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German Pages 377 Year 2013
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 70
Die Auflösung von Unternehmenszusammenschlüssen nach § 41 Abs. 3 GWB Unter Berücksichtigung der Auflösung des Erwerbs von Anteilen über die Börse nach der aktuellen Rechtslage und nach Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle
Von
Sabine Sabir
Duncker & Humblot · Berlin
SABINE SABIR
Die Auflösung von Unternehmenszusammenschlüssen nach § 41 Abs. 3 GWB
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen
Band 70
Die Auflösung von Unternehmenszusammenschlüssen nach § 41 Abs. 3 GWB Unter Berücksichtigung der Auflösung des Erwerbs von Anteilen über die Börse nach der aktuellen Rechtslage und nach Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle
Von
Sabine Sabir
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat diese Arbeit im Jahre 2012 als Dissertation angenommen.
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D61 Alle Rechte vorbehalten © 2013 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-14074-9 (Print) ISBN 978-3-428-54074-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-84074-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Meiner Familie
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2012 von der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf als Dissertation angenommen. Für die Veröffentlichung wurden Literatur und Rechtsprechung bis einschließlich März 2013 berücksichtigt. Die in dieser Arbeit vertretenen Ansichten sind rein persönlicher Natur. Mein herzlicher Dank gilt meinem verehrten Doktorvater Herrn Professor Dr. Christian Kersting, der wertvolle Anregungen zu dieser Arbeit beigesteuert und mich während der Zeit ihrer Erstellung in jeglicher Hinsicht hervorragend unterstützt hat. Herrn Professor Dr. Jan Busche danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Mein Dank gilt ferner all denjenigen, die zum Entstehen, Gelingen sowie der Vollendung dieser Arbeit beigetragen haben. Insoweit danke ich zunächst Herrn Rechtsanwalt Dr. Tobias Klose sowie Herrn Rechtsanwalt Dr. Christian Horstkotte, die mich auf das Thema dieser Arbeit brachten und mir insbesondere im Anfangsstadium wertvolle Unterstützung zukommen ließen. Dank gebührt auch meinen ehemaligen Lehrstuhlkollegen Frau Sarah Groh, Frau Ute König, Herrn Daniel Benrath und Herrn Dr. Jan Heskamp sowie Herrn Dominik Fanatico, Frau Nina Messinger und allen weiteren Kollegen und Freunden, die ich an dieser Stelle nicht alle erwähnen kann. Sie haben mir während der Promotionszeit sowohl auf persönlicher wie auch auf fachlicher Ebene mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Frau Monika Scheithauer danke ich für die kontinuierliche Motivation, ihr jederzeit offenes Ohr und die Schaffung der bestmöglichen Arbeitsbedingungen. Besonderen Dank schulde ich schließlich meiner Familie, insbesondere meinen Eltern, da sie mir die juristische Ausbildung ermöglicht und mich in all meinen Entscheidungen unterstützt haben, sowie meinem Mann Dr. Hemmen Sabir für seinen Ansporn, die vielfältige Unterstützung und seine wertvollen Korrekturarbeiten. Ohne meine Familie wäre diese Arbeit nicht entstanden, ihr ist sie gewidmet. Düsseldorf, im April 2013
Sabine Sabir
Inhaltsverzeichnis Einleitung
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I. Einführung in den Gegenstand der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23 25
Teil 1 Die der Auflösung nach § 41 Abs. 3 unterliegenden Zusammenschlüsse A. Vollzogener Unternehmenszusammenschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vollzogener Zusammenschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vermögens- und Anteilserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Vermögenserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB . . . . . . . . . . . b) Der Anteilserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB. . . . . . . . . . . . . . . c) Vollendung von Anteils- und Vermögenserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vollendung des Vermögenserwerbs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Fortführung des Unternehmens als solches. . . . . . . . . . . . . (2) Vermögenserwerb durch Umwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Erwerb des Vermögens zu einem wesentlichen Teil . . . . bb) Vollendung des Anteilserwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verbriefte Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Anteile in Sonderverwahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Anteile in Sammelverwahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Anteile in einer Sammelurkunde/Globalurkunde. . . . (d) Der Sonderfall der Dauerglobalurkunde . . . . . . . . . . . (e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unverbriefte Anteile. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Sukzessive Anteilserwerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens . . . . . . . . . . (a) Gesellschaft bürgerlichen Rechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die Offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Juristische Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kontrollerwerb oder wettbewerblich erheblicher Einfluss. . . . . . . . . . .
32 32 32 33 34 34 37 39 40 40 41 42 42 44 45 49 54 55 59 59 60 61 62 62 63 64 64
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Inhaltsverzeichnis a) Der Kontrollerwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Faktische Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wettbewerblich erheblicher Einfluss gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vollendung des Kontrollerwerbs/wettbewerblich erheblichen Einflusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Erwerb einer rechtlich begründeten Einflussmöglichkeit . . . . . bb) Erlangen von faktischem Einfluss aufgrund Erlangens der Scheingesellschafterstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenergebnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64 65 66 68 70 71 71 71
B. Überschreiten der Umsatzschwellen des § 35 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. „Illegalität“ des Zusammenschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kein Verstoß gegen das Vollzugsverbot erforderlich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Keine Untersagung vor Auflösung erforderlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74 74 75 75
D. Kein Auflösungshindernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kein Auflösungshindernis durch Befreiung vom Vollzugsverbot. . . . . . . . II. Antragstellung zur Erteilung einer Einzelfallerlaubnis durch den Bundesminister für Wirtschaft und Technologie gemäß § 42 GWB. . . . . III. Wirksame vorherige Freigabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufhebungs- und Abweichungsverbot. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beseitigung der Freigabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Widerruf nach § 40 Abs. 3a GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rücknahme und Widerruf nach §§ 48, 49 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . c) Aufhebung durch das Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76 76 77 78 78 79 80 80 82 83
E. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Teil 2 Die zivilrechtliche Risikoverteilung bei Unternehmenszusammenschlüssen, die der Auflösung unterliegen A. Der formell illegal vollzogene Unternehmenszusammenschluss . . . . . . . . . I. Die Auswirkungen der Unwirksamkeit nach § 41 Abs. 1 S. 2 GWB auf den Vollzug der einzelnen Unternehmenszusammenschlüsse. . . . . . . . 1. Die gegen das Vollzugsverbot verstoßenden Rechtsgeschäfte . . . . . . . . a) „Rechtsgeschäft“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verstoß gegen das Vollzugsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kaufpreiszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86 87 87 89 89 89 91 93
Inhaltsverzeichnis
11
cc) Umwandlungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung der Unwirksamkeitsfolge für die Zusammenschlusstatbestände des § 37 Abs. 1 GWB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anteils- und Vermögenserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätzliche Verhinderung des Anteils- oder Vermögenserwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Anwendbarkeit der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf die Übertragung von Gesellschaftsanteilen b) Kontrollerwerb und wettbewerblich erheblicher Einfluss . . . . . . . . c) Zusammenschlüsse im Sinne des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB . . . . . . . aa) Die Ausnahmen nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB in der Fassung bis Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Ausnahmen nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB in der Fassung des Gesetzesentwurfs zur 8. GWB-Novelle . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Bedeutung der Ausnahmen des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB für die hier untersuchten Fälle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Umwandlungsvorgänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens . . . . . . . . . . d) Die Auswirkung der Unwirksamkeit auf Gesellschaften, die (noch) nicht unter § 41 Abs. 1 S. 3 GWB fallen . . . . . . . . . . . . . . . aa) Personengesellschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die zivilrechtliche Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirksames Verpflichtungsgeschäft, unwirksame Übertragung . . . . . . . a) Die Leistungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Verteilung der Leistungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Leistungsgefahr bei Unternehmens- und Beteiligungserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bedeutung der Leistungsgefahr bei Untersagung eines Zusammenschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Erlöschen auch des Besitzverschaffungsanspruchs? . . . . . . . . . b) Die Preis- oder Gegenleistungsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätzlich: Verkäufer trägt die Preisgefahr . . . . . . . . . . . . . bb) Ausnahme: Verlagerung der Preisgefahr auf den Erwerber . . (1) Übergang der Preisgefahr gemäß § 326 Abs. 2 BGB . . . (a) Verantwortlichkeit des Gläubigers im Sinne des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Die Anrechnung des infolge der Leistungsbefreiung Ersparten/Erlangten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Übergang der Preisgefahr nach § 446 S. 1 BGB . . . . . . .
93 95 96 96 96 97 100 101 101 102 103 103 104 104 104 107 108 109 110 111 111 112 112 113 113 114 114 114 115 115 121 122
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Inhaltsverzeichnis (3) Kein Rückfall der Preisgefahr an den Veräußerer durch Rücktritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Verwendungsrisiko. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis zur Risikoverteilung bei wirksamem Verpflichtungsund unwirksamem Erfüllungsgeschäft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts und der Übertragung . . . . . . a) Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verträge nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ersitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verbindung/Vermischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundstückserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Umwandlungsvorgänge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Neugründung eines Gemeinschaftsunternehmens. . . . . . . . . . . . 3. Unwirksames Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . a) Die Rückabwicklung nach §§ 985 ff. BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Herausgabe des Vertragsgegenstands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Vindikationsfähigkeit einer Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Vindikationsfähigkeit eines Unternehmens . . . . . . . . . . . . . (3) Besitz an unwirksam übertragenen, verbrieften Anteilen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Kein Recht zum Besitz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Herausgabe/Rückzahlung des Kaufpreises. . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zuweisung des Risikos bei Wertminderung. . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Risikoverteilung im Rahmen der §§ 812 ff. BGB . . . . . . . . . . . aa) Anwendungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anspruch auf Herausgabe des Zusammenschlussobjekts . . . . . (1) Anspruchsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Das Erlangte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kein Kondiktionsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Der Umfang des Herausgabeanspruchs. . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kaufpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zuweisung des Risikos bei Wertveränderungen . . . . . . . . . . . . . (1) Marktbedingte Wertverluste. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Von dem Erwerber zu vertretende Wertminderung . . . . . . (a) Verschärfte Haftung nach § 819 Abs. 2 BGB . . . . . . . (b) Verschärfte Haftung nach § 820 Abs. 1 BGB . . . . . . . (aa) Verschärfte Haftung bei auflösend bedingtem Verpflichtungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Verschärfte Haftung bei aufschiebend bedingtem Verpflichtungsgeschäft? . . . . . . . . . . . . . . . . . .
124 124 125 126 126 126 126 127 128 129 129 130 130 131 132 133 133 133 135 137 139 140 141 141 143 143 144 146 147 148 150 153 154 156 156 157 158
Inhaltsverzeichnis
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(cc) Verschärfte Haftung bei Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts ex tunc . . . . . . . . . . . . . . (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Der Ausgleich von Wertsteigerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis zur Risikoverteilung bei Unwirksamkeit von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unwirksames Verpflichtungsgeschäft, wirksame Übertragung . . . . . . . a) Ansprüche des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ansprüche des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis zur Risikoverteilung bei unwirksamem Verpflichtungsgeschäft und wirksamem Erfüllungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gegenüberstellung der Risikoverteilung, Stellungnahme und Ergebnis 1. Gegenüberstellung der Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
167 167 167 169 170
B. Der im Zeitpunkt seines Vollzugs formell legale Unternehmenszusammenschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wirksames Verpflichtungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unwirksames Verpflichtungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufschiebend bedingtes Verpflichtungsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auflösend bedingtes Verpflichtungsgeschäft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
171 173 173 173 174 174
162 163 164 164 166 166 167
C. Zusammenfassung der Ergebnisse des 2. Teils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
Teil 3 Die Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung im Auflösungsverfahren A. Die Auflösung eines formell illegal vollzogenen Zusammenschlusses bei persönlichem Vertragsschluss zwischen den Vertragsparteien. . . . . . . I. Adressaten der Auflösungsverfügung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Besondere Voraussetzungen der Adressatenschaft im Rahmen des § 41 Abs. 3 GWB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mitwirkung am Zusammenschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zurechenbare Förderung der Vollendung durch den Käufer. . bb) Zurechenbare Förderung der Vollendung durch den Verkäufer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zurechenbare Förderung der Vollendung durch sonstige Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erforderlichkeit der Mitwirkung an der Auflösung. . . . . . . . . . . . . . aa) Erforderlichkeit der Mitwirkung des Käufers . . . . . . . . . . . . . . bb) Erforderlichkeit der Mitwirkung des Verkäufers . . . . . . . . . . . .
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180 180 182 182 182 182 183 184 184 185
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Inhaltsverzeichnis cc) Erforderlichkeit der Mitwirkung weiterer Personen . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Heranziehung der ordnungsrechtlichen Grundsätze über die Störerhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wettbewerbsbeschränkung als Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Adressaten nach der ordnungsrechtlichen Störerhaftung . . . . . aa) Zustandsstörer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Das marktbeherrschende Unternehmen als Zustandsstörer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Organe und Gesellschafter als Zustandsstörer. . . . . . . . . . . (3) Der Veräußerer als Zustandsstörer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zustandsstörerhaftung im Gemeinschaftsunternehmen . . . (5) Die Zielgesellschaft als Zustandsstörer. . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verhaltensstörer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Unmittelbare Verursachung einer Gefahr für den Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Legitimation des Zusammenschlusses durch Freigabe oder Ministererlaubnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Organe und Gesellschafter als Verhaltensstörer? . . . . . . . . cc) Die Inanspruchnahme des Nichtstörers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme und Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Auswahl der verhältnismäßigen Auflösungsmaßnahme . . . . . . . . . . . . 1. Geeignete Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wiederherstellung des vorherigen Zustands (Restitution) . . . . . . . . aa) Kein grundsätzlicher Vorrang der Restitution . . . . . . . . . . . . . . . bb) Restitution bei Unmöglichkeit der Rückgabe des Unternehmens bzw. der Beteiligung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Keine Restitution bei Unfähigkeit oder Unwilligkeit des Veräußerers zur Fortführung des Unternehmens. . . . . . . . . . . . . dd) Restitution trotz Unmöglichkeit der Kaufpreisrückzahlung. . . ee) Ausstattung des Unternehmens mit seiner vorherigen Wettbewerbsfähigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Restitution nach Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verkaufslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Pro rata-Entflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Anordnung von Verkaufslösungen im Fall der Unmöglichkeit der Herauslösung des Unternehmens oder Unternehmensteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sonstige tatsächliche oder rechtliche Hindernisse des Verkaufs an einen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Verkauf zu einem Mindestpreis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
186 187 187 189 190 190 191 191 193 193 194 194 195 197 197 199 199 200 201 201 202 203 204 207 208 209 210 211 214
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Inhaltsverzeichnis ee) Verbindung mit der Einsetzung eines Verwaltungstreuhänders. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Teilauflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kompensationsmaßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) „Züchtung“ eines neuen Unternehmens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bestimmung der durch die Auflösungsmaßnahme betroffenen geschützten Rechtsgüter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Restitution. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Wirksames Verpflichtungsgeschäft, unwirksame Übertragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Eingriff in geschützte Rechte des Veräußerers bei Beteiligungserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Eingriff in geschützte Rechte des Veräußerers im Fall des Unternehmenserwerbs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Eingriff in geschützte Rechte des Erwerbers . . . . . . . (2) Wirksames Verpflichtungsgeschäft und wirksame Übertragung des Zusammenschlussobjekts . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Eingriff in geschützte Rechte der am Zusammenschluss Beteiligten bei Beteiligungserwerb . . . . . . . . . (b) Eingriff in geschützte Rechte des übertragenden Rechtsträgers bzw. der Anteilsinhaber bei Vermögenserwerb. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Eingriff in geschützte Rechte des übernehmenden Rechtsträgers bei Vermögenserwerb . . . . . . . . . . . . . . . (d) Eingriff in geschützte Rechte Dritter . . . . . . . . . . . . . . (3) Unwirksames Verpflichtungsgeschäft und unwirksame Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Unwirksames Verpflichtungsgeschäft, wirksame Übertragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verkaufslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Verkäufers (2) Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Erwerbers . . cc) Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Züchtung eines neuen Unternehmens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Milderes Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wirksames Verpflichtungsgeschäft, unwirksame Übertragung (1) Teilrestitution oder vollständige Restitution. . . . . . . . . . . . (2) Verkaufslösungen oder Restitution? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Grundsätzlicher Vorrang der Restitution . . . . . . . . . . . (b) Vorrang der Verkaufslösung wegen Wertgewinns oder -verlusts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Gründe für die Anordnung von Verkaufslösungen . .
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217 218 219 220 222 223 223 224 224 227 228 231 231
233 234 235 235 236 236 237 237 238 239 239 239 240 240 243 243 244 245
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Inhaltsverzeichnis (d) Verkauf durch den Erwerber oder durch den Veräußerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Teilweiser Verkauf an einen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kompensation statt Restitution oder Verkaufslösung . . . . (4) Züchtung eines neuen Unternehmens statt Restitution, Verkaufslösungen oder Kompensationslösungen . . . . . . . . (5) Die Auflösung fehlerhafter Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . (6) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wirksames Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft . . . . . . . . . cc) Unwirksames Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft . . . . . . . dd) Unwirksames Verpflichtungs-, wirksames Erfüllungsgeschäft c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zivilrechtliches Rückabwicklungsrisiko keine absolute Belastungsgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Unzumutbarkeit der Restitution wegen Wertveränderungen c) Keine Entschädigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen für das Auflösungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B. Die Auflösung der formell legal erworbenen Beteiligung bei persönlichem Vertragsschluss zwischen den Vertragsparteien . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Adressaten der Auflösungsverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zustandsstörer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhaltensstörer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhaltensstörer bei Widerruf der Freigabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verhaltensstörer bei Befreiung vom Vollzugsverbot . . . . . . . . . . . . . c) Verhaltensstörer im Fall der gesetzlichen Ausnahme vom Vollzugsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nichtstörer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Wahl der Auflösungsmaßnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geeignetheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirksames Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft. . . . . . . . . . . . . . aa) Bestimmung der durch die Maßnahme betroffenen geschützten Rechtsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verkaufslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kompensation und Züchtung eines neuen Unternehmens bb) Bestimmung der mildesten Maßnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Keine generelle Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unwirksames Verpflichtungsgeschäft, wirksame Übertragung . . . .
249 250 252 253 254 254 255 257 258 259 260 260 261 261 262 264 266 267 267 267 268 269 270 270 271 272 272 272 273 273 273 273 274 274 276 276
Inhaltsverzeichnis
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aa) Bestimmung der betroffenen Rechtsgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Restitution. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verkaufslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Kompensationslösungen und Züchtung eines neuen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bestimmung der mildesten Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgen für das Auflösungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
276 276 277
C. Die Auflösung bei formell illegalem Erwerb von Anteilen über die Börse I. Die zivilrechtliche Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Abschluss des Kaufvertrags an der Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kaufvertrag an Börsen ohne Einsatz einer zentralen Gegenpartei aa) Kaufvertragsschluss über Skontroführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Elektronischer Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Information der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kaufvertrag an Börsen unter Einsatz einer zentralen Gegenpartei c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Übereignung der Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsgeschäftliche Übereignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eigentumsübergang bei Vertragsschluss über die Börse ohne Einsatz einer zentralen Gegenpartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Direkterwerb oder Durchgangserwerb des Kommissionärs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Herrschende Auffassung: Übereignung an den, den es angeht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Kritik an der Annahme einer Gleichgültigkeit des Übertragenden im Hinblick auf den Empfänger . . . . (c) Ergänzende Vertragsauslegung unter ökonomischen Gesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Dingliche Einigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Übergabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Eigentumsübertragung bei Börsen mit einer zentralen Gegenpartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Folgen der Unwirksamkeit des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB für die rechtsgeschäftliche Übereignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Lösung bei Annahme von Durchgangserwerb . . . . . . . . . . . . . . bb) Lösung bei Annahme von Direkterwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesetzlicher Eigentumserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Adressaten der Auflösungsverfügung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
277 278 278 279 280 281 282 285 286 287 287 287 288 289 291 292 293 293 294 294 294 296 298 299 301 301 302 303 304 304 305 307 308
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Inhaltsverzeichnis 1. Zustandsstörer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhaltensstörer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Wahl der Auflösungsmaßnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geeignete Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wiederherstellung des vorherigen Zustands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verkaufslösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kompensationslösungen und die Züchtung eines neuen Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Störerauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bestimmung der mildesten Maßnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Angemessenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Die Auflösung bei formell legalem Erwerb von Anteilen über die Börse 316 E. Die Behandlung des Erwerbs von Anteilen im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 F. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
Teil 4 Überblick über die Auflösung von Zusammenschlüssen im Anwendungsbereich der FKVO A. Die der Auflösung nach Art. 8 Abs. 4 FKVO unterliegenden Zusammenschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vollzogener Unternehmenszusammenschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kontrollerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vollzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Überschreiten der Umsatzschwellen oder Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung . . . . . . . . . . . . . 2. Verweisung auf Grundlage des Art. 4 Abs. 5 FKVO . . . . . . . . . . . . . . . III. Für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt. . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Kein Auflösungshindernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse . . . . . . . . . . . I. Formell illegal vollzogene Zusammenschlüsse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umfang des Vollzugsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das für die Folgen der Unwirksamkeit anzuwendende nationale Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Auflösung des Zusammenschlusses durch die Kommission . . . . .
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a) Eingriff in geschützte Rechte der Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Charta der Grundrechte der EU. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die durch die Grundrechtecharta gewährleisteten Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schranken und Schranken-Schranken der Grundrechte nach der Grundrechtecharta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Wahl der Auflösungsmaßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Wirksames Verpflichtungsgeschäft, unwirksame Übertragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wirksames Verpflichtungsgeschäft und wirksame Übertragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Unwirksames Verpflichtungsgeschäft und unwirksame Übertragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Unwirksames Verpflichtungsgeschäft und wirksame Übertragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Formell legal vollzogener Zusammenschluss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
333 333 333 335 336 337 338 340 341 341 343
Teil 5 Zusammenfassung der Thesen
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Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369
Abkürzungsverzeichnis a. A. Abs. a. E. a. F. AG AGB AJP allg. Anm. Art. Bd. BegrRegE Bem. BGB BGBl. BGH BGHZ BKartA BT BT-Drucks. BVerfG BVerfGE bzw. CCP CM DepotG f. ff. FKVO Fn. FS FWB GG GWB GWB-E HGB
anderer Ansicht Absatz am Ende alte Fassung Amtsgericht, Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktuelle juristische Praxis allgemein Anmerkung Artikel Band Begründung des Regierungsentwurfs Bemerkung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundeskartellamt Besonderer Teil Drucksache des Deutschen Bundestages Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Central Counterparty Clearing-Mitglied Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren folgende fortfolgende Fusionskontrollverordnung Fußnote Festschrift Frankfurter Wertpapierbörse Grundgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWB in der Fassung des Gesetzesentwurfs zur 8. GWB-Novelle Handelsgesetzbuch
Abkürzungsverzeichnis Hrsg. i. d. F. JuS LG Mio. Mrd. m. w. N. NCM NJW NJW-RR Nr. Nrn. OLG Rdnr. RG RGZ S. u. a. UmwG Urt. v. vgl. VwVfG WM Xetra z. B. ZIP
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Herausgeber in der Fassung Juristische Schulung Landgericht Millionen Milliarden mit weiteren Nachweisen Nicht-Clearing-Mitglied Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungsreport – Zivilrecht Nummer Nummern Oberlandesgericht Randnummer Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Satz, Seite unter anderem Umwandlungsgesetz Urteil vom, von vergleiche Verwaltungsverfahrensgesetz Wertpapiermitteilungen Exchange Electronic Trading zum Beispiel Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
Ergänzend wird verwiesen auf: Kirchner, Hildebert, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6. Auflage, Berlin 2008.
Einleitung I. Einführung in den Gegenstand der Untersuchung Unternehmenszusammenschlüsse können eine Gefahr für den funktionierenden Wettbewerb darstellen. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sieht daher unter bestimmten Voraussetzungen die vorherige Anmeldung solcher Zusammenschlüsse vor. Ohne eine Freigabe durch das Bundeskartellamt dürfen sie nicht vollzogen werden. Bereits vollzogene Unternehmenszusammenschlüsse, die den Wettbewerb beschränken und die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllen, sind gemäß § 41 Abs. 3 GWB aufzulösen. Die Auflösung bereits vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse war insbesondere in den 80er Jahren ein in der Literatur verbreitetes Thema. Nach Möschel (1979 und 1982)1 setzten sich auch Baumhauer (1985)2 und Kerber (1987)3 monographisch mit der Entflechtung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse auseinander. Immer wieder wurden insbesondere die Fragen nach dem Verhältnis der Wiederherstellung des vorherigen Zustands zu sonstigen Auflösungsmaßnahmen, dem Umfang der Auflösungsverpflichtung und der Pflicht des Verkäufers, das Zusammenschlussobjekt zurückzunehmen, aufgeworfen. Zwar wurde auch damals schon der zivilrechtlichen Risikoverteilung Bedeutung beigemessen, jedoch ohne diese Feststellung zu vertiefen4. Das Interesse an den mit der Auflösung von Unternehmenszusammenschlüssen verbundenen Rechtsfragen nahm spätestens mit Inkrafttreten der 6. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen5 (GWB) zum 1. Januar 1999 ab. Das deutsche Recht übernahm nun, nach dem europäi1 Möschel, Entflechtungen im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen (1979); ders., Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse nach dem GWB im Spannungsverhältnis zum Bürgerlichen Recht und zum Gesellschaftsrecht (1982). 2 Baumhauer, Die Auflösung von vollzogenen Unternehmenszusammenschlüssen im Recht der Zusammenschlusskontrolle (1985). 3 Kerber, Die Unternehmensentflechtung nach dem GWB (1987). 4 Möschel, Auflösung, S. 21, 29; Baumhauer, S. 92 f.; siehe auch Mestmäcker/ Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 50. 5 BGBl. I-1998, S. 2546.
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schen Vorbild, die generell präventive Fusionskontrolle, die vorher nur in Ausnahmefällen galt. Seitdem ist jeder Unternehmenszusammenschluss, der unter die Anmeldepflicht des GWB fällt, vor seinem Vollzug anzumelden. Das Bundeskartellamt entscheidet sodann über die Zulässigkeit des Zusammenschlusses. Bis zur Entscheidung über den Zusammenschluss gilt ein Vollzugsverbot, § 41 Abs. 1 S. 1 GWB. Ein schuldhafter Verstoß gegen das Vollzugsverbot kann gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 S. 2 GWB mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 10% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes der jeweiligen Gesellschaften geahndet werden. Zudem sind die den Zusammenschluss vollziehenden Rechtsgeschäfte gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB zivilrechtlich6 „unwirksam“. Insbesondere aufgrund der hohen Geldbuße kommt es heute nur selten vor, dass das Bundeskartellamt die Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB anordnen muss. Die letzten Auflösungsanordnungen ergingen jeweils im Februar 2007 (Sulzer/ Kelmix/Werfo7) und 2008 (A-TEC/Norddeutsche Affinerie8). In beiden Fällen wurden die Parteien aufgefordert, den Zusammenschluss aufzulösen, entweder durch Rückabwicklung oder durch Verkauf der Anteile an einen Dritten. Dass die von Möschel, Baumhauer und Kerber im Zusammenhang mit der Entflechtung aufgeworfenen Fragen auch nach dem heutigen Recht noch von Relevanz und klärungsbedürftig sind, hat insbesondere der Fall A-TEC/Norddeutsche Affinerie verdeutlicht. Die A-TEC Industries AG (im Folgenden: A-TEC) hatte in mehreren Schritten, teilweise im Paket, teilweise über die Börse, Anteile im Gesamtumfang von 15,1% an der Norddeutschen Affinerie AG (im Folgenden: N. A.) erworben, ohne dies gemäß § 39 Abs. 1 GWB vor dem Vollzug bei dem Bundeskartellamt anzumelden und damit auch ohne mit dem Vollzug, wie durch § 41 Abs. 1 S. 1 GWB vorgeschrieben, zu warten, bis eine Freigabe durch das Bundeskartellamt vorlag. Infolge einer Kapitalerhöhung verwässerten sich die Anteile später auf 13,75%. Das Bundeskartellamt verpflichtete A-TEC dazu, sämtliche Anteile, die A-TEC an der N. A. erworben hatte, zu veräußern oder, soweit es sich um ein von der Bank erworbenes Aktienpaket handelte, dieses an den Verkäufer zurückzuübertragen. Neben den bereits eingangs erwähnten Rechtsfragen kam hier noch hinzu, dass das Bundeskartellamt in dem vollzogenen Anteilserwerb von lediglich 13,75% einen Verstoß gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot sah, da es den Zusammenschlusstat6 BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“. 7 BKartA, Beschluss vom 14.02.2007, B 5-10/07, WuW/E DE-V 1340 – „Sulzer/ Kelmix“. 8 BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“.
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bestand des wettbewerblich erheblichen Einflusses bejahte9. Die Rechtsfolge der Unwirksamkeit des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB galt damit für die gesamte erworbene Beteiligung, also sowohl für das Aktienpaket als auch für die über die Börse erworbenen Anteile.10 Der Erwerber wurde jedenfalls im Hinblick auf die über die Börse erworbenen Anteile zum Verkauf an einen unbeteiligten Dritten verpflichtet.11 Dies überrascht auf den ersten Blick jedenfalls dann, wenn die zivilrechtliche Unwirksamkeitsfolge die dingliche Übereignung erfasst. Dann wäre nämlich der bisherige Eigentümer weiterhin an dem Zusammenschlussobjekt berechtigt und der Erwerber könnte hierüber nicht ohne weiteres verfügen. Das Zusammenspiel zwischen dem Zivilrecht, insbesondere der zivilrechtlichen Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB und der hoheitlichen Anordnung zur Auflösung eines Unternehmenszusammenschlusses bildet daher den Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung.
II. Gang der Untersuchung Im Geltungsbereich des Grundgesetzes wird die privatrechtliche Freiheit von Unternehmen und Unternehmern, sich zusammenzuschließen bzw. Unternehmen und Anteile an Unternehmen zu erwerben oder zu verkaufen, grundsätzlich gewährleistet. Der Schutz wird insbesondere über die Grundrechte der Zusammenschlussfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG), der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und der Eigentumsfreiheit (Art. 14 GG) entfaltet. Diese Grundrechte stehen gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch inländischen juristischen Personen, also insbesondere Unternehmen zu, soweit sie ihrem Wesen nach auf die juristische Person anwendbar sind. Die Grundrechte werden jedoch nicht unbeschränkt gewährt. Sie stehen insbesondere unter dem Vorbehalt der Grundrechte Dritter.12 Ferner können die meisten Grundrechte durch das Gesetz beschränkt werden. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GWB sieht beispielsweise vor, dass „Inhalt und Schranken“ des Eigentums „durch die Gesetze“ bestimmt werden. Alle verfassungsmäßigen Gesetze des Zivil- und öffentlichen Rechts können demnach grundsätzlich die Eigentumsfreiheit ausgestalten und beschränken.13 Ferner lässt Art. 14 9 BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 (1556 ff.) – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“. 10 BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 (1566) – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“. 11 BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 Tenor II – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“. 12 Vgl. Herdegen, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 1 Abs. 3 Rdnr. 43. 13 BVerfG, Beschluss vom 10.07.1958, 1 BvF 1/58, BVerfGE 8, 71 (79); BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981, 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, 300 (335 f.) – „Naßauskie-
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Abs. 3 GG unter bestimmten Voraussetzungen den vollständigen Entzug des Eigentums durch den Staat (Enteignung) zu. Die Enteignung kann grundsätzlich durch Gesetz („Legalenteignung“ oder „Legislativenteignung“) oder auf Grundlage eines Gesetzes durch Verwaltungsakt („Administrativenteignung“) erfolgen.14 Ähnliche Beschränkungsmöglichkeiten sehen die anderen durch die Auflösungsanordnung möglicherweise betroffenen Grundrechte vor. Da jedoch der Schutzbereich keines dieser Grundrechte über den Schutz des Art. 14 GG hinausgeht15, kann sich die Untersuchung der ordnungsgemäßen Beschränkung der Grundrechte durch die Auflösungsmöglichkeit des GWB vorerst auf Art. 14 GG beschränken. Der Staat kann Beschränkungen grundrechtlich geschützter Positionen aber nicht willkürlich erlassen. Vielmehr ist eine Beschränkung privater Rechte nur unter Beachtung der sonstigen Verfassung und deren Prinzipien zulässig.16 Insbesondere ist der Gesetzgeber an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden, der aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitet wird. Die Beschränkungsnorm muss also einem legitimen Zweck dienen und zu diesem Zweck geeignet, erforderlich und angemessen sein.17 Wenn der Gesetzgeber die Beschränkungsmöglichkeit nur abstrakt vorsieht und die Konkretisierung im Einzelfall der Exekutive, also der Verwaltungsbehörde überlässt (Ermessensspielraum einräumt), geht die Verpflichtung zur Beachtung der verfassungsrechtlichen Grundsätze, insbesondere der Verhältnismäßigkeit, auf die Verwaltungsbehörde über.18 Sie ist als Exekutive in diesem Fall gemäß Art. 20 Abs. 3 GG eigenständig an die Grundsätze der Verfassung gebunden.19 Die Auflösungsverpflichtung nach § 41 Abs. 3 GWB stellt eine Beschränkung bzw. sogar einen Entzug des Eigentums dar: Wenn die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt sind, ist ein Unternehmenszusammenschluss aufzulösen. Soweit das Bundeskartellamt gemäß § 41 Abs. 3 S. 2 GWB die hierzu erforderlichen Maßnahmen anordnen kann, könnte die Vorschrift auch eine Ermächtigung zu einer Administrasung“; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 21; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 339. 14 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht18, § 27 Rdnr. 51; Pieroth/Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 1000. 15 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 58, Rdnr. 95. 16 Pieroth/Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 280 ff. 17 BVerfG, 15.12.1983, 1 BvR 209, 269, 362, 420, 440, 484/83, BVerfGE 65, 1 ff. (54) – „Volkszählung“; Beschluss vom 20.06.1984, 1 BvR 1494/78, BVerfGE 67, 157 ff. (173). 18 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 20 Rdnr. 90a; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 35. 19 Herzog/Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rdnr. 19.
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tiventeignung darstellen. Denn das Bundeskartellamt ist Verwaltungsbehörde und die Auflösungsverfügungen stellen Verwaltungsakte im Sinne des § 35 VwVfG dar.20 Für die Zulässigkeit einer auf Art. 41 Abs. 3 S. 2 GWB gestützten Auflösungsanordnung ist daher zunächst zu untersuchen, ob es sich dabei um eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG oder um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG handelt. Aufgrund der unterschiedlichen Eingriffsintensität von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung werden an die Zulässigkeit der entsprechenden Befugnisnorm unterschiedliche Anforderungen gestellt. Inhalts- und Schrankenbestimmungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie generell und abstrakt Rechte und Pflichten hinsichtlich solcher Rechtsgüter festlegen, die als Eigentum zu verstehen sind.21 Sie stellen zwar zunächst eine Beschränkung des durch Art. 14 GG gewährleisteten Eigentums dar. Dieser Eingriff ist jedoch gerechtfertigt, wenn die Inhalts- und Schrankenbestimmung verfassungsgemäß ist, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht22. Eine solche generell-abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten, nämlich eine Beschränkung der mit dem Eigentum grundsätzlich verknüpften Verfügungsbefugnis einerseits sowie eine Beschränkung des Rechts zum Erwerb von Eigentum andererseits, stellt auch die in § 41 Abs. 3 S. 1 GWB geregelte Pflicht zur Auflösung eines Zusammenschlusses dar. Bei der hoheitlich angeordneten Auflösung handelt es sich aber nicht um eine (Legal-)Enteignung. Denn eine Enteignung setzt neben dem gezielten Entzug konkreter Rechtspositionen23 voraus, dass der Eigentumsentzug der hoheitlichen Beschaffung von Gütern dient, mit denen ein konkretes, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienendes Vorhaben durchgeführt werden soll24. Wenn der Entzug der Rechtsposition aber zur Beseitigung einer von der Eigentumsnutzung ausgehenden Gefahr dient, handelt es sich um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung.25 Die Auflösung nach § 41 Abs. 3 20 Vgl. Karsten Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, Vor § 54 Rdnr. 8; Purrucker, S. 160. 21 BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981, 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, 300 (330 f.) – „Naßauskiesung“; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 36; Pieroth/ Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 999. 22 Pieroth/Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 1007. 23 BverfG, Beschluss vom 16.02.2000, 1 BvR 242/91, 1 BvR 315/99, BVerfGE 102, 1 (15 f.) – „Altlasten“. 24 BVerfG, 22.05.2001, 1 BvR 1512, 1677/97, BVerfGE 104, 1 (9) – „Baulandumlegung“ unter Verweis auf BVerfGE, Beschluss vom 12.11.1974, 1 BvR 32/68, BVerfGE 38, 175 (179 f.) – „Rückenteignung“; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 72. 25 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 77.
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GWB dient der Beseitigung von Beschränkungen des funktionierenden Wettbewerbs26, welcher wegen seiner Funktion für den Markt von allgemeinem öffentlichen Interesse ist. Die fusionskontrollrechtliche Auflösungsverpflichtung nach § 41 Abs. 3 S. 1 GWB ist damit eine Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die verfassungsgemäße27 Inhalts- und Schrankenbestimmung des § 41 Abs. 3 S. 1 GWB kann gemäß § 41 Abs. 3 S. 2 GWB hoheitlich durchgesetzt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der Gesetzgeber den Schutz des Eigentums nämlich „hinter den Interessen der Allgemeinheit an einer freien Entfaltung der unternehmerischen Initiative“ zurücktreten lassen.28 Die auf Grundlage des § 41 Abs. 3 S. 2 GWB erlassene Einzelfallverfügung ist hingegen keine Inhalts- und Schrankenbestimmung, da es ihr an dem für Inhalts- und Schrankenbestimmungen typischen generellen und abstrakten Charakter fehlt. Solche Einzelfallverfügungen oder Vollzugsakte von Inhalts- und Schrankbestimmungen stellen aber eine sonstige Eigentumsbeschränkung dar, die ebenfalls an Art. 14 Abs. 1, 2 GG zu messen ist.29 Die vom Bundeskartellamt erlassene Einzelfallverfügung auf Grundlage des § 41 Abs. 3 Satz 2 GWB muss daher ebenfalls verhältnismäßig sein30, also einem legitimen Zweck dienen, geeignet, erforderlich und angemessen sein sowie die Belange Dritter beachten31. Die Pflicht zur Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ergibt sich 26 KG, Beschluss vom 15.03.1978, Kart. 1/77, WuW/E OLG 1989 (1993) – „Zementmahlanlage“; BKartA, TB 1981/82 S. 24; Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 41 Rdnr. 20; Bosch, in: GemK4, § 41 Rdnr. 11; Baumhauer, S. 51; Klawitter, WuW 1981, 245 (246); Ball-Wissel, WuW 1980, 235 (236); Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 35 ff.; Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24 Rdnr. 391 f.; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 33. A. A. Möschel, Entflechtungen (1979), S. 36; ders., Auflösung (1982), S. 17 f. und Junge, WuW 1985 558 (561), die das Primärziel der Auflösung in der Wiederherstellung des früheren Zustands sehen. Ebenso Monopolkommission, 4. Hauptgutachten 1980/81, Tz. 670 ff. 27 Siehe auch Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 35. 28 BVerfG, Urteil vom 29.11.1961, 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263 (282) – „Feldmühle-Urteil“. 29 Jarass, NJW 2000, 2841 (2841); ders., in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 49 ff.; Pieroth/Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 1024; a. A. Rozek, Die Unterscheidung von Eigentumsbindung und Enteignung (1998), S. 162, der auch die Anwendungs- und Vollzugsakte von Inhalts- und Schrankenbestimmungen selbst als Inhalts- und Schrankenbestimmung qualifiziert. 30 Vgl. Gersdorf, Verfassungsprozessrecht und Verfassungsmäßigkeitsprüfung3, S. 79. 31 Riesenkampff/Lehr, in: LMR, § 41 Rdnr. 18; Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 12. Dies sah § 24 Abs. 6 S. 3 GWB a. F. noch ausdrücklich vor. Da § 24 Abs. 6 S. 3 GWB a. F. aber nach Auffassung der Reformgesetzgeber
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insoweit schon daraus, dass das Bundeskartellamt nur die „erforderlichen“ Maßnahmen anordnen darf32. Dritte können der Verkäufer, aber auch Arbeitnehmer, Lieferanten und Abnehmer sein.33 Die Möglichkeit der Auflösung eines Zusammenschlusses unter den Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB dient dem legitimen Zweck, eine aufgrund rechtswidrigen Vollzugs eines Unternehmenszusammenschlusses entstandene Wettbewerbsbeschränkung zu beseitigen.34 Im Hinblick auf die Auswahl der zur Auflösung erforderlichen Maßnahmen räumt das Gesetz dem Bundeskartellamt die Wahl unter verschiedenen Alternativen und damit ein Auswahlermessen im Sinne des § 40 VwVfG ein. Die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes finden auf die kartellrechtlichen Verwaltungsverfahren als besonders ausgestaltete Verwaltungsverfahren gemäß § 1 VwVfG Anwendung, sofern nicht Spezialvorschriften, hier des GWB, einzelne Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes verdrängen.35 Im Hinblick auf das Ermessen der Kartellbehörde ist insbesondere § 71 Abs. 5 GWB zu beachten, der die gerichtliche Kontrolle der Ausübung des Ermessens durch die Kartellbehörde regelt36. Unter mehreren geeigneten Maßnahmen muss das Bundeskartellamt nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jene Maßnahme auswählen, die „erforderlich“ ist. Eine Maßnahme ist erforderlich, wenn sie nicht durch ein anderes gleich wirksames Mittel erreicht werden kann, welches das betreffende Grundrecht nicht oder deutlich weniger fühlbar einschränkt.37 Insoweit ist eine umfassende und sachgerechte Abwägung aller relevanten Belange öffentlicher sowie privater Art erforderlich.38 Das Bundeskartellamt hat in seine Abwägung bei der Auswahl der zur Auflösung erforderlichen Maßnahmen demnach auch privatrechtliche Belange einzubeziehen. Die privatrechtlichen Belange ergeben sich insbesondere aus der zivilrechtlich vorlediglich allgemeine Rechtsgrundsätze wiederholte, die sich bereits aus der Verfassung ergaben, wurde er im Zuge der 6. GWB-Novelle gestrichen. 32 Erler, Gefahrenabwehr, S. 121. 33 Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24 Rdnr. 395. 34 Siehe oben, Fn. 26, S. 28. 35 Karsten Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, vor §§ 54 ff. Rdnr. 9. Vgl. auch BKartA, Beschluss vom 09.03.2009 – Gesch.-Z.: B1-243/08, WuW/E DE-V 1711 (1712 f.) – „Faber/Basalt“. 36 Zum Umfang und dem Sinn und Zweck der gerichtlichen Kontrolle von Ermessensentscheidungen der Kartellbehörde vgl. Rittner, in: FS Kaufmann (1972), S. 307 ff. 37 BVerfG, Beschluss vom 20.06.1984, 1 BvR 1494/78, BVerfGE 67, 157 (177); Beschluss vom 31.10.1984, 1 BvR 35, 356, 794/82, BVerfGE 68, 193 (219). 38 Siehe BVerwG, Urteil vom 11.11.2010, 5 C 12/10, NVwZ 2011, 760; siehe auch Fürstenwerth, Ermessensenscheidungen im Außenwirtschaftsrecht (1985), 37.
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gesehenen Risikoverteilung.39 Mit dem Zivilrecht hat der Gesetzgeber unter Berücksichtigung der Interessen der betroffenen Parteien Abwicklungssysteme erschaffen, die er für zwischen den Parteien gerecht erachtet.40 Das Zivilrecht regelt daher beispielsweise, wem im Fall des Scheiterns der Vertragsdurchführung der Vertragsgegenstand und wem der Kaufpreis in welcher Höhe gebührt. Es sieht ferner vor, wer für zwischenzeitlich eingetretene Wertminderungen einzustehen hat. Die zivilrechtliche Risikoverteilung gibt daher auch für das fusionskontrollrechtliche Auflösungsverfahren grundsätzlich den Rahmen vor. Darüber hinaus vermag sie es, die bereits seit den 1980er Jahren im Rahmen der Auflösung diskutierten Fragen einer interessengerechten Lösung zuzuführen. Ziel der vorliegenden Ausarbeitung ist es, unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung Grundsätze für die Auflösung von Unternehmenszusammenschlüssen zu entwickeln. Es wird daher im Folgenden davon ausgegangen, dass eine Einigung der Parteien auf eine bestimmte Auflösungsmaßnahme im laufenden Verfahren nicht möglich war. Einigen sich die Parteien nämlich auf eine bestimmte Auflösungsmaßnahme, so schließen sie in der Regel mit dem Bundeskartellamt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne der §§ 54 ff. VwVfG.41 Die zwangsweise Anordnung von Auflösungsmaßnahmen gemäß § 41 Abs. 3 S. 2 GWB ist dann nicht mehr erforderlich. Die hier entwickelten Grundsätze können aber auch bereits als Verhandlungsgrundlage zwischen den Parteien vor oder während des fusionskontrollrechtlichen Auflösungsverfahrens sowie im Rahmen des diesem eventuell vorausgehenden informellen Verfahrens42 dienen. Schließlich können sie aber auch durch das Bundeskartellamt zur Bestimmung der im Einzelfall anzuordnenden Auflösungsmaßnahme herangezogen werden. Da die zur Auflösung erforderlichen Maßnahmen stets von den individuellen Umständen des Einzelfalls abhängen, kann diese Arbeit allerdings keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Das Ziel kann lediglich darin bestehen, die Bedeutung des Zivilrechts für die Ermessensentscheidung der Kartellbehörde hervorzuheben und Leitlinien sowie Prinzipien für die zivilrechtliche Beurteilung aufzuzeigen. Der Untersuchungsgegenstand beschränkt sich wegen des hier untersuchten Zusammenspiels von Zivilrecht Vgl. Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 50. Vgl. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts5, S. 428. 41 BegrRegE 4. GWB-Novelle, BT-Drucks. VI/2520, S. 32; Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 41 Rdnr. 22; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 44; Riesenkampff/Lehr, in: L/M/R, Kartellrecht2, § 41 GWB Rdnr. 14. 42 Zum informellen Verfahren im Rahmen der Fusionskontrolle vgl. Windbichler, Informelles Verfahren. Das informelle Verfahren findet bereits Berücksichtigung im Rahmen der Begründung des Regierungsentwurfs der 2. GWB-Novelle, WuW 1971, 531 (554). 39 40
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und Verwaltungsrecht auf solche Zusammenschlüsse, die aufgrund von Austauschverträgen (also den Austausch einer Beteiligung bzw. von Vermögensgegenständen gegen Geld) vollzogen wurden. Die Berücksichtigung rein personeller Verflechtungen bleibt dagegen außer Betracht. Um den Rahmen dieser Arbeit abzustecken, wird zunächst dargestellt, welche Formen von Zusammenschlüssen der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB unterliegen (Teil 1). Anschließend werden die zivilrechtliche Risikoverteilung sowie ggf. sonstige zivilrechtliche Wertungen in möglichen Auflösungssituationen untersucht (Teil 2). In Teil 3 erfolgt schließlich die Anwendung der in Teil 2 erarbeiteten zivilrechtlichen Wertungen auf die Auflösung von in Teil 1 identifizierten Zusammenschlussformen sowie die Herausarbeitung von Grundsätzen zur Bestimmung der erforderlichen Maßnahmen im Sinne des § 41 Abs. 3 S. 2 GWB. Dem folgt ein Überblick über die Auflösung grenzüberschreitender Zusammenschlüsse nach der Europäischen Fusionskontrollverordnung (Teil 4). Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Thesen (Teil 5).
Teil 1
Die der Auflösung nach § 41 Abs. 3 unterliegenden Zusammenschlüsse Die Auflösung eines Zusammenschlusses gemäß § 41 Abs. 3 GWB setzt nach dem Wortlaut des Satzes 1 einen vollzogenen Zusammenschluss voraus, der die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt. Von der Zusammenschlusskontrolle werden allerdings, wie sich aus den Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle gemäß §§ 35 ff. GWB ergibt, nur Zusammenschlüsse von Unternehmen erfasst.
A. Vollzogener Unternehmenszusammenschluss I. Unternehmen Die am Zusammenschluss beteiligten Personen müssen Unternehmen im Sinne der §§ 35 ff. GWB sein. An einem Zusammenschluss beteiligt sind einerseits das Objekt, welches bzw. an dem die Beteiligung erworben wird (im Folgenden: Zielgesellschaft), sowie der Erwerber bzw. derjenige, dem der Erwerb zugutekommt. Bei der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens sind an dem Zusammenschluss insbesondere die künftigen Mütter und das Gemeinschaftsunternehmen beteiligt. Der Verkäufer zählt grundsätzlich nicht zu den an dem Zusammenschluss beteiligten Personen. Dies ergibt sich insbesondere aus § 39 Abs. 2 GWB, denn durch dessen Nr. 1 wird festgestellt, dass die „am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen“ zur Anmeldung des Zusammenschlusses verpflichtet sind, der Verkäufer wird in dessen Nr. 2 jedoch gesondert genannt. Wenn der Verkäufer nicht zugleich Zielgesellschaft ist1 oder ein Gemeinschaftsunternehmen gründet, ist es daher gleichgültig, ob er Unternehmen oder natürliche Person ist. Die Parteien des Vertrages, die den Zusammenschluss herbeiführen, sind daher, insbesondere in Fällen des Anteilserwerbs, nicht zwingend identisch mit den am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen. 1 Beispielsweise weil er nur eine Beteiligung an der Zielgesellschaft verkauft und der Erwerb dieser Beteiligung in den Händen des Erwerbers einen Zusammenschlusstatbestand mit der Zielgesellschaft erfüllt.
A. Vollzogener Unternehmenszusammenschluss
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Der Unternehmensbegriff der Fusionskontrolle entspricht im Wesentlichen dem Unternehmensbegriff des § 1 GWB.2 Dieser richtet sich wiederum grundsätzlich3 nach der europäischen Definition des Unternehmens im kartellrechtlichen Sinne. Denn mit der 6.4 und 7.5 GWB-Novelle wurde § 1 GWB in seinem Wortlaut an das europäische Kartellverbot angeglichen, womit ausdrücklich auch eine einheitliche Auslegung der Tatbestandsmerkmale einschließlich des Unternehmensbegriffs einhergehen sollte6. Damit ist der europäische Unternehmensbegriff aufgrund der Entscheidung des nationalen Gesetzgebers grundsätzlich auch rein nationalen Sachverhalten zugrunde zu legen. Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt als Unternehmen im Sinne des Kartellrechts „jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung“.7 Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist das Anbieten von Waren oder Leistungen auf dem Markt.8 Unter den Unternehmensbegriff fallen damit in erster Linie Handelsgesellschaften und sonstige Kaufleute im Sinne der §§ 1, 2 HGB. Im Wege einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise können aber auch natürliche Personen unter den Unternehmensbegriff des Kartellrechts fallen.9
II. Vollzogener Zusammenschluss Auflösungsfähig im Sinne des § 41 Abs. 3 GWB sind nur vollzogene Zusammenschlüsse. Ein Zusammenschluss ist vollzogen, wenn einer der in § 37 Abs. 1 GWB genannten Zusammenschlusstatbestände vollendet wird.10 2 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen (1983), Rdnr. 769; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 1 Rdnr. 27. 3 Sofern nicht die allgemeine Zielsetzung des Kartellrechts hinter der Intention speziellerer Gesetze des deutschen Rechts zurücktreten muss, siehe Kersting/Faust, in: Thüsing, Europäisches Vergabe- und Kartellrecht als Herausforderung für die deutsche Sozialversicherung, S. 107 (137 f.). 4 BGBl. I-1998, S. 2546. 5 BGBl. I-2005, S. 2114. 6 Vgl. BegrRegE 7. GWB-Novelle vom 12.08.2004, BT-Drucks. 15/3640, S. 23, 44. 7 EuGH, Urteil vom 23.04.1991, Rs. 41/90, Slg. 1991, I-1979, Tz. 21 – „Höfner und Elser“. Nur im Wortlaut unterscheidet sich die Definition des BGH: „[. . .]jede Tätigkeit in der Erzeugung oder im geschäftlichen Verkehr, unabhängig von der Organisations- oder Rechtsform, der Dauer oder einer Gewinnerzielungsabsicht“, BGH, Urteil vom 22.03.1976, WuW/E BGH 1469 – „Auto-Analyzer“. 8 EuGH, Urteil vom 16.06.1987, Rs. 118/85, Slg. 1987, I-2599, Tz. 7 – „Kommission/Italien“. 9 Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 35 Rdnr. 22. 10 Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24a Rdnr. 115, allerdings im Rahmen des Vollzugsverbots; Mäger, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 41 GWB Rdnr. 3; Kuhn, in: FK, § 41 Rdnr. 7.
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
Nur wenn ein vollzogener, also vollendeter Zusammenschluss gegeben ist, ist die Beseitigung der hierdurch entstandenen Wettbewerbsbeschränkung und damit die Auflösung dieses Zusammenschlusses erforderlich. Die Norm des § 41 Abs. 3 GWB begründet damit keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Beseitigung der tatsächlichen Folgen eines misslungenen Vollzugsversuchs, solange diese tatsächlichen Folgen nicht einen eigenen Zusammenschlusstatbestand begründen.11 Die der deutschen Fusionskontrolle unterliegenden Formen von Zusammenschlüssen sind in § 37 Abs. 1 GWB abschließend12 aufgezählt: der Vermögenserwerb (§ 37 Abs. 1 Nr. 1), der Anteilserwerb (§ 37 Abs. 1 Nr. 3), der Kontrollerwerb (§ 37 Abs. 1 Nr. 2) und der Erwerb wettbewerblich erheblichen Einflusses (§ 37 Abs. 1 Nr. 4). Vermögens- und Anteilserwerb sowie Kontrollerwerb und Erwerb wettbewerblich erheblichen Einflusses werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten und auf unterschiedliche Weise vollendet. 1. Vermögens- und Anteilserwerb a) Der Vermögenserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB Einen Zusammenschluss stellt es nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB zunächst dar, wenn ein Unternehmen von einem anderen das Vermögen ganz oder zu einem wesentlichen Teil erwirbt. Auf die Form des Erwerbs kommt es für die fusionskontrollrechtliche Relevanz aber nicht an, er kann auf Rechtsgeschäft, insbesondere der Übereignung oder Abtretung, oder auf Gesetz, beispielsweise der Universalsukzession bei Verschmelzung oder im Erbfall, beruhen.13 Der Erwerb des gesamten Vermögens eines Unternehmens führt nicht zu einer bloßen Beteiligung, sondern zu dem Erwerb des gesamten Unternehmens, das entweder als Solches übernommen wird oder infolge des Vermögenserwerbs in dem Erwerber aufgeht.14 Ein Unternehmenskauf zeichnet sich dadurch aus, dass ein Inbegriff an Sachen, Rechten und sonstigen VerVgl. Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 41 Rdnr. 6; so wohl auch Baumhauer, S. 68; a. A. wohl Kuhn, in: FK Kartellrecht, GWB 2005, § 41 Rdnr. 15, demzufolge ein Zusammenschluss auch dann vollendet sein soll, wenn er rein tatsächlich vollzogen ist. Die von Kuhn gegebenen Beispiele beruhen allerdings ohnehin nur auf den Zusammenschlusstatbeständen, die auf die tatsächliche Kontrolle abstellen. 12 Bunte, Kartellrecht2, S. 350. 13 Neef, Kartellrecht, S. 188 Rdnr. 400; Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 37 Rdnr. 11. 14 Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 37 Rdnr. 7. 11
A. Vollzogener Unternehmenszusammenschluss
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mögenswerten veräußert wird, der den Erwerber in die Lage versetzt, das Unternehmen weiterzuführen.15 Neben beweglichen Gegenständen, Grundstücken, Produktionsstätten und Forderungen sind daher auch das Knowhow, geistiges Eigentum und Betriebsgeheimnisse sowie der sog. Goodwill, der den Geschäfts- oder Firmenwert bezeichnet, zu übertragen.16 Der Käufer ist demnach beispielsweise in die Geschäftsführung und die Unternehmensorganisation einzuweisen17, in den Kundenkreis einzuführen und Konkurrenz ist zu unterlassen18.19 Ferner ist dem Erwerber die Möglichkeit einzuräumen, die Arbeitnehmer des Unternehmens und seine Lieferanten zu übernehmen.20 All diese Rechtspositionen zählen zum Vermögen im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB. Der Zusammenschlusstatbestand erfasst nämlich den Erwerb aller geldwerten Güter und Rechte eines Unternehmens, unabhängig von ihrer Art, ihrer Verwendung und ihrer gesonderten Verwertbarkeit21 und damit beispielsweise auch Kundenbeziehungen, Betriebsgeheimnisse und sämtliche Umstände, die den Goodwill eines Unternehmens begründen22. Der auf den Kauf eines Unternehmens durch Erwerb seines gesamten Vermögens (sog. Asset Deal23) gerichtete Kaufvertrag ist ein Kaufvertrag über einen „sonstigen Gegenstand“ im Sinne des § 453 Abs. 1 Alt. 2 BGB.24 Der Vermögenserwerb kann entweder im Rahmen eines Umwandlungsvorgangs, also in Form einer Verschmelzung durch Aufnahme oder Neugründung, durch Spaltung (Aufspaltung oder Abspaltung) 15 BGH, Urteil vom 02.03.1988, VIII ZR 63/87, NJW 1988, 1668 (1669); Urteil vom 14.06.1989, VIII ZR 176/88, NJW 1990, 44 (45); Urteil vom 28.11.2001, VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042 (1043); Heckschen, NZG 2006, 772 (772). Vgl. auch Semler, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs6, S. 652 [„Gesamtheit von Menschen sowie von materiellen und immateriellen Rechtsgütern und Geschäftswerten [. . .], die in einer Organisation zusammengefasst und einem einheitlichen wirtschaftlichen Zweck dienstbar gemacht werden.“], ähnlich auch Karsten Schmidt, Handelsrecht5, § 4 I 2. 16 Grunewald, NZG 2003, 372 (372); von Kann, S. 179; Karsten Schmidt, HandelsR, § 6 I 2. S. 141; H.-H. Klumpp, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf6, 4. Kap. Rdnr. 1. 17 BGH, Urteil vom 25.03.1998, VIII ZR 185/96, BGHZ 138, 195 (205 f.); H.-H. Klumpp, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf6, 4. Kap. Rdnr. 1. 18 RG, Beschluss vom 15.04.1940, VIII 454/39, RGZ 163, 311; BGH, Urteil vom 18.12.1954, II ZR 76/54, BGHZ 16, 71 (77). 19 Berger, in: Jauernig, BGB14, § 453 Rdnr. 13. 20 Grunewald, NZG 2003, 372 (372). 21 KG, Beschluss vom 23.05.1991, Kart 13/89, WuW/E OLG 4771 (4775) – „Folien und Beutel“; Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 37 Rdnr. 5; von Kann, S. 179. 22 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 14. 23 von Kann, S. 179. 24 BegrRegE Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 14.05.2001, BT-Drucks. 14/6040, S. 242.
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
oder Vermögensübertragung oder, insbesondere wenn ein am Zusammenschluss beteiligter Rechtsträger nicht verschmelzungsfähig im Sinne des § 3 UmwG ist, auf sonstige Weise erfolgen. Auf die Eingliederung findet die Zusammenschlusskontrolle schon wegen § 37 Abs. 2 GWB keine Anwendung, da sie aufgrund der für sie erforderlichen Mindestbeteiligung nicht zu einer wesentlichen Verstärkung der bereits existenten Unternehmensverbindung führt.25 In einem Formwechsel im Sinne der §§ 190 ff. UmwG liegt ebenfalls kein Vermögenserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB.26 Gleiches gilt für die Ausgliederung im Sinne des § 123 Abs. 3 UmwG, da die Anteile an dem ausgegliederten Unternehmen dem übertragenden Rechtsträger verbleiben, dieser also durch die Ausgliederung lediglich eine Tochtergesellschaft gründet. Werden nicht alle Vermögensgegenstände erworben, so liegt ein Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB nur dann vor, wenn ein wesentlicher Teil erworben wird. Die Übertragung eines wesentlichen Teils erfordert nach der Rechtsprechung des BGH entweder die Übertragung eines Teils, der in seinem Verhältnis zum Gesamtvermögen des Veräußerers quantitativ ausreichend hoch ist oder eine betriebliche Teileinheit, die qualitativ eine eigene Bedeutung hat, z. B. weil sie sich wegen ihrer organisatorischen Selbstständigkeit, ihrer räumlichen Trennung oder ihres speziellen Produktions- oder Vertriebsziels deutlich von den anderen Betriebsteilen unterscheidet.27 Wann ein Teil im Verhältnis zum Gesamtvermögen des Veräußerers ausreichend hoch ist, hat der BGH hingegen nicht konkretisiert. Teilweise wird befürwortet, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auf die wirtschaftliche Bedeutung des übergehenden Vermögensteils für das veräußernde Unternehmen abzustellen.28 Bejaht wurde ein wesentlicher Vermögensteil, wohl aber im Hinblick auf seine qualitative Bedeutung, bei dem Erwerb von Warenzeichen29 und bei Lebensmitteleinzelhandelsfilialen30.
Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 60. Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 7 ff. Vgl. auch Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 37 Rdnr. 13 ff. 27 BGH, Beschluss vom 20.11.1975, KVR 1/75 (KG), NJW 1976, 243 (243) – „Zementmahlanlage“; dem folgend BKartA, Beschluss vom 20.12.2001, B2-75/01, WuW/E DE-V 527 – „Marzipanrohmasse“; vgl. auch BKartA, Merkblatt zur deutschen Fusionskontrolle (Stand Juli 2005), S. 11. 28 Greuner, GRUR 1976, 284 (285). 29 BGH, Beschluss vom 07.07.1992, KVR 14/91, WuW/E BGH 2783 (2787) – „Warenzeichenerwerb“; KG, Beschluss vom 23.05.1991, Kart 13/89, WuW/E OLG 4771 (4775) – „Folien und Beutel“. 30 BKartA, Beschluss vom 23.08.1983, B9-2037/82, WuW/E BKartA 2114 (2115) – „Coop“. 25 26
A. Vollzogener Unternehmenszusammenschluss
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b) Der Anteilserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB Einen Zusammenschluss stellt es gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GWB ferner dar, wenn über den Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft 25% oder 50% des Kapitals oder der Stimmrechte einer anderen Gesellschaft erworben werden. Bei einem Anteilserwerb erwirbt der Käufer die Inhaberschaft an den Anteilen und damit die Mitgliedschaft in der Gesellschaft. Dem Erwerber stehen dann die mit der Mitgliedschaft in der Gesellschaft verbundenen Rechte zu, insbesondere kann er an den Gesellschafterversammlungen teilnehmen und mit den Anteilen verbundene Stimmrechte ausüben. Der Anteilserwerb des § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB umfasst den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, also an einer Aktiengesellschaft (AG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) aber auch den Erwerb von Anteilen an einer Personengesellschaft. Bei den Personengesellschaften ist zwischen der offenen Handelsgesellschaft (oHG), der Kommanditgesellschaft (KG), der GmbH & Co. KG, der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und der Partnerschaftsgesellschaft zu unterscheiden. Schließlich erfasst § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB aber auch Beteiligungen an einer Genossenschaft und an einem Verein, wenn der Verein Unternehmen im Sinne des GWB ist.31 Beteiligungen an einer Personengesellschaft fallen auch dann unter § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB, wenn diese ihre Beteiligungen nicht in Kapitalanteilen ausgibt. Der Anteilserwerb kann seit der vierten GWB-Novelle nämlich auch über den Erwerb von 25% bzw. 50% der Stimmrechte verwirklicht werden.32 Gibt die Personengesellschaft allerdings keine Kapitalanteile aus, so kommt der Zusammenschlusstatbestand des Anteilserwerbs nur in Betracht, wenn die Gesellschaft höchstens über drei weitere Gesellschafter verfügt. Denn da gemäß § 722 BGB grundsätzlich jedem Gesellschafter der gleiche Anteil zusteht, übernimmt bei vier Gesellschaftern jeder einzelne einen Anteil von gerade noch 25%. Ferner stellt auch der Erwerb einer blo31 Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 23 Rdnr. 63; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 48. 32 Bis zur vierten GWB-Novelle (BGBl. I 1980, S. 1761) fiel lediglich der Erwerb von 25% oder 50% des „stimmberechtigten Kapitals“ unter den Anteilserwerb, vgl. § 23 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) und b) GWB a. F. Hierdurch waren Personengesellschaften, bei denen zwischen der Höhe der Kapitaleinlage und dem Stimmrecht keine Verbindung bestand, von der Fusionskontrolle ausgeschlossen, vgl. Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 23 Rdnr. 59; Wiedemann, ZHR 146 (1982), 296 (314). Mit der vierten GWB-Novelle war § 23 Abs. 2 S. 5 angefügt worden, mit dem Stimmrechte Kapitalanteilen an einem Unternehmen gleichgestellt wurden, vgl. Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 46.
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ßen Kapitalbeteiligung in kontrollpflichtigem Maß ohne Stimmrechte oder mit beschränktem Stimmrechtsanteil einen Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB dar. Der Erwerb stimmrechtsloser Vorzugsaktien in kontrollpflichtiger Höhe ist daher anmeldepflichtig.33 Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen einer Gesellschaft (Share Deal) kann zu einer bloßen Beteiligung an diesem Unternehmen oder zu dem Erwerb des gesamten Unternehmens führen.34 Ein Unternehmenserwerb kann auch dann vorliegen, wenn die erworbene Anteilsquote unter 100% liegt.35 Eine klare Grenze, ab der kein Beteiligungskauf mehr, sondern ein Unternehmenserwerb vorliegt, kann hier zwar nicht gezogen werden. Ein Unternehmenserwerb wird aber teilweise schon ab einem Erwerb von über 50% der Anteile bejaht, wenn die Parteien einen Unternehmenserwerb beabsichtigten, der Kaufpreis sich am Unternehmen insgesamt orientiert und der Erwerber die Stellung eines Trägers des Unternehmens erlangt.36 Maßgeblich ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise.37 Der Unternehmenskauf, und hierzu zählt auch der Kauf eines Unternehmensteils, unterscheidet sich von einem bloßen Beteiligungserwerb insbesondere dadurch, dass im Rahmen des Beteiligungskaufs lediglich eine mehr oder minder einflussreiche Position in der Gesellschaft, die das Unternehmen betreibt, erworben wird, während der Käufer bei einem Unternehmenserwerb die dem Sacheigentum entsprechende Inhaberschaft an dem Unternehmen erhält.38 Die Inhaberschaft an dem Unternehmen wird erworben, wenn nicht nur einzelne Wirtschaftsgüter, sondern ein Inbegriff von Sachen, Rechten und sonstigen Vermögenswerten erworben wird, der den Erwerber in die Lage versetzt, das Unternehmen als solches weiterzuführen.39 Ferner kommt dem Inhaber eines Unternehmens die Befugnis zu, über dieses zu verfügen.40 Ob dieser Erwerb 33
Stein, S. 93. Schröcker, ZGR 2005, 63 (65); Semler, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs6, S. 654. 35 BGH, 12.11.1975, VIII ZR 142/74, BGHZ 65, 246 (251); BGH, Urteil vom 27.02.1970, I ZR 103/68, WM 1970, 819 [Rest von 0,25%]; bei dem Erwerb von 100% der Anteile liegt stets ein Unternehmenskauf vor, vgl. BGH, 12.11.1975, VIII ZR 142/74, BGHZ 65, 246 (251); Urteil vom 25.3.1998, VIII ZR 185/96, NJW 1998, 2360 (2362). 36 BGH, Urteil vom 12.11.1975, VIII ZR 142/74, BGHZ 65, 246 (251); dazu im Einzelnen Schröcker, ZGR 2005, 63 (65 ff.). Zu den Kriterien, die den Unternehmenskauf kennzeichnen auch Hiddemann, ZGR 1982, 435 (440). Vgl. auch BGH, Urteil vom 02.06.1980, VIII ZR 64/79, BB 1980, 1392. 37 BGH, 12.11.1975, VIII ZR 142/74, BGHZ 65, 246 (251); Hiddemann, ZGR 1982, 435 (439 ff.). 38 Hommelhoff, ZGR 1982, 366 (376). 39 Siehe oben bei Fn. 15, S. 35. 40 BGH, Urteil vom 12.11.1975, VIII ZR 142/74, BGHZ 65, 246 (251). 34
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wie bei dem asset deal direkt oder indirekt über den Erwerb des Unternehmensträgers als share deal erfolgt, ist für die Einordnung des Geschäfts als Unternehmenserwerb unerheblich. Einen Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB stellt es ferner dar, wenn mehrere Unternehmen gleichzeitig oder nacheinander Anteile im Umfang von 25% bzw. 50% an einem anderen Unternehmen erwerben („Gemeinschaftsunternehmen“41). Dies gilt auch dann, wenn zwei Unternehmen das Gemeinschaftsunternehmen erst gründen. Der Rechtsgrund des Anteilserwerbs ist nämlich gleichgültig, er kann, wie der Vermögenserwerb, auf Rechtsgeschäft oder Gesetz beruhen. Insbesondere kann aber auch der originäre Erwerb von Anteilen bei Neugründung einer Gesellschaft einen Erwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB darstellen.42 Die Neugründung in Form eines rein internen Wachstums ist der Zusammenschlusskontrolle aber entzogen.43 Die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens stellt einerseits einen Zusammenschluss der einzelnen Mütter mit dem Geminschaftsunternehmen im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GWB dar. Zugleich gilt sie gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 GWB auch als Zusammenschluss der Mutterunternehmen untereinander auf den Märkten, auf denen das Gemeinschaftsunternehmen tätig ist, wenn die Mütter an dem Gemeinschaftsunternehmen Anteile in Höhe von mindestens 25% halten. Dieser Fall wird als fingierte bzw. fiktive Teilfusion44 bezeichnet. Sind weitere Unternehmen in geringerem Umfang an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligt, liegt nur ein Zusammenschluss zwischen denjenigen Müttern vor, die mehr als 25% der Anteile an dem Gemeinschaftsunternhmen halten.45 c) Vollendung von Anteils- und Vermögenserwerb Ein Vermögens- oder Anteilserwerb ist erst dann vollendet, wenn der bisherige Inhaber des Vermögens oder der Anteile diese gemäß der jeweils für Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 37 Rdnr. 33. Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 37 Rdnr. 25, Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen (1983), Rdnr. 743; Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 37 Rdnr. 35; Würdinger, WuW 1973, 731 (736). 43 BGH, Beschluss vom 15.07.1997, Az. KVR 33–96, NJW 1998, 2440 (2440); Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen (1983), Rdnr. 743. 44 Paschke, in: FK, GWB 2005, § 37 Rdnr. 65; Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 37 Rdnr. 33; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 67; Johag, Gemeinschaftsunternehmen und nationale Fusionskontrolle (1974) S. 60. 45 Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 23 Rdnr. 126; Riesenkampff/Lehr, in: L/M/R, Kartellrecht2, § 37 GWB Rdnr. 48; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/ Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 68; a. A. Ebel, BB 1974, 749 (754), der das Entstehen eines teilweisen Gemeinschaftsunternehmens ablehnt. 41 42
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sie geltenden zivilrechtlichen Vorschriften wirksam auf den Erwerber übertragen hat. Die Begründung der Verpflichtung zur Übertragung durch das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft genügt hingegen nicht, um diese Zusammenschlusstatbestände zu vollenden.46 aa) Vollendung des Vermögenserwerbs Der Vermögenserwerb ist vollendet, wenn die Vermögensgegenstände des Zielunternehmens entweder ganz oder zu einem wesentlichen Teil auf den Erwerber übergegangen sind. (1) Fortführung des Unternehmens als solches Soll das Zielunternehmen als solches weitergeführt werden, so ist der Vermögenserwerb vollendet, wenn der letzte Vermögensgegenstand des Zielunternehmens auf den Erwerber übergegangen ist. Das Vermögen eines Unternehmens besteht regelmäßig aus dinglichen Gegenständen, materiellen und immateriellen Rechten, Forderungen und eventuell Grundstücken. Die für den schuldrechtlichen Vertrag geltende Regelung, dass das Unternehmen als Einheit verkauft wird47, gilt wegen des sachenrechtlichen Spezialitätsprinzips nicht in gleichem Maße für das Erfüllungsgeschäft. Nach dem sachenrechtlichen Spezialitätsprinzip bedarf die Übereignung jeder einzelnen Sache einer auf sie bezogenen Verfügung.48 Deshalb werden üblicherweise bereits in dem Kaufvertrag die einzelnen zum Unternehmen gehörenden und ihm dienenden Vermögensgegenstände aufgelistet.49 Jeder Vermögensgegenstand ist dann nach den für ihn geltenden Regeln zu übertragen.50 Bewegliche Gegenstände gehen nach den sachenrechtlichen Vorschriften der §§ 929 ff. BGB durch Einigung über den Eigentumsübergang und Besitzverschaffung auf den Erwerber über51, Grundstücke durch Auflassung und Eintragung nach §§ 873 Abs. 1, 925 Abs. 1 S. 1 BGB52, und Rechte 46 Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 23 Rdnr. 17. Siehe auch unten, Teil 2, A. I. 1. b) aa). 47 Vgl. Ballerstedt, in: FS Schilling (1973), S. 289 (293 f.); Keil, Fehlerhafte Unternehmenskäufe (1998), S. 105; Rupietta, S. 61; Schöne, ZGR 2000, 86 (91); Schwintowski, JZ 1987, 588; siehe auch Karsten Schmidt, Handelsrecht5, § 6 IV 1. 48 Oechsler, in: MüKo BGB5, § 929 Rdnr. 7. 49 Droste, Formvorschriften beim Unternehmenskauf (2008), S. 22; Karsten Schmidt, Handelsrecht5, § 6 I 2. S. 140 f.; Semler, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs6, Teil VII, Rdnr. 68. 50 Baur/Stürner, Sachenrecht18, § 28 II Rdnr. 8; von Kann, S. 47. 51 von Kann, S. 47. 52 von Kann, S. 48.
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und Forderungen, zu denen auch die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft zählt53, durch Abtretung gemäß §§ 398 ff. BGB. Unter Umständen ist für die Übertragung eine bestimmte Form vorgesehen, wie für GmbH-Anteile nach § 15 Abs. 4 GmbHG oder für die Auflassung bei der Übereignung von Grundstücken nach § 925 Abs. 1 S. 1 BGB. Wegen der unterschiedlichen Arten der Übertragung würde sich der Vermögenserwerb schleichend vollziehen, wenn man alle Vermögensgegenstände einfach schnellstmöglich und vollwirksam übertragen würde.54 Dies wäre in mehrfacher Hinsicht problematisch: Zum einen wäre für einen unbestimmten Übergangszeitraum unklar, wer Inhaber des Unternehmens ist und damit, wen die Rechte und Pflichten aus der Inhaberschaft treffen. Rechtssicherheit im Hinblick auf den Inhaber ist aber beispielsweise wegen der Verpflichtung zur Zahlung von Körperschaftssteuer, aber auch wegen der Verteilung des Gewinns wünschenswert. In der Praxis wird daher regelmäßig ein Übergangsstichtag (closing) vereinbart, ab dem die mit dem Unternehmen verbundenen Chancen und Risiken auf den Erwerber übergehen.55 Meist wird insoweit das Ende eines Geschäftsjahres gewählt, um das Aufstellen einer Zwischenbilanz zu vermeiden. Entweder erfolgt erst an diesem Übergangsstichtag die dingliche Einigung oder die Vermögensgegenstände werden unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der vereinbarten Vollzugsbedingungen bis zu diesem Übergangsstichtag56 abgetreten.57 Ist am Übergangsstichtag eine für die dingliche Übereignung vereinbarte Bedingung noch nicht eingetreten, so tritt die Vollendung des Vermögenserwerbs erst mit Eintritt dieser weiteren Bedingung ein. (2) Vermögenserwerb durch Umwandlung Wird das Vermögen dagegen in Form einer Verschmelzung übertragen, so ist zur Vollendung des Vermögenserwerbs die Eintragung im jeweils zuständigen Register erforderlich. Der Erwerb tritt dann kraft Gesetzes durch Universalsukzession ein.58 Im Fall der Verschmelzung durch Aufnahme ist gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG die Eintragung der Verschmelzung im Register am Sitz des übernehmenden Rechtsträgers erforderlich. Bei der VerKarsten Schmidt, Gesellschaftsrecht4, § 45 III 2. b) m. w. N. 54 Heckschen, in: Becksches Notarhandbuch, D V. Unternehmenskauf, Rdnr. 16; Semler, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs6, Teil VII, Rdnr. 76. 55 von Kann, S. 44 ff., 52; H.-H. Beisel, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf6, Kap. 9 Rdnr. 103 ff. 56 von Kann, S. 48 f. 57 H.-H. Klumpp, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf6, 9. Kap. Rdnr. 105. 58 Siehe oben bei Fn. 13, S. 34. 53
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schmelzung durch Neugründung tritt gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 UmwG an die Stelle der Eintragung der Verschmelzung die Eintragung der neuen Gesellschaft im Handelsregister. Bei der Spaltung geht das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers bereits mit Eintragung der Spaltung in dem Register des übertragenden Rechtsträgers auf den Erwerber über, § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG. Auf die Ausgliederung gemäß §§ 152 ff. UmwG sowie die Vermögensübertragung nach §§ 174 ff. finden die Vorschriften über die Verschmelzung durch Aufnahme bzw. Neugründung, ggf. entsprechende, Anwendung. Wegen der Ähnlichkeit der Ausgliederung und der Vermögensübertragung mit der Spaltung bzw. der Verschmelzung wird auf diese Fälle im Folgenden nicht mehr gesondert eingegangen. (3) Erwerb des Vermögens zu einem wesentlichen Teil Ein Vermögenserwerb ist aber auch schon dann vollendet, wenn die Vermögensgegenstände nur zu einem wesentlichen Teil auf den Erwerber übergegangen sind. Wenn dies durch den Erwerb eines einzelnen Vermögensgegenstands möglich ist, genügt bereits dessen Übertragung, anderenfalls kommt es darauf an, dass die Grenze zur Wesentlichkeit überschritten ist.59 Auch hier kann, wenn der Vermögenserwerb aus mehreren Vermögensgegenständen besteht, ein Übergangsstichtag vereinbart sein, an dem die Vermögensgegenstände insgesamt übergehen. Bis zu diesem Zeitpunkt liegt noch keine Vollendung des Vermögenserwerbs vor. bb) Vollendung des Anteilserwerbs Der Zusammenschlusstatbestand des Anteilserwerbs nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB setzt zu seiner Vollendung den Vollerwerb der Anteile voraus.60 Vorstufen des Vollerwerbs stellen daher noch keinen Zusammenschluss dar.61 Lediglich eine solche Vorstufe des Vollrechts stellt beispielsweise der Erwerb einer Option dar. Optionen geben dem Erwerber das Recht, durch einseitige Willenserklärung den Eigentumserwerb herbeizuführen. So lange von diesem Recht kein Gebrauch gemacht wird, ist der Eigentumserwerb noch nicht vollendet. Es liegt daher noch kein Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB vor.62 Aus demselben Grund wird infolge des Er59
Siehe dazu oben bei Fn. 27, S. 36 ff. Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37, Rdnr. 49. 61 Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 23 Rdnr. 79. 62 Bach, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 37 GWB Rdnr. 63; Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 23 Rdnr. 79; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen (1983), Rdnr. 743. 60
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werbs so genannter Cash Settled Total Return Equity Swaps noch kein Zusammenschluss begründet.63 Obwohl sich der Investor hier die Aktien faktisch (nicht aber rechtlich) bereits sichern kann, gehören sie ihm noch nicht, so dass diese Situation den Optionen gleichzustellen ist und ein Vollzug erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Vollerwerbs eintritt. Auch der Nießbrauch stellt keinen Anteilserwerb, sondern lediglich eine schuldrechtliche Nutzungsberechtigung dar.64 Eine Nutzungsberechtigung kann aber einen Kontrollerwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB darstellen65. Ebensowenig erfüllt der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums den Tatbestand des Anteilserwerbs. Ein Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs vor, wenn der Erwerber alle mit den Anteilen verbundenen Rechte bereits ausüben kann.66 Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten müssen auf den Erwerber übergegangen sein. Das wirtschaftliche Eigentum kann daher auch schon durch die Besitzübertragung in Erwartung des Eigentumserwerbs übergehen.67 In dem Erwerb allein des wirtschaftlichen Eigentums liegt demnach kein Vollerwerb. Nicht ausgeschlossen ist jedoch auch insoweit die Verwirklichung eines der Zusammenschlusstatbestände, die auf die tatsächliche Lage abstellen, also der Erwerb wettbewerblich erheblichen Einflusses oder der Kontrollerwerb.68 Zur Bestimmung des Zeitpunkts, in dem der Anteilserwerb vollendet und damit vollzogen ist, ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt Gesellschaftsanteile erworben werden. Es wird daher im Folgenden dargestellt, wie deren zivilrechtliche Übertragung erfolgt. Insoweit ist zwischen verbrieftenund unverbrieften Anteilen zu unterscheiden. Ferner unterscheidet sich bei verbrieften Anteilen die Übertragung je nach Art der Verwahrung der Wertpapiere. Schließlich ist kurz auf den sukzessiven Anteilserwerb und die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens einzugehen.
63
Zur Funktionsweise dieser Finanzderivate siehe Eichner, ZRP 2010, 5 (5); Fleischer/Schmolke, ZIP 2008, 1501 (1503); dies., NZG 2009, 401 (404 ff.); Merkner/Sustmann, NZG 2010, 681 (681 f.); Schanz, Der Betrieb 2008, 1899 (1901); Weber/Meckbach, BB 2008, 2022 (2022 f.). 64 So auch Bach, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 37 GWB Rdnr. 59; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 49; Riesenkampff/Lehr, in: L/M/R, Kartellrecht2, § 37 GWB Rdnr. 20. 65 Dazu näher unten unter 2. a) bb). 66 BFH, Urteil vom 17.02.2004, VIII R 28/02, NZG 2004, 1077; Urteil vom 17.02.2004, VIII R 26/01, BB 2004, 1257 (1259). 67 BFH-Urteil vom 10.06.1988 III R 18/85, BFH/NV 1989, 348; Urteil vom 07.03.2001, X R 147/97, BFH/NV 2001, 1235 (1237); Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis14, Rdnr. 82. 68 Dazu unten unter 2. a) bb).
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(1) Verbriefte Anteile Verbrieft sind Mitgliedschaftsrechte, wenn sie in einer Urkunde verkörpert sind.69 Die Verbriefung dient der Förderung der Umlauffähigkeit der entsprechenden Wertpapiere.70 Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf den Erwerb der Mitgliedschaft in einer Aktiengesellschaft, also den Erwerb von Inhaber- und Namensaktien, da eine Verbriefung nur bei Aktiengesellschaften vorgesehen ist. Erst die Verbriefung macht eine Aktie zur Aktie.71 Der durch das KonTraG 1998 eingeführte § 10 Abs. 5 AktG gestattet zwar den satzungsmäßigen Ausschluss der Einzelverbriefung, nicht aber den Anspruch auf Verbriefung in einer Globalurkunde.72 Die Übertragung verbriefter Mitgliedschaftsrechte entspricht dem Verfahren bei Übertragung beweglicher Sachen und erfolgt durch Einigung über den Eigentumsübergang und Verschaffung des Besitzes daran, §§ 929 ff. BGB. Der Erwerber der Aktienurkunde wird mit Erwerb der Urkunde automatisch Aktionär, er erwirbt also das in der Urkunde verkörperte Recht, ohne dass ihm dieses gesondert nach §§ 398, 413 BGB zu übertragen ist. Denn Inhaberaktien sind Inhaberpapiere73, Namensaktien Orderpapiere74. Sowohl bei Inhaber- als auch bei Orderpapieren folgt das Recht aus dem Papier, hier die Mitgliedschaft in der Aktiengesellschaft, dem Recht an dem Papier75, hier also dem Recht an der Aktienurkunde. Ob neben der Möglichkeit der Übertragung nach §§ 929 ff. BGB auch (nur) die Abtretung der in den Anteilen verbrieften Mitgliedschaft nach §§ 398, 413 BGB möglich ist, ist streitig. Teilweise wird vertreten, dies sei möglich, das Eigentum an der Urkunde gehe dann gemäß § 952 Abs. 2 BGB auf den Erwerber über.76 Die Gegenauffassung hält § 952 BGB aber auf Inhaberaktien überhaupt nicht für anwendbar und auf Namensaktien nur 69
Heider, in: MüKo AktG, § 10 Rdnr. 8. Koller, DB 1972, 1905 (1905). 71 Godin/Wilhelmi, AktG4, § 10 Anm. 2. 72 Hüffer, AktG10, § 10 Rdnr. 3; Seibert DB 1999, 267 (267); Habersack/Mayer WM 2000, 1678; Heider, in: MüKo AktG3, § 10 Rdnr. 57; Modlich, DB 2002, 671 (671); a. A. Schwennicke, AG 2001, 118 (124). 73 Habersack, in: MüKo BGB5, Vorbemerkungen Vor §§ 793–808a BGB, Rdnr. 14. 74 Bayer, in: MüKo AktG3, § 68 Rdnr. 2. 75 Diese Formel geht wohl zurück auf Otto von Gierke, Deutsches Privatrecht II (Sachenrecht), S. 116; siehe auch Bruns, Effektenhandel, S. 57; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (201); Karsten Schmidt, in: MüKo BGB5, § 1008 Rdnr. 24. 76 Droste, Formvorschriften beim Unternehmenskauf (2008), S. 19; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (202); Modlich, DB 2002, 671 (673); Schwennicke, AG 2001, 118 (120 f.). 70
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dann, wenn sie ohne Indossament durch Forderungsabtretung nach § 398 BGB mit Papierübergabe übertragen werden.77 Schon aus Gründen der Rechtssicherheit wird daher neben der Abtretung der Mitgliedschaftsrechte stets auch die Übereignung der Urkunde empfohlen.78 Verbriefte Anteile können heute aber in der Regel nicht mehr tatsächlich übergeben werden. Sie befinden sich regelmäßig in Verwahrung durch eine Bank. Insoweit sind drei Arten von Verwahrung zu unterscheiden: Die Sonderverwahrung, die Sammelverwahrung und die Verwahrung in einer Sammel- oder Globalurkunde. Die Verwahrung von Aktien regelt das Depotgesetz, denn Aktien sind Wertpapiere im Sinne dessen § 1. Damit festgestellt werden kann, ab welchem Zeitpunkt bei verwahrten Aktien der Anteilserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB vollendet ist, ist zu untersuchen, wann der Erwerber das Eigentum an den Anteilen erhält. Zwischen den verschiedenen Verwahrungsarten ist zu unterscheiden. Auf die gesetzlichen Erwerbstatbestände der §§ 18 Abs. 3, 24 Abs. 2 DepotG kann nicht abgestellt werden. Diese greifen schon nach ihrem Wortlaut nur im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts79. Das bedeutet, dass auf Depotübertragungen von einem Aktionär auf einen von ihm ausgewählten anderen die gesetzlichen Erwerbstatbestände nicht anzuwenden sind. Auf sie ist daher erst im Rahmen des Erwerbs von Anteilen über die Börse, also in Teil 3, Abschnitte C und D, einzugehen. (a) Anteile in Sonderverwahrung Einzelverbriefte Aktien, also Aktien, die nicht gemeinsam in einer Urkunde verbrieft sind, sondern jeweils für sich, können bei einem Kreditinstitut in Sonderverwahrung, auch Streifbandverwahrung genannt80, gegeben werden, § 2 Abs. 1 DepotG. Die Sonderverwahrung ist insbesondere dann erforderlich, wenn die Wertpapiere nicht zur Girosammelverwahrung zugelassen sind, Nr. 11 S. 2 Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte81, aber nicht im Eigenbesitz bleiben sollen. Die Zulassung von Wertpapieren zur Girosammelverwahrung erfolgt durch die Wertpapiersammelbank, in Deutschland die Clearstream Banking AG82, die über die Zulassung auf Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 952 Rdnr. 3. Modlich, DB 2002, 671 (673). 79 Siehe auch Scherer, in: Scherer, DepotG, § 18 Rdnr. 1. 80 Scherer/Löber, in: Scherer, DepotG, § 2 Rdnr. 2. 81 Siehe hierzu Bunte, AGB-Banken und Sonderbedingungen3, Kapitel 8, Rdnr. 99. 82 Die Clearstream Banking AG ist derzeit die einzige Wertpapiersammelbank in Deutschland, vgl. Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 (1680); Noack/Zetzsche, 77 78
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Grundlage ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen83 entscheidet. Sie prüft die Wertpapiere nach Ziffer IX Abs. 3 insbesondere auf ihre Echtheit, Vollzähligkeit, Lieferbarkeit und darauf, ob die Wertpapiere auch im Übrigen zur Sammelverwahrung im Sinne von Ziffer IX Abs. 1 geeignet sind. Bei der Sonderverwahrung werden die einzelverbrieften Aktien gesondert und äußerlich erkennbar verwahrt, § 2 S. 1 DepotG. Die äußerliche Erkennbarkeit wird durch die Verwahrung in Streifbändern, Mappen, Umschlägen oder anderen geeigneten Hüllen besorgt.84 Durch die äußerliche Erkennbarkeit der Verwahrung wird sichergestellt, dass der Kunde Alleineigentum an dem Wertpapier behält85, er dieses insbesondere nicht durch Vermischung verliert. Zwischen dem Eigentümer und dem Kreditinstitut wird ein Depotvertrag geschlossen, ein typengemischter Vertrag mit dienst- und verwahrungsvertraglichen Elementen.86 Mit Hinterlegung der Wertpapiere wird das Kreditinstitut unmittelbarer (Fremd-)Besitzer, der Hinterleger mittelbarer (Eigen-)Besitzer der Wertpapiere.87 Das für den mittelbaren Besitz erforderliche Besitzmittlungsverhältnis zwischen dem mittelbaren und dem unmittelbaren Besitzer im Sinne des § 868 BGB88 wird durch die Einigung über die Verwahrung begründet. Ein Besitzmittlungsverhältnis ist ein Rechtsverhältnis, aufgrund dessen der unmittelbare Besitzer dem mittelbaren Besitzer gegenüber selbstständig89, aber nur auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet wird90. Die Wirksamkeit dieses Rechtsverhältnisses, hier also des Verwahrungsvertrages, ist für die Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses nach herrschender Auffassung nicht erforderlich.91 Teilweise wird im Hinblick auf den WortAG 2002, 651 (652); Starke, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 17.227. 83 Stand: 01.01.2012, abrufbar unter: http://www.clearstream.com/ci/dispatch/en/ cic/CIC/Customer_Information/CSD/General_Terms_and_Conditions.htm (letzter Abruf: 07.04.2013). 84 Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.92; Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch4, § 72 Rdnr. 124; Kümpel/ Decker, Das Depotgeschäft2, Rdnr. 8/46; Scherer/Löber, in: Scherer, DepotG, § 2 Rdnr. 1; Modlich, DB 2002, 671 (677); Werdermann, Eigentumsübergang bei der Effektenkommission (1962), S. 38. 85 Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.92. 86 Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (203). 87 Einsele, 3. Kap., § 9 Rdnr. 10; Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 2 Rdnr. 10; Scherer/Löber, in: Scherer, DepotG, § 2 Rdnr. 2; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (203). 88 Siehe nur Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 868 Rdnr. 6. 89 Baur/Stürner, Sachenrecht18, § 7 Rdnr. 34, dies sei der Unterschied zum Besitzdiener. 90 Baur/Stürner, Sachenrecht18, § 7 Rdnr. 33; Wendt, AcP 87, 40 (45).
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laut des § 868 BGB „berechtigt oder verpflichtet“ sowie das Erfordernis der zeitlich beschränkten Besitzberechtigung oder -verpflichtung gefordert, dass ein (wenn auch nur bedingter, betagter oder von der Ausübung eines Gestaltungsrechts abhängiger) Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers gegen den unmittelbaren Besitzer besteht.92 Dies könne auch der durch den Eigentümer anerkannte Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer aus § 985 BGB sein.93 Nach der Gegenauffassung ist ein tatsächlicher Herausgabeanspruch des mittelbaren Besitzers gegen den unmittelbaren Besitzer nicht erforderlich, solange nur der unmittelbare Besitzer von dem Bestehen eines solchen Anspruchs ausgeht und sich deshalb nur auf Zeit für zum Besitz berechtigt hält.94 Die Streitentscheidung kann jedenfalls an dieser Stelle dahinstehen, denn der Aktionär hat im Fall der Sonderverwahrung gegen die verwahrende Bank einen Herausgabeanspruch jedenfalls aus seiner Eigentümerstellung gemäß § 985 BGB.95 Auch die Vertreter der Auffassung, dass ein tatsächlicher Herausgabeanspruch bestehen müsse, verlangen in subjektiver Hinsicht einen für den mittelbaren Besitzer erkennbaren96 Besitzmittlungswillen des unmittelbaren Besitzers.97 Der Besitzmittler muss, wenn der mittelbare Besitz auf einem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis beruht, den Besitz in Anerkennung eines Herausgabeanspruchs für den mittelbaren Besitzer ausüben.98 Der Be91
BGH, Urteil vom 19.1.1955, IV ZR 135/54, NJW 55, 499 = LM § 868 BGB Nr. 6; BGH, Urteil vom 26.09.1985, IX ZR 88/84, NJW 1986, 2438 (2439); Joost, in: MüKo BGB5, § 868 Rdnr. 15; Wilhelm, Sachenrecht4, Rdnr. 493; Ernst, Eigenbesitz und Mobiliarerwerb, S. 124 f.; Werdermann, Eigentumsübergang bei der Effektenkommission (1962), S. 37; a. A. Wendt, AcP 87, 40 (45); Wieling AcP 184 (1984), 439 (442). 92 BGH, 11.06.1953, IV ZR 181/52, NJW 1953, 1506 (1508); Baur/Stürner, Sachenrecht18, § 7 Rdnr. 44; Wilhelm, Sachenrecht4, Rdnr. 491; Bund, in: Staudinger, BGB, § 868 Rdnr. 23; Werdermann, Eigentumsübergang bei der Effektenkommission (1962) S. 39. 93 Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 868 Rdnr. 6; Baur/Stürner, Sachenrecht18, § 7 Rdnr. 44; Bund, in: Staudinger, § 868 Rdnr. 23; Wilhelm, Sachenrecht4, Rdnr. 493. 94 BGH, Urteil vom 19.1.1955, IV ZR 135/54, NJW 55, 499; Urteil vom 10.11.1982, V ZR 245/81, NJW 1983, 568 (569) = BGHZ 85, 263 (265); Wieling, AcP 184 (1984), 439 (450), Fritzsche, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 868 Rdnr. 17; ablehnend BGH, 11.06.1953, IV ZR 181/52, NJW 1953, 1506 (1508). 95 Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 2 Rdnr. 8; Klanten, in: Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch4, § 72 Rdnr. 122; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (203). 96 BGH, Urteil vom 18.11.1963, VIII ZR 198/62, NJW 1964, 398; Bund, in: Staudinger, § 868 Rdnr. 25; Wilhelm, Sachenrecht4, Rdnr. 497. 97 Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 868 Rdnr. 7; Bund, in. Staudinger, § 868 Rdnr. 24. 98 BGH, Urteil vom 19.01.1955, IV ZR 135/54, NJW 1955, 499; Urteil vom 10.11.1982, V ZR 245/81, BGHZ 85, 263 (265); Urteil vom 10.11.2001, VIII ZR
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sitzmittlungswille wird insbesondere durch die Übersendung des Stückeverzeichnisses an den Hinterleger verdeutlicht. Wenn ein wirksames Besitzmittlungsverhältnis im vorgenannten Sinne begründet wird, erhält der Aktionär mit Hinterlegung seiner Wertpapiere in Sonderverwahrung den mittelbaren Besitz daran im Sinne des § 868 BGB. Die Übergabe sonderverwahrter Inhaberaktien erfolgt in der Praxis nach herrschender Auffassung – trotz der nur mittelbaren Besitzerstellung des Eigentümers – nach § 929 S. 1 BGB. Die Aktien werden übergeben, indem die Verwahrerbank auf Anweisung des Eigentümers ihren Besitzmittlungswillen auf den Erwerber umstellt.99 Der Erwerb mittelbaren Besitzes genügt für den Eigentumserwerb gemäß § 929 S. 1 BGB.100 Die Umstellung des Besitzmittlungswillens muss aber nach außen erkennbar sein, da sich das Sachenrecht durch die Publizität auszeichnet, d. h. dingliche Berechtigungen an Sachen und ihre Veränderung sollen, soweit nicht das Gesetz wie in §§ 930, 931 BGB eine Ausnahme zulässt, objektiv wahrnehmbar sein.101 Bei der Sonderverwahrung erfolgt diese Publizität durch die Übersendung eines Stückeverzeichnisses an den Erwerber. Sonderverwahrte Aktien können aber auch durch die Vereinbarung eines Besitzkonstituts gemäß § 930 BGB oder die Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäß § 931 BGB102 übergeben werden. Der Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäß § 931 BGB unterliegen aber nur solche Herausgabeansprüche, die keinem Abtretungsverbot der §§ 399 ff. BGB unterliegen, insbesondere also nicht der untrennbar mit dem Eigentum verbundene Herausgabeanspruch nach § 985 BGB103. Namensaktien werden dagegen durch Abtretung oder Indossament übertragen.104 186/03, BGHZ 161, 90 (112); Bund, in: Staudinger, BGB, § 868 Rdnr. 24; Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 868 Rdnr. 7. 99 Vgl. allgemein zu dieser Art der Übergabe Wilhelm, Sachenrecht4, Rdnr. 912; vgl. auch Eder, NZG 2004, 107 (109), der aber eine Übertragung nach §§ 930, 931 BGB durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts oder Abtretung des Herausgabeanspruchs des Veräußerers nicht ausschließt, a. A. Modlich, DB 2002, 671 (677), demzufolge die Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 931 BGB die Regel ist. 100 RG, Urteil vom 07.11.1921, II 198/21, RGZ 103, 151 (153); BGH, Urteil vom 21.4.1959, VIII ZR 148/58, NJW 59, 1536 (1539); Urteil vom 17.05.1971, VIII ZR 15/70, NJW 1971, 1608 (1609); Urteil vom 10.10.1984, VIII ZR 244/83, BGHZ 92, 280 (288). 101 Gaier, in: MüKo BGB5, Buch 3 – Sachenrecht, Einleitung Rdnr. 21. 102 Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 6 Rdnr. 71. 103 Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 931 Rdnr. 3; Roth, in: MüKo BGB6, § 399 Rdnr. 20; wohl auch Baur/Stürner, Sachenrecht18, § 51 Rdnr. 36 f.; a. A. wohl Bund, in: Staudinger, § 870 Rdnr. 3. 104 Siehe nur Eder, NZG 2004, 107 (108 f.).
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Wie die Eigenverwahrung kommt auch die Sonderverwahrung praktisch nur selten vor105, denn die Wertpapiersammelbank darf Wertpapiere, die sich zur Sammelverwahrung eignen, nur dann nicht in Sammelverwahrung nehmen, wenn der Hinterleger ausdrücklich die Sonderverwahrung verlangt hat, § 5 Abs. 1 S. 1 DepotG. (b) Anteile in Sammelverwahrung Einzelverbriefte Aktien können gemeinsam in Sammelverwahrung genommen werden. Die Sammelverwahrung umfasst die Haussammelverwahrung, also die Verwahrung durch die eigene Depotbank oder ein sonstiges Kreditinstitut, das nicht Wertpapiersammelbank ist106, und die Girosammelverwahrung, also die gemeinsame Verwahrung von einzelverbrieften Wertpapieren für mehrere Hinterleger/Eigentümer durch eine Wertpapiersammelbank im Sinne des § 1 Abs. 3 DepotG107. Der Vorteil der Girosammelverwahrung liegt insbesondere darin, dass die Übertragung der Wertpapiere ohne Bewegung der Wertpapierurkunden möglich ist.108 Die Haussammelverwahrung spielt in der Praxis daher nur eine untergeordnete Rolle109 und wird deshalb im Folgenden außer Betracht gelassen. Voraussetzung der Girosammelverwahrung ist die Sammelverwahrfähigkeit der Wertpapiere gemäß § 5 DepotG. Sammelverwahrfähig sind alle vertretbaren Wertpapiere im Sinne des § 1 DepotG. Vertretbar sind Wertpapiere, wenn sie im Verkehr nach Stückzahl oder Nennbetrag bestimmt werden können und somit mit anderen Wertpapieren derselben Art untereinander austauschbar sind.110 Hierzu zählen Inhaberaktien; Namensaktien dagegen nur, wenn sie blankoindossiert sind111. Bei vinkulierten Namensaktien, also solchen, bei denen die Gesellschaft gemäß § 68 Abs. 2 S. 1 AktG die Wirksamkeit der Übertragung von ihrer Zustimmung abhängig macht, muss sichergestellt sein, dass hierdurch ihre Verkehrsfähigkeit nicht 105
Eder, NZG 2004, 107 (109); Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (203). Delorme, Die Wertpapiersammelbanken, S. 9; Modlich, DB 2002, 671 (673). 107 Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.94, Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch4, § 72 Rdnr. 71. 108 Delorme, Die Wertpapiersammelbanken, S. 9 f. 109 Einsele, in: MüKo HGB2, Band 5 – Depotgeschäft, Rdnr. 61. 110 Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch4, § 72 Rdnr. 73; Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.97; Heißel/Kienle, WM 1993, 1909 m. w. N. 111 Eder, NZG 2004, 107 (110); Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 8; Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.98; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (204); Werdermann, Eigentumsübergang bei der Effektenkommission (1962), S. 46. 106
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beeinträchtigt wird.112 Dies wird in der Regel durch eine entsprechende Erklärung der Aktiengesellschaft und einen Vorbehalt der Wertpapierbörse, die Börsenzulassung ggf. zurückzunehmen gewährleistet.113 Die Aktionäre girosammelverwahrter Aktien haben gemäß § 6 Abs. 1 DepotG Bruchteilseigentum und zudem mittelbaren Mitbesitz an dem Sammelbestand114. Zwischen ihnen und der den Gesamtbestand verwahrenden Wertpapiersammelbank entsteht ein sogenanntes „gestuftes“ Besitzmittlungsverhältnis: Unmittelbare Besitzerin der in Sammelverwahrung befindlichen Wertpapiere wird die Wertpapiersammelbank.115 Diese schließt Depotverträge jedoch grundsätzlich nur mit Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten oder inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die ähnliche Dienstleistungen erbringen. Das Depotkonto bei der Wertpapiersammelbank wird daher in der Regel durch die Bank des Erwerbers oder ein zwischengeschaltetes Kreditinstitut unterhalten, die sodann mittelbare Besitzerin 1. Stufe wird und dem Erwerber bzw. der Bank des Erwerbers den Besitz mittelt.116 Der Erwerber oder seine Bank werden hierdurch mittelbarer Besitzer (mindestens117) der 2. Stufe.118 Solch mehrstufigen mittelbaren Besitz gestattet das Gesetz durch § 871 BGB. Der Streit, ob das Besitzmittlungsverhältnis nach § 868 BGB einen Herausgabeanspruch voraussetzt119 kann auch hier offen bleiben. Ein einem Herausgabeanspruch gleichzustellender Anspruch besteht nämlich in dem depotrechtlichen Auslieferungsanspruch gemäß §§ 6 Abs. 2, 7, ggf. i. V. m. 112
Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 5 Rdnr. 30; Heißel/Kienle, WM 1993, 1909 (1910); Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 1 (9). 113 Kümpel, WM 1983, Sonderbeilage Nr. 8, S. 9. 114 Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 8; Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 12. 115 Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.101. 116 Becker, Gutgläubiger Erwerb, S. 3; Koller, DB 1972, 1857 (1860). 117 Die Stufe hängt davon ab, wie viele Banken und Zwischenverwahrer zwischen dem wirtschaftlichen Inhaber und dem unmittelbaren Besitzer, also der Clearstream Banking AG, stehen. Dies ist in der Regel mindestens ein Finanzinstitut, da der Endkunde in der Regel nicht Kunde der Clearstream Banking AG sein wird. 118 BGH, Urteil vom 22.04.1997, XI ZR 127/96, NJW 1997, 2110 (2111); OLG Karlsruhe, Urteil vom 08.12.1998, WM 1999, 2451 (2455); Becker, Gutgläubiger Erwerb, S. 3; Brink, S. 52 f.; Canaris, Bankvertragsrecht2, Rdnr. 2020; Kümpel/Decker, Das Depotgeschäft2, Rdnr. 8/14; Eder, NZG 2004, 107 (110); Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 30 f.; Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 6 Rdnr. 33; ders., in: Bank- und Kapitalmarktrecht3, Rdnr. 11.403; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (205); Modlich, DB 2002, 671 (674); Opitz, DepotG2, §§ 6, 7, 8 Bem. 14 (S. 156,157); Wolter, Effektenkommission und Eigentumserwerb, S. 300. 119 Vgl. oben bei Fn. 92, S. 47.
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§ 8 DepotG.120 Denn auch der Auslieferungsanspruch des Depotgesetzes begrenzt die Berechtigung des Verwahrers zur Verwahrung der Anteile in zeitlicher Hinsicht. Zivilrechtliche Herausgabeansprüche aus Verwahrung oder Eigentum werden durch den depotrechtlichen Auslieferungsanspruch insoweit modifiziert, als auch diese Herausgabeansprüche nur unter den depotrechtlichen Voraussetzungen bestehen.121 Die Bedenken, zur Annahme einer Modifikation des dinglichen Herausgabeanspruchs aus §§ 985, 1011 BGB fehle es an der sachenrechtlich gebotenen Identität zwischen auszulieferndem Gegenstand und Gegenstand des mittelbaren Besitzes122 ist nicht zu folgen. Zwar trifft es zu, dass der Verwahrer aus der Gesamtheit der Anteile nach Wahl einen Teil ausliefern kann. Im Anwendungsbereich des Depotgesetzes ist der sachenrechtliche Grundsatz der Identität aber gelockert.123 Eines Gleichlaufs von Herausgabeanspruch und Besitzgegenstand bedarf es dort ausnahmsweise nicht.124 Vielmehr sieht das Gesetz in §§ 5 ff. DepotG ein Auseinanderfallen von Gegenstand des Eigentums, Gegenstand der Leistung und Gegenstand der Verwahrung bei der Girosammelverwahrung ausdrücklich vor125 und weicht damit bewusst von den Vorschriften des 3. Buchs BGB (Sachenrecht) ab. Verbriefte Mitgliedschaftsrechte in Girosammelverwahrung können im Effektengiroverkehr oder außerhalb des Effektengiroverkehrs erworben werden. Effektengiroverkehr bezeichnet die buchmäßige Übertragung von Anteilen unter Einschaltung der Depotbank als Verkaufs- bzw. Einkaufskommissionärin.126 Zunächst wird aber die Übertragung der Anteile außerhalb des Effektengiroverkehrs betrachtet. Die Übereignung im Effektengiroverkehr wird im 3. Teil behandelt. 120 So auch Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 (1680); a. A. Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Kap., § 9 Rdnr. 18; dies., WM 2001, 7 (11); Böning, ZInsO 2008, 873 (877). 121 Böning, ZInsO 2008, 873 (874); Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnrn. 18.108 ff., 11.217; Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 6 Rdnr. 25; Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 8; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (205); Opitz, DepotG2, §§ 6, 7, 8, Bem. 25; ablehnend Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 84; dies., Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Kap., § 9 Rdnr. 18. 122 Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Kap., § 9 Rdnr. 18; dies., WM 2001, 7 (11); Micheler, S. 178; kritisch aufgrund der fehlenden Identität auch Koller, DB 1972, 1857 (1861). 123 Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.110; Opitz, DepotG2, §§ 6, 7, 8, Bem. 25; LG München, Urteil vom 07.05.1951, WM 1951, 296 (298). 124 So auch BGH, 16.07.2004, IXa ZB 24/04, WM 2004, 1747 (1748); OLG Karlsruhe WM 1999, 2451 (2455); Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 (1680); Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 13. 125 Siehe auch Opitz, DepotG2, §§ 6, 7, 8 Bem. 25. 126 Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (206); Becker, Gutgläubiger Erwerb, S. 2.
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
Die Übertragung des Besitzes an girosammelverwahrten Anteilen erfolgt in der Praxis überwiegend durch Anweisung des bisherigen mittelbaren Besitzers an den mittelbaren Besitzer der nächsthöheren Stufe, ein Besitzmittlungsverhältnis mit dem Erwerber zu begründen. Wenn die Depotbank ihren Besitzmittlungswillen auf den Erwerber umstellt, sind die Anteile im Sinne des § 929 S. 1 BGB übergeben.127 Die Übergabe im Sinne des § 929 S. 1 BGB ist nämlich bereits vollendet, wenn der Veräußerer nicht mehr den geringsten Rest eines Besitzes in der Hand hält während der Erwerber Besitz in irgendeiner Form erhält.128 Hat der Erwerber bei der Depotbank des Veräußerers kein Depotkonto, so hat die Veräußererdepotbank die unmittelbare Besitzerin bzw. die Besitzmittlerin der nächsthöheren Stufe anzuweisen, ihren Besitzmittlungswillen auf die Depotbank des Erwerbers umzustellen. Die für die Übergabe nach § 929 S. 1 BGB erforderliche129 Publizität des Besitzübergangs erfolgt, indem das Kreditinstitut einerseits eine Belastungsbuchung auf dem Depotkonto des Verkäufers vornimmt, andererseits eine Gutschrift auf dem Depotkonto des Käufers erteilt („Girosammelgutschrift“130).131 Erst mit tatsächlicher Girosammelgutschrift erhält der Erwerber mittelbaren Mitbesitz am Girosammeldepot.132 Erst dann ist auch die Eigentumsübertragung abgeschlossen. Trotz fehlender nummernmäßiger Zuordnung der girosam127 Vgl. Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 929 Rdnr. 16; Baur/Stürner, Sachenrecht18, § 51 Rdnr. 14; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (203 f.); Brink, S. 96–98; Canaris, Bankvertragsrecht2, Rdnr. 2021a; Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 6 Rdnr. 35; Opitz, DepotG2, §§ 6, 7, 8, Bem. 29; Rögner, in: Scherer, DepotG, § 6 Rdnr. 6; Karsten Schmidt, in: MüKo BGB5, § 747 Rdnr. 21; Wolter, Effektenkommission und Eigentumserwerb, S. 301 ff. Vgl. auch BGH WM 1976, 153. A. A. Wieling, AcP 184 (1984), 439 (456), der darin eine Übertragung nach § 931 BGB sieht und Bund, in: Staudinger, § 870 Rdnr. 13, der darin eine Neubegründung des mittelbaren Besitzes sieht. 128 Opitz, DepotG2, §§ 6, 7, 8 Bem. 29 S. 169. Vgl. auch BGH, Urteil vom 21.04.1959, VIII ZR 148/58, NJW 1959, 1536 (1539); a. A. Martinek, AcP 188 (1988), 573 (587), der im Rahmen des § 929 S. 1 BGB die Verschaffung von unmittelbarem Besitz fordert, allerdings wohl lediglich wegen der grundsätzlich fehlenden Publizität des mittelbaren Besitzes. 129 Dazu Martinek, AcP 188 (1988), 573 (587), der daher für die Übergabe nach § 929 S. 1 BGB eine Aufgabe des unmittelbaren Besitzes und eine Neubegründung desselben durch verschiedene Personen verlangt. 130 Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 9; vgl. auch BGH 27.08.2004, IXa ZB 24/04, WM 2004, 1747 (1748). 131 Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.113; Canaris, Bankvertragsrecht2, Rdnr. 2020; Eder, NZG 2004, 107 (111); ähnlich Fabricius, AcP 162 (1963), 456 (482): „Die Buchung übernimmt die legitimierende Offenkundigkeitsfunktion des Besitzes.“, allerdings unter der weitergehenden Annahme, dass die Buchung zugleich auch den nach §§ 929 ff. erforderlichen Besitz ersetzt. 132 Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 9 Fn. 28; im Ergebnis ebenso, die Buchung aber als eigenständigen Übertragungsmodus begreifend Micheler, S. 188; Fabricius, AcP 162 (1963), 456 (459).
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melverwahrten Aktien zu bestimmten Hinterlegern scheitert die Übertragung von Girosammeldepotanteilen auch nicht an der notwendigen sachenrechtlichen Bestimmtheit133, denn dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz wird bei Verfügungen über Sammeldepotanteile schon dadurch Rechnung getragen, dass die Wertpapiergattung sowie die Depotbank und der Nennbetrag der zu übertragenden Girosammelanteile bezeichnet werden.134 Ferner können die Parteien anstelle der Übergabe der Anteile ein Besitzkonstitut gemäß § 930 BGB vereinbaren135 oder der Anteilsverkäufer kann dem Anteilskäufer als Übergabesurrogat gemäß § 931 BGB seinen Herausgabeanspruch gegen den Verwahrer abtreten136. Die Herausgabeansprüche des BGB werden bei der Girosammelverwahrung jedoch durch den Auslieferungsanspruch des § 7 Abs. 1 DepotG, ggf. in Verbindung mit § 8 DepotG, welcher den Fall regelt, dass der Verkäufer nicht zugleich Hinterleger bei der Wertpapiersammelbank ist, modifiziert137. Fraglich ist daher, ob diese modifizierten Ansprüche abtretbar sind oder untrennbar mit der Hinterleger- bzw. Aktionärseigenschaft verbunden sind. Bei dem Anspruch auf Auslieferung nach § 7 Abs. 1 DepotG handelt es sich um den modifizierten Anspruch aus dem Verwahrungsverhältnis zwischen Hinterleger und Verwahrer, einen schuldrechtlichen Anspruch138. Dieser Anspruch ist abtretbar und unterliegt keinem Abtretungsverbot nach §§ 399 ff. BGB. Der Anspruch des Miteigentümers oder sonstigen dinglich Berechtigten, der nicht zugleich Hinterleger ist, aus §§ 7 Abs. 1, 8 DepotG, setzt dagegen eine dingliche Berechtigung des Auslieferungsberechtigten voraus. Eine solche kann insbesondere aus der Eigentümerstellung oder der Pfandgläubigerschaft herrühren. Die §§ 7 Abs. 1, 8 DepotG modifizieren demnach neben dem Aufhebungsanspruch des Gesellschafters gemäß § 749 BGB auch die dinglichen Herausgabeansprüche des BGB, insbesondere § 985 (Herausgabeanspruch aus dem Eigentum), § 1011 (Herausgabeanspruch aus dem Miteigentum) und § 1231 BGB (Herausgabeanspruch aus dem Pfandrecht).139 Der Anspruch aus § 985 BGB, im Fall der Girosammelverwahrung in Verbindung 133 Modlich, DB 2002, 671 (676); Karsten Schmidt, in: MüKo BGB5, § 1008, Rdnr. 31. Das Fehlen proklamiert jedoch Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Kap., § 9 Rdnr. 18. 134 Canaris, Bankvertragsrecht2, Rdnr. 2022; Modlich, DB 2002, 671 (676); Kümpel, WM 1980, 423 (426); Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.111. 135 A. A. Fabricius, AcP 162 (1963), S. 456 (480), Fn. 77 a. E. 136 Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 6 Rdnr. 38. 137 Vgl. oben, Fn. 121, S. 51. 138 Den schuldrechtlichen Charakter des § 7 Abs. 1 bejaht auch Modlich, DB 2002, 671 (675). 139 Vgl. oben Fn. 121 ff., S. 51.
