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German Pages 254 Year 2002
URSULA STEINKEMPER
Die verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule und ihre staatliche Förderung
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 896
Die verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule und ihre staatliche Förderung Verantwortungsteilung im Dualen Hochschulsystem
Von Ursula Steinkemper
Duncker & Humblot • Berlin
Die Juristische Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. hat diese Arbeit im Jahre 2001 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten © 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 3-428-10849-3 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706©
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Oktober 2001 von der Juristischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im Frühjahr 2001 abgeschlossen, die bis Ende 2001 erschienene Literatur konnte jedoch im wesentlichen noch berücksichtigt werden. Mein herzlicher Dank gilt Herrn Professor Dr. Rainer Wahl, der die Arbeit betreut hat. Als Mitarbeiterin an seinem Institut habe ich stets seine volle Unterstützung erfahren. Seine wertvollen Anregungen, seine Gesprächsbereitschaft, sein Verständnis und seine Toleranz haben mich begleitet und nicht nur für das juristische Fortkommen geprägt. Danken möchte ich auch Herrn Professor Dr. Thomas Würtenberger für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Auch im übrigen habe ich vielfältige juristische und menschliche Unterstützung erfahren. Mein ganz besonderer Dank gilt Frau Dr. Carola Rathke und Herrn PD Dr. Ivo Appel, die in ungezählten Diskussionen und durch persönliche Unterstützung auch über eine große Entfernung hinweg wesentlich dazu beigetragen haben, daß diese Arbeit in der vorliegenden Fassung entstanden ist. Weiter möchte ich mich bei Katrin Hölting, Christof Häfner und Jan-Erik Burchardi für regelmäßige Gespräche und kritische Ratschläge sowie bei Magdalene Steinkemper, Judith Dylka, Danielle Thomas und Constanze Thimm für die Korrektur bedanken. Meine Eltern haben mir nicht nur über finanzielle Engpässe hinweg geholfen, sondern auch mit offenem Ohr und mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Dafür möchte ich herzlich danken. Ganz besonders möchte ich Tilmann Robbe danken, der mich in allen Phasen durch kritische Anregungen, praktische Hilfestellung, Geduld und Ermunterung unterstützt und begleitet hat. Freiburg, im Februar 2002
Ursula Steinkemper
Inhaltsverzeichnis Einleitung
11
I. Ausgangslage und Problemaufriß
11
II. Ziel der Untersuchung
18
III. Gegenstand der Untersuchung: die Privathochschule
18
IV. Gang der Untersuchung
21
Erster Teil Die verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule im bundesdeutschen Hochschulsystem § 1 Gegenwärtige Rechtslage I. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen II. Einfachgesetzliche Rahmenbedingungen III. Systematisierung der verschiedenen Regelungen anhand von Modellen § 2 Die Verantwortung des Staates I. Historischer Abriß zum Verhältnis zwischen Staat und Hochschule II. Wissenschaftliche Bildung und Ausbildung im Rahmen eines staatlichen Hochschulmonopols? 1. Unterschiedliche Begrifflichkeiten
24 24 24 26 31 33 34 46 47
a) Die Bezeichnung „Hochschule"
47
b) Der Begriff „Hochschulmonopol"
49
2. Ein Hochschulmonopol des Grundgesetzes?
51
a) Auslegung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nach seinem Wortlaut
52
b) Systematische Auslegung
52
c) Historische Auslegung
54
d) Teleologische Auslegung
55
3. Fazit
58
8
Inhaltsverzeichnis III. Öffentliche Aufgabe und Reichweite der staatlichen Verantwortung - Vom staatlichen zum öffentlichen Hochschulwesen 1. Vorgefundene Begründungskonzepte für eine staatliche Betätigung
59 62
a) Daseinsvorsorge
62
b) „Kulturstaatsverantwortung"
64
c) Subsidiaritätsprinzip
67
d) Zusammenfassung und Kritik
69
2. Die Privatisierungswelle als Ausdruck eines veränderten Staatsverständnisses?
74
a) Bestandsaufnahme
75
b) Wandlung des zugrundeliegenden Staats- und Staatsaufgabenverständnisses
79
c) Das Konzept der Verantwortung
81
3. „Wissenschafts- und Hochschulverantwortung" des Staates
86
a) Von der staatlichen zur öffentlichen Verantwortung für den Hochschulbereich
86
b) Die Verantwortung des Staates für Hochschulen und Wissenschaft im Rahmen des Konzepts der Verantwortungsstufung und Verantwortungsteilung
88
§ 3 Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule I. Einschlägige Grundrechte
92 92
1. Die direkte oder analoge Anwendung der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG
92
2. Die Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG
97
3. Die Berufsfreiheitsgarantie des Art. 12 Abs. 1 GG
98
4. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des Art. 7 Abs. 4 GG und den Prinzipien des Sozial- und des Kulturstaates 100 II. Die Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG und ihre Aussagen für die Privathochschule
101
1. Wissenschaftsbegriff
101
2. Gewährleistungsumfang
104
3. Gewährleistungsgehalt im Hinblick auf Errichtung und Betrieb einer Privathochschule 107 4. Grundrechtsträger
111
a) Grundrechtsträgerschaft der Hochschule
112
b) Grundrechtsberechtigung des Hochschulgründers oder -trägers
116
Inhaltsverzeichnis III. Die Berufsfreiheitsgarantie des Art. 12 Abs. 1 GG und ihre Aussagen für die Privathochschule 117 IV. Zwischenergebnis
121
§ 4 Die Verantwortungsteilung als Maßstab für die einfachgesetzlichen Regelungen ... 122 I. Die staatliche Anerkennung und ihre Voraussetzungen als zulässige Kriterien zur Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit 123 1. Der Kanon des § 70 HRG
126
2. Das Trägerpluralismusmodell
130
3. Das Steuerungsmodell
131
4. Zusätzliche Anforderungen des Alleinverantwortungsmodells
133
5. Exkurs: Verfassungsmäßigkeit eines Studiengebühren Verbots
138
6. Sonstiges
143
7. Zusammenfassung
144
II. Verfassungsmäßigkeit eines staatlichen Genehmigungsvorbehalts
145
1. Der Genehmigungsvorbehalt als Eingriff in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG
146
2. Der Genehmigungsvorbehalt als Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG
147
3. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des GenehmigungsVorbehalts
148
III. Die Verfassungsmäßigkeit des Trennungsmodells
151
IV. Ergebnis: Die verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule im bundesdeutschen Hochschulsystem 152
Zweiter Teil Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
154
§ 5 Staatliche Pflicht zur und subjektiver Anspruch auf Förderung von Privathochschulen 155 I. Rechtslage hinsichtlich der staatlichen Förderung von Privathochschulen
155
1. Verfassungsrechtliche Vorschriften
155
2. Einfachgesetzliche Vorschriften
156
II. Die staatliche Schutz- und Förderungspflicht
157
1. Die staatliche Förderpflicht am Beispiel des Art. 7 Abs. 4 GG
159
2. Die staatliche Förderpflicht im Hinblick auf Privathochschulen
160
10
Inhaltsverzeichnis III. Die konkretisierte Förderungspflicht des Staates und der Leistungsanspruch der Privathochschule aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG 1. Die Leistungsdimension der Grundrechte im allgemeinen
163 163
a) Beispiele für die Herleitungsversuche von Leistungsansprüchen aus der Rechtsprechung 164 b) Ansätze in der Literatur
169
c) Fazit
171
2. Der Anspruch auf staatliche Leistungen aus der Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG im besonderen
172
§ 6 Rechtliche Vorgaben für die staatliche Gestaltung der Privathochschulförderung ... 176 I. Verfassungsrechtliche Vorgaben II. Einfachgesetzliche Vorgaben III. Europarechtliche Vorgaben § 7 Verschiedene Formen der Privathochschulförderung und ihre Zulässigkeit I. Direkte finanzielle oder sachliche Zuwendungen II. Indirekte Förderung
176 184 185 186 186 188
1. Steuererleichterungen
189
2. Änderung einiger Gesetze, zum Beispiel im Stiftungs- oder Gesellschaftsrecht
190
3. Die Nebentätigkeit von Universitätsprofessoren an einer privaten Hochschule 191 4. Das „Gutschein-Modell"
191
5. Andere Modelle
196
§ 8 Zusammenfassung
197
Anhang: Landesrecht
204
Literaturverzeichnis
238
Sachwortverzeichnis
252
Einleitung I. Ausgangslage und Problemaufriß Die Diskussion über Hochschulpolitik hat seit einigen Jahren gegenüber früher wieder deutlich an Schärfe und Präsenz zugenommen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in der Presse über hochschulpolitische Themen berichtet wird. Konsens scheint dabei zu sein, daß die staatlichen Hochschulen und Universitäten überfüllt und schlecht ausgestattet seien und zudem wegen der fortschreitenden Mittelkürzungen eine weitere Verschärfung der Situation zu erwarten sei. Das Bild, das gezeichnet wird, stellt zumeist unmotivierte Studenten 1 einer überalterten und angesichts der Masse der Studierenden viel zu kleinen Professorenschaft gegenüber, die einer antiquierten Vorstellung von Wissenschaft anhinge. Andererseits werden von Seiten der Wirtschaft, einigen Wissenschaftsministerien und auch den Universitäten oder einigen Hochschullehrern Vorschläge zur Reform der Universität erarbeitet. Diese sehen allgemein eine größere Praxisorientierung und Profilbildung vor und sind meist vom Effizienzgedanken geprägt 2 . Insbesondere werden in 1 Im folgenden wird weitgehend auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher wie männlicher Formen verzichtet; damit wird keineswegs eine Diskriminierung der Professorinnen und Studentinnen intendiert. 2 Der wohl am meisten in der Öffentlichkeit aufgenommene Denkanstoß im Hinblick auf Reformen im Bildungswesen bildete die Rede des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog vor der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) im Jahr 1996, abgedruckt in: Hollerith (Hrsg.), Leistungsfähige Hochschulen - aber wie?, 1997, S. 87 ff.; s. zu diesem Thema auch die anderen Beiträge des Sammelbandes, insb. Lange, Transparenz und Effizienz - veränderte Rahmenbedingungen, in: ebd., S. 1 ff.; Kreklau, Sind unsere Hochschulen noch zu retten?, in: ebd., S. 59 ff.; Püttner, Hochschulreform - aber wie?, in: ebd., S. 103 ff.; Lenzer, Hochschulen im Umbruch, in: ebd., S. 25 ff.; Frühwald, „Eindrücke sind politische Fakten", in: ebd., S. 39 ff.; Erichsen, Studienreform heute, in: ebd., S. 233 ff., sowie die Dokumentation des Symposiums des Stifterverbandes für die Wissenschaft in: Pistor (Hrsg.), Hochschulreform durch Leistungswettbewerb und Privatisierung?, 1995. Zu diesem Thema außerdem Hochschulrektorenkonferenz, Perspektiven des Wissenschaftssystems zwischen wissenschaftspolitischem Aufbruch und finanziellen Restriktionen, 1998; Erhardt, Mehr Wettbewerb - weniger Staat: Hochschulreform in Deutschland: WissR 32 (1999), S. 1 ff.; Seidler, Die Ersetzung des Rechts durch die Ökonomie: WissR 32 (1999), S. 261 ff.; Ipsen, Hochschulen als Unternehmen?: Forschung & Lehre 2001, S. 72 ff.; kritisch Neus/Wiegard, Unternehmen Universität: DUZ 1997, S. 14 ff.; Straub, Die geistige Werdelust: DUZ 1997, S. 17 f.
