Die internationale Produkthaftung nach Inkrafttreten der Rom II-VO im Vergleich zu der Rechtslage in den USA 9783161545740, 9783161544620

Zur Bestimmung des anwendbaren Rechts in grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen hat der europäische Gesetzgeber mit

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German Pages 241 [245] Year 2017

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Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung und Aufgabenstellung
1. Kapitel: Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung
A. Der lange Weg der Rechtsvereinheitlichung im internationalen Produkthaftungsrecht
B. Die Kollisionsnorm des Art. 5 Rom II-VO für die internationale Produkthaftung
I. Charakter, Regelungsinhalt und Ziele
1. Rom II-VO im Allgemeinen
a) Charakter
b) Ziele
2. Art. 5 der Rom II-VO
a) Charakter
b) Ziele
aa) Abbau von Wettbewerbsnachteilen
bb) Vereinfachung der Rechtsverfolgung für Geschädigte
II. Der Anwendungsbereich
1. Anwendungsbereich der Rom II-VO
2. Anwendungsbereich des Art. 5 Rom II-VO
a) Der Begriff des Produktes
b) Produkt als Schadensursache
c) Die Parteien
aa) Anspruchsinhaber
bb) Anspruchsgegner
III. Die Systematik
1. Systematische Prüfungsreihenfolge für Art. 5 Rom II-VO
2. Vorrang der Rechtswahl
a) Rechtswahl ex post
b) Rechtswahl ex ante
aa) Stand der Diskussion
bb) Stellungnahme
c) Fragestellung im Kontext internationaler Produkthaftungsfälle
3. Geltungsvorrang des Rechts des Staates des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts
IV. Die Anknüpfung
1. Allgemein
2. Inverkehrbringen des Produktes
3. Die einzelnen Anknüpfungspunkte des Art. 5
a) Gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten
aa) Gewöhnlicher Aufenthalt einer natürlichen Person
bb) Gewöhnlicher Aufenthalt einer natürlichen Person im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit
cc) Gewöhnlicher Aufenthalt einer juristischen Person
b) Erwerbsortanknüpfung
c) Erfolgsortanknüpfung
d) Anknüpfung an den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Haftpflichtigen
aa) Bedeutung der Vorhersehbarkeitsklausel
bb) Bestehen einer Regelungslücke
cc) Zweitkonsumenten-Konstellationen
dd) Bystander-Konstellationen
4. Ausweichklausel der offensichtlich engeren Verbindung
a) Anwendung der Ausweichklausel in bystander-Konstellationen
b) Stellungnahme
V. Art. 17 Rom II-VO ‒ Sicherheits- und Verhaltensregeln am Ort des haftungsbegründenden Ereignisses
VI. Das Verhältnis der Rom II-VO zu völkerrechtlichen Übereinkommen, insbesondere zum HPÜ
VII. Anwendungsbeispiele
2. Kapitel: Kollisionsrechtliche Lösungsansätze für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle in den USA
A. Einleitung
B. Ursprung des conflict of laws
I. Die territorialen Ansätze
1. Joseph Story
2. Joseph Beales vested rights theory
II. Die conflicts revolution
1. Brainerd Curries interest analysis
a) Fallkonstellationen
aa) False conflicts
bb) True conflicts
cc) No interest pattern
b) Anwendung und Kritik
2. Weiterentwicklung
a) Functional analysis
b) Der comparative impairment-Ansatz
3. Weitere Ansätze jener Zeit
a) Better law-Ansatz
b) Lex fori-Ansatz
4. Das Restatement Second
a) Das Grundprinzip: Der most significant relationship test
b) Die Grundregel für kollisionsrechtliche Deliktsfälle
C. Das Deliktskollisionsrecht in den USA
I. Überblick über die derzeit angewendeten kollisionsrechtlichen Lösungsansätze in den einzelnen Bundesstaaten
II. Aktuelle Rechtslage der Deliktskollisionsfälle im Bereich der Produkthaftung in den USA
1. Neue Entwicklungen
a) Abkehr von der klägerfreundlichen Haltung
b) Class Actions stärken die Verhandlungsposition der Opfer
c) Multi district litigation- und multi party-Fälle
d) Settlements als bessere Alternative zu kostspieligen Prozessen
2. Anknüpfung und Fallkonstellationen in interlokalen und internationalen Kollisionsfällen im Produkthaftungsrecht
a) Anknüpfungspunkte
b) Die Fallmuster
aa) Fälle mit drei Anknüpfungspunkten im selben Staat
bb) Fälle mit zwei Anknüpfungspunkten im selben Staat
(1) Domicile des Geschädigten und Erfolgsort sind im selben Staat belegen
(2) Domicile des Geschädigten und Erwerbsort im selben Staat
III. Das New Yorker Kollisionsrecht
1. Die Entwicklung der Rechtsprechung in Deliktskollisionsfällen
a) Die Anfänge: Babcock v. Jackson
b) Von Babcock zu Neumeier
c) Schultz v. Boy Scouts of America
d) Cooney v. Osgood Machinery
e) Mixed approach seit 1993
aa) Fälle zu den conduct regulating rules
bb) Fälle zur 1. Neumeier-Regel
cc) Fälle zur 2. Neumeier-Regel
(1) Erster Teil der 2. Neumeier Regel
(2) Zweiter Teil der 2. Neumeier-Regel
dd) Fälle zur 3. Neumeier-Regel
(1) Grundsatz lex loci delicti
(2) Abweichung von der lex loci delicti-Regel
2. Die Entwicklung der Rechtsprechung im Kollisionsrecht der grenzüberschreitenden Produkthaftungsfälle
a) Die Anwendung der interest analysis zur Lösung von grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen
b) Case law
aa) Interlokale Produkthaftungsfälle
(1) Champlain Enterprises, Inc., v. United States
(2) Monroe v. Numed, Inc.
(3) Class action: Simon v. Philip Morris
(4) Devore v. Pfizer, Inc.
bb) Internationale Produkthaftungsfälle
(1) Kramer v. Showa Denko K.K
(2) Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc.
c) Einordnung der wesentlichen Ergebnisse
aa) Allgemein
bb) Einteilung der untersuchten Kollisionsfälle in Fallgruppen
IV. Forum non conveniens-Fälle
1. Ursprung und Anwendungsbereich der forum non conveniens-Lehre
a) Ursprung
b) Anwendungsbereich
c) Die Lehre vom forum non conveniens im prozessrechtlichen Kontext
2. Zweck der forum non conveniens-Doktrin
3. Voraussetzungen für eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen
a) Existieren eines alternativen und adäquaten Forums
aa) Adäquanz des Forums
bb) Availability des alternativen Forums
(1) Allgemeine Hindernisse
(2) Blocking statutes als Hindernisse
(3) Resümee zu availability
b) Bedeutung der klägerischen Forumswahl
c) Abwägung der Parteiinteressen und Erwägung von öffentlichen Interessen
aa) Parteiinteressen
bb) Öffentliche Interessen
(1) Rechtspolitische Erwägungen
(2) Conveniens für das Gericht: Jury-duty, administrative difficulties und Vermeidung komplizierter conflict of laws-Problematik
(i) Belastung des Gerichts allgemein
(ii) Belastung des Gerichts durch die Anwendung fremden Rechts und die Bedeutung der conflict of law-Analyse
4. Forum non conveniens-Fälle aus dem Bereich der grenzüberschreitenden Produkthaftung
a) Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc
b) Doe v. Hyland Therapeutics Div.
5. Bewertung
6. Zusammenfassung
V. Das Kollisionsrecht in Louisiana
1. Die Kodifizierung
2. Die Systematik des IV. Buches des Civil Code von Louisiana
3. Genereller kollisionsrechtlicher Ansatz
4. Die Regelungen zum Deliktskollisionsrecht
5. Die spezielle Kollisionsnorm für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle
a) Anwendungsbereich
b) Case law
aa) Interlokale Kollisionsfälle
(1) Einordnung
(2) Zusammenfassung
bb) Internationale Kollisionsfälle
6. Haftungsumfang
3. Kapitel: Vergleich
A. Wesentliche Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung
I. Gewichtung der Anknüpfungspunkte
II. Bedeutung der einzelnen Anknüpfungspunkte
1. Gewöhnlicher Aufenthalt/domicile
a) Gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt/common domicile
b) Domicile/gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten
2. Marktort
3. Erfolgsort
4. Place of business/Sitz des Herstellers
5. Handlungsort
a) Lokalisation
b) Bedeutung
III. Kumulation von Anknüpfungspunkten versus hierarchische Abstufung
IV. Wechselwirkungen zu übergeordneten Politiken
1. Wechselwirkung zum materiellen Recht
2. Berücksichtigung des Rechtsanwendungsinteresses der berührten Rechtsordnungen
B. Gemeinsamkeiten im Kollisionsrecht der Produkthaftung
I. Die Bedeutung von Rechtssicherheit und Entscheidungseinklang
II. Vereinfachung gerichtlicher Entscheidungsprozesse
III. Keine Bevorzugung einer Partei
IV. Leitprinzipien
Zusammenfassung und Ausblick
Zusammenfassung zur Rechtslage in Europa und den USA
Abschließende Bewertung zu der Rom II-VO
Ausblick
Literaturverzeichnis
USA: Onlineressourcen
Weiterführende Quellen aus Onlineressourcen
Entscheidungsregister
I. Europa
EuGH
EuG
II. USA
Sachregister
Recommend Papers

Die internationale Produkthaftung nach Inkrafttreten der Rom II-VO im Vergleich zu der Rechtslage in den USA
 9783161545740, 9783161544620

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 377 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Sarah Sammeck

Die internationale Produkthaftung nach Inkrafttreten der Rom II-VO im Vergleich zu der Rechtslage in den USA

Mohr Siebeck

Sarah Sammeck, Studium der Rechtswissenschaften in Hamburg; 2003–04 Studienaufenthalt an der Libera Università Internazionale degli Studi Sociali Guido Carli in Rom; Referendarin am OLG Celle; 2009 Zweites juristisches Staatsexamen; 2010–11 Forschungsaufenthalt als Visiting Research Scholar an der Fordham Law School, New York; 2015 Promotion; seit 2016 Geschäftsführerin der Deutsch-Amerikanischen Juristen-Vereinigung e.V. (DAJV).

e-ISBN PDF 978-3-16-154574-0 ISBN 978-3-16-154462-0 ISSN  0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­biblio­ graphie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de ab­r ufbar. © 2017  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer­t ung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro­verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elek­t ronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

Meinen Eltern und Ralph

Vorwort Die vorliegende Arbeit lag im Sommersemester 2015 als Dissertation der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg vor. Für die Publikation wurden Literatur und Rechtsprechung nach Möglichkeit bis Dezember 2016 berücksichtigt. Zu ganz besonderem Dank bin ich meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Ulrich Magnus, dem Erstgutachter, verpflichtet. Er hat meine Begeisterung für das Internationale Privatrecht und die Rechtsvergleichung geweckt und die Promotion betreut. Herrn Professor Peter Mankowski danke ich für seine Anregungen und die Erstellung des Zweitgutachtens. Danken möchte ich auch Frau Professor Toni Jaeger-Fine, die mir im Wintersemester 2010/2011 die Möglichkeit eines Forschungsaufenthalts an der Fordham Law School eröffnete, der für die Recherchen zum US-amerikanischen case law sehr wichtig war. Die besonders schöne Zeit als Visiting Research Scholar an der Fordham Law School bleibt unvergessen. Meiner Familie, die mich während meiner Promotion stets unterstützt hat, danke ich von ganzem Herzen für ihr Engagement. Köln, im Februar 2017

Sarah Sammeck

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XI Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVIII

Einleitung und Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 A. Der lange Weg der Rechtsvereinheitlichung im internationalen Produkthaftungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom II-VO für die internationale Produkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungsansätze für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle in den USA . . . . . . . . . . . 50 A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 B.  Ursprung des conflict of laws . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . 61

3. Kapitel:  Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A.  Wesentliche Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung . 169 B.  Gemeinsamkeiten im Kollisionsrecht der Produkthaftung . . . . . . 186

Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Zusammenfassung zur Rechtslage in Europa und den USA . . . . . . . 190 Abschließende Bewertung zu der Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . 190 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

X

Inhaltsübersicht

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Onlineressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Entscheidungsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XVIII

Einleitung und Aufgabenstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 A. Der lange Weg der Rechtsvereinheitlichung im internationalen Produkthaftungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 B. Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom II-VO für die internationale Produkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Charakter, Regelungsinhalt und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . 12 1. Rom II-VO im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 a) Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 b) Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2. Art.  5 der Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 a) Charakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 b) Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 aa) Abbau von Wettbewerbsnachteilen . . . . . . . . . . . 14 bb) Vereinfachung der Rechtsverfolgung für Geschädigte . 16 II. Der Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1. Anwendungsbereich der Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . 17 2. Anwendungsbereich des Art.  5 Rom II-VO . . . . . . . . . . . 18 a) Der Begriff des Produktes . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 b) Produkt als Schadensursache . . . . . . . . . . . . . . . . 22 c) Die Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 aa) Anspruchsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 bb) Anspruchsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 III. Die Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1. Systematische Prüfungsreihenfolge für Art.  5 Rom II-VO . . . 24 2. Vorrang der Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 a) Rechtswahl ex post . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 I.

XII

Inhaltsverzeichnis

b) Rechtswahl ex ante . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 aa) Stand der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 bb) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 c) Fragestellung im Kontext internationaler Produkthaftungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 3. Geltungsvorrang des Rechts des Staates des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 IV. Die Anknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 1. Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Inverkehrbringen des Produktes . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3. Die einzelnen Anknüpfungspunkte des Art.  5 . . . . . . . . . 34 a) Gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten . . . . . . . . . 35 aa) Gewöhnlicher Aufenthalt einer natürlichen Person . . . 35 bb) Gewöhnlicher Aufenthalt einer natürlichen Person im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit . . . . . . . . . 36 cc) Gewöhnlicher Aufenthalt einer juristischen Person . . . 37 b) Erwerbsortanknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 c) Erfolgsortanknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 d) Anknüpfung an den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Haftpflichtigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 aa) Bedeutung der Vorhersehbarkeitsklausel . . . . . . . . 40 bb) Bestehen einer Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . 41 cc) Zweitkonsumenten-Konstellationen . . . . . . . . . . . 41 dd) Bystander-Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . 42 4. Ausweichklausel der offensichtlich engeren Verbindung . . . . 43 a) Anwendung der Ausweichklausel in bystanderKonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 V. Art.  17 Rom II-VO ‒ Sicherheits- und Verhaltensregeln am Ort des haftungsbegründenden Ereignisses . . . . . . . . . . . . . . 47 VI. Das Verhältnis der Rom II-VO zu völkerrechtlichen Übereinkommen, insbesondere zum HPÜ . . . . . . . . . . . . . 48 VII. Anwendungsbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungsansätze für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle in den USA . . . . . . . . . . . 50 A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 B. Ursprung des conflict of laws . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Die territorialen Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 1. Joseph Story . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2. Joseph Beales vested rights theory . . . . . . . . . . . . . . . 53 II. Die conflicts revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 I.

Inhaltsverzeichnis

XIII

1. Brainerd Curries interest analysis . . . . . . . . . . . . . . . 55 a) Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 aa) False conflicts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 bb) True conflicts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 cc) No interest pattern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 b) Anwendung und Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2. Weiterentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 a) Functional analysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 b) Der comparative impairment-Ansatz . . . . . . . . . . . . 57 3. Weitere Ansätze jener Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 a) Better law-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 b) Lex fori-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 4. Das Restatement Second . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Das Grundprinzip: Der most significant relationship test . . 60 b) Die Grundregel für kollisionsrechtliche Deliktsfälle . . . . 60

C. Das Deliktskollisionsrecht in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . 61 I.

Überblick über die derzeit angewendeten kollisionsrechtlichen Lösungsansätze in den einzelnen Bundesstaaten . . . . . . . . . 61 II. Aktuelle Rechtslage der Deliktskollisionsfälle im Bereich der Produkthaftung in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 1. Neue Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 a) Abkehr von der klägerfreundlichen Haltung . . . . . . . . 65 b) Class Actions stärken die Verhandlungsposition der Opfer . 65 c) Multi district litigation- und multi party-Fälle . . . . . . . 66 d) Settlements als bessere Alternative zu kostspieligen Prozessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2. Anknüpfung und Fallkonstellationen in interlokalen und internationalen Kollisionsfällen im Produkthaftungsrecht . . . 69 a) Anknüpfungspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 b) Die Fallmuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 aa) Fälle mit drei Anknüpfungspunkten im selben Staat . . 71 bb) Fälle mit zwei Anknüpfungspunkten im selben Staat . . 72 (1) Domicile des Geschädigten und Erfolgsort sind im selben Staat belegen . . . . . . . . . . . . . . . 72 (2) Domicile des Geschädigten und Erwerbsort im selben Staat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 III. Das New Yorker Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 1. Die Entwicklung der Rechtsprechung in Deliktskollisionsfällen 72 a) Die Anfänge: Babcock v. Jackson . . . . . . . . . . . . . . 72 b) Von Babcock zu Neumeier . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 c) Schultz v. Boy Scouts of America . . . . . . . . . . . . . . 79 d) Cooney v. Osgood Machinery . . . . . . . . . . . . . . . . 81

XIV

Inhaltsverzeichnis

e) Mixed approach seit 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 aa) Fälle zu den conduct regulating rules . . . . . . . . . . 84 bb) Fälle zur 1. Neumeier-Regel . . . . . . . . . . . . . . . 85 cc) Fälle zur 2. Neumeier-Regel . . . . . . . . . . . . . . 88 (1) Erster Teil der 2. Neumeier Regel . . . . . . . . . . 88 (2) Zweiter Teil der 2. Neumeier-Regel . . . . . . . . . 89 dd) Fälle zur 3. Neumeier-Regel . . . . . . . . . . . . . . . 90 (1) Grundsatz lex loci delicti . . . . . . . . . . . . . . 90 (2) Abweichung von der lex loci delicti-Regel . . . . . . 90 2. Die Entwicklung der Rechtsprechung im Kollisionsrecht der grenzüberschreitenden Produkthaftungsfälle . . . . . . . 91 a) Die Anwendung der interest analysis zur Lösung von grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen . . . . . . . . . . 91 b) Case law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 aa) Interlokale Produkthaftungsfälle . . . . . . . . . . . . 92 (1) Champlain Enterprises, Inc., v. United States . . . . 92 (2) Monroe v. Numed, Inc. . . . . . . . . . . . . . . . 94 (3) Class action: Simon v. Philip Morris . . . . . . . . . 96 (4) Devore v. Pfizer, Inc. . . . . . . . . . . . . . . . . 97 bb) Internationale Produkthaftungsfälle . . . . . . . . . . 99 (1) Kramer v. Showa Denko K.K. . . . . . . . . . . . . 99 (2) Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc. . . . . . . . . . . . . . . . 101 c) Einordnung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . 103 aa) Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 bb) Einteilung der untersuchten Kollisionsfälle in Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 IV. Forum non conveniens-Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Ursprung und Anwendungsbereich der forum non conveniens-Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 a) Ursprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 b) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 c) Die Lehre vom forum non conveniens im prozessrechtlichen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Zweck der forum non conveniens-Doktrin . . . . . . . . . . . 115 3. Voraussetzungen für eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) Existieren eines alternativen und adäquaten Forums . . . . 118 aa) Adäquanz des Forums . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 bb) Availability des alternativen Forums . . . . . . . . . . 122 (1) Allgemeine Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . 122 (2) Blocking statutes als Hindernisse . . . . . . . . . . 122 (3) Resümee zu availability . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Bedeutung der klägerischen Forumswahl . . . . . . . . . . 125

Inhaltsverzeichnis

XV

c) Abwägung der Parteiinteressen und Erwägung von öffentlichen Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 aa) Parteiinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 bb) Öffentliche Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (1) Rechtspolitische Erwägungen . . . . . . . . . . . . 134 (2) Conveniens für das Gericht: Jury-duty, administrative difficulties und Vermeidung komplizierter conflict of laws-Problematik . . . . . 138 (i) Belastung des Gerichts allgemein . . . . . . . . 138 (ii) Belastung des Gerichts durch die Anwendung fremden Rechts und die Bedeutung der conflict of law-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 4. Forum non conveniens-Fälle aus dem Bereich der grenzüberschreitenden Produkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . 143 a) Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc. . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Doe v. Hyland Therapeutics Div. . . . . . . . . . . . . . . 146 5. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 V. Das Kollisionsrecht in Louisiana . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 1. Die Kodifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 2. Die Systematik des IV. Buches des Civil Code von Louisiana . 152 3. Genereller kollisionsrechtlicher Ansatz . . . . . . . . . . . . 154 4. Die Regelungen zum Deliktskollisionsrecht . . . . . . . . . . 155 5. Die spezielle Kollisionsnorm für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 b) Case law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 aa) Interlokale Kollisionsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (1) Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (2) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 bb) Internationale Kollisionsfälle . . . . . . . . . . . . . . 167 6. Haftungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

3. Kapitel:  Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 A. Wesentliche Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung . 169 I. Gewichtung der Anknüpfungspunkte . . . . . . . . . . . . . . . 170 II. Bedeutung der einzelnen Anknüpfungspunkte . . . . . . . . . . 170 1. Gewöhnlicher Aufenthalt/domicile . . . . . . . . . . . . . . . 171 a) Gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt/common domicile . 171 b) Domicile/gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten . . . . 172 2. Marktort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 3. Erfolgsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 4. Place of business/Sitz des Herstellers . . . . . . . . . . . . . . 176

XVI

Inhaltsverzeichnis

5. Handlungsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 a) Lokalisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 III. Kumulation von Anknüpfungspunkten versus hierarchische Abstufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 IV. Wechselwirkungen zu übergeordneten Politiken . . . . . . . . . 183 1. Wechselwirkung zum materiellen Recht . . . . . . . . . . . . 184 2. Berücksichtigung des Rechtsanwendungsinteresses der berührten Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . 185

B. Gemeinsamkeiten im Kollisionsrecht der Produkthaftung . . . . . . 186 I. Die Bedeutung von Rechtssicherheit und Entscheidungseinklang . 186 II. Vereinfachung gerichtlicher Entscheidungsprozesse . . . . . . . . 188 III. Keine Bevorzugung einer Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 IV. Leitprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Zusammenfassung zur Rechtslage in Europa und den USA . . . . . . . 190 Abschließende Bewertung zu der Rom II-VO . . . . . . . . . . . . . . . 190 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 Onlineressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Entscheidungsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

Abkürzungsverzeichnis a. A. andere Ansicht ABl. Amtsblatt der Europäischen Union Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis a. E. am Ende a. F. alte Fassung AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AMG Arzneimittelgesetz The American Journal of Comparative Law Am.J.Comp.L. Am.J.Comp.L.Supp. The American Journal of Comparative Law Supplement Am. Jur. 2d American Jurisprudence, Second Edition AL Alabama Alt. Alternative AK Alaska Am.L.Prod.Liab. 3d American Law of Products Liability 3d Treatise Am. Law Prod. Liab. American Law of Products Liability Anm. Anmerkung App. Div. Appellate Division (Berufungsinstanz) AR Arkansas Ark.L.Rev. Arkansas Law Review Art. Artikel Aufl. Auflage AZ Arizona BB Der Betriebs-Berater Bd. Band Bearb. Bearbeiter BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Drucksachen des Bundesrates BR-Drs. Brook.J.Int’l L. Brooklyn Journal of International Law BT-Drs. Drucksachen des Bundestages B2B Business-to-Business bzw. beziehungsweise B.Y.U. Int’l & Mgmt. Rev. Brigham Young University International Law & Management Review C. Contract Law ca. circa

XVIII

Abkürzungsverzeichnis

CA/Cal. California C.A. Court of Appeal Cal.Civ.Proc. Code California Code of Civil Procedure California Law Review Cal.L.Rev. CCC California Civil Code C.D. United States District Court of the Central District of … certiorari denied: Revisionsantrag durch den Supreme Court abcert. den. gelehnt ch. chapter Circuit Court of Appeals of the … Circuit Cir. civ. civil CO Colorado Co. Company Colum.L.Rev. Columbia Law Review Conn. Connecticut Reports Conn.L.Rev. Connecticut Law Review Comb.Modern Combined Modern Comp. Company Corp. Corporation Cornell Law Review Cornell L.Rev. CT Connecticut DC District of Columbia DeliktsR Deliktsrecht ders. derselbe dies. dieselbe DE Delaware DES Diethylstilbestrol Diss. Dissertation d. h. das heißt Diritto Internazionale Privato DIP Div. Division Duke L.J. Duke Law Journal ed. edition EG Europäische Gemeinschaft EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Einf. Einführung Einl. Einleitung et al. und andere EU Europäische Union EuG Gericht der Europäischen Union EuGH Europäischer Gerichtshof EurLegForum The European Legal Forum europ. europäisch EuGVO Verordnung (EG) Nr.  44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen EVÜ Römisches Übereinkommen über das auf Schuldverhältnisse anwendbare Recht

Abkürzungsverzeichnis

XIX

EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWS Europäisches Wirschafts- und Steuerrecht f. folgend(e) F. (2d) Federal Reporter (Second Series) FDA Food and Drug Administration Fed. Federal Fed.R.Civ.P./ F.R.C.P. Federal Rules of Civil Procedure FL Florida Fn. Fußnote Fordham Urb.L.J. Fordham Urban Law Journal FS Festschrift F. Supp. Federal Supplement GA Georgia Ga.J.Int’l & Comp.L. Georgia Journal of International and Comparative Law Ga.L.Rev. Georgia Law Review GBL General Business Law Group Européen de Droit International Privé GEDIP gem. gemäß Georgetown Law Journal Geo.L.J. GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GPR Zeitschrift für das Privatrecht der Europäischen Union Harv.L.Rev. Harvard Law Review Hastings L.J. Hastings Law Journal HI Hawaii HIV Humane Immundefizienz-Virus h. M. herrschende Meinung Haager Übereinkommen vom 2.10.1973 über das auf die ProHPÜ dukthaftpflicht anzuwendende Recht Herausgeber Hrsg. HS Halbsatz IA Iowa International and Comparative Law Quarterly ICLQ ID Idaho i.H.v. in Höhe von IL Illinois IN Indiana Inc. Incorporated Ind.L.J. Indiana Law Journal in re in der Sache Ins. Insurance Int./Intern. International International and Comparative Law Quarterly Int.Comp.L.Q. Int’l Trade L.J. International Trade Law Journal i. S. d. im Sinne der/des IPR Internationales Privatrecht IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts

XX IPRE

Abkürzungsverzeichnis

Österreichische Entscheidungen zum internationalen Privat- und Verfahrensrecht (Österreich) IPRG Gesetz über das Internationale Privatrecht (Österreich und Schweiz) IPR-Gesetz Gesetz zum Internationalen Privatrecht IPRspr. Die deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts i.V.m. in Verbindung mit IZPR Internationales Zivilprozessrecht Internationales Zivilverfahrensrecht IZVR J. Journal; Judge JBl. Juristische Blätter J.Legal Stud. Journal of Legal Studies J.Priv.Int.L. Journal of Private International Law J. Transnat.’L. & Pol’y Journal of Transnational Law & Policy JZ Juristische Zeitung Kap. Kapitel Dokumente der Europäischen Kommission KOM krit. kritisch KS Kansas KY Kentucky LA/La. Louisiana La.C.C. Louisiana Civil Code La.C.C. Ann. Louisiana Civil Code Annotated La.Code Civ. Proc. Ann. Louisiana Code of Civil Procedure Annotated La.L.Rev. Louisiana Law Review lit.   littera Lit. Literatur Ltd. Limited MA Massachusetts MD Maryland MDL multi district litigation Maryland Law Review Md.L.Rev. ME Maine MI Michigan Mio. Millionen MN Minnesota MO Missouri MOPL Madden & Owen on Products Liability MS/Miss. Mississippi MT Montana MüKoBGB Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit weiteren Nachweisen m. w. N. N. North NC North Carolina ND North Dakota NE Nebraska n. F. neue Fassung

Abkürzungsverzeichnis

XXI

NH New Hampshire NILR Netherlands International Law Review NJ New Jersey Neue Juristische Wochenschrift NJW NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift, Rechtsprechungs-Report NK-BGB Nomos-Kommentar BGB New Mexico NM No. Number Nr. Nummer NV Nevada NY/N.Y. New York N.Y.C.L.P. New York Practice Law and Rules N.Y.Jur. 2d New York Jurisprudence, Second Edition N.Y. Products Liability 2d New York Products Liability, Second Edition N.Y.S.  2d New York Supplement (Second Series) N.Y.U.L.Rev. New York University Law Review OH Ohio Ohio State Law Journal Ohio St.L.J. OK Oklahoma OLG Oberlandesgericht OR Oregon Or.L.Rev. Oregon Law Review p. page PA/Pa. Pennsylvania PHI Produkthaftpflicht International ProdHaftG Produkthaftungsgesetz ProdH-RL Produkthaftungsrichtlinie Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales PrivatRabelsZ recht Restatement Rest. RI Rhode Island RIW Recht der internationalen Wirtschaft Rn. Randnummer Rs. Rechtssache Rom I-VO Verordnung (EG) Nr.  593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom I“) Rom II-VO Verordnung (EG) Nr.  864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“) Rspr. Rechtsprechung S. Satz/Seite/South s. siehe SC South Carolina SD South Dakota sign. significant sign.cont. significant contacts S.Ill.U.L.J. Southern Illinois University Law Journal

XXII

Abkürzungsverzeichnis

Slg. Sammlung So. Southern s. o. siehe oben so genannt sog. St. State St. John’s L.Rev. St. John’s Law Review Standford Journal of International Law Stan.J.Intnat’l L. Stan.L.Rev. Stanford Law Review st. Rspr. ständige Rechtsprechung siehe unten s. u. Suffolk Transnat’l Suffolk Transnational Law Review  L.Rev. Sup.Ct. Superior Court (eines US-amerikanischen Einzelstaates) Super.Ct.App. Superior Court of Appeals T. Tort Law TX/Tex. Texas Tex.L.Rev. Texas Law Review Texas International Law Journal Tex.Int’l L.J. TN Tennessee Tulane Law Review Tul.L.Rev. u. a. unter anderem UCC Uniform Commercial Code U.Chi.L.Rev. University of Chicago Law Review UCLA L.Rev. UCLA Law Review U.Ill.L.Rev. University of Illinois Law Review U.Kan.L.Rev. University of Kansas Law Review US/U.S. United States/United States Supreme Court (Reports) United States Code U.S.C. u. U. unter Umständen Uniform Product Liability Act UPLA Urt. Urteil USA United States of America United States Code Annotated U.S.C.A. UT Utah v. von/vom/versus VA Virginia VersR Versicherungsrecht vgl. vergleiche Vol. Volume Vorbem. Vorbemerkung VT Vermont WA/Wash. Washington Wayane Law Review Wayane L.Rev. wbl österreichische Wirtschaftsblätter WI Wisconsin Willamette L.Rev. Willamette Law Review Willamette J. Int’l L. Willamette Journal for International Law and   & Dis. Res. Dispute Resolution

Abkürzungsverzeichnis

WV/W.Va. West Virginia WY Wyoming Y.B. Yearbook/Year Book Yearbook of Private International Law YbPIL Y.L.J. Yale Law Journal z. B. zum Beispiel Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZEuP ZfRV Zeitschrift für Rechtsvergleichung Ziff. Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZIP ZPO Zivilprozessordnung ZVglRWiss. Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft

XXIII

Einleitung und Aufgabenstellung In den 1970er bis 1990er Jahren stand das Produkthaftungsrecht im Mittelpunkt der Rechtspraxis und war fortwährend Gegenstand des wissenschaftlichen Diskurses. Sowohl in Europa als auch in den Vereinigten Staaten von Amerika rangen die Gesetzgeber, Richter und Wissenschaftler in ihren jeweiligen Rechtsordnungen um angemessene Lösungen für internationale und interlokale Produkthaftungsfälle. Seit den 1990er Jahren ist es ein wenig stiller um die internationale Produkthaftung geworden, auch wenn die Suche nach der perfekten kollisionsrechtlichen Lösung für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle nicht aufhört.1 Die Gesetzgeber nutzten den ihnen jeweils zur Verfügung stehenden Spielraum für die Einführung neuen und die Reformierung bestehenden Kollisionsrechts. Die EU-Mitgliedstaaten machten sich sogar daran, das Kollisionsrecht für Produkthaftungsfälle zu harmonisieren. Das ist jedenfalls teilweise gelungen.2 Auch die Unternehmen suchten nach Wegen, dem Produkthaftungsrisiko mit Hilfe eines verbesserten risk management zu begegnen, indem sie beispielsweise betriebliche Präventivmaßnahmen zur Minimierung der Fehlerquellen optimal nutzen,3 den Standort von Niederlassungen und Betriebsstätten in Bezug auf die haftungsrechtliche Rechtslage sorgfältig auswählen und schließlich das Produkthaftungsrisiko versichern.4 1  So gesteht Symeonides: „Products-liability conflicts are inherently difficult, and so far nobody has put forward the perfect formula for resolving them. This includes the undersigned author who, in the course of the last 15 years, has drafted 2 statutory rules for such conflicts and has proposed 2 other rules for the same purpose“. Symeonides, Choice of Law for Products Liability: The 1990 and Beyond, 78 Tul.L.Rev. 1247, 1331 (2004). 2  G. Wagner, IPRax 2008, 1, 6 spricht von einem „hart errungenen Kompromiss zwischen den Proponenten des Verbraucherschutzes und den Vertretern der Hersteller“. 3  Das Auftreten von Produktionsfehlern kann beispielsweise durch den Einsatz modernster Produktionstechnik minimiert werden, indem sich die Hersteller an die technischen Sicherheitsstandards halten und Produkte, die in den Verkehr gebracht wurden, sorgfältig beobachten und unter Umständen zurückrufen. 4  Produkthaftungsansprüche für Produkte, die im Wege des indirekten Exports auf den USamerikanischen Markt gelangt sind, werden durch die Produkthaftpflichtversicherung mitversichert. Exportiert der Hersteller seine Produkte selbst in die USA, kann das Produkthaftungsrisiko durch Zahlung eines Zuschlags zum Prämiensatz des Versicherungsvertrags eingeschlossen werden. Vertreibt der Hersteller seine Produkte auf dem US-amerikanischen Markt über unabhängige Händler, muss er versuchen, von seinen Vertriebspartnern eine Freistellungserklärung (hold harmless agreement) zu erhalten, sodass er nur für Produktfehler haftet, die er als Produzent zu vertreten hat. Andernfalls muss er darauf achten, seine Vertriebspartner als mitversicherte Perso-

2

Einleitung und Aufgabenstellung

Das Produkthaftungsrecht besteht heute aus einer Vielzahl von Regelungen aus zivilrechtlichen, strafrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Rechtsquellen und deren Interpretationen durch das Richterrecht. Auf europäischer Ebene brachte der Gesetzgeber in den letzten Jahren neue Regelungen auf den Weg, die den wissenschaftlichen Diskurs über die beste Lösung für internationale Produkthaftungsfälle wieder in Schwung brachten. Neben der Rom  II-VO,5 die das Kollisionsrecht der Produkthaftung in Europa harmonisierte, wurden auch andere Bereiche des Produkthaftungsrechts novelliert. So wurde beispielsweise die Produktsicherheitsrichtlinie 92/59/EWG im Jahr 2001 durch die Produktsicherheitsrichtlinie (Richtlinie 2001/95 EG) überarbeitet und die Mitgliedstaaten wurden verpflichtet, die neuen Regelungen in ihr jeweiliges nationales Recht zu transformieren. In Deutschland trat daraufhin im Jahr 2004 das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz in Kraft, welches auf Grund der Verordnung EWG Nr.  339/936 im Dezember 2011 durch das Produktsicherheitsgesetz abgelöst wurde.7 Für internationale Produkthaftungsfälle etablierten sich Lösungen auch im Kollisionsrecht der Rechtsordnungen, auch wenn diese teilweise kritisch beurteilt wurden.8 In den USA wurden im Vergleich mehr Produkthaftungsprozesse geführt als in Europa. Viele Produkthaftungsfälle gelangen nicht vor ein Gericht, weil sich die Parteien vergleichen. Auch in Europa ist diese Entwicklung zu beobachten. Nach einem Bericht der Europäischen Kommission haben einige Mitgliedstaaten der Europäischen Union, darunter Österreich, Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Polen, einen Anstieg von Produkthaftungsklagen zu verzeichnen.9 Die Kommission führt dies auf verbesserte Informationsmöglichkeiten der Verbraucher durch eine Vielzahl von Interessenverbänden zurück. Deshalb sind die Geschädigten heute gut über den Schutz ihrer Rechte informiert und eher bereit, ihre Rechte im Schadensfall rechtlich zu verfolgen.10 Gleichzeitig verzeichnet die Kommission zwar in Produkthaftungsfällen einen allgemeinen Anstieg der Klagen, stellt aber

nen (additional insured) in den Versicherungsschutz, z. B. über ein vendors endorsement, einzuschließen. Zu den marktüblichen Versicherungslösungen gibt die Broschüre US-Produkthaftpflicht der Deutschen Rück einen Überblick; abrufbar unter (zuletzt aufgerufen am 2.1.2017). 5  Verordnung (EG) Nr.  864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom  II-VO). 6  Amtsblatt der Europäischen Union v. 13.8.2008, ABl. EG L 218/30. 7  Das Gesetz über die Neuordnung des Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes, BGBl. 2011 I, S.  2177, basierend auf dem ursprünglichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 17/6276; vgl. BR-Drs. 314/11. 8  Etwa die Lösung im Haager Produkthaftungsübereinkommen (im Folgenden: HPÜ). 9  Vierter Bericht der Europäischen Kommission zur Produkthaftungsrichtlinie KOM (2011), 547, 4, dazu Brock/Schweiger, PHI 2012, 28 f. Lenz, Produkthaftpflichtversicherung, A.I 1. Rn.  4. 10  Vierter Bericht der Europäischen Kommission zur Produkthaftungsrichtlinie KOM (2011), 547, 4.

Einleitung und Aufgabenstellung

3

andererseits fest, dass die Parteien verstärkt außergerichtlich Vergleiche schließen.11 Die Kommission weist in dem Bericht außerdem darauf hin, dass in Ländern, in denen der Kostenaufwand für Produkthaftungsklagen hoch ist, die Verbraucher derartige Klagen scheuen. Die Suche nach einer angemessenen Anknüpfung in grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen ist seit jeher eine besondere Herausforderung.12 Das Kollisionsrecht muss den grundsätzlichen Anliegen des Schadensersatzrechts gerecht werden und sowohl die Steuerungsfunktion ermöglichen als auch den Rechtsgüterschutz gewährleisten (Ausgleichsfunktion).13 In Zeiten zunehmender Globalisierung, des grenzüberschreitenden Warenverkehrs und der grenzenlosen Mobilität der Menschen bestimmt häufig der Zufall über den Ort der Rechtsgutsverletzung. Der Hersteller kann oft nicht vorhersehen, wo sich sein Produkt gerade befinden wird, wenn es eine Rechtsgutsverletzung verursacht.14 Ist es ihm zuzumuten, seine Haftung nach dem Recht am Ort des Schadenseintritts zu ermitteln? Ist es dem Geschädigten zuzumuten, sein Restitutionsinteresse nach dem Recht am Sitz des Herstellers zu bestimmen? Gibt es weitere Anknüpfungsmöglichkeiten? Ist die Anknüpfung danach zu differenzieren, ob der Erwerber des Produktes oder ein unbeteiligter bystander geschädigt wird? Gibt es Zurechnungskriterien für das Rechtsanwendungsrisiko, um den Interessenkonflikt zwischen Hersteller und Geschädigtem angemessen zu lösen? Werden zur Ausbalancierung der Interessen der Beteiligten ausschließlich neutrale Kriterien herangezogen oder spielen politische Erwägungen wie der Verbraucherschutz, die Förderung des freien Warenverkehrs oder die Standortpolitik ebenfalls eine Rolle? Savigny würde das Recht des Ortes anwenden, zu dem der Lebenssachverhalt die stärkste Beziehung hat.15 Er würde sich die den Produkthaftungsfall kennzeichnenden Sachverhaltselemente ansehen und fragen, welcher Rechtsordnung das Rechtsverhältnis zwischen Hersteller und Geschädigtem „seiner eigentümlichen Natur nach angehört oder unterworfen ist“,16 wo es am ehesten beheimatet ist. Diese Frage ist auch heute noch aktuell und der Ausgangspunkt jeder kollisionsrechtlichen Betrachtung. Doch nach welchen Maßstäben ist die Antwort zu ermitteln? Im Folgenden soll untersucht werden, ob Art.  5 Rom  II-VO mit seiner starren Anknüpfungssystematik oder die flexibleren Ansätze in den Bundesstaaten New York und Louisiana die überzeugendere Lösung zur Ausbalancierung der antago11  Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen kein Zweifel an der Haftung der Hersteller besteht. Vierter Bericht der Europäischen Kommission zur Produkthaftungsrichtlinie KOM (2011), 547, 5 mit Nachweisen zu Fällen aus Österreich und Lettland (Entschädigungszahlungen je nach Schädigungsart zwischen 1500 und 5000 Euro). 12 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  1. Kadner Graziano, Gemeineurop. IPR, 260; Kropholler, IPR (2006), 538; Symeonides, 78 Tul.L.Rev. 1247, 1331 (2004). 13 Staudinger/v. Hoffmann (2001), Art.  40 EGBGB, Rn.  92. 14 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO Rn.  2. 15 Nach v. Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd. VIII (1849), 27 f. 16 Nach Wandt, 244.

4

Einleitung und Aufgabenstellung

nistischen Regelungsziele Vorhersehbarkeit und Einzelfallgerechtigkeit bereitstellen und zum Ausgleich der Interessen der Beteiligten eines Produkthaftungsfalles führen. Bei der Darstellung der US-amerikanischen Rechtslage werden das jeweilige case law der Bundesstaaten New York und Louisiana sowie die Regelungen des Civil Code Louisianas vertieft dargestellt. Von New York ging in den 1960er Jahren die sogenannte conflicts revolution aus. Seitdem haben New Yorker Richter immer wieder revolutionäre Entscheidungen zu kollisionsrechtlichen Fragestellungen getroffen und Impulse zur Fortentwicklung des conflict of laws gegeben. Louisiana verfügte als erster Bundesstaat über ein kodifiziertes Kollisionsrecht. Zwar hatte neben Louisiana auch Oregon seit dem Jahr 2009 ein kodifiziertes Kollisionsrecht. Die in Oregon bisher ergangene Rechtsprechung zu deliktsrechtlichen Kollisionsfällen und insbesondere zu Produkthaftungsfällen ist jedoch nicht ausreichend, um diese als Grundlage für den Vergleich mit einzubeziehen. Die Darstellung wird sich deshalb auf die Regelungen des Civil Code von Louisiana und die dazu ergangene Rechtsprechung beschränken.

1. Kapitel

Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Im folgenden Kapitel werden die Hintergründe und die Systematik des Art.  5 Rom  II-VO dargestellt.

A.  Der lange Weg der Rechtsvereinheitlichung im internationalen Produkthaftungsrecht Die Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom  II-VO), die seit dem 11.1.2009 gilt, beendete das lange Ringen um ein einheitliches Kollisionsrecht im europäischen Rechtsraum für Teile dieses Bereichs.1 Die Regelungen der Rom  II-VO traten an die Stelle des zuvor jeweils geltenden mitgliedsstaatlichen Kollisionsrechts, das von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat teilweise sehr divergierte.2 Mit der Rom  II-VO wurde erstmalig ein europäisches Kollisionsrecht geschaffen, dem wegen der zahlreichen zuvor gescheiterten Versuche einer Harmonisierung heute sogar eine historische Bedeutung zugeschrieben wird.3 Denn im Bereich des Deliktskollisionsrechts gab es schon seit den 1960er Jahren Bestrebungen nach einer Rechtsvereinheitlichung. Allerdings mündeten diese Bemühungen in der Regel in Staatsverträgen, die nur begrenzte Materien regelten. Im Bereich der internationalen Produkthaftung war das Haager Übereinkommen vom 2.10.1973 über das auf die Produkthaftpflicht anzuwendende Recht der erste Versuch einer Rechtsvereinheitlichung.4 1  Für manche Teilbereiche, wie z. B. die Haftung für Persönlichkeitsrechtsverletzungen, konnte kein Konsens erzielt werden, Junker, RIW 2010, 257 f.. Am 19.12.2011 veröffentlichte die Berichterstatterin des Rechtsausschusses, Diana Wallis, hierzu einen Berichtsentwurf. 2  Die Kommission wies schon im Jahr 2003 in der Begründung ihres damaligen Entwurfs auf die divergierenden Kollisionsnormen der Mitgliedstaaten im internationalen Deliktsrecht hin, KOM (2003), 427 end. 2.1. S.  5 f. Darin betont die Kommission, dass im Bereich der unerlaubten Handlungen fast alle Mitgliedstaaten die lex loci delicti commissi-Regel anwendeten, die Ausgestaltung im Detail jedoch erheblich variiere. Ein detaillierter Überblick über die damals geltenden Anknüpfungssysteme in den unterschiedlichen Mitgliedstaaten findet sich bei v. Hein, ZEuP 2001, 150, 162 und bei Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 63–73. 3 MüKoBGB/Junker, Vor Art.  1 Rom  I I-VO Rn.  1. 4  Text (englisch) findet sich in RabelsZ 37 (1973), 594 f.; eine deutsche Übersetzung nach Staudinger/v. Hoffmann, Art.  40 EGBGB, Rn.  80.

6 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Die einzelnen Regelungen finden sich in Art.  4 bis 9 HPÜ. Als Hauptanknüpfung sieht das Übereinkommen nach Art.  4 HPÜ5 den Verletzungsort vor, wenn dieser zugleich mit dem gewöhnlichen Aufenthalt des Verletzten, der Hauptniederlassung des Haftpflichtigen oder dem Erwerbsort zusammenfällt. Art.  5 HPÜ6 beruft das Recht des Staates, in dem der Verletzte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn in diesem Staat auch gleichzeitig die Hauptniederlassung des Haftpflichtigen oder der Erwerbsort liegt. Falls die Anknüpfung nach Art.  4 oder Art.  5 HPÜ gescheitert ist, sieht Art.  6 HPÜ ein Wahlrecht des Geschädigten zwischen dem Recht des Erfolgsortes und dem Recht am Hauptsitz der haftenden Person vor.7 Wird nach Art.  4, 5 oder 6 HPÜ angeknüpft, kann der Haftende gem. Art.  7 HPÜ8 jedoch das an seinem Sitz gültige Recht zur Anwendung bringen, wenn er nachweist, dass er mit einem Handel seines Produktes in dem jeweiligen Land nicht zu rechnen brauchte.9 Den Haftungsumfang regelt Art.  8 HPÜ.10 Art.  9 HPÜ11 regelt, welche Sicherheitsvorschriften zur Anwendung gelangen. 5 

Art.  4 HPÜ „Anwendbares Recht ist das interne Recht des Staates des Verletzungsortes, wenn dieser Staat außerdem ist a) der Staat des gewöhnlichen Aufenthaltsortes der geschädigten Person oder b) der Staat des Hauptgeschäftssitzes der in Anspruch genommenen Person oder c) der Staat, in dem das Produkt von der geschädigten Person erworben wurde.“ 6  Art.  5 HPÜ „Ungeachtet der Vorschriften des Art.  4 ist anwendbares Recht das interne Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort der geschädigten Person, wenn dieser Staat außerdem ist – a) der Staat des Haupt-Geschäftssitzes der in Anspruch genommenen Person oder b) der Staat des Ortes, an dem das Produkt von der geschädigten Person erworben wurde.“ 7  Art.  6 HPÜ „Wenn keines der in Art.  4 und 5 bezeichneten Rechte gilt, ist anwendbares Recht das interne Recht des Staates, in dem die in Anspruch genommene Person ihren Haupt-Geschäftssitz hat, es sei denn, der Anspruchssteller stützt seine Klage auf das interne Recht des Staates des Verletzungsortes.“ 8  Art.  7 HPÜ „Weder das Recht am Verletzungsort noch das Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort der geschädigten Person sind gemäß Art.  4, 5 und 6 anwendbar, wenn die in Anspruch genommene Person nachweist, dass sie vernünftigerweise nicht voraussehen konnte, dass das Produkt oder ihre eigenen Produkte der betreffenden Art in dem fraglichen Staat im Handel angeboten werden würden.“ 9 Vgl. Staudinger/v. Hoffmann, Art.  40 EGBGB, Rn.  81. 10  Art.  8 HPÜ „Das nach dieser Konvention anwendbare Recht regelt insbesondere – 1. Voraussetzungen und Umfang der Haftung; 2. Gründe für Ausnahmen von der Haftung, Haftungsbegrenzungen aller Art und Haftungsaufteilung zwischen mehreren Personen; 3. die Art der Schäden, auf deren Ersatz ein Anspruch bestehen kann; 4. Art und Umfang der Entschädigung; 5. die Frage, ob Schadensersatzansprüche abgetreten oder vererbt werden können; 6. welche Personen aus eigenem Recht Schadensersatzansprüche geltend machen können; 7. die Haftung eines Geschäftsherren für die Handlungen seiner nicht weisungsgebundenen Gehilfen und Mitarbeiter;

A.  Der lange Weg der Rechtsvereinheitlichung im internationalen Produkthaftungsrecht

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Das kaskadenartige Anknüpfungssystem des HPÜ mit seinen vielen verschiedenen Kombinationen wurde als zu kompliziert bewertet.12 Im Ergebnis wurde das Übereinkommen daher nur in wenigen Ländern ratifiziert.13 In den Folgejahren begannen auf europäischer Ebene erste zaghafte Versuche, das internationale Privatrecht zu harmonisieren,14 die jedoch erfolglos blieben. Der parallel von der Europäischen Gruppe für IPR (Group Européen de Droit International Privé ‒ GEDIP), einem informellen Kreis von Kollisionsrechtswissenschaftlern, erarbeitete Entwurf eines europäischen Übereinkommens für das auf 11

8. die Beweislast, soweit die Bestimmungen des dafür anwendbaren Rechts Bestandteil des Haftpflichtrechts sind; 9. die Verjährung oder das Erlöschen der Ansprüche einschließlich der Regeln über Beginn, Unterbrechung und Hemmung der Verjährung.“ 11  Art.  9 HPÜ „Die Anwendung der Art.  4, 5 und 6 schließt nicht aus, dass Verhaltens- und Sicherheitsbestimmungen des Landes berücksichtigt werden, in dem das Produkt in den Verkehr gebracht wurde.“ Nach dem HPÜ kommt nach Art.  4 HPÜ das Recht des Verletzungsortes (Ort der Rechtsgutsverletzung) zur Anwendung, wenn außerdem (1) der Geschädigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Staat hat oder (2) der Haftende dort seinen Hauptgeschäftssitz hat oder (3) der Geschädigte das Produkt in diesem Staat erworben hat. Allerdings kann die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt nach Art.  5 HPÜ der Anknüpfung nach Art.  4 vorgehen, wenn (a) der Haftende dort seinen Hauptgeschäftssitz hat oder (b) der Geschädigte das fehlerhafte Produkt dort auch erworben hatte. Im Rahmen der Kombinationen müssen in der Regel mindestens zwei der vier Anknüpfungspunkte kumulativ in demselben Staat belegen sein. Die Anknüpfungen nach Art.  4 und Art.  5 stehen jedoch gem. Art.  7 HPÜ im Interesse des haftenden Herstellers unter dem Vorbehalt der Vorhersehbarkeit der Inverkehrgabe des Produktes in diesen Staaten. Gelingt dem Hersteller der Beweis dafür, dass das Produkt in dem jeweils nach Art.  4 oder Art.  5 berufenen Recht ohne seine Kenntnis in den Handel gelangt ist, so soll das am Herstellersitz gültige Recht gelten. In den Fällen, in denen weder nach Art.  5 noch nach Art.  4 angeknüpft werden kann, beruft Art.  6 HPÜ das Recht am Herstellersitz, wobei es in solchen Fällen dem Geschädigten freistellt, sich auf das Recht am Ort der Rechtsgutsverletzung zu berufen. 12  Lorenz, RabelsZ 37 (1973), 317‒356, 320; Kegel/Schurig, §  18 IV 3 b; Kropholler, IPR, §  53 V 3. Der im HPÜ verankerte Lösungsansatz ist von der US-amerikanischen Methode des grouping of contacts beeinflusst worden. Näher v. Hein, 82 Tul.L.Rev. 1663, 1679 f. (2008); ders., ZEuP 2009, 7, 25. 13  In der Bundesrepublik Deutschland ist das Übereinkommen nicht in Kraft getreten. Vertragsstaaten sind Finnland, Frankreich, Kroatien, Luxemburg, Mazedonien, Montenegro, die Niederlande, Norwegen, Serbien, Slowenien und Spanien. Belgien, Italien und Portugal haben das Abkommen zwar gezeichnet, jedoch nie ratifiziert. 14  So erarbeitete die Europäische Kommission bereits im Jahre 1972 einen Vorentwurf eines Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (EWG-Vorentwurf), abgedruckt in RabelsZ 38 (1974), 211. Die Umsetzung scheiterte jedoch im Folgejahr nicht zuletzt am Widerstand Dänemarks, Irlands und des Vereinigten Königreichs, jener Staaten, die der Gemeinschaft erst kurz zuvor beigetreten waren. Der Reformprozess geriet ins Stocken. Erneute Bemühungen Ende der 1970er Jahre mündeten zwar in das Römische Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (EVÜ) vom 18.6.1980, welches am 1.4.1991 in Kraft trat. Die Vereinheitlichung des IPR auch im Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse ruhte jedoch bis zu der Entschließung des Rates vom 14.10.1996. ABl. EG Nr.  1996 Nr. C 319 S.  1. Näher dazu MüKoBGB/Junker, Vor Art.  1 Rom  II-VO, Rn.  4; Staudinger/ v. Hoffmann, Vor Art.  38 ff. EGBGB, Rn.  13.

8 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht15 fand damals keinen Anklang. Gleichzeitig intensivierten sich die Bemühungen um Rechtsvereinheitlichung auf europäischer Ebene.16 Durch den Vertrag von Maastricht, der einen Ausbau in der justiziellen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Zivilsachen vorsah, erhielt das Projekt einen neuen Impuls.17 Seither konzentrieten sich die Bemühungen um eine Rechtsvereinheitlichung auf den Erlass einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates und nicht mehr auf die Konzeption eines völkerrechtlichen Übereinkommens.18 Zu dieser Zeit wurde das anwendbare Recht für Kollisionsfälle entweder durch das jeweilige mitgliedstaatliche internationale Privatrecht oder, soweit vorhanden, durch jeweils geltende internationale Übereinkommen, die das internationale Deliktsrecht vereinheitlichten, bestimmt. Rückblickend betrachtet lässt sich sagen, dass im Deliktskollisionsrecht vorrangig die Tatortregel galt. So beriefen viele europäische Kodifikationen das Recht des Tat‑/Unfallortes, das lex loci delicti.19 Auch in Rechtsordnungen, in denen das Kollisionsrecht dem Richterrecht vorbehalten war, wendeten die Gerichte die lex loci delicti-Regel an.20 Für den Bereich des internationalen Produkthaftungsrechts herrschte hingegen keine solche Einigkeit zugunsten einer favorisierten Anknüpfungsregel. Es fanden sich verschiedenste Anknüpfungssysteme.21 In Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Finnland, Spanien, Slowenien, Kroatien, Mazedonien und Jugoslawien galt und gilt das Anknüpfungssystem des Haager Übereinkommens über das auf die Produkthaftung anwendbare Recht (HPÜ), welches eine Kombination von verschiedenen Anknüpfungspunkten vorsieht.22 In anderen Rechtsordnungen galt eine Ubiquitätslösung, wonach dem Geschädigten ein Wahlrecht zustand, 15  Der englische Text wurde mit Einführungen von Duintjer Tebbens, abgedruckt in NILR 45 (1998), 465 f. Dazu v. Hein, ZEuP 2001, 150, 163 f.; ders., ZVglRWiss. 102 (2003), 528, 532 f. 16  Im materiellen Haftungsrecht wurde auf dem Gebiet des Deliktsrechts insbesondere das Produkthaftungsrecht harmonisiert. Am 25.7.1985 trat die EG-Produkthaftungsrichtlinie in Kraft, die jedoch keine Kollisionsnormen enthielt. Die Richtlinie diente lediglich der Angleichung im materiellen Recht, Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 10. Zur damaligen Rechtslage auch v. Bar, Gemeineuropäisches Deliktsrecht, I., Rn.  391‒399, 391 f. 17  So wird in der „Entschließung zur Festlegung der Prioritäten für die Zusammenarbeit im Bereich der Justiz und Inneres für den Zeitraum vom 1.7.1996 bis zum 30.6.1998“ vom 14.10.1996 die Aufnahme der Beratungen über die Erforderlichkeit und die Möglichkeit der Einführung eines Übereinkommens über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht explizit genannt, ABl. EG 1996 C 319/01 I 3.1.c). 18 MüKoBGB/Junker, Vor Art.  1 Rom  I I-VO Rn.  9. 19  Solche Regelungen fanden sich beispielsweise in Art.  40 des deutschen EGBGB sowie in Art.  3 Abs.  1 des niederländischen, in Art.  62 des italienischen, in Art.  10 Abs.  9 des spanischen und in Art.  45 des portugiesischen IPR-Gesetzes wieder. Näher Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 19 f. 20 Sie galt beispielsweise in Frankreich, Schweden, Norwegen, Dänemark, Luxemburg und Belgien. Näher Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 20 f. 21  Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 64 f.; ders., Gemeineurop. IPR, 258. 22  Der Text (englisch) findet sich in RabelsZ 37 (1973), 594 f.; eine deutsche Übersetzung bei Staudinger/v. Hoffmann, Art.  40 EGBGB, Rn.  80. Einzelne Artikel oben in Fn.  5 f.

A.  Der lange Weg der Rechtsvereinheitlichung im internationalen Produkthaftungsrecht

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so z. B. in Deutschland, Italien und in der Schweiz.23 Manche Rechtsordnungen, die dem Geschädigten ein Wahlrecht einräumten, knüpften zwar primär an den Erwerbsort des Produktes an.24 Diese Anknüpfung konnte jedoch im Konfliktfall von dem Geschädigten abgewählt werden, indem er das Recht des Staates seines Wohnsitzes oder seines gewöhnlichen Aufenthalts oder das Recht am Sitz des Schädigers25 zur Anwendung berief.26 Im deutschen Recht wurde mangels einer speziellen Kollisionsnorm für Produkthaftungsfälle die allgemeine Regel des Art.  40 EGBGB auf Distanzdelikte angewendet, wonach grundsätzlich das Recht des Handlungsortes zur Anwendung kam.27 Im Konfliktfall konnte der Geschädigte dieses jedoch zugunsten des Rechts des Erfolgsortes abwählen. Nach der Rechtsprechung galt der Sitz des Produzenten als Handlungsort.28 Als Erfolgsort wurde der Ort der Rechtsgutsverletzung angesehen, wobei dieser mit dem Erwerbsort gleichgesetzt wurde.29 Wieder andere Rechtsordnungen knüpften zur Lösung von kollisionsrechtlichen Produkthaftungsfällen an das Recht des Marktortes an.30 Im IPR Italiens beispielsweise sprach Art.  63 des Gesetzes zum diritto internazionale privato31 dem Geschädigten ein Wahlrecht zwischen dem Recht am Ort der Niederlassung des Herstellers und dem Recht des Marktortes zu, wobei letzteres unter dem Vorbehalt stand, dass das Produkt dort mit Einverständnis des Herstellers vertrieben wurde.32 Auch in der

23  Beispielsweise Art.  40 des deutschen EGBGB a. F., Art.  62 des italienischen und Art.  135 des schweizerischen IPR-Gesetzes, dazu Wandt, §  2 IV 2, Rn.  70 f. Näheres zu den damaligen Ubiquitätslösungen der erwähnten Rechtsordnungen bei Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 65. 24  Vgl. Art.  63 des italienischen IPR-Gesetzes, Art.  135 des schweizerischen IPR-Gesetzes. 25  So im schweizerischen oder italienischen Recht. 26  Beispielsweise in Art.  114‒116 des rumänischen IPR-Gesetzes. Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 65 Fn.  338, 340. 27  Art.  40 EGBGB „(1) Ansprüche aus unerlaubter Handlung unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Der Verletzte kann verlangen, dass anstelle dieses Rechts das Recht des Staates angewandt wird, in dem der Erfolg eingetreten ist.“ Näher dazu Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 65 f. 28  BGH 17.3.1981 (Apfelschorf ), IPRax 1982, 13, NJW 1981, 1603‒1606, 1606‒1609; Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 66. 29  OLG München 9.8.1995, IPRspr. 1995 Nr.  38, IPRax 1997, 38; Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 66. 30  In Österreich: OGH 29.10.1987, IPRE 2/87 IPRax 1988, 363, wobei das Gericht nicht die Grundregel des §  48 Abs.  1 S.  1 des IPR-Gesetzes anwendete, sondern die Ausweichklausel des §  48 Abs.  1 S.  2 bemühte. Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 69 auch mit Nachweisen zur Rechtslage in England: [1980] 2 All ER 589 (592). 31  So heißt es im italienischen IPR-Gesetz in Art.  63: „Responsabilità extracontrattuale per danno da prodotto. 1. La responsabilità per danno da prodotto è regolata, a scelta del danneggiato, dalla legge dello Stato in cui si trova il domicilio o l’amministrazione del produttore, oppure da quella dello Stato in cui il prodotto è stato acquistato, a meno che il produttore provi che il prodotto vi è stato immesso in commercio senza il suo consenso.“ 32  Art.  63 des italienischen IPR-Gesetzes gilt nunmehr nur noch außerhalb des Anwendungsbereichs der Rom  II-VO. Näher dazu Kindler, §  21 XI 6. b), Rn.  56.

10 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Schweiz existiert in Art.  135 IPRG eine vergleichbare Regelung, die dem Geschädigten ein Wahlrecht zugesteht.33 Vor Inkrafttreten der Rom  II-VO standen die verschiedenen kollisionsrechtlichen Anknüpfungssysteme der Rechtsordnungen der jeweiligen Mitgliedstaaten quasi konkurrierend nebeneinander. Unterschiedliche Regelungen im Bereich des Kollisionsrechts führten dazu, dass der Ausgang eines Rechtsstreits wesentlich davon abhängen konnte, in welchem Staat die Klage erhoben wurde und welches Kollisionsrecht zur Anwendung gelangte.34 Ferner differierte und differiert teilweise auch heute noch das materielle Produkthaftpflichtrecht der Mitgliedstaaten, auch wenn im Bereich der Produkthaftung mit Hilfe der Produkthaftungsrichtlinie (85/374/ EWG) vom 25.7.1985 (im Folgenden: ProdH-RL)35 eine weitgehende Angleichung erreicht wurde.36 Die Unterschiede in den Rechtsordnungen vor der Harmonisierung durch die ProdhaftRL führten zu einem ungleichen Schutzniveau für Verbraucher, die geschädigt worden waren. Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit bot Anreize zum forum shopping.37 33  Art.  135 des schweizerischen IPR-Gesetzes lautet: „Produktmängel. Ansprüche aus Mängeln oder mangelhafter Beschreibung eines Produktes unterstehen nach Wahl des Geschädigten: a. dem Recht des Staates, in dem der Schädiger seine Niederlassung oder, wenn eine solche fehlt, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder b. dem Recht des Staates, in dem das Produkt erworben worden ist, sofern der Schädiger nicht nachweist, dass es in diesem Staat ohne sein Einverständnis in den Handel gelangt ist. Unterstehen Ansprüche aus Mängeln oder mangelhafter Beschreibung eines Produktes ausländischem Recht, so können in der Schweiz keine weitergehenden Leistungen zugesprochen werden, als nach schweizerischem Recht für einen solchen Schaden zuzusprechen wären.“ Näher dazu Siehr, IPR, 6.  Kap. §  20 IV. 2. Der Geschädigte kann grundsätzlich zwischen dem Recht des Staates, in dem der Haftende seinen Sitz hat, oder dem Recht des Erwerbsortes wählen, es sei denn, der Haftende kann beweisen, dass das Produkt dort ohne sein Einvernehmen vertrieben worden ist. 34  Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 4. 35  Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25.7.1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte, ABl. EG 1985 L 210/29. 36  Schaub, ZEuP 2011, 41, 58 f., die sich ausführlich mit der Harmonisierung durch die ProdHRL auseinandersetzt und die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Richtlinie im nationalen Produkthaftungsrecht der einzelnen Mitgliedstaaten, insbesondere bei der Lieferantenhaftung, bei der Interpretation des Schadensbegriffs und dem Begriff des Inverkehrbringens aufzeigt. Des Weiteren analysiert sie die bisherige Rechtsprechung des EuGH und zieht eine kritische Bilanz: „[…] insgesamt zeigt sich, dass gerade bei den zentralen Begriffen der Richtlinie der tatsächliche Harmonisierungseffekt noch relativ gering ist; es überwiegen nationale Divergenzen und Unklarheiten bei der Interpretation“. Foerste/v. Westphalen/Wilde, Produkthaftungshandbuch §  100 I, Rn.  4 spricht hingegen von einer weitgehenden Vereinheitlichung. Rechtsvergleichende Analysen und eine Diskussion zur Rechtslage im materiellen Produkt­ haftungsrecht in Fairgrieve (Hrsg.), Product Liability in Comparative Perspective (2005). Näheres dazu auch in einer von Lovells durchgeführten Studie, Product Liability in the European Union (2003) S.  15 f. Abrufbar unter (zuletzt aufgerufen am 2.1.2017), insbesondere Part 2, S.  9 ‒24. 37  Die Kommission wies auf diese Problematik in ihrer ursprünglichen Begründung des Kom-

A.  Der lange Weg der Rechtsvereinheitlichung im internationalen Produkthaftungsrecht 11

Die Vertreter des Rates der Europäischen Gemeinschaft hatten schon im Jahr 1985 diese problematische Rechtslage vor Augen und befürchteten, dass unterschiedliche nationale Produkthaftungsrechte auf Dauer geeignet seien, den Wettbewerb zu verfälschen und den freien Warenverkehr zu beeinträchtigen.38 Auf europäischer Ebene nahm das Streben, die Rechtsmaterien für internationale Produkthaftungsfälle stärker anzugleichen, konkrete Formen an. Nachdem Teilbereiche des materiellen Produkthaftpflichtrechts angeglichen worden waren und eine erste Rechtsvereinheitlichung des Kollisionsrechts für den Bereich der vertraglichen Schuldverhältnisse erfolgreich gewesen war,39 wurde die Notwendigkeit der Rechtsvereinheitlichung auch im Bereich des Kollisionsrechts für außervertragliche Schuldverhältnisse immer offensichtlicher. Vertreter des Rates stuften im Jahr 1996 die Aufnahme von Beratungen über die Erforderlichkeit und die Möglichkeit der Einführung eines Übereinkommens über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht als vorrangig ein.40 In den folgenden Jahren wurde mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Amsterdam im Jahr 199941 der rechtliche Rahmen für die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen geschaffen, die gleichzeitig eine Rechtsgrundlage für die Gesetzgebungszuständigkeit der Gemeinschaft bereitstellte. Trotzdem dauerte es noch weitere drei Jahre, bis der Vorentwurf für eine Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht veröffentlicht wurde.42 Das mag dem Umstand geschuldet sein, dass die Kompetenz für die Erstellung eines solchen Vorschlags vom Rat auf die Kommission übergegangen war und die Kommissionsmitglieder sich nicht über die Grundprinzipien einigen konnten, die für das internationale Privatrecht künftig gelten sollten.43

missionsentwurfs von 2003 hin, KOM (2003), 427, S.  6 f. Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 4. 38  Erster Erwägungsgrund zur ProdH-RL ABl. EG L 210/29. Näheres zur Rolle des IPR der Produkthaftung als Wettbewerbsfaktor bei Wandt, §  17 Rn.  1046 f., 1052. 39  Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (EVÜ), welches später durch die Rom  I-VO ersetzt wurde. 40  ABl. EG 1996 C 319/01 I 3.1. c). 41  Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, ABl. Nr. C 340 vom 10.11.1997 S.  1–144. 42 MüKoBGB/Junker, Vor Art.  1 Rom  I I-VO, Rn.  10; Staudinger/v. Hoffmann, Vor Art.  38 EGBGB, Rn.  14. 43  Näher dazu MüKoBGB/Junker, Vor Art.  1 Rom  I I-VO, Rn.  10; Staudinger/v. Hoffmann, Vor Art.  38 EGBGB, Rn.  18.

12 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung I.  Charakter, Regelungsinhalt und Ziele 1.  Rom  II-VO im Allgemeinen a) Charakter Die Kodifikation der Rom  II-VO ist, einer modernen Tendenz im Internationalen Deliktskollisionsrecht folgend, durch ein ausgewogenes System von präzisen Anknüpfungsregeln einerseits und Ausweichklauseln andererseits gekennzeichnet.44 In der Literatur schreiben deshalb einige Autoren der Verordnung den Charakter eines klassischen Kollisionsrechts zu.45 Den Anknüpfungsregeln liegt das Prinzip der engsten Verbindung zugrunde. Dieses Prinzip findet sich sowohl in den Grund­ anknüpfungen der Art.  4 bis 12 als auch in den speziellen Ausweichklauseln, beispielsweise in Art.  4 Abs.  3 und Art.  5 Abs.  2 als „einzelfallbezogene“ engste Verbindung, wieder.46 Die Vorschriften bestimmen, nach welchen Kriterien der Interessenausgleich im Regelfall zu erfolgen hat.47 Die Aufgabe der Kollisionsnormen ist es, einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Geschädigten und den Haftenden herzustellen.48 Die Interessen der betroffenen Rechtsordnungen und die 44  Kadner Graziano in Basedow/Baum/Nishitani (Hrsg.), 243‒259, 255 f.; ders., RabelsZ 73 (2009), 1, 35. 45  Erwägungsgrund 14; MüKoBGB/Junker, Vor Art.  1 Rom  I I-VO, Rn.  25; v. Hein, ZEuP 6, 9; ders., VersR 2007, 440, 441, jedoch damals zum Gemeinsamen Standpunkt des Rates vom 25.9.2006; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721. A.A. Weller, IPRax 2011, 429 f., der die Ansicht vertritt, dass die Ausgestaltung der Kollisionsnormen auf europäischer Ebene sich immer weniger an den klassischen Anknüpfungsmaximen wie der Neutralität des IPR, dem Streben nach internationalem Entscheidungseinklang und der Suche nach dem Sitz des Rechtsverhältnisses, welches dem Anknüpfungssystem der engsten Verbindung entspricht, orientiert. Vielmehr sei erkennbar, dass bereits auf der Ebene des Kollisionsrechts Unionspolitiken verfolgt würden, sodass die Anknüpfungsprinzipien von Leitbildern des materiellen Unionsrechts, wie beispielsweise dem Prinzip der Rechtssicherheit und dem Prinzip des Schutzes der schwächeren Partei als Ausfluss einer die soziale Gerechtigkeit fördernden Unionspolitik geprägt würden. In diesem Zusammenhang sei der Verbraucherschutz als sozialpolitisches Ziel der Europäischen Union in Art.  4 (f), 12, 169 AEUV zu einem wesentlichen Leitbild des materiellen Unionsrechts geworden, welches neben dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen auch den Rechtsgüterschutz sicherstellen solle. Die Art.  4 und 5 der Rom  II-VO gewährleisten seiner Ansicht nach diesen Integritätsschutz. Insbesondere die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten in Art.  5 Rom  II-VO zeige deutlich, dass diese Vorschrift dem Opferschutz diene, auch wenn der Opferschutz zugunsten des Produzenten durch die Vorhersehbarkeitsklausel abgeschwächt werde. 46  KOM (2003), 427 S.  13; MüKoBGB/Junker, Vor Art.  1 Rom  I I-VO, Rn.  38 darauf hinweisend, dass die Kommission wegen der Gefahr der uneinheitlichen Anwendung bei der Formulierung des Verordnungstextes darauf verzichtet habe, bloße Vermutungen zur Konkretisierung der engsten Verbindung aufzunehmen; v. Hein, ZEuP 2001, 6, 9. 47 Rauscher/Unberath/Cziupka, Einl. Rom  I I-VO, Rn.  34. 48  Erwägungsgrund 16 der Rom  I I-VO, wie auch schon die Kommission von Beginn an hervorhob, KOM (2003), 427 endg., S.  12.

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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rechtspolitischen Ziele des einschlägigen Sachrechts werden bei der Anwendung der Kollisionsregeln zur Ermittlung des anwendbaren Rechts hingegen nicht mitberücksichtigt. Insofern sind die Kollisionsregeln neutral, sodass die Verordnung lediglich auf die Herstellung international-privatrechtlicher Gerechtigkeit beschränkt ist.49 b) Ziele Ein wesentliches Anliegen der Verfasser der Rom  II-VO war es, mit der Harmonisierung der Kollisionsnormen das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu fördern.50 Durch die harmonisierten Kollisionsnormen sollten Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.51 Ferner wollten die Verfasser ein Kollisionsrecht für den Bereich der außervertraglichen Schuldverhältnisse schaffen, das der Rechtssicherheit dient, ohne zugleich auf einen flexiblen rechtlichen Rahmen zu verzichten. Das angerufene Gericht sollte im Einzelfall die Möglichkeit haben, nach seinem Ermessen eine Lösung für den Einzelfall zu finden.52 Weiteres Ziel war die Verbesserung der Vorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen und des internationalen Entscheidungseinklangs,53 um auf diese Weise die Rechtssicherheit im grenzüberschreitenden Verkehr zu fördern und die mit der bisherigen Rechtsunsicherheit verbundenen Kosten zu senken.54 Und schließlich strebten die Verfasser der Rom  IIVO auch eine Angleichung des Kollisionsrechts mit dem Internationalen Verfahrensrecht an.55 Ob all diese Ziele erreicht werden, bleibt abzuwarten.56

49 Rauscher/Unberath/Cziupka, Einl. Rom  I I-VO, Rn.  34; MüKoBGB/Sonnenberger Einl. IPR, Rn.  75. 50  Erwägungsgrund Nr.  1 Rom  I I-VO. 51  Erwägungsgründe Nr.  1 und 13 Rom  I I-VO. Näheres zu der Rolle des IPR der Produkthaftung als Wettbewerbsfaktor bei Wandt, §  17 II, Rn.  1046, 1052. 52  Erwägungsgrund Nr.  14 und 16. Ferner Begründung des Kommissionsentwurfs KOM (2003), 427 endg., S.  13. Rauscher/Unberath/Cziupka, Einl. Rom  II-VO, Rn.  34. 53  Erwägungsgründe Nr.  6, 7, 16. MüKoBGB/Junker, Rom  I I-VO Vor Art.  1, Rn.  27; Rauscher/ Unberath/Cziupka, Einl. Rom  II-VO, Rn.  1. 54  KOM (2003), 427 endg., S.  5, MüKoBGB/Junker, Vor Art.  1, Rn.  27. So wird argumentiert, dass eine höhere Rechtssicherheit sich kostensenkend auswirke und so grenzüberschreitende Transaktionen erleichtere. Dazu näher v. Hein in FS Kropholler (2008), 553, 570; Rühl, Die Kosten der Rechtswahlfreiheit, RabelsZ 71 (2007), 559, 564; Sykes, Transn. Tort Litigation as a Trade Investment Issue (2007) abrufbar unter: (zuletzt aufgerufen am 2.1.2017). 55  Erwägungsgrund Nr.  6.; MüKoBGB/Junker, Vor Art.  1 Rom  I I-VO, Rn.  25. 56  Nach Art.  30 Rom  I I-VO sollte die Kommission bis 20.8.2011 dazu einen Anwendungsbericht veröffentlichen, der jedoch noch aussteht.

14 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung 2.  Art.  5 der Rom  II-VO a) Charakter Gem. Art.  24 Rom  II-VO ist Art.  5 Rom  II-VO eine Sachnormverweisung.57 Nach Art.  5 Abs.  1 S.  1 gilt die Sonderkollisionsnorm unbeschadet des Art.  4 Abs.  2 der Rom  II-VO. Dieser Verweis hebt den subsidiären Charakter der speziellen Kollisionsnorm gegenüber der in Art.  4 Abs.  2 Rom  II-VO verankerten vorrangigen Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hervor.58 b) Ziele Neben den allgemein zur Rom  II-VO genannten Regelungszielen werden in der Kommissionsbegründung und dem Erwägungsgrund 20 spezielle Regelungsziele für Art.  5 der Rom  II-VO benannt.59 Demnach soll Art.  5 dazu beitragen, dass im Bereich der internationalen Produkthaftung die Risiken einer hochtechnisierten Gesellschaft gerecht verteilt und die Verbraucher ausreichend geschützt werden. aa)  Abbau von Wettbewerbsnachteilen Ferner soll die Kollisionsnorm den rechtlichen Rahmen für einen unverfälschten Wettbewerb absichern und Herstellern von Produkten Innovationsanreize geben. Ziele sind das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und die Erleichterung des Handels.60 Wettbewerbsrechtliche Nachteile im Bereich der internationalen Produkthaftung sollen beseitigt werden. Kollisionsrecht sei ein Wettbewerbsfaktor. Das Produkthaftungsrisiko könne sich im Preis niederschlagen.61 Die Produkthaftung wird heute als ein Kostenfaktor angesehen.62 Dies zeigt schon der Umstand, dass Unternehmen das Produkthaftungsrisiko versichern, soweit ihnen das nach der Art des Produktes möglich ist.63 Die Versicherungswirt57 Rauscher/Unberath/Cziupka,

Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  7. Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  100. 59  Erwägungsgrund 20, KOM (2003), 427 endg., S.  14 f. 60  Erwägungsgrund 20. 61  Wandt, §  17 II. 1, Rn.  1046, 1054 m. w. N. Wandt wies damals schon auf das funktionelle Zusammenwirken von Rechtsangleichungen im Sach- und Kollisionsrecht hin und argumentierte, dass schon die ProdH-RL belegt habe, dass der Grundsatz haftungsrechtlicher Gleichbehandlung von Wettbewerbern auch kollisionsrechtliche Relevanz aufweise. 62  Wandt, §  17 II 1, Rn.  1048. Nach Aussage des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft ist die Bedeutung der Produkthaftung von Herstellern und Händlern durch die technologisch-wirtschaftliche Entwicklung, die gesetzlichen Haftungsverschärfungen sowie die Fortentwicklung der Rechtsprechung zunehmend gewachsen; Bedingungen und Risikobeschreibung für die Produkthaftpflichtversicherung von Industrie- und Handelsbetrieben (Produkthaftpflichtmodell); herausgegeben vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) Stand 2015 (zuletzt aufgerufen am 2.1.2017). NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  11; Zinkmann, Die Reduzierung der Produkthaftungsrisiken, 151 f., 163 f. 63  Hopfgarten, 123. 58 Rauscher/Unberath/Cziupka,

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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schaft hat besondere Produkte entwickelt, beispielsweise Rückrufkostenversicherungen,64 Bilanzschutzversicherungen65 oder Produktschutzversicherungen,66 die Unternehmen zusätzlich zu ihren Betriebshaftpflichtversicherungen abschließen.67 Zwar wies Wandt schon frühzeitig darauf hin, dass das Produkthaftungsrisiko unabhängig von der Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts versicherbar sei. Daraus folgt jedoch nicht, dass das anwendbare Recht ohne Einfluss auf den Umfang des erforderlichen Versicherungsschutzes und folglich auch auf die Versicherungsprämie ist.68 Die kollisionsrechtliche Anknüpfung im Einzelfall spielt zwar in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle. Erheblich ist vielmehr, welches Recht im Regelfall für die Haftung eines Herstellers für die von ihm abgesetzten Produkte berufen wird.69 Insofern bestimmt das Kollisionsrecht das zu versichernde Haftungsrisiko und daher auch die Versicherungsprämie.70 Welche wettbewerbsrechtliche Relevanz die Produkthaftung und als dessen Bestandteil auch das Kollisionsrecht hat, demonstriert das folgende Beispiel: Impfstoffe kosten in den USA grundsätzlich ein Vielfaches des Preises in Schwellen- und Entwicklungsländern. Der freie Leistungswettbewerb zwischen den Herstellern ist schon dann gestört, wenn sich ein Wettbewerber, um konkurrenzfähig zu bleiben, dem allgemeinen Preisniveau des Marktes angleicht, obwohl er rechtlich bedingt höhere Kosten hat.71 In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass es nicht in erster Linie um Preisgestaltung geht, sondern um eine ungleiche Kostenbelastung der Wettbewerber.72 Wenn es das Kollisionsrecht zulässt, dass Wettbewerber für ihre Produkte unterschiedlich streng haften,73 so sind sie mit unterschiedlich hohen

64  Foerste/v. Westphalen/Mühlbauer, Produkthaftungshandbuch, §  6 4 II 1, Rn.  2; zum Versicherungsschutz in den USA für Produktrückrufe Coughlin/Clements, PHI 2014, 20‒29 sowie 46‒54. 65  Foerste/v. Westphalen/Mühlbauer, Produkthaftungshandbuch, §  6 4 II 1, Rn.  3. 66  Foerste/v. Westphalen/Mühlbauer, Produkthaftungshandbuch, §  6 4 II 1, Rn.  4. 67  Betriebliche Haftpflichtversicherungen erfassen das allgemeine Betriebsrisiko und bieten Versicherungsschutz vor Schadensereignissen, die einen Personen- oder Sachschaden hervorrufen oder sich daraus ergebende Vermögensschäden zur Folge haben. Eine Produkthaftpflichtversicherung erfasst das Produkthaftpflichtrisiko und versichert die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers für Personen‑, Sach- und daraus entstandene weitere Vermögensschäden. Dabei werden Schäden, die an fremden Sachen durch eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Versicherungsnehmers an oder mit diesen Sachen entstanden sind, sowie alle daraus resultierenden Vermögensschäden vom Versicherungsschutz abgedeckt. Foerste/v. Westphalen/Mühlbauer, Produkthaftungshandbuch, §  64 III 1, Rn.  5 f. Hess/Holtermann, 201. 68  Wandt, §  17 II 1, Rn.  1046. 69 Foerste/v. Westphalen/Wilde, Produkthaftungshandbuch §  100 I, Rn.  1; Wandt, §  17 II 1, Rn.  1047. 70  Wandt, §  17 II 1, Rn.  1048. 71  Wandt, §  17 II 1, Rn.  1047. 72  Wandt, §  17 II 1, Rn.  1047. 73  Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn das Kollisionsrecht in einem grenzüberschreitenden Produkthaftungsfall an den jeweiligen Sitz des Haftpflichtigen anknüpfen würde.

16 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Kosten belastet, sodass der Wettbewerb unter ihnen verzerrt ist.74 Allerdings bleibt zu beachten, dass eine Wettbewerbsgleichheit im Sinne einer gleichmäßigen Kostenbelastung sich nicht nur auf die Hersteller beziehen sollte, sondern die Kosten aller Glieder der Produktions- und Vertriebskette miterfassen muss.75 Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass eine haftungsrechtliche Wettbewerbsgleichheit voraussetzt, dass konkurrierende Produkte mit dem gleichen Produkthaftungsrisiko behaftet sind.76 Ob die wettbewerbsrechtlichen Nachteile mit der Schaffung der harmonisierten Kollisionsnorm tatsächlich beseitigt wurden, bleibt abzuwarten. Für die Hersteller von Produkten und Produktkomponenten und für die Versicherungswirtschaft wäre die Erreichung dieses Ziels durch Art.  5 Rom  II-VO wünschenswert. Den Herstellern hilft Klarheit bezüglich des anwendbaren Rechts. Sie sind an eindeutigen Kollisionsregeln interessiert, um beurteilen zu können, nach welchem Recht sie im Schadensfall haften, und um zu bestimmen, welche Sicherheits- und Verhaltensregeln sie beachten müssen.77 Denn ein potentieller Schädiger soll im Zeitpunkt seines Handelns wissen können, welchen Normen er unterliegt, damit er durch normgerechtes Verhalten eine Haftung vermeiden kann.78 So können die Hersteller das Haftungsrisiko besser kalkulieren, um es zu versichern oder in der Preisgestaltung mitzuberücksichtigen.79 bb)  Vereinfachung der Rechtsverfolgung für Geschädigte Auch einem Geschädigten soll die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO im Schadensfall Klarheit verschaffen. Grundsätzlich möchte er seine Ansprüche möglichst ohne größere rechtliche Hindernisse geltend machen können. Dieses Anliegen wird in Form der Primäranknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten, die dem Geschädigten die Haftungsmaßstäbe eines ihm vertrauten Rechts zuspricht, umgesetzt. Anders als in manchen Rechtsordnungen nach alter Rechtslage üblich,80 spricht Art.  5 Rom  II-VO dem Geschädigten kein Wahlrecht zwischen dem Recht des Handlungsortes und dem des Erfolgsortes zu (Ubiquitätsprinzip). Dadurch soll dem Kläger das forum shopping versagt werden. Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Anforderungen eine ausgewogene Kollisionsnorm für internationale Produkthaftungsfälle zu konzipieren, die vorher-

74 

246.

75 

Wandt, §  17 II 1, Rn.  1048; Sack in FS Eugen Ulmer (1973) 405, 500; W. Lorenz, RIW 1975,

Wandt, §  17 II, Rn.  1048. Wandt, §  17 II, Rn.  1048. 77  Foerste/v. Westphalen/Wilde, §  100 I, Rn.  1; Laschert, PHI 2010, 158, 160. 78  Wandt, §  14 I 2, Rn.  625. 79 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  3, Foerste/v. Westphalen/Wilde, §  100 I, Rn.  1. 80  Beispielsweise in Deutschland: Art.  40 I EGBGB. 76 

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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sehbare Lösungen bietet und trotzdem noch Spielräume für einen gerechten Interessenausgleich im Einzelfall schafft, ist eine besondere Herausforderung.81 Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die Produkthaftung in einem Spannungsfeld zwischen der Berücksichtigung der Herstellerinteressen und der Gewährleistung eines ausreichenden Schutzes des Geschädigten liegt. Einerseits soll die Regelung bei der Suche nach dem anwendbaren Recht im Konfliktfall eine gerechte Lösung des Einzelfalles ermöglichen, andererseits soll sie mit Hilfe ihres festgeschriebenen Anknüpfungssystems zur Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts beitragen. Ferner soll die Vorschrift abstrakt einen fairen Ausgleich zwischen Aspekten des Verbraucherschutzes und den Herstellerinteressen vornehmen. Art.  5 steht damit im Dienst einer Vielzahl von Regelungszielen. Es verwundert daher nicht, dass eine sehr komplexe Vorschrift entstanden ist. Ob in der Kodifikation des Art.  5 Rom  II-VO82 der erstrebte Ausgleich der Prinzipien und Interessen gelungen ist oder nicht, wird im folgenden Abschnitt näher analysiert. An dieser Stelle sei vorweggenommen, dass die Vorschrift in der Literatur auf Grund ihrer Komplexität, ihres „Kompromisscharakters“ und diverser redaktioneller Ungenauigkeiten kritisiert wird, sie ist also Gegenstand eines fortwährenden wissenschaftlichen Diskurses.83 Für das bessere Verständnis dieses Streits und als Grundlage für den Vergleich mit den US-amerikanischen Lösungsansätzen soll die Vorschrift im Folgenden näher erläutert werden. II.  Der Anwendungsbereich 1.  Anwendungsbereich der Rom  II-VO Die Rom  II-VO erfasst sachlich die meisten Delikte, wobei jedoch einige Bereiche von der Anwendung gem. Art.  1 Abs.  2 Rom  II-VO nicht erfasst werden.84 Für Deliktsansprüche aus den von der Rom  II-VO ausgeschlossenen Bereichen kommt das nationale Kollisionsrecht zur Anwendung. In Deutschland gelten die Art.  38 bis 42 EGBGB weiterhin, die ansonsten von der Rom  II-VO verdrängt werden.85 Die Verordnung gilt gem. Art.  1 Abs.  4 Rom  II-VO in allen Mitgliedstaaten der EU außer in Dänemark.86 Nachdem das Vereinigte Königreich und Irland die Verordnung durch Erklärung anerkannten, gilt sie auch in diesen Ländern.87 Nach Art.  1 Abs.  1 i. V. m. 81  Ballarino/Bonomi, „La determinatione della legge applicable è particolarmente delicata“, DIP, S.  731; Wandt, 45, Rn.  3; Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 64; Kropholler, IPR §  53V 3. 82  Zitierte Artikel ohne nähere Gesetzesangaben sind solche der Rom  I I-VO. 83 NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  15; (2008) 898, 906 Hartley, Int.Comp.L.Q. 57 898, 906 (2008); Junker, RIW 2010, 257, 265 f.; Kozyris, 56. Am.J.Comp.L. 471, 488 (2008); G. Wagner, IPRax 2008, 1, 6; Spickhoff in FS Kropholler (2008), 671, 680, 682. 84  Koch/Magnus/Winkler v. Mohrenfels, §  6 III, Rn.  8. 85 Rauscher/Unberath/Cziupka, Einl. Rom  I I-VO, Rn.  1, 13; Koch/Magnus/Winkler v. Mohrenfels, §  6 Rn.  8; R. Wagner, IPRax 2008, 314, 316 f. 86  Erwägungsgrund 40. 87  Erwägungsgrund 39.

18 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Art.  3 Rom  II-VO gelten die Kollisionsnormen für Binnenmarktsachverhalte in gleichem Maße wie für Drittstaatensachverhalte aus dem Bereich des Deliktsrechts. Es muss lediglich eine „Verbindung zum Recht verschiedener Staaten“ vorliegen.88 Insofern hat die Rom  II-VO einen universalen Charakter. Sie wird auch als loi uniforme bezeichnet.89 In zeitlicher Hinsicht kommt die Verordnung für schadensbegründende Ereignisse, die nach dem 11.1.2009 eingetreten sind, zur Anwendung. Dies hat der EuGH im Rahmen einer Vorabentscheidung klargestellt.90 2.  Anwendungsbereich des Art.  5 Rom  II-VO Art.  5 Abs.  1 S.  1 Rom  II-VO bestimmt das auf ein außervertragliches Schuldverhältnis anwendbare Recht „im Falle eines Schadens durch ein Produkt“. Der Anwendungsbereich dieser speziellen Kollisionsnorm für die Produkthaftung wird in der Vorschrift selbst nicht näher konkretisiert. Jedoch lässt sich aus dem Titel „Produkthaftung“ und der Begrenzung des Geltungsbereichs der Verordnung für „außervertragliche Schuldverhältnisse“ durch Art.  2 Rom  II-VO eine grobe Eingrenzung der Reichweite herleiten.91 Grundsätzlich sollen die in der Verordnung verwendeten Begriffe zwar autonom ausgelegt werden.92 Zur näheren Bestimmung des Anwendungsbereichs des Art.  5 Rom  II-VO muss jedoch auf materielles europäisches Recht zurückgegriffen werden.93 Denn entsprechend der h. M. im deutschen Internationalen Privatrecht folgt auch auf der Ebene des europäischen IPR das Kollisionsrecht grundsätzlich der Systematik des materiellen Rechts.94 Im Bereich der Produkthaftung steht, abgesehen von der Produkthaftungsrichtlinie,95 derzeit jedoch kaum materielles europäisches Recht zur Verfügung.96 Daher wird der Recht88 Rauscher/Unberath/Cziupka, Einl. Rom  I I-VO, Rn.  10; MüKoBGB/Junker, Art.  3 Rom  I IVO, Rn.  2. 89 MüKoBGB/Junker, Art.  3 Rom  I I-VO, Rn.  1; Koch/Magnus/Winkler v. Mohrenfels, §  6 III, Rn.  9; Junker, RIW 2010, 257. 90  EuGH, 17.11.2011 ‒ Rs. C-412/10 Deo Antoine Homawoo/GMF Assurances SA, NJW 2012, 441, 442; MüKoBGB/Junker, Art.  31, 32 Rom  II-VO, Rn.  4; Rauscher/Unberath/Cziupka, Einl. Rom  II-VO, Rn.  12; Palandt/Thorn, Art.  32 Rom  II-VO, Rn.  1; Koch/Magnus/Winkler v. Mohrenfels, §  6 Rn.  11; so auch schon zuvor: Heiser/Loacker, JBl 2007, 613, 618 f.; Hochloch, YbPIL 9 (2007), 1, 3, 5; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 724; Ofner, ZfRV 2008, 13, 15; Laschert, PHI 2010, 158, 160; G. Wagner, IPRax 2008 1, 17; R. Wagner, IPRax 2008, 314, 316 in Fn.  29. 91 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  32. 92 S. zum Begriff des „außervertraglichen Schuldverhältnisses“ Erwägungsgrund 11. Rauscher/Unberath/Cziupka, Einl. Rom  II-VO, Rn.  42. 93 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  32. 94 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  32, Einführung, Rn.  41. 95  Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25.7.1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte, ABl. EG 1985 L 210/29. 96  Rechtsvergleichende Analysen und Diskussion zur Rechtslage im materiellen Produkthaftungsrecht: Howells, Product Liability ‒ A History of Harmonisation, 202; Lenze, German Product Liability Law: Between European Directives, American Restatements and Common Sense, 100; Stapleton, Bugs in Anglo-American Products Liability, 295; Taschner, Product Liability: Basic

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

19

sprechung bei der Ausfüllung der in der Verordnung verwendeten Begriffe ein weiter Spielraum zukommen.97 Solange aus der Rechtsprechung nur vereinzelt Hinweise vorliegen, bietet sich im Interesse der Rechtssicherheit zur näheren Eingrenzung der Reichweite der speziellen Kollisionsnorm zunächst nur das Heranziehen der Produkthaftungsrichtlinie an.98 Die Richtlinie erfasst indes nur Teilbereiche der Produkthaftung. Daher kann sie den Systembereich des Art.  5 Rom  II-VO auch nur zum Teil ausfüllen.99 Zieht man nunmehr den Wortlaut der Art.  2 und Art.  6 der Produkthaftungsrichtlinie heran, so folgt daraus, dass vom Anwendungsbereich des Art.  5 der Rom  II-VO lediglich die außervertragliche Haftung für ein Produkt erfasst ist.100 Bei der Beurteilung, ob ein solcher außervertraglicher Anspruch aus Produkthaftung vorliegt, treten im internationalen Produkthaftungsrecht häufig Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zum internationalen Vertragsrecht auf.101 Für eine solche Abgrenzung ist auf die von der Rechtsprechung des EuGH zu Art.  5 Nr.  1 und 3 Brüssel I-VO entwickelte Definition abzustellen, die auf das Kollisionsrecht übertragbar ist.102 Demnach ist ein Anspruch vertraglich zu qualifizieren, wenn eine Partei gegenüber einer anderen freiwillig eine Verpflichtung eingegangen ist.103 Im Gegensatz dazu liegt ein außervertraglicher Anspruch vor, wenn es an der freiwilligen Übernahme einer solchen Verpflichtung fehlt.104 Im Produkthaftungsrecht sind entlang der Vertriebskette neben dem Hersteller häufig verschiedene Zwischenhändler beteiligt. Zwischen den Gliedern der Kette sind die Verbindungen zwar primär vertraglich, jedoch sind daneben auch deliktische Ansprüche denkbar.105 Solche Ansprüche können mit Hilfe der Ausweichklausel in Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO auf Grund der akzessorischen Anknüpfung dem auf den Vertrag anzuwendenden Recht unterstellt werden. Alle Ansprüche, die aus Problems in a Comparative Law Perspective, 167; alle in Fairgrieve (Hrsg.), Product Liability in Comparative Perspective (2005). 97 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  32. 98 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  33. 99  EuGH 10.1.2006 ‒ Rs. C-402/03, Slg. 2006, I-00199 Skov/Bilka. In dieser Entscheidung hat der EuGH klargestellt, dass mit der ProdH-RL lediglich der Bereich der Gefährdungshaftung harmonisiert wird. Dazu Staudinger, Anwaltsblatt 2008, 8, 14. Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  33. Da einzelne Tatbestandsmerkmale eine unterschiedliche Funktion haben und daher die Bestimmungen der ProdH-RL nicht immer vollständig übernommen werden können, ist bei der Bestimmung der Reichweite des Art.  5 Rom  II-VO unter Heranziehung der ProdH-RL Vorsicht geboten. 100 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  34. 101 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  34. 102 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  34. 103  EuGH 17.9.2002 ‒ Rs. C-334/00, Slg. 2002, I-7357, Tacconi/Heinrich Wagner Sinto Maschinenfabrik GmbH Rn.  23; EuGH 27.10.1998 ‒ Rs. C-51/97, Slg. 1998, I-6511, Réunion européenne/ Spliethoff’s Bevrachtingskantoor BV; EuGH 17.6.1992 ‒ Rs. C-26/91, Slg. 1992, I-3967, Handte/ Traitements mécano-chimiques des surfaces SA. 104 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  34. 105 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  35.

