugten bestimmt Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. für die DDR-Zeit mit dem Rechtsträger oder dem faktischen Rechtsträger, der dessen Aufgaben wahrnimmt und ab dem 3. 10. 90 mit den in § 8 Abs. 1 VZOG a.F. genannten Personen. Die Bezugnahme auf § 8 Abs. 1 VZOG a.F. 185 bot sich an, weil in dieser Vorschrift erstmals durch den Auffangtatbestand des Buchstaben d) eine lückenlose Verfügungsbefugnis geschaffen wurde. Der Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. vermutet unwiderleglich das, was im Grundsatz selbstverständlich, nach dem Kammergerichtsrechtsprechung aber fraglich, gewesen ist, nämlich, daß eine Verfügungsbefugnis über tatsächliches Volkseigentum seit dem 15. 3. 90 zu jeder Zeit bestand186. Nur soweit es um die Personen der Verfügungsbefugten geht, wird § 8 VZOG a.F. in Bezug genommen187. Dem Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. kann daher entgegen der Auffassung von Grün nichts über den Umfang der Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG n.F. ent182 KG Beschluß v. 26. 4. 94 - 1 W 2018/94 = DtZ 1994, 285, 287. 183 KG Beschluß v. 29. 8. 9 5 - 1 W 5499/95 = NJ 1996, 38 ff. (sog. Staatsvertragsrechtsprechung). 184 Böhringer OVspez. 16/97 S. 264; Schmidt-Räntsch VIZ 1997,449,453. iss In der Fassung des RegVBG v. 20. 12. 93 - vgl. Anhang I. 186 Schmidt-Räntsch hält die Rechtsprechung des Kammergerichtes für abenteuerlich ZIP 1996, 1859, 1862; vgl. auch Flik in Rpfleger 1996, 330, 331. 187 Das nur eine Klarstellung des Bestehens einer Verfügungsbefugnis gewollt war, ergibt sich bereits aus Art. 233 § 2 a.F. EGBGB (vgl. Synopse im Anhang II). Dort wurde nur darauf verwiesen, daß die Frage wem, nicht in welchem Umfang die Verfügungsbefugnis über bisheriges Volkseigentum zusteht in den besonderen Bestimmungen über die Abwicklung des Volkseigentums geregelt ist. Diese Regelung ergänzt die Neufassung um eine Vermutung für bestimmte Stellen und Verfügungsberechtigte.

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nommen werden, da die Vorschrift nur das grundsätzliche Bestehen einer Verfügungsbefugnis unwiderleglich vermutet. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG n.F. setzt die von Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. unwiderleglich vermutete (späte) Selbstverständlichkeit einer Verfügungsbefugnis über Volkseigentum voraus. Diese für staatliche Stellen der DDR bestehende Verfügungsbefugnis soll Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. absichern188. Zu DDR-Zeiten waren die im Grundbuch eingetragenen Rechtsträger seit dem 15.03 1990 auch über volkseigenen Grund und Boden verfügungsbefugt. Den grundsätzlichen Bestand einer solchen Verfügungsbefugnis galt es gegen die Ansätze der Kammergerichtsrechtsprechung abzusichern. Deshalb ist es nur logisch, daß in der Klarstellung des Art. 233 § 2 Abs. 2 n.F. EGBGB von ehemals volkseigenen Grundstücken die Rede ist, denn die Verfügungsbefugnis des Eigentümers und seiner Organe ist mit dieser Vorschrift unwiderleglich, da untrennbar mit dem Eigentum verbunden, vermutet. Dagegen soll nach § 8 Abs. 2 S. 1 VZOG die Verfügungsbefugnis des Eigentümers unberührt bleiben. Sie steht daher mit der des § 8 Abs. 1 VZOG in keinem Zusammenhang. Die Verfügungsbefugnis nach dem VZOG geht aber über die Vermutung des Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. hinaus. Es werden nämlich nicht nur die Verfügungsbefugten benannt, wie dies in Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. der Fall ist, sondern darüber hinaus wird der Verfügungsgegenstand bestimmt und erweitert, indem eine Verfügungsbefugnis unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung von Volkseigentum eröffnet wird. Im Gegensatz dazu enthält Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. keine Angaben zum Umfang der Verfügungsbefugnis der dort zur Verfügung unwiderleglich Befugten. Man darf den Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. nicht so verstehen, daß für die Zeit seit dem 15. 3. 1990 eine Verfügungsbefugnis im Umfang des § 8 VZOG n.F. unwiderleglich vermutet wird. Die Bestimmung besagt nur, daß es seit diesem Datum zu jeder Zeit einen bestimmten Verfügungsbefugten in Bezug auf ehemals volkseigene Grundstücke gegeben hat. Damit ist der anderslautenden Rechtsprechung in all ihren Erscheinungsformen der Boden entzogen. Die Auffassung von Grün hat im übrigen etwas paradoxes. Auf der einen Seite ergänzt der Gesetzgeber ausdrücklich § 8 Abs. 1 VZOG und stellt klar, daß die Verfügungsbefugnis unabhängig von der tatsächlichen Entstehung des Volkseigentums ist, auf der anderen Seite soll er in dem gleichen WoModSiG mit Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB n.F. genau das Gegenteil bestätigen. Nicht die gesetzlichen Neuerungen sind widersprüchlich, sondern die Auslegung nach Grün 189 .

iss Schmidt-Räntsch ZfIR 1997, 581, 586. 189 So hat auch das OLG Dresden in dem von Grün so begrüßten Urteil v. 30. 10. 9 7 - 7 U 1365/97 = VIZ 1998, 218 = ZIP 1998, 350 eine Widersprüchlichkeit zwischen § 8 VZOG n.F. und Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht gesehen.

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IV. Zusammenfassung § 8 Abs. 1 VZOG n.F. stellt nach der gegenteiligen Rechtsprechung und ihr folgenden Literaturstimmen klar, daß die Inanspruchnahme der Verfügungsbefugnis unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung „Eigentum des Volkes" erfolgen kann und deshalb die tatsächliche Entstehung von Volkseigentum keine tatbestandliche Voraussetzung darstellt. Die allein aus dem Grundbucheintrag resultierende Befugnis ermöglicht daher die Verfügung über fremdes Eigentum als gegenständlich Nichtberechtigter, aber zur Verfügung Befugter. Eine Differenzierung nach dem betroffenen wahren Eigentümer ist nicht möglich und muß aus den gleichen Gründen unterbleiben, wie die Frage nach der tatsächlichen Begründung von Volkseigentum.

§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis A. Rechtscharakter und Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis Der Begriff der Verfügungsbefugnis wird in verschiedenen Bedeutungen und Gesetzen verwendet. Zur Einordnung des Begriffes der Verfügungsbefugnis über ein Grundstück im Sinne des Vermögenszuordnungsgesetzes sollen nachfolgend einzelne dieser Begriffe dargestellt werden.

I . Der Begriff Verfügungsbefugnis im Zivilrecht 1. Die Verfügungsbefugnis nach dem ZGB der DDR a) Volkseigene Grundstücke -§19 ZGB Das Rechtssystem des ZGB baute auf der verfassungsrechtlich garantierten Existenz von Volkseigentum auf 1. Dieses Volkseigentum wurde als die bedeutendste Form sozialistischen Eigentums bezeichnet2. Es sollte als eine Form „ungeteilten gesamt-gesellschaftlichen Eigentums" verstanden werden. Der sozialistische DDR-Staat war der alleinige Repräsentant des Volkes und damit alleiniges Subjekt des Volkseigentums3. Zur arbeitsteiligen Bewirtschaftung war jedoch erforderlich, daß konkrete, einzelne Vermögensgegenstände des Volkseigentums verwaltet werden. Demgemäß wurden bestimmten jur. Personen Vermögensgegenstände zur Bewirtschaftung übergeben. Die Betriebe und Institutionen, denen Teile des Volkseigentums zur Bewirtschaftung und Verwaltung zugewiesen wurden, „übten für den sozialistischen Staat bestimmte Eigentümerbefugnisse aus, sie hatten die Rechtsstellung eines operativen Verwalters"4. 1

Vgl. Art. 10 Abs. 1 der sozialistischen Verfassung der DDR. Bohrisch, Die sozialistische Eigentumsordnung und deren Überleitung in die bundesdeutschen Rechtsordnung, Diss. 1996, Göttingen, S. 26 f.; Ministerium der Justiz (Hrsg.), Kommentar zum ZGB, § 18 Ziff. 2. 3 Ministerium der Justiz (Hrsg.), Kommentar zum ZGB, § 18 Ziff. 2, VG Berlin ZOV 1991, 101, 108; LG Berlin VIZ 1993, 29. 2

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Ministerium der Justiz (Hrsg.), Kommentar zum ZGB, § 18 Ziff. 2.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

Die „operative Verwaltung" umfaßte eine Besitz-, Nutzungs- und Verfügungsbefugnis der Verwalter als vom Eigentümer übertragene Befugnisse 5. Diese Verwaltung sollte eine Bewirtschaftung auf eigene Rechnung und Haftung sein6. Die Verwalter wurden deshalb als selbständige juristische Personen angesehen7. Den Umfang der Befugnisse regelten einzelne Rechtsvorschriften. Dabei wurden auch verschiedene, aber inhaltsgleiche8 Begriffe für die Person des operativen Verwalters verwendet. So wird der Verwalter im Vertragsgesetz 9 als „Fondinhaber" 10 bezeichnet, während bei volkseigenen Grundstücken die Verwaltung durch die Rechtsträgeranordnung den „Rechtsträgern" 11 übertragen wurde. Die Verfügungsbefugnis des operativen Verwalters wurde als Befugnis zur Entscheidung über anvertrautes Volkseigentum definiert 12 . Die sich aus dieser Verfügungsbefugnis ergebenden Rechte und Pflichten und damit der Umfang wurden in weiteren Rechtsvorschriften geregelt 13 . Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 ZGB umfaßte die Verwaltung von Volkseigentum auch die Befugnis über das Eigentum zu verfügen 14 . Das ZGB verstand unter einer Verfügung u. a. die Übertragung von 5 Vgl. § 19 Abs. 1 ZGB; Ministerium der Justiz (Hrsg.), Kommentar zum ZGB, § 19 Ziff. 1.1, Oehler, Die staatliche Leitung der Bodenordnung, S. 32 f. 6 Schüsseler, Grundriß des Wirtschaftsrechtes der DDR, Kap. 4, S. 151. 7 Vgl. Autorenkollektiv, Rechtslexikon, 1988, S. 396; Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 3, S. 11; vgl. auch Jakob JZ 1967,46,48 m. w. N. zu den volkseigenen Betrieben. 8 Vgl. Autorenkollektiv, Kommentar zum Vertragsgesetz, § 37 Ziff. 2.5.; Mampel Die sozialistischen Verfassung der DDR, Art. 10 Rn. 18; Heuer, Bodenrecht in der DDR 19491990, 1991, S. 6; Fritsche LKV 1995, 308, 315;VG Berlin ZOV 1991, 101, 108; Böhringer, Besonderheiten des Liegenschaftsrechtes in den neuen Bundesländern, Rn. 53. 9

Vgl. § § 7 und 37; vgl. auch Schüsseler, Grundriß des Wirtschaftsrechtes der DDR, Kap. 4, S. 151; Ministerium der Justiz (Hrsg.), Kommentar zum ZGB, § 18 Ziff. 2. 10 Das Wörterbuch der Ökonomie - Sozialismus, 1969 S. 277 ff. definierte einen „Fond" als „ökonomische Kategorie, die einen Vorrat, Bestand an materiellen oder finanziellen Mittel oder die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zur Verfügung stehenden Mittel beinhaltet." Zu den Begriffen Fondinhaber und Rechtsträger umfassend Büteröwe, Vermögenszuordnung für kommunale Verwaltungsaufgaben in den neuen Bundesländern, 1996, S. 27 ff. 11 Vgl. § 2; wobei der Rechtsträger zugleich der Fondinhaber mit entsprechenden Rechten und Pflichten ist, vgl. Autorenkollektiv, Rechtslexikon, 1988, S. 301.; Mampel, Die sozialistischen Verfassung der DDR, Art. 10, Rn. 18; Oehler, Grundstücke in der DDR-Eigentum und Nutzung, 1990, S. 67 definiert Rechtsträger mit „Staatsorgan, dem volkseigene Grundstücke, Gebäude und Anlagen ... zugeordnet werden." und die Kategorie Volkseigentum als Grundlage der Rechtsträgerschaft. 12 Ministerium der Justiz (Hrsg.), Kommentar zum ZGB, § 19 Ziff. 1.4; zur Verfügungsbefugnis aus Sicht der DDR-Bürger vgl. Turner NJW 1990,555. 13 Vgl. Zusammenfassung bei Mampel, Die sozialistischen Verfassung der DDR - Kommentar, 1982, Art. 10, Rn. 18 Fn. 15; Voss DtZ 1992,6 ff. 14 Rohde, Bodenrecht, 1989, Kapitel 4 S. 78; ders., Die Umgestaltung des Grundeigentums, Gebäudeeigentums und Bodennutzungsrechts in den neuen Bundesländern, S. 52; Enderlein BB 1991, 1813; Fritsche LKV 1995, 308, 313; Heuer Bodenrecht in der DDR 19496 Gohrke

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Eigentum auf andere Rechtssubjekte15. Dem Verwalter war es daher auch möglich, Teile des Volkseigentums auf Private zu übertragen und so persönliches Eigentum zu schaffen 16. Die Verfügungsbefugnis im Sinne einer Veräußerungsmöglichkeit bestand zunächst nur für Gebäude, insbesondere Eigenheime17, die auf volkseigenen Grundstücken errichtet wurden. Der Grund und Boden blieb aber stets, wie nach der DDR-Rechtslehre verfassungsrechtlich vorgegeben, im Volkseigentum. Erstmals mit dem sog. „Modrow-Gesetz"18 wurde die Möglichkeit geschaffen, daß auch Grundstücke von Privaten zu Eigentum erworben werden können19. Die Verfügungsbefugnis der Rechtsträger wurde demgemäß auch insoweit ausgedehnt. Der Abschluß entsprechender Kaufverträge oblag denn auch den eingetragenen Rechtsträgern20. Es war ursprünglich jedoch das Verfügungsverbot des § 20 Abs. 3 S. 1 ZGB zu beachten, wonach Vermögensgegenstände, die Grundlage der wirtschaftlichen Tätigkeit der Betriebe sind, nicht aus dem sozialistischen Eigentum in persönliches oder privates übertragen werden durften. Dieses Verfügungsverbot wurde jedoch später aufgehoben 21. Die Verfügungsbefugnis der Verwalter (Rechtsträger und Fondinhaber) beinhaltete damit u. a. die in einzelnen Rechtsvorschriften ausgestaltete Rechtsmacht, an fremdem Eigentum (Volkseigentum) Nutzungsrechte einzuräumen und auch das Eigentum zu übertragen. Als Bestandteil der Verwalterbefug-

1990, S. 6; Voss DtZ 1992, 6, 7;VG Berlin ZOV 1993, 29; Böhringen Besonderheiten des Liegenschaftsrechtes in den neuen Bundesländern, Rn. 54; trotz des Wortlautes a.A. MoserMerdian/Flik/Keller, Das Grundbuchverfahren in den neuen Bundesländern, Rn. 153 einerseits und 179 andererseits. 15 Ministerium der Justiz (Hrsg.), Kommentar zum ZGB, § 19 Ziff. 1.4; Brunner, Einführung in das Recht der DDR, 1975, S. 110; Mampel, Die sozialistischen Verfassung der DDR, Art. 10, Rn. 18. An dieser Stelle sollte daran erinnert werden, daß das ZGB der DDR kein Abstraktionsprinzip kannte. Demgemäß wurde nicht zwischen Grund- und Verfügungsgeschäft getrennt, vgl. Becker- Eberhard Jura 1994, 577, 578; Heuer, Bodenrecht in der DDR 1949-1990, 1991, S. 84; Moser-Merdian/Flik/Keller, Das Grundbuchverfahren in den neuen Bundesländern, Rn. 95; vgl. auch Art. 233 § 7 EGBGB wonach für die Erfüllung eines ZGB-Grundstückskaufvertrages eine gesonderte Auflassung nicht erforderlich ist, siehe dazu Böhringer VIZ 1995,624, 626. 17 Vgl. Gesetz über den volkseigener Eigenheime und Siedlungshäuser v. 15. 9. 1954 (GBl. 1954 I,S. 784), geändert durch das Gesetzes über den Verkauf volkseigener Eigenheime, Miteigentumsanteile und Gebäude für Erholungszwecke v. 19. 12. 1973 (GBl. 1973 I, S. 578). 18 § 4 Abs. 2 des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude v. 7. 3. 1990 (GBl. 19901, S. 157). 19 Enderlein BB 1991, 1813. 20 § 5 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zum Gesetz über den Verkauf volkseigener Gebäude v. 15. 3. 1990 (GBl. 19901, S. 158). 21 Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Zivilgesetzbuches der DDR (1. Zivilrechtsänderungsgesetz) v. 28. 6. 90 (GBl. 1990 I, S. 524); dies übersehen wohl Enderlein BB 1991, 1831.

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nis ist die Verfügungsbefugnis kein eigenes, originäres dingliches Recht der Verwalter gewesen. Der Verwalter hat jeweils nur die dingliche Befugnisse des Staates als Eigentümer wahrnehmen können (Derivat), besaß aber keine eigene dingliche Rechtsposition22. Die Verwaltung durch Rechtsträger und Fondinhaber entsprach einer gesetzlichen Ermächtigung zur Wahrnehmung der Befugnisse des Rechtsinhabers und Eigentümers mithin des Staates. Mit dem Wegfall des Staates „DDR" entfiel demgemäß auch die abgeleitete Rechtsmacht der „Verwalter" und damit deren Verfügungsbefugnis 23 über volkseigenes Vermögen. Die Verfügungsbefugnis über kommunales Vermögen wurde zwar mit § 5 KVermG 24 beibehalten und das Kommunalvermögensgesetz galt auch nach dem 3. 10. 90 weiter 25, jedoch wurde auch dort keine Regelung getroffen, wem diese Befugnis zustehen sollte. Dies war auch nicht notwendig, weil das KVermG den Gemeinden, Städten und Landkreise das Vermögen zu Eigentum zuwies und demgemäß der jeweilige (neue) Eigentümer zugleich auch die Verfügungsbefugnis besaß. Die in § 5 KVermG umschriebene Verfügungsbefugnis ist die eines Eigentümers. Es wurde mithin nur das Recht der Kommunen über ihr Vermögen wie ein Eigentümer zu verfügen klargestellt und damit eine Abkehr von Volkseigentum und Rechtsträgerschaft vorgenommen26. Die Vermögenszuordnung des KVermG hat der Einigungsvertrag in den Art. 21 ff. nur teilweise übernommen und bestätigt. In gewissem Umfang, insbesondere in Bezug auf Bundesvermögen, wurden neue und als letztlich maßgebliche Zuordnungsregelungen getroffen. Damit konnte sich die Person des Verfügungsbefugten (Eigentümers) nur aus den neuen Zuordnungsregelungen für das ehemalige Volkseigentum ergeben. Für den Neuanfang mit dem Beitritt bestimmte deshalb Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB a.F.27, daß die Frage, wer nun die Verfügungsbefugnis innehat, sich aus den Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums (KVermG, Art. 21 ff. GG; TreuhG 28) ergibt. Darin steckt die eigentliche Selbstverständlichkeit, daß der neue Eigentümer eines ehemals volkseigenen Vermögenswertes wie jeder Eigentümer über diesen Ge-

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Böhringen Besonderheiten des Liegenschaftsrechtes in den neuen Bundesländern, Rn. 55; Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 5, S. 16; Mampel,Die sozialistischen Verfassung der DDR, Art. 10, Rn. 13; Becker-Eberhard Jura 1994, 577,578; Fritsche LKV 1995, 308, 313; a.A. wohl Lange DtZ 1991, 329 Fn. 6. 23 VG Berlin ZOV 1991, 101, 109; Zur Verfügungsbefugnis der Gemeindevertretungen gemäß § 21 KVerfG der DDR vgl. Rohde DNotZ 1991, 186,1%. 24 § 5 Abs. 1 S. 1 KVermG lautet: „Über kommunales Vermögen kann im Rahmen der Gesetze uneingeschränkt verfügt werden". 25 Einigungsvertrag, Anlage II, Kap. IV, Abschnitt III, Ziff. 2. 26 von Detten in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 5 KVermG, Rn. 3 und 4.

27 Vgl. Synopse im Anhang II. 28 Vgl. Cremer, Immobiliengeschäfte in den neuen Bundesländern, 2. Aufl., 1993, S. 67. *

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genstand verfügen kann. Es bedarf nur der Abwicklung des Volkseigentums, indem die neuen Eigentümer von ihrem Recht erfahren.

b) Nicht volkseigene (persönliche) Grundstücke -§24 ZGB Im Gegensatz zur Verfügungsbefugnis über volkseigene Grundstücke war die Befugnis über persönliche Grundstücke zu verfügen gemäß § 24 S. 2 ZGB nicht beschränkt29. Das Recht, Eigentum an einem Grundstück oder Gebäude zu übertragen, war genauso anerkannt, wie das Recht im Rahmen der Gesetze die Nutzung eines Grundstückes zu überlassen oder es mit Grundpfandrechten zu belasten30.

c) Zwischenergebnis Nach dem Recht der DDR (§§ 19, 24 ZGB) hatten Privatpersonen über ihre persönlichen Grundstücke und staatliche Verwalter als Rechtsträger oder Fondinhaber über volkseigene Grundstücke eine Verfügungsbefugnis. Damit war im Grundsatz der Inhaber des Eigentumsrechtes zugleich der Verfügungsbefugte. Für den Eigentümer „DDR" übten die eingesetzten, staatlichen Verwalter die Eigentümerbefugnisse aus und repräsentierten so dessen Rechtsmacht. Die Befugnisse der Verwalter wurden im einzelnen in Rechtsvorschriften bestimmt. Die Befugnis zu verfügen beinhaltete das Recht, das Eigentum auf ein anderes Rechtssubjekt zu übertragen, insbesondere war die Möglichkeit, volkseigene Grundstücke an DDR-Bürger zu veräußern, gegeben. Darüber hinaus unterfiel dem DDR-Begriff der Verfügung auch die Nutzungsüberlassung durch Rechtsträgerwechsel oder Nutzungsvertrag und die dingliche Belastung eines Grundstücks.

2. Die Verfügungsbefugnis nach dem BGB und der sachenrechtliche Verfügungsbegriff a) Der einheitliche Begriff der Verfügungsbefugnis Seit dem Beitritt der ehemaligen DDR gilt auch dort das BGB mit seinem von § 903 vorausgesetzten Eigentumsbegriff. Eine Differenzierung nach den Eigen-

29 Vgl. im einzelnen auch zum Begriff des persönlichen Eigentums - Turner NJW 1990, 555 f.; Mit Art. 2 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Verfassung der DDR (Verfassungsgrundsätze) v. 17. 6. 90 wurde der Begriff des persönlichen Eigentums einem Schutz als „Privateigentum" unterstellt. Dies zeigt auch § 23 Abs. 2 ZGB in der Fassung durch das 1. Zivilrechtsänderungsgesetz. 30 Rohde, Bodenrecht, 1989, Kapitel 10 S. 233; einschränkend Klumpe/Nastold, Rechtshandbuch Ost- Immobilien, 1991, S. 26, Rn. 31.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

tumsformen, wie sie das ZGB ursprünglich noch kannte, ist seitdem weder notwendig noch möglich. Das BGB enthält keine Legaldefinitionen der Begriffe Verfügung und Verfügungsbefugnis. In der Rechtsprechung und der Wissenschaft haben sich aber feststehende Begriffsinhalte herausgebildet. Unter einer Verfügung werden Rechtsgeschäfte verstanden, durch welche ein Recht übertragen, belastet, geändert oder aufgehoben wird (sog. sachenrechtlicher Verfügungsbegriff) 31. Als Verfügungsmacht oder -befugnis wird demzufolge die für ein Recht bestehende Macht/Befugnis verstanden, durch Rechtsgeschäft dieses Recht zu übertragen, zu belasten, zu ändern oder aufzugeben 32. Eickmann33 und Böttcher34 haben versucht, den Begriff der Verfügungsbefugnis anders zu definieren. Nach ihrer Auffassung untergliedert sich der Oberbegriff der Verfügungsberechtigung in die Bestandteile „Verfügungsmacht" und „Verfügungsbefugnis". Als Verfügungsmacht definieren sie eine dingliche Rechtsstellung, kraft deren dem Rechtsinhaber Herrschaftsmacht über ein Rechtsobjekt gewährt wird (Rechtsinhaberschaft). Demgegenüber soll die Verfügungsbefugnis die rechtliche Fähigkeit sein, von den aus der Verfügungsmacht fließenden materiell-rechtlichen Befugnissen Gebrauch machen zu können. Zu einer rechtswirksamen Verfügung sei das Vorliegen beider Bestandteile notwendig. Die vorgeschlagene Differenzierung zwischen Macht und Befugnis zu verfügen hat sich nicht durchgesetzt. Die Begriffe werden heute synonym verwendet35. Sie beschreiben das Recht dessen, dem es zusteht (Rechtsinhaberschaft) über selbiges zu verfügen. Die Rechtsmacht zu einer Verfügung ist entgegen der vorgenannten Konstruktion eines Zusammenwirkens von Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis auch in den Fällen denkbar, in denen eine Verfügungsbefugnis ohne dingliche Rechte an dem Verfügungsgegenstand besteht. Für ein Rechtsobjekt kann es eine beliebige Vielzahl von Verfügungsbefugten geben, aber jeweils nur einen Inhaber des absoluten Rechtes. Was Eickmann36 und Böttcher37 mit der Verfügungsmacht beschreiben, ist nichts anderes, als das Be-

31 RGZ 90, 399; BGHZ 1, 304; 101, 26. 32 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. II Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl., 1992, § 11 Ziff. 5 S. 142. 33 Eickmann, Grundbuchverfahrensrecht, 5. Kap., § 3 III 1. 34 Böttcher Rpfleger 1983,49 ff. 35 Besonders deutliches Beispiele bei Böhringer, Besonderheiten des Liegenschaftsrechtes in den neuen Bundesländern, 1993, Rn. 298 und BayOblG Rpfleger 1996, 333; auch schon v. Thür. Allgemeiner Teil des BGB, Bd. 2, 1. HB, 1957; § 60, S. 365. 36 Eickmann, Grundbuchverfahrensrecht, 5. Kap., § 3 III 1, auch die entsprechenden Begriffe der Bewilligungsbefugnis und der Bewilligungsmacht für das formelle Grundbuchrecht definiert.

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stehen eines übertragbaren, belastbaren, veränderbaren, oder aufgabefähigen Rechtes, wenn man so will ein verfügbares Recht, denn nur aus einem solchen kann rechtslogisch die Macht zu verfügen bestehen. In anderen Fällen ist bereits eine Verfügung ausgeschlossen, folglich auch die Verfügungsbefugnis. Zur Vermeidung begrifflicher Unübersichtlichkeiten sollte deshalb von Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis gesprochen werden. Verfügungsbefugt ist grundsätzlich, wer nach materiellem Recht zur Geltendmachung des Rechtes im eigenen Namen befugt ist 38 . Dies ist in der Regel der Inhaber des betreffenden Rechtes. So bestimmt § 903 BGB, daß der Eigentümer einer Sache mit derselben nach Belieben verfahren kann, mithin auch über sie „verfügen" kann. Die Verfügungsbefugnis ist damit ein Ausfluß der Rechtsinhaberschaft 39. Die Befugnis, über ein Grundstück zu verfügen, ist ebenfalls ein originäres Recht des Grundstückseigentümers. Wenn die §§ 873, 925 BGB eine diesbezügliche Einigung des Erwerbers mit dem veräußernden berechtigten" verlangen, so ist mit dem Berechtigten zunächst allein der Eigentümer des Grundstückes gemeint, über das verfügt werden soll40. Korrespondierend bestimmt § 928 Abs. 1 BGB, daß eine Eigentumsaufgabe in Bezug auf ein Grundstück nur durch den „Eigentümer" erfolgen kann. Die Verfügungsbefugnis ist Voraussetzung dafür, daß eine beabsichtigte Verfügung wirksam werden kann. Fehlt dem Verfügenden die Macht oder Befugnis zu verfügen, so bleibt einem Rechtsgeschäft mit ihm in Bezug auf das Recht die Wirksamkeit versagt41. Der alleinige Glauben an die Verfügungsbefugnis des Verfügenden ist im Grundsatz nicht geschützt. Nur in den Ausnahmefällen der §§ 135 Abs. 2, 161 Abs. 3 BGB, § 366 HGB und §§ 2368 Abs. 3, 2366 BGB darf ein insoweit gutgläubiger Dritter auf das Bestehen und den ausreichenden Umfang der Verfügungsbefugnis vertrauen 42. Die Vorschriften des Gutglaubenserwerbes schützen lediglich den 37 Böttcher Rpfleger 1983,49 ff. 38 Baur JZ 1958, 246; Böttcher Rpfleger 1983, 49 ff.; v. Thür. Allgemeiner Teil des BGB, Bd. 2,1. HB, § 60, S. 365. 39 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. II Das Rechtsgeschäft, 4. Aufl., 1992, § 11 Ziff. 5 S. 142; Thiele in MüKo, BGB, Bd. 1, 3. Aufl. 1989, § 185 Rn. 1; So bestimmen die §§ 929 ff. BGB, daß - abgesehen von der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbes - nur der „Eigentümer" einer beweglichen Sache das Eigentum an dieser Sache übertragen kann. Vergleichbares regelt § 398 S. 1 BGB, indem die Möglichkeit der Abtretung einer Forderung nur für die Person des „Gläubigers" vorgesehen wird. Zur verfassungsrechtlichen Garantie der Verfügungsbefugnis vgl. BVerfGE 24, 367, 389; 26, 215, 222; 31, 229, 240; 38, 348, 370; 42, 263,294; 52, 1, 30. Palandt- Bassenge, § 873 Rn. 11. 41 Vgl. nur Lorenz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl. 1989, § 18 II, S. 323. u Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. II Das Rechtsgeschäft, § 11 Ziff. 5 S. 142; Erman/Brox, BGB - Handkommentar, 10. Aufl. 1993, Einl. § 104 Rn. 16.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefgnis

Glauben an die Rechtsinhaberschaft des Veräußernden. Ein insoweit gutgläubiger Erwerber darf zugleich an die Verfügungsbefugnis des Veräußeres glauben, denn diese Befugnis ist, wie ausgeführt, ein Ausfluß der Rechtsinhaberschaft. Deshalb überwindet der weitergehende gute Glaube in Bezug auf die Rechtsinhaberschaft auch das Fehlen der Verfügungsbefugnis des Veräußernden. Anders liegt der Fall, wenn ein Erwerber bereits weiß, daß der Verfügende nicht der Rechtsinhaber ist. Wegen der grundsätzlichen Verbindung von Recht und Verfügungsbefugnis muß der Erwerber auch zur Annahme gelangen, daß der Verfügende die Verfügungsbefugnis ebenfalls nicht besitzt. Es ist, wie nachfolgend gezeigt wird, aber möglich, daß eine Person, die nicht zugleich Inhaber des Rechtes ist, über dieses Recht eine Verfügungsbefugnis im eigenen Namen innehat. Der tatsächliche Inhaber eines Rechtes kann nämlich einer anderen Person die Verfügungsbefugnis hinsichtlich seines Rechtes verleihen, so daß der andere im eigenen Namen wirksam über das Recht verfügen kann. Für die Verleihung der Verfügungsbefugnis an einen anderen hat sich der Begriff der Ermächtigung herausgebildet43. Unter Ermächtigung versteht man die Erteilung der Macht im eigenen Namen auf einen fremden Rechtskreis durch Rechtsgeschäft einzuwirken44. Die Ermächtigung ist daher inhaltsgleich mit einer Einwilligung in die Verfügung eines Nichtberechtigten nach § 185 Abs. 1 BGB 45 . Nach § 185 Abs. 1 BGB kann ein Nichtberechtigter (Nicht-Rechtsinhaber oder nicht verfügungsbefugter Rechtsinhaber46) über einen Gegenstand verfügen, wenn die Verfügung mit Einwilligung des „Berechtigten" erfolgt. Der „geborene" Berechtigte ist der Inhaber des Rechtes, über das verfügt werden soll. Sein Recht beinhaltet die Befugnis über selbiges zu verfügen. Die Regelung des § 185 Abs. 1 BGB zeigt, daß aus dem Recht neben der Verfügungsbefugnis auch die Befugnis resultiert, einen anderen zur Verfügung zu ermächtigen. Der Rechtsinhaber und Berechtigte im Sinne des § 185 Abs. 1 BGB besitzt demnach auch die Ermächtigungsbefugnis. Macht er als Ermächtigender von dieser Befugnis Gebrauch, so bleibt seine originäre Verfügungsbefugnis unberührt. Hinzu kommt dagegen die Möglichkeit des Ermächtigten, im eigenen Namen über das Recht des Ermächtigenden zu verfügen 47. Neben den geborenen Ver43 Flume , Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. II Das Rechtsgeschäft, § 11 Ziff. 5 S. 143; Lorenz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 18 II, S. 323; BGHZ 106, 1,4. 44 Umfassend zum Ermächtigungsbegriff Doris, Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung bei Vornahme von Verfügungs-, Verpflichtungs- und Erwerbsgeschäften, Diss.; München, 1974; vgl. auch Lehmann, Allgemeiner Teil des BGB, § 37 VI. 4 5 Was wiederum dazu führt, daß die Notwendigkeit eines eigenständigen Ermächtigungsbegriffes neben der Einwilligung umstritten ist, vgl. eingehend Dori s,Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung bei Vornahme von Verfügungs-, Verpflichtungs- und Erwerbsgeschäften, S. 16 ff. und 21, der Einwilligung als den Oberbegriff und Ermächtigung damit als einen Fall der Einwilligung ansieht.

* Vgl. nur Staudinger-Gursky, BGB, Bd. 1, 13. Aufl. 1995, § 185 Rn. 8. BGHZ 106,1,4.

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fügungsberechtigten tritt in diesem Fall ein ausgewählter „Ermächtigter". Beide sind zur Verfügung befugt 48, der Ermächtigte jedoch nur im Rahmen seiner derivativen Ermächtigung49. Hier zeigt sich eine gewisse systematische und funktionelle Parallelität zur Bevollmächtigung50. Wird der Ermächtigte bei einem Rechtsgeschäft über seine Ermächtigung hinausgehend tätig oder ist der Rechtsinhaber insoweit ausnahmsweise in seiner Verfügungsbefugnis beschränkt51, so sind die getroffenen Verfügungen unwirksam. Eine Wirksamkeit kann sich allenfalls aus den Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb ergeben52. Während sich nämlich der gutgläubige Erwerb aus dem Schutz des Guten Glauben an einen Rechtsschein ergibt, ergibt sich der Erwerb vom Ermächtigen kraft dessen Befugnis, in die Rechtssphäre des Ermächtigenden einzugreifen. Der Ermächtigung liegt daher nicht der Gedanke des Vertrauensschutzes, sondern der Gedanke der Erweiterung des eigenen „Aktionsradius" des Ermächtigenden im rechtsgeschäftlichen Verkehr kraft Selbstbestimmungsaktes zugrunde53. Die Verfügungsbefugnis ist Bestandteil eines jeden Vermögensrechtes. Sie kommt dem Rechtsinhaber immer dann zu, wenn sie ihm nicht ausnahmsweise durch eine gesetzliche Vorschrift oder einerichterliche Anordnung (ζ. B. Insolvenzverfahren) - entzogen ist 54 . Während bei der Ermächtigung gemäß § 185 Abs. 1 BGB der Kreis der verfügungsbefugten Personen um die des Ermächtigten erweitert wird, erfolgt in den Fällen des Entzuges der Verfügungsbefugnis eine Verlagerung vom Rechtsinhaber auf eine andere, an sich nicht berechtigte, Person. Derartige Fälle sind u. a. die Insolvenzverwaltung (§ 80 Abs. 1 InsO)55 und die Nachlaßverwaltung durch den Testamentsvollstrecker (§§ 2205, 2211 BGB). In beiden Fällen wird die Verfügungsbefugnis unter Verdrängung des Rechtsinhabers (Gemeinschuldner/Erbe) auf einen Amtswalter verlagert. Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis fallen ausnahmsweise auseinander.

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So schrieb Vogt, Die Zustimmung des Dritten zum Rechtsgeschäft, Diss., Zürich, 1982, Ziff. 1.3. zum insoweit vergleichbaren schweizerischen Privatrecht: „Mit der Ermächtigung erreicht der allein zur Verfügung Berechtigte (Eigentümer einer Sache oder Inhaber einer Forderung), daß neben ihm ein anderer (grundsätzlich unzuständiger) für ihn die Verfügung vornehmen kann.". 49 An dieser Stelle wird die Definition von Eickmann und Böttcher widerlegt, wenn sie für eine wirksame Verfügung das Vorliegen von Verfügungsmacht (Rechtsinhaberschaft) und Verfügungsbefugnis verlangen. so Β GHZ 106,1,4; Thiele in MüKo, BGB, Bd. 1, 3. Aufl. 1989, § 185 Rn. 1. 51 Vgl. zu relativen und absoluten Verfügungsbeschränkungen - Palandt- Heinrichs, § 136 Rn 2 ff. 52 BGHZ 106, 1,4.

53 Doris, Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung bei Vornahme von Verfügungs-, Verpflichtungs- und Erwerbsgeschäften, S. 32. * Larenz, Lehrbuch des Schuldrechtes, Bd. 1, 14. Aufl. 1987, § 33 I, S. 570. 55 Eickmann/Flessner/Irschlinger/Kirchhof/Kreft/Landfermann/Marotzke, Rn. 3 und 8.

InsO, § 80

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

b) Zwischenergebnis Die Verfügungsbefugnis, wie sie das BGB ohne ausdrückliche Definition voraussetzt, umfaßt die Befugnis ein Recht zu übertragen, zu belasten, zu ändern oder aufzugeben. Durch eine Verfügung wird die Rechtsinhaberschaft (Zuständigkeit), der Rechtsinhalt oder beides geändert56. Sie ist nur wirksam, wenn der Verfügende, der nicht zugleich Rechtsinhaber sein muß, die Verfügungsbefugnis innehat. Der geborene Verfügungsbefiigte ist der jeweilige Rechtsinhaber. Die Verfügungsbefugnis ist ein Ausfluß des jeweiligen Vermögensrechtes. Unterliegt der Rechtsinhaber ausnahmsweise gegenüber einzelnen Personen (relativen) oder gegenüber jedermann (absoluten) Verfügungsbeschränkungen, so ist eine Verfügungsbefugnis für das betreffende Rechtsgeschäft in seiner Person nicht vorhanden. Der Rechtsinhaber kann in Erweiterung seines Rechtskreises gemäß § 185 Abs. 1 BGB einen anderen zur Verfügung im eigenen Namen über sein Recht ermächtigen. Die Verfügungsbefugnis des frei gewählten weiteren Verfügungsbefugten (Ermächtigter) tritt neben die dem Rechtsinhaber verbleibende Befugnis. In gesetzlichen Ausnahmefällen ist dem Rechtsinhaber zugunsten gesetzlich bestimmter Personen die Verfügungsbefugnis entzogen. Diese Personen, wie der Insolvenzverwalter oder der Testamentsvollstrecker, sind allein und unter Ausschluß des Rechtsinhabers verfügungsbefugt.

I I . Der Begriff der Verfügungsbefugnis im Vermögensrecht (VermG / I n VorG) 1. Die Befugnisse der Verfügungsberechtigten nach § 2 Abs. 3 VermG Im Vermögens- und Investitionsvorranggesetz ist an verschiedenen Stellen von der Person eines „Verfügungsberechtigten" die Rede. Der § 2 Abs. 3 VermG bestimmt, wer bezüglich der dort genannten Vermögensgegenstände der Verfügungsberechtigte ist. Dies könnte den Schluß nahe legen, daß in den vorgenannten Gesetzen auch eine besondere Verfügungsbefugnis für die Verfügungsberechtigten normiert wird. Das Vermögensgesetz regelt die Fälle, in denen Vermögensgegenstände an die früheren Eigentümer zurückübertragen werden sollen. So bestimmen die §§ 1 und 3 VermG, daß die Gegenstände, die durch eine Maßnahme nach § 1 VermG dem Eigentümer entzogen wurden, an diesen als den Berechtigten nach § 2 VermG zurück zu übertragen sind. Es gilt der Grundsatz der Restitution, soweit nicht ein gesetzlich normierter Ausschlußgrund vorliegt. 56 Larenz, Uhrbuch des Schuldrechtes, Bd. 1, 14. Aufl. 1987, § 33 I, S. 570.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Während der § 2 VermG den Alteigentümer als „Berechtigten" definiert, bestimmt § 2 Abs. 3 VermG mit dem „Verfügungsberechtigten" die Person, die dem Restitutionsanspruch des Berechtigten ausgesetzt ist 57 . Gemeint ist in erster Linie der derzeitige Inhaber des Vermögensgegenstandes, d. h. der derzeitige Eigentümer (einer Sache) und Rechtsinhaber (eines sonstigen Vermögenswertes)58. Seine Rechtsposition wird mit einem bestandskräftigen Restitutionsbescheid auf den berechtigten" zurück übertragen. Mit dem Verfügungsberechtigten ist demgemäß der nach den materiellen Zuordnungsvorschriften zu bestimmende Eigentümer gemeint59. Dies gilt für unverändert private Eigentümer ebenso, wie für juristsiche Personen des öffentlichen Rechts, die erstmals durch die Zuordnungsbestimmungen des Einigungsvertrages Eigentümer geworden sind. Sie alle besitzen bis zur Restitutionsentscheidung zunächst die volle Rechtsstellung, wie jeder andere Eigentümer60. Die Verfügungsberechtigung, die der § 2 Abs. 3 VermG umschreibt, ist die eines Eigentümers nach den Bestimmungen des BGB, wie sie gerade zuvor beschrieben wurde. Es ist die aus der Rechtsinhaberschaft resultieren Befugnis mit der Sache nach Belieben zu verfahren 61. Einen eigenständigen Begriff der Verfügungsbefugnis kennt das Vermögensgesetz daher nicht. Eine solche Befugnis wird vorausgesetzt. Nur die Personen, denen diese Befugnis zukommt, werden explizit genannt. Dabei benennt § 2 Abs. 3 VermG klarstellend den Eigentümer oder Verfügungsbefugten als „Verfügungsberechtigten". Diese Unterscheidung ist notwendig, da ein Auseinanderfallen von Rechtsinhaberschaft und Verfügungsbefugnis bereits nach dem allgemeine Zivilrecht möglich ist und durch gesetzliche Anordnung z.T. erst herbeigeführt wird 62 . Um den Restitutionsanspruch des Berechtigten, der aber (noch) nicht (wieder) der Rechtsinhaber ist, zu sichern, sind dem derzeit verfügungsberechtigten Eigentümer Verfügungsbeschränkungen auferlegt. 57 Wente VIZ 1992,125,126. 58 BT-Drs. 12/103 S. 22; Bretthole / Köhler-Apel in R / R / B , § 2 VermG Rn. 54 und 59; Wasmuth in RVI, § 2 VermG, Rn. 146; Neuhaus in F / R / M / N , § 2 VermG, Rn. 43; Weigel in Kimme, Offene Vermögensfragen,§ 2 Rn 88 und 102; Wente VIZ 1992, 125, 126 f.; SäckerHummert, § 2 VermG, Rn. 61; Darüber hinaus stellt § 2 Abs. 3 VermG klar, daß sich ein Restitutionsbegehren auch gegen eine Person richten kann, die derzeit die Verfügungsmacht innehat. So sind auch die Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG bei anmeldebelasteten Grundstücken zugleich auch Verfügungsberechtigte nach § 2 Abs. 3 VermG; vgl. Bretthole/KöhlerApel in R / R / B , § 2, Rn. 60; Neuhaus in F / R / M / N , § 2, Rn. 44. 59 Nolting in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 2 VermG, Rn. 88. 60 Gohrke ZOV 1996,404. 61 Wente VIZ 1992, 125, 126 Fn. 11 führt zutreffend aus, daß mit dem Verfügungsberechtigten derjenige gemeint ist, den das Zivilrecht mit dem Berechtigten (Rechtsinhaber oder Ermächtigten nach § 185 BGB) umschreibt. Das VermG hat den Begriff des Berechtigten aber bereits für den Restitutionsgläubiger belegt, so daß der Verfügungsberechtigte der derzeitige „Berechtigte" im Sinne des BGB ist. 62 Nolting in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 2 VermG, Rn. 88 f. nennt als Beispiele die Gesamtvollstreckung, die Testamentsvollstreckung und § 8 VZOG.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

So muß er gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 VermG dingliche Rechtsgeschäfte und langfristige schuldrechtliche Verträge unterlassen, wenn nicht der potentielle neue Eigentümer, der Restitutionsberechtigte, zustimmt. Der Verfügungsberechtigte hat die einem Treuhänder vergleichbare Stellung63. Er hat bis zur Entscheidung über den Restitutionsantrag die Interessen des nach § 2 Abs. 1 VermG Berechtigten zu beachten. Er darf im Außenverhältnis alle Rechte eines Eigentümers wahrnehmen. Der Verfügungsberechtige ist als derzeitiger Eigentümer kein Nichtberechtigter im Sinne der §§ 185, 816 BGB. Seine Verfügungen sind wirksam und bedürfen keiner nachträglichen Genehmigung64. Im Innenverhältnis zum Berechtigten unterliegt er aber den Beschränkungen des § 3 Abs. 3 VermG. Dessen Grundsatz verpflichtet den Verfügungsberechtigten, Rechtsgeschäfte oder Handlungen zu unterlassen, die den Restitutionsanspruch des Berechtigten zu beeinträchtigen vermögen65. Im übrigen, im Bereich des § 3 Abs. 3 S. 2 VermG, beschränken sich die Befugnisse des Verfügungsberechtigten auf eine Art Notgeschäftsführung 66. Für diesen Bereich zulässiger Geschäftsführung werden die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag teilweise entsprechend angewendet67.

2. Die Verfügungsberechtigten nach dem Investitionsvorranggesetz Die Verfügungsbefugnis der Rechtsinhaber von restitutionsbelasteten Vermögensgegenständen und sonstiger Verfügungsbefugter über derartige Vermögenswerte ist gemäß § 3 Abs. 3 VermG schuldrechtlich und damit nur im Innenverhältnis beschränkt68. Andererseits ist diesen Personen, die das VermG als Verfügungsberechtigten bezeichnet, eine Notgeschäftsföhrung erlaubt. Zur Realisierung von Investitionen trotz eines Restitutionsantrages hat der Gesetzgeber außerdem sog. Vorfahrtsregelungen geschaffen. Zu diesen Regelungen gehört insbesondere das Investitionsvorranggesetz. Durch sie wird der Grundsatz der Restitution zugunsten eines investiven Vorhabens durchbrochen. Der Restitutionsanspruch wandelt sich in einen Ausgleichsanspruch69. 63 BGH VIZ 1995, 293 = JZ 1995, 790 mit Anm. Rauscher; Redeker/Hirtschulz/Tank in F / R / M / N , § 3 VermG Rn. 286; Wasmuth in RVI, § 3 VermG, Rn. 217; Rapp in Kimme, Offene Vermögensfragen; § 3 VermG, Rn. 102 ff. « Fritsche OVspez. 1998, S. 179. 65 Vgl. nur Köhler NJW 1991,465,471. 66 Vgl. Gohrke ZOV 1996,404 m. w. N. 67 BGHZ 124, 147, 149; Es sollte besser von einer „Geschäftsführung mit gesetzlichen Auftrag" gesprochen werden. So schon Gohrke ZOV 1996, 404 unter Hinweis auf den gesetzgeberischen Auftrag der Erhaltung der Wohnungsbewirtschaftung; ähnlich Keller Rpfleger 1994,437. 68 Siehe dazu § 3 A. III. 7. b) ff) (2). 69 Vgl. § 16 InVorG.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Gemäß § 2 InVorG kommen die Verfügungsbeschränkungen des § 3 Abs. 3 VermG nicht zur Anwendung, wenn der „Verfügungsberechtigte" bestimmte, zulässige Investitionsmaßnahmen vornimmt. Der § 2 InVorG stellt eine (Rück-)Ausnahme von den grundsätzlichen Verfügungsbeschränkungen des Vermögensgesetzes dar. Es wird den Verfügungsberechtigten ein Teil der grundsätzlichen Verfügungsbefugnis zurückgegeben. Für die Person des Verfügungsberechtigten und dessen Befugnis zu verfügen bedeutet dies, daß die Begrifflichkeiten aus VermG und InVorG identisch sind. Der Verfügungsberechtigte nach § 2 InVorG ist zugleich der nach § 2 Abs. 3 VermG 70. Gemeint ist auch hier der Eigentümer, Rechtsinhaber oder sonstige Verfügungsbefugte im Sinne des allgemeinen Zivilrechtes71.

3. Zwischenergebnis

Die nach den Bestimmungen des Vermögensrechtes im VermG und InVorG bezeichneten „Verfügungsberechtigten" sind die nach den Grundsätzen des BGB verfügungsbefugten Rechtsinhaber oder sonstigen Verfügungsbefugten. Die Bestimmungen des InVorG regeln grundsätzlich, genau wie die des VermG, nur den Umfang der Verfügungsbefugnis, wie sie einem Rechtsinhaber regelmäßig zusteht. Das Recht, über einen Vermögensgegenstand frei zu verfügen, wird für Restitutionsbelastete durch das Vermögensgesetz schuldrechtlich beschränkt und durch das Investitionsvorranggesetz für Investitionstaugliche teilweise wieder eröffnet. Den Rahmen, in dem diese Vorschriften wirken, bildet die Verfügungsbefugnis eines Rechtsinhaber nach den allgemeinen Bestimmungen wie dem BGB. Eine eigenständige Verfügungsbefugnis bestimmter Personen wird dagegen nicht begründet, sie wird von den gesetzlichen Bestimmungen vorausgesetzt72.

I I I . Der Begriff der Verfügungsbefugnis in § 8 V Z O G Der § 8 VZOG enthält ähnlich den §§ 19, 24 ZGB und dem § 2 Abs. 3 VermG, eine Regelung, wer über Grundstücke in deren Grundbuch noch „Eigentum des Volkes" eingetragen ist, verfügungsbefugt sein soll. Die verfügungsbefugten juristischen Personen sind dort enumerati ν aufgezählt 73. Nachfolgend soll hier zunächst der Begriff der „Verfügung" und später die inhaltliche Ausgestaltung der ,3efugnis" zu verfügen näher betrachtet werden.

70 BVerwG VIZ 1995,527; BVerwG VIZ 1996,213, 215. 71 Vgl. nur Schulz in R / R / Β Bd. II; Vorbemerkungen zum InVoiG, Rn. 7. 72 Wasmuth in RVI, § 2 VermG, Rn. 145. 73 Vgl. Synopse im Anhang I.

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Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

1. Der Verfügungsbegriff des § 8 VZOG Das BGB geht von einem sachenrechtlichen Verfügungsbegriff aus. Verfügungen sind danach alle Rechtsgeschäfte, durch welche ein Recht übertragen, belastet, geändert oder aufgehoben wird (s.o.)74. Diesen Kern des sachenrechtlichen Verfügungsbegriffes nimmt § 8 VZOG auf. Zunächst werden daher alle sachenrechtlichen Verfügungen auch als solche im Sinne des § 8 VZOG anerkannt75. Den Verfügungsbefugten ist insbesondere die Möglichkeit der Veräußerung, d. h. der Übertragung von Eigentum, an private Investoren eröffnet 76. Diese Möglichkeit zu schaffen, war gerade der Sinn der Einführung einer Verfügungsbefugnis im Vermögenszuordnungsgesetz. Der Verfügungsbegriff des § 8 VZOG wird aber über den sachenrechtlichen Begriff hinaus weit ausgelegt. Unter eine Verfügung werden alle Rechtsgeschäfte, deren Gegenstand ein der Verfügungsbefugnis unterliegenden Grundstücke oder Gebäude ist, gefaßt. Eine Beschränkung auf dingliche Rechtsgeschäfte wäre nicht sinnvoll. Dies hat Schmidt-Räntsch77 erstmals überzeugend begründet. Für die Erreichung der notwendigen Verkehrsfähigkeit der Grundstücke würde selbstverständlich eine dingliche Verfügungsbefugnis ausreichen. Neben der Veräußerung eines Grundstücks an einen Investor kann es aber sinnvoll sein und auch von diesem gewünscht werden, daß er das Grundstück pachtet oder ein Gebäude mietet. Es wäre daher schwer verständlich, wenn der nur vorübergehend nach § 8 VZOG Verfügungsbefugte statt eines Pacht- bzw. Mietvertrages ein dingliches Nießbrauchsrecht einräumen mußte, wenn doch auch ein schuldrechtlicher Vertrag ausreichend wäre. Daneben wären dingliche Rechtsgeschäfte nicht kondiktionsfest, könnte der Verfügungsberechtigte nicht auch die schuldrechtlichen Grundgeschäfte abschließen und so eine causa schaffen 78. Ausgehend von diesem Gedanken wird zur effektiven Bewirtschaftung der nach dem Grundbuch ehemals volkseigenen Grundstücke und Gebäude der Abschluß schuldrechtlicher Verträge als zulässige „Verfügung" i. S. d. § 8 Abs. 1 VZOG anerkannt79. 74 RGZ 90, 399; BGHZ 1, 304; 101,26. 75 Eingehend Böhringer MittBayNot 1991, 189, 190. 76 Das die sachenrechtlichen Verfügungen dem Begriff des § 8 VZOG unterfallen ist unstreitig. vgl. nur Dick in Kimme, Offenen Vermögensfragen, § 8 VZOG Rn. 8; Leitschuh/ Lange in Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 8 VZOG Rn. 10; Schmidt-Räntsch/Hiestand; Vermögen und Investition in der ehemaligen DDR, § 8 VZOG Rn. 6; Friehe; Investitionen in den neuen Bundesländern, S. 117; Söfker VIZ 1991, 44,46; Lange DtZ 1991, 329, 336; InfoDienst Kommunal Nr. 24 Kap. Β I Nr. 2. 77 Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 6.1.4.2, S. 80; ders. schon in ZIP 1991,973,977, ders. DtZ 1991,169,173. 78 Schmidt-Räntsch/Hiestand, § 8 VZOG, Rn. 6; Böhringer MittBayNot 1991, 189,190 f.; ders, Besonderheiten des Liegenschaftsrechtes in den neuen Bundesländern, 1993, Rn. 325. 79 Friehe Investition in den neuen Bundesländern, S. 117; Schillo in v. Drygalski/ Weber, Immobilienhandbuch Ost, 1993, S. 280 (zur Bestellung eines Erbbaurechtes und zur Teilung von Wohnungseigentum); Fieberg/Reichenbach NJW 1991, 1978, 1981 Schmidt LKV 1992,

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Seit der Änderung des damaligen § 6 VZOG durch das 2. VermRÄndG und später durch das RegVBG findet sich in § 8 Abs. 1 a S. 3 VZOG ein gesetzlicher Anhaltspunkt dafür, daß schuldrechtliche Verträge vom Verfügungsbegriff des Absatzes 1 erfaßt sein sollen. Nach § 8 Abs. 1 a S. 3 VZOG findet § 571 BGB entsprechende Anwendung, wenn im Rahmen der Verfügungsbefugnis der Besitz an einem Grundstück überlassen wurde. Damit soll dem Besitzer die Berufung auf ein schuldrechtliches Besitzrecht aus einem Miet- oder Pachtvertrag auch gegenüber dem wahren Eigentümer des Grundstückes möglich sein80. Es sei bereits vorweggenommen, daß Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG nicht in Vertretung des wahren Berechtigten erfolgen, sondern von den Verfügungsbefugten im eigenen Namen geschlossen werden. Die inter partes wirkenden Mietoder Pachtverträge bestehen demgemäß mit den Verfügungsbefugten. Grundsätzlich tritt der Erwerber eines vermieteten Grundstückes in den bereits bestehenden Mietvertrag ein 81 . Voraussetzung des gesetzlichen Eintrittes ist aber, daß der Veräußerer den Mietvertrag als Eigentümer geschlossen hat. Ein Mietvertrag, den ein Scheineigentümer und damit Nichtberechtigter geschlossen hat, geht nicht über 82. Der Übergang nach § 571 BGB verlangt zwingend die Identität von Grundstückseigentümer, Veräußerer und Vermieter 83. Ein Mietvertrag, den ein Verfügungsbefugter nach § 8 Abs. 1 VZOG schließt, gilt zwar als die Verfügung des Berechtigten, es fehlt aber ggf. dennoch die Identität von Eigentümer und Vermieter. Die vom Gesetzgeber gewählte Befugnis im eigenen Namen tätig zu werden, überwindet nicht die Tatbestandsvoraussetzungen des § 571. Dennoch sollen Mieter und Pächter geschützt werden und längerfristige Verträge geschlossen werden können. Der Besitzer wird deshalb so gestellt, als habe er den Besitz aufgrund einer rechtsgeschäfltlichen Vereinbarung vom tatsächlichen Eigentümer erhalten. Dabei kann es nicht maßgeblich sein* ob dieser Eigentümer eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist oder ein Privater 84. Der Schutz des Besitzers wäre unvoll157; Teige/Rauch VIZ 1997,623; BGH Urteil v. 17. 5. 95 - XII ZR 235/93= DtZ 1995, 370 = WM 1995, 1078 = Ovspez. 24/95 S. 418 = ZIP 1995, 1220; unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Schmidt-Räntsch DtZ 1991, 169, 173; LG Leipzig Urteil v. 3. 7. 96-03 Ο 0426/ 96; zustimmend BGH EWiR, § 8 VZOG 1/95, 931 (Preu) unter Hinweis auf die Funktion der Verfügungsbefugnis als Mittel zur „Verwaltung" und „Verwertung" ehemals volkseigener Immobilien. so BT-Drs. 12/2480 S. 92; Leitschuh/Lange in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 11. 81 Entsprechendes gilt nach § 581 BGB für Pachtverträge. 82 Vgl. nur Emmerich/Sonnenschein, Miete, § 571 BGB Rn. 8; Soergei-Heintzmann, § 571, Rn. 6. 83 Zum Identitätserfordernis vgl. SVàuàmgtx-Emmerich, § 571, Rn. 41 m. w. N.; Der BGH (LM § 571 Nr. 22) hat entschieden, daß § 571 BGB solche Fälle nicht erfaßt, in denen der veräußernde Eigentümer nicht zugleich auch Vermieter ist. Veräußert aber ein Vermieter, der nicht zugleich Eigentümer ist, so gilt § 571 BGB ebenfalls nicht, vgl. Soergel-Heintzmann, § 571, Rn. 6; a.A. Derleder in BGB-Alternativkommentar, § 571, Rn. 3 a.E. 84 So wohl auch Leitschuh/Lange in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 11; einschränkend Dick in Kimme, § 8 VZOG Rn. 10, wonach die abgeschlossen Rechtsgeschäfte nur für und gegen

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Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

kommen und der Abschluß von Miet- oder Pachtverträgen gefährdet, wenn der Mieter /Pächter trotz Vertrages dem Herausgabeanspruch des privaten Eigentümers ausgesetzt wäre. Es gelten die bereits bei der Frage eines Erwerbes vom Verfügungsbefugten gemachten Ausführungen. Unterscheidet die Verfügungsbefugnis nicht nach dem wahren Eigentümer, so kann dies auch nicht für den Schutz über eine entsprechende Anwendung des § 571 BGB maßgeblich sein. Diese Entsprechung führt zu einem Eintritt des wahren Eigentümers in die geschlossenen, schuldrechtlichen Verträge, die mit einer Besitzüberlassung verbunden sind85. Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG sind also sowohl dingliche als auch schuldrechtliche Rechtsgeschäfte zur Verwaltung und Verwertung und damit effektiven Bewirtschaftung von Grundstücken, die der Verfügungsbefugnis unterfallen. Unbeachtlich ist, ob durch eine Verfügung ein Erlös (Entgelt) erzielt wird 86 und ob es sich im Einzelfall um ein Verkehrsgeschäft im Sinne der Gutglaubensvorschriften handelt. Die Frage nach der Notwendigkeit der Erlöserzielung bestand nur für die Erstfassung des § 6 VZOG. Dort war in Absatz 4 ausschließlich die Pflicht zur Hinterlegung des Erlöses aus einer Verfügung normiert. Aber bereits die Änderungen des 1.VermRÄndG ergänzten § 6 Abs. 4 VZOG a.F. um die Regelung, daß zumindest der Wert des Vermögensgegenstandes, über den der Verfügungsbefugte verfügt hat, auszukehren ist. Seitdem steht außer Frage, daß die Erlöserzielung keine Verfügungsvoraussetzung ist 87 . Die den Verfügungsbefugten möglichen Verfügungen müssen nicht unbedingt ein Verkehrsgeschäft darstellen. Dieses auch im Bereich des gutgläubigen Erwerbes ungeschriebene Tatbestandmerkmal88 ist bei § 8 Abs. 1 VZOG nicht zu prüfen. Es wird für den gutgläubigen Erwerb herangezogen, um einen Erwerb vom Nichtberechtigten auf die Fälle rechtsgeschäftlichen Dritterwerbes zu beschränken. Ausgeschlossen werden soll damit der Erwerb kraft Gesetzes oder Hoheitsakt und Fälle, in denen der Erwerber zugleich rechtlich oder auch faktisch Verfügender ist. Der gutgläubige Erwerb will die Fälle der sog. Selbstbeschaffüng ausschließen89. Ein bloßer Subjektwechsel reicht deshalb nicht. Es muß ein wirtschaftlicher Güterumsatz stattfinden, bei dem Erwerber und Veräußerer weder juristisch noch wirtschaftlich identisch sind. Der gutgläubiger Erwerb soll einen Schutz des Verkehrs mit Waren und Grundstücken bewirken. Ein Verkehrsschutz wird aber nur erforderlich, wenn ein Dritter, der die Zuordnung des Gegenstandes nur nach dem äußeren Schein (Besitz oder Grundbuch) beurteilen kann, den Gegenstand rechtsgeden später im Zuordnungsverfahren festgestellten Eigentümer wirken; ähnlich SchmidtRäntsch/Hiestand, § 8 VZOG Rn. 10 a.E. 85 BT-Drs. 12/2480 S. 92. 86 Böhringer, Besonderheiten des Liegenschaftsrechtes in den neuen Bundesländern, 1993, Rn. 325. 87 OLG Jena Beschluß v. 12. 10.95-6 W 390/95 = VIZ 1996,170. 88 Welches auf Wolff-Raiser, Sachenrecht, § 45 Ziff. 4 S. 144 zurückgeht. 89 Vgl. nur Wacke in MüKo, § 982 Rn. 38 m. w. N.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

schäftlich erwerben will. Wer dagegen selbst Träger des diesbezüglichen Rechtsscheines ist, wird von diesem nicht geschützt90. Bei den Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG handelt es sich jedoch nicht um Verfügungen aufgrund eines gesetzlich geschützten Rechtsscheines. Die Verfügungsbefugnis ermöglicht, wie gezeigt91, weder für sich noch zusammen mit § 892 BGB einen gutgläubigen Grundstückserwerb. Es kann festgehalten werden, daß dem weiten Verfügungsbegriff des § 8 Abs. 1 VZOG alle Rechtsgeschäfte unterfallen, die ein Verfügungsbefugter vornimmt und die ein der Verfügungsbefugnis unterliegendes Grundstück oder Gebäude zum Gegenstand haben92. Die Rechtsprechung hat u. a. folgende „Verfügungen" eines Verfügungsbefugten als von der Verfügungsbefugnis umfaßt angesehen: Bewilligung einer Grundbuchänderung nach § 19 GBO 93 (verfahrensmäßige Verfügung 94), Geltendmachung eines Räumungsanspruches nach Kündigung eines Mietvertrages über ein Gebäude 95 , Geltendmachung eines Herausgabeanspruches in Bezug auf ein Gebäude und eines Löschungsanspruches in Bezug auf eine Grundbucheintragung96 und die Erfüllung von Auflassungsansprüchen 97. Das BVerwG hat außerdem geurteil, daß die Rechtsstellung des Verfügungsbefugten eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO begründen kann und eine Klageerhebung gegen einen Restitutionsbescheid demgemäß eine zulässige Handlung wäre 98.

2. Verfügungen als „Grundstückseigentümer" nach § 14 Abs. 1 S. 1 SachRBerG a) Ausgangssituation Das Sachenrechtsbereinigungsgesetz99 bezweckt die Sicherung der aus DDRZeiten stammenden Nutzungsverhältnisses und deren Anpassung an das BGB 90 Vgl. Wolff-Raiser, Sachenrecht, § 45 Ziff. 4 S. 144. 91 Siehe § 2 Α. IV. 3. b) cc). 92 OLG Dresden Beschluß v. 25. 7. 9 6 - 7 W 0536/96 = VIZ 1996, 732. 93 BGH Urteil v. 29. 3. 96 - V ZR 326/94 = ZIP 1996, 1059 = NJW 1996, 1890; LG Dresden Beschluß v. 25.4. 95 2 Τ 0766/94. 94 Demharter, Grundbuchordnung, 21. Aufl., 1995, § 19 Rn. 73.; BayObL DNotZ 1989, 361, 362 wonach die Bewilligungsbefugnis ein Ausfluß der materiellen Verfügungsbefugnis ist; vgl. auch Köther, Der Umfang der Prüfungspflicht im Grundbuchrecht, Diss., Würzburg, 1981, S. 149. 95 BGH Urteil v. 17. 5. 95 - XII ZR 235/93 = DtZ 1995, 370 = WM 1995, 1078 = OVspez. 24/95 S. 418; zur sog. Kündigungsermächtigung BGH L M § 185 Nr. 43 m. w. N. 96 BGH Urteil v.15. 12. 95 - V ZR 110/94 = ZIP 1996,654 = VIZ 1996,273. 97 BrdbgOLG Urteil v.23. 10. 9 6 - 3 U 20/94 = VIZ 1997, 360 = OLG-NL 1997, 60. 98 BVerwG Urteil v. 24. 10. 9 6 - 7 C 26/95 = VIZ 1997, 101.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

durch die Begründung BGB-konformer Rechte. Es folgt dem sog. Anspruchsprinzip, denn nach § 15 Abs. 1 SachRBerG kann der Nutzer den Ankauf des genutzten Grundstückes oder der Bestellung eines Erbbaurechtes beanspruchen. Berechtigt und verpflichtet in Bezug auf die Ansprüche aus dem SachRBerG werden gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 SachRBerG der jeweilige Nutzer und Grundstückseigentümer. Der Anspruchsgegner ist also der derzeitige Grundstückseigentümer. Dessen Bestimmung bereitet keine Schwierigkeiten, wenn eine konkrete Person im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist. Zu dessen Gunsten streitet dann die Vermutung des § 891 BGB. Problematisch gestaltet sich aber die Feststellung des Eigentümers, wenn im Grundbuch noch „Eigentum des Volkes" eingetragen ist. Durch Subsumierung der Zuordnungsvoraussetzungen den neuen Eigentümer festzustellen, erscheint aus Sicht des Nutzers und Anspruchstellers ausgeschlossen100. Es stellt sich die Frage, ob zur Erfüllung der Ansprüche eines Nutzers aus dem SachRBerG auch der derzeitige Verfügungsbefugte berechtigt und verpflichtet ist.

b) Der Verfügungsbefugte nach § 8 Abs. 1 VZOG als Anspruchsverpflichteter Die §§14 und 90 SachRBerG bezeichnen jeweils den Grundstückseigentümer als Anspruchsverpflichteten und Verfahrensbeteiligten. Der Verfügungsbefugte nach § 8 Abs. 1 VZOG kann, muß aber nicht, Eigentümer des Grundstückes sein, das seiner Verfügungsbefugnis unterliegt. Die Verfügungsbefugnis gibt ihm aber die Möglichkeit, wie der Eigentümer aufzutreten 101. Das SachRBerG definiert aber die Person des Grundstückseigentümer nicht, so daß es grundsätzlich auch möglich ist, eine Person, die Eigentümerbefugnisse, insbesondere die zur Veräußerung, ausübt, als Anspruchsverpflichteter anzusehen. Die Literatur unterscheidet zwischen der Berechtigung und Verpflichtung der Verfügungsbefugten. Nach überwiegender Auffassung ist der Verfügungsbefugte nach § 8 Abs. 1 VZOG berechtigt und in der Lage, die Ansprüche eines Nutzers aus dem SachRBerG zu erfüllen 102. 99

Gesetz zur Sachenrechtsbereinigung im Beitrittsgebiet - SachRBerG v. 21. 9. 1994 BGBl. 19941, S. 2457. 100 Frenz DtZ 1995,66, 68; Hügel OVspez. 11/95, S. 175. ιοί Vgl. nur Hammel in RVI, § 3 SachRBeiG, Rn. 6; Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 47; Der Verfügungsbefugte wird z.T. auch wie der Eigentümer behandelt, vgl. § 37 Abs. 7 SächsKAG, wonach der Verfügungsbefugte anstelle des Eigentümers für Kommunalabgaben als Schuldner haftet. Ein Auftreten als Eigentümer ist freilich nicht zulässig, vgl. OLG Dresden Urt. v. 5. 8. 1996-6 U 46/96. 102 Czub OVspez. 15/97, S. 242; Hammel in RVI, § 3 SachRBerG, Rn. 6; Hügel OVspez. 11/95, S. 175; ders. in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachRBerG, § 14, Rn. 7; Rothe in Eickmann, SachRBerG, § 9, Rn. 3 ff.; Schmidt-Räntsch ZIP 1996, 767, 770; Vossius, SachRBerG, Einl. 137, Waldner in Prütting/Zimmermann/Heller, Grundstücksrecht-Ost, § 90 SachRBerG, Rn. 10;a.A. Dick in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 8 VZOG, Rn. 9. 7 Gohrke

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Wenn es dem Verfügungsbefugtem erlaubt ist, sachenrechtliche Verfügungen vorzunehmen und schuldrechtliche Verträge zu schließen, so muß dies erst recht gelten, wenn ein gesetzlicher Kontrahierungszwang gegeben ist 103 . Bei der Veräußerung an einen Nutzer bzw. der Bestellung eines Erbbaurechtes handelt es sich demgemäß um zulässige und mögliche Verfügungen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der schuldrechtlichen Grund- als auch dinglichen Erfüllungsgeschäfte. Daß der Verfügungsbefugte nach § 8 Abs. 1 VZOG eine entsprechende Rechtsmacht zur Erfüllung der Ansprüche nach dem SachRBerG innehat, wird ganz überwiegend nicht in Frage gestellt. Die Möglichkeit der Erfüllung ist anerkannt. Anders verhält es sich mit der Verpflichtung der Verfügungsbefugten zur Erfüllung. Ob ein Verfügungsbefügter nach § 8 Abs. 1 VZOG in ein Verfahren nach dem SachRBerG gezwungen werden kann, ist umstritten104. Die ablehnende Auffassung, die dennoch eine freiwillige Erfüllung durch den Verfügungsbefugten zuläßt, weist auf die Unvereinbarkeit des Halbwertgrundsatzes nach § 68 Abs. 1 SachRBerG und der Verpflichtung des Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG zur Mindestauskehr des Wertes des Verfügungsgegenstandes hin. Der Nutzer könne grundsätzlich den Verkauf zum hälftigen Bodenwert verlangen, während der Verfügungsbefugte später dem wahren Berechtigten mindestens den vollen Verkehrswert zu ersetzen habe. Der Konflikt ist aber nur ein scheinbarer. Er kann durch eine teleologische Reduktion des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG beseitigt werden. Der Auskehranspruch nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG schützt den wahren Berechtigten. Dieser erhält bei Verfügungen, die ihm gegenüber wirksam sind, ein Surrogat für den erlittenen Rechtsverlust. Grundsätzlich soll der Berechtigte deshalb einen erzielten Erlös erhalten. Wird vom Verfügungsbefugten unter Wert verfügt oder kein Erlös erzielt, ζ. B. bei der Einbringung in eine Gesellschaft, so soll dies nicht zum Nachteil des Berechtigten gehen. Er kann in einem solchen Fall den Wert des Vermögensgegenstandes herausverlangen. Die entscheidende Frage ist, welchen Wert ein Vermögensgegenstand hat, der Ansprüchen eines Nutzers nach dem SachRBerG ausgesetzt ist. Der Nutzer könnte grundsätzlich den Verkauf zum hälftigen Bodenwert vom Grundstückseigentümer verlangen 105. Dessen Eigentum ist mit den Ansprüchen aus dem SachRBerG belastet. Der wahre Berechtigte hätte zu keinem Zeitpunkt einen Anspruch darauf, vom Nutzer den vollen Verkehrswert zu erhalten. Es kann dann aber nicht sein, daß der im Vergleich zum Eigentümer gleichberechtigt Verfügende nach § 8 loa Hügel OVspez. 11/95, S. 175. 104 Für eine Verpflichtung siehe oben, gegen eine Verpflichtung: Cremer in MüKo, § 90 SachRBerG, Rn. 4 ff.; Eickmann DNotZ 1996, 139, 149; Frenz DtZ 1995, 66, 68; Krauß in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachRBerG, § 90, Rn. 7 f.; offengelassen von LG Dresden DtZ 1996, 386 = VIZ 1996,481. 105 Daneben besteht die Wahlmöglichkeit sich ein Erbbaurecht zu einem verringerten Erbbauzins bestellen zu lassen, vgl. § 15 SachRBerG.

Α. Rechtscharakter und Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

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Abs. 4 S. 2 VZOG den darüber hinausgehenden vollen (unbelasteten) Wert zu erstatten hat. Das VZOG verlangt vom Verfügungbefugten nicht mehr, als auch dem wahren Berechtigten möglich gewesen wäre. Es ist daher eine Betrachtung vorzunehmen, als hätte wäre der Berechtigte selbst nach dem SachRBerG in Anspruch genommen worden. Mit dem „Wert des Vermögensgegenstandes" umschreibt § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG daher den Wert, den auch der wahre Berechtigte realisieren hätte können106. Ein Grundstück, das mit Ansprüchen nach dem SachRBerG belastet ist, hat für den verpflichteten Eigentümer nur den Wert, den er nach dem Gesetz beanspruchen kann 107 . Es kann den Verfügungsbefugten daher nicht untersagt sein, nach den Vorgaben des SachRBerG an einen Nutzer zu veräußern oder ein Erbbbaurecht zu bestellen. Das Ziel der raschen Sachenrechtsbereinigung kann nur realisiert werden, wenn die Nutzer sich auch an die Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG als Verpflichtete nach § 14 SachRBerG halten können und so die Erfüllung ihrer Ansprüche erreichen. Nach Krauß 108 muß eine Verpflichtung der Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG dennoch ausscheiden, da diese zu einer Beteiligung an einem Vermittlungsoder Gerichtsverfahren nicht berechtigt seien, das SachRBerG solche Verfahren aber zur Erfüllung der Ansprüche des Nutzers vorsehe. Nach dessen Auffassung berechtigt § 8 Abs. 1 VZOG nur zu grundbuchrechtlichen Verfügungen und tatsächlichen Handlungen109. Zu Recht hat Rothe 110 dem entgegen gehalten, daß die weit auszulegende Verfügungsbefugnis an die Stelle des noch nicht festgestellten oder begründeten Eigentums tritt. Damit beinhaltet die Verfügungsbefugnis auch die Beteiligung an Rechtsstreitigkeiten in Bezug auf die Vermögensgegenstände, die der Verfügungsbefugnis unterliegen. So wie der Eigentümer zu beteiligen wäre, ist der derzeitige Verfügungsbefugte zu beteiligen. Daß die Verfügungsbefugnis über grundbuchrechtliche Verfügungen hinausgeht, hat mittlerweile auch der BGH 1 1 1 entschieden, indem er die Kündigung eines Mietvertrages und das klageweise Räumungsbegehren als zulässige Handlungen des Verfügungsbefugten angesehen hat.

106 Czub OVspez. 15/97, S. 242; Hügel OVspez. 11/95, S. 176; Rothe in Eickmann, SachRBerG, § 9, Rn. 5;für eine gesetzliche Klarstellung insoweit Cremer in MüKo, § 90 SachRBerG, Rn. 4; Frenz DtZ 1995, 66, 68; Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 767, 770 (Fn. 4) weist auf ein zukünftiges Vermögensrechts-Maßnahme-Gesetz hin, das diese Fragen aufgreifen soll. 107 Waldner in Prütting/ Zimmermann /Heller, Grundstücksrecht-Ost, § 90 SachRBerG, Rn. 10. io» Krauß in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachRBerG, § 90, Rn. 7 f. 109 Krauß MittBayNot 1995, 353, 363 mit Zweifeln aus (nicht ausgeführten) verfassungsrechtlichen Gründen. no Rothe in Eickmann, SachRBerG, § 9, Rn. 3 ff. m BGH Urteil v. 17. 5. 95 - XII ZR 235/93 = DtZ 1995, 370 = WM 1995, 1078 = OVspez. 24/95 S. 418. *

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Cremer 112 vertritt die Auffassung, daß eine Verpflichtung der Verfügungsbefugten i. S. d. § 8 Abs. 1 VZOG deshalb ausscheide, weil der eigentliche Eigentümer eines betroffenen Grundstückes weder an ein durchgeführtes Vermittlungs- noch an ein gerichtliches Verfahren nach den §§ 103 ff. SachRBerG gebunden wäre und deshalb der Verfügungsbefugte zu einem zusätzlichen Wertausgleich herangezogen werde. Fraglich ist bereits, ob die jeweils verfahrensbeendenden Entscheidungen tatsächlich nur inter partes wirken würden, also nicht gegenüber dem wahren Eigentümer. Denkbar wäre, was freilich in der Literatur bisher nicht vertreten wird, eine Rechtskrafterstreckung gem. §§ 325 ff. analog ZPO 1 1 3 . Ungeachtet dessen läßt sich aber nicht der Schluß ziehen, daß dem aus dem Verfahren gebundenen Verfügungsbefugten ein zusätzlicher Wertsausgleichsanspruch drohe. Festzuhalten ist zunächst, daß der Eigentümer an die getroffenen Verfügungen des Verfügungsbefugten gebunden ist. Dies regelt § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG, der die Verfügungen als die des Berechtigten bezeichnet. Selbst wenn nun durch einen Zuordnungsbescheid gemäß § 8 Abs. 3 VZOG die Verfügungsbefugnis eigentlich endet, ist dies bei der Durchführung eines notariellen Vermittlungsverfahren nicht der Fall. Nach § 92 Abs. 5 SachRBerG wird im Grundbuch ein sog. Vermittlungsvermerk eingetragen, der gemäß § 92 Abs. 6 SachRBerG die Wirkung einer Vormerkung entfaltet. Nach § 8 Abs. 3 S. 3 VZOG bleibt der Verfügungsbefugte bei Eintragung einer Vormerkung auch nach dem eigentlichen Ende der Verfügungsbefugnis befugt zu verfügen. Dies muß analog in den Fällen gelten, in denen ein Vermerk im Grundbuch eingetragen ist, der die Wirkungen einer Vormerkung entfaltet 114. Damit bliebe der Verfügungsbefugte auch nach dem Wegfall seiner Verfügungsbefugnis gegenüber dem Nutzer verfahrensbeteiligt und die getroffenen Verfügungen wären wirksam. Sie hätten Bindungswirkung für den wahren Eigentümer. Bleibt der Erlös aus derartigen Verfügungen hinter dem Wert i. S. d. § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG zurück, so droht dem Verfügungsbefugten dann kein zusätzlicher Auskehranspruch über den erzielten Erlös hinaus, wenn der nach dem SachRBerG höchstmögliche Erlös erzielt wurde. Der gleichsam als Sachwalter des Eigentümers am Verfahren beteiligte Verfügungsbefugte 115 ist seinerseits nicht berechtigt, Verfügungen gegen ein geringeren Erlös vorzunehmen. Verfügt er denΠ2 Cremer in MüKo, § 90 SachRBeiG, Rn. 4. 113

Insbesondere die Tatsäche, daß mit einer materiell-rechtlichen Ermächtigung regelmäßig auch einen zulässige Prozeßstandschaft verbunden ist, legt eine Rechtskrafterstreckung nahe. Zur Rechtskrafterstreckung im Fälle der Prozeßführung durch einen Ermächtigten (vgl. RGZ 73, 306; BGHZ 78,1,7). Gleiches ergibt sich aus der Parallele zu Fällen der Prozeßführung durch gesetzliche Prozeßstandschafter (vgl. nur BGHZ 79,245,248). Andererseits endet ein notarielles Vermittlungsverfahrenm wohl nicht mit einer rechtskraftfähigen Entscheidung, vgl. Aumüller, Notarielles Vermittlungsverfahren in der Sachenrechtsbereinigung, S. 125. i n Ähnlich Rothe in Eickmann, SachRBerG, § 9, Rn. 6 m. w. N. Π5 Hügel OVspez. 11/95, S. 176.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

noch unterhalb dieser Wertgrenze des SachRBerG, so kommt ein zusätzlicher Wertersatzanspruch in Höhe der Differenz zwischen tatsächlichem Erlös und höchstzulässigem Wert in Betracht. Macht der Verfügungsbefugte demnach keine unzulässigen Zugeständnisse, insbesondere, weil er sich an ein gerichtliches Urteil hält, so droht kein zusätzlicher Auskehranspruch und es besteht kein Grund, ihn nicht als Verpflichteten nach dem § 14 SachRBerG zu behandeln. Letztlich äußert Czub 116 , der eine Verpflichtung der Verfügungsbefugten für möglich hält, Bedenken, weil die Verfügungsbefugten die Einreden des Eigentümers gemäß §§ 29 ff. SachRBerG nicht im Interesse desselben erheben und damit seine Rechte nicht sachgerecht wahrnehmen können. Dies liege daran, daß die Verfügungsbefugten wirtschaftlich kein Interesse am Erlös aus den Veräußerungen hätten. Diesem befürchteten „Desinteresse" kann der bereits beschriebene zusätzliche Auskehranspruch gegen den Verfügungsbefugten entgegen wirken. Denn dieser Anspruch droht, wenn unterhalb der zulässigen Höchstgrenze des SachRBerG oder eines gerichtlichen Urteils verfügt wird. Damit müssen die Verfügungsbefugten im eigenen Interesse den höchstzulässigen Erlös realisieren. Nur dann ist ein zusätzlicher Wertersatz nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ausgeschlossen. Demgemäß wird ein Verfügungsbefügter gehalten sein, berechtigte Einreden gegen Ansprüche eines Nutzers zu erheben und damit auch dem Interesse des Eigentümers gerecht werden. Zu einer vollständige Interessenvertretung führt dies natürlich nicht. Dazu hätte es einer Vertretung bedurft. Dennoch ist die Stellung der Verfügungsbefugten als Verpflichtete nach § 14 SachRBerG notwendig, um eine baldige Sachenrechtsbereinigung zu erreichen. Würde man mit der Gegenauffassung nur den Eigentümer zur Erfüllung der Ansprüche aus dem SachRBerG als verpflichtet ansehen, so besteht die Gefahr, daß bis zum 31. 12. 99 keine Erfüllung erfolgt ist und ab diesem Tag ein gutgläubiger, lastenfreier Erwerb möglich ist, mithin der Nutzer seine Ansprüche verliert 117 . Außerdem sah § 68 Abs. 2 SachRBerG Kaufpreisminderungen vor, wenn bis zum 1. 10. 94 eine Erfüllung der Ansprüche des Nutzers erfolgt 118. Verzögerungen waren und sind daher weder gewollt noch hinnehmbar. Auch im Bereich der Sachenrechtsbereinigung erfüllt die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG die Funktion eines Überbrückungsmittels, bis der tatsächliche, neue Eigentümer festgestellt ist. Hier, wie auch in den bereits beschriebenen Bereichen, ist ein Warten bis zu dieser Feststellung nicht immer möglich. Die Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG sind nach alledem berechtigt und verpflichtet, Anprüche von Nutzern nach dem SachRBerG wie ein „Grundeigentümer" zu erfüllen. Die zur Erfüllung notwenigen Handlungen stellen damit zulässige Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG dar.

"6 Czub OVspez. 15/97, S. 242. 117 Vossius, SachRBerG, Einl. 138 a.E. us Dies betont Hammel in RVI, § 3 SachRBerG, Rn. 6.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

3· Die „Auflassung" an sich selbst als Verfügung? Böhringer 119 hat als einziger wiederholt die Frage gestellt, ob ein Verfügungsbefugter zu seinen Gunsten eine Grundbuchberichtigung bewilligen kann und diese Frage zu Recht verneint. Nach seiner, nicht konkret begründeten, Auffassung liegt in der Grundbuchbewilligung zu eigenen Gunsten keine Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG, auch nicht im weitesten Sinne. Dem ist zuzustimmen. Das Ziel der Verfügungsbefugnis ist die Herstellung der Verkehrsfähigkeit von Grundstücken, die nach dem Grundbuch Eigentum des Volkes waren. Rechtsverkehr bedeutet die Begründung von schuldrechtlichen Ansprüchen oder dinglichen Rechten an Vermögensgegenständen die der Verfügungsbefügnis unterliegen für eine andere natürliche oder juristische Person (Dritter) als die des Verfügungsbefugten. Bei einer alleinigen Buchberichtigung zugunsten des derzeitigen Verfügungsbefugten wird aber das betreffende Grundstück zu keiner Zeit in den Rechtsverkehr entlassen, sondern ohne ein einziges Rechtsgeschäft wird eine verfahrensmäßige Handlung vorgenommen. Die Verfügungsbefugnis des § 8 Abs. 1 VZOG ist aber auf den Abschluß schuldrechtlicher oder dinglicher Rechtsgeschäfte ausgerichtet, zu deren Erfüllung dann auch die notwendigen Grundbuchverfahrenshandlungen vorgenommen werden können120. Eine Auflassung an sich selbst, ist deshalb keine Verfügung i. S. d. § 8 Abs. 1 VZOG.

4. Unterfallt eine errichtende Umwandlung dem Verfügungsbegriff des VZOG? Gemäß Art. 22 Abs. 4 S. 1 EV ging das zur Wohnungsversorgung genutzte volkseigene Vermögen, das sich in der Rechtsträgerschaft der volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft befindet, unter gleichzeitiger Übernahme anteiliger Schulden in das Eigentum der Kommunen über. Die Kommunen ihrerseits werden nach Art. 22 Abs. 4 S. 4 und 5 EV zur schrittweisen Überführung des Wohnungsbestandes in eine marktwirtschaftliche Wohnungswirtschaft und zur Privatisierung verpflichtet (Privatisierungsauftrag) 121. Fritsche 122 umschrieb deshalb den gesetz119 BWNotZ 1992,96; ders. OVspez. 20/93, S. 6. 120 Vgl. OLG Brandenburg Urteil v.23. 10.96-3 U 20/94 = VIZ 1997, 360. 121 In der Denkschrift zum Einigungsvertrag (BT-Drs. 11/7760, S. 366) heißt es zu Art. 22 Abs. 4 EV: „Ziel der Regelung ist, auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik zügig eine marktwirtschaftliche Wohnungswirtschaft aufzubauen und im Wege der Privatisierung die Bildung individuellen Wohnungseigentums zu ermöglichen. Ein wichtiger erster Schritt wird darin bestehen, daß aus den bisher volkseigenen Wohnungswirtschaftsbetrieben kommunale Wohnungsunternehmen hervorgehen, die ohne weitere Subventionszahlungen eigenverantwortlich die Wohungsbestände verwalten und über sie verfügen.". 122 OVspez. 12/96, S. 190.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

liehen Übergang des ehemaligen DDR-Vermögens nach Art. 22 Abs. 4 EV als ein „Durchgangsstadium" im Prozeß der Privatisierung. Die Kommunen haben oftmals ihre Wohnungsbestände in kommunale Wohnungsgesellschaft, meist in Form einer GmbH, eingebracht. Ob und wie diese „Einbringung" erfolgen konnte und ob die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG hierzu ermächtigte, ist bis heute umstritten. Dabei steht in Rechtsprechung und Literatur besonders die „Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbHLWB" im Mittelpunkt der Betrachtung. An ihrer Situation haben sich verschiedene wissenschaftliche Streitpunkte ergeben, die bis heute die Gerichte beschäftigen. Außerdem ist die Situation der LWB Anlaß gesetzgeberischer Aktivitäten gewesen 123 . Die Verfahrensweise der Stadt Leipzig bei der Errichtung der LWB-GmbH ist darüberhinaus typisch für die neuen Länder. Anhand dieses Beispiels sollen die nachfolgenden Fragen beantwortet werden.

a) Die errichtende

Umwandlung nach § 58 Abs. 1 UmwG (1969)

Die „Einbringung" des kommunalen Wohnungsbestandes in eine Gesellschaft privatrechtlicher Form war ein vordringliches Anliegen der Kommunen. Mit der Übernahme des Wohnungbestandes war auch die Übernahme anteiliger Schulden verbunden. Durch das Altschuldenhilfegesetz 124 wurde die schuldbefreiende Übernahme von Schulden durch den sog. Erblastentilgungsfonds in Aussicht gestellt. Antragsberechtigt sollten nach § 2 aber in erster Linie kommunale Wohnungsunternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit sein. Die Schaffung derartiger Gesellschaften war also zur Minderung der Schuldenlast rasch voranzutreiben 125. In Betracht kam insbesondere die Gründung einer GmbH. Dabei waren wiederum zwei Verfahrensweisen möglich. Warum die Kommunen sich regelmäßig zur Umwandlung entschlossen, wird verständlich, wenn man sich die wesentlichen Unterschiede zwischen diesen Möglichkeiten klar macht.

aa) Sachgründung Die Kommunen konnten gemäß § 5 Abs. 4 GmbHG eine kommunale Wohnungs-GmbH im Wege der Sachgründung errichten. Bei einer Sachgründung sind 123 Vgl. die Ausführungen von Grün in ZIP 1998, 321, 323 Fn. 22, wonach die Sondersituation der LWB maßgeblich Anlaß für Regelungen des WoModSiG war. 124 V. 23. Juni 1993 - BGBl. I, S. 944,986. 125 Nach König /Heimann, Aufgaben und Vermögenstransformation in den neuen Bundesländern, 1996, S. 97, lastete auf dem wohnungswirtschaftlichen Vermögen eine Schuldenlast von ca.45 Mrd. DM. Eine Entschuldung mußte demnach vorrangiges Ziel der Kommunen sein, die ihr Wohnungsvermögen nach Art. 22 Abs. 4 EV nur mit gleichzeitiger Übernahme anteiliger Schulden erhalten haben.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

die einzelnen Sacheinlagen durch Übertragung einzubringen. Eingebracht werden kann jeder übertragbare 126, Vermögenswerte Gegenstand127. Eine Sachgesamtheit als solche kann nicht eingebracht werden 128. Deshalb sind einzelne bewegliche Sachen zu übereignen, bestimmte Forderungen abzutreten129. Für die Einbringung einzelner Grundstücke und Gebäude wäre gemäß §§ 873, 925 BGB eine Auflassung erforderlich 130. Nicht erforderlich ist, daß der einlagepflichtige Gesellschafter zugleich Eigentümer des Gegenstandes ist, den er als Sacheinlage einbringen will. Ausreichend ist insbesondere auch, daß die Einlage durch den (nichtberechtigten) Gesellschafter mit Zustimmung des (berechtigten) Rechtsinhabers erfolgt 131. Gegenstand einer Sacheinlage kann demgemäß auch ein Gegenstand sein, der einem Nichtgesellschafter gehört und über den der einlageverpflichtete Gesellschafter als Nichtberechtiger aber mit Ermächtigung nach § 185 BGB verfügt 132. Der Umfang der notwendigen Einzelübertragungen und die damit verbundene Kostenintensität einer Sachgründung ließen eine Umwandlung als einen einfacheren Weg erscheinen133. bb) Umwandlung Für die Gründung kommunaler Wohnungsgesellschaften in der Form einer GmbH kam in den Jahren 1990 bis 1993 eine errichtende Umwandlung nach § 58 Abs. 1 UmwG (1969) in Betracht. Die Umwandlung der ehemals volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft in eine andere Rechtsform war nicht möglich. Zwar wurden volkseigene Betriebe (Wirtschaftseinheiten nach § 1 Abs. 4 TreuhG) nach § 11 Abs. 1 und 2 TreuhG grundsätzlich ex lege in Kapitalgesellschaften, vorzugsweise in Gesellschaften mit beschränkter Haftung, umgewandelt. Mit einer solchen Umwandlung war auch der gesetzliche Übergang des Grund und Bodens auf die neue Gesellschaft verbunden, wenn dieser zuvor in der Rechtsträgerschaft der volkseigenen Wirtschaftseinheit stand. 12 6 Differenzierend in Bezug auf die Übertragbarkeit mit dem Überblick zum Streitstand Ulmer in Hachenburg, GmbHG, Ergänzungsband, § 5 Rn. 33 m. w. N. 127 BGHZ 29, 300 = NJW 1959,934.