Immer wieder finden auch Symposien und Expertengespräche zu diesem Themenkomplex statt, zuletzt etwa ein Expertengespräch der Hanss Seidel Stiftung, dokumentiert in: Hochschulen der Zukunft: Politische Studien, Sonderheft 2/2000; s. auch die auf der Internetseite des Centrums für Hochschulentwicklung dokumentierten Veranstaltungen und ihre Redebeiträge http://www.che.de/html/... in_den_letzten_12_Monaten.htm.
12
Einleitung
diesem Zusammenhang Forderungen gestellt nach leistungsgerechter Bezahlung und schärferen Disziplinierungsmaßnahmen für Professoren, Studiengebühren, einem verschulteren Studium, der Einführung international anerkannter Abschlüsse, Evaluation, der Streichung von sogenannten „Orchideenfächern", die für Wirtschaft und Gesellschaft - vermeintlich - nicht notwendig seien, Globalhaushalten, der Beratung durch Wirtschaftsexperten oder sogar der Besetzung der Hochschulleitung nicht mit Professoren, sondern Managern3. Diese Vorschläge haben jedoch nur zum Teil Niederschlag in den letzten Änderungen zum Hochschulrahmengesetz und den Landeshochschulgesetzen gefunden 4. Wollte man die Universität tatsächlich so reformieren, wie es vor allem aus Wirtschaftskreisen propagiert wird, müßte man wohl einige, zum Teil mühsam erkämpfte Prinzipien wieder aufgeben. Betroffen sind dabei vor allem der Grundsatz, daß jeder zum Studium Befähigte unabhängig von seinen finanziellen Möglichkeiten studieren können sollte, sowie das Prinzip der Einheit von Forschung und Lehre und die damit korrespondierende wissenschaftliche Freiheit. Diese Probleme tauchen - so hat es den Anschein - im Zusammenhang mit Privathochschulen nicht auf. Dort studiere, so kann man in Tageszeitungen5 und auf den entsprechenden Homepages lesen, eine relativ kleine Anzahl motivierter junger Menschen, die von einer im Vergleich zu den staatlichen Universitäten recht großen Zahl von Professoren umfassend betreut und praxisorientiert ausgebildet werde. Vielfach würden international anerkannte Abschlüsse oder gar internationale Studiengänge angeboten und Auslandsaufenthalte zu Studienzwecken zur Pflicht gemacht. Wegen der guten Betreuung und Ausbildung sei die Studienabbrecherquote marginal. Die Hochschulen böten neben einem praxisorientierten oder sogar mit der Praxis verzahnten Studium wegen der Nähe und Unterstützung der Wirtschaft eine besonders gute Ausstattung. Nicht zuletzt aufgrund der Möglichkeit, sich über ausführliche Bewerbungsgespräche und Tests die besonders begabten und/oder motivierten Studierenden auszusuchen, seien die Absolventen einer Privathochschule auf dem Arbeitsmarkt und dadurch auch die Privathochschulen selbst besonders erfolgreich.
3
Ausführlich dazu Müller-Böling, Die entfesselte Hochschule, 2000; Morkel, Die Universität muß sich wehren, 2000; interessant und informativ auch die Ausführungen bei Woll , Reform der Hochschulausbildung durch Wettbewerb, 2001. 4 Vgl. z. B. § 6, § 19, § 32 Abs. 3 Nr. 2.b) HRG; § 18 Abs. 3, § 53a BWUG. 5 Hier können aus Platzmangel nur einige wenige genannt werden, s. z. B. Heike , Auf der Suche nach der Elite, nicht der Finanzelite: FAZ vom 01. 04. 2000; Barthold, Aus motivierten Studenten arbeitgebergerechte Absolventen formen: FAZ vom 05. 02. 2000, S. 61; Wagner, Fünf Professoren, hundert Studenten: FAZ vom 28. 02. 2000, S. 4; Otto, Die Gründerin: DIE ZEIT vom 21. 10. 1999, S. 44, sowie die Beilage der Berliner Zeitung vom 30. Juni 2000 zum Thema Privatuniversitäten. Interessant ist auch die Bemerkung Erhardts, die Ziele der jüngsten Privathochschulgründungen läsen sich wie eine Defizitliste der staatlichen Universitäten, Erhardt, Mehr Wettbewerb - weniger Staat: Hochschulreform in Deutschland: WissR 32 (1999), S. 1 ff. (6).
Einleitung
Dennoch führten Privathochschulen bis vor wenigen Jahren ein relativ unbeachtetes Dasein zwischen staatlicher Anerkennung und Exotentum. Das lag vor allem daran, daß es zwar mehrere kirchliche Hochschulen, zumeist Fachhochschulen, aber nur wenige den Universitäten vergleichbare wissenschaftliche Hochschulen in privater Trägerschaft gab. Seit ungefähr drei Jahren jedoch werden relativ viele Privathochschulen gegründet, die nicht nur eine spezielle berufsbezogene und besonders praxisorientierte Ausbildung anbieten, sondern wie die staatlichen Universitäten Stätten der wissenschaftlichen Forschung und Lehre sein wollen 6 . Allerdings haben diese Privathochschulen einen weniger starken Anteil an der deutschen Hochschullandschaft, als dies die Menge der Zeitungsberichte und die zum Teil erhebliche staatliche Förderung vermuten läßt. So studieren derzeit nur etwa 0,6% aller Studierenden in Deutschland an einer Privathochschule mit Studiengängen, die mit universitären Studiengängen vergleichbar sind7. Gleichwohl scheinen die Privathochschulen willkommene Experimente einer sich ändernden Universitätsidee zu sein. Sie sollen auch für die staatlichen Hochschulen neue Impulse geben8: Die Studierenden einer Privathochschule werden neben der Theorie zumeist von Beginn des Studiums an durch Praktika, Firmenaufträge und in der Praxis angesiedelte Projekte an Probleme der Berufspraxis herangeführt. Zudem werden an Privathochschulen häufig Vertreter der Wirtschaft als Dozenten für ein bestimmtes Projekt oder über einen längeren Zeitraum beschäftigt. Diese Praxisorientierung und Verschränkung mit der Wirtschaft hält inzwischen vereinzelt auch an staatlichen Hochschulen Einzug. So werden zum Beispiel mit dem steigenden Ansehen sowohl der Privathochschulen als auch des KostenNutzen-Denkens Studiengebührenmodelle, wie sie bereits an Privathochschulen praktiziert werden, auch für staatliche Hochschulen diskutiert. Auch in dem Bereich der Auswahl der Studienbewerber werden Methoden wie Bewerbungsgespräch und Eingangstest, die von Beginn an an den Privathochschulen praktiziert wurden, für die staatlichen Hochschulen übernommen9.
6 Eine Übersicht zu den zu Beginn der Arbeit geplanten und inzwischen zum Teil verwirklichten Hochschulprojekten findet sich in: DIE ZEIT, Nr. 31 vom 23. 07. 1998, S. 25. Pilgram, Wie das Herz der Wissenschaft schlägt: SZ vom 25. 07. 2000, S. 13, berichtet von insgesamt 22 Privathochschulgründungen seit 1990. Eine neuere Übersicht über die in den letzten Jahren staatlich anerkannten sowie über die derzeit geplanten Privathochschulen bietet Barthold, Die Alternative: Privat studieren, 2000, S. 51 ff., 91 ff. 7 Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch 2000, Tabelle 16.9: Studierende an Universitäten, S. 378 ff.: Im Wintersemester 1999/2000 studierten an Privathochschulen 6386 von insgesamt 1.145.248 Studierenden, also nur ungefähr 0,6%. Rechnet man die privaten Fachhochschulen mit ein, kommt man auf 2% aller Studierenden, Woll, Reform der Hochschulausbildung durch Wettbewerb, 2001, S. 64. 8 Barthold, Die Alternative: Privat studieren, S. 13 f., 45 ff. 9
In Baden-Württemberg können in bestimmten Studiengängen 40% der Studierenden über ein besonderes Eignungsfeststellungsverfahren der Hochschule ausgesucht werden, § 6 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 BW HochschulzulassungsG. S. dazu auch die Stellungnahme des Ministeriums in LandtagsdruckS. 12/4114, S. 2 ff.