20 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Rechtsbeziehungen außerhalb der Kette herrühren, basieren nicht auf freiwillig übernommenen Verpflichtungen der Parteien und sind folglich als außervertraglich zu qualifizieren.106 Beispiel: In einem typischen Produkthaftungsfall gelangt das Produkt erst nach Durchlaufen mehrerer Zwischenstationen an den Endabnehmer.107 Der Käufer erwirbt das Produkt in der Regel von einem Händler und nicht direkt vom Hersteller. Im Schadensfall hat der Geschädigte somit neben den möglicherweise bestehenden vertraglichen Ansprüchen gegenüber dem Verkäufer außervertragliche Ansprüche gegen den Hersteller und dessen Zulieferer. Geht der Endabnehmer direkt gegen den Hersteller vor, ohne dass er das Produkt von diesem unmittelbar erwarb, und existiert darüber hinaus keine Sonderverbindung zwischen den Parteien, etwa auf Grund einer Garantie,108 so ist dies der klassische Fall, der vom Anwendungsbereich des Art.  5 Rom  II-VO erfasst wird.109 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es auf Grund der autonom auszulegenden Verordnung unerheblich ist, wie die einzelnen betroffenen Rechtsordnungen diese Ansprüche qualifizieren würden.110 Art.  5 Rom  II-VO erfasst alle Produkthaftungsfälle unabhängig von der jeweiligen Haftungsart.111 Dieses Ergebnis folgt aus dem Erwägungsgrund 11 der Verordnung, in dem der Verordnungsgeber betont, dass die Kollisionsnormen alle Ansprüche erfassen sollen, unabhängig davon, ob die Ansprüche aus verschuldensabhängiger Haftung oder ob sie aus Gefährdungshaftung herrühren.112 106 Rauscher/Unberath/Cziupka,

Art.  5 Rom  I-VO, Rn.  35. Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  35. So ist bereits an der Herstellung u. U. eine Vielzahl von Herstellern verschiedener Produktkomponenten beteiligt, sodass sich deshalb schon eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer ergibt. Vgl. Wandt, §  12, Rn.  554, S.  250. 108  Eine Sonderverbindung auf Grund einer Herstellergarantie ist nicht unüblich. In solchen Fällen besteht dann zwischen dem Geschädigten und dem Haftenden eine eingeschränkte vertragliche Beziehung, die jedoch regelmäßig nicht für eine akzessorische Anknüpfung nach Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO ausreicht, weil sie lediglich auf die Beseitigung bestimmter Mängel innerhalb der Garantiefrist abzielt und Mangelfolgeschäden in der Regel nicht erfasst. Auf Grund der unterschiedlichen Regelungsgegenstände wäre eine akzessorische Anknüpfung im Ergebnis daher unsachgemäß. Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  36, 106. Zur Rechtslage nach Art.  40 EGBGB: Staudinger/v. Hoffmann, Art.  40 EGBGB, Rn.  102. 109 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  35, 36. 110  Huber/Illmer, Art.  4 Rome II, Rn.  11; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  35. 111 Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  3; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  37; NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  34 f. 112  KOM (2003), 427 endg., S.  15; MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  12; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  37; Lenz/Janßen, Produkthaftung §  6 III, Rn.  97; Huber/ Illmer, YbPIL 9 (2007), 31, 37; Spickhoff in FS Kropholler (2008), S.  671, 678; Staudinger, Anwbl. 2008, 3, 14; Rudolf, wbl 2009, 525, 528. Hier zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zum Anwendungsbereich der Produkthaftungsrichtlinie, die lediglich die Sachnormen der Mitgliedstaaten zur Gefährdungshaftung angeglichen hat. 107 Rauscher/Unberath/Cziupka,

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

21

a)  Der Begriff des Produktes Eine Definition des Produktbegriffs enthält Art.  5 Rom  II-VO nicht. Die Kommis­ sion hat sich schon in ihrer Begründung zum ursprünglichen Verordnungsentwurf der Legaldefinition des Art.  2 der Produkthaftungsrichtlinie (ProdH-RL) bedient.113 Daher besteht allgemeiner Konsens, dass auf diese Definition zur Auslegung des Produktbegriffs in Art.  5 Rom  II-VO abgestellt werden kann.114 Demnach gilt jede bewegliche Sache, auch wenn sie nur Teil einer beweglichen Sache oder einer unbeweglichen Sache ist, als Produkt i. S. d. Art.  5 Rom  II-VO.115 Bei dem Produkt muss es sich somit nicht um ein standardisiertes Massenprodukt handeln.116 In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass der Anwendungsbereich des Art.  5 Rom  II-VO grundsätzlich eher weit auszulegen ist.117 Vom Anwendungsbereich miterfasst ist auch die Elektrizität. Arzneimittel liegen grundsätzlich im Anwendungsbereich des Art.  5 Rom  II-VO. Jedoch müssen in diesem Bereich gem. Art.  16 Rom  II-VO besondere Eingriffsnormen beachtet werden.118 Auch menschliche Organe sollen unter den Produktbegriff fallen.119 Ferner kommt es nicht darauf an, ob das Produkt neu hergestellt worden ist. Auch gebrauchte Produkte werden miterfasst.120 In der Literatur wird diskutiert, ob auch landwirtschaftliche Produkte vom Anwendungsbereich des Art.  5 Rom  II-VO miterfasst werden. Eine Reihe von Autoren spricht sich heute dafür aus.121 Eine andere Ansicht verneint dies.122 Mangels Defi113  KOM (2003), 427 endg., S.  15. So auch die h. M. MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  13; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  38; Huber/Illmer, Art.  5 Rom  II, Rn.  12. 114 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  13; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  3; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5, Rn.  38; Lenz/Janßen, Produkthaftung §  6 III, Rn.  98. 115 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  13; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  3; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5, Rn.  38; NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  24. Zur Frage, ob auch Dienstleistungen in Form von intellektuellen Leistungen als Produkt i. S. v. Art.  5 Rom  II-VO gelten, s. Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  40 m. w. N. 116 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  13; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  3. 117 Calliess/Schmid/Pinkel, Art.  5 Rome II, Rn.  10. 118 Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  3; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5, Rn.  39; Spickhoff in FS Kropholler (2008), 671, 673, darauf hinweisend, dass im Bereich der Arzneimittelhaftung des Produzenten in Deutschland eine aus §  84 AMG folgende Haftung an die Abgabe des Mittels an den Verbraucher im Inland anknüpft. Näher dazu Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  16 Rom  II-VO, Rn.  3; v. Hoffman in FS Henrich (2000) S.  283, 289 f. 119 NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  25. 120 NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  27. 121 Calliess/Schmid/Pinkel, Art.  5 Rome II, Rn.  10; NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  25; Erman/Hochloch, Art.  5, Rn.  4; Garcimartin Alférez, EurLegForum 2007, I-77, 85; Kozyris, AmJCompL 2008, 471, 488; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  39. 122 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  13; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727; v. Hein, IPRax 2010, 330, 337.

22 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung nition in der Verordnung bieten weder der Wortlaut des Art.  5 Rom  II-VO noch die gesetzgeberischen Erwägungen Anhaltspunkte.123 Auf den ersten Blick ist nicht erkennbar, weshalb landwirtschaftliche Produkte keine „Produkte“ i. S. d. Art.  5 Rom  II-VO sein sollten. Sie waren indes ursprünglich von der Produkthaftungsrichtlinie nicht erfasst, weil man seinerzeit für solche Produkte keine Gefährdungshaftung vorsehen wollte.124 Sie entfielen jedoch auf Grund der Änderungsrichtlinie 99/34 EG und auf Grund der Streichung des Art.  2 S.  2 ProdH-RL. Insofern sprechen die Streichung des Art.  2 S.  2 der ProdH-RL und die genannte Tendenz, den Produktbegriff weit auszulegen, heute für die Einbeziehung landwirtschaftlicher Produkte in den Anwendungsbereich von Art.  5 Rom  II-VO. b)  Produkt als Schadensursache Der Schaden muss durch ein Produkt verursacht worden sein.125 Die Kausalität des Produktes für den Schaden muss lediglich möglich erscheinen.126 Der Kausalitätsbeweis ist noch nicht im Rahmen des Kollisionsrechts zu führen, sondern erst im anzuwendenden Sachrecht.127 Streitig ist allerdings, ob für die Anwendung des Art.  5 Rom  II-VO das Produkt tatsächlich fehlerhaft gewesen sein muss oder ob die Fehlerhaftigkeit des Produktes lediglich behauptet werden muss. Die überwiegende Meinung in der Literatur geht davon aus, dass der Anwendungsbereich des Art.  5 Rom  II-VO nur Fälle der deliktischen Haftung für fehlerhafte Produkte erfasst,128 wobei hiervon auch Fehler im Produktumfeld miterfasst werden sollen.129 Dieser Ansicht ist zuzustimmen. Seinem Sinn und Zweck nach soll Art.  5 Rom  II-VO als spezielle Kollisionsnorm für die Produkthaftung nur die deliktische Haftung für fehlerhafte Produkte erfassen.130 Für eine solche Auslegung spricht bereits der Wortlaut. Zwar ist die deutsche Textfassung „Schaden durch ein Produkt“ weit gefasst131 und enthält keinen weiterführenden Hinweis auf eine Einschränkung des Anwendungsbereichs. Verschiede123 

KOM (2003), 427 endg., S.  14. Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  39. 125  Huber/Illmer, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  12; MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  15. 126 Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  3. 127 Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  3; Huber/Illmer, Art.  5 Rome II, Rn.  12. 128 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  15; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 26; Illmer, RabelsZ 73 (2009), 269, 283; Kozyris, 56 Am.J.Comp.L. 471, 487 f. (2008); Rudolf, wbl 2009, 525, 528; a. A. Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  3; Dickinson 5.15, S.  370. Einige dieser Autoren fordern, auch deliktische Ansprüche, die durch voll funktionstaugliche, aber gefährliche Gegenstände begründet werden und zu Schäden geführt haben, vom Anwendungsbereich des Art.  5 zu erfassen. Der Geschädigte müsste sich folglich nicht schon bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts auf eine Fehlerhaftigkeit des Produktes berufen. Eine solche Haftungsvoraussetzung sei erst dem jeweiligen Sachrecht zu entnehmen, so z. B. Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  IIVO, Rn.  3. 129 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  15; Rudolf, wbl. 2009, 525, 528. 130 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  15; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 26. 131  Die englische Textversion enthält ebenfalls keine solche Einschränkung. Das Gleiche gilt 124 Rauscher/Unberath/Cziupka,

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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ne Übersetzungen der Textversion der Rom  II-VO lassen darauf schließen, dass die Verfasser nur die deliktische Haftung für fehlerhafte Produkte regeln wollten.132 Zieht man hier die Art.  2 und 6 der Produkthaftungsrichtlinie zur näheren Konkretisierung des Anwendungsbereichs des Art.  5 Rom  II-VO ergänzend heran, ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Artikel, die von fehlerhaften Produkten sprechen, dass nur die Haftung für fehlerhafte Produkte geregelt werden soll. Denn wie schon aus der Begründung des Kommissionsentwurfs ersichtlich, orientierte sich die Kommission bei der Terminologie stark an der in Art.  2 enthaltenen Legaldefinition der ProdH-RL.133 Die ProdH-RL wiederum enthält in Art.  1 den Hinweis, dass der Hersteller eines Produktes nur für Schäden haftet, die durch einen Fehler verursacht wurden. Daraus lässt sich der Rückschluss ziehen, dass nur die Haftung für fehlerhafte Produkte vom Anwendungsbereich des Art.  5 Rom  II-VO erfasst werden soll. Für sonstige deliktische Ansprüche aus Schäden, die von normal funktionstauglichen gefährlichen Gegenständen verursacht wurden, gilt die allgemeine Kollisionsnorm des Art.  4 Rom  II-VO.134 c)  Die Parteien aa) Anspruchsinhaber Der Anspruchsinhaber wird in Art.  5 Rom  II-VO als „geschädigte Person“ bezeichnet. Er muss nicht Verbraucher sein, sodass auch Produkthaftungsansprüche eines Unternehmers vom Anwendungsbereich des Art.  5 miterfasst sind.135 Ferner ist Art.  5 sowohl für Ansprüche des Erwerbers als auch für Ansprüche von Benutzern des Produktes und darüber hinaus auch für Ansprüche sonstiger Dritter, sog. by­ standers, anwendbar.136 Die Unterscheidung zwischen Produkterwerber und Dritten (Produktnutzern, z. B. im familiären Umfeld oder als Arbeitnehmer des Erwerbers oder anderen bystanders) kommt bei der Anwendung des Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  b Rom  II-VO zum Tragen, da diese Regelung an den Erwerbsort anknüpft. Für Produkthaftungsansprüche Dritter sollen ebenfalls die Anknüpfungen nach Art.  5

laut Rudolf auch für die bulgarische, französische, italienische, niederländische und schwedische Textversion, Rudolf, wbl 2009, 525, 528. 132 Folgende Textversionen lassen eine solche Einschränkung erkennen: In den jeweiligen Überschriften heißt es z. B. im spanischen Text („productos defectuosos“); im portugiesischen Text („productos defeituosos“); im rumänischen Text („produse defectuose“). Weitere Nachweise bei Rudolf, wbl 2009, 525, 528. 133  KOM (2003), 427 S.  14. Im Textentwurf des geänderten Vorschlags der Kommission ist sogar eine Klarstellung enthalten: „[…] ist für das außervertragliche Schuldverhältnis im Falle eines Schadens auf Grund eines fehlerhaften Produkts“. 134 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  15. 135 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  16; NK-BGB/Lehmann, Art.  5, Rn.  40; Huber/ Illmer, YbPIL 9 (2007), 31, 38. 136 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  41; MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  17; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 628.

24 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Abs.  1 S.  1 lit.  a und c anwendbar sein, wenn das Produkt in dem jeweiligen Staat auch in den Verkehr gebracht worden ist.137 bb) Anspruchsgegner In Art.  5 Rom  II-VO wird der Anspruchsgegner allgemein als „die Person, deren Haftung geltend gemacht wird“, umschrieben, wobei der Haftende jede natürliche oder juristische Person sein kann.138 Aus dieser weiten Formulierung folgt, dass nicht nur der Hersteller des Endproduktes gemeint ist. Auch Zulieferer des Herstellers, die eine Produktkomponente gefertigt haben, Hersteller von Ausgangserzeugnissen sowie Zwischenhändler und Importeure können Anspruchsgegner des Geschädigten sein.139 Ferner kommt auch der Letztverkäufer eines Teilproduktes als Anspruchsgegner in Betracht.140 Eine Direktklage gegen den Versicherer ist nach Art.  18 Rom  II-VO möglich, wenn das auf das außervertragliche Schuldverhältnis anwendbare Recht oder das auf den Versicherungsvertrag anzuwendende Recht eine solche Klage kennt.141 Die Möglichkeit einer Direktklage ist für den Geschädigten im Falle der Insolvenz des Herstellers oder Zulieferers besonders wichtig. Die Parteien können eine solche Direkthaftung eines Versicherers nicht nachträglich durch eine Rechtswahl nach Art.  14 Rom  II-VO herbeiführen.142 III.  Die Systematik 1.  Systematische Prüfungsreihenfolge für Art.  5 Rom  II-VO Bei der Ermittlung des auf einen internationalen Produkthaftungsfall anzuwendenden Rechts ist gegebenenfalls eine siebenstufige Prüfungsfolge zu durchlaufen, die primär (gem. Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a) auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten, sekundär (gem. Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  b) auf den Erwerbsort des Produktes und tertiär (gem. Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  c) auf den Erfolgsort abstellt, wobei alle Anknüpfungen unter einem doppelten Vorbehalt stehen. Denn alle Anknüpfungen werden nur relevant, wenn erstens das Produkt in jenem Staat in Verkehr gebracht wurde, dessen Recht nach Art.  5 Abs.  1 lit.  a bis c Rom  II-VO anwendbar sein soll, und dies zweitens für den Haftenden vernünftigerweise auch vorhersehbar war.143 137 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5, Rn.  68 f., 71; Dickinson, Rome II, Rn.  5.40. Zur Anknüpfung bei bystanders S.  42 f. Zur Anknüpfung in bystander-Konstellationen, wenn es an dem Inverkehrbringen fehlt, S.  44 f. 138 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  19. 139  KOM (2003), 427 endg., S.  16; Huber/Illmer, Art.  5 Rome II, Rn.  18; MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  19; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  43; NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  39. 140 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  4 4 f. 141  Laschert, PHI 2010, 158, 162. 142  Näher dazu Foerste/v. Westphalen/Wilde, §  100, Rn.  31. 143  Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 627; Illmer, RabelsZ 73 (2009), 269, 285.

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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Fehlt es hieran, soll das Recht des Staates zur Anwendung gelangen, in dem der Haftende seinen Hauptgeschäftssitz hat. Zu beachten bleibt jedoch die Vorrangigkeit einer zwischen den Parteien getroffenen Rechtswahl sowie der Geltungsvorrang des Rechts an dem gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt. Die Anknüpfungsleiter stellt sich im Kontext der Kollisionsnormen der Rom  IIVO im Einzelnen wie folgt dar:144 1) Rechtswahl der Parteien gem. Art.  14 Rom  II-VO. Falls die Parteien eine solche nicht getroffen haben, erfolgt die Prüfung der nächsten Stufe. 2) Haben die Parteien einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so ist nach Art.  5 Abs.  1 i. V. m. Art.  4 Abs.  2 an diesen anzuknüpfen. Verfügen die Parteien über keinen gemeinsamen Aufenthalt, ergibt sich aus Art.  5 Abs.  1 S.  1 die folgende Anknüpfungshierarchie mit jeweils subsidiären Anknüpfungsmomenten, die jeweils durch die einschränkende Voraussetzung der Vorhersehbarkeit nach Art.  5 Abs.  1 S.  2 ergänzt werden: 3) Gem. Art.  5 Abs.  1 lit.  a ist auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten abzustellen, sofern das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde und das Inverkehrbringen des Produktes oder eines gleichartigen Produktes für den Haftenden vorhersehbar war. 4) Andernfalls soll auf den Marktort abgestellt werden, sodass die Rechtsordnung des Staates berufen wird, in dem das Produkt durch den Erstabnehmer erworben wurde, sofern das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde bzw. dies für den Hersteller vorhersehbar war. 5) Andernfalls ist auf den Erfolgsort (d. h. den Ort, an dem der Schaden eingetreten ist) abzustellen, sofern das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde oder dies für den Hersteller vorhersehbar war. 6) War die Anknüpfung an alle zuvor genannten Anknüpfungskriterien erfolglos, weil es an der Vorhersehbarkeit des Inverkehrbringens des Produktes oder eines gleichartigen Produktes an dem jeweiligen Ort fehlt, ist nach Art.  5 Abs.  1 S.  2 an den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Haftenden anzuknüpfen. 7) Abschließend bleibt zu überprüfen, ob der Sachverhalt eine sonstige offensichtlichere Verbindung zu einer anderen Rechtsordnung als den zuvor genannten aufweist. Das Anknüpfungssystem und die einzelnen Anknüpfungskriterien sollen nunmehr näher erläutert werden. 2.  Vorrang der Rechtswahl In einem internationalen Produkthaftungsfall ist eine Rechtswahl der Parteien gegenüber den objektiven Anknüpfungen des Art.  5 Rom  II-VO stets vorrangig.145 144 

Dargestellt nach Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  21 f. Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  9; Palandt/Thorn, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  2; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 5; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20. 145 MüKoBGB/Junker,

26 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Die Parteiautonomie im Internationalen Privatrecht spiegelt die Privatautonomie auf der Ebene des materiellen Rechts wider.146 Die Anerkennung der Parteiautonomie auch im Bereich der außervertraglichen Haftung wird im Interesse der Rechtssicherheit heute als angemessen erachtet und daher ausdrücklich im Erwägungsgrund 31 der Verordnung hervorgehoben.147 Die freie Rechtswahl war im Laufe der Entstehung der Rom  II-VO sehr umstritten.148 Heute wird Art.  14 Rom  II-VO als revolutionär bezeichnet und die Anerkennung einer weitreichenden vorherigen Rechtswahl als das modernste und liberalste Element der Verordnung gepriesen.149 Gleichwohl bietet die Vorschrift auf Grund der heutigen Formulierung steten Anlass zur Diskussion.150 An der heute verwendeten Formulierung wird insbesondere als störend empfunden, dass mit dem Begriff der „kommerziellen Tätigkeit“ ein nicht mit anderen Rechtsakten abgestimmter Begriff neu eingeführt wird. Weiterhin wird kritisiert, dass die Rechtswahl nach Art.  14 Abs.  1 lit.  b Rom  II-VO „in Ausübung“ einer bestimmten Tätigkeit erfolgen muss.151 Die Kritiker sehen in diesem Zusammenhang die einheitliche Auslegung und Anwendung der Rechtsakte in Gefahr.152 Im Folgenden soll nur auf einige der in der Literatur diskutierten Reformvorschläge eingegangen werden, die im Kontext von produkthaftungsrechtlichen Streitigkeiten relevant werden können. Bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts für einen internationalen Produkthaftungsfall steht auf der ersten Stufe der siebensprossigen Anknüpfungsleiter folglich die Rechtswahl der Parteien. Dem Rechtsanwender obliegt es zunächst zu überprüfen, ob die Parteien wirksam ein Recht zur Lösung des Konfliktfalles bestimmt haben. Diese Rechtswahl kann gem. Art.  14 Abs.  1 S.  1 lit.  a zeitlich nach dem Schadenseintritt oder gem. Art.  14 Abs.  1 S.  1 lit.  b, wenn alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen, auch durch eine vor Eintritt des Schadens frei ausgehandelte Vereinbarung erfolgen. Eine konkrete Form schreibt Art.  14 Rom  II-VO dabei 146 Palandt/Thorn,

Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  3. Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  1; Rauscher/Jakob/Picht, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  1; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 7; Mankowski, IPRax 2010, 389, 399. 148  Ein Überblick dazu findet sich bei Calliess/v. Hein, Art.  14 Rome II, Rn.  12 f. 149  Mankowski, IPRax 2010, 389, 399; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 20; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 5. 150 Rauscher/Jakob/Picht, Art.  14 Rom  I I-VO, Rn.  24; Junker, RIW 2010, 257, 266, der eine Neuformulierung anregt; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13 f. Des Weiteren ausführlich zu Art.  14 Rom  II-VO: Leible, RIW 2008, 257‒264; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 19 f.; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 5 f.; Mankowski, IPRax 2010, 389, 401. 151  Junker, RIW 2010, 257, 267; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13. 152  „Der iterative Stil der europäischen Gesetzgebung darf nicht dazu führen, dass die Schranken der Privatautonomie in jedem Kontext neu und in Randbereichen unterschiedlich bestimmt werden.“ G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13. Andere Autoren stellen bei der Begriffsbestimmung auf die bisher verwendeten Begriffe der Unternehmer und Gewerbetreibenden ab: NK-BGB/Gebauer, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  34; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400; Thorn in FS Karsten Schmidt (2009), 1561, 1566 f.; Sujecki, EWS 2009, 310, 313. Dagegen plädiert v. Hein für eine autonome Auslegung des Begriffs, insofern differenzierend in Calliess/v. Hein, Art.  14 Rome II, Rn.  19. 147 MüKoBGB/Junker,

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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nicht vor, sodass die Rechtswahl ausdrücklich oder stillschweigend getroffen werden kann.153 Im Interesse der Parteien empfiehlt es sich, möglichst frühzeitig eine klar formulierte Rechtswahlklausel zu vereinbaren, die im Idealfall mit der Gerichtsstandsklausel korrespondiert.154 a)  Rechtswahl ex post Die Rom  II-VO gesteht nach Art.  14 Abs.  1 lit.  a den Parteien die Möglichkeit zu, nach dem Eintritt eines schadensbegründenden Ereignisses das anwendbare Recht einvernehmlich zu bestimmen.155 In Produkthaftungsfällen wird nach dem Schadenseintritt häufig über das anwendbare Recht gestritten. Es sind jedoch auch Sachverhaltskonstellationen denkbar, in denen sich die Parteien aus prozessökonomischen Gründen auf die Anwendbarkeit eines bestimmten Rechts einigen, um den Rechtsstreit schnell und kostengünstig zu führen.156 Denn insbesondere wenn die Anwendung ausländischen Rechts im Raum steht, werden kostspielige Gutachten zum ausländischen Recht erforderlich, die den Abschluss des Rechtsstreits erheblich verzögern können.157 b)  Rechtswahl ex ante Bestanden zwischen den kommerziell tätigen Parteien bereits vor dem schadensbegründenden Ereignis vertragliche Beziehungen, können sie von Anfang an alle außervertraglichen Ansprüche dem Recht unterstellen, das sie für die vertraglichen 153  Eine konkludente Rechtswahl setzt zumindest das Erklärungsbewusstsein beider Parteien voraus. Im Einzelfall ist der Parteiwille anhand der vorhandenen Indizien auszulegen und zu ermitteln. Die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstandes kann ein solches Indiz für eine Wahl der lex fori sein. Näher zur konkludenten Rechtswahlvereinbarung bei Calliess/v. Hein, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  35 f.; MüKoBGB/Junker, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  29; Palandt/Thorn, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  6; Foerste/v. Westphalen/Wilde, §  100, Rn.  23. 154  Jacobs, IPRax 2015, 293 f., 297. 155  Ob das Erfordernis des „freien Aushandelns“ sich allein auf die Variante des Abs.  1 S.  1 lit.  b Rom  II-VO bezieht oder auch für Vereinbarungen nach Abs.  1 S.  1 lit.  a Rom  II-VO gilt, ist in der Literatur streitig. Der Wortlaut erweckt den Anschein, dass sich diese Einschränkung nur auf die Variante des Abs.  1 S.  1 lit.  b beziehen soll. So im Ergebnis auch Calliess/v. Hein, Art.  14 Rome II, Rn.  27; a. A. Junker in MüKoBGB/Junker, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  34 f.; ders., RIW 2010, 257, 267; NK-BGB/Gebauer, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  19; Rauscher/Jakob/Picht, Art.  14 Rom  IIVO, Rn.  28; Leible, RIW 2008, 257, 260. Aus teleologischen Gründen wäre ein solches Ergebnis jedoch nicht überzeugend, denn wenn schon eine Rechtswahlvereinbarung zwischen Unternehmen diesen strengen Anforderungen genügen muss, so sollte diese Einschränkung erst Recht für eine Rechtswahlvereinbarung mit einer nicht kommerziell tätigen Partei, also gegenüber einem Verbraucher, gelten. So auch Junker in MüKoBGB/Junker, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  34 f.; ders., RIW 2010, 257, 267. Soll das Erfordernis für beide Varianten gelten, wäre eine Klarstellung im Text wünschenswert. 156  So sind Fallkonstellationen denkbar, bei denen eine Anknüpfung nach Art.  5 Abs.  1 Rom  I IVO an der mangelnden Inverkehrbringung jeweils gescheitert ist, die Parteien die Anknüpfung hieran jedoch nicht scheitern lassen wollen. 157  Jacobs, IPRax 2015, 293, 294; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 6.

28 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Ansprüche gewählt haben. So können die Parteien nach Maßgabe des Art.  14 Abs.  1 lit.  b Rom  II-VO das anwendbare Recht im Vorfeld bestimmen. Die vorherige Rechtswahl ist allerdings nur in B2B-Sachverhaltskonstellationen möglich.158 Unternehmer können somit für produkthaftungsrechtliche Ansprüche eine Vereinbarung über das anwendbare Recht auch vor dem schadensbegründenden Ereignis vereinbaren. Der Vorteil liegt im möglichen Gleichlauf vertraglicher und außervertraglicher Ansprüche, sodass die Schadensabwicklung im Streitfall vereinfacht wird, weil beide Parteien wissen, nach welchem Recht sie sich richtet.159 Eine vorherige Rechtswahl gestehen die Verordnungsgeber jedoch nur Parteien zu, die einer „kommerziellen Tätigkeit“ nachgehen. In Anlehnung an den Unternehmerbegriff der Rom  I-VO sind hierunter alle Tätigkeiten zu erfassen, die dem Unternehmensbereich zuzuordnen sind.160 Dabei sollte der Begriff weit verstanden werden. Demnach handelt derjenige kommerziell, der in Ausübung einer selbstständigen oder gewerblichen Tätigkeit aktiv am Marktgeschehen teilnimmt.161 Die Parteien müssen das anwendbare Recht allerdings „frei ausgehandelt“ haben. Wann eine Vereinbarung als frei ausgehandelt gilt, ist im Einzelnen in der Literatur umstritten.162 aa)  Stand der Diskussion In diesem Zusammenhang wird beispielsweise diskutiert, ob standardisierte Rechtswahlklauseln, z. B. in AGB, als „frei ausgehandelt“ angesehen werden können oder nicht. Einige Autoren sprechen sich dafür aus.163 Die Befürworter befürchten, dass die Rechtswahl ansonsten im kaufmännischen Verkehr auf Dauer entwertet werden könnte, wenn vorformulierte Rechtswahlklauseln nicht als Ergebnis einer „freien Aushandlung“ angesehen würden.164 Immer mehr Autoren vertreten die Gegenauffassung, dass eine Rechtswahlklausel in AGB unzulässig sei.165 158 Calliess/v. Hein, Art.  14 Rome II, Rn.  18 f. Eine vorherige Rechtswahl unter Verbrauchern ist somit nicht möglich. 159  Mankowski, IPRax 2010, 389, 399; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 7. 160 NK-BGB/Gebauer, Art.  14 Rom  I I-VO, Rn.  34; Palandt/Thorn, Art.  14 Rom  I I-VO, Rn.  8; Calliess/v. Hein, Art.  14 Rome II, Rn.  18 f. 161 NK-BGB/Gebauer, Art.  14 Rom  I I-VO, Rn.  34; Palandt/Thorn, Art.  14 Rom  I I-VO, Rn.  8; Calliess/v. Hein, Art.  14 Rome II, Rn.  18 f. mit Beispielen; Mankowski, IPRax 2010, 389, 400. 162 Näher dazu NK-BGB/Gebauer, Art.  14 Rom  I I-VO, Rn.  35 f.; MüKoBGB/Junker, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  34 f.; Landbrecht, RIW 2010, 783, 784. 163 MüKoBGB/Junker, Art.  14 Rom  I I-VO, Rn.  36; Calliess/v. Hein, Art.  14 Rome II, Rn.  23; Dickinson, Rome II Regulation, 13, 38 ff.; Ofner, ZfRV 2008, 13, 22; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 13 f. 164  So MüKoBGB/Junker, Art.  14 Rom  I I-VO, Rn.  34 f.; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 14. 165 Calliess/v. Hein, Art.  14 Rome II, Rn.  27; ders., ZEuP 2009, 6, 20; Palandt/Thorn, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  9; Foerste/v. Westphalen/Wilde, §  100, Rn.  22; Leible, RIW 2008, 257; Mankow­ ski, IPRax 2010, 389, 400; Rugullis, IPRax 2008, 319, 322.

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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Vereinzelte Stimmen wollen solche vorformulierten Rechtswahlklauseln unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erachten.166 Dies hätte zur Folge, dass jeweils eine Einzelfallprüfung vorzunehmen wäre.167 Klauseln in AGB werden in der Regel einseitig gestellt oder stehen zumindest nicht zur Disposition, sodass die Parteien in der Regel jedenfalls nicht über das anwendbare Recht „frei verhandelt“ haben, so wie es Art.  14 Abs.  1 S.  1 lit.  b Rom  IIVO verlangt. Die Gesetzesmaterialien zur Entstehungsgeschichte der Rom  II-VO legen nahe, dass zum Schutze „schwächerer Parteien“ eine Rechtswahl durch standardisierte Klauseln ausgeschlossen sein sollte.168 Bei der „schwächeren Partei“ handelt es sich im Kontext von Art.  14 Rom  II-VO jedoch gerade nicht um Verbraucher, sondern um Parteien, die in Ausübung einer selbstständigen oder gewerblichen Tätigkeit aktiv am Marktgeschehen teilnehmen.169 Das wirft die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen eine kommerziell tätige Partei in produkthaftungsrechtlichen Sachverhaltskonstellationen als „schwächer“ anzusehen ist. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Hersteller eine derart große Nachfragemacht hat, dass ein Zulieferer nur wettbewerbsfähig ist, wenn dieser Hersteller zu seinen Abnehmern gehört. In solchen Sachverhaltskonstellationen ist es vorstellbar, dass der Hersteller des Endproduktes eine für ihn günstige Rechtswahlklausel in dem Vertrag vorgibt und der Zulieferer keine andere Wahl hat, als diese zu akzeptieren. Mit der Einschränkung des „freien Aushandelns“ wollte der europäische Gesetzgeber auch im kommerziellen Umfeld Vertragspartner schützen, die keine gleichwertigen Verhandlungspositionen haben. Dies kann der Fall sein, wenn auf Grund von branchenspezifischen Gegebenheiten in einem Marktsegment wenig Wettbewerb stattfindet. Ohne Zweifel soll in solchen Konstellationen die strukturell schwächere Partei vor einem einseitigen Diktat des auf produkthaftungsrechtliche Ansprüche anwendbaren Rechts durch die wirtschaftlich stärkere Verhandlungspartei ge166  Landbrecht, RIW 2010, 783, 784 f., will die Verwendung vorformulierter Rechtswahlklauseln aus Fomularbüchern zulassen, wenn der Vertrag im Übrigen insgesamt „frei ausgehandelt“ worden ist. Eine Rechtswahlklausel in „reinen“ AGB betrachtet er hingegen als unzulässig. Er steht jedoch im Übrigen einer Verwendung von standardisierten Klauseln offen gegenüber, wenn die Vertragspartner über das Ob einer Rechtswahlklausel nachweislich verhandelt haben. Das gesonderte „Abzeichnen“ einer Rechtswahlklausel hält er daher für ausreichend, um dem Erfordernis des freien Aushandelns zu genügen. Ebenso Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 8. 167  Dafür Palandt/Thorn, Art.  14 Rom  I I-VO, Rn.  9. 168  Die Formulierung des Erfordernisses des „freien Aushandelns“ geht auf den Vorschlag des Europäischen Parlaments zurück. In der Begründung zum Änderungsantrag 25 heißt es, die Rechtswahl solle „für Verbraucherverträge und nicht frei ausgehandelte Vereinbarungen ausgeschlossen werden, bei denen die Vertragspartner keine vergleichbar starke Verhandlungsposition haben“. Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Rom  II-VO KOM (2003), 0427 – C5 – 0338/2003‒2003/0168 (COD), abgedruckt in IPRax 2006, 413‒418. Ferner heißt es in der englischsprachigen Kommissionsbegründung zum geänderten Vorschlag, KOM (2006) 83 endg., S.  3: „The wording proposed by the Commission would both protect consumers and employees from ill-thought-out choices and exclude the possibility of such choices being imposed in standard contracts.“ So auch NK-BGB/Gebauer, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  36. 169  Leible, RIW 2008, 257, 260.

30 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung schützt werden. Sie ist vor einer rechtsmissbräuchlichen oder einer überraschenden Rechtswahl zu schützen.170 bb) Stellungnahme Doch kann die strukturell „schwächere Partei“ nur durch den generellen Ausschluss von Rechtswahlvereinbarung in AGB geschützt werden? Nach der hier vertretenen Auffassung reicht es aus, wenn zum Schutze der strukturell schwächeren Partei andere Maßnahmen erfolgen. Wird aus der Würdigung der Gesamtumstände erkennbar, dass die Parteien sich über das Ob einer Rechtswahl ausgetauscht haben, z. B. durch die gesonderte Abzeichnung der Rechtswahlklausel, ist der Schutz der strukturell schwächeren Partei gewährleistet. Denn eine gesonderte, individuelle Bestätigung der Rechtswahl dokumentiert, dass sich auch die „strukturell schwächere“ Partei hierzu bewusst entschieden hat. Wird die Verwendung von standardisierten Rechtswahlklauseln hingegen generell ausgeschlossen, würde der internationale Handelsverkehr erschwert. Die Parteien müssten im Rahmen ihrer Verhandlungen zum Hauptvertrag folglich zwingend eine Rechtswahl für vertragliche und außervertragliche Ansprüche treffen. Könnten sich die Parteien dabei nicht auf ein Recht einigen, welches für alle Ansprüche gelten soll, so könnte es im Schadensfall zu einer Rechtsspaltung kommen, die eine Streitbeilegung verkomplizieren würde. Die Verwendung von vorformulierten Klauseln für Vertragsentwürfe ist heute im B2B-Bereich üblich.171 Diesem Umstand wollten auch die europäischen Verordnungsgeber Rechnung tragen, indem sie mit Einführung des Art.  14 Abs.  1 lit.  b Rom  II-VO gerade eine Möglichkeit einer vorherigen Rechtswahlvereinbarung unter kommerziell tätigen Personen schaffen wollten.172 Gerade in B2B-Fällen haben die Parteien ein legitimes Interesse, das Haftungsrisiko einschätzen zu können. So ist für den Abschluss einer geeigneten Versicherung in produkthaftungsrechtlichen Sachverhaltskonstellationen die eindeutige Bestimmbarkeit des anwendbaren Rechts mitentscheidend. Daher ist den Vertretern der differenzierenden Ansicht zu folgen. Demnach soll die Verwendung von standardisierten Rechtswahlklauseln möglich sein. Um den Anforderungen des Art.  14 Abs.  1 lit.  b Rom  II-VO zu genügen, muss allerdings gewährleistet sein, dass tatsächlich zwischen den Parteien über die Rechtswahl verhandelt wurde. Erfolgt beispielsweise eine separate Gegenzeichnung der Rechtswahlvereinbarung, wird den Erfordernissen des Art.  14 Rom  II-VO genügt sein.

170 

Erwägungsgrund 31 zur Rom  II-VO. Palandt/Thorn, Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  8 f. Art.  14 Rom  II-VO, Rn.  36, ders., RIW 2010, 257, 267; Landbrecht, RIW 2010, 783, 784 f.; G. Wagner, IPRax 2010, 1, 14. 172  So auch Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 8; G. Wagner, IPRax 2010, 1, 14. 171 MüKoBGB/Junker,

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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c)  Fragestellungen im Kontext internationaler Produkthaftungsfälle Das Haager Übereinkommen über das auf die Produkthaftpflicht anzuwendende Recht (HPÜ) kennt die Möglichkeit einer parteiautonomen Rechtswahl nicht.173 Diese Lücke kann für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle, in denen es zur Anwendung des HPÜ kommt, durch die Regelung des Art.  14 Rom  II-VO geschlossen werden.174 Für internationale Produkthaftungsfälle ist des Weiteren die Regelung in Art.  14 Abs.  3 Rom  II-VO relevant. Sie stellt klar, dass durch die Wahl des Rechts eines Drittstaates die Anwendung zwingenden Gemeinschaftsrechts nicht umgangen werden kann, wenn es sich um einen europäischen Binnensachverhalt handelt. Zu denken ist beispielsweise an das Verbot eines Haftungsausschlusses nach Art.  12 ProdH-RL. Denn nach Art.  12 der Richtlinie 85/374/EWG muss ein deutsches Gericht §  14 ProdHaftG anwenden, sodass Ansprüche gegen einen Hersteller, die durch die Richtlinie begründet werden, nicht durch eine im Voraus getroffene Vereinbarung begrenzt werden können.175 Dies gilt auch dann, wenn nach Art.  5 Rom  II-VO beispielsweise das französische Recht das objektive Produkthaftungsstatut wäre.176 Haben die Parteien keine wirksame Rechtswahl getroffen, so bleibt gem. Art.  5 Abs.  1 i. V. m. Art.  4 Abs.  2 Rom  II-VO auf der zweiten Stufe zu prüfen, ob der Geschädigte und der Haftende zum Zeitpunkt des Schadenseintritts ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat hatten. 3.  Geltungsvorrang des Rechts des Staates des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts Haben die Parteien im Zeitpunkt des Schadenseintritts ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so gelangt das Recht dieses Staates zur Anwendung.177 Aus dem Verweis des Art.  5 Abs.  1 S.  1 auf Art.  4 Abs.  2 der Rom  II-VO folgt, dass die Anknüpfungspunkte der Spezialnorm des Art.  5 subsidiär sind gegenüber der in Art.  4 Abs.  2 vorrangig verankerten Anknüpfung an den gemeinsamen Aufenthalt von Haftenden und Geschädigten.178 Diese Auflockerung dient der Vereinfachung 173 Calliess/v.

Hein, Art.  14 Rome II, Rn.  11. Reese, Explanatory Report on the 1973 Hague Products Liability Convention, 267 f. Reese betont, dass sich die Beurteilung der Wirksamkeit einer Rechtswahlklausel nach dem nationalen IPR richten soll. Zu finden unter (zuletzt aufgerufen am 2.1.2017). Näher dazu Calliess/v. Hein, Art.  14 Rome II, Rn.  11; Rodiek, 31. 175 MüKoBGB/Junker, Art.  14 Rom  I I-VO, Rn.  42‒44. 176 MüKoBGB/Junker, Art.  14 Rom  I I-VO, Rn.  4 4. 177  Zwar geht die Ausweichklausel des Art.  5 Abs.  2 normhierarchisch Art.  5 Abs.  1 vor. Ob eine offensichtlich engere Verbindung vorliegt, kann jedoch nur beantwortet werden, wenn die Ergebnisse der Anknüpfung nach Art.  5 Abs.  1 im konkreten Fall bestimmt worden sind. Deshalb ist Art.  5 Abs.  1 entgegen des hierarchischen Verhältnisses zu Abs.  2 zuerst zu prüfen. Die Ausweichklausel des Art.  5 Abs.  2 wird gerade wegen ihres Ausnahmecharakters erst auf der letzten Stufe geprüft. Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  23. 178 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  100; NK-BGB/Lehmann, Art.  5, Rn.  46. 174 

32 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung der Schadensabwicklung und soll den Parteien Kosten der Rechtsverfolgung sparen.179 Die gerichtliche Rechtsverfolgung wird erleichtert, da sowohl der allgemeine Gerichtsstand nach Art.  2 Brüssel I-VO als auch der Deliktsgerichtsstand nach Art.  5 Nr.  3 Brüssel I-VO in der Regel in dem Staat liegen, in dem die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Folglich entsteht ein Gleichlauf zwischen dem internationalen Zuständigkeitsrecht und dem anwendbaren Recht.180 Zu beachten bleibt, dass die Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt nach Art.  5 Abs.  1 S.  1 i. V. m. Art.  4 Abs.  2 nicht dem Vorbehalt des Inverkehrbringens des schadenbringenden Produktes oder dessen Vorhersehbarkeit unterliegt IV.  Die Anknüpfung 1. Allgemein Auffallend ist, dass die drei Varianten der Anknüpfung des Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a bis c Rom  II-VO darauf abstellen, ob das schadensursächliche Produkt oder die Produkte der gleichen Gattung in dem Staat, auf dessen Recht die Anknüpfung gem. lit.  a bis c verweist, in den Verkehr gebracht wurden. Damit hat dieser Vorbehalt für die Grundanknüpfungen innerhalb der speziellen Kollisionsnorm des Art.  5 Abs.  1 S.  1 Rom  II-VO eine wichtige Bedeutung erhalten181 2.  Inverkehrbringen des Produktes Alle Varianten der Grundanknüpfungen nach Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a bis c der Rom  II-VO kommen nur zur Anwendung, wenn „das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde“. Eine Konkretisierung des Begriffs des Inverkehrbringens fehlt in der Verordnung. Der Wortlaut der englischen Textversion („if the product was marketed in that country“) lässt jedoch erkennen, dass eine „Vermarktung“ im Sinne eines Auf-den-Markt-Bringens eines Produktes gemeint ist.182 Zur Auslegung des Begriffs des „Inverkehrbringens“ können Art.  7 lit.  a der ProdH-RL und die dazu ergangene Rechtsprechung des EuGH herangezogen werden, auch wenn die Begriffe nicht als deckungsgleich anzusehen sind.183 Nach der Rechtsprechung des EuGH ist ein Produkt in den Verkehr gebracht, wenn der Produktionsprozess abgeschlossen ist und das Produkt in gebrauchsfähigem Zustand erstmals öffentlich 179 Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO Rn.  5; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  78, 100. 180 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  100. 181  Eine ausführliche Analyse zur Bedeutung des Inverkehrbringens als anknüpfungsverstärkendes Moment findet sich im 3. Kapitel unter A.II.5., 180 f. 182 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  29; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  74; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727 f. 183 Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  11; NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  75; differenzierend Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  76, 78; a. A. Illmer, RabelsZ 73 (2009), 269, 290, der betont, dass die Begriffe in ihrem jeweiligen Kontext unterschiedlichen Zwecken dienen und daher den Rückgriff auf die Definition aus der Rspr. zur ProdH-RL ablehnt.

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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angeboten und an Abnehmer abgesetzt wurde.184 Nach Stimmen in der Literatur ist es dabei nicht zwingend erforderlich, dass das Produkt die Sphäre des Produzenten verlassen haben muss.185 In Literatur und Rechtsprechung besteht allerdings Einigkeit, dass das Produkt auf Grund eines freiwilligen Entschlusses auf den Markt gelangt sein muss.186 Zusammenfassend kann das Inverkehrbringen eines Produktes dahingehend definiert werden, dass der Produktionsprozess aus Sicht des Herstellers abgeschlossen und das Produkt die Sphäre des Produzenten auf Grund dessen freiwilligen Entschlusses verlassen hat, um Endnutzern öffentlich angeboten zu werden. Dabei muss das Produkt kommerziell und öffentlich angeboten worden sein. Die Wirkung des anknüpfungseinschränkenden Merkmals „Inverkehrbringen“ in Art.  5 Abs.  1 lit.  a bis c der Rom  II-VO hängt wesentlich davon ab, ob es auf das Inverkehrbringen gerade des schadenstiftenden Produktes ankommt oder ob das Inverkehrbringen gleichartiger Produkte ausreicht. Im letzteren Fall erhöht sich das Rechtsanwendungsrisiko des Herstellers erheblich. Die damit einhergehende grundsätzliche Erhöhung des Rechtsanwendungsrisikos der Hersteller ist über die Gestaltung der Anforderungen an das Merkmal der „Gleichartigkeit des Produktes“ und über die Vorhersehbarkeitsklausel in Art.  5 Abs.  1 S.  2 mit den Interessen der Verbraucher in Einklang zu bringen.187 Die ganz überwiegende Meinung lässt das Inverkehrbringen eines gleichartigen Produktes genügen.188 Dieser Ansicht ist zu folgen, da für diese weite Auslegung des Wortlautes die gesetzgeberische Intention und der Normzweck der Vorschrift sprechen.189 Daher ist im Folgenden davon auszugehen, dass nicht das konkret-individuelle schadensverursachende Produkt, sondern eine in wesentlicher Hinsicht vergleichbare bewegliche Sache „in Verkehr gebracht“ worden sein muss. Für die Beurteilung dient die Sicherheitsausstattung des Produktes als Abgrenzungskriterium.190 Diese ist für das Haftungsrisiko des Schädigers entscheidend und gleichzeitig für die Erwartungen des Geschädigten prägend. 184  EuGH 9.2.2006 – Rs. C-127/04, Slg. 2006, I-01313, Declan O’Byrne/Sanofi Pasteur MSD Ltd., EuZW 2006, 184 f.; EuGH 10.5.2001 – Rs. C-203/99, Slg. 2001, I-3569, Henning Veedfald/ Arthus Amtskommune, Rn.  16; Foerste/v. Westphalen/Wilde §  100, Rn.  11. 185  „Diese Einschränkung ist schon im Hinblick auf die materiellrechtliche Haftung zu kritisieren, erst recht ist sie für die kollisionsrechtliche Beurteilung abzulehnen, da sie das Element des Produktabsatzes, das dem Begriff des Inverkehrbringens immanent ist, vernachlässigt.“ Rauscher/ Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  78. 186 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  78; NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  76. 187 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  28. 188 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  26–28; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  81‒90; Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  11; NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  83; a. A. v. Hein, ZEuP 09, 6, 17. 189 Näher dazu Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  84, 89; NK-BGB/Lehmann, Art.  5, Rn.  82. 190 Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  11; Lenz/Janßen, Produkthaftung §  6 III, Rn.  115.

34 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Die Bedeutung des in Art.  5 Abs.  1 S.  1 enthaltenen Vorbehalts des „Inverkehrbringens“ des Produktes oder von gleichartigen Produkten wird in den Erwägungsgründen der Rom  II-VO nicht näher erläutert. Ob das Kriterium eine haftungsbegrenzende Wirkung erfüllen soll,191 kann hier dahinstehen. Es trägt jedenfalls zur kollisionsrechtlichen Anknüpfungsgerechtigkeit bei, indem es die tendenziell geschädigtenfreundliche Grundanknüpfung einschränkt und um ein Kriterium ergänzt, das vom Ersatzpflichtigen beeinflusst werden kann.192 Die anknüpfungseinschränkende Wirkung des Merkmals des „Inverkehrbringens“ dient mithin den Interessen der Produzenten, die hierdurch ihre Haftung besser kalkulieren können.193 3.  Die einzelnen Anknüpfungspunkte des Art.  5 Haben die Parteien ihren jeweiligen gewöhnlichen Aufenthalt in unterschiedlichen Staaten, kommt auf den folgenden drei Stufen die Anknüpfungsleiter des Art.  5 Abs.  1 S.  1 in folgender Reihenfolge zur Anwendung: Nach Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a soll das Recht des Staates zur Anwendung gelangen, in dem der Geschädigte im Zeitpunkt des Schadenseintritts seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wenn dort das Produkt auch in den Verkehr gebracht wurde. Falls das Produkt am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Geschädigten nicht vertrieben wurde, gilt gem. Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  b Rom  II-VO das Recht des Staates, in dem das Produkt erworben wurde, falls das Produkt in diesem Staat auch in den Verkehr gebracht wurde. Schließlich ist nach Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  c das Recht des Staates zur Anwendung berufen, in dem der Schaden eintrat, falls das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde. Für diese drei Anknüpfungen gilt jedoch der Vorhersehbarkeitsvorbehalt des Art.  5 Abs.  1 S.  2, wonach das nach Abs.  5 Abs.  1 zur Anwendung berufene Recht nur dann gilt, wenn das Inverkehrbringen des Produktes in diesem Staat für den Haftenden vorhersehbar war. Fehlt es hieran, so kommt auf der sechsten Stufe das Recht des Staates zur Anwendung, in dem der Hersteller seinen Sitz hat.

191  Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727. Nach dem Kommissionsentwurf sollte das Kriterium diese Funktion auch erfüllen. KOM (2003), 427, 16. 192 Calliess/v. Hein, Art.  5 Rome II, Rn.  28; MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  25; Huber/Illmer, YbPIL 2007, 31, 41; Rodiek, 36. Geht man davon aus, dass der Geschädigte eine eigenständige Entscheidung darüber trifft, wo er das Produkt erwirbt oder verwendet, so sind die Anknüpfungen nach Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a ‒c der Sphäre des Geschädigten zuzuordnen. Dies bedeutet jedoch nicht gleichzeitig, dass das Recht in den jeweils berufenen Rechtsordnungen auch geschädigtenfreundlicher ist. Wohingegen die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt der haftenden Person nach Art.  5 Abs.  1 S.  2 wohl meistens zu einer Anwendung eines für diesen günstigen Rechts führt, da dieser sich bei der Standortwahl für den geltenden Haftungsstandard bewusst entschieden hat. 193 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  74.

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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Alle zuvor beschriebenen Anknüpfungen stehen wiederum unter dem Vorbehalt einer offensichtlich engeren Verbindung nach Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO (siebte Stufe). a)  Gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten Der gewöhnliche Aufenthalt spielt als Anknüpfungspunkt der Rom  II-VO eine zentrale Rolle. Insbesondere die Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Parteien des außervertraglichen Schuldverhältnisses findet sich in einigen Kollisionsnormen der Verordnung wieder.194 Eine Legaldefinition des gewöhnlichen Aufenthalts enthält die Rom  II-VO in Art.  23 nur für juristische und natürliche Personen, die im Rahmen ihrer Berufsausübung tätig wurden. In den übrigen Fällen ist der Begriff verordnungssautonom auszulegen,195 sodass es den Richtern des EuGH obliegen wird, den Begriff im Sinne der Verordnung zu konkretisieren. aa)  Gewöhnlicher Aufenthalt einer natürlichen Person Mangels Legaldefinition des gewöhnlichen Aufenthalts einer natürlichen Person sollten die Interpretationen des Begriffs, die in Staatsverträgen196 und im europäischen Recht existieren, zur näheren Auslegung herangezogen werden.197 Ergänzend können auch die in den Mitgliedstaaten gebräuchlichen Definitionen rechtsvergleichend berücksichtigt werden, soweit sich dies für eine einheitliche Auslegung des Begriffs anbietet.198 Der EuGH und der EuG verwenden den Begriff des „ständigen Wohnsitzes“ und stellen auf den Ort ab, den sich eine Person als „ständigen oder gewöhnlichen Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse gewählt hat, um ihm Dauerhaftigkeit zu verleihen“.199 Der Aufenthalt an sich reicht in der Regel nicht aus, um einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts einer natürlichen Person umschreibt vielmehr den Ort, an dem eine Person ihren tatsächlichen

194 

Vgl. Art.  4 Abs.  2; Art.  5 Abs.  1 i. V. m. Art.  4 Abs.  2; Art.  11 Abs.  2; Art.  12 Abs.  2. Art.  23 Rom  II-VO, Rn.  4; Rauscher/Jakob/Picht, Art.  23 Rom  II-­VO, Rn.  7; Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  9, Art.  4 Rom  II-VO, Rn.  6; Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 626. 196  Beispielsweise das Haager Übereinkommen über das auf die Produkthaftpflicht anzuwendende Recht (1973), das Haager Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht (1971), wobei die Übereinkommen selbst keine Definitionen enthalten, sodass auf die hierzu ergangene Rspr. abzustellen ist. 197 MüKoBGB/Junker, Art.  23 Rom  I I-VO, Rn.  16 f.; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  23 Rom  II-­VO, Rn.  4. 198 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  52. Huber/Illmer, YbPIL 2007, 31, 40. die in Fn.  34 auf die unterschiedlichen Konzeptionen in common law- und civil law-Rechtsordnungen hinweisen. 199  EuGH 15.9.1994 ‒ Rs. C-452/93 Fernández/Kommission, Slg. 1994, I-4295, Rn.  22; EuG 25.10.2005 Herrero Romeu/Kommission, Slg. 2005, II-4599, Rn.  51. 195 Bamberger/Roth/Spickhoff,

36 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Lebensmittelpunkt im relevanten Zeitpunkt hat.200 Für die Auslegung soll die Aufenthaltsdauer eine entscheidende Rolle spielen. Denn bei einem Aufenthalt einer Person von längerer Dauer entsteht eine Bindung an den Ort, eine soziale Integration. Verglichen mit der Interpretation dieses Begriffs in den Staatsverträgen soll es auf solche Bindungen maßgeblich ankommen.201 Der Wohnsitz einer natürlichen Person indiziert eine soziale Integration und spielt daher bei der Subsumtion eine wichtige Rolle, auch wenn die Begriffe ihrer Bedeutung nach nicht gleichzusetzen sind.202 Ein in Deutschland lebender Arbeitnehmer, der eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt, hat in der Regel seinen Wohnsitz, sein privates und sein berufliches Umfeld in Deutschland. Hier spricht vieles dafür, dass sein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland liegt.203 Vorübergehende Auslandsaufenthalte im Zusammenhang mit Fernreisen oder Studienaufenthalten begründen in der Regel keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, wenn die Absicht besteht, wieder in das Heimatland zurückzukehren.204 bb)  Gewöhnlicher Aufenthalt einer natürlichen Person im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Wird ein außervertragliches Schuldverhältnis durch ein Handeln 205 im Rahmen der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit begründet,206 so bestimmt Art.  23 Abs.  2 Rom  II-VO den Ort der Hauptniederlassung des beruflich Tätigen als dessen gewöhnlichen Aufenthalt. Dieser ist dort belegen, wo der beruflich Tätige seinen tatsächlichen Geschäftsschwerpunkt hat.207 Für Hersteller beispielsweise kommt es auf die Produktionsstätte an. Für Dienstleistungen ist der Ort maßgeblich, an dem sich die wesentlichen Personal- und Sachmittel befinden.208

200 MüKoBGB/Junker, Art.  23 Rom  I I-VO, Rn.  16; Rauscher/Jakob/Picht, Art.  23 Rom  I I-VO, Rn.  7. 201 Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  23 Rom  I I-VO, Rn.  4; MüKoBGB/Junker, Art.  23 Rom  I IVO, Rn.  16. 202 In ihrer ursprünglichen Begründung betont die Kommission diese Unterscheidung und weist darauf hin, dass der Anknüpfungspunkt an den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts flexibler ist als die Anknüpfung an den Wohnsitz. KOM (2003), 427 endg., S.  30. 203 MüKoBGB/Junker, Art.  23 Rom  I I-VO, Rn.  17; Foerste/v. Westphalen/Wilde, §  100, Rn.  6. 204  Näher dazu Foerste/v. Westphalen/Wilde, §  100, Rn.  6. 205  Dabei kann das Verhalten sowohl in einem Tun als auch in einem Unterlassen liegen. Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  23 Rom  II-VO, Rn.  4; MüKoBGB/Junker, Art.  23 Rom  II-VO, Rn.  18. 206  Aus der ursprünglichen Kommissionsbegründung wird deutlich, dass in diesem Zusammenhang nur die Ausübung selbstständiger freiberuflicher oder gewerblicher Tätigkeiten vom Anwendungsbereich erfasst werden soll. KOM (2003), 427 endg., S.  30. MüKoBGB/Junker, Art.  23 Rom  II-VO, Rn.  19 f. 207 MüKoBGB/Junker, Art.  23 Rom  I I-VO, Rn.  18, 21. 208 MüKoBGB/Junker, Art.  23 Rom  I I-VO, Rn.  21.

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

37

cc)  Gewöhnlicher Aufenthalt einer juristischen Person Juristische Personen können keinen „Lebensmittelpunkt“ haben, sodass der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts modifiziert werden muss. Nach Art.  23 Abs.  1 Rom  II-VO wird der Anknüpfungspunkt des gewöhnlichen Aufenthalts für juristische Personen durch Anknüpfung an den Ort der Hauptverwaltung der juristischen Person substituiert. Ergeben die Umstände des Einzelfalls, dass das schadensbegründende Ereignis oder der Schaden einer Zweigniederlassung, Agentur oder sonstigen Niederlassung zuzuordnen ist, kommt es gem. Art.  23 Abs.  1 S.  2 Rom  IIVO auf den Ort dieser Niederlassung an.209 Aus dem Erwägungsgrund Nr.  7 der Verordnung wird ersichtlich, dass bei der Auslegung der in Art.  23 verwendeten Begriffe „Niederlassung“, „Zweigniederlassung“ und „Agentur“ eine einheitliche verordnungsübergreifende Auslegung gewünscht ist. Folglich kann für die Auslegung dieser Begriffe auf die zu Art.  5 Nr.  5 EuGVO erlassene Rechtsprechung des EuGH zurückgegriffen werden.210 Nach der Rspr. des EuGH muss die Niederlassung unter Aufsicht und der Leitung des Stammhauses stehen.211 Des Weiteren ist, ähnlich wie bei Art.  5 Nr.  5 EuGVO, ein Niederlassungsbezug des Sachverhalts erforderlich.212 Ein solcher Bezug liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn die streitgegenständlichen Verpflichtungen aus der Tätigkeit der Niederlassung für Rechnung des Stammhauses am Niederlassungsort entstanden sind. Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien sind ein Indiz, aber nicht zwingende Voraussetzung des Niederlassungsbezugs.213 b)  Erwerbsortanknüpfung Ist in einem grenzüberschreitenden Produkthaftungsfall die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten gescheitert, weil das streitgegenständliche Produkt oder ein gleichartiges Produkt von dem Hersteller in diesem Staat nicht in den Verkehr gebracht worden sind, dann kommt die sekundäre Anknüpfung an

209 

30.

Diese Regelung wurde dem Art.  5 Nr.  5 EuGVO nachempfunden. KOM (2003), 427 endg.,

210 MüKoBGB/Junker, Art.  23 Rom  I I-VO, Rn.  12. Nach der Rspr. des EuGH sind Niederlassungen, Zweigniederlassungen und Agenturen „als Mittelpunkte von geschäftlicher Tätigkeit anzusehen, die auf Dauer angelegte Außenstellen von Stammhäusern sind, die eine Geschäftsführung haben und sachlich so ausgestattet sind, dass sie in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben können, dass diese, obgleich sie wissen, dass möglicherweise ein Rechtsverhältnis mit dem im Ausland ansässigen Stammhaus begründet wird, sich nicht unmittelbar an dieses zu wenden brauchen, sondern Geschäfte an dem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit abschließen können, der dessen Außenstelle ist. EuGH 22.11.1978 ‒ Rs. C-33/78 Somafer SA/Saar ‒ Ferngas AG, Slg. 1978, 2183, Rn.  12. 211  EuGH 6.10.1976 ‒ Rs. C-14776 De Bloos/Bouyer, Slg. 1976, 1497 Rn.  20, 22. 212  EuGH 22.11.1978 ‒ Rs. C-33/78 Somafer SA/Saar – Ferngas AG, Slg. 1978, 2183, Rn.  13. 213 MüKoBGB/Junker, Art.  23 Rom  I I-VO, Rn.  13 f. Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 627.

38 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung den Ort des Produkterwerbs zur Anwendung.214 Eine Legaldefinition des Erwerbs­ ortes enthält Art.  5 Rom  II-VO nicht. Die Anknüpfung setzt das Marktortprinzip in der Kollisionsnorm um. Für die Anknüpfung an den Erwerbsort wird es primär auf den Eigentumserwerb infolge eines Warenkaufs ankommen. Derzeit besteht Uneinigkeit, ob der Begriff „Erwerbs­ ort“ auch Fälle einer Gebrauchsüberlassung erfasst. Die Literatur spricht sich für eine weite Auslegung des Begriffs aus, sodass neben dem Eigentumserwerb, gleichgültig ob infolge eines Kaufs oder infolge einer Schenkung,215 auch ein Besitzerwerb durch Leasing, Miete oder Pacht vom Anwendungsbereich umfasst ist.216 Fraglich ist, ob es für die Erwerbsortanknüpfung auf den Erwerb des Produktes gerade durch den Geschädigten ankommt oder ob es genügt, wenn jemand das Produkt in dem Staat erwarb, in dem es in den Verkehr gebracht wurde. Die Anknüpfung an den Erwerbsort ist unter rechtspolitischen Gesichtspunkten nur zu vertreten, wenn der Geschädigte selbst das Produkt erwarb.217 Eine solche Anknüpfung ist in diesen Fällen sachgerecht, weil der Geschädigte auch die im Marktortstaat gültigen Sicherheitsstandards einkauft. Denn die Hersteller berücksichtigen das Produkthaftungsrisiko in ihrer Preisgestaltung. Entscheidet sich der Konsument, das Produkt in einem bestimmten Staat zu kaufen, weil dort der Haftungsstandard höher ist als in seinem Heimatstaat, und zahlt er dafür einen höheren Preis, so soll ihm der umfangreichere Schutz seiner Rechte nicht genommen werden, wenn er später außerhalb des Marktortstaates durch das Produkt geschädigt wird.218 Beispiel:219 Ein koreanischer Autohersteller vermarktet seine Fahrzeuge in der EU, außer in Belgien. Ein Fahrzeug dieses Herstellers wird von einem Ersterwerber in Frankreich gekauft und später dort an den in Belgien ansässigen Zweiterwerber weiterveräußert. Dieser nimmt das Fahrzeug mit nach Belgien, wo er einen Unfall erleidet. Daraufhin erhebt er Klage gegenüber dem koreanischen Hersteller in Belgien, dem Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts. Mangels eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts scheidet eine Anknüpfung daran aus. Eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten scheitert daran, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht in Belgien in den Verkehr gebracht wurde, sodass es zur Anknüpfung an den Erwerbsort, Frankreich, kommt. Folglich käme französisches Recht zur Anwendung. 214 MüKoBGB/Junker,

Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  35. Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  35; Hartley, Int.Comp.L.Q. 57 (2008), 899, 604. 216 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  35; Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  9; Foerste/v. Westphalen/Wilde §  100, Rn.  14; Hartley, Int.Comp.L.Q. 57 (2008), 899, 904; Illmer, RabelsZ 73 (2009), 269, 291. 217 MüKo/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  37; Huber/Illmer, YbPIL 9 (2007) 31, 41. A.A. NKBGB/Lehmann, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  67. 218  Wandt, Internationale Produkthaftung Rn.  1059 f.; v. Hein, RIW 2000, 820, 827 f. 219 Nach Hartley, Int.Comp.L.Q. 57 (2008), 899, 906 Example 4. 215 MüKoBGB/Junker,

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

39

Natürliche Konsequenz der Reduktion des „Erwerbsortes“ auf den Ort, an dem der Geschädigte das fehlerhafte Produkt erwarb, ist das Ausscheiden der Erwerbs­ ortanknüpfung für sogenannte bystanders. Die deutsche Rechtssprache übernahm diesen Begriff aus dem angloamerikanischen Rechtssystem. Er bezeichnet geschädigte Dritte, deren einzige Verbindung mit dem fehlerhaften Produkt das Schadens­ ereignis selbst ist.220 Mithin wird die Stufe lit.  b der Anknüpfungsleiter für Produkthaftungsansprüche von bystanders schlicht übersprungen.221 Eine andere Frage ist, ob lit.  b nur auf den Ort des Ersterwerbs abstellt oder ob auch eine Anknüpfung an den Ort des Zweiterwerbs möglich ist, wenn der Zweiterwerber der Geschädigte ist und das fehlerhafte Produkt am Ort des Zweiterwerbs in den Verkehr gebracht wurde. Es ist folglich zu klären, ob die Anknüpfung des Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  b Rom  II-VO allein auf den Ersterwerbsort abstellt oder ob die Anknüpfung im Falle der Weiterveräußerung auf den jeweiligen Ort des Letzterwerbs abstellt. Diese Frage war früher in der Literatur umstritten. Vereinzelte Stimmen in der Literatur wollten in kollisionsrechtlichen Produkthaftungsfällen die Erwerbs­ ortanknüpfung nur auf den Ersterwerber beschränken.222 Die h. M. lässt zu Recht bei der Anwendung des Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  b eine Anknüpfung an den Erwerbsort des zweiten Abnehmers zu.223 Wie die Gerichte in Europa den Art.  5 Rom  II-VO auf grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle von Zweit- oder Dritterwerbern anknüpfen werden, bleibt abzuwarten. Dies hängt entscheidend von der Frage ab, ob in diesen Fällen die Marktortanknüpfung als angemessene Anknüpfung erachtet wird oder nicht.224

220 

Zur Anknüpfung und Anwendung des Art.  5 Rom  II-VO auf bystanders s. unter 4.a., 43 f. Zwar differenziert der Wortlaut des Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  b Rom  II-VO nicht zwischen Erwerbern und Dritten, jedoch erscheint eine solche Anknüpfung an den „Erwerbsort“ in bystander-Konstellationen schon nach dem Wortlaut als unangemessen, da ein Dritter das Produkt nicht von jemandem erworben hat. Die Anknüpfungsvarianten des Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a ‒c sind primär auf ein Haftungsverhältnis zwischen dem Erwerber des fehlerhaften Produktes gegenüber dem Haftenden zugeschnitten. Eine Anknüpfung an den Erwerbsort des Produktes durch den Erwerber wäre für den Dritten zufällig. Daher sollte in solchen Fällen eine Anknüpfung an das Recht jenes Staates gewählt werden, zu dem der Geschädigte eine enge Beziehung hat. Grundsätzlich ist in solchen Fällen eine Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten oder an den Erfolgsort denkbar. Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  68; MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  38; Huber/Bach, IPRax 2005, 73, 77; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 42; Leible/Engel, EuZW 2004 7, 11; Dickinson, Rom  II, Rn.  5.40. 222  Sonntag, ZVglRWiss. 105 (2006), 256, 282‒283. Zur alten Rechtslage Wandt, Rn.  1099. 223 Calliess/v. Hein, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  46; MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  38; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  7; NK-BGB/Lehmann, Art.  5, Rn.  66; Lenz/ Jan­ßen, Produkthaftung §  6 III, Rn.  118; Heiderhoff, GPR 2005, 92, 94; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 29; Huber/Illmer, YbPIL 9 (2007), 31, 41; Heiss/Loaker, JBl. 2007, 613, 627 Fn.  171. 224  Dazu auch Huber/Illmer, YbPIL 9 (2007), 31, 41. 221 

40 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung c)  Erfolgsortanknüpfung Die Erfolgsortanknüpfung in lit.  c greift auf die allgemeine deliktische Kollisionsnorm des Art.  4 Abs.  1 Rom  II-VO zurück. Die Anknüpfung nach lit.  c kommt zum Zuge, wenn die Voraussetzungen einer Anknüpfung nach lit.  a oder b nicht erfüllt sind. Erfolgsort ist der Ort der Rechtsgutsverletzung oder, einfacher, der Ort, an dem der Schaden eintritt. Abweichend von Art.  4 Abs.  1 Rom  II-VO stellt lit.  c die Anknüpfung an den Erfolgsort unter den Vorbehalt des Inverkehrbringens des fehlerhaften Produktes im Staat des Schadenseintritts. Der Erfolgsort ist belegen, wo der Erstschaden eingetreten ist.225 d)  Anknüpfung an den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Haftpflichtigen aa)  Bedeutung der Vorhersehbarkeitsklausel Gem. Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO kann der Haftpflichtige (die Person, deren Haftung geltend gemacht wird) den Anknüpfungen nach lit.  a bis c entgehen, wenn er nachweist, dass er das Inverkehrbringen des Produktes oder eines gleichartigen Produktes in den nach lit.  a bis c zu ermittelnden Staaten vernünftigerweise nicht vorhersehen konnte. Das Vorhersehbarkeitskriterium wird in der Lit. als „das entscheidende Korrektiv“ zugunsten der Hersteller der ansonsten eher geschädigtenfreundlichen Anknüpfungen der lit.  a bis c bezeichnet.226 Wie stark dieses Korrektiv wirkt, hängt davon ab, wie die Gerichte den Vorhersehbarkeitsvorbehalt auslegen werden. Die denkbare Bandbreite reicht von einer engen Auslegung i. S. d. positiven Kenntnis des Inverkehrbringens oder des Kennen-Müssens227 bis hin zu einer weiten Auslegung im Sinne einer Beweislastumkehr, wonach im Hinblick auf die nahezu unbeschränkten Vertriebswege in einer globalisierten Welt die Vorhersehbarkeit vermutet wird und der Hersteller die Nichtvorhersehbarkeit nachweisen muss.228 Im Gegensatz zur Grundanknüpfung nach Art.  5 Abs.  1 S.  1 Rom  II-VO, die voraussetzt, dass das schadensursächliche Produkt oder ein Produkt der gleichen Gattung durch den Hersteller selbst, einen Importeur, einen Großhändler oder einen Einzelhändler in dem jeweiligen Staat auch in den Verkehr gebracht wurde,229 erfasst Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO in unmittelbarer Anwendung die Fälle, in denen der Haftende das Inverkehrbringen nicht voraussehen konnte. Damit normiert Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO eine Ausnahme zur Grundanknüpfung.230 225 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  73; MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  39; Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  9. 226 NK-BGB/Lehmann, Art.  5, Rn.  97‒104, 98. Näher zur Bedeutung des Inverkehrbringens und dessen Vorhersehbarkeit im 3. Kapitel A.II.5.b. 180 f. Die Wertung „geschädigtenfreundlich“ stellt nicht darauf ab, dass das materiell günstigste Recht berufen wird. 227 Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  11. 228  Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 43; Leible/Engel, EuZW 2004, 7, 12. 229 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  41. 230 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  43.

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

41

bb)  Bestehen einer Regelungslücke Es besteht eine offensichtliche Regelungslücke in Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO.231 Denn die Vorschrift beruft das Recht am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Herstellers nur dann, wenn das Produkt in einem der nach lit.  a bis c zu ermittelnden Staaten tatsächlich in den Verkehr gebracht wurde. Die h. M. schließt diese Regelungslücke, indem sie in den Fällen, in denen es an einem Inverkehrbringen des fehlerhaften Produktes in diesen Staaten fehlt, den Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO im Wege eines Erst-recht-Schlusses analog anwendet.232 In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass in den Fällen, in denen es an der Vorhersehbarkeit des Inverkehrbringens in den nach Art.  5 Abs.  1 S.  1 Rom  IIVO relevanten Staaten fehlt, der Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift nach erst recht gelten müsste, wenn die Produkte in keinem der genannten Staaten in den Verkehr gebracht wurden.233 Begründet wird diese Auffassung mit der gleichen Interessenlage: In den Fällen mangelnden Inverkehrbringens und in Fällen einer mangelnden Vorhersehbarkeit des Inverkehrbringens sind die Interessen des Herstellers zu wahren, sodass es zur Anwendung des Rechts kommt, in dem der Haftende seinen Sitz hat.234 Der Erst-recht-Schluss trifft in jedem Fall für Erstkonsumentenfälle zu, in denen der Geschädigte zugleich der Erwerber ist. Fraglich erscheint, ob Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO auch in Fällen, in denen gebrauchte Produkte weiterveräußert werden, analog angewendet werden soll, und darüber hinaus, ob diese Anknüpfung auch in bystander-Konstellationen gilt. cc)  Zweitkonsumenten-Konstellationen Scheiterte die Anknüpfung an eine der Varianten des Art.  5 Abs.  1 lit.  a, b, c entweder mangels des Inverkehrbringens des Produktes bzw. von Produkten gleicher Gattung oder mangels der Vorhersehbarkeit des Inverkehrbringens, führt die analoge Anwendung des Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO zur Anwendung des Rechts am Herstellersitz. Diese Privilegierung des Haftenden erklärt sich damit, dass dieser eigene Maßnahmen ergriffen hat, um die Vermarktung seines Produktes räumlich zu beschränken. Solche Vorkehrungen, z. B. in Form von Vertragsklauseln mit seinen 231 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  46; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  93; Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  11; NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  92‒96; Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 43; G. Wagner, IPRax 2008, 1, 7. 232 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  48; Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  11; Lenz/Janßen, Produkthaftung §  6 III, Rn.  122; a. A. Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  10, Anknüpfung an den Erfolgsort nach Art.  4 Abs.  1 Rom  II-VO. 233 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  46; ders., RIW 2010, 257, 266; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  93; Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  11; NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  96; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 728; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 382. a. A. Spickhoff in FS Kropholler (2008), 671, 686, Hartley, Int.Comp.L.Q. 57 (2008), 899, 905, die auf die Grundregel des Art.  4 Rom  II-VO zurückgreifen wollen. Diese Lösung lässt sich jedoch kaum mit der Systematik des Art.  5 als lex specialis zu Art.  4 Rom  II-VO vereinbaren. 234  Näher dazu Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  91‒97.

42 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Händlern, müssen ausreichen. In der Literatur herrscht deshalb Einigkeit darüber, dass kein Hersteller im Zuge der Globalisierung mit der weltweiten Verwendung seiner Produkte rechnen muss.235 Insofern dient der Vorhersehbarkeitsvorbehalt der Anknüpfungsgerechtigkeit, denn in solchen Fällen soll der Haftende in den Vorteil der Anwendung des Rechts gelangen, zu dem er eine nahe Beziehung besitzt. Konsequenterweise muss sich diese Wertung auch in den Fällen fortsetzen, in denen das Produkt Jahre nach der Erstvermarktung durch irgendeine andere, nicht vom Hersteller autorisierte Person gebraucht auf einen Markt gelangt ist, der nicht zu dem Vertriebsgebiet des Herstellers zählt. Denn auch in diesen Fällen fehlt es an einer Beziehung des Herstellers zu dem Staat des Letzterwerbs, sodass es auch in solchen Fällen nach Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO analog zur Anwendung des Rechts kommt, welches am Herstellersitz gilt. dd)  Bystander-Konstellationen Fraglich erscheint nunmehr, ob die Privilegierung des Herstellers durch die Berufung seines Heimatrechts nach Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO auch in bystander-Fällen gerechtfertigt ist. In diesem Kontext werden drei Lösungsansätze vorgeschlagen. Eine Ansicht plädiert für eine Gleichbehandlung von Produkterwerber und unbeteiligten Dritten.236 Hier käme die Privilegierung des Herstellers auch in bystander-Konstellationen zum Tragen. Eine andere Auffassung möchte in bystander-Fällen grundsätzlich über die Ausweichklausel nach Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO eine Anknüpfung an den Erfolgsort annehmen.237 Eine dritte differenzierende Ansicht unterscheidet zwischen vollkommen unbeteiligten Dritten, sogenannte innocent bystanders, und Dritten, die in einem Näheverhältnis zum Produkterwerber stehen (z. B. Arbeitnehmer und Familienangehörige).238 Für Dritte mit Näheverhältnis zum Produkterwerber soll nach Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO, für vollkommen unbeteiligte Dritte über die Ausweichklausel Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO an den Erfolgsort angeknüpft werden. Nach der hier vertretenen Ansicht ist für bystander-Konstellationen, in denen die Anknüpfung nach Art.  5 Abs.  1 lit.  a oder c wegen fehlenden Inverkehrbringens ausscheidet, stets über die Ausweichklausel an den Erfolgsort anzuknüpfen, und eine Differenzierung nach dem Näheverhältnis ist abzulehnen.239

235 Rauscher/Unberath/Cziupka, 236 MüKoBGB/Junker,

Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  96. Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  52; NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  II-VO,

Rn.  40, 67, 92‒96, 108. 237 Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  9; Calliess/Schmid/Pinkel, Art.  5 Rome II, Rn.  48. 238 Palandt/Thorn, Art.  5 II-Rom  I I-VO, Rn.  9, 13. 239  Dazu ausführlich im folgenden Abschnitt, 43–47.

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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4.  Ausweichklausel der offensichtlich engeren Verbindung Nach Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO steht die nach Abs.  1 gefundene Anknüpfung unter dem Vorbehalt der offensichtlich engeren Verbindung. Demnach soll nach der Gesamtheit der Umstände das Recht berufen werden, welches zu der unerlaubten Handlung eine offensichtlich engere Verbindung hat. Dies kann sowohl das Recht des Erfolgsortes,240 des Handlungsortes241 als auch das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Dritten sein.242 Bei der Anwendung des Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO ist zu beachten, dass die Ausweichklausel auf Grund ihres Ausnahmecharakters restriktiv auszulegen ist.243 Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO ist gleichlautend mit der Ausweichklausel in Art.  4 Abs.  3, der allgemeinen deliktischen Kollisionsnorm. Hauptschauplatz der Ausweichklausel ist jedenfalls nach Art.  5 Abs.  2 S.  2 Rom  II-VO das Regelbeispiel einer engeren Verbindung mit einem anderen Staat auf Grund einer vor dem Scha­ dens­ereignis eingegangenen vertraglichen Beziehung zwischen Geschädigtem und Haftpflichtigem. In diesem Fall knüpft das Deliktsstatut an das die Sonderverbindung prägende Vertragsstatut an.244 a)  Anwendung der Ausweichklausel in bystander-Konstellationen Nach dem Willen der Verordnungsgeber soll der Art.  5 der Rom  II-VO die Opfer schützen.245 Dieser Leitgedanke gilt nicht nur im Rechtsverhältnis zwischen dem 240 Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  9; Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  13; Kropholler, IPR (2006), 540; Kadner Graziano, VersR 2004, 1205, 1208; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 28‒29; Leible/Lehmann, EuZW 2004, 7, 12; Rudolf, wbl 2009, 525, 532. 241 Nach Kropholler soll an das Recht des Handlungsortes angeknüpft werden, wenn der Erfolgsort für den Hersteller nicht vorhersehbar war. Kropholler, IPR, 540. Diese Anknüpfung könnte nach Spickhoff durch einen Rückgriff auf Art.  4 Abs.  3 Rom  II-VO erreicht werden. Dieser Rückgriff ist jedoch mit dem Zweck des Art.  5 Rom  II-VO als lex specialis nicht vereinbar. 242  Eine solche Anknüpfung ist abzulehnen. Heiss/Loacker, JBl. 2007, 613, 628; vgl. Wandt, Rn.  1097. Auch kommt es mangels Zuständigkeit der Gerichte nach dem IZVR am gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten nicht zu einer vereinfachten Rechtsverfolgung. Denn einen Gerichtsstand am gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten kennt das Zuständigkeitsrecht nicht. Das europäische Zivilprozessrecht begründet nach Art.  5 Nr.  3 EuGVO eine besondere Zuständigkeit der unerlaubten Handlung entweder am Handlungs- oder am Erfolgsort. EuGH 16.7.2009 – Rs. C-189/08 Zuid-Chemie BV./Philippo’s Mineralenfabriek NV/SA, Slg. 2009, I-6917, IPRax 2010, 358 m. Anm.; v. Hein, IPRax 2010, 330, 333 m. w. N. aus der Rspr. 243  KOM (2003), 427, 13. Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  103; NK-BGB/ Lehmann, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  105; Spickhoff in FS Kropholler (2008), 671, 688; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 727 f.; Rudolf, wbl 2009, 525, 532. 244  Ob auch Herstellergarantien eine solche Sonderverbindung begründen können, wird im Schrifttum diskutiert. Cziupka lehnt eine akzessorische Anknüpfung in solchen Fällen ab, Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  106. 245  Erwägungsgrund 20 der Rom  I I-VO, der den Schutz der Gesundheit und der Verbraucher ausdrücklich nennt. Daher sind die Anknüpfungen, insbesondere die des Art.  5 Abs.  1 S.  1, ihrem Sinn und Zweck nach verstärkt auf den Geschädigtenschutz ausgerichtet, werden jedoch durch das Vorhersehbarkeitskriterium wiederum etwas abgeschwächt, Junker, RIW 2010, 257, 265.

44 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Haftenden und dem Erwerber. Er hat auch gegenüber bystanders seine Berechtigung. Bedeutsam ist die Frage, ob die Ausweichklausel in bestimmten Konstellationen auf bystanders anzuwenden ist. Unproblematisch auf den bystander anwendbar sind die Anknüpfungen nach lit.  a und c, wenn das schadenstiftende Produkt am gewöhnlichen Aufenthaltsort des bystander oder am Erfolgsort in Verkehr gebracht wurde.246 Schwieriger wird es, wenn in keinem dieser Staaten ein Inverkehrbringen zu verzeichnen ist. In diesen Fällen will ein Teil des Schrifttums auf bystanders den Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO analog anwenden, mit der Folge, dass das Recht am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Haftpflichtigen gilt.247 Es wird keine Veranlassung gesehen, einen bystander anders zu behandeln als einen geschädigten Produkterwerber, für den die Anknüpfungen der lit.  a bis c wegen fehlenden Inverkehrbringens ins Leere laufen. Ein Teil der Lit. will auf sämtliche bystander-Konstellationen über die Ausweichklausel des Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO an den Erfolgsort anknüpfen.248 Schon vor Inkrafttreten des Art.  5 Rom  II-VO sprach sich die h. M. in bystander-Konstellationen für eine Anknüpfung an den Erfolgsort aus.249 Einige dieser Autoren halten auch unter der neuen Rechtslage in bystander-Konstellationen an der Anknüpfung am Erfolgsort fest.250 Sie bringen vor, die Anknüpfungsstufen in lit.  a bis c seien auf Produkterwerber und Produktbenutzer zugeschnitten, nicht jedoch auf bystanders. Daher verbiete sich in diesen Konstellationen eine analoge Anwendung des Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO.251 Stattdessen sei über die Ausweichklausel des Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO das Rechtsanwendungsrisiko zulasten des Herstellers auf den Erfolgsort zu verlegen. Die Sympathie mit dem Opfer überwiege die Interessen des Schädigers an der Vorhersehbarkeit seines Haftungsrisikos.252

246  Eine Anknüpfung gem. lit.  b am Erwerbsort scheidet für den bystander aus, 1. Kapitel B.IV b, 37–39. 247 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  52; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  70; NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  92‒96, 96. 248 Calliess/Schmid/Pinkel, Art.  5 Rome II, Rn.  17; Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  9; Spickhoff FS Kropholler (2008), 671, 689; Dickinson, 5.40; Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 35 f.; v. Hein, ZEuP 2009, 6, 29. Huber/Illmer, YbPIL 9 (2007), 31, 46; Illmer, RabelsZ 73 (2009), 267, 302; Rudolf, wbl 2009, 525, 532. 249 Staudinger/v. Hoffmann, Art.  40 EGBGB, Rn.  96; W. Lorenz in FS Wahl (1973), 185, 203; Sack in FS Eugen Ulmer (1973), 495, 560 f.; Stoll in FS Kegel (1977), 113, 129 f.; Duintjer Tebbens (1979), 381‒383; Kadner Graziano, Gemeineurop. IPR 274 m. w. N.; Kropholler, IPR, 539 f. (§ 53 V 3.); Spickhoff in FS Kropholler (2008), 671, 687‒689. 250  Kadner Graziano meint, dass eine Anknüpfung an den Erwerbsort für Dritte grundsätzlich nicht passe und schlägt daher vor, für Ersatzansprüche Dritter an den Erfolgsort anzuknüpfen. Kadner Graziano, RabelsZ 73 (2009), 1, 40‒44; ders., VersR 2004, 125, 1208; Spickhoff in FS Kropholler (2008), 671, 687‒689; Illmer, RabelsZ 73 (2009), 269, 302; Rudolf, wbl 2009, 525, 532. 251 Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  13; offen gelassen MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  52. 252 Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  13.

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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Die Anwendung der Ausweichklausel nach Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO in bystander-Konstellationen ist in der Literatur heftig umstritten, da die Ausweichklausel nur restriktiv angewendet werden soll.253 Eine vermittelnde Auffassung will daher die Anwendung der Ausweichklausel davon abhängig machen, ob erwerbernahe bystanders (nahe Familienangehörige und Arbeitnehmer des Erwerbers des fehlerhaften Produktes) oder sogenannte innocent bystanders, die keinerlei Beziehungen zum Erwerber haben, geschädigt wurden.254 Danach wären erwerbernahe bystanders im Rahmen des Art.  5 Rom  II-VO wie Produkterwerber zu behandeln. Dies würde die Relevanz des Meinungsstreits zu der Frage, ob auf bystanders Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO analog (Anknüpfung an den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Herstellers) oder die Ausweichklausel des Art.  5 Abs.  2 (Anknüpfung an den Erfolgsort) anwendbar ist, auf die Kategorie der innocent bystanders reduzieren. b) Stellungnahme Die Differenzierung zwischen völlig unbeteiligten Dritten und Produktnutzern, die in einem Näheverhältnis zum Produkterwerber stehen, führt zu einer unterschiedlichen Anknüpfung innerhalb der Gruppe der bystanders. Es ist fraglich, ob eine solche Ungleichbehandlung der Geschädigten gerechtfertigt werden kann. Der Vorteil der differenzierenden Ansicht ist, dass alle aus derselben unerlaubten Handlung herrührenden Ansprüche demselben Recht unterstellt würden. Eine kollisionsrechtliche Anknüpfung muss aber in erster Linie den spezifischen kollisionsrechtlichen Interessen in bystander-Konstellationen gerecht werden. Die Anknüpfung der Ersatzansprüche eines bystander an das Recht des Herstellersitzes ist mit den schutzwürdigen Interessen des Dritten nicht gut vereinbar. Kennt der Dritte den Erwerbsort beispielsweise nicht, wäre die Anknüpfung an das Recht des Herstellersitzes schon deshalb problematisch, weil eine solche Anknüpfung dem Dritten die Anwendung des Haftungsrechts des Erfolgsortstaates nähme, obwohl der Dritte im Vertrauen auf diese Rechtsordnung seine Rechtsgüter dieser unterstellte, als er am allgemeinen Verkehr in diesem Staat teilnahm.255 253 Bamberger/Roth/Spickhoff, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  9; Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  13; v. Hein, ZEuP, 6, 28‒29; Huber/Illmer, YbPIL 9 (2007), 31, 41; Leible/Lehmann, RIW 2007, 721, 728; dies., EuZW 2004, 7, 12; Rudolf, wbl 2009, 525, 532. 254 Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht handelt es sich bei Arbeitnehmern auf Grund ihres Näheverhältnisses zum Erwerber nicht um unbeteiligte Dritte im Sinne von innocent bystanders. Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  9, 13. Vertreter dieser Ansicht argumentieren, dass diese Personen zur Sphäre des Arbeitgebers gehören, weil sie das Produkt auch schon vor dem schadenbringenden Ereignis benutzten. Daher müssten die Dritten das Rechtsanwendungsrisiko tragen, denn die Ersatzansprüche dieser Dritten müssten derselben Rechtsordnung unterstellt werden wie die Ansprüche des Erwerbers. Für vollkommen unbeteiligte Dritte ohne Näheverhältnis soll über die Ausweichklausel an den Erfolgsort angeknüpft werden. Zur alten Rechtslage Staudinger/v. Hoffmann, Art.  40 EGBGB, Rn.  98. 255  Zur alten Rechtlage Wandt, Rn.  1086‒1100.