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mit § 1011 BGB, unterliegt als höchstpersönliches, von dem Eigentum untrennbares Recht jedoch dem Abtretungsverbot des § 399 Alt. 1 BGB.140 Auch der Herausgabeanspruch aus dem Pfandrecht gemäß § 1231 BGB ist wegen der strengen Akzessorietät des Pfandrechts (§ 1250 Abs. 1 S. 2 BGB) nicht isoliert abtretbar. Gleiches gilt für den durch §§ 7 Abs. 1, 8 DepotG modifizierten Aufhebungsanspruch aus § 749 BGB, der die Teilhaberschaft voraussetzt. Die Übereignung girosammelverwahrter Anteile durch Abtretung des Herausgabeanspruchs nach § 931 BGB ist demnach nur dann möglich, wenn der Verkäufer Hinterleger ist. Abgetreten wird dann der schuldrechtliche Auslieferungsanspruch aus § 7 DepotG. War der Abtretende mittelbarer Besitzer, so geht mit der Abtretung des Auslieferungsanspruchs der mittelbare Besitz an den Aktien im Girosammeldepot gemäß § 870 BGB auf den Erwerber über. Dem steht es nicht entgegen, dass die Wertpapiersammelbank den Besitz in einem solchen Fall weiterhin dem Veräußerer mitteln will, denn einer Mitwirkung des Besitzmittlers oder auch nur seiner Kenntnis von der Übertragung bedarf es in diesem Fall nicht141. Der Auslieferungsanspruch des Aktionärs gemäß § 8 i. V. m. § 7 Abs. 1 DepotG und der Anspruch des Hinterlegers auf Herausgabe aus dem Verwahrungsverhältnis gemäß §§ 546 Abs. 2, 604 Abs. 4 BGB bestehen grundsätzlich auch direkt gegenüber der Wertpapiersammelbank.142 Die Durchsetzbarkeit dieser Ansprüche setzt aber die Beendigung des verwahrungsrechtlichen Rechtsverhältnisses voraus, da anderenfalls die Depotbank als Zwischenverwahrerin über ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB verfügt, auf das sich auch die Wertpapiersammelbank berufen kann, § 986 Abs. 1 S. 1 BGB.143 (c) Anteile in einer Sammelurkunde/Globalurkunde Die Begriffe der Sammelurkunde sowie der Globalurkunde haben sich inzwischen für zwei verschiedene Arten der Sammelverwahrung eingebürgert: Eine Sammelurkunde verbrieft mehrere, aber nicht alle Anteile (einer Gattung), in einer Globalurkunde sind dagegen alle von der Gesellschaft herausgegebenen Anteile verbrieft.144 Die Sammelurkunde ist gemäß § 9a Abs. 1 DepotG grundsätzlich bei einer Wertpapiersammelbank zu hinterlegen. Roth, in: MüKo BGB6, § 399 Rdnr. 20. RG, Urteil vom 11.10.1902, Rep. V. 209/02, RGZ 52, 273 (277). 142 Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.103 f.; Canaris, Bankvertragsrecht2, Rdnr. 2119; Eder, NZG 2004, 107 (111); a. A. Micheler, S. 178, 221 ff. 143 Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.104. 144 Vgl. Iversen, AG 2008, 736; Habersack/Mayer, WM 2000, 1678, Fn. 1. 140 141
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Sind die Aktien in einer Sammel- oder Globalurkunde zusammengefasst, so beschränkt sich das Eigentum der Aktionäre auf ein Bruchteilseigentum an der Sammel- bzw. Globalurkunde, § 9a Abs. 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 DepotG. Der Übertragungsvorgang vollzieht sich ähnlich wie bei der Girosammelverwahrung.145 Infolge der Verwahrung bei ihr wird die Wertpapiersammelbank unmittelbare (Fremd-)Besitzerin der Urkunde146, die Aktionäre erhalten Miteigentum nach Bruchteilen und mittelbaren Mitbesitz. Dies ergibt sich schon daraus, dass § 9a Abs. 2 DepotG auf die §§ 6–9 DepotG verweist. Die Übertragung erfolgt grundsätzlich durch Einigung über den Eigentumsübergang und Übergabe bzw. Übergabesurrogat nach den oben aufgezeigten Möglichkeiten. Der Besitzmittlungswille der Wertpapiersammelbank bzw. des mittelbaren Besitzers der nächsten Stufe manifestiert sich in der Gutschrift auf dem Depotkonto des jeweiligen mittelbaren Besitzers der nächsttieferen Stufe.147 (d) Der Sonderfall der Dauerglobalurkunde Wenn Wertpapiere in einer Gesamt- oder Sammelurkunde verbrieft sind, für die ein Auslieferungsanspruch aber gemäß § 9a Abs. 3 S. 2 DepotG nicht besteht, weil die Einzelverbriefung in der Satzung gemäß § 10 Abs. 5 AktG ausgeschlossen wurde, so spricht man von einer Dauerglobalurkunde.148 Die Aktionäre einer Aktiengesellschaft, deren Aktien globalverbrieft sind, erhalten gemäß §§ 9a Abs. 2, 6 DepotG Bruchteilseigentum an der Dauerglobalurkunde. Wie die Übereignung eines so verbrieften Anteils erfolgt ist streitig, denn die Übereignungsmöglichkeiten der §§ 929 ff. BGB erfordern mindestens die Verschaffung von mittelbarem Besitz zugunsten des Erwerbers. Mittelbarer Besitz an einer Sache setzt nach herrschender Auffassung aber das Bestehen eines Herausgabeanspruchs voraus149, der hier wegen des Ausschlusses der Verbriefung und dem damit fehlenden Auslieferungsanspruch nach § 7 Abs. 1 DepotG möglicherweise fehlen könnte. Das Bestehen von mittelbarem (Mit-)Besitz an Dauerglobalurkunden wird teilweise mangels Bestehens einer Möglichkeit, die Urkunde heraus145 146
Vgl. Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.126. Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 (1679); Tiedemann, Zentraler Kontrahent,
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Siehe oben unter Fn. 131, S. 52. Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 66; dies., in: MüKo HGB2, Band 5 – Depotgeschäft Rdnr. 56; Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.125; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (208). 149 Vgl. oben bei Fn. 92, S. 47. 148
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zuverlangen150, teilweise aber auch unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu Briefgrundschulden151 verneint. Der BGH entschied, dass Eigen- und Fremdbesitzwille an einer einzigen Sache, dort der Briefgrundschuld, nebeneinander nicht möglich sei, da der Eigenbesitzwille eine Herrschaftsbeziehung des Oberbesitzers zur Sache verhindere.152 Überträgt man diese Entscheidung auf die Dauerglobalurkunde, so stünde es einem Mitbesitz jedenfalls entgegen, wenn die Depotbank zugleich auch mittelbare Eigenbesitzerin eines Bruchteils der Globalurkunde ist153, beispielsweise weil sie Anteile im Eigenbestand hält. Da in diesen Fällen der Aktionär weder Besitz noch einen Herausgabeanspruch hätte, wird teilweise vertreten, dass die Übertragung ausnahmsweise durch bloße dingliche Einigung möglich sei.154 Andere lehnen die Übereignungsmöglichkeit nach §§ 929 ff. BGB gänzlich ab und halten in diesen Fällen nur die Abtretung gemäß §§ 398, 413 BGB für statthaft.155 Die Gegenauffassung bejaht dagegen einen mittelbaren Besitz der Miteigentümer an einer Dauerglobalurkunde.156 Zur Begründung wird angeführt, dass ein Herausgabeanspruch bestehe, denn § 9a Abs. 3 S. 2 DepotG schließe nur die Auslieferung hinsichtlich einzelner Wertpapiere aus, Herausgabe der gesamten Urkunde könne aber derjenige verlangen, in dessen Hand sich alle Anteile der Aktiengesellschaft vereinigen.157 Hiergegen ließe sich zunächst einwenden, dass die Wertpapiersammelbank zur Herausgabe der Globalurkunde tatsächlich nicht verpflichtet ist, da Globalurkunden gemäß § 9a Abs. 1 S. 1 DepotG grundsätzlich von Wertpapiersammelbanken zu verwahren sind und es hiervon in Deutschland derzeit nur eine, nämlich Canaris, Bankvertragsrecht2, Rdnr. 2124 f.; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 75; dies., Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Kap. § 9 Rdnr. 19; dies., ZHR 177, 50 (56), Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 (1680, 1681); Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (210); H.-P. Westermann, RabelsZ 1985, 215 (226 f.). 151 BGH, Urteil vom 10.11.1982, V ZR 245/81, NJW 1983, 568. 152 BGH, Urteil vom 10.11.1982, V ZR 245/81, NJW 1983, 568 (569). 153 Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 (1681); a. A. Eder, NZG 2004, 107 (113 f.). 154 Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Kap. § 9 Rdnr. 28; Canaris, Bankvertragsrecht2, Rdnr. 2125. 155 Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 (1682). 156 Böning, ZInsO 2008, 873 (878); Eder, NZG 2004, 107 (113); Kümpel/Decker, Das Depotgeschäft2, Rdnr. 8/100a; Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 8, 16; Koller, DB 1972, 1857 (1861); Modlich, DB 2002, 671 (674). 157 Becker, Gutgläubiger Erwerb, S. 53 f.; Modlich, DB 2002, 671 (674); Eder, NZG 2004, 107 (113), insoweit im Hinblick auf die einzelnen Aktionäre. Siehe auch Kümpel/Decker, Das Depotgeschäft2, Rdnr. 8/100a, die diesen Anspruch auf den allgemeinen verwahrungsrechtlichen Rückforderungsanspruch nach § 695 BGB stützen. 150
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die Clearstream Banking AG gibt158. Eine Herausgabe an eine andere Wertpapiersammelbank kommt daher nicht in Betracht. Der Hinterleger kann aber für die Dauerglobalurkunde die gesonderte Aufbewahrung nach § 2 Abs. 1 DepotG verlangen, § 9a Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz, so dass in diesem Fall die Wertpapiersammelbank zur Herausgabe der Dauerglobalurkunde an die sonderverwahrende Depotbank wohl verpflichtet wäre.159 Eine mittelbare Besitzerstellung desjenigen Aktionärs, der alle Anteile in seiner Hand vereinigt, wird man daher wohl bejahen müssen. Einsele160 bezweifelt aber, dass dies auch den Schluss zulässt, dass im Fall des Vorhandenseins mehrerer Aktionäre jeder einzelne mittelbaren Mitbesitz an der Globalurkunde hat. Für einen mittelbaren Besitz auch im Fall des Vorhandenseins mehrerer Aktionäre wird angeführt, das Recht auf Herausgabe der Globalurkunde stehe jedenfalls in Fällen der Auflösung der Wertpapiersammelbank oder deren Funktionsunfähigkeit allen Hinterlegern als Treugeber gemeinsam zu.161 Dies gilt gemäß § 9a Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz aber nur für die Hinterleger, also die Depotkunden der Wertpapiersammelbank gemeinsam. Mangels Bestehens eines direkten vertraglichen Hinterlegungsverhältnisses zwischen Wertpapiersammelbank und Aktionär begründet diese Möglichkeit aber keinen Herausgabeanspruch der Aktionäre. Vielmehr müssten sich alle Aktionäre den Herausgabeanspruch nach § 9a Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz zunächst durch die Depotbanken als Depotkunden der Wertpapiersammelbank abtreten lassen. Dieser praktisch kaum durchführbare Zwischenschritt, die Abtretung der vertraglichen Ansprüche durch die Depotbanken, steht der Annahme eines mittelbaren Besitzes daher eher entgegen.162 Horn163, der ebenfalls von der Besitzfähigkeit der Sammelurkunde ausgeht, stützt seine Auffassung hingegen darauf, dass der Gesetzgeber in der Einführung der Sammelurkunde einen Sonderfall der Sammelverwahrung gesehen habe und den Inhabern den gleichen sachenrechtlichen Schutz zuteil werden lassen wollte wie im Grundfall der Girosammelverwahrung. Dies ergebe sich auch aus § 15 DepotG, der die rein schuldrechtliche Stellung des Wertpapierinhabers als nachteiligen Sonderfall behandele. Mit der Globalurkunde liege zudem ein taugliches Besitzobjekt vor, an dem die 158
Siehe oben bei Fn. 82, S. 45. Modlich, DB 2002, 671 (674). 160 Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 73. 161 Koller, DB 1972, 1857 (1861); ähnlich auch Becker, Gutgläubiger Erwerb, S. 53 [Aufhebung der Zwangsgemeinschaft gemäß § 749 Abs. 2 S. 1 BGB wegen besonders schwerwiegender Umstände]; a. A. Böning, ZInsO 2008, 873 (878); Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 (1680). 162 Habersack/Mayer, WM 2000, 1678 (1680); vgl. auch Böning, ZInsO 2008, 873 (878). 163 Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, S. 16. 159
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Wertpapiersammelbank unmittelbaren Fremdbesitz habe. Diesen mittele sie den Depotbanken, die bei ihr Depotkonten unterhalten, in dem Wissen, dass diese den Besitz ihren Depotkunden mitteln. Der Aktionär erhalte daher mittelbaren Besitz, wenn auch dieser mittelbare Besitz sehr vergeistigt sei. Becker hält einen Herausgabeanspruch außerdem für gegeben, wenn die Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft gemäß § 749 BGB aus wichtigem Grund verlangt werden kann. In diesem Fall sei der Ausschluss der Auslieferungspflicht gemäß § 9a Abs. 3 S. 2 DepotG überwindbar.164 Richtigerweise ist ein Herausgabeanspruch der Aktionäre auch bei Verbriefung in einer Dauerglobalurkunde zu bejahen. Auf die Frage, ob ein Besitzmittlungsverhältnis einen Herausgabeanspruch erfordert165, kommt es daher nicht an. Selbst diejenigen, die das Bestehen von mittelbarem Besitz von einem Herausgabeanspruch abhängig machen, fordern nämlich lediglich, dass ein Herausgabeanspruch jedenfalls nicht endgültig ausgeschlossen sein dürfe.166 Der Ausschluss der Einzelverbriefung durch die Satzung gemäß § 10 Abs. 5 AktG stellt jedoch keinen solchen endgültigen Ausschluss eines Herausgabeanspruchs dar. Die Aktionäre können nämlich grundsätzlich jederzeit eine Satzungsänderung herbeiführen, mit der sie den Ausschuss der Einzelverbriefung aufheben. Der Auslieferungsanspruch gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 DepotG ist damit lediglich in seiner Durchsetzung gehemmt, so lange die Satzung die Einzelverbriefung ausschließt.167 Von dem Fortbestehen eines mittelbaren Mitbesitzes der Aktionäre ging offenbar auch der Gesetzgeber aus. Dieser hat bei der Schaffung des Instituts der Dauerglobalaktie gerade nicht die vollständige Entmaterialisierung des Wertpapierverkehrs, also die Schaffung eines Wertrechts, gewählt168, sondern das Vorhandensein einer Globalurkunde als Publizitätsträger gerade beibehalten. Hieraus lässt sich ableiten, dass auch die Übereignung weiterhin nach sachenrechtlichen Grundsätzen stattfinden sollte, anderenfalls hätte man auf das Verbriefungserfordernis vollständig verzichten und ein reines Wertrecht schaffen können.169
164 Becker, Gutgläubiger Erwerb, S. 54. Vgl. auch Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 9a Rdnr. 56. 165 Siehe oben Fn. 92 ff., S. 47. 166 BGH, Urteil vom 11.06.1953, IV ZR 181/52, BGHZ 10, 81 (87); Bund, in: Staudinger, § 868 Rdnr. 23. 167 So im Ergebnis auch Böning, ZInsO 2008, 873 (878). 168 Vgl. BegrRegE KonTraG BT-Drucks. 13/10038, S. 25; BGH, Beschluss vom 16.07.2004, IXa ZB 24/04 WM 2004, 1747 (1748); Horn, WM 2002, Sonderbeilage 2, S. 16; Schwintowski-Schäfer, Bankrecht3, § 14 Rdnr. 43. 169 So auch Böning, ZInsO 2008, 873 (873, 876).
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(e) Zusammenfassung Bei verwahrten Aktien wird das Eigentum nach herrschender Auffassung grundsätzlich gemäß § 929 S. 1 BGB durch dingliche Einigung und Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses zwischen Erwerber und unmittelbarem Besitzer (im Fall der Sonderverwahrung oder wenn der Erwerber ein Depotkonto bei der unmittelbar verwahrenden Bank besitzt) bzw. mittelbarem Besitzer der nächsthöheren Stufe (seiner Depotbank) übertragen. Das Besitzmittlungsverhältnis ist mit Übersendung des Stückeverzeichnisses (bei Sonderverwahrung) bzw. Buchung der Anteile auf das Depotkonto des Erwerbers (bei allen anderen Verwahrungsarten) begründet und der Anteilserwerb, der eine wirksame dingliche Einigung vorausgesetzt, damit vollzogen. Auf die Frage, ob das wirksame Entstehen von mittelbarem Besitz einen Herausgabeanspruch erfordert, kommt es nicht an, da in allen Fällen der Verwahrung, auch im Fall der Dauerglobalurkunde, ein Herausgabeanspruch jedenfalls nicht endgültig ausgeschlossen ist. Während der Erwerber bei Aktien in Sonderverwahrung mittelbaren Besitz an den einzelnen Anteilen erhält, erwirbt er in den Fällen der Girosammelverwahrung nur Bruchteilseigentum und mittelbaren Mitbesitz am Gesamtbestand bzw. in den Fällen der Sammel- bzw. Globalurkunden Bruchteilseigentum an der Sammel- bzw. Globalurkunde. Die Besitzübertragung an verwahrten Anteilen kann grundsätzlich auch gemäß § 930 BGB durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts zwischen Veräußerer und Erwerber erfolgen. Die Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäß § 931 BGB wird hingegen regelmäßig nicht möglich sein, wenn nicht der Aktionär zugleich Hinterleger ist, da der Auslieferungsanspruch nach §§ 7, 8 DepotG untrennbar mit der dinglichen Berechtigung an den Aktien verbunden ist. Er unterliegt daher einem Abtretungsverbot nach § 399 Alt. 1 BGB. (2) Unverbriefte Anteile Sind Geschäftsanteile an einer Gesellschaft dagegen nicht oder nicht wirksam verbrieft, so erfolgt die Übertragung nach den Vorschriften des BGB über Forderungen, also durch Abtretung gemäß §§ 398, 413 BGB.170 Gesellschaftsanteile sind grundsätzlich unverbrieft. Lediglich bei Aktiengesellschaften besteht ein Anspruch der Aktionäre auf Verbriefung ihrer Mitgliedschaft, wobei der Anspruch auf individuelle Verbriefung gemäß § 10 Abs. 5 AktG in der Satzung ausgeschlossen werden kann.171 Heider, in: MüKo AktG9, § 10 Rdnr. 9; Hüffer, AktG10, § 10 Rdnr. 2 m. w. N.; Modlich, DB 2002, 671 (671). 171 Siehe oben Fn. 72, S. 44. 170
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
Bei dem Kauf einer Personengesellschaft, die einen Unternehmenserwerb darstellt172 ist zu beachten, dass selbst ein vertretungsberechtigter Gesellschafter den Verkauf nicht ohne Zustimmung aller Gesellschafter vornehmen kann.173 Der Gesellschaftsvertrag kann allerdings abweichendes regeln. Darüber hinaus können Personengesellschaften nicht als Einpersonengesellschaften fortbestehen, so dass sie erlöschen, wenn alle Anteile auf eine Person übertragen werden. Der Erwerber wird dann zum Einzelkaufmann.174 Bei der Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen sind die Formvorschriften des § 15 Abs. 3, 4 GmbHG zu beachten. Gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG bedarf die Abtretung nämlich eines in notarieller Form geschlossenen Vertrages. Dasselbe gilt gemäß Abs. 4 auch für das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, wobei ein Formmangel insoweit durch den notariell geschlossenen Abtretungsvertrag gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG geheilt wird, vgl. § 15 Abs. 4 S. 2 GmbHG. Gegenüber der Gesellschaft ist die Abtretung nach § 16 GmbHG nur wirksam, wenn sie ihr angezeigt worden ist. Darüber hinaus ist auch bei dem Erwerb von GmbH-Anteilen zu beachten, dass der Gesellschaftsvertrag die Abtretung von Geschäftsanteilen von einer Genehmigung der Gesellschaft bzw. der übrigen Gesellschafter abhängig machen kann, § 15 Abs. 5 GmbHG. Wird ein solches Genehmigungserfordernis eingeführt, so hängt die Wirksamkeit der Abtretung von der Genehmigung ab und ist – wie bei Personengesellschaften175 – bis zur Erteilung derselben schwebend unwirksam.176 (3) Sukzessive Anteilserwerbe Wurden Anteile sukzessive übertragen, so führt grundsätzlich nur der letzte Erwerb, der die Überschreitung der Anteilsschwellen des § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB, also 25% oder 50% zur Folge hat, zur Vollendung des Anteilserwerbs im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB. Dementsprechend unterliegt grundsätzlich, bei sukzessiven Anteilskäufen, auch nur diese letzte Anteilsübertragung der Auflösung.177 Etwas anderes muss jedoch gelten, wenn die einzelnen kontrollfreien Anteilskäufe Teil eines Gesamtplans sind, dessen vollständige Umsetzung zu 172
Zur Unterscheidung vgl. oben bei Fn. 50. D. Beisel, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf6, 8. Kapitel, Rdnr. 57. 174 K. Schmidt, HandelsR, § 6 II 1. S. 143. 175 Siehe oben. 176 BGH, 29.05.1967, II ZR 105/66, BGHZ 48, 163 (166); Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG20, § 15 Rdnr. 47; Semler, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs6, Teil VII, Rdnr. 135. 177 Vgl. Mäger, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 41 Rdnr. 5, allerdings zur Geltung des Vollzugsverbots. 173
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einem Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB führt, sofern dieser Zusammenschluss tatsächlich und innerhalb eines eng zusammenhängenden Zeitraums verwirklicht wird. Dies sieht das europäische Recht für die Zusammenschlusstatbestände der Fusionskontrollverordnung in Erwägungsgrund 20 zur Europäischen Fusionskontrollverordnung, VO 139/2004/EG („FKVO“) ausdrücklich vor. Dort heißt es, dass „[. . .] Erwerbsvorgänge, die eng miteinander verknüpft sind, weil sie durch eine Bedingung miteinander verbunden sind oder in Form einer Reihe von innerhalb eines gebührend kurzen Zeitraums getätigten Rechtsgeschäften mit Wertpapieren stattfinden, als ein einziger Zusammenschluss behandelt werden [sollten]“. Es ist sachgerecht, diesen Grundsatz auch im Anwendungsbereich des GWB anzuwenden. Schon das erste Teilgeschäft im Rahmen eines Gesamtplans ist Bestandteil eines einheitlichen Zusammenschlusstatbestands, trägt zu diesem also im Sinne des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB bei, denn auf die Reihenfolge, in der die vorgesehenen Anteilserwerbe erfolgen, kommt es dann nicht an.178 Der Zusammenschluss ist zwar erst mit Erwerb des letzten, die relevante Schwelle übersteigenden Teilerwerbs vollendet179, die Auflösung umfasst dann jedoch grundsätzlich alle Anteile, die unter den vorgenannten Bedingungen und zur Verwirklichung des Zusammenschlusses erworben wurden. (4) Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens Die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen: zwei oder mehr Unternehmen können sich entweder gemeinsam an einem bereits bestehenden Unternehmen beteiligten, welches eventuell bereits Tochtergesellschaft eines der künftigen Mütter ist. Oder zwei oder mehr Unternehmen gründen ein neues Unternehmen, wobei dies häufig zunächst von einer künftigen Mutter gegründet werden wird und diese dann das bzw. die anderen Unternehmen daran beteiligt. Dennoch soll auch die Situation der gemeinsamen Neugründung eines Gemeinschaftsunternehmens untersucht werden. Die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens ist grundsätzlich erst dann vollendet, wenn mindestens zwei Unternehmen in einem nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GWB entsprechenden Umfang an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligt sind. Maßgeblich ist daher der Vollerwerb einer fusionskontrollrechtlich relevanten Beteiligung durch ein Unternehmen an einer Gesellschaft, an der ein anderes Unternehmen bereits im Umfang von mindestens 25% beteiligt ist. Besteht die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens in einer gemeinsam neugegründeten Gesellschaft, so kommt es für die Vollendung des An178 179
Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 37 Rdnr. 35. Kuhn, in: FK, GWB 2005, § 41 Rdnr. 10.
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teilserwerbs darauf an, in welchem Zeitpunkt die Anteile durch die Mütter übernommen werden. Dies ist bei Neugründungen in der Regel der Zeitpunkt, in dem die Gesellschaft entsteht. Im Folgenden wird daher dargelegt, wann ein Gemeinschaftsunternehmen entsteht, so dass der Anteilserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, 3 GWB vollzogen ist. (a) Gesellschaft bürgerlichen Rechts Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) darf keine Handelsgesellschaft sein, sie ist sonst eine offene Handelsgesellschaft. Die GbR stellt daher keine typische Unternehmensform dar180 und wird in der Praxis nicht die für das Gemeinschaftsunternehmen gewählte Rechtsform darstellen. Da sie aber beispielsweise in Betracht kommen kann, wenn das Gemeinschaftsunternehmen nur die gemeinsame Forschung übernehmen soll181, sei sie hier kurz erwähnt. Eine GbR wird bereits durch den wirksamen Abschluss des Gesellschaftsvertrages gegründet. Der Gesellschaftsvertrag ist formfrei und kann daher auch konkludent geschlossen werden.182 (b) Die Offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft Häufiger wird hingegen die Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft (oHG) vorliegen. Wie die GbR wird die oHG zwischen den Gründern durch den wirksamen Abschluss eines Gesellschaftsvertrages, in dem sich die Gesellschafter zum gemeinsamen Betrieb eines kaufmännischen Gewerbes verpflichten, begründet.183 Nach außen wird die oHG aber erst durch Eintragung der oHG im Handelsregister oder durch faktische Aufnahme ihrer Tätigkeit mit Zustimmung der Gesellschafter wirksam, § 123 Abs. 1, 2 HGB. Für den Anteilserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 GWB kommt es auf eine Wirksamkeit des gegründeten Gemeinschaftsunternehmens nach außen nicht an. Zwar könnte man das Erfordernis einer Wirksamkeit nach außen daraus ableiten, dass ein auf Grundlage eines Gemeinschaftsunternehmens beruhender Unternehmenszusammenschluss nur auf den Märkten fingiert wird, auf denen das Gemeinschaftsunternehmen tätig ist, eine Tätigkeit nach außen für die Zusammenschlussfiktion hinsichtlich der Mütter daher vorausgesetzt wird. Es ist aber gerade nicht erforderlich, dass das 180 181
Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht6, S. 45. Johag, Gemeinschaftsunternehmen und nationale Fusionskontrolle (1974),
S. 54. Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht6, S. 43. 183 Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht6, S. 68, 71; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht4, § 46 III 1. a). 182
A. Vollzogener Unternehmenszusammenschluss
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Gemeinschaftsunternehmen seine Tätigkeit nach außen bereits aufgenommen hat.184 Auf welchen Märkten es tätig sein wird, ergibt sich in der Regel schon aus dem Gesellschaftsvertrag. Schon durch die Gesellschaft im Innenverhältnis können die Gründer auf dem Markt, auf dem das Gemeinschaftsunternehmen tätig werden soll, aber eine marktbeherrschende Stellung erhalten, denn ein vorher möglicherweise bestandener Wettbewerb zwischen den Gründerunternehmen kann bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags erlöschen185. Auch bei der oHG ist daher schon mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages der Anteilserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, 3 GWB vollendet. Gleiches gilt für die Kommanditgesellschaft (KG) , auf die gemäß § 161 Abs. 2 HGB § 132 Abs. 1 und 2 HGB entsprechend anzuwenden sind. (c) Juristische Personen Juristische Personen werden erst mit ihrer Eintragung im Handelsregister rechtsfähig und damit wirksam. Für die Aktiengesellschaft ergibt sich dies aus § 41 Abs. 1 S. 1 AktG, für die GmbH aus § 11 Abs. 1 GmbHG und für die KGaA aus § 278 Abs. 1, 3 i. V. m. § 41 Abs. 1 AktG. Die Eintragung setzt jedoch jeweils u. a. den wirksamen Abschluss eines Gesellschaftsvertrags sowie die Bildung eines Gesellschaftsvermögens voraus. Schon vor der Eintragung entsteht daher ein Gesellschaftsverhältnis zwischen den Gründern der juristischen Person, die sogenannte Vorgesellschaft186, eine Gesamthandsgemeinschaft sui generis187. Sie entsteht bereits mit wirksamem Abschluss des Gesellschaftsvertrages und, im Fall der Aktiengesellschaft, der Übernahme der Aktien durch die Gründer, § 29 AktG.
184
Vgl. Johag, Gemeinschaftsunternehmen und nationale Fusionskontrolle (1974), S. 61 ff. (65). 185 Johag, Gemeinschaftsunternehmen und nationale Fusionskontrolle (1974), S. 59 f. 186 Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht6, S. 377. 187 BGH, Urteil vom 12.07.1956, II ZR 218/54, BGHZ 21, 242 (246); Urteil vom 02.05.1966, II ZR 219/63, BGHZ 45, 338 (347); Urteil vom 24.10.1968, II ZR 216/66, BGHZ 51, 30 (32); Urteil vom 15.06.1978, II ZR 205/76, BGHZ 72, 45 (48 f.); Urteil vom 16.03.1992, II ZB 17/91, BGHZ 117, 323 (326); Karsten Schmidt, in: Scholz, GmbHG10, § 11 Rdnr. 24; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG20, § 11 Rdnr. 6; heute noch a. A. Roth in: Roth/Altmeppen, GmbHG7, § 11 Rdnrn. 39 f.; Beuthien, ZIP 1996, 307; Michalski, in: Michalski, GmbHG, § 2 Rdnr. 90.
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(d) Ergebnis Der Zeitpunkt der Vollendung eines Anteilserwerbs in Form der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens hängt nicht von der für das Gemeinschaftsunternehmen gewählten Rechtsform ab. Ein Gemeinschaftsunternehmen entsteht nämlich bereits mit wirksamem Abschluss des Gesellschaftsvertrages, ggf. in Verbindung mit der Übernahme der Aktien durch die Mütter. Die Personenhandelsgesellschaften entstehen mit Wirkung nach außen zwar erst mit Eintragung oder Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit. Ein wirksames Entstehen nach Außen ist für den Anteilserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 GWB aber nicht erforderlich. Daraus ergibt sich, dass in den Fällen, in denen ein Anteilserwerb in Form der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens vorliegt, dieser bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages und ggf. Übernahme der Aktien vollendet ist. 2. Kontrollerwerb oder wettbewerblich erheblicher Einfluss Übertragungsgeschäfte müssen aber nicht zwangsläufig (nur) die Zusammenschlusstatbestände des Vermögens- oder Anteilserwerbs vollziehen. Wie im Fall A-TEC/N. A. kann der Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft auch lediglich zum Erwerb wettbewerblich erheblichen Einflusses führen. Die auf eine tatsächliche Einflussmöglichkeit abstellenden Zusammenschlusstatbestände sind für die hiesige Untersuchung daher ebenfalls von Bedeutung. a) Der Kontrollerwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB Einen Zusammenschlusstatbestand stellt es neben dem Erwerb einer Beteiligung im Umfang des § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB oder dem Vermögen eines Unternehmens auch dann dar, wenn ein Unternehmen unmittelbar oder mittelbar Kontrolle über Teile oder die Gesamtheit eines anderen Unternehmens erwirbt. Den Kontrollerwerb definiert das Gesetz in § 37 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 GWB als das Erlangen der Möglichkeit, bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens zu nehmen. Zur Auslegung dieses Zusammenschlusstatbestands kann weitgehend auf den entsprechenden Zusammenschlusstatbestand der Fusionskontrollverordnung und dessen Auslegung durch die Europäische Kommission zurückgegriffen werden, da der Kontrollerwerb im deutschen Recht bewusst an den bereits durch die Praxis konkretisierten Kontrollerwerb nach der Fusionskontrollverordnung angelehnt wurde188. 188
BegrRegE 6. GWB-Novelle, BT-Drucks. 13/9720, S. 30, 57.
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Eine europarechtliche Verpflichtung zur gleichmäßigen Auslegung besteht gemäß Art. 3 Abs. 3 der Kartellverfahrensverordnung VO 1/2003/EG jedoch ausdrücklich nicht. Die Möglichkeit, bestimmenden Einfluss zu nehmen, wird bejaht, wenn dem Kontrollerwerber die Möglichkeit eingeräumt wird, bei den Entscheidungen, die die Tätigkeit des Unternehmens ausmachen, eigene Interessen durchzusetzen.189 Dies ist der Fall, wenn der Erwerber strategische Entscheidungen der Geschäftspolitik oder die Besetzung der Geschäftsführungsorgane bestimmen kann.190 Die Kontrolle kann durch Rechte, Verträge und andere Mittel eingeräumt werden. Man unterscheidet daher zwischen rechtlicher und faktischer Kontrolle. aa) Rechtliche Kontrolle Rechtliche Kontrolle ist gegeben, wenn der Aktionär die Stimmrechtsmehrheit hält sowie wenn ein Minderheitsaktionär mit besonderen Rechten ausgestattet ist, z. B. dem Recht über die Hälfte der Mitglieder des Aufsichtsrats oder des Vorstands zu bestimmen.191 Wenn einer der Zusammenschlusstatbestände „Vermögenserwerb“ oder „Anteilserwerb“ verwirklicht ist, ist häufig auch ein – daneben tretender192 – Zusammenschluss in Form des (rechtlichen) Kontrollerwerbs gegeben.193 Bei einem Anteilserwerb von 25% + 1 Aktie kommt dem Anteilseigner in rechtlicher Hinsicht allerdings lediglich eine Sperrminorität zu, das heißt, er kann Entscheidungen des Unternehmens blockieren194. Die bloße Blockademöglichkeit ermöglicht es dem Anteilseigner aber noch nicht, seine Interessen auch tatsächlich durchzusetzen, also positiv und nicht nur negativ Einfluss zu nehmen, und stellt daher keine (rechtliche) Kontrollmöglichkeit im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB dar. Der Anteilserwerb von 25% + 1 Aktie kann je189
Paschke, in: FK, GWB 2005, § 37 Rdnr. 18; Staudenmayer, Der Zusammenschlussbegriff in Art. 3 der EG-FKVO (2002), S. 67. 190 BKartA, Merkblatt zur deutschen Fusionskontrolle, Stand Juli 2005, Ziffer V 4. 191 Kommission, Mitteilung über den Begriff des Zusammenschlusses, Rdnr. 13, 14. 192 Die Zusammenschlusstatbestände Vermögenserwerb, Anteilserwerb und Kontrollerwerb können parallel verwirklicht werden, siehe Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 34 und Bach, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 37 Rdnr. 48 zu Kontrollerwerb und Anteilserwerb. 193 BKartA TB 1999/2000 S. 18 f.; BKartA TB 2001/2002 S. 17; Bach, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 37 GWB Rdnrn. 41, 48. 194 Ziemons in: Nirk/Ziemons/Binnewies, Handbuch der AG, 7. Abschnitt, Rdnr. 7.162 f.
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doch einen (faktischen) Kontrollerwerb darstellen, wenn der Aktionär hierdurch die faktische Hauptversammlungsmehrheit erhält.195 bb) Faktische Kontrolle Für die faktische Kontrollmöglichkeit genügt es, dass der Aktionär über eine sichere tatsächliche Hauptversammlungsmehrheit verfügt, beispielsweise weil dauerhaft geringe Hauptversammlungspräsenzen zu verzeichnen sind196 oder weil aufgrund eines gewissen Drohpotentials tatsächlich keine Entscheidungen gegen den Willen des Aktionärs getroffen werden197. Ein faktischer Kontrollerwerb kann aber auch zu bejahen sein, wenn der Erwerber lediglich eine Scheingesellschafterstellung erlangt. Bei Namensaktien gewährt nämlich bereits die (unrichtige) Eintragung des Erwerbers im Aktionärsregister dem Eingetragenen die Möglichkeit der Einflussnahme, da die im Aktienregister eingetragene Person gemäß § 67 Abs. 2 S. 1 AktG gegenüber der Gesellschaft als Aktionär gilt. Im Übrigen ist gemäß § 132 Abs. 3 S. 2 AktG bereits der Aktienbesitzer zur Teilnahme an der Hauptversammlung legitimiert und kann somit durch Ausübung seines Rede-, Frage- und Stimmrechts Einfluss auf die Geschäfte der Gesellschaft nehmen. Zur Legitimation der Teilnahme an der Hauptversammlung einer AG, die Inhaberaktien ausgibt, ist gemäß § 123 Abs. 3 S. 2 AktG lediglich der Nachweis des Aktienbesitzes durch das depotführende Institut erforderlich.198 Es kommt insoweit demnach nur darauf an, ob sich die Anteile auf dem Depotkonto des Erwerbers befinden. Ähnliches gilt gemäß § 67 Abs. 2 AktG für Namensaktien: Gegenüber der Gesellschaft gilt als Aktionär nur, wer als solcher im Aktienregister eingetragen ist. Die tatsächliche Eigentumslage ist insoweit irrelevant. Eine entsprechende Regelung sieht ferner das GmbH-Gesetz vor: Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG gilt gegenüber der Gesellschaft als Inhaber eines Geschäftsanteils nur derjenige, der in der Gesellschafterliste als solcher eingetragen ist. Der Annahme eines Kontrollerwerbs aufgrund einer Rechtsscheinposition steht nicht entgegen, dass die Kontrolle im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 195 Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 37 Rdnr. 21; Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 19 Rdnr. 94. 196 Kommission, Mitteilung über den Begriff des Zusammenschlusses Rdnr. 14; BegrRegE 6. GWB-Novelle, BT-Drucks. 13/9720, S. 57; siehe auch Sedemund, in: Hölters, Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs6, S. 766 Rdnr. 52; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 34. 197 Kommission, Entscheidung vom 07.03.1994, VI/M. 397 – „Ford/Hertz“, Tz. 5–9. 198 Siehe zur Legitimation bei girosammelverwahrten Aktien Noack/Zetzsche, WM 2004, 1 ff.
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GWB grundsätzlich auf Dauer199 erlangt sein muss. Durch das Kriterium der Dauerhaftigkeit der Kontrolle sollen solche Fälle ausgeschlossen werden, in denen der Erwerber zufällig, beispielsweise aufgrund einmaliger niedriger Hauptversammlungspräsenz, bestimmenden Einfluss auf die Geschäfte der Gesellschaft nehmen kann. Bei dem Erwerb der tatsächlichen Möglichkeit zur bestimmenden Einflussnahme aufgrund Erlangens eines Rechtsscheins der Gesellschafterstellung kommt es hingegen darauf an, ob dieser Rechtsschein grundsätzlich dauerhaft zur Einflussnahme geeignet ist. Dies ist zu bejahen, da der Rechtsschein insbesondere durch Eintragung im Gesellschaftsregister oder durch die Buchung auf dem Depotkonto des Erwerbers begründet wird. So lange die Buchung bzw. die Eintragung besteht, kann der Erwerber in tatsächlicher Hinsicht und dauerhaft die Rechte aus den Anteilen wahrnehmen. Der Erwerb der tatsächlichen Möglichkeit, auf die Geschäfte der Zielgesellschaft bestimmenden oder wettbewerblich erheblichen Einfluss nehmen zu können, ist aber auch dann denkbar, wenn die Gesellschaft ihre Mitgliedschaftsrechte nicht verbrieft hat. Er kann sich nämlich daraus ergeben, dass ein Unternehmen dem Erwerber den Betrieb seines Unternehmens oder einen wesentlichen Teil davon auf Dauer tatsächlich überlässt. In der tatsächlichen Gebrauchsüberlassung des Betriebs könnte nämlich der (konkludente) Abschluss eines Gebrauchsüberlassungsvertrags gesehen werden. Nach § 23 Abs. 2 Nr. 3c GWB a. F. stellte die Gebrauchsüberlassung ausdrücklich einen gesetzlich geregelten Zusammenschlusstatbestand dar. Die einzelnen Zusammenschlusstatbestände des § 23 GWB a. F. wurden zwar gestrichen, jedoch nicht aus dem Grund, weil man an ihnen nicht länger festhalten wollte, sondern weil der Gesetzgeber davon ausging, dass der Zusammenschlusstatbestand des Kontrollerwerbs diese Fälle erfasst.200 Demnach kann die dauerhafte Überlassung eines Betriebs durch den Eigentümer an einen Dritten ein konkludenter Gebrauchsüberlassungsvertrag sein, der den Kontrolltatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 2 verwirklicht. Die Möglichkeit, sich aufgrund von Optionen kurzfristig eine Kontrollposition zu verschaffen, stellt dagegen weder einen rechtlichen, noch einen faktischen Kontrollerwerb dar.201 Vielmehr setzt der Kontrolltatbestand voraus, dass der Erwerber die Kontrollmöglichkeit bereits innehat.202 Die 199 Zum Erfordernis der Dauerhaftigkeit der Kontrolle Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 25; Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 19 Rdnr. 94. 200 BegrRegE 6. GWB-Novelle, BT-Drucks. 13/9720, S. 43. 201 EuG, Urteil vom 19.05.1994, Rs. T-2/93, EuZW 1994, 534 f.; kritisch Heidenhain, EuZW 1994, 534 (540). 202 Staudenmayer, Der Zusammenschlussbegriff in Art. 3 der EG-FKVO (2002), S. 80.
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Möglichkeit, sich die Kontrolle anzueignen, genügt demnach nicht zur Verwirklichung des Kontrollerwerbs. Der wirtschaftliche Erwerb von Anteilen führt für sich betrachtet ebenfalls noch nicht zum (faktischen) Kontrollerwerb. Insoweit ist jedoch im Einzelfall zu untersuchen, ob vertragliche Vereinbarungen ein Treuhandverhältnis zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber begründen, infolgedessen der Veräußerer die Interessen des Erwerbers bei der Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte tatsächlich berücksichtigt.203 b) Wettbewerblich erheblicher Einfluss gemäß § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB Schließlich wurde mit der fünften GWB-Novelle204 der Auffangtatbestand des wettbewerblich erheblichen Einflusses eingeführt. Er ist gegenüber den anderen Zusammenschlusstatbeständen subsidiär.205 Der Einfluss im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB muss gesellschaftsrechtlich vermittelt sein206, also auf einer gesellschaftsrechtlichen Stellung des Erwerbers beruhen, z. B. auf dem Erwerb von Anteilen. Der Erwerb eines solchen Einflusses wird dementsprechend bejaht, wenn eine Beteiligung von weniger als 25% erworben wird, der Aktionär hierdurch aber eine faktische Sperrminorität erhält207 oder wenn eine Rechtsstellung erlangt wird, die der eines Aktionärs mit Sperrminorität oder höherem Anteil gleichzustellen ist208. Solch eine einem Aktionär mit Sperrminorität gleichzustellende Rechtsposition kann sich aus einer Vereinbarung der Parteien oder auch direkt aus dem Gesetz ergeben.209 Ferner muss die Möglichkeit der Einflussnahme wettbewerblich erheblich sein. Dies setzt voraus, dass der Erwerber wettbewerbliches Potenzial des Zielunternehmens für eigene wettbewerbliche Zwecke nutzbar machen kann.210 203 Vgl. zum europäischen Recht, das insoweit mit dem deutschen Recht vergleichbar ist Wessely, in: MüKo Kartellrecht, Europäisches Wettbewerbsrecht, Art. 7 FKVO Rdnr. 58. 204 BGBl. I-1990, S. 235. 205 Bach, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 37 GWB Rdnr. 103. 206 BegrRegE 6. GWB-Novelle, BT-Drucks. 13/9720, S. 57; BGH, Beschluss vom 21.11.2000, KVR 16/99, WuW/E DE-R 607 (612) – „Minderheitsbeteiligung im Zeitschriftenhandel“; Bach, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 37 GWB Rdnr. 108. 207 BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 – „A-TEC ./. Norddeutsche Affinerie“; Paschke, in: FK, GWB 2005, § 37 Rdnr. 65; Stein, S. 157. 208 Bach, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 37 Rdnrn. 116, 132. 209 Bach, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 37 Rdnr. 116. 210 Bach, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 37 Rdnr. 126.
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Wettbewerblich erheblicher Einfluss liegt demnach vor, wenn „aufgrund des zwischen den Unternehmen bestehenden gesamten Beziehungsgeflechts zu erwarten ist, dass der Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen so wesentlich eingeschränkt wird, dass die Unternehmen nicht mehr unabhängig am Markt auftreten“.211 Ein solcher Fall wird bejaht, wenn ein Unternehmen die gesicherte Fähigkeit erlangt, bei Entscheidungen des Zielunternehmens über die Ressourcenverwendung und das Marktverhalten seine eigenen Wettbewerbsinteressen zur Geltung zu bringen.212 Der Bundesgerichtshof hat hieraus für den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung abgeleitet, dass ein wettbewerblich erheblicher Einfluss vorliegt, wenn „nach Art der Vertragsgestaltung und der wirtschaftlichen Verhältnisse zu erwarten ist, dass der Mehrheitsgesellschafter auf die Vorstellungen des Erwerbers Rücksicht nimmt oder diesem freien Lauf lässt, auch wenn dies nur geschieht, soweit es seinen eigenen Interessen nicht zuwiderläuft“.213 Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dementsprechend einen wettbewerblich erheblichen Einfluss im Fall A-TEC/N. A. beispielsweise bereits bei einer Beteiligung von lediglich 13,75% bejaht, da die Erwerberin „durch die Gesellschafterstellung in Verbindung mit ihrer überlegenen Markt- und Branchenkenntnis sowie der Möglichkeit, in der Hauptversammlung und über den Aufsichtsrat in zentralen Fragen Einfluss auf die Unternehmenspolitik der N.A. zu nehmen“ wettbewerblich erheblichen Einfluss auf die Zielgesellschaft erhalte214. Wie der Kontrollerwerb kann auch der Zusammenschlusstatbestand des wettbewerblich erheblichen Einflusses im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB dadurch erfüllt werden, dass er rein tatsächlich vollendet wird.215 Der infolge des Aktienbesitzes erlangte Einfluss ist nämlich gesellschaftsrechtlich vermittelt. Insoweit reicht es aus, dass die Einflussmöglichkeit 211
BegrRegE 5. GWB-Novelle, BT-Drucks. 11/4610 S. 20. KG, Beschluss vom 28.10.1998, Kart 26/97, WuW/E DE-R 270 (271) – „ASV/Stilke“; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.11.2005, VI-2 Kart 14/04 (V), WuW/E DE-R 1639 (1639) – „Mainova/Stadtwerke Aschaffenburger Versorgungs GmbH“; Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 37 Rdnr. 41; Paschke, in: FK, GWB 2005, § 37 Rdnrn. 61, 63; Emmerich, Kartellrecht12, § 33 Rdnr. 50. 213 BGH, Beschluss vom 21.11.2000, KVR 16/99, WuW/E DE/R 607 (609 f.) – „Minderheitsbeteiligung im Zeitschriftenhandel“; BGH, Beschluss vom 21.12.2004, KVR 26/03, WuW/E DE/R 1419 (1420) – „trans-o-flex“; BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 (1555) – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“. 214 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.11.2008, Kart 5/08 (V), WuW/E DE-R 2462 (2466) – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“. 215 Im Hinblick auf die Zusammenschlusstatbestände, die ohnehin auf die tatsächliche Lage abstellen, ist Kuhn, in: FK Kartellrecht, GWB 2005, § 41 Rdnr. 15 demnach zu folgen. 212
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
ihre Grundlage in einer gesellschaftsrechtlichen oder vergleichbaren rechtlichen Beziehung findet. Faktischer Einfluss steht der rechtlichen Einwirkungsmöglichkeit gleich.216 Das Gesellschaftsrecht legitimiert den Aktienbesitzer bzw. den eingetragenen Aktionär im Verhältnis zur Gesellschaft gemäß § 123 Abs. 3 S. 2 bzw. § 68 Abs. 2 AktG gerade als Aktionär und stellt zwischen diesen somit eine gesellschaftsrechtliche Beziehung her. Zwar verlangt auch der Zusammenschlusstatbestand des wettbewerblich erheblichen Einflusses, dass dieser Einfluss auf Dauer angelegt ist.217 Hiermit sollen jedoch, wie bei dem Kontrollerwerb, lediglich zufällige Einflussmöglichkeiten aus dem Tatbestand ausgeschlossen werden. Wird eine Beteiligung unterhalb der 25%-Schwelle erworben, so kommt es daher darauf an, ob diese Beteiligung dem Erwerber beispielsweise wegen regelmäßiger niedriger Hauptversammlungspräsenzen einen wettbewerblich erheblichen Einfluss vermittelt. Wird dagegen aufgrund des Rechtsscheins der Depotbuchung oder der Eintragung des Aktionärs lediglich die tatsächliche Möglichkeit zur Einflussnahme erworben, kommt es darauf an, ob der Aktienbesitz grundsätzlich dauerhaft zur Einflussnahme geeignet ist. Darauf, ob die Möglichkeit zur Einflussnahme rechtlich gesichert ist, kommt es gerade nicht an.218 c) Vollendung des Kontrollerwerbs/wettbewerblich erheblichen Einflusses Kontrollerwerb und der Erwerb von wettbewerblich erheblichem Einfluss sind vollendet und damit vollzogen, wenn dem Erwerber die Möglichkeit, bestimmenden oder wettbewerblich erheblichen Einfluss auszuüben, tatsächlich eingeräumt wird. Es ist nicht erforderlich, dass der Erwerber von dieser Möglichkeit auch tatsächlich Gebrauch macht.219 Im Folgenden soll lediglich kurz auf die rechtlich begründete Einflussmöglichkeit infolge von Anteils- oder Vermögenserwerb sowie den Erwerb der faktischen Einflussmöglichkeit durch den Erwerb einer Scheingesellschafterstellung eingegangen werden. Diese beiden Situationen sind nämlich neben der tatsächlichen Überlassung des Unternehmens diejenigen, die im Rahmen der hiesigen Untersuchung für die Einflusstatbestände des § 37 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 GWB eine Rolle spielen. 216 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.11.2004, VI-2Kart 10/04, WuW/E DE-R 1390 (1395) – „KG Wochenkurier“; dem folgend Bach, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 37 Rdnr. 109. 217 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.11.2008, Kart 5/08 (V), WuW/E DE-R 2462 (2464) – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“; Riesenkampff/Lehr, in: L/M/R, Kartellrecht2, § 37 Rdnr. 28; Zigelski, WuW 2009, 1261 (1263). 218 Vgl. Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 92. 219 Riesenkampff/Lehr, in: L/M/R, Kartellrecht2, § 37 Rdnr. 9 m. w. N.
A. Vollzogener Unternehmenszusammenschluss
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aa) Erwerb einer rechtlich begründeten Einflussmöglichkeit Wird die Möglichkeit zur Ausübung von bestimmendem oder wettbewerblich erheblichem Einfluss durch den Erwerb von Vermögensgegenständen oder Anteilen220 vermittelt, so wird der Zusammenschluss des (rechtlichen) Kontrollerwerbs oder des (rechtlichen) wettbewerblich erheblichen Einflusses auch hier grundsätzlich erst durch die wirksame Vornahme des (letzten) dinglichen Verfügungsgeschäfts vollendet. bb) Erlangen von faktischem Einfluss aufgrund Erlangens der Scheingesellschafterstellung Insbesondere bei Aktiengesellschaften und der GmbH kann aber schon eine Scheingesellschafterstellung dazu führen, dass eine Person (tatsächlich) dauerhaft Einfluss im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 auf die Geschäfte der Zielgesellschaft nehmen kann.221 Fraglich ist, in welchem Zeitpunkt in diesen Fällen der Kontrollerwerb bzw. der Erwerb wettbewerblich erheblichen Einflusses vollzogen ist. Bei GmbH-Anteilen sowie Namensaktien beruht der Rechtsschein auf der fehlerhaften Eintragung in der Gesellschafterliste bzw. dem Aktionärsregister, so dass die Möglichkeit zur Einflussnahme ab dem Zeitpunkt der Eintragung besteht und der Zusammenschluss damit vollzogen wird. Bei Inhaberaktien ist der Rechtsschein der Gesellschafterstellung auf die Buchung der Anteile auf das Depotkonto des Erwerbers zurückzuführen. Mit der Buchung auf dem Depotkonto des Erwerbers entsteht ein Rechtsschein zu dessen Gunsten. Findet nun, während die Anteile auf dem Depotkonto des Erwerbers gebucht sind, eine Hauptversammlung der Zielgesellschaft statt, so kann der Erwerber sich von seiner Depotbank den Depotstand bescheinigen lassen und wird somit zur Teilnahme an der Hauptversammlung legitimiert. Er erhält damit also die Möglichkeit zur Einflussnahme, als hätte er den (mittelbaren) Besitz an den Anteilen tatsächlich erlangt.
III. Zwischenergebnis Ein vollzogener Unternehmenszusammenschluss liegt vor, wenn einer der in § 37 Abs. 1 GWB genannten Zusammenschlusstatbestände Vermögens220 Wegen der Subsidiarität des wettbewerblich erheblichen Einflusses gegenüber den anderen Zusammenschlusstatbeständen kommt eine Vollendung insoweit nur in Betracht, wenn der Anteilserwerb in einer Größenordnung erfolgt, die nicht den Zusammenschlusstatbestand des Anteilserwerbs erfüllt. 221 Siehe oben.
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
erwerb, Kontrollerwerb, Anteilserwerb oder Erwerb wettbewerblich erheblicher Einfluss vollendet wird. Die Vollendung der einzelnen Zusammenschlusstatbestände hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grob lassen sich jedoch die Zusammenschlusstatbestände des Vermögens- und des Anteilserwerbs einerseits sowie die Einflusstatbestände andererseits unterscheiden. Die Vermögens- und Anteilserwerbe sind vollendet, wenn die Anteile bzw. Vermögensgegenstände auf den Erwerber bzw. das aufnehmende Unternehmen übergegangen sind. Da der Vermögenserwerb zum Erwerb eines Unternehmens oder Unternehmensteils führt, kommt es hier darauf an, wann der letzte zum Übergang des Unternehmens erforderliche Vermögensgegenstand auf den Erwerber übergeht. Ebenso verhält es sich, wenn ein Anteilserwerb sukzessive verwirklicht wird. Auch dieser ist erst mit Erwerb des die Anteilsschwellen des § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB überschreitenden Teilerwerbs vollendet. Im Fall der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, das einen Sonderfall des Anteilserwerbs im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, 3 GWB darstellt, kommt es auf das wirksame Entstehen der Gesellschaft an, die in der Regel bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages einhergeht. Eine Ausnahme bildet hier die (beabsichtigte) Rechtsform der Aktiengesellschaft. Dort entsteht die Vor-AG erst mit der Übernahme der Aktien durch die Gründer. Die Einflusstatbestände sind dagegen schon dann vollzogen, wenn die Möglichkeit zur tatsächlichen Einflussnahme auf die Geschäfte der Zielgesellschaft entsteht. Der Einfluss kann rechtlich oder tatsächlich begründet sein und zwar auch dann, wenn er auf dem (beabsichtigten) Erwerb von Anteilen oder Vermögensgegenständen beruht. Für die Fälle der rechtlichen Kontrolle durch Anteils- oder Vermögenserwerb gelten die Ausführungen zur Vollendung von Anteils- und Vermögenserwerb entsprechend. Die faktische Möglichkeit der Einflussnahme entsteht insbesondere dann, wenn der Erwerber (beispielsweise infolge eines gescheiterten Übertragungsakts) eine Scheingesellschafterstellung erhält, sei es durch die Eintragung im Handelsoder Aktionärsregister oder durch die Buchung der Anteile auf sein Depotkonto. Die der Auflösung unterliegenden Unternehmenszusammenschlüsse, die sich auf eine Anteils- oder Vermögensübertragung zurückführen lassen, lassen sich demnach in drei Gruppen einteilen: den (scheinbaren) Erwerb des gesamten Unternehmens bzw. Unternehmensteils, den (scheinbaren) Erwerb einer Beteiligung an einem Unternehmen und die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens. Da insoweit an die Übertragung und die Rückübertragung gesonderte Anforderungen gestellt werden, wird im Folgenden jeweils die Rechtslage in diesen drei Gruppen untersucht. Der Begriff „Unterneh-
B. Überschreiten der Umsatzschwellen des § 35 GWB
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menskauf“ bezeichnet in der vorliegenden Arbeit, sofern nicht anders gekennzeichnet, sowohl den Unternehmenserwerb über den Erwerb des Vermögens (asset deal) als auch den Erwerb des Unternehmens über dessen Anteile (share deal). Die Auflösung eines formell illegalen Unternehmenserwerbs nach § 41 Abs. 3 GWB dürfte in der Praxis allerdings nur selten vorkommen, da die Parteien die Freigabe durch das Bundeskartellamt in der Regel zur Voraussetzung der Übereignung machen222.
B. Überschreiten der Umsatzschwellen des § 35 GWB Ein Unternehmenszusammenschluss unterliegt aber nur den Regelungen des GWB, wenn die an dem Zusammenschluss Beteiligten gemeinsam die in § 35 Abs. 1 GWB genannten Umsatzschwellen überschreiten und keine Ausnahme nach § 35 Abs. 2 GWB greift. Die Aufgreifschwelle, unterhalb der das GWB nicht anzuwenden ist, liegt derzeit bei einem gemeinsamen Umsatz von 500 Mio. Euro weltweit, wenn mindestens ein beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 25 Mio. Euro und ein anderes Umsatzerlöse von mehr als 5 Mio. Euro in Deutschland erzielt hat (sog. doppelte Inlandsumsatzschwelle223). Insbesondere ist zu beachten, dass das GWB keine Anwendung findet, wenn die Umsatzschwellen der FKVO überschritten werden und der Zusammenschluss einen Zusammenschlusstatbestand im Sinne des Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung verwirklicht. Die Fusionskontrollverordnung geht dem GWB nämlich vor, § 35 Abs. 3 GWB. Die Umsatzschwellen der FKVO liegen derzeit bei einem weltweiten Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen von 5 Mrd. Euro und einem gemeinschaftsweiten Umsatz mindestens zweier am Zusammenschluss beteiligter Unternehmen von jeweils mehr als 250 Mio. Euro, Art. 1 Abs. 2 FKVO. Alternativ genügt es, wenn der weltweite Gesamtumsatz aller am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen mehr als 2,5 Mrd. Euro beträgt, wenn ihr Gesamtumsatz in mindestens drei Mitgliedstaaten jeweils 100 Mio. Euro übersteigt, mindestens zwei beteiligte Unternehmen dort einen Umsatz von mehr als 25 Mio. Euro verzeichnen können und der gemeinschaftsweite Umsatz von mindestens zwei beteiligten Unternehmen jeweils 100 Mio. Euro übersteigt, Art. 1 Abs. 3 FKVO.
222 Siehe Meyer-Sparenberg, in: Hoffmann-Becking/Rawert, Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Gesellschaftsrecht11, III. A. 16, § 4 Abs. 2. 223 Siehe nur Wagner-von Papp, WuW 2008, 1167.
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
C. „Illegalität“ des Zusammenschlusses I. Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB Gemäß § 41 Abs. 3 S. 1 GWB ist ein Zusammenschluss nur aufzulösen, wenn er „die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 erfüllt“. Nach dem derzeit noch geltenden § 36 Abs. 1 GWB ist ein Zusammenschluss zu untersagen, wenn von ihm zu erwarten ist, dass er eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt. Der Zusammenschluss ist dagegen nach § 36 Abs. 1 2. Halbsatz GWB nicht zu untersagen, wenn die beteiligten Unternehmen nachweisen, dass der Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen mit sich bringt und diese Vorteile die Nachteile einer marktbeherrschenden Stellung überwiegen. Aufgrund § 36 Abs. 1 2. Halbsatz unterliegen insbesondere Sanierungsfusionen nicht der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB.224 Art. 1 Nr. 20 des Gesetzesentwurfs zur 8. GWB-Novelle225 sieht jedoch eine Angleichung des deutschen Rechts an die europäische Fusionskontrolle vor. Die Europäische Kommission wendet zur materiellen Beurteilung von Zusammenschlüssen bereits seit der Novellierung der FKVO im Jahr 2004 den sogenannten SIEC (significant impediment to effective competition) Test an.226 Künftig wird daher zu untersuchen sein, ob durch den Zusammenschluss „wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde“. Der Fall, in dem infolge des Zusammenschlusses eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt wird, bleibt allerdings als Regelbeispiel benannt, so dass in diesen Fällen auch nach Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle weiterhin die Untersagungsvoraussetzungen erfüllt sein werden.227 Zusammenschlüsse, die die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllen, werden im Folgenden als materiell illegal228 bezeichnet. 224
Vgl. Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 104. BT-Drucks. 17/9852. 226 Immenga/Körber, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: EG5, Art. 2 Rdnr. 183. 227 Vgl. BegrGesE 8. GWB-Novelle (Fn. 225, S. 74), S. 28. 228 Die Begriffe der formellen und materiellen Illegalität werden bisher hauptsächlich im Rahmen des deutschen öffentlichen Baurechts verwendet und bezeichnen dort ein ohne die erforderliche Genehmigung errichtetes Bauwerk („formell illegal“) bzw. ein gegen Vorschriften des Bauplanungs- oder -ordnungsrechts verstoßendes Bauwerk (materiell illegal). Eine Übertragung dieser aus dem öffentlichen Baurecht stammenden Begriffe für die Fusionskontrolle liegt nahe: In beiden Rechtsgebieten hat der Gesetzgeber bestimmte Befugnisse als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet, also eine vorherige Genehmigungspflicht vorgesehen, da mit Ausübung des Rechts (Bau im Baurecht bzw. Zusammenschluss im 225
C. „Illegalität“ des Zusammenschlusses
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II. Kein Verstoß gegen das Vollzugsverbot erforderlich Der Gesetzgeber hat die fusionskontrollrechtliche Auflösung in einer Vorschrift verbunden mit dem Verbot, Zusammenschlüsse ohne Genehmigung durch das Bundeskartellamt und vor Ablauf der Fristen des § 40 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 2 GWB zu vollziehen (fusionskontrollrechtliches „Vollzugsverbot“): Das Vollzugsverbot ist in § 41 Abs. 1, 2 GWB geregelt, die Auflösung hingegen in § 41 Abs. 3, 4 GWB. Diese Verbindung von Vollzugsverbot und Auflösung in einer Vorschrift mag indizieren, dass nur Zusammenschlüsse, die gegen das Vollzugsverbot verstoßen, der Auflösung unterliegen. § 41 Abs. 3 S. 1 GWB differenziert im Hinblick auf die Auflösungsverpflichtung aber gerade nicht zwischen Zusammenschlüssen, die zunächst legitim vollzogen wurden und solchen, die unter Verstoß gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB zustandegekommen sind. Bei der Begründung der Auflösungsverpflichtung kam es dem Gesetzgeber nämlich nur darauf an, eine vorhandene wettbewerbsbeschränkende Marktsituation beseitigen zu können.229 Der Verstoß gegen das Vollzugsverbot und die Auflösung sind daher zwei getrennt voneinander zu betrachtende Aspekte. Es kommt für die Frage, ob ein vollzogener, materiell illegaler Zusammenschluss der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB unterliegt, demnach nicht darauf an, ob mit seiner Vollendung gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 GWB verstoßen wurde. Zusammenschlüsse, denen die erforderliche Freigabe durch das Bundeskartellamt fehlt, sei es dass diese von Anfang an fehlt oder dass diese später wegfällt, werden im Anschluss an die oben bezeichnete materielle Illegalität im Folgenden als formell illegal bezeichnet.
III. Keine Untersagung vor Auflösung erforderlich Seit der 7. GWB-Novelle ist vor Einleitung des Auflösungsverfahrens keine tatsächliche Untersagung des Zusammenschlusses mehr erforderlich, das Bundeskartellamt kann vielmehr direkt im Auflösungsverfahren prüfen, ob die Untersagungsvoraussetzungen nach § 36 Abs. 1 GWB vorliegen.230 Rahmen der Fusionskontrolle) eine nur schwer hinnehmbare Beschränkung schützenswerter Rechtspositionen Dritter entsteht. 229 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 GWB Rdnr. 33. 230 BKartA, Beschluss vom 14.02.2007, B 5-10/07, WuW/E DE-V 1340 (1346) – „Sulzer/Kelmix“; Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 8; a. A. Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 41 Rdnr. 17; Mayer/Miege, BB 2008, 2031 (2033); Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 36; Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 21 Rdnr. 143.
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
Der Wegfall des Erfordernisses einer bestandskräftigen Untersagung vor der Auflösung hat zum Hintergrund, dass in dem Entflechtungsverfahren die Prüfung der Untersagungsvoraussetzungen, also des § 36 Abs. 1 GWB, jetzt enthalten ist, zwei Verfahren also lediglich zusammengelegt wurden. Ist das Vorliegen der Untersagungsvoraussetzungen aber in einem dem Auflösungsverfahren vorangegangenen Verfahren bereits festgestellt worden, so ist das Bundeskartellamt im Auflösungsverfahren an diese Feststellung gebunden.231 Anderenfalls spricht das Bundeskartellamt die Untersagung in dem das Auflösungsverfahren abschließenden Beschluss regelmäßig aus232, allerdings nur klarstellend233.
D. Kein Auflösungshindernis Im Zeitpunkt der Auflösung muss der Unternehmenszusammenschluss schließlich formell illegal sein.234 Eine vorher erteilte wirksame Freigabe oder Ministererlaubnis nach § 42 GWB muss daher aus der Welt geschaffen werden, da die Bindung der Kartellbehörde an ihre Freigabeverfügung235 der Auflösung entgegensteht.
I. Kein Auflösungshindernis durch Befreiung vom Vollzugsverbot Die Befreiung vom Vollzugsverbot gemäß § 41 Abs. 2 GWB hat keine die Auflösung hindernde Wirkung. Sie gilt nämlich schon ihrer Natur nach nur vorläufig bis zur endgültigen Entscheidung des Bundeskartellamts über den Zusammenschluss.236 Vom Vollzugsverbot befreite Zusammenschlüsse werden daher formell illegal, sobald ihre Freigabe endgültig nicht mehr 231 Insoweit ist Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 36 zuzustimmen, die jedoch noch weiter gehen und im Auflösungsverfahren die Zulässigkeit einer Prüfung, ob die Untersagungsvoraussetzungen vorliegen, gänzlich ablehnen. 232 Vgl. BKartA, Beschluss vom 14.02.2007, B 5-10/07, WuW/E DE-V 1340 Tenor I – „Sulzer/Kelmix“; BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 Tenor I – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“. 233 Vgl. BKartA, Beschluss vom 14.02.2007, B 5-10/07, WuW/E DE-V 1340 (1346) – „Sulzer/Kelmix“. 234 In diese Richtung auch Mäger, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 41 Rdnr. 34 [Bundeskartellamt müsse verfahrensrechtlich noch befugt sein, den Zusammenschluss zu untersagen], im Ergebnis ebenso Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 7. 235 Siehe sogleich unter III. 236 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 28.
D. Kein Auflösungshindernis
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möglich ist, also entweder mit ihrer Untersagung oder gleichzeitig mit der Auflösungsanordnung.
II. Antragstellung zur Erteilung einer Einzelfallerlaubnis durch den Bundesminister für Wirtschaft und Technologie gemäß § 42 GWB Gemäß § 41 Abs. 3 S. 1 GWB steht die Auflösungsverpflichtung unter der Bedingung, dass der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie nicht eine Einzelfallerlaubnis nach § 42 GWB erteilt hat. Die Einzelfallerlaubnis durch den Bundesminister setzt jedoch einen Antrag voraus, der gemäß § 42 Abs. 1 S. 1 GWB erst möglich ist, wenn das Bundeskartellamt den Zusammenschluss untersagt hat. Seit dem Wegfall des Untersagungserfordernisses für das Auflösungsverfahren mit der 7. GWB-Novelle 2005237 werden die Betroffenen daher regelmäßig die Entscheidung des Bundeskartellamts im Auflösungsverfahren abwarten müssen. Anschließend haben sie die Möglichkeit, innerhalb eines Monats ab Unanfechtbarkeit der Auflösungsanordnung238 einen Antrag auf Erteilung einer Einzelfallerlaubnis bei dem Bundesminister für Wirtschaft und Technologie (im Folgenden: Ministererlaubnis) zu stellen, § 42 Abs. 3 GWB. Zur Vermeidung der Schaffung vollendeter Tatsachen durch die Vollstreckung der Auflösungsverfügung erhält der Antrag auf Erteilung einer Einzelfallerlaubnis nach § 42 GWB aufschiebende Wirkung für die Auflösungsverfügung. Bis zum Zeitpunkt der Ablehnung des Antrags kann die Auflösung daher nicht vollstreckt werden.239 Die Kartellbehörde kann dies schon in ihrer Entscheidung berücksichtigen, indem sie die Wirksamkeit der Entflechtungsanordnung aufschiebend davon abhängig macht, dass keine Ministererlaubnis beantragt wird oder eine solche trotz des Antrags nicht erlassen wird.240.
237 Siehe Art. 1 Nr. 25 lit. c) des Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, BGBl. I-2005, S. 1954 (1961). 238 Bisher fehlt eine ausdrückliche Regelung zum Beginn der Monatsfrist. Der Gesetzesentwurf zur 8. GWB-Novelle (Fn. 225, S. 74) sieht jedoch in Art. 1 Nr. 25 b) bb) vor, § 42 Abs. 3 einen Satz 3 anzufügen, in dem es heißt: „Wird die Auflösungsanordnung nach § 41 Abs. 3 S. 1 angefochten, beginnt die Frist in dem Zeitpunkt, in dem die Auflösungsanordnung unanfechtbar wird.“ 239 So jedenfalls im Ergebnis auch Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 8. 240 Siehe BegrGesE 8. GWB-Novelle (Fn. 225, S. 74), S. 44.
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
III. Wirksame vorherige Freigabe 1. Aufhebungs- und Abweichungsverbot Der Auflösungsanordnung durch das Bundeskartellamt steht es ferner, wie eingangs erwähnt, entgegen, wenn eine zuvor erteilte oder fingierte Freigabe oder eine Ministererlaubnis noch wirksam besteht. Eine wirksam erlassene Freigabe hat nämlich, unabhängig von ihrer rechtlichen Einordnung eine grundsätzliche Bindung der sie erlassenden Behörde zur Folge. Wenn es sich bei der Freigabe um einen Verwaltungsakt handelt241 kann die Behörde die Freigabe nur noch im Rahmen der Gesetze von Amts wegen aufheben242 und darf für die Dauer ihrer Wirksamkeit nicht mehr von ihr abweichen243. Die Einordnung der Freigabe als Verwaltungsakt ist allerdings fraglich. Ein Verwaltungsakt setzt nämlich eine Regelungswirkung voraus. An dieser könnte es der Freigabe fehlen, da nach Ablauf der Fristen des § 40 Abs. 1 S. 1, 2 S. 2 GWB der Zusammenschluss ohnehin vollzogen werden darf. Die Freigabe könnte daher auch als Zusicherung im Sinne des § 38 VwVfG verstanden werden, einen Verwaltungsakt, nämlich die Untersagung, nicht zu erlassen. § 38 Abs. 2 VwVfG verweist im Hinblick auf die Bindungswirkung einer Zusicherung aber auf die Vorschriften für Verwaltungsakte. Daher gelten auch für die wirksam erlassene Zusicherung ein grundsätzliches Aufhebungs- und Abweichungsverbot.244 Die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts tritt gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG mit Bekanntgabe an denjenigen, für den er bestimmt ist bzw. der von ihm betroffen wird, ein. Das Bundeskartellamt darf nach Bekanntgabe der Freigabe somit grundsätzlich keine Anordnung treffen, die der Freigabe widerspricht. Die Bekanntgabe der Freigabe hat demnach eine Selbstbindung245 der Verwaltungsbehörde zur Folge, die unabhängig davon eintritt, ob sie Bestandskraft hat, also noch mit ordentlichen Rechtsbehelfen angreifbar ist246. 241 So KG, Beschluss vom 17.05.2000, Kart 35/99, WuW/E DE-R 644 (645) – tobaccoland III, a. A. Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 40 Rdnr. 7; Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 40 Rdnr. 24. 242 Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG7, § 43 Rdnr. 35; Merten, NJW 1983, 1993, (1995 f.); Blanke, Vertrauensschutz im deutschen und europäischen Verwaltungsrecht, S. 164 ff. 243 Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG7, § 43 Rdnrn. 42, 53, 135; Merten, NJW 1983, 1993, (1995 f.). 244 Siehe auch Kopp/Ramsauer12, § 38 Rdnrn. 33 ff. 245 Vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG7, § 43 Rdnrn. 54, 135 f. 246 Zur Bestandskraft von Verwaltungsakten siehe Sachs, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG7, § 43 Rdnr. 20; Erichsen/Knoke, NVwZ 1983, 185 (186) m. w. N.; Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG12, § 43 Rdnr. 20.
D. Kein Auflösungshindernis
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Entsprechendes gilt, wenn die Freigabe nur wegen Ablaufs der Fristen nach § 40 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 S. 2 GWB fingiert wird oder die Freigabe durch Ministererlaubnis erteilt wurde. Die fingierte Freigabe stellt zwar mangels Schriftform weder einen wirksamen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG noch eine wirksame Zusicherung gemäß § 38 VwVfG dar, sie entfaltet gemäß § 42a Abs. 1 S. 2 VwVfG aber dieselben Wirkungen, insbesondere dieselbe Bindungswirkung. Die Einzelfallerlaubnis durch den Bundesminister für Wirtschaft und Technologie gemäß § 42 GWB stellt dagegen unzweifelhaft einen Verwaltungsakt dar247, der mit seiner Bekanntgabe Bindungswirkung entfaltet. Der Bundesminister wird in diesem Fall nämlich als Behörde im Sinne des § 1 Abs. 4 VwVfG tätig, da die Einzelfallentscheidung keine Regierungsaufgabe248, sondern Aufgabe der öffentlichen Hand ist249. Die Ministererlaubnis bindet ab ihrer Bekanntgabe aber nicht nur den Minister, sondern begründet gemäß § 41 Abs. 3 S. 1 GWB auch ein Abweichungsverbot für das Bundeskartellamt. Nach § 41 Abs. 3 S. 1 GWB steht die Auflösung eines Zusammenschlusses nämlich unter dem Vorbehalt, dass keine Ministererlaubnis nach § 42 GWB erteilt wurde. Die Auflösungsanordnung ist aber eine Verfügung, die der erteilten oder fingierten Freigabe bzw. der Ministererlaubnis widerspricht. Bei Bestehen einer wirksamen Freigabe/Ministererlaubnis darf sie wegen der Selbstbindung der Verwaltung daher nicht angeordnet werden. 2. Beseitigung der Freigabe Die Beseitigung einer (ausdrücklichen oder fingierten250) Freigabe ist im GWB in § 40 Abs. 3a vorgesehen. Auf die Ministererlaubnis findet die Vorschrift nach § 42 Abs. 2 S. 2 GWB entsprechende Anwendung. Darüber hinaus finden sich in §§ 48, 49 VwVfG weitere Rücknahme- und Widerrufsmöglichkeiten für Verwaltungsakte oder Zusicherungen. Schließlich kann die kartellbehördliche Freigabe gerichtlich aufgehoben werden, siehe § 71 Abs. 2 S. 1 GWB. Die Rechtsfolgen der gerichtlichen Aufhebung regelt § 40 Abs. 6 GWB. Die Erledigung einer Freigabeverfügung aus anderen Gründen kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn das Bundeskar247 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 42 Rdnr. 57; Lenz, NJW 2002, 2370; Wiedemann, in: FS Hirsch (2008) S. 341 (351). 248 Zur Unterscheidung zwischen Regierungsaufgaben und Verwaltungsaufgaben innerhalb der Bundesregierung Schröder, in: Mangoldt/Klein/Starck, GG4, Art. 62 Rdnrn. 18 ff. 249 Lenz, NJW 2002, 2370. 250 Siehe sogleich.
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
tellamt den Zusammenschluss nur unter einer auflösenden Bedingung freigegeben hat und diese Bedingung eintritt. a) Der Widerruf nach § 40 Abs. 3a GWB Der Widerruf einer Freigabe ist zunächst nach § 40 Abs. 3a GWB möglich, wenn die Freigabe auf unrichtigen Angaben beruhte, arglistig herbeigeführt wurde oder eine mit der Freigabe verbundene Auflage nicht oder nicht wie vorgesehen erfüllt wird. Die Vorschrift zielt vorrangig auf den Widerruf der tatsächlich erteilten Freigabe und die Einzelfallerlaubnis durch den Bundesminister für Wirtschaft und Technologie gemäß § 42 GWB ab. Sie findet jedoch auch Anwendung auf die fingierte Freigabe wegen Fristablaufs gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 S. 2 GWB. Gemäß § 42a VwVfG finden im Fall von Genehmigungsfiktionen nämlich die Vorschriften über die Wirksamkeit von Verwaltungsakten, in Verwaltungsverfahren also beispielsweise §§ 48, 49 VwVfG251, entsprechende Anwendung. Gleiches muss daher auch für § 40 Abs. 3a GWB gelten, der den Widerruf einer Freigabe spezialgesetzlich regelt. Die spezialgesetzliche Regelung von Widerrufsgründen ist im Rahmen des § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG ausdrücklich vorgesehen. Auch der Widerruf der Freigabe ist ein Verwaltungsakt, der mit Bekanntgabe gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, wirksam wird, § 43 Abs. 1 VwVfG. Mit Bekanntgabe des Widerrufs der zunächst erteilten bzw. fingierten Freigabe gemäß § 40 Abs. 3a GWB wird die Freigabe daher unwirksam und steht der Auflösung nicht mehr entgegen.252 Der Widerruf kann bis zum Abschluss des Auflösungsverfahrens und damit auch erst gleichzeitig mit Erlass der Auflösungsanordnung erfolgen. b) Rücknahme und Widerruf nach §§ 48, 49 VwVfG Weitere und von § 40 Abs. 3a GWB abweichende Widerrufs- und Rücknahmemöglichkeiten für Verwaltungsakte sieht das Verwaltungsverfahrensgesetz in §§ 48, 49 VwVfG vor. Fraglich ist daher, ob die Vorschrift des Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG12, § 42a Rdnr. 8. Str., wie hier auch Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 8. A. A. wohl Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 36, die wohl erst die Einleitung eines neuen Fusionskontrollverfahrens befürworten, da im Auflösungsverfahren die materiellen Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB nicht geprüft werden könnten. 251 252
D. Kein Auflösungshindernis
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§ 40 GWB hinsichtlich der Möglichkeiten zur Beseitigung einer erteilten Freigabe abschließend ist253, oder ob §§ 48, 49 VwVfG grundsätzlich neben § 40 Abs. 3a GWB Anwendung finden254. Ob eine Vorschrift des GWB das VwVfG verdrängt oder lediglich ergänzt, ist durch Auslegung der GWB-Norm zu ermitteln.255 Der Wortlaut des § 40 Abs. 3a GWB ist nicht eindeutig. Die enumerative Aufzählung dort könnte jedoch dafür sprechen, dass andere Widerrufsgründe als die dort genannten nicht in Betracht kommen sollen. Gegen die Anwendbarkeit der §§ 48, 49 VwVfG wird ferner angeführt, dass anderenfalls das in § 40 Abs. 1 und 2 vorgesehene strenge Fristenregime unterlaufen werde, könnte sich das Bundeskartellamt von der Freigabe auch unter den Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG lösen.256 Gegen eine entsprechende Anwendbarkeit der §§ 48, 49 VwVfG im Rahmen des Auflösungsverfahrens und für eine ausschließliche Anwendbarkeit des § 40 Abs. 3a GWB spricht aber auch, dass sich § 40 Abs. 3a GWB mit § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG jedenfalls insoweit überschneidet, als beide den Widerruf zulassen, wenn gegen eine mit dem Verwaltungsakt verbundene Auflage verstoßen wurde. Hätte der Gesetzgeber eine parallele Anwendung der §§ 48, 49 VwVfG neben § 40 Abs. 3a GWB beabsichtigt, so hätte es dieser Wiederholung in § 40 Abs. 3a GWB nicht bedurft. Die Anwendbarkeit der Rücknahme- bzw. Widerrufsgründe der §§ 48, 49 VwVfG auf die fusionskontrollrechtliche Freigabeverfügung ist daher abzulehnen.
253 Kappes, Nebenbestimmungen im Fusionskontrollrecht des GWB, S. 25 [zu § 40 Abs. 3 S. 3 GWB a. F.]; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 40 Rdnr. 98; Wiedemann, in: FS Hirsch (2008), S. 341 (350). 254 So die wohl h. M.: Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 21 Rdnr. 111. Ferner Rust, ZWeR 2004, 487; Ost, in: MüKo Kartellrecht, GWB, Vor § 54 Rdnr. 6; ähnlich Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 40, Rdnr. 19, siehe auch Rieger, in: FK, GWB 2005, § 40, Rdnr. 31 f.; ohne dies zu problematisieren auch Uhlig, WuW 2000, 574 (580). Siehe auch BegrRegE vom 29.01.1998, BTDrucksache 13/9720, Anmerkung zu 40, zu Absatz 2, S. 10: § 24 Abs. 2 S. 2 GWB a. F., der u. a. unter bestimmten Bedingungen die Widerrufsmöglichkeit einer Freigabeentscheidung auch nach Ablauf der Viermonatsfrist bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse vorsah, wurde mit dem Hinweis auf die Geltung allgemeiner Rechtsgrundsätze gestrichen. Für einen Fall des § 50 VwVfG die Anwendbarkeit des VwVfG jedenfalls bejahend BKartA, Beschluss vom 09.03.2009, B1-243/08, WuW/E DE-V 1711 (1712 f.) – „Faber/Basalt“. 255 Vgl. BKartA, Beschluss vom 09.03.2009, B1-243/08, WuW/E DE-V 1711 (1712 f.) – „Faber/Basalt“. 256 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 40 Rdnr. 98; Wiedemann, in: FS Hirsch (2008), S. 341 (350).
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
c) Aufhebung durch das Gericht Die Bindung an eine (fingierte) Freigabe oder Ministererlaubnis erlischt ferner, wenn die Freigabe oder die Ministererlaubnis durch gerichtlichen Beschluss aufgehoben wird. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 63 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 GWB nur auf Beschwerde eines am Fusionskontrollverfahren Beteiligten hin möglich, die innerhalb eines Monats ab Zustellung der Freigabe zu erheben ist. In der Praxis ist ein solcher Fall allerdings nur denkbar, wenn Personen oder Personenvereinigungen, deren Interessen durch den Zusammenschluss erheblich beeinträchtigt werden, Beschwerde nach §§ 63 ff. GWB einlegen. Gemäß § 71 Abs. 2 S. 1 GWB hebt das Gericht die Verfügung des Bundeskartellamts auf, wenn das Gericht sie für unzulässig oder unbegründet hält. Gemäß § 40 Abs. 6 GWB beginnen nach Aufhebung einer Freigabe die Fristen für das Fusionskontrollverfahren nach § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 GWB erneut zu laufen. Das Bundeskartellamt kann also ein neues Fusionskontrollverfahren oder, wenn der Zusammenschluss schon vollzogen ist, direkt257 ein Auflösungsverfahren einleiten. Das Auflösungshindernis wird durch die gerichtliche Aufhebung entgegen der wohl herrschenden Auffassung258 nur mit Wirkung für die Zukunft beseitigt. Die Auffassung, dass eine Aufhebung ex tunc wirke, wird nämlich hauptsächlich auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs in der Sache „Asbach Uralt“ vom 17.05.1973259 gestützt. Dort ging es um die kartellrechtliche Zulässigkeit von Preisbindungen. Das Bundeskartellamt hatte die Preisbindung untersagt, woraufhin die Adressatin Beschwerde einlegte. Das Beschwerdegericht erklärte die Sache auf Antrag der Beschwerdeführerin wegen zwischenzeitlich veränderter Umstände für erledigt, wogegen das Bundeskartellamt die Rechtsbeschwerde erhob. Der Bundesgerichtshof hielt die Erledigungserklärung für unberechtigt und stellte fest, dass das Beschwerdegericht die Verfügung des Bundeskartellamts hätte aufheben müssen, da im Zeitpunkt der Entscheidung die Preisbindung nicht (mehr) zu beanstanden war. Die Aufhebung wirke ex tunc. Zur Begründung führt der BGH aber insbesondere an, dass bei einer Aufhebung ex nunc die Beschwerdeführerin so gestellt würde, als ob die Preisbindung bis zur Aufhebung rechtswidrig gewesen wäre und die Aufhebung ex nunc nicht mit der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde zu vereinbaren sei. Vorliegend entfaltet aber zum einen die Beschwerde schon keine aufschiebende Wir257
Siehe oben, Fn. 230, S. 75. Birmanns, in: FK Kartellrecht, GWB 2005, § 71 Rdnr. 29; Karsten Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 71 Rdnr. 16. 259 BGH, Beschluss vom 17.05.1973, KVR 1/72, WuW/E BGH 1283 – „Asbach Uralt“. 258
E. Zusammenfassung
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kung, denn sie ist in § 64 Abs. 1 GWB nicht genannt. Dieser bestimmt aber abschließend260 die Fälle, in denen die Beschwerde aufschiebende Wirkung hat. Zum anderen stünde eine Aufhebung ex tunc aber auch gerade mit der Vorschrift des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB in Widerspruch, der die Freigabe des Zusammenschlusses für dessen legitimen Vollzug genügen lässt. Die „Bestandskraft“ der Freigabe, also eine Unanfechtbarkeit mit ordentlichen Rechtsbehelfen261, verlangt § 41 Abs. 1 S. 1 für die Legitimität des Vollzugs gerade nicht. Jedenfalls in den Fällen der gerichtlichen Aufhebung einer Freigabeentscheidung des Bundeskartellamts kann die gerichtliche Aufhebung daher nur ex nunc wirken.
IV. Ergebnis Eine Auflösungsanordnung kann nicht ergehen, wenn ihr ein Auflösungshindernis entgegensteht. Ein Auflösungshindernis stellt einerseits der Antrag auf Erteilung einer Ministererlaubnis nach § 42 GWB und andererseits die formelle Legalität des Zusammenschlusses dar. Formell legal ist ein Zusammenschluss insbesondere, wenn er vorher gemäß § 40 Abs. 2 S. 1 GWB freigegeben wurde, wegen Ablaufs der Fristen gemäß § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 GWB als freigegeben gilt oder für den eine Ministererlaubnis erteilt wurde. Mit Bekanntgabe der Freigabe wird diese nämlich wirksam und hat ein Aufhebungs- und Abweichungsverbot zur Folge. Das Bundeskartellamt kann demnach die Freigabe außerhalb der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit des Widerrufs nach § 40 Abs. 3a GWB nicht mehr aufheben und keine ihr widersprechenden Anordnungen erlassen. Beruht die formelle Legalität des Zusammenschlusses dagegen auf einer Befreiung vom Vollzugsverbot gemäß § 41 Abs. 2 GWB, so ist diese formelle Legalität von vornherein auflösend bedingt durch die kartellbehördliche Feststellung, dass das Vorhaben die Untersagungsvoraussetzungen nicht erfüllt. Zur Beseitigung des Auflösungshindernisses genügt in diesem Fall daher die der Auflösungsanordnung zugrundeliegende Feststellung, dass das Zusammenschlussvorhaben die Untersagungsvoraussetzungen erfüllt.
E. Zusammenfassung Aufzulösen sind nach § 41 Abs. 3 i. V. m. § 36 Abs. 1 GWB grundsätzlich alle vollzogenen Zusammenschlüsse von Unternehmen, die (im Zeitpunkt der tatsächlichen Auflösung) formell und materiell illegal sind. Die 260 261
Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 64 Rdnr. 2. Siehe oben, Fn. 246, S. 78.
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Teil 1: Die Auflösung nach § 41 Abs. 3
der Auflösung unterliegenden Zusammenschlussarten sind abschließend in § 37 Abs. 1 GWB genannt. Es muss also entweder ein Vermögenserwerb (Nr. 1), ein Kontrollerwerb (Nr. 2), ein Anteilserwerb (Nr. 3) oder ein Erwerb wettbewerblich erheblichen Einflusses (Nr. 4) durch ein Unternehmen im Hinblick auf ein anderes Unternehmen vollendet sein. Ein vollzogener Zusammenschluss ist formell illegal, wenn er nach dem GWB anmeldepflichtig ist, für ihn aber keine den Zusammenschluss legalisierende (tatsächliche oder fingierte) Freigabe oder Ministererlaubnis nach § 42 GWB erteilt wurde oder eine solche wirksam widerrufen oder aufgehoben ist. Darauf, ob der Zusammenschluss ursprünglich mit Genehmigung oder formell illegal vollzogen wurde, kommt es für das „ob“ der Auflösung daher nicht an, wenn die Voraussetzungen eines Widerrufs der Freigabe bzw. Ministererlaubnis nach § 40 Abs. 3a GWB vorliegen oder das Gericht die Freigabe aufgehoben hat. In erstgenanntem Fall muss der Widerruf der Freigabe aber spätestens gemeinsam mit der Auflösungsanordnung erklärt werden. Materiell illegal sind bis zum Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle Zusammenschlüsse, von denen zu erwarten ist, dass sie eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken, es sei denn, der Zusammenschluss bringt Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen mit sich, die die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen. Anschließend, nach ihrem Inkrafttreten, gilt nach derzeitigem Stand der SIEC-Test, demzufolge es darauf ankommt, ob durch den Zusammenschluss eine erhebliche Behinderung des wirksamen Wettbewerbs erfolgt. Dies ist nach dem Gesetz insbesondere der Fall, wenn infolge des Zusammenschlusses eine marktbeherrschende Stellung erlangt oder verstärkt wird. Zusammenfassend kann ein Auflösungsverfahren nach § 41 Abs. 3 GWB demnach in den folgenden Situationen eingeleitet werden: • Der Zusammenschluss ist von Anfang an formell illegal, wurde also unter Verstoß gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot des § 40 Abs. 1 S. 1 GWB vollzogen und ist materiell illegal, • der Zusammenschluss wurde unter Befreiung von dem fusionskontrollrechtlichen Vollzugsverbot gemäß § 41 Abs. 2 GWB vollzogen und ist materiell illegal, • der materiell illegale Zusammenschluss wurde nach Freigabe durch das Bundeskartellamt bzw. den Bundesmister für Wirtschaft und Technologie oder Ablauf der Fristen des § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 GWB vollzogen und diese (fingierte) Freigabe wurde nach § 40 Abs. 3a widerrufen oder durch gerichtlichen Beschluss aufgehoben262, 262
Vgl. Ewen, in: Schulte, Handbuch Fusionskontrolle2, Rdnr. 805.
E. Zusammenfassung
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• der Zusammenschluss wurde nur unter einer auflösenden Bedingung freigegeben, anschließend vollzogen und diese Bedingung ist eingetreten263. Der Fall, in dem die Freigabe mit einer aufschiebenden Bedingung versehen wurde, fällt in die zuerst genannte Gruppe der von Anfang an formell illegalen Zusammenschlüsse. Bis zum Eintritt der Bedingung gilt das Vollzugsverbot in solchen Fällen nämlich fort. Der Auflösung steht dann allerdings die Selbstbindung der Verwaltung entgegen, solange nicht feststeht, dass die Bedingung endgültig nicht eintreten kann.
263 Vgl. BegrRegE 7. GWB-Novelle vom 12.08.2004, BT-Drucks. 15/3640, S. 59; Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 7.
Teil 2
Die zivilrechtliche Risikoverteilung bei Unternehmenszusammenschlüssen, die der Auflösung unterliegen Nachdem in Teil 1 gezeigt wurde, dass der Auflösung gemäß § 41 Abs. 3 GWB sowohl formell legal vollzogene als auch formell illegal vollzogene Unternehmenszusammenschlüsse unterliegen können, soll nun, im 2. Teil, untersucht werden, welche Risikoverteilung das Zivilrecht für die der Auflösung unterliegenden vollzogenen Zusammenschlüsse vorsieht. Die zivilrechtliche Risikoverteilung spielt eine wichtige Rolle für die Frage, welche Maßnahmen das Bundeskartellamt zur Auflösung des Zusammenschlusses zulässigerweise verhängen kann.1 Die Verteilung des Risikos durch das Zivilrecht hängt von den individuellen Umständen des Einzelfalls ab. Sie kann sich einerseits aus dem Gesetz und dem darin zum Ausdruck kommenden Beurteilungsmaßstab ergeben, die Parteien können die Risikotragung aber auch ausdrücklich oder stillschweigend abweichend von dem dispositiven Recht regeln. Gegebenenfalls ist das Rechtsgeschäft zwischen den Parteien ergänzend auszulegen.2 Wenn der Vertrag eine Vereinbarung über die Risikoverteilung enthält, geht diese Risikoverteilung dem dispositiven Recht auch im Auflösungsverfahren vor, soweit nicht öffentlich-rechtliche Belange entgegenstehen. Im Folgenden wird davon ausgegangen, dass die Parteien in ihrem Vertrag keine Regelung über die Risikoverteilung getroffen haben. Dann ist zu bestimmen, wem das Zivilrecht für den Fall der Untersagung und Auflösung eines Unternehmenszusammenschlusses welche Risiken zuweist. Hierfür wird zwischen formell illegal, also unter Verstoß gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB vollzogenen Zusammenschlüssen und den im Zeitpunkt ihres Vollzugs formell legalen Zusammenschlüssen unterschieden. Bei formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüssen sind nämlich die den Zusammenschluss vollziehenden Rechtsgeschäfte gemäß § 41 1
Siehe oben (Gang der Untersuchung). BGH, Urteil vom 01.06.1979, V ZR 80/77, NJW 1979, 1818, verweisend auf Ulmer, AcP 174 (1974), 167 (182); Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand (1994), S. 23. 2
A. Der formell illegal vollzogene Unternehmenszusammenschluss
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Abs. 1 S. 2 GWB grundsätzlich zivilrechtlich unwirksam. Diese Unwirksamkeitsfolge führt, wie im Folgenden dargelegt werden wird, zu einer besonderen zivilrechtlichen Risikoverteilung, die von derjenigen bei wirksam vollzogenen Unternehmenszusammenschlüssen abweicht.
A. Der formell illegal vollzogene Unternehmenszusammenschluss Der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB unterliegen, wie in Teil 1 gesehen, zunächst Zusammenschlüsse, die unter Verstoß gegen das kartellrechtliche Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB vollzogen wurden, also von Anfang an formell illegal waren. § 41 Abs. 1 S. 1 GWB verbietet den Vollzug eines die Umsatzschwellen des § 35 Abs. 1 GWB überschreitenden oder tatsächlich angemeldeten3 Unternehmenszusammenschlusses im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB vor Erteilung der Freigabe durch das Bundeskartellamt und vor Ablauf der Fristen des § 40 Abs. 1 S. 1 bzw. Abs. 2 S. 2 GWB. In Ausnahmefällen kann eine Befreiung vom Vollzugsverbot nach § 41 Abs. 2 GWB erteilt werden. Rechtsgeschäfte, durch die ein Zusammenschluss unter Verstoß gegen das Vollzugsverbot vollzogen wird, sind zivilrechtlich unwirksam, § 41 Abs. 1 S. 2 GWB. Im Folgenden werden zunächst die Auswirkungen der Unwirksamkeit nach § 41 Abs. 1 S. 2 GWB auf die einzelnen Zusammenschlusstatbestände untersucht (I.). Sodann wird für die trotz der Unwirksamkeitsfolge vollziehbaren Zusammenschlussformen untersucht, welche Rechtsfolgen das Zivilrecht vorsieht, wenn ein solcher Zusammenschluss aufzulösen ist (II.). Anschließend werden die Ergebnisse der untersuchten Auflösungssituationen einander gegenübergestellt (III.).
I. Die Auswirkungen der Unwirksamkeit nach § 41 Abs. 1 S. 2 GWB auf den Vollzug der einzelnen Unternehmenszusammenschlüsse Die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB dient der Absicherung der präventiven Zusammenschlusskontrolle.4 Über einen langen Zeit3 BGH, Beschluss vom 14.10.2008, KVR 30/08, NJW 2009, 1611 (1613) Rdnr. 17 – „Faber Basalt“. 4 A. A. KG, Beschluss vom 12.01.1976, Kart 1/76, NJW 1976, 808 (810): „Die Sanktion der (schwebenden) Unwirksamkeit ist in § 24a IV GWB allein eine aus wettbewerbspolitischen Gründen vom Gesetzgeber vorgesehene Sanktion für die Nichtbeachtung der Rechtspflicht zur Anmeldung des Zusammenschlussvorhabens bei Umsatzmilliardären.“
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Teil 2: Die zivilrechtliche Risikoverteilung
raum hinweg war aber umstritten, was mit der zivilrechtlichen „Unwirksamkeit“ in § 41 Abs. 1 S. 2 GWB gemeint ist. Innerhalb des BGB wird der Begriff der Unwirksamkeit nämlich nicht immer einheitlich verwendet. Er kann schwebende, relative oder endgültige Unwirksamkeit bezeichnen, wobei endgültige Unwirksamkeit mit Nichtigkeit gleichzusetzen ist.5 Richtigerweise handelt es sich bei der in § 41 Abs. 1 S. 2 GWB vorgesehenen Unwirksamkeit um schwebende Unwirksamkeit.6 Für die Auflösung kommt es hierauf jedoch nicht an, denn spätestens mit Untersagung des Zusammenschlusses werden die betroffenen Rechtsgeschäfte endgültig unwirksam. Dem Auflösungsverfahren nach § 41 Abs. 3 GWB muss zwar heute keine förmliche Untersagung mehr vorausgehen7, der Auflösungsanordnung ist die Untersagung jedoch als Minus immanent, selbst wenn das Bundeskartellamt die Untersagung in der Auflösungsanordnung in der Regel noch einmal (klarstellend) ausspricht. Unwirksam sind die gegen das Vollzugsverbot verstoßenden Rechtsgeschäfte. Da die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts die zivilrechtliche Risikoverteilung erheblich beeinflussen kann, ist zunächst zu bestimmen, wie sich die Unwirksamkeitsfolge auf die der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB unterliegenden Zusammenschlüsse auswirkt.
Siehe Ellenberger, in: Palandt, BGB71, Überbl v § 104 Rdnrn. 26 ff. So auch die h. A.: BGH, Beschluss vom 31.10.1978, KVR 3/77, WuW/E BGH 1556 (1559) – „Weichschaum III“; OLG Düsseldorf, 22.03.1977, U (Kart) 5/76, WuW/E OLG 1833 (1835 f.) – „Bayer-Metzeler“; KG, Beschluss vom 01.07.1983, Kart. 16/82, WuW/E OLG 3051 (3055) – „Philip Morris-Rothmans“; Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 41 Rdnr. 8; Lutter/Timm, BB 1976,1617 (1619); Kleinmann/ Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24 Rdnr. 384 und § 24a Rdnr. 119; Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen (1983), Rdnr. 780; Riesenkampff/Lehr, in: L/M/R, Kartellrecht2, § 41 Rdnr. 5; a. A. noch Bechstein, BB 1977, 224 (225); Topel, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 50 Rdnr. 9. 7 Vgl. BKartA, Beschluss vom 14.02.2007, B 5-10/07, WuW/E DE-V 1340 (1346) – „Sulzer/Kelmix“; vgl. auch Mitteilung des Bundeskartellamts zur Behandlung nachträglich angemeldeter Zusammenschlüsse, abrufbar unter http://www.bun deskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Merkblaetter/Merkblaetter_deutsch/Mittei lung_zur_Behandlung_nachtraeglich_angemeldeter_Zusammenschluesse.pdf, dort S. 1 (letzter Abruf: 07.04.2013); Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 8; a. A. wohl noch immer die h. L. Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 41 Rdnr. 17; Mestmäcker/Veelken in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 37; Riesenkampff/Lehr, in: L/M/R, Kartellrecht2, § 41 Rdnr. 13; kritisch auch Mayer/Miege, BB 2008, 2031 (2033). Siehe oben, Teil 1, bei Fn. 230, S. 75. 5 6
A. Der formell illegal vollzogene Unternehmenszusammenschluss
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1. Die gegen das Vollzugsverbot verstoßenden Rechtsgeschäfte a) „Rechtsgeschäft“ Die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB erfasst nur „Rechtsgeschäfte“. Der Begriff „Rechtsgeschäft“ wird im BGB nicht definiert. In den Motiven zum ersten Entwurf des BGB8 sowie in der Literatur9 findet sich allerdings die Erläuterung, ein Rechtsgeschäft sei eine Willenserklärung, die (allein oder in Verbindung mit weiteren Tatbestandsmerkmalen) eine Rechtsfolge herbeiführe, weil diese vom Urheber des Rechtsgeschäfts gewollt sei. Flume hat diese abstrakten Definitionsversuche kritisch gesehen, denn sie erweckten den Anschein, als gäbe es „das Rechtsgeschäft“. Der Begriff „Rechtsgeschäft“ sei aber vielmehr die „[. . .] Abstraktion der in der Rechtsordnung anerkannten Aktstypen für die Gestaltung von Rechtsverhältnissen [. . .]“. Mit dem Begriff des Rechtsgeschäfts würden nur die in der Rechtsordnung anerkannten Rechtsgeschäftstypen erfasst.10 Rechtsgeschäfte sind beispielsweise Verträge und Beschlüsse von Unternehmen.11 b) Verstoß gegen das Vollzugsverbot Nach der wohl herrschenden Auffassung in der Literatur verbietet das Vollzugsverbot alle Maßnahmen, die den Zusammenschluss vollenden12. Teilweise werden darüber hinaus auch solche auch Handlungen unter das Vollzugsverbot gefasst, die die wirtschaftlichen Wirkungen des Zusammenschlusses vorwegnehmen.13 Nach diesen Definitionen stellt sich jedoch die Frage, ob auch dann ein Verstoß gegen das Vollzugsverbot vorliegt, wenn die Vollendung eines Zusammenschlusstatbestands durch die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB verhindert wird. Die Zusammenschlusstatbestände des Vermögens- und Anteilserwerbs, die zu ihrer Vollendung eines wirksamen Rechtsgeschäfts, der dinglichen Einigung bedürfen, können wegen der Un8
Mot. I, 126 (Mugdan I, 421). Ellenberger, in: Palandt, BGB71, Überbl v § 104 Rdnr. 2; Windscheid, Pandektenrecht I, § 69 Ziff. 1. 10 Flume, BGB AT – Das Rechtsgeschäft4, S. 33. 11 Ellenberger, in: Palandt, BGB71, Überbl v § 104 Rdnr. 12; Schiemann, in: Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, C – Das Rechtsgeschäft, Rdnr. 15. 12 Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 41 Rdnr. 4; Bosch, in: GemK4, § 41 Rdnr. 2, Bunte, Kartellrecht2, S. 328; Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 21 Rdnr. 41 [„Maßnahmen, die die Vollendung [. . .] herbeiführen“]. 13 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 4; Riesenkampff/Lehr, in: L/M/R, Kartellrecht2, § 41 GWB Rdnr. 3. 9
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Teil 2: Die zivilrechtliche Risikoverteilung
wirksamkeitsfolge nämlich nicht wirksam vollendet werden. Auch ein Kontrollerwerb oder der Erwerb wettbewerblich erheblichen Einflusses auf Grundlage des Vollerwerbs von Anteilen oder Vermögensgegenständen würde dann nicht vollendet werden können. Dennoch verstoßen die Parteien in diesen Fällen gegen das Vollzugsverbot und machen sich, sofern der Verstoß schuldhaft erfolgt, gemäß § 81 Abs. 2 S. 1 GWB bußgeldpflichtig. Zwischen den Begriffen „vollzogener Zusammenschluss“ in § 41 Abs. 3 S. 1 GWB und „einen Zusammenschluss [. . .] vollziehen“ in § 41 Abs. 1 S. 1 GWB ist nämlich zu unterscheiden. Der Verstoß gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB setzt gerade nicht voraus, dass der Zusammenschluss letztlich auch vollzogen ist. § 41 Abs. 1 S. 1 GWB verbietet vielmehr bereits jede einzelne Vollzugshandlung.14 Dies ergibt sich aus der Verwendung des Verbs in § 41 Abs. 1 S. 1 GWB („vollziehen“), das lediglich eine Handlung auf dem Weg zum Vollzug beschreibt, im Gegensatz zur Verwendung des Adjektivs in § 41 Abs. 3 GWB („vollzogener Zusammenschluss“), welches den vorherigen Eintritt des Vollzugserfolgs voraussetzt. Darauf, ob die Vollendung des Zusammenschlusses letztlich an der Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB scheitert, kommt es für den Verstoß gegen das Vollzugsverbot daher nicht an. Das Vollzugsverbot verbietet demnach bereits jede rechtliche oder tatsächliche Handlung, die objektiv dazu bestimmt und geeignet ist, die Vollendung eines Zusammenschlusses im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB herbeizuführen. Hierunter fällt auch die Mitwirkung an einem formell illegalen Vollzug, die in § 41 Abs. 1 S. 1 GWB explizit als gegen das Vollzugsverbot verstoßende Handlung genannt ist. Auf diese Weise wird auch der Verkäufer von dem Vollzugsverbot erfasst, der zwar selbst nicht am Zusammenschluss beteiligt ist, aber beispielsweise durch die Übertragung der Anteile an diesem mitwirkt. Die Frage, ob die Parteien im konkreten Fall einen Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB vollziehen wollten, ist für die Frage des Verstoßes gegen das Vollzugsverbot irrelevant. Die an einem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen verstoßen dementsprechend auch dann gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB, wenn der Zusammenschluss erst durch Eintragung in das zuständige Register vollendet wird. Zwar hat das Registergericht im Zusammenhang mit der Verschmelzung auch eine materiellrechtliche Prüfpflicht und hat daher zu prüfen, ob der angemeldete Zusammenschluss gegen die präventive Fusionskontrolle verstößt15. Diese Prüfung stellt jedoch eine selbstständige Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 2. Sagasser/Luke, in: Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen4, § 9 Rdnr. 327; Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 2; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 15. 14 15
A. Der formell illegal vollzogene Unternehmenszusammenschluss
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Vollzugshandlung dar, die neben die durch die Parteien erforderliche Vollzugshandlung tritt. Sie vermag die Parteien von der Verantwortlichkeit für ihre Vollzugshandlung nicht zu befreien. Im Folgenden ist daher zu untersuchen, welche Rechtsgeschäfte Vollzugshandlungen darstellen und somit gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam sind. aa) Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäfte Der Abschluss schuldrechtlicher Verträge fällt nicht unter das Vollzugsverbot.16 Die Parteien verhalten sich bei dem Abschluss des Vertrages über den Erwerb einer fusionskontrollrechtlich relevanten Beteiligung oder einem Unternehmen (im Folgenden allgemein auch „Zusammenschlussobjekt“) daher nicht ordnungswidrig im Sinne des § 81 Abs. 2 S. 1 GWB und können nicht zu Bußgeldzahlungen verpflichtet werden. Das Verpflichtungsgeschäft schafft nämlich nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung der Anteile bzw. des Unternehmens. Diese schuldrechtliche Verpflichtung ist aber weder dazu bestimmt noch objektiv dazu geeignet, die Vollendung des Zusammenschlusses herbeizuführen. Dazu ist die dingliche Übertragung bzw. die Abtretung, also das Erfüllungsgeschäft erforderlich. Zu den zur Vollendung eines Zusammenschlusses führenden Rechtsgeschäften zählen daher insbesondere die Abtretung gemäß § 398 BGB, die ein Verfügungsgeschäft darstellt17 und die dingliche Einigung über den Eigentumsübergang nach § 929 S. 1 BGB. Sind sie wirksam, so geht das Recht bzw., sofern zugleich der Besitz verschafft wird, das Eigentum einschließlich der mit dem Eigentum verbundenen Rechte auf den Erwerber über. Dieser wird mit dem dinglichen Eigentumsübergang beziehungsweise mit Abtretung der Anteile Gesellschafter und kann so seine eigenen Interessen in der Zielgesellschaft durchsetzen, dessen Verhinderung gerade das Ziel des Vollzugsverbots ist. Die Übertragung einer Beteiligung, zusammenschlussrelevanter Vermögensgegenstände oder des Unternehmens stellt daher eine Vollzugshandlung dar, die unter das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB fällt18. Die zur Übertragung eines Gegenstands oder einer Forderung erforderlichen Rechtsgeschäfte sind daher gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam. Im Rahmen sukzessiver Anteilskäufe gilt dies be16 So ausdrücklich Kuhn, in: FK, GWB 2005, § 41 Rdnr. 10; Emmerich, Kartellrecht12, § 36 Rdnr. 46. 17 Roth, in: MüKo BGB6, § 398 Rdnr. 13; Stürner, in: Jauernig, BGB14, § 398 Rdnr. 1. 18 Ganz allgemeine Meinung, siehe nur Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 39 m. w. N.
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reits für das erste Teilgeschäft, wenn dieses Teil eines Gesamtplans ist und die Reihenfolge der Anteilserwerbe daher rein zufällig erfolgt.19 Schon die Übereignung von Anteilen, die nur eine Minderheitsbeteiligung vermitteln, kann daher gegen das Vollzugsverbot verstoßen. Ein unter das Vollzugsverbot fallendes Rechtsgeschäft stellt ferner die Auflassung gemäß § 925 Abs. 1 BGB dar, wenn der Erwerb eines Grundstücks Bestandteil eines Vermögenserwerbs im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB ist. Dem steht es nicht entgegen, dass für den Übergang des Eigentums noch die Eintragung im Grundbuch erfolgen muss, da die Vollzugshandlung des Registergerichts neben die Vollzugshandlung der Parteien tritt.20 Es ist aber fraglich, ob das Verpflichtungsgeschäft wirksam bleibt, wenn das Erfüllungsgeschäft unwirksam ist. Wenn sich ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB gegen das zivilrechtliche Erfüllungsgeschäft richtet und dieses daher nichtig ist, ist nach herrschender Auffassung nämlich grundsätzlich auch das entsprechende Verpflichtungsgeschäft nichtig.21 Anders wird dies jedoch überwiegend für genehmigungspflichtige Erfüllungsgeschäfte gesehen, die lediglich die schwebende Unwirksamkeit des dennoch vorgenommenen Geschäfts zur Folge haben. In diesen Fällen ist das Verpflichtungsgeschäft nach herrschender Auffassung wirksam, es kann jedoch vor Erteilung der Genehmigung keine Erfüllung verlangt werden, da insoweit eine verbotene Erfüllungshandlung vorliegt.22 Der Vollzug eines Zusammenschlusses unter Verstoß gegen das Vollzugsverbot stellt einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB dar.23 Es handelt sich jedoch um ein gesetzliches Verbot in Form eines genehmigungsbedürftigen Erfüllungsgeschäfts, das im Fall seiner verbotswidrigen Vornahme gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB lediglich schwebend unwirksam ist. Das Verpflichtungsgeschäft ist daher wirksam, jedoch ohne dass dessen Erfüllung verlangt werden könnte.
19 So auch Kuhn, in: FK, GWB 2005, § 41 Rdnr. 10; im Ergebnis auch Mäger, MüKo Kartellrecht, GWB, § 41 Rdnr. 5. 20 Vgl. oben Teil 2, A. I. 1. b) – Einleitung. 21 BGH, Urteil vom 11.12.1991, VIII ZR 4/91, BGHZ 116, 268 (276 f.); Urteil vom 17.05.1995, VIII ZR 94/94, NJW 1995, 2026 (2027); Urteil vom 20.07.2005, VIII ZR 397/03, NJW-RR 2005, 1620; Sack/Seibl, in: Staudinger, BGB, § 134 Rdnr. 119. 22 BGH, Urteil vom 15.10.1992, IX ZR 43/92; NJW 1993, 648 (651); Sack/Seibl, in: Staudinger, BGB, § 134 Rdnr. 183. Vgl. auch BGH, NJW 1962, 1715 (1717). 23 Bosch, in: GemK4, § 41 Rdnr. 4.
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bb) Kaufpreiszahlung Die Zahlung des Kaufpreises stellt nach überwiegender Auffassung keine Vollzugshandlung dar.24 Das soll jedenfalls dann gelten, wenn der Kaufpreis im Fall der Untersagung zurückzuzahlen ist und der Veräußerer das Risiko eines bei Wiederverkauf erzielten niedrigeren Kaufpreises trägt. Hinter dieser Einschränkung steht wohl die Befürchtung, der Veräußerer könne das Unternehmen nur noch im Interesse des Erwerbers führen bzw. seine Rechte aus den Anteilen nur noch im Interesse des Erwerbers ausüben, wenn ihm der Kaufpreis unabhängig davon verbleibt, was mit dem Zusammenschlussobjekt passiert.25 Dennoch ist diese Auffassung in ihrer Pauschalität abzulehnen. Der Veräußerer ist schon aufgrund des Vertrages mit dem Erwerber dazu verpflichtet, das Unternehmen werterhaltend fortzuführen und macht sich anderenfalls schadensersatzpflichtig. Ferner kann nicht pauschal davon ausgegangen werden, dass der Veräußerer sich nach den Interessen des Erwerbers richtet.26 Sofern im Einzelfall eine solche Ausrichtung auf die Interessen des Erwerbers erfolgt, mag zwar diese Ausrichtung gegen das Vollzugsverbot verstoßen, allein aus der Kaufpreiszahlung erfolgt eine solche Ausrichtung aber nicht. Die Kaufpreiszahlung verstößt damit grundsätzlich nicht gegen das Vollzugsverbot. cc) Umwandlungsvorgänge Wenn ein Vermögenserwerb durch Umwandlung erfolgt, ist der Zusammenschlusstatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB mit Eintragung der Umwandlung in das jeweils zuständige Register vollendet.27 Es handelt sich in den Fällen der Verschmelzung aber um eine Vermögensübertragung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, bei Spaltung im Wege der Sonderrechtsnachfolge.28 Eine rechtsgeschäftliche Übertragung, die der Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unterfällt, findet nicht statt. Fraglich ist daher, ob bei Umwandlungen schon ein früher vorgenommenes Rechtsgeschäft der Parteien eine nach § 41 Abs. 1 S. 1 GWB verbotene Vollzugshandlung darstellt. Der Wortlaut des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB legt dies jedenfalls nahe, indem er u. a. die Fälle der Umwandlung von der Unwirksamkeitsfolge ausnimmt, sobald die Umwandlung durch Eintragung im Handelsregister wirksam geworden ist. 24
Kuhn, in: FK, GWB 2005, § 41 Rdnr. 14; Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 21 Rdnr. 41; Riesenkampff, WuW 1996, 5 (10). 25 Vgl. Mäger, in: Mäger, Europäisches Kartellrecht2, Kap. 8 Rdnr. 325. 26 Mäger, in: Mäger, Europäisches Kartellrecht2, Kap. 8 Rdnr. 325. 27 Siehe oben in Teil 1, A. II. 1. c) aa) (2). 28 Semler/Stengel, in: Semler/Stengel, UmwG3, Einleitung A Rdnr. 48.
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Der Abschluss des Umwandlungsvertrages fällt aber noch nicht unter das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB. Umwandlungsverträge stellen lediglich Verpflichtungsgeschäfte dar, mit denen die Verpflichtung zur Übertragung des Vermögens begründet wird.29 Sie bedürfen darüber hinaus zu ihrer Wirksamkeit gemäß § 13 Abs. 1 (Verschmelzung durch Aufnahme), §§ 36, 13 Abs. 1 (Verschmelzung durch Neugründung) bzw. §§ 125, 13 Abs. 1 UmwG (Spaltung) der Zustimmung der Anteilsinhaberversammlung (Umwandlungsbeschluss) und sind daher zur Vollendung des Zusammenschlusses objektiv weder geeignet noch bestimmt. Auch der Umwandlungsbeschluss der beteiligten Unternehmen stellt kein den Zusammenschluss vollziehendes Rechtsgeschäft im Sinne des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB dar. Der Umwandlungsbeschluss führt zwar zur Verpflichtung der Organe der an der Umwandlung beteiligten Gesellschaften, den Umwandlungsvertrag, sofern noch nicht geschehen, zu unterzeichnen und die Umwandlung bei dem zuständigen Register anzumelden.30 Er entfaltet insoweit aber keinerlei Wirkung, die über eine schuldrechtliche Verpflichtung hinausgeht. Die Erfüllung des Umwandlungsvertrages, also die Anmeldung zum Handelsregister, kann vor Freigabe des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt hingegen nicht verlangt werden, da diese Erfüllung gegen ein gesetzliches Verbot, das Vollzugsverbot verstieße.31 Bei Umwandlungsvorgängen besteht eine Vollzugshandlung durch die Parteien daher lediglich in der Anmeldung der Verschmelzung zum Handelsregister.32 Diese ist aber kein Rechtsgeschäft im Sinne des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB und daher ohnehin nicht unwirksam im Sinne des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB.33 Die Vorschrift des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB, demzufolge die Unwirksamkeitsfolge nicht für Verträge u. a. über die Umwandlung gilt, sobald sie durch Eintragung in das zuständige Register rechtswirksam geworden sind, hat daher lediglich feststellenden Charakter. Wenn die Verschmelzung durch Neugründung erfolgt, ist fraglich, ob in diesem Fall schon der Abschluss des Gesellschaftsvertrages der neugegrün29
Vgl. Simon, in: Dauner-Lieb/Simon, KK UmwG, § 5 Rdnr. 5. Maier, in: Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen4, § 7 Rdnr. 48; Simon, in: Dauner-Lieb/Simon, KK UmwG, § 13 Rdnr. 85. 31 Siehe oben bei Fn. 22, S. 92. 32 Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 2; Kuhn, in: FK, GWB 2005, § 41 Rdnr. 16, 20; Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 41 Rdnr. 4; Bosch, in: GemK4, § 41 Rdnr. 3. 33 So auch Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24 Rdnr. 385. 30
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deten Gesellschaft gegen das Vollzugsverbot verstößt. Schon durch Abschluss des Gesellschaftsvertrages entsteht nämlich eine Gesellschaft sui generis zwischen den Parteien des Gesellschaftsvertrages.34 Die Gründung des Unternehmens verstößt jedoch nur dann gegen das Vollzugsverbot, wenn hierdurch der Tatbestand des Anteilserwerbs nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 (Erwerb von 25% oder 50% der Kapital- oder Stimmanteile) oder S. 3 (Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens) erfüllt ist. Für den Zusammenschlusstatbestand des Vermögenserwerbs gelten dagegen die obigen Grundsätze: Er wird erst mit Eintragung in das Handelsregister vollzogen. Auch hier stellt daher erst die Anmeldung zum Handelsregister eine verbotene Vollzugshandlung dar, auf die sich die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 zivilrechtlich nicht auswirkt. dd) Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens Besteht der Zusammenschluss in der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, so ist zu unterscheiden, ob die Gesellschaft bereits bestand oder zum Zwecke der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens gegründet wurde. Wenn die Gesellschaft bereits bestand, verstößt die Übertragung der Anteile an das neu hinzutretende Unternehmen ohne Freigabe durch das Bundeskartellamt gegen das Vollzugsverbot. Es wird dann in der Regel gleichzeitig ein Anteilserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GWB (Anteilserwerb in Höhe von mindestens 25%) und die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 GWB, also ein fiktiver Zusammenschluss der Mütter untereinander auf den Märkten, auf denen das Gemeinschaftsunternehmen tätig ist, vollendet. Unwirksam ist daher die Übertragung, also Übereignung oder Abtretung der Anteile. Im Fall der gemeinsamen Neugründung eines Gemeinschaftsunternehmens verstößt bereits der Abschluss des Gesellschaftsvertrags gegen das Vollzugsverbot, wenn mindestens zwei Unternehmen Anteile in Höhe von mindestens 25% übernehmen. Mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages werden nämlich grundsätzlich zeitgleich die Anteile übernommen, wodurch ein fiktiver Zusammenschluss der Mütter erfolgt.35 Auch der originäre Erwerb von Anteilen im Umfang des § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB erfüllt einen Zusammenschlusstatbestand36 und unterliegt damit dem Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB. Da der Gesellschaftsvertrag ein Rechtsgeschäft darstellt, ist er, 34 35 36
Vgl. oben, Teil 1, Fn. 187, S. 63. Siehe oben A. II. 1. c) bb) (4) und Teil 1, Fn. 44, S. 39. Siehe die Nachweise in Teil 1, Fn. 42, S. 39.
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wenn der Anteilserwerb gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot verstößt, gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam37. 2. Bedeutung der Unwirksamkeitsfolge für die Zusammenschlusstatbestände des § 37 Abs. 1 GWB Nachdem nun festgestellt wurde, dass insbesondere die rechtsgeschäftliche Erfüllung, also die Abtretung und Übereignung von Anteilen oder Vermögensgegenständen sowie ein gegen das Vollzugsverbot verstoßender Gesellschaftsvertrag von der Unwirksamkeit des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB erfasst wird, ist nun zu untersuchen, wie sich die Unwirksamkeitsfolge auf die der Auflösung unterliegenden Zusammenschlüsse auswirkt. a) Anteils- und Vermögenserwerb aa) Grundsätzliche Verhinderung des Anteilsoder Vermögenserwerbs Erfolgt der Zusammenschlusstatbestand des Vermögens- oder Anteilserwerbs durch eine rechtsgeschäftliche Übertragung der Anteile oder Vermögensgegenstände eines Unternehmens oder Unternehmensteils, so sind die Rechtsgeschäfte, durch die die Übertragung erfolgt (Abtretung, Einigung über den Eigentumsübergang und Auflassung) gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam.38 Die Zusammenschlusstatbestände des Vermögensund Anteilserwerbs erfordern zu ihrer Vollendung aber einen wirksamen Übergang der Vermögensgegenstände bzw. der Anteile, also deren Vollerwerb39. Anteils- und Vermögenserwerb werden demnach durch die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB verhindert, wenn sie durch rechtsgeschäftliche Verfügungen erfolgen. Der Eigentümer bzw. Inhaber bleibt in diesem Fall Eigentümer bzw. Inhaber. Der ursprüngliche zivilrechtliche Zustand bleibt kraft Gesetzes erhalten.40 Die Unwirksamkeit erfasst grundsätzlich das gesamte Geschäft. Der Anteils- oder Vermögenserwerb kann daher nicht, auch nicht wenn er teilbar 37 Die Unwirksamkeit von Gesellschaftsverträgen hat jedoch grundsätzlich nur zur Folge, dass eine sogenannte fehlerhafte Gesellschaft entsteht, die nur mit Wirkung für die Zukunft aufzulösen ist, siehe unten, 2. d). 38 Siehe oben, Teil 2, A. I. 1. b) aa). 39 Siehe oben, Teil 1, A. II. 1. c). 40 So nur im Ergebnis auch Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 33, Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen (1983) Rdnr. 925 [Rückfall kraft Gesetzes].