14
Einleitung
Die Veränderungen und Reformbestrebungen an den staatlichen Hochschulen werden dabei jedoch nicht allein durch die Praxis an den Privathochschulen genährt, sondern in hohem Maße auch durch den häufig zu findenden Vergleich vor allem mit den U S A 1 0 . Dort gehören die Kostenbeteiligung der Studierenden und der Wirtschaft oder die leistungsorientierte Bezahlung der Professoren genauso zum Alltag wie die (zahlreichen) Privathochschulen, deren Namen nicht nur durch hohe Studiengebühren, sondern vor allem durch die Zahl der von ihnen hervorgebrachten Nobelpreisträger und wissenschaftlichen Erkenntnisse bekannt sind. Während das Thema Privathochschulen in Tagespresse und Zeitschriften 1 1 recht präsent ist, gibt es dazu kaum neuere wissenschaftliche Literatur. Die jüngsten wissenschaftlichen Publikationen i m Themenbereich von Wissenschaft und Hochschulen beschäftigen sich mit Problemen an oder Reformvorschlägen für die staatlichen Hochschulen 1 2 , Überlegungen zu Privathochschulen finden sich dagegen kaum. Dabei erscheint jedoch bemerkenswert, daß - bis auf eine Ausnahme 1 3 - alle Neugründungen durch zum Teil erhebliche staatliche Finanzmittel unterstützt werden: Während die Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung in KoInteressant ist in diesem Zusammenhang das Buch von Müller-Böling, Die entfesselte Hochschule, in dem von Privathochschulen zwar nur ganz am Rande die Rede ist, das aber so hat man den Eindruck - nach und nach alle diejenigen Modelle und Veränderungen für staatliche Hochschulen vorschlägt, die gemeinhin als die Vorzüge der Privathochschule angesehen werden. 10 Eine ausführliche Darstellung der rechts vergleichenden Sichtweise würde den Umfang und Rahmen der Arbeit sprengen; s. zum Vergleich mit anderen Hochschulsystemen etwa Rothfuß, Hochschulen in den USA und in Deutschland, 1997; Teichler, Europäische Hochschulsysteme: Die Beharrlichkeit vielfältiger Modelle, 1990; Th. Groß, Die Autonomie der Wissenschaft im europäischen Rechtsvergleich, 1992. Zur Schwierigkeit eines Vergleichs zwischen dem deutschen und dem Hochschulsystem der USA Thomä, Anstachelung aus Amerika: Forschung & Lehre 2001, S. 81 f.; s. auch die Stellungnahme des Deutschen Anglistenverbandes, http://www.anglistenverband.de (Stand: 05. 02. 2001), gekürzte Fassung in SZ vom 09. 05. 2000, S. V2/16; Kohl/Fludernik/Zapf, Vorbild Nordamerika?: Forschung & Lehre 2000, S. 302 ff. 11 Z. B. in der Zeitschrift des Hochschullehrerverbandes Forschung & Lehre oder der Deutschen Universitätszeitung (DUZ), jetzt DUZ: das unabhängige Hochschulmagazin. 12 Aus der jüngsten Literatur seien als Beispiele genannt Müller/Hettich (Hrsg.), Die gute Universität - Beiträge zu Grundfragen der Hochschulreform, 2000; Morkel, Die Universität muß sich wehren - Ein Plädoyer für ihre Erneuerung; Hoffacker, Die Universität des 21. Jahrhunderts - Dienstleistungsunternehmen oder öffentliche Einrichtung?, 2000; Dorf, Der Universitätsprofessor: Hochschullehrer im Beamtenverhältnis - Selbstverständlichkeit und /oder Notwendigkeit?, 2000; Hillermann, Die Durchsetzung des Hochschulselbstverwaltungsrechts vor dem Bundesverfassungsgericht, 2000; Müller-Böling, Die entfesselte Hochschule; aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive mit internationalem Vergleich Liefner, Leistungsorientierte Resourcensteuerung in Hochschulsystemen, 2001; Koch, Verfassungsfragen eines neuen Hochschulrechts für Niedersachsen: Wissenschaftsrecht Bd. 34 (2001), S. 57 ff. 13 Die im Jahr 2000 anerkannte von der ZEIT-Stiftung getragene Gerd-Bucerius LawSchool in Hamburg ist die einzige Neugründung, die derzeit nicht staatlich mitfinanziert wird.
Einleitung
blenz-Vallendar seit ihrer Gründung im Jahr 1984 auf staatliche Zuwendungen verzichtet und sich die Privatuniversität Witten-Herdecke in den ersten 13 Jahren seit der Gründung 1982 ebenfalls ausschließlich selbst finanziert hat 14 , wurde und wird z.B. die 1998 gegründete International University Bruchsal schon vor Beginn des Lehrbetriebes durch die Stadt Bruchsal und das Land Baden-Württemberg durch die Übernahme der Umbaukosten für das Hochschulgebäude, durch das mietfreie Zurverfügungstellen der Lehr- und Verwaltungsgebäude auf die Dauer von fünf Jahren sowie seit dem Jahr 2000 fünf Jahre lang mit je 2 Mio. DM unterstützt 15. Das mehr oder weniger zeitgleich entwickelte Stuttgart Institute of Management and Technology erhält vom Land über fünf Jahre verteilt 15 Mio. D M 1 6 . Besonders bemerkenswert erscheint die von der Stadt Bremen zugesagte Anschubfinanzierung der 1999 gegründeten International University Bremen in Höhe von 230 Mio. D M 1 7 . Diese zum Teil massiv erscheinenden Finanzhilfen sind besonders bemerkenswert vor dem Hintergrund, daß der Staat einerseits für die eigenen Hochschulen derzeit die Mittel erheblich kürzt, andererseits aber private Bildungseinrichtungen unterstützt. Diese beschreiten mit den hohen Studiengebühren und strengen Auswahlverfahren, ihrer anderen Studienkonzeption sowie zum Teil anders qualifizierten Hochschuldozenten Wege, die den staatlichen Hochschulen (derzeit noch) verwehrt sind 18 . Politisch läßt sich die staatliche Förderung privater Einrichtungen, die mit bewußter Elitebildung und Wirtschaftsorientierung der Zielrichtung der eigenen Hochschulen entgegenzustehen scheinen, möglicherweise damit erklären, daß die private Konkurrenz das staatliche Hochschulwesen beleben kann 19 oder auch in der Gesellschaft die Akzeptanz für wirtschaftliche Gesichtspunkte im Hochschulbereich fördern soll. In rechtlicher Hinsicht erscheint darüber hinaus erörterungsbedürftig, ob sich die staatlichen Hochschulen gegen die staatliche Finanzhilfe der Privathochschulen zur Wehr setzen können, und inwieweit die rechtliche Stellung und tatsächliche Situation der staatlichen Hochschulen Grenzen für die Förderung der Privathochschulen bilden 20 . Im Hinblick auf die Privathochschulen selbst ist problematisch, ob nicht durch die Finanzhilfe Möglichkeiten der 14
S. dazu die jeweiligen Homepages der Privathochschulen http://www.whu-koblenz.de/ finanz.htm (Stand 03. 11. 2000) und http://www.uni-wh.de/de/service/wir/eckdaten.htm (Stand 10. 10. 2000). 15 Angaben nach Rodde, Weder privat noch universitär: DUZ 1998, S. 8 f. Diese Angaben wurden auf Nachfrage von der Privathochschule bestätigt. S. auch die Stellungnahme des Ministeriums in: Landtagsdrucks. 12/3856, S. 4. 16 Rodde, Weder privat noch universitär: DUZ 1998, S. 8 f. 17 S. dazu die Internetseite der International University Bremen http://www.iub.rice.edu/ article.cfm?ID=26 (Stand 23. 01. 2001). 18 Kritisch dazu Reumann, Peinliche Konkurrenz: FAZ vom 29. 05. 1999, S. 12; Seeling, Herzlich Willkommen, liebe Konkurrenz: DUZ 1999, S. 14 f. 19 Barthold, Die Alternative: Privat studieren, S. 13. 20 Zu diesem Themenbereich hat der SPIEGEL in Bremen ein Forum abgehalten, s. die Dokumentation in Steuer-Millionen für private Elite-Unis?: Uni, Das StudentenMagazin des SPIEGEL, 4/1999, S. 15 ff.
16
Einleitung
staatlichen Einflußnahme auf die Privathochschule eröffnet werden. Letzteres mag aus Sicht der Privathochschule unerwünscht, für Befürworter einer staatlichen Letztverantwortung im Hochschulbereich jedoch notwendig sein. Die staatliche Förderung von Privathochschulen ist insofern eingebunden in den rechtlichen Rahmen, der durch die Rechte der Privathochschulen, der gesetzlichen Anforderungen an Privathochschulen sowie die Rechte der um die Mittel möglicherweise konkurrierenden staatlichen Hochschulen gesteckt wird. Als relevante Vorschriften finden sich auf der verfassungsrechtlichen Ebene neben der ausdrücklichen Gewährleistung der Privathochschule in einigen Landesverfassungen - vor allem die Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bzw. ihre landesverfassungsrechtlichen Entsprechungen21 sowie auf der einfachgesetzlichen Ebene die Regelung der staatlichen Anerkennung in § 70 HRG und seine entsprechenden landesrechtlichen Ausformungen 22. Daneben werden auch die allgemeinen, insbesondere haushaltsrechtlichen Vorschriften für staatliche Finanzhilfen relevant. Keine gesetzliche Regelung gebietet jedoch die staatliche Förderung von nichtkirchlichen wissenschaftlichen Privathochschulen. Eine staatliche Leistungsverpflichtung bzw. ein Leistungsanspruch der Privathochschule könnte sich aber unter Umständen aus den Grundrechten ergeben. Damit stellt sich die Frage, warum der Staat dennoch Privathochschulen unterstützt, obwohl er doch auch eigene Hochschulen unterhält 23. Diese Frage zielt auf die Stellung der Privathochschule im Verhältnis zum Staat. In einigen Bundesländern ist für die Errichtung einer Privathochschule eine staatliche Genehmigung erforderlich. Aber auch in den gesetzlichen Vorschriften zur staatlichen Anerkennung wird deutlich, daß die Privathochschule sich am Bild der staatlichen Universität auszurichten hat. So muß sie dasselbe Studienziel verfolgen, die Studienbewerber wie die Hochschullehrer müssen über dieselben Qualifikationen verfügen wie an einer staatlichen Hochschule und die private Einrichtung muß, dem Bild der staatlichen Universität entsprechend, grundsätzlich mehrere Studiengänge anbieten 24 . Diese Regelungen sind jedoch nur dann zulässig, wenn sie die grundrechtliche Stellung der Privathochschule beachten. Als einschlägige Grundrechte kommen hier neben Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auch Art. 7 Abs. 4 GG, der die quasi „parallele" Einrichtung der Privatschule garantiert, Art. 12 Abs. 1 GG sowie als Auffang21 Art. 108 BayVerf; Art. 21 BerlVerf; Art. 31 Abs. 1 BrbgVerf; Art. 11 Abs. 1 BremVerf; Art. 10 HessVerf; Art. 7 Abs. 1 MeVoVerf; Art. 9 Abs. 1 RhPfVerf; Art. 5 Abs. 3 SaarVerf; Art. 21 SachsVerf; Art. 10 SaAnVerf; Art. 27 Abs. 1 ThürVerf. 22 Z. B. § 128 BWUG; Art. 108 BayHG; § 123 BerlHG; § 78 BrbgHG; § 112 BremHG; § 144a HambHG; §§ 101, 102 HessHG; § 125 MeVoHG; § 113 NRWHG; § 135 NdsHG; § 115 RhPfUG; § 121 SachsHG; § 107 SaAnHG; § 106 SchlHHG; § 113 ThürHG. 23 In diese Richtung zielt auch der Kommentar von Pilgram, Unis, die das Fürchten lehren: SZ vom 27. 07. 1998, S. 4; ähnlich Seeling, Herzlich Willkommen, liebe Konkurrenz: DUZ 1999, S. 14 f. 24 So bereits § 70 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 HRG; s. dazu unter § 1II. sowie § 4 II. 2.