46 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Die Argumente treffen sicher für gänzlich unbeteiligte Dritte zu, die am allgemeinen Verkehr in dem Staat teilnehmen, in dem auch das schädigende Ereignis eintritt. Im Fall von geschädigten Arbeitnehmern oder Familienangehörigen, die in einem Näheverhältnis zum Erwerber stehen, ist diese Argumentation weniger überzeugend. Diese Geschädigten sind vor dem schädigenden Ereignis durch die Benutzung des Produktes mit diesem vertraut geworden. Möglicherweise haben sie Kenntnis von Gefahren, die von dem Produkt ausgehen. Arbeitnehmer begeben sich in dem Staat, in dem sie arbeiten, in die Risikosphäre des Arbeitgebers, die nach Gefährlichkeit der Tätigkeit erheblich sein kann. Insofern nehmen sie nicht nur am allgemeinen Verkehr in dem Staat teil, in dem sich der Unfall ereignet. Arbeitnehmer und Familienangehörige, aber auch Mieter und Personen, denen das Produkt zur unentgeltlichen Nutzung überlassen ist, kommen anders als unbeteiligte Dritte mit dem Produkt nicht erst im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses in Berührung. Im Gegenteil, sie sind mit den täglichen Gefahren der Produktbenutzung vertraut und haben eventuell bestehende Sicherheitsvorschriften zu beachten, sodass möglicherweise auch eine Schadenszurechnung auf Grund Mitverschuldens erfolgen kann. Ferner stehen Familienangehörige und auch Arbeitnehmer u. U. in einem Obhutsverhältnis zum Erwerber. Fasst man all diese Argumente zusammen, kann man eine gewisse Sympathie für die differenzierende Ansicht entwickeln, wonach Dritte, die in einem Näheverhältnis zum Produkterwerber stehen, sich das Rechtsanwendungsrisiko des Erwerbers zurechnen lassen müssen. Es spricht zwar einiges dafür, dass die Sonderverbindung zwischen dem erwerbernahen bystander und dem Produkterwerber ein hinreichender Grund dafür ist, innerhalb der Gruppe der bystanders eine Differenzierung vorzunehmen. Indes wäre die Anknüpfung der Ansprüche eines bystander an das Recht am Sitz des Herstellers unter dem Gesichtspunkt der Anknüpfungsgerechtigkeit unbillig.256 Einige Autoren sprechen sich deshalb zu Recht für die Anknüpfung an den Erfolgsort aus. Die Befürworter der Erfolgsortanknüpfung begründen diese Anknüpfung damit, dass sich im Staat des Erfolgsortes die Sphären des Herstellers und des Geschädigten zum ersten Mal berühren.257 Oder anders ausgedrückt, hier entsteht in Form eines außervertraglichen Schuldverhältnisses zum ersten Mal eine eigene Beziehung zwischen dem Haftenden und dem Dritten. Die Erfolgsortanknüpfung lässt sich auch mit den berechtigten Parteierwartungen begründen. Der Geschädigte vertraut auf den Haftungsschutz im Erfolgsortstaat in dem Moment, in dem er seine Rechtsgüter durch Teilnahme am allgemeinen Verkehr diesem Staat unterstellt.258 Dem Hersteller gegenüber ist eine solche Anknüpfung zumutbar, da hier der Opferschutz die Interessen des Herstellers an einer Vorhersehbarkeit seines Haftungsrisi256 

Heiss/Loacker, JBl 2007, 613, 627. Zur alten Rechtslage Staudinger/v. Hoffmann, Art.  40 EGBG Rn.  96; Duintjer Tebbens, 383; W. Lorenz in FS Wahl (1973), 185, 203; Stoll in FS Kegel (1977) 113, 129 f. 258  Wandt, Rn.  1086‒1100. 257 

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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kos überwiegt.259 Ferner ist der Hersteller weniger schutzbedürftig als ein unbeteiligter Dritter. Der Hersteller kann durch sein Verhalten das Haftungsrisiko beeinflussen und sich auf Haftungsrisiken einstellen.260 Der Geschädigte hingegen muss nicht grundsätzlich damit rechnen, durch ein Produkt verletzt zu werden, wenn er am allgemeinen Verkehr eines Staates teilnimmt.261 Mithin ist eine Differenzierung nach dem Näheverhältnis des Geschädigten zum Produkterwerber abzulehnen und über die Ausweichklausel des Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO in sämtlichen bystander-Konstellationen an das Recht am Erfolgsort anzuknüpfen. Wie die Gerichte in Zukunft in bystander-Konstellationen nach der Rom  II-VO anknüpfen werden und ob sie innerhalb der Gruppe der bystanders weiter unterscheiden werden, bleibt gespannt abzuwarten. V.  Art.  17 Rom  II-VO ‒ Sicherheits- und Verhaltensregeln am Ort des haftungsbegründenden Ereignisses Art.  17 Rom  II-VO kann in bestimmten Konstellationen auch im Rahmen der Sonderkollisionsregeln der Produkthaftung zur Berücksichtigung von Sicherheits- und Verhaltensregeln eines Staates führen, dessen Recht nach Art.  5 Rom  II-VO nicht zur Anwendung berufen ist. Gem. Art.  17 Rom  II-VO sind bei der Beurteilung des Verhaltens des Haftpflichtigen faktisch und soweit angemessen die Sicherheits- und Verhaltensregeln zu berücksichtigen, die an dem Ort und zu dem Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses in Kraft sind. Im Rahmen der Produkthaftung ist der Handlungsort der unerlaubten Handlung identisch mit dem Ort des Inverkehrbringens.262 Eine Anknüpfung an das Recht der nach Art.  5 Abs. lit a bis c zu bestimmenden Staaten kommt ohnehin nur in Betracht, wenn das Produkt dort auch in Verkehr gebracht wurde. Mithin führt Art.  17 Rom  II-VO in diesen Fällen nicht zu einer Modifikation des Deliktsstatuts, weil Art.  17 betreffend die anzuwendenden Sicherheits- und Verhaltensregeln auf den Ort des Inverkehrbringens abstellt. Relevant wird Art.  17 Rom  II-VO in den Konstellationen, in denen das auf den Produkthaftungsfall anzuwendende Statut verschieden ist von dem Ort des Inverkehrbringens. Das sind die Fälle, in denen das Deliktsstatut (i) gem. Art.  5 Abs.  1 S.  1 i. V. m. Art.  4 Abs.  2 Rom  II-VO (ii) in unmittelbarer oder analoger Anwendung des Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO oder (iii) gem. der Ausweichklausel des Art.  5 Abs.  2

259  So auch Palandt/Thorn, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  13, der jedoch Arbeitnehmer nicht als by­ standers qualifiziert. 260  Beispielsweise durch die räumliche Beschränkung des Vertriebs, den Abschluss von Versicherungen und die Bildung von Rückstellungen. 261  Ein mögliches Mitverschulden von seiner Seite richtet sich konsequenterweise auch nach dem am Erfolgsort gültigen Recht. 262 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  31 unter Hinweis auf Art.  9 des freilich von Deutschland nicht ratifizierten HPÜ, der eine solche Bestimmung enthält.

48 1. Kapitel:  Eine neue europäische Kollisionsnorm für die internationale Produkthaftung Rom  II-VO von dem Handlungsort der unerlaubten Handlung, d. h. dem Ort des Inverkehrbringens, abweicht. VI.  Das Verhältnis der Rom  II-VO zu völkerrechtlichen Übereinkommen, insbesondere zum HPÜ In bestimmten Fällen gehen die Regelungen des HPÜ den Kollisionsvorschriften der Rom  II-VO auch heute noch vor Art.  28 Rom  II-VO räumt den kollisionsrechtlichen Staatsverträgen einen Vorrang ein. Die Bundesrepublik Deutschland ist kein Vertragsstaat des HPÜ. Daher hat dieser Geltungsvorrang für deutsche Gerichte zwar keine unmittelbare Bedeutung. Auch kann das Übereinkommen nicht im Wege einer Rück- oder Weiterverweisung zur Anwendung gelangen.263 Allerdings hat der Geltungsvorrang des HPÜ für deutsche Gerichte eine mittelbare Bedeutung, weil das Übereinkommen in einigen Mitgliedstaaten wie z. B. in Finnland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und in Spanien gilt. Daher müssen deutsche Gerichte in Fällen mit Auslandsberührung des Sachverhalts zu einem dieser Staaten die Kollisionsregeln des Übereinkommens anwenden.264 VII.  Anwendungsbeispiele Fallbeispiel 1:265 In typischen Produkthaftungsfällen lässt sich mit Hilfe der Anknüpfung des Art.  5 Abs.  1 lit a bis c i. V. m. Art.  23 Rom  II-VO das anwendbare Recht leicht bestimmen. Wenn ein Produkt eines Unternehmens mit Sitz in Deutschland einen Verbraucher, der in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, im Inland schädigt, ist gem. Art.  5 Abs.  1 i. V. m. Art.  4 Abs.  2 Rom  II-VO deutsches Recht anwendbar. Variante 1: Handelt es sich jedoch bei dem beklagten Unternehmen um eine spanische Tochtergesellschaft eines international tätigen deutschen Automobilunternehmens, das seine Kraftfahrzeuge auch in Deutschland verkauft, ist im Schadensfall der Sitz der spanischen Tochtergesellschaft gem. Art.  23 Abs.  2 Rom  II-VO relevant.266 Es käme nach Art.  5 Abs.  1 lit.  a deutsches Recht zur Anwendung, wenn gleichartige Produkte auch auf dem deutschen Markt vermarktet wurden. Ansonsten käme nach Art.  5 Abs.  1 lit.  b Rom  II-VO spanisches Recht zur Anwendung. Variante 2: Hätte der spanische Hersteller wiederum Produktkomponenten, die für den Unfall ursächlich waren, aus Deutschland bezogen, würde neben dem spanischen Hersteller auch der deutsche Lieferant haften, und zwar gem. Art.  5 Abs.  1 i. V. m. Art.  4 263 MüKoBGB/Junker,

Art.  28 Rom  II-VO, Rn.  21. Art.  28 Rom  II-VO, Rn.  21. 265  Nach Foerste/v. Westphalen/Wilde, §  100, Rn.  7 mit Abwandlung der Verfasserin. 266  Näher dazu Foerste/v. Westphalen/Wilde, §  100, Rn.  7. 264 MüKoBGB/Junker,

B.  Die Kollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO für die internationale Produkthaftung

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Abs.  2 Rom  II-VO nach deutschem Recht. Für den spanischen Hersteller schiede eine Anknüpfung an den Ort des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts aus. Unterstellt man, dass der spanische Hersteller die von ihm hergestellten Fahrzeuge auch in Deutschland auf den Markt brachte, wäre auch für Ansprüche gegen ihn gem. Art.  5 Abs.  1 lit.  a deutsches Recht anwendbar. Fallabwandlung: Der spanische Hersteller bringt die Kraftfahrzeuge mit den in Deutschland gefertigten Produktkomponenten auf den US-amerikanischen Markt in den Bundesstaaten New York und Louisiana. Unterstellt sei ferner, dass Fahrzeuge dieses Typs nicht auf dem deutschen Markt angeboten werden. Ein Autovermietungsunternehmen mit Sitz im Bundesstaat New York kauft in New York die Fahrzeuge des spanischen Herstellers, um sie an Kunden zu vermieten. Ein deutscher Urlauber mietet während einer Urlaubsreise im Bundesstaat New York das Fahrzeug und erleidet einen Unfall in Louisiana, der durch die Fehlkonstruktion der in Deutschland gefertigten Produktkomponenten des Fahrzeugs verursacht wird. Macht der geschädigte Urlauber wegen der für ihn leichteren Rechtsverfolgung gem. Art.  2 i. V. m. Art.  60 EuGVO oder Art.  5 Nr.  3 EuGVO seine Klage gegen beide Beklagte vor einem deutschen Gericht anhängig, so richten sich die Ansprüche des Urlaubers gegen den deutschen Hersteller der fehlerhaften Produktkomponente nach Art.  5 Abs.  1 i. V. m. Art.  4 Abs.  2 Rom  II-VO nach deutschem Recht. Mangels eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts scheidet diese Anknüpfung gegenüber dem spanischen Hersteller jedoch aus. Es käme gem. Art.  5 Abs.  1 lit.  c zur Anknüpfung an den Erfolgsort, sodass das Recht des Bundesstaates Louisiana zur Anwendung käme, in dem sich der Unfall ereignete. Folglich kommt es in solchen Fällen zu einer Rechtsspaltung.

2. Kapitel

Kollisionsrechtliche Lösungsansätze für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle in den USA A. Einleitung Das US-amerikanische conflict of laws umfasst neben den Regeln zur Bestimmung des anwendbaren Rechts (choice of law) auch Aspekte des Zuständigkeitsrechts (jurisdiction) sowie der Urteilsanerkennung (recognition of judgements).1 Wie im übrigen Privatrecht stehen auch im Kollisionsrecht die Rechtsordnungen der Einzelstaaten gleichberechtigt nebeneinander. Zwar gibt es vereinzelt in speziellen einzelstaatlichen Gesetzen und in dem Modellgesetzbuch für das Vertragsrecht, dem Uniform Commercial Code (UCC), in Section 1-3012 kollisionsrechtliche Regelungen. Mangels eines übergeordneten Bundesrechts handelt es sich beim conflict of laws jedoch maßgeblich um state law.3 Dabei wurden im Laufe der Entstehungsgeschichte dieser Rechtsmaterie in den Vereinigten Staaten von Amerika verschiedenste Ansätze entwickelt, die dem Rechtsanwender bei der Auffindung des anwendbaren Rechts zur Lösung seines kollisionsrechtlichen Falles (conflict) weiterhelfen sollen. Auffällig ist dabei, dass das conflict of laws stark durch Impulse von Akademikern aus der Rechtswissenschaft geprägt wurde.4 Die verschiedensten Theorien stehen wie in einem kaum zu durchdringenden Dickicht neben­ein­ ander. Auch heute noch ist der oft zitierte Vergleich des Richters Hall nachvollziehbar, wonach das conflict of laws ein „veritable jungle“ sei, „which, if the law can be found out, leads not to a rule of action but a reign of chaos dominated in each case by the judge’s informed guess“.5 In manchen Staaten wird nur ein einzelner Ansatz angewendet, in anderen werden Ansätze kombiniert.6 Eine eindeutige Zuordnung der Rechtsprechung der Einzelstaaten in ein methodologisches Lager zu den conflict of laws-Theorien ist meistens 1  Reimann, Einführung in das US-amerikanische PrivatR, §§  71‒75, 349‒366. Im Folgenden soll der weite Begriff des conflict of laws verwendet werden, damit die Fragen des Zuständigkeitsrechts in die Darstellung miteinbezogen werden können, wenn dies angebracht ist. 2  U.C.C. (amended version of 2008) §  1‒301. 3  Hay, US-amerikanisches Recht, 93 Rn. 234; Nafziger, The Louisiana and Oregon Codification of Choice of Law Rules in Context, 58 Am.J.Comp.L.Supp.  165‒193 (2010); ders., Oregon’s Project to Codify Choice of Law Rules, 60 La.L.Rev. 1189 (2000); Reimann, §  71.4, 350. 4  Symeonides, Private International Law (2008), 92; Reimann, §  73, 360. 5  In re Paris Air Crash of March 3, 1974, 399 F.Supp.  732, 739 (C.D.Cal. 1975). 6  Hay/Borchers/Symeonides, §  17.1, 793; Symeonides, 2015 U. Ill. L. Rev. 1847–1921 (2015).

A. Einleitung

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schwierig, da die Richter häufig verschiedene Argumente zur Untermauerung ihrer Entscheidung benutzen, ohne sich zu einem favorisierten Ansatz zu bekennen. In einzelnen Entscheidungen nehmen die Richter auf Argumente verschiedener Theorien Bezug, sodass sich im Ergebnis nicht mehr sagen lässt, welchem Ansatz die Richter letztendlich folgen.7 Darüber hinaus verbietet sich eine strikte Einordnung einzelner Bundesstaaten in methodologische Lager, da manche Gerichte für die unterschiedlichen Rechtsmaterien wie z. B. tort law und contract law unterschiedliche Ansätze verwenden.8 Gleichwohl muss im Folgenden eine Einteilung vorgenommen werden, damit die unterschiedlichen Lösungsansätze der untersuchten Bundesstaaten New York und Louisiana einem Vergleich mit der jeweils geltenden Rechtslage für internationale Produkthaftungsfälle in Europa zugänglich sind. Für diese Kategorisierung wird auf eine bereits erfolgte Einteilung von Symeonides zurückgegriffen,9 der schon seit Jahrzehnten zusammen mit anderen Autoren die Entwicklung im Bereich des conflict of laws verfolgt, wissenschaftlich aufbereitet und jährlich über die neuesten Entwicklungen und aktuelle Fälle im US-amerikanischen Kollisionsrecht berichtet.10 Aber auch diese Einteilung ist unter dem Vorbehalt zu sehen, dass die Gerichte gern unterschiedliche Ansätze kombinieren.11 Das conflict of laws ist in den USA noch eine recht junge Rechtsmaterie. So wurde ein conflict of laws-Kurs erstmals 1893 an der Harvard Law School von Professor Joseph Beale unterrichtet.12 Seit den frühen Anfängen entwickelten Rechtsgelehrte verschiedene Theorien zur Lösung von Kollisionsfällen. In diesem Rechtsbereich fand eine enorme Entwicklung statt.13 Bis heute haben zwei Bundesstaaten, Louisiana und Oregon, ihr Kollisionsrecht kodifiziert.14

7 

Hay/Borchers/Symeonides, §  17.11, 809 Fn.  22 m. w. N. aus der Rspr. Hay/Borchers/Symeonides, §  2.19, 88. 9  Hay/Borchers/Symeonides, §  2.20, 93‒95; Symeonides, 59. Am.J.Comp.L. 303, 330 (2011); ders., 58 Am.J.Comp.L. 227, 231 (2010). 10  Annual Surveys: Kozyris, 36 Am.J.Comp.L. 547 (1988); Symeonides, 37 Am.J.Comp.L. 457 (1989); Kozyris/Symeonides, 38 Am.J.Comp.L. 601 (1990); Kramer, 39 Am.J.Comp.L. 465 (1991); Solimine, 40 Am.J.Comp.L. 951 (1992); Borchers, 42 Am.J.Comp.L. 125 (1994); Symeonides, 42 Am.J.Comp.L. 599 (1994); ders., 43 Am.J.Comp.L. 1 (1995); ders., 44 Am.J.Comp.L. 181 (1996); ders., 45 Am.J.Comp.L. 447 (1997); ders., 46 Am.J.Comp.L. 233 (1998); ders., 47 Am.J.Comp.L. 327 (1999); ders., 48 Am.J.Comp.L. 123 (2000); 49 Am.J.Comp.L. 1 (2001), ders., 50 Am.J.Comp.L. 1 (2002); ders., 51 Am.J.Comp.L. 1 (2003); ders., 52 Am.J.Comp.L. 9 (2004); ders., 52 Am.J. Comp.L. 919 (2004); ders., 53 Am.J.Comp.L. 559 (2005); ders., 54 Am.J.Comp.L. 697; ders., 56 Am.J.Comp.L. 243 (2008); ders., 57 Am.J.Comp.L. 269 (2009); ders., 58 Am.J.Comp.L. 227 (2010); ders., 59 Am.J.Comp.L. 303 (2011), ders., 60 Am.J.Comp.L. 291 (2012); ders., 61 Am.J.Comp.L. 217 (2013); ders., 62 Am.J.Comp.L. 223 (2014); ders., 63 Am.J.Comp.L. 299 (2015); ders., 64 Am.J. Comp.L. 221 (2016). 11  Hay/Borchers/Symeonides, §  2 , 19, 88; § 17.1, 793. 12  Hay/Borchers/Symeonides, §  2.7, 21 Fn.  17. 13  Einen guten Überblick geben Kropholler/v. Hein in ihrem Aufsatz From: Approach to Rule-­ Orientation in American Tort Conflicts? in Nafzinger/Symeonides (Hrsg.), 317‒340. 14  O.R.S. §§  81.100‒135 (2009); O.R.S. §§  31.850‒890 (2009). 8 

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

Die Rechtsanwendung der unterschiedlichen Theorien durch die Gerichte in den USA und die Impulse der Rechtsgelehrten im Bereich des conflict of laws wird auf beiden Seiten des Atlantiks sehr aufmerksam verfolgt und bietet bis heute Anlass für einen fortwährenden wissenschaftlichen Diskurs.15 Zudem werden auf Grund der neueren Rechtsentwicklungen die Gerichte bei der Anwendung der Theorien immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt. Viele Theorien stammen aus der Zeit der conflicts revolution und bieten für heutige komplexe Fallkonstellationen, z. B. mass torts, häufig keine angemessenen Lösungen. Manche Autoren sind mittlerweile mit den vorhandenen Lösungsmöglichkeiten so unzufrieden, dass sie für eine grundlegende Überarbeitung der Rechtsmaterie des conflict of laws plädieren,16 insbesondere bei mega torts, product liability cases und international conflicts.17 Im folgenden Kapitel soll die heutige Rechtslage zur Lösung von internationalen Produkthaftungsfällen im Kontext des conflict of laws for tort cases in den Bundesstaaten New York und Louisiana dargestellt werden. Dabei wird die Rechtslage anhand von Fällen veranschaulicht. Zum besseren Verständnis der unterschiedlichen Ansätze soll dem Leser zunächst ein kursorischer Rückblick auf die Ursprünge des US-amerikanischen conflict of laws gegeben werden (B.).18 Im Anschluss werden die kollisionsrechtlichen Ansätze in den Bundesstaaten New York und Louisiana vorgestellt (C.), sodann erfolgt eine Zuspitzung der Lösungsansätze in Bezug auf kollisionsrechtliche Produkthaftungsfälle. Im Rahmen dieser Arbeit werden die Regelungen der zwei Bundesstaaten New York und Louisiana besonders intensiv betrachtet. New York bietet sich an, weil von dort die conflicts revolution ausging und der New Yorker Court of Appeals seitdem immer wieder mit seinen revolutionären Entscheidungen Impulse für die Entwicklung des conflict of

15  Kropholler/v. Hein, in Nafziger/Symeonides (2002), 317‒340; v. Hein, Something Old and Something Borrowed, but Nothing New? Rom  II and the European Choice of Law Evolution, 82 Tul.L.R. 1663 (2008); Mennenöh, Das Deliktskollisionsrecht in der Rechtsprechung der Vereinigten Staaten von Amerika (1990); Symeonides, A new Conflicts Restatement: Why not?, 5 J.Priv.Int. Law 383‒424 (2009); ders. Rom  II and Tort Conflicts: A Missed Opportunity, 56 Am.J.Comp.L. 173 (2008); Kozyris, Rom  II: Tort Conflicts on the Right Track! 56 Am.J.Comp.L. 471 (2008), Wien­berg, Die Produkthaftung im deutschen und US-amerikanischen Kollisionsrecht (1991). 16  So berichten Hay/Borchers/Symeonides, §  2 , 14 Fn.  61, von einem fortwährenden wissenschaftlichen Diskurs zur Reformierung des Second Conflict Restatement, über die in Symposien immer wieder beraten wurde. Berichte hierzu insbesondere bei: Borchers, 56 Md.L.Rev. 1232‒1247, 1232 (1997); Reimann, 75 Ind.L.J. 575, 576 (2000); Sedler, 75 Ind.L.J. 615 (2000), ders., 37 Willamette L.Rev. 1‒298, 233 (2001); Symeonides, 56 Md.L.Rev. 1248 (1997), ders., 75 Ind.L.J. 437 (2000), ders., The American Choice of Law Revolution: Past Present and Future, 268‒269; ders., 5 J.Priv.Int’l L. 383 (2009). 17  Beiträge über globale Trends im Bereich der Produkthaftung finden sich bei: Reimann, 51 Am.J.Comp.L. 751 (2003); Symeonides, 2015 U.Ill.L.Rev. 1847–1921 (2015); ders., Codifying Choice of Law around the World, 93; ders., 61 Hastings L.J. 337 (2009); ders., 12 Willamette J.Int’l L. & Disp.Resol. 263 (2004); ders., 78 Tul.L.Rev. 1247–1348 (2004). 18  Einen Rückblick zu den Ursprüngen des US-amerikanischen conflict of laws findet sich bei Symeonides, 32 S.Ill.U.L.J. 39, 43 (2007) sowie bei Reimann, §  72, 351.

B.  Ursprung des conflict of laws

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laws gegeben hat. Und Louisiana gilt neben Oregon auf diesem Gebiet als Vorreiter für kodifizierte Lösungen.

B.  Ursprung des conflict of laws I.  Die territorialen Ansätze 1.  Joseph Story Am Anfang des letzten Jahrhunderts herrschte unter den Rechtsgelehrten, die sich mit Problemen des Kollisionsrechts beschäftigten, ein territoriales Denken vor.19 Diese Denkweise ging in den Vereinigten Staaten insbesondere auf Joseph Story zurück, der heutzutage als der Vater des US-amerikanischen Kollisionsrechts gilt und erstmals 1834 seine commentaries dazu veröffentlichte.20 Nach Story konnte der Forumstaat fremdes Recht im Wege einer freundlichen Anerkennung, comity, anwenden.21 2.  Joseph Beales vested rights theory Auf Storys gedanklichem Fundament aufbauend führte Joseph Henry Beale zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Theorie der vested rights22 ein. Beale hatte sich zuvor auf dem Gebiet des conflict of laws einen Namen gemacht: 1893 führte er das conflict of laws erstmalig in das Curriculum an der Harvard Law School ein und unterrichtete dieses Fach als erster Rechtsgelehrter an einer Law School. Mangels vorhandener Unterrichtsbücher sammelte er hierfür Kollisionsfälle und veröffentlichte Lehrbücher und Werke zu diesem Rechtsgebiet.23 Anders als Story lehnte Beale die Anerkennung fremden Rechts im Wege der comity ab und vertrat die Auffassung, dass ein Staat die Rechte, die seine Bürger anderswo erworben hatten, anerkannte. Die Beurteilung, ob ein solches Recht überhaupt entstanden war, richtete sich nach dem Privatrecht des Staates, in dem das für den Rechtserwerb maßgebliche Ereignis stattgefunden hatte.24 Es kam somit darauf an, wo das in Frage stehende Recht entstanden war.25 Bei der Suche nach dem anwendbaren Recht musste zunächst ein relevantes Anknüpfungsereignis definiert werden,26 um im Anschluss festzustellen, wo dieses Ereignis stattgefunden hatte. Für deliktsrechtliche Ansprüche war nach 19 

Story, 1st ed. (1834), §§  17‒38, 19, 37; Beale, Vol. 1, §  4.12 S.  45 f., §  5.2 S.  52. Story, 1st ed. (1834), §§  17‒38. 21  Story, 3rd ed. (1846), §  38, 47 f. 22  Beale, A Treatise (1935), 1969, geht zurück auf A. Dicey, A Digest of the Law of England with Reference to the Conflict of Laws (1896), 22. 23  Beale, Collection of Cases on the Conflict of Laws, 3 vols. (1900‒1902); ders., A Treatise on the Conflict of Laws, 3 vols. (1935). 24  Beale, Vol. 1, §  5.4 S.  53., Vol. 3, §  73 S.  1967‒1969, 1969. 25  Slater v. Mexican National Railroad Co., 194 U.S.  120, 126, 24 S.CT. 581, 583 (1904). 26  Beale, Vol. 1, §  7.2 S.  55. 20 

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

der lex loci delicti-Regel der Verletzungsort maßgeblich, da es ohne den Schadens­ eintritt nicht zum Entstehen eines Ersatzanspruches kommen konnte. Die lex loci delicti-Regel wurde 1934 unter Beales Federführung in das erste Restatement of Conflicts des American Law Institute aufgenommen. Sie findet sich dort für Deliktsfälle in §  384 wieder.27 Nach §  378 soll das Recht am place of wrong angewendet werden. Dieser wird nach der Definition in §  377 als der Ort angesehen, wo das schädigende Ereignis stattfand und bezieht sich auf jenen Ort, an dem sich der letzte Akt ereignete, der für die Begründung eines deliktsrechtlichen Anspruches notwendig ist. Dies ist regelmäßig der Ort, an dem die Rechtsgutsverletzung erlitten wurde, der place of injury.28 Die Lösungen der Fälle nach diesem traditionellen Ansatz waren zwar vorhersehbarer und trugen damit zur Rechtssicherheit bei, jedoch bot die lex loci delicti-Regel keinen Raum für Ausnahmen von diesem Grundsatz. Schnell wurde Kritik an den als zu starr empfundenen Regelungen laut.29 Gerade in Deliktsfällen, in denen der Verletzungsort häufig vom Zufall abhing, wurden die Ergebnisse als unangemessen angesehen. Um gerechte Ergebnisse zu erzielen, versuchten die Gerichte zunehmend, die Anwendung der traditionellen lex loci delicti-Regel zu umgehen, indem sie z. B. die entscheidenden Fallfragen als vertraglich statt als deliktisch qualifizierten30 oder als prozessual statt als materiell-rechtlich einstuften.31 In anderen Fällen halfen public policy-Erwägungen oder die Anwendung des renvoi bei der Umgehung der traditionellen Theorie weiter. Schließlich wurde die lex loci delicti-Regel infolge immer heftiger werdender Kritik aufgegeben.32 II.  Die conflicts revolution Diese Phase in den 1960er Jahren, in denen sich immer mehr Autoren gegen die Anwendung der starren Regelungen des Restatement First aussprachen und versuchten, ihre eigenen Lösungsansätze zu verbreiten, wird heute allgemein als conflicts revolution bezeichnet. Am Beginn der conflicts revolution stand seitens der Rechtsprechung die berühmt gewordene New Yorker Entscheidung Babcock v. Jack­son aus dem Jahre 1963,33 in der der New Yorker Court of Appeals zum ersten Mal die Anwendung der lex loci delicti-Regel in einem deliktsrechtlichen Kollisionsfall ablehnte. Das Gericht ermittelte in diesem Fall das anzuwendende Recht anhand von grouping of contacts und nach der center of gravity-Theorie. In den 27 

Restatements of the Law: Conflict of Laws (1934). Alabama Great Southern Railroad Co. v. Caroll, 97 Ala. 126, 11 So. 803 (1892). 29  Cook, 33 Y.L.J. 457 (1924); Lorenzen, Territoriality, Public Policy and the Conflict of Laws, 33 Y.L.J. 736 (1923‒1924); Cavers, 47 Harv.L.Rev. 173 (1933). 30  Levy v. Daniels’ U-Drive Auto Renting Co., 108 Conn. 333, 143 A. 163 (1928). 31  Grant v. McAuliffe, 41 Cal. 2d 859, 264 P. 2d 944 (Cal. 1953); Killberg v. Northeast Airlines, Inc., 9 N.Y. 2d 34, 211, N.Y.S.  2d 133, 172 N.E. 2d 526 (1961). 32  Ehrenzweig, 69 Y.L.J. 595, 595 (1960); Currie, 10 Stan.L.Rev. 205 (1958) m. w. N. aus der Rspr. und Lit. 33  Babcock v. Jackson, 12 N.Y. 2d 473, 240 N.Y.S.  2d 743, 191 N.E. 2nd 279 (N.Y. 1963). 28 

B.  Ursprung des conflict of laws

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folgenden zehn Jahren gaben immer mehr Gerichte in den übrigen Bundesstaaten die traditionelle Regel auf. 1.  Brainerd Curries interest analysis An die Stelle der bislang dominierenden lex loci delicti rule rückte die interest analysis. Dieser Ansatz geht auf Brainerd Currie (1912‒1965) zurück.34 Currie forderte in seinen Aufsätzen zum conflict of laws, die starren Kollisionsregeln aufzugeben und stattdessen bei der Ermittlung des auf einen Kollisionsfall anwendbaren Rechts danach zu fragen, welche beteiligten Staaten ein stärkeres Interesse an der Anwendung ihres Rechts haben. Dabei führte Currie zwei wesentliche Neuerungen ein: Zum einen versuchte er, das anwendbare Recht durch eine Analyse der betroffenen einzelstaatlichen Interessen zu bestimmen, zum anderen unterschied er die typischerweise auftretenden Fallmuster.35 Neu an diesem Ansatz war, dass Currie bei der Analyse von privatrechtlichen Kollisionsfällen auch auf öffentliche Interessen und auf rechtspolitische Ziele der betroffenen Staaten abstellte. Er setzte voraus, dass die Staaten, zu denen ein Sachverhalt Berührungen aufweise, ein Interesse an dem Ausgang eines privatrechtlichen Kollisionsfalles hätten. Er begründete dies dahingehend, dass ein Staat immer dann ein Interesse an der Anwendung seines einzelstaatlichen Rechts habe, wenn der Fall in den räumlichen Geltungsbereich seines Rechts falle, weil nur durch die Anwendung seines Rechts die effektive Durchsetzung seiner rechtspolitischen Zielsetzungen gewährleistet sei.36 Ferner ging Currie davon aus, dass der betroffene Staat seine Bürger beschützen wolle,37 sodass es nur zur Anwendung des eigenen Rechts kommen solle, wenn dies für seinen Bürger günstig sei. Nach Curries Ansatz muss ein Gericht bei der Entscheidung von Kollisionsfällen zunächst die rechtspolitischen Wertungen der betroffenen Rechtsordnungen im jeweiligen Fall herausarbeiten, um im Anschluss im Rahmen einer umfassenden Analyse der Interessen der betroffenen Staaten das anwendbare Recht für den konkreten Fall bestimmen zu können.38 a) Fallkonstellationen Currie unterschied die Kollisionsfälle nach: false conflict pattern, true conflict pattern und no interest pattern. Diese Unterscheidung der Fallkonstellationen ist bis

34 

Currie, Selected Essays on the Conflict of Laws (Durham 1963), 177‒187, 182 f. Currie, 177‒187, 182, 188‒282, 278 f., 361‒376, 357. 36  Currie, 188‒282, 189. 37  Currie, 629‒690, 688, 690‒743, 705, 724; Kilberg v. Northeast Airlines, Inc., 9 N.Y. 2d 34, 172 N.E. 2d 526, 211 N.Y. S.  2d 133 (1961), Hay/Borchers/Symeonides, §  2. 9, 27–41, 30. 38  Currie, 188‒282, 189; Hay, US-amerikanisches Recht, 95 Rn.  240; Mennenöh, Das Deliktskollisionsrecht in der Rechtsprechung der Vereinigten Staaten von Amerika, 57. 35 

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

heute in der Terminologie des US-amerikanischen conflict of laws gebräuchlich, auch wenn sie teilweise als problematisch erachtet wird.39 aa)  False conflicts Ein false conflict liegt vor, wenn die Rechtsordnungen der potentiell betroffenen Staaten hinsichtlich der zu entscheidenden Rechtsfrage identische Lösungen vorsehen, also kein kollisionsrechtliches Problem entsteht. Ein false conflict liegt auch vor, wenn nur ein beteiligter Staat ein Interesse an der Anwendung seines Rechts hat. bb)  True conflicts Echte Konflikte, true conflicts, sind gegeben, wenn mehrere betroffene Staaten legitime, einander widersprechende Interessen an der Anwendung ihres eigenen Rechts haben, sodass sich die Rechtsordnungen nicht im Einklang miteinander befinden.40 cc)  No interest pattern Von no interest conflicts spricht man, wenn keiner der betroffenen Staaten ein Interesse an der Anwendung seines Rechts hat.41 b)  Anwendung und Kritik Currie kam zu folgenden Lösungsvorschlägen: Für false conflicts sollte das Recht des Staates angewendet werden, der ein Interesse an der Anwendung seines Rechts habe. Dies führte häufig zur Anwendung des Forumrechts. Für no interest conflicts sah Currie ebenfalls die Anwendung des Forumrechts vor. Auch für true conflicts plädierte Currie für die Anwendung des Forumrechts, um die Interessenkollisionen aufzulösen. Er begründete dies damit, dass sich die Unterordnung der staatlichen Interessen des Forumstaates unter die Interessen eines anderen Staates verbiete. Darüber hinaus war er gegen eine Abwägung der staatlichen Interessen durch die Gerichte.42 Er begründete seine Abneigung gegenüber jeglicher Abwägung damit, dass Richtern für eine solche Abwägung nicht die Ressourcen zur Verfügung stünden und dass es in einem demokratischen Staatsaufbau nicht ihre Aufgabe sei, eine Gewichtung staatspolitischer Zielsetzungen vorzunehmen.43 Im Ergebnis befür-

39 

Hay/Borchers/Symeonides, §  2.9, 30 Fn.  16. Currie, 77‒127, 107, 177‒187, 182, 188‒283, 278 f., 283‒361, 357; Hay/Borchers/Symeonides, §  2.9, 30; Hay, US-amerikanisches Recht, 95 Rn.  240. 41  Currie, 128‒177, 152‒156; ders., 28 Law & Contemp. Prob. 754, 763 f. (1963). 42  Currie, 177‒187, 182. 43  Currie, 177‒187, 182. 40 

B.  Ursprung des conflict of laws

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wortete Currie für Kollisionsfälle die Anwendung des Forumrechts.44 Dieser Lösungsansatz von Currie wurde kritisiert.45 Einige Autoren wiesen darauf hin, dass es in Kollisionsfällen häufig schwierig sei, die rechtspolitischen Wertungen der betroffenen Rechtsordnungen zuzuordnen.46 Andere zweifelten an Curries Grundannahme, dass Staaten tatsächlich ein Interesse an Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten haben könnten.47 2. Weiterentwicklung a)  Functional analysis Im Zuge der conflicts revolution versuchten mehr und mehr Rechtsgelehrte, bestehende Lösungsansätze um ihre eigenen Vorstellungen zu ergänzen oder stellten vorhandene Theorien zugunsten neuer Ansätze in Frage. So griffen z. B. Arthur T. von Mehren und Donald T. Trautmann den Ansatz von Currie auf, ergänzten diesen um eine Interessenabwägung anhand bestimmter Kriterien und entwickelten so die func­tional analysis.48 b)  Der comparative impairment-Ansatz William Baxter variierte die Fragestellung der Interessenanalyse. Wie Currie verzichtete Baxter auf eine Abwägung der Interessen der betroffenen Staaten, verglich jedoch die Ergebnisse des Falles infolge einer jeweiligen Unterordnung der Interessen eines Staates unter die des anderen Staates.49 In diesem Zusammenhang unterschied Baxter die externen und die internen staatlichen Zielsetzungen (internal and external objections).50 Als interne Zielsetzungen seien rechtspolitische Zielsetzungen zu verstehen, die den einzelstaatlichen Gesetzen zugrunde lägen. Sobald Parteien aus verschiedenen Staaten in den Rechtsstreit involviert würden, seien die externen Zielsetzungen betroffen. Hierunter seien rechtspolitische Entscheidungen zu verstehen, die eine effektive Durchsetzung des eigenen Rechts sicherstellen sollten. Baxter vertrat die Auffassung, dass sich zur Lösung eines echten Konfliktfalles eine externe Zielsetzung eines Staates unter jene des anderen Staates unterordnen müsse. Er forderte, dass grundsätzlich die Zielsetzungen eines Staates unterzuordnen seien, dessen interne rechtspolitische Zielsetzungen infolge der Unterordnung am wenigsten beeinträchtigt würden.51 Im Ergebnis sollte somit das Recht desjenigen 44  Currie, 77‒128, 89, 93; 177‒188, 183; 188‒283, 189‒191, 197, 278‒280; 283‒361, 323; 445‒526, 447, 489‒490; 584‒629, 592, 526‒584, 627; 690‒743, 697. 45  Überblick über die verschiedenen Autoren, die Curries Ansatz in Frage stellten, bei Hay/ Borchers/Symeonides, §  2.9, 38 Fn.  51–55. 46  Bodenheimer, 29 Hasting L.J. 731 (1978). 47  Ehrenzweig, Private International Law 63 (1967). 48 Dazu v. Mehren/Trautmann, 76, 102‒105, 109‒115, 178‒209 (1965). 49  Baxter, 16 Stan.L.Rev. 1, 16 f. (1963). 50  Baxter, 16 Stan.L.Rev. 1, 16 f. (1963). 51  Baxter, 16 Stan.L.Rev. 1, 17 (1963).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

Staates angewendet werden, dessen Interessen durch die Nichtanwendung infolge der Unterordnung am stärksten beeinträchtigt würden. Dieser Ansatz ist als comparative impairment approach bekannt und wird heute z. B. von den Gerichten in Kalifornien zur Lösung von kollisionsrechtlichen Deliktsfällen befolgt.52 3.  Weitere Ansätze jener Zeit Zwei weitere nennenswerte Ansätze jener Zeit sind der better law approach von Robert A. Leflar53 und der lex fori approach von Albert A. Ehrenzweig. a)  Better law-Ansatz Leflar entschied sich gegen die Schaffung einer starren Regel zur Lösung von Kollisionsfällen. Er stellte mit seinem Ansatz des better law approach ein flexibles System von Erwägungsgründen vor, das den Gerichten bei ihren Entscheidungen als Richtlinien dienen sollte (choice influencing considerations). Er sah jenes Recht als besser an, welches eine Überlegenheit in Bezug auf sozioökonomische und rechtstheoretische Standards aufweise.54 Für ihn waren die folgenden Erwägungsgründe von Bedeutung: Vorhersehbarkeit von Entscheidungen,55 die Beibehaltung der innerstaatlichen und internationalen Ordnung56 sowie die Vereinfachung der Rechtsanwendung im Sinne einer effizienten Verfahrensabwicklung.57 Des Weiteren sollten ebenso wie nach der interest analysis einzelstaatliche Interessen bei der Falllösung berücksichtigt werden.58 Neu an seinem Ansatz war die Forderung, das bessere Recht anzuwenden.59 Welches das bessere Recht sei, müsse das Gericht anhand einer Wertung im Einzelfall ermitteln. Es könne z. B. das neuere oder fortschrittlichere Recht sein.60 Mangels eindeutiger Beurteilungskriterien, nach denen solche Qualitäten des Rechts zu bemessen waren, folgten dieser Theorie nur einzelne Gerichte in wenigen Bundesstaaten.61 Die Anwendung dieser Theorie führte in der Praxis häufig zur Anwendung des Forumrechts.62 Heute wird dieser Ansatz nach wie vor in den fünf Bundesstaaten New Hampshire, Minnesota, Wisconsin, 52  Bernhard v. Harrah’s Club, 128 Cal.Rptr. 215, 546 P.2d 719, 16 Cal.3d 313 (Cal. 1976), cert. denied 429 U.S.  859, 97 S.Ct. 159, 50 L.Ed. 2d 136 (1976); Offshore Rental Co. v. Continental Oil Co., 148 Cal.Rptr. 867, 583 P.2d 721 (Cal.1978). Zuletzt in Scott v. Ford Motor Company, 224 Cal. App.4th 1492, 169 Cal.Rptr.3d 823 (Cal.App.  2014), as modified on denial of reh’g (Apr. 23, 2014), review denied (Jul. 09, 2014). 53  Leflar, 41 N.Y.U.L.Rev. 267 (1966); ders., 54 Cal.L.Rev. 1584 (1966). 54  Leflar, 41 N.Y.U.L.Rev. 267, 296. 55  Leflar, 41 N.Y.U.L.Rev. 267, 282. 56  Leflar, 41 N.Y.U.L.Rev. 267, 282, 285. 57  Leflar, 41 N.Y.U.L.Rev. 267, 282, 288. 58  Leflar, 41 N.Y.U.L.Rev. 267, 282, 290. 59  Leflar, 41 N.Y.U.L.Rev. 267, 282, 295. 60  Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht (2004), §  72, 355. 61  Arkansas, Minnesota, New Hampshire, Rhode Island, Wisconsin. 62  Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution: Past, Present and Future, 82.

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Rhode Island und Arkansas angewendet, und zwar immer häufiger in Kombination mit anderen Ansätzen.63 b)  Lex fori-Ansatz Ehrenzweig plädierte ganz offen für die Anwendung des Forumrechts.64 Nach seinem Ansatz sollte zunächst ermittelt werden, ob Regeln im kodifizierten Kollisionsrecht oder im case law zu finden waren. Nur in den Bereichen, in denen es keine ausdrücklichen Regelungen gab, sollten die Theorien zum Kollisionsrecht bemüht werden. Das fremde Recht sollte nur angewendet werden, wenn der Staat des Forums dies ausdrücklich vorschrieb. In Fällen, in denen keine ausdrücklichen Regelungen existierten, sollte das lex fori angewendet werden. Nach diesem Ansatz war eine Weiterentwicklung der kollisionsrechtlichen Regelungen nicht möglich. Heute bekennen sich zwei Staaten, Kentucky und Michigan, zu einem lex fori approach in leicht modifizierter Form.65 Die Rechtsprechung in beiden Staaten stellt die Anwendung des Forumrechts unter den Vorbehalt, dass es keine vorrangigen Gesichtspunkte für die Anwendung des fremden Rechts gebe.66 Michigan weicht von der Anwendung des Forumsrechts ab, wenn vernünftige Gründe die Anwendung des fremden Rechts nahelegen. 4.  Das Restatement Second Als Antwort auf das Ringen um flexible Kollisionsregeln während der conflicts revolution beauftragte das American Law Institute Willis L. Reese, als Reporter einen Entwurf für ein zweites Restatement zu erarbeiten, welches 1971 als Second Restatement of Conflicts veröffentlicht wurde.67 Da Reese die Kritik an den traditionellen Regelungen des ersten Restatement teilte,68 richtete er das zweite Resta­te­ment anders aus. Dabei integrierte Reese einen flexiblen Lösungsansatz in das Werk.69 Das zweite Restatement enthält für die einzelnen Rechtsgebiete, wie z. B. das Vertragsrecht, das Deliktsrecht und das Sachenrecht, jeweils eigenständige Regelungen, die 63 

Hay/Borchers/Symeonides, §17.21, 835 mit Nachweisen der Rspr. Ehrenzweig, A Treatise on the Conflict of Laws (1962); ders., Conflicts in a Nutshell, 248, 267 f. (3rd ed. 1974). 65  Foster v. Leggett, 484 S.W.2d 827, 829 (Ky. 1972); Sexton v. Ryder Truck Rental, Inc., 413 Mich. 406, 320 N.W.2d 843 (Mich. 1982); Olmstead v. Anderson, 428 Mich. 1, 400 N.W.2d 292 (Mich. 1987); Sutherland v. Kennington Truck Service, Ltd., 454 Mich. 274, 562 N.W.2d 466 (Mich. 1997); Standard Fire Ins. Co. v. Ford Motor Co., 723 F.3d (6th Cir. 2013). 66  Foster v. Leggett, 484 S.W.2d, 829; Sutherland v. Kennington Truck Service, Ltd., 454 Mich. 274, 562 N.W. 2d 466, 471. 67  Die ersten Entwürfe entstanden in den 1940er Jahren, in einer Zeit, die von den Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges stark geprägt war. In einer Zeit des Umbruchs, so nahm der Verfasser an, würden starre Kollisionsregeln keinen Anklang finden. 68  Symeonides, American Private International Law, Part II Ch. 3 V., 103. 69  Reese, Choice of Law: Rules or Approach, 57 Cornell L.Rev. 315, 315, 334 (1972), Hay/ Borchers/Symeonides, §  17.25, 844. 64 

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

teilweise auf §  6 choice of law principles Bezug nehmen und daher im Lichte der choice of law principles angewendet werden sollen.70 a)  Das Grundprinzip: Der most significant relationship test Der Eckpfeiler des gesamten Werkes ist §  6. Demnach sollen Kollisionsfälle gelöst werden, indem das Recht des Staates angewendet wird, der zu der Streitfrage die wichtigste Beziehung (the most significant relationship) aufweist.71 Dieses Prinzip ähnelt dem in Europa gebräuchlichen Prinzip der engsten Verbindung.72 b)  Die Grundregel für kollisionsrechtliche Deliktsfälle Für die Lösung von Deliktskollisionsfällen enthält das Restatement in §  145 eine Grundregel.73 Demnach sind bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts nach §  145 der Handlungs- und der Verletzungsort, domicile, residence oder die nationality, bei einer natürlichen Person sowie der Sitz oder der place of business (bei juristischen Personen) von Bedeutung. Ferner kann eine bereits bestehende Verbindung zwischen den Parteien, z. B. auf Grund von vertraglichen Beziehungen, anknüpfungs70  Restatement Second, Conflict of Laws: „§  6 choice of law principles (1) A court, subject to constitutional restrictions, will follow a statutory directive of its own state on choice of law. (2) When there is no such directive, the factors relevant to the choice of the applicable rule of law include (a) the needs of the interstate and international systems, (b) the relevant policies of the forum, (c) the relevant policies of other interested states and the relative interests of those states in the determination of the particular issue, (d) the protection of justified expectations, (e) the basic policies underlying the particular field of law, (f) certainty, predictability and uniformity of result, and (g) ease in the determination and application of the law to be applied.“ Eine deutschsprachige Übersetzung findet sich von Hay in Assman/Bungert/Hay, 603, Rn.  347 Fn 626. 71 Assman/Bungert/Knapp (2001), 272 Rn.  242; Hay, US-amerikanisches Recht, 96 f. 72  Reimann, §  72, 355. 73  Restatement Second, Conflict of Laws: „§  145. The general principle (1) The rights and liabilities of the parties with respect to an issue in tort are determined by the local law of the state, which, with respect to that issue, has the most significant relationship to the occurrence and the parties under the principles stated in §  6. (2) Contacts to be taken account in applying the principles of Section 6 to determine the law applicable to an issue include: (a) the place where the injury occurred, (b) the place where the conduct causing the injury occurred, (c) the domicile, residence, nationality, place of incorporation and place of business of the parties, and (d) the place where the relationship, if any, between the parties is centered. These contacts are to be evaluated according to their relative importance with respect to the particular issue.“

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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relevant sein. Darüber hinaus sollen bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts policies der betroffenen Staaten, das Funktionieren des internationalen oder interstaatlichen Gefüges sowie die Erwartungen der Parteien berücksichtigt werden. Im Ergebnis kommt den Gerichten bei der Anwendung dieser Methode ein sehr weiter Ermessensspielraum zu. Daher ist der Ausgang von gerichtlichen Entscheidungen, in denen dieser Lösungsansatz befolgt wird, schwer prognostizierbar und geht zulasten der Rechtssicherheit.74 Der Lösungsansatz des Second Restatement wird heute zunehmend in Frage gestellt.75 Dabei wird insbesondere hervorgehoben, dass die Lösungsansätze nicht ausreichen, um produkthaftungsrechtliche Kollisionsfälle zu lösen.76 Gleichwohl wird der Lösungsansatz von Richtern in vielen Bundesstaaten zur Ermittlung des anwendbaren Rechts in Deliktskollisionsfällen gewählt. Beispielhaft sei hier auf aktuelle Entscheidungen aus dem Bereich der internationalen Produkthaftung hingewiesen, in denen die Gerichte das anwendbare Recht unter Anwendung der Regelungen des Second Restatement bestimmten.77 Im November 2014 beauftragte das American Law Institute Wissenschaftler mit der Ausarbeitung eines Restatement (Third) of Conflict of Laws.78 Es bleibt abzuwarten, welche Regelungen die Autoren für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle vorsehen werden.

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA I.  Überblick über die derzeit angewendeten kollisionsrechtlichen Lösungsansätze in den einzelnen Bundesstaaten Viele im Laufe der conflicts revolution entwickelte Ansätze im Bereich des Deliktskollisionsrechts werden heute von den Gerichten der unterschiedlichen Bundesstaaten zur Lösung von kollisionsrechtlichen Fragestellungen verwendet. Aber auch die traditionellen Ansätze werden nach wie vor in der Rechtsprechung einiger Bundesstaaten befolgt. So ergibt sich derzeit nach Symeonides folgende Aufteilung in die methodologischen Lager für den Bereich des Deliktskollisionsrechts:79 74 Rauscher/Unberath/Cziupka,

Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  28. Kritisch deshalb: Symeonides, 75 Ind.L.J. 437, 447 (2000). 76  Symeonides, 2015 U.Ill.L.Rev. 1847–1921 (2015) abrufbar unter (zuletzt aufgerufen am 2.1.2017), 1‒81, 58 f., 70‒72; ders., 75 Ind.L.J. 437, 441 (2000). 77  Pounders v. Enserch E&C, Inc., 306 P.3d 9 (Ariz.2013); Abad v. Bayer Corp., 563 F.3d 663 (7th Cir. 2009) und Pastor v. Bridgestone/Firestone North American Tire, LLC, 563 F.3d 663 (7th Cir. 2009) betrifft eine class action von Klägern aus Argentinien. 78  Als Reporter wurde Prof. Kermit Roosevelt III benannt. Als Associate Reporters Prof. Laura E. Little und Christopher A. Whytock. Symeonides hatte schon lange für eine Überarbeitung des Restatement geworben, zuletzt: 2015 U.Ill.L.Rev. 1847–1921 (2015). Näheres zu dem Stand des Projekts unter: . 79  Symeonides, 64 Am.J.Compl.L. 221–312 (2015); Hay/Borchers/Symeonides, §  2.20, 93‒95, wobei die Autoren betonen, dass die Einteilung eines Bundesstaates in ein methodologisches La75 

62

2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA 80

Staat

Traditional

Alabama

T80

Alaska Arizona Arkansas Kalifornien Colorado Connecticut Delaware District of Columbia Florida Georgia Hawaii Idaho Illinois Indiana Iowa Kansas Kentucky Louisiana Maine Maryland Massachusetts Michigan Minnesota Mississippi Missouri Montana Nebraska Nevada New Hampshire New Jersey New Mexiko New York N. Carolina N. Dakota Ohio Oklahoma

Sign. cont.

Rest. 2d

Interest Analysis

Lex Fori

Better Law

Comb. Modern

T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T T

ger stets unter dem Vorbehalt zu verstehen sei, dass Kategorisierungen besondere Ausprägungen eines Lösungsansatzes nicht berücksichtigten. 80  T = tort law.

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C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA Staat Oregon Pennsylvania Puerto Rico Rhode Island S. Carolina S. Dakota Tennessee Texas Utah Vermont Virginia Washington West Virginia Wisconsin Wyoming Total 52

Traditional

Sign. cont.

Rest. 2d

Interest Analysis

Lex Fori

Better Law

Comb. Modern T T

T T T T T T T T T T T T T 10

3

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2

2

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Klar erkennbar ist, dass die Gerichte der Mehrzahl der Bundesstaaten das Restate­ ment Second anwenden. In zehn Bundesstaaten gilt nach wie vor der traditionelle Ansatz und sechs Bundesstaaten wählten eine Kombination von modernen Ansätzen. Louisiana und Oregon entschieden sich als einzige Bundesstaten für eine Kodifikation ihres Kollisionsrechts einschließlich des Deliktskollisionsrechts. Louisiana war schon immer vom civil law geprägt, sodass dieser Schritt sicher nicht ungewöhnlich ist. Oregon hingegen entschloss sich als erster common law-Bundesstaat zur Kodifikation. II.  Aktuelle Rechtslage der Deliktskollisionsfälle im Bereich der Produkthaftung in den USA Nach wie vor stellen Produkthaftungsfälle die Richter der Federal Courts und der State Courts vor große Herausforderungen. Zum Ende der 1990er Jahre war die Zahl der vor Bundesgerichten anhängigen Fälle im Vergleich zu den 1970er und 1980er Jahren zunächst rückläufig.81 Die Anzahl der anhängigen Produkthaftungsfälle vor Federal Courts stieg jedoch seit dem Jahr 2000 wieder an. Das Adminis­ trative Office of the United States Courts veröffentlicht jährliche Reports über die Anzahl der anhängigen Produkthaftungsfälle.82 Im Jahr 2000 waren lediglich 15.318 Fälle anhängig. In den folgenden Jahren stieg die Anzahl der Verfahren kon81  Im Zeitraum von 1990 bis 1995 beschäftigten sich die Gerichte vermehrt mit Produkthaftungsfällen wegen fehlerhafter Brustimplantate. 82  Nähere Informationen in den Director’s Annual Reports (Judicial Business 2002‒2011), Ad-

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

tinuierlich an. Im Jahr 2005 waren es bereits 30.295 Verfahren. Viele damals anhängige Fälle betrafen Produkthaftungsverfahren wegen Erkrankungen infolge von Asbestbelastungen.83 Andere Verfahren richteten sich gegen Pharmahersteller, die die Medikamente Baycol (Cholesterinsenker) oder Vioxx (Schmerzmittel für Ar­ thri­tispatienten) hergestellt hatten. Im Zeitraum zwischen 2005 und 2010 verdoppelte sich die Anzahl der Verfahren von 30.295 auf 64.367.84 Eine Vielzahl der Klagen waren Asbestfälle. Hier zeigten sich die Krankheitsbilder erst mit erheblicher Verzögerung.85 Andere Verfahren betrafen Medikamente, insbesondere wegen unzureichender Warnung vor Nebenwirkungen von Hormonpflastern zur Empfängnisverhütung.86 Seit 2011 sank die Anzahl der Produkthaftungsverfahren von 60.798 auf 44.434 im Jahr 2012. Die veröffentlichten Zahlen zeigen, dass Produkthaftungsfälle in der Rechtspraxis nach wie vor eine große Rolle spielen. Dieses Phänomen hat viele Ursachen und muss insbesondere im Kontext des Rechtssystems der Vereinigten Staaten gesehen werden. Insbesondere die noch fehlende Absicherung von Unfallopfern durch eine umfassende Krankenversicherung oder Sozialleistungen bleibt ein Hauptgrund dafür, dass Unfallopfer nach wie vor einen Großteil ihrer Behandlungskosten und ihres Verdienstausfalls mit den Schadensersatzsummen aus den Produkthaftungsprozessen decken müssen.87 So ist auch heute noch die Feststellung eines Gerichts aus dem Jahre 1967 zutreffend: „Until Americans have a comprehensive scheme of social insurance, courts must resolve by a balancing process the head-on collision between the need for adequate recovery and viable enterprise.“88 Gleichwohl zeigen Untersuchungen, dass eine vollständige Schadenskompensation des Geschädigten meistens ausbleibt und der Geschädigte einen Großteil seiner Kosten selbst tragen muss.89 Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Opfer häufig im Rahmen von contingency fee-Vereinbarungen einen erheblichen Anteil des Schadensersatzes an ministrative Office of the United States Courts, abrufbar unter (aufgerufen am 2.1.2017). 83 Die Asbestverfahren sind die wohl langwierigsten mass tort-Verfahren, die in den USA geführt wurden. So wurden seit den 1980er Jahren immer wieder Klagen erhoben. Die letzte große Welle in den Jahren 2000 bis 2002 richtete sich gegen die US-amerikanischen Automobilhersteller Ford, General Motors und Daimler/Chrysler sowie Honeywell International, Inc., als bekannt geworden war, dass die Automobilindustrie Asbest als Bestandteil von Bremsbelägen und Dichtungen verwendet hatte. 84  Im Einzelnen waren es im Jahr 2007: 37.566, 2008: 53.102, 2009: 59.557, 2010: 64.367. 85  Viele Fälle wurden als MDL-Verfahren gebündelt und im Eastern District von Pennsylvania verhandelt. 86  Verfahren wegen des Hormonpflasters Ortho Evra, welches bei einigen Patienten zu Thrombosen und Schlaganfällen geführt hatte. Weiterhin beschäftigten in diesem Zeitraum Verfahren wegen des Rheumamittels Vioxx und verschiedener Diätpräparate die Gerichte. Table 4.4 U.S. District Courts – Civil Cases filed by nature of suit 1990‒2012. 87  Zekoll, 50 Am.J.Comp.L. 121, 152 (2002). 88  Helene Curtis Indus., Inc. v. Pruitt, 385 F.2d 841, 862 (5th Cir. 1967). 89  Henssler et al., Compensation for Accidental Injuries in the United States, Rand, The Institute for Civil Justice (1991), 133.

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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ihre Anwälte abgeben müssen.90 Ob sich das bestehende System der Schadenskompensation ändert, wenn in den USA einmal ein umfassendes Krankenversicherungs­ system eingeführt wird, ist abzuwarten. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass neue Entwicklungen und immer komplexere Fragestellungen den Bereich der Produkthaftungsfälle prägen. 1.  Neue Entwicklungen a)  Abkehr von der klägerfreundlichen Haltung Urteile in Produkthaftungsverfahren während der 1970er und 1980er Jahre wurden häufig als besonders klägerfreundlich interpretiert. Wenn sich heute überhaupt ein Trend beobachten lässt, dann der, dass Gerichte geringfügig mehr Urteile fällen, die sich für die Hersteller günstig auswirken. Laut den Untersuchungsergebnissen einer Studie wurde im Zeitraum von 1990 bis 2003 in ca. 51 Prozent der Kollisionsfälle im Bereich der Produkthaftung das Recht angewendet, welches den Hersteller begünstigte.91 Ob dies als Gegenentwicklung zu den geschädigtenfreundlichen Urteilen aus den 1980er Jahren zu sehen ist oder damit zusammenhängt, dass in den letzten Jahren verstärkt Richter aus dem konservativen Lager ernannt wurden, kann hier dahinstehen.92 b)  Class Actions stärken die Verhandlungsposition der Opfer Neben den Produkthaftungsprozessen von einzelnen Geschädigten gibt es in den USA Verfahren, die große Gruppen von Geschädigten in class actions bündeln.93 Dabei schließen sich potentielle Streitgenossen zusammen.94 Diese Sammelklagen sind seit den 1980er Jahren immer populärer geworden.95 Der U.S. Supreme Court ebnete im Jahr 2010 den Weg dafür, diese Verfahren auch vor Bundesgerichten zuzulassen.96 Gleichzeitig wurden die Verfahren jedoch seit den 1990er Jahren zunehmend reglementiert.97 Bei der Rechtsverfolgung wird diese Gruppe dann von einem Geschädigten als Repräsentanten vertreten, wobei auf Grund der gleichartigen Sachverhalte die Rechtsfragen und Tatsachen für alle Mitglieder einer Gruppe bindend geklärt wer90  In diesem Zusammenhang fällt zunehmend das Missverhältnis der Anwaltskosten zu den erstrittenen Schadensersatzsummen ins Gewicht. Dazu Haston/Phelps/Spainhour, US-Notizen, PHI 2013, 129. 91  Symeonides, 2015 U.Ill.L.Rev. 1847–1921 (2015), ders., 78 Tul.L.Rev. 1247, 1314‒1316, 1348 (2004). 92  Symeonides, 78 Tul.L.Rev. 1247, 1315 (2004). 93  Midlige/Waters, PHI 2012, 224; Midlige/Clements, PHI 2011, 30. 94  Der Zusammenschluss kann sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite erfolgen. Hay, US-amerikanisches Recht, 67 Rn.  179. 95  Lenz/Janßen, Produkthaftung §  6 Rn.  181. 96  Midlige/Clements, PHI 2011, 30. Class Action Fairness Act von 2005. 97  Haston/Phelps/Spainhour, US-Notizen, PHI 2013, 129; Midlige/Clements, PHI 2011, 30.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

den. Damit können sich die Geschädigten die Kostenrisiken für einen Prozess teilen. Gleichzeitig verschaffen sich die Kläger eine starke Verhandlungsposition gegenüber dem Beklagten, sodass viele Verfahren mit einem Vergleich enden.98 In Produkthaftungsverfahren kommt es häufig zu class actions.99 Insbesondere Fälle, in denen das gleiche Produkt einer Vielzahl von Personen Schaden zugefügt hat, die in verschiedenen Bundesstaaten leben oder gelebt haben, können auf diese Weise in sog. complex litigation-Verfahren behandelt werden. Gerade Konsumprodukte wie z. B. Medikamente, medizinische Produkte, Haushaltsgeräte, elektronische Geräte, Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Produkte können Folgewirkungen haben, die eine Vielzahl von Personen treffen. Die Dalkon-Shield-Verfahren, die DES-Fälle,100 die diversen Asbestfälle und letztlich die Agent-Orange-Fälle stehen beispielhaft für diese sog. mass tort-Verfahren. Die Verfahren gegen die großen Tabakkonzerne sind wohl die prominentesten Beispiele für class actions101 im Bereich der Produkthaftung. In den letzten Jahren beschäftigten Produkthaftungsklagen gegen den Pharmahersteller Merck & Co., Inc., der das Schmerzmittel Vioxx zur Behandlung von Arthritispatienten hergestellt hatte, viele Gerichte.102 Die Asbestsammelklagen stellen wohl den Höhepunkt der Rechtsentwicklung in diesem Bereich dar und zeigen auch dem US-amerikanischen Rechtssystem seine Grenzen auf.103 Die Darstellung der kollisionsrechtlichen Fragestellungen innerhalb dieser Verfahren würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. c)  Multi district litigation- und multi party-Fälle Mit dem Rückgang der Sammelklagen stiegen die multi district litigation-Verfahren (MDL).104 Zunehmend werden produkthaftungsrechtliche Sammelklagen aus verschiedenen Bundesstaaten auf Grund von 28 U.S.C. §§  1006, 1407 in MDL-Verfahren zu multi party multi district litigations verbunden.105 So wird berichtet, dass 98  Lenz/Janßen, Produkthaftung, §  6 Rn.  181. Jüngstes Beispiel sind die Drywall-Verfahren. Dazu Haston/Phelps/Spainhour, PHI 2013, 129, 130, dazu auch aktuelle Meldung USA, PHI 2014, 93. 99  Partridge/Miller, 74 Tul.L.Rev. 2125, 2126 (2000). 100  Braune v. Abbott Laboratories, 895 F.Supp.  530 (E.D.N.Y. 1995); Millar-Mintz v. Abott Labs., 268 Ill.App.3d 566, 645 N.E.2d 278 (1994). 101  Philip Morris, Inc. v. Angeletti, 358 Md. 689, 752 A.2d 200 (2000); Simon v. Philip Morris Incorporated, 124 F.Supp.  2d 46. 102  In re Vioxx Prod. Liability Litigation D.C. La. 2006, 448 F.Supp.  2d 741 (E.D. La. 2006) 103  Näher dazu Lenz/Janßen, Produkthaftung §  6 Rn.  181. Der Supreme Court of California schränkte die Haftung für sog. periphere Beklagte ein. O’Neil v. Crane Co., 2012 WL 88533. Der Supreme Court des Staates New York ließ in einem Asbestverfahren im April 2014 einen Antrag auf punitive damages zu, obwohl nach dem Recht New Yorks die Gewähr von punitive damages in den vergangenen 20 Jahren ausgesetzt worden war. Es ist abzuwarten, wie dieser Fall letztlich entschieden wird. Näheres PHI 2014, 93. 104  Haston/Phelps/Spainhour, US-Notizen, PHI 2013 129, 130. 105  Das Judicial Panel on Multidistrict Litigation (MDL-Panel) wurde 1968 gegründet, nach-

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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sich die Anzahl der MDL-Verfahren im Zeitraum zwischen 2002 und 2012 verdoppelt hat. Im Jahr 2013 standen 290 MDL-Verfahren in 56 verschiedenen Bundesbezirksgerichten auf den Prozesslisten.106 In ca. 80 Fällen ging es um produkthaftungsrechtliche Sachverhalte.107 Im Jahr 2014 waren 289 MDL-Verfahren anhängig, in 69 Verfahren ging es um produkthaftungsrechtliche Sachverhalte. Es gibt einige Unterschiede zu den Sammelverfahren: Ein MDL-Verfahren muss von einer Partei eines bestehenden Bundesverfahrens beim Judicial Panel on Multidistrict Litigation (einem dafür zuständigen Rechtsausschuss) beantragt werden. Es handelt sich um ein sog. opt in-Verfahren. Daher muss jeder Kläger einzeln seine Klage erheben. Sodann gelangen Test- oder Musterfälle in den Trial. In diesen werden einzelne Klägeransprüche ohne bindende Wirkung für die anderen Verfahren entschieden.108 Insbesondere die Asbestverfahren,109 die Factor-VIII- or ‑IX-Concentrate-Blood-­ Products-Verfahren und diverse Produkthaftungsverfahren wegen Pharma­produk­ ten wie Baycol, Prempro und Vioxx wurden als MDL-Verfahren verbunden. Die Verfahren In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation wurden in den letzten Jahren vor allem in Gerichten des siebten Circuit verhandelt.110 Insbesondere der Court of Appeals des siebten Circuit erließ dazu eine Reihe dem der Kongress 28 U.S.C. §  1407 in das Zivilprozessrecht eingefügt hatte. Das Panel setzt sich aus sieben Bundesrichtern zusammen. Das Panel entscheidet, ob Sammelklagen, die vor mehreren Bundesgerichten in verschiedenen Bundesstaaten anhängig sind und identische Rechtsfragen in gleichartigen Fällen betreffen, an ein bestimmtes Bundesgericht transferiert werden sollen, damit die weiteren pretrail proceedings von einem dafür bestimmten Richter koordiniert werden können. Sinn und Zweck dieser Vorgehensweise ist es, im Sinne einer effizienten Prozessökonomie mehrere Discovery-Verfahren in gleichgelagerten Fällen zu vermeiden. Ferner sollen so möglichst gegenläufige gerichtliche Beweisbeschlüsse und Urteile vermieden werden. Nähere Informationen unter (zuletzt aufgerufen am 2.1.2017). Eine Übersicht der MDL-­ Verfahren seit 1991 findet sich unter (zuletzt aufgerufen am 2.1.2017). Dazu auch Haston/Phelps/Spainhour, PHI 2013, 129. 106  Haston/Phelps/Spainhour, PHI 2013, 129, 131. 107  Haston/Phelps/Spainhour, PHI 2013, 129, 131. 108  Haston/Phelps/Spainhour, PHI 2013, 129, 131. 109  Waren die ersten Asbestverfahren ursprünglich gegen die primären Hersteller von asbesthaltigen Produkten und deren Verkäufer gerichtet, so wurde der Kreis der Beklagten zunehmend erweitert. Die Inanspruchnahme der Haftenden führte häufig zu deren Insolvenz. Daher richten sich heute die Klagen auch gegen Hersteller einzelner Produktkomponenten der Automobilindustrie, Einzelhändler und Versicherer. Näher dazu z. B. New York Asbestos Litigation: In re E. & S. Dist. Asbestos Litig., 772 F.Supp.  1380 (E.D.N.Y. & S.D.N.Y. 1991) aff’d in part and rev’d in part by In re Brooklyn Navy Yard Asbestos Litigation, 971 F.2d 831 (2nd Cir. N.Y. June 30, 1992); In re E & S. Dists. Asbestos Litig., 798 F.Supp.  940 (E.D.N.Y. & S.D.N.Y.). Slawotsky, New Yorks Article 16 and Multiple Defendant Product Liability Litigation: A Time to Rethink the Impact of Bankrupt Shares on Judgement Molding, 76 St. John’s L.Rev. 397 (2002). Zu den wirtschaftlichen Folgen der Asbestverfahren: Hensler et al., Asbestos Litigation in the US: A New Look at an Old Issue (2001), 50, zu finden unter (zuletzt aufgerufen am 2.1.2017). 110  Betraf Kläger aus dem Vereinigten Königreich: In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 408 F.Supp.  2d, 569 (N.D.Ill. 2006) aff’d In re Factor VIII or IX

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

von Entscheidungen. In diesen Prozessen nahmen auch ausländische Kläger US-­ amerikanische Pharmahersteller von Blutprodukten vor US-amerikanischen Gerichten in Anspruch. Die Kläger litten an Hämophilie, der sog. Bluterkrankheit. Sie hatten sich durch Bluttransfusionen mit Blutprodukten, die von den Beklagten hergestellt worden waren, mit HIV- oder Hepatitis-C-Viren infiziert. d)  Settlements als bessere Alternative zu kostspieligen Prozessen Da das US-amerikanische Rechtssystem einem Vergleich der Parteien (settlement) offen gegenübersteht,111 überrascht es nicht, dass ca. 90 Prozent der Produkthaftungsverfahren durch einen Vergleich enden.112 In einigen Fällen entschieden sich die Beklagten trotz guter Erfolgsaussichten für einen Vergleich, um das Prozess­ risiko in den Griff zu bekommen.113 Ferner wurden spezielle Regeln für settlements von Produkthaftungsklagen entwickelt, sliding scales oder das Mary Carter agreement, die teilweise durch einzelstaatliches Recht ergänzt wurden.114 Dies zeigt, wie viel Druck Kläger mit Hilfe dieser prozessrechtlichen Instrumente schon während der außergerichtlichen Verhandlungen auf die Hersteller ausüben können. Hinzu kommt, dass Schadensersatzsummen im US-amerikanischen Recht sehr viel höher ausfallen als in anderen Jurisdiktionen. Daher setzen Anwälte auf der Opferseite alles daran, ihren Fall vor ein US-amerikanisches Forum zu ziehen und US-amerikanisches Recht zur Anwendung kommen zu lassen.115 Ist das erst einmal gelungen und sind die Chancen auf eine Verweisung des Rechtsstreits aus forum non conveniens-Gründen gering, bestehen gute Aussichten auf hohe Vergleichssummen.116 Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch die zunehmende Anerkennung von Gerichtsstandsvereinbarungen durch US-amerikanische Gerichte.117

Concentrate Blood Products Liability Litigation, 484 F.3d 951 (7th Cir. 2007); betraf Kläger aus Argentinien: In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 531 F. Supp.  2d 957 (N.D.Ill. 2008) aff’d, Abad v. Bayer Corp., 563 F.3d 663 (7th Cir. (Ill.) May 01, 2009); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 2008 WL 4866431 (N.D.Ill. 2008). 111  Fromm, 48 UCLA L.Rev. 663 (2001); Davis, 77 Or.L.Rev. 157, 174, 187‒192 (1998). 112  Zekoll, 50 Am.J.Comp.L. 121, 146‒150 (2002). 113  Näher dazu Partridge/Miller, Some Practical Considerations for Defending and Settling Products Liability and Consumer Class Actions, 74 Tul.L.Rev. 2125 (2000); Haston/Phelps/Spainhour, PHI 2013, 129, 131. 114  Näher dazu Am.L.Prod.Liab. 3d §  57, insbesondere 57:11, 57:12. 115  Silva, 28 Tex. Int’l L.J. 479, 495‒497 (1993). 116  Silva, 28 Tex.Int’l L.J. 479, 495‒497 (1993); Weintraub, Commentary on the Conflict of Laws, §  4.33A, 294 f. 117  Sahen Gerichte in den USA ursprünglich Gerichtsstandsvereinbarungen und Rechtswahlklauseln eher skeptisch, so ist dies heute nicht mehr der Fall. Die Gerichte stehen heute insbesondere vertraglichen Gerichtsstandsvereinbarungen offen gegenüber. Hay in GS Michael Gruson (2009), Forum-Selection and Choice of Law Clauses in American Conflicts Law, 195‒211, 195.

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2.  Anknüpfung und Fallkonstellationen in interlokalen und internationalen Kollisionsfällen im Produkthaftungsrecht Fallmuster in Produkthaftungsfällen weisen oft eine erhebliche Komplexität auf. Der technische Fortschritt und die Mobilität der Menschen und Güter führen dazu, dass Produkte bereits in ihrem Entstehungsprozess Berührungspunkte zu unterschiedlichen Rechtsordnungen aufbauen. Es ist heutzutage nicht unüblich, dass ein Produkt in einem Land entworfen, in einem anderen Staat getestet und wieder in einem dritten produziert wird und dann in vielen Staaten vermarktet wird. So entstehen Berührungspunkte zu mehreren Rechtsordnungen, bevor ein Produkt überhaupt zu einem Schaden führen kann. Ein weiterer Grund für die Komplexität von Fallmustern in diesem Bereich ist der Umstand, dass unter den Begriff Produkt heute viele Produktarten fallen. So gibt es eine Reihe von Produkten, die hauptsächlich stationär verwendet werden. Dazu gehören insbesondere industriell gefertigte Produkte, die von Konsumenten für den eigenen Gebrauch gekauft werden wie z. B. Haushaltsgeräte, elektronische Geräte, Medikamente, kosmetische Produkte und Nahrungsmittel. Daneben gibt es Produkte, die auf Grund ihrer Konzeption zwangsläufig mit mehreren Staaten in Berührung kommen. Hierzu zählen insbesondere Transportmittel wie z. B. Flugzeuge, Züge und Busse. Je nachdem, welche Produktkategorie betroffen ist, gewinnen oder verlieren bestimmte Anknüpfungspunkte an Bedeutung. So ist der Erfolgsort (place of injury) in Produkthaftungsfällen, in denen es um industriell gefertigte Maschinen geht, die in Gebäude eingebaut werden, von erheblicher Bedeutung, wohin­gegen der Erfolgsort in einem Produkthaftungsverfahren nach einem Flugzeug­absturz wegen seiner Zufälligkeit eher eine untergeordnete Rolle spielt.118 Die Anknüpfungspunkte sind allerdings für alle Produktkategorien die gleichen. Unterschiedlich ist ihre Gewichtung in den jeweiligen Fallguppen. a)  Anknüpfungspunkte Die typischen Anknüpfungspunkte für Produkthaftungsfälle sind:119            

1. das domicile/die habitual residence des Geschädigten, 2. der place of injury, 3. der place of acquisition, 4. der place where the product was manufactured, 5. der place where the product was designed, 6. der principal place of business of manufacturer.

Nicht in jeder Urteilsbegründung lassen sich alle oben genannten Anknüpfungspunkte wiederfinden. Die Gerichte setzen sich vielmehr nur mit den Anknüpfungs118 

119 

Symeonides, American Private Intern. Law 182. Symeonides, American Private Intern. Law 181.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

punkten vertieft auseinander, die sie für relevant erachten. Eine zwingende Reihenfolge, wie etwa in Art.  5 Rom  II-VO, nach der die Anknüpfungspunkte auf ihre Relevanz hin untersucht werden, gibt es im US-amerikanischen Kollisionsrecht ebenso wenig wie eine abstrakte Gewichtung der Anknüpfungspunkte.120 Allerdings lassen sich gewisse Tendenzen erkennen.121 Im Folgenden wird hierbei auf die Untersuchungen und Fallanalysen von Symeonides zurückgegriffen. Die möglichen Anknüpfungspunkte fallen nach Symeonides in zwei Gruppen: I. Anknüpfungspunkte aus der Sphäre des Klägers/Geschädigten: 1. das domicile, 2. der place of injury, 3. der place of acquisition, wenn der Geschädigte das Produkt selbst gekauft hat;122 II. Anknüpfungspunkte aus der Sphäre des Beklagten/Schädigers: 4. der place where the product was manufactured; relevant sein können auch die Orte, an denen das Produkt entworfen, getestet und zugelassen wurde; 5. der principal place of business. b)  Die Fallmuster Eine US-amerikanische Untersuchung von einhundert interlokalen Kollisionsfällen aus dem Bereich der Produkthaftung hat gezeigt, dass die meisten Fälle Berührungspunkte zu zwei bis drei Rechtsordnungen aufweisen.123 Ferner differenziert Symeonides für die Fallanalyse der kollisionsrechtlichen Entscheidungen danach, ob die streitgegenständlichen Regelungen des Produkthaftungsrechts den Geschädigten oder den Haftenden favorisieren. In einzelnen Staaten geltende Regelungen im Bereich der Produkthaftung bevorzugen entweder den Hersteller124 oder den Geschädigten.125 Die Berücksichtigung des materiellen Gehalts der berührten Rechtsordnungen ist im US-amerikanischen Kollisionsrecht weit verbreitet. Kolli120 

Symeonides, American Private Intern. Law 182. Symeonides, American Private Intern. Law 182. 122  In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Erwerbsort an Anknüpfungsrelevanz verliert, wenn der Geschädigte nicht der Käufer des schadenstiftenden Produktes ist. Symeonides, American Private Intern. Law 182. 123  Symeonides hat dazu 100 interlokale Kollisionsfälle untersucht, die im Zeitraum zwischen 1990 und 2005 entschieden worden waren. In 36 Fällen waren die 5 aufgeführten Anknüpfungspunkte in 2 Staaten belegen. 34 Fälle wiesen Berührungen zu 3 verschiedenen Rechtsordnungen auf. Symeonides, American Private Intern. Law 183. 124  Man denke nur an Regelungen zu Ausschlussfristen (statutes of repose) die den Hersteller nach Ablauf einer bestimmten Frist vor einer Haftung bewahren sollen. Beispiele hierfür sind Haftungsbegrenzungen, die compensatory damages oder punitive damages limitieren. Ferner schützen Beweislastregeln, wonach der Geschädigte die Fahrlässigkeit des Herstellers nachweisen muss, die Hersteller. 125  Regelungen, die eine strikte Haftung (strict liability) vorsehen, punitive damages zulassen oder gerade keine Ausschlussfristen beinhalten, begünstigen den Geschädigten. 121 

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sionsrechtliche Produkthaftungsfälle können daher in drei Fallkonstellationen auftreten: Fallmuster: direct conflicts Alle Anknüpfungspunkte, die zur Sphäre des Geschädigten gehören (domicile, Erfolgsort und Erwerbsort), sind in einem Staat belegen, dessen Rechtsordnung den Kläger bevorzugt. Gleichzeitig sind die Anknüpfungspunkte, die zur Sphäre des Schädigers gehören (Sitz des Herstellers und Herstellungsort), in einem Staat belegen, dessen Rechtsordnung den Schädiger favorisiert. Fallmuster: inverse conflict Die Anknüpfungspunkte, die zur Sphäre des Geschädigten gehören (domicile, Erfolgsort und Erwerbsort), sind in einem Staat belegen, dessen Rechtsordnung den Beklagten favorisiert. Demgegenüber sind die Anknüpfungspunkte, die zur Sphäre des Schädigers gehören (Sitz des Herstellers und Herstellungsort), in einem Staat belegen, dessen Rechtsordnung den Geschädigten bevorzugt. Fallmuster: mixed conflicts Alle übrigen Kombinationen oder Verteilungen der Anknüpfungspunkte auf unterschiedliche Rechtsordnungen werden als mixed conflict patterns bezeichnet. Dazu zählen Fallkonstellationen, in denen die Anknüpfungspunkte domicile, Erfolgsort und Erwerbsort, die zur Sphäre des Geschädigten gehören, in mehreren Bundesstaaten belegen sind, deren Rechtsordnungen jeweils entweder den Geschädigten oder den Haftenden bevorzugen. aa)  Fälle mit drei Anknüpfungspunkten im selben Staat In 51 Fällen waren 3 Anknüpfungspunkte in demselben Staat belegen. In wiederum 42 dieser Fälle waren der Erwerbsort und der Erfolgsort in dem Staat belegen, in dem der Geschädigte seinen domicile hatte. Neun Fälle waren direct conflicts. In sechs dieser direct conflicts cases wendeten die Richter das Recht des Staates an, in dem das domicile, der Erwerbsort und der Erfolgsort belegen waren. Dies war zugleich das Forumrecht, wobei dieser Umstand nicht ausschlaggebend war. Entscheidend war die Kumulation der drei Anknüpfungspunkte, die zur Sphäre des Geschädigten gehörten. Nach Symeonides ist dies eine häufig gewählte Lösungsmöglichkeit von Kollisionsfällen, unabhängig davon, welchen kollisionsrechtlichen Lösungsansatz die Gerichte befolgen, und unabhängig davon, welche Partei durch das berufene Recht favorisiert wird.126 Bei 33 untersuchten Kollisionsfällen handelte es sich um inverse conflict cases. In diesen Fällen favorisierte das Recht des Staates, in dem die Anknüpfungen domicile, Erfolgsort und Erwerbsort belegen waren, den Hersteller; wohingegen das Recht des Staates, in dem das Produkt hergestellt wurde und der Hersteller seinen Sitz 126 

Symeonides, American Private Intern. Law 185.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

hatte, den Geschädigten begünstigte. In 25 Fällen wendeten die Gerichte das Recht des Staates an, in dem die drei Anknüpfungspunkte domicile, Erfolgsort und Erwerbsort belegen waren und dessen Recht den Haftenden bevorteilte. In sieben Fällen handelte es sich zugleich um das Forumrecht. In sechs Fällen kamen die Richter zu einem gegenteiligen Ergebnis, indem sie das Recht des Staates anwendeten, in dem das Produkt hergestellt worden war und der Hersteller seinen principal place of business hatte. Das so ermittelte Recht favorisierte den Hersteller. bb)  Fälle mit zwei Anknüpfungspunkten im selben Staat In 47 Fällen waren 2 Anknüpfungspunkte im selben Staat belegen, wohingegen 3 Anknüpfungspunkte entweder alle in einem oder jeweils in verschiedenen Staaten belegen waren.127 (1)  Domicile des Geschädigten und Erfolgsort sind im selben Staat belegen In 16 Fällen lag der Erfolgsort in dem Staat, aus dem der Geschädigte stammte. Die übrigen Anknüpfungspunkte waren entweder alle in einem anderen oder in mehreren anderen Staaten belegen. (2)  Domicile des Geschädigten und Erwerbsort im selben Staat In 14 Fällen hatte der Geschädigte das schadenstiftende Produkt in dem Staat seines domicile erworben, wohingegen der Erfolgsort in einem anderen Staat lag. In zwölf Fällen lagen das domicile des Geschädigten, der Erfolgsort und der Erwerbsort in jeweils einem anderen Staat. In fünf Fällen waren der Sitz des Herstellers und der Ort der Produktherstellung im selben Staate belegen. III.  Das New Yorker Kollisionsrecht New York hat kein spezielles Deliktskollisionsrecht für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle. Daher gelten die Präzedenzfälle und Regeln des allgemeinen Deliktskollisionsechts. 1.  Die Entwicklung der Rechtsprechung in Deliktskollisionsfällen a)  Die Anfänge: Babcock v. Jackson Bis Anfang der 1960er Jahre befolgte die Rechtsprechung in New York die lex loci delicti-Regel.128 Im Jahre 1963 verwarf das höchste einzelstaatliche Gericht dieses Bundesstaates, der New Yorker Court of Appeals, in seiner berühmt gewordenen 127 

Symeonides, American Private Intern. Law 186. Poplar v. Bourjois, Inc., 298 N.Y. 62, 66 (1948); Kaufman v. American Youth Hostels, 5 N.Y.2d 1016 (1959). 128 

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Entscheidung Babcock v. Jackson129 diesen traditionellen Ansatz. Das Gericht ermittelte das anwendbare Recht erstmals unter dem Aspekt contacts und nach der center of gravity-Theorie.130 Den Weg hin zu dieser neuen Methode hatte das Gericht bereits 1953 für vertragsrechtliche Kollisionsfälle in der Entscheidung Auten v. Auten geebnet.131 In Babcock v. Jackson, einem deliktsrechtlichen Kollisionsfall, ging es um den Schadensausgleich für Verletzungen aus einem Verkehrsunfall. Die befreundeten Parteien, die alle aus Rochester im Bundesstaat New York stammten, unternahmen einen Wochenendausflug in Kanada, als auf einer Autobahn in Ontario ein Unfall geschah. Das kanadische Recht in Ontario sah damals in seinen guest statutes eine Haftungsbefreiung für Fahrer vor, die einen Fahrgast unentgeltlich mitnahmen. Wäre es nach der traditionellen lex loci delicti-Regel zur Anwendung des kanadischen Rechts gekommen, hätte die Anwendung der guest statutes zur Klagabweisung geführt. Die klagende Mitfahrerin hätte keinen Schadensausgleich erhalten, obwohl viele Faktoren des Falles für die Anwendung New Yorker Rechts sprachen. Alle Beteiligten lebten in New York, wo sie sich kennen gelernt und für den Ausflug verabredet hatten. Die Reise begann in New York und sollte dort auch wieder enden. Das Fahrzeug war in New York zugelassen und versichert. Lediglich der Umstand, dass sich der Unfall in Ontario ereignet hatte, stellte eine Verbindung des Falles zum kanadischen Recht her. Wie bereits in der Entscheidung Kilberg v. Northeast Airlines132 betonte das Gericht, dass der Verletzungsort häufig vom Zufall abhänge133 und folglich diesem Anknüpfungspunkt bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts kein besonderes Gewicht beizumessen sei. Richter Fuld unterstrich das Interesse des Staates New York, den Schadensausgleich unter seinen Bürgern sicherzustellen. Der Gesetzgeber New Yorks habe gerade mit seiner Nichteinführung solcher guest statutes eine bewusste Entscheidung zugunsten eines Schadensausgleichs von Unfallopfern getroffen.134 Weiterhin führte Richter Fuld aus, dass aus der Sicht Ontarios keine Gründe ersichtlich seien, einen Schadensausgleich eines New Yorker Klägers gegenüber einem New Yorker Beklagten zu versagen.135 Mit der Begründung, dass eine schematische Anwendung der lex loci delicti-Regel einzelstaatliche Interessen unberücksichtigt lasse und unter Umständen zu ungerechten Ergebnissen führe, gab das Gericht diesen Ansatz letztendlich auf.136 Um gerechte und praktikable Ergebnisse bei der Lösung von Kollisionsfällen zu erzielen, sah das Gericht stattdessen vor, das Recht des Staates anzuwenden, der auf Grund seiner Verbindung zu den Parteien oder zu dem Gesamtgeschehen des Rechtsstreits die größten Interessen an 129 

Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 483, 240 N.Y.2d 743, 191 N.E.2d 279 (1963). Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 481. 131  Auten v. Auten, 308 N.Y. 155, 160 (1954). 132  Kilberg v. Northeast Airlines, 9 N.Y.2d 34, 39 (1961). 133  Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 480. 134  Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 482. 135  Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 482. 136  Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 480, 484. 130 

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

der zugrunde liegenden Streitfrage habe.137 Das anzuwendende Recht sollten die Gerichte zukünftig ermitteln, indem sie die Anknüpfungspunkte im Kontext der jeweils betroffenen Rechtsmaterie verglichen und gewichteten. Gleichzeitig sollten rechtspolitische Wertungen der betroffenen Einzelstaaten berücksichtigt werden, wobei zu entscheiden sei, welchen Wertungen der Vorrang eingeräumt werde. Diese Prüfung habe grundsätzlich für jede Fallfrage getrennt zu erfolgen, sodass im Ergebnis einzelne kollisionsrechtliche Fragestellungen des Falles nach dem Recht verschiedener Bundesstaaten entschieden werden könnten.138 Das New Yorker Gericht führte in diesem Grundsatzurteil auch die issue-by-­ issue analysis für Kollisionsfälle ein.139 Gleichwohl betonte das Gericht, dass die Haftung und die Rechte der Parteien, die aus dem Gefälligkeitsverhältnis herrührten, nicht von Reiseabschnitt zu Reiseabschnitt variieren sollten. Es sei wichtig, diese konstant einem Recht zuzuordnen.140 Des Weiteren führte das Gericht aus, dass der Staat, in dem das schädigende Verhalten (place of wrongful conduct) stattgefunden habe, das stärkste, wenn nicht das ausschließliche Interesse daran habe, das Verhalten und den jeweiligen Verhaltensmaßstab innerhalb seiner Grenzen seinem Recht zu unterstellen.141 Damit nahm das Gericht erstmalig im Rahmen eines dictum eine Differenzierung zwischen verhaltensbezogenen Regeln (conduct regulating rules)142 und den schadensregulierenden Regeln (loss allocating rules) vor.143 Diese grundlegende Unterscheidung konkretisierten die Gerichte in der Folgezeit weiter, und sie hat bis heute für die Entscheidung von Deliktskollisionsfällen eine wichtige Bedeutung. Im Ergebnis wendete das Gericht das New Yorker Recht an. Das Interesse New Yorks, für den Schadensausgleich seiner Bürger zu sorgen, sei vorrangig, und die relevanten Anknüpfungspunkte zum Recht New Yorks überwogen.144 Das Gericht legte sich in dieser Entscheidung jedoch nicht auf die Anwendung einer modernen Theorie zur Lösung von Kollisionsfällen fest. Vielmehr nahm es mehrmals Bezug auf den damaligen Entwurf des Restatement Second145 und bezeichnete seine neue Methode als die center of gravity- oder grouping of contacts-Doktrin. Demnach sollten bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts in Kollisionsfällen mehr Faktoren als nur der Tatort (place of the tort) Berücksichtigung finden.146 Im Rahmen 137 

Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 481, 240 N.Y.2d 743, 749, 191 N.E.2d 279, 281‒282. solche Aufteilung eines einheitlichen Rechtsverhältnisses führt zur Rechtsspaltung, die als dépeçage bezeichnet wird. 139  Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 479, 484. 140  Babcock v. Jackson, 12 N.Y 2d 473, 483. 141  Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 483. 142  Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 483. 143  Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 483. 144  Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 482. 145  Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473, 479, 482. 146  So heißt es in der Entscheidungsbegründung: „Justice, fairness and the best practical result may best be achieved by giving controlling effect to the law of the jurisdiction which, because of 138  Eine

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einer Gesamtschau solle vor dem Hintergrund der streitigen Rechtsmaterie das Verhältnis jeder berührten Rechtsordnung zu dem Delikt und den Parteien gewürdigt werden. Dabei solle der Staat ermittelt werden, der auf Grund seiner Berührungspunkte zu dem jeweiligen Rechtsstreit das größte Interesse an der Durchsetzung seiner rechtspolitischen Wertungen habe und folglich über ein schutzwürdiges Rechtsanwendungsinteresse verfüge. Diese abstrakte Beschreibung des anzuwenden Lösungswegs bot den Gerichten unterer Instanzen noch keine klaren Vorgaben, wie deliktsrechtliche Kollisionsfälle zu lösen seien. In den folgenden Jahren entstand bei den Gerichten eine erhebliche Verunsicherung.147 Es ergingen inkongruente Entscheidungen,148 die teilweise nicht einmal die Vorgaben der Babcock-Entscheidung berücksichtigten.149 In Long v. Pan American World Airways, Inc., einem deliktsrechtlichen Kollisionsfall nach einem Flugzeugabsturz, weitete das Gericht die Anwendung der Grundsätze aus der Babcock-Entscheidung auch auf wrongful death-Fälle aus.150 Der Court of Appeals gab im Jahr 1968 in Miller v. Miller, einem weiteren guest statute-Fall, zu, seiner eigenen Methodologie nicht ganz treu geblieben zu sein.151 Das Gericht verfeinerte in dieser Entscheidung seine Methode, indem es bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts zusätzlich auf eine interest analysis abstellte. Als Grundregel sollte nunmehr das Recht des Staates angewendet werden, der das größte Rechtsanwendungsinteresse im sachlichen Kontext habe.152 In seiner Urteilsbegründung betonte das Gericht, dass die schlichte Anzahl der Berührungspunkte zu einer Rechtsordnung nicht entscheidend sei. Vielmehr sollten nur solche Berührungspunkte relevant sein, die rechtspolitische Wertungen der widerstreitenden Rechtsordnungen reflektierten.153 Diesen Weg bestätigte das Gericht in Tooker v. Lopez.154 Die von Richter Fuld verfasste Stellungnahme enthielt schon damals einen Katalog von Grundregeln zur Lösung von guest statute-Fällen, der künftig relevant werden sollte.

its relationship or contact with the occurrence or the parties has the greatest concern with the specific issue raised in the litigation.“ 147  Hay/Borchers/Symeonides, §  17.29, 856; Hay, US-amerikanisches Recht, 105, Rn.  262, Mennenöh, 43–56. 148  So wurden die Babcock-Vorgaben in Dym v. Gordon, 16 N.Y. 2d 120 wohl falsch angewendet; Weintraub, Commentary on the Conflict of Laws (New York 2010), 447, 449 (§  6. 21). Die Entscheidung wurde durch Tooker v. Lopez, 24 N.Y.2d N.Y.2d 569 (1969) aufgehoben. 149  Macey v. Rozbicki, 18 N.Y.2d 289, 274 N.Y.S.2d 591, 221 N.E.2d 380 (N.Y. 1966). Diese Entscheidung enthält lediglich eine Aufzählung der Berührungspunkte zum Recht der jeweiligen Staaten, jedoch keine Auseinandersetzung mit den betroffenen einzelstaatlichen Interessen. 150  Long v. Pan American World Airways, Inc., 16 N.Y.2d 337, 266 N.Y. S.2d 513, 213 N.E.2d 796 (N.Y. 1965). 151  Miller v. Miller, 22. N.Y.2d 12, 15 (1968). 152  Miller v. Miller, 22. N.Y.2d 12, 15. 153  Miller v. Miller, 22. N.Y.2d 12, 17. 154  Tooker v. Lopez, 24 N.Y.2d 569, 573, 577, 580; 301 N.Y.2d 519, 249 N.E.2d 394 (1969).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

b)  Von Babcock zu Neumeier Der nächste wichtige Schritt erfolgte 1972 in der Entscheidung Neumeier v. Kuehner,155 in der der New Yorker Court of Appeal für diese Fallgruppe von Kollisionsfällen klare Regeln für die Ermittlung des anwendbaren Rechts aufstellte. Diesem Präzedenzfall lag eine wrongful death-Klage zugrunde. Am 7.5.1969 verunglückten der in New York lebende Arthur Kuehner und seine in Kanada lebende Beifahrerin Amie Neumeier tödlich in Kanada, nachdem das Fahrzeug mit einem Zug kollidiert war. Daraufhin erhob die Erbin der verstorbenen Amie Neumeier eine wrongful death-Klage gegen die Erben von Arthur Kuehner mit der Begründung, Arthur Kuehner habe den Unfall fahrlässig verursacht. Die Erben von Arthur Kuehner (ebenfalls mit Wohnsitz in New York) beriefen sich auf eine Haftungsbefreiung nach dem kanadischen Recht auf Grund sog. guest statutes. Danach ist die Haftung eines Fahrers, der einen Fahrgast unentgeltlich mitnimmt, auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz beschränkt. Die Erben von Arthur Kuehner verteidigten sich damit, dass dieser nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Die Parteien stritten darüber, ob die guest statutes anwendbar seien. Das Gericht entschied sich für das Recht Ontarios und hielt die guest statutes im vorliegenden Fall für anwendbar. Zunächst hob das Gericht in seiner Urteilsbegründung hervor, dass guest statutes Fahrzeugeigentümer und Fahrer, die Fahrgäste unentgeltlich befördern, vor einer übermäßigen Inanspruchnahme durch die Fahrgäste schützen sollen. Im Anschluss differenzierten die Richter den vorliegenden Sachverhalt gegenüber Tooker.156 Im Gegensatz zum Fallmuster aus Tooker hatten die Parteien in Neumeier kein gemeinsames domicile. Das Gericht entwickelte im Fall Neumeier allgemeingültige Grundsätze für Kollisionsfälle, in denen guest statutes streitgegenständlich waren. Solche Grundsätze hatte Richter Fuld bereits in seiner vorausschauenden Stellungnahme in Tooker v. Lopez gefordert. Kollisionsfälle, in denen es um die Anwendung von guest statutes ging, sollten künftig nach den folgenden drei Grundregeln gelöst werden:157 „1. When the guest-passenger and the host driver are domiciled in the same state, and the car is there registered, the law of the state should control and determine the standard of care which the host owes to his guest.“158 155 

Neumeier v. Kuehner, 31 N.Y.2d 121, 286 N.E.2d 454, 335 N.Y. S.2d 64 (N.Y. 1972). Tooker waren Fahrer und Beifahrer aus New York. Das Gericht entschied, dass in Fällen, in denen die Parteien aus demselben Staat stammten, in dem auch das Fahrzeug zugelassen und versichert sei, das Recht dieses Staates zur Anwendung gelangen müsse, auch wenn sich das schädigende Ereignis in einem anderen Staat zugetragen habe. 157  Neumeier v. Kuehner, 31 N.Y.2d 121, 128, 286 N.E.2d 454, 457 f., 335 N.Y.S.2d 64, 70 f. 158  Übersetzung d. Verf. der 1. Neumeier-Regel: „1. Haben Fahrgast und Fahrer ihr domicile in demselben Staat und ist darüber hinaus das Fahrzeug in diesem Staat registriert, dann soll das Recht dieses Staates zur Anwendung gelangen. Dieses Recht soll auch die Sorgfaltspflichten eines Fahrers gegenüber seinem Gast bestimmen.“ 156 In

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„2. When the driver’s conduct occurred in the state of his domicile and that state does not cast him in liability for that conduct, he should not be held liable by reason of the fact that liability would be imposed upon him under the tort law of the state of the victims domicile. Conversely, when the guest was injured in the state of his own domicile and its law permits recovery, the driver who has come into that state should not – in absence of special circumstances – be permitted to interpose the law of his state as a defense.“159 „3. In other situations, when the passenger and the driver are domiciled in different states, the rule is necessarily less categorical. Normally, the applicable rule of decision will be that of the state where the accident occurred but not if it can be shown that displacing that normally applicable rule will advance the relevant substantive law purposes without impairing the smooth working of the multi-state system or producing great uncertainty for litigants.“160

Zusammengefasst besagen die Neumeier-Regeln:161 1. Neumeier-Regel Stammen beide Parteien aus demselben Bundesstaat, so kommt es nach der 1. Neumeier-Regel grundsätzlich zur Anwendung des Domizilrechts beider Parteien, wenn diese hier auch tatsächlich ihren jeweiligen Lebensmittelpunkt haben (Prinzip des common domicile). Im Anwendungsbereich der 1. Neumeier-Regel liegen drei verschiedene Fall­ muster. Babcock-Fallmuster: Das Recht des gemeinsamen domicile ist besonders klägerfreundlich, weil es eine Entschädigung vorsieht, wohingegen das Recht am Tatort oder am Erfolgsort eine solche Entschädigung nicht kennt. Umgekehrtes Babcock-Fallmuster: Das Recht des gemeinsamen domicile ist besonders beklagtenfreundlich, weil es keine Entschädigung vorsieht. Das Recht des Tat- oder Erfolgsortes ermöglicht eine Entschädigung. Common domicile analog: Schädiger und Opfer haben ihr domicile in verschiedenen Staaten, deren Rechtsordnungen allerdings gleiche Regelungen zur Schadensregulierung haben und daher im Ergebnis zum selben Ergebnis kommen.