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ist, in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil aufgespalten werden. Zwar wird durch § 41 Abs. 1 S. 1 GWB ein Zusammenschluss nur untersagt, wenn er einen Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB verwirklicht. Insbesondere bei Beteiligungen könnte daher ein Vollzug lediglich insoweit untersagt und daher auch nur insoweit unwirksam sein, wie er über das nicht mehr kontrollpflichtige Maß hinausgeht. Eine solche Trennung eines einheitlichen Geschäfts stünde jedoch mit dem Grundsatz der Privatautonomie nicht in Einklang. Soweit die Parteien einen Erwerb als einheitliches Geschäft behandeln, ist das Bundeskartellamt daran gebunden. Dies ergibt sich auch aus § 139 BGB, demzufolge ein Geschäft grundsätzlich als insgesamt nichtig anzusehen ist, wenn ein Teil des Geschäfts nichtig ist. Der Anteils- oder Vermögenserwerb, mit dessen Vollendung die Parteien gegen das Vollzugsverbot verstoßen, ist daher vollständig unwirksam. Sofern der formell illegal vollzogene Anteils- oder Vermögenserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 GWB nicht ausnahmsweise nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB wirksam ist, kann er folglich nicht wirksam vollendet werden. bb) Keine Anwendbarkeit der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auf die Übertragung von Gesellschaftsanteilen Der BGH sowie ein Teil der Literatur vertreten die Auffassung, dass die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, wie im Fall des fehlerhaften Beioder Austritts41 auch bei einer fehlerhaften Übertragung von Gesellschaftsanteilen anzuwenden sei.42 Nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, die inzwischen als gesicherter Bestandteil des Gesellschaftsrechts gilt43, wird eine Gesellschaft, deren Gesellschaftsvertrag an Mängeln leidet, so dass sie eigentlich als unwirksam anzusehen wäre, ab ihrer In-VollzugSetzung als wirksam behandelt und kann nur mit Wirkung für die Zukunft abgewickelt werden.44 41
Dazu Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421 (435 f.). BGH 20.07.2010, XI ZR 465/07, NZG 2010, 991 (994); Wertenbruch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB2, § 105 Rdnrn. 203 f.; Koller in: Koller/Roth/ Morck, HGB7, § 105 Rdnr. 64; Weitemeyer, in: Oetker, HGB2, § 105 Rdnr. 83. 43 BGH, Urteil vom 29.06.1970, II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8). 44 RG, Urteil vom 13.11.1940, II 44/40, RGZ 165, 193 (Leitentscheidung), vgl. auch BGH, 29.06.1970, II ZR 267/64, BGHZ 44, 235 (236); Urteil vom 29.06.1970, II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8); Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht4, § 6 III, 2.; Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft (1980), S. 43. 42
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Die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf Anteilsübertragungen bei Kapitalgesellschaften45 gab der BGH mit Urteil vom 22.01.1990 ausdrücklich auf.46 Eine solche Verfahrensweise ließ sich mit dem Gesetz nicht länger vereinbaren: Das GmbHG enthält in § 16 GmbHG nämlich eine Regelung, wie sich eine fehlerhafte Geschäftsanteilsübertragung auf die Gesellschaft auswirkt. Auch das Aktiengesetz bestimmt in §§ 67 Abs. 2 S. 1, 123 Abs. 3 S. 2 AktG, unter welchen Voraussetzungen eine Person gegenüber der Gesellschaft als Aktionär gilt. Der BGH befand, dass Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber bei dem Erwerb von Anteilen daher hinzunehmen seien.47 An der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf Anteilsübertragungen bei Personengesellschaften hält der BGH hingegen weiterhin fest mit der Begründung, „die Personengesellschaft und ihre Gläubiger müssten sich darauf verlassen können, dass ein bei ihr eingeführter Neugesellschafter so lange als solcher zu behandeln ist, bis der Streit über die Wirksamkeit der Anteilsübertragung zwischen ihm und dem Altgesellschafter endgültig geklärt ist.“48 Bis dahin könne der Neugesellschafter alle Gesellschafterrechte wahrnehmen. Er hafte im Gegenzug im Innen- und Außenverhältnis mit seinem gesamten Privatvermögen.49 Der BGH ist damit einer schon früher in der Literatur teilweise vertretenen Auffassung50 gefolgt. Dem hält insbesondere Karsten Schmidt entgegen, dass sich die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nur auf das mehrseitige Gesellschaftsverhältnis bezögen, nicht aber auf den zweiseitigen Veräußerungsvertrag, der schuldrechtlich – ggf. mit mehr oder weniger Schwierigkeiten im Einzelfall – rückabgewickelt werden könne.51 Es werde im Gegensatz zum Bei- oder Austritt keine Mitgliedschaft begründet oder beseitigt, sondern es finde eine Rechtsnachfolge statt. Nur diese scheitere daher im Fall der Unwirksamkeit der Übertragung, auf die Satzung wirke sich die Fehlerhaftigkeit aber nicht aus.52 Auch der BGH habe in einer Entscheidung aus dem Jahr 200753 deutlich gemacht, dass zwischen der Rechtsbeziehung 45 Vgl. BGH, Urteil vom 13.03.1975, II ZR 154/73, WM 1975, 512 (514); siehe auch OLG Hamm, 07.06.1983, 8 U 225/82 GmbHR 1985, 22 zur GmbH. 46 BGH, Urteil vom 22.01.1990, II ZR 25/89, NJW 1990, 1915 (1916). 47 BGH, Urteil vom 22.01.1990, II ZR 25/89, NJW 1990, 1915 (1916). So aus der neueren Literatur auch Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 15 Rdnr. 129. 48 BGH, Urteil vom 20.07.2010, XI ZR 465/07, NZG 2010, 991 (994). 49 BGH, Urteil vom 20.07.2010, XI ZR 465/07, NZG 2010, 991 (994). 50 Vgl. die Nachweise in Fn. 42, S. 97. 51 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht4, § 6 I 3. So auch Rupietta, S. 47 f. 52 Karsten Schmidt, AcP 186 (1986) 421 (438). 53 BGH, Urteil vom 17.01.2007 – VIII ZR 37/06, NZG 2007, 271 (272).
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zwischen Veräußerer und Erwerber des Geschäftsanteils und der Rechtsbeziehung zwischen Gesellschaft und Gesellschafter zu unterscheiden sei.54 Die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft seien daher in Fällen unwirksamer Gesellschaftsanteilsübertragungen auch bei Personengesellschaften nicht anzuwenden.55 Der Streit bedarf hier jedoch keiner Entscheidung, da auch der BGH die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft in der hier untersuchten Situation wohl nicht anwenden würde. Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft findet nämlich dort ihre Grenze, wo vorrangige Interessen der Allgemeinheit oder schutzwürdiger Personen ihr entgegenstehen.56 Die vorrangigen Interessen der Allgemeinheit werden aber tangiert, wenn ein Zusammenschluss entgegen des Vollzugsverbots vollzogen wird. Das Vollzugsverbot dient nämlich dem Schutz des Wettbewerbs, der durch den nicht freigegebenen Zusammenschluss möglicherweise gefährdet und wegen der häufig nur unter Schwierigkeiten möglichen Auflösung des Zusammenschlusses nur langsam wieder hergestellt werden würde.57 Würde man trotz des Verstoßes gegen das Vollzugsverbot die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anwenden und den Anteilserwerb als wirksam behandeln, würde man Verstöße gegen das Vollzugsverbot nicht sanktionieren. Der (ausnahmsweisen) Nichtanwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft stehen auch nicht schutzwürdige Belange der Gläubiger oder Gesellschafter entgegen. Sinn und Zweck der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft ist nämlich einerseits der Bestandsschutz (nach innen) und andererseits der Verkehrsschutz (nach außen).58 Sie soll nach innen das Vertrauen der Gesellschafter in den wirksamen Bestand der Gesellschaft schützen und nach außen insbesondere verhindern, dass Gläubigern ihr Schuldner wegfällt.59 54
OLG Hamm, Urteil vom 12.04.2007, 27 U 190/06, NZG 2008, 24. Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), S. 421 (438 f.); ders., BB 1988, 1053, 1059 f.; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB34, § 105 Rdnr. 94; s. a. OLG Hamm, Urteil vom 12.04.2007, 27 U 190/06, NZG 2008, 24; differenzierend Ulmer, in: MüKo BGB5, § 705 Rdnr. 374. 56 BGH, Urteil vom 24.10.1951, II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (288); Urteil vom 29.06.1970, II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8); Urteil vom 25.03.1974, II ZR 63/72, BGHZ 62, 234 (241); BGH, 17.02.1992, II ZR 100/91, NJW 1992, 1503 (1504); Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht4, § 6 III 3. 57 Vgl. BGH, Beschluss vom 14.10.2008, KVR 30/08, NJW 2009, 1611 (1612) – „Faber Basalt“; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 4; Topel, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 50 Rdnr. 6. 58 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB3, Band 2, § 105 Rdnr. 232; ders., AcP 186 (1986), 421 (424 ff.); Schweizer, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 23, § 96 Rdnr. 1. 59 BGH Urteil vom 10.12.1973, II ZR 53/72, BGHZ 62, 20 (26 f.); Urteil vom 29.06.1970, II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8) [Schutz der Gesellschafter bei stiller Gesellschaft]. 55
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Im Fall einer lediglich unwirksamen Anteilsübertragung zwischen Altgesellschafter und Neugesellschafter bedarf es dieses Schutzes jedoch weder nach innen noch nach außen. Bei Inhaberaktien werden die Mitgesellschafter über § 793 Abs. 1 S. 2 BGB analog60 geschützt, bei Namensaktien über § 67 Abs. 2 AktG, bei GmbH-Anteilen in erweiternder Anwendung des § 16 GmbHG und bei Anteilen an Personengesellschaften über §§ 413, 409 BGB61. Gläubigerinteressen werden durch die Unwirksamkeit der Anteilsübertragung grundsätzlich ohnehin nicht tangiert, denn die Gesellschaft besteht weiterhin. Im Übrigen werden die Gläubiger aber auch durch die Rechtsscheinhaftung des Scheingesellschafters geschützt.62 Im Zusammenhang mit der Übertragung einer formell illegalen Beteiligung findet die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft daher keine Anwendung. b) Kontrollerwerb und wettbewerblich erheblicher Einfluss Die Zusammenschlusstatbestände des Kontrollerwerbs nach § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB sowie des wettbewerblich erheblichen Einflusses nach § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB stellen im Gegensatz zum Vermögens- und Anteilserwerb nicht auf eine rechtliche Position wie beispielsweise das Eigentum, sondern auf die tatsächliche Möglichkeit zur Einflussnahme ab. Die Unwirksamkeit wirkt sich daher nicht in demselben Maße aus wie bei Anteilsund Vermögenserwerb. Sie hat aber insoweit Bedeutung für die Zusammenschlusstatbestände des Kontrollerwerbs und des wettbewerblich erheblichen Einflusses, als die Vornahme des Verfügungsgeschäfts zum Erwerb von Anteilen oder Vermögensgegenständen trotz Verbleib des Eigentums bei dem Verkäufer tatsächliche Folgen haben kann, die in tatsächlicher Hinsicht einen Zusammenschlusstatbestand erfüllen. Rein tatsächliche Folgen eines missglückten Vollzugsversuchs unterliegen nur dann der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB, wenn sie einen eigenen Zusammenschlusstatbestand begründen63, denn § 41 Abs. 3 GWB verlangt einen vollzogenen und damit einen existenten Zusammenschluss. Die tatsächliche Einflussmöglichkeit wird sich in den Fällen vorgenommener (aber dinglich unwirksamer) Verfügungsgeschäfte insbesondere aus dem übertragenen Besitz an der Sache oder den Anteilen ergeben. Besitz bezeichnet gemäß § 854 Abs. 1 BGB die 60
Karsten Schmidt, BB 1988, 1053, 1057. Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421 (438), ders., BB 1988, 1053 (1060). Zur erweiternden Anwendung des § 16 GmbHG vgl. Wiedemann, Übertragung und Vererbung, S. 132; Zutt, in: FS Oppenhoff (1985), S. 555 (555). 62 Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421 (439). 63 A. A. wohl Kuhn, in: FK, GWB 2005, § 41 Rdnr. 15, der im Folgenden allerdings nur Beispiele des Kontrollerwerbs und des wettbewerblich erheblichen Einflusses nennt. 61
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Gewalt über eine Sache, also die vom Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft.64 Die einvernehmliche Änderung der Besitzlage ist aber ein Realakt65 und wird von der Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB nicht erfasst. Insbesondere der rein tatsächliche Vollzug eines Vermögens- oder Anteilserwerbs kann demnach nach hier vertretener Auffassung einen der an tatsächliche Verhältnisse anknüpfenden Zusammenschlusstatbestände „Kontrollerwerb“ oder „wettbewerblich erheblicher Einfluss“ verwirklichen.66 Fehlt es bei Anteils- oder Vermögensübertragungen daher an einem wirksamen rechtlichen Erwerb, beispielsweise, weil die dingliche Einigung unwirksam ist, so verhindert dies zwar einen wirksamen Vermögenserwerb, nicht aber die Vollendung des nur an tatsächliche Umstände anknüpfenden Einflusstatbestands. c) Zusammenschlüsse im Sinne des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB Das Gesetz sieht in § 41 Abs. 1 S. 3 GWB für bestimmte Verträge und unter bestimmten Voraussetzungen trotz ihres Verstoßes gegen das Vollzugsverbot aber Ausnahmen von der Unwirksamkeitsfolge vor. aa) Die Ausnahmen nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB in der Fassung bis Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle Mit § 41 Abs. 1 S. 3 GWB in seiner bis zum Inkrafttreten der 8. GWBNovelle geltenden Fassung67 wird dem öffentlichen Glauben an die Richtigkeit von Registereintragungen der Vorrang vor der Unwirksamkeitsfolge eingeräumt.68 Wirksam sind demnach trotz eines möglichen Verstoßes gegen das Vollzugsverbot einerseits Grundstücksgeschäfte ab Eintragung in das Grundbuch und andererseits Verträge über die Umwandlung, Eingliederung oder Gründung eines Unternehmens. Ferner werden Unternehmensverträge im Sinne der §§ 291, 292 AktG wirksam, sobald sie durch Eintra64 BGH, Urteil vom 24.06.1987, VIII ZR 379/86, BGHZ 101, 186 (187) m. w. N. aus der älteren Rspr.; Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 854 Rdnrn. 2–4; Fritzsche, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 854 Rdnr. 20. 65 Fritzsche, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 854 Rdnr. 36. 66 Siehe oben Teil 1, A. II. 2. 67 Gemäß § 1 Nr. 24 a) der 8. GWB-Novelle (Teil 1, Fn. 225, S. 74) soll eine Untergliederung des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB in drei Ziffern erfolgen. Die Ziffern 1 und 2 regeln die bereits jetzt in § 41 Abs. 1 S. 3 GWB enthaltenen Ausnahmen mit identischem Wortlaut. Zu den Ausnahmen nach der zukünftigen Gesetzeslage sogleich. 68 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 14.
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gung in das zuständige Register wirksam werden. In der Gesetzesbegründung zur 7. GWB-Novelle heißt es insoweit, die Unwirksamkeit der Verträge werde in diesen Fällen „geheilt“69. Die Unternehmensverträge gemäß §§ 291, 292 AktG können aufgrund der Beschränkung der vorliegenden Untersuchung auf Zusammenschlüsse, die auf einer Anteils- oder Vermögensübertragung beruhen, außer Betracht bleiben. Solche Verträge räumen dem Begünstigten zwar Kontrolle im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB ein70, diese Kontrolle beruht aber auf dem Vertrag und nicht dem Erwerb von Anteilen oder Vermögensgegenständen. Auch auf die Eingliederung wird hier nicht näher eingegangen, da diese bereits voraussetzt, dass sich alle Anteile in der Hand der zukünftigen Hauptgesellschaft befinden, § 319 Abs. 1 S. 1 AktG, in der Regel daher keinen Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB verwirklichen wird. bb) Die Ausnahmen nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB in der Fassung des Gesetzesentwurfs zur 8. GWB-Novelle Mit der 8. GWB-Novelle71 soll eine Untergliederung des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB in drei Ziffern erfolgen: Die Ziffern 1 und 2 übernehmen inhaltlich die bereits jetzt in § 41 Abs. 1 S. 3 GWB enthaltenen Ausnahmefälle. Insoweit kann daher auf die obigen Ausführungen zur aktuellen Rechtslage verwiesen werden. Zudem soll durch Ziffer 3 eine weitere Ausnahme eingeführt werden, derzufolge die Unwirksamkeitsfolge auch für sonstige Rechtsgeschäfte nicht gilt, sobald der nicht angemeldete Zusammenschluss nach seinem Vollzug angezeigt und das Entflechtungsverfahren nach § 41 Abs. 3 GWB eingestellt wurde, weil die Untersagungsvoraussetzungen nicht vorlagen oder die Wettbewerbsbeschränkung infolge einer Auflösungsanordnung nach Abs. 3 S. 2, 3 GWB beseitigt wurde oder eine Ministererlaubnis nach § 42 erteilt worden ist. Mit der durch den Gesetzesentwurf zur 8. GWB-Novelle neu eingeführten Ausnahme für sonstige Rechtsgeschäfte soll ausweislich der Gesetzesbegründung Rechtssicherheit für solche Zusammenschlüsse hergestellt werden, die nachträglich angezeigt werden. Da seit der 7. GWB-Novelle eine Anmeldung des Zusammenschlusses nach seinem Vollzug nicht mehr möglich sei, sondern unmittelbar ein Auflösungsverfahren eingeleitet werde, sei rechtlich zweifelhaft, ob beispielsweise infolge der Einstellung des Auf69 BegrRegE. 7. GWB-Novelle vom 12.08.2004, BT-Drucks. 15/3640, S. 59; von Kann, S. 198. 70 Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 19 Rdnrn. 96 ff. 71 Siehe Teil 1, Fn. 225, S. 74.
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lösungsverfahrens die sonstigen Rechtsgeschäfte geheilt würden.72 Die neue Ausnahme soll zwar auch für den Fall gelten, dass die Wettbewerbsbeschränkung infolge einer Auflösungsanordnung nach § 41 Abs. 3 S. 2 i. V. m. S. 3 GWB beseitigt wird. Dieser Ausnahmetatbestand führt aber nicht dazu, dass das Bundeskartellamt bei der Wahl der Auflösungsmaßnahme die zivilrechtliche Unwirksamkeit der vollziehenden Rechtsgeschäfte außer Betracht lassen darf. Die Wirksamkeit tritt nämlich zum einen erst nach der Auflösung ein. Zudem ist gerade nicht beabsichtigt, durch die zusätzliche Ausnahme neue Eingriffsbefugnisse des Bundeskartellamts zu schaffen, sondern die Ausnahme soll lediglich „klarstellend[e]73“ Wirkung haben. Geheilt werden sollen durch Ziffer 3 daher vermutlich insbesondere solche Rechtsgeschäfte, die die an dem Zusammenschluss Beteiligten unter Verstoß gegen das Vollzugsverbot mit Dritten geschlossen haben. cc) Die Bedeutung der Ausnahmen des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB für die hier untersuchten Fälle (1) Umwandlungsvorgänge Für den Fall der Umwandlung ist § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GWB in der Fassung des Gesetzesentwurfs zur 8. GWBNovelle (im Folgenden GWB-E) nach hier vertretener Auffassung lediglich deklaratorisch, da sich die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB auf Umwandlungsvorgänge nicht auswirkt. Weder der Umwandlungsvertrag noch der Umwandlungsbeschluss verstößt nämlich gegen das Vollzugsverbot, da es sich insoweit nur um die Begründung schuldrechtlicher Verpflichtungen handelt. Die Vermögensübertragung, also der eigentliche Vollzug, erfolgt bei der Umwandlung nicht rechtsgeschäftlich, sondern aufgrund Gesetzes. Gegen das Vollzugsverbot verstoßen daher lediglich die Anmeldung des Zusammenschlusses zum Handelsregister sowie die Eintragung selbst.74 Dabei handelt es sich aber um rein tatsächliche Handlungen, für die die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB weder gilt noch gelten kann.75 Wird in den Fällen der Umwandlung die Eintragung in das zuständige Register abgelehnt, beispielsweise, da das Registergericht die fusionskontrollrechtliche Relevanz des Zusammenschlusses erkannt und die Eintragung daher versagt hat, so wird in der Regel auch noch kein der Auflösung 72 73 74 75
BegrGesE 8. GWB-Novelle (Teil 1, Fn. 225, S. 74), S. 30. BegrGesE 8. GWB-Novelle (Teil 1, Fn. 225, S. 74), S. 43. Siehe oben unter Teil 2, A. I. 1. b) cc). So auch Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24 Rdnr. 386.
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unterliegender Zusammenschluss vorliegen, es sei denn, es wurde dem übernehmenden Rechtsträger bereits Kontrolle oder wettbewerblich erheblicher Einfluss tatsächlich eingeräumt. (2) Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens In den Fällen der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens ist bis zur Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister der Abschluss des Gesellschaftsvertrags zivilrechtlich (schwebend) unwirksam. Die Unwirksamkeit des Gesellschaftsvertrags wird gemäß § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GWB-E mit Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister „geheilt“.76 Erfolgt die Untersagung des Zusammenschlusses bzw. die Auflösung aber vor Eintragung des Gemeinschaftsunternehmens im Handelsregister, so greift die Ausnahme nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GWB-E nicht. d) Die Auswirkung der Unwirksamkeit auf Gesellschaften, die (noch) nicht unter § 41 Abs. 1 S. 3 GWB fallen Fraglich ist, wie sich die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB auf die Gesellschaftsgründung auswirkt, bevor diese Zusammenschlüsse in das zuständige Register eingetragen und damit „geheilt“ sind bzw. wenn eine Eintragung überhaupt nicht erfolgt. Zwischen Gemeinschaftsunternehmen, die in Form einer Personengesellschaft gegründet werden sollten und solchen, für die die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft vorgesehen war, wird unterschieden. aa) Personengesellschaften Eine auf unwirksamem Gesellschaftsvertrag gegründete Personengesellschaft ist nach heute einhelliger Auffassung grundsätzlich nicht unwirksam. Nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft wird aus Gründen des Verkehrsschutzes einerseits sowie zum Schutz der Gesellschafter andererseits77 eine Gesellschaft, deren Gesellschaftsvertrag unwirksam ist, behandelt, als wäre sie wirksam, sobald die Gesellschaft in Vollzug gesetzt wurde. In Vollzug gesetzt ist eine Gesellschaft, sobald mit der Vertrags76
Siehe oben, Fn. 69, S. 102. Siehe oben, Fn. 58, S. 99. Ferner Flume, Die Personengesellschaft (1977), § 2 III, S. 13. 77
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durchführung begonnen wurde, beispielsweise wenn die Gesellschaft mit Zustimmung der Gesellschafter nach außen erkennbar als solche auftritt. Es genügt, dass sie Vorbereitungen zur Geschäftsaufnahme trifft wie beispielsweise ein Gesellschaftsvermögen zu bilden.78 Die ursprünglich für Kapitalgesellschaften entwickelte Lehre ist heute unstreitig auch auf Personengesellschaften anwendbar79. Die Grundsätze von der fehlerhaften Gesellschaft finden nach ständiger Rechtsprechung aber keine Anwendung, wenn ihrer Anwendung gewichtige Interessen der Allgemeinheit oder einer bestimmten besonders schutzwürdigen Person entgegenstehen.80 Als Beispiel wird regelmäßig der Verstoß gegen § 134 BGB (Gesetzliches Verbot) genannt.81 Bei einem Verstoß gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB wäre ein entgegenstehendes öffentliches Interesse an der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft daher wohl zu bejahen. Der Bundesgerichtshof hat dementsprechend im Jahr 1990 entschieden, dass ein Verstoß gegen ein „im öffentlichen Interesse zur institutionellen Sicherung der Wettbewerbsfreiheit erlassenes Gesetz“ ein vorrangiges Allgemeininteresse darstelle und die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft daher in diesem Fall nicht griffen. Die erbrachten Leistungen seien daher nach Bereicherungsrecht abzurechnen und zurückzugewähren.82 Der Fall betraf allerdings eine BGB-Innengesellschaft. Im Jahr 2008 hat der Bundesgerichtshof erstmals, allerdings ohne nähere Begründung, die Anwendung der Ausnahme vom Grundsatz der fehlerhaften Gesellschaft auch auf eine BGB-Außengesellschaft akzeptiert.83 Die herrschende Literatur lehnt die Anwendung der Ausnahme auf in Vollzug gesetzte Außengesellschaften wegen Verstoßes des Gesellschaftsvertrags gegen § 1 GWB hingegen ab.84 Bisher, bei der Anwendung der AusBälz, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 13, § 100 Rdnr. 154; Ulmer, in: MüKo BGB5, § 705 Rdnr. 331; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB3, Band 2, § 105 Rdnr. 236. 79 RG, Urteil vom 13.11.1940, II 44/40, RGZ 165, 193, seitdem ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, 29.06.1970, II ZR 267/64, BGHZ 44, 235 (236); Urteil vom 29.06.1970, II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 (8). 80 Siehe oben bei Fn. 56, S. 99. 81 OLG Hamm, 13.03.1986, 4 W 43/86, WuW/E OLG 3748 (3749). 82 BGH, Urteil vom 13.11.1990, KZR 2/89, NJW-RR 1991, 1002 (1003) – „Nassauische Landeszeitung“. Zustimmend Paschke, ZHR 155, 21; abw. Theurer, BB 2013, 137 (141 f.). 83 BGH, Beschluss vom 04.03.2008, KVZ 55/07, WuW/E DE/R 2361 (2362) – „Xella/NordKS“. 84 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB3, Band 2, § 105 Rdnr. 237; ders., in: AcP 186 (1986), 421 (448 ff.); ders., Gesellschaftsrecht4, § 6 III 3; ders., JuS 1991, 520; ders., FS Mestmäcker (1996), 763 (765 ff.); Bischke/Brack, NZG 2009, 182; Schwintowski, NJW 1988, 937 ff. (942); Wertenbruch, Die Rechtsfolgen der Doppel78
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nahme auf Innengesellschaften, stand dem Verstoß gegen das gesetzliche Verbot nämlich lediglich das Interesse der Gesellschafter an dem Bestehen der Gesellschaft gegenüber. Dieses Interesse wurde wegen des Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot aber als nicht schützenswert eingestuft. Bei Außengesellschaften tritt neben die Interessen der Gesellschafter aber ein schützenswertes Interesse der Allgemeinheit, insbesondere der Gläubiger, an einem wirksamen Bestehen der Gesellschaft.85 Dieses Interesse werde durch die mit der Ausnahme verfolgten Interessen jedenfalls im Fall des Verstoßes des Gesellschaftsvertrages gegen das Kartellverbot gemäß § 1 GWB nicht überwogen. In repressiver Hinsicht sei die Ausnahme nämlich nicht erforderlich, da das Bundeskartellamt die Möglichkeit habe, die von der Gesellschaft ausgehenden Gefahren für den Wettbewerb durch Verfügung abzustellen.86 Präventive Zwecke verfolge die Nichtigkeitsfolge im Fall eines Verstoßes gegen § 1 GWB ohnehin nicht. Zur Abschreckung diene bereits das bei Verstoß gegen das Kartellverbot nach § 81 Abs. 4 GWB zu leistende Bußgeld.87 Schließlich führe die Nichtanwendung der Grundsätze von der fehlerhaften Gesellschaft aber auch zu einer Schlechterbehandlung der Personengesellschaften gegenüber den Kapitalgesellschaften, da für letztere im Fall des unwirksamen Gesellschaftsstatuts gemäß §§ 75 ff. GmbHG bzw. §§ 275 ff. AktG nur die Nichtigkeitsklage möglich sei, die gemäß § 277 Abs. 1 AktG bzw. § 77 Abs. 1 GmbHG die Auflösung der Gesellschaft mit Wirkung ex nunc nach sich zieht.88 Dieser Ungleichbehandlung wird lediglich das Argument entgegengehalten, dass sich die Ungleichbehandlung aus der Respektierung eines staatlichen Hoheitsakts, nämlich der konstitutiv wirkenden Eintragung bei den Kapitalgesellschaften, ergebe.89 Der herrschenden Literatur, die sich für eine Anwendung der Grundsätze von der fehlerhaften Gesellschaft ausspricht, wenn ein Gesellschaftsvertrag gegen das Kartellverbot verstößt, ist auch für den Fall des Verstoßes gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot zu folgen. Auch hier vermag weder ein präventives noch ein repressives kartellrechtliches Interesse die Interessen der Gläubiger an dem Bestehen einer wirksamen Gesellschaft für die Vergangenheit zu überlagern: In präventiver Hinsicht zieht dieser Verstoß nämlich als Ordnungswidrigkeit die Bußgeldverpflichtung gemäß § 81 kontrolle von Gemeinschaftsunternehmen nach dem GWB, S. 57 ff.; Palzer, ZGR 2012, 631 ff.; zustimmend auch Grunewald, Gesellschaftsrecht8, Rdnrn. 1 A 162 f. 85 Wertenbruch, Die Rechtsfolgen der Doppelkontrolle von Gemeinschaftsunternehmen nach dem GWB, S. 57 f. 86 Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421 (451) unter Verweis auf § 37a GWB a. F. 87 Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421 (451). 88 Bischke/Brack, NZG 2009, 182. 89 So Canaris, Vertrauenshaftung (1971), S. 173; Paschke, ZHR 155, 21.
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Abs. 2 S. 1, Abs. 4 GWB nach sich und in repressiver Hinsicht hat das Bundeskartellamt gemäß § 41 Abs. 3 S. 2 GWB die zur Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse erforderlichen Maßnahmen anzuordnen, wenn durch den Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt wird. Sofern es sich bei dem entstandenen Unternehmen also um eine Personengesellschaft handelt, die in Vollzug gesetzt wurde und ihre Tätigkeit nach Außen aufgenommen hat, ist diese trotz der Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB so zu behandeln, als sei sie wirksam zustande gekommen. Hat die Gesellschaft ihre Tätigkeit nach Außen hingegen noch nicht aufgenommen, so greift die Ausnahme von der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, die Gesellschaft ist dann nichtig. bb) Kapitalgesellschaften Für die Aktiengesellschaft und die GmbH hat der Gesetzgeber den Grundsatz, dass in Vollzug gesetzte Gesellschaften nur mit Wirkung für die Zukunft aufgelöst werden können, in den §§ 275 ff. AktG und §§ 75 ff. GmbHG verankert.90 Voraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 75 ff. GmbHG bzw. 275 ff. AktG ist jedoch, dass die Gesellschaft bereits im Handelsregister eingetragen ist.91 Für die KGaA gelten die Vorschriften des Aktiengesetzes insoweit sinngemäß, § 278 Abs. 3 i. V. m. §§ 262, 275 ff. AktG. Vor Eintragung der GmbH sowie der AG in das Handelsregister finden aber die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung. Bei der GmbH entsteht nämlich mit Abschluss des notariellen Gesellschaftsvertrages, durch den die GmbH errichtet wird92, eine Vorgesellschaft, die sogenannte Vor-GmbH, die mit ihrer Eintragung im Handelsregister zu einer GmbH wird.93 Auf diese Vorgesellschaft finden zwar eine Vielzahl der Vorschriften des GmbH-Gesetzes entsprechende Anwendung, nicht jedoch diejenigen, die die Eintragung der GmbH voraussetzen.94 Zu den Vorschriften, 90
Paschke, ZHR 155 (1991), 1 (17). Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG7, § 75 Rdnr. 2; Kleindiek, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG18, § 75 Rdnr. 2, jeweils für die GmbH; Riesenhuber, in: Schmidt/Lutter2, AktG, § 275 Rdnr. 4 für die Aktiengesellschaft. 92 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG18, § 1 Rdnr. 1; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG7, § 1 Rdnr. 2; Michalski, in: Michalski, GmbHG, § 2 Rdnr. 54. 93 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG18, § 1 Rdnr. 1. 94 BGH, Urteil vom 12.07.1956, II ZR 218/54, BGHZ 21, 242 (246); Urteil vom 24.10.1968, II ZR 216/66, BGHZ 51, 30 (32); Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG18, § 11 Rdnr. 7; Karsten Schmidt, in: Scholz, GmbHG10, § 11 Rdnr. 39; ab91
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die die Eintragung der GmbH voraussetzen, zählen auch die §§ 75 ff. GmbHG.95 Ähnliches gilt für die Aktiengesellschaft. Eine Aktiengesellschaft entsteht nach § 29 AktG durch Übernahme der Aktien durch die Gründer. Gründer sind gemäß § 28 AktG die Aktionäre, die die Satzung im Sinne des § 23 AktG festgestellt haben. Mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages und Übernahme der Aktien durch die Gründer entsteht aber auch hier eine Vorgesellschaft, die Vor-AG. Die Vor-AG ist wie die Vor-GmbH eine Gesamthandsgesellschaft eigener Art.96 Zwar gelten daher nicht die §§ 75 ff. GmbHG bzw. 275 ff. AktG. Es sind jedoch die Grundsätze über die fehlerhafte (Personen-)gesellschaft anzuwenden, denn nur so kann dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Gesellschaft trotz eines Mangels im Gründungsvorgang ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen hat.97 Auch die noch nicht eingetragene GmbH sowie die noch nicht eingetragene Aktiengesellschaft sind damit trotz des Verstoßes ihres Gründungsvertrages gegen das Vollzugsverbot und die damit einhergehende Unwirksamkeit des Vertrags als wirksam entstanden anzusehen. e) Zusammenfassung Die Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB setzt einen vollendeten Zusammenschluss voraus. Die Vollendung der Zusammenschlusstatbestände des Anteils- und Vermögenserwerbs wird durch die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB aber grundsätzlich verhindert. Etwas anderes gilt nur für die in § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GWB-E genannten Verträge, wenn sie bzw. ihre Wirkungen in das jeweils zuständige Register eingetragen sind, sowie für Gemeinschaftsunternehmen. Nur die in § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E genannten formell illegal vollzogenen Anteils- und Vermögenserwerbsformen sowie Gemeinschaftsunternehmen allgemein unterliegen daher der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB. Die tatsächlichen Folgen einer an der Unwirksamkeit des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB gescheiterten Anteils- oder Vermögensübertragung sind dementsprechend nach hier vertretener Auffassung nur dann gemäß § 41 Abs. 3 GWB aufzulösen, wenn diese tatsächlichen Folgen dem Erwerber Kontrolle im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB oder wettbewerblich erheblichen Einfluss im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB vermitteln. Dann liegt nämlich weichend BGH, Versäumnisurteil vom 18.01.2000, XI ZR 71/99, NJW 2000, 1193 (1194): „Rechtsfähigkeit“; Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG7, § 11 Rdnr. 39. 95 Siehe oben, Fn. 91, S. 107. 96 Siehe oben, Teil 1, Fn. 187, S. 63. 97 Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG7, § 11 Rdnr. 66.
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trotz der Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB ein vollendeter Zusammenschluss vor, der der Auflösung unterliegt. Ist nach tatsächlichem Vollzug eines Anteils- oder Vermögenserwerbs ein Kontrollerwerb oder wettbewerblich erheblicher Einfluss nicht gegeben, so kann das Bundeskartellamt die Auflösung nicht anordnen. Es besteht dann kein vollzogener Zusammenschluss im Sinne des § 41 Abs. 3 GWB. 3. Ergebnis Die Unwirksamkeit wirkt sich insbesondere in zwei Richtungen aus: Einerseits verhindert sie die Vollendung solcher Zusammenschlusstatbestände, die durch ein Rechtsgeschäft vollendet werden98, insbesondere also den Anteils- und Vermögenserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 GWB. Andererseits ermöglicht sie aber auch die Auflösung durch Rückabwicklung des Zusammenschlusses, da der Verkäufer zivilrechtlich am Zusammenschlussobjekt berechtigt bleibt. Die Unwirksamkeit wird in den Fällen des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E mit der Eintragung des Zusammenschlusses im jeweils zuständigen Register „geheilt“. Dies wirkt sich insbesondere auf Grundstücksgeschäfte und die Gründung von Unternehmen aus. Im Hinblick auf Umwandlungsvorgänge ist die Vorschrift des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GWB-E dagegen lediglich deklaratorisch. Wenn ein wirksamer Anteils- oder Vermögenserwerb wegen der Unwirksamkeit der dinglichen Einigung bzw. Abtretung nicht vollendet ist, ist aber zu untersuchen, ob dem Erwerber durch die (scheinbare) Übertragung der Beteiligung oder des Unternehmens die Möglichkeit eingeräumt wird, bestimmenden Einfluss (Kontrollerwerb) oder wettbewerblich erheblichen Einfluss auf die Tätigkeit der Gesellschaft zu nehmen. Möglicherweise begründet die scheinbare Übertragung oder die Übergabe von Anteilen bzw. des Unternehmens nämlich den Rechtsschein einer Berechtigung des Erwerbers, die dazu führt, dass seine Entscheidungen von den Mitberechtigten akzeptiert und ausgeführt werden. Der auf diese Weise tatsächlich verwirklichte Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 GWB unterliegt der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB. Die Auflösung von Unternehmenszusammenschlüssen nach § 41 Abs. 3 GWB kann demnach als Auffangtatbestand für Zusammenschlüsse bezeichnet werden, deren Vollendung durch die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB nicht verhindert werden kann. 98
A. A. wohl Kuhn, in: FK, GWB 2005, § 41 Rdnr. 15.
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Teil 2: Die zivilrechtliche Risikoverteilung
II. Die zivilrechtliche Risikoverteilung In vorangegangenem Abschnitt wurde gezeigt, dass trotz eines Verstoßes gegen das Vollzugsverbot und der damit geltenden Unwirksamkeitsfolge für die vollziehenden Rechtsgeschäfte ein Zusammenschluss, dem ein Anteilsoder Vermögenserwerb zugrunde liegt, wirksam vollzogen werden kann. Im Folgenden ist daher die zivilrechtliche Risikoverteilung für den Fall der späteren Auflösung solcher Zusammenschlüsse zu ermitteln. Diese ist für die Auflösungsanordnung des Bundeskartellamts insoweit relevant, als sie den grundsätzlichen Rahmen für die Auflösung vorgibt. Sie gibt an, in welchem Verhältnis die Parteien für die Auflösung ohne weiteres in Anspruch genommen werden können. Das Zivilrecht sieht nämlich für verschiedene Fälle, in denen die Vertragsdurchführung scheitert, ein System zur Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen vor, in dem den gegenläufigen Parteiinteressen in einem angemessenen Maße Rechnung getragen wird.99 Das Zivilrecht gibt insoweit also eine als gerecht anzusehende Risikoverteilung vor. Soweit die Auflösungsanordnung die Parteien entsprechend des ihnen zivilrechtlich zugewiesenen Risikos in Anspruch nimmt, ist sie daher als grundsätzlich verhältnismäßig anzusehen. Die zur Bestimmung der zivilrechtlich vorgesehenen Risikozuordnung heranzuziehenden Vorschriften des BGB hängen von zwei Umständen ab: von der Wirksamkeit des schuldrechtlichen Kausalverhältnisses und von der Wirksamkeit der Übertragung der Anteile bzw. Vermögensgegenstände. Das schuldrechtliche Kausalverhältnis können die Parteien entweder unabhängig von dem Erfüllungsgeschäft bereits wirksam100 abschließen, oder sie machen die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts von dem erfolgreichen Abschluss des Erfüllungsgeschäfts, in vorliegendem Fall insbesondere von der Freigabe des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt abhängig. Die Fallalternative, dass die Parteien überhaupt keine vertragliche Vereinbarung getroffen haben, wird im Folgenden hingegen außer Betracht gelassen. Dabei handelt es sich aber auch eher um einen theoretischen Fall, denn es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund eine Partei, ohne Einigung mit der anderen Partei, dieser Vermögens- oder Anteilsgegenstände übertragen sollte. In solchen Fällen wird stets, und wenn auch nur mündlich und/oder konkludent, eine Einigung vorliegen, selbst wenn diese letztlich unwirksam sein mag. Im Zusammenhang mit der Wirksamkeit der Übertragung der Anteile oder Vermögensgegenstände kommt der Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB besondere Bedeutung zu: Ist die Übertragung wirksam, Vgl. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts5, S. 428. 100 Das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft wird von der Unwirkamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB nicht erfasst, siehe oben Teil 2, A. I. 1. b) aa). 99
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so gehen die Anteile oder Vermögensgegenstände wirksam auf den Erwerber über, während bei Unwirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts der Verkäufer berechtigt bleibt. Die folgende Prüfung der zivilrechtlichen Risikoverteilung differenziert daher nach den oben genannten Kriterien. Es werden insoweit vier mögliche Kombinationen untersucht: Das wirksame Verpflichtungsgeschäft mit unwirksamer Übertragung (1.), die Wirksamkeit von Verpflichtungsgeschäft und Übertragung (2.), die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts aber wirksamer Übertragung (3.) und die Unwirksamkeit von Verpflichtungsgeschäft und Übertragung (4.). 1. Wirksames Verpflichtungsgeschäft, unwirksame Übertragung Sofern die Parteien nicht vertragliche Sondervereinbarungen getroffen haben, ist in den Fällen des formell illegalen Zusammenschlusses das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft wirksam und, sofern die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB greift und nicht nach § 41 Abs. 1 S. 3 bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E geheilt wird, die Übereignung unwirksam. Die Ansprüche der Parteien gegeneinander wegen der Störung der Vertragsdurchführung richten sich in diesem Fall primär nach den Vorschriften über vertragliche Schuldverhältnisse. Hier erfolgt die Zuordnung der Risiken im Zusammenhang mit dem Vertragsgegenstand über die sogenannte „Leistungsgefahr“, im Zusammenhang mit der Gegenleistung über die sogenannte „Gegenleistungsgefahr“ oder „Preisgefahr“ und im Hinblick auf die Nutzungsmöglichkeit des Vertragsgegenstands über das sogenannte Verwendungsrisiko“.101 a) Die Leistungsgefahr Über die Leistungsgefahr wird das Risiko, dass der vertraglich versprochene Leistungsgegenstand zufällig untergeht oder die Leistung aus einem anderen Grund nicht erbracht werden kann, einer der Parteien zugewiesen. Trägt der Verkäufer die Leistungsgefahr, so hat er die vertraglich versprochene Leistung trotz ihres Untergangs weiterhin zu bewirken bzw. Ersatz zu leisten („Beschaffungsrisiko).102 Wenn dagegen der Erwerber die Leistungsgefahr trägt, verliert er im Fall des Untergangs der Leistung den Anspruch darauf. 101
Müssig, Wirtschaftsprivatrecht: Rechtliche Grundlagen wirtschaftlichen Handelns16, S. 223 f. 102 Huber, in: Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, D. Der Inhalt des Schuldverhältnisses Rdnr. 88.
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aa) Die Verteilung der Leistungsgefahr Die Leistungsgefahr trägt grundsätzlich bis zu ihrem Übergang auf den Käufer der Verkäufer. Die Leistungsgefahr geht aber auch bereits mit Konkretisierung im Sinne des § 243 Abs. 2 BGB und Annahmeverzug gemäß § 300 Abs. 2 BGB auf den Erwerber über.103 Trifft den Verkäufer von vornherein nur eine Stückschuld, so trägt der Käufer die Sachleistungsgefahr bereits von Anfang an.104 Die Leistungsgefahr endet mit der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung, also mit wirksamer Übereignung und Übergabe des verkauften Gegenstandes bzw. mit Abtretung des verkauften Rechts. bb) Die Leistungsgefahr bei Unternehmensund Beteiligungserwerb Bei dem Erwerb eines Unternehmens, sei es durch asset deal oder durch share deal, handelt es sich um eine Stückschuld, da sich das Interesse des Erwerbers immer auf das konkrete Unternehmen mit seinen individuellen Assets richtet. Der Erwerber trägt damit von Anfang an das Risiko, dass das Unternehmen untergeht oder aus einem anderen Grund nicht übertragen werden kann. In der Praxis wird daher, zum Ausgleich, zumeist eine Preisanpassungsklausel vereinbart, die eine Anpassung des Kaufpreises an den Wert des Unternehmens im Zeitpunkt, in dem das Unternehmen tatsächlich auf den Erwerber übergeht, vorsieht.105 Bei dem Verkauf einer Beteiligung an einem Unternehmen könnte man zwar daran denken, dass der Veräußerer dem Erwerber nur eine bestimmte Beteiligungsquote an der Gesellschaft schuldet und daher eine Gattungsschuld vorliegt. In der Praxis werden die Beteiligungskaufverträge jedoch in der Regel als Stückkauf (oder jedenfalls Vorratskauf) ausgestaltet. Sie beschränken sich in der Regel auf die Anteile des Veräußerers oder einen Teil davon, was in den Verträgen häufig durch den Wortlaut deutlich gemacht wird. Der Erwerber trägt daher wie im Fall des Unternehmenskaufs auch im Fall des Beteiligungserwerbs grundsätzlich von Anfang an die Leistungsgefahr.
103 Siehe Huber, in: Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, D. Der Inhalt des Schuldverhältnisses Rdnrn. 91, 101, 102. 104 Beckmann, in: Staudinger, BGB, § 446 Rdnr. 23; Emmerich, in: MüKo BGB6, § 243 Rdnr. 23. 105 Habersack/Tröger, DB 2009, 44; Thiessen, in: MüKo HGB3, Band 1, Anhang zu § 25 Unternehmenskauf, Rdnr. 34.
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cc) Bedeutung der Leistungsgefahr bei Untersagung eines Zusammenschlusses Die Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt führt wegen des Charakters des Unternehmens- oder Beteiligungserwerbs als Stückschuld dazu, dass der Veräußerer dem Erwerber das Eigentum an dem Unternehmen bzw. der Beteiligung nicht übertragen kann. Er wird daher gemäß § 275 Abs. 1 BGB von seiner Pflicht zur vertraglich geschuldeten aber infolge der Untersagung unmöglichen Leistung, also der Übertragung des Unternehmens oder der Beteiligung frei.106 Der Erwerber kann die Übereignung beziehungsweise Abtretung dann nicht mehr fordern. dd) Erlöschen auch des Besitzverschaffungsanspruchs? Fraglich ist jedoch, ob im Fall der Untersagung des Zusammenschlusses gemäß § 36 Abs. 1 GWB auch die Verpflichtung zur Übertragung des Besitzes erlischt. Man könnte nämlich erwägen, dass mit endgültiger Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt nur der Eigentumsverschaffungsanspruch, nicht aber der Anspruch auf Besitzverschaffung aus dem Kaufvertrag untergeht. Denn der Schuldner wird gemäß § 275 Abs. 1 BGB nur von seiner Leistungspflicht frei, „soweit“ ihm die Leistung unmöglich ist und die Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt macht im Hinblick auf § 41 Abs. 1 S. 2 GWB nur die Eigentumsübertragung unmöglich. Der Übertragung des Besitzes als Realakt steht die Unwirksamkeitsfolge dagegen nicht entgegen. Der Anspruch auf die Verschaffung des Besitzes erlischt im Fall der Untersagung des Zusammenschlusses jedoch ebenfalls und zwar wegen § 138 BGB. Wie oben107 bereits dargelegt wurde, sind die Ansprüche aus dem Verpflichtungsgeschäft nicht durchsetzbar, solange ihre Erfüllung gegen das gesetzliche Vollzugsverbot verstieße. Wenn die Übertragung des Eigentums an Anteilen oder Vermögensgegenständen einen Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB verwirklicht, wird die einfache Besitzüberlassung dem Besitzer der Anteile oder Vermögensgegenstände in der Regel ebenfalls mindestens wettbewerblich erheblichen Einfluss vermitteln. Schon die Überlassung des Besitzes an Anteilen oder Vermögensgegenständen verstößt daher gegen das Vollzugsverbot. Die Übertragung des Besitzes kann daher, so lange die Freigabe noch möglich ist, vorübergehend, und nach Untersagung des Zusammenschlusses endgültig nicht mehr gefordert werden. 106 Vgl. Rieger, in: FK zum Kartellrecht (1982/2006), § 41 GWB (2005), Rdnr. 34; Kuhn, in: FK Kartellrecht, GWB 2005, § 41 Rdnr. 47. 107 Teil 2, A. I. 1. b) aa).
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Mit bestandskräftiger Untersagung des Zusammenschlusses erlischt demnach nicht nur die Pflicht zur Übertragung des Eigentums, sondern auch die Pflicht zur Besitzübertragung. b) Die Preis- oder Gegenleistungsgefahr Wenn der Verkäufer von seiner Leistungspflicht aufgrund der Unmöglichkeit zur Leistung gemäß § 275 Abs. 1 BGB frei wird, richten sich gemäß § 275 Abs. 4 BGB die Rechte des Gläubigers, gemeint ist in diesem Fall der Gläubiger hinsichtlich der Sachleistung, also die Rechte des Käufers, nach § 326 BGB. aa) Grundsätzlich: Verkäufer trägt die Preisgefahr Nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB erlischt in den Fällen, in denen der Schuldner von seiner Leistungspflicht gemäß § 275 Abs. 1 BGB frei wird, auch der Anspruch auf die Gegenleistung, im Fall des Unternehmens- oder Beteiligungserwerbs also der Anspruch auf den Kaufpreis. Wurde der Kaufpreis bereits gezahlt, so kann dieser gemäß § 326 Abs. 1, 4 i. V. m. §§ 346 ff. BGB Zug um Zug gegen Rückgabe des Erlangten sowie der gezogenen Nutzungen zurückgefordert werden. Wurde eine Teilleistung erbracht, so kann der Käufer entweder den Kaufpreis gemäß § 326 Abs. 1 S. 2 BGB entsprechend um den Anteil des Nichterbrachten mindern oder, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat, von dem Vertrag zurücktreten, §§ 326 Abs. 5, 323 Abs. 5 BGB. Grundsätzlich trägt also der Verkäufer das Risiko, den Kaufpreis nicht zu erhalten (Preis-/Gegenleistungsgefahr), wenn er aus irgendeinem Grund seinen Teil der vertraglichen Verpflichtung nicht oder nicht gänzlich erfüllen kann. bb) Ausnahme: Verlagerung der Preisgefahr auf den Erwerber Die Grundregel des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB zur Verteilung der Preisgefahr wird jedoch zum einen durch § 326 Abs. 2 BGB verdrängt, der die Preisgefahr auf den Gläubiger überträgt, wenn dieser für den Grund, der zur Unmöglichkeit der Leistung durch den Schuldner führt, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. Zum anderen enthalten die Vorschriften des besonderen Schuldrechts teilweise Regelungen über den Übergang der Preisgefahr, die die Vorschrift des § 326 Abs. 1 BGB überlagern bzw. modifizieren. § 446 S. 1 BGB überträgt die Preisgefahr bei Kauf- und Werkverträgen beispielsweise bereits mit Besitzübergang auf den Erwerber und
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§ 615 S. 1 BGB enthält eine Regelung für den Übergang der Preisgefahr im Fall des Annahmeverzugs des Dienstberechtigten. (1) Übergang der Preisgefahr gemäß § 326 Abs. 2 BGB (a) Verantwortlichkeit des Gläubigers im Sinne des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB Zunächst sei der Übergang der Preisgefahr nach § 326 Abs. 2 BGB untersucht. Der Anspruch auf die Gegenleistung bleibt gemäß § 326 Abs. 2 S. 1 BGB bestehen, wenn der Gläubiger für den Umstand, aufgrund dessen der Schuldner nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. Im Rahmen des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB wird eine alleinige bzw. weit überwiegende Verantwortlichkeit des Gläubigers insbesondere bejaht, wenn dieser eine erforderliche Mitwirkungshandlung unterlässt, ein Beitrag zur Vertragserfüllung unterbleibt, für den der Gläubiger die Verantwortung übernommen hat108 oder wenn die Gründe für die Unmöglichkeit der Leistung durch den Schuldner in der Person des Gläubigers bestanden109. Ein Grund, der bei einem genehmigungsbedürftigen Zusammenschluss zur Unmöglichkeit der Leistung führen kann ist, dass der Zusammenschluss die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt, also eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt bzw., nach Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle, den wirksamen Wettbewerb erheblich behindert. Es ist daher zu bestimmen, ob das Vorliegen der Untersagungsvoraussetzungen einen Umstand darstellt, für den der Gläubiger allein oder weit überwiegend „verantwortlich“ ist. Schon unter § 324 Abs. 1 BGB a. F.110, der Vorgängervorschrift des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB, waren die Anforderungen umstritten, unter denen der von der Leistung befreite Teil den Anspruch auf die Gegenleistung behalten sollte. Dabei hieß es damals noch „den der andere Teil zu vertreten hat“ (Hervorhebung durch die Verf.). Auch damals schon war in § 276 Ernst, in: MüKo BGB6, § 326 Rdnrn. 56 ff. Vgl. BGH, Urteil vom 30.11.1972, VII ZR 239/71, BGHZ 60, 14 (19 ff.): Unausführbarkeit der Reise, weil ein Reiseteilnehmer nicht gegen Pocken geimpft werden durfte. 110 § 324 Abs. 1 BGB a. F. lautete: „Wird die aus einem gegenseitigen Vertrage dem einen Teile obliegende Leistung infolge eines Umstandes, den der andere Teil zu vertreten hat, unmöglich, so behält er den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muß sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt.“ 108 109
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BGB geregelt, dass der Schuldner grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten hat. Der Begriff des Vertretenmüssens des Gläubigers in § 324 Abs. 1 BGB a. F. wurde dennoch überwiegend anders interpretiert. Ein Teil der Lehre wollte das Vertretenmüssen des Gläubigers unter Heranziehung der Grundsätze der sogenannten Sphärentheorie bestimmen. Demnach sind, wie im Arbeitsrecht, den Beteiligten bestimmte Risikosphären zugewiesen. Für Störungen habe immer diejenige Partei einzustehen, der die Sphäre, aus der die Störung resultiere, zugewiesen sei.111 Insbesondere Koller sah die maßgeblichen Kriterien für die Zuordnung der Risikosphäre in der abstrakten Beherrschbarkeit des Risikos, der Absorption von Risikofolgen sowie der arbeitsteiligen Veranlassung von Risiken.112 Henssler113 stellte dagegen im Wesentlichen auf die objektive Vorhersehbarkeit ab und erkannte für unvorhersehbare Risiken eine Bestimmung der Risikosphäre nach den Kriterien Veranlassung der Störung, Risikoerhöhung und Organisationsbereich an. Ein Teil der Lehre114 zog dagegen die Vorschriften über das Vertretenmüssen, also §§ 276–278 BGB entsprechend (entsprechend, da die Anwendung nicht auf den Schuldner, sondern den Gläubiger erfolgte) heran. Die herrschende Auffassung stellt bis heute auf die vertragliche Vereinbarung ab.115 Wenn der Gläubiger in dem Vertrag ausdrücklich oder konkludent ein Risiko übernommen habe, so sei er für die Verwirklichung dieses Risikos verantwortlich im Sinne des § 326 Abs. 2 BGB. Ob dies der Fall ist, sei mangels einer ausdrücklichen vertraglichen Risikoübernahme im Wege der Auslegung des Vertrages zu ermitteln.116 Eine Korrektur der ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung verbiete sich.117 Hat der Käufer also vertraglich das Risiko der Untersagung des Zusammenschlusses gemäß § 36 Abs. 1 GWB übernommen, so hat er den zur Unmöglichkeit der Leis111 Beuthien, Zweckerreichung (1969), S. 76, 80, 210 f.; ders., JZ 1972, 245 (248); Hanau, JuS 1975, 638 (641 f.); Koller, Risikozurechnung (1979), S. 287 ff.; Kronke, JuS 1984, 758 (760 ff.). Vgl. dazu Nassauer, Sphärentheorien, S. 183 ff. m. w. N. 112 Koller, Risikozurechnung (1979) S. 77 f.; Kronke, JuS 1984, 758 (761); kritisch Roth, AcP 181 (1981), 145 (149 f.). 113 Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand (1994), S. 63. 114 Vgl. zur Vorgängervorschrift des § 326 Abs. 2 BGB (§ 324 BGB a. F.): Huber, JuS 1972, 57 (61); Nassauer, Sphärentheorien (1978), S. 189 ff. (192 ff.); Otto, in: Staudinger (2001) § 324 a. F. Rdnrn. 7 ff. m. w. N. 115 BGH, Urteil vom 26.10.1979, V ZR 58/76, NJW 1980, 700; Urteil vom 18.10.2001, III ZR 265/00, NJW 2002, 595; Urteil vom 13.01.2011, III ZR 87/10, NJW 2011, 756 (758); Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 95; Dötterl, Wann ist der Gläubiger für die Unmöglichkeit verantwortlich? (2008), S. 43; Ernst, in: MüKo BGB6, § 326 Rdnrn. 56 ff. 116 Siehe die Nachweise in Fn. 115, S. 116. 117 Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 95.
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tung führenden Umstand im Sinne des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB zu verantworten und der Anspruch des Verkäufers auf die Gegenleistung, also den Kaufpreis, bleibt bestehen. Wenn die Parteien dagegen keine ausdrückliche Vereinbarung darüber getroffen haben, wer das Risiko trägt, dass der Zusammenschluss die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt, ist der Vertrag ergänzend auszulegen. Denn die ergänzende Vertragsauslegung greift immer dann, wenn eine Lücke im Vertrag besteht, die Vertragspartner also zwar über ein bestimmtes Lebensverhältnis eine Vereinbarung getroffen haben, dabei aber bestimmte Fragen nicht berücksichtigt haben, die sich später als regelungsbedürftig erweisen.118 Die Frage, ob das dispositive Recht der ergänzenden Vertragsauslegung vorgeht, wenn es für den gesetzlich geregelten Vertragstyp eine Risikoverteilung vorsieht, ist umstritten.119 Eine solche Regelung besteht für den vorliegenden Fall aber ohnehin nicht. Die Vorschriften des GWB enthalten keine Regelung darüber, wer das Risiko dafür zu tragen hat, dass der beabsichtigte Zusammenschluss die Untersagungsvoraussetzungen erfüllt. Eine solche Regelung stünde auch mit dem System des GWB nicht in Einklang. Dieses sieht nämlich eine präventive Fusionskontrolle vor, in deren Rahmen die Parteien sich im Regelfall gleichermaßen darüber im Klaren sind, dass die Vertragsdurchführung der vorherigen Genehmigung durch das Bundeskartellamt bedarf. Anderenfalls ging der Gesetzgeber wohl davon aus, dass die das Freigabebedürfnis erkennende Partei die andere Partei entsprechend informiert, beispielsweise indem die Übereignung und ggf. auch der Vertrag von der Freigabe des Zusammenschlusses abhängig gemacht werden. Auf die Frage eines Vorrangs des dispositiven Rechts vor der ergänzenden Vertragsauslegung kommt es daher nicht an. Gemäß § 157 sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Die Vorschrift wird durch die Rechtsprechung für die ergänzende Vertragsauslegung so ausgelegt, dass zu untersuchen ist „[. . .] was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten 118
BGH, Urteil vom 18.12.1954, II ZR 76/54, BGHZ 16, 71 (76); Henckel, AcP 159 (1960), 106 (107); Huber, JuS 1972, 59. Siehe auch Medicus, BGB AT10, Rdnrn. 338 ff. 119 Dies befürwortend BGH, Urteil vom 01.02.1984, VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (75); Ellenberger, in: Palandt, BGB71, § 157 Rdnrn. 4 ff.; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 104 f.; Busche, in: MüKo BGB6, § 157 Rdnr. 45; Jauernig, in: Jauernig14, BGB, § 157 Rdnr. 3; wohl auch Finkenauer, in: MüKo BGB6, § 313 Rdnr. 72; a. A. Cziupka, JuS 2009, 103 (105 f.).
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[. . .]“.120 Die ergänzende Vertragsauslegung setzt demnach eine „planwidrige Unvollständigkeit“121 des Vertrages voraus, ohne dessen Vervollständigung durch die ergänzende Vertragsauslegung eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen ist.122 Für die Bestimmung, was redliche Vertragspartner vereinbart hätten, befürwortet Roth123, zunächst die Risikosphären der Parteien abzugrenzen. Insoweit stützt er sich auf die Principles of European Contract Law der Lando-Kommission sowie die Principles for International Commercial Contracts von Unidroit. Demnach seien die Typizität des Risikos, das konkrete Rechtsverhältnis, gesetzliche Regelungsmuster und allgemeinen Gepflogenheiten, Geschäftssitten und -erwartungen maßgeblich.124 Ein weiteres Risikozuweisungskriterium stelle die Erkenntnis oder Vorhersehbarkeit des Risikos nach Art und Umfang durch eine oder beide Parteien dar. Schließlich sei die Beherrschbarkeit und Beeinflussbarkeit des Risikos in die Risikozuordnung einzubeziehen, wobei insbesondere die objektive und die subjektive Zurechenbarkeit der Herbeiführung des Risikoeintritts sowie die wirtschaftliche Belastbarkeit der Parteien mit dem Risiko eine Rolle spiele. Es komme insoweit allerdings weniger auf die Wirtschaftskraft der Partei an, sondern darauf, wer das Risiko besser absorbieren könne. Die u. a. von Koller125 ursprünglich herangezogenen ökonomischen Kriterien zur Ermittlung einer gerechten Risikoverteilung nach der Sphärentheorie (abstrakte Beherrschbarkeit des Risikos, Möglichkeit zur Absorption von Risikofolgen und arbeitsteilige Veranlassung von Risiken) finden demnach auch nach der Auffassung von Roth Berücksichtigung. Die von Roth erwähnten Kriterien erinnern zudem stark an die Kriterien der ökonomischen Analyse. Nach der ökonomischen Analyse haben die Gerichte im Rahmen einer Vertragsauslegung nach § 157 BGB die Lösung zu finden, auf die sich rational handelnde und voll informierte Vertragspartner bei Abwesenheit von Transaktionskosten geeinigt hätten, wenn sie die ent120 BGH, Urteil vom 19.06.1980, III ZR 182/78, WM 1980,1258; Urteil vom 29.04.1982, III ZR 154/80, BGHZ 84, 1 (7); Urteil vom 06.07.1989, III ZR 35/88, NJW-RR 1989, 1490; Urteil vom 04.03.2004, III ZR 96/03, BGHZ 158, 201 (207); Bechtold, BB 1983, 1636 (1639); Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S. 98. 121 BGH, Urteil vom 21.09.1994, XII ZR 77/93, BGHZ 127, 138 (142); Urteil vom 17.01.2007, VIII ZR 171/06, ZIP 2007, 774 Tz. 26; Urteil vom 10.07.1963, VIII ZR 204/61, BGHZ 40, 91 (103); Urteil vom 20.12.1996, V ZR 259/95, NJW 1997, 652 (652); Urteil vom 17.04.2002, VIII ZR 297/01, NJW 2002, 2310 (2310); Cziupka, JuS 2009, 103 (104). 122 BGH, Urteil vom 17.01.2007, VIII ZR 171/06, ZIP 2007, 774, Tz. 28. 123 Roth, in: MüKo BGB5, § 313 Rdnrn. 61 ff. 124 Dem folgend Finkenauer, in: MüKo BGB6, § 313 Rdnr. 68. 125 Risikozuordnung (1979), siehe oben bei Fn. 112, S. 116.
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sprechende Vertragslücke erkannt und geregelt hätten.126 Diese These geht zurück auf den Ökonomen Ronald Coase, der davon ausging, dass bei Abwesenheit von Transaktionskosten private Verhandlungen zu einer effizienten Allokation von Rechtspositionen führen, die von der Ausgangsverteilung unabhängig ist (sog. Coase-Theorem127).128 Transaktionskosten stehen einem Vertrag, der die Rechtsbeziehungen der Parteien vollumfassend regelt, aber regelmäßig entgegen.129 Die Rechtsordnung müsse daher gewährleisten, dass der Idealtypus des vollständigen Vertrags durch die Ergänzung bzw. Rekonstruktion unvollständiger Verträge erreicht werden kann.130 Die ökonomische Analyse hat dabei insbesondere zwei Ziele vor Augen: die sogenannte Pareto-Effizienz und die Verteilungsgerechtigkeit. Pareto-effizient ist ein Zustand, in dem die Ressourcen optimal verteilt sind, also keine Person mehr besser gestellt werden kann, ohne eine andere hierdurch zugleich schlechter zu stellen.131 Da die Pareto-Effizienz aber nicht zugleich eine Verteilungsgerechtigkeit zur Folge haben muss, ist die Verteilungsgerechtigkeit gesondert zu betrachten. Die Literatur hat im Laufe der Jahre verschiedene Kriterien ausgearbeitet, die im Rahmen der ökonomischen Analyse zur gerechten Verteilung von Risiken herangezogen werden können. Insoweit ist zunächst die von Calabresi für die Zuordnung von Risiken entwickelte Figur des „cheapest cost avoider“ zu nennen. Demnach kommt es für die Zuordnung von Risiken darauf an, wer den eingetretenen Schaden mit dem geringsten Aufwand hätte vermeiden können.132 Der US-amerikanische Richter Learned Hand schränkte die Verantwortlichkeit einer Person für den Schaden jedoch insoweit ein, als diese nur dann gegeben sei, wenn der Vorsorgeaufwand zur Vermeidung des Schadens kleiner sei als der Schaden im Falle des Schadenseintritts („Learned Hand Kriterium“).133 Für die Zuordnung nichtbeherrschbarer Risiken hat die Literatur ferner das Kriterium des „cheapest insurer“ entwickelt, demzufolge es im Fall versicherbarer Risiken darauf ankommt, welche Partei das Risiko am günstigsten hätte versichern könEidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip3, S. 456. Siehe Coase, The Problem of Social Cost, Journal of Law and Economics 1960, 1 ff.; sowie übersetzt ins Deutsche: Coase, in: Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomische Analyse des Rechts, S. 146 ff. (164 ff.). 128 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip3, S. 116. 129 Vgl. Cziupka, JuS 2009, 103 (103, 104). 130 Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts5, S. 455. 131 Schwalbe/Zimmer, Kartellrecht und Ökonomie, S. 4. 132 Calabresi, The Cost of Accidents, S. 136 ff. Für die Heranziehung dieses Kriteriums zur Bestimmung der Risikoverteilung auch Finkenauer, in: MüKo BGB6, § 313 Rdnr. 69. 133 United States v. Carroll Towing Co., 159 F. 2d 169 (2nd Cir. 1947). 126 127
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nen134. Wenn keine der Parteien ein Risiko mit vertretbarem Aufwand vermeiden kann und eine Risikoversicherung nicht möglich ist, kommt es schließlich darauf an, wer das Risiko besser tragen kann („superior risk bearer“). Insoweit kann zum einen darauf abgestellt werden, wer das Risiko besser erkennen konnte und zum anderen darauf, wer die besseren Möglichkeiten hatte, das Risiko durch Preispolitik, Vorsorge und die Bildung von Finanzpolstern auszugleichen135.136 Die Zulässigkeit der ökonomischen Analyse zur Auslegung von Verträgen ist nicht unumstritten, ihre Zulässigkeit ist aber jedenfalls dann zu bejahen, wenn es sich um einen Vertrag zwischen Kaufleuten handelt, denn Kaufleute wollen ihre Entscheidungen nach ökonomischen Kriterien ausrichten und sind deshalb an den hypothetischen Willen von homines oeconomici, also Personen, die sich stets ökonomisch effizient verhalten und auf die Maximierung des eigenen Nutzens konzentriert sind, weit mehr gebunden als Privatpersonen.137 Unter Heranziehung der ökonomischen Gesichtspunkte spricht vieles dafür, im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung dem Erwerber das Risiko dafür aufzuerlegen, dass der Zusammenschluss die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt. Zunächst hängt die Freigabe des Zusammenschlusses in erster Linie von der Person des Käufers bzw. von der nach Vollzug des Zusammenschlusses bestehenden Marktsituation ab. Der Erwerber kann das Risiko, dass die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt sind, daher besser erkennen bzw. voraussehen, da nur er weiß, welchen Zweck er mit der erworbenen Beteiligung bzw. dem erworbenen Unternehmen verfolgt, beispielsweise welche Abteilungen aufgelöst, zusammengelegt oder ausgegliedert werden sollen und welche Folgen der Zusammenschluss für die Marktstruktur hat. Ferner kann der Erwerber leichter feststellen, wie sich nach Durchführung des Zusammenschlusses seine Beteiligungsstruktur darstellt. Insbesondere wenn der Erwerber einem Konzern angehört, mag die Beteiligungsstruktur nämlich komplex und für außenstehende Dritte nicht gleich erkennbar sein. Für die Beurteilung, ob ein Zusammenschlusstatbestand erfüllt ist, werden gemäß § 36 Abs. 2 GWB auch die Anteile abhängiger Tochtergesellschaften bzw. einer beherrschenden Mutter berücksichtigt.138 Der Käufer hat es schließlich in der Hand, die Chancen einer Freigabe zu erhöhen, indem er gemäß Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts5, S. 437. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts5, S. 443 ff. 136 Zum wohlfahrtsökonomischen Prüfungsschema bei der Haftungszuordnung im Vertragsrecht siehe Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts5, S. 445. 137 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip3, S. 458. 138 Siehe auch Riesenkampff/Lehr, in: L/M/R, Kartellrecht2, § 37 GWB, Rdnr. 22. 134 135
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§ 32b GWB Zugeständnisse für den Fall anbietet, dass das Bundeskartellamt die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung befürchtet. Solche Zugeständnisse kann das Bundeskartellamt, wenn sie die Bedenken auszuräumen geeignet sind, gemäß § 32b GWB für verbindlich erklären und auf dieser Grundlage den Zusammenschluss freigeben. Der Verkäufer hingegen hat mit Übergabe der Beteiligung oder des Unternehmens alles seinerseits Mögliche und Erforderliche getan, um seinen Part der vertraglichen Pflichten zu erfüllen. Die Erteilung der Freigabe durch das Bundeskartellamt liegt zumeist außerhalb seines Einflussbereichs. Unter diesen Umständen wäre es unbillig, dem Verkäufer das Risiko der Untersagung aufgrund Vorliegens der Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB aufzuerlegen. Das Risiko, dass die Übertragung des Unternehmens, des Unternehmensteils oder der Beteiligung an der Untersagung des Zusammenschlusses scheitert, hat daher der Käufer zu tragen. Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ist demnach dem Erwerber das Risiko für die Untersagung des Zusammenschlusses zuzuweisen. Der Erwerber ist daher grundsätzlich als für die Ursache, die zur Unmöglichkeit der Übertragung des Zusammenschlussobjekts durch den Verkäufer führt, allein oder jedenfalls weit überwiegend verantwortlich im Sinne des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen. Der Verkäufer behält damit gemäß § 326 Abs. 2 S. 1 BGB den Anspruch auf die Gegenleistung, also auf die Bezahlung des Kaufpreises. Er muss sich auf den Kaufpreis aber anrechnen lassen, was er durch die Befreiung von der Leistungspflicht erspart, § 326 Abs. 2 S. 2 BGB. (b) Die Anrechnung des infolge der Leistungsbefreiung Ersparten/Erlangten Gemäß § 326 Abs. 2 S. 2 BGB muss sich der Veräußerer auf den ihm nach § 326 Abs. 2 S. 1 BGB gebührenden Kaufpreis anrechnen lassen, was er „infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt“ . § 326 Abs. 2 S. 2 BGB stellt eine Parallele zum Vorteilsausgleich dar.139 Angerechnet werden muss über den Wortlaut des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB hinaus daher auch, was der von der Leistungspflicht Befreite infolge der Befreiung, beispielsweise durch einen anderweitigen Verkauf erhält140 oder 139
Otto, in: Staudinger, BGB, § 326 Rdnr. C 62. Siehe Stellungnahme des Bundesrats zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6857, Anl. 2 Nr. 68; Gegenäußerung der BReg, BT-Drucks. 14/6857, Anl. 3 zu Nr. 68. 140
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was ihm aufgrund der Nichteignung des Vertragsgegenstands zur vertragsgemäßen Erfüllung verbleibt141. Wenn der Verkäufer von der Pflicht zur Übertragung des Eigentums wegen Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt frei wird, bleibt er Eigentümer des Unternehmens bzw. der Beteiligung und wird zugleich von seiner Verpflichtung, alles zu tun, um dem Erwerber das Eigentum zu verschaffen, frei. Er muss sich auf seinen Kaufpreisanspruch daher den Wert des ihm verbliebenen Unternehmens beziehungsweise der ihm verbliebenen Beteiligung anrechnen lassen. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bemessung des anzurechnenden Wertes im Sinne des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB ist der Zeitpunkt, in dem der Veräußerer die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Unternehmen bzw. die Anteile wiedererlangt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass auch im Fall eines anderweitigen Verkaufs lediglich der aktuelle Wert erzielt werden könnte. Es ist aber auch interessengerecht, da § 326 Abs. 2 S. 2 BGB gerade bezweckt, in Fällen, in denen der Erwerber das Scheitern der Vertragsdurchführung allein oder weit überwiegend zu vertreten hat, den Verkäufer so zu stellen, als sei der Vertrag wirksam erfüllt worden.142 Bei Unternehmen ist daher der Wert des Unternehmens im Zeitpunkt seiner Rückgewähr durch Rückübertragung der Leitungsmacht maßgeblich, bei verbrieften Beteiligungen der Zeitpunkt der Verschaffung des Besitzes an den Anteilen bzw. des mittelbaren Mitbesitzes an dem Gesamtbestand oder der Sammel- bzw. Globalurkunde und bei unverbrieften Anteilen die Beseitigung des Rechtsscheins der Inhaberschaft durch den Erwerber. Es ist im Fall des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB demnach der Erwerber, der sowohl für selbst verursachte als auch für zufällig eintretende, beispielsweise marktbedingte Wertminderungen einzustehen hat. Selbst verursacht ist eine Wertminderung beispielsweise, wenn der Erwerber dem Unternehmen Kunden oder ganze Kundenkreise entzogen oder wertbildende Abteilungen wie eine Entwicklungsabteilung geschlossen hat. (2) Übergang der Preisgefahr nach § 446 S. 1 BGB Selbst wenn man eine alleinige oder weit überwiegende Verantwortlichkeit des Erwerbers für die Untersagung des Zusammenschlusses, entgegen der hier vertretenen Auffassung, verneint, kann die Preisgefahr nach den Regeln des besonderen Schuldrechts auf den Erwerber übergegangen sein. Die Regelung des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB enthält nämlich die ungeschrie141 142
Otto, in: Staudinger, BGB, § 326 Rdnr. C 62. Ernst, in: MüKo BGB6, § 326 Rdnr. 80.
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bene Voraussetzung, dass die Preisgefahr noch nicht nach den Regelungen des besonderen Schuldrechts auf den Erwerber übergegangen ist.143 Für den Sachkauf sieht § 446 S. 1 BGB einen Übergang der Sach- und Preisgefahr144 auf den Vertragspartner zeitlich vor der vollständigen Erfüllung des Vertrages vor. Demnach geht bereits mit Übergabe der verkauften Sache die Gefahr einer zufälligen Verschlechterung sowie eines zufälligen Untergangs der Sache auf den Käufer über. Geht also eine Sache nach ihrer Übergabe an den Erwerber aber vor ihrer Übereignung unter oder verschlechtert sich, so dass der Veräußerer die Sache entweder überhaupt nicht mehr oder nicht mehr in dem ursprünglichen Zustand übereignen kann, so erlischt insoweit die Verpflichtung des Veräußerers wegen Unmöglichkeit gemäß § 275 Abs. 1 BGB. Ihm bleibt wegen des Übergangs der Gefahr auf den Käufer aber der Kaufpreis vollständig erhalten. Die Vorschriften über den Sachkauf finden gemäß § 453 Abs. 1 BGB grundsätzlich auch auf den Unternehmens- und Beteiligungskauf Anwendung „soweit sie passen“145. Bei dem Erwerb von Gesellschaftsanteilen oder Mitgliedschaftsrechten handelt es sich um einen Rechtskauf im Sinne des § 453 Abs. 1 Alt. 1 BGB146, im Falle der Verbriefung der Anteile in einem Wertpapier verbunden mit einem Sachkauf147, und der Unternehmenserwerb gilt als Erwerb eines sonstigen Gegenstands im Sinne des § 453 Abs. 1 Alt. 2 BGB und zwar unabhängig davon, ob der Unternehmenskauf in Form des asset deal oder in Form des share deal erfolgt148. Die Vorschrift des § 446 BGB passt auf den hier untersuchten Fall aber selbst dann nicht, wenn dem Erwerber ein Unternehmen oder Anteile bereits übergeben wurden und der Zusammenschluss anschließend untersagt wird, so dass der Veräußerer dem Erwerber wegen der Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB das Eigentum nicht mehr übertragen kann. Die Überlagerung des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB durch § 446 BGB F. Faust, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 446 Rdnr. 14. Weidenkaff, in: Palandt, BGB71, § 446 Rdnrn. 14 f. 145 BegrRegE eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040 vom 14.05.2001, S. 242. 146 R. M. Beckmann, in: Staudinger, BGB, § 453 Rdnr. 17; H.-H. Klumpp, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf6, Kap. 4 Rdnr. 7. 147 H.-H. Klumpp, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf6, 4. Kap. Rdnr. 7; Westermann, MüKo BGB6, § 453 Rdnr. 5; Weidenkaff, in: Palandt, BGB71, § 453 Rdnr. 10. Für reinen Rechtskauf auch bei verbrieften Anteilen hingegen Müller, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB2, § 381 Rdnrn. 3 f. 148 Grunewald, NZG 2003, 372 (372 f.); Müller, in: Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn, HGB2, § 381 Rdnr. 4b. Die Gesetzesbegründung erwähnte hingegen nur den asset deal: BegrRegE Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, BT-Drucks. 14/6040 vom 14.05.2001, S. 242. 143 144
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setzt nämlich voraus, dass die Unmöglichkeit der Leistung im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB auf einem Risiko beruht, das gemäß § 446 BGB auf den Erwerber übergegangen war. Nach § 466 BGB gehen mit Übergabe aber nur die Risiken der Verschlechterung und des Untergangs auf den Erwerber über. In dem hier untersuchten Fall geht es jedoch nicht um die Befreiung von der Leistungspflicht wegen des Untergangs oder einer Verschlechterung des Unternehmens oder der Beteiligung daran. Die Unmöglichkeit zur Übereignung beruht vielmehr auf der Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt. Die Versagung einer zur Übereignung erforderlichen Genehmigung ist aber kein Risiko, das gemäß § 446 BGB mit der Übergabe auf den Erwerber übergeht. Die Nichtübertragung des Eigentums stellt daher eine Nichterfüllung der vertraglichen Pflichten des Verkäufers dar, die den Käufer grundsätzlich zur Rückforderung des Kaufpreises gemäß § 326 Abs. 1 S. 1 i. V. m. §§ 346 ff. BGB, Zug um Zug gegen Herausgabe des bereits Erlangten berechtigt, wenn nicht die Voraussetzungen des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB (alleinige oder weit überwiegende Verantwortlichkeit des Schuldners für den zur Leistungsbefreiung führenden Umstand) gegeben sind. (3) Kein Rückfall der Preisgefahr an den Veräußerer durch Rücktritt Im Rahmen der Anwendbarkeit des § 326 Abs. 2 BGB, also bei Verantwortlichkeit des Sachleistungsgläubigers für den zur Unmöglichkeit der Leistung führenden Umstand, ist der Rücktritt nach § 326 Abs. 5 BGB ausgeschlossen, § 323 Abs. 6 BGB.149 Daher kann die Preisgefahr in diesem Fall auch nicht durch Rücktritt wegen Nichterfüllung auf den Verkäufer zurückübertragen werden. cc) Zusammenfassung Grundsätzlich trägt der Verkäufer die Preisgefahr so lange, bis er seine Verpflichtung aus dem Vertrag erfüllt hat. Einen früheren Übergang der Preisgefahr sieht aber beispielsweise § 326 Abs. 2 S. 2 BGB vor, demzufolge der Anspruch auf den Kaufpreis dem Verkäufer erhalten bleibt, wenn der Erwerber für den zur Unmöglichkeit der Leistung führenden Umstand allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. Die Verantwortlichkeit im Sinne des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB bestimmt sich nach der vertraglichen Vereinbarung, oder (jedenfalls wenn dem dispositiven Recht insoweit 149
Grüneberg, in: Palandt, BGB71, § 326 Rdnr. 18.
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eine Risikozuordnung fehlt) durch ergänzende Vertragsauslegung. Im Rahmen der ergänzenden Auslegung eines Vertrags unter Kaufleuten kann insbesondere die ökonomische Analyse herangezogen werden. Demnach ist insbesondere zu berücksichtigen, wer das Risiko hätte besser voraussehen und es selbst oder seine Folgen am günstigsten hätte absorbieren können („superior risk bearer“). Demnach ist das Risiko für die Untersagung eines Zusammenschlusses dem Erwerber aufzuerlegen, sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben. Ferner geht die Preisgefahr im Anwendungsbereich des § 446 BGB, also insbesondere im Rahmen des Sachkaufs, mit Übergabe der Sache auf den Erwerber über, § 446 S. 1 BGB. Die Vorschrift verdrängt die Grundregel des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB jedoch nur dann, wenn der zur Befreiung von der Leistungspflicht führende Umstand auf ein Risiko zurückzuführen ist, das gemäß § 446 BGB auf den Erwerber übergegangen ist, insbesondere den Untergang des Kaufobjekts. In dem Fall, in dem aber eine erforderliche Genehmigung nicht erteilt wird, bleibt es bei der Regelung des § 326 Abs. 1 S. 1 BGB, sofern die Preisgefahr nicht aus anderen Gründen auf den Erwerber übergegangen ist. c) Das Verwendungsrisiko Der Käufer trägt ferner grundsätzlich das Risiko, dass er die Leistung letztlich nicht wie beabsichtigt verwenden kann. Er trägt also das sogenannte Verwendungs- oder auch Verwendungsstörungsrisiko.150 Dies befreit den Veräußerer aber nicht von der Verpflichtung, einen Gegenstand zu liefern, der für die Zwecke, für die er üblicherweise verwendet wird, geeignet ist. Anderenfalls ist der Gegenstand mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Das Verwendungsrisiko spielt für die Risikoverteilung im Fall der Untersagung eines Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt jedoch keine Rolle. Zwar kann der Erwerber letztlich das Zusammenschlussobjekt nicht verwenden, wie er es möchte. Dies ist aber nicht auf die Art der Verwendung auf Seiten des Erwerbers zurückzuführen, sondern bereits darauf, dass der Veräußerer ihm das Eigentum daran nicht verschaffen kann. Die fehlende Möglichkeit zur Eigentumsverschaffung stellt aber ein Leistungsrisiko und kein Verwendungsrisiko dar.
150 BGH, Urteil vom 01.06.1979, V ZR 80/77, NJW 1979, 1818 (1819) [Bauerwartungsland]; Koller, Risikozurechnung (1979), S. 2, 8.
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d) Ergebnis zur Risikoverteilung bei wirksamem Verpflichtungsund unwirksamem Erfüllungsgeschäft Liegt der im Rahmen formell illegaler Zusammenschlüsse gesetzliche Grundfall vor, in dem das Verpflichtungsgeschäft wirksam und das Erfüllungsgeschäft unwirksam ist, so weist das Zivilrecht den Kaufpreis gemäß § 326 Abs. 2 S. 1 BGB dem Verkäufer zu. Dieser muss sich gemäß § 326 Abs. 2 S. 2 BGB aber anrechnen lassen, was er durch die Befreiung von der Leistungspflicht erwirbt oder behält. Insoweit ist zunächst zu beachten, dass der Veräußerer das Eigentum bzw. die Inhaberschaft behält. Soweit Rechte nach §§ 398 ff. BGB übertragen werden sollten, sind diese daher bei dem Veräußerer geblieben. Deren Wert im Zeitpunkt der Untersagung des Zusammenschlusses muss er sich auf den Kaufpreis anrechnen lassen, da er insoweit die Verfügungsbefugnis zurück erhält. Hat der Veräußerer dem Erwerber bereits den Besitz an Anteilen oder Vermögensgegenständen oder sogar das gesamte Unternehmen überlassen, so hat er einen Anspruch auf Herausgabe des Übertragenen gegen den Erwerber. Den Wert dieses Anspruchs, der sich mit dem Wert des Unternehmens bzw. der Beteiligung im Zeitpunkt der tatsächlichen Herausgabe deckt, hat der Verkäufer von dem Kaufpreis abzuziehen, den restlichen Kaufpreis darf er behalten. Er wird also weitgehend so gestellt, als sei der Vertrag wirksam zustande gekommen. 2. Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts und der Übertragung Wenn sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft wirksam sind, sind in zivilrechtlicher Hinsicht alle Risiken auf den Erwerber bzw. dessen Rechtsnachfolger übergegangen. Das Geschäft ist zwischen den Parteien dann vollständig und wirksam abgewickelt mit der Folge, dass weder schuldrechtliche noch dingliche Rückabwicklungsansprüche einer Partei gegen die andere bestehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine Partei von dem Vertrag zurücktritt. Diese Fälle fallen mit dem Rücktritt aber nicht länger unter die Fallgruppe der Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts und der Übertragung. Die Rechtsfolgen nach einem Rücktritt sind zudem spezialgesetzlich in §§ 346 ff. BGB geregelt. a) Anwendungsfälle aa) Verträge nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB Eine wirksame Übertragung von Anteilen oder Vermögensgegenständen ist unter den Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1
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S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E auch dann möglich, wenn die Übertragung gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB verstößt und die den Zusammenschluss vollziehenden Rechtsgeschäfte daher wegen § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam sein müssten. In den Fällen des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E151 werden Rechtsgeschäfte trotz ihres Verstoßes gegen das Vollzugsverbot und der formellen Illegalität des entstehenden Zusammenschlusses zivilrechtlich wirksam. Wirksam sind daher trotz ihrer fusionskontrollrechtlichen Relevanz insbesondere Verträge über Grundstücksgeschäfte, über die Umwandlung und die Gründung eines Unternehmens und Unternehmensverträge nach §§ 291, 292 AktG, die für die hiesige Untersuchung allerdings außer Betracht bleiben können.152 bb) Ersitzung Eine weitere Möglichkeit, das Eigentum an einer Sache zu erlangen, stellt die Ersitzung dar. Nach dem Institut der Ersitzung erwirbt ein Nichteigentümer kraft Gesetzes das Eigentum an einer Sache, wenn er sie über einen gesetzlich festgelegten Zeitraum hinweg im Eigenbesitz hatte bzw. als Eigentümer eingetragen war. Bei beweglichen Sachen ist eine Stellung als Eigenbesitzer über einen Zeitraum von 10 Jahren hinweg erforderlich, § 937 Abs. 1 BGB, bei Grundstücken muss der Nichteigentümer über 30 Jahre hinweg als Eigentümer eingetragen sein und das Grundstück im Eigenbesitz gehabt haben, § 900 Abs. 1 S. 1 BGB (sog. Buchersitzung). Da sich die Ersitzung nur auf besitzfähige Rechtsgüter bezieht, sind Rechte153 und damit auch die Mitgliedschaft in einem Unternehmen grundsätzlich nicht ersitzungsfähig154. Etwas anderes gilt aber, wenn die Mitgliedschaft in Inhaberpapieren wie Aktienurkunden verbrieft ist. Urkunden sind bewegliche Gegenstände und somit ersitzungsfähig. Das Recht aus dem Papier, also die Mitgliedschaft, folgt bei Inhaberpapieren wie der Inhaberaktie und Orderpapieren wie der Namensaktie dem Recht an dem Papier155, geht also mit dem Eigentum an der Urkunde auf den Ersitzenden über. Für die Ersitzung genügt es, dass der Erwerber für den Ersitzungszeitraum mittelbarer Eigenbesitzer ist156, so dass die heute für verbriefte An151 Zu den Ausnahmefällen des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB sowie § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1–3 nach dem Gesetzesentwurf zur 8. GWB-Novelle im Einzelnen siehe oben, Teil 2, A. I. 2. c). 152 Siehe oben bei Fn. 70, S. 102. 153 Baldus, in: MüKo BGB5, § 937 Rdnr. 22. 154 Vgl. zum insoweit dem deutschen entsprechenden österreichischen Recht OGH, Entscheidung vom 10.10.1983, 1 Ob 557/83. 155 Siehe oben, Teil 1, Fn. 75, S. 44. 156 Baldus, in: MüKo BGB5, § 937 Rdnr. 24.
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teile verbreitete Verwahrung durch eine (Wertpapiersammel-)Bank der Ersitzung nicht entgegenstünde. Nicht ersitzungsfähig ist aber das Unternehmen im Ganzen, denn ein Unternehmen ist eine „Gesamtheit von Sachen und Rechten, tatsächlichen Beziehungen und Erfahrungen sowie unternehmerischen Handlungen“157. Einzelne Gegenstände eines Unternehmens wie beispielsweise ein Grundstück oder bewegliche Sachen können zwar ersessen werden, denn es kann keinen Unterschied machen, ob der vorherige Eigentümer eine natürliche oder eine juristische Person war. Der Unternehmenserwerb setzt jedoch den Erwerb aller Vermögensgegenstände des Unternehmens voraus. Jedes Unternehmen verfügt aber auch über Vermögensgegenstände, die keine Sachen im Sinne des BGB darstellen. Daher kann nie das Unternehmen im Ganzen ersessen werden und kein wirksamer Vermögenserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB durch Ersitzung erfolgen. Demnach kann nur ein Anteilserwerb durch Ersitzung verwirklicht werden und auch nur dann, wenn es sich bei den Anteilen um Aktien handelt. Sofern der Erwerber über zehn Jahre hinweg (mittelbarer) Eigenbesitzer der Aktienurkunden war, geht das in ihnen verbriefte Mitgliedschaftsrecht gemeinsam mit dem Eigentum an den Anteilen auf den Ersitzenden über. Die Folgen der Ersitzung treten aber nur dann ein, wenn der Ersitzende gutgläubig war, also davon ausging, selbst Eigentümer bzw. Inhaber der Beteiligung zu sein.158 cc) Verbindung/Vermischung (Mit-)Eigentum kann schließlich kraft Gesetzes durch Verbindung mehrerer beweglicher Sachen miteinander, so dass sie Bestandteile einer einheitlichen Sache werden (§ 947 BGB) oder durch untrennbare Vermischung beweglicher Sachen miteinander (§ 948 BGB) erworben werden. Die bisherigen Eigentümer erwerben in beiden Fällen Miteigentum an der Gesamtsache. Da die Vorschriften über die Verbindung und Vermischung nur auf bewegliche Gegenstände zugeschnitten sind, kommt ein gesetzlicher Eigentumserwerb trotz Verstoßes gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot nur für verbriefte Anteile in Betracht. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine theoretische Möglichkeit. In der Praxis befinden sich verbriefte Mitgliedschaftsrechte nämlich überwiegend in Girosammelverwahrung bei einer Bank oder sind in Sammel- oder Globalurkunden verbrieft, die gemäß § 9a Abs. 1 DepotG grundsätzlich bei einer Wertpapiersammel157 158
Beisel, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf6, Kap. 1 Rdnr. 15. Baldus, in: MüKo BGB5, § 937 Rdnrn. 25 ff.
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bank hinterlegt sind. Die Anteilsinhaber haben an dem Girosammelbestand und der Sammel- oder Globalurkunde lediglich Miteigentum und nur mittelbaren Mitbesitz. Eine untrennbare Vermischung der eigenen Aktien mit Aktien eines Dritten scheidet daher grundsätzlich aus. Im Übrigen führt die Vermischung aber auch nicht zu einem zusätzlichen Anteilserwerb eines Beteiligten, da im Fall einer Vermischung mit anderen Aktien die vorherigen Eigentümer lediglich Miteigentum am Gesamtbestand in Höhe ihrer vorherigen Beteiligung erwerben. Die Vorschriften über die Verbindung und Vermischung finden auch keine Anwendung auf das Unternehmen im Ganzen. Das Unternehmen ist weder ein beweglicher Gegenstand im Sinne der §§ 946 ff. BGB, noch können die Vorschriften des Sachenrechts auf Unternehmen im Ganzen analog angewendet werden, denn insoweit fehlt es bereits an der Vergleichbarkeit der Interessenlage. Auf einzelne Vermögensgegenstände des Unternehmens kann die Vorschrift dagegen Anwendung finden. Der Erwerb einzelner Vermögensgegenstände in diesen Fällen wird aber nicht zu einem Vermögenserwerb im Sinne des § 41 Abs. 1 Nr. 1 GWB führen. Die folgenden Ausführungen zu formell illegalen aber wirksamen Unternehmenszusammenschlüssen beschränken sich daher auf die in § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E genannten Zusammenschlussformen. b) Rechtsfolge aa) Grundstückserwerb Besteht der Zusammenschluss in dem Erwerb eines Grundstücks oder ist der Erwerb des Grundstücks Teil eines Zusammenschlusses durch Vermögenserwerb, so geht trotz der formellen Illegalität des Zusammenschlusses mit der Eintragung des Erwerbers im Grundbuch das Eigentum auf diesen über. Er übernimmt damit das zivilrechtliche Risiko einer späteren Untersagung und Auflösung des Zusammenschlusses. Der Kaufpreis gebührt in diesem Fall dem Veräußerer, das Grundstück dem Erwerber. Da aber kaum ein Fall vorstellbar ist, in dem der alleinige Erwerb eines Grundstücks einen Zusammenschlusstatbestand verwirklicht, wird der Grundstückserwerb in der Regel Bestandteil eines Vermögenserwerbs und damit eines Unternehmenserwerbs sein. Wenn der Zusammenschluss untersagt wird, ist daher zu prüfen, ob ein Zusammenschlusstatbestand auch dann noch erfüllt ist, wenn der Erwerber das Grundstück behält. Nur wenn dies der Fall ist, kann der Erwerber zur Aufgabe auch des Grundstücks verpflichtet werden.
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bb) Umwandlungsvorgänge Einen typischen Fall des formell illegalen aber dennoch wirksamen Vermögenserwerbs im Sinne des § 41 Abs. 1 Nr. 3 GWB stellt der Zusammenschluss in Form der Umwandlung, insbesondere durch Verschmelzung oder durch Spaltung dar. Im Fall der Verschmelzung durch Aufnahme erlischt gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG der übertragende Rechtsträger mit Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers. Sämtliche mit der Gefahr einer Untersagung zusammenhängenden Risiken trägt in diesem Fall also das aufnehmende Unternehmen. Liegt hingegen eine Verschmelzung durch Neugründung vor, so erlöschen gemäß § 36 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 2 UmwG alle übertragenden Rechtsträger mit Eintragung des neuen Unternehmens im Handelsregister. Das Risiko einer späteren Untersagung der Vermögensübertragung trägt dann die neu entstandene Gesellschaft als Rechtsnachfolgerin der übertragenden Unternehmen. Auch bei der Spaltung geht das Risiko einer Untersagung des Zusammenschlusses und der daraus folgenden Auflösungsverpflichtung gemäß § 41 Abs. 3 GWB mit Eintragung der Spaltung im Handelsregister des übertragenden Rechtsträgers auf den Erwerber über. Ob es sich um eine Aufspaltung im Sinne des § 123 Abs. 1 UmwG handelt, bei der der übertragende Rechtsträger mit Eintragung erlischt, oder um eine Abspaltung gemäß § 123 Abs. 2 UmwG, bei der nur ein Vermögensteil abgespalten wird und der übertragende Rechtsträger im Übrigen bestehen bleibt, spielt insoweit keine Rolle. Das spaltende Unternehmen kann insoweit mit der Rolle des Veräußerers verglichen werden. cc) Neugründung eines Gemeinschaftsunternehmens Besteht der Zusammenschluss der Parteien in der Neugründung eines Gemeinschaftsunternehmens im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 GWB, so wird mit Eintragung des Gemeinschaftsunternehmens dieses wirksam und das zivilrechtliche Risiko der Untersagung des Zusammenschlusses geht auf das Gemeinschaftsunternehmen über. Die Mütter haben im Fall der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB weder einen zivilrechtlichen Anspruch darauf, ihre gegebenenfalls geleisteten Einlagen zurückzuerhalten, noch haben sie Anspruch auf Rückgabe der gegebenenfalls eingebrachten Vermögensgegenstände.
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3. Unwirksames Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft Die Parteien können die gesetzlich durch § 41 Abs. 1 S. 2 GWB vorgesehene Lage der Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts durch eine besondere Ausgestaltung ihres schuldrechtlichen Vertrages abändern. Sie können das Entstehen bzw. den Fortbestand ihres schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts beispielsweise von der Möglichkeit der (dinglichen) Vertragserfüllung, also bei Zusammenschlüssen im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB von der Genehmigung durch das Bundeskartellamt abhängig machen. Die Genehmigung durch das Bundeskartellamt wird dann zur Bedingung des Kaufvertrages. Wird sie versagt, wirkt sich dies auch auf die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages aus. Eine Bedingung von Verträgen ist auf zwei verschiedene Arten möglich: Soll die Verpflichtung erst mit Eintritt der Bedingung, also der Genehmigung entstehen, so handelt es sich um eine aufschiebende Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB. Soll dagegen die Verpflichtung im Fall des Eintritts eines bestimmten Ereignisses, hier also der Untersagung des Zusammenschlusses, wegfallen, so handelt es sich um eine sogenannte auflösende Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB. Im Fall der aufschiebenden Bedingung ist die Verpflichtung von Anfang an nicht entstanden, während im Fall der auflösenden Bedingung die Verpflichtung zunächst entsteht, mit Eintritt des auflösenden Ereignisses aber ex nunc159 wegfällt. Fälle, in denen die Einigung der Parteien aus anderen als fusionskontrollrechtlichen Gründen160 schwebend unwirksam ist, z. B. weil eine der Parteien nur beschränkt geschäftsfähig war, § 107 BGB, oder weil ihr die erforderliche Vertretungsbefugnis fehlte, § 177 BGB, bleiben hier hingegen ausgeklammert. Die fehlende Geschäftsfähigkeit einer Vertragspartei führt nämlich zu einer Verschiebung der Risikoverteilung, da das deutsche Recht vorrangig den Geschäftsunfähigen vor rechtlichen Verpflichtungen schützt und dieses Schutzinteresse die anderen Schutzrichtungen des BGB überlagert. Eine besondere Risikoverteilung sieht ferner das Vertretungsrecht vor, denn dort verteilen sich die Risiken auf den Vertreter, den Vertretenen und den Vertragspartner.161 Schließlich kann ein zunächst wirksam geschlossener Vertrag später wegen der Ausübung eines Gestaltungsrechts entfallen. Anfechtung und Widerruf bewirken insoweit einen Wegfall des Vertrages mit Wirkung für die Vergangenheit, also ex tunc. Der Rücktritt geRövekamp, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 158 Rdnr. 23. Die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB findet auf das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft nämlich keine Anwendung, da der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages noch nicht gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB verstößt, vgl. oben, Teil 2, A. I. 1. b) aa). 161 Siehe §§ 164 ff. BGB, zur Risikoverteilung insbesondere §§ 177 ff. BGB. 159 160
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mäß § 323 Abs. 1 BGB führt hingegen mit Wirkung ex nunc zu einer Umwandlung des ursprünglichen Schuldverhältnisses in ein vertragliches Schuldverhältnis, das Rückgewährschuldverhältnis, das die Rückabwicklung nach §§ 346 ff. BGB zur Folge hat und hier nicht näher untersucht wird. Wenn ein schuldrechtlicher Vertrag über den Erwerb der Beteiligung oder des Unternehmens nicht wirksam zustande gekommen oder erloschen ist, findet auch die für vertragliche Schuldverhältnisse vorgesehene Risikoverteilung keine Anwendung. Die Regelungen über die Preisgefahr, die Leistungsgefahr und das Verwendungsrisiko setzen nämlich jeweils voraus, dass die Parteien jedenfalls ursprünglich zur Forderung des Kaufpreises bzw. des Kaufgegenstands berechtigt waren. Fehlt es bereits an der Begründung einer solchen Forderung, so entsteht zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis, wenn sie trotz Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts den Kaufpreis oder einen sonstigen Gegenstand übertragen oder zu übertragen versuchen. Im Folgenden geht es daher um die Risikoverteilung in den einschlägigen gesetzlichen Schuldverhältnissen. Wenn sich die Parteien für den Fall der Untersagung des Zusammenschlusses vertraglich auf eine Risikoverteilung geeinigt haben, geht diese der gesetzlichen Regelung jedoch vor, und zwar auch dann, wenn das Verpflichtungsgeschäft im Übrigen aufgrund der Untersagung unwirksam ist. In diesem Abschnitt wird zunächst die Situation untersucht, in der neben dem Verpflichtungsgeschäft auch das Erfüllungsgeschäft unwirksam ist („doppelnichtiges Veräußerungsgeschäft“162). Hier bleibt der Verkäufer im Fall der Übereignung nach § 929 S. 1 BGB Eigentümer der Vermögensgegenstände bzw. Anteile bzw., im Fall der Abtretung nach § 398 BGB, Inhaber der Mitgliedschaft. Für die Rückabwicklung doppelnichtiger Veräußerungsgeschäfte sind entweder die §§ 985 ff. oder die §§ 812 ff. BGB heranzuziehen. a) Die Rückabwicklung nach §§ 985 ff. BGB Die §§ 985 ff. BGB regeln Ansprüche des Eigentümers gegen den unberechtigten Besitzer. Alle diese Ansprüche setzen eine sogenannte Vindikationslage voraus, also ein Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz, ohne dass dem Besitzer ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB zustünde.163
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Gursky, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 987–993 Rdnr. 54. BGH, Urteil vom 14.12.1954, I ZR 134/53, NJW 55, 340 (341); Gröbl, Das Verhältnis des Eigentumsherausgabeanspruchs zu besonderen schuldrechtlichen Rückgabeansprüchen, S. 4. 163
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aa) Herausgabe des Vertragsgegenstands Der Anspruch aus § 985 BGB richtet sich auf die Herausgabe einer Sache. Das Gesetz definiert den Begriff „Sachen“ in § 90 BGB als körperliche Gegenstände. Weder eine Beteiligung an einer Gesellschaft, die in erster Linie ein Recht, nämlich die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft vermittelt, noch ein Unternehmen, das eine Gesamtheit von Sachen und Rechten darstellt, verwirklicht aber das klassische Bild einer Sache im Sinne des § 90 BGB. Es stellt sich daher die Frage, ob eine Beteiligung bzw. ein Unternehmen überhaupt vindikationsfähige Gegenstände im Sinne des § 985 BGB sind. (1) Vindikationsfähigkeit einer Beteiligung Beteiligungen sind nur dann vindikationsfähig und können nach § 985 BGB herausverlangt werden, wenn an ihnen Eigentum und Besitz möglich ist. Beteiligungen werden über den Erwerb von Gesellschaftsanteilen erworben. An unverbrieften Anteilen wie GmbH-Geschäftsanteilen oder Anteilen an einer Personengesellschaft ist Besitz und Eigentum nicht möglich, so dass eine Herausgabe nach § 985 BGB insoweit ohnehin ausscheidet. An verbrieften Anteilen ist dagegen Eigentum und Besitz möglich. Aktien sind Wertpapiere und damit bewegliche körperliche Gegenstände, die ihrem Eigentümer das in ihnen verkörperte Recht vermitteln. Der Umstand, dass sich Aktien wegen des hohen Verlustrisikos nur noch selten und auch allenfalls noch bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften im Eigenbesitz der Aktionäre befinden164, steht dem Besitz an ihnen nicht entgegen. Sie befinden sich dann in Verwahrung bei einer Bank. Der Aktionär erhält an den verwahrten Aktien aber mittelbaren (Mit-)Besitz, da die Bank dem Eigentümer bzw. dem aus ihrer Sicht Berechtigten den (Mit-)Besitz an der Aktienurkunde mittelt.165 An verbrieften Anteilen ist damit Eigentum und Besitz möglich, so dass diese grundsätzlich vindizierbar sind. (2) Vindikationsfähigkeit eines Unternehmens Fraglich ist dagegen, ob § 985 BGB auch auf die Herausgabe eines Unternehmens anwendbar ist. Die Herausgabe eines Unternehmens erfordert nämlich spiegelbildlich zu seiner Übertragung nicht lediglich die Herausgabe der gegenständlichen Vermögensgegenstände des Unternehmens oder 164
Modlich, DB 2002, 671 (672). Siehe oben, Teil 1, bei Fn. 132, S. 52, zu der Frage, ob Besitz auch an einer Dauerglobalurkunde besteht, siehe Teil 1, Fn. 150 ff., S. 56. 165
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die Übertragung der Anteile, sondern beispielsweise auch die Einweisung, die Herausgabe des good will166 und die Abtretung der noch ausstehenden und nichtgegenständlichen Forderungen des Unternehmens. Ob das Unternehmen durch share deal oder asset deal übertragen wurde, macht daher hier keinen Unterschied. Für eine Anwendung des § 985 BGB auch auf das Unternehmen im Ganzen könnte sprechen, dass das Unternehmen immer häufiger als Ganzes betrachtet und behandelt wird167 und die Inhaberschaft daran, wie Hommelhoff168 festgestellt hat, dem Eigentum an Sachen entspricht169. Mit den sachenrechtlichen Grundsätzen stünde dies jedoch nicht in Einklang. Schon das Reichsgericht hat die Anwendbarkeit der Vorschriften über Sachen auf Unternehmen abgelehnt, denn bei einem Gewerbebetrieb handele es sich um eine Sach- und Rechtsgesamtheit, für die das Recht über Sachen nicht gelte170. Hiergegen wendete sich J. von Gierke, der das Unternehmen als eine Wirtschaftseinheit bezeichnete, die sich aber in drei selbstständig wirkende, rechtliche Erscheinungen aufspalte: die Betriebstätigkeit, das Betriebsgeschäft und die Betriebsgemeinschaft und sich dafür aussprach, jedenfalls den selbstständigen Tätigkeitsbereich als bewegliche Sache zu behandeln.171 Insbesondere sei daher Eigentum an dem Tätigkeitsbereich des Unternehmens möglich.172 Seine Auffassung setzte sich jedoch nicht durch. Auch eine analoge Anwendung des § 985 BGB auf das gesamte Unternehmen als „typisierte Sonderform des Grundeigentums“173 ist nicht möglich. Da das Bereicherungsrecht einen Anspruch auf Herausgabe des Unternehmens insgesamt gewährt, fehlt es bereits an der für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.174 Heute wird ein Unternehmen dementsprechend ganz überwiegend als eine Rechtsgesamtheit verstanden, an der weder Eigentum noch Besitz möglich ist.175 Dieser Auffassung steht nicht entgegen, dass nach ganz herrschender 166 Dazu oben im Rahmen der Vollendung des Unternehmenserwerbs, Teil 1, A. II. 1. a). 167 Vgl. oben, Teil 1, Fn. 47, S. 40. 168 Hommelhoff, ZGR 1982, 366 (376). 169 Zu diesem Ansatz sowie weiteren möglichen Gründen, die für eine Anwendung des § 985 BGB auf Unternehmen sprechen könnten siehe Rupietta, S. 40, der die Frage im Ergebnis allerdings offen lässt. 170 RG, Urteil vom 04.02.1908, II 425/07, RGZ 67, S. 383 ff. 171 J. von Gierke, ZHR 111, 1 (16). 172 J. von Gierke, Handels- und Schiffahrtsrecht7, S. 75; dem folgend Würdinger, in: Staub, HGB3, § 22 Rdnr. 20; Gierke/Sandrock, § 13 IV 2. 173 Gierke/Sandrock, § 13 IV 2. 174 Keil, Fehlerhafte Unternehmenskäufe (1998), S. 209 f. 175 Wieling, Sachenrecht, § 12 V.3.e) aa; Karsten Schmidt, Handelsrecht5, § 6 I 1.
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Meinung176 das Unternehmen, also das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als Solches, dem Schutz durch Art. 14 Abs. 1 GG unterliegt, denn der Eigentumsbegriff in Art. 14 GG ist weiter als derjenige des BGB und erfasst alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung ausschließlich zugewiesen sind, so dass er sie nach seinem Willen frei nutzen kann177. Zum Eigentum im Sinne des Art. 14 GG zählen daher auch vermögenswerte Rechte und Forderungen.178 Da an einem Unternehmen im Ganzen kein Eigentum im Sinne des Zivilrechts möglich ist, kann die Herausgabe eines Unternehmens lediglich nach §§ 812 ff. BGB verlangt werden.179 (3) Besitz an unwirksam übertragenen, verbrieften Anteilen? Umstritten ist, ob mittelbarer (Mit-)Besitz an verbrieften Anteilen entsteht, wenn nicht auch das Bruchteilseigentum wirksam übertragen wird. Die herrschende Auffassung verneint bei Fehlen eines Herausgabeanspruchs auch das Bestehen eines Besitzmittlungsverhältnisses.180 Zur Begründung führt sie an, der Herausgabeanspruch sei das wesentliche Merkmal der Sachbeziehung zwischen dem mittelbaren Besitzer und der Sache. Dieser Anspruch verschaffe dem mittelbaren Besitzer die für das Vorliegen des Besitzes maßgebliche Sachgewalt.181 Außerdem sei ohne das Bestehen eines 176 BVerfG, Urteil vom 30.04.1952, 1 BvR 14, 25,167/52, BVerfGE 1, 264 (277); BVerwG, 07.03.1958, VII C 84/57, BVerwGE 6, 247; Urteil vom 01.03.1979, 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und BvL 21/78, BVerfGE 50, 290 (351) – „Mitbestimmung“; BGH, Urteil vom 28.01.1957, III ZR 141/55, BGHZ 23, 157 (161 ff.); Urteil vom 08.02.1971, III ZR 33/68, BGHZ 55, 261 (263); Urteil vom 10.11.1977, III ZR 157/75, NJW 1978, 373 (374); Urteil vom 28.06.1984, III ZR 35/83, BGHZ 92, 34 (37); Urteil vom 07.06.1990, III ZR 74/88, BGHZ 111, 349 (356); Scholz, Konzentrationskontrolle, S. 45; Tsiliotis, Der verfassungsrechtliche Schutz der Wettbewerbsfreiheit, S. 92 f. m. w. N.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 10; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 195; Waschull, Das Unternehmen im engeren Sinne als verfassungsrechtliches Eigentum, 1999. 177 BVerfG, Beschluss vom 07.12.2004, 1 BvR 1804/03, BVerfGE 112, 93 (107); Beschluss vom 31.03.1998, 2 BvR 1877/97 und 50/98, VerfGE 97, 350 (371), siehe auch Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 8. 178 BVerfG, Beschluss vom 31.10.1984, 1 BvR 35, 356, 794/82, BVerfGE 68, 193 (222). 179 Dazu daher sogleich unter b). 180 Siehe oben, Teil 1, bei Fn. 92, S. 47. Siehe ferner BGH, Urteil vom 10.11.1982, V ZR 245/81, NJW 1983, 568 (569) = BGHZ 85, 263 (265); Bund, in: Staudinger, BGB, § 868 Rdnr. 23; Joost, in: MüKo BGB5, § 868 Rdnrn. 15 f.; J. v. Gierke, Sachenrecht4, § 6 I 2; H. Westermann, Sachenrecht5, § 17 Nr. 4 lit. b); Schreiber, JURA 2003, 682 (683); a. A. Wieling, AcP 184 (1984), 439 (450). 181 J. v. Gierke, Sachenrecht4, § 6 I 2; vgl. auch Wendt, AcP 87 (45).
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wirksamen Herausgabeanspruchs das Erfordernis der Besitzberechtigung „auf Zeit“, wie es § 868 BGB erfordert, nicht erfüllt.182 Ein Herausgabeanspruch des Erwerbers zentralverwahrter Anteile gegen den unmittelbaren Besitzer der Anteile besteht aber tatsächlich nicht, wenn die Übereignung unwirksam ist. Der depotrechtliche Auslieferungsanspruch des Miteigentümers oder sonstigen Berechtigten nach §§ 8, 7 DepotG setzt voraus, dass der Erwerber wirksam Miteigentümer am Sammelbestand geworden ist. Ein Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB scheitert an dem nicht erworbenen Eigentum und auf den Herausgabeanspruch aus Besitz gemäß §§ 869 S. 1, 2, 861 BGB kann sich der mittelbare Besitzer außer im Fall der verbotenen Eigenmacht gegenüber dem unmittelbaren Besitzer nicht berufen.183 Wieling184 und Fritzsche185 lehnen das Erfordernis eines Herausgabeanspruchs für das Bestehen eines Besitzmittlungsverhältnisses ab. Gegen die Argumente der herrschenden Meinung wendet Wieling ein, bei mittelbarem Besitz handele es sich bloß um fiktiven Besitz, der dem mittelbaren Besitzer in keinem Fall Gewalt über die Sache ermögliche, auch dann nicht, wenn ein Herausgabeanspruch bestehe. Darüber hinaus stehe die Forderung nach einem Herausgabeanspruch mit der einhelligen Auffassung, dass der Erwerb des mittelbaren Besitzes auch durch Änderung des Besitzmittlungswillens möglich sei, nicht in Einklang. Schließlich könne der bloße Herausgabeanspruch noch keinen mittelbaren Besitz begründen. Denn auch der Käufer einer Sache habe gegen den Verkäufer einen Herausgabeanspruch, erlange hierdurch aber keinen mittelbaren Besitz. Als weiteres Beispiel führt Wieling den Herausgabeanspruch des Vermieters gegen den Mieter an, der die Mietsache unterschlägt. Ein mittelbarer Besitz des Vermieters bestehe in diesen Fällen trotz des Herausgabeanspruchs nicht. Es könne daher für das Bestehen von mittelbarem Besitz lediglich auf etwas Tatsächliches, Wahrnehmbares ankommen und nicht auf eine Rechtsbeziehung. Daraus folgert Wieling, dass das Entstehen eines Besitzmittlungsverhältnisses davon abhänge, ob der Besitzmittler bereit sei, die Sache unter bestimmten Voraussetzungen herauszugeben.186 Zu diesem Ergebnis gelangt auch Fritzsche, der darauf hinweist, dass man anderenfalls Fälle, in denen ein Herausgabeanspruch beispielsweise an § 817 S. 2 BGB scheitere oder in denen der Besitzmittler rein tatsächlich zur Herausgabe bereit sei, wie der Dieb gegenüber dem Hehler, nicht erfassen könne.187 Joost, in: MüKo BGB5, § 868 Rdnr. 15. Vgl. OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 26.06.1997, 1 U 18/97, NJW 1997, 3030; Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 869 Rdnr. 1. 184 Wieling, AcP 184 (1984), 439 (446 f.). 185 Fritzsche, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 868 Rdnr. 17. 186 Wieling, AcP 184 (1984), 439 (450). 187 Fritzsche, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 868 Rdnr. 17. 182 183
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Mit Wieling und Fritzsche ist das Erfordernis eines tatsächlichen Herausgabeanspruchs des mittelbaren Besitzers gegen den unmittelbaren Besitzer abzulehnen. Für einen Herausgabeanspruch als Voraussetzung des mittelbaren Besitzes mag zwar der Wortlaut des Gesetzes sprechen, denn in § 868 BGB heißt es „auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet“ und in § 870 BGB „der Anspruch auf Herausgabe“ (Hervorhebung durch die Verf.). Der Besitz stellt aber, im Gegensatz zum Eigentum, gerade nicht auf rechtliche, sondern auf tatsächliche Gegebenheiten ab. Daher kann mittelbarer Besitz neben der Übertragung des Herausgabeanspruchs auch rein tatsächlich, also durch Umstellung des Besitzmittlungswillens auf Seiten des unmittelbaren Besitzers, begründet werden. Hierdurch muss nicht notwendig auch ein Herausgabeanspruch auf Seiten des neuen mittelbaren Besitzers entstehen. Entscheidend für die Frage, ob mittelbarer Besitz besteht, muss daher sein, ob der Besitzer tatsächlich über die Sachherrschaft über die Sache verfügt, die insoweit zu reduzieren ist, als der Besitzer nur die tatsächliche Möglichkeit haben muss, die Sache von dem unmittelbaren Besitzer herauszuverlangen. Insoweit kommt es auf die tatsächliche Bereitschaft des unmittelbaren Besitzers zur Herausgabe, und wenn auch nur unter bestimmten Voraussetzungen, an.188 Mittelbarer Besitz ist daher grundsätzlich auch dann erlangt, wenn der Erwerber lediglich über die Buchung von Anteilen auf sein Depotkonto verfügt, denn hierdurch gibt der mittelbare Besitzer der nächsthöheren Stufe zu erkennen, dass er einen Herausgabeanspruch des Depotkonteninhabers grundsätzlich anerkennt. Der Erwerber wird daher auch dann (mittelbarer) Besitzer der Anteile, wenn die Anteile zivilrechtlich unwirksam übertragen, aber auf seinem Depotkonto gutgeschrieben wurden. (4) Kein Recht zum Besitz Der Herausgabeanspruch nach § 985 BGB besteht aber nur, wenn der Erwerber kein Recht (mehr) zum Besitz an dem übertragenen Gegenstand hat. Das Recht zum Besitz begründet keinen Anspruch, sondern ist das Recht, das nach Erfüllung des Besitzverschaffungsanspruchs an dessen Stelle tritt.189 Bestand ein wirksamer Kaufvertrag zu keinem Zeitpunkt, beispielsweise da der Kaufvertrag aufschiebend bedingt war, ist aber bereits kein Besitzverschaffungsanspruch entstanden, so dass auch kein Recht zum Besitz entstehen kann. Wirksame Kaufverträge, und seien sie auflösend bedingt, können nach Übergabe der Sache dagegen zwar ein Recht zum Besitz be188
So auch Wieling, AcP 184 (1984) 439 (450); Fritzsche, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 868 Rdnr. 17; BGH, Urteil vom 19.01.1955, IV ZR 135/54, NJW 1955, 499. 189 Gursky, in: Staudinger, BGB, § 986 Rdnr. 14.
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gründen190, da der Besitzverschaffungsanspruch auf dem Kaufvertrag beruht. Bedarf es für die wirksame Vornahme des Erfüllungsgeschäfts aber einer noch ausstehenden Genehmigung, so sind die von dem Genehmigungsbedürfnis erfassten Leistungspflichten aus dem Vertrag nicht durchsetzbar191 und erlöschen gemäß § 275 Abs. 1 BGB vollständig, wenn die Genehmigung nicht erteilt wird. Aus dem zu keinem Zeitpunkt durchsetzbaren Besitzverschaffungsanspruch kann auch kein Recht zum Besitz erwachsen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht dann, wenn die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts den Besitz übertragen haben. In der bewussten Übergabe des Unternehmens, Unternehmensteils oder der Anteile in Kenntnis der schwebenden Unwirksamkeit der Übereignung bis zur endgültigen Freigabe des Zusammenschlusses wird zwar der konkludente Abschluss eines der Leihe ähnlichen Besitz- und Nutzungsüberlassungsvertrags gesehen, der dem Erwerber mit Übergabe ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 Abs. 1 S. 1 BGB vermittelt.192 Im Rahmen der Anwendbarkeit des § 985 BGB liegt der Auflösung aber ein Zusammenschlusstatbestand zugrunde, der auf der Einräumung der tatsächlichen Einflussmöglichkeit beruht, denn sonst wäre der Veräußerer nicht mehr Eigentümer. Diese Einflussmöglichkeit wird in Fällen, in denen dem Erwerber Anteile übertragen werden, in der Regel auf dem Erlangen des Besitzes an den Anteilen beruhen. Wenn aber bereits durch die Besitzübertragung ein Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB vollzogen wird, ist zwar der konkludent geschlossene, das Besitzrecht vermittelnde Vertrag wirksam, der Besitzverschaffungsanspruch daraus besteht jedoch bis zur Freigabe des Zusammenschlusses nicht, da der Veräußerer mit seiner Erfüllung gegen ein gesetzliches Verbot, das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot verstieße. Sofern aber schon der Besitzverschaffungsanspruch nicht besteht, kann hieraus auch kein Recht zum Besitz folgen.193 Der Erwerber erhält an den erlangten Anteilen bei formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüssen demnach kein der Durchsetzung des Herausgabeanspruchs entgegenstehendes Recht zum Besitz, unabhängig davon, ob der schuldrechtliche Vertrag aufschiebend oder auflösend bedingt ist. 190 Fritzsche, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 986 Rdnr. 7; Baldus, in: MüKo BGB5, § 986 Rdnr. 16; Gursky, in: Staudinger, § 986 Rdnr. 25; a. A. d.h. Beendigung bei jedwedem vertragswidrigen Verhalten, Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 929 Rdnr. 40. 191 Siehe oben bei Fn. 22, S. 92. 192 Vgl. Gursky, in: Staudinger, § 986 Rdnr. 20 sowie § 990 Rdnr. 14. Dem folgend Kohler, NJW 1988, 1054 (1055); a. A. die wohl h. A., die in diesem Fall die Anwendbarkeit der §§ 987 ff. BGB über § 990 BGB mangels Bösgläubigkeit verneint, vgl. Medicus, in: MüKo, BGB, § 990 Rdnr. 5. 193 Siehe oben.
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bb) Herausgabe/Rückzahlung des Kaufpreises Ein Anspruch des Erwerbers auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises kommt zunächst ebenfalls gemäß § 985 BGB (Vindikation des Eigentümers gegen den unberechtigten Besitzer) in Betracht. Da § 985 BGB aber nur die Herausgabe von Sachen in ihrem aktuellen Zustand vorsieht194, kann der Käufer die Rückzahlung des Kaufpreises grundsätzlich nicht nach § 985 BGB verlangen. Zum einen geht Geld des Erwerbers durch Vermischung mit dem Geld des Verkäufers in dessen Miteigentum über.195 Gemäß § 948 i. V. m. § 947 Abs. 1 BGB werden der Erwerber und der Verkäufer dann Miteigentümer an dem Gesamtgeldbestand des Verkäufers. Hierdurch entsteht eine Bruchteilsgemeinschaft196, deren Aufhebung sich nach der Spezialvorschrift des § 749 BGB richtet. Zum anderen richtet sich das Interesse des Käufers aber regelmäßig nicht so sehr auf die Herausgabe der übergebenen Geldscheine (in ihrem aktuellen Zustand), die häufig auch schon daran scheitern würde, dass nicht in bar, sondern per Überweisung gezahlt wird, sondern auf den Rückerhalt des mit der Zahlung übertragenen Wertes. Die Geldwertvindikation ist aber abzulehnen197, anderenfalls würde der Geldgläubiger gegenüber dem Sachgläubiger privilegiert.198 Der Anspruch auf Herausgabe bzw. Rückzahlung des Kaufpreises richtet sich daher nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung, also §§ 812 ff. BGB. Wenn der Eigentümer von dem Besitzer die Herausgabe des Eigentums nach § 985 BGB verlangt, ist der Besitzer, der dem Erwerber den Kaufpreis bezahlt hat, aber nicht ungeschützt. Er kann wegen seines Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises nach §§ 812 ff. BGB die Herausgabe des Besitzes gemäß § 273 Abs. 1 BGB verweigern, wenn nicht Zug um Zug gegen Herausgabe des Besitzes auch der Kaufpreis zurückgezahlt wird.199
194 BGH, Urteil vom 05.07.2001, IX ZR 327/99, NJW 2001, 2966; Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 985 Rdnr. 8. 195 Gursky, in: Staudinger, BGB, § 985 Rdnr. 91. 196 Gehrlein, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 741 Rdnr. 6; Karsten Schmidt, in: MüKo BGB5, § 741 Rdnr. 29. 197 So die inzwischen h. M., siehe Baldus, in: MüKo BGB5, § 985 Rdnr. 27; Gursky, in: Staudinger, BGB, § 985 Rdnrn. 91 f.; Medicus, JuS 1983, 897 (900); Wieling, Sachenrecht, § 12 I 2 d; a. A. H. Westermann, Sachenrecht5, § 30 V Nr. 3; Pulvermüller, Rechtsnatur und Behandlung des privatrechtlichen Geldanspruchs, S. 133 ff.; als Ausnahme zugunsten Geschäftsunfähiger auch Harder, JuS 1978, 86. 198 Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 985 Rdnr. 8; Gursky, in: Staudinger, BGB, § 985 Rdnr. 92; Fritzsche, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 985 Rdnr. 16. 199 Vgl. Gursky, in: Staudinger, BGB, § 985 Rdnr. 95 a. E.