128 Sudhoff/Sudhoff NJW 1982,129, 131. 129 Ulmer in Hachenburg, GmbHG, § 5, Rn. 34 ff. und 52; Rowedder u. a., GmbHG, § 77 Anh, Rn. 335. 130 Keller VIZ 1993, 536; Messerschmidt 1993, 373; allg. zu den Vorteilen der Umwandlung siehe Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 3. Aufl. 1991, § 5,Rn. 18. 131 RGZ 118, 120 f.; RG JW 1936, 42; BayObLG OLGR 1, 248 ff.; Baumbach,/Hueck, GmbHG, § 5 rn. 23; Ulmer in Hachenburg, GmbHG, Ergänzungsband, § 5 Rn. 36 m. w. N.; Winter in Scholz, GmbHG, § 5 Rn. 21. 132 Besonders deutlich BayObLG OLGR 1, 248 ff.; Winter in Scholz, GmbHG, § 5 Rn. 21. 133 Frenz OVspez. 11/93 S. 3.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

Die materielle Zuordnung nach § 11 Abs. 2 S. 2 TreuhG kam aber für das Vermögen, das in der Rechtsträgerschaft volkseigener Betriebe stand, die ihrerseits den Gemeinden, Städten und Ländern unterstellt waren, gemäß § 1 Abs. 5 Nr. 3 TreuhG nicht zur Anwendung134. Die Betriebe der Wohnungswirtschaft waren den Kommunen unterstellt135. Eine gesetzliche Umwandlung nach dem TreuhG erfolgte demnach nicht. Das Vermögen der ehemaligen Betriebe der Wohnungswirtschaft wurde gemäß Art. 22 Abs. 4 S. 1 EV Eigentum der Kommunen. Damit sind die kommunalen Betriebe der Wohnungswirtschaft zum 3. 10. 1990 ohne Liquidation erloschen136. Eine Umwandlung der Rechtsform dieser Betriebe war nicht mehr möglich. Sie waren nicht mehr als selbständige Rechtssubjekte vorhanden, ihr Vermögen auf die Kommunen übergegangen. (1) Zulässigkeit einer errichtenden

Umwandlung

Möglich war dagegen die Neugründung eifier kommunalen Wohnungsgesellschaft mbH im Wege der errichtenen Umwandlung. Bei einer errichtenen Umwandlung handelt es sich um eine der drei nach dem UmwG (1969) zulässigen Umwandlungsarten137. Zulässig waren neben einer errichtenden auch die verschmelzende und die formwechselnde Umwandlung. Die errichtende Umwandlung wird zusammen mit der verschmelzenden unter dem Begriff der übertragenden Umwandlung gefaßt. Für beide Umwandlungsarten ist charakteristisch, daß ein Wechsel des Vermögensträgers stattfindet. Zwar bleibt jeweils die wirtschaftliche Identität der Unternehmen gewahrt, es kommt aber zu einem Wechsel des Rechtssubjektes, das die Vermögenswerte des Unternehmens trägt (Rechtsträger). Es findet, im Gegensatz zur formwechselnden Umwandlung, ein tatsächlicher Vermögensübergang von einer auf eine andere Person statt138. Bei der nur formwechselnden Umwandlung bleibt das, das Unternehmen tragende, Rechtssubjekt identisch, es ändert nur seine Rechtsform. Ein Vermögensübergang erfolgt nicht 139 .

134 OLG Rostock ZOV 1997, 343, 345. 135 Vgl. Art. 231 § 9 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB; Welche Betriebe dies waren, ergibt sich aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft. Die GWL, die später in die LWB umgewandelt wurde hatte ζ. B. die Registernr. 110-13-722, vgl. dazu auch Harm Peter Westermann, Die Altschulden aus dem volkseigenen Wohnungsbau, S. 72; Flik BWNotZ 1993, 1, 3; Scheytt/ Otto, Der Einigungsvertrag in der kommunalen Praxis, 1991, S. 65; zur Unterstellung siehe Söfker VIZ 1991, 44, 45; Schillo NJ 1991, 29 nimmt zutreffend Bezug auf das Gesetz über die örtlichen Volksvertretungen v. 4. 7. 1981- GBl. 19811, S. 213. 136 Moser-Merdian/Flik/Keller, Das Grundbuchverfahren in den neuen Bundesländern, Rn. 164; Keller Rpfleger 1994, 437. 137 Es gilt der Grundsatz des numerus clausus der Umwandlungsarten. 138 Das UmwG 1994 spricht insoweit deutlich von übernehmenden und übertragenden Rechtsträgern, vgl. §§ 152,123 UmwG (1994) zur vergleichbaren Ausgliederung durch Neugründung; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 1997, S. 409 f.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Der § 58 Abs. 1 UmwG (1969) sah für Gebietskörperschaften die Möglichkeit vor, von ihnen geführte Unternehmen in Gesellschaften mit beschränkter Haftung umzuwandeln, wenn das maßgebliche Bundes- oder Landesrecht eine Umwandlung vorsieht oder zuläßt. Einen derartigen Zulassungstatbestand enthielten die §§ 57 ff. Kommunal Verfassungsgesetz 140. Dieses Gesetz galt nach Maßgabe des Einigungsvertrages fort 141 . An dieser Stelle soll offen bleiben, ob sich die Zulässigkeit der errichtenden Umwandlung aus dem ausdrücklichen Zulassungstatbestand der §§ 59,57 Abs. 3 Nr. 2 KVerfG 142 oder allein aus dem des § 57 Abs. 1 KVerfG ergibt 143. Es ist nämlich mit der h.M nicht das Vorliegen eines ausdrücklichen Zulassungstatbestandes zu verlangen. Indem § 58 Abs. 1 UmwG die Umwandlung ermöglicht, wenn Bundes- oder Landesrecht sie vorsieht „oder zuläßt", wird deutlich, daß bereits das Fehlen eines ausdrücklichen Verbotes ausreichend ist 144 . Die Zulässigkeit einer Umwandlung nach § 58 Abs. 1 UmwG (1969) ist daher in Rechtsprechung und Literatur einhellig anerkannt145. Auf den ersten Blick erscheint eine Umwandlung dennoch ausgeschlossen. Der Begriff der Umwandlung setzt das Bestehen eines Unternehmens voraus, das umgewandelt wird. Die ehemaligen kommunalen Betriebe der Wohnungswirtschaft sind jedoch bereits zum 3. 10. 90 ohne Liquidation untergegangen146. Was blieb, war der Wohnungsbestand, der als zuordnungsfähiges Vermögen gemäß Art. 22 Abs. 4 S. 3 EV den Kommunen mit gleichem Datum zugefallen war. Es fragt sich, 139 Vgl. nur Schilling in Hachenburg, GmbHG, 7. Aufl. 1984, § 77 Anh, Einl. UmwG, Rn. 5 ff.; Priester in Scholz, GmbH-Gesetz, 7. Aufl. 1988, Anh. UmwG., Rn. 8. 1 40 Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassungsgesetz) v. 17.05.1990-GBl. 19901,255. 141 Anlage II, Kap. II, Sachgebiet B, Abschnitt II, solange die Länder nicht eigene Gemeindeordnungen erlassen, was in Sachsen zum 1. 5.1993 geschehen ist. 142 Messerschmidt VIZ 1993, 373; Keller VIZ 1993, 536, ders. Rpfleger 1993, 94, 95; Bretzinger/Büchner-Uhder, Kommunalverfassung -Handbuch für die kommunale Praxis in den neuen Ländern, § 59 KVerf, Rn. 3.; Bretzinger/Büchner-Uhder, Kommunalverfassung, § 59, Rn. 3; BezG Gera Beschluß v. 22.7. 1992-3 Τ 136/92 = ZIP 1992,1347, 1348. 143 Frenz DtZ 1993, 41, 43; ders. OVspez. 11/93 S. 3; Neye EWiR 1992, 1019, 1020; BezG Dresden Beschluß v. 30. 10.1992-2 Τ 717/92 = VIZ 1993, 160 = Rpfleger 1993, 190 mit Anmerkung Keller; wohl auch Söfker VIZ 1991, 44, 46; unklar Grün ZIP 1998, 321, 323; unklar auch Vossius BWNotZ 1992,157,162. 144 Dehmer, Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, 1994, § 57 UmwG, Ziff. 4 m. w. N.; ThürOLG ThürVBl. 1994,140. 145 So auch Keller VIZ 1993, 536; Im Freistaat Sachsen war die errichtende Umwandlung seit dem 1.5. 1993 gemäß §§ 95 ff. SächsGemO zulässig. 146 Moser-Merdian/Flik/Keller, Das Grundbuchverfahren in den neuen Bundesländern, Rn. 164; Keller Rpfleger 1993, 94, 95, ders. Rpfleger 1994, 437; Neye EWiR 1992, 1019 (Weiterbestand der Betriebe als nichtrechtsfähige Organisationsform); Weber in König/ Schuppert/Heimann, Vermögenszuordnung, S. 244 zur hier näher untersuchten LWB, die aus dem früheren VEB Gebäudewirtschaft Leipzig (GWL) hervorgehen sollte.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

ob in diesem Wohnungsbestand oder Wohnungsvermögen ein Unternehmen i. S. d. § 58 Abs. 1 UmwG (1969) gesehen werden kann. Der Begriff des Unternehmens ist nicht legaldefiniert. Einen einheitlichen Rechtsbegriff des Unternehmens gibt es nicht 147 . Er wird in verschiedensten Rechtsgebieten mit unterschiedlichen Inhalten verwendet. So gibt es neben dem handelsrechtlichen Unternehmensbegriff auch den arbeits-, konzern-, wettbewerbsrechtlichen und kommunalverfassungsrechtlichen 148. Diese Vielschichtigkeit hat Verallgemeinerungen bisher nur begrenzt zugelassen. Der Begriff des Unternehmens ist interpretationsfähig und damit im Einzelfall nach Sinn und Zweck der betreffenden Rechtsnormen auszudifferenzieren 149. Der Unternehmensbegriff des UmwG ist nicht mit den Begriffen Gesellschaft oder juristische Person gleichzusetzen. Er umfaßt die zum Zwecke einer wirtschaftlichen Tätigkeit gewidmeten Sachen, Rechte und sonstigen wirtschaftlichen Werte 150 . Das Umwandlungsrecht betrachtet als Unternehmen die Zusammenfassung von Sachen, Personen, Kapital, menschlicher Arbeitskraft und Know-how zur Erzielung wirtschaftlicher Werte, unabhängig davon, welches „Rechtskleid", welche rechtliche Organisation für den Träger dieser Veranstaltung vom Rechtsträger (Eigentümer) dafür gewählt wurde 151. So ist auch die Veranstaltung eines Einzelkaufmanns ein Unternehmen. Dessen rechtlich nicht selbständiges Unternehmen konnte Gegenstand einer errichtenden Umwandlung in eine AG nach den §§ 50 ff. UmwG (1969) sein. So sprach § 50 S. 1 UmwG (1969) von einem vom Einzelkaufmann betriebenen Unternehmen. Die Veranstaltung eines kaufmännischen Gewerbes ist jedoch ebensowenig Voraussetzung eines Unternehmens, wie das Bestehen einer rechtlich selbständigen Vermögensmasse in Form einer Gesellschaft 152. Als umwandlungsfähige Unternehmen i. S. d. UmwG (1969) kamen daher auch schlichte Vermögensgesamtheiten eines Rechtsträgers in Betracht, wenn sie einem Unternehmenszweck gewidmet waren.

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Dies wird seit langem beklagt, vgl. nur Stier-Somlo/Elfter, Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, 1926 Bd. V I S. 247 ff.; Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 29. Aufl. 1995, Einl. v. § 1, Rn. 31. 148

Vgl. zu Letztgenanntem Cronauge, Kommunale Unternehmen, S. 116, Rn. 444; zu den Versuchen einen sachenrechtlichen Unternehmensbegriff zu schaffen vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 28 I, S. 303; Julius von Gierke ZHR 111,1 ff. M9 BGHZ 31,109; 69, 334; zustimmend Karsten Schmidt ZGR 1980,227,280. 150 Dehmer, Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, 1994, § 50 UmwG, Ziff. 5 m. w. N. 151 Lutter, UmwG, 1996, Einl. Rn. 1. 152 Raisch ZHR 154 (1990), 567; Karsten Schmidt, Handelsrecht, 4. Aufl. 1994, § 41 Ziff. 2, S. 66.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Eine Vermögensmasse einer rechtlich nicht mehr existenten juristischen Person kann deshalb als Unternehmen i. S. d. § 58 Abs. 1 UmwG (1969) angesehen werden, wenn die Widmung der Vermögensgegenstände durch den Rechtsträger nicht verändert wurde 153 . Der Wohnungsbestand der ehemaligen DDR-Betriebe wurde und mußte durch die Kommunen als neue Eigentümer weitergeführt werden. Eine Umwidmung war nur begrenzt möglich. Mit der Aufnahme bestimmter Vermögenswerte in die Vermögensübersicht der neuen Wohnungs-GmbH manifestierte sich der Wille des Rechtsträgers „Kommune" zur Beibehaltung der Wohnungsnutzung. Der fortlaufende technisch-tatsächliche Betrieb der Wohnungsbewirtschaftung stellt deshalb ein Unternehmen im Sinne des Umwandlungsgesetzes dar. In Anlehnung an den handelsrechtlichen Unternehmensbegriff, wonach ein Unternehmen eine betriebsfähige Wirtschaftseinheit darstellt 154, ist ausreichend, daß eine Wohnungsbewirtschaftung durch die Kommunen weiterhin erfolgte. Daß vom Unternehmensbegriffes des § 58 Abs. 1 UmwG (1969) eine Umwandlung der Wohnungsbestände der ehemaligen Betriebe der kommunalen Wohnungswirtschaft erfaßt wurde, ergibt sich insbesondere aber aus folgender Überlegung. Noch vor dem Vollzug der deutschen Einheit verabschiedete die Volkskammer der DDR das Gesetz über das Vermögen der Gemeinden, Städte und Landkreise (Kommunalvermögensgesetz)155. Nach § 1 sollte volkseigenes Vermögen, das kommunalen Aufgaben dient, auf die Träger kommunaler Selbstverwaltung kostenlos übertragen werden. In das Vermögen der Gemeinden und Städte sollten nach § 2 Abs. 1 d) volkseigene Immobilien, einschließlich der zu Wohnzwecken dienenden Gebäude und Gebäudeteile, übergehen, wenn diese sich in Rechtsträgerschaft der ehemaligen Räte der Gemeinden oder Städte oder in Rechtsträgerschaft der nachgeordneten Betriebe und Einrichtungen befanden. Zwar galt das Kommunalvermögensgesetz nur insoweit auch nach dem 3. 10. 90, als die Art. 21, 22 EV keine anderweitigen Regelungen treffen 156. Mit Art. 22 Abs. 4 S. 3 EV, wonach Vermögen der Wohnungsversorgung auf die Kommunen übergeht, wurde indes die im Kommunalvermögensgesetz festgelegte Rechtsposition der Kommunen bestätigt 157 . Der Gesetzgeber hat die Übertragung und damit Fortführung der Wohnungswirtschaft den Kommunen überlassen. Die Fortführung erfolgte zunächst durch die Beibehaltung der Strukturen der ehemaligen Betriebe der kommunalen Wohnungswirtschaft. Für die Zukunft aber wurde in Art. 22 Abs. 4 S. 4 EV der Auftrag der Kommunen zur Wohnungsprivatisierung aufgenommen. 153 Zur Widmung vgl. Dehmer Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, § 57, Ziff. 1. 154 Lieb in MüKo, HGB, 1996, Bd. 1, Anh § 25 Rn. 3 und 4. 155 V. 6. 7. 1990- GBl. 19901, S. 660. 156 Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 2.3.3.1, S. 35. 157 Rohde DNotZ 1991,186, 193.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

Einen solchen Auftrag hatte aber bereits die DDR den Kommunen erteilt. In § 1 des Gesetzes über die Umwandlung volkseigener Wohnungsgesellschaften und zur Übertragung des Grundeigentums an die Wohnungsgenossenschaften158 wurde bereits die Umwandlung volkseigener Wohnungswirtschaftsbetriebe in gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften deklariert. Auf die Tätigkeit derartiger Betriebe sollte das Recht der GmbH nach den Rechtsvorschriften der BRD Anwendung finden. Dies war möglich, weil die DDR bereits zuvor 159 in Ausführung des 1. Staatsvertrages160 bundesdeutsche Vorschriften als Übergangsvorschriften auch für ihr Gebiet für anwendbar erklärte. Zu den anwendbaren Vorschriften zählte das GmbHG 161 und das UmwG (1969) 162 . Nach § 3 Abs. 2 des Gesetzes über die Umwandlung volkseigener Wohnungsgesellschaften und zur Übertragung des Grundeigentums an die Wohnungsgenossenschaften erfolgt die Umwandlung volkseigener Wohnungswirtschaftsbetriebe gemäß § 58 UmwG (1969) 163 . Es war also den Kommunen vor dem 3. 10.1990 möglich, ihre Wohnungswirtschaftsbetriebe in eine GmbH nach § 58 UmwG (1969) umzuwandeln. Nun hat der Einigungsvertrag die einschlägigen Bestimmungen, mit Ausnahme des Kommunalverfassungsgesetzes, nicht übernommen164. Dies war selbstverständlich, denn die in Bezug genommenen und als Übergangsvorschrift schon für die DDR für anwendbar erklärten Vorschriften, wie die des § 58 UmwG (1969), galten ab dem 3. 10. 1990 unmittelbar im gesamten Bundesgebiet, also auch in der ehemaligen DDR. Es liegt deshalb nahe, die vor dem 3. 10. 90 als zulässig erachtete Umwandlungsmöglichkeit auch nach diesem Tage anzuerkennen. Mit dem Einigungsvertrag gab es zwar die Wohnungswirtschaftsbetriebe der DDR als juristische Personen nicht mehr 165 und ihr Vermögen wurde auf die Kom158 v. 22. 7. 1990 - GBl. 19901, S. 901. 159 Durch das Gesetz über die Inkraftsetzung von Rechtsvorschriften der BRD in der DDR v. 21. 6. 90 - GBl. 19901, S. 357 nebst VO v. 11 Juni 1990 - GBl. 19901, S. 713, vgl. Kinkel ZGR 1991, 1, 16. 160 Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (Staatsvertrag - StaatsV) v. 18. Mai 1990, BGBl. II 1990,537. 161 Vgl. § 18.

162 Vgl. § 22.

163 Vgl. auch § 1 Abs. 3 der DVO (GBl. 19901, S. 1265) aufgrund § 6 Abs. 2 des Gesetzes über die Umwandlung volkseigener Wohnungsgesellschaften und zur Übertragung des Grundeigentums an die Wohnungsgenossenschaften, der die neben § 58 UmwG notwendigen Unterlagen benennt. 164 Das Kommunalvermögensgesetz gilt nur, soweit keine andere Regelung in den Art. 21 ff. EV enthalten ist. Es wird daher für die Wohnungsvermögen nicht relevant, vgl. Anlage II zum EV, Kap. IV, Abschnitt III, Ziff. 2. 165 Darauf kommt es für die Annahme eines Unternehmens aber auch nicht an, vgl. Lutter, UmwG, Einl. Rn. 1

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

munen übertragen, aber die tatsächlich funktionsfähigen Wirtschaftseinheiten aus Personal, Verträgen, Firma und Know-how waren als solche noch existent. In tatsächlicher Hinsicht wurde die Wohnungsbewirtschaftung von den neuen Eigentümern des Wohnvermögens, den Kommunen, fortgeführt 166. Aus kommunalverfassungsrechtlicher Sicht stellte die tatsächliche Wohnungsbewirtschaftung ohne einen rechtlich selbständigen Betrieb einen besonderen faktischen167, kommunalen Eigenbetrieb dar 168 . Unter diesem Begriff werden wirtschaftliche Betätigungen der Kommunen zusammengefaßt, die durch rechtlich unselbständige, aber organisatorisch selbständige Betriebe erfolgen 169. Das für solche Betätigungen verwendete Vermögen ist als Sondervermögen der Kommune zu behandeln und gesondert auszuweisen170. Bereits nach § 59 Abs. 3 KVerfG sollten für die Unternehmen der Wohnungswirtschaft die Bestimmungen über die Eigenbetriebe entsprechend gelten. Gerade für die Umwandlung derart unselbständiger Teile der Kommunalverwaltung sollte mit § 58 UmwG (1969) eine Überführung in privatrechtliche Unternehmensformen ermöglicht werden 171. Die Umwandlungsmöglichkeit versuchte die DDR mit der Anwendung des § 58 UmwG (1969) zu erreichen. Mit dem 3.10. 1990 galt die Vorschrift dann unmittelbar. Die Ausgestaltung der Unternehmen der Wohnungswirtschaft der DDR als Eigenbetriebe und damit kommunale Unternehmen wurde mit den §§ 58, 59 KVerfG begründet und setzte sich, wegen der Fortgeltung des KVerfG nach dem 3.10.1990, fort.

166 Infodienst Kommunal Nr. 68 v. 12.3. 1993 abgedruckt bei Bielenberg/Kleiber/Söfker, Vermögensrecht Bd. I, I I 2.17. 1 67 Faktisch deshalb, weil die ehemaligen Betriebe auch Grundstücke in Rechtsträgerschaft hatten, die nach den materiellen Zuordnungsvorschriften (Art. 22 Abs. 4 EV) nicht in das Eigentum der Kommune übergegangen waren und dennoch wie bisher weiter genutzt wurden (ζ. B. gewerbliche/freiberuflich vermietet Anwesen - Ärztehaus, Anwaltsbüro). Faktisch ging in Bezug auf die Nutzung des Betriebsvermögens alles weiter wie bis zum 3. 10. 90. 168 OLG Dresden Urt. v. 10. 05. 9 5 - 8 U 188/94 = VIZ 1995, 670, 671 (für die LWB); Zeiß, Das Recht der gemeindlichen Eigenbetriebe, 1993, Rn. 594, 603; offen gelassen von Keller in Rpfleger 1993, 95, es komme nicht darauf an, ob ein kommunaler Regie- oder Eigenbetrieb vorliege; ders. später für „Eigenbetrieb" in Rpfleger 1994,437; siehe auch Vossius BWNotZ 1992, 157, 162; zur Zulässigkeit der Fortführung als Eigenbetrieb vgl. Cronauge, Kommunale Unternehmen, S. 83, Rn. 303 f.; a.A. („Regiebetrieb") BezG Gera Beschluß v.22. 7. 1992-3 Τ 136/92 = ZIP 1992, 1347 = EWiR 1992, 1019 (Neye); Harm Peter Westermann, Die Altschulden aus dem volkseigenen Wohnungsbau, S. 57. 169 BFH 112, 61; BFH NVwZ 1989, 1102, 1104; Reiners, Kommunalverfassungsrecht in den neuen Ländern, 1991, Rn. 257. 1 70 Zeiß, Das Recht der gemeindlichen Eigenbetriebe, Rn. 6, vgl. auch § 12 SächsEigBG. 171 Dehmer, Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, 1994, § 58 UmwG, Ziff. 1; Bretzinger/Büchner-Uhder, Kommunalverfassung -Handbuch für die kommunale Praxis in den neuen Ländern, § 59 KVerf, Rn. 3.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

Bis zum Erlaß von Gemeindeordnungen der Länder galt das KVerfG weiter 172 . Die rechtliche Einordnung der Wohnungswirtschaftsbetriebe ist daher bis zum Erlaß einer Gemeindeordnung dem KVerfG zu entnehmen. Für das Ausgangsbeispiel der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft, die am 22. 11. 90 gegründet wurde, ist daher die Charakterisierung des in sie umgewandelten Unternehmens aus den §§ 58,59 KVerfG zu entnehmen. Mit dieser Einordnung ist dann auch die Umwandlungsmöglichkeit nach § 58 UmwG (1969) eröffnet, denn das UmwG unterscheidet nicht nach den Bestimmungen, die ein umzuwandelndes Unternehmen zu einem solchen der Kommune machen und es als Eigenbetrieb einstufen. Indem der weitergeltende § 59 Abs. 3 KVerfG die Bestimmungen über die Eigenbetriebe in Bezug auf die Unternehmen der Wohnungswirtschaft für entsprechend anwendbar erklärt, wird auch die Umwandlung von Eigenbetrieben nach § 58 UmwG in entsprechender Weise möglich. Der Wohnungsbestand, das Personal, die Verträge etc. der ehemaligen Betriebe der Wohnungswirtschaft ist gemäß § 59 KVerfG als kommunaler Eigenbetrieb und wirtschaftsfähige Betriebseinheit zu betrachten und konnte deshalb als Gesamtheit und damit als „Unternehmen" nach § 58 Ab. 1 UmwG (1969) in eine GmbH umgewandelt werden 173. (2) Voraussetzungen Die Voraussetzungen einer errichtenden Umwandlung bestimmte § 58 Abs. 2 UmwG (1969), der wiederum Vorschriften aus der Umwandlung eines einzelkaufmännischen Betriebes in eine Aktiengesellschaft für anwendbar erklärte. Für die Auslegung dieser Vorschriften ist daher eine doppelte Transformation notwendig; anstelle des Einzelkaufmanns tritt die Gebietskörperschaft und anstelle der AG die GmbH 174 . Notwendig war zunächst eine gerichtlich oder notariell beurkundete Umwandlungserklärung nach §§ 51 Abs. 1, 55 Abs. 1 UmwG (1969). Der Erklärung war eine Übersicht beizufügen, aus der die „dem Kaufmann (Gebietskörperschaft) gehörenden" Vermögensgegenstände ersichtlich sind, die dem Unternehmen dienen sollen, § 55 Abs. 4 Nr. 1 UmwG (1969). Dasselbe war nach § 55 Abs. 4 Nr. 2 UmwG (1969) für bestehende Verbindlichkeiten notwendig. 172 Art. 9 EV i.V.m. Anlage II, Sachgebiet B, Abschnitt II. 173 OLG Dresden Urt. v. 10. 05. 9 5 - 8 U 188/94 = VIZ 1995, 670, 671 (für die LWB); Bretzinger/Büchner-Uhder, Kommunalverfassung -Handbuch für die kommunale Praxis in den neuen Ländern, § 59 KVerf, Rn. 3.; Büteröwe, Vermögenszuordnung für kommunale Verwaltungs-aufgaben in den neuen Bundesländern, S. 110 f.; ähnlich Keller Rpfleger 1993, 94, 95; ders. Rpfleger 1994, 437 spricht von der allgemeinen Anerkennung der Umwandlung; Zeiß, Das Recht der gemeindlichen Eigenbetriebe, 1993, Rn. 603 zum Vorrang der Umwandlung vor der Organisation als Eigenbetrieb. 174 Schilling in Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh, § 59 UmwG, Rn. 1.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

(3) Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen einer Umwandlung nach § 58 Abs. 1 UmwG (1969) ergaben sich aus §§ 58 Abs. 2, 55 Abs. 1 und 2 UmwG (1969). Die neu errichtete Gesellschaft Wurde rechtlich existent mit ihrer Eintragung im Handelsregister. In diesem Augenblick wird die Umwandlung gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 UmwG (1969) wirksam. Mit der Eintragung im Handelsregister gehen gleichzeitig die in der Übersicht nach § 52 Abs. 4 UmwG (1969) aufgeführten Vermögensgegenstände im Wege der partiellen Vermögensnachfolge in das Vermögen der neu entstandenen Gesellschaft über 175 . Soweit zu diesen Vermögensgegenständen Grundstücke gehören, vollzieht sich der Vermögensübergang außerhalb des Grundbuches. Das Grundbuch wird mit der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister unrichtig und ist demgemäß zu berichtigen176. Der mit der Umwandlung verbundene Vermögensübergang erfolgt nach § 58 Abs. 2 i.V.m §§ 52 Abs. 4 Nr. 1, 55 Abs. 1 S. 2 UmwG (1969) nur hinsichtlich solcher Vermögensgegenstände, die in der notwendigen Vermögensübersicht enthalten sind und die, wie es das UmwG (1969) ausdrückt, der Gebietskörperschaft „gehören"177. Die Kommunen konnten damit alle ihr nach dem Einigungsvertrag zugeordneten Grundstücke aus dem ehemaligen Volkseigentum in die Vermögensübersicht nach § 52 Abs. 4 Nr. 1 UmwG (1969) aufnehmen und auf diesem Wege in eine neu errichtete Wohnungsgesellschaft mbH einbringen. Wie in den Fällen des Verkaufes an einen anderen privaten Investor bestand aber im Regelfall die Schwierigkeit, festzustellen, ob ein bestimmtes Grundstück tatsächlich der Kommune zugeordnet wurde, m.a.W. ob die Kommune tatsächlich der neue Eigentümer ist. Um den Verkauf an dieser Problematik nicht scheitern zu lassen, hatte der Gesetzgeber die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG (§ 6 VZOG a.F.) eingeführt. Es stellt sich daher die Frage, ob auch eine errichtende Umwandlung von der Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG umfaßt ist.

b) Die Umwandlung als „ Verfügung " Die Umwandlung stellt zunächst einmal ein Rechtsgeschäft dar. Notwendig ist immer die Umwandlungserklärung des bisherigen Unternehmers. Durch diese Erklärung kommt es zum gewünschten Rechtsformwechsel unter gleichzeitiger Errichtung der neuen Gesellschaft. Dabei wird die wirtschaftliche Identität des bisherigen Unternehmens gewahrt. Aufgrund der gesetzlichen Anordnung geht mit der Errichtung der neuen Gesellschaft das in der notwendigen Vermögensübersicht enthaltene Vermögen auf diese über. Dieser Vermögensübergang ist ein notwendi175

Dehmer, Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, 1994, § 55 UmwG, Ziff. 3. Dehmer, Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, 1994, § 5 UmwG, Ziff. 6 b) und Ziff. 8 b); Haegele/ Schöner /Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 995 b. (zum UmwG 1994). 177 Priester DB 1982, 1967; Schilling in Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh, § 59 UmwG, Rn. 1. 176

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

ger Teil der Umwandlung. Damit ist die Umwandlungserklärung eine Willensbetätigung zur Änderung der Rechtsform eines Unternehmens unter Beibehaltung der wirtschaftlichen Identität178. Ob darin zugleich eine Verfügung nach § 8 VZOG liegt, wird meist ohne nähere Begründung unterschiedlich beurteilt 179. Regelmäßig wird bei dieser Frage nicht nach sachenrechtlichen Verfügungen und sonstigen Verfügungen i. S. d. § 8 Abs. 1 VZOG unterschieden. Aus später verständlichen Gründen soll dies hier dennoch geschehen.

aa) Die Umwandlung als sachenrechtliche Verfügung Eine Verfügung im sachenrechtlichen Sinn ist ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht übertragen, belastet, inhaltlich geändert oder aufgegeben wird 180 . Durch eine derartige Verfügung wird die Rechtszuständigkeit (Rechtsinhaberschaft) oder der Rechtsinhalt oder beides unmittelbar verändert 181. Unzweifelhaft handelt es sich bei der Umwandlungserklärung um ein Rechtsgeschäft des derzeitigen Unternehmers, gerichtet auf die Änderung der Rechtsform seines Unternehmens182. Die Umwandlungserklärung beinhaltet nicht die notwendige Vermögensübersicht nach § 52 Abs. 4 Nr. 1 UmwG (1969) 183 . Dem Unternehme Schilling in Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh, Einl. UmwG, Rn. 10 und 11. 179 ( l ) Literatur -verneinend: Grün ZIP 1997, 491, 493; dies. ZIP 1998, 321, 323; Jäckle OVspez 6/96 S. 92; Keller VIZ 1993, 536, 538; ders. Rpfleger 1993, 94; ders. Rpfleger 1994, 437; Wilhelms ZOV 1997, 347, 348; bejahend: Bundesinnenministerium Infodienst kommunal Nr. 31 v. 9. 8. 91= LKV 1992, 17,19 und Nr. 58 v. 9. 10. 92 = LKV 1992, 409; Frenz DtZ 1993,41; ders. OVspez. 11/93 S. 3; Fritsche LKV 1995, 308, 310; Messerschmidt VIZ 1993, 373; Gohrke ZOV 1997, 224, 225; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 4207; wohl auch Böhringer VIZ 1995, 626, 629 mit Hinweis auf Art. 231 § 9 EGBGB; ders. MittBayNot 1994, 18; ders., Besonderheiten des Liegenschaftsrechtes in den neuen Bundesländern, 1993, Rn. 325. (2) 'Rechtsprechung - verneinend: OLG Dresden Urteil v. 31. 01. 9 7 - 3 U 1807/96 und Beschluß v. 25. 7. 9 6 - 7 W 0536/96 = VIZ 1996, 732 (soweit es um eine Verfügung unabhängig von der Eigentumslage geht) bejahend: BezG Dresden Beschluß v. 3. 10. 9 2 - 2 Τ 717/92 = VIZ 1993, 160 = Rpfleger 1993, 190; LG Leipzig Urteil v. 14. 11. 9 6 - 0 8 Ο 0831/96 = ZOV 1997, 187; LG Leipzig Urteil v. 19. 8. 9 7 - 7 0 2413/97; LG Leipzig Urteil v. 3. 7. 96-03 Ο 0426/96; LG Leipzig Beschluß v. 9. 9. 96-03 Ο 7259/ 96 („sachenrechtlicher Übergang") LG Dresden Beschluß v. 23. 11. 9 5 - 2 Τ 7089/95; LG Dresden Beschluß v. 13. 11. 9 5 - 2 Τ 0426/95; LG Stendal 22 Τ 123/93 = VIZ 1994, 143 mit zustimmender Anm. von Frenz; nunmehr auch ausdrücklich der BGH Urt. v. 27. 11. 98 V ZR 180/97. 180 RGZ 90, 399; BGHZ 1, 304; 101, 26. 181 Lorenz, Lehrbuch des Schuldrechtes, Bd. 1,14. Aufl. 1987, § 33 I, S. 570. 182 Dehmer, Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, 1994, § 52 UmwG, Ziff. 6 und 7; Schilling in Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh, Einf. UmwG, Rn. 10; Kallmeyer, ZIP, 1994, 1746, 1748; Keller, Rpfleger 1993, 94. 183 Dehmer, Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, 1994, § 52 UmwG, Ziff. 9. 8 Gohrke

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

mer kommt hinsichtlich der Frage, ob eine Umwandlung erfolgen soll und welches Vermögen betroffen sein soll (Umfang), ein selbständiges Gestaltungsrecht zu 1 8 4 . Dagegen ist die Frage, ob überhaupt ein Vermögensübergang stattfinden muß, der Dispositionsbefugnis des Unternehmers entzogen. Das Gesetz ordnet in §§ 58 Abs. 2,52 Abs. 4 Nr. 1,55 Abs. 1 S. 1 UmwG (1969) zwingend einen entsprechenden Übergang in dem vom Unternehmer festgelegten Rahmen an 185 . Mit der Umwandlungserklärung und der Eintragung der neuen Gesellschaft im Handelsregister geht das bezeichnete Vermögen über. Es findet ein Übergang auf ein anderes Rechtssubjekt statt186. Hierin könnte eine „Übertragung" im Sinne des sachenrechtlichen Verfügungsbegriffes liegen. 1. Nach der Definition von Larenz ist die Übertragung gleichzusetzen mit der rechtsgeschäftlichen Änderung der Rechtszuständigkeit187. Ändert sich die Person des Rechtsträger im Sinne der Rechtsinhaberschaft, so wird das entsprechende Recht übertragen. Mit der errichtenden Umwandlung ist ein Vermögensübergang vom derzeitigen Unternehmer auf die neue Gesellschaft verbunden. Die Rechtszuständigkeit wird also geändert. Nach Larenz ist daher in der Umwandlung eine Verfügung zu sehen. 2. Nach Schilling188 ist eine „Übertragung" Bestandteil einer Veräußerung. Sie setzt grundsätzlich einen zwischen zwei Rechtssubjekten geschlossenen Veräußerungsvertrag voraus, zu dessen Erfüllung die Übertragung erfolgt. Die Regelung des § 3 Halbsatz 2 UmwG (1969), wonach es eines besonderen Veräußerungsvertrages nicht bedarf, zeige deshalb, daß eine Übertragung im Sinne der sachenrechlichen Verfügung nicht erfolge. Die Übertragung von Vermögen im Rahmen einer errichtenden Umwandlung sei kein weiteres Rechtsgeschäft, sondern gesetzlicher Natur, der Begriff der Übertragung irreführend. Ähnlich argumentiert Wilhelms189, der eine Verfügung unter Hinweis auf eine gesetzliche Teil-Gesamtrechtsnachfolge ablehnt. 3. Die Frage, ob in einer Umwandlung zugleich eine Verfügung im sachenrechtlichen Sinn gesehen werden kann, hängt demnach maßgeblich davon ab, ob sich der Vermögensübergang als rechtsgeschäftlich oder gesetzlich einordnen läßt oder ob es noch weitere Übertragungsmöglichkeiten außerhalb der zwei genannten gibt.

im Schilling in Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh, § 52 UmwG, Rn. 6. 185 Vgl. nur Grün ZIP 1998, 321, 326. 186 Schilling in Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh, Einl. UmwG, Rn. 5; Dehmer, Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, § 50 UmwG, Ziff. 1. 187 Lorenz, Uhrbuch des Schuldrechtes, Bd. 1, 14. Aufl. 1987, § 33 I, S. 570. 188 In Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh, Einl. UmwG, Rn. 10. 189 Wilhelms ZOV 1997, 347, 348.

Α. Rechtscharakter und Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

(1) Rechtgeschäfliche

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und gesetzliche Übertragungen

Das deutsche Recht kennt im Grundsatz nur die rechtsgeschäftliche Übertragung einzelner Vermögenswerte durch Übereignung, Abtretung, Auflassung und die gesetzliche Übertragung von Vermögensgesamtheiten wie beim Erbfall. 1. Die Fälle der rechtsgeschäftlichen Übertragung regelt das BGB in Sondervorschriften für die Übertragung einzelner Rechte. Die Übertragungsvorschriften sind zwingend190 und damit auch abschließend. Ein Rechtsgeschäft, das auf die Übertragung einzelner Vermögensrechte zielt, bewirkt, wenn es den Übertragungsvorschriften entspricht, eine Einzelrechtsnachfolge (Singularsukzession). Soll eine Mehrheit von Rechten übertragen werden, so muß jedes einzelne nach den einschlägigen Übertragungsvorschriften übertragen werden. Stellt man sich die Gesamtheit der Rechte beispielsweise als Haufen von Holzscheiten vor, so muß die Übereignung jedes einzelnen Holzscheites erfolgen. Zwar läßt sich der Übereignungswille derart auslegen, daß in einer Erklärung die Übereignung aller Holzscheite erklärt ist. Jedoch befreit der Wille zur Übereignung der Gesamtheit nicht von den Voraussetzungen der ÜbertragungsVorschriften der §§ 929 ff. BGB. Der Bestimmtheits- oder auch Spezialitätsgrundsatz des Sachenrechtes bedeutet nämlich, daß Rechte nur an bestimmten einzelnen Sachen bestehen können. Sollen diese Rechte übertragen werden, so erfolgt ihre Bestimmung über die Zuordnung zu der Sache, an der das Recht besteht. Rechtsgeschäfte, die auf die Übertragung eines Rechtes gerichtet sind, müssen daher den bestimmten, einzelnen Gegenstand, an dem das Recht bestehen sollen, benennen191. Gesetzlich zugelassen ist daher im Grundsatz die rechtsgeschäftliche Einzelrechtsnochfolge in einzelne konkret, bestimmte Rechte nach den Vorschriften für die Übertragung eines Rechtes. Dasselbe gilt für die gesetzliche Einzelrechtsnachfolge, wie sie ζ. B. in den Fällen der cessio legis geregelt sind. 2. Neben der rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Einzelrechtsnachfolge kennt das deutsche Recht auch die gesetzliche Gesamtrechtsnachfolge. Als Paradefall und oftmals als Maß aller Dinge wird hier der Erbfall genannt. Kennzeichnend für die Universalsukzession ist die Loslösung von den Übertragungsvorschriften für einzelne Vermögensrechte und damit auch vom Bestimmtheitsgrundsatz. Der für die Übertragung notwendige gesetzliche Tatbestand knüpft, anders als bei der Einzelrechtsübertragung, an eine Vermögensgesamtheit, beim Erbfall gemäß § 1922 Abs. 1 BGB an das gesamte Vermögen des Erblassers „als Ganzes"192 an. Die gesetzliche Übertragung einer Rechtsgesamtheit ist, wie das Beispiel des Erbfalls verdeutlicht, notwendig, um subjektlose Rechte zu vermeiden193. Mit dem Erbfall 190 Larenz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 13 V b, S. 240. 191 Baur/Stürner, Sachenrecht, 1992, § 4 III, S. 31 f. 192 Larenz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 13 V b, S. 240. 193 Karsten Schmidt AcP 91 (1991), 495,497 m. w. N. 8*

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

endet für den bisherigen Rechtsträger die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Es bedarf daher eines umfassenden Eintritts zumindest eines anderen Subjektes in die Rechtsstellung des Erblasser, mithin in alle Rechte, die zuvor Bestandteil der Rechtsgesamtheit des Erblassers waren. Greift man das Beispiel des Stapels Holzscheite auf, so geht das Eigentum an allen einzelnen Holzscheiten als Bestandteil des „Vermögens als Ganzem" auf den Gesamtrechtsnachfolger, den Erben über. Die gesetzliche Anordnung der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 Abs. 1 BGB verdrängt also die Bestimmungen für die Übertragung einzelner Rechte. Der Gesamtrechtsnachfolger und auch der Rechtsvorgänger haben keinen Einfluß auf die Übertragung des Vermögens als Ganzes. Am grundsätzlichen gesetzlichen Übergang auf die Erben kann der Erblasser nichts ändern, kann er auch die Person des Erben bestimmen. Eine letztwillige Verfügung, nach der niemand erben soll, ist ausgeschlossen. Hinzu kommt, daß das deutsche Recht im Grundsatz keine Erbschaft in Bezug auf einen konkreten Gegenstand kennt. Das Vermögen als solches geht über und muß, soweit mehrere Erben vorhanden sind, geteilt werden. Kein Miterbe und kein sonstiger am Nachlaß Berechtigter hat einen konkreten Gegenstand geerbt (Unmöglichkeit dinglicher Vermächtnisse). Er ist nur zur gesamten Hand am Nachlaßvermögen beteiligt. Die erbrechtliche Gesamtrechtsnachfolge ist eine gesetzlich zwingende und ungeteilte Gesamtrechtsnachfolge 194. (2) Rechtsgeschäftlich definierte, einer Vermögensgesamtheit

gesetzliche Übertragung

Die soeben dargestellten Grundsätze zeigen, daß nur die rechtsgeschäftliche Übertragung einzelner Sachen und Rechte nach den Übertragungsvorschriften oder der gesetzliche Übergang des gesamten Vermögen eines Rechtsträgers als Ganzes möglich ist 195 . So findet sich in fast allen Kommentierungen des BGB der Grundsatz, daß über Sach- und Rechtsgesamtheiten als solche nicht (rechtsgeschäftlich) verfügt werden kann. Der Bestimmtheitsgrundsatz erlaubt grundsätzlich nur Verfügungen über einzelne Sachen und Rechte196. Schon früh wurde das deutsche Recht deshalb als zu statisch bezeichnet197. Es stellt sich nämlich die Frage, ob es nicht auch möglich ist, einen Teil eines Vermögens, einen Teil des Ganzen und zugleich Summe einzelner Rechte, „uno actu", d. h. in einem Übertragungsakt zu übertragen und so darüber zu verfügen.

194 Karsten Schmidt AcP 91 (1991), 495,498 m. w. N. 195 Staudinger-Di/c/œr Vorbem. zu §§ 90 ff., Rn. 17 (Verfügungen über Sachgesamtheiten). 196 Vgl. nur Molch in MüKo, § 90, Rn. 30 ff.; Soergel-A/wÄ/, vor § 90, Rn. 4 ff. und 9 ff.; Staudinger-D//c/zir, Vorbem zu §§ 90 ff., Rn. 17 ff. 197 Stier-Somlo/Elfter, Handwörterbuch der Rechtswissenschaft, 1926 Bd. VI S. 247 ff.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

Auf das eingangs angeführte Beispiel bezogen, ist fraglich, ob es nicht auch möglich sein muß, daß nur ein Bruchteil des Stapels Holzscheite abgetrennt wird, der Stapel also geteilt wird und der neu entstandene Teil übertragen werden kann. Die Frage lautet also:

Gibt es eine partielle Vermögensnachfolge durch eine Umwandlung und we ja, ist sie rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Natur? Allen übertragenden Umwandlungen ist gemein, daß die Vermögensgegenstände, die in das neu entstehende Unternehmen eingebracht werden sollen, nicht jeder einzeln nach den hierfür geltenden Übertragungsvorschriften übertragen werden 198 . Vielmehr werden alle zu übertragenden Vermögensgegenstände in einem Akt übertragen 199. Es bedarf keiner Auflassung von Grundstücken, keiner Abtretung von Forderungen und keiner Übereignung beweglicher Sachen. Der Vermögensübergang vollzieht sich in vier Schritten. Zunächst entscheidet der Rechtsträger des Unternehmens, ob eine Umwandlung erfolgen soll. In einem zweiten Schritt bestimmt er, welche Vermögensgegenstände er in das neue Unternehmen einbringen möchte. Diese Gegenstände werden in der Vermögensübersicht gemäß § 54 Abs. 4 UmwG (1969) zusammengefaßt. Im dritten Schritt erfolgt die Umwandlungserklärung unter Beifügung der Liste des umzuwandelnden Vermögens (Vermögensübersicht). Im vierten und letzten Schritt erfolgt die Eintragung der neuen Gesellschaft im Handelsregister. In diesem Augenblick geht das in der Vermögensübersicht aufgenommene Vermögen aufgrund der gesetzlichen Anordnung in § 55 Abs. 1 UmwG (1969) über. Mit dem einen letzten Akt, der Eintragung, gehen alle Einzelrechte ohne Beachtung der sonstigen Übertragungsvorschriften über. Bei einem Grundstück wird dies besonders dadurch deutlich, daß das Grundbuch durch den Umwandlungsvorgang unrichtig geworden ist. Es kommt zu einer Veränderung der Eigentumslage außerhalb des Grundbuches. Die Eintragung dort ist nicht wie sonst konstitutiv, sondern nur noch deklaratorisch 200. Das Grundbuch folgt hier der Rechtsveränderung außerhalb desselben. Der eigentliche Übertragungsakt ist damit für verschiedenste Vermögensgegenstände, die in der Vermögensübersicht gelistet sind, der gleiche. Insoweit erinnert die Umwandlung stark an die Gesamtrechtsnachfolge im Erbfall. Es gibt aber gravierende Unterschiede. Der Erblasser kann über die Frage, ob eine Gesamtrechtsnachfolge nach ihm stattfinden wird, nicht disponieren. Daß eine Gesamtrechtsnachfolge stattfindet, ist zwingend und hat seine Ursache darin, daß der bisherige Rechtsträger die Fähigkeit hierzu verliert. Bei einer errich198

Vgl. nur Dehmer, Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, § 5 UmwG, Ziff. 6 b. Schon der Rechtsausschuß des Bundestages sprach von der „Übertragung eines Vermögens auf einen anderen Rechtsträger", vgl. BT-Drs. V/4253 S. 2. 200 Böhringer BWNotZ 1995, 97; De/ime/;Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, § 5 Ziff. 6 b) und 8). 199

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tenden Umwandlung ist die Frage, ob eine solche erfolgen soll, allein eine Entscheidung des derzeitigen Rechtsträgers. Nur wenn er einen diesbezüglichen Willen entfaltet und aktiv wird, d. h. die Umwandlung erklärt, kann eine solche auch erfolgen. Der an die Erklärung und die spätere Eintragung geknüpfte Vermögensübergang ist damit dem Grund nach disponibel. Der Erblasser kann des weiteren die Gesamtrechtsnachfolge nur hinsichtlich sämtlicher Aktiva und Passiva des Erblasservermögens „als Ganzes" beeinflussen, indem er losgelöst von Einzelgegenständen mehreren Erben eine nur bruchteilige Erbenstellung einräumt. Dennoch geht das gesamte Vermögen auf alle Erben über. Erst durch eine anschließende Nachlaßteilung kommt es zu einer Zuordnung einzelner Nachlaßgegenstände. Der Rechtsträger, der eine errichtende Umwandlung beabsichtigt, bestimmt durch die Erstellung der Vermögensübersicht kraft eines selbstverständlichen Gestaltungsrechtes201 die einzelnen Gegenstände, die das neue Unternehmen erhalten soll. Dabei können auch Vermögensgegenstände eingebracht werden, die dem bisherigen Unternehmen nicht dienten202. Der Rechtsträger kann in sein Unternehmen neue Gegenstände einbringen, indem er sie gemäß § 52 Abs. 4 Nr. 1 S. 2 UmwG (1969) als zum Unternehmen gehörend erklärt. Damit werden die betreffenden Gegenstände als Teil des umzuwandelnden Unternehmens behandelt, sie gehen mit auf dieses über. Im Ergebnis ermöglicht die Umwandlung damit die Übertragung des bisherigen Unternehmensvermögens und die Hinzufügung weiterer Vermögensgegenstände. Es widerspricht aber der Annahme einer umfassenden Gesamtrechtsnachfolge, wenn der Übergang solcher zusätzlicher Gegenstände allein mit der Erklärung der Umwandlung des bisherigen Unternehmens erfolgt 203. Nach einhelliger Auffassung ist die Vermögensübersicht nach § 52 Abs. 4 UmwG (1969) nicht Bestandteil des Rechtsgeschäftes „Umwandlungserklärung" 204 . Nach Loos 205 bildet diese Übersicht nur das „Mengengerüst" des neuen Gesellschaftsvermögens. Der Rechtsträger des bisherigen Unternehmens erklärt demnach nur die Umwandlung dieses Unternehmens, wie es ist. Mit dieser Erklärung allein könnte das Unternehmensvermögen nicht durch Hinzufügung weiterer Gegenstände erhöht werden. Erst nach der Entstehung der neuen Gesellschaft könnte im Wege der Kapitalerhöhung, bei einer GmbH gemäß §§ 56-57 b GmbHG, eine er201 Schilling in Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh, § 52 UmwG, Rn. 5. 202 OLG Oldenburg NJW-RR 1994, 426 (zusätzliche Bareinlagen); Schilling in Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh, § 52 UmwG, Rn. 5. 203 Widmann/Mayer, UmwG, § 50 Rn. 969 „keine Gesamtrechtsnachfolge im eigentlichen Sinn". 204 Vgl. nur Zimmermann in Rowedder u. a., GmbhG, § 77 Anh, Rn. 356, Dehmer, Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, § 52, Ziff. 9 m. w. N.; Priester DB 19782, 1967 Fn. 6; Loos DB 1973, 807, 809. 205 DB 1973, 807,809.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

neute Sacheinlage stattfinden. Notwendig wäre auch bei dieser nachträglichen Sacheinlage eine Einzelübertragung des betreffenden Gegenstandes206. Das UmwG (1969) läßt aber zu, daß der Rechtsträger des umzuwandelnden Unternehmens durch die Vermögensübersicht nach § 52 Abs. 4 UmwG (1969) den Vermögensbestand losgelöst vom bisherigen Unternehmen neu definiert. Dadurch kann von der Umwandlung auch ein bisher unternehmensfremder Gegenstand erfaßt werden. Die Notwendigkeit der Einzelübertragung dieser Gegenstände wird durch Vermögensübersicht und Umwandlungserklärung überwunden. So wie das UmwG für unternehmensfremde Gegenstände die Übertragung durch Aufnahme in die Vermögensübersicht ermöglicht, so ermöglicht es für das bisherige Unternehmen die Übertragung einer rechtsgeschäftlich definierte Vermögensgesamtheit. Das Vorgenannte wird bestätigt, wenn man den Übergang von Verbindlichkeiten im Rahmen der Umwandlung untersucht. Bei Annahme einer gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge müßten die Aktiva und Passiva eines Unternehmens ohne Ausnahme mit der Umwandlung übergehen207. Der Sinn einer Gesamtrechtsnachfolge besteht gerade darin, einen lückenlosen Eintritt eines neuen Rechtsträger in die Stellung seines Vorgängers zu erreichen. Daß bei einer errichtenden Umwandlung ein solch lückenloser Eintritt in die Rechtsstellung des bisherigen Unternehmens nicht erfolgt, ergibt sich bereits aus der Notwendigkeit einer Vermögensübersicht nach § 52 Abs. 4 UmwG (1969) für das übergehende Vermögen. Nach § 52 Abs. 4 Nr. 2 UmwG (1969) sind in die Vermögensübersicht auch die im bisherigen Unternehmen begründeten Verbindlichkeiten und die, die mit den übergehenden Aktiva im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, mit aufzunehmen. Gemäß § 55 Abs. 1 S. 2 UmwG (1969) gehen dann die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, die in der Übersicht gelistet sind, über. Zwingende Voraussetzung eines Übergangs von Verbindlichkeiten ist demnach ihre Aufnahme in die Vermögensübersicht des § 52 Abs. 4 Nr. 2 UmwG (1969). Die Übersicht hat insoweit konstitutive Wirkung 208 . Verbindlichkeiten, die nicht in die Übersicht aufgenommen wurden, gehen nicht über 209 . Für derartige, nicht von der Umwandlung erfaßte Verbindlichkeiten, verbleibt es bei der Weiterhaftung des bisherigen Unternehmens210. 206 Vgl. nur Keller VIZ 1996,16, 19. 207 LG Hamburg NJW-RR 1989, 955, 996 (Bei einer Gesamtrechtsnachfolge wird das „Vermögen" als Einheit behandelt), vgl. auch Soergel-A/w/i/, BGB, vor § 90, Rn. 10. 208 Dehmer, Umwandlungsrecht- und Umwandlungssteuerrecht, §§ 51, 52 UmwG, Ziff. 9 m. w. N. 209 Dehmer, Umwandlungsrecht- und Umwandlungssteuerrecht, § 55 UmwG, Ziff. 5; Zimmermann in Rowedder u. a., GmbhG, § 77 Anh, Rn. 356, zur eingangs genannten LWB, die nur eine Liste von Aktiva aufgestellt hat, vgl. OLG Dresden Urteil v. 5. 9 . 9 5 - 3 U 1033/95.; OLG Dresden Urt. v. 10.05. 9 5 - 8 U 188/94 = VIZ 1995,670,671. 210 Zimmermann in Rowedder u. a., GmbhG, § 77 Anh, Rn. 368; Unbeachtlich ist insoweit, daß der Rechtsträger zum Schutz des Geschäftsgläubiger keine absichtliche Abtrennung

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Die vom Rechtsträger des bisherigen Unternehmens aufzustellende Vermögensübersicht entscheidet also darüber, inwieweit ein Übergang von Aktiva und Passiva stattfindet. Eine gesetzliche Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsstellung des bisherigen Unternehmens bewirkt die Umwandlung deshalb nicht. Der Rechtsträger hält es in der Hand, in welchem Umfang eine Übertragung von Vermögen oder Verbindlichkeiten stattfindet. Er entscheidet hier über Kraft eines ureigenen Gestaltungsrechtes. Der fast einhellig verwendete Begriff der „Gesamtrechtsnachfolge" umschreibt damit in Bezug auf eine errichtende Umwandlung den Übergang einer Sach- und/oder Rechtsgesamtheit in einem Akt, soweit die vom Rechtsträger aufgestellte Vermögensübersicht einen Übergang zuläßt. Die Umwandlung ermöglicht damit, daß in einem Übertragungsakt ein rechtsgeschäftlich, frei definiertes Ganzes, ein gelisteter Vermögensbestand, auf das errichtete Unternehmen übergeht211. Die gesetzliche Anordnung des § 55 Abs. 1 UmwG (1969), wonach die Vermögensgegenstände aus der Vermögensübersicht mit der Handelsregistereintragung übergehen, bewirkt die Übertragung eines rechtsgeschäflich definierten Vermögensbestandes212 „uno actu". Das neu errichtete Unternehmen tritt als eigene juristische Person nur bezüglich der aufgelisteten Vermögensgegenstände (Aktiva und Passiva) in die Rechtsstellung des gewandelten Unternehmens ein 213 . Es kommt zu einer geteilten, d. h. partiellen Vermögensnachfolge. Diese Übertragung von Vermögensgegenständen in ihrer Gesamtheit wird auch als „partielle Gesamtrechtsnachfolge 214", als „teilweise Gesamtrechtsnachfolge 215 ", als „Spezialsukzession216", als „Sonderrechtsnachfolge 217", als „gesamthafte Vermögensübertragung 218" oder nur als „Vermögensnachfolge 219" beschrieben. von Verbindlichkeiten vornehmen soll. Er kann es jedenfalls rechtswirksam tun. Vgl. dazu Zimmermann in Rowedder u. a., GmbHG, § 77 Anh, Rn. 357 a.E. 211 Das RG (Z 64, 10, 12) beschrieb die Umwandlung vergleichbar einer Sacheinlage als „rechtsgeschäftlich" aufgrund derer „alsdann das Vermögen von Rechts wegen übergeht. Dies hat keine andere Bedeutung als die, daß die sonst erforderlichen Übertragungsakte (Auflassung .... ) wegfallen.". 212 Teichmann in Lutter, UmwG (1994), § 123, Rn. 9 spricht von einer „rechtsgeschäftlich initiierten Übertragungsart"; ähnlich Widmann/Mayer, UmwG, § 50 Rn. 969 und 1280 „Übergang bestimmter Vermögensgegenstände und Schulden durch einheitlichen Übertragungsakt"; LG Hamburg NJW-RR 1989, 955, 996. 213 Nach Dehmer, Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, § 52 Ziff. 9 gilt dies sowohl für Verbindlichkeiten, als auch für Vermögensgegenstände. 214 Schilling in Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh, § 50 UmwG, Rn. 2; Dehmer, Umwandlungsrecht- Umwandlungssteuerrecht, § 52 UmwG, Ziff. 9; Widmann/Mayer, UmwG, § 50 Rn. 969 sprechen insoweit zutreffend von einem „Widerspruch in sich". 215 Ganske W M 1993, 1117, 1171. 216 Duden/Schilling, AG, 1974, 202, 210; Hahn GmbHR 1991,242, 245. 217 Schon RGZ 136, 313, 316; Herzig/Ott, DB 1989, 2033; Feddersen/Kiem, ZIP, 1994, 1078, 1084; Neye, DB 1994,2069, 2070; Kallmeyer, ZIP, 1994, 1746,1748.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

Die errichtende Umwandlung ist, anders als die Gesamtrechtsnachfolge im Erbfall, ihrem Zweck nach nicht auf den Ersatz eines untergehenden Rechtsträgers ausgerichtet, sondern auf eine Erleichterung der Übertragung einer Vermögensgesamtheit. Nur um den Schwierigkeiten einer Liquidation und anschließender Neugründung durch Sacheinlagen zu begegnen, war es notwendig, ein Umwandlungsgesetz zu schaffen. Zu Recht wird die Umwandlung deshalb als erleichterte Sachgründung im Wege der begrenzten Universalsukzession bezeichnet220. Die Erleichterung resultiert aus der Möglichkeit eines Vermögensübergangs außerhalb der Übertragungsvorschriften für die einzelnen Vermögensgegenstände221. Die Umwandlungsmöglichkeit beinhaltet also eine neben die sonstigen Vorschriften tretenden Übertragungsmöglichkeit, aus der sich eine Änderung der Rechtsinhaberschaft ergibt. Die notwendige, aber begrenzte Publizität für die erfolgte Übertragung einer Summe von Rechten ergibt sich aus der zwingend vorgeschriebenen Vermögensübersicht. Durch sie wird gegenüber jedermann festgestellt, welches Vermögen den Rechtsinhaber mit der Eintragung der neuen Gesellschaft im Handelsregister wechselt222. Auf das Beispiel des Stapels Holzscheite (Unternehmen) angewandt, bedeutet dies, daß es sehr wohl auch möglich sein kann, einen aus mehreren Scheiten bestehenden Teil als solchen durch Umwandlung zu übertragen, ohne jeden Scheit einzeln nach den §§ 929 ff. BGB zu übereignen. Bleibt die interessante Frage, ob dies dann auch für nur einen Holzscheit zutreffen würde oder ob dieser nach den Übertragungsvorschriften der §§ 929 ff. BGB übertragen werden müßte. Dies Antwort ergibt sich aus einem Vergleich mit dem aktuellen Umwandlungsrecht. Zwar gibt es die errichtende Umwandlung begrifflich nicht mehr, jedoch hat der Gesetzgeber mit der Ausgliederung zur Neugründung gemäß §§123 Abs. 3 Nr. 2,124 i.V.m. §§ 168 ff. UmwG (1994) den öffentlichen Körperschaften weiterhin die Möglichkeit der Abtrennung von kommunalen Unternehmen (Vermögensteilen) zur Neugründung einer Kapitalgesellschaft gegeben223. Danach kann der 218 Zöllner, ZGR, 1995, 335, 339. 219 Kraft/Kreuz, Gesellschaftsrecht, 9. Aufl. 1992, S. 54. 220 Karsten Schmidt AcP 191 (1991), 495, 512; BezG Dresden Beschluß v. 30. 10.1992 -2 Τ 717/92 = VIZ 1993, 160 = Rpfleger 1993, 190. 221 Karsten Schmidt AcP 191 (1991), 495, 512; Teichmann ZGR 1993, 397, 398 zur Ausgliederung, als der der errichtenden Umwandlung vergleichbaren Umwandlungsart nach dem UmwG (1994). 222 Teichmann ZGR 1993, 397,410. 223 Vgl. Zimmermann in Rowedder u. a., § 77 Anh., Rn. 370 zur Vergleichbarkeit von errichtender Umwandlung und Ausgliederung; Böhringer BWNotZ 1995, 97, 98 und Redeker/ in F / R / M / N , VermG, § 3, Rn. 227; Einen umfassenden Vergleich der Hirtschulz/Tank §§ 58 ff. UmwG (1969) und den §§ 123, 168 ff. UmwG (1994) nimmt Keller VIZ 1996, 16, 17 vor.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

übertragende Rechtsträger einen Teil oder mehrere Teile aus seinem Vermögen ausgliedern. Damit ist auch die sachenrechtliche Übertragung nur eines Gegenstandes im Wege der geteilten Gesamtrechtsnachfolge möglich224. Der übertragende Rechtsträger kann die für ihn günstigste Variante wählen225. In der errichtenden Umwandlung liegt demnach eine Übertragung von Rechten in einer Vermögensgesamtheit von einem auf einen anderen Rechtsträger im Wege der geteilten Vermögensnachfolge 226. Den Ursprung für eine Umwandlung setzt der derzeitige, übertragende Rechtsträger, indem er die Umwandlung erklärt und eine Vermögensübersicht hinzufügt, um „das Ganze", das einen neuen Rechtsträger erhalten soll, hinreichend zu bestimmen. Eine gesetzliche Anordnung über das „ob" einer Rechtsnachfolge gibt es im Gegensatz zum Erbfall nicht. Damit beruht die partielle Vermögensnachfolge bei der Umwandlung auf einer rechtsgeschäftlichen Umwandlungserklärung und ist damit keine gesetzliche Gesamtrechtsnachfolge. Es bedurfte ihrer auch nicht, da, wie gezeigt, nicht der Wegfall eines Rechtsträger abgesichert werden muß, sondern nur die Übertragung einer Vermögensgesamtheit von einem weiterbestehenden Rechtsträger auf einen neu errichteten erfolgen soll. Liegt aber die Grundsatzentscheidung über die Durchführung einer errichtenden Umwandlung beim Rechtsträger und kann er außerdem den Umfang der Übertragung, der Vermögensgesamtheit, durch seine Vermögensauflistung bestimmen, so stellt sich die gesetzlich an die Umwandlung geknüpfte Rechtsnachfolge als eine solche Kraft einseitigen227 Rechtsgeschäftes dar 228 . Erblickt man in der Umwandlung ein umfassendes Rechtsgeschäft, aufgrund dessen eine Vermögensgesamtheit „en bloc" und „uno acto" übertragen werden kann, so liegt darin zugleich die Annahme einer sachenrechtlichen Verfügung 229. Die Umwandlung überträgt alle in der Vermögensübersicht nach § 52 Abs. 4 Nr. 1 224 Teichmann in Lutter, UmwG (1994), § 123, Rn. 8, ders. ZGR 1993, 397, 404; a.A. BGH Urt. v. 27. 11. 98 - V ZR 180/97; für eine Verfügung in Kenntnis der BGH- Entscheidung LG Leipzig Urt. v. 24.02.99 - 06 Ο 8638/98. 225 So schon überzeugend Teichmann ZGR 1993, 397,404 ff. 226 Böhringer BWNotZ 1995, 97, 101; Vermögensnachfolge in diesem Sinn darf nicht so verstanden werden, daß Aktiva und Passiva untrennbar mit einander verbunden sind und daher zusammen übergehen. Der Umfang des Übergang ist frei definierbar, d. h. auch die Trennung wirtschaftlich verbundener Aktiva und Passiva ist möglich, vgl. LG Hamburg NJW -RR 1989, 995, 996 (das Gericht spricht von „Gesamtrechtsnachfolge"), ähnlich LG Ravensburg Urt. v. 16.07. 98 - 2 0 303/96. 227 Kallmeyer ZIP 1994, 1740, 1754 zum Umwandlungplan des Einzelkaufmanns, der bei § 58 UmwG durch einen Umwandlungbeschluß der Gebietskörperschaft ersetzt wird. 228 Karsten Schmidt AcP 191 (1991), 495, 512; Teichmann ZGR 1993, 397, 398 „kraft parteiautonomer Gestaltung"; Keller Rpfleger 1994,437,440; Böhringer BWNotZ 1995, 97, 101; a.A. BGH Urt. v. 27. 11. 98 - V ZR 180/97 (gesellschaftsrechtlicher Struckturänderungsakt). 229 Teichmann ZGR 1993, 397,404; schon zum UmwG (1956) Full, DNotZ 1957, 77, 82.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

enthaltenen Rechte auf die neu errichtete Gesellschaft. Es tritt ein Wechsel der Rechtsinhaberschaft aufgrund eines Rechtsgeschäftes ein. Mit der Umwandlungsmöglichkeit eröffnet der Gesetzgeber eine selbständige Übertragungsart für die Übertragung von Vermögensgegenständen in einer Gesamtheit. Diese Möglichkeit tritt als gleichwertig neben die Möglichkeit der Einzelübertragung 230. Die Verfügung

über eine Sach- und/oder Rechtsgesamtheit - ein Novum ?

Karsten Schmidt bezeichnete die Möglichkeiten des Umwandlungsgesetzes zur Verfügung über eine Sachgesamtheit als sensationell231. Die Notwendigkeit, über Sachgesamtheiten zu verfügen, ist aber insbesondere im Bereich der Kreditsicherung schon früh erkannt worden. So werden Sachgesamtheiten als Warenlager, Archiv etc. sicherungsübereignet. Für die schuldrechtlichen Verpflichtungen ist die Verwendung von Gesamtbezeichnungen zulässig. Dagegen müssen für die dingliche Einigung die einzelnen Sachen der Gesamtheit bestimmt werden, da sich die Übertragung für jeden Gegenstand nach den §§ 929 ff. BGB vollzieht. Eine Verfügung über eines Sachgesamtheit als solche ist damit nicht verbunden232. Dort wo Sicherungsübereignungen wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes Schwierigkeiten bereiten und wo gleichzeitig eine Besitzpfandrecht nicht hilfreich ist, fragt es sich, ob nicht auch die Verpfändung einer nicht im einzelnen bestimmten Sachgesamtheit zuzulassen ist. Der Gesetzgeber hat in zwei Gesetzen die Belastung einer Sachgesamtheit mit einem besitzlosen Pfandrecht und damit die Verfügung 233 über eine Sachgesamtheit zugelassen. 1. Nach den §§ 1 und 3 PachtkredG234 kann ein Landwirt für den „ihm gehörenden Inventar" ein besitzloses Pfandrecht zu Gunsten besonders registrierter Pachtkreditinstitute bestellen. Zur Bestellung ist ein schriftlicher Verpfändungsvertrag und dessen Niederlegung beim Amtsgericht notwendig. Einer Inventarliste der verpfändeten Gegenstände bedarf es nicht 235 . Nur nicht verpfändete Gegenstände sind zu bezeichnen, § 3 Abs. 1 S. 2 PachtkredG. Als Inventar werden alle beweglichen Sachen angesehen, die zur landwirtschaftlichen Nutzung auf einem Grundstück bestimmt sind 236 . 230 Teichmann in Lutter, UmwG (1994), § 123, Rn. 8. 231 Karsten Schmidt AcP 191 (1991) 459, 510. 232 Boich in MüKo, § 90, Rn. 30 ff.; Soergel-MwÄ/, vor § 90, Rn. 4 ff. und 9 ff.; Staudinger-Dilcher, Vorbem zu §§ 90 ff., Rn. 17 ff. 233 Die Belastung eines Rechtes ist eine Form der Verfügung im Sinne des BGB, vgl. BGHZ 1, 304. 234 Die ursprüngliche Gesetzesbezeichnung lautete: Gesetz betreffend die Ermöglichung der Kapitalkreditbeschaffung für landwirtschaftliche Pächter v. 9. 7. 1926 (RGBl. I 1926, S. 399). 235 Staudinger-Df7c/w?r, Vorbem zu §§ 90 ff., Rn. 17. 236 RGZ 142, 201, 202.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Der Bestimmtheitsgrundsatz läßt im Grunde nur die Bestellung eines Pfandrechtes für jeden einzelnen Inventargegenstand zu. Das Pachtkreditgesetz ermöglicht dagegen die Bestellung eines Pfandrechtes für das gesamte Inventar 237. Gegenstand der Verfügung, d. h. der Pfandrechtsbestellung, ist damit eine unter dem Begriff des „Inventars" zusammengefaßte Sachgesamtheit. Das Pachtkreditgesetz befreit den Landwirt vom Bestimmtheitsgrundsatz für die Verpfändung des „ihm gehörenden Inventars". Dem vergleichbar ermöglichen die §§ 52, 55 UmwG (1969) die Verfügung über die „dem Kaufmann gehörenden Vermögensgegenstände". Die gesetzlichen Parallelen sind unverkennbar. 2. In einem weiteren Gesetz, dem Gesetz über Rechte an LuftfahrzeugenLuftfzRG, hat der Gesetzgeber in den §§ 68 ff. die Möglichkeit geschaffen, ein Pfandrecht an einem Ersatzteillager zu bestellen. Damit kann ein Pfandrecht, das eigentlich an einem Luftfahrzeug besteht, durch den Eigentümer des Luftfahrzeuges (§ 69) auf andere Gegenstände, die nicht mit diesem verbunden sind, erweitert werden 238. Die Bestellung eines solchen Pfandrechtes erfaßt dann neben dem Luftfahrzeug alle „zu dem Luftfahrzeug gehörenden Teile" im Ersatzlager. Auch damit wird eine Verfügung über eine Sachgesamtheit (Ersatzteillager) gesetzlich ermöglicht, denn zur Bestellung des Pfandrechtes bedarf es keiner Einzelverpfändung der Einzelteile, sondern es kann das Ersatzteillager durch eine entsprechende Bekanntmachung verpfändet werden. Das Ergebnis diese Exkurses lautet daher, daß die Verfügung über eine Sachgesamtheit kein Novum darstellt. Die Verpfändung einer Sachgesamtheit als solche ist anerkannt. Die Möglichkeit einer Verfügung zur rechtsgeschäflichen Übertragung einer Sachgesamtheit ist dagegen eine neue Qualität des Umwandlungsrechtes und mit den Worten von Karsten Schmidt tatsächlich „sensationell". Im Ergebnis kann es, insbesondere unter Zugrundelegung der Verfügungsdefinition von Larenz, keinen Zweifel daran geben, daß es sich bei einer errichtenden Umwandlung um eine Verfügung im sachenrechtlichen Sinn handelt239. Die rechtsgeschäftliche Änderung der Rechtsinhaberschaft ist dafür notwendig, aber auch ausreichend. Die von einer gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge sprechende Gegenauffassung240 vermengt unzulässig die Begriffe Verfügung und Verkehrsgeschäft. Letzteres wurde als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal für einen gutgläubigen Erwerb 237 RGRK- BGB- Kommentar, 6. Aufl. 1926, § 1204, Ziff. 5 a.E.; Soergd-Emmerich, Vorbem. zu § 581, Rn. 63; Staudinger-Di/cÄer, Vorbem zu §§ 90 ff., Rn. 17; BGHZ 54, 319, 322. 238 Schölermann / Schmid-Burgk, W M 1990, 1137,1143; Palandt-Bassenge, Einf ν § 1204, Rn 7. 239 So jetzt auch OLG Dresden Urt. v. 27. 8. 98-19 U 1762/96. 240 Schilling in Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh, Einl. UmwG, Rn. 10; Wilhelms ZOV 1997, 347, 348.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

eingeführt, um die sog. Selbstverschaffung nicht zuzulassen. Ein gutgläubiger Erwerb soll dort ausscheiden, wo Erwerbender und Verfügender rechtlich oder wirtschaftlich identisch sind 241 . Die Frage danach, ob ein Verkehrsgeschäft vorliegt, ist nur dann notwendig, wenn überhaupt eine Verfügung vorliegen kann. Daß eine Übertragung von Rechten aber auch ohne Vorliegen eines Verkehrsgeschäftes möglich ist, wird man nicht ernsthaft bezweifeln. Die klassische Verfügung ohne Verkehrsgeschäft ist die Übertragung eines Rechtes von einem Rechtsinhaber auf dessen Einman-GmbH. Die Frage der Verfügung, und damit der Möglichkeit Rechte auf die GmbH zu übertragen, ist anerkannt. Rechte, die der Rechtsinhaber innehatte, können auf die GmbH übertragen werden. Dagegen soll nur ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich sein, da dieser wegen der wirtschaftlichen Identität auf eine Selbstbeschaffung hinauslaufen würde. Auch in den Fällen der Umwandlung liegt stets eine wirtschaftliche Identität vor, dagegen entsteht eine neue Gesellschaft, die rechtlich nicht identisch mit dem bisherigen Unternehmen ist. Eine Übertragung von Rechten auf diese ist damit unabhängig vom Vorliegen eines Verkehrsgeschäftes als Verfügung einzuordnen.

bb) Die Umwandlung als Verfügung i. S. d. § 8 Abs. 1 VZOG Der Verfügungsbegriff des § 8 Abs. 1 VZOG geht über den engen, sachenrechtlichen Begriff hinaus und umfaßt auch rein schuldrechtliche Rechtsgeschäfte. Die errichtende Umwandlung unterfällt bereits dem engeren und damit inbegriffenen, sachenrechtlichen Verfügungsbegriff. Damit stellt eine errichtende Umwandlung zugleich einer Verfügung i. S. d. § 8 Abs. 1 VZOG dar. Dennoch wird die Umwandlung teilweise nicht als Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG angesehen. 1. Nach Keller 242 scheidet eine Umwandlung als Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG bereits deshalb aus, weil bei ihr nicht über ein Grundstück oder Gebäude, wie es das Gesetz verlangt, sondern über ein Unternehmen verfügt wird. Dieses formalbegriffliche Argument überzeugt nicht. Zwar hat Keller Recht, wenn er daraufhin weist, daß der Begriff des Unternehmens im Umwandlungsgesetz mehr beinhaltet als Grundstücke und Gebäude. Dies ist regelmäßig der Fall. Jedoch haben die Kommunen als Rechtsträger der umzuwandelnden „Unternehmen" gemäß Art. 22 Abs. 4 S. 1 EV nur hinsichtlich des Wohnungsbestandes der ehemaligen volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft Eigentum erworben. 241 Staudinger-GwrsJty § 892, Rn 65; Wacke in MüKo, § 982 Rn. 38 m. w. N.; Westermann, Sachenrecht, Bd. II, § 101 Ziff. 2; Karsten Schmidt AcP 191 (1991) 495, 523. 242 Keller Rpfleger 1994,437,439.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Mit dieser Eigentumszuordnung ist eine anteilige Schuldenübertragung nach Art. 22 Abs. 4 S. 4 EV verbunden. Was den Kommunen also zugeordnet wurde, war der Wohnungsbestand, der wiederum aus volkseigenen Grundstücken und Gebäuden besteht243. Über diesen Wohnungsbestand nebst anteiliger Schulden (Art. 22 Abs. 4 S. 3 EV) darf hinsichtlich jedes einzelnen Gegenstandes nach § 8 Abs. 1 VZOG verfügt werden. In der Umwandlung liegt nur eine Erleichterung der Übertragung, eine erleichterte Sacheinlage unter Verzicht auf eine Einzelübertragung 244. Berechtigt die Verfügungsbefugnis zur Verfügung über einzelne Grundstücke und Gebäude, so muß darin auch die Berechtigung enthalten sein, einfachere Verfügungsmöglichkeiten, wie die Verfügung in einer Sachgesamtheit, wahrzunehmen. Voraussetzung ist nur, daß alle Gegenstände der Sachgesamtheit, über die verfügt wird, der Verfügungsbefugnis unterliegen. Eine errichtende Umwandlung, die einen Wohnungsbestand eines ehemaligen Betriebes der Wohnungswirtschaft zum Gegenstand hat, ist deshalb eine Verfügung i. S. d. § 8 Abs. 1 VZOG. Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG haben teilweise kongruente Voraussetzungen im Vergleich zu den Voraussetzungen der Eigentumszuordnung nach Art. 22 Abs. 4 S. 1 EV. In beiden Vorschriften ist der Wohnungsbestand, der in Rechtsträgerschaft der ehemaligen volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft stand, genannt, in Art. 22 Abs. 4 als Voraussetzung der Zuordnung, bei § 8 Abs. 1 VZOG als Anknüpfungspunkt für die Verfügungsbefugnis. So wie bei der Zuordnung nach Art. 22 Abs. 4 S. 4 Schulden mit übertragen werden, so gehen bei der Umwandlung gemäß §§ 52, 55 UmwG (1969) die in der Vermögensübersicht enthaltenen Verbindlichkeiten mit über 245 . Im letztgenannten Fall ist damit nur die Folge der gesetzlichen Anordnung bei einer Verfügung über die Vermögensgegenstände des Rechtsträgers beschrieben. D.h. auch an Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG knüpfen sich die Rechtsfolgen des Umwandlungsgesetzes in Form des Übergangs von Verbindlichkeiten, die in der Vermögensübersicht des § 52 Abs. 4 Nr. 2 UmwG (1969) enthalten sind. Daraus kann aber nicht der Schluß gezogen werden, daß nach § 8 Abs. 1 VZOG solche Verfügungen nicht erlaubt sind, an die sich gesetzliche Folgen anschließen. Soweit Keller eine Umwandlung deshalb vom Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 VZOG ausnehmen will, weil zu einem Unternehmen grundsätzlich auch ein Goodwill ge243 Umfassend Schmidt/Leitschuh, RVI, Art. 22, Rn. 20 ff. 244 Vgl. Karsten Schmidt AcP 191 (1991), 495, 512; BezG Dresden Beschluß v. 30. 10.1992-2 Τ 717/92 = VIZ 1993, 160 = Rpfleger 1993, 190; OLG Oldenburg NJW - RR 1994,426. 245 Das OLG Dresden (Urteil v. 5. 9. 9 5 - 3 U 1033/95) hat für die LWB eine Umwandlung als wirksam angesehen, bei der in der Vermögensübersicht nach § 52 UmwG (1969) nur Aktiva, d. h. nur Grundstücke, aufgelistet waren. Bei dieser Umwandlung sind demgemäß keine Verbindlichkeiten übergegangen, sondern nur die genannten Grundstücke. So wie über jedes genannte Grundstück nach § 8 Abs. 1 VZOG verfügt werden können hätte, so muß auch die erleichterte Verfügung über deren Gesamtheit möglich sein.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

hört und sonstige immaterielle Werte 246 , muß dem entgegen gehalten werden, daß es sich bei diesen Werten um den sachenrechtlich nicht faßbaren Kern eines Unternehmens handelt. Diese Werte werden unabhängig von den sachenrechtlichen Übertragungsvorschriften und unabhängig von den Umwandlungsregelungen auf das neue Unternehmen übertragen. Eine sachenrechtliche Verfügung ist hier begriffsnotwendig ausgeschlossen247.

2. Gegen eine Einbeziehung von Umwandlungen in den Verfügungsbegriff des § 8 VZOG wird außerdem folgendes eingewandt. Die Verfügungsbefugnis des § 8 Abs. 1 VZOG sei losgelöst vom Eigentum an den betreffenden Grundstücken. Nach den §§ 52, 55 UmwG (1969) könne bei einer Umwandlung aber nur über das dem Unternehmensinhaber (Kaufmann oder Gebietskörperschaft) „gehör de" Vermögen verfügt werden, mithin nur über Vermögensgegenstände, die im Eigentum des Unternehmensinhabers stehen248. Insbesondere Keller 249 ist deshalb der Auffassung, daß die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG keine Umwandlungsgrundlage sein kann, weil das Umwandlungsrecht zwingend auf das Eigentum abstellt. Die Einräumung einer Verfügungsbefugnis aufgrund einer formalen Grundbuchlage könne diese Voraussetzung des Umwandlungsgesetzes nicht überwinden. Eine Verfügung nach § 8 VZOG in Form einer Umwandlung müsse immer eine Verfügung über im Eigentum des Verfügenden stehende Gegenstände sein. a) Der allgemeine Sprachgebrauch und der Wortlaut der §§ 52 Abs. Nr. 1, 55 Abs. 1 UmwG (1969), der von „gehörenden" Vermögensgegenständen spricht, legen sicher nahe, daß mit „gehören" auch Eigentum an den betreffenden Gegenständen gemeint ist. Hinzu kommt, daß auch die bereits genannten Gesetze, die ausnahmsweise eine Verfügung über eine Sachgesamtheit zulassen, mit vergleichbaren Begrifflichkeiten arbeiten 250. So verwundert es nicht, wenn in der Kommentarliteratur entweder ausdrücklich oder stillschweigend „gehören" mit Eigentum gleichgesetzt wird 251 . Es ist aber die Frage zu stellen, warum der Gesetzgeber nicht vom Eigentum des Kaufmanns gesprochen hat, wenn dies doch eine klare und über jede Auslegung 246 Keller Rpfleger 1994,437,440. 247

Für Geschäftserfahrungen, -geheimnisse und -beziehungen gibt es keine gesetzlichen Übertragungsvorschriften, vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 28 II m. w. N. 248 Grün ZIP 1998, 321, 326 f.; Jäckle OVspez. 6/96, S. 91; Keller Rpfleger 1994, 437, 439 f. 249 Keller Rpfleger 1994,437,439 f. 250 §§ 1,3 Pachtkreditgesetz „ihm gehörenden Inventar"; §§ 68 ff. LuftfzRG; So spricht auch § 647 BGB von „Sachen des Bestellers" und meint Sachen im Eigentum dessen, vgl. BGH NJW 1987,274. 251 Zimmermann in Rowedder u. a., GmbHG, § 77 Anh, Rn. 352, 356 („Geschäftsvermögen"); Schilling in Hachenburg, GmbHG, § 77 Anh., § 55 UmwG, Rn. 2 („Geschäftsvermögen"); Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 13. Aufl. 1991, §§ 80, 81, Rn. 2 („Alleineigentum des Kaufmann bzw. Gesamthandseigentum des Gesellschafter").

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

erhabene Regelung gewesen wäre. Zur Beantwortung dieser Frage ist der gesetzliche Wortlaut auszulegen. Es muß der Grund für eine derartige Regelung gefunden werden, mithin der Sinn und Zweck der Beschränkung auf „ihm gehörende Vermögensgegenstände". b) Um den Sinn dieser Regelung zu bestimmen, hilft es, sich an die Tatsache zu erinnern, daß es sich bei einer errichtenden Umwandlung nach den §§ 50 ff. UmwG (1969) um eine erleichterte Sachgründung handelt252, Es ist demgemäß zulässig, die Grundsätze der Sacheinlagenerbringung heranzuziehen und auf die Umwandlung gedanklich zu übertragen. Für die Einbringung von Sacheinlagen ist es allgemeine Auffassung, daß der Einbringende nicht zugleich Eigentümer sein muß, mithin auch Sachen eingebracht werden können, die im Eigentum Dritter (Nichtgesellschafter) stehen253, die also dem Einbringenden nicht „gehören". Einem einlageverpflichteten Gesellschafter soll es möglich sein, Gegenstände in die Gesellschaft einzubringen, die ihm zwar nicht zu Eigentum gehören, über die er aber verfügen kann, sei es, daß er einen Dritten zur Leistung anweisen kann 254 , sei es, daß er selbst vom Eigentümer zur Einbringung gemäß § 185 BGB ermächtigt wird. Die Möglichkeit der Sacheinlage ist demnach nicht auf dem Gesellschafter „gehörende" Gegenstände beschränkt. Als Einlage können alle Gegenstände eingebracht werden, die mit der Einlage in das Gesellschaftsvermögen übergehen und damit als Haftungsgegenstand den Gesellschaftsgläubigern zur Verfügung stehen, unabhängig davon wem sie z.Z. der Einlage gehörten. Überträgt man dies auf eine Umwandlung als besondere Sacheinlageform, so ist auch hier nicht erforderlich, daß die Vermögensgegenstände, die der Unternehmensinhaber in die Vermögensübersicht aufnimmt, mithin alle Gegenstände, die auf das errichtete Unternehmen übergehen sollen, dem Inhaber zu Eigentum gehören. Ausreichend ist, daß dieser über den betreffenden Gegenstand wirksam verfügen kann. Es reicht demnach auch bei der Umwandlung, wenn der Unternehmensinhaber gemäß § 185 BGB ermächtigt ist, einen Gegenstand in das neu zu errichtende Unternehmen mit (hinein-)umzuwandeln255.