159 

Übersetzung d. Verf. der 2. Neumeier-Regel: „2 a. Wenn ein Fahrfehler in dem Staat geschehen ist, in dem der Fahrer auch sein domicile hat, und dieser Staat eine Haftungsbefreiung für solche Fälle vorsieht, soll der Fahrer nicht haften, auch wenn der Staat, in dem der Geschädigte sein domicile hat, eine solche Haftung vorsieht. 2 b. Im umgekehrten Fall, einer Verletzung des Fahrgasts in seinem domicile-Staat, dessen Recht eine Entschädigung vorsieht, soll der Fahrer haften, auch wenn eine solche Haftung nach dem Heimatrecht des Fahrers ausgeschlossen ist.“ 160  Übersetzung d. Verf. der 3. Neumeier-Regel: „Haben der Fahrgast und der Fahrer ihr domicile in verschiedenen Staaten, so gilt grundsätzlich das Recht am place of injury. Von diesem Grundsatz ist nur abzuweichen, wenn die Anwendung des Rechts eines anderen Staates nachweislich die Zwecke materiellen Rechts fördert, ohne gleichzeitig den nationalen und internationalen Rechtsverkehr zu beeinträchtigen oder zu erheblicher Rechtsunsicherheit zu führen.“ 161  Zusammengefasste sinngemäße Übersetzung d. Verf.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

2. Neumeier-Regel Nach dem ersten Teil der 2. Neumeier-Regel ist das Recht am domicile des Haftpflichtigen anwendbar, wenn dort der place where the causative conduct occured liegt und das dortige Recht den Haftpflichtigen privilegiert, indem es ihn von der Haftung befreit. Nach dem zweiten Teil der 2. Neumeier-Regel kommt es grundsätzlich zur Anwendung des Rechts, an dem der Geschädigte sein domicile hat, wenn der Haftpflichtige dort gehandelt hat (place where the causative conduct occured) und die Verletzung (place of injury) dort auch eingetreten ist und das dort gültige Recht den Schutz des Opfers bezweckt, in dem es eine Haftung vorsieht. Ausnahmsweise kann hiervon abgewichen werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine Abweichung rechtfertigen. Bei der Anwendung der 2. Neumeier-Regel spielt es für die kollisionsrechtliche Bewertung eine Rolle, ob das jeweilige Recht den Schädiger privilegiert (erster Teil) oder das Opfer privilegiert (zweiter Teil). 3. Neumeier-Regel Die 3. Neumeier-Regel erfasst alle übrigen Fälle, in denen die Parteien ihren jeweiligen Lebensmittelpunkt in unterschiedlichen Staaten haben, split domicile cases. Danach kommt es grundsätzlich zur Anwendung des Rechts am loci delicti, der am place of injury lokalisiert wird. Von dieser Grundregel kann jedoch im Ausnahmefall abgewichen werden, wenn dies nicht zugleich den nationalen und internationalen Rechtsverkehr beeinträchtigt oder zu Rechtsunsicherheit führt. Schon die Formulierung lässt erkennen, dass die Ausweichklausel eher restriktiv anzuwenden ist.162 Der Fall Neumeier ist ein split domicile case. Daher befand das Gericht die 3. Neumeier-Regel für anwendbar, nach der grundsätzlich das Recht des place of injury zur Anwendung berufen wird. Folgerichtig überprüfte das Gericht, ob von diesem Grundsatz eine Ausnahme zu machen sei. Dazu untersuchte das Gericht die Interessen der berührten Rechtsordnungen und befand, dass New York zwar ein berechtigtes Interesse habe, einen Schadensausgleich zwischen seinen Bürgern sicherzustellen, auch wenn diese in einem fremden Staat zu Schaden kamen. Jedoch könne sich hieraus nicht ein so weitreichendes Rechtsanwendungsinteresse ableiten lassen, das geeignet sei, die berechtigten Interessen Ontarios zurückzudrängen. Denn im vorliegenden Fall habe Ontario ein vorrangiges Interesse daran, die Ansprüche seiner Bürger, die in Ontario durch einen Ausländer geschädigt wurden, abschließend zu regeln. Daher schlussfolgerte das Gericht, dass für die Anwendung New Yorker Rechts im vorliegenden Fall kein Raum sei.163 Es wies die Klage auf Grundlage der in Ontario geltenden guest statutes ab. Die Anwendung der „Aus162 

So auch Hay, US-amerikanisches Recht, 105 Rn.  262 Fn.  49. Neumeier v. Kuehner, 31 N.Y.2d 121, 128 f., 286 N.E.2d 454, 458; 335 N.Y.S.2d 64, 70 f. (1972). 163 

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weichklausel“ des zweiten Satzes der 3. Neumeier-Regel lehnte das Gericht ab. Bei der Urteilsbegründung blieb das Gericht jedoch eine genaue Erklärung darüber schuldig, wie die Ausweichklausel des zweiten Teils der 3. Neumeier-Regel genau zu verstehen sei. Als weitere Schwachstelle der Neumeier-Entscheidung wird die fehlende Differenzierung zwischen dem Handlungs- und dem Erfolgsort angesehen. Auf eine solche konnte das Gericht damals jedoch verzichten, weil in dem zu entscheidenden Fall (wie bei Straßenverkehrsunfällen üblich) der Ort der deliktischen Handlung und der Erfolgsort in der Regel zusammenfielen. c)  Schultz v. Boy Scouts of America Eine Gelegenheit, die Funktion der Ausweichklausel zu konkretisieren, ergab sich erst 1985 in der Entscheidung Schultz v. Boy Scouts of America, Inc.164 In diesem Schadensersatzverfahren wegen der Folgen sexuellen Missbrauches ihrer minderjährigen Söhne klagten die Eltern gegen eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in New Jersey, Boy Scouts of America, und deren Träger mit Sitz in Ohio, Franciscan Brothers. Das kollisionsrechtliche Kernproblem dieses Falles betraf die Frage, ob die gemeinnützige Organisation Immunität beanspruchen konnte, so wie es das Recht New Jerseys auf Grund eines immunity statute vorsah. Das Gericht prüfte diese Fragen separat und unabhängig voneinander in den Verfahren gegen die verschiedenen Beklagten. Die Kläger Schulz und die Beklagten Boy Scouts stammten beide aus New Jersey,165 dessen Recht die Immunitätsregelung vorsah. Die Verletzungshandlung, der sexuelle Missbrauch der Jugendlichen durch einen Pfadfinderführer, der für die Organisation die Freizeitfahrt betreut hatte, geschah in New York. Das New Yorker Recht sah keine Immunität für gemeinnützige Organisationen vor. Insofern kollidierten die Regelungen beider Rechtsordnungen in Bezug auf die Frage der Immunität gemeinnütziger Organisationen und der daraus resultierenden Haftung für Mitarbeiter solcher Organisationen. Das Gericht hob in seiner Entscheidung hervor, dass es grundsätzlich den Ansatz der interest analysis zur Lösung von kollisionsrechtlichen Fragen befolge,166 und betonte in diesem Zusammenhang, es halte das domicile der Parteien und den Tatort grundsätzlich für die relevantesten Anknüpfungspunkte.167 Des Weiteren griff das Gericht die Differenzierung zwischen conduct regulating und loss allocation rules wieder auf und verwies darauf, die einzelstaatlichen Interessen des domicile-Staates sowie des Tatort164 

Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 491 N.Y.S.  90, 480 N.E.2d 679 (1985). das Gericht die nachträgliche Verlegung der Zentrale nach Texas als irrelevant bewertet hatte. Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 194. 166  Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 197, 491 N.Y.S.  90, 95, 480 N.E.2d 679, 684. 167  Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 197, 491 N.Y.S.  90, 95, 480 N.E.2d 679, 684. 165  Wobei

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

staates seien im deliktsrechtlichen Kontext abzuwägen.168 Für Regelungen, die im Zusammenhang mit dem anzuwendenden Verhaltensmaßstab stünden, sei das Recht des Tatortes vorrangig. Demgegenüber habe der Tatortstaat von Natur aus ein eher geringes Interesse an der Anwendung seines Rechts, wenn es sich um Regelungen handele, die den Schadensausgleich beträfen. In solchen Fällen sei die Anwendung des Rechts, in dem beide Parteien ihr domicile hätten, angemessen. Denn dies entspreche am ehesten den Erwartungen der Parteien, die sich bei ihrer Wahl ihres domiciles bewusst für die Vorzüge und Nachteile der Rechtsordnung dieses Staates entschieden hätten.169 Das Gericht ordnete die streitgegenständliche Immunitätsregelung als loss allocating rule ein170 und löste den Konflikt mit Hilfe einer ausführlichen interest analysis. Im Ergebnis wendete das Gericht die 1. Neumeier-Regel für die Ansprüche gegenüber Boy Scouts an. Dabei hielt das Gericht fest, dass die Grundsätze aus der Babcock-Entscheidung übertragen werden könnten, da diese nicht auf guest statute-Fälle beschränkt seien.171 Der Unterschied sei nur, dass es sich in der Boy Scouts-Entscheidung um das umgekehrte Fallmuster zu der Babcock-Entscheidung handele, da die Parteien nicht wie in Babcock aus New York, sondern aus New Jersey stammten und New York lediglich der Staat des Tatortes gewesen war. Die Anwendung des Prinzips des common domicile sei trotz dieses kleinen Unterschieds sachgemäß. Im Einzelnen führte das Gericht hierzu aus: Da beide Parteien aus New Jersey stammten, sollte das Recht New Jerseys gelten, da dieser Staat ein berechtigtes Rechtsanwendungsinteresse habe. Denn New Jersey habe mit Hilfe der Immunitätsregel das ehrenamtliche Engagement von gemeinnützigen Organisationen in seinem Staat fördern wollen. Bürger, die sich in New Jersey niederließen, würden die Vorteile der Rechtsordnung dieses Staates in Anspruch nehmen und müssten damit auch gleichzeitig die damit verbundenen Nachteile tragen.172 In Bezug auf die Ansprüche gegenüber der Beklagten, Franciscan Brothers, Träger der Boy Scouts of America mit Sitz in Ohio, wendete das Gericht die 3. Neumeier-Regel an, weil die Parteien aus unterschiedlichen Staaten stammten und der Tatort wiederum in einem anderen Staat belegen war.173 Im Ergebnis entschied das Gericht, dass auch hier das Recht New Jerseys vorrangig sei und die Anwendung 168  Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 198, 491 N.Y.S.  90, 95, 679, 684. 169  Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 198, 491 N.Y.S.  90, 95, 679, 684. 170  Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 201, 491 N.Y.S.  90, 98, 679, 688. 171  Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 199, 491 N.Y.S.  90, 96, 679, 685. 172  Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 200, 491 N.Y.S.  90, 97, 679, 686. 173  Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 201, 491 N.Y.S.  90, 98, 679, 687.

480 N.E.2d 480 N.E.2d 480 N.E.2d 480 N.E.2d 480 N.E.2d 480 N.E.2d

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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der lex loci delicti-Regel zurücktreten müsse. Somit machte das Gericht von der Ausweichklausel der 3. Neumeier-Regel Gebrauch. Es stellte fest, dass durch die Anwendung des Rechts von New Jersey keine rechtspolitischen Ziele New Yorks beeinträchtigt würden, dass aber umgekehrt die rechtspolitischen Zielsetzungen New Jerseys erheblich beeinträchtigt würden, wenn es zur Anwendung New Yorker Rechts komme. Das Gericht wendete somit das gleiche Recht für beide Ansprüche gegenüber den verschiedenen Beklagten an. Die Entscheidung Boy Scouts of America, Inc. ist ein Meilenstein im New Yorker conflict of laws. In dieser Entscheidung weitete das Gericht den Anwendungsbereich der Neumeier-Regeln auf alle Deliktskollisionsfälle, d. h. auch auf Produkthaftungssachverhalte, aus und räumte der Unterscheidung zwischen loss allocation und conduct regulating rules eine wesentliche Rolle bei der Lösung von Deliktskollisionsfällen ein. d)  Cooney v. Osgood Machinery 1993 gab der Fall Cooney v. Osgood Machinery, Inc.174 dem Court of Appeals Anlass, sich mit der Differenzierung zwischen dem Verletzungsort und dem Erfolgsort zu beschäftigen. In diesem Fall ging es um einen Regressanspruch eines Herstellers im Rahmen eines Produkthaftungsfalles. Der Kläger, Dennis J. Cooney, stammte aus Missouri und war dort bei der Mueller Company angestellt. Als der Kläger im Betrieb von Mueller eine Walzmaschine reinigte, ereignete sich ein Unfall, bei dem er erhebliche Verletzungen erlitt. Cooney erhielt Zahlungen auf Grund des Arbeitsunfalls, workers’ compensation benefits, wofür sein Arbeitgeber nach dem Recht Missouris eine Haftungsbefreiung für weitergehendere Ansprüche erhielt. Daher erhob Cooney eine Produkthaftungsklage gegen die New Yorker Firma Osgood Machinery, Inc., Osgood hatte die defekte Maschine 1958 an eine Firma in Buffalo im Bundesstaat New York verkauft. Im Jahr 1969 hatte Mueller die Maschine gebraucht erworben und in seinem Betrieb in Missouri aufgebaut. Nach dem Aufbau der Maschine in seinem Betrieb versah Mueller sie mit einem Fußpedal zum Ein- und Ausschalten und modifizierte ihre Konstruktion. In dem von Cooney angestrengten Produkthaftungsverfahren verkündete Osgood daher Mueller und anderen Firmen in der Vertriebskette den Streit, weil sie für den Unfall mitverantwortlich seien und daher für die Haftung im Rahmen eines Regresses herangezogen werden müssten. Der von dem New Yorker Court of Appeals zu entscheidende Fall betraf nun den contribution claim Osgoods gegenüber Mueller, in dessen Mittelpunkt die Frage stand, ob Mueller auf Grund der in Missouri geltenden workers’ compensation rules von der Haftung befreit sei oder ob er nach dem Recht New Yorks mithaftete. Das Gericht bekannte sich zunächst erneut zu der interest analysis als Ansatz zur Lösung von Kollisionsfällen. Des Weiteren nahm es Bezug auf die zuvor in den 174 

Cooney v. Osgood Machinery, Inc., 81 N.Y.2d 66, 595 N.Y.S.2d 919, 612 N.E 2d 277 (1993).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

Entscheidungen Babcock v. Jackson und Schulz v. Boy Scouts of America, Inc. eingeführten Differenzierungen. Auch hier unterschied es die conduct regulating rules und die loss allocation rules. Im vorliegenden Fall war die Frage des Regresses auf Grund von contribution rules streitig. Diese ordnete das Gericht den loss allocation rules zu, da sie die Verteilung des Schadens auf mehrere Gesamtschuldner regelten. Nachdem das Gericht die Anwendung der Neumeier-Regeln bereits auf jegliche Deliktskollisionsfälle ausgedehnt hatte,175 stellte das Gericht lediglich fest, dass auch im vorliegenden Fall diese Regeln im Rahmen der Interessenanalyse zur Anwendung gelangen würden. Hier lag ein true conflict vor, weil jeweils das Recht, in dem die Parteien ihr jeweiliges domicile hatten, diese Partei auch favorisierte.176 Das Gericht wendete daher die 2. Neumeier-Regel an und gelangte zum Recht des place of injury, also des Erfolgsortes. In der Entscheidungsbegründung führte das Gericht aus, Missouri habe ein berechtigtes Interesse daran, sein ausgewogenes Sozialsystem in Form der workers’ compensation zur Geltung zu bringen. Eine Inanspruchnahme des Beklagten auf Grund des New Yorker Rechts sei damit unvereinbar, insbesondere weil sich der Arbeitsunfall in Missouri ereignet hatte und nicht in New York. Die Richter betonten, dass die Anwendung des Rechts des Erfolgsortes im Allgemeinen fair sei, da die Parteien sich in den meisten Fällen freiwillig in dessen Geltungsbereich begeben hätten. Gleichwohl mussten die Richter eingestehen, dass dieses Argument im vorliegenden Fall nicht zutraf, weil Osgood sein geschäftliches Wirkungsfeld auf New York und Pennsylvania beschränkt hatte. Zudem war die fehlerhafte Maschine Jahre nach der Erstvermarktung gebraucht nach Missouri gelangt, ohne dass die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hatte. Als letztes Argument führte das Gericht die Erwartungen der Parteien ins Feld.177 Zwar habe Osgood die Anwendung des Rechts Missouris nicht vorhersehen können, jedoch sei im Jahr 1958, als die Maschine zum ersten Mal in den Verkehr gebracht worden war, unter dem damaligen New Yorker Recht ein Regress unter Gesamtschuldnern nicht vorgesehen gewesen. Zwar sei es zutreffend, dass die Parteien vor einer unfairen Inanspruchnahme geschützt werden müssten. Im vorliegenden Fall sei jedoch das Recht Missouris anzuwenden, weil dort die Verletzung der geschützten Rechtsgüter stattgefunden habe und die Gewähr einer Haftungsbefreiung sich am ehesten mit den verinnerlichten Erwartungen der Parteien im Hinblick auf die Rahmenbedingungen ihrer Geschäftstätigkeit vereinbaren lasse. 175 

Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 200 f., 491 N.Y. S.  90, 480 N.E.2d 679. Cooney v. Osgood Machinery, Inc., 81 N.Y.2d 66, 612 N.E.2d 277, 283; 595 N.Y.S.2d 919. Das Gericht wendete die 2. Neumeier-Regel an, obwohl diese für Fälle konzipiert worden war, in denen der Handlungsort und der Erfolgsort im selben Staat belegen sind. Ob die Einordnung unter die 2. Neumeier-Regel so richtig gewesen ist, kann hier dahinstehen, weil das Gericht den kollisionsrechtlichen Konflikt letztendlich mit einer ausführlichen Interessenanalyse auflöste und dabei eine wesentliche Besonderheit des Falles mitberücksichtigte. Kritisch dazu Hay/Borchers/Symeonides, §  17.32, 864. 177  Cooney v. Osgood Machinery, Inc., 81 N.Y.2d 66, 77. 176 

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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e)  Mixed approach seit 1993 Die New Yorker Rechtsprechung geht seit diesen drei berühmten Präzedenzfällen im Bereich des conflict of laws einen eigenen Weg, indem sie das anwendbare Recht in Deliktskollisionsfällen auch aus dem Bereich der Produkthaftung mit einer interest analysis in Kombination mit den Neumeier-Regeln ermitteln.178 Auch wenn eine interest analysis meistens im Zentrum der Entscheidungen steht, so fällt sie einmal detailliert179 und ein anderes Mal eher oberflächlich aus.180 Auffallend ist, dass sich in vielen Entscheidungen die folgenden Zwischenschritte für die Lösung der kollisionsrechtlichen Fragestellungen im Bereich des Deliktsrechts wiederfinden lassen.181 Der Court of Appeals spricht von einer zweistufigen Prüfung:182 1. Herausarbeitung des Konflikts und Benennung der signifikanten Anknüpfungspunkte: In der Regel stehen statutes oder das common law zweier Bundesstaaten im Konflikt, was das Gericht zunächst einmal herausarbeitet oder einfach feststellt. Dann werden die relevanten Anknüpfungspunkte ermittelt und es wird festgestellt, in welchen Bundesstaaten diese belegen sind. 2. Unterscheidung in Verhaltensnormen und schadensregulierende Regeln: Im Anschluss ordnen die Gerichte die streitentscheidende „Regel“ in eine der beiden Kategorien conduct regulating rule oder loss allocating rule/postevent remedial rule ein. Hier erfolgt die erste Weichenstellung. Wenn Verhaltensnormen oder verhaltenssteuernde Regeln streitgegenständlich sind, soll grundsätzlich die lex loci delicti-Regel zur Anwendung gelangen.183 Für alle übrigen Fälle, in denen es um die Schadensregulierung geht, gelten die Neumeier-Regeln.184 3. Anwendung der Neumeier-Regel: Wenn Aspekte der Schadensverteilung in Frage stehen, schließt sich ein weiterer Prüfungsschritt an. Hier prüfen die Gerichte, welche Neumeier-Regel für den Konflikt einschlägig ist. Schließlich werden die Interessen der berührten Rechtsordnungen ausführlich analysiert. Im Rahmen der interest analysis werden alle Anknüpfungspunkte im Kontext der Rechtsma178  New York wird folglich bis heute in die Gruppe jener Staaten eingeordnet, die zur Lösung von Kollisionsfällen im Bereich des Deliktsrechts moderne Ansätze kombinieren, Hay/Borchers/ Symeonides, §  2.20, 94 f., §  2.25, 116; Buchwalter/Neilson: NYJUR CONFLICTLW 2d ed. §  53‒57. 179  Heisler v. Toyota Motor Credit Corp., 884 F.Supp.  128, 129‒133 (S.D.N.Y. 1995); Mascarella v. Brown, 813 F.Supp.  1015, 1018‒1020 (S.D.N.Y. 1993); Mihalic ex rel. Estate of Johnson v. K-Mart of Amsterdam 363 F.Supp.  2d 394 (N.D.N.Y. 2005); Simon v. Philip Morris Inc., 124 F.Supp.  2d 46, 53 f., 71‒78 class action (E.D.N.Y. 2000); Tkaczevski v. Ryder Truck Rental, Inc., 22 F. Supp.  2d 169 (S.D.N.Y. 1998). 180  Mann v. Cooper Tire Company, 2003 WL 25594259 (N.Y.Supp.), 306 A.D. 2d 23 (2003); Kniery v. Cottrell, 873 N.Y.S.  2d 803 (2009). 181  Weinberger in NYPRODL 2d §  9:2; Am.L.Prod.Liab.3d, §  46:7. 182  Padula v. Lilarn Properties Corp., 84 N.Y.2d 519, 521 (1994). 183  Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 198; Cooney v. Osgood Machinery, Inc., 81 N.Y.2d 666, 612 N.E. 2d 277 (N.Y. 1993). Padula v. Lilarn Properties Corp., 84 N.Y.2d 519, 644 N.E. 2d 1001 (1994) veranschaulicht die Unterscheidung sehr gut. 184  Neumeier v. Kuehner, 31 N.Y.2d 121, 335 N.Y.S.2d 64, 286 N.E.2d 454 (9172), Hay, US-amerikanisches Recht, 105 Rn.  262.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

terie beleuchtet und auf ihre jeweilige Relevanz und Gewichtung hin untersucht. So kann der Richter entscheiden, welche Anknüpfungspunkte im konkreten Einzelfall primär berücksichtigt werden müssen. Im Interesse einer gerechten Einzelfallentscheidung werden dabei auch die Erwartungen der Parteien einbezogen. Darüber hinaus versuchen die Gerichte zu ermitteln, welche rechtspolitischen Wertungen der berührten Rechtsordnungen hinter den gegenläufigen „Regelungen“ stehen, um zu entscheiden, welcher Wertung im sachlichen Kontext des jeweiligen Einzelfalles der Vorrang einzuräumen ist. Zusätzlich werden gegebenenfalls public policy-Erwägungen mit einbezogen.

Beispielhaft sollen die nachfolgend dargestellten Fälle aus dem Bereich des Deliktskollisionsrechts die Entwicklung der letzten zwei Jahrzehnte, also nach der Entscheidung Cooney v. Osgood Machinery, Inc. verdeutlichen.185 Einige Fälle weisen Anknüpfungspunkte auf, die im Ausland belegen sind.186 Zur Veranschaulichung der interest analysis, mit deren Hilfe die New Yorker Richter die Kollisionsfälle lösen, seien einige Fälle hier zusammengefasst dargestellt. Kollisionsfälle aus dem Bereich der grenzüberschreitenden Produkthaftung werden gesondert behandelt. aa)  Fälle zu den conduct regulating rules In Padula v. Lilarn187 setzte sich der Court of Appeals mit der grundlegenden Unterscheidung in conduct regulating laws und loss allocating rules auseinander. In dem Fall ging es um mögliche Forderungen eines New Yorker Arbeiters gegen einen Grundstückseigentümer, auf dessen Grundstück in Massachusetts er von einem Ge185  Padula v. Lilarn Properties Corporation, 84 N.Y.2d 519 (1994) (Schadensersatzprozess eines New Yorker Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber wegen eines Arbeitsunfalls in Massachusetts); Heisler v. Toyota Motor Credit Corporation, 884 F.Supp.  128 (1995) (Autounfall, Fahrzeughalterhaftung); Sadkin v. Avis Rent a car, Inc., 224 A.D.2d 303 (1996) (Autounfall auf den Bahamas, deren Recht zur Anwendung gelangt); Van Dyke v. Columbia Machine Inc., 246 F.Supp.  2d 191 (2003) (Arbeitsunfall, Arbeitgeber soll mithaften, obwohl er bereits Ausgleichszahlungen an Arbeitnehmer gezahlt hat); Townes v. Cove Haven, 2004 WL 2403467 (2004) (tödlicher Badeunfall, punitive damages); Burnett v. Columbus McKinnon Corp., 887 NY.S.2d 405 (2009) (Arbeitsunfall, Vorschriften zum Mitverschulden und Haftungsbefreiung des Arbeitgebers stehen im Konflikt). 186  Barkinic v. General Administration of Civil Aviation of the People’s Republic of China, 923 F.2d 957 (2d Cir. 1991) (Flugzeugabsturz in China, Anwendung chinesischen Rechts zur Haftungsbeschränkung); Reach v. Pearson, 860 F.Supp.  141 (1994) (Autounfall zweier US-Amerikaner in Quebec, Anwendung New Yorker Rechts); Comer v. Titan Tool, Inc., 888 F.Supp.  605 (1995) (Klage von Hinterbliebenen wegen eines Arbeitsunfalls in Südafrika); Miller v. Bombardier, 872 F.Supp.  114 (1995) (Unfall zweier US-Amerikaner mit einem Schneemobil in Kanada, Schadensersatzklage gegen eine kanadische Firma, Anwendung der kanadischen Haftungsbeschränkung in Bezug auf Nichtvermögensschäden); Bodea v. Trans Nat Express, Inc., 286 A.D.2d 5 (2001) (Autounfall in New York von Personen mit unterschiedlichem domicile in Kanada); Koyombo v. Whiney Trucking, 2004 WL 2187181 N.Y.Sup.Ct. 2004 (Autounfall einer Kanadierin in New York); Silverman v. Rosewood Hotels, 2004 WL 1823634 (2004) (New Yorker Hotelgast klagt gegen US-amerikanische Hotelmanagement-Gesellschaft auf Schmerzensgeld wegen einer Verbrennung, die sie in der Sauna während ihres Hotelaufenthalts in Mexiko erlitten hatte. Anwendung des mexikanischen Rechts); King v. Car Rentals, Inc., 29 A.D.3d 205 (2006) (Autounfall in Kanada, Haftung auch für Nichtvermögensschäden); Butler v. Stagecoa Group, 72 A.D.3d 1581 (2010). 187  Padula v. Lilarn Properties Corp., 84 N.Y.2d 519, 644 N.E.2d 1001 (1994).

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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rüst gefallen war. Der Kläger berief sich auf die Anwendung New Yorker Rechts. Die Vorschriften aus dem New Yorker Arbeitsrecht enthielten eine strikte Haftung eines Grundstückeigentümers. Der Court of Appeals folgte dieser Einschätzung nicht und entschied, dass hier das Recht von Massachusetts zur Anwendung gelangen müsse, weil die streitgegenständlichen Normen eher als conduct regulating rules qualifiziert werden müssten und somit die lex loci delicti-Regel gelte. Dabei definierte das Gericht die loss allocating rules als solche Regeln, die den Haftungsumfang regeln, und gab folgende Beispiele, die alle unter diese Kategorie zu ordnen seien: immunity statutes, wrongful death statutes, vicarious liability statutes und contribution rules.188 Nach der Rechtsprechung gehören auch workers’ compensation rules in diese Kategorie.189 In Sadkin v. Avis,190 einem Fall des New Yorker Supreme Court, ging es um Ansprüche wegen eines tödlichen Autounfalls auf den Bahamas. Hier standen conduct regulating rules in Konflikt. Daher wendete das Gericht die lex loci delicti-Regel an, die zur Anwendung des Rechts der Bahamas führte. bb)  Fälle zur 1. Neumeier-Regel Die Babcock-Entscheidung191 ist das klassische Beispiel für die Anwendung des Rechts des common domicile beider Parteien. Bei der Einteilung von deliktischen Kollisionsfällen in Fallgruppen wird immer noch auf diesen Präzedenzfall Bezug genommen. In der New Yorker Rechtsprechung sind weitere Entscheidungen mit dem gleichen Fallmuster dazugekommen.192 Aus der jüngeren Zeit ist der Fall Levine v. Philip Morris193 interessant. In Levine v. Philip Morris verklagte eine Mutter, deren Tochter an Lungenkrebs gestorben war, den Tabakkonzern Philip Morris und machte diesen für den Tod ihrer Tochter verantwortlich. Ihre Tochter hatte als Jugendliche mit dem Rauchen begonnen, war davon abhängig geworden und mit 28 Jahren an den Folgen einer Lungenkrebserkrankung verstorben. Die Klägerin warf dem Beklagten, einem Tabakkonzern aus Virginia mit principal place of business in New York vor, durch irreführende Werbung die Gesundheitsrisiken des Rauchens verschwiegen zu haben. Insbesondere die Werbekampagnen Marlboro Country und Marlboro Man seien kreiert worden, um junge Menschen anzusprechen und zum Rauchen von Marlboro-Zigaretten zu verführen. Im Rahmen ihrer Klage stützte die Mutter ihr Klage188 

Padula v. Lilarn Properties Corp., 84 N.Y.2d 519, 522. Cooney v. Osgood Machinery, Inc., 81 N.Y.2d 66, 612 N.E.2d 277 (1993); Quintana v. Ciba-Geigy Corp., 96 Civ. 1301, 1997 WL 160308 (S.D.N.Y. 1997). 190  Sadkin v. Avis, 224 A.D.2d 303, 638 N.Y.S.2d 435 (1996). 191  Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d 473; 191 NE2d 279 (1963). 192  Fälle, die ein solches Fallmuster aufweisen, die jedoch vor dem Neumeier-Fall entschieden wurden, sind: Miller v. Miller, 22 N.Y.2d 12 (1968); Tooker v. Lopez, 24 N.Y.2d 569 (1969), Marcey v. Rozbicki, 221 N.E.2d 380 (N.Y. 1966). 193  Levine v. Philip Morris, No. 102765, 2004 WL 2334287 (N.Y. Supp. Sep.  22, 2004). 189 

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

begehren u. a. auf die Verletzung von §  349 des New Yorker General Business Law (GBL), wonach Täuschungen und Irreführungen im geschäftlichen Bereich verboten sind. Bei der Ermittlung, ob der hier in Frage stehende Anspruch nach einer Vorschrift aus dem kalifornischen Zivilprozessrecht verjährt war, musste das Gericht entscheiden, ob das New Yorker Recht oder das kalifornische Recht zur Anwendung gelange. Das Opfer war in New York aufgewachsen, wo sie als Jugendliche mit 13 Jahren anfing, Zigaretten der Marke Marlboro Lights zu rauchen. Die ersten Symptome der Krebserkrankung traten 1996 auf. Zu dieser Zeit lebte das Opfer in Kalifornien. Im Rahmen der Urteilsbegründung hielt das Gericht zunächst fest, dass in diesem Fall sowohl conduct regulating rules als auch loss allocation rules betroffen seien.194 Dazu führte das Gericht aus, es handele sich bei §  349 GBL um eine conduct regulating rule. Sinn dieser Verhaltensnorm sei es, Rechtsgutsverletzungen durch irreführende Werbung zu verhindern. Die Verjährungsvorschrift CCC §  1714.45 des damals gültigen kalifornischen Zivilprozessrechts ordnete das Gericht hingegen als loss allocating rule ein, weil diese Vorschrift die Schadensverteilung regle. Im Ergebnis entschied sich das Gericht für die Anwendung New Yorker Rechts. Dazu führte das Gericht aus, das vorwerfbare Verhalten des beklagten Tabakkonzerns habe in New York zu einem Zeitpunkt stattgefunden, als das Opfer dort mit dem Rauchen begonnen hatte. Der zwischenzeitliche Umzug nach Kalifornien sei im vorliegenden Fall irrelevant, da die Klägerin zumindest in der Zeit zwischen 1996 und ihrem Tod 1998 wieder in New York ihr domicile hatte, wo sie 1996 die Klage erhoben hatte, die ihre Erben fortsetzten. Des Weiteren verwies das Gericht auf die 1. Neumeier-Regel und betonte, die Anwendung des New Yorker Rechts sei gerechtfertigt, weil die Parteien ein common domicile dort hätten. Zwar sei Philip Morris eine Gesellschaft mit Sitz in Virginia. Entscheidend sei jedoch, dass Philip Morris seinen principal place of business in New York habe.195 Das Gericht stellte in seiner Entscheidung klar, wesentlich sei das domicile einer Partei zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses. Eine spätere Veränderung sei grundsätzlich irrelevant.196 Umgekehrte Babcock-Fallmuster In Schultz v. Boy Scouts of America, Inc. wendete der New Yorker Court of Appeals auf die Ansprüche gegenüber der Beklagten Boy Scouts das Recht des common domicile an, wobei das Gericht erläuterte, dass dieser Fall ein umgekehrtes Fall­ muster zu der Babcock-Entscheidung (das Recht am common domicile begünstigt den Schädiger gegenüber dem Recht am Tatort) aufweise, weil das common domi­

194 

Levine v. Philip Morris, No. 102765, 2004 WL 2334287, 5 (N.Y. Supp. Sep.  22, 2004). Levine v. Philip Morris, No. 102765, 2004 WL 2334287, 6 (N.Y. Supp. Sep.  22, 2004). 196  Levine v. Philip Morris, No. 102765, 2004 WL 2334287, 6 (N.Y. Supp. Sep.  22, 2004). 195 

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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cile in New Jersey liege, wohingegen der Tatort in New York belegen sei (das Recht am common domicile begünstigt den Schädiger gegenüber dem Recht am Tatort).197 1. Neumeier-Regel analog In Tkaczevski v. Ryder Truck Rental198 verklagte eine New Yorker Witwe mehrere Beklagte, die den Tod ihres Mannes fahrlässig verursacht hätten. Ihr Mann war in Pennsylvania von einem Lastkraftwagen (LKW) überfahren worden, als er eine Straße überquert hatte, an der ein Bus im Halteverbot gehalten und die Sicht für die Verkehrsteilnehmer eingeschränkt hatte. Das Gericht hob hervor, dass bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts jeder in Frage stehende Anspruch gegen jeden Beklagten einzeln geprüft werden müsse.199 Gegenüber dem Eigentümer des Busses, einer Gesellschaft aus Delaware mit principal place of business in Pennsylvania, kam das Gericht zur Anwendung der lex loci delicti-Regel, da die Haltevorschriften, gegen die der Busfahrer verstoßen hatte, eindeutig als conduct regulating rules einzuordnen waren. Der LKW gehörte einem Vermietungsunternehmen aus Florida, Ryder Truck Rental, Inc., das seinen Sitz in Florida hatte, und war an jenem Tag von einem Angestellten einer Firma aus New Jersey gefahren worden. Der Anspruch gegenüber der Beklagten Ryder betraf die Frage der Haftung als Eigentümer des LKWs. Sowohl das New Yorker Recht als auch das Recht in Florida kannten eine entsprechende Gefährdungshaftung entweder nach Gesetz oder nach common law, wohingegen das Recht Pennsylvanias eine solche Haftung nicht kannte. Somit standen die streitgegenständlichen Regelungen, die den Schadensausgleich betrafen, im Konflikt. Gegenüber der Beklagten Ryder wendete das Gericht im Ergebnis New Yorker Recht an. Da die Parteien aus unterschiedlichen Staaten stammten, sah das Gericht die Ausweichklausel der 3. Neumeier-Regel als einschlägig an und zog die 1. Neumeier-Regel in analoger Anwendung mit heran. Weil zwei der involvierten Rechtsordnungen, New York und Florida, eine Haftung kannten, wollte das Gericht ergänzend den Rechtsgedanken aus der 1. Neumeier-Regel mitberücksichtigen. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass beide Bundesstaaten die Kompensation geschädigter Unfallopfer als vorrangig erachteten und den Fahrzeugeigentümern die wirtschaftlichen Risiken von Verkehrsunfällen aufbürdeten. Pennsylvania hingegen habe kein Interesse, die Entschädigung von Prozessparteien mit domicile in einem anderen Staat zu begrenzen. Da alle Parteien letztlich Berührungspunkte zu New York aufwiesen, entschied sich das Gericht für die Anwendung dieses Rechts. Auch seien damit die Erwartungen der Parteien mitberücksichtigt worden.

197 

Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y. 2d 189, 199, 480 N.E.2d 679, 686 (1985). Tkaczevski v. Ryder Truck Rental, 22 F.Supp.  2d 169 (S.D.N.Y. 1998). 199  Tkaczevski v. Ryder Truck Rental, 22 F.Supp.  2d 169, 172 (S.D.N.Y. 1998). 198 

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

cc)  Fälle zur 2. Neumeier-Regel (1)  Erster Teil der 2. Neumeier-Regel Der Fall Miller v. Bombardier 200 basiert auf einem Unfall, der sich in Quebec während eines Ausflugs mit einem Schneemobil ereignete. Die Kläger, die Eheleute Miller, stammten aus Connecticut. Miller arbeitete als Unternehmensberater in New York. Die Beklagte Bombardier ist eine kanadische Gesellschaft. Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Januar 1992 nahmen Miller und seine Kollegen bei Bombardier in Kanada einen geschäftlichen Termin wahr. Bombardier hatte einen Ausflug mit Schneemobilen organisiert. Obwohl zu Beginn des Ausflugs Miller und seine Kollegen eine praktische Einführung in die Bedienung der Fahrzeuge erhielten, rammte ein Kollege das Fahrzeug von Miller während des Ausflugs und verletzte ihn schwer. Die Eheleute Miller verlangten nunmehr Schadensersatz von Bombardier, u. a. auch für Nichtvermögensschäden wegen loss of consortium, und warfen Bombardier fahrlässiges Verhalten vor. Das kanadische Recht sah den Ersatz von Nichtvermögensschäden nicht vor, wohingegen das Recht Connecticuts einen solchen Schadensersatz kannte. Das Gericht hielt zunächst fest, dass es hier um loss allocating rules gehe. Sodann wendete es die 2. Neumeier-Regel an, da die Parteien aus zwei verschiedenen Staaten stammten und das Recht Connecticuts den Geschädigten und das kanadische Recht den Schädiger favorisierte. Da das angeblich fahrlässige Verhalten Bombardiers in Kanada stattgefunden hatte, wo Bombardier seinen Sitz hatte, und das kanadische Recht beklagtenfreundlich war, weil es die Haftung für Nichtvermögensschäden nicht zuließ, kam das Gericht zur Anwendung kanadischen Rechts. In seiner Urteilsbegründung hob das Gericht zudem hervor, dass dieses Ergebnis fair sei, da sich beide Parteien freiwillig dem Geltungsbereich kanadischen Rechts ausgesetzt hätten. Das Gericht hielt die Anwendung kanadischen Rechts auch für die Ansprüche von Ms. Miller gerechtfertigt, auch wenn sie sich nicht freiwillig dem Geltungsbereich kanadischen Rechts ausgesetzt hatte. Ihre Ansprüche würden jedoch aus den in Kanada erlittenen Verletzungen ihres Mannes resultieren, wobei sich ihr Mann freiwillig in den Geltungsbereich des kanadischen Rechts begeben habe.

200  Miller v. Bombardier, 872 F.Supp.  114 (1995); weitere Fälle mit diesem Fallmuster sind: Kranzler v. Austin, 189 Misc.2d 369, 732 N.Y.S.2d 328 (N.Y.Sup. App. Term 2001), Autounfall, Anwendung des beklagtenfreundlichen New Yorker Rechts; Feldman v. Acapulco Princess Hotel, 137 Misc.2d 878, 520 NYS 2d 477 (N.Y. Sup.Ct. 1987), Anwendung des mexikanischen Rechts für die Schadensbegrenzung; Barkanic v. General Adm’ of civil Aviation of the People’s Republic of China, 923 F.2d 957 (2d Cir. 1991), Anwendung chinesischen Rechts für die Schadensbegrenzung; Mascarella v. Brown, 813 F.Supp.  1015 (S.D.N.Y. 1993), wrongful death action, die aus einem Arzthaftungsfall resultiert, Anwendung des beklagtenfreundlichen New Yorker Rechts; Venturini v. Marble & Granite Corp., 1995 WL 606281 (S.D.N.Y. 1995), Gesamtschuldnerregress gegen einen Arbeitgeber.

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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(2)  Zweiter Teil der 2. Neumeier-Regel Mihalic v. K-Mart of Amsterdam, N.Y.201 war ein Regressprozess gegen einen Arbeitgeber. Ursprünglich hatte die Witwe, Mihalic, aus Pennsylvania gegen einen Generalunternehmer und dessen verschiedene Subunternehmer geklagt. Ihr Mann war während der Ausführung eines Arbeitsauftrages in New York tödlich verunglückt. Dieser hatte für seinen Arbeitgeber, die Warehouse By Design, Inc. (WBD), einer Gesellschaft aus Pennsylvania, auf einer Baustelle in New York als Schweißer gearbeitet und war dabei 30 Fuß in die Tiefe gestürzt und später seinen Verletzungen erlegen. Den Auftrag für diese Schweißarbeiten hatte die WBD von der Firma Torbeck Industries, Inc., aus Ohio erhalten. Diese war wieder Subunternehmer des Generalunternehmers, Siemens Dematic, Corp. Die Witwe hatte in ihrem Rechtsstreit davon abgesehen, auch den Arbeitgeber ihres Mannes, die WBD, zu verklagen. Daraufhin verkündeten die Beklagten der Arbeitgeberin des Opfers, der WBD, den Streit und forderten im Wege des Regresses ihre Haftungsbeteiligung. In diesem Rechtsstreit stellte sich nunmehr die kollisionsrechtliche Frage nach dem anwendbaren Recht für die jeweiligen Ansprüche. Die Beklagten beriefen sich auf die Anwendung des New Yorker Arbeitsrechts, das eine solche Haftungsbeteiligung des Arbeitgebers bei schwersten Verletzungen des Arbeitnehmers zuließ.202 Die WBD berief sich auf das Recht Pennsylvanias, wonach eine solche Beteiligung im vorliegenden Fall ausgeschlossen war. Das Gericht stellte fest, im vorliegenden Rechtsstreit seien loss allocating rules streitgegenständlich, und es kam zur Anwendung der Neumeier-Regeln. Das Gericht differenzierte zwischen den Neumeier-Regeln hinsichtlich der jeweiligen Ansprüche. Für die Ansprüche der Beklagten Siemens (New York) gegenüber WBD (Pennsylvania) sah es die zweite Neumeier-Regel als einschlägig an. Die Parteien stammten aus zwei verschiedenen Bundesstaaten, wobei die betroffenen Rechtsordnungen jeweils ihre Partei favorisierten. Pennsylvania sah keine Haftung der WBD vor, wohingegen New York Siemens einen Anspruch gegen die WBD gab. Das Gericht las in die 2. Neumeier-Regel eine Präferenz zugunsten der lex loci delicti-Regel hinein und wendete das New Yorker Recht an, weil dort das schädigende Verhalten stattgefunden hatte.203

201 

Mihalic v. K-Mart of Amsterdam, N.Y., 363 F.Supp.  2d 394 (N.D.N.Y. 2005). Cooney v. Osgood Machinery, Inc., 81 N.Y.2d. 66, 612 N.E.2d. 277 (1993) hatte der New Yorker Gesetzgeber reagiert und die Haftungsbeteiligung des Arbeitgebers nur noch für Fälle zugelassen, in denen der Arbeitnehmer besonders schwer verletzt wurde, vgl. N.Y. Workers Comp. Law §  11. 203  Ob die Anwendung der 2. Neumeier-Regel im vorliegenden Fall richtig war, wird in der Literatur bezweifelt, weil das Gericht die Regel sehr vereinfacht hat. Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution in the Courts: Today and Tomorrow, 298 Hague Academy of International-Law Recueil des Cours 1, 136‒144 (2003). 202 Nach

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

dd)  Fälle zur 3. Neumeier-Regel (1)  Grundsatz lex loci delicti Heisler v. Toyota Motor Credit Corporation204 ist ein interlokaler Deliktsfall, der auf einen Autounfall in New Jersey zurückgeht. Ein Kläger aus New York hatte Verletzungen erlitten, als sein Wagen mit einem Fahrzeug kollidierte, das einer Leasinggesellschaft mit Sitz in Kalifornien gehörte. Der Kläger forderte Schadensersatz auch für immaterielle Schäden von dem kalifornischen Leasinggeber. Das New Yorker Recht sah eine Haftung des Fahrzeugeigentümers für immaterielle Schäden vor, wohingegen das Recht New Jerseys eine solche Haftung nur eingeschränkt zuließ. Die betreffenden Regelungen, die das Gericht als loss allocating rules einordnete, standen somit im Konflikt. Unter Berufung auf die 3. Neumeier-Regel entschied das Gericht sich für die Anwendung der lex loci delicti-Regel, wobei es die Anwendung der Ausweichklausel der 3. Neumeier-Regel ablehnte, weil keine überragend wichtigen Erwägungen für die Anwendung New Yorker Rechts ersichtlich gewesen seien. (2)  Abweichung von der lex loci delicti-Regel King v. Car Rentals, Inc.205 gehört zu den neueren Entscheidungen, in denen die Appellate Division des New Yorker Supreme Court die Abweichung von der lex loci delicti-Regel sorgfältig geprüft hat. Dieser Fall beruht auf einem Autounfall, den zwei Bürger aus New York in Quebec mit einem Mietfahrzeug erlitten hatten. Kläger war der verletzte Beifahrer, der von dem Fahrer und der Vermietungsfirma den Ersatz von Nichtvermögensschäden verlangte. Der Beifahrer und der Fahrer waren Kommilitonen aus New York, die sich für einen Wochenendausflug verabredet hatten. Der Fahrer hatte den Wagen in New Jersey von einem dort ansässigen Autoverleih angemietet, weil die Rate dort günstiger war als in New York. Der Wagen war in New Jersey zugelassen und versichert. Es ergaben sich zwei kollisionsrechtliche Fragestellungen. Zunächst prüfte das Gericht, ob der Kläger den Ersatz von Nichtvermögensschäden geltend machen konnte. Sowohl das Recht New Yorks als auch das New Jerseys sahen dies vor. Das kanadische Recht kannte einen solchen Schadensersatz nicht, weil das Gesundheitssystem einem Unfallopfer in Quebec einen Schadensausgleich für medizinische Behandlungen, Verlust von Arbeitseinkommen und Schmerzensgeld bis zu 20.000 Dollar zugestand. Das Gericht entschied sich für den Ausgleich der Nichtvermögensschäden nach US-amerikanischem Recht und führte aus, Kanada habe kein Interesse, den Schadensausgleich zwischen zwei US-Amerikanern zu regeln. Bezüglich der Haftung des Eigentümers des gemieteten Personenkraftwagens (PKW) stellte das Gericht zunächst fest, dass es sich bei der vicarious liability 204  205 

Heisler v. Toyota Motor Credit Corp., 884 F.Supp.  128 (S.D.N.Y. 1995). King v. Car Rentals, Inc., 29 A.D.3d 205, 813 N.Y.S.2d 448 (N.Y. A.D. 2 Dept. 2006).

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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um loss allocating rules handele und somit vorliegend die 3. Neumeier-Regel anzuwenden sei. Sodann zog das Gericht die Anwendung der lex loci delicti-Regel in Zweifel. Der einzige Anknüpfungspunkt zum kanadischen Recht sei der Umstand, dass sich dort der Unfall ereignet habe. Die Anwendung kanadischen Rechts erschien dem Gericht im vorliegenden Fall daher nicht sachgemäß. Es machte im Ergebnis von der Ausweichklausel Gebrauch und entschied sich für die Anwendung des Rechts von New Jersey. Sodann prüfte das Gericht, ob der Kläger überhaupt einen Anspruch gegen die Vermietungsfirma habe. Das kanadische Recht kannte eine Haftung des Fahr­zeug­ eigentümers nicht. Das Recht von New Jersey sah eine Haftung nur vor, wenn der Eigentümer sich das Verhalten des Fahrers zurechnen lassen musste, z. B. auf Grund einer Stellvertretung oder eines Dienstverhältnisses. Beides lag hier nicht vor. Demgegenüber schreibt das New Yorker Recht eine solche Haftung in §  388 (1) Vehicle and Traffic Law gesetzlich vor. Eine so weitreichende Haftung ist in den Vereinigten Staaten einmalig.206 Im vorliegenden Fall war der Wagen in New Jersey zugelassen und versichert. Aber der ausschlaggebende Faktor war, dass der mitbeklagte Fahrer den Wagen aus Kostengründen in New Jersey angemietet hatte. Die Gesamtschau der Anknüpfungspunkte, die alle in New Jersey belegen waren, ließ die Anwendung des Rechts von New Jersey als gerecht erscheinen. In seiner Begründung betonte das Gericht sogar, dass die Parteien möglicherweise erkannt hätten, dass der niedrigere Haftungsmaßstab der Grund für den geringeren Mietpreis des Wagens sei, wenn sie sich im Voraus über kollisionsrechtliche Fragen Gedanken gemacht hätten. Im Übrigen stehe die Anwendung des Rechts von New Jersey im Ergebnis auch mit dem Ziel der Funktionsfähigkeit des nationalen Rechtsverkehrs im Einklang und führe nicht zu Rechtsunsicherheit. Denn hier wurde dem Interesse New Jerseys, in seinem Staat ansässige Firmen vor einer unangemessenen Haftungserweiterung zu schützen, der Vorrang eingeräumt gegenüber den Interessen von New York, das bezüglich der Haftung von Fahrzeugeigentümern eine in den USA einmalige Regelung getroffen hat. 2.  Die Entwicklung der Rechtsprechung im Kollisionsrecht der grenzüberschreitenden Produkthaftungsfälle a)  Die Anwendung der interest analysis zur Lösung von grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen Seit der Abkehr von der traditionellen lex loci delicti-Regelung wird zur Lösung von Kollisionsfällen im Bereich der Produkthaftung die interest analysis angewendet.207 Mangels spezieller Leitlinien für Kollisionsfälle im Bereich der Produkthaftung 206  King v. Car Rentals, Inc., 29 A.D.3d 205, 217 f. 813 N.Y.S.2d 448, 457‒459 (N.Y.A.D. 2 Dept. 2006). 207  Cooney v. Osgood Machinery, Inc., 81 N.Y.2d 66, 72, 595 N.Y.S.2d 919, 922, 612 N.E.2d 277, 280 (1993); Weinberger NYPRODL §  9:2, §  9:3; Owen/Davis on Prod. Liab. §  30:5.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

greifen die Gerichte zur Lösung von komplexen Fragestellungen wie z. B. im Rahmen von mass tort litigation-Verfahren immer wieder auf die Leitprinzipien aus der Babcock-Entscheidung zurück.208 Die interest analysis verfestigte sich insofern in der Praxis auch bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts in grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen. Im Zentrum der interest analysis steht die Frage, welches Rechtsanwendungsinteresse der berührten Rechtsordnungen vorrangig zu berücksichtigten ist. b)  Case law Aus den Jahren nach der Entscheidung des Court of Appeals Cooney v. Osgood Machinery, Inc. lassen sich auch Kollisionsfälle aus dem Bereich der Produkthaftung finden.209 Im Folgenden sind wichtige Fälle skizziert. aa)  Interlokale Produkthaftungsfälle (1)  Champlain Enterprises, Inc. v. United States In Champlain Enterprises, Inc. v. United States of America and Beech Aircraft Comp.210 machte die Käuferin eines Kleinflugzeugs, eine New Yorker Gesellschaft, Produkthaftungsansprüche aus negligence und strict liability gegenüber dem Hersteller, einer Gesellschaft aus Kansas, geltend. Das fehlerhafte Flugzeug war von dem Hersteller in Kansas gebaut worden. Der Hersteller hatte das Flugzeug auch in Kansas an die Käuferin verkauft. Der Handlungs- und der Erwerbsort waren somit Kansas. Die Klägerin hatte das Flugzeug direkt beim Hersteller erworben und es selber betrieben, als es am 3. Januar 1992 im Bundesstaat New York abstürzte. Der Erfolgsort lag somit in New York. Der Kaufvertrag beinhaltete eine Rechtswahl208 

Simon v. Philip Morris, Inc., 124 F.Supp.  2d 46, 54, 58 (E.D.N.Y. 2000). Braune v. Abbot Labs, 895 F.Supp.  530 (E.D.N.Y. 1995); Champlain Enterp., Inc. v. United States, 945 F.Supp.  468 (N.D.N.Y. 1996); Smith v. Bell Sports, Inc., 934 F.Supp.  70 (W.D.N.Y. 1996); Monroe v. Numed Inc., 250 A.D.2d 20, 680 N.Y.S.  2d 707 (1998); Richardson v. Michelin North America, Inc., 1998 WL 135804 (W.D.N.Y.); Carulo v. John Crane, Inc., 226 F.3d 46 (2nd Cir. 2000); Chrabas v. A.P. Green, 273 A.D. 2d 863, 709 N.Y.S.  2d 284 (2000); Simon v. Philip Morris, Inc., 124 F.Supp.  2d 46 (E.D.N.Y. 2000); Armata v. Abbott Laboratories, 298 A.D.2d 90, 747 N.Y.S.2d 863 (2002); Devore v. Pfizer, Inc., 58 A.D.3d 138, 867 N.Y.S.2d 425 (2008); Burnett v. Columbus McKinnon Corp., 69 A.D.3d 58, 887 N.Y.S.2d 405 (2009). Internationale: Esco Fasteners v. Korea Hinomoto Co. 928 F.Supp.  252 (1996); Godfrey, Lowe, Beckmann v. Eli Lilly, 223 A.D.2d 427, 636 N.Y.S.  2d 338 (1996); Kramer v. Showa Denko KK, 929 F.Supp.  733 (1996); Batruk v. Mitsubishi Motors Corporation 1998 WL 307383 (S.D.N.Y. 1998); Thomson v. Nishimoto Trading Co., Ltd., 180 Misc.2d 466, 689 N.Y.S.  2d 858 (N.Y.Supp.  1999); In re Rezulin Products Liability Litigation Zanchini v. Pfizer, 2002 WL 553268 (2002) forum non conveniens-Fall; Mann v. Cooper Tire Company., 306 A.D.2d. 23, 761 N.Y.S.2d 635 (2003); Adamu v. Pfizer, Inc., 2005 WL 3018264 (S.D.N.Y. 2005); Playwell Toy, Inc., K-Mart Corporation v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc., 2007 WL 2892 031 (W.D.N.Y. 2007). 210  Champlain Enterprises, Inc. v. United States of America and Beech Aircraft Comp., 945 F.Supp.  468 (N.D.N.Y. 1996). 209 Interlokale:

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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klausel. Von dessen Wortlaut211 waren deliktische Ansprüche indes nicht erfasst. Die Kläger beriefen sich auf die Anwendung des Rechts von Kansas, das auch den Ersatz des Schadens am Produkt selbst sowie den Ersatz von Vermögensschäden vorsah, wohingegen die Beklagte sich auf die Anwendung des New Yorker Rechts berief, das einen solchen Schadensersatz nicht kannte. Der United States District Court ermittelte anhand des New Yorker Kollisionsrechts das anwendbare Recht. Dabei griff das Gericht auf die in Padula v. Lilarn Properties Corp. vom New Yorker Court of Appeals entwickelte zweistufige Prüfungsreihenfolge zurück,212 indem es zunächst die Anknüpfungspunkte auf ihre Relevanz hin untersuchte und jeweils prüfte, in welchem Staat sie belegen waren. Auf der zweiten Stufe ermittelte das Gericht, ob die streitgegenständlichen Regeln Verhaltensnormen waren oder schadensregulierenden Charakter hatten. In Champlain Enterprises, Inc. begann das New Yorker Gericht mit der Untersuchung, ob die streitgegenständlichen Regelungen zur product liability und negligence als conduct regulating rules oder als loss allocation rules zu qualifizieren seien, um die relevanten Anknüpfungspunkte zu ermitteln. In diesem Zusammenhang führte das Gericht aus, die Haftungsregelungen zur product liability und negligence hätten sowohl verhaltenssteuernde als auch schadensregulierende Aspekte, und gestand ein, dass eine Einordnung in die eine oder andere Kategorie schwierig sei.213 Daher versuchte es, die relevanten Anknüpfungspunkte näher einzukreisen. Sowohl New York als auch Kansas hatten ein berechtigtes Interesse an einem sicheren Flugverkehr in ihren Staaten. Deshalb musste das Gericht nunmehr den Anknüpfungspunkt mit der größten Relevanz finden. Das Gericht betrachtete dazu die Wertungen der Gerichte aus früheren Entscheidungen zu dieser Frage. Es stellte fest, dass in split domicile-Fällen der Erfolgsort (locus of the tort) besonders relevant sei, wenn conduct regulating rules im Spiel seien. Seien in split domicile-Fällen loss allocation rules streitgegenständlich, so komme dem jeweiligen domicile der Partei211  „[…] this Agreement shall be governed by the laws of the State of Kansas“, Champlain Enterprises, Inc. v. United States of America and Beech Aircraft Comp., 945 F.Supp.  468, 471. Das Gericht betonte, dass die New Yorker Rspr. Rechtswahlklauseln grds. offen gegenüberstehe. 212  Der Court of Appeals spricht von einer zweistufigen Prüfung: Padula v. Lilarn Properties Corp., 84 N.Y. 2d 519, 521 (N.Y. 1994): 1. Herausarbeitung des Konflikts und Benennung der signifikanten Anknüpfungspunkte und 2. Unterscheidung in Verhaltensnormen und schadensregulierende Regeln. Stellt das Gericht fest, dass loss allocation rules streitgegenständlich sind, so kommt eine weitere Stufe hinzu: 3. Anwendung der Neumeier-Regeln. 213  „Applying the second prong of New York’s interest test first, it is clear that the purpose of negligence and product liability laws is to both regulate conduct and allocate loss […]. In essence, all laws regulate conduct to some degree. Even ,purelyʻ loss allocative laws affect conduct indi­ rectly by acting as punishment and/or incentive. To classify a law as one or the other is in large degree an arbitrary determination. For example, the products liability and negligence standards at issue here regulate conduct, but the potential limitation on damages serves a loss allocation function. Simply labeling the law in question as loss-allocative or conduct regulating does not end the inquiry.“

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

en eine bedeutende Rolle für die Anknüpfung zu. Doch auch diese Erkenntnis half den Richtern bei der Suche nach einer angemessenen Anknüpfung nicht weiter. Bei Flugzeugunfällen ist der Erfolgsort zufällig, sodass sich das anwendbare Recht nicht einfach durch die pauschale Anwendung dieser Grundsätze bestimmen lässt. Deshalb hoben die Richter hervor, dass bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts auch die Produktart berücksichtigt werden müsse. „Mobile“ Produkte, mit denen Menschen oder Sachen transportiert werden, kommen zwangsläufig mit verschiedenen Rechtsordnungen in Berührung. Bei Unfällen mit einem Produkt dieser Art sei der Erfolgsort meistens zufällig. Folglich sei eine Anknüpfung an den Erfolgsort nicht angemessen.214 Aus diesem Grund stellten die Richter in der Entscheidung Champlain Enterprises, Inc. auf den Handlungsort (place of causative misconduct) als place of wrong ab. Dieser sei dort, wo das letzte Ereignis stattfinde, das die Haftung auslöse.215 In grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen sei dies der Ort der Herstellung des fehlerhaften Produktes.216 Das defekte Flugzeug war in Kansas gebaut worden, sodass das Gericht befand, dass Kansas im vorliegenden Fall ein vorrangiges Rechtsanwendungsinteresse habe. Folglich kam das Gericht zur Anwendung des Rechts von Kansas für die deliktischen Ansprüche der Kläger. (2)  Monroe v. Numed, Inc. In dem Fall Monroe v. Numed, Inc.217 verklagte ein aus Florida stammendes Elternpaar den New Yorker Hersteller eines fehlerhaften Ballonkatheters auf Schmerzensgeld. Seine Tochter war im Januar 1994 in einem Krankenhaus in Florida während einer Herzoperation gestorben, als ihr der Ballonkatheter eingesetzt worden war. Der schadenstiftende Herzkatheter war von der Beklagten in New York hergestellt worden. Das Recht Floridas sah einen Ersatz von immateriellen Schäden der Eltern als Folge des Verlusts ihrer Tochter vor. Das New Yorker Recht versagte den Ersatz von immateriellen Schäden. Die Richter der Appellate Division des Supreme Court hoben hervor, die berührten Rechtsordnungen enthielten gegenläufige loss allocation rules, die jeweils „ihre Partei“ begünstigten. Daher sei die 2. Neumeier-Regel anzuwenden. Diese besagt verkürzt: Handelt der Ersatzpflichtige in seinem Staat, nach dessen Recht er nicht haftet, dann ist dieses Recht anzuwenden. Handelt er hingegen in dem Staat, in dem der Geschädigte sein domicile hat, so haftet der Ersatzpflichtige, wenn das dortige Recht eine solche Haftung vorsieht.218 Die Kläger 214  Champlain Enterprises, Inc. v. United States of America and Beech Aircraft Comp., 945 F.Supp.  468, 472. 215  Champlain Enterprises, Inc. v. United States of America and Beech Aircraft Comp., 945 F.Supp.  468, 473 quoting Pescatore v. Pan Amer. World Airways, 97 F.3d 1, 13 (2d Cir. 1996), Schulz v. Boy Scouts of America, Inc., 491 N.Y.S.2d 94 (1985). 216  „[…] the place of the wrong for purposes of New Yorks’s lex loci delicti rule is considered to be the place where the last event necessary to make the actor liable occurred“, 945 F.Supp.  468, 473 quoting Carlenstolpe v. Merck & Co., 638 F.Supp.  901, 910 (S.D.N.Y. 1986). 217  Monroe v. Numed, Inc., 250 A.D.2d 20, 680 N.Y.S.2d 707 (1998). 218  Monroe v. Numed, Inc., 250 A.D.2d 20, 22, 680 N.Y.S.2d 707, 708 (1998).

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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und ihre verstorbene Tochter hatten ihr domicile in Florida, wo der Herzkatheter eingesetzt worden war. Der Erfolgsort (place of wrong) im Sinne des place of injury war somit in Florida. Das Recht Floridas sah eine Entschädigung der Kläger auf Grund von wrongful death statutes vor. Die Richter entschieden, dass der Beklagte nach dem Recht von Florida haften müsse. Dieses Ergebnis untermauerte das Gericht mit dem Verweis auf die entsprechenden Parteierwartungen. Die Kläger hatten ihre Tochter in Florida ärztlich behandeln lassen. Sie vertrauten darauf, dass ihre Rechtsgüter nach den Grundsätzen dieses Bundesstaates geschützt würden. Der Hersteller des Herzkatheters, der seinen Geschäftssitz in New York hatte, vertrieb seine Produkte in allen 50 Bundesstaaten der USA. Er musste daher damit rechnen, nach den gegebenenfalls strengeren Haftungsmaßstäben anderer Bundesstaaten zu haften.219 Die Appellate Division des Supreme Court lokalisiert den place of wrong im Jahr 1998 in seiner Entscheidung Monroe anders, als der United States District Court des Northern District es zuvor im Jahr 1996 in seiner Entscheidung Champlain Enterprises, Inc. getan hatte. In beiden Entscheidungen waren die schadenstiftenden Produkte für die Vermarktung und den Gebrauch auch außerhalb des Herstellungsstaates bestimmt. Im Fall Monroe hatte ein fehlerhaftes Medizinprodukt zu dem Schaden geführt. Im Fall Champlain Enterprises, Inc. war es ein fehlerhaftes Flugzeug. Die Richter der Appellate Division des Supreme Court wendeten in Monroe die 2. Neumeier-Regel an und kamen zu dem Ergebnis, dass die Anwendung des Rechts am Erfolgsort im Sinne des place of injury in Anbetracht der überwiegend in Florida belegenen Anknüpfungspunkte auch für den schadenstiftenden Katheter gerechtfertigt war, wohingegen der Richter des United States District Court im Falle des schadensursächlichen Flugzeugs die Anwendung des Rechts am place of wrong für unbefriedigend erachtete und für Fälle die Produktgattung „mobiler Produkte“, die für den Transport von Passagieren eingesetzt wurden, für die Anwendung des Rechts am Handlungsort plädierte.220 Die Entscheidungen zeigen, wie flexibel die Richter die Anknüpfungspunkte mit Hilfe der interest analysis gewichten können. Dies ermöglicht ihnen, den Besonderheiten des Falles, der jeweiligen Produktgruppe und den involvierten Interessen der beteiligten Parteien und Staaten im Einzelfall bestmöglich gerecht zu werden. In Monroe v. Numed, Inc. war das schadenbringende Produkt von Anfang an für die Verwendung bei einem Patienten bestimmt.221 Das Opfer gehörte zu einem bestimmbaren Personenkreis. Die Herzklappe kam seiner Bestimmung gemäß mit dem Geschädigten in Berührung. Insofern handelt es sich bei dem Opfer nicht um eine völlig unbeteiligte dritte Person, einen innocent bystander. Im vorliegenden 219 

Monroe v. Numed, Inc., 250 A.D.2d 20, 22, 680 N.Y.S.2d 707, 708 (1998). lässt die Entscheidung eine genaue Auseinandersetzung mit den Neumeier-Regeln vermissen. 221  Die defekte Herzklappe wurde von einem Krankenhaus gekauft und war dafür bestimmt, bei einem Patienten eingesetzt zu werden. 220  Leider

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

Kollisionsfall standen loss allocation rules im Konflikt. Die Richter kamen unter Anwendung des zweiten Teils der 2. Neumeier-Regel zur Anwendung des Rechts des Staates, in dem die Geschädigte ihr domicile hatte. Das Recht Floridas kannte den Ersatz von immateriellen Schäden. Es fallen zwei Besonderheiten bei der Anwendung der 2. Neumeier-Regel auf. Sowohl der erste als auch der zweite Teil der Regel beruhen auf einer Kumulation von Anknüpfungspunkten. Im ersten Teil der Neumeier-Regel sind es das domicile des Haftenden und der Handlungsort (place where the causative conduct occured). Im zweiten Teil der Neumeier-Regel müssen der place where the causative conduct occured und der place of injury kumulativ in dem Staat belegen sein, in dem der Geschädigte sein domicile hat. Zudem spielt es nach den beiden Kollisionsregeln eine Rolle, ob das berufene Recht jeweils geschädigtenfreundlich oder herstellerfreundlich ausgerichtet ist. Im Ergebnis wurde das Recht des Staates angewendet, in dem zwei Anknüpfungspunkte, domicile und place of wrong, kumulativ vorlagen. (3)  Class action: Simon v. Philip Morris222 Für class actions ist die kollisionsrechtliche Ermittlung des anwendbaren Rechts eine besondere Herausforderung. Typischerweise klagt in sogenannten mass desaster- oder mass tort-Fällen eine Vielzahl von Geschädigten gegen einen oder mehrere Beklagte. Der New Yorker Court of Appeals hatte bislang noch keine Gelegenheit, sich zu kollisionsrechtlichen Fragen in einem complex litigation-Verfahren zu äußern. Insofern ist die Rechtsfortbildung in diesem Bereich noch nicht abgeschlossen.223 Daher sei an dieser Stelle auf die Entscheidung Simon v. Philip Morris, Inc., verwiesen, in der Judge Weinstein einen ausführlichen Überblick über die Rechtsentwicklung des New Yorker conflict of law gibt.224 222 

Simon v. Philip Morris, Inc., 124 F.Supp.  2d 46 (2000). Der wissenschaftliche Diskurs für kollisionsrechtliche Lösungsansätze in complex litigation-Verfahren ist in vollem Gange. Eine Darstellung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Insofern sei an dieser Stelle auf weiterführende Publikationen zu der Thematik verwiesen: Davis, 77 OR.L.Rev. 157, 219‒223 (1998); Issacharoff, 106 Colum.L.Rev. 1839 (2006); Juenger, 1989 U.Ill.L.Rev. 105 (1989); Kramer, 71 N.Y.U.L.Rev. 547 (1996); Mullenix, Mass Tort Litigation (St. Paul 2008), 1332‒1357 (Chap. VII); Partridge/Miller, 74 Tul.L.Rev. 2125 (2000); Nafziger, 54 La.L.Rev. 1001, 1013 (1994); Phair, 67 U.Chi.L.Rev. 835 (2000). 224  Simon v. Philip Morris, Inc., 124 F.Supp.  2d 46 (E.D.N.Y.2000). In diesem Verfahren ging es um eine bundesweite class action gegen US-amerikanische Tabakkonzerne aus New York, North Carolina und Kentucky. Die Kläger stammten aus verschiedenen Bundesstaaten, hatten jahrzehntelang Zigaretten der beklagten Herstellerfirmen geraucht und waren entweder selbst an Lungenkrebs erkrankt oder hatten einen Angehörigen durch Lungenkrebs verloren. Sie warfen den Beklagten vor, die Gefährlichkeit des Rauchens verheimlicht zu haben, und forderten nunmehr compensatory und punitive damages von den Tabakkonzernen. Zwei Beklagte hatten ihr principal place of business und ihr Headquarter in New York. Die Beklagten erzielten einen erheblichen Absatz in New York. Zudem behaupteten die Kläger, dass die Beklagten sich bezüglich ihrer Kommunikationsstrategie gegenüber der Öffentlichkeit in New York abgesprochen hätten. Auf Grund dieser Berührungspunkte zu New York wendeten die Richter das Recht von New York an. 223 

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(4)  Devore v. Pfizer, Inc. In Devore v. Pfizer, Inc.225 verklagten drei Geschädigte aus Michigan das US-amerikanische Pharmaunternehmen Pfizer, Inc. mit Geschäftssitz in New York. Die Kläger litten an diversen Nebenwirkungen infolge der Einnahme des Medikaments Lipitor, welches cholesterinsenkend wirkt. Daher machten die Kläger u. a. Produkthaftungsansprüche wegen design defects und Instruktionsfehlern (failure to warn) gegenüber dem beklagten Pharmaunternehmen geltend. Hierfür beriefen sich die Kläger unter Verweis auf die Entscheidung Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc.226 auf die Anwendung New Yorker Rechts, da das fehlerhafte Medikament in New York hergestellt worden war. Das Recht des place where the tortious conduct occured müsse zur Anwendung gelangen. Die Beklagte wehrte sich gegen die Anwendung New Yorker Rechts und berief sich auf eine Regelung nach dem Recht Michigans, die eine Haftungsbefreiung für solche Fälle vorsah, in denen Medikamente von der Food and Drug Administration (FDA) zum Vertrieb freigegeben worden waren.227 Denn die FDA hatte das Medikament Lipitor für die Vermarktung freigegeben. Die Parteien stritten nun darüber, ob sich die Produkthaftungsansprüche nach dem Recht Michigans richteten oder ob das New Yorker Produkthaftungsrecht zur Anwendung gelange. Bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts hielt das Gericht zunächst fest, dass es sich bei der streitgegenständlichen Haftungsbefreiung aus 225  Devore v. Pfizer, Inc., 58 A.D.3d 138, 867 N.Y.S.2d 425 (2008), appeal denied 12 N.Y.3d 703, 876 N.Y.S.2d 704, 904 N.E.2d 841 (2009). 226 In Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc. forderte ein schwedischer Kläger Schadensersatz von dem US-amerikanischen Pharmakonzern Merck & Co., Inc., weil er durch einen von der Beklagten in Pennsylvania hergestellten Hepatitisimpfstoff an einer Arthritis erkrankt war. Der auf  forum non conveniens-Gründen gestützte Klagabweisungsantrag scheiterte. Das Gericht entschied sich unter Anwendung der New Yorker interest analysis für die Anwendung des Rechts von Pennsylvania. In dieser Entscheidung hatte sich das New Yorker Gericht abweichend von der normal gültigen Regel, nach der bei Distanzdelikten grundsätzlich das Recht des Erfolgs- oder Verletzungsortes (place of the injury) anzuwenden sei, für die Anwendung des Rechts am Handlungsort (place of wrongful behavior) entschieden. Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., 638 F.Supp.  901 (S.D.N.Y. 1986). 227  Mich. Comp. Laws §  600.2946 (5). „In a product liability action against a manufacturer or seller, a product that is a drug is not defective or unreasonably dangerous, and the manufacturer or seller is not liable, if the drug was approved for safety and efficacy by the United States food and drug administration, and the drug and its labeling were in compliance with the United States food and drug administration’s approval at the time the drug left the control of the manufacturer or seller. However, this subsection does not apply to a drug that is sold in the United States after the effective date of an order of the United States food and drug administration to remove the drug from the market or to withdraw its approval. This subsection does not apply if the defendant at any time before the event that allegedly caused the injury does any of the following: (a) Intentionally withholds from or misrepresents to the United States food and drug administration information concerning the drug that is required to be submitted under the federal food, drug, and cosmetic act […] and the drug would not have been approved, or the United States food and drug administration would have withdrawn approval for the drug if the information were accurately submitted. (b) Makes an illegal payment to an official or employee of the United States food and drug adminis­ tration for the purpose of securing or maintaining approval of the drug“.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

dem Produkthaftungsrecht von Michigan um eine conduct regulating rule handele, und hob hervor, dass nach den Vorgaben der New Yorker Rechtsprechung in Fällen, in denen conduct regulating rules streitgegenständlich seien, grundsätzlich das Recht am Erfolgsort (place of wrong) anzuwenden sei. Diesen lokalisierten die Richter bei Distanzdelikten (cross border torts) an dem Ort, an dem die Verletzung eintrat (place of injury).228 Sodann prüften die Richter, wo die hier relevanten Anknüpfungspunkte zu finden waren und welche der berührten Rechtsordnungen das größte Rechtsanwendungsinteresse hatte. Das Medikament war in New York am principle place of business der Beklagten hergestellt worden. Die Kläger hatten ihr jeweiliges domicile in Michigan. Im Anschluss prüften die Richter, ob die Interessenabwägung der interest analysis für die Anwendung des Rechts von Michigan spreche. In ihrer interest analysis hoben die Richter hervor, der Gesetzgeber Michigans habe sich bewusst für eine Haftungsbefreiung von Herstellern pharmazeutischer Produkte entschieden, wenn das Medikament nach einem behördlichen Zulassungsverfahren für die Vermarktung freigegeben worden sei. Damit wolle der Gesetzgeber die Erwartungen der Parteien schützen, die ihr Verhalten an der Haftungsbefreiung orientiert hätten. Diese rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers von Michigan zugunsten einer Verhaltenssteuerung von Herstellern pharmazeutischer Produkte sei daher vorrangig zu berücksichtigen. New York habe kein besonderes Interesse an diesem Rechtsstreit. Die gesetzgeberische Entscheidung New Yorks, Pharmahersteller auch im Falle einer FDA-Freigabe nicht von der Haftung freizustellen, dürfe nicht dazu führen, dass New Yorker Recht zu einem Zufluchtsort für Rechtssuchende aus anderen Bundesstaaten werde, deren Rechtsordnungen sich für eine Freistellung von Pharmaunternehmen entschieden hätten. Zur Untermauerung des Ergebnisses nahm das Gericht zusätzlich Bezug auf die Entscheidung Doe v. Hyland Therapeutics Div.229 aus dem Jahre 1992. Darin hatte der District Court des Southern District von New York ausgeführt, in grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen, in denen conduct regulating rules in Konflikt stünden, habe der Staat, in dem die Produkte verkauft und konsumiert werden, ein besonderes Interesse an der Anwendung seines Rechts. Da auch das Ergebnis der interest analysis nach Auffassung der New Yorker Richter zugunsten der Anwendung des Rechts von Michigan sprach, schützte die 228  Devore v. Pfizer, Inc., 58 A.D.3d 138, 141 (2008) citing Cooney v. Osgood Machinery, Inc., 81 N.Y.2d. 66, 72 (N.Y.1993); Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y.2d 189, 195 (N.Y.1985). Kritisch dazu Symeonides, 57 Am.J.Comp.L. 269‒329 (2009). 229  Doe v. Hyland Therapeutics Div., 807 F.Supp.  117 (S.D.N.Y. 1992). In diesem internationalen Produkthaftungsfall klagte ein irischer Patient gegen einen US-amerikanischen Hersteller von Blutprodukten, da er sich in Irland durch eine Bluttransfusion mit einem von der Beklagten hergestellten Produkt mit HIV infiziert hatte. Der auf forum non conveniens-Gründen gestützte Klagabweisungsantrag der Beklagten scheiterte. Das Gericht ermittelte das anwendbare Recht mit Hilfe des New Yorker Kollisionsrechts. Dabei ergab die interest analysis die Anwendung irischen Rechts. Dargestellt im 2. Kapitel unter C.IV.4.b) zu den forum non conveniens-Fällen S.  146.

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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Haftungsbefreiung die Beklagte vor der Inanspruchnahme. Die Produkthaftungsklagen der Kläger wurden abgewiesen.230 In diesem Kollisionsfall waren das domicile der Geschädigten und der place of injury in Michigan belegen, sodass zwei Anknüpfungspunkte kumulierten. Auch in dieser Entscheidung lokalisierte das Gericht den place of tort am place of injury.231 Leider lässt die Entscheidung eine genaue Auseinandersetzung mit den weiteren Anknüpfungspunkten des Falles vermissen. Aus der Entscheidung geht nicht hervor, ob das Gericht den Handlungsort am Ort der Produktherstellung oder am Ort, in dem die Medikamente vermarktet und von den Geschädigten erworben wurden, lokalisierte. Das Gericht zog lediglich zur Untermauerung seines Ergebnisses die Entscheidung Doe v. Hyland Therapeutics Div. heran und hob hervor, dass die Rechtsordnung des Erwerbsortes ein Rechtsanwendungsinteresse habe, wenn Verhaltensnormen in produkthaftungsrechtlichen Kollisionsfällen streitgegenständlich seien. Nach den Vorgaben der New Yorker Rechtsprechung gelangte das Gericht zur Anwendung des Rechts am place of injury, weil diese Rechtsordnung ein primäres Rechtsanwendungsinteresse habe, wenn Verhaltensnormen im Konflikt stünden. Auch die Prüfung der policies im Rahmen der interest analysis bestätigte dieses Ergebnis. Denn die Entscheidung des Gesetzgebers in Michigan zugunsten einer Verhaltenssteuerung durch eine Haftungsbefreiung für Hersteller pharmazeutischer Produkte begründe sein vorrangiges Rechtsanwendungsinteresse, wenn der Hersteller sich an die Vorgaben der FDA gehalten hatte. bb)  Internationale Produkthaftungsfälle (1)  Kramer v. Showa Denko K.K. In dem internationalen Produkthaftungsfall Kramer v. Showa Denko K.K.232 verlangte ein US-amerikanischer Kläger Schadensersatz u. a. aus strict liability, negligence und breach of warranty vor dem District Court des Southern District of New York von einem japanischen Hersteller eines pharmazeutischen Produktes. Der Kläger hatte das Medikament L-Tryptophan an seinem domicile in New York eingenommen, wo auch die gesundheitlichen Schädigungen eingetreten waren. In diesem Fall waren somit zwei Anknüpfungspunkte in New York belegen, das domicile des Geschädigten und der Erfolgsort. Das Gericht wendete zur Ermittlung des einschlägigen Rechts die Neumeier-Regeln an. Dabei befand es den zweiten Teil der 2. Neumeier-Regel für einschlägig

230  Eine weitere pretrial discovery lehnte das Gericht ab, da die Kläger in diesem Verfahren nicht substantiiert zu ihrer Behauptung vorgetragen hatten, die Beklagte habe die Zulassung des Medikaments auf Grund rechtswidrigen Verhaltens (z. B. durch Betrug oder Bestechung) erlangt. Devore v. Pfizer, Inc., 58 A.D.3d 138, 144 (N.Y. 2008). 231  Devor v. Pfizer, Inc., 58 A.D.3d 138, 141 (N.Y. 2008). 232  Kramer v. Showa Denko K.K., 929 F.Supp.  733 (1996).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

und berief das New Yorker Recht zur Anwendung.233 Dazu führte das Gericht aus, der Handlungsort sei am Sitz der beklagten Herstellerin in Japan, wo das Medikament entwickelt, getestet und hergestellt worden sei. Der Kläger litt am Ort seines domicile in New York an den behaupteten Folgen der Medikamenteneinnahme, dort, wo er die Medikamente auch gekauft und eingenommen habe. Folglich sei der Erfolgsort New York. Mithin handele es sich um einen split domicile case, in dem der Handlungs-und der Erfolgsort in zwei verschiedenen Staaten lägen. Das Gericht führte in seiner Urteilsbegründung aus, in Distanzdelikten solle grundsätzlich das Recht des Staates zur Anwendung gelangen, in dem die unerlaubte Handlung begangen worden sei. Den place of wrong lokalisierte das Gericht für solche Fälle am Erfolgsort. Es stellte auf den Ort ab, an dem das letzte Ereignis, hier die Rechtsgutsverletzung, das die Haftung begründe, eingetreten war.234 Dieser lag in New York, weil dort die Rechtsgutsverletzung geschah.235 In Kramer v. Denko lokalisierte der Richter des District Court des Southern District von New York vorbildlich die einzelnen Anknüpfungspunkte des internationalen produkthaftungsrechtlichen Kollisionsfalles. So führte er aus, dass der Handlungsort am Herstellersitz in Japan belegen sei, wo das Medikament hergestellt und getestet worden sei. Der Erwerbsort und der Erfolgsort seien in New York belegen, da der Geschädigte das Medikament dort gekauft und eingenommen und dort später auch an den Nebenwirkungen gelitten hatte. Unter Anwendung der umstrittenen last event rule stellte das Gericht für die Lokalisierung des place of wrong auf den Eintritt der Rechtsgutsverletzung in New York ab und schlussfolgerte, dass der zweite Teil der 2. Neumeier-Regel anwendbar sei. Die Anwendung der 2. Neumeier-Regel erscheint in mehrfacher Hinsicht fraglich. Wie Judge Weinstein in seiner Entscheidung Simon v. Philip Morris236 hervorhob, wurden die Neumeier-Regeln für guest statute-Fälle konzipiert, in denen der Handlungs- und der Erfolgsort im selben Staat zusammenfallen. Ferner kann an dieser Stelle dahinstehen, ob die Anwendung der 3. Neumeier-Regel nicht sachgerechter gewesen wäre, weil es sich hier um einen split domicile case handelt, denn in beiden Fällen kommt das Recht am place of injury zur Anwendung. Abschließend ist festzuhalten, dass in diesem Kollisionsfall drei Anknüpfungspunkte in dem Staat belegen waren, dessen Recht zur Anwendung gelangte.

233 

Kramer v. Showa Denko K.K., 929 F.Supp.  733, 741 (1996). „As both the New York Court of Appeals and federal courts in this circuits have held, where ,defendant’s negligent conduct occurs in one jurisdiction and the plaintiffs injuries are suffered in another, the place of the wrong is considered to be the place where the last event necessary to make the actor liable occurredʻ“. Kramer v. Showa Denko K.K., 929 F.Supp.  733, 741 (1996). 235  Kramer v. Showa Denko K.K., 929 F.Supp.  733, 741 (1996). 236  Simon v. Philip Morris, Inc., 124 F.Supp.  2d 46, 59 (E.D.N.Y. 2000). 234 

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(2)  Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc. Im Jahre 2007 hatte der United States District Court des Western District in Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc.237 über einen Regressfall im Rahmen eines grenzüberschreitenden Produkthaftungsfalles zu entscheiden. Dem Fall lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Das unglückbringende Xylophon wurde von einem Mitarbeiter einer Kindertagesstätte in einer K-Mart-Filiale in Nebraska für eine Kindertagesstätte gekauft. Im August 1997 spielte die sieben Monate alte Lindsay mit dem Xylophon. Dabei verschluckte sie einen Teil des Schlägels und trug bleibende Schäden davon. Die Eltern des Kindes erhoben gegenüber dem Betreiber der Kindestagesstätte und Playwell eine Klage, die jedoch gegen Zahlung einer Entschädigung i.H.v. zwei Mio. Dollar verglichen wurde. In dem Verfahren Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc. verlangten Playwell Toy und K-Mart nunmehr Schadensersatz gegenüber den Beklagten Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc., und Bureau Veritas Consumer Products Service (Hong Kong) Ltd. für eine fehlerhafte Empfehlung und versuchten, diese somit in Regress zu nehmen. Bevor das von Playwell hergestellte Spielzeugxylophon vermarktet worden war, hatten die Kläger die Firma Bureau Veritas Consumer Products Service, Inc. beauftragt, das Spielzeug zu testen, um herauszufinden, für Kinder welcher Altersgruppe das Spielzeug ohne Sicherheitsrisiko geeignet sei. Die Beklagte Bureau Veritas Consumer Products Service, Inc. mit Hauptgeschäftssitz in New York hatte das Spielzeug in New York und zusätzlich in Hong Kong durch das Unternehmen Bureau Veritas Consumer Products Service (Hong Kong) Ltd. testen lassen. Beide Firmen gehörten zu einer französischen Gesellschaft. Die Beklagte Bureau Veritas Consumer Products Service, Inc., empfahl auf Grund der von ihr durchgeführten Tests, das Xylophon für Kinder ab einem Alter von sechs Monaten zu vermarkten. Dieser Empfehlung waren die Kläger, die die Produkte mit entsprechenden Hinweisen auf der Verpackung verkauft hatten, gefolgt. Die Kläger versuchten im Rahmen einer contribution- und indemnification-Klage von weiteren Gesamtschuldnern für die fehlerhafte Empfehlung Regress zu nehmen. Der Kläger Playwell Toy, Inc., war ein Spielzeughersteller, der das unheilbringende Kinderxylophon hergestellt hatte. Playwell hatte seinen principal place of business in New York. Der Hauptgeschäftssitz von Playwell lag hingegen in Kalifornien. Die zweite Klägerin, K-Mart Corporation, war eine aus Michigan stammende Einzelhandelskette, die das schadenstiftende Spielzeug in einer ihrer bundesweiten Filialen in Nebraska verkauft hatte. Die Beklagte Bureau Veritas Consumer Products Service, Inc., war eine aus New York stammende Gesellschaft mit principal place of business in New York. Die Beklagte Bureau Veritas Consumer 237  Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc., 2005 WL 3308939, 2007 WL 2892031.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

Products Service (Hong Kong) Ltd. war eine ausländische Gesellschaft mit Sitz in Hong Kong. Beide Firmen testeten Spielzeuge in New York und in Hong Kong. Die Kläger waren der Ansicht, das Recht Nebraskas müsse zur Anwendung gelangen, weil die Regressansprüche nach dem Recht des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses der unerlaubten Handlung zu beurteilen seien. Das Recht Nebraskas erlaubte eine Regressnahme unter deliktischen Gesamtschuldnern, auch wenn sich ein Schuldner bereits mit dem Geschädigten verglichen hatte. Die Beklagten widersprachen dem und beriefen sich auf die Anwendbarkeit des New Yorker Rechts, wonach eine Regressnahme für Gesamtschuldner einer unerlaubten Handlung, die sich mit dem Geschädigten verglichen hatten, ausgeschlossen war.238 Im Rahmen der Ermittlung des anwendbaren Rechts hielt das Gericht zunächst fest, dass vorliegend Aspekte der Schadensregulierung, loss allocation, streitgegenständlich seien. Das Gericht nahm Bezug auf die Entscheidungen des New Yorker Court of Appeals Schultz, Cooney und Neumeier und betonte, in solchen Fällen müsse zunächst genau bestimmt werden, wo das jeweilige domicile der Parteien belegen sei, um differenzieren zu können, welche der drei Neumeier-Regeln im Einzelfall angewendet werden müsse. Sodann wendete das Gericht die Neumeier-Regeln an, die der New Yorker Court of Appeals für Kollisionsfälle, in denen Aspekte der Schadensregulierung streitgegenständlich waren, entwickelt hatte. Das Gericht stellte zunächst fest, wo das jeweilige domicile der Parteien belegen war. In diesem Zusammenhang hob das Gericht hervor, dass im kollisionsrechtlichen Kontext zur Lokalisierung des domicile einer Gesellschaft deren principal place of business maßgeblich sei. Dieser war für den Kläger Playwell in Kalifornien und für den Kläger K-Mart in Michigan. Die Beklagte Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc., war eine Gesellschaft aus Massachusetts, wo auch ihr principal place of business lag. Die Beklagte Bureau Veritas Consumer Products Service (Hong Kong) Ltd. war eine ausländische Gesellschaft mit principal place of business in Hong Kong. Es lag also ein split domicile case vor. Mithin wendete das Gericht für die Ermittlung des anwendbaren Rechts die 3. Neumeier-Regel an, die für split domicile cases entwickelt worden war. Die 3. Neumeier-Regel beruft grundsätzlich das Recht am place of injury zur Anwendung, es sei denn, „displacing that normally applicable rule will advance the relevant substantive purposes of another state without impairing the smooth working of the multi-state system or producing great uncertainty for litigants“.239 Nach der 3. Neumeier-Regel kann im Ausnahmefall abgewichen werden, wenn dies nicht das Zusammenspiel der nationalen und internationalen Rechtsordnungen beeinträchtigt oder zu Rechtsunsicherheit führt. Das Gericht machte von dieser Ausnahme keinen Gebrauch. Es stimmte im Ergebnis den Klägern zu, dass vorliegend das Recht Nebras238  Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc., 2005 WL 3308939 (W.D.N.Y.). 239  Neumeier v. Kuehner, 31 N.Y.2d 121, 335 N.Y.S.2d 64, 286 N.E.2d 454 (1972).