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cc) Zuweisung des Risikos bei Wertminderung Der Herausgabeanspruch des § 985 BGB richtet sich grundsätzlich auf die Herausgabe der Sache in ihrem aktuellen Zustand200, so dass das Risiko für zufällig eingetretene Wertminderungen, insbesondere marktbedingte Wertschwankungen der Eigentümer zu tragen hat. Haben die Anteile hingegen infolge eines Umstands an Wert verloren, den der Erwerber zu vertreten hat, so steht dem Eigentümer gegen den Erwerber unter Umständen ein Schadensersatzanspruch gemäß § 989 BGB zu. Eine Wertminderung von Anteilen entsteht aber nur dann, wenn das Unternehmen, an dem die Beteiligung besteht, an Wert verliert. Der Erwerber muss also schuldhaft eine Wertminderung des Unternehmens herbeigeführt haben. Eine Wertminderung eines Unternehmens ist immer dann schuldhaft herbeigeführt, wenn der Erwerber vorsätzlich oder fahrlässig den individuellen Wert des Unternehmens herabsetzt, beispielsweise indem dem Unternehmen wichtige Abteilungen nebst den entsprechenden Mitarbeitern oder Kunden bzw. Kundenkreise entzogen werden. Der Anspruch nach § 989 BGB setzt jedoch einerseits Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs bzw. gemäß § 990 BGB Kenntnis vom Mangel des Besitzrechts201 voraus, andererseits muss im Zeitpunkt der haftungsbegründenden Handlung eine Vindikationslage vorgelegen haben202. Eine Vindikationslage zwischen Übergabe des Zusammenschlussobjekts und Rückgabe liegt in den Fällen der doppelnichtigen Veräußerungsgeschäfte vor: Der Veräußerer ist Eigentümer der Anteile geblieben und der Erwerber, der sich im Besitz der Anteile befindet, hat mangels eines bestehenden bzw. durchsetzbaren Besitzverschaffungsanspruchs203 gegen den Veräußerer kein Recht zum Besitz. Gemäß §§ 989, 990 BGB ist jedoch nur Ersatz für solche Schäden zu leisten, die nach Rechtshängigkeit oder Kenntnis des Besitzers von dem Mangel des Besitzrechts eintreten. Insoweit kommt es also auf die tatsächliche Kenntnis und nicht etwa auf eine schuldhafte Unkenntnis an. Solange der Erwerber daher davon ausgeht, dass eine Anmeldepflicht nach dem GWB nicht besteht, haftet er nicht für die schuldhaft verursachte Wertminderung. Da aber die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts in der Regel darauf zurückzuführen ist, dass die Parteien die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages von der Freigabe durch das Bundeskartellamt abhängig gemacht haben, wird der Erwerber häufig nachweisbar schon von 200
Siehe Fn. 194, S. 139. Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 990 Rdnr. 3. 202 BGH, Urteil vom 14.03.2008, V ZR 13/07, NJW-RR 2008, 1397 (1398, Tz. 17). 203 Siehe oben unter 3. a) aa) (4). 201
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Anfang an Kenntnis von der Anmeldepflicht und damit auch dem Vollzugsverbot und dem damit einhergehenden Mangel des Besitzrechts bei vorheriger Übergabe haben, so dass er für vorsätzlich oder fahrlässig verursachte Schäden von Anfang an einzustehen hat. Das Risiko für schuldhaft verursachte Schäden trägt in diesem Fall also in der Regel der Erwerber. b) Die Risikoverteilung im Rahmen der §§ 812 ff. BGB aa) Anwendungsbereich Wie soeben gezeigt wurde, sind lediglich verbriefte Anteile vindikationsfähig204, so dass nur insoweit eine Rückabwicklung über §§ 985 ff. BGB erfolgen kann. Wenn § 985 BGB auf den übertragenen Gegenstand keine Anwendung findet, kann die Rückabwicklung nach den Grundsätzen über die ungerechtfertigte Bereicherung, also gemäß §§ 812 ff. BGB verlangt werden. Die Ansprüche aus §§ 812 ff. BGB stehen in den Fällen des doppelnichtigen Veräußerungsgeschäfts aber auch dem Eigentümer verbriefter Anteile zu, der diese über § 985 BGB herausverlangen kann. Hinsichtlich des Herausgabeanspruchs, der in § 985 und § 812 Abs. 1 BGB deckungsgleich ist, ist eine parallele Anwendung von Vindikation und Kondiktion ohnehin möglich.205 Sofern die §§ 987 ff. BGB Anwendung finden, also wenn eine Vindikationslage vorliegt, sind weitergehende Ansprüche des Eigentümers auf Nutzungs- und Schadensersatz aber grundsätzlich ausgeschlossen206 und Ansprüche aus §§ 812 ff. BGB folglich gesperrt, vgl. § 993 1. Halbsatz BGB. Da die Voraussetzungen einer Vindikationslage zwischen Übergabe und Untersagung des Zusammenschlusses bzw. Auflösungsanordnung nach hier vertretener Auffassung vorliegen207, wäre die Anwendbarkeit des Bereicherungsrechts im Fall des Verkaufs verbriefter Anteile demnach gesperrt. In der Situation der Unwirksamkeit von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft kann der grundsätzliche Ausschluss des Bereicherungsrechts aber zu einem Wertungswiderspruch führen. Denn es entsteht jedenfalls im Hinblick auf die Verpflichtung zur Herausgabe von Nutzungsersatz eine Situation, in der der Erwerber, bei dem die Eigentumsübertragung scheitert – trotz seiner grundsätzlich schwächeren Position – besser dasteht als der Erwerber, der das Eigentum wirksam erworben hat. Im erstgenannten Fall 204
Siehe oben unter 3. a) aa) (1). Martinek, in: Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, S. Das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag, Rdnr. 66. 206 Gursky, in: Staudinger, Vor §§ 987–993, Rdnr. 47. 207 Vgl. oben unter 3. a) cc). 205
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wären nur noch die §§ 987 ff. BGB anwendbar, denen zufolge Nutzungen nur ab Rechtshängigkeit oder Kenntnis von dem Fehlen eines Besitzrechts herauszugeben sind, §§ 987, 990 BGB. Bei wirksamem Eigentumserwerb trotz anfänglicher Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts hat der Käufer Nutzungen hingegen gemäß § 818 Abs. 1 BGB unabhängig von seiner Kenntnis bereits ab Empfang des Gegenstands herauszugeben. Der unrechtmäßige Besitzer, der bei Vorliegen einer Vindikationslage den §§ 987 ff. BGB unterstünde, darf aber nicht besser stehen als der unrechtmäßige Eigentümer, der mangels Vindikationslage nicht in den Anwendungsbereich der §§ 987 ff. BGB fällt.208 Nach allgemeiner Auffassung finden auf die Nebenansprüche des Eigentümers bei doppelnichtigen Geschäften daher die §§ 812 ff. Anwendung. Die Rechtsprechung stellt den rechtsgrundlosen Erwerb dem unentgeltlichen Erwerb gemäß § 988 BGB gleich und gelangt somit über den Verweis in § 988 BGB in das Bereicherungsrecht209; die Literatur hält in diesen Fällen jedenfalls210 die Leistungskondiktion neben der Vindikation für anwendbar211 oder sogar für vorrangig212. Im Rahmen doppelnichtiger Geschäfte findet demnach die Leistungskondiktion Anwendung und zwar sowohl auf die Haupt- als auch auf die Nebenansprüche der Parteien. Dies gilt auch wenn, wie hier im Fall des Verkaufs verbriefter Anteile, eine Vindikationslage vorliegt, so dass die §§ 812 ff. für die Nebenansprüche gemäß § 993 BGB eigentlich gesperrt wären.
208 Martinek, in: Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, S. Das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag Rdnr. 68. 209 BGH, Urteil vom 25.02.1960, II ZR 125/58, BGHZ 32, 76 (94); Urteil vom 09.07.1982, V ZR 64/81; NJW 1983, 164 (165); BGH, Urteil vom 11.11.1994, V ZR 116/93 NJW 1995, 454 (45); Urteil vom 14.07.1995, V ZR 45/94, NJW 1995, 2627 (2628); Urteil vom 22.06.2007, V ZR 136/06, NJW 2008, 21 (222). 210 Teilweise wird auch die Eingriffskondiktion zugelassen, vgl. Lorenz, in: Staudinger, BGB, Vorbem. 23 zu §§ 812 ff.; Pinger, JR 1973, 268 (269). 211 Gursky, in: Staudinger, BGB, Vor §§ 987–993, Rdnr. 49; Medicus, in: MüKo BGB5, § 988 Rdnrn. 8 f. und § 993 Rdnr. 7; Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 988 Rdnr. 8; Baur/Stürner, Sachenrecht18, § 11 Rdnr. 38; Berg, JuS 1971, 636 (638); Roth, Jus 1997, 897; ders., JuS 2003, 937 (941). 212 So Waltjen, AcP 175 [1975], 109 ff. (120); Martinek, in: Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, S. Das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung und der Geschäftsführung ohne Auftrag Rdnr. 68; Michalski, in: FS Gitter, 577 (589 ff., 595 ff.); Hager, JuS 1987, 877 (888).
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bb) Anspruch auf Herausgabe des Zusammenschlussobjekts (1) Anspruchsgrundlage Gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 und 2 BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen etwas erlangt, zur Herausgabe verpflichtet, wenn für die Leistung kein Rechtsgrund bestand oder der Rechtsgrund später wegfällt. Den Rechtsgrund für eine Leistung bildet nach der herrschenden objektiven Rechtsgrundtheorie jeder Anspruch einer Partei gegen die andere, wenn dieser Anspruch den übertragenen bzw. zu übertragenden Gegenstand einer der Parteien zuweist, für eine der Parteien also die Grundlage für das Behaltendürfen des Gegenstands bildet.213 Der Fall, dass etwas auf sonstige Weise und auf Kosten eines anderen erlangt wird, spielt in den hier untersuchten Fällen keine Rolle, da ein Zusammenschlusstatbestand in der Regel voraussetzt, dass der Verkäufer oder das Zielunternehmen dem Erwerber wenigstens die Möglichkeit zur Einflussnahme eingeräumt haben. Auch der Fall dass der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht eintritt (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB, condictio ob rem), spielt im Rahmen der Unwirksamkeit von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft keine Rolle, da die condictio indebiti (Kondiktion bei Fehlen eines Rechtsgrundes) und die condictio ob causam finitam (Kondiktion nach Wegfall des Rechtsgrundes) die insoweit einschlägigen Fälle abdecken. Einen Sonderfall der Leistungskondiktion sieht aber § 817 S. 1 BGB vor214, demzufolge der Empfänger zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet ist, wenn der Zweck der Leistung in der Art bestimmt war, dass der Erwerber durch ihre Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten verstößt (condictio ob turpem vel iniustam causam). Die Vorschrift erfasst auch dingliche Herausgabeansprüche215, beispielsweise, weil das Eigentum nicht wirksam übertragen wurde, der Besitz hingegen übergegangen ist. Ein eigener Anwendungsbereich bleibt § 817 S. 1 BGB neben den anderen Leistungskondiktionen, insbesondere der condictio indebiti sowie der condictio ob causam finitam allerdings nur, soweit für die Leistung ein wirksamer Rechtsgrund fortbesteht, weil das gesetzliche Verbot sich nicht auf die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts auswirkt, insbesondere 213 Vgl. OLG München, Urteil vom 10.11.2009, 5 U 5130/08, NJW 2011, 80; Schwab, in: MüKo BGB5, § 812 Rdnr. 337; Hadding, in: FS Kroeschell (1997) S. 293 (297). 214 Schwab, in: MüKo BGB5, § 817 Rdnr. 4. 215 Schwab, in: MüKo BGB5, § 817 Rdnr. 17; Wendehorst, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 817 Rdnr. 13; a. A. BGH, Urteil vom 08.01.1975, VIII ZR 126/73, BGHZ 63, 365 (369).
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also in den Fällen, in denen die verfrühte Leistungsannahme gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.216 Teilweise wird in § 817 S. 1 BGB allerdings lediglich ein Sonderfall der condictio ob rem, also der Zweckverfehlungskondiktion gesehen, in der der mit der Leistung verfolgte Zweck erreicht wurde, dieser aber vom Gesetz nicht anerkannt werden kann.217 Vollziehen die Parteien einen Zusammenschluss unter Verstoß gegen das gesetzliche Vollzugsverbot und entsteht hierdurch ein Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB, so liegt ein (ausschließlicher) Fall des § 817 S. 1 BGB demnach nur in zwei Fällen vor: wenn das Verpflichtungsgeschäft einschließlich der Leistungsverpflichtung fortbesteht, da das gesetzliche Verbot den Abschluss des Verpflichtungsgeschäfts nicht verbietet, sowie dann, wenn Vertragszweck (nur) die Verwirklichung eines Zusammenschlusstatbestands ohne Freigabe durch das Bundeskartellamt war, da der mit dem Vollzug verfolgten Zweck dann erreicht wurde. In allen anderen Fällen kommt auch ein Herausgabeanspruch aus einer der anderen Leistungskondiktionstatbestände in Betracht. (2) Das Erlangte Der Bereicherungsschuldner hat gemäß § 812 Abs. 1 BGB das Erlangte herauszugeben. Das Erlangte umfasst jeden Vorteil.218 Im Fall des Beteiligungserwerbs über verbriefte Anteile, insbesondere Aktien, oder Vermögensgegenstände erlangt der Erwerber durch eine vollständig vollzogene aber zivilrechtlich unwirksame Übereignung den Besitz an den Anteilen oder Vermögensgegenständen. Wenn der Zusammenschluss allerdings auf eine Übertragung unverbriefter Gesellschaftsanteile zurückzuführen ist und diese Abtretung unwirksam ist, bleibt die Mitgliedschaft grundsätzlich schon kraft Gesetzes bei dem Abtretenden, dem Zedenten. Die Grundsätze von der fehlerhaften Gesellschaft mit der Folge, dass die Mitgliedschaft als wirksam begründet gilt, finden keine Anwendung.219 Dennoch können infolge der Abtretung – unabhängig von ihrer Wirksamkeit – Nachteile für den wahren Berechtigten entstehen, nämlich wenn der Erwerber eine Scheingesellschafterstellung erhält. In solchen Fällen kann der wahre Berechtigte von dem Erwerber im Rahmen der Leistungskondiktion die Beseitigung der durch die Abtretung entstandenen Rechtsscheinposition verlangen.220 RechtsscheinSchwab, in: MüKo BGB5, § 817 Rdnr. 4. Schwab, in: MüKo BGB5, § 817 Rdnr. 5. 218 Sprau, in: Palandt, BGB71, § 812 Rdnr. 4. 219 Siehe oben Teil 2, A. I. 2. a) bb). 220 Vgl. OLG Hamm, Urteil vom 12.04.2007, 27 U 190/06, NZG 2008, 24 (24) zur Herausgabe einer Scheingesellschafterstellung. 216 217
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positionen, die zu Verlusten für den wahren Berechtigten führen, stellen nämlich ein erlangtes Etwas im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1 BGB dar und sind damit kondizierbar.221 Problematischer stellt sich das Erlangte dagegen dar, wenn dem Erwerber ein ganzes Unternehmen „übergeben“ wurde. Das Unternehmen ist nämlich erst „erlangt“, wenn es insgesamt mit all seinen Gegenständen, Forderungen etc. oder wenigstens zu einem wesentlichen Teil auf den Erwerber übergegangen ist. Ein Unternehmen geht daher in der Regel insgesamt zu einem vertraglich vereinbarten Übergangsstichtag (closing) auf den Erwerber über. Ferner vereinbaren die Parteien in der Regel, dass das Unternehmen zu dem vereinbarten Stichtag nur übergeht, sofern eine eventuell erforderliche Freigabe durch das Bundeskartellamt vorliegt, anderenfalls wird die Übergabe auf den Zeitpunkt der Erteilung der Freigabe verlegt („Vollzugsvoraussetzung“).222 Besitz im Sinne des § 854 Abs. 1 BGB an einem Unternehmen im Ganzen ist ebenfalls nicht möglich.223 Selbst wenn der Erwerber bereits Besitz an einzelnen Vermögensgegenständen erlangt hat, genügt es nicht, diese als das Erlangte im Sinne des § 812 BGB anzusehen. Die Forderungen und besitzfähigen Gegenstände eines Unternehmens stellen nämlich allenfalls Teile des Unternehmens dar, deren Rückgabe dem Veräußerer ohne beispielsweise die Rück-Einweisung in die Unternehmensführung noch nicht das Unternehmen zurückverschafft. Ferner bestünde die Gefahr der Zersplitterung des Unternehmens, da der Erwerber dann auch nur die einzelnen Vermögensgegenstände und nicht eine Wirtschaftseinheit übergeben müsste. Das Unternehmen ist im Rahmen des Bereicherungsrechts daher als Einheit zu betrachten.224 Sofern dem Erwerber aber eine Stellung eingeräumt wurde, die ihm tatsächlich die Leitung des Unternehmens ermöglicht, ist der Rechtsschein der Unternehmensinhaberschaft im Sinne des § 812 Abs. 1 BGB erlangt. Wenn ein Vorteil erlangt wird, obwohl ein Rechtsgrund von Anfang an fehlt (wie bei der aufschiebenden Bedingung und einer Anfechtung mit Wirkung ex tunc) richtet sich der Anspruch des Bereicherungsgläubigers auf Herausgabe dieses Vorteils nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (condictio indebiti), wenn der Rechtsgrund später wegfällt (wie bei der auflösenden Bedingung) nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB (condictio ob causam finitam) und wenn die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (auch) nach § 817 S. 1 BGB (condictio ob turpem vel iniustam causam). 221 OLG Hamm, Urteil vom 12.04.2007, 27 U 190/06, NZG 2008, 24 (24); Sprau, in: Palandt71, BGB, § 812 Rdnr. 9. 222 Vgl. H. H. Klumpp, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf6, 9. Kap. Rdnr. 105. 223 Vgl. oben, Fn. 175, S. 134. 224 Siehe oben, Teil 1, Fn. 47, S. 40.
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(3) Kein Kondiktionsausschluss Für die Fälle der condictio indebiti sieht § 814 BGB einen Kondiktionsausschluss vor, demzufolge die Rückforderung ausgeschlossen ist wenn der Leistende wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. § 814 BGB findet aber keine Anwendung, wenn die Leistung in der Hoffnung erbracht wurde, dass die Genehmigung, hier in Form der Freigabe des Zusammenschlusses, erteilt und ein Rechtsgrund für die Leistung daher noch entstehen werde.225 Auf den Wegfall des rechtlichen Grundes, also die condictio ob causam finitam, ist § 814 BGB ohnehin nicht anwendbar. Gemäß § 817 S. 2 BGB ist eine Kondiktion jedoch ferner ausgeschlossen, wenn der Veräußerer durch die Leistung (ebenfalls) gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Entgegen seiner systematischen Stellung gilt der Ausschlussgrund des § 817 S. 2 BGB nicht nur für den Fall des § 817 S. 1 BGB, also den Gesetzes- oder Sittenverstoß durch den Erwerber, sondern für alle Formen der Leistungskondiktion.226 Wer sich außerhalb der Rechtsordnung bewegt, soll keinen Schutz erlangen können, sondern vielmehr auf eigenes Risiko leisten.227 Diese Rechtsfolge soll generalpräventiv davon abhalten, sich an gesetzes- oder sittenwidrigen Transaktionen zu beteiligen228. Dennoch steht der Kondiktionsausschluss des § 817 S. 2 BGB in dem hier untersuchten Fall einem Kondiktionsanspruch des Veräußerers nicht entgegen. Sofern der Veräußerer durch die Übertragung der Anteile gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB, das ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB darstellt229, verstößt, stünde ihm nach dem Wortlaut des § 817 S. 2 BGB die Rückforderung des Übertragenen zwar nicht zu. § 817 S. 2 BGB ist aber insoweit teleologisch zu reduzieren, als durch seine Anwendung ein gesetzes- oder sittenwidriger Zustand nicht perpetuiert und sein Zweck nicht konterkariert werden darf. Insoweit ist insbesondere der Schutzzweck des gesetzlichen Verbots zu berücksichtigen.230 Wenn die Unmöglichkeit der Rückabwicklung das durch das gesetz225 Schwab, in: MüKo BGB5, § 814 Rdnr. 4; Wendehorst, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 814 Rdnr. 11, Lorenz, in: Staudinger, § 814 Rdnr. 9; Singer, WM 1983, 254 (256). 226 BGH, Urteil vom 06.05.1965, II ZR 217/62, NJW 1965, 1585 (1587); Urteil vom 29.04.1968, VII ZR 9/66, NJW 1968, 1329 (1330); Schwab, in: MüKo BGB5, § 817 Rdnr. 10. 227 BGH, Urteil vom 19.04.1961, IV ZR 217/60, BGHZ 35, 103 (107); Urteil vom 07.03.1962, V ZR 132/60, BGHZ 36, 395 (399); Schwab, in: MüKo BGB5, § 817 Rdnr. 9; Sprau, in: Palandt, BGB71, § 817 Rdnr. 11. 228 Canaris, in: FS Steindorff (1990), S. 523 ff. unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien; Honsell, die Rückabwicklung sittenwidriger oder verbotener Geschäfte (1974), S. 2 f.; Schwab, in: MüKo BGB5, § 817 Rdnr. 9. 229 Siehe oben Fn. 23, S. 92.
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liche Verbot untersagte Handeln beispielsweise eher fördere als verhindere, sei § 817 S. 2 nicht anzuwenden.231 Aus denselben Gründen ist der Kondiktionsausschluss auch im Fall des Verstoßes gegen das Vollzugsverbot nicht anzuwenden. Der Vollzug eines nicht freigegebenen Zusammenschlusses birgt die Gefahr, dass eine marktbeherrschende Stellung erworben oder verstärkt und damit der wirksame Wettbewerb, sowohl nach dem derzeit noch geltenden Marktbeherrschungstest als auch nach dem künftig anzuwendenden SIEC-Test232 erheblich behindert wird. Diese Folge möchte das Vollzugsverbot gerade vermeiden, da einmal vollzogene Zusammenschlüsse häufig nur schwer wieder zu entflechten sind. Dürfte der Erwerber nun wegen § 817 S. 2 BGB das Zusammenschlussobjekt trotz der Unwirksamkeit der den Zusammenschluss vollziehenden Rechtsgeschäfte behalten, so würde der frühzeitige Vollzug prämiert statt sanktioniert. Die Möglichkeit des Bundeskartellamts gemäß § 41 Abs. 3 S. 2 GWB, die zur Auflösung erforderlichen Maßnahmen anzuordnen, führt zwar letztlich dazu, dass dem Erwerber das Erlangte nicht dauerhaft verbleibt. Sie knüpft aber nicht an das unter Verstoß gegen das Vollzugsverbot Erworbene an, ist also keine Rechtsfolge des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot, sondern des Erlangens einer marktbeherrschenden Stellung. Bis zur Untersagung und Auflösung eines Zusammenschlusses können aber unter Umständen Monate vergehen, in denen sich der vollzogene Zusammenschluss verfestigen kann. Verwehrt man für diese Zeit dem Verkäufer die zivilrechtliche Rückforderung, so nähme man dem Verkäufer für diese Zeit die Möglichkeit, den Zusammenschluss auch gegen den Willen des Erwerbers wieder rückgängig zu machen. Diese Rechtsfolge kann nicht erwünscht sein. In den Fällen eines Verstoßes gegen das Vollzugsverbot findet der Kondiktionsausschluss des § 817 S. 2 BGB daher keine Anwendung. (4) Der Umfang des Herausgabeanspruchs Zur Herausgabe eines Unternehmens oder Unternehmensteils zählt auch die Wieder-Einweisung des Verkäufers, damit dieser die Geschäfte fortsetzen kann, die Herausgabe des Goodwill, des Know-how, der Kunden- und Lieferantenlisten, ggf. weiterer Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und die 230 BGH, Urteil vom 31.05.1999, VII ZR 336/89, NJW 190, 2542 (2543) – Schwarzarbeit; BGH, Urteil vom 10.11.2005, III ZR 72/05, NJW 2006, 45 (46) – Schenkkreis; Lorenz, in: Staudinger, BGB, § 817 Rdnr. 10; Schwab, in: MüKo BGB5, § 817 Rdnr. 20. Wendehorst, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 817 Rdnr. 23; Fabricius, JZ 1963, 85 ff.; Weyer, WM 2002, 627 (628 ff.). 231 BGH, Urteil vom 10.11.2005, III ZR 72/05, NJW 2006, 45 (46) – Schenkkreis. 232 Siehe oben Teil 1, C. I.
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Übertragung der bestehenden Arbeitsverhältnisse233, denn erst hierdurch wird dem Veräußerer die Möglichkeit, das Unternehmen fortzuführen, rückübertragen. Bei einer bloßen Beteiligung und verbrieften Anteilen richtet sich der Anspruch auf Herausgabe auf den Besitz an den Anteilen, bei unverbrieften Anteilen auf die Beseitigung des Rechtsscheins der Inhaberschaft. Sofern ein Rechtsschein der Inhaberschaft gegeben ist, kann dieser bei unwirksamer Übertragung von GmbH-Anteilen beispielsweise durch die Löschung des Erwerbers aus der Gesellschafterliste beim Handelsregister oder, sofern noch keine Eintragung in die Gesellschafterliste erfolgt ist, durch Herausgabe der notariellen Übertragungsurkunde erfolgen. Bei unwirksamen Übertragungen von Beteiligungen an einer KG oder oHG ist die Löschung des Erwerbers als Gesellschafter aus dem Handelsregister erforderlich. Bei der GbR wird wegen ihrer Struktur hingegen ein Rechtsschein regelmäßig nicht gegeben sein. Ist die Herausgabe des Unternehmens, des Unternehmensteils oder der Anteile nicht möglich, beispielsweise weil das Unternehmen vollständig und untrennbar in ein anderes integriert oder liquidiert wurde, sehen die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung mit § 818 Abs. 2 BGB statt der Rückgabe eine Wertersatzpflicht vor. Der zur Ermittlung des Wertes maßgebliche Zeitpunkt ist grundsätzlich derjenige, in dem der Anspruch auf Herausgabe entsteht.234 Wenn die Unmöglichkeit zur Herausgabe erst später eintritt, ist dies der zur Ermittlung des Wertes maßgebliche Zeitpunkt.235 cc) Kaufpreis Der Anspruch des Erwerbers auf Rückzahlung des Kaufpreises richtet sich ausschließlich nach den Grundsätzen über die ungerechtfertigte Bereicherung. Da der Erwerber den Kaufpreis in der Regel freiwillig gezahlt haben wird, beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen auf die Leistungskondiktion. Welcher Fall der Leistungskondiktion vorliegt, hängt jedoch von der jeweiligen Situation und den konkreten Vereinbarungen der Parteien ab. Vgl. H.-H. Klumpp, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf6, 4. Kap. Rdnr. 1; Beckmann, in: Staudinger, BGB, § 453 Rdnr. 22. 234 BGH, Urteil vom 07.10.1994, V ZR 4/94, NJW 1995, 53; Urteil vom 05.07.2006, VIII ZR 172/05, NJW 2006, 2847; Sprau, in: Palandt, BGB71, § 818 Rdnr. 20. 235 BGH, Urteil vom 05.07.2006, VIII ZR 172/05, NJW 2006, 2847 (2851); Schwintowski, JZ 1987, 588 (589). 233
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In Betracht kommt zunächst eine Kondiktion wegen Fehlens eines rechtlichen Grundes gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (condictio indebiti), wenn die Parteien den Vertrag aufschiebend bedingt haben. Ferner kommt eine Kondiktion wegen Wegfalls des rechtlichen Grundes mit Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB (condictio ob causam finitam) in Betracht, wenn die Parteien den Vertrag auflösend bedingt haben. Nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 bzw. S. 2 Alt. 1 BGB ist derjenige, der durch Leistung eines anderen etwas erwirbt, zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet, wenn der Rechtsgrund für die Leistung fehlt oder später wegfällt. Denkbar wäre ferner ein Anspruch aus § 817 S. 1 BGB wegen Verstoßes der Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot. In Betracht käme allerdings lediglich ein Verstoß der Annahme der Leistung gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 BGB. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass die Kaufpreiszahlung in der Regel gerade nicht unter das Vollzugsverbot fällt, es sei denn, die Kaufpreiszahlung bewirkt bereits eine tatsächliche, da durch die Zielgesellschaft eingeräumte, Einflussmöglichkeit.236 Schließlich kommt eine Zweckverfehlungskondiktion im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB (condictio ob rem) in Betracht. Der mit der Zahlung des Kaufpreises verfolgte Zweck müsste dann allerdings in der bestandskräftigen Vollendung eines Zusammenschlusstatbestands gemäß § 37 Abs. 1 BGB liegen, denn der Zweck, einfach nur einen Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB zu verwirklichen, ist in den Fällen, in denen die Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB in Betracht kommt, erreicht. In der Regel wird ein solcher Zweck aber nicht vereinbart sein, da es den Parteien nach dem Inhalt des Unternehmens- oder Beteiligungskaufvertrags regelmäßig nur um den Erwerb der konkreten Beteiligung oder des Unternehmens gehen wird. In diesem Fall stellt die Zahlung aber lediglich eine Erfüllungshandlung dar. Die Erwartung, dass auch die Gegenleistung wirksam erbracht werde, stellt grundsätzlich keinen besonderen Zweck im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB dar.237 Der Kondiktionsausschluss nach § 814 BGB ist nicht einschlägig, da der Kaufpreis in der Regel in der Hoffnung gezahlt werden wird, dass der Rechtsgrund noch entsteht. Da die Kaufpreiszahlung nicht gegen das Vollzugsverbot verstößt238, ist die Kondiktion auch nicht gemäß § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen.
236 237 238
Siehe oben Teil 2, A. I. 1. b) bb). Schwab, in: MüKo BGB5, § 812 Rdnr. 374. Siehe oben.
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dd) Zuweisung des Risikos bei Wertveränderungen Fraglich ist aber, wer im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Abwicklung das Risiko von Wertminderungen am Bereicherungsgegenstand trägt. Einen Anspruch des Bereicherungsgläubigers auf Wertersatz sieht § 818 Abs. 2 BGB ausdrücklich nur für den Fall vor, dass die Herausgabe, hier also die Wiedereinräumung des Besitzes oder der Leitungsmöglichkeit des Unternehmens, nicht möglich ist. Ein an Wert eingebüßter Gegenstand kann grundsätzlich weiterhin herausgegeben werden. Denn durch den bloßen Umstand, dass er nicht mehr im ursprünglichen Zustand herausgegeben werden kann, wird die Herausgabe nach § 812 Abs. 1 BGB nicht unmöglich, so lange der Gegenstand seine Identität nicht verliert.239 Wenn die Herausgabe des Erlangten nur zum Teil möglich ist, ist fraglich, ob und wie der Bereicherungsgläubiger Ersatz für den nicht herausgabefähigen Teil verlangen kann. Unstreitig ist Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB auch dann zu leisten, wenn das Erlangte in mehreren selbstständigen Gegenständen oder vertretbaren Sachen besteht und ein Teil dieser Gegenstände oder eine bestimmte Menge davon nicht mehr herausgegeben werden kann.240 Unterschiedlich wird jedoch die Ersatzpflicht des Bereicherungsschuldners für den Fall beurteilt, in dem das Erlangte beschädigt ist, ohne infolge der Beschädigung seine Identität eingebüßt zu haben. Zum Teil wird eine Ersatzpflicht des Bereicherungsschuldners bei Beschädigung des Erlangten nur dann angenommen, wenn der Bereicherungsschuldner verschärft haftet. Dann habe der Bereicherungsschuldner gemäß §§ 818 Abs. 4, 292, 989 BGB Schadensersatz zu leisten, was voraussetzt, dass die Beschädigung schuldhaft verursacht wurde.241 Die Gegenauffassung befürwortet auch für Beschädigungen des Erlangten eine verschuldensunabhängige Ersatzpflicht gemäß § 818 Abs. 2 BGB (analog).242 Richtig ist, dass nach dem Gesetzeswortlaut des § 818 Abs. 2 BGB ein Wertersatzanspruch für den Fall der teilweisen Unmöglichkeit der Herausgabe nicht vorgesehen ist. Dennoch ist der Auffassung zu folgen, die dem 239
BGH, Urteil vom 05.07.2006, VIII ZR 172/05, NJW 2006, 2847 (2849); Canaris, Handelsrecht24, § 8 IV 2 Rdnr. 54; Schöne, ZGR 2000, 86 (94); Schwintowski, JZ 1987, 588 (589 f.); Lorenz, in: Staudinger, BGB, § 818 Rdnr. 21. Siehe auch Sprau, in: Palandt, BGB71, § 818 Rdnr. 24: „in seinem Kern verändert“. 240 Schwab, in: MüKo BGB5, § 818 Rdnr. 48; Lorenz, in: Staudinger, BGB, § 818 Rdnr. 22. 241 Lorenz, in: Staudinger, BGB, § 818 Rdnr. 22. 242 Schwab, in: MüKo BGB5, § 818 Rdnr. 48, Wendehorst, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 818 Rdnr. 24; Sprau, in: Palandt, BGB71, § 818 Rdnr. 18: „Hingg steht teilw Unmmöglichk, zb bei Beschädigg, Veränderung, teilw Verbrauch der Sache, der HerausgPfl nicht entgg [. . .], dann ist die Differenz auszugleichen.“.
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Bereicherungsgläubiger einen solchen Anspruch nach § 818 Abs. 2 BGB (analog) zuspricht, da der Schutz des Schuldners richtigerweise erst im Rahmen des § 818 Abs. 3 BGB erfolgt243. Ob der Anspruch durchsetzbar ist, richtet sich daher danach, ob sich der Bereicherungsschuldner im Rahmen der Durchsetzung der Bereicherungsansprüche auf die Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen kann. Die Durchsetzung der gegenseitigen Bereicherungsansprüche erfolgt in synallagmatischen Rechtsverhältnissen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes durch Saldierung der gegenseitigen Bereicherungsansprüche, so dass im Ergebnis nur ein Bereicherungsanspruch zu Lasten desjenigen besteht, auf dessen Seite nach der Saldierung ein Überschuss besteht (Saldotheorie).244 Heben sich die geschuldeten Leistungen gegenseitig auf, kommt man daher garnicht erst zur Frage der Entreicherung des § 818 Abs. 3 BGB. Schuldet der Verkäufer dem Käufer also bereicherungsrechtlich die Rückzahlung des Kaufpreises und der Käufer gemäß § 818 Abs. 2 BGB die Herausgabe des Wertes des übertragenen Gegenstands, der 500,– Euro unter dem Kaufpreis liegt, so hat der Verkäufer dem Erwerber lediglich die Differenz zwischen Wert und Kaufpreis, also 500,– Euro zurückzuzahlen. Der Gegenanspruch stellt demnach einen Abzugsposten im Rahmen des Anspruchs auf Kaufpreisrückzahlung dar. Die Saldotheorie findet nach herrschender Auffassung auch Anwendung bei ungleichartigen Bereicherungsansprüchen, beispielsweise wenn einem Anspruch auf Herausgabe eines Gegenstandes auf der einen Seite ein Anspruch auf Herausgabe von Geld auf der anderen Seite gegenüber steht. Sie werde dann dadurch verwirklicht, dass der Bereicherungsgläubiger seinen Bereicherungsanspruch nur Zug um Zug gegen Rückgewähr der seinerseits empfangenen Leistung durchsetzen könne, ohne dass er ein Zurückbehaltungsrecht ausüben müsse.245 Wenn sich der Bereicherungsanspruch auf den Gegenstand in einem Zustand richte, dem er bei tatsächlicher Herausgabe nicht entspricht, sei Zug um Zug gegen Herausgabe des beschädigten Gegenstandes die um den Minderwert So Canaris, Handelsrecht24, § 8 IV 2, Rdnr. 55. BGH, Urteil vom 19.01.1951, I ZR 15/50, BGHZ 1, 75 (81); Urteil vom 11.11.1994, V ZR 116/93, NJW 1995, 454 (455); Urteil vom 20.03.2001, XI ZR 213/00, NJW 2001, 1863 (1864); Versäumnisurteil vom 24.10.2003, V ZR 24/03, LMR 2004, 48; Urteil vom 05.07.2006, VIII ZR 172/05; NJW 2006, 2847; Urteil vom 09.07.2007, II ZR 62/06, NJW 2007, 3425 (3427 ff.); Urteil vom 21.01.2011, V ZR 243/09, NJW 2011, 1436 (1438). 245 BGH, Urteil vom 24.06.1963, VII ZR 229/62; NJW 1963, 1870; Urteil vom 10.02.1999, VIII ZR 314/97, NJW 1999, 1181 (1182); Versäumnisurteil vom 24.10.2003, V ZR 24/03, NJW-RR 2004, 229 (231); Beschluss vom 10.12.2007, II ZR 82/07, FD-HGR 2008, 251682; Lorenz, in: Staudinger, BGB, § 818 Rdnr. 47. Dazu auch Finkenauer, NJW 2004, 1704 (1705). Vgl. auch Urteil vom 2.12.2004 – IX ZR 200/03, JuS 2005, 464 (465). 243 244
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herabgesetzte Gegenleistung zurückzuzahlen.246 Der Erwerber trägt nach der Saldotheorie demnach auch bei ungleichartigen Bereicherungsansprüchen grundsätzlich das Risiko, dass er den Gegenstand nicht mehr wie geschuldet herausgeben kann. Die Gegenauffassung befürwortete dagegen ursprünglich zur Abwicklung gegenseitiger Bereicherungsansprüche aus synallagmatischen Rechtsverhältnissen die isolierte Betrachtung der gegenseitigen Kondiktionsansprüche, die nur über ein Zurückbehaltungsrecht bzw. bei Gleichartigkeit der Bereicherungsansprüche über die Aufrechnung verbunden werden konnten (strenge Zweikondiktionenlehre).247 Da dies aber bei Verschlechterung oder Untergang der Leistung zu ungerechten Ergebnissen führte, wird heute eine modifizierte Form der Zweikondiktionenlehre vertreten: Die Möglichkeit der Entreicherung sei teleologisch insoweit zu beschränken, wie der Bereicherungsschuldner die Verschlechterung durch ein zurechenbares Verhalten verursacht hat.248 Eine Verschlechterung sei dem Bereicherungsschuldner zurechenbar, wenn sie auf einem Verhalten beruhe, das, bei Kenntnis von der Rechtsgrundlosigkeit des Erwerbs, ein Verschulden darstellen würde.249 Im Hinblick auf zurechenbar herbeigeführte Verschlechterungen des Bereicherungsgegenstandes könnte sich der Erwerber demnach nicht auf die Entreicherung berufen. Der Bereicherungsgläubiger könnte daher mit dem Kaufpreis in entsprechender Höhe die Aufrechnung erklären. In diesen Fällen trägt also grundsätzlich, im Ergebnis wie bei Anwendung der Saldotheorie, der Erwerber das Risiko, dass er das Erlangte nicht unbeschädigt herausgeben kann. In den Fällen, in denen sich der Bereicherungsschuldner wirksam auf die Entreicherung des § 818 Abs. 3 BGB berufen kann, beispielsweise weil ihm die Verschlechterung nicht zurechenbar ist, trägt der Sachgläubiger das Risiko eines Wertverlusts, in den hier untersuchten Fällen also der Verkäufer des Unternehmens. Beiden Ansätzen, Saldotheorie und modifizierter Zweikondiktionenlehre, ist demnach gemeinsam, dass der Erwerber grundsätzlich das Risiko trägt, das Erlangte nicht mehr herausgeben zu können, wie geschuldet. Zur Untersuchung, ob dies auch für Wertverluste eines übergebenen Unternehmens bzw. von Anteilen daran zutrifft, wird zwischen marktbedingten und von dem Erwerber zu vertretenden Wertverlusten unterschieden.
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Kaiser, S. 303 f. Oertmann, DJZ 1915, 1063; v. Thur, DJZ 1916, 582. 248 Siehe Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, § 73 III 2., S. 325; Beuthien, Jura 1979, 532 (535). 249 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, § 73 III 4., S. 328. 247
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(1) Marktbedingte Wertverluste In den Fällen des unwirksamen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäfts schuldet der Erwerber die Herausgabe des Besitzes an den Anteilen bzw. die Rückübertragung der Leitungsmöglichkeit an dem Unternehmen. Wie soeben herausgearbeitet trägt der Erwerber das Risiko, das Erlangte nicht mehr so herausgeben zu können, wie geschuldet. Zunächst ist demnach zu untersuchen, wie die Herausgabe geschuldet ist. Bei Unternehmen und Beteiligungen daran ist insoweit zu berücksichtigen, dass Veränderungen und marktbedingte Wertschwankungen einem Unternehmen grundsätzlich immanent sind, da es sich insoweit um eine lebende Einheit handelt.250 Ein Unternehmen ist daher grundsätzlich nur in dem Zustand herauszugeben, in dem es sich im Zeitpunkt der Herausgabe befindet.251 Dieser Grundsatz gilt erst recht für die Herausgabe des Besitzes bzw. der Leitungsmöglichkeit des Unternehmens. Selbst wenn das Unternehmen daher zwischenzeitlich marktbedingt an Wert verloren hat, ist Wertersatz insoweit nicht zu leisten. Dies ist auch sachgerecht, da der Bereicherungsgläubiger nach Durchführung des Bereicherungsausgleichs nicht besser stehen darf, als er gestanden hätte, hätte es den zum Bereicherungsausgleich führenden Leistungsaustausch nie gegeben.252 „Das Erlangte“ ist bei unwirksamem Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft bei Vermögens- oder Anteilserwerb daher mit der Wiedereinräumung des Besitzes an den Anteilen bzw. der Leitungsmöglichkeit des Unternehmens bzw. der Beseitigung des Rechtsscheins der Inhaberschaft der Beteiligung vollständig herausgegeben, unabhängig davon, ob das Unternehmen zwischenzeitlich marktbedingt an Wert verloren hat. Auf die Grundsätze über die teilweise Unmöglichkeit der Herausgabe kommt es bei marktbedingten Wertminderungen daher nicht an. Das Risiko marktbedingter Wertverluste trägt demnach grundsätzlich der Bereicherungsgläubiger253, d. h. der Verkäufer des Unternehmens bzw. der Anteile. Er muss den vollen Kaufpreis zurückzahlen, auch wenn er im Zuge 250
Canaris, Handelsrecht24, § 8 IV, 2. Rdnr. 54; Schwintowski, JZ 1987, 588
(589). Canaris, Handelsrecht24, § 8 IV, 2. Rdnr. 54. BGH, Urteil vom 06.12.1991, V ZR 311/89, NJW 1992, 1037 (1038). 253 Vgl. Hellwege, Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge als einheitliches Problem (2004), S. 393; vgl. auch § 287 BGB, demzufolge auch im Fall des Verzugs für zufällig eintretende Schäden nicht gehaftet wird, sofern der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten wäre. 251 252
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des Bereicherungsausgleichs nur ein im Wert vermindertes Unternehmen bzw. im Wert geminderte Anteile an einem solchen zurückerhält. Anders kann es dagegen liegen, wenn der Erwerber in dem Bereicherungsgläubiger durch schuldhaft falsche Aufklärung falsche Hoffnungen über die Chancen einer kartellbehördlichen Freigabe geweckt hat. Dann ist ein Schadensersatzanspruch des Bereicherungsgläubigers gegen den Bereicherungsschuldner gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB auf Ersatz des negativen Interesses möglich; der Bereicherungsgläubiger kann demnach verlangen, so gestellt zu werden, als wäre er ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Kann er darlegen und ggf. beweisen, dass er das Unternehmen oder die Anteile dann an einen Dritten verkauft hätte, so hat der Erwerber ihm auch den marktbedingten Wertverlust zu erstatten. In den hier untersuchten Fällen, in denen die Parteien die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts aufschiebend oder auflösend von der Freigabe durch das Bundeskartellamt abhängig gemacht haben, trägt demnach grundsätzlich der Veräußerer das Risiko marktbedingter Wertverluste. (2) Von dem Erwerber zu vertretende Wertminderung Anders zu beurteilen ist aber der Fall der Verschlechterung des Unternehmens254 und somit auch der Fall, in dem die Leitungsmöglichkeit an einem verschlechterten Unternehmen oder der Besitz der Anteile an einem solchen Unternehmen herauszugeben ist. Insoweit liegt nämlich eine teilweise Unmöglichkeit der Herausgabe vor, so dass nach hier vertretener Auffassung255 grundsätzlich neben der Herausgabe ergänzend Wertersatz zu leisten ist. Verschlechterungen im Sinne einer Beschädigung des Unternehmens sind einem solchen nämlich nicht immanent. Ob der Wertersatzanspruch durchsetzbar ist, richtet sich danach, ob sich der Erwerber auf die Entreicherung berufen kann. Nach der Saldotheorie kommt die Berufung auf die Entreicherung ohnehin nur in Betracht, wenn eine Seite mehr herauszugeben hat, als die andere. Soweit allerdings gleichartige Bereicherungsansprüche bestehen, findet nach der Saldotheorie eine automatische Aufrechnung statt, so dass ein Leistungsaustausch nicht zu erfolgen hat. So liegt es auch hier: Im Hinblick auf den Besitz an den Anteilen bzw. der Leitungsmöglichkeit des Unternehmens ist das Erlangte gegen Herausgabe des entsprechenden Wertes durch den Verkäufer zurückzugeben. Im Hinblick auf den ergänzenden Wertersatzanspruch nach § 818 Abs. 2 BGB analog liegen gleichartige Bereicherungsansprüche vor (Wertersatz254 255
Siehe Canaris, Handelsrecht24, § 8 IV, 2. Rdnr. 55. Siehe oben unter (1).
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anspruch des Verkäufers steht dem Kaufpreisrückzahlungsanspruch des Erwerbers gegenüber). Insoweit darf daher jede Seite „ihre“ Leistung behalten. Der Verkäufer behält demnach den Kaufpreis, während der Erwerber seine „Entreicherung“ selbst zu tragen hat. Nach der Zweikondiktionenlehre kann sich der Erwerber ebenfalls nicht auf die Entreicherung berufen, wenn ihm die Verschlechterung zurechenbar ist. Dem Erwerber zurechenbare Wertverluste können beispielsweise daraus resultieren, dass dieser dem Unternehmen Vermögensgegenstände, Kunden oder ganze Kundenkreise entzieht. Dahinter steht der Gedanke, dass § 818 Abs. 3 BGB grundsätzlich zwar den guten Glauben an das Bestehen des Geschäfts schützen soll und damit auch den guten Glauben daran, mit „seinem“ Gegenstand nach eigenem Belieben umgehen zu dürfen.256 Gleichzeitig geht aber derjenige, der von der Wirksamkeit des Geschäfts ausgeht, auch davon aus, dass seine Gegenleistung verloren ist. Der Bereicherungsschuldner muss daher damit rechnen, dass jede seiner Handlungen, die zusätzlich den für die Gegenleistung empfangenen Gegenstand verschlechtert, ihm selbst einen Schaden zufügt.257 Es wäre daher kaum zu rechtfertigen, das Risiko, dass der Bereicherungsschuldner den Gegenstand zurechenbar zerstört oder in seinem Wert mindert, dem Bereicherungsgläubiger zuzuweisen. Darüber hinaus wird die Berufung auf die Entreicherung aber auch schon deshalb ausscheiden, weil der Erwerber in der Regel seit Erlangen des Besitzes an den Anteilen bzw. Erwerb der Leitungsmöglichkeit des Unternehmens „verschärft“ haften wird, sich der verschärft Haftende auf die Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB aber nicht berufen kann258. Der Bereicherungsschuldner haftet in folgenden Fällen „verschärft“: ab Eintritt der Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs (§ 818 Abs. 4 BGB), wenn der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes kennt (§ 819 Abs. 1 BGB), bei Gesetzes- oder Sittenverstoß (§ 819 Abs. 2 BGB) und wenn sich beide Parteien über die Unbeständigkeit des von ihnen geschlossenen Geschäfts im Klaren sind und die Leistungen dennoch austauschen (§ 820 BGB).
256 Canaris, in: FS Lorenz (1991), S. 19 (20); Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, § 73 III 2., S. 324. 257 Vgl. Canaris, in: FS Lorenz (1991), S. 19 (20 f.); siehe auch Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, § 73 III 2., S. 324. 258 BGH, Urteil vom 07.01.1971, VII ZR 9/70, BGHZ 55, 128 (135) – „Flugreisefall“; Urteil vom 14.10.1971, VII ZR 313/69, BGHZ 57, 137 (150); Urteil vom 26.10.1978, VII ZR 202/76, BGHZ 72, 252 (254), Sprau, in: Palandt, BGB71, § 818 Rdnr. 53.
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(a) Verschärfte Haftung nach § 819 Abs. 2 BGB In den Fällen des formell illegalen Vollzugs eines Unternehmenszusammenschlusses im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB findet insbesondere die verschärfte Haftung wegen Gesetzesverstoßes gemäß § 819 Abs. 2 BGB Anwendung, da der Erwerber mit dem Empfang der Leistung, durch die ein Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB vollzogen wird, gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB verstößt. Das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB stellt ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 138 BGB dar.259 Gemäß § 818 Abs. 4 BGB richten sich die Ansprüche des Bereicherungsgläubigers ab dem Zeitpunkt der verschärften Haftung des Bereicherungsschuldners „nach den allgemeinen Vorschriften.“ Dies schließt auch die Berufung auf die Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB aus.260 (b) Verschärfte Haftung nach § 820 Abs. 1 BGB Zwei weitere Tatbestände der verschärften Haftung sieht § 820 Abs. 1 BGB für die Fälle vor, in denen entweder die Parteien die Leistung erbracht haben, obwohl die Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks unsicher war (S. 1) oder wenn die Parteien geleistet haben, obwohl sie den Wegfall des Rechtsgrundes für möglich hielten (S. 2). Die Haftungstatbestände des § 820 BGB erfassen im Gegensatz zu den anderen Tatbeständen der verschärften Haftung den Fall, dass auch der Verkäufer wusste, dass die Leistung möglicherweise keinen Bestand hat. Dem trägt § 820 Abs. 2 BGB Rechnung, indem dem Bereicherungsschuldner zum Teil der Entreicherungseinwand wieder eingeräumt wird. Die Wertung des § 820 Abs. 2 BGB muss daher dort, wo sie anwendbar ist, auch auf die verschärfte Haftung des Erwerbers nach anderen Tatbeständen, hier § 819 Abs. 2 BGB durchschlagen. § 820 Abs. 1 S. 2 BGB findet insbesondere dann Anwendung, wenn beiden Parteien die Erforderlichkeit einer Freigabe ihres Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt bewusst war und sie dennoch, in Kenntnis dessen, dass der Rechtsgrund für die Leistung möglicherweise wegfallen könnte, Leistungen übertragen haben. § 820 BGB findet ausweislich seines Wortlauts jedoch nur für die Fälle der condictio ob rem (§ 820 Abs. 1 S. 1 BGB) sowie der condictio ob causam finitam (§ 820 Abs. 1 S. 2 BGB) Anwendung. Im Folgenden wird daher zwischen möglichen Gründen der Un259 260
Siehe oben bei Fn. 23, S. 92. Siehe oben, Fn. 258, S. 155.
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wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts differenziert, da der Zeitpunkt bzw. die Wirkungsweise der Unwirksamkeit darüber entscheidet, ob die Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (condictio indebiti) oder nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB (condictio ob rem) zu erfolgen hat. (aa) Verschärfte Haftung bei auflösend bedingtem Verpflichtungsgeschäft Das Verpflichtungsgeschäft, also den Kaufvertrag über ein Unternehmen, einen Unternehmensteil oder Anteile an einem Unternehmen, können die Parteien zunächst vollwirksam abschließen und dessen Fortfall nur für den Fall der Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt vereinbaren. Eine solche Vereinbarung stellt einen auflösend bedingten Vertrag im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB dar. Ist der Vertrag im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB auflösend bedingt, so erlischt er mit Eintritt der Bedingung ex nunc, also mit Wirkung für die Zukunft.261 Die Rückforderung von bereits ausgetauschten Leistungen erfolgt in diesem Fall nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB (condictio ob causam finitam). Die Vorschriften über die Abwicklung innerhalb eines bestehenden vertraglichen Schuldverhältnisses sind nämlich nicht anwendbar, ein wirksamer Vertrag zwischen den Parteien besteht im Zeitpunkt der Auflösung nicht mehr. § 820 Abs. 1 S. 2 i. V. m. S. 1 BGB sieht für den Fall der condictio ob causam finitam, also bei späterem Wegfall des rechtlichen Grundes, eine Möglichkeit der verschärften Haftung des Bereicherungsschuldners vor. Die Vorschrift setzt voraus, dass die Parteien den Wegfall des rechtlichen Grundes, auf dessen Grundlage die Leistung erbracht wurde, nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts für möglich gehalten haben. Einen Rechtsgrund für die Leistung stellt in dem hier untersuchten Fall das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft dar, durch das die Verpflichtung zur Übertragung des Unternehmens, Unternehmensteils oder der Beteiligung daran begründet wird. Die Voraussetzungen des § 820 Abs. 1 S. 2 BGB sind insbesondere dann erfüllt, wenn die Parteien einen späteren Wegfall des Rechtsgrundes selbst vorsehen, beispielsweise, indem sie das Erlöschen des Verpflichtungsgeschäfts für den Fall vereinbaren, dass das Bundeskartellamt den Zusammenschluss untersagt. Indem die Parteien die Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt zur auflösenden Bedingung ihres Vertrags machen, setzen sie die Ursache für einen möglichen späteren Wegfall des Rechtsgrundes selbst. Der Bereicherungsschuld261 Zur Unwirksamkeit nur für die Zukunft, also ex nunc in diesen Fällen vgl. Rövekamp, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 158 Rdnr. 23.
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ner haftet in diesen Fällen daher verschärft gemäß § 820 BGB. Gemäß § 820 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Empfänger in diesen Fällen zur Herausgabe so verpflichtet, als wäre der Anspruch auf Herausgabe zum Zeitpunkt des Empfangs der Leistung rechtshängig geworden. Er haftet also gemäß §§ 818 Abs. 4 BGB nach den allgemeinen Vorschriften, kann sich auf die Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB daher nicht berufen.262 (bb) Verschärfte Haftung bei aufschiebend bedingtem Verpflichtungsgeschäft? Die Parteien können die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts ferner gemäß § 158 Abs. 1 BGB von der Freigabe des Zusammenschlusses durch die Kartellbehörde abhängig gemacht haben (aufschiebende Bedingung). Bis zum Eintritt der Bedingung bestehen zwar Treuepflichten263, jedoch noch kein wirksames Verpflichtungsgeschäft. Die bestandskräftige Untersagung des Zusammenschlusses verhindert dann den Eintritt der Bedingung mit der Folge, dass das Verpflichtungsgeschäft endgültig unwirksam wird. Tauschen die Parteien bereits vorher die im Vertrag vorgesehenen Leistungen aus, so richtet sich die Rückforderung im Fall des Ausbleibens der aufschiebenden Bedingung wie im Fall der schwebenden Unwirksamkeit nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (condictio indebiti). § 820 Abs. 1 BGB findet auf die condictio indebiti seinem Wortlaut nach aber keine Anwendung. Die pauschale Nichtanwendung des § 820 Abs. 1 BGB im Fall der aufschiebenden Bedingung des Verpflichtungsgeschäfts würde aber dazu führen, dass in einer grundsätzlich gleichen Ausgangssituation unterschiedliche Rechtsfolgen eintreten können: Sowohl im Fall der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung als auch im Fall der aufschiebenden Bedingung sind sich die Parteien nämlich darüber im Klaren, dass die Übertragung des Gegenstands erfolgt, obwohl wegen des Inhalts ihres Rechtsgeschäfts ungewiss ist, ob die schuldrechtliche Vereinbarung über die Verpflichtung zur Übertragung Bestand haben bzw. Bestand erlangen wird. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass im Fall der aufschiebenden Bedingung ein wirksamer Rechtsgrund (vorläufig) noch nicht besteht, während im Fall der auflösenden Bedingung des Vertrags der schuldrechtliche Anspruch zunächst entsteht, ein Anspruch des Erwerbers auf die Sache also zunächst wirksam begründet wird. Ein Grund dafür, dass der Erwerber, wenn er zunächst einen in seinem Bestand unsicheren Anspruch auf die Sache erhält, bei späterer Rückabwicklung einer weiterge262 263
Siehe oben, Fn. 258, S. 155. BGH, Urteil vom 14.03.1984, VIII ZR 284/82, NJW 1984, 2034 (2035).
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henden, nämlich verschärften, Haftung ausgesetzt sein soll, als wenn er von Anfang an einen aufschiebend bedingten Anspruch auf die Leistung hatte, erschließt sich nicht. Die verschärfte Haftung des Erwerbers nur im Fall der auflösenden Bedingung kann insbesondere nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, der Verkäufer müsse im Fall der Übertragung trotz aufschiebender Bedingung des Verpflichtungsgeschäfts mithaften, da er wisse, dass eine Verpflichtung zur Leistung nicht bestehe, während im Fall der auflösenden Bedingung der Käufer einen durchsetzbaren Anspruch auf die Leistung habe. Eine solche Argumentationsstruktur wäre formalistisch: Auch der aufschiebend bedingte Kaufvertrag legt den Parteien nämlich bereits Pflichten, insbesondere Treuepflichten auf. Sie können sich von der Verpflichtung nicht mehr ohne weiteres lösen.264 In beiden Fällen gibt daher nur die Entscheidung des Bundeskartellamts Aufschluss darüber, ob der schuldrechtliche Vertrag Bestand hat oder nicht. Der unterschiedliche Haftungsmaßstab ist daher nicht gerechtfertigt. Diesen Wertungswiderspruch versucht ein Teil der Rechtsprechung und der Lehre dadurch aufzulösen, dass sie den Zweck der Leistung auf einen erkannt noch unwirksamen Vertrag nicht in der Erfüllung der künftigen Verbindlichkeit sieht, wie es die condictio indebiti nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB erfordert. Die Leistung erfolge in solchen Fällen vielmehr in der Absicht, die Gegenseite zum freiwilligen Austausch der Leistungen zu bewegen, und zwar unabhängig von dem Bestehen der Verbindlichkeit. Es liege daher kein Fall der condictio indebiti, sondern ein Fall der condictio ob rem (Zweckverfehlungskondiktion) gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB vor.265 Auf die Zweckverfehlungskondiktion findet § 820 Abs. 1 S. 1 BGB direkte Anwendung. Überzeugender erscheint es dagegen, § 820 Abs. 1 S. 2 i. V. m. S. 1 BGB für die Fälle der condictio indebiti, in denen die Parteien den Vertrag trotz Ungewissheit über das Wirksamwerden der schuldrechtlichen Verpflichtung erfüllen, analog anzuwenden.266 Es wirkt nämlich konstruiert, den Zweck einer Leistung vor dem Wirksamwerden eines bereits geschlossenen Verpflichtungsgeschäfts nicht darin zu sehen, die (künftige) Verpflichtung zu erfüllen, sondern darin, den Leistungsaustausch unabhängig von der Wirk264
Siehe oben bei Fn. 263, S. 158. BGH, Urteil vom 26.09.1975, V ZR 180/73, NJW 1976, 237 (238); Sprau, in: Palandt, BGB71, § 812 Rdnr. 33; siehe auch Lorenz, in: Staudinger, BGB, § 812 Rdnr. 110. So ohne nähere Begründung auch Kohler, NJW 1988, 1054 (1056). 266 So wohl BGH, Urteil vom 08.06.1988, IVb ZR 51/87, NJW 1989, 161 (162); Urteil vom 20.10.2005, III ZR 37/05, NJW 2006, 286 (288); Schwab, in: MüKo BGB5, § 820 Rdnr. 2; Singer, JR 1983, 356 (360); dorthin tendiert unter engen Voraussetzungen auch Wendehorst, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 820 Rdnr. 8. 265
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samkeit des Verpflichtungsgeschäfts vorzunehmen. Den Parteien ist der wirksame Bestand des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts nämlich regelmäßig gerade nicht gleichgültig. Scheitert das Verpflichtungsgeschäft, so ist der Empfänger grundsätzlich dem bereicherungsrechtlichen Herausgabeanspruch des Veräußerers ausgesetzt. Bei lebensnaher Auslegung des Verhaltens der Kaufvertragsparteien, die die Leistungen schon vor voller Wirksamkeit des geschlossenen Vertrages austauschen, ist vielmehr zu unterstellen, dass es den Parteien lediglich um eine Vorwegnahme der späteren Verpflichtung geht. Etwas anderes kann lediglich dann gelten, wenn durch den Leistungsaustausch die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Geschäfts bewirkt wird, also insbesondere im Fall der Schenkung. Eine Schenkung wird durch die Kaufvertragsparteien aber in der Regel nicht gewollt sein. Würde man den Leistungszweck in dem Austausch der Leistungen unabhängig von der Wirksamkeit des schuldrechtlichen Geschäfts sehen, wäre die spätere Rückforderung nach Bereicherungsrecht zudem nach § 814 BGB ausgeschlossen. Die Rückforderung des Geleisteten wegen Fehlens eines Rechtsgrundes müsste dann nämlich konsequenterweise als widersprüchliches Verhalten angesehen werden und verstieße damit gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB. Die Voraussetzungen einer Analogie sind für den Fall der Leistung auf einen von beiden Parteien als noch unwirksam erkannten Vertrag erfüllt. Hierzu bedarf es einer planwidrigen Regelungslücke267, und einer mit der geregelten Situation vergleichbaren Interessenlage. Eine Interessenlage ist mit der gesetzlich geregelten vergleichbar, wenn der zu beurteilende Sachverhalt mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, in rechtlicher Hinsicht so weit vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre.268 Die vorliegend zu betrachtende Interessenlage ist mit derjenigen bei Leistung auf einen erkannt nur vorläufig wirksamen Vertrag vergleichbar. In beiden Fällen sind sich die Parteien über die Unsicherheit hinsichtlich des endgültigen Bestands ihrer schuldrechtlichen Einigung bewusst und tauschen dennoch die in dem Vertrag vereinbarten Leistungen aus. Bei lebensnaher Betrachtung ist das Motiv, das hierhinter steckt, dasselbe: Die Vorwegnahme der Erfüllung der vertraglich vereinbarten Verpflichtungen in der Erwartung (und sei es auch nur die Hoffnung), dass der schuldrechtliche Vertrag wirksam werden bzw. bleiben wird. Der Schutzgedanke, der hinter der Regelung des § 820 Abs. 1 S. 2 BGB steckt, trifft ferner auch auf den 267 268
Larenz/Canaris, Methodenlehre d. Rechtswissenschaft3, S. 194 ff. BGH, Urteil vom 13.03.2003, I ZR 290/00, NJW 2003, 1932 (1933).
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Fall der aufschiebenden Bedingung zu. § 820 Abs. 1 S. 2 ordnet eine verschärfte Haftung des Bereicherungsschuldners nämlich deshalb an, weil der Empfänger von Anfang an mit seiner Herausgabepflicht rechnen muss.269 Der Kenntnis auch des Bereicherungsgläubigers von einer möglichen Rückabwicklung wird durch die Beschränkung im Hinblick auf Zinsen und Nutzungen nach § 820 Abs. 2 BGB Rechnung getragen. Insoweit unterscheidet sich die Regelung des § 820 BGB von § 819 BGB. Es ist daher anzunehmen, dass der Gesetzgeber für den hier untersuchten Fall des aufschiebend bedingten Geschäfts ebenfalls eine verschärfte Haftung im Sinne des § 820 Abs. 1 BGB vorgesehen hätte, hätte er einen solchen Fall bei der Gesetzgebung bedacht. Auch eine planwidrige Regelungslücke liegt vor. Die §§ 812 ff. regeln den Fall, in dem die Parteien bewusst auf einen aufschiebend bedingten Vertrag leisten nicht. Die Vorschrift des § 814 BGB regelt den Fall der Leistung auf einen beiderseitig als unwirksam erkannten Vertrag deshalb nicht, weil diese Regelung eine Ausprägung von Treu und Glauben darstellt.270 Sie soll den Erwerber in seinem Vertrauen darauf, die Leistung behalten zu dürfen, schützen und findet daher keine Anwendung, wenn der Erwerber trotz Kenntnis des Leistenden von seiner Nichtschuld nicht darauf vertrauen durfte, das Empfangene dauerhaft zu behalten.271 Der Bundesgerichtshof hat für das Fehlen eines solch schutzwürdigen Vertrauens genügen lassen, dass die Leistung erkennbar in der Erwartung oder Hoffnung erfolgt, dass die Verpflichtung später wirksam entsteht.272 Auch die Regelung des § 819 Abs. 1 BGB ist auf eine solche Situation nicht anwendbar. § 819 Abs. 1 BGB erfasst nämlich lediglich den Fall, dass der Erwerber positiv weiß, dass er das Übertragene nicht behalten darf und damit kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nimmt.273 Die bloße Ungewissheit über eine mögliche Rückgabeverpflichtung genügt für die Anwendung des § 819 Abs. 1 BGB nicht aus.274 Ferner trägt die Vorschrift des § 819 Abs. 1 BGB nicht der Tatsache Rechnung, dass auch der Leistende wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. § 820 sieht insoweit eine Haftungsbeschränkung hinsichtlich der Zinsen und der Nutzungen vor, § 820 Abs. 2 BGB. Der analogen Anwendung des § 820 Abs. 1 BGB auf den Fall der aufschiebenden Bedingung steht auch nicht entgegen, dass mit Eintritt der aufSprau, in: Palandt, BGB71, § 820 Rdnr. 1. Sprau, in: Palandt, BGB71, § 814 Rdnr. 1. 271 BGH Urteil vom 18.01.1979, VII ZR 165/78, BGHZ 73, 202 (205). 272 BGH, Urteil vom 02.07.1999, V ZR 167/98, NJW 1999, 2892; dem folgend OLG Hamm, Urteil vom 07.10.2002, 13 U 119/02, NJW-RR 2003, 971 (974). 273 Schwab, in: MüKo BGB5, § 819 Rdnr. 2. 274 Schwab, in: MüKo BGB5, § 819 Rdnr. 17. 269 270
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schiebenden Bedingung ein Rechtsgrund nur ex nunc, also mit Wirkung für die Zukunft entsteht, im Zeitpunkt der Leistung, im Gegensatz zur auflösenden Bedingung, daher endgültig kein Rechtsgrund besteht. Dieser Unterschied rechtfertigt es nämlich nicht, im Fall der Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung zu einer anderen Risikoverteilung zu gelangen. Worauf es im Rahmen der verschärften Haftung nämlich vielmehr ankommt ist die Frage, ob der Empfänger mit der späteren Herausgabe rechnen musste oder nicht.275 Der Fall des aufschiebend bedingten Vertrages ist daher dem Fall des auflösend bedingten Vertrags gleichzustellen. Der Bereicherungsschuldner haftet im Fall des aufschiebend bedingten Verpflichtungsgeschäfts demnach ebenfalls verschärft gemäß § 820 Abs. 1 S. 2, 1 BGB analog und kann sich im Hinblick auf eine Verschlechterung des Unternehmens oder der Anteile daran nicht auf die Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen. (cc) Verschärfte Haftung bei Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts ex tunc Nicht mit den Fällen der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung gleichzustellen sind hingegen diejenigen Fälle, in denen das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft zunächst unbedingt und vollwirksam geschlossen, später aber durch Anfechtung gemäß §§ 119 ff. BGB mit Wirkung ex tunc beseitigt wird. Die Anfechtung soll hier nur der Vollständigkeit halber kurz erwähnt werden, sie wird nämlich regelmäßig nicht auf die formelle oder materielle Illegalität des Zusammenschlusses zurückzuführen sein. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang allenfalls eine Anfechtung durch den Verkäufer wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB. Dann müsste der Erwerber den Veräußerer über die fusionskontrollrechtliche Relevanz des Erwerbs, Aspekte, die diese Relevanz begründen oder über die Wahrscheinlichkeit einer Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt arglistig getäuscht haben. Im Fall der Anfechtung des Verpflichtungsgeschäfts richtet sich die Rückabwicklung zwar nach Bereicherungsrecht, die Haftung des Erwerbers beschränkt sich jedoch auf die Herausgabe des Erlangten sowie die gezogenen Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB. § 820 BGB findet keine Anwendung, da der Wegfall des Rechtsgrundes nicht, wie es § 820 Abs. 1 S. 2 BGB fordert, „nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen“ wird. Erforderlich wäre insoweit, dass die Parteien die Rechtsbeständigkeit des Erwerbs von Anfang an übereinstimmend und aus Umstän275
Siehe oben.
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den, die sich aus dem Vertrag selbst ergeben, bezweifeln.276 Die bloße Möglichkeit, dass der Vertrag später von einer Seite angefochten werden kann, genügt dagegen nicht, um die Anwendbarkeit des § 820 BGB zu begründen, denn die Parteien leisten grundsätzlich gerade deshalb, weil sie zunächst auf die Vertragstreue der anderen Partei vertrauen277. Wenn der Erwerber den Veräußerer über die fusionskontrollrechtliche Relevanz des Geschäfts getäuscht hat, haftet der Erwerber allerdings gemäß §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB verschärft und kann sich schon aus diesem Grund auf die Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB nicht berufen. War beiden Parteien das Freigabeerfordernis durch das Bundeskartellamt bekannt, wird eine Anfechtung wegen der Untersagung des Zusammenschlusses aber regelmäßig ausscheiden. Eine Anfechtung der eigenen Willenserklärung gemäß § 119 Abs. 1 BGB wegen Irrtums über die Beweggründe, die zum Vertragsschluss geführt haben (sogenannter Motivirrtum), ist grundsätzlich ausgeschlossen.278 (c) Zwischenergebnis Das Risiko einer Rückabwicklung im Hinblick auf Wertminderungen, die von dem Erwerber zu vertreten sind, trägt grundsätzlich der Erwerber. Dem Bereicherungsgläubiger steht insoweit ein ergänzender Wertersatzanspruch nach § 818 Abs. 2 BGB analog zu. Der Erwerber muss sich nach der Saldotheorie den Wertverlust im Rahmen der Abwicklung anrechnen lassen, erhält also nur den Gegenwert des Erlangten zum Zeitpunkt der Rückgabe an den Verkäufer zurück oder der Erwerber kann sich nicht auf die Entreicherung berufen, so dass dem Verkäufer ein entsprechendes Zurückbehaltungsrecht am Kaufpreis nach § 273 BGB zusteht (modifizierte Zweikondiktionenlehre). Ob der Erwerber sich schon deshalb nicht auf die Entreicherung berufen kann, weil er die Verschlechterung zurechenbar verursacht hat kann in den Fällen des formell illegalen Vollzugs dahinstehen. Der Erwerber kann sich in diesen Fällen nämlich schon deshalb nicht auf die Entreicherung berufen, da er verschärft haftet. Der Verstoß gegen das Vollzugsverbot stellt einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 819 Abs. 2 Alt. 1 BGB dar. Darüber hinaus ist die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts regelmäßig darauf zurückzuführen, dass die Parteien das schuldrechtliche Geschäft aufschiebend oder auflösend von der Freigabe bzw. Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt abhängig gemacht haben. In diesen Fällen ist ihnen die Ungewissheit des Bestands des 276 277 278
Schwab, in: MüKo BGB5, § 820 Rdnr. 12. Schwab, in: MüKo BGB5, § 820 Rdnr. 14. Wendtland, in: Bamberger/Roth, BGB3, § 119 Rdnr. 37.
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rechtlichen Grundes aber bekannt, so dass auch ein Fall der verschärften Haftung im Sinne des § 820 BGB (ungewisser Erfolgseintritt) gegeben ist. Auf die condictio indebiti ist § 820 BGB analog anzuwenden, wenn das Fehlen des Rechtsgrundes auf die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung zurückzuführen ist. Das Risiko einer Rückabwicklung trägt im Hinblick auf schuldhaft verursachte Wertminderungen daher in der Regel der Erwerber. (3) Der Ausgleich von Wertsteigerungen Denkbar ist aber auch der Fall, dass der Bereicherungsschuldner den Wert des Zusammenschlussobjekts erhöht hat. Besteht der Bereicherungsgegenstand in einem Unternehmen, ist jedoch zu untersuchen, ob sich tatsächlich der objektive Wert des Unternehmens erhöht hat. Grundsätzlich spiegelt sich eine (kurzfristige) besondere unternehmerische Leistung nämlich nicht in dem Wert des Unternehmens, sondern nur in dem Gewinn wider.279 Der Gewinn ist zwar eine Nutzung des Unternehmens280 und daher gemäß § 818 Abs. 1 BGB grundsätzlich an den Bereicherungsgläubiger herauszugeben. Er bleibt dem Bereicherungsschuldner aber erhalten, soweit er auf einer besonderen Leistung des Bereicherungsschuldners beruht281, so dass insoweit kein Bedürfnis für einen Ersatzanspruch besteht. Wenn der Erwerber den Wert des Unternehmens dagegen tatsächlich gesteigert hat, beispielsweise durch die Einbringung von Patenten, kann der Erwerber diesen Wert grundsätzlich über § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB herausverlangen. Da es sich insoweit aber um eine sogenannte aufgedrängte, also durch den Veräußerer nicht gewollte Bereicherung handelt, ist für eine Wertersatzpflicht nach § 818 Abs. 2 BGB erforderlich, dass der Bereicherungsgläubiger um das Erlangte tatsächlich bereichert ist, d.h. tatsächlich einen Vorteil aus dem eingebrachten Vermögensgegenstand zieht.282 c) Ergebnis zur Risikoverteilung bei Unwirksamkeit von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft Im Fall der Unwirksamkeit von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft erfolgt die zivilrechtliche Rückabwicklung des Vertrages durch die Parteien 279
Schwintowski, JZ 1987, 588 (589). Vgl. Schwab, in: MüKo BGB5, § 818 Rdnrn. 77 ff.; a. A. Lorenz, in: Staudinger, BGB, § 812 Rdnr. 12. 281 BGH, Urteil vom 04.05.1994, VIII ZR 309/93, NJW 1994, 2021; Urteil vom 05.07.2006, VIII ZR 172/05, NJW 2006, 2847 (2853). 282 Schwab, in: MüKo BGB5, § 818 Rdnr. 202 m. w. N. 280
A. Der formell illegal vollzogene Unternehmenszusammenschluss
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grundsätzlich nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 (condictio indebiti) bzw. § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 (condictio ob rem)283 oder § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB (condictio ob causam finitam). Sowohl der Kaufpreis als auch der übertragene Gegenstand werden demnach den ursprünglich Berechtigten zugewiesen. Die Herausgabe erfolgt jeweils Zug um Zug. Wenn es lediglich um die Abwicklung eines Beteiligungskaufs geht, dem verbriefte Anteile zugrunde liegen, kann die Herausgabe auch über § 985 BGB verlangt werden. Zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs richten sich die Nebenansprüche wie der Anspruch auf Schadensersatz aber nach den §§ 812 ff. BGB. Hat der Erwerber das Unternehmen, dessen Leitungsmöglichkeit er erworben oder an dem er den Anteilsbesitz erlangt hat, durch ein ihm zurechenbares Verhalten im Wert gemindert, so hat der Verkäufer den Kaufpreis Zug um Zug gegen Herausgabe des Unternehmens (in seinem aktuellen Zustand) nur in solcher Höhe herauszugeben, wie es dem zurückerlangten Unternehmen entspricht. Der Veräußerer hat im Hinblick auf die Wertminderung, die einer Beschädigung des Unternehmens entspricht, nämlich einen ergänzenden Wertersatzanspruch nach § 818 Abs. 2 BGB. Nach der Saldotheorie heben sich dieser Wertersatzanspruch und der teilweise Kaufpreisanspruch gegenseitig auf, während die (modifizierte) Zweikondiktionenlehre dem Veräußerer zum Erlöschen der gegenseitigen Ansprüche die Erklärung der Aufrechnung abverlangt. Auf die Entreicherung kann sich der Erwerber nicht berufen, wenn er die Verschlechterung zurechenbar verursacht hat. In den Fällen des formell illegalen Vollzugs scheitert die Berufung auf die Entreicherung aber auch bereits an der verschärften Haftung des Erwerbers nach § 819 Abs. 2 BGB wegen des Verstoßes gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot. In den Fällen des unwirksamen Verpflichtungsgeschäfts wird ferner zumeist der Haftungstatbestand des § 820 Abs. 1 BGB erfüllt sein, so dass alle schuldhaft verursachten Schäden zu ersetzen sind, die seit Empfang des Gegenstands eingetreten sind. § 819 Abs. 2 und § 820 Abs. 1 BGB stellen den Empfang des Gegenstands nämlich ausdrücklich der Rechtshängigkeit gleich. Es trägt insoweit also grundsätzlich der Erwerber das Risiko einer späteren Rückabwicklung. Im Hinblick auf marktbedingte Wertminderungen steht dem Verkäufer dagegen kein Zurückbehaltungsrecht am Kaufpreis zu. Da derartige Wertschwankungen einem Unternehmen immanent sind, trägt der Verkäufer das Risiko insoweit selbst.
283 Eine condictio ob rem ist anzunehmen, wenn man der oben dargestellten Auffassung folgt, die die Hoffnung, die Genehmigung werde erteilt werden, als Zweck im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 ansieht.
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Teil 2: Die zivilrechtliche Risikoverteilung
4. Unwirksames Verpflichtungsgeschäft, wirksame Übertragung Schließlich ist im Rahmen der formell illegalen Unternehmenszusammenschlüsse noch die seltene Situation denkbar, in der das Verpflichtungsgeschäft unwirksam, das Erfüllungsgeschäft aber ausnahmsweise wirksam ist, beispielsweise wegen Eintragung in das zuständige Register nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E. Die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts kann insbesondere darauf beruhen, dass die Parteien es in seiner Wirksamkeit von der Freigabe durch das Bundeskartellamt abhängig machen oder die Parteien es durch die Ausübung von Gestaltungsrechten vor der Auflösung beseitigen. Im Zeitpunkt der Auflösung besteht dann kein wirksamer schuldrechtlicher Vertrag (mehr). Das Erfüllungsgeschäft bleibt aufgrund des Abstraktionsprinzips284 von der Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts jedoch grundsätzlich unberührt. Wie im Fall der Doppelunwirksamkeit richtet sich die Risikoverteilung bei Unwirksamkeit nur des Verpflichtungsgeschäfts aber nach §§ 985 ff. bzw. §§ 812 ff. BGB. a) Ansprüche des Verkäufers Je nach Ursache der Unwirksamkeit ist für den kondiktionsrechtlichen Herausgabeanspruch dann entweder die condictio indebiti oder die condictio ob causam finitam einschlägig. Im Fall eines Beteiligungserwerbs hat der Käufer dem Verkäufer dann den Besitz an den Anteilen zurück zu verschaffen und das Eigentum zurück zu übertragen, während im Fall eines Unternehmenserwerbs, sei es über den Erwerb von Anteilen oder über den Erwerb von Vermögensgegenständen, das Unternehmen als Einheit285 herauszugeben ist. Hat das herauszugebende Unternehmen bzw. haben die Anteile an einem Unternehmen aus einem Grund an Wert verloren, den der Erwerber zu vertreten hat, so kann der Verkäufer den Gegenwert des Wertverlusts von dem herauszugebenden Kaufpreis abziehen. Insoweit gelangen die Vertreter der 284 Dazu Gaier, in: MüKo BGB5, Einleitung, Rdnrn. 15 ff. Nach dem Abstraktionsprinzip „ist die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts unabhängig davon, ob ihm überhaupt ein Verpflichtungsgeschäft zugrunde liegt und ob die Verpflichtung wirksam ist“, Rdnr. 16. 285 Siehe oben bei Fn. 224, S. 145.
A. Der formell illegal vollzogene Unternehmenszusammenschluss
167
Saldotheorie zum selben Ergebnis wie die Vertreter der modifizierten Zweikondiktionenlehre.286 Das Risiko, dass das Unternehmen oder die Anteile zwischen Übergabe an den Erwerber und Rückgabe durch diesen an den Veräußerer an Wert verlieren, ohne dass der Erwerber dies zu vertreten hat, trägt der Veräußerer. Insoweit steht ihm ein Wertersatzanspruch nicht zu.287 b) Ansprüche des Käufers Dem Herausgabeanspruch des Verkäufers gegen den Käufer steht jedoch der Anspruch des Käufers auf Rückzahlung eines bereits gezahlten Kaufpreises gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 (condictio indebiti) bzw., bei Wegfall des Verpflichtungsgeschäfts mit Wirkung ex nunc, Abs. 2 Alt. 1 BGB (condictio ob causam finitam) gegenüber. Die gegenseitigen Ansprüche von Verkäufer und Käufer saldieren sich bzw. sind Zug um Zug zu erfüllen.288 c) Ergebnis zur Risikoverteilung bei unwirksamem Verpflichtungsgeschäft und wirksamem Erfüllungsgeschäft Im Fall des unwirksamen Verpflichtungs- und wirksamen Erfüllungsgeschäfts weist das Zivilrecht das Unternehmen bzw. die Beteiligung an einem Unternehmen wieder dem Verkäufer, den Kaufpreis wieder dem Erwerber zu. Das Risiko einer späteren Rückabwicklung trägt im Hinblick auf dem Erwerber zuzurechnende Wertminderungen der Erwerber, im Hinblick auf marktbedingte Wertminderungen der Veräußerer.
III. Gegenüberstellung der Risikoverteilung, Stellungnahme und Ergebnis 1. Gegenüberstellung der Risikoverteilung Die zivilrechtliche Risikoverteilung bei Zusammenschlüssen, die sowohl formell als auch materiell illegal sind, hängt davon ab, ob Verpflichtungsund/oder Übereignungsgeschäft wirksam sind. Insoweit ergibt sich folgende Risikoverteilung:
286 287 288
Siehe oben, Teil 2, A. II. 3. b) dd). Vgl. oben, 3. b) dd) (1). Siehe oben, 3. b) cc).
168
Teil 2: Die zivilrechtliche Risikoverteilung Zuweisung des Vertragsgegenstands
Zuweisung des Kaufpreises
Risiko Risiko marktbedingter verschuldeter Wertminderung Wertminderung
Wirksames Verpflichtungs-/ unwirksames Erfüllungsgeschäft
Verkäufer
Verkäufer abzüglich des Ersparten/ Erworbenen
Käufer
Käufer
Wirksames Verpflichtungsund Erfüllungsgeschäft
Käufer
Verkäufer
Käufer
Käufer
Unwirksames Verpflichtungsund Erfüllungsgeschäft
Verkäufer
Käufer
Verkäufer
Käufer
Unwirksames Verpflichtungs-/ wirksames Erfüllungsgeschäft
Verkäufer
Käufer
Verkäufer
Käufer
Aus der Gegenüberstellung der Risikoverteilung in den jeweiligen der Auflösung unterliegenden Konstellationen ergibt sich, dass in den Fällen, in denen das Verpflichtungsgeschäft und/oder das Erfüllungsgeschäft unwirksam ist, die Hauptleistungen des Vertrages grundsätzlich an die ursprünglich Berechtigten zurückzugewähren sind. Lediglich im Fall des wirksamen Verpflichtungs- und unwirksamen Erfüllungsgeschäfts ergibt sich die Sondersituation, dass der Kaufpreis dem Verkäufer zugewiesen wird und er sich lediglich anrechnen lassen muss, was er infolge der Leistungsbefreiung erwirbt oder erspart. Dies ist jedoch darauf zurückzuführen, dass für die Befreiung von der Leistungspflicht der Erwerber verantwortlich ist, da er das Risiko der Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt trägt. Es ist nur konsequent, ihm in solchen Fällen auch die Preisgefahr aufzubürden, denn der Erwerber hätte es womöglich in der Hand gehabt, durch Verpflichtungszusagen eine Freigabe zu erwirken oder durch die Vereinbarung einer aufschiebend bedingten Übereignung des Zusammenschlussobjekts das Risiko von vornherein zu vermeiden. Der Veräußerer soll aber durch die Regelung nicht bereichert werden, so dass er den Kaufpreis insoweit herauszugeben hat, wie er durch die Leistungsbefreiung etwas erspart oder erwirbt. Wenn das Verpflichtungsgeschäft wirksam ist und der Erwerber den Besitz an dem Unternehmen oder der Beteiligung erlangt hat, trägt der Erwer-
A. Der formell illegal vollzogene Unternehmenszusammenschluss
169
ber das Risiko einer marktbedingten Wertminderung, wohingegen der Veräußerer dieses Risiko trägt, wenn das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist. Das Risiko einer durch den Erwerber verursachten Wertminderung trägt in den Fällen des formell illegalen Vollzugs dagegen stets der Erwerber. 2. Bewertung Der wesentliche Unterschied zwischen den Fällen, in denen das Verpflichtungsgeschäft wirksam und denen, in denen das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, besteht in der Risikoverteilung bei Eintritt unverschuldeter Wertminderungen. Bei Vereinbarung einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung des Verpflichtungsgeschäfts trägt grundsätzlich der Veräußerer das Risiko zufälliger Wertminderungen zwischen Übergabe und Rückabwicklung. Er hat demnach nur einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als wäre der Vertrag nicht geschlossen worden (negatives Interesse). In den Fällen des wirksamen Verpflichtungsgeschäfts im Zeitpunkt der Auflösung hat hingegen der Erwerber für marktbedingte Wertverluste einzustehen. Wenn das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft wirksam und das Erfüllungsgeschäft unwirksam ist, trägt der Erwerber das Risiko von Wertminderungen aber nur deshalb, weil im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung dem Erwerber das Risiko für die Untersagung des Zusammenschlusses auferlegt wurde289. Im Fall des unbedingten Vertragsschlusses und sofern die Durchführung des Vertrages aufgrund eines Umstands scheitert, für den der Erwerber allein oder weit überwiegend verantwortlich ist290, hat der Veräußerer demnach einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als wäre der Umstand nicht eingetreten (positives Interesse). Fraglich ist, ob diese Ungleichbehandlung des Veräußerers im Fall des wirksamen im Vergleich zum unwirksamen Verpflichtungsgeschäft gerechtfertigt ist. Dies ist zu bejahen. Die Fälle, in denen neben dem Erfüllungsgeschäft auch das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, sind nämlich in der Regel auf die Vertragsgestaltung durch die Parteien zurückzuführen. Die Parteien haben in diesen Fällen entweder die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts von der Freigabe oder den Fortbestand des Verpflichtungsgeschäfts von der Untersagung durch das Bundeskartellamt abhängig gemacht. Der Veräußerer darf in diesen Fällen schon nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts auf dessen Fortbestand bzw. dessen Zustandekommen nicht 289 290
Siehe oben unter II. 1. b) bb) (1) (a). Dies ist in der Regel zu bejahen, siehe oben, Teil 2, A. II. 1. b) bb) (1) (a).
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Teil 2: Die zivilrechtliche Risikoverteilung
vertrauen. Vielmehr übernimmt er durch eine solche Regelung gemeinsam mit dem Erwerber konkludent das Risiko der Untersagung. Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, beschränkt sich dieses Risiko faktisch aber auf marktbedingte Wertminderungen. Im Hinblick auf durch den Erwerber herbeigeführte Wertminderungen trägt das Risiko der Rückabwicklung nämlich unabhängig davon, ob man der Saldotheorie oder der (modifizierten) Zweikondiktionenlehre folgt, der Erwerber. Der Erwerber kann sich nach der (modifizierten) Zweikondiktionenlehre nämlich nicht auf die Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen, da er die Entreicherung zurechenbar selbst verursacht hat und zudem in den hier untersuchten Fällen stets verschärft gemäß § 819 Abs. 2 BGB wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Vollzugsverbot haftet. Er haftet außerdem verschärft nach § 820 Abs. 1 BGB, da die Parteien in diesen Fällen den Vertrag in Kenntnis seines möglichen Wegfalls bzw. Nichtentstehens vollziehen. Der Verkäufer kann daher mit seinem eigenen Bereicherungsanspruch aufrechnen. Bei der Saldotheorie findet dagegen eine automatische Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche statt, auf die Frage der Entreicherung kommt es nicht an. 3. Ergebnis Sofern nicht ausnahmsweise das Verpflichtungsgeschäft sowie die Übertragung wegen Eintragung des Zusammenschlusses in das Handelsregister gemäß § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E wirksam sind oder, unter Anwendung der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, als wirksam zu betrachten sind, sieht das Zivilrecht für formell illegal vollzogene Unternehmenszusammenschlüsse grundsätzlich die Rückabwicklung vor. Das Risiko für zwischen Übergabe und Rückgabe eintretende marktbedingte Wertminderungen trägt in den Fällen des wirksamen Verpflichtungsgeschäfts der Erwerber, in den Fällen, in denen das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, hingegen der Veräußerer. Für durch den Erwerber verursachte Wertminderungen, die einer Beschädigung gleichzustellen sind, haftet hingegen der Erwerber. Ist der Zusammenschluss dagegen trotz seiner formellen Illegalität wirksam zustande gekommen, so trägt der Erwerber des Zusammenschlussobjekts bzw., in Fällen der Umwandlung durch Neugründung, der Rechtsnachfolger des Erwerbers das Risiko einer Untersagung und Auflösung. Im Fall der Gründung oder Beteiligung an einem Gemeinschaftsunternehmen trägt das Auflösungsrisiko das Gemeinschaftsunternehmen selbst.
B. Der formell legale Unternehmenszusammenschluss
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B. Der im Zeitpunkt seines Vollzugs formell legale Unternehmenszusammenschluss Der Auflösung unterliegen ferner Zusammenschlüsse, die im Zeitpunkt ihres Vollzugs formell legal waren, wenn sie nur im Zeitpunkt der Auflösung formell illegal sind.291 Formell legale Zusammenschlüsse sind solche Zusammenschlüsse, die nicht gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB verstoßen, die also entweder erst nach Freigabe durch das Bundeskartellamt bzw. den Bundesminister für Wirtschaft und Technologie in einem Verfahren nach § 42 GWB oder nach Ablauf der Fristen des § 40 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 S. 2 GWB vollzogen wurden. Die Auflösungsanordnung darf im Hinblick auf zuvor freigegebene oder als freigegeben geltende Zusammenschlüsse aber nur ergehen, wenn die Voraussetzungen des Widerrufs nach § 40 Abs. 3a GWB vorliegen oder das Gericht die Freigabe nach § 71 Abs. 2 S. 1 GWB aufgehoben hat.292 Ein legal vollzogener Unternehmenszusammenschluss kann jedoch auch vorliegen, ohne dass dieser förmlich freigegeben wurde. § 41 Abs. 2 GWB sieht nämlich die Möglichkeit einer Befreiung vom Vollzugsverbot nach § 41 Abs. 1 S. 1 GWB vor. Wird diese Befreiung erteilt, so kann der Zusammenschluss vollzogen werden. Mit der 8. GWB-Novelle wird zudem eine Ausnahme von dem Vollzugsverbot in Kraft treten. Der zukünftige § 41 Abs. 1a GWB sieht für eine von mehreren Veräußerern über die Börse oder im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots erworbene Beteiligung in einem nach § 37 Abs. 1 GWB erheblichem Umfang vor, dass das Vollzugsverbot (§ 41 Abs. 1 GWB) der Verwirklichung der Erwerbsvorgänge nicht entgegensteht, sofern der Zusammenschluss unverzüglich beim Bundeskartellamt angemeldet wird und der Erwerber die mit den Anteilen verbundenen Stimmrechte nicht oder nur zur Erhaltung des vollen Wertes seiner Investition aufgrund einer vom Bundeskartellamt nach Absatz 2 erteilten Befreiung ausübt.293 Im Gegensatz zum bisherigen Recht können demnach Anteile über die Börse sowie im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote wirksam erworben werden, auch wenn durch ihren Erwerb ein Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB verwirklicht wird. Ein Verstoß gegen das Vollzugsverbot liegt aber vor, wenn der Erwerber die unverzügliche Anmeldung unterlässt oder die Stimmrechte aus den Anteilen ausübt. Dieser Verstoß gegen das Vollzugsverbot führt jedoch nicht 291 Siehe oben, Teil 1, bei Fn. 234, S. 76 sowie Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 32. 292 Vgl. oben, Teil 1, D. III. 2. 293 Siehe § 1 Nr. 24 lit. b) GesE 8. GWB-Novelle, siehe oben, Teil 1, Fn. 225, S. 74.
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Teil 2: Die zivilrechtliche Risikoverteilung
dazu, dass der Anteilserwerb über die Börse nachträglich unwirksam wird. Der Erwerber macht sich aber bußgeldpflichtig im Sinne des § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB. Das deutsche Recht wird insoweit nunmehr an das europäische Recht, das diese Ausnahmen schon seit Einführung des Vollzugsverbots vorsieht, angeglichen. Mit der Ausnahme soll Rechtssicherheit insbesondere für die an der Börse geschlossenen Massengeschäfte hergestellt werden und zwar auch im Hinblick auf diejenigen Fälle, in denen nicht eindeutig ist, ob der Zusammenschluss der deutschen oder der europäischen Fusionskontrolle unterliegt.294 Der Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB kommt bei einem Erwerb von Anteilen über die Börse sowie im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote künftig daher keine Bedeutung mehr zu.295 Für die zivilrechtliche Risikoverteilung ist irrelevant, ob der zunächst legal vollzogene Zusammenschluss später wegen Widerrufs der Freigabe gemäß § 40 Abs. 3a GWB oder gerichtlicher Aufhebung nach § 71 Abs. 2 S. 1 GWB formell illegal wird. In beiden Fällen wird der Zusammenschluss nämlich nur ex nunc formell illegal, also nur mit Wirkung für die Zukunft.296 Einen Unterschied macht es jedoch auch hier, ob das Verpflichtungsgeschäft wirksam ist. Wenn die Parteien nämlich trotz der formellen Legalität des Vollzugs das Verpflichtungsgeschäft in seiner Wirksamkeit von der Freigabe des Zusammenschlusses abhängig gemacht haben297, ist nach dem Zivilrecht die Rückabwicklung vorgesehen, während in den Fällen des unbedingt geschlossenen Verpflichtungsgeschäfts jegliche Rechte des Verkäufers an dem Zusammenschlussobjekt erloschen sind.298
294
BegrGesE 8. GWB-Novelle (Teil 1, Fn. 225, S. 74), S. 43. Anders noch im Fall A-TEC ./. Norddeutsche Affinerie, in dem A-TEC auch teilweise Aktien über die Börse erworben hatte. Das Bundeskartellamt befand, dass der Erwerb der Anteile insgesamt, einschließlich der über die Börse erworbenen Anteile gegen das Vollzugsverbot verstieß und daher unwirksam war. Wegen der „Unmöglichkeit“ der Rückübertragung der Anteile an den Verkäufer wurde A-TEC aber lediglich dazu verpflichtet, die Anteile weiter zu verkaufen, was in zivilrechtlicher Hinsicht problematisch war, da A-TEC in diesem Fall nicht Eigentümer der Aktien war. 296 Vgl. Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 40 Rdnr. 32; zur gerichtlichen Aufhebung, die nach hier vertretener Auffassung jedenfalls für die Aufhebung von Freigabeverfügungen ebenfalls nur ex nunc wirken kann, siehe oben, Teil 1, bei Fn. 258, S. 82. 297 Durch Vereinbarung einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung, siehe oben unter A. II. 3. 298 Siehe oben, Teil 2 A. III. (Gegenüberstellung). 295
B. Der formell legale Unternehmenszusammenschluss
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I. Wirksames Verpflichtungsgeschäft Ist neben dem Erfüllungsgeschäft auch das Verpflichtungsgeschäft wirksam, so gehen mit Übertragung des Zusammenschlussobjekts auf den Erwerber alle Risiken auf diesen über. Die spätere Untersagung des Zusammenschlusses bzw. der in der Auflösungsanordnung enthaltene Widerruf der Freigabe oder dessen gerichtliche Aufhebung wirken sich auf diesen Risikoübergang nicht mehr aus, denn sie bewirken jeweils nur, dass der Zusammenschluss mit Wirkung ex nunc formell illegal wird.299 Der Erwerber behält insbesondere die Verfügungsbefugnis über die ihm übertragenen Gegenstände, Forderungen und sonstigen Rechte.
II. Unwirksames Verpflichtungsgeschäft 1. Aufschiebend bedingtes Verpflichtungsgeschäft Wenn die Parteien den schuldrechtlichen Kaufvertrag über das Unternehmen oder die Anteile davon abhängig gemacht haben, dass das Bundeskartellamt den Zusammenschluss freigibt, so geht das Risiko der Auflösung nach dem Gesetz nur dann vollständig auf den Erwerber über, wenn der Zusammenschluss zunächst ausdrücklich oder fiktiv freigegeben wurde oder eine Ministererlaubnis ergangen ist. Das Verpflichtungsgeschäft wird dann grundsätzlich300 mit der Freigabe voll wirksam und durch eine spätere Aufhebung der Freigabe mit Wirkung ex nunc nicht mehr berührt.301 In diesen Fällen ist jedoch zu untersuchen, ob die Parteien mit der aufschiebenden Bedingung des schuldrechtlichen Vertrages zugleich konkludent eine vertragliche Regelung über die Rückabwicklung im Fall der Untersagung des Zusammenschlusses treffen wollten. Beruht die formelle Legalität des Vollzugs dagegen auf einer Befreiung vom Vollzugsverbot, bleibt der Vertrag schwebend unwirksam und wird dann, im Fall der Untersagung des Zusammenschlusses, endgültig unwirksam. Das Gesetz sieht insoweit gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (condictio indebiti) die Rückabwicklung vor.302 Für die Risikoverteilung im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung kann im Wesent-
299
Siehe oben, Teil 1, D. III. 2. Sofern sich aus der Vereinbarung der Parteien nicht ausdrücklich oder konkludent ergibt, dass die Wirksamkeit des Vertrages erst mit Bestandskraft der Freigabe eintreten soll. 301 Siehe oben. Teil 1, bei Fn. 258, S. 82. 302 Siehe oben, A. II. 4. 300
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Teil 2: Die zivilrechtliche Risikoverteilung
lichen nach oben303 verwiesen werden: Die Hauptleistung ist also jeweils dem ursprünglich Berechtigten zurückzugewähren und das Risiko im Hinblick auf durch ihn verursachte Wertminderungen trägt auch im Fall des legalen Vollzugs grundsätzlich der Erwerber, da der Veräußerer einen Anspruch auf ergänzenden Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB hat. Das Risiko marktbedingter Wertminderungen ist dem Veräußerer zugewiesen, da insoweit keine Beschädigung des Unternehmens oder der Anteile daran vorliegt. Das Unternehmen, das marktbedingt an Wert verloren hat, ist vollständig zurückgewährt, wenn es sich ohne den Leistungsaustausch im Zeitpunkt der Rückgabe in gleichem Zustand befunden hätte.304 Insoweit ergibt sich kein Unterschied zu den formell illegal vollzogenen Zusammenschlüssen. 2. Auflösend bedingtes Verpflichtungsgeschäft Wenn die Parteien den Vertrag dagegen zunächst voll wirksam geschlossen haben, seinen Fortbestand aber davon abhängig gemacht haben, dass der Zusammenschluss nicht untersagt wird, so erlischt der Vertrag mit Untersagung des Zusammenschlusses mit Wirkung ex nunc.305 Dies gilt auch dann, wenn der Zusammenschluss zwischenzeitlich freigegeben war, die Freigabe aber widerrufen oder gerichtlich aufgehoben und der Zusammenschluss anschließend untersagt wurde. Das Zivilrecht sieht dann die Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB vor (condictio ob causam finitam)306. Insoweit gilt die bereicherungsrechtliche Risikoverteilung: Die Hauptleistungen sind an den ursprünglich Berechtigten zurückzugewähren, marktbedingte Wertminderungen muss der Verkäufer hinnehmen und dem Erwerber zurechenbare Wertminderungen sind durch diesen zu tragen.307
III. Zusammenfassung Im Rahmen der formell legal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüsse ist die Übertragung des Zusammenschlussobjekts stets wirksam. Dennoch kann auch im Rahmen der formell legal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüsse zivilrechtlich die Rückabwicklung des Zusammen303 304 305 306 307
A. II. Siehe Siehe Siehe Siehe
4. unter Verweis auf A. II. 3. b). oben, A. II. 3. b) dd) (1). oben, A. II. 3. Einleitung. oben, A. II. 3. b). oben, A., II. 3. b) dd).
B. Der formell legale Unternehmenszusammenschluss
175
schlusses vorgesehen sein. Die §§ 812 ff. BGB finden nämlich auch hier Anwendung, wenn das Verpflichtungsgeschäft im Zeitpunkt der Auflösung nicht mehr wirksam besteht, beispielsweise weil die Parteien es aufschiebend oder auflösend bedingt haben. Anderenfalls, wenn auch das Verpflichtungsgeschäft wirksam ist, gehen alle Risiken auf den Erwerber über. Ein späterer Widerruf bzw. eine Aufhebung der erfolgten Freigabe wirkt nur für die Zukunft und hat daher keine rückwirkende Änderung des Risikoübergangs zur Folge. Daraus ergibt sich das folgende Bild: Zuweisung des Vertragsgegenstands
Zuweisung des Kaufpreises
Risiko Risiko marktbedingter verschuldeter Wertminderung Wertminderung
Wirksames Verpflichtungsgeschäft
Käufer
Verkäufer
Käufer
Käufer
Unwirksames Verpflichtungsgeschäft (aufschiebende Bedingung) – Legaler Vollzug wegen Freigabe
Gesetz: Käufer Evtl. ist aufschiebende Bedingung aber als vertragl. Rückabwicklungsregelung zu betrachten, dann Verkäufer
Gesetz: Verkäufer Evtl. ist aufschiebende Bedingung aber als vertragl. Rückabwicklungsregelung zu betrachten, dann Käufer
Gesetz: Käufer Evtl. ist aufschiebende Bedingung aber als vertragl. Rückabwicklungsregelung zu betrachten, dann Verkäufer
Käufer
Unwirksames Verpflichtungsgeschäft (aufschiebende Bedingung) – Legaler Vollzug wegen Befreiung vom Vollzugsverbot
Verkäufer
Käufer
Verkäufer
Käufer
Unwirksames Verpflichtungsgeschäft (auflösende Bedingung)
Verkäufer
Käufer
Verkäufer
Käufer
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Teil 2: Die zivilrechtliche Risikoverteilung
C. Zusammenfassung der Ergebnisse des 2. Teils Die zivilrechtliche Risikoverteilung bei formell illegalen und formell legalen Zusammenschlüssen unterscheidet sich insbesondere dadurch, dass bei den formell legalen Zusammenschlüssen grundsätzlich alle Risiken auf den Erwerber übergegangen sein werden, während dies bei den formell illegalen Zusammenschlüssen nur ausnahmsweise der Fall ist, wenn nämlich die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB nicht greift oder geheilt wird. Für die Fälle des formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlusses sieht das Zivilrecht grundsätzlich die Rückabwicklung vor. Der Erwerber hat also gemäß § 985 BGB oder gemäß § 812 Abs. 1 BGB das Erlangte vollständig und unbeschädigt, im Übrigen aber in seinem aktuellen Zustand herauszugeben und der Verkäufer hat den Kaufpreis zurückzuzahlen. Eine Rückabwicklung ist aber ausnahmsweise dann nach dem Zivilrecht nicht vorgesehen, wenn sowohl das Verpflichtungsgeschäft als auch der Erwerb der Anteile oder des Unternehmens wirksam war. Unter diese Gruppe fallen die in § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E genannten Zusammenschlussfälle, insbesondere also der Vermögenserwerb durch Umwandlungsvorgänge und die gemeinsame Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens308. Im Fall der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens werden nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auch die Vorgesellschaften sowie die Vorgründungsgesellschaften behandelt, als seien sie wirksam gegründet werden, selbst wenn ihr Gesellschaftsvertrag gegen das gesetzliche Vollzugsverbot verstößt. Sie sind nur mit Wirkung für die Zukunft und nach den für ihre Abwicklung vorgesehenen Regeln abzuwickeln. Wenn der formell illegal vollzogene Zusammenschluss rückabzuwickeln ist, hat grundsätzlich der Erwerber für durch ihn verursachte Wertminderungen einzustehen, da entweder der Verkäufer sich gemäß § 326 Abs. 2 S. 1 BGB nur den aktuellen Wert des Zurückerhaltenen anrechnen lassen muss oder der Verkäufer die Wertminderung im Rahmen des Bereicherungsausgleichs von dem zurückzuzahlenden Kaufpreis zurückbehalten darf. Das Risiko marktbedingter Wertminderungen trägt hingegen grundsätzlich der Verkäufer. In den Fällen des formell legalen Vollzugs sind in der Regel alle Risiken auf den Erwerber übergegangen. Diese fallen auch nicht auf den Erwerber 308 Diese Ausnahmefälle gelten nach der 8. GWB-Novelle fort. Die bisherigen Ausnahmen werden dann in § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 übernommen, während in Nr. 3 eine weitere Ausnahme vorgesehen wird für sonstige Rechtsgeschäfte, siehe dazu oben Teil 2, A. I. 2. c) bb).
C. Zusammenfassung der Ergebnisse des 2. Teils
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zurück, wenn das Bundeskartellamt bzw. ein Gericht die Freigabe wirksam widerruft bzw. aufhebt. Der Widerruf wie die Aufhebung gelten nach hier vertretener Auffassung nur ex nunc.309 Der Verkäufer hat gegen den Erwerber daher grundsätzlich keine zivilrechtlichen Ansprüche auf Herausgabe des Übertragenen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft aufschiebend oder auflösend bedingt haben und das Verpflichtungsgeschäft im Zeitpunkt der Auflösung noch nicht wegen vorheriger Freigabe wirksam geworden ist. Dann löst der Eintritt (bei auflösender Bedingung) bzw. das endgültige Ausbleiben der Bedingung (bei aufschiebender Bedingung) nämlich die zivilrechtliche Rückabwicklung nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB (bei aufschiebender Bedingung) bzw. nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB (bei auflösender Bedingung) aus. In diesen Fällen trägt, wie bei den formell illegal vollzogenen Zusammenschlüssen, der Veräußerer das Risiko marktbedingter Wertminderungen, während der Erwerber das Risiko der Rückabwicklung im Hinblick auf ihm zurechenbare Wertminderungen trägt.
309
Siehe oben, Fn. 296, S. 172.
Teil 3
Die Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung im Auflösungsverfahren Nachdem nun, unter Berücksichtigung verschiedener Arten des Scheiterns eines Anteils- und Vermögenserwerbs, die zivilrechtliche Risikoverteilung bestimmt wurde, soll im Folgenden ihre Bedeutung und Verortung im fusionskontrollrechtlichen Auflösungsverfahren verdeutlicht werden. Zusammenschlüsse im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB, die auf dem Erwerb von Anteilen oder Vermögensgegenständen beruhen, werden in der Regel dadurch verwirklicht, dass der Verkäufer mit dem Erwerber einen Vertrag über ein Aktienpaket oder den Erwerb seiner Vermögensgegenstände schließt und ihm diese anschließend übereignet bzw. abtritt. Anteile an Aktiengesellschaften können ferner auch im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote oder über die Börse erworben werden, wenn die Aktien an der Börse gehandelt werden. Wenn ein solcher Zusammenschluss zwischen Unternehmen die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt, so ist er gemäß § 41 Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 36 Abs. 1 GWB aufzulösen, es sei denn, dass die mit ihm einhergehenden Vorteile die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen. Die zur Auflösung erforderlichen Maßnahmen ordnet gemäß § 41 Abs. 3 S. 2 GWB das Bundeskartellamt an. Darauf, ob der Zusammenschluss ursprünglich formell legal oder formell illegal vollzogen wurde, kommt es für das „ob“ der Auflösungsverpflichtung nicht an, wenn die Voraussetzungen der Auflösung vorliegen. Unterschiede ergeben sich aber für die Auswahl der erforderlichen Maßnahmen. Das Bundeskartellamt hat insoweit zunächst zu berücksichtigen, wen es nach § 41 Abs. 3 GWB für die Auflösung eines Unternehmenszusammenschlusses in Anspruch nehmen kann. Nach Feststellung, wen das Bundeskartellamt für die Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB in Anspruch nehmen kann, hat es die zur Auflösung erforderliche Maßnahme zu bestimmen. Die Maßnahmen, die dem Bundeskartellamt zur Auflösung eines vollzogenen Unternehmenszusammenschlusses zur Verfügung stehen, lassen sich im Wesentlichen in vier Gruppen einteilen: die Wiederherstellung des vorherigen Zustands („Restitution“1), die 1
Möschel, Entflechtungen (1979) S. 36; ders., Auflösung (1982) S. 18.
Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
179
Verkaufslösungen, die Kompensationslösungen und die „Züchtung“ eines neuen Unternehmens.2 Die in der Literatur daneben diskutierten Maßnahmen der Stimmrechtsbeschränkung3, laufenden Verhaltenskontrolle4 und des Abschlusses von Entherrschungsverträgen5 führen dagegen nicht zu einer Auflösung im Sinne des § 41 Abs. 3 GWB. Die Auflösung im Sinne des § 41 Abs. 3 GWB zielt nämlich auf eine Beseitigung der auf der Struktur des zusammengeschlossenen Unternehmens beruhenden Wettbewerbsbeschränkung ab.6 Maßnahmen, die lediglich auf ein bestimmtes Verhalten oder eine Erklärung des zusammengeschlossenen Unternehmens abzielen, werden daher hier nicht vertieft. Dem Bundeskartellamt steht bei der Wahl zwischen den vorgenannten Maßnahmen ein Ermessens- und Gestaltungsspielraum zu.7 Es hat im Rahmen seines Ermessensspielraums aber insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, also die Maßnahme auszuwählen, die zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung als geeignet, erforderlich und angemessen angesehen werden kann, anderenfalls liegt ein ungerechtfertigter Eingriff in die Grundrechte des Inanspruchgenommenen vor8, der sich hiergegen mit der Beschwerde nach §§ 68 ff. GWB zur Wehr setzen kann. Über die Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht Düsseldorf.9 Stehen mehrere mögliche Maßnahmen zur Auswahl, die die möglichen Adressaten der Auflösungsanordnung in unterschiedlichem Maße belasten, so sind die möglichen Adressaten vorrangig entsprechend der zivilrechtlichen Risikoverteilung in Anspruch zu nehmen10, es sei denn, die Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung ist für eine oder beide Parteien auf mil2 Vgl. Möschel, Auflösung (1982) S. 30 f.; Baumhauer, S. 93 ff.; Klawitter, WuW 1981, 245 (248 f.); zum US-amerikanischen Recht („going concern“) auch Purrucker, S. 93 ff.; Schulte-Braucks, Die Auflösung marktbeherrschender Stellungen (1980) S. 71 ff. Vgl. aus der US-amerikanischen Praxis beispielsweise die Fälle U.S. v. American Tobacco Co., 221 U.S. 106 (1911) und U.S. v. E. I. du Pont de Nemours & Co., 188 F. 127 (D. Del. 1911). 3 Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 177 ff. 4 Vgl. Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 46. Siehe auch BegrGesE. 8. GWB-Novelle (Teil 1, Fn. 225, S. 74), S. 43. 5 Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 231 ff., 226 ff. 6 Reg.Begr. 2. GWB-Novelle, WuW 1971, 531 (560); Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 46, in diese Richtung auch Oehler, Entflechtung und Kontrahierungszwang, S. 248. 7 Bosch, in: GemK4, § 41 Rdnr. 16; Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24 Rdnr. 397; Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 12. 8 Siehe oben, Einleitung, Fn. 29 ff., S. 28 sowie Purrucker, S. 161. 9 Konzentration durch VO des Landes Nordrhein-Westfalen über die Bildung gemeinsamer Kartellgerichte vom 22.11.1994. 10 Vgl. oben, Einleitung, II., bei Fn. 39, S. 30.
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dere Weise möglich, ohne die andere Partei in höherem Maße zu belasten. Das Zivilrecht sieht in den Fällen der formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüsse in der Regel die Rückabwicklung vor, es sei denn, es liegt ein unter § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E fallender Zusammenschluss vor (Grundstücksgeschäfte, Umwandlungen, Gesellschaftsgründungen). In den Fällen des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E sowie in den Fällen der legal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüsse tragen grundsätzlich der Erwerber bzw. sein Rechtsnachfolger das zivilrechtliche Risiko der Auflösung allein, während dem Verkäufer sein status quo verbleibt.11 Wegen der Unterschiede, die sich bei formell legal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüssen zu formell illegal vollzogenen Zusammenschlüssen ergeben sowie wegen der Besonderheiten im Fall des Anteilserwerbs über die Börse wird im Folgenden zunächst die Auflösung von formell illegal vollzogenen Zusammenschlüssen, die auf einem persönlich zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag beruhen (A.), anschließend die Auflösung von formell legal vollzogenen Zusammenschlüssen, die auf einem persönlichem Vertragsschluss beruhen (B.) und anschließend die Auflösung von Anteilserwerben über die Börse (C. und D.) dargestellt. Anschließend wird kurz auf die Behandlung des Erwerbs von Anteilen im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots eingegangen (E.). Die Darstellung schließt mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse (F.).
A. Die Auflösung eines formell illegal vollzogenen Zusammenschlusses bei persönlichem Vertragsschluss zwischen den Vertragsparteien I. Adressaten der Auflösungsverfügung Die Ermächtigungsgrundlage des § 41 Abs. 3 S. 2 GWB, derzufolge das Bundeskartellamt die zur Auflösung erforderlichen Maßnahmen anordnet, enthält keine Aussage darüber, wen das Bundeskartellamt für die Auflösung in Anspruch nehmen kann. Man wird wohl festhalten können, dass primär diejenigen Personen zur Auflösung heranzuziehen sind, die auch nach § 41 Abs. 3 S. 1 GWB als zur Auflösung verpflichtet angesehen werden.12 Auch die in § 41 Abs. 3 S. 1 GWB postulierte Auflösungsverpflichtung ist aber so allgemein formuliert, dass aus ihr die zur Auflösung Verpflichteten nicht hervorgehen. 11 12
Siehe Teil 2. Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24 Rdnrn. 388, 399.
A. Auflösung eines formell illegal vollzogenen Zusammenschlusses
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Die Versuche, die Adressaten der Auflösungsanordnung abstrakt zu bestimmen, haben zu verschiedenen Lösungsansätzen geführt. Kleinmann/ Bechtold und Würdinger sehen als Adressaten der Auflösungsverfügung beispielsweise schlichtweg diejenigen an, die rechtlich und faktisch zur Auflösung in der Lage sind. Der Verkäufer gehöre daher nicht dazu.13 Der Bundesgerichtshof hatte zum alten Recht entschieden, dass auflösungsverpflichtet sei, wer in der Untersagungsverfügung erwähnt sei14 und Ruppelt15 stellt auf die am Zusammenschluss beteiligten Parteien sowie den Verkäufer ab, wenn er zur Rücknahme objektiv im Stande ist. Ein Teil der Literatur zur fusionskontrollrechtlichen Auflösungsverpflichtung bezieht sich dagegen auf die ordnungsrechtliche Störerhaftung16, macht die Auflösungsverpflichtung nach § 41 Abs. 3 S. 1 GWB dann aber überwiegend von zwei besonderen und kumulativ vorzuliegenden17 Voraussetzungen abhängig: Zur Auflösung des entstandenen Zusammenschlusses sei verpflichtet, wer an dem Zusammenschluss mitgewirkt habe, wenn die Mitwirkung dieser Person auch für die Auflösung erforderlich sei.18 Was damit gemeint ist, ist unklar. Denkbar ist, dass die Literatur die ordnungsrechtlichen Grundsätze der Störerhaftung anwenden will und die Voraussetzungen der Mitwirkung am Zusammenschluss und der Erforderlichkeit der Mitwirkung an der Auflösung lediglich den „Verhaltensstörer“ und den „Zustandsstörer“ umschreiben sollen. Möglich ist aber auch, dass die Literatur hier andere Maßstäbe anlegen will. Es kann aber durchaus einen Unterschied machen, ob man die Grundsätze der ordnungsrechtlichen Störerhaftung oder die von der Literatur genannten besonderen, im Rahmen des § 41 Abs. 3 GWB entwickelten Voraussetzungen für die Adressateneigenschaft anwendet. Wie im Folgenden gezeigt werden wird, führen die von der Literatur genannten Kriterien nämlich teilweise zu impraktikablen Ergebnissen, während die ordnungsrechtlichen Grundsätze über die Störerhaftung eine interessengerechte und angemessene Inanspruchnahme der am Zusammenschluss Beteiligten erlauben. Hierzu wird untersucht, wer nach den beson13 Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24 Rdnr. 399; Würdinger, WuW 1973, 731 (742). 14 BGH, Beschluss vom 04.10.1982, KVR 2/82, WuW/E BGH 2031 (2034) – „Springer/Elbe Wochenblatt“: wer „in die Untersagungsverfügung [. . .] einbezogen“ ist. 15 Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 GWB, Rdnr. 12. 16 Ball/Wissel, WuW 1980, 235 (240); Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 41; a. A., allerdings noch zur nicht generell präventiven Fusionskontrolle Baumhauer, S. 112 f. 17 Vgl. Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 50. 18 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 41; Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 50 [noch zu § 24 Abs. 2 S. 5 GWB a. F.].
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deren, von der Literatur entwickelten Voraussetzungen der Adressateneigenschaft im Rahmen des § 41 Abs. 3 GWB und wer nach den ordnungsrechtlichen Grundsätzen der Störerhaftung Adressat der Auflösungsverfügung ist. 1. Besondere Voraussetzungen der Adressatenschaft im Rahmen des § 41 Abs. 3 GWB Nach den von der Literatur entwickelten Grundsätzen ist Adressat der Auflösungsverfügung im Rahmen des § 41 Abs. 3 GWB, wer an dem Zusammenschluss mitgewirkt hat, sofern die Mitwirkung dieser Person auch für die Auflösung erforderlich ist.19 a) Mitwirkung am Zusammenschluss Kerber definiert als Mitwirkenden in oben genanntem Sinne, wer in zurechenbarer Weise, also in Kenntnis des Gesamtzusammenhangs20, die Vollendung eines Zusammenschlusses fördert.21 aa) Zurechenbare Förderung der Vollendung durch den Käufer Die Vollendung eines Zusammenschlusses aufgrund der Übertragung von Anteilen wird durch den Erwerber stets gefördert, denn ohne seine Bereitschaft, die Anteile zu übernehmen, käme ein Zusammenschluss nicht zustande. Da der Käufer regelmäßig erkennen kann, dass der Erwerb, und sei es auch erst in seinen Händen, einen Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB verwirklicht, ist dem Erwerber der Zusammenschluss in der Regel auch zurechenbar. Der Erwerber erfüllt daher die erste von der Literatur für die Adressateneigenschaft geforderte Voraussetzung. bb) Zurechenbare Förderung der Vollendung durch den Verkäufer Ferner wird die Vollendung eines Zusammenschlusstatbestands, der durch die Übertragung von Anteilen erfolgt, durch den Verkäufer gefördert, denn dessen Mitwirkung ist zur Übertragung der Anteile zwingend erforderlich. Der Zusammenschluss dürfte dem Verkäufer jedoch nur dann zuzurechnen sein, wenn er erkennen kann, dass durch seine Mitwirkung ein Zusam19 20 21
Siehe die Nachweise in Fn. 18, S. 181. Mäger, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 41 Rdnr. 12. Vgl. Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 50.