252 Vgl. nur OLG Oldenburg NJW - RR 1994,426 „ . . . ist das auf die GmbH übergehende Gesellschaftsvermögen des Einzelkaufmann eine Sacheinlage und die Umwandlung insoweit eine Sachgründung.44. 253 RGZ 118, 120 f.; RG JW 1936, 42; BayObLG OLGR 1, 248 ff.; Baumbach/Hueck, GmbHG, § 5 Rn. 23; Ulmer in Hachenburg, GmbHG, Ergänzungsband, § 5 Rn. 36 m. w. N.; Winter in Scholz, GmbHG, § 5 Rn. 21. 254 Sog. abgekürzte Lieferung, vgl. in diesem Zusammenhang Baumbach/Hueck, GmbHG, § 5, Rn. 23 a.E.; BayObLG OLGR 1, 248 ff. 255 Priester in Scholz, GmbHG, Anh. UmwG, § 56 f., Rn. 3; Widmann/Mayer, UmwG (1969), § 52, Rn. 1010; a.A. Grün ZIP 1998, 321, 326 f.; Jäckle OVspez. 6/96, S. 91; Keller Rpfleger 1994,437,439 f.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

Widmann/Mayer sagen zu Recht, daß dann, wenn jemand, dem die Sache nicht gehört, auch sonst mit Einwilligung des Berechtigten die Sache übereignen kann, es auch zulässig sein muß, daß der Unternehmensinhaber ihm nicht gehörende Gegenstände in die Vermögensübersicht aufnimmt und so in sein Unternehmen einbringt. Damit könne verhindert werden, daß dem Betrieb dienende Vermögensgegenstände, die dem Unternehmensinhaber nicht gehören, bei einer Umwandlung nicht schlechthin aus dem übrigen, dem Inhaber gehörenden, Betriebsvermögen herausgelöst werden müssen256. Es wird deutlich, daß mit dem Tatbestandsmerkmal " ihm gehörenden" in den §§ 52 Abs. Nr. 1, 55 Abs. 1 UmwG (1969) nicht das Eigentum an den betreffenden Gegenständen gemeint ist, sondern die Befugnis, diese Gegenstände rechtswirksam in das Unternehmen einzubringen, d. h. über sie zu verfügen. Im Kern ist damit die Verfügungsbefugnis des Unternehmensinhabers über die von ihm als neues Gesellschaftsvermögen gelisteten Gegenstände gemeint. Verfügungsbefugt ist aber neben dem Eigentümer auch ein nach § 185 BGB rechtsgeschäftlich Ermächtigter. Dieser wiederum steht, wie später noch zu zeigen sein wird, in Bezug auf die inhaltliche Rechtsmacht der Ermächtigung einem gesetzlich Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG gleich 257 . Ein Verfügungsbefugter nach § 8 VZOG kann daher Kraft seiner Verfügungsbefugnis auch ihm nicht gehörende Gegenstände258 im Rahmen einer errichtenden Umwandlung in ein neues Unternehmen einbringen. Eine grundlegende Divergenz von Umwandlungsrecht als eigentumsbezogen und Verfügungsbefugnis als vom Eigentum losgelöst besteht entgegen einer verbreiteten Literaturmeinung nicht 259 .

c) Zwischenergebnis Für die Kommunen in den neuen Ländern, so auch für die hier näher untersuchte Stadt Leipzig, war es demgemäß möglich, die faktischen Eigenbetriebe, die aus den ehemaligen volkseigenen Wohnungswirtschaftsbetrieben hervorgegangen waren, nach dem Umwandlungsgesetz 1969 in eine GmbH umzuwandeln. Als Um256 Widmann/Mayer, UmwG (1969), § 52, Rn. 1010; Diese Überlegung gilt auch für die eigangs erwähnten Gesetze, die ein Pfandrecht für eine Sachgesamtheit zulassen. Handelt es sich bei fremden Gegenständen ζ. B. um Inventar des Landwirtes i. S. d. §§ 1,3 PachtkreditG, so muß es dem Landwirt mit Zustimmung des Eigentümers doch möglich sein, auch an diesem Inventarbestandteil ein Pfandrecht zu begründen. Eine rechtsgeschäftliche Ermächtigung gemäß § 185 BGB wäre dafür ohne weiteres ausreichend. 257 Siehe dazu §4 Ziff. 3.7.1. 258 So gab es ζ. B. Trümmergrundstücke und gewerblich genutzte Anwesen, an denen zwar nach § 8 VZOG (wegen der Eintragung der Rechtsträgerschaft eines kommunalen Wohnungswirtschaftsbetriebes) eine Verfügungsbefugnis bestand, die aber (mangels Wohnungsnutzung i. S. d. Art. 22 Abs. 4 S. 1 EV) nicht in das Eigentum des Kommunen übergegangen sind, ihnen also nicht gehörten. 259 So aber ausdrücklich Keller Rpfleger 1994,437,440. 9 Gohrke

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Wandlungsgrundlage diente dabei entweder das Eigentum an den eingebrachten Grundstücken und Gebäuden oder die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG, die insoweit ausreichend ist. Es bleibt festzuhalten, daß eine errichtende Umwandlung nach § 58 UmwG (1969) dem Verfügungsbegriff des § 8 Abs. 1 VZOG unterfällt.

5. Tatsächliche Maßnahmen Bisher wurde untersucht, ob rechtliche Verfügungen (sachenrechtliche, verfahTtnsrechtliche, schuld rechtliche) dem Verfügungsbegriff unterfallen. Diese Frage konnte bejaht werden. Es bleibt noch die Frage, ob die Verfügungsbefugten auch zu tatsächlichen Maßnahmen, d. h. zu tatsächlichen (faktischen) Einwirkungen auf die Grundstücke und Gebäude, die der Verfügungsbefugnis unterliegen, befugt sind. Es ist damit die Frage zu beantworten, ob auch tatsächliche Maßnahmen dem weiten Verfügungsbegriff des § 8 Abs. 1 VZOG unterfallen. Die Einführung einer Befugnis zu verfügen spricht nach dem Wortsinn dafür, daß rechtliche Handlungen gestattet werden sollten. So war es erstes Ziel der Verfügungsbefugnis, den Verkauf durch Kommunen zur Privatisierung zu ermöglichen. Im Umkehrschluß müßten alle tatsächlichen Maßnahmen den Verfügungsbefugten untersagt sein. Nach einhelliger Auffassung ist den Verfügungsbefugten aber ζ. B. die Vermietung eines Gebäudes möglich. Dabei werden Mietverträge durch den Verfügungsbefugten im eigenen Namen mit einem Dritten abgeschlossen. Der Verfügungsbefugte tritt als Vermieter auf. Er ist demgemäß auch zur Erfüllung der gesetzlichen Vermieterpflichten berufen. So hat er nach § 536 BGB das vermietete Gebäude in einem vertragsmäßigen Zustand zu halten. Den Verfügungsbefugten trifft also eine Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht 260. Der Verfügungsbefugte kann also rechtlich zu diesbezüglichen Baumaßnahmen verpflichtet sein. Die Einheit der Rechtsordnung gebietet es, daß rechtliche Pflichten nicht zugleich rechtlichen Verboten unterliegen. Es muß daher den Verfügungsbefugten auch möglich sein, tatsächliche Maßnahmen vorzunehmen. Fraglich ist nur, welche Art von tatsächlichen Maßnahmen zulässig sind. 1. Diese Frage hat sich der Rechtsprechung und der Literatur bereits im Vermögensrecht gestellt. Den Verfügungsberechtigten nach § 2 Abs. 3 VermG sind gemäß § 3 Abs. 3 VermG dingliche Rechtsgeschäfte und langfristige vertragliche Verpflichtungen ohne Zustimmung des Restitutionsberechtigten untersagt. Die Frage tatsächlicher Einwirkungen auf den betreffenden Restitutionstatbestand ist gesetz260

Wahrend Instandhaltung der Verhinderung von Schäden dient, dient die Instandsetzung der Behebung von Schäden.

Α. Rechtscharakter und Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

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lieh nicht geregelt. Klar ist aber, daß auch und gerade tatsächliche Maßnahmen die Rückübertragung beeinträchtigen können, so ζ. B. wenn ein Gebäude abgerissen wird. Die mangels gesetzlicher Regelung streitige Frage, welche tatsächlichen Einwirkungen einem Verfügungsberechtigten erlaubt sind, hat der BGH mittlerweile eindeutig entschieden, was freilich den Streit nicht beendet hat. Nach Auffassung des BGH und der wohl h.M. sind (positiv ausgedrückt) objektiv wertverbessernde Maßnahmen, die die bisherige Nutzungsart des Vermögensgegenstandes nicht nachhaltig ändern, zulässig, d. h. sie stellen keinen Verstoß gegen § 3 Abs. 3 VermG dar 261 . Anders ausgedrückt, bleiben faktische Maßnahmen, die dem Restitutionsbegehren zuwiderlaufen, unzulässig262. Der Verfügungsberechtigte soll all solche Maßnahmen unterlassen, die letztlich den Restitutionsberechtigten schädigen. Daher sind wertmindemde Maßnahmen genauso unzulässig, wie neuartige wirtschaftliche Betätigungen, die die bisherige Nutzungsart nachhaltig verändern. Der Verfügungsberechtigte soll keine Tatsachen schaffen, die dem Interesse des späteren Eigentümers entgegenstehen könnten. 2. Die vorgenannten Überlegungen lassen sich auf die Frage nach zulässigen tatsächlichen Verfügungen der Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG übertragen. Zunächst einmal sind Verfügungsberechtigter nach § 2 Abs. 3 VermG und Verfügungsbefugter nach § 8 VZOG bei anmeldebelasteten Grundstücken, die im Grundbuch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, identisch263. In einem solchen Fall wären die eben dargestellten Grundsätze ohnehin auch für die Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG maßgeblich. Diese Überlegungen werden des weiteren bestärkt durch die Regelungen in Bezug auf öffentlichen Restitutionsansprüche. Ist ein Grundstück, das der Verfügungsbefugnis unterliegt, statt mit einem privaten, mit einem öffentlichen Restitutionsanspruch belastet, so bestimmt sich der Umfang zulässiger Maßnahmen nach den §§ 11 ff. VZOG. Nach § 12 Abs. 1 VZOG sind ζ. B. die ,3ebauung" oder auch die „Wiederherstellung oder Schaffung von Wohnraum zulässig", mithin tatsächliche Maßnahmen. Wenn auch der Umfang der zulässigen Maßnahmen auf das Verhältnis von Hoheitsträgern zueinander ausgestaltet ist, so wird doch deutlich, daß auch hier tatsächliche Maßnahmen dem Verfügungsbefugten gestattet werden. 261 Zunächst offen gelassen von BGHZ 121, 347, 356 = NJW 1993, 1706; BGH NJW 1994, 1723 = VIZ 1994, 351; Hagen/Frantzen, Grundstücksübertragungen in den neuen Bundesländern, 1994, S. 24; Rapp in Kimme, Offene Vermögensfragen, § 3, Rn. 80; Kinne in R / R / B , § 3, Rn. 85 f.; einschränkend Redeker/Hirtschulz/Tank, F / R / M / N , § 3, Rn. 239. 262 BGH NJW 1994, 1723 = VIZ 1994, 351 m.N. aus den Gesetzgebungsmaterialien. Der BGH nennt als Beispiele für unzulässige tatsächliche Maßnahmen die Zerstörung oder Beschädigung. 263 Siehe dazu § 3 Α. II. 1. *

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Aber auch in den übrigen Fällen, in denen kein Restitutionsbegehren vorliegt, sollte der gleiche Rahmen zulässiger tatsächlicher Maßnahmen herangezogen werden. Der Verfügungsberechtigte und derzeitige Eigentümer hat gegenüber dem Restitutionsberechtigten (späterer Eigentümer) die Stellung eines Treuhänders bzw. eines Geschäftsführers ohne Auftrag. Er unterliegt den Beschränkungen des Innenverhältnisses zum Berechtigten nach § 3 Abs. 3 VermG. Der Verfügungsbefugte nach § 8 VZOG hat im Grunde keine Treuhänderstellung gegenüber dem wahren Berechtigten. Er kann sich aber derzeit wie der wahre Eigentümer verhalten 264. Beide, Verfügungsberechtigter als derzeitiger Eigentümer und Verfügungsbefugter als ein ihm Gleichgestellter, dürfen in tatsächlicher Hinsicht (nur) solche Maßnahmen treffen, die den Interessen der späteren oder später festgestellten Eigentümer nicht zuwiderlaufen. Wenn schon der Verfügungsberechtigte nach § 2 Abs. 3 VermG, der wahrscheinlich sein Eigentum an den Restitutionsberechtigten verliert, bestimmte faktische Maßnahmen zulässiger Weise vornehmen darf, so sollte dies für den Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG, der sich grundsätzlich wie der wahre Eigentümer verhalten darf, erst recht möglich sein. Dies hat in praktischer Hinsicht auch den Vorteil, daß die Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG unabhängig von der Anmeldung von Restitutionsansprüchen tatsächliche Maßnahmen im eingangs dargestellten Umfang vornehmen könnten.

3. Nach alledem ergibt sich für die Frage tatsächlicher Maßnahmen der Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG folgendes. Zulässig sind alle tatsächlichen Maßnahmen, die der Verfügungsbefugte auch bei restitutionsbelasteten Grundstücken als Verfügungsberechtigter nach § 2 Abs. 3 VermG vornehmen könnte. Die Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG können deshalb objektiv wertverbessernde Ma nahmen (tatsächliche Verfügungen) vornehmen, die die bisherige Nutzungsart Vermögens gegenständes nicht nachhaltig ändern.

6. Zusammenfassung zum Verfügungsbegriff des § 8 VZOG Unter den Verfügungsbegriff des § 8 VZOG fallen alle sachenrechtlichen Verfügungen im klassischen Sinne, mithin jede Übertragung, Belastung, inhaltliche Änderung oder Aufgabe eines Rechtes. Die Verfügungsbefugten dürfen insbesondere auch Grundpfandrechte bestellen, Dienstbarkeiten einräumen und Erbbbaurechte bewilligen265. Als besondere Übertragungsform ist den Verfügungsbefugten kraft ihrer Befugnis auch eine errichtende Umwandlung nach § 58 UmwG (1969) möglich. Vom 264 Vgl. nur Hammel in RVI, § 3 SachRBeiG, Rn. 6; Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 47. 265 Schillo in v. Drygalski/Weber, Immobilienhandbuch Ost, S. 280 nennt darüber hinaus noch die Aufteilung von Wohnungseigentum.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

Verfügungsbegriff des § 8 VZOG sind darüber hinaus alle schuldrechtlichen Verträge erfaßt, die zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der der Verfügungsbefugnis unterliegenden Grundstücke und Gebäude bzw. Teilen davon notwendig sind. Dazu gehören in erster Linie die Grundgeschäfte zu den möglichen dinglichen Verfügungen (causa). Die Verfügungsbefugten können im Rahmen ihrer Befugnis aber auch Miet-, Pacht-, oder Leihverträge schließen, erfüllen und kündigen. Darüber hinaus können sie tatsächliche, wertverbessernde Maßnahmen vornehmen, die die Nutzungsart des Verfügungsgegenstandes nicht nachhaltig verändern. Nach umstrittener Auffassung können die Verfügungsbefugten außerdem die Ansprüche der Nutzer nach dem SachRBerG erfüllen und die notwendigen schuldrechtlichen und dinglichen Verträge schließen. Von der Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG ist letztlich auch die Antrags- und Bewilligungsbefugnis im Sinne des formellen Grundbuchrechtes mit erfaßt, so daß Anträge an das Grundbuchamt gestellt und Eintragungen bewilligt werden kön-

7. Die inhaltliche Ausgestaltung der „Befugnis" zu verfügen a) Die Verfügungsbefugnis

als gesetzliche Ermächtigung

Der § 8 Abs. 1 VZOG spricht nur davon, daß die genannten juristischen Personen zur Verfügung befugt sind. Welcher Art diese Befugnis ist, sagt das Gesetz nicht. In der ursprünglichen Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses267 war die Rede von „einer Art Vollmacht". Eine Bevollmächtigung ermächtigt zur Abgabe von Willenserklärungen im fremden Namen. Grundsätzlich liegt einer Bevollmächtigung zudem ein Auftrag o.ä. zugrunde. Aus einem solchen Grundverhältnis erwächst für den Bevollmächtigten die Pflicht, die Interessen des Vollmachtgebers zu beachten. Auf die Verfügungsbefugnis bezogen hätte diese geheißen, daß von der Befugnis nur im erklärten oder mutmaßlichen Interesse des wahren Berechtigten Gebrauch hätte gemacht werden können. Es wären jedoch im Regelfall weder der „Vertretene" noch dessen Interessen bekannt gewesen. Die Verfügungsbefugten wären daher auch nicht in der Lage gewesen, im fremden Namen zu handeln. Die Verfügungsbefugnis hätte sich so auf Fälle beschränken müssen, in denen ein Geschäft für den, den es angeht, hätte angenommen werden können. 266 Zur Antragsbefugnis nach § 13 GBO vgl. Böhringer MittBayNot 1991, 189,190; Friehe, Investitionen in den neuen Bundesländern, S. 127 Ziff. 2 a); zur Bewilligungsbefugnis nach § 19 GBO vgl. BGH Urteil v. 29. 3. 96 - V ZR 326/94 = ZIP 1996, 1059 = NJW 1996, 1890; LG Dresden Beschluß v. 25.4. 95 2 Τ 0766/94; allg. zur Bewilligungsbefugnis als Teil der Verfügungsbefugnis Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 101 ff. 267 BT-Drs. 12/449 zu § 4 b neu S. 18.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Im Grunde hätte man bei fast allen Verfügungen von einem entgegenstehenden Willen eines namentlich nicht bekannten Vertretenen ausgehen müssen. Kein Berechtigter hätte bei zu erwartenden Steigerungen der Grundstückspreise in die jetzige Veräußerung seines Vermögens eingewilligt. Eine Vertretung des Eigentümers durch den Verfügungsbefugten hätte auch zur Folge gehabt, daß dieser an unwirtschaftliche Verträge gebunden wäre und für Fehler der Verfügungsbefugten hätte einstehen müssen268. Die Begründung unangemessener Verpflichtungen des Eigentümers sollte gerade nicht möglich werden 269. Letztlich wäre die Verfügungsbefugnis bei einer solchen inhaltlichen Konstruktion ins Leere gelaufen 270. Mit der Einführung der Befugnis zu verfügen sollte deshalb eine Möglichkeit geschaffen werden, nicht für den Eigentümer sondern neben und unabhängig von diesem zu handeln. Der Gesetzgeber schuf daher mit der Verfügungsbefugnis eine gesetzliche Ermächtigung, eine Verfügungsermächtigung 271. Der Begriff der Ermächtigung ist eine gewollte Parallele zur zivilrechtlichen, rechtsgeschäftliche Ermächtigung nach § 185 Abs. 1 BGB 2 7 2 . Kennzeichnend für eine Ermächtigung ist hier wie dort die Verleihung einer Verfügungsbefugnis an eine andere Person, als den geborenen Verfügungsberechtigten, den tatsächlichen Rechtsinhaber273. Der Ermächtigte wird zur Verfügung im eigenen Namen befugt. Ob auch der Verfügungsbefugte im eigenen Namen verfügt, war anfangs streitig. Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des § 6 Abs. 1 S. 2 VZOG (§ 8 Abs. la S. 2 VZOG a.F.) 274 deshalb später klargestellt, daß eine Verfügung vorbehaltlich einer möglichen Vertretung nur im eigenen Namen erfolgen kann. Mit der Ermächtigung wird den Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG die Rechtsmacht zur Verfügung aus eigenem Recht, dem Recht eines Ermächtigten, eingeräumt. Die Wahrnehmung der Verfügungsermächtigung erfolgt in eigenem Namen und im eigenen Interesse275. Die Verfügungsbefugten haben damit eine eigene materielle und nicht nur verfahrensrechtliche Rechtsposition inne 276 . 268 Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 6. 269 Leitschuh/Lange in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 11. 270 Schmidt-Räntsch/Hiestand, in RVI, § 8 VZOG, Rn. 5. 271 Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 6.1.4.1, S. 79; Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 5; So heißt es in § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG auch: „Auf Grund der Verfilgangsermächtigung nach Absatz 1 vorgenommene Rechtsgeschäfte gelten als Verfügungen eines Berechtigten.". 272 Vgl. Böhringer MittBayNot 1994, 18; ders., Besonderheiten des Liegenschaftsrechtes in den neuen Bundesländern, 1993, Rn. 318, Fn. 3 mit dem Hinweis auf §§ 185, 1189 BGB. Eickmann, Grundbuchverfahrensrecht, 1994, 5. Kap., § 3 III, S. 100; ders., Grundstücksrecht in den neuen Bundesländern, 2. Aufl., S. 28, Rn. 56; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 4207; BGH VIZ 1996, 273, 274. 273 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. II Das Rechtsgeschäft, § 11 Ziff. 5 S. 143; Larenz. Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 18 II, S. 323; BGHZ 106,1,4. 274 Vgl. Synopse im Anhang I. 275 Ähnlich, aber ohne Begründung Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 5 a.E.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

b) Unterschiede der gesetzlichen Ermächtigung des § 8 VZOG zur rechtsgeschäftlichen Ermächtigung nach § 185 Abs. 1 BGB Zur Darstellung der inhaltlichen Ausgestaltung der Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG bietet sich ein Vergleich mit der Verfügungsbefugnis eines rechtsgeschäftlich Ermächtigten nach § 185 Abs. 1 BGB an 2 7 7 .

aa) Begründung der Verfügungsbefugnis - Ermächtigung Die Begründung der Verfügungsbefügnis liegt sowohl bei § 185 BGB als auch bei § 8 VZOG in der eigentlichen Ermächtigung. Diese erfolgt bei § 185 BGB durch den Berechtigten, d. h. den Inhaber des Rechtes, über das zur Verfügung ermächtigt werden soll. Die Ermächtigung wird von diesem erklärt. Sie ist ein einseitiges Rechtsgeschäft und als vorherige Zustimmung (Einwilligung) zur Verfügung eines Nichtberechtigten zugleich eine empfangsbedürftige Willenserklärung 278 . Die Erklärung der Ermächtigung kann sowohl gegenüber dem Ermächtigten erfolgen, als auch gegenüber demjenigen, zu dessen Gunsten über ein Recht verfügt werden soll, dem sog. Geschäfts- oder Verfügungsgegner 279. Hier zeigen sich die strukturellen Parallelen zu einer Bevollmächtigung. Ebenso wie die Ermächtigung wird eine Vollmacht durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung erteilt. Je nachdem, wem gegenüber eine Vollmacht erklärt wird, spricht man von Außenund Innenvollmachten. Die Wirkung einer Außen Vollmacht bestimmt sich nach den §§ 170 ff. BGB. Insbesondere kann sich ein Dritter nach § 173 BGB auf den Rechtsschein des Fortbestandes einer einmal erklärten Vollmacht berufen. In entsprechender Anwendung der §§ 170 ff. BGB wird auch ein Dritter geschützt, dem gegenüber eine Ermächtigung als Außenermächtigung erklärt wurde, ein Widerruf der Ermächtigung dagegen nicht 280 . Wegen der Vergleichbarkeit von rechtsgeschäftlicher Ermächtigung und Bevollmächtigung werden die Rechtsscheingrundsätze von Anscheins- und Duldungsvollmachten ebenfalls auf die Ermächtigung übertragen. Setzt also der wahre Rechtsinhaber und potentieller Ermächtigender einen Rechtsschein, daß ein anderer von ihm ermächtigt ist, insbesondere dadurch, daß jemand wiederholt die 276 Das OLG Dresden (Urt. v. 5. 8.1996-6 U 46/96) urteilte: „Die Einräumung der materiell-rechtlichen Verfügungsbefugnis bestand nach § 6 VZOG a.F. . . v g l . auch Böhringer VIZ 1998,424; Weirich, Grundstücksrecht, 1996, Rn. 1347. 277 BGH ZIP 1996, 653, 654; vgl. Eickmann, Grundstücksrecht in den neuen Bundesländern, S. 28, Rn. 56. 278 Schramm in MüKo, § 182, Rn. 3. 279 Schramm in MüKo, § 182, Rn. 4. 280 BGH W M 1964, 224, 225; OLG Karlsruhe NJW 1981, 1278, 1279; Schramm in MüKo, § 182, Rn. 10 m. w. N.

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Verfügung eines Nichtberechtigten zuläßt, so kann sich ein gutgläubiger Dritter auf die Rechtsscheinermächtigung berufen 281. Nur die individuelle Schaffung eines solchen Rechtsscheines macht den darauf Vertrauenden schutzwürdig. Ein Dritter, der ohne das Vorliegen des Rechtsscheines, auf eine rechtsgeschäftliche Ermächtigung vertraut, wird in seinem Vertrauen nicht geschützt. Eine Scheinermächtigung begründet der Glaube allein nicht. Die gesetzliche Ermächtigung des § 8 Abs. 1 VZOG beruht dagegen nicht auf einer Erklärung des wahren Berechtigten. Ermächtigender ist nicht der Rechtsinhaber, sondern der Gesetzgeber282. Er erklärt, die in § 8 Abs. 1 VZOG genannten juristischen Personen für ermächtigt („sind befugt") zu verfügen. Die Ermächtigung erfolgt durch ein Gesetz und wirkt daher wie eine Außenermächtigung gegenüber jedermann. Eine Fiktion gegenüber einem Dritten in entsprechender Anwendung der §§ 170 ff. BGB scheidet deshalb aus. Entstehung und Ende der Verfügungsbefugnis (Ermächtigung) sind gesetzlich normiert. Eines besonderen Bescheides bedarf es nicht 283 . Für das Vertrauen auf einen individuell gesetzten Rechtsschein, daß eine Ermächtigung (noch) besteht, ist hier kein Raum. Gleiches gilt für die Annahme einer Rechtsscheinermächtigung. Der Gesetzgeber als Ermächtigender setzt keinen Rechtsschein durch die Einwilligung in Verfügungen gegenständlich Nichtberechtigter, sondern er erklärt sie gemäß § 8 VZOG zu Verfügungsbefugten und stellte ihre Verfügungen denen eines Berechtigten gleich (gesetzliche Fiktion). Ein Rechtsschein, auf den ein Dritter vertrauen könnte, ist weder vorhanden noch notwendig. Jedermann kann anhand der Regelung des § 8 VZOG ersehen, wer zur Verfügung über ein Grundstück, das im Grundbuch noch als Eigentum des Volkes geführt wird, befugt ist. Die dort Genannten sind befugt, solange die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere kein Zuordnungbescheid ergangen ist. Ist die Eintragung von „Eigentum des Volkes" unrichtig, ist dies für das Bestehen der Verfügungsbefugnis irrelevant. Sie besteht nach der gesetzlichen Ermächtigung unabhängig von der Richtigkeit des Grundbuches. Außerhalb der gesetzlichen Ermächtigung nach § 8 VZOG ist demgemäß eine Rechtsscheinermächtigung nicht anzuerkennen. Der gute Glaube an die gesetzliche Verfügungsbefugnis ist, wie auch der gute Glaube an eine gesetzliche Vertretungsmacht, nicht geschützt.

281 Schramm in MüKo, § 182, Rn. 11 m. w. N. 282 So schon Gohrke ZOV 1997, 224, 226; ähnlich Leitschuh/Lange in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 9. 283 Allg. Auffassung vgl. nur Böhringer MittBayNot 1991, 189, 190; BMI in Infodienst Kommunal Nr. 57 v. 25. 9. 1992, S. 25.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

bb) Inhalt der Ermächtigung - Rechtsmacht des Ermächtigten Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung nach § 185 Abs. 1 BGB verleiht dem Ermächtigten die Rechtsmacht im eigenen Namen über das Recht des ihn Ermächtigenden zu verfügen 284. Der Ermächtigende seinerseits bleibt aber auch zur Verfügung befugt. Er wird nicht zum Nichtberechtigten. Die Verfügungen des eigentlich Nichtberechtigten (Ermächtigter) werden durch die Einwilligung (durch erklärte Ermächtigung) wirksam. Ähnlich der Bevollmächtigung entfaltet die Ermächtigung für den Geschäftsherrn die Bindung an Rechtsgeschäfte des Ermächtigten. Eine Ermächtigung gemäß § 185 Abs. 1 BGB kann sowohl auf klassisch, sachenrechtliche Verfügungen ausgerichtet sein, als auch auf eine weitergehende Rechtsmacht. So ist u. a. die Ermächtigung zur Entgegennahme einer Leistung mit befreiender Wirkung für den Leistenden (Einziehungsermächtigung gemäß §§ 362 Abs. 2, 185 BGB) anerkannt285. Nicht zulässig ist aber eine sog. Verpflichtungsermächtigung. Bei ihr soll der Abschluß eines schuldrechtlichen Rechtsgeschäftes nicht den im eigenen Namen Handelnden, sondern den zur Verpflichtung Ermächtigenden treffen. Eine solche Rechtsfigur kennt das BGB nicht 286 . Der Geschäftspartner muß regelmäßig wissen, wer sein Vertragspartner wird. Diesem Sicherungsinteresse trägt das Offenkundigkeitsprinzip der Stellvertretung Rechnung. Sollen die Wirkungen eines schuldrechtlichen Rechtsgeschäften eine andere Person als den Handelnden treffen, so muß, abgesehen von den Ausnahmen vom Offenkundigkeitprinzip 287, der Handelnde im fremden Namen, mithin als Vertreter, tätig werden. Wirksamkeit entfaltet ein solches Rechtsgeschäft für den Geschäftsherrn deshalb nicht aufgrund einer Ermächtigung, sondern dem Vorliegen einer Vertretungsmacht. Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung ermöglicht demgemäß nur Verfügungen und bestimmte sonstige Rechtsgeschäfte im eigenen Namen, dagegen nicht den Abschluß schuldrechtlicher Verträge zu Lasten des Ermächtigenden. Die gesetzliche Ermächtigung nach § 8 Abs. 1 VZOG beinhaltet eine dem vorgenannten teilweise vergleichbare Rechtsmacht288. Die Verfügungsbefugten werden zu „Verfügungen" ermächtigt. Gegenstand der Ermächtigung sind all die Grundstücke, bei denen, unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung, im Grundbuch noch „Eigentum des Volkes" eingetragen ist. Die in § 8 Abs. 1 VZOG genannten „Ermächtigten" müssen weder Zuordnungsberechtigter noch Eigentümer des betreffenden Grundstückes sein 289 . Ihre Befugnis zu verfügen, leitet sich 284 Schramm in MüKo, Bd. I, § 185, Rn. 36; Socrgci-Leptien, § 185, Rn. 34. 285 Schramm in MüKo, Bd. I, § 185, Rn. 38 m. w. N. 286 Schramm in MüKo, Bd. I, § 185, Rn. 42. 287 Zu denken ist ζ. B. an des Geschäft für den, den es angeht oder die Grundsätze des betriebsbezogenen Geschäftes. 288 Vgl. Böhringer MittBayNot 1994, 18; Eickmann, Grundstücksrecht in den neuen Bundesländern, 2. Aufl., S. 28, Rn. 56. 289 So deutlich Böhringer MittBayNot 1991, 189, 190.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

allein aus dem beschriebenen Grundbucheintrag ab. Genau wie ein rechtsgeschäftlich Ermächtigter dürfen die Ermächtigten aus § 8 Abs. 1 VZOG nur im eigenen Namen tätig werden, wie dies § 8 Abs. la VZOG mittlerweile ausdrücklich klarstellt. Im Einzelfall kann dennoch eine Vertretung und damit ein Auftreten im fremden Namen erfolgen, nämlich dann, wenn der Eigentümer des betreffenden Grundstücks eine Vollmacht erteilt. Die Verfügungsbefugnis des Eigentümers (des Berechtigten) bleibt gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 VZOG unberührt, wie dies ebenfalls bei der rechtsgeschäftlichen Ermächtigung der Fall ist 290 . Auch in Bezug auf die zulässigen Verfügungen eines Ermächtigten gibt es Parallelen. Unter den Verfügungsbegriff des § 8 Abs. 1 VZOG fallen, wie bei einer Ermächtigung, sachenrechtlichen Verfügungen. Daneben sind aber auch sonstige, insbesondere schuldrechtliche Rechtsgeschäfte Verfügungen i. S. d. § 8 Abs. 1 VZOG 2 9 1 . Letztgenannte Rechtsgeschäfte sind einem rechtsgeschäftlich Ermächtigten zu Lasten des Ermächtigenden nicht erlaubt, da dies auf eine Verpflichtungsermächtigung hinausliefe. Aber auch die gesetzliche Ermächtigung des § 8 Abs. 1 VZOG enthält keine Verpflichtungsermächtigung. Zwar ist den Verfügungsbefugten auch der Abschluß schuldrechtlicher Verträge, insbesondere die Vermietung und Verpachtung, erlaubt, jedoch können sie solche Verträge nur im eigenen Namen schließen292 und die Verpflichtungen aus diesen Verträgen treffen, im Gegensatz zu einer Verpflichtungsermächtigung nur die Verfügungsbefugten selbst, nicht aber die Eigentümer der betreffenden Grundstücke293. Davon unberührt ist freilich der gesetzliche Eintritt in Verträge, die mit der Begründung eines obligatorischen Besitzrechtes verbunden sind.

cc) Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen von Verfügungen eines rechtsgeschäftlich oder gesetzlich Ermächtigten sollen später in einem eigenen Abschnitt294 untersucht werden. Es darf an dieser Stelle aber schon darauf hingewiesen werden, daß deutliche Parallelen zu erkennen sind.

290 Böhringer MittBayNot 1991,189,190 zu Fragen kollidierender Verfügungen. 291 Siehe oben § 3 III. 1. 292 Vgl. §8 Abs. laS. 2 VZOG. 293 Leitschuh/Lange in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 11; Schmidt-Räntsch /Hiestand in RVI, § 8 VZOG Rn. 9 ff. 294 Vgl. § 4.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

dd) Grenzen der Ermächtigung Die Ermächtigung als rechtsgeschäflich- derivative oder gesetzlich neben die Befugnisse des Rechtsinhabers tretende Rechtsmacht zu verfügen, ist bestimmten Grenzen unterworfen. Um die Wirkungen von inhaltlichen Begrenzungen festzustellen, ist eine Differenzierung nach dem Außen- und Innenverhältnis notwendig.

ee) Außenverhältnis Mit den sog. Außenverhältnis wird der Umfang der Rechtsmacht umschrieben, in dem der Ermächtigte zu Lasten des Ermächtigenden wirksam verfügen kann. Gleichsam ist die Rechtsmacht im Außenverhältnis die Frage nach dem rechtlichen „Können" des Ermächtigten. Die Ermächtigung ist die Einwilligung eines Rechtsinhabers in die Verfügung eines Nichtberechtigten über sein Recht. Die Frage nach dem rechtlichen Können bestimmt sich also danach, zu welchen „Verfügungen" eine Einwilligung vorliegt und der Nichtberechtigte ermächtigt ist. Demzufolge bestimmt bei der rechtsgeschäftlichen Ermächtigung der die Ermächtigung Erklärende den Umfang zulässiger Verfügungen. Die Ermächtigungserklärung ist das Maß der Rechtsmacht im Außenverhältnis, sie enthält die unmittelbaren Grenzen der Ermächtigung außerhalb derer eine Verfügung des Ermächtigten keine Rechtswirkungen für den Ermächtigenden entfalten kann. Derartige Verfügungen sind vergleichbar mit Verträgen eines falsus procurator. Anders verhält es sich bei der gesetzlichen Ermächtigung des § 8 Abs. 1 VZOG. Bereits das Gesetz bestimmt, daß die Ermächtigten zur Verfügung befugt sind. Was unter diesen Begriff der Verfügung zu fassen ist, bestimmt das Gesetz dagegen nicht. Der Begriff muß nach den anerkannten Kriterien der Gesetzesauslegung und insbesondere nach den Willen des Gesetzgebers konkretisiert werden 295. Der Ermächtigungserklärung des Gesetzgebers selbst kann insoweit nicht viel entnommen werden. Das Gesetz spricht nur von der Befugnis zu verfügen. Wie gezeigt, werden von dem Verfügungsbegriff neben sachenrechtlichen Verfügungen auch die Abschlüsse schuldrechtlicher Verträge im eigenen Namen und sog. tatsächliche Verfügungen erfaßt. Die Befugnis zu verfügen ist im Grunde unbeschränkt. Das Gesetz selbst nennt keine rechtliche oder tatsächliche Verfügung, die ein Verfügungsbefugter nicht vornehmen könnte. Eine (völkerrechtliche) Ausnahme gilt freilich für Grundstücke der ehemaligen Sowjetarmee in den neuen Ländern. Bis zu deren Übergabe sind Verfügungen nur im Einvernehmen mit der russischen Seite möglich296. Die vorrangige Regelung in Bezug auf Grundstücke 295 Siehe oben § 3 A. III. 1. 296 Vgl. Art. 7 des Überleitungsabkommens v. 12. 10.1990, siehe auch Bundesfinanzministerium in Infodienst Kommunal Nr. 27 v. 14. 6. 1991.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

der ehemaligen Sowjetarmee schließt jede Verfügung, mithin auch die der Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG, aus. Damit ist eine Beschränkung der Verfügungsmacht gegenüber jedermann, d. h. im Außenverhältnis, gegeben. Die Bestimmungen des § 6 VZOG a.F. (§ 8 VZOG n.F.) kommen für diese Grundstücke gar nicht erst zur Anwendung297. Das rechtliche Können der Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG erfaßt im übrigen alle Verfügungen, soweit sie dem gesetzesspezifischen Verfügungsbegriff unterfallen. Die äußere Grenze der Verfügungsbefugnis- oder -ermächtigung bestimmt sich nach der Frage, welche Rechtsgeschäfte als „Verfügung" nach § 8 Abs. 1 VZOG vorgenommen werden können.

ff) Innenverhältnis Verfügungsbefugter/Berechtigter Von der Frage, ob ein Ermächtigter im Außenverhältnis zu einem Dritten die Rechtsmacht innehat, über ein Recht des Ermächtigenden zu verfügen, ist die Frage zu trennen, ob er nach dem der Ermächtigung zu Grunde liegenden Rechtsverhältnis verfügen darf. Das Innenverhältnis umschreibt nämlich das rechtliche „Dürfen". Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung ist, wiederum vergleichbar der Vollmacht, grundsätzlich ein abstraktes Rechtsgeschäft. Eines Grundverhältnisses für die Ermächtigung bedarf es nicht unbedingt298. Regelmäßig liegt dennoch eine Beauftragung oder Geschäftsbesorgung zu Grunde. Ein Grundverhältnis zeigt Grund und Ziel einer Ermächtigung und damit auch den Grund des Tätigwerdens eines Ermächtigten auf. In einem solchen Rechtsverhältnis können aber auch, insbesondere bei einer gegenüber dem Geschäftspartner erklärten Außenermächtigung, inhaltliche Beschränkungen der Ermächtigung vereinbart sein. Divergieren Ermächtigung und Grundverhältnis, so geht die Rechtsmacht des Ermächtigten über die im Innenverhältnis zulässigen Verfügungen hinaus. Dennoch sind Verfügungen, die nur gegen Absprachen im Innenverhältnis verstoßen, wirksam. Maßgeblich für die Rechtsmacht aus der Ermächtigung ist allein das Außenverhältnis. Überschreitet eine Verfügung die Absprachen des Innenverhältnisses, so kann dies Schadensersatzansprüche (ζ. B. aus pVV) auslösen und im Vorfeld ggf. einen Unterlassungsanspruch des Ermächtigenden begründen. Bei der Untersuchung des Innenverhältnisses zwischen den gegenständlich Berechtigten und den gesetzlich Verfügungsermächtigten nach § 8 Abs. 1 a) VZOG können diese Überlegungen aber nur begrenzt übertragen werden. Zu beachten ist nämlich, daß bei der Ermächtigung des § 8 VZOG die Personen des materiell Berechtigten (Eigentümer) und des Ermächtigenden (Gesetzgeber) nicht identisch sind. Es kann daher allenfalls ein gesetzliches Schuld(Innen-)verhältnis gegeben 297 Bundesfinanzministerium in Infodienst Kommunal Nr. 27 v. 14. 6. 1991. 298 Schramm in MüKo, Bd. I, § 182, Rn. 20.

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Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

sein, daß der Gesetzgeber zugleich mit § 8 VZOG zwischen dem jeweiligen Berechtigten und dem Verfügungsbefugten begründet. Die gesetzliche Ermächtigung durch § 8 Abs. 1 VZOG ist ihrem Wesen nach ebenfalls abstrakt. Ein vereinbartes Grundverhältnis zwischen den gesetzlich bestimmten Verfügungsbefugten und den Eigentümern der Grundstücke, die der Verfügungsbefugnis unterliegen, ist nicht vorhanden. Läge aber überhaupt kein Innenverhältnis zwischen den Verfügungsbefugten und den Eigentümern der betroffenen Grundstücke vor, so käme man zu dem Ergebnis, daß die Verfügungsbefügnis nach § 8 Abs. 1 VZOG weder im Außen- noch im Innenverhältnis beschränkt ist. Dagegen spricht eine Vielzahl von Indizien. (1) Das Innenverhältnis zwischen Verfügungsbefugten und Wohnungsgenossenschaften Eine gesetzliche Beschränkung der Verfügungsbefugnis enthält § 1 Abs. 1 S. 2 Wohngenossenschafts-Vermögensgesetz. Ein Verfügungsbefugter nach § 8 Abs. 1 VZOG hat sich danach gegenüber den Wohngenossenschaften jeglicher Verfügungen über das von ihnen zu Wohnzwecken genutzte ehemalige Volkseigentum an Grund und Boden zu enthalten. Die Vorschrift bezweckt die Sicherung des genossenschaftlichen Wohnvermögens. Soweit ein Verfügungsbefugter in Bezug auf ein solches Grundstück verfügen würde, wäre es der Zuordnung an die Genossenschaft entzogen. Dies zu verhindern, ist Sinn des Verfügungsverbotes. Der Einigungsvertrag hatte mit Art. 22 Abs. 4 S. 1 das Eigentum an zu Wohnzwecken genutztem Vermögen den Kommunen zugeordnet. Erst mit § 1 Abs. 1 S. 1 WoGenVermG 299 wurde das von den Genossenschaften zu Wohnzwecken genutzte ehemals volkseigene Vermögen dann diesen zugeordnet300. Die Regelungen des WoGen VermG gehen dem Einigungsvertrag als spätere Zuordnungsvorschriften vor 301 . Damit stehen die von den Genossenschaften zu Wohnzwecken genutzten ehemals volkseigenen Grundstücke im Eigentum der Genossenschaften, mithin im Eigentum juristischer Personen des Privatrechtes 302. Mit der Bestimmung des § 1 Abs. 1 S. 2 WoGen VermG wird damit das Innenverhältnis zwischen den Verfügungsbefugten des § 8 Abs. 1 VZOG und den Wohnungsgenossenschaften als privaten Eigentümern geregelt, indem die Verfügungs299

Gesetz zur Regelung vermögensrechtlicher Angelegenheiten der Wohnungsgenossenschaften -Wohnungsgenossenschafts-Vermögensgesetz (WoGenVermG) - v. 23. 6. 1993 (BGBl. 1993 I, S. 944, 989). 300 § ι WoGen VermG stellt einen Vollzug der Protokollnotiz Nr. 13 zum Einigungsvertrag dar, vgl. Bundschuh in RVI, § 1 WoGen VermG, Rn. 1. 301 Schmidt-Räntsch/Hiestand, 302 Vgl. § 17 GenG.

§ 8 VZOG, Rn. 25.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

befugten sich jeglicher Verfügungen über das private Eigentum der Genossenschaften zu enthalten haben. Die Rechtsmacht der Verfügungsberechtigten im Außenverhältnis wirksam zu verfügen, bleibt hiervon unberührt 303. Der Verstoß gegen das nur gegenüber den Genossenschaften bestehende „Verfügungsverbot" kann aber Ausgleichsansprüche gegen den Verfügenden auslösen304. Festzuhalten ist, daß zwischen Verfügungsbefugten und Wohnungsgenossenschaften als privaten Eigentümern ein Innenverhältnis nach gesetzlicher Ausgestaltung besteht. Die Regelung des § 1 Abs. 1 S. 2 WoGenVermG zeigt, daß eine Verfügungsbefugnis im Außenverhältnis auch über privates Grundstückseigentum besteht, wenn ein ehemals volkseigenes Grundstück nunmehr einem privaten Eigentümer zugeordnet wurde. Der Unterschied zu den nur scheinbar volkseigenen Grundstücken besteht darin, daß eine Zuordnung nach § 1 Abs. 1 S. 1 WoGenVermG nur bezüglich ehemals tatsächlich volkseigener Grundstücke erfolgt. Der Vorschrift läßt sich daher nichts entnehmen, ob eine Verfügungsbefugnis auch für Grundstücke besteht, die niemals wirksam in Volkseigentum überführt wurden. Die Bestimmung des § 1 WoGenVermG macht aber etwas anderes deutlich. Den Verfügungsbefugten wird untersagt, ihre Befugnis wahrzunehmen, wenn eine genossenschaftliche Wohnnutzung vorliegt. Dies ist möglich, weil die Verfügungsbefugten ohne weiteres feststellen können, ob ein Grundstück von einer Genossenschaft zu Wohnzwecken genutzt wird. Mit dieser Feststellung ist klar, über welche Grundstücke nicht verfügt werden soll. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Beschränkungen der Verfügungsbefugten im Innenverhältnis sind damit leicht feststellbar. Hier liegt zugleich der maßgebliche Unterschied zu nur scheinbar volkseigenen Grundstücken. Während sich die Nutzung eines Grundstückes als Tatsache ohne weiteres feststellen läßt, ist die rechtliche Frage, ob tatsächlich Eigentum des Volkes entstanden war, nicht ohne weiteres zu beantworten. Das Verfügungsverbot des § 1 Abs. 1 S. 2 WoGen VermG kommt unabhängig davon zur Entstehung, ob tatsächlich ein ehemals volkseigenes Grundstück von einer Genossenschaft genutzt wird. Das Gesetz stellt zum Schutz der Genossenschaft allein auf die tatsächliche Nutzung ab. Es kann daher im Einzelfall möglich sein, daß tatsächlich ein privates Grundstück genossenschaftlich genutzt wird 305 . Die materielle Eigentumszuordnung an die nutzende Genossenschaft würde hier nicht erfolgen. Dennoch sollen zur Sicherung der materiellen Zuordnung Verfügungen über Grundstücke, die der Nutzung einer Genossenschaft unterliegen und die im Grundbuch als Eigentum des Volkes geführt werden, denn sonst gäbe es keine Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG, unterbleiben. In einem solchen Fall scheinbaren Volkseigentums 303 Leitschuh/Lange, § 8 VZOG, Rn. 14. 304 So auch Leitschuh/Lange, § 8 VZOG, Rn. 14, unklar Bundschuh in RVI, § 1 WoGenVermG, Rn. 5. 305 So wohl auch Bundschuh in RVI, § 1 WoGenVermG, Rn. 4, der auch bei privaten Grundstücken ein gesondertes Feststellungsverfahren i. S. d. VZOG für notwendig hält.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

wäre der wahre private Eigentümer mittelbar vom Verfügungsverbot des § 1 Abs. 1 S. 2 WoGen VermG geschützt. Die genossenschaftliche Nutzung käme ihm zugute. Es wird die Frage zu beantworten sein, ob in den Fällen, in denen keine derartige Nutzung vorliegt und damit § 1 Abs. 1 S. 2 WoGenVermG nicht eingreift, der wahre private Berechtigte nicht unmittelbar geschützt sein muß. Wenn nämlich auf der einen Seite die Feststellung der Nutzung durch einen privaten Eigentümer nach § 1 Abs. 1 S. 2 WoGen VermG ein Verfügungsverbot zur Entstehung bringt, so muß mit der Feststellung, daß zu DDR-Zeiten kein Volkseigentum entstanden ist, ebenfalls ein Verfügungsverbot im Innenverhältnis gegenüber dem privaten Eigentümer bestehen. Wann die Frage nach den Entstehung von Volkseigentum als beantwortet anzusehen sein wird, soll später untersucht werden. An dieser Stelle sollen zunächst weitere Beschränkungen der Verfügungsbefugten im Überblick dargestellt werden. (2) Das Innenverhältnis zwischen Verfügungsbefugten und privaten Restitutionsberechtigten Ein ähnliches Verhältnis wie nach § 1 Abs. 1 WoGen VermG besteht zwischen Verfügungsbefugten und privaten Restitutionsberechtigten bei Grundstücken, die ggf. der Restitution nach dem Vermögensgesetz unterliegen. Das Verhältnis von privaten Restitutionsberechtigten und Verfügungsberechtigten regelt der § 3 Abs. 3 VermG. Nach § 3 Abs. 3 S. 1 VermG hat der Verfügungsberechtigte dingliche Rechtsgeschäfte und langfristige vertragliche Verpflichtungen zu unterlassen, es sei denn, der Restitutionsberechtigte stimmt zu. In dieser Bestimmung findet sich demnach ein grundsätzliches „Verfügungsverbot". Nach einhelliger Auffassung handelt es sich dabei lediglich um eine schuldrechtliche Verpflichtung im Innenverhältnis. Es ist Sache des Restitutionsberechtigten, die Rechtslage für eine Restitution zu sichern. Aus diesem Grunde steht ihm ein Unterlassungsanspruch gegenüber dem derzeitigen Eigentümer zu 3 0 6 . Verfügungen, die gegen das Verbot des § 3 Abs. 3 S. 1 VermG verstoßen, sind gegenüber Dritten wirksam 307. Dies gebiete der Schutz des Rechtsverkehrs und die Förderung der Investitionsbereitschaft der Wirtschaft 308. Im Außenverhältnis hat der Verfügungsberechtigte alle Rechte und Pflichten eines Eigentümers. Nur im Innenverhältnis unterliegt er den Beschränkungen des § 3 Abs. 3 VermG 309 . 306 BGHZ 124, 147, 151 = NJW 1994, 457 = VIZ 1994, 128 = NJ 1994, 457 = JZ 1994, 572. 307 BGHZ 124, 147, 149 m. w. N.; Böhringer BWNotZ 1996, 49; Rodegra/Gogrewe DtZ 1991, 354; Wente VIZ 1992, 125, 127; Fritsche OVspez. 1998, S. 179 führt zu Recht aus, daß der Verfügungsbefugte kein Nichtberechtigter i. S. d. §§ 185, 816 BGB ist; a.A. wohl Redeleer WZ 1991,85. 308 BT-Drs. 11/7817 S. 5 ff.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Der Verstoß gegen das Verfügungsverbot des § 3 Abs. 3 VermG, also eine Überschreitung des Innenverhältnisses, macht den Verfügenden lediglich schadenersatzpflichtig. Anders als das VZOG und das Wohnungsgenossenschafts-Vermögensgesetz regelt der § 3 Abs. 3 VermG genauestens, wie der Verfügungsberechtigte mit dem restitutionsbelasteten Gegenstand zu verfahren hat. Die zulässigen Maßnahmen eines Verfügungsberechtigten sind in den Ausnahmetatbeständen des § 3 Abs. 3 VermG geregelt. Darüber hinaus bestimmt der § 3 Abs. 3 S. 6 VermG, daß die im Außenverhältnis zulässigen Rechtsgeschäfte nach dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Restitutionsberechtigten zu führen sind. Das Innenverhältnis zwischen Verfügungs- und Restitutionsberechtigtem wird deshalb als „Geschäftsführungsrecht" vergleichbar einer Geschäftsführung ohne Auftrag beschrieben310. Da die Verfügungsberechtigen aber für die Dauer eines Restitutionsverfahrens sehr wohl einen gesetzgeberischen Auftrag erfüllen, nämlich die Erhaltung einer ausreichenden Wohnungsbewirtschaftung 311, erscheint es zutreffender, von einer „Geschäftsführung mit gesetzlichem Auftrag" zu sprechen312. Unabhängig von der Bezeichnung besteht zwischen Verfügungs- und Restitutionsberechtigtem ein Grund- bzw. Innenverhältnis nach dem gesetzlichen Umfang des § 3 Abs. 3 VermG.

Die Bestimmungen des VermG sind auch für die Verfügungsbefugten nach § 8 nach § 8 VZOG sind in Bezug Abs. 1 VZOG beachtlich. Die Verfügungsbefugten auf restitutionsbelastete Grundstücke, die im Grundbuch als Eigentum des Vo eingetragen sind, zugleich Verfügungsberechtigte nach § 2 Abs. 3 VermG 313 Darüber hinaus bestimmt § 7 Abs. 1 S. 1 VZOG, daß das Vermögensgesetz unberührt bleibt. Die Verfügungsbefugten des VZOG unterliegen daher auch den Beschränkungen des § 3 Abs. 3 VermG 314 . Demgemäß besteht auch zwischen den Verfügungsbefugten des § 8 Abs. 1 VZOG und den privaten Restitutionsberechtigten nach § 2 Abs. 1 VermG ein Innenverhältnis, ähnlich einer Geschäftsführung ohne Auftrag und ein grundsätzliches Verfügungs verbot über restitutionsbelastete Grundstücke315. 309 Vgl. dazu Gohrke ZOV 1996,404. 310 BGHZ 124, 147, 150. 311 Rapp in Kimme, § 3 VermG, Rn. 89. 312 So schon Gohrke ZOV 1996,404. 313 Einhellige Auffassung, vgl. nur Brettholle/Köhler-Apel in R / R / B , § 2, Rn. 60; Frische OVspez. 12/96, S. 190; Neuhaus in F / R / M / N ; § 2, Rn. 44.; BVerwG VIZ 1996, 213, 215 hat ausgeführt, daß ein VZOG-Bescheid die Verfügungsberechtigung im Sinne des VermG klarstellt. 314 Einhellige Meinung, vgl. nur Böhringer MittBayNot 1991, 189, 190; Büteröwe, Vermögenszuordnung für kommunale Verwaltungsaufgaben in den neuen Bundesländern, S. 224; Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 12. 315 Siehe § 4 Β. VII.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

(3) Das Innenverhältnis zwischen Verfügungsbefugten und öffentlichen Restitutionsberechtigten Ein Grundstück, daß der Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG unterliegt, kann statt mit einem privaten auch mit einem öffentlichen Restitutionsanspruch lastet sein 316 . Die öffentliche Restitution erfolgt nach den Bestimmungen der Art. 21 Abs. 3 und 22 Abs. 1 Satz 7 EV i.V.m. den §§ 11 ff. VZOG. Die Bestimmungen der öffentlichen Restitution sind denen des VermG sehr ähnlich317. Deshalb besteht auch bei solchen Ansprüchen ein Innenverhältnis, wie bei privaten Restitutionsansprüchen. Hierauf ist an anderer Stelle näher einzugehen. (4) Zwischenergebnis Nach alledem kann folgendes festgehalten werden. Die Verfügungsbefugten des § 8 Abs. 1 VZOG unterliegen im Innenverhältnis gegenüber privaten/öffentlichen Restitutionsberechtigten sowie Wohngenossenschaften Beschränkungen. In allen genannten Beziehungen besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis, das die Rechte und Pflichten zwischen den Beteiligten regelt, aber die Verfügungsmacht im Außenverhältnis unberührt läßt. Der Verstoß gegen Beschränkungen aus dem gesetzlichen Innenverhältnis kann Schadensersatzansprüche auslösen. Zeichnet sich eine Überschreitung des Innenverhältnisses durch einen Verfügungsbefugten ab, so kann der Berechtigte, dem der Schutz der Beschränkungen aus dem Innenverhältnis zugute kommt, die Unterlassung verlangen. (5) Das Innenverhältnis zwischen Verfügungsbefugten und materiell, gegenständlich Berechtigten (Eigentümern) Das Innenverhältnis von Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG und Restitutionsberechtigten ist damit an verschiedenen Stellen gesetzlich geregelt. Eine Regelung des Verhältnisses zwischen den Verfügungsbefugten und den derzeitigen Eigentümern (Berechtigten) fehlt dagegen. Daß ein Innenverhältnis mit Bindungen für die Verfügungsbefugten aber vorliegen muß 318 , ergibt sich daraus, daß der Gesetzgeber durch die Ausgestaltung des 316 Zwar bestimmt Art. 22 Abs. 4 S. 1, daß dessen Abs. 1 nicht gelten soll und damit auch nicht die Verweisung nach Art. 22 Abs. 1 S. 7 i.V.m. Art. 21 Abs. 3 EV. Damit ist für tatsächlich zu Wohnzwecken genutztes kommunales Vermögen eine Belastung mit öffentlichen Restitutionsansprüchen nicht möglich. Die Verfugungsbefugnis des § 8 Abs. 1 a) VZOG knüpft aber nicht an dieser Wohnungsnutzung, sondern an der Eintragung eines Wohnungswirtschaftsbetriebes als Rechtsträger an. Ein Grundstück, daß zwar in einer solchen Rechtsträgerschaft steht, aber nicht zu Wohnzwecken genutzt wird, ist demgemäß kein Fall des Art. 22 Abs. 4 S. 1 EV. Für solche Grundstücke greift dann auch nicht der Restitutionsausschluß. 317 BT-Drs. 12/5553, S. 169 ff.; Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 3.5.1, S. 62. 10 Gohrke

be-

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Verhältnisses zu Restitutionsberechtigten sogar den Schutz von Nichteigentümern vorgesehen hat, die nur einen, ggf. auch erfolglosen 319, Restitutionsantrag gestellt haben. Werden aber die Interessen der möglicherweise späteren Eigentümer (nach Restitution) geschützt, so muß dies erst recht für die Interessen der derzeitigen Eigentümer (Berechtigten) gelten. In diesem Zusammenhang ist interessant, wie das Innenverhältnis in anderen Fällen einer vom Eigentum losgelösten Verfügungsbefugnis ausgestaltet ist, insbesondere bei Parteien kraft Amtes, wenn auch die Verfügungsbefugten nach dem VZOG nicht als solche einzustufen sind 320 . Beispielhaft soll das Verhältnis zwischen einem Insolvenzverwalter, der nach § 80 Abs. 1 InsO verfügungsbefiigt ist, und dem Schuldner als Eigentümer betrachtet werden. Der Insolvenzverwalter erhält nach der gesetzlichen Anordnung des § 80 Abs. 1 InsO die Verfügungsbefugnis des Schuldners übertragen. Nach der wohl h.M wird er als amtliches Organ zur Durchführung des Insolvenzsverfahrens tätig, das seine Legitimation unmittelbar aus dem Gesetz herleitet und kraft eigenen Rechtes und im eigenen Namen handelt. Handlungen des Insolvenzverwalters, die sich im Rahmen des Verwaltungs- und Verfügungsmacht halten, sind im Außenverhältnis wirksam. Gegenüber den Beteiligten des Insolvenzverfahrens haftet der Insolvenzverwalter persönlich. Verläßt der Insolvenzverwalter den Rahmen seiner Befugnisse, so haftet er nach § 60 Abs. 1 InsO auch gegenüber dem Gemeinschuldner321. Ein gewisses Innenverhältnis zwischen Eigentümer und Verfügungsbefugten ist auch in Fällen der Erfüllung von Ansprüchen nach dem SachRBerG anerkannt. Der Verfügungsbefugte als „Sachwalter"322 muß im Interesse des Eigentümers den höchstzulässigen Erlös bei der Erfüllung der Nutzeransprüche nach dem SachRBerG erzielen. Verfügt er entgegen dieser Pflicht, so ist er zum Ersatz der Differenz zwischen dem erzielten und den höchstmöglichen Erlös verpflichtet. Dies ergibt sich aus dem Schutzgedanken des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG. Der dort geregelte Auskehranspruch ist teleologisch zu reduzieren. Er bildet auch im Bereich der Sachenrechtsbereinigung die Grundlage eines Innenverhältnisses gegenüber dem Berechtigten. Wenn Czub 323 insoweit von Regreßansprüchen spricht, so deutet auch die gewählte Begrifflichkeit auf die Annahme eines Innenverhältnisses hin. 318 Böhringer MittBayNot 1994, 18 meint insoweit nur: Der wahre Berechtigte ... kann solche Verfügungen weder verhindern noch rückgängig machen; er ist auf den Erlös verwiesen.". 319 Um einen effektiven Schutz eines potentiellen Restitutionsberechtigten zu erreichen, kommt es für die Beschränkung aus § 3 Abs. 3 VermG nicht darauf an, ob ein Restitutionsbegehren begründet ist. 320 Böhringer MittBayNot 1991, 189, 190. 321 Eickmann /Flessner/Irschlinger/Kirchhof/Kreft/Landfermann/Marotzke, Rn. 6. 322 Hügel OVspez. 11/95; S. 176. 323 Czub OVspez. 1997,242.

InsO, § 60

Α. Rechtscharakter und Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

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Die einzige ausdrückliche, gesetzliche Regelung des Innenverhältnisses eines Eigentümers (Berechtigten) zum Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG enthält § 1 Wohnungsgenossenschafts-Vermögensgesetz324. Obwohl es im übrigen an einer ausdrücklichen, gesetzlichen Regelung mangelt und auch die Gesetzesmaterialien hierzu keine Aussagen treffen, sind in der Literatur Grenzen der Verfügungsmacht des § 8 Abs. 1 VZOG anerkannt, jedoch ohne das nach Innen- und Außenverhältnis unterschieden wird. Die anerkannten Grenzen gehen maßgeblich auf die Ausführungen von Schmidt-Räntsch zurück 325. Nach seiner Auffassung müssen die Verfügungsbefugten die allgemeinen Gesetze und insbesondere die Vorschriften des öffentlichen Rechtes beachten. Als Grenzen der Verfügungsbefugnis, ohne Differenzierung nach Innen- und Außenverhältnis, nennt Schmidt-Räntsch drei Fälle, (1) die widmungswidrigen Geschäfte, d. h. die Mißachtung des Grundsatzes der Bundes- bzw. Verwaltungstreue (2) Verfügungen über Grundstücke, an denen begründete öffentliche Restitutionsansprüche bestehen und (3) Verfügung über Vermögen der Sowjetarmee. (1) Die Widmung eines Gegenstandes konstituiert dessen Nutzung durch die Öffentlichkeit 326. Um diese widmungsgemäße Nutzbarkeit sicherzustellen, sind entgegenstehende Veräußerungen, ζ. B. an Dritte, denen gegenüber die Widmung keine Bindung entfaltet, regelmäßig unzulässig. Widmungswidrige Verfügungen sind in ihrer Wirksamkeit dennoch unberührt, denn der Schutz des Rechtsverkehrs, mithin eines Erwerbers, gebietet, daß dieser die Widmung eines Veräußerungsgegenstandes nicht überprüfen muß. Gleiches gilt, wenn Teile des Verwaltungsvermögens an einen Privaten vermietet werden. Ein Gegenstand wird nur deshalb zum Verwaltungsvermögen, weil er für die Aufgaben der Verwaltung benötigt wird 327 . Eine außerhalb der Verwaltung stehenden Person ist regelmäßig nicht in der Lage, diese Einordnung zu überprüfen. Nimmt man eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis auf widmungsgemäße Verfügungen an 3 2 8 , so handelt es sich bei dieser Grenze um eine aus dem Innenverhältnis. In diesem Zusammenhang wird einhellig betont, daß nach der Natur der Sache 329 bzw. dem Sinn und Zweck der Verfügungsbefugnis 330 eine Verfügung über Liegenschaften, die für Verwaltungsaufgabe des Verfügungsbefugten oder einer 324 Leitschuh/Lange, § 8 VZOG, Rn. 14, unklar Bundschuh; RVI, § 1 WoGenVermG, Rn. 5. 325 Schmidt-Räntsch ZIP 1991, 973, 978; ders., Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 6.5.1, S. 83; Schmidt-Räntsch/Hiestand, §8 VZOG, Rn. 48. 326 Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 1995, S. 72, Rn. 107. 327 Vgl. Art. 21 Abs. 1 S. 1 EV. 328 So neben Schmidt-Räntsch auch Leitschuh/Lange in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 13. 329 Bundesfinanzministerium in Infodienst Kommunal Nr. 27 v. 14. 6. 1991. 330 Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 5 und Rn. 12. 10*

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

anderen Körperschaft benötigt werden, ausscheidet331. Damit wird dem Wunsch Ausdruck verliehen, daß derartige Verfügungen unterbleiben. Mit der wirksamen Verfügung über solche Gegenstände würden diese aus dem Verwaltungsvermögen ausscheiden und nicht mehr für öffentliche Zwecke zur Verfügung stehen. Die Ermöglichung der Veräußerung von Grundstücken, die für öffentliche Zwecke benötigt werden, ist aber nicht der Sinn der Verfügungsbefugnis. Diese soll dort, wo die Veräußerung oder Belastung eines Grundstückes zur Ermöglichung von privaten Investitionen notwendig ist, eine Verkehrsfähigkeit herbeiführen und insbesondere den Verkauf ermöglichen. Ein Verkauf öffentlichen Vermögens ist aber immer nur dann zulässig, wenn der konkrete Gegenstand zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben nicht benötigt wird und auch andere Gründe des Gemeinwohls nicht entgegenstehen332. Zwar unterliegen Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG nicht den Bestimmungen in Bezug auf die Verfügung über eigenes Vermögen der verfügenden Stelle, § 8 Abs. 1 a S. 1 VZOG, insbesondere bedürfen sie keiner kommunalaufsichtlichen Genehmigung. Dennoch muß der Ausstattung der Verwaltung mit ausreichenden Liegenschaften Rechnung getragen werden. Ein Verkauf öffentlichen Vermögens darf die Funktionsfähigkeit der Verwaltung nicht beeinträchtigen. Verfügungen über Liegenschaften, die für Verwaltungsaufgaben benötige werden, „verbieten"333 sich somit. Dies gilt für Grundstücke, die wahrscheinlich dem Verfügungsberechtigten gehören genauso, wie für Verwaltungsvermögen anderer Rechtsträger 334. Solche Verfügungen wären unerwünscht, aber dennoch wirksam 335. Auch hier läßt der Gedanke der Rechtssicherheit es nicht zu, die Wirksamkeit einer Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG davon abhängig zu machen, ob das betreffende Grundstück noch benötigt wird oder nicht. Es handelt sich auch insoweit um eine Verpflichtung der Verfügungsbefugten im Innenverhältnis, derartige Verfügung zu unterlassen. Sie sind Bestandteil der aus dem Gebot der Bundes bzw. Verwaltungstreue entspringenden Pflicht durch Verfügungen nach § 8 VZOG andere Körperschaften nicht zu schädigen, indem diesen notwendiges Verwaltungsvermögen entzogen wird 336 . (2) Von Anfang an anerkannt waren Beschränkungen der Verfügungsbefugnis durch das Bestehen von Restitutionsansprüchen öffentlicher Körperschaften nach Art. 21 Abs. 3 und 22 Abs. 1 S. 7 E V 3 3 7 . Die Absicherung solcher Restitutionsan331 Ähnlich BMI in Infodienst Kommunal Nr. 61 v. 20. 11. 92 (abgedruckt bei Bielenberg/Kleiber/Söfker, Vermögensrecht, II 5.14). 332 So ausdrücklich die Regelung des § 90 Abs. 1 SächsGemO. 333 Bundesfinanzministerium in Infodienst Kommunal Nr. 27 v. 14. 6. 1991. 334 Lange DtZ 1991, 329, 333; Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 5; Leitschuh/Lange in R/ R / B , §8 VZOG, Rn. 13. 335 Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 5 und Rn. 12. 336 Schmidt-Räntsch, Eigentumszuordnung, Rechtsträgerschaft und Nutzungsrechte an Grundstücken, Ziff. 6.5.1, S. 83. 337 Vgl. nur Lange DtZ 191, 329, 333; BMI in Infodienst Kommunal Nr. 61 v. 20. 11. 92 (abgedruckt bei Bielenberg/Kleiber/Söfker, Vermögensrecht, II 5.14).

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefgnis

sprüche war umstritten, insbesondere bestand Streit, ob auch bei Vorliegen solcher Ansprüche ein generelles Verfügungsverbot vergleichbar dem § 3 Abs. 3 S. 1 VermG für private Restitutionsansprüche gelte oder ob mangels gesetzlicher Regelung ein solches Verbot nicht anzuerkennen sei. Sicher war nur, daß es einen quasidinglichen Schutz des Restitutionsberechtigten durch das Erfordernis einer Grundstücksverkehrsgenehmigung nicht gab. Mit dem Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz338 entschloß sich der Gesetzgeber durch die Einführung der §§ 11 ff. VZOG Klarheit zu schaffen. Mit § 12 Abs. 1 Satz 1 VZOG wurde in Anlehnung an die §§ 3 Abs. 3 VermG, 3 InVorG normiert, daß rechtlich mögliche Verfügungen über öffentlich-restitutionsbelastet Grundstücke zulässig nur verfügt werden können, wenn eine dort genannte zulässige Maßnahme vorliege 339. Damit wurde zugleich das grundsätzliche Verfügungsverbot des § 3 Abs. 3 VermG gedanklich übernommen. Verfügungen über Grundstücke, für die die Restitution durch eine andere Körperschaft beantragt war oder ein solcher Antrag möglich wäre, würden ggf. gegen § 12 Abs. 1 VZOG verstoßen. Sie wären dennoch wirksam. Das rechtliche Können der Verfügungsbefugten wird durch die §§ 11 ff. VZOG nicht verändert 340. Wie bei privaten Restitutionsansprüchen bewirkt der Restitutionsantrag341 nur ein schuldrechtliches Veräußerungsverbot gegenüber den Restitutionsberechtigten im Innenverhältnis342. Der § 12 VZOG ist damit eine Ausgestaltung des Innenverhältnisses zwischen dem derzeitigen Verfügungsbrechtigten und einen Restitutionsberechtigten. Anders als bei privaten Restitutionsansprüchen gibt es aber weiterhin keinen quasi-dinglichen Schutz des Restitutionsberechtigten durch das Erfordernis einer Grundstücksverkehrsgenehmigung. Dies zeigt deutlich, daß auch unzulässige Verfügungen ohne weiteres wirksam werden können. Sie können aber erneut Schadensersatzansprüche auslösen343. Eine besondere Ausprägung erfährt das Innenverhältnis durch die Einführung eines Untersagungsverfahrens nach § 12 Abs. 3 VZOG. Ist ein Restitutionsanspruch nicht offensichtlich unbegründet, so kann die zuständige Zuordnungsbehörde dem Verfügungsbefugten eine Maßnahme untersagen. Dennoch vorgenommene Verfügungen sind aber im Außenverhältnis wirksam. Um dennoch einen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten ist neben dem Untersagungsverfahren nach § 12 Abs. 3 VZOG auch ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz anerkannt. Ein Gericht kann dem Verfügungsbefugten darüber hinaus

338 BGBl. 1993 I, S. 2182. 339 BT-Drs. 12/5553 S. 172. 340 BT-Drs. 12/5553 S. 172; Stellwaag in R / R / B , § 12 VZOG, Rn. 1. 341 Nach § 12 Abs. 1 S. 1 VZOG reicht auch die Möglichkeit einer Restitution ohne tatsächlichen Antrag, vgl. dazu BT-Drs. 12/5553 S. 172. 342 Stellwaag in R / R / B , § 12 VZOG, Rn. 1. 343 Stellwaag in R / R / B , § 11 VZOG, Rn. 47; BT-Drs. 12/5553 S. 172.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

dann, wenn ein Restitutionsanstrag nicht offensichtlich ausscheidet344, ein Verfügungsverbot auferlegen 345. (3) Die letzte von Schmidt-Räntsch genannte und anerkannte Grenze der Verfügungsbefugnis besteht in Bezug auf Grundstücke der ehemaligen Sowjetarmee. Durch den völkerrechtlichen Abzugsvertrag sind Verfügungen über derartige Grundstücke nur im Einvernehmen mit der sowjetischen Seite möglich. Die Notwendigkeit eines „Einvernehmens" könnte die Annahme stützen, daß im Innenverhältnis Beschränkungen bestehen. Indes muß der Vorrang völkerrechtlicher Verträge gegenüber bundesgesetzlicher Regelungen beachtet werden. Durch eine abweichende Regelung innerhalb einer höheren Stufe der Normenhierarchie wird der Anwendungsbereich des § 8 VZOG verändert. Die Grundstücke, die Gegenstand des Abzugsvertrages waren, sind von der Verfügungsbefugnis des VZOG nicht erfaßt. Es handelt sich daher nicht um eine rein innere Beschränkung. Damit wird das rechtliche Können, d. h., die Rechtsmacht aus der Verfügungsbefugnis vermindert. (4) Walter 346 will über die genannten Grenzen hinaus auch dann eine Verfügung für unzulässig erachten, wenn eine offensichtliche Unrichtigkeit des Grundbuches vorliegt. Kennt der Buchberechtigte die Unrichtigkeit einer Grundbucheintragung, so müsse er die Interessen des wahren Berechtigten beachten. Dasselbe gelte für die Verfügungsbefugten. Müßten auch sie erhebliche Zweifel an einer Grundbucheintragung haben, insbesondere der von „Eigentum des Volkes", so resultiere aus § 242 BGB eine Prüfungspflicht der Verfügungsbefugten, bei deren Verletzung Schadensersatzansprüche aus § 823 BGB entstünden. Auch Walter differenziert nicht nach Innen- und Außenverhältnis. Durch den Hinweis auf die drohende Schadensersatzpflicht bei Verfügungen ohne Nachforschungen trotz Zweifel an der Richtigkeit des Grundbuches wird aber deutlich, daß die nach seiner Auffassung pflichtwidrigen Verfügungen wirksam sind. Der wahre Berechtigte, dessen Interessen keine Beachtung gefunden haben, wird auf einen Schadensersatz verwiesen. Damit stellt sich die von Walter behauptete Grenze der Verfügungsbefugnis als eine Pflicht aus dem Innenverhältnis dar, nämlich die Pflicht, bei Ausübung der Rechtsmacht im Außenverhältnis zugleich die Interessen des wahren Berechtigten und Rechtsinhabers zu berücksichtigen. Dieser Ansatz ist zutreffend. Er soll später nochmals aufgegriffen werden. Dagegen besteht eine Prüfungspflicht in Bezug auf das Grundbuch, wie sie Walter beschreibt, nicht. Das Grundbuch hat gemäß § 891 BGB zunächst einmal eine Richtigkeitsvermutung für sich. Zwar gilt diese Vermutung nicht für die Verfügungsbefugten des § 8 Abs. 1 VZOG, sondern nur für die neuen Eigentümer ehe344 BT-Drs. 12/5553 S. 175. 345 Berlit LKV 1994,153,155; Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI,§ 8 VZOG, Rn. 93; umfassend zum Schutz eines Restitutionsberechtigten vgl. Hök, Neuerwerb und Rückerstattung von Grundstücken in den neuen Bundesländern, 1992, S. 36 ff. 346 DtZ 1996, 226, 229.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

mais volkseigener Grundstücke347, aber eine generelle Prüfüngspflicht und damit eine Unrichtigkeitsvermutung für die Eintragung von „Eigentum des Volkes" gibt es nicht 348 . Darüber hinaus ist für die Frage der Verfügungsbefugnis die Richtigkeit dieser Eintragung gerade nicht von Belang. Die Befugnis besteht unabhängig von deren Richtigkeit. Den Verfügungsbefugten eine generelle Nachprüfungspflicht aufzuerlegen, käme einer stillschweigenden Abschaffung der Verfügungsbefugnis gleich. Von den Schwierigkeiten der Nachprüfung, wer nun tatsächlich Eigentümer des betreffenden Grundstückes ist, wollte die vorläufige, sofortige Verfügungsbefugnis gerade befreien 349. Die Verkehrsfähigkeit der betroffenen Grundstücke kann nur durch grundbuchklare Anknüpfung an den vorhanden Grundbucheintrag erreicht werden, ohne das es weiterer Nachforschungen bedarf. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Grundbuchunrichtigtkeit vorliegen, die ohne Nachprüfung ersichtlich sind. Solche Verdachtsmomente lösen dann ihrerseits die Pflicht zur Nachprüfung im zumutbaren Rahmen aus. (5) Die in der vorbezeichneten Literatur anerkannten Grenzen, mit Ausnahme des Art. 7 des Abzugsabkommens mit der Sowjetunion, stellen allesamt Beschränkungen im Innenverhältnis dar. Im Außenverhältnis kann stets wirksam verfügt werden, während gegenüber privaten und öffentlichen Restitutionsberechtigten einschließlich der Wohngenossenschaften und gegenüber dem wahren Berechtigen Beschränkungen bestehen können. Es bleibt die Frage zu beantworten, ob sich das Innenverhältnis zwischen den Verfügungsbefugten i. S. d. § 8 Abs. 1 VZOG und den wahren Berechtigen, d. h. den Eigentümern der Grundstücke, die der Verfügungsbefugnis unterliegen, verallgemeinern läßt. Die Verfügungsbefugnis aus § 8 Abs. 1 VZOG begründet eine eigene Rechtsmacht zu Verfügungen im eigenen Namen. Dem kann es nur entsprechen, daß die Verfügungsbefugten auch in ihrem eigenen Interesse tätig werden 350. Im Gegensatz zur rechtsgeschäftlichen Ermächtigung liegt der gesetzlichen Ermächtigung des § 8 Abs. 1 VZOG kein schuldrechtliches Auftrags- oder Geschäftsbesorgungverhältnis zu Grunde. Der Gesetzgeber als Ermächtigender hat den Verfügungsbefugten im Innenverhältnis gegenüber den Berechtigten, mit Ausnahme des § 1 Abs. 1 S. 2 WoGen VermG, keine ausdrücklichen Beschränkungen auferlegt. Nach § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG gelten ihre Verfügungen als die eines Berechtigten. Das Gesetz hat die Verfügungsbefugnis so ausgestaltet, daß neben die originäre Verfügungsbefugnis des Eigentümers (§ 8 Abs. 2 S. 1 VZOG) eine weitere, nämlich die des ermächtigten Verfügungsbefugten tritt. Diese gesetzliche Befugnis gibt dem Verfügungsbefugten nicht die Möglichkeit den Rechtsinhaber und 347 OLG Dresden Urteil v. 25. 11. 9 3 - 8 U 193/93 = NL 1994,155,156. 348 Allg. zur Pflicht das Grundbuch für richtig zu halten Köther, Der Umfang der Prüfungspflicht im Grundbuchrecht, Diss., Würzburg, 1981, S. 150 ff. 349 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 3 a.E. 350 So auch Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 5 a.E.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Eigentümer zu vertreten, aber die Möglichkeit, wie der Eigentümer aufzutreten 351. Demgemäß unterliegt der Verfügungsbefugte bei Verfügungen denselben Beschränkungen, denen ein verfügender Eigentümer unterliegen würde. Die Verfügungsbefugten unterliegen daher den Beschränkungen eines Eigentümers, die aus möglichen öffentlich- oder privaten Restitutionsansprüchen resultieren 352. Die Besonderheit der Verfügungsbefugnis resultiert aber aus ihrer Abtrennung vom Eigentum am betreffenden Grundstück. Für jenes Grundstück gibt es Kraft gesetzlicher Ermächtigung zwei Verfügungsberechtigungen, die des Eigentümers und die des Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG. Vergleichbar einer rechtsgeschäftlichen Ermächtigung besteht auch die gesetzliche Verfügungsermächtigung gleichberechtigt neben der Verfügungsmacht des Eigentümers. Im Falle einer Ermächtigung durch den Eigentümer/Rechtsinhaber resultieren Beschränkungen aus der mitgeteilten Motivation zur Ermächtigung. Die Gründe, die den Eigentümer zu einer Ermächtigung erwogen haben, sind zugleich die Grenzen dessen, was der Ermächtigte gegenüber diesem mit seiner abgeleiteten Rechtsmacht anfangen darf. Jede Ausnutzung der Ermächtigung gegen den erkennbaren Willen des Ermächtigenden bzw. dessen Weisungen353 stellt eine Verletzung der Pflichten aus dem Innenverhältnis dar. Im Falle der Verfügungsbefugnis gemäß § 8 Abs. 1 VZOG ist der Gesetzgeber der Ermächtigende. Er hat den Verfügungsbefugten, mit Ausnahme des § 1 Abs. 1 S. 2 WoGen VermG, keine ausdrücklichen Weisungen erteilt, ihnen keine Beschränkungen auferlegt. Aber auch der gesetzlichen Ermächtigung lag eine gesetzgeberische Motivation zugrunde, die ihn veranlaßte, die Verfügungsbefugnis des Eigentümers um die eines weiteren Befugten zu ergänzen. Der Gesetzgeber mußte 1991, wenn er alsbald Investitionen ermöglichen wollte, die Verkehrsfähigkeit von Grund und Boden zu Veräußerung oder Belastung sicherstellen. Die Grundstücke, bei denen im Grundbuch „Eigentum des Volkes" eingetragen war, waren zum damaligen Zeitpunkt aber faktisch nicht verkehrsfähig. Die neuen Eigentümer ehemals volkseigener Grundstücke, die als Rechtsinhaber und damit als einzige hätten verfügen können, hätten zunächst einmal festgestellt werden müssen. Diese Feststellung war mit Schwierigkeiten verbunden, da die Neuzuordnung von Volkseigentum nach inhaltlichen Kriterien erfolgte, deren Überprüfung zeitaufwendig war. Bis zur Feststellung des wahren Eigentümers eines Grundstükkes, das nach dem Grundbuch ehemals volkseigen war, sollte deshalb mit § 6 VZOG a.F. (§ 8 VZOG n.F.) eine vom Eigentum losgelöste Verfügungsbefugnis geschaffen werden. 351 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 47; Das Thüringer OLG (OLG-NL 1995, 169, 172) hat dazu folgendes ausgeführt: „Bei der Verfügungsbefugnis der Gemeinden ... handelt es sich um eine von der materiellen Berechtigung unabhängig, zeitlich begrenzte Berechtigung, die im Zeitpunkt ihrer Geltung der eines Eigentümers vergleichbar ist.". 352 Vgl. § 3 Abs. 3 VermG, § 1 Abs. 1 WoGeVermG, § 12 VZOG. 353 Pâmât-Thomas, § 665, Rn. 10 f.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

Mit der Feststellung des Eigentümers besteht kein Bedarf an einer gesonderten Verfügungsbefugnis, da nunmehr der wahre Berechtigte kraft seines Rechtes verfügen kann und sich auch als Berechtigter legitimieren kann. Demgemäß endet nach § 8 Abs. 3 VZOG die Verfügungsbefugnis mit dem Bescheid über die Feststellung des neuen öffentlichen Eigentümers und dessen Benennung gegenüber dem Grundbuchamt. Das gesetzgeberische Interesse endet also mit der Feststellung des geborenen Verfügungsbefugten. Im Laufe eines jeden Feststellungsverfahrens wird sich nach und nach herauskristallisieren, wem ein bestimmtes Grundstück zugeordnet worden ist. Da man nicht sicher sagen kann, ab wann ein Verfügungsbefugter sich wegen der Feststellung des wahren Berechtigten weitere Verfügungen zu enthalten hat, hat das Gesetz die Unanfechtbarkeit eines Zuordnungsbescheides als maßgeblich erachtet. Die Rechtssicherheit gebietet, daß es kein langsames Schwinden der Verfügungsbefugnis, sondern ein klar, feststellbares Ende gibt. Dies ist aber eine Frage des Außenverhältnisses. Sie sagt nichts darüber aus, ob bei einer sich abzeichnenden Feststellung des Eigentümers, von der der Verfügungsbefugte Kenntnis hat, er sich trotz seiner nicht schwindenden Verfügungsbefugnis einer Verfügung zu enthalten bzw. das Einvernehmen mit dem Eigentümer zu suchen hat. Gegen die Annahme einer derartigen Rücksichtspflicht im Innenverhältnis spricht die Gefahr eines Schadensersatzanspruches. Die Verfügungbefugnis des § 8 Abs. 1 VZOG ist nur funktionsfähig, wenn dem Verfügenden keine nachteiligen Folgen aus einer Verfügung entstehen354. Es bestünde die Gefahr, daß die Verfügungsbefugnis brach liegen würde, wenn bei jeder Verfügung möglicherweise Schadensersatzpflichten ausgelöst werden, die über eine Erlös- oder Verkehrswertauskehr hinausgehen können Dennoch ist es unumgänglich, auch die Interessen der Eigentümer der betreffenden Grundstücke zu schützen. Ein Schutz wird freilich erst dann möglich, wenn an der Person des Eigentümers keine vernünftigen Zweifel mehr bestehen, wenn also seine Rechtsstellung offensichtlich wird. Kann sich ein Verfügungsbefugter der Feststellung eines Eigentümers nicht mehr entziehen, so sind Verfügungen, die im erkennbaren Widerspruch zu den Interessen des wahrscheinlichen Grundstückseigentümers stehen rechtlich möglich, aber unzulässig. Dies wird von der Literatur bereits in den Fällen der Verfügung über erkennbar notwendiges Verwaltungsvermögen einer anderen Körperschaft, d. h. eines anderen öffentlichen Eigentümers, anerkannt356. In diesen Fällen steht der Bedarf des 354 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 23. 355 Auf die Möglichkeit derartiger Ansprüche hat Walter DtZ 1996, 226, 229 zutreffend hingewiesen. 356 Lange DtZ 1991, 329, 333; Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 5; Leitschuh/Lange in R/ R / B , § 8 VZOG, Rn. 13; Bundesfinanzministerium in Infodienst Kommunal Nr. 27 v. 14. 6. 1991.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Eigentümers einer Verfügung, insbesondere einer Veräußerung, entgegen. Die Frage des Bedarfes läßt sich aber nur beantworten, wenn die Person der bedürftigen Körperschaft bestimmt ist, mithin wenn der wahrscheinliche Eigentümer des Grundstückes feststeht. Eine Verfügung über ein ehemals volkseigenes Grundstück, das nunmehr einen notwendigen Bestandteil des Verwaltungsvermögens des neuen Eigentümers darstellt, ist unzulässig, wenn nicht der Eigentümer zustimmt. Die Literatur, die die Frage einer Verfügungsbefugnis über nur scheinbar volkseigene Grundstücke nicht problematisiert, hat sich dementsprechend auch nicht mit der Zulässigkeit von Verfügungen über private Grundstücke beschäftigt. Die einschlägigen Kommentare schweigen zu diesem Bereich. Wie die Klarstellung des § 8 Abs. 1 VZOG gezeigt hat, ist die Richtigkeit Eintragung von „Eigentum des Volkes" für das Bestehen der Verfügungsbefugnis nicht Tatbestandsvoraussetzung. In der eingeräumten Verfügungsmacht ist daher notwendiger Weise auch die Möglichkeit einer Verfügung über nur scheinbar volkseigene Grundstücke angelegt. In erster Linie sollte die Verfügungsbefugnis die Verkehrsfähigkeit ehemals volkseigener Grundstücke bewirken. Nun kann aber niemand ohne weiteres und schon gar nicht anhand der Grundbucheintragung feststellen, ob tatsächlich zu DDR-Zeiten Volkseigentum an dem betreffenden Grundstück begründet worden ist. Deshalb wählte der Gesetzgeber für die Verfügungsbefugnis einen grundbuchklaren, für jedermann nachprüfbaren und im Grundsatz mit der Vermutung der Richtigkeit ausgestatteten, Anknüpfungspunkt, nämlich den tatsächlichen Grundbucheintrag „Eigentum des Volkes". Durch die Verfügungsbefugnis allein auf Grund des Grundbucheintrages konnte eine umfassende Verkehsfähigkeit für alle ehemals volkseigenen Grundstücke geschaffen werden. Unabsichtlich, aber doch in Kauf nehmend, begründete der Gesetzgeber damit aber auch die Verfügungsbefugnis über nur scheinbares Volkseigentum, das in Wahrheit privaten Eigentümern zustand. Die Verkehrsfähigkeit dieser Grundstücke war nicht vorrangiges Ziel des § 8 Abs. 1 a) VZOG. Solange aber der Verfügungsbefugte sich der Tatsache, daß es sich nur um ein scheinbar volkseigenes Grundstück handelt, nicht bewußt ist oder bewußt sein muß, solange soll und wird er allein im eigenen Interesse tätig 357 .