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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kas als Recht des place of injury des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses anwendbar sei. Dazu stellte das Gericht zunächst zutreffend fest, dass das Recht Nebraskas und das Recht New Yorks in Bezug auf die Schadensregulierung unter Gesamtschuldnern einer unerlaubten Handlung gegenläufig seien. New York habe vorliegend jedoch kein berechtigtes Rechtsanwendungsinteresse, weil keine Partei aus New York stamme. Der Umstand allein, dass Playwell in New York geschäftlich tätig sei, rechtfertige die Anwendung des New Yorker Rechts nicht. Denn die unerlaubte Handlung habe sich in Nebraska ereignet und hier leide die Geschädigte an den Folgeerscheinungen. Nach den Grundsätzen der Neumeier-Regeln biete der place of injury einen neutralen Anknüpfungspunkt, wenn, wie hier, die berührten Rechtsordnungen in Konflikt miteinander stünden. Folglich hielt das Gericht den place of injury für die Ermittlung des anwendbaren Rechts für maßgeblich.240 Ergänzend führte das Gericht aus, die Anwendung des Rechts von Nebraska führe im vorliegenden Fall nicht zu unangemessenen Ergebnissen gegenüber den Parteien. Das gefundene Ergebnis stehe mit den Vorgaben der due process clause im Einklang. Bei den Beklagten handele es sich um eine chinesische Gesellschaft, die mit den Klägern das Testen des Spielzeugs vertraglich vereinbart habe. Die Beklagte habe Kenntnis davon gehabt, dass das Spielzeug US-weit vermarktet werden sollte, und daher mit einer Inanspruchnahme vor Gerichten in Nebraska und mit der Anwendung des Rechts von Nebraska rechnen müssen. Im vorliegenden Fall bestünden genügend Berührungspunkte zum Recht Nebraskas, sodass die Anwendung des Rechts von Nebraska auch gegenüber der chinesischen Gesellschaft nicht als unfair angesehen werden könne. In dieser Entscheidung beschäftigte sich das Gericht ausführlich mit der Lokalisierung der domiciles der jeweiligen Parteien und kam unter Anwendung der 3. Neumeier-Regel zur Anwendung des Rechts am place of injury, da ein split domicile case vorliege. Auffällig ist, dass das Gericht das gesamte Spektrum einer interest analysis durchprüfte und nicht einfach die zu beurteilenden Regressansprüche an das Recht des Forderungsstatuts der unerlaubten Handlung anknüpfte. Die Tatsache, dass die zugrunde liegende unerlaubte Handlung in Nebraska stattgefunden hatte, wurde lediglich bei der Prüfung, ob das gefundene Ergebnis mit den Parteiinteressen vereinbar sei, berücksichtigt. c)  Einordnung der wesentlichen Ergebnisse aa) Allgemein Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass mangels eines speziellen Deliktskollisionsrechts für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle die Präzedenzfälle und 240  „New York would have little interest in applying its loss allocating rules to a dispute among non domiciliaries that arises as a result of a Nebraska tort“.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

Regeln des allgemeinen Deliktskollisionsrechts zur Anwendung gelangen. Dies gilt gleichermaßen für interlokale und internationale produkthaftungsrechtliche Kollisionsfälle. Betrachtet man die Fälle aus dem untersuchten Zeitraum, fällt auf, dass New Yorker Richter auch heute noch die Relevanz der Anknüpfungspunkte domicile und locus of the tort in grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen besonders hervorheben, ohne zugleich die im Übrigen relevanten Anknüpfungspunkte des place where the conduct causing the injury occured und des place where the relationship between the parties is centered aus dem Auge zu verlieren.241 Auffällig ist, dass sich die New Yorker Gerichte in den meisten Entscheidungen nicht sehr ausführlich mit der Lokalisierung der einzelnen Anknüpfungspunkte befassen. Nur wenige Gerichte setzen sich mit dem place of the tortious conduct auseinander. Das Inverkehrbringen oder die Vermarktung des Produktes spielen nur eine untergeordnete Rolle. In manchen Entscheidungen wenden die Richter einfach eine Neumeier-Regel an, ohne näher auszuführen, weshalb sie die anderen Regeln nicht für anwendbar halten. In anderen Entscheidungen werden die Lokalisierung der einzelnen Anknüpfungspunkte und die Neumeier-Regeln einfach zugunsten einer ausführlichen Abwägung der betroffenen policies übersprungen. So lassen sich die kollisionsrechtlichen Ermittlungen der Gerichte häufig nicht in jedem Punkt nachvollziehen, sodass die Entscheidungen schwer vorhersehbar sind. Bei der Lokalisierung des place of tort gehen die Interpretationen in den Entscheidungen der verschiedenen New Yorker Gerichte auseinander. Zunächst fällt auf, dass die Richter in diesem Zusammenhang die Begriffe place of tort und place of wrong synonym verwenden. Nach wie vor stellt die Lokalisierung des jeweiligen Begriffs im Kontext der loss allocating rules die Gerichte vor Schwierigkeiten. In einigen Entscheidungen lokalisierten die Richter mit Hilfe der last event rule den place of wrong dort, wo the last event necessary to make the actor liable occurred.242 Doch auch in der Auslegung und Anwendung dieser Regel herrscht keine Einigkeit unter den Gerichten. Manche Gerichte stellten in diesem Zusammenhang auf den Handlungsort ab, so geschehen beispielsweise in Champlain Enterprises, Inc.,243 einer Entscheidung aus dem Jahr 1996. Andere sehen die Rechtsgutsverletzung als letztes Ereignis, das die Haftung auslöst, an. Eine solch starre Interpretation des place of wrong unter Anwendung der last event rule wurde von Richtern anderer Gerichte stark kritisiert. Judge Weinstein lehnte in der Entscheidung Simon v. Philip Morris, Inc., aus dem Jahr 2000 diese strikte Auslegung ab und begründete dies damit, dass diese Interpretation des place of wrong nicht für alle Fallgruppen 241  Simon v. Philip Morris, Inc., 124 F.Supp.  2d 46, 72 (E.D.N.Y. 2000); Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products, Inc., 2007 WL 2892031, 3. 242  Wohingegen die Richter der Appellate Division des Supreme Court den locus of the tort am place of injury bestimmten. Devore v. Pfizer, Inc., 58 A.D.3d 138, 867 N.Y.S.2d 425 (N.Y. 2008), quoting Schultz v. Boy Scouts of Am., 65 N.Y.2d, 189, 195 (1985). 243  Champlain Enterprises, Inc. v. U.S., 945 F.Supp 468 (N.D.N.Y. 1996). Die Richter des District Court des Northern District stellten auf den Handlungsort ab, an dem das fehlerhafte Flugzeug hergestellt worden war.

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von grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen gleichermaßen geeignet sei. Stattdessen kehrte Judge Weinstein auf die Grundgedanken der Babcock-Entscheidung zurück und plädierte dafür, das anwendbare Recht mit Hilfe einer flexiblen Handhabung der interest analysis zu ermitteln. Dazu müsste die Lokalisierung des place of wrong im Kontext des kollisionsrechtlichen Einzelfalles jeweils modifiziert werden.244 Für die Lokalisierung des place of wrong und die sich anschließende kollisionsrechtliche Ermittlung des anwendbaren Rechts sei es von erheblicher Bedeutung, ob der Handlungs- und der Erfolgsort in demselben Staat belegen seien und ob ein Produkt eine oder mehrere Personen geschädigt habe. In diesem Zusammenhang wies Judge Weinstein ferner darauf hin, dass die vom Court of Appeals entwickelten Neumeier-Regeln in ihrem Anwendungsbereich begrenzt seien, weil sie nur für Fälle konzipiert worden seien, in denen der Handlungs- und der Erfolgsort in demselben Staat belegen seien. Gerade wegen ihres begrenzten Anwendungsbereichs seien die Neumeier-Regeln für mass torts nicht hilfreich.245 Fielen der Handlungs- und der Erfolgsort auseinander, sei bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts primär auf die Leitsätze der Babcock-Entscheidung abzustellen, die eine umfassende Gesamtabwägung aller Anknüpfungspunkte und policies erfordern. Die Entscheidung Playwell aus dem Jahr 2007 zeigt, dass die US-amerikanischen Richter auch heute noch eine Anknüpfung an den Erfolgsort im Sinne des Ortes, an dem das Rechtsgut verletzt wurde, bevorzugen, wenn der Handlungsort und der Erfolgsort in verschiedenen Staaten liegen.246 In mass tort cases versagt dieser Lösungsansatz jedoch. Solange der Court of Appeals keine Gelegenheit bekommt, das New Yorker Kollisionsrecht für diese Fallgruppen zu konkretisieren, obliegt es den Richtern, das anwendbare Recht mit Hilfe einer Gesamtabwägung der Anknüpfungspunkte und policies zu ermitteln. bb)  Einteilung der untersuchten Kollisionsfälle in Fallgruppen Die im untersuchten Zeitraum gefundenen grenzüberschreitenden Produkthaftungsfälle lassen sich in verschiedene Fallgruppen einordnen. Dies sind mass tort cases und Regressfälle. Die Fälle Devore und Kramer weisen ein für Produkthaftungsfälle ebenfalls übliches Fallmuster auf. Es handelt sich um Fälle, in denen Konsumenten an den Nebenwirkungen eines Medikaments erkrankten und deshalb Schadensersatz von dem Hersteller verlangten. Die Nebenwirkungen von Pharmaprodukten sind häufig Gegenstand von Produkthaftungsfällen vor US-amerikanischen Gerichten. Diese Kollisionsfälle weisen eine Besonderheit auf. Medikamente werden in der Regel nur vermarktet, wenn sie hinreichend getestet und von 244 

Simon v. Philip Morris, Inc., 124 F.Supp.  2d 46, 57 (E.D.N.Y. 2000). Simon v. Philip Morris, Inc., 124 F.Supp.  2d 46, 58‒59 (E.D.N.Y. 2000). 246  „Under the Neumeier rules, the locus of the tort is the neutral tiebreaker, when the law of various jurisdictions conflict.“ Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products, Inc., 2007 WL 2892031, 4. 245 

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

einer öffentlichen Stelle für den Markt zugelassen wurden. Das Kollisionsrecht muss diesen Kontext folglich berücksichtigen und ihm gerecht werden. IV.  Forum non conveniens-Fälle Ein erheblicher Anteil der internationalen Produkthaftungsfälle wird von US-Gerichten im Rahmen einer forum non conveniens-Prüfung an ein ausländisches Forum verwiesen. Die Entscheidung über den Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen beinhaltet inzident immer auch eine kollisionsrechtliche Prüfung, welches materielle Recht zur Anwendung auf den Fall berufen ist. Daher enthalten forum non conveniens-Entscheidungen oftmals umfassende kollisionsrechtliche Ausführungen. Die berühmten, von den New Yorker Gerichten in der forum non conveniens-Station behandelten Prozesse Carlenstolpe v. Merck und Doe v. Hyland Therapeutics legen ein beredtes Zeugnis davon ab. In beiden forum non conveniens-Entscheidungen setzten sich die New Yorker Gerichte sehr detailliert mit kollisionsrechtlichen Fragen auseinander. Bevor auf die vorgenannten Entscheidungen ausführlicher eingegangen wird, ist es wichtig, den Kontext der von US-Gerichten angewendeten forum non conveniens-Doktrin zu verstehen. Abgesehen von ihrer kollisionsrechtlichen Relevanz hat diese Doktrin in internationalen Produkthaftungsfällen eine erhebliche Bedeutung. Das Kollisionsrecht liefert die Waffen für den Kampf der Parteien um das dem Sachverhalt am nächsten stehende materielle Recht. Die forum non conveniens-Doktrin ist der Schauplatz für das Ringen um das dem Sachverhalt am nächsten stehende Forum. Auf beiden Feldern spielen wenn nicht dieselben, so doch sehr ähnliche Argumente und Wertungen eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die forum non conveniens-Lehre genauer anzuschauen. 1.  Ursprung und Anwendungsbereich der forum non conveniens-Lehre a) Ursprung Die Lehre vom forum non conveniens wurde vom Supreme Court 1947 in der Entscheidung Gulf Oil Corp. v. Gilbert247 aus dem schottischen Recht übernommen 248 und findet sich heute im Bundesrecht und im einzelstaatlichen Recht, hier sogar teilweise in kodifizierter Form, wieder.249 Bundesgerichte verweisen Prozesse un247 

Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S.  501, 67 S.Ct. 839, 91 L.Ed. 1055 (1947). Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:14; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht (6.  Aufl. 2009) 6.  Kap. Rn.  1073; Assmann/Bungert/Hay, 8.  Kap. Rn.  102, 535. 249  Entweder verfügen die Bundesstaaten über forum non conveniens statutes oder über Regelungen im Prozessrecht. Beispielsweise seien hier die folgenden erwähnt: in Alabama: Ala. Code §  6 -5-430 (2005); Arkansas: Ark. Code Ann. §  16-4-101 (1999); Kalifornien: Cal. Civ. Proc. Code §  397 (c) u. §  410.30 (2004); Colorado: Colo. Rev. Stat. Ann. S 13-20-1004 (West 2005); District of Columbia: D.C. Code Ann. §  13-425; Florida: Fla. R. Civ. P. 1.061 (West 2011); Georgia: Ga. Code Ann. 9-10-31.1 (2010); Illinois: Supreme Court. R. 187; Indiana: Ind. Trail Rule 4.4 (C) (1998); Louisiana: La. Code Civ. Proc. Ann. Art.  123 (B) (2007), Maryland: Md. Code Ann., Cts & Jud. 248 

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tereinander mit Hilfe des federal transfer gem. 28 U.S.C.A. §  1404 (a). Daher wird die forum non conveniens-Doktrin heute vorwiegend in Fällen mit Auslandsberührung angewendet,250 findet sich aber immer noch in der zwischenstaatlichen Praxis einzelstaatlicher Gerichte wieder.251 Der Versuch einer harmonisierten Anwendung der Lehre durch §  1.05 des Uniform Interstate and International Procedure Act schlug 1977 fehl, weil sich die National Conference of Commissioners on Uniform State Laws gegen die Kodifizierung des damaligen Vorschlages aussprach.252 Gleichwohl übernahmen manche Bundesstaaten den Vorschlag teilweise und integrierten ihn in ihr Prozessrecht.253 Bis heute variiert die Doktrin in ihrer prozessrechtlichen Ausgestaltung von Bundesstaat zu Bundesstaat.254 Gemeinsam ist den Vorschriften allerdings, dass mit Proc. §  6 -104 (a) (2006); Massachusetts: Mass. Gen. Laws ch. 223 A, §  5 (West 2000); Mississippi: Miss. Code Ann. §  11-11-3 (4) (1972); Nebraska: Neb. Rev. Stat. §  25-538 (1995); New York: N.Y. C.P.L.R. §  327 u. N. Y. BUS. CORP. §  1314 (McKinney 2001); North Carolina: N.C. Gen. Stat. §  1-75.12 (2007); South Carolina: S.C. Code Ann. §  62-7-203 (1987) North Dakota: N.D. R. Civ. Proc. 4 (b) (5) (1998); Oklahoma: Okla. Stat. tit. 12, §  1701.05 (1993); Pennsylvania: 42 Pa. Cons. Stat. §  5322 (e) (West 1981), Texas: Tex. Civ. Prac. & Rem. Code §  71.051 (Vernon 1997); Virginia: Va. Code Ann. 8.01-265 (2000); West Virginia: W.Va. Code s 56-1-1a (Lexis Nexis 2007); Wisconsin: Wis. Stat. Ann. s 801.63 (West 1994). In einigen Bundesstaaten hatte das Oberste Gericht die Doktrin im case law anerkannt, bevor die jeweilige Norm verfasst wurde. Ein Nachweis zur einzelstaatlichen Rechtsprechung aus den meisten Bundesstaaten findet sich in der Entscheidung des Supreme Court von Rhode Island Kedy v. A.W. Chesterton Co., 946 A.2d 1171 (R.I.2008). Im Folgenden werden vor allem forum non conveniens-Fälle aus dem Bereich der Produkthaftung zitiert. 250  Sinochem Int’l Co. v. Malaysia Int’l Shipping Corp., 549 U.S.  422, 429, 127 S.Ct. 1184, 1190 (2007); Emslie v. Borg-Warner Automotive, Inc., 655 F.3d 123 (2d Cir. 2011); Vasquez v. Bridge­ stone/Firestone, Inc., 325 F.3d 665 (5th Cir. 2003); Gonzalez v. Chrysler Corp., 301 F.3d 377 (5th Cir. 2002); Chang v. Baxter Healthcare Corp., 599 F.3d 728 (7th Cir. 2010); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Litigation, 484 F.3d 951 (7th Cir. 2007); Lueck v. Sunstrand, 236 F.3d 1137 (9th Cir. 2001); Stangvik v. Shiley, Inc., 54 Cal. 3d 744, 819 P.2d 14, 1 Cal.Rptr.2d 556 (1991); Geschwind v. Cessna Aircraft Co., 161 F.3d 602 (10th Cir. 1998); King v. Cessna Aircraft Co., 562 F.3d 1374 (11th Cir. 2009), cert. denied, 130 S.Ct. 324, 175 L.Ed. 2d 138 (2009); Leon v. Million Air, Inc., 251 F.3d 1305 (11th Cir. 2001); Satz v. McDonnell Douglas Corp., 244 F.3d 1279 (11th Cir. 2001); In re Cessna 208 Series Aircraft Products Liability Litigation, 546 F.Supp.  2d 1191 (D.Kan. 2008); In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741 (E.D.La.2006); Zanchini v. Pfizer, 2002 WL33954433 (S.D.N.Y.2002); Morales v. Ford Motor Co., 313 F.Supp.  2d 672 (S.D. Tex. 2004). Bourdeau, et al., 32 A Am. Jur. 2d Federal Courts §  1353; Assmann/Bungert/Hay, 8.  Kap. Rn.  105, 536; Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1166 Fn.  16 (2005). 251  Sinochem International Co., Ltd. v. Malaysia International Shipping Corp., 549 U.S.  422, 426, 127 S.Ct. 1184, 1188 (2007); Dawdy v. Union Pacific R.R. Co., 207 Ill.2d 167, 176, 278 Ill. Dec. 92, 101, 797 N.E.2d 687, 696 (2003); Nanda/Pansius/Neihart, 1 Litigation of International Disputes in U.S. Courts §  6:1; Assman/Bungert/Hay, 8.  Kap. Rn.  105, 536; Bourdeau et al., 32 A Am. Jur. 2d Federal Courts §  1353; Eclavea/Larsen, 20 Am. Jur. 2d Courts §  115. 252  Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:15. 253  Die folgenden Bundesstaaten berücksichtigten den Vorschlag: Arkansas, District of Columbia, Massachusetts, Oklahoma, Pennsylvania und Virgin Islands. 254  Colorado erkennt sie nur eingeschränkt an: Colo. Rev. Stat. Ann. S 13-20-1004 (West 2005). In Oklahoma und Georgia schreiben die jeweiligen Vorschriften den Prüfungsumfang detailliert fest: Okla. Stat. Ann. tit. 12, §  140.2 und Ga. Code Ann. §  9-10-31-1. In Virginia darf die Doktrin nicht in Asbestprodukthaftungsfällen angewendet werden, vgl. Va. Code Ann. §§  8.01-265, 8.01-

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Hilfe einer zwei- bzw. dreistufigen Analyse geprüft wird, ob ein more convenient forum existiert. Dies entspricht den Vorgaben aus der Entscheidung Gulf Oil Corp. v. Gilbert.255 b) Anwendungsbereich Trotz Bestehens der gerichtlichen Zuständigkeit liegt es im Ermessen des Richters, das angerufene Forum für nicht convenient zu erklären und den Erlass eines Sachurteils abzulehnen, wenn ein alternatives, besser geeignetes Forum existiert.256 Eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen kommt in internationalen Produkthaftungsverfahren sowohl vor Bundesgerichten 257 als auch vor einzelstaat249. Auch auf die Unterschiede hinweisend mit Beispielen: Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:15; Weintraub, Commentary on the Conflict of Laws §  4. 33C; Hay/Borchers/Symeonides, §  11.13, 559; Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1165 (2005); Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 315‒316 (2002). 255  Ein umfassender Nachweis von Gerichtsentscheidungen aus allen Bundesstaaten findet sich bei Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 315, Fn.  17, 18 (2002). 256  „The forum non conveniens doctrine is a rule of venue, not a rule of decision“, Sibaja v. Dow Chemical Co., 757 F.2d 1215 1219 (11th Cir. 1985) (quoting Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S.  501, 507 (1947)), Geimer, IZPR 6.  Kap., Rn.  1073 Fn.  83. 257  Beispiele für Court-of-Appeals-Entscheidungen der einzelnen Circuits: Iragorri v. International Elevator, Inc., 203 F.3d 8 (1st Cir. 2000); Emslie v. Borg-Warner Automotive, Inc., 655 F.3d 123 (2d Cir. 2011); Florian v. Danaher., 69 Fed. Appx. 473 (2d Cir. 2003); Iragorri v. United Technologies Corp., 274 F.3d 65 (2d Cir. 2003); In re Union Carbide Corp. Gas Plant Disaster at Bhopal, 809 F.2d 195 (2d Cir. 1987) cert. denied 484 U.S.  871, 108 S.Ct. 199, 98 L.Ed.2d 150 (1987); Lacey v. Cessna Aircraft Co., 862 F.2d 38 (3d Cir. 1988); Kontoulas v. A.H. Robins Co., Inc., 745 F.2d 312 (4th 1983); Vasquez v. Bridgestone/Firestone, Inc., 325 F.3d 665 (5th Cir. 2003); Gonzalez v. Chrysler Corp., 301 F.3d 377 (5th Cir. 2002); Stewart v. Dow. Chem. Co., 865 F.2d 103 (6th Cir. 1989); Dowling v. Richardson-Marell, Inc., 727 F.2d 608 (6th Cir. 1984); Chang v. Baxter Healthcare Corp., 599 F.3d 728 (7th Cir. 2010); Abad v. Bayer Corp., 563 F.3d 663 (7th Cir. 2009); Clerides v. Boeing Co., 534 F.3d 623 (7th Cir. 2008); de Melo v. Lederle Laboratories, Div. of American Cyanamid Corp., 801 F.2d 1058 (8th Cir. 1986); Schijndel v. Boeing Co., 263 Appx. 555, 2008 WL 65090 (9th Cir. 2008); Tuazon v. R.J. Reynolds Tabacco Co., 433 F.3d 1163 (9th Cir. 2006); Kerr v. Inamed Corp., 51 Fed. Appx. 718, 2002 WL 31650750 (9th Cir. 2002); Lueck v. Sunstrand, 236 F.3d 1137 (9th Cir. 2001); Cheng v. Boeing Co., 708 F.2d 1406 (9th Cir. 1983); Geschwind v. Cessna Aircraft Co., 161 F.3d 602 (10th Cir. 1998); King v. Cessna Aircraft Co., 562 F.3d 1374 (11th Cir. 2009), cert. denied, 130 S.Ct. 324, 175 L.Ed. 2d 138 (2009); Leon v. Million Air, Inc., 251 F.3d 1305 (11th Cir. 2001); Satz v. McDonnell Douglas Corp., 244 F.3d 1279 (11th Cir. 2001). Für Entscheidungen von District Courts: In re Silicone Gel Breast Implants Products Liability Litigation, 887 F.Supp.  1469 (N.D.Ala. 1995); Gambra v. International Lease Finance Corp., 377 F.Supp.  2d 810 (C.D.Cal. 2005); In re Air Crash Over Taiwan Straits on May 25, 2002, 331 F.Supp.  2d 1176 (C.D.Cal. 2004); Can v. Goodrich Pump & Engine Control Systems, Inc., 711 F.Supp.  2d 241 (D. Conn. 2010); Pettitt v. Boeing Co., 2010 WL 3861066 (N.D.Ill. 2010); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 595 F.Supp.  2d 855 (N.D.Ill. 2009); In re Bridgestone/Firestone, Inc., 190 F.Supp.  2d 1125 (S.D.Ind. 2002); In re Cessna 208 Series Aircraft Products Liability Litigation, 546 F.Supp.  2d 1191 (D.Kan. 2008); In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741 (E.D.La. 2006); Naverete De Pedrero v. Schweizer Aircraft Corp.  635 F.Supp.  2d 251 (W.D.N.Y. 2009); Zanchini v. Pfizer, 2002 WL33954433 (S.D.N.Y. 2002); Blum v. General Elec. Co., 547 F.Supp.  2d 717 (W.D.Tex. 2008); Morales v. Ford Motor Co., 313 F.Supp.  2d 672 (S.D.Tex. 2004).

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lichen Gerichten 258 häufig vor. Meistens handelt es sich um Fälle, in denen die Rechtsgutsverletzung im Ausland eingetreten ist und die ausländischen Geschädigten nunmehr Schadensersatz von einem US-amerikanischen Hersteller vor US-amerikanischen Gerichten einfordern wollen (erste Fallgruppe).259 Ein klassisches Beispiel für diese Fallgruppe ist der zweite Präzedenzfall des Supreme Court Piper Aircraft Co. v. Reyno260 aus dem Jahr 1981. Die umgekehrte Fallkonstellation, dass US-amerikanische Kläger vor einem US-amerikanischen Gericht von einem ausländischen Beklagten Schadensersatz für eine Rechtsgutsverletzung, die im Ausland eingetreten ist, einklagen, wird voraussichtlich an der Zuständigkeit (jurisdiction) scheitern (zweite Fallgruppe).261 In einer dritten Konstellation klagen Geschä258  Stangvik v. Shiley, Inc., 54 Cal.3d 744, 819 P.2d 14, 1 Cal.Rptr.2d 556 (1991); Guimei v. General Electronic Co., 172 Cal. App.  4th 689, 91 Cal.Rptr.3d 178 (Cal.App.  2 Dist. 2009); Roulier v. Cannondale, 101 Cal.App.  4th 1180, 124 Cal.Rptr.2d 877 (Cal.App.  2 Dist. 2002); Woodward v. Bridgestone/Firestone, Inc., 368 Ill. App.  3d 827, 858 N.E. 2d 897, 306 Ill. Dec. 839 (Ill.App.  5 Dist. 2006); Chandler v. Multidata Systems Intern. Corp., Inc., 163 S.W. 3d 537 (Mo.App.E.D. 2005); In re Vioxx Litigation, 395 N.J.Super. 358, 928 A.2d 935 (N.J.Super.A.D. 2007); In re Oxycontin II, 76 A.D.3d 1019, 908 N.Y.S.  2d 239 (N.Y.A.D. 2 Dept. 2010); Kahyp v. Babcock & Wilcox, 268 A.D.2d 348, 702 N.Y.S.2d 267 (N.Y.A.D. 1 Dept. 2000); Kedy v. A.W. Chesterton Co., 946 A.2d 1171 (R.I. 2008). 259  Weitere Beispiele: Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 102 S.Ct. 252,70 L.Ed.2d 419 (1981); Abdullahi v. Pfizer, Inc., 562 F.3d 163 (2d Cir. 2009); Baumgart v. Fairchild Aircraft Corp., 981 F.2d 824 (5th Cir. 1993); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Litigation, 484 F.3d 951 (7th Cir. 2007). Rivas ex rel. Estate of Gutierrez v. Ford Motor Co., No. 8:02CV-676-T-17 EAJ, 2004 WL 127018 (M.D.Fla. 2004); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Litigation, 531 F.Supp.  2d 957 (N.D.Ill. 2008); Canales Martinez v. Dow Chemical Co., 219 F.Supp.  2d 719 (E.D.La. 2002); Miller v. Boston Scientific Corp., 380 F.Supp.  2d 443 (D.N.J. 2005); Doe v. Hyland Therapeutics Div., 807 F.Supp.  1117 (S.D.N.Y. 1992); Delgado v. Shell Oil Co., 890 F.Supp.  1324 (S.D.Tex. 1995); Slight By and Through Slight v. E.I. DuPont De Nemours & Co., 979 F.Supp.  433 (S.D.W.Va. 1997); State-Court-Entscheidungen: Chandler v. Multidata Systems Intern. Corp., Inc., 163 S.W.3d 137 (Mo.App.E.D. 2005). 260 Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235; 102 S.Ct. 252, 70 L.Ed.2d. 419 (1981): In diesem internationalen Produkthaftungsfall forderten Hinterbliebene von Opfern eines Flugzeugsabsturzes Schadensersatz wegen negligence und strict liability von dem Flugzeughersteller und dessen Zulieferer, der die Propeller für das verunglückte Flugzeug hergestellt hatte. Das Flugzeug war über Schottland abgestürzt, wobei keiner der aus Schottland stammenden Insassen überlebt hatte. Auch die Hinterbliebenen stammten aus Schottland und ließen sich durch eine Nachlassverwalterin vor einem US-amerikanischen Gericht vertreten. In dieser Funktion hatte die Klägerin den US-amerikanischen Flugzeughersteller aus Pennsylvania und den Propellerhersteller aus Ohio auf Schadensersatz zunächst vor einem einzelstaatlichen Gericht in Kalifornien verklagt und später einen Transfer an ein Bundesgericht in Pennsylvania erwirkt. In seiner Entscheidung sah der Supreme Court die forum non conveniens-Klagabweisung als gerechtfertigt an, weil die Rechtsgutsverletzungen in Schottland stattgefunden hatten und Schottland ein besonderes rechtspolitisches Interesse an der Entscheidung dieses Rechtsstreits habe, weil sich der Flugzeugabsturz im Hoheitsgebiet ereignet hatte. Zudem sei dieses Ergebnis schon aus prozessökonomischen Gründen geboten, weil die Beweismittel alle in Schottland belegen waren. Der Supreme Court betonte in dieser Entscheidung, dass eine Entscheidung über eine forum non conveniens-Klagabweisung zwingend einer Auswertung und Abwägung aller Faktoren im Einzelfall bedürfe und sich daher eine abstrakte Regel zur Lösung solcher Kollisionsfälle verbiete. 261  Exemplarisch sei hier auf einen neueren Fall des Supreme Court hingewiesen: Goodyear Tires Operations, S.A. v. Brown, 131 S.Ct. 2846 (2011). Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu-

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digte mit domicile in den Vereinigten Staaten vor amerikanischen Gerichten gegen Hersteller mit Sitz im Ausland wegen einer Rechtsgutsverletzung, die in den USA eingetreten ist. Diese Fallgruppe ist jedoch keine klassische forum non conveniens-Konstellation.262 Es gibt daneben Fallgruppen von internationalen Produkthaftungsfällen, die eine äußerst komplexe Struktur haben.263 Je mehr Geschädigte und Beklagte am Verfahgrunde: Die Eltern zweier Jugendlicher, die bei einem Busunfall in Frankreich tödlich verunglückt waren, forderten Schadensersatz im Rahmen einer wrongful death-Klage von dem Reifenhersteller, Goodyear USA, und dessen ausländischen Tochterunternehmen. Der Unfall hatte sich außerhalb von Paris auf dem Weg zum Flughafen ereignet, als ein Reifen des Busses geplatzt war. Die Kläger stammten ebenso wie die Unfallopfer aus North Carolina. Beklagte waren neben der US-amerikanischen Muttergesellschaft Goodyear USA aus Ohio deren Tochtergesellschaften: Goodyear Luxembourg Tires, S.A. aus Luxemburg, Goodyear Lastikleri T.A.S. aus der Türkei und Goodyear Dunlop Tires aus Frankreich. Alle Tochterunternehmen hatten sich auf die Herstellung von Reifen spezialisiert, die für den Verkauf in Europa und Asien bestimmt waren. Diese Reifen unterschieden sich in der Größe und in ihrer Konstruktion von jenen Reifen, die für den US-amerikanischen Markt hergestellt wurden. Keine der ausländischen Tochterunternehmen betätigte sich wirtschaftlich in den USA. Sie unterhielten dort weder einen place of business noch beschäftigten sie dort Personal. Auch verfügten sie über keine Bankkonten und vermarkteten ihre Produkte auch nicht dort. Ferner belieferten sie keine Kunden in North Carolina von Europa aus mit ihren Produkten. Obwohl alle drei Unternehmen es somit vermieden hatten, ihre Produkte auf dem US-amerikanischen Markt zu vermarkten, gelangten einige ihrer Reifen doch über die Vertriebskette auf den US-amerikanischen Markt. Dies lag daran, dass die Reifen großen Belastungen standhielten und deshalb vereinzelt als Auftragsfertigungen von Firmen bestellt wurden, die zu Goodyear USA gehörten, um spezielle Fahrzeuge wie z. B. Zementmischer, Boot- und Pferdehänger zu bereifen. Reifen des Typs, der den Unfall verursacht hatte, wurden jedoch nicht in den USA vertrieben. Der Reifen des verunfallten Busses war in der Türkei von der Beklagten Goodyear Lastikleri T.A.S. hergestellt worden. Die Richter des Supreme Courts urteilten, dass die Anwesenheit einer Muttergesellschaft auf dem US-Markt zusammen mit einer nur geringen wirtschaftlichen Tätigkeit ihrer ausländischen Tochtergesellschaften im Forumstaat nicht ausreichten, um die Zuständigkeit über die ausländischen Gesellschaften im Rahmen der general jurisdiction zu begründen. Goodyear Tires Operations, S.A. v. Brown, 131 S.Ct. 2846, 2854‒2857 (2011). Hornsby v. Lufthansa German Airlines, 593 F.Supp.  2d 1132, 1139 (C.D.Cal. 2009). 262  SME Racks, Inc. v. Sistemas Mecanicos Para Electronica, S.A., 382 F.3d 1097 (11th Cir. 2004). 263  Wenn US-amerikanische Kläger von ausländischen Beklagten Schadensersatz für Verletzungen fordern, die im Ausland eingetreten sind, und die jurisdiction auf Grund von contacts mit dem Forumstaat seitens des Beklagten vorliegt. Beispielsweise In re Air Crash Over the Mid-Atlantic on June 1, 2009, 760 F.Supp.  2d 832 (N.D.Cal. 2010); der Fall betraf eine Klage US-amerikanischer Hinterbliebener von Opfern des Absturzes eines Airbus A 330 der Air France auf dem Weg von São Paulo nach Paris über dem Atlantik am 1. Juni 2009, bei dem alle 228 Passgiere und Crewmitglieder ums Leben kamen. Die US-amerikanischen Opfer hatten vorübergehend in Brasilien gelebt und die Flugtickets in Brasilien gekauft und waren von Brasilien mit der Air France nach Frankreich gestartet. Die Parteien stritten zunächst über die Zuständigkeit US-amerikanischer Gerichte auf der Grundlage des Art.  33 Abs.  2 des Übereinkommens von Montreal über die Haftung von Luftfahrtunternehmen. Das Gericht befand, dass die Opfer principal and permanent residents der USA gewesen seien, obwohl sie zum Unglückszeitpunkt in Brasilien lebten, sodass das angerufene Gericht sich grundsätzlich für zuständig hielt. Allerdings schließe das Montreal-Abkommen die Anwendung der forum non conveniens-Doktrin nicht aus. Obwohl hier US residents vor einem US-amerikanischen Gericht klagten, wiesen die Richter die Klage aus forum non conveniens-Gründen ab und begründeten dies damit, dass private- und public interest-Faktoren insge-

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ren beteiligt sind, die aus unterschiedlichen Staaten kommen, desto komplizierter wird es. Dazu gehören auch die mass tort- und multidistrict litigation-Verfahren.264 In all diesen Fällen ist es für die Prozessparteien von wesentlicher Bedeutung, vor welchem Gericht der Rechtsstreit entschieden wird.265 Ob die US-amerikanischen Gerichte sich eines Falls annehmen oder ob sie auf Grund der Anwendung der forum non conveniens-Doktrin freiwillig auf ihre Zuständigkeit zugunsten eines anderen Forums im Ausland verzichten, ist eine entscheidende Weichenstellung für den Ausgang des Rechtsstreits, denn eine forum non conveniens-Entscheidung besamt für eine Prozessführung in Frankreich sprächen, weil dort die Unfallaufklärung von französischen Behörden maßgeblich geleitet werde, sich dort viele Beweismittel einschließlich wichtiger Zeugen befänden und Frankreich letztlich ein größeres Interesse an der Entscheidung des Rechtsstreits habe, insbesondere weil die Mehrheit der Unfallopfer französische Staatsangehörige waren. 264  Näher dazu Mullenix (St. Paul 2008), Kap.  7, 8; ders., 70 Tex.L.Rev. 1623 (1992); Juenger, 1989 U.Ill.L.Rev. 105 (1989), Weintraub, 1989 U.Ill.L.Rev. 129 (1989). Beispielhaft sei hier auf den internationalen Produkthaftungsfall wegen des Medikaments Vioxx verwiesen: In der Entscheidung In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F. Supp.  2d 741 (E.D.La. 2006) versuchten Patienten u. a. aus Frankreich und Italien im Rahmen einer class action, den Hersteller eines Schmerzmittels, das zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen eingesetzt worden war, vor dem District Court in Louisiana in Anspruch zu nehmen. Das Medikament war 2004 auf Grund der Ergebnisse einer Langzeitstudie wegen seiner schwerwiegenden Nebenwirkungen, die Herzkreislauferkrankungen auslösten und die Risiken für Herzinfarkte oder Schlaganfälle erhöhten, weltweit vom Markt genommen worden. Es folgten tausende von Klagen von US-amerikanischen und ausländischen Geschädigten gegen den Hersteller Merck & Co., Inc., in den USA. Die Fälle wurden am District Court des Eastern District von Louisiana als Multidistrict Litigation (MDL) zusammengelegt. Im vorliegenden Fall hatten die Kläger aus Italien und Frankreich keinen Erfolg mit ihrem Vortrag, der Rechtsstreit müsse vor einem US-amerikanischen Gericht entschieden werden, weil das Medikament am Firmensitz von Merck in New Jersey entwickelt, getestet und hergestellt worden war. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass Frankreich und Italien adäquate Foren bereitstellten, und gab unter Verweis auf deren größere Sachnähe und den erheblichen öffentlichen Interessen der Staaten Frankreich und Italien dem Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen statt. Weitere Beispiele: In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 408 F.Supp.  2d 569 (N.D.Ill. 2006), aff’d. In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 484 F.3d 951 (7th Cir. 2007); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 531 F.Supp.  2d 957 (N.D.Ill. 2008) aff’d; In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 563 F.3d 663 (2009); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 595 F. Supp.  2d 855 (2009); In re Bridgestone/ Firestone, Inc., 190 F.Supp.  2d 1125 (S.D.Ind. 2002); In re Bridgestone/Firestone, Inc., ATX, ATX II and Wilderness Tires Products Liability Litigation, 131 F. Supp.  2d 1027 (S.D.Ind. 2001). In re Rezulin Products Liability Litigation, In re Rezulin Products Liability Litigation, 133 F.Supp.  2d 272 (S.D.N.Y. 2001); In re Rezulin Products Liability Litigation, 168 F.Supp.  2d 136; In re Rezulin Products Liability Litigation, 309 F.Supp.  2d 531 (S.D.N.Y. 2004); In re Rezulin Products Liability Litigation, 331 F.Supp.  2d 196 (S.D.N.Y. 2004); In re Rezulin Products Liability Litigation, 369 F.Supp.  2d 398 (S.D.N.Y. 2004); In re Rezulin Products Liability Litigation, 392 F.Supp.  2d 597 (S.D.N.Y. 2005); In re Rezulin Products Liability Litigation, 441 F.Supp.2d 567 (S.D.N.Y. 2006). In re Silicone Gel Breast Implants Products Liability Litigation, 887 F.Supp.  1469 (N.D.Ala. 1995); In re Silicone Gel Breast Implants Products Liability Litigation, MDL No. 926, 793 F.Supp.  1098 (J.P.M.L. 1992). 265  Weintraub hält die State Courts Creek County in Oklahoma, Dade County in Florida und Cook County in Illinois für besonders klägerfreundlich, vgl. Weintraub, Commentary on the Conflict of Laws, 169.

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inhaltet stets eine Entscheidung zum anwendbaren Recht einschließlich des Kolli­ sions­rechts. Entscheidet sich der Kläger, seine Klage bei einem US-amerikanischen Gericht anhängig zu machen, wird zunächst die Frage relevant, ob ein US-amerikanisches Gericht überhaupt gegenüber dem Beklagten zuständig ist, also ob personal jurisdiction vorliegt.266 Wenn das US-amerikanische Gericht diese Frage bejaht hat, prüft es anschließend, ob es das geeignete Forum für den Rechtsstreit bietet oder ob es ein sachnäheres oder gleich geeignetes Forum im Sinne der forum non conveniens-Doktrin gibt. Sind zwischen den Parteien in Bezug auf die forum non conveniens-Prüfung keine Tatsachen streitig, beantragt der Beklagte die Klagabweisung und stellt gleichzeitig den Antrag auf Entscheidung im summarischen Verfahren (summary judgement).267 266  Um den verfassungsrechtlichen Vorgaben des due process-Gebotes zu genügen, setzt das US-amerikanische Zuständigkeitsrecht eine Verbindung des Beklagten zum Forumstaat voraus. Ob eine solche Verbindung vorliegt, ermitteln die Richter heute für Klagen in rem und in personam mit dem sog. minimum contacts-Test. International Shoe Co. v. Washington, 326 U.S.  310, 66 S.Ct. 154 (1945). Die Verbindung muss nicht mit dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis in Beziehung stehen und kann allgemeiner Art sein, sodass ein allgemeiner Gerichtstand der general jurisdiction eröffnet ist. Für Unternehmen besteht ein solcher Gerichtsstand immer im Gründungsstaat, dem Staat ihres principal place of business und am Ort des doing continuous and systematic business. Dazu heißt es in International Shoe: „A court may assert general jurisdiction over foreign (sister state or foreign-country) corporations to hear any and all claims against them when their affiliations with the State are so continuous and systematic as to render them essentially at home in the forum“. Ein allgemeiner Gerichtsstand eines Unternehmens besteht nach den Vorgaben des Supreme Court nur, wenn dieses durch die Kontakte im Forum im Wesentlichen „beheimatet“ ist. Diese Einschränkung betonten die Richter auch in der neuesten Entscheidung vom 14.1.2014 in Daimler AG v. Baumann, No. 11-965, 134 S.Ct. 746, 761 U.S. (2014). Steht die Verbindung hingegen im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis, ist in der Regel ein besonderer Gerichtsstand, specific jurisdiction, eröffnet. Dieser muss gesetzlich normiert sein. Daher verfügen viele Bundesstaaten über sog. long arm statutes, die unter Beachtung des due process-Gebots einen Katalog von zuständigkeitsbegründenden Umständen enthalten oder eine zuständigkeitsbegründende Generalklausel vorsehen. So besitzt North Carolina beispielsweise in N.C.Gen.Stat.Ann. §  1-75.4(4)(b) (2009) ausdrücklich eine Regelung für Produkthaftungsfälle. Für den Bereich der Produkthaftung wird immer wieder die stream of commerce-Zuständigkeit diskutiert. Asahi Metal Industry Co. Ltd. v. Superior Court of California, 480 U.S.  102, 107 S.Ct. 559, 62 L.Ed.2d 490 (1980). Ob das bewusste Inverkehrbringen eines Produktes eine gerichtliche Zuständigkeit am Erfolgsort begründen kann, wenn der Hersteller oder die Vertriebsgesellschaft wusste, dass dieser Staat ein Bestimmungsland sein könnte, bleibt weiterhin offen, da der Supreme Court auch in einer neueren Entscheidung dazu keine Position bezogen hat. Daimler AG v. Baumann, No. 11-965, 134 S.Ct. 746, 761 U.S. (2014); McIntyre Machinery Ltd. v. Nicastro, 131 S.Ct. 2780 (2011). Zur jurisdiction: Assmann/Bungert/Hay, 8. Kap. Rn.  81, 528. Näheres zur jurisdiction über ausländische Prozessparteien: Goodyear Tires Operations, S.A. v. Brown, 131 S.Ct. 2846 (2011); Helicopter Nacionales de Columbia, S.A. v. Hall, 466 U.S.  408, 104 S.Ct. 1868, 1875, 80 L.Ed.2d 404, 414 (1984); Perkins v. Benguet Consolidated Mining Co., 342 U.S.  437, 72 S.Ct. 413, 96 L.Ed. 485 (1952). Assmann/Bungert/Hay, 4. Kap. Rn.  187, 254; Hay, US-amerikanisches Recht, 52–61 Rn.  125‒148; Metz, IPRax 2014, 365‒370. 267  Emslie v. Recreative Industries, Inc., 2010 WL 1840311 (W.D.N.Y. 2010); Emslie v. BorgWar­ner Automotive, Inc., 655 F.3d 123, 125 (2d Cir. 2011).

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Dieses Verfahren nach Federal Rule 56268 beinhaltet eine summarische Prüfung aller relevanten Rechtsfragen ohne die Beteiligung einer Jury.269 Um seinen Klagabweisungsantrag zu begründen, rügt der Hersteller in Fällen, in denen die personal jurisdiction streitig ist, die Zuständigkeit der US-amerikanischen Gerichte. Wenn das keine Aussicht auf Erfolg hat, stützt ein Hersteller seinen Klagabweisungsantrag auf forum non conveniens-Gründe. Zu einem discovery-Verfahren kommt es in der Regel nicht,270 weil dies auch dem Charakter einer forum non conveniens-Entscheidung widersprechen würde, die ja gerade eine für das Gericht aufwändige Entscheidungsfindung verhindern soll, wenn der Rechtsstreit nur minimale Berührungspunkte zum Forumstaat aufweist.271 Die Richter lassen jedoch ausnahmsweise ein discovery-Verfahren zu relevanten Faktoren wie bestimmten Beweismitteln zu, z. B. für die Suche nach Zeugen oder anderen beweiserheblichen Dokumenten.272 Die motion to dismiss on forum non conveniens grounds ist heute eine übliche Verteidigungsstrategie von US-amerikanischen Herstellern gegen Klagen von ausländischen Geschädigten. Diese Strategie erweist sich häufig als erfolgreich.273 Den Richtern obliegt es, die Motivation der Prozessparteien bei der Auswahl des Forums in internationalen Produkthaftungsfällen stets zu hinterfragen. Die Geschädigten nutzen im Rahmen der zulässigen Prozessstrategien die Möglichkeiten zum forum shopping und wählen dabei das Forum aus, welches entweder als geschädigtenfreundlich gilt oder das ein für ihn günstiges Prozess- und Kollisionsrecht und, als Folge, ein ihn begünstigendes materielles Recht anwendet. Daher versuchen ausländische Geschädigte in internationalen Produkthaftungsfällen, ihre Ansprüche gegenüber US-amerikanischen Beklagten vor Gerichte in den USA zu bringen, um dort von den rechtlichen Vorteilen, sowohl im Prozessrecht, z. B. durch die pre-trail discovery, als auch im materiellen Recht, z. B. der strict liability in tort, 268 

Rule 56: „(a) Motion for Summary Judgment. A party may move for summary judgment, identifying each claim or defense – or the part of each claim of defense – on which summary judgment is sought. The court shall grant summary judgment if the movant shows that there is no genuine dispute as to any material fact and the movant is entitled to judgment as a matter of law. The court should state on the record the reasons for granting or denying the motion. (b) Time to File a Motion. Unless a different time is set by local rule or the court orders otherwise, a party may file a motion for summary judgment at any time until 30 days after the close of all discovery.“ 269  Hay, US-amerikanisches Recht, 77 Rn.  194. 270  Nao-Chao v. Boeing Co., 555 F.Supp.  9 (N.D.Cal. 1982), order aff’d, 708 F.2d 1406 (9th Cir. 1983). 271  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 102 S.Ct. 252, 454 U.S.  235, 70 L.Ed. 2d 419 (1981); Miller, 14D Fed. Prac. & Proc. Juris. §  3828. 272  Zum Beispiel: In re Bridgestone/Firestone, Inc., ATX, ATX II and Wilderness Tires Products Liability Litigation, 131 F. Supp.  2d 1027, 1029‒1031 (S.D.Ind. 2001). Eine discovery kann sehr umfangreich werden, insbesondere in class actions oder konsolidierten Verfahren, wie die Rezulin-Fälle zeigen: In re Rezulin Products Liability Litigation, 214 F.Supp.  2d 396 (S.D.N.Y. 2002). 273  Heiser, 56 U.Kan.L.Rev. 609 (2008).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

zu profitieren.274 Die Hersteller sind hingegen daran interessiert, den Rechtsstreit an ein anderes Gericht verweisen zu lassen, um so strenge Haftungsregeln oder für sie ungünstige prozessuale Vorschriften zu vermeiden. Da sich die Richter dieser Motivationen der Parteien bewusst sind, versuchen sie, den Interessenausgleich einerseits durch eine strenge Prüfung der personal jurisdiction zu bewirken und andererseits durch Anwendung der forum non conveniens-Doktrin die Fälle vor einem Gericht entscheiden zu lassen, wo sie aus prozessökonomischen Gründen wirklich am besten aufgehoben sind. Die Lehre des forum non conveniens fragt danach, ob ein alternatives Forum mit einer größeren Sachnähe existiert, in dem die Parteien ihren Rechtsstreit besser führen könnten. Die Doktrin stellt eine Besonderheit im common law dar, die es auf Grund der verschiedenen relevanten Faktoren im Rahmen der gerichtlichen Ermessensentscheidung für Anwälte und ausländische Geschädigte schwer vorhersehbar macht, ob ihr Fall vor einem US-amerikanischen Gericht verhandelt wird.275 Im Rahmen der forum non conveniens-Prüfung hat die kollisionsrechtliche Fragestellung nach dem anwendbaren Sachrecht eine erhebliche Bedeutung.276 c)  Die Lehre vom forum non conveniens im prozessrechtlichen Kontext Mit Hilfe der forum non conveniens-Doktrin kann das Gericht aus Gerechtigkeitsund Zweckmäßigkeitserwägungen heraus freiwillig auf die Ausübung seiner Zuständigkeit verzichten und dem Kläger auferlegen, ein anderes Gericht anzurufen, obwohl das angerufene Gericht jurisdiction hat.277 Im Ergebnis nimmt das Gericht aus prozessökonomischen Gründen die Klage gar nicht erst zur Entscheidung an. Es ergeht kein Sachurteil. Die Klagabweisung aus Gründen des forum non conveniens liegt dabei im Ermessen des Gerichts und kann in einigen Bundesstaaten von Amts wegen 278 oder auf Antrag einer Partei erfolgen. Die Gerichte erhalten mit der forum non conveniens-Doktrin ein Korrektiv, ihre Zuständigkeit wieder einzuschränken.279 In diesem Zusammenhang war lange Zeit in der Rechtsprechung der unterschiedlichen US-Circuits strittig, ob sich das Gericht zunächst für zuständig erklä274  Muttreja, 83 N.Y.U.L.Rev. 1607 f. (2008); Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1177 (2005); Weintraub, 52 Ark.L.Rev. 157, 158, 162 (1999) „the United States is a magnet forum for products liability litigation“; Silberman, 28 Tex.Int’l L.J. 501, 502 (1993); Silva, 28 Tex.Int’l L.J. 479, 480 f. (1993); Juenger, 63 Tul.L.Rev. 553, 561‒562 (1989). 275  Silbermann, 28 Tex.Int’l L.J. 501, 504 (1993). 276  Hay/Borchers/Symeonides, §  11.14, 564; Assmann/Bun­gert/Knapp, 4.  K ap., Rn.  234, 269; Weintraub, Commentary on the Conflict of Laws, §  4.33 B. 277  Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 6.  K ap., Rn.  1073. 278  In Art.  123 des Code of Civil Procedure von Louisiana heißt es dazu: „For the convenience of the parties and the witnesses, in the interest of justice, a district court upon contradictory mo­ tion, or upon the court’s own motion after contradictory hearing, may transfer a civil case to another district court where it might have been brought“. 279  Ergibt sich die Zuständigkeit eines Gerichts, z. B. auf Grund einer Regelung eines long-arm statute, so kann das Gericht dieses Ergebnis mit einer Klagabweisung aus Gründen des forum non conveniens korrigieren.

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ren müsse, bevor es sich mit den Erwägungen zu der Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen beschäftige.280 Der Supreme Court beendete diesen Streit im Jahr 2007 und entschied einstimmig in Sinochem International Co. Ltd. v. Malaysia Intern. Shipping Corp., dass ein Gericht über eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen entscheiden könne, ohne sich zuvor zu seiner Zuständigkeit erklären zu müssen.281 2.  Zweck der forum non conveniens-Doktrin In den forum non conveniens-Fällen gibt es Berührungen zu mehreren Rechtsordnungen, sodass mindestens zwei Foren für das Verfahren in Frage kommen, die nach dem jeweils geltenden Zuständigkeitsrecht in der Regel auch zuständig sind.282 Durch die forum non conveniens-Doktrin soll gewährleistet werden, dass ein Verfahren vor dem am besten geeigneten Gericht stattfindet. Gleichzeitig soll die Doktrin bewirken, dass US-amerikanische Gerichte nicht übermäßig mit Klagen ausländischer Staatsbürger beschäftigt werden.283 Insofern werden im Rahmen einer Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen zwar die gleichen Faktoren relevant, wie sie im Rahmen der Prüfung der jurisdiction bedeutsam sind. Allerdings stehen bei der Prüfung des Klagabweisungsantrages aus forum non conveniens-Gründen nicht allein die Interessen des Beklagten im Mittelpunkt. Es geht vielmehr um die conveniens für alle am Verfahren Beteiligten. Das Kriterium der „convenience“ wird heute dazu benutzt, andere Motivationen der Verfahrensbeteiligten zu kaschieren.284 Die forum non conveniens-Fälle zeigen, dass die „convenience“ im Rahmen der Prozessführung für die Parteien kaum mehr im Vordergrund steht.285 Ausländische Geschädigte nehmen den Nachteil einer Prozessführung in einem fremden Forum bewusst in Kauf, um in den Genuss eines geschädigtenfreundlichen Rechts zu kommen. Unter Umständen klagen sie sogar vor einem Forum des Gründungsstaates des Herstellers oder in einem Forum, das dem Hersteller vertraut ist, weil er hier seinen principal place of business hat oder weil er dort regelmäßig geschäftlich tätig wird. Ironischerweise wehren sich die 280  Die Gerichte des Fünften, des Siebten und des Neunten Circuit hatten sich dafür ausgesprochen, wohingegen die Gerichte im Zweiten Circuit und im D.C. Circuit dagegen waren. 281  Sinochem International Co. Ltd. v. Malaysia International Shipping Corp., 549 U.S.  422, 426, 127 S.Ct. 1184, 1188 (2007); Mack, IPRax 2007, 464. 282  Gulf Oil v. Gilbert, 330 U.S.  501, 507; 67 S.Ct. 839, 842; Hay/Borchers/Symeonides, §  11.8, 551. Zu der besonderen Rechtslage in Zusammenhang mit den lateinamerikanischer blocking statutes 2. Teil im 2. Kapitel S.  122 f. 283  Eclavea/Larsen, 20 Am. Jur. 2d Courts §  115; Hay/Borchers/Symeonides, §  11.8, 550. 284  Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1167 (2005), Carter-Stein, 18 Suffolk Transnat’l L.Rev. 167, 191 (1995); Reynolds, 70 Tex.L.Rev. 1663, 1672 (1992). 285  So hält Reynolds schon 1992 fest: „The convenience of the parties is rarely an important factor. Indeed, the parties often are arguing against their own convenience – the foreign plaintiff wishing to litigate in America, and the domestic defendant moving to have the case heard abroad.“ Reynolds, 70 Tex.L.Rev. 1663, 1672 (1992).

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Hersteller gegen die Inanspruchnahme vor diesen Gerichten, obwohl man meinen könnte, dass sie sich hier leichter verteidigen könnten. Die Hersteller erheben häufig den Einwand, dass die Prozessführung in den USA mangels Sachnähe inconvenient sei. In Wirklichkeit wollen die Hersteller die ausländischen Kläger mit der Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen zwingen, den Rechtsstreit in einem anderen Rechtssystem zu führen, das meistens über ein beklagtenfreundliches Recht verfügt.286 Als Rechtfertigung für eine solche Vorgehensweise behaupten die Hersteller, dass ihnen Nachteile drohten, wenn sie in internationalen Produkthaftungsfällen ausländischer Geschädigter nach dem strengen US-amerikanischen Schadensrecht für Schäden haften müssten, die im Ausland eingetreten sind. Denn so würden sie stärker haften als Konkurrenten, die ebenfalls auf dem ausländischen Markt vertreten sind, sodass ihnen wettbewerbsrechtliche Nachteile drohen würden.287 Die Gefahr des reverse forum shopping benannte Justice Marshall schon 1981 in der Supreme-Court-Entscheidung Piper Aircraft Co. v. Reyno.288 Richter und Autoren in der Literatur sind sich bewusst, dass die Doktrin mittlerweile von den Beklagten zum reverse forum shopping missbraucht wird.289 So scheint es nicht überraschend, dass die Richter des New Yorker Court of Appeals forderten, dass der Herstellereinwand der inconvenience in den Fällen kritischer geprüft werden müsse, in denen Zeugen und andere Beweise des Herstellers sich im US-amerikanischen Forumstaat befänden.290 So heißt es in der Entscheidung Iragorri aus dem Jahr 2001: „Courts should be mindful that, just as plaintiffs sometimes choose a forum for forum shopping reasons, defendants also may move for dismissal under the doctrine of forum non conveniens not because of genuine concern with convenience but because of similar forum-shopping reasons. District courts should therefore arm themselves with an appropriate degree of skepticism in assessing whether the defendant has demonstrated genuine inconvenience and a clear preferability of the foreign forum. And the greater the degree to which the plaintiff has chosen a forum where the defendant’s witnesses and evidence are to be found, the harder it should be for the defendant to demonstrate inconvenience.“ Eine Entscheidung des United States District Court des Western District von New York aus dem Jahr 2010 zeigt die Anwendung der neuen Vorgaben des Court of

286 

Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1167 (2005), Silberman, 28 Tex.Int’l. L.J. 501, 525 (1993). Silberman setzt sich mit diesem Argument auseinander, 28 Tex.Int’l L.J. 501, 526 (1993) mit weiteren Verweisen in Fn.  112, 113. 288  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 252 n.  19. 289  Iragorri v. United Technologies Corp., 274 F.3d 65, 75 (2d Cir. 2001); Can v. Goodrich Pump & Engine Control Systems., Inc., 711 F.Supp.  2d 241, 261 (D.Conn. 2010); Stangvik v. Shiley, Inc., 54 Cal.3d 744, 761, 819 P.2d 14, 25, 1 Cal.Rptr.2d 556, 567 (1991); Pratt/McKee, 1 Litigating Tort Cases §  3:18; Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1168 (2005); Juenger, 63 Tul.L.Rev. 553, 563‒564 (1989). 290  Irragorri v. United Technologies Corp., 274 F.3d 65 (2d Cir. 2001). 287 

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Appeals.291 So hinterfragte der Richter die Forumswahl des Geschädigten im Detail und setzte die einzelnen Faktoren im Verhältnis zueinander ins Gewicht, um festzustellen, welches Gewicht er der Forumswahl des Geschädigten beimessen müsse.292 In diesem internationalen Produkthaftungsfall nahmen britische Geschädigte den Hersteller eines Geländewagens wegen eines Autounfalls in Anspruch, der sich in England ereignet hatte. Die Geschädigten stützten ihre Ansprüche u. a. auf negligence, breach of warranty und strict liability. Obwohl sich die Beweise bezüglich der Konstruktion des Fahrzeuges im Forumstaat New York befanden, gab das Gericht dem Klagabweisungsantrag des beklagten Fahrzeugherstellers statt, weil sich die Hauptbeweismittel zum Unfallhergang, Unfallfahrzeug und sämtliche Beweise zur medizinischen Behandlung des Geschädigten in England befanden und der Hersteller zugesichert hatte, die Beweise betreffend die Konstruktion des Fahrzeugs auch in dem alternativen Forum zur Verfügung zu stellen. 3.  Voraussetzungen für eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen Für die Entscheidung, ob eine Klage aus forum non conveniens-Gründen an ein Gericht in einem alternativen Forum verwiesen werden soll, muss das Gericht nach den Vorgaben aus der Supreme-Court-Entscheidung Gulf Oil Corp. v. Gilbert im Rahmen einer Interessenanalyse folgende Aspekte berücksichtigen: Zunächst muss es feststellen, (1) ob ein geeignetes alternatives und adäquates Forum existiert. Sodann muss es die Interessen der Parteien und die öffentlichen Interessen der betroffenen Staaten (2) ermitteln, um diese anschließend sorgsam im Rahmen einer Gesamtschau aller Faktoren abzuwägen.293 Beabsichtigt das Gericht eine Klagabweisung, muss es sicherstellen, dass der Geschädigte in dem neuen Forum den Rechtsstreit ohne rechtliche Nachteile führen kann. Die Hersteller müssen z. B. zusichern, von jeglichen prozesshemmenden Einwendungen oder Einreden abzusehen.294 Das Gericht kann hierbei die Zurückweisung der Klage aus forum non conveniens-Gründen unter bestimmte Bedingungen, conditional dismissal oder return jurisdiction clauses, stellen.295 291  Emslie v. Recreative Industries, Inc., 2010 WL 1840311 (W.D.N.Y.), aff’d, 655 F.3d 123 (2d Cir. 2011). 292  Emslie v. Recreative Industries, Inc., 2010 WL 1840311, 7 (W.D.N.Y.). 293  Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S.  501, 508 f. 67 S.Ct. 839, 843 f. (1947); Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:14; Miller, 14D Fed. Prac. & Proc. Juris §  3828; Hay/Borchers/Symeonides, §  11.8, 551. 294  In re Vioxx Products Liability Litigation, 2009 WL 1636244 (E.D.La. 2009); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Litigation, 531 F.Supp.  2d 957, 982 (N.D.Ill. 2008); Agyenkwa v. American Motors Corp., 622 F.Supp.  242, 248 (E.D.N.Y. 1985); Holliday, Am.Prod.Liab. 3d §  49:20; Geimer, Internationales Prozessrecht 6.  Kap., Rn.  1073; Hay, US-amerikanisches Recht, 59 Rn.  144. 295  Vasquez v. Bridgestone/Firestone, Inc., 325 F.3d 665, 681 (5th Cir. 2003); Nai-Chao v. Boeing Co., 555 F.Supp.  9 (N.D.Cal. 1982), order aff’d, 708 F.2d 1406 (9th Cir. 1983); Geschwind v. Cessna Aircraft Co., 161 602 (10th Cir. 1998); In re Air Crash over Mid-Atlantic on June 1, 2009 (N.D.Cal. 2010); In re Vioxx Products Liability Litigation, 2009 WL 1636244 (E.D.La. 2009); Mo-

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Im Zentrum der gerichtlichen Prüfung steht die Frage, ob das Führen eines Rechtsstreits vor einem alternativen Forum more convenient sei.296 Bei der Entscheidung über einen Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen kommt den Richtern dabei ein weiter Ermessensspielraum zu.297 Die Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen ist deshalb rechtsmittelfähig. In der Rechtsmittelinstanz wird primär überprüft, ob das Ausgangsgericht alle relevanten Faktoren berücksichtigt und angemessen gewichtet hat.298 Somit wird die Entscheidung nur auf Ermessensfehlgebrauch bei der Ermessensausübung überprüft. „The forum non conveniens determination is committed to the trail court’s discretion and may be reversed only when there has been a clear abuse of discretion.“299 Eine fehlerhafte Ermessensausübung liegt z. B. vor, wenn das Gericht bei der Abwägung nicht die relevanten Faktoren im Rahmen der Parteiinteressen oder der öffentlichen Interessen berücksichtigt oder ihnen ein falsches Gewicht beigemessen hat.300 Ein Ermessensfehler kann auch vorliegen, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung die Vor- und Nachteile nur eines in Betracht kommenden Forums berücksichtigt. a)  Existieren eines alternativen und adäquaten Forums Dazu überprüft das Gericht zunächst die Behauptung des Herstellers, es liege ein alternatives Forum vor, das adäquat sei. Ein alternatives Forum existiert, wenn der Hersteller dort der Gerichtsgewalt unterliegt und wenn ein Gericht im alternativen Forum für den Rechtsstreit zuständig ist.301 Deshalb erklären die Hersteller meisrales v. Ford Motor Co., 313 F.Supp.  2d 672 (S.D.Tex. 2004); State Court-Entscheidungen: Kedy v. A.W. Chesterton Co., 946 A.2d 1171 (R.I. 2008); Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:20. 296  Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S.  501, 507; Piper Aircraft v. Reyno, 454. U.S.  235, 249. 297  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S., 235, 237 (1981); Am. Dredging Co. v. Miller, 510 U.S.  443, 455 (1994); Luek v. Sunstrand Corp., 236 F.3d 1137, 1143 (9th Cir. 2001); Iragorri v. United Technologies Corp., 274 F.3d 65, 72 (2d Cir. 2001); Stangvik v. Shiley, Inc., 54 Cal.3d 744, 751 (1991). 298  Am. Dredging Co. v. Miller, 510 U.S.  4 43, 455 (1994); Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 237 (1981); Iragorri v. United Technologies Corp., 274 F.3d 65, 72 (2d Cir. 2001); Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:21; Nanda/Pansius/Neihart, 1 Litigation of International Disputes in U.S. Courts §  6:1. 299  Am. Dredging Co. v. Miller, 510 U.S.  4 43, 455 (1994); Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 237 (1981); Luek v. Sunstrand Corp., 236 F.3d 1137, 1143 (9th Cir. 2001); Iragorri v. United Technologies Corp., 274 F.3d 65, 72 (2d Cir. 2001); Holliday, Am.Prod.Liab. 3d §  49:21. 300  SME Racks, Inc. v. Sistemas Mecanicos Para Electronica, S.A., 382 F.3d 1097, 1100 (11th Cir. 2004) (citing La Seguridad v. Transytur Line, 707 F.2d 1304, 1307‒1308 (11th Cir. 1983)). In dieser Entscheidung kamen die Richter des Court of Appeals des Elften Circuit zu dem Ergebnis, dass den Richtern des District Court im Southern District of Florida im Rahmen ihrer Ermessens­ entscheidung ein Fehler unterlaufen war, und beanstandeten das Urteil. Die Richter des District Courts hatten nicht hinreichend berücksichtigt, dass zugunsten einheimischer Geschädigter die Angemessenheitsvermutung greife. Folglich waren die Richter bei ihrer Erwägung der Parteiinteressen zu einem falschen Ergebnis gekommen. 301  Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S.  501, 507 (1947); Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 254 n.  22; Lueck v. Sundstrand Corp., 236 F.3d 1137, 1143 (9th Cir. 2001); Gambra v. International Lease Finance Corp., 377 F.Supp.  2d 810 (C.D.Cal. 2005); Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:17.

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tens schon in ihrem Klagabweisungsantrag, sich der Gerichtsgewalt des alternativen Forums zu unterstellen. Die US-amerikanischen Gerichte sichern diese Zusage zusätzlich durch ein conditioning dismissal ab.302 Sind mehrere Prozessparteien auf der Seite der Hersteller beteiligt, so muss gewährleistet sein, dass alle Hersteller der Gerichtsgewalt im alternativen Forum unterliegen.303 Im Anschluss prüft das Gericht, ob das alternative Forum auch adäquat ist. Dabei versuchen die Richter, das Rechtssystem im alternativen Forum insgesamt einzuschätzen, und prüfen, ob dem Geschädigten ein rechtsstaatliches Verfahren zur Geltendmachung seiner Ansprüche zur Verfügung steht.304 Grundsätzlich trägt der Hersteller die Beweislast für das Existieren eines adäquaten alternativen Forums.305 aa)  Adäquanz des Forums Ein alternatives Forum ist adäquat, wenn dem Kläger in einem Verfahren vor dem alternativen Forum nicht seine Rechtsmittel gänzlich genommen werden und er dort fair behandelt wird: „An alternative forum is adequate if the parties will not be deprived of all remedies or treated unfairly, even though they may not enjoy the same benefits as they might receive in an American court“.306 In internationalen Kollisionsfällen ist streng genommen zur Prüfung der Adäquanz eines alternativen Forums die Ermittlung des anwendbaren materiellen Rechts unter Anwendung des US-amerikanischen conflict of laws und des örtlichen Kollisionsrechts im alternativen Forum erforderlich.307 Denn nur wenn feststeht, welches materielle Recht zur Anwendung gelangt, lässt sich beurteilen, ob dem Ge302  In re Air Crash Over Mid-Atlantic on June 1, 2009, 760 F.supp.2d 832 (N.D.Cal. 2010); Gambra v. International Lease Finance Corp., 377 F.Supp.2d 810 (C.D.Cal. 2005). 303  Vasquez v. Bridgestone/Firestone, Inc., 325 F.3d 665 (5th Cir. 2003); Alpine View Co. Ltd. v. Atlas Copco AB, 205 F.3d 208, 221 (5th Cir. 2000); Kamel v. Hill Room Co., 108 F.3d 799, 802‒803 (7th Cir. 1997); Morales v. Ford Motor Co., 313 F.Supp.  2d 672 (S.D.Tex. 2004); Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:17. 304  Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., 638 F.Supp.  901; Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d 49:18. 305  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 258 (1981); Irragorri v. Int’l Elevator, Inc., 203 F.3d 8, 12 (1st Cir. 2000); Abdullahi v. Pfizer, Inc., 562 F.3d 163, 189 (2nd Cir. 2009); Iragorri v. United Technologies Corp., 274 F.3d 65, 71 (2nd Cir. 2001); Lacey v. Cessna Aircraft Comp., 862 F.2d 38, 43 f. (3d Cir. 1988); Dowling v. Richardson-Merrell, Inc., 727 F.2d 608, 612 (6th Cir. 1984); Tuazon v. R.J. Reynolds Tabacco Co., 433 F.3d 1163, 1178 (9th Cir. 2006); Lueck v. Sundstrand Corp., 236 F.3d 1137, 1143 (9th Cir. 2001); Cheng v. Boeing Co., 708 F.2d 1406, 1411 (9th Cir. 1983); Leon v. Million Air, Inc., 251 F.3d 1305, 1311(11th Cir. 2001); Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741 (E.D.La. 2006); Martinez v. Dow Chemical Company, 219 F.Supp.  2d 719 (E.D. La. 2002); In re Air Crash Over Taiwan Straits on May 25, 2002, 331 F.Supp.  2d 1176 (C.D.Cal. 2004); Stangvik v. Shiley, Inc., 819 P.2d. 2d 14, 18 (1991); Roulier v. Cannondale, 101 Cal.App.  4th 1180, 1186 (Cal. App.  2 Dist. 2002). Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:17, 22. 306  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 254 f.; Gonzalez v. Chrysler Corp., 301 F.3d 377, 379 (5th Cir. 2002); In re Air Crash Disaster near New Orleans, La. On July 9, 1982, 821 F.2dF. 2dF.2d 1147, 1165 (5th Cir. 1987). 307  Muttreja, 83 N.Y.U.L.Rev. 1607, 1615 (2008); Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 223 (2002). In einigen Fällen ermitteln die Gerichte sogar im Rahmen der Prüfung der Adäquanz eines Forums ausführlich, welches Recht, z. B. für die Verjährungsvorschriften, zur Anwendung kommen wird.

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schädigten im alternativen Forum auch ein adäquates Rechtsmittel zur Verfügung steht. Eine solch differenzierte Ermittlung des anwendbaren Rechts wollte der Supreme Court in seiner Entscheidung Piper Aircraft Co. v. Reyno jedoch vermeiden, damit die kollisionsrechtliche Fragestellung nicht ein Übergewicht bei der Interessenabwägung im Rahmen der forum non conveniens-Prüfung erhält.308 Solange der Supreme Court bei den Vorgaben seiner Leitentscheidung bleibt, ist für die Beurteilung der Adäquanz eines alternativen Forums unbeachtlich, ob dem Geschädigten möglicherweise Nachteile entstehen, weil das materielle Recht in dem alternativen Forum nicht den gleichen Kompensationsstandard aufweist wie das geltende Recht in den USA.309 Es muss lediglich gewährleistet sein, dass das Recht im alternativen Forumstaat überhaupt eine Kompensation und Rechtsmittel für den Geschädigten vorsieht.310 In internationalen Produkthaftungsverfahren, in denen ausländische Geschädigte Kompensationen von US-amerikanischen Herstellern vor Gerichten in den USA einklagen, tragen die Geschädigten typischerweise vor, dass das alternative Forum nicht adäquat sei, weil das Rechtssystem dort keine dem US-amerikanischen Schadensrecht vergleichbare Kompensation vorsehe,311 weil es keine verschuldensunabhängige Haftung (strict liability) für die Produkthaftung vorschreibe,312 es keinen Strafschadensersatz (punitive damages) gebe313 oder Haftungsbeschränkungen existierten.314 Darüber hinaus behaupten die Geschädigten regelmäßig, dass das Prozessrecht nicht gleichwertige prozessuale Rechte, wie z. B. die pre-trail discovery oder depositions, zur Verfügung stelle, um den Zugang zu Beweismitteln zu ermöglichen. Von Geschädigten, die in class actions verbunden sind, wird häufig bemängelt, dass das alternative Forum entweder solche Gruppenklagen überhaupt nicht kenne oder nur unzureichend bewältige.315 Erkennt das Rechtssystem im alternativen Forum das Tätigwerden der Rechtsanwälte auf Erfolgshonorarbasis nicht an, so wird von einzelnen Geschädigten behauptet, das Forum sei deshalb inadäquat.316 In den meisten Fällen scheitern all diese Einwände.317 Auch Einwände ökoIn re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 595 F.Supp.  2d 855, 863 (N.D.Ill. 2009). 308  Weintraub, Commentary on the Conflict of Laws, §  4.33 B, 302. 309  Piper Aircraft Co.v. Reyno, 454 U.S.  235, 252‒255. 310  Piper Aircraft Co.v. Reyno, 454 U.S.  235, 247‒250, 254. 311  Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., 638 F.Supp.  901 (S.D.N.Y. 1986); Roulier v. Cannondale, 101 Cal.App.  4th 1180, 1186 (Cal.App.  2 Dist. 2002). 312  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 240 (1981). 313  De Melo v. Lederle Labs., 801 F.2d 1058, 1061 (8th Cir. 1986); In re Vioxx Litigation, 395 N.J. Super. 358, 369, 928 A.2d 935, 941 (2007). 314  Gonzales v. Chrysler Corp., 301 F.3d 377 (5th Cir. 2002), cert. denied, 538 U.S.  1012, 123 S.Ct. 1928, 155 L.Ed.2d 848 (2003). 315  In re Union Carbide Corp. Gas Plant Disaster at Bhopal, India in Dec., 1984, 809 F.2d. 195, 199, 202 (2d Cir. 1987); In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741, 746; 239 F.R.D. 450 (E.D.La. 2006). 316  In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741, 746. 317  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 255 (1981): „although the relatives of the decedent

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nomischer Art sind nicht erfolgversprechend, wie der Fall Gonzales v. Chrysler Corp. zeigt.318 In diesem Fall hatten die Geschädigten erfolglos behauptet, Mexiko biete kein adäquates Forum für eine wrongful death-Klage, weil die Schadensersatzsumme nach mexikanischem Recht niedriger ausfalle als die zu erwartenden Prozesskosten für ein Verfahren in Mexiko. Ein Forum kann inadäquat sein, wenn das Rechtssystem des Landes korrupt oder völlig ineffizient ist,319 wenn ein Geschädigter in dem alternativen Forum politisch verfolgt oder unterdrückt wird, sodass ihm eine Prozessführung dort nicht zugemutet werden kann, oder wenn er in dem alternativen Forum mit einer extremen Verfahrensverzögerung rechnen muss.320 Hierfür trifft den Geschädigten die Darlegungslast.321 Die Gerichte sind sehr zurückhaltend, wenn es um die Feststellung geht, ein alternatives Forum sei inadäquat,322 wie die Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen in dem Bhopal-Verfahren zeigt.323 Wurde das alternative Forum von dem Gericht als adäquat eingestuft, wird noch zusätzlich überprüft, ob es dem Geschädigten auch wirklich offensteht (availability).

may not be able to rely on a strict liability theory, and although their potential damage award may be smaller, there is no danger that they will be deprived of any remedy or treated unfairly [in Scotland]“. In Lueck v. Sundstrand Corp., 236 F.3d 1137, 1143‒1145 (9th Cir. 2001) verlangten neuseeländische Hinterbliebene und Opfer eines Flugzeugabsturzes in Neuseeland Schadensersatz von dem kanadischen Flugzeughersteller sowie von dessen US-amerikanischem Zulieferer, der den Radarhöhenmesser hergestellt hatte, wegen strict liability, negligence und breach of warranty. Das Gericht gab dem Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen statt, da ein Forum in Neuseeland adäquat sei, auch wenn das dort gültige Schadensrecht eine Haftungsbeschränkung für compensatory damages vorsieht. In der Entscheidung In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741, 746 (E.D.La. 2006) führte das Gericht aus, dass der kollektive Rechtsschutz für Mitglieder einer Gruppenklage nicht genauso ausgestaltet sein müsse, wie es 28 U.S.C.A. Fed.R.Civ.P. Rule 23 vorsehe. Gleichzeitig wies das Gericht darauf hin, dass das Fehlen einer Kostenverteilung entsprechend der contingency fees nicht geeignet sei, das Forum als inadäquat anzusehen. 318  Gonzales v. Chrysler Corp., 301 F.3d 377. 319  Martinez v. Dow. Co., 219 F.Supp.  2d 719, 737‒741 für das Rechtssystem in Honduras und 738‒741 für das der Philippinen (E.D.La. 2002). 320  In der Entscheidung Bhatnagar v. Surrendra Overseas Ltd., 52 F.3d 1220, 1227‒1231 (3d Cir. 1995) wurde ein Forum in Indien nicht als adäquates Forum angesehen, weil Verfahrensverzögerungen bis zu 25 Jahren möglich erschienen. Martinez v. Dow. Co., 219 F.Supp.  2d 719, 737‒41 (E.D.La. 2002); Wilson, 65 Ohio St.L.J. 659, 683 (2004). 321  Leon v. Million Air, Inc., 251 F.3d 1305 (11 th Cir. 2001). 322  Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1170 (2005); Waples, 36 Conn.L.Rev. 1475, 1501 (2004); Wilson, 65 Ohio St.L.J. 659, 682 (2004). 323  In re Union Carbide Corp. Gas Plant Disaster at Bhopal, 809 F.Supp.  195, 199, 202 (2nd Cir. 1987).

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bb)  Availability des alternativen Forums Ein Forum gilt als available, wenn der Hersteller der Gerichtsgewalt im alternativen Forum unterliegt und ihm dort keine wesentlichen Hindernisse entgegenstehen.324 (1)  Allgemeine Hindernisse Die availability kann beispielsweise verneint werden, wenn die Ansprüche des Geschädigten in dem alternativen Forum bereits verjährt sind 325 oder wenn Zweifel hinsichtlich der Zuständigkeit des alternativen Forums bestehen.326 Daher sichern die Hersteller dem Gericht in der Regel zu, dass sie sich im Verfahren vor dem alternativen Forum nicht auf derartige Einwendungen berufen werden.327 In manchen Fällen nehmen die Gerichte eine return jurisdiction clause in ihre Klagabweisung mit auf, damit ein Geschädigter seine Klage wieder vor das US-amerikanische Gericht bringen kann, falls sich herausstellt, dass das alternative Forum sich für nicht zuständig erklärt.328 (2)  Blocking statutes als Hindernisse Als Reaktion auf die Klagabweisungen aus forum non conveniens-Gründen reformierten einige lateinamerikanische Staaten, wie z. B. Costa Rica, Honduras, Guatemala, Panama und Venezuela, ihre Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit. Solche Vorschriften sind entweder Teil des Prozessrechts oder des jeweiligen Kollisionsrechts.329 Die Vorschriften sollen die jeweiligen Regelungen zur internationa324  Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., 638 F.Supp.  901 (S.D.N.Y. 1986); Stangvik v. Shiley, Inc., 54 Cal. 3d 744, 1 Cal.Rptr. 2d 556, 819 P. 2d 14 (1991); Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:17. 325  Kontoulas v. A.H. Robins Co., 745 F.2d 312, 316 (4th Cir. 1984); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, Prod.Liab.Rep.  595 F.Supp.  2d 855, 861‒863 (N.D.Ill. 2009); Mace v. Mylan Pharmaceuticals, Inc., 714 S.E. 2d 223 (W.Va. 2011). 326  Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:20. 327  Can v. Goodrich Pump & Engine Control Systems, Inc., 711 F.Supp.  2d 241 (D.Conn. 2010); Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., 638 F. Supp.  901, 905 (S.D. N.Y. 1986). Holliday, Am.L.Prod. Liab. 3d §  49:20. Alabama sieht hierfür sogar eine gesetzliche Regelung vor: Ala. Code §  6 -5-430. 328  Vasquez v. Bridgestone/Firestone, Inc., 325 F.3d 665, 681 (5th Cir. 2003); Delgado v. Shell Oil Co., 890 F.Supp.  1324, 1375 (S.D.Tex.1995); Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:20. 329  Beispielhaft die Vorschriften von Venezuela, Costa Rica und Panama: Venezuelan International Private Law Statute (VIPLS): „Article 39. Additionally to the jurisdiction being vested by law on the Venezuelan Courts in actions filed against persons with domicile in the national territory, the Courts of the Republic shall have jurisdiction in actions filed against persons having their domicile abroad in cases contemplated in articles 40, 41 and 42.“ „Article 40. Venezuelan Courts shall have jurisdiction to hear in trials resulting from the filing of actions in property: 1) When the actions at issue relate to dispositions of holding of personal or real property situated in the territory.

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len Zuständigkeit der Gerichte in diesen Ländern klarstellen. Die Regelungen im internationalen Privatrecht Venezuelas lassen sich so verstehen, dass primär das Gericht des domicile-Staates des Beklagten zuständig sei. Die Gerichte Venezuelas seien für Klagen gegen ausländische Beklagte nur zuständig, wenn der dem streitigen Rechtsverhältnis zugrunde liegende Vertrag in Venezuela durchgeführt worden sei oder eine Verbindung zu Venezuela vorliege.330 Manche der Vorschriften der lateinamerikanischen Staaten sehen vor, dass örtliche Gerichte nicht zuständig sind für Fälle gegen ausländische Beklagte, die zuvor in einem anderen Forum anhängig waren und dort aus forum non conveniens-Gründen abgewiesen wurden.331 In der Literatur werden diese Vorschriften daher als blocking statutes bezeichnet. In der Rechtsprechung der unterschiedlichen Circuits in den USA ist streitig, ob diese neue Gesetzeslage in den genannten Ländern dazu führt, dass Foren dieser Länder nicht mehr available i. S. d. forum non conveniens-Doktrin sind. Manche Gerichte sehen das so.332 Gerichte anderer Circuits vertreten die Auffassung, dass diese Foren nach wie vor zur Verfügung stehen, und weisen die Klagen ungeachtet von blocking statutes aus forum non conveniens-Gründen ab.333 Bei der Anwendung der forum non 2) When the actions at issue should relate to obligations to be complied within the territory of the Republic or deriving from contacts entered or facts verified in said territory. 3) When the defendant should have been personally served within their territory of the Republic. 4) When the parties should expressly or tacitly submit to their jurisdiction.“ Costa Rica: Englische Übersetzung der Art. 31, 46 des Costa Rican Code of Civil Procedure, wie sie der District Court des Eastern Districts of Louisiana in seiner Entscheidung Canales Martinez v. Dow Chemical Co. wiedergegeben hat: Art.  46: „The Costa Rican judge shall have jurisdiction in the following cases: 1) When the defendant, of any nationality, is domiciled in Costa Rica. 2) When the obligation has to be performed in Costa Rica. 3) When the action originates from a fact that occurred or from an act practiced in Costa Rica.“ Art.  31: „[…] if there were two or more courts with jurisdiction for one case, it will be tried by the one who heard it first at plaintiff’s request“. Canales Martinez v. Dow Chemical Co., 219 F.Supp.  2d 719, 726‒728 (E.D.La. 2002). 330  So interpretierte der United District Court des Southern District in Indiana in Bridgestone/ Firestone, Inc., 190 F.Supp.  2d 1125, 1129 (2002) auf der Basis eines Sachverständigengutachtens die Vorschriften. 331  Costa Rica: Wie der Fall Martinez v. Dow Chemical Comp., 219 F.Supp.  2d 719 (E.D.La. 2002) zeigt; Panama: vgl. Johnson v. Multidata Sys. Int’l Corp., 523 F.3d 602, 606 (5th Cir. 2008). 332  Martinez v. Dow Chemical Comp., 219 F.Supp.  2d 719, 741 (E.D.La. 2002); In re Bridge­ stone/Firestone, Inc., 190 F.Supp.  2d 1125, 1125‒1132 (S.D.Ind. 2002). 333 In Morales v. Ford Motor Co., 313 F.Supp.  2d 672, 676, 689 (S.D.Tex. 2004) befand das Gericht, dass ein Forum in Venezuela available sei, sodass dem Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen stattgegeben wurde, obwohl die Vorschriften im Venezuelan International Private Law Statute die örtlichen Gerichte für unzuständig erklärten. In dem Fall ging es um eine Produkthaftungsklage von Klägern aus Venezuela gegen den US-amerikanischen Autohersteller Ford Motor Co., in der die Kläger versuchten, Schadensersatz für Schäden infolge eines Autounfalls zu erhalten. Auch Gerichte in anderen Circuits ließen sich nicht von solchen blocking

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conveniens-Doktrin kam es in den letzten Jahren zu inkonsistenten Entscheidungen betreffend die blocking statutes, wie die Fälle Morales v. Ford Motor Co. und In re Bridgestone/Firestone, Inc.334 zeigen. In beiden Fällen beurteilten die Gerichte die Vorschriften Venezuelas unterschiedlich. So kam der Richter des District Court im Southern District von Indiana zu dem Ergebnis, ein Forum in Venezuela sei auf Grund seiner blocking statutes nicht zuständig und daher verbiete sich eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen.335 Anders entschied der District Court des Southern District in Texas, der annahm, ein Forum in Venezuela sei zuständig, und dem Klagabweisungsantrag der beklagten Ford Motor Co. aus forum non conveniens-Gründen stattgab.336 Vergleichbare divergierende Beurteilungen gibt es auch in Bezug auf die Vorschriften aus Costa Rica, wie die Fälle Martinez v. Dow Chemical Co., und Delgado v. Shell Oil Co. zeigen.337 Die Auswirkungen dieser Rechtslage kann für die Geschädigte dramatisch sein, wie die Prozessgeschichte des Delgado-Falles belegt.338 statutes beeindrucken und gaben den Klagabweisungsanträgen der jeweiligen Beklagten aus forum non conveniens-Gründen statt: In Leon v. Million Air, Inc., 251 F.3d 1305, 1315 (11th Cir. 2001) bestätigte der Court of Appeals des Elften Circuit die Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen des Southern District of Florida und urteilte, dass die Gerichte in Ecuador als alternatives Forum dem Kläger offenstünden. In diesem Fall versuchten ecuadorianische Opfer, den US-amerikanischen Frachtspediteur wegen der Folgen eines Flugzeugabsturzes vor Gerichten in Florida in Anspruch zu nehmen. In Rivas v. Ford Motor Co., WL 1247018, 5‒6 (M.D.Fla.2004) setzten sich die Richter mit den Art. 40 (2) und 40 (4) des Private International Law Statute Venezuelas auseinander, kamen jedoch zu dem Ergebnis, dass die Gerichte in Venezuela zuständig seien, und wiesen daher die Klage aus forum non conveniens-Gründen ab. Hinterbliebene eines Unfallopfers forderten Schadensersatz wegen wrongful death, strict liability und negligence gegenüber Ford wegen eines Autounfalls mit einem 2000-Ford-Explorer-Geländewagen. Auch der Court of Ap­peals in Missouri kam zu dem Ergebnis, dass die Gerichte in Panama den Klägern offenstünden und bestätigte somit eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen. Chandler v. Multi­data Sys. Int’l Corp., 163 S.W.3d 537, 551 (Mo.Ct.App. 2005). In dem internationalen Produkthaftungsfall versuchten Patienten aus Panama und den USA oder deren Hinterbliebene, die Hersteller eines computergesteuerten Medizingeräts aus den USA und Kanada wegen der Folgen einer Überdosis im Rahmen einer Bestrahlungstherapie, die die Patienten in Panama erhalten hatten, vor einem Gericht in Missouri in Anspruch zu nehmen. Der klägerische Einwand, dass Panama kein adäquates Forum für den Rechtsstreit bereitstelle, scheiterte. 334  In re Bridgestone/Firestone, Inc., 190 F.Supp.  1125, 1130‒1132 (S.D.Ind. 2002). Bei diesem Fall handelte es sich um ein pretrail multidistrict litigation-Verfahren, in dem 700 Produkthaftungsfälle gegen Ford und den Reifenhersteller Firestone konsolidiert worden waren. Die Kläger behaupteten, dass Produktionsfehler des Ford Explorers mit bestimmten Reifentypen die Ursache für Unfälle mit den Fahrzeugen waren. Ungefähr 200 Unfälle hatten sich im Ausland ereignet, davon in Ländern wie z. B. Kolumbien, Venezuela, Thailand, Panama und Ecuador. Den Klägern aus Venezuela gelang es darzulegen, dass die Gerichte in Venezuela nicht zuständig seien, sodass der Klagabweisungsantrag der Beklagten scheiterte. 335  In re Bridgestone/Firestone, Inc., 190 F.Supp.  2d 1125, 1131 f. (S.D.Ind. 2002). 336  Morales v. Ford Motor Co., 313 F.Supp.  2d 672, 675 f. (S.D.Tex. 2004). 337  Martinez v. Dow Chemical Co., 219 F.Supp.  2d 719 (E.D.La. 2002); Delgado v. Shell Oil Co. 890 F.Supp.  1324, 1375 (S.D.Tex. 1995). 338  Vereinfachte Prozessgeschichte (ausführliche Darstellung bei Casey/Barrett, 4 B.Y.U. Int’l L. & Mgmt.Rev. 21, 32 f. (2007)): Zunächst wies der Federal District Court des Southern District in Texas die Klage aus forum non conveniens-Gründen ab: Delgado v. Shell Oil Co., 890 F.Supp.  1315

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(3)  Resümee zu availability Der von Geschädigten gegen einen forum non conveniens-Antrag der Hersteller erhobene Einwand, ein alternatives Forum sei auf Grund seiner blocking statutes nicht adäquat, ist selten erfolgversprechend.339 Versuchen die Geschädigten infolge der Klagabweisung ihre Ansprüche im alternativen Forum geltend zu machen und werden die Klagen wegen der blocking statutes mangels Zuständigkeit der örtlichen Gerichte abgewiesen, versuchen die Geschädigten auf der Grundlage der return jurisdiction clause aus den Klagabweisungsentscheidungen den Fall erneut vor das ursprünglich angerufene US-amerikanische Gericht zu bringen.340 Das Verfahren kommt somit wie ein Bumerang zu dem ursprünglich angerufenen Gericht zurück.341 Dieses Ergebnis ist für die Geschädigten sehr unbefriedigend und kann zu langwierigen Verfahren führen. Es ist zu hoffen, dass sich der Supreme Court dieses Themas eines Tages annimmt.342 b)  Bedeutung der klägerischen Forumswahl Die Rechtsprechung misst der Forumswahl eines Geschädigten seit jeher ein großes Gewicht bei. So hob Justice Jackson in der Gilbert- Entscheidung hervor, dass „unless the balance is strongly in favor of the defendant, the plaintiff’s choice of forum should rarely be disturbed“.343 Daraus folgt, dass das Gericht bei seiner Entscheidung grundsätzlich die Forumswahl des Geschädigten erst einmal respektieren muss und nur ausnahmsweise die Klage aus forum non conveniens-Gründen abweisen kann, wenn der Hersteller glaubhaft darlegt, dass ihn die Prozessführung vor dem angerufenen Gericht unzumutbar belastet, seriously and burdensomely inconvenient ist und dass ein Verfahren vor dem alternativen Gericht wegen größerer Sachnähe more convenient sei.344 Die Klagabweisung aus forum non conveniens-­ Gründen ist mithin ein außerordentlicher Rechtsbehelf, der von den Richtern re­ (S.D.Tex. 1995); der Court of Appeals des Fünften Circuit bestätigte die Entscheidung: Delgado v. Shell Oil Co., 231 F.3d 165 (5th Cir. 2000); die Geschädigten brachten das Verfahren vor ein Gericht in Costa Rica, das die Klage mangels Zuständigkeit der örtlichen Gerichte abwies. Die Klagabweisung wurde später vom Supreme Court in Costa Rica bestätigt. Anträge auf Fortführung der Verfahren vor dem District Court in Texas scheiterten, da zunächst Entscheidungen des Court of Appeals und des Supreme Court abgewartet werden mussten, die einen Teil des Verfahrens betrafen. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Geschädigten mit fast allen Beklagten verglichen. 339  Waples, 36 Conn.L.Rev. 1475, 1501 (2004). 340  In manchen Fällen kommt es jedoch nicht mehr dazu, dass die Kläger ihre Klage erneut vor ein US-amerikanisches Gericht bringen, weil sich die Parteien vergleichen. In anderen Fällen können die Kläger auf Grund der Verjährung ihre Klage nicht mehr anhängig machen. 341  So bezeichnen Casey und Barret dieses Phänomen als „boomerang litigation“, Casey/Barrett, 4 BYU Int’l L. & Mgmt.Rev. 21, 22 (2007). 342  Casey/Barrett, 4 BYU Int’l L. & Mgmt.Rev. 21, 31 (2007). 343  Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S.  501, 508 (1947); Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 256 n.  23 (1981); Koster v. Lumbermens Mut. Cas. Co., 330 U.S.  518, 524 (1947), Iragorri v. United Technologies Corp., 274 F.3d 65 (2d Cir. 2001). 344  Gulf Oil v. Gilbert, 330 U.S.  501 508, 67 S.Ct. 839, 843; Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454

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striktiv angewendet wird.345 Daher gelten für einen solchen Antrag strikte Be­weis­ anforderungen.346 Allerdings kann eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen gerechtfertigt sein, wenn sich herausstellt, dass die Forumswahl des Geschädigten nur aus forum shopping-Gründen erfolgte. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um einen ausländischen Geschädigten handelt. Die Gerichte messen der Wahl eines einheimischen Geschädigten, der ein einheimisches Forum wählt, mehr Gewicht bei, als wenn ein ausländischer Geschädigter entscheidet, seinen Rechtsstreit vor ein US-amerikanisches Gericht zu bringen.347 Zugunsten des einheimischen Geschädigten gilt eine gewisse „Angemessenheitsvermutung“, für den ausländischen Geschädigten gerade nicht.348 Grundsätzlich sollen die Gerichte eines Staates seinen residents offenstehen, wie der Supreme Court 1947 in seiner Entscheidung Koster v. Lumbermens Mut. Casualty Co. betonte.349 Kommt der Geschädigte aus dem Forumstaat, so spricht dies für die Wahl eines angemessenen Forums. Daraus folgt jedoch nicht, dass eine Klagabweisung in solchen Fällen immer ausgeschlossen ist.350 Die Angemessenheitsvermutung kann durch den positiven Beweis besonderer Umstände überwunden werden, die eine Klagabweisung ausnahmsweise rechtfertigen können.351 Diese Differenzierung bei der Beurteilung einer klägerischen Forumswahl soll der Attraktivität von US-amerikanischen Gerichten entgegenwirU.S.  235, 255: Stangvik v. Shiley, 54 Cal.3d 744, 754, 819 P.2d 14, 20 (1991); Holliday, Am.L.Prod. Liab. 3d §  49:22 (2012); Assmann/Bungert/Hay, 8.  Kap. Rn.  102, 535. 345  Knapp, 76 A.L.R. 4th, 22 §  2 a. 346  Dole Food Co., Inc. v. Watts, 303 F.3d 1104, 1118 (9th Cir. 2002); Gambra v. International Lease Finance Corp., 377 F.Supp.  2d 810, 813 (C.D.Cal. 2005); Knapp, 76 A.L.R. 4th 22 §  2 (a); Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:14; Assmann/Bungert/Hay, 8.  Kap. Rn.  102, 535. 347  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 255‒256, 102 S.Ct. 252, 266 (1981), Iragorri v. United Techs. Corp., 274 F.3d 65, 72 (2d Cir. 2001); In re Union Carbide Corp. Gas Plant Disaster at Bhopal, India, 809 F.2d 195, 202 (2d Cir. 1987); SME Racks, Inc. v. Sistemas Mecanicos Para Electronica, S.A., 382 F.3d 1097, 1100 (11th Cir. 2004): „This presumption in favor of the plaintiff’s initial forum choice in balancing the private interests is at its strongest when the plaintiffs are citizens, residents, or corporations of this country“, Leon v. Million Air., Inc., 251 F.3d 1305, 1311 (11th Cir. 2001): „Balancing private interests requires determining the convenience of the parties, affording the domestic plaintiffs ,a strong presumptionʻ that their forum choice is sufficiently convenient, and a weaker presumption applying in cases brought by foreign plaintiffs“; In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741 (E.D.La. 2006); Stangvik v. Shiley, 54 Cal.3d 744, 754, 819 P.2d 14, 20 (1991); Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:23; Assmann/Bungert/Hay, Kap.  8 Rn.  103, 536. 348  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 255‒256 (1981). State-Court-Entscheidung: Woodward v. Bridgestone/Firestone, Inc., 368 Ill.App.3d 827, 858 N.E.2d 897, 306 Ill.Dec. 839 (Ill.App.5 Dist. 2006). 349  Koster v. Lumbermens Mut. Cas. Co., 330 U.S.  518, 67 S.Ct. 828 (1947). 350  Piper Aircraft Corp. v. Reyno, 454 U.S.  235, 255 n.  23, 256, 102 S.Ct. 252, 266 (1981); Iragorri v. United Technologies Corp., 274 F.3d 65, 71 f. (2d Cir. 2001); In re Air Crash Over Mid-Atlantic on June 1, 2009, 760 F.Supp.  2d 832 (N.D.Cal. 2010). 351  SME Recks, Inc. v. Sistemas Mecanicos Para Electronica, S.A., 382 F.3d 1097, 1102 (11th Cir. 2004). „[…] in this Circuit we have long mandated that district courts require positive evidence of unusually extreme circumstances, and should be thoroughly convinced that material injustice

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ken, die auf Grund der US-amerikanischen Besonderheiten im Prozessrecht wie z. B. der pre-trial discovery und der weitreichenden Haftung im materiellen Deliktsrecht auf Grund der strict liability und der Vorteile im Schadensrecht auf Grund des Strafschadensersatzes, punitive damages, bestehen. So begründete der Supreme Court in Piper Aircraft v. Reyno: „The American courts, which are already extremely attractive to foreign plaintiffs, would become even more attractive. The flow of litigation into the United States would increase and further congest already crowded courts.“352 Gerade für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle erscheinen US-amerikanische Gerichte besonders attraktiv. Ihnen wird eine „magnetische Anziehungskraft“ bescheinigt.353 Deutet vieles darauf hin, dass ein ausländischer Geschädigter das Forum aus Gründen des forum shopping gewählt hat, muss er darlegen, dass seine Forumselektion tatsächlich auf conveniens-Gründen beruht.354 Auch bei Klagen von US-amerikanischen Geschädigten versuchen die Richter, die Motivation der Forumswahl genau zu erforschen.355 Liegt der Verdacht nahe, dass ein Geschädigter das Forum nur gewählt hat, um in den Genuss eines geschädigtenfreundlichen Rechts zu gelangen, misst das Gericht dieser Wahl weniger Gewicht zu.356 Zur besseren Beurteilung der Forumswahl eines Geschädigten gaben die Richter des New Yorker Court of Appeals in der Iragorri-Entscheidung den Richtern der District Courts die folgenden Leitlinien an die Hand: „The more it appears that a domestic or foreign plaintiff’s choice of forum has been dictated by reasons that the law recognizes as valid, the greater the deference that will be given to the plaintiff’s forum choice. Stated differently, the greater the plaintiff’s or the lawsuit’s bona fide connection to the United States and to the forum of choice and the more it appears that considerations of convenience favor the conduct of the law­ suit in the United States, the more difficult it will be for the defendant to gain dismissal for forum non conveniens. Thus factors that argue against forum non conveniens dismissal include the convenience of the plaintiff’s residence in relation to the chosen forum, the availability of witnesses or evidence to the forum district, the is manifest before exercising any such discretion as may exist to deny a United States citizen access to the courts of this country.“ 352  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 252. 353  Weintraub, 52 Ark.L.Rev. 157 (1999). 354  Hierfür trifft den Kläger die Beweislast. In Miller v. Boston Scientific Corp., 380 F.Supp.  2d 443 (D.N.J.2005) konnten die Geschädigten aus Israel dies nicht darlegen. In diesem internationalen Produkthaftungsfall versuchten die Geschädigten, den US-amerikanischen Hersteller eines medizinischen Geräts wegen strict product liability (failure to warn, manufacturing and design defect) und negligence in Anspruch zu nehmen. Auf Grund der Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der relevanten Beweismittel in Israel belegen war, sprach vieles dafür, dass der Rechtsstreit more convenient in Israel geführt werden könne, sodass der Klagabweisungsantrag der Hersteller Erfolg hatte. 355  Iragorri v. United Techs. Corp., 274 F.3d 65, 72 (2d Cir. 2001); State-Court-Entscheidung eines intra state-Falles: Dawdy v. Union Pacific R.R.Co., 207 Ill.2d 167, 173 f. 797 N.E.2d 687, 694 f. 278 Ill.Dec. 92, 99 f. (2003) (deliktsrechtlicher Kollisionsfall). 356  Piper Aircraft Co v. Reyno, 454 U.S.  235, 255‒256 (1981); Iragorri v. United Techs. Corp., 274 F.3d 65, 72 (2001).