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menschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB verwirklicht wird. Zurechenbar wäre dem Verkäufer das Entstehen eines Zusammenschlusses daher insbesondere, wenn schon das mit ihm geschlossene Geschäft, isoliert betrachtet, Zusammenschlussqualität hat, der Verkäufer also beispielsweise ein Aktienpaket verkauft, das mehr als 25% des Kapitals oder der Stimmrechte umfasst. Die Übertragung dieser Beteiligung führt nämlich unmittelbar und unabhängig von einer möglichen weiteren Beteiligung des Erwerbers zu einem Anteilserwerb im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) GWB. In solchen Fällen ist der Verkäufer ausnahmsweise sogar selbst zur Anmeldung des Zusammenschlusses verpflichtet, § 39 Abs. 2 Nr. 2 GWB. Selbst wenn der Verkäufer aber ein Aktienpaket veräußert, das, isoliert betrachtet, wettbewerbsrechtlich völlig unerheblich ist, kann ihm das Entstehen eines mit Hilfe dieses Aktienpakets verwirklichten Zusammenschlusses zurechenbar sein. Der Verkäufer muss nämlich erkennen, dass er zu einem Zusammenschluss beiträgt, wenn er seine Anteile beispielsweise auf ein öffentliches Übernahmeangebot hin zum Kauf anbietet.22 Liegt ein öffentliches Übernahmeangebot nicht vor und verkauft der Eigentümer seine Anteile über die Börse, so ist ihm ein durch den Kauf dieser Aktien entstehender Zusammenschluss hingegen regelmäßig nicht zurechenbar23, es sei denn, dass er ausnahmsweise wusste oder erkennen konnte, dass seine Anteile zum Aufbau einer Beteiligung im Umfang eines Zusammenschlusstatbestands gemäß § 37 Abs. 1 GWB verwendet würden. Konnte der Veräußerer im Fall des Verkaufs einer Minderheitsbeteiligung nicht erkennen, dass diese zum Aufbau einer fusionskontrollrechtlich relevanten Beteiligung genutzt werden würde, so ist ihm der Zusammenschluss auch nicht zurechenbar. cc) Zurechenbare Förderung der Vollendung durch sonstige Personen An einem Zusammenschluss wirkt ferner das Registergericht mit, das, durch seinen Beamten, einen formell illegalen Unternehmenszusammenschluss in das Handelsregister einträgt, sofern der Zusammenschluss infolge dieser Eintragung wirksam wird.24 Der Zusammenschluss ist dem Registergericht auch zurechenbar, denn es besteht eine eigene Prüfungspflicht des Registergerichts vor Eintragung im Hinblick auf die fusionskontrollrechtliche Relevanz des angemeldeten Zusammenschlusses25. Die Mitwirkung des Registergerichts am Vollzug eines Unternehmenszusammenschlusses be22 23 24 25
Mäger, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 41 Rdnr. 12. Vgl. Mäger, MüKo Kartellrecht, GWB, § 41 Rdnr. 12. Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 15. Vgl. oben, Teil 2, Fn. 15, S. 90.
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trifft insbesondere die Fälle eines Zusammenschlusses in Form einer Umwandlung, da hier der Zusammenschluss in der Regel mit der Registereintragung vollendet ist. Dennoch kommt das Registergericht nicht als Adressat der Auflösungsanordnung in Betracht, denn Adressat eines Verwaltungsakts kann nur sein, wer an dem Verwaltungsverfahren beteiligt werden kann. Das sind gemäß § 11 VwVfG natürliche und juristische Personen (Nr. 1), Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann (Nr. 2) und Behörden (Ziffer 3). Gerichte sind jedoch keine Behörden im Sinne der Vorschrift26. Sie unterliegen nicht der öffentlichen Verwaltung. Schließlich stellt sich in Fällen des Anteilserwerbs die Frage, ob auch die an der Übereignung verbriefter Anteile beteiligten Banken an dem Zusammenschluss mitwirken. Im Rahmen des Erwerbs von verwahrten Anteilen wirkt die (zwischen-)verwahrende Bank jedenfalls an der Verschaffung des (mittelbaren Mit-)Besitzes an den Anteilen häufig mit, wenn die Übergabe gemäß § 929 S. 1 BGB durch Umstellung des Besitzmittlungsverhältnisses mit dem (Zwischen-)Verwahrer erfolgt. Eine Förderung des Entstehens des Zusammenschlusses kann damit wohl bejaht werden. Fraglich ist aber, ob der Bank der Zusammenschluss in diesen Fällen auch zuzurechnen ist. Die Antwort hängt davon ab, ob der Bank im Rahmen der Mitwirkung an der Übereignung eine eigene Prüfpflicht zukommt oder sich ihre Mitwirkung auf die bloße Ausführung des Besitzübergangs beschränkt. Eine eigene Prüfpflicht der (zwischen)verwahrenden Banken ist jedenfalls im Rahmen der persönlich geschlossenen Kaufverträge abzulehnen. Sie sind an diesem Geschäft nicht beteiligt, sondern fungieren lediglich als Hilfspersonen im Zuge der Übergabe. b) Erforderlichkeit der Mitwirkung an der Auflösung Neben der zurechenbaren Mitwirkung an dem Zustandekommen des Zusammenschlusses verlangt die Literatur für eine Auflösungsverpflichtung ferner, dass die Mitwirkung der Person auch für die Auflösung erforderlich ist. Die Erforderlichkeit der Mitwirkung an der Auflösung kann sich aus rechtlichen oder aus tatsächlichen Gründen ergeben. aa) Erforderlichkeit der Mitwirkung des Käufers Die Mitwirkung des Käufers an der Auflösung wird nahezu immer erforderlich sein. Ein Zusammenschlusstatbestand wurde nämlich entweder weVgl. die Aufzählung bei Kopp/Ramsauer, VwVfG12, § 1 Rdnrn. 23 ff. auf die in § 11 Rdnr. 14 verwiesen wird. 26
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gen Wirksamkeit des Anteils- oder Vermögenserwerbs ohnehin wirksam vollendet, so dass nicht nur die tatsächliche Sachherrschaft sondern auch die rechtliche Verfügungsbefugnis bei dem Erwerber liegt. Oder der Anteils- bzw. Vermögenserwerb ist zwar zivilrechtlich unwirksam, es wurde aber infolge der mit der Übertragung verbundenen tatsächlichen Folgen ein Zusammenschlusstatbestand nach § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB (Kontrollerwerb) oder nach § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB (Erwerb wettbewerblich erheblichen Einflusses) verwirklicht. In letztgenanntem Fall ist allerdings jeweils im Einzelfall zu untersuchen, wie die tatsächliche Wirkung zu beseitigen ist und ob die Mitwirkung des Erwerbers dafür erforderlich ist. Insbesondere zur Beseitigung eines reinen Rechtsscheins mag eine Mitwirkung des Erwerbers nämlich nicht zwingend erforderlich sein. Die Mitwirkung des Käufers ist ferner nicht zwingend erforderlich, wenn es um die Rückgabe des mittelbaren (Mit)Besitzes an verwahrten Anteilen geht, denn der mittelbare Besitz kann auch dadurch beendet werden, dass der Besitzmittler, also der unmittelbare Besitzer, aufhört, für den mittelbaren Besitzer zu besitzen. Das Bestehen von mittelbarem Besitz setzt nämlich unter anderem voraus, dass der unmittelbare Besitzer dem mittelbaren Besitzer den Besitz auch mitteln will.27 Mit der Aufgabe des Besitzmittlungswillens zugunsten des mittelbaren Besitzers fällt die für den Besitz erforderliche Sachherrschaft des mittelbaren Besitzers aber fort und er verliert den Besitz sowie die damit verbundene Scheingesellschafterstellung, die ihm die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Zielgesellschaft vermittelt hat.28 bb) Erforderlichkeit der Mitwirkung des Verkäufers Eine Mitwirkung des Verkäufers an der Auflösung ist, je nach Auflösungsmaßnahme, entweder rechtlich oder tatsächlich immer dann erforderlich, wenn er Eigentümer der Anteile geblieben ist. Eigentümer bleibt der Veräußerer immer dann, wenn der Zusammenschluss von Anfang an formell illegal und das Verfügungsgeschäft wegen § 41 Abs. 1 S. 2 GWB zivilrechtlich unwirksam war. Der Erwerber kann dann zwar Besitz an den Anteilen erworben haben, ihm fehlt jedoch die zivilrechtliche Berechtigung, um das Eigentum bzw. die Inhaberschaft daran wirksam an einen Dritten übereignen zu können. Der Veräußerer könnte in diesen Fällen entweder zur Rücknahme der Anteile verpflichtet werden, so dass er diese in tatsächBund, in: Staudinger, BGB, § 868 Rdnr. 24; Joost, in: MüKo BGB5, § 868 Rdnr. 17. Vgl. auch oben, Teil 1, bei Fn. 97, S. 47: Er muss in Anerkennung eines Herausgabeanspruchs für einen Dritten besitzen, sog. Besitzmittlungswille. 28 Siehe oben Teil 1, A. II. 2. a) bb). 27
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licher Hinsicht zurücknehmen muss, oder es ist, im Fall der Anordnung von Verkaufslösungen, seine Zustimmung zur Übereignung der Beteiligung an einen Dritten gemäß § 185 Abs. 1 BGB erforderlich. Wenn die Anteils- oder Vermögensübertragung hingegen wirksam war, sei es wegen ihrer formellen Legalität bei Vollzug oder wegen § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E, so ist eine Mitwirkung des Verkäufers an der Auflösung nicht mehr erforderlich. Die Verfügungsbefugnis liegt in diesen Fällen ausschließlich bei dem Erwerber, der alle erforderlichen Befugnisse hat, um den Zusammenschluss selbstständig aufzulösen. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn der Veräußerer wegen Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts einen zivilrechtlichen Rückübereignungsanspruch im Hinblick auf das Zusammenschlussobjekt nach § 812 Abs. 1 BGB hat. Denn der zivilrechtliche Rückübereignungsanspruch des Verkäufers verhindert nicht die wirksame Übereignung durch den Erwerber an einen Dritten. Es ist aber fraglich, ob das Bundeskartellamt in diesem Fall den Veräußerer einfach außer Betracht lassen darf. Schließlich wird diesem durch eine wirksame Übereignung des Zusammenschlussobjekts an einen Dritten sein Anspruch auf die Rückverschaffung des Eigentums entzogen. Da auch dieser Anspruch eine vermögenswerte Forderung ist und solche unter den Schutz des Art. 14 GG fallen29 und das Bundeskartellamt als Verwaltungsbehörde an Recht und Gesetz gebunden ist, wäre dies nur zulässig, wenn der Eigentumsentzug auf Seiten des Verkäufers verhältnismäßig wäre. Er müsste selbst dann aber zur Duldung des Entzugs verpflichtet werden, was nicht möglich ist, wenn er nicht Adressat einer Verfügung der Kartellbehörde im Rahmen des § 41 Abs. 3 GWB sein kann. cc) Erforderlichkeit der Mitwirkung weiterer Personen Neben dem Verkäufer und dem Käufer kann die Auflösung des Zusammenschlusses der Mitwirkung weiterer Personen bedürfen, die bereits an dem Vollzug des Zusammenschlusses mitgewirkt haben. Namentlich kommen hier das Registergericht und die Depotbank in Betracht. Da das Bundeskartellamt gegenüber dem Registergericht aber nicht zum Erlass von Verwaltungsakten befugt ist30, beschränkt sich die Frage auf die Depotbank. Die Erforderlichkeit ihrer Mitwirkung an der Auflösung des Zusammenschlusses richtet sich nach dem Einzelfall, kann aber nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden.
29 BVerfG, Beschluss vom 31.10.1984, 1 BvR 35, 356, 794/82, BVerfGE 68, 193 (222). 30 Siehe oben unter A. I. 1. a) bb).
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c) Zusammenfassung Unter Zugrundelegung der von der Literatur entwickelten (besonderen) Voraussetzungen zur Bestimmung der Adressaten im Rahmen des § 41 Abs. 3 GWB ist der Verkäufer nur dann auflösungsverpflichtet im Sinne des § 41 Abs. 3 S. 1 GWB, wenn er Eigentümer des Zusammenschlussobjekts geblieben ist. Ein bloßer zivilrechtlicher Rückübereignungsanspruch des Verkäufers gegen den Erwerber begründet dagegen keine Auflösungspflicht des Verkäufers, da die Anteile durch den Erwerber wirksam an einen Dritten verkauft werden können. Dieses Ergebnis ist in seiner Pauschalität impraktikabel und fragwürdig, da es zum einen dazu zwingt, dem Eigentümer eine unter Art. 14 GG geschützte Rechtsposition zu entziehen, andererseits aber eine Verpflichtung des Verkäufers zur Rücknahme des Zusammenschlussobjekts nicht erlaubt. Ferner hat in den Fällen des formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlusses neben dem Erwerber auch der Verkäufer gegen das Vollzugsverbot verstoßen. Es ist daher verwunderlich, dass zur Auflösung nur der Erwerber herangezogen werden soll.31 Der Käufer ist zur Auflösung eines Zusammenschlusses nach den eben dargelegten Grundsätzen nur dann verpflichtet, wenn er Eigentümer der Anteile geworden ist oder die tatsächliche Folge einer unwirksamen Anteilsübertragung, die den Zusammenschlusstatbestand begründet, nicht ohne seine Mitwirkung beseitigt werden kann. Insbesondere bei verwahrten Anteilen, an denen der Aktionär nur mittelbaren Besitz erhält, wäre der Erwerber demnach nicht als zur Auflösung verantwortlich anzusehen, da der mittelbare Besitz auch durch Besitzumstellung durch den (Zwischen)Verwahrer der nächsten Stufe entzogen werden kann. Auch die Depotbank kommt nämlich grundsätzlich als Adressat der Auflösungsverfügung in Betracht. Insbesondere im Hinblick darauf, dass mit der Auflösung auch Kosten verbunden sein können, die dann wohl von der Depotbank zu tragen wären, ist dieses Ergebnis fraglich. 2. Heranziehung der ordnungsrechtlichen Grundsätze über die Störerhaftung Im Polizei- und Ordnungsrecht gilt hingegen der Grundsatz, dass zur Beseitigung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung primär heranzuziehen ist, wer entweder Verhaltens- oder Zustandsstörer ist.32 Wer Störer ist, kann nämlich für die Beseitigung der Gefahr in Anspruch ge31 Siehe zur Kritik an der Auffassung der Literatur im Detail die Stellungnahme unten unter 3. 32 Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 290; Griesbeck, S. 30.
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nommen werden, ohne dass er hierfür eine Entschädigung fordern kann.33 Das Polizei- und Ordnungsrecht ist zwar, im Gegensatz zur Fusionskontrolle, eine Angelegenheit der Länder. Die Grundsätze der Störerhaftung haben die Innenminister der Länder jedoch am 10./11.06.1976 in § 5 des Musterentwurfs für ein einheitliches Polizeigesetz (MEPolG)34 festgehalten. Der Musterentwurf sollte Grundlage für entsprechende Gesetzgebungsverfahren auf Länderebene sein35, seine Regelungen sind daher bundesweit einheitlich anerkannt. Die Grundsätze über die Störerhaftung finden sich zudem auch im Bundespolizeigesetz, §§ 17 ff. Nach dem Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr darf eine Verwaltungsbehörde zur Abstellung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit grundsätzlich denjenigen Störer in Anspruch nehmen, der die Gefahr am schnellsten und effektivsten beseitigen kann.36 Der Verwaltungsbehörde ist insofern ein Auswahlermessen eingeräumt.37 Ein genereller Vorrang der Inanspruchnahme des Verhaltensstörers vor dem Zustandsstörer ist daher abzulehnen38, ebenso wie eine vorrangige Inanspruchnahme des „Doppelstörers“, also desjenigen Störers, der sowohl Verhaltens- als auch Zustandsstörer ist.39 Die angeordnete Maßnahme muss aber auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen und verfassungsgemäß sein. Insbesondere muss sie sich an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit messen lassen, also zu dem mit ihr verfolgten Zweck geeignet, erforderlich und angemessen sein40. Im Rahmen der Angemessenheit sind Korrekturen möglich, beispielsweise wenn die Inanspruchnahme des Doppelstörers zwar erst etwas später zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung führt, als wenn ein Verhaltensstörer in 33
Schnur, DVBl 1962, 1. Heise/Lerche, Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes, S. 5. 35 Heise/Lerche, Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes, S. 5. 36 Vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 285; Gornig/Hokema, JuS 2002, 21. 37 OVG Münster, Beschluss vom 24.03.1971, IV A 775/69, DVBl 1971, 828 (829); Beschluss vom 13.05.1986, 20 CS 86.00338, DVBl 1986, 1283 (1285); VGH München, 22.04.1992, Az. 2 B 90.1348, NJW 1993, 81 (81); Drews/Wacke/Vogel/ Martens, Gefahrenabwehr9, S. 302; Gornig/Hokema, JuS 2002, 21. 38 BegrRegE zum Schutze des Bodens vom 14.01.1997, BT-Drs. 13/6701, S. 35; BVerfG, Beschluss vom 16.2.2000, 1 BvR 242/91, 315/99, DVBl 2000, 1275; VGH München, 31.08.2006, Az. 22 CS 06.2055; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 285; Heßler, S. 32; a. A. wohl noch VGH München, 22.04.1992, Az. 2 B 90.1348, NJW 1993, 81 (82). 39 Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 305. Vgl. aber OVG Berlin NJW 1953, 198 (199 f.), das die Entscheidung der Vorinstanz als ermessensfehlerhaft einstufte, da dort nicht die Doppelstörerin, sondern ein anderer Störer in Anspruch genommen wurde. 40 Siehe oben, Einleitung, Fn. 30 f., S. 28. 34
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Anspruch genommen wird, die Beseitigung der wettbewerbsbeschränkenden Situation aber nicht derart dringend ist, dass sie die Inanspruchnahme des weniger intensiven Störers rechtfertigt. Fraglich ist, ob die Grundsätze über die Störerhaftung auch im fusionskontrollrechtlichen Auflösungsverfahren Anwendung finden können. Dies wurde verschiedentlich dem Grunde nach bejaht41, jedoch ohne dass tatsächlich auf den Verhaltens- oder den Zustandsstörer abgestellt wurde.42 Für die Anwendung der Grundsätze der Störerhaftung im fusionskontrollrechtlichen Auflösungsverfahren spricht aber, dass das Bundeskartellamt eine Verwaltungsbehörde ist, die im Rahmen des fusionskontrollrechtlichen Auflösungsverfahrens zur Beseitigung einer Gefahr, nämlich einer Gefahr für den funktionierenden Wettbewerb, tätig wird. Wenn die Gefahr für den Wettbewerb zudem eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt, liegt es nahe, im Auflösungsverfahren auch die ordnungsrechtlichen Grundsätze über die vorrangige Inanspruchnahme von Störern anzuwenden. a) Wettbewerbsbeschränkung als Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Die Auflösung eines Zusammenschlusses, der den Wettbewerb beschränkt, ist eine Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Sicherheit. „Schutz der öffentlichen Sicherheit“ umfasst die Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre und Vermögen des Einzelnen sowie den Bestand und das Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen.43 Da wettbewerbswidriges Verhalten jedenfalls in die geschützte Geschäftssphäre der Konkurrenten eingreift, ist die öffentliche Sicherheit auch im Fall wettbewerbswidriger Handlungen bedroht.44 Denn der freie Wettbewerb ist gemäß Art. 119 Abs. 1 AEUV wesentlicher Bestandteil der Wirtschaftspolitik 41 Vgl. Mestmäcker/Veelke, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 41; KG, Beschluss vom 02.07.1982, Kart. 28/81, WuW/E OLG 2753 (2763) – „Springer/Elbe-Wochenblatt II“; Möschel, Auflösung, S. 45. Ablehnend Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 76 ff., allerdings noch auf Grundlage der nicht generell präventiven Fusionskontrolle und seine Auffassung daher maßgeblich darauf stützend, dass die zusammengeschlossenen Unternehmen durch den Vollzug gegen keine Verbotsvorschriften verstießen (S. 77) und es ihnen nicht verwehrt sei, den Zusmmenschluss zivilrechtlich wirksam zu vollziehen (S. 79). Es ist daher nicht auszuschließen, dass Kerber nach der geltenden Rechtslage die Anwendbarkeit der ordnungsrechtlichen Grundsätze bejahen würde. 42 Siehe oben, Teil 3, A. I. 1. 43 Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 232; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 53. 44 Habscheid, in: GRUR 1953, 422 (424 f.).
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der Mitgliedstaaten. Die Auflösung eines den Wettbewerb beschränkenden Zusammenschlusses stellt damit eine Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Sicherheit dar. b) Die Adressaten nach der ordnungsrechtlichen Störerhaftung Verwaltungsbehördliche Verfügungen zur Beseitigung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sind nach dem allgemeinen Ordnungsrecht, sofern möglich, an den Verhaltensstörer und/oder den Zustandsstörer zu richten45. Nichtstörer dürfen hingegen nur unter vier kumulativ vorliegenden Voraussetzungen in Anspruch genommen werden, nämlich wenn (1) eine Störung der öffentlichen Sicherheit bereits eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht, (2) Maßnahmen gegen Handlungs- und Zustandsstörer nicht (rechtzeitig) möglich sind oder keinen Erfolg versprechen, (3) die Behörde die Gefahr nicht (rechtzeitig) selbst oder durch Beauftragte abwehren kann und (4) der Nichtstörer ohne erhebliche eigene Gefährdung und ohne Verletzung höherrangiger Pflichten in Anspruch genommen werden kann.46 aa) Zustandsstörer Zustandsstörer ist der „Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder der Eigentümer eines Tieres oder einer Sache, deren Verhalten oder Zustand Grund für die Gefahr oder die Störung ist.“47 Zur Zustandshaftung gehört daneben aber auch die Verantwortlichkeit für Gefahren, die von dem Zustand des eigenen Körpers ausgehen.48 Die Zustandshaftung wird auf Art. 14 GG gestützt, es wird daher einerseits das Korrelat von Kosten und Nutzen der Sache und andererseits die rechtliche oder tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf die Sache als maßgeblich für die Zustandshaftung abgeleitet.49
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Siehe oben, Fn. 32, S. 187. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 332 ff. 47 Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 229. 48 Seewald, NJW 1987, 2265 ff.; Hollands, Gefahrenzurechnung im Polizeirecht, S. 131. 49 Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 320; Pietzcker, DVBl 1984, 457 (462); Schoch, JuS 1994, 932 (935). Vgl. auch Hollands, Gefahrenzurechnung im Polizeirecht, S. 43 m. w. N., der das Kriterium des Korrelats von Kosten und Nutzen mit guten Gründen allerdings kritisch sieht, S. 80 ff. 46
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(1) Das marktbeherrschende Unternehmen als Zustandsstörer Die durch einen Zusammenschluss von Unternehmen begründete Gefahr für den Wettbewerb, dessen Beseitigung das Bundeskartellamt mit der Auflösungsanordnung bezweckt50, geht von dem Unternehmen aus, welches infolge des Unternehmenszusammenschlusses eine marktbeherrschende Stellung erlangt bzw. dessen marktbeherrschende Stellung infolge des Zusammenschlusses verstärkt wird. Nach dem Grundsatz der Zustandsstörerhaftung könnte der „Eigentümer“ dieses Unternehmens für die Beseitigung die Gefahr in Anspruch genommen werden. Zwar gilt die Haftung des Zustandsstörers grundsätzlich nur für das Eigentum an Sachen, die Inhaberschaft an einem Unternehmen ist dem Eigentum an einer Sache aber gleichzustellen51 und die Zustandsstörerhaftung knüpft an die Sachherrschaft und die Stellung des Eigentümers an52. Als Störer kommen neben natürlichen Personen auch juristische Personen des Privatrechts in Betracht.53 Das Unternehmen, von dem infolge seiner marktbeherrschenden Stellung eine Gefahr für den Wettbewerb ausgeht, ist damit Störquelle, sein Träger, also die das Unternehmen leitende Gesellschaft, Zustandsstörer im ordnungsrechtlichen Sinne. Sie ist für den Zustand ihres eigenen „Körpers“, selbst verantwortlich im Sinne des Ordnungsrechts. Das Unternehmen, das infolge des Zusammenschlusses eine marktbeherrschende Stellung erwirbt oder verstärkt, wird in der Regel das Unternehmen des Erwerbers sein. Im Fall einer Verschmelzung ist hingegen die neu entstandene Gesellschaft Zustandsstörer, denn die für den Wettbewerb von einem marktbeherrschenden Unternehmen ausgehende Gefahr geht dann von ihr aus.54 Verfügungen zur Gefahrenabwehr, für die eine Gesellschaft als Zustandsstörer verantwortlich ist, sind an die Gesellschaft zu Händen ihres Vorstands55 oder des sonstigen Leitungsorgans zu richten, durch das die Gesellschaft handlungsfähig ist. (2) Organe und Gesellschafter als Zustandsstörer Die Organe einer Gesellschaft für sich scheiden als Störer hingegen aus, da es ihnen an eigener Rechtspersönlichkeit und damit an der verwaltungsverfahrensrechtlichen Beteiligungsfähigkeit im Sinne des § 11 VwVfG 50
Siehe oben, Einleitung, Fn. 26, S. 28. Siehe oben, Teil 2, Fn. 168, S. 134. 52 Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 268. 53 Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 294; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 232. 54 So nur im Ergebnis auch Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 140 f. 55 Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 294. 51
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fehlt56. Fraglich ist aber, ob die Organmitglieder als Störer in Anspruch genommen werden können. Insoweit ist zu differenzieren: Als Zustandsstörer kommen die Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder einer Gesellschaft nicht in Betracht. Sie verfügen zwar faktisch über die tatsächliche Sachherrschaft über das von ihnen vertretene Unternehmen, da sie die Entscheidungen für den Unternehmensträger treffen. Sie handeln insoweit aber lediglich in Vertretung für den Träger des Unternehmens. Ihr Handeln insoweit gilt als Handeln des Trägers, der ggf. selbst als Zustandsstörer verantwortlich ist. Möglich ist aber eine Haftung einzelner Organmitglieder als Verhaltensstörer.57 Bei den Gesellschaftern eines Unternehmens ist zwischen Minderheitsgesellschaftern und solchen zu differenzieren, die tatsächlich Einfluss auf die Gesellschaft nehmen können. Zwar sind sämtliche Gesellschafter des infolge des Zusammenschlusses marktbeherrschenden Unternehmens in ihrer Eigenschaft als natürliche Person Eigentümer des Unternehmens und verfügen damit über eine rechtlich zugewiesene Einflussmöglichkeit. Sie ziehen auch aus der marktbeherrschenden Stellung des Unternehmens einen privaten Nutzen, erhalten nämlich insbesondere eine höhere Gewinnausschüttung, und haben daher auch für die Kosten der Beseitigung einer von ihm ausgehenden Störung einzustehen. Grundlage der grundsätzlichen Einordnung des Eigentümers als Zustandsstörer ist jedoch, dass dieser die rechtliche Sachherrschaft über die Sache ausübt58, er die Sache also selbst dann, wenn er nicht unmittelbarer Besitzer derselben ist, jederzeit von dem Besitzer herausverlangen kann. Seine Haftung knüpft also daran an, dass er zur Beseitigung der Störung jedenfalls unter rechtlichen Gesichtspunkten in der Lage wäre. Dies ist jedenfalls für Minderheitsgesellschafter, die individuell betrachtet keinen Einfluss auf die Entscheidungen innerhalb des Unternehmens nehmen können, abzulehnen. Minderheitsgesellschafter kommen daher grundsätzlich nicht als Zustandsstörer in Betracht. Etwas anderes muss aber für solche Gesellschafter gelten, die, individuell betrachtet, ihren Willen innerhalb des Unternehmens durchsetzen können. Dies ist jedenfalls für Mehrheitsgesellschafter zu bejahen, die über Anteile von mindestens 75% + 1 Aktie verfügen, denn der Durchsetzung ihres Willens steht dann nicht einmal mehr eine Sperrminorität entgegen. Nur solche Mehrheitsgesellschafter oder Gesellschafter, denen die Durchsetzung ihres Willens 56 Beteiligungsfähig sind nach § 11 VwVfG nur natürliche und juristische Personen, Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann und Behörden. Vgl. zur fehlenden „Täterschaft“ des Organs „Vorstand“ an sich auch Rogall, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, § 30 Rdnr. 53. 57 Vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 294; Fabry, Private Unternehmen als Umweltstörer, S. 84. 58 Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 326.
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auf andere Weise möglich ist, sind neben dem Unternehmen als Zustandsstörer für die Beseitigung einer von dem Unternehmen ausgehenden Gefahr ordnungsrechtlich verantwortlich. (3) Der Veräußerer als Zustandsstörer Der Veräußerer eines Unternehmens bzw. einer Beteiligung, mit dessen Hilfe der Erwerber eine marktbeherrschende Stellung erlangt, ist dagegen nicht Zustandsstörer, auch nicht wenn er Eigentümer bzw. Inhaber der Anteile geblieben ist. Die Gefahr geht nämlich nicht von den in seinem Einflussbereich liegenden Anteilen aus, sondern von dem Unternehmen des Erwerbers, dessen Marktmacht lediglich durch die Nutzungsmöglichkeit der Anteile des Verkäufers erhöht wird. Eine Haftung des Verkäufers kommt aber als Verhaltensstörer in Betracht, da er schon mit der Überlassung seiner Anteile bzw. seines Unternehmens gegen das Vollzugsverbot verstoßen kann. Zudem ermöglicht er dem Erwerber das Erlangen einer marktbeherrschenden Stellung. (4) Zustandsstörerhaftung im Gemeinschaftsunternehmen Besteht der Zusammenschluss in der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, so ist fraglich, ob das Gemeinschaftsunternehmen bzw. dessen Träger selbst Zustandsstörer ist. Das Gemeinschaftsunternehmen ist nämlich häufig nicht dasjenige Unternehmen, das infolge des Zusammenschlusses eine marktbeherrschende Position erlangt, sondern vielmehr entsteht eine marktbeherrschende Stellung in der Regel erst über den sogenannten Gruppeneffekt59. Hinter dem Zusammenschlusstatbestand des § 37 Abs. 3 S. 3 GWB steht die Vermutung, dass die Gründerunternehmen bei der Ausübung ihrer Rechte bzw. Kontrolle auf das Gemeinschaftsunternehmen ihr eigenes Wettbewerbsverhalten berücksichtigen und das eigene Verhalten sowie das des Gemeinschaftsunternehmens daher entsprechend abstimmen. Zur Bestimmung der Marktstellung, die durch den Zusammenschluss entsteht, werden daher die Marktanteile nicht nur des Gemeinschaftsunternehmens, sondern auch der Mütter berücksichtigt, die an dem Gemeinschaftsunternehmen mit mindestens 25% beteiligt sind.60 Ob tatsächlich ein Gruppeneffekt vorliegt, ist jedoch jeweils für den Einzelfall 59 Dazu Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 37 Rdnr. 67; Fischer, Wettbewerbliche Einheit und Fusionskontrolle, S. 164 ff.; Wiedemann, Gemeinschaftsunternehmen im deutschen Kartellrecht, S. 245. 60 Fischer, in: Gemeinschaftsunternehmen Deutsches und EG-Kartellrecht, S. 57 (60).
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festzustellen.61 Wird ein Gruppeneffekt bejaht, sind die das Gemeinschaftsunternehmen tragenden Gesellschaften als Zustandsstörer im ordnungsrechtlichen Sinne zu betrachten, denn der Gruppeneffekt wird erst durch die Verbindung der Mütter in dem Gemeinschaftsunternehmen möglich. Auch das Gemeinschaftsunternehmen selbst muss aber als Zustandsstörer angesehen werden, da es die Koordinierung erst ermöglicht. (5) Die Zielgesellschaft als Zustandsstörer Zustandsstörer kann auch die Zielgesellschaft einschließlich ihrer einflussnehmenden Gesellschafter sein. Zielgesellschaft ist die Gesellschaft, an der der Erwerber (zusätzliche) Anteile erwirbt oder die im Ganzen das Zusammenschlussobjekt darstellt. Ihre Zustandsstörereigenschaft setzt aber voraus, dass die infolge des Zusammenschlusses entstandene Gefahr für den Wettbewerb auch von ihr ausgeht, das Zielunternehmen durch den Zusammenschluss also entweder ebenfalls eine marktbeherrschende Stellung erlangt oder dessen marktbeherrschende Stellung sich infolge des Zusammenschlusses verstärkt. Beides ist beispielsweise denkbar, wenn das gesamte Unternehmen erworben wird, als solches aber erhalten bleibt, nicht aber, wenn an dem Zielunternehmen lediglich eine Beteiligung in wettbewerbsrechtlich erheblicher Höhe erworben wird, die dem neuen Gesellschafter die Möglichkeit gibt, Entscheidungen der Zielgesellschaft zu bestimmen oder zu blockieren. bb) Verhaltensstörer Verhaltensstörer ist derjenige, der durch ein aktives Tun oder ein pflichtwidriges Unterlassen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und/oder Ordnung verursacht.62 Der Begriff der Verursachung ist hier aber nicht lediglich in einem Kausalitätserfordernis zu sehen. Da der Verhaltensstörer verschuldensunabhängig in Anspruch genommen werden kann63, haben sich Rechtsprechung und Literatur in den vergangenen Jahren um eine weitere Eingrenzung des Verhaltensstörers bemüht. Die herrschende Meinung folgt inzwischen der Theorie von der unmittelbaren Verursachung. Demnach 61 BGH, Beschluss vom 12.12.1978, KVR 6/77, WuW/E BGH 1533 (1538) – „Erdgas Schwaben“. 62 OVG NRW, 11.11.2002, Az. 5 A 4177/00, BeckRS 2005, 24950; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 239. Vgl. auch Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 290. 63 Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht8, Rdnr. 334; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 241.
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muss der Verhaltensstörer die Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar veranlasst haben.64 Grundsätzlich soll insoweit die letzte Handlung vor Schadenseintritt maßgeblich sein.65 Eine unmittelbare Verursachung liege aber auch dann vor, wenn schon vorher die Gefahrengrenze überschritten wurde („Zweckveranlasser“).66 Die Gegenauffassung stellt hingegen darauf ab, ob eine Person mit ihrem Verhalten gegen eine Rechtsnorm, die wenigstens auch die öffentliche Sicherheit bezweckt (im Fall der Gefahr für die öffentliche Sicherheit)67 bzw. gegen eine Sozialnorm (im Fall der Gefahr für die öffentliche Ordnung) verstößt68. Übereinstimmend kommen diese Theorien aber zu dem Ergebnis, dass eine Person die Gefahr nicht im Sinne des Ordnungsrechts verursacht, wenn sie in Ausübung eines Rechts handelt, also beispielsweise ihr Verhalten förmlich genehmigt war oder die Rechtsordnung das Risiko der aus dem Verhalten resultierenden Folge toleriert.69 Im Folgenden wird der herrschenden Auffassung, der Theorie der unmittelbaren Verursachung gefolgt. (1) Unmittelbare Verursachung einer Gefahr für den Wettbewerb Erfüllt ein Unternehmenszusammenschluss die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB, so führen die Kaufvertragsparteien mit dem Vollzug des Geschäfts eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, nämlich den funktionierenden Wettbewerb unmittelbar herbei. Mit dem Vollzug des Unternehmenszusammenschlusses wird die Gefahrengrenze überschritten und die letzte Handlung vor dem Schadenseintritt gesetzt: Die Parteien begründen oder verstärken eine marktbeherrschende Stellung zu Gunsten des Erwerbers. Der Auffassung Baumhauers, es fehle an einer unmittelbaren Verursachung durch den Veräußerer, da die Begründung bzw. Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung erst auf Seiten des Erwerbers eintrete70, ist nicht zu folgen, wenn die marktbeherrschende Stellung schon durch den Erwerb der Anteile oder des Unternehmens eintritt. Baumhauer übersieht 64 OVG Münster, Urteil vom 30.05.1996, 20 A 2640/94, NVwZ 1997, 507 (508); OVG Koblenz, Urteil vom 07.05.1991, 1 R 10297/89, NVwZ 1992, 499 (500); Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 313 m. w. N. 65 Erbel, JuS 1985, 257. 66 Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnrn. 244 f. 67 Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts4, E Rdnrn. 81, 84; Schnur, DVBl. 1962, 1 (3, 8). 68 Hurst, in: AöR 83 (1958), 43 (78). Ähnlich wohl auch Pietzcker, DVBl 1984, 457 (459). 69 Denninger, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts4, E Rdnr. 79; Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 243, vgl. auch Erler, S. 157. 70 Baumhauer, S. 112.
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nämlich, dass auf Seiten des Erwerbers nach der Übertragung dann gerade keine zusätzliche Handlung mehr erforderlich ist, um eine marktbeherrschende Stellung zu erlangen oder zu verstärken. Darauf, ob der Erwerber diese Stellung in wettbewerbsfeindlicher Form ausnutzt, kommt es gerade nicht an. An der Unmittelbarkeit der Verursachung durch den Verkäufer kann es aber fehlen, wenn der Verkäufer dem Erwerber lediglich eine Minderheitsbeteiligung verkauft und diese erst in den Händen des Erwerbers gemeinsam mit anderen Teilkäufen zum Aufbau eines Zusammenschlusses verwendet wird. Für die Störereigenschaft des Veräußerers kommt es dann darauf an, ob durch den Verkauf der Beteiligung bereits die Gefahrenschwelle überschritten wurde. Dies ist nur dann zu bejahen, wenn dem Veräußerer der Erwerb der marktbeherrschenden Stellung durch den Käufer zuzurechnen ist. Dies setzt voraus, dass der Veräußerer entweder wusste oder hätte wissen können, dass der Anwendungsbereich des GWB eröffnet ist und der Erwerb der Anteile einen Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB erfüllt oder zu einem solchen Zusammenschluss beiträgt. Aus § 41 Abs. 1 S. 1 GWB ergibt sich nämlich, dass die Gefahrenschwelle zur Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung im Fall eines Unternehmens- oder Anteilskaufvertrages bereits mit dem Vollzug eines nach den §§ 35 ff. GWB anmeldepflichtigen Zusammenschlusses bzw. der Mitwirkung daran überschritten wird, wenn der Zusammenschluss nicht freigegeben ist. Darauf, ob der Veräußerer auch erkennen konnte, dass dieser Zusammenschluss zu einem Entstehen oder Verstärken einer marktbeherrschenden Stellung auf Seiten des Erwerbers führt, kommt es für die Zurechenbarkeit des Zusammenschlusses nicht an, damit muss der Veräußerer bei Vorliegen eines Unternehmenszusammenschlusses im Sinne der §§ 35, 37 Abs. 1 GWB vielmehr rechnen. Besteht der Zusammenschluss in der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, so sind die sich an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligenden Mütter neben ihrer Eigenschaft als Zustandsstörer auch als Verhaltensstörer im ordnungsrechtlichen Sinne anzusehen, denn diese haben durch ihre gemeinsame Beteiligung an einem Unternehmen in fusionskontrollrelevanter Höhe die Gefahr für den funktionierenden Wettbewerb herbeigeführt. Das Registergericht kommt als Störer schon deshalb nicht in Betracht, weil es der Verwaltung nicht unterliegt.71 Als Verhaltensstörer kommt aber die Depotbank des Erwerbers in Betracht, da sie durch die Buchung auf dem Depotkonto des Erwerbers diesem die Möglichkeit zur tatsächlichen Einflussnahme auf die Zielgesellschaft verschafft und damit die Gefahr für 71
Siehe oben bei Fn. 26, S. 184.
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den Wettbewerb unmittelbar herbeiführt. Solange sie dabei aber bloß untergeordnete Hilfstätigkeiten ausübt, dürfte ihre Inanspruchnahme in der Praxis am verwaltungsbehördlichen Ermessen scheitern. (2) Legitimation des Zusammenschlusses durch Freigabe oder Ministererlaubnis Der Vollzug eines die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllenden Unternehmenszusammenschlusses begründet aber ausnahmsweise keine Verhaltensstörereigenschaft der Parteien, wenn sie auf Grundlage einer das Verhalten erlaubenden Norm oder Verfügung gehandelt haben. Eine den Zusammenschluss erlaubende Verfügung stellen nur die Freigabe und die Ministererlaubnis nach § 42 GWB dar. Eine solche Legitimation fehlt den formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüssen aber gerade. Die Auflösung zunächst freigegebener Zusammenschlüsse wird später72 behandelt. Darauf, dass der Verkauf bzw. der Erwerb von Unternehmensbeteiligungen grundrechtlich durch Artt. 14, 12 Abs. 1, 2 und 9 Abs. 1 GG geschützt ist, können sich die Parteien nicht berufen. § 36 Abs. 1 GWB, der die Untersagung eines Zusammenschlusses vorsieht, wenn hierdurch eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt wird, stellt nämlich eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar73 mit der Folge, dass der Zusammenschluss durch Art. 14 GG gerade nicht mehr erlaubt wird. Die Schranken des Art. 14 GG beschränken zugleich die anderen einschlägigen Grundrechte74, so dass auch diese den Zusammenschluss nicht legitimieren können. (3) Organe und Gesellschafter als Verhaltensstörer? Wenn der Verhaltensstörer eine juristische Person ist, ist fraglich, ob auch die Organe und die Gesellschafter als Verhaltensstörer zur Beseitigung der Gefahr in Anspruch genommen werden können. Hinsichtlich der Organe an sich ist eine eigenständige Störerhaftung mangels Rechtspersönlichkeit abzulehnen, sie sind im Verwaltungsverfahren nicht beteiligungsfähig75. Die einzelnen Mitglieder der Organe können allerdings als Verhaltensstörer in Anspruch genommen werden, wenn sie 72 73 74 75
Siehe unten unter B. BKartA, 11.04.2007, Gesch.-Z.: B 3 578/06, S. 8 – „Phonak/GN ReSound“. Vgl. Scholz, Entflechtung und Verfassung, S. 191. Siehe oben bei Fn. 56, S. 192.
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durch ein Tun oder Unterlassen die Gefahr für die öffentliche Sicherheit mitherbeigeführt haben. Diese Eigenhaftung des Organmitglieds setzt aber einen diesem konkret zurechenbaren, eigenständigen Verursachungsbeitrag voraus76, durch den die ihm als Organmitglied der Gesellschaft obliegenden Pflichten verletzt werden.77 Unterschiedlich beurteilt wird die Frage, ob auch die Gesellschafter Adressaten der Auflösungsverfügung sein können.78 Richtigerweise ist darauf abzustellen, ob die Gesellschafter durch ein aktives Tun oder ein pflichtwidriges Unterlassen die mit dem Zusammenschluss verbundene Gefahr für den funktionierenden Wettbewerb unmittelbar herbeigeführt haben. Dies ist jedenfalls dann abzulehnen, wenn die Gesellschafter an der Entscheidung über den Zusammenschluss nicht beteiligt waren. Es kann insoweit auch nicht darauf abgestellt werden, dass sich die Gesellschafter mit Erwerb der Mitgliedschaftsrechte der Leitungsmacht des Vorstands unterwerfen und damit eine vorweggenommene Zustimmung zu Zusammenschlüssen mit anderen Unternehmen erklären.79 Dem Erwerb der Mitgliedschaftsrechte wird es für den späteren Zusammenschluss nämlich grundsätzlich an der erforderlichen Unmittelbarkeit der die Gefahr begründenden Handlung fehlen. Allein durch den Erwerb von Mitgliedschaftsrechten wird nicht grundsätzlich bereits die Gefahrenschwelle im Hinblick auf künftige und in diesem Zeitpunkt nicht absehbare Zusammenschlüsse überschritten. Diese Auffassung führte daher zu weit. Nur wenn die Gesellschafter unmittelbar den Zusammenschluss mit herbeigeführt haben, kommen sie als Verhaltensstörer im ordnungsrechtlichen Sinne in Betracht und können damit als solche Adressaten der Auflösungsverfügung sein. Eine solche Situation ist beispielsweise im Rahmen von Umwandlungen denkbar, wenn die Gesellschafter den Umwandlungsvertrag, der einen von der Freigabe durch die Kartellbehörde unabhängigen Vollzug vorsieht, beschließen und somit genehmigen. Als Verhaltensstörer kommen jedoch grundsätzlich nur diejenigen Gesellschafter in Betracht, die tatsächlich Einfluss auf die Entscheidung der Gesellschaft nehmen und diejenigen, die im konkreten Fall durch ihre bejahende Stimme an dem Zustandekommen des Zusammenschlusses mitgewirkt haben.
76
Fabry, Private Unternehmen als Umweltstörer, S. 67 ff. Vgl. Fabry, Private Unternehmen als Umweltstörer, S. 68 (einzelfallbezogene Pflichtenverstöße) und S. 69 (Verletzung der Verkehrssicherungspflicht). 78 Differenzierend je nach Art der Auflösungsmaßnahme Möschel, Auflösung (1982) S. 52; bejahend Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 128. 79 So aber Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 128. Wie hier auch Fabry, Private Unternehmen als Umweltstörer, S. 82. 77
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cc) Die Inanspruchnahme des Nichtstörers Kann eine Gefahr nicht durch Inanspruchnahme eines Störers beseitigt werden, muss der Staat die Gefahrenbeseitigung auf eigene Kosten selbst vornehmen. Nichtstörer dürfen nur ausnahmsweise unter den oben80 genannten Voraussetzungen zur Gefahrenbeseitigung in Anspruch genommen werden. Ihnen steht wegen der mit der Gefahrenbeseitigung verbundenen Kosten dann aber gegebenenfalls ein Ausgleichsanspruch gegen den Staat zu.81 c) Zusammenfassung Unter Heranziehung der ordnungsrechtlichen Grundsätze zur Inanspruchnahme von Störern zur Beseitigung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ergibt sich im Auflösungsverfahren folgendes Bild: Zustandsstörer ist der Träger desjenigen Unternehmens, von dem nach dem Zusammenschluss die Gefahr für den Wettbewerb ausgeht. Da die Gefahr an das Entstehen bzw. Verstärken einer marktbeherrschenden Stellung anknüpft, ist Zustandsstörer entweder der Erwerber oder, sofern der Erwerber im Wege der Verschmelzung mit der Zielgesellschaft untergegangen ist, die neu entstandene Gesellschaft. Ferner können die Gesellschafter als Eigentümer des Zustandsstörers zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung in Anspruch genommen werden, allerdings nur, wenn ihnen individuell eine dem Eigentümer vergleichbare Stellung zukommt, sie also zur Einflussnahme auf die Geschäfte der Gesellschaft in der Lage sind. Beide Parteien eines vollzogenen Unternehmenszusammenschlusses können für dessen Auflösung grundsätzlich auch als Verhaltensstörer in Anspruch genommen werden, wenn der Zusammenschluss die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt und kein Recht zum Vollzug des Zusammenschlusses bestand. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Entstehen der marktbeherrschenden Stellung dem Veräußerer nicht zurechenbar ist, da der Zusammenschluss erst durch eine Vielzahl geringfügiger Anteilskäufe verwirklicht wird und der Veräußerer dies weder erkannte noch hätte erkennen müssen. Auf die Wirksamkeit der illegal vollzogenen Rechtsgeschäfte wegen § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E kommt es nicht an. Bei Gemeinschaftsunternehmen sind die Mütter als Verhaltensstörer verantwortlich, wenn sie über das Gemeinschaftsunter80
Siehe oben bei Fn. 46, S. 190. Siehe allgemein Drews/Wacke/Vogel/Martens, Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 684. 81
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S. 665;
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nehmen ihr Wettbewerbsverhalten koordinieren (Gruppeneffekt). Wenn ein Organmitglied die Gefahr durch eine zurechenbare Handlung verursacht und damit seine organschaftlichen Pflichten verletzt hat, ist auch das Organmitglied Verhaltensstörer. Die Gesellschafter der als Verhaltensstörer verantwortlichen Gesellschaften können als Verhaltensstörer nur dann in Anspruch genommen werden, wenn sie an dem konkreten Zusammenschluss in irgendeiner Form beteiligt waren, beispielsweise in der Gesellschafterversammlung ihre Zustimmung zu dem Zusammenschluss erteilt haben. 3. Stellungnahme und Ergebnis Die möglichen Adressaten der Auflösungsanordnung sind nach den ordnungsrechtlichen Grundsätzen über die Störerhaftung zu bestimmen. Die von der Literatur entwickelten besonderen Kriterien führen dagegen zu impraktikablen und unangemessenen Ergebnissen. Der Ansatz der Literatur unterscheidet sich von der Bestimmung der Auflösungsverpflichteten nach den Kriterien der Störerhaftung in einem wichtigen Punkt: Bei der rein ordnungsrechtlichen Bestimmung der Auflösungsverpflichteten bleibt der Veräußerer, sofern ihm das Entstehen eines Zusammenschlusses zurechenbar ist, immer dann zur Auflösung verpflichtet, wenn der Zusammenschluss nicht bestandskräftig freigegeben oder aufgrund Ministererlaubnis legalisiert wurde. Nach der Literaturmeinung ist dagegen lediglich darauf abzustellen, ob der Anteils- oder Vermögenserwerb zivilrechtlich wirksam ist. Nur wenn der Erwerb unwirksam ist, ist der Veräußerer zur Auflösung verpflichtet, denn nur dann ist seine Mitwirkung an der Auflösung (rechtlich) erforderlich. Die Literaturmeinung berücksichtigt jedoch nicht, dass im Fall eines Verstoßes gegen das Vollzugsverbot der Verkäufer auch dann nicht schutzwürdig ist, wenn der Anteils- oder Vermögenserwerb wegen § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E wirksam ist. Die Wirksamkeit bestimmter Verträge nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E dient nämlich lediglich dem Schutz Dritter. Schon nach der Begründung des Gesetzesentwurfs zur 7. GWB-Novelle sollten die Folgen der Verletzung des kartellrechtlichen Vollzugsverbots im Übrigen aber unberührt bleiben.82 Folge der Verletzung des kartellrechtlichen Vollzugsverbots ist aber insbesondere, dass die Parteien sich ordnungsrechtlich für den formell illegalen Vollzug verantworten müssen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf ein mögliches Bußgeld nach § 81 Abs. 4 GWB als auch für die ordnungsrechtliche Inanspruchnahme der Parteien als Störer, wenn der Zusammenschluss 82
BegrRegE. 7. GWB-Novelle vom 12.08.2004, BT-Drucks. 15/3640, S. 59.
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gegen § 36 Abs. 1 GWB verstößt. Selbst wenn die Mitwirkung des Verkäufers an der eigentlichen Auflösung nicht erforderlich ist, kann er nur dann, wenn er als Störer qualifiziert wird, an den Kosten zur Beseitigung der entstandenen Gefahr für den Wettbewerb beteiligt werden83. Besonders deutlich wird das Erfordernis der Einordnung als Störer unabhängig von der Wirksamkeit der Übertragung auch auf Seiten des Erwerbers: Nach den ordnungsrechtlichen Grundsätzen ist der Käufer im Rahmen formell illegal vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse stets Handlungs-, Zustands- oder sogar Doppelstörer, und kann für die Auflösung eines Zusammenschlusses daher stets in Anspruch genommen werden. Folgt man der Auffassung der Literatur, so wäre der Erwerber aber nicht für die Auflösung verantwortlich, wenn die Wettbewerbsbeschränkung auch ohne sein Zutun beseitigt werden könnte, beispielsweise durch den Entzug des mittelbaren Besitzes durch den Besitzmittler. Dieses Ergebnis befriedigt nicht, denn die Kosten für den Weiterverkauf der Anteile müsste dann der Besitzmittler tragen, wenn er Adressat der Auflösungsanordnung sein kann. Ferner würde dem Verkäufer das Risiko einer zwischenzeitlich eingetretenen Wertminderung der Anteile übertragen, ohne dass insoweit die zivilrechtliche Risikoverteilung herangezogen werden könnte. Das Ergebnis der ordnungsrechtlichen Störerhaftung ist insoweit vorzugswürdig. Zur Bestimmung, wen das Bundeskartellamt für die Auflösung des Zusammenschlusses in Anspruch nehmen kann, ist daher auf die ordnungsrechtlichen Grundsätze der Störerhaftung abzustellen.
II. Die Auswahl der verhältnismäßigen Auflösungsmaßnahme Im Folgenden wird zunächst dargestellt, welche Maßnahmen zur Beseitigung einer durch einen Zusammenschluss entstandenen Gefahr für den Wettbewerb prinzipiell geeignet sind. Sodann wird, unter Berücksichtigung der Grundsätze der Störerhaftung und gegebenenfalls der zivilrechtlichen Risikoverteilung zwischen mehreren Störern, eine grundsätzliche Abwägung der Maßnahmen miteinander vorgenommen. 1. Geeignete Maßnahmen Für die „Geeignetheit“ eines Mittels zur Erreichung des mit ihm verfolgten Zwecks genügt es, dass das Mittel zur Erreichung des mit ihm verfolg83 Zur Frage der Kostenverteilung bei mehreren Störern siehe unten bei Fn. 259 ff., S. 246.
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ten Zwecks nicht „offenbar“84 und „schlechthin ungeeignet“85 ist und es die Wahrscheinlichkeit, dass der Zweck erreicht wird, erhöht, diesen also fördert86. Wenn die durch Verwaltungsakt angeordnete Maßnahme offenbar und schlechthin ungeeignet ist, den verfolgten Zweck zu erreichen, ist der sie anordnende Verwaltungsakt grundsätzlich rechtswidrig und damit anfechtbar.87 Nur wenn seine Erfüllung tatsächlich unmöglich ist, ist die Anordnung nichtig im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG.88 Zweck der Auflösung ist die Beseitigung der eingetretenen Wettbewerbsbeschränkung.89 Soweit teilweise90 der Zweck der Auflösung in der Wiederherstellung des vorherigen Zustands gesehen wird, ist dies abzulehnen. Schon der Gesetzeswortlaut, demzufolge die Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung auch auf andere Weise als durch Wiederherstellung des vorherigen Zustands erfolgen kann, macht deutlich, dass die Wiederherstellung des vorherigen Zustands lediglich Mittel und nicht Zweck ist. Die Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung ist erreicht, wenn entweder der Zusammenschlusstatbestand, die Marktbeherrschung oder der mit dem Zusammenschluss verbundene Vorteil überwiegend beseitigt ist.91 a) Wiederherstellung des vorherigen Zustands (Restitution) Zur Beseitigung einer durch Vollzug eines Unternehmenszusammenschlusses entstandenen Wettbewerbsbeschränkung kommt zunächst die im Gesetz als einzige zur Auflösung konkret benannte Maßnahme der Wiederherstellung des vorherigen Zustands in Betracht. Hiermit ist die Wiederherstellung der ursprünglichen Wettbewerbsstrukturen durch Rücknahme des Zusammenschlussobjekts durch den vorherigen Eigentümer gemeint.92 Das 84
BVerfG, Beschluss vom 17.07.1961, 1 BvL 44/55, BVerfGE 13, 97 (107, 113). BVerfG, Beschluss vom 24.09.1965 – 1 BvR 228/65, BVerfGE 19, 119 (127); Gentz, NJW 68, 1600 (1603). 86 Vgl. BVerfG, Urteil vom 22.05.1963, 1 BvR 78/56, BVerfG 16, 147 (183); Beschluss vom 16.03.1971, 1 BvR 52, 665, 667, 754/66, BVerfGE 30, 292 ff. (316); Beschluss vom 10.05.1972, 1 BvR 286, 293, 295/65, BVerfGE 33, 171 ff. (187); Beschluss vom 10.04.1997, 2 BvL 45/92, BVerfGE 96, 10 (23 ff.). 87 Kopp/Ramsauer, VwVfG12, § 44 Rdnr. 28. 88 VGH Kassel, Beschluss vom 30.04.1982, III TG 119/82, NVwZ 1982, 514 (515) zum inhaltlich identischen § 44 Abs. 2 Nr. 4 HessVwVfG. 89 Siehe oben, Einleitung, bei Fn. 26, S. 28. 90 Möschel, Entflechtungen (1979), S. 36; ders., Auflösung (1982), S. 17 f. und Junge, WuW 1985, 558 (561). 91 Bosch, in: GemK4, § 41 Rdnr. 11. 92 Vgl. Baumhauer, S. 110 f. A. A. Purrucker, S. 177, demzufolge es insoweit nur um die Wiederherstellung der vorherigen Wettbewerbsverhältnisse gehen soll. 85
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Bundeskartellamt ordnet aber lediglich die Wiederherstellung des vorherigen Zustands an, die Vereinbarung der Konditionen im Einzelnen bleibt hingegen den Parteien überlassen.93 Sofern das Zivilrecht für den konkreten Fall die Rückabwicklung vorsieht, setzt die Verpflichtung zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands daher lediglich die zivilrechtliche Rückabwicklung in Gang. Im Rahmen der Prüfung, ob die Restitution zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet ist, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob nach der Rückgabe bzw. Rückübertragung der Anteile an den Verkäufer die Wettbewerbsbeschränkung tatsächlich beseitigt werden wird. aa) Kein grundsätzlicher Vorrang der Restitution Umstritten ist, in welchem Verhältnis die Wiederherstellung des vorherigen Zustands zu sonstigen Auflösungsmaßnahmen steht. Teilweise wird ein Vorrang der Restitution befürwortet94 mit der Begründung, die Auflösung sollte vorrangig die Unternehmen treffen, die sie durch Beachtung des Vollzugsverbots hätten verhindern können.95 Eine hinter der Wiederherstellung des vorherigen Zustands zurückbleibende Maßnahme prämiere den entgegen des Vollzugsverbots vollzogenen Zusammenschluss.96 Die Gegenauffassung sieht die Restitution und sonstige Maßnahmen dagegen als grundsätzlich gleichrangig an.97 Zur Begründung führt sie an, das Bundeskartellamt sei an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden und dürfe daher die Restitution nur anordnen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen, insbesondere die Teilauflösung, nicht in Betracht kommen.98 Die Frage des Vorrangs der Restitution wäre dann letztlich eine Frage der Erforderlichkeit. Zwar 93 Vgl. BKartA, Beschluss vom 14.02.2007, B 5-10/07, WuW/E DE-V 1340, Tenor II – „Sulzer/Kelmix“.; BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 Tenor II – „A-TEC ./. Norddeutsche Affinerie“. 94 KG, Beschluss vom 02.07.1982, Kart. 28/81, WuW/E OLG 2753 (2763) – „Springer/Elbe-Wochenblatt II“; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 33; Möschel, Entflechtungen (1979) S. 36; ders., Auflösung (1982), S. 17 ff.; ders., ZGR 13 (1984), 655, 660; Monopolkommission, 4. Hauptgutachten 1980/1981, Tz. 670 ff. 95 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 33. So auch zum alten Recht schon Mestmäcker, in: FS Coing Bd. II, S. 373, 381 f. 96 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 33 a. E. 97 Bosch, in: GemK4, § 41 Rdnr. 17; Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 36 f.; Mäger, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 41 Rdnr. 41. 98 Baumhauer, S. 63 f.; Bosch, in: GemK4, § 41 Rdnr. 17; Klawitter, WuW 1981, 245 (246); Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 35 ff. (37); Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24 Rdnr. 391; Vgl. auch BKartA, Beschluss vom 27.11.2003, B6-51/02, WuW/E DE-V 885 (890) – „Professor von S.“.
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spricht vieles dafür, die Möglichkeit der Restitution vorrangig zu prüfen, da sich eine solche häufig schneller realisieren lassen wird als andere Auflösungsmaßnahmen. Das Gesetz sieht einen generellen Vorrang der Restitution aber nicht vor. Ein solcher Vorrang ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Wiederherstellung des vorherigen Zustands die einzige im Gesetz benannte Auflösungsmaßnahme darstellt („[. . .] auch auf andere Weise als durch Wiederherstellung des vorherigen Zustands [. . .]“). Aus der Gesetzesbegründung zu § 24 Abs. 6 S. 1 GWB a. F., dem Vorläufer des heutigen § 41 Abs. 3 S. 3 GWB, ergibt sich nämlich, dass es dem Gesetzgeber bei der Schaffung der Möglichkeit, die zur Auflösung erforderlichen Maßnahmen anzuordnen, „nicht unbedingt auf eine Wiederherstellung des alten Zustands“ ankam (Hervorheb. durch Verf.).99 Der Bundesgerichtshof sowie das Kammergericht haben daraus zu Recht geschlossen, dass die Wiederherstellung des vorherigen Zustands zwar den gesetzlichen Regelfall darstelle, andere Auflösungsalternativen aber nicht ausschließe.100 Schließlich lässt auch ein Blick auf das europäische Recht erkennen, dass im deutschen Recht gerade kein grundsätzlicher Vorrang der Restitution gewollt war. Aus Art. 8 Abs. 4 Unterabs. 1 der Verordnung (EG) 139/2004 (FKVO) geht ein Vorrang der Restitution im Gegensatz zum deutschen Recht nämlich eindeutig hervor. Dort heißt es: „Ist es nicht möglich, den Zustand vor dem Vollzug des Zusammenschlusses dadurch wiederherzustellen, dass der Zusammenschluss rückgängig gemacht wird, so kann die Kommission jede andere geeignete Maßnahme treffen, um diesen Zustand soweit wie möglich wiederherzustellen.“ Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Formulierung des § 41 Abs. 3 GWB an der Wortwahl der FKVO nicht orientiert, obwohl er im Rahmen der 6. GWB-Novelle, in deren Rahmen die Fusionskontrollvorschriften unter Berücksichtigung des europäischen Rechts teilweise geändert und in §§ 35 ff. verschoben wurden, die Gelegenheit zu einer Klarstellung gehabt hätte. Ein grundsätzlicher Vorrang der Restitution im deutschen Recht ist nach alldem abzulehnen. Vielmehr ist für den jeweiligen Einzelfall zu bestimmen, welche Auflösungsmaßnahme anzuordnen ist. bb) Restitution bei Unmöglichkeit der Rückgabe des Unternehmens bzw. der Beteiligung? Das Bundeskartellamt darf nichts anordnen, was aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann, sonst ist die Auflösungsanordnung nichtig ge99
Begr. GesE 2. GWB-Novelle, WuW 1971, 531 (561). BGH, Beschluss vom 31.10.1978, KVR 3/77, WuW/E BGH, 1556 (1557) – „Weichschaum III“; KG, Beschluss vom 22.05.1990, Kart 7/90, WuW/E OLG 4558 (4559) – „Kampffmeyer/Plange“. 100
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mäß § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG. Es muss daher insbesondere bei der Restitution sowie den Verkaufslösungen101 prüfen, ob eine Herauslösung des Erlangten aus dem Vermögen des Erwerbers überhaupt noch möglich ist. Anderenfalls ist die Anordnung der Restitution zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung auch nicht geeignet102. Dies kann insbesondere im Rahmen eines Unternehmenserwerbs problematisch sein. Da das Unternehmen einer dynamischen Veränderung unterliegt, wird es häufig im Zeitpunkt der Auflösungsentscheidung nicht mehr oder nicht mehr in dem Zustand vorhanden sein, wie es übergeben bzw. übertragen wurde.103 Abteilungen können zwischenzeitlich aufgelöst oder zusammengelegt, Arbeitsplätze gestrichen oder das Unternehmen vollständig stillgelegt bzw., beispielsweise in den Fällen der Verschmelzung, in ein anderes Unternehmen integriert worden sein. Richtigerweise ist die Möglichkeit der Restitution im Gleichlauf mit Rechtsprechung und Literatur104 zur Herausgabefähigkeit eines Unternehmens nach §§ 985, 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 und Alt. 2 BGB aber jedenfalls zu bejahen, so lange das Unternehmen noch unter Beibehaltung seiner Identität im Vermögen des Käufers vorhanden ist.105 Insbesondere bei Verschmelzungen wird das Unternehmen seine Identität jedoch in der Regel schon kurze Zeit nach dem Zusammenschluss verloren haben, da die Vermögenswerte in das aufnehmende Unternehmen integriert werden und durch Zusammenlegung, Auflösung und Neuerschaffung von Produktionsbereichen eine Trennung der vorherigen Vermögen anschließend kaum noch möglich ist.106 Wenn das erworbene Unternehmen aufgrund vollständiger wirtschaftlicher Integration als Solches nicht mehr existiert, beispielsweise nach Verschmelzung zur Aufnahme oder zur Neugründung ist zu differenzieren. Die Wiederherstellung der vorherigen Situation ist dann nämlich eventuell durch Aufspaltung zur Neugründung im Sinne des § 123 Abs. 1 Nr. 2 101
Zu den Verkaufslösungen siehe unten unter b). Vgl. Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 55 f., 117. 103 Vgl. Junge, WuW 1985, 558 (560); Klawitter, WuW 1981, 245 (247); Mestmäcker, in: FS Coing II (1982), S. 373 (381 f.); Schwintowski, JZ 1987, 588 (589). 104 So für den Fall der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung bei condictio indebiti: Lieb, in: Münchener Kommentar zum HGB2, Anhang zu § 25 Rdnr. 45; Schwab, in: Münchener Kommentar zum BGB5, § 818 Rdnr. 57 und Schwab, in: MüKo BGB5, § 818, Rdnr. 57, Sprau, in: Palandt, BGB71, § 818 Rdnr. 24; Schwintowski, JZ 1987, 588 (589 ff.), jeweils zur bereicherungsrechtlichen Herausgabe rechtsgrundlos erworbener Unternehmen. 105 Vgl. Klawitter, WuW 1981, 245 (247), der eine Rücknahmepflicht des Veräußerers verneint, wenn das Zusammenschlussobjekt zum „aliud“ geworden ist; ebenso Möschel, Auflösung (1982) S. 23; vgl. dazu auch Schwintowski, JZ 1987, 588 (590) unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 2019 BGB. 106 Siehe nur Purrucker, S. 178. 102
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UmwG und Anteilsrückgewähr an die ursprünglichen Anteilsinhaber möglich.107 Denn der Begriff „Wiederherstellung des vorherigen Zustands“ verlangt gerade nicht zwingend die Rückabwicklung, sondern lediglich die Wiederherstellung der Situation, die vor dem Zusammenschluss bestand durch Rücknahme des Zusammenschlussobjekts durch den bzw. die vorherigen Eigentümer.108 Ob die Rücknahme durch den vorherigen unmittelbaren oder die vorherigen mittelbaren Eigentümer erfolgt, dürfte aber irrelevant sein. Der Einordnung der Aufspaltung als Restitution steht nicht entgegen, dass der vorherige Zustand nur mit Wirkung ex nunc, also für die Zukunft herbeigeführt wird, denn Wettbewerb lässt sich rückwirkend ohnehin nicht wiederherstellen. Ob die Aufspaltung zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands möglich und zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet ist, ist jedoch eine Frage des Einzelfalls109. Die Möglichkeiten der Abspaltung sowie Ausgliederung gemäß § 123 Abs. 2 und 3 UmwG werden dagegen in der Regel nicht zu einer Auflösung des Zusammenschlusses geeignet sein, da der übertragende Rechtsträger erhalten bleibt und seine Anteilsinhaber an dem abgespaltenen bzw. dem ausgegliederten Teil beteiligt bleiben.110 Die abgespaltene bzw. ausgegliederte Gesellschaft und die abspaltende bzw. ausgliedernde Gesellschaft werden infolge der Abspaltung oder Ausgliederung vielmehr Schwesterunternehmen111, die aufgrund der personenidentischen Anteilsinhaber wohl kaum in Wettbewerb miteinander treten werden. Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn es sich bei dem abspaltenden Unternehmen um eine Publikumsgesellschaft handelt, da dann infolge der Streuung der Anteile der Einfluss auf die abgespaltene Gesellschaft verwässert.112 Zudem müsste die Leitung durch verschiedene Personen erfolgen. Die Herausgabe des Unternehmens im Ganzen ist schließlich noch möglich, wenn lediglich inhaltliche Änderungen erfolgt sind wie die Schließung 107 Gottschalg, Die Spaltung von Kapitalgesellschaften, S. 41; Wöllert, Kartellrechtliche Probleme des Umwandlungsgesetzes, S. 223. 108 Siehe Fn. 92, S. 202. 109 Die Möglichkeit zur Wiederherstellung der vorherigen Unternehmen aus einem einmal wirksam verschmolzenen Unternehmen sehen Klaue/v. Lampe/Markert, in: Mestmäcker, Zur Problematik der Fusionskontrolle (1971) S. 78 f. kritisch. Für eine wirksame Entflechtung sei in solchen Fällen die Schaffung und Veräußerung eines neuen lebensfähigen Unternehmens in der Marktstärke eines der ursprünglichen Unternehmen vorzunehmen. 110 Wöllert, Kartellrechtliche Probleme des Umwandlungsgesetzes, S. 222. Zur Abspaltung vgl. auch Kerber, Unternehmensentflechtung S. 126 ff.; Möschel, Auflösung (1982) S. 51 ff. 111 Sagasser/Bultmann, in: Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen4, § 18 Rdnr. 16. 112 Vgl. zur sogenannten Pro rata-Entflechtung Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 119 und Möschel, Auflösung (1982) S. 51.
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einzelner Abteilungen, beispielsweise um diese zu zentralisieren. Selbst wenn diese Maßnahmen zu einer Wertminderung des Unternehmens führen, nehmen sie dem Unternehmen noch nicht seine Identität, so dass die Anordnung der Wiederherstellung des vorherigen Zustands möglich bleibt. Eine andere Frage ist dann allerdings, ob das Unternehmen noch wettbewerbsfähig ist sowie ob und gegebenenfalls wie solche vorgenommenen Veränderungen bei der Anordnung der Restitution zu berücksichtigen sind.113 Ferner bleibt die Identität eines Unternehmens trotz marktbedingter Wertverluste bestehen, solche sind einem Unternehmen nämlich ohnehin immanent.114 Die Wiederherstellung des vorherigen Zustands ist wegen der Unmöglichkeit der Rückgabe dagegen unmöglich, wenn das erworbene Unternehmen aufgrund Insolvenz oder Stilllegung im Zeitpunkt des Erlasses der Auflösungsanordnung nicht mehr existiert115 oder die Herausgabe des Mandantenstammes bzw. der Kunden unmöglich ist116. Häufig wird auch erwähnt, dass die Wiederherstellung des vorherigen Zustands nicht mehr möglich sei, wenn das Unternehmen, der Unternehmensteil oder die Beteiligung zwischenzeitlich an einen gutgläubigen Dritten verkauft wurde.117 Dies ist zwar grundsätzlich richtig, in diesem Fall wird infolge der Veräußerung in der Regel aber auch der Zusammenschlusstatbestand nicht mehr erfüllt und eine Wettbewerbsbeschränkung durch den Erwerber nicht mehr vorhanden sein. Eine Auflösungsanordnung durch das Bundeskartellamt ist dann ohnehin nicht mehr erforderlich. cc) Keine Restitution bei Unfähigkeit oder Unwilligkeit des Veräußerers zur Fortführung des Unternehmens Ferner ist für die Frage nach der Geeignetheit der Restitution zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung die Fähigkeit des Verkäufers, das Unternehmen in wettbewerbsfähiger Weise weiterzuführen, zu beachten. Selbst wenn das Unternehmen an sich zwar noch wettbewerbsfähig ist, der Verkäufer aber nicht in der Lage ist, es weiterzuführen, scheidet die Restitution als anzuordnende Maßnahme im Rahmen des § 41 Abs. 3 GWB aus.118 113
Dazu unten unter ee). Schwintowski, JZ 1987, 588 (589). 115 Möschel, Auflösung (1982), S. 14, 23. 116 BGH, Urteil vom 05.07.2006, VIII ZR 172/05, NJW 2006, 2847 (2850). 117 Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 49; Möschel, Auflösung (1982) S. 23 („Weiterübertragung wesentlicher Teile an Dritte“); Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 117. 118 So im Ergebnis auch Möschel, Auflösung (1982) S. 23 f. [Unmöglichkeit der Restitution]. 114
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Eine Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung würde durch die Restitution in diesem Fall nicht erreicht. Ferner ist die Eignung der Anordnung zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands zu bezweifeln, wenn der Veräußerer zur Fortführung des Unternehmens nicht willens ist. Es ist dann nämlich denkbar, dass der Veräußerer das Unternehmen nach der Rücknahme entweder schnellstmöglich weiterverkaufen oder es liquidieren wird. Er wird es jedenfalls nur halbherzig fortführen, so dass ein hohes Risiko besteht, dass die entstandene Wettbewerbsbeschränkung durch die Rückübertragung des Unternehmens an den Verkäufer nicht oder nur kurzzeitig beseitigt wird. dd) Restitution trotz Unmöglichkeit der Kaufpreisrückzahlung Im Rahmen der Restitution, die in der Regel119 die zivilrechtliche Rückabwicklung in Gang setzt, ist neben der Herausgabe des Unternehmens bzw. der Beteiligung durch den Erwerber aber auch durch den Veräußerer der Kaufpreis, jedenfalls teilweise, zurückzuzahlen. Wenn der Veräußerer zur Rückzahlung des Kaufpreises aus irgendeinem Grund nicht mehr in der Lage ist, so ist die Restitution aber dennoch nicht unmöglich.120 Nach dem Zivilrecht sind ungleichartige Bereicherungsansprüche zwar grundsätzlich Zug um Zug zu erfüllen (nach der Saldotheorie besteht ein Zurückbehaltungsrecht auch ohne dass es dessen Ausübung bedarf; nach der Zweikondiktionenlehre ist das Zurückbehaltungsrecht auszuüben).121 Ein Zurückbehaltungsrecht ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Restitution (zulässigerweise) hoheitlich angeordnet ist.122 Darauf, ob die Rückzahlung des Kaufpreises als Geldschuld überhaupt unmöglich sein kann123, kommt es daher nicht an. Das Vollstreckungsrisiko hinsichtlich des Kaufpreises trägt bei Anordnung der Restitution demnach der Erwerber, was aber im Rahmen der Erforderlichkeit zu berücksichtigen sein kann.124
119 Vgl. oben Teil 3, A. II. 1. a): Die Restitution setzt die zivilrechtliche Rückabwicklung in Gang, sofern diese durch das Zivilrecht für den konkreten Fall ohnehin vorgesehen wird. 120 Baumhauer, S. 105; Klawitter, WuW 1981, 245 (248); vgl. auch Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 113; a. A. Möschel, Auflösung (1982) S. 24. 121 Siehe oben, Teil 2, A. II. 3. b) dd). 122 Vgl. Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 113. 123 Dazu Schwab, in: MüKo BGB5, § 818 Rdnrn. 296 ff. 124 Klawitter, WuW 1981, 245 (248), abweichend Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 113, der diesen Aspekt wohl im Rahmen der Angemessenheit [„zumutbar“] prüfen will.
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ee) Ausstattung des Unternehmens mit seiner vorherigen Wettbewerbsfähigkeit Hat das übertragene Unternehmen zwischen der Übergabe an den Erwerber und der Auflösung an Wert verloren, ist die Restitution zwar nicht unmöglich, solange die Identität des Unternehmens noch besteht. Die Restitution allein wird zur Wiederherstellung der vorherigen Wettbewerbssituation aber nicht geeignet sein, wenn der Wertverlust eine Beschränkung oder sogar den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zur Folge hat. Eine Pflicht, das Unternehmen vor der Rückgabe in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuführen, besteht grundsätzlich nicht. Die Anordnung der Restitution setzt zumeist die zivilrechtliche Rückabwicklung in Gang, die eine solche Pflicht nicht vorsieht. Vielmehr ist ein Unternehmen als eine sich ständig verändernde Gesamtheit von Sachen, Rechten und Personen125 schon nach dem Bereicherungsrecht jeweils nur in seinem aktuellen Zustand herauszugeben, sofern es mit dem übergebenen Unternehmen noch im Wesentlichen identisch ist.126 Wenn der Unternehmenszusammenschluss aber formell illegal vollzogen wurde, haften sowohl Verkäufer als auch Erwerber entweder verschärft gemäß § 819 Abs. 2 und § 820 BGB, da sie mit dem Zusammenschluss gegen das gesetzliche Vollzugsverbot verstießen oder der Erwerber haftet auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung seiner vertraglichen Abnahmepflicht. Der Verkäufer kann daher neben bzw. anstelle des teilweisen Einbehalts des Kaufpreises gemäß §§ 819 Abs. 2, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989 BGB bzw. §§ 280 Abs. 1, 433 Abs. 2 BGB von dem Erwerber Schadensersatz verlangen, wenn die Minderung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens auf einem schuldhaften Verhalten des Erwerbers beruht. Der Schadensersatzanspruch richtet sich gemäß § 249 Abs. 1 BGB grundsätzlich auf Naturalrestitution, also Wiederherstellung des Zustands, der bestehen würde, wäre der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten. Hat das Unternehmen daher aufgrund eines Umstandes an Wert und/oder Wettbewerbsfähigkeit verloren, den der Erwerber verschuldet, so bewirkt die verschärfte Haftung, dass der Bereicherungsgläubiger verlangen kann, so gestellt zu werden, als wäre der zum Verlust der Wettbewerbsfähigkeit führende Umstand nicht eingetreten. Für den Verschuldensmaßstab ist auf das Gesellschaftsrecht abzustellen. Gemäß § 93 AktG bzw. § 43 Abs. 1 GmbHG haben Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns/-leiters anzuwenden. Die Gesellschafter 125 126
Siehe oben, Teil 2, bei Fn. 156, S. 127. Siehe oben, Teil 2, Fn. 239, S. 150.
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trifft eine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft, derzufolge sie verpflichtet sind, deren Interessen zu wahren. Insbesondere sind geschäftsschädigende Handlungen zu unterlassen. Eine von dem Erwerber verschuldete Minderung der Wettbewerbsfähigkeit liegt demnach beispielsweise vor, wenn der Erwerber ohne einen rechtfertigenden Grund Abteilungen verkleinert oder zusammengelegt oder in sonstiger Weise die eigenständige Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens schmälert. Die Anordnung der Restitution kann in solchen Fällen folglich auch die Wiederausstattung des Unternehmens mit seiner vorherigen Wettbewerbsfähigkeit vorsehen.127 ff) Restitution nach Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens Da die Wiederherstellung des vorherigen Zustands auch dann angeordnet werden kann, wenn eine zivilrechtliche Rückabwicklung ausscheidet128, ist auch für den Fall, dass der Zusammenschluss in der Neugründung eines Gemeinschaftsunternehmens gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 GWB besteht, die Anordnung der Restitution nicht grundsätzlich abzulehnen. Die Restitution erfordert dann die Auflösung und Abwicklung des Gemeinschaftsunternehmens nach den für die gewählte Rechtsform vorgesehenen Vorschriften. Eingebrachte Vermögensgegenstände haben die Mütter gegebenenfalls zurückzunehmen. Kann die bisherige Wettbewerbssituation derart nicht hergestellt werden, da die Mütter sich von dem Markt des Gemeinschaftsunternehmens unwiderruflich zurückgezogen haben, kommt auch eine Aufspaltung des Gemeinschaftsunternehmens in der Anzahl der Mütter entsprechende Einzelgesellschaften in Betracht. Die eingebrachten Vermögenswerte der Mütter sind dann auf diese Gesellschaften zu übertragen, die Mütter erhalten die Anteile an der mit ihren Vermögensgegenständen ausgestatteten Gesellschaft.129 Aktiengesellschaften sind nach den §§ 262 ff. AktG aufzulösen und abzuwickeln; Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach §§ 60 ff. GmbHG. Auch wenn das Gemeinschaftsunternehmen in Form einer Kapitalgesellschaft noch nicht im Handelsregister eingetragen ist, richtet sich die Abwicklung der dann bestehenden Vorgesellschaft nach den jeweiligen Vorschriften des Aktien- bzw. GmbH-Gesetzes, da die Abwicklungsvorschriften des BGB der körperschaftlichen Struktur der Vorgesellschaften nicht gerecht werden.130 Gemäß § 278 Abs. 3 i. V. m. §§ 262, 275 ff. AktG gelten für die Abwicklung der KGaA 127 Vgl. Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 117 f., der dann allerdings zusätzliche kartellbehördliche Anordnungen verlangt, damit das Unternehmen dem Veräußerer im früheren Zustand übergeben werden kann. 128 Siehe oben bei Fn. 107, S. 206. 129 Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 247 ff.
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(einschließlich ihrer Vorgesellschaft) die Vorschriften über die Auflösung der Aktiengesellschaft sinngemäß. Zur Auflösung der Gesellschaft bedarf es allerdings gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG bzw. § 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG eines Gesellschafterbeschlusses. Die Auflösungsanordnung des Bundeskartellamtes gegenüber einer GmbH stellt nämlich keine Auflösung durch eine Verwaltungsbehörde im Sinne des § 62 GmbHG dar131, denn der Auflösungsbegriff des GmbHG ist ein anderer als der des GWB: Letzterer ist nicht auf die Auflösung einer Gesellschaft als Rechtsträger, sondern auf die Beseitigung einer wettbewerbsbeschränkenden Verbindung gerichtet. Die Auflösungsanordnung nach § 41 Abs. 3 GWB begründet daher lediglich die Verpflichtung der Betroffenen zur Auflösung des Zusammenschlusses, ggf. durch Auflösung im Sinne des GmbHG. War für das Gemeinschaftsunternehmen die Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft vorgesehen, so wird nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft auch diese mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages und Invollzugsetzung behandelt, als sei sie wirksam zustande gekommen.132 Auch sie kann ab diesem Zeitpunkt nicht mehr rückabgewickelt, sondern nur noch nach dem gesellschaftsrechtlich vorgesehenen Verfahren aufgelöst werden, im Fall der oHG wie der KG also durch Auflösung gemäß § 133 HGB133 und darauf folgender Liquidation gemäß §§ 145 ff. HGB134. Durch die Beachtung der gesetzlichen Verfahren zur Auflösung einmal wirksam entstandener oder als wirksam zu behandelnder Gesellschaften werden einerseits die Gläubiger der Gesellschaft befriedigt, andererseits wird auch ein interner Ausgleich unter den Gesellschaftern gewährleistet. b) Verkaufslösungen Im Rahmen der Verkaufslösungen kann das Bundeskartellamt den vollständigen oder teilweisen Verkauf des Zusammenschlussobjekts an einen 130 Karsten Schmidt, in: Scholz, GmbHG10, § 66 Rdnr. 1; vgl. auch Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG20, § 66 Rdnr. 3; Michalski/Funke, in: Michalski, GmbHG, § 11 Rdnr. 73, jeweils für die Abwicklung der Vor-GmbH; BGH, Urteil vom 23.10.2006, II ZR 162/05, NZG 2007, 20 (23); Drygala, in: Schmidt/Lutter, AktG2, § 41 Rdnr. 22 zur Abwicklung der Vor-AG. 131 Haas, in: Baumbach/Hueck, GmbHG20, § 62 Rdnr. 5; Karsten Schmidt/Bitter, in: Scholz, GmbHG10, § 62 Rdnr. 19. 132 Siehe oben, Teil 2, bei Fn. 78, S. 105. 133 Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421 (431). 134 BGH, Urteil vom 24.10.1951, II ZR 18/51, BGHZ 3, 285 (288); Wiesner, Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft (1980), S. 129.
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Dritten anordnen.135 Der Begriff der „Verkaufslösungen“ sagt zwar nichts darüber aus, wer im Rahmen der Verkaufslösungen zum Verkauf an einen Dritten verpflichtet wird, so dass auch insoweit ein Auswahlermessen anzunehmen sein könnte. Unter den Verkaufslösungen wurde bisher jedoch nur der Verkauf durch den Erwerber verstanden. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass sich die Literatur mit möglichen Arten der Auflösung erstmals zu einem Zeitpunkt beschäftigte, in dem die präventive Fusionskontrolle noch die Ausnahme bildete. Die generell präventive Fusionskontrolle wurde nämlich erst mit der 6. GWB-Novelle136 zum 01.01.1999 eingeführt. Die Abhandlungen von Möschel stammen bereits aus den Jahren 1979 und 1984, die von Kerber aus dem Jahr 1987. Grundsätzlich ist es jedoch auch denkbar, dem Veräußerer den Verkauf an einen Dritten aufzugeben, jedenfalls dann, wenn dieser noch über die Verfügungsbefugnis über das Zusammenschlussobjekt verfügt. Die Frage, wem der Verkauf an einen Dritten aufgegeben wird, ist daher eine Frage der Erforderlichkeit. Eine andere Frage ist jedoch, wem der Kaufpreis aus dem Verkauf an einen Dritten gebührt. Dieser Kaufpreis kann oberhalb oder auch unterhalb des ursprünglichen Kaufpreises liegen, wird mit diesem aber jedenfalls in der Regel nicht identisch sein. Unproblematisch gebührt der Kaufpreis dem Erwerber, wenn sowohl Verpflichtungs- als auch Erfüllungsgeschäft wirksam sind und damit alle Risiken auf den Erwerber übergegangen sind. Der Verkäufer behält in diesem Fall den ursprünglichen Kaufpreis. Fraglich ist dies jedoch in dem Fall, in dem dem Verkäufer noch zivilrechtliche Ansprüche an dem Zusammenschlussobjekt zustehen, aber dem Erwerber der Verkauf an einen Dritten aufgegeben wird. Insoweit könnte zum einen darauf abgestellt werden, wem nach dem dispositiven Recht das Risiko zwischenzeitlicher zufällig eintretender Wertverluste zugewiesen ist. Wenn das Verpflichtungsgeschäft wirksam ist, trägt im Hinblick auf marktbedingte Wertveränderungen der Erwerber dieses Risiko, in den anderen Fällen der Veräußerer.137 Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Risikoverteilung zum einen lediglich im Fall der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung besteht, also wenn der Verkäufer das im Wert geminderte Unternehmen oder Wertersatz nach § 818 Abs. 2 BGB tatsächlich erhält. Darüber hinaus besteht im Fall der Anordnung des Verkaufs des Zusammenschlussobjekts an einen Dritten aber auch die Gefahr, dass der erzielbare Kaufpreis dem Wert des Unternehmens nicht entspricht. Hieraus wird deutlich, dass es bei Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41, Rdnr. 51; Möschel, Auflösung (1982) S. 30. 136 BGBl. I-1998, S. 2546. 137 Siehe zu den jeweiligen Konstellationen oben, Teil 2, A. II., zusammengefasst unter Teil 2, C. 135
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der Frage, wem der Kaufpreis gebührt, nicht um die Frage gehen kann, wer zivilrechtlich das Risiko einer marktbedingten Wertminderung trägt, sondern darum, wem das Risiko einer späteren Auflösung des Zusammenschlusses zuzuweisen ist138. Insoweit kann auf die Ausführungen im Rahmen des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB verwiesen werden139, die nicht nur für den Fall des wirksamen Verpflichtungs- und unwirksamen Verfügungsgeschäfts, sondern vielmehr für den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag allgemein gelten. Demnach trägt, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, grundsätzlich der Erwerber das Risiko einer späteren Untersagung des Zusammenschlusses. Diese Risikoverteilung gilt auch dann, wenn ein wirksamer Vertrag zwischen den Parteien infolge der Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung noch nicht wirksam zustande gekommen ist, da die Risikozuweisung von der Unwirksamkeit des Vertrages nicht erfasst wird, sie gilt ja gerade für den Fall, dass die Bedingung nicht eintritt. Wer ein bestimmtes Risiko übernimmt, erhält aber grundsätzlich auch die mit diesem Risiko verbundenen Chancen. Der im Wege eines Verkaufs durch den Erwerber tatsächlich erzielte Kaufpreis gebührt daher grundsätzlich dem Erwerber, unabhängig davon, ob dieser Kaufpreis ober- oder unterhalb des ursprünglichen Kaufpreises liegt. Der Veräußerer ist dann an der Auflösung nicht beteiligt und wird so gestellt, als wäre die Übertragung wirksam erfolgt, d.h. er behält den ursprünglich durch den Erwerber bezahlten Kaufpreis. Insbesondere wenn die Anteile oder das Unternehmen zwischen der Übertragung an den Erwerber und der Auflösung an Wert gewonnen haben, mag der Verkäufer aber an der Rückabwicklung des Geschäfts interessiert sein. Er würde dann nämlich nur den ursprünglichen Kaufpreis herausgeben müssen, erhielte aber ein im Wert gesteigertes Unternehmen bzw. im Wert gesteigerte Anteile. Der Erwerber dagegen wird in einem solchen Fall die Verkaufslösung bevorzugen, da er derart einen höheren Kaufpreis erzielen kann, als er an den Verkäufer gezahlt hat und daher im Fall der Rückabwicklung zurückerhielte. In einem solchen Fall ist im Rahmen der Erforderlichkeit zu prüfen, welche Maßnahme (Verkaufslösung oder Restitution) für die Parteien die mildeste Maßnahme darstellt. Dies hängt neben den Interessen der Parteien auch von der durch das Zivilrecht vorgesehenen Risikoverteilung ab. Wird die Veräußerung dem Verkäufer aufgegeben, so liegt darin eine Rückabwicklung des Zusammenschlusses, verbunden mit der Verpflichtung des Veräußerers zum Verkauf des Zusammenschlussobjekts an einen Dritten. Das Bundeskartellamt weist das Risiko der Untersagung in diesem Fall dem Verkäufer zu, der dem Erwerber dann den ursprünglichen Kaufpreis 138 139
Vgl. Baumhauer, S. 104 f. Siehe oben, Teil 2, A. II. 1. b) bb) (1) (a).
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zurückzuzahlen hat. Wann diese Maßnahme praktisch angeordnet werden kann, ist ebenfalls eine Frage der Erforderlichkeit. Verkaufslösungen dürfen aber nur angeordnet werden, wenn sie zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet sind. Dies ist insbesondere bei den aus dem US-amerikanischen Recht bekannten sogenannten „Pro rata Entflechtungen“140 fraglich (dazu sogleich unter aa)). Darüber hinaus muss der Verkauf des Zusammenschlussobjekts an einen Dritten selbstverständlich auch tatsächlich möglich sein (dazu sogleich unter bb) und cc)). Und schließlich wird diskutiert, ob Verkaufslösungen nur dann zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet sind, wenn die Veräußerung zu einem Mindestpreis erfolgt (dazu unter dd)). Die Verkaufslösungen können zur Verhinderung weiterer Wettbewerbsbeschränkungen bis zum Verkauf des Zielunternehmens bzw. der Beteiligung mit der Verpflichtung zur Einsetzung eines Verwaltungstreuhänders verbunden werden (dazu unter ee)). aa) Pro rata-Entflechtung Teilweise als Unterfall der Verkaufslösungen141, teilweise als besondere Auflösungsmaßnahme142 werden die sogenannten pro rata-Lösungen diskutiert, bei denen die Anteile an dem zu entflechtenden Unternehmen bzw. einem zur Auflösung der Wettbewerbsbeschränkung neu gegründeten Unternehmen an die Aktionäre des Erwerbers verteilt werden143. Im deutschen Recht wurde eine solche Maßnahme bisher noch nicht angeordnet. Dies mag daran liegen, dass sie zum einen wegen ihrer eingeschränkten rechtlichen Zulässigkeit ohnehin nur einen geringen Anwendungsbereich fände, zum anderen aber auch nur unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung führt. Pro rata-Auflösungen sind zur Beseitigung einer Wettbewerbsbeschränkung allenfalls geeignet, wenn es sich bei dem Unternehmen, dessen Anteile zu verteilen sind, bzw. an dem die aufzulösende Beteiligung besteht, um eine Publikumsgesellschaft handelt. Nur durch eine Streuung der Beteiligung kann nämlich der Einfluss der Erwerbergesellschaft auf die Zielgesellschaft gemindert werden.144 Eine (weitgehende) Entflechtung der Gesellschaft setzt ferner voraus, dass die Leitung der Gesellschaften durch ver140 Siehe Möschel, Auflösung (1982) S. 30 ff.; Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 119 ff. 141 Möschel, Auflösung (1982) S. 30. 142 Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 119. 143 Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 119 ff.; Möschel, Auflösung (1982), S. 30, zu den verschiedenen Arten von pro rata-Auflösungen S. 51. 144 Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 119; Möschel, Auflösung (1982) S. 51.
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schiedene Personen erfolgt. Die Abtrennung eines Teils eines Unternehmens unter Verteilung der Anteile der neugegründeten Gesellschaft an die Aktionäre der Hauptgesellschaft stellt nach deutschem Recht eine Abspaltung im Sinne des § 123 Abs. 2 UmwG dar. bb) Keine Anordnung von Verkaufslösungen im Fall der Unmöglichkeit der Herauslösung des Unternehmens oder Unternehmensteils Problematisch im Hinblick auf die Eignung zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung kann sich auch bei den Verkaufslösungen insbesondere der Verkauf des gesamten Unternehmens an einen Dritten darstellen. Auch hier ist nämlich zu beachten, dass der Verkauf an einen Dritten grundsätzlich nur dann zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung führen wird, wenn das Unternehmen an sich noch wettbewerbsfähig ist. Sind Vermögenswerte auf den Erwerber übergegangen, die nicht übertragen werden können, beispielsweise weil zu erwarten ist, dass die Kunden nicht mit auf einen Dritterwerber übergehen145, so wird die durch den Zusammenschluss entstandene Wettbewerbsbeschränkung durch den Verkauf des Unternehmens regelmäßig nicht beseitigt werden. Verkaufslösungen sind dann zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung nicht geeignet. cc) Sonstige tatsächliche oder rechtliche Hindernisse des Verkaufs an einen Dritten Wenn der Verkauf an einen Dritten unmöglich ist, darf er hingegen nicht angeordnet werden, er ist zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung dann nämlich gleichzeitig nicht geeignet.146 Unmöglichkeit des Verkaufs an einen Dritten liegt aber noch nicht vor, wenn sich kein Käufer für das Unternehmen oder die Beteiligung findet. Unmöglich im Sinne des § 44 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ist eine Anordnung nämlich nur, wenn sie niemand ausführen kann.147 Bei einem Verkauf eines Unternehmens an Dritte mag vielleicht der Verkauf zu einem angemessenen Preis unmöglich sein, sobald der Verkaufspreis jedoch unterhalb der Vermögenswerte des Unternehmens liegt, wird sich in der Regel auch ein Käufer finden lassen, der das Unternehmen erwirbt. Es stellt sich dann aber die Frage, ob dieser wirklich ein Interesse daran hat, das Unternehmen fortzuführen, oder ob dieser das Unternehmen lediglich ausschlachten wird. Selbst wenn der Erwerber die Aus145 146 147
Vgl. BGH, Urteil vom 05.07.2006, VIII ZR 172/05, NJW 2006, 2847 (2850). Siehe oben, Fn. 102, S. 205. Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG12, § 44 Rdnr. 51.
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schlachtung des Unternehmens beabsichtigt, wirkt sich dies auf die Möglichkeit zur Anordnung des Verkaufs nicht aus, fraglich ist dann jedoch, ob der Verkauf an einen Dritten zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet ist.148 Ferner ist fraglich, ob eine Verkaufslösung durchführbar ist, die den Erwerber verpflichtet, ein wegen Verstoßes gegen das Vollzugsverbot nicht wirksam erworbenes Unternehmen bzw. eine nicht wirksam erworbene Beteiligung zu veräußern.149 Der Erwerber ist in diesen Fällen nämlich mangels Verfügungsbefugnis über das Zusammenschlussobjekt zivilrechtlich nicht in Lage, das Zusammenschlussobjekt wirksam an einen Dritten zu übertragen. Die fehlende zivilrechtliche Berechtigung des Erwerbers zur Übertragung des Zusammenschlussobjekts an einen Dritten macht den Verkauf an einen Dritten und damit die Anordnung von Verkaufslösungen aber ebenfalls nicht unmöglich.150 Auch ein Nichtberechtigter kann nämlich wirksam über einen Gegenstand verfügen, wenn der Verkäufer dieser Verfügung gemäß § 185 BGB zustimmt. Selbst wenn der Veräußerer seine Zustimmung nach § 185 BGB aber nicht erteilen will, ist die Anordnung von Verkaufslösungen möglich. Die zivilrechtliche Verfügungsbefugnis des Dritten stellt dann aber ein Vollstreckungshindernis dar151, das die Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung verzögern und sich so auf das Maß der Eignung der Auflösungsmaßnahme auswirken kann. In den Fällen der formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüsse kann das Bundeskartellamt daher auf der Grundlage des § 41 Abs. 3 S. 2, 3 GWB entweder den Verkäufer selbst zum Verkauf an einen Dritten verpflichten, oder es muss den Veräußerer zur Zustimmung zum Verkauf durch den Erwerber durch Verwaltungsakt verpflichten152. Der Veräußerer ist in den Fällen des formell illegalen Vollzugs nämlich grundsätzlich ebenso wie der Erwerber zur Auflösung verpflichtet153 und daher möglicher Adressat der Auflösungsanordnung. Da die Verpflichtung zum Verkauf bzw. zur Erteilung der Zustimmung zum Verkauf des Zusammenschlussobjekts an einen Dritten aber einen vollständigen Entzug des Eigentums zu Lasten des Veräußerers zur Folge hat, darf der Verkauf bzw. die Zustimmung zum Verkauf nur 148
Dazu sogleich unter dd). So im Fall BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 Tenor II – „A-TEC ./. Norddeutsche Affinerie“ als Alternative zur Restitution. 150 VGH Kassel, Beschluß vom 14.03.1983, III TH 58/82, NJW 1983, 2282; Kühling, BauR 1972, 264 (267); Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 281; a. A. Scholler/Schloer, Grundzüge des Polizei- und Ordnungsrechts4, S. 250. 151 Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnr. 281. 152 In diese Richtung wohl auch Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 21 Rdnr. 148b. 153 Er ist Verhaltensstörer, vgl. oben unter Teil 3, A. I. 2. b) bb) (1). 149
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angeordnet werden, wenn die Maßnahme dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung trägt, insbesondere also erforderlich ist und nicht außer Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Zweck steht. dd) Verkauf zu einem Mindestpreis? Beruht der Zusammenschluss auf einem Unternehmenserwerb, wird zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung der Verkauf des Unternehmens an einen Dritten aber in der Regel nur dann geeignet sein, wenn der Verkauf von dem Erreichen eines Mindestpreises abhängig gemacht wird. Wird ein Unternehmen nämlich am Markt zum Nullpreis oder auch nur erheblich unter Wert verkauft, so werden hierdurch vielmehr solche Interessenten zum Kauf ermutigt, die es auf den den Kaufpreis möglicherweise übersteigenden Liquidationserlös abgesehen haben. Zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung wird aber regelmäßig erforderlich sein, dass der Erwerber auch Interesse an der Weiterführung des Unternehmens in wettbewerbserheblicher Weise hat, denn die Restitution dient auch der Wiederherstellung der ursprünglichen Wettbewerbsstrukturen. Die vorherigen Wettbewerbsstrukturen können aber nur dann wieder hergestellt werden, wenn das Unternehmen auch wie bisher fortgeführt wird.154 Für die Veräußerung von Anteilen wird man einen Mindestpreis indes nicht verlangen können.155 Bei der Auflösung einer Beteiligung geht es nämlich primär darum, dem Erwerber den Einfluss auf die Zielgesellschaft zu entziehen. Die Zielgesellschaft ist aber, im Gegensatz zum Zusammenschluss durch Unternehmenserwerb, in der Regel in ihrer Wettbewerbsfähigkeit nicht von dem Erwerber abhängig, sondern wird lediglich in ihrem Verhalten am Markt von diesem beeinflusst. ee) Verbindung mit der Einsetzung eines Verwaltungstreuhänders Die isolierte Anordnung, das Zusammenschlussobjekt an einen Dritten zu veräußern wird jedoch, insbesondere, wenn das Zusammenschlussobjekt ein Anteilspaket in mindestens einflussvermittelnder Höhe oder ein Unternehmen ist, zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung häufig nicht ebenso schnell und effektiv geeignet sein wie die Anordnung der Restitution. Bei dem Verkauf an einen Dritten muss nämlich zunächst ein geeigneter Käufer gefunden werden, was einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Würde der Erwerber, in dessen Hand sich die Anteile oder das Unternehmen im Fall 154 155
Vgl. Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 95 f. Vgl. Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 166.
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eines Vollzugs befinden, bis dahin die Rechte aus den Anteilen oder den Einfluss auf die Gesellschaft weiter ausüben können, bestünde die Gefahr für den Wettbewerb zunächst fort. Eine Alternative kann die Restitution oder die Aufgabe des Verkaufs an einen Dritten durch den Verkäufer darstellen. Dies setzt aber voraus, dass der Verkäufer zur Rücknahme und Fortführung des Unternehmens noch in der Lage und die Rücknahme durch ihn verhältnismäßig ist. Ist dem Verkäufer die Rücknahme nicht möglich oder ist sie nicht erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, hat das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen jedoch mit § 41 Abs. 4 die Möglichkeit geschaffen, die Auflösungsanordnung mit dem Verbot der Stimmrechtsausübung (Nr. 2) oder der Einsetzung eines Treuhänders, der die Auflösung herbeiführt, zu verbinden (Nr. 3). Die Möglichkeit der Einflussnahme kann dem Erwerber demnach auch im Fall der Anordnung von Verkaufslösungen unmittelbar entzogen werden. Als im Vergleich zur Restitution gleichermaßen zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet können Verkaufslösungen im Fall von Paketverkäufen oder Unternehmensverkäufen daher nur angesehen werden, wenn mit ihnen der sofortige Entzug der Einflussmöglichkeit nach § 41 Abs. 4 GWB einhergeht. c) Teilauflösung Ist ein Zusammenschlussobjekt rechtlich und wirtschaftlich teilbar156, so kommt grundsätzlich auch eine nur teilweise Auflösung in Betracht. Anstelle der vollständigen Aufgabe des Zusammenschlussobjekts hat der Erwerber die Anteile oder Vermögensteile dann nur in einem solchen Umfang zu verkaufen oder an den Veräußerer zurück zu übertragen, bis kein Zusammenschlusstatbestand mehr vorliegt.157 Die Teilauflösung ist zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet, wenn durch sie die durch den Zusammenschluss begründete marktbeherrschende Stellung beseitigt bzw. eine Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung auf ihr ursprüngliches Maß zurückgeführt wird. Ist das Zusammenschlussobjekt ein Unternehmen, das auf mehreren Märkten tätig ist und findet die Wettbewerbsbeschränkung infolge des Zusammenschlusses nur auf einem bestimmten Markt statt, so kann schon der Verkauf bzw. die Rückübertragung einer Sparte des Unternehmens zur Beseitigung der infolge des Zusammenschlusses entstandenen Wettbewerbsbeschränkung geeignet sein.158 In dem Fall Phonak/GN ReSound wurde die Eignung der 156 BGH, Beschluss vom 29.09.1981, KVR 2/80, WuW/E BGH 1854 (1862) – „Zeitungsmarkt München“ zu den Voraussetzungen einer Teiluntersagung. 157 Vgl. Klawitter, WuW 1981, 245 (245 f.). 158 Baumhauer, S. 64.
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Beschränkung einer Untersagung auf den inländischen Teil eines grenzüberschreitenden Zusammenschlusses hingegen verneint, da Phonak und GN ReSound im Inland hauptsächlich Vertriebsstrukturen für im Ausland gelegene Produktionsstätten unterhielten. Eine Abspaltung der Vertriebstätigkeit von GN ReSound hätte das durch den Zusammenschluss verstärkte Wettbewerbspotential daher nicht geschmälert.159 Im Fall der Teilbarkeit des Unternehmens werden die vollständige sowie die teilweise Auflösung regelmäßig gleichgeeignet sein, um die Wettbewerbsbeschränkung zu beseitigen. Einfacher stellen sich die Fälle dar, in denen es lediglich um den Erwerb einer Beteiligung über den Kauf von Anteilen geht. Die Wettbewerbsbeschränkung resultiert hier insbesondere aus der Möglichkeit des Anteilsinhabers bzw. Anteilsbesitzers, an der Hauptversammlung teilzunehmen und seine Stimmrechte auszuüben. Der Verkauf bzw. die Rückübertragung der gesamten erworbenen Anteile sowie die Reduzierung der erworbenen Beteiligung auf ein nicht mehr kontrollpflichtiges Maß werden in der Regel gleichermaßen zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet sein. d) Kompensationsmaßnahmen Eine Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung kann auch dadurch erreicht werden, dass der Erwerber anstelle des Zusammenschlussobjekts eigene Vermögenswerte oder Rechtsstellungen aufgibt. Die Ermächtigungsgrundlage des § 41 Abs. 3 S. 3 GWB umfasst auch diese sogenannten Kompensationsmaßnahmen.160 Zu den möglichen Kompensationsmaßnahmen zählen unter anderem die Aufgabe von Unternehmensbeteiligungen, die Abspaltung von Unternehmensteilen und ihrem anschließenden Verkauf, die Veräußerung und der Verzicht auf Vermögensobjekte wie Marken, Patente oder Lizenzen, die Vergabe von Lizenzen oder die Anordnung von Liefer- oder Bezugsverpflichtungen.161 Kompensationsmaßnahmen setzen auf Seiten des Käufers aber eine gewisse Größe und die Ausgliedbarkeit der Vermögenswerte bzw. Rechtspositionen voraus. Nur wenn eigene Vermögens- oder Rechtspositionen des Käufers derart bedeutend für den Markt sind, dass ihre Aufgabe die Marktverhältnisse verschieben kann, können solche Kompensationslösungen in Betracht gezogen werden.
159
BKartA, 11.04.2007, Gesch.-Z.: B 3 – 578/06, S. 8 – „Phonak/GN ReSound“. BegrRegE 2. GWB-Novelle, BT-Drucks. VI/2520, WuW 1971, 531 (560). Vgl. auch Baumhauer, S. 85 f. m. w. N. 161 Möschel, Auflösung (1982) S. 30; Baumhauer, S. 82. 160
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e) „Züchtung“ eines neuen Unternehmens Einen Unterfall der Kompensationsmaßnahmen stellt schließlich die Erschaffung und Veräußerung eines neuen wettbewerbsfähigen Konkurrenten dar. Wegen ihrer im Vergleich zu den oben erörterten Kompensationsmaßnahmen aber erhöhten Eingriffsintensität wird die sogenannte „Züchtung“ eines neuen Unternehmens162 hier gesondert betrachtet. Der Erwerber hat in einem solchen Fall Vermögensgegenstände in solchem Ausmaß auszugliedern, dass ein lebensfähiges und wettbewerbsintensives Unternehmen entsteht.163 Während diese „Züchtung neuer Unternehmen“ als Auflösungsmaßnahme im US-amerikanischen Recht bereits Anwendung gefunden hat164, spielte sie in Deutschland bisher noch keine Rolle und ist in ihrer Zulässigkeit umstritten. Streitig ist bereits, ob die Züchtung eines neuen Unternehmens von der Ermächtigung des Bundeskartellamts zur Anordnung der erforderlichen Maßnahmen noch gedeckt ist. Während die herrschende Auffassung die Möglichkeit zur Anordnung der Züchtung eines neuen Unternehmens ohne nähere Begründung bejaht165 lehnt Baumhauer eine so weitgehende Anordnungskompetenz des Bundeskartellamts unter Hinweis auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ab166. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts167 müsse eine Ermächtigung der Verwaltungsbehörden zum Erlass belastender Verwaltungsakte „durch das ermächtigende Gesetz nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt“ sein, so dass die darauf gestützten Maßnahmen in gewissem Umfang voraussehbar und berechenbar seien. Die Züchtung eines neuen Unternehmens liege aber außerhalb dieses berechenbaren Rahmens der Ermächtigung des § 24 Abs. 6 S. 1 GWB a. F., der wörtlich mit § 41 Abs. 3 S. 3 GWB n. F. übereinstimmt.168 Auch wenn Baumhauer darin zuzustimmen ist, dass die Züchtung eines neuen Unternehmens erheblich 162
Zum Begriff vgl. Möschel, Auflösung (1982), S. 31; Baumhauer, S. 93. Purrucker, S. 93 ff. (97). 164 U.S. vs. Tobacco Co., 191 Fed. 371, 375 (S.D.N.Y. 1911); U.S. vs. E.I. du Pont de Nemours & Co., 188 Fed. 127 (D. Del. 1911); U.S. vs. Reading Co., 253 U.S. 26, 60–62 (1920); dazu auch Schulte-Braucks, Die Auflösung marktbeherrschender Stellungen (1980), S. 71 ff. 165 Möschel, Auflösung (1982), S. 31; ders., Entflechtung (1979), S. 114; Klawitter, WuW 1981, 245 (249 f.); Klaue/v. Lampe/Markert, in: Mestmäcker, Problematik der Fusionskontrolle (1971), S. 79; Oehler, Entflechtung und Kontrahierungszwang, S. 248; Purrucker, S. 178 ff. 166 Baumhauer, S. 96 ff. 167 BVerfG, Beschluss vom 12.11.1958, 2 BvL 4, 26, 40/56, 1, 7/57, BVerfGE 8, 274 (325). 168 Baumhauer, S. 97 f. 163
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mehr Aufwand erfordert als Kompensationsmaßnahmen, ist mit der herrschenden Auffassung die grundsätzliche Möglichkeit, die Züchtung eines neuen Unternehmens anzuordnen, zu bejahen. Ihre Anordnung ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 41 Abs. 3 S. 3 GWB auch durchaus gedeckt, denn dort wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung auch auf andere Weise möglich ist, ohne dass die insoweit in Betracht kommenden Maßnahmen eingegrenzt wären. Es ist für ein Unternehmen auf dieser Grundlage aber durchaus voraussehbar, dass beispielsweise im Fall einer untrennbaren Verbindung zweier Unternehmen miteinander die Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung in irgendeiner Weise erfolgen muss. Die Züchtung eines neuen Wettbewerbers ist insoweit keine völlig fernliegende Maßnahme. Ob die Züchtung eines neuen Unternehmens auch erforderlich ist, ist hingegen eine andere Frage, die erst auf der zweiten Stufe zu beantworten ist. Bedenken gegen die Anordnung der Züchtung eines neuen Unternehmens werden ferner aus dem Bestimmtheitsgebot für Verwaltungsakte hergeleitet.169 Dagegen wenden sich Möschel170 und Klawitter171, die sich für eine flexible Handhabung des Bestimmtheitsgrundsatzes aussprechen und eine Zielvorgabe durch das Bundeskartellamt zunächst ausreichen lassen wollen. Auch Kerber teilt die Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit nicht, verlangt von dem Bundeskartellamt aber mindestens die Benennung der wesentlichen Vermögenswerte, die zu entflechten sind.172 Der Auffassung Kerbers ist zu folgen, eine vollständige Beschreibung des neu zu züchtenden Unternehmens kann von dem Bundeskartellamt nicht verlangt werden. Darauf kommt es aber auch nicht an, denn auch im Rahmen der Verkaufslösungen sowie der Restitution gibt das Bundeskartellamt nicht die vollständigen Bedingungen der Auflösung vor, sondern lediglich Zielvorgaben, während die zu entflechtenden Vermögenspositionen auch dort bekannt sind. Dementsprechend muss es auch bei der Anordnung der Züchtung eines neuen Unternehmens genügen, eine Zielvorgabe zu machen und die im Wesentlichen aufzugebenden Vermögenspositionen zu benennen. Selbst wenn die Kosten für die Züchtung eines neuen Unternehmens das Vermögen des Verpflichteten übersteigen, macht das die Anordnung nicht unmöglich im Sinne des § 44 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG. Ein rein subjektives Unvermögen, beispielsweise aufgrund fehlender finanzieller Mittel, führt 169 Vgl. Baumhauer, S. 95 f.; Purrucker, S. 180; Klaue/v. Lampe/Markert, in: Mestmäcker, Zur Problematik der Fusionskontrolle (1971), S. 79. 170 Möschel, Auflösung (1982) S. 32. 171 Klawitter, WuW 1981, 245 (250). 172 Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 156.
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nämlich nicht dazu, dass die Maßnahme als unmöglich173 und damit ungeeignet angesehen werden kann. Nur objektive Unmöglichkeit macht eine Maßnahme unmöglich im Sinne des § 44 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG.174 Die Züchtung eines neuen Unternehmens mit anschließendem Verkauf an einen Dritten ist aber nur dann zur Beseitigung der entstandenen Wettbewerbsbeschränkung geeignet, wenn anschließend mit Wahrscheinlichkeit ein wettbewerbsrechtlich unbedenklicher Erwerber gefunden werden kann, der einen angemessenen Preis für das Unternehmen bezahlt.175 2. Erforderlichkeit Im Rahmen der formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüsse sind grundsätzlich sowohl der Verkäufer als auch der Erwerber bzw. dessen Rechtsnachfolger und ein gegründetes Gemeinschaftsunternehmen Störer im Sinne des Ordnungsrechts und damit mögliche Adressaten der Auflösungsverfügung gemäß § 41 Abs. 3 GWB.176 Daher kommen grundsätzlich alle der vorgenannten Auflösungsmaßnahmen zur Auflösung eines formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlusses in Betracht. Eine Ausnahme gilt für den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung, wenn der Verkäufer nicht erkennen konnte, dass diese dem Käufer zum Erwerb einer zusammenschlussrelevanten Beteiligung im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB diente. Da der Verkäufer in diesem Fall Nichtstörer ist, kann die Wiederherstellung des vorherigen Zustands gegen den Willen des Verkäufers nur angeordnet werden, wenn keine der anderen Maßnahmen zur Auflösung des Zusammenschlusses führt. Unter mehreren zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung gleichermaßen geeigneten Mitteln hat das Bundeskartellamt in einem zweiten Schritt das mildeste Mittel, also dasjenige auszuwählen, das mit der geringsten Belastung für das geschützte Rechtsgut verbunden („erforderlich“)177 ist. Sinn und Zweck des Erforderlichkeitskriteriums ist die Wah173 Erbel, Die Unmöglichkeit von Verwaltungsakten (1972), S. 45 ff.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG7, § 44 Rdnr. 144. 174 Schemmer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG12, § 44 Rdnr. 51. 175 Vgl. zum Fall der Neugründung eines liquidierten Anzeigenblattes Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 158. 176 Siehe oben, Teil 3, A. I. 2. b). 177 BVerfG, Urteil vom 11.06.1958, 1 BvR 596/56, BVerfGE 7, 377 (405) – „Apothekenurteil“; 11.10.1962, 1 BvL 22/57, 14, 288 (303) – „Selbstversicherung“; BVerfG, Urteil vom 22.05.1963, 1 BvR 78/56, BVerfGE 16, 147 (172 f.); vom 18.12.1974, 1 BvR 430/65 und 259/66, BVerfGE 38, 281 (302); Beschluss vom 01.08.1978, 2 BvR 1013, 1019, 1034/77, BVerfGE 49, 24 (58); Urteil vom 14.07.1999, 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/95, 1 BvR 2437/95, BVerfGE 100, 313 ff.
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rung des Übermaßverbots.178 Das geschützte Recht, in das durch die Maßnahme eingegriffen wird, soll so weit wie möglich geschont werden.179 Ordnet eine Behörde in unvertretbarer Weise180 ein nicht erforderliches Mittel an, so ist der Verwaltungsakt aber nicht zwingend unwirksam, sondern grundsätzlich lediglich anfechtbar.181 Es ist daher zunächst zu bestimmen, in welchem Maße die möglichen Auflösungsmaßnahmen in geschützte Rechtspositionen der hierfür in Anspruch zu nehmenden Personen eingreifen. Greift die Auflösungsmaßnahme in Grundrechte ein, so ist dieser Eingriff gerechtfertigt, wenn er durch die Ermächtigungsgrundlage des § 41 Abs. 3 S. 2, 3 GWB gedeckt und verhältnismäßig ist, insbesondere also keine mildere Maßnahme zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung möglich ist. § 41 Abs. 3 S. 2, 3 GWB stellt nämlich eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG sowie eine Beschränkung der Grundrechte nach Artt. 12, 9 und 2 GG dar. Die Konkretisierung der Auflösung überlässt das Gesetz dem Bundeskartellamt, welches daher bei der Auswahl der Maßnahme im Einzelfall insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz berücksichtigen muss.182 Werden durch die möglichen Maßnahmen jeweils mehrere geschützte Rechtsgüter in unterschiedlichem Maße beeinträchtigt, so ist anhand einer Gesamtabwägung zu bestimmen, welche Maßnahme die geschützten Rechtsgüter am geringsten beeinträchtigt. In diese Abwägung sind die Eigenart der betroffenen Position, die Intensität ihrer Verkürzung und die Anzahl der Betroffenen einzubeziehen.183 a) Bestimmung der durch die Auflösungsmaßnahme betroffenen geschützten Rechtsgüter aa) Restitution Die Anordnung der Restitution besteht aus zwei Komponenten, die im Hinblick auf ihre Eingriffsqualität isoliert zu betrachten sind: Einerseits ver(375); Gentz, NJW 1968, 1600 (1603); Jakobs, Verhältnismäßigkeit, S. 66; Schoch, JURA 2004, 462 (467). 178 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rdnr. 113. 179 Hanau, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Schranke privater Gestaltungsmacht, S. 118. 180 Die Behörde verfügt über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum. Die Aufsichtsbehörde bzw. das Gericht darf die Entscheidung daher nur auf Ermessensfehlgebrauch untersuchen, vgl. § 71 Abs. 5 GWB. 181 Kopp/Ramsauer, VwVfG12, § 44 Rdnr. 29. 182 Vgl. nur Purrucker, S. 161. 183 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rdnr. 115.
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pflichtet die Anordnung der Restitution den Verkäufer zur Rücknahme bzw. den Käufer zur Herausgabe/Rückübertragung des (vollständigen) Unternehmens bzw. der (vollständigen) Beteiligung, andererseits verpflichtet sie den Verkäufer, den Kaufpreis zurückzuzahlen bzw. den Käufer, diesen zurückzunehmen. Die Anordnung der Wiederherstellung des vorherigen Zustands ist demnach eine Maßnahme, die sowohl an den Verkäufer als auch an den Erwerber zu richten ist. Für die Untersuchung, welche Rechtsgüter durch die Anordnung der Restitution betroffen werden, werden wiederum die oben bereits auseinandergehaltenen Kombinationen von der Auflösung unterliegenden Zusammenschlüssen unterschieden: Wirksames Verpflichtungsgeschäft und unwirksame Übertragung, wirksames Verpflichtungsgeschäft und wirksame Übertragung, unwirksames Verpflichtungsgeschäft und unwirksame Übertragung sowie unwirksames Verpflichtungsgeschäft und wirksame Übertragung. Ferner ist zu unterscheiden, ob der Auflösung eine Beteiligung oder ein Unternehmen zugrunde liegt. Während bei einem Beteiligungserwerb nämlich insbesondere die Grundrechte aus Art. 14 GG (Eigentum) und Art. 9 Abs. 1 GG (Vereinigungsfreiheit) betroffen sein können, kann bei Auflösungsanordnungen, die ganze Unternehmen betreffen, auch Art. 12 GG, das Grundrecht der Berufsfreiheit beeinträchtigt sein. Art. 12 GG schützt nämlich auch die Unternehmerfreiheit im Sinne des freien Rechts zur Gründung und Führung von Unternehmen.184 Sofern speziellere Grundrechte nicht greifen, ist ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG zu prüfen. (1) Wirksames Verpflichtungsgeschäft, unwirksame Übertragung In einem ersten Schritt ist zu untersuchen, in welche geschützten Rechtspositionen die Anordnung der Restitution eingreift, wenn das Verpflichtungsgeschäft wirksam, das Erfüllungsgeschäft bzw. die Übertragung hingegen unwirksam ist. (a) Eingriff in geschützte Rechte des Veräußerers bei Beteiligungserwerb Auf Seiten des Verkäufers kommt durch die Anordnung der Restitution nach einer unwirksamen Anteilsübertragung zunächst eine Beeinträchtigung 184 BVerfG, Urteil vom 01.03.1979, 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und BvL 21/78, BVerfGE 50, 290 (363) – „Mitbestimmung“; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 12 Rdnr. 10; Scholz, Entflechtung und Verfassung, S. 181; Tsiliotis, Der verfassungsrechtliche Schutz der Wettbewerbsfreiheit, S. 172 ff.