Einleitung
tatbestand Art. 2 Abs. 1 GG in Betracht. Doch ist mit dem Auffinden möglicher grundrechtlicher Garantien noch nicht viel gewonnen; als Prüfungsmaßstab für die Zulässigkeit der genannten Vorschriften kann das entsprechende Grundrecht nur dann dienen, wenn sein Schutz sowohl die Gründung als auch den Betrieb einer Hochschule umfaßt. Zudem ist erörterungsbedürftig, ob sich auf den Schutz des Grundrechts neben den natürlichen Grundrechtsträgern (Hochschullehrer und Studierende) auch der Hochschulgründer, der selbst nicht wissenschaftlich tätig wird, oder sogar die Privathochschule selbst berufen kann - auch für den Fall, daß sie rechtlich nur ein Vermögen darstellt. Die staatliche Förderung und die Vorschriften über Privathochschulen lassen also erkennen, daß sich der Staat selbst der Aufgabe angenommen hat, Hochschulen für die Ausbildung der Studierenden einerseits und als Einrichtungen für die Wissenschaft andererseits bereitzuhalten. Wenn man die rechtliche Stellung der Privathochschule erarbeiten möchte, muß man sich also auch eingehend der staatlichen Seite widmen. Die Beschäftigung mit dem grundsätzlichen Verhältnis zwischen Staat und Hochschule wird neben den Vorschriften zur Genehmigung und staatlichen Anerkennung von Privathochschulen auch von kritischen Überlegungen zur Zulässigkeit von Privathochschulen überhaupt angeregt. So wurde lange Zeit behauptet, nur der Staat könne an seinen Hochschulen freie Wissenschaft ermöglichen 25. Bislang konnten die Konzepte der Daseinsvorsorge, des Kulturstaatsprinzips sowie der Subsidiarität das staatliche Tätigwerden begründen. Doch richten diese Konzepte ihr Augenmerk beinahe ausschließlich auf den Staat und seine mehr oder weniger selbst definierten Aufgaben. Inzwischen scheinen sich mit der Privatisierungsdiskussion, der Steuerungsdebatte und der zunehmenden Kooperation zwischen staatlichen und privaten Akteuren nicht nur die Begrifflichkeiten, sondern auch die Inhalte oder doch zumindest die Blickwinkel gewandelt zu haben. Die oben angedeuteten Überlegungen über Studiengebühren, Praxisorientierung, Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft und nicht zuletzt die wachsende Zahl von Privathochschulen weisen darauf hin, daß auch im Hochschulbereich neue Wege beschritten werden, für deren Erklärung die alten Modelle und Konzepte als nicht mehr ausreichend erscheinen. Für das Verwaltungsrecht hat sich inzwischen das Verantwortungskonzept 26 etabliert, das zwar eine Verantwortung des Staates anerkennt, diese aber mit verschiedenen „Qualitätsstufen" versieht. Auf diese Weise läßt sich zum Beispiel erklären, daß dem Staat gewisse Verantwortlichkeiten zukommen, er aber durch diese Feststellung noch nicht verpflichtet ist, diese durch eigene Einrichtungen zu erfüllen, sondern die Verantwortung auch Privaten übertragen werden kann. Es wird dadurch der Bogen gespannt zu den Vorschriften für 25
Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, 1969, S. 320 f. Schmidt-Aßmann, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, in: ders./HoffmannRiem (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1993, S. 7 ff. (43 f.); Schuppert, Verwaltungswissenschaft, 2000, S. 408 ff. Näher dazu unter § 2 III. 2. c). 26
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die private Erfüllungsübernahme, denn auch das Setzen von Regeln könnte sich als das Wahrnehmen von Verantwortung, aber eben einer andersgearteten als bei der Erfüllung durch eigene Einrichtungen, darstellen. Dieses Konzept könnte auch auf die Situation im Hochschulbereich passen: Der Staat unterhält eigene Hochschulen, steht damit aber grundrechtlich geschützten Privathochschulen gegenüber, die ihrerseits eigene Hochschulkonzepte mit anderen Schwerpunkten und Ideen verfolgen als die staatlichen Hochschulen. Durch die Regelung der privaten Aufgabenwahrnehmung sowie durch die aktive staatliche Unterstützung in Form von Finanzhilfen oder ähnlichem wird der Staat zwar in anderer Art und Weise tätig, aber möglicherweise mit ähnlicher Motivation. Gerade der Aspekt der staatlichen Förderung von Privathochschulen, wie sie bei den jüngsten Hochschulgründungen sichtbar wird, deutet auf eine andere Gewichtung im bisher eindeutig zugunsten der staatlichen Hochschulen gewichteten Verhältnis zwischen Staat und Privathochschulen hin. Dieser anderen Gewichtung und ihrer rechtlichen Einordnung widmet sich die vorliegende Arbeit.
II. Ziel der Untersuchung Ziel der Arbeit ist es, die Stellung der Privathochschule im Verhältnis zum Staat zu beschreiben und die staatliche Förderung von Privathochschulen als Ausprägung dieses Verhältnisses zu begreifen. Dabei werden die historischen und verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen sowohl im Hinblick auf das staatliche Engagement, insbesondere in Form eigener Hochschulen, als auch hinsichtlich der Privathochschulen zu untersuchen sein. Auf der Basis dieses Verhältnisses wird der rechtliche Grund der staatlichen Förderung zu erörtern sein. Schließlich sollen - die Erkenntnisse zusammenfassend - verschiedene Modelle der staatlichen Förderung von Privathochschulen entwickelt werden.
I I I . Gegenstand der Untersuchung: die Privathochschule Der Begriff der Privathochschule wird in der Literatur in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet und bedarf daher vorab einer Klärung. Privathochschulen werden auch als nichtstaatliche Hochschulen bezeichnet. In Abgrenzung zu den staatlichen Hochschulen, die im Rahmen der sogenannten Kulturhoheit von den Ländern getragen werden, können die nichtstaatlichen Hochschulen unterteilt werden in die kirchlichen Hochschulen, die Bundeshochschulen und die „echten" Privathochschulen27.
27
S. dazu Thieme, Privathochschulen in Deutschland - Chancen für die Zukunft, 1988, S. 11 ff.\Lee, Verfassungsrechtliche Grundprobleme des Privathochschulwesens, 1993, S. 12 ff.
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Die Kirchlichen Hochschulen werden durch die kirchliche Trägerschaft geprägt; meistens dienen sie der Ausbildung eigener Geistlicher oder der später im kirchlichen Bereich Tätigen. Dazu gehören neben theologischen vor allem soziale Berufe. Die Anzahl der kirchlichen Hochschulen in Deutschland ist recht hoch 28 . Gleichwohl kann im Rahmen dieser Arbeit nicht näher auf sie eingegangen werden, da ihr Status wegen der staatskirchenrechtlichen Einbettung und der zum Teil besonderen einfachgesetzlichen Vorschriften in den Hochschulgesetzen besonders geregelt und geschützt ist und daher besonderer Erörterung bedürfte 29. Die Bundeshochschulen werden zwar durch den Bund, also den Staat getragen, sie gelten aber dennoch als nichtstaatliche Hochschulen im Sinne des Hochschulrechts 30. Derzeit zählen zu dieser Kategorie zwei Bundeswehrhochschulen sowie Fachhochschulen für die Bundesverwaltung. Auch diese Hochschulen unterliegen einem eigenen Rechtsregime und fallen daher aus dem Untersuchungsrahmen heraus. „Echte" Privathochschulen sind demgegenüber relativ schwierig zu umgrenzen, gibt es sie doch in vielfältiger Form 31 . Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal gegenüber den staatlichen sowie den übrigen nichtstaatlichen Hochschulen stellt das der privaten, nichtkirchlichen Trägerschaft dar 32 . Hinter der Hochschule stehen Privatleute, private Zusammenschlüsse wie Vereine oder Gesellschaften oder zumindest private Vermögen 33. Allein diese Gruppe der Hochschulen soll Gegenstand der Untersuchung sein.