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defendant’s amenability to suit in the forum district, the availability of appropriate legal assistance, and other reasons relating to convenience or expense. On the other hand, the more it appears that the plaintiff’s choice of a U.S. forum was motivated by forum-shopping reasons […], less deference the plaintiff’s choice commands and, consequently, the easier it becomes for the defendant to succeed on a forum non conveniens motion by showing that convenience would be better served by litigating in another country’s courts.“357 c)  Abwägung der Parteiinteressen und Erwägung von öffentlichen Interessen Hat ein Gericht festgestellt, dass es ein alternatives, adäquates Forum gibt, und erachtet es ferner die Forumswahl des Geschädigten nicht als forum shopping, kann es sich der Ermittlung und Abwägung der Parteiinteressen und der öffentlichen Interessen zuwenden, um zu prüfen, ob die Parteiinteressen oder die rechtspolitischen Zielsetzungen der betroffenen Staaten eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen rechtfertigen. Auch in diesem Zusammenhang trifft den Hersteller die Beweislast dafür, dass aus Gründen der Parteiinteressen oder aus Gründen der öffentlichen Interessen der Rechtsstreit besser vor dem alternativen Forum zu führen ist.358 Eine Entscheidung über einen Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen setzt voraus, dass die Richter die Interessen der Parteien, des Gerichts und der betroffenen Staaten analysieren und abwägen, um zu ermitteln, wo eine Prozessführung im Interesse aller Beteiligten more convenient ist. Dabei wägen die Richter nicht die Parteiinteressen gegen die öffentlichen Interessen ab. Vielmehr bedarf es einer Gesamtschau aller Faktoren, wobei es mangels Vorgaben des Supreme Court keine klaren Vorgaben zur Gewichtung der einzelnen Faktoren gibt.359 Zwischen den Gerichten der unterschiedlichen Circuits ist streitig, ob immer alle Faktoren geprüft werden müssen.360 Viele Gerichte verstehen die Vorgaben aus der Piper-Entscheidung des Supreme Court361 so, dass jeweils alle Faktoren der Parteiinteressen und alle Faktoren der öffentlichen Interessen geprüft werden müssen, 357 

Iragorri v. United Technologies Corp., 274, F.3d 65, 72 (2d Cir. 2001). Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 254 (1981); Abdullahi v. Pfizer, Inc., 562 F.3d 163 (2d Cir. 2009); Iragorri v. United Technologies Corp., 274 F.3d 65, 71 f. (2d Cir. 2001); Tuazon v. R.J. Reynolds Tobacco Co., 4333d 1163, 1178‒1182 (9th Cir. 2006); Lueck Sundstrand Corp., 236 F.3d 1137, 1143 (9th Cir. 2001); In re Air Crash Over Taiwan Straits on May 25, 2002, 331 F. Supp.  2d 1176 (C.D.Cal. 2004). 359  Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 352 (2002); Muttreja, 82 N.Y.U.L.Rev. 1607, 1616 (2008). 360  Key v. A.W. Chesterton Co., 946 A2d 1171, 1185 (R.I.2008) mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung; Weintraub, Commentary on the Conflict of Laws, §  4.33, 292; Miller, 14D Fed. Prac. & Proc. Juris, §  3828.4. 361  So heißt es in Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 257: „The forum non conveniens determination is committed to the sound of discretion of the trail court. It may be reversed only when the court has considered all relevant public and private interest factors, and where its balancing of these factors is reasonable, its decision deserves substantial deference.“ 358 

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bevor eine Klage aus forum non conveniens-Gründen abgewiesen werden kann. So gehen die Gerichte im First Circuit,362 Second Circuit,363 Third Circuit,364 Fourth Circuit,365 Sixth Circuit,366 Seventh Circuit,367 Eighth Circuit,368 Ninth Circuit369 und Tenth Circuit370 davon aus, dass alle diese Faktoren gleichwertig zu berücksichtigen seien.371 Auch gibt es keine zwingende Reihenfolge, nach der die einzelnen Faktoren geprüft werden müssen. Deshalb prüfen die Gerichte im Allgemeinen die Faktoren nacheinander durch. Gerichte des Fifth Circuit372 hingegen verzichten auf die Prüfung der Faktoren der öffentlichen Interessen, wenn sie feststellen, dass eine 362  1st Cir.; Iragorri v. Int’l Elevator, Inc., 203 F.3d 8, 12‒15 (1st Cir. 2000); Nowak v. Tak How Invs., Ltd., 94 F.3d 708, 719‒721 (1st Cir. 1996); Mercier v. Sheraton Int’l., 935 F.2d 419, 423 f. (1st Cir. 1991). 363  2d Cir.: Bei Emslie v. Borg-Warner Automotive, Inc., 655 F.3d 123, 126 (2d Cir. 2011) handelt es sich um einen internationalen Produkthaftungsfall eines schottischen Konsumenten gegen einen Fahrzeughersteller eines all-terrain vehicle (ATV); Abdullahi v. Pfizer, Inc., 562 F.3d 163, 189 f. (2d Cir. 2009); Iragorri v. United Technologies Corp., 274 F.3d 65, 71 f. (2d Cir. 2001); Guidi v. Inter-Cont’l Hotels Corp., 224 F.3d 142, 145 f. (2d Cir. 2000); Emslie v. Recreative Industries Inc., 2010 WL 1840311, 6 (W.D.N.Y. 2010); Rezulin: In re Rezulin Products Liability Litigation, 2002 WL 33954433 (S.D.N.Y.). 364  3d Cir.: Lony v. E.I. Du Pont de Nemours & Co., 935 F.2d 604, 608‒615 (3d Cir. 1991); Lacey v. Cessna Aircraft Co., 862 F.2d 38, 43 (3d Cir. 1988). 365  4th Cir.: Lion de Mer S.A. v. M/V Loretta D., No. CIV.JFM-98-921, 2000 WL 198335, 3 (D.Md. 2000), kein kollisionsrechtlicher Produkthaftungsfall; Slight v. E.I. Du Pont de Nemours & Co., 979 F.Supp.  433, 438 (S.D.W.Va.1997). 366  6th Cir.: Stewart v. Dow Chem. Co., 865 F.2d 103, 106 f. (6th Cir. 1989); Kryvicky v. Scandinavian Airlines Sys. 807 F.2d 514, 515‒516 (6th Cir. 1986); Watson v. Merrell Pharmaceuticals, 769 F.2d 354, 356 (6th Cir. 1985); Dowling v. Richardson-Merill, Inc., 727 F.2d 608, 612‒615 (6th Cir. 1984). 367  7th Cir.: AAR Int’l, Inc. v. Nimelias Enters., SA, 250 F.3d 510, 524 (7th Cir. 2001); Abad v. Bayer Corp., 563 F.3d 663, 668 (7th Cir. 2009); Kamel v. Hill Room Co., Inc., 108 F.3d 799, 802‒804 (7th Cir. 1997); Pettitt v. Boeing Co., 2010 WL 3861066, 2 (N.D.Ill. 2010); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 595 F.Supp.  2d 855, 860 (N.D.Ill. 2009). 368  8th Cir.: Reid-Walen v. Hansen, 933 F.2d 1390, 1394 (8th Cir. 1991); De Melo v. Lederle Labs., 801 F.2d 1058, 1062 f. (8th Cir. 1986). 369 9th Cir.: Tuazon v. R.J. Reynolds Tabacco Co., 433 F.3d 1163 (9th Cir. 2006); Lueck v. Sunstrand Corp., 236 F.3d 1137, 1145‒1147 (9th Cir. 2001), In re Air Crash Over the Mid-Atlantic on June 1, 2009, 760 F.Supp.  2d 832, 839, 843‒847 (N.D.Cal. 2010); Gambra v. International Lease Finance Corp., 377 F.Supp.  2d 810 (C.D.Cal.2005); In re Air Crash Over Taiwan Straits on May 25 2002, 331 F.Supp.  2d 1176 (C.D.Cal. 2004). 370  10th Cir.: Geschwind v. Cessna Aircraft Co., 161 F.3d 602, 606, 609‒610 (10 th Cir. 1998). 371  Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 352 (2002). Auch die folgenden einzelstaatlichen Gerichte gehen so vor: Supreme Court of California: Stangvik v Shiley, Inc., 54 Cal.3d 744, 751, 819 P. 2d 14, 17 f., 1 Cal.Rptr. 2d 556, 559 f. (1991); Missouri Court of Appeals des Eastern Districts: Skewes v. Masterchem Industries, Inc., 164 S.W.3d 92 (Mo.App.E.D.2005); Superior Court of New Jersey: In re Vioxx Litigation, 395 N.J. Super. 358, 928 A.2d 935 (App.Div. 2007); Supreme Court of Rhode Island: Kedy v. A.W. Chesterton Co., 946 A.2d 1171 (2008). 372  Alpine View Co. v. Atlas Copco., A.B., 205 F.3d 208, 222 Fn.  9 (5th Cir. 2000); Baumgart v. Fairchild Aircraft Corp., 981 F.2d 824, 835‒837 (5th Cir. 1993) cer. denied, 508 U.S.  973, 113 S.Ct. 2963, 125 L.Ed 2d 663 (1993) Empresa Lineas Maritimas Argentinas, S.A. v. Schichau-Unterweser, A.G., 955 F.2d 368, 376 (5th Cir. 1992); In re Air Crash Near Orleans, La., 821 F.2d 1147, 1165 f. (5th Cir. 1987); Morales v. Ford Motor Co., 313 F.Supp.  2d 672 (S.D.Tex. 2004).

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Klagabweisung schon im Interesse der Parteien geboten erscheint.373 So urteilte der Court of Appeals des fünften Circuit 1993: „Because we find that the district court did not err in holding that an appropriate alternate forum exists for Appellant’s claims and that the private interest factors weigh in favor of a forum non conveniens dismissal, we need not to reach the third step of the analysis, which involves a consideration of certain ,public interestʻ factors.“374 Auch Gerichte im District von Columbia gehen ähnlich vor.375 Gleichwohl wird die forum non conveniens-Doktrin von den Gerichten dieser Circuits nicht konsequent angewendet. Es gibt Entscheidungen, in denen die Gerichte zusätzlich auch die öffentlichen Interessen berücksichtigen.376 Ähnlich wie die Gerichte im District von Columbia und dem Fifth Circuit verzichten die Gerichte im Eleventh Circuit auf die Prüfung der öffentlichen Interessen, wenn eine Klagabweisung schon im Interesse der Parteien geboten erschien.377 Von diesem Ansatz distanzierte sich der Court of Appeals des Eleventh Circuit jedoch im Jahre 2001.378 Im Folgenden sollen nunmehr die Aspekte der Parteiinteressen näher erläutert werden, mit deren Hilfe die Richter prüfen, ob eine Klagabweisung aus conveniens-Gründen der Parteien geboten ist. aa) Parteiinteressen In der Entscheidung Gulf Oil Corp. v. Gilbert befand der Supreme Court: „An interest to be considered, and the one likely to be most pressed, is the private interest of the litigant“. Die Richter führten weiter aus: „Important considerations are the relative ease of access to sources of proof; availability of compulsory process, process for attendance of unwilling, and the cost of obtaining attendance of willing, witness, possibility of view of premises if view would be appropriate to the action; and all other practical problems that make trail of a case easy, expeditious and inexpensive. There may also be questions as to the enforceability of a judgment if one is obtained.“ Bei der Prüfung der Parteiinteressen berücksichtigte das Gericht somit u. a. den jeweiligen Wohnsitz und Aufenthaltsort der Parteien und den der Zeugen sowie die Frage, ob der Zugang zu Beweismitteln im Forumstaat oder im alternativen Forum 373  Empresa Lineas Maritimas Argentinas, S.A. v. Schichau-Unterweser, A.G., 955 F. 2d 368, 376 (5th Cir. 1992); Baumgart v. Fairchild Aircraft Corp., 981 F.2d 824, 837 (5th Cir. 1993) cer. denied, 508 U.S.  973 (1993). 374  Baumgart v. Fairchild Aircraft Corp, 981 F.2d 824, 837 (5th Cir. 1993). 375  Friends of All Children, Inc. v. Lockheed Aircraft Corp., 717 F.2d 602, 609 (D.C.Cir.1983). 376  Dickson Marine, Inc. v. Panalpina, Inc., 179 F.3d 331, 343 (5th Cir. 1999); BCCI Holdings, S.A. v. Mahfouz, 828 F.Supp.  92, 98‒99 (D.D.C.1993). State-Court-Entscheidung: Berg v. AMF, Inc., 29 S.W. 3d 212 (App.  14 Dist. 2000). 377  La Seguridad v. Transytur Line, 707 F.2d 1304, 1307 (11th Cir. 1983). 378  Leon v. Million Air, Inc., 251 F.3d 1305, 1311 (11th Cir. 2001); Satz v. McDonnell Douglas Corp., 244 F.3d 1279, 1283‒1284 (11th Cir. 2001). Diesem Ansatz folgten auch Gerichte unterer Instanzen, Rivas v. Ford Motor Comp., 2004 WL 1247018 (M.D.Fla.2004); TRW Automotive U.S. LLC v. Papandopoles, 949 So. 2d 297, 301 (Fla.Dist.Ct.App.  4th Dist. 2007).

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leichter und kostengünstiger sei. Weiter prüfte das Gericht, ob eine Beweiserhebung im alternativen Forum gewährleistet werden könne, ob es z. B. Sanktionsmechanismen gebe, die eingreifen könnten, wenn Zeugen nicht freiwillig erschienen. Insofern sind die Kosten der Parteien für die Prozessführung ein sehr wichtiger Faktor im Rahmen der forum non conveniens-Abwägung. Ebenfalls können Erwägungen zur Vollstreckbarkeit der gerichtlichen Entscheidung in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden.379 Die genannten Faktoren werden von der Rechtsprechung sowohl in interlokalen als auch in internationalen Kollisionsfällen gleichermaßen berücksichtigt.380 Heute erscheint es fraglich, ob die conveniens der Parteien bei der Prozessführung wirklich noch im Vordergrund steht. Die Rechtspraxis in internationalen Produkthaftungsfällen zeigt, dass ausländische Geschädigte nicht davor zurückschrecken, US-amerikanische Hersteller vor Gerichten in den USA in Anspruch zu nehmen, was für die Geschädigten häufig mit einer Prozessführung in einem für sie fernen Forum und fremden Rechtssystem verbunden ist. Umgekehrt argumentieren die beklagten US-amerikanischen Hersteller, dass eine Prozessführung in einem örtlich nahen Forum und ihnen vertrauten Rechtssystem für sie inconvenient sei, und begründen dies häufig mit der mangelnden Beweisnähe. Nicht selten wird der Rechtsbehelf der motion to dismiss on forum non conveniens grounds, der eigentlich als Rechtsbehelf für Ausnahmefälle gedacht war, zur Standardverteidigungsstrategie und folglich zum reverse forum shopping missbraucht.381 In diesem Kontext ist auf die veränderten Rahmenbedingungen im Prozessrecht hinzuweisen. So hat der technische Fortschritt zu einer Vereinfachung der Prozessführung beigetragen, sodass die Prozesse einfacher und weniger kostenintensiv ge379  Gulf Oil Corp. v Gilbert, 330 U.S.  501, 508; 67 S.Ct. 839, 843 (1947); Roulier v. Cannondale, 101 Cal.App.4th 1180; 124 Cal.Rptr.2d 877 (Cal.App.2Dist.2002). In diesem internationalen Produkthaftungsfall versuchte ein Kläger aus der Schweiz, Schadensersatz von einem US-amerikanischen Fahrradhersteller und dem Verkäufer des Fahrrades vor einem einzelstaatlichen Gericht in Kalifornien zu erstreiten. Der Geschädigte hatte das Fahrrad während eines Aufenthalts in Kalifornien gekauft und war beim Fahrradfahren in der Schweiz verunglückt. Der Kläger behauptete, ein Konstruktions- oder ein Fabrikationsfehler seien ursächlich für den Unfall gewesen und stützte seine Klage vor dem Superior Court in Los Angeles auf strict product liability, negligent product liabilty und breach of warranty. Der Kläger behauptete, dass die Schweiz kein alternatives Forum für den Rechtsstreit sei, weil die Vollstreckung eines Urteils dort nicht gewährleistet sei, weil die Beklagten in der Schweiz keine Vermögenswerte besäßen und auch nicht zugesichert hatten, im Falle einer Verurteilung sich nicht gegen die Vollstreckung zu wehren. Diesem Argument folgte das Gericht nicht. Eine Vollstreckung eines Schweizer Gerichts sei nach dem Uniform Foreign Money Judgement Recognition Act gewährleistet. Im Ergebnis wies das Gericht den Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen zurück und entschied, dass hier die öffentlichen Interessen Kaliforniens erheblich betroffen seien und daher der Rechtsstreit vor einem kalifornischen Gericht zu führen sei. 380  Seit Einführung des federal transfer gem. 28 U.S.C. §  1404 (a) wird die forum non conveniens-Doktrin hauptsächlich in internationalen Kollisionsfällen angewendet. Daher sprechen sich einige Kommentatoren in der Literatur für eine unterschiedliche Gewichtung der Gilbert-Faktoren in interlokalen und in internationalen Kollisionsfällen aus: Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 324 (2002). 381  Vgl. oben im 2.  K ap. C.IV.2., 116.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

worden sind, auch wenn sich Beweismittel im Ausland befinden. Zur Zeit der Gilbert-Entscheidung 1947 war das noch anders.382 Beispielsweise können heute dank moderner Kommunikationsmittel Beweisaufnahmen leichter dort durchgeführt und dokumentiert werden, wo das Beweismittel sich befindet. Ausländische Zeugen können am Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts durch videotaped depositions vernommen werden, ohne für ihre Aussagen zum Prozess anreisen zu müssen. Die so gewonnenen Aussagen können mittels der modernen Datenspeicherung und Übertragung einfacher und schneller dem Gericht zugänglich gemacht werden, als es früher der Fall war.383 Eine solche Vorgehensweise ist beispielsweise in Fed.R.Civ.P. 30 (b) (2), Fed.R.Civ.P. 43 (a) (2010) prozessrechtlich ausdrücklich zulässig,384 sodass Gerichte diese Erwägungen in ihre Entscheidungen über Klagabweisungsersuchen aus forum non conveniens-Gründen einbezogen haben.385 Schon der Wegfall der Reisekosten der Zeugen führt zu erheblichen Kostenersparnissen für die Parteien. Diesem Faktor messen die Richter im Rahmen der Abwägung der Parteiinteressen besonderes Gewicht bei.386 Auch ist der Zugang zu Dokumenten durch das Kopieren, Faxen oder die Übermittlung per E-Mail leichter, kostengünstiger und schneller möglich, als es noch 1947 der Fall war.387 Wegen dieser erheblichen Veränderungen im Umfeld der Prozessführung wird in der Literatur kritisch hinterfragt, ob die Gerichte heute den privaten Interessen der Prozessparteien noch dasselbe Gewicht beimessen sollten, wie es damals in der Gilbert-Entscheidung von den Richtern des Supreme Court gefordert wurde,388 oder ob nicht zumindest eine viel differenziertere Beurteilung der einzelnen Aspekte erfolgen müsse.389 So 382 

Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 324 f. (2002). Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 326 f. (2002). 384  Die Parteien können auf diese Vorgehensweise bestehen, um Aussagen von ausländischen Zeugen zu erhalten, auch wenn das Haager Beweisaufnahmeabkommen zur Anwendung gelangt, vgl. Société Nationale Industrielle Aerospatiale v. United States District Court, 482 U.S.  522, 522 (1987). 385  Terris-Feldman v. Dan Hotels of Isr., No. 95 CIV. 9666 (DAB), 1997 WL 109441, at 6 (S.D.N.Y. 1997), deliktsrechtlicher Kollisionsfall. State-Court-Entscheidung: Kedy v. A.W. Chesterton Co., 946 A. 2d 1171 (R.I. 2008). 386  Tuazon v. R.J.Reynolds Tabacco Co., 433 F.3d 1163, 1181 (9th Cir. 2006). 387  Can v. Goodrich Pump & Engine Control Systems, Inc., 711 F.Supp.  2d 241, 259 (D.Conn. 2010); Woodward v. Bridgestone/Firestone, Inc., 368 Ill.App.3d 827, 833, 858 N.E.2d 897, 904, 306 Ill.Dec. 839, 846 (Ill.App.  5 Dist.2006). Auch zu weiteren Methoden zur Zeugenvernehmung, wie z. B. dem video conferencing link, Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 337 f. (2002). 388  Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 324 (2002). 389  So setzt sich Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 331 (2002) in Fn.  87 mit der Vorgehensweise einiger Beklagter auseinander und kritisiert, dass diese zwar für einen ordnungsgemäßen Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen ihre Zeugen benennen, jedoch nicht darlegen müssen, was diese voraussichtlich aussagen werden. Dies hält Davies für problematisch, weil keine Prioritäten für bestimmte Beweisthemen erkennbar werden, anhand derer das Gericht die Bedeutung eines Zeugen einschätzen kann. Besonders problematisch erscheint dies, wenn Gerichte im Rahmen ihrer forum non conveniens-Entscheidung schlicht die Anzahl der Zeugen in den jeweiligen Ländern zählen und gegenüberstellen. Die Gerichte setzen sich mit pauschalen Behauptungen zur Beweislage häufig kritisch auseinander: Gates Learjet Corp. v. Jensen, 743 F.2d 1325, 383 

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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könnten pauschale Behauptungen der Hersteller, ein alternatives Forum sei wegen einer leichteren Beweisaufnahme more convenient, detailliert auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden. In diesem Zusammenhang müssten die Parteien beispielsweise die zu erwartenden Gesamtkosten für die Übersetzung von beweisrelevanten Dokumenten beziffern, die Kosten einer Inaugenscheinnahme der Hauptbeweismittel kalkulieren und die Kosten für die Beweiserhebung durch Zeugen genau berechnen.390 Auch wenn sich die Gerichte heute detaillierter mit den einzelnen Faktoren auseinandersetzen, sind, solange der Supreme Court seine Vorgaben aus der Entscheidung Gulf Oil Corp. v. Gilbert aufrechthält, für die conveniens der Parteien nach wie vor der Wohnsitz oder der Aufenthaltsort der Parteien und die Beweisnähe häufig entscheidend dafür, ob einem Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen stattgegeben wird oder nicht. Befinden sich in einem internationalen Produkthaftungsfall die meisten Beweise zur Schadensursache und zum Schadensumfang im Ausland, so kann dies den Ausschlag geben für den Erfolg eines Klagabweisungsantrags aus forum non conveniens-Gründen.391

1336 (9th Cir. 1984); Lueck v. Sundstrand Corp., 236 F.3d 1137, 1146 (9th Cir. 2001); Ocean Shelf Trading, Inc. v. Flota Mecante Grancolombiana, S.A., 638 F.Supp.  249, 252 (S.D.N.Y. 1986); Hatzlachh Supply, Inc. v. Savannah Bank of Nig., 649 F.Supp.  688, 692 (S.D.N.Y. 1986) G.B.C. Nig.V.M/V Sophia First, 588 F.Supp.  76, 79, 1985 AMC 1493, 1496 (S.D.N.Y. 1984). 390  Eine solche differenzierte Auseinandersetzung mit den Kosten der Beweisaufnahme hat beispielsweise der Court of Appeals des Seventh Circuits in einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 vorgenommen: Abad v. Bayer Corp., 563 F.3d 663 (7th Cir. 2009). 391  Abdullahi v. Pfizer, Inc., 2005 WL 1870811 (S.D.N.Y. 2005) rev’d, 562 F.3d 163, A.L.R.Red. 2d 685 (2nd Cir. 2009); in diesem internationalen Produkthaftungsfall gegen ein US-amerikanisches Pharmaunternehmen wogen die jeweiligen public interests gleichwertig. Da der Hersteller zugesichert hatte, die Beweise in Bezug auf die Verletzungshandlung den Geschädigten auch im alternativen Forum zugänglich zu machen und die meisten Beweise zu Kausalität und Schadensumfang in Nigeria belegen waren, war eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen als gerechtfertigt angesehen worden. Miller v. Boston Scientific Corp., 380 F.Supp.  2d 443 (D.N.J. 2005); Can v. Goodrich Pump & Engine Control Systems, Inc., 711 F.Supp.  2d 241 (D.Conn. 2010). Internationaler Produkthaftungsfall infolge eines Helikopterabsturzes in der Türkei. Klagabweisung, weil sich die überwiegende Mehrzahl der Beweismittel am Unfallort befand und die Unfallberichte der ermittelnden türkischen Behörden in türkischer Sprache abgefasst waren; Emslie v. Recreative Industries, Inc., 2010 WL 1840311, 9 (W.D.N.Y. 2010) betraf eine Produkthaftungsklage eines britischen Geschädigten gegen einen US-amerikanischen Hersteller eines Geländewagens infolge eines Unfalls, der sich in England ereignet hatte; Doe v. Hyland Therapeutics Div., 807 F.Supp.  1117, 1125 (S.D.N.Y. 1992); Agyenkwa v. American Motors Corp., 622 F.Supp.  242, 247 (E.D.N.Y. 1985); Ledingham v. Parke-Davies Div. of Warner-Lambert Co., 628 F.Supp.  1447, 1450 (E.D.N.Y. 1986); State-Court-Entscheidungen: Guimei v. General Electronic Co., 172 Cal.App.4th 689, 91 Cal.Rptr.3d 178 (Cal.App.  2 Dist. 2009). Chinesische Geschädigte infolge eines Flugzeugabsturzes, der sich in China ereignet hatte, versuchten erfolglos, den kanadischen Hersteller des Flugzeugs und den US-amerikanischen Hersteller des Flugzeugmotors in Kalifornien in Anspruch zu nehmen. Ein chinesisches Gericht biete ein adäquates Forum für derartige Produkthaftungsfälle und könne auf Grund der größeren Sachnähe den Rechtsstreit besser entscheiden. Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:26.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

bb)  Öffentliche Interessen Im Rahmen der forum non conveniens-Prüfung berücksichtigen die Gerichte auch die öffentlichen Interessen, public interests. So führte Justice Jackson in der Supreme-Court-Entscheidung Gulf Oil Corp. v. Gilbert aus: „Factors of public interest also have place in applying the doctrine. Administrative difficulties follow for courts when litigation is piled up in congested centers instead of being handled at its origins. Jury duty is a burden that ought not to be imposed upon the people of a community which has no relation to the litigation“. Die Gerichte berücksichtigen somit neben rechtspolitischen Erwägungen auch die administrative inconvenience für das angerufene Gericht und für die Allgemeinheit.392 In diesem Zusammenhang spielt auch die Ermittlung des anwendbaren Rechts eine Rolle, sodass die conflict of law-Analyse Bedeutung für die Entscheidung über einen Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen hat. (1)  Rechtspolitische Erwägungen Ist das dem Rechtsstreit zugrunde liegende Rechtsverhältnis im Hoheitsgebiet des alternativen Forums entstanden, z. B. der Absturz eines fehlerhaft konstruierten Flugzeugs im Hoheitsgebiet des alternativen Forums, so besteht im Staat des alternativen Forums ein berechtigtes Interesse, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden, wie die Richter des Supreme Court schon 1947 in der Gilbert-Entscheidung festhielten: „There is a local interest in having localized controversies decided at home.“393 Dies trifft erst recht zu, wenn es sich bei dem fehlerhaften Produkt um ein Produkt eines regulierten Industriezweigs handelt,394 z. B. um ein pharmazeutisches Produkt. 1984 hielt der Court of Appeals des Fourth Circuits fest: „[…] when a regulated industry, such as the pharmaceutical industry, is involved in an action, the country where the injury occurs has a particular strong interest in the litigation.“395 Dar392 

Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:32. Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S.  501, 508 f.; 67 S. Ct. 839, 843. Hatte die überwiegende Mehrzahl der Unglücksopfer die Staatsangehörigkeit des Staates des alternativen Forums, so spricht vieles dafür, dass dessen Interesse an der Entscheidung des Rechtsstreits überwiegt. In re Air Crash Over Mid-Atlantic on June 1, 2009, 760 F.Supp.  2d 832 (N.D.Cal. 2010). 394  In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741, 748 f. (E.D.La.2006); Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:36. 395  Dowling v. Richardson-Merrell, Inc., 727 F.2d 608, 616 (6th Cir. 1984); In re Rezulin Products Liability Litigation, 2002 WL 33954433 (S.D.N.Y. 2002), 214 F.Supp.  2d 396; In re Rezulin Products Liability Litigation, 133 F.Supp.  2d 272. Dieser kollisionsrechtliche Produkthaftungsfall war einer der vielen Fälle, die das Medikament Rezulin betrafen. Der Geschädigte stammte aus Kanada. Er hatte das Medikament von einem kanadischen Arzt erhalten, in einer Apotheke regelmäßig gekauft und es in Kanada im Rahmen seiner Diabetestherapie eingenommen. Abgesehen von einer kurzen Behandlung in Kalifornien war der Kläger vorwiegend in Kanada behandelt worden. Ein Jahr nach Beginn der Behandlung mit Rezulin stellten kanadische Ärzte bei dem Kläger verschiedene Nebenwirkungen, u. a. einen Leberschaden, fest. Das Medikament Rezulin war zur Behandlung von Typ-II-Diabetes entwickelt worden und sollte die Insulinresistenz verringern. Es war Mitte der 1990er Jahre in England, Japan, Kanada und den USA vermarktet worden. 393 

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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aus darf nicht geschlossen werden, dass das Interesse des Staates am Ort des Schadenseintritts immer überwiegt. Denn wenn ein Produkt eines US-amerikanischen Herstellers einen Schaden im Ausland verursacht, hat der US-amerikanische Bundesstaat, in dem der Hersteller ansässig ist, grundsätzlich ein Interesse daran aufzuklären, ob ein fehlerhaftes Verhalten des Herstellers bei der Konstruktion, dem Test oder der Herstellung des Produktes zu dem Schadenseintritt geführt hat.396 Als Berichte über Leberschädigungen, die teilweise zu Leberversagen geführt hatten, bekannt wurden, nahmen die Hersteller das Produkt ab dem Jahr 1997 in England und ab dem Jahr 2000 in den USA vom Markt. Es folgte eine Klagewelle in den USA gegen die Hersteller. Im vorliegenden Kollisionsfall sprach eine Reihe von Faktoren der public und private interests für die Klagabweisung. Die Gerichte entschieden daher, die Klage aus forum non conveniens-Gründen zugunsten einer Prozessführung in Kanada abzuweisen. In der Begründung führten sie aus, dass Kanada ein erhebliches Interesse an der Entscheidung des Rechtsstreits vor kanadischen Gerichten habe. Nur so könnten die rechtspolitischen Zielsetzungen gewahrt bleiben. Die Entscheidungen kanadischer Behörden, das Medikament für den kanadischen Markt freizugeben, seien zu respektieren, sodass auch kanadische Gerichte über den Fall entscheiden müssten. Auch das Ergebnis der choice of law-Analyse stütze dieses Ergebnis, denn die Ermittlung des anwendbaren Rechts nach den Maßstäben der New Yorker conflict of law-Regel ergab, dass hier zur Lösung des Falles kanadisches Recht zu Anwendung gelangen müsse. Hier standen conduct regulating rules im Konflikt, sodass das Recht des Erfolgsortes zur Anwendung gelangte. Ausführungen zu den New Yorker conflict of law rules finden sich im 2. Kapitel C.III., 72–103. In re Rezulin Products Liability Litigation, 2002 WL 33954433. 396  Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., 638 F.Supp.  901, 908 f. (S.D.N.Y. 1986). In Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., forderte ein schwedischer Opernsänger von einem US-amerikanischen Pharmakonzern Schadensersatz. Er war nach einer Impfung mit einem von der Beklagten hergestellten Hepatitisimpfstoff an Arthritis erkrankt. Das Gericht setzte sich ausführlich sowohl mit den jeweiligen Interessen der Parteien als auch mit den verschiedenen Interessen der involvierten Staaten auseinander. Es stellte zunächst fest, dass Schweden ein alternatives Forum sei und dass Schweden durchaus gleichwertige Interessen an der Entscheidung des Rechtsstreits habe. Das Gericht setzte sich auch mit dem Argument aus älteren Entscheidungen auseinander, wonach der ausländische Staat in solchen Kollisionsfällen ein überwiegendes Interesse an der Entscheidung des Rechtsstreits habe, wenn das pharmazeutische Produkt dort zugelassen wurde. In Carlenstolpe entschied sich das Gericht im Ergebnis für die Zulassung der Klage vor dem New Yorker Gericht, weil der Impfstoff in den USA entwickelt, hergestellt, getestet und auch auf dem US-amerikanischen Markt verwendet worden war. Alle Informationen, die in Schweden für die Zulassung des Impfstoffes nötig waren, kamen aus den USA. Insofern stand die Entscheidung des Herstellers, den Impfstoff in den USA und in anderen Ländern zu vermarkten, ohne es hinreichend getestet und ohne hinreichend vor allen Risiken gewarnt zu haben, im Zentrum der Entscheidung. Das Gericht befand, das Verhalten des Herstellers müsse nach den Maßstäben des US-amerikanischen Rechts vor US-amerikanischen Gerichten beurteilt werden, weil sich das relevante Geschehen hier ereignet hatte und daher das Interesse des Forumstaates überwiege. Näher dazu S. 144 f. Woodward v. Bridgestone/ Firestone, Inc., 368 Ill.App.3d 827, 836, 858 N.E. 2d 897, 907, 306 Ill.Dec. 839, 849 (Ill.App.  5 Dist. 2006). In diesem internationalen Produkthaftungsfall, den australische Geschädigte gegen einen US-amerikanischen Reifenhersteller angestrengt hatten, sprachen die Parteiinteressen und öffentlichen Interessen nicht für die Klagabweisung zugunsten der Prozessführung in einem australischen Forum. Steitgegenständlich waren Schadensersatzforderungen, die infolge eines Un­ falles mit einem in den USA hergestellten Ford Explorer entstanden waren. Fahrzeuge dieses Typs waren auf Grund verschiedener Design- und Konstruktionsprobleme vor allem im Zusammenspiel mit den verwendeten Reifen zuvor Gegenstand einer Rückrufaktion gewesen. Es überwogen in diesem Fall die US-amerikanischen Interessen an der Entscheidung des Rechtsstreits. Weitere ­Beispiele: Gambra v. International Lease Finance Corp., 377 F.Supp.  2d 810 (C.D.Cal. 2005); In

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

Denn Verhalten kann maßgeblich am Herstellungsort reguliert werden, z. B. durch die Entscheidung des Gesetzgebers, Hersteller einer strikten Haftung im Produkthaftungsrecht zu unterwerfen, und fällt daher in den Hoheitsbereich des betroffenen Bundesstaates. Nur wenn Hersteller wissen, dass sie bei Fehlverhalten mit einer u. U. sehr kostspieligen Inanspruchnahme rechnen müssen, lässt sich für die Bundesstaaten gewährleisten, dass die geltenden Sicherheitsstandards in den jeweiligen Bundesstaaten auch beachtet werden und auf diese Weise sicherere Produkte auf den Markt gelangen.397 Dieses Argument ist seit jeher jedoch höchst umstritten und immer wieder Streitgegenstand im Rahmen von forum non conveniens-Fällen.398 Mit dieser Problematik hatte sich schon 1992 der District Court des Southern District of New York in Doe v. Hyland Therapeutics Div. ausführlich auseinandergesetzt,399 wobei sich das Gericht in dieser Entscheidung deutlich von der noch zuvor in Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., verfolgten Linie distanzierte. Doe v. Hyland Therapeutics Div. In diesem Fall klagten irische Patienten gegen die US-amerikanischen Hersteller von Blutprodukten, die Gerinnungsfaktorkonzentrate des Typs Faktor VIII herstellten. Die Kläger waren Bluter, die sich im Rahmen ihrer Behandlung in Irland mit HIV-kontaminierten Gerinnungsfaktorkonzentraten angesteckt hatten. Alle Beklagten boten ihre Produkte durch ihre jeweiligen Tochterunternehmen auf dem englischen und irischen Markt an. Die Geschädigten wussten jeweils nicht, durch welches Konzentrat von welchem Hersteller sie sich infiziert hatten. Die Beklagten stellten das Gerinnungsfaktorprodukt des Typs VIII in verschiedenen Bundesstaaten der USA und teilweise im Ausland (Deutschland) her. Viele Hersteller testen ihre Produkte in den USA, bevor sie sie weltweit vermarkten. Die Produkte waren den Geschädigten in Irland von Mitarbeitern in Krankenhäusern oder von Apothekern verabreicht worden. Im Ergebnis wies das Gericht die Klage aus forum non conveniens-Gründen ab. Es war der Ansicht, dass Irland ein geeigneteres Forum für den Rechtsstreit biete. Ansonsten würden die rechtspolitischen Entscheidungen Irre Cessna 208 Series Aircraft Products Liability Litigation, 546 F.Supp.  2d 1191 (D.Kan.2008); Roulier v. Cannondale, 101 Cal.App.4th 1180 (Cal.App.  2 Dist.2002). 397  Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1175 (2005). In der Entscheidung In re West Caribbean Crew Members, 632 F.Supp.  2d 1193 (S.D.Fla. 2009) sprachen die private und vor allem die public interest factors gegen eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen. Die Mehrheit der relevanten Beweismittel war besser im Forumstaat zugänglich, und die US-amerikanischen Interessen an der Herstellung fehlerfreier Produkte, hier ein Flugzeug, und dessen sicheres Betreiben überwogen. Mit dem Argument hatte sich ferner ein District Court in Alabama im Zuge der Rechtsstreitigkeiten wegen der fehlerhaften Brustimplantate auseinandergesetzt. Im Ergebnis lehnte es diese Betrachtungsweise jedoch ab und verwies auf die erheblichen Auswirkungen für die US-amerikanischen Hersteller, die sogar zu der Insolvenz einer Firma geführt hatte. In re Silicone Gel Breast Implants Products Liability Litigation, 887 F.Supp.  1469, 1478 (N.D.Ala. 1995). 398  „Courts have repeatedly exercised their discretion to hold that a defendant’s manufacturing activities within the U.S. do not tilt the public interest in favor of retaining jurisdiction“. In re Air Crash Near Peixoto De Azeveda, Braz. on Sept. 29, 2006, 574 F.Supp.  2d 272, 288 (E.D.N.Y. 2008). 399  Doe v. Hyland Therapeutics Div., 807 F.Supp.  1117 (1992).

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lands unterwandert. Dazu führte Judge William C. Conner in seiner Urteilsbegründung aus: „This rationale underestimates the foreign forum’s interest in this type of pharmaceutical products liability action ‒ an interest that stems, not from their sale to the forum’s market, and their use by its citizens. The forum whose market consumes the product must make its own determination as to the levels of safety and care required. That forum has distinctive interest in explicating the controlling standards of behavior, and in enforcing its regulatory scheme. The standards of conduct implemented, and the level of damages assessed, will reflect the unique balance struck between the benefit each market derives from the product’s use and the risks associated with that use; between the community’s particular need for the product and its desire to protect its citizens from what it deems unreasonable risk. The forum’s assessment will affect not merely the quality of the product, but also the price, quantity, and availability to its public. Such an assessment must remain the prerogative of the forum in which the product is used […]. We are ill-equipped to enunciate the optimal standard of safety or care for products sold in distant markets, and thus choose to refrain from imposing our determination of what constitutes appropriate behavior to circumstances with which we are not familiar. While imposing our presumably more stringent standards to deter tortuous conduct within our borders could afford a higher degree of protection to the world community, such an approach would ignore the unique significance of the foreign forum’s interest in implementing its own risk-benefit analysis, informed by its knowledge of its community’s competing needs, values, and concerns. Thus, we find that our ,generalized inte­restʻ in regulating the flow of dangerously defective American pharmaceutical products into the stream of world commerce cannot transcend Ireland’s ,intensely local interestʻ in adjudicating a controversy that profoundly affects its citizens“.400 Viele Gerichtsentscheidungen, in denen ausländische Kläger involviert sind, lassen eine solch detaillierte Auseinandersetzung mit dieser Problematik unter Berücksichtigung der jeweiligen Fakten des Einzelfalles vermissen.401 In vielen Entscheidungen stellen die Gerichte das Interesse an einer effektiven abschreckenden Wirkung eines Verfahrens vor US-Gerichten in den Vordergrund und lehnen eine Abweisung aus forum non conveniens-Gründen ab.402 Andere Entscheidungen setzen sich ausführlich mit diesen Fragen auseinander.403 400 

Doe v. Hyland Therapeutics Div., 807 F.Supp.  1117, 1129‒1130 (S.D.NY. 1992). Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1180 (2005). 402  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 260 f. (U.S.  1981); Sinochem Intern. Co. Ltd. v. Malaysia Intern. Shipping Corp., 127 S.Ct. 1184, 1191 (U.S.  2007); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Litigation, 531 F.Supp.  2d 957, 978 (N.D.Ill. 2009); In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Litigation, 484 F.3d 951, 959 (7th Cir. 2007); Clerids v. Boeing Co., 534 F.3d 623, 630 (7th Cir. 2008); Ledingham v. Park-Davis Div. of Warner Lambert Co., 628 F.Supp.  1447, 1451 (E.D.N.Y. 1986); Gambra v. International Lease Finance Corp., 377 F.Supp.  2d 810 (C.D.Cal. 2005); Stangvik v. Shiley, Inc., 54 Cal.3d 744, 759‒763, 1 Cal.Rptr.2d 556, 565‒568 (1991). 403  In re Rezulin Products Liability Litigation, 2002 WL 33954433 (S.D.N.Y. 2002); Miller v. 401 

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(2)  Conveniens für das Gericht: Jury-duty, administrative difficulties und Vermeidung komplizierter conflict of laws-Problematik (i)  Belastung des Gerichts allgemein Die Prozessführung in internationalen Produkthaftungsverfahren vor US-amerikanischen Gerichten findet meistens unter Beteiligung einer Jury statt. Daher berücksichtigen die Richter bei ihrer Entscheidung im Rahmen der public interests auch die Belastungen des Forumstaates und seines jeweiligen Justizapparates. Sie erwägen, ob eine solche Belastung zumutbar ist, wenn der Rechtsstreit wenige Berührungspunkte zu dem Forumstaat aufweist und der Kläger in einem anderen Land lebt.404 Auch der Aspekt, ob der Rechtsstreit im alternativen Forum schneller verhandelt werden könnte, spielt eine Rolle.405 (ii) Belastung des Gerichts durch die Anwendung fremden Rechts und die Bedeutung der conflict of law-Analyse Die forum non conveniens-Doktrin dient streng genommen dem Ziel, dem Gericht eine komplizierte conflict of law-Analyse zu ersparen.406 So führte Justice Jackson schon in der Gilbert-Entscheidung des Supreme Court im Jahre 1947 dazu aus: „There is an appropriateness, too, in having the trail of a diversity case in a forum that is at home with the state law that must govern the case, rather than having a court in some other forum untangle problems in conflict of laws, and in law foreign to itself.“407 Auch Justice Marshall schloss sich dieser Einschätzung in der Piper-Entscheidung an: „In fact, if conclusive or substantial weight were given to the possibility of a change in law, the forum non conveniens doctrine would become virtually useless […]. If the possibility of a change in law were given substantial weight, deciding motions to dismiss on the ground of forum non conveniens would become quite difficult. Choice-of-law analysis would become extremely important, and the courts would frequently be required to interpret the law of foreign jurisdicBoston Scientific Corp., 380 F.Supp.  2d 443, 455 (D.N.J. 2005); In re Bridgestone/Firestone, Inc., Tires Products Liability Litigation, 190 F.Supp.  2d 1125, 1146‒1149, 1155 (S.D.Ind. 2002). 404  Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S.  501, 508; 67 S.Ct. 839, 843. 405  Gates Learjet Corp. v. Jensen, 743 F.2d 1325, 1337 (9th Cir. 1984); Gambra v. International Lease Finance Corp., 377 F.Supp.  2d 810 (C.D.Cal. 2005). 406  Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S.  501, 508; 67 S.Ct. 839, 843 (1947); Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 251, 102 S.Ct. 252, 263 (1981). Die Ausführungen der Supreme-Court-Richter hierzu wurden und werden immer wieder zitiert: Lacey v. Cessna Aircraft Co., 862 F.2d 38 (4th Cir. 1988); de Melo v. Lederle Labortories, Div. of American Cyanamid Corp., 801 F.2d 1058; 1064 (8th 1986); Cheng v. Boeing Co., 708 F.2d 1406, 1410 (9th Cir. 1983); Sibija v. Dow Co., 757 F.2d 1215, 1218‒19 (11th Cir. 1985); In re Air Crash near Athens, Greece on August 14, 2005, 2006 WL 4069526 (N.D.Ill. 2006); Miller v. Boston Scientific Corp., 380 F.Supp.  2d 443, 456 (D.N.J. 2005); Blum v. General Elec. Co., 547 F.Supp.  2d 717, 736 (W.D.Tex. 2008); Kedy v. A.W. Chesterton Co., 946 A. 2d 1171, 1186 (R.I. 2008). 407  Gulf Oil Corp. v Gilbert, 330 U.S.  501, 508 f.; 67 S.Ct. 839, 843 (1947).

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tions“.408 Die conflict of law-Analyse ist gleichwohl Teil der Erwägungen der conveniens des Gerichts geworden und wird bei der Überprüfung des Klagabweisungsantrags im Rahmen der Prüfung der public interest factors relevant. Das Ergebnis der conflict of law-Analyse kann die Entscheidung über den Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen maßgeblich mit beeinflussen,409 wie Weintraub schon 1989 betonte: „Although choice of law is not controlling when deciding a motion for dismissal on grounds of forum non conveniens, common sense indicates that it is a major factor.“410 Folglich gehört die Ermittlung des anwendbaren Rechts zu dem Aufgabenspektrum des Gerichts in forum non conveniens-Fällen, auch wenn sie ihrer Konzeption nach nur einen Teilaspekt ausmacht.411 In diesem Zusammenhang betonen Richter und Autoren, dass diesem Thema kein überwiegendes Gewicht beizumessen sei.412 Weintraub weist in seiner aktuellen Kommentierung zum conflict of laws darauf hin, dass jeder Prozessanwalt sich bewusst sei, dass die choice of law-Analyse in forum non conveniens-Abwägungen extrem wichtig sei.413 Die vorliegende Untersuchung von Kollisionsfällen aus den letzten zwei Jahrzehnten, vor allem aus dem Bereich der internationalen Produkthaftungsfälle, lässt die folgenden Schlussfolgerungen zu: Ergibt die conflict of law-Analyse, dass forumfremdes Recht angewendet werden muss, so erzeugt dieser Umstand im Zusammenspiel mit anderen Aspekten der private und public interest factors ein erhebliches Moment zugunsten einer Klagabweisung.414 Allein der Umstand, dass auslän408 

Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 250, 102 S.Ct. 252, 263 (1981). Geschwind v. Cessna Aircraft Co., 161 F.3d 602, 608, 609 (10th Cir. 1998); Needham v. Phillips Petroleum Co. of Norway, 719 F. 2d 1481, 1483 (10th Cir. 1983) (kein Produkthaftungsfall); Nanda/Pansius/Neihart, 1 Litigation of International Disputes in U.S. Courts §  6:1, §  6:5; Hay/Borchers/Symeonides, §  11.14, 564. 410  Weintraub, 1989 U.Ill.L.Rev. 130, 152 (1989). 411  „The possibility of a change in substantive law should ordinarily not be given conclusive or even substantial weight in the forum non conveniens inquiry.“ Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 247. Der Ermittlung des anwendbaren Rechts kann eine große Bedeutung beizumessen sein, wenn die Zuständigkeit eines US-amerikanischen Forums gesetzlich vorgeschrieben ist. Lueck v. Sundstrand Corp., 236 F.3d 1137 (9th Cir. 2001). 412  Lacey v. Cessna Aircraft Co., 862 F.2d 38, 48 (3rd Cir. 1988); SME Racks, Inc. v. Sistemas Mecanicos Para Electronica, S.A., 382 F.3d 1097, 1105 (11th Cir. 2004); Woodward v. Bridgestone/ Firestone, Inc., 368 Ill.App.3d 827, 837 (Ill.App.  5 Dist. 2006). Davies, 77 Tul.L.Rev. 309, 358 (2002). 413  Weintraub setzt sich kritisch mit den Äußerungen des Supreme Court Justice Marshall in der Piper-Entscheidung auseinander, dass die forum non conveniens-Doktrin den Gerichten helfen soll, die besonders komplizierte Ermittlung des anwendbaren Rechts zu verhindern: „A few pages later, Justice Marshall concedes what any litigator knows, that choice-of-law analysis is extremely important to the forum non conveniens determination, that the need to apply foreign law, particularly the law of a foreign country, although not controlling, makes it far more likely that a court will grant the motion to dismiss.“ Weintraub, Commentary on the Conflict of Laws, §  4. 33 C, 302. 414  Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 251 (1989); In re Union Carbide Corp. Gas Plant Disaster at Bhopal, 809 F.2d 195, 201 (2d Cir. 1987); Abad v. Bayer Corp., 563 F.3d 663, 669‒671 (7th Cir. 2009); de Melo v. Lederle Laboratories, Div. of American Cyanamid Corp., 801 F.2d 1058, 1064 (8th Cir. 1986); In re Air Crash over the Mid-Atlantic on June 1, 2009, 760 F.Supp.  2d 832, 847 409 

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

disches Recht zur Anwendung gelangt, reicht allerdings nicht aus, einen Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen zu rechtfertigen.415 Ergibt die conflict of law-Analyse hingegen, dass das Recht eines US-amerikanischen Bundesstaates anzuwenden ist, spricht dies umgekehrt für eine Abweisung des forum non conveniens-Antrags.416 Auch wenn die Ermittlung und die Anwendung ausländischen Rechts für die Gerichte heute einfacher ist, als es zur Zeit der Gilbert-Entscheidung der Fall war, lassen sich Entscheidungen finden, in denen die Gerichte dem Klagabweisungsantrag stattgaben, weil sie zu dem Ergebnis kamen, dass ausländisches Recht anwendbar sei.417 Die Richter des Court of Appeals des Tenth Circuit fassten das Dilemma schon 1993 in einer Entscheidung wie folgt zusammen: „Although it is understandable that courts may not feel comfortable in grappling with the complexities of foreign law, any reliance on statements in Gilbert about the difficulties of establishing foreign law is anachronistic. It is now easy to establish foreign law; though it is not any easier to apply it“. Prozessrechtlich wird ausländisches Recht als Tatsache, fact, (N.D.Cal.2010); Emslie v. Recreative Industries, Inc., 2010 WL 1840311,9 (W.D.N.Y. 2010); Dowling v. Hyland Therapeutics, 767 F.Supp.  57, 59 (S.D.N.Y.1991), Ledingham v. Park Davis Div. of Warner-Lambert Co., 628 F.Supp.  1447, 1452 (1986). Emslie v. Recreative Industries, Inc., 2010 WL 1840311, 9 (W.D.N.Y. 2010), Ledingham v. Parke-Davis Div. of Warner Lambert Co., 628 F.Supp.  1447 (E.D.N.Y. 1986); In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741, 749 (E.D.La. 2006); Tazoe v. Airbus, S.A.S., 631 F.3d 1321, 1334 (11th Cir. 2011). State-Court-Entscheidung: Berg v. AMF, Inc., 29 S.W.3d 212 (Tex.App. 2000). 415  R. Maganlal & Co. v. M.G. Chem. Co., 942 F.2d 164, 169 (2d Cir. 1991); Manu Int’l S.A. v. Avon Products, Inc., 641 F.2d 62, 67‒68 (2d Cir. 1981); Lacey v. Cessna Aircraft Co., 862 F.2d 38, 48 (3d Cir. 1991); Tuazon v. R.J. Reynolds Tobacco Co., 433 F.2d 1163, 1182 (9th Cir. 2006); Rivendell Forest Prods. v. Canadian Pac., Ltd., 2 F.3d 990, 994 (10th Cir. 1993); SME Recks, Inc. v. Sistemas Mecanicos Para Electronica, S.A., 382 F.3d 1097, 1105 (11th Cir. 2004). Miller v. Boston Scientific Corp., 380 F.Supp.  2d 443, 455 (D.N.J. 2005); Slight By and Through Slight v. E.I. DuPont De Nemours & Co., 979 F.Supp.  433, 441 (S.D.W.Va. 1997); Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., 638 F.Supp.  901, 910 (S.D.N.Y. 1986); Blum v. General Elec. Co., 547 F.Supp.  2d 717, 736 (W.D.Tex. 2008); Holliday, Am.L.Prod.Liab. 3d §49:34. 416  So führen die Richter des Court of Appeals des Siebten Circuit in ihrer Urteilsbegründung über die konsolidierten Fälle in Abad v. Bayer Corp., im Jahr 2009 aus: „The plaintiffs argue that under Argentine choice of law rules the substantive law that would be applied if this case were litigated in an Argentine court would be American rather than Argentine law. If true, this would be a powerful argument for leaving the case in Chicago.“ Im Ergebnis befanden die Richter jedoch, dass argentinisches Recht zur Anwendung komme, und wiesen die Klage aus forum non conveniens-Gründen ab. Abad v. Bayer Corp., 563 F.3d 663, 669‒671 (7th Cir. 2009); in Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., 636 F.Supp.  901 (S.D.N.Y. 1986) kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Recht Pennsylvanias zur Anwendung gelangen müsse, sodass der Klagabweisungsantrag der Beklagten u. a. deshalb scheiterte. Dittmann v. Code-A-Phone Corp., 666 F.Supp.  1269, 1275 (N.D.Ind. 1987); Holliday,, Am.L.Prod.Liab. 3d §  49:34. 417  Illusorio v. Illusorio-Bildner, 103 F.Supp.  2d 672, 679‒680 (S.D.N.Y. 2000), kein kollisionsrechtlicher Produkthaftungsfall; Tazoe v. Airbus, S.A.S., 631 F.3d 1321 (11th Cir. 2011), ein Produkthaftungsfall infolge eines Flugzeugabsturzes, der sich in Brasilien ereignet hatte; Berg v. AMF, Inc., 29 S.W.3d 212 (Tex.App.Houston 2000).

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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behandelt, sodass die Partei, die sich auf das ausländische Recht beruft, dessen Inhalt auch darlegen und beweisen muss.418 In einzelnen Entscheidungen aus den letzten Jahren setzten sich die Gerichte detailliert mit der Ermittlung des anwendbaren Rechts und dessen Anwendung aus­ ein­ander.419 Beispielhaft sei hier der Fall Navarrete De Pedrero v. Schweitzer Aircraft Corp.420 dargestellt: In diesem Fall nahmen Angehörige von Opfern eines Helikopterabsturzes, der sich in Mexiko zugetragen hatte, den US-amerikanischen Hersteller vor einem Gericht in New York wegen products liability und negligence in Anspruch. Die Kläger stammten alle aus Mexiko. Bei der Beklagten, der Schweizer Aircraft Corp., handelte es sich um eine Gesellschaft aus Delaware, die ihren principle place of business im Bundesstaat New York unterhielt. Unter Beachtung der neuen Vorgaben aus der Iragorri-Entscheidung prüfte das Gericht die drei Stufen der forum non conveniens-Prüfung vorbildlich. Auf den ersten beiden Stufen stellte das Gericht fest, dass Mexiko ein alternatives Forum sei421 und dass der Prozessführung in Mexiko keine Hindernisse entgegenstünden. Der Hersteller hatte zugesichert, sich der dor418  Nach F.R.C.P. 44.1 muss die Partei zunächst die andere Partei in Kenntnis davon setzen, notice: Rule 44. 1: Determining foreign Law: „A party who intends to raise an issue about a foreign country’s law must give notice by a pleading or other writing. In determining foreign law, the court may consider any relevant material or source, including testimony, whether or not submitted by a party or admissible under the Federal Rules of Evidence. The court’s determination must be treated as a ruling on a question of law“ (adopted 1966; as amended 1975, 1987; effective 2007). Den Inhalt des ausländischen Rechts beweist die Partei in der Regel durch ein Parteigutachten. Das Gericht kann darüber hinaus auch weitere Informationsquellen hinzuziehen. Im Bundesprozessrecht entscheidet der Richter über den Inhalt des fremden Rechts. Diese Entscheidung ist reversibel. Die meisten Einzelstaaten verfügen über Vorschriften, die eine Ermittlung fremden Rechts von Amts wegen, judicial notice, vorsehen, wobei die Parteien nicht vollständig von der Darlegungslast befreit sind. Beispielhaft seien hier die folgenden Vorschriften erwähnt: Kalifornien: West’s Cal.Evid. Code §  452 (f); Florida: West’s F.S.A. §  90.202; Georgia: O.C.G.A. §  24-1-4; Indiana: In.St. Trail P. Rule 44.1; Kansas: Rules of Evid., K.S.A. sec. 60-409; Louisiana: LA C.E. Art.  202; Maryland: Md. Cts. & Jud. Pro. §  10-501; Massachusetts: M.G.L.A. 233 §  70; Michigan: M.R.E. 202; Mississippi: Ms.St. §  13-1-149; Montana: MCA T. 26, Ch. 10, Mont. Rules of Evid., Rule 202; Nevada: N.R.S.  47.140; New Jersey: N.J.R.E. 201; New Mexico: SCRA 1986, Rule 1-044; New York; McKinnery’s Statutes sec. 352; North Carolina: N.C.G.S. sec. 8-4; Ohio: Civ. P.Rule 44.1; Oklahoma: 12 Okla.St.Ann. §  2201; Oregon: Or. St.§  40.090; Pennsylvania: 42 Pa.C.S.A. §  5327; Tennessee: Rules of Evid., Rule 202; Texas: Rules of Civil Evidence, Rule 203; Vermont: Rules Civ. Proc., Rule 44.1; West Virginia: WV St. §  57-1-4. Ausführlich dazu: Assmann/Bungert/Hay, 8.  Kap. Rdn.  239, 573; Hay/Borchers/Symeonides, §  12.17, 605. 419  Abdullahi v. Pfizer, Inc., 562 F.3d 163 (2d Cir. 2009); Chang v. Baxter Healthcare Corp., 599 F.3d 728, 732 (7th Cir. 2010), Abad v. Bayer Corp., 563 F.3d 663, 671 (7th Cir. 2009); Emslie v. Recreative Industries, Inc., 2010 WL 1840311,9 (W.D.N.Y. 2010); Navarrete De Pedrero v. Schweitzer Aircraft Corp., 635 F.Supp.  2d 251 (W.D.N.Y. 2009); In re Factor VIII or IX Concen­ trate Blood Products Litigation, 595 F.Supp.  2d 855, 863 (N.D.Ill. 2009): Ermittlung des anwendbaren Rechts schon im Rahmen der Prüfung der Adäquanz des alternativen Forums; In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741, 749 (E.D.La. 2006); Rivas ex. Rel. Estate of Gutierrez v. Ford Motor Co., 2004 WL 127018, 13 (M.D.Fla. 2004). 420  Navarrete De Pedrero v. Schweitzer Aircraft Corp., 635 F.Supp.  2d 251 (W.D.N.Y. 2009). 421  Dabei setzte sich das Gericht ausführlich mit der Interpretation des preemptive jurisdicti-

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

tigen Gerichtsgewalt zu unterstellen und den Geschädigten wichtige Beweismittel bezüglich der Konstruktion des Helikopters zugänglich zu machen. Da alle Geschädigten aus Mexiko stammten und lediglich der Hersteller einen Forumsbezug aufwies, maß das Gericht der klägerischen Forumswahl wenig Gewicht bei und setzte sich im Anschluss ausführlich mit der Ermittlung und Abwägung der private und public interest factors auseinander. Dabei ermittelte es sehr ausführlich das anwendbare Recht unter Anwendung der New Yorker Kollisionsregeln in Form der interest analysis.422 Bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts differenzierte das Gericht nach den Anspruchsgrundlagen und entschied, dass für die Ansprüche aus negligence und strict products liability conduct regulating rules relevant seien, sodass das Recht des Erfolgsortes (law of place of injury) zur Anwendung gelangen müsse. Für die wrongful death-Ansprüche kam das Gericht ebenfalls zur Anwendung mexikanischen Rechts, auch wenn hier loss allocating rules streitgegenständlich waren. Damit entschied das Gericht, dass im vorliegenden Fall mexikanisches Recht zur Anwendung komme. Die überwiegende Mehrheit der relevanten Beweismittel befand sich in Mexiko, und der Rechtsstreit war nach dem mexikanischen Recht zu entscheiden. Daher urteilte das Gericht, dass ein mexikanisches Forum besser geeignet sei, über diesen Fall zu entscheiden, und wies die Klage aus forum non conveniens-Gründen ab. Treten bei der Ermittlung ausländischen Rechts Schwierigkeiten auf, weil z. B. die dortige gültige Rechtslage nicht eindeutig ist, kommen einige Entscheidungen zu dem Ergebnis, dass die Richter im alternativen Forum auf Grund ihrer Nähe zum anzuwendenden Recht eher in der Lage sind, über den Rechtsstreit zu entscheiden.423 In solchen Fällen sehen die Gerichte eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen als gerechtfertigt an.424 Es ist jedoch nicht so, dass sich US-amerikanische Foren generell um die Annahme schwieriger Kollisionsfälle drücken, in denen es zur Anwendung forumfremden Rechts kommt. So hoben die Richter des District Court im Northern District von Illinois in einer Urteilsbegründung aus dem Jahr 2009 hervor: „Conflicts of law issues are a staple for federal district judges“.425 Es lassen sich auch Entscheidungen finden, in denen die US-amerikanischen Gerichte zu dem Ergebnis kommen, dass ausländisches Recht angewendet werden müsse, ohne dass dies als Anlass gesehen wird, die Klage aus forum

on-Konzepts in Art.  328 des mexikanischen Prozessrechts auseinander und urteilte, dass dieser lediglich den Einwand einer anderwärtigen Rechtshängigkeit betreffe. 422  Die Darstellung des New Yorker Kollisionsrecht findet sich im 2.  K ap. C.III., 72–103. 423  Abad v. Bayer Corp., 563 F.3d 663, 671 (7th Cir. 2009); Emslie v. Recreative Industries, Inc., 2010 WL 1840311, 9 (W.D.N.Y.2010); Miller v. Boston Scientific Corp., 380 F.Supp.  2d 443, 456 (D.N.J. 2005). 424  Abad v. Bayer Corp., 563 F.3d 663, 670 (7th Cir. 2009); In re Union Carbide Corp. Gas Plant Disaster, 809 F.2d 195 (2d Cir. 1987), cert. denied 108 S.Ct. 199 (1987). 425  In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 595 F.Supp.  2d 855, 873 (N.D.Ill. 2009).

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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non conveniens-Gründen abzuweisen.426 In die gleiche Richtung geht eine Entscheidung des District Court des Southern District of Indiana: „The need to delve into the tenets of an unfamiliar legal system for the issue of liability and compensatory damages is justifiably a concern to district courts. However, we must guard against an excessive reluctance to undertake that task of deciding foreign law, a chore federal courts must often perform. We have no doubt that our court and the Southern District of Florida are up to the task of applying the law of Columbia, if necessary.“427 Gleichwohl wird in der Literatur aufgezeigt, dass sich einige Gerichte, insbesondere District Courts, trotz der erleichterten Rahmenbedingungen immer noch schwer tun, ausländisches Recht anzuwenden.428 4.  Forum non conveniens-Fälle aus dem Bereich der grenzüberschreitenden Produkthaftung Im Folgenden werden wichtige forum non conveniens-Fälle aus dem Bereich der internationalen Produkthaftung skizziert: a)  Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc. Seit Einführung des Produkthaftungsrechts sah sich die New Yorker Rechtsprechung auch mit internationalen Kollisionsfällen im Bereich der Produkthaftung konfrontiert. Im Jahr 1986 forderte ein schwedischer Kläger in Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc.429 Schadensersatz von dem US-amerikanischen Pharmakonzern 426  In re West Caribbean Crew Members, 632 F.Supp.  2d 1193 (S.D.Fla. 2009); In re Cessna Aircraft Products Liability Litigation, 546 F.Supp.  2d 1191 (D.Kan. 2008); Woodward v. Bridge­ stone/Firestone, Inc., 368 Ill.App.  3d 827, 858 N.E.2d 897, 306 Ill.Dec. 839 (Ill.App.  5 Dist. 2006). In diesem Fall führte das Gericht aus: „The defendants contend, and the plaintiffs do not dispute, that Australian law will apply to this case. Although that is an important factor to consider in a forum non conveniens analysis, we do not find it dispositive. An Illinois court is competent to determine which law applies to this controversy and to apply the law of Australia, if necessary“; 368 Ill.App.3d 827 at 837‒838. 427  In re Bridgestone/Firestone, Inc., 190 F.Supp.  2d 1125, 1148 (S.D.Ind. 2002), quoting, Kamel v. Hill-Room Co., Inc., 108 F.3d 799, 805 (7th Cir. 1997), Manu International, S.A. v. Avon Products, Inc., 641 F.2d 62, 68 (2d Cir. 1981) and Lehman v. Humphrey Cayman, Ltd. 713 F.2d 339, 345 (8th Cir. 1983): „federal courts are quite capable of applying foreign law when required to do so“. Kedy v. A.W. Chesterton Co., 946 A.2d 1171, 1188 (R.I.2008): „Further the likelihood that Canadian or other foreign law would apply in these cases would place additional, although not insurmountable, burdens upon our courts.“ 428  Davis, 77 Tul.L.Rev. 309, 358 (2002): „nevertheless district courts continue to regard the applicability of foreign law as a factor strongly indicating forum non conveniens dismissal“. Die Aussage wird durch die folgenden Ausführungen des District Courts in Florida aus dem Jahr 2004 bestätigt: „This Court will surely struggle with the application of Venezuelan law. […] It will also be forced to rely on foreign law experts to guide the use of Venezuelan Code and Constitution. If the Middle District of Florida is forced to continually untenable problems in conflict of laws and in law foreign to itself, the Court may, in the exercise of its sound discretion, dismiss the case“; Rivas ex rel. Estate of Gutierrez v. Ford Motor Co., 2004 WL. 1247018 (M.D.Fla. 2004). 429  Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., 638 F.Supp.  901, 910 (1986).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

Merck & Co., Inc., weil er durch einen von der Beklagten mit Sitz in Pennsylvania hergestellten Hepatitisimpfstoff an Arthritis erkrankt war. Der Kläger war während seiner Tätigkeit als Laborassistent in Schweden mit dem Hepatitisimpfstoff HB-Vax geimpft worden und später an Arthritis erkrankt. Der Impfstoff wurde von der aus New Jersey stammenden Beklagten, Merck & Co., Inc., in den USA entwickelt und getestet. Der schadenstiftende Impfstoff wurde durch eine Tochtergesellschaft der Beklagten, Merck, Sharp & Dohme, in Pennsylvania hergestellt und für die bundesweite Vermarktung von der Food and Drug Administration (FDA) freigegeben. In Schweden wurde der Impfstoff von den zuständigen Behörden ebenfalls für die Vermarktung in Schweden zugelassen. Der Impfstoff wurde von einer schwedischen Tochtergesellschaft der Beklagten, Merck, Sharp & Dohme (Sweden) A.B., nach Schweden importiert und an die zuständigen Behörden verkauft. Diese lizensierten und vertrieben den Impfstoff in Schweden, wobei sie sich an den Informationen, Empfehlungen und Warnungen des Herstellers orientierten. Diese Informationen entsprachen denen, die der Hersteller auch gegenüber der FDA in Washington angegeben hatte. Der Impfstoff wurde zu keinem Zeitpunkt in Schweden in einem unabhängigen Testverfahren getestet. Der Kläger stützte seine Klage auf Ansprüche aus negligence, strict liability und warranty und warf der beklagten Herstellerin vor, den Impfstoff vor der Vermarktung nicht ausreichend getestet zu haben und infolgedessen die Verwender nur unzureichend vor den Risiken des Impfstoffes gewarnt zu haben. Der Kläger war ferner der Ansicht, dass die Mehrzahl der Beweise in New Jersey und Pennsylvania belegen sei, wo der Impfstoff entwickelt, getestet und hergestellt worden war, sodass die Entscheidung der Klage auch dem angerufenen Gericht obliege. Die Beklagte war hingegen der Ansicht, dass Schweden auf Grund der Beweisnähe ein besseres Forum sei und berief sich auf die Anwendbarkeit des schwedischen Rechts. Zudem behauptete die Beklagte, Schweden habe ein vorrangiges Rechtsanwendungsinteresse, weil der Impfstoff in Schweden durch die dort zuständigen Behörden zugelassen worden sei. Deshalb beantragte die Beklagte, die Klage aus forum non conveniens-Gründen abzuweisen. In seiner Entscheidung über den Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen setzte sich der District Court des Southern District von New York sehr ausführlich mit den private interest factors und den public interest factors auseinander.430 In diesem Zusammenhang stellten die Richter fest, dass sowohl Beweise in Schweden als auch in den USA belegen seien. Die Richter stimmten den Klägern bezüglich der private interest factors zu, dass die Mehrzahl der Beweise bezüglich der Haftungskausalität in New Jersey, New York und Pennsylvania belegen seien und folglich ein Prozess vor dem vom Kläger ausgewählten Forum nicht willkürlich sei. Im Rahmen der Prüfung der public interest factors stellten die Richter fest, dass 430  Vgl. ausführlich zur Berücksichtigung des Kollisionsrechts im Rahmen der forum non conveniens-Prüfung.

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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beide berührten Rechtsordnungen ein Interesse an der Entscheidung des Rechtsstreits hätten. Ihrer Ansicht nach sprachen jedoch auch die public interest factors gegen eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen. Dazu führte das Gericht aus, das angerufene Forum habe ein Interesse an der Entscheidung des Rechtsstreits, da das Medikament auch in New York vermarktet und verwendet worden war. Ferner hätten sich die schwedischen Behörden für die Zulassung des Impfstoffs in Schweden auf exakt dieselben Informationen des Herstellers gestützt, die der Hersteller auch der FDA im Rahmen des Zulassungsverfahrens vorgelegt hatte. Die schwedischen Behörden hätten keine eigenständige Kosten-Nutzen-Bewertung bezüglich der Zulassung des Impfstoffes durchgeführt. Die Richter sahen als Kernfrage des Falles die Entscheidung der beklagten Herstellerin, das Medikament weltweit zu vermarkten, obwohl es möglicherweise nicht ausreichend getestet worden war. Die Herstellerin sei das Risiko eingegangen, die für die Zulassung zuständigen Stellen und letztlich auch die Verwender möglicherweise nicht ausreichend über Risiken des Medikaments aufgeklärt zu haben. Diese Entscheidung sei in den USA getroffen worden und habe nichts mit der Entscheidung der schwedischen Behörden zu tun, das Medikament für den Vertrieb auf dem schwedischen Markt freizugeben. Daher sei es angemessen, dieses Verhalten von einem US-amerikanischen Gericht beurteilen zu lassen. Abschließend ermittelten die Richter im Rahmen der public interest factors das auf die Produkthaftungsansprüche anwendbare Recht. Im Rahmen der interest analysis stellten die Richter fest, dass im vorliegenden Fall der place of the tortious act in Pennsylvania belegen sei, wo der Impfstoff hergestellt worden war, und der Erfolgsort (place of injury) in Schweden zu lokalisieren sei, weil dem Kläger dort der fehlerhafte Impfstoff verabreicht worden war. Sodann griff das Gericht auf die Grundzüge des New Yorker Kollisionsrechts für cross border torts aus der Entscheidung Schultz v. Boy Scouts of America zurück und sprach sich für die Anwendung des Rechts des Handlungsortes (place of the tortious conduct) aus, da aus Sicht der Richter vorliegend das kollisionsrechtliche Kernproblem die Verhaltenssteuerung der Parteien betraf. Die Verhaltenssteuerung sei am effektivsten durch die Rechtsordnung am Handlungsort umzusetzen. Daher sei der Handlungsort im vorliegenden Fall für die Anknüpfung entscheidend. Der Impfstoff war in Pennsylvania hergestellt worden. Daher wendete das Gericht das Recht von Pennsylvania an. Das Ergebnis der choice of law analysis im Rahmen der forum non conveniens-Prüfung sprach somit wie die übrigen Aspekte der public interest factors ebenfalls nicht für eine Klagabweisung, sodass die Richter infolge der Gesamtschau der private und public interest factors den Klagabweisungsantrag aus forum non conveniens-Gründen zurückwiesen.431

431  Die Besonderheit dieses Falles liegt darin, dass die conflict of law-Analyse ein Teil der forum non conveniens-Prüfung war.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

b)  Doe v. Hyland Therapeutics Div. Eine völlig gegensätzliche Bewertung nahm der District Court des Southern District von New York im Jahr 1992 in Doe v. Hyland Therapeutics Div. vor.432 In diesem Fall klagten irische Geschädigte vor einem New Yorker Gericht gegen US-amerikanische Hersteller von Blutprodukten, die Blutgerinnungsprodukte des Typs Faktor VIII herstellten. Die Kläger waren Bluter, die sich im Rahmen ihrer Behandlung in Irland mit HIV-kontaminierten Blutprodukten angesteckt hatten. Sie warfen den Beklagten Fahrlässigkeit bei der Herstellung der jeweiligen Blutprodukte vor und machten Produkthaftungsansprüche gegenüber den Herstellern geltend. Die Beklagten stellten das Gerinnungsfaktorprodukt des Typs VIII in verschiedenen US-Bundesstaaten und teilweise im Ausland her (beispielsweise in Deutschland). Die meisten Hersteller testen die Produkte in den USA, bevor sie es weltweit vermarkten. Die Beklagten vermarkteten ihre Produkte auch auf dem englischen und irischen Markt durch ihre jeweiligen Tochterunternehmen. Die Produkte waren in Irland jeweils von Mitarbeitern in Krankenhäusern oder von Apothekern verabreicht worden. Die Kläger wussten nicht, durch welches Produkt von welchen Herstellern sie sich infiziert hatten. Die Kläger meinten, ein US-amerikanisches Forum müsse über die Produkthaftungsansprüche entscheiden. Die relevanten Beweise befänden sich in den USA. Sie waren weiterhin der Ansicht, das irische Recht sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Beklagten behaupteten, wegen größerer Sachnähe habe vorliegend ein irisches Gericht über den Fall zu entscheiden, und beriefen sich zudem auf die Anwendbarkeit irischen Rechts. Daher beantragten die Beklagten, die Klage aus forum non conveniens-Gründen abzuweisen. Nach gründlicher Prüfung der private und public interest factors kam das Gericht in Doe zu dem Ergebnis, dass viele Faktoren für eine Klagabweisung sprächen. Im Rahmen der Prüfung der public interest factors setzte sich das Gericht ausführlich mit den Argumenten in Carlenstolpe433 auseinander. Es verwarf die Argumente aus Carlenstolpe, wonach der Staat des Handlungsortes ein vorrangiges Rechtsanwendungsinteresse habe, und vertrat stattdessen einen neuen Ansatz.434 Dazu führte 432 

Doe v. Hyland Therapeutics Div. 807 F.Supp.  117 (1992). Carlenstolpe v. Merck Co., Inc., 638 F.Supp.  901, 910 (S.D.N.Y. 1986). 434  „This rationale underestimates the foreign forum’s interest in this type of pharmaceutical products liability action – an interest that stems, not from their sale to the forum’s market, and their use by its citizens. The forum whose market consumes the product must make its own determination as to the levels of safety and care required. That forum has distinctive interest in explicating the controlling standards of behavior, and in enforcing its regulatory scheme. The standards of conduct implemented, and the level of damages assessed, will reflect the unique balance struck between the benefit each market derives from the product’s use and the risks associated with that use; between the community’s particular need for the product and its desire to protect its citizens from what it deems unreasonable risk. The forum’s assessment will affect not merely the quality of the product, but also the price, quantity, and availability to its public. Such an assessment must remain the prerogative of the forum in which the product is used […]. We are ill-equipped to enun433 

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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das Gericht im Einzelnen aus, dass der Staat, in dem pharmazeutische Produkte vertrieben und verwendet werden, primär die Verhaltens- und Sicherheitsstandards vorgeben solle. Folglich solle diesem Staat auch die Befugnis zustehen, die Einhaltung dieser Standards zu kontrollieren und zu überwachen. Der Marktstaat habe eine eigene Risiko-Nutzen-Abwägung vorzunehmen, um sich für oder gegen eine Zulassung von pharmazeutischen Produkten zu entscheiden. Das Ergebnis dieser Analyse habe zudem einen Einfluss auf den Preis und die quantitative Verfügbarkeit des Produktes auf dem regionalen Markt. Nur durch eine eigenständige Abwägung der Kosten, Nutzen und Risiken durch die Behörden des Marktstaates lasse sich ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen den dort gültigen Sicherheitsstandards und dem jeweiligen Haftungsniveau herstellen. Abschließend ermittelte das Gericht wieder im Rahmen der forum non conveniens-Prüfung das anwendbare Recht. Zur Ermittlung des anwendbaren Rechts sah das Gericht im Rahmen der interest analysis bei Distanzdelikten den Erfolgsort als maßgeblich an. Unter Verweis auf die Entscheidung Schultz führte das Gericht aus, dass für Kollisionsfälle, in denen Verhaltensregeln streitgegenständlich seien, das Recht des place of tort zur Anwendung gelangen solle. Demgegenüber habe in grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen der Marktortstaat ein vorrangiges Rechtsanwendungsinteresse, weil er das Verhalten der Parteien am besten steuern könne. Dadurch könne der Marktortstaat mittelbar die Erwartungen der Parteien lenken.435 Daher kam das Gericht im vorliegenden Fall zur Anwendung des Rechts am Marktortstaat und somit zur Anwendbarkeit des irischen Rechts. Auch dieses Ergebnis sprach als Teil der public interest factors für eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen, wenngleich dieser Umstand nicht ausschlaggebend war.

ciate the optimal standard of safety or care for products sold in distant markets, and thus choose to refrain from imposing our determination of what constitutes appropriate behavior to circumstances with which we are not familiar. While imposing our presumably more stringent standards to deter tortuous conduct within our borders could afford a higher degree of protection to the world community, such an approach would ignore the unique significance of the foreign forum’s interest in implementing its own risk-benefit analysis, informed by its knowledge of its community’s competing needs, values, and concerns. Thus, we find that our ,generalized interestʻ in regulating the flow of dangerously defective American pharmaceutical products into the stream of world commerce cannot transcend Ireland’s ,intensely local interestʻ in adjudicating a controversy that profoundly affects its citizens“, Doe v. Hyland Therapeutics Div., 807 F.Supp.  1117, 1129‒1130 (S.D. NY. 1992). 435  „Where rules of products liability are involved, we think the forum where the products are sold and consumed has the predominant interest in implementing the rules that form the basis for the reasonable expectations of the parties involved. As already discussed, from the perspective of influencing primary conduct, the forum where the product is sold is uniquely qualified to determine the controlling standards that reflect an equilibrium between its need for the product, and its desire to deter the sale of potentially harmful products to its citizens. Therefore this Court believes that under a true application of the interest analysis approach, the law of the forum in which the products are sold should govern“, Doe v. Hyland Therapeutics Div., 807 F.Supp.  1117, 1131 (S.D. NY. 1992).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

5.  Bewertung Die Anwendung der Doktrin führt zu Rechtsunsicherheit, weil der Ausgang der forum non conveniens-Prüfung eines Gerichts schwierig zu antizipieren ist.436 In civil law-Rechtsordnungen wird diese Doktrin abgelehnt, weil sie mit dem Streben nach Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit unvereinbar ist.437 Es entsteht der Eindruck, dass die forum non conveniens-Doktrin in internationalen Kollisionsfällen aus dem Bereich der Produkthaftung dem Schutz US-amerikanischer Hersteller dient, die ihre Produkte im Ausland vermarkten und deren Produkte dort Schäden verursachen.438 Denn die US-amerikanischen Hersteller werden mit Hilfe dieser Doktrin gegen Klagen von ausländischen Klägern abgeschirmt, die sich so in den Vorteil des US-amerikanischen Prozess- und Schadensrechts bringen wollen.439 Die Kehrseite davon ist eine Ungleichbehandlung von ausländischen Geschädigten gegenüber US-amerikanischen Geschädigten, wenn beide Klägergruppen einen US-amerikanischen Hersteller wegen desselben fehlerhaften Produktes in Anspruch nehmen.440 Eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen führt im Ergebnis dazu, dass die ausländischen Geschädigten entweder davon absehen, den Hersteller in ihrem Heimatland zu verklagen,441 den Fall für eine geringere Schadenssumme vergleichen442 oder nach dem Schadensrecht ihrer Heimatländer kompensiert werden, das in der Regel eine deutlich geringere Kompensation als das US-amerikanische Schadensrecht vorsieht. Gleichzeitig ermöglicht die Befolgung dieser Doktrin, dass 436 

Hay/Borchers/Symeonides, §  6.1, 391 Fn.  13, Pearce, 30 Stan.J. Int’l L. 525, 551‒556 (1994). Auch wenn die Doktrin des forum non conveniens in erster Linie der convenience der Parteien dienen soll, ist doch verwunderlich, dass sich diese Intention nicht immer im Parteivortrag wiederfindet. Ausländische Kläger sind bereit, erhebliche inconvenience in Form von hohen Prozesskosten auf sich zu nehmen, um die Vorzüge des US-amerikanischen Rechtssystems zu erlangen. US-amerikanische Beklagte wollen sich lieber freiwillig vor einem ausländischen Gericht verteidigen, um dem eigenen „klägerfreundlichen System“ zu entkommen. Dafür sind sie sogar bereit, sich einem fremden Rechtssystem zu unterstellen, Iragorri v. United Techs. Corp., 274 F.3d. 65, 75; Martinez v. Dow Chemical Comp., 219 F.Supp.  2d 719, 730; Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1167. Näher dazu insbesondere auch aus rechtsvergleichender Sicht: Brand, 37 Tex. Int’l L.J. 467‒ 490 (2002); Burbank, 49 Am.J.Comp.L. 203, 216 (2001); Reed, 29 Ga.J.Int’l & Comp.L. 31 (2000); Pearce, 30 Stan.J. Int’l L. 525, 551‒ 556 (1994); Konstantinos, 47 La.L.Rev. 496‒497 (1987). 438  Heiser, 56 U.Kan.L.Rev. 609, 620 (2008); Wilson, 65 Ohio St.L.J. 659 (2004); Duval-Major, 77 Cornell L.Rev. 650, 670 (1992). 439  Carter-Stein, 18 Suffolk Transnat’l L.Rev. 167, 168 (1995). 440  Carter-Stein, 18 Suffolk Transnat’l L.Rev. 167 (1995). 441  In vielen Fällen sehen die ausländischen Kläger nach einer forum non conveniens-Klagabweisung von einer weiteren Rechtsverfolgung im alternativen Forum ab, weil das Recht in diesen Rechtsordnungen beklagtenfreundlicher ist und folglich das Kostenrisiko zu groß wird. Duval-Major, 77 Cornell L.Rev. 650, 672 (1992); Beispielhaft sei hier auf die vielen Fälle von ausländischen Klägerinnen verwiesen, die wegen fehlerhafter Silikon-Brustimplantate erkrankten. In re Silicone Gel Breast Implants Products Liability Litigation, MDL No. 926, 793 F.Supp.  1098 (J.P.M.L. 1992). 442  Carter-Stein erwähnt, dass die ausländischen Klägerinnen in dem 1994 erzielten Vergleich wegen der Schädigungen durch die Silikonimplantate nur drei Prozent der Vergleichssumme erhielten. Carter-Stein, 18 Suffolk Transnat’l L.Rev. 167, 183 (1995). 437 

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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Geschädigte aus anderen Staaten nicht überkompensiert werden, nur weil sie durch ein Produkt eines US-amerikanischen Herstellers geschädigt wurden. Befürworter der forum non conveniens-Doktrin begründen das damit, dass es keinen Sinn habe, Geschädigten, die nicht in den USA ansässig sind, einen höheren Schadensausgleich nach den Maßstäben des US-amerikanischen Schadensrechts zukommen zu lassen, als sie ihn nach ihrem Heimatrecht bekämen.443 Wer so argumentiert, nimmt hin, dass US-amerikanische Hersteller gegenüber Nicht-US-Bürgern weniger streng haften als gegenüber US-amerikanischen Staatsbürgern.444 In diesem Zusammenhang ist noch etwas auffällig. In der Vergangenheit gab es immer wieder Fälle, in denen Produkte, deren Vertrieb auf dem US-amerikanischen Markt verboten war, auf ausländische Märkte gelangten und Menschen schädigten, die mit den Produkten in Berührung kamen,445 obwohl die gesundheitlichen Risiken bei US-amerikanischen Herstellern und Behörden bekannt waren. Die Anwendung der forum non conveniens-Doktrin auch in diesen Fällen ist zumindest dann fragwürdig, wenn rechtswidrige Handlungen von US-amerikanischen Herstellern in den USA stattgefunden haben, beispielsweise die Entscheidung des US-Managements zur weiteren Vermarktung des gefährlichen Produktes im Ausland. Eine Klagabweisung aus forum non conveniens-Gründen wäre in solchen Fällen nicht angemessen. Die US-amerikanischen Gerichte müssten ein Interesse daran haben, über solche Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden, um US-amerikanische Hersteller für ihr rechts-

443  Weintraub hat sich mehrfach mit der Problematik von Produkthaftungsklagen ausländischer Parteien auseinandergesetzt und verschiedene Lösungsmöglichkeiten sowohl in Bezug auf das Prozessrecht sowie das Schadensrecht vorgeschlagen. Weintraub, Commentary on the Conflict of Laws, Ch. 6.31, 480‒482, ders., International Litigation and Forum non Conveniens, 29 Tex. Int’l L.J. 321, 352 (1994). 444  Juenger, 63 Tul.L.Rev. 553, 563 (1989). 445  Beispielhaft: Kinderbettdecken, die mit einem krebserregenden Brandschutzmittel hergestellt worden waren. Lairold M. Street, 6 Int’l Trade L.J. 95, 97 (1981). Dalkon-Shield-Fälle: Ungewollte Schwangerschaften, Fehlgeburten und erhebliche Infektionserkrankungen durch ein Verhütungsmittel. Obwohl der Vertrieb der Verhütungsmittel 1974 in den USA verboten worden war, wurden sie exportiert und im Ausland verwendet. Mintz, At Any Cost: Corporate Greed, Women, and the Dalkon Shield, New York 1985, 3‒8. Produkthaftungsfälle infolge der Chemikalie DBCP, die auf Obstplantagen in Lateinamerika in Pflanzenschutzmitteln eingesetzt wurde und im Verdacht steht, zu Fertilitätsstörungen bei Arbeitern geführt zu haben, die auf diesen Plantagen beschäftigt waren. Obwohl die gesundheitlichen Risiken des Mittels seit 1977 bekannt waren und der Gebrauch des Pestizids in den USA verboten war, wurde es auf Plantagen in Lateinamerika weiterverwendet. Fast 26.000 Geschädigte, vorwiegend aus Entwicklungsländern, versuchten in der Folgezeit, gegen die zwei größten Hersteller der Chemikalie, Shell Oil und Dow Chemical, Schadensersatz zu erstreiten. Die Geschädigten, die in den 1990er Jahren vor US-amerikanischen Gerichten geklagt hatten, scheiterten aus forum non conveniens-Gründen. Beispielhaft: Delegado v. Shell Oil Co., 890 F.Supp.  1324, 1335 (S.D.Tex. 1995). Verfolgten die Geschädigten im Anschluss ihre Ansprüche vor Gerichten in ihren Heimatländern, gelang es einigen US-amerikanischen Herstellern, sich erfolgreich gegen die Vollstreckung dieser Urteile zu wehren. Heiser, 56 U.Kan.L. Rev. 609, 620 (2008); Casey/Barett, 4 B.Y.U. Int’l & Mgmt. Rev. 21‒24 (2007); Anderson, 10 J. Transnat’l L. & Policy 183, 189‒193 (2001).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

widriges Verhalten in den USA haften zu lassen.446 Denn nur so lasse sich durch den Abschreckungseffekt447 auch ein effizienter Schutz der US-amerikanischen Konsumenten sicherstellen, die spätestens dann mit den gefährlichen Produkten wieder in Berührung kommen, wenn die im Ausland hergestellten Produkte auf dem US-amerikanischen Markt angeboten werden.448 Eine solche Generalprävention geht vielen zu weit. Die Gerichte verweisen in diesem Zusammenhang auf die erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen für die US-amerikanischen Herstellerfirmen, die bis zur Insolvenz gehen können.449 Die Rechtsverfolgung durch US-amerikanische Kläger in den USA reiche für eine nachhaltige Abschreckung aus.450 Häufig wird auch auf die drohenden wettbewerbsrechtlichen Nachteile für US-amerikanische Hersteller hingewiesen, wenn sie sich für Schäden, die im Ausland eingetreten sind, nach den strengen Haftungsregelungen des US-amerikanischen Rechts verantworten müssten.451 Im Ergebnis führen die Klagabweisungen aus forum non conveniens-Gründen häufig zu settlements, wie der Bhopal-Fall zeigt. Denn nach der Klagabweisung in den USA strebte die indische Regierung eine Klärung des Rechtsstreits vor einem indischen Gericht an, welcher durch einen Vergleich über 470 Mio. Dollar beendet wurde.452 6.  Zusammenfassung Abschließend bleibt festzustellen, dass die conflict of law-Analyse und die forum non conveniens-Doktrin sehr eng miteinander verwoben sind. Im Rahmen der Ermittlung des anwendbaren Rechts und bei der Entscheidung, ob eine Prozessführung vor einem alternativen Forum vorzuziehen ist, spielen die gleichen Faktoren eine Rolle.453 Es gibt auch Unterschiede. Im Rahmen der modernen choice of law-Analyse ermittelt das Gericht die rechtspolitischen Zielsetzungen der betroffenen Länder hinter ihrem materiellen Recht, um zu bestimmen, welcher Staat an der Anwendung seines Rechts ein vorrangiges Interesse hat. Stellt sich dabei heraus, 446  Vgl. Justice Doggett vom Supreme Court in Texas im Jahre 1990 in seiner dissenting opinion. Dow Chem. Co. v. Alfaro, 786 S.W. 2d 674, 684‒689 (Tex. 1990) (Doggett, J., dissenting). 447 Justice Most des Supreme Court von Kalifornien bezweifelte in Stangvik v. Shiley, Inc., 54 Cal.3d 744, 819 P2d 14, 1 Cal.Rptr.2d 556, 565 (1991), ob auch die Inanspruchnahme der US-amerikanischen Hersteller durch ausländische Geschädigte zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich sei. Diese Wirkungen hätten bereits die Klagen von US-amerikanischen Geschädigten. 448  So verweist Justice Doggett auf die Möglichkeit, dass US-amerikanische Verbraucher über die im Ausland hergestellten Nahrungsmittel mit Rückständen der Chemikalien in Kontakt kommen könnten. Dow Chem. Co. v. Alfaro, 786 S.W. 2d 674, 689. 449  In re Silicone Breast Implants Products Liability Litigation, 887 F.Supp.  1469, 1478 (N.D.Ala. 1995). 450  Stangvik v. Shiley, Inc., 54 Cal.3d 744, 819 P. 2d 14 (1991). 451  Stangvik v. Shiley, Inc., 54 Cal.3d 744, 760. 452  Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1170 Fn.  45 (2005). 453  Weintraub, 16 Brook.J. Int’l L. 225, 234 (1990).