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seines nach Art. 14 GG geschützten Nutzungsrechts185 in Betracht, da er das an den Erwerber übertragene Zusammenschlussobjekt infolge der Anordnung zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands zurücknehmen muss. Anteile an einer Gesellschaft zählen generell zu den nach Art. 14 GG geschützten Rechtspositionen186, auch wenn es sich bei den Anteilen im konkreten Fall nicht um verbriefte Anteile handelt, denn der Eigentumsbegriff des Art. 14 GG ist weiter als der zivilrechtliche187. Er umfasst alle vermögenswerten subjektiven (Privat-)Rechte, die ihrem Inhaber von der Rechtsordnung so zugeordnet sind, dass er die mit ihnen verbundenen Befugnisse eigenverantwortlich nutzen darf.188 Der Verkäufer kann sich auf Art. 14 GG auch dann berufen, wenn er eine juristische Person ist, denn auch (inländische) juristische Personen des Privatrechts können Grundrechtsträger des Art. 14 GG sein189. Das mit dem Eigentum verknüpfte Nutzungsrecht gibt dem Eigentümer die Befugnis, anderen an seinem Eigentum ein Nießbrauchsrecht einzuräumen oder Dritten den Gebrauch zu überlassen.190 Wird der Verkäufer durch die Anordnung der Restitution zur tatsächlichen Rücknahme der Anteile bzw. der damit verbundenen Rechte verpflichtet, wird ihm dieses Recht jedenfalls im Hinblick auf die Überlassung an den Erwerber aber gerade genommen. Die grundsätzlich unter Art. 14 GG fallenden Rechte bestehen jedoch nur innerhalb der sich „aus der Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze bürgerlichen und öffentlichen Rechts“ ergebenden Grenzen.191 Gesetzliche Regelungen, die den Bestand oder die Nutzung des Eigentums beschränken, nehmen für Eigentumspositionen, die nach ihrem Erlass entstehen, den Schutzbereich des 185 Art. 14 GG umfasst neben dem Bestand des Eigentums auch die Nutzung, vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 18; Pieroth/Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 992. 186 BVerfG, Beschluss vom 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289 (301 f.); BVerfG, Beschluss vom 23.8.2000, 1 BvR 68/95 u. 1 BvR 147/97, NJW 2001, 279; Wendt, in: Sachs, GG6, Art. 14 Rdnr. 24; Scholz, Entflechtung und Verfassung, S. 151; zu Aktien BVerfG, Urteil vom 29.11.1961, 1 BvL 16/60, BVerfGE 14, 263 (276 ff.) – „Feldmühle-Urteil“; Urteil vom 01.03.1979, 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und BvL 21/78, BVerfGE 50, 290 (341 ff.) – „Mitbestimmung“; Beschluss vom 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94, BVerfGE 100, 289 (301 f.); Papier, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 195; Schmidt-Aßmann, in: FS Badura (2004), S. 1009 (1014 ff.). 187 Siehe oben, Teil 2, Fn. 177, S. 135. 188 BVerfG, Beschluss vom 09.01.1991, 1 BvR 929/89, BVerfGE 83, 201 (208 f.); Beschluss vom 26.05.1993, 1 BvR 208/93 BVerfGE 89, 1 (6). 189 Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 217. 190 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.04.1998, 1 BvR 1680/93, 183, 1580/94, BVerfGE, 98, 17 (35 f.). 191 BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981, 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, 300 (335 f.) – „Naßauskiesung“.
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Eigentumsgrundrechts nach Art. 14 GG zurück.192 Eine solche Beschränkung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG stellt auch § 41 Abs. 1 S. 1 GWB dar: Demnach darf ein Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB nicht vollzogen und an einem solchen Zusammenschluss nicht mitgewirkt werden, wenn das Bundeskartellamt ihn nicht freigegeben hat. Sofern also die Besitzüberlassung zu einem Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB führt, ist diese Nutzung des Eigentums nicht mehr von Art. 14 GG gedeckt. Der Inhaber eines Unternehmens oder von Anteilen kann sich daher nicht auf Art. 14 GG berufen, wenn die Nutzungsüberlassung an einen Dritten, wie in dem hier untersuchten Fall, gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot verstößt. Die Anordnung der Restitution greift zudem weder in die nach Art. 14 GG geschützte Verfügungsbefugnis193 noch in die sogenannte „negative Vereinigungsfreiheit“ des Art. 9 Abs. 1 GG, also das Recht eines Gesellschafters, aus einer Vereinigung auszutreten194, ein. Zwar schützt Art. 9 Abs. 1 GG auch die wirtschaftliche Vereinigungsfreiheit195, also den Zusammenschluss zu Handels- oder Kapitalgesellschaften sowie zum Konzern und damit auch die echte Fusion196. Die Wirksamkeit der Anteilsübertragung wird in dem hier untersuchten Fall, in dem das Verpflichtungsgeschäft zwar wirksam, die Übertragung aber unwirksam ist, aber bereits durch die Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt verhindert. Die Übereignung bzw. Abtretung war wegen Verstoßes gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB bereits von Anfang an schwebend unwirksam, § 41 Abs. 1 S. 2 GWB, und wurde infolge der Untersagung endgültig unwirksam. Die Anordnung der Wiederherstellung des vorherigen Zustands stellt keinen über die Wirkung der Unwirksamkeit der Übertragung hinausgehenden Eingriff in die Verfügungsbefugnis oder die negative Vereinigungsfreiheit des Verkäufers dar. Im Hinblick auf die Verpflichtung des Veräußerers, dem Erwerber gegen Rücknahme der Anteile den Kaufpreis, oder jedenfalls einen Teil davon zurückzuzahlen, scheidet ein Eingriff in Art. 14 GG aus. Das Vermögen als solches wird von dem Eigentumsbegriff des Art. 14 GG nicht erfasst.197 192 BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981, 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, 300 (336) – „Naßauskiesung“; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 21; Pieroth/ Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 977. 193 Zum Schutz der Verfügungsbefugnis siehe Pieroth/Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 992. 194 Pieroth/Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 789; Tsiliotis, Der verfassungsrechtliche Schutz der Wettbewerbsfreiheit, S. 102. 195 Tsiliotis, Der verfassungsrechtliche Schutz der Wettbewerbsfreiheit, S. 103. 196 Scholz, Entflechtung und Verfassung, S. 105.
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Damit kommt nur ein Eingriff in die nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit in Betracht, indem der Verkäufer zur Rücknahme der Anteile verpflichtet wird. Auf Art. 2 Abs. 1 GG kann sich der Verkäufer aber nur berufen, soweit die Handlung oder Nutzung, deren Beschränkung er beanstandet, nicht gegen die „verfassungsmäßige Ordnung“ verstößt. Zu der verfassungsmäßigen Ordnung zählen alle formell und materiell verfassungsmäßigen Gesetze.198 Die Anordnung zur Rücknahme der Anteile ist aber durch § 41 Abs. 3 S. 1 GWB gerechtfertigt, wenn die Anordnung verhältnismäßig ist, insbesondere also kein milderes Mittel zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zwecks gleichermaßen geeignet ist. Auf die Verhältnismäßigkeit der Anordnung kommt es deshalb an, weil § 41 Abs. 3 S. 1 das Bundeskartellamt dazu ermächtigt, die „erforderlichen“ Maßnahmen anzuordnen, die Aufgabe der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes damit auf die Ebene der Verwaltung verlagert199. Die Erforderlichkeit ist anhand einer Gesamtabwägung mit den anderen möglichen Auflösungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der mit ihnen verbundenen Grundrechtsbeeinträchtigungen zu prüfen.200 (b) Eingriff in geschützte Rechte des Veräußerers im Fall des Unternehmenserwerbs Liegt dem Zusammenschluss die tatsächliche Überlassung eines Unternehmens zugrunde, so fallen Beeinträchtigungen, die den Bestand oder die Nutzung des Unternehmens als solches betreffen, nach herrschender Auffassung zwar ebenfalls in den Schutzbereich des Art. 14 GG.201 Ein Eingriff in die grundsätzlich durch Art. 14 GG geschützte Befugnis des Eigentümers, sein Eigentum einem Dritten zur Nutzung zu überlassen, scheitert auch hier aber an der Beschränkung dieser Eigentumsnutzung durch § 41 Abs. 1 S. 1 GWB. Das Vermögen in Form des Kaufpreises, der wirksam in 197 BVerfG, Urteil vom 20.07.1954, 1 BvR 459/52; 1 BvR 484/52; 1 BvR 555/52; 1 BvR 623/52; 1 BvR 651/52; 1 BvR 748/52; 1 BvR 783/52; 1 BvR 801/52; 1 BvR 5/53; 1 BvR 9/53; 1 BvR 96/54; 1 BvR 114/5, BVerfGE 4, 7 (18); BVerwG, Urteil vom 23.05.1995, 1 C 32/92, BVerwGE 98, 280 (291) m. w. N.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 7; Pieroth/Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 985. 198 BVerfG, Beschluss vom 10.04.1997, 2 BvL 45/92, BVerfGE 96, 10 (21); Beschluss vom 09.03.1994, 2 BvL 43, 51, 63, 64, 70, 80/92, 2 BvR 2031/92, BVerfGE 90, 145 (172); Urteil vom 03.04.2001, 1 BvR 2014/95, BVerfGE 103, 197 (215). 199 Siehe oben, Einleitung, bei Fn. 30, S. 28. 200 Dazu unten unter b). 201 Siehe die Nachweise in Fn. 185, S. 225.
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das Vermögen des Veräußerers übergegangen ist202, wird durch Art. 14 GG nicht geschützt.203 Ferner lässt sich in Betracht ziehen, ob in der Anordnung zur Rücknahme des Unternehmens zu Lasten des Verkäufers ein Eingriff in nach Art. 12 GG geschützte Rechte liegt. In den Schutzbereich des Art. 12 GG fällt nämlich auch das Recht zur Gründung und Führung eines Unternehmens204 und damit auch die Freiheit ein Unternehmen nicht zu führen205. Juristische Personen können sich nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 3 GG auf Art. 12 GG berufen.206 Wenn der Verkäufer wegen der Unwirksamkeit der verfügenden Rechtsgeschäfte aber Inhaber des Unternehmens geblieben ist, so liegt in der Anordnung der Restitution kein Eingriff in nach Art. 12 GG geschützte Rechtspositionen, da die Pflichten, die mit der Führung des Unternehmens verbunden sind, dem Verkäufer bereits obliegen und er ihre Erfüllung wegen § 41 Abs. 1 S. 1 GWB auch nicht dem Erwerber überlassen durfte. Auch wenn dem vollzogenen Zusammenschluss die tatsächliche Überlassung eines Unternehmens zugrunde lag, liegt in der Anordnung zur Rücknahme des Unternehmens daher allenfalls ein Eingriff in die nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit. Dieser Eingriff ist aufgrund der Ermächtigungsgrundlage des § 41 Abs. 3 S. 2 GWB gerechtfertigt, wenn die Anordnung zur Rücknahme verhältnismäßig ist.207 (c) Eingriff in geschützte Rechte des Erwerbers Auf Seiten des Erwerbers kommt durch die Anordnung der Restitution ebenfalls zunächst eine Verkürzung von unter Art. 14 GG grundsätzlich geschützten Rechtspositionen in Betracht. Wenn die Übertragung des Eigentums bzw. der Inhaberschaft wegen § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam war, erlangt der Erwerber zwar kein zivil202 Der Kaufpreis fällt nicht unter das Vollzugsverbot und wird von der Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB daher nicht erfasst, siehe oben Teil 2, A. I. 1. b) bb). 203 Siehe die Nachweise in Fn. 197, S. 227. 204 BVerfG, Urteil vom 01.03.1979, 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und BvL 21/78, BVerfGE 50, 290 (363) – „Mitbestimmung“. 205 Scholz, Entflechtung und Verfassung, S. 103; vgl. auch Tsiliotis, Der verfassungsrechtliche Schutz der Wettbewerbsfreiheit, S. 101 f. 206 BVerfG, Urteil vom 17.02.1998, 1 BvF 1/91, BVerfGE 97, 228 (253); Beschluss vom 19.07.2000, 1 BvR 539/96, BVerfGE 102, 197 (212 f.); Beschluss vom 14.03.2006, 1 BvR 2087, 2111/03, BVerfGE 115, 205 (229). 207 Siehe oben unter a), bei Fn. 198, S. 227.
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rechtliches Eigentum bzw. keine Inhaberschaft an dem Zusammenschlussobjekt. Er kann aber, wenn der Zusammenschluss über den Erwerb einer Beteiligung erfolgt, (mittelbaren) Besitz an den Anteilen erworben haben. Auch der Besitz fällt grundsätzlich unter den Schutz des Art. 14 GG.208 Er wird aber nur insoweit geschützt, wie er mit einem Abwehrrecht oder wenigstens einer positiven Befugnis des Besitzers verbunden ist.209 Abwehrrechte gegen die Besitzentziehung und die Besitzstörung gewähren die Vorschriften der §§ 859 ff. BGB dem unmittelbaren Besitzer sowie § 869 BGB dem mittelbaren Besitzer. Diese Abwehrrechte stehen grundsätzlich auch dem nicht zum Besitz berechtigten Besitzer zu.210 Erforderlich ist dann aber ein im Sinne des Zivilrechts besitzfähiger Gegenstand. Bei einem Beteiligungserwerb kann Besitz aber nur an Aktien erworben werden. Nur im Fall des Erwerbs von Aktien kommt daher überhaupt ein Eingriff in nach Art. 14 GG geschützte Beteiligungsrechte in Betracht. Ein rechtswidriger Eingriff in den grundrechtlich geschützten Besitz liegt aber nicht vor, wenn er sich nicht als verbotene Eigenmacht darstellt, denn der Besitzer kann sich gegen den Besitzentzug bzw. gegen Besitzstörungen nur dann wehren, wenn diese durch verbotene Eigenmacht verübt werden. Verbotene Eigenmacht liegt gemäß § 858 Abs. 1 BGB vor, sofern das Gesetz die Entziehung oder Besitzstörung nicht gestattet. Wenn die Eigentumsübertragung aber unmöglich ist, erlischt auch die Verpflichtung zur Gewähr des Besitzes. Das Gesetz gestattet die Entziehung des Besitzes durch den Eigentümer dann gemäß § 985 und § 812 Abs. 1 BGB. Insoweit steht dem Erwerber daher kein Besitzschutz zu. Die Anordnung der Restitution in Fällen wirksamer Verpflichtungsgeschäfte aber unwirksamer Übertragungen stellt daher keinen Eingriff in eine nach Art. 14 GG geschützte Besitzposition dar. Wenn es sich bei dem Unternehmensträger um eine juristische Person handelt, erwirbt der Erwerber an den Vermögensgegenständen des erworbenen Unternehmens ohnehin keinen, auch keinen mittelbaren Besitz, da sich die Vermögensgegenstände im Besitz der juristischen Person selbst befinden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Erwerber die Vermögensgegenstände in sein eigenes Unternehmen eingliedert. Lässt er das Unternehmen im Übrigen als solches bestehen, werden diese Vermögensgegenstände von der Restitution aber nicht mehr erfasst, da nur das Unternehmen im aktuellen Zustand zurückzugewähren ist. Der Verkäufer muss sich auf den Kaufpreis nur den Gegenwert des Zurückerhaltenen anrechnen lassen und darf den Kaufpreis im Übrigen behalten.211 Wird das Unternehmen aufgelöst 208 209 210 211
Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 202. Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 202. Bassenge, in: Palandt, BGB71, § 859 Rdnr. 1. Vgl. oben, Teil 2, A. II. 1.
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und werden seine Vermögenswerte vollständig in das Unternehmen des Erwerbers integriert, liegt darin regelmäßig ein Vermögenserwerb durch Umwandlung im Sinne des Umwandlungsgesetzes, der gemäß § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GWB-E mit Eintragung im Handelsregister wirksam wird. Es liegt dann ein Fall der wirksamen Übertragung vor. Die Wirkungen der Restitution auf einen solchen Fall werden unten212 untersucht. War die Übertragung einer unverbrieften Beteiligung gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam, kann ein Zusammenschluss allenfalls auf einem entstandenen Rechtsschein zugunsten des Erwerbers beruhen.213 Ein solcher Rechtsschein stellt jedoch schon von vornherein kein geschütztes Recht für den von ihm Begünstigten dar. Durch die Anordnung der Restitution in diesem Fall wird daher schon der Schutzbereich des Art. 14 GG nicht betroffen. Auch in seinem grundsätzlichen, gemäß Art. 9 Abs. 1 GG bestehenden Recht, einer bereits bestehenden Vereinigung beizutreten214, wird der Erwerber nicht erst durch die Anordnung der Restitution, sondern schon durch das Vollzugsverbot gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 GWB und die damit einhergehende (schwebende) Unwirksamkeit der Anteilsübertragung gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB beschränkt. Die endgültige Unwirksamkeit der Anteilsübertragung tritt durch die Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt und nicht durch die Anordnung der Restitution ein. Selbst in dem Fall, in dem die Untersagung des Zusammenschlusses nicht extra ausgesprochen worden sein sollte, ist diese in jeder Auflösungsanordnung jedenfalls immanent enthalten215 und damit kein Spezifikum der speziellen Auflösungsmaßnahme. Liegt dem Zusammenschluss ein Unternehmenserwerb zugrunde, der weder unter die Ausnahmen des § 41 Abs. 1 S. 3 bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E fällt, noch nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam zu betrachten ist, so greift die Anordnung der Restitution auch nicht in ein nach Art. 12 GG bestehendes Recht des Erwerbers ein. Auch die Unmöglichkeit für den Erwerber, das Unternehmen zu erwerben, ist nämlich nicht auf die Anordnung der Restitution, sondern bereits auf das Vollzugsverbot in Verbindung mit seiner Unwirksamkeitsfolge und der Untersagung des Zusammenschlusses zurückzuführen. 212
Zu den Fällen der wirksamen Übertragung siehe sogleich unter bb). Vgl. oben, Teil 1, A. II. 2. a) bb). 214 Pieroth/Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 789. 215 Die Untersagung im Rahmen der Auflösungsanordnung erfolgt nur klarstellend, siehe oben, Teil 1, Fn. 233, S. 76. 213
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Die mit der Restitution bei einem Unternehmen verbundene Verpflichtung zur Rückübertragung der Leitungsmöglichkeit an den Veräußerer, die insbesondere die Einweisung sowie die Übertragung der Kundenkartei an diesen erfasst, stellt keinen Eingriff in eine von Art. 14 GG geschützte Rechtsposition dar, denn die rein tatsächlich erlangte Rechtsposition des Erwerbers ist diesem nicht gesetzlich zugewiesen und erhält daher keinen Schutz nach Art. 14 GG. Sofern der Erwerber daher verpflichtet wird, Anteile oder das Unternehmen im Ganzen an den Verkäufer zurückzugeben oder daran mitzuwirken, dass ein infolge des Vollzugs des Zusammenschlusses entstandener Rechtsschein beseitigt wird, ist auch auf Seiten des Erwerbers demnach nur das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG betroffen. Dieser Eingriff ist, wie bereits oben unter (a) festgehalten, gerechtfertigt, wenn er verhältnismäßig, insbesondere erforderlich ist. (2) Wirksames Verpflichtungsgeschäft und wirksame Übertragung des Zusammenschlussobjekts (a) Eingriff in geschützte Rechte der am Zusammenschluss Beteiligten bei Beteiligungserwerb Wenn bei einem formell illegal vollzogenen Anteilserwerb das Verpflichtungsgeschäft und die Übertragung des Zusammenschlussobjekts wirksam sind, kann es sich nach der aktuellen Gesetzeslage nur um den Fall der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens handeln, denn Umwandlungsvorgänge sind gerade durch die ihnen charakteristische Vermögensübertragung geprägt und der bloße Anteilserwerb fällt nicht unter die Ausnahme gemäß § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E. Unter diese Fallgruppe fallen aber auch die Gemeinschaftsunternehmen, die noch nicht im Handelsregister eingetragen sind, aber bereits in Vollzug gesetzt wurden und deshalb nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft im Auflösungsverfahren so zu behandeln sind, als seien sie wirksam entstanden.216 Die Anordnung der Wiederherstellung des vorherigen Zustands im Fall eines Gemeinschaftsunternehmens führt zu der Verpflichtung der als Störer verantwortlichen Gesellschafter und/oder des Unternehmensträgers, das Gemeinschaftsunternehmen mit Wirkung für die Zukunft aufzulösen. Haben die Mütter Vermögenswerte in das Gemeinschaftsunternehmen eingebracht, so sind diese Vermögenswerte im Rahmen der Liquidation grund216
Dazu oben, Teil 2, A. I. 2. c) cc).
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sätzlich von der einbringenden Mutter zurückzunehmen.217 Zu Lasten des aufzulösenden Unternehmens greift die Anordnung zur Auflösung in dessen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ein. Ob der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb dem verfassungsrechtlichen Schutz des Art. 14 unterfällt, ist umstritten. Die heute herrschende Auffassung bejaht dies.218 Unter den Schutz des Art. 14 GG fällt aber nur der rechtmäßig eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb.219 Aus einem unter Verstoß gegen das Recht, hier das Vollzugsverbot, eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb kann daher kein Bestandsschutz hergeleitet werden. In der Anordnung der Restitution in einem solchen Fall liegt aber ein Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG, denn die Gesellschaft wird zur Aufgabe ihrer beruflichen Betätigung gezwungen. Eine Beschränkung auf erlaubte Tätigkeiten bzw. solche, die nicht sozial- oder gemeinschaftsschädlich sind, sieht der Schutzbereich des Art. 12 GG nämlich gerade nicht vor. Zu Lasten der Mütter des Gemeinschaftsunternehmens, denen das Gemeinschaftsunternehmen entzogen wird, kommt einerseits ein Eingriff in ihr nach Art. 14 GG geschütztes Anteilseigentum und zum anderen in ihr nach Art. 9 Abs. 1 GG geschütztes Recht, sich in einer Gesellschaft zu vereinigen, in Betracht. Im Hinblick auf Art. 14 GG gilt jedoch auch hier, dass das grundsätzlich von Art. 14 GG geschützte Mitgliedschaftsrecht dem Schutz des Art. 14 GG nur insoweit unterliegt, wie die Gesetze dieses Recht nicht wirksam beschränken. § 41 Abs. 1 S. 1 GWB beschränkt aber auch das Recht, sich an einem Gemeinschaftsunternehmen zu beteiligen, sofern hierdurch ein Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB vollzogen wird. Da das Gesetz mit § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E den wirksamen Erwerb anschließend aber trotz des Verstoßes gegen das Vollzugsverbot ermöglicht, unterliegt die Mitgliedschaft in einem Gemeinschaftsunternehmen grundsätzlich dem Schutz des Art. 14 GG. Der Eingriff ist als Einzelfallmaßnahme auf Grundlage der Inhalts- und Schrankenbestimmung des § 41 Abs. 3 GWB aber gerechtfertigt, sofern er verhältnismäßig ist. Für den Schutz der Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 1 GG gilt nichts anderes. Der Schutz des Art. 9 Abs. 1 GG greift zwar grundsätzlich auch dann, wenn der Unternehmenszusammenschluss einem rechtswidrigen Zweck dient220, die Vereinigungsfreiheit wird aber durch die Gesetze ausgestaltet221. Soweit 217
Wiedemann, Gemeinschaftsunternehmen im deutschen Kartellrecht, S. 104. Siehe die Nachweise in Teil 2, Fn. 176, S. 135. 219 BVerwG, 01.12.1982, 7 C 100/79, BVerwGE 66, 301 (303 ff.); Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 10; Glöckner, Eigentumsrechtlicher Schutz von Unternehmen (2005); Hagen, GewArch 2005, 402 ff. 220 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 9 Rdnr. 3. 218
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die Anordnung der Restitution auf Grundlage des § 41 Abs. 3 GWB verhältnismäßig ist, ist der mit ihr verbundene Eingriff daher ebenfalls gerechtfertigt. (b) Eingriff in geschützte Rechte des übertragenden Rechtsträgers bzw. der Anteilsinhaber bei Vermögenserwerb Neben der Gründung von Gemeinschaftsunternehmen erfasst die Ausnahme des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB, künftig § 41 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GWB aber auch bestimmte Fälle des Vermögenserwerbs, insbesondere die Verschmelzung und die Spaltung. In diesen Fällen ist fraglich, ob die Wiederherstellung des vorherigen Zustands, die die Rückgewähr des Zusammenschlussobjekts an den vorherigen Eigentümer erfordert222, überhaupt noch möglich ist, da das übertragende Unternehmen bei Verschmelzung gemäß §§ 2 ff. UmwG und Aufspaltung gemäß § 123 Abs. 1 UmwG mit Vollzug des Zusammenschlusses erlischt. Nur im Fall der Abspaltung bleibt das übertragende Unternehmen bestehen, so dass die Wiederherstellung des vorherigen Zustands durch Rückgabe an den vorherigen unmittelbaren Eigentümer möglich ist. In den übrigen Fällen wird man zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands allenfalls eine Aufspaltung zur Neugründung gemäß § 123 Abs. 1 UmwG in Betracht ziehen können223. Die Anteile müssten dann an die vorherigen mittelbaren Eigentümer, die ehemaligen Anteilsinhaber des bzw. der übertragenden Unternehmen verteilt werden. Die Anordnung der Restitution greift zu Lasten des noch existenten übertragenden Unternehmens in seine Berufsfreiheit nach Art. 12 GG ein, da es infolge der Rückübertragung den abgespaltenen Unternehmensteil fortführen muss. Das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG wird in diesem Fall nicht betroffen, da Art. 14 GG lediglich das erworbene Eigentum und daraus resultierende Rechte schützt, nach herrschender Auffassung nicht aber die Freiheit, Eigentum zu erwerben oder nicht zu erwerben. Die Verpflichtung, Eigentum (zurück) zu erwerben, greift vielmehr in die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG ein224, sofern nicht speziellere Vorschriften greifen. Die Freiheit, ein Unternehmen nicht zu führen, wird aber bereits von Art. 12 GG erfasst225, so dass Art. 2 Abs. 1 GG dahinter zu221 BVerfG, Beschluss vom 09.10.1991, 1 BvR 397/87, BVerfGE 84, 372 (378 f.); Urteil vom 01.03.1979, 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und BvL 21/78, BVerfGE 50, 290 (354 f.) – „Mitbestimmung“. 222 Siehe Fn. 92, S. 202. 223 Siehe Fn. 107, S. 206. 224 Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG12, Art. 14 Rdnr. 18; Papier, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rdnr. 225. 225 Siehe die Nachweise in Fn. 205, S. 228.
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rücktritt. Das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers ist nicht durch Art. 14 GG geschützt226, so dass die Verpflichtung zur Rückzahlung des Kaufpreises nicht in dessen grundrechtlich geschütztes Eigentum eingreift. Wird die Restitution wegen Erlöschens des übertragenden Rechtsträgers durch Spaltung zur Neugründung angeordnet, so werden auch die früheren Anteilsinhaber des übertragenden Unternehmens in ihren grundrechtlich geschützten Rechten beeinträchtigt. Auch diese Beeinträchtigung hat das Bundeskartellamt im Rahmen seiner Ermessensausübung zu beachten. Die Restitution stellt zu Lasten der Anteilsinhaber eine Beeinträchtigung ihrer nach Art. 14 GG geschützten Mitgliedschaftsrechte sowie ihres nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Rechts zum Verbleib in einer Vereinigung227 dar. Diese Rechte werden nicht durch das Gesetz, insbesondere nicht durch § 41 Abs. 1 S. 1 GWB beschränkt, denn der Zusammenschluss beruht nicht auf einer Anteilsübertragung durch die Aktionäre, sondern auf einer Vermögensübertragung. (c) Eingriff in geschützte Rechte des übernehmenden Rechtsträgers bei Vermögenserwerb Wenn infolge der Ausnahme des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E von der Unwirksamkeitsfolge das Verpflichtungsgeschäft sowie die Übertragung der Vermögensgegenstände wirksam sind, ist der übernehmende Rechtsträger wirksam Eigentümer der Vermögensgegenstände geworden, so dass ihm grundsätzlich die damit verbundenen Nutzungs- und Verfügungsrechte zustehen. Durch die Anordnung der Wiederherstellung des vorherigen Zustands durch Aufspaltung zur Neugründung würde ihm ein Teil seines wirksam erworbenen und nach Art. 14 GG geschützten Eigentums entzogen werden. Ferner kommt auch hier ein Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG sowie gegebenenfalls eine Beschränkung des Rechts, sich mit anderen Personen zu vereinigen gemäß Art. 9 Abs. 1 GG in Betracht. Die Beschränkungen können jedoch auf der Grundlage des § 41 Abs. 3 GWB gerechtfertigt sein, müssen sich dann aber als verhältnismäßig, also insbesondere erforderlich und angemessen darstellen, was anhand einer Gesamtabwägung mit anderen möglichen und zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeigneten Maßnahmen erfolgt.
226 227
Siehe die Nachweise in Fn. 197, S. 227. Scholz, Entflechtung und Verfassung, S. 187.
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(d) Eingriff in geschützte Rechte Dritter Wenn die Restitution die Auflösung eines Unternehmens erfordert, kann die Anordnung der Restitution auch in geschützte Rechte Dritter, insbesondere der Arbeitnehmer eingreifen. Zu Lasten der Arbeitnehmer kommt dann nämlich eine Beschränkung ihrer Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 GG in Betracht. Gleiches gilt, wenn die Restitution die Übertragung des Unternehmens auf einen anderen Rechtsträger erfordert, da die Berufsfreiheit auch das Recht umfasst, seinen Arbeitsplatz und seinen Vertragspartner frei zu wählen228. Das BGB sieht mit § 613a Abs. 6 BGB jedoch ein Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers vor, durch welches der mit dem Betriebsübergang verbundenen Belastung Rechnung getragen wird.229 Schließlich greift die Auflösung einer Gesellschaft sowie die Übertragung des Unternehmens auf einen anderen Rechtsträger zu Lasten der Anteilsinhaber der aufzulösenden Gesellschaft in ihre durch Art. 14 sowie Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Mitgliedschaftsrechte ein. Auch diese Eingriffe können nach § 41 Abs. 3 GWB gerechtfertigt sein, wenn sie verhältnismäßig, insbesondere erforderlich und angemessen sind, d.h. keine andere mildere Maßnahme zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet ist. (3) Unwirksames Verpflichtungsgeschäft und unwirksame Übertragung Sind sowohl das Verpflichtungsgeschäft als auch die Übertragung des Zusammenschlussobjekts unwirksam, so decken sich die durch die Anordnung der Wiederherstellung des vorherigen Zustands beeinträchtigten Grundrechte mit denen im Fall der Unwirksamkeit nur der Übertragung: Sowohl auf Seiten des Erwerbers als auch auf Seiten des Verkäufers findet lediglich ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit statt. Dieser Eingriff ist gerechtfertigt, wenn die Restitution sich in der Abwägung mit anderen Auflösungsmaßnahmen als erforderlich und angemessen erweist. § 41 Abs. 3 GWB, der die Anordnung der Auflösung von Zusammenschlüssen erlaubt, ist nämlich Bestandteil der allgemeinen Rechtsordnung, die das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit beschränken kann, sofern die das Grundrecht beeinträchtigende Maßnahme verhältnismäßig ist.230 228 BVerfG, Beschluss vom 25.01.2011, Az. 1 BvR 1741/09, NZA 2011, 400 (401) m. w. N. 229 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.01.2011, 1 BvR 1741/09, NJW 2011, 1427 (1428) Tz. 73. 230 Siehe oben unter (1) (a).
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(4) Unwirksames Verpflichtungsgeschäft, wirksame Übertragung War hingegen nur die Übertragung wirksam, so gelten die obigen231 Ausführungen zur Wirksamkeit von Verpflichtungsgeschäft und Übertragung entsprechend: Zu Lasten eines Gemeinschaftsunternehmens greift die Restitution in das Recht am Unternehmen nach Art. 14 GG sowie die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG ein. Zu Lasten der Mütter findet ein Eingriff in deren nach Artt. 14 und 9 Abs. 1 GG geschützte Mitgliedschaftsrechte statt. Ist der Zusammenschluss durch eine Umwandlung erfolgt, greift eine dennoch angeordnete Restitution zu Lasten des noch vorhandenen übertragenden Rechtsträgers in dessen nach Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit ein. Zu Lasten der früheren Anteilsinhaber des Veräußerers, die im Fall der Anordnung der Restitution in den übrigen Fällen das Unternehmen zurücknehmen müssten, findet ein Eingriff in deren nach Art. 14 GG (im Hinblick auf den Träger, an dem sie beteiligt sind) und Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Rechte statt. Die Tatsache, dass hier – im Unterschied zu dem Fall des wirksamen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfts – auch zivilrechtlich eine Rückabwicklung vorgesehen ist und die Intensität des Eingriffs daher im Ergebnis als geringer anzusehen ist, ist im Rahmen der Abwägung der möglichen Auflösungsmaßnahmen miteinander zu berücksichtigen.232 (5) Zusammenfassung Die Eingriffsintensität der Anordnung zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands hängt davon ab, ob die Übertragung der Anteile bzw. des Unternehmens wirksam oder unwirksam war. War die Übertragung wegen § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam, so wird der Verkäufer lediglich in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG beschränkt. Auch zu Lasten des Erwerbers greift die Anordnung der Restitution in diesen Fällen lediglich in die nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit ein, da er das infolge des unwirksamen Vollzugs Erlangte an den Veräußerer zurückgeben bzw. zurückübertragen muss. Wenn die Anteils- oder Vermögensübertragung trotz ihrer formellen Illegalität wirksam war, so besteht der Zusammenschluss entweder in einem Gemeinschaftsunternehmen oder in einer Umwandlung. Zu Lasten des Gemeinschaftsunternehmens bzw. des aufnehmenden Rechtsträgers greift die Anordnung der Restitution in das Recht am eingerichteten und ausgeübten 231 232
Siehe oben unter (2). Dieser zweite Schritt erfolgt unten unter b).
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Gewerbebetrieb nach Art. 14 und in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG ein, zu Lasten der Gesellschafter in deren nach Artt. 14 und 9 Abs. 1 GG geschützten Rechte als Gesellschafter. Ist nach einer Umwandlung der Verkäufer noch vorhanden, so greift die Anordnung der Restitution zudem in dessen Berufsfreiheit ein, denn er wird dann dazu verpflichtet, den Unternehmensteil zurück zu erwerben. Art. 12 GG schützt aber auch das grundsätzliche Recht, ein Unternehmen nicht zu erwerben. bb) Verkaufslösungen Wird eine Verkaufslösung angeordnet, so hat der Adressat das Zusammenschlussobjekt ganz oder teilweise an einen Dritten zu übertragen. Verkaufslösungen können grundsätzlich sowohl gegenüber dem Erwerber als auch gegenüber dem Verkäufer angeordnet werden. (1) Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Verkäufers Wird der Erwerber verpflichtet, das Zusammenschlussobjekt an einen Dritten zu verkaufen, so wird der Verkäufer so gestellt, als sei der Zusammenschluss vollwirksam zustande gekommen: Den Kaufpreis darf er behalten, während der Erwerber sich um den Verkauf an einen Dritten bemühen muss. Dennoch kann die Anordnung des Verkaufs durch den Erwerber in geschützte Rechtspositionen des Veräußerers eingreifen. Dem Verkäufer stehen im Hinblick auf das Zusammenschlussobjekt nämlich in den Fällen des formell illegalen Vollzugs zivilrechtliche Ansprüche zu, wenn nicht ausnahmsweise Verpflichtungsgeschäft und Übertragung der Anteile bzw. des Unternehmens wirksam sind. Diese Ansprüche richten sich entweder auf die Rückgabe des Erlangten, wenn das Erfüllungsgeschäft unwirksam war und der Verkäufer daher Eigentümer geblieben ist, oder der Verkäufer kann die Rückübertragung verlangen, wenn zwar das Verpflichtungsgeschäft unwirksam, die Übereignung aber wirksam ist. Auch der Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums fällt unter den Schutz des Art. 14 GG.233 Wenn der Veräußerer Eigentümer der Beteiligung geblieben ist, aber dennoch der Verkauf an einen Dritten durch den Erwerber erfolgen soll, so ist der Verkäufer insoweit zur Erteilung seiner Zustimmung gemäß § 185 BGB zu verpflichten. Hat der Veräußerer lediglich einen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums an den Anteilen, ist eine Verfügung an den Veräußerer zu richten, die ihn dazu verpflichtet, auf diesen Anspruch zu verzichten. Der Verkauf an einen Dritten hat in letztgenanntem Fall nämlich eine Ent233
BVerwG, Urteil vom 15.12.1989, 4 C 29/88, NJW 1990, 2400.
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ziehung des Zusammenschlussobjekts und damit das Erlöschen des daran bestehenden und gegen hoheitliche Eingriffe durch Art. 14 GG grundsätzlich geschützten Rechts des Verkäufers zur Folge. Wenn mit der Inhaberschaft des Zusammenschlussobjekts zugleich die Unternehmereigenschaft verbunden ist, kommt zudem eine Beeinträchtigung der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG in Betracht. Da mit dem Zusammenschlussobjekt in der Regel auch die Mitgliedschaft in dem Unternehmen als wirtschaftliche Vereinigung verbunden ist, wird dem Verkäufer durch die Anordnung zum Verkauf des Zusammenschlussobjekts an einen Dritten auch sein Recht, Mitglied zu bleiben, genommen, so dass die Anordnung insoweit einen Eingriff in die Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG darstellt. Wenn nicht der Erwerber, sondern der Verkäufer zum Verkauf des Zusammenschlussobjekts verpflichtet wird, wird dieser, sofern er an dem Zusammenschlussobjekt noch zivilrechtlich berechtigt ist, gleichermaßen in oben genannten, nach Artt. 14, 12 und 9 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen beschränkt. Ist er an dem Zusammenschlussobjekt nicht mehr berechtigt und wird dennoch zum Verkauf an einen Dritten verpflichtet, so greift diese Anordnung in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit des Verkäufers ein. (2) Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Erwerbers Im Hinblick auf den Erwerber können Verkaufslösungen zunächst in seinen nach Art. 14 GG geschützten234 Besitz eingreifen. Da die Entziehung des Besitzes in diesem Fall nicht durch bzw. für den Verkäufer erfolgt, sondern zugunsten unbeteiligter Dritter, steht dem Erwerber grundsätzlich ein Abwehrrecht gemäß §§ 861, 862 bzw. § 868 BGB zu. Ein Grundrechtseingriff durch den Besitzentzug ist damit zu bejahen. Die Zulässigkeit der mit der Verkaufsanordnung verbundenen Besitzentziehung richtet sich daher danach, ob die damit verbundene Grundrechtsbeeinträchtigung nach § 41 Abs. 3 GWB gerechtfertigt war. Wenn der Erwerber das Unternehmen trotz der formellen Illegalität des Zusammenschlusses wegen § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E wirksam erworben hat, greift die Anordnung zum Verkauf an einen Dritten in sein zivilrechtliches und nach Art. 14 GG geschütztes Eigentum ein. Zudem wird der Erwerber in seiner Berufsfreiheit nach Art. 12 GG und seinem nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Recht, sich mit anderen Unternehmen zu vereinigen, beschränkt. Insoweit ist unerheblich, ob der Verkauf durch den Verkäufer oder den Erwerber erfolgt. 234
Siehe den Nachweis in Fn. 208, S. 229.
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cc) Kompensation Kompensationsmaßnahmen greifen lediglich auf Rechtspositionen derjenigen Person zu, die infolge des Zusammenschlusses eine marktbeherrschende Stellung erlangt oder deren bereits bestehende marktbeherrschende Stellung sich infolge des Zusammenschlusses verstärkt. Dies wird zumeist der Erwerber oder, im Fall von Umwandlungen, dessen Rechtsnachfolger sein. Die Rechtspositionen, auf die im Rahmen der Kompensation zugegriffen werden kann, unterliegen dem Schutz des Art. 14 GG. Es handelt sich dabei um Rechtspositionen, die mit dem Zusammenschlussobjekt nicht identisch sind. Die Anordnung von Kompensationsmaßnahmen stellt demnach stets einen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Erwerbers bzw. dessen Rechtsnachfolger dar. dd) Züchtung eines neuen Unternehmens Auch im Fall der Züchtung eines neuen Unternehmens wird nur auf Rechtspositionen des Erwerbers, die mit dem Zusammenschlussobjekt nicht identisch sind, zugegriffen. Dieser Zugriff stellt, wie bei der Anordnung von Kompensationsmaßnahmen, einen Eingriff in das grundrechtlich nach Art. 14 GG geschützte Eigentum des Erwerbers dar. b) Milderes Mittel Sofern nach den bisherigen Ausführungen durch die Anordnung der Restitution ein Eingriff in geschützte Rechtspositionen von Verkäufer und/ oder Käufer erfolgt, ist dieser Eingriff nach § 41 Abs. 3 GWB gerechtfertigt, wenn die Restitution sich unter mehreren möglichen und geeigneten Mitteln als erforderlich darstellt. Das Bundeskartellamt hat daher zu prüfen, ob nicht eine andere zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung ebenfalls geeignete Maßnahme die geschützten Rechtspositionen von Verkäufer und Käufer in geringerem Maße beeinträchtigt.235 Es hat die möglichen und zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeigneten Maßnahmen also gegeneinander abzuwägen. Sofern sich die Parteien auf eine Auflösungsmaßnahme geeinigt haben, ist diese als mildestes Mittel anzusehen.
235
Vgl. oben bei Fn. 177, S. 222 und Purrucker, S. 161.
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aa) Wirksames Verpflichtungsgeschäft, unwirksame Übertragung Beruht der Zusammenschluss auf einem formell illegal vollzogenen Anteils- oder Vermögenserwerb, bei dem das Verpflichtungsgeschäft wirksam, das Erfüllungsgeschäft bzw. die Übertragung hingegen unwirksam ist, so greift die Anordnung der Restitution auf Seiten des Veräußerers wie auf Seiten des Erwerbers in die allgemeine Handlungsfreiheit ein.236 Es ist daher zu untersuchen, ob eine Teilrestitution, die Anordnung des Verkaufs an einen Dritten, Kompensationslösungen oder die Züchtung eines neuen Unternehmens mildere Maßnahmen darstellen mit der Folge, dass diese der Restitution vorzuziehen sind. (1) Teilrestitution oder vollständige Restitution Unter Geltung der noch nicht generell präventiven Fusionskontrolle wurde überwiegend unter Verweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vertreten, dass, sofern das übertragene Unternehmen bzw. die Beteiligung teilbar ist, die nur teilweise Auflösung des Zusammenschlusses auf ein nicht mehr kontrollpflichtiges Maß der Auflösungsverpflichtung genügen müsse.237 Während dies unproblematisch sein dürfte, wenn sich die Parteien auf eine konkrete Art der teilweisen Auflösung einigen, stellt sich die Frage, ob die nur teilweise Restitution nach heutigem Recht gegenüber der vollständigen Restitution auch dann als mildere Maßnahme anzusehen ist, wenn eine entsprechende Einigung der Parteien nicht vorliegt238. Bejahte man dies, dürfte das Bundeskartellamt im Fall der Trennbarkeit des Zusammenschlussobjekts nur die teilweise Restitution und nicht die vollständige Restitution anordnen, sofern nicht noch mildere Maßnahmen in Betracht kommen oder die Parteien die vollständige Restitution verlangen. Für den Fall des formell illegalen Vollzugs, bei dem das Verpflichtungsgeschäft wirksam, das Erfüllungsgeschäft aber unwirksam ist, kann die Frage nach dem Vorrang der Teilrestitution nicht pauschal beantwortet werden. Welche Maßnahme die mildere ist, Teilrestitution oder vollständige Restitution, hängt vielmehr von den Interessen der Parteien im konkreten Fall ab. Wenn für beide Parteien die Teilauflösung milder ist, ist die Teilauflösung unproblematisch eine mildere Maßnahme im Sinne des Erforderlichkeitsprinzips. Denkbar ist aber auch, dass zwar der Verkäufer die Teilauflösung bevorzugt, der Erwerber aber kein Interesse an einer Minderheitsbeteiligung 236
Vgl. oben, Teil 3, A. II. 2. a) aa) (1). Baumhauer, S. 53, 64; Ball/Wissel, WuW 1980, 235 (239); Klawitter, WuW 1981, 245 (246); Junge, WuW 1985, 558 (561). 238 So Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 41 Rdnr. 9. 237
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hat.239 Oder die teilweise Auflösung stellt für den Erwerber eine mildere Maßnahme dar, die mit ihr verbundene Belastung ist für den Veräußerer aber höher als die Belastung im Fall einer vollständigen Restitution. Zwar könnte man argumentieren, dass im Fall der Anordnung der teilweisen Restitution auch in die allgemeine Handlungsfreiheit der anderen Partei nur zum Teil eingegriffen werde. Die teilweise Restitution stellt im Ergebnis jedoch gerade kein Minus im Vergleich zur Vollrestitution240, sondern ein aliud, also etwas rechtlich völlig anderes dar. Denn eine Beteiligung in einer einflussvermittelnden Höhe ist grundsätzlich attraktiver für den Markt und lässt sich daher regelmäßig auch einfacher und zu einem höheren Preis wieder veräußern als eine Beteiligung, die als bloße Finanzanlage geeignet ist.241 Ein Anspruch auf die teilweise Aufrechterhaltung des Geschäfts ergibt sich auch nicht aus einer aus dem wirksamen Kaufvertrag resultierenden Treuepflicht der anderen Partei, denn aus dem Vertrag über eine einflussvermittelnde Beteiligung lässt sich nicht ableiten, dass die Parteien auch lediglich Teile davon veräußert bzw. erworben hätten. Mit der Teilrestitution wird einer Partei daher unter Umständen ein Geschäft aufgedrängt, das sie so möglicherweise nie geschlossen hätte.242 Zu Lasten des Veräußerers läge dann ein teilweiser Entzug seines verfassungsrechtlich geschützten Eigentums vor. Auf Seiten des Erwerbers könnte die Teilrestitution in sein nach Art. 9 Abs. 1 GG geschütztes Recht, frei zu entscheiden, in welchem Umfang er sich an einer Gesellschaft beteiligen möchte bzw., wenn es um die teilweise Restitution bei einem Unternehmenskauf geht, in dessen Berufsfreiheit nach Art. 12 GG eingreifen. Zusammengefasst ist demnach denkbar, dass für eine Partei eine andere Auflösungsmaßnahme als die Restitution ein milderes Mittel im Sinne des Erforderlichkeitsgrundsatzes darstellt, diese Maßnahme jedoch in (andere) geschützte Rechte des Vertragspartners eingreift. Im Rahmen der Erforderlichkeit sind die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten aber in einen „gerechten Ausgleich“ und ein „ausgewogenes Verhältnis“ zu bringen.243 239 So der Springer-Verlag im Fall „Springer-Elbe Wochenblatt“, BKartA WuW/E BKartA 1888 (1892). 240 So aber Baumhauer, S. 88. 241 Möschel, Auflösung (1982) S. 25. 242 So auch Baumhauer, S. 80. Vgl. auch Ruppelt, in: Langen/Bunte, GWB11, § 40 Rdnr. 6 zur Teiluntersagung; ebenso Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 40 Rdnr. 40; Rittner/Dreher, Europäisches und deutsches Wirtschaftsrecht3, S. 612. 243 BVerfG, Beschluss vom 15.01.1969, 1 BvL 3/66, BVerfGE 25, 112 (117 f.); Beschluss vom 23.04.1974, 1 BvR 6/74 und 2270/73, BVerfGE 37, 132 (139 ff.); Beschluss vom 12.06.1979, 1 BvL 19/76, BVerfGE 52, 1 (29); Urteil vom 01.03.1979, 1 BvR 532, 533/77, 419/78 und BvL 21/78, BVerfGE 50, 290 (340) – „Mitbestimmung“; BVerfG, Beschluss vom 15.07.1981, 1 BvL 77/78, BVerfGE 58, 300 (335) –
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Es darf nicht den Interessen einer Partei der Vorrang eingeräumt werden.244 Die Frage, was „gerecht“ und „ausgewogen“ ist, ergibt sich aber erst unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung. Bei wirksamem Verpflichtungsgeschäft und unwirksamer Übereignung weist das Zivilrecht das Übertragene dem Verkäufer zu, während dem Käufer der Kaufpreis in Höhe des Wertes des Übertragenen im Zeitpunkt seiner Rückgabe gebührt.245 Wenn eine der Parteien nicht mit einer Teilauflösung einverstanden ist, wird diese Partei daher über das ihr zivilrechtlich zugewiesene Risiko hinaus in Anspruch genommen: Dem Verkäufer würde ein Teil seines Eigentums und Besitzes bzw. Unternehmens entzogen, dem Erwerber wird unter Umständen eine Minderheitsbeteiligung aufgedrängt. Deren Wert wird im Fall eines Verkaufs in der Regel geringer sein, als der Wert des gesamten Zusammenschlussobjekts. Bei Möglichkeit der Vollrestitution sowie der Teilrestitution ist daher, entgegen der wohl herrschenden Auffassung, grundsätzlich die Vollrestitution als gerechte Maßnahme anzusehen, sofern sich nicht die Parteien auf eine Teilauflösung einigen. Wenn die Parteien einvernehmlich eine Teilauflösung bevorzugen, müsste das Bundeskartellamt wegen des Grundsatzes der Bestimmtheit von Verwaltungsakten den Parteien eine genaue Grenze nennen, auf die die Beteiligung abzusenken ist. Es kann aber nicht die Aufgabe des Bundeskartellamts sein, zu ermitteln, ab welcher Beteiligungshöhe kein Zusammenschlusstatbestand mehr verwirklicht ist.246 Es würde zudem an aktive Vertragsgestaltung durch das Bundeskartellamt grenzen, wenn dieses den Parteien die teilweise Restitution bis zu einer bestimmten Grenze aufgeben würde. Zu aktiver Vertragsgestaltung ist das Bundeskartellamt aber weder berechtigt noch verpflichtet.247 Wenn die Parteien eine konkrete Reduzierung der Beteiligung anbieten, hat das Bundeskartellamt allerdings zu prüfen, ob der Zusammenschluss hierdurch aufgelöst werden kann. Dies ist bereits aus verfahrensökonomischen Gründen sinnvoll, anderenfalls müssten die Parteien nämlich ggf. ihren (nun im Umfang reduzierten) Zusammenschluss beim Bundeskartellamt anzeigen, welches den Zusammenschluss dann im Rahmen eines „Naßauskiesung“; BVerfG, Beschluss vom 14.07.1981, 1 BvL 24/78, BVerfGE 58, 137 (147 f.) – „Pflichtexemplar“; Beschluss vom 19.06.1985, 1 BvL 57/79, BVerfGE 70, 191 (200); Beschluss vom 30.11.1988, 1 BvR 1301/84, BVerfGE 79, 174 (198); Beschluss vom 09.01.1991, 1 BvR 929/89, BVerfGE 83, 201 (208); Beschluss vom 23.09.1992, 1 BvL 15/85 und 36/87, BVerfGE 87, 114 (138). 244 Vgl. die Nachweise in Fn. 243, S. 241 sowie Baumhauer, S. 77, der, jedenfalls nach altem Recht, allerdings der Teilauflösung den grundsätzlichen Vorrang einräumen will. 245 Siehe oben, Teil 2, A. II. 1. 246 Möschel, Auflösung (1982), S. 21, 26. 247 Möschel, Auflösung (1982), S. 21, 26; dem grundsätzlich folgend Baumhauer, S. 81, der in diesem Fall eine aktive Vertragsgestaltung allerdings ablehnt.
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Entflechtungsverfahrens (denn der Zusammenschluss ist ja bereits vollzogen) zu prüfen hätte. Die teilweise Restitution kann das Bundeskartellamt zur Auflösung formell illegal vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse daher nur dann anstelle der vollständigen Restitution anordnen, wenn die Parteien einvernehmlich die Absenkung auf eine konkrete Beteiligungshöhe anbieten und diese Beteiligungshöhe keinen Zusammenschlusstatbestand mehr erfüllt.248 (2) Verkaufslösungen oder Restitution? Die Anordnung von Verkaufslösungen im Fall wirksamer Verpflichtungsgeschäfte und unwirksamer Übertragungen ist ebenfalls keine grundsätzlich mildere Maßnahme für die Parteien. Wenn das Erfüllungsgeschäft unwirksam ist, ist der Verkäufer nämlich Eigentümer der Beteiligung bzw. Inhaber des Unternehmens geblieben und hat einen Anspruch auf Rückgabe des dem Erwerber bereits Übertragenen. Für den Erwerber macht die Entscheidung, ob die Auflösung durch Restitution oder Verkauf an einen Dritten zu erfolgen hat, dagegen zunächst keinen Unterschied. Er muss in beiden Fällen das Erworbene (vollständig) aufgeben. Für die Bestimmung der milderen Maßnahme ist daher eine Betrachtung im Einzelfall geboten. (a) Grundsätzlicher Vorrang der Restitution Wenn die Restitution möglich und zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet ist, ist grundsätzlich auch der Verkauf an einen Dritten möglich und zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet. Wenn beide Maßnahmen möglich sind, ist in der hier untersuchten Fallkonstellation grundsätzlich der Restitution der Vorrang einzuräumen. Die Anordnung zum Verkauf an einen Dritten hat nämlich einen Eigentumsentzug zu Lasten des Verkäufers zur Folge, der den Verkäufer über das ihm zivilrechtlich zugewiesene Risiko hinaus in Anspruch nimmt. Diese zusätzliche Beeinträchtigung der Rechte des Verkäufers ist aber nicht erforderlich, da sie sich durch die Anordnung der Restitution vermeiden lässt. Sofern der Verkäufer selbst zur Rücknahme bereit und in der Lage ist, ist auch kein Grund erkennbar, warum der Veräußerer zur Zustimmung des Verkaufs an einen Dritten verpflichtet werden sollte. Eine solche Anordnung würde demnach einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Eigentumsrecht des Verkäufers darstellen. 248 Genau umgekehrt sieht dies Baumhauer, S. 74 f., der grundsätzlich einen Vorrang der Teilauflösung befürwortet, wenn nicht die Parteien zu erkennen geben, dass sie die vollständige Restitution vorziehen.
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Die Anordnung der Restitution kann aber auch in grundrechtlich geschützte Rechte des Verkäufers eingreifen, nämlich die Freiheit, sein Eigentum nicht zu nutzen. Die Frage eines Eingriffs in seine Grundrechte hängt daher von dem Interesse des Verkäufers im Einzelfall ab. Wenn der Veräußerer sich ausdrücklich für eine der beiden Maßnahmen ausspricht und durch diese der Erwerber innerhalb des ihm durch das Zivilrecht zugewiesenen Risikos in Anspruch genommen wird, ist diese Maßnahme als milder anzusehen. Da der Erwerber in der hier untersuchten Fallgruppe nach dem Zivilrecht sowohl das Risiko für zufällige Wertminderungen als auch das allgemeine Auflösungsrisiko trägt, hält sich seine Inanspruchnahme durch Restitution und Verkaufslösungen grundsätzlich innerhalb des ihm zivilrechtlich zugewiesenen Risikos. Grundsätzlich ist bei gleicher Eignung von Restitution und Verkaufslösungen daher die von dem Verkäufer bevorzugte Maßnahme anzuordnen. Äußert dieser sich nicht zu der von ihm bevorzugten Maßnahme, so hat das Bundeskartellamt die zivilrechtlich vorgesehene Maßnahme anzuordnen, da der drohende Eingriff in die negative Vereinigungsfreiheit bzw. Berufsfreiheit einen geringeren Eingriff darstellt, als der Entzug des Eigentums. Das Bundeskartellamt hat also insoweit die zivilrechtlich vorgesehene Lage anzuordnen. (b) Vorrang der Verkaufslösung wegen Wertgewinns oder -verlusts Die Anordnung der Restitution kann aber eine höhere Belastung für den Erwerber bedeuten, wenn das Zusammenschlussobjekt inzwischen an Wert gewonnen hat, so dass der Erwerber dem Veräußerer mehr herausgeben muss, als er (durch den Kaufpreis) zurückerhält. Wertveränderungen, die auf den natürlichen Schwankungen des Marktes beruhen, sind aber bereits in jedem Unternehmen angelegt und daher ersatzlos herauszugeben.249 Gleiches gilt daher auch für Beteiligungen, die zwischenzeitlich an Wert gewonnen haben. Wenn der Erwerber den Wert des Unternehmens aber durch spezielle Maßnahmen gesteigert hat, beispielsweise durch die Einbringung eines Patents250, so kann der Erwerber von dem Veräußerer eventuell Wertersatz nach § 951 BGB beanspruchen.251 Sofern die durch das Bundeskartellamt angeordnete Maßnahme solche möglichen Ansprüche nicht von vornherein ausschließt, kann das Bundeskartellamt sie bei seiner Abwägung jedoch außer Acht lassen. Das Eigentumsrecht des Veräußerers überwiegt insoweit das 249
Vgl. zum Bereicherungsrecht Schwintowski, JZ 1987, 588 (589). Schwintowski, JZ 1987, 588 (589). 251 Streitig, siehe die Darstellung durch Gursky, in: Staudinger, § 951 Rdnrn. 46 ff. 250
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Interesse des Erwerbers, Ersatz für von ihm investierte Werte zu erlangen. Der Erwerber kann seinen Anspruch dann zivilrechtlich weiterverfolgen. Hat das Zusammenschlussobjekt im Zeitpunkt der Auflösung im Vergleich zu seiner Übertragung an den Erwerber dagegen an Wert verloren, so mag die Restitution für den Veräußerer die weniger attraktive Maßnahme darstellen, selbst wenn er nach dem Zivilrecht den Kaufpreis nur um diesen Verlust gemindert herausgeben muss. Anteile können nämlich bis zur Möglichkeit ihres Verkaufs weiter an Wert verlieren und ein Unternehmen wirft eventuell inzwischen weniger Gewinn ab. Fraglich ist daher, ob das Bundeskartellamt die Restitution auch in diesen Fällen anordnen kann und ob es gegebenenfalls diese Wertminderung zu berücksichtigen hat. Während die erste Frage zu bejahen ist, ist die zweite zu verneinen. Das Bundeskartellamt ordnet nämlich nur die konkrete Art der Auflösung, beispielsweise also die Restitution an; die Regelung der Abwicklungsmodalitäten wie die Bestimmung der Höhe des zurückzuzahlenden Kaufpreises obliegt dagegen den Parteien selbst. Das Bundeskartellamt gibt also mit der Anordnung der Restitution lediglich vor, dass die Beteiligung sich am Ende wieder in den Händen des vorherigen Eigentümers befinden muss.252 Wenn die Parteien sich nicht einigen, haben sie die ihnen durch das Zivilrecht zugewiesenen Ansprüche durchzusetzen. Das Bundeskartellamt kann aber, sofern die Parteien den Zusammenschluss nicht innerhalb der vorgegebenen Fristen auflösen, die Verwaltungsvollstreckung in Gang setzen, insbesondere ein Zwangsgeld gegen die Verantwortlichen verhängen. Wenn das Unternehmen seine Wettbewerbsfähigkeit verloren hat, kann das Bundeskartellamt neben der Restitution die Wiederherstellung seiner vorherigen Wettbewerbsfähigkeit anordnen.253 (c) Gründe für die Anordnung von Verkaufslösungen Der grundsätzliche Vorrang der Restitution in der hier untersuchten Fallkonstellation des wirksamen Verpflichtungs- und unwirksamen Erfüllungsgeschäfts wurde oben zunächst mit dem Eigentumsrecht des Veräußerers an dem Zusammenschlussobjekt begründet. Daraus ließe sich ableiten, dass das Bundeskartellamt eine Verkaufslösung anordnen muss, wenn der Veräußerer seine Zustimmung zum Verkauf an einen Dritten erteilt oder auf andere Weise zu erkennen gibt, dass er an einer Rücknahme nicht interessiert ist. Ein solches Ergebnis stünde auch im Einklang mit der unstreitigen 252
Siehe oben, Fn. 92, S. 202. So ist die Europäische Kommission in einem Fall unter der VO (EWG) 4064/89 verfahren, vgl. Entscheidung vom 19.02.1997, ABl. L 174 vom 02.07.1997 S. 47 ff. – „Kesko/Tuko“. 253
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Auffassung, dass der zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung Inanspruchgenommene sogenannte „Austauschmittel“ anbieten kann, wenn dieses Mittel zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung ebenso geeignet ist wie das vom Bundeskartellamt in Betracht gezogene oder angeordnete Mittel und nicht unangemessen in geschützte Rechtspositionen Dritter eingreift.254 Unter diesen Voraussetzungen wird grundsätzlich ein Anspruch des Betroffenen auf Anordnung des aus seiner Perspektive milderen Mittels bejaht.255 Dennoch besteht ein solcher Anspruch des Verkäufers auf Anordnung des Verkaufs an einen Dritten statt der Restitution nicht, wenn der Verkauf ein größeres Aktienpaket oder Unternehmen betrifft. Denn mit der Anordnung von Verkaufslösungen ist bei Paketverkäufen sowie Unternehmensverkäufen eine zusätzliche Belastung für den Erwerber verbunden: Er muss häufig einen Verwaltungstreuhänder und nach erfolglosem Ablauf einer Frist zum Verkauf einen Veräußerungstreuhänder einsetzen.256 Die zur Beseitigung einer Gefahr erforderlichen Kosten hat grundsätzlich der in Anspruch genommene Störer zu tragen. Nur wenn ein Nichtstörer in Anspruch genommen wird, trägt der Staat diese Kosten.257 Neben der Aufgabe des Zusammenschlussobjekts hätte der Erwerber demnach noch die im Zusammenhang mit dem Verkauf entstehenden Vermögenseinbußen hinzunehmen. Wenn sowohl der Verkäufer als auch der Käufer für die Beseitigung des Zusammenschlusses verantwortlich, also „Störer“ im ordnungsrechtlichen Sinne sind, ist dieses Ergebnis jedoch nur schwer hinnehmbar: Der Veräußerer könnte die anzuordnende Auflösungsmaßnahme nach seinem Interesse steuern und der Erwerber hätte die daraus resultierenden Folgen, die im Fall des Paket- oder Unternehmensverkaufs an einen Dritten schwerer wiegen als im Fall der Restitution, hinzunehmen, ohne dass der Verkäufer für die Mehrkosten ebenfalls aufzukommen hätte. Zwar sind mehrere Störer grundsätzlich gesamtschuldnerisch zur Beseitigung des ordnungswidrigen Zustands verantwortlich.258 Einen Gesamtschuldnerinnenausgleich im Hinblick auf die dem Störer entstehenden Kosten entsprechend § 426 BGB hat der Bundesgerichtshof allerdings abgelehnt, die Instanzgerichte und ein Teil der Literatur sind ihm gefolgt.259 Der auf diese Weise möglichen VerlageKleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24 Rdnr. 398; Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1985) S. 73 f. 255 Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 Rdnr. 115; Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1985), S. 75. 256 Vgl. die Fälle BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 (1566) – „A-TEC ./. Norddeutsche Affinerie“ und BKartA, Beschluss vom 14.02.2007, B 5-10/07, WuW/E DE-V 1340 (1348) – „Sulzer/Kelmix“. 257 Siehe oben bei Fn. 81, S. 199. 258 VGH München, 22.04.1992, Az. 2 B 90.1348, NJW 1993, 81 (81). 259 BGH, Urteil vom 11.06.1981, III ZR 39/80, NJW 1981, 2457 (2458); Urteil vom 08.03.1990, III ZR 81/88, NJW 1990, 2058 (2060); OLG Düsseldorf, Urteil 254
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rung des Auflösungsrisikos allein auf den Erwerber kann in Fällen, in denen die alleinige Kostentragung durch den Erwerber nicht gerechtfertigt erscheint, entgegengewirkt werden, indem das Bundeskartellamt in diesen Fällen entweder die Restitution immer schon dann anzuordnen hat, wenn diese möglich und zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet ist, oder indem das Bundeskartellamt Verkäufer und Käufer in Anspruch nimmt bzw. in solchen Fällen die gesamtschuldnerische Kostentragung durch Verfügung aufgibt260. Ausnahmsweise mag aber die einseitige Inanspruchnahme des Erwerbers auch für die Kosten der Gefahrenbeseitigung interessengerecht sein. Das Bundeskartellamt muss auch insoweit sein Ermessen ausüben. Die Restitution darf aber nicht angeordnet werden, wenn die Parteien übereinstimmend eine Verkaufslösung bevorzugen. Die mit der Restitution verbundene höhere Belastung für die Betroffenen ist nämlich nicht erforderlich, sofern die Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung gleichermaßen durch den Verkauf der Anteile an einen Dritten bzw. mehrere Dritte erfolgen kann. Fraglich ist, ob das Bundeskartellamt Verkaufslösungen auch gegen den Willen des Veräußerers anordnen kann, beispielsweise, weil der Veräußerer zur Rückzahlung des Kaufpreises nicht mehr in der Lage ist261. Der Erwerber hätte im Fall der Restitution nämlich sonst das Zusammenschlussobjekt an den Veräußerer zurückzugeben und trüge zudem das Risiko, den Kaufpreis nicht zurück zu erlangen. Er stünde letztlich also mit leeren Händen dar. Verkaufslösungen würden sich in diesem Fall trotz der mit ihr verbundenen Mehrkosten als milder erweisen, wenn der Kaufpreis die Mehrkosten für den Verkauf, insbesondere für die Treuhänder, übersteigt. Zwar hat die Anordnung von Verkaufslösungen in diesem Fall zu Lasten des Veräußerers eine eigentumsentziehende Wirkung, das Bundeskartellamt hat die durch die Auflösung beeinträchtigten Interessen jedoch in einen gerechten Ausgleich zu bringen262. Der Erwerber würde in einem solchen Fall über das ihm zivilrechtlich zugewiesene Maß hinaus in Anspruch genommen, denn vom 13.07.1989, 18 U 42/89, NVwZ 1989, 993 (997); dem folgend Bender, Ökonomische Analyse der öffentlich-rechtlichen Störerhaftung (2002), S. 47; a. A. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht7, Rdnrn. 288 ff.; Heßler, S. 55. 260 Für diese Möglichkeit der Schaffung eines Gesamtschuldnerinnenausgleichs vgl. Kugelmann, Polizei- und Ordnungsrecht, S. 240 Rdnr. 80. 261 Hiermit ist allerdings nicht die Situation gemeint, in der sich der Verkäufer in der Insolvenz befindet. Aufgrund der insolvenzrechtlichen Sonderregelungen wird diese Situation hier nicht vertieft. Es ist für den hier untersuchten Fall nur davon auszugehen, dass der Verkäufer nicht mehr über ausreichende Mittel verfügt, um den vollständigen Kaufpreis zurückzuzahlen. 262 Siehe die Nachweise in Fn. 243.
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zivilrechtlich hätte er in einem solchen Fall ein Zurückbehaltungsrecht an dem Zusammenschlussobjekt gemäß § 273 BGB, bis ihm Zug um Zug der Gegenwert angeboten wird. Ferner ist davon auszugehen, dass der Verlust des Kaufpreises neben dem Zusammenschlussobjekt die Wettbewerbsfähigkeit des Erwerbers schwächen würde, so dass die Eignung der Restitution zur Wiederherstellung des funktionierenden Wettbewerbs in solchen Fällen schon in Frage gestellt werden kann. Die Restitution kann daher auch gegen den Willen des Verkäufers, der Eigentümer am Zusammenschlussobjekt geblieben ist, angeordnet werden, wenn anderenfalls eine einseitige Interessenwahrung zugunsten des Verkäufers erfolgt, die den Erwerber über das ihm zivilrechtlich zugewiesene Maß hinaus in Anspruch nimmt und unzumutbar ist. Der (grundsätzlich aufgrund der Unwirksamkeit der Übereignung gegebene) zivilrechtliche Herausgabeanspruch des Verkäufers kann in diesen Fällen nicht durchgesetzt werden. Infolge seiner Mitwirkung am Zustandekommen eines formell illegalen Zusammenschlusses ist der Verkäufer nämlich neben dem Erwerber Störer im Sinne des Ordnungsrechts und damit grundsätzlich gemeinsam mit dem Erwerber für die Auflösung des Zusammenschlusses verantwortlich.263 Der zur Auflösung nach § 41 Abs. 3 S. 1 GWB Verpflichtete darf aber nichts tun, was die Auflösung wesentlich erschweren oder tatsächlich unmöglich machen kann.264 Könnte der Veräußerer seine Beteiligung nach dem Zivilrecht auch dann herausverlangen, wenn hierdurch die Wettbewerbsbeschränkung nicht beseitigt wird, beispielsweise weil sie lediglich zu seinen Gunsten verlagert wird, und das Zusammenschlussobjekt dem Zugriff des Bundeskartellamts auf diese Weise entzogen wird, so würde die Auflösung des Zusammenschlusses erschwert wenn nicht gar unmöglich. Die Rückforderung des Zusammenschlussobjekts durch den Veräußerer verstieße daher gegen seine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Auflösung des Zusammenschlusses. Ein solcher Wille des Veräußerers kann im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung daher außer Acht gelassen werden, wenn die Restitution zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung nicht geeignet ist. Das Zusammenschlussobjekt ist dem Zugriff des Bundeskartellamts dementsprechend auch dann nicht entzogen, wenn die Parteien den Zusammenschluss zivilrechtlich rückabgewickelt haben, vorausgesetzt, dass die Wettbewerbsbeschränkung hierdurch nicht beseitigt ist.
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Siehe oben, Teil 3, A. I. 2. b) bb) (1). Möschel, Auflösung (1982) S. 61; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 42. 264
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(d) Verkauf durch den Erwerber oder durch den Veräußerer Liegt ausnahmsweise ein Fall vor, in dem die Verkaufslösungen der Restitution vorgehen oder in dem die Restitution nicht möglich ist, stellt sich die Frage, ob das Bundeskartellamt den Verkauf an einen Dritten dem Veräußerer oder dem Erwerber aufgeben muss. Die Entscheidung hierüber liegt – erneut – im Ermessen des Bundeskartellamts. Das Bundeskartellamt hat im Rahmen seiner Ermessensausübung dann zunächst zu berücksichtigen, wie die Gefahr am schnellsten und effektivsten beseitigt werden kann. Wenn die Restitution nicht möglich ist, wird sich in der Regel allerdings auch dann, wenn das Zusammenschlussobjekt ein Unternehmen oder eine kontrollgewährende Beteiligung darstellt, kein Unterschied zwischen der Veräußerung durch den Erwerber und der Veräußerung durch den Verkäufer ergeben. Sowohl im Fall des Verkaufs durch den Erwerber als auch im Fall der Veräußerung durch den Verkäufer wird dann ein Treuhänder eingesetzt werden müssen. Auf Seiten des Erwerbers, weil dieser über das Unternehmen oder die Beteiligung nicht mehr verfügen können soll, auf Seiten des Veräußerers, weil dieser zur wettbewerbsfähigen Fortführung des Unternehmens nicht mehr in der Lage ist oder seine Beteiligung die Wettbewerbsbeschränkung nicht beseitigt. Anderenfalls wäre nämlich auch die Anordnung der Restitution möglich gewesen. In einem zweiten Schritt ist daher zu untersuchen, welche Alternative die mildere darstellt. Derjenige, dem der Verkauf an den Dritten aufgegeben wird, trägt zum einen das Risiko, dass das Unternehmen bzw. die Beteiligung nur zu einem geringeren Preis verkauft werden kann, zum anderen ist er mit dem Aufwand der Käufersuche und grundsätzlich265 den mit der Auflösung verbundenen Kosten belastet. Die Entscheidung für den Verkäufer oder den Käufer lässt sich jedenfalls nicht unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung im Hinblick auf marktbedingte Wertverluste treffen, denn die mit dem Verkauf an einen Dritten verbundene Belastung geht über diesen Wertverlust hinaus. Maßgeblich muss daher sein, wer das Risiko trägt, dass ein vollzogener Zusammenschluss später aufzulösen ist. Dies ist, wie ihm Rahmen des § 326 Abs. 2 S. 1 BGB gezeigt266, der Erwerber. Ist eine Verkaufslösung anzuordnen, so ist der Verkauf an einen Dritten daher grundsätzlich durch den Erwerber vorzunehmen. In diesem Fall sind die Kosten für den Treuhänder auch nicht vermeidbar und damit erforderlich, so dass der Erwerber sie hinzunehmen hat. 265
Wenn man nicht, entgegen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Gesamtschuldnerinnenausgleich bejaht oder das Bundeskartellamt die Kostenteilung bestimmt, siehe die Nachweise in Fn. 259, S. 246 und 260, S. 247. 266 Siehe oben, Teil 2, A. II. 1. b) bb) (1) (a).
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(e) Teilweiser Verkauf an einen Dritten Wenn die Restitution zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung nicht geeignet ist, stellt sich für das Bundeskartellamt die Frage, ob es den vollständigen Verkauf an einen Dritten anordnen muss, oder ob es dann ausreicht, den nur teilweisen Verkauf anzuordnen, so dass kein Zusammenschlusstatbestand mehr vorliegt. Das Argument einer Beeinträchtigung der Interessen des Verkäufers als Eigentümer, das gegen die Anordnung der nur teilweisen Restitution angeführt wurde, greift hier nicht, denn der Verkäufer hat dem mit dem Verkauf an einen Dritten verbundenen Eigentumsentzug infolge seiner Auflösungsverpflichtung ohnehin zuzustimmen. Allerdings kann nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Verpflichtung zur Zustimmung zum Verkauf an einen Dritten nur insoweit reichen, wie es zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung erforderlich ist. Der Grundsatz der Erforderlichkeit steht der Anordnung des vollständigen Verkaufs daher entgegen, wenn auch der teilweise Verkauf zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung ausreicht. Durch den nur teilweisen Verkauf an einen Dritten dürfen aber Grundrechte Dritter, beispielsweise der Arbeitnehmer, nicht in stärkerem Ausmaß beeinträchtigt werden, als dies durch die vollständige Auflösung der Fall wäre. Denn Grundrechte Dritter beschränken als verfassungsimmanente Schranke die Ausübung eigener Grundrechte, wenn im Rahmen einer Abwägung dem Grundrecht des Dritten der Vorrang einzuräumen ist.267 Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn ein berechtigtes Interesse des Dritten an dem Schutz seines Grundrechts besteht und der Eingriff nicht erforderlich ist, da, wie in vorliegendem Fall, auch die vollständige Auflösung möglich wäre. Auch hier bleibt es jedoch den Parteien überlassen, zu beweisen, ab welcher Grenze ein Zusammenschlusstatbestand nicht mehr vorliegt.268 Wird ein solcher Nachweis nicht geführt, so kann das Bundeskartellamt den vollständigen Verkauf an einen Dritten verlangen. Wenn die Parteien nachweisen können, dass der teilweise Verkauf an einen Dritten zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung ausreicht, gebührt der für den verkauften Teil erhaltene Kaufpreis dem Erwerber, da dieser das Risiko der Auflösung trägt.269 Der Veräußerer wird insoweit so gestellt, als wäre der zur Auflösung verpflichtende Umstand nicht eingetreten: Er behält den insoweit ursprünglich durch den Erwerber gezahlten Kaufpreis. Selbst wenn die Parteien beweisen können, ab welcher Beteiligungsquote ein Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB nicht mehr besteht 267 268 269
Siehe oben, Einleitung, Fn. 12, S. 25. Vgl. oben, Teil 3, A. II. 2. b) aa) (1). Siehe oben unter 1. b).
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und der Verkauf an einen Dritten nur in der diese Quote übersteigenden Höhe angeordnet wird, hat der Erwerber an der restlichen Beteiligung aber nicht wirksam Eigentum erlangt, wenn der Zusammenschluss bereits untersagt wurde. Denn das Vollzugsverbot erfasst grundsätzlich das gesamte Geschäft. Es wird zwar erwogen, ob die Unwirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts geheilt werde, wenn der Erwerber einen Teil des Zusammenschlussobjekts verkauft, so dass kein Zusammenschlusstatbestand mehr erfüllt ist.270 Die Unwirksamkeitsfolge ist jedoch nicht mehr heilbar, wenn sie endgültig und nicht mehr nur schwebend ist. Daraus folgt, dass der Veräußerer Eigentümer der restlichen Beteiligung bleibt. Insoweit bleibt sein zivilrechtlicher Anspruch auf Rückgabe bzw. Rückübertragung daher bestehen. Wollen die Parteien einvernehmlich, dass der Erwerber die restlichen Anteile behält, so ist der Neuabschluss eines entsprechenden Vertrages über die verbleibende Beteiligung sowie die wirksame Übereignung dieses Restes erforderlich. Dies ist auch konkludent möglich. Erfolgt der nur teilweise Verkauf an einen Dritten auf Initiative des Erwerbers, so wird dieser die Rückgabe des nicht verkauften Teils gegen Rückzahlung eines entsprechenden Teils des von ihm gezahlten Kaufpreises gegen den Willen des Verkäufers aber regelmäßig nicht erzwingen können. Das Rückabwicklungsverlangen stellt sich in diesem Fall nämlich als widersprüchliches Verhalten dar und wäre wegen § 242 BGB daher nicht durchsetzbar. Gleiches muss für das Verlangen einer teilweisen Rückzahlung des Kaufpreises wegen zwischenzeitlicher Wertminderung des dem Erwerber verbliebenen Teils gelten. Wenn sich die Parteien in einem solchen Fall erneut in schuldrechtlicher sowie dinglicher Hinsicht über den Übergang des verbliebenen Teils des Zusammenschlussobjekts einigen, so dürfte die Übertragung wettbewerbsrechtlich unproblematisch sein. Das Bundeskartellamt hat im Rahmen des Auflösungsverfahrens diese Situation nämlich bereits überprüft und mit der Anordnung des nur teilweisen Verkaufs an einen Dritten zu erkennen gegeben, dass bei Verbleib des restlichen Teils in den Händen des Erwerbers eine Wettbewerbsbeschränkung nach Auffassung des Bundeskartellamts nicht besteht. Anderenfalls hätte es die vollständige Auflösung anordnen müssen. Die teilweise Auflösung geht der vollständigen Auflösung demnach nur dann vor, wenn die Parteien nachweisen, dass die teilweise Auflösung zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung ausreicht. Ob der verbleibende Teil anschließend dem Erwerber verbleibt oder der Verkäufer die zivilrechtliche Rückabwicklung verlangt, bleibt den Parteien überlassen. Das Bundes270 Dies aufwerfend, im Ergebnis aber bezweifelnd Kuhn, in: FK, GWB 2005, § 41 Rdnr. 50.
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kartellamt ist für eine Entscheidung insoweit nicht mehr zuständig, da die Wettbewerbsbeschränkung mit dem Verkauf des Teils an einen Dritten beseitigt ist. Die Parteien haben ihre Interessen im Hinblick auf den nicht verkauften Teil daher gegebenenfalls auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen. (3) Kompensation statt Restitution oder Verkaufslösung Statt der Anordnung der Restitution oder von Verkaufslösungen kommt wiederum auch die Anordnung von Kompensationsmaßnahmen in Betracht. Kompensationsmaßnahmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie auf die Aufgabe eigener geschützter Rechtspositionen durch den Erwerber abzielen. Sie umfassen beispielsweise die Aufgabe von Tochterunternehmen oder den Verzicht auf ein alleiniges gewerbliches Schutzrecht.271 Sie richten sich dementsprechend schon ihrer Natur nach nur gegen den Erwerber, der infolge des Zusammenschlusses eine marktbeherrschende Stellung erlangt bzw. dessen marktbeherrschende Stellung infolge des Zusammenschlusses verstärkt wird. Solche Maßnahmen sind im Vergleich zu Restitution und Verkaufslösungen grundsätzlich als subsidiär anzusehen. Im Rahmen der Kompensationsmöglichkeiten wird nämlich auf Rechtspositionen zugegriffen, die sich in einem fusionskontrollfreien Raum bewegen272 und auf die nur wegen des vorrangigen öffentlichen Interesses an einem funktionierenden Wettbewerb zugegriffen werden darf. Die Verpflichtung zur Aufgabe eigener Rechtspositionen nimmt den Erwerber über das ihm zivilrechtlich zugewiesene Maß hinaus in Anspruch und stellt im Vergleich zu Verkaufslösungen auch kein Minus, sondern ein aliud dar.273 Kompensationsmaßnahmen darf das Bundeskartellamt daher nicht den Verkaufslösungen und schon garnicht der Restitution vorziehen, wenn Restitution oder Verkaufslösungen zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet und möglich sind. Die Anordnung von Kompensationsmaßnahmen kommt daher nur in Betracht, wenn keine auf das Zusammenschlussobjekt (teilweise) zugreifenden Auflösungsmaßnahmen zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet sind. Insbesondere also, wenn das Zusammenschlussobjekt so in das Unternehmen des Erwerbers integriert wurde, dass dessen Herauslösung unmöglich ist bzw. es liquidiert wurde, ohne dass ein Fall des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E vorliegt. 271
Siehe oben, Fn. 161, S. 219. Vgl. Baumhauer, S. 87. 273 Vgl. Baumhauer, S. 88, daher sei die Anordnung von Kompensationsmaßnahmen ultima ratio. Baumhauer differenziert allerdings nicht zwischen formell legalem und formell illegalem Vollzug. 272
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Selbst wenn der Erwerber allerdings eine solche Maßnahme als die aus seiner Sicht mildere Maßnahme angibt, darf das Bundeskartellamt ein Interesse des Verkäufers an der Rücknahme nicht unberücksichtigt lassen. Es muss dann, die gleiche Eignung beider Maßnahmen vorausgesetzt, die Restitution anordnen. Das Eigentum des Veräußerers an der Sache, an der der Erwerber Besitz hat, nimmt dem Erwerber nämlich die Möglichkeit, sich auf seinen nach Art. 14 GG geschützten Besitz zu berufen.274 Stehen hingegen nur Auflösungsmaßnahmen zur Wahl, die in geschützte Rechtspositionen des Erwerbers in unterschiedlichem Maße, in geschützte Rechtspositionen des Veräußerers dagegen nicht oder in gleichem Maße eingreifen, kann der Erwerber statt der Anordnung des Verkaufs der Beteiligung Kompensationsmaßnahmen als Austauschmittel anbieten. Die für den Erwerber mildere Maßnahme ist dann, bei gleicher Eignung, anstelle der Verkaufslösung anzuordnen. (4) Züchtung eines neuen Unternehmens statt Restitution, Verkaufslösungen oder Kompensationslösungen Mit den Kompensationsmaßnahmen vergleichbar ist schließlich die Anordnung der Züchtung eines neuen Unternehmens.275 Auch hier wird in Eigentum des Erwerbers im Sinne des Art. 14 GG eingegriffen, indem der Erwerber aus eigenen, zusammenschlussunabhängigen Mitteln ein neues wettbewerbsfähiges Unternehmen schaffen und dieses Unternehmen ausgliedern muss. Das zu den Kompensationsmaßnahmen Gesagte gilt hier entsprechend: Im Vergleich zu Restitution und Verkaufslösungen ist die Anordnung der Züchtung eines neuen Unternehmens grundsätzlich subsidiär, da der Eingriff hier, im Gegensatz zu Restitution und Verkaufslösungen, in Eigentumspositionen erfolgt, die der Zusammenschlusskontrolle eigentlich entzogen sind. Sind Restitution und Verkaufslösungen aber nicht möglich oder aus anderen Gründen nicht geeignet, die Wettbewerbsbeschränkung zu beseitigen, so kommen die Kompensation oder die Züchtung eines neuen Unternehmens in Betracht. In diesem Verhältnis wird sich grundsätzlich die Kompensation als mildere Maßnahme darstellen, da im Fall der Kompensation lediglich etwas vorhandenes auszugliedern ist, im Fall der Züchtung eines neuen Unternehmens hingegen das auszugliedernde Unternehmen erst noch zu schaf274
Siehe oben, Teil 3, A. II. 2. a) aa) (1) (c). Baumhauer betrachtet die Fälle des sogenannten going concern daher neben den sogenannten zusammenschlusstranszendenten Maßnahmen als Fallgruppe der Kompensationslösungen, siehe S. 82 ff., 93 ff. 275
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fen ist. Hierzu sind nicht nur nicht unerhebliche finanzielle Aufwendungen, sondern auch personelle Mittel erforderlich, so dass die Kompensation der Züchtung eines neuen Unternehmens vorzuziehen ist. Die Züchtung eines neuen Unternehmens ist damit grundsätzlich ultima ratio, kann also nur dann angeordnet werden, wenn keine andere Maßnahme zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung führt oder der Erwerber diese Maßnahme als die für ihn mildeste vorschlägt und sie nicht in geschützte Rechte Dritter eingreift. (5) Die Auflösung fehlerhafter Gesellschaften Besteht das Zusammenschlussobjekt in einer Gesellschaft, ohne dass die Gesellschaft gemäß § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GWB-E wirksam ist, so wird diese nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft behandelt, als sei sie wirksam entstanden.276 Ein Zusammenschlussobjekt kann insbesondere in einer fehlerhaften Gesellschaft bestehen, wenn die Parteien ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet haben, das (noch) nicht im Handelsregister eingetragen wurde. Solche neu entstandenen aber fehlerhaften Gesellschaften sind nach der Lehre über die fehlerhafte Gesellschaft nach den für die jeweilige Rechtsform geltenden Vorschriften mit Wirkung für die Zukunft aufzulösen und abzuwickeln.277 (6) Zusammenfassung In den Fällen des formell illegalen Vollzugs eines Unternehmenszusammenschlusses, der auf einem wirksamen Verpflichtungs- und einem unwirksamen Erfüllungsgeschäft beruht, ist grundsätzlich die Restitution als das vorrangig in Betracht zu ziehende Mittel anzusehen. Nur wenn die Restitution nicht möglich oder zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung nicht geeignet ist, darf auf Verkaufslösungen ausgewichen werden. Anders kann den gegenläufigen Interessen von Verkäufer und Käufer kaum in angemessener und ausgewogener Weise Rechnung getragen werden. Was angemessen und ausgewogen ist, ergibt sich aus der zivilrechtlich vorgesehenen Risikoverteilung. Kompensationsmaßnahmen sowie die Züchtung eines neuen Unternehmens darf das Bundeskartellamt nur anordnen, wenn weder die Restitution 276 277
Siehe oben, Teil 2, A. I. 2. c). Siehe die Nachweise in Teil 2, Fn. 44, S. 97.
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noch Verkaufslösungen zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet sind. Solche Maßnahmen nehmen den Erwerber nämlich über das ihm zivilrechtlich zugewiesene Risiko hinaus in Anspruch. Wenn der Zusammenschluss in der Gründung einer neuen Gesellschaft besteht, die (noch) nicht durch Eintragung im Handelsregister gemäß § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GWB-E wirksam entstanden ist, ist die Gesellschaft nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft aufzulösen und abzuwickeln. bb) Wirksames Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft In den Fällen der formell illegalen aber wirksamen Anteils- oder Vermögensübertragungen stellen Verkaufslösungen gegenüber der Restitution grundsätzlich die mildere Alternative dar. Nach dem Zivilrecht sind dann nämlich alle Risiken auf den Erwerber übergegangen.278 Eine Maßnahme, die den Veräußerer zur Rücknahme des Zusammenschlussobjekts verpflichten würde, würde diesen in seiner nach Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit beeinträchtigten279. Diese Inanspruchnahme ginge über das dem Verkäufer zivilrechtlich zugewiesene Maß hinaus und ist nicht erforderlich, wenn durch den Verkauf des Zusammenschlussobjekts an einen Dritten die Wettbewerbsbeschränkung ebensogut beseitigt werden kann. Die gegebenenfalls zusätzlich entstehenden Kosten für Verwaltungsund Veräußerungstreuhänder verpflichten in diesem Fall nicht zur Anordnung der Restitution oder Kostenteilung durch das Bundeskartellamt, da die Risiken der Auflösung des Unternehmenszusammenschlusses bei Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts sowie der Verfügung vollständig auf den Erwerber übergegangen sind. Die Restitution ist auch nicht aus Sanktionsgesichtspunkten gegenüber dem Verkäufer anzuordnen. Die Auflösungspflicht ist nämlich gerade keine Sanktion, die es erfordert, dass alle Störer in Anspruch genommen werden müssen. Die Sanktionierung des Verstoßes gegen das Vollzugsverbot erfolgt vielmehr über das nach § 81 GWB zu verhängende Bußgeld, das, im Gegensatz zur Auflösungsverpflichtung, ein Vertretenmüssen des illegalen Zusammenschlusses erfordert. Da im Fall der Anordnung des Verkaufs an einen Dritten bei wirksam vollzogenen Zusammenschlüssen lediglich in Grundrechte des Erwerbers eingegriffen wird, ist aber zusätzlich zu prüfen, ob der Unternehmenszusammenschluss aus teilbaren Elementen besteht. Dann kann die Anordnung zum nur teilweisen Verkauf als mildere Maßnahme in Betracht kom278
Siehe oben, Teil 2, A. II. 2. Siehe oben unter 2. a) aa) (2) (a) zum Beteiligungserwerb bzw. (b) zum Unternehmenserwerb. 279
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Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
men. Im Unterschied zur Abwägung zwischen vollständiger Restitution und teilweiser Restitution280 ist hier nämlich kein möglicherweise entgegenstehendes Interesse des Verkäufers zu berücksichtigen. Die Möglichkeit, das Zusammenschlussobjekt dennoch ganz zu veräußern, wird dem Erwerber durch die Anordnung des nur teilweisen Verkaufs nicht genommen, die Anordnung fordert dann lediglich, was mindestens zu tun ist. Problematisch stellt sich allerdings auch hier dar, dass das Bundeskartellamt dann ermitteln müsste, ab welcher Beteiligungshöhe ein Zusammenschlusstatbestand nicht mehr erfüllt ist.281 Auch hier lassen sich angemessene Ergebnisse aber erzielen, wenn man dem Erwerber insoweit die Darlegungs- und Beweislast auferlegt.282 Anderenfalls kann das Bundeskartellamt den vollständigen Verkauf des Zusammenschlusses anordnen.283 Zu beachten ist jedoch, dass die Fälle des formell illegal vollzogenen aber dennoch sowohl schuldrechtlich als auch dinglich wirksamen Unternehmenszusammenschlusses in der Regel auf § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. zukünftig § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB zurückzuführen sind, der unter anderem in den Fällen der Verschmelzung ein Erlöschen des übertragenden Unternehmens bzw. der übertragenden Unternehmen zur Folge hat. Zur Beseitigung der hierdurch entstandenen Wettbewerbsbeschränkung kommt zwar die Anordnung der Restitution grundsätzlich in Betracht, sie erfolgt dann aber in der Regel durch Aufspaltung zur Neugründung284 und Rückübertragung des Vermögens auf die neugegründete Gesellschaft285. Ferner kommen Kompensationsmaßnahmen oder die Züchtung eines neuen Unternehmens in Betracht.286 Da alle Auflösungsmaßnahmen nur die Rechte des neu entstandenen Unternehmens beschränken, ist diejenige Maßnahme anzuordnen, die sich für das Unternehmen am mildesten darstellt. In der Regel werden daher Kompensationsmaßnahmen und, ersatzweise287, die Züchtung eines neuen Unternehmens milder sein als die Aufspaltung. Diese Maßnah280
Siehe oben unter b) aa) (1). Vgl. oben bei Fn. 246, S. 242. 282 Zur Darlegungs- und Beweislast der Parteien im vom Amtsermittlungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsverfahren vgl. Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 20 Rdnr. 29; Bechtold, in: Bechtold, GWB6, § 19 Rdnr. 49. 283 So die ganz herrschende Meinung zur Untersagung. Die Grundsätze können für das Auflösungsverfahren entsprechend herangezogen werden. Vgl. BKartA, 11.04.2007, Gesch.-Z.: B 3 578/06, S. 8 – „Phonak/GN ReSound“. 284 Siehe oben bei Fn. 107, S. 206. 285 Köhler, ZGR 85, 307 (333). 286 Baumhauer, S. 94 f. 287 Kompensationsmaßnahmen stellen grundsätzlich einen weniger starken Eingriff in die Rechte des Betroffenen dar, als die Züchtung eines neuen Unternehmens und sind daher in der Regel vorrangig, siehe oben unter Teil 3, II. 2. b) aa) (3). 281
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men greifen zudem in geringerem Maße in die geschützten Rechte der Arbeitnehmer sowie der Anteilsinhaber ein. Besteht der Zusammenschluss in einer gemeinsamen Beteiligung an einem Gemeinschaftsunternehmen, so kann das Bundeskartellamt entweder die Abwicklung des Gemeinschaftsunternehmens unter Rückübertragung des Vermögens auf die Gründerunternehmen verlangen288, einer Partei aufgeben, aus dem Unternehmen auszuscheiden289, oder beiden Parteien den gemeinsamen Verkauf aufgeben. Sofern die Parteien sich im Hinblick auf das Ausscheiden einer Partei aus dem Unternehmen nicht einigen, darf das Bundeskartellamt eine solche Maßnahme zu Lasten einer Partei aber nicht anordnen. Es würde sonst die Interessen einer Partei bevorzugen, während die andere Partei in einem Maße belastet würde, das über das ihr zivilrechtlich zugewiesene Maß hinausgeht. Wenn eine Maßnahme möglich ist, durch die beide Parteien innerhalb des ihnen zivilrechtlich zugewiesenen Risikos belastet werden, so ist diese Maßnahme daher vorzugswürdig. In diesem Fall wäre daher die Auflösung des Gemeinschaftsunternehmens oder dessen Verkauf als insgesamt milder anzusehen. Etwas anderes kann allerdings gelten, wenn durch die Auflösung Rechte Dritter beeinträchtigt werden. Dann sind allerdings, soweit möglich, alle Mütter gleichermaßen zur Auflösung in Anspruch zu nehmen, z. B. zum Ausscheiden aus der Gesellschaft zu verpflichten. Zu berücksichtigen ist dann aber, ob das Gemeinschaftsunternehmen ohne die Mütter überhaupt noch lebensfähig ist. cc) Unwirksames Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft Ist sowohl das Verpflichtungs- als auch das Erfüllungsgeschäft unwirksam, so greift die Anordnung der Restitution auf Seiten des Veräußerers wie auf Seiten des Erwerbers in die allgemeine Handlungsfreiheit ein.290 Dennoch stellen Verkaufslösungen keine mildere Maßnahme im Sinne des Verhältnismäßigkeitsprinzips dar. Die Anordnung des Verkaufs an einen Dritten würde dem Verkäufer nämlich sein Eigentum entziehen und ihn somit über das ihm zivilrechtlich zugewiesene Maß weit hinaus in Anspruch nehmen. Zivilrechtlich ist die Rückabwicklung vorgesehen.291 Soweit die Mitwirkung des Verkäufers an der Rückabwicklung erforderlich ist, ist ein damit verbundener Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit gerechtfertigt.292 Wenn 288
Köhler, ZGR 85, 307 (333 f.); Wiedemann, Gemeinschaftsunternehmen, S. 104. 289 Wiedemann, Gemeinschaftsunternehmen, S. 104. 290 Siehe oben unter 2. a) aa) (3). 291 Siehe oben unter Teil 2, A. II. 3. 292 Siehe oben unter b) aa).
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der Veräußerer nicht ausdrücklich zu erkennen gibt, dass er an der Rücknahme kein Interesse hat, ist daher, wie bei der Unwirksamkeit nur der Übertragung, die Restitution vorrangig anzuordnen. Im Übrigen gelten die Ausführungen zur Bestimmung der mildesten Maßnahme in den Fällen der Unwirksamkeit (nur) des Erfüllungsgeschäfts293 entsprechend. dd) Unwirksames Verpflichtungs-, wirksames Erfüllungsgeschäft In den Fällen, in denen ein Zusammenschluss aufzulösen ist, der auf einem unwirksamen Verpflichtungs-, aber wegen § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E wirksamen Erfüllungsgeschäft beruht, hängen die von der Anordnung der Restitution betroffenen Grundrechte von der konkreten Art des Zusammenschlusses ab: Im Fall der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens greift die Restitution auf Seiten des Gemeinschaftsunternehmens in dessen nach Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit ein, auf Seiten der Mütter in deren Eigentum sowie deren nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Vereinigungsfreiheit. Besteht der Zusammenschluss hingegen in einer Umwandlung, beispielsweise durch Verschmelzung, so greift die Restitution auf Seiten des übertragenden Rechtsträgers (sofern dieser nicht infolge der Umwandlung erloschen ist), in dessen Berufsfreiheit ein, da dieser faktisch das Unternehmen zurückerwerben und fortführen muss. Auf Seiten des aufnehmenden Unternehmens findet durch die Anordnung der Restitution hingegen ein Eingriff in sein nach Art. 14 GG geschütztes Eigentum sowie seine Berufsfreiheit statt.294 Die Anordnung von Verkaufslösungen stellt in diesem Fall aber keine mildere Maßnahme dar. Eine solche würde nämlich den Verkäufer bzw. übertragenden Rechtsträger in seinem nach Art. 14 GG geschützten Anspruch auf Rückübertragung der Anteile295 beschränken. Wenn die Restitution möglich und zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet ist, besteht dafür kein Anlass. Der Erwerber wird nämlich durch die Anordnung der Restitution und von Verkaufslösungen im gleichen Umfang in seinen geschützten Rechten nach Art. 14 und Art. 12 GG beschränkt. Auch wenn der Verkäufer auf sein Recht zur Rücknahme verzichtet, geht die Restitution den Verkaufslösungen vor, anderenfalls würde der Erwerber mit erheblichen Mehrkosten belastet, für die er jedenfalls nach der Rechtsprechung des BGH und ohne ausdrückliche Anordnung in der Entschei293 294 295
Siehe oben unter b) aa). Siehe oben unter 2. a) aa) (4). BVerwG, Urteil vom 15.12.1989, 4 C 29/88, NJW 1990, 2400.
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dung des Bundeskartellamts keinen Ausgleich von dem Veräußerer erhalten kann.296 Kompensationsmaßnahmen sowie die Züchtung eines neuen Unternehmens können wiederum nur nachrangig angeordnet werden, wenn Restitution und Verkaufslösungen zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung nicht geeignet sind.297 c) Zusammenfassung Im Rahmen der formell illegal vollzogenen Zusammenschlüsse ist für die Bestimmung der mildesten Maßnahme entscheidend, ob das Verpflichtungsund/oder das Erfüllungsgeschäft unwirksam war. Wenn dem Verkäufer an dem Zusammenschlussobjekt nach dem Zivilrecht noch Rechte oder Ansprüche zustehen, ist die Restitution gegenüber der Verkaufslösung als grundsätzlich vorrangig anzusehen. Das ist in den Fällen des formell illegalen Vollzugs nur dann nicht der Fall, wenn sowohl das Verpflichtungsgeschäft als auch die Übertragung des Zusammenschlussobjekts aufgrund der Sonderregelung des § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E wirksam sind. In letztgenannten Fällen sind die Verkaufslösungen grundsätzlich als mildere Maßnahme anzusehen. Wenn Verkaufslösungen sich als milder darstellen und es den Parteien gelingt, dem Bundeskartellamt nachzuweisen, dass die Wettbewerbsbeschränkung auch durch den Verkauf nur eines Teils des Zusammenschlussobjekts beseitigt werden kann, ist nur der teilweise Verkauf des Zusammenschlussobjekts anzuordnen. Kompensationsmaßnahmen und die Anordnung zur Züchtung eines neuen Unternehmens dürfen grundsätzlich nur angeordnet werden, wenn Restitution und Verkaufslösungen nicht möglich oder zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung nicht geeignet sind. Sie nehmen den Erwerber nämlich über das ihm zivilrechtlich zugewiesene Maß hinaus in Anspruch. Etwas anderes gilt wieder bei den vollwirksamen Anteilserwerben: Da hier lediglich in Rechtsgüter des Erwerbers eingegriffen wird, kann dieser Austauschmaßnahmen anbieten, die auch in Kompensationsmaßnahmen oder der Züchtung eines neuen Unternehmens bestehen können. Wenn diese als gleichermaßen geeignet angesehen werden können und Grundrechte Dritter dem nicht entgegenstehen, ist die angebotene Maßnahme als die mildere und damit als erforderlich im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzusehen.
296 297
Siehe oben Fn. 259 f., S. 246. Vgl. oben unter aa).
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3. Angemessenheit Nachdem im Rahmen der Erforderlichkeit die unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen mildeste bestimmt wurde, ist im Rahmen der Angemessenheitsprüfung (auch „Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne“298 oder „Zumutbarkeit“) zu prüfen, ob Zweck und Mittel der Gefahrenabwehr nicht offensichtlich außer Verhältnis zueinander stehen299. Die beeinträchtigten privatrechtlichen Interessen des bzw. der Inanspruchgenommenen sind mit dem mit der Maßnahme verfolgten öffentlich-rechtlichen Interesse abzuwägen.300 Der Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr wird also durch das Gebot der Angemessenheit beschränkt. Demnach ist, selbst wenn eine Gefahr durch Störer 1 am schnellsten und effektivsten beseitigt werden kann, Störer 2 für die Beseitigung der Gefahr heranzuziehen, wenn die Inanspruchnahme von Störer 1 unter Berücksichtigung des Ausmaßes der geringeren Eignung einer Inanspruchnahme von Störer 2 unangemessen wäre. Verhängt eine Behörde eine Maßnahme, die außer Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Zweck steht, so ist der sie anordnende Verwaltungsakt anfechtbar.301 a) Zivilrechtliches Rückabwicklungsrisiko keine absolute Belastungsgrenze Soweit die durch das Bundeskartellamt angeordnete Maßnahme den Inanspruchgenommenen nicht über das zivilrechtliche Rückabwicklungsrisiko hinaus belastet, dürften hinsichtlich der Angemessenheit der angeordneten Maßnahme zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung keine Bedenken bestehen. Teilweise wird in dem zivilrechtlichen Rückabwicklungsrisiko aber auch eine „absolute Belastungsgrenze“ gesehen.302 Auflösungsmaßnahmen, die eine Partei im Vergleich zur privatrechtlichen Rückabwicklung weitergehend in Anspruch nehmen, seien unzulässig. Die Verpflichtung des Erwerbers, Kompensationsmaßnahmen zu ergreifen, die wertmäßig über dasjenige hinausgehen, was der Erwerber im Fall der (vollständigen) Restitution hätte aufgeben müssen, seien daher ausgeschlossen.303 Dieser Auffas298
Erler, Gefahrenabwehr, S. 140. Erler, Gefahrenabwehr, S. 140. 300 Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.8.2004, 20 F 16/03, NVwZ 2005, 334 (335); Pieroth/Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 301; Purrucker, S. 165. 301 Vgl. § 71 Abs. 5 GWB sowie allgemein Kopp/Ramsauer, VwVfG12, § 44 Rdnr. 29. 302 Möschel, Auflösung; Baumhauer, S. 92 f.; Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/ Mestmäcker, GWB4, § 41 Rdnr. 50. 303 Möschel, Auflösung, S. 29; dem folgend Baumhauer, S. 92. 299
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sung ist nicht zu folgen. Zwar spielt die zivilrechtliche Risikoverteilung eine wichtige Rolle für das Auflösungsverfahren, da ihr zu entnehmen ist, welche privaten Rechtspositionen im Rahmen der Erforderlichkeit gegeneinander abzuwägen und welche Risiken welcher Partei zuzuweisen sind. Im Rahmen der Angemessenheit steht dem privaten Interesse jedoch ein öffentliches Interesse gegenüber, das eine Inanspruchnahme des Privaten über sein zivilrechtliches Rückabwicklungsrisiko hinaus erfordern kann.304 Auch wenn die Parteien vertraglich eine Pflicht des Veräußerers zur Rücknahme des Zusammenschlussobjekts ausgeschlossen haben, kann das Bundeskartellamt daher, sofern keine anderen Maßnahmen zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung möglich sind, die Rücknahme durch den Veräußerer anordnen. Wegen der Pflicht zur Beachtung der zivilrechtlichen Risikoverteilung innerhalb des Verhältnismäßigkeitsprinzips dürfen andere Maßnahmen dann aber nicht zum bezweckten Erfolg führen. b) Keine Unzumutbarkeit der Restitution wegen Wertveränderungen Die Anordnung der Restitution wird für den Erwerber auch nicht dadurch unzumutbar, dass das Unternehmen in seiner Hand eine erhebliche Wertsteigerung erfahren hat. Im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung wird nämlich nur zwischen dem gewählten Auflösungsmittel und dem mit ihm verfolgten Zweck, hier also der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung abgewogen. Das GWB räumt dem öffentlichen Interesse an der Beseitigung von Wettbewerbsbeschränkungen aber grundsätzlich den Vorrang vor dem Individualinteresse des Einzelnen an seinem Eigentum ein. Ein rein finanzielles Interesse kann das öffentliche Interesse an der Wiederherstellung wirksamen Wettbewerbs daher nicht überwiegen. Dementsprechend ist es für den Verkäufer auch nicht unzumutbar, ein Unternehmen gegen Rückzahlung des Kaufpreises zurückzunehmen, das zwischenzeitlich erheblich an Wert verloren hat. c) Keine Entschädigungspflicht Die Verpflichtung zur Aufgabe des Eigentums durch Anordnung der Restitution oder des Verkaufs an einen Dritten ist grundsätzlich auch nicht deshalb als unangemessen anzusehen, da im Gegenzug für die Verpflichtung zur Aufgabe erlangten Eigentums keine staatliche Entschädigung geleistet wird. Das Grundgesetz sieht eine Entschädigungspflicht wegen hoheitlicher 304 So auch Kerber, Unternehmensentflechtung, S. 66 f.; Purrucker, S. 175; vgl. auch Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 21 Rdnr. 157.
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Beschränkung des Eigentums nur für die Enteignung vor, Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG. Erfolgt eine Eigentumsbeeinträchtigung demnach, wie im Fall der Auflösung eines Unternehmenszusammenschlusses305, aufgrund einer Inhalts- und Schrankenbestimmung, ist eine Entschädigung grundsätzlich nicht zu leisten. Teilweise wird jedoch auch für Eigentumsbeschränkungen aufgrund von Inhalts- und Schrankenbestimmungen ausnahmsweise eine Entschädigung befürwortet (sogenannte ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung).306 Dennoch hat das Bundeskartellamt dem Erwerber keine Entschädigung für den Verlust des Eigentums zu zahlen, wenn das Eigentum wirksam auf ihn übertragen wurde. Der Erwerber erhält im Rahmen der Auflösung in der Regel eine Gegenleistung für die Rückübertragung oder den Verkauf, sprich den Kaufpreis, und wird für den Eigentumsverlust damit ausreichend kompensiert.307 Grund und Höhe einer Entschädigung für den Entzug von Rechtspositionen auf Grundlage einer Inhalts- und Schrankenbestimmung folgen nämlich aus dem Ergebnis einer Abwägung zwischen dem betroffenen privaten und dem geschützten öffentlichen Interesse.308 Das private Interesse muss hinter dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung wirksamen Wettbewerbs aber zurücktreten. Eventuelle Verluste infolge der Auflösung hat der Betroffene hinzunehmen, wenn er als Störer ordnungsrechtlich verantwortlich ist. Insoweit trägt der Betroffene das Auflösungsrisiko.
III. Folgen für das Auflösungsverfahren Aus den Ausführungen zur Bestimmung der im Einzelfall anzuordnenden Auflösungsmaßnahme wird erkennbar, dass das Bundeskartellamt den Par305
Siehe oben (Gang der Untersuchung). BVerfG, Beschluss vom 14.07.1981, 1 BvL 24/78, BVerfGE 58, 137 – „Pflichtexemplar“; Eschenbach, JA 1998, 401 ff.; BVerfG, Beschluss vom 02.03.1999, 1 BvL 7/91, BVerfGE 100, 226 (244) – Denkmalschutz; Beschluss vom 15.09.2011, 1 BvR 2232/10, NVwZ 2012, 429 (430). Vgl. auch im Rahmen der Diskussion zum Entflechtungsgesetz Monopolkommission, 58. Sondergutachten: „Gestaltungsoptionen und Leistungsgrenzen einer kartellrechtlichen Unternehmensentflechtung“, S. 33; Engel, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Entechtungstatbestandes im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, S. 55 f. 307 Den Kaufpreis als ausreichende Entschädigung für einen Entzug von Eigentum durch (ausgleichspflichtige) Inhalts- und Schrankenbestimmung sehen ferner an: Engel, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Entechtungstatbestandes im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, S. 56; Monopolkommission III. Hauptgutachten 1978/1979, Rdnr. 795; Möschel, Entflechtungen (1979), S. 137; Scholz, Entflechtung und Verfassung, S. 173 f. 308 Vgl. zur entsprechenden Diskussion zum Entflechtungsgesetz Monopolkommission, 58. Sondergutachten: „Gestaltungsoptionen und Leistungsgrenzen einer kartellrechtlichen Unternehmensentflechtung“, S. 33. 306
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teien die Möglichkeit einräumen muss, vorzutragen, welche Maßnahme sie jeweils als die mildeste Maßnahme erachten. Sind sich die Parteien insoweit einig, muss das Bundeskartellamt nämlich keine Anordnung erlassen, sondern kann mit den Parteien einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen.309 In einem öffentlich-rechtlichen Vertrag können sich die Parteien auch zu Maßnahmen verpflichten, die im Fall der hoheitlichen Anordnung gegen Art. 14 GG verstoßen hätten, solange ein die Maßnahme anordnender Verwaltungsakt nicht nichtig wäre. Sinnvoll erscheint es daher, auch den Verkäufer am Auflösungsverfahren immer dann zu beteiligen, wenn er als Adressat der Auflösungsmaßnahme primär in Betracht kommt, also in allen Fällen, in denen der Veräußerer Störer im ordnungsrechtlichen Sinne ist. Die an einem Verfahren zu beteiligenden Personen werden durch die jeweils anzuwendenden Verfahrensvorschriften bestimmt. Das fusionskontrollrechtliche Auflösungsverfahren nach § 41 Abs. 3 GWB ist ein förmliches Verwaltungsverfahren, das, ergänzend zu den allgemeinen Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes310, in den §§ 54 ff. GWB geregelt ist.311 Der Verkäufer ist gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 4 GWB an kartellrechtlichen Verwaltungsverfahren, hierzu zählt auch das Auflösungsverfahren, aber nur in den Fällen des § 37 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 GWB, also nur in den Fällen des Vermögens- und des Anteilserwerbs zu beteiligen. Aufgrund unwirksamer Anteils- und Vermögensübertragungen kann aber auch ein Zusammenschlusstatbestand im Sinne der § 37 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 GWB zustande kommen312 für dessen Auflösung der Verkäufer, wenn er insoweit Störer im ordnungsrechtlichen Sinne ist, verantwortlich ist. Gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 4 GWB analog ist er daher auch dann am Auflösungsverfahren zu beteiligen, wenn zwar kein Anteils- oder Vermögenserwerb verwirklicht ist, der vollzogene Zusammenschluss aber auf einer wirksamen oder unwirksamen Übertragung von Anteilen oder Vermögensgegenständen beruht und der Verkäufer für die Auflösung verantwortlich ist. Ihm ist im Hinblick auf die für ihn mildeste Maßnahme rechtliches Gehör zu gewähren. Das Bundeskartellamt kann den Parteien aber auch die Wahl zwischen zwei oder mehreren in Betracht kommenden Auflösungsmaßnahmen überlassen.313 Aus der Anordnung muss dann aber erkennbar sein, wem das 309
Siehe die Nachweise in der Einleitung, Fn. 41, S. 30. Siehe die Nachweise in der Einleitung, Fn. 35, S. 29. 311 K. Schmidt, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, Vor § 54 GWB Rdnr. 6; Ost, in: MüKo Kartellrecht, GWB, Vor § 54 Rdnr. 4. 312 Siehe oben Teil 2, A. I. 2. b). 313 Kleinmann/Bechtold, Fusionskontrolle2, § 24 Rdnr. 397. So geschehen in den Fällen BKartA, Beschluss vom 14.02.2007, B 5-10/07, WuW/E DE-V 1340 Tenor II – „Sulzer/Kelmix“ und BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 – Tenor II – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“. 310
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Wahlrecht zwischen den möglichen Maßnahmen obliegt oder welche Maßnahme anzuwenden ist, wenn die Parteien sich nicht auf die andere einigen.314 Wenn nur Verkaufslösung oder Restitution zur Auswahl stehen, wird der Erwerber in beiden Fällen grundsätzlich gleichmäßig belastet, denn er muss in beiden Fällen das Zusammenschlussobjekt aufgeben. Grundsätzlich ist daher die Wahl zwischen diesen beiden Alternativen dem Verkäufer zu überlassen. Zu berücksichtigen ist aber, ob der Erwerber durch die Anordnung einer Verkaufslösung mit höheren Kosten, beispielsweise für die Einsetzung von Treuhändern, belastet wird, was die Anordnung der Restitution oder eine Beteiligung des Verkäufers an diesen Kosten erfordern kann.315
IV. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Das Bundeskartellamt hat demnach zur Beantwortung der Frage, welche Auflösungsmaßnahme im konkreten Fall anzuwenden ist, in einem ersten Schritt zu ermitteln, wen es für die Auflösung überhaupt in Anspruch nehmen kann. Adressat der Auflösungsanordnung kann zunächst sein, wer Störer im ordnungsrechtlichen Sinne ist. Bei den formell illegal vollzogenen Zusammenschlüssen kann das Bundeskartellamt daher sowohl den Verkäufer als auch den Erwerber für die Auflösung in Anspruch nehmen. Durch den Vollzug unter Verstoß gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot sind beide als Verhaltensstörer für die hierdurch entstehende Wettbewerbsbeschränkung verantwortlich. Nichtstörer können nur ultima ratio für die Auflösung herangezogen werden. Sowohl hinsichtlich der Auswahl des in Anspruch zu nehmenden Störers als auch im Hinblick auf die konkrete Auflösungsmaßnahme hat das Bundeskartellamt ein Ermessen. Die in der Praxis wichtigsten Auflösungsmaßnahmen stellen die Wiederherstellung des vorherigen Zustands, der Verkauf des Zusammenschlussobjekts an einen Dritten sowie Kompensationsmaßnahmen, also die Aufgabe anderer Rechtspositionen durch den Erwerber dar. Die Züchtung eines neuen Unternehmens spielt in der deutschen Kartellrechtspraxis bisher dagegen noch keine Rolle. All diese Maßnahmen greifen in Grundrechte der bzw. des Inanspruchgenommenen ein, insbesondere in die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG, das nach Art. 14 GG gewährleistete Eigentum, die nach Art. 12 GG geschützte Be314 So geschehen im Fall Sulzer/Kelmix, BKartA, Beschluss vom 14.02.2007, B 5-10/07, WuW/E DE-V 1340 Tenor II: „Unterbleibt die fristgerechte unwiderrufliche Mitteilung [welche Alternative gewählt wird], so ist die Auflösung nach Alternative a) durchzuführen.“ 315 Siehe oben, b) aa) (2) (c).
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rufsfreiheit und die Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 GG. Diese Eingriffe sind aufgrund der Ermächtigungsgrundlage des § 41 Abs. 3 S. 2, 3 GWB aber gerechtfertigt, wenn sie verhältnismäßig sind, insbesondere also die beeinträchtigten Interessen der Parteien in einen angemessenen Ausgleich miteinander bringen. Insoweit lässt sich festhalten, dass grundsätzlich die (vollständige) Restitution die mildeste Maßnahme darstellt, wenn nicht die Parteien einvernehmlich eine andere Art der Auflösung bevorzugen. Die Ausnahme bildet jedoch der Fall, in dem ausnahmsweise sowohl das Verpflichtungs- als auch das Erfüllungsgeschäft wirksam sind. Selbst wenn die Restitution in diesen Fällen noch möglich ist, ist vorrangig zu prüfen, ob die Wettbewerbsbeschränkung durch Verkaufslösungen, Kompensationsmaßnahmen oder die Züchtung eines neuen Unternehmens beseitigt werden kann. Während in diesen Fällen nämlich nur eine Partei in rechtlich geschützten Positionen beeinträchtigt wird, wären es bei Anordnung der Restitution beide Parteien. Es ist daher erforderlich, dass in den Fällen, in denen dem Zusammenschluss ein Anteils- oder Vermögenserwerb zugrunde liegt, beide Parteien am Auflösungsverfahren beteiligt werden. Ihnen muss die Möglichkeit eingeräumt werden, zu der ihrerseits bevorzugten Art der Auflösung Stellung zu nehmen. Dies gilt, entgegen des Gesetzeswortlauts in § 54 Abs. 2 Nr. 4 GWB unabhängig davon, ob es letztlich zur Verwirklichung eines Anteilsoder Vermögenserwerbs gekommen ist. Der Verkäufer ist vielmehr auch dann am Verfahren zu beteiligen, wenn infolge eines unwirksamen Anteilsoder Vermögenserwerbs oder eines Anteilserwerbs in geringerem Umfang ein anderer, auf tatsächliche Umstände gestützter Zusammenschlusstatbestand verwirklicht wird. Die Parteien haben keinen Anspruch auf eine staatliche Entschädigung für den mit der Auflösung mitunter verbundenen Eigentumsverlust. Ein möglicher Wertverlust ist dem Unternehmen immanent und ist daher im Fall der Auflösung hinzunehmen, die damit verbundene Belastung hält sich im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums. Dementsprechend ergibt sich für die Auflösung formell illegal vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse folgendes Bild (s. nächste Seite).
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Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
Die Auflösung formell illegal vollzogener Zusammenschlüsse
Das Zivilrecht sieht die Rückabwicklung vor
RESTITUTION VERKAUFSLÖSUNGEN KOMPENSATION ZÜCHTUNG NEUEN UNTERNEHMENS
Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschä sind wirksam
VERKAUFSLÖSUNGEN KOMPENSATION ZÜCHTUNG EINES NEUEN UNTERNEHMENS RESTITUTION
B. Die Auflösung der formell legal erworbenen Beteiligung bei persönlichem Vertragsschluss zwischen den Vertragsparteien Nachdem nun das Vorgehen bei einer Auflösung formell illegal vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse untersucht wurde, soll im Folgenden dargestellt werden, welche Besonderheiten sich ergeben, wenn der Zusammenschluss zunächst formell legal vollzogen wurde. Es wird im Folgenden davon ausgegangen, dass das mit der Freigabe einhergehende Auflösungshindernis nicht mehr besteht, da die (fingierte) Freigabe entweder nach § 40 Abs. 3a GWB wirksam widerrufen wurde oder das Gericht die Freigabe nach § 71 Abs. 2 S. 1 GWB aufgehoben hat. Die Untersuchungsreihenfolge unterscheidet sich aber nicht von der bei formell illegal vollzogenen Zusammenschlüssen: Auch bei den formell legal vollzogenen Zusammenschlüssen ist zunächst zu bestimmen, wer primär Adressat der Auflösungsanordnung sein kann. Anschließend sind die möglichen und geeigneten Auflösungsmaßnahmen gegeneinander abzuwägen. Zugrunde gelegt werden wieder die Auflösungsmaßnahmen Restitution, Verkauf, Kompensation und Züchtung eines neuen Unternehmens.
B. Auflösung der formell legal erworbenen Beteiligung
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I. Adressaten der Auflösungsverfügung Die Adressaten der Auflösungsverfügung sind nach hier vertretener Auffassung nach den Grundsätzen des Ordnungsrechts über die Störereigenschaft zu bestimmen.316 1. Zustandsstörer Im Rahmen formell legal vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse ändert sich für die Bestimmung des Zustandsstörers nichts im Vergleich zu formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüssen: Zustandsstörer ist auch hier, wer infolge des Zusammenschlusses eine marktbeherrschende Stellung einnimmt bzw. wessen marktbeherrschende Stellung sich durch den Zusammenschluss verstärkt. Dies ist in der Regel der Erwerber. 2. Verhaltensstörer Bei der Bestimmung der Verhaltensstörer ist dagegen zu beachten, dass nicht als Verhaltensstörer verantwortlich ist, wer aufgrund eines ihm zustehenden Rechts oder aufgrund eines Gesetzes gehandelt hat, das die mit dem Verhalten verbundene Gefahr für die öffentliche Sicherheit toleriert.317 Ein Unternehmenszusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB darf nach dem Gesetz vollzogen werden, wenn das Bundeskartellamt die Freigabe bzw. der Minister die Einzelfallerlaubnis nach § 42 GWB erteilt hat, § 41 Abs. 1 S. 1 GWB. Diese Freigabe bzw. die Ministererlaubnis bildet demnach eine den Zusammenschluss legalisierende Grundlage, so dass die Verhaltensstörereigenschaft nicht damit begründet werden kann, dass ein die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllender Zusammenschluss vollzogen wurde. Diese beiden Verfügungen bescheinigen dem Zusammenschluss nämlich, dass er, so wie er angemeldet wurde, im Zeitpunkt der Entscheidung über die Freigabe mit dem Recht in Einklang steht, also materiell rechtmäßig ist. Die Parteien sind auch nicht rein deshalb als Verhaltensstörer verantwortlich, weil die Freigabe später widerrufen oder gerichtlich gemäß § 71 Abs. 2 S. 1 GWB aufgehoben wird. Nach hier vertretener Auffassung wirkt nämlich auch die gerichtliche Aufhebung einer Freigabe lediglich ex nunc.318 Für den Zeitpunkt des Vollzugs bleibt der Zusammenschluss daher formell legal. 316 317 318
Siehe Teil 3, A. I. 2. Siehe die Nachweise in Fn. 69, S. 195. Siehe oben, Teil 1, bei Fn. 258, S. 82.