28 Derzeit gibt es jeweils 17 katholische und evangelische staatlich anerkannte Hochschulen sowie drei Hochschulen anderer Religionen; vgl. die Ubersicht und Kurzbeschreibungen bei Barthold, Die Alternative: Privat studieren, 2000, S. 95 ff. 29 Vgl. aber zu kirchlichen Hochschulen etwa Hechel, Die neue Hochschulfreiheit der nichtstaatlichen Hochschulen: JZ 1986, S. 509 ff.; Solte, Die evangelischen kirchlichen Hochschulen in der neueren Rechtsentwicklung: WissR 1983, Beiheft 8, S. 1 ff.; Baldus, Rechtsstellung und Aufgaben nichtstaatlicher, insbesondere kirchlicher Fachhochschulen: WissR 30 (1997), S. 1 ff.; Karpen, Rechtliche Stellung und Chancen einer Privatuniversität. Unter besonderer Berücksichtigung der Katholischen Universität Eichstätt: WissR 23 (1990), S. 123 ff. 30 Thieme, Privathochschulen in Deutschland, S. 10; Lorenz , Privathochschulen, in: Flämig (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, 2. Aufl. 1996, S. 1159. Der Grund liegt darin, daß die Hochschulen grundsätzlich Einrichtungen der Länder sind, die Bundeshochschulen insoweit also eine Ausnahme darstellen. 31 Bei Barthold, Die Alternative: Privat Studieren, findet sich ab S. 51 eine Aufstellung der unterschiedlichen Formen, Ansätze und Ziele der Privathochschulen, im hinteren Teil des Buches werden alle derzeit bestehenden staatlich anerkannten Hochschulen steckbriefartig dargestellt. Zur Zeit gibt es in Deutschland 49 private Hochschulen, davon ist der weitaus größte Teil dem Bereich der Fachhochschulen oder der beruflichen Weiterbildung zuzurechnen. 32
So auch Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit, 1980, S. 26 ff. Zur Frage der Privathochschulgründung durch staatliche Hochschulinstitute Erichsen, Verfassungsfragen der Hochschulprivatisierung, in: FS Söllner, 2000, S. 287 ff. 33
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In diese Gruppe der Privathochschulen gehören grundsätzlich auch die Hochschulneugründungen von ausländischen Privathochschulen in Deutschland. Die Unterscheidung zwischen diesen und den allein in Deutschland ansässigen Privathochschulen wird jedoch nur für die Frage der Zulassung der Niederlassung EUausländischer Hochschulen relevant, weil sich diese auf die europarechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheiten der Art. 43, 49, 50 EGV berufen können. Grundsätzlich müssen daher die Privathochschulen, die bereits in einem EUMitgliedsstaat zugelassen sind, nicht mehr die besonderen Vorschriften in Deutschland erfüllen. Eine umfassende Untersuchung der sich daraus ergebenden Fragestellungen, insbesondere die Frage der Inländerdiskriminierung oder der Gleichbehandlung hinsichtlich der staatlichen Förderung, kann im Rahmen der Zielsetzung dieser Arbeit nicht geleistet werden 34. Hier sollen daher vor allem die zur Zeit in der Praxis vordringlichen Probleme im Zusammenhang mit allein in Deutschland gegründeten Privathochschulen im Mittelpunkt stehen. Während sich die bisher genannten Differenzierungen vor allem aus dem Kriterium der tatsächlichen Trägerschaft ergeben, werden sie doch alle dem Hochschulbereich zugerechnet. Was genau eine Hochschule inhaltlich ausmacht, wird weder durch das Hochschulrahmengesetz noch die Landeshochschul- oder -universitätsgesetze definiert 35 . § 1 HRG zählt als Hochschulen die Universitäten, Pädagogischen Hochschulen, Kunsthochschulen, Fachhochschulen, staatlich anerkannte Hochschulen und sonstige Einrichtungen, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind, auf. In der Literatur findet sich daneben die Unterscheidung zwischen wissenschaftlichen Hochschulen im engeren Sinn, die sich durch die Einheit von Forschung und Lehre, das Angebot mehrerer Fachgebiete sowie durch das Promotions- und Habilitationsrecht auszeichnen, und Hochschulen im weiteren Sinn, zu denen zum Beispiel die Pädagogischen Hochschulen gerechnet werden, und Fachhochschulen36. Das Merkmal des Promotions- und Habilitationsrechts erweist sich für die Einordnung der hier zu untersuchenden Privathochschulen schon deshalb als untauglich, weil ein solches erst mit der staatlichen Anerkennung verliehen wird oder verliehen werden kann, dann aber offensichtlich nicht den materiellen Hochschulbegriff zu definieren vermag. Zudem ist es auch als Differenzierungskriterium zwischen wissenschaftlichen Hochschulen im enge34 Vgl. dazu aber allgemein Groß, Die Autonomie der Wissenschaft im europäischen Rechts vergleich; Wagner,.Gibt es ein Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit im europäischen Gemeinschaftsrecht?: DOV 1999, S. 129 ff.; zur Frage der Niederlassung ausländischer Hochschulen Ohler, Die Anerkennung ausländischer Hochschulen in Deutschland als Problem des Gemeinschaftsrechts: WissR 31 (1998), S. 170 ff.; Bostedt, Europarecht im deutschen Verwaltungsprozess (7): Schul-, Hochschul- und Prüfungsrecht, Ausbildungsförderung, Anerkennung ausländischer Abschlüsse: VB1BW 2001, S. 201 ff., 299 ff. (301 f.). 35 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Akkreditierung privater Hochschulen, Drucks. 4419/00 vom 21. 01. 2000, S. 7; Krüger, Grundtypen der Hochschulen, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 206. 3 6 Krüger, in: Flämig (Hrsg.), Hdb WissR, Bd. 1, S 206 ff. (208 ff.), der darüber hinaus noch weitere Kategorien bildet, die hier nicht weiter relevant werden.
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ren Sinn und solchen im weiteren Sinn problematisch, weil häufig auch Fachhochschulen oder Pädagogische Hochschulen im Rahmen ihres Aufgabenbereichs das Recht zu Promotion und Habilitation besitzen37. Demgegenüber erscheinen vor allem die Merkmale der Einheit von Forschung und Lehre, aber auch grundsätzlich eine gewisse Fächerbreite als brauchbare Abgrenzungskriterien für wissenschaftliche Hochschulen. Viele kirchliche Hochschulen sowie einige Privathochschulen werden gemeinhin der Ebene der Fachhochschulen zugerechnet. Diese entstanden ursprünglich, als die dem Schulwesen zugerechneten höheren Fachschulen aufgewertet wurden und dem Bereich der Hochschulen unterfallen sollten 38 . Heute werden vielfach die Fachhochschulen zu der Gruppe der wissenschaftlichen Hochschulen gezählt. Damit sollen die Fachhochschulen wiederum aufgewertet werden; auch zielt diese Einordnung auf die politische Durchsetzung eines Ausweichens auf die Fachhochschulen, um die Universitäten zu entlasten. Deutlich wird die Aufwertung unter anderem in der Formulierung einiger Landesgesetze, die die frühere Bezeichung „Universitätsgesetz" durch die des ausdrücklich auch für Fachhochschulen geltenden „Hochschulgesetzes" ersetzen 39. Die Bezeichnung der Fachhochschulen als wissenschaftliche Hochschulen ist jedoch umstritten 40. Die Zuordnung der Privathochschulen zu den Ebenen der Universität bzw. Fachhochschule ist daher nicht sehr ertragreich, zumal dies wegen der vielfältigen Formen und Typen von Privathochschulen kaum trennscharf möglich wäre. Es empfiehlt sich vielmehr, zwischen wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen 41 Hochschulen zu unterscheiden. Diejenigen Privathochschulen, die in den letzten Jahren das Interesse der Öffentlichkeit geweckt haben, sind alle dem Bereich der wissenschaftlichen Hochschulen zuzuordnen oder bezeichnen sich jedenfalls selbst als solche. Diese Arbeit widmet sich daher im wesentlichen der Untersuchung wissenschaftlicher Hochschulen in privater Trägerschaft.
IV. Gang der Untersuchung Die verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorschriften des Bundes sowie aller Bundesländer, die zum einen grundsätzlich etwas zu dem Verhältnis zwi37 Vgl. insofern z. B. §§ 41,41a BWPHG. 38
Im Zusammenhang mit privaten Hochschulen dazu Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit; allgemein Krüger, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 206 ff (218 f.). 39 So z. B. in Nordrhein-Westfalen, vgl. die Gesetzesbegründung vom 23. 08. 1999 in Landtagsdrucks. 12/4243, S. 2: „Teile eines einheitlichen Hochschulsystems". 40 Vgl. nur Krüger, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 206 ff. (219 ff.) m. w. N. 41
Mit dem Begriff der nichtwissenschaftlichen Hochschule soll keineswegs ein Werturteil verbunden, sondern nur eine andere Zielsetzung und Aufgabenstellung deutlich gemacht werden.
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sehen Staat und Privathochschule aussagen und zum anderen zum Anknüpfungspunkt für die staatliche Förderung gemacht werden, weisen den Weg zu einer Zweiteilung der Arbeit: In einem ersten Teil (Kapitel eins bis vier) wird die rechtliche Stellung der Privathochschule im bundesdeutschen Hochschulsystem dargestellt. Der zweite Teil (Kapitel fünf bis sieben) beschäftigt sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und verschiedenen Möglichkeiten der staatlichen Förderung vor dem Hintergrund des im ersten Teil erarbeiteten Verhältnisses einer Verantwortungsteilung. Der erste Teil beginnt im ersten Kapitel damit, die verschiedenen verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Rahmenbedingungen vorzustellen und anhand von Modellen hinsichtlich des in den Regelungen jeweils zum Ausdruck gebrachten Verhältnisses zwischen Privathochschule und Staat zu systematisieren. Diese Regelungen zur staatlichen Genehmigung und Anerkennung schreiben der Privathochschule insbesondere vor, sich an bestimmten Prinzipien der staatlichen Hochschule zu orientieren. Das zweite Kapitel beschäftigt sich daher mit der - in den Vorschriften als sehr bedeutend erscheinenden - Verantwortung des Staates für den Hochschulbereich. Nach einem historischen Abriß und der Frage, ob dem Staat ein Hochschulmonopol zukommt, widmet sich ein längerer Abschnitt zunächst den bisherigen Erklärungsmodellen einer staatlichen Aufgabenübernahme und versucht dann, eine Verbindungslinie zu dem allgemeinen Privatisierungstrend zu ziehen, um zu zeigen, daß die bisherigen Erklärungsmuster auch im Hochschulbereich die veränderte Situation nicht mehr ausreichend zu begründen vermögen und daher neue Begriffe und Beschreibungen gesucht werden müssen. Dabei wird vor allem das Konzept einer Verantwortungsstufung und Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privathochschule zu untersuchen sein. Die Behandlung dieses Konzeptes leitet über zum dritten Kapitel, in dem die verfassungsrechtliche Verankerung der Privathochschule und ihres Verantwortungsbereichs erörtert wird. In der Literatur finden sich verschiedene Ansichten darüber, welchem Grundrecht die Privathochschule zugeordnet werden könnte. Im Rahmen der Untersuchung der Reichweite der einschlägigen grundrechtlichen Garantien des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sowie des Art. 12 Abs. 1 GG wird diskutiert, ob sowohl die Errichtung als auch der Betrieb einer Privathochschule geschützt sind. Zudem ist problematisch, ob sich auch der Hochschulgründer in den Varianten der natürlichen Person oder eines Vermögens auf die grundrechtliche Garantie berufen kann. Anhand des auf diese Weise erarbeiteten verfassungsrechtlichen Maßstabes für die staatliche Verantwortung einerseits und für die grundrechtliche Garantie der Privathochschule andererseits werden im vierten Kapitel die eingangs anhand von Modellen systematisierten Vorschriften zur staatlichen Genehmigung und staatlichen Anerkennung der Privathochschulen untersucht. Neben der Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit eines Genehmigungsvorbehalts werden die Anforderungen
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der staatlichen Anerkennung, die für die meisten Privathochschulen in der Praxis von existentieller Bedeutung ist, im einzelnen an den einschlägigen Grundrechten überprüft. Daraus soll sich dann ein umfassendes Bild des Verhältnisses zwischen Staat und Privathochschule ergeben, an dem die Verantwortungsteilung im Hochschulbereich sichtbar wird. Im zweiten Teil der Arbeit wird die staatliche Förderung als Ausprägung dieses im ersten Teil dargestellten Verhältnisses in Blick genommen. Ausgegangen wird zunächst von der Überlegung, daß eine Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privathochschule angesichts der hohen Kosten eines Hochschulbetriebs einen Anspruch auf staatliche Förderung zur Folge haben könnte. In dieser Hinsicht werden die gesetzlichen Vorschriften untersucht und die Überlegung angestellt, ob die staatliche Förderung aus der aus den Grundrechten folgenden staatlichen Schutzoder gar einer staatlichen Leistungspflicht fließen könnte. Dazu wird zunächst die Entwicklung der grundrechtlichen Schutzpflicht und die des Leistungsanspruchs in Rechtsprechung und Literatur dargestellt und kritisch hinterfragt, schließlich werden die Schlußfolgerungen für den Privathochschulbereich diskutiert. Das sechste Kapitel wendet sich den rechtlichen Vorgaben zu, die der Staat bei einer Förderung von Privathochschulen zu beachten hat. Neben den für alle staatlichen Finanzleistungen einzuhaltenden haushaltsrechtlichen Regelungen, insbesondere dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit 42, werden für die Förderung privater Hochschulen insbesondere die Grundrechte in ihrer abwehrrechtlichen Dimension relevant: Zum einen darf durch die Verknüpfung der staatlichen Finanzhilfe mit inhaltlichen Bedingungen nicht unverhältnismäßig in die Wissenschaftsfreiheit der Privathochschule und ihrer Mitglieder eingegriffen werden. Zum anderen ist die verfassungsrechtliche Stellung der staatlichen Hochschulen zu beachten. Darüber hinaus stellt sich die Frage, inwiefern eine unterschiedliche einfachgesetzliche Behandlung der kirchlichen und der hier im Mittelpunkt stehenden Privathochschulen gerechtfertigt werden kann. Auf der Grundlage dieser rechtlichen Rahmenbedingungen beschäftigt sich das siebte Kapitel mit verschiedenen Formen staatlicher Förderung. Neben der direkten Subventionierung sind auch Möglichkeiten indirekter Unterstützung, zum Beispiel durch Steuererleichterungen, Gesetzesänderungen oder Förderung der Privathochschulstudenten denkbar. Das ursprünglich aus dem Bereich der Privatschulen stammende Modell des „Bildungsgutscheins" soll in diesem Zusammenhang eingehender behandelt werden. Die unterschiedlichen Formen staatlicher Förderung sollen auf ihre Zulässigkeit im Hinblick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen und vor dem Hintergrund einer Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privathochschule untersucht werden. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse findet sich im abschließenden achten Kapitel. 42 Z. B. in § 7 BWLHO.