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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zwei oder mehr Länder haben ein gleichwertiges Interesse an der Anwendung „ihres“ Rechts, versucht das Gericht, den Konflikt im Sinne eines Kompromisses zu lösen, indem das Recht zur Anwendung gelangt, das die Berücksichtigung der rechtspolitischen Interessen aller beteiligten Staaten am ehesten gewährleisten kann.454 Im Rahmen der forum non conveniens-Abwägung geht es eher um allgemeine wirtschaftspolitische und justizpolitische Interessen. Aus diesem Versuch einer Abgrenzung wird bereits deutlich, dass es erhebliche Überschneidungen gibt. V.  Das Kollisionsrecht in Louisiana 1.  Die Kodifizierung Bereits der Civil Code von Louisiana aus dem Jahre 1870 enthielt in seinen Art.  9 und 10455 Vorschriften zum Kollisionsrecht. Die Regelungen im Civil Code wurden jedoch als unbefriedigend erachtet.456 Insbesondere die dort vorgesehene Befolgung der lex loci delicti-Regel zur Lösung von Deliktsfällen stieß auf immer mehr Missfallen unter den Juristen in Louisiana, die eine Abkehr von dieser Regel forderten.457 In den 1970er Jahren wurden auch in Louisiana die Einflüsse der conflict revolution erkennbar. Schließlich gab 1973 das höchste einzelstaatliche Gericht des Bundesstaates, der Supreme Court von Louisiana in Jager v. Royal Indemnity Co. die lex loci delicti-Regel auf.458 Die Wirkung dieser Entscheidung als Präzedenzfall erstreckte sich nur auf Kollisionsfälle aus dem Bereich des Deliktsrechts, die false conflicts-Kollisionsfälle betrafen. Mangels klarer Vorgaben seitens des Supreme Court von Louisiana zur Lösung von true conflict-Kollisionsfällen ergingen in den 454 

Heiser, 51 Wayne L.Rev. 1161, 1186 (2005). La.C.C. ann. Art.  9, 10 (1870) (abgeändert durch Act. No. 124, 1987 La. Act 404 in Art.  14 und 15). 456  Karam, 47 La.L.Rev. 1181, 1211 (1987). 457  Couch, 45 Tul.L.Rev. 100 f., 113 (1970). 458  Jager v. Royal Indemnity Co., 276 So. 2d 309, 311, 313 (La. 1973). Bei Jager v. Royal Indemnity Co. handelte es sich um einen deliktsrechtlichen Kollisionsfall infolge eines Autounfalls in Mississippi, in dem eine Mutter ihren Sohn und dessen Versicherung verklagte. Mutter und Sohn stammten aus Louisiana, wo sie auch ihren Wohnsitz hatten. Das Recht Mississippis sah eine intra-family immunity vor, auf die sich die beklagte Versicherung berief; das Recht Louisianas kannte eine solche Haftungsbegrenzung nicht. Nun stritten die Parteien darüber, ob das Recht Mississippis oder das Recht Louisianas zur Anwendung komme. Das Gericht stellte zunächst fest, dass ein false conflict vorliege: „A false conflict occurs when it is found that only a single state has an interest in the application of its law, and that the other state involved has no interest in the application of its law in the case“. Die Parteien stammten aus Louisiana, und Mississippi habe deshalb kein Interesse an der Rechtsanwendung seiner Haftungsbegrenzung. Louisiana, so hoben die Richter hervor, verfolge hingegen das rechtspolitische Ziel, eine angemessene Schadenskompensation unter seinen Bürgern zu gewährleisten. Daher sei die Anwendung des Rechts Mississippis mit den rechtpolitischen Wertungen Louisianas im vorliegenden Fall nicht vereinbar und die Befolgung der lex loci delicti-Regel sei für false conflict-Kollisionsfälle nicht angemessen. „When the foreign state has no interest in the application of its law in Louisiana litigation, we deem that the application of Louisiana law by Louisiana courts will contribute much greater predictability, certainty and constancy of the law.“ Jager v. Royal Indemnity Co., 276 So.2d 309, 312 (1973). 455 

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

folgenden Jahren Entscheidungen, die zur Ermittlung des anwendbaren Rechts auf den most significant relationship test im Rahmen einer interest analysis abstellten und eher ein Bild der Desorientierung in Bezug auf die anzuwendenden Methoden erkennen ließen.459 Diese unklare Rechtslage veranlasste den Gesetzgeber 1984, das Louisiana State Law Institute mit einer Überarbeitung des Civil Code für den Bereich des Kollisionsrechts zu beauftragen. Der Entwurf wurde unter Federführung von Professor Symeon Symeonides erstellt und trat nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens 1992 in Kraft. Damit kodifizierte Louisiana als erster Bundesstaat sein Kollisionsrecht.460 Zwar ist dieser Schritt angesichts des zivilrechtlichen Erbes dieses Bundesstaates nicht sehr verwunderlich, jedoch sind die Bundesstaaten mit Kodifikationen im Kollisionsrecht bis heute eine Ausnahme.461 2.  Die Systematik des IV. Buches des Civil Code von Louisiana Das Kollisionsrecht Louisianas folgt einer eigenen Art des comparative impairment-Ansatzes, der in der Generalklausel des Art.  3515 La.C.C. verankert wurde.462 459  Clark v. Favalora, 722 So.2d 82 (La.Ct.App.1st Cir. 1998): Interlokaler Produkthaftungsfall infolge eines tödlichen LKW-Unfalls, in dem die Parteien darum stritten, ob dem Kläger ein Anspruch auf punitive damages nach kalifornischem Recht zusteht. Der Unfall hatte sich im März 1990 in Louisiana ereignet, sodass der erst 1992 in Kraft getretene Art.  3545 La.C.C. auf diesen Fall nicht angewendet wurde; Pittman v. Kaiser Aluminum and Chemical Corporation, 559 So.2d 879, 883 (La.App.  4th Cir. 1990) writ denied, 563 So.2d 885 (La.1990); Brown v. DSI Transports, Inc., 496 So.2d 478, 481‒483 (La.App.  1 Cir. 1986); In re Air Crash Disaster New Orleans, La. 789 F.2d 1092, 1096‒1098 (5th Cir. 1986), vacated by Pan American World Airways, Inc. v. Lopez, 490 U.S.  1032, 109 S.Ct. 1928 (1989); Air Crash Disaster New Orleans, La. On July 9, 1982, In re, 821 F.2d 1147 (5th Cir. 1987); Brinkley & West, Inc., 499 F2d 928, 932 (1974). 460  Art.  3515–3549 Book IV of the Louisiana Civil Code, enacted into law by La.Act. No. 923 of 1991, effective Jan. 1, 1992. 461  Neben Louisiana nahm Oregon 2001 und 2009 eine Kodifizierung vor, Or.Rev.Stat. §§  81100–81-135, effective January 1, 2002, §§  31.850‒890; Symeonides, Oregon’s Choice-of-Law Codification for Contract Conflicts: An Exegesis, 44 Willamette L.Rev. 205 (2007); ders., Oregon’s New Choice of Law Codification for Tort Conflicts: An Exegesis, 88 Or.L.Rev. 963 (2010); Nafziger, The Louisiana and Oregon Codifications of Choice-of-Law Rules in Context, 58 Am.J. Comp.L.Supp.  165 (2010). 462  La.C.C. Art.  3515. Determination of the applicable law; general and residual rule. „Except as otherwise provided in this Book, an issue in a case having contacts with other states is governed by the law of the state whose policies would be most seriously impaired if its law were not applied to that issue. That state is determined by evaluating the strength and pertinence of the relevant policies of all involved states in the light of: (1) the relationship of each state to the parties and the dispute; and (2) the policies and needs of the interstate and international systems, including the policies of upholding the justified expectations of parties and of minimizing the adverse consequences that might follow from subjecting a party to the law of more than one state.“ Der Text ist abgedruckt in: IPRax 1993, 56‒58. Eine deutsche Übersetzung der Vorschriften findet sich nach Ivensen in Kropholler/Krüger/Riering/Samtleben/Siehr, Außereuropäische IPR-Gesetze, 1003. Näher zur Methode der Ermittlung des anwendbaren Rechts La.C.C. Art.  3515 Revision Comments (c) (1991). Bei Hay/Borchers/Symeonides wird Louisiana zu den Staaten gezählt, die bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts eine kombinierte moderne Methode anwenden; § 2.20, 93–95; § 2.25, 116–118.

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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Das 3. Kapitel des Zivilgesetzbuches beinhaltet im 4. Buch die Kollisionsnormen der besonderen Materien. So finden sich die Vorschriften für das Deliktskollisionsrecht im Titel VII des 4. Buches. Diesem Titel vorangestellt ist wiederum eine allgemeine Deliktskollisionsnorm, der Art.  3542 La.C.C.463 Es folgen spezielle Kollisionsnormen, wie beispielsweise der Art.  3545 La.C.C. für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle.464 Nach dem Wortlaut des Art.  3515 La.C.C. verdrängen die Spezialregelungen die Generalklausel.465 Dieses Subsidiaritätsprinzip gilt im gesamten Kollisionsrecht;466 so auch im Bereich der grenzüberschreitenden Produkthaftungsfälle. Der dritte Abschnitt des Art.  3545467 stellt klar, dass die allgemeine Kollisionsnorm für Deliktsfälle des Art.  3542 von Art.  3545 verdrängt wird, soweit dessen Voraussetzungen vorliegen.468 Das Kollisionsrecht Louisianas zeichnet sich durch einen für damalige Verhältnisse innovativen und flexiblen Lösungsansatz aus, der auf den Erfahrungen mit den älteren conflict of law-Ansätzen aufbaute und einen eigenständigen Charakter entwickelt hat.469 Auffallend sind folgende Besonderheiten: – Die Generalklauseln sind flexibel ausgestaltet.470 – Als allgemeine Kollisionsnorm zum Deliktsrecht beruft die Generalklausel des Art.  3515 den comparative impairment approach Louisianas zur Ermittlung des anwendbaren Rechts für Deliktskollisionsfälle.471 – Spezielle Kollisionsnormen sind in ihrem Anwendungsbereich beschränkt, sodass im Übrigen auf die generellen Kollisionsnormen zurückgegriffen werden muss. – Es gibt Ausweichklauseln. – Die Kollisionsnormen in Louisiana folgen grundsätzlich der issue-by-issue analysis.472 Im Bereich der Produkthaftung soll dieser Ansatz jedoch nicht gelten.473 463  Übersetzung nach Ivensen in Kropholler/Krüger/Riering/Samtleben/Siehr, Außereuropäische IPR-Gesetze, 1025. 464  Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 696 (1992). 465  „Except otherwise provided in this book“, La.C.C. Art.  3515 Revision Comment (a) (1991). 466  Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 689 (1992). 467  Übersetzung nach Ivensen in Kropholler/Krüger/Riering/Samtleben/Siehr, Außereuropäische IPR-Gesetze, 1029. 468  La.C.C. Art.  3545 Revision Comment (a); Symeonides betont insbesondere die Unterschiede zur governmental interest analysis Curries sowie zum comparative impairment-Ansatz William Baxters, Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 690 f. (1992); Assman/Bungert/Knapp, 4 Kap. Rn.  237, 270. 469  Symeonides, American Private International Law P. II chap.  3 VIII; ders., 83 Tul.L.Rev. 1041, 1053, 1055; ders., 66 Tul.L.Rev. 677, 767. 470  So z. B. Art.  3542 La.C.C.; Nafziger, 58 Am.J.Comp.L.Supp.  165, 177 (2010). 471  La.C.C. Art.  3542 Revision Comment; Symeonides, 83 Tul.L.Rev. 1041, 1060 f. (2009). 472  La.C.C. Art.  3515 Revision Comment (d); Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 693, 693 (1992). 473 Assmann/Bungert/Knapp, 4 Kap. Rn.  236, 270; Nafziger, 58 Am.J.Comp.L.Supp.  165, 177 (2010); Symeonides, 83 Tul.L.Rev. 1041, 1070 (2009); ders., 66 Tul.L.Rev. 677, 758 f. (1992).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

3.  Genereller kollisionsrechtlicher Ansatz Nach dem Wortlaut des Art.  3515 La.C.C. gelangt für Kollisionsfälle das Recht desjenigen Staates zur Anwendung, dessen policies durch die Nichtanwendung seines Rechts am stärksten beeinträchtigt werden.474 Welchen Staat die stärksten negativen Beeinträchtigungen treffen, ist mit Blick auf das in Frage stehende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und im Hinblick auf die Relevanz der in Frage stehenden rechtspolitischen Zielsetzungen zu beurteilen. Dabei sind rechtliche, soziale, wirtschaftliche und vergleichbare Auswirkungen zu beachten.475 Nach dem Willen des Gesetzgebers von Louisiana sind bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts insbesondere die Gewichtung und die Relevanz der in Frage stehenden rechtpolitischen Zielsetzungen zu beachten.476 Bei der Formulierung der Kollisionsnormen entschied sich der Gesetzgeber für eine Terminologie, die auf den ersten Blick der des comparative impairment-Ansatzes von William Baxter ähnelt. Die beiden Ansätze unterscheiden sich jedoch.477 Auch zu dem Ansatz der governmental interest analysis von Currie bestehen grundlegende Unterschiede, sodass Louisianas Herangehensweise teilweise als methodologische Innovation gepriesen wurde.478 Das Kollisionsrecht Louisianas hat eine andere Zielrichtung als die zuvor erwähnten kollisionsrechtlichen Ansätze. Nach Symeonides sahen die Verfasser von Louisianas Kodifizierung die Aufgabe des Kollisionsrechts darin, die Kooperation der unterschiedlichen Rechtsordnungen dadurch zu fördern, dass Konflikte vermieden wer474  La.C.C. Art.  3515: „an issue in a case having contacts with other states is governed by the law of the state whose policies would be most seriously impaired if its law were not applied to that issue“. Assmann/Bungert/Knapp, 4 Kap. Rn.  237, 270. 475  La.C.C. Ann. Art.  3515 Revision Comment (b). „The applicable law should be the law of the state that, in light of its relationship to the parties and the dispute and its policies rendered pertinent by that relationship, would bear the most serious legal, social, economic, and other consequences if its law were not applied to that issue“, La.C.C. Ann. Art.  3515, Act No. 923 of 1991, IPRax 1993, 56 f., Übersetzung nach Ivensen in Kropholler/Krüger/Riering/Samtleben/Siehr, Außereuropäische IPR-Gesetze, 1003: Art.  3515 Bestimmung des anwendbaren Rechts „Mangels anderwärtiger Regelungen in diesem Buch unterliegt eine sich aus einem Sachverhalt mit Verbindung zu einem anderen Staat ergebende Rechtsfrage dem Recht des Staates, dessen Interessen durch Nichtanwendung seines Rechts auf diese Rechtsfrage am stärksten beeinträchtigt würden.“ Näher dazu Symeonides, 83 Tul.L.Rev. 1041, 1050 (2009); 66 Tul.L.Rev. 677, 690 (1992). 476  La.C.C. ann. art. 3515 cmt. (c); Symeonides, 83 Tul.L.Rev. 1041, 1050 (2009). 477  Denn schon im Wortlaut distanziert sich der Gesetzgeber Louisianas von der Terminologie von Curries governmental interest analysis. So wird der Begriff state interest konsequent in den Artikeln des IV. Buches vermieden. Vielmehr stellen alle Artikel auf die state policies ab. Näher zu den Unterschieden zwischen den Ansätzen bei Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 690 (1992), ders. zur Anwendung der interest analysis nach Currie, 46 Ohio St.L.J. 549, 562 f., 566 f. (1985). 478  „[…] an important effort to codify the best of modern conflicts understanding“, Perdue, 60 La.L.Rev. 1251, 1251 (2000). „As well, the successful Louisiana Project did in fact ,give back to the American legal cultureʻ in the form of a possible model for other codifications“; „Louisiana’s ,most serious impairmentʻ approach, with its consequential premise, which is also a methodological innovation“, Nafziger, 58 Am.J.Comp.L. 165, 176, 189 (2010).

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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den. Das Kollisionsrecht Louisianas soll daher im Konfliktfall dazu beitragen, dass einzelstaatliche Interessen so gering wie möglich beeinträchtigt werden.479 Kollisionsrechtliche Konflikte sollen gerade nicht dadurch gelöst werden, dass den einzelstaatlichen Interessen eines Staates durch die Anwendung seines Rechts der Vorrang zulasten eines anderen Staates eingeräumt wird.480 4.  Die Regelungen zum Deliktskollisionsrecht In den Art.  3542‒3548 La.C.C. finden sich die Vorschriften zum deliktsrechtlichen Kollisionsrecht Louisianas.481 Art.  3542 greift im ersten Absatz den Wortlaut des Art.  3515 auf und modifiziert im zweiten Absatz den generell im Kollisionsrecht geltenden Lösungsansatz im Kontext des Deliktsrechts.482 Neben den bereits in Art.  3515 erwähnten und grundsätzlich zu erwägenden policies sollen die Schadensprävention und der Schadensausgleich bei der Lösung von deliktsrechtlichen Kollisionsfällen im Rahmen der abzuwägenden policies mitberücksichtigt wer479  „Book IV is based on the premise that the choice of law process should strive for ways to minimize the impairment of the involved states’interests, rather than to maximize one state’s interests at the expense of those of the other states.“ 480  Symeonides, 83 Tul.L.Rev. 1041, 1052 (2009); ders., 66 Tul.L.Rev. 677, 690 (1992). 481  Art.  3542 General rule, Art.  3543 Issues of conduct and safety, Art.  3544 Issues of loss distribution and financial protection; Art.  3545 Products liability; Art.  3546 Punitive damages, Art.  3547 Exceptional cases, Art.  3548 Domicile and juridical persons, wobei Art.  3547 eine Ausweichklausel und Art.  3548 eine Spezialregelung für die Behandlung von juristischen Personen ist, die ihr domicile außerhalb Louisianas haben. 482  Article 3542 „[…] an issue of delictual or quasi-delictual obligations is governed by the law of the state whose policies would be most seriously impaired it its law were not applied to that issue. That state is determined by evaluating the strength and pertinence of the relevant policies of the involved states in the light of: (1) the pertinent contacts of each state to the parties and the events giving rise to the dispute, including the place of conduct and injury, the domicile, habitual residence, of place of business of the parties, and the state in which the relationship, if any, between the parties was centered; and (2) the policies referred to in Article 3515, as well as the policies of deterring wrongful conduct and repairing the consequences of injurious acts.“ La.C.C. Ann. Art.  3542 Act. No. 923 of 1991, Übersetzung nach Ivensen in Kropholler/Krüger/Riering/Samtleben/Siehr, Außereuropäische IPR-Gesetze, 1025: Art.  3542 Allgemeine Vorschrift „Mangels anderwärtiger Regelungen in diesem Titel unterliegt eine Rechtsfrage, die deliktsrechtliche oder deliktsähnliche Schuldverhältnisse betrifft, dem Recht des Staates, dessen Interessen durch Nichtanwendung seines Rechts auf diese Rechtfrage am stärksten beeinträchtigt würden. Dieser Staat wird bestimmt durch eine Bewertung der Stärke und Sachdienlichkeit der einschlägigen Interessen der beteiligten Staaten unter Berücksichtigung (1) der einschlägigen Verbindungen eines jeden Staates zu den Parteien und den Ereignissen, die Anlass zu der Streitigkeit gegeben haben, einschließlich des Handlungs- und Verletzungsortes, des Domizils, des gewöhnlichen Aufenthalts oder der Geschäftsniederlassung der Parteien und des Ortes, an dem eine Beziehung zwischen den Parteien ihren Mittelpunkt hat; und (2) der in Art.  3515 erwähnten Interessen sowie des Bestrebens, von unerlaubten Handlungen abzuschrecken und die Folgen von Rechtsverletzungen zu beseitigen.“

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

den.483 Des Weiteren können auch der Entscheidungseinklang innerhalb der Vereinigten Staaten und die Vermeidung des forum shopping als zu erwägende policies eine Rolle spielen.484 Ferner wird im zweiten Abschnitt in Art.  3542 die Liste der relevanten Anknüpfungspunkte für Deliktskollisionsfälle näher konkretisiert.485 Bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts sollen die Berührungspunkte jedes Staates, wie place of conduct, place of injury, domicile or residence or place of business of the parties, and the state in which the relationship between the parties was centered (if any existed), zu den Parteien und zu dem streitgegenständlichen Geschehen auf deren Relevanz hin untersucht werden. Dabei sind die jeweiligen Erwartungen der Parteien besonders zu berücksichtigen. Ferner sind Auswirkungen auf föderaler und internationaler Ebene zu beachten. Im Rahmen einer umfassenden Bewertung soll so das Recht des Staates ermittelt werden, dessen policies am stärksten beeinträchtigt würden, wenn sein Recht nicht zur Anwendung käme.486 Die in Art.  3542 aufgeführten Anknüpfungskriterien stehen weder in einer hierarchischen Ordnung zueinander noch handelt es sich um eine abschließende Aufzählung.487 Die Tatsache, dass ein Staat mehr Berührungspunkte aufweist als der andere, führt nicht zwangsläufig zur Anwendung seines Rechts.488 Die allgemeine Kollisionsnorm des Deliktsrechts, der Art.  3542, dient als Auffangklausel für all jene Fälle, die nicht unter die Spezialregelungen fallen,489 so auch für all jene grenzüberschreitenden Produkthaftungsfälle, die nicht unter Art.  3545 subsumierbar sind.490 Liegen beispielsweise die denkbaren Anknüpfungspunkte eines Produkthaftungsfalles, also der Handlungsort, der Herstellungsort, der Marktort und der Ort des victim’s domicile in unterschiedlichen Bundesstaaten oder Ländern, ist das anwendbare Recht mit Hilfe des Art.  3542 La.C.C. zu ermitteln. 5.  Die spezielle Kollisionsnorm für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle Mit Art.  3545 La.C.C.491 enthält der Civil Code von Louisiana für bestimmte Fallkonstellationen in Produkthaftungsfällen eine spezielle Kollisionsnorm. Nach 483  La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (a); Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481, 487 (2001). 484  Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481, 487 (2001). 485  La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (a) (1991). 486 Assmann/Bungert/Knapp, 4.  K ap. Rn.  237, 270. 487  La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (a); Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 697 (1992). 488  La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (a) (1991); Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 697 (1992). 489  Symeonides, 83 Tul.L.Rev. 1041, 1066 (2009); ders., 66 Tul.L.Rev. 677, 696‒698 (1992). 490  La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (b) (1991). 491  Art.  3545: Products liability „Delictual and quasi-delictual liability for injury caused by a product, as well as damages, whether compensatory, special, or punitive, are governed by the law of this state: (1) when the injury was sustained in this state by a person domiciled or residing in this state; or (2) when the product was manufactured, produced, or acquired in this state and caused the injury either in this state or in another state to a person domiciled in this state.

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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Art.  3545 unterliegen Schadensersatzansprüche aus Verletzungen, die durch ein Produkt verursacht werden, dem Recht Louisianas, wenn: (1) eine Person, die ihr Domizil oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Louisiana hat, in Louisiana verletzt wird oder (2) das Produkt in Louisiana hergestellt, produziert oder erworben wurde und einen Schaden in Louisiana verursacht oder eine Person außerhalb Louisianas verletzt, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Louisiana hat.492 Die Anknüpfungen stehen unter dem Vorbehalt, dass das schadenverursachende Produkt oder die Produkte des gleichen Typs von dem Hersteller über normale Vertriebswege in Louisiana vertrieben wurden.493 Die Beweislast für die forseeability defense trifft den Hersteller.494 Alle anderen Produkthaftungskonstellationen sind gemäß dem dritten Teil des Art.  3545 La.C.C. nach Art.  3542 La.C.C. zu lösen.495 a) Anwendungsbereich Der Begriff des Produktes ist weit zu verstehen. Als Produkt im Sinne von Art.  3545 La.C.C. gelten nicht nur industriell gefertigte Produkte, sondern auch Naturerzeugnisse, gleichgültig, ob sie schon weiterverarbeitet wurden oder nicht.496 Unter den Produktbegriff fallen sowohl bewegliche als auch unbewegliche Sachen.497 Auch zusammengesetzte Gegenstände sowie deren einzelne Komponenten oder BestandThe preceding paragraph does not apply if neither the product that caused the injury nor any of the defendant’s products of the same type were made available in this state through ordinary commercial channels. All cases not disposed of by the preceding paragraphs are governed by the other Articles of this Title.“ La.C.C. Ann. Art.  3545 Act No. 923 of 1991, Übersetzung nach Ivensen in Kropholler/ Krüger/Riering/Samtleben/Siehr, Außereuropäische IPR-Gesetze, 1029: Art.  3545 Produkthaftung „Die deliktische oder deliktsähnliche Haftung für eine durch ein Produkt verursachte Verletzung und der geldliche Schadensersatz, ob als Entschädigung, Schadensersatz für im Einzelnen zu belegenden Schaden oder Strafschadenersatz, unterliegen dem Recht des Bundesstaates (1) wenn der in diesem Bundesstaat Verletzte sein Domizil oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Bundesstaat hatte; oder (2) wenn das Produkt in diesem Staat hergestellt oder erworben wurde und der in diesem Bundesstaat oder in einem anderen Staat Verletzte in diesem Bundesstaat domiziliert war. Der vorherige Absatz gilt nicht, wenn weder das Produkt, das die Verletzung verursacht hat, noch andere Produkte des Beklagten derselben Art in diesem Staat im üblichen Geschäftsverkehr angeboten wurden. Alle durch die vorherigen Absätze nicht geregelten Fälle unterliegen den anderen Artn. dieses Titels.“ 492 Assmann/Bungert/Knapp, 4.  K ap. Rn.  236, 270. 493  Knapp in Assmann/Bungert, 4.  K ap. Rn.  236, 270. 494  La.C.C. Art.  3545 Revision Comment (h) (1991). 495  La.C.C. Art.  3545 Revision Comment (a) (1991); La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (b) (1991); Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 699 (1992). 496  La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (a); Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 750 (1992). 497  La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (a); Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 750 (1992).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

teile gelten als Produkt.498 Der falsche Gebrauch eines fehlerfreien Produktes infolge einer missverständlichen Anleitung wird ebenfalls vom Anwendungsbereich des Art.  3545 La.C.C. miterfasst.499 Art.  3545 La.C.C. gilt für sämtliche Rechtsgutsverletzungen, die eine Person erlitten hat. Schadensersatzansprüche wegen Beschädigungen des Produktes selbst sind vom Anwendungsbereich ausgeschlossen.500 Bei dem Geschädigten kann es sich um den Eigentümer oder den Verwender des Produktes handeln. Auch unbeteiligte Dritte (bystanders) kommen als Geschädigte in Betracht.501 Anspruchsgegner können der Hersteller des Produktes, der Zulieferer, der Händler sowie jede weitere Person in der Produktions- und Vertriebskette sein.502 Das Kollisionsrecht Louisianas sieht ferner in Art.  3547 La.C.C. eine Ausweichklausel für exceptional cases vor, die für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle gilt.503 In außerordentlichen kollisionsrechtlichen Produkthaftungsfällen ist demnach bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts das Ergebnis daraufhin zu überprüfen, ob es auf Grund der Gesamtheit der Sachverhaltsmerkmale eine engere Verbindung zu einem anderen Staat gibt, dessen Rechtsanwendungsinteresse höher ist. Die Gerichte wenden diese Vorschrift restriktiv an.504 b)  Case law aa)  Interlokale Kollisionsfälle Der grenzüberschreitende Produkthaftungsfall Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp.505 aus dem Jahr 2001 gab dem United States Court of Appeals des Fifth Circuit die Möglichkeit, wesentliche kodifizierte Kollisionsnormen des Louisiana Civil Code umfassend zu prüfen. Der Court of Appeals nutzte diese Gelegenheit und untersuchte mit großer sprachlicher Kraft eine Fülle von kollisionsrechtlichen Fragen, die sich aus dem Louisiana Civil Code ergeben, und ging ausführlich auf die dahinterliegenden rechtspolitischen Erwägungen ein. Es gibt nur wenige Entscheidungen, die so differenziert die verschiedenen Aspekte und Wertungen unterschiedlicher kollisionsrechtlicher Regelungen im Bereich der Produkthaftung aufgreifen und zu lösen versuchen. Daher führt kein Weg an der Darstellung des Marchesani-Falles vorbei. 498 

La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (a); Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 750 (1992). La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (a); Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 750 (1992). 500  La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (a). 501  La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (a). Dem Wortlaut nach gilt Art.  3545 La.C.C. für alle Schadensersatzansprüche infolge einer Verletzung. 502  La.C.C. Art.  3542 Revision Comment (a); Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 750 (1992). 503  La.C.C. Art.  3545 Revision Comment (b); La.C.C. Art.  3547. 504  Jefferson Parish Hospital Service District v. W.R. Grace & Co., 1992 WL 167263 (E.D.La. 1992). 505  Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481 (2001). 499 

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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Die Kläger, Dennis Marchesani und seine Frau, stammten aus Tennessee, wo sie ihr domicile hatten und Mr. Marchesani für die Firma Crescent Mills in Nita (Tennessee) arbeitete. Im Jahr 1998 erlitt Marchesani, als er sich in der Nähe einer Färbemaschine für Textilien aufhielt, erhebliche Verletzungen. Eine Tür der Maschine war aufgesprungen und durch die Öffnung strömten heiße ätzende Chemikalien, die Marchesani trafen. Die medizinische Behandlung infolge der Verletzungen und die workman’s compensation erhielt Marchesani in Tennessee. Die beklagte Pellerin-Milnor Corp. hatte ihren Sitz in Louisiana, und die Maschine war dort hergestellt worden. Die unglückbringende Färbemaschine war mehr als zehn Jahre vor dem Unfall in den Verkehr gebracht worden. Zwischen dem Unfall und der Klage in Louisiana lag weniger als ein Jahr. Die Kläger behaupteten, dass der Arbeitsunfall auf einen Konstruktionsfehler der Maschine zurückzuführen sei. Sie warfen der beklagten Herstellerin Fahrlässigkeit bei der Konstruktion und der Herstellung der Maschine vor und machten deshalb Schadensersatzansprüche gegen die Herstellerin, Milnor, am Sitz der Beklagten vor dem Federal District Court für den Eastern District von Louisiana geltend. Die Beklagte lehnte jegliche Haftung ab und beantragte eine Klagabweisung im Rahmen eines summary judgement. Den Klagabweisungsantrag stützte die Beklagte auf die Behauptung, dass die Klage auf Grund §  29-28-103 Tennessee Code, einem statute of repose, ausgeschlossen sei, da sie nicht innerhalb von zehn Jahren nach der erstmaligen Veräußerung des schadenstiftenden Produktes erhoben worden war.506 Nach Ansicht der Kläger war im vorliegenden Fall jedoch das Recht Louisianas507 anwendbar, nach dessen Verjährungsrecht Produkthaftungsansprüche spätestens ein Jahr nach Verletzung geltend gemacht werden mussten, sodass die Klage rechtzeitig erhoben worden war. Der District Court wandte das Produkthaftungsrecht von Tennessee mit seiner zehnjährigen Ausschlussfrist an und wies die Klage der Marchesanis ab. Die Kläger gingen in Berufung. Das Vorbringen der Parteien wirft grundsätzliche Fragen der Anwendung der deliktsrechtlichen und verjährungsspezifischen Kollisionsregeln des Louisiana Civil Code und deren zugrunde liegenden rechtspolitischen Zielsetzungen auf. Ist der Erfolg der Klage der Marchesanis nach dem Produkthaftungsrecht von Tennessee 506  Tennessee Code Ann. §  29-28-103: „any action against a manufacturer or seller of a product for injury to person or property caused by defective or unreasonably dangerous condition must be brought within […] ten years from the date on which the product was first purchased for use or consumption“. 507  La.C.C. Ann. Art.  3549: Liberative Prescription „When the substantive law of another state would be applicable to the merits of an action brought in this state, the prescription and peremtion law of this state applies […] except […] if the action is not barred under the law of this state, the action shall be maintained unless (1) it would be barred in the state whose law is applicable to the merits and (2) maintenance of the action in this state is not warranted by (a) the policies of this state and its relationship to the parties or the dispute or by (b) any compelling considerations of remedial justice“. Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481, 485 (2001).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

oder dem von Louisiana zu beurteilen? Kann das materielle Recht Louisianas betreffend die Verjährung von Ansprüchen auch dann Anwendung finden, wenn nach den produkthaftungsrechtlichen Kollisionsregeln Louisianas das materielle Produkthaftungsrecht von Tennessee berufen ist? Der Court of Appeals steigt zur Lösung dieser Rechtsfragen die gesamte Anknüpfungsleiter des Louisiana Civil Code hinauf und hinunter, von der Sonderkollisionsregel für Produkthaftung in Art.  3545 über die allgemeine deliktsrechtliche Anknüpfungsnorm des Art.  3542, die er im Lichte der Generalanknüpfung des Art.  3515 auslegt, bis hin zur spezifischen Kollisionsnorm für Verjährungsfragen in Art.  3549. Dieser eindrucksvolle Weg zeigt viele grundsätzliche Facetten einer kollisionsrechtlichen Bewertung von Produkthaftungsfällen auf und ist es wert, ein Stück weit nachvollzogen zu werden. (1) Sonderkollisionsregel für Produkthaftung, Art.  3545 La.C.C. Bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts prüfte das Gericht zunächst, ob Art.  3545 La.C.C. einschlägig sei. Nach Art.  3545 kommt das Produkthaftungsrecht Louisianas zur Anwendung, wenn (1) eine Person, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Louisiana hat, in Louisiana verletzt wird. Ferner soll nach Art.  3545 (2) das Recht Louisianas zur Anwendung gelangen, wenn das schadenstiftende Produkt in Louisiana hergestellt wurde und die Verletzung in Louisiana eintritt oder außerhalb Louisianas eine Person verletzt, die aus Louisiana stammt. Im vorliegenden Fall war die Färbemaschine in Louisiana hergestellt worden. Der verletzte Kläger, Marchesani, stammte aus Tennessee, wo sich auch der Unfall ereignet hatte. Da folglich keine der in Art.  3545 La.C.C. aufgeführten Anknüpfungsvoraussetzungen vorlagen, schied eine Anknüpfung nach Art.  3545 aus. (2) Anknüpfung im Deliktsrecht, Art.  3542 i. V. m. 3515 La.C.C. Im nächsten Schritt griff das Gericht auf die allgemeine Kollisionsnorm des Deliktsrechts, Art.  3542 La.C.C. zurück. Nach den im Kollisionsrecht Louisianas geltenden Grundsätzen zur Ermittlung des anwendbaren Rechts müsse ein Gericht (1) die für den Fall erheblichen Anknüpfungspunkte identifizieren und sie auf ihre jeweilige Relevanz für das zugrunde liegende Rechtsverhältnis zwischen den Parteien überprüfen. Im Anschluss müsse das Gericht (2) die rechtspolitischen Wertungen der betroffenen Staaten benennen und deren (3) Gewichtung und Relevanz für den vorliegenden Konfliktfall herausarbeiten, um beurteilen zu können, welche rechtspolitischen Zielsetzungen am meisten beeinträchtigt würden, wenn das Recht des betroffenen Staates nicht zur Anwendung gelange.508 Die Auswertung aller re508  „[…] the choice of law methodology contained in Louisiana’s Civil Code requires that, in sequence, we (1) examine the pertinent contacts of each state with respect to ,the particular issue as to which there exists an actual conflict of lawsʻ so as to determine the ,relationship of each state to the parties and the disputeʻ, (2) identify the various state policies that might be implicated in the choice of law, and then (3) evaluate the ,strength and pertinenceʻ of these policies in light of ,the relationship of each state to the parties and the disputeʻ, and in light of ,the policies and needs of

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levanten Anknüpfungspunkte ergab eine Pattsituation. Handlungsort und place of business der Beklagten waren beide in Louisiana belegen, wohingegen Erfolgsort und domicile der Kläger in Tennessee lagen. Im Anschluss beschäftigte sich das Gericht mit den policies der betroffenen Bundesstaaten. In diesem Zusammenhang hob das Gericht hervor, dass in Deliktskollisionsfällen die Parteierwartungen, die Schadensprävention und der Schadensausgleich maßgeblich zu berücksichtigen seien. Ferner sollten die negativen Beeinträchtigungen durch die Unterwerfung einer Partei unter die Geltung des Rechts mehrerer Rechtsordnungen möglichst gering gehalten werden. Darüber hinaus solle das forum shopping möglichst verhindert und der Entscheidungseinklang innerhalb der Vereinigten Staaten gefördert werden.509 Bei der Suche nach dem Recht des Staates, dessen policies am stärksten beeinträchtigt würden, wenn sein Recht nicht zur Anwendung komme, betonte das Gericht, dass diese Ermittlung nicht abstrakt erfolgen könne, sondern dass es auf die Relevanz der policies und deren Bedeutung im jeweiligen Einzelfall ankomme: „[…] what is to be evaluated is not the wisdom of goodness of a state policy, either in the abstract or vis-à-vis the policy of another state, but rather the ,strength and pertinence‘ of this policy in space.“510 Nach Ansicht des Gerichts sprachen weder Argumente der Parteierwartungen zur Förderung des Entscheidungseinklangs noch das Ziel, forum shopping zu vermeiden, für die Anwendung einer bestimmten Rechtsordnung. Dazu führte das Gericht aus, dass ein Kläger, der aus Tennessee stamme und in Tennessee geschädigt werde, damit rechnen müsse, dass das Recht Tennessees zur Anwendung gelange. Umgekehrt müsse auch die beklagte Herstellerin mit Sitz in Louisiana damit rechnen, dass das Recht Louisianas zur Anwendung komme. Ein Hersteller, dessen Produkte überall in den Vereinigten Staaten vertrieben werde, müsse darüber hinaus die Anwendung eines fremden Rechts in Betracht ziehen. Das Gericht sah auch keine Argumente im Interesse des Entscheidungseinklangs als maßgeblich an, da im Bereich des Produkthaftungsrechts, insbesondere im Verjährungsrecht oder zum Thema des Ausschlusses produkthaftungsrechtlicher Ansprüche in den Vereinigten Staaten kein einheitliches Recht existiere.511 Im vorliegenden Fall sei allerdings vornehmlich zu ermitteln, welche policies welchen Bundesstaates unter den Gesichtspunkten der Schadensprävention

the interstate and international systemsʻ (so as to resolve the ultimate question of which state’s policies would be ,most seriously impaired if its law were not applied to that issueʻ).“ Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481, 487 (2001). 509  „[…] Articles 3515 and 3542, taken together enumerate four policies that must be considered in the choice of law analysis with respect to tort claims: (1) upholding the justified expectations of parties, (2) minimizing the adverse consequences that might follow from subjection a party to the law of more than one state, (3) deterring wrongful conduct, and (4) repairing the consequences of injurious acts“; „(5) discouraging forum shopping and (6) favoring interstate uniformity“, Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F3d 481, 487 (2001). 510  La.C.C. Art.  3545 Revision Comment (c) (1991). 511  Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481, 489 (2001).

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und des Schadensausgleichs am meisten beeinträchtigt seien.512 Dazu ermittelte das Gericht zunächst, welche rechtspolitischen Erwägungen hinter §  29-28-103 Tennessee Code, einem statute of repose, stünden.513 Als Antwort auf die steigenden Kosten auf Herstellerseite für Versicherungen und Verfahrenskosten in Produkthaftungsverfahren habe der Gesetzgeber in Tennessee sich entschlossen, im Tennessee Products Liability Act514 einen Zeitraum zu bestimmen, nach dessen Ablauf die Geltendmachung jeglicher Produkthaftungsansprüche ausgeschlossen sei. Nach §  29-28-103 Tennessee Code müssen Produkthaftungsansprüche deshalb spätestens innerhalb von zehn Jahren nach der erstmaligen Veräußerung des Produktes geltend gemacht werden. Nach den Ausführungen des Gerichts sollen Hersteller so vor einer übermäßigen zeitlichen Inanspruchnahme geschützt werden. Mit der Bestimmung eines solchen fixen Endzeitpunkts könne in Tennessee für die Hersteller haftungsrechtlich eine gewisse Rechtssicherheit gewährleistet werden.515 Sodann beschäftigte sich das Gericht mit dem Verjährungsrecht Louisianas für Produkthaftungsansprüche. In Louisiana müssen alle deliktischen Ansprüche, also auch Produkthaftungsansprüche, nach Art.  3492 La.C.C. innerhalb einer Jahresfrist ab dem Zeitpunkt der Verletzung geltend gemacht werden. Einen Ausschluss von Produkthaftungsansprüchen nach Zeitablauf kennt das Recht Louisianas nicht. Das Gericht stellte daher fest, dass beide Bundesstaaten somit unterschiedliche Lösungen gefunden hätten, um die Haftung von Herstellern in Produkthaftungsfällen zu begrenzen und gleichzeitig eine Balance zwischen Schadensprävention und Schadensausgleich herzustellen. Im Folgenden musste das Gericht entscheiden, welche rechtspolitische Zielsetzung welchen Staates im vorliegenden Fall stärker beeinträchtigt würde, wenn das Recht dieses Staates nicht zur Anwendung gelänge. Das Gericht befand, dass die rechtspolitischen Zielsetzungen Tennessees stärker betroffen seien, wenn das Produkthaftungsrecht Tennessees nicht zur Anwendung komme. Denn der Geschädigte stammte aus Tennessee, in Tennessee hatte sich der Unfall ereignet und der Geschädigte in Tennessee die worker’s compensation payments erhalten.516 Folgerichtig entschied sich das erstinstanzliche Gericht in 512 

Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481, 489 (2001). §  29-28-103 Limitation of actions „(a) Any action against a manufacturer of seller of a product for injury to person or property caused by its defective or unreasonably dangerous condition must be brought within the period fixed by […], but notwithstanding any exceptions to these provisions, it must be brought within six years of the date of injury, in any event, the action must be brought within ten years from the date on which the product was first purchased for use or consumption“. 514  Tennessee Products Liability Act of 1978. 515  Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481, 489 (2001). 516  „Asked as a rhetorical question, would Tennessee’s comprehensive scheme of products liability, which focuses on the date that the product is first purchased for use, be more seriously impaired if Tennessee’s statute of repose were not applied to this case involving Tennessee residents, employers, and worker’s compensation payments than would Louisiana’s scheme, which focuses on the date of the victim’s injury, thereby affording a Louisiana manufacturer an ,escape hatchʻ that would not be available if the injury had occurred either in Louisiana or to an individual domiciled 513 

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Louisiana für das materielle Produkthaftungsrecht Tennessees. Nicht so dachte der Louisiana Court of Appeals, der die Anwendbarkeit der speziellen Kollisionsnorm des Art.  3549 La.C.C. zum Verjährungsrecht ins Spiel brachte. (3) Sonderkollisionsnorm für Verjährungsfragen, Art.  3549 La.C.C.517 Die Kläger waren der Ansicht, dass auf Grund von Art.  3549 La.C.C. die Anwendung der Ausschlussfrist Tennessees ausgeschlossen sei, da sich im vorliegenden Fall die rechtspolitischen Interessen Louisianas durchsetzen müssten. Die Beklagte hingegen trug vor, dass Art.  3549 La.C.C. nicht anwendbar sei. Für den Fall, dass das Gericht dies anders beurteile, waren sie der Ansicht, dass die Aufrechterhaltung der Klage auch nicht auf Grund überwiegender rechtspolitischer Interessen Louisianas oder gar im Sinne von any compelling considerations of remedial justice geboten sei. Zur Frage der Anwendbarkeit von Art.  3549 La.C.C. führte das Gericht aus, dass aus dem Blickwinkel des Rechts Louisianas der statute of repose von Tennessee als materiellrechtliche Ausschlussfrist anzusehen sei. Da jedoch das Recht Louisianas nicht weiter zwischen materiellrechtlichen Ausschlussfristen und prozessualen Verjährungsfristen differenziere, sei der Anwendungsbereich des Art.  3549 La.C.C. eröffnet.518 Art.  3549 sieht eine kollisionsrechtliche Analyse eiin Louisiana? […] it is Tennessee, with its more comprehensive approach to product liability claims, whose policies would be most seriously impaired if its law were not applied in this instance“, Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481, 489 f. (2001). 517  Art.  3549 La.C.C. „A. When the substantive law of this state would be applicable to the merits of an action brought in this state, the prescription and preemption law of this state applies. B. When the substantive law of another state would be applicable to the merits of an action brought in this state, the prescription and preemption law of this state applies, except as specified below: (1) If the action is not barred under the law of this state, the action shall be dismissed unless it would not be barred in the state whose law would be applicable to the merits and maintenance of the action in this state is warranted by compelling considerations of remedial justice. (2) If the action is not barred under the law of this state, the action shall be maintained unless it would be barred in the state whose law is applicable to the merits and maintenance of the action in this state is warranted by compelling considerations of remedial justice. C. Notwithstanding the forgoing provisions, if the substantive law of another state would be applicable to the merits of an action brought in this state and the action is brought by or on behalf of any person who, at the time the cause of action arose, neither resided in nor was domiciled in this state, the action shall be barred if it is barred by statute of limitation or repose or by law of prescription or preemption of the other state, and that statute or law is, under the laws of the other state, deemed to be substantive, rather than procedural, or deemed to bar or extinguish the right that is sought to be enforced in the action and not merely the remedy.“ Art.  3549 La.C.C. des Gesetzes Nr.  923 aus dem Jahr 1991 wurde im Jahr 2005 um den 3. Abschnitt ergänzt. Act No. 213, 2005, La. Acts 1491, der somit zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht existierte. 518  „[…] because Louisiana’s choice of law rules do not distinguish between ,substantiveʻ and ,proceduralʻ statutory time limits, instead treating preemption as a ,species of prescriptionʻ for purposes of choice of law analysis.“ Mit Verweis auf die Kommentierung des Art.  3549 La.C.C. Revision Comment (a): „for the purpose of this Article, preemption is treated as a species of liberative prescription“.

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

gener Art für die Frage der Verjährung von streitgegenständlichen Ansprüchen vor. Es beruft das Verjährungsrecht Louisianas zur Anwendung, wenn die Gesamtheit der Umstände des Falles eine enge Verbindung zu Louisiana erkennen lassen und dieses Ergebnis zur Wahrung rechtspolitischer Zielsetzungen Louisianas geboten erscheint. Art.  3549 besagt im Einzelnen, dass eine Klage, die nach dem Recht eines anderen Staates verfristet ist, unter Anwendung des Verjährungsrechts Louisianas in Louisiana aufrechterhalten werden kann, wenn dies zur Wahrung der dortigen rechtspolitischen Erwägungen geboten und auf Grund einer engen Verbindung Louisianas zu dem Fall gerechtfertigt sei.519 Da die Anwendung des Art.  3549 La.C.C. im vorliegenden Fall verständlicherweise zwischen den Parteien höchst streitig war, nahm das Gericht eine ausführliche Prüfung des Art.  3549 La.C.C. vor und führte wie folgt aus:520 „Under the instant facts, it is difficult if not impossible to maintain that the policies of deterrence, compensation, and predictability underlying Louisiana law with respect to products liability claims are not ,actually implicatedʻ in this case such that applying Louisiana’s law of prescription is not warranted. We reach this conclusion […] by attending to the policies implications of what Louisiana legislature has done, which is to limit plaintiffs to one year following that date of injury to bring their claims forward. Likewise, we must be mindful that in enacting choice of law rules that privilege Louisiana’s own rules of prescription, the legislature expressly declared that it did so to ,preserve to the plaintiff the opportunity to fully pursue his judicial remedies as long as he does so within the time specified by the law of this state‘.“521 Im Anschluss überprüfte das Gericht, ob die Anknüpfungspunkte eine enge Verbindung des Falles zu Louisiana hatten und beschäftigte sich erneut mit den rechtspolitischen Wertungen, die hinter den streitgegenständlichen Verjährungsvorschriften Louisianas standen. Im Ergebnis stimmte Louisianas Court of Appeals den geschädigten Klägern zu und entschied, die Aufrechterhaltung der Klage sei zur Wahrung rechtspolitischer Wertungen Louisianas gerechtfertigt.522 519  „Article 3549 provides that notwithstanding the fact that an action otherwise time-barred under the law of another state can proceed under Louisiana’s law of prescription and preemption, if ,the maintenance of the action in [Louisiana] is not warranted by the policies of [Louisiana] and its relationship to the parties or the dispute or by any compelling considerations of remedial justiceʻ then the claim should not go forward in Louisiana.“ 520  Die Kommentierung zu Art.  3549 La.C.C. Revision Comment (i) beschreibt den Prüfungsumfang wie folgt: „The court must be satisfied that the policies of this state in providing a longer prescriptive period for actions of the type before the court would not be adversely affected by dismissing the particular action, or that these policies would be served by entertaining the action. […] if the defendant is a Louisiana domiciliary, there would seem to be less of a concern about forum shopping by the plaintiff and less of an argument of unfair surprise by the defendant“. 521  Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481, 491 (2001). 522  „Bearing all the foregoing in mind and remembering that time bar is an affirmative defense, which is advanced by Milnor, we are convinced in the end that Milnor has failed to demonstrate that, under all relevant circumstances, maintenance of this action is not warranted by the policies of Louisiana. The plaintiff in this case, although residents of Tennessee, have neither slept on their rights nor engaged in the kind of purely opportunistic forum shopping that would raise concerns

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(1) Einordnung In der Entscheidung lokalisierte das Gericht zunächst die relevanten Anknüpfungspunkte. Den Handlungsort fand es am Ort der Produktherstellung in Louisiana, den Erfolgsort am place of injury in Tennessee.523 Da die Geschädigten ihr domicile nicht in Louisiana hatten und sich der Unfall auch nicht in Louisiana ereignet hatte, fiel der vorliegende Kollisionsfall nicht in den Anwendungsbereich der speziellen produkthaftungsrechtlichen Kollisionsnorm. Der Umstand, dass die fehlerhafte Maschine in Louisiana hergestellt worden war, reichte allein nicht aus, um die spezielle Kollisionsnorm zur Anwendung zu bringen. Folglich musste das Gericht das anwendbare Recht mit der allgemeinen Deliktskollisionsnorm ermitteln. Unter Vornahme der dafür erforderlichen Abwägung aller relevanten policies räumte das Gericht zunächst einmal den policies von Tennessee den Vorrang ein und befand, dass sich die produkthaftungsrechtlichen Ansprüche der Kläger grundsätzlich nach dem Recht Tennessees richteten. Doch bei diesem Ergebnis blieb es nicht. An dieser Stelle kam die Sonderkollisionsnorm für Verjährung des Art.  3549 La.C.C. eine weitere Besonderheit des Kollisionsrechts Louisianas, zum Tragen.524 Die Beklagten hatten sich in ihrem Vorbringen gegen die Anwendbarkeit des Art.  3549 La.C.C. gewehrt und hervorgehoben, das Produkthaftungsrecht Tennessees müsse für alle Facetten des Sachverhalts gelten. Dieser Einwand war zweifelsfrei zutreffend. Für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle ist das anwendbare Recht einheitlich zu bestimmen. Die issue-by-issue-analysis ist für produkthaftungsrechtliche Kollisionsfälle gemäß La.C.C. nicht einschlägig. Daher hatte das Gericht eine gewisse Sympathie für das Vorbringen der Beklagten. Ungeachtet dessen betonte der Richter in seinen Ausführungen zur Urteilsbegründung, dass der Gesetzgeber Louisianas sich nun einmal mit Art.  3549 La.C.C. für eine Sonderkollisionsnorm der Verjährung entschlossen habe, sodass es ihm als Rechtsanwender obliege, das gefundene Ergebnis zu korrigieren.

about burdening Louisiana courts with entirely ,foreign disputesʻ of surprising defendants unfairly. To the contrary, the plaintiffs have filed suit in the state of defendant’s own incorporation and principal place of business, which is also the state in which the allegedly defective product was designed and manufactured. We can hardly say that the maintenance of this action, timely brought under Louisiana’s law of prescription against a Louisiana manufacturer, is not warranted – even mandated-by the policies of Louisiana that underlie its own long-standing policy decision to permit plaintiffs allegedly injured by a defective product to bring a cause of action within one year following that injury. We are likewise convinced that Milnor has failed to make an alternative showing under article 3549 that maintenance of this action in Louisiana is not warranted by ,compelling considerations of remedial justiceʻ.“ Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481, 492 (2001). 523  Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F.3d 481, 487 (2001). 524  Diese Vorschrift wurde im Jahr 2005 um einen weiteren Absatz ergänzt. Symeonides, der bei dem ursprünglichen Gesetzgebungsprozess maßgeblich mitbeteiligt war, distanziert sich von dieser Überarbeitung. Symeonides, 83 Tul.L.Rev. 1041, 1077 (2009).

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

(2) Zusammenfassung Art.  3545 La.C.C. kommt gleichermaßen für Fälle, in denen Aspekte von conduct und safety, loss distribution oder punitive damages streitgegenständlich sind, zur Anwendung.525 In diesem Zusammenhang zeigt sich eine Besonderheit des Kollisionsrechts von Louisiana. Obwohl sich der Gesetzgeber für eine spezielle Kollisionsnorm für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle entschieden hat, ist sie einseitig ausgestaltet. Die Kollisionsnorm beruft das Recht Louisianas für Fälle, in denen mindestens zwei oder mehr Anknüpfungspunkte kumulativ vorliegen und so eine enge Verbindung des Sachverhalts zu Louisiana begründen. Folgende Paarungen der Anknüpfungspunkte können eine solche Verbindung begründen: – das domicile und der place of injury sind beide in Louisiana belegen, – der place where the product was manufactured or acquired und der place of injury sind in Louisiana belegen, – der place where the product was manufactured or acquired und die Verletzung einer Person, die ihr domicile in Louisiana hat. Ein kollisionsrechtlicher Lösungsansatz, der das Kumulieren von zwei Anknüpfungspunkten voraussetzt, gewährleistet, dass eine enge Verbindung zu dem berufenen Recht besteht. Folglich ist die Anwendung des Rechts auf Grund dieser engen Verbindung sachgerecht. In einer Vielzahl der grenzüberschreitenden Produkthaftungsfälle sind zwei oder drei Anknüpfungspunkte in einem Staat belegen. Daher entschied sich der Gesetzgeber Louisianas für Fälle, in denen zwei oder mehr Anknüpfungspunkte in Louisiana liegen, grundsätzlich das Recht Louisianas zu berufen. Mit dieser Lösung wollte der Gesetzgeber dazu beitragen, dass in diesen häufig vorkommenden Fällen das anwendbare Recht vorhersehbar wird. Der Gesetzgeber räumte in diesen Fällen der Vorhersehbarkeit den Vorrang vor der Einzelfallgerechtigkeit ein. Komplexere Kollisionsfälle, in denen nur ein Anknüpfungspunkt in Louisiana belegen war, sollten unter Anwendung der allgemeinen Deliktskollisionsnorm flexibel gelöst werden. In diesen Fällen soll die Einzelfallgerechtigkeit den Vorrang haben. So entsteht ein ausgewogenes Zusammenspiel der speziellen Kollisionsnorm mit der allgemeinen Deliktskollisionsnorm im Gesamtgefüge des Kollisionsrechts Louisianas. Im Übrigen sei auf weitere interlokale Produkthaftungsfälle verwiesen, die von Gerichten in Louisiana in jüngerer Zeit entschieden wurden.526 525 

Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 750 (1992). Truxillo v. Johnson, 2007 WL 4542974 (E.D.La.) befasste sich der United District Court des Eastern District von Louisiana mit der Ausweichklausel des Art.  3547 La.C.C. In dieser Entscheidung betont das Gericht die ablehnende Haltung des Gesetzgebers Louisianas gegenüber punitive damages. Des Weiteren sei auf ein multi district litigation-Verfahren, In re Vioxx Products Liability Litigation, aus dem Jahr 2007 hingewiesen. Die Kläger stammten aus drei verschiedenen Bundesstaaten. Die Kläger hatten das Medikament Vioxx über einen längeren Zeitraum hinweg eingenommen und Herzinfarkte erlitten. Das Medikament war von der beklagten Herstellerin Merck & Co., die ihren Sitz in New Jersey hatte, als Schmerzmittel zur Behandlung u. a. von Arthrose, rheumatoider Arthritis und Migräne entwickelt, hergestellt und weltweit vertrieben wor526 In

C.  Das Deliktskollisionsrecht in den USA

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bb)  Internationale Kollisionsfälle Im untersuchten Zeitraum ließen sich keine Kollisionsfälle aus dem Bereich der internationalen Produkthaftung finden, in denen die Gerichte in Louisiana das Kollisionsrecht Louisianas anwendeten.527 6.  Haftungsumfang Der Haftungsumfang in kollisionsrechtlichen Deliktsfällen wird von Art.  3544 La.C.C. geregelt.528 Wie aus dem Wortlaut ersichtlich ‒ „Delictual and quasi-delictual liability for injury caused by a product, as well as damages, whether compensatory, special, or punitive, are governed by the law of this state“ ‒ richtet sich der Haftungsumfang in grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen, die unter den Anwendungsbereich des Art.  3545 La.C.C. fallen, allein nach der speziellen Kollisionsnorm des Art.  3545 La.C.C.529 Punitive damages dürfen nach dem Kollisionsrecht Louisianas grundsätzlich nur nach Art.  3546 La.C.C. zugesprochen werden, wenn sie in den jeweiligen Rechtsordnungen jeweils kumulativ am (1) Handlungsund am Verletzungsort oder am Handlungsort und am Wohnsitz des Schädigers oder (2) am Verletzungsort und am Wohnsitz des Schädigers vorgesehen sind.530 In grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen wird Art.  3546 La.C.C. von Art.  3545 den. Als eine Langzeitstudie veröffentlicht wurde, die belegte, dass Vioxx die Anfälligkeit von Herzinfarkten und Schlaganfällen erheblich erhöhte, nahm Merck am 30. September 2004 das Medikament vom Markt. Es wird geschätzt, dass zu diesem Zeitpunkt in den Vereinigten Staaten ca. 20 Mio. Menschen das Medikament eingenommen hatten, sodass in der Folgezeit das Unternehmen Merck & Co., Inc., in mehr als 10.000 Verfahren verklagt wurde. In der hier zitierten Entscheidung hatte das Gericht über eine motion for summary judgement der Beklagten zu entscheiden. Im Rahmen der kollisionsrechtlichen Analyse nach Art.  3549 La.C.C. musste das Gericht sich mit der Frage beschäftigen, ob die jeweiligen Ansprüche der Kläger nach deren Heimatrecht verjährt waren. Da das Gericht diese Fragen in dem frühen Prozessstadium nicht klären konnte, wies es den Antrag der Beklagten zurück. In re Vioxx Products Liability Litigation, E.D. La. 2007, 478 F. Supp.  2d 897, näher dargestellt bei Domarus, 164‒166. 527  Es sei hier ein weiterer Vioxx-Fall erwähnt: In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741 (E.D.La. 2006), der vor dem Eastern District von Louisiana anhängig war, jedoch unter Anwendung des Kollisionsrechts von Illinois entschieden wurde (weil es sich um ein nach Louisiana transferiertes Verfahren handelte): In re Vioxx Products Liability Litigation, 448 F.Supp.  2d 741 (E.D.La. 2006), Anwendung des choice of law von Illinois ergab die Anwendung italienischen und französischen Rechts. Das Gericht wies die Klage aus forum non conveniensGrün­den ab. 528 Assmann/Bungert/Knapp, 4.  K ap. Rn.  238, 271. 529  Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 758 (1992). 530  Übersetzung nach Kropholler/Krüger/Riering/Samtleben/Siehr, Außereuropäische IPR-Gesetze, 1029: „Art.  3546 Strafschadenersatz Strafschadenersatz darf von einem Gericht dieses Bundesstaates nicht gewährt werden, es sei denn er ist erlaubt 1. nach dem Recht des Ortes der Verletzungshandlung und entweder dem Recht des Ortes der verursachten Verletzung oder dem Recht des Domizils des Verletzers; oder 2. nach dem Recht des Ortes der Verletzung und dem Recht des Domizils des Verletzers.“

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2. Kapitel:  Kollisionsrechtliche Lösungswege in den USA

La.C.C. verdrängt.531 Das Produkthaftungsrecht Louisianas sieht keine punitive damages vor.532 Daher werden in grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen, die in den Anwendungsbereich des Art.  3545 La.C.C. fallen, keine punitive damages zugesprochen.533 Allerdings ist zu beachten, dass auch für Art.  3545 La.C.C. die Ausweichklausel des Art.  3547 La.C.C. gilt, sodass es in Ausnamefällen möglich ist, punitive damages nach Art.  3547 La.C.C. zuzusprechen, wenn der Fall excep­ tional ist.534

531  LA.C.C. Art.  3546 Revision Comment (a) (1991). Symeonides, 83 Tul.L.Rev. 1041, 1070 (2009), ders., 66 Tul.L.Rev. 677, 758 (1992). 532  „The LPLA clearly provides that its provisions ,establish the exclusive theories of liability for manufacturers for damage caused by their products. A claimant may not recover from manufacturer for damages caused by a product on the basis of any theory of liability that is not set forth in this Chapterʻ La. Rev. Stat. 9:2800.52: Moreover, punitive damages are not recoverable in Louisiana unless statutory authorized, which they are not in product liability cases […]. Following these legislative directives, Louisiana courts have uniformly dismissed any claim – including fraud and punitive damages – that falls outside the strict confines of the LPLA.“ Truxillo v. Johnson, 2007 WL 4542974 (E.D.La.) mit weiteren Nachweisen zur Rspr. allgemein. 533  Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 758 (1992). 534  Symeonides, 66 Tul.L.Rev. 677, 759 (1992). Zum Begriff des exceptional case Symeonides, 54 La.L.Rev. 497, 518 (1994): „[…] exceptional need not to be confined to extraordinary or statistically rare cases. Exceptional might be any case in which most reasonable people would agree that the policies of one state will be significantly more impaired than those of the state whose law is designated as applicable by Articles 3543‒3546“. Die Gerichte sind hiermit jedoch zurückhaltend, wie der Fall Truxillo v. Johnson, 2007 Wl 4542974 (E.D.La.) zeigt.

3. Kapitel

Vergleich Mit Hilfe der Erkenntnisse aus den Länderberichten ist nunmehr die spannende Frage zu beantworten, ob Art.  5 Rom  II-VO mit seiner starren Anknüpfungssystematik oder der flexiblere Ansatz im Bundesstaat New York die überzeugendere Lösung für ein Kollisionsrecht der Produkthaftung bereitstellt. Beide Modelle offenbaren Stärken und Schwächen bei dem Versuch, die antagonistischen Regelungsziele Vorhersehbarkeit und Einzelfallgerechtigkeit in Einklang zu bringen. Vereint die von Louisiana gefundene Lösung das Beste aus beiden Welten? Dieser Frage soll im Folgenden durch Aufzeigen der signifikanten Unterschiede und Gemeinsamkeiten nachgegangen werden. Dabei soll den Aspekten strenge versus flexible Anknüpfungshierarchie, Verzicht auf Kumulation versus Kombination von Anknüpfungsmerkmalen und Neutralität versus Berücksichtigung von Auswirkungen des jeweils anwendbaren Rechts für die Erfolgsaussichten der Beteiligten besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

A.  Wesentliche Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung Zu den Eigenheiten im US-amerikanischen Rechtssystem, die sich natürlich im US-amerikanischen Kollisionsrecht der internationalen Produkthaftung bemerkbar machen, gibt es mittlerweile ein reichhaltiges Schrifttum.1 Im Rahmen einer ver-

1  Deutschsprachige Lit.: Assmann/Bungert, Knapp, 4.  K ap.  196‒271 sowie Assmann/Bungert/ Hay, 8.  Kap.  504‒610; Hay, US-amerikanisches Recht, 44‒87, 91‒106, 139‒163; Symeonides, 2015 U.Ill.L.Rev. 1847–1921 (2015). Lenz, Produkthaftung, §  6 V 393- 410; Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, §  29, 111‒121; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht; Wandt, §  6 Rn.  193‒282, 118‒154; Mennenöh, Das Deliktskollisionsrecht der Rechtsprechung der Vereinigten Staaten von Amerika unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidungen zur Produkthaftpflicht (1990); Weinberg, Die Produkthaftung im deutschen und US-amerikanischen Kollisionsrecht (1993); Siehr, IPR-Gesetzgebung in der EU und den USA in FS Heldrich, 1045, 1056 f. (2005); ders., Internationales VerbraucherschutzR, in Schneyder/Heiss/ Rudisch (1995), 111, 117. Englischsprachige Veröffentlichungen: Ena, 34 Fordham Urb.L.J. 1417 (2007); Kozyris, 60 La.L.Rev. 1161 (2000); Symeonides, American Private Intern. Law, 180‒196 chap.  4 §  5; ders., The American Choice of Law Revolution (2006), chap. VIII, 265‒361; ders., 78 Tul.L.Rev. 1247 (2004).

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3. Kapitel:  Vergleich

gleichenden Betrachtung sollen zunächst die Unterschiede der untersuchten Kollisionsregeln herausgearbeitet werden.2 I.  Gewichtung der Anknüpfungspunkte Vergleicht man die untersuchten kollisionsrechtlichen Lösungsansätze, so fällt sofort auf, dass sich der europäische Gesetzgeber zugunsten einer starren hierarchischen Anknüpfungsleiter entschieden hat. Die Reihenfolge der einzelnen Anknüpfungspunkte ist zwingend und kann nur durch die Ausweichklausel des Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO durchbrochen werden. Art.  5 Rom  II-VO differenziert auch nicht nach der Beziehung des Geschädigten zu dem fehlerhaften Produkt. Für die Rechtsanwender wird mit Hilfe der harmonisierten Kollisionsnorm in vielen Fällen das anwendbare Recht leichter vorhersehbar. Insofern verbessert die neue Kodifikation die Rechtssicherheit.3 Die US-amerikanischen Lösungsansätze kennen keine abstrakte Gewichtung der einzelnen Anknüpfungspunkte, wie dies in Art.  5 Rom  II-VO vorgesehen ist.4 Folglich müssen die Rechtsanwender die Anknüpfungspunkte auch nicht in einer zwingenden Reihenfolge prüfen. Sie sind bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts flexibel darin, welche Anknüpfungspunkte sie maßgeblich berücksichtigen und welches Gewicht sie diesen beimessen. Diese Vorgehensweise dient der Einzelfallgerechtigkeit.5 Der Nachteil ist, dass gerichtliche Entscheidungen schwerer vorhersehbar sind, weil nicht eindeutig geregelt ist, welches materielle Recht das Gericht anwenden wird.6 Dies führt dazu, dass den Beteiligten hohe Kosten für die Rechtsverfolgung entstehen können und die gerichtlichen Ressourcen erheblich beansprucht werden. II.  Bedeutung der einzelnen Anknüpfungspunkte In allen untersuchten Rechtsordnungen wird im Kollisionsrecht der Produkthaftung über die Relevanz der einzelnen Anknüpfungspunkte diskutiert. Der europäische Gesetzgeber hat die Gewichtung der einzelnen Anknüpfungspunkte innerhalb der Anknüpfungsleiter des Art.  5 Rom  II-VO verbindlich festgelegt. Dabei ist eine systematische Abstufung entstanden, die lediglich durch Anwendung der Ausweich2  Zu den grundsätzlichen Unterschieden im Kollisionsrecht in Bezug auf die Rechtslage vor der Harmonisierung in Europa: Kropholler/v. Hein in Nafziger/Symeonides (2002), 261‒297; Reimann in Reimann/Borchers/Zekoll (2001), 109. 3  Für eine Reihe von Fallgruppen gibt es keine klare Regelung: echte und unechte bystanders, fehlendes Inverkehrbringen. Solange hier keine einheitlichen Entscheidungen vorliegen oder der europäische Gesetzgeber die Kollisionsnorm überarbeitet, bleibt für solche Kollisionsfälle eine erhebliche Rechtsunsicherheit bestehen. 4 NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  19. 5 Diese Tendenz im Kollisionsrecht beobachtet Symeonides generell in der US-amerikanischen Rechtsprechung. Symeonides, 83 Tul.L.Rev. 1041, 1059‒1065 (2009). 6  Zu diesem Ergebnis kommt auch Ena, 34 Fordham Urb.L.J. 1417 (2007).

A.  Wesentliche Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung

171

klausel durchbrochen werden kann. Die Gewichtung der Anknüpfungspunkte nimmt somit von Stufe zu Stufe der Anknüpfungsleiter ab. Die US-amerikanischen Lösungsansätze verzichten auf eine solche abstrakte Gewichtung. Um die Bedeutung einzelner Anknüpfungspunkte besser analysieren zu können, sollen im Folgenden die Ergebnisse der untersuchten US-amerikanischen Kollisionsfälle einbezogen werden, um festzustellen, ob sich innerhalb der US-amerikanischen Rechtsprechung bestimmte Tendenzen bei der Gewichtung der einzelnen Anknüpfungspunkte erkennen lassen. So kann die in Art.  5 Rom  II-VO enthaltene Gewichtung besser vergleichend beurteilt werden. Dabei werden die Anknüpfungspunkte nach ihrer Anordnung in Art.  5 Rom  II-VO erörtert. 1.  Gewöhnlicher Aufenthalt/domicile In den untersuchten Rechtsordnungen spielt die Anknüpfung an das jeweilige Personalstatut auch heute noch eine wichtige Rolle. Für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle kommt eine Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt (Art.  5 Abs.  1 i. V. m. Art.  4 Abs.  2 Rom  II-VO) in Betracht oder, wenn ein solcher nicht besteht, kann an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten (Art.  5 Abs.  1 lit.  a) angeknüpft werden. a)  Gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt/common domicile Die Anknüpfung an den Staat des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts ist vorrangig zu den Anknüpfungen des Art.  5 Rom  II-VO.7 Der Gedanke des common domicile hat auch im US-amerikanischen Kollisionsrecht eine Bedeutung.8 Diese Auflockerung des Anknüpfungssystems zugunsten einer Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt erscheint im Kontext des Rechts der Produkthaftung jedoch nicht sachgerecht. Dem vom Zufall abhängigen Umstand, dass Schädiger und Geschädigter dasselbe Personalstatut haben, wird hier ein zu starkes Gewicht beigemessen, wenn der Sachverhalt mit Auslandsbezug keinen weiteren Anknüpfungspunkt in diesem Staat aufweist. Die Anknüpfung lässt sich nur aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigen, da es immerhin zu einem Gleichlauf von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht kommt.9 Es bleibt abzuwarten, wie viele produkthaftungsrechtliche Kollisionsfälle auf diese Weise wirklich angeknüpft werden. Aus einer US-amerikanischen Fallstudie geht hervor, dass es nur wenige grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle gibt, in de-

7 

1. Kapitel B.III.3., 31. Beispielsweise lässt es sich in der 1. Neumeier-Regel finden. 9  Denn es ist anzunehmen, dass sich bei gemeinsamem Personalstatut des Schädigers und des Geschädigten in dem Staat des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts neben dem allgemeinen Gerichtsstand nach Art.  2 Brüssel I-VO auch der Deliktsgerichtsstand nach Art.  5 Nr.  3 Brüssel I-VO befindet. Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  100. Vgl. 1.  Kap. B.III.3., 32. 8 

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3. Kapitel:  Vergleich

nen der Haftende und der Geschädigte dasselbe Personalstatut haben.10 Die vorrangige Anknüpfung an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt erscheint zudem überflüssig, weil die Parteien heute durch eine nachträgliche Rechtswahl das Recht des gemeinsamen Personalstatuts zur Anwendung bringen können. Für die Kodifizierung hätte es ausgereicht, diesen seltenen Sonderfall im Rahmen einer Ausweichklausel zu regeln. b)  Domicile/gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten In den untersuchten US-amerikanischen Rechtsordnungen spielt das domicile des Klägers stets eine wichtige Rolle.11 Das domicile hat dort jedoch als Anknüpfungspunkt kein besonders ausschlaggebendes Gewicht für die Ermittlung des anwendbaren Rechts. Die untersuchten Fälle bestätigen einen Trend, der sich in der US-amerikanischen Rechtsprechung abzeichnet. Liegt mindestens ein weiterer Anknüpfungspunkt in dem Staat, in dem der Kläger sein domicile hat, so wird an diese Kumulation angeknüpft und das dort gültige Recht berufen. Die spezielle Anknüpfungsleiter des Art.  5 Abs.  1 Rom  II-VO knüpft primär an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten an, wenn das Produkt in diesem Staat in den Verkehr gebracht wurde.12 Es kommt nicht darauf an, ob in diesem Staat noch weitere Anknüpfungspunkte belegen sind oder nicht. Auf den ersten Blick scheint es, dass der europäische Gesetzgeber mit der prioritären Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten diesem etwas Gutes tun wollte. Doch diese vermeintliche „Privilegierung“ des Geschädigten ist aus verschiedenen Gründen fragwürdig, denn die Sonderkollisionsnorm soll auch für gewerbliche Abnehmer gelten.13 Ferner läuft der vermeintliche Geschädigtenschutz ohne Alternativanknüpfung, verbunden mit einem Wahlrecht zugunsten des Geschädigten, ins Leere.14 Durch den Gleichlauf des Deliktsstatuts mit der internationalen Zuständigkeit kann der Geschädigte zwar seine Rechte in einem ihm vertrauten Rechtssys10  Nur 2 von den 80 untersuchten Fällen fielen in die common residence exception. Symeonides, 78 Tul.L.Rev. 1247, 1324 (2004). 11  Diese Tendenz wird auch durch die Untersuchungen von Symeonides bestätigt. Symeonides, American Private Intern. Law, 190. 12  Zur Rolle des Inverkehrbringens des Produktes sogleich unter 3. Kapitel A.II.5.b, 180. 13 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO 16; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  41; v. Hein, VersR 2007, 440, 447. 14  Die schematische Anknüpfung an das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Geschädigten kann sich für diesen bezüglich des materiellen Haftungsrechts als nachteilig erweisen. Wird der Geschädigte am Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts von dem Produkt verletzt, welches hier auch in den Verkehr gebracht worden ist, so kann er am Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art.  5 Nr.  3 EuGVO klagen. Nach Art.  5 Abs.  1 lit.  a. Rom  II-VO richten sich die produkthaftungsrechtlichen Ansprüche nach der lex fori. Jedoch muss dieses Recht nicht unbedingt haftungsrechtlich günstig für den Geschädigten sein. Würde die Anknüpfung an das Recht des Markt- oder Erfolgsortes zur Anwendung eines geschädigtenfreundlichen Rechts führen, könnte nur eine Alternativanknüpfung, verbunden mit einem „Wahlrecht“ zugunsten des Geschädigten, diesem helfen.

A.  Wesentliche Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung

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tem leichter geltend machen. Im Vergleich zur früheren Rechtslage im deutschen Kollisionsrecht steht der Geschädigte heute jedoch deutlich schlechter da. Denn er hat das Wahlrecht, das ihm nach dem deutschen autonomen Kollisionsrecht zustand, verloren.15 Aufgabe des Produkthaftungsrechts ist es, neben der Schadensprävention auch den Schadensausgleich zu gewährleisten, sodass das Produkthaftungsrecht letztlich im Wesentlichen dem Geschädigtenschutz dienen soll. Jedoch lässt sich hieraus nicht ableiten, dass der Geschädigte gegenüber dem Haftenden grundsätzlich nach dem für ihn materiell günstigsten Recht zu entschädigen ist. Daher ist der Geschädigte auch auf der Ebene des Kollisionsrechts nicht einseitig zu privilegieren. Insofern überzeugt die primäre Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten nicht. Auch in ökonomischer Hinsicht erscheint die Anknüpfung zweifelhaft.16 Hat der Geschädigte das Produkt im Ausland erworben und wird er erst im Staat seines gewöhnlichen Aufenthalts durch das fehlerhafte Produkt verletzt, wo auch gleichartige Produkte in den Verkehr gebracht wurden, so spiegelt der im ausländischen Erwerberstaat gezahlte Preis nicht notwendigerweise die Haftungskosten wider, denen der Hersteller im Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Geschädigten ausgesetzt ist. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb der Geschädigte in solchen Fallkonstellationen primär nach den Maßstäben des Haftungsrechts seines gewöhnlichen Aufenthalts entschädigt werden soll. Es sind im Gegenteil sogar Fallkonstellationen denkbar, in denen es dem Produkterwerber gerade darauf ankommt, das Produkt im Ausland zu kaufen, weil es dort zu einem niedrigeren Preis angeboten wird als in dem Staat seines gewöhnlichen Aufenthalts. Die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten auch für diese Fallkonstellationen wird jedoch im Interesse eines angestrebten Gleichlaufs von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht geduldet.17 Alles in allem überzeugt die primäre Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten nicht. Eine Anknüpfung, die auf das kumulative Hinzutreten weiterer Anknüpfungspunkte abstellt, wäre sachgerechter. Der Vergleich zur US-amerikanischen Rechtslage zeigt zwar, dass es sich bei dem gewöhnlichen Aufenthalt/domicile auch im US-amerikanischen Kollisionsrecht um einen Anknüpfungspunkt mit einem erheblichen Gewicht handelt. In allen untersuchten Rechtsordnungen wird diesem Anknüpfungspunkt eine besondere Relevanz zugestanden. Aber die Priorität, die Art.  5 Rom  II-VO diesem Anknüpfungsmerkmal einräumt, ist schon außergewöhnlich. Dabei ist es im produkthaftungsrechtlichen Kontext nicht von vornherein einsichtig, weshalb diesem Anknüpfungsmoment in den hier untersuchten Rechtsordnungen überhaupt ein solches Gewicht beigemessen wird. 15  Junker, RIW 2010, 257, 266. Die Rechtsordnungen in Italien, Estland und Rumänien enthielten ebenfalls Ubiquitätslösungen, die dem Geschädigten im autonomen Kollisionsrecht ein Wahlrecht zugestanden. Vgl. Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 65. 16  So auch v. Hein, VersR 2007, 440, 447. 17  Kritisch dazu v. Hein, VersR 2007, 440, 447.

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3. Kapitel:  Vergleich

Anknüpfungsmomente, wie beispielsweise der Ort der Produktherstellung, der Inverkehrgabe und der Vermarktung des Produktes oder des Produkterwerbs, stehen in einem engeren sachlichen Zusammenhang zur Regelungsmaterie der Produkthaftung. Die vorgenannten Anknüpfungsmomente der Herstellung, Inverkehrgabe oder Vermarktung fallen in die Sphäre des Haftenden. Der Hersteller ist zu dieser Zeit im Besitz des Produktes und kann die Risiken, die von dem Produkt ausgehen, kontrollieren. Erst ab dem Zeitpunkt des Produkterwerbs wechselt das Produkt von der Sphäre des Herstellers in die des Käufers. Erst jetzt befindet sich das Produkt in seinem Besitz, wo sich die vom Produkt ausgehenden Gefahren im Falle des Schadenseintritts realisieren. Doch ist es wirklich sachgerecht, die Anknüpfung primär auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten zu stützen? Die US-amerikanische Fallstudie von Symeonides zeigt, dass in vielen grenz­ überschreitenden Produkthaftungsfällen der Geschädigte das fehlerhafte Produkt in der Regel in dem Staat seines domicile erworben hat und/oder er in diesem Staat durch das Produkt geschädigt wird.18 Es ist nicht erkennbar, weshalb die harmonisierte Kollisionsnorm diesem Umstand keine Rechnung trägt und nicht darauf abstellt, ob in dem Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Geschädigten zusätzlich zur Inverkehrgabe des Produktes weitere Anknüpfungspunkte kumulativ vorliegen.19 Eine solche kumulative Anknüpfung wäre in vielerlei Hinsicht vorzugswürdig, weil sie gewährleistet, dass im Ergebnis im Sinne des savignyschen Anknüpfungsprinzips der engsten Beziehung das Recht zur Anwendung gelangt, welches eine wirklich enge Verbindung zu dem Sachverhalt hat. Auch die Vorhersehbarkeit würde nicht darunter leiden. 2. Marktort Es ist schon bemerkenswert, dass das Marktortprinzip innerhalb der Anknüpfung des Art.  5 Abs.  1 S.  1 Rom  II-VO erst als sekundäre Anknüpfung zum Tragen kommt. Immerhin bildete die Anknüpfung an den Marktort vor der Harmonisierung quasi einen „gemeinsamen Nenner“ im autonomen Kollisionsrecht einiger Mitgliedstaaten, soweit die Rechtsordnungen über eine spezielle produkthaftungsrechtliche Kollisionsnorm verfügten.20 Für und Wider der Marktortanknüpfung ist in der Literatur parallel zu dem langwierigen Gesetzgebungsverfahren im Detail erörtert worden.21 Das Marktortprinzip hatte und hat deshalb bis heute in Europa 18  Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution (2006), 323‒326. Nach Fallon fällt in einem Produkthaftungsfall häufig der gewöhnliche Aufenthalt mit dem Erfolgsort, dem Handlungsort oder dem Herstellersitz zusammen. Fallon in Basedow/Baum/Nishitani (2008), 261‒297, 266. 19  Die Kollisionsregel könnte so formuliert werden, dass die Anknüpfungspunkte aufgezählt werden. Eine Anknüpfung würde dann vorsehen, dass mindestens zwei oder sogar drei der Punkte kumulativ in demselben Staat belegen sein müssten. 20  Kadner Graziano, VersR 2004, 1205, 1208. 21 Die Anknüpfung an den Marktort ist rechtsökonomisch die sachgerechteste Lösung und gewährleistet ferner den schonendsten Ausgleich zwischen den Schädiger- und Geschädigteninte-

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viele Befürworter, die für eine primäre Anknüpfung an den Marktort in grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen plädieren.22 Eine solch starke Präferenz zugunsten einer Anknüpfung an den Marktort lässt sich in den untersuchten US-amerikanischen Lösungsansätzen nicht erkennen. Aus den im vorliegenden Zeitraum untersuchten New Yorker Kollisionsfällen lässt sich keine allgemeingültige Aussage darüber ableiten, welches Gewicht die New Yorker Richter dem Marktort als Anknüpfungspunkt in grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen beimessen. In den wenigsten Fällen beschäftigen sich die Richter überhaupt mit dem Erwerbsort.23 Meistens wird lediglich am Rande erwähnt, wo der Geschädigte das schadenstiftende Produkt erworben hat.24 Das Kollisionsrecht Louisianas benennt den Erwerbsort in Art.  3545 (2) La.C.C. ausdrücklich als Anknüpfungspunkt. Dabei beruft die Kollisionsnorm das Recht Louisianas nur zur Anwendung, wenn mindestens noch ein weiterer der vorgenannten Anknüpfungspunkte hinzutritt. Die von Symeonides vorgelegten Fallanalysen zeigen, dass die Anknüpfung an den Marktort in der US-amerikanischen Rechtsprechung in Kollisionsfällen, in denen die Schäden beim Käufer von typischen Konsumprodukten verursacht wurden, lediglich eine untergeordnete Rolle spielt.25 3. Erfolgsort Die Länderberichte lassen erkennen, dass die Tatortregel ihre Dominanz in allen untersuchten Rechtsordnungen im Laufe der Rechtsentwicklung des Kollisionsrechts der Produkthaftung immer stärker eingebüßt hat und heute nur noch in modifizierter Form zur Anwendung gelangt. Dennoch hätte eine Anknüpfung an den Erfolgsort nicht zu übersehende Vorteile. Der Anknüpfungspunkt des Erfolgsortes kann als „neutral“ bezeichnet werden, da hier das deliktische Schuldverhältnis seinen Ursprung hat und der Ort nicht von vornherein in die Sphäre einer der beteiligten Parteien fällt. Der Anknüpfung an den Erfolgsort wird in den untersuchten Rechtsordnungen ein sehr unterschiedliches Gewicht beigemessen. ressen. Sie stellt für beide Seiten eine gerechte Lösung zur Verfügung und lässt sich gut mit den Erwartungen der Parteien vereinbaren. Ferner schafft die Anknüpfung an den Marktort für die Beteiligten frühzeitig Rechtssicherheit. Näher dazu: Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  IIVO, Rn.  13; Kadner Graziano, VersR 2004, 1205, 1208; G. Wagner, IPRax 2006, 372, 382. 22  Pro Marktortprinzip: Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  13; Kadner Graziano, Gemeineurop. IPR, 282‒293; ders., 54 Int.Comp.L.Q. 475, 481 (2005), ders., VersR 2004 1205, 1208; Kropholler, IPR (2006), 539; v. Hein, ZVglRWiss. 102 (2003), 554; Sonnentag, ZVglRWiss. 105 (2006), 256, 282; Wandt, Int. ProdH, Rn.  1059 f., 1104. 23  Lediglich in Doe v. Hyland Therapeutics Div., 807 F.Supp.  1117 (S.D.N.Y. 1992) beschäftigen sich die Richter in einer conflict of law-Analyse im Rahmen einer forum non conveniens-Prüfung etwas ausführlicher mit der Relevanz des Erwerbsortes. 24  Kramer v. Showa Denko K.K., 929 F.Supp.  733, 741 (1996). 25  „This contact is more important in cases involving consumer goods and other similar products, acquired by the victim. It is less important in cases involving other products, such as transportation means or machinery acquired by a third party.“ Symeonides, American Private Intern. Law, 191.

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3. Kapitel:  Vergleich

Die New Yorker Richter betonen auch heute noch die besondere Relevanz der beiden Anknüpfungspunkte domicile und locus of the tort.26 Dabei wird deutlich, dass die Richter in ihren Urteilsbegründungen zum anwendbaren Recht in aller Regel nicht nur auf einen Anknüpfungspunkt abstellen. Nur wenn ein weiterer Anknüpfungspunkt im Staat des Erfolgsortes belegen ist, kann es zur Anwendung des dort gültigen Rechts kommen. In Europa spielt die Anknüpfung an den Erfolgsort auf Grund ihrer Stellung auf der dritten Sprosse der Anknüpfungsleiter des Art.  5 Abs.  1 Rom  II-VO heute eine untergeordnete Rolle.27 Einige Autoren bezeichnen diese tertiäre Anknüpfung als eine, die nur (zuletzt) hilfsweise zum Tragen kommt.28 4.  Place of business/Sitz des Herstellers In den untersuchten US-amerikanischen Kollisionsfällen spielte der place of business des Herstellers nur eine untergeordnete Rolle. Dieses Ergebnis deckt sich mit einem Trend in der US-amerikanischen Rechtsprechung, nach dem die isolierte Anknüpfung an den principal place of business des Herstellers nicht üblich ist.29 Folglich spielt dieser Anknüpfungspunkt nur eine marginale Rolle. Nur wenn weitere Anknüpfungspunkte in dem Staat belegen sind, in dem der Hersteller seinen principal place of business hat, wird das dort gültige Recht zur Anwendung berufen. Schon die Positionierung der Anknüpfung an den Sitz des Herstellers nach Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO auf der letzten Sprosse der Anknüpfungsleiter des Art.  5 Abs.  1 der Rom  II-VO zeigt, dass dieses Anknüpfungsmoment nur eine Auffangfunktion hat. Die Anknüpfung gelangt in erster Linie zur Anwendung, wenn der Tatbestand einer der drei Anknüpfungsvarianten des Art.  5 Abs.  1 S.  1 zwar erfüllt, jedoch daran gescheitert ist, dass der Ersatzpflichtige das Inverkehrbringen des Produktes oder gleichartiger Produkte in den jeweils nach Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a‒c berufenen Staaten nicht vorhersehen konnte. Inwiefern diese Anknüpfung auch in weiteren in Art.  5 Rom  II-VO nicht ausdrücklich geregelten Fällen zur Anwendung gelangt, bleibt abzuwarten. Die Diskussion über die Schließung der Regelungslücken des Art.  5 Rom  II-VO und mithin über die Reichweite des Anwendungsbereichs des Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO lässt jedoch vermuten, dass dieses Anknüpfungsmoment in Europa ein stärkeres Gewicht bekommen wird, als es im Kollisionsrecht der untersuchten US-amerikanischen Rechtsordnungen der Fall ist.

26  Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc., 2007 WL 2892031 (W.D.N.Y.) 2. 27  Zu diesem Urteil kommt auch Lehmann. NK-BGB/Lehmann, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  69. 28 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  39; Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I IVO, Rn.  73; Spickhoff in FS Kropholler (2008), 671, 684. 29  Symeonides, The American Choice-of-Law Revolution, 327.