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Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
Formell legal vollzogene Unternehmenszusammenschlüsse unterliegen der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB jedoch ohnehin nur in wenigen Ausnahmefällen. Die Gründe, die zur Auflösbarkeit des Unternehmenszusammenschlusses führen, können zugleich die Verhaltensstörerschaft begründen. a) Verhaltensstörer bei Widerruf der Freigabe Verhaltensstörer ist zunächst derjenige, der eine Freigabe dadurch herbeiführt, dass er im Fusionskontrollverfahren falsche Angaben macht oder arglistig täuscht. Die Gefahrengrenze wird in diesen Fällen nämlich bereits durch die unrichtigen Angaben bzw. die arglistige Täuschung überschritten. Es wird durch den Handelnden dann insoweit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursacht, als das Bundeskartellamt seiner Entscheidung einen falschen Sachverhalt zugrunde legt und eventuell einen Zusammenschluss freigibt, obwohl dieser den funktionierenden Wettbewerb und damit die öffentliche Sicherheit gefährdet. Die falsche Angabe bzw. die arglistige Täuschung ist zwar nicht das letzte Glied der Handlungskette, da ihr erst noch die Freigabe durch das Bundeskartellamt und der eigentliche Vollzug folgen müssen, die Parteien bzw. die die falsche Angabe machende Partei ist dann aber als Zweckveranlasser anzusehen319, der ebenfalls Verhaltensstörer ist320. Verhaltensstörer ist aber nicht nur derjenige, der aktiv falsche Angaben macht oder arglistig täuscht, sondern auch derjenige, dem insoweit eine Verursachung im Sinne eines pflichtwidrigen Unterlassens vorgeworfen werden kann. Bei Anteils- und Vermögenserwerben ist gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 GWB neben dem Erwerber auch der Verkäufer zur Anmeldung verpflichtet. Da für die Erfüllung der mit der Anmeldung verbundenen Pflichten jeder haftet, der zur Anmeldung verpflichtet ist321, ist in den Fällen des Anteils- oder Vermögenserwerbs sowohl der Erwerber als auch der Veräußerer für die ordnungsgemäße Anmeldung verantwortlich. Beide Parteien haften damit gleichermaßen auch für unrichtige Angaben durch die andere Partei, wenn sie ihnen zuzurechnen sind, beispielsweise, da die Angaben auch im Namen des Veräußerers erfolgen. Die die unrichtigen Angaben nicht aufdeckende Partei ist in diesem Fall, ebenso wie die Partei, die die falschen Angaben macht, als Verhaltensstörer anzusehen. Sofern der Verkauf von Anteilen lediglich zum Erwerb wettbewerblich erheblichen Einflusses führt und damit keinen Anteilserwerb im Sinne des 319 320 321
Zur Figur des Zweckveranlassers siehe oben unter Teil 3, A. I. 2. b) bb). Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr9, S. 315. Mestmäcker/Veelken, in: Immenga/Mestmäcker, GWB4, § 39 Rdnr. 12.
B. Auflösung der formell legal erworbenen Beteiligung
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§ 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB darstellt, ist der Veräußerer nach § 39 Abs. 2 GWB zwar nicht zur Anmeldung verpflichtet. Er kann sich auf die Freigabe aber dennoch nicht berufen, wenn er positive Kenntnis davon hat, dass die Freigabe auf unrichtigen Angaben oder einer arglistigen Täuschung beruht. Seine Störereigenschaft besteht nämlich nur dann nicht, wenn er die zu schützende Rechtsposition rechtmäßig erworben hat.322 Schließlich ist Verhaltensstörer, wer einer mit der Freigabe verbundenen Auflage zuwiderhandelt oder den Eintritt einer auflösenden Bedingung verursacht. Das Bundeskartellamt gibt mit der Freigabe unter Auflage bzw. der auflösenden Bedingung nämlich zu erkennen, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht vorliegt, wenn die Auflage erfüllt ist bzw. solange die auflösende Bedingung nicht eintritt und definiert damit die Gefahrengrenze. Sobald eine Partei gegen die Auflage verstößt bzw. die (auflösende) Bedingung herbeiführt, wird die erlaubte Gefahrengrenze überschritten und der Handelnde ist als Verhaltensstörer für die Auflösung des Zusammenschlusses verantwortlich. b) Verhaltensstörer bei Befreiung vom Vollzugsverbot Die den Zusammenschluss vollziehenden Kaufvertragsparteien bleiben auch dann als Verhaltensstörer zur Auflösung verpflichtet, wenn sie den Zusammenschluss auf Grundlage einer Befreiung vom Vollzugsverbot vollziehen und sich im Laufe des Auflösungsverfahrens herausstellt, dass der Zusammenschluss die Untersagungsvoraussetzungen erfüllt. Eine Befreiung vom Vollzugsverbot gemäß § 41 Abs. 2 GWB stellt zwar einen ausnahmsweisen Verzicht auf das präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar, sie kann den Zusammenschluss jedoch nicht legitimieren. Eine Legitimierung potentiell gefährlichen Verhaltens ist nur durch Vorschriften und Verfügungen möglich, die das konkrete Verhalten ausdrücklich erlauben, wenn also die Rechtsordnung das mit dem Verhalten verbundene Risiko bewusst in Kauf nimmt.323 Die Befreiung nimmt mit dem Verzicht auf das Vollzugsverbot zwar das Risiko in Kauf, dass die spätere Auflösung erschwert wird, sie nimmt aber gerade nicht endgültig das Entstehen einer den Wettbewerb beschränkenden Lage in Kauf, sondern behält sich die Prüfung des Zusammenschlusses gerade dennoch vor. Eine Untersagung nach § 36 Abs. 1 GWB sowie die Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB bleiben trotz der Befreiung vom Vollzugsverbot möglich. Zur Bestimmung der Störereigenschaft von Verkäufer und Käufer kommt es daher lediglich darauf an, ob sie durch 322 323
Erler, Gefahrenabwehr, S. 206 f. Siehe die Nachweise in Fn. 69, S. 195.
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Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
ihr Verhalten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit unmittelbar herbeiführen. Dies ist zu bejahen, wenn der Zusammenschluss die Untersagungsvoraussetzungen erfüllt. Indem die Parteien einen solchen Zusammenschluss vollziehen, führen sie unmittelbar die von § 36 Abs. 1 GWB missbilligte Rechtslage herbei, die den Wettbewerb beschränkt und somit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt.324 Verkäufer und Käufer bleiben im Fall der Befreiung vom Vollzugsverbot daher Verhaltensstörer und zur Auflösung verpflichtet, obwohl der Vollzug des Zusammenschlusses nicht gegen das Vollzugsverbot verstößt und zivilrechtlich wirksam ist. Der Zusammenschluss wird dann mit seiner Untersagung bzw. der Auflösungsanordnung formell illegal. c) Verhaltensstörer im Fall der gesetzlichen Ausnahme vom Vollzugsverbot Zukünftig wird der Vollzug eines Zusammenschlusses vor einer Freigabe durch das Bundeskartellamt auch dann zulässig sein, wenn der Zusammenschluss durch den Erwerb von Aktien über die Börse verwirklicht wird. Die 8. GWB-Novelle325 sieht mit § 41 Abs. 1a GWB-E insoweit nämlich eine Ausnahme vom Vollzugsverbot vor. Auch in diesen Fällen gelten aber dieselben Grundsätze wie bei einer Befreiung vom Vollzugsverbot: Lediglich die Gefahr, dass der Zusammenschluss später entflochten werden muss, wird durch die gesetzliche Ausnahme von dem Vollzugsverbot hingenommen, nicht aber die mit dem Erwerb eventuell verbundene Gefahr für den Wettbewerb. Insoweit handeln die am Zusammenschluss Beteiligten auch weiterhin auf eigene Gefahr und können, sofern sie mit ihrem Verhalten eine Gefahr für den Wettbewerb begründen326, als Verhaltensstörer für die Entflechtung in Anspruch genommen werden. 3. Nichtstörer Wenn der Verkäufer nicht Verhaltensstörer ist, so kann er zur Auflösung formell legaler Unternehmenszusammenschlüsse nur als Nichtstörer in Anspruch genommen werden. Die Zulässigkeit der Inanspruchnahme des Veräußerers unabhängig von dessen Störereigenschaft ergibt sich aus der Ermächtigungsgrundlage des § 41 Abs. 3 S. 3 GWB, derzufolge die Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung „auch auf andere Weise als durch 324 325 326
Vgl. oben, Teil 3, A. I. 2. b) bb) (1). Siehe Teil 1, Fn. 225, S. 74. Siehe oben, Teil 3, A. I. 2. b) bb) (1).
B. Auflösung der formell legal erworbenen Beteiligung
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Wiederherstellung des vorherigen Zustands“ erfolgen kann. Das Gesetz differenziert nicht zwischen der Inanspruchnahme von Personen als Störer oder Nichtstörer, da es eine abstrakt-generelle Regel aufstellt, die dem Bundeskartellamt ein Ermessen einräumt. Es wäre aber ermessensfehlerhaft, die Inanspruchnahme des Verkäufers als Nichtstörer anzuordnen, bevor feststeht, dass Maßnahmen gegen den Störer nicht erfolgversprechend sind. Die Inanspruchnahme eines Nichtstörers ist daher nur unter engen Voraussetzungen zulässig.327 Die ermessensfehlerhafte Auflösungsanordnung des Bundeskartellamts kann mit der Beschwerde vor dem Oberlandesgericht angegriffen werden, vgl. § 71 Abs. 5 GWB. Zudem steht dem Nichtstörer im Hinblick auf die Kosten der Gefahrenbeseitigung ggf. ein Entschädigungsanspruch gegen den Staat zu.328 4. Zusammenfassung Im Rahmen formell legal vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse ist der Erwerber in der Regel Zustandsstörer und kann für die Auflösung schon deshalb in Anspruch genommen werden. Wer Verhaltensstörer ist, ist im Einzelfall zu bestimmen. Verhaltensstörer ist in den Fällen der formell legal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüsse wegen der grundsätzlich legitimierenden Wirkung einer Freigabe nur, wer die Widerruflichkeit der Freigabe kannte oder sie bzw. ihren Wegfall durch aktives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen verursacht hat. Wenn der Verkäufer nicht als Verhaltensstörer verantwortlich ist, ist dessen Inanspruchnahme nur nach den Grundsätzen über die Inanspruchnahme des Nichtstörers möglich. Ihm steht dann im Hinblick auf die Kosten der Gefahrenbeseitigung gegebenenfalls aber ein Erstattungsanspruch gegen den Staat zu. Die Befreiung vom Vollzugsverbot nach § 41 Abs. 2 GWB macht den Zusammenschluss zwar insoweit formell legal, als er nicht gegen das Vollzugsverbot verstößt und damit einerseits vollwirksam ist, andererseits durch den Vollzug kein Bußgeldtatbestand im Sinne des § 81 GWB verwirklicht wird. Die Befreiung vom Vollzugsverbot stellt aber keine Legitimation im Sinne des Ordnungsrechts dar, so dass die Parteien dennoch als Verhaltensstörer für die Auflösung in Anspruch genommen werden können, wenn aufgrund des Zusammenschlusses eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit entsteht.
327 328
Siehe oben, Fn. 46, S. 190. Siehe oben, Fn. 81, S. 199.
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Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
II. Die Wahl der Auflösungsmaßnahme 1. Geeignetheit Zur Auflösung der formell legal vollzogenen Zusammenschlüsse kommen die bereits oben, zur Auflösung illegal vollzogener Zusammenschlüsse genannten Maßnahmen Restitution, Verkauf an einen Dritten, Kompensation und Züchtung eines neuen Unternehmens329 in Betracht. 2. Erforderlichkeit Das Bundeskartellamt hat nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unter mehreren geeigneten Maßnahmen jedoch grundsätzlich diejenige auszuwählen, die mit der geringsten Belastung für die Betroffenen verbunden ist. Wie oben330 gezeigt wurde, hängt das Maß der Belastung der Betroffenen davon ab, welche Risikoverteilung das Zivilrecht vorsieht. Es ist daher auch im Rahmen der formell legal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüsse zu unterscheiden, ob Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft wirksam sind, so dass alle Risiken auf den Erwerber übergegangen sind, oder ob die Parteien das Verpflichtungsgeschäft aufschiebend oder auflösend bedingt haben, so dass zivilrechtlich die Rückabwicklung vorgesehen ist. Hatten die Parteien die Freigabe zur aufschiebenden Bedingung gemacht, ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch die Freigabe die Bedingung eintritt und das Verpflichtungsgeschäft wirksam wird. Ein späterer Widerruf oder eine spätere Aufhebung der Freigabe ändern daran nichts, da die Unwirksamkeit nur ex nunc, also nur mit Wirkung für die Zukunft eintritt.331 Die aufschiebende Bedingung bleibt aber von Bedeutung, wenn die Parteien den Zusammenschluss nur aufgrund einer Befreiung vom Vollzugsverbot formell legal vollziehen können.332
329 330 331 332
Siehe Siehe Siehe Siehe
oben, insbesondere bei und in Fn. 2, S. 179. oben unter A. II. 2. a). oben, Fn. 296, S. 172 und in Teil 1, bei Fn. 258, S. 82. oben, Teil 2, B. II.
B. Auflösung der formell legal erworbenen Beteiligung
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a) Wirksames Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft aa) Bestimmung der durch die Maßnahme betroffenen geschützten Rechtsgüter (1) Restitution Im Fall des formell legal vollzogenen und vollwirksamen Zusammenschlusses steht insbesondere das als Inhalts- und Schrankenbestimmung ausgestaltete Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB der Berufung auf das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG nicht entgegen. Auf Seiten des Erwerbers greift die Anordnung der Restitution daher in dessen wirksam erworbene und nach Art. 14 GG und Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Mitgliedschaft ein. Wenn das Zusammenschlussobjekt ein Unternehmen ist, greift die Anordnung der Restitution in die nach Art. 12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit des Erwerbers ein, da er das Unternehmen in diesem Fall aufzugeben hat.333 Zu Lasten des Verkäufers greift die Anordnung der Restitution in dessen nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützte334 negative Freiheit ein, nicht Mitglied bzw. Inhaber einer Gesellschaft zu werden, denn er muss die Anteile dann zurücknehmen. Besteht der Zusammenschluss im Erwerb eines Unternehmens, so greift die Verpflichtung zur Rücknahme in die geschützten Rechte des Veräußerers nach Art. 12 GG (Berufsfreiheit) ein.335 Diese Eingriffe in geschützte Rechtspositionen der Kaufvertragsparteien können bei ursprünglich legal vollzogenen und voll wirksamen Unternehmenszusammenschlüssen nur nach § 41 Abs. 3 GWB gerechtfertigt sein, wenn die auf seiner Grundlage erlassene Einzelfallverfügung verfassungsgemäß, insbesondere verhältnismäßig ist.336 (2) Verkaufslösungen Wurde der Zusammenschluss formell legal und vollständig wirksam vollzogen, findet durch die Anordnung von Verkaufslösungen dagegen kein Eingriff in geschützte Rechtspositionen des Veräußerers statt. Diesem bleibt sein status quo erhalten, er behält den Kaufpreis und hat keine Sorge für das Unternehmen mehr zu tragen. An der Auflösung selbst ist der Verkäufer 333 334 335 336
Vgl. oben unter A. II. 2. a) aa) (2). Pieroth/Schlink, Grundrechte – Staatsrecht II27, Rdnr. 789. Siehe oben, A. II. 2. a) aa) (2). Siehe die Einleitung zu A. II. 2.
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Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
bei Verkaufslösungen grundsätzlich nicht beteiligt. Denn es wäre unverhältnismäßig, dem Verkäufer den Verkauf an einen Dritten aufzugeben und ihm hierdurch ein Risiko aufzubürden, das zivilrechtlich dem Erwerber zugewiesen ist, sofern die Gefahr für den Wettbewerb auch durch Inanspruchnahme des Erwerbers beseitigt werden kann. Auf Seiten des Erwerbers greift die Anordnung des Verkaufs an einen Dritten dagegen – wie bei Anordnung der Restitution – in seine nach Art. 14 und Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Mitgliedschaft bzw. seine Berufsfreiheit nach Art. 12 GG ein.337 Zur Rechtfertigung der mit der Auflösung verbundenen Eingriffe gilt das zur Restitution Gesagte: Der mit der Anordnung des Verkaufs verbundene Eingriff in die vorgenannten Grundrechte ist gerechtfertigt, wenn er verfassungsgemäß, insbesondere also verhältnismäßig ist. (3) Kompensation und Züchtung eines neuen Unternehmens Die Kompensation sowie die Züchtung eines neuen Unternehmens weisen hinsichtlich ihrer Eingriffsrichtung keine Besonderheit zu den formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüssen auf. Ein Eingriff liegt jeweils in durch Art. 14 GG geschützte Eigentumspositionen des Erwerbers vor.338 Auch dieser Eingriff ist wegen der Inhalts- und Schrankenbestimmung des § 41 Abs. 3 GWB gerechtfertigt, wenn die auf der Ermächtigungsgrundlage des Satz 2 ergangene Einzelfallverfügung verhältnismäßig ist. bb) Bestimmung der mildesten Maßnahme In den Fällen des formell legal vollzogenen Unternehmenszusammenschlusses, bei dem sowohl das Verpflichtungs- als auch das Erfüllungsgeschäft wirksam ist, kann die Anordnung zum Verkauf des Zusammenschlussobjekts an einen Dritten im Vergleich zur Restitution grundsätzlich als milder betrachtet werden. Statt in geschützte Rechtspositionen zweier Personen (Verkäufer und Käufer) greifen Verkaufslösungen nämlich nur in die geschützte Rechtsposition des Käufers ein. Wie im Fall der Restitution hat er bei Verkaufslösungen das wirksam Erworbene aufzugeben und wird daher in beiden Fällen in gleichem Maße in seinen geschützten Rechten beeinträchtigt. Dem Verkäufer bleibt sein status quo im Fall von Verkaufslösungen dagegen erhalten, während er im Fall der Restitution ebenfalls in geschützten Rechtspositionen beeinträchtigt würde. Ob der Käufer einer Verkaufslösung die Restitution vorziehen würde, beispielsweise weil das 337 338
Siehe oben A. II. 2. a) aa) (2). Siehe oben, A. II. 2. A. cc) und dd).
B. Auflösung der formell legal erworbenen Beteiligung
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Unternehmen oder die Beteiligung zwischenzeitlich an Wert verloren hat, ist daher irrelevant. Das Risiko einer Wertminderung zwischen Übergabe und Auflösung ist im Fall des zivilrechtlich wirksamen Vollzugs vollständig auf den Erwerber übergegangen, ebenso wie die Chance, infolge einer Werterhöhung einen höheren Kaufpreis zu erzielen.339 Sofern der Erwerber dem Bundeskartellamt aber nachweist, dass zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung nur der Verkauf eines Teils des Zusammenschlussobjekts erforderlich ist, darf das Bundeskartellamt den Verkauf an einen Dritten nur insoweit anordnen, wie eine unbedenkliche Beteiligung überschritten wird.340 Der Anordnung des nur teilweisen Verkaufs an einen Dritten steht nämlich im Fall des formell legalen und damit vollwirksamen Erwerbs kein berechtigtes Interesse des Verkäufers entgegen. Wenn Grundrechte Dritter, insbesondere der Arbeitnehmer des zu entflechtenden Unternehmens, durch die Teilauflösung aber in höherem Maße beeinträchtigt werden, oder eine Grenze, ab der eine wettbewerbsbeschränkende Beteiligung nicht mehr besteht, nicht nachgewiesen wird, hat das Bundeskartellamt jedoch den vollständigen Verkauf an einen Dritten anzuordnen.341 Zur Auflösung formell legal und vollwirksam vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse kommen also vorrangig Verkaufslösungen in Betracht. Ist die Herauslösung des Unternehmens nicht möglich oder ein Verkauf an Dritte beispielsweise mangels Interesse des Marktes an dem Zusammenschlussobjekt nicht geeignet, kommen ferner Kompensationsmaßnahmen und die Züchtung eines neuen Unternehmens in Betracht. Die Züchtung eines neuen Unternehmens ist gegenüber Kompensationsmaßnahmen jedoch grundsätzlich subsidiär, da etwas geschaffen werden muss, was noch nicht vorhanden ist und dies einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert.342 Fraglich ist jedoch, in welchem Verhältnis die Restitution und Kompensationslösungen bzw. die Züchtung eines neuen Unternehmens zueinander stehen, wenn auch der Verkäufer Störer ist. Zwar greifen auch die Kompensationslösungen und die Züchtung eines neuen Unternehmens nur in geschützte Rechtsgüter einer Partei und nicht, wie die Restitution, in geschützte Rechtsgüter zweier Parteien ein. Der Erwerber wird im Rahmen der Kompensationsmaßnahmen und der Züchtung eines neuen Unternehmens jedoch mehr belastet als im Rahmen der Restitution oder der Ver339
Siehe oben unter A. II. 1. b). So schon das KG, Beschluss vom 02.07.1982, Kart. 28/81, WuW/E OLG 2753 (2761) – „Springer/Elbe-Wochenblatt II“, das darauf abstellt, ob für das Bundeskartellamt „ablesbar“, also ohne weiteres erkennbar ist, in welchem Maße die Auflösung ausreicht. 341 Siehe oben, Teil 3 A. II. 2. b) aa) (2) (e). 342 Siehe oben, Teil 3, A. II. 2. b). 340
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Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
kaufslösungen. Sofern auch der Verkäufer für die Auflösung als Störer in Anspruch genommen werden kann, ist daher die Möglichkeit der Restitution vor den weiteren, den Erwerber über das zivilrechtlich vorgesehene Maß hinaus belastenden, Maßnahmen zu prüfen. Anderenfalls würde den Interessen des Verkäufers ein Vorrang eingeräumt. Im Rahmen der Erforderlichkeit sind mehrere betroffene Interessen aber gerade in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, ohne dass den Interessen einer Partei der Vorrang eingeräumt werden darf.343 cc) Keine generelle Berücksichtigung der Interessen des Verkäufers Überlegenswert ist, ob das Bundeskartellamt die Restitution auch dann anordnen muss, wenn der Verkäufer zwar keinen zivilrechtlichen Herausgabeoder Rückübertragungsanspruch hat, er aber an einer Rücknahme interessiert ist. Dies ist abzulehnen. Der Verkäufer ist in diesem Fall wie ein Dritter anzusehen, denn ihm stehen an dem Zusammenschlussobjekt keinerlei Rechte zu. Bei der Auswahl des erforderlichen Mittels sind seine Interessen daher nicht zu berücksichtigen. Wenn mit der Rücknahme des Zusammenschlussobjekts durch den Verkäufer die Wettbewerbsbeschränkung beseitigt werden kann, kann das Bundeskartellamt aber die Restitution oder den Rückverkauf an den Veräußerer anordnen. Einen allgemeinen Vorrang der Restitution sieht § 41 Abs. 3 S. 3 GWB aber nicht vor.344 Das Bundeskartellamt muss im Fall der Anordnung des Rückverkaufs an den Veräußerer aber auch dafür Sorge tragen, dass der Verkauf zu angemessenen Bedingungen erfolgt und der Erwerber letztlich nicht dadurch eine zusätzliche Belastung erfährt, dass er das Unternehmen bzw. die Beteiligung nicht am Markt anbieten kann, sondern zum Rückverkauf an den Veräußerer verpflichtet ist. Die Rückverkaufsbedingungen müssen vielmehr denjenigen entsprechen, die auch im Fall des Verkaufs an einen Dritten verlangt worden bzw. zu akzeptieren wären. b) Unwirksames Verpflichtungsgeschäft, wirksame Übertragung aa) Bestimmung der betroffenen Rechtsgüter (1) Restitution Die Beeinträchtigung der Parteien bei Anordnung der Restitution in Fällen der formell legalen Zusammenschlüsse, bei denen der Rechtsgrund für 343 344
Siehe die Nachweise in Fn. 243, S. 241. Streitig, siehe oben, Teil 3, A. II. 1. a) aa).
B. Auflösung der formell legal erworbenen Beteiligung
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die Leistung fehlt (die Freigabe als aufschiebende Bedingung kann endgültig nicht mehr eintreten) oder wegfällt (die auflösende Bedingung der Untersagung ist eingetreten) entspricht derjenigen bei vollwirksamem Vollzug: Auf Seiten des Erwerbers greift die Anordnung der Restitution in dessen Mitgliedschaftsrechte nach Art. 14 GG sowie dessen Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 GG ein, wenn es sich bei dem Zusammenschluss um einen Anteilserwerb handelt. Liegt dem Zusammenschluss ein Unternehmenserwerb zugrunde, so greift die Anordnung der Restitution zu Lasten des Erwerbers in dessen Berufsfreiheit ein, da er das Unternehmen zurückzugewähren hat. Auf Seiten des Veräußerers greift die Restitution bei Anteilserwerb in dessen negative Vereinigungsfreiheit ein, die nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützt ist; bei Unternehmenserwerb in dessen Berufsfreiheit nach Art. 12 GG.345 (2) Verkaufslösungen Ein Unterschied ergibt sich jedoch für die Beeinträchtigung der Verkäuferseite im Fall der Anordnung von Verkaufslösungen: Da der Veräußerer im Fall des unwirksamen Verpflichtungsgeschäfts nämlich einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückübertragung des durch den Bereicherungsschuldner Erlangten hat, würde ihm dieser Anspruch durch die Anordnung des Verkaufs an einen Dritten entzogen. Dieser Entzug stellt im Fall des Anteilserwerbs ebenfalls einen Eingriff in die nach Art. 14 GG und Art. 9 Abs. 1 GG geschützte Mitgliedschaft dar. Auf Seiten des Erwerbers entspricht das Maß der Beeinträchtigung dem bei Anordnung der Restitution, er wird durch die Anordnung des Verkaufs der Anteile bzw. des Unternehmens in seiner Mitgliedschaft nach Art. 14 und Art. 9 GG bzw. in seiner Berufsfreiheit nach Art. 12 GG beinträchtigt.346 (3) Kompensationslösungen und Züchtung eines neuen Unternehmens Kompensationslösungen sowie die Züchtung eines neuen Unternehmens beeinträchtigen nur den Käufer in seinen nach Art. 14 GG geschützten Rechtspositionen. Der Verkäufer wird durch die Anordnung derartiger Maßnahmen nicht belastet.347
345 346 347
Siehe oben unter a). Siehe oben unter (1). Siehe oben unter A. II. 2. a) cc) und dd).
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Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
bb) Bestimmung der mildesten Maßnahme Bei formell legal vollzogenen Zusammenschlüssen, bei denen die Parteien das Verpflichtungsgeschäft aufschiebend oder auflösend bedingt haben, so dass im Zeitpunkt der Auflösung das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, stellt die Restitution grundsätzlich die mildeste Maßnahme dar. Die Restitution nimmt die Parteien entsprechend der zivilrechtlich vorgesehenen Risikoverteilung in Anspruch: Während der Erwerber das Erlangte herausgeben muss, erhält es der Verkäufer zurück. Dem Verkäufer wird nur durch die Restitution sein Anspruch gegen den Erwerber auf Herausgabe des Erlangten gewährt, während der Erwerber nicht, wie bei Kompensation oder Züchtung eines neuen Unternehmens, fusionskontrollrechtlich neutrale Vermögenspositionen aufgeben muss. Soweit der Verkäufer zivilrechtlich an dem Zusammenschluss berechtigt ist, ist diesem jedenfalls die Möglichkeit zu geben, mitzuteilen, welche Maßnahme aus seiner Sicht die mildeste ist. Wenn er als Störer für die Auflösung in Anspruch genommen werden kann, kann das Bundeskartellamt die Restitution grundsätzlich auch gegen seinen Willen anordnen oder den Verkäufer an den Kosten der Gefahrenbeseitigung beteiligen. Anderenfalls wird die Entscheidung des Verkäufers zwischen Rückabwicklung und Verkaufslösung ausschlaggebend sein. c) Zusammenfassung Für die Auflösung formell legal vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse, zu deren Auflösung Verkäufer und Käufer gleichermaßen verpflichtet sind, lässt sich daher folgendes Ergebnis festhalten: Sofern der Zusammenschluss vollwirksam vollzogen wurde und alle Auflösungsmaßnahmen gleichermaßen zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet sind, stellt grundsätzlich die Anordnung des (teilweisen) Verkaufs des Zusammenschlussobjekt an einen Dritten die für die Parteien mildeste Alternative dar. Das Bundeskartellamt kann aber stattdessen den vollständigen Verkauf an einen Dritten anordnen, wenn der Erwerber dem Bundeskartellamt nicht nachweist, ab welcher Beteiligungshöhe ein Zusammenschluss nicht mehr vorliegt. Die Restitution kann das Bundeskartellamt hingegen nur anordnen, wenn der Verkäufer sich als Käufer zur Verfügung stellt oder Verkaufslösungen nicht gleichermaßen zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet sind. Kompensationsmaßnahmen und die Züchtung eines neuen Unternehmens können nur angeordnet werden, wenn Verkaufslösungen oder die Restitution nicht möglich oder zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung nicht geeignet sind. Hier ist den Kompensationsmaßnahmen grundsätzlich der Vorrang einzuräumen,
B. Auflösung der formell legal erworbenen Beteiligung
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die Züchtung eines neuen Unternehmens kann lediglich als ultima ratio erforderlich sein. Wenn der Veräußerer allerdings nicht als Störer in Anspruch genommen werden kann, da er sich auf die Legalisierungswirkung der erteilten Freigabe berufen kann, ist die Anordnung der Restitution das letzte Mittel, das nur dann angeordnet werden kann, wenn andere Maßnahmen gegen den Störer, also den Erwerber, nicht erfolgversprechend sind. Der Veräußerer als Nichtstörer hat in diesem Fall aber einen Entschädigungsanspruch gegen den Staat, der bei der Inanspruchnahme von Nichtstörern die Kosten der Gefahrenbeseitigung grundsätzlich zu tragen hat.348 Der Staat kann die Kosten aber auch vollständig dem Erwerber aufgeben, dessen Mitwirkung im Fall der Restitution ebenfalls erforderlich ist. Der Veräußerer wird im Fall der Restitution aber nicht nur zur Rücknahme der Beteiligung sondern, im Fall des Unternehmenskaufs, auch zur Fortführung des Unternehmens verpflichtet. Die Kosten für die Umschreibung im Handelsregister kann das Bundeskartellamt dem Erwerber als Störer aufgeben. Für die zur Fortführung des Unternehmens aufzuwendende Arbeitszeit wird der Veräußerer über den Gewinn des Unternehmens entschädigt. Haben die Parteien das Verpflichtungsgeschäft aufschiebend oder auflösend bedingt, so stellt die Restitution grundsätzlich die mildeste Maßnahme für die Betroffenen dar, da der Veräußerer in diesem Fall einen Anspruch auf Herausgabe des Erlangten gegen den Erwerber hat. Ist der Verkäufer Nichtstörer, so ist zwischen Verkaufslösung oder Restitution grundsätzlich diejenige Maßnahme als milder anzusehen, die der Verkäufer bevorzugt. Der Erwerber wird in beiden Fällen gleichermaßen belastet. 3. Angemessenheit Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung ist zu untersuchen, ob die im Rahmen der Erforderlichkeit ausgewählte Maßnahme zur Auflösung eines formell legal vollzogenen Unternehmenszusammenschlusses zu dem mit ihr verfolgten Ziel nicht außer Verhältnis steht. Denkbar ist insbesondere, dass die Maßnahme, die am schnellsten und effektivsten zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung führt, die Restitution ist. Da die Erforderlichkeit nur eine Abwägung zwischen gleichermaßen geeigneten Maßnahmen erlaubt349, würde die Prüfung der Erforderlichkeit der Restitution in diesen Fällen entfallen. Wenn die Anordnung der Restitution aber zur Inanspruchnahme des Verkäufers als Nichtstörer führt, kann dies außer Ver348 349
Siehe die Nachweise oben in Fn. 81, S. 199. Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1985) S. 75.
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hältnis zu dem mit der Restitution verfolgten Zweck stehen, sofern eine zwar weniger geeignete, dafür aber den Verkäufer als Nichtstörer weniger oder nicht beeinträchtigende Maßnahme möglich ist. Zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer Rücknahme durch den Verkäufer und dem Interesse des Verkäufers, nicht für die Auflösung in Anspruch genommen zu werden, ist im Einzelfall abzuwägen. Im Zweifel wird die Abwägung zugunsten des Verkäufers ausfallen, da die sofortige Entziehung des Einflusses des Erwerbers häufig auch durch die Einsetzung eines Treuhänders mit anschließendem Verkauf an einen Dritten erreicht werden kann.
III. Folgen für das Auflösungsverfahren Auch im Rahmen formell legal vollzogener Zusammenschlüsse, die auf Anteils- oder Vermögenserwerben beruhen, sind demnach sowohl der Verkäufer als auch der Erwerber an dem Auflösungsverfahren zu beteiligen, denn nur so wird häufig ermittelt werden können, ob der Veräußerer als Störer oder als Nichtstörer zu betrachten ist. Der Wille des Veräußerers, wie mit dem Zusammenschlussobjekt verfahren werden soll, ist bei vollwirksam vollzogenen Zusammenschlüssen aber grundsätzlich unbeachtlich. Wenn er aber zum Rückerwerb des Unternehmens bzw. der Beteiligung bereit ist, kann das Bundeskartellamt auch den Rückverkauf anordnen. Die Konditionen, insbesondere der Kaufpreis müssen dann aber angemessen sein und dürfen den Erwerber im Vergleich zu einem Verkauf an einen Dritten grundsätzlich nicht schlechter stellen. Die Beweislast, dass am Markt ein höherer Preis erzielt worden wäre, obliegt dann aber dem Erwerber. Für die Fälle des Anteils- und Vermögenserwerbs im Sinne des § 37 Abs. 1 Nrn. 1, 3 GWB ist die Beteiligung des Verkäufers am Auflösungsverfahren nach § 54 Abs. 2 Nr. 4 GWB vorgesehen. Seine Beteiligung ist darüber hinaus aber immer erforderlich, wenn der Zusammenschluss auf einem Anteils- oder Vermögenskauf beruht, der nicht den Zusammenschlusstatbestand des Anteils- oder Vermögenserwerbs verwirklicht, sondern, beispielsweise wegen Nichterreichens der hierfür erforderlichen Beteiligungsschwellen, lediglich einen Einflusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 GWB. Wenn der Veräußerer nämlich Störer ist, kann er auch in diesen Fällen zur Rücknahme der Anteile verpflichtet werden. Die zivilrechtliche Wirksamkeit der Anteilsübertragung an den Erwerber steht der Anordnung der Restitution nicht entgegen.
B. Auflösung der formell legal erworbenen Beteiligung
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IV. Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse Bei der Auflösung eines formell legal vollzogenen Unternehmenszusammenschlusses ist stets zunächst zu prüfen, ob neben dem Erwerber als Zustandsstörer auch der Verkäufer primär Adressat der Auflösungsanordnung sein kann. Während dies bei den formell illegal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüssen schon wegen des Verstoßes gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot zu bejahen war, kommt es hier darauf an, ob eine Verfügung den Zusammenschluss (in dieser Form) legitimiert und der Veräußerer sich auf diese legitimierende Wirkung berufen konnte. Er ist daher Nichtstörer, wenn er im Hinblick auf die Erteilung der Freigabe oder Ministererlaubnis gutgläubig war und ihren Widerruf bzw. ihren Wegfall nicht zu verantworten hat. Da die Befreiung vom Vollzugsverbot keine legitimierende Wirkung für den fortbestehenden Zusammenschluss hat, bleibt der Veräußerer in Fällen des Vollzugs auf Grundlage einer Befreiung vom Vollzugsverbot als Störer verantwortlich, sofern der vollzogene Zusammenschluss die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt und daher untersagt wird. Sind Verkäufer und Käufer trotz der formellen Legalität des Zusammenschlusses Störer, so ist bei vollwirksamem Vollzug des Zusammenschlusses die Anordnung von Verkaufslösungen der Anordnung der Restitution dennoch vorzuziehen, da Verkaufslösungen in geschützte Rechtsgüter des Erwerbers in gleichem Umfang wie im Fall der Anordnung der Restitution eingreifen, während die rechtlich geschützten Interessen des Verkäufers nicht betroffen werden. Ist der Verkauf an einen Dritten nicht gleichermaßen zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet wie die Restitution, so geht allerdings die Restitution vor. Kompensationsmaßnahmen und die Züchtung eines neuen Unternehmens sind wegen ihres erweiterten Eingriffs in geschützte Rechte des Erwerbers nur anzuordnen, wenn der Erwerber diese als milder empfindet als die Restitution bzw. den Verkauf an einen Dritten. Die Kompensation geht den anderen Auflösungsmaßnahmen vor, wenn Restitution und Verkaufslösungen nicht möglich oder zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung nicht geeignet sind. Ist der Veräußerer Nichtstörer, so kann die Restitution hingegen nur angeordnet werden, wenn eine gegen den Erwerber zu richtende Maßnahme, also Verkauf an einen Dritten, Kompensation oder Züchtung eines neuen Unternehmens, nicht möglich ist. Daraus ergibt sich folgendes Bild (s. nächste Seite).
282
Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
Die Auflösung formell legal vollzogener Zusammenschlüsse
VERKAUFSLÖSUNGEN Verkäufer und Käufer sind Störer RESTITUTION KOMPENSATION ZÜCHTUNG NEUEN UNTERNEHMENS
KOMPENSATION
Wahl des Erwerbers
VERKAUFSLÖSUNGEN Nur der Käufer ist Störer
ZÜCHTUNG EINES NEUEN UNTERNEHMENS
RESTITUTION Bei unwirksamem Verpflichtungsgeschä
VERKAUFSLÖSUNGEN
Grds. Wahl des Verkäufers
RESTITUTION
KOMPENSATION ZÜCHTUNG NEUEN UNTERNEHMENS
C. Die Auflösung bei formell illegalem Erwerb von Anteilen über die Börse Verbriefte Anteile an einem Unternehmen, insbesondere also Aktien, können ferner über die Börse erworben werden, sofern sie handelbar sind. Diese Handelbarkeit wird mit dem Begriff der „Fungibilität“ umschrieben.350 Börsen sind organisierte Märkte, an denen Angebot und Nachfrage nach Wertpapieren zusammengeführt werden. Die Börse agiert hierbei als eine Vermittlungsstelle, die in ökonomischer Hinsicht Kosten für die Suche nach Investoren bzw. investitionswürdigen Unternehmen obsolet machen soll.351 Nicht mit einem Erwerb über die Börse zu verwechseln sind An350
Bruns, Effektenhandel, S. 55. Vgl. Seiffert, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr 4.34 unter Verweis auf die dritte Auflage: „ein in regelmäßig kürzeren Zeitabständen zu351
C. Auflösung bei formell illegalem Erwerb über die Börse
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teilserwerbe über sogenannte alternative Handelssysteme.352 Diese funktionieren zwar teilweise nach demselben Prinzip wie die Börse und sind teilweise entsprechenden Regeln unterworfen. Ob auf Vertragsschlüsse über solche alternative Handelssysteme eher die Grundsätze über den privatrechtlichen Vertragsschluss oder über den Vertragsschluss an der Börse anzuwenden sind, hängt jedoch stark von der konkreten Ausgestaltung des Systems ab. Der Erwerb über solch alternative Handelssysteme sei daher hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt, wird aber nicht weiter vertieft. Auch über die Börse getätigte Anteilskäufe können fusionskontrollrechtlich relevant sein. Der Kauf einer Beteiligung über die Börse, der letztlich einen Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB begründet, mag zwar aus wirtschaftlichen wie aus taktischen Gründen unattraktiv sein, da einerseits die Börse auf eine gesteigerte Nachfrage mit einer Verteuerung der Aktien reagiert und andererseits die Meldepflichten des Wertpapierhandelsgesetzes ein Anschleichen an die Zielgesellschaft erschweren353. Keine Seltenheit ist jedoch der Erwerb einer gewissen Beteiligung vor der Ankündigung eines öffentlichen Übernahmeangebots, um sich somit einem eventuellen Gegenangebot entgegenstellen zu können.354 Wenn sich der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung als Teil eines Gesamtplans zur Verwirklichung eines Zusammenschlusstatbestands herausstellt, werden grundsätzlich auch diese Teilkäufe vom Vollzugsverbot erfasst und unterliegen der Auflösung.355 Daneben ist aber auch die Situation denkbar, in der dem Erwerber zur Verwirklichung eines Zusammenschlusstatbestands im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB nur ein paar wenige Anteile fehlen und er sich diese über die Börse beschafft. Wenn der hierdurch entstandene Zusammenschluss die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt, unterliegt der Erwerb über die Börse trotz seiner Geringfügigkeit der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB. Nach dem GWB in der Fassung bis zum Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle gibt es – im Gegensatz zum europäischen Recht356 – für die Aktiengängliches Handelssystem, das in ihm Geschäftsabschlüsse zwischen den Handelsteilnehmern über dort gehandelte Gegenstände mit transparenter und neutraler Preisermittlung ermöglicht.“ 352 Zu diesen Systemen siehe Claussen, Bank- und Börsenrecht4, § 6 Rdnr. 250; Rinker, Vertragsschluss im börslichen elektronischen Handelssystem (2003) S. 155 ff.; Seiffert, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnrn. 4.51 ff.; Spindler, WM 2002, 1325; Cohn, ZBB 2002, 365 (368). 353 von Kann, S. 244. 354 Beisel, in: Beisel/Klumpp, Der Unternehmenskauf6, Kap. 14 Rdnr. 21. Vgl. auch von Kann, S. 272. 355 Vgl. oben, Teil 2, bei Fn. 19, S. 92. 356 Vgl. Art. 7 Abs. 4 UA 2 FKVO. Näher zum europäischen Recht unten in Teil 4.
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Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
käufe über die Börse keine Ausnahme von dem Vollzugsverbot, so dass das entsprechende Erfüllungsgeschäft grundsätzlich von der Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB erfasst wird. Wegen der Anonymität der über die Börse geschlossenen Geschäfte357 wurde die Auflösung solcher über die Börse erworbenen Aktienkäufe bisher aber als problematisch angesehen.358 Darüber hinaus wurde durch die Geltung des Vollzugsverbots die Rechtssicherheit der an der Börse geschlossenen Geschäfte in Frage gestellt. Mit der 8. GWB-Novelle wird daher nunmehr – spiegelbildlich zum europäischen Recht – auch in das deutsche Recht der Zusammenschlusskontrolle eine Ausnahme von der Geltung des Vollzugsverbots für über die Börse erworbene Anteile implementiert.359 Der Erwerb von Anteilen über die Börse ist daher ab Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle stets formell legal, selbst wenn dieser Erwerb den ersten Schritt zum Aufbau einer fusionskontrollrechtlich relevanten Beteiligung darstellt oder durch ihn die Beteiligungsschwelle zu einem Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB überschritten wird. Entgegen des missverständlichen Wortlauts der Regelung des zukünftigen § 41 Abs. 1a GWB („sofern“) ändert sich an der formellen Legalität des über die Börse vollzogenen Zusammenschlusses auch dann nichts, wenn der Erwerber den Zusammenschluss nicht anmeldet oder die Stimmrechte ausübt. Die Nichtanmeldung bzw. die Stimmrechtsausübung begründet dann aber einen Verstoß gegen das Vollzugsverbot, so dass insoweit ein Bußgeldtatbestand im Sinne des § 81 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 3 GWB vorliegt. Trotz ihrer in zeitlicher Hinsicht wahrscheinlich nur noch begrenzten Relevanz wird im Folgenden zunächst die Auflösung von Aktienkäufen über die Börse nach der derzeit noch geltenden Rechtslage untersucht. Die bisherige Rechtslage hat aber ab Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle auch für Aktienkäufe über die Börse, die vor dem Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle vorgenommen wurden, keine Geltung mehr. Gemäß § 4 Abs. 3 OWiG ist im Fall der Änderung des Gesetzes zwischen Tathandlung und Entscheidung nämlich das mildere Gesetz anzuwenden. Das Ordnungswidrigkeitengesetz findet für Verstöße gegen das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB (ergänzende) Anwendung, denn solche stellen gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 1 GWB Ordnungswidrigkeiten dar. Die Auflösung von 357 Der Vertragsschluss erfolgt in der Regel über Kommissionäre, beispielsweise also zwischen Kreditinstituten in deren eigenem Namen. Diese schließen an einem Tag aber regelmäßig eine Vielzahl von An- und Verkäufen, dazu aber sogleich näher. 358 Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 21 Rdnr. 148b; wohl auch BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 (1566) – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“. 359 Art. 1 Nr. 24 lit. b) GesE 8. GWB-Novelle (siehe Teil 1, Fn. 225, S. 74).
C. Auflösung bei formell illegalem Erwerb über die Börse
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Anteilserwerben über die Börse nach künftigem Recht wird im Anschluss unter D. untersucht. Da außerhalb eines öffentlichen Übernahmeangebots über die Börse in der Regel nur Minderheitsbeteiligungen erworben werden, die für sich betrachtet keinen Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB erfüllen, greift das Vollzugsverbot nach dem bisher geltenden Recht faktisch nur in zwei Fällen: Wenn der Erwerb eine Aufstockung der bereits vorhandenen Beteiligung auf einen weiteren Zusammenschlusstatbestand bewirkt und wenn der Erwerb der Minderheitsbeteiligung Teil eines Gesamtplans zur Erzielung einer Beteiligung im Umfang des § 37 Abs. 1 GWB darstellt.360
I. Die zivilrechtliche Lage Im Gegensatz zu einem Vertragsschluss direkt zwischen Verkäufer und Käufer können die Parteien bei einem Vertragsschluss über die Börse die Konditionen des Erwerbs nicht selbst festlegen. Sie können lediglich zwischen vorgegebenen Optionen wählen. Eine aufschiebende Bedingung des schuldrechtlichen Vertrages oder der Übereignung bis zur Freigabe des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt ist beispielsweise nicht möglich. Der schuldrechtliche Kaufvertrag an der Börse wird daher stets unbedingt geschlossen und kommt daher in der Regel wirksam zustande. Gleiches gilt wohl auch für die Verträge, die in diesem Zusammenhang mit den Finanzdienstleistungsinstituten geschlossen werden, die als Einkaufs- bzw. Verkaufskommissionäre eingesetzt werden (dazu sogleich). Wenn durch die Übertragung der über die Börse erworbenen Anteile an den Käufer der Zusammenschluss aber bereits vollzogen würde, wäre die Übertragung unwirksam, so dass die obigen Ausführungen zur Auflösung von außerhalb der Börse geschlossenen Anteilskäufen gelten würden. Insbesondere könnte dann unter Umständen der Verkäufer zur Rücknahme seiner über die Börse verkauften Anteile verpflichtet werden. Abgesehen davon, dass dies eine Rechtsunsicherheit für Börsengeschäfte begründen würde, die das System der Börse in Frage stellte, wäre angesichts des Systems der Börse der wirtschaftliche Verkäufer auch nur mit Schwierigkeiten zu ermitteln. Zur Verdeutlichung der Problematik wird im Folgenden zunächst das System des Erwerbs von Anteilen über die Börse dargelegt.
360
Siehe oben, Teil 2, Fn. 19, S. 92.
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Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
1. Der Abschluss des Kaufvertrags an der Börse Die an der Börse gehandelten Aktien befinden sich aus Gründen der Rationalisierung in Zentralverwahrung bei der Wertpapiersammelbank361, und zwar entweder in Girosammelverwahrung oder in einer Sammel- oder Globalurkunde. Die Aktionäre haben das Geschäft daher über ein sogenanntes Clearing-Mitglied der Wertpapiersammelbank, also ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut, das über eine Lizenz zur Teilnahme am Clearing der Wertpapiersammelbank verfügt362, abzuwickeln. Die Übertragung der Anteile durch die Wertpapiersammelbank an die Clearing-Mitglieder und durch die Clearing-Mitglieder gegenüber ihren Kunden erfolgt allein durch Buchungen auf Depotkonten, ohne dass die Aktien tatsächlich bewegt werden müssen (Effektengiroverkehr).363 Das Clearing-Mitglied führt das Wertpapiergeschäft für den Kunden als Kommissionsgeschäft im Sinne des § 383 HGB, also in eigenem Namen aber auf Rechnung des Kommittenten durch (sogenannte Effektenkommission).364 Ist die von dem Aktionär eingesetzte Bank selbst nicht Clearing-Mitglied (im Folgenden: NichtClearing-Mitglied), so kann der Kauf der Aktien dennoch bei ihr in Auftrag gegeben werden. Das Nicht-Clearing-Mitglied verfügt regelmäßig über eine Vereinbarung mit einem Clearing-Mitglied, über das es seine Wertpapiergeschäfte abwickeln kann (sog. NCM-CM Clearing-Vereinbarung).365 In diesem Fall werden mehrere Kommissionsgeschäfte hintereinandergeschaltet. Das Verfahren des Vertragsschlusses an der Börse hängt zu einem wesentlichen Teil davon ab, welche Möglichkeiten die Börse zur Verfügung stellt und wie sie selbst den Vertragsschluss organisiert. Während zum Beispiel an der Frankfurter Wertpapierbörse Vertragsschlüsse über bestimmte Wertpapiere grundsätzlich über eine zentrale Gegenpartei366 laufen, findet bei anderen deutschen Regionalbörsen der Vertragsschluss überwiegend ohne Zwischenschaltung eines neutralen Dritten statt (im Folgenden auch: klassisches System).367 Die zentrale Gegenpartei wird an der Frankfurter 361
Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 12; Einsele, ZHR 177, 50 (51). Siehe Nr. 2 Clearing-Bedingungen der Eurex Clearing AG, Stand 08.04.2013, abrufbar unter: http://www.eurexchange.com/blob/exchange-de/136662/115098/21/ data/clearing_conditions_de.pdf_ab-11032013.pdf (letzter Abruf: 07.04.2013). 363 Starke, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 17.227. 364 Siehe Wolter, Effektenkommission und Eigentumserwerb (1979). 365 Brass/Tiedemann, Zentrale Gegenpartei (2007), S. 9; Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 17. 366 Auch CCP = Central Counterparty oder „zentraler Kontrahent“, vgl. Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 1. 367 Z. B. an der Börse Stuttgart. 362
C. Auflösung bei formell illegalem Erwerb über die Börse
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Wertpapierbörse aber nur bei Erwerb bestimmter girosammelverwahrter Wertpapiere eingesetzt.368 a) Kaufvertrag an Börsen ohne Einsatz einer zentralen Gegenpartei Sieht eine Börse den Vertragsschluss mit einer zentralen Gegenpartei nicht vor, so kommt das Geschäft grundsätzlich unmittelbar zwischen den handelnden Clearing-Mitgliedern zustande. Kaufverträge über die Börse konnten herkömmlich auf zwei Wegen geschlossen werden: über elektronische Handelssysteme oder auf dem Parkett, sog. „Parketthandel“369. Der als „Parketthandel“ bezeichnete Handel wird inzwischen aber ebenfalls weitgehend von elektronischen Systemen beherrscht. Im Folgenden wird der bisherige Parketthandel daher als Vertragsschluss über Skontroführer bezeichnet.370 aa) Kaufvertragsschluss über Skontroführer Bei einem Kaufvertragsschluss mit Skontroführern erfolgt die Zusammenführung der Order (Kauf- und Verkaufsaufträge) und die Preisbildung durch den sogenannten Skontroführer.371 Die Zusammenführung passender Order erfolgt aber auch teilweise elektronisch. Der Kaufvertragsschluss über Skontroführer spielt heute nur noch eine sehr untergeordnete Rolle. bb) Elektronischer Vertragsschluss Überwiegend werden Aktien an der Börse unter Einsatz elektronischer Handelssysteme erworben. Erfolgt der Vertragsschluss an der Börse über eine spezielle vollelektronische Handelsplattform372, so werden dort die eingegangenen Angebote und Nachfragen einander gegenübergestellt und, soweit eine korrespondierende Order auf der anderen Seite verfügbar ist, ei368
Alfes, Central Counterparty, S. 84, Fn. 281. Dieser Begriff stammt noch aus der Zeit, als man die Börse als einen Ort verstand, an dem die Handelsteilnehmer, persönlich oder vertreten durch Börsenhändler, Börsengeschäfte vornehmen konnten. Da der Boden der Börse mit Parkett belegt war, hat sich bis heute der Begriff des „Parketthandels“ gehalten, vgl. hierzu Seiffert, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 4.232. 370 Damit wird dem Voschlag von Franke, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts3, § 2 Rdnr. 69 gefolgt. 371 Seiffert, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 4.235. 372 Beispielsweise Xetra, siehe Alfes, Central Counterparty, S. 36. 369
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nander automatisch zugeordnet (matching). Anschließend werden die Daten des gematchten Geschäfts zur Bestimmung und ggf. Verrechnung der bestehenden Forderungen (clearing) sowie Abwicklung (settlement) an die Wertpapiersammelbank373 und, sofern das Geschäft über eine zentrale Gegenpartei geschlossen wird, auch dieser weitergeleitet.374 cc) Information der Parteien Das vermittelte Geschäft ist bis zum Vertragsschluss anonym (sogenannte Pre-Trade-Anonymity).375 Der Börsenmakler, der die Zusammenfügung der Order übernimmt, erstellt jedoch für jedes vermittelte Geschäft eine sog. Schlussnote, auf der unter anderem die Namen der Vertragsparteien und der Preis festgehalten werden. Diese Schlussnote wird den Parteien übermittelt. Nach Vertragsschluss wird der Name des Vertragspartners dem anderen Vertragsteil also mitgeteilt.376 Die Parteien des an der Börse geschlossenen Kaufvertrags sind jedoch regelmäßig nicht identisch mit den wirtschaftlichen Parteien des Geschäfts, denn nicht jeder kann selbst Aktien an der Börse kaufen bzw. verkaufen. Denn die Abwicklung der im Börsenhandel getätigten Wertpapiergeschäfte erfolgt über die Depotkonten der Clearstream Banking AG377 als einzige Wertpapiersammelbank Deutschlands378. Kunde der Wertpapiersammelbank können aber nur juristische Personen sein, mit denen die Clearstream Banking AG eine Geschäftsbeziehung eingeht379. Dies sind in der Regel nur eine geringe Anzahl von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten380. Daher erfolgt der An- und Verkauf von Aktien an der Börse in der Regel in Form eines Kommissionsgeschäfts, bei dem eine zum Handel von Aktien an der Börse zugelassene Bank als Kommissionär eingesetzt wird (sogenannte „Effektenkommission).381 Diese schließt den Kaufvertrag für ihre Kunden 373
Stanislawski, Funktionsweise der Börse, S. 17. Alfes, Central Counterparty, S. 139; Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 55. 375 Alfes, Central Counterparty, S. 68. 376 Siehe z. B. § 13 Abs. 2 der Geschäftsbedingungen an der Hanseatischen Wertpapierbörse Hamburg, Stand: 23.05.2007. 377 Starke, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 17.227. 378 Siehe oben, Teil 1, bei Fn. 82, S. 45. 379 Siehe Ziffer II. Abs. 1 AGB Clearstream Banking AG, abrufbar unter http:// www.clearstream.com/ci/dispatch/en/cicbinary/CICDownloads/Clearstream/Customer _Information/Clearstream_banking_Frankfurt/General_terms_and_Conditions/General _Terms_and_Conditions_Clearstream_Banking_Frankfurt/agb-cbf_d.pdf?yawlang=de (letzter Abruf: 07.04.2013). 380 Vgl. Einsele, ZHR 177, 50 (51). 381 Starke, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 17.41. 374
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gemäß § 383 Abs. 1 HGB in eigenem Namen und auf fremde Rechnung. Dementsprechend besteht nur dann objektiv die Möglichkeit, die tatsächlichen Parteien des wirtschaftlichen Geschäfts zu identifizieren, wenn die Bank ihre Kauf- und Verkaufsorder stets gesondert an die Börse gibt und nicht etwa in Form einer „Tagesbestellung“ und auch nur dann, wenn nicht zwei identische Kauf- bzw. Verkaufsorder herausgegeben wurden. b) Kaufvertrag an Börsen unter Einsatz einer zentralen Gegenpartei Viele Börsen im In- und Ausland arbeiten inzwischen unter Einsatz einer sogenannten zentralen Gegenpartei.382 Die zentrale Gegenpartei ist regelmäßig eine Kapitalgesellschaft383, die für die Börse das sogenannte „Clearing“, also die Zusammenstellung und Verrechnung der Geschäfte übernimmt, welche durch die Zusammenfügung, das „Matching“, zustande kommen. Mit dem Einsatz einer zentralen Gegenpartei sind mehrere Vorteile verbunden: Sie übernimmt das zentrale Risikomanagement, fordert Sicherheiten für die Transaktionen ein und verrechnet gegenseitige Forderungen miteinander. Schließlich bleibt der Vertragspartner nicht nur bis zum Vertragsschluss anonym, sondern auch darüber hinaus (sogenannte Post-TradeAnonymity)384, denn Vertragspartner sowohl des Verkäufers als auch des Käufers ist die zentrale Gegenpartei. Andererseits können durch den Einsatz einer zentralen Gegenpartei zusätzliche Transaktionskosten entstehen, die Börsen mit einer zentralen Gegenpartei für Handelsteilnehmer mit geringerem Handelsvolumen unattraktiv machen.385 Da die Frankfurter Wertpapierbörse als die bedeutendste deutsche Börse mit einer zentralen Gegenpartei arbeitet, orientieren sich die folgenden Ausführungen an dem Modell der Börse Frankfurt. Dort übernimmt die Eurex Clearing AG die Funktion der zentralen Gegenpartei.386 Im Unterschied zu dem klassischen System wird der wirtschaftliche Vorgang des Kaufs bei Einschaltung einer zentralen Gegenpartei gesplittet in 382 Z. B. Die Frankfurter Wertpapierbörse mit der Eurex Clearing AG; die London Stock Exchange mit der London Clearing House; die Eurex Zürich mit der Eurex Clearing AG, die finnische Helsinki Stock Exchange mit der Eurex Clearing AG, die Euronext mit der ClearNet; die Wiener Börse mit der Central Counterparty Austria GmbH. 383 Alfes, Central Counterparty, S. 31. 384 Alfes, Central Counterparty, S. 68; Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 32. 385 Alfes, Central Counterparty, S. 59. 386 http://deutsche-boerse.com/dbg/dispatch/de/binary/gdb_content_pool/imported _files/public_files/10_downloads/45_clearing_members/clearingbrochure_final_de.pdf (letzter Abruf: 07.04.2013).
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einen Kaufvertrag zwischen der zentralen Gegenpartei und dem ClearingMitglied auf Seiten des wirtschaftlichen Verkäufers, sowie spiegelbildlich einen Kaufvertrag zwischen der zentralen Gegenpartei und dem ClearingMitglied auf Seiten des wirtschaftlichen Käufers.387 Das Matching, also die Zusammenführung passender Kaufs- und Verkaufsorder388, erfolgt auch bei Einsatz einer zentralen Gegenpartei und elektronischem Vertragsschluss über das elektronische Orderbuch389, bei Präsenzhandel durch den Skontroführer390. Vertragspartner der zentralen Gegenpartei kann nur ein Clearing-Mitglied derselben sein.391 Clearing Mitglied in diesem Sinne ist, wer über eine Clearing-Lizenz392 verfügt. Eine solche Lizenz wird auf Antrag erteilt, jedoch nur denjenigen Unternehmen und Gesellschaften, die die Voraussetzungen erfüllen, insbesondere also ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der EU oder der Schweiz haben, über eine Zulassung zum Betreiben des Depotgeschäfts, des Kreditgeschäfts und zur Entgegennahme von Sicherheitsleistungen in Form von Wertpapieren oder Geld verfügen und das Institut der Aufsicht entsprechend der Vorgaben der EU bzw. der FINMA393 untersteht.394 Je nach Transaktionsart, für die das Unternehmen eine Clearing-Lizenz beantragt, können weitere Voraussetzungen erforderlich sein395. NichtClearing-Mitglieder können ihre Geschäfte entweder über eine konzernverbundene Gesellschaft abwickeln, wenn diese Clearing-Mitglied ist (DirektClearing-Mitglied) oder über General-Clearing-Mitglieder wie z. B. Banken oder Finanzdienstleistungsunternehmen.396 Zu diesem Zweck schließt das Nicht-Clearing-Mitglied mit einem Clearing-Mitglied und der Eurex Clearing AG eine Vereinbarung (NCM-CM Clearing-Vereinbarung).397 Diese 387
Brass/Tiedemann, Zentrale Gegenpartei, S. 1. Alfes, Central Counterparty, S. 36; Brass/Tiedemann, Zentrale Gegenpartei, S. 1; Micheler, S. 204; Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 8. 389 Alfes, Central Counterparty, S. 36. 390 Seiffert, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdnr. 4.235. 391 Kap. I Abschnitt 1, Ziffer 1.2.1 Abs. 1 S. 1 Clearing Bedingungen Eurex Clearing AG (siehe Fn. 362, S. 286). 392 Kap. I Abschnitt 1, Ziffer 2.1 der Clearing Bedingungen Eurex Clearing AG (siehe Fn. 362, S. 286). 393 Eidgenössische Finanzmarktaufsicht. 394 Kap. I Abschnitt 1, Ziffer 2.1.2 der Clearing-Bedingungen Eurex Clearing AG (siehe Fn. 362, S. 286). 395 Kap. I Abschnitt 1, Ziffer 2.1.2 Abs. 1 der Clearing-Bedingungen der Eurex Clearing AG (siehe Fn. 362, S. 286). 396 Kap. I Abschnitt 1, Ziffer 1.2.1 Abs. 2 der Clearing Bedingungen Eurex Clearing AG (Siehe Fn. 362, S. 286). 397 Siehe oben bei Fn. 365, S. 286. 388
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Vereinbarung ermöglicht dem Nicht-Clearing-Mitglied, selbst Eingaben im börslichen Handelssystem vorzunehmen, diese Eingaben gelten allerdings unmittelbar für und gegen das Clearing-Mitglied.398 Gegenüber dem Clearing-Mitglied hat das Nicht-Clearing-Mitglied dieselben Pflichten, die sich für das Clearing-Mitglied gegenüber der Zentralen Gegenpartei ergeben. Dies umfasst insbesondere die Pflicht zur Sicherheitsleistung.399 Zu der Frage, wie der Vertragsschluss an der Börse im Einzelnen erfolgt, wurden verschiedene Modelle entwickelt: Das Antizipationsmodell400, das Stellvertretungsmodell401, das Computermodell402, das „x-clear Open Offer“-Modell403 und das Übermittlungsmodell404. Für die vorliegende Untersuchung spielt die genaue Art des Vertragsschlusses jedoch keine Rolle, unstreitig kommt der Vertragsschluss jedenfalls durch Angebot und Annahme bzw. Kreuzofferten zustande.405 c) Zusammenfassung Allen Börsen, unabhängig davon, wie diese das Vertragsschlussverfahren gestalten, ist gemeinsam, dass bei ihnen passende Kaufs- und Verkaufsorder zusammengefügt werden (matching), wodurch ein Vertrag zwischen den Clearing-Mitgliedern, denen die Order jeweils zuzurechnen ist, zustande kommt. Als Käufer und Verkäufer treten gegenüber der Börse aber regelmäßig nur Kreditinstitute auf, die, sofern sie nicht Aktien für sich selbst erwerben, von den wirtschaftlichen Verkäufern und Käufern, also den bisherigen Eigentümern der Anteile bzw. den Kaufinteressenten als Einkaufsbzw. Verkaufskommissionär eingesetzt werden. Der Kauf an der Börse ist weitgehend anonym. Der wirtschaftliche Verkäufer und der wirtschaftliche Käufer kennen sich vor dem Vertragsschluss nicht und haben, wegen des zentralen Matchings, auch keinen Einfluss auf ihren Vertragspartner. Nach dem Vertragsschluss erhalten Sie zwar einen Beleg über den Verkauf. Dieser Beleg weist als Vertragspartner aber entwe398 Ziffer 2.4 NCM-CM-Clearing-Vereinbarung (Grund-Clearingmodell), abrufbar unter http://forms.eurexchange.com/xfmws/binary/de/07_Markets_Services_-_Mem ber_Services_+_Admission/Clearing/NCM-CM_Vereinbarung_Individual_Clearing modell.pdf (letzter Abruf: 07.04.2013). 399 Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 46. 400 Alfes, Central Counterparty, S. 105 ff. 401 Vgl. hierzu Rinker, S. 139 ff.; Alfes, Central Counterparty, S. 120 ff. 402 Kunz, S. 324 ff. 403 Hess, Die zentrale Gegenpartei im Effektenhandel, AJP 2004, 687. 404 Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 82 ff. 405 Siehe die Nachweise in Fn. 400–404.
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der die zentrale Gegenpartei, oder, weil sowohl auf Seiten des Veräußerers als auch auf Seiten des Erwerbers nur das Clearing-Mitglied der Wertpapiersammelbank Vertragspartner wird, den Namen des an dem Geschäft beteiligten Clearingmitglieds aus. 2. Die Übereignung der Anteile Die Gefahr für den funktionierenden Wettbewerb im Sinne des § 36 Abs. 1 GWB wird aber nicht schon durch den Vertragsschluss begründet, sondern erst dadurch, dass der wirtschaftliche Erwerber die mit den Anteilen verbundenen Mitgliedschaftsrechte wahrnehmen kann. Daher ist im Folgenden zu untersuchen, wie die Übertragung von Aktien, die über die Börse gekauft werden, erfolgt. Die Besonderheit der Übertragung von Aktien besteht darin, dass diese, sofern sie zum Börsenhandel zugelassen sind, nicht mehr privat aufbewahrt, sondern bei der Clearstream Banking AG verwahrt werden. Die Abwicklung der Börsengeschäfte erfolgt rein elektronisch.406 Da sich Aktien im Regelfall in Girosammelverwahrung befinden407, beziehen sich die folgenden Ausführungen im Schwerpunkt auf girosammelverwahrte Aktien. Soweit sich wichtige Unterschiede zur Verwahrung in einer Global- oder Sammelurkunde ergeben, wird hierauf kurz hingewiesen werden. In Girosammelverwahrung können sowohl Inhaberaktien als auch blankoindossierte Namensaktien genommen werden.408 Das Bruchteilseigentum an dem Gesamtbestand bzw. der Sammel- oder Globalurkunde409 kann zum einen infolge einer rechtsgeschäftlichen Übertragung erworben werden, zum anderen sieht das Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) in §§ 18 Abs. 3 und 24 Abs. 2 aber auch gesetzliche Erwerbstatbestände vor. Das Depotgesetz findet Anwendung, wenn der Verwahrung von Wertpapieren ein Depotvertrag zugrunde liegt, der sich von der einfachen Verwahrung dadurch unterscheidet, dass mit ihm weitere Dienstleistungen des Verwahrers verbunden sind, wie sie sich aus Nrn. 13 ff. der Sonderbedingungen für Wertpapiergeschäfte ergeben.410 Solche Dienstleistungen stellen beispielsweise die jährliche Erstellung eines Depotauszugs (Nr. 13) oder die Information des Depotkunden über Wertpapiermitteilungen, die seine Wertpapiere betreffen 406
Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 12. Opitz, DepotG2, §§ 6, 7, 8 Bem. 14 (S. 156). 408 Ziffer 9 Abs. 1 AGB Clearstream Banking AG (Fn. 379, S. 288); Eder, NZG 2004, 107 (110); Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 8; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (204). 409 Siehe § 6 Abs. 1 DepotG, ggf. i. V. m. § 9a Abs. 2 DepotG. 410 Kümpel/Decker, Das Depotgeschäft2, Rdnr. 8/8. 407
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(Nr. 16) dar. Der Depotvertrag wird üblicherweise gemeinsam mit der Eröffnung eines Depots geschlossen411, welches erforderlich ist, um Aktien an der Börse erwerben und verkaufen zu können. Schon nach dem Wortlaut der gesetzlichen Eigentumserwerbstatbestände des Depotgesetzes besteht aber ein gesetzlicher Vorrang des rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs.412 Nur wenn ein wirksamer rechtsgeschäftlicher Anteilserwerb nicht erfolgt, beispielsweise, weil die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB einen solchen verhindert, ist zu untersuchen, ob das Eigentum aufgrund der Vorschriften des Depotgesetzes wirksam erworben wurde. a) Rechtsgeschäftliche Übereignung Die Übereignung des Bruchteilseigentums am Girosammelbestand bzw. der Sammelurkunde erfolgt wie die Übertragung des Volleigentums nach § 929 BGB.413 Der Übersichtlichkeit halber wird wieder zwischen dem Vertragsschluss mit und ohne Einsatz einer zentralen Gegenpartei differenziert. aa) Eigentumsübergang bei Vertragsschluss über die Börse ohne Einsatz einer zentralen Gegenpartei Nach § 929 S. 1 BGB ist erforderlich, dass sich Verkäufer und Käufer über den Eigentumsübergang einigen und die Wertpapiere übergeben werden, wenn nicht ein Übergabesurrogat gewählt wird. Fraglich ist aber bei der Übereignung von über die Börse erworbenen Aktien, ob die Übereignung direkt zwischen den wirtschaftlichen Parteien des Zusammenschlusses wirkt, das Eigentum also direkt von dem wirtschaftlichen Veräußerer auf den wirtschaftlichen Erwerber übergeht (Direkterwerb) oder ob die zum Verkauf eingesetzten Clearing-Mitglieder, zwischen denen der schuldrechtliche Kaufvertrag geschlossen wird, Durchgangseigentum erwerben (Durchgangserwerb).
Kümpel/Decker, Das Depotgeschäft2, Rdnr. 8/9. Vgl. auch Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 48. 413 Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 6 Rdnr. 35; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 40; Will, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht4, Rdnr. 18.111. 411 412
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(1) Direkterwerb oder Durchgangserwerb des Kommissionärs (a) Herrschende Auffassung: Übereignung an den, den es angeht Nach ganz herrschender Auffassung erfolgt die Eigentumsübertragung bei der Effektenkommission in Form eines Direkterwerbs des wirtschaftlichen Käufers von dem wirtschaftlichen Verkäufer414. Der Verkaufskommissionär erwirbt unstreitig kein (Zwischen-)Eigentum, sondern handelt aufgrund einer mit Erteilung der Verkaufsorder verbundenen Ermächtigung gemäß § 185 Abs. 1 BGB, das Eigentum in eigenem Namen zu übertragen.415 Nach herrschender Auffassung erwirbt aber auch die Einkaufskommissionärin kein Zwischeneigentum, denn der Verkaufskommissionärin sei es im Rahmen einer Effektenkommission grundsätzlich gleichgültig, an wen sie übereigne. Es handele sich damit um eine „Übereignung an den, den es angeht“.416 Dieses Ergebnis wird auch als interessengerecht empfunden, um dem Erwerber nicht das Insolvenzrisiko des Kommissionärs aufzubürden.417 (b) Kritik an der Annahme einer Gleichgültigkeit des Übertragenden im Hinblick auf den Empfänger Es ist aber zweifelhaft, ob in den Fällen der Effektenkommission tatsächlich eine Übereignung an den, den es angeht, vorliegt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Rechtsfigur der Übereignung an den, den es angeht, zulässig ist418 setzt diese nämlich voraus, dass es dem Übereignenden Canaris, Bankvertragsrecht2, Rdnr. 2025; Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 24 Rdnr. 36; Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 42 ff.; dies., WM 2001, 7 (12); dies., WM 2001, 2415 (2416); Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 11; Saager, S. 49; Wolter, Effektenkommission und Eigentumserwerb, S. 144 ff. 415 Canaris, Bankvertragsrecht2, Rdnrn. 1999, 2017; Einsele, WM 2001, 7 (12); Horn, WM Sonderbeilage Nr. 2, S. 11. Häuser, in: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, § 383 Rdnr. 40. 416 BGH, Urteil vom 25.03.2003, XI ZR 224/02, WM 2003, 973 (974); Canaris, Bankvertragsrecht2, Rdnr. 1979; Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 6 Rdnr. 84, noch zum roten Wertpapierscheck; Kümpel, WM Sonderbeilage 8/1983, S. 17; Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 11; Werdermann, Eigentumsübergang bei der Effektenkommission, S. 60 ff.; Wolter, S. 280 f.; weitergehend und die Wertpapiersammelbank als Vertreter des Erwerbers einordnend Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 114 ff.; dies., WM 2001, 7 (12, 13). Zu den Voraussetzungen des Geschäfts für den, den es angeht auch Ingelmann, WM 1997, 745 ff. 417 Vgl. Einsele, in: MüKo HGB2, Band 5 – Depotgeschäft, Rdnr. 100; Ingelmann, WM 1997, 745 (747). 418 Streitig, vgl. dazu Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 49. 414
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gleichgültig ist, an wen er übereignet.419 Für eine Gleichgültigkeit auf Seiten des Verkaufskommissionärs mag zwar zunächst sprechen, dass die Zuordnung der Aufträge unabhängig von der Kenntnis der persönlichen Umstände des Käufers erfolgt. Die Börse hat jedoch zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit die unmittelbare Teilnahme am Börsenhandel insbesondere auf Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute beschränkt.420 Jeder Vertragspartei ist damit klar, dass ihr Vertragspartner ebenfalls ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut bzw. die zentrale Gegenpartei sein wird. Da aus dem geschlossenen Geschäft schuldrechtlich nur der Kommissionär und nicht der Kommittent haftet421, wird sich die Gleichgültigkeit des Verkaufskommissionärs nur darauf beschränken, welches konkrete Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut das Eigentum erwirbt. Die Clearing-Mitglieder leisten nämlich Sicherheit für die Teilnahme am Börsenhandel und zwar zum einen durch Einzahlung von Beiträgen in den Clearing-Fonds422 sowie für die jeweiligen Transaktionen423. Ferner kann unterstellt werden, dass der Verkaufskommissionär nicht für Unwirksamkeitsgründe, die aus der Sphäre des Käufers resultieren, haften will. Dies müsste er aber wohl, würde man die Übereignung an den, den es angeht, bejahen. Das Geschäft für den, den es angeht, wird daher abgelehnt, wenn der Erwerber noch nicht voll geleistet hat. Der Veräußerer hat in einem solchen Fall nämlich gerade ein Interesse daran, zu entscheiden, wer sein Schuldner ist, denn er trägt das Risiko dessen Insolvenz.424 Diese Situation ist mit dem vorliegenden Fall vergleichbar: Bei einer Übereignung der Aktien an den, den es angeht, könnte der Veräußerer wegen § 41 Abs. 3 S. 2 GWB jedenfalls theoretisch zur Rücknahme verpflichtet werden, wenn der wirtschaftliche Erwerber die Aktien wegen der Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB nicht erwerben kann. Daher ist ihm, wie im Fall der nicht vollständigen Leistung, ein Interesse an der Person seines Vertragspartners einzuräumen. Die besseren Gründe sprechen daher gegen die Annahme einer Übereignung an den, den es angeht und für einen Durchgangserwerb.
419 RG, Urteil vom 04.04.1933, VII 21/33, RGZ 140, 223 (227 f.); Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, S. 48. 420 Siehe oben Teil 1, A. II. 1. c) bb) (1) (b). 421 Einsele, Bank- und Kapitalmarktrecht2, § 8 Rdnr. 15; vgl. allgemein zu den Fällen der, im Fall der Effektenkommission vorliegenden, verdeckten Stellvertretung OLG Celle, Urteil vom 11.05.1954, 8 U 270/52, NJW 1955, 671 (673). 422 Kap. I Abschnitt 1 Ziffer 6 der Clearing Bedingungen der Eurex Clearing AG (siehe Fn. 362, S. 286). 423 Kap. I Abschnitt 1 Ziffer 3 der Clearing Bedingungen der Eurex Clearing AG (siehe Fn. 362, S. 286). 424 Oechsler, in: MüKo BGB5, § 930 Rdnr. 31.
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(c) Ergänzende Vertragsauslegung unter ökonomischen Gesichtspunkten Auch eine ergänzende Auslegung des Vertrages zwischen Einkaufs- und Verkaufskommissionär führt zu dem Ergebnis, dass dem Einkaufskommissionär das Risiko einer Unwirksamkeit des Erwerbs nach § 41 Abs. 1 S. 2 GWB aufzuerlegen ist. Die ergänzende Vertragsauslegung setzt zunächst eine Auslegungsbedürftigkeit, also eine Vertragslücke voraus425. Einkaufs- und Verkaufskommissionär schließen bei dem Kauf von Anteilen über die Börse einen Vertrag nach zuvor festgelegten Konditionen. Die Konditionen eines solchen Kaufvertrags sind insbesondere in den Geschäftsbedingungen der jeweiligen Börsen426 sowie in den Clearingbedingungen festgelegt. Bestehende und in den Regelwerken der Clearingstelle bzw. der Börse nicht geregelte Risiken können die Parteien daher nicht einer von ihnen zuzuweisen. Der Kaufvertrag zwischen Einkaufs- und Verkaufskommissionär enthält daher keine Risikoverteilung für den Fall der Untersagung des Erwerbs durch das Bundeskartellamt. In der Ökonomie werden Risiken einer Partei häufig nach den Kriterien des „cheapest cost avoider“, des „cheapest insurer“ und des „superior risk bearer“ zugewiesen.427 Diese Kriterien können auch für die Zuweisung des Risikos der Unwirksamkeit der Übertragung von Aktien im Verhältnis zwischen Einkaufskommissionär und Verkaufskommissionär herangezogen werden. Nach dem Kriterium des „cheapest cost avoider“ soll bei vermeidbaren Vertragsstörungen derjenige den Schaden tragen, der den Schadenseintritt mit dem geringsten Aufwand hätte vermeiden können428 und nach dem Kriterium des „cheapest insurer, wer das Risiko am günstigsten hätte versichern können429. Wenn auch dann noch keine eindeutige Risikozuweisung möglich ist, ist nach dem nachrangigen Kriterium des „superior risk bearer“ das Risiko demjenigen zuzuweisen, der es besser tragen kann, beispielsweise, weil er die Wahrscheinlichkeit des Eintritts sowie die Risikofolgen besser erkennen und abschätzen und dementsprechend für den Fall der Risikoverwirklichung besser vorsorgen konnte.430 Das Risiko der fusionskontrollrechtlichen Unwirksamkeit ist demnach der Einkaufskommissionärin Vgl. Busche, in: MüKo BGB6, § 155 Rdnr. 9. Für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse sind die Bedingungen abrufbar unter http://deutsche-boerse.com/dbg/dispatch/de/kir/dbg_nav/metanavigation/ 30_Regulations (letzter Abruf: 07.04.2013). 427 Siehe oben, Teil 2, A. II. 1. b) bb) (1) (a). 428 Calabresi, The Cost of Accidents, S. 136 ff. 429 Siehe oben, Teil 2, Fn. 134, S. 120. 430 Siehe oben, Teil 2, Fn. 135, S. 120. 425 426
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zuzuweisen. Diese mag das Risiko einer fusionskontrollrechtlichen Relevanz des von ihr vermittelten Geschäfts zwar ebensowenig vermeiden können wie die Verkaufskommissionärin und sie mag sich gegen dieses Risiko auch nicht absichern können. Sie kann das Risiko aber jedenfalls besser erkennen und für den Fall der Untersagung des Zusammenschlusses durch das Bundeskartellamt vorsorgen. Das Risiko der Unwirksamkeit des Erwerbs wegen § 41 Abs. 1 S. 2 GWB entstammt nämlich aus der Sphäre des wirtschaftlichen Käufers, für den die Einkaufskommissionärin tätig wird. Der Erwerb wird untersagt, weil er zu einer marktbeherrschenden Stellung des Erwerbers führt oder eine solche bereits bestehende Stellung verstärkt. Die Einkaufskommissionärin kann sich die fusionskontrollrechtliche Unbedenklichkeit daher jedenfalls schuldrechtlich durch eine entsprechende Versicherung des Käufers bestätigen lassen. Sie kann ferner für das dennoch bestehende Risiko, den Vertragsgegenstand nicht an den Kommittenten weiterübertragen zu können, einen Sicherheitszuschlag in der Bearbeitungsgebühr erheben. Sofern sich das Geschäft entgegen einer Versicherung des Erwerbers als fusionskontrollrechtlich relevant erweist, kann sich die Einkaufskommissionärin dann an dem Erwerber schadlos halten, der der Einkaufskommissionärin gegenüber gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB auf Schadensersatz haftet. Und schließlich besteht die Möglichkeit, dass sich auf dem Depotkonto des Erwerbers bei der Einkaufskommissionärin weitere Anteile befinden, so dass, wenn überhaupt, die Einkaufskommissionärin von der Anmeldepflicht des Erwerbs Kenntnis haben kann. Auf Verkäuferseite würde ein Sicherheitszuschlag hingegen auf Unverständnis stoßen, da das Risiko nicht von der Veräußererseite droht. Gegen einen Durchgangserwerb könnte jedoch angeführt werden, dass der Erwerber, wenn die Einkaufskommissionärin Nicht-Clearing-Mitglied ist, nicht nur das Insolvenzrisiko des Einkaufskommissionärs, sondern auch das Insolvenzrisiko gegebenenfalls weiterer zwischengeschalteter NichtClearing-Mitglieder sowie des Clearing-Mitglieds zu tragen hätte. Dies ist jedoch unzutreffend. Zwar mag dann eine Verkettung mehrerer Kommissionsgeschäfte hintereinander entstehen: Die Einkaufskommissionärin des Veräußerers schließt ein weiteres Kommissionsgeschäft mit einem ClearingMitglied, gegebenenfalls unter Zwischenschaltung weiterer Kommissionsgeschäfte mit Nicht-Clearing-Mitgliedern. Insoweit trägt aber jeder Kommissionär nur das Insolvenzrisiko seines jeweiligen Vertragspartners, der Erwerber also das seiner Bank (Nicht-Clearing-Mitglied), die Bank als Nicht-Clearing-Mitglied das des Clearing-Mitglieds usw. Im Ergebnis lässt sich daher festhalten, dass der wirtschaftliche Erwerber das Eigentum an den Anteilen erst von der Einkaufskommissionärin erhält. Die Einkaufskommissionärin erwirbt nämlich zunächst von dem Verkäufer, vertreten durch die Verkaufskommissionärin, das Durchgangseigentum, wel-
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ches sie sodann auf den Erwerber weiterüberträgt. Eine unbeschränkte Übereignung an den, den es angeht, liegt nicht vor431, sondern nur insoweit, wie ein Clearing-Mitglied das Eigentum erwirbt. (2) Dingliche Einigung Bei girosammelverwahrten Aktien ist die dingliche Einigung gemäß § 6 Abs. 1 DepotG auf den Übergang des Verwahrungsverhältnisses und damit des Miteigentums an dem Gesamtbestand der Wertpapiere gerichtet. Entsprechendes gilt gemäß § 9a Abs. 2 DepotG für die Verwahrung in einer Sammelurkunde. Dort richtet sich die Einigung dann auf den Übergang des Miteigentums an der Sammelurkunde. Die entsprechende (konkludente) dingliche Einigungsofferte erfolgt durch das hierzu von dem Verkäufer gemäß § 185 Abs. 1 BGB ermächtigte432 Clearing-Mitglied und ist in der Anweisung der Wertpapiersammelbank zur Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses mit der Einkaufskommissionärin (Clearing-Mitglied) zu sehen.433 Diese Anweisung und damit das dingliche Angebot erfolgt durch die unterschriebene Ist-Lieferliste, welche das Clearing-Mitglied der Wertpapiersammelbank übersendet.434 Der Zeitpunkt des Zugangs der Einigungsofferte ist umstritten. Teilweise wird die Wertpapiersammelbank als Passivvertreterin der Käuferbank angesehen, so dass mit Erstellung der Lieferliste die Einigungsofferte als zugegangen gilt.435 Teilweise wird die Wertpapiersammelbank aber auch lediglich als Empfangsbotin angesehen436, so dass die Offerte erst mit Eingang der Ist-Lieferliste bei der Einkaufskommissionärin des Erwerbers, die Empfangsvertreterin des Erwerbers ist, als zugegangen gilt. Auf den genauen Zeitpunkt des Zugangs kommt es für die hiesige Untersuchung jedoch nicht an. Spiegelbildlich zu der Ermächtigungskette auf Veräußererseite ermächtigt der Käufer die Einkaufskommissionärin mit Abschluss der Kauforder zum 431 An der Übereignung an den, den es angeht bei der Effektenkommission ebenfalls kritisch Krüger, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB2, § 383 Rdnr. 54; Karsten Schmidt, JuS 1987, 425 (425 f.); Schönle, Bank- und Börsenrecht, § 18 IV 2d (S. 262); Quassowski/Schröder, DepotG, § 18 A Anm. 1. 432 Eder, NZG 2004, 107 (111). 433 Vgl. Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 11. 434 Kümpel/Decker, Das Depotgeschäft2, Rdnr. 8/338; Saager, S. 52; Einsele, in: MüKo HGB2, Band 5 – Depotgeschäft, Rdnr. 103; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (206); Claussen, Bank- und Börsenrecht4, S. 52. 435 Alfes, Central Counterparty, S. 181. 436 Kümpel/Decker, Das Depotgeschäft2, Rdnr. 8/338; Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 11.
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Abschluss des dinglichen Erfüllungsgeschäfts. Die Käuferbank wird hierdurch zur Stellvertreterin des Käufers im Sinne des § 164 BGB und erteilt der Wertpapiersammelbank insoweit Untervollmacht. Die (konkludente) Annahme der Einigungsofferte liegt daher in der Depotgutschrift durch die Wertpapiersammelbank als Unter-Stellvertreterin der Käuferbank.437 Der Zugang der Annahme bei der Verkäuferbank ist in diesem Fall gemäß § 151 S. 1 Alt. 1 BGB entbehrlich, da er nach den Gepflogenheiten des Effektengiroverkehrs nicht zu erwarten ist.438 Da nach hier vertretener Auffassung die Einkaufskommissionärin aber Durchgangseigentum erwirbt, ist zwischen Erwerber und Einkaufskommissionärin eine weitere dingliche Einigung über den Übergang des Eigentums an den erworbenen Anteilen erforderlich. Diese erfolgt bei der Kommission aber in der Regel bereits konkludent mit Abschluss des Kommissionsvertrages.439 (3) Übergabe Die Übereignung erfordert neben der dinglichen Einigung, dass auch der Besitz an dem zu übereignenden Gegenstand auf den Erwerber übertragen wird. Eine tatsächliche Übergabe der Aktien im Sinne des § 929 S. 1 BGB ist bei dem Erwerb über die Börse aber ausgeschlossen, da sich die an der Börse gehandelten Aktien in Zentralverwahrung durch die Wertpapiersammelbank befinden. Der Eigentümer der Aktien hat nur mittelbaren Mitbesitz an dem Girosammelbestand bzw. der Sammel- oder Globalurkunde440 und kann daher auch nur diesen an den Erwerber übertragen. Zur „Übergabe“ im Sinne des § 929 S. 1 BGB hat der unmittelbare Besitzer sein Besitzmittlungsverhältnis zu dem ursprünglichen mittelbaren Besitzer erkennbar aufzugeben und mit dem künftigen mittelbaren Besitzer ein neues Besitzmittlungsverhältnis zu begründen, künftig also ihm den Besitz 437
Saager, S. 54; nur im Ergebnis ebenso Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 11, der die vorbehaltslose Annahme der Buchung durch die Käuferbank als die konkludente Annahmeerklärung mit Wirkung für den Käufer sieht. Ebenfalls im Ergebnis ebenso Eder, NZG 2004, 107 (111 f.) und Einsele, in: MüKo HGB2, Band 5 – Depotgeschäft, Rdnr. 104, die die Wertpapiersammelbank als Stellvertreter des Erwerbers qualifizieren, diese daher mit Umbuchung die Einigungsofferte annehme und dabei für den, den es angeht, handele. 438 Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 11; Eder, NZG 2004, 107 (112); Kümpel/Decker, Das Depotgeschäft2, Rdnr. 8/338; Saager, S. 54; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (206). 439 Krüger, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB2, § 383 Rdnr. 52. 440 Horn, WM 2002, Sonderbeilage Nr. 2, S. 8; Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 12.
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zu mitteln.441 Unmittelbarer Besitzer ist die Wertpapiersammelbank. Unterhält der Erwerber daher sein Depotkonto bei einem anderen Clearing-Mitglied oder unterhält das durch den Erwerber eingeschaltete Nicht-ClearingMitglied ein Depotkonto bei einem anderen Clearing-Mitglied als der Veräußerer, so muss die Wertpapiersammelbank im Umfang der durch den Erwerber erworbenen Beteiligung das Besitzmittlungsverhältnis zu dem ursprünglichen Clearing-Mitglied aufgeben und ein Besitzmittlungsverhältnis mit dem für den Erwerber agierenden Clearing-Mitglied begründen. Die Besitzumstellung durch die Wertpapiersammelbank erfolgt, indem diese das Depotkonto des lieferungsverpflichteten Kreditinstituts belastet und dem lieferungsberechtigten Kreditinstitut auf dessen Depotkonto eine entsprechende Girosammelgutschrift erteilt, Ziffer XXI (1) AGB Clearstream Banking AG442. Ob der Kommittent bereits mit Erteilung der Gutschrift auf dem Depotkonto des Kommissionärs oder erst mit der Buchung auf seinem Konto Besitz erlangt, hängt von der Vereinbarung der Parteien ab. Haben diese von vornherein, also vor Besitzerlangung durch den Kommissionär ein Besitzkonstitut im Sinne des § 930 BGB vereinbart (antizipiertes Besitzkonstitut), so erhält der Kommittent den mittelbaren (Mit)Besitz an dem Sammelbestand bzw. der Sammelurkunde bereits eine logische Sekunde nach Gutschrift auf dem Konto des Kommissionärs, anderenfalls erst mit tatsächlicher Gutschrift auf seinem Depotkonto. Die Vereinbarung eines antizipierten Besitzkonstituts hat den Vorteil, dass das Insolvenzrisiko für den Erwerber minimiert wird, da das Eigentum, sofern die Parteien auch eine antizipierte dingliche Einigung vorgenommen haben, eine logische Sekunde, nachdem der Kommissionär es erwirbt, auf den Kommittent übergeht. Der Erwerber hat im Insolvenzverfahren dann einen Aussonderungsanspruch nach § 47 InsO und kann bei Zugriff durch Gläubiger des Kommissionärs die Drittwiderspruchsklage erheben. Die außerhalb des Effektenhandels bestehenden weiteren Möglichkeiten zur Übertragung des mittelbaren Besitzes an den Anteilen durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts gemäß § 930 BGB mit dem Veräußerer oder der Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäß § 931 BGB durch den Verkäufer eignen sich mangels Publizität und damit fehlender Rechtssicherheit für die Abwicklung von Börsengeschäften nicht. Für die Geschäfte an der Börse spielt die Rechtssicherheit des Erwerbs, insbesondere wegen der Anonymität der Geschäfte und der schwankenden Preise an der Börse eine wichtige Rolle.443 441 H. Westermann, Sachenrecht5, § 19 III Nr. 4; Wieling, AcP 184 (1984), 439 (455 f.). 442 Siehe Teil 1, Fn. 83, S. 46. 443 Bruns, Effektenhandel, S. 56 unten, S. 57 ff.
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(4) Zusammenfassung Im Rahmen des Aktienkaufs über die Börse ohne Einsatz einer zentralen Gegenpartei erwirbt der Käufer das Eigentum an den Anteilen grundsätzlich von der Einkaufskommissionärin, die nach hier vertretener Auffassung, jedenfalls für eine logische Sekunde, Durchgangseigentum an den Anteilen erwirbt. Die Einigung über den Eigentumsübergang ist insoweit als in dem Kommissionsvertrag als (konkludent) vereinbart anzusehen, wenn sie nicht ausdrücklich erfolgt.444 Wenn die Parteien ein Besitzkonstitut im Sinne des § 930 BGB vereinbart haben, erwirbt der Käufer das Eigentum an den Anteilen bereits eine logische Sekunde nachdem die Einkaufskommissionärin den mittelbaren Besitz erlangt, das heißt sobald die Anteile auf dem Depotkonto der Einkaufskommissionärin gebucht sind. Ist ein Besitzkonstitut nicht vereinbart, so erwirbt der Käufer den Besitz an den Anteilen erst mit Gutschrift der Anteile auf seinem eigenen Depotkonto. bb) Eigentumsübertragung bei Börsen mit einer zentralen Gegenpartei Wird für den Kauf über die Börse eine zentrale Gegenpartei eingeschaltet, so unterscheidet sich die Eigentumsübertragung nur geringfügig. Die zentrale Gegenpartei übernimmt anstelle der Wertpapiersammelbank das Clearing. Im Unterschied zu dem System ohne zentralen Kontrahenten findet hier das Clearing in einem erweiterten Nettoverfahren (Netting) statt, das heißt alle Verkäufe und Käufe eines Clearing-Mitglieds werden einander gegenübergestellt und gleichartige Positionen miteinander verrechnet. Nur im Hinblick auf die „Spitzen“, also des nach Verrechnung noch verbleibende Saldos finden Umbuchungen durch die Wertpapiersammelbank statt.445 Zur Übertragung des Eigentums sind wiederum eine dingliche Einigung über den Übergang der Anteile und die Verschaffung des Besitzes daran erforderlich. Für die hier relevante Frage, in welchem Zeitpunkt der Erwerber das Eigentum erhält, kommt es jedoch nicht darauf an, wie das Eigentum an den Spitzen übertragen wird, entscheidend ist vielmehr, wie der Erwerber das Eigentum an Anteilen in dem von ihm gekauften Umfang erwirbt. Die Übereignung bei Zwischenschaltung einer zentralen Gegenpartei erfolgt nach herrschender Auffassung ebenfalls an den, den es angeht mit der Folge, dass der Erwerber das Eigentum direkt von dem wirtschaftlichen 444 So wohl auch Micheler, S. 192, die dingliche Einigung werde bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Geschäfts erklärt. 445 Alfes, Central Counterparty, S. 62; Tiedemann, Zentraler Kontrahent, S. 90.
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Veräußerer erwirbt.446 Die oben447 gegen die Übereignung an den, den es angeht angeführten Argumente greifen jedoch auch hier, so dass das Eigentum auch bei Übertragungen unter Einsatz einer zentralen Gegenpartei erst einmal die Einkaufskommissionärin erwirbt. Die zentrale Gegenpartei erwirbt hingegen kein Zwischeneigentum.448 Insoweit findet wiederum nur eine beschränkte Übereignung an den, den es angeht, statt. Dem Veräußerer dürfte es nämlich gleichgültig sein, welches Clearing-Mitglied auf der Gegenseite das Eigentum an den Anteilen erwirbt, denn insoweit ist der Verkauf über die Zentrale Gegenpartei abgesichert. Im Übrigen besteht kein Unterschied zur Übereignung bei einem Kauf von Aktien über die Börse ohne zentrale Gegenpartei. Der Erwerber und der Kommissionär nehmen die dingliche Einigung grundsätzlich bereits mit Abschluss des Kommissionsvertrages vor.449 Auch im Hinblick auf die Besitzverschaffung gilt das oben Gesagte: Wenn der Erwerber und die Einkaufskommissionärin ein Besitzkonstitut im Sinne des § 930 BGB vereinbart haben, erhält der Erwerber das Eigentum an den Anteilen eine logische Sekunde nachdem der Einkaufskommissionärin der Besitz übertragen ist. Zwar erfolgt eine Buchung bei Einsatz einer zentralen Gegenpartei nur, soweit sich nach Verrechnung noch ein negativer oder ein positiver Saldo auf Seiten des Clearing-Mitglieds ergibt. Gleichzeitig mit der Verrechnung der gegenseitigen Ansprüche und Buchung bzw. Erteilung der Abrechnung wird seitens der Wertpapiersammelbank aber ein Besitzmittlungsverhältnis mit den Clearing-Mitgliedern in Höhe der ihnen zustehenden Anteile begründet bzw. aufrecht erhalten. Im Falle eines Besitzkonstituts erhält der Erwerber eine logische Sekunde später mittelbaren Besitz und Eigentum in dem Umfang, in dem die Einkaufskommissionärin für ihn besitzt. Anderenfalls, wenn Erwerber und Einkaufskommissionärin kein Besitzkonstitut vereinbart haben, erhält der Erwerber den Besitz erst, wenn die Einkaufskommissionärin die Anteile auf dem Depotkonto des Erwerbers gutschreibt. cc) Zusammenfassung Der rechtsgeschäftliche Erwerb von Anteilen über die Börse ist vollendet, sobald der Erwerber das Eigentum an den Anteilen erwirbt. Die Übereignung erfolgt durch Einigung und Besitzübertragung nach § 929 S. 1 BGB. Dabei erfolgt die dingliche Einigung zunächst zwischen den schuldrecht446 447 448 449
Alfes, Central Counterparty, S. 186. Teil 3, C. I. 2. a) aa) (1) (b) und (c). Alfes, Central Counterparty, S. 175. Siehe oben, Fn. 444, S. 301.
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lichen Parteien des Kaufvertrages, also den Clearing-Mitgliedern, wobei das Clearing-Mitglied auf Veräußererseite zur Übertragung durch den Eigentümer gemäß § 185 Abs. 1 BGB ermächtigt ist. Entgegen der herrschenden Auffassung erwirbt die Einkaufskommissionärin aufgrund dieser Übereignung Durchgangseigentum. Für einen Direkterwerb fehlt es nämlich zum einen an einer unbeschränkten Gleichgültigkeit des Verfügenden im Hinblick auf den Erwerber. Zum anderen sprechen ökonomische Erwägungen für einen Durchgangserwerb der Einkaufskommissionärin. Die zwischen den Parteien des Kaufvertrags erfolgende Übereignung führt daher noch nicht zum Eigentumserwerb durch den wirtschaftlichen Käufer. Hierfür ist vielmehr noch eine Einigung über den Eigentumsübergang zwischen dem Einkaufskommittenten und dem Einkaufskommissionär sowie die Besitzverschaffung durch den Einkaufskommissionär erforderlich. Die Einigung erfolgt in der Regel antizipiert mit Abschluss des Kommissionsvertrages. Wenn die Parteien zudem ein Besitzkonstitut gemäß § 930 BGB vereinbart haben, erhält der Einkaufskommittent das Eigentum an den Anteilen bereits eine logische Sekunde nach Gutschrift auf dem Depotkonto der Einkaufskommissionärin. Dies gilt sowohl bei Zwischenschaltung einer zentralen Gegenpartei als auch bei Direktgeschäften zwischen den ClearingMitgliedern. Haben die Parteien kein Besitzkonstitut vereinbart, so muss die Einkaufskommissionärin dem Einkaufskommittent den (mittelbaren) Mitbesitz erst verschaffen. Dies erfolgt, indem die Einkaufskommissionärin die Anteile auf dem Depotkonto des Kommittenten gutschreibt. b) Folgen der Unwirksamkeit des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB für die rechtsgeschäftliche Übereignung Gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 GWB darf ein Unternehmenszusammenschluss, der unter die Anmeldepflicht des GWB fällt, nicht vollzogen werden, wenn er nicht zuvor durch das Bundeskartellamt freigegeben wurde. Wird ein unter das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB fallender Zusammenschluss dennoch vollzogen, so sind die den Zusammenschluss vollziehenden Rechtsgeschäfte gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam. Der Vollzug eines Zusammenschlusses erfolgt in der Regel durch den wirksamen Abschluss des Erfüllungsgeschäfts.450 Wenn Aktien über die Börse erworben werden, ist fraglich, welches Geschäft von der Unwirksamkeitsfolge erfasst wird.
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Vgl. oben Teil 1 A. II. 1. c).
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aa) Lösung bei Annahme von Durchgangserwerb Richtigerweise ist insoweit auf die Übereignung der Anteile von der Einkaufskommissionärin auf den Kommittenten abzustellen, denn erst infolge dieser Eigentumsübertragung wird der Zusammenschluss vollendet. Der Erwerb durch das Clearing-Mitglied unterliegt schon gemäß § 37 Abs. 3 S. 1 GWB nicht der Unwirksamkeitsfolge, selbst wenn durch den Anteilserwerb eine der Beteiligungsschwellen des § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB überschritten wird. Ein Erwerb von Anteilen durch Kredit-, Finanzinstitute oder Versicherungsunternehmen gilt nämlich gemäß § 37 Abs. 3 S. 1 GWB nicht als Zusammenschluss, wenn dieser Erwerb zum Zweck der Weiterveräußerung erfolgt. Das Rechtsgeschäft, durch das der Zusammenschluss vollendet wird, ist daher erst die (antizipierte) Einigung zwischen Einkaufskommittent und Einkaufskommissionärin über den Übergang des Eigentums. Diese Einigung ist daher gemäß § 41 Abs. 2 S. 1 GWB unwirksam, wenn durch den Anteilserwerb ein Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB vollzogen wird, bevor das Bundeskartellamt diesen Zusammenschluss freigegeben hat. Gleiches gilt, wenn der Anteilserwerb Teil eines solchen Zusammenschlusses ist. Der Erwerber wird dementsprechend nicht Eigentümer der über die Börse erworbenen Anteile. Im Gegensatz zu dem Fall des individuell zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages bleibt aber nicht der wirtschaftliche Veräußerer, sondern die Einkaufskommissionärin Eigentümerin, da diese aufgrund des Durchgangserwerbs451 zunächst selbst wirksames Eigentum erwirbt. Sofern der Erwerber infolge der Buchung auf seinem Depotkonto die tatsächliche Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Zielgesellschaft erhält, kann aber dennoch ein Zusammenschlusstatbestand nach § 37 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 GWB verwirklicht sein.452 bb) Lösung bei Annahme von Direkterwerb Aber selbst wenn man mit der herrschenden Auffassung einen Direkterwerb des Kommittenten annimmt, dürfte das Eigentum nicht an den wirtschaftlichen Veräußerer zurückfallen. Die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB muss auch dann dazu führen, dass die Einkaufskommissionärin das Eigentum erwirbt. Die schuldrechtlichen Pflichten aus dem Kaufvertrag treffen nämlich allein den Einkaufskommissionär453. Zu den schuldrechtlichen Pflichten zählt aber auch die dingliche Abnahme. Wenn die dingliche Abnahme nicht durch diejenige Person erfolgt, für die der 451 452 453
Siehe oben C. I. 2. a) aa) (1). Siehe oben Teil 1, A. II. 2. a) bb). Siehe oben, Fn. 421, S. 295.
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Kommissionär das Eigentum erwirbt, so muss der Kommissionär selbst verpflichtet sein, das Eigentum zu übernehmen. Die dingliche Annahme hat die Einkaufskommissionärin ja bereits zuvor, vertreten durch die Wertpapiersammelbank, konkludent erklärt.454 Dass die Einkaufskommissionärin insoweit als mittelbare (verdeckte) Stellvertreterin agiert455, steht der Bindungswirkung der dinglichen Annahme für die Kommissionärin selbst nicht entgegen, da es sich bei der Kommission um ein rein internes Rechtsverhältnis zwischen Kommittent und Kommissionär handelt. c) Gesetzlicher Eigentumserwerb Die Unwirksamkeit des rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerbs im Fall des formell illegal vollzogenen Anteilserwerbs über die Börse ist aber ohnehin irrelevant, wenn der Erwerber das Eigentum aufgrund eines gesetzlichen Eigentumserwerbstatbestands wirksam erlangt. Das Depotgesetz sieht zwei gesetzliche Eigentumserwerbstatbestände vor: Gemäß § 18 Abs. 3 DepotG erwirbt der Kommittent von dem Kommissionär das Eigentum an Wertpapieren in Sonderverwahrung mit der Übersendung eines Stückeverzeichnisses und gemäß § 24 DepotG erwirbt der Kommittent von dem Kommissionär das Eigentum an Wertpapieren in Sammelverwahrung durch Erteilung einer entsprechenden Girosammelgutschrift.456 Die Absendung des Stückeverzeichnisses sowie die Girosammelgutschrift sind rechtsgeschäftsähnliche Handlungen.457 Dabei handelt es sich um willentliche aber tatsächliche Handlungen, an die das Gesetz unabhängig von dem darauf gerichteten Willen des Handelnden Rechtsfolgen knüpft.458 An die Absendung des Stückeverzeichnisses und die Girosammelgutschrift knüpft das Gesetz die Rechtsfolge des Eigentumserwerbs. Die Vorschriften über Rechtsgeschäfte, insbesondere §§ 104 ff., 119 ff., 134 und 138 BGB459, können auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und damit auf die Absendung von Stückeverzeichnis und Girosammelgutschrift aber entsprechende Anwendung finden.460 Auch § 41 Abs. 1 S. 2 GWB, der sich nach 454
Siehe oben, Fn. 437, S. 299. Martinek, in: Oetker, HGB2, § 383 Rdnr. 9. 456 Siehe Heinisus/Horn/Than, DepotG (1975), § 24 Rdnr. 3; Behrends, in: Scherer, DepotG, § 24 Rdnr. 33. 457 Heinsius/Horn/Than, DepotG, § 18 Rdnr. 37 und 39 bzw. § 24 Rdnr. 21; Quassowski-Schröder, § 24 Anm. C I.; Behrends, in: Scherer, DepotG, § 24 Rdnr. 52. 458 Schiemann, in: Staudinger, Eckpfeiler des Zivilrechts, C – Das Rechtsgeschäft, Rdnr. 11. 459 Heinisus/Horn/Than, DepotG (1975), § 24 Rdnr. 21. 460 Heinisus/Horn/Than, DepotG (1975), § 18 Rdnr. 39; Knothe, in: Staudinger, BGB, Vorbemerkungen zu §§ 104–115, Rdnr. 86; Schiemann, in: Staudinger, Eck455
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seinem Wortlaut wie §§ 134, 138 BGB nur auf Rechtsgeschäfte bezieht, kann daher auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen grundsätzlich entsprechende Anwendung finden. Eigene Vorschriften über die Behandlung rechtsgeschäftsähnlicher Handlungen gibt es nicht, eine Regelungslücke ist daher zu bejahen. Zwar hat der Gesetzgeber bewusst eine Regelung über die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften über Rechtsgeschäfte, soweit sie passen, unterlassen.461 Dies erfolgte aber nicht aus dem Grund, weil der Gesetzgeber die entsprechende Anwendung der Vorschriften über Rechtsgeschäfte für unpassend hielt, sondern weil er eine gründliche Prüfung der entsprechenden Anwendbarkeit für den Einzelfall sicherstellen wollte. Die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften über Rechtsgeschäfte sollte daher durch ausdrückliche Regelungen erfolgen und ihre Weiterentwicklung der Wissenschaft überlassen bleiben.462 Die Planwidrigkeit der Regelungslücke lässt sich daher mit den Materialien zur Gesetzgebung des BGB nicht widerlegen. Ferner ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber bei dem Entwurf des Depotgesetzes oder des GWB die hier untersuchte Situation in Betracht gezogen und sich ausdrücklich gegen eine Einbeziehung entschieden hätte. Es ist daher nur noch zu prüfen, ob auf die gesetzlichen Eigentumserwerbstatbestände § 41 Abs. 1 S. 2 GWB entsprechend anzuwenden ist, ob der gesetzliche Eigentumserwerb sich also mit dem schuldrechtlichen Eigentumserwerb vergleichen lässt. Dies ist zu bejahen. Die gesetzlichen Eigentumserwerbstatbestände sollen in erster Linie den Kommittenten schützen.463 Auf den (feststellbaren) Willen des Einkaufskommissionärs, dem Kommittenten das Eigentum auch zu übertragen, soll es daher für die Wirksamkeit der Übertragung nicht ankommen. Die Vorschriften dürfen aber nicht einen Eigentumserwerb ermöglichen, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Würde man den gesetzlichen Eigentumserwerb auch bei Verstoß gegen das Vollzugsverbot wirksam sein lassen, so wäre das Vollzugsverbot bei Anteilskäufen über die Börse nämlich ausgeschaltet. Der Sinn und Zweck des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB, potentiell wettbewerbsschädigende Zusammenschlüsse jedenfalls in rechtlicher Hinsicht zu vermeiden, geht dem Schutz des Einzelnen an Rechtssicherheit seines Erwerbs aber vor. Das Vollzugsverbot muss daher auch Zusammenschlüsse pfeiler des Zivilrechts, C – Das Rechtsgeschäft, Rdnr. 12; Ulrici, NJW 2003, 2053 (2054). 461 Mot. I, 127 (Mugdan I, 421). 462 So heißt es dort: „Es erscheint angmessener, diejenigen dieser Vorschriften, deren Anwendung im Einzelfalle von besonderem Belang ist, ausdrücklich für anwendbar zu erklären bz. Vorschriften aufzunehmen, welche inhaltlich mit den betr. Normen übereinstimmen, und bezüglich der Anwendbarkeit der übrigen Normen die Entscheidung der Wissenschaft anheimzustellen; [. . .]“, Mot. I, 127 (Mugdan I, 421). 463 Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (208).
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verhindern können, die infolge rechtsgeschäftsähnlicher Handlungen vollzogen werden. § 41 Abs. 1 S. 2 GWB ist auf die gesetzlichen Eigentumserwerbstatbestände demnach entsprechend anzuwenden. Bei den rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen handelt es sich zwar um tatsächliche Handlungen, die an sich nicht „unwirksam“ sein können. Hieraus folgt aber nicht, dass Vorschriften, die eine rechtliche Unwirksamkeit vorsehen, auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen keine Anwendung finden. Auch insoweit ist nämlich eine entsprechende Anwendung möglich. Die Unwirksamkeit für Rechtsgeschäfte bezweckt, dass das Rechtsgeschäft die mit ihm bezweckten Pflichten und Rechte nicht begründet, insbesondere das Zusammenschlussobjekt in zivilrechtlicher Hinsicht weiterhin dem Verkäufer zugewiesen bleibt. Das Rechtsgeschäft entfaltet aufgrund des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB also seine rechtlichen Folgen nicht. Dieser Gedanke ist auf die rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen übertragbar: rechtsgeschäftsähnliche Handlungen entfalten in den Fällen, in denen ein Rechtsgeschäft unwirksam wäre, ebenfalls nicht die an sie geknüpften rechtlichen Folgen, sind rechtlich also folgenlos. Da die Übersendung des Stückeverzeichnisses beziehungsweise die Girosammelgutschrift damit gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB analog rechtlich folgenlos ist, findet auch kein den unwirksamen rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergang heilender gesetzlicher Eigentumsübergang statt. Für die gesetzlichen Eigentumserwerbstatbestände des § 18 Abs. 3 und § 24 Abs. 2 DepotG bleibt daher, wie bisher464, nur ein geringer Anwendungsbereich, wenn nämlich eine dingliche Einigung durch den Kommissionsvertrag ausnahmsweise nicht erfolgt ist oder eine solche zivilrechtlich unwirksam ist. 3. Zusammenfassung Die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB verhindert nach dem bis zum Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle geltenden Recht auch im Fall des formell illegalen Anteilserwerbs über die Börse den wirksamen Erwerb des Eigentums durch den Käufer, wenn hierdurch ein Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB vollzogen wird. Das Eigentum verbleibt aber nicht bei dem (wirtschaftlichen) Verkäufer, sondern bei der Einkaufskommissionärin und zwar unabhängig davon, ob man einen Direkterwerb des wirtschaftlichen Käufers oder einen Durch464
Klanten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Rdnr. 40; Mentz/Fröhling, NZG 2002, 201 (208).
Bankrechts-Handbuch4,
§ 72
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gangserwerb der Einkaufskommissionärin annimmt. Die zivilrechtliche Unwirksamkeit der Übereignung gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB wird auch nicht durch die gesetzlichen Eigentumserwerbstatbestände des Depotgesetzes geheilt. Diese knüpfen den Eigentumsübergang nämlich jeweils an eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, die in entsprechender Anwendung des § 41 Abs. 1 S. 2 GWB die mit ihr verknüpften rechtlichen Folgen nicht entfaltet, wenn ein entsprechendes Rechtsgeschäft wegen § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam wäre.
II. Adressaten der Auflösungsverfügung Vor Anordnung der zur Auflösung erforderlichen Maßnahme hat das Bundeskartellamt zu prüfen, wen es für die Auflösung primär in Anspruch nehmen kann. Insoweit sind die ordnungsrechtlichen Grundsätze über die Störerhaftung heranzuziehen.465 1. Zustandsstörer Zustandsstörer ist insbesondere, wer infolge des Zusammenschlusses eine marktbeherrschende Stellung erlangt oder eine solche bereits bestehende Stellung infolge des Anteilserwerbs verstärken kann und damit eine Gefahr für den funktionierenden Wettbewerb darstellt.466 Dies ist bei Anteilserwerben über die Börse regelmäßig der Einkaufskommittent, also der wirtschaftliche Erwerber. 2. Verhaltensstörer Verhaltensstörer ist, wer durch ein aktives Tun oder ein pflichtwidriges Unterlassen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit unmittelbar herbeiführt.467 Der Einkaufskommittent ist nach dieser Definition ohne weiteres auch als Verhaltensstörer und damit in der Regel als Doppelstörer zu qualifizieren, da er mit der Entgegennahme der Beteiligung seine marktbeherrschende Stellung unmittelbar begründet oder verstärkt. Verhaltensstörer ist aber auch, wer dem Einkaufskommittenten die Möglichkeit zur Einflussnahme im Sinne des § 37 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 GWB 465
Siehe oben, Teil 3, A. I. 2. Vgl. oben, Teil 3, A. I. 2. b) aa) (1). 467 So jedenfalls die herrschende Meinung („Theorie der unmittelbaren Verursachung“), dazu oben bei Fn. 64, S. 195. 466
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verschafft und auf diese Weise die Gefahr einer Wettbewerbsbeschränkung unmittelbar herbeiführt. Bei der Übertragung von Minderheitsbeteiligungen, die in den Händen des Einkaufskommittenten zu einem Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB führen, ist insbesondere zu untersuchen, ob die an dem Zusammenschluss Mitwirkenden durch ihre Mitwirkungshandlung eine Gefahrenschwelle überschritten haben und daher als Zweckveranlasser anzusehen sind. Der Zweckveranlasser ist ebenfalls Verhaltensstörer.468 Insoweit ergeben sich zu den Ausführungen zum persönlichen Vertragsschluss keine Besonderheiten. An die Stelle des Verkäufers tritt allerdings die Einkaufskommissionärin, denn nach hier vertretener Auffassung ist nicht die Übertragung der Anteile von dem wirtschaftlichen Verkäufer auf den wirtschaftlichen Käufer unwirksam, sondern die Übertragung von der Einkaufskommissionärin auf den Einkaufskommittent, den wirtschaftlichen Erwerber. Dies gilt auch dann, wenn man der herrschenden Auffassung folgt, die einen Direkterwerb des wirtschaftlichen Käufers von dem wirtschaftlichen Verkäufer annimmt.469 Der wirtschaftliche Verkäufer kommt grundsätzlich nicht als Verhaltensstörer in Betracht. Veräußerer, die ihre Anteile über die Börse verkaufen, sind nämlich grundsätzlich nicht als am Zusammenschluss Mitwirkende im Sinne des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB anzusehen. Da das Anbieten eigener Anteile an der Börse noch nicht die letzte Handlung vor Entstehen der Gefahr darstellt, sondern das matching dazwischentritt, sprich die Anteile auch dem Einkaufskommittent zugeordnet werden müssen, kommt es darauf an, ob der Verkäufer mit dem Anbieten der Anteile an der Börse bereits die Gefahrenschwelle überschreitet. Dies wird regelmäßig abzulehnen sein, da der Veräußerer keinen Einfluss auf das matching hat. Der Gesamtzusammenhang kann dem einzelnen Verkäufer über die Börse aber dann zurechenbar sein, wenn er ihn kennt. Aus dem Umfang des über die Börse verkauften Anteilspakets kann der Veräußerer den Gesamtzusammenhang aber regelmäßig nicht erkennen, da über die Börse nur geringfügige Beteiligungen verkauft werden. Für größere Aktienpakete könnten am freien Markt nämlich Paketaufschläge verlangt werden.470 Etwas anderes kann gelten, wenn der wirtschaftliche Veräußerer und der wirtschaftliche Erwerber das Institut der Börse kollusiv missbrauchen. Es genügt für das Überschreiten der Gefahrenschwelle zudem bereits, wenn der Veräußerer seine Anteile auf ein Übernahmeangebot hin über die Börse anbietet.471 Grund468 Zum Erfordernis des Überschreitens der Gefahrenschwelle im Fall des Verkaufs einer Minderheitsbeteiligung siehe oben unter Teil 3, A. I. 2. b) bb) (1). 469 Siehe oben, Teil 3, C. I. 2. b) bb). 470 Wastl, NZG 2000, 505, Fn. 84. 471 Vgl. Mäger, in: MüKo Kartellrecht, GWB, § 41 GWB, Rdnr. 12.
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sätzlich ist der wirtschaftliche Veräußerer und Verkaufskommittent bei einem Verkauf seiner Anteile über die Börse demnach nicht Verhaltensstörer und damit grundsätzlich auch nicht primärer Adressat der Auflösungsanordnung. Auch die Wertpapiersammelbank ist nicht Verhaltensstörerin im ordnungsrechtlichen Sinne. Zwar wirkt sie an dem Vollzug eines Zusammenschlusses, der dem Einkaufskommittent die gewünschte Beteiligung vermittelt, mit, indem sie seiner Depotbank den Besitz an den Anteilen mittelt. Die durch den Zusammenschluss entstehende Gefahr für den Wettbewerb ist ihr aber nicht zurechenbar, da sie die Anteile lediglich auf das Depotkonto eines Kredit- oder Finanzinstituts bucht, ohne den wirtschaftlichen Erwerber und dessen Position am Markt zu kennen. Gleiches gilt für die zentrale Gegenpartei, wenn eine solche an die Stelle der Wertpapiersammelbank und als Vertragspartei zwischen Veräußerer und Erwerber tritt. Auch sie schließt die Verträge lediglich mit den Clearingmitgliedern, ohne die Identität der wirtschaftlichen Parteien zu kennen. Die wirtschaftliche Identität des Einkaufskommittenten kennt lediglich die als Einkaufskommissionärin fungierende Depotbank des wirtschaftlichen Erwerbers. Sie ist ferner diejenige, die dem Einkaufskommittent durch die Girosammelgutschrift bzw. durch die Buchung der Anteile auf dessen Depotkonto den mittelbaren (Mit-)Besitz an den Anteilen und damit den Rechtsschein der Mitgliedschaft verschafft. Da über die Börse aber nur geringfügige Beteiligungen erworben werden können, kommt es, wie bei den persönlichen Vertragsschlüssen, darauf an, ob die Depotbank erkennen konnte, dass durch den Erwerb der Beteiligung in den Händen des wirtschaftlichen Erwerbers ein Zusammenschlusstatbestand verwirklicht wird. War diese Tatsache für sie nicht erkennbar, beispielsweise weil der Erwerber seine Anteile auf verschiedenen Depotkonten verschiedener Kreditinstitute hält, so ist auch die Einkaufskommissionärin nicht Verhaltensstörerin im Sinne des Ordnungsrechts.