Erster Teil
Die verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule im bundesdeutschen Hochschulsystem § 1 Gegenwärtige Rechtslage In einem Rechtssystem wird die rechtliche Stellung von Hochschulen in privater Trägerschaft vor allem anhand der verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorschriften deutlich. In dem nun folgenden Abschnitt soll daher zunächst ein Bild der rechtlichen Stellung der Privathochschule gezeichnet werden, wie es sich nach der derzeitigen Gesetzeslage zeigt. Dieses Unterfangen steht allerdings vor dem Problem, daß Regelungen, die ausdrücklich für die Privathochschulen gelten, nur vereinzelt zu finden sind. Darüber hinaus sind für private Bildungseinrichtungen auch die zahlreichen allgemein für private Organisationen geltenden Vorschriften relevant. Dazu gehören zum Beispiel die Normen des Ordnungs-, Stiftungs-, Steuer» und Arbeitsrechts, deren umfassende Aufarbeitung den Rahmen der Arbeit sprengen würde. Daher soll im folgenden das Augenmerk auf die speziell die privaten Hochschulen betreffenden Regelungen gerichtet und nur punktuell auf andere rechtliche Rahmenbedingungen eingegangen werden.
I. Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen Bereits aus dem Blickwinkel des Grundgesetzes und der verschiedenen Landesverfassungen wird deutlich, wie unterschiedlich die Grundaussagen zu Privathochschulen ausfallen: Im Grundgesetz findet sich keine ausdrückliche Gewährleistungsnorm für die Privathochschule, überhaupt wird die Möglichkeit einer Hochschule in privater Trägerschaft gar nicht angesprochen, während für den Schulbereich in Art. 7 Abs. 1 GG zwar ein grundsätzlich staatliches Schulwesen statuiert, in Art. 7 Abs. 4 GG aber auch die Privatschule ausdrücklich gewährleistet wird. Demgegenüber wird weder die staatliche noch die private Hochschule ausdrücklich erwähnt, sondern nur allgemein die Wissenschaft, Forschung und Lehre in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantiert. Ob darunter auch das Betreiben einer Privathochschule zu fassen ist, läßt sich nur durch Auslegung ermitteln, nicht aber schon auf den ersten Blick feststellen.
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Die Kompetenzverteilungsvorschrift des Art. 75 Abs. 1 Nr. la GG begründet eine Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens. Ob darunter auch Privathochschulen zu fassen sind, muß sich demnach im übrigen nach einfachem Gesetzesrecht beurteilen. Auf Länderverfassungsebene ergibt sich ein sehr differenziertes Bild: Alle „neuen" Länderverfassungen, also die Verfassungen Brandenburgs, Mecklenburg* Vorpommerns, Sachsens, Sachsen-Anhalts und Thüringens, lassen ausdrücklich freie Träger zu 1 , Art. 32 Abs. 2 BrbgVerf enthält sogar ein Recht auf Errichtung von Hochschulen in freier Trägerschaft. Diese Länderverfassungen eignen sich also im Rahmen einer vereinfachten Darstellung zur Zusammenfassung in einer Gruppe. Eine zweite große Gruppe von Länderverfassungen enthalten vom Wortlaut her neutrale Formulierungen gegenüber Privathochschulen. Die Verfassungen BadenWürttembergs, Berlins, des Saarlandes, Niedersachsens und von Rheinland-Pfalz 2 beschränken sich auf die Formulierung der Wissenschaftsfreiheit, ähnlich wie die Gewährleistung in Art. 5 Abs. 3 GG, oder enthalten im Sinne einer Staatszielbestimmung die Aufforderung zu Schutz und Förderung der Wissenschaft 3. Zum Teil findet sich auch die Garantie der akademischen Selbstverwaltung4. Die Hamburgische Verfassung besitzt wie die Schleswig-Holsteinische Verfassung keinen eigenen Grundrechtskatalog, für sie sind demnach allein die Grundrechte des Grundgesetzes relevant. Beide Verfassungen sagen darüber hinaus auch im Rahmen einer Staatszielbestimmung nichts weiter über Privathochschulen, Art. 9 Abs. 1 SchlHVerf enthält aber eine Staatszielbestimmung zum Schutz der Wissenschaft, Forschung und Lehre. Eine dritte Gruppe von Länderverfassungen spricht entweder direkt eine staatliche Alleinzuständigkeit für Hochschulen aus oder macht zumindest die staatliche Letztverantwortung durch das Festschreiben einer staatlichen Aufsicht deutlich: Gemäß Art. 4 Abs. 1 NRWVerf sind die Grundrechte des GG unmittelbar geltendes Landesrecht, also auch die Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG. Im übrigen gewährleistet Art. 16 NRWVerf die Selbstverwaltung der Universitäten und Hochschulen, allerdings im Rahmen einer verfassungsrechtlich festgelegten staatlichen Aufsicht. Ahnlich garantiert Art. 10 HessVerf allgemein die Wissen-
1 Vgl. Art. 32 Abs. 2 BrbgVerf, Art. 16 Abs. 3 Satz 2 MeVoVerf, Art. 107 Abs. 4 SächsVerf, Art. 31 Abs. 1 Satz 2 SaAnVerf, Art. 28 Abs. 2 ThürVerf. 2 Art. 21 BerlVerf; Art. 9 Abs. 1 RhPfVerf; Art. 5 Abs. 2 SaarlVerf. Durch Art. 2 Abs. 1 BWVerf und Art. 3 Abs. 2 Satz 1 NdsVerf werden die Grundrechte des Grundgesetzes Bestandteil der Landesverfassungen, eine nochmalige Aufführung der Wissenschaftsfreiheit unterbleibt daher. 3 Art. 9 Abs. 1 SchlHVerf. 4 Art. 20 Abs. 1, 2 BWVerf; Art. 5 NdsVerf; Art. 39 Abs. 1 RhPfVerf; Art. 33 Abs. 2 SaarlVerf.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
schaftsfreiheit, wohingegen Art. 60 HessVerf. Universitäten und Hochschulen unter staatliche Aufsicht stellt. Damit entsprechen, was die grundrechtliche Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit angeht, Art. 16 NRWVerf und Art. 60 HessVerf den landesverfassungsrechtlichen Garantien der zweiten Gruppe. Durch die Kombination der Regelungen über die universitäre Selbstverwaltung sowie der staatlichen Aufsicht über das Hochschulwesen begründen sie darüber hinaus aber ein vor allem staatliches Tätigkeitsfeld im Hochschulbereich. Ein ausdrückliches staatliches Hochschulmonopol statuiert Art. 138 Abs. 1 BayVerf, der die Hochschulen als Sache des Staates einstuft und Ausnahmen an einen Genehmigungsvorbehält knüpft. Schwierig einzuordnen bleibt Art. 34 BremVerf: Zunächst garantiert Art. 11 Abs. 1 BremVerf allgemein die Wissenschaftsfreiheit. In Art. 34 ist dann ein staatliches Hochschulmonopol angesprochen („in der Regel staatlich"), der Ausnahmefall wird allerdings nicht näher ausgeführt, insbesondere statuiert Art. 34 BremVerf, anders als Art. 138 Abs. 1 Satz 3 BayVerf, keinen Genehmigungsvorbehalt. Gleichwohl erscheint es sinnvoll, die bremische Verfassung in diese dritte Gruppe einzuordnen, da sie immerhin deutlich macht, daß der Regelfall die staatliche Hochschule sein soll.
II. Einfachgesetzliche Rahmenbedingungen Für die Förderung wissenschaftlicher Forschung enthält Art. 74 Abs. 1 Nr. 13 GG eine konkurrierende und für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens Art. 75 Abs. 1 Nr. la GG eine Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes, es existiert also keine grundsätzliche Bundeskompetenz in allen detaillierten Fragen der Bildungspolitik. Auf diesem Gebiet kommt vielmehr die Kulturhoheit der Länder zum Tragen, die den einzelnen Ländern gewisse Freiräume für länderspezifische Besonderheiten garantiert. Die gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. la GG dem Bundesgesetzgeber zukommende Rahmengesetzgebungskompetenz für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens hat der Bund mit dem Hochschulrahmengesetz (HRG) 5 ausgefüllt. § 70 HRG regelt die Grundsätze einer staatlichen Anerkennung von Privathochschulen und gilt als gesetzlicher Rahmen bundesweit. Inhaltlich weist § 70 HRG dem Landesrecht die Möglichkeit zu („.. .können nach näherer Bestimmung durch Landesrecht ...", § 70 Abs. 1 HRG), unter bestimmten Voraussetzungen einer Hochschule die staatliche Anerkennung zu verleihen. Das heißt, daß § 70 HRG 5 Erstmals seit 26. 01. 1976, Neufassung vom 19. 01. 1999, BGBl. I, S. 18. Bei Erlaß des HRG war bereits umstritten, ob der Bund wegen einiger sehr ins Detail gehender Vorschriften seine Rahmengesetzgebungskompetenz überschritten hatte. Seit der Änderung des Art. 72 GG vom 27. 10. 1994 (BGBl. I, S. 3146) sind die Voraussetzungen für eine Bundeskompetenz nach Art. 75 GG verschärft worden. Damit wurden bundesgesetzliche Regelungen im Hochschulbereich erschwert.