Ähnlich dem Fall des sich aufdrängenden Bedarfes einer anderen Verwaltungskörperschaft an einem ihr gehörenden Grundstück muß auch bei der Wahrscheinlichkeit einer privaten Eigentümerstellung für das betreffende Grundstück ein schränkung im Innenverhältnis angenommen werden, wonach Verfügungen ohne Zustimmung und gegen die erkennbaren Interessen des Eigentümers unzulässig sind. Nur so läßt sich der unbeabsichtigte Nebeneffekt der Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG verhältnismäßig gestalten. Die Verfügungsbefugnis, die die Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Eigentümers überwinden helfen soll, ist 357 So allg. zur Verfügungsbefugnis - Schmidt-Räntsch/Hiestand a.E

in RVI, § 8 VZOG, Rn. 5

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

bei privaten Grundstücken nicht mehr wahrzunehmen, wenn sich erhebliche Anzeichen dafür finden, daß Privateigentum an einem der Befugnis unterliegenden Grundstück besteht. Ob solche Anzeichen vorhanden sind, muß der Verfügungsbefugte aber nicht selbst prüfen. Eine generelle Prüfungspflicht zur Frage der Begründung von Volkseigentum besteht, wie ausgeführt, nicht. Es ist Sache des privaten Berechtigten, seine Eigentümerstellung gegenüber dem Verfügungsbefugten glaubhaft zu machen. Ein privater Eigentümer der nicht im Grundbuch eingetragen ist, muß die Unrichtigkeit des Grundbuches nachweisen, er ist beweisbelastet358. Will er die Eintragung im Grundbuch erreichen, muß er seine Eigentümerstellung nachweisen. Er kann von den Verfügungsbefugten nur dann die Bewilligung der Grundbuchberichtigung verlangen, wenn er den Beweis für die von ihm behauptete Eigentumslage erbringt. Dasselbe gilt auch für die Frage, ab wann der Verfügungsbefugte sich einer Verfügung zu enthalten hat. Auch dies ist erst dann der Fall, wenn an der Eigentümerstellung des Privaten keine vernünftigen Zweifel mehr bestehen. Muß der Verfügungsbefugte zur Annahme gelangen, daß offensichtlich ein privates Grundstück von seiner Verfügungsbefugnis umfaßt ist, so sind Verfügungen nur noch im Einvernehmen mit dem Eigentümer zulässig. Alle sonstige Verfügungen sind unzulässig und stellen eine Verletzung der Pflichten eines Verfügungsbefugten aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen ihm und dem Eigentümer (Berechtigten) des betreffenden Grundstückes dar. Der Eigentümer kann aus diesem gesetzlichen Schuldverhältnis vom Verfügungsbefugten nach dem Rechtsgedanken des § 1 Abs. 1 S. 2 WoGen VermG die Unterlassung weiterer Verfügungen verlangen. Das Vorstehende wird bestätigt, wenn man sich nochmals die Regelung des § 1 Abs. 1 S. 2 WoGen VermG in Erinnerung ruft. Dort kam mit der Feststellung, daß ein Grundstück einer genossenschaftlichen Wohnnutzung unterliegt, ein Verfügungsverbot im Innenverhältnis zur Entstehung. Gleiches gilt konsequenter Weise, wenn das private Eigentum an einem im Grundbuch als Volkseigentum geführten Grundstück, festgestellt ist. Dazu reicht es aus, wenn der Berechtigte sich so legitimieren kann, daß er eine Grundbuchberichtigung erreichen könnte. Mit einer solchen Legitimation gegenüber dem Verfügungsbefugten muß die Frage nach der Entstehung von Volkseigentum als beantwortet gelten und eine Verfügung als unzulässig ausscheiden. Beispiel: scheinbare Fiskalerbschaft Die genannten Beschränkungen des Innenverhältnisses zwischen Verfügungsbefugtem und dem privaten Eigentümer eines Grundstückes lassen sich besonders am Fall einer scheinbaren Fiskalerbschaft der DDR verdeutlichen. 358 Palandt-Äüsrcnge, § 894, Rn. 2.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Die Erbenermittlung wurde in der DDR nicht mit ausreichender Gewissenhaftigkeit betrieben. Oft wurden Erben dritter Ordnung, besonders wenn ihre Spur in den Westen führte, nicht ermittelt. Statt dessen erließen die staatlichen Notariate der DDR als zuständige Nachlaßgerichte einen Beschluß, wonach gemäß § 369 Z G B 3 5 9 festgestellt wird, daß die DDR Erbe des Verstorbenen geworden ist. Danach wurde dann ein Fiskalerbschein zugunsten der DDR erstellt, im Grundbuch „Eigentum des Volkes" eingetragen und das Grundstück einem Rechtsträger zugeordnet 360. Allein mit der Eintragung von Eigentum des Volkes ist kein Eigentumsverlust verbunden gewesen. Ein solches vermeintlich „erbenloses" Grundstück wurde daher zu keinem Zeitpunkt wirksam in Volkseigentum überführt 361. Das Eigentum ist außerhalb des Grundbuches im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die vorhandenen, gegenüber der DDR vorrangigen, Erben übergegangen. Um sich ins Grundbuch als Eigentümer eintragen zu lassen, müssen die Erben die Unrichtigkeit der Grundbucheintragung „Eigentum des Volkes" gemäß §§ 29, 35 Abs. 1 GBO mittels Erbschein nachweisen. Die anderslautenden Fiskalerbscheine zugunsten der DDR müssen deshalb zuvor eingezogen werden. Die Einziehung eines Erbscheines vollzieht sich nach § 2361 BGB. Bei der Feststellung der Unrichtigkeit des Fiskalerbscheines kommt dabei den möglicherweise übergangenen Erben die Amtsermittlung nach § 12 FGG zugute. Sobald nicht nur Zweifel an der Richtigkeit eines solchen Erbscheines bestehen362, sondern dessen Unrichtigkeit festgestellt ist, wird das Nachlaßgericht durch Beschluß den unrichtigen Erbschein einziehen und einen neuen zugunsten der wahren Erben erteilen 363. Damit können sich die Erben gegenüber dem Grundbuchamt legitimieren und die Buchberichtigung erreichen. Gegenüber den Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG muß es dann ebenfalls ausreichen, wenn die Erben sich mit einem zu ihren Gunsten lautenden Erbschein ausweisen. In einem solchen Fall wäre klar, daß demnächst durch die Grundbuchberichtigung eine Aufhebung der Verfügungsbefugnis bevorsteht. Voraussetzung der Befugnis des § 8 Abs. 1 VZOG ist nämlich die Grundbucheintragung „Eigentum des Volkes". Wird diese Eintragung wegen ihrer Unrichtigkeit berichtigt, entfällt zugleich die Verfügungsbefugnis. Eine Verfügung zwischen Kenntniserlangung von der bevorstehenden Buchberichtigung bis zu deren Grundbuchvollzug wäre unzulässig. Sie käme einem Mißbrauch gleich. Gleichwohl wäre eine solche Verfügung wegen des Schutzes eines Erwerbers wirksam. 359 Seit dem 1.1. 1976 galt das ZGB. Zuvor erfolgte die Fiskalerbschaft nach § 1936 BGB. 360 Vgl. umfassend dazu Walter DtZ 1996,226 ff. 361 OLG Dresden Urt. v. 27. 8. 98-19 U1762/96 S. 5; Ein solcher Mangel ist auch nicht nach Art. 237 Abs. 1 EGBGB unbeachtlich, vgl. BGH Urt. v. 19. 6. 98 - V ZR 356/96 = ZIP 1998, 1324 ff. 362 Palandi-Edenhofer, § 2361, Rn. 9. 363 Gregor, Erbscheinverfahren, 1996, S. 61 f.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

gg) Zwischenergebnis Das Innenverhältnis zwischen den Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG und den Eigentümern der von der Verfügungsbefugnis umfaßten Grundstücke beinhaltet als gesetzliches Schuldverhältnis eine Unterlassungspflicht der Verfügungsbefugten. Die Pflicht, rechtlich möglich Verfügung zu unterlassen, besteht dann, wenn ein öffentlich Berechtigter glaubhaft macht, daß das betreffende Grundstück ein notwendiger Teil seines Verwaltungsvermögens darstellt und auch dann, wenn ein privater Berechtigter sein Privateigentum in der Form glaubhaft macht, daß er eine Grundbuchberichtigung erreichen könnte. In diesen Fällen steht den Berechtigten ein Unterlassungsanspruch gegen die Verfügungsbefugten zu. Für die Wohnungsgenossenschaften, als private Eigentümer, ergibt sich dies aus § 1 Abs. 1 S. 2 WoGen VermG bereits dann, wenn sie ein Grundstück derzeit für Wohnzwecke nutzen. Für sonstige private oder öffentliche Eigentümer ergibt sich dies aus dem zugrundeliegenden Rechtsgedanken als eine Pflicht aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen ihnen und den Verfügungsbefugten.

hh) Möglichkeiten des Rechtsschutz der Berechtigten bei unzulässigen Verfügungen Eng mit der Frage nach Beschränkungen der Verfügungsermächtigung im Innenverhältnis ist die Frage nach den Rechtsschutzmöglichkeiten der Eigentümer gegen Verfügungen der Verfügungsbefugten verbunden. So hatte Grün 364 gegen eine Verfügungsbefugnis über nur scheinbares Volkseigentum eingewandt, daß der wahre, private Eigentümer eines solchen Grundstückes einer Verfügung des Verfügungsbefugten tatenlos zuschauen müßte, da insbesondere ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuches eine Verfügung nicht verhindern könne. Es trifft zu, daß ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Grundbucheintragung „Eigentum des Volkes" eine Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG nicht verhindern könnte, da die Verfügungsbefugnis gerade unabhängig von dieser Richtigkeit besteht. Damit ist aber nur festgestellt, daß der Widerspruch ein untaugliches Mittel zur Unterbindung einer Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG ist 365 . So haben Eickmann366 und Böhringer 367 zutreffend festgestellt, daß durch Widerspruch oder Vormerkung eine Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG nicht verhin364 ZIP 1997, 491,493. 365 Kohler NJW 1991, 465, 469 hat gezeigt, daß auch für den Schutz des Restitutionsberechtigten ein Widerspruch unzulässig und damit untauglich ist; ähnlich Kinne ZOV 1991, 21 ff. 366 Eickmann, Grundstücksrecht in den neuen Bundesländern, S. 27. 367 Nach Böhringer DtZ 1996, 34, 35 zerstört ein Widerspruch nicht die gesetzliche Verfügungsbefugnis.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

dert werden kann. Verfügungen, die gegen die oben beschriebene Unterlassungspflicht verstoßen würden, kann der Berechtigte nur durch ein gerichtliches Verfügungsverbot gemäß § 136 BGB verhindern 368. Mit einer solchen Verfügungsbeschränkung wären dem Verfügungsbefugten sämtliche Verfügungen im Sinne des § 8 Abs. 1 VZOG, d. h. nicht nur die Veräußerung sondern auch schuldrechtliche und tatsächliche Verfügungen, untersagt369. Den Beschränkungen aus dem Innenverhältnis kann so relative Außenwirkung zugunsten des Verbotsgeschützten beigefügt werden. Verbotswidrige Verfügungen wären gemäß §§ 136, 135 BGB ihm gegenüber relativ unwirksam 370. Relative Verfügungsverbote können jedoch durch einen insoweit gutgläubigen Erwerb gemäß §§ 135 Abs. 2, 892 BGB überwunden werden. Um auch diese Gefahr auszuschließen, muß ein gerichtliches Verfügungsverbot ins Grundbuch eingetragen werden 371 oder der Drittinteressent in Kenntnis gesetzt werden 372. Ein gerichtliches Verfügungsverbot kann im Wege einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935, 938 Abs. 2 ZPO erreicht werden. Als Verfügungsanspruch ist der Unterlassungsanspruch aus dem Innenverhältnis maßgeblich. Ein Verfügungsgrund resultiert aus der Gefahr einer rechtswirksamen Verfügung kraft gesetzlicher Verfügungsbefugnis, mithin einer Rechtsvereitelung. Die Eintragungsfähigkeit eines derartigen, gerichtlichen Verfügungsverbotes ergibt sich aus § 941 ZPO 3 7 3 . Für die Sicherung des Verfügungsbeschränkungen gemäß § 3 Abs. 3 VermG ist dies bereits anerkannt374. Dort wie hier muß die Frage, ob der Zivilrechtsweg gemäß § 17 GVG zulässig ist, bejaht werden 375. Der B G H 3 7 6 hat die Eröffnung des ordentlichen Rechtsweges für die Erwirkung eines Veräußerungsverbotes zum Schutze des Restitutionsberechtigten und seines schuldrechtlichen Unterlassungsanpruches aus § 3 Abs. 3 S. 1 VermG wie folgt begründet. Restitutionsberechtiger und damit Anspruchssteller sei ein Privater, dem ein privates Recht durch einen der in § 1 VermG genannten Enteignungstatbestände entzogen worden sei. Anspruchsverpflichteter ist der der368 A.A. ohne nähere Begründung Böhringer DtZ 1996,34, 35. 369 Allg. dazu Paiandt-Heinrichs, § 136 Rn. 1. 370 Ruhwedel JuS 1980,161, 165.

371 Palandt-Heinrichs, § 136 Rn. 9. 372 Vgl. nur Kohler DNotZ 1991,699,706. 373 Statt aller Thomas/Putzo, ZPO, § 941, Rn. 1 ; Böttcher Rpfleger 1983,49 ff. m. w. N. 374 BHGZ 124, 147 m. w. N.; Staudinger-Kohler, § 136, Rn. 7 a.E. m. w. N.; Fritsche OVspez. 1998, 179.; schon Kohler DNotZ 1991,699, 705; ders. NJW 1991,465,470; mit Zweifeln Kinne ZOV 1991,21,22. 375 BHGZ 124, 147 m. w. N. trotz der Regelungen des § 6 VZOG und des § 37 VermG; BezG Dresden NJ 1992, 37; KG DtZ 1991, 191; Klumpe/Nastold, Rechtshandbuch Ost-Immobilien, 2. Aufl. 1992, Rn. 131 ff.; vgl. auch BVerfG ZIP 1991, 1029 und LG Berlin VIZ 1999, 288. 376 BHGZ 124, 147, 148 ff. auch mit Nachweisen zur mittlerweile aufgegebenen Gegenauffassung.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

zeitige Verfügungsberechtigte. Dies ist im Regelfall der derzeitige Eigentümer. Verfügungsberechtigte und damit Anspruchsgegner können aber auch die Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG sein. Die Rechtsstellung eines Unterlassungspflichtigen leitet sich nach Auffassung des BGH daher aus einer privatrechtlichen Beziehung zum betroffenen Vermögensgegenstand ab, „sei es als derzeitiger Eigentümer, sei es als verfügungsbefugter Nichteigentümer. Auch soweit eine juristische Person des öffentlichen Rechtes in Anspruch genommen wird (etwa als kommunale Gebietskörperschaft... oder als Verfügungsbefugte nach § 6 VZOG) wird ihr die Unterlassung nicht als Hoheitsträger, sondern als Inhaber privater Rechte angesonnen". Damit stellt der BGH auf die Gleichrangigkeit der am gesetzlichen Schuldverhältnis aus § 3 Abs. 3 VermG Beteiligten ab. Der Gesetzgeber hat den Verfügungsbefugten kein gesetzliches Verfügungsverbot auferlegt, sondern er hat die Aufrechterhaltung der bestehenden Verhältnisse während des Restitutionsverfahrens dem Berechtigten überlassen und ihm dazu einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch eingeräumt. Die Erwägungen des BGH lassen sich auf einen Unterlassungsanspruch nach dem Rechtsgedanken des § 1 Abs. 1 S. 2 WoGenVermG ohne weiteres übertragen. Maßgeblich ist auch hier zunächst die Person des Antragstellers. Während bei einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zur Ergänzung eines Untersagungsverfahren nach § 12 Abs. 3 VZOG der Antragsteller ein öffentlicher (Restitutions-)Berechtigter ist, ist es bei einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Verfügungsverbotes des § 3 Abs. 3 VermG ein privater (Restitutions-)Berechtigter und bei der Sicherung des Verfügungsverbotes auch § 1 Abs. 1 S. 2 WoGen VermG (direkt oder dem Rechtsgedanken nach) ebenfalls eine juristische oder natürliche Person des Privatrechtes. Der Unterlassungsanspruch hat seinen Ursprung in der zivilrechtlichen Eigentumsposition des jeweiligen Anspruchstellers. Die Person des Anspruchsgegners wird als gesetzlich zur Verfügung Ermächtigter in Anspruch genommen. Die Verfügungsbefugnis beinhaltet die Rechtsmacht, wie ein privater Eigentümer zu verfügen 377. Es geht in der Sache daher um die Untersagung zivilrechtlicher Befugnisse, nicht um die Ausübung von Hoheitsmacht378. Die eigenständige Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG hat der Gesetzgeber im Außenverhältnis ebensowenig wie die Verfügungsberechtigung nach § 3 Abs. 3 VermG beschränkt. Auch im Bereich des § 8 Abs. 1 VZOG ist es daher Sache des Berechtigten, unzulässige Verfügungen zu verhindern und ggf. gerichtlich zu untersagen. Wenn diese Möglichkeit sogar einem Nichteigentümer (Restitutionsberechtigter) gegenüber den Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG offensteht 379, so muß dies erst recht für den derzeitigen Eigentümer möglich sein. 377 Böhringer MittBayNot 1991,189,190. 378 Aus diesem Grunde bestimmt § 8 Abs. 1 a) VZOG, daß die verfügende Stelle nicht den Bestimmungen über die Verfügung über eigenes Vermögen (ζ. B. § 90 SächsGemO) unterliegt; siehe auch Böhringer BWNotZ 1996, 49, 52; BezG Chemnitz Rpfleger 1993, 60 f. (zu § 6 VZOG).

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

ii) Ende der Ermächtigung Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung nach § 185 BGB und die gesetzliche nach § 8 VZOG unterscheiden sich hinsichtlich möglicher Beendigungstatbestände erheblich. Dies folgt aus den verschiedenen Ermächtigungsgrundlagen mit Rechtsgeschäft und Gesetz. (1) Ende der rechtsgeschäftliche

Ermächtigung

Eine rechtsgeschäftliche Ermächtigung endet gemäß § 183 BGB, wenn sie vom Ermächtigenden widerrufen wird. Bis zur Vornahme des betreffenden Rechtsgeschäftes, zu dem ermächtigt wurde, kann die Ermächtigung frei widerrufen werden und zwar gegenüber dem einen, wie dem anderen Teil 380 . Aus der Verwandtschaft der Ermächtigung mit der Vollmacht resultiert des weiteren die Übernahme des Rechtsgedankens des § 168 S. 1 BGB. Danach bestimmt sich das Erlöschen der Vollmacht/Ermächtigung nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses. Ermächtigung und zugrunde liegendes Rechtsverhältnis bestehen daher regelmäßig zusammen und gehen auch zusammen unter 381. Eine rechtsgeschäftliche Ermächtigung endet daher nach Widerruf oder mit dem Erlöschen des der Ermächtigung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses. Verfügungen, die bereits getroffen wurden und die vollständig wirksam geworden sind, bleiben vom Wegfall der Ermächtigung unberührt. Teilweise vollzogene Verfügungen werden nach umstrittener Rechtsprechung nicht gemäß § 878 BGB 3 8 2 , auch nicht analog, „gerettet" 383. (2) Ende der gesetzlichen Ermächtigung des § 8 Abs. 1 VZOG Die Ermächtigung des § 8 Abs. 1 VZOG wird anders als die nach § 185 BGB nicht durch Rechtsgeschäft, sondern durch Gesetz „erklärt". Die aus der Norm des § 8 VZOG gegenüber jedermann angeordnete Verfügungsbefugnis kann nur in gleicher Weise beseitigt werden, wie sie verliehen wurde, mithin durch eine Norm379 BGHZ 124, 147, 148. 380 Vgl. nur Schramm in MüKo, BGB, § 183, Rn. 7. 381 Vgl. nur Schramm in MüKo, BGB, § 183, Rn. 3. 382 Eine direkte Anwendung verbietet der Wortlaut, der vom „Berechtigten" spricht, vgl. BayOblGE 60,456 = DNotZ 61, 198; OLG Köln Rpfleger 1975,20, 21. 383 Palandt- Bassenge, § 878 Rn. 6; BGHZ 49, 197, 207; RG 135, 378, 382; BayOblGE 60,456 = DNotZ 61, 198; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 125; Schönfeld JZ 1959, 140, 144 führt in Fn. 43 aus: § 878 BGB ist also wie folgt zu lesen: „ E i n e vom Rechtsinhaber oder einem Dritten mit Zustimmung (§ 185 BGB) des Rechtsinhabers abgegebene Erklärung i.S. von § 873 BGB wird nicht unwirksam, wenn der Rechtsinhaber in der Verfügung beschränkt wird, nachdem ..."; für eine Analogie ζ. B. OLG Köln Rpfleger 1975, 20, 21 \Hoch NJW 1955, 653.

Rechtscharakter

Rechtsmacht der Verfügungsbefugnis

aufhebung oder normierte Beendigungstatbestände. Ein Widerruf des Berechtigten gegenüber den Verfügungsbefugten reicht selbstverständlich nicht 384 , denn ein Dritter muß sich auf die gesetzliche Befugnis verlassen können. Mangels zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses ist auch der Gedanke des § 168 S. 1 BGB nicht übertragbar. Zwar besteht zwischen den Verfügungsbefugten und den wahren Eigentümern ein gesetzliches Schuldverhältnis in Form eines Innenverhältnisses. Damit ist jedoch kein Grundverhältnis im Sinne des § 168 BGB vorhanden. Während die Ermächtigung durch den Gesetzgeber erfolgt (Außenverhältnis), ergeben sich die Beschränkungen der Verfügungsbefugten nicht diesem gegenüber, sondern den materiellen Eigentümern gegenüber (Innenverhältnis). Auf diesem Innenverhältnis beruht die Ermächtigung daher nicht, es liegt ihr nicht „zugrunde". Der Gesetzgeber hat deshalb bereits in § 8 Abs. 3 VZOG gesetzlich normiert, wann die Verfügungsbefugnis nach Absatz 1 endet. Dies ist der Fall, wenn kumulativ ein unanfechtbarer Feststellungsbescheid ergangen ist (denn der geborene Verfügungsbefugte ist dann mit dem Bescheid durch das VZOG- Verfahren festgestellt) und dem Grundbuchamt eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde hierüber vorgelegt wird. Zu diesem Zeitpunkt bereits getroffene, aber noch nicht vollzogene Verfügungen werden durch die entsprechende Anwendung des § 878 BGB i.V.m. § 8 Abs. 3 S. 2 VZOG weiterhin als wirksam behandelt und können demgemäß noch nach dem Wegfall der Verfügungsbefugnis vollzogen werden. Dasselbe gilt nach § 8 Abs. 3 S. 3 VZOG, wenn eine Vormerkung bereits im Grundbuch eingetragen ist. Die Verfügungsbefugnis endet aber auch, wenn eine tatbestandliche Voraussetzung des § 8 Abs. 1 VZOG wegfällt. Insbesondere wenn im Wege der Grundbuchberichtigung, weil zu Unrecht Eigentum des Volkes eingetragen war, der maßgebliche Grundbucheintrag beseitigt wird (der tatsächlich Berechtigte ist dann außerhalb des VZOG-Verfahrens festgestellt) oder wenn wirksam verfügt wird und demgemäß ein Dritter (Erwerber) als Eigentümer im Grundbuch eingetragen wird, endet die Verfügungsbefugnis auch. Das betreffende Grundstück unterliegt nicht mehr der Verfügungsbefugnis. Mit anderen Worten ist der Verfügungsgegenstand weggefallen. Neben diesem rechtlichen Wegfall kann es natürlich auch zu einem tatsächlichen Wegfall ζ. B. durch eine vollständige Zerstörung eines der Verfügungsbefugnis unterliegenden Gebäudes geben. Es gilt dann das bereits Gesagte.

384 A.A. Walter DtZ 1996, 226, 228, der aber verkennt das bei § 8 VZOG Ermächtigender (Gesetzgeber) und materiell Berechtigter (Eigentümer) personenverschieden sind. 11 Gohrke

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

B. Rückwirkung auf Verfügungen vor Erlangung der Verfügungsbefugnis Im Zusammenhang mit der Verfügungsbefugnis nach dem VZOG wird schon seit langem die Frage einer Rückwirkung auf Verfügungen vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 23. 03. 1991 problematisiert. Auf der einen Seite wird versucht, bereits vor diesem Datum getroffene Verfügungen im weitesten Sinne zu „heilen". Auf der anderen Seite wird gegen eine materielle Verfügungsbefugnis, insbesondere durch den § 8 VZOG n.F., eine unzulässige verfassungsrechtliche Rückwirkung eingewandt. Nachfolgend soll zunächst untersucht werden, ob den Normen des VZOG über die Verfügungsbefugnis eine ausdrückliche Rückwirkung beigemessen wurde oder ob eine materielle Rückwirkung nach den Grundsätzen der Konvaleszenz oder in sonstiger Weise angenommen werden kann 385 . Zu den verfassungsrechtlichen Fragen werden später gesonderte Prüfungen angestellt.

I . Verfahrensrechtliche, ausdrückliche Rückwirkung des § 8 V Z O G auf Verfügungen vor dem Inkrafttreten des V Z O G (3.10.90· bis 22.3.1991) Die gesetzliche Regelung der Verfügungsbefugnis wurde mehrfach ergänzt und geändert. So auch durch Art. 16 des Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung registerrechtlicher und anderer Verfahren (Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz -RegVBG) vom 20. 12. 1993 386 . Im RegVBG bestimmte der Gesetzgeber in Art. 19 Abs. 6 S. 1 folgendes: , Artikel 16 ist, soweit dort nichts Abweichendes bestimmt ist, auf Verfahren anzuwenden, in denen bei Inkrafttreten dieses Gesetzes noch keine bestandskräftige Entscheidung der Zuordnungsbehörde ergangen ist."

Der Gesetzgeber stellte damit sicher, daß ab dem Inkrafttreten des RegVBG alle unbeendeten Zuordnungsverfahren sich nach dem neuen VZOGrichten.Dies wird auch nicht bezweifelt. Zwar besteht Streit über den Umfang der Rückwirkung387. Es wird aber der Zeitpunkt, auf den eine Rückwirkung erfolgen soll, nicht in Frage gestellt. Ohne ausdrückliche Stellungnahme wird der 23. 3. 1991, d. h. das Inkrafttreten des VZOG in seiner Ursprungsfassung, als maßgeblich angesehen. 385 Zur Veranschaulichung und teilweisen Zusammenfassung der gefundenen Ergebnisse dient die Übersicht im Anhang III. 386 BGBl. 1993 I, S. 2182. 387 Vgl. BVerwG VIZ 1994,290,292 einerseits; VG Greifswald VIZ 1994,689.

Β. Rückwirkung auf Verfügungen vor Erlangung der Verfügungsbefugnis

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Problematisch ist dagegen die Frage, ob mit der angeordneten Rückwirkung auch die Zuordnungslage vor dem erstmaligen Inkrafttreten des VZOG am 22. 3. 1991 berührt wird. Interessant kann dies nur für Verfügungen der späteren Verfügungsbefugten sein, weil alle sonstigen Handlungen der Zuordnungsbehörden begrifflich erst ab deren Bestellung durch das VZOG vorliegen können. Es ist demnach die Frage zu beantworten, ob Verfügungen, die in der Zeit vom 3. 10. 1990 und vor dem 23. 03. 1991 von den später nach § 6 bzw. § 8 VZOG Verfügungsbefugten getroffen wurden, durch die ausdrücklich Rückwirkung des Art. 19 Abs. 6 S. 1 RegVBG nachträglich als Verfügungen im Sinne der Verfügungsbefugnis des VZOG anzusehen sind. Soweit ersichtlich hat sich zu dieser Frage bisher nur das OLG Dresden 388 geäußert. Der berufene Senat hat ausgeführt, daß eine Anwendung des § 8 VZOG a.F. nach Art. 19 Abs. 6 S. 1 RegVBG nur auf eingeleitete Verfahren Anwendung finden soll, die noch nicht durch einen Feststellungsbescheid beendet wurden. Dagegen sei keine generelle Rückwirkung gewollt, die auch Fälle der Vermögensübertragung vor dem Inkrafttreten der ersten Fassung des VZOG erfaßt. Dem ist zuzustimmen389. Der Regelung des Art. 19 Abs. 6 S. 1 RegVBG kann nur entnommen werden, daß ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes alle offenen Verfahren einheitlich nur noch nach dem neuen VZOG zu behandeln sind. Damit ist aber nichts über die Veränderung des zeitlichen Geltungsbereiches des VZOG über dessen erstmalige Verkündung hinaus gesagt. Es wird, will der Gesetzgeber derartige Rückwirkung einer Norm beimessen, eine ausdrückliche Regelung zu fordern sein. So hat auch der Gesetzgeber des RegVBG ζ. B. in Art. 19 Abs. 6 S. 2 für die von ihm gewollten Fälle echter Rückwirkung ausdrücklich einen Termin benannt, zu dem die Rückwirkung erfolgen soll, wobei dieser Termin nach dem erstmaligen Inkrafttreten des VZOG liegt. Darüber hinaus sind in den Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß der Gesetzgeber 1993 das Bedürfnis nach einer rückwirkenden Regelung für den hier maßgeblichen Zeitraum vor dem 23. 3. 1991 gesehen hat. Mit dem OLG Dresden ist deshalb eine Rückwirkung des § 8 VZOG a.F. auf den Zeitraum vom 3. 10. 90. bis zum Inkrafttreten des VZOG am 23. 3.1991 abzulehnen.

I L Rückwirkung des § 8 Abs. 1 V Z O G n.F. Nach der Auffassung des B G H 3 9 0 entfaltet der § 8 VZOG n.F. eine Rückwirkung für Verfügungen vor Inkrafttreten der Neufassung des § 8 VZOG 3 9 1 . Der § 8 388 OLG Dresden Urt. v. 28.11. 96-16 U 356/96, S. 9 f. 389 Anders noch Gohrke ZOV 1997,224,228. 390 BGH Urt. v. 19.6.98 - V ZR 356/96 = ZIP 1998,1324 ff.; dem folgend OLG Dresden Urt. v. 27. 8. 98-19 U 1762/96. 11*

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

VZOG wurde durch Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 WoModSiG dem Wortlaut nach geändert. Nach Art. 7 Abs. 2 S. 3 WoModSiG gilt folgendes: „Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 gelten nicht, soweit bei Inkrafttreten dieser Vorschrift in Ansehung der dort bezeichnenden Rechtsverhältnisse ein rechtskräftiges Urteil ergangen oder eine Einigung der Beteiligten erfolgt ist."

Der BGH entnimmt dieser Regelung, daß in allen anderen Fällen (weder Urteil noch Einigung) die Neufassung des § 8 VZOG gemäß Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 WoModSiG zur Anwendung kommt. Dies ist inhaltlich zutreffend, sagt aber noch nichts über eine Rückwirkung aus. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist bereits dann eine (unechte) Rückwirkung gegeben, wenn eine Norm in nicht beendete Sachverhalte nachträglich belastend eingreift. Damit läge eine tatbestandliche Rückanknüpfung vor, da eine belastende Norm sachliche Geltung für Gegebenheiten aus einem Zeitraum vor ihrem Inkrafttreten beansprucht392. Ohne an dieser Stelle die verfassungsrechtlichen Fragen vorwegzunehmen, kann folgendes als einhellige Auffassung zugrunde gelegt werden. Eine Rückwirkung ist nur dann gegeben, wenn die Neufassung des § 8 VZOG inhaltlich neue, bisher nicht da gewesene, Regelungen enthält. Wenn dagegen § 8 VZOG alte und neue Fassung inhaltlich nicht voneinander abweichen, so haben beide Normen die gleichen Voraussetzungen und bewirken die gleichen Rechtsfolgen. Eine inhaltliche Rückwirkung ist dann nicht gegeben, mag auch der letztendliche Wortlaut der Norm allein maßgeblich sein. Nach der, wie ausgeführt, zutreffenden Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages handelt es sich bei § 8 VZOG n.F. um eine Klarstellung 393. Nur weil der Wortlaut durch die Rechtsprechung in Zweifel gezogen wurde, hat der Gesetzgeber sich veranlaßt gesehen, den § 8 VZOG klarstellend zu ändern. Inhaltlich hat es demgemäß keine Änderung gegeben. Eine inhaltliche Rückwirkung muß deshalb entgegen dem BGH abgelehnt werden. Die gegenteilige Auffassung des BGH resultiert daraus, daß er bezüglich der verschiedenen Fassungen des § 8 VZOG unterschiedliche inhaltlicher Interpretationen vornimmt und dabei, als sei dies der Normalfall, auf die (als solche auch angesehenen) entgegenstehenden Gesetzesmaterialien verweist 394. Es ist aber tatsächlich so, daß der Gesetzgeber mit der Klarstellung einer bestehenden Norm keine Rückwirkung bewirkt und auch nicht bewirken will.

391 Bis zu welchem Zeitraum sich die Rückwirkung erstrecken soll, läßt auch der BGH offen. 392

Allg. zur unechten Rückwirkung bzw. tatbestandlichen Rückanknüpfung BVerfG DVB1. 1988,93,97 (1. Senat); BVerfG DVB1. 1988,191,199 (2. Senat). 393 BT-Drs. 13/7275 S. 73 ff. 394 BGH Urt. v. 19. 6. 98 - V ZR 356/96 = ZIP 1998, 1324 ff.

Β. Rückwirkung auf Verfügungen vor Erlangung der Verfügungsbefugnis

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Es bleibt festzuhalten, daß es keine ausdrückliche Rückwirkung der Normen über eine Verfügungsbefugnis gibt, die den Zeitraum vor dem 23. 3. 1991 betreffen könnten. Der Gesetzgeber hat sowohl mit Art. 19 Abs. 6 S. 1 RegVBG als auch mit Art. 7 Abs. 2 S. 3 WoModSiG nur Regelungen getroffen, nach denen auf noch offene Verfahren seit dem Inkrafttreten des VZOG ein geänderter Text Anwendung finden soll, wobei im erst genannten Fall auch inhaltliche Änderungen vorgenommen wurden, was bei § 8 VZOG n.F. als Klarstellungsnorm nicht der Fall war.

I I I . Rückwirkung durch Konvaleszenz 1· Gesetzlich geregelte Konvaleszenzfalle Aus dem vorhergehenden Absatz ergibt sich, daß eine gesetzliche Verfügungsbefugnis neben der des Eigentümers für die Zeit vom 3. 10. 1990 bis zum 22. 3. 1991 nicht bestand. Soweit die späteren Verfügungsbefugten in dieser Zeit Verfügungen getätigt haben sollten, haben sie dies ohne Verfügungsbefugnis, ohne die Fiktion des § 6 Abs. 2/§ 8 Abs. 2 VZOG (Verfügung als Berechtigter) und damit als Nichtberechtigter getan. Die Verfügungsbefugnis ist in gewissem Umfang mit einer rechtsgeschäftlichen Ermächtigung gemäß § 185 BGB vergleichbar 395. § 185 BGB trifft in Abs. 2 Regelungen, wann die Verfügung eines Nichtberechtigten später wirksam werden kann. Das Gesetz nennt als Fälle der Heilung 396 von Verfügungen eines Nichtberechtigten (1) die nachträgliche Genehmigung durch den Berechtigten, (2) den Erwerb des Rechtes, über das verfügt wurde, durch den Verfügenden und (3) die Beerbung des Verfügenden durch den Berechtigten. Der wesentliche Unterschied der vorgenannten Heilungsmöglichgkeiten (Konvaleszenz397) besteht darin, daß nur im Falle der Genehmigung eine materielle Rückwirkung insoweit eintritt, daß die genehmigte Verfügung ex tunc, d. h. von Anfang, an als wirksam anzusehen ist 398 . Dagegen wird eine Verfügung in den Fällen des Erwerbes und der Beerbung, d. h. in den Fällen, in denen das Recht, über das verfügt wurde, und die Gebundenheit an die Verfügung später in derselben Person zusammentreffen 399, ohne Rückwirkung, d. h. ex nunc, wirksam 400. 395

Siehe dazu im einzelnen § 3 A. III. 7. a). 396 Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, Bd. II, 3. Aufl. 1979, § 58. 397 Nach Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 2. Halbband, 1955, § 204, V umschreibt der Begriff der Konvaleszenz das nachträgliche Vollwirksamwerden eines anfangs mangelhaften Geschäftes. Wahrend einige Autoren alle Fälle des § 185 BGB zur Konvaleszenz zählen, so ζ. B. Palandt- Heinrichs, § 185, Rn. 1; Lehmann, Allgemeiner Teil des BGB, 1949, § 37 V 2, sehen andere in der Einwilligung und Genehmigung keine Konvaleszenz, vgl. v. Thür, Allgemeiner Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd. 2, 1. Hälfte, 1957, § 60 Fn. 110; Larenz, Allgemeiner Teil des BGB, § 24, S. 490. 398 Vgl. § 184 Abs. 1 BGB; Schramm in MüKo, § 185, Rn. 51.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

2. Gesetzlich nicht normierte, anerkannte Konvaleszenzfalle In Rechtsprechung und Literatur sind darüber hinaus verschiedene Fallgestaltungen einer Analogie zu § 185 Abs. 2 BGB anerkannt worden. Nach einhelliger Auffassung soll insbesondere die Verfügung eines Nichtberechtigten auch dann wirksam werden, wenn dieser nachträglich die Verfügungsbefugnis für die getätigte Verfügung erlangt. Dabei sind wiederum zwei Fallgruppen zu unterscheiden. 1. Zunächst einmal sollen Verfügungen des jeweiligen Rechtsinhabers, der seine zwischenzeitlich fehlende Verfügungsbefugnis wiedererlangt hat, mit der Wiedererlangung wirksam werden. Dies betrifft ζ. B. Verfügungen eines Gemeinschuldners nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Derartige Verfügungen werden mit der Aufhebung des Insolvenzsverfahrens wirksam 401. Kennzeichnend für diese Fallgruppe ist, daß mit der Wiedererlangung der Verfügungsbefugnis diese und das Recht, über das bereits verfügt wurde, wieder in derselben Person zusammentreffen. Da der Rechtsinhaber nunmehr die bereits getroffene Verfügung erneut vornehmen könnte, ist es zulässig, eine „Heilung" es nunc anzunehmen, mit der Folge, daß die Verfügung ohne bestätigendes Rechtsgeschäft wirksam wird. So bedarf es insbesondere keiner ausdrücklichen oder schlüssigen Genehmigung durch den verfügenden Rechtsinhaber402. Als einen Fall der Wiedererlangung der Verfügungsbefugnis hat Böhringer wiederholt angeführt 403, daß Verfügungen der Kommunen, die zur Erfüllung der sog. „Modrow"-Verträge (KomplettierungsVerkäufe) getätigt und erst nach dem 3.10.90 zur Eintragung beim Grundbuchamt beantragt wurden analog § 185 Abs. 1 bzw. Abs. 2 S. 1, 2. Alt BGB ohne weitere Rechtshandlung wirksam sind. 2. Von dem Fall, indem ein ausnahmsweise nicht verfügungsbefugter Rechtsinhaber erfügt, ist der Fall zu unterscheiden, daß ein noch nicht verfügungsbefugter Nichtberechtigter verfügt hat. Hat ζ. B. ein Insolvenzsverwalter bzw. ein Testamentsvollstrecker bereits vor der Ernennung verfügt, so wird seine Verfügung nicht allein dadurch wirksam, daß der verfügende Nichtberechtigte später die Ver-

399 Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 2. Halbband, § 204, V 2. 400 RGZ 135, 378, 383; Schramm in MüKo, § 185, Rn. 57 m. w. N.

401 Zur Rechtslage unter Geltung der KO, vgl. RGZ 149, 19, 22; Schramm in MüKo, § 185, Rn. 60 a.E.; Flume, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, Bd. II, § 58, S. 916. 402 Staudinger-Gurity, § 185 Rn. 71 m. w.N. 403 Böhringer, Besonderheiten des Liegenschaftsrechtes in den neuen Bundesländern, Rn. 326 und 333; ders. BWNotZ 1992,96; ders. OVspez. 20/93 S. 6; BezG Chemnitz Rpfleger 1993, 60; a.A. Moser-Merdian/Flik/Keller Das Grundbuchverfahren in den neuen Bundesländern,, Rn. 202; Flik Rpfleger 1996,330, 331 mit dem Hinweis auf die Grundbuchamtspraxis nach der vorgenannten Auffassung, auf Grund derer die sächs. Grundbuchämter keine Nachgenehmigung der Kommunen und Verfügungsbefugten fordern.

Β. Rückwirkung auf Verfügungen vor Erlangung der Verfügungsbefugnis

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fügungsmacht erlangt 404. Die alleinige Erlangung der Verfügungsbefugnis in der Person eines Nichtberechtigten reicht für eine Heilung nicht aus. Die Gründe, warum und wann es nach § 185 Abs. 2 BGB zu einer Konvaleszenz kommen soll, werden in der Literatur sehr unterschiedlich ausgeführt 405. Im Grunde besteht aber über folgendes weitestgehend Einigkeit. Die Verfügung eines Nichtberechtigten ist mangels Berechtigung zunächst schwebend unwirksam. Der Mangel der Berechtigung besteht in der fehlenden Verfügungsbefugnis. Ist der Verfügende z.Z. der Verfügung verfügungsbefugt, ist die Verfügung sofort wirksam. Fallen aber die Personen des Verfügenden und des Verfügungsberechtigten erst später zusammen, so kann die Verfügung erst in diesem Augenblick wirksam werden. Die Alternativen. 2 und 3 des § 185 Abs. 2 S. 1 BGB bestimmen nun, daß in den Fällen, in denen Verfügender, Verfügungsbefugter und materieller Rechtsinhaber (Berechtigter) zusammenfallen, die getroffene Verfügung ohne weiteres geheilt und damit wirksam wird. Der Berechtigte, der regelmäßig die Erfüllung der Verfügung schuldet und dessen Vermögen allein betroffen ist, soll sich auf den früheren Mangel der Berechtigung nicht berufen können. Dies wäre treuwidrig. Deshalb geht das Gesetz davon aus, daß der Berechtigte ohnehin genehmigen müßte. Als technische Vereinfachung heilt das Gesetz die Verfügung unmittelbar, aber mit ex nunc Wirkung 406 . Es bedarf daher keiner Genehmigung des Berechtigten. Mit dem erstmaligen Zusammenfallen von Verfügung und Verfügungsbefugnis wird die Verfügung zu Lasten des verfügenden Rechtsinhabers wirksam. Anders verhält es sich, wenn nachträglich nur die Person des Verfügenden und die des Verfügungsbefugten zusammenfallen, ohne daß dieser zugleich auch der Rechtsinhaber (Berechtigte) ist. Der Unterschied zum vorherigen Fall besteht darin, daß z.Z. der Erlangung der Verfügungsbefugnis eine Verfügung zu Lasten eines Dritten, nämlich des Berechtigten wirksam werden würde. Die Konvaleszenz soll aber nur Hilfe bei der Heilung von Verfügungen sein, an die der Berechtigte ohnehin gebunden ist 407 . Dagegen soll die Heilung einer Verfügung nicht zu Lasten fremden Vermögens gehen408. Eine Analogie zu § 185 Abs. 2 S. 1, Alt. 2 und 3 BGB für die Fälle des nachträglichen Erlangung der Verfügungsbefugnis durch eines Nichtrechtsinhaber ist daher abzulehnen409. Für derartige Verfügungen eines Nichtberechtigten bleibt nur die nachträgliche Möglichkeit einer Genehmigung. Nach § 185 Abs. 2 S. 1, 1. Alt BGB kann grundsätzlich nur der Berechtigte eine 404 Schramm in MüKo, § 185, Rn. 60 a.E. m. w. N. 405 Eine Übersicht gibt Hagen AcP 167,481,494. 406 Vgl. BGH NJW 1994, 1470, 1471 m. w. N. 407 Enneccerus-Nipperdey Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 2. Halbband, § 204, V 2.; Lehmann, Allgemeiner Teil des BGB, § 37 V 3. 408 Staudinger- Gursky, § 185, Rn. 72. 409 Vgl. Schramm in MüKo, § 185, Rn. 60 a.E.; Staudinger -Gursky, § 185, Rn. 73; jeweils m. w.N.; OLG Colmar OLGE 26, 349, 350.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Verfügung genehmigen. Es ist deshalb auch umstritten, ob der nunmehr Verfügungsberechtigte auch selbst seine Verfügung nachträglich genehmigen kann 410. Nach der einen Auffassung kann nur der Berechtigte genehmigen411, während die Gegenauffassung 412 eine Genehmigung durch den Verfügenden selbst und die rückwirkende Heilung nach §§ 185 Abs. 2 S. 1,1. Alt, 184 Abs. 1 BGB annehmen will. Beide Auffassungen überzeugen letztendlich nicht. Der Verfügungsbefugte könnte in dem Zeitpunkt, indem er die Befugnis nachträglich erlangt, die betreffende Verfügung erneut, nunmehr aber wirksam, vornehmen. Jedenfalls in diesem Zeitpunkt besteht für ihn die Rechtsmacht, über fremdes Vermögen wirksam zu verfügen 413. Es bedürfte nunmehr für eine wirksame Verfügung keiner Mitwirkung des Berechtigten. Ist dem aber so, so muß es dem jetzt verfügungsbefugten Nichtberechtigten auch möglich sein, eine bereits getroffene Verfügung kraft seiner jetzigen Verfügungsmacht zu bestätigen. Regelmäßig wird der (auch nichtberechtigt) Verfügende an seine Verfügung gebunden und zur Erfüllung eines Kausalgeschäftes verpflichtet sein. Es ist deshalb nicht ersichtlich, warum nur der Berechtigte die Verfügung durch seine Genehmigung endgültig wirksam werden lassen kann. Auch der Verfügende besitzt hierzu die notwendige Rechtsmacht. Zuzugeben ist dagegen, daß nur der Berechtigte über eine rückwirkende Entziehung einer Rechtsposition zu seinen Lasten disponieren kann. Zu einer rückwirkenden Verfügung besitzt der jetzige Verfügungsbefugte keine Rechtsmacht. Es ist daher unzulässig, den Verfügungsbefugten über diese Rückwirkung durch die Frage seiner Genehmigung disponieren zu lassen414. Ausreichend, aber auch notwendig ist die Möglichkeit einer Genehmigung der bereits getätigten Verfügung durch den Verfügungsberechtigten, wobei der Genehmigung eine Rückwirkung entgegen §184 Abs. 1 BGB zu versagen ist. Eine derartige Genehmigung entfaltet nur ex nunc Wirkung, mithin wird die genehmigte Verfügung nur für die Zukunft wirksam. Bis zur Genehmigung verbleibt das Recht, über das verfügt wurde, dem bis dahin allein verfügungsbefugten Rechtsinhaber. Es soll offen bleiben, ob mit dieser Fallgestaltung eine Analogie zu § 185 Abs. 2 S. 1, 1. Alt BGB oder zur 2. Alt angenommen wird. 410 Dies übersieht der BGH in seinem Urt. v. 27. 11. 98 - V ZR 180/97. Er hat ohne weiteres die Möglichkeit einer rückwirkenden Heilung nach § 185 Abs. 2 BGB bejaht, wenn aus dem Recht des „Berechtigten" eine Nachgenehmigung erfolgt. Der BGH hat dann untersucht, ob die Verfügungsbefugte (Stadt Leipzig) ihre Verfügung nachträglich genehmigt hat. Eine Genehmigung aus dem Recht des „Berechtigten" hätte aber nur der materiell Berechtigte, mithin der Eigentümer abgeben können. Was der BGH im Ergbenis zurecht annimmt ist ein Genehmigung durch den nunmehr Verfügungsbefugten, der nicht „Berechtigter" ist. 411 Schramm in MüKo, § 185, Rn. 60 mit Hinweis auf RG WarnR 1928 Nr. 55. 412 Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, Rn. 1035; Staudinger -Gursky, § 185, Rn. 73; RG 111,247, 250. 413 Staudinger, BGB, 9. Aufl. 1925, § 815 Ziff. 5 a) sah daher auch zurecht in dem nachträglichen Erwerb der Verfügungsbefugnis den Grund für eine Heilung gemäß § 185 BGB. 414 So auch Staudinger-Gwr^, § 185, Rn. 58 für § 185 Abs. 2 S. 1, 2. Alt BGB.

Β. Rückwirkung auf Verfügungen vor Erlangung der Verfügungsbefugnis

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Unabhängig von dieser Einordnung gebieten es die Grundsätze der Konvaleszenz, eine Heilung der Verfügungen vor der späteren Erlangung der Verfügungsbefugnis zuzulassen, wenn dieselbe Verfügung nunmehr möglich wäre. Eine Genehmigung setzt natürlich voraus, daß noch ein genehmigungsfähiges Rechtsgeschäft vorliegt. Sie scheidet daher aus, wenn die Verfügung aus einem anderen Grunde bereits endgültig unwirksam ist 415 , wenn ζ. B. der Berechtigte eine Genehmigung bereits endgültig verweigert hat 416 bzw. eine Vereinbarung über die Aufhebung geschlossen wurde 417 . Außerdem erfordert eine wirksame Genehmigung, daß der Genehmigende, sei es der Rechtsinhaber oder eine andere Person, im Zeitpunkt der Genehmigung eine ausreichende Genehmigungsbefugnis innehat418. Diese Befugnis ist ein Ausfluß der Verfügungsbefugnis und beinhaltet die Rechtsmacht, die Verfügung selbst vorzunehmen und deshalb auch eine bereits getroffene Verfügung zu genehmigen und damit nachträglich wirksam zu eigen zu machen. Die Genehmigung kann gemäß § 182 Abs. 1 BGB sowohl dem einen, als auch dem anderen Teil erklärt werden. Ist ein vom Rechtsinhaber Verschiedener der Genehmigende, so kann eine Genehmigung nur gegenüber dem Dritten, den die Verfügung betrifft, erfolgen, nicht aber gegenüber dem Rechtsinhaber. In dem hier untersuchten Fall einer nachträglichen Erlangung der Verfügungsbefugnis durch einen materiell Nichtberechtigten ist demgemäß dessen Vertragspartner der Genehmigungsempfänger. Diesem gegenüber kann der nunmehr Verfügungsbefugte die Genehmigung erklären. Die Genehmigung kann ausdrücklich, aber auch schlüssig und im übrigen gemäß § 182 Abs. 2 BGB formfrei erfolgen. So bedarf die Genehmigung einer Grundstücksverfügung keiner notariellen Form 419 . Nach alledem ist festzuhalten, daß die nachträgliche Erlangung der Verfügungsbefugnis durch eine andere Person, als den Rechtsinhaber nicht zu einer Heilung von Verfügungen vor der Erlangung führt. Der Verfügende und jetzige Verfügungsbefugte kann aber (auch) selbst seine Verfügung gegenüber seinem Vertragspartner genehmigen. Die Genehmigung entfaltet aber ausnahmsweise keine Rückwirkung, sondern sie wirkt nur ex nunc. Eine Genehmigung setzt voraus, daß zu ihrer Zeit noch ein schwebend unwirksames und damit genehmigungsfähiges Rechtsgeschäft vorhanden ist und der Genehmigende eine ausreichende Genehmigungsbefugnis innehat.

415 BGH NJW 1967, 1272; ZIP 1993,1187, 1188. 416 Ζ. B. BGH NJW 1993,2525. 417 Staudinger- Gursky, § 185, Rn. 48. 418 Der BGH verlangt mit der absolut h.M. eine Verfügungsbefugnis des Genehmigenden, vgl. BGH L M § 185 Nr. 32 = NJW 1989, 2049 = MDR 1989,907 = JZ 1989, 805 = BB 1989, 1293 mit zahlreichen w.N. 419 OLG Köln NJW 1994, 1344, 1345 m. zahlreichen w.N.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

3. Konvaleszenz von Verfügungen der Verfügungsbefugten des VZOG vor dessen Geltung analog § 185 Abs. 2 BGB Geht man, wie hier, davon aus, daß Verfügungen eines Nichtberechtigten geheilt werden können, wenn dieser später eine Verfügungsbefugnis erlangt, so stellt sich die Frage, ob diese Heilungsmöglichkeit auch auf Verfügungen der nach dem VZOG späteren Verfügungsbefugten zu übertragen ist. Mit anderen Worten gilt es die Frage zu beantworten, ob Verfügungsbefugte nach § 6 bzw. 8 VZOG ihre Verfügungen vor dem Inkrafttreten des VZOG am 23. 3. 1991 nachträglich kraft ihrer Verfügungsbefugnis analog § 185 Abs. 2 BGB genehmigen können. Zwischen rechtsgeschäftlicher und gesetzlicher Ermächtigung besteht hinsichtlich der Rechtsmacht des Ermächtigten eine grundlegende Vergleichbarkeit. In beiden Fällen eröffnet die Verfügungsbefugnis (Ermächtigung) die Rechtsmacht, im eigenen Namen über fremdes Vermögen wirksam zu verfügen, ohne daß es einer Mitwirkung des Rechtsinhabers bedarf. Die Fälle der Heilung einer Verfügung eines Noch-Nicht-Ermächtigten nach § 185 Abs. 2 BGB müssen daher stets zur Anwendung kommen, unabhängig vom Grund der späteren Ermächtigung. Sinn der Konvaleszenz ist die Vereinfachung eines Erwerberschutzes. Wer von einem Nichtberechtigten erwirbt, kann gegen diesen seinen Anspruch geltendmachen420. Die Wirksamkeit der Verfügung des vormals Nicht-Ermächtigten hängt jetzt nur vor der Genehmigung des Ermächtigten ab. Dieser ist regelmäßig aus einem Kausalgeschäft an die getroffene Verfügung gebunden, d. h. er muß sie erfüllen. Eine Verweigerung der Genehmigung wäre daher treuwidrig. Zum Schutz eines Verfügungsgegners (Erwerbers) ist deshalb analog § 185 Abs. 2 BGB eine ex nunc Heilung der Verfügung zu ermöglichen. Aus dessen Sicht macht es keinen Unterschied, worauf die jetzige Verfügungsbefugnis und damit auch Genehmigungsbefiignis des Ermächtigten beruht. Es muß deshalb auch in den Fällen einer nachträglichen gesetzlichen Verfügungsbefugnis eine Heilung bereits getätigter Verfügungen möglich sein. So ist auch allgemein anerkannt, daß Verfügungen eines amtlichen Verwalters fremden Vermögens421, die dieser vor seiner Ernennung tätigt, nachträglich durch Genehmigung wirksam werden 422. Dasselbe gilt in Fällen, in denen ein Vereinsvorstand vor seiner Bestellung über Vereinsvermögen verfügt 423. In all diesen Fällen nachträglicher Erlangung der Verfügungsbefugnis kann durch Genehmigung verfrühter Verfügungen deren Wirksamkeit erreicht werden.

«ο Staudinger-GwryJfcy, § 185,Rn.59. 421 Insolvenzverwalter, Zwangsverwalter, Nachlaßverwalter, Testamentsvollstrecker. 422 Vgl. Schramm in MüKo, § 185, Rn. 60 a.E; Staudinger-Gursky, § 185, Rn. 73; jeweils m. w.N.; Steffen in RGRK, § 185, Rn. 13; Soergel-Leptin § 185, Rn. 30; Erman/Brox, § 185, Rn. 12 a.E.; OLG Colmar OLGE 26, 349, 350. 423 siehe vorhergehende Fußnote.

Β. Rückwirkung auf Verfügungen vor Erlangung der Verfügungsbefugnis

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Nichts anderes kann für den Fall gelten, in dem der Gesetzgeber nachträglich andere Personen als den Rechtsinhaber zur Verfügung befugt, wie dies bei § 6 bzw. 8 VZOG der Fall war 424 . Zum Schutze der Verfügungsgegner (Erwerber) ist auch hier eine Heilungsmöglichkeit durch Genehmigung geboten. Die Verfügungsbefugten können daher auch selbst425 ausdrücklich oder schlüssig und formfrei (§ 182 Abs. 2 BGB) ihre Verfügungen, die vor dem 23. 3. 1991 liegen, gegenüber dem jeweiligen Verfügungsgegner (Erwerber) genehmigen und auf diese Weise nachträglich heilen. Entgegen den dargestellten Auffassungen kann aber einer Genehmigung des nachträglich Ermächtigten keine Rückwirkung beigemessen werden, da dies einen nicht begründbaren nachträglichen Entzug einer Rechtsposition für den Berechtigten begründen würde.

IV· Rückwirkung durch Konvaleszenz auf Verfügungen vor dem 3.10.1990? Bisher wurde eine Heilungsmöglichkeit analog § 185 Abs. 2 BGB nur für Verfügungen nach dem 3. 10. 1990 angenommen. Es fragt sich, ob auch Verfügungen vor dem Beitritt der neuen Länder nachträglich durch eine Genehmigung wirksam werden können. Der BGH hat dies für den Fall der Wiedererlangung der vollen Verfügungsbefugnis durch die Person des Rechtsinhabers angenommen426. Zwar sei nach Art. 232 § 1 EGBGB weiterhin das Zivilrecht der DDR anzuwenden und gleichzeitig gab es eine dem § 185 BGB vergleichbare Vorschrift im ZGB nicht, dennoch handele es sich um Umstände in der inneren Entwicklung eines Schuldverhältnisses, die sich auch für Verfügungen vor dem 3. 10. 90 nachträglich auswirken können. Der Fall einer erstmaligen Erlangung einer Verfügungsbefugnis durch eine andere Person als den Rechtsinhaber ist, soweit ersichtlich, noch nicht zu entscheiden gewesen. Allein eine Genehmigung könnte in Betracht kommen.

4

24 So auch Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 13. 425 Daneben bleibt es selbstverständlich bei der Genehmigungsmöglichkeit des Berechtigten. So genehmigte ζ. B. das Bundesvermögensamt in Leipzig die Einbringung eines dem Bund zugeordneten Trümmergrundstückes, daß die Stadt Leipzig als Verfügungsbefugter nach § 8 Abs. 1 a) VZOG in die Leipziger Wohungs- und Baugesellschaft mbH im Rahmen einer errichtenden Umwandlung eingebracht hatte. Ziel dieser Nachgenehmigung war der Erhalt des Verkehrswertes nach § 8 Abs. 4 VZOG anstelle eines belasteten Grundstückes. Die Stadt Leipzig hat jedoch von der Ersetzungsbefugnis des § 8 Abs. 5 VZOG Gebrauch gemacht und das betreffende Grundstück ersatzweise angeboten. 426 BGH ZIP 1993, 1187,1188.

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§ 3 Rechtscharakter, Rechtsmacht und Rechtsfolgen der Verfügungsbefugnis

Eine nachträgliche Heilung durch Genehmigung eines nur Verfügungsbefugten scheidet jedenfalls für Volkseigentum aus. Als Verfügender kommt vor dem 3. 10. 1990 insoweit nur der Staat bzw. einer seiner Rechtsträger in Betracht. Mit dem Beitritt sind aber beide Personen ersatzlos, d. h. ohne Rechtsnachfolger weggefallen. Die Verfügungsbefugten des VZOG sind keine Rechtsnachfolger der DDR-Rechtsträger. Es mangelt daher an der Person, die anstelle des verfügungsbefugten Rechtsträgers die notwendige Genehmigung erklären könnte. Eine Genehmigung kann damit allenfalls durch den jetzigen, neuen Eigentümer erteilt werden 427 . Die Verfügungsbefugten des VZOG können dagegen keine Genehmigung für Verfügungen vor dem 3.10.1990 erklären.

V. Zusammenfassung Erstmals am 23. 3. 1991 schuf der Gesetzgeber die Verfügungsbefugnis des VZOG. Seit diesem Tage können die Verfügungsbefugten wirksam zu Lasten fremden Vermögens verfügen. Vor dem Stichtag liegende Verfügungen sind grundsätzlich schwebend unwirksam. Sie werden, soweit sie nach dem 3. 10. 90 getätigt wurden, durch eine Genehmigung des Verfügungsbefugten gegenüber dem jeweiligen Verfügungsgegner endgültig wirksam. Die formfreie Genehmigung entfaltet aber entgegen dem gesetzlichen Normalfalls des § 184 Abs. 1 BGB keine Rückwirkung, sie bedingt nur eine Heilung ex nunc 428 . In keinem Falle resultiert aus der Verfügungsbefugnis des VZOG eine Rückwirkung.

427 Ähnlich LG Berlin VIZ 1993, 29. 428 Siehe zu diesem Abschnitt Anhang III.

§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefugnis und korrespondierende Ausgleichsansprüche A. Die Rechtsfolgen von Verfügungen als rechtsgeschäftlich Ermächtigter (§ 185 BGB) und der Ausgleichsanspruch des Berechtigten - eine Vergleichsgrundlage I· Ausgangspunkt Zur Untersuchung der Rechtsfolgen und korrespondierender Ausgleichsansprüche bei Verfügungen Ermächtigter ist es sinnvoll, sich zunächst noch einmal den Inhalt einer Ermächtigung als Ausgangspunkt klar zu machen. Eine Ermächtigung ist die Einwilligung eines Rechtsinhabers (§ 184 Abs. 1 BGB) in die Verfügung einer anderen Person, die selbst nicht berechtigt ist, über ein Recht. Sie begründet die Rechtsmacht des Ermächtigten im eigenen Namen über ein fremdes Recht wirksam zu verfügen und damit eine Verfügungsbefugnis für den Ermächtigten1. Die Begriffe Ermächtigter und Verfügungsbefugter, der nicht zugleich Rechtsinhaber ist, sind daher inhaltsgleich und austauschbar. Rechtsgeschäftliche Ermächtigungen als gegenständlich Nichtberechtigter verfügen zu können, können verschiedenste Inhalte haben. Zu welchen Verfügungen ermächtigt wird, ergibt sich nach der jeweiligen Ermächtigung selbst. Wird deren Rahmen verlassen, so kann eine Verfügung nur durch nachträgliche Genehmigung oder gesetzliche Gutglaubenstatbestände wirksam werden2. Nachfolgend sollen die wesentlichen Rechtsfolgen der Verfügung eines Ermächtigten dargestellt werden. Dabei ist jeweils das Verhältnis des Berechtigten (Rechtsinhaber) gegenüber dem Dritten (Erwerber etc.) und gegenüber dem Ermächtigten zu untersuchen. Die hier gewonnenen Erkenntnisse sollen später auf 1 Wenn auch die Eigenständigkeit des Begriffs der Ermächtigung seit jeher umstritten ist, so ist der Inhalt doch unbestritten, vgl. Lehmann, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 37, VI; Oertmann, Kommentar zum BGB und seinen Nebengesetzen, Allgemeiner Teil, 3. Aufl., 1927, § 185, Ziff. 3, S. 679; Palandt-Heinrichs, § 185, Rn. 7; Schramm in MüKo, § 185, Rn. 36 ff.; Soergel-Leptien, § 185, Rn. 34; Staudinger -Gursky, § 185, Rn. 107 f. 2 Vgl. BGH L M § 185, Nr. 30 = NJW 1989,521 = MDR 1989, 242 = BB 1989, 657.

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

die Verfügungen gesetzlich Ermächtigter gemäß § 8 VZOG übertragen und vergleichsweise zu Rate gezogen werden. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Fälle einer Ermächtigung ohne wirksames Grundverhältnis zurichtensein, da es bei der Verfügungsermächtigung des § 8 VZOG auch an einem solchen Grundverhältnis mangelt.

I I . Übertragung von Eigentum an einem Grundstück 1. Veräußerung Veräußert ein rechtsgeschäftlich Ermächtigter einen ihm nicht gehörenden Gegenstand, so schließt er dazu mit einem Dritten ein Kausalgeschäft (ζ. B. Kaufvertrag) und ein Erfüllungsgeschäft (ζ. B. Einigung/Auflassung bei Grundstücken). Er handelt dabei jeweils im eigenen Namen. Für das Kausalgeschäft ist dies unproblematisch. Ein wirksames Verfügungsgeschäftes kann dagegen nur mit einer ausreichenden Verfügungsbefugnis vorgenommen wird. Die Ermächtigung begründet insoweit die Befugnis (Rechtsmacht) neben dem materiell Berechtigten über ein fremdes Recht wirksam zu verfügen. Der Berechtigte muß Verfügungen aufgrund der Ermächtigung gegen sich gelten lassen, als seien es seine eigenen3. Dies bringt § 185 BGB dadurch zum Ausdruck, daß er bestimmt, daß die Verfügung eines Nichtberechtigten bei Einwilligung (Ermächtigung) des Berechtigten wirksam ist. 1. Im Verhältnis des Berechtigten zu einem Erwerber (Dritter) ist nach dem vorgenannten klar, daß die Verfügung, mithin die Eigentumsübertragung, wirksam ist. Damit erwirbt der Dritte ein Recht des Berechtigten, ohne mit diesem in Kontakt gestanden zu haben, ohne daß es dessen Mitwirkung bedurft hätte. Der Dritte erwirbt das Eigentum letztlich vom Berechtigten, obwohl sein Vertragspartner der Ermächtigte ist. Aber die gegenstandsbezogenen Verfügungsfolgen aus diesem Geschäft treffen den Berechtigten4. Durch den Eigentumsverlust verliert der Berechtigte damit auch seinen Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB. Der Erwerber kann das neu erworbene Eigentum behalten. Grundlage für den Erwerb ist die Ermächtigung seines Vertragspartners (dem Verfügenden 5) durch den Rechtsinhaber. Der Rechtsgrund im Sinne des Bereicherungsrechtes besteht in dem für den Erwerb geschlossenen 3

RGZ 80,399; Doris, Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung bei Vornahme von Verfügungs-, Verpflichtungs- und Erwerbsgeschäften, S. 79 m. w. N.; Palandt-//ewr*c/w, § 185, Rn. 7; Schramm in MüKo, § 185, Rn. 36 a.E.; Soergel-Leptien, § 185, Rn. 34 („bindend für den Ermächtigenden"). 4 So Doris, Oie rechtsgeschäftliche Ermächtigung bei Vornahme von Verfügungs-, Verpflichtungs- und Erwerbsgeschäften, S. 80. 5 Enneccerus-Lehmann, Schuldrecht, 1954, § 225, S. 874.

Α. Rechtsfolgen und Ausgleichsanspruch des Berechtigten

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Grundgeschäft. Der Berechtigte und der Erwerber haben demgemäß gegeneinander keine vertraglichen oder gesetzlichen Ansprüche. 2. Die Rechtsfolgen ergeben sich daher außerhalb der Rechtsübertragung im Verhältnis des Berechtigten gegenüber dem Ermächtigten. a) Einer Ermächtigung liegt regelmäßig ein Auftrag o.ä. zu Grunde. Aus einem derartigen Grundverhältnis kann der Ermächtigende (Auftraggeber) vom Ermächtigten (Auftragnehmer) das herausverlangen6, was vereinbart ist bzw. was der Ermächtigte „aus der Geschäftsbesorgung erlangt", vgl. § 667 BGB. Der Berechtigte kann insbesondere vom Ermächtigten die rechtsgeschäftliche Gegenleistung (Kaufpreis) verlangen, die dieser auf Grund der Verfügung nebst Kausalgeschäft zu beanspruchen hat bzw. bekommen hat. Damit erhält er das wirtschaftliche Äquivalent für den verfügungsbedingten Rechtsverlust. Beinhaltet die Ermächtigung eine weitergehende Verfügungsbefugnis, als der Ermächtigte im Innenverhältnis wahrnehmen soll, so sind Verfügungen, die über die Beschränkungen des Innenverhältnisses hinausgehen wirksam, aber unzulässig. Der Ermächtigte wird durch sie nach den Grundsätzen der pVV schadensersatzpflichtig. b) Weitergehende, insbesondere gesetzliche, Ansprüche des Berechtigten bestehen nicht. aa) Ein Ausgleich für Verfügungen eines Nichtberechtigten nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB scheidet aus. Nach dieser besonderen Eingriffskondiktion kann der Berechtigte vom Nichtberechtigten das aus einer Verfügung Erlangte herausverlangen, wenn die Verfügung des Nichtberechtigten (ausnahmsweise) gegenüber dem Berechtigten (Rechtsinhaber) wirksam ist. Die Verfügung eines gemäß § 185 BGB Ermächtigten ist gegenüber dem Berechtigten wirksam. Dennoch ist ein Anspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nicht gegeben. Tatbestandliche Voraussetzung wäre die Verfügung eines ,»Nichtberechtigten". Dieser Begriff findet sich neben § 816 BGB auch in § 185 BGB. Dort verwendet das Gesetz den Begriff für jede Person, die nicht (alleiniger) Inhaber des Rechtes ist, über das verfügt wird 7. Damit ist natürlich auch ein Ermächtigter zugleich materiell Nichtberechtigter i. S. d. § 185 BGB. Wäre der Begriff des Nichtberechtigten in § 816 BGB in gleicher Weise zu verstehen, so wäre die Verfügung eines Ermächtigten zugleich auch die eines Nichtberechtigten. Nach wohl einhelliger Auffassung liegt aber bei der Verfügung eines nach § 185 BGB Ermächtigten keine Verfügung eines „Nichtberechtigten" i. S. d. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB vor. Dem ist zuzustimmen. Die besondere Eingriffskondiktion des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB will dem Rechtsinhaber, in dessen Recht und auf dessen Kosten eingegriffen 6 Fezer, Schuldrecht Besonderer Teil, 1996, S. 264; Mezger JZ 1961, 366. 7 BGH NJW 1968, 1326, 1327 definierte: „Berechtigter im Sinne des § 185 Abs. 2 BGB ist der Inhaber des Rechtes, über das ein Nichtberechtigter verfügt hat.".

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

wurde, einen Ausgleichsanspruch gegen den Verfügenden verschaffen. Damit wird dem Interesse des Berechtigten an einem Güterschutz Rechnung getragen. Verliert dieser ζ. B. auf Grund der Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb sein Eigentum, so wäre der Güterschutz unvollkommen, würde der Gesetzgeber nur den Erwerber in seinem Vertrauen, aber nicht den Berechtigten schützen. Die Eingriffskondiktion gewährt daher dem Berechtigten für den widerrechtlichen Eingriff in den Zuweisungsgehalt seines Rechtes einen Ausgleichsanspruch8, indem der Berechtigte das aus der Verfügung (dem Eingriff) Erlangte herausverlangen kann. Voraussetzung einer Kondiktion ist demgemäß die Widerrechtlichkeit des Eingriffs, d. h. dem Verfügenden darf kein gesetzliches oder vom Berechtigten abgeleitetes Eingriffsrecht zustehen9. Es wird bereits deutlich, daß nach dem Sinn des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nur solche Verfügungen als die eines Nichtberechtigten anzusehen sind, die eine Person vornimmt, die keine Befugnis hat, in das Recht des Berechtigten einzugreifen. Ist dagegen der Verfügende zur Verfügung ermächtigt, so hat der Rechtsinhaber einem Eingriff in sein Recht zugestimmt. Es ist gerade der Sinn der Ermächtigung einer anderen Person, als dem Berechtigten eine Eingriffsmöglichkeit zu gewähren. Einem solchen Eingriff mangelt es demnach an der Widerrechtlichkeit. Ein Kondiktionsanspruch wird daher zu Recht abgelehnt. Ein Anspruch nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB besteht bei Verfügungen eines Ermächtigten und damit Verfügungsbefugten nicht10. Der Ermächtigte (Verfügungsbefugte) ist kein Nichtberechtigter i.S. dieser Vorschrift 11. Nichtberechtigt i. S. d. § 816 BGB ist nur, wer nicht zur Verfügung befugt oder ermächtigt ist 12 . » Vgl. Schiechteriem, Schuldrecht Besonderer Teil, Rn. 671. Palandt-Thomas, § 812, Rn. 94; Ein Eingriffsrecht begründen auch die Gutglaubensvorschriften nicht. Sie besagen zum Schutze des Erwerbers nur, daß eine Verfügung als wirksam behandelt wird, nicht aber, ob sie im Verhältnis des Verfügenden gegenüber dem Berechtigten rechtmäßig ist.; zu den verschiedenen Theorien bei der Eingriffskondiktion (Rechtswidrigkeits- oder Zuweisungstheorie) vgl. Lieb in MüKo, § 812 Rn. 191 ff. Die Theorien kommen regelmäßig zu gleichen Ergebnisses, da eine rechtswidrige Vermögensverschiebung zugleich auch einen nicht zu duldenden Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines fremdes Rechtes darstellt. 10 Dor is,Oit rechtsgeschäftliche Ermächtigung bei Vornahme von Verfügungs-, Verpflichtungs- und Erwerbsgeschäften, S. 59 Anm. 107; Erman/Westermann, BGB, § 816, Rn. 4; Jauenig/Schiechteriem, BGB, § 816, Ziff. 2 b; Palandt-Thomas § 816, Rn. 7; Soergel-MwTi/, § 816, Rn. 14; Wieling, Bereicherungsrecht, 1993, S. 51 f.; Jahr JuS 1963, 397; Reeb JuS 1973, 494, 496; Grunslcy JZ 1961, 119 f.; i.E. auch Mezger JZ 1961, 366; OLG Hamm ZIP 1995,50, 52 f.; unklar OLG Hamm NJW- RR 1995, 1010, 1012; ebenso Schellhammer, Zivilrecht nach Anspruchsgrundlagen, 1996, S. 335, Rn. 892; a.A. wohl Berg JuS 1963, 361 ff. 9

» Vgl. Fezer, Schuldrecht Besonderer Teil, 1996, S. 264; a.A. Mezger JZ 1961, 366. Deshalb wird die Kondiktion nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB auch als Kondiktion wegen unberechtigter Verfügung bezeichnet, vgl. Enneccerus-Lehmann, Schuldrecht, 1954, § 225, woraus klar wird, daß die Nichtberechtigung i. S. d. § 816 BGB nicht die Berechtigung an einer Sache oder einem Recht, sondern die Berechtigung zur Verfügung, mithin die Verfügungsbefugnis, meint. 12

Α. Rechtsfolgen und Ausgleichsanspruch des Berechtigten

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bb) Die Einwilligung des Berechtigten in die Verfügung des Ermächtigten läßt zugleich den gegenüber § 816 BGB subsidiären Anspruch aus Eingriffskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt BGB entfallen. Hier, wie dort, mangelt es aufgrund der Einwilligung an einem widerrechtlichen Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines Rechtes des Berechtigten und damit Anspruchstellers13. cc) Der Berechtigte kann ebenfalls keine Ansprüche aus unerlaubter Handlung herleiten. Voraussetzung eines Anspruches aus § 823 Abs. 1 BGB wegen der Zuordnungsverletzung in Bezug auf das Recht des Berechtigten ist ebenfalls die Widerrechtlichkeit. Mit der Ermächtigung zu verfügen, entfällt aber die Widerrechtlichkeit einer Verfügung über ein fremdes Recht. Zwar wird dies für eine Genehmigung (nachträgliche Einwilligung, § 184 Abs. 1 BGB) der Verfügung eines Nichtberechtigten nicht angenommen14. Durch eine solche Genehmigung nach § 185 Abs. 2 S. 1 BGB entfalle nicht die Widerrechtlichkeit der Verfügung. Diese werde nur von den Rechtsfolgen her als von Anfang an wirksam behandelt. Es bleibe aber dabei, daß der Verfügende z.Z. der Verfügung Nichtberechtigter gewesen sei15 und die Verfügung gegenüber dem Berechtigten rechtswidrig ist. Die Verfügung eines Ermächtigten ist im Gegensatz dazu eine Verfügung, die auch von Anfang an von einer Einwilligung des Berechtigten gedeckt und demgemäß keine Verfügung eines Nichtberechtigten. Die Einwilligung des Berechtigten, die mit der Ermächtigung vorliegt, steht einer Rechtswidrigkeit einer späteren Verfügung auf Grundlage der Ermächtigung entgegen. Ansprüche aus unerlaubter Handlung sind daher ausgeschlossen, denn dem Ermächtigten wird gerade die Verfügung über ein fremdes Recht erlaubt 16. dd) Letztlich kann der Berechtigte auch keine Ansprüche aus den Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gemäß §§ 989, 990 BGB herleiten. Die entsprechende Anwendbarkeit auf das Verhältnis von Bucheigentümer und wahren Eigentümer ist zwar allgemein anerkannt, da die Stellung des Buchberechtigten der eines unrechtmäßigen Besitzers gleicht17. Eine Vergleichbarkeit von unrechtmäßigem Besitzer und Ermächtigtem ist aber nicht gegeben. Zunächst einmal besitzt ein Ermächtigter regelmäßig keine Buchberechtigung an dem betreffenden Grundstück, über das verfügt werden soll18. Es mangelt daher regelmäßig an einer 13 Jahr JuS 1963, 397, 400; Reeb JuS 1973,494,496, Fn. 16. 14 BGH NJW 1960,437 f. = JZ 1961, 24; BGH DB 1976, 814, 815; BGH NJW 1991, 695, 696. 15 Absolut h.M., siehe RGZ 106, 44 ff.; BGHZ 56, 131 = JZ 1971, 375; Soergel-MüÄ/, §816, Rn. 8. 16

So auch Doris, Oie rechtsgeschäftliche Ermächtigung bei Vornahme von Verfügungs-, Verpflichtungs- und Erwerbsgeschäften, S. 62. π RGZ 121, 335, 336; 133, 285, 286; 158, 40, 47; BGHZ 41, 30, 34; 75, 288, 292; Palandt-Bassenge § 894, Rn. 10; Staudinger-Gursky, § 989, Rn. 4 und Vorbem. zu §§ 987-993, Rn. 69; Medicus in MüKo, § 989, Rn. 4 is Paradefall einer Ermächtigung im Grundstücksrecht ist die Ermächtigung des Verkäufers an den Käufer, daß dieser vor seiner Eintragung im Grundbuch das Grundstück weiter12 Gohrke

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Beziehung des Ermächtigten zum betreffenden Grundstück, die einem Besitz vergleichbar wäre. Ein Ermächtigter kann über ein Grundstück aufgrund der ihm verliehenen Rechtsmacht verfügen, während ein Buchberechtigter nur aufgrund des Rechtsscheines des Grundbuches wirksame Verfügungen vornehmen kann19. Die Übertragbarkeit der §§ 989,990 BGB auf das Verhältnis von Berechtigtem und Ermächtigtem ist daher zu verneinen. Im Einzelfall kann es aber sein, daß tatsächlich der Buchberechtigte zugleich der Ermächtigte ist 20 . Aber auch in einem solchen Fall kommen die §§ 989, 990 BGB aus verschiedenen Gründen nicht zur Anwendung. Mit einer Ermächtigung ist ein Besitzrecht im weitesten Sinne verbunden. Der Ermächtigung liegt zunächst ein Schuldverhältnis zugrunde, das im weitesten Sinne zum Besitz berechtigt21. Der Ermächtigende und Eigentümer schafft mit der Ermächtigung die Möglichkeit einer Verfügung über das ihm gehörenden Grundstück, er willigt nämlich in eine Verfügung hierüber gemäß § 185 BGB ein. Damit läßt der Berechtigte in gewisses rechtliches Näheverhältnis des Ermächtigten zum Grundstück, vergleichbar dem Besitz, zu. Man kann darin ein Recht sehen, das die Übertragbarkeit der Vorschriften für eine bestehende Vindikationslage ausschließt oder aber in der Einwilligung einen vorherigen Verzicht auf Schadensersatzansprüche sehen, wie diese selbst für die nachträgliche Genehmigung der Verfügung eines Nichtberechtigten anerkannt ist 22 . Es wäre außerdem auch treuwidrig, würde der Rechtsinhaber zunächst seine Einwilligung für Verfügungen eines anderen erteilen und dann nach der Verfügung wegen eben dieser Schadensersatz verlangen. Der Ermächtigte handelt deshalb auch nicht widerrechtlich im Sinne der §§ 989, 990 BGB, was aber grundsätzlich Voraussetzung eines Schadensersatzanspruches ist 23 .

veräußern (sog. Verfügungsermächtigung- RGZ 54, 362, 366; 89, 152, 157; 129, 150, 153) oder belasten kann (sog. Belastungsermächtigung- BGH LM § 185, Nr. 30 = NJW 1989, 521 = MDR 1989, 242 = BB 1989, 657). Die Ermächtigung entspringt dem Bedürfnis nach „Arbeitsteilung", während ein Rechtsschein in Bezug auf den Verfügungsgegenstand keine Bedeutung hat, da es gerade nicht um den Schutz eines guten Glaubens geht, vgl. Doris,Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung bei Vornahme von Verfügungs-, Verpflichtungs- und Erwerbsgeschäften, S. 32 und 51. w Darin sieht auch Westermann, Harry, Sachenrecht, Bd. II, 1988, § 89 II la) den wesentlichen Grund für die analoge Anwendbarkeit der §§ 987 ff. BGB auf eine durch Rechtsschein ausgewiesenen Buchberechtigten. 20 Vorstellbar ist, daß der Buchberechtigte zum Verkauf eines Grundstückes ermächtigt wird, wenn der Eigentümer ohnehin verkaufen wollte und so die Umschreibekosten (Berichtigung) gespart werden können.; ähnlich Westermann, Harry, Sachenrecht, Bd. II, § 89 S. 80. 21 RGZ 109,167,170 - Auftrag als Besitzmittlungsverhältnis i. S. d. § 868 BGB. 22 BGH NJW 1960, 437 f. = JZ 1961, 24 m. w. N., zustimmende Anmerkung Raiser JZ 1961, 26 f. 23 BGH NJW 1960, 437 f. = JZ 1961, 24 mit Hinweis auf Zitelmann AcP 99, 25, Note 24; Jahr JuS 1963, 397, 400 hat die fehlenden Widerrechtlichkeit einer Verfügung kraft einer

Α. Rechtsfolgen und Ausgleichsanspruch des Berechtigten

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c) Ausnahmsweise kann das Grundverhältnis der Ermächtigung (ζ. B. der eingangs genannte Auftrag) unwirksam sein. Vertragliche Ansprüche des Berechtigten gegen den Ermächtigten bestehen dann nicht. Ein Anspruch aus § 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB scheidet ebenfalls aus, da dort nur die unberechtigte Geschäftsführung geregelt ist 24 . In einem solchen Fall vollzieht sich der Ausgleich gemäß § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt BGB. Der Ermächtigte erhält mit der Ermächtigung die Verfügungsbefugnis und Verfügungsmöglichkeit durch eine Leistung des Ermächtigenden25. Durch die Unwirksamkeit des Grundverhältnisses mangelt es aber für diese Leistung an einem Rechtsgrund, so daß ein Kondiktionsanspruch besteht. Hat der Ermächtigte von der Verfügungsmöglichkeit Gebrauch gemacht26, so ist eine Herausgabe der Leistung, eine Herausgabe der Verfügungsbefugnis unmöglich. Der Gebrauch einer Ermächtigung kann insoweit mit dem Verbrauch einer Sache gleichgesetzt werden27. Der Ermächtigte hat deshalb gemäß § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten28. Die Gegenauffassung 29, die eine Auskehr des commodum ex negotiatione cum re - wie bei § 816 Abs. 1 S. 1 BGB - vorsieht, überzeugt nicht. Sie verwischt unzulässig die Grenzen zwischen einem Bereicherungsanspruch nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB und nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt BGB. Sicher läßt sich nach dem Wortlaut des § 818 Abs. 1 BGB das, was der Ermächtigte als vertragliche Gegenleistung von seinem Vertragspartner erhält, als „aufgrund eines erlangten Rechtes" ansehen. Damit wird aber die vom Ermächtigten vertraglich ausgehandelte und vereinbarte, also disponible, Gegenleistung zum Surrogat der Ermächtigung. Die h.L. und die Rechtsprechung zählen jedoch zu den auszukehrenden Surrogaten des § 818 Abs. 1 BGB nur solche, die durch bestimmungsgemäße Ausübung des erlangten Rechtes erworben werden30. Die Unwirksamkeit des Grundverhältnisses der Ermächtigung führt aber dazu, daß es an einer (wirksamen) Ausübungsbestimmung mangelt. Es ist deshalb h.A., daß zu den nach § 818 Abs. 1 BGB auszukehrenden Surrogaten gerade die nicht zählen, die vom Bereicherungsschuldner (Ermächtigter) durch beErmächtigung gezeigt; zustimmend Doris,Die rechtsgeschäftliche Ermächtigung bei Vornahme von Verfügungs-, Verpflichtungs- und Erwerbsgeschäften, S. 62. 24 So auch Jahr JuS 1963, 397, 398. 25 Jahr JuS 1963, 397, 399 m. w. N. 26 Vor einer Verfügung des Ermächtigten kann die Ermächtigung gemäß 183 BGB widerrufen werden; vgl. auch Jahr JuS 1963, 397, 398. 27 Vgl. dazu BGHZ 14, 7,9. 28 Reeb JuS 1973,494,496, Fn. 16. vgl. BGHZ 24,106; Palandt-77wm*s, § 818 Rn. 14. 29 Jahr JuS 1963, 397, 399 f. (für § 818 Abs. 1 BGB als Anspruch auf Herausgabe des Surrogates für die gebrauchte Ermächtigung); ähnlich Fezer, Schuldrecht Besonderer Teil, S. 264, der § 818 Abs. 1 zumindest analog anwenden will. Die vom Ermächtigten zu beanspruchende Gegenleistung sei aufgrund eines erlangten Rechtes erworben anzusehen und herauszugeben. 30 Larenz/ Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. 2, 2. HB; § 72 I 1 c) haben anhand der Protokolle zum BGB nachgewiesen, daß „willkürliche Verfügungen über den erlangten Gegenstand" nicht unter § 818 Abs. 1 BGB fallen. 12*

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

sonderen Wertrag an Stelle des ursprünglich Erlangten ausgehandelt werden. Vertragliche Gegenleistungen, die der Ermächtigte von seinem Vertragspartner erhält, sind daher nicht nach § 818 Abs. 1 herauszugeben31. Der Bereicherungsanspruch ist vielmehr nach § 818 Abs. 2 BGB auf den Ersatz des Wertes, des erlangten Gegenstandes gerichtet32. Damit ist im Gegensatz zu § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ein Veräußerungserlös und ggf. ein Gewinn nicht herauszugeben, andererseits aber zumindest der Wertersatz zu leisten, mag auch ein erzielter Erlös geringer sein33. Nicht bedenklich ist dies insbesondere aus zwei Gründen. Zum einen hat es der Ermächtigte mit seinen Vertragsverhandlungen in der Hand, welcher Erlös durch ihn erzielt wird. Er kann also bei wirtschaftlichem Geschick einen Gewinn für sich verbuchen, muß aber gleichsam für unwirtschaftliche Verträge dem Ermächtigenden Wertersatz leisten und einen Auffüllungsbetrag zahlen34. Zum anderen wird sich der Wert eines Verfügungsgegenstandes meist nur anhand des tatsächlich erzielten Erlöses bestimmen lassen, so daß vereinbarte Gegenleistung und Bereicherungsanspruch regelmäßig nominal gleich sind35. Worin besteht der Wert einer Verfügungsbefugnis

aus einer Ermächtigung?

Die Vorschriften des Bereicherungsrechtes dienen einem nach Treu und Glauben angemessenen Ausgleich im Falle teilweise gescheiterter Rechtsverhältnisse36. Es geht in erster Linie um die Beseitigung ungewollter Vermögensverschiebungen, mithin um eine Art wirtschaftliche Folgenbeseitigung. Im Falle einer Vermögensverschiebung durch Verfügungen eines Nichtberechtigten hat das BGB mit § 816 Abs. 1 S. 1 BGB zum Ausdruck gebracht, daß der im eigenen Namen Verfügende zwar dem Dritten (Erwerber) ein Recht wirksam verschaffen kann, er aber im Gegenzug das dafür „Erlangte" an den wahren Berechtigten herauszugeben hat. Im Grunde findet damit ein wirtschaftlicher Austausch zwischen Verfügendem und Berechtigtem statt. Aus diesem Grunde muß der Nichtberechtigte den tatsächlich erzielten Erlös, einschließlich eines Gewinns an den Berechtigte, der seines Rechtes verlustig geht, auskehren37. Herauszugeben ist danach das gesamte commodum ex negotiatione cum re. 31 Allg. zu § 818 Abs. 1 BGB, vgl. RGZ 101, 389, 391; 133, 283, 287; BGHZ 24, 106, 110; 75, 203, 206; 112, 288, 294 f.; Staudinger-Lorenz, § 818, Rn. 27; Erman/Westermann, § 818, Rn. 14 jeweils m. w. N. 32 BGHZ 24, 106, 110; 75, 203, 206. 33 Vgl. Staudinger-Lorenz, § 818, Rn. 27 mit zahlreichen w.N. auch zur Gegenauffassung; wohl a.A. Lieb in MüKo, § 818 Rn. 26 m. w. N. 34 So überzeugend Staudinger-Lorenz, § 818, Rn. 27 mit zahlreichen w.N. 35 RGZ 138, 45; Larenz/ Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. 2, 2. HB; § 72 I 1 c); Lieb in MüKo, § 818 Rn. 26; Staudinger-Lorenz, § 818, Rn. 27. 36 BGHZ 36, 235; 55, 128. 37 Absolut h.M. (sog. Gewinnherausgabetheorie), vgl. BGH NJW 1953, 58 f.; BGHZ 29, 157; Gursky, 20 Probleme aus dem Bereicherungsrecht S. 125 f. mit zahlreichen w.N. auch zu den weiteren vertretenen Auffassungen.

Α. Rechtsfolgen und Ausgleichsanspruch des Berechtigten

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In Bezug auf den Gewinn hat der BGH zutreffend ausgeführt, daß die gewinnbringende Verwertung einer Sache oder eines Rechtes eine ureigenste Angelegenheit des Berechtigten sei38. Daß ein Gewinn daneben auch auf persönlichem Einsatz des Verfügenden beruhen kann, was im Einzelfall schwerlich nachprüfbar und bezifferbar sein dürfte, muß demgegenüber zurücktreten. Für einen angemessenen Ausgleich im Falle der Verfügung eines Ermächtigten zu Lasten des Vermögens des Berechtigten muß jedoch etwas anderes gelten. Ein Ermächtigter ist zur Verfügung befugt. Die Vermögensverschiebung erfolgt hier bezüglich des Verfügungsgegenstandes (Recht oder Sache) zwischen dem Berechtigten und einem Dritten. Ein wirtschaftliches Äquivalent fließt dem Verfügenden/Ermächtigtem zu, da dieser im eigenen Namen Verträge eingeht, zu ihrer Erfüllung Verfügungen tätigt und auch Leistungen seines Vertragspartners entgegennimmt. Mit einer Verfügung zu Lasten des Berechtigten macht der Ermächtigte von der ihm verliehenen Rechtsmacht Gebrauch. Er realisiert die Verfügungsbefugnis in einer konkreten Verfügung, mithin in einer konkreten Minderung des Vermögens des Berechtigten zu Gunsten eines Dritten. Der Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB gibt dem Berechtigten daher zunächst einen Anspruch auf Ersatz des ihm durch die Verfügung entzogenen Wertes seines Vermögens, mithin den Wert des jeweiligen Verfügungsgegenstandes. Der Ermächtigende wird regelmäßig den Wert als vertragliche Gegenleistung von seinem Vertragspartner erhalten. Ausgehend davon sind nun noch zwei Fragen zu klären, nämlich wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen die vertragliche Gegenleistung des Dritten hinter dem Wert zurückbleibt bzw. wem ein über den Wert des Verfügungsgegenstandes hinausgehender Gewinn zusteht. Die Beantwortung dieser Fragen ist in einem Satz möglich. In beiden Fällen gebührt dem Berechtigten (mindestens und zugleich höchstens) der Weitersatz für den aus seinem Vermögen herausgetrennten Verfügungsgegenstand. Im Falle der Nichtrealisierung dieses Wertes in der Person des Ermächtigten, muß dieser die Differenz ausgleichen. Die eingeräumte Ermächtigung beinhaltet keine Drittschädigungsbefugnis. Eine Verfügung gegen eine Leistung unterhalb des Wertes geht demgemäß materiell zu Lasten des Berechtigten, aber wirtschaftlich letztlich zu Lasten des unwirtschaftlich Verfügenden, des Ermächtigten. Andererseits kann der Ermächtigte einen erzielten Gewinn für sich beanspruchen. Ein Auskehranspruch besteht insoweit nicht. Die Grundprämisse des BGH im Bereich des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB, daß die gewinnbringende Verwertung ein Recht des Eigentümers sei und diesem daher auch der Gewinn zustehe, kann auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Im Rahmen der Kondiktion wegen unbefugter Verfügung, tritt die Wirksamkeit der Verfügung nur zum Schutze des Erwerbers ein. Im Gegenzug muß natürlich der vorherige Rechtsinhaber geschützt werden. 38 BGHZ 29, 157; BGH W M 1975, 1179.

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefiignis

Die Verfügung eines Ermächtigten ist dagegen von Anfang an wegen der ihm vom Berechtigten verliehenen Rechtsmacht wirksam. Der Berechtigte begründet durch die im Vorfeld der Verfügung liegende Ermächtigung deren Wirksamkeitsanspruch. Er bedient sich gerade eines Ermächtigten um diesen über sein Recht verfügen zu lassen. Macht nun der Ermächtigte von der Verfügungsbefugnis aus der Ermächtigung Gebrauch und mangelt es wegen Unwirksamkeit an einem Grundverhältnis, so verbleibt der durch eigene, berechtigte Verfügung erzielte Gewinn dem Verfügenden. Würde man dagegen einen Anspruch auch auf Herausgabe des Gewinn nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt, 818 Abs. 2 BGB annehmen, so bestünde zwischen Wertersatz und Ersatz des aus der Verfügung erlangten kein inhaltlicher Unterschied mehr. In der Sache wird dann ein Ermächtigter doch wie ein Nichtberechtigter i. S. d. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB behandelt. Darüber hinaus zeigen die §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB, daß abgesehen von § 816 BGB nur im Falle einer willentlichen und unbefugten („unberechtigten") Verfügung zu Lasten eines fremden Vermögens eine Gewinnauskehr stattfinden soll. Als Antwort auf die eingangs gestellte Frage gilt es festzuhalten, daß der Wert einer Verfügungsbefugnis dem Wert des jeweiligen Verfügungsgegenstandes entspricht, der durch eine Verfügung auf Grund der Ermächtigung (Verfügungsbefugnis) aus dem Vermögen des Ermächtigenden wirksam herausgelöst wird. Welcher ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Wertermittlung? Der Wert eines Verfügungsgegenstandes, insbesondere eines Grundstückes, kann sich ändern. Damit verbunden ist die Frage, für welchen Zeitpunkt der Wert zu ermitteln ist, der nach § 818 Abs. 2 BGB ersetzt werden muß. Wirtschaftlich muß deshalb der Berechtigte, der an eine Verfügung des Ermächtigten nach § 185 BGB gebunden ist, so gestellt werden, als hätte er durch eben diese Verfügung seine eigene Verfügungsbefugnis realisiert. Maßgeblich ist demnach der Wert des Verfügungsgegenstand zur Zeit der Verfügung durch den Ermächtigten39.