A.  Wesentliche Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung

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5.  Handlungsort Die Anknüpfung an den Handlungsort wirft mehrere Fragen auf. Insbesondere die Bestimmung des Handlungsortes ist umstritten. a) Lokalisation Anders als Art.  40 EGBGB, der eine alternative Anknüpfung entweder an den Erfolgsort oder an den Handlungsort vorsah, ist in Art.  5 der Rom  II-VO, jedenfalls nach seinem Wortlaut, eine Anknüpfung an den Handlungsort nicht vorgesehen.30 Der Handlungsort hat gleichwohl als verstärkendes Anknüpfungsmoment zu den Anknüpfungspunkten von Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a‒c Rom  II-VO eine Berücksichtigung innerhalb der Anknüpfungssystematik gefunden. Um diese scheinbar widersprüchliche These besser nachvollziehen zu können, bedarf es einer näheren Aus­ ein­andersetzung mit der Bedeutung des Handlungsortes als „Anknüpfungsmoment“. Zunächst ist der Handlungsort im Kontext des harmonisierten Kollisionsrechts zu lokalisieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Lokalisation des Handlungsortes auf Grund des in Erwägungsgrund 7 der Rom  II-VO benannten Ziels des Auslegungszusammenhangs zwischen der EuGVO und der Rom  II-VO sowohl im Prozessrecht als auch im Kollisionsrecht relevant ist.31 Die Auslegung des Begriffs im IZVR und im IPR sollte möglichst im Einklang stehen, wobei ein vollständiger Gleichlauf bei der Auslegung des Begriffs nicht erforderlich ist.32 Die Lokalisation des Handlungsortes bei grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen war schon vor der Harmonisierung heftig diskutiert worden.33 Der Handlungsort kann dort lokalisiert werden, wo das fehlerhafte Produkt hergestellt wurde. Auch absatzfördernde Werbetätigkeiten im Rahmen einer Vermarktung können relevant werden und führen nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht dazu, am Ort der Vermarktung den Handlungsort zu lokalisieren.34 Vertreter einer anderen Ansicht stellen hingegen auf den Sitz des Herstellers ab, weil dort die Verhaltenssteuerung im Hinblick auf die Herstellung und den Vertrieb der Produkte stattfindet.35 Die letztere Sichtweise war vor der Harmonisierung im deutschen autonomen Kollisionsrecht vorherrschend.36 Eine andere in der Literatur vertretene 30 

Kozyris begrüßt dieses Ergebnis. Kozyris, 56 Am.J.Comp.L., 470, 487 (2008). Im Folgenden wird noch auf die derzeit gültige Fassung des Art.  5 Nr.  3 EuGVO abgestellt, die jedoch ab 10.1.2015 durch die neue Fassung des Art.  7 Nr.  2 EuGVO ersetzt wird. 32  EuGH 16.1.2014 – Rs. C-45/13 Andreas Kainz/Pantherwerke AG Rn.  20, abgedruckt RIW 2014, 139; Kropholler/v. Hein, Europäisches ZivilprozessR, Art.  5 Nr.  3 EuGVO, Rn.  72; v. Hein, IPRax 2010, 330, 335. 33  BGH 17.3.1981, IPRax 1982, 13 f.; OLG Düsseldorf 18.12. 1998, RIW 2000, 874 dazu v. Hein, RIW 2000, 820‒ 833, IPRax 2001, 584; NJW 1980, 533, 534; OLG Köln, 11.12.1991, RIW 1993, 326; Thorn, IPRax 2001, 561‒567, 564. 34  Illmer, RabelsZ 73 (2009), 269, 290 f. 35  Näher dazu v. Hoffmann/Thorn, IPR, 49. 36  Vgl. dazu Kadner Graziano, Europ. Int. DeliktsR, 66 f. 31 

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3. Kapitel:  Vergleich

Ansicht lokalisiert den Handlungsort i. S. d. Art.  5 Nr.  3 EuGVO am Ort des Inverkehrbringens des schädigenden Produktes.37 Im Kontext des Internationalen Verfahrensrechts stellte der EuGH zuletzt auf den Ort der Produktherstellung ab.38 Insofern ist zu ermitteln, ob sich diese Entscheidung des EuGH auf die Auslegung im Kontext des Kollisionsrechts auswirkt. Die Verordnungen sind grundsätzlich autonom auszulegen.39 Der Wortlaut in den verschiedenen Sprachfassungen der Rom  II-VO kann mangels einheitlicher Begrifflichkeit („sofern das Produkt in diesem Staat in den Verkehr gebracht wurde“, „if the product was marketed in that country“, „indien het product in dat land op de markt is gebracht“, „si le produit a été commercialisé dans ce pays“, „se il prodotto è stato commercializzato in tale paese“) für die Auslegung keinen weiterführenden Hinweis liefern. Auf den ersten Blick ist es im Kontext der Anknüpfung des Kollisionsrechts für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle naheliegend, den Handlungsort als den Ort des ursprünglichen Geschehens dort zu lokalisieren, wo das schädigende Produkt hergestellt wurde. Doch im Kontext der Produkthaftung setzt sich die deliktische Handlung des Schädigers aus mehreren Teilakten zusammen, einerseits aus der Produktherstellung und andererseits aus dem Inverkehrbringen des fehlerhaften Produktes. Fraglich ist, wo der Schwerpunkt des Handelns liegt, der sich später in der Rechtsgutsverletzung realisiert. Schon ganz am Anfang des Herstellungsprozesses kann ein Konstruktionsfehler passieren, der sich erst viel später bei der Benutzung des Produktes zeigt. Auch während des Fertigungsprozesses kann es zu Fehlern kommen. Im Zuge des technischen Fortschritts gelingt es den Herstellern zunehmend, mit Hilfe des Risikomanagements die Anzahl solcher „Ausreißer“ gering zu halten. Während dieser Phasen kann der Hersteller Fehler aufdecken und so verhindern, dass die Rechtsgutsverletzung eintritt. Würde man den Schwerpunkt des deliktischen Handelns auf diesen frühen Zeitpunkt vorverlagern, könnte man darauf abstellen, dass der Hersteller es unterließ, fehlerfreie Produkte auf den Markt zu bringen. Das vorwerfbare deliktische Handeln bestünde somit in einem Unterlassen. Dies ist nicht sachgerecht, denn erst in dem Moment, in dem das fehlerhafte Produkt die Sphäre des Herstellers verlässt und in den Verkehr gelangt, kann sich die vom Produkt ausgehende Gefahr realisieren. Daher stellt erst das Inverkehrbringen des fehlerhaften Produktes den letzten Akt der deliktischen Handlung dar. Somit wird am Ort des Inverkehrbringens die letzte Ursache gesetzt, die später zur Schädigung führt. Daher ist es sachgerecht, für die Lokalisierung des Handlungsortes auf den Ort der Inverkehrgabe abzustellen. Für diese Bewertung 37 Rauscher/Leible,

Art.  5 EuGVVO, Rn.  88; Schlosser, Art.  5 EuGVO, Rn.  19 a, 20 b; Uhl, 183. So zuletzt der EuGH im Kontext des IZVR zur Auslegung des Art.  5 Nr.  3 EuGVO. EuGH 16.1.2014 – Rs. C-45/13 Andreas Kainz/Pantherwerke AG Rn.  26‒33, RIW 2014, 139. Auch in dieser Entscheidung hielt der EuGH grundsätzlich am Ubiquitätsprinzip im Verfahrensrecht fest. So auch schon EuGH 16.7.2009 – Rs. C-189/08 Zuid-Chemie BV/Philipps Mineralfabriek NV/SA. Dazu Anm. v. Hein, IPRax 2010, 330, 334. 39 Dies hebt auch der EuGH in seiner aktuellen Entscheidung vom 16.1.2014 hervor, Rs. C-45/13 Andreas Kainz/Pantherwerke AG Rn.  19. 38 

A.  Wesentliche Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung

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des Inverkehrbringens spricht noch ein weiterer Aspekt. Wäre der Ort der Produktherstellung entscheidend, so hätten es die Hersteller durch die Verlegung ihrer Produktionsstätten in Länder mit einem niedrigeren Haftungsniveau in der Hand, strenge Haftungsregeln nach den Maßstäben der Vertriebsstaaten zu umgehen. Es bleibt festzuhalten, dass Art.  5 Abs.  1 Rom  II-VO zu Recht an das Inverkehrbringen des Produktes als Unterfall des Handlungsortes als kollisionsrechtlich maßgebliche Handlung anknüpft.40 Damit stellt Art.  5 Abs.  1 Rom  II-VO auf das Kumulieren von jeweils einem der Anknüpfungspunkte des Art.  5 Abs.  1 S.  1 mit dem Inverkehrbringen als Unterfall des Handlungsortes gem. Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO ab.41 Nach dem US-amerikanischen Rechtsverständnis ist der Handlungsort ein pertinent connecting factor im Kollisionsrecht der Produkthaftung.42 So schreibt Sy­ meonides zur Bedeutung des Handlungsortes: „It is the place of the critical act or omission that set in motion the chain of events that caused the injury“. Gleichzeitig hebt Symeonides in diesem Zusammenhang hervor, dass der Herstellungsprozess eines Produktes nicht zwingend an einem Ort stattfindet, sodass sich Folgeprobleme bei der Lokalisierung der deliktischen Handlung ergeben können.43 Es lassen sich in der US-amerikanischen Rechtsprechung nur wenige produkthaftungsrechtliche Kollisionsfälle finden, in denen sich die Richter vertieft mit der Lokalisation des Handlungsortes und dessen Bedeutung im Rahmen der Anknüpfung auseinandergesetzt haben. In zahlreichen Urteilsbegründungen erfährt der Leser nur nebenbei, wo das schadensursächliche Produkt entwickelt, getestet oder hergestellt wurde.44 In manchen Fällen beschränken sich die Richter sogar nur darauf mitzuteilen, wo das Produkt hergestellt wurde. So stellt die Entscheidung Carlenstolpe,45 in der die Richter dem Handlungsort eine maßgebliche Bedeutung bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts im Rahmen ihrer forum non conveniens-Abwägung zugestehen, eine seltene Ausnahme in der New Yorker Rechtsprechung dar.46 Im New Yorker Kollisionsrecht spielt der Handlungsort auch heute noch eine wichtige Rolle, denn 40 Näher dazu Kropholler/v. Hein, Europ. ZivilprozessR, Art.  5 Nr.  3, Rn.  83 c, d; v. Hein, IPRax 2010, 330, 337. Dazu v. Hein, RabelsZ 73 (2009), 461, 496, der damals das Inverkehrbringen des Produktes als Unterfall des Handlungsortes qualifizierte. 41  Dazu im nächsten Abschnitt 3. Kapitel A.II. 5.6, 180. 42  Symeonides, 56 Am.J.Comp.L., 172, 207 (2008), ders., The Choice of Law Revolution, 270, 327, 351. 43  Es gibt Fallkonstellationen, in denen das Produkt in einem Staat entworfen, in einem anderen getestet und in einem wieder anderen Staat hergestellt wird. 44  So beispielsweise in Kramer v. Showa K.K., 929 F.Supp.  733, 741 (1996). 45  Carlenstolpe v. Merck & Co. Inc., 638 F.Supp.  901 (1986). 46  In dieser Entscheidung halten die Richter fest, dass der schadensursächliche Impfstoff in den USA in den Bundesstaaten New Jersey und Pennsylvania entwickelt, getestet und hergestellt worden war, wobei sie gleichzeitig eingestehen, dass diese Differenzierung für die rechtliche Wertung im Rahmen der forum non conveniens-Abwägung keine zentrale Bedeutung hat. Schon bei der Entwicklung des Impfstoffs in den USA waren Fehler aufgetreten. Zudem hatte der Hersteller den Impfstoff nur unzureichend getestet. Daher waren die vom Hersteller zur Verfügung gestellten Informationen für das Zulassungsverfahren des Impfstoffes fehlerhaft. Diese Unterlagen waren sowohl in den USA als auch in Schweden den zuständigen Behörden für das Zulassungsverfahren

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3. Kapitel:  Vergleich

die 2. Neumeier-Regel misst diesem Anknüpfungspunkt ein erhebliches Gewicht bei. Sie beruft das Recht des domicile-Staates nur zur Anwendung, wenn hier weitere Anknüpfungspunkte wie der Handlungsort (Regel 2a)47 oder der Handlungsort und der Erfolgsort (Regel 2b)48 belegen sind. Die New Yorker Richter lokalisieren den Handlungsort in diesem Zusammenhang grundsätzlich am Ort der Produktherstellung.49 Auch in der speziellen Kollisionsnorm des Art.  3545 La.C.C. wird der Handlungsort als einer der Anknüpfungspunkte genannt, der, wenn ein weiteres Anknüpfungsmoment hinzukommt, zur Anwendung des materiellen Rechts von Louisiana führt. Auch in Louisiana wird der Handlungsort dort lokalisiert, wo das Produkt manufactured oder produced wurde. b) Bedeutung In den untersuchten US-amerikanischen Rechtsordnungen ist der Handlungsort ein eigenständiger Anknüpfungspunkt. Sowohl das New Yorker Kollisionsrecht als auch das Kollisionsrecht Louisianas stellen darauf ab, ob am Handlungsort mindestens ein weiteres Anknüpfungsmoment belegen ist. Im Kollisionsrecht beider Rechtsordnungen kommt es mithin darauf an, ob weitere Anknüpfungspunkte im Staat des Handlungsortes kumulativ vorliegen. Die Anknüpfungspunkte des Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a‒c Rom  II-VO stehen unter dem Vorbehalt der Inverkehrgabe des Produktes in dem jeweiligen Staat. Zur Bedeutung des Inverkehrbringens enthält die Rom  II-VO keine Hinweise. Aus dem ursprünglichen Kommissionsentwurf erfährt man lediglich, dass nach den Vorstellungen des europäischen Verordnungsgebers der Vorbehalt des Inverkehrbringens den Ausgleich der Interessen sicherstellen soll.50 In der Literatur wird das Inverkehrbringen als „verstärkendes Anknüpfungsmoment“ bezeichnet.51 Das Inverkehrbringen ist als Unterfall des Handlungsortes zu verstehen. Daher werden durch die Kumulation der jeweiligen Kriterien des Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a‒c Rom  II-VO und des Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO zwei Anknüpfungspunkte kombiniert. Dadurch erhält der Handlungsort ein eigenständiges Gewicht im Rahmen der Anknüpfung nach Art.  5 Rom  II-VO.52

zur Verfügung gestellt worden. Daraus schlussfolgerten die Richter, dass das deliktisch vorwerfbare Verhalten in erster Linie in den USA stattgefunden hatte. 47  Vgl. 2. Teil im 2. Kapitel S.  78, 88. 48  Vgl. 2. Teil im 2. Kapitel S.  78, 89. 49  Kramer v. Showa Denko K.K., 929 F.Supp.  733, 741 (1996); Champlain Enterprises, Inc. v. U.S., 945 F.Supp.  468 (1996); Carlenstolpe v. Merck & Co., Inc., 638 F.Supp.  901 (1986). In Champlain Enterprises stellten die Richter auf den place of wrong ab, den sie am Ort der Herstellung des fehlerhaften Flugzuges lokalisierten. Leider lässt die Urteilsbegründung eine Abgrenzung des place of wrong gegenüber dem place of the tortious conduct vermissen. 50  KOM (2003), 427, 16. 51 MüKoBGB/Junker, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  29 f. 52  In der Lit. wird daher vertreten, dass es sich bei der Anknüpfung nach Art.  5 Abs.  1 Rom  I I-

A.  Wesentliche Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung

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Der Handlungsort spielt folglich bei der Suche nach dem anwendbaren Recht im Kollisionsrecht aller untersuchten Rechtsordnungen eine Rolle. Er wirkt jedoch nur beim Zusammentreffen mit anderen Anknüpfungspunkten im Staat des Handlungsortes anknüpfungsverstärkend. Ihm wird daher in der Regel in keiner der untersuchten Rechtsordnungen ein besonderes Gewicht bei der Suche nach dem anwendbaren Recht zugeschrieben. III.  Kumulation von Anknüpfungspunkten versus hierarchische Abstufung Die vergleichende Betrachtung der einzelnen Anknüpfungspunkte hat eine Besonderheit erkennen lassen. Den untersuchten US-amerikanischen Lösungsansätzen ist gemeinsam, dass sie in der Regel dasjenige Recht berufen, in dem zwei oder mehr Anknüpfungspunkte belegen sind. Damit ist das Kumulieren von Anknüpfungspunkten ein wesentliches Kriterium bei der Ermittlung des Rechts der engsten Verbindung zum Sachverhalt. Eine derartige Kumulation von mehreren Anknüpfungspunkten sieht Art.  5 Rom  II-VO so nicht vor. Gleichwohl existiert die Kumulation in abgeschwächter Form. Denn die Anknüpfungen des Art.  5 Abs.  1 Rom  II-VO an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten (Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a), den Marktort (Art.  5 Abs.  1 S. 1 lit.  b) und an den Erfolgsort (Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  c) werden mit dem weiteren Anknüpfungsmoment, dem Inverkehrbringen des Produktes als Unterfall des Handlungsortes, kombiniert. Auch das Haager Übereinkommen über das auf die Produkthaftung anwendbare Recht vom 2.10.1973 (HPÜ) stellt bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts auf das kumulative Vorliegen von Anknüpfungspunkten ab.53 Die im HPÜ enthaltene Lösung, die für die Anknüpfung eine Kombination von insgesamt vier Anknüpfungspunkten in verschiedenen Varianten vorsieht, ist kompliziert.54 Daher konnten sich jene Stimmen im Vorfeld der Kodifikation des Art.  5 Rom  II-VO, die für eine Verweisung oder Anlehnung an die Regelung des HPÜ plädierten,55 nicht durchsetzen. Hervorzuheben ist, dass auch die Anknüpfungen nach Art.  4 und 5 unter dem Vorbehalt stehen, dass der Hersteller vorhersehen konnte, dass das Produkt in dem jeweiligen Staat in den Handel gelangen würde. Auch wenn die Kombination von Anknüpfungspunkten innerhalb einer Kollisionsnorm die Gefahr birgt, dass eine sehr komplexe Norm entsteht, so ist eine Kumulation gleichwohl sachgerecht. Grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle weisen VO letztlich um eine Anknüpfung an den Ort des Inverkehrbringens handelt. Rauscher/Unberath/ Cziupka, Art.  5 Rom  II-VO, Rn.  3. 53  Siehr in Schnyder/Heiss/Rudisch, Int. VerbraucherschutzR, 111, 112. 54  Kadner Graziano, VersR 2004, 1205, 1207. 55  Stellungnahme zum Vorentwurf der KOM des Deutschen Rates für IPR, 24‒26. Aufrufbar auf der Website der Europäischen Kommission unter: (zuletzt aufgerufen am 2.1.2017).

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3. Kapitel:  Vergleich

in den meisten Fällen Berührungen zu zwei oder drei Rechtsordnungen auf.56 In der Mehrzahl der kollisionsrechtlichen Produkthaftungsfälle (in zwei Dritteln der Fälle) sind dabei zwei oder drei Berührungspunkte in demselben Staat belegen.57 Eine Kollisionsregel, die auf eine Kumulation abstellt, gewährleistet, dass es eine enge Verbindung der Rechtsordnung zu dem Sachverhalt des grenzüberschreitenden Produkthaftungsfalles gibt. Denn in der Regel lässt sich bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts nicht ein „dominierendes“ Anknüpfungsmerkmal finden, welches als allein maßgeblich gewichtet werden kann. Auch kann sich die Relevanz der einzelnen Anknüpfungspunkte vor dem Hintergrund des jeweiligen Fallmusters ändern.58 Der europäische Verordnungsgeber war zwar von Beginn des Gesetzgebungsprozesses an bemüht, eine Kollisionsnorm zu schaffen, die der Vielfältigkeit der Sachverhalte in produkthaftungsrechtlichen Kollisionsfällen gerecht wird und gleichzeitig den Gerichten eine gewisse Flexibilität bei der Anwendung der Norm einräumt. Auch war der Verordnungsgeber darauf bedacht, dass die harmonisierte neue Kollisionsnorm nicht zu komplex wird. Denn mit der harmonisierten Kollisionsnorm sollten gerichtliche Entscheidungen vorhersehbar werden. Die kodifizierte Kollisionsnorm stellt sich jedoch als ein Kompromiss dar, der ohne Not auf die Möglichkeit der Kumulation verzichtet. Art.  5 Abs.  1 Rom  II-VO reiht die Anknüpfungspunkte lediglich nach dem Prinzip der Subsidiarität aneinander, wobei innerhalb der Sprossenleiter des Art.  5 Abs.  1 S.  1 Rom  II-VO immerhin jeweils zwei Anknüpfungspunkte miteinander kombiniert werden. Auf diese Art wird zwar gewährleistet, dass eine hinreichende Nähe des Sachverhalts zum anwendbaren Recht besteht. Allerdings tritt lediglich das Inverkehrbringen des Produktes als Unterfall deliktischen Handelns in Kombination mit den ansonsten isolierten Anknüpfungen des Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a‒c Rom  II-VO auf. Folglich führt bereits die Kombination des Handlungsortes (in Form des Inverkehrbringens) mit dem gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten oder dem Erwerbsort oder dem Erfolgsort zu einer Anknüpfung. Auf die Kumulation der Anknüpfungspunkte des Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a‒c untereinander kommt es hingegen nicht an. Diese kann nur über die Anwendung der Ausweichklausel zur Anknüpfung führen, wenn sie eine engere Verbindung i. S. d. Art.  5 Abs.  2 Rom  II-VO zum Sachverhalt begründet und die sonstige Anknüpfung verdrängt. Diese limitierten Möglichkeiten der Kombination einerseits und die starre hierarchische Anordnung der Anknüpfungspunkte des Art.  5 Abs.  1 S.  1 lit.  a‒c Rom  IIVO andererseits überzeugen nicht. Durch die fehlende Kombinationsmöglichkeit 56 

Symeonides, 87 Tul.L.Rev. 1247, 1256 f. (2004); ders., 56 Am.J.Comp.L. 173, 208 (2008). So berichtet Symeonides von folgenden Fallkonstellationen: Von insgesamt 100 produkthaftungsrechtlichen Kollisionsfällen wiesen 51 Fälle ein Fallmuster auf, in denen 3 Anknüpfungspunkte in demselben Staat belegen waren. Symeonides, 78 Tul.L.Rev. 1247, 1256 (2004); ders., American Private Intern. Law, 183. 58  So betont Symeonides zu Recht, dass beispielsweise dem Erwerbsort in bystander-Fällen weniger Gewicht beizumessen ist als in den Fällen, in denen der Produkterwerber selbst einen Schaden durch das fehlerhafte Produkt erleidet. Symeonides, 78 Tul.L.Rev. 1247, 1255 (2004). 57 

A.  Wesentliche Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung

183

verschiedener Anknüpfungspunkte, wie beispielsweise gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten, Erwerbsort und Erfolgsort oder gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten, Handlungsort (Produktherstellung/Inverkehrgabe) und Erfolgsort, beraubt sich Art.  5 Rom  II-VO ohne Not der Möglichkeit, unter Beibehaltung der Vorhersehbarkeit das dem Sachverhalt am nächsten stehende Recht zu ermitteln. Bei der Suche nach einer Anknüpfungslösung für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle hätte der europäische Verordnungsgeber dem savignyschen Anknüpfungsprinzip der engsten Beziehung näherkommen können, wenn er im Rahmen der Anknüpfungsoptionen stärker auf das Kumulieren von Anknüpfungspunkten abgestellt hätte.59 IV.  Wechselwirkungen zu übergeordneten Politiken Während des Gesetzgebungsverfahrens hatte sich die Berichterstatterin des Europäischen Parlaments Diana Wallis vertieft mit den US-amerikanischen Lösungsansätzen auseinandergesetzt.60 Der unter ihrer Federführung angefertigte Parlaments­ entwurf lässt eine klare Beeinflussung erkennen.61 Nicht zuletzt deshalb war der 59  Hierfür hätte der von Symeonides zuletzt unterbreitete Vorschlag für eine produkthaftungsrechtliche Kollisionsnorm Denkanstöße liefern können. Symeonides schlägt folgende Anknüpfung vor, 78 Tul.L.Rev. 1247, 1332 (2004): „1. Liability Liability for injury caused by a product is determined, at the choice of the injured party, by the law of a state that has any 2 of the following contacts: (1) the place of injury, (2) the domicile or habitual residence of the injured party (3) the place in which the product was made; or (4) the place in which the product was delivered to the first acquirer as final user. The injured party’s choice shall be disregarded upon proof that neither the product that caused the injury nor the defendant’s products of the same type were available in the chosen state through ordinary commercial channels. b. If the injured party fails to make a choice under 1 (a), the defendant may choose the law of a state that has any 3 of the contacts listed in 1 (a). c. Cases not disposed of under 1 (a) or 1 (b) are governed by the law chosen by the court under […] (the general rules or approaches for tort conflicts). 2. Damages If the defendant is liable under 1, the injured party’s right to compensatory damages and the amount of such damages shall be determined by the court under the law chosen under the general rules or approaches for tort conflicts.“ Der Anknüpfungsvorschlag ist gleichwohl nur bedingt als Vorbild für das europäische Kollisionsrecht geeignet, weil er eine Aufspaltung der Anknüpfung nach einzelnen Teilfragen beinhaltet. Während des europäischen Gesetzgebungsverfahrens wurde eine Anlehnung an US-amerikanische Lösungsansätze erörtert, im Ergebnis jedoch verworfen. Näher dazu v. Hein in FS Kropholler (2008), Die Ausweichklausel im europäischen Int. DeliktsR, 553, 560‒ 562. 60  Bericht des Rechtsausschusses vom 27.6.2005, Berichterstatterin Diana Wallis, PE349.977 v03-00, 44. Aufrufbar auf der Website des Europäischen Parlaments unter: (zuletzt aufgerufen 2.1.2017). 61  Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments v. 6.7.2005, IPRax 2006, 413. Als Gegenentwurf zu dem damaligen Vorschlag der Kommission plädierte Diana Wallis für die Streichung der speziellen Sonderkollisionsnorm für die Produkthaftung. Das anwendbare Recht sollte

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3. Kapitel:  Vergleich

transatlantische Dialog während dieser Zeit sehr intensiv. Symeonides kritisierte im Rahmen der Konzeption der allgemeinen Ausweichklausel, dass eine Berücksichtigung des materiellen Gehalts der beteiligten Rechtsordnungen fehle.62 Diese Kritik lenkt die Aufmerksamkeit auf einen weiteren wesentlichen Unterschied zwischen den untersuchten kollisionsrechtlichen Lösungsansätzen. Im Kollisionsrecht der Produkthaftung berücksichtigen sämtliche US-amerikanischen Lösungsansätze unter dem Deckmantel der interest analysis mittelbar den materiellen Gehalt der beteiligten Rechtsordnungen im Hinblick auf die Rechtsfolgen für die Parteien. Vor dem Hintergrund des in Europa fortwirkenden Vermächtnisses Savignys ist dieser Ansatz zunächst ungewöhnlich. Denn aus der Sicht eines kontinentaleuropäischen Juristen steht ein solches Vorgehen im Widerspruch zu dem Neutralitätsprinzip. 1.  Wechselwirkung zum materiellen Recht Vergleicht man die untersuchten kollisionsrechtlichen US-amerikanischen Lösungen mit Art.  5 Rom  II-VO, so fällt auf, dass die US-amerikanischen Rechtsanwender stets überprüfen, wie sich das jeweilige materielle Recht der beteiligten Rechtsordnungen auf die Rechtsposition der Parteien auswirkt. Das Ergebnis dieser Prüfung fließt dann in die Ermittlung des anwendbaren Rechts mit ein.63 Der europäische Verordnungsgeber hat sich im Interesse der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit von gerichtlichen Entscheidungen für eine Sonderkollisionsnorm entschieden, innerhalb derer der Gehalt des jeweiligen in Betracht kommenden materiellen Rechts bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts keine Rolle spielt. Obwohl das autonome Kollisionsrecht einiger Mitgliedstaaten eine gewisse Berücksichtigung des materiellen Gehalts der beteiligten Rechtsordnungen kannte (in dem es, wie beispielsweise Art.  40 EGBGB zugunsten des Geschädigten eine Alternativ­ anknüpfung verbunden mit einem Wahlrecht bereithielt), verzichteten die Verordnungsgeber auf eine solche Möglichkeit im Rahmen der harmonisierten produkthaftungsrechtlichen Kollisionsnorm. Der Geschädigte wird dadurch heute im Vergleich zur bisherigen Rechtslage in Deutschland erheblich geschwächt. Es stellt sich die Frage, ob eine produkthaftungsrechtliche Kollisionsnorm, die den materiellen Gehalt der beteiligten Rechtsordnungen berücksichtigt, besser geeignet ist, das mit dem Sachverhalt am engsten verbundene Recht zu bestimmen. Weiterhin ist zu klären, ob es gerechtfertigt ist, eine Partei zu privilegieren, indem mit Hilfe der allgemeinen Kollisionsnorm ermittelt werden, die eine ausgeweitete Ausweichklausel enthielt. Dieser Lösungsansatz erhielt jedoch kaum Zustimmung und wurde abgelehnt, weil er mit dem kontinentaleuropäischen Rechtsverständnis eines klassischen Kollisionsrechts nicht vereinbar war und wohl „zu einem schwerwiegenden methodologischen Bruch“ geführt hätte. So v. Hein in FS Kropholler (2008), 553, 561. 62  Symeonides, 56 Am.J.Comp.L. 178, 196 f. (2008). 63  „Thus, content-oriented law selection has become a major article of faith and an integral part of all modern American choice-of-law approaches“. Näher dazu Symeonides, 78 Tul.L.Rev. 1247, 1335‒1337 (2004); ders., 37 Willamette L.Rev. 1, 46‒60 (2001).

A.  Wesentliche Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung

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man ihr ein Wahlrecht zugesteht, etwa durch die Eröffnung einer Alternativanknüpfung mit Wahlrecht für den Geschädigten und/oder für den Hersteller. Bei der Ausgestaltung einer solchen Norm könnte die Anknüpfung beispielsweise davon abhängig gemacht werden, dass mehrere Anknüpfungspunkte in demselben Staat belegen sein müssten und das dort gültige Recht zudem den Geschädigten begünstigt. Das Erfordernis des Kumulierens mehrerer Anknüpfungspunkte könnte als Korrektiv wirken. Allerdings ist fraglich, ob eine solche Begünstigung des Geschädigten angemessen wäre. Zwar ist der Geschädigtenschutz ein Leitgedanke des europäischen Deliktsrechts.64 Jedoch folgt daraus nicht, dass der Geschädigte eines Produkthaftungsfalles rechtlich generell nach dem für ihn günstigsten Recht entschädigt werden muss. Zwar dient das Produkthaftungsrecht generell dem Schadensausgleich, der auf der Ebene des speziellen Deliktskollisionsrechts ebenfalls gewährleistet sein muss. Jedoch steht im Zentrum der Suche nach einer Sonderkollisionsnorm für die Produkthaftung das Ziel, ein Anknüpfungssystem bereitzustellen, das jenes Recht beruft, das die engste Verbindung mit dem grenzüberschreitenden Sachverhalt aufweist. Im produkthaftungsrechtlichen Kontext sind die Interessen der Geschädigten und der Hersteller möglichst schonend auszugleichen. Der internationalrechtliche Vorteil des Geschädigten geht zwingend zum Nachteil des Haftenden. Würde die Kollisionsnorm daher so konzipiert, müsste dieser Nachteil an anderer Stelle ausgeglichen oder zumindest aufgefangen werden oder die Privilegierung müsste durch eine übergeordnete rechtspolitische Zielsetzung gerechtfertigt sein. Eine solche Begünstigung des Geschädigten war jedoch von den europäischen Verordnungsgebern nicht gewollt.65 2.  Berücksichtigung des Rechtsanwendungsinteresses der berührten Rechtsordnungen Im Kollisionsrecht der untersuchten US-amerikanischen Rechtsordnungen werden darüber hinaus rechtspolitische Wertungen der berührten Rechtsordnungen, die hinter den gesetzlichen Regelungen oder dem Richterrecht stehen, ermittelt. Diesen Aspekten wird ein erhebliches Gewicht bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts beigemessen. Insbesondere die New Yorker Variante der governmental interest analysis berücksichtigt diese Konzeption schon seit den 1970er Jahren.66 Auch das kodifizierte Kollisionsrecht Louisianas folgt diesem Prinzip in der allgemeinen deliktsrechtlichen Kollisionsnorm des Art.  3542 La.C.C.,67 die auch für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle gilt.68 64 MüKoBGB/Junker, Art.  4 Rom. II VO, Rn.  3; Weller, IPRax 2011, 429, 435; Heiderhoff, GPR 2005, 92, 96. 65  KOM (2003), 427 end., 15 f. 66  Currie, Selected Essays on the Conflict of Laws 1963; Weller, IPRax 2011, 429, 435. 67  Art.  3542 verweist wiederum auf Art.  3515 La.C.C. und muss deshalb dazu gelesen werden. 68  Dazu im 2. Kapitel C.V. 4, 156.

186

3. Kapitel:  Vergleich

Innerhalb der harmonisierten Sonderkollisionsnorm des Art.  5 Rom  II-VO spielen rechtspolitische Wertungen bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts keine Rolle.69 Bei genauerer Betrachtung des durch die Rom  II-VO neu geschaffenen Kollisionsrechts fällt allerdings auf, dass das neue europäische Kollisionsrecht sich nicht mehr primär am Neutralitätsprinzip im Sinne des klassischen Internationalen Privatrechts orientiert70 und dass die Anknüpfungspunkte innerhalb der Kollisionsregeln heute mehr und mehr auch der Verwirklichung von rechtspolitischen Wertungen und jeweils gültigen Politiken dienen.71 Dieser Trend wird heute als zunehmende Materialisierung des Kollisionsrechts bezeichnet.72 Insofern hat der europäische Gesetzgeber letztlich die betroffenen Interessen und Politiken abstrakt und losgelöst vom Einzelfall gewichtet. Das Ergebnis dieses Abwägungsprozesses ist in die Kodifizierung eingeflossen und beeinflusst damit mittelbar die Entscheidung eines Kollisionsfalles.

B.  Gemeinsamkeiten im Kollisionsrecht der Produkthaftung Allen untersuchten Rechtsordnungen ist gemeinsam, dass sie auch im Bereich des produkthaftungsrechtlichen Kollisionsrechts bei der Rechtsanwendungsentscheidung auf die spezifisch internationalprivatrechtlichen Interessen und Maximen Rücksicht nehmen wollen. Diese sind: – Vorhersehbarkeit der Entscheidung und Förderung des internationalen Entscheidungseinklangs, – Aufrechterhaltung der zwischenstaatlichen und internationalen Ordnung, – Vereinfachung des richterlichen Entscheidungsprozesses. I.  Die Bedeutung von Rechtssicherheit und Entscheidungseinklang Das Kollisionsrecht soll den internationalen Entscheidungseinklang fördern und so zur Senkung der Transaktionskosten beitragen, damit grenzüberschreitende Streitigkeiten möglichst effizient beigelegt werden können.73 Während des europäischen Gesetzgebungsverfahrens rückte die Frage nach der angemessenen Gewichtung zwischen Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit daher einmal mehr in das Zentrum der wissenschaftlichen Diskussion. 69 

Kaminsky, 85 Tul.L.Rev. 55, 77 (2010). Weller, IPRax 2011, 429, 437. 71  Was letztlich auch das lange Ringen um die Auswahl und Anordnung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses erklärt. So auch Symeonides, 56 Am.J.Com.L. 172, 183 (2008). Wobei das Ziel, eine verbraucherschützende Kollisionsnorm zu schaffen, verfehlt wurde. 72  Weller, IPRax 2011, 429. 73  Näher dazu v. Hein in FS Kropholler (2008), 553, 570; Kropholler/v. Hein, From Approach to Rule-Orienta­tion in American Tort Conflicts? in Nafziger/Symeonides (2002), 317‒340. 70 

B.  Gemeinsamkeiten im Kollisionsrecht der Produkthaftung

187

Die Rechtssicherheit wird in Europa seit jeher höher bewertet als in den USA.74 Dies spiegelt sich in der Struktur der Rom  II-VO mit ihren allgemeinen und speziellen Kollisionsnormen in Kombination mit den eng formulierten Ausweichklauseln wider. Die stärkere Präferenz zugunsten klar formulierter Kollisionsregeln im Interesse der Rechtssicherheit lässt sich mit der kontinentaleuropäischen Rechtstradition und mit der jeweiligen Rolle des Kollisionsrechts in den jeweiligen Rechtsordnungen erklären. Das vereinheitlichte europäische Deliktskollisionsrecht soll, auch wenn es als loi uniforme auf Sachverhalte mit Berührungen zu Drittstaaten gleichermaßen Anwendung findet, zukünftig die rechtlichen Rahmenbedingungen für den innereuropäischen Handel erleichtern und damit die Bedingungen für den Binnenmarkt verbessern. Hersteller sollen sich nicht mehr auf unterschiedliche nationale Kollisionsnormen einstellen müssen, sondern in die Lage versetzt werden, mit Hilfe des Art.  5 Rom  II-VO im Vorfeld der Vermarktung das anwendbare Recht vorhersehen zu können. Ferner sollen sich die Hersteller darauf verlassen können, dass das nach Art.  5 Rom  II-VO anwendbare Recht auch einheitlich von den Gerichten in Europa bestimmt wird, gleichgültig in welchem Mitgliedstaat die Klage erhoben wird. Dies gilt nicht in Fallkonstellationen, in denen es an dem Inverkehrbringen des Produktes fehlt oder in denen bystanders geschädigt werden. Denn für diese Fallgruppen bietet die neue europäische Kodifikation keine klare Lösung an. Hier ist die Rechtsprechung berufen, für Klarheit zu sorgen. Natürlich spielen Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit auch in den US-amerikanischen kollisionsrechtlichen Lösungsansätzen75 der Bundesstaaten New York76 und Louisiana77 eine Rolle.78 Denn ist in einem Konfliktfall dank klarer Kollisionsregeln vorhersehbar, welches Recht das Gericht anwendet, erhöht dies die Wahr74  Erwägungsgrund 6 Rom  I I-VO. Rauscher/Unberath/Cziupka, Einl. Rom  I I-VO, Rn.  1; Kegel/ Schurig, IPR (2004), 199; Kropholler, IPR (2009) 94; Kaminsky, 85 Tul.L.Rev. 55, 79 (2010). 75  Auch §  6 des Restatement Second führt im 2. Absatz die Aspekte der Rechtssicherheit (Vorhersehbarkeit, Verkehrssicherheit und Entscheidungsharmonie) auf, die es abzuwägen gilt: „(2) When there is no such directive, the factors relevant to the choice of the applicable law include: […] (f) certainty, predictability, and uniformity of result“. 76  So heißt es in Neumeier v. Kuehner: „Babcock and its progeny enable us to formulate a set of basic principles that may be profitably utilized, for they have helped us uncover the underlying values and policies which are operative in this area of the law […]. Now these values and policies have been revealed, we may proceed to the next stage in the evaluation of the law – the formulation of a few rules of general applicability, promising a fair level of predictability.“ Und weiter innerhalb der 3. Neumeier-Regel: „Normally, the applicable rule of decision will be that of the state where the accident occurred but not if it can be shown that displacing that normally applicable rule will advance the relevant substantive law purposes without impairing the smooth working of the multi-state system or producing great uncertainty for litigants“, 286 N.E. 2d 454, 457‒458 (N.Y. 1972). 77  Art.  3542 i. V. m. Art.  3515 La.C.C.: „[…] the state is determined by evaluating the strength and pertinence of the relevant policies of all involved states in the light of […,] (2) the policies and needs of the interstate and international systems, including the policies of upholding the justified expectations of parties and of minimizing the adverse consequences that might follow from subjecting a party to the law of more than one state.“ 78  Kropholler, IPR (2009), §  11 IV, 94; Kaminsky, 85 Tul.L.Rev. 55, 79 (2010).

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3. Kapitel:  Vergleich

scheinlichkeit eines außergerichtlichen Vergleichs erheblich. Vergleiche sind eine häufige Form der Streitbeilegung, weil sie schnell klare Verhältnisse schaffen und die Kosten der Rechtsverfolgung sparen.79 Auch die europäischen Verordnungsgeber haben den Vorteil erkannt, dass eine klar formulierte produkthaftungsrechtliche Kollisionsnorm für die Beteiligten und die Versicherungswirtschaft geeignet ist, zu schnelleren außergerichtlichen Streitbeilegungen beizutragen.80 II.  Vereinfachung gerichtlicher Entscheidungsprozesse Doch auch in Europa hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass moderne Kollisionsnormen „eine gewisse Flexibilität ermöglichen müssen, sodass ein Gericht im Einzelfall von starren Regelungen abweichen und das Recht anwenden kann, das die engste Verbindung zum Sachverhalt aufweist“.81 Insbesondere im Bereich der Produkthaftung sind die Fallmuster so vielfältig, dass eine Sonderkollisionsnorm ohne Auflockerung durch eine Ausweichklausel schwer vorstellbar ist. III.  Keine Bevorzugung einer Partei Weder in den US-amerikanischen kollisionsrechtlichen Lösungsansätzen noch im Anknüpfungssystem des Art.  5 der Rom  II-VO lässt sich die eindeutige Bevorzugung einer Partei feststellen.82 Eine einseitige Besserstellung des Herstellers oder des Geschädigten ließe sich mit der in allen untersuchten Rechtsordnungen anerkannten Aufgabe des Kollisionsrechts, der Gewährleistung der internationalprivatrechtlichen Gerechtigkeit zu dienen,83 nicht vereinbaren. Denn der internationalprivatrechtliche Vorteil einer Partei bedingt zwangsläufig einen Nachteil der anderen Partei.84 Auch wenn der Schutz der schwächeren Partei ein Leitbild des materiellen

79  „In the United States the chaotic array of approaches that resulted from the American conflicts revolution has created uncertainty and driven up litigation costs“, Kaminsky, 85 Tul.L.Rev. 55, 102 (2010) mit Verweis auf Posner: „the new, flexible standards, such as interest analysis, have caused persuasive uncertainty, higher cost of litigation, more forum shopping […] and an uncritical drift in favor of plaintiffs“, Kaczemarek v. Allied Chem. Corp., 836 F.2d 1055, 1057 (7th Cir. 1987) und Justice Scalia: „in an era when the diversity among the States in choice-of-law principles has become kaleidoscopic“. 80  KOM (2003), 427 endg. 16. 81  KOM (2003), 427 endg. 13. 82  So auch zur Rom  I I-VO Kozyris, 56 Am.J.Comp.L., 470, 487 (2008). Für die verschiedenen US-amerikanischen Lösungsansätze im Kollisionsrecht kommt Symeonides nach einer vergleichenden Untersuchung von grenzüberschreitenden Produkthaftungsfällen zu folgender Feststellung: „Courts do not unduly favor plaintiffs as a class. In fact, slightly more than half of the cases (51 %) applied a law that favored the defendant.“ Symeonides, 78 Tul.L.Rev. 1247, 1348 (2004). 83  Kegel/Schurig, IPR (2004), §  2 I S.  133. 84  Freitag, Der Einfluss des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf das internationale Produkthaftungsrecht (2000), 381.

B.  Gemeinsamkeiten im Kollisionsrecht der Produkthaftung

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Unionsrechts ist,85 so war eine offen formulierte Bevorzugung des Geschädigten auch vom Verordnungsgeber der Rom  II-VO nicht gewollt.86 IV.  Leitprinzipien Ungeachtet dessen ist der Geschädigtenschutz ein Leitgedanke des europäischen Deliktsrechts.87 Im modernen europäischen Kollisionsrecht der Rom  II-VO lassen sich heute zunehmend Einflüsse der innerhalb der Europäischen Union verfolgten Politiken wiederfinden. Die gewählten Anknüpfungspunkte tragen dazu bei, Ziele und Inhalte des materiellen Rechts zu verwirklichen.88 Im Kontext des Kollisionsrechts der Produkthaftung ist der Verbraucherschutz ein Aspekt.89 Doch auch die untersuchten US-amerikanischen Rechtsordnungen berücksichtigen die berechtigten Erwartungen der Parteien, d. h. auch der Verbraucher, und messen ihnen ein erhebliches Gewicht bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts bei. Jedoch hat der Vergleich gezeigt, dass die Berücksichtigung des Verbraucherschutzes durch Priorisierung und Singularisierung (plus Inverkehrbringen) des vermeintlich verbraucherschützenden Anknüpfungsmoments des Wohnsitzes des Geschädigten ins Leere führt, weil dies eine Anwendung eines für den Geschädigten ungünstigen Rechts zur Folge haben kann.

85  Seit dem Vertrag von Maastricht gilt der Verbraucherschutz als sozialpolitisches Ziel der Europäischen Union, welches auch im Vertrag von Lissabon ausdrücklich aufgenommen wurde, vgl. Art.  4, 12, 169 AEUV. 86  KOM (2003), 427. Erwägungsgründe 16 und 20. 87 MüKoBGB/Junker, Art.  4 Rom. II VO, Rn.  3; Weller, IPRax 2011, 429, 435; Heiderhoff, GPR 2005, 92, 96. 88  Weller, IPRax 2011, 429, 435. 89  Wobei zu beachten ist, dass Art.  5 Rom  I I-VO auch im gewerblichen Bereich gilt.

Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassung zur Rechtslage in Europa und den USA 1. Die Ermittlung des anwendbaren Rechts für internationale Produkthaftungsfälle allein mit Hilfe der lex loci delicti-Regel wird heute sowohl im europäischen Deliktskollisionsrecht als auch in den untersuchten US-amerikanischen approaches als unangemessen erachtet. 2. Die Rechtsentwicklung im Bereich des Kollisionsrechts der internationalen Produkthaftung zeigt, dass Juristen aus den USA und aus Europa jeweils auf die andere Seite des Atlantiks schauen und die Entwicklung des Themas im jeweils anderen Kontinent verfolgen.1 Der transatlantische Dialog zum Kollisionsrecht in der Internationalen Produkthaftung ist nach wie vor in vollem Gange.2 Insofern überrascht es nicht, dass die neue europäische Kodifizierung offener ausgestaltet ist, als es in früheren Jahrzehnten der Fall war. Den Gerichten in Europa steht heute mehr Ermessensspielraum bei der Anwendung der europäischen Kollisionsnormen zu.

Abschließende Bewertung zu der Rom  II-VO 1. Die gefundene Regelung hat das Ziel der Rechtsvereinheitlichung nur unvollkommen erreicht. Der Geltungsvorrang des HPÜ führt weiterhin zu einer eingeschränkten Vorhersehbarkeit in Bezug auf das anzuwendende Recht, sodass die Gefahr des forum shopping nicht vollständig beseitigt worden ist.3 2. Art.  5 Rom  II-VO lässt erkennen, dass sich der europäische Gesetzgeber bei der Schaffung der Norm formell an das Neutralitätsprinzip hielt. Die Gestaltung der Anknüpfungsleiter und die Erwägungsgründe zeigen, dass er Verbraucherinteressen im Blick hatte. Der Vergleich hat gezeigt, dass dieses Ziel, wenn man es für le1  Kropholler/v. Hein in Nafziger/Symeonides (2002), 317, 320; Kaminsky, 85 Tul.L.Rev. 55 (2010); Kozyris, 56 Am.J.Comp.L. 471 (2008); Symeonides, 56 Am.J.Comp.L. 173 (2008). Ausführungen von Judge Weinstein in der Entscheidung Simon v. Philip Morris, 124 F.Supp.  2d 46, 68 (2000). 2  Kaminsky, 85 Tul.L.Rev. 55, 104 (2010); Kozyris, 56 Am.J.Comp.L. 471, 485‒ 495 (2008); Symeonides, 56 Am.J.Comp.L. 173, 206‒209 (2008). 3 Rauscher/Unberath/Cziupka, Art.  5 Rom  I I-VO, Rn.  5 f.

Abschließende Bewertung zu der Rom  II-VO

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gitim hält, nicht erreicht wird, weil Art.  5 Rom  II-VO den Gehalt des jeweils in Betracht kommenden Rechts und seiner Konsequenzen für den Geschädigten nicht in die Kollisionsprüfung einbezieht. Eine solche Einbeziehung könnte durch eine abstrakte Formulierung erfolgen, wie z. B. in der 2. Neumeier-Regel geschehen oder durch Einräumung eines Wahlrechts zugunsten des Geschädigten und der damit einhergehenden Möglichkeit einer Alternativanknüpfung. Anderenfalls kann es zur Anwendung eines Rechts kommen, das für den Geschädigten ungünstig ist.4 3. Lehnt man für grenzüberschreitende Produkthaftungsfälle eine alternative Anknüpfung im Sinne der Ubiquitätslösung ab, wie es der europäische Verordnungsgeber heute tut, sollte erwogen werden, verstärkt auf die Kumulation verschiedener Anknüpfungspunkte abzustellen und die strenge Hierarchisierung aufzugeben. Der Vergleich hat gezeigt, dass es in Kollisionsfällen aus dem Bereich der Produkthaftung unangemessen und künstlich ist, einzelne Anknüpfungsmerkmale zu isolieren und unter ihnen eine Priorisierung vorzunehmen.5 Der Vergleich hat weiterhin gezeigt, dass die Eröffnung der Möglichkeit einer vielfältigeren Kombination von Anknüpfungsmomenten kodifizierbar ist und nicht zulasten der Vorhersehbarkeit gehen muss. 4. Bleibt es bei einem hierarchischen Anknüpfungssystem, müsste zumindest nach der Beziehung des Geschädigten zu dem schadenstiftenden Produkt differenziert werden. Eine ausdrückliche Regelung für bystander-Fälle wäre daher wünschenswert. 5. Auch wenn lange um eine europäische Sonderkollisionsnorm für die Produkthaftung gerungen wurde, so ist die jetzige Lösung verbesserungsfähig.6 Denn Art.  5 Rom  II-VO soll eine Vielzahl von unterschiedlichen Falltypen erfassen: Produkthaftungsfälle eines Erstkonsumenten genauso wie B2B-Konstellationen, Zweitkonsumenten- und bystander-Fälle sowie Massenschäden. Trotz der Komplexität der Vorschrift bestehen erhebliche Unklarheiten bei der Anknüpfung einzelner Fallgruppen. Insbesondere die Lückenschließung in der Anknüpfung nach Art.  5 Abs.  1 S.  2 Rom  II-VO für Fälle des fehlenden Inverkehrbringens ist erforderlich. Ferner wäre eine klarstellende Formulierung betreffend die Anknüpfung von bystanderFäl­len wünschenswert.

4  Denn die fehlende Berücksichtigung des materiellen Gehalts der beteiligten Rechtsordnungen kann dazu führen, dass die Klage des Geschädigten nach dem ihm vertrauten Recht seines gewöhnlichen Aufenthalts entschieden wird, obwohl dieses Recht für ihn materiell ungünstig ist. 5  Siehr in Schneyder/Heiss/Rudisch (1995), 111, 125. 6  Symeonides kommt gar zu dem Schluss: „Article 5 of Rom  I I is far from the perfect formula“, Symeonides, 56 Am.J.Comp.L. 173, 209 (2008).

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Zusammenfassung und Ausblick

Ausblick Art.  5 Rom  II-VO in seiner jetzigen Fassung wird nicht der Endpunkt der Entwicklung im Kollisionsrecht der internationalen Produkthaftung sein. Wie sich die Vorschrift in der Rechtspraxis bewährt, werden die kommenden Jahre zeigen. Der kollisionsrechtliche Lösungsansatz des Art.  5 Rom  II-VO erfasst verschiedene Fallgruppen nur unzureichend. Ob der europäische Gesetzgeber die Vorschrift in Zukunft überarbeitet oder die Gerichte diese Herausforderung lösen werden, ist ungewiss. Es wird interessant sein zu beobachten, wie die US-amerikanischen Gerichte und gegebenenfalls einzelne Bundesstaaten das Thema weiterentwickeln werden und ob sie sich dabei von den europäischen Erfahrungen mit der Harmonisierung leiten lassen. Eine Abkehr von den flexiblen approaches und eine Öffnung hin zu einer Regelbildung im Bereich des gesamten conflict of laws in einer größeren Anzahl von US-Bundesstaaten ist indes unwahrscheinlich, auch wenn sich einzelne Autoren für einen solchen Weg aussprechen.7

7  Ena, 34 Fordham Urb.L.J. 1417, 1456 (2007). Einen Vorstoß in diese Richtung gab es in der Vergangenheit immer einmal wieder: Reimann, 75 Ind.L.J. 575 (2000), Symeonides, 75 Ind.L.J. 437 (2000).

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Entscheidungsregister I. Europa EuGH EuGH 16.1.2014 – Rs. C-45/13, Slg., Andreas Kainz/Pantherwerke AG = RIW 2014, 139‒141 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177–178 EuGH 17.11.2011 ‒ Rs. C-412/10, Slg. 2011, I-11603, Deo Antoine Homawoo/ GMF Assurances SA = NJW 2012, 441‒442 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 EuGH 16.7.2009 ‒ Rs. C-189/08, Slg. 2009, I-6917, Zuid-Chemie BV./Philippo’s Mi­ne­ra­len­fabriek NV/SA = IPRax 2010, 358‒360 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43, 178 EuGH 9.2.2006 ‒ Rs. C-127/04, Slg. 2006, I-01313, Declan O’Byrne/Sanofi Pasteur MSD Ltd. = EuZW 2006, 184‒186 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 EuGH 10.1.2006 ‒ Rs. C-402/03, Slg. 2006, I-00199, Skov/Bilka . . . . . . . . . . . . . . 19 EuGH 17.9.2002 ‒ Rs. C-334/00, Slg. 2002, I-7357, Tacconi/Heinrich Wagner Sinto Maschinenfabrik GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 EuGH 10.5.2001 ‒ Rs. C-203/99, Slg. 2001, I-3569, Henning Veedfald/Arthus Amts­kommu­ne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 EuGH 27.10.1998 ‒ Rs. C-51/97, Slg. 1998, I-6511, Réunion européenne/Spliethoff’s Bevrachtingskantoor BV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 EuGH 15.9.1994 ‒ Rs. C-452/93, Slg. 1994, I-4295, Fernández/Kommission . . . . . . . 36 EuGH 17.6.1992 ‒ Rs. C-26/91, Slg. 1992, I-3967, Handte/Traitements mécano-chimiques des surfaces SA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 EuGH 22.11.1978 ‒ Rs. C-33/78, Slg. 1978, I-2183, Somafer SA/Saar-Ferngas AG . . . . . 37 EuGH 6.10.1976 ‒ Rs. C-14776, Slg. 1976, I-1497, De Bloos/Bouyer . . . . . . . . . . . . 37

EuG EuG 25.10.2005 ‒ Rs. T-298/02, Slg. 2005, II-4599, Herrero Romeu/Kommission . . . . . 36

II. USA A AAR Int’l, Inc. v. Nimelias Enters. SA, 250 F. 3d 510, (7th Cir. 2001) . . . . . . . . . . 129 Abad v. Bayer Corp., 563 F. 3d 663 (7th Cir. 2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Abdullahi v. Pfizer, Inc., 2005 WL 1870811 (S.D.N.Y. 2005), 562 F. 3d 163 (2d Cir. 2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109, 119, 128–129, 133, 141 Adamu v. Pfizer, Inc., 2005 WL 3018264 (S.D.N.Y. 2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

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Entscheidungsregister

Agyenkwa v. American Motors Corp., 622 F.Supp.  242 (E.D. N.Y. 1985) . . . . . . 117, 134 In re Air Crash Over the Mid-Atlantic on June 1, 2009, 760 F.Supp.  2d 832 (N.D.Cal. 2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110, 127, 129, 134, 140 Air Crash Near Peixoto De Azeveda, Braz. on Sept. 29, 2006, In re 574 F.Supp.  2d 272 (E.D.N.Y. 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 In re Air Crash near Athens, Greece on August 14, 2005, 2006 WL 4069526 (N.D.Ill. 2006) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 Air Crash Over Taiwan Straits on May 25, 2002, In re, 331 F.Supp.  2d 1176 (C.D.Cal. 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108, 119, 128–129 Air Crash Desaster Near New Orleans, La. on July 9, 1982, In re, 821 F. 2d 1147 (5th Cir. 1987) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130, 152 Air Crash Desaster New Orleans, In re, La. 789 F. 2d 1092 (5th Cir. 1986) . . . . . . . . .152 Alabama Great Southern Railroad Co. v. Caroll, 97 Ala. 126, 11 So. 803 (Ala. 1892) . . . 54 Alpine View Co. Ltd. v. Atlas Copco AB, 205 F. 3d 208 (5th Cir. 2000) . . . . . . . 119, 130 Am. Dredging Co. v. Miller, 510 U.S.  443 (1994) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .118 Armata v. Abbott Laboratories, 298 A.D. 2d 90, 747 N.Y.S.  2d 863 (2002) . . . . . . . . . 92 Auten v. Auten, 308 N.Y. 155, 124 N.E. 2d 99 (N.Y. 1954) . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 B Babcock v. Jackson, 12 N.Y. 2d 473, 240 N.Y.S.  2d 743, 191 N.E. 2d 279 (N.Y. 1963) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54, 73–77, 80, 85 f., 92, 105, 187 Barkinic v. General Administration of Civil Aviation of the People’s Republic of China, 923 F 2d 957 (2d Cir. 1991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Batruk v. Mitsubishi Motors Corporation, 1998 WL 307383 (S.D.N.Y. 1998) . . . . . . . 92 Baumgart v. Fairchild Aircraft Corp., 981 F. 2d 824 (5th Cir. 1993) cer. denied, 508 U.S.  973, 113 S.Ct. 2963, 125 L.Ed 2d 663 (1993) . . . . . . . . . 109, 130 BCCI Holdings, S.A. v. Mahfouz, 828 F.Supp.  92 (D.D.C. 1993) . . . . . . . . . . . . . 130 Berg v. AMF, Inc., 29 S.W. 3d 212 (Tex. App.  14 Dist. 2000) . . . . . . . . . . 130, 140–141 Bernhard v. Harrah’s Club, 128 Cal.Rptr. 215, 546 P. 2d 719 (Cal. 1976) . . . . . . . . . . 58 Blum v. General Elec. Co., 547 F.Supp.  2d 717 (W.D.Tex. 2008) . . . . . . . . . 108, 138, 140 Bodea v. Trans Nat Express, Inc., 286 A.D. 2d 5, 731 N.Y.S.  2d 113 (N.Y.A.D. 4 Dept. 2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Braune v. Abbot Labs, 895 F.Supp.  530 (E.D.N.Y. 1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Bridgestone/Firestone, Inc., In re, 190 F.Supp.  2d 1125 (S.D.Ind. 2002) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .108, 111, 123–124, 138, 143 Bridgestone/Firestone, Inc., ATX, ATX II and Wilderness Tires Products Liability Litiga­tion, In re, 131 F.Supp.  2d 1027 (S.D. Ind. 2001) . . . . . 111, 113 Brinkley & West, Inc., 499 F. 2d 928 (1974) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .152 Brown v. DSI Transports, Inc., 496 So. 2d 478 (La. App.  1 Cir. 1986) . . . . . . . . . . . 152 Burnett v. Columbus McKinnon Corp., 69 A.D. 3d 58, 887 NY.S.  2d 405 (2009) . . . 84, 92 Butler v. Stagecoa Group, 72 A.D. 3d 1581 (2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C Can v. Goodrich Pump & Engine Control Systems, Inc., 711 F.Supp.  2d 241 (D.Conn. 2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108, 116, 122, 132–133 Canales Martinez v. Dow Chemical Co. 219 F.Supp.  2d 719 (E.D. La. 2002) . . . . . 109, 123 Carulo v. John Crane, Inc., 226 F. 3d 46 (2nd Cir. 2000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

Entscheidungsregister

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Carlenstolpe v. Merck & Co., 638 F.Supp.  901 (S.D.N.Y. 1986) . . . . . . . . . . . . . . 94, 97, 119–120, 122, 135, 140, 144, 146, 179–180 Cessna 208 Series Aircraft Products Liability Litigation, In re, 546 F.Supp.  2d 1191 (D.Kan. 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107–108, 136, 143 Champlain Enterp., Inc. v. United States, 945 F.Supp.  468 (N.D.N.Y. 1996) . . . 92–94, 180 Chandler v. Multidata Systems Intern. Corp., 163 S.W. 3d 537 (Mo.App.E.D. 2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109, 124 Chang v. Baxter Healthcare Corp., 599 F. 3d 728 (7th Cir. 2010) . . . . . . . . 107–108, 141 Cheng v. Boeing Co., 708 F. 2d 1406 (9th Cir. 1983) . . . . . . . . . . 108, 113, 117, 119, 138 Chrabas v. A.P. Green, 273 A.D. 2d 863, 709 N.Y.S.  2d 284 (2000) . . . . . . . . . . . . . 92 Clark v. Favalora, 722 So. 2d 82 (La.Ct.App.  1st Cir. 1998) . . . . . . . . . . . . . . . . .152 Clerides v. Boeing Co., 534 F. 3d 623 (7th Cir. 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . 108, 138 Comer v. Titan Tool, Inc., 888 F.Supp.  605 (1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Cooney v. Osgood Machinery, Inc., 81 N.Y. 2d 66, 595 N.Y.S. 2d 919, 612 N.E. 2d 277 (N.Y. 1993) . . . . . . . . . . . . . . . .81–85, 89, 91–92, 98, 102 D Daimler AG v. Baumann, No. 11-965, 134 S.Ct. 746, 761 U.S. (2014) . . . . . . . . . . . 112 Dawdy v. Union Pacific R.R. Co., 207 Ill. 2d 167, 278 Ill. Dec. 92, 101, 797 N.E. 2d 687 (2003) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107, 127 Delgado v. Shell Oil Co., 890 F.Supp.  1324 (S.D. Tex. 1995) . . . . . . . . 109, 122, 125, 149 Devore v. Pfizer, Inc., 58 A.D. 3d 138, 867 N.Y.S.  2d 425 (N.Y.A.D. 1 Dept. 2008) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92, 97–99, 104 Dickson Marine, Inc. v. Panalpina, Inc., 179 F. 3d 331 (5th Cir. 1999) . . . . . . . . . . . 130 Dittmann v. Code-A-Phone Corp., 666 F.Supp.  1269 (N.D. Ind. 1987) . . . . . . . . . . 140 Doe v. Hyland Therapeutics Div., 807 F.Supp.  117 (S.D.N.Y 1992) . . . . . . . . . . . . . . . . 98–99, 106, 109, 134, 136–137, 146–148, 175 Dole Food Co., Inc. v. Watts, 303 F. 3ed 1104 (9th Cir. 2002) . . . . . . . . . . . . . . . 126 Dow Chem. Co. v. Alfaro, 786 S.W. 2d 674 (Tex. 1990) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 Dowling v. Richardson-Marell, Inc., 727 F. 2d 608 (6th Cir. 1984) . . . . . 108, 119, 129, 135 Dym v. Gordon, 16 N.Y. 2d 120, 262 N.Y.S.  2d 463, 209 N.E. 2d 792 (N.Y. 1965) . . . . . 75 E Emslie v. Borg-Warner Automotive, Inc., 655 F. 3d 123 (2d Cir. 2011) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107–108, 112, 117, 120 Emslie v. Recreative Industries, Inc., 2010 WL 1840311 (W.D. N.Y. 2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112, 117, 129, 133, 140, 142 Empresa Lineas Maritimas Argentinas, S.A. v. Schichau-Unterweser, A.G., 955 F. 2d 368 (5th Cir. 1992) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Esco Fasteners v. Korea Hinomoto Co., 928 F. Supp.  252 (1996) . . . . . . . . . . . . . . 92 F Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, In re, 595 F.Supp.  2d 855 (N.D.Ill. 2009) . . . . . . . . . 108, 111, 120, 122, 129, 141, 143 Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, In re, 531 F.Supp.  2d 957 (N.D.Ill. 2008) aff’d In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litiga­tion, 563 F. 3d 663 (2009) . . . . . . . . . . . . . 61, 68, 108–109, 111, 117, 128–129, 133, 140–142

210

Entscheidungsregister

Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, In re, 408 F.Supp.  2d 569 (N.D.Ill. 2006), aff’d. In re Factor VIII or IX Concentrate Blood Products Liability Litigation, 484 F. 3d 951 (7th Cir. 2007) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68, 107, 109, 111, 138 Feldman v. Acapulco Princess Hotel, 137 Misc. 2d 878, 520 N.Y.S.  2d 477 (N.Y.Sup.Ct. 1987) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Florian v. Danaher., 69 Fed. Appx. 473 (2d Cir. 2003) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Friends of All Children, Inc. v. Lockheed Aircraft Corp., 717 F. 2d 602 (D.C.Cir. 1983) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Foster v. Leggett, 484 S.W. 2d 827 (Ky. 1972) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 G Gambra v. International Lease Finance Corp., 377 F.Supp.  2d 810 (C.D.Cal. 2005) . . . . . . . . . . . . 108, 118–119, 126, 129, 136, 138 Gates Learjet Corp. v. Jensen, No. CIV 82‒139, 11 (D.Ariz. 1983), rev’d, Gates Learjet Corp. v. Jensen, 743 F. 2d 1325 (9th Cir. 1984) . . . . . . . . 133, 138 G.B.C.Nig. v. M/V Sophia First, 588 F.Supp.  76, 1985 AMC 1493 (S.D.N.Y. 1984) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .133 Geschwind v. Cessna Aircraft Co., 161 F. 3d 602 (10th Cir. 1998) . . . . . 107–108, 129, 139 Goodyear Tires Operations, S.A. v. Brown, 131 S.Ct. 2846 (2011) . . . . . . . 109–110, 112 Godfrey v. Eli Lilly, 223 A.D. 2d 427, 636 N.Y.S.  2d 338 (1996) . . . . . . . . . . . . . . 92 Gonzalez v. Chrysler Corp., 301 F. 3d 377 (5th Cir. 2002) . . . . . . . . . .107–108, 120–121 Grant v. McAuliffe, 41 Cal. 2d 859, 264 P. 2d 944 (1953) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 Guidi v. Inter-Cont’l Hotels Corp., 224 F. 3d 142 (2d Cir. 2000) . . . . . . . . . . . . . . 129 Guimei v. General Electronic Co. 172 Cal.App.  4th 689, 91 Cal.Rptr. 3d 178 (Cal.App.  2 Dist. 2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109, 134 Gulf Oil Corp. v. Gilbert, 330 U.S.  501, 67 S.Ct. 839, 91 L.Ed. 1055 (1947) . . . . . . . . . . 106, 108, 115, 117–118, 125–126, 131, 134, 138–139 H Hatzlachh Supply, Inc. v. Savannah Bank of Nig., 649 F.Supp.  688 (S.D.N.Y. 1986) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .133 Helene Curtis Indus., Inc. v. Pruitt, 385 F. 2d 841, (5th Cir. 1967) . . . . . . . . . . . . . 64 Heisler v. Toyota Motor Credit Corp., 884 F.Supp.  128, (S.D.N. 1995) . . . . . . . . . . . 83 Helicopter Nacionales de Columbia, S.A. v. Hall, 466 U.S.  408, 104 S.Ct. 1868, 80 L.Ed. 2d 404 (1984) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .112 Hornsby v. Lufthansa German Airlines, 593 F.Supp.  2d 1132, (C.D.Cal. 2009) . . . . . . 110 I Illusorio v. Illusorio-Bildner, 103 F. Supp.  2d 672 (S.D.N.Y. 2000) . . . . . . . . . . . . .141 International Shoe Co. v. Washington, 326 U.S.  310, 66 S.Ct. 154 (1945) . . . . . . . . . 112 Iragorri v. International Elevator, Inc., 203 F. 3d 8 (1st Cir. 2000) . . . . . . . . 108, 119, 129 Iragorri v. United Technologies Corp., 274 F. 3d 65 (2d Cir. 2001) . . . . .108, 116, 118–119, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125–129, 148 J Jager v. Royal Indemnity Co., 276 So. 2d 309 (La. 1973) . . . . . . . . . . . . . . . 151–152 Jefferson Parish Hospital Service District v. W.R. Grace & Co., 1992 WL 167263 (E.D.La. 1992) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

Entscheidungsregister

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K Kahyp v. Babcock & Wilcox, 268 A.D. 2d 348, 702 N.Y.S.  2d 267 (N.Y.A.D. 1 Dept. 2000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Kamel v. Hill Room Co., 108 F. 3d 799 (7th Cir. 1997) . . . . . . . . . . . . . 119, 129, 143 Kaufman v. American Youth Hostels, 5 N.Y. 2d 1016, 158 N.E. 2d 128 (1959) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Kedy v. A.W. Chesterton Co., 946 A. 2d 1171 (R.I. 2008) . . 107, 109, 118, 130, 132, 138, 143 Kerr v. Inamed Corp., 51 Fed. Appx. 718, 2002 WL 31650750 (9th Cir. 2002) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Kilberg v. Northeast Airlines, Inc., 9 N.Y. 2d 34, 172 N.E. 2d 526, 211 N.Y. S.  2d 133 (N.Y. 1961) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54–55, 73 King v. Car Rentals, Inc., 29 A.D. 3d 205, 813 N.Y.S.  2d 448 (N.Y. A.D. 2 Dept. 2006) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90–91 King v. Cessna Aircraft Co., 562 F. 3d 1374 (11th Cir. 2009), cert. denied, 130 S.Ct. 324, 175 L.Ed. 2d 138 (2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107–108 Kniery v. Cottrell, 873 N.Y.S.  2d 803 (2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Kontoulas v. A.H. Robins Co., Inc., 745 F. 2d 312 (4th 1983) . . . . . . . . . . . . . 108, 122 Koster v. Lumbermens Mut. Cas. Co., 330 U.S.  518 (1947) . . . . . . . . . . . . . . 125–126 Koyombo v. Whiney Trucking, 2004 WL 2187181 (N.Y.Sup.Ct. 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Kramer v. Showa Denko KK., 929 F.Supp.  733 (S.D.N.Y. 1996) . . 92, 99–100, 175, 179–180 Kranzler v. Austin, 189 Misc. 2d 369, 732 N.Y.S.  2d 328 (N.Y.Sup.App. Term 2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 Kryvicky v. Scandinavian Airlines Sys., 807 F. 2d 514 (6th Cir. 1986) . . . . . . . . . . 129 L La Seguridad v. Transytur Line, 707 F. 2d 1304 (11th Cir. 1983) . . . . . . . . . . . 118, 130 Lacey v. Cessna Aircraft Co., 862 F. 2d 38 (3d Cir. 1988) . . . . . . . 108, 119, 129, 138–140 Leon v. Million Air, Inc., 251 F. 3d 1305 (11th Cir. 2001) . . 107–108, 119, 121, 124, 126, 130 Ledingham v. Parke-Davis Div. of Warner-Lambert Co., 628 F.Supp.  1447 (E.D.N.Y. 1986) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134, 138, 140 Levine v. Philip Morris, No. 102765, 2004 WL 2334287 (N.Y.Supp. Sep.  22, 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85–86 Levy v. Daniels’ U-Drive Auto Renting Co., 108 Conn. 333, 143 A. 163 (1928) . . . . . . 54 Lion de Mer S.A. v. M/V Loretta D., No. CIV.JFM-98-921, 2000 WL 198335, 3 (D.Md. 2000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Long v. Pan American World Airways, Inc., 16 N.Y. 2d 337, 266 N.Y.S.  2d 513, 213 N.E. 2d 796 (N.Y. 1965) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Lony v. E.I. Du Pont de Nemours & Co., 935 F. 2d 604 (3d Cir. 1991) . . . . . . . . . . . 129 Lueck v. Sunstrand, 236 F. 3d 1137 (9th Cir. 2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107–108, 118–119, 121, 128–129, 133, 139 M Mace v. Mylan Pharmaceuticals, Inc., 714 S.E. 2d 223 (W.Va. 2011) . . . . . . . . . . . 122 Macey v. Rozbicki, 18 N.Y. 2d 289, 274 N.Y.S.  2d 591, 221 N.E. 2d 380 (N.Y. 1966) . . . . 75 R. Maganlal & Co. v. M.G. Chem. Co., 942 F. 2d 164 (2d Cir. 1991) . . . . . . . . . . . 140 Mann v. Cooper Tire Company, 2003 WL 25594259 (N.Y.Sup.), 306 A.D. 2d 23, 761 N.Y.S.  2d 635 (N.Y.A.D. 1 Dept. 2003) . . . . . . . . . . . . . . . 83

212

Entscheidungsregister

Manu Int’l S.A. v. Avon Products, Inc., 641 F. 2d 62 (2d Cir. 1981) . . . . . . . . . . 140, 143 Marchesani v. Pellerin-Milnor Corp., 269 F. 3d 481 (5th Cir. 2001) . . 156, 158–159, 161–165 Mascarella v. Brown, 813 F.Supp.  1015 (S.D.N.Y. 1993) . . . . . . . . . . . . . . . . . 83, 88 de Melo v. Lederle Laboratories, Div. of American Cyanamid Corp., 801 F. 2d 1058 (8th Cir. 1986) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108, 120, 129, 138, 140 McIntyre Machinery Ltd. v. Nicastro, 131 S.Ct. 2780 (2011) . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Mercier v. Sharaton Int’l., 935 F. 2d 419 (1st Cir. 1991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Mihalic ex rel. Estate of Johnson v. K-Mart of Amsterdam, 363 F. Supp.  2d 394 (N.D.N.Y. 2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83, 89 Miller v. Miller, 22. N.Y. 2d 12, 290 N.Y.S.  2d 734, 237 N.E. 2d 877 (N.Y. 1968) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75–76 Miller v. Bombardier, Inc., 872 F.Supp.  114 (S.D.N.Y. 1995) . . . . . . . . . . . . . . 84–88 Miller v. Boston Scientific Corp., 380 F.Supp.  2d 443 (D.N.J. 2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .109, 127, 133, 138, 140, 142 Monroe v. Numed, Inc., 250 A.D. 2d 20, 680 N.Y.S.  2d 707 (N.Y.A.D. 3 Dept. 1998) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92, 94–95 Morales v. Ford Motor Co., 313 F.Supp.  2d 672 (S.D. Tex. 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107–108, 118–119, 124, 130 N Nao-Chao v. Boeing Co., 555 F.Supp.  9 (N.D.Cal. 1982), order aff’d, 708 F. 2d 1406 (9th Cir. 1983) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113, 117 Navarrete De Pedrero v. Schweizer Aircraft Corp.  635 F.Supp.  2d 251 (W.D.N.Y. 2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108, 141 Needham v. Phillips Petroleum Co. of Norway, 719 F. 2d 1481 (10th Cir. 1983) . . . . . 139 Nowak v. Tak How Invs., Ltd., 94 F. 3d 708 (1st Cir. 1996) . . . . . . . . . . . . . . . . 129 O Ocean Shelf Trading, Inc. v. Flota Mecante Grancolombiana, S.A., 638 F. Supp.  249 (S.D.N.Y. 1986) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Offshore Rental Co. v. Continental Oil Co., 148 Cal.Rptr. 867, 583 P. 2d 721 (Cal. 1978) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Olmstead v. Anderson, 428 Mich. 1, 400 N.W. 2d 292 (Mich. 1987) . . . . . . . . . . . . 59 Oxycontin II, In re, 76 A.D. 3d 1019, 908 N.Y.S.  2d 239 (N.Y.A.D. 2 Dept. 2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 P Padula v. Lilarn Properties Corp., 84 N.Y. 2d 519, 620 N.Y.S.  2d 310, 644 N.E. 2d 1001 (N.Y. 1994) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83–85, 93 Pastor v. Bridgestone/Firestone North American Tire, LLC, 563 F. 3d 663 (7th Cir. 2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Paris Air Crash of March 3, 1974, In re, 399 F.Supp.  732 (C.D.Cal. 1975) . . . . . . . . . 50 Perkins v. Benguet Consolidated Mining Co., 342 U.S.  437, 72 S.Ct. 413, 96 L.Ed. 485 (1952) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 Pescatore v. Pan Amer. World Airways, 97 F. 3d 1 (2d Cir. 1996) . . . . . . . . . . . . . 94 Pettitt v. Boeing Co., 2010 WL 3861066 (N.D.Ill. 2010) . . . . . . . . . . . . . . . . 108, 129 Piper Aircraft Co. v. Reyno, 454 U.S.  235, 102 S.Ct. 252, 70 L.Ed. 2d 419 (1981) . . . . . . . . . . . . . . 109, 113,116, 118–120, 125–129, 138–140

Entscheidungsregister

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Pittman v. Kaiser Aluminum and Chemical Corporation, 559 So. 2d 879 (La.App.  4th Cir. 1990) writ denied, 563 So. 2d 885 (La. 1990) . . . . . . . . . . . . . 152 Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc., 2008 WL 28992031 (W.D.N.Y. 2008); Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc., 2007 WL 2892031 (W.D.N.Y. 2007); Playwell Toy, Inc. v. Bureau Veritas Consumer Products Services, Inc., 2005 WL 3308939 (W.D.N.Y. 2005) . . . . . . . . . . . . . . . 92, 101–102, 104–105, 176 Poplar v. Bourjois, Inc., 298 N.Y. 62 (1948) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Pounders v. Enserch E & C, Inc., 306 P. 3d 9 (Ariz. 2013) . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Q Quintana v. Ciba-Geigy Corp., 96 Civ. 1301, 1997 WL 160308 (S.D.N.Y. 1997) . . . . . . 85 R Reach v. Pearson, 860 F.Supp.  141 (S.D.N.Y. 1994) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Reid-Walen v. Hansen, 933 F. 2d 1390 (8th Cir. 1991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Rezulin Products Liability Litigation, In re, 441 F.Supp.  2d 567 (S.D. N.Y. 2006) . . . . .111 Rezulin Products Liability Litigation, In re, 392 F.Supp.  2d 597 (S.D. N.Y. 2005) . . . . .111 Rezulin Products Liability Litigation, In re, 369 F.Supp.  2d 398 (S.D.N.Y. 2004) . . . . . 111 Rezulin Products Liability Litigation, In re, 309 F.Supp.  2d 531 (S.D.N.Y. 2004) . . . . . 111 Rezulin Products Liability Litigation, In re, 331 F.Supp.  2d 196 (S.D.N.Y. 2004) . . . . . 111 Rezulin Products Liability Litigation Zanchini v. Pfizer, In re, 61 2002 WL 553268 (2002) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Rezulin Products Liability Litigation Zanchini v. Pfizer, In re, 210 F.R.D. 61 (S.D.N.Y. 2002) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107–108 Rezulin Products Liability Litigation, In re, 133 F.Supp.  2d 272 (S.D.N.Y. 2001) . . 111, 135 Rezulin Products Liability Litigation, In re, 168 F.Supp.  2d 136 (S.D.N.Y. 2001) . . . . . 111 Richardson v. Michelin North America, Inc., 1998 WL 135804 (W.D.N.Y.) . . . . . . . . 92 Rivas ex rel. Estate of Gutierrez v. Ford Motor Co., No. 8:02CV-676-T-17 EAJ, 2004 WL 127018 (M.D.Fla. 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109, 141 Rivendell Forest Prods. v. Canadian Pac., Ltd., 2 F. 3d 990 (10th Cir. 1993) . . . . . . . 140 Roulier v. Cannondale, 101 Cal.App.  4th 1180, 124 Cal.Rptr. 2d 877 (Cal.App.  2 Dist. 2002) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109, 119–120, 131, 136 S Sadkin v. Avis Rent a car, Inc., 224 A.D. 2d 303 (1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . 84–85 Satz v. McDonnell Douglas Corp., 244 F. 3d 1279 (11th Cir. 2001) . . . . . . . . . . 107–108 Schultz v. Boy Scouts of America, Inc., 65 N.Y. 2d 189, 491 N.Y. S.  90, 480 N.E. 2d 679 (1985) . . . . . . . . . . . . .79–80, 82–83, 86–87, 98, 102, 104, 145, 147 Schijndel v. Boeing Co., 263 Appx. 555, 2008 WL 65090 (9th Cir. 2008) . . . . . . . . . 108 Scott v. Ford Motor Company, 224 Cal.App.  4th 1492, 169 Cal. Rptr. 3d 823 (Cal.App.  2014), as modified on denial of reh’g (Apr. 23, 2014), review denied (Jul. 09, 2014) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Sexton v. Ryder Truck Rental, Inc., 413 Mich. 406, 320 N.W. 2d 843 (Mich. 1982) . . . . 59 Sibaja v. Dow Chemical Co., 757 F. 2d 1215 (11th Cir. 1985) . . . . . . . . . . . . . 108, 138 Silicone Gel Breast Implants Products Liability Litigation, In re, 887 F. Supp.  1469 (N.D. Ala. 1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108, 111, 136, 150

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Entscheidungsregister

Silicone Gel Breast Implants Products Liability Litigation, In re, MDL No. 926, 793 F.Supp.  1098 (J.P.M.L. 1992) . . . . . . . . . . . . . . . 111, 148 Silverman v. Rosewood Hotels, 2004 WL 1823634 (2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Simon v. Philip Morris, Inc., 124 F.Supp.  2d 46 (E.D.N.Y. 2000) . . . . . 66, 83, 92, 96, 100, . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104–105, 190 Sinochem Int’l Co. v. Malaysia Int’l Shipping Corp., 549 U.S.  422, 127 S.Ct. 1184 (2007) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107, 115 Skewes v. Masterchem Industries, Inc., 164 S.W. 3d 92 (Mo.App. E.D. 2005) . . . . . . 129 Slater v. Mexican National Railroad Co., 194 U.S.  120, 24 S.Ct. 581 (1904) . . . . . . . . 53 Slight By and Through Slight v. E.I. DuPont De Nemours & Co., 979 F.Supp.  433 (S.D.W.Va. 1997) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109, 129, 140 SME Racks, Inc. v. Sistemas Mecanicos Para Electronica, S.A., 382 F. 3d 1097 (11th Cir. 2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . 110, 118, 126–127, 139–140 Smith v. Bell Sports, Inc., 934 F.Supp.  70 (W.D.N.Y1996) . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Societe Nationale Industrielle Aerospatiale v. United States District Court, 482 U.S.  522 (1987) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 Standard Fire Ins. Co. v. Ford Motor Co., 723 F. 3d (6th Cir. 2013) . . . . . . . . . . . . . 59 Stangvik v. Shiley, Inc., 54 Cal. 3d 744, 1 Cal. Rptr. 2d 556, 819 P. 2d 14 (1991) . . . . . . . . . . . . . . . . 107, 109, 116, 118, 122, 126, 129, 138, 150 Stewart v. Dow. Chem. Co., 865 F. 2d 103 (6th Cir. 1989) . . . . . . . . . . . . . . . 108, 129 Sutherland v. Kennington Truck Service, Ltd., 454 Mich. 274, 562 N.W. 2d 466 (Mich. 1997) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 T Tazoe v. Airbus, S.A.S., 631 F. 3d 1321 (11th Cir. 2011) . . . . . . . . . . . . . . . . 140–141 Terris-Feldmam v. Dan Hotels of Isr., No. 95 CIV. 9666, 1997 WL 109441 (S.D.N.Y. 1997) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .132 Tkaczevski v. Ryder Truck Rental, Inc., 22 F.Supp.  2d 169 (S.D.N.Y. 1998) . . . . . . 83, 87 Thomson v. Nishimoto Trading Co., Ltd., 180 Misc. 2d 466, 689 N.Y.S.  2d 858 (N.Y. Sup.  1999) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Townes v. Cove Haven, 2004 WL 2403467 (2004) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Tooker v. Lopez, 24 N.Y. 2d N.Y. 2d 569, 301 N.Y.S.  2d 519, 249 N.E. 2d 394 (N.Y. 1969) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Truxillo v. Johnson, 2007 WL 4542974 (E.D.La.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166, 168 TRW Automotive U.S. LLC. v. Papandopoles, 949 So. 2d 297 (Fla. Dist. Ct. App.  4th Dist. 2007) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Tuazon v. R.J. Reynolds Tabacco Co., 433 F. 3d 1163 (9th Cir. 2006) . . . . 108, 119, 129, 132 U Union Carbide Corp. Gas Plant Disaster at Bhopal, India in Dec., 1984, In re, 809 F. 2d. 195 (2nd Cir. 1987) cert. denied 484 U.S.  871, 108 S.Ct. 199, 98 L.Ed. 2d 150 (1987) . . . . . . . . . . . . . . . . 108, 120, 126, 140, 142 V Van Dyke v. Columbia Machine, Inc., 246 F.Supp.  2d 191 (2003) . . . . . . . . . . . . . . 84 Vasquez v. Bridgestone/Firestone, Inc., 325 F. 3d 665 (5th Cir. 2003) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107–108, 117, 119, 122 Venturini v. Marble & Granite Corp., 1995 WL 606281 (S.D.N.Y. 1995) . . . . . . . . . . 88

Entscheidungsregister

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Vioxx Products Liability Litigation, In re, 2009 WL 1636244 (E.D.La. 2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .117 Vioxx Products Liability Litigation, In re, 448 F.Supp.  2d 741, 239 F.R.D. 450 (E.D.La. 2006) . . . . . 66, 107–108, 111, 119–129, 126, 134, 140–141, 167 Vioxx Litigation, In re, 395 N.J.Super. 358, 928 A. 2d 935 (N.J.Super.A.D. 2007) W Watson v. Merrell Pharmaceuticals, 769 F. 2d 354 (6th Cir. 1985) . . . . . . . . . . . . . 129 West Caribbean Crew Members, In re, 632 F.Supp.  2d 1193 (S.D.Fla. 2009) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136, 143 Woodward v. Bridgestone/Firestone, Inc., 368 Ill.App.  3d 827, 858 N.E. 2d 897, 306 Ill.Dec. 839 (Ill.App.  5 Dist. 2006) . . . .109, 126, 132, 136, 139, 143 Z Zanchini v. Pfizer, 2002 WL33954433 (S.D.N.Y. 2002) . . . . . . . . . . . . . . . . 107–108

Sachregister Anknüpfung in kollisionsrechtlichen Produkthaftungsfällen – nach Art. 5 Rom  II-VO  25, 34–45 – akzessorisch 20 – an den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt  31 f., 171 f. – gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten  6, 12, 16, 24 f., 34 f., 43 f., 171 f., 181 f. – gewöhnlicher Aufenthalt des Haftpflichtigen  25, 40–42, 44, 176 –  Erfolgsortanknüpfung 25, 40, 175 f. – Erwerbsortanknüpfung 25, 37–40, 174 f. Asbest-Verfahren  64, 66–68, 107 Ausweichklausel der offensichtlich engeren Verbindung  12, 31, 43, 170 f., 182–183 Babcock v. Jackson-Entscheidung  54, 73–77, 80, 85 f., 92, 105, 187 Baycol-Verfahren  64, 68 Beale, Joseph  51, 53 better law approach  58, 62 f. Blutprodukte, s. Factor-VIII-or-IXConcentrate-­Blood-Products-Verfahren bystander  3, 24, 39, 41 f., 44–47, 95, 158, 170, 185, 191 – nach Art. 5 Rom  II-VO  23, 42, 43–47 – im Kollisionsrecht von Louisiana  158 – im Kollisionsrecht von New York  95 class actions  65, 96 common domicile-Prinzip  77, 86, 171 comparative impairment approach  58, 152–154 complex litigation-Verfahren  66 conduct regulating rules  74, 81, 83, 86 f., 97 f. connecting factors und ihre Bedeutung – domicile of injured person  69 f., 72, 77, 104, 156 f., 172 – domicile of liable person s. place of business  156 – place of acquisition  70, 157

– place of business  60, 70, 72, 85–87, 96–98, 101–102, 110, 112, 115, 142, 156, 161, 165, 176 – place of design of product  70 – place of injury 54, 69 f., 77 f., 82, 95 f., 98–100, 102–104, 142, 145, 156 f., 165 f., 183 – place of manufacturing of product  70, 156, 166, 168, 177, 180 – place/locus of tort  75, 99, 104, 147, 157, 175 f. – place of wrong  54, 94–96, 98, 100 – place of wrongful conduct  74, 104, 156, 180 – place where the relationship was centered  60, 104, 156 conflict of laws – allgemein 50 – conflicts revolution  52, 54, 61, 151 – Entstehungsgeschichte 51, 53–61 – in forum non conveniens-Fällen  119, 134 f., 138–143, 150 conflict of laws in product liability cases – in forum non conveniens-Fällen – im New Yorker Kollisionsrecht – im Kollisionsrecht von Louisiana Cooney v. Osgood-Entscheidung  81, 85, 89, 91 f. 98, 102 Currie, Brainerd  55 Dalkon-Shield-Verfahren  66, 149 Ehrenzweig, Albert A.  58 f. engste Beziehung s. Ausweichklausel der offensichtlich engeren Verbindung Erfolgsort  9, 25, 39–47,49, 69, 71, 77, 79, 81 f., 92–95, 98–100, 105, 112, 145, 147, 161, 165, 175 f., 180–183 Erwerbsort 6, 9, 24–25, 37–40, 44–45, 70–72, 92, 100, 1174 f., 182 EuGVO  37, 43, 49, 172, 177 f.

218

Sachregister

Factor-VIII-or-IX-Concentrate-BloodProducts-­Verfahren  67–68, 136, 146 Fehler des Produkts  22 f., 118, 158, 178 f. Flugzeug  92, 94 f., 104, 109, 136 forseeability defense  157 forum non conveniens-Lehre – allgemein 106–117 – Anwendungsbereich 108–114 – availabiltiy of adequate forum  118–125 – blocking statutes  115, 122–125 – conflict of laws –Analyse  119, 134 f., 138–143, 150 – produkthaftungsrechtliche Kollisionsfälle  143–148 – public interests  134–143 forum shopping  11,16, 113, 126 f., 156 Gefährdungshaftung  19, 21 f. 87 gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt  31 f., 181, 186 Gerichtsstandsvereinbarung  69 Geschädigtenschutz  2, 40, 43, 64, 172 f., 185, 189 gewöhnlicher Aufenthalt des Geschädigten  6, 12, 16, 24 f., 34 f., 43 f., 171 f., 181 f. gewöhnlicher Aufenthalt des Haftpflichtigen  6, 15, 25, 40–42, 44, 78 176 Gesamtschuldner  82, 102 gleichartige Produkte  43,48, 157, 173 governmental interest approach  153 f., 185 grouping of contacts  7, 54, 75 Haager Produkthaftungsübereinkommen/ HPÜ  5–7, 48 f., 181 Harmonisierung – im Kollisionsrecht  5, 7, 11, 13, 170, 174, 177 – im materiellen Produkthaftungsrecht  10 f. Handlungsort  9, 47 f.,79, 82 , 94 f., 97, 99–100, 104 f., 145, 156, 161, 165, 167, 174, 177–181, 183 Hauptgeschäftssitz  7, 25, 101 Händler  1, 14, 20, 42, 158 Interessenabwägung  57, 98, 120 internationale Zuständigkeit  110–115 – Gleichlaufprinzip 32, 43, 171–173, 177 – forum shopping  113, 126–128 Internationales Produkthaftungsrecht  7, 9, 11, 19, 69 interest analysis  55, 75, 81, 83–84, 91, 95, 105, 184

Inverkehrbringen  25, 32–35, 40 f., 44, 104, 112, 170, 176, 178–180, 182, 187, 189 issue-by-issue analysis  74, 154, 165 jurisdiction  50, 109 f., 112 f., 114 f., 117, 122 f., 136, 142 Kalifornien  58, 62, 86, 90, 101 f., 106, 109, 131, 134 f., 141, 150 Kollisionsrecht – klassisches  12, 109, 183, 186 – Harmonisierung  1–16, 13, 177 landwirtschaftliche Produkte  22 Leflar, Robert A.  58 lex loci delicti  8, 54 f., 73 f., 78, 80, 83, 85, 87, 89, 90–91, 151, 190 lex fori approach  58 f., 62 f. loss allocation rules  74, 81, 83, 86, 89, 90, 91, 93 Louisiana – Ausweichklausel für exceptional cases  158, 167 f. – case law  158, 160–166 – Entstehung 151 – Haftungsumfang 167 f. – Kollisionsfälle aus dem Bereich der Produkthaftung  158–167 – Kollisionsnorm für Produkthaftungsfälle Art. 3545 La.C.C.  157–163 – Systematik des Deliktskollisionsrechts  152–156, 166 Marktortanknüpfung  9, 25, 156, 174 f., 181, 195 mass tort litigation  64, 66, 92, 96, 111 Mitverschulden  46, 84 most significant relationship test  60 multi district litigation-Verfahren  64, 67, 111, 124, 167 Neutralitätsprinzip im IPR 12  186 New Yorker Kollisionsrecht  72–105 – Babcock-Entscheidung  54, 73–76 – Entstehungsgeschichte 73–91 – Neumeier-Entscheidung  76 – Neumeier-Regeln  76 – Produkthaftungsrechtliche Kollisionsfälle  91–106 – Rechtsanwendungsinteresse/public policy-­­Erwägungen  78, 80,-81, 84, 92, 94, 98 f., 105

Sachregister Ort des Erwerbs s. Erwerbsort Ort des Inverkehrbringens s. Inverkehrbringen Ort der Herstellung i.S.d. Handlungsorts  71, 136, 156, 177 Ort der Handlung s. Handlungsort Ort der Verletzung s. Erfolgsort products liability – verhaltenssteuernde Funktion  93, 136 – Schadensregulierung 93 Produkt – Begriff i.S.d. Rom  II-VO 21 f. – als Schadensursache i.S.d. Rom  II-VO 22 f. – Begriff i.S.d Art. 3545 La.C.C. 158 Produkthaftung im IPR vor Rom  II-VO – Deutschland 9 – Italien 9 – Österreich 9 – Schweiz 9–10 Produkthaftungsrecht  1 f., 5, 10, 19, 136, 160, 168, 173, 185 Produkthaftungsrichtlinie/ProdH-RL 19, 21–23, 31, 33 – Gefährdungshaftung 22 – kollisionsrechtliche Bedeutung  10 Produktkomponente  16, 20, 24, 48 f. 67, 158 Produktnutzer  24, 45 punitive damages  66, 71, 84, 96, 120, 127, 132, 166–168 public policy-Erwägungen  61, 78, 80,-81, 84, 92, 94, 98 f., 105, 134–136, 154, 156, 183–186 Rechtsangleichung s. Harmonisierung des Kollisionsrechts Rechtsanwendungsrisiko  3, 33, 44–46 Rechtssicherheit s. Vorhersehbarkeit des anzuwendenden Rechts  13, 54, 61, 148, 170, 184, 186 f. Rechtsspaltung  30, 49, 74 Rechtswahl – im US-amerikanischen case law  92 – nach Art. 14 Rom  II-VO 25–31 –  Rechtswahl ex ante  28–31 –  Rechtswahl ex post  27 f. Rechtsvergleich – Gemeinsamkeiten im Kollisionsrecht der Produkthaftung  186–189 – Unterschiede im Kollisionsrecht der Produkthaftung  169–186, 181 f. Regress – Regressanspruch  81, 89

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Restatement of Conflict of Laws 1st  54 Restatement of Conflict of Laws 2d  59–61, 75, Rom  II-VO – Allgemein 12, 32 – Anknüpfung –  an den Erfolgsort  25, 40, 175 f. –  an den Erwerbsort  9, 37–40, 174 f. – an den gewöhnlichen Aufenthalt des Geschädigten  16, 25, 35, 172 – an den gewöhnlichen Aufenthalt des Haftpflichtigen  25, 40–42, 44, 176 – Anspruchsgegner 24 – Anspruchsinhaber 23 f. – Anwendungsbereich der Rom  II-VO  17 f. – Anwendungsbereich von Art. 5 Rom  II-VO  18–23 – Ausweichklausel 43–47 – Inverkehrbringen des Produkts  25, 32 – Rechtswahl nach Art. 14 Rom  II-VO  25 – Systematik 24–31 – Verhältnis zu anderen Kollisionsnormen/ HPÜ 48 f. – Zweitkonsumenten und bystander  41, 43–47 – Ziele der Rom  II-VO  13 – Zweck des Art. 5 Rom  II-VO  14 Sachnormverweis 14 Savigny  3, 174, 183 f. Schadensausgleich  73 f., 78, 80, 87, 90, 156, 161 f., 173, 184 f. Schadensprävention  156, 161 f., 173 Schadensregulierung  78, 83, 102 f. Schultz v. Boy Scouts of America  79 f., 82 f., 86 f., 98, 102, 104, 145, 147 settlements in product liability cases/ außergerichtliche Vergleiche  3, 68 f., 150, 187 Sicherheits- und Verhaltensregeln  1, 6 f., 16, 38, 46–48, 136, 147 – Art  17 Rom  II-VO 47 f. Steuerungsfunktion 3 Story, Joseph  53 Tatortregel s. lex loci delicti-Regel Teilprodukt s. Produktkomponente Ubiquitätsprinzip 6, 8–10, 16, 172 f., 178, 184, 191 Urteilsanerkennung/recognition of judgements  50

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Sachregister

Verbraucherschutz  1, 3, 12, 14, 17, 169, 181, 188 f. Verhaltenssteuerung  93, 98 f., 135–138, 145, 177 Verjährung  86, 119, 122, 125, 159 f., 162–166 Versicherbarkeit im internationalen Produkthaftungsrecht  1–2, 14–15, 17, 30, 61 Vertriebskette  16,19, 81, 110, 158 Vioxx-Verfahren  64, 66, 68, 107 f., 111, 117, 119–121, 126, 130, 134, 140 f., 167 Vorhersehbarkeit des anwendbaren Rechts  13, 15, 17, 61, 174, 186 f., 190

Vorrang von völkerrechtlichen Übereinkommen  48 f. Wahlrecht des Geschädigten  6, 8–10, 16, 172 f., 178, 184, 191 Wettbewerbsgerechtigkeit  11, 13–16, 30 Wohnsitz  9, 35,36, 76, 131, 133, 151, 157, 160, 167 f., 189 workersʼ compensation benefits  81–82, 85 159 Zulieferer 20, 24, 29, 109, 121, 158 Zweitkonsument  41, 43–47, 191