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keine direkte Geltung für die Privathochschule beanspruchen kann, sondern der Übernahme und Ausgestaltung durch den Landesgesetzgeber bedarf. Auf der anderen Seite enthält § 70 HRG die Grundentscheidung für eine grundsätzliche Öffnung des öffentlichen Hochschulsystems für Privathochschulen; gleichwohl bleibt den Ländern wegen des in § 70 HRG durch die Vokabel „können" angezeigten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums die Entscheidung frei, überhaupt eine staatliche Anerkennung für private Hochschulen bereitzuhalten6. Die in § 70 Abs. 1 Nr. 1 - 5 HRG statuierten Voraussetzungen schreiben für die landesrechtliche staatliche Anerkennung im einzelnen fest: - das Ziel des Studiums muß sich an § 7 HRG orientieren (Vorbereitung auf ein berufliches Tätigkeitsfeld und Vermittlung von dafür erforderlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Methoden, so daß die Studierenden zu wissenschaftlicher / künstlerischer Arbeit und zu einem verantwortlichen Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat befähigt werden); - die Privathochschule muß grundsätzlich mehrere nebeneinander bestehende oder aufeinander folgende Studiengänge anbieten; - die Zulassungsvoraussetzungen der Studienbewerber müssen denen für die Aufnahme in eine staatliche Hochschule entsprechen; - die Lehrenden müssen die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für eine Tätigkeit an staatlichen Hochschulen erforderlich sind; - den Hochschulangehörigen müssen in sinngemäßer Anwendung der für die staatlichen Hochschulen geltenden Grundsätze Mitwirkungsmöglichkeiten an der Gestaltung des Studiums eingeräumt werden. Sinn und Zweck dieser bundesrechtlich verankerten Rahmenbedingungen für die staatliche Anerkennung ist, nur diejenigen Hochschulen materiell in das öffentliche Hochschulsystem einzubeziehen, die den staatlichen Hochschulen gleichwertig sind, und so einen gewissen Qualitätsstandard festzuschreiben 7. Rechtsfolge der staatlichen Anerkennung ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 HRG die von der landesrechtlichen Ausgestaltung abhängige Möglichkeit, Hochschulprüfungen abzunehmen und Hochschulgrade zu verleihen. Die in der Außenwirkung für die Privathochschule ebenso wichtige Rechtsfolge des § 70 Abs. 3 Satz 2 HRG legt fest, daß das abgeschlossene Studium an einer staatlich anerkannten Hochschule rechtlich als ein abgeschlossenes Hochschulstudium gilt; der Absolvent einer Privathochschule steht insoweit dem Absolventen einer staatlichen Hochschule völlig gleich, d. h. sobald ein abgeschlossenes Hochschulstudium Voraussetzung 6 Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), HRG-Kommentar, 1984, § 70, Rdnr. 1. 7 Karpen, Hochschulplanung, Bd. 2, S. 553; Lorenz, Privathochschulen, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 1170; ders. y in: Hailbronner (Hrsg.), Kommentar zum HRG, § 70, Rdnr. 13, 15; Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 70, Rdnr. 3; Daliinger, HRG-Kommentar, § 70, Rdnr. 1.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
für etwas anderes (zum Beispiel für das Promotionsverfahren an staatlichen Hochschulen oder als Einstellungsvoraussetzung für bestimmte Berufe 8) ist, wird nicht mehr danach unterschieden, ob der Betreffende die Voraussetzungen an einer staatlichen oder an einer privaten Hochschule erlangt hat. Außerdem kann nach § 70 Abs. 4 HRG die staatlich anerkannte Hochschule an Koordinierungsaufgaben für Studium und Prüfungen beteiligt werden. Sie ist zudem auf Antrag in die zentrale Vergabe von Studienplätzen einzubeziehen (damit kann sie zum Beispiel den Bestand an Studierenden in bestimmten Fächern sichern). § 70 Abs. 5 HRG enthält arbeits- und beamtenrechtliche Regelungen. Der bundesrechtliche Rahmen für die Regelung einer staatlichen Anerkennung von privaten Hochschulen wird landesgesetzlich zum Teil sehr unterschiedlich ausgefüllt: Das Saarland (bis zum Jahr 1999 auch das Land Bremen) hat die staatliche Anerkennung von privaten Hochschulen überhaupt nicht geregelt, auch sonst finden sich keine Vorschriften, die derartige Bildungseinrichtungen ausdrücklich betreffen. Allerdings ordnet das Landesuniversitätsgesetz die Hochschulen dem staatlichen Sektor zu, d. h. der Begriff der Hochschule bezeichnet automatisch nur eine öffentlich-rechtliche Hochschule. Die Bestimmungen des SaarlUG zeichnen sich somit durch die Nichtregelung der staatlichen Anerkennung aus. Eine zweite Gruppe - dazu gehören die meisten Bundesländer, wie Berlin, Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein, aber auch Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Baden-Württemberg - hat im wesentlichen9 die Regelungen des § 70 HRG übernommen, d. h., daß in allen diesen Ländern das Verhältnis zu Privathochschulen über das Instrument der staatlichen Anerkennung bestimmt wird. Weitere Voraussetzungen neben denen des § 70 HRG sind für die Erstgenannten dieser Gruppe lediglich, daß der Bestand der Hochschule sowie die wirtschaftliche und rechtliche Stellung des Personals als gesichert vermutet werden kann 10 . In den übrigen Ländern dieser Gruppe wird zum Teil 11 nicht nur eine positive Vermutung, sondern eine sichere Feststellung der finanziellen Beständigkeit der Privathochschule und außerdem die Gleichwertigkeit des Studiums und der Abschlüsse mit dem Studium und den Abschlüssen an staatlichen Hochschulen verlangt. In einem 8 Leuze, in: Leuze/Bender, Gesetz über die Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Stand: Dez. 1998, § 116, Rdnr. 2. 9 Z. B. sind die Aufgabe- und Zieldefinitionen für die Hochschulen detaillierter formuliert, entsprechen aber dem Sinn des § 7 HRG, vgl. statt aller §§ 4, 5, 8 BrbgHG. Einzig § 123 Abs. 1 Satz 2 BerlHG nimmt direkt auf § 70 HRG Bezug. 10 Vgl. § 106 Abs. 2 Nr. 8, 9 SchlHHG; § 135 Abs. 2 Nr. 7 NdsHG verlangt diese Vermutung für die nächsten fünf Jahre. Lediglich Sachsen beläßt es bei den Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 HRG.
» § 112 Abs. 1 Nr. 4, 8 BremHG; § 144a Nr. 3, 9 HambHG, § 125 Abs. 2 Nr. 4, 8 MeVoHG, § 115 Abs. 1 Nr. 2, 7 RhPfUG. § 78 Abs. 2 Nr. 4, 8 BrbgHG, § 107 Abs. 2 Nr. 8 SaAnHG und § 113 Nr. 7 ThürHG lassen eine positive Prognose ausreichen.
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Fall bildet die Verfassungstreue des Trägers bzw. die Verfassungsmäßigkeit der Betätigung eine weitere Bedingung12. Diese zweite Ländergruppe kann also noch einmal unterteilt werden in Länder, die neben den Voraussetzungen des § 70 HRG lediglich eine positive Finanzausstattungsprognose verlangen, und in die größere Untergruppe der Länder, in denen neben dem Nachweis der dauerhaften wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit die Gleichwertigkeit des Studiums und der Abschlüsse Voraussetzung für eine staatliche Anerkennung ist. In einer dritten Gruppe von Ländern (Bayern und Hessen) schließlich ist die Errichtung von privaten Hochschulen nicht ohne staatliche Anerkennung bzw. Genehmigung möglich 13 . Während alle zuvor genannten Länder begrifflich Hochschulen in privater Trägerschaft voraussetzen, denen dann unter den genannten Voraussetzungen die staatliche Anerkennung verliehen werden kann, steht in Bayern und Hessen schon die Errichtung von Privathochschulen unter einem staatlichen Genehmigungsvorbehalt. Die Genehmigung wird in Bayern als staatliche Anerkennung erteilt und ist zunächst an dieselben Voraussetzungen geknüpft, wie § 70 HRG sie enthält. Darüber hinaus wird in Bayern eine positive Finanzprognose, die Verfassungstreue des Trägers sowie die Wahrnehmung der Lehraufgaben durch überwiegend hauptberuflich Lehrende verlangt. In Hessen besteht ein Anspruch auf die Errichtungsgenehmigung, wenn neben den Voraussetzungen des § 70 HRG eine Versorgungsanwartschaft und eine vergleichbare Vergütung der Lehrenden mit der der Lehrenden an staatlichen Hochschulen gewährleistet ist sowie eine Sonderung nach Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird 1 4 . Obwohl bereits bei der Errichtungsgenehmigung die Bedingungen an die Privathochschule gestellt werden, die § 70 Abs. 1 HRG für die staatliche Anerkennung vorsieht, kann auch in Hessen gemäß § 102 Abs. 1 HessHG eine Hochschule in privater Trägerschaft staatlich anerkannt werden, wenn an der privaten Hochschule die Lehrziele der staatlichen Hochschule am Ende jeden Studienabschnitts erreicht werden 15. Während in Hessen alle privaten Hochschulen vor ihrer Errichtung staatlicherseits genehmigt werden müssen und einige von ihnen zusätzlich eine staatliche Anerkennung mit den Folgen des § 70 HRG beantragen können, beinhaltet in Bayern die für alle privaten Hochschulen benötigte Errichtungsgenehmigung zugleich die staatliche Anerkennung. Damit stellt sich die hessische Regelung als noch restriktiver dar als die bayerische. Beide Länder fordern aber eine staatliche Genehmigung vor Errichtung einer privaten Hochschule, so daß eine Zusammenfassung in einer Gruppe gerechtfertigt erscheint. Schwierig erscheint die Zuordnung für Nordrhein-Westfalen: Gemäß § 118 NWHG ist der Betrieb von Hochschulen, die nicht in der Trägerschaft des Lan12
So nur in Baden-Württemberg. 13 Art. 108 Abs. 1 Satz 2 BayHG, § 101 Abs. 1 Satz 1 HessHG. 14 § 101 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 - 9 HessHG. 15 § 102 Abs. 1 HessHG.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