2. Übertragung von Eigentum an einem Grundstück im Rahmen einer Umwandlung Es wurde herausgearbeitet, daß die Umwandlung eines Unternehmen nach § 58 UmwG (1969) eine sachenrechtliche Verfügung, nämlich um die Übertragung einer Sach- und/oder Rechtsgesamtheit in einem Akt, ist. Die Umwandlung wurde als eine besondere Übertragungsform angesehen. Es wurde auch festgestellt, daß es bei einer Umwandlung ausreicht, wenn der Unternehmensinhaber gemäß § 185 BGB ermächtigt ist, einen Gegenstand in das neu zu errichtende Unternehmen mit 39 Allg. dazu Pa\andt-Thomas, § 818, Rn. 3.

Α. Rechtsfolgen und Ausgleichsanspruch des Berechtigten

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(hinein-)umzuwandeln40. Damit könne verhindert werden, daß dem Betrieb dienende Vermögensgegenstände, die dem Unternehmensinhaber nicht gehören, bei einer Umwandlung nicht schlechthin aus dem übrigen, dem Inhaber gehörenden, Betriebsvermögen herausgelöst werden müssen41. 1. Läßt man deshalb aufgrund einer Ermächtigung gemäß § 185 BGB die Einbringung fremder Sachen und Rechte im Rahmen einer Umwandlung zu, so erwirbt das neu errichtete Unternehmen42 diese wirksam gegenüber dem jeweiligen Eigentümer bzw. Rechtsinhaber. Die Ermächtigung bildet auch hier einen kondiktionsfesten Rechtsgrund. 2. Bisher in der Literatur unbeachtet ist die Frage, wie sich der Ausgleich zwischen dem Ermächtigenden (Berechtigten/Rechtsinhaber) und dem Ermächtigtem (Unternehmensinhaber) vollzieht. Geht man davon aus, daß es sich bei der Umwandlung nur um eine besondere Übertragungsart für die Übertragung einer Sach- und/oder Rechtsgesamtheit handelt, so können die Grundsätze, die bei der Übertragung eines Einzelgegenstandes entwickelt wurden (s.o.), herangezogen werden. a) Regelmäßig wird auch die Ermächtigung zur Einbringung eines Grundstükkes im Rahmen der Umwandlung einem wirksamen Schuldverhältnis zugrunde liegen. Denkbar ist ζ. B. das eine Ermächtigung durch den Verkäufer eines Grundstückes an den Käufer erteilt wird, daß dieser das Grundstück (ggf. bisher gepachtetes Betriebsgrundstück) in sein Unternehmen einbringt. Der notwendige Ausgleich für die Ermächtigung und dem sich einer Verfügung dann anschließenden Rechtsverlust ist hier bereits in dem geschuldeten Kaufpreis enthalten. Möglich ist ζ. B. aber auch, daß der Ermächtigende sich für die Ermächtigung und im Wert seines Rechtes Gesellschaftsanteile des neu errichteten Unternehmens vom Ermächtigten übertragen läßt. Die Beispiele verdeutlichen, daß sich der Ausgleich aus den jeweiligen Grundverhältnissen, aufgrund derer die Ermächtigung erteilt wird, ergibt. Gesetzliche Ansprüche bestehen dagegen nicht. Insoweit kann auf die zur Übertragung eines Grundstückes gemachten Ausführungen verwiesen werden. b) Nun kann auch bei der hier untersuchten Ermächtigung das Grundverhältnis ausnahmsweise unwirksam sein. Auch insoweit kann auf die bereits gemachten Ausführungen verwiesen werden. aa) Der Unternehmensinhaber, der von seiner Ermächtigung Gebrauch macht und für den Berechtigten wirksam verfügt, macht von einer ihm vom Berechtigten «o Priester in Scholz, GmbHG, Anh. UmwG, § 56 f., Rn. 3; Widmann/Mayen UmwG (1969), § 52, Rn. 1010; a.A. Grün ZIP 1998, 321, 326 f.; Jäckle OVspez. 6/96, S. 91; Keller Rpfleger 1994,437,439 f. Widmann/Mayen UmwG (1969), § 52, Rn. 1010. 42 Das UmwG (1994) spricht insoweit vom neugegründeten Rechtsträger, vgl. § 123 Abs. 3 UmwG.

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

geleisteten Verfügungsmöglichkeit Gebrauch. Fehlt für diesen Gebrauch ein Rechtsgrund, so ist die Gebrauchsmöglichkeit eigentlich „herauszugeben", was aber nach einer Verfügung nicht mehr möglich ist. Demgemäß muß der Ermächtigte und Verfügende dem Berechtigten gemäß § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz leisten. Insoweit kann, auch in Bezug auf den maßgeblichen Zeitpunkt, auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Zu ersetzen ist der Wert des eingebrachten Verfügungsgegenstandes, des eingebrachten Grundstückes zur Zeit der Umwandlung. bb) Im Falle einer Umwandlung besteht aber die Besonderheit, daß für den Eigentumserwerb des errichteten Unternehmens an den ermächtigten bisherigen Unternehmensinhaber kein Entgelt gezahlt wird. Man könnte versucht sein, eine Kondiktionsmöglichkeit aus § 816 Abs. 1 S. 2 BGB anzunehmen. Danach muß ein Dritter, der von einem Nichtberechtigten etwas unentgeltlich erlangt, das Erlangte an den Berechtigten herausgeben. Ein solcher Anspruch ist indes nicht gegeben. Zwar handelt es sich bei der Umwandlung als einseitiges Rechtsgeschäft um eine unentgeltliche Verfügung 43. Aber §816 Abs. 1 S. 2 BGB geht von der gleichen „Nichtberechtigung" zu verfügen aus, wie der Satz 1 dieser Vorschrift. Ein Ermächtigter, der zur Verfügung berechtigt ist, kann deshalb ebenfalls nicht Nichtberechtigter nach § 816 Abs. 1 S. 2 BGB sein.

3. Zwischenergebnis Die Übertragung eines Rechtes oder einer Sach- und/oder Rechtsgesamtheit durch einen gemäß § 185 BGB Ermächtigten bewirkt eine wirksame Verfügung, die der Rechtsinhaber und Berechtigte gegen sich gelten lassen muß und die auf Seiten des Verfügungsgegners einen wirksamen Erwerb bewirkt. Nur soweit der Ermächtigung ein Schuldverhältnis zwischen Ermächtigendem und Ermächtigtem zugrunde liegt, kann aus diesem, soweit vereinbart, die Herausgabe des „Erlöses", also dessen, was der Ermächtigte aus der Verfügung erlangt hat, verlangt werden. Gesetzliche Ansprüche bestehen darüber hinaus nicht. Im Falle eines fehlenden, unwirksamen Grundverhältnisses kann der Berechtigte vom Ermächtigten gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt, 818 Abs. 2 BGB Ersatz des Wertes, der eingeräumten Verfügungsmöglichkeit verlangen. Der Wert der Verfügungsbefugnis entspricht dem Wert des Verfügungsgegenstandes, über den verfügt wurde, der so aus dem Vermögen des Berechtigten (Ermächtigenden) herausgelöst wurde. Der für die Wertbestimmung maßgebliche Zeitpunkt ist der der Verfügung.

« OLG Dresden Urt. v. 28. 11. 1996-16 U 365/96 S. 10.

Α. Rechtsfolgen und Ausgleichsanspruch des Berechtigten

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ΙΠ· Bestellung dingliche Rechte (Grundpfandrechte, Grunddienstbarkeiten und Erbbaurechte) 1. Grundpfandrechte Eine Form sachenrechtlicher Verfügungen ist die Belastung eines Grundstückes mit Grundpfandrechten. Die Gestattung der Belastung eines fremden Grundstückes durch den Eigentümer ist die bisher wohl häufigste Form der Ermächtigung. Es hat sich der Begriff der sog. Belastungsermächtigung herausgebildet44. 1. Eine Belastungsermächtigung für Grundpfandrechte erfolgt regelmäßig im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages zur Finanzierung des Kaufpreises. Zugunsten der kreditierenden Bank ermächtigt der Verkäufer den Käufer zu einer Belastung des Grundstückes, noch bevor dieser im Grundbuch eingetragen ist und damit bevor er Eigentümer geworden ist. Meist erfolgt zugleich eine Abtretung des nach Sicherung gewährten Darlehnsanspruches an den Verkäufer, jedoch steht die Ermächtigung typischer Weise außerhalb des Synallagmas der vertraglichen Leistungen, von Grundstückseigentum und Kaufpreis. Eine über den Kaufpreis hinausgehende Gegenleistung für die Ermächtigung erhält der Verkäufer und Ermächtigende regelmäßig nicht. Eines Ausgleiches bedarf es daher auch nicht. 2. Anders ist dies selbstverständlich, wenn von der Belastungsermächtigung Gebrauch gemacht wurde und der Vollzug des Grundstückskaufvertrages scheitert, insbesondere weil dieser (form-)nichtig ist. In einem solchen Fall muß erneut das Bereicherungsrecht für eine Ausgleich sorgen. Mit der Belastung des Grundstückes durch ein Finanzierungsgrundpfandrecht hat der Ermächtigte (Käufer) von seiner Verfügungsbefugnis und Verfügungsmöglichkeit Gebrauch gemacht. Die abstrakte und damit von der Unwirksamkeit des Grundverhältnisses ggf. unberührte Ermächtigung45 ermöglicht zugunsten des Darlehensgebers eine wirksame Bestellung einer Sicherheit. Der Ermächtigende (Verkäufer) kann seinerseits nur vom Ermächtigten einen wirtschaftlichen Ausgleich verlangen. Der Bereicherungsanspruch des Ermächtigenden gegen den Ermächtigtenrichtetsich erneut nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt, 818 Abs. 2 BGB und ist auf den Wertersatz der unmöglichen „Herausgabe" der geleisteten Verfügungsmöglichkeit gerichtet. In den vorangegangenen Absätzen wurde herausgearbeitet, daß damit grundsätzlich der Wert des Verfügungsgegenstandes, der aus dem Vermögen des Berechtigten herausgetrennt wird, zu ersetzen ist. Im Gegensatz zur Übertragung eines Grundstückes wird aber bei der Belastung ein Gegenstand als solcher nicht aus dem Berechtigtenvermögen herausgetrennt. Worin besteht dann der Verfügungs gegenständ? Zur Verdeutlichung sei nochmals ein Vergleich mit den Kondiktionsfällen des §816 BGB erlaubt, also mit den Fällen, in denen ein Nichtberechtigter ein Grund44 Vgl. dazu BGH L M § 185, Nr. 30 = NJW 1989, 521 = MDR 1989, 242 = BB 1989,657. 45 Zur Frage des § 139 BGB vgl. Palandt- Heinrichs, § 139, Rn. 5 ff. m. w. N.

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

stück mit einem Grundpfandrecht belastet. Was der Nichtberechtigte insoweit als das aus der Verfügung Erlangte herauszugeben hat, ist sehr umstritten. Nach wohl herrschender Auffassung, insbesondere nach der Rechtsprechung des BGH, ist ein Belastungsentgelt (vertragliche Gegenleistung) zu zahlen, mithin das Entgelt, das der die Belastung Bewilligende, für die Bewilligung erhalten hat. Regelmäßig ist dies die Darlehensvaluta des so dinglich gesicherten Kredites46. Aus den bereits ausgeführten Gründen handelt ein Ermächtigter aber nicht als Nichtberechtigter i. S. d. § 816 Abs. 1 S. 1 BGB. Ansprüche auf Schadensersatz nach den §§ 989, 990 analog BGB scheiden ebenfalls, wie bereits ausgeführt, im Verhältnis von Ermächtigtem und Ermächtigendem aus, obwohl die dingliche Belastung eines Grundstückes als solche eine Verschlechterung i.S. d. § 989 BGB darstellt47.

Bestellt ein Ermächtigter an einem fremden Grundstück ein Grundpfandrecht, so verfügt er über das Grundstück als Sicherungsgegenstand. Die Verfügung bleibt gegenüber einer Übertragung des Grundstücke nur insoweit zurück, als Eigentum zwar nicht übertragen, aber nunmehr kein unbelastetes Eigentum mehr besteht. Verfügungsgegenstand ist demnach das unbelastete Grundstück. Nun wird aber nicht dessen vollständiger Wert aus dem Vermögen des Berechtigten herausgetrennt, sondern diesem verbleibt das belastete Eigentum. Daraus ergibt sich, daß nach § 818 Abs. 2 BGB die Wertdifferenz wegen der erfolgten dinglichen Belastung zu ersetzen ist. Regelmäßig wird diese Wertdifferenz dem Betrag entsprechen, der notwendig wäre, um die Belastung aufzuheben (Ablösebetrag = Nominalwert der Grundpfandrechte) 48. Wirtschaftlich kommt daher der Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB einer Auskehr der dinglich gesicherten Darlehensvaluta nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB annähernd gleich49. Es ist daher auch geboten, den dort bereits anerkannten Anspruch des Darlehensnehmers auf Freistellung aus der persönlichen Schuld gegen den wahren Berechtigen zu übertragen. Wenn der die Sicherheit einräumende Verfügende die Wertdifferenz wegen dieser Sicherheit ersetzen muß, damit der Berechtigte die Belastung ablösen kann, so muß damit auch die Freistellung des Darlehensschuldners gegenüber seinem Darlehensgeber verbunden sein50. Ansonsten stünde der Kondiktion der Entreicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB entgegen51. 46 RGZ 158,47; BGHZ 112, 376. 47 BGH MDR 1964,667 m. w. N. 48 So BGH NJW 1991, 917 m. w. N. für den Fall der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung, wenn ein rechtsgrundlos erworbenes Grundstück vom Erwerber mit einem Grundpfandrecht belastet wurde. 49 Unterschiede können sich hier durch Vorfälligkeitsentschädigungen, Bearbeitungsgebühren, Disagio u.ä. ergeben. 50 Vgl. RGZ 158,47; BGHZ 112, 376, 381 = NJW 1991,917 mit Anm. Canaris S. 2514 ff. 51 BGHZ 112, 376, 381, siehe dazu im übrigen § 4 C.

Α. Rechtsfolgen und Ausgleichsanspruch des Berechtigten

Welcher ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Ermittlung

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dieser Wertdifferenz

Beim Wertersatz für den Verlust eines Verfügungsgegenstandes ist der Zeitpunkt der Verfügung für die Bestimmung eines Wertersatzes maßgeblich gewesen. Im Bereich dinglicher Belastungen besteht aber die Besonderheit, daß das Grundstück im Eigentum des Berechtigten bleibt. Die von diesem zu duldende nominale Belastung mit Pfandrechten kann, insbesondere wegen Tilgungsleistungen des Ermächtigen auf seine Schulden, variieren. In der Regel wird von der Belastung beginnend eine abnehmende Sicherung durch Grundpfandrechte vorliegen und sich demgemäß der notwendige Ablösebetrag nach und nach verringern. Da aber nur ein wirtschaftlicher Ausgleich der tatsächlichen Belastung erfolgen soll, ist für die Wertdifferenzbestimmung der Zeitpunkt maßgeblich, indem die nominale Lastenfreiheit vom Berechtigten begehrt wird. Der zu dieser Zeit noch notwendige Ablösebetrag entspricht der noch bestehenden Wertdifferenz aufgrund der erfolgten dinglichen Belastung.

2. Grunddienstbarkeiten Ein Ermächtigter, der sachenrechtliche Verfügungen vornehmen kann, kann auch Grunddienstbarkeiten gemäß §§ 1018 ff. BGB an einem Grundstück des Ermächtigenden bestellen. Zu denken ist hier insbesondere an Wege- und Leitungsrechte52. Im Gegensatz zur Belastung eines Grundstückes mit einem Pfandrecht begründet eine Grunddienstbarkeit keine finanzielle, sonder eine tatsächliche Belastung in Form von Duldungs- und Unterlassungspflichten. 1. Soweit ein wirksames Grundverhältnis der Ermächtigung zugrunde liegt, bestimmten sich die Ansprüche des Berechtigten gegen den Ermächtigten nach dessen Regelungen. Regelmäßig wird der Ermächtigte für die Bewilligung eines Grundpfandrechtes entweder eine Einmalzahlung (Abfindung) oder eine verrentete Zahlung in Teilbeträgen erhalten. Je nach Ausgestaltung des Grundverhältnisses wären diese Beträge an den Berechtigen und auch tatsächlich Belasteten auszukehren. 2. Im Falle einer abstrakten, aber nicht unwirksamen Ermächtigung kann der Berechtigte wie im Falle sonstiger Belastung vom Ermächtigten nach den §§812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt, 818 Abs. 2 BGB einen Ausgleich verlangen. Der Ermächtigte schuldet auch hier den Wertersatz für die gebrauchte Verfügungsmöglichkeit, mithin den Ersatz des Weites, um den der Grundstückswert aufgrund der getätigten Verfügung gemindert ist. Es gelten die bereits ausgeführten Grundsätze. Der Ersatz der Wertdifferenz aufgrund der dinglichen Belastung wird nominal meist den vereinbarten, vertraglichen Gegenleistungsansprüchen des Ermächtigten gegen den Dritten entsprechen. Hat der Ermächtigte von diesem eine Abfindung 52

Siehe im einzelnen Palandt-Bassenge, § 1018 Rn. 13 ff.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

erhalten, so ist nominal diese auszukehren. Im Falle der verrenteten Zahlungsweise ist es dagegen ausreichend, daß vereinnahmte Beträge ausgekehrt werden und noch nicht fällige Zahlungsansprüche an den Berechtigten abgetreten werden. Damit wird sichergestellt, daß im Falle einer Aufhebung der Grunddienstbarkeit eine Vereinbarung zwischen dem begünstigten Dritten und dem Berechtigten getroffen werden kann, insbesondere das Erlöschen weiterer Zahlungsansprüche. Würde der Ermächtigte den gesamten Wertersatz sofort leisten müssen und dafür die Zahlungsansprüche gegen den Dritten behalten, so müßte zur Aufhebung des Grunddienstbarkeit nebst sonstiger Ansprüche ein dreiseitiger Vertrag geschlossen werden. Zur Vereinfachung und im Sinne eines angemessenen Ausgleiches ausreichend wäre insoweit eine Abtretung. Voraussetzung dafür, daß die Abtretung dieser Ansprüche ausreichend ist, genau wie die Auskehr einer Abfindungszahlung, ist, daß damit tatsächlich die o.g. Wertdifferenz ausgeglichen wird. Bleiben diese Beträge nämlich hinter der Wertdifferenz zurück, so ist der „Auffüllbetrag" vom Ermächtigten zu entrichten. Er muß also Sorge tragen, daß seine vertraglichen Ansprüche gegen den Dritten dieser Wertdifferenz entsprechen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der zu ersetzenden Wertdifferenz ist, wie im Regelfall, der Zeitpunkt der Verfügung, also der Zeitpunkt der Belastung.

3. Erbbaurechte Ein Ermächtigter könnte (als sachenrechtliche Verfügung) auch ein Erbbaurecht an einem fremden Grundstück bestellen53. Im Grunde gelten die bereits zu den sonstigen Belastungsmöglichkeiten gemachten Ausführungen. Auf eine Besonderheiten ist aber noch einzugehen. Zu ersetzen hat der Ermächtigte die Differenz zwischen dem Wert des unbelasteten und dem Wert des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks. Der Ermächtigte wird daher, wenn er einen Einmalerbbauzins erhält, diesen auszukehren haben. Hat der Ermächtigte eine ratierliche Zahlung (Verrentung) vereinbart, so besteht folgende Besonderheit. Nach § 9 Abs. 2 S. 4 ErbbRVO kann der Anspruch auf Zahlung künftigen, noch nicht fälligen, Erbbauzinses nur in der Person des jeweiligen Grundstückseigentümers bestehen. Daraus ist zu entnehmen, daß stets nur der Berechtigte einen Erbbauzins verlangen kann54. Auf dessen Ver53 Das § 2 ErbbRVO von Vereinbarungen zwischen dem Grundstückseigentümer und dem Erbbauberechtigten spricht, steht dem nicht entgegen. Der Wortlaut des Gesetzes gibt nur den Normalfall wieder. Er schließt aber die Bestellung durch einen Ermächtigten nicht aus. 54 BayOblG Rpfleger 1990, 507, 508 hat zutreffend ausgeführt, daß ein Erbbauzinsanspruch als subjektiv-dingliche Reallast gemäß § 1110 BGB nur dem Eigentümer des betreffenden Grundstückes zustehen kann. Dies ergibt sich im übrigen auch aus § 96 BGB, wonach Rechte, die mit einem Grundstückes verbunden sind, als dessen Bestandteile gelten. Derartige Rechte teilen die Rechtsinhaberschaft mit dem Grundstück.

Α. Rechtsfolgen und Ausgleichsanspruch des Berechtigten

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langen sind also zukünftige Erbbauzinsen an diesen und nicht an einen Ermächtigten zu leisten. Mit seinem Verlangen nach Ausgleich kann sich der Berechtigte (Eigentümer) z.T. ausnahmsweise an den Erbbauberechtigten halten. Nur soweit zwischen den noch offenen Erbbauzinsen und der eingetretenen Wertminderung ein Differenzbetrag verbleibt, ist dieser vom Ermächtigten zu erstatten. Einem solchen Differenzbetrag entsprechen regelmäßig die bereits an den Ermächtigten geleisteten Erbbauzinszahlungen.

IV. Schuldrechtliche Verträge Ein gemäß § 185 BGB Ermächtigter hat die Rechtsmacht im eigenen Namen über ein fremdes Recht zu verfügen. Inhalt der damit verliehenen Verfügungsbefugnis ist die Macht zur Vornahme sachenrechtlicher Verfügungen, d. h. zur Übertragung, Belastung, inhaltlichen Änderung oder Aufgabe eines Rechtes des Ermächtigenden. Schuldrechtliche Verträge stellen dagegen keine Verfügung im sachenrechtlichen Sinne dar. Zum Abschluß derartiger Verträge im eigenen Namen kann gemäß § 185 BGB nicht ermächtigt werden. Die sog. Verpflichtungsermächtigung ist dem deutschen Recht fremd 55. Die Ermächtigung zum Abschluß eines Vertrages im eigenen Namen mit Wirkung für den Ermächtigenden würde zu einer Schuldübernahme ohne die notwendige Beteiligung des jeweiligen Gläubigers nach §§414, 415 BGB führen. Einem Vertragspartner ist es aber regelmäßig nicht gleichgültig, welche Person sein Schuldner ist 56 . Insbesondere für die Frage der Solvenz, aber auch Fragen des Wettbewerbs ist die Kenntnis der Person des Vertragspartner von großer Bedeutung. Wer sich der Mithilfe eines Dritten beim Abschluß eines schuldrechtlichen Vertrages bedienen will, der muß diesen deshalb zum Handeln in fremden Namen bevollmächtigen57. Der Berechtigte würde so zum Vertretenen und damit selbst zum Vertragspartner. Deshalb ist davon auszugehen, daß Verträge, die ein nach § 185 BGB Ermächtigter, der nicht zugleich bevollmächtigt ist, im eigenen Namen abschließt, keine Rechtswirkungen für und gegen den Ermächtigenden entfalten. Etwas anderes gilt nach h.A. nur dann, wenn der Ermächtigtigende auch der vertraglichen Begründung eines obligatorischen Besitzrechtes zustimmt 58. Zwar wird auch damit keine rechtliche Verpflichtung des Ermächtigenden selbst begründet, aber die Zustimmung begründet eine Bindung an das ge55 BGHZ 34, 122, 125 = NJW 1962, 1962,499; 114,96, 100; diff. Peters AcP 171 (1971), 234; a.A. Bettermann JZ 1951, 321 ff. 5θ Vgl. nur Fikentscher, Schuldrecht, 1997, § 58 II, S. 371 f. 57 Fikentscher,Schuldrecht, § 58 II, S. 371 ist zuzustimmen, wenn er daraufhin weist, daß bei der dinglichen, absoluten Wirkung einer Ermächtigung nach § 185 BGB zu verfügen dem Verfügungsgegner der Vertragspartner egal sein kann, was bei schuldrechtlichen Pflichten nicht der Fall ist. 58 RGZ 80, 395; 124, 28.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

währte Besitzrecht, wie es zwischen dem Ermächtigtem und dessen Vertragspartner vereinbart ist 59 . Von dem Vorgenannten zu trennen ist die Frage, ob ein vom Ermächtigten (Verfügungsbefugter) geschlossener, schuldrechtlicher Vertrag, der eine gewisse Verdinglichung erfährt, für einen Erwerber bindend wäre. Dies könnte namentlich bei Miet- und Pachtverträgen gemäß §§ 571, 581 BGB der Fall sein. Nach diesen Vorschriften tritt der Erwerber eines Grundstückes in bestehende Verträge ein. In einem solchen Fall tritt eine Bindung für Verträge ein, die der Erwerber selbst nicht geschlossen hat. Voraussetzung eines Eintrittes in bestehende Verträge ist aber, daß die Verträge vom (bisherigen) Eigentümer geschlossen wurden. Verträge, die ein Scheineigentümer oder sonstiger Nichtberechtigter schließt, unterfallen dagegen nicht den §§ 571, 581 BGB 60 . Für eine Verdinglichung der Miet- bzw. Pachtverträge ist daher eine Identität von Vermieter bzw. Verpächter und Eigentümer des Grundstükkes zwingende Voraussetzung. Deshalb scheidet sie aus, wenn eine andere Person, als der Eigentümer, die entsprechenden Verträge schließt. Dies gilt auch bei Personen, die im übrigen zur Verfügung ermächtigt sind. So, wie ein Eigentümer an derartige Verträge von Nichteigentümern nicht gebunden wäre, so ist auch in Erwerber nicht an sie gebunden. Schließen Ermächtigte daher im eigenen Namen schuldrechtliche Verträge, so binden sie nur sich selbst. Aus dem Vorgenannten ergibt sich nur, daß der Berechtigte über § 185 BGB für die Zukunft nicht an schuldrechtliche Verträge des Ermächtigten gebunden werden kann. Eine andere Frage ist, ob der Ermächtigte die in der Vergangenheit eingezogenen Miet- oder Pachtzinsen an den Berechtigten herausgeben müßte. Dies ist nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt, 818 Abs. 1 BGB der Fall. Der „Gebrauch" der Ermächtigung erfolgt hier nämlich in der Weise, daß der Ermächtigte Nutzungen („etwas erlangt"), die eigentlich dem Berechtigten zustehen („auf dessen Kosten"), einzieht. Die Nutzungen als Ergebnis der Ermächtigung und der damit verbundenen Nutzungsmöglichkeit sind deshalb im Rahmen der Eingriffskondiktion nach §818 Abs. 1 BGB herauszugeben61. Ein Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB besteht dagegen nicht. Ein Anspruch würde nur dann gegeben sein, wenn die Einziehung von (fremden) Forderungen durch einen Nichtberechtigten erfolgt ist. Die Forderungen aus geschlossenen Verträgen stehen aber allein dem Ermächtigten zu. Nur er ist Vertragspartei und Gläubiger.

59 Schramm in MüKo, § 185, Rn. 10; Soergel-Leptien, § 185, Rn. 10; Staudinger-D*7cÄ*?r, § 185, Rn. 24 jeweils m. w. N. 60 Vgl. nur Emmerich/Sonnenschein, Miete, 1991, § 571 BGB Rn. 8. 61

Zur Herausgabepflicht bei Mietzins in Höhe der tatsächlich gezogenen Nutzungen, vgl. BGHZ 35, 357, 361.

Α. Rechtsfolgen und Ausgleichsanspruch des Berechtigten

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V. Rechtsgrundlose Verfügungen eines Ermächtigten gemäß § 185 BGB Verfügt ein Ermächtigter zur Erfüllung eines Rechtsgeschäftes, das unwirksam ist, und ist daneben auch das Grundverhältnis der Ermächtigung zwischen Ermächtigtem und Ermächtigendem unwirksam, so liegt ein Doppelmangel vor. Zwar muß der Ermächtigende (Berechtigte) auch in einem solchen Fall die getätigte Verfügung zu seinen Lasten gegen sich gelten lassen, jedoch besteht die Besonderheit, daß der Ermächtigte seinerseits die Verfügung bei seinem Vertragspartner kondizieren kann. Aus Sicht des Ermächtigenden ist daher die Frage zu beantworten, ob nicht ausnahmsweise eine Direktkondiktion beim Dritten, nämlich beim Vertragspartner des Ermächtigten möglich ist. Für die Kondiktion in den Fällen der Verfügung eines Nichtberechtigten gemäß § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ist diese Frage seit jeher umstritten. Nach einer Mindermeinung (sog. Einheitskondiktionslehre) wird eine Direktkondiktion als möglich angesehen, weil der Dritte gegenüber dem Ermächtigenden etwas in sonstiger Weise auf dessen Kosten erlange. Deshalb sei ein direkter Kondiktionsanspruch nach § 812 Abs. 1 S. 1,2. Alt BGB gegeben62. Nach der wohl h.M. (sog. Doppelkondiktionslehre)63 soll, wie in den anderen Fällen des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB auch, eine Kondiktion nur im Verhältnis von Berechtigtem und Verfügendem erfolgen. Die Kondiktion vollzieht sich daher in den jeweiligen Leistungsbeziehungen. Dies ist besonders in Bezug auf die Verteilung der Insolvenzrisiken angemessen64. Für die Fälle der Verfügung eines Ermächtigten kann nichts anderes gelten. Wenn der Berechtigte sich bereits in den Fällen des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB nur an den verfügenden Nichtberechtigten halten kann, so muß dies erst recht gelten, wenn der Verfügende sogar mit Einwilligung des Berechtigten verfügt hat. Eine Direktkondiktion des Ermächtigenden beim Vertragspartner des Verfügenden (Ermächtigter) ist deshalb mit Ausnahme einer Kondiktion der Kondiktion nicht möglich. Die Rückabwicklung rechtsgrundloser Leistung soll unter Beachtung der jeweiligen Einwendungen der Beteiligten zwischen den eigentlichen Vertragspartnern erfolgen. Jede Direktkondiktion verschiebt die Insolvenzrisiken und bereitet Schwierigkeiten bei der Frage zulässiger Einwendungen65. Im übrigen verlangt « Vgl. ζ. B. Grunsky JZ 1962,207. « RGZ 60, 284, 287 (wohl für diese Auffassung); RGZ 138,45 ff. = JW 1933, 42 ff. (für § 281 BGB) mit insoweit abweichenden Anmerkung Kunkel; Larenz/ Canaris; Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. 2, 2. HB; § 70 II 2, S. 204 f.; Staudinger- Lorenz, § 816, Rn 16 ff.; von Caemmerer JZ 1962, 388 f. 64 Eingehend dazu Larenz/ Canaris; Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. 2, 2. HB; § 70 II 2, S. 204 f. 65 Siehe Larenz/ Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. 2, 2. HB; § 70 II 2, S. 204.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

§185 BGB vom Ermächtigenden, gerade die getroffene Verfügung als wirksam und nicht reversibel zu behandeln. Daß der Ermächtigte seinerseits ggf. die Verfügung durch eine Kondiktion rückgängig machen kann, läßt diese Frage unberührt und hat nur Auswirkungen auf die Art des Bereicherungsausgleiches zwischen ihm und dem Ermächtigenden.

B. Die Rechtsfolgen von Verfügungen gesetzlich Ermächtigter gemäß § 8 VZOG und der Ausgleichsanspruch des Berechtigten I . Ausgangspunkt Die Rechtsfolgen einer Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG bestimmen sich nach der Rechtsmacht, die den Verfügungsbefugten verliehen wurde. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG beinhaltet, vergleichbar einer Verfügungsermächtigung nach § 185 BGB, die Rechtsmacht der Verfügungsbefugten, im eigenen Namen über ein fremdes Recht zu verfügen. Die getätigten Verfügungen gelten nach § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG als die des materiell Berechtigten. Der Rechtsinhaber eines Rechtes, über das ein Verfügungsbefugter nach § 8 Abs. 1 VZOG verfügt, muß daher eine solche Verfügung wie eine eigene gegen sich gelten lassen.

I I . Die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück Die Einführung der Verfügungsbefugnis des § 8 Abs. 1 VZOG (damals noch § 6 VZOG) begründete der Gesetzgeber mit der Ermöglichung einer sofortigen Verkaufstätigkeit der Verfügungsbefugten 66. Mit der neu geschaffenen Verfügungsbefugnis sollte in erster Linie die Verkehrsfähigkeit der Grundstücke erreicht werden, die nach dem Grundbucheintrag Eigentum des Volkes waren 67. Böhringer äußerte später, daß sich die Verfügungsbefugnis bewährt habe68. Diese zutreffende Feststellung ist nachfolgend damit zu belegen, welche rechtlichen Folgen aus den möglichen Verfügungen nach § 8 VZOG erwachsen.

« BT-Drs. 12/449 v. 29. 04. 1991, zu § 4 b - neu, S. 18. 67 Böhringer MittBayNot 1991, 189. 68 Böhringer MittBayNot 1994, 18.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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1. Veräußerung Wie eingangs erwähnt, stellt die Veräußerung eines Grundstückes durch die Verfügungsbefugten die wohl entscheidende Verfügungsmöglichkeit und zugleich eine zulässige Verfügung i. S. d. § 8 Abs. 1 VZOG dar. Zur Veräußerung eines Grundstückes schließen die Verfügungsbefugten im eigenen Namen notarielle Kaufverträge mit den Erwerbern. Die Erfüllung geschieht durch Auflassung nach § 925 BGB und Eintragung im Grundbuch. In grundbuchrechtlicher Hinsicht kann der veräußernde Verfügungsbefugte die Eintragung der Rechtsänderung beantragen und zugleich die Eintragung des Erwerbers als neuen Eigentümer bewilligen. Die notwendige (formelle) Antrags- und Bewilligungsbefugnis nach §§ 13, 19 GBO ist in der Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG mitenthalten69. Aufgrund der flankierenden Regelung des § 11 Abs. 1 S. 3 GBBerG bedarf es ausnahmsweise keiner Voreintragung des die Eintragung Bewilligenden. Mit der Eintragung des Erwerbers wird dieser der neue Eigentümer des Grundstükkes70. Im Grunde hat aber ein gegenständlich am Grundstück , »Nichtberechtigter" verfügt. Verfügungen eines Nichtberechtigten haben grundsätzlich keine Wirksamkeit, es sei denn der Gesetzgeber hat anderweitige Regelungen getroffen. So wird u. a. in den Gutglaubensvorschriften zum Schutze des gutgläubigen Erwerbers die wirksame Verfügung eines Nichtberechtigten zugelassen. Außerhalb dieser Schutzvorschriften für den Erwerb aufgrund eines Rechtsscheines ist aber ein weiterer Fall anerkannt, in dem die Verfügung eines dinglich Nichtberechtigten wirksam ist, nämlich im Falle einer Ermächtigung. Für rechtsgeschäftliche Ermächtigungen bestimmt § 185 Abs. 1 BGB, daß eine Verfügung mit Einwilligung des Berechtigten wirksam ist. Für die gesetzliche Ermächtigung des § 8 Abs. 1 VZOG bestimmt dessen Absatz 2 Satz 2, daß die von einem Verfügungsbefugten vorgenommenen Rechtsgeschäfte als die eines Berechtigten gelten. Damit ist auch für einen gesetzlich Verfügungsermächtigten nach § 8 VZOG normiert, daß dessen Verfügungen wirksame Eingriffe in den Rechtskreis des Berechtigten ermöglichen und dieser eine Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG wie eine eigene, wie eine Verfügung des Berechtigten, gegen sich gelten lassen muß. 1. Die Berechtigungsfiktion des § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG stellt für das Verhältnis des materiell Berechtigten gegenüber einem Verfügungsgegner (Erwerber) fest, daß der Erwerb vom Verfügungsbefugten als ein Erwerb vom Berechtigten zu behandeln ist. Der Dritte erwirbt deshalb, ohne das es auf einen Rechtsschein und 69 Zur Antragsbefugnis nach § 13 GBO vgl. Böhringer MittBayNot 1991, 189, 190; Friehe, Investitionen in den neuen Bundesländern, S. 127 Ziff. 2 a); zur Bewilligungsbefugnis nach § 19 GBO vgl. BGH Urteil v. 29. 3. 96 - V ZR 326/94 = ZIP 1996, 1059 = NJW 1996, 1890; LG Dresden Beschluß v. 25.4. 9 5 - 2 Τ 0766/94. 70 Zum Schutz eines Erwerbers für die Zeit zwischen Einigung und Eintragung vgl. § 8 Abs. 3 S. 2 VZOG. 13 Gohrke

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

einen diesbezüglichen guten Glauben ankäme, vom zur Verfügung Berechtigten aber grundstücksbezogenen Nichtberechtigten wirksam. Der Berechtigte verliert demgemäß sein Eigentum an den Dritten und kann insoweit, wegen der Wirksamkeit der Verfügung, auch keinen Ausgleich von diesem erlangen, da die gesetzliche Ermächtigung zugleich den Rechtsgrund für einen kondiktionsfesten Erwerb des betreffenden Gegenstandes darstellt. 2. Wie im Bereich der rechtsgeschäftlichen Ermächtigung konzentriert sich daher die Frage eines Ausgleiches für den erlittenen Rechtsverlust auf das Verhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Verfügungsbefugten (Ermächtigten). Da die Verfügungsbefugnis gemäß § 8 VZOG nicht durch den materiell Berechtigten, sondern vom Gesetzgeber verliehen wurde, mangelt es an einem Grundverhältnis im Sinne eines Auftrages o.ä. Vertragliche Beziehungen bestehen zwischen dem Verfügungsbefugten und dem derzeit noch nicht festgestellten Eigentümer nicht. Trotz des Fehlens eines Grundverhältnisses gibt es zwischen den Verfügungsbefugten des § 8 VZOG und den Berechtigten ein gesetzliches Innenverhältnis. Bestand und Inhalt dieses gesetzlichen Schuldverhältnisses wurden bereits ausgeführt 71. Verstößt eine nach § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG wirksame Verfügung gegen Beschränkungen aus dem Innenverhältnis, so ist der Verfügungsbefugte nach den Grundsätzen der pVV zum Schadensersatz verpflichtet. Ein Schaden wird der Berechtigte regelmäßig aber nicht haben, denn der betroffene Berechtigte erhält besondere Ausgleichsansprüche. Der Gesetzgeber hat nämlich in § 8 Abs. 4 und 5 VZOG besondere Ausgleichsregelungen geschaffen. Nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG hat die nach Absatz 1 verfügende Stelle den Erlös, mindestens aber den Wert des Vermögensgegenstandes an den Berechtigten auszukehren, der aus einem unanfechtbaren Zuordnungsbescheid nach §§ 1 und 2 VZOG hervorgeht.

a) Ausgleich für Verfügungen über ehemals wahres Eigentum des Volkes Ein Grundstück, das in der DDR wirksam in das Eigentum des Volkes überführt worden ist, hat nach den materiellen Zuordnungsregeln des Einigungsvertrages einen neuen Eigentümer in Form einer öffentlichen Körperschaft erhalten. Man kann insoweit von öffentlichem Eigentum sprechen. Dieses öffentliche Eigentum unterliegt dem Zuordnungsverfahren nach dem VZOG. Gemäß § 1 Abs. 6 VZOG können deshalb mögliche Berechtigte, d. h. möglich neue, öffentliche Eigentümer72 (sog. Zuordnungsprätendenten) die Zuordnung beantragen. Da deshalb nur öffent71 Siehe § 3 A. III. 7. b) ff). 72 Grün ZIP 1998, 321.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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liehe Eigentümer am Zuordnungsverfahren teilnehmen können, kann auch nur ein solcher öffentlicher Berechtigter durch einen Zuordnungsbescheid gemäß §§ 1 und 2 VZOG als Eigentümer festgestellt werden. Ergeht ein solcher Feststellungsbescheid, so hat der Verfügungsbefugte, das Gesetz spricht von der „verfügenden Stelle", an den festgestellten Berechtigten den Erlös aus einer Verfügung und soweit dieser hinter dem Wert des Vermögensgegenstandes zurückbleibt, mindestens den Betrag des Wertes auszukehren. Der öffentliche Berechtigte, der durch eine Verfügung (Veräußerung) des Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG sein Eigentum verloren hat, erhält als wirtschaftlichen Ausgleich ein Surrogat 73. Als Mindestsicherung erhält er den Wert des Vermögensgegenstandes, über den verfügt wird, mithin den Wert des Verfügungsgegenstandes. Im Grundsatz soll der materiell Berechtigte aber den Erlös aus einer Verfügung erhalten. Damit steht ein möglicher Veräußerungsgewinn dem Berechtigten zu. Dagegen geht eine Veräußerung unter Wert zu Lasten des Verfügungsbefugten, der die dann verbleibende Differenz zwischen Erlös und Wert zusätzlich auszukehren hat. 1. Die Rechtsfolgenparallele der Regelung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG zum Ausgleich nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB und §§ 989, 990 BGB analog74 ist erkennbar. Hier, wie dort, ist der tatsächlich erzielte Erlös herauszugeben. Bleibt dieser hinter dem Wert des Verfügungsgegenstandes zurück, so muß nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG auf der einen und nach den §§ 989, 990 BGB analog auf der anderen Seite die Differenz ersetzt werden. Erkennbar ist damit auch, warum es einer Regelung, wie der des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG bedurfte. Die Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG sind gesetzlich verfügungsbefugt, man könnte auch sagen „ermächtigt". Der Gesetzgeber spricht deshalb in § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG auch von einer Verfügungsermächtigung.

Bereits für einen rechtsgeschäftlich Ermächtigten ist die tatbestandliche Anwendbarkeit des § 816 Abs. 1 S. 1 BGB ausgeschlossen gewesen. Die Kondiktion wegen unbefugter Verfügung ist nicht möglich, wenn der Verfügende die Verfügungsbefugnis hat. So heißt es auch in § 8 Abs. 1 VZOG ausdrücklich, daß die dort genannten Körperschaften zur Verfügung „befugt" sind. Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG sind daher tatbestandlich keine Verfügung eines Nichtberechtigte nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB. Es gilt hier nichts anderes, als im Falle einer Ermächtigung nach § 185 BGB. Entscheidend für den tatbestandlichen Ausschluß der Kondiktion ist in beiden Fällen der Befugnis (aus Rechtsgeschäft bzw. Gesetz) zu verfügen, also auf den Rechtskreis des Berechtigten rechtmäßig einzuwirken. Eine solche erlaubte Verfügung kann nicht zugleich ein rechtswidriger Eingriff in den 73 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 19; BrdbgOLG ZOV 1998,52, 53. 74 Die Analogie resultiert aus den Anwendung auf das Verhältnis von Buchberechtigtem und Eigentümer eines Grundstückes. 1*

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Zuweisungsgehalt eines fremden Rechtes sein, den der Berechtigte nicht zu dulden bräuchte. Das Gesetz ordnet mit der Verfügungsbefugnis für den Berechtigten eine Duldungspflicht hinsichtlich getätigter Verfügungen an, da es die Behandlung als Verfügung eines Berechtigten verlangt. Ansprüche aus einer Eingriffskondiktion können daher weder aus dem spezielleren § 816 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB noch aus dem insoweit subsidiären § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt BGB hergeleitet werden. Wären Verfügungen nach § 8 VZOG dagegen als die eines Nichtberechtigten nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB anzusehen, so hätte es einer Ausgleichsregelung neben den Bestimmungen des allgemeinen Zivilrechtes nicht bedurft. Mit der Regelung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist demgemäß eine eigenständige Ausgleichsregelung getroffen worden. Soweit es um den Ausgleich für eine Veräußerung geht, enthält § 8 VZOG abschließende Ausgleichsregelungen75, die von den Rechtsfolgen her eine deutliche Parallele zur Herausgabe des aus der Verfügung Erlangten nach § 816 Abs. 1 BGB darstellen. 2. Zu einer subsidiären Anwendbarkeit sonstiger Ausgleichsansprüche nach dem BGB kommt es dennoch nicht76. Hält man sich die Ausgestaltung des § 8 Abs. 1 VZOG als Befugnis zu verfügen vor Augen, so wird klar, daß sich auch weitere Ausgleichsansprüche aus dem BGB tatbestandlich gar nicht ergeben können. a) Ein Anspruch aus den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag scheitert bereits am fehlenden Fremgeschäftsführungswillen. Die Verfügungsbefugnis des § 8 Abs. 1 a) VZOG knüpft an die gleichen formalen Kriterien an, wie die materielle Zuordnung nach Art. 22 Abs. 4 S. 1 EV. Im Regelfall besteht deshalb an Grundstücken, bei denen ein ehemals volkseigener Betrieb der Wohnungswirtschaft im Grundbuch als Rechtsträger eingetragen ist, nunmehr nach dem Einigungsvertrag kommunales Eigentum. Der § 8 Abs. 1 a) VZOG macht im Regelfall den potentiellen neuen Eigentümer zum Verfügungsbefugten. Der Wille, ein Geschäft für einen anderen zu besorgen, kann hier nicht zur Entstehung gelangen. Die Verfügungsbefugten nehmen im Rahmen ihrer Befugnis Eigengeschäfte war. Eine unbefugte Geschäftsführung ist aber ebensowenig anzunehmen, da die Befugnis zu verfügen ja gerade gesetzlich begründet wird. Hier sind rechtsgeschäftlich und gesetzlich Ermächtigter gleich zu behandeln77.

75 Das das Gesetz im Grunde nur an eine Veräußerung gedacht hat, ergibt sich aus § 8 Abs. 4 S. 1 VZOG. Danach sind veräußerte Grundstücke /Gebäude sowie die Entgelte in einer Liste des Innenministeriums zu erfassen. Mit der Auskehr des „Erlöses" nach Satz 2 des Absatzes 4 ist deshalb an das erzielte und in der Liste erfaßte Entgelt gedacht. 76

A.A. wohl Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 30, die ergänzend das allgemeine Zivilrecht anwenden will. 77 Unveifehrt OVspez. 12/97, S. 198.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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b) Auch für die Frage der Anwendbarkeit der §§ 989,990 BGB können die Ausführungen zu den Folgen der Verfügung eines nach § 185 BGB Ermächtigten zurückgegriffen werden. Die Verfügungsbefugnis beinhaltet einen rechtlichen Ausschluß der Vorschriften über das Verhältnis von Eigentümer und Besitzer bei bestehender Vindikationslage. Wer, wie die Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG, Besitz überlassen darf (§ 8 Abs. 1 a) S. 3 VZOG), der ist auch selbst zum Besitz berechtigt78. Der Verfügungsbefugte nach § 8 Abs. 1 VZOG handelt auch nicht widerrechtlich, wenn er von einer gesetzlichen Ermächtigung Gebrauch macht. Was ihm so erlaubt ist, kann nicht auf anderem Wege eine Schadensersatzpflicht auslösen. Dies gilt im übrigen auch für deliktische Ansprüche, die ebenfalls ausscheiden. c) Der Ausgleich im Falle der abstrakten Ermächtigung nach § 185 BGB wurde nach §§ 812 Abs. 1 S. 1,1. Alt, 818 Abs. 2 BGB vollzogen. Entscheidende Voraussetzung war, daß die rechtsgeschäftliche Ermächtigung eine Leistung des Ermächtigenden an den Ermächtigten darstellt und im Falle der Rechtsgrundlosigkeit kondizierbar ist. Die Ermächtigung nach § 8 Abs. 1 VZOG ist eine gesetzliche. Sie stellt daher keine Leistung des Berechtigten dar. Eine Leistungskondiktion ist vorliegend genauso wenig möglich, wie die eingangs untersuchte Eingriffskondiktion. Nach alledem ist ersichtlich, daß die sonst eingreifenden Ausgleichsregelungen des BGB für die Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG keine Regelung bereithalten. Das VZOG war gezwungen, eigene Ausgleichsregelung zu schaffen, nach denen allein sich ein Ausgleich zugunsten der Berechtigten nurrichtenkann. 3) Zurück zu § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG. Der Ausgleichsschuldner, also der Verfügungsbefugte, muß danach einem öffentlichen Berechtigten, der sich durch einen unanfechtbaren Zuordnungsbescheid legitimiert, den Erlös aus einer Verfügung, also das aus einer Verfügung erlangte, zumindest aber den Wert des Verfügungsgegenstandes, auskehren. Mit diesem Auskehranspruch soll der materiell Berechtigte einen echten wirtschaftlichen Ausgleich für den erlittenen Rechtsverlust erhalten79. Das Gesetz schreibt einen erzielten Erlös wirtschaftlich dem Inhaber eines verwerteten Rechtes zu 80 . Dies entspricht einer Herausgabeverpflichtung nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB, die sich auf das aus einer Verfügung Erlangte, mithin einen Erlös, erstrecken würde. Zur Absicherung des Berechtigten gegen unwirtschaftliche Verfügungen ist als Mindestänspruch der Anspruch auf Auskehr des jeweiligen Wertes des Verfügungsgegenstandes in § 8 Abs. 4 VZOG verbrieft. Mit dem Begriff des „Wertes" ist der Verkehrswert i. S. d. § 194 BauGB gemeint, dessen Bestimmung nach der Wertermittlungsverordnung 81 zu erfolgen hat 82 . 78 So auch Unverfehrt OVspez. 12/97, S. 198. 79 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 19; BrdbgOLG ZOV 1998,52,53. 80 Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 17 spricht zutreffend vom Anspruch des Berechtigten auf das Surrogat.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Diese Mindestsicherung wird immer dann relevant, wenn der Verfügungsbefugte keinen Erlös erlangt, insbesondere bei unentgeltlichen Verfügungen 83, aber auch bei sehr niedrigen Gegenleistungen, die als Erlös an den Verfügungsbefugten geleistet werden84. Schmidt-Räntsch/Hiestand85 fragen insoweit danach, ob ein tatsächlich erzielter Erlös sich im Rahmen des „Vertretbaren" bewegt. Die Verkehrswertauskehr soll deshalb nur dann zur Anwendung kommen, wenn in unvertretbarer Weise kein Erlös oder ein unvertretbar niedriger Erlös erzielt wird. Begründet wird die Einführung dieser Vertretbarkeitsgrenze damit, daß der Verfügungsbefugte nicht befürchten dürfe, wegen einer Verfügung mit Ansprüchen belastet zu sein, weil er kein optimales Ergebnis erzielt hat. Dies könne sonst dazu führen, daß von der Verfügungsbefugnis kein Gebrauch gemacht wird.Leitschuh/ Lange86 sprechen dagegen ohne Einschränkung von der Mindestauskehr des Verkehrswertes. Büteröwe87 ist ebenfalls ohne Einschränkung der Auffassung, daß mindestens der (Verkehrs-)Wert nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG auszukehren ist. Die Kommune müsse ggf. die Differenz zwischen dem Erlös und dem Verkehrswert ersetzen. Den letztgenannten Autoren ist zuzustimmen. Die Regelung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist anders als viele Vorschriften des Vermögensrechtes eindeutig ausgestaltet. Nach der gesetzlichen Anordnung ist zumindest der Wert des Vermögensgegenstandes auszukehren. Die nominale Mindestsicherung des materiell Berechtigten kann deshalb nach objektiven Kriterien bestimmt und so auch beziffert werden. Dies ist Grundvoraussetzung für die Realisierbarkeit eines Auskehranspruches. Dem Schutzinteresse des Berechtigten wird nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn ein Vergleich zwischen dem tatsächlichen Erlös und dem objektiven Wert des Gegenstandes möglich ist. Es kann deshalb keinen Grenzbereich geben, in dem ein Erlös noch vertretbar unterhalb des Wertes liegt. Derartig unwirtschaftliche Verfügungen sind dem Verfügungsbefugten zwar möglich, sie begründen aber eine (persönliche) Zahlungsverpflichtung des Differenzbetrages zwischen Erlös und Wert des Verfügungsgegenstandes. Damit ist keine Verunsicherung der Verfügungsbefugten verbunden, die die Verfügungsbefugnis zu einem stumpfen Schwert ei Verordnung über Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken v. 6. 12. 1988 (Wertermittlungsverordnung- WertV) - BGBl. 1988 I, S. 2009. 82 Schmidt/Leitschuh, RVI, Art. 22 EV, Rn. 45. 83 Die Tatsache, daß für eine Verfügung kein Erlös erzielt wird, macht die Verfügung nicht unzulässig, vgl. Böhringer, Besonderheiten des Liegenschaftsrechtes in den neuen Bundesländer, Rn. 325; OLG Jena VIZ 1996, 170 (nennt als Beispiele Schenkung, Einbringung in eine Gesellschaft und unentgeltliche Erbbaurechtsbestellung); BezG Dresden Rpfleger 1993, 190,191(zur Umwandlung). m Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 23. 85 in RVI, § 8 VZOG, Rn. 23; ähnlich Dick in Kimme, § 8 VZOG Rn. 28 (Erlös deutlich unter Wert oder nicht entstanden). 86 in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 17 a.E. 87 Büteröwe, Vermögenszuordnung für kommunale Verwaltungsaufgaben in den neuen Bundesländern, S. 225.

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macht. Es ist die Pflicht der Verfügungsbefugten, sich über den Wert des Verfügungsgegenstandes vor einer Verfügung klar zu werden. Nur so kann gewährleistet werden, daß in vertraglichen Verhandlungen verkehrsübliche Werte und Gegenleistungen vereinbart werden. Die Notwendigkeit einer Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG beinhaltet keine Notwendigkeit der Zulassung von Verfügungen unter Wert. § 8 VZOG will Verkehrsfähigkeit und Nutzung von Eigentum bis zur Feststellung des Eigentümers, aber nicht um jeden Preis, d. h. keinesfalls zu einem „Preis" unter Wert. Eine Unterschreitung der Mindestauskehr ist demgemäß nicht zulässig88. Es gibt insoweit keinen vertretbaren Rahmen. Dies zeigt auch ein Vergleich mit § 13 Abs. 2 S. 2 VZOG. Dort ist eine Verkehrswertauskehr an einen Restitutionsberechtigten nur für den Fall vorgesehen, daß kein Erlös erzielt wird oder der erzielte Erlös den Verkehrswert offensichtlich und ohne sachlichen Grund unterschreitet. Der VZOG-Gesetzgeber hat es also dort, wo er eine vertretbare Abweichung vom objektiven Verkehrswert zulassen wollte, auch im Gesetz normiert. Eine dem § 13 Abs. 2 S. 2 VZOG vergleichbare Relativierung der Verkehrswertauskehr enthält § 8 Abs. 4 VZOG nicht. Der Gesetzgeber hat trotz vielfacher Änderungen des VZOG an der strikten Verpflichtung zur Auskehr des Wertes nichts geändert, insbesondere keine Vereinheitlichung zu § 13 Abs. 2 S. 2 VZOG vorgenommen. Mit der Mindestsicherung durch einen Wertsauskehranspruch vergleichbar ist der sonstige Schutz eines Berechtigen bei Verfügungen eines Ermächtigten nach §§812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB bzw. bei Verfügungen eines Nichtberechtigten gemäß §§ 989,990 BGB. Die Regelung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist daher ein Konglomerat aus dem Tatbestand der Verfügung eines Berechtigten i. S. d. § 816 BGB („Erlös") und den Rechtsfolgen des zivilrechtlichen Schutzes bei Verfügungen materiell Nichtberechtigter. Es werden auf die Verfügungen eines Ermächtigten und berechtigten", deren Ausgleich sich im Grunde nur nach den §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB bestimmen könnte, die Rechtsfolgen der Verfügung eines „Nichtberechtigten" nach § 816 Abs. 1 BGB angewandt. Hinzu kommt eine Mindestsicherung des Berechtigten. Die untere Grenze des Ausgleichsanspruches entspricht dem auch nach allgemeinem Zivilrecht bei Verfügungen eines Ermächtigten gegebenen, hier aber mangels Leistung nicht einschlägigen Kondiktionsanspruch der auf Ersatz des Wertes des jeweiligen Verfügungsgegenstandes ausgerichtet ist. Die Verkehrswertauskehr ist daher nach § 8 es BMI in Infodienst Kommunal Nr. 61 v. 20. 11. 92 (abgedruckt bei Bielenberg/Kleiber/ Söfker, Vermögensrecht, I I 5.14) führt dazu aus: „Die Verpflichtung zur Auskehrung des Erlöses, mindestens aber des Wertes des Vermögensgegenstandes, soll den Kommunen eindringlich verdeutlichen, daß bei Verfügungen nach § 6 VZOG ... stets der Verkehrswert zugrunde zu legen ist. Unterschreitet die Kommune diesen Verkehrswert, hat sie die entstandene Differenz aus eigenen Mitteln zu ersetzen."

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Abs. 4 S. 2 VZOG so zu leisten, als habe ein Ermächtigter verfügt. An die Stelle des verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruches nach den §§ 989, 990 BGB analog tritt der verschuldensunabhängige Ausgleichsanspruch, der einer Kondiktion nach den §§812 Abs. 1 S. 1, l.Alt, 818 Abs. 2 BGB entspricht. Durch dieses Konglomerat wird eine Besserstellung des Berechtigten gegenünber dem allgemeinen Zivilrecht erreicht. Daraus ergibt sich folgendes.Die Verfügungen eines gesetzlich Ermächtigten sind tatbestandlich keine Verfügungen eines Nichtberechtigten im Sinne des Bereicherungsrechtes der §§ 812 ff. BGB. Sie werden in Bezug auf die Rechtsfolgen teilweise wie Verfügungen eines Nichtberechtigten (Erlösauskehr), teilweise aber auch wie Verfügungen eines Ermächtigten (Verkehrswertauskehr) behandelt. Damit enthält § 8 VZOG einen eigenständigen Ausgleich. Neben § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG bestehen deshalb keine weiteren gesetzlichen, insb. auch nicht bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche eines Berechtigten. Die Regelung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist die einzige Regelung für den Ausgleich von Verfügungen eines gesetzlich nach § 8 Abs. 1 VZOG zur Verfügung Ermächtigten. Nach dieser Vorschrift allein richtet sich der Ausgleich zugunsten eines Berechtigten, der daher immer nur in der Auskehr eines „Erlöses" bzw. eines „Wertes" bestehen kann. Der § 8 Abs. 5 S. 1 VZOG eröffnet daneben für den Ausgleichsschuldner eine Ersetzungsbefugnis 89 Dieser kann anstelle der vorgenannten Auskehr dem Berechtigten das Eigentum am Verfügungsgegenstand (betroffenes Grundstück) oder an einem Ersatzgrundstück verschaffen. Der Verfügungsbefugte, der den Ausgleich schuldet, kann danach die geschuldete Erlösauskehr gegen die Verschaffung von Grundeigentum ersetzten. Für die Verschaffung eines Ersatzgrundstückes ist dies unproblematisch. Selbstverständlich darf auf diese Weise nicht die Wertsicherung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG unterlaufen werden. Es muß daher über den Gesetzeswortlaut hinaus die Verschaffung des Grundeigentums an einem zumindest wertmäßig vergleichbaren Grundstück gefordert werden90. Daß der Verfügungsbefugte aber auch das Eigentum des betroffenen Grundstück zurück verschaffen können soll, erscheint auf den ersten Blick als eine widersinnige Regelung. Wie soll das Eigentum zurück gelangen, das gerade durch eine wirksame Verfügung auf einen Dritten übertragen wurde. Das Gesetz will hier solche Fälle miterfassen, in denen ζ. B. der jeweilige Kaufvertrag eine Rückabwicklungsregelung für einen solchen Fall enthält. Daneben ist denkbar, daß eine Kommune eine eigene (Wohnungs-)Gesellschaft mit zuviel Grundbesitz ausgestattet hat und die Kommune also durch Gesellschafterbeschluß eine Herausgabe des betreffenden Grundstücks an den Berechtigten erreichen kann91. Der Vollzug der Übertragung 89 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 27 (Abwendungsbefugnis); so auch Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 4209. 90 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 27.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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eines Ersatzgrundstückes kann nach § 8 Abs. 5 S. 2 VZOG durch einen vom Verfügungsbefugten beantragten Zuordnungsbescheid erfolgen. Damit werden Probleme der Voreintragung (§11 GBBerG) und Notarkosten gespart. Daneben bleibt die Möglichkeit einer Auflassung an den Berechtigten unberührt. Dies ergibt sich aus der Notwendigkeit eines Antrages an die Zuordnungsbehörde. Wird dieser nämlich nicht gestellt, so kann dennoch von der Ersetzungsbefugnis nach Satz 1 Gebrauch gemacht werden, indem ein Ersatz- oder das betreffende Grundstück an den Berechtigten aufgelassen wird. Welcher ist der maßgebliche Zeitpunkt Abs. 4S.2 VZOG?

für die Wertbestimmung

nach § 8

Die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes für eine Wertbestimmung stellte sich bereits für den Ausgleich bei Verfügungen eines rechtsgeschäftlich Ermächtigten. Dort wurde der Zeitpunkt der Verfügung als maßgeblich angesehen. Da sowohl das Bereicherungsrecht als auch § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG auf einen wirtschaftlichen Ausgleich ausgerichtet sind92, kann hier nichts anderes gelten. So hat Dick 93 zutreffend festgestellt, daß auch bei § 8 VZOG für die Wertbestimmung der Zeitpunkt der Verfügung maßgeblich ist. Würde man einen früheren oder auch späteren Zeitpunkt heranziehen wollen, so könnten durch Änderungen des Wertgefüges Auskehransprüche entstehen, die nicht mehr das abschöpfen, was wirtschaftlich aus dem Vermögen des Berechtigten herausgelöst wurde.

b) Zwischenergebnis Veräußert ein Verfügungsbefugter an einen Dritten ein ehemals volkseigenes Grundstück, so gilt seine Verfügung als die des Berechtigten. Der Dritte erwirbt vom verfügungsbefugten Nichtberechtigten wirksam Eigentum. Auf einen Rechtsschein oder einen guten Glauben kommt es dabei nicht an. Der Berechtigte (Eigentümer) verliert zwar sein Eigentum. Er erhält aber nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG den vom Verfügungsbefugten erzielten Erlös einschließlich eines Veräußerungsgewinns. BT-Drs. 12/5553 S. 168: „Nach Absatz 4 sind die Verfügungsbefugten verpflichtet, eingezogene Erlöse dem wahren Berechtigten auszukehren. Dies kann vor allem für Kommunen zu einer hohen Belastung werden. Für sie kann es günstiger sein, dem Berechtigten das Grundeigentum wieder zu verschaffen. Dieser Fall würde etwa eintreten, wenn eine Kommune ihre Wohnungsbaugesellschaft mbH mit zuviel Land ausgestattet hat." Diese gesetzgeberische Überlegung belegt nochmals, daß eine Einbringung von Grundbesitz in einen kommunale Wohnungsgesellschaft durch einen Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG möglich und wirksam sein sollte. Der Gesetzgeber hat die Ausstattung derartiger Unternehmen mit Grundbesitz als eine Aufgabe der Verfügungsbefugten begriffen. Er ist dabei grundsätzlich von einem wirksamen Grundstückserwerb der Gesellschaften ausgegangen. 92 BT-Drs. 12/449, S. 18; Schmidt-Räntsch ZIP 1991, 973, 979; Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI; § 8 VZOG, Rn. 19.; Teige/Rauch VIZ 1997,622, 625. 93 in Kimme; § 8 VZOG, Rn. 28.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Sollte der Erlös hinter dem Wert des Grundstückes (Verfügungsgegenstand) zur Zeit der Verfügung zurückbleiben, so hat der Verfügungsbefugte und Veräußerer zumindest diesen Wert zu ersetzen, der für den Zeitpunkt der Verfügung festzustellen ist. Sonstige zivilrechtliche Ausgleichsansprüche, insbesondere aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB bestehen daneben nicht. Das VZOG enthält für den Fall einer Veräußerung mit den Absätzen 4 und 5 des § 8 VZOG abschließende Ausgleichsregelungen zugunsten eines Berechtigten.

c) Ausgleich für Verfügungen über ehemals nur scheinbares Eigentum des Volkes Die Verfügungsbefiignis des § 8 VZOG besteht „unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung" von Eigentum des Volkes. Notwendig, aber auch ausreichend, ist der entsprechende Grundbucheintrag. Die Verfügungsbefugnis, die ohnehin vom Eigentum losgelöst ist, besteht daher auch an Grundstücken, bei denen zu Unrecht Eigentum des Volkes eingetragen wurde. Diese Grundstücke, bei denen formelle Grundbuchlage und materielle Eigentumslage divergieren, kann man als (nur) scheinbar volkseigene Grundstücke bezeichnen. Nach der hier vertretenen Auffassung unterliegen diese Grundstücke mangels rascher Unterscheidbarkeit derselben Verfügungsbefugnis, wie wahrhaft volkseigene Grundstücke. Damit können private Eigentümer (Berechtigte) von Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG betroffen sein. Es fragt sich, ob für diese dann auch dieselben Ausgleichregelungen gelten. Der Wortlaut des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG steht dem eigentlich entgegen. Die Auskehrpflicht für den Erlös bzw. zumindest den Wert besteht danach nur gegenüber Berechtigten, der durch einen unanfechtbaren Zuordnungsbescheid legitimiert ist 94 . Am Zuordnungsverfahren können gemäß § 1 Abs. 6 VZOG aber nur öffentliche Eigentümer teilnehmen, mithin kann auch nur ein solcher öffentlicher Berechtigter durch einen Zuordnungsbescheid gemäß §§ 1 und 2 VZOG als Eigentümer festgestellt werden. Ein privater Eigentümer, der von einer Verfügung nach § 8 VZOG betroffen ist, könnte danach keinen wirtschaftlichen Ausgleich nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG erlangen. Es ist der Versuch unternommen worden, dies mit einer gesetzlichen Ausschlußregelung gemäß Art. 135 a Abs. 2 GG zu begründen. Es solle sich insoweit um einen Ausschluß der Erfüllung von Verbindlichkeiten der DDR handeln95. Dieser Versuch ist zu Recht angegriffen worden. Unabhängig von vorrangigen Einzelfra94 BVerwG ZOV 1997, 275. 95 Erklärung des Bundesjustizminister Schmidt-Jortzig

in ZIP 12/97 A 23.

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gen, die später zum Gegenstand der Untersuchung gemacht werden, ist eines klar. Die Bindung an den Gleichheitssatz entfällt auch im Bereich des Art. 135 a Abs. 2 GG nicht. Ein genereller Ausschluß eines Ausgleiches für private Eigentümer läßt sich bereits wegen einer unsachlichen Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich nicht rechtfertigen 96. Verfassungsrechtlich ist ein Ausgleich für jeden Berechtigten geboten. Der eindeutige Wortlaut des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG läßt eine Auslegung dahingehend, daß auch an einen privaten Eigentümer das aus der Verfügung Erlangte auszukehren ist, nicht zu. Schon die Frage, wie sich ein privater Eigentümer als (Anspruchs-)"Berechtiger" legitimieren sollte, kann allein durch Auslegung der Norm nicht festgestellt werden. Mit den Vertretern der Auffassung, daß über nur scheinbares Volkseigentum keine Verfügungsbefugnis bestehe, muß konstatiert werden, daß eine Ausgleichregelung für private Eigentümer in § 8 VZOG nicht enthalten ist 97 . Dies könnte seine Ursache darin haben, daß der Gesetzgeber an das Eingreifen anderer Ausgleichsansprüche glaubte. Es steht erneut die Frage, ob nicht aus anderen Vorschriften Ansprüche des (privaten) Berechtigten gegen den Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG bestehen. Die Frage mußte bereits für öffentlich Berechtigte verneint werden und ist auch hier zu verneinen. Die spezielle Kombination aus tatbestandlicher Verfügung eines Berechtigten und u. a. auch den Rechtsfolgen der Verfügungen eines Nichtberechtigten ist nach dem allgemeinen Zivilrecht nicht zu erreichen. Für die Verfügungen eines nach § 8 Abs. 1 VZOG gesetzlich Ermächtigten gibt es deshalb tatbestandlich bereits keine zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche, die denen des VZOG und der gebotenen Gleichbehandlung zwischen öffentlichen und privaten Berechtigten entsprechen würden98. Findet sich aber weder in § 8 VZOG noch im sonstigen Zivilrecht eine Ausgleichsregelung für Verfügungen über privates Eigentum, das scheinbar volkseigen war, so ist damit die Feststellung einer Regelungslücke verbunden. Diese Regelungslücke berechtigt zu einem Analogieschluß, wenn sie planwidrig ist (echte Regelungslücke)99 und zwischen den Verfügungen über wahres und scheinbares Volkseigentum eine vergleichbare Interessenlage bestünde (Grundsatz der Gleichbehandlung gleichartiger Fälle). Die Planwidrigkeit wird teilweise von der Rechtsprechung und der Literatur verneint. Aus dem Fehlen einer Ausgleichsregelung wird deshalb der Schluß gezogen, % Siehe dazu § 5 B. 97 OLG Dresden Urteil v. 30. 11. 97 = ZIP 1998, 350 = VIZ 1998, 218; Grün ZIP 1997, 491,493; dies. ZIP 1996,1860 f.; Wilhelms ZOV 1997. 347, 348. 98 Siehe im einzelnen § 4 B. 99 Larenz» Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 370, 376 spricht von „planwidriger Unvollständigkeit".

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daß Verfügungen über scheinbares Volkseigentum nicht ermöglicht werden sollten 100 . Insbesondere Grün 101 ist der Auffassung, daß privates Eigentum „völlig außerhalb des Blickfeldes des Gesetzgebers" stand. Dies ist nur teilweise richtig. In den Gesetzesmaterialien ist an keiner Stelle die Rede davon, daß der Verlust privaten Eigentums wegen Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG zu ersetzen sei. Es wird deutlich, daß der Gesetzgeber die Möglichkeit der Verfügung über privates Eigentum in der Tat anfänglich nicht gesehen hat. Er hat sie aber durch den gewählten Anknüpfungspunkt ermöglicht und durch diese Formalisierung auch in Kauf genommen102. Aus den Gesetzesmaterialien wird nämlich deutlich, daß allein der deskriptive Grundbucheintrag „Eigentum des Volkes" maßgeblich ist. Damit hat der Gesetzgeber zur Gewährleistung einer effektiven und überhaupt praktikablen Verfügungsbefügnis die Verfügung über fremdes Eigentum eröffnet. Kommt es aber nur auf den Eintrag als solchen an, und dies hat insbesondere die Klarstellung des § 8 Abs. 1 VZOG durch das WoModSiG ergeben103, so ist die Person des wahren Eigentümers unerheblich und damit zugleich eine Differenzierung nach dessen Person (öffentlich oder privat) nicht möglich 104 . Die gesetzgeberische Intention (der Plan) war die Schaffung einer eigentumsunabhängigen Verfügungsbefugnis über Grundstücke, die anhand eines Grundbucheintrages feststellbar waren. Daß im Falle der Unrichtigkeit des Grundbucheintrages auch Verfügungen über private Grundstücke möglich werden, hat man nicht bedacht. Aber spätestens mit der Klarstellung, daß es für die Verfügungsbefugnis des § 8 Abs. 1 VZOG nicht auf die Richtigkeit der Eintragung ankommt, was zuvor vom OLG Dresden vertreten wurde, hat der Gesetzgeber auch die Verfügung über Grundstücke gebilligt, die tatsächlich nicht volkseigen geworden waren und daher nach heutigen Kriterien nicht öffentliches Vermögen darstellen. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit, daß so auch über privates Eigentum verfügt werden kann, aber nicht zu Ende gedacht105. Die deshalb fehlende Ausgleichsregelung stellt sich als ein gesetzgeberisches Unterlassen dar. Dies ist aber zugleich das Wesen einer jeden planwidrigen Regelungslücke. Im Rahmen des Planes zur Schaffung einer umfassenden Verfügungsbefugnis stellt sich das Fehlen einer Ausgleichsregelung zugunsten privater Berechtigter als planwidrig dar 106 . loo OLG Dreden Urteil v. 30. 11. 97 = ZIP 1998, 350 = VIZ 1998, 218; Grün ZIP 1998, 321, 323. ιοί ZIP 1998, 312, 323. 102 BezG Dresden Beschluß v. 30. 10.1992-2 Τ 717/92 = VIZ 1993, 160 = Rpfleger 1993, 190; LG Dresden Beschluß v. 23. 11. 1995-2 Τ 0789/95; ähnlich Böhringer MittBayNot 1994, 18. 103 Siehe dazu Anhang I. 104 Siehe oben § 2 Α. IV. 3. 105 Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 63 umschreibt einen Analogieschluß trefflich wie folgt: „Rechtgedanken, die im Gesetz bereits angelegt sind, werden mit Hilfe des Gleichheitsgrundsatzes generalisierend zu Ende gedacht.".

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Eine planwidrige Regelungslücke kann im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn für den Fall, auf den eine Regelung entsprechende Anwendung finden soll, eine vergleichbare Interessenlage besteht, die eine Übertragung auf eben diesen Fall zuläßt. Eine Übertragbarkeit ist für den vorliegenden Fall gegeben und auch (verfassungsrechtlich) geboten. Dies ergibt sich zum einen aus der Tatsache, daß der Ermächtigende der Gesetzgeber ist. Er verleiht die Befugnis über fremdes, öffentliches, wie privates, Eigentum wirksam zu verfügen 107. Wenn er den öffentlichen Eigentümer allein auf den Erlös verweist, so ist kein Grund ersichtlich, warum man einem privaten Eigentümer nicht dasselbe Surrogat zukommen lassen soll. Der Gesetzgeber unterliegt insoweit der verfassungsrechtlichen Bindung des Art. 3 GG 1 0 8 . Zum anderen ist kein Grund ersichtlich, den Fall der gesetzlichen Ermächtigung anders zu behandeln, als den Fall einer rechtsgeschäftlichen Ermächtigung. In beiden Fällen ist ein Ausgleich zugunsten des jeweiligen Berechtigten für das Einwirken des Ermächtigten auf seinen (fremden) Rechtskreis notwendig. So wird denn auch zutreffend eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 4 und 5 VZOG auf Verfügungen über ein privates, aber scheinbar volkseigenes Grundstück angenommen109. Damit werden alle möglichen materiellen Berechtigten, deren Grundstücke der Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG unterliegen, auch dem gleichen Ausgleichsprinzip unterworfen. Danach erhält der private Eigentümer eines scheinbar volkseigenen Grundstückes nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG analog den Erlös aus der Veräußerung des Grundstückes und soweit dieser Erlös geringer ist als der Wert zur Zeit der Verfügung, den Betrag des Wertes vom Verfügungsbefugten ausgekehrt. Ein privater Eigentümer steht danach weder besser noch schlechter als ein öffentlicher. Hat ein privater Eigentümer einen Ausgleichsanspruch nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG analog, so stellt sich die Frage nach der Legitimation als Berechtigter. Für öffentliche Berechtigte sieht das Gesetz die Legitimation durch einen unanfechtbaren Zuordnungsbescheid vor. Eine solche Feststellung der Anspruchsberechtigung 106

Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 374 führt klar die Notwendigekeit einer Analogie so aus: „Nicht nur die Absichten und bewußt getroffenen Entscheidungen des Gesetzgebers sind zu berücksichtigen, sondern auch solche objektiven Rechtszwecke und allgemeinen Rechtsprinzipien, die in das Gesetz Eingang gefunden haben. Ein Prinzip, das jedem Gesetz innewohnt, weil und soweit es beansprucht »Recht* zu sein, ist das der Gleichbehandlung des Gleichartigen. Regelt das Gesetz einen bestimmten Sachverhalt A in bestimmter Weise, enthält es aber keine Regeln für den im Sinne der getroffenen Wertung gleichliegenden Fall B, so ist das Fehlen einer solchen Regelung als eine Lücke des Gesetzes anzusehen." Damit wird deutlich, daß letzlich der Blickwinkel des Gesetzgebers hinter dem Gleichbehandlungsprinzip zurücktreten muß. 107

Siehe dazu im einzelnen § 5 A. und B. los Zu den Einzelheiten siehe unten § 5 B. 109 LG Leipzig Urt. v. 14. 11. 1996-08 Ο 831 /96 = ZOV 1997, 187; Gohrke ZOV 1997, 224, 225 f.; Frenz DtZ 1993,41,42 will wohl ähnliches andeuten, wenn er § 6 Abs. 4 VZOG als keinesfalls abschließende Regelung versteht.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

scheidet für private Berechtigte aus den genannten Gründen aus. Ein Privater müßte daher zur Geltendmachung seines Ausgleichsanspruches vergleichbare Unterlagen vorlegen können, wie einen Zuordnungsbescheid. Ein Zuordnungsbescheid enthält die Feststellung, wer der neue öffentliche Eigentümer eines ehemals volkseigenen Grundstückes ist. Mit dem unanfechtbaren Bescheid und dessen Vorlage beim Grundbuchamt endet gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 VZOG die Verfügungsbefugnis nach Absatz 1. Die Verfügungsbefugnis endet aber auch, wenn eine tatbestandliche Voraussetzung des § 8 Abs. 1 VZOG wegfallt. Insbesondere wenn im Wege der Grundbuchberichtigung, weil zu Unrecht Eigentum des Volkes eingetragen war, der maßgebliche Grundbucheintrag beseitigt wird, endet auch die Verfügungsbefugnis. Das betreffende Grundstück unterliegt nicht mehr der Verfügungsbefugnis. Mit dem Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit und der dementsprechenden Grundbuchberichtigung kann demnach der wahre private Eigentümer die Verfügungsbefugnis beenden. Die Frage eines Augleichsanspruches nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG (analog) stellt sich erst nach einer wirksamen Verfügung. Hat der Verfügungsbefugte wirksam verfügt, so ist regelmäßig ein Dritter als Erwerber ins Grundbuch gelangt. Eine tatsächliche Grundbuchberichtigung ist deshalb nach einer Verfügung ausgeschlossen. Möglich bleibt aber der Nachweis, daß der ursprüngliche Grundbucheintrag von Eigentum des Volkes unrichtig war. Deshalb ist ausreichend, daß der private Eigentümer gegenüber dem Verfügungsbefugten den Nachweis führt, daß zu DDRZeiten zu Unrecht Volkseigentum eingetragen worden ist und in Wahrheit der Anspruchsteller der Eigentümer war 110 . Der Nachwies ist so zu führen, als müßte noch die Grundbuchberichtigung erreicht werden. Es reicht daher für die Legitimation als Ausgleichsberechtigter, wenn dieser den Nachweis seiner früheren Eigentümerstellung erbringt 111. Mit diesem Nachweis kann der ehemalige private Eigentümer vom Verfügungsbefugten den Ausgleich nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG analog verlangen.

110 Es wurde bereits das Beispiel der unrichtigen Fiskalerbscheine zugunsten der DDR besprochen. Soweit hier die wahren Erben (Eigentümer) die Einziehung des falschen und die Erteilung eines neuen, zu ihren Gunsten lautenden Erbschein erreichen, könnten sie vor einer Verfügung die Grunbuchberichtigung erreichen und nach einer Verfügung den Ausgleich nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG analog verlangen. Der neuen Erbschein stellt eine asureichende Legitimation dar, vgl. schon Gohrke ZOV 1997, 224, 228. πι Ab einem solchen Nachweis wären Verfügungen im Innenverhältnis bereits unzulässig, siehe dazu § 4. Der Nachweis, der vor einer Verfügung zur Unzulässigkeit führt, reicht nach der Verfügung zur Geltendmachung des Ausgleichsanspruches. Zu denken ist hier ζ. B. an ein Feststellungsurteil oder einen Erbschein.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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d) Ergebnis Veräußert ein Verfügungsbefugter nach § 8 Abs. 1 VZOG ein Grundstück, so ist er nach Absatz 4 S. 2 VZOG verpflichtet, an den wahren öffentlichen Berechtigten den Erlös, mindestens aber den Wert des Verfügungsgegenstandes auszukehren. Der Berechtigte legitimiert sich als Anspruchsberechtigter durch Vorlage eines unanfechtbaren Zuordnungsbescheides zu seinen Gunsten gemäß §§ 1 und 2 VZOG.

Die Verfügungsbefugnis unterscheidet bei ihrer Entstehung nicht nach der Person und rechtlichen Einordnung des möglichen Eigentümers. Sie darf demgemäß auch bei der Frage eines Ausgleiches für Verfügungen aufgrund der gesetzlichen Verfügungsbefugnis keine Unterscheidung vornehmen. Die vergleichbare Lage von öffentlichen und privaten Eigentümern, deren Grundstücke von Verfügun nach § 8 Abs. 1 VZOG betroffen sind, gebietet eine umfassende, analoge Anwe dung der vorhandenen Ausgleichsregelungen zugunsten privater Berechtigter 112 Ein privater Berechtigter hat deshalb gemäß § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG analog denselben Ausgleichsanspruch, wie ein öffentlichen Berechtigter. Mangels Beteiligungsmöglichkeit an einem Zuordnungsverfahren kann aber zugunsten eines Privaten kein Zuordnungsbescheid ergehen. Ein privater Eigentümer kann sich aber durch Vorlage solcher Unterlagen legitimieren, die vor einer Verfügung eine Grundbuchberichtigung zu seinen Gunsten ermöglicht hätten (ζ. B. Erbschein) und die deshalb nach einer Verfügung zur Geltendmachung des Auskehranspruches ausreichen. Der Verfügungsbefugte kann zur Erfüllung der Ansprüche des privaten Berechtigten von der Ersetzungsbefugnis nach § 8 Abs. 5 S. 1 VZOG durch Auflassung an diesen Gebrauch machen. Ein Zuordnungsverfahren nach Satz 2 ist dagegen aus den genannten Gründen ausgeschlossen. 2. Veräußerung zur Erfüllung der Ansprüche nach dem SachRBerG Zu den zulässigen Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG zählt die Veräußerung von Grundbesitz zur Erfüllung von Ansprüchen nach dem SachRBerG113. Nach dem SachRBerG kann ein Anspruchsberechtiger vom Grundstückseigentümer, und bis dieser festgestellt ist auch vom Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG, die Veräußerung zum hälftigen Wert verlangen, vgl. § 68 Abs. 1 SachRBerG. Hat ein Verfügungsbefugter einen diesbezüglichen Kaufvertrag geschlossen und auch erfüllt, so wird der Erwerber Eigentümer. Der vorherige, wahre Eigentümer erhält vom Verfügungsbefugten den erzielten Erlös, der nach dem Halbwertprinzip des SachRBerG ausnahmsweise nur die Hälfte des Wertes des Verfügungsgegenstan112

Davon wird bei den nachfolgenden Fragen, d. h. den einzelnen möglichen Verfügungen auszugehen sein. Es wird auf auf den jeweiligen Hinweis der analogen Anwendung zugunsten privater Berechtiger verzichtet. 113 Siehe oben § 3 A. III. (2).

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

des ausmacht. Die Regelung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist teleologisch dahingehend zu reduzieren, daß mit dem Wertersatz nur der Wert gemein ist, den auch der Berechtigte selbst in der Lage gewesen wäre zu erzielen 114. Man kann davon ausgehen, daß der Wert eines Grundstückes, das mit Ansprüchen nach dem SachRBerG belastet ist, sich eben wegen dieser Ansprüche halbiert, da nur eine Veräußerung zum V2 Wert möglich ist. Jedenfalls ist klar, daß ein Verfügungsbefugter nur das nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG herauszugeben hat, was als höchstzulässiger Wert zu erlangen war 115 . Es sei daran erinnert, daß der Ausgleichsanspruch vergleichbar einer Kondiktion wegen unbefugter Verfügung ausgestaltet ist und damit das aus der Verfügung Erlangte bzw. maximal Erlangbare herauszugeben ist. Als Zwischenfazit kann folgendes festgehalten werden. Im Falle der Veräußerung durch einen Verfügungsbefugten zur Erfüllung von Ansprüchen nach dem SachRBerG besteht, wie bei jeder anderen Veräußerung, ein Ausgleichsanspruch nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG. Nur hinsichtlich des auszukehrenden Weites des Verfügungsgegenstandes sind die Vorgaben des SachRBerG als vorrangig heranzuziehen. Damit wird eine Besserstellung des Berechtigten gegenüber dem Fall vermieden, daß er selbst die Ansprüche nach dem SachRBerG erfüllt hätte. Die Mindestsicherung des Berechtigten durch § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG wird nur dann relevant, wenn der Verfügungsbefugte den nach dem SachRBerG zulässigen Erlös unterschreitet, also noch unterhalb des Wertes überträgt, den das Grundstück trotz der Nutzeransprüche hat. Zur Meidung dessen muß der Verfügungsbefugte den höchstmöglichen Erlös nach den Vorgaben des SachRBerG erzielen. Eine Unterschreitung muß er ersetzen, da sie zugleich eine Verfügung unter Wert nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG darstellt. Die Vorgaben des SachRBerG sind für den Verfügungsbefugten sowohl Höchst- als auch Mindestgrenze.

3. Übertragung bei errichtender Umwandlung Als besondere Übertragungsform ist den Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG auch die „Einbringung" von Grundstücke und Gebäuden in eine kommunale Wohnungs-GmbH im Wege der errichtenden Umwandlung nach den § 58 Abs. 1 UmwG (1969) gestattet. 114 Czub OVspez. 15/97, S. 242; Hügel OVspez. 11/95, S. 176; Rothe in Eickmann, SachRBerG, § 9, Rn. 5; für eine gesetzliche Klarstellung Cremer in MüKo, § 90 SachRBerG, Rn. 4; Frenz DtZ 1995,66,68. u 5 Ein wirtschaftlicher Ausgleich, wie er gewollt ist, kann nicht erreicht werden, wenn der Verfügungsbefugte mehr herausgeben soll, als er erlangt hat und hat erlangen können. Der Ausgleichsgedanke will dem Berechtigten ein wirtschaftliches Äquivalent für den eintretenden Rechtsverlust verschaffen. Der Berechtigte soll aber im Ergebnis nicht besser stehen, als wenn er selbst zur Erfüllung von Ansprüchen nach dem SachRBerG verpflichtet gewesen wäre.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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Die Einbringung erfolgt durch die Aufnahme von Grundstücken, die nach dem Grundbucheintrag der Verfügungsbefugnis unterliegen, in die Vermögensübersicht nach § 52 Abs. 4 UmwG (1969). Die Rechtsfolgen einer Umwandlung nach § 58 Abs. 1 UmwG (1969) ergeben sich dann aus §§ 58 Abs. 2, 55 Abs. 1 und 2 UmwG (1969). Die neu errichtete Gesellschaft wird rechtlich existent mit ihrer Eintragung im Handelsregister. In diesem Augenblick wird die Umwandlung gemäß § 55 Abs. 1 S. 1 UmwG (1969) wirksam. Mit der Eintragung im Handelsregister gehen gleichzeitig die in der Übersicht nach § 52 Abs. 4 UmwG (1969) aufgeführten Vermögensgegenstände im Wege der partiellen Vermögensnachfolge in das Vermögen der neu entstandenen Gesellschaft über. Soweit zu diesen Vermögensgegenständen Grundstücke gehören, vollzieht sich der Vermögensübergang außerhalb des Grundbuches. Das Grundbuch wird mit der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister unrichtig und ist demgemäß zu berichtigen. Neuer Eigentümer wird die errichtete Gesellschaft, bei § 58 Abs. 1 UmwG (1969) eine kommunale GmbH. Sie erwirbt vom gesetzlich zur Verfügung Ermächtigten und nach § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG wie vom materiell Berechtigten. Es wurde bereits ausgeführt, daß es sich bei einer Umwandlung nach § 58 Abs. 1 UmwG (1969) um eine besondere Übertragungsform und um eine sachenrechtliche Verfügung handelt. Aus diesem Grunde vollzieht sich der Ausgleich nach erfolgter Umwandlung durch einen Verfügungsbefugten wie bei einer sonstigen Übertragung von Grundbesitz gemäß § 8 Abs. 4 und 5 VZOG. Im Grundsatz bestünde daher die Verpflichtung des Verfügungsbefugten, einen erzielten Erlös an den festgestellten, ehemaligen öffentlichen oder privaten Berechtigten auszukehren. Was aber ist der Erlös einer errichtenden

Umwandlung?