III. Die Wahl der Auflösungsmaßnahme 1. Geeignete Maßnahmen Zur Auflösung eines Unternehmenszusammenschlusses im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB, der infolge eines direkt zwischen Verkäufer und Käufer geschlossenen Kaufvertrages vollzogen wurde, wurden als grundsätzlich geeignete Auflösungsmaßnahmen insbesondere die Wiederherstellung des vorherigen Zustands, Verkaufslösungen, Kompensationslösungen und die Züchtung eines neuen Unternehmens diskutiert. Diese Maßnahmen sollen im
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Folgenden auch für die Auflösung des über die Börse verwirklichten Zusammenschlusstatbestands untersucht werden. a) Wiederherstellung des vorherigen Zustands Ob die Wiederherstellung des vorherigen Zustands im Fall eines über die Börse geschlossenen Geschäfts überhaupt möglich und damit zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet ist, ist fraglich. Soweit dieses Problem in Literatur, insbesondere von Richter, und Praxis überhaupt behandelt wird, wird dies aufgrund der Anonymität der Börsengeschäfte abgelehnt.472 Der wirtschaftliche Verkäufer und der wirtschaftliche Käufer wissen nicht, wer im Fall des Kaufs beziehungsweise Verkaufs über die Börse ihr (wirtschaftlicher) Vertragspartner ist. Die Identität der anderen Vertragspartei ließe sich eventuell zwar anhand der Aufzeichnungen der ClearingMitglieder und der Wertpapiersammelbank rekonstruieren. Es stünde mit dem Wesen des Börsenhandels aber nicht in Einklang, wenn der Verkäufer zur Rücknahme von über die Börse verkauften Anteilen verpflichtet werden könnte. Der Verkauf über die Börse lebt gerade davon, dass schnell und rechtssicher Beteiligungen ge- sowie verkauft werden können. Die Bestimmung der Identität des wirtschaftlichen Veräußerers ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt erforderlich, als dem Eigentümer der Anteile im Fall des Verstoßes gegen das Vollzugsverbot und der damit einhergehenden Unwirksamkeit der den Zusammenschluss vollziehenden Rechtsgeschäfte noch Rechte an dem Zusammenschlussobjekt zustehen. Der Veräußerer hat sein Eigentum nämlich wirksam auf die Einkaufskommissionärin übertragen.473 Versteht man die Restitution daher als die Rückgabe der Beteiligung an den wirtschaftlichen Veräußerer, so ist Richter474 sowie dem Bundeskartellamt475 insoweit zuzustimmen, als eine solche Maßnahme bei einem Erwerb von Anteilen über die Börse ausscheiden muss. So eng ist der Begriff der Restitution nach hier vertretener Auffassung aber nicht zu verstehen. Die Restitution verlangt vielmehr lediglich die Rückgabe bzw. Rückübertragung an den bzw. die vorherigen Eigentümer.476 Aus Sicht des Erwerbers ist der Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 21 Rdnr. 148b; wohl auch BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 (1566) – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“. 473 Siehe oben, C. I. 2. a) aa) (1). 474 Richter, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 21 Rdnr. 148b. 475 Vgl. BKartA, Beschluss vom 27.02.2008, B 5-198/07, WuW/E DE/V 1553 (1566) – „A-TEC/Norddeutsche Affinerie“. 476 Siehe oben bei Fn. 92, S. 202. 472
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vorherige Eigentümer aber nicht der wirtschaftliche Veräußerer, sondern die Einkaufskommissionärin. Die Restitution ist daher grundsätzlich möglich, ohne dass die Rechtssicherheit des Erwerbs über die Börse gefährdet wird. Sofern die infolge des Rechtsscheins der Mitgliedschaft durch den Erwerber entstandene Wettbewerbsbeschränkung beseitigt werden kann, indem die Einkaufskommissionärin die Anteile von dem Depotkonto des Erwerbers auf ihr Eigenbestandskonto bucht, ist die Restitution daher auch zur Auflösung eines Zusammenschlusses geeignet, der durch formell illegalen Erwerb von Anteilen über die Börse vollzogen wurde. b) Verkaufslösungen Auch Verkaufslösungen sind zur Beseitigung der infolge eines formell illegalen Erwerbs von Anteilen über die Börse entstandenen Wettbewerbsbeschränkung grundsätzlich geeignet. Zu beachten ist hier allerdings, dass die Übereignung der Anteile an einen Dritten durch den wirtschaftlichen Erwerber der Zustimmung durch den Eigentümer gemäß § 185 BGB, also durch die Einkaufskommissionärin bedarf. Die Einkaufskommissionärin ist aber – im Gegensatz zum Verkäufer bei unmittelbarem Erwerb zwischen Verkäufer und Käufer – nicht wirtschaftlich Berechtigte an den Anteilen, da die Einkaufskommissionärin die Anteile aufgrund eines Kommissionsvertrages für den Erwerber erworben hat und dementsprechend die Anteile auf dem Depotkonto des Erwerbers für diesen verwaltet. Aus dem Kommissionsvertrag erwachsen für die Einkaufskommissionärin Treuepflichten, die sie im Einzelfall zur Erteilung ihrer Zustimmung zur Veräußerung der Anteile an einen Dritten verpflichten können. Der Kommissionsvertrag ist nämlich ein Geschäftsbesorgungsvertrag, der sich von normalen Austauschverträgen dadurch unterscheidet, dass die Parteien nicht als Interessengegner auftreten, sondern der Kommissionär zur Interessenwahrung seines Vertragspartners verpflichtet ist.477 Im Fall einer Interessenkollision hat der Kommissionär den Interessen des Kommittenten daher den Vorrang einzuräumen.478 Wenn der Kommittent die Anteile also verkaufen will oder muss, ist die Einkaufskommissionärin auch zur Erteilung ihrer Zustimmung verpflichtet. Ein gegebenenfalls ihrerseits bestehendes Interesse, die Anteile selbst zu verkaufen, da die Anteile zwischenzeitlich an Wert gewonnen haben, muss hinter ihrer kommissionsvertraglichen Treuepflicht zurücktreten.
477 478
Koller, in: Staub, HGB4, § 384 Rdnrn. 3 f. Koller, in: Staub, HGB4, § 384 Rdnr. 21.
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c) Kompensationslösungen und die Züchtung eines neuen Unternehmens Zur Beseitigung der entstandenen Wettbewerbsbeschränkung sind ferner Kompensationslösungen sowie die Züchtung eines neuen Unternehmens grundsätzlich geeignet. 2. Erforderlichkeit a) Störerauswahl Als Störer kommen im Fall des formell illegalen Vollzugs eines Unternehmenszusammenschlusses über die Börse in der Regel lediglich der wirtschaftliche Erwerber und die Einkaufskommissionärin in Betracht. Die Einkaufskommissionärin ist aber nur dann Störerin, wenn ihr das Entstehen des Zusammenschlusses zurechenbar ist, sie also wusste oder jedenfalls hätte erkennen können, dass infolge des Erwerbs der Anteile ein Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB vollzogen wird.479 Unter mehreren zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung als Störer verpflichteten Personen kann das Bundeskartellamt nach dem Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr die Person in Anspruch nehmen, durch die die Gefahr am schnellsten und effektivsten beseitigt wird.480 b) Bestimmung der mildesten Maßnahme Wenn mehrere Maßnahmen gleichermaßen zur Auflösung des entstandenen Unternehmenszusammenschlusses geeignet sind, hat das Bundeskartellamt grundsätzlich diejenige zu wählen, die mit der geringsten Belastung für die zur Beseitigung in Anspruch genommenen Personen verbunden ist.481 Es kann insoweit grundsätzlich auf die oben dargelegten Grundsätze verwiesen werden, das heißt, grundsätzlich ist das Mittel anzuwenden, das die Parteien entsprechend des ihnen zivilrechtlich zugewiesenen Risikos in Anspruch nimmt.482 Allerdings ist im Rahmen der Einkaufskommission zu beachten, dass es gerade nicht um einen fehlgeschlagenen Kaufvertrag zwischen dem bisherigen Eigentümer und dem Erwerber geht, dessen tatsächliche Folgen rückgängig zu machen sind. Sondern der Eigentumserwerb des 479 480 481 482
Siehe oben unter II. Siehe die Nachweise in Fn. 36, S. 188. Siehe die Nachweise in Fn. 177, S. 222. Vgl. Einleitung, II., bei Fn. 39, S. 30.
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Kommissionärs ist auf die unvollständige Abwicklung eines Kommissionsvertrages zurückzuführen, der im Wesentlichen die Wahrnehmung der Interessen des Kommittenten durch den Kommissionär zum Gegenstand hat. Aufgrund der daraus resultierenden Treuepflicht der Einkaufskommissionärin ist für die Wahl der Auflösungsmaßnahme insbesondere auf die Interessen des Kommittenten Rücksicht zu nehmen. Rechte, die dem Verkäufer aus dem Eigentum zustehen, stehen dem Einkaufskommissionär an dem Zusammenschlussobjekt daher nicht zu, soweit diese mit den Interessen des Kommittenten kollidieren. Wenn das Zivilrecht die Rückabwicklung vorsieht, kann das Bundeskartellamt daher den Verkauf an einen Dritten anordnen, sofern der Einkaufskommittent diese Alternative vorzieht. Die Einkaufskommissionärin muss dem Verkauf an einen Dritten aufgrund ihrer Treuepflicht aus dem Kommissionsvertrag zustimmen.483 Im Hinblick auf die Risikoverteilung für den Fall, dass die Anteile an Wert verloren oder gewonnen haben, wurde oben484 festgestellt, dass das Risiko zufälliger Wertverluste der Erwerber trägt, sofern das Verpflichtungsgeschäft wirksam ist, anderenfalls der Veräußerer. Da die Einkaufskommissionärin den Kommissionsvertrag grundsätzlich nicht von der Freigabe durch das Bundeskartellamt abhängig machen wird, wird das Verpflichtungsgeschäft zwischen Einkaufskommissionärin und Einkaufskommittent in der Regel wirksam sein. Es liegt daher entweder ein Fall der §§ 326, 275 BGB (Unmöglichkeit der Herausgabe des Erlangten nach § 384 Abs. 2 HGB) oder ein Fall des § 446 BGB (Gefahrübergang) vor. Das Risiko zufälliger sowie zu vertretender Wertverluste hat in beiden Fällen der Einkaufskommittent zu tragen.485 Selbst wenn zivilrechtlich daher die Rückabwicklung vorgesehen ist, da das Erfüllungsgeschäft unwirksam ist, hat die Kommissionärin dem Kommittent nur den Betrag herauszugeben, der dem Wert der Anteile im Zeitpunkt der Auflösungsanordnung entspricht, denn erst in diesem Zeitpunkt „erhält“ die Einkaufskommissionärin die Anteile bzw. die Verfügungsbefugnis über sie.486 Das Bundeskartellamt kann auch im Fall des Anteilserwerbs über die Börse grundsätzlich den vollständigen Verkauf an einen Dritten bzw. die vollständige Restitution anordnen und muss keine Ermittlungen dahingehend anstellen, ab welcher Schwelle ein Zusammenschlusstatbestand beseitigt ist. Wenn die Parteien nachweisen bzw., im Fall der Verpflichtung zum Verkauf an einen Dritten der wirtschaftliche Erwerber der Anteile 483
Siehe oben bei Fn. 477, S. 312 f. Teil 2, A. II. 485 Siehe oben, Teil 2, A. II. 1. b) bb). 486 Zu dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Bestimmung des im Rahmen des § 326 BGB anzurechnenen Wertes siehe oben, Teil 2, A. II. 1. b) bb) (1) (b). 484
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nachweist, ab welcher Schwelle kein Zusammenschluss mehr gegeben ist, darf nur eine Teilauflösung erfolgen, sofern diese nicht in geschützte Rechte Dritter eingreift.487 Kompensationslösungen sowie der Verkauf an einen Dritten werden wegen ihrer vergleichsweise hohen Eingriffsintensität488 nur selten eine Rolle spielen. Fraglich ist allenfalls, ob der wirtschaftliche Erwerber, statt die formell illegal erworbenen Anteile zu veräußern, Kompensationslösungen ergreifen kann, also von sich aus eigene und von dem Zusammenschlussobjekt unabhängige Rechtspositionen aufgeben kann. Dies ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn das Bundeskartellamt den Zusammenschluss bereits untersagt hat. Der Kommittent ist dann nämlich endgültig nicht Eigentümer der Anteile geworden. Ein Neuabschluss des Geschäfts zwischen Einkaufskommissionär und Einkaufskommittent würde aber weiterhin die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllen. Von der Untersagung könnte nur abgesehen werden, wenn die Aufgabe der eigenen Rechtsposition des Kommittenten zur Auflage oder Bedingung gemäß § 40 Abs. 3 GWB gemacht wird. Wurde der Zusammenschluss noch nicht untersagt, weil direkt ein Auflösungsverfahren eingeleitet wurde, so kann das Bundeskartellamt also statt den Zusammenschluss zu untersagen und die Auflösung anzuordnen die Freigabe unter Auflagen oder Bedingungen in Betracht ziehen. 3. Angemessenheit Die Angemessenheit der Auflösungsanordnung ist in der Regel zu bejahen. Besonderheiten im Vergleich zu den Fällen des direkten Erwerbs von dem (wirtschaftlichen) Veräußerer489 sind nicht zu beachten. 4. Zusammenfassung Im Rahmen der Auflösung formell illegal und vor Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle490 über die Börse vollzogener Zusammenschlüsse ist zu beachten, dass der Anteilserwerb in der Regel wegen Verstoßes gegen das Vollzugsverbot nach § 41 Abs. 1 GWB unwirksam ist. Da der Vertrag über die Einkaufskommission in der Regel nicht von der Freigabe des Erwerbs durch das Bundeskartellamt abhängig gemacht wird, liegt in der Regel der 487 488 489 490
Vgl. die Nachweise in Fn. 340, S. 275. Siehe oben, Teil 3, A. II. 2. a) cc) und dd). Dazu oben, Teil 3, A. II. 3. Siehe Teil 1, Fn. 225, S. 74.
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Fall des wirksamen Verpflichtungs- und unwirksamen Erfüllungsgeschäfts vor. Das Zivilrecht sieht für diesen Fall gemäß §§ 326 Abs. 1, 2, 275 Abs. 1 BGB die Rückabwicklung vor. Die Einkaufskommissionärin ist trotz ihrer formalen Stellung als Eigentümerin wegen der aus dem Kommissionsvertrag abzuleitenden Treuepflicht aber nicht dazu berechtigt, sich auf die mit dem Eigentum verbundenen Rechte zu stützen, sofern diese Rechte mit den Interessen des Kommittenten in Widerspruch stehen. Es obliegt in diesen Fällen daher grundsätzlich dem Kommittenten zu entscheiden, ob er die Rückabwicklung oder den Verkauf an einen Dritten bevorzugt. Das Bundeskartellamt kann grundsätzlich den Verkauf des gesamten über die Börse erworbenen Aktienpakets anordnen und muss nicht ermitteln, zu welchem Anteil der Erwerb nicht kontrollpflichtig gewesen wäre.
IV. Ergebnis Nach dem aktuell geltenden Recht kann auch der Anteilserwerb über die Börse der Zustimmung durch das Bundeskartellamt bedürfen und daher gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam sein. Unwirksam ist in einem solchen Fall aber nur die Übertragung der Anteile von dem Einkaufskommissionär auf den Einkaufskommittenten. Dem Bundeskartellamt steht daher grundsätzlich die Möglichkeit offen, die Restitution auch in Fällen des Anteilserwerbs über die Börse anzuordnen, dann aber nur zwischen Kommissionär und Kommittent. Für die Bestimmung des milderen Mittels kommt es wieder auf die zivilrechtliche Risikoverteilung an, wobei sich die Einkaufskommissionärin nicht wie ein Verkäufer auf die Eigentumsrechte berufen kann, wenn diese in Widerspruch mit den Interessen des Kommittenten stehen. Im Ergebnis richtet sich die mildere Maßnahme daher grundsätzlich nach dem Willen des wirtschaftlichen Erwerbers.
D. Die Auflösung bei formell legalem Erwerb von Anteilen über die Börse War der Erwerb von Anteilen über die Börse formell legal, so steht das Wettbewerbsrecht der zivilrechtlichen Wirksamkeit des Eigentumserwerbs auf Seiten des Einkaufskommittenten nicht entgegen. Dennoch ist der Einkaufskommittent jedenfalls491 Zustandsstörer im Sinne des Ordnungsrechts, wenn die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllt sind, der Zusam491 Der Einkaufskommittent kann zugleich auch Verhaltensstörer und damit Doppelstörer sein, vgl. oben bei Fn. 39, S. 188. Da es darauf im Ergebnis aber nicht ankommt, wird auf die Darstellung insoweit hier verzichtet.
D. Auflösung bei formell legalem Erwerb über die Börse
317
menschluss also eine marktbeherrschende Stellung zugunsten des Einkaufskommittenten begründet oder verstärkt bzw., nach Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle, der wirksame Wettbewerb aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigt wird492. Über die Börse vollzogene Zusammenschlüsse werden mit Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle formell legal. Denn Art. 1 Nr. 24 lit. b) des Gesetzesentwurfs sieht eine Ausnahme vom Vollzugsverbot für den Aktienerwerb über die Börse vor. Nach bisherigem Recht war der Erwerb über die Börse dagegen nur ausnahmsweise formell legal, wenn der Erwerber eine Befreiung von dem Vollzugsverbot gemäß § 41 Abs. 2 GWB erhalten hatte oder wenn das Bundeskartellamt den Zusammenschluss freigegeben bzw. der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie eine Ministererlaubnis nach § 42 GWB erteilt hatte. Die Einkaufskommissionärin ist in den Fällen der Auflösung trotz vorheriger Freigabe nur dann Verhaltensstörerin, wenn sie die unrechtmäßige Freigabe mitermöglicht hat. Insoweit ist zu beachten, dass die Einkaufskommissionärin auch insoweit an die Stelle des Veräußerers tritt, als den Veräußerer gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 GWB eine eigenständige Pflicht zur Anmeldung des Zusammenschlusses bei dem Bundeskartellamt trifft. Die Anmeldepflicht greift aber nur, wenn für den Veräußerer bzw. die Einkaufskommissionärin die Kontrollpflichtigkeit des Erwerbs erkennbar ist. Insoweit gelten dieselben Kriterien, die herangezogen werden um zu bestimmen, ob dem Verkäufer das Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung zuzurechnen ist: Es kommt darauf an, ob die Einkaufskommissionärin erkennen konnte, dass infolge des Anteilserwerbs ein Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB verwirklicht wird. Hätte die ordnungsgemäße Anmeldung des Erwerbs durch die Einkaufskommissionärin die (unberechtigt erteilte) Freigabe verhindert, ist die Einkaufskommissionärin daher Verhaltensstörerin. Dasselbe gilt selbstverständlich für die weiteren Kriterien, nach denen der Veräußerer bei formell legalen Zusammenschlüssen Verhaltensstörer ist.493 In der Praxis wird die Einkaufskommissionärin jedoch nur äußerst selten die Voraussetzungen des Verhaltensstörers bei formell legalem Zusammenschluss erfüllen. Ist die Einkaufskommissionärin Störerin im Sinne des Ordnungsrechts, so kommen zur Auflösung des entstandenen Unternehmenszusammenschlusses zunächst die Restitution sowie Verkaufslösungen in Betracht. Die Verkaufslösungen stellen sich gegenüber der Restitution allerdings als milder dar, da sie lediglich in rechtlich geschützte Rechte einer Person, nämlich das nach 492 493
Siehe Art. 1 Nr. 20 GesE 8. GWB-Novelle (Teil 1, Fn. 225, S. 74). Siehe oben, Teil 3, A. I. 2. b) bb) (1).
318
Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
Art. 14 GG geschützte Eigentumsgrundrecht des Einkaufskommittenten eingreifen, während die Restitution auch die Einkaufskommissionärin in die Pflicht nimmt. Diese würde verpflichtet werden, das Eigentum an den Anteilen zurückzuerwerben, was jedenfalls einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG darstellen kann.494 Der Eingriff in die Grundrechte des Einkaufskommittenten ist auf Grundlage des § 41 Abs. 3 S. 2, 3 GWB gerechtfertigt, wenn die zur Auflösung angeordnete Maßnahme verhältnismäßig, insbesondere erforderlich ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass, sofern der Kommittent nachweisen kann, ab welcher Beteiligungsgrenze kein Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB mehr vorliegt, die Anordnung der vollständigen Restitution bzw. des vollständigen Verkaufs an einen Dritten den Erwerber über das erforderliche Maß hinaus in seinem wirksam erworbenen Eigentum beschränkt. Insoweit ergibt sich kein Unterschied zu der Situation des direkten Vertragsschlusses zwischen dem wirtschaftlichen Verkäufer und dem Erwerber.495 Wenn die Einkaufskommissionärin nicht Störerin im Sinne des Ordnungsrechts ist, bleibt zunächst zu prüfen, ob die durch den Zusammenschluss entstandene Gefahr für den Wettbewerb durch Inanspruchnahme (nur) des Einkaufskommittenten beseitigt werden kann. Insoweit kann auf die obigen496 Ausführungen verwiesen werden: Grundsätzlich stellen dann die Verkaufslösungen die mildeste Maßnahme dar. Sofern der Kommittent nachweist, ab welcher Grenze kein Zusammenschlusstatbestand mehr erfüllt ist, ist nur der teilweise Verkauf anzuordnen. Kompensationsmaßnahmen und die Züchtung eines neuen Unternehmens sind grundsätzlich erst nachrangig in Betracht zu ziehen oder wenn der Kommittent eine solche Maßnahme als milder empfindet. Die Restitution dagegen stellt die ultima ratio dar, denn die Einkaufskommissionärin ist in diesem Fall Nichtstörerin und darf zur Auflösung daher nur herangezogen werden, wenn keine andere Maßnahme zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung führt. Bei dem formell legalen Erwerb von Anteilen über die Börse, der zu einem Zusammenschlusstatbestand im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB führt, tritt im Auflösungsverfahren demnach die Einkaufskommissionärin grundsätzlich an die Stelle des Veräußerers. Die Ergebnisse entsprechen im Wesentlichen denen zum direkten Vertragsschluss zwischen Veräußerer und Erwerber.497 494 495 496 497
Siehe Siehe Siehe Siehe
oben, oben, oben, oben,
Teil Teil Teil Teil
3, 3, 3, 3,
A. II. 2. a) aa) (2). B. II. 2. c). B. II. 2. B.
F. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
319
E. Die Behandlung des Erwerbs von Anteilen im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots Der Erwerb von Anteilen im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots nimmt eine Zwischenstellung zwischen dem persönlichen Vertragsschluss und dem Erwerb von Anteilen über die Börse ein: Es handelt sich um ein Massengeschäft, das durch ein Angebot ad incertas personas eingeleitet wird. Dem Erwerber ist insoweit grundsätzlich egal, von wem er die Anteile erhält, der Erwerb erfolgt über die Börse. Die Vertragsbedingungen werden jedoch grundsätzlich von dem Erwerber individuell ausgestaltet. In seiner Abwicklung ähnelt der Erwerb nach öffentlichem Übernahmeangebot daher eher dem persönlichen Vertragsschluss. Insoweit gelten daher im Wesentlichen die Ausführungen unter (A.). Zu beachten ist jedoch, dass der Gesetzesentwurf zur 8. GWB-Novelle für den Erwerb von Anteilen im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots eine Ausnahme von dem Vollzugsverbot vorsieht.498 Ab Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle ist der Anteilserwerb im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots daher grundsätzlich formell legal, es gelten dann die Ausführungen unter B. Der Erwerb von Anteilen im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots wird daher nicht gesondert untersucht.
F. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse Das Bundeskartellamt wird im Rahmen des fusionskontrollrechtlichen Auflösungsverfahrens als Verwaltungsbehörde zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, nämlich den funktionierenden Wettbewerb tätig. Es kann die Gefahrenbeseitigung daher entsprechend der ordnungsrechtlichen Grundsätze grundsätzlich auf denjenigen übertragen, der für das Entstehen der Gefahr entweder als Verhaltensstörer oder als Zustandsstörer verantwortlich ist. Sind für eine Gefahr mehrere Personen als Zustands- oder Verhaltensstörer verantwortlich, kann das Bundeskartellamt nach dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr grundsätzlich diejenige Person in Anspruch nehmen, die die Gefahr am schnellsten und effektivsten beseitigen kann. Nichtstörer darf es für die Beseitigung der Gefahr nur in Anspruch nehmen, wenn die Gefahrenbeseitigung auf andere Weise nicht möglich ist. Bei seiner Entscheidung über die anzuordnende Auflösungsmaßnahme ist das Bundeskartellamt an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden. Es muss daher unter mehreren zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschrän498
Art. 1 Nr. 24 lit. b) GesE 8. GWB-Novelle (siehe Teil 1, Fn. 225, S. 74).
320
Teil 3: Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung
kung geeigneten Maßnahmen diejenige auswählen, die mit der geringsten Beeinträchtigung für die Verantwortlichen verbunden ist. Die geringste Beeinträchtigung der Parteien ist grundsätzlich in einer Maßnahme zu sehen, die die Parteien entsprechend der ihnen zivilrechtlich zugewiesenen Risikoverteilung in Anspruch nimmt. Denn das Zivilrecht gibt für verschiedene Fälle des Scheiterns von Austauschverträgen die Risikoverteilung bereits vor. Eine Maßnahme, die eine Partei über das zivilrechtlich vorgesehene Maß hinaus in Anspruch nimmt, während sie die andere Partei in milderem Maße belastet, ist daher nicht als milder anzusehen, denn die gegenläufigen Interessen sind in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Ist zivilrechtlich der Veräußerer Eigentümer geblieben oder hat er einen zivilrechtlichen Anspruch auf Rückübereignung, so ist daher die Möglichkeit der Restitution, also der Wiederherstellung des vorherigen Zustands, primär in Betracht zu ziehen. Hat er an der Rückabwicklung kein Interesse, ist zu prüfen, ob die Anordnung des Verkaufs der Anteile an einen Dritten den Erwerber über das ihm zivilrechtlich zugewiesene Risiko hinaus in Anspruch nimmt. Bei dem Erwerb eines Unternehmens oder einer einflussvermittelnden Beteiligung kann dies wegen der mit ihrem Verkauf verbundenen Kosten zu bejahen sein. Wenn der Verkäufer für die Auflösung des Zusammenschlusses als Störer mitverantwortlich ist, kann das Bundeskartellamt dann entweder gegen den Willen des Verkäufers die Rückabwicklung anordnen oder den Verkäufer an den Kosten des Verkaufs an einen Dritten beteiligen. Ist der Verkäufer dagegen Nichtstörer, so hat der Erwerber die Kosten der Gefahrenbeseitigung vollständig selbst zu tragen. In diesen Fällen ist der durch den Verkäufer bevorzugten Maßnahme Vorrang einzuräumen. Ist das Eigentum dagegen wirksam auf den Erwerber übergegangen und steht dem Veräußerer auch kein zivilrechtlicher Rückübereignungsanspruch zu, so greift eine Auflösungsmaßnahme, die keine Mitwirkung des Verkäufers erfordert, nicht in dessen Rechte ein. Die Entscheidung über die mildeste unter mehreren gleichgeeigneten Auflösungsmaßnahmen ist in diesen Fällen an dem Interesse des Erwerbers auszurichten. In Betracht kommen der (teilweise) Verkauf des Zusammenschlussobjekts oder, sofern gleichermaßen zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet, Kompensationsmaßnahmen oder die Züchtung eines neuen Unternehmens. Wurden Anteile nicht infolge eines privat geschlossenen Vertrags, sondern über die Börse oder im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots erworben, so fällt dieser Erwerb nur noch bis zum Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle unter das Vollzugsverbot. Nach der 8. GWB-Novelle sind Aktienerwerbe über die Börse sowie im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote künftig von dem Vollzugsverbot ausgenommen, das heißt der
F. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
321
(vollendete) Erwerb von Anteilen über die Börse und im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots ist künftig formell legal. Der Erwerb von Anteilen über die Börse erfolgt in der Regel unter Zwischenschaltung einer Bank als Einkaufs- bzw. Verkaufskommissionär, denn zum Handel an der Börse sind grundsätzlich nur Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute zugelassen. Nach hier vertretener Auffassung erwirbt die Einkaufskommissionärin Durchgangseigentum. Dieser Eigentumserwerb ist wirksam, denn auf Seiten der Einkaufskommissionärin führt der Anteilserwerb entweder schon nicht zu einem Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB oder ein solcher ist gemäß § 37 Abs. 3 GWB nicht als Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB anzusehen, sofern die Anteile zum Zwecke der Veräußerung erworben werden, das Stimmrecht nicht ausgeübt wird und die Anteile innerhalb eines Jahres weiterveräußert werden. Zum selben Ergebnis gelangt man jedoch auch unter Zugrundelegung der herrschenden Auffassung, die eine Übereignung an den, den es angeht bejaht und somit einen Direkterwerb des wirtschaftlichen Erwerbers von dem wirtschaftlichen Verkäufer annimmt. Die Übereignung an den, den es angeht, kann nämlich nicht dazu führen, dass der Übereignende das Risiko trägt, dass derjenige, für den sein Vertragspartner erwerben will, das Eigentum nicht erlangen darf. In diesem Fall erwirbt vielmehr die Einkaufskommissionärin, die insoweit als verdeckte Stellvertreterin agiert, das Eigentum an den Anteilen. Aufzulösen ist dann lediglich die Rechtsscheinposition, die der Erwerber aufgrund der Buchung der Anteile auf sein Depotkonto erwirbt. Ist die Übereignung von der Einkaufskommissionärin an den Einkaufskommittent wegen Verstoßes gegen das Vollzugsverbot gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GWB unwirksam, so führt dies aber nicht dazu, dass die Interessen der Einkaufskommissionärin als Eigentümerin den Interessen des Erwerbers vorgehen. Aus dem Kommissionsvertrag ergibt sich nämlich für die Einkaufskommissionärin eine Treuepflicht, ihr eigenes Interesse hinter dem des Kommittenten anzustellen. Unabhängig von ihrer Stellung als Störerin kann die Einkaufskommissionärin daher zur Zustimmung des Verkaufs der Anteile an einen Dritten verpflichtet sein, obwohl sie selbst, beispielsweise wegen zwischenzeitlicher Wertsteigerung, ein eigenes Interesse an den Anteilen hätte. War die Übereignung der Anteile an den Einkaufskommittenten dagegen wirksam, so ergeben sich keine Besonderheiten zu dem Fall des direkten Anteilskaufs.
Teil 4
Überblick über die Auflösung von Zusammenschlüssen im Anwendungsbereich der FKVO Neben den nationalen Vorschriften über die Fusionskontrolle existiert eine Fusionskontrolle auch auf europäischer Ebene. Die europäische Fusionskontrolle ist in der Verordnung (EG) 139/2004 („FKVO“) geregelt. Die europäische Fusionskontrollverordnung greift, wenn ein Zusammenschluss im Sinne des Art. 3 Abs. 1 FKVO vorliegt und die Umsätze der an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen die Schwellen des Art. 1 Abs. 2 oder Abs. 3 FKVO überschreiten. Solche Zusammenschlüsse werden durch die Fusionskontrollverordnung als Zusammenschlüsse von „gemeinschaftsweiter Bedeutung“ bezeichnet, vgl. Art. 1 Abs. 1, 2 FKVO. Sie sind gemäß Art. 1 Abs. 1, 21 Abs. 3 FKVO nicht nach den Vorschriften des GWB, sondern ausschließlich nach den Regeln der FKVO zu beurteilen. Die Fusionskontrollverordnung geht der nationalen Fusionskontrolle demnach vor. Für die Beurteilung eines Zusammenschlusses von gemeinschaftsweiter Bedeutung ist gemäß Art. 21 Abs. 2 FKVO die Europäische Kommission zuständig. Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse richtet sich im Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung nach Art. 8 Abs. 4 FKVO. Gemäß Art. 8 Abs. 4 1. Spiegelstrich S. 1 FKVO kann die Kommission den beteiligten Unternehmen aufgeben, den Zusammenschluss rückgängig zu machen, entweder durch Auflösung der Fusion oder durch Verkauf aller Anteile bzw. Vermögensgegenstände „um den Zustand vor dem Vollzug des Zusammenschlusses wiederherzustellen.“ Daraus folgt, dass Zweck der Auflösung nach der Fusionskontrollverordnung, im Gegensatz zum GWB, in erster Linie die Wiederherstellung des vorherigen Zustands ist. Hierfür kann die Kommission entweder die Rückabwicklung anordnen oder, wenn die Rückabwicklung nicht zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands geeignet ist, jede andere geeignete Maßnahme treffen, um den vorher bestehenden Zustand „soweit wie möglich wieder herzustellen“, Art. 8 Abs. 4 S. 2 FKVO. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (und damit die zivilrechtliche Lage) spielt daher nur dann eine Rolle, wenn entweder zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands mehrere Möglichkeiten bestehen oder wenn die Rückabwicklung des Zusammenschlusses zur Wiederherstellung des Zustands vor dem Vollzug nicht möglich ist und mehrere Maßnah-
A. Die Art. 8 Abs. 4 FKVO unterliegenden Zusammenschlüsse
323
men möglich sind, um den Zusammenschluss soweit wie möglich wieder herzustellen.1 Die Rückabwicklung ist jedoch im Hinblick auf den Zweck der Auflösung nach der FKVO das grundsätzlich vorrangige Mittel.
A. Die der Auflösung nach Art. 8 Abs. 4 FKVO unterliegenden Zusammenschlüsse I. Vollzogener Unternehmenszusammenschluss Der Auflösung unterliegen gemäß Art. 8 Abs. 4 FKVO zunächst Zusammenschlüsse, die bereits vollzogen wurden, die aber gemäß Art. 8 Abs. 3 FKVO für mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wurden (lit. a). Ferner unterliegen der Auflösung solche Zusammenschlüsse, die nur unter einer Bedingung für mit dem gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wurden, während zugleich festgestellt wurde, dass ohne das Vorliegen der Bedingung das Vorhaben nicht mit dem gemeinsamen Markt vereinbar ist und die Parteien gegen diese Bedingung verstoßen (lit. b, 1. Alt.). Und schließlich unterliegen der Auflösung Gemeinschaftsunternehmen, die unter einer Bedingung für mit dem gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wurden, während zugleich festgestellt wurde, dass sie, ohne Einhaltung der Bedingung, die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV nicht erfüllen, wenn die Parteien gegen diese Bedingung verstoßen (lit. b, 2. Alt.). Ein Zusammenschluss im Sinne der Fusionskontrollverordnung ist gemäß Art. 3 Abs. 1 FKVO lediglich auf zwei Arten möglich: durch Fusion (lit. a) und durch Kontrollerwerb (lit. b). 1. Fusion Eine Fusion im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. a) FKVO liegt vor, wenn zwei oder mehr Unternehmen entweder in rechtlicher oder in wirtschaftlicher Hinsicht fusionieren. Beide Alternativen unterfallen der europäischen Zusammenschlusskontrolle. Eine rechtliche Fusion setzt voraus, dass zwei oder mehr Unternehmen durch Verschmelzung, sei es durch Aufnahme oder durch Neugründung (einer juristischen Person), zu einem Unternehmen werden.2 Vgl. Körber, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: EG5, Art. 8 VO 139/2004/EG, Rdnr. 204; v. Koppenfels, in: MüKo Kartellrecht, Europäisches Wettbewerbsrecht, Art. 8 FKVO Rdnr. 121. 2 Mitteilung der Kommission über den Begriff des Zusammenschlusses, ABl. 1998 C 66/5 Tz. 6; Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 15 Rdnr. 31. 1
324
Teil 4: Überblick über Auflösung von Zusammenschlüssen i. S. d. FKVO
Bei einer wirtschaftlichen Fusion legen zwei oder mehr Unternehmen ihre Aktivitäten so zusammen, dass eine wirtschaftliche Einheit entsteht, ohne dass aber eine rechtliche Fusion vorliegt.3 Unter die Fälle der wirtschaftlichen Fusion fällt es beispielsweise, wenn sich die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen einer gemeinsamen wirtschaftlichen Leitung unterstellen, während sie ihre eigene Rechtspersönlichkeit beibehalten, so dass aber faktisch eine Verschmelzung erfolgt und damit eine wirtschaftliche Einheit entsteht4, sowie im Fall der Bildung eines Gleichordnungskonzerns5. 2. Kontrollerwerb Ein Kontrollerwerb im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. b) FKVO setzt voraus, dass ein Unternehmen über ein anderes entweder die alleinige oder, zusammen mit anderen, die gemeinsame Kontrolle ausüben kann. Die Möglichkeit zur Kontrollausübung liegt gemäß Art. 3 Abs. 2 FKVO vor, wenn ein Unternehmen die Möglichkeit erhält, über ein anderes bestimmenden Einfluss auszuüben, wobei nicht erforderlich ist, dass der Erwerber die Kontrolle auch tatsächlich ausübt.6 Die Möglichkeit, bestimmenden Einfluss auszuüben, kann de jure durch den Erwerb der Stimmrechtsmehrheit eines anderen Unternehmens oder den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung erlangt werden, wenn die Minderheitsbeteiligung mit besonderen Rechten ausgestattet ist, die es dem Minderheitsgesellschafter erlauben, die Wirtschaftsstrategie des Unternehmens zu bestimmen.7 Sie kann aber auch de facto vorliegen, wenn, beispielsweise bei Streubesitz der Aktien, auf Grundlage der Hauptversammlungspräsenzen der letzten Jahre der Erwerber eine gesicherte Stimmrechtsmehrheit erwirbt.8 Der Kontrollerwerb erfasst im europäischen Recht daher sowohl die Fälle, die nach deutschem Recht unter den Kontrollerwerb fallen, einschließlich Anteilserwerb (share deal) und Vermögenserwerb (asset deal).9 Er umfasst zudem aber auch Minderheits3 Mitteilung der Kommission über den Begriff des Zusammenschlusses, ABl. 1998 C 66/5 Tz. 7; Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 15 Rdnr. 32. 4 Mitteilung der Kommission über den Begriff des Zusammenschlusses, ABl. 1998 C 66/5 Tz. 7. 5 Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 15 Rdnr. 32. 6 Mitteilung der Kommission über den Begriff des Zusammenschlusses, ABl. 1998 C 66/5 Tz. 9. 7 Mitteilung der Kommission über den Begriff des Zusammenschlusses, ABl. 1998 C 66/5 Tz. 13, 14. 8 Mitteilung der Kommission über den Begriff des Zusammenschlusses, ABl. 1998 C 66/5 Tz. 14; Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 15 Rdnr. 42. 9 Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 15 Rdnr. 36.
A. Die Art. 8 Abs. 4 FKVO unterliegenden Zusammenschlüsse
325
beteiligungen, die nach deutschem Recht allenfalls einen wettbewerblich erheblichen Einfluss, beispielsweise durch Erlangen einer (faktischen) Sperrminorität, vermitteln könnten (negative Kontrolle). Ein Fall der gemeinsamen Kontrolle liegt im Fall des Art. 3 Abs. 4 FKVO vor, wenn mehrere Unternehmen ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, das auf Dauer alle Funktionen einer selbständigen Wirtschaftseinheit erfüllt (Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen).10 3. Vollzug Der Begriff des „Vollzugs“ im europäischen Recht stimmt mit demjenigen im deutschen Recht11 überein: Vollzogen ist ein Unternehmenszusammenschluss, wenn einer der Zusammenschlusstatbestände des Art. 3 FKVO vollendet ist; Vollzugshandlungen sind daher alle Handlungen, die der Durchführung eines Zusammenschlussvorhabens dienen, also alle rechtlichen oder tatsächlichen Handlungen, die zur Verwirklichung des Zusammenschlusses führen.12
II. Überschreiten der Umsatzschwellen oder Verweisung 1. Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung Liegt nach den vorgenannten Kriterien ein vollzogener Unternehmenszusammenschluss im Sinne des Art. 8 Abs. 4 vor, so ist zu ermitteln, ob es sich um einen Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne des Art. 1 FKVO handelt. Ein Unternehmenszusammenschluss hat gemeinschaftsweite Bedeutung, wenn die an ihm beteiligten Unternehmen gemeinsam die in Art. 1 FKVO genannten Umsatzschwellen überschreiten. Die Umsatzschwellen der FKVO liegen derzeit bei einem weltweiten Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen von 5 Mrd. Euro und einem gemeinschaftsweiten Umsatz mindestens zweier am Zusammenschluss beteiligter Unternehmen von jeweils mehr als 250 Mio. Euro, Art. 1 Abs. 2 FKVO. Alternativ genügt es, wenn der weltweite Gesamtumsatz aller am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen mehr als 2,5 Mrd. Euro beträgt, 10 Mitteilung der Kommission über den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens, ABl. 1998, C. 66/01; Wiedemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 15 Rdnr. 29. 11 Dazu oben, Teil 1, A. I. bei Fn. 10, S. 33. 12 Körber, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: EG5, Art. 7 Rdnr. 7; Mäger, in: Mäger, Europäisches Kartellrecht2, Kap. 8 Rdnr. 320; vgl. auch Baron, in: Langen/Bunte, Europäisches Kartellrecht11, Art. 7 FKVO Rdnrn. 10 f.
326
Teil 4: Überblick über Auflösung von Zusammenschlüssen i. S. d. FKVO
sofern ihr Gesamtumsatz in mindestens drei Mitgliedstaaten jeweils 100 Mio. Euro übersteigt, mindestens zwei beteiligte Unternehmen dort einen Umsatz von mehr als 25 Mio. Euro verzeichnen können und der gemeinschaftsweite Umsatz von mindestens zwei beteiligten Unternehmen jeweils 100 Mio. Euro übersteigt, Art. 1 Abs. 3 FKVO. 2. Verweisung auf Grundlage des Art. 4 Abs. 5 FKVO Der Auflösung nach der FKVO unterliegen aber auch Zusammenschlüsse, die zwar keine gemeinschaftsweite Bedeutung im Sinne des Art. 1 FKVO haben, die aber kraft Verweisung an die Kommission von dieser geprüft werden, da das Vorhaben in mindestens drei Mitgliedstaaten geprüft werden könnte und die Parteien daher nach Art. 4 Abs. 5 FKVO die Verweisung an die Kommission beantragt haben.
III. Für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt Die Beurteilung, wann ein Zusammenschluss für mit dem gemeinsamen Markt für vereinbar und wann er mit dem gemeinsamen Markt für unvereinbar zu erklären ist, unterscheidet sich von der aktuellen materiellen Beurteilung von Zusammenschlüssen im deutschen Recht: Während das GWB gemäß § 36 Abs. 1 GWB derzeit noch den sogenannten Marktbeherrschungstest anwendet, findet auf europäischer Ebene seit der 2. FKVO-Revision im Jahr 2004 gemäß Art. 2 FKVO der sogenannte SIEC-Test (significant impediment of effective competition) Anwendung13. Künftig soll aber auch das GWB den SIEC-Test anwenden. Art. 1 Nr. 20 des Gesetzesentwurfs zur 8. GWB-Novelle14 sieht insoweit eine Anpassung an das Europäische Recht vor. Nach dem SIEC-Test kommt es darauf an, ob der Zusammenschluss den wirksamen Wettbewerb tatsächlich erheblich behindert.15
IV. Kein Auflösungshindernis Der Auflösung darf auch im europäischen Recht kein Auflösungshindernis entgegenstehen. Der Zusammenschluss muss daher entweder vor seiner Auflösung wirksam untersagt worden (Art. 8 Abs. 4 lit. a) FKVO) oder es muss Körber, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: EG5, Art. 2 Rdnr. 2. Siehe Teil 1, Fn. 225, S. 74. 15 Baron, in: Langen/Bunte, Europäisches Kartellrecht11, Art. 2 FKVO, Rdnr. 138; Körber, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: EG5, Art. 2 Rdnr. 1. 13 14
A. Die Art. 8 Abs. 4 FKVO unterliegenden Zusammenschlüsse
327
festgestellt worden sein, dass bei Verstoß gegen die mit einer Freigabe verknüpfte Bedingung der Zusammenschluss mit dem gemeinsamen Markt nicht vereinbar bzw. nicht freistellungsfähig ist (Art. 8 Abs. 4 lit. b) FKVO). Wurde ein Zusammenschluss zunächst wirksam freigegeben, so ist eine nachträgliche Untersagung des Zusammenschlusses wegen seiner Unvereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt nur unter den Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 6 FKVO möglich; wenn die Kommission die Freigabe also ausnahmsweise widerrufen kann. Auch im Hinblick auf die Widerrufsgründe laufen das deutsche und das europäische Recht parallel: Der Widerruf ist nach Art. 8 Abs. 6 FKVO möglich, wenn die Freigabe auf unrichtigen Angaben beruhte, die die Parteien zu vertreten haben oder die Freigabe arglistig herbeigeführt wurde (lit. a) bzw. wenn die beteiligten Unternehmen einer mit der Freigabe verbundenen Auflage zuwiderhandeln (lit. b). Die Fristen des Art. 10 Abs. 3 FKVO, an deren Ablauf Art. 10 Abs. 6 FKVO die Fiktion der Freigabe knüpft, finden in diesem Fall keine Anwendung, Art. 8 Abs. 7 lit. b) FKVO. Die Freistellung vom Vollzugsverbot gemäß Art. 7 Abs. 3 FKVO stellt hingegen kein Auflösungshindernis dar.16 Wie im deutschen Recht ist die Befreiung vom Vollzugsverbot nur eine befristete Freistellung von der Beachtung des Vollzugsverbots bis zur Entscheidung über den Zusammenschluss.
V. Zusammenfassung Obwohl die europäische Fusionskontrollverordnung lediglich zwei Zusammenschlusstatbestände kennt, die Fusion und den Kontrollerwerb, erfasst sie im Wesentlichen dieselben Fälle, wie die deutsche Zusammenschlusskontrolle mit ihren vier Zusammenschlusstatbeständen. Lediglich Minderheitsbeteiligungen werden von der europäischen Fusionskontrolle nicht in gleichem Maße erfasst. Die europäische Zusammenschlusskontrolle erfordert zu ihrer Anwendbarkeit jedoch die Überschreitung wesentlich höherer Umsatzschwellen. Im Gegensatz zum deutschen Recht unterliegt ein Zusammenschluss auf europäischer Ebene nur dann der Auflösung gemäß Art. 8 Abs. 4 FKVO, wenn der Zusammenschluss vorher für unvereinbar mit dem gemeinsamen Markt erklärt wurde. Zur Bestimmung, ob ein Zusammenschluss mit dem gemeinsamen Markt vereinbar ist, wird im europäischen Recht der SIECTest herangezogen. Maßgeblich ist demnach, ob der wirksame Wettbewerb durch den Zusammenschluss erheblich beschränkt wird. 16
Baron, in: Langen/Bunte, Europäisches Kartellrecht11, Art. 8 FKVO Rdnr. 121.
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Teil 4: Überblick über Auflösung von Zusammenschlüssen i. S. d. FKVO
B. Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse Wie im deutschen Recht kann im Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung zwischen formell illegal und formell legal vollzogenen Unternehmenszusammenschlüssen unterschieden werden. Mit Art. 7 Abs. 1 FKVO gilt nämlich auch im europäischen Recht der Fusionskontrolle ein Vollzugsverbot. Demnach darf ein Zusammenschluss, der der Prüfung durch die Kommission unterliegt, nicht vollzogen werden, bis er durch die Kommission für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt worden ist. Für die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse gemäß Art. 8 Abs. 4 FKVO macht es aber keinen Unterschied, ob diese formell illegal oder formell legal vollzogen wurden.17 Zum einen genießt die Wiederherstellung des vorherigen Zustands durch Rückabwicklung des vollzogenen Zusammenschlusses im europäischen Recht nämlich ohnehin Vorrang, und zwar unabhängig davon, ob der Erwerb wirksam oder wegen Art. 7 Abs. 4 (schwebend) unwirksam ist. Zu beachten ist jedoch, dass es bei der Rückabwicklung ausweislich des Wortlauts des Art. 8 Abs. 4 nicht um die Wiederherstellung des vorherigen eigentumsrechtlichen Zustands geht, sondern um den vorherigen Zustand in wettbewerblicher Hinsicht.18 Daher kann die Rückabwicklung des Zusammenschlusses im Sinne des Art. 8 Abs. 4 FKVO beispielsweise auch durch Verkauf an einen Dritten erfolgen. Zum anderen ist die Unterscheidung des formell legalen vom formell illegalen Vollzug im deutschen Recht aber insbesondere maßgeblich für die Frage, wer zur Auflösung des Zusammenschlusses – unabhängig von der zivilrechtlichen Wirksamkeit – herangezogen werden kann, also Störer ist. Wer Adressat einer Auflösungsverfügung nach Art. 8 Abs. 4 FKVO sein kann ergibt sich, im Gegensatz zum deutschen Recht, aber unmittelbar aus Art. 8 Abs. 4 FKVO selbst. Dort heißt es: „[Die Kommission] kann den beteiligten Unternehmen aufgeben, den Zusammenschluss rückgängig zu machen, [. . .]“. Wer „beteiligtes Unternehmen“ im Fusionskontrollverfahren ist, ergibt sich aus Art. 11 der Durchführungsverordnung zur FKVO, der VO 802/2004/EG. Zu den Beteiligten zählen gemäß Art. 11 Ziffer 1 lit. a) und b) VO 802/2004/EG sowohl die Anmelder, also insbesondere der Erwerber (lit. a) als auch der Veräußerer und das Unternehmen, das übernommen werden soll (lit. b: „andere Beteiligte“). Ein Rückgriff auf die nationalen Grundsätze der Störerhaftung ist daher nicht Siehe auch Baron, in: Langen/Bunte, Europäisches Kartellrecht11, Art. 8 FKVO Rdnr. 121. 18 Wagemann, in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts2, § 17 Rdnr. 138. 17
B. Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse
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erforderlich, er wäre aber auch unzulässig. Diese rein nationalen Grundsätze finden auf europäischer Ebene keine Anwendung. Adressaten der Auflösungsanordnung sind daher, unabhängig von der Legalität und der Wirksamkeit des Erwerbs in erster Line sowohl der Erwerber als auch der Verkäufer. Auch für die Europäische Kommission gilt aber das Verhältnismäßigkeitsprinzip19, das in Art. 52 Abs. 1 S. 2 GRCh niedergelegt ist. Demzufolge dürfen Einschränkungen der in der Grundrechtecharta anerkannten Rechte nur unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit vorgenommen werden. Zudem liegt es im Gegensatz zum deutschen Recht bereits im Ermessen der Kommission, ob sie für den Zusammenschluss, nach seiner Untersagung, auch die Auflösung anordnet.20 „Erforderlich“ im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist die den bzw. die Betroffenen am wenigsten belastende Maßnahme.21 Das Maß der Beeinträchtigung der Rechte des Einzelnen hängt wiederum davon ab, ob der Erwerb auf Seiten des Käufers wirksam oder unwirksam war. Im Folgenden wird daher zwischen den wirksamen und den wegen Art. 7 Abs. 4 FKVO unwirksamen Zusammenschlüssen unterschieden.
I. Formell illegal vollzogene Zusammenschlüsse 1. Umfang des Vollzugsverbots Das Vollzugsverbot verbietet alle rechtlichen oder tatsächlichen Handlungen, die zur Verwirklichung des Zusammenschlusses führen22 sowie die faktische Vorwegnahme des künftigen Zusammenschlusses (gun jumping)23. Hierzu zählen nur Vollzugshandlungen und nicht bereits Vorbereitungshandlungen. Eine Vorbereitungshandlung stellt beispielsweise, wenn der Vertrag Vgl. Körber, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: EG5, Art. 8 VO 139/2004/EG, Rdnr. 204; v. Koppenfels, in: MüKo Kartellrecht, Europäisches Wettbewerbsrecht, Art. 8 FKVO Rdnr. 121. Vgl. auch Dittert, WuW 2004, 148 (157). 20 Baron, in: Langen/Bunte, Europäisches Kartellrecht11, Art. 8 FKVO Rdnr. 120; v. Koppenfels, in: MüKo Kartellrecht, Europäisches Wettbewerbsrecht, Art. 8 FKVO Rdnr. 121; ein Entschließungsermessen ablehnend hingegen Körber, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: EG5, Art. 8 Rdnr. 201. 21 Jarass, GRCh, Art. 52 Rdnr. 38; von Danewitz, in: Tettinger/Stern, GRCh, Art. 52 Rdnr. 41. 22 Baron, in: Langen/Bunte, Europäisches Kartellrecht11, Art. 7 FKVO Rdnr. 10; Bechtold/Bosch/Brinker/Hirsbrunner, EG-Kartellrecht2, FKVO Art. 7 Rdnr. 1; Körber, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: EG5, FKVO, Art. 7 Rdnr. 7. 23 Baron, in: Langen/Bunte, Europäisches Kartellrecht11, Art. 7 FKVO Rdnr. 11. 19
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Teil 4: Überblick über Auflösung von Zusammenschlüssen i. S. d. FKVO
deutschem Recht unterliegt24, die schuldrechtliche Vereinbarung dar.25 Im Fall der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens verstößt bereits die Gründung der Gesellschaft, und nicht erst die Übertragung von Vermögenswerten auf das Unternehmen26 oder die Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit durch das Gemeinschaftsunternehmen27 gegen das Vollzugsverbot. Für den Vertragsschluss über die Börse sowie im Rahmen öffentlicher Übernahmeangebote sieht die Fusionskontrollverordnung in Art. 7 Abs. 2 jedoch die nun auch in das deutsche Recht eingeführte Ausnahme von dem Vollzugsverbot für über die Börse oder im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots erworbene Anteile vor, sofern der Zusammenschluss unverzüglich angemeldet wird und der Erwerber die Stimmrechte aus den betreffenden Anteilen nicht, bzw. nur ausübt, soweit dies zur Erhaltung des vollen Wertes seiner Investition erforderlich ist und die Kommission ihn von der Verpflichtung zur Unterlassung der Stimmrechtsausübung freigestellt hat. Durch die Ausnahme der Börsengeschäfte vom Vollzugsverbot soll Rechtssicherheit hinsichtlich solcher Geschäfte hergestellt werden.28 Rechtsgeschäfte, die unter Missachtung des Vollzugsverbots geschlossen wurden, sind gemäß Art. 7 Abs. 4 FKVO ausdrücklich bis zur (fiktiven) Freigabe oder Untersagung des Zusammenschlusses schwebend unwirksam („Die Wirksamkeit [. . .] ist von [. . .] abhängig.“). Die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit richten sich nach dem auf den Vertrag anzuwendenden nationalen Recht.29
24 Dies wird anders zu beurteilen sein, wenn der Vertrag nach dem Recht eines anderen Staates geschlossen wurde, das der typisch deutschen Trennung von Kausalgeschäft und Erfüllungsgeschäft nicht folgt. 25 Ablasser-Neuhuber, in: L/M/R, Kartellrecht2, Art. 7 VO 139/2004 Rdnr. 2; Baron, in: Langen/Bunte, Europäisches Kartellrecht11, Art. 7 FKVO Rdnr. 30; Bechtold/Bosch/Brinker/Hirsbrunner, EG-Kartellrecht2, FKVO Art. 7 Rdnr. 7; Klees, Europäisches Kartellverfahrensrecht, S. 467; Zeise in: Schulte, Handbuch Fusionskontrolle2, Rdnr. 1843. 26 So aber Körber, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht: EG5, Art. 7 FKVO Rdnr. 17. 27 So auch Bechtold/Bosch/Brinker/Hirsbrunner, EG-Kartellrecht2, FKVO Art. 7 Rdnr. 1, kritisch solange das Unternehmen die beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit noch nicht ausübt Wessely, in: MüKo Kartellrecht, Europäisches Wettbewerbsrecht, Art. 7 FKVO Rdnr. 38. A. A. Ablasser-Neuhuber, in: L/M/R, Kartellrecht2, Art. 7 VO 139/2004, Rdnr. 2. 28 Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, KOM(2002) 711 endg., ABl. EG vom 28.01.2003, C-20/4, Rdnr. 66; Klees, Europäisches Kartellverfahrensrecht, S. 470. 29 Ablasser-Neuhuber, in: L/M/R, Kartellrecht2, Art. 4 VO 139/2004 Rdnr. 9 m. w. N.; Baron, in: Langen/Bunte, Europäisches Kartellrecht11, Art. 7 FKVO Rdnr. 30.
B. Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse
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2. Das für die Folgen der Unwirksamkeit anzuwendende nationale Recht Die Rechtsfolgen und Ansprüche der Parteien gegeneinander im Fall des Scheiterns der Vertragsdurchführung richten sich grundsätzlich nach dem Vertragsstatut, also demjenigen Recht, das auf den Unternehmens- oder Beteiligungskaufvertrag Anwendung findet. Wenn beide Parteien sowie gegebenenfalls das Zielunternehmen ihren Sitz in ein und demselben Staat haben, ist selbstverständlich das Recht dieses Staates anzuwenden. Sobald ein Vertrag aber eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweist, kann sich die Bestimmung des auf den Vertrag anzuwendenden Rechts schwieriger gestalten. Innerhalb der EU wird das auf einen nach dem 17. Dezember 2009 geschlossenen Vertrag anzuwendende Recht nach der Verordnung 593/2008 (Rom I-VO) bestimmt. Dabei ist nicht erforderlich, dass die Parteien ihren Sitz in Mitgliedstaaten der EU haben, die Rom I-VO findet gemäß ihres Art. 2 universelle Anwendung30. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO unterliegt ein Vertrag vorrangig dem von den Parteien gewählten Recht. Fehlt eine solche Vereinbarung, so enthält Art. 4 Rom I-VO objektive Anknüpfungskriterien. Auf Kaufverträge über bewegliche Gegenstände ist beispielsweise gemäß Art. 4 Abs. 1 lit. a) Rom I-VO das Recht am Sitz des Verkäufers anzuwenden. Auf Verträge, die nicht unter die in Abs. 1 genannten Verträge fallen, ist das Recht am Sitz der Partei maßgeblich, die die charakteristische Leistung erbringt, Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO. Der Erwerb einer Beteiligung fällt nur dann unter Art. 4 Abs. 1 lit. a) Rom I-VO, wenn die Beteiligung verbrieft ist und die Mitgliedschaft über den Erwerb der Aktie erfolgt. Anderenfalls handelt es sich um den Erwerb von Rechten, der unter Abs. 2 fällt.31 Der Kauf eines Unternehmens in Form des asset deal enthält dagegen Elemente eines Kaufs über bewegliche Gegenstände sowie über Rechte. Auch er fällt daher unter Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO, so dass sich das anzuwendende Recht nach der charakteristischen Leistung richtet. Die charakteristische Leistung erbringt im Rahmen eines Kaufvertrags in der Regel der Verkäufer, da der Kaufgegenstand und nicht der immer zu zahlende Kaufpreis den Vertrag charakterisiert.32 Handelt es sich bei dem Zusammenschluss dagegen um die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, so ist Art. 4 Abs. 4 Rom I-VO anzuwenden33, demzufolge auf die engste Verbindung abzustellen ist. Bei einem Gemeinschaftsunternehmen wird es dann 30 31 32 33
Magnus, Magnus, Magnus, Magnus,
in: in: in: in:
Staudinger, Staudinger, Staudinger, Staudinger,
BGB, BGB, BGB, BGB,
Art. Art. Art. Art.
2 4 4 4
Rom Rom Rom Rom
I I I I
VO VO VO VO
Rdnr. Rdnr. Rdnr. Rdnr.
1. 5. 113. 98.
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Teil 4: Überblick über Auflösung von Zusammenschlüssen i. S. d. FKVO
auf den Sitz des Gemeinschaftsunternehmens ankommen.34 Dem steht der Ausschluss der Rom I-VO für die Errichtung von juristischen Personen gemäß Art. 1 Abs. 2 lit. f) Rom I-VO nicht entgegen, da es hier um die vertragliche Vereinbarung der Parteien geht, während die Rom I-VO lediglich die Bestimmung der Gründungsvorschriften nach der Rom I-VO ausschließen will.35 Das nach der Rom I-Verordnung anzuwendende Recht ist gemäß Art. 12 Abs. 1 Rom I-VO auch für die Folgen der Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung (lit. c), Fragen des Erlöschens der vertraglichen Verpflichtung (lit. d) und die Folgen der Nichtigkeit, Unwirksamkeit oder Fehlerhaftigkeit36 des Vertrags anzuwenden (lit. e). Insbesondere die Rückabwicklung unwirksamer Verträge richtet sich daher nach dem über Artt. 3, 4 Rom I-VO anzuwendenden nationalen Recht.37 Für die Möglichkeiten des Erwerbers im Fall der mangelhaften Erfüllung ist dagegen gemäß Art. 12 Abs. 2 Rom I-VO das Recht am Erfüllungsort maßgeblich. Soweit Art. 4 Rom I-VO daher zur Anwendbarkeit des deutschen Rechts führt, gilt für die zivilrechtliche Lage im Fall des Scheiterns der Vertragsdurchführung das deutsche Recht. 3. Die Auflösung des Zusammenschlusses durch die Kommission Das Gesetz sieht in Art. 8 Abs. 4 Unterabsatz 1 1. Spiegelstrich vor, dass die Rückabwicklung eines vollzogenen Unternehmenszusammenschlusses insbesondere durch die Auflösung einer Fusion oder durch den Verkauf aller Anteile oder Vermögensgegenstände erfolgen kann. Durch den Ausdruck „insbesondere“ wird deutlich, dass neben den aufgezählten Maßnahmen zur Rückabwicklung auch andere Maßnahmen zulässig sind. Möglich ist daher grundsätzlich auch die Anordnung zur Rückgabe der Anteile bzw. Vermögensgegenstände an den Veräußerer. Subsidiär ist jede andere geeignete Maßnahme möglich, um den Zustand vor dem Vollzug des Zusammenschlusses soweit wie möglich wiederherzustellen. Bei der Auswahl zwischen mehreren möglichen Maßnahmen hat die Kommission den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten.38
34 35 36 37 38
Vgl. Magnus, in: Staudinger, BGB, Art. 4 Rom I VO Rdnr. 153. Magnus, in: Staudinger, BGB, Art. 4 Rom I VO Rdnr. 144. Magnus, in: Staudinger, BGB, Art. 12 Rom I VO Rdnr. 77. Magnus, in: Staudinger, BGB, Art. 12 Rom I VO Rdnr. 76. Siehe die Nachweise in Fn. 19, S. 329.
B. Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse
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Die Europäische Kommission hat in den Auflösungsentscheidungen Kesko/Tuko39, Blokker/Toys ‚R‘ Us40, Schneider/Legrand41 und Tetra Laval/Sidel42, noch unter der alten Fusionskontrollverordnung VO (EWG) 4064/89, nach dem Wortlaut der zur Auflösung ermächtigenden Grundlage des Art. 8 Abs. 4 primär darauf abgestellt, „wirksamen Wettbewerb wiederherzustellen.“ Dieses Auflösungsziel ist mit der FKVO aus dem Jahr 2004 nicht mehr identisch. Hier wird vielmehr die Wiederherstellung des vorherigen Zustands als das primäre Ziel der Auflösung hervorgehoben. Daher soll im Folgenden untersucht werden, wie die Auflösung unter Geltung der FKVO zu erfolgen hätte. a) Eingriff in geschützte Rechte der Adressaten aa) Charta der Grundrechte der EU Die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch die Europäische Kommission setzt voraus, dass die Maßnahme in geschützte Rechtspositionen eingreift. Der Eingriff in geschützte Rechtspositionen bestimmt sich unter Geltung der europäischen Fusionskontrollverordnung aber nicht nach den deutschen Grundrechten. Diese geben nur demjenigen ein Abwehrrecht, der durch eine Maßnahme des Staates, und damit ist nur der deutsche Staat gemeint, in den dort geschützten Rechten beeinträchtigt wird. Ob die Maßnahme einer europäischen Institution wie der Europäischen Kommission in Rechtspositionen Privater eingreift, richtet sich vielmehr nach europäischem Recht, insbesondere nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 7. Dezember 2000 (GRCh). Die Grundrechtecharta hat mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Jahr 2009 neue Relevanz erlangt, da der neue EU-Vertrag in Art. 6 Abs. 1 verbindlich auf sie verweist und sie den EU-Verträgen rechtlich ausdrücklich gleichstellt. bb) Die durch die Grundrechtecharta gewährleisteten Grundrechte Die Grundrechtecharta der Europäischen Union schützt unter anderem mit Art. 17 das Eigentum, mit Art. 16 die unternehmerische Freiheit, mit 39 Kommission, Entscheidung vom 19.02.1997, IV/M.784, ABl. 1997, L 174/47 – „Kesko/Tuko“. 40 Kommission, Entscheidung vom 26.06.1997, IV/M.890, ABl. 1998, L 316/1 – „Blokker/Toys ‚R‘ Us“. 41 Kommission, Entscheidung vom 10.10.2001, COMP/M.2283. 42 Kommission, Entscheidung vom 30.10.2001, COMP/M.2416.
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Teil 4: Überblick über Auflösung von Zusammenschlüssen i. S. d. FKVO
Art. 15 die Berufsfreiheit und mit Art. 12 die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Ein Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit ist der Grundrechtecharta dagegen fremd.43 Teilweise wird der Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit aber von Art. 7 GRCh erfasst44, der das Recht auf Achtung des Privatlebens enthält. Die unter Geltung des deutschen Rechts in die allgemeine Handlungsfreiheit eingreifenden Maßnahmen (insbesondere die Verpflichtung zur Rücknahme bzw. Herausgabe des Zusammenschlussobjekts bei formell illegalen Unternehmenszusammenschlüssen) dürften unter Geltung der Grundrechtecharta aber bereits einen Eingriff in die Freiheit der unternehmerischen Betätigung darstellen, die nach Art. 16 GRCh geschützt ist. In ihrem Inhalt bleiben die Grundrechte der Europäischen Grundrechtecharta nicht hinter den deutschen Grundrechten zurück: Wie im deutschen Recht umfasst der Eigentumsschutz nach Art. 17 GRCh jedes vermögenswerte Recht, das dem Einzelnen so zugeordnet ist, dass er die damit verbundenen Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung und zu seinem privaten Nutzen ausüben darf45 und damit auch die Mitgliedschaft sowie das Unternehmen, soweit es als Vermögensposition betroffen ist46. Das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit schützt auch das Recht, einer wirtschaftlichen47 Vereinigung beizutreten oder nicht beizutreten.48 Im Gegensatz zum deutschen Recht regelt die Grundrechtecharta die unternehmerische Freiheit in einem eigenen, von der Berufsfreiheit getrennten und diesem wohl als lex specialis vorgehenden49 Artikel, Art. 16 GRCh. Art. 16 GRCh schützt insbesondere die Aufnahme und die Beendigung der unternehmerischen Betätigung.50 Wenn die Übertragung des Zusammenschlussobjekts auf den Erwerber wegen Art. 7 Abs. 4 FKVO unwirksam war, greift die Anordnung der Rückabwicklung daher auf Seiten des Verkäufers wie auch auf Seiten des Pernice/Mayer, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union40, Rdnr. 75. 44 Dauses, Der Schutz der Grundrechte in der Rechtsordnung der Europäischen Union (2010), S. 84. 45 Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 17 Rdnr. 6. 46 EGMR, Nr. 31107/96 vom 25.03.1999, Rdnr. 54. Zu der insoweit teilweise ablehnenden EuGH-Rechtsprechung vgl. Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 17 Rdnr. 12. 47 Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 12 Rdnr. 21; Ruffert, in: Calliess/Ruffert, EU/EG4, Art. 12 Rdnr. 11. 48 Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 12 Rdnr. 24 (Beitritt), 25 (Nichtbeitritt). 49 Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 16 Rdnr. 4. 50 Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 16 Rdnr. 9. 43
B. Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse
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Erwerbers in die unternehmerische Freiheit des Art. 16 GRCh ein. Die Anordnung des Verkaufs des Zusammenschlussobjekts an einen Dritten greift auf Seiten des Erwerbers in dessen unternehmerische Freiheit, auf Seiten des Veräußerers in dessen nach Art. 17 GRCh geschütztes Eigentum ein. Kompensationslösungen und die Züchtung eines neuen Unternehmens, während der Erwerber das Zusammenschlussobjekt behält, können schließlich sowohl zu Lasten des Verkäufers als auch zu Lasten des Erwerbers in deren nach Art. 17 GRCh geschütztes Eigentum eingreifen.51 War die Übertragung des Zusammenschlussobjekts wegen der Ausnahme des Art. 7 Abs. 2 hingegen wirksam, so greifen alle hier untersuchten Auflösungsmaßnahmen in das nach Art. 17 GRCh geschützte Eigentum des Erwerbers ein. Durch Restitution und Verkaufslösungen wird er darüber hinaus in seinem nach Art. 12 GRCh geschützten Recht, Teil einer Vereinigung zu bleiben sowie in seiner Berufsausübungsfreiheit nach Art. 15 GRCh beschränkt. Die Anordnung der Rückabwicklung greift zu Lasten des Veräußerers in dessen (negative) Vereinigungsfreiheit nach Art. 12 GRCh sowie in die nach Art. 15 GRCh geschützte Berufsfreiheit ein, sofern das Zusammenschlussobjekt in einem Unternehmen besteht. Von den anderen Auflösungsmaßnahmen wird der Veräußerer nicht betroffen.52 cc) Schranken und Schranken-Schranken der Grundrechte nach der Grundrechtecharta Gemäß Art. 52 Abs. 1 muss jede Einschränkung der gewährten Grundrechte gesetzlich vorgesehen sein, den Wesensgehalt der Grundrechte achten und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht in seinen Voraussetzungen dem deutschen Recht und erfordert ein zu einem legitimen Zweck geeignetes Mittel, das erforderlich und angemessen ist53. Das Eigentumsgrundrecht des Art. 17 GRCh sieht in S. 2, 3 einen weitgehenden Gesetzesvorbehalt für den Eigentumsentzug sowie die Nutzungsbeschränkung vor und die unternehmerische Freiheit des Art. 16 GRCh enthält einen Ausgestaltungs- und Regelungsvorbehalt54. Die Zusammenschlussfreiheit des Art. 12 GRCh sowie die Berufsfreiheit nach Art. 15 51 Zu den Einzelheiten vgl. die obigen Ausführungen zum deutschen Recht unter Teil 3, A. II. 2. a). 52 Zu den Einzelheiten siehe die Ausführungen zum deutschen Recht unter Teil 3, A. II. 2. a) und B. II. 2. b). 53 Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 52 Rdnrn. 37–41. 54 Jarass, Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 16 Rdnr. 18.
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Teil 4: Überblick über Auflösung von Zusammenschlüssen i. S. d. FKVO
GRCh enthalten dagegen keinen Vorbehalt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Grundrechte unbeschränkt gewährt werden, die Zulässigkeit ihrer Beschränkung richtet sich dann allerdings (nur) nach Art. 52 Abs. 1 GRCh sowie gemäß Art. 52 Abs. 3 nach den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention, wenn das Grundrecht einem durch die Europäische Menschenrechtskonvention garantierten Recht entspricht. Die auf europäischer Ebene gewährten Grundrechte sowie die Anforderungen an ihre Beschränkbarkeit entsprechen damit im Wesentlichen den Grundsätzen auf deutscher Ebene: Die Auflösung des Zusammenschlusses muss also durch ein zulässiges Gesetz vorgesehen und zur Wiederherstellung der vorherigen Wettbewerbssituation geeignet, erforderlich und angemessen sein. Inwieweit eine Beschränkung durch Gesetz zulässig ist, ergibt sich für das Eigentum unmittelbar aus Art. 17 S. 2, 3 GRCh. Der Umfang der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GRCh richtet sich dagegen nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung in den einzelnen Mitgliedstaaten. b) Die Wahl der Auflösungsmaßnahme Zur Bestimmung der anzuordnenden Auflösungsmaßnahme hat die Kommission vorrangig nach Art. 8 Abs. 4 Unterabsatz 1, 1. Spiegelstrich zu prüfen, ob die Wiederherstellung des vorherigen Zustands erreicht werden kann, indem die Parteien zur Rückgängigmachung des Zusammenschlusses angehalten werden. Kommen mehrere Maßnahmen zur Wiederherstellung der vorherigen Lage in Betracht, hat sie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten.55 Da dieser wie im deutschen Recht voraussetzt, dass keine mildere Maßnahme gleichermaßen zur Erreichung des Zwecks geeignet ist, ist auch unter Geltung der Fusionskontrollverordnung eine Abwägung der von der konkreten Auflösungsmaßnahme betroffenen Interessen vorzunehmen. Wenn mehrere mögliche Maßnahmen sowohl in (europäische) Grundrechte des Verkäufers als auch des Erwerbers eingreifen, ist zu bestimmen, welchem Recht der Vorrang einzuräumen ist. Insoweit sind insbesondere die Folgen der Unwirksamkeit von Rechtsgeschäften nach Art. 7 Abs. 2 FKVO zu beachten, denn diese geben Aufschluss darüber, wem nach dem Gesetz die Risiken der Auflösung zugewiesen sind. Da sich die Folgen der Unwirksamkeit nach nationalem Recht richten56, ist auch für die Auflösung im Anwendungsbereich der Fusionskontrollverordnung durch die Kommission die nationale zivilrechtliche Risikoverteilung zu berücksichtigen. Richten sich die Folgen der Unwirksamkeit daher nach deutschem Recht, so hat 55 56
Siehe Fn. 19, S. 329; 53, S. 335. Siehe oben, B. I. 2.
B. Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse
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die Kommission in ihrer Abwägungsentscheidung die oben in Teil 2 dargelegte Risikoverteilung zu berücksichtigen. aa) Wirksames Verpflichtungsgeschäft, unwirksame Übertragung Unter die Fallgruppe des wirksamen Verpflichtungsgeschäfts und der unwirksamen Übertragung fallen insbesondere solche Zusammenschlüsse, die auf Grundlage eines unbedingten Kaufvertrages vollzogen und aufgrund der Unwirksamkeitsfolge des Art. 7 Abs. 1 FKVO nicht vollendet wurden. Da sich die Folgen der Unwirksamkeit nach deutschem Recht richten57, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Zu beachten ist aber, dass nach europäischem Recht stets Verkäufer und Käufer gleichermaßen zur Auflösung des Zusammenschlusses herangezogen werden können. Es gelten daher für die Wahl der erforderlichen Auflösungsmaßnahme diejenigen Grundsätze, die für das deutsche Recht nur dann gelten, wenn Verkäufer und Käufer gleichermaßen als Störer qualifiziert werden. Die Wiederherstellung des vorherigen Zustands durch Rückübertragung des Zusammenschlussobjekts auf den Verkäufer ist grundsätzlich vorrangig vor einem Verkauf an einen Dritten zu prüfen.58 Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich um den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung, insbesondere über die Börse handelt, da im Rahmen ihrer Wiederveräußerung für den Erwerber in der Regel keine erheblichen Kosten entstehen.59 Wegen der gleichmäßigen Beeinträchtigung der Rechte des Erwerbers in den Fällen der Restitution und dem Verkauf an einen Dritten kommt es dann darauf an, welche Maßnahme für den Verkäufer die mildere ist. Kompensationsmaßnahmen können nur angeordnet werden, wenn weder die Rückübertragung auf den Verkäufer, noch der Verkauf an Dritte zur Wiederherstellung des Zustands vor dem Zusammenschluss geeignet ist. Die Subsidiarität von Kompensationsmaßnahmen geht im Gegensatz zum deutschen Recht bereits aus dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 4 Unterabsatz 1 1. Spiegelstrich hervor, demzufolge aber auch Verkaufslösungen unter die Möglichkeiten zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands gefasst werden („durch die Auflösung der Fusion oder die Veräußerung aller erworbenen Anteile oder Vermögensgegenstände, um den Zustand vor dem Vollzug des Zusammenschlusses wiederherzustellen.“), während subsidiär jede andere geeignete Maßnahme angeordnet werden kann, um den Zustand vor dem Vollzug des Zusammenschlusses soweit wie möglich wieder herzustellen.
57 58 59
Siehe Fn. 29, S. 330. Siehe oben Teil 3 A. II. 2. c). Siehe oben Teil 3 C. III. 2. b).
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Teil 4: Überblick über Auflösung von Zusammenschlüssen i. S. d. FKVO
bb) Wirksames Verpflichtungsgeschäft und wirksame Übertragung Unter die Gruppe der wirksamen Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäfte fallen im deutschen Recht insbesondere die in § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E genannten Zusammenschlüsse, die mit ihrer Eintragung im jeweiligen Register wirksam werden. Die europäische Zusammenschlusskontrolle sieht eine solche Ausnahme hingegen nicht vor. § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E oder entsprechende Vorschriften aus anderen nationalen Rechtsordnungen können wegen der Eigenständigkeit der Fusionskontrollverordnung sowie des Vorrangs des europäischen Rechts auch nicht entsprechend herangezogen werden.60 Im Ergebnis bewirkt dies jedoch keinen Unterschied im Rahmen der Auflösung, denn auch im deutschen Recht bewirkt § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 GWB-E für neu geschaffene Gesellschaften lediglich, dass die sonst greifenden Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft ab Eintragung im Handelsregister nicht bemüht werden müssen.61 Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft kann aber auch dann Anwendung finden, wenn die Unwirksamkeit der Gesellschaftsgründung auf einer Vorschrift des europäischen Rechts beruht, sofern es sich nur um eine in Vollzug gesetzte Gesellschaft nach deutschem Recht handelt. Dem steht die Verpflichtung des nationalen Rechts, dafür zu sorgen, dass das europäische Recht auch auf nationaler Ebene effektiv Anwendung findet62, nicht entgegen. Für Kapitalgesellschaften ist der Grundsatz von der fehlerhaften Gesellschaft vielmehr schon auf europäischer Ebene verankert: Die Richtlinie 2009/101/EG („Publizitätsrichtlinie“)63 sieht in Art. 12 vor, in welchen Fällen eine Gesellschaft für nichtig erklärt werden kann und dass die Nichtigkeit durch gerichtliche Entscheidung ausgesprochen werden muss. Gemäß Art. 13 Abs. 2 bewirkt diese Nichtigkeit, dass die Gesellschaft in Liquidation tritt. Die Folgen der Unwirksamkeit der Gründung einer Personengesellschaft sind auf europäischer Ebene dagegen nicht geregelt. Auch insoweit findet die Lehre über die fehlerhafte Gesellschaft aber Anwendung. Der EuGH hat mit Urteil vom 15.04.2010 entschieden, dass die Anwendung der Grundsätze von der fehlerhaften Gesellschaft auf eine Personengesellschaft mit der europarechtlichen Vorgabe des Art. 5 Abs. 2 Richtlinie 85/577/EWG64, demzufolge ein Verbraucher nach Widerruf eines Haustürgeschäfts „aus allen Sagasser/Maier, in: Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen4, § 16 Rdnr. 82; Wöllert, Kartellrechtliche Probleme des Umwandlungsgesetzes (2003), S. 180. 61 Siehe oben Teil 2, A. I. 2. c). 62 Classen, in: Grabitz/Hilf44, Art. 197 Rdnrn. 16 ff. 63 ABl. Nr. L 258 vom 01.01.2009, S. 11. 64 ABl. Nr. L 372 vom 31.12.1985, S. 31. 60
B. Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse
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aus dem widerrufenen Vertrag erwachsenden Verpflichtungen entlassen ist“, vereinbar ist.65 Die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf endgültig unwirksame und damit nichtige Gesellschaften ist mit dem europäischen Recht daher vereinbar bzw., im Fall der Kapitalgesellschaften, sogar zwingend. Die Frage, ob die Verankerung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft in der Publizitätsrichtlinie dazu führen muss, dass sie generell auch auf Personengesellschaften anzuwenden ist, kann hier dahingestellt bleiben, da das deutsche Recht die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf Personengesellschaften anwendet, sobald sie in Vollzug gesetzt sind.66 Zur Bestimmung, ob das deutsche Recht auf den jeweiligen Vertrag über die Errichtung einer Gesellschaft anzuwenden ist, ist nicht die Rom I-Verordnung einschlägig, sondern Gesellschaftsverträge werden nach dem für die Gesellschaft geltenden Recht beurteilt. Dieses bestimmt sich jedenfalls innerhalb der Europäischen Union nach inzwischen herrschender Auffassung danach, unter welchem Recht die Gesellschaft inkorporiert ist.67 Auch unter Geltung der FKVO trägt eine neu gegründete Gesellschaft nach deutschem Recht daher das Risiko der Auflösung selbst. Es gilt demnach im Wesentlichen das oben68 zur Auflösung von fehlerhaften Gesellschaften Gesagte: Diese sind grundsätzlich nach den für sie vorgesehenen Vorschriften aufzulösen und zu liquidieren. Bei Verschmelzungen wird der übertragende Rechtsträger häufig erloschen sein, so dass eine Spaltung des verschmolzenen Unternehmens zu erfolgen hat. Insoweit gilt im Unterschied zum deutschen Recht, dass das verschmolzene Unternehmen sich nicht darauf berufen kann, dass Kompensationsmaßnahmen es in geringerem Maße beeinträchtigen, da solche Maßnahmen nach der FKVO ausdrücklich nur dann zulässig sind, wenn die Wiederherstellung des vorherigen Zustands nicht möglich ist. Fraglich ist aber, ob auch auf europäischer Ebene der Grundsatz des Vorrangs der Teilauflösung gilt, sofern der Verkäufer oder der Erwerber der Kommission nachweist, ab welcher Beteiligungsstufe kein Zusammenschlusstatbestand mehr verwirklicht ist. Aus Art. 8 Abs. 4 Unterabsatz 1 1. Spiegelstrich ergibt sich nämlich, dass die Auflösung des Zusammenschlusses vorrangig durch Rückabwicklung und damit den Verkauf aller Anteile oder Vermögensgegenstände zu erfolgen hat. Teilweise wird vertre65 EuGH, Urteil vom 15.04.2010, C-215/08, NJW 2010, 1511 (1513), Tz. 50 – „E. Friz GmbH/Carsten von der Heyden“. Dazu Miras, NJW 2010, 1513. 66 Siehe oben, Teil 2, bei Fn. 77 f., S. 104. 67 EuGH, Urteil vom 09.02.1999, C 212/97 – „Centros“; Urteil vom 05.11.2002, C 208/00 – „Überseering“; Urteil vom 30.09.2003, C 167/01 – „Inspire Art“. 68 In Teil 3, B.
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ten, die Vorschrift werde durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip des Art. 5 Abs. 4 EU beschränkt, so dass die Anordnung der vollständigen Aufgabe der Beteiligung nur angeordnet werden könne, wenn die vorherige Lage nicht durch die teilweise Auflösung wiederhergestellt werden kann.69 Richtigerweise ist zu differenzieren: Das Gesetz verlangt vorrangig die Wiederherstellung des Zustands, der vor dem Vollzug bestand. Dieser Zustand wird jedoch nur dadurch erreicht, dass die gesamte Beteiligung aufgegeben und an den Veräußerer zurück oder an einen objektiven Dritten übertragen wird. Jede lediglich teilweise Auflösung würde hingegen den vorherigen Zustand allenfalls weitestgehend wieder herstellen, denn der Erwerber und das Zielunternehmen blieben in diesem Fall miteinander verbunden, wenn auch nur über eine Minderheitsbeteiligung. Maßnahmen, die den vorherigen Zustand nur weitestgehend wiederherstellen, sind jedoch nur subsidiär zulässig, wenn die (vollständige) Auflösung nicht möglich ist oder nicht zur Wiederherstellung der vorherigen Wettbewerbssituation führt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird demnach selbst bei Anordnung der vollständigen Auflösung gewahrt, denn eine Abwägung im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung kommt nur zwischen mehreren zur Erreichung des verfolgten Zwecks gleichermaßen geeigneten Maßnahmen in Betracht. Dies ist für die teilweise Auflösung und die vollständige Auflösung unter der Geltung der Fusionskontrollverordnung aber gerade abzulehnen. cc) Unwirksames Verpflichtungsgeschäft und unwirksame Übertragung Die Fälle, in denen sowohl das Verpflichtungsgeschäft als auch die Übertragung unwirksam ist, beruhen im europäischen Recht der Zusammenschlusskontrolle entweder auf einer fehlenden Trennung zwischen Kausalund Erfüllungsgeschäft durch das auf den Vertrag anzuwendende Recht oder, sofern auf den Vertrag deutsches Recht Anwendung findet, auf der Vertragsgestaltung durch die Parteien. Das schuldrechtliche Kausalgeschäft ist nur dann ebenfalls unwirksam, wenn die Parteien den Fortbestand ihres schuldrechtlichen Vertrages von der Freigabe durch die Kommission bzw. das wirksame Entstehen des Kausalgeschäfts von der Untersagung durch die Kommission abhängig gemacht haben.70 69 Rosenthal, EuZW 2004, 327 ff.; wohl auch Baron, in: Langen/Bunte, Europäisches Kartellrecht11, Art. 8 FKVO Rdnrn. 125 f. [„wenn mehrere Maßnahmen in Betracht kommen, um das Ziel der vollständigen Rückabwicklung zu erreichen“]; a. A. Dittert, WuW 2004, 148 (157); Stoffregen, in: Schröter/Jakob/Mederer, Art. 8 FKVO Rdnr. 49. Differenzierend Emberger/Peter, in: L/M/R, Kartellrecht2, Art. 8 VO 139/2004 Rdnrn. 40 f. 70 Siehe Teil 2, A. II. 3.
B. Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse
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Wenn der Kaufvertrag dem deutschen Recht unterliegt, gelten die obigen71 Ausführungen zur zivilrechtlichen Risikoverteilung daher entsprechend: Die Anordnung der Wiederherstellung des vorherigen Zustands durch Rückgabe an den Verkäufer geht dem Verkauf der Anteile an Dritte grundsätzlich vor. Kompensationsmaßnahmen und die Züchtung eines neuen Unternehmens können nur subsidiär angeordnet werden. dd) Unwirksames Verpflichtungsgeschäft und wirksame Übertragung Einen Ausnahmefall bildet wiederum die Konstellation, in der das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, während das Erfüllungsgeschäft wirksam ist. Auch insoweit richtet sich die zivilrechtliche Risikoverteilung nach dem deutschen Recht, wenn dieses als anzuwendendes nationales Recht die Folgen der Unwirksamkeit regelt. Die Wiederherstellung des vorherigen Zustands durch Rückübertragung der Anteile an den Veräußerer geht dem Verkauf der Anteile an Dritte auch in diesen Fällen grundsätzlich vor. Kompensationsmaßnahmen und die Züchtung eines neuen Unternehmens sind nur subsidiär möglich.72
II. Formell legal vollzogener Zusammenschluss Auch formell legal vollzogene Unternehmenszusammenschlüsse unterliegen der Auflösung nach der FKVO, wenn sie mit dem gemeinsamen Markt nicht vereinbar sind. Formell legal vollzogene Unternehmenszusammenschlüsse unterliegen in vier Fällen der Auflösung: Wenn sie aufgrund einer Ausnahme nach Art. 7 Abs. 2 FKVO vollzogen werden durften, wenn sie aufgrund einer Freistellung nach Art. 7 Abs. 3 FKVO vollzogen werden durften, wenn sie zuvor durch eine nationale Wettbewerbsbehörde freigegeben wurden und wenn eine durch die Kommission zunächst erteilte Freigabe widerrufen wurde bzw. einer mit ihr verbundenen Bedingung oder Auflage zuwider gehandelt wurde. Für die Auflösung formell legal vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse gelten ebenfalls im Wesentlichen die obigen73 Ausführungen zum deutschen Recht: Maßnahmen, die nur den Erwerber beeinträchtigen sind solchen, die auch den Veräußerer in seinen berechtigten Interessen beeinträchtigen, vorzuziehen, denn das Risiko der Auflösung geht bei wirksamen 71 72 73
Siehe Teil 2, A. II. 3. Siehe Teil 2, A. II. 4. Siehe oben, Teil 3, B.
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Teil 4: Überblick über Auflösung von Zusammenschlüssen i. S. d. FKVO
Zusammenschlüssen grundsätzlich auf den Erwerber über. Die Verkaufslösungen sind der Rückgabe an den Verkäufer daher vorzuziehen. Im Gegensatz zum deutschen Recht dürfen Kompensationsmaßnahmen oder die Züchtung eines neuen Unternehmens aber nur angeordnet werden, wenn auch die Rückgabe an den Verkäufer nicht möglich ist, da die FKVO die vollständige Wiederherstellung des vorherigen Zustands als vorrangige Maßnahme ansieht. Anders als im deutschen Recht bis zum Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle ist im europäischen Recht auch die Auflösung von Aktienkäufen über die Börse zu behandeln. Diese Erwerbe sind nach dem europäischen Recht nämlich bereits seit der Novellierung der Fusionskontrollverordnung im Jahr 2004 vom Vollzugsverbot ausgenommen und können wirksam vollendet werden, sofern der Erwerber die in Art. 7 Abs. 2 FKVO genannten Voraussetzungen (unverzügliche Anmeldung, Nichtausübung der Stimmrechte) beachtet. Führen mehrere Teilkäufe zur Verwirklichung eines Zusammenschlusstatbestands im Sinne des Art. 3 FKVO, so entsteht die Anmeldepflicht erst mit Erwerb des letzten Teils, da erst dann die Kontrolle erworben wird.74 Dem steht es aber nicht entgegen, die Teilkäufe ex post als Einheit zu betrachten und ggf. die vollständige Auflösung zu verlangen, sofern sie sich als Teil eines Gesamtplans erweisen, in dessen Rahmen die Reihenfolge der Erwerbe rein zufällig war. Für das deutsche Recht ist dies bis zum Inkrafttreten der 8. GWB-Novelle anders zu sehen, da nach dem derzeit geltenden deutschen Recht der Erwerb von Aktien über die Börse unter das Vollzugsverbot fällt und daher bereits vor seinem Vollzug freigegeben werden muss. Besteht unter Geltung des deutschen Rechts der Gesamtplan, eine Beteiligung in zusammenschlussrelevanter Höhe zu erwerben, fällt bereits der erste Teilerwerb unter das Vollzugsverbot und darf vor seiner Freigabe nicht vollzogen werden.75 Da die Auflösung nach Art. 8 Abs. 4 FKVO unabhängig davon erfolgen kann, ob der Zusammenschluss auf formell legalen oder formell illegalen, wirksamen oder unwirksamen Rechtsgeschäften beruht, ist auch der formell legal und wirksam vollzogene Aktienerwerb über die Börse grundsätzlich aufzulösen, wenn die Kommission dies anordnet. Die Auflösung von Anteilskäufen über die Börse kann im europäischen Recht aber durch den Erwerber selbst erfolgen, denn er kann die Anteile in eigenem Namen und auf eigene Rechnung verkaufen, sei es über die Börse oder privat. Eine Mitwirkung des Veräußerers bzw. der Einkaufskommissionärin76 ist hierbei nicht erforderlich. Ein Verstoß gegen das Vollzugsverbot liegt jedoch vor, wenn der Erwerber die unverzüg74 Insoweit deckt sich das europäische mit dem deutschen Recht, siehe oben, Teil 1, bei Fn. 177, S. 60. 75 Siehe oben bei Teil 2, Fn. 19, S. 92.
B. Die Auflösung vollzogener Unternehmenszusammenschlüsse
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liche Anmeldung unterlässt oder die Stimmrechte aus den Anteilen ausübt. Dieser Verstoß gegen das Vollzugsverbot führt jedoch nicht dazu, dass der Anteilserwerb über die Börse nachträglich unwirksam wird. Der Erwerber macht sich jedoch bußgeldpflichtig im Sinne des Art. 14 Abs. 2 lit. b) FKVO und die Kommission kann die Ausübung der Stimmrechte in Form einer einstweiligen Maßnahme nach Art. 8 Abs. 5 lit. a) FKVO untersagen.
III. Zusammenfassung Die Auflösung von Unternehmenszusammenschlüssen im Anwendungsbereich des europäischen Rechts unterscheidet sich von der Auflösung nach deutschem Recht nur geringfügig. Primäres Ziel der Auflösung nach Europäischem Recht ist die Wiederherstellung des vor dem Zusammenschluss bestehenden Zustands. Die Europäische Kommission darf daher grundsätzlich die Rückgabe bzw. den Verkauf aller erworbenen Anteile oder Vermögensgegenstände anordnen. Nur wenn die (vollständige) Wiederherstellung des vorherigen Zustands nicht möglich ist, darf die Kommission andere Maßnahmen anordnen, die den vorherigen Zustand soweit wie möglich wieder herbeiführen. Hierzu zählen Kompensationsmaßnahmen aber auch die nur teilweise Auflösung. Bei der Auswahl einer von mehreren geeigneten Maßnahmen hat die Europäische Kommission den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Im Gegensatz zum deutschen Recht fallen Anteilskäufe über die Börse im Anwendungsbereich der europäischen Fusionskontrolle nicht unter das Vollzugsverbot. Sie können daher wirksam vollendet werden. Da insoweit nach Art. 7 Abs. 2 i. V. m. Art. 4 Abs. 1 FKVO nur eine unverzügliche Anmeldepflicht nach dem Erwerb einer kontrollvermittelnden Beteiligung besteht, ist erst nach dem letzten Anteilserwerb der Zusammenschluss bei der Kommission anzumelden. Bilden mehrere Anteilskäufe ex post betrachtet jedoch einen einzigen Zusammenschluss, so unterliegt grundsätzlich dieser insgesamt der Auflösung. Selbst wenn später durch die Nichtanmeldung oder die Ausübung der Stimmrechte gegen das Vollzugsverbot des Art. 7 Abs. 1 FKVO verstoßen wird, bleibt der Anteilserwerb über die Börse wirksam. Die im Rahmen der Auflösung anzustellenden Erwägungen entsprechen dann den anderen Fällen der Auflösung bei Wirksamkeit des Anteilserwerbs.
76 Diese ist nach hier vertretener Auffassung im Anwendungsbereich der deutschen Fusionskontrolle zur Rücknahme der Anteile oder Erteilung ihrer Zustimmung zum Verkauf durch den Erwerber verpflichtet, vgl. oben unter Teil 3 C. III. 2. b).
Teil 5
Zusammenfassung der Thesen – Der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB unterliegen nur solche Zusammenschlüsse, die vollzogen, also vollendet sind. Sofern sie die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB erfüllen und im Zeitpunkt der Auflösung formell illegal sind, ist für das „ob“ der Auflösung irrelevant, ob sie ursprünglich formell legal (also mit Freigabe/Ministererlaubnis oder aufgrund einer Befreiung vom Vollzugsverbot) oder formell illegal (unter Verstoß gegen das Vollzugsverbot) vollzogen wurden. – Die Unwirksamkeitsfolge des § 41 Abs. 2 GWB verhindert grundsätzlich die wirksame Vollendung des Anteils- und Vermögenserwerbs im Sinne des § 37 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 GWB, es sei denn, es liegt eine Ausnahme nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E vor. – Die tatsächlichen Folgen eines unwirksamen Anteils- oder Vermögenserwerbs unterliegen nur dann der Auflösung nach § 41 Abs. 3 GWB, wenn durch sie ein Zusammenschlusstatbestand erfüllt wird. Insoweit kommen nur die Zusammenschlusstatbestände des Kontrollerwerbs nach § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB oder des Erwerbs wettbewerblich erheblichen Einflusses nach § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB in Betracht, die an die tatsächliche Einflussmöglichkeit anknüpfen. Der Erwerber muss folglich infolge der tatsächlichen Übergabe von Anteilen oder Vermögensgegenständen die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Zielgesellschaft erhalten. – Die Vorschrift des § 41 Abs. 3 S. 2 GWB stellt eine Ermächtigungsgrundlage zum Eingriff in Grundrechte der Betroffenen dar. Die mit der Auflösung verbundenen Grundrechtseingriffe sind daher gerechtfertigt, sofern sie verfassungsgemäß, insbesondere verhältnismäßig sind. – Aus § 41 Abs. 3 S. 3 GWB ergibt sich kein grundsätzlicher Vorrang der Restitution. Das Bundeskartellamt hat im Rahmen des Auswahlermessens hinsichtlich der anzuordnenden Auflösungsmaßnahme vielmehr die zivilrechtliche Risikoverteilung zu beachten. Aus dieser ergibt sich in den überwiegenden Fällen jedoch eine vorrangige Berücksichtigung der Möglichkeit der Restitution. – Die zivilrechtliche Risikoverteilung gibt den primären Rahmen für das fusionskontrollrechtliche Auflösungsverfahren vor.
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– Das Bundeskartellamt kann die Adressaten der Auflösungsverfügung über das ihnen durch das Zivilrecht zugewiesene Risiko hinaus in Anspruch nehmen, wenn das mit der Auflösung verfolgte Ziel nicht unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Risikoverteilung erreicht werden kann. – Die Auflösung von Unternehmenszusammenschlüssen nach § 41 Abs. 3 GWB dient der Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, nämlich für den funktionierenden Wettbewerb. Die möglichen Adressaten der Auflösungsanordnung sind daher unter Heranziehung der Grundsätze des Polizei- und Ordnungsrechts zu bestimmen. Demnach sind vorrangig sowohl der Zustandsstörer als auch der Verhaltensstörer mögliche Adressaten der Auflösungsanordnung. – Der Erwerber eines Zusammenschlusses bzw. dessen Rechtsnachfolger, zu dessen Gunsten eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird, ist als Zustandsstörer für die Auflösung des Unternehmenszusammenschlusses stets verantwortlich. – Haben die Parteien den Zusammenschluss formell illegal, also unter Verstoß gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 S. 1 GWB vollzogen, ist der Käufer und in der Regel auch der Verkäufer Verhaltensstörer. Unabhängig von der zivilrechtlichen Wirksamkeit der den Zusammenschluss vollziehenden Rechtsgeschäfte kann daher auch der Verkäufer zur Auflösung des Zusammenschlusses herangezogen werden. – Der Verkäufer ist trotz formell illegal vollzogenem Unternehmenszusammenschluss nicht Störer, wenn er nur eine Minderheitsbeteiligung verkauft hat und dabei nicht erkennen konnte, dass der Erwerber mit dieser Beteiligung einen Zusammenschluss im Sinne des § 37 Abs. 1 GWB vollzieht. – Wenn der Verkäufer Nichtstörer ist, darf er zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung nur in Anspruch genommen werden, wenn eine Maßnahme gegen den Erwerber oder dessen Rechtsnachfolger sowie ggf. weitere Störer nicht möglich ist oder eine solche keine Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung verspricht. – Haben die Parteien den Zusammenschluss formell legal vollzogen, so kann der Verkäufer nur dann als Verhaltensstörer für die Auflösung in Anspruch genommen werden, wenn ihm der Widerruf oder das Erlöschen der Freigabe zurechenbar ist. – Der Widerruf oder das Erlöschen der Freigabe ist dem Verkäufer zuzurechnen, wenn die rechtswidrige Erteilung der Freigabe bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Anmeldepflicht hätte verhindert werden können
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Teil 5: Zusammenfassung der Thesen
oder der Verkäufer gegen eine mit der Freigabe verbundene Auflage verstößt. – Der Verkäufer ist am Auflösungsverfahren nach § 41 Abs. 3 GWB gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 4 GWB analog auch dann zu beteiligen, wenn ein vollzogener Zusammenschluss nach § 37 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 GWB (Kontrollerwerb oder Erwerb wettbewerblich erheblichen Einflusses) vorliegt, dieser Zusammenschluss aber auf dem unwirksamen Vollzug eines Vermögens- oder Anteilserwerbs beruht. – Grundsätzlich wird die Restitution die Maßnahme darstellen, die am schnellsten und effektivsten zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung führt. – Das Bundeskartellamt kann aber andere Maßnahmen, insbesondere den Verkauf an einen Dritten, auch dann anordnen, wenn diese Maßnahmen nicht ebenso schnell wie die Restitution zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung führen und damit nicht gleichermaßen geeignet sind, sofern die Anordnung der Restitution unter Berücksichtigung der alternativen Möglichkeiten unverhältnismäßig im engeren Sinne wäre. – Bei gleicher Eignung mehrerer Maßnahmen ist die Möglichkeit, den Zusammenschluss durch Anordnung der Restitution zu beseitigen, immer dann vorrangig zu prüfen, wenn das Zivilrecht wegen Unwirksamkeit des Verpflichtungs- und/oder des Erfüllungsgeschäfts eine Rückabwicklung vorsieht. Dann bestehen nämlich Rechte des Veräußerers an dem Zusammenschlussobjekt, die im Rahmen der Auflösung zu berücksichtigen sind. Bei formell illegalen Zusammenschlüssen durch Anteils- oder Vermögensübertragungen sieht das Zivilrecht stets die Rückabwicklung vor, wenn nicht eine Ausnahme nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB bzw. § 41 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1 und 2 GWB-E vorliegt oder im Fall des Aktienerwerbs der eigentlich unwirksame Erwerb aufgrund Ersitzung wirksam wird. – In den übrigen Fällen stehen Restitution und Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung auf andere Weise grundsätzlich gleichrangig nebeneinander, vorausgesetzt sie sind zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung gleichermaßen geeignet. Die im Einzelfall vorzugswürdige Maßnahme ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu bestimmen. – Der Verkauf an einen Dritten ist grundsätzlich gegenüber dem Erwerber anzuordnen, da dieser in der Regel das Risiko trägt, dass für das Unternehmen nur ein geringerer Kaufpreis erzielt werden kann. Bestehen nach dem Zivilrecht noch Rechte des Veräußerers an dem Zusammenschlussobjekt, ohne dass aber die Auflösung durch Rückabwicklung erfolgen kann oder soll, so ist der Verkäufer zur Ermächtigung der Übertragung
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des Zusammenschlussobjekts durch den Erwerber gemäß § 185 BGB bzw. zum Verzicht auf die ihm nach dem Zivilrecht zustehende Rückabwicklung zu verpflichten. – Die Rückführung einer Beteiligung auf ein nicht mehr kontrollpflichtiges Maß bzw. der teilweise Verkauf des Unternehmenszusammenschlusses ist zulässig, wenn die nur teilweise Auflösung zur Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung geeignet ist und der Verkäufer zustimmt oder dem Verkäufer an dem Zusammenschlussobjekt keine Rechte mehr zustehen. – Bei formell illegal und unwirksam übertragenen Anteilen führt der teilweise Verkauf an einen Dritten jedoch dazu, dass der Verkäufer im Übrigen Anteilsinhaber bleibt. Diese Anteile kann er von dem Erwerber herausverlangen oder die Parteien einigen sich neu über den Übergang der Anteile auf den Erwerber. – Das Bundeskartellamt darf trotz Möglichkeit und Zulässigkeit der Teilauflösung grundsätzlich die vollständige Auflösung anordnen, wenn nicht die Parteien nachweisen, ab welcher Beteiligungsgrenze bzw. bei welcher Abspaltung von Unternehmensteilen die wettbewerbsbeschränkende Wirkung beseitigt wäre. – Das Vollzugsverbot sowie die Unwirksamkeitsfolge finden nach der derzeit geltenden Rechtslage auch im Rahmen der Anteilskäufe über die Börse Anwendung und verhindern den wirksamen Anteilserwerb durch den Erwerber. – Eigentümer der Anteile bleibt bei einem formell illegalen Anteilserwerb über die Börse aber die Einkaufskommissionärin, denn diese erwirbt entweder Durchgangseigentum oder hat schuldrechtlich dafür einzustehen, dass der Erwerber dem Verkäufer die Anteile nicht abnehmen kann, indem diese die kaufvertragliche Abnahmepflicht erfüllt. – Im Rahmen der Auflösung von Zusammenschlüssen, die unter die Europäische Fusionskontrollverordnung fallen, sind Adressaten der Auflösungsanordnung primär die beteiligten Unternehmen. Dazu zählen nach Art. 11 der Durchführungsverordnung insbesondere der Veräußerer und der Erwerber, unabhängig von der Wirksamkeit der Verfügung. – Wenn mehrere zur Wiederherstellung der vorherigen Wettbewerbssituation gleichermaßen geeignete Maßnahmen möglich sind, sind die Parteien zur Auflösung des Zusammenschlusses vorrangig entsprechend der nach nationalem Recht vorgesehenen Risikoverteilung in Anspruch zu nehmen. Dies ergibt sich aus dem (europäischen) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, an den die Kommission gebunden ist. – Der Zweck der Auflösung nach der Fusionskontrollverordnung (Wiederherstellung des vorherigen Wettbewerbszustands) wird nur durch die voll-
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Teil 5: Zusammenfassung der Thesen
ständige Restitution oder den vollständigen Verkauf an einen Dritten verwirklicht. Die teilweise Restitution oder der teilweise Verkauf an einen Dritten darf daher nur subsidiär angeordnet werden, wenn die Wiederherstellung des vorherigen Wettbewerbszustandes nicht möglich ist. – Handelt es sich bei dem Zusammenschluss um die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, so finden die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch dann Anwendung, wenn die Unwirksamkeit des Anteils- bzw. Vermögenserwerbs auf dem europäischen Recht, hier Art. 7 Abs. 4 FKVO beruht, sofern es sich um eine Gesellschaft nach deutschem Recht handelt.
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Stichwortverzeichnis Abspaltung 206 Abtretung – bei Erwerb über die Börse 300 – der Mitgliedschaft 41, 44 – des Auslieferungsanspruchs nach § 7 DepotG 54 – des Herausgabeanspruchs 48, 53–54 – unverbriefter Gesellschaftsanteile 59 – unwirksame 144 Abtretungsverbot 48, 54 Abweichungsverbot 78 Adressat – der Auflösungsanordnung nach FKVO 328 – der Auflösungsanordnung nach GWB 180, 190, 267, 308 alternative Handelssysteme 283 Anfechtung 162 Angemessenheit 260, 279 Anrechnung des Ersparten 121 Anteile – unverbriefte 59 – verbriefte 44 Anteilserwerb – Begriff 37 – Ersitzung 128 – sukzessiver 60, 342 – Vollendung 42 Asset Deal 35, 324, 331 Aufgreifschwelle siehe Umsatzschwellen Aufhebungsverbot 78 Auflassung 92 Auflösung, teilweise – milderes Mittel 256
– nach FKVO 340 – nach GWB 218, 240 Auflösungsanordnung – rechtliche Einordnung 27 – rechtliche Wirkung 77 – Untersagungserfordernis 75 Auflösungshindernis – nach FKVO 326 – nach GWB 76 Auflösungsmaßnahmen – Auswahl 201, 332 – nach FKVO 332 – nach GWB 178 Auflösungspflicht 27 – Sanktion 255 Auflösungszweck – nach FKVO 322 – nach GWB 27 Ausgliederung 36, 42, 206 Auslieferungsanspruch – Abtretbarkeit 53 – Hemmung der Durchsetzung 58 – mittelbarar Besitz 50 Ausnahme vom Vollzugsverbot – nach FKVO 330 – nach GWB 171 Ausnahmen von der Unwirksamkeitsfolge – Grundstücksgeschäfte 101 – nach § 41 Abs. 1 S. 3 GWB-E 102 – Unternehmensverträge 102 Auswahlermessen – Auflösungsmaßnahmen 29 – Störerauswahl 188 Bedingung – auflösende 131, 174
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Stichwortverzeichnis
– aufschiebende 131, 173 – bei Börsengeschäften 285 – verschärfte Haftung 157 Befreiung vom Vollzugsverbot – nach FKVO 327 – nach GWB 76 Besitz, Schutz durch Art. 14 GG 229 Besitzkonstitut 48, 53, 59 – antizipiertes 300 Besitzmittlungsverhältnis – Begriff 46 – Besitzmittlungswille 47 – gestuftes 50 – Herausgabeanspruch 47, 135 – Übergabe 299 Besitzrecht 137 Besitzverschaffungsanspruch 113 Bestimmtheitsgrundsatz 53 Beteiligte – am Auflösungsverfahren 263, 280 – am Zusammenschluss 32 – im Verfahren nach FKVO 328 Börse – Abwicklung der Geschäfte 292 – Anonymität 284, 288, 291, 311 – Ausnahme vom Vollzugsverbot 284, 330 – Begriff 282 – Kaufvertrag 285, 296 – Störer 308 – Vertragsschluss 286 – Vertragsschluss mit zentraler Gegenpartei 291 – Vertragsschluss ohne zentrale Gegenpartei 287 – Vollzugsverbot 285 – Zentralverwahrung 286 Bruchteilseigentum – Dauerglobalurkunde 55 – Girosammelverwahrung 50 – mittelbarer Besitz 135 – Sammel- und Globalurkunde 55 – Übertragung 292
clearing 288 Clearing-Mitglied 286 closing 41 Dauerglobalurkunde – Begriff 55 – mittelbarer Besitz 55 – Übereignung 55 Depotgesetz 305 Depotvertrag 46 Direkterwerb 294 Durchgangserwerb 295 Effektengiroverkehr 51, 286 Effektenkommission 286, 288 – Treuepflicht 314 Eigentümer-Besitzer-Verhältnis 132 Eigentumserwerb – bei Sammelurkunde 55 – Bewegliche Gegenstände 40 – Bruchteilseigentum 292 – Dauerglobalurkunde 55 – gesetzlicher 305 – girosammelverwahrte Anteile 52 – Grundstücke 40 – nach Depotgesetz 298 – rechtsgeschäftlicher 40, 293 – sonderverwahrte Aktien 48 – über die Börse mit zentraler Gegenpartei 301 – über die Börse ohne zentrale Gegenpartei 293 – zentralverwahrte Aktien 299 Eingliederung 36, 102 Einzelfallerlaubnis 77 Einzelfallverfügung 28 Entherrschungsverträge 179 Entreicherung 152, 154–156, 158, 162–163 Entschädigung 188, 261, 271 Erforderlichkeit 29, 222, 239 – Auflösung nach FKVO 336
Stichwortverzeichnis – Aufspaltung 256 – formell illegal vollzogene Zusammenschlüsse 222 – formell illegaler Erwerb von Anteilen über die Börse 313 – formell legale Zusammenschlüsse 272 – formell legaler Anteilserwerb über die Börse 318 Erfüllungsgeschäft 91 – genehmigungspflichtiges 92 Ermessen – der Europäischen Kommission 329 – des Bundeskartellamts 29 Ermessensfehler 271 Ersitzung 127 fehlerhafte Gesellschaft 97, 104, 107, 254 – europäisches Recht 338 fiktive Teilfusion 39 Formwechsel 36 Freigabe – Beseitigung 79 – Bindungswirkung 78 Freistellung vom Vollzugsverbot siehe Befreiung Fungibilität 282 Fusion 323 – rechtliche 323 – wirtschaftliche 324 Fusionskontrollverordnung 322 Gebrauchsüberlassung 67 Geeignete Auflösungsmaßnahmen 201, 272, 310, 332 Gefahrenabwehr 189 Gegenleistungsgefahr siehe Preisgefahr Gemeinschaftsunternehmen – Auflösung 257 – Begriff 39 – GbR 62 – Gründung 61
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– Juristische Personen 63 – Kommanditgesellschaft 63 – Neugründung 130 – oHG 62 – Vollfunktion 325 – Wirksamkeit 231 – Zustandsstörer 193 gemeinschaftsweite Bedeutung 322, 325 Gerichtliche Aufhebung 82 Gesamtschuldnerinnenausgleich 246 Geschäftsfähigkeit 131 Gesellschaft, fehlerhafte siehe fehlerhafte Gesellschaft gesetzliches Verbot 92, 306 Girosammelgutschrift 52, 305 Girosammelverwahrung 49, 286, 292 Globalurkunde 44–45, 54, 286 GmbH-Geschäftsanteile 60 Grundrechte, Schranken 25 Grundrechte Dritter 25, 250 Grundrechtecharta 333 Grundrechtseingriff nach GG – durch Aufspaltung zur Neugründung 234 – bei Auflösung eines Gemeinschaftsunternehmens 232 – durch Anordnung der Restitution 224 – durch Anordnung der Züchtung eines neuen Unternehmens 239 – durch Anordnung des Verkaufs an einen Dritten 237, 273 – durch Anordnung von Kompensationsmaßnahmen 239 – durch Auflösung eines Unternehmens 235 – Rechtfertigung 239 Grundrechtseingriff nach GRCh 335 Grundrechtsschranken – nach GG 197 – nach GRCh 335
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Stichwortverzeichnis
Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr 188, 260 Grundstückserwerb 129 Herausgabe – eines Unternehmens 147 – Kaufpreis 148 – Scheingesellschafterstellung 144 – Unmöglichkeit 148 – von Anteilen 148 Herausgabeanspruch 248 – bei Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot 143 – Dauerglobalurkunde 56 Illegalität – formelle 75 – materielle 74 Inhalts- und Schrankenbestimmung 27 – ausgleichspflichtige 262 Kommission 322 Kommissionsvertrag 312 – Treuepflicht 312 Kompensationsmaßnahmen – Begriff 219 – Erforderlichkeit 256 – Grundrechte 239, 274, 277 – nach FKVO 337 Kondiktionsausschluss 146 Kontrollerwerb – Begriff 64 – Faktische Kontrolle 66 – nach FKVO 324 – Rechtliche Kontrolle 65 – Vollendung 70 – Wirtschaftliches Eigentum 68 Legitimation – des Zusammenschlusses 197 – für die Hauptversammlung 66 Leistungsgefahr 111
matching 288, 290 Minderheitsbeteiligung – nach FKVO 324 – nach GWB 69 – Verantwortlichkeit des Verkäufers 183 Ministererlaubnis siehe Einzelfallerlaubnis Mittelbarer Besitz – Dauerglobalurkunde 55 – girosammelverwahrte Aktien 50 – Sammelurkunde 55 – Sonderverwahrung 46 Netting 301 Neugründung einer Gesellschaft 39 Nichtstörer 190, 199, 270 Nießbrauch 43 öffentliche Sicherheit 189 öffentliches Übernahmeangebot 319 ökonomische Analyse 118 Optionen 42, 67 Paketverkäufe 246 Personengesellschaft, Erwerb 60 Post-Trade-Anonymity 289 Preisgefahr 114 – Teilleistung 114 – Übergang nach § 326 Abs. 2 BGB 115 – Übergang nach § 446 S. 1 BGB 123 Pre-Trade-Anonymity siehe Börse, Anonymität Privatautonomie 97 privatrechtliche Belange 29 Pro rata-Entflechtung 214 Publizität 48, 52 rechtliches Gehör 263 Rechtsgeschäft 89 Rechtsgrundtheorie 143
Stichwortverzeichnis Rechtskauf 123 Restitution 202 – Ausstattung 210 – durch Aufspaltung 206 – Erforderlichkeit 257–258, 275, 278, 314 – Gemeinschaftsunternehmen 210 – Grundrechte 224, 273, 276 – nach Kauf von Anteilen über die Börse 311 – Unmöglichkeit 205 – Vorrang nach FKVO 337 – Vorrang nach GWB 203 Risikoverteilung, zivilrechtliche 86, 110 – Bedeutung für das Auflösungsverfahren 179, 242 – ökonomische Aspekte 296 – Unwirksames Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft 132 – Unwirksames Verpflichtungs-, wirksames Erfüllungsgeschäft 166, 173 – wirksames Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft 126, 173 – wirksames Verpflichtungs-, unwirksames Erfüllungsgeschäft 111 Rom I-VO 331 Rücknahme 80 Rücktritt 124, 131 Rückübertragungsanspruch 237 Rückverkauf 276, 280 Saldotheorie 151–152, 154, 170 Sammelurkunde 286 – Begriff 54 – Besitzfähigkeit 57 – Übertragung von Anteilen 55, 298 Sammelverwahrfähigkeit 49 Sammelverwahrung 49 – Girosammelverwahrung 49 – Haussammelverwahrung 49
373
Sanierungsfusion 74 Scheingesellschafterstellung 66, 71, 144 settlement 288 Share Deal 38, 324 SIEC-Test 74, 326 Sonderverwahrung 45 Spaltung 35, 42, 130 – als Kompensationsmaßnahme 219 – als Restitutionsmaßnahme 210 – Ausnahme von der Unwirksamkeitsfolge 233 – Grundrechtseingriff 234 – zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands nach FKVO 339 Sperrminorität 65, 325 – faktische 68, 325 Spezialitätsprinzip 40 Sphärentheorie 116 Stimmrechtsbeschränkung 179 Störer – bei formell illegal vollzogenem Zusammenschluss 190 – bei formell illegalem Erwerb von Anteilen über die Börse 308 – bei formell legal vollzogenen Zusammenschlüssen 267 – bei formell legalem Erwerb von Anteilen über die Börse 316 – bei Gemeinschaftsunternehmen 193, 196 – Doppelstörer 188, 308 – Einkaufskommissionär 310, 317 – Einkaufskommittent 308, 316 – Gesellschafter 192, 198 – Kostentragung 246 – Minderheitsgesellschafter 192 – Organe einer Gesellschaft 191, 197 – Registergericht 196 – Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung 191 – Veräußerer 193, 196 – Wertpapiersammelbank 310
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Stichwortverzeichnis
– Wirtschaftlicher Verkäufer an der Börse 309 – Zielgesellschaft 194 Störerhaftung 181, 187 – im Anwendungsbereich der FKVO 328 Streifbandverwahrung siehe Sonderverwahrung Stückeverzeichnis 48, 305 Teilauflösung siehe Auflösung, teilweise Treuhänder 218 Übergangsstichtag siehe closing Umsatzschwellen – nach FKVO 73, 325 – nach GWB 73 Umwandlungsvorgänge 130 Ungerechtfertigte Bereicherung 141 – und Vindikationsansprüche 141 Unternehmensbegriff 33 Unternehmenserwerb 34, 38 Unternehmenszusammenschluss – formell illegaler 87 – formell legaler 171 Untersagungserfordernis – nach FKVO 326 – nach GWB 88 Untersagungsvoraussetzungen 74 Unwirksamkeit 87 – Ausnahmen 101 – bei Anteils- und Vermögenserwerb 96 – bei Erwerb von Kontrolle oder wettbewerblich erheblichem Einfluss 100 – Besitz 100 – Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens 104 – Gründung von Kapitalgesellschaften 107
– Gründung von Personengesellschaften 104 – nach FKVO 331 – schwebende 88 – Umwandlungsfälle 103 Verbindung 128 Verbotsgesetz 92 Verbriefung 44 Verhaltenskontrolle 179 Verhaltensstörer – bei Ausnahme vom Vollzugsverbot 270 – bei Befreiung vom Vollzugsverbot 269 – bei formell illegal vollzogenem Zusammenschluss 194 – bei formell illegalem Erwerb von Anteilen über die Börse 308 – bei formell legal vollzogenem Zusammenschluss 267 – bei formell legalem Erwerb von Anteilen über die Börse 317 – bei Widerruf der Freigabe 268 Verhältnismäßigkeit – Angemessenheit 260, 279, 315 – Erforderlichkeit 222, 239 – Geeignetheit 201 – und zivilrechtliche Risikoverteilung 110 Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 26, 179 – im Anwendungsbereich der FKVO 322, 329 Verkäuferinteressen 276 Verkaufslösungen 211 – Grundrechte 237, 273, 277 – Mindestpreis 217 – teilweiser Verkauf 250 – Unmöglichkeit 215 – wirksames Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft 255, 274, 317 Vermischung 128 Vermögenserwerb 34
Stichwortverzeichnis – Vollendung 40 – Wesentlicher Teil 42 Vermögensübertragung 36, 42 Verpflichtungsgeschäft 91 verschärfte Haftung 155 Verschmelzung 35, 41, 90, 130 Vertragsauslegung, ergänzende 118 Vertragsschluss an der Börse – elektronischer 287 – über Skontroführer 287 – zentrale Gegenpartei 289 Vertretungsbefugnis 131 Verursachung, unmittelbare 195 Verwahrung 45 Verweisung 326 Verwendungsrisiko 125 Vindikationsfähigkeit – Beteiligung 133 – Unternehmen 133 Vollendung – des Anteilserwerbs 42 – des Vermögenserwerbs 40 – Kontrollerwerb 70 – sukzessiver Anteilserwerb 60 – wettbewerblich erheblicher Einfluss 70 Vollerwerb 42 vollzogener Zusammenschluss 33 Vollzug – des Zusammenschlusses nach FKVO 325 – Kommissionsgeschäft 304 Vollzugshandlungen 91, 325 Vollzugsverbot – Abschluss des Gesellschaftsvertrages 95 – Anmeldung der Verschmelzung 94 – Ausnahme nach FKVO 330 – Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens 95 – Inhalt nach FKVO 329
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– Kaufpreiszahlung 93 – nach FKVO 328 – Stimmrechtsausübung 284 – sukzessiver Anteilskauf 91 – Umwandlungsbeschluss 94 – Umwandlungsvertrag 94 – Verkäufer 90 – Verstoß 89 Vorgesellschaft 107 Wertersatz 244 Wertminderung 140 – marktbedingte 174 – von dem Erwerber zu vertretende 154 Wertpapiersammelbank 45, 286, 288, 310 – Depotkonto 50 Wertsteigerungen 164 Wertveränderungen 150, 261 Wettbewerblich erheblicher Einfluss – Begriff 68 – Vollendung 70 Widerruf – nach § 40 Abs. 3a GWB 80 – nach § 49 VwVfG 80 – nach FKVO 327 Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers 235 Wiederherstellung des vorherigen Zustands siehe Restitution Wirtschaftliches Eigentum 43 Zentrale Gegenpartei 286 Züchtung eines neuen Unternehmens – Begriff 220 – Erforderlichkeit 253, 256 – Ermächtigungsgrundlage 220 – Grundrechte 239, 274, 277 Zurechenbarkeit des Zusammenschlusses 182, 196
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Stichwortverzeichnis
Zustandsstörer – bei formell illegal vollzogenem Zusammenschluss 190 – bei formell illegalem Erwerb von Anteilen über die Börse 308 – bei formell legal vollzogenem Zusammenschluss 267
– bei formell legalem Erwerb von Anteilen über die Börse 316 Zustimmungspflicht des Eigentümers 237, 250 Zweckveranlasser 195, 268, 309 Zweikondiktionenlehre 152, 155