Der Unternehmensinhaber, der sein Unternehmen umwandelt, hält nach der Umwandlung sämtliche Geschäftsanteile am neu errichteten Unternehmen. Man könnte deshalb als „Erlös" die wertmäßig auf den eingebrachten Gegenstand entfallenden Geschäftsanteile ansehen. Der Begriff des Erlöses wird im Bereich der Restitutionsansprüche so auch ausgelegt116. Der Erlösbegriff des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist dagegen im Zusammenhang mit Satz 1 zu sehen. Dort ist vorgesehen, daß die von Verfügungsbefugten erzielten Entgelte in einer Liste zu erfassen sind. Wenn § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG dann von der Herausgabe der Erlöse spricht, so meint er erzielte, entgeltliche Leistungen. Dagegen sollen sonstige Gegenleistungen, die nicht in Geld bestehen, wie ζ. B. ein Tauschgegenstand oder auch Geschäftsanteile, nicht als Erlös in diesem Sinne ausgekehrt werden 117. Für solche "β So Kinne in R / R / B , § 3 VermG, Rn. 157 für Erlös nach § 3 Abs. 4 S. 3 VermG. Nichts anderes gilt für den Erlösbegriff des § 13 Abs. 2 S. 1 VZOG im Bereich der öffentlichen Restitution. i n Die unterschiedlichen Begrifflichkeiten haben ihre Ursache darin, daß die Erlösauskehr an den Restitutionsberechtigten ein Ausgleich (auch) für eine rechtswidrige Verfügung ist, während der Ausgleich nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG stets nur eine rechtmäßige Verfügung 14 Gohrke

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Fälle greift die Wertauskehrverpflichtung, die im Ergebnis zur Zahlung eines wertmäßig möglichen Entgeltes verpflichtet, das durch eine entgeltliche Verfügung hätte erlangt werden können. Bei einer errichtenden Umwandlung wird in diesem Sinne kein Erlös erzielt. Für die Aufnahme eines Verfügungsgegenstandes in die notwendige Vermögensübersicht des § 52 Abs. 4 UmwG (1969) wird an den Verfügungsbefugten kein Entgelt gezahlt118. Diesen Fall, daß ein Erlös nicht erzielt wird, hat der Gesetzgeber mit der Mindestverpflichtung zur Auskehr des Wertes des Verfügungsgegenstandes geregelt 119. Der festgestellte Berechtigte kann den Wert seines ehemaligen Grundstückes oder Gebäudes vom Verfügungsbefugten heraus verlangen. Zur Wertbestimmung ist nach den allgemeinen Ausgleichsgrundsätzen des Bereicherungsrechtes auf den Zeitpunkt der Umwandlung abzustellen, mithin auf den Zeitpunkt der Eintragung der neuen Gesellschaft (GmbH) im Handelsregister. Im Falle einer Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG in Form einer errichtende Umwandlung kann der Berechtigte nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG vom Verfügungsbefugten die Zahlung des Wertes seines früheren Eigentums verlangen. Dies entspricht den Rechtsfolgen eines Bereicherungsausgleiches für Verfügungen eines rechtsgeschäftlich Ermächtigter gemäß §§812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt, 818 Abs. 2 BGB. Beide, gesetzlicher und rechtsgeschäftlich Ermächtigter, haben Ersatz in Form des Wertes des Verfügungsgegenstandes zu leisten. Neben dem Ausgleichsanspruch des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG kommt ein sonstiger, insbesondere Kondiktionsanspruch nicht zur Entstehung, weder nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB noch nach Satz 2. Ein zur Verfügung gesetzlich Ermächtigter ist kein Nichtberechtigter im Sinne dieser Vorschrift. Daher kann weder von ihm noch von einem unentgeltlichen Empfänger das aus der Verfügung „Erlangte" heraus verlangt werden.

betrifft. Nur im Falle einer rechtswidrigen Verfügung ist es zulässig, daß der Verfügungsgegner bzw. die neue Gesellschaft, mit den Folgen belastet wird. 118 Die Tatsache, daß für eine Verfügung kein Erlös erzielt wird, macht die Verfügung nicht unzulässig, vgl. Böhringer, Besonderheiten des Liegenschaftsrechtes in den neuen Bundesländer, Rn. 325. Durch die Anordnung einer Mindestauskehr des Wertes des Verfügungsgegenstandes nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist die Zulässigkeit einer unentgeltlichen Verfügung bereits angelegt; vgl. OLG Jena VIZ 19%, 170; BezG Dresden Rpfleger 1993, 190, 191. 119 OLG Jena VIZ 1996, 170; BezG Dresden 1991, 190, 191; Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 23; Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 28.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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4. Besonderheiten zuordnungswidriger Übertragungen bei Umwandlungen Für den Problemkreis der Umwandlungen ehemaliger Wohnungswirtschaftsbetriebe der DDR hat der (Reparatur-) 120 Gesetzgeber mit Art. 231 § 9 EGBGB 121 eine besondere Heilungsvorschrift geschaffen. Nach Art. 231 § 9 Abs. 1 EGBGB können Vermögensübergänge, die wegen des Fehlens einer rechtlichen Voraussetzung unwirksam sind, nachträglich durch einen besonderen Zuordnungsbescheid geheilt werden. Mit dieser Heilungsmöglichkeit sollen typische Fehler im Umgang mit den einschlägigen Umwandlungsvorschriften (Art. 231 § 9 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB) geheilt werden können. Zu nennen sind hier Mängel der Vertretung, der Form, der Bestimmtheit von Auflassungen 122 sowie sonstiger Zuständigkeits- oder Verfahrensregelungen, insbesondere der Fall, daß mehrere Umwandlungserklärungen mit verschiedenen Inhalten abgegeben wurden 123. Unter fehlenden rechtlichen Voraussetzungen sind damit gesellschaftsrechtlich-relevante Mängel zu fassen, die nach den hergebrachten gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen den Bestand der jeweiligen Gesellschaft unberührt lassen124. Nicht zu den insoweit beachtlichen Fehlern zählt dagegen der Umstand, daß die Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG im Rahmen einer Umwandlung ihnen nicht gehörende Grundstücke in die maßgebliche Vermögensübersicht mit aufgenommen haben. Dies steht der rechtlichen Wirksamkeit einer Umwandlung nämlich nicht entgegen125. Eine Umwandlung wird insoweit nicht unwirksam i. S. d. Art. 231 § 9 Abs. 1 EGBGB, denn es fehlte für den beabsichtigten Vermögensübergang keine rechtliche Voraussetzung. Dies gilt auch, soweit private Grundstücke von der Umwandlung betroffen sind. Die Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG, die auch solche, scheinbar volkseigenen Grundstücke erfaßt, ermöglicht eben auch eine Einbringung dieser Grundstücke im Rahmen einer, deshalb auch wirksamen, Umwandlung. Im übrigen besteht das von Art. 231 § 9 EGBGB erfaßte Grundvermögen nur im ehemals tatsächlich volkseigenen Vermögen126, so daß für nur scheinbar volkseigene Grundstücke ohnehin keine Regelung enthalten ist 127 . 120

Der Begriff geht zurück auf Däubler-Gmelin („Reparaturgesetze") und Schuppert in König/Schuppert/Heimann, Vermögenszuordnung, S. 116 („gesetzgeberischer Reparaturbetrieb"). 121 Eingeführt durch Art. 3 Nr. 1 VermRAnpG -BGB1.1,1995 S. 897. 122 St&udinger-Rauscher, Art. 231 § 9 EGBGB, Rn. 11; vgl. KG VIZ 1993, 113, 114 (fehlende Umwandlungserklärung); AG Charlottenburg ZIP 1992, 520 (unzulässige Umwandlung nach § 11 TreuhG); KG EWiR § 11 TreuhG 1 / 93, 397 (Neye). 123 Böhringer VIZ 1995,624, 629. 124 So wohl auch Soergel-Hartmann, Art. 231 § 9 EGBGB, Rn. 24. 125 Siehe oben § 3 A. III (4). 126 Den insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut erachten auch für maßgeblich: BT-Drs. 13/1593, S. 14. Palandt-Heinrichs, Art. 231 § 9 EGBGB, Rn. 2; Staudinger-Ztowjc/*/; Art. 231 § 9 EGBGB, Rn. 7. 1*

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Eine hier zu beachtende Besonderheit enthält Art. 231 § 9 Abs. 3 EGBGB. Danach kann der durch eine wirksame Umwandlung erfolgte Vermögensübergang nachträglich durch einen Zuordnungsbescheid geändert werden. Hinter dem Begriff der Änderung verbirgt sich nichts anderes, als die Rückgängigmachung der bereits erfolgten, wirksamen Übertragung ehemals volkseigenen Vermögens und damit die Übertragung auf einen anderen Rechtsträger. Warum soll dies möglich sein? Aufschluß auf diese Frage gibt der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung 128 . Er führt dort aus: „Notwendig ist ferner eine Regelung, die eine Korrektur von Vermögensübergängen erlaubt, die aufgrund einer wirksamen Umwandlung oder Gründung eingetreten sind. Die Kommunen haben oftmals Vermögensgegenstände in die Umwandlung bzw. bei der Gründung eingebracht, die sie nicht hätten einbeziehen dürfen oder die sie nicht einbeziehen wollten. Auch hier besteht die Möglichkeit einer Korrektur durch Rückauflassung nach dem BGB. Sie setzt aber ebenfalls voraus, daß die rückaufzulassenden Grundstücke zunächst durch Zuordnungsplan bestimmt werden. Auch insoweit soll daher zur Erleichterung einer Rückübertragung durch Zuordnungsbescheid möglich sein. Das regelt Absatz 3." Der Gesetzgeber hatte demnach zwei Fälle im Blickfeld, in denen er eine Neuzuordnung nach erfolgter Umwandlung ermöglichen und verfahrensmäßig 129 erleichtern möchte. Dies soll der Fall sein, wenn ein ehemals volkseigener Vermögensgegenstand durch die Kommune in die Umwandlung überhaupt nicht einbezogen werden sollte130. Hier ist klar, daß eine Ausgliederung aus dem Vermögen des Gesellschaft notwendig wird. Die Regelung des Art. 231 § 9 Abs. 3 EGBGB ist insoweit auf eine verfahrensvereinfachende Wirkung beschränkt, indem ein Zuordnungsbescheid die Rückauflassungsprobleme beseitigt. Der zweite Fall einer Korrektur wirksamer Vermögensübergänge im Rahmen einer Umwandlung soll der sein, in dem die Kommunen ehemals volkseigene Vermögensgegenstände eingebracht haben, die sie nach dem Innenverhältnis gegenüber dem wahren, öffentlichen Berechtigten nicht hätten einbringen dürfen. Damit sind all die Grundstücke und Gebäude gemeint, die nicht auf die umwandelnde Kommune, sondern auf eine andere öffentliche Körperschaft zuzuordnen gewesen sind, 127 A.A. ist Keller VIZ 1996, 17, 20, der Art. 231 § 9 EGBGB auf alle Grundstücke anwenden will, die im Rahmen einer Umwandlung auf die neue Gesellschaft übergehen sollten, unabhängig davon, ob es sich um volkseigenes Vermögen handelt oder nicht. 128 BT-Drs. 13/1593, S. 14; allgemein auch v. Falkenhausen DtZ 1995, 317, 319. 129 SotTgtl-Hartmann, Art. 231 § 9 EGBGB, Rn. 24. 130 BT-Drs. 13/1593, S. 15 nennt als Beispiel die Einbringung eines Polizeigebäudes in eine Wohnungsgesellschaft, zu eben diesem Fall siehe BVerwG VIZ 1996, 42; ähnlich BVerwG VIZ 19%, 39 (Amtsgerichtsgebäude).

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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die also nach dem EV nicht in das Eigentum der Kommune übergegangen sind. Es geht in dieser Fallgruppe mithin um die Korrektur zuordnungswidriger Vermögensübergänge im Rahmen einer Umwandlung. Derartige Verfügungen nach § 8 VZOG sind nach einhelliger Auffassung wirksam. Der Verfügungsbefugnis vor der eigentlichen Zuordnung sind derartige, zuordnungswidrige Verfügungen immanent. Zur verfahrensmäßigen Vereinfachung einer von allen Beteiligten gewollten Korrek denn nach Art. 231 § 9 Abs. 4 S. 1 EGBGB ist das Einvernehmen aller Beteiligter, auch der betroffenen Gesellschaft, notwendig, schafft der Gesetzgeber eine Korrekturmöglichkeit. Diese Korrekturmöglichkeit ermöglicht aber nicht den unberechtigten Entzug von Eigentum. Das Erfordernis des Einvernehmens der betroffenen Gesellschaft sichert diese in der durch die Umwandlung erworbenen Rechtsposition, dem Eigentum an den eingebrachten Grundstücken. Dieses Eigentum kann ohne den Willen der Gesellschaft und damit ohne ihr Einvernehmen, nicht entzogen werden 131 . Zwar sieht Art. 231 § 9 Abs. 4 S. 2 die Ersetzung des Einvernehmens vor, wenn es rechtsmißbräuchlich verweigert wird. Ein solcher Rechtsmißbrauch liegt aber nicht vor, wenn das Einvernehmen verweigert wird, um den betreffende Vermögensgegenstand für das Unternehmen zu sichern132. Der Art. 231 § 9 Abs. 3 EGBGB schafft demgemäß für ehemals volkseigenes Vermögen, das zuordnungswidrig oder ungewollt im Rahmen einer Umwandlung wirksam übertragen wurde, eine vereinfachte Korrekturmöglichkeit, die an die Stelle der sonst notwendigen Rückauflassung treten kann. Voraussetzung einer Korrektur ist aber das Einvernehmen aller Beteiligter, insbesondere auch der durch die wirksame Übertragung begünstigten Gesellschaften, die nach § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG durch eine Verfügung eines Berechtigten eine gesicherte Rechtsposition erlangt haben. Diese Rechtsposition kann den Gesellschaften ohne ihre Zustimmung nicht entzogen werden.

I I I . Bestellung dinglicher Rechte Die Bestellung dinglicher Rechte (Belastung) stellen einen Ausschnitt aus dem engen sachenrechtlichen Verfügungsbegriff dar und ist deshalb vom weiteren Verfügungsbegriff des § 8 Abs. 1 VZOG umfaßt. Mangels anderweitiger Ausgleichsansprüche kann sich der wirtschaftliche Ausgleich für dingliche Belastungen durch einer Verfügungsbefugten ebenfalls nur nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG richten. Der Wortlaut des § 8 Abs. 4 VZOG könnte dem entgegenstehen. Zunächst ist in § 8 Abs. 4 S. 1 VZOG nur von Veräußerungen die Rede und Satz 2 des gleichen Absatzes bestimmt dann, daß ein Erlös an den Berechtigten auszukehren ist. Daraus könnte man den Schluß ziehen, daß mit § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG nur für den Fall 131 BT-Drs. 13/1593, S. 15. 132 StmàÌTìgCT-Rauscher,

Art. 231 § 9 EGBGB, Rn. 56; BT-Drs. 13/1593, S. 15.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

einer Veräußerung eine gesetzliche Ausgleichsregelung vorliegt. Eine solche Auslegung widerspräche aber dem gesetzgeberischen Willen. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, bezweckt die Regelung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG einen so sonst nicht gegebenen Ausgleich (Erlös, mindestens aber Wert). Nach den hergebrachten Grundsätzen des bereicherungsrechtliche Ausgleich ergäbe sich ein anderes Ausgleichsprinzip133. Die deshalb eigenständige Regelung des § 8 Abs. 4 S. 2 ist die alleinige Vorschrift, die zur Herbeiführung eines echten wirtschaftlichen Ausgleiches herangezogen werden kann.

Dem Grundgedanken nach, will § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG dem Berechtigten trotz des tatbestandlichen Nichteingreifens des § 816 Abs. 1 BGB das zukommen lassen, was der Verfügungsbefugte aus seiner zulässigen Verfügung erlangt hat (partielle Rechtsfolgenparallelität) 134. Der Begriff des „Erlöses " in § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist deshalb grundsätzlich als Synonym für das aus einer Verfügung erlan Entgelt anzusehen. Für jede zulässige Verfügung ist zu fragen, was der Verfügungsbefugte aus ihr erlangt hat. Bei einer Veräußerung ist dies selbstverständlich der erzielte Erlös (Kaufpreis), d. h. die entgeltliche Gegenleistung des Vertragspartners des Verfügungsbefugten, des Erwerbers. Wird ein Erlös (Entgelt) als solcher nicht erzielt, so greift die Mindestauskehrverpflichtung, wonach der Berechtigte zumindest den Wert des Vermögensgegenstandes verlangen kann. Zur Bestimmung dieses Wertes muß im Einzelfall festgestellt werden, welches der betroffene Vermögensgegenstand ist. Nachfolgend ist nun zu ermitteln, was bei dinglichen Belastungen von den Verfügungsbefugten erlangt wird, was demgemäß als „Erlös" nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG an den Berechtigten auszukehren ist. Soweit gar kein Erlös erzielt wird, verbleibt es beim Mindestauskehranspruch bezüglich des Wertes.

1. Grundpfandrechte Bestellt ein Verfügungsbefugter zur Sicherung einer eigenen Schuld an einem seiner Verfügungsbefugnis unterliegenden Grundstück ein Grundpfandrecht, so erwirbt der Gläubiger ein wirksames Pfandrecht, denn die Verfügung gilt nach § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG als die eines Berechtigten. Die Frage eines wirtschaftlichen Ausgleiches ist damit erneut eine Frage des Verhältnisses zwischen Verfügungsbefugten und materiell Berechtigtem.

»33 Siehe oben § 4 A. 134 BrdbgOLG ZOV 1998,52,53 mit abl. Anm. Ehlers; ähnlich schon Gohrke ZOV 1997, 224, 226; ebenfalls für ein weites Verständnis des Erlösbegriffes BMI in Infodienst Kommunal Nr. 24 v. 19.4. 1991 Kapitel B, III (zum Erlös aus Miet- und Pachtverträgen).

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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Der Verfügungsbefugte erhält für die Bestellung eines Grundpfandrechtes selbst kein Entgelt. Die Bereitstellung einer Sicherheit steht nämlich außerhalb eines Synallagmas von Leistung und Gegenleistung. So wird regelmäßig eine Darlehensschuld dinglich gesichert. Leistung und Gegenleistung sind dann durch Darlehensanspruch und Rückzahlungs- und Verzinsungspflicht gegeben. Die Stellung einer Sicherheit ist Voraussetzung, daß es überhaupt zu einer vertraglichen Vereinbarung kommt. Bei der Bestellung eines Grundpfandrechtes durch einen Nichtberechtigten (Bucheigentümer) ergäbe sich der Ausgleichsanspruch des Berechtigten in Bezug auf die an den Nichtberechtigten gezahlte Darlehensvaluta aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB 1 3 5 (freilich nur gegen Freistellung des Nichtberechtigten aus der persönlichen Schuld gegenüber dem Darlehensgeber durch den Berechtigten) und soweit dieser Betrag nicht zur Ablösung des Pfandrechtes ausreichend ist, bei einem entsprechenden Verschulden zudem aus §§ 989, 990 BGB analog136 auf Schadensersatz, nämlich Ersatz der Differenz zwischen Darlehensvaluta und Wertminderung des Grundstückes durch das Pfandrecht. Der Berechtigte könnte danach die gezahlte Darlehensvaluta, mindestens aber die Wertdifferenz, die das Grundstück durch das Grundpfandrecht erfahren hat, in Geld verlangen. Für Verfügungen eines Ermächtigten nach § 185 BGB bestünde dagegen nur die Verpflichtung zum Ersatz der vorgenannten Wertdifferenz wegen der dinglichen Belastung. Für die Frage des Ausgleichsanspruches nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG werden verschiedene Auffassungen vertreten. Schmidt-Räntsch/Hiestand137 sind der Auffassung, daß die Hingabe eines Verfügungsgegenstandes nur zur Sicherheit erfolgt und deshalb ein auszukehrender Erlös nicht erzielt wird. Der Berechtigte habe aber gegen den Verfügungsbefugten einen Freistellungsanspruch bzw. einen Anspruch auf Zahlung eines geeigneten Ablösebetrages. Nach Dick 1 3 8 hat der Verfügungsbefugte dingliche Belastungen durch entsprechende Freistellungen auszugleichen, soweit diese nicht in den Wert des Grundstückes zurückgeflossen sind. Dies müsse durch entsprechende Ablösezahlungen erfolgen. Teige/Rauch139 sprechen allgemein von einer Freistellungsverpflichtung des Verfügungsbefugten. Einigkeit besteht wohl insoweit, als die Zahlung eines Ablösebetrages, also eines Betrages, mit dem der Grundpfandgläubiger befriedigt werden kann und er daher einer Löschung des Grundpfandrechtes zustimmen wird, als ausreichend angesehen wird. Damit bleibt die Rechtsfolgenparallelität zu § 816 Abs. 1 S. 1 BGB erhalten, denn ein solcher Ablösebetrag wird regelmäßig annähernd der dinglich gesicherten Darlehensvaluta entsprechen. 135 RGZ 158, 47; BGHZ 112, 376 (sehr str.), a.A. Erman/Westermann, Rn. 19. 136 BGH MDR 1964,667 m. w. N. 137 in RVI, § 8 VZOG, Rn. 21 und 23. 138 in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 29 und 31. 139 VIZ 1997, 622, 625.

BGB, § 816,

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Hinter der Forderung nach Zahlung eines geeigneten Ablösebetrages verbirgt sich deshalb nichts anderes als die Forderung auf Auskehr des erlangten und noch nicht zurückgewährten, d. h. noch offenen Darlehensbetrages140. Die Auskehr eines notwendigen Ablösebetrages stimmt den Rechtsfolgen nach aber auch mit den Folgen der Bestellung eines Pfandrechtes durch einen Ermächtigten überein. Dieser müßte nach §§ 812 Abs. 1 S. 1,1. Alt, 818 Abs. 2 BGB Wertersatz für die belastungsbedingte Wertminderung leisten. Die Wertminderung wiederum entspricht einem ausreichenden Ablösebetrag. Im Gegensatz zum alleinigen Auskehr der Dalehensvaluta kann im Rahmen des Wertersatzes aber auch ein darüber hinausgehender Betrag verlangt werden, wenn er zur Ablösung notwendig und daher bezogen auf das Grundstück wertmindernd ist. Dies wird insbesondere bei Vorfälligkeitsentschädigungen relevant. Der Berechtigte nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG steht einmal mehr nicht schlechter als jeder andere 141, indem er den Wert der Verfügung über das betreffende Grundstück als Sicherheit auszukehren hat. Die vorhandene Literatur läßt die Frage einer Freistellung des Verfügungsbefugten aus seiner persönlichen Darlehensschuld durch den Berechtigten unbeachtet. Ein wirtschaftlicher Ausgleich bedingt aber, wie bei einem Ausgleich nach § 816 Abs. 1 BGB, daß der Verfügungsbefugte, der die Ablösung der Sicherheit finanziell ermöglichen soll, damit zugleich auch seine Darlehensschuld abzulösen vermag. Er muß daher, wenn der Berechtigte statt des Grundpfandgläubigers vom ihm den Ablösebetrag erhalten soll, auch vom Berechtigten gegenüber dem Grundpfand- und Darlehensgläubiger aus seiner persönlichen Schuld freigestellt werden 142 . Es kann nunmher folgendes festgehalten werden.Der Verfügungsbefugte, der ein Grundpfandrecht an einem der Verfügungsbefugnis unterliegendem Grundstück bestellt, muß dem Berechtigten gemäß § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG den Betrag auskehren, der den Berechtigten zur Ablösung des Pfandrechtes befähigt. Der Verfügungsbefugte kann im Gegenzug vom Berechtigten die Freistellung aus der persönlichen und dinglich gesicherten Darlehensschuld verlangen.

2. Grunddienstbarkeiten Für die Bestellung einer Grunddienstbarkeit wird der Verfügungsbefugte regelmäßig einen „Erlös" bekommen. Dieser kann durch eine Einmalzahlung (Abfindung) oder durch wiederkehrende Zahlungen (Verrentung) geleistet werden.

Teige/Rauch VIZ 1997, 622, 625 weisen zudem daraufhin, daß eine Darlehnsauskehr nur in Betracht komme, wenn dies zur Ablösung des Kredites ausreichend sei. 141

Diese Frage wird im Rahmen der Überprüfung verfassungsrechtlicher Bedenken von großer Relevanz sein. 1 42 Zur Problematik im Rahmen der Rechtsfolgen bei § 816 BGB vgl. RGZ 158, 47, 48; BGHZ 112, 376, 381.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

217

Die Behandlung eingezogener Abfindungen als Erlös nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist in der Literatur anerkannt143. Zur Frage des Ausgleiches bei wiederkehrenden Zahlungen äußern sich nur Schmidt-Räntsch /Hiestand 144 , die zutreffend daraufhin weisen, daß die im eigenen Namen begründeten vertraglichen Ansprüche grundsätzlich dem Verfügungsbefugten verbleiben, der die Grunddienstbarkeit bewilligt hat. Sie gehen deshalb von einer Auskehrverpflichtung des Verfügungsbefugten für künftig eingehende Zahlungen aus. Soweit Schmidt-Räntsch/Hiestand damit ausdrücken wollten, daß der Verfügungsbefugte weiterhin die Zahlung erhalten soll, die er seinerseits dann an den Berechtigten auszukehren hat, erscheint es fraglich, ob dies sinnvoll ist. Der Berechtigte müßte sich jeweils an den Verfügungsbefugten halten, um die Auskehr der ihm zustehenden Zahlungen zu erreichen. Der Vereinfachung wäre mehr gedient, wenn der Verfügungsbefugte zur Abtretung seiner schuldrechtlichen Zahlungsansprüche an den Berechtigten verpflichtet wäre. Man könnte von einer verkürzten Auskehr sprechen. Zwar wird der Berechtigte bei einer Auskehr nach Einzug der Zahlung nicht mit einem Insolvenzrisiko belastet, denn die Verfügungsbefugten sind Körperschaften des öffentlichen Rechtes, aber mit dem Ende der Verfügungsbefugnis ist kein Grund mehr ersichtlich, den Verfügungsbefugten an einem Leistungsaustausch zu beteiligen. Der Verfügungsbefugte ist also auch bei der Bewilligung von Grunddienstbarkeiten zur Auskehr eines erzielten Erlöses verpflichtet. Der Auskehrpflicht des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG genügt er, indem vereinnahmte Einmalzahlungen und Teilzahlungen ausgekehrt und noch offene Forderungen an den Berechtigten abgetreten werden. Der Umfang des Auskehranspruches des Berechtigten ist schwieriger zu bestimmen, wenn der für die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit kein Erlös erzielt wird oder der erzielte Erlös sehr niedrig ist. Wie im Falle einer Veräußerung unter Wert oder auch einer Umwandlung kann der Berechtigte nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG zumindest immer den Wert des Vermögensgegenstandes verlangen. Nach der gesetzlichen Intention kann der Berechtigte deshalb die Differenz des Wertes des unbelasteten Grundstückes zum Wert des mit der Grunddienstbarkeit belasteten Grundstückes ersetzt verlangen. Mit anderen Worten ist die Differenz wegen der dinglichen Belastung zu ersetzen, soweit kein nominal zumindest gleicher Erlös erzielt wird. Regelmäßig wird der Verfügungsbefugte deshalb die Differenz zwischen einem verkehrsüblichen Entgelt und dem tatsächlich erzielten zusätzlich auskehren müssen. Dies entspricht den Rechtsfolgen bei der Bestellung einer Grunddienstbarkeit durch einen rechtsgeschäftlich Ermächtigten, wo der Ausgleich sich nach §§812 Abs. 1 S. 1,1. Alt, 818 Abs. 2 BGB vollzieht. 143 Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 29; Schmidt-Räntsch/Hiestand Rn. 21. 144 in RVI, § 8 VZOG, Rn. 21.

in RVI, § 8 VZOG,

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis 3. Erbbaurechte

Die Bestellung eines Erbbaurechtes ist den Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 VZOG wie jede andere dingliche Belastung möglich, da es sich insoweit um sachenrechtliche Verfügungen handelt. Der Ausgleichsanspruch des Berechtigten gegen den Verfügungsbefugten bestimmt sich auch hier nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG. Der Berechtigte kann danach die Auskehr bereits vereinnahmter Erbbauzinsen vom Verfügungsbefugten verlangen. Dies gilt für Einmalerbauzins ebenso, wie für bereits gezahlte ratierliche Erbbauzinsen. Hat aber der Verfügungsbefugte mit seinem Vertragspartner ratierliche Zahlungen des Erbbauzinsen vereinbart, so kann der Berechtigte die erst zukünftig fällig werdenden Erbbauzinsbeträge direkt vom Erbbauberechtigten nach § 9 Abs. 2 S. 4 ErbbRVO verlangen. Der Anspruch auf Zahlung des Erbbauzinses steht nämlich immer nur dem Eigentümer zu. Für die Mindestsicherung des Berechtigten durch § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG in Form der Verkehrswertauskehr bleibt daneben nur dann eine Anwendungsmöglichkeit, wenn der Einmalerbbauzins oder die Summe der vereinbarten wiederkehrenden Erbbauzinszahlungen hinter der Wertminderung des Grundstückes aufgrund der Belastung mit dem Erbbaurecht zurückbleibt bzw. überhaupt kein Erbbauzins vereinbart ist. In einem solchen Fall muß der Verfügungsbefugte die aufgrund der dinglichen Belastung eingetretenen Wertminderung des Grundstückes ersetzten, soweit sie nicht durch den erzielten Erbbauzins ausgeglichen wird. Vom Vorgenannten besteht eine gewichtige Ausnahme. Erfüllt der Verfügungsbefugte nach § 8 VZOG die Ansprüche eines Nutzers nach § 15 SachRBerG nach dessen Wahl durch die Bestellung eines Erbbaurechtes, so ist nach § 43 Abs. 1 SachRBerG gesetzlich nur die Hälfte des üblichen Erbbauzinses zulässig. Dies ist dann der vom Verfügungsbefugten zu erzielende Erlös. Da die Vorgaben des SachRBerG für den Verfügungsbefugten sowohl Höchst- als auch Mindestgrenze sind, muß grundsätzlich nur der erzielte Erbbauzins (V2 des üblichen Betrag) ausgekehrt werden. Bleibt der vereinbarte Erbbauzins aber hinter diesem Wert zurück, so ist die Differenz vom Verfügungsbefugten zu ersetzen. Die Überlegungen zur Veräußerung eines Grundstückes an den berechtigten Nutzer nach dem SachRBerG sind hier zu übertragen. IV. Schuldrechtliche Verträge Zu den nach § 8 Abs. 1 VZOG zulässigen Verfügungen zählt insbesondere auch der Abschluß schuldrechtlicher Miet- und Pachtverträge. Der festgestellte Berechtigte tritt nach § 8 Abs. la S. 3 VZOG i.V.m. § 571 BGB in die Rechte und Pflichten aus den Verträgen ein 145 . Mit dem Eintritt stehen ihm daher auch die vertraglich vereinbarten Leistungen des (neuen) Vertragspartners zu. Schmidt-Räntsch/Hiestand

in RVI, § 8 VZOG, Rn. 22.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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Ein Ausgleich für die Verfügung ist demgemäß nur in Bezug auf bereits vom Verfügungsbefugten vereinnahmte Leistungen vorzunehmen. Im Grunde ist der Begriff des „Erlöses" erneut als Synonym für das aus der Verfügung Erlangte zu verstehen, so daß die vereinnahmten entgeltlichen Leistungen (Miet- oder Pachtzins) an den Berechtigten auszukehren sind. Dies entspricht denn auch der überwiegenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung146. Die Gegenauffassung geht davon aus, daß § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG für die Frage einer Nutzungsherausgabe keine Regelung enthält. Der Ausgleich müsse nach Auffassung von Dick 1 4 7 nach allgemeinem Zivilrecht erfolgen, nach Auffassung von Ehlers 148 und Unverfehrt 149 in einer Analogie zu § 11 Abs. 2 S. 4 VZOG völlig unterbleiben. Sie gehen davon aus, daß § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG für die Frage der „Nutzungsherausgabe" keine Regelung enthält und damit eine ausfüllungsbedüftige Regelungslücke besteht. Eine solche Lücke kann indes nur angenommen werden, wenn die Auslegung der vorhandenen Norm keine Aussagen zu dieser Frage bringt. Ob also eine Regelungslücke angenommen werden kann, hängt davon ab, wie der Begriff des „Erlöses" in § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG zu verstehen ist. Festgestellt wurde bereits, daß mit dem „Erlös" nur Gegenleistungen in Form von Entgelten zu verstehen sind. Zum Erlösbegriff enthält die Arbeitsanleitung des Bundesinnenministerium zum VZOG 1 5 0 darüber hinaus noch folgende Aussage: „Erlöse sind nicht nur Verkaufserlöse, sondern auch Erlöse aus Vermietung und Verpachtung." Dem entspricht es, wenn man § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG als die Regelung eines wirtschaftlichen Ausgleiches für alle nach § 8 Abs. 1 VZOG zulässigen Verfügungen ansieht151. Der Begriff des „Erlöses" ist demgemäß, wie hier bereits mehrfach ausgeführt, als Synonym für das vom Verfügungsbefugten aus der Verfügung erlangte Entgelt anzusehen152. Der Ausgleich für Verfügungen vollzieht sich 146 Bundesinnenministerium in Infodienst Kommunal Nr. 24 v. 19. 4. 1991, S. 22 und in Infodienst Kommunal Nr. 61 v. 20. 11. 92 (abgedruckt bei Bielenberg/Kleiber/Söfker, Vermögensrecht, II 5.14); Büteröwe, Vermögenszuordnung für kommunale Verwaltungsaufgaben in den neuen Bundesländern, S. 225; Leitschuh/Lange in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 17 ff.; Schmidt-Räntsch/ Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 22; Teige/Rauch VIZ 1997, 622, 625; BrdbgOLG Urt. v. 22. 5. 9 7 - 5 U 135/96 = ZOV 1998,52. w? Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 30. 148 Ehlers ZOV 1998,53 f. 149 Unverfehrt OVspez. 12/97 S. 197 f. 150 BMI in Infodienst Kommunal Nr. 24 v. 19.4. 1991. 151 BrdbgOLG Urt. v. 22. 5. 9 7 - 5 U 135/% = ZOV 1998, 52 insoweit zitiert in der Anmerkung von Ehlers; Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 19. 152 Wenn Ehlers in ihrer Anmerkung zum eingangs genannten Urteil des BrdbgOLG (ZOV 1998, 53) ausführt, daß sich dem Gesetzgeber dann auch die Formulierung zur „Her-

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

demgemäß immer über § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG in der Weise, daß der erzielte „Erlös" zu bestimmen ist 153 . Auch der Ausgleich von Nutzungen durch Miet- oder Pachtverträge des Verfügungsbefugten mit einem Dritten vollzieht sich so. Es mangelt an einer Regelungslücke154. Die genannten Auffassungen, die den Nutzungsausgleich nicht nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG vornehmen wollen, können aber auch in der Sache nicht überzeugen. Die Heranziehung des allgemeinen Zivilrechtes, wie von Dick vorgeschlagen, ist nicht hilfreich. Die Parallele wäre der Fall, daß ein rechtsgeschäftlich Ermächtigter im eigenen Namen, denn eine Vertretung findet nach § 8 VZOG ja gerade nicht statt, einen Miet- oder Pachtvertrag geschlossen hat. Nun ist eine Verpflichtungsermächtigung nach überwiegender Auffassung dem deutschen Recht fremd, so daß derartige Verträge den Berechtigten nach den Regelungen des Zivilrechtes nicht binden und ihm deshalb auch keine Rechte bringen würden. Bereicherungsrechtlich ist nach zutreffender Auffassung die Vermietung bzw. Verpachtung keine Verfügung nach § 816 Abs. 1 BGB 1 5 5 . Da sonstige Kondiktionsansprüche nicht gegeben sind und auch die Vorschriften der §§ 987 ff. BGB auf das Verhältnis Ermächtigter/Berechtigter nicht anwendbar sind, gibt es im Ergebnis keine Ausgleichsregelungen, die ohne eine Analogie herangezogen werden könnten. Ein Ausgleich müßte sich im allgemeinen nach den Abreden von Ermächtigtem und Berechtigtem im Grundverhältnis richten. Ein solches gibt es im Bereich des § 8 VZOG aber gerade nicht. Letztlich ist auch die von Ehlers und Unverfehrt vertretene Analogie zu § 11 Abs. 2 S. 4 VZOG nicht überzeugend. Nach dieser Vorschrift verbleiben Kosten und Nutzen bis zur /ta'cJUibertragung des Eigentums an einen öffentlichen Restitutionsberechtigten dem Verfügungsbefugten, d. h. gezogene Nutzungen sind nicht herauszugeben. Ähnliches regelt § 7 Abs. 7 S. 1 VermG, der bestimmt, daß der private Restitutionsberechtigte gegen den Verfügungsbefugten keinen Anspruch auf Herausgabe der bis zur Rückübertragung gezogenen Nutzung hat.

ausgabe des Erlangten" hätte aufdrängen müssen, so kann dem nur zugestimmt werden. Die insoweit unglückliche Formulierung der Erlösherausgabe resultiert aber sicher daraus, daß der Gesetzgeber eine Verkaufstätigkeit der Verfügungsbefugten ermöglichen wollte und es ihm in erster Linie auf die Erlösauskehr ankam. Die minderschweren Eingriffe in den Rechtskreis des materiell Berechtigten sollten den Verfügungsbefugten dennoch möglich sein und diese natürlich auch ausgleichspflichtig machen. !53 So wird der Begriff des Erlöses nach § 3 Abs. 4 S. 3 VermG nach einhelliger Auffassung ebenfalls sehr weit verstanden. Unter Erlös soll jede geltwerte Gegenleistung verstanden werden., vgl. Rapp in Kimme, § 3, Rn. 142; Redeker/Hirtschulz/Tank in F / R / M / N , § 3, Rn. 353; Kinne in R / R / B , § 3, Rn. 157 will selbst die Gewährung von Gesellschaftstanteilen als Erlös ansehen und der Herausgabepflicht unterziehen. 154 So auch BrdbgOLG Urt. v. 22. 5. 9 7 - 5 U 135/96 = ZOV 1998,52. 155 Vgl. BGH NJW 1996, 838 = BGHZ 131, 297 (Untervennietung); Larenz/ Canaris Uhrbuch des Schuldrechts, Bd. 2, 2. HB, § 69 II,S. 182.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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Namentlich Ehlers begründet nun die Analogie zu § 11 Abs. 2 S. 4 VZOG damit, daß ein Zuordnungseigentümer nicht besser gestellt sein sollte, als der Restitutionsberechtigte156. Im Ergebnis seien diese Berechtigten gleich zu behandeln. Dabei wird aber ein wesentlicher Umstand übersehen. Der Berechtigte nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist der wahre, derzeitige Eigentümer. Es handelt sich bei ihm entweder um einen seit jeher privaten oder einen seit dem 3. 10. 1990 neuen öffentlichen Eigentümer. Es versteht sich, daß Nutzungen, die ein anderer, als der Eigentümer seit dem gezogen hat, an den Eigentümer auszukehren sind, denn die Nutzungsbefugnis ist Bestandteil des Eigentumsrechtes. Gänzlich anders ist aber die Situation eines Restitutionsberechtigten. Dieser bekommt sein Eigentum erst auf Grund eines Restitutions- bzw. Zuordnungsbescheides rückübertragen. Bis zur Restitution besteht nur ein schuldrechtlicher Anspruch auf Wiedererlangung des Eigentums und damit auch auf Wiedererlangung der inbegriffenen Nutzungsbefugnis. Der Verfügungsbefugte nach § 2 Abs. 3 VermG, als auch der Verfügungsbefugte eines Vermögenswertes, der mit öffentlich Restitutionsansprüchen belastet ist, wird bis zur Restitution wie ein Eigentümer behandelt. Es ist deshalb in § 11 Abs. 4 S. 2 VZOG und in § 7 Abs. 1 S. 1 VermG der Grundsatz klargestellt, daß dem bisherigen Eigentümer die Nutzungen zustehen, aber auch Kosten und Lasten bei diesem verbleiben. Dieser grundsätzliche Unterschied in der Berechtigung nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG und einer Restitutionsberechtigung verbietet die angenommene Analogie157. Mit der überwiegenden Auffassung muß deshalb ein Verfügungsbefugter gezogene Nutzungen, wie Miet- oder Pachtzinsen, an den Berechtigten auskehren. Die gezogenen Nutzungen stellen einen auszugleichenden „Erlös" nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG dar. Inwieweit der Verfügungsbefugte einen Abzug für getätigte Aufwendungen vornehmen kann, wird bei der Frage seines Ausgleiches zu klären sein 158 . Sind als Erlös auch gezogene Nutzungen auszukehren, so könnte man der Auffassung sein, daß die Mindestauskehr des Wertes des Vermögensgegenstandes insoweit zumindest unnötig ist 159 . Hier ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, welcher „Vermögensgegenstand" gemeint ist. Bei der Vermietung oder Verpachtung eines Grundstückes ist dies nämlich die Nutzungsmöglichkeit, als ein vermögenswertes Recht in Bezug auf das betreffende Grundstück. Die Auskehr des Wertes nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG wird deshalb ausnahmsweise dann relevant, wenn der erzielte Miet- oder Pachtzins (Erlös) hinter den verkehrsüblichen Werten zurückbleibt.

156 Ehlers ZOV 1998,53, 54. 157 Ähnlich BrdbgOLG Urt. v. 22. 5. 9 7 - 5 U 135/96 = ZOV 1998, 52,53. 158 Vgl. dazu § 4 C. 159 Ehlers ZOV 1998, 53, 54 ist sogar der Meinung, daß die Regelung insoweit überhaupt keinen Sinn ergibt.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Dann ist der Wert der Vermietung, also ein verkehrsüblicher Mietzins, als Mindestauskehr zu leisten, mag auch der tatsächliche Erlös dahinter zurückbleiben. Es reicht schon, daß der Berechtigte an den dann zu geringen Mietzins durch den Eintritt in den Vertrag gemäß § 8 Abs. 1 a S. 3 VZOG gebunden ist. Zumindest für die Zeit der bestehenden Verfügungsbefugnis muß deshalb der Verfügungsbefugte die Differenz ersetzen. Besteht auch eine Ersatzpflicht für die Zukunft nicht verkehrsüblichen Nutzungsentgeltes?

wegen der Vereinbarung

So selbstverständlich, wie sich diese Frage stellt, so unverständlich ist, daß sie bisher noch nicht gestellt wurde. Die überwiegende Literatur und Rechtsprechung gehen allgemein von der Erreichung eines wirtschaftliches Ausgleiches für sämtliche Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG aus und verlangt deshalb einen Wertersatz für verkehrsunübliche „Erlöse" 160. Die Problematik verkehrsunüblicher Nutzungsentgelte weist aber die Besonderheit auf, daß diese Entgelte aufgrund von Dauerschuldverhältnissen, wie Miete, Pacht oder Grunddienstbarkeits- und Erbbaurechtsvereinbarungen beruhen. Die Leistungen, die der jeweilige Berechtigte in Zukunft vom jeweiligen Nutzer verlangen kann, bestimmen sich nach den vertraglichen Vereinbarungen des Verfügungsbefugten mit den Nutzern. In Miet- und Pachtverträge tritt der Berechtigte nach § 8 Abs. la i.V.m. § 571 BGB ein. Er kann als neuer Gläubiger die Nutzungsentgelte verlangen. Für bestellte Grundienstbarkeiten hat der Verfügungsbefugte die Ansprüche aus dem jeweiligen Grundverhältnis an den Berechtigten abzutreten, so daß er hier aus abgetretenem Recht Ansprüche geltend machen kann. Bei Erbbaurechten steht dem Berechtigten der Anspruch nach § 9 Abs. 2 S. 4 ErbbRVO gesetzlich zu, sobald seine Person festgestellt ist. In allen Fällen steht die Frage, ob der Verfügungsbefugte auch für die Zukunft einen Wertersatz zu leisten hat, indem er die Differenz zwischen einem vereinbarten und einem verkehrsüblich (dem Wert entsprechend) Nutzungsentgelt für die Restlaufzeit des von ihm abgeschlossenen, unwirtschaftlichen Vertrages ausgleicht. Dagegen könnte erneut vorgebracht werden, daß drohende Ausgleichsansprüche die Verfügungsbefugten von der Wahrnehmung ihrer Befugnis abhalten könnten und damit der Beschleunigungseffekt verloren ginge 161 . Andererseits steht außer Zweifel, daß unwirtschaftliche Verträge der Verfügungsbefugten nicht zu Lasten des Berechtigten gehen können162. Aus diesem Grunde wurde eine Vertretung der Berechtigten abgelehnt und eine gesetzliche Ermächtigung statt einer Vollmacht geschaffen 163. 160 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 22; Teige/Rauch VIZ 1997, 622, 625; BrdbgOLG Urt. v. 22. 5. 9 7 - 5 U 135/96 = ZOV 1998,52. 161 Grundsätzlich zu dieser Frage Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 23. 162 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 23; Teige/Rauch VIZ 1997, 622, 625. 163 Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 6; Leitschuh/Lange in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 11.

e

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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Die Verfügungsbefugnis erlaubt damit nur wirtschaftlich sinnvolle Eingriffe den Rechtskreis des Berechtigten. Das Gesetz vermutet völlig zu Recht mit der Verfügung zum Wert des Verfügungsgegenstandes die Grenze einer wirtschaftlich sinnvollen Betätigung. Deshalb wird mit der Mindestauskehr des jeweiligen Wertes nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG das Risiko unwirtschaftlicher Verfügungen und insbesondere auch unwirtschaftlicher Verträge dem Verfügungsbefugten auferlegt. Dies ist angemessen, da der Verfügungsbefugte über die vertraglich zu vereinbarenden Leistungen disponieren kann 164 , während der Berechtigte vor seiner Feststellung keinen Einfluß hat. Nach dem Vorgenannten ergibt sich deshalb auch für Dauerschuldverhältnisse ein Mindestauskehranspruch des Berechtigten nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG. Zur Feststellung, ob ein solcher Anspruch neben dem Auskehranspruch bzgl. der vertraglich vereinbarten Nutzungsentgelte besteht, ist zu prüfen, ob die vereinbarten Leistungen über die gesamte Vertragslaufzeiten den verkehrsüblichen Leistungen zumindest entsprechen. Wird diese Werthaltigkeit unterschritten, ist die Differenz bis zum Wert der Gesamtleistung, und damit verkehrsüblichen Nutzungsentgelten vom Verfügungsbefugten zu erstatten, der den dann unwirtschaftlichen Vertrag geschlossen hat. Der Auskehranspruch ergibt sich aus § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG. Er besteht bis zur ersten Kompensationsmöglichkeit für den Berechtigten (ζ. B. Kündigung und Neuvermietung). Er würde sich, gäbe es diese Regelung nicht, auch aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis ergeben, daß zwischen dem Berechtigten und dem Verfügungsbefugten im Innenverhältnis besteht. Aus diesem Schuldverhältnis ergibt sich nicht nur die Pflicht des Verfügungsbefugten rechtlich mögliche Verfügungen zu unterlassen, wenn das Eigentum eines Dritten offensichtlich wird 165 , sondern auch die Pflicht unwirtschaftliche Verträge zu unterlassen. Die mit der Verfügungsbefugnis bezweckte Verkehrsfähigkeit von Grundvermögen soll und darf wirtschaftlich nicht zu Lasten der Berechtigten gehen. Enthält § 8 VZOG eine Verfügungspflicht? Von der Frage eines Wertersatzanspruches nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG wegen unwirtschaftlicher Verfügungen ist die Frage einer Verfügungspflicht zur Bewirtschaftung des jeweiligen Grundstückes zu unterscheiden. Der § 8 VZOG enthält nur Regelungen über eine Befugnis zu verfügen und die Folgen einer Verfügung. Eine Pflicht wirtschaftlich sinnvolle Verfügungen vorzunehmen, ist dagegen gesetzlich nicht normiert. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Sinn der Verfügungsbefugnis. Sie soll den Verfügungsbefugten nur die Möglichkeit einräumen, sich wie der Eigentümer des Grundstücks zu verhalten. Würde man die Verfügungsbefugten die Pflicht zur Bewirtschaftung der Grundstücke und Gebäude auferlegen, so würden diese sich durch die Unterlassung der gebotenen Maßnahmen schadensersatz164 im Ansatz ähnlich Schmidt-Räntsch/Hiestand Werthaftungsfrage letztendlich nicht behandeln. 165 Siehe dazu § 3 A. III. 7. b).

in RVI, § 8 VZOG, Rn. 23, die aber die

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

pflichtig machen. Andererseits gäbe es eine nur sehr eingeschränkte Ersatzmöglichkeit der Verfügungsbefugten hinsichtlich ihrer Aufwendungen und Verwendungen 166 . Das Fehlen einer Verfügungspflicht in § 8 VZOG korrespondiert mit der im Vermögensrecht ebenfalls fehlenden Verpflichtung der Verfügungsberechtigten zur Erhaltung und Bewirtschaftung der restitutionsbelasteten Vermögenswerte gem. § 3 Abs. 3 VermG 167 . Hier wie dort wird nur eine Verfügungsmöglichkeit, aber keine Pflicht eröffnet.

V. Rechtsgrundlose Verfügungen eines Verfügungsbefugten nach § 8 V Z O G Der Verfügungsbefugte, der mit einem Dritten kontrahiert, schließt ggf. unwirksame Verträge. Er kann dann beim Dritten nach Bereicherungsrecht kondizieren. Ist zu dem Zeitpunkt, zu dem die Rückabwicklung erfolgen soll, bereits der Berechtigte festgestellt und damit die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 3 VZOG oder aus sonstigen Gründen beendet, so könnte man die Überlegung anstellen, daß die Rückgewähr unmittelbar an den Berechtigen zu erfolgen habe. Der Ausgleich rechtsgrundloser Verfügungen wurde für den rechtsgeschäftlich Ermächtigten (ohne wirksames Grundverhältnis) bereits untersucht168. Dort wurde festgestellt, daß eine Direktkondiktion des Berechtigten beim Dritten nicht anzuerkennen sei. Eine solche Direktkondiktion des Berechtigten nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG beim Vertragspartner des Verfügungsbefugten ist aus denselben Gründen abzulehnen. Ihre Anerkennung würde zu Verschiebungen des Insolvenzrisikos, insbesondere des Dritten, zu Lasten des Berechtigten führen und Schwierigkeiten bei der Frage zulässiger Einreden begründen. Alleiniger Vertragspartner des Dritten ist nun einmal der Verfügungsbefugte. Auch im Falle rechtsgrundloser Leistungen des Verfügungsbefugten muß der Berechtigte dessen Verfügungen nach § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG wie eigene gegen sich gelten lassen und damit als wirksam behandeln. Er ist auf seinen Ausgleichsanspruch nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG beschränkt. Soweit aber der Verfügungsbefugte bei seinem Vertragspartner kondizieren kann und er seinerseits einen bereits erzielten Erlös an diesen zurückgibt, wird er statt den Wert zu ersetzen, den betreffenden Verfügungsgegenstand (Grundstück etc.) dem Berechtigten nach § 8 Abs. 5 VZOG 166 Siehe zu dieser gesetzlich ebenfalls nicht geregelten Frage § 4 c. 167 Vgl. Redeker/Hirtschulz/Tank in F / R / M / N , § 3 Rn. 253, a.A.für sog. Notgeschäftsführungsmaßnahmen Säcker-Busche, VermG, § 3 Rn. 182, wobei zu beachten ist, daß in § 3 VermG ein Art Geschäftsführung ohne Auftrag geregelt ist, während § 8 VZOG keine vergleichbare Regelung enthält.

168 Siehe § 4 A.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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verschaffen müssen. Zwar ist § 8 Abs. 5 VZOG als Ersetzungsbefugnis des Verfügungsbefugten ausgestaltet, aber ein Ausgleich nach § 8 Abs. 4 VZOG hat nur zu erfolgen, wenn eine Verfügung vorliegt, die wirksam das Recht des Berechtigten beeinträchtigt. Daran mangelt es aber letztlich, wenn der aus einer Verfügung begünstigte Dritte das ihm geleistete Recht nicht behalten darf. Dann ist es in den Rechtskreis des Berechtigten zurückzugeben. Dieser hat seinerseits nach dem Rechtsgedanken des § 8 Abs. 5 VZOG einen Anspruch gegen den Verfügungsbefugten auf Mitwirkung, d. h. Kondiktion beim Dritten.

V I . Tatsächliche Maßnahmen eines Verfügungsbefugten nach § 8 V Z O G Die Prüfung, welche tatsächlichen Maßnahmen ein Verfügungsbefugter nach § 8 VZOG vornehmen darf, hat ergeben, daß nur werterhöhende Maßnahmen, die die Nutzungsart des Verfügungsgegenstandes nicht nachhaltig ändern, zulässig sind 169 . Der wahre Berechtigte erleidet durch solche Maßnahmen keinen auszugleichenden Nachteil. Weder verliert er sein Recht, noch wird es inhaltlich geschmälert, sprich belastet. Der Berechtigte hat daher wegen zulässiger tatsächlicher Maßnahmen keinen Ausgleichsanspruch gegen den Verfügungsberechtigten. Interessant wird dagegen sein, ob der Verfügungsberechtigte für solche werterhöhenden Maßnahmen seinerseits einen Ausgleich vom Berechtigten beanspruchen kann 170 .

V I I . Verfügungen nach § 8 V Z O G und Restitutionsansprüche Der Anspruch auf Rückübertragung eines Vermögenswertes (Restitutionsanspruch) kann Privatpersonen, ebenso aber auch öffentlich-rechtlichen Körperschaften, zustehen. Je nach dem möglichen Restitutionsberechtigten kann man deshalb zwischen privaten und öffentlichen Restitutionsansprüchen unterscheiden. Zwar stehen öffentliche Restitutionsansprüche den Ansprüchen eines Bürgers so nahe, daß unterschiedliche Grundwertungen kaum plausibel zu machen wären 171 , dennoch sind Unterschiede vorhanden, die im Einzelfall durchaus beachtlich werden können. Es soll daher nachfolgend zwischen den möglichen Restitutionsansprüchen unterschieden werden und die Frage beantwortet werden, welchen Einfluß diese Ansprüche auf Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG haben und umgekehrt, welche Wirkung Verfügungen nach § 8 VZOG auf bestehende Restitutionsansprüche haben. 169 Siehe § 3 A. III. 5. 170 Siehe unten § 4 C. πι BT-Drs. 12/5553, S. 169. 15 Gohrke

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefiignis

Ein Einfluß wäre bereits dann zu verneinen, wenn für restitutionsbelastete Grundstücke überhaupt keine Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG bestünde. Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 VZOG zählt aber nur die Eintragung von Eigentum des Volkes, unabhängig von ihrer Richtigkeit. Die Freiheit von Restitutionsansprüchen oder auch nur von Anträgen (Anmeldungen) ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG besteht demgemäß in gleicher Weise sowohl an anmeldebelasteten als auch an anmeldefreien Grundstücken172. Mit anderen Worten kommt auch ein restitutionsbelastetes Grundstück als Verfügungsgegenstand nach § 8 Abs. 1 VZOG in Betracht. Die Verfügungsbefugnis besteht unabhängig von privaten 173 und öffentlichen 174 Restitutionsansprüchen.

1. Private Restitutionsansprüche nach dem Vermögensgesetz Wurde von einer Privatperson ein Restitutionsantrag gestellt, so wird dieser bei den Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen registriert 175. Die Vermögensämter informieren nach § 31 Abs. 2 VermG Personen, deren Rechtsstellung von der Restitution betroffen wäre 176 . Sie ermitteln im weiteren den Sachverhalt von Amts wegen, um mit einem abschließenden Restitutionbescheid festzustellen, ob ein Rückübertragungsgrund nach § 1 VermG vorliegt und dieser nicht ausgeschlossen ist. Mit der Unanfechtbarkeit eines stattgebenden Restitutionsbescheides gehen Eigentums- und sonstige dingliche Rechte auf den Restitutionsberechtigten nach § 34 Abs. 1 VermG über. Er wird mit diesem Augenblick der neue Eigentümer. Das grundsätzliche Verhältnis von Restitutions- und Zuordnungsverfahren beschreibt § 7 Abs. 1 S. 1 VZOG, wonach das Vermögensgesetz durch das VZOG unberührt bleibt. Ergänzend dazu bestimmt § 8 Abs. 2 S. 1 VZOG, daß die Verfügungsbefugnis nach Absatz 1 „Rechte Dritter unberührt läßt". Mit diesen Rechten Dritter sind insbesondere Restitutionsansprüche nach dem VermG gemeint177. 172 Böhringer MittBayNot 1991, 189, 190; Schmidt-Räntsch/Hiestand Rn. 4; vgl. auch § 7 Abs. 1 S. 1 und § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG. 173 Siehe § 3 A. III. 7. 174 Weise ZIP 1992,1357,1367.

in RVI; § 8 VZOG,

175 Vgl. § 30 VermG; Auf die vergleichbaren Regelungen der DDR-Anmeldeverordnung soll hier nicht näher eingegangen werden. 176 Den Verfügungsberechtigten, d. h. den derzeitigen Rechtsinhaber oder Inhaber der Verfügungsmacht nach § 2 Abs. 3 VermG, trifft gemäß § 3 Abs. 5 VermG vor jeder Verfügung eine Erkundigungspflicht, inwieweit Restitutionsansprüche angemeldet sind. 177 Böhringer MittBayNot 1991, 189, 190; Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 12; Fieberg/ Reichenbach NJW 1991, 1977, 1979; Kolb NJ 1998, 596; Leitschuh/Lange in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 22; Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 47; Teige/Rauch VIZ 1997,622,623.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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Die Grundstücke, für die Restitutionsansprüche angemeldet wurden und die im Grundbuch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, unterliegen damit der Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG, zugleich aber auch den Beschränkungen des Vermögensgesetzes. Der Verfügungsbefugte nach § 8 VZOG ist nämlich zugleich der Verfügungsberechtigte nach § 2 Abs. 3 VermG und damit den Regularien dieses Gesetzes unterworfen. So ist es auch einhellige Auffassung, daß der Verfügungsbefugte bei anmeldebelasteten Grundstücken dem Verfügungsverbot des § 3 Abs. 3 VermG und dem Genehmigungserfordernis nach der Grundstücksverkehrsordnung (GVO) 1 7 8 unterliegt 179. Das grundsätzlich nur im Innenverhältnis wirkende und damit relative Verfügungsverbot des § 3 Abs. 3 VermG ist durch einen Verfügungsbefugten zu beachten. Dies vollzieht sich insbesondere über den quasi-dinglichen Schutz der Grundstücksverkehrsordnung 180. Nach § 2 Abs. 1 GVO bedürfen nämlich die Auflassung eines Grundstückes und die Bestellung eines Erbbaurechtes nebst schuldrechtlichem Vertrag der Genehmigung. Verträge, auch solche eines Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG, ohne die erforderliche Genehmigung sind nichtig und werden im übrigen vom Grundbuchamt aufgrund der Regelung des § 2 Abs. 3 GVO nicht vollzogen181.

Zur Wirksamkeit genehmigungsbedürftiger Rechtsgeschäfte, d. h. von Auflassung und Erbbaurechtsbestellung, bedarf es deshalb einer Grundstücksverkehrsgenehmigung. Diese ist gemäß § 1 Abs. 2 GVO zu erteilen, wenn kein fristgerechter Restitutionsantrag vorliegt, der Antrag bereits abgelehnt wurde, er offensichtlich unbegründet ist oder der Anmelder (Restitutionsberechtigte) zustimmt182. Im Grunde kann eine Auflassung oder Erbbaurechtsbestellung deshalb nur erfolgen, wenn ein Restitutionsanspruch nicht besteht oder wenn bei Bestehen eines Restitutionsanspruches die Zustimmung des Berechtigten vorliegt. Damit ist aber auch ersichtlich, daß wegen des quasi-dinglichen Schutzes durch die GVO Verfügungen über Grundstücke nach § 8 VZOG bestehende Restitutionsansprüche grundsätzli nicht überwinden können, es sei denn, der Restitutionsberechtigte stimmt zu. In all den Fällen, in denen eine Grundstücksverkehrsgenehmigung dagegen gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, ζ. B. bei der Grundpfandrechtsbestellung 183, beschränkt sich der Schutz des Restitutionsberechtigten auf das relative Verfügungsverbot des § 3 Abs. 3 VermG. Verfügungen, die gegen dieses Verbot verstoßen, π» v. 3.8. 1992 (BGBl. 19921, S. 1477, zuletzt geändert durch das WoModSiG v. 17.7.97. 179 Böhringer MittBayNot 1991, 189, 190; Fieberg/Reichenbach NJW 1991, 1977, 1979; Leitschuh/Lange in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 22; Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 47. 180 Zum Begriff des quasi-dinglichen Schutzes vgl. Försterling, Recht der offenen Vermögensfragen, Rn. 246; aber auch Schmidt-Räntsch DtZ 1991, 169, 171; Wasmuth, RVI, § 3 VermG, Rn. 282. 181 Vgl. nur Redeker/Hirtschulz/Tank in F / R / M / N , § 3, Rn. 260. 182 Darüber hinaus ist für Veräußerungen nach § 3 c VermG eine Genehmigung zu erteilen. Dieser Sonderfall kann hier aber unberücksichtigt bleiben. 183 Vgl. Rapp in Kimme, § 3, Rn. 46. 1*

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefignis

sind im Außenverhältnis wirksam 184. Der Restitutionsanspruch für das betreffende Grundstück geht durch unzulässige, aber wirksame Verfügungen nach § 8 VZOG unter. An seine Stelle tritt die Pflicht zur Erlösauskehr nach § 3 Abs. 4 S. 3 VermG. Der Anspruch des Restitutionsberechtigten auf den erzielten Erlös gegen den Verfügungsberechtigten besteht entgegen dem mißverständlichen Wortlaut des § 3 Abs. 3 S. 4 VermG nicht nur im Falle einer Verfügung nach verspäteter oder fehlender Restitutionsanmeldung, sondern erst recht auch bei rechtswidrigen, gegen § 3 Abs. 3 VermG verstoßenden, Verfügungen trotz Anmeldung185. Der Erlös, soweit er erzielt wird, ist dem Restitutionsberechtigten in jedem Fall sicher, wenn durch eine (auch unzulässige) Verfügung dessen Restitutionsanspruch untergeht. Damit wird ein Ausgleich für das nur relativ wirkende Verfügungsverbot des § 3 Abs. 3 VermG geschaffen. Daneben stellen aber nach § 3 Abs. 3 VermG unzulässige Verfügungen einen Verstoß gegen ein Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB dar 186 . Derartige Verfügungen machen demgemäß den Verfügungsbefugten zusätzlich auch schadenersatzpflichtig 187. Das Verschulden der Verfügungsberechtigen wird regelmäßig in einem Verstoß gegen die Vergewisserungspflicht des § 3 Abs. 5 VermG zu sehen sein 188 . Der zu leistende Schadensersatz besteht nach § 249 S. 1 BGB in der Verpflichtung zur Naturalrestitution und nur soweit diese nicht möglich ist nach § 251 Abs. 1 BGB in Geldersatz.

!84 BVerwG ZOV 1997, 433 - ein Restitutionsanspruch erlischt bei wirksamer Verfügung, die Wirksamkeit wird nicht durch einen Verstoß nach § 3 Abs. 3 beeinflußt. in F / R / M / N , § 3, Rn. 347 f.; Wasmuth, RVI, § 3 VermG, 185 Redeker/Hirtschulz/Tank Rn. 328 f. 186 Kinne in R / R / B , § 3, Rn. 81; Kohler VIZ 1992, 308, 309; Koppen ZOV 1996, 96, 98; Rapp in Kimme, § 3, Rn. 42; Redeker/Hirtschulz/Tank in F / R / M / N , § 3, Rn. 311 und 369; BrdbgOLG ZOV 1997,265,266; ThürOLG OLG-NL 1994,161,162 mit Anm. Morlok\ausführlich Wasmuth in RVI, § 3 VermG, Rn. 286 ff. 187 Die Haftung läßt sich ebenso mit einer pW des gesetzlichen Schuldverhältnisses zwischen Verfügungsberechtigtem und Restitutionsberechtigtem begründen, da die Rechtsfolgen ebenfalls einen Schadensersatz nach §§ 249 ff. BGB beinhalten, vgl. Redeker/Hirtschulz/ Tank in F / R / M / N , § 3, Rn. 311, BrdbgOLG ZOV 1997, 265, 266. Dies hätte den Vorteil, daß für Dritte nach § 278 BGB eingestanden wird (so wohl auch LG Berlin ZOV 1993, 109,110). Nach einer gewichtigen Auffassung {Rapp in Kimme, § 3, Rn. 42; Säcker-Busche, § 3 VermG, Rn. 165; Wasmuth in RVI, § 3 VermG, Rn. 292) sollen für öffentliche Körperschaften als Verfügungsberechtigte nach § 2 Abs. 3 VermG sogar Amtshaftungsansprüche nach § 839 BGB in Frage kommen. Dies ist aber zu verneinen, da die Verfügungsbefugten mit einem Verstoß gegen § 3 Abs. 3 VermG gegen eine allgemeine, nicht aber gegen eine drittschützende Amtspflichten verstoßen wird. Aus dieser Erwägung hat der BGH auch den Zivilrechtsweg für eine gerichtliche Untersagungsverfügung angenommen, siehe dazu BGHZ 124, 147 ff. 188 Kinne in R / R / B , § 3, Rn. 146; Rapp in Kimme, § 3, Rn. 145.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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2. Sonderfall: errichtende Umwandlung oder „Das Leipziger Problem" Die Frage der rechtlichen Einordnung einer errichtenden Umwandlung nach § 58 UmwG (1969) wurde bereits eingehend besprochen189. Im Ergebnis konnte festgestellt werden, daß es sich bei einer solchen Umwandlung um eine sachenrechtliche und damit zugleich um eine Verfügung i. S. d. § 8 Abs. 1 VZOG handelt. Durch eine Umwandlung wird das Eigentum an Grundstücken, die in der nach § 52 Abs. 4 UmwG (1969) notwendigen Vermögensübersicht enthalten sind, auf das neu errichtete Unternehmen übertragen. Dies gilt auch dann, wenn der Unternehmensinhaber nur der Verfügungsbefugte, sei es kraft Ermächtigung nach § 185 BGB, sei es nach § 8 VZOG, aber nicht der Eigentümer ist. Die Besonderheit des Eigentumsübergangs im Wege der Umwandlung bestand aber darin, daß sich die Eigentumsübertragung an den betreffenden Grundstücken außerhalb des Grundbuches vollzieht. Das Grundbuch wird mit der Eintragung der neuen Gesellschaft im Handelsregister unrichtig, der neue Eigentümer wird existent. Es fragt sich, wie bei dieser Sonderkonstellation der Schutz eines Restitutionsberechtigten ausgestaltet ist. Die errichtende Umwandlung wurde als erleichterte Sacheinlage charakterisiert. Interessant ist deshalb zunächst einmal, wie ein Restitutionsberechtiger in dem ebenfalls möglichen Fall der Privatisierung von Wohnungsbeständen durch die Einbringung von Sacheinlagen in eine GmbH geschützt wäre. Die Erbringung einer Sacheinlage erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften für die Übertragung des betreffenden Vermögenswertes. Grundstücke sind deshalb an die Gesellschaft gemäß §§ 873, 925 BGB aufzulassen. Die Auflassung eines Grundstückes ist ein nach § 2 Abs. 1 GVO genehmigungspflichtiges, dingliches Rechtsgeschäft 190. Damit die Auflassung wirksam werden kann, bedarf es deshalb einer Grundstücksverkehrsgenehmigung, die nach § 1 Abs. 2 GVO im Grunde nur erteilt wird, wenn ein Restitutionsanspruch gerade nicht besteht. Aufgrund des beschriebenen quasi-dinglichen Schutzes der GVO kann durch die Einbringung eines Grundstükkes im Wege der Sacheinlage eine Beeinträchtigung von Ansprüchen nach dem VermG nicht erfolgen. Ein Restitutionsberechtiger ist in gleicher Weise geschützt, wie bei jeder anderen Auflassung 191. 189 Siehe § 3 A . I I I . 4 . b ) .

190 Vgl. Redeker/Hirtschulz/Tank

in F / R / M / N , § 3, Rn. 265.

191 Eine Auflassung ohne die erforderliche Genehmigung wäre deshalb unwirksam. Es ist deshalb unzutreffend, wenn Redeker/Hirtschulz/Tank in F / R / M / N , § 3, Rn. 227 ausführen, daß eine Sachgründung keinen Verstoß gegen § 3 Abs. 3 VermG darstellen kann, weil der Verfügungsbefugte nur seine Rechtsform wechselt und es deshalb an einem nach § 3 Abs. 3 S. 1 VermG notwendigen Rechtsgeschäft mit einem Dritten mangele. Diese Auslegung des § 3 Abs. 3 S. 1 VermG widerspricht dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Geset-

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefiignis

Bei der errichtenden Umwandlung findet dagegen keine »Auflassung" nach § 2 Abs. 1 GVO statt. Die genehmigungspflichtigen Rechtsgeschäfte sind andererseits aber gesetzlich abschließend aufgezählt 192. Es besteht daher auch Einigkeit darüber, daß eine errichtende Umwandlung keiner Genehmigung nach der GVO bedarf 193 . Der Schutz des Genehmigungserfordernisses nach der GVO kommt den Restitutionsberechtigten bei einer Umwandlung nicht zugute194. In dem hier etwas eingehender zu behandelnden Fall der Leipziger Wohnungsund Baugesellschaft mbH (LWB) wurde deshalb für die Umwandlung auch tatsächlich keine Grundstücksverkehrsgenehmigung verlangt, obwohl von den 11.196 Grundstücken der Gesellschaft (Stand 30. 6. 93) 5.552 mit Restitutionsansprüchen belastet waren 195 . Im Grunde müßte es konsequent allein beim Schutz der Restitutionsberechtigten über das relative Verfügungsverbot des § 3 Abs. 3 S. 1 VermG verbleiben. Die dingliche Übertragung von restitutionsbelasteten Grundstücken auf eine neu errichtete Gesellschaft ist als dingliches Rechtsgeschäft nach § 3 Abs. 3 S. 1 VermG anzusehen. Sie ist ohne die Zustimmung des Restitutionsberechtigten unzulässig. Dennoch vertreten Redeker /Hirtschulz /Tank 1 9 6 die Auffassung, daß eine errichtende Umwandlung nach § 58 UmwG (1969) keinen Verstoß gegen § 3 Abs. 3 S. 1 VermG darstelle. Die Umwandlung führe nur zu einem Wechsel der Rechtsform. Deshalb solle der Verfügungsbefugte in der neuen Rechtsform Schuldner des Restitutionsanspruches bleiben. Der Anspruch wandert quasi im Rahmen der Umwandlung mit dem Grundstück mit. Ein Übergang von Restitutizes, wonach dingliche Rechtsgeschäfte ohne Zustimmung des Berechtigten zu unterlassen sind. Das Gesetz differenziert also nicht nach der Person des Erwerbers und nicht nach dessen wirtschaftlicher oder auch personeller Nähe zum Verfügungsberechtigten. Spätestens wenn ein Dritter (ζ. B. ein Kreditgeber) als Mitgesellschafter der erwerbenden Gesellschaft auftritt, kommt es auch bei einer Sacheinlage zu einem dinglichen Rechtsgeschäft mit einem Dritten. ι « Vgl. VG Berlin Urt. v. 3. 6. 93-29 A 8/93 (abgedruckt bei Brandt/Kittke, Rechtsprechung und Gesetzgebung zur Regelung offener Vermögensfragen [RGV], Bd. IV, J 25.). 193 Böhringer, DtZ 1993, 141, 142; Faßbender VIZ 1993, 527, 529 (nur Veräußerungen, die einer Auflassung bedürfen, sind genehmigungspflichtig); Frenz DtZ 1994, 56 zeigt die bewußte Klarstellung des § 2 Abs. 1 GVO indem statt „Veräußerung" nunmehr von „Auflassung" gesprochen wird; Redeker/Hirtschulz/Tank in F / R / M / N , § 3, Rn. 265; unklar Schmidt-Räntsch, RVI; § 2 GVVO, Rn. 4 noch zur alten Regelung, daß eine „Veräußerung" der Genehmigung bedarf. 194 Die Annahme eines (analogen) GVO-Genehmigungserfordernisses für errichtende Umwandlungen muß aus Gründen der Rechtssicherheit unterbleiben. Nur die Abgeschlossenheit des Kataloges genehmigungspflichtiger Rechtsgeschäfte kann die nötige Rechtssicherheit vermitteln. In tatsächlicher Hinsicht hätte die Genehmigungspflicht 1990 zur Undurchführbarkeit von Umwandlungen geführt. Die Verfahrensdauer zur Erlangung einer GVO-Genehmigung für mehrere hundert Grundstücke war gerade ein Grund die neuen Wohnungsgesellschaften nicht im Wege der Sachgründung sondern der Umwandlung zu errichten. 195 Vgl. Ausführungen von Weber in König/Schuppert/Heimann, Vermögenszuordnung, S. 244 ff. zur LWB. 196 in F / R / M / N , § 2, Rn. 227.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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onsansprüchen im Rahmen einer Umwandlung könnte aber nur erfolgen, wenn diese als Passiva in den Vermögensübersicht nach § 52 Abs. 4 UmwG (1969) aufgenommen werden. Erfolgt deren Aufnahme dagegen, wie bei der LWB, nicht, so gehen Restitutionsansprüche nicht über. Die Vermögensübersicht ist allein maßgeblich für den Übergang von Verbindlichkeiten auf die neu errichtete Gesellschaft. Nicht aufgelistete Passiva gehen deshalb nicht über 197 . Ein Übergang von Restitutionsansprüchen auf die neue Gesellschaft, wie die LWB, scheidet deshalb aus 198 . Die Argumentation eines „Mitwandern" ist nicht überzeugend. Hinter Theorie des dem Grundstück gleichsam anhaftenden Restitutionsanspruches steht aber die Überlegung, daß ein solcher Anspruch nicht untergehen solle, wenn der Eigentümer zwar personell wechsele, aber wirtschaftlich derselbe bleibe 1 9 9 . Zur Bewältigung solcher Fälle bedarf es aber der systemfremden Mitübertragung eines Restitutionsanspruches nicht. Die Umwandlung als dingliches Rechtsgeschäft und sachenrechtliche Verfügung verstößt gegen das Verfügungsverbot des § 3 Abs. 3 VermG. Ein solcher Verstoß löst eine Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 2 BGB aus. Zumindest gegen die Vergewisserungspflicht des § 3 Abs. 5 VermG verstößt der Unternehmensinhaber im Rahmen einer Umwandlung durch die Einbeziehung und Übertragung von Grundstücken, die anmeldebelastet sind. Die Vergewisserungspflicht richtet sich sachlich allein auf die Frage, ob eine Restitutionsanmeldung/ein Restitutionsantrag vorliegt, nicht ob dieser zulässig und begründet ist. Der Pflicht zur Vergewisserung ist grundsätzlich nur dann Genüge getan, wenn ein Negativattest des belegenen Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen eingeholt worden ist. Nur mit einem solchen amtlichen Zeugnis kann Gewißheit hinsichtlich der Restitutionsbelastung erreicht werden 200. Sind aber, wie in den hier untersuchten Fällen, Verfügungberechtiger und Trägerkörperschaft des Vermögensamtes identisch, so 197 Dehmer Umwandlungsrecht-Umwandlungssteuerrecht, § 55 UmwG, Ziff. 5; Zimmermann in Rowedder u. a., GmbhG, § 77 Anh, Rn. 356; Widmann/Mayer, UmwG, § 52, Rn. 1024.22; zur genannten LWB, die nur eine Liste von Aktiva aufgestellt hat, vgl. OLG Dresden Urteil v. 5. 9. 9 5 - 3 U 1033/95, S. 11: „Wird - wie hier - eine zum Unternehmen gehörende Verbindlichkeit nicht in die Übersicht aufgenommen, sei es versehentlich oder absichtlich, so geht diese Verbindlichkeit mit der Eintragung der Umwandlung- vorliegend am 9. 1. 91- nicht auf die Kapitalgesellschaft über."; OLG Dresden VIZ 1995,670,671. 198 OLG Dresden VIZ 1995, 670, 671 hat ausgeführt, daß eine Haftung aus dem Institut der Funktionsnachfolge ebenfalls nicht in Betracht kommt. Läßt man die grundsätzlichen Bedenken gegen eine solche Rechtsfigur außen vor, so ist mit dem OLG aber eine „tatsächliche" Funktionsnachfolge abzulehnen. Die LWB ζ. B. ist als wirtschaftliches Unternehmen kein Funktionsnachfolger der staatlichen Wohnungswirtschaftsbetriebe. Während nämlich die LWB eine Wohnungsbewirtschaftung vornimmt, hatten die DDR Betriebe das Staatsziel einer planwirtschaftlichen, sozialistischen Wohnraumversorgung zu erfüllen. 199 So ist wohl auch Jäkle OVspez. 6/96 S. 92 zu verstehen, der meint, daß mit der Annahme eines Untergangs des Restitutionsanspruches dasjenige gelungen wäre, „was die Behörden in der DDR in 40 Jahren nicht geschafft haben". 200 Sollte das Negativattest unrichtig sein, so löst dies ggf. Amtshaftungsansprüche des Restitutionsberechtigten gem. § 839 BGB aus.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

genügt der Verfügungsberechtigte seiner Vergewisserungspflicht von vornherein nur, wenn ein Negativattest eingeholt wird, die Restitutionsanmeldungen zuvor ordnungsgemäß dokumentiert wurden und der Verfügungsbefugte das Vorliegen sonstiger Anhaltspunkte für eine Anmeldung untersucht201. Vergewisserung bedeutet in diesen Fällen den definitiven Ausschluß einer Restitutionsanmeldung202. Die Vergewisserungspflicht trifft in personeller Hinsicht die Mitarbeiter der jeweiligen Liegenschaftsämter, die für die Verfügungsberchtigten mit entsprechenden Vollmachten im Rahmen von Grundstücksübertragungen tätig werden. Für Pflichtverletzungen dieser Mitarbeiter haftet die verfügungsberechtigte Kommune nach §§ 89, 31 BGB 2 0 3 . Dem Restitutionsberechtigten entsteht durch den Untergang seines Anspruchs auf Rückübertragung ein Schaden. Der Schadensersatz ist nach § 249 S. 1 BGB durch Naturalrestitution zu leisten, d. h. der Schädiger muß den Zustand wiederherstellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Der Verfügungsbefugte, der eine Umwandlung vornimmt, muß also den Restitutionsberechtigten so stellen, als sei die Umwandlung nicht erfolgt. Grundsätzlich wäre dies dem Verfügungsbefugten nicht möglich. An dieser Stelle kommt aber der Gedanke zum tragen, daß das neue Unternehmen wirtschaftlich mit dem Verfügungsbefugten identisch ist. Um bei der LWB zu bleiben, dort wandelte die Stadt Leipzig als nach § 8 Abs. 1 a) VZOG verfügungsbefugte Kommune ihren Wohnungsbestand in die LWB GmbH. Die LWB ist als neue errichtete Gesellschaft eine lOOïge Tochter der Stadt. Es liegt also wirtschaftliche Identität vor. Hat sich nun die Unternehmensinhaberin204, die Stadt Leipzig; wegen Verfügungen unter Verstoß gegen § 3 Abs. 3 VermG schadenersatzpflichtig gemacht, so muß sie, soweit möglich, Naturalrestitution leisten. Genau dies ist vorliegend auch möglich. Die Stadt kann als Allein- oder Hauptgesellschafter durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluß die Herausgabe des betreffenden Grundstückes erreichen und so dem Restitutionsberechtigten sein Eigentum wieder verschaffen, als wäre der Restitutionsanspruch erfüllt worden. Auf diesem Wege wird ebenfalls nach den Vorgaben des VermG restituiert, denn nur der durch Restitutionsbescheid ausgewiesene Berechtigte kann auch Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 Abs. 3 VermG beanspruchen205. 201 Gneipelt in Kimme, § 3 VermG, Rn. 145 f., Säcker-Busche, § 3 VermG, Rn. 224. 202 Redeker/Hirtschulz/Tank in F / R / M / N , § 3 VermG, Rn. 370. 203 BGHZ 117, 104, 106; Staudinger- Rawert, § 89, Rn. 26 und 29 („verfassungmäßige Vertreter"). 204 Dieser ist in einer Person Inhaber des umgewandelten und des neu errichteten Unternehmens, Verfügungsbefugter nach § 8 VZOG und wegen dieser Befugnis auch Verfügungsberechtigter nach § 2 Abs. 3 VermG. 205 Sollte ausnahmsweise ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB, ζ. B. mangels Verschulden, nicht gegeben sein, so hat der Restitutionsberechtigte daneben immer noch seinen Erlösanspruch nach § 3 Abs. 4 S. 3 VermG (vgl. Friehe Investitionen in den neuen Bundes-

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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Diese Verfahrensweise ist im übrigen bereits in § 8 Abs. 5 VZOG angedacht. Dort kann durch Geltendmachung einer Ersetzungsbefugnis der ausgleichspflichtige Verfügungsbefugte anstelle von Erlös oder Wertersatz auch das Eigentum an dem betreffenden Grundstück leisten. Diese Alternative des § 8 Abs. 5 wurde schon vom Gesetzgeber mit dem Fall begründet, daß eine Kommune ihre Wohnungsgesellschaft mit zu viel Land ausgestattet hat 206 . Es erscheint sinnvoll, diese Überlegung auf Fälle zu übertragen, in denen Grundstücke durch unzulässige Verfügungen in das Eigentum der Gesellschaft übergehen. In einem solchen Fall hat der Verfügungsbefugte keine Ersetzungsbefugnis, sondern die originäre Verpflichtung zur Naturalrestitution. Die Befürchtung, daß durch Umwandlungen auf Grund der Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG systematisch Restitutionsansprüche untergehen und die Kommunen deshalb vermehrt diesen Weg gehen werden, ist unbegründet gewesen. Das „Leipziger Problem" ist in Wahrheit keines. Restitutionsberechtigte werden bei errichtenden Umwandlungen im Ergebnis in gleichem Umfang geschützt, wie bei sonstigen Verfügungen eines Verfügungsberechtigten nach § 2 Abs. 3 VermG.

3. Öffentliche Restitutionsansprüche Im Regelfall wird sich die Frage einer Wirkung von Verfügungen nach § 8 Abs. la) VZOG auf öffentliche Restitutionsansprüche nicht stellen. Eine öffentliche Restitution richtet sich materiell nach Art. 21 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 S. 7 EV und formell nach den §§ 11 ff. VZOG. Nun bestimmt Art. 22 Abs. 4 S. 1, daß dessen Abs. 1 nicht gelten soll und damit auch nicht die Verweisung nach Art. 22 Abs. 1 S. 7 i.V.m. Art. 21 Abs. 3 EV. Damit ist für kommunales Wohnungsvermögen eine Belastung mit öffentlichen Restitutionsansprüchen nicht möglich. Der Gesetzgeber hat bei Wohnvermögen von einer öffentlichen Restitution abgesehen207. Daraus ergibt sich aber nur, daß zu Wohnzwecken genutztes Vermögen nicht mit öffentlichen Restitutionsansprüchen belastet sein kann. Die Verfügungsbefugnis des § 8 Abs. 1 a) VZOG knüpft aber nicht an dieser Wohnungsnutzung, sondern an der Eintragung eines Wohnungswirtschaftsbetriebes als Rechtsträger an.

ländern,S. 128). Im Falle der rrichtenden Umwandlung besteht der „Erlös" in die Einräumung von Geschäftsanteilen. Diese sind dann auf den Restitutionsberechtigten zu übertragen. Zur Parallele bei einer Sacheinlage vgl. Kinne in R / R / B , § 3 VermG, Rn. 157. 206 BT-Drs. 12/5553, S. 168; Böhringer MittBayNot 1994,18, 20. 207 Büteröwe, Vermögenszuordnung für kommunale Verwaltungsaufgaben in den neuen Bundesländern, 1996, S. 111 f.; Horn Das Zivil- und Wirtschaftsrecht im neuen Bundesgebiet, S. 409, Rn. 35; Lange DtZ 1991, 329, 335; Schmidt/Leitschuh, RVI, Art. 22 EV, Rn. 48; Sieverts, Der Übergang ehemals volkseigener Grundstücke auf Treuhandunternehmen oder Gebietskörperschaften, S. 206.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Ein Grundstück, daß zwar in einer solchen Rechtsträgerschaft steht, aber nicht zu Wohnzwecken genutzt wird - ζ. B. ein Trümmergrundstück - , ist demgemäß kein Fall des Art. 22 Abs. 4 EV. Für solche Grundstücke greift dann auch nicht der Restitutionsausschluß. Für diesen, wenn auch wohl seltenen, Fall ist der Einfluß von Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG auf öffentliche Restitutionsansprüche zu untersuchen. Was für den privaten Restitutionsanspruch das VermG ist, sind die §§ 11 ff. VZOG für Körperschaften des öffentlichen Rechtes. Diese können nur nach diesen Bestimmungen Restitutionsansprüche geltend machen. Restitutionsberechtiger nach §§ 11 ff. VZOG kann deshalb nur eine öffentliche Körperschaft sein 208 . Restitutionsverpflichtet ist nach § 11 Abs. 1 S. 1 VZOG der jeweilige Eigentümer oder Verfügungsberechtigte. Von diesen kann die Rückübertragung von Eigentum in Gemäßheit der Art. 21 Abs. 3 und Art. 22 Abs. 1 S. 7 EV verlangt werden. 1. Die Person des derzeitigen Eigentümers kann gemäß Art. 21 Abs. 3 EV ebenfalls nur eine Körperschaft des öffentlichen Rechts sein. Die Feststellung deren Eigentums bereitet aber in Bezug auf Grundvermögen die typischen Schwierigkeiten, die zur Einführung des VZOG geführt haben. Im Grunde müßte zunächst einmal ein Zuordnungsverfahren durchgeführt werden, das nach § 1 Abs. 1 VZOG die Feststellung der Person des neuen Eigentümers herbeiführt. In einem weiteren Schritt wäre dann zu prüfen, ob es einen Restitutionsberechtigten gibt, an den der neue, soeben festgestellte Eigentümer sein Eigentum verliert. Zur Vereinfachung bestimmt § 2 Abs. la) VZOG, daß die Feststellung des neuen Eigentümers (§ 1 Abs. 1 VZOG) und die Entscheidung über öffentliche Restitutionsansprüche (§ 1 Abs. 4 VZOG) verbunden werden sollen. Die konstitutive Entscheidung209 über öffentliche Restitutionsansprüche, d. h. die Rückübertragung des Eigentums auf den Restitutionsberechtigten nach § 2 Abs. 1 a) S. 3 VZOG i.V.m. § 11 Abs. 2 S. 1 VZOG, ergeht daher regelmäßig zusammen mit der Feststellung des derzeitigen Eigentümers. Ist ausnahmsweise bereits ein Zuordnungsbescheid ergangen, so kann danach dennoch eine Restitution erfolgen. Voraussetzung dafür ist nach § 2 Abs. 1 a) S. 4 VZOG, daß nicht zugunsten eines gutgläubigen Erwerbers über das Grundstück verfügt wurde. Mit dieser Regelung wird klargestellt, daß der rechtsgeschäftliche Erwerb für öffentliche Restitutionsansprüche einen Restitutionsausschlußgrund darstellt. Die Notwendigkeit der Gutgläubigkeit des Erwerbes ist später durch die nachträgliche 208 Dick in Kimme, § 11, Rn. 12; Stellwaag in R / R / B , Vorbemerkungen zu §§ 11-16 VZOG, Rn. 2. 209 Erst mit einem VZOG-Bescheid wird den Restitutionsberechtigten das Eigentum übertragen. Im Gegensatz zum ex lege Erwerb nach Art. 21 und 22 EV erhalten die Restitutionsberechtigten das Eigentum aufgrund eines VZOG-Restitutionsbescheides (sog. Zuweisungsbescheid im Gegensatz zum Zuordnungsbescheid), vgl. Sieverts Der Übergang ehemals volkseigener Grundstücke auf Treuhandunternehmen oder Gebietskörperschaften, S. 207; siehe auch Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 4204.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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Einfügung des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG weggefallen. Nach dieser Vorschrift tritt ein Restitutionsausschluß allein durch eine rechtsgeschäftliche Veräußerung vor der Restitutionsentscheidung ein, so daß es auf die Gutgläubigkeit nicht mehr ankommt210. 2. Ist zur Zeit der Restitutionsentscheidung211 eine grundbuchklare Feststellung des derzeitigen Eigentümers noch nicht erfolgt, ist dieser mit anderen Worten noch nicht im Grundbuch eingetragen, so kommt die 2. Alternative des § 11 Abs. 1 S. 1 VZOG zur Anwendung. Restitutionsverpflichtet ist in einem solchen Fall der derzeitige Verfügungsberechtigte. Die begriffliche Anlehnung an den Begriff des Verfügungsberechtigten nach § 2 Abs. 3 VermG ist gewollt212. Sie resultiert daraus, daß die §§ 11 ff. VZOG dem VermG nachgebildet wurden 213. Unter den Begriff des Verfügungsberechtigten nach § 2 Abs. 3 VermG fallen auch die Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG. Man kann sagen, daß insoweit Personenidentität von Verfügungsberechtigtem und Verfügungsbefiigten vorliegt. Dies übertragen auf die Regelung die § 11 Abs. 1 S. 1 VZOG bedeutet, daß auch hier die Verfügungsbefugten, als gleichzeitige Verfügungsberechtigte, restitutionsverpflichtet sind 214 . Stellwaag215 ist dennoch der Auffassung, daß Verfügungsbefugte nach § 8 VZOG nicht restitutionsverpflichtet sind 216 . Nach seiner Auffassung beinhaltet § 8 VZOG nicht die Befugnis zu Lasten des derzeitigen Eigentümers zu restituieren, da der Eigentümer so seine Rechte aus § 8 VZOG gegen den Verfügungsbefugten verlieren würde. Dem ist zunächst einmal entgegenzuhalten, daß nach einhelliger Auffassung der Verfügungsberechtigte nach § 2 Abs. 3 VermG auch in der Person eines Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG gesehen wird. Für die öffentliche Restitution erscheint keine andere Regelung notwendig. Die Heranziehung des Verfügungsbefugten dient der raschen Erfüllung von Restitutionsansprüchen. Man denke nur an die Nutzungen, die nach § 11 Abs. 2 S. 4 VZOG bis zur Rückübertragung dem Verfügungsberechtigten verbleiben und damit dem Restitutionsberechtigten entgehen. Der Einwand von Stellwaag, daß der Berech210 So auch Stellwaag in R / R / B , Vorbemerkungen zu §§ 11-16 VZOG, Rn. 37 der ergänzend ausführt: „Streit über die Frage der Gut- oder Bösgläubigkeit wirkt sich hemmend auf den Rechtsverkehr aus. Derartige Hemmnisse sollen gerade vermieden werden.". 211 Die Wahl des Zeitpunktes liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Zuordnungsbehörde, vgl. Stellwaag in R / R / B , Vorbemerkungen zu §§ 11 - 1 6 VZOG, Rn. 24. 212 Ausdrücklich Fischer/Struppler VIZ 1997,80, 83. 213 Vgl. dazu BT-Drs. 12/5553, S. 169. 214 So auch zutreffend Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 13. 215 Stellwaag in R / R / B , Vorbemerkungen zu §§ 11 - 1 6 VZOG, Rn. 9. 216 Das die Verfügungsbefugten restitutionsberechtigt sind, ist wohl einhellige Auffassung, vgl. Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 13; Teige/Rauch VIZ 1997,622, 625; wohl auch Stellwaag in R / R / B , der eine Einschränkung ausdrücklich nur für die Restitutionsverpflichtung vornimmt.

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

tigte seine Rechte nach § 8 VZOG verliert, steht dem nicht entgegen. Die Tatsache, daß es einen Restitutionsanspruch für das betreffende Grundstück gibt, beinhaltet auch, daß es eine bessere Berechtigung, als die des derzeitigen Eigentümers gibt. Müßte der Eigentümer sein Recht auf den Restitutionsberechtigten zurück übertragen, so würde er sein Eigentum ersatzlos an diesen verlieren. Warum also sollen ihm Ansprüche nach § 8 VZOG gegen den an seiner Stelle restituierenden Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG verbleiben. Wenn Stellwaag also einwendet, daß § 8 VZOG dem Berechtigten (Eigentümer) keine Rechte entziehen soll, so ist dem zu entgegnen, daß § 8 VZOG auch keine Rechte schaffen soll, die ansonsten auch nicht gegeben wären. Was § 8 Abs. 4 und 5 VZOG erreichen wollen, ist ein wirtschaftlicher Ausgleich und keine Besserstellung des Berechtigten gegenüber der eigenhändigen Erfüllung von Restitutionsansprüchen217. Vorzugswürdig ist deshalb die Auffassung, nach der die Verfügungsbefugten des § 8 VZOG sowohl restitutionsberechtigt, als auch restitutionsverpflichtet sind. Die Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. la) VZOG sind deshalb im Einzelfall fügungsberechtigte nach § 11 Abs. 1 S. 1 VZOG. Die Tatsache, daß ein Verfügungsgegenstand, der der Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG unterliegt, auch mit einem öffentlichen Restitutionsanspruch belastet ist, steht der Verfügungsbefugnis nicht entgegen. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG besteht damit unabhängig von privaten 218 und öffentlichen 219 Restitutionsansprüchen. 3. Die einzige ausdrückliche, gesetzliche Regelung des Einflusses von Verfügungen nach § 8 VZOG auf die öffentlichen Restitutionsansprüche enthält § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG. Nach dessen Regelung treffen den Verfügungsbefugten nach einer Verfügung die Pflichten aus § 13 Abs. 2 S. 1 VZOG. Der Verfügungsbefugte ist danach zur Zahlung des „Erlöses" an den Restitutionsberechtigten verpflichtet. Die Regelung erinnert stark an § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG 2 2 0 . So ist es auch verständlich, daß § 13 Abs. 2 S. 4, 2. HS bestimmt, daß die Zahlungspflicht nach § 13 Abs. 2 S. 4 an die Stelle des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG tritt. Damit geht diese Bestimmung als lex specialis vor 221 . Die Verweisung des Restitutionsberechtigten auf den „Erlös" ist nur sinnvoll, wenn der eigentliche Restitutionsanspruch zuvor untergegangen ist und der Berechtigte nunmehr mit dem Erlös ein Surrogat erhalten soll. Daß der Restitutions217

Es sei hier an die vergleichbare Diskussion erinnert, die zur Verpflichtung der Verfügungsbefugten zur Erfüllung der Ansprüche nach dem SachRBerG geführt wird. Auch dort geht die wohl h.A. davon aus, daß die Verfügungsbefugten zur Erfüllung verpflichtet sind. Verzögerungen durch eine vorherige Eigentümerfeststellung können dort ebensowenig wie hier in Kauf genommen werden; vgl. im übrigen § 3 A. III. 2. 218 Siehe oben § 3 A. III. 7. 219 Weise ZIP 1992,1357,1367. 220 Wie aber auch an die Regelung des § 3 Abs. 4 S. 3 VermG. 221 Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 19; wohl auch Teige/Rauch VIZ 1997,622,625.

auch V

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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ansprach durch eine Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG untergeht, ergibt sich aus § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG. Danach ist die Restitution ausgeschlossen, wenn im Zeitpunkt der Restitutionsentscheidung der betreffende Vermögensgegenstand bereits rechtsgeschäftlich „veräußert" ist. Unter Veräußerung ist zunächst jeder vollständige Übertragungstatbestand nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu verstehen. In Bezug auf ein Grandstück sind daher gemäß §§ 873, 925 BGB Eintragung und Auflassung erforderlich 222. Ein Restitutionsausschluß tritt deshalb ohne weiteres dann ein, wenn ein Verfügungsbefugter nach § 8 VZOG an einen Erwerber durch Eintragung und Auflassung veräußert 223. Darüber hinaus muß ein Restitutionsausschluß aber auch in den Fällen angenommen werden, in denen nicht nach dem BGB, sondern nach spezialgesetzlichen Vorschriften übertragen wird. So stellt eine Umwandlung nach § 58 UmwG (1969) eine besondere rechtsgeschäftliche Übertragungsart da 2 2 4 . Auch sie führt zu einem Restitutionsausschluß. Dies entspricht dem Sinn des Restitutionsausschlusses durch rechtsgeschäftliche Übertragung. So umschreibt Dick 2 2 5 die ratio des Restitutionsausschlusses nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG wie folgt: „Für alle Privatisierungen steht das Interesse im Vordergrund, baldmöglichst sichere Rechtsstrukturen zu schaffen, die dem jeweiligen Erwerber die Möglichkeit der Teilnahme am Rechtsverkehr bieten, ohne sich (weiteren) Eingriffen (durch Restitutionsansprüche) ausgesetzt zu sehen." Dieser Schutzgedanke des Restitutionsausschlusses kommt auch bei einer errichtenden Umwandlung zum tragen. Die errichtete Gesellschaft kann nur dann in den übertragenen Wohnungsbestand investieren, wenn sie sich keinen Restitutionsansprüchen mehr ausgesetzt sieht. Ansonsten setzt sich die Gesellschaft der Gefahr aus, in ein belastetes Anwesen zu investieren und nur eingeschränkten Ausgleich nach § 11 Abs. 2 S. 2 und 3 VZOG zu erhalten. Eine differenzierte Behandlung von Erwerbern nach der Art ihres Erwerbes will § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG nicht. Dies zeigt sich deutlich darin, daß selbst der Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung einen Restitutionsausschluß bewirkt. Übertragungen des Eigentums nach § 8 Abs. 1 VZOG bewirken deshalb einen Ausschluß der Restitution nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG, unabhängig davon, ob nach den Übertragungsvorschriften des BGB oder nach sonstigen Vorschriften, wie dem UmwG, übertragen wird.

222 BVerwG ZIP 1995,963; Stellwaag in R / R / B , § 11 VZOG, Rn. 35; hämmert/Rauch/ Teige, Rechtsfragen der Vermögenszuordnung, 1996, S. 183 sind der Auffassung, nur ein sog. asset-deal vermag die Kriterien einer „rechtsgeschäftlichen Veräußerung" zu erfüllen. Damit soll ein Abgrenzung zum Verkauf von Unternehmensbeteiligungen, sog. share-deals, vorgenommen werden. So auch Preu ZIP 1994, 506, 509 der unten den Begriff der Veräußerung ebenfalls nur die Veräußerung des Vermögensgegenstandes, nicht aber eines Anteils der Eigentümergesellschaft erfassen will. 223 Ähnlich Teige/Rauch VIZ 1997, 622,625, die aber § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 nicht unmittelbar anwenden wollen. 224 Siehe § 3 A. III. 4. b). 225 Dick in Kimme, § 11 VZOG, Rn. 152.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Zwar gibt es mit § 12 VZOG eine dem § 3 Abs. 3 VermG vergleichbare Verfügungsperre 226. Es mangelt im Bereich der öffentlichen Restitution aber an einem verdinglichten Schutz durch die Grundstücksverkehrsgenehmigung227. In deren Genehmigungsverfahren ist nämlich nur das Vorliegen von Restitutionsansprüchen nach dem VermG Prüfungsgegenstand 228. Die wie § 3 Abs. 3 VermG relativ wirkende Verfügungsperre des § 12 VZOG verhindert eine Eigentumsübertragung daher nicht. Durch Verfügungen, unabhängig davon, ob sie erlaubt oder nicht erlaubt sind, geht Eigentum wirksam auf den Verfügungsgegner über. 4. Der Restitutionsberechtigte verliert demgemäß durch Eigentumsübertragungen der Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG seinen öffentlichen Restitutionsanspruch 229. Der notwendige Ausgleich für diesen Rechtsverlust bestimmt sich nach § 13 Abs. 2 VZOG. Nach dessen Satz 1 i.V.m. Satz 4 hat der Verfügungsbefugte den erzielten Erlös statt nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG an den Berechtigten nun an den Restitutionsberechtigten zu zahlen230. Für den Verlauf des Ausgleiches in Bezug auf einen erzielten Erlös sind dabei zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden, nämlich der Fall, daß (a) noch keine Erlösauskehr an den Berechtigten nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG erfolgt ist und (b) der Fall, daß der Verfügungsbefugte bereits den Erlös an den Berechtigten ausgekehrt hat. a) Nach einer Verfügung muß der Verfügungsbefugte einen erzielten Erlös nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG grundsätzlich an den materiell Berechtigten auskehren. Wird vor dieser Auskehr ein Restitutionsberechtigter durch einen entsprechenden VZOG-Bescheid festgestellt, so ist klar, daß es einen Besserberechtigten, als den bisherigen Eigentümer gibt. Für diesen Fall verdrängt deshalb auch der speziellere § 1 3 Abs. 2 S. 4 VZOG den Anspruch des Berechtigten aus Erlösauskehr (§ 8 Abs. 4 S. 2, 2. HS) zugunsten eines Anspruches des Restitutionsberechtigten auf Zahlung an diesen231. Der Verfügungsbefugte haftet dem Restitutionsberechtigten statt dem materiell Berechtigtem auf Zahlung des Erlöses aus der Verfügung 232. Der Verfiigungsbe226 Leitschuh/Lange R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 13; dazu unten mehr. 227 BT-Drs. 12/5553, S. 172. 228 BT-Drs. 12/5553, S. 172; Lammert/Rauch/Teige,Rechtsfragen der Vermögenszuordnung, S. 163 f. 229 Dies ergibt sich vorliegend auch § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG. Die korrespondierende Vorschrift für private Restitutionsansprüche wäre § 3 Abs. 4 S. 3 VermG. 230 Das ein Ausglêich nicht zwischen Erwerber und Restitutionsberechtigtem erfolgt, ergibt sich aus dem Restitutionsausschluß aufgrund der Veräußerung und der gesetzlichen Anordnung des § 13 Abs. 2 VZOG, daß Schuldner nur der Verfügende sein soll, vgl. Preu ZIP 1994,506,511. 231 BT-Drs. 12/5553, S. 175 f.; Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 19; Teige/Rauch 1997,622,625.

VIZ

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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rechtigte wird durch Zahlung des Erlöses an den Restitutionsberechtigten, soweit der Erlös nicht offensichtlich und ohne sachlichen Grund hinter dem Verkehrswert zurückbleibt (siehe unten), von allen Verpflichtungen frei. b) Schwieriger gestaltet sich der Ausgleich, wenn der Verfügungsbefugte bereits seiner Auskehrpflicht nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG durch Zahlung des Erlöses an den Berechtigten nachgekommen ist. Durch die nachträgliche Feststellung eines Restitutionsberechtigten wäre an sich an diesen zu zahlen gewesen und die erfüllte Verpflichtung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG verdrängt. Daß letztlich der Restitutionsberechtigte den Erlös beanspruchen kann, steht außer Zweifel. Umstritten ist nur die Frage, von wem er die Zahlung verlangen kann. Nach Auffassung von Dick 2 3 3 und Schmidt-Räntsch/Hiestand234muß der Berechtigte und Erlösempfänger den erhaltenen Erlös an den Restitutionsberechtigten „weiterreichen". Dick begründet dies unmittelbar mit § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG. Dagegen wollen Schmidt-Räntsch/Hiestand einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des Restitutionsberechtigten gegen den Berechtigten annehmen. Beide Auffassungen vermögen nicht zu überzeugen. Die Auffassung von Dick, daß sich aus § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG ein unmittelbarer Anspruch des Restitutionsberechtigten gegen den Berechtigten ergibt, steht dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift entgegen. Dort wird ausdrücklich nur eine Zahlungspflicht des Verfügungsbefugten begründet235. Die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches nach den Grundsätzen der §§ 812 ff. BGB, wie es Schmidt-Räntsch/Hiestand vorschlagen, begegnet ebenfalls erheblichen Bedenken. Zunächst einmal liegt wohl kein solches öffentliches Rechtsverhältnis vor 236 . Die Tätigkeit der Verfügunsbefugten ist keine hoheitliche. So ist nach ganz überwiegender Auffassung, insbesondere auch des BGH, für Fragen des Verhältnisses von Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG und privaten Restitutionsberechtigten der Zivilrechtsweg gegeben237. Nichts anderes muß aber für das Verhältnis der Verfügungsbefugten zu öffentlichen Restitutionsberechtigten angenommen werden. Auch insoweit werden die Verfügungsbefugten nicht hoheitlich tätig.

232 Stellwaag in R / R / B , § 13 VZOG, Rn. 24. 233 in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 19. 234 in RVI, § 8 VZOG, Rn. 25. 235 Rodenbach/Pott, Grundbesitz in den neuen Bundesländern, 2. Aufl., 1997, S. 62, Rn. 76 (Ersatzanspruch gegen den Verfügenden). 236 Das VG Berlin (ZOV 1994, 67) sieht eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nur in den Fällen, in denen über ergangene Entscheidungen nach dem VZOG (Zuordnungs- oder Zuweisungsentscheidungen) gestritten wird. 237 BGHZ 124, 147 m. w. N. trotz der Regelungen des § 6 VZOG und des § 37 VermG; BezG Dresden NJ 1992, 37; KG DtZ 1991, 191; Klumpe/Nastold, Rechtshandbuch Ost-Immobilien, 2. Aufl. 1992, Rn. 131 ff.; vgl. auch BVerfG ZIP 1991, 1029.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefiignis

Aber selbst wenn man einen öffentlich- rechtlichen Erstattungsanspruch für möglich erachtet, scheidet ein solcher im Verhältnis Restitutionsberechtigter/ Berechtigter aus. Die Übertragung der Grundsätze der §§ 812 ff. BGB führt zu einer vorrangigen Kondiktion nach Leistungsverhältnissen. Dies nehmen auch Schmidt-Räntsch/Hiestand an und kommen dann zu einem Anspruch des Restitutionsberechtigten gegen den bereicherten Berechtigten. Der Erlös, den der Berechtigte erhalten hat und nun erstatten soll, ist aber eine Leistung des Verfügungsbefugten. Nur dieser könnte seinerseits nach § 812 Abs. 1 S. 2 1. Alt BGB eine Erstattung vom Berechtigten verlangen. Der Verfügungsbefugte hat zur Erfüllung seiner Verpflichtung nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG an den Berechtigten geleistet. Mit der Feststellung eines Restitutionsberechtigten wird die Auskehrpflicht aber nachträglich verdrängt. Der rechtliche Grund für die Zahlung (Leistung) fällt folglich später weg. Es ist daher mit Stellwaag238 ein direkter Anspruch des Restitutionsberechtigten gegen einen Berechtigten auf Erlösauskehr abzulehnen. Nach § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG ist der Verfügungsbefugte zur Zahlung des Erlöses an den Restitutionsberechtigten verpflichtet. Den bereits an den Berechtigten gezahlten Erlös kann er seinerseits gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 1. Alt BGB wegen des nachträglichen Wegfalls des Rechtsgrundes beim Berechtigten kondizieren239. Hat also ein Verfügungsbefugter nach § 8 VZOG einen Erlös bereits an den materiell Berechtigten ausgekehrt, so befreit ihn dieses nicht von der vorrangigen Zahlungsverpflichtung nach § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG gegenüber dem nunmehr festgestellten Restitutionsberechtigten240. Diesem gegenüber bleibt er zur Zahlung des Erlöses verpflichtet. Er kann aber den an den Berechtigten ausgekehrten Erlös von diesem kondizieren. Daneben bleibt selbstverständlich die Möglichkeit, daß zwischen dem Verfügungsbefugten und dem Restitutionsberechtigten die Abtretung des Kondiktionsanspruches vereinbart wird 241 .

238 in R / R / B , § 13 VZOG, Rn. 24, 26. 239 Wenn Stellwaag in R / R / B , § 13 VZOG, Rn. 26 davon spricht, daß der Verfügungsbefugte deshalb kondizieren könne, weil er durch die Zahlung an den Berechtigten nicht von seiner Verpflichtung gegenüber dem Restitutionsgläubiger frei geworden sei, so scheint er damit auf eine Kondiktion nach § 812 Abs. 1 S. 2, 2. Alt BGB (Zweckverfehlung) abstellen zu wollen. Diese erscheint deshalb nicht zutreffend zu sein, weil es zum einen an einer entsprechenden Zweckabrede mangeln wird, zum anderen mit der Zahlung an den Berechtigten überhaupt nicht der Zweck verfolgt werden kann, von Verpflichtungen gegenüber dem Restitutionsgläubiger frei zu werden. 240 Zu den Besonderheiten bei sog. Altfällen, bei den z.Z. der Erlösauskehr § 13 Abs. 2 S. 2 VZOG noch nicht galt, vgl. Stellwaag in R / R / B , § 13 VZOG, Rn. 25. In diesen Fällen ist eine Direktkondiktion zulässig. 241

den.

Vgl. § 13 Abs. 3 S. 2 VZOG, wonach Vergleiche ausdrücklich für zulässig erklärt wer-

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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Erzielt nun der Verfügungsbefugte keinen Erlös oder bleibt dieser hinter dem Wert des Vermögensgegenstandes zurück, so muß auch insoweit für einen Ausgleich zugunsten des Restitutionsberechtigten gesorgt sein. So gehen Schmidt-Räntsch/Hiestand242 auch davon aus, daß der Erlös bzw. Verkehrswert statt an den Berechtigten nun an den Restitutionsberechtigten auszukehren ist. Anderer Auffassung sind Teige/Rauch243. Sie weisen zutreffend daraufhin, daß nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 4 S. 2 VZOG die Auskehrpflicht des Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG nur durch die Verweisung auf § 13 Abs. 2 S. 1 VZOG ersetzt werden soll. Damit erlangt der Restitutionsberechtigte gegen einen Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG nur einen Anspruch auf Zahlung eines erzielten Erlöses. Mangelt es an einem solchen oder ist der Erlös geringer als der Verkehrswert, so meinen Teige/Rauch, daß es bei der Regelung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG bleibt und der Verfügungsbefugte also dem Berechtigten den Wert ersetzen müßte und dieser im Anschluß zur Leistung an den Restitutionsberechtigten verpflichtet ist. Nach dem strengen Wortlaut des Gesetzes ist aber durch § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG der gesamte § 8 Abs. 4 S. 2, 2. HS VZOG verdrängt. Davon ist auch der (ergänzende) Wertersatzanspruch des Berechtigten umfaßt. Die eingeschränkte Verweisung des § 13 Abs. 2 S. 4 auf dessen Satz 1 würde so zu einem vollständigen Ausschluß des Wertersatzanspruches führen. Der Anspruch des Berechtigten nach § 8 Abs. 4 S. 2, 2. HS VZOG wäre durch § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG verdrängt. Ein Anspruch des Restitutionsberechtigten wäre wegen der alleinigen Geltung des § 13 Abs. 2 S. 1 VZOG ebenfalls nicht gegeben. Die damit verbundene Besserstellung für den betroffenen Verfügungsbefugten kann aber gesetzlich nicht gewollt sein 244 . Der Verfügungsbefugte könnte so sanktionslos unter Wert verfügen. Man muß daher die Regelung des § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG teleologisch auslegen. Die Vorschrift sollte nach Auffassung des Gesetzgebers klarstellen, daß anstelle der Auskehrverpflichtung des Verfügungsbefugten gegenüber dem Berechtigten eine Auskehrverpflichtung gegenüber dem Restitutionsberechtigten besteht245.

Dies entspricht der festgestellten besseren Berechtigung eines Restitutionsberechtigten gegenüber einem derzeitigen Berechtigten (Eigentümer). Im Grunde regelt § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG in Bezug auf die Verfügungsbefugten den Austausch der Ansprüche eines Berechtigten nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG gegen die Ansprüch eines Restitutionsberechtigten.

242 in RVI, § 8 VZOG, Rn. 24; unklar Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 19, die von „Erlösauskehr- bzw. Geldausgleichsregelungen" spricht, im übrigen aber nur von Erlös. 243 v i z 1997, 622, 625 f. 244 Unklar ist insoweit die Begründung des Gesetzesentwurfes BT-Drs. 12/5553 S. 176. Dort heißt es, daß klargestellt wird, daß in jedem Fall der Erlös an den Restitutionsberechtigten auszukehren ist. 245 BT-Drs. 12/5553 S. 176. 16 Gohrke

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Dafür sorgt grundsätzlich der § 13 Abs. 2 S. 1 VZOG mit der Verpflichtung zur Zahlung eines erzielten Erlöses. Nach dem Sinn des Ausgleiches nach § 13 Abs. 2 VZOG muß der Verfügungsbefugte aber ebenso wie ein derzeitiger Eigentümer für Veräußerungen unter Wert Ersatz des Verkehrswertes leisten. Die Verweisung des § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG ist deshalb so zu lesen, daß nach Satz 1 ein ausreichender Erlös und bei Fehlen eines solchen der Verkehrswert nach Satz 2 zu zahlen ist 246 . Die Verweisung auf Satz 1 ist gleichsam eine Verweisung auf die Verpflichtung zur Zahlung von Erlös oder höherem Wert. Der entgegenstehende Wortlaut würde bei Beachtung einen Wertersatz völlig ausschließen. Ein solcher Regelungswille des Gesetzgebers war indes nicht gegeben. Verhindert werden sollte allein eine Doppelzahlungsverpflichtung des Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 4 S. 2 und § 13 Abs. 2 VZOG. Die Frage einer Verkehrswertzahlung nach § 13 Abs. 2 S. 4 i.V.m. Satz 2 VZOG kommt insbesondere in den hier näher untersuchten Fällen der errichtenden Umwandlung in Betracht. Daß es sich bei einer Umwandlung um eine rechtsgeschäftliche Veräußerung nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG handelt, wurde bereits ausgeführt. Mit Umwandlung ist demzufolge der Untergang öffentlich-rechtlicher Restitutionsansprüche verbunden. Ein solcher Untergang von Ansprüchen durch eine errichtende Umwandlung wurde auch für bestehende private Restitutionsansprüche angenommen. Dort führte der Verstoß gegen die Verfügungssperre des § 3 Abs. 3 VermG zu einem Anspruch auf Naturalrestitution des Restitutionsberechtigten gegen den Verfügungsbefugten nach §§ 823 Abs. 2, 249 S. 1 BGB. Eine dem § 3 Abs. 3 VermG vergleichbare Verfiigungsperre gibt es im Bereich der öffentlichen Restitution mit § 12 VZOG 2 4 7 . Nach § 12 Abs. 1 VZOG sind Verfügungen nur zur Durchführung bestimmter „erlaubten Maßnahmen" zulässig. Daraus ergibt sich, daß in allen sonstigen Fällen und damit im Grundsatz ein Verfügungsverbot besteht. Freilich steht die Verfügungsperre des § 12 Abs. 1 VZOG unter dem Vorbehalt, daß die Restitution nicht bereits nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 - 3 und 5 VZOG ausgeschlossen ist. Nach dem Wortlaut ergäbe sich, daß nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG die rechtsgeschäftliche Veräußerung, die zugleich eine Verfügung ist, zum Restitutionsausschluß führt und deshalb eine Verfügungssperre nicht besteht, andererseits der § 12 Abs. 1 VZOG auch „Verfügungen" in Form von Veräußerung nur für erlaubte Maßnahmen zulassen will. Der Zirkel kann aber dadurch aufgelöst werden, daß seit dem Inkrafttreten des § 12 Abs. 1 VZOG 2 4 8 246 A.A. Teige/Rauch VIZ 1997, 622, 625 deren Auffassung, daß der Verfügungsbefugte nach § 8 Abs. 4 S. 2, 2. HS VZOG an den Berechtigten den Verkehrswert auszukehren hat, unberücksichtigt läßt, daß § 13 Abs. 2 S. 4 VZOG auch und gerade die Wertauskehrpflicht verdrängt. Ein Rückgriff auf § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist deshalb in jedem Fall ausgeschlossen. 247 BT-Drs. 12/5553, S. 172; Lammert/Rauch/Teige, Rechtsfragen der Vermögenszuordnung, S. 164; Leitschuh/Lange in R / R / B , § 8 VZOG, Rn. 13; Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 12 VZOG, Rn. 3; Stellwaag in R / R / B , § 12 VZOG, Rn. 2 und 4 (die Handlungssperre ergebe sich- anders als § 3 Abs. 3 VermG- nicht bereits aus dem Wortlaut, sondern aus der Systematik des § 12 Abs. 1 - Erlaubnistatbestand als Ausnahmetatbestände).

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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Verfügungen einschließlich Veräußerungen nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG nur zur Durchführung erlaubter Maßnahmen zulässig sind 249 . Ist aber vor dem Inkrafttreten des § 12 Abs. 1 VZOG zulässiger Weise oder nach dessen Geltung unzulässiger Weise der betreffende Vermögensgegenstand i. S. d. § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG veräußert worden, bevor ein Zuweisungsbescheid ergangen ist, so ist die öffentliche Restitution ausgeschlossen. Daraus ergibt sich, daß eine Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG seit der Geltung des § 12 Abs. 1 VZOG einer Verfügungsperre, wie der des § 3 Abs. 3 VermG, unterliegt. Zur Überwindung der Verfügungssperre gibt es statt des Genehmigungsverfahrens nach der GVO das Anzeigeverfahren nach § 12 Abs. 2 und 3 VZOG. Die Anzeige der erlaubten Maßnahme, zu deren Durchführung nach § 8 VZOG verfügt werden soll, hat gegenüber dem potentiellen Restitutionsberechtigten zu erfolgen, § 12 Abs. 2 S. 2 VZOG. Um diesem Anzeige machen zu können, muß seine Person ermittelt werden. Die Anzeigeverpflichtung beinhaltet für den Verfügungsbefugten ob es überhaupt einen Restitudeshalb zugleich auch eine Vergewisserungspflicht, tionsantragssteller oder mögliche Restitutionsberechtigten gibt. Dazu ist zum einen eine Nachfrage bei der zuständigen Zuordnungsbehörde gem. § 1 VZOG notwendig 2 5 0 , zum anderen eine soigfältige Prüfung einer Restitutionsmöglichkeit251. Die Vergewisserungspflicht dient dem Verfügenden dazu, festzustellen, ob er zulässiger oder unzulässiger Weise verfügt. Mit der Vergewisserung ist also die Prüfung der Rechtmäßigkeit der beabsichtigten Verfügung verbunden. Das zumindest fahrlässige Unterlassen der Prüfung löst eine Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 VZOG aus. Die vorhandene Literatur spricht dies in dieser Deutlichkeit nicht aus. Allgemein anerkannt ist nur, daß § 12 Abs. 1 VZOG dem § 3 Abs. 3 VermG nachgebildet ist. Verschiedentlich wird auch auf Schadensersatzansprüche hingewiesen, ohne diese im einzelnen zu bezeichnen252. Am deutlichsten wird noch der Gesetzgeber selbst, indem er die Einführung des § 12 VZOG u. a. wie folgt begründet: „Nimmt die verfügungsberechtigte Körperschaft eine Verfügung über den Vermögensgegenstand vor, obwohl sie nicht im Rechtssinne erlaubt ist, so bleibt diese Verfügung wirksam. Es entstehen allerdings unter Umständen Schadensersatzansprüche. Es liegt hier ähnlich, wie bei den vermögensrechtlichen Ansprüchen der Bürger." 253 Die Absicht des Gesetzgebers, ein Schutzgesetz zugunsten der öffentlichen Resti248 20. 12. 1993 - im Rahmen des RegVBG. 249 So auch Lammert/Rauch /Teige, Rechtsfragen der Vermögenszuordnung, S. 164. 250 Stellwaag in R / R / B , § 12 VZOG, Rn. 8. 251 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 12 VZOG, Rn. 18 ff.; Die alleinige Nachfrage, ob ein Zuordnungsantrag vorliegt, reichte insbesondere deshalb nicht, weil die Antragsfrist auch nach dem Inkrafttreten des § 12 VZOG noch bis zum 31. 12. 1995 verlängert wurde, vgl. Kuchar in Kimme, § 12 VZOG, Rn. 12. 252 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 12 VZOG, Rn. 22; Stellwaag in R / R / B , § 12 VZOG, Rn. 8. 253 BT-Drs. 12/5553, S. 172. 16*

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

tutionsberechtigten zu schaffen, tritt deutlich in Erscheinung. Die Verfügungssperre des § 12 Abs. 1 VZOG stellt deshalb auch, wie § 3 Abs. 3 VermG, ein Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB dar. Eine unzulässige Verfügung ist ein Verstoß gegen dieses Schutzgesetz, der eine Schadensersatzpflicht der Verfügungsbefugten auslöst. Das Verschulden besteht regelmäßig im Unterlassen der Vergewisserung, daß mit der Verfügung keine Restitutionsansprüche untergehen werden. Geht durch eine unzulässige Verfügung, auch in Form einer Umwandlung, ein öffentlicher Restitutionsanspruch unter, so kann der eigentliche Restitutionsberechtigte vom Verfügungsbefugten nach §§ 823 Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 VZOG Naturalrestitutions oder, soweit diese unmöglich ist, Geldersatz verlangen. Ein Fall, in dem die Naturalrestitution möglich ist, ist eine errichtende Umwandlung durch den Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG, der wirtschaftlich mit der errichteten Gesellschaft identisch ist und deshalb kraft seiner Gesellschafterstellung die Restitution auch nach seiner Verfügung noch vornehmen kann 254 . Nur so werden private und öffentliche Restitutionsansprüche grundsätzlich gleichbehandelt. Eine gewichtige Ausnahme gilt freilich für Verfügungen, die vor dem Inkrafttreten des § 12 Abs. 1 VZOG getroffen wurden. Für diese Verfügungen galt noch keine Verfügungssperre wegen öffentlichen Restitutionsansprüchen. Sie konnten demgemäß auch nicht gegen ein Verfügungsverbot verstoßen, da insbesondere auch eine Anwendung des § 3 Abs. 3 VermG auf diese Verfügungen ausscheidet. Restitutionsberechtigte, die durch derartige Verfügungen ihre originären Ansprüche verloren haben, sind allein auf die Erlös- oder Wertauskehr nach § 13 Abs. 2 S. 4 i.V.m. S. 1 und 2 VZOG verwiesen. So verhält es sich auch bei der LWB. Die Gesellschaft wurde durch eine Umwandlung errichtet und durch Handelsregistereintragung vom 9. 1. 1991 existent. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Verfügung der Stadt Leipzig als Verfügungsbefugter nach § 6 Abs. 1 a) VZOG wirksam. Die Stadt Leipzig unterlag zu diesem Zeitpunkt aber noch keiner Verfügungsperre nach § 12 Abs. 1 VZOG. Sollten bei der Umwandlung öffentliche Restitutionsansprüche nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG untergegangen sein, so könnten die Restitutionsberechtigten von der Stadt Leipzig als „Erlös" die Übertragung von entsprechenden Gesellschaftsanteilen oder den

254 Für zuordnungswidrige, aber wirksame Eigentumsübertragungen im Rahmen einer Umwandlung hat der Gesetzgeber mit Art. 231 § 9 Abs. 3 EGBGB eine Korrekturmöglichkeit durch einen besonderen Zuordnungsbescheid geschaffen. Mit einem solchen Bescheid kann ohne eine ggf. umständliche Rückauflassung eine Zuordnung auf den Restitutionsberechtigten erfolgen. Voraussetzung eines solchen Bescheides ist das Einvernehmen aller Beteiligter. Die Kommune kann sich wegen der Schadensersatzverpflichtung nicht verweigern, da sonst das rechtsmißbräuchlich verweigerte Einvernehmen ersetzt wird. Die betroffen Gesellschaft wird durch den deshalb ergehenden Gesellschafterbeschluß der Kommune zur Zustimmung veranlaßt werden. Auf diesem Wege ist eine erleichtere Restitution möglich. Die Regelung, die direkt nur gesellschaftsrechtliche Mängel, nicht aber das Bestehen von öff. Restitutionsansprüchen erfaßt, kann auf den vorliegenden Fall analog angewendet werden.

Β. Die Rechtsfolgen gemäß § 8 VZOG

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Wertersatz nach § 13 Abs. 2 S. 4 i.V.m. S. 1 und 2 VZOG verlangen. Dagegen könnte eine (Natural-)Restitution nicht verlangt werden. Im Ergebnis kann folgendes festgehalten werden. Verfügt ein Verfügungsbefugter nach § 8 VZOG durch Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, so geht ein bestehender, öffentlicher Restitutionsanspruch für das betreffende Grundstück nach § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 VZOG unter. Der Restitutionsberechtigte ist grundsätzlich auf die Auskehr des Erlöses oder eines höheren Verkehrswertes nach § 13 Abs. 2 S. 4 i.V.m. Satz 1 und 2 VZOG verwiesen. Die Ausgleichsansprüche des Restitutionsberechtigten richten sich immer gegen den Verfügenden, mithin gegen den Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG. Die insoweit allgemeinere Ausgleichsregelung des § 8 Abs. 4 VZOG tritt für die vorliegenden Fälle zurück. Für Verfügungen, die nach dem Inkrafttreten des § 12 Abs. 1 VZOG und unter Verletzung der Vergewisserungspflicht in Bezug auf die Möglichkeit eines Restitutionsanspruches getroffen wurden, besteht die Besonderheit, daß auch ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 12 Abs. 1 VZOG gegeben sein kann. Der zu leistende Schadensersatz kann im Falle einer errichtenden Umwandlung durch Naturalrestitution geleistet werden, im übrigen durch Geldersatz. Es treten insoweit die gleichen Rechtsfolgen wie beim Untergang privater Restitutionsansprüche ein.

4. Rechtsweg Die Frage des Rechtsweges für die Geltendmachung der Ansprüche des Restitutionsberechtigten ist seit jeher umstritten. Schmidt-Räntsch /Hiestand 255 sind in Verfolg der Annahme eines öffentlichrechtliche Verhältnisses der Auffassung, daß der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet ist. Dick 2 5 6 vertritt die Gegenauffassung, wonach die Regelung einer Verfügungsberechtigung in § 8 Abs. 1 VZOG kein öffentliches Rechtsverhältnis begründet und demgemäß der Zivilrechtsweg gegeben ist. Der B G H 2 5 7 hat, trotz der Regelung des § 6 VZOG, für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruches nach § 3 Abs. 3 VermG auch gegen einen Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG den Zivilrechtsweg für zulässig erachtet. Maßgeblich war dabei die Annahme, daß die Tätigkeit der Verfügungsberechtigten keinen hoheitlichen Charakter hat. Dies gilt auch für das Verhältnis der Verfügungsbefugten gegenüber den öffentlichen Restitutionsberechtigten. Diese stehen sich nicht als Hoheitsträger, sondern als Gläubiger und Schuldner eines Rückübertragungsanspruches gegenüber. 255 in RVI, § 8 VZOG, Rn. 26. 256 in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 30, Fn. 26. 257 BGHZ 124, 147 m. w. N.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Für derartige Gleichordnungsverhältnisse außerhalb der Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse ist deshalb der Zivilrechtsweg eröffnet. So hat auch das BrbgOLG 258 für Ausgleichsansprüche zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG den Zivilrechtsweg für zulässig gehalten. Für den spezielleren Ausgleich nach § 13 Abs. 2 VZOG gilt demgemäß nichts anderes. Dem steht die Regelung des § 13 Abs. 3 VZOG nicht entgegen. Dort ist bestimmt, daß über Ansprüche nach Absatz 2 die Zuordnungsbehörde nach § 1 VZOG durch Bescheid nach § 2 VZOG entscheidet. Mit einem solchen Bescheid wird die konkrete Zahlungsverpflichtung des Verfügungsbefugten bestimmt. Damit werden aber keine Ansprüche aus einem öffentlichen Rechtsverhältnis begründet. Der VZOG-Bescheid ist nur privatrechtsgestaltend259, indem er eine allgemeine, zivilrechtliche Zahlungspflicht konkretisiert.

5. Zusammenfassung Die gegenseitigen Einflüsse von Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG und Restitutionsansprüchen lassen sich wie folgt zusammenfassen. Die Befugnis zu verfügen besteht für Grundstücke, die ausweislich des Grundbuches Eigentum des Volkes waren. Die Verfügungsbefugnis ist unabhängig von privaten und öffentlichen Restitutionsansprüchen. Bestehen solche Ansprüche, so wird die Rechtsmacht der Verfügungbefugten im Außenverhältnis nicht geschmälert. Verfügungen bleiben möglich. Ihr Vollzug hängt bei privaten Restitutionsansprüchen aber von den Genehmigungserfordernissen der Grundstücksverkehrsordnung ab. Im Innenverhältnis gegenüber den jeweiligen Restitutionsberechtigten haben die Verfügungsbefugten jedoch bestimmte Verfügungen zu unterlassen, insbesondere solche, die zum Untergang des Restitutionsanspruches führen würden. Der Gesetzgeber hat deshalb mit § 3 Abs. 3 VermG und § 12 Abs. 1 VZOG Verfügungsverbote geschaffen. Verfügungen, die diesen Verboten zuwiderlaufen, sind unzulässig. Sie stellen einen Verstoß gegen ein Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB dar. Unzulässige Verfügungen können deshalb eine Schadensersatzpflicht der Verfügungsbefugten begründen. Wird von Kommunen nach § 8 Abs. 1 a) VZOG durch eine errichtende Umwandlung verfügt, so führt auch dies zum Untergang bestehender Restitutionsansprüche. Die Umwandlung wird jedoch regelmäßig gegen die bestehenden Verfügungsverbote verstoßen, so daß die Restitutionsberechtigten von den Verfügungsbefugten nach §§ 823 Abs. 2, 249 S. 1 BGB Naturalrestitution verlangen können. 258 ZOV 1998, 52 f.; vgl. auch LG Cottbus VIZ 1997, 104; instruktiv VG Berlin ZOV 1994,67. 259 LG Berlin VIZ 1999,288; allg. Kopp, VwVfG, § 25, Rn. 20 f.

C. Ausgleichsansprüche des Ermächtigten / Verfügungsbefugten

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Diese ist möglich, da die Verfügungsbefugten als (Allein-)Gesellschafter der errichteten Unternehmen durch Gesellschafterbeschluß die Übertragung des Eigentums von ihrer Gesellschaft an den Restitutionsberechtigten bewirken können. Daneben hat der geschädigte Restitutionsberechtigte nach § 3 Abs. 4 S. 3 VermG bzw. § 13 Abs. 2 S. 4 und S. 1 VZOG Anspruch auf den „Erlös", den der Verfügungsbefugte erzielt hat. Da der Erlösbegriff des Restitutionsrechtes auch Gegenleistungen umfaßt, die nicht in einem Entgelt bestehen, kann insoweit die Übertragung von Gesellschaftsanteilen verlangt werden, die wertmäßig dem Restitutionsanspruch entsprechen.

C. Ausgleichsansprüche des Ermächtigten / Verfügungsbefugten Bisher wurden die Ansprüche des materiell Berechtigten bzw. Restitutionsberechtigten gegen die Verfügungsbefugten nach erfolgter Verfügung untersucht. In Fällen, in denen der Berechtigte den Verfügungsgegenstand nicht verliert, sondern sein Verfügungsgegenstand durch eine zulässige Verfügung nach § 8 VZOG tatsächlich verändert wird (bebaut, saniert, etc.), stellt sich die Frage, ob der Berechtigte dem Verfügungsbefugten für derartige Maßnahmen seinerseits ausgleichspflichtig wird. Ein echter wirtschaftlicher Ausgleich, wie ihn § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG (analog) bewirken soll, müßte sich dadurch auszeichnen, daß für beide Beteiligte, d. h. nicht nur für den Berechtigten260, sondern auch für den Verfügungsbefugten ein Ausgleich erfolgt. Hat der Verfügungsbefugte ζ. B. die gegen dingliche Sicherheit gewählte Darlehensvaluta für eine (grundstücks-)werterhöhende Maßnahme verwendet und ist deshalb dem Verfügungsgegenstand neben der Belastung auch ein Vorteil zugeflossen, so stellt sich die Frage, ob der Berechtigte dafür einen Ausgleich zu leisten hat. Um es vorwegzunehmen, gesetzlich normierte Ansprüche des Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG gegen den materiell Berechtigten gibt es im VZOG nicht. Es soll deshalb erneut die Parallele zur rechtsgeschäftlichen Ermächtigung nach § 185 BGB gesucht werden. Die hier zunächst gewonnenen, grundsätzlichen Ergebnisse sind dann soweit möglich zu übertragen und die vorhandenen Literaturauffassungen daran zu messen.

260 Die Fragen der Ausgleichsansprüche der Verfügungsbefugten gegen die Restitutionsberechtigten wegen tatsächlicher Verfügungen bestimmt sich nach den gesetzlichen Regelungen der § 3 Abs. 3 VermG bzw. § 11 Abs. 2 VZOG. Hier sollen nur die nicht normierten Ausgleichsansprüche im Verhältnis von Verfügungsbefugtem nach § 8 VZOG und materiell Berechtigtem untersucht werden.

§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

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I . Ausgleichsansprüche eines rechtsgeschäftlich Ermächtigten Ein Ausgleich zugunsten des Ermächtigten kann auf zweierlei Wegen erfolgen. Der Ermächtigte kann gegenüber Ansprüchen des Berechtigten Einwendungen geltendmachen. Er kann ggf. aber auch eigene Ansprüche gegen den Berechtigten erheben.

1. Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB Abzug anrechenbarer Nachteile Trifft ein abstrakt 261, rechtsgeschäftlich Ermächtigter gemäß § 185 BGB eine Verfügung zu Lasten des Berechtigten, ohne daß dieser sein Eigentum verliert, so hat der Ermächtigte grundsätzlich Wertersatz für den Gebrauch der Ermächtigung zu leisten. Bei dinglichen Belastungen muß der Ermächtigte gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt, 818 Abs. 2 BGB Wertersatz für den Gebrauch der Ermächtigung leisten. Schließt der Ermächtigte Verträge, aus denen er Leistungen (Miet- oder Pachtzins) erhält, so sind diese als Nutzungen nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt, 818 Abs. 1 BGB an den Berechtigten auszukehren. Alle bereicherungsrechtlichen Ansprüche des Berechtigten bestehen aber nur soweit, als der Ermächtigte auch tatsächlich noch bereichert ist, § 818 Abs. 3 BGB. Eine Bereicherung besteht danach und nach der herrschenden Saldotheorie nicht, wenn der Bereicherungsschuldner anrechenbare Nachteile in Abzug bringen kann 262 . Die nach der Saldotheorie vorzunehmende Saldierung von Vor- und Nachteilen aus dem Bereicherungsvorgang führt in Höhe der Anrechnung zum unmittelbaren Wegfall der Bereicherung. Es bedarf nicht der Erhebung einer Entreicherungseinrede. Nur soweit keine Saldierung möglich ist, ζ. B. wenn der Bereicherungsschuldner seinerseits die Herausgabe einer Sache statt Geld verlangen kann, ist ein Leistungsaustausch im Wege zweier Kondiktionen Zug um Zug vorzuneh„

__263

men Die Ansprüche des Berechtigten gegen den Ermächtigten wegen des Gebrauches der Ermächtigung bzw. Nutzungsmöglichkeitrichtensich stets auf Wert- bzw. Nutzungsersatz und damit auf die Zahlung eines Geldbetrages. Die Frage ist nun, welche Nachteile des Ermächtigten auf die durch den Gebrauch der Ermächtigung eingetretene Bereicherung anrechenbar sind.

261 Hier sind allein die Fälle von Interesse, in denen der Ausgleich nicht in einem Grundverhältnis zur Ermächtigung zwischen den Parteien vereinbart wurde. 262 Vgl. BGH NJW 1981, 277 m. w. N. 263 Umfassend dazu BGHZ 1, 75, 81, BGH WM 1972, 564 f.

C. Ausgleichsansprüche des Ermächtigten / Verfügungsbefugten

249

Nach der Rechtsprechung des B G H 2 6 4 kann der Bereicherungsschuldner die Vermögensnachteile in Abzug bringen, die mit dem Bereicherungssachverhalt in ursächlichen Zusammenhang entstanden sind und auch solche Vermögensnachteile, die im Vertrauen auf die Endgültigkeit eines Rechtserwerbes getroffen werden 265 . Damit kann der Ermächtigte grundsätzlich nur solche Nachteile nach § 818 Abs. 3 BGB in Abzug bringen, die in einem adäquat-kausalen Zusammenhang mit der Ermächtigung stehen. Auf diesem Wege werden Minderungen seines Vermögens, die im Zusammenhang mit der Ermächtigung stehen, ausgeglichen, da insoweit keine Kondiktion erfolgt. Welche Kosten im einzelnen anrechenbar sind, ist eine Frage des Einzelfalls, für die sich eine schematische Betrachtung verbietet 266. Der Versuch einer Schematisierung soll hier deshalb auch unterbleiben. Ein später auf seine Übertragbarkeit hin zu untersuchender Fall soll dennoch exemplarisch dargestellt werden. Der Ermächtigte, der wirksam ein Grundpfandrecht bestellt, ist zum Ersatz der Wertdifferenz wegen der eingetretenen dinglichen Belastung verpflichtet. Zugleich hat er aber eine persönliche Verpflichtung aus dem gesicherten Darlehen gegenüber dem Darlehens- und Grundpfandgläubiger übernommen. Wird er nun zum Wertersatz gegenüber dem Berechtigten verpflichtet, so verliert er nominal die Darlehensvaluta an diesen, der mit dem Geld das Grundpfandrecht ablösen kann, bleibt aber dem Darlehengläubiger persönlich verpflichtet. Diese vorhandene Belastung ist ein anrechenbarer Nachteil, der eigentlich einer Kondiktion entgegenstehen würde. Um dem Berechtigten dennoch den Betrag zur Ablösung des Pfandrechtes zukommen zu lassen, ist dem Ermächtigten im Gegenzug zur Zahlung eines Ablösebetrages ein Anspruch auf Freistellung aus der persönlichen Verpflichtung gegenüber seinem Gläubiger zuzubilligen267. Damit wird eine Kondiktion auf die tatsächlich vorhandene Bereicherung beschränkt.

2. Verwendungs-, Aufwendungsund Rückgriffskondiktion des Ermächtigten Von der Minderung des Vermögens des Bereicherungsschuldners (Ermächtigter) ist die Vermehrung des Vermögens des Bereicherungsgläubigers (Berechtigter) zu unterscheiden. Insoweit geht es nicht um abzugsfähige Kosten nach § 818 Abs. 3 BGB, sondern um die Frage, ob der Bereicherungsschuldner seinerseits einen Kondiktionsanspruch gegen den Gläubiger innehat268. Grundsätzlich anerkannt sind hier die sog. Verwendungs- bzw. Aufwendungsund Rückgriffskondiktion, allesamt als Fälle der Eingriffskondiktion nach § 812 264 BGH W M 1972,564 f.; BGH NJW 1980, 1789,1790. 265 Vgl. auch Staudinger-Lorewz, § 818, Rn. 37; BGH NJW 1981,277,278 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; a.A. Kohler NJW 1992, 3145, 3146. 266 Siehe nur BGH NJW 1992, 1037, 1038. 267 BGHZ 112, 376, 381. 268 Zu dieser Differenzierung siehe Lieb in MüKo, § 812, Rn. 250 a.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

Abs. 1 S. 1, 2. Alt BGB 2 6 9 . Während es bei der Verwendungs- und Aufwendungskondiktion um tatsächliche Handlungen des Bereicherungsschuldners geht, beruht die Rückgriffskondiktion auf der Tilgung fremder Schulden, mithin auf einem rechtlichen Tun. 1. Verwendungen sind nach der engeren Auffassung des BGH Vermögensaufwendungen, die einer Sache zugute kommen, indem sie ihrer Wiederherstellung, dem Erhalt oder der Verbesserung dienen, ohne die Sache grundlegend zu ändem 270 . Ein Ersatz von Verwendungen hat vorrangig nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, den §§ 994 ff. BGB, zu erfolgen 271. Zwischen einem Ermächtigten und einem Ermächtigenden besteht aber kein solches Verhältnis272, so daß der Ausgleich nur über das Bereicherungsrecht und hier nach den §§812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt, 818 Abs. 2 BGB erfolgen kann. Aufwendungen sind gegenüber Verwendungen alle freiwilligen Vermögensopfer für die Interessen eines anderen, die nicht unbedingt einer Sache zugute kommen müssen273. Die §§ 994 ff. BGB greifen hier tatbestandlich schon nicht ein, so daß auch hier ein Bereicherungsausgleich nur nach den §§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt, 818 Abs. 2 BGB erfolgt. Der Berechtigte muß nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt BGB dasjenige ersetzten, was er auf Kosten des Ermächtigten mit dem Bereicherungsausgleich erlangt. Er erlangt nicht die Vermögensopfer des Ermächtigten (Sanierungskosten etc.), seien sie nun Verwendungen oder Aufwendungen, sondern der Berechtigte erlangt, soweit vorhanden, eine Wertsteigerung seiner Sache, seines Grundstückes274. Für eine Bereicherung wird entscheidend darauf abzustellen sein, welche Aufwendungen sich der Berechtigte erspart hat 275 .Der Ermächtigende kann deshalb nur solche Vermögensopfer kondizieren, die z.Z. des Bereicherungsausgleiches noch werthaltig sind und so zu einer tatsächlichen Bereicherung des Berechtigten in Form ersparter Aufwendungen führen. Der Berechtigte ist aber grundsätzlich vor Gegenansprüchen des Ermächtigten zu schützen, der ja ohne Rechtsgrund von seiner Ermächtigung und einer inbegriffenen Nutzungs- und Einwirkungsmöglichkeit Gebrauch macht. Eine Schutzbedürftigkeit ist insbesondere dann gegeben, wenn der Berechtigte nicht durch Herausgabe der Bereicherung in Natur die Ansprüche des Ermächtigten erfüllen 269 Vgl. Larenz/ Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, § 69 III, S. 188 ff. 270 BGH NJW 1996,921,922 m. w. N.; BGHZ 41, 157. 271 Siehe dazu BGH NJW 1996,52; a.A. Medicus in MüKo, § 996, Rn. 11. 272 Siehe oben §§ 6, 7. 273 BGHZ 59,328, 329. 274 BGHZ 41, 157, 165 m. w. N.; Lieb in MüKo, § 818, Rn. 41 m. w. N.; Staudinger-Lorenz, § 818, Rn. 26. 275 Staudinger-LöWTiz, § 812, Rn. 72.

C. Ausgleichsansprüche des Ermächtigten / Verfügungsbefugten

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kann 276 . Der Schutz wird erreicht über das Institut der aufgedrängten Bereicherung. Dieses außerordentlich streitige Institut277 wird nach wohl überwiegender Auffassung dahingehend behandelt, daß der Bereicherungsschuldner einwenden kann, die subjektive Wertsteigerung durch Vermögensopfer des Bereicherungsgläubigers bleibe hinter der objektiven Wertsteigerung zurück. Im Ergebnis richtet sich die Kondiktionspflicht nach einer subjektiven Wertbemessung 27*. Die Bereicherung bestimmt sich deshalb nach dem Nutzen, den der Bereicherte nach seinen individuellen Verhältnissen zieht oder ziehen kann. Ein Ermächtigter, der Verwendungen oder Aufwendungen macht, die zu einer objektiven und subjektiven Wertsteigerung beim Berechtigten führen, kann diese nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt, 818 Abs. 2 BGB kondizieren. Nach der herrschenden Saldotheorie findet deshalb eine Gesamtsaldierung mit den Ansprüchen des Berechtigten wegen des Gebrauchs der Ermächtigung statt. 2. Der Ermächtigte, der Aufwendungen tätigt, um aus eigenen Mitteln eine Schuld des Berechtigten zu tilgen, kann den aufgewendeten Betrag nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt BGB vom Berechtigten verlangen. Dieser ist nämlich um die Befreiung von der getilgten Verbindlichkeit auf Kosten des an seiner Stelle leistenden Ermächtigten bereichert. Es handelt sich dabei um eine sog. Rückgriffskondiktion. Im Verhältnis von Ermächtigtem und Berechtigtem kann nach alledem die Frage, nach Ausgleichsansprüchen des Ermächtigten damit beantwortet werden, daß für wertsteigernde Aufwendungen und solche, die zur Befreiung von einer Verbindlichkeit führen, die mithin eine Bereicherung des Berechtigten bewirken, der Ermächtigte nach § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB einen Ausgleich erhält. Der Berechtigte wird jedoch nach den Grundsätzen der aufgedrängten Bereicherung geschützt, die zu einer subjektiven Bestimmung des zu ersetzenden Wertes führen. Soweit keine Bereicherung aus Seiten des Berechtigten eintritt, ist es im Einzelfall möglich, daß anrechenbare Kosten nach § 818 Abs. 3 BGB vom Ermächtigten gegenüber dem Bereicherungsanspruch des Berechtigten (wegen des Gebrauchs der Ermächtigung) in Abzug gebracht werden können.

276 Palandt-Bassenge, § 951, Rn. 20 spricht insoweit von der Unmöglichkeit der Verweisung auf die Wegnahme. 277 Eine umfassende Übersicht zu den vertretenen Auffassungen gibt Gursky, 20 Probleme aus dem Bereicherungsrecht, S. 186 ff. 278 Vgl. nur Lieb in MüKo, § 812, Rn. 258 ff.; ?&\zndt- Bass enge, § 951, Rn. 18 ff.

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4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

I I . Ausgleichsansprüche eines nach § 8 V Z O G gesetzlich Ermächtigen Für die Frage, ob auch Ausgleichsansprüche des Verfügungsbefugten gegen den materiell Berechtigten bestehen, kann abgesehen vom Bereicherungsrecht auf gesetzliche Bestimmungen nicht zurückgegriffen werden. Nun könnte man meinen, daß das Fehlen diesbezüglicher Regelungen seine Ursache schlicht darin hat, daß der Gesetzgeber solche Ansprüche nicht begründen wollte. Dies wäre möglich, würde nicht die ratio legis des § 8 Abs. 4 und 5 VZOG darin bestehen, einen echten wirtschaftlichen Ausgleich herbeizuführen. Ein echter Ausgleich muß sich nämlich dadurch auszeichnen, daß in jeder Hinsicht ausgleichsbedürftige Vorgänge einem Ausgleich zugeführt werden. Nur ein beiderseitiger Ausgleich verhindert eine einseitige Übervorteilung. So verwundert es auch nicht, daß der Mangel an gesetzlichen Regelungen weder Bundesministerien noch Rechtsprechung und Literatur davon abgehalten hat, Ausgleiche zugunsten des Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG anzunehmen.

1. Aufwendungen und Verwendungen des Verfügungsbefugten

Soweit die Frage eines Ausgleiches für den Verfügungsbefugten überhaupt Beachtung findet, wird dem Verfügungsbefugten kein eigener, selbständiger Ausgleichsanspruch gegen den Berechtigten gewährt. Statt dessen soll sich der Anspruch des Berechtigten nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG auf Auskehr des tatsächlich realisierten „Erlöses" beschränken. Nach einhelliger Auffassung soll dies insbesondere bei der Auskehr gezogener Nutzungen durch Vermietung und Verpachtung der Fall sein. Der Verfügungsbefugte soll vom erzielten Bruttoerlös bestimmte Aufwendungen abziehen können. Einige Autoren sprechen insoweit vom Abzug der Bewirtschaftungskosten 279, andere vom Abzug der erforderlichen Aufwendungen 280 bzw. den Aufwendungen, die zur Bereitstellung des vermieteten oder verpachteten Vermögensgegenstand im vertragsmäßigen Zustand notwendig geworden sind 281 . Trotz der verschiedenen Begrifflichkeiten ist erkennbar, daß im Ergebnis nur ein Nettoerlös, statt des vereinnahmten Bruttoerlöses an den Berechtigten ausgekehrt werden soll. Man kann hier deutlich den Gedanken eines echten wirtschaftlichen Ausgleiches erkennen. Das allgemeine Zivilrecht, das nach Auffassung von Dick auch für den vorliegenden Fall anzuwenden ist 282 , trägt diesem Gedanken mit der Regelung des § 818 279 BMI in Infodienst Kommunal Nr. 61 v. 20. 11. 92, S. 8; Leitschuh/Lange a.a.O, § 8 VZOG, Rn. 19. 280 BrbgOLG ZOV 1998, 52 f. (mit abl. Anm. Ehlers); Teige/Rauch VIZ 1997,622,625. 281 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 22. 282 Dick in Kimme; § 8 VZOG, Rn. 30.

C. Ausgleichsansprüche des Ermächtigten / Verfügungsbefugten

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Abs. 3 BGB Rechnung, indem sich ein Bereicherungsanspruch auf die tatsächlich noch vorhandene Bereicherung (,»Nettoerlös") beschränkt. Für die Frage, welche Aufwendungen der Verfügungsbefugte in Abzug bringen darf, sollten daher auch die Grundsätze des Bereicherungsrechtes übertragen werden. Aufgrund der Zielsetzung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG sind daher von den vereinnahmten Entgelten (Erlöse) die Aufwendungen abzugsfähig, die auch der Berechtigte hätte tätigen müssen. Müßte der Verfügungsbefugte den Erlös ohne Abzug auskehren, so würde im Ergebnis der Berechtigte um die auch für ihn erforderlichen Aufwendungen bereichert sein. Es würde spiegelbildlich eine Bereicherung des Berechtigten wegen ersparter Aufwendungen eintreten. Um dies und damit eine spätere Kondiktion des Verfügungsbefugten zu vermeiden, sollte eine Saldierung erfolgen, in welcher diese notwendigen Aufwendungen in Abzug zu bringen sind. Damit wird vermieden, daß der Berechtigte mehr an Erlös erhält, als tatsächlich erzielt wurde 283 . Der Berechtigte muß aber nur den Abzug solcher Aufwendungen dulden, die für die Erlöserzielung kausal geworden sind und notwendig waren 284 . Darüber hinausgehende, im Rahmen der Erlöserzielung nicht notwendig werdende Aufwendungen, sind dagegen nicht abzugsfähig. Erkennt man mit der einhelligen Auffassung den Abzug notwendiger Aufwendungen an, so muß dies auch für notwendige Verwendungen des Verfügungsbefugten gelten. Dabei kann auch auf die bereicherungsrechtlichen Grundsätze zurückgegriffen werden. Der Berechtigte muß grundsätzlich solche Verwendungen ausgleichen, die zu einer Wertsteigerung seines Grundstückes führen, die also werthaltig sind. Dabei ist dem Aufdrängungsschutz dadurch Rechnung zu tragen, daß sich der Ausgleich danach bestimmt, welchen Nutzen der Berechtigte nach seinen individuellen Verhältnissen daraus zieht oder ziehen kann. Mit der Anerkennung eines Ausgleiches zugunsten des Verfügungsbefugten ist neben der Abzugsmöglichkeit für notwendige Aufwendungen und Verwendungen auch die Anerkennung eines eigenen Ausgleichsanspruches verbunden. Erzielt der Verfügungsbefugte nämlich in der Zeit seiner Verfügungsermächtigung einen Erlös, der kausal auf bestimmten Aufwendungen beruht, sich aber ζ. B. eine Investitionssumme (Sanierung einer Mietwohnung = Verwendung) noch nicht amortisiert hat, so wirken die Aufwendung und Verwendungen des Verfügungsbefugten weiter in einer Möglichkeit der Erzielung höherer Nutzungsentgelte. Dann muß aber die Bereicherung des Berechtigten um die ersparten eigenen Aufwendungen mit einer Zahlung an den Verfügungsberechtigten ausgeglichen werden. Dies läßt sich mit dem Wortlaut des § 8 VZOG nicht mehr belegen. Das Restitutionsrecht kennt diesbezügliche Ausgleichsbestimmungen mit §§ 3 Abs. 3 S. 4, 7 Abs. 7 VermG bzw. § 11 Abs. 2 S. 3 VZOG. Insbesondere die letzt283 Dies ist nach Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 22 der entscheidende Grund für die Zulassung eines Abzuges von Aufwendungen. 284 BrbgOLG ZOV 1998, 52 f.

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

genannte Bestimmung entspricht den Grundsätzen des bereicherungsrechtlichen Ausgleiches nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt, 818 Abs. 2 BGB. Mangels ausdrücklicher Regelung sollte, mit der Auffassung von Dick, auf das insoweit anwendbare Bereicherungsrecht Bezug genommen werden. Der Verfügungsbefugte erhält deshalb zum Ausgleich werthaltiger Aufwendungen und Verwendungen 285 einen Ausleichsanspruch nach §§ 812 Abs. 1 5. 7, 2. Alt, 818 Abs. 2 BGB, jedoch unter Beachtung des bereits erwähnten subjektiven Aufdrängungsschutzes.

2. Freistellungsanspruch des Verfügungsbefugten Ein Verfügungsbefugter nach § 8 VZOG kann im Rahmen seiner Befugnis am Grundstück des Berechtigten auch Grundpfandrechte bestellen. Im Rahmen des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG ist er zum Weitersatz wegen der eingetretenen dinglichen Belastung verpflichtet und damit zur Auskehr eines ausreichenden Ablösebetrages. Mit diesem kann der Berechtigte die Löschungsbewilligung des Grundpfandrechtsgläubigers erreichen. Neben dem Grundpfandrecht besteht aber zwischen dem Verfügungsbefugten und dem Grundpfandgläubiger das Schuldverhältnis aus dem die gesicherte Schuld entspringt. Ist der Verfügungsberechtigte zur Auskehrung des Ablösebetrages an den Berechtigten verpflichtet, so muß er wirtschaftlich das gewährte Darlehen, d. h. seine Schuld, vorzeitig tilgen. Die Tilgung soll aber der Berechtigte vornehmen können. Dementsprechend muß dieser den Verfügungsberechtigten auch aus seiner persönlichen Verpflichtung gegenüber dem Grundpfandgläubiger freistellen. Es gelten die gleichen Grundsätze wie im allgemeinen Zivilrecht. Dort würde dem Verlangen nach Zahlung des Ablösebetrages ohne Freistellung der Einwand des § 818 Abs. 3 BGB entgegenstehen286.

3. Tilgung von Verbindlichkeiten des Berechtigten Eine Frage, die in Literatur und Rechtsprechung bisher keine Beachtung gefunden hat, ist, ob der Verfügungsbefugte Ersatz für Leistungen auf Verbindlichkeiten des Berechtigten erhalten soll. Nach bereicherungsrechtlicher Terminologie geht es um die Frage einer Rückgriffskondiktion wegen der Tilgung fremder Schulden. Die Frage ist nicht rein theoretischer Natur. Dies mag folgendes Beispiel belegen. Der Freistaat Sachsen erhebt Kommunalabgaben nach dem Sächsischen Kommunalabgabengesetz (KAG) 2 8 7 . Nach den §§ 21, 31 KAG ist der jeweilige Grun285 Dies meint wohl auch Dick in Kimme, § 8 VZOG, Rn. 31, die bei der Bestellung eines Grundpfandrechtes die Freistellung durch den Verfügungsbefugten, aber unter Abzug des Betrages, der wertmäßig in das betreffende Grundstück „zurückgeflossen" ist. Ähnliches beschreiben auch Teige/Rauch (VIZ 1997, 622, 625), die von der Freistellung den Betrag abziehen wollen, der spiegelbildlich in eine Werterhöhung geflossen ist. 286 RGZ 158,47,48; BGHZ 112, 376, 381.

C. Ausgleichsansprüche des Ermächtigten / Verfügungsbefugten

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stückseigentümer Beitragsschuldner für Beiträge zu öffentlichen Einrichtungen und Verkehrsanlagen. Für Grundstücke und Gebäude, die im Grundbuch noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, tritt nach § 37 Abs. 7 KAG an die Stelle des Eigentümers der Verfügungsbefugte nach § 6 VZOG. Die Hinweise des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Anwendung des KAG288enthalten dazu in Ziffer 21.2.2. folgende (klarstellende) Aussage: »für Grundstücke, die im Grundbuch noch als Volkseigentum eingetragen sind, ist in § 37 Abs. 7 bestimmt, daß der Beitragsschuldner der Verfügungsberechtigte nach § 6 Abs. 1 des Vermögenszuordnungsgesetzes ist. Dieser kann seine Verwendungen gegebenenfalls später gegenüber dem Eigentümer geltend machen, wenn die Eigentumsfrage geklärt ist." Das sächsische KAG nimmt also für öffentliche Beiträge anstelle des Eigentümers, den Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG (früher § 6) in Anspruch. Einmal mehr wird der Verfügungsbefugte wie ein Eigentümer behandelt, bis der wahre Berechtigte festgestellt ist. Der sächsische Gesetzgeber macht klarstellend auch deutlich, daß letztlich der Eigentümer Beitragsschuldner ist, wenn er erst einmal festgestellt ist. Dies gilt im übrigen unabhängig von der Frage, ob der festgestellte Eigentümer ein Privater oder eine öffentliche Körperschaft ist. Der sächsische Gesetzgeber spricht ohne Einschränkungen vom „Eigentümer". Aus diesem Beispiel wird deutlich, daß Verbindlichkeiten, die den Eigentümer eines Grundstückes treffen, zwar vom Verfügungsberechtigten erfüllt werden können oder sogar erfüllt werden müssen, daß aber im Fall der Feststellung, daß der Verfügungsbefugte nicht zugleich auch der Eigentümer ist, der leistende Verfügungsbefugte eine fremde Schuld getilgt hat. Für die dadurch eingetretene Befreiung von einer (Eigentümer-)Verbindlichkeit hat der festgestellte Eigentümer nach §§ 812 Abs. 1 5. 1, 2. Alt, 818 Abs. 2 BGB Ersatz zu leisten. Der Eigentümer seinerseits ist jedoch insoweit nach § 818 Abs. 3 BGB entreichert, soweit der beitragpflichtige Vorteil dem Verfügungsbefugten bereits aus einer tatsächlichen Nutzung des betreffenden Grundstückes zugeflossen ist. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn der Verfügungsbefugte nicht nach § 8 Abs. 4 VZOG den Vorteil durch die Auskehr gezogener Nutzungen wiederum herausgeben muß. Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag bestehen dagegen nicht. Die Verfügungsbefugten nach § 8 VZOG werden ausschließlich im eigenen Namen und im eigenen Inter.. · 289

esse tatig . Das Vorgennannte wird auch in Bezug auf steuerliche Verpflichtungen gelten. Es gilt aber zu beachten, daß die Tilgung derartiger Verbindlichkeiten ggf. bereits im Rahmen eines möglichen Abzuges notwendiger Aufwendungen berücksichtigt werden kann. 287 V. 16. 06.1993 - GVB1.1993, S. 502. 288 V. 5.5. 1994 - ABl. 1994, S. 842. 289 Schmidt-Räntsch/Hiestand in RVI, § 8 VZOG, Rn. 5.

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§ 4 Die Rechtsfolgen von Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefgnis

I I I · Zusammenfassung Im Rahmen des beabsichtigten wirtschaftlichen Ausgleiches nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG vollzieht sich die Berücksichtigung von Aufwendungen und Verwendungen des Verfügungsbefugten auf zweierlei Wegen. Aufwendungen und Verwendungen des Verfügungsbefugten, die für die Erzielung eines „Erlöses" kausal geworden sind und notwendig waren, kann dieser von den vereinnahmten Entgelten (Bruttoerlös) in Abzug bringen. Die Auskehrsverpflichtung nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG beschränkt sich demgemäß auf den dann verbleibenden, tatsächlich erzielten Erlös (Nettoerlös). Übersteigen die im Rahmen einer Erlöserzielung notwendigen Aufwendungen die bisher erzielten Erlöse, so kann der Verfügungsbefugte nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt, 818 Abs. 2 BGB werthaltige Aufwendungen und Verwendungen beim Berechtigten kondizieren. Werthaltig sind dabei nur solche Aufwendungen, die auch für den Berechtigten nach seinen subjektiven Verhältnissen notwendig gewesen wären und aus denen dieser auch weiterhin erhöhte Erlöse erzielen kann. Es gelten insoweit die bereicherungsrechtlichen Grundsätze des Aufdrängungsschutzes. Ist der Verfügungsbefugte im Rahmen der Erlösauskehr zur Leistung eines ausreichenden Ablösebetrages zur Löschung eines von ihm bewilligten Grundpfandrechtes verpflichtet, so kann er diesem Anspruch einen eigenen Anspruch auf Freistellung von seiner persönlichen Verpflichtung gegenüber dem Grundpfandgläubiger entgegenhalten. Zur Zahlung ist er nur Zug um Zug gegen die Freistellung verpflichtet. Soweit der Verfügungsbefugte anstelle des Eigentümers auf Verbindlichkeiten (Eigentümerverbindlichkeiten) Leistungen erbringt, kann er nach Feststellung des wahren Eigentümers (Berechtigter) von diesem im Wege der Rückgriffskondiktion Ausgleich verlangen dafür, daß der Eigentümer von einer ihn treffenden Verbindlichkeit befreit wurde. Insgesamt steht damit einem Verfügungsbefugten ein dem Bereicherungsrecht vergleichbarer Ausgleich einschließlich eines eigenen Anspruches zu.

§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig? Der Gesetzgeber hat im Rahmen des Wohnraumodernisierungssicherungsgesetzes verschiedene Heilungsvorschriften geschaffen und nach seiner Auffassung den § 8 Abs. 1 VZOG klargestellt dahingehend, daß die Verfügungsbefugnis unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung „Eigentum des Volkes" besteht. Nach Auffassung des BGH 1 und der ihm folgenden Literatur beinhaltet die Änderung des § 8 Abs. 1 VZOG aber keine Klarstellung, sondern eine inhaltliche Änderung. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG a.F. hatte nach Auffassung des BGH als Entstehungsvoraussetzung, daß zu DDR-Zeiten an dem betreffenden Grundstück/ Gebäude Volkseigentum begründet wurde. In einem solchen Fall wäre die nach dem § 8 Abs. 1 VZOG maßgebliche Grundbucheintragung von „Eigentum des Volkes" inhaltlich richtig gewesen. Eine Verfügungsbefugnis über nur scheinbar volkseigene Grundstücke gab es danach nicht. Mit der Ergänzung des § 8 Abs. 1 VZOG a.F. durch die Worte „unabhängig von der Richtigkeit" soll deshalb statt einer Klarstellung eine neue Verfügungsbefugnis über nur scheinbar volkseigene, aber tatsächlich private Grundstücke begründet worden sein. Gegen den, nach der Auffassung des BGH, neuen Inhalt des § 8 VZOG n.F. werden verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. Diese sind allesamt unbegründet.

A. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 14 GG I . Die Verfügungsbefugnis als Enteignung oder Inhalts- und Schrankenbestimmung Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 8 Abs. 1 VZOG n.F. wird eingewandt, daß es sich dabei um einen Enteignungstatbestand handele, dem es an der nach Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG notwendigen Junktimklausel fehle, denn für den Verlust des privaten Eigentums sehen § 8 Abs. 4 und 5 VZOG keine Ersatzansprüche vor, sondern nur für die durch einen Zuordnungsbescheid festgestellten öffentlichen Berechtigten und damit für den Verlust von öffentlichem Eigentum2.

ι BGH, ZIP 1998, 1324 = VIZ 1998,519. 2 OLG Dresden Urteil v. 30. 11. 97 = ZIP 1998, 350 = VIZ 1998, 218; Grün ZIP 1997, 491, 493; dies. ZIP 1996, 1860 f.; Horst DtZ 1997, 183, 185; Lipps VIZ 1992, 14, 15; Wilhelms ZOV 1997. 347, 348. 17 Gohrke

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§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig?

In der Tat würde das Fehlen einer hinsichtlich Art und Ausmaß ausdrücklichen Entschädigungsregelung die Verfassungswidrigkeit des § 8 VZOG n. F. begründen, wenn es sich dabei um einen Enteignungstatbestand handelt. Das BVerfG hat in stetiger Rechtsprechung ausgeführt, daß Art. 14 GG von einem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff ausgeht3. Danach ist Eigentum i. S. d. Art. 14 Abs. 1 GG die Zuordnung eines Vermögenswerten Rechtes zu einem Rechtssubjekt zur privatnützigen Verwendung und eigenverantwortlichen Lebensgestaltung4. Entgegen den Versuchen, eine Differenzierung zwischen Enteignungen und Inhaltsbestimmungen durch die Feststellung der Schwere einer Belastung (Schweretheorie) oder der Prüfung, ob ein Sonderopfer die Folge wäre (Sonderopfertheorie) vorzunehmen, nimmt das BVerfG eine formale und finale Abgrenzung vor. Nach seiner maßgeblichen Rechtsprechung liegt nur dann eine Enteignung vor, wenn ein von Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes vermögenswertes Recht durch gezielten hoheitlichen Rechtsakt zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben vollständig oder teilweise entzogen wird 5. Eine Enteignung ist damit die zielgerichtete Aufhebung der bestehenden Zuordnung eines Vermögenswerten Rechtes durch Hoheitsakt, mithin der Wechsel des Eigentümers oder der Verlust/Entzug von Eigentumsrechten. Der BGH 6 hat die klassische Definition einer Enteignung vorgenommen, indem er sie als die „Übereignung von Grundeigentum durch gesetzlich zugelassenen Verwaltungsakt" beschrieben hat. Eine Enteignung wäre damit ein hoheitlicher Güterverschaffungsakt 7. Das BVerfG hat diesen Enteignungsbegriff aufgenommen8 und wie folgt weiterentwickelt: „Das Vorliegen einer Enteignung hängt allerdings nicht davon ab, daß es sich um einen Güterverschaffungsvorgang handelt. Ihr entscheidendes Merkmal ist der Entzug des Eigentums und der dadurch bewirkte Rechts- oder Vermögensverlust, nicht aber die Übertragung des entzogenen Objektes."9

Im Gegensatz zur Enteignung sind Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse, die die Eigentumszuordnung zu einem Rechtssubjekt unberührt lassen, Inhaltsund Schrankenbestimmungen nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Mit dieser strengen begrifflichen Trennung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmungen liegen zwei verschiedene Rechtsinstitute vor. Es gibt deshalb keine schweren Be3 BVerfGE 38, 300, 336; Maunz/Dürig-Papier, GG, Art. 14, Rn. 37. 4 BVerfGE 24, 367, 389; 31,229,240; 50, 290, 339. 5 BVerfGE 52, 1, 27; 58,300,332; 66,248, 257; 72,66,76; 74,264,281; Kleinlein DVB1. 1991, 365, 369; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl., § 26,Rn. 27. 6 BGHZ 6,270,275. 7 Bryde in v. Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Art. 14, Rn. 53. 8 BVerfGE 83, 201, 211. 9 BVerfGE 24, 367 394.

. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art.

GG

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schränkungen des Eigentums und keine Sonderopfer durch gesetzliche Regelungen, die eine Enteignung darstellen, sondern es werden entweder das Eigentum oder Eigentumsrechte entzogen oder sie werden dem Eigentümer belassen, aber inhaltlich bestimmt10. Derartige Beschränkungen müssen ihrerseits aber verhältnismäßig sein.

Eine Enteignung ist daher der finale, zielgerichtete Eigentumsentzug durch e nen hoheitlichen Rechtsakt. Sie kann je nach Hoheitsakt Legislativ- oder Administrativenteignung sein. Sie muß aber immer vom Staat oder einem mit Hoheitsrechten ausgestatteten Privaten ausgehen11. Man kann mit anderen Worten sagen: „Ermächtigt der Gesetzgeber Zivilpersonen, mit den Mitteln des Privatrechtes in fremde Eigentumsrechte einzuwirken, so liegt darin keine Enteignungsermächtigung im Sinne des Art. 14 Abs. 3." 12 Mit dem § 8 VZOG n.F. liegt ein Bundesgesetz vor, das ein tauglicher hoheitlicher Rechtsakt sein könnte. Die Bestimmungen des § 8 VZOG n.F. enthalten aber keine Regelung zum Entzug einer Vermögenswerten Rechtsposition durch den Gesetzgeber. Mit der Einführung der Neuregelung des § 8 VZOG werden weder Eigentum, noch sonstige Rechte im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG entzogen. Eine Neuzuordnung von Rechten durch den Gesetzgeber findet nicht statt. Daß durch § 8 Abs. 1 VZOG n.F. eine weitere, neben die des Eigentümers tretende, Verfügungsbefugnis geschaffen wird, läßt die Eigentümerstellung für ein betreffendes Grundstück unberührt, ja selbst die Verfügungsbefugnis des Eigentümers bleibt gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 VZOG unberührt. Eine sog. Legislativenteignung, d. h. eine Enteignung unmittelbar durch ein Gesetz, liegt damit nicht vor 13 . Durch § 8 Abs. 1 VZOG wird Eigentums nicht entzogen. Der Eigentümer bleibt verfügungsbefugter Eigentümer seines Grundstücks14. Er wird aber wegen den Anforderungen des formellen Grundbuchrechtes nicht verfügen können. Die §§ 19, 20 und 29 GBO verlangen für die Verfügung über ein Grundstück einschließlich der notwendigen Bewilligung der Grundbuchänderung entweder die Bewilligung des Voreingetragenen oder den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuches mittels öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden. Eine Bewilligung durch den Voreingetragenen („Eigentum des Volkes") scheidet in jedem Fall aus. Aber auch taugliche Urkunden, die die Unrichtigkeit des Grundbuches belegen, wird 10 BVerfG 58, 137, 144; Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, 12. Aufl., Rn. 990; Breuer, Naturschutz, Eigentum und Entschädigung, NuR 1996,537 ff. 11 BVerfGE 14, 277; Leibholz/Rink, GG-Kommentar an Hand der Rechtsprechung des BVerfG, 1995, Art. 14, Rn. 1081 a.E.; Papier in Maunz-Dürig, GG, Art. 14, Rn. 538. 12 Papier in Maunz-Dürig, GG, Art. 14, Rn. 538; Schwabe JZ 1983, 273, 275. 13 Das BVerfG (E 45, 296 (326)) kennzeichnet eine Enteignung durch Gesetz damit, daß mit dem Inkrafttreten des Gesetzes der neue Rechtszustand eintritt. 14 Meikel/Böhringer/Götding /Morvilius/Nowak/ Wienhold, Grundbuchrecht, 1997, § 13

Β 22. 1

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§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig?

weder der neue öffentliche noch ein privater Eigentümer vorlegen können. Die Verfügungsmöglichkeit des wahren Eigentümers ist daher nach materiellem Recht unverändert, aber faktisch nicht vorhanden. Dies ist aber nicht die Folge des § 8 Abs. 1 VZOG, sondern des formellen Grundbuchrechtes. Art. 14 GG schützt den Eigentümer aber auch vor Enteignungen durch die Verwaltung aufgrund eines Gesetzes (Administrativenteignung). Eine Enteignung durch einen Hoheitsakt setzt aber eine Rechtsverordnung, eine Satzung und einen hierauf beruhenden Verwaltungsakt voraus15. Keiner dieser notwendigen Hoheitsakte wird mit der Einführung des § 8 Abs. 1 VZOG ermöglicht. Bereits aus der gesetzlichen Anordnung resultiert eine Befugnis zu verfügen. Die Befugnis ermöglicht wie ein privater Eigentümer aufzutreten. Sie beinhaltet aber nicht die Befugnis zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben. Die Verfügungsbefugten treten nicht kraft hoheitlicher Macht, sondern als gleichberechtigte Paitnei im Rechtsverkehr auf 16. Verfügungen aufgrund der Verfügungsbefugnis des § 8 Abs. 1 VZOG (ζ. B. Verkauf, Vermietung, Verpachtung) sind Privatrechtsakte und damit untauglich für die Annahme einer Admenistrativenteignung. Unabhängig davon, daß mit § 8 Abs. 1 VZOG keine Enteignung durch oder auf Grund eines Gesetzes vorliegt, scheitert die Annahme einer Enteignung aber auch an folgendem.Eine Enteignung ist über den Rechtsverlust hinaus dadurch gekennzeichnet, daß sie final auf einen Entzug von Eigentumsrechten ausgerichtet ist. Die Finalität ist ein zwingendes Merkmal einer Enteignung und gleichzusetzen mit dem früher verwendeten Begriff der Unmittelbarkeit17. Der gesetzgeberische Wille direkt durch ein Gesetz oder eine hoheitliche Vollzugshandlung, Eigentumsrechte zu entziehen, muß vorhanden sein. Es gibt keine Zufallsenteignungen18. Mit der Finalität korrespondiert, daß die öffentliche Hand nur dann zur Zahlung einer Entschädigung nach Art. 14 Abs. 3 GG verpflichtet sein soll, wenn die finanzielle Belastung vorhersehbar und kalkulierbar ist 19 . Die Finalität einer Enteignung wird besonders anschaulich in den §§ 85 ff. BauGB oder in § 19 FernstrG, in denen unmittelbar von einer Enteignung und einem Enteignungsrecht gesprochen wird. Dort geht e$ gezielt um die Veränderung der materiellen Zuordnung von Grundstücken zu bestimmten Rechtssubjekten, den Eigentümern. Vergleichbare Regelungen enthält § 8 VZOG nicht. Dort ist nur die Rede von der Befugnis zu verfügen. Unmittelbar, direkt und gezielt ist damit keine Rechtsbeeinträchtigung für den Eigentümer des betreffenden Grundstückes verbunden. Es gibt keine einzige dem Eigentümer mögliche Handlung, die durch das Bestehen der Verfügungsbefugnis beeinträchtigt werden könnte. Eine Ausrichtung des § 8 VZOG im Sinne einer Finali15 Wieland in Dreier, GG, Art. 14, Rn. 69 und 84 m. w. N.; Schwabe JZ 1983, 273, 275. 16 So BGHZ 124, 147, 150 (zum Verhältnis von Verfügungsbefugten und Restitutionsberechtigten). π BGHZ 37,44.

is Wieland in Dreier, GG, Art. 14, Rn. 69 und 73 m. w. N. 19 Papier in Maunz-Dürig, GG, Art. 14, Rn. 544.

. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 1 GG

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tät zur Entziehung von Eigentumsrechten ist nicht erkennbar und nach den Gesetzesmaterialien auch nicht feststellbar. Was der Gesetzgeber mit der Einführung der Verfügungsbefugnis erreichen wollte, war die Verkehrsfähigkeit für Grundstücke, über die wegen des Eintrages „Eigentum des Volkes" nach formellem Grundbuchrecht nicht verfügt werden konnte. Final bezweckt war damit nur die Verfügungsmöglichkeit über die genannten Grundstücke. Wird von dieser Befugnis kein Gebrauch gemacht, kommt es niemals zu einer Berührung mit dem Eigentum. Erst mittelbar, nämlich nach einer Verfügung aufgrund der Befugnis des § 8 Abs. 1 VZOG, wird der Entzug privater Rechte möglich. Dies resultiert aus der Anordnung des § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG, wonach die Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG als die eines Berechtigten gelten. Damit muß jeder, privater wie öffentlicher, Eigentümer die Verfügungen gegen sich gelten lassen. Damit verbunden ist der Rechtsverlust des Eigentümers durch eine Verfügung des gegenständlich-nichtberechtigten Verfügungsbefugten. Ist die Regelung des § 8 Abs. 1 VZOG auf den Entzug von Eigentum ausgerichtet?

Der § 8 Abs. 1 a) VZOG knüpft an die Eintragung von Eigentum des Volkes und der Rechtsträgerschaft eines ehemaligen volkseigenen Betriebes der Wohnungswirtschaft. Denselben Anknüpfungspunkt hat Art. 22 Abs. 4 EV gewählt, um das Vermögen, das den Kommunen zugeordnet werden soll, zu bestimmen. Wenn man dem Grundsatz des § 891 BGB folgt, wonach eine Grundbucheintragung regelmäßig die Richtigkeit für sich hat, so hätte der § 8 Abs. 1 a) VZOG grundsätzlich nur für solche Grundstücke eine Verfügungsbefugnis begründet, die tatsächlich Volkseigentum geworden sind, das nunmehr den genannten Verfügungsbefugten zugeordnet wird. Für den Normalfall hätten sich Eigentum und Verfügungsbefugnis gedeckt. Das Gesetz ist deshalb keineswegs auf die Entziehung von Eigentum ausgerichtet. Die Regelung des § 8 Abs. 1 VZOG enthält daher keinen Enteignungstatbestand. Es wird weder unmittelbar durch das Gesetz noch für hoheitliche Vollzugsmaßnahmen die Möglichkeit eröffnet, Eigentum oder Eigentumsrechte zu entziehen. Eine materielle Veränderung der Rechtsposition der Eigentümer ist mit der Einführung des § 8 Abs. 1 VZOG n.F. nicht verbunden gewesen. Es mangelt an einem unmittelbaren rechtsmindernden oder rechtsentziehenden Zugriff des Staates20. Nun eröffnet die Verfügungsbefugnis über Grundstücke, die nach der Eintragung im Grundbuch „Eigentum des Volkes" waren und unabhängig von der Richtigkeit dieser Eintragung, die Möglichkeit, daß auch über ein privates Grundstück verfügt wird. 20 Allg. dazu Wendt in Sachs (Hrsg.), GG, Art. 14, Rn. 148.

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§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig?

Eine solche Verfügung entfaltet nach § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG BindungsWirkung für jedermann, denn sie gilt als die Verfügung eines Berechtigten. Der Eigentümer muß eine Verfügung gegen sich gelten lassen, als wäre es seine eigene. Er verliert deshalb im Falle der Veräußerung durch den Verfügungsbefugten sein Eigentum. Damit räumt das VZOG den in § 8 Abs. 1 a) genannten Verfügungsbefugten eine Rechtsmacht ein, die der eines nichtberechtigten Veräußerers im Rahmen eines gutgläubigen Erwerbes vergleichbar ist. Der Gesetzgeber schafft in beiden Fällen Bestimmungen, mit denen gegenständlich Nichtberechtigten die Rechtsmacht verliehen wird, über fremdes Eigentum wirksam und zu Lasten des wahren Berechtigten zu verfügen. Beim gutgläubigen Erwerb bildet der Schutz des Gutgläubigen und damit der Schutz des Rechtsverkehrs eine Grenze des Eigentumsrechtes. Der absolute Schutz des Eigentums tritt hinter die Schutzbedürftigkeit des Gutgläubigen zurück21. Der Eigentümer wird nicht durch die Tatbestände des gutgläubigen Erwerbes gemäß §§ 892, 932 ff. BGB als solche in seinen Rechten beschränkt, sondern durch die Schutzbedürftigkeit eines Dritten nach erfolgter Verfügung eines Nichtberechtigten. Ähnlich verhält es sich bei § 8 Abs. 1 VZOG. Auch hier werden die Rechte der Eigentümer durch die Schaffung der Verfügungsbefugnis als solche nicht beeinträchtigt. Erst nach einer Verfügung, die dann als eine des Berechtigten gilt, kann Eigentum entzogen oder beeinträchtigt werden. Im Unterschied zum gutgläubigen Erwerb überwindet hier aber nicht der gute Glaube, sondern die Anordnung des § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG zum Schutze eines Erwerbers das bisher bestehende Eigentum. Damit hat der Gesetzgeber in beiden Fällen durch die Fiktion einer Berechtigung die Überwindung des Eigentums durch Verfügungen eines Nichtberechtigten zugelassen. Es handelt sich daher auch in beiden Fällen um Grenzbestimmungen des Eigentums. Dort, wo der Rechtsverkehr die Verfügungen von Nichteigentümern zulassen muß, dort wird das bestehende Eigentum überwunden. Bei § 8 Abs. 1 VZOG mußte eine Verfügungsbefugnis unabhängig von der Eigentumslage geschaffen werden, wenn es vor der Bestimmung des Eigentümers möglich sein sollte, wirksam zu verfügen. Der Gesetzgeber konnte nicht mehr tun, Eingehend dazu Hager, Verkehrsschutz durch redlichen Erwerb, 1990, S. 75 ff. Hager (S. 80) weist auf einen sehr interessanten und wohl auch übertragbaren Umstand hin: „Obendrein widerspricht das Institut des redlichen Erwerbs [der eigentumsunabhängigen Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG] keineswegs so fundamental den Interessen des bisherigen Eigentümers, wie es auf den ersten Blick scheint. Im Gegenteil: Mag ihn der Verlust des Eigentums im Einzelfall auch hart treffen, so ist er umgekehrt in vielen anderen Lagen Nutznießer des Institutes. Nur weil die Rechtsordnung den Erwerber auch dann schützt, wenn er mit einem Nichtberechtigten kontrahiert, kann man auf umfangreiche und kostspielige Nachforschungen verzichten, soweit sich keine Verdachtsmomente zeigen. Die §§ 892 f., 932 ff. BGB erleichtern und fördern so auch die Verfügungen durch den Eigentümer selbst." [Einfügung des Verfassers].

. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 1 GG

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als die Voraussetzungen der Verfügungsbefugnis nach dem Grundbuch denen der materiellen Zuordnung nach dem Einigungsvertrag anzugleichen. Wenn aber der Grundbucheintrag, als einzig für jeden feststellbarer Bezugspunkt, unrichtig sein kann, dann muß im Interesse des Rechtsverkehrs und der Notwendigkeit einer sofortigen Verkehrsfähigkeit auch die Verfügung über solche unerkannt privaten Grundstücke möglich sein. Die dem Eigentümer eines solchen Grundstücks auferlegte Pflicht, die Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG gegen sich gelten zu lassen, stellt deshalb eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar. Bis zu einer Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG ist die Eigentümerstellung unangetastet. Erst danach entfaltet sich die Duldungspflicht, die verpflichtet, den Eigentumsentzug oder die Beeinträchtigung durch schuldrechtliche / dingliche Verträge zu dulden. Diese Duldungspflicht ist ein gesetzgeberische Umgestaltung der absoluten Wirkung des Eigentumsrechtes. Grundsätzlich kann eben nur der Eigentümer wirksam verfügen. Mit der Verfügungsmöglichkeit eines gesetzlich bestimmten und gegenständlich Nichtberechtigten wird das Eigentum nicht entzogen, die Verfügungsbefugnis des Eigentümers nicht abgeschafft, sondern das Eigentum für die betreffenden Grundstücke inhaltlich anders ausgestaltet, daß nämlich neben dem Eigentümer auch die Verfügungsbefugten nach § 8 Abs. 1 a) VZOG verfügen können. Damit liegt mit § 8 VZOG eine Inhaltsbestimmung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG vor 22 . So wie die originäre Verfügungsbefugnis des Eigentümers nur im Rahmen der Gesetze besteht23 und der Gesetzgeber diese Befugnis inhaltlich beschränken kann24, so kann er sie selbst unberührt lassen und einen weiteren Verfügungsbefugten benennen. Die Wirkung des § 8 Abs. 1 VZOG beschränkt sich allein darauf, dem Berechtigten die Pflicht aufzuerlegen, die Befugnis eines Dritten zur Verfügung über sein Grundstück zu dulden einschließlich der aus einer getätigten Verfügung resultierenden Rechtsfolgen. Verbunden damit ist zugleich eine Beschränkung der grundsätzlich alleinigen Verfügungsbefugnis des Berechtigten nach § 903 BGB. Der Berechtigte kann die Verfügungsbefugten nicht von der Einwirkung auf sein Eigentum ausschließen. Dies ist eine Inhalts- und Schrankenbestimmung für die Verfügungsbefugnis eines Eigentümers, dessen Grundstück im Grundbuch als Eigentum des Volkes geführt wird. Die Verhältnismäßigkeit und damit Verfassungsmäßigkeit dieser Beschränkung von Eigentümerrechten wird noch zu überprüfen sein25.

22

Allg. zur gesetzgeberischen Gestaltung der Eigentumsrechte als Inhaltsbestimmung vgl. BVerfGE 70, 19,1 200; 83, 201, 212 m. w. N. 23 Wendt in Sachs, GG, Art. 14, Rn. 41 f. 24

Ohne sie gänzlich aufzuheben - vgl. Breuer, Naturschutz, Eigentum und Entschädigung, NuR 1996, 537 ff. 2 5 Siehe dazu § 5 A. III.

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§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig?

Daß es sich bei § 8 VZOG nicht um eine Enteignung, sondern eine Inhaltsbestimmung handelt, ergibt auch ein Blick auf die Rechtsprechung des BGH und des BVerfG zu Art. 237 § 1 EGBGB. Diese Vorschrift ist Ausdruck der eingeschränkten Maßgeblichkeit der DDR- Rechtspraxis26. Nach ihr werden Fehler bei der Überführung eines Grundstückes in Volkseigentum als unbeachtlich behandelt, wenn ein Eigentumsentzug zugunsten der DDR während der Zeit ihres Bestehens hätte rechtswirksam erfolgen können. Mit Fehlern sind demgemäß keine Verstöße gegen rechtsstaatliche Grundsätze, sondern vermeidbare Fehler und „Schlampereien" gemeint (Zustellungsfehler u.ä.). Materiell-rechtlich hat es in diesen Fällen niemals eine wirksame Enteignung gegeben. Sie wurden nur faktisch sowohl von Seiten des Staates, als auch von den Betroffenen als wirksam angesehen, da klar war, daß man sich auf derartige Fehler gegenüber der DDR nicht hätte erfolgreich berufen können27. Mit dem 3.10. 1990 unterstanden auch die betroffenen Eigentümer dem Schutz des Art. 14 GG, denen zu DDR-Zeiten faktisch, aber nicht rechtlich wirksam, das Eigentum entzogen wurde. Indem nun der Gesetzgeber bestimmte Unwirksamkeitsgründe für die Begründung von Volkseigentum als unbeachtlich bezeichnet, wird den materiellen Eigentümern durch Art. 237 § 1 EGBGB die Berufung hierauf versagt. Damit kann der sich nach Art. 237 § 2 EGBGB anschließende Erwerb des jetzigen Buchberechtigten oder desjenigen, der bei tatsächlichem Volkseigentum der Eigentümer geworden wäre, nicht verhindert werden. Mit Ablauf der Frist des Art. 237 § 2 EGBGB wird das Eigentum dem bisherigen Eigentümer entzogen. Die Versagung der Berufung auf Fehler bei der Begründung von Volkseigentum nach Art. 237 § 1 EGBGB ist deshalb nicht unmittelbar eigentumsentziehend und damit keine Enteignung, sondern eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i.S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG 2 8 . Den Zweck des Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB bezeichnet das BVerfG mit der Schaffung von Rechtssicherheit im Bereich des faktischen Übergangs von Grundstücken in Volkseigentum29. Das notwendige Maß an Rechtssicherheit versucht § 8 VZOG für den Bereich von Verfügungen über auch nur scheinbares Volkseigentum zu schaffen. Mit der Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG n.F werden die Eigentumsrechte nicht berührt. Es wird den Befugten nur die Rechtsmacht eingeräumt, mit den Mitteln des Privatrechtes in das Eigentum Dritter einzugreifen, nämlich verfügen zu können. Die Verfügungsbefugnis ergreift alle Grundstücke, die nach dem Grundbuch volkseigen waren und damit alle tatsächlichen und alle scheinbaren, aber faktisch volkseigenen. Das faktisch Volkseigentum vorlag, zeigt bereits, daß die diesbezügliche Grundbucheintragung nicht 26 Siehe § 2. C. 2. 27 Vgl. BGH VIZ 1998, 94, 95 = OVspez. 1998, S. 140 ff.; Czub VIZ 1997, 561, 565; Schmidt-Räntsch VIZ 1997,449,452. 28 BGH VIZ 1998, 94, 95 = OVspez. 1998; die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil hat das BVerfG ZIP 1998, A 65 Nr. 168 = VIZ 1998, 507 nicht zur Entscheidung angenommen, a.A. Grün ZIP 1997, 491,494; ähnlich Horst DtZ 1997, 183, 185. 29 BVerfG VIZ 1998, 507,508.

. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 1 GG

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angegriffen worden ist. Weder wurde gemäß der materiellen Rechtslage berichtigt, noch wurde der Eintragung widersprochen. Dieses Privateigentum, das von einem faktischen Volkseigentum überlagert ist, wird nach einer Verfügung gemäß § 8 VZOG n.F. ebenso dem Eigentümer entzogen, wie nach den Bestimmungen des Art. 237 §§ 1 und 2 EGBGB. In beiden Fällen liegt mangels Finalität und unmittelbarem Rechtsentzug keine Enteignung, sondern eine Inhaltsbestimmung des am 3. 10. 90 „neugeborenen Eigentums". Ein letzter Aspekt sei mit den Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums durch die Bestimmungen des SachRBerG erwähnt. Der Eigentümer eines mit diesbezüglichen Nutzeransprüchen belasteten Grundstückes kann nach dem Halbwertgrundsatz nur den Verkauf oder die Bestellung eines Erbbaurechtes zum hälftigen Wert erreichen. Der Nutzer hat seinerseits die Wahl, ob er das Eigentum zu diesen Konditionen erwerben will. Macht er von seinem Ankaufsanspruch Gebrauch, so besteht für den Eigentümer ein Kontrahierungszwang. Er muß demgemäß zum V2 Wert veräußern. Dies wird selbst von den Literaturstimmen, die § 8 VZOG mit seiner Mindestsicherung in Höhe des Wertes für verfassungswidrig halten, nicht als verfassungrechtlich bedenklich eingestuft. Der Nutzerschutz genießt allgemein den Vorrang vor den Eigentümerinteressen. Der Verkehrsschutz, wie ihn § 892 BGB und auch § 8 VZOG bewirken wollen, kann im Ergebnis verfassungsrechtlich nicht anders bewertet werden.

I I . § 8 V Z O G - ein Fall des Art. 135 a Abs. 2 GG? In der Literatur wird teilweise die Auffassung vertreten, daß sich eine Verfassungswidrigkeit des § 8 VZOG n.F. überhaupt nicht aus Art. 14 Abs. 3 GG ergeben kann, da es sich insoweit um eine Bestimmung nach Art. 135 a Abs. 2 GG handelt 30 . Nach Art. 135 a Abs. 2 GG kann der Bund bestimmen, ob er Verbindlichkeiten der DDR, sowie Verbindlichkeiten des Bundes oder anderer Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechtes, die mit dem Übergang von Vermögen der DDR auf den Bund, die Länder und die Gemeinden im Zusammenhang stehen, nicht oder nicht in voller Höhe erfüllt. Diese, durch den Einigungsvertrag eingeführt Bestimmung, soll dem gesamtdeutschen Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum einräumen für die Frage, ob Verbindlichkeiten, die mit dem Übergang des Vermögens der DDR in Zusammenhang stehen, erfüllt werden31. Diese Frage soll unabhängig 30 Schmidt-Jortzig ZIP 1997, A 23 Nr. 58; Schmidt-Räntsch ZIP 1996, 1858, 1863, vom BVerfG VIZ 1998,507 ausdrücklich offen gelassen in Bezug auf Art. 237 § 1 EGBGB. Weis AöR 116 (1990), 1, 28 weist darauf hin, daß dieser Gestaltungspielraum Rechte betrifft, die seit dem 3. 10. 90 unter dem Schutz des Art. 14 GG stehen.

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§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig?

von Art. 14 GG beantwortet werden können32. Es geht dabei um Verbindlichkeiten, die - aus welchem Grund auch immer - derzeit nicht bekannt sind33. Umstritten ist, ob es sich bei den „Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit dem Vermögensübergang auf Bund, Länder und Gemeinden stehen" auch um die Ersatzansprüche für den Eigentumsverlust aufgrund von Verfügungen nach § 8 VZOG handelt, mithin ob diese Vorschrift eine gesetzliche Regelung im Sinne des Art. 135 a Abs. 2 GG ist 34 . Dagegen wird eingewandt, daß Art. 135 a Abs. 2 GG nur schuldrechtliche, aber keine sachenrechtliche Forderungen als „Verbindlichkeiten" regele35. Dies überzeugt nicht. Bei Ersatzansprüchen für den Verlust des dingliches Rechtes aufgrund einer Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG handelt es sich, ähnlich den §§ 812, 816 BGB, um Ansprüche des besonderen Schuldrechts. Mit der Verleihung der Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG entstand ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Verfügungsbefugten und dem wahren Berechtigten, aus dem Letztgenannter nach einer Verfügung Ersatzansprüche herleiten kann36. Bei der Frage der Erfüllung dieser Surrogatsansprüche geht es also nicht um dingliche Herausgabeansprüche, die sicherlich nicht durch ein Gesetz nach Art. 135 a Abs. 2 GG auszuschließen wären, sondern um schuldrechtliche Verbindlichkeiten, deren Erfüllung sehr wohl durch ein Gesetz zu regeln möglich wäre. Bernsdorff 37 lehnt die Anwendbarkeit des Art. 135 a Abs. 2 GG mit der Begründung ab, daß zwischenzeitlich regelmäßig eine Privatisierung ehemaligen DDR Vermögens stattgefunden hat und deshalb die Ansprüche aus dem Eigentum sich gegen Private richten würden. Solche Ansprüche konnten jedoch von Art. 135 a Abs. 2 GG nicht erfaßt sein, da dieser nur Ansprüche aus Verbindlichkeiten gegen die öffentliche Hand umfasse. Auch diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Nimmt man nämlich eine wirksame Privatisierung an, so gibt es keine Ansprüche gegen den neuen privaten Eigentümer. Was bliebe, wären die Ansprüche gegen die öffentliche Hand aufgrund der durchgeführten „Privatisierung". Entscheidend ist ein anderer Aspekt. Art. 135 a Abs. 2 GG beinhaltet allein die gesetzgeberische Regelungsbefugnis über die Frage, ob Verbindlichkeiten der DDR 3 8 , d. h. Verbindlichkeiten, die vor dem 3. 10. 1990 entstanden sind, nicht 32 BT-Drs. 11/7760 S. 359, Jarass/Pieroth, GG, Art. 135 a, Rn. 2; Bernsdorff NJW 1997, 2712,2715. 33 BT-Drs. 11/7760 S. 359. 34 Dafür: Schmidt-Jortzig ZIP 1997, A 23 Nr. 58; Schmidt-Räntsch ZIP 1996, 1858, 1863. Dagegen: Bernsdorff NJW 1997, 2712, 2718; Grün ZIP 1997, 491, 494; Horst DtZ 1997, 183, 185; v. Münch/Kunig, GG, Art. 135 a Rn. 6 („... hat der Gesetzgeber von der Regelungsbefugnis nach Art. 135 a Abs. 2 bisher keinen Gebrauch gemacht."); OLG Dresden Urteil v. 30. 11. 97 = ZIP 1998, 350 = VIZ 1998, 218. 35 Vgl. nur Horst DtZ 1997, 183, 185; zweifelnd Bernsdorff NJW 1997, 2712,2718. 36 Siehe dazu oben § 4. 37 NJW 1997,2712,2718.

. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 1 GG

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oder nicht in voller Höhe erfüllt werden. Deshalb sind mit Verbindlichkeiten, die mit dem Übergang des Vermögens der DDR in Zusammenhang stehen, nur solche gemeint, die auf dem Vermögen lasten, das durch die Art. 21 und 22 EV neu verteilt (zugeordnet) wird 39 . Art. 135 a Abs. 2 GG erfaßt daher nur Verbindlichkeiten, die bereits am 3. 10. 1990 mit der Zuordnung von ehemaligen DDR-Vermögen auf die neuen Eigentümer übergegangen sind. Nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen daher Forderungen, die erst nach diesem Datum entstanden sind. Dazu gehören auch die genannten Ersatzansprüche wegen Verfügungen nach § 8 VZOG. Im Ergebnis ist daher der Auffassung zuzustimmen, die einen Ausschluß von Ersatzansprüchen gemäß Art. 135 a Abs. 2 GG ablehnt.

I I I . Verhältnismäßigkeit Der § 8 VZOG n.F. als Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG ist als grundrechtsbeschränkendes Gesetz an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Eine unverhältnismäßige Schrankenbestimmung, die nicht in eine Enteignung umgedeutet werden kann, wäre unabhängig von Art. 14 Abs. 3 GG verfassungswidrig 40. Eine Einschränkung der Eigentümerbefugnisse muß zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich sein. Sie darf den Betroffenen nicht übermäßig belasten und muß ihm zumutbar sein41. Das Ziel des § 8 VZOG besteht in der Schaffung einer sofortigen Verkehrsfähigkeit von Grundstücken, die nach dem Grundbuch Volkseigentum sind. Diese Verkehrsfähigkeit war und ist für die Investitionen öffentlicher oder privater Geldgeber unabdingbar. Nur die Ermöglichung eines Erwerbes vom „Berechtigten" kann einem Investor Eigentum verschaffen oder einem Kreditgeber eine dingliche Sicherheit. Dies wird erreicht, indem § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG die Verfügungen nach Absatz 1 als die eines Berechtigen behandelt. Der Erwerber eines Grundstückes oder Grundpfandrechtes muß über den Grundbucheintrag hinaus keine Recherchen anstellen, er kann sich auf die Berechtigung des nach § 8 Abs. 1 VZOG Verfügungsbefugten verlassen. Damit ist eine Verkehrsfähigkeit aller Grundstücke erreicht, die aufgrund des Grundbucheintrages „Eigentum des Volkes" faktisch, wegen den Anforderungen des formellen Grundbuchrechtes, nicht verkehrsfähig waren. Die Geeignetheit im Sinne einer Zwecktauglichkeit steht außer Frage. Die Einführung des § 8 VZOG war erforderlich, denn ein milderes Mittel zur Herbeiführung der Verkehrsfähigkeit ist nicht vorhanden gewesen. Überlegungen, 38 So ausdrücklich Stern DtZ 1990, 289, 292. 39 v. Münch/Kunig, GG, Art. 135 a Rn. 6; ähnlich Bernsdorff NJW 1997, 2712, 2718; OLG Dresden Urteil v. 30. 11. 97 = ZIP 1998, 350 = VIZ 1998, 218; BVerwG ZOV 1994, 405,406. 40 BVerfGE 52, 1, 27; 58, 300, 320; 79, 174, 192. 41 BVerfGE 21, 150, 155; 58, 137, 148; 74, 174, 215.

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§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig?

wie sie auch das OLG Dresden angestellt hat, daß ein Tatbestand des gutgläubigen Erwerbes ausreichend gewesen wäre, überzeugen nicht. Der Gesetzgeber wollte eine Verkehrsfähigkeit unabhängig von Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbes schaffen. Ein Dritter, der an einem der Verfügungsbefugnis unterliegendem Grundstück ein Recht begründen wollte, sollte nicht das Risiko auferlegt werden, vom wahren Berechtigen in Anspruch genommen zu werden. Jede Verfügung hätte durch eine Mitteilung an den Dritten, daß jemand Ansprüche auf ein Grundstück anmeldet (begründet oder unbegründet), unterbunden werden können. Der Erwerber wäre durch eine solche Mitteilung von der Unrichtigkeit des Grundbuches positiv in Kenntnis gesetzt worden und ein gutgläubiger Erwerb gemäß § 892 BGB ggf. unmöglich, in jedem Fall aber unsicher42. Bis zum heutigen Tage würden Grundstücke, deren Eigentümer noch nicht festgestellt sind, brachliegen. Der Gesetzgeber hat daher zu Recht die Einführung des § 8 VZOG für erforderlich gehalten. Mit der Einführung einer weiteren Verfügungsbefugnis unabhängig vom Eigentum wird dem Eigentümer eine Pflicht zur Duldung der Verfügungen nach § 8 VZOG auferlegt und damit auch die Duldungspflicht für den aus einer Verfügung resultieren teilweisen oder vollständigen Rechtsverlust. Es wird angezweifelt, ob dies für den wahren Berechtigten, den jeweiligen Eigentümer, zumutbar ist 43 . Für die öffentlichen Eigentümer ehemals volkseigener Grundstücke hat der Gesetzgeber in § 8 Abs. 4 und 5 VZOG einen Ausgleich vorgesehen, indem an den wahren Berechtigten eine Erlös- oder mindestens Verkehrswertauskehr stattfindet. Der Eigentümer erhält also eine wertmäßig vergleichbares Surrogat. Daß dies für die öffentlichen Eigentümer zumutbar ist, wird nicht bezweifelt. Nun bestimmt § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG, daß nur an den „aus einem unanfechtbaren Bescheid nach den §§ 1 und 2 hervorgehenden Berechtigten" ein solches Surrogat auszukehren ist 44 . Berechtigter in diesem Sinn kann zunächst nur eine zuordnungsberechtigte öffentliche Körperschaft nach § 1 Abs. 6 VZOG i.V.m. dem Einigungsvertrag sein. Ware damit aber nur für öffentliche Eigentümer ein Surrogatsanspruch vorgesehen, so wäre § 8 VZOG für die privaten Eigentümer unzumutbar und damit verfassungswidrig. Eine Norm ist aber nur dann verfassungswidrig, wenn keine nach anerkannten Auslegungskriterien zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung möglich ist 45 . Die Gerichte sind gehalten, eine Norm darauf zu untersuchen, ob eine zulässige, verfassungskonforme Auslegungsmöglichkeit besteht46. Eine zuläs42 So führte Stellwaag in R / R / B , Vorbemerkungen zu §§ 11 - 1 6 VZOG, Rn. 37 in anderem Zusammenhang aus: „Streit über die Frage der Gut- oder Bösgläubigkeit wirkt sich hemmend auf den Rechtsverkehr aus. Derartige Hemmnisse sollen gerade vermieden werden.". 43 Ohne das hier näher darauf einzugehen wäre, sollte die Bestimmung des Art. 14 Abs. 2 S. 1 GG ( „ E i g e n t u m verpflichtet") nicht unbeachtet gelassen werden. 44 BVerwG ZOV 1997, 275. 45 BVerfG DVB1. 1991, 376, 378. 46 BVerfGE 69, 1,55 m. w.N.

. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 1 GG

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sige Auslegungsmethode ist die teleologische Reduktion, also das Zurückführen eines Normtextes auf den Sinn und Zweck seines Regelungsgehaltes. Der Sinn einer Verfügungsbefugnis unabhängig vom Eigentum besteht in der Ermöglichung von Verfügungen ohne Beteiligung des bisher unbekannten Eigentümers. Wie die Regelungen des § 8 Abs. 4 und 5 VZOG zeigen, soll die Verfügungsmöglichgkeit aber nicht zu Lasten des Berechtigten gehen. Dem „Berechtigten" soll ein Ersatz für den Rechtsverlust aufgrund von Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG zufließen. So wie die Verfügungsbefugnis unabhängig davon ist, ob der Eigentümer privat oder öffentlich ist, so gilt die Wertentscheidung des § 8 VZOG unabhängig von der Einordnung des Eigentümers. Die dem Eigentümer durch § 8 VZOG auferlegten Duldungspflichten stellen eine ausgleichspflichtige

Inhalts-

und Schrankenbestimmung

im weitesten Sinne

dar. Unter diesen Begriff fallen Beschränkungen des Eigentumsrechtes, die keine Enteignungen darstellen, die aber ohne Ausgleichsregelung eine Unzumutbarkeit für den Eigentümer begründen würden47 Eine Ausgleichsregelung in diesem Sinn muß nicht den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG entsprechen48. Es ist ausreichend, wenn der Gesetzgeber für die Frage, ob es einen Ausgleich geben soll, eine Regelung getroffen hat 49 . Daß ein Rechtsverlust des Berechtigten ausgeglichen werden soll, hat der Gesetzgeber mit § 8 Abs. 4 und 5 VZOG deutlich gemacht. Was fehlt, ist eine deutliche Regelung (Regelungslücke), daß alle möglichen Berechtigten den Ausgleichsanspruch nach diesen Bestimmungen haben. Der Ausgleich nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG knüpft an die Legitimation des Berechtigten durch einen Zuordnungsbescheid. Der Wortlaut steht damit einer nur sytematischen oder teleologischen Auslegung entgegen. Der Gesetzeswortlaut bildet die äußere Grenze einer Auslegung50. Die Schließung der aufgezeigten Regelungs- und Wertungslücke kann nur durch eine gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung (Analogie) erfolgen. Voraussetzung ist, daß eine solche Rechtsfortbildung entweder verfassungsrechtlich geboten oder zumindest durch grundgesetzliche Wertungen determiniert ist 51 . Hier ist von Verfassungs wegen, insbesondere wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes, eine Analogie geboten, nach der alle Berechtigten, die aufgrund einer Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG einen Rechtsverlust erleiden, als Surrogat einen Ausgleichsanspruch nach § 8 Abs. 4 und 5 VZOG erhalten52. Das Fehlen einer Ausgleichsrege47 Grundlegend BVerfGE 14, 267 (Feldmühle); 58, 137 (Pflichtexemplar); Bryde in v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Art. 14, Rn. 65; ähnlich BVerfG DVB1. 1991, 376, 378. 48 Maurer DVB1. 1991,781,785. 49 BGHZ 99, 24, 28; 121, 328; NJW 1993, 2549; DVB1. 1990,585,587. 50 Vgl. Röhl, Allgemeine Rechtslehre, § 77 II. 51 Larenz/ Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 249 f.; BVerfGE 9, 338, 349; 34, 269, 287 („Die richterliche Entscheidung schließt dann diese Lücke nach den Maßstäben der praktischen Vernunft und der fundierten allgemeinen Gerechtigkeitsvorstellung der Gemeinschaft"). 52 LG Leipzig ZOV 1997, 187; Gohrke ZOV 1997,224, 226.

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§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig?

lung für private Berechtigte verlangt aus Gründen der Gerechtigkeit nach einer Korrektur. Eben diese Gerechtigkeitserwägungen sind ein Ausfluß des Gleichbehandlungsgrundsatzes, dessen Unterfall ein Analogieschluß darstellt53. Ein verfassungsrechtlich gebotener Analogieschluß ist zugleich eine zulässige, gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung 54. Wenn das BVerfG in stetiger Rechstsprechung betont, daß eine Norm solange als verfassungsgemäß anzusehen ist, solange sich nach anerkannten Auslegungsmethoden verfassungskonform ausgelegt werden könne, so ist damit kein verfassungsrechtliches Analogieverbot verbunden. Versteht man mit Raisch55 einen Analogieschluß als Unterfall der systematischen Auslegung einer Norm, so ist eine Analogie auch eine Form der verfassungskonformen Auslegung nach den Anforderungen des BVerfG. Aber auch nach dem wohl überwiegenden Verständnis der Analogie als Ausfüllung von Gesetzeslücken, die einer Auslegung gerade nicht zugänglich sind, ist eine Analogie verfassungsrechtlich zulässig56. Das BVerfG 57 selbst hat dazu ausgeführt, daß eine Analogie verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden kann, wenn das Ergebnis auf einem zivilrechtlich zumindest diskutablen, jedenfalls den Regeln zivilrechtlicher Hermeneutik nicht offensichtlich widersprechende Wege gewonnen wurde 58. Daß es sich nur um eine ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung im weitesten Sinne handelt, liegt daran, daß der Ausgleichsanspruch nicht gegen den Staat oder eine Hoheitsträger gerichtet ist, sondern gegen den Verfügungsbefugten gemäß § 8 Abs. 1 VZOG, der als „Privater" verfügt. Auch hier wird deutlich, daß der verfassungsrechtliche Schutzbereich des Art. 14 GG durch die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG nicht verletzt werden kann. Eine, von Verfassungs wegen gebotene, Analogie zu § 8 Abs. 4 und 5 VZOG ergibt, daß jeder auch private Berechtigte einen Ausgleich für erlittene Rechtsverluste aufgrund von Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG als Surrogat erhält. Damit wird weder für private noch für öffentlich Eigentümer eine unzumutbare Beschränkung von Eigentumsrechten vorgenommen, eine Verletzung des Art. 14 GG tritt durch § 8 VZOG nicht ein.

53

Zippelius, Juristische Methodenlehre, S. 58 ff. Canaris JuS 1989, 161, 163 spricht von einem Untermaßverbot im Fall eines gesetzgeberischen Unterlassens (Regelungslücke). 55 Raisch, Juristische Methoden, S. 151 ff. 56 Raisch, Juristsiche Methoden, S. 151 hat zutreffend ausgeführt, daß es außer im Strafrecht kein verfassungsrechtliches Analogieverbot gibt. 57 BVerfGE 34, 269, 291 (Sorayabeschluß). 54

58

Art. 1 Abs. 2 Schweizer ZGB sagt trefflich: „Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll der Richter ... nach der Regel entscheiden, die er als Gesetzgeber aufstellen würde.".

Β. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 3 Abs. 1 GG

271

B. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 3 Abs. 1 GG Mit § 8 VZOG n.F. liegt aus den o.g. Gründen kein Enteignungstatbestand vor. Im Bereich der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen ist der Gesetzgeber neben dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch an den Gleichheitssatz gebunden. Dasselbe gilt für die Annahme einer Enteignung, die aber der Regelung des Art. 135 a Abs. 2 GG unterfällt. Auch hier wäre durch den Gesetzgeber der Gleichheitssatz zu beachten59. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist anzunehmen, wenn vergleichbare Sachverhalte willkürlich ungleichbehandelt werden60.

I . Die Differenzierung nach privaten und öffentlichen Eigentümern (Berechtigte) Eine willkürliche Ungleichbehandlung von öffentlichen und privaten „Berechtigten" ist mit § 8 VZOG nicht verbunden. Wie soeben ausgeführt, ist eine verfassungskonforme Analogie der Ausgleichsregelungen der Absätze 4 und 5 des § 8 VZOG geboten, wodurch jeder Berechtigte für einen Rechtsverlust einen entsprechenden Ausgleich erhält. Durch die analoge Anwendung des § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG wird der Berechtigte besser gestellt, als ein Berechtigter, in dessen Rechtskreis ein Nichtberechtigter durch die Ermöglichung eines gutgläubigen Erwerbes eingreift. Während nämlich nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG immer zumindest ein Wertausgleich zu leisten ist, ist nach allgemeinem Zivilrecht bei Verfügungen eines Nichtberechtigten nur bei Verschulden gemäß §§ 989, 990 BGB analog Schadensersatz zu leisten. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist durch die Analogie zu § 8 Abs. 4 und 5 VZOG ausgeschlossen.

I I . Verfügungen vor und nach dem Erlaß eines VZOG-Bescheides Gegen die Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG n.F. hat das OLG Dresden61 eingewandt, es verstoße gegen Art. 3 GG, wenn vor Erlaß eines Zuordnungsbescheides ein Erwerb vom Nichtberechtigten möglich sei, nach Erlaß eines solchen Bescheides aber nur noch unter den Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbes. Ein solcher Verstoß liegt darin nur, wenn insoweit tatsächlich vergleichbare Sachverhalte vorliegen. Die Situationen vor und nach Erlaß eines Zuordnungsbescheide sind indes gänzlich unterschiedlich. Vor einem Zuordnungsbescheid ist der Eigen59 BVerfGE 84, 90, 111. 60 Stetige Rspr. seit BVerfGE 3, 58, 135. 61 OLG Dresden VIZ 1998, 218 ff. unter Hinweis auf Grün ZIP 1997,491,493.

272

§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig?

tümer eines Grundstückes, das nach dem Grundbuch Eigentum des Volkes war, nicht bekannt. Über ein solches Grundstück könnte keine Person verfügen, denn verfügen kann grundsätzlich nur der Eigentümer. Nach Erlaß eines Zuordnungsbescheides steht die Person des (wahrscheinlichen) Eigentümers fest und das Grundbuch kann durch Vorlage des Bescheides auf diesen umgeschrieben werden (§ 3 VZOG). Der dann Eingetragene ist zumindest Bucheigentümer. Er kann in grundbuchrechtlicher Form verfügen und entsprechende Bewilligungen abgeben. Die Verkehrsfähigkeit des betreffenden Grundstücks ist durch die Vermutung der Grundbuchrichtigkeit nach § 891 BGB erreicht, einschließlich der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbes. Der durch den Bescheid festgestellte Eigentümer kann alle Befugnisse eines Eigentümer wahrnehmen, also auch verfügen. Dies wäre ohne die Regelung des § 8 VZOG vor einem Zuordnungsbescheid nicht möglich. Es gibt aus der Eintragung von „Eigentum des Volkes" keinen Rechtsschein, der zugunsten irgendeiner konkreten Person streitet. Wenn aber einem Erwerber deshalb klar sein muß, daß ein Verfügungsbefugten nicht unbedingt auch der Eigentümer ist, dann kann ein Erwerb von diesem nur rechtsbeständig sein, wenn er als Erwerb vom Berechtigten gilt. Deshalb enthält § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG eine entsprechende Fiktion. Während nach der Eintragung eines festgestellten Eigentümers die Verkehrsfähigkeit aus §§ 891, 892 BGB resultiert, kann sie vor einem solchen Bescheid nur über eine Verfügungsbefugnis unabhängig vom Eigentum, wie in § 8 VZOG, erreicht werden. Im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG vergleichbare Sachverhalte liegen deshalb nicht vor. Etwas anderes gilt auch nicht im Vergleich zu dem Zeitraum, in dem zwar ein unanfechtbarer Zuordnungsbescheid dem Grundbuchamt vorliegt und damit an sich die Verfügungsbefugnis endet, aber noch keine Eintragung des festgestellten Eigentümers erfolgt ist. Während dieser Zeit gelten zunächst einmal die bereits getroffenen Verfügungen nach § 8 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 878 BGB als noch vollziehbar. Die Verfügungsbefugnis wird als weiterbestehend behandelt. Im übrigen kann im genannten Zeitraum weder der ehemals Verfügungsbefugte noch der festgestellte Eigentümer in grundbuchmäßiger Form verfügen. Der grundsätzliche Unterschied in der Erwerbsmöglichkeit vom Verfügungsberechtigten und später vom eingetragenen (Buch-)Eigentümer ist als solcher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Daß eine vorläufige Regelung, wie § 8 VZOG, andere Voraussetzungen hat, als die späteren Regelungen, ist kein Verstoß gegen Art. 3 GG 6 2 .

62 Allg. BVerfGE 13, 39,43.

. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art.

GG

273

I I I . Eigentumsverluste vor und nach dem 3.10.1990 Unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung ist noch auf folgendes einzugehen. Der Gesetzgeber hat mit § 1 VermG die Enteignungen aus DDR-Zeiten benannt, die zu restituieren sind. Alle sonstigen Eigentumsverluste werden nicht rückgängig gemacht. Ebensowenig werden Grundstücke, die einer Investitionsmaßnahme dienen oder die gutgläubig erworben wurden, restituiert. Die Eigentümer erhalten eine Entschädigung ζ. B. nach § 9 VermG, § 16 InVorG. Durch die gebotenen Analogie zu § 8 Abs. 4 und 5 VZOG erhalten die öffentlichen und privaten Eigentümer auch bei einem Rechtsverlust nach § 8 VZOG nur einen Ausgleich. Wirtschaftlich besteht daher zwischen Eigentumsverlusten vor und nach dem 3. 10. 90 kein Unterschied. Eine willkürliche und unerträglich Ungleichbehandlung ist hier auch insoweit nicht erkennbar. Ein Verstoß des § 8 VZOG gegen Art. 3 Abs. 1 GG kann nach alledem nicht festgestellt werden.

C. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 20 GG - verfassungsrechtliche Fragen der festgestellten Rückwirkung Letztlich wird gegen § 8 VZOG n.F. vorgebracht, er stelle eine unzulässige „echte" Rückwirkung dar 63 und verstoße damit gegen rechtsstaatliche Grundsätze64.

I . Rückwirkung Eine echte Rückwirkung bzw. eine tatbestandliche Rückanknüpfüng liegt vor, wenn der Gesetzgeber in der Vergangenheit liegende, abgewickelte Vorgänge erstmals belastend regelt 65 bzw. eine Norm auf eine Zeitraum vor ihrem Inkrafttreten Geltung entfalten soll 66 . Das WoModSiG und der § 8 VZOG n.F selbst enthalten keine Regelungen darüber, daß eine Rückwirkung in diesem Sinne eintreten soll. Da der Gesetzgeber der Meinung war, eine Klarstellung zu treffen 67, war sein Wille nicht auf eine Rückwirkung ausgerichtet. Die Klarstellung einer bestehenden 63 64 65 66 67

OLG Dresden VIZ 1998, 218 ff. Grün ZIP 1997,491, 493. BVerfGE 68, 306. BVerfGE 72, 242. BT-Drs. 13/7275, S. 35.

18 Gohrke

274

§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig?

Rechtslage und die Heilung nach einer geänderten, neuen Rechtslage schließen sich begrifflich aus68. Im übrigen entfaltet § 8 VZOG n.F., wie gezeigt69, nur eine faktische Rückwirkung. Die gesetzliche Ermächtigung des § 8 VZOG war und ist der rechtsgeschäftlichen Ermächtigung nach § 185 BGB vergleichbar 70. Verfügt ein gegenständlich Nichtberechtigter ohne die Verfügungsbefugnis aufgrund einer Ermächtigung, so wird die Verfügung dennoch wirksam, wenn er später die Verfügungsbefugnis wiedererlangt bzw. wenn später genehmigt wird. In diesen Fällen des nachträglichen Erwerbes der Verfügungsbefugnis gemäß § 185 Abs. 2 S. 1 BGB tritt die Wirksamkeit der Verfügung mit dem Erwerb der Verfügungsbefugnis ein. Die Wirkung einer nachträglichen Verfügungsbefugnis ist daher ex nunc71. Bei der Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG werden Verfügungen, die nicht von einer ausreichenden Verfügungsbefugnis getragen sind, mit dem späteren Erwerb der Verfügungsbefugnis und einer Genehmigung durch den Verfügungsbefugten geheilt. Die Genehmigung hat aber nur ex nunc Wirkung 72 und damit keine echte Rückwirkung im zivil- und verfassungsrechtlichen Sinn. Ausgenommen davon sind natürlich die rein verfahrensrechtlichen Auswirkungen durch Art. 19 Abs. 6 RegVBG und Art. 7 Abs. 2 S. 2 WoModSiG73. Diese Vorschriften regeln die Anwendung der jeweils neuen Fassung des § 8 VZOG auf noch nicht beendete Zuordnungsverfahren. Darin enthalten ist keine unechte Rückwirkung im verfassungsrechtlichen Sinn, da der Regelungsgehalt der Verfügungsbefugnis unverändert erhalten bleibt und damit ein nachträgliche Entwertung von Rechtspositionen nicht verbunden ist. Nach der Auffassung des OLG Dresden soll dennoch eine echte Rückwirkung mit § 8 Abs. 1 VZOG n.F. verbunden sein. Wäre dem so, wäre die Neufassung des § 8 VZOG eine rückwirkende Heilungsvorschrift für Verfügungen über scheinbares Volkseigentum. § 8 VZOG n.F. würde damit die Absicherung der bereits getroffenen Verfügungen darstellen und damit in der Vergangenheit liegende, abgewikkelte Sachverhalte erstmals für die Eigentümer der betroffenen Grundstücke belastend regeln. Darin wäre dann eine echte Rückwirkung zu sehen. Unterstellt man aber eine solche echte Rückwirkung, so wäre sie ausnahmsweise zulässig.

68 Vgl. BGH DtZ 1995, 330. 69 Siehe Anhang II. 70 Vgl. nur Eickmann, Grundstücksrecht in den neuen Bundesländern, S. 28 Rn. 56.; Böhringer, MittBayNot 1991,189 (191); Gohrke ZOV 1997,224,227; Haegele/Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rn. 4207. 71 RGZ 135, 378, 379; BGH W M 1978, 1406, 1407; BGHZ 46, 230; 49, 197, 207; Pa\andt-Heinrichs, § 185, Rn. 11. 72 Siehe dazu § 3 B. 73 Siehe Anhang III.

C. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art. 20 GG

275

I L Zulässigkeit Das BVerfG hat in stetiger Rechtsprechung ausgeführt, daß eine echte Rückwirkung grundsätzlich unzulässig ist. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Rechtssatz, nachdem rückwirkende, belastende Gesetze schlechthin unzulässig sind74. Die Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes lassen eine echte Rückwirkung aber nur in begrenzten Fällen zu. Entsprechende Fallgruppen hat das BVerfG entwickelt. Eine Rückwirkung ist danach unzulässig, wenn ein Bürger mit ihr nicht zu rechnen konnte und es auch nicht brauchte75. Eine solche Rückwirkung würde das Vertrauen

in eine gesicherte

Rechtsposition

verfassungswidrig verletzten 76 . Eine

Rückwirkung ist aber ausnahmsweise zulässig, wenn ein Zustand der Rechtsunsicherheit gegeben war 77 und das Vertrauen eines Bürgers auf eine bestehende Rechtslage nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war 78 . Ein schutzwürdiges Vertrauen ist namentlich dann nicht vorhanden, wenn die Rechtslage unklar und verworren ist. Dies ist der Fall, wenn eine Norm Auslegungschwierigkeiten bereitet, die insbesondere nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus einer Zusammenschau mit der Entstehungsgeschichte, der systematischen Stellung und der gesetzgeberischen Zielsetzung resultieren 79. Wenn außerdem bisher keine höchstrichterliche Entscheidung hierzu ergangen war und die Unklarheiten der betreffenden Norm erkennbar waren, so ist ein Rückwirkung ausnahmsweise zuläsSig 80

So verhält es sich auch bei § 8 VZOG. Von Beginn an wurde die Norm unterschiedlich ausgelegt und die Frage nach den Entstehungsvoraussetzungen der Verfügungsbefugnis (Volkseigentum oder nicht) verschieden beantwortet81. Auf den späteren umfassenden Literaturstreit soll hier nicht näher eingegangen werden. Offensichtlich wurde jedenfalls, daß nach Sinn und Zweck, nach dem gesetzgeberischen Ziel und nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 VZOG a.F. verschieden Auslegungen vorgenommen wurden. So hat auch der BGH in seiner Entscheidung82 zu § 8 VZOG a.F. den Streitstand über die Auslegung dieser Vorschrift dargestellt und ist anders als die Vorinstanz (OLG Dresden) keineswegs von einer sicheren Rechtslage ausgegangen. 74 BVerfGE 11, 72 m. w. N.; Schnapp in v. Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Art. 20, Rn. 27. 75 BVerfGE 8, 304; Leibholz/Rink, a.a.O, Art. 20, Rn. 1631 m. w. N. 76 Vgl. nur BVerfGE 11,72. 77 BVerfGE 72, 302, 325. 78 BVerfGE 13, 261, 271; 18, 429, 439; Sachs, GG, Art. 20, Rn. 86; Leibholz/Rink, GGKommentar anhand der Rechstprechung des BVerfG, Art. 20, Rn. 1631 m. w. N. 79 So ausdrücklich BVerfGE 50, 194; ähnlich E 72, 302, 326. so BVerfGE 50, 194. 81 Vgl. BezG Dresden VIZ 1993, 160 einerseits, Keller VIZ 1993, 536 andererseits. 82 BGH ZIP 1998, 1324 ff. = VIZ 1998, 519 ff. 18'

276

§ 5 Ist § 8 VZOG n.F. verfassungswidrig?

Eine solche hat sich insbesondere auch nicht aus der stetigen OLG Rechtsprechung ergeben. In Kenntnis dieser Rechtsprechung haben ζ. B. verschiedene Kammern des LG Leipzig immer wieder einer gegenteilige Rechtsauffassung dargelegt und nach dieser auch geurteilt83. Die Literatur hat sich z.T. ebenfalls gegen diese Rechtsprechung ausgesprochen und selbst der Gesetzgeber hat diese Rechtsprechung zum Anlaß der Änderung des § 8 VZOG genommen. Ein Vertrauen darin, daß nur ehemals volkseigene Grundstücke von der Verfügungsbefugnis des § 8 VZOG a.F. erfaßt sind, konnte nach alledem nicht entstehen. Der aus der vorhandenen Rechtsunsicherheit resultierende Klärungsbedarf 84 sollte mit der Änderung des § 8 VZOG erledigt werden. Selbst die vom OLG Dresden angenommene echte Rückwirkung wäre deshalb zulässig. Die Zulässigkeit ergibt sich aber auch noch aus einem anderen Grunde. Selbst wenn ein schützenswertes Vertrauen auf die Auslegung des § 8 VZOG in der Form, daß nur ehemals volkseigene Grundstücke betroffen sind, sich hätte entwickeln können, so müßte es wegen überragender Belange des Gemeinwohls zurücktreten 85 . Die Tatsache, daß seit dem Inkrafttreten des VZOG vielfach unabhängig von der Eigentumslage verfügt wurde, darf insoweit nicht außer Acht gelassen werden. Alle getroffenen Verfügungen wären unsicher, in Fällen des scheinbaren Volkseigentums sogar unwirksam. Alle Investitionsvorhaben auf Grundstücken, die von Verfügungsbefugten veräußert wurden, werden gefährdet, wenn ein Investor bei weiteren Investitionen der Gefahr ausgesetzt ist, auf fremden Boden zu wirtschaften. Die Annahme einer unzulässigen Rückwirkung hätte damit den Effekt einer „Investitionsbremse". Auch jetzt benötigen die neuen Ländern nichts dringender als Investitionen bzw. deren Fortsetzung. Die Belange des Gemeinwohls überragen hier einen Vertrauensschutz. Dies gilt um so mehr, als mit der Rückwirkung kein wirtschaftlicher Schaden verursacht wird. Wie ausgeführt erhalten alle Berechtigten einen Ausgleich für Rechtsverluste aufgrund von Verfügungen nach § 8 VZOG. Ist mit der Rückwirkung aber kein Schaden verbunden, so gilt das grundsätzliche Rückwirkungsverbot nicht86.

83 Vgl. ζ. B. LG Leipzig Urt. v. 19. 8.97 - 7 Ο 2413 /97 und Urt. v. 3.7.96 - 3 Ο 0426/96. 84 BT-Drs. 13/7275 S. 73 ff. 85 Allg. Sachs,GG, Art. 20 Rn. 86 m.w. N. 86 BVerfGE 7, 89, 93; 22, 241, 252.

. Das Verhältnis von § 8 VZOG und Art.

GG

277

I I I . Zwischenergebnis Der § 8 VZOG n.F. enthält keinen Enteignungstatbestand. Die Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 3 Abs. 1 GG zwingen aber zu einer verfassungskonform Analogie, so daß nach § 8 Abs. 4 und 5 VZOG jeder materiell Berechtigte, egal ob öffentlicher oder privater, wegen Rechtsverlusten aufgrund einer Verfügung nach § 8 Abs. 1 VZOG einen Ersatzanspruch auf den Erlös, mindestens aber den Verkehrswert erhält. Eine echte und verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung hat der Gesetzgeber dem § 8 VZOG n.F. weder ausdrücklich beigemessen, noch entfaltet er eine sonstige unzulässige Rückwirkung. Selbst wenn man eine Rückwirkung annimmt, so ist dies gerechtfertigt. Ein entgegenstehendes schutzwürdiges Vertrauen hat sich und konnte sich nicht entwickeln. Die Verfassungsmäßigkeit des § 8 VZOG ist aber nur bei analoger Anwendung der Ausgleichregelungen der Absätze 4 und 5 VZOG gegeben. Der Gesetzgeber sollte hier klarstellend tätig werden und die Ersatzansprüche auf alle materiellen Berechtigten auch nach dem Wortlaut für anwendbar erklären.

§ 6 Zusammenfassung Der Gesetzgeber hat mit § 8 Abs. 1 VZOG für enumerativ aufgezählte Körperschaften des öffentlichen Rechtes eine Befugnis eingeführt, über Grundstücke zu verfügen, die, unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung, im Grundbuch als „Eigentum des Volkes" geführt werden. Die Befugnis zu verfügen besteht unabhängig davon, wem das betreffende Grundstück gehört, unabhängig davon, ob zu DDR-Zeiten tatsächlich Volkseigentum begründet wurde und ob der jetzige Eigentümer eine Privatperson oder eine juristische Person des öffentlichen Rechtes ist. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG erfaßt deshalb privates und öffentliches Grundeigentum, das vom derzeitigen Grundbucheintrag „Eigentum des Volkes" überlagert wird, in gleicher Weise. Die Befugnis zu verfügen ist eine gesetzliche Ermächtigung, die teilweise einer möglichen rechtsgeschäftlichen Ermächtigung nach § 185 BGB entspricht, darüber aber hinausgeht. Die gesetzliche Verfiigungsermächtigung, wie die Verfügungsbefugnis auch in § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG bezeichnet wird, begründet für den Verfügungsbefugten (Ermächtigten) die Rechtsmacht im eigenen Namen wirksam über ein fremdes Recht zu verfügen. Seine Verfügungen gelten nach § 8 Abs. 2 S. 2 VZOG als die eines Berechtigten. Das Gesetz schafft damit für einen gegenständlich Nichtberechtigten die Möglichkeit wie ein Berechtigter zu verfugen. Dies entspricht der Verfügungsmöglichkeit eines rechtgeschäftlich Ermächtigten gemäß § 185 BGB, bei dem der Berechtigte statt des Gesetzgebers die Verfügung eines Nichtberechtigten wirksam werden läßt. Die Verfügung eines Ermächtigten nach § 185 BGB und die eines gesetzlich Ermächtigten nach § 8 VZOG sind keine Verfügungen eines Nichtberechtigten nach § 816 BGB, sondern die Verfügungen eines Berechtigten nach § 873 BGB. Der Verfügungsbegriff des § 8 Abs. 1 VZOG umfaßt sachenrechtliche, schuldrechtliche, verfahrensrechtliche „Verfügungen" und tatsächliche Maßnahmen. Zu nennen sind insbesondere Umwandlungen nach § 58 UmwG (1969) und die Erfüllung von Ansprüchen nach dem SachRBerG als sachenrechtliche Verfügungen. Die Verfügungsbefugnis kann so ihrer Funktion als Mittel zur sofortigen und umfassenden Verwertung und Bewirtschaftung von Grundstücken, die wegen des Grundbucheintrages bisher ohne festgestellten Eigentümer sind, gerecht werden. Im Außenverhältnis unterliegen die Verfügungsbefugten keinen gesetzlichen Beschränkungen. Demgegenüber besteht zwischen den Verfügungsbefugten einerseits und den materiell Berechtigten (Eigentümern) sowie privaten und öffentlichen Restitutionsberechtigten andererseits im Innenverhältnis ein gesetzliches Schuldver-

§ 6 Zusammenfassung

279

hältnis. Aus diesem entspringen für die Verfügungsbefugten neben Vergewisserungs- und Unterlassungspflichten auch Schadensersatzansprüche nach den Grundsätzen der pVV. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber an verschiedenen Stellen (§ 3 Abs. 3 VermG, § 12 Abs. 1 VZOG) Schutzgesetze geschaffen, deren Mißachtung durch die Verfügungsbefugten ebenfalls zu Schadensersatzansprüchen führen kann. Korrespondierend zur weiten Rechtsmacht der Verfügungsbefugten auf den Rechtskreis der Berechtigten einzuwirken, haben diese nach § 8 Abs. 4 und 5 VZOG Ausgleichsansprüche, die durch Auskehr eines erzielten Erlöses (Entgeltes) bzw. eines höheren Verkehrswertes im Einzelfall einen echten wirtschaftlichen Ausgleich bewirken. Der bisherige Wortlaut des § 8 Abs. 4 VZOG läßt eine Auslegung dahingehend, daß auch privaten Berechtigten diese normierten Ausgleichsansprüche zustehen, nicht zu. Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung ist deshalb im Wege einer Analogie die bestehende Regelungslücke zu schließen und die Anspruchsberechtigung auf private Berechtigte auszudehnen. Während sich ein öffentlicher Berechtigter durch Vorlage eines zu seinen Gunsten lautenden Zuordnungsbescheid als Anspruchsberechtigter legitimiert, erfolgt die Legitimation eines privaten Berechtigten durch Beweise, mit denen auch eine Grundbuchberichtigung erreicht werden hätte können, was nach einer Verfügung gemäß § 8 Abs. 1 VZOG wegen der zwischenzeitlichen Eintragung eines Dritten (Erwerbers) nicht mehr möglich sein wird. Wenn sowohl der Zuordnungsbescheid als auch die sonstigen Beweise nach Vorlage beim Grundbuchamt zur Grundbuchberichtigung und damit zum Wegfall der Verfügungsbefugnis führen können, dann reichen diese auch zur Legitimation für einen Ausgleichsanspruch nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG (analog) aus. Sämtliche korrespondierenden Ausgleichsansprüche des Berechtigten wegen Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG richten sich nach § 8 Abs. 4 und 5 VZOG (analog). Das allgemeine Zivilrecht kommt daneben nicht zur Anwendung. Dies resultiert aus einer teilweisen Besserstellung des Berechtigten durch das VZOG gegenüber den allgemeine zivilrechtlichen Ausgleichsregelungen. Die Verfügungen nach § 8 Abs. 1 VZOG werden nämlich, soweit es um die Erlösauskehr geht, den Rechtsfolgen nach, wie Verfügungen eines Nichtberechtigten nach § 816 Abs. 1 S. 1 BGB behandelt. Dagegen entspricht die Mindestsicherung der Berechtigten nach § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG (analog) durch den Anspruch auf Auskehr des jeweiligen Verkehrswertes den Rechtsfolgen nach der Verfügung eines (Verfügungs-)Berechtigten (Ermächtigten nach § 185 BGB), von dem der gegenständlich Berechtigten nach §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt, 818 Abs. 2 BGB Wertersatz beanspruchen kann. Dieses Konglomerat bewirkt einer Besserstellung des Berechtigten durch § 8 Abs. 4 S. 2 VZOG (analog). Würden die Verfügungen nach § 8 VZOG nämlich durchgehend als Verfügungen eines Nichtberechtigten behandeln, so hätte der Berechtigte nur einen verschuldensabhängigen Wertersatzanspruch nach den §§ 989,

280

§ 6 Zusammenfassung

990 BGB analog, im Fall der durchgehenden Behandlung als Verfügung eines Berechtigten dagegen nur einen Wertauskehr- und keinen Erlösauskehranspruch.

Zugunsten der Verfügungsbefugten sind korrespondierende Ausgleichsansprüche gesetzlich nicht normiert. Insoweit kann auf die bereicherungsrechtlichen Grundsätze der Verwendungs-, Aufwendungs- und Rückgriffskondiktion zurückgegriffen werden, wobei dem Berechtigten der Schutz vor aufgedrängter Bereicherung zukommen muß. Die Verfügungsbefugnis ist in ihrem Bestand von privaten und öffentlichen Restitutionsansprüchen unberührt. Verfügungen, die den restitutionsrechtlichen Verfügungsverboten zuwiderlaufen, lösen wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes nach § 823 Abs. 2 BGB Schadensersatzansprüche aus, deren Erfüllung nach § 249 S. 1 BGB in erster Linie durch Naturalrestitution zu erfolgen hat. Insbesondere in den Fällen einer errichtenden Umwandlung kann diese durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluß erfolgen. Damit wird auch außerhalb des quasidinglichen Schutzes durch die Grundstücksverkehrsordnung ein umfassender Schutz der Restitutionsberechtigten erreicht. Die Verfügungsbefugnis endet in den mit § 8 Abs. 3 VZOG normierten Fällen und darüber hinaus, wenn der für ihren Bestand allein maßgebliche Grundbucheintrag von „Eigentum des Volkes" durch eine Grundbuchänderung wegfällt. Dasselbe gilt im Falle des tatsächlichen Wegfalls eines Verfügungsgegenstandes. Die gegen eine materielle Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG vorgebrachten verfassungsrechtliche Bedenken sind in der Sache unbegründet, insbesondere stellt die Befugnis zu verfügen keinen Enteignungstatbestand i. S. d. Art. 14 Abs. 3 GG dar.

§7 AusblickEin Auftrag an den Gesetzgeber Böhringer, der sich selber als Vater der Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG bezeichnet hat, hat über diese Befugnis einmal gesagt, sie habe sich bewährt. Damit sie sich umfassend bewähren kann, mußten viele offene Fragen geklärt werden. Die vorstehenden Überlegungen haben aber nicht nur einige Fragen beantwortet, sondern auch neue aufgeworfen. Deutlich wurde insbesondere, daß der „gesetzgeberische Reparaturbetrieb" an verschiedenen Stellen erneut gefordert ist. Die Verfügungsbefugnis nach § 8 Abs. 1 VZOG muß vom Gesetzgeber durch eine Änderung des Absatzes 4 gestärkt werden, indem eine ausdrückliche Regelung des Ausgleiches auch für private Eigentümer vorgesehen wird, die von Verfügungen nach Absatz 1 betroffen sind. Es wäre zugunsten der Rechtssicherheit für Verfügungsbefugte und Berechtigte wünschenswert, wenn die vorliegend entwikkelte analoge Anwendung durch die gesetzgeberische Schließung der aufgezeigten Regelungslücke obsolet werden würde. Anläßlich einer gesetzlichen Neuregelung des § 8 VZOG in diesem Sinne wäre es sinnvoll, wenn der Gesetzgeber auch die übrigen offenen Fragen einer klaren Regelung zuführt. Es seien hier nochmals die Fragen des Ausgleiches bei der Erfüllung von Ansprüchen nach dem SachRBerG als auch des Ausgleichsanspruches eines Verfügungsbefugten für Verfügungen, die dem Berechtigten einen nachhaltigen Vorteil bringen, genannt. Der Gesetzgeber ist aber besonders wegen einer sich abzeichnenden Rechtsprechung des BGH gegen den erklärten Willen des Gesetzgebers gefordert. Wird er die notwendigen Ergänzungen und Klarstellungen vornehmen, so wird man mit Böhringer auch für die Zukunft davon ausgehen können, daß sich die Verfügungsbefugnis nach § 8 VZOG bewährt.

Anhang

Anhang

284

Entwicklung der Verfügungsbefugnis

Art 7 des Gesetzes zur Beseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (l.VermRÄndG oder Hemmnisbeseitigungsgesetz) v. 22. März 1991 -BGBl. 19911, S. 766

Art. 9 des Gesetzes zur Änderung des ermögensgesetzes und anderer Vorschriften (2.VermRÄndG) v. 14.Juli 1992 - BGBl. 1992 I, S. 1257 Neufassung des VZOG v. 3. August 1992 BGBl. 1992 I, S. 1464

§ 6 VZOG- Verfugungsbefugnis

§ 6 VZOG- Verfugungsbefugnis

(1) Zur Verfügung über Grundstücke und Gebäude, die im Grundbuch noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, sind befugt:

1) Zur Verfügung über Grundstücke und Gebäude, die im Grundbuch noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, sind befugt:

a)

die Gemeinden, Städte und Landkreise, wenn sie selbst oder ihre Organe oder ehemaligen volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft im Zeitpunkt der Verfügung als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks eingetragen sind,

a)

die Gemeinden, Städte und Landkreise, wenn sie selbst oder ihre Organe oder ehemaligen volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft im Zeitpunkt der Verfügung als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks eingetragen sind,

b)

die Länder, wenn die Bezirke, aus denen sie nach dem Ländereinfiihrungsgesetz v. 22.7.1990 das nach Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt Π des EV in Verbindung mit dem Art. 1 des Gesetzes v. 23. September 1990 fortgilt, gebildet worden sind, oder deren Organe als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks eingetragen sind.

b)

die Länder, wenn die Bezirke, aus denen sie nach dem Ländereinführungsgesetz v. 22.7.1990 das nach Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt II des EV in Verbindung mit dem Art. 1 des Gesetzes v. 23. September 1990 fortgilt, gebildet worden sind, oder deren Organe als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks eingetragen sind.

Anhang

285

Anhang I

von § 6 VZOG a.F. bis § 8 VZOG n.F. Ait. 16 des Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung registerrechtlicher und anderer Verfahren (RegVBG) v. 20. Dezember 1993 - BGBl. 1993 I, S. 2182 Neufassung des VZOG v. 29.März 1994 BGBl. 1994 I, S. 709

Art. 2 des Gesetzes zur Absicherung der Wohnraummodernisierung und einiger Fälle der Restitution (Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz) v. 17.Juli 1997- BGBl. 19971, S. 1823

§ 8 VZOG- Verfügungsbefugnis

§ 8 VZOG- Verfügungsbefugnis

1) Zur Verfügung über Grundstücke und Gebäude, die im Grundbuch noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, sind befugt:

1) Zur Verfügung über Grundstücke und Gebäude, die im Grundbuch oder Bestandsblat t noch als Eigentum des Volkes eingetragen sind, sind unabhängig von der Richtigkeit der Eintragung befugt:

a)

die Gemeinden, Städte und Landkreise, wenn sie selbst oder ihre Organe oder ehemaligen volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft im Zeitpunkt der Verfügung als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks eingetragen sind, oder wenn ein dingliches Nutzungsrecht ohne Eintragung oder bei Löschung eines Rechtsträgers eingetragen worden ist.

a)

die Gemeinden, Städte und Landkreise, wenn sie selbst oder ihre Organe oder ehemaligen volkseigenen Betriebe der Wohnungswirtschaft im Zeitpunkt der Verfügung als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks eingetragen sind, oder wenn ein dingliches Nutzungsrecht ohne Eintragung oder bei Löschung eines Rechtsträgers eingetragen worden ist,

b)

die Länder, wenn die Bezirke, aus denen sie nach dem Ländereinführungsgesetz v. 22.7.1990 das nach Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt II des EV in Verbindung mit dem Art. 1 des Gesetzes v. 23. September 1990 fortgilt, gebildet worden sind, oder deren Organe als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks eingetragen sind.

b)

die Länder, wenn die Bezirke, aus denen sie nach dem Ländereinführungsgesetz v. 22.7.1990 das nach Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt Π des EV in Verbindung mit dem Art. 1 des Gesetzes v. 23. Septemeber 1990 fortgilt, gebildezt worden sind, oder deren Organe als Rechtsträger des betroffenen Grundstücks eingetragen sind.

c)

die Treuhandanstalt, wenn als Rechtsträger einec) landwirtschaftliche Produktionssenossenschaft. ein ehemals volkseigenes Gut, ein ehemaliger staatlicher Fortswirtschaftsbetrieb oder ein çhenmqligçs ForMinriçhtungwmt, φ çhçmals volkseigenes Gestüt, eine ehemalige Pferdezuchtdirektion oder ein ehemals volkseigener Rennbetrieb, ein Betrieb des ehemaligen Kombinates Industrielle Tierproduktion, das Ministerium für Staatssicherheit oder das Amt für Nationale Sicherheit eingetragen ist.



der Bund in allen übrigen Fällen.

d)

die Treuhandanstalt, wenn als Rechtsträger eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, ein ehemals volkseigenes Gut, ein ehemaliger staatlicher Fortswirtschaftsbetrieb oder ein ehenmaliges Forsteinrichtungsamt, ein ehemals volkseigenes Gestüt, eine ehemalige Pferdezuchtdirektion oder ein ehemals volkseigener Rennbetrieb, ein Betrieb des ehemaligen Kombinates Industrielle Tierproduktion, das Ministerium für Staatssicherheit oder das Amt für Nationale Sicherheit eingetragen ist, der Bund in allen übrigen Fällen.

Der Bund wird durch das Bundesvermögensamt Der Bund wird durch das Bundesvermögensamt vertreten, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Das vertreten, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Das Bundesministerium der Finanzen kann durch Bescheid Bundesministerium der Finanzen kann durch Bescheid für einzelne Grundstücke oder durch Allgemeinßir einzelne Grundstücke oder durch Allgemeinverfügung für eine Vielzahl von Grundstücken eine verfügung ßr eine Vielzahl von Grundstücken eine andere Behörde des Bundes oder der Treuhandanstalt andere Behörde des Bundes oder der Treuhandanstalt als Vertreter des Bundes bestimmen. Der Bund als Vertreter des Bundes bestimmen. Der Bund überträgt nach Maßgabe der Artikel 21 und 22 des überträgt nach Maßgabe der Artikel 21 und 22 des Einigungs vertrages seine Verfügungsbefugnis auf das Einigungsvrtr«gç$ winç Vçrfijgyngiïçfvgnis çutf fas Land oder die Kommune, in dessen oder deren Gebiet Land oder die Kommune, in dessen oder deren Gebiet das Grundstück ganz oder überwiegend liegt das Grundstück ganz oder überwiegend liegt

286

Anhang

Verfügungen nach Satz 1 unterließen nicht den Vorschriften in bezug auf Verfügungen über eigenes Vermögen der verfügenden Stelle. Im Rahmen der Verfü gungsbefugnis dürfen Verpflichtungen vorbehaltlich der Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches über die Vertretung nur im eigenen Namen ein gegangen werden. Wird in Rahmen der Verfuzunesbefuenis Besitz an einem Grundstück überlassen, so gilt S 571 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend. (2) Die Verfügungsbefugnis des Eigentümers oder treu-händerischen Verwalters des betroffenen Grundstücks oder Gebäudes sowie die Rechte Dritter bleiben un-berührt. Auf Grund der Verfügungsermächtigung nach Absatz 1 vorgenommene Rechtsgeschäfte gelten als Verfügungen eines Berechtigten

(2) Die Verfügungsbefugnis des Eigentümers oder treu-händerischen Verwalters des betroffenen Grundstücks oder Gebäudes sowie die Rechte Dritter bleiben un-berührt. Auf Grund der Verfügungsermächtigung nach Absatz 1 vorgenommene Rechtsgeschäfte gelten als Verfugungen eines Berechtigten

(3) Die Verfugungsbefugnis nach Absatz 1 endet, wenn

(3) Die Verfügungsbefugnis nach Absatz 1 endet, wenn

a)

a)

b)

in Ansehung des Grundstückes oder Gebäudes ein Bescheid nach §§ 2,4 oder 7 unanfechtbar geworden und eine öffentlich oder öffentlich beglaubigte Urkunde hierüber dem Grundbuchamt vorgelegt worden ist.

§ 878 des BGB ist entsprechend anzuwenden. Der Verfügungsberechtigte gilt in den Fällen des Satzes 1 weiterhin als befugt, eine Verfugung vorzunehmen, zu deren Vornahme er sich wirksam verpflichtet hat, wenn vor dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruches bei dem Grundbuchamt beantragt worden ist. (4) Die auf Grund der Verfügungbefugnis nach Absatz 1 veräußerten Grundstücke und Gebäude sowie das Entgelt sind in einer Liste von den Innenministerien zu erfassen Das Entgelt ist bis zu einer Entscheidung über die Zuordnung nach §§ 1 und 2 dieses Gesetzes auf ein Sonderkonto des jeweiliegn zuständigen Innen-ministeriums einzuzahlen. Es ist danach dem in dem Bescheid festgestellten Berechtigten unverzüglich auszuzahlen.

in Ansehung des Grundstückes oder Gebäudes ein Bescheid nach §§ 2,4 oder 7 unanfechtbar geworden und b) eine öffentlich oder öffentlich beglaubigte Urkunde hierüber dem Grundbuchamt vorgelegt worden ist; der Bescheid oder die Urkunde ist unbeschadet einer noch vorzunehmenden Vermessung zu den Grundakten zu nehmen. § 878 des BGB ist entsprechend anzuwenden. Der Verfügungsberechtigte gilt in den Fällen des Satzes 1 weiterhin als befugt, eine Verfügung vorzunehmen, zu deren Vornahme er sich wirksam verpflichtet hat, wenn vor dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruches bei dem Grundbuchamt beantragt worden ist. (4) Die auf Grund der Verfügungbefugnis nach Absatz 1 veräußerten Grundstücke und Gebäude sowie das Entgelt sind dem Innenminsterium des betreffenden Landes mizuteilen und von diesem in einer Liste zu erfassen. Die nach Absatz 1 verfugende Stelle ist verpflichtet, zeitgleich zu der Verfü gung einen Zuordnunesantraz nach $ l Abs. 6 zu stellen und den Erlös, mindestens aber den Wert des Vermögensgegenstandes dem aus einem unanfechtbaren Bescheid über die Zuordnung nach den SS 1 und 2 hervorgehenden Berechtigten auszukehren.

Anhang

287

( la ) Verfügungen nach Absatz 1 unterliegen nicht den Vorschriften in bezug auf Verfügungen über eigenes Vermögen der verfugenden Stelle. Im Rahmen der Verfügungsbefugnis dürfen Verpflichtungen vorbehaltlich der Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches über die Vertretung nur im eigenen Namen eingegangen werden. Wird in Rahmen der Verfügungsbefugnis Besitz an einem Grundstück überlassen, so gilt § 571 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend.

(la) Verfügungen nach Absatz 1 unterliegen nicht den Vorschriften in bezug auf Verfügungen über eigenes Vermögen der verfügenden Stelle. Im Rahmen der Verfügungsbefugnis dürfen Verpflichtungen vorbehaltlich der Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches über die Vertretung nur im eigenen Namen eingegangen werden. Wird in Rahmen der Verfügungsbefugnis Besitz an einem Grundstück überlassen, so gilt § 571 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechend.

(2) Die Verfügungsbefugnis des Eigentümers oder treu-händerischen Verwalters des betroffenen Grundstücks oder Gebäudes sowie die Rechte Dritter bleiben un-berührt. Auf Grund der Verfügungsermächtigung nach Absatz 1 vorgenommene Rechtsgeschäfte gelten als Verfügungen eines Berechtigten

(2) Die Verfügungsbefugnis des Eigentümers oder treu-händerischen Verwalters des betroffenen Grundstücks oder Gebäudes sowie die Rechte Dritter bleiben un-berührt. Auf Grund der Verfügungsermächtigung nach Absatz 1 vorgenommene Rechtsgeschäfte gelten als Verfügungen eines Berechtigten

(3) Die Verfügungsbefugnis nach Absatz 1 endet, wenn

(3) Die Verfügungsbefugnis nach Absatz 1 endet, wenn

a)

in Ansehung des Grundstückes oder Gebäudes ein Bescheid nach §§ 2, 4 oder 7 unanfechtbar geworden und b) eine öffentlich oder öffentlich beglaubigte Urkunde hierüber dem Grundbuchamt vorgelegt worden ist; der Bescheid oder die Urkunde ist unbeschadet einer noch vorzunehmenden Vermessung zu den Grundakten zu nehmen. § 878 des BGB ist entsprechend anzuwenden. Der Verfügungsberechtigte gilt in den Fällen des Satzes 1 weiterhin als befugt, eine Verfügung vorzunehmen, zu deren Vornahme er sich wirksam verpflichtet hat, wenn vor dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruches bei dem Grundbuchamt beantragt worden ist.

a)

in Ansehung des Grundstückes oder Gebäudes ein Bescheid nach §§ 2, 4 oder 7 unanfechtbar geworden und b) eine öffentlich oder öffentlich beglaubigte Urkunde hierüber dem Grundbuchamt vorgelegt worden ist; er Bescheid oder die Urkunde ist unbeschadet einer noch vorzunehmenden Vermessung zu den Grundakten zu nehmen. § 878 des BGB ist entsprechend anzuwenden. Der Verfügungsberechtigte gilt in den Fällen des Satzes 1 weiterhin als befugt, eine Verfügung vorzunehmen, zu deren Vornahme er sich wirksam verpflichtet hat, wenn vor dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruches bei dem Grundbuchamt beantragt worden ist.

(4) Die auf Grund der Verfügungbefugnis nach Absatz 1 veräußerten Grundstücke und Gebäude sowie das Entgelt sind dem Innenminsterium des betreffenden Landes mizuteilen und von diesem in einer Liste zu erfassen. Die nach Absatz 1 verfügende Stelle ist verpflichtet, zeitgleich zu der Verfügung einen Zu-ordnungsantrag nach § 1 Abs. 6 zu stellen und den Erlös, mindestens aber den Wert des Vermögens-gegenstandes dem aus einem unanfechtbaren Bescheid über die Zuordnung nach den §§ 1 und 2 hervorgehenden Berechtigten auszukehren.

(4) Die auf Grund der Verfügungbefugnis nach Absatz 1 veräußerten Grundstücke und Gebäude sowie das Entgelt sind dem Innenminsterium des betreffenden Landes mizuteilen und von diesem in einer Liste zu erfassen. Die nach Absatz 1 verfügende Stelle ist verpflichtet, zeitgleich zu der Verfügung einen Zu-ordnungsantrag nach § 1 Abs. 6 zu stellen und den Erlös, mindestens aber den Wert des Vermögens-gegenstandes dem aus einem unanfechtbaren Bescheid über die Zuordnung nach den §§ 1 und 2 hervorgehenden Berechtigten auszukehren.

(5) Die verfugende Stelle kann im Falle des Absatzes (5) 4 Die verfügende Stelle kann im Falle des Absatzes 4 Satz 2 anstelle der Auskehr des Erlöses oder des Satz 2 anstelle der Auskehr des Erlöses oder des Wertes das Eigentum an dem Grundstück, GrundWertes das Eigentum an dem Grundstück. Grundstücksteil oder Gebäude oder an einem Ersatzstücksteil oder Gebäude oder an einem Ersatzgrundstück verschaffen. Beabsichtigt die verfugendegrundstück verschaffen. Beabsichtigt die verfügende Stelle nach Satz 1 vorzu-gehen, wird auf Antrag der Stelle nach Satz 1 vorzugehen, wird auf Antrag der verfügenden Stelle das Eigentum durch Zuordnungs- verfügenden Stelle das Eigentum durch Zuordnungsbescheid (§2) der zuständigen Behörde (§1) byjçhçid (§2) fer zwtfndigw Bçhçrfc (§1) pyf dçn Berechtigten (Absatz 4 Satz 2) übertrafen. Die Sätze 1auf den Berechtigten (Absatz 4 Satz 2) übertragen. Die und 2finden keine Anwendung auf den in £ 1 Absatz 6 Sätze 1 und 2 finden keine Anwen-dung auf den in § 1 Absatz 6 des Wohungsgenossenschafts-Vermödes Wohungsgenossenschafts- Vermögensgesetzes bezeichneten Grund und Boden: insoweit gilt das in gensgesetzes bezeichneten Grund und Boden; insoweit gilt das in jener Vorschrift vorgesehene Verfahren jener Vorschrift vorgesehene Verfahren

Anhang

288

Art 233 § 2 Abs. 1 und 2 EGBGB

Anhang I I

in der Fassung durch Anlage I Kap. ΙΠ Sachgebiet Β Abschnitt Π Nr. 1 des Einigungsvertrages

in der Fassung vom 17.7.1997 durch das WoModSiG (BGBl. 1, 1823)

Auf das am Tag des Wirksamwerdens des Beitrittes bestehende Eigentum an Sachen finden von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung, soweit nicht in den nachstehenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.

1. Auf das am Tag des Wirksamwerdens des

Wem bisheriges Volkseigentum zufallt oder wer die verfügungsbefugnis über bisheriges Volkseigentum erlangt, richtet sich nach den besonderen Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums.

2. Bei ehemals volkseigenem Grundstücken wird unwiderleglich vermutet, daß in der Zeit vom 15. März 1990 bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 die als Rechtsträger eingetragene staatliche Stelle und diejenige Stelle, die deren Aufgaben wahrgenommen hat. und in der Zeit vom 3. Oktober bis zum 24. Dezember 1993 die in £ 8 des Vermögenszuordnungsgesetzes in der seit dem 25. Dezember 1993 geltenden Fassung bezeichneten Stellen zur Verfügung über das Grundstück befugt waren. $ 878 des Bürgerlichen Gesetzbuches gilt auch für den Fortfall der Verfügungsbefugnis sinngemäß. Die vorstehenden Sätze lassen Verbote, über ehemals volkseigene Grundstücke zu verfügen, namentlich nach £ 68 des Zivilgesetzbuches und der Zweiten. Dritten und Vierten Durchfuhrungsverordnung zum Treuhandgesetz unberührt. Wem bisheriges Volkseigentum zusteht. richtetsich nach den Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums.

3. Ist der Eigentümer..

Beitrittes bestehende Eigentum an Sachen finden von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung, soweit nicht in den nachstehenden Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.

3. Ist der Eigentümer

19 Gohrke

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Art 233 § 2 Abs. 2 EGBGB

äS^rAÜf^^r nehmende stLthche Stelle

Vermutung einer VFB für den

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Γ Rückwirkende Anwendung des · ! § 8 VZOG a. F. auf noch nicht j beendete Verfahren gemäß ! S Art 19 Abs. 6 RegVBG \

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Art 7 Abs. 2 S. 2 WoModSiG ·

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§ 8 VZOG n.F.

17.07 1997

I , : Keine Rückwirkung, sondern ex nunc Heilung durch nachträgliche Genehmigung des noch ; ί Verfügungsbefugten analog § 185 Abs. 2 BGB j

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i" Rückwirkende Anwendung des | ! §8VZOGn. F. auf Verfahren, \ ! in denen noch kein Urteil/keine J I Einigung vorliegt gemäß j

e ο \/70Γτ a F » ο ν ^wvj a.r.

25.12 1993 I

I I I § 6 VZOG n.F.

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14.07 1992 I

§ 6 VZOG a.F.

+

23.03.1991 I I

Vermutung einer Verfiigungsbefugnis (VFB) fur die in § 8 VZOG a.F. bezeichneten Sellen, Art 233 § 2 Abs. 2 EGBGB

3.10.1990 I

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I

Τ

I 15.03.1990 I

Zeitliche Geltung der Vorschriften über eine Verfügungsbefugnis nach dem VZOG und besondere Rückwirkungstatbestände

Anhang III

Anhang 289

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arverzeichnis Abwendungsbefugnis siehe Ersetzungsbefugnis Abwicklung 21 ff. Abzug anrechenbarer Nachteile 248 Administrativenteignung 259 f. Altschuldenhilfegesetz 103 Amtshaftung 228 Analogie, verfassungsrechtlich gebotene 269 f. Anhang 284 ff. Anspruchsprinzip 97 Antragsbefugnis 193 Antragsrecht, im Zuordnungsverfahren 61 Artikel 135 a GG 265 ff. Aufgedrängte Bereicherung 250 f., 254 Auflassung, an sich selbst 102 Aufwendungen 249 f., 252 f. Aufwendungskondiktion 249 Ausgleichsansprüche 173 ff., 247 ff. - bei Verfügung über scheinbares Volkseigentum 202 ff. - bei Verfügung über wahres Volkseigentum 194 ff. Ausschlussfrist, Art. 237 § 2 EGBGB 72 f. Baumaßnahmen eines Verfügungsbefugten 130 Befugnis zu verfügen, Inhalt 133 ff. Belastungsentgelt 186 Belastungsermächtigung 185 Berechtigter 60 ff., 87 f., 90,145 ff. Beschleunigungseffekt 63,222 Besitzrecht 94 - aus einer Ermächtigung 178,189 - obligatorisches 138 Besserstellung, der Berechtigen nach VZOG 200 Bestandskraftzeugnis 30 Bestellung dinglicher Rechte 213 Betriebe, kommunal unterstellte 31,104 f.

Betriebsvermögen 129 Bevollmächtigung 88 Bewilligung, der Grundbuchänderung 30, 96 Bewilligungsbefugnis 55,193 Bewirtschaftungskosten, Abzug 252 Blickfeld, des Gesetzgebers 74 Bruttoerlös 252 Buchberechtigter 42 ff. Buchposition 51 ff. Bundestreue 147 f. Dauerschuldverhältnisse, Entgelt unter Wert

222 Doppelkondiktionslehre 191 Drittschädigungsbefugnis 181 Eigenbetrieb, faktischer 110,129 Eigenständige Ausgleichsregelung 196 Eigentum des Volkes siehe Volkseigentum Eigentum, sozialistisches 80 f. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis 177 f. Eigentumsbegriff, Neufassung des 43, 84 Eigentumsverluste 273 ff. Eingriffskondiktion, besondere 175 Eingriffsrecht, des Ermächtigten 176 Einheitskondiktionslehre 191 Einigungsvertrag 23 ff., 83 Einwilligung, in die Verfügung siehe Ermächtigung Einwirkungen, auf ein Grundstück 130 Einzelrechtsnachfolge - gesetzliche 43,46, 115 - rechtsgeschäftliche 115 Einzelübertragung, Verzicht auf 126 Einziehungsermächtigung 137 Enteignung, durch die Verfügungsbefugnis 257 ff. Enteignungsbegriff 258 ff. Entgelt siehe Erlös

Sachwortverzeichnis Entreicherung 248, 254 Erbbaurechte 188 f., 218 Erblastentilgungsfonds 103 Erlangung, der Verfügungsbefugnis 166 f., 171 Erlös 95,209 f., 214,219 f., 236 ff. Ermächtigung 87 f., 133 ff., 173 ff. - Ermächtigungsbefiignis 87 - Ermächtigungserklärung 139 Ersatzgrundstück 200 Ersatzteillager 124 Ersetzungsbefugnis 64, 200,233 Erstattungsanspruch, öffentlich-rechtlicher 239 Erwerb, gutgläubiger 40 ff. Feststellungsbescheid siehe Zuordnungsbescheid Fiktion - der Berechtigung 62 - gesetzliche 136 Finalität, einer Enteignung 260 f. Finanzvermögen 24 Fiskalerbschaft, scheinbare 155 Fiskalerbschein 156 Fondinhaber 81 Freistellung, aus persönlicher Schuld 186, 215,249,254 Gebäudeeigentum 59 Gebrauch, einer Ermächtigung 190 Gebrauchsmöglichkeit, als Bereicherung 184 Gegenleistungen, vertragliche 180 Gemeinschuldner 146 Genehmigung - einer Verfügung 167 f. - kommunalaufsichtliche 148 - Genehmigungsbefugnis 169 - Genehmigungsempfänger 169 Gesamtrechtsnachfolge - gesetzliche 45 f., 115 ff., 124 f. - partielle 120 Geschäftsanteile, als Erlös 209 Geschäftsführung ohne Auftrag 91, 132, 144, 174, 182,196 Geschäftsgegner 135 Gesetzgeber, Auftrag an den 281

301

Gleichbehandlung, der Berechtigten 271 ff. Grundbuchbereinigungsgesetz 50 Grundbuchberichtigung 161 Grundbuchblockade 75 Grundbuchdokumentationsordnung 41 Grundbucheintrag 56 f., 67 ff. Grunddienstbarkeiten 187 f., 216 f. Grundpfandrechte 185 ff., 214 ff. Grundsatz der Gleichbehandlung, Analogie 203 Grundstücke, persönliche 84 Grundstückseigentümer, § 14 SachRBerG 96 ff. Grundstücksverkehrsordnung, -genehmigung 227,229 f., 238 Guter Glaube, an die Verfügungsbefugnis 49,173 Halbwertgrundsatz 98 Handelsregistereintragung 112 Handlungsermächtigung 74 Heilung, einer Verfügung 165, siehe auch Konvaleszenz Heilungsvorschriften 67 ff., 211 ff. Hemmnisbeseitigungsgesetz 284 Identität, wirtschaftliche 112 Inhalts- und Schrankenbestimmung 257 ff. Inhalts- und Schrankenbestimmung, ausgleichspflichtige 263,269 ff. Insolvenzverfahren 166 Insolvenzverwalter 146 Instandhaltung 130 Instandsetzung 130 Inventar, dem Landwirt gehörender 123 Inventarliste 123 Investitionsvorranggesetz 91 Junktimklausel 257 Kammergerichtsrechtsprechung 77 Klagebefugnis 96 Klarstellung, des Gesetzes 73 f., 164, 204 Kommunalabgaben 97,254 Kommunalverfassungsgesetz 106,109 Kommunalvermögensgesetz 83,108 Kompensationsmöglichkeit 223 Komplettierungskäufe 166

302

arverzeichnis

Kontrahierungszwang 98 Konvaleszenz 165 ff. Kündigung 96 Legislativenteignung 259 f. Legitimation, als Berechtigter 205 Leipziger Problem 229 ff. Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH 22,103 f., 111,230 ff., 244 f. Liegenschaftsämter, Vergewisserung der 232 Luftfahrzeugen, Gesetz über Rechte an 124 Maßgeblichkeit, DDR-Rechtsnormen 68 f. Maßgeblichkeit, DDR-Rechtspraxis 69 f., 264 Maßnahmen, tatsächliche 130 ff., 225, 247 ff. Mietvertrag, als Verfügung 94 Mindestsicherung, des Berechtigten 197 f., 222 f. Mitwandern, des Restitutionsanspruches 230 f. Modrow-Gesetz 82, 166 Nachteile, anrechenbare 248 Nachzeichnungsprinzip 67 f. Naturalrestitution 228 Negativattest 231 Nettoerlös 252 f. Nichtberechtigter 42 ff., 62,75 f., 175 Noch-Nicht-Ermächtigter 170 Notgeschäftsführung 91 Nutzer, nach SachRBerG 97 Nutzung, genossenschaftliche 142 Nutzungsentgelt, verkehrsunübliches 222 obiter dictum, des BGH 66,102 Pachtkreditgesetz 123 Pachtverträge siehe Schuldrechtliche Verträge Parteien kraft Amtes, Verfügungsbefugnis 146 Privatisierungsauftrag 23 Privatrechtsgestaltender Bescheid 246 Prüfung, der Grundbuchrichtigkeit 150 f.

Räumung 96 Rechte Dritter 58 f. Rechtsausschuss, Anhörung des 29 Rechtsausschuss, Beschlussempfehlung des 73 f. Rechtsbereinigung, eingeschränkte 70 Rechtsfolgen 173 ff. Rechtsfolgenparallele 195,214 Rechtsgesamtheit, Verfügung über eine 123 Rechtsgeschäft, genehmigungsfähiges 169 Rechtsinhaber 32, 85 Rechtskrafterstreckung 100 Rechtsposition, materielle (der Verfügungsbefugten 55,63,134 Rechtsscheinermächtigung 136 Rechtsscheinerwerb siehe Erwerb, gutgläubiger Rechtsscheintatbestand, doppelter 47 ff. Rechtsschutz, der Berechtigten 157 ff. Rechtsträger 32,81 - Rechtsnachfolger 172 Rechtsweg 158,239, 245 f. Rechtszuständigkeit siehe Verfügung Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz 50,60,64,162,285 Reparaturgesetzgeber 211 Restitutionsansprüche 59,141 ff., 225 ff. - Ausschluss, durch Veräußerung 236 f. - öffentliche 233 ff. - private 226 ff. Restitutionsberechtigte 143 ff. Restitutionsbescheid 221,226 Restitutionsverpflichtung 235 Richtigkeitsvermutung, § 891 BGB 150 Rückauflassungsprobleme 212 Rückgriffskondiktion 249 Rückwirkung 162 ff., 273 ff., 289 Sacheinlage 104,128 - erleichterte 126,128 Sachenrechtsbereinigungsgesetz 96,218 Sachgesamtheit 104 - Verfügung über eine 123 Sachgründung 103 f. Sachwalter, Verfügungsbefugte als 146 Scheinermächtigung 136 Scheinverfügungsbefugnis 49 Schuldrechtliche Verträge, Ausgleich 218 ff.

Sachwortverzeichnis Schutz, quasi-dinglicher 149,227 Schutzgesetze, zugunsten der Berechtigten 228,243 Schweretheorie 258 Selbstverschaffung 95,125 Sonderopfertheorie 258 Sonderrechtsnachfolge 120 Sondervermögen, der Kommune 110 Sowjetarmee, Vermögen der 147,150 Spezialsukzession 120 Staatsvertrag 77,109 Subjektwechsel siehe gutgläubiger Erwerb Surrogation 62 Treuhänder 91,132 Treuhandgesetz 77 Trümmergrundstück 129,233 Überbrückungsmittel 39 Übergang, gemäß § 571 BGB 94 Übergangsmittel 33 Übertragung - im Rahmen einer Umwandlung 182, 208 ff. - im Sinne einer Verfügung 114 ff. - zuordnungswidrige 211 ff. Übertragungsart, rechtsgeschäftlich initiierte

120 Umwandlung - Arten, nach UmwG (1969) 105 - errichtende 102 ff., 182 ff., 208 ff., 229 ff. - formwechselnde 105 - übertragende 105 - Umwandlungserklärung 111 f. - verschmelzende 105 Universalsukzession 121 Unrichtigkeitsvermutung 151 Unterlassungsanspruch, -pflicht 141, 143, 223 Unternehmen 107 f. - kommunale 55 Untersagungsverfahren, nach VZOG 149 Unwirtschaftliche Verträge, zu Lasten der Berechtigten 222 f. Veräußerung, eines Grundstücks 174 ff., 193 ff. Veräußerung, nach SachRBeiG 207 f.

303

Verbindlichkeiten, der DDR 265 ff. Verbindlichkeiten, Tilgung fremder 254 Verfahrensmängel 68 ff. Verfassungskonforme Auslegung 268 f. Verfassungswidrigkeit, § 8 VZOG 257 ff. Verfügung, einstweilige 158 Verfügungen 84 f., 93 ff., 111 ff. - als unerlaubte Handlung 177 - rechtsgrundlose 191,224 f. - teilweise vollzogene 160 f. - unentgeltliche 198 Verfügungsbefugnis 28 ff. - als Enteinung 257 ff. - als Überbrückungsmittel 101 - als Verfügungsermächtigung 37 - Begründung 135 ff. - des Eigentümers 54 - Ende 160 ff. - Grenzen 139 ff. - guter Glaube an 86 f. - Idee und Funktionsweise 29 ff. - Inhalt 137 f. - Insolvenz 88 - nach dem BGB 84 ff. - nach dem Vermögensgesetz 90 - nach ZGB der DDR 80 ff. - § 8 VZOG a.F. 64 ff. - § 8 VZOG n.F. 67 ff. - § 6 VZOG a.G. 29 ff. - Rechtscharakter, Rechtsmacht, Rechtsfolgen 80 ff. - Sinn und Umfang 29 ff. - Testamentsvollstreckung 88 Verfügungsbefugte 31,89 ff. Verfügungsbegriff, sachenrechtlicher siehe Verfügung Verfügungsberechtigte 89 f., 144,235 Verfügungsbeschränkung 90 f. Verfügungsermächtigung siehe Verfügungsbefugnis Verfügungsfolgen, gegenstandsbezogene 174 Verfügungsgegner 135 Verfügungsmacht 85 Verfügungspflicht - aus dem VermG 223 - aus dem VZOG 223 Verfügungsverbot

304

arverzeichnis

- gerichtliches 158 - nach ZGB 82 - relatives 158 Verfügungssperre 141,143 f., 242 f. Vergewisserungspflicht 228,231 f., 243 Verhältnismäßigkeit, verfassungsrechtlich 267 ff. Verkaufsgesetz 76 Verkehrsfähigkeit 63,66 Verkehrsgeschäft 55,95 f., 124 f. Verkehrsschutz 265 Verkehrsunfähigkeit, von Grundstücken 41 Verleihung, der Verfügungsbefugnis 61 Vermietung 130 Vermietung, unter Wert 222 Vermittlungsvermerk 100 Vermögensgegenstände, dem Kaufmann gehörende, 124,127 ff. Vermögensnachfolge, partielle 112,120 Vermögensopfer des Ermächtigten 250 Vermögensübergänge, unwirksame 211 Vermögensübersicht 111 ff., 231 Vermögensübertragung, gesamthafte 120 Vermögenszuordnungsgesetz 23 ff. Vermutung, § 891 BGB 35,44 f., 49 Vermutung, Art 233 § 2 EGBGB 76, 289 Verpachtung, unter Wert 222 VeφflichtungseΓmächtigung 137 f., 189 Verträge, schuldrechtliche 189 ff. Vertrauenstatbestand 42 ff. Vertretbarkeit, von Verfügungen unter Verkehrswert 198 f. Verwalter, operativer 80 f. Verwaltungstreue 147 f. Verwaltungsvermögen 24,147 f., 153 f. Verwendungen 249 f., 252 f. Verwendungskondiktion 249 Verwertung, gewinnbringende 181 Volkseigentum 21,42 ff., 80 f. Volkseigentum, scheinbares 34, 48 ff., 54, 76,202 ff. Volkseigentum, wahres 32,76,194 ff. Voreintragung 30,50 f., 54,201 Vorfahrtsregelungen 91 Vorfeldbefugnis 38 Vorhaben, investives 91

Wege- und Leitungsrechte siehe Grunddienstbarkeiten Weisungen, des Ermächtigenden 152 Wert - des Verfügungsgegenstandes 181 - des Vermögensgegenstandes 99 - einer Verfügung aus einer Ermächtigung

180 Wertbemessung, subjektive 250 f. Wertbestimmung, maßgeblicher Zeitpunkt 182,187,188, 201 Wertdifferenz, wegen dinglicher Belastung 186,217 Wertermittlungsverordnung 197 Wertsteigerungen, durch Ermächtigte 250 Wertverbesserung 131 Widerruf, der Ermächtigung 160 f. Widerspruch, Grundbuchverfahren 157 Widmungswidrigkeit von Verfügungen 147 f. Wiedererlangung, der Verfügungsbefugnis 166,171 Wirtschaftseinheit, betriebsfähige 108 Wirtschaftseinheiten 23,104 Wohngenossenschafts-Vermögensgesetz 141, 144 Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz 67 ff., 164, 285 Wohnungsbestand, als Unternehmen 106 f. Wohnungsgenossenschaften 109,141 ff. Wohnungsgesellschaften, kommunale 65, 233 Wohnungs vermögen 31, 141,233 Wohnungswirtschaft 24, 31, 104, 106 (Liquidation) Zivilrechtsänderungsgesetz 41 Zufallsenteignungen 260 Zuordnung 21 - materielle 23,58 - Zuordnungsbehörden 27 - Zuordnungsberechtigter 33,60,194 - Zuordnungsbescheid, deklaratorischer 26 ff., 30, 34 ff., 48, 54,58, 60,161, 234 - Zuordnungsprätendent siehe Zuordnungsberechtigter

Sachwortverzeichnis - Zuordnungsverfahren 26 ff., 58,60 Zustimmung, zur Verfügung siehe Ermächtigung

Zuweisungsbescheid 234 Zuweisungsgehalt, Eingriff 177 Zweckverfehlung, bei Erlösauskehr 240

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