des stehen und eine Bezeichnung wie „Universität", „Hochschule" oder eine ähnliche Bezeichnung führen, nur dann zulässig, wenn sie nach § 113 NWHG staatlich anerkannt sind. Anders als in Bayern findet sich aber keine Bestimmung, die das Betreiben einer Bildungseinrichtung, die im materiellen Sinn Hochschule ist, ohne staatliche Anerkennung verbietet. In Nordrhein-Westfalen scheint es also nur um den Schutz der Hochschulbezeichnung zu gehen. Damit unterscheidet sich die seit März 2000 geltende Gesetzesfassung von der älteren Fassung der §§ 114, 141a NWUG, die die staatliche Anerkennung als Universität verbindlich für nichtstaatliche Hochschulen vorsah: In § 114 NWUG, der die Anerkennung von nichtstaatlichen Hochschulen als Universitäten regelte, wird deutlich, daß der Hochschulbegriff nicht an eine staatliche Verleihung geknüpft ist wie der Universitätsbegriff und also alle Bildungseinrichtungen bezeichnet, die Hochschulaufgaben im materiellen Sinn wahrnehmen. Da § 141a NWUG das Betreiben einer solchen nichtstaatlichen Hochschule nur mit staatlicher Anerkennung für zulässig erachtete, sah also die alte Gesetzeslage in Nordrhein-Westfalen Privathochschulen nur im Rahmen eines staatlichen Genehmigungsvorbehalts vor. Das neue Hochschulgesetz übernimmt aber gerade nicht die Regelungen des alten Universitätsgesetzes, sondern hat eine andere Formulierung gewählt. Nach dem Wortlaut des neuen § 113 NWHG, der für nichtstaatliche Bildungseinrichtungen die Möglichkeit der staatlichen Anerkennung als Universität oder Fachhochschule vorsieht, sowie des § 118 NWHG, der den Betrieb einer nichtstaatlichen Bildungseinrichtung, die sich als Hochschule oder ähnliches bezeichnet, ohne staatliche Anerkennung verbietet, ist für eine gegenüber der alten Rechtslage anderen Auslegung Raum. Es spricht daher viel dafür, daß hier nicht generell Privathochschulen von einem staatlichen Genehmigungsakt abhängig gemacht werden, sondern allein das Führen der Bezeichnung als Hochschule oder Universität geschützt werden soll 16 . Die staatliche Anerkennung selbst ist in der Ermessensvorschrift des § 113 UG geregelt, der - ähnlich wie in den meisten Länder der zweiten Gruppe - neben den Voraussetzungen des § 70 HRG die Gleichwertigkeit des Studiums und der Abschlüsse, einen dauerhaft gesicherten Bestand und eine dauerhaft gesicherte Stellung des Personals sowie die Beschäftigung von überwiegend hauptberuflich Lehrenden verlangt. Legt man die §§ 113 und 118 NWHG dahingehend aus, daß der Betrieb einer privaten Bildungseinrichtung, auch wenn sie im materiellen Sinn eine Hochschule darstellt, zulässig ist und § 118 NWHG nur das Führen der Bezeichnung als Hochschule oder ähnliches ohne staatliche Anerkennung untersagt, entsprechen die nordrhein-westfälischen Regelungen denen der zweiten Ländergruppe.
16 Auch die Gesetzesbegründung ist insofern nicht ganz eindeutig: § 118 NRWHG soll im wesentlichen dem alten § 141a NRWUG entsprechen. Andererseits findet sich auch der Hinweis, daß die Vorschrift gegenüber § 141a NRWUG eine begriffliche Klärung enthalte, daß die Öffentlichkeit ausreichend geschützt werde, wenn das Führen der entsprechenden Bezeichnungen ausgeschlossen werde; vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs des HG NRW der Landesregierung, Drucks. 12/4243, S. 209.
§ 1 Gegenwärtige Rechtslage
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In Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen kann die staatliche Anerkennung zunächst befristet und zum Teil mit Auflagen versehen werden, in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz ist eine Befristung auf zunächst drei Jahre zwingend vorgesehen. In ihren Rechtsfolgen unterscheiden sich die Regelungen zur staatlichen Anerkennung kaum von § 70 Abs. 3 HRG. Wichtig sind die Gleichstellung des Studiums mit einem Hochschulstudium im Sinne des HRG sowie die Möglichkeit, Hochschulprüfungen abzunehmen und Hochschulgrade zu verleihen 17. Überwiegend wird die Möglichkeit eingeräumt, daß sich die an Privathochschulen Lehrenden auf Antrag Professor bzw. Professorin nennen dürfen. Auch besteht in allen Ländern, die die staatliche Anerkennung von Privathochschulen regeln, die Möglichkeit der Erlangung des Promotions- und Habilitationsrechts; einige regeln dies durch die ausdrückliche Nennung der betroffenen Hochschulen im Gesetz 18 , in anderen 19 ist dies eine der (automatischen) Rechtsfolgen der staatlichen Anerkennung.
I I I . Systematisierung der verschiedenen Regelungen anhand von Modellen Die dargestellten Regelungen betreffen auf den ersten Blick zwei verschiedene Aspekte: Die einfachgesetzlichen Regelungen zur staatlichen Anerkennung setzen private Hochschulen zumindest gedanklich voraus. Die verfassungsrechtlichen Normen beschäftigen sich direkt oder indirekt mit dem Verhältnis zwischen Staat und Hochschule bzw. Privathochschule, also auch mit der Frage der staatlichen Letzt- oder Alleinverantwortung bzw. mit der Zulässigkeit privater Hochschulen. Die verschiedenen Bundesländer können somit sowohl im Hinblick auf die Anerkennung/Genehmigung von Privathochschulen als auch hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen systematisiert werden. Es wäre aber verkürzt zu sagen, die Verfassungen steckten den Rahmen für das „Ob" der Privathochschulen ab, während die einfachgesetzlichen Rahmenbedin17 Allerdings bestehen in Hessen z. B. wiederum restriktivere Regelungen als in den anderen Bundesländern: Dort werden gem. § 102 Abs. 2 HessHG unter dem Vorsitz einer vom Ministerium bestellten Prüfungsleitung Hochschulprüfungen abgenommen, ähnlich § 116 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RhPfUG, § 106 Abs. 4 Satz 3 SchlHHG. Auch in anderen Ländern besteht die Möglichkeit, daß das Ministerium den Prüfungsvorsitzenden bestimmt oder Beauftragte zu Prüfungen entsendet, dies ist aber nicht zwingend vorgeschrieben, vgl. z. B. § Art. 109 Abs. 2 Satz 2 BayHG. Gem. § 127 Abs. 4 Satz 2 MeVoHG, § 109 Abs. 6 Satz 2 SaAnHG kann das Ministerium einen Beauftragten zu Prüfungen entsenden, das muß aber nicht der Vorsitzende sein. 18
Z. B. Bayern: Art. 115a BayHG, allerdings sind hier nur kirchliche Hochschulen aufgezählt. 19 Vgl. § 80 Abs. 2 BrbgHG.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
gungen das „Wie" umschrieben. Denn die Verfassungsvorschriften wirken sich insofern auch auf das „Wie" einer Privathochschule aus, indem auch Detailregelungen den verfassungsrechtlichen Stellenwert und insbesondere die Wissenschaftsfreiheitsgarantie beachten müssen. Andererseits können auch die einfachgesetzlichen Regelungen das „Ob" einer Privathochschule mitbestimmen. Einfachgesetzlichen wie verfassungsrechtlichen Vorschriften ist das Regelungsobjekt gemeinsam, alle behandeln die Wissenschaft und/oder die Hochschulen und damit entweder ausdrücklich oder indirekt die wissenschaftliche Privathochschule. Die Intensität der verschiedenen Regelungen unterscheidet sich hingegen. Einige Länder erscheinen gegenüber privaten Hochschulen „offener" eingestellt als jene, die das Erfordernis einer staatlichen Entscheidung für oder gegen jede einzelne Privathochschule hervorheben. Alle diese Vorschriften regeln daher letztlich das Verhältnis zwischen staatlicher und privater Verantwortung für den Hochschulbereich bzw. formen dieses Verhältnis aus. Eine Systematisierung der dargestellten Normen soll sich in diesem Zusammenhang an den verschiedenen Ausprägungen dieses Verhältnisses orientieren. Danach ergibt sich folgendes Bild: Die Länder, die schon in der Verfassung von der Staatlichkeit oder zumindest von der Regel der Staatlichkeit aller Hochschulen ausgehen, verlangen für Privathochschulen eine vorherige staatliche Genehmigung und stellen oft Anforderungen an private Hochschulen, die erheblich über den Kanon des § 70 HRG hinausgehen. Die Rechtfertigung für restriktive Regelungen auf der einfachgesetzlichen Ebene, insbesondere für den Genehmigungsvorbehalt für die Hochschulerrichtung, bildet die verfassungsrechtlich verankerte Vorstellung, dem Staat komme die Allein- oder Letztverantwortung für den Hochschulbereich zu. Die Regelungen dieser Ländergruppe (Bayern und Hessen) sollen im folgenden mit dem Begriff Alleinverantwortungsmodell beschrieben werden. Die Länder, deren Verfassungen sich neutral oder ausdrücklich positiv zu privaten Hochschulen äußern (Berlin, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein), stellen in der Regel auch die geringsten Anforderungen an eine staatliche Anerkennung. Hier wird deutlich, daß der Bereich der Hochschulbildung sowohl vom Staat als auch durch Privatinitiative getragen werden soll. Dieses Modell wird im folgenden Trägerpluralismusmodell genannt. Alle anderen Länder sind dem Bereich zwischen „Alleinverantwortung" und „Trägerpluralismus" zuzuordnen. Hier verhalten sich die Verfassungen, dem Beispiel des Grundgesetzes folgend, gegenüber Privathochschulen neutral, gleichwohl finden sich Regelungen zur staatlichen Anerkennung mit in der Mehrzahl allerdings erheblich über die in § 70 HRG genannten Bedingungen hinausgehenden Anforderungen (Steuerungsmodell). Die Einordnung des Saarlandes, das keine Möglichkeit der staatlichen Anerkennung vorsieht, erscheint besonders schwierig. Die Saarländische Verfassung verhält sich gegenüber Privathochschulen neutral. Nach der hier vertretenen Ansicht ist die Errichtung privater wissenschaftlicher Einrichtungen trotz fehlender Rege-
§ 2 Die Verantwortung des Staates
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lung zur staatlichen Anerkennung möglich, jedoch nur im Rahmen einer gewerberechtlichen Anzeige, der Weg zu den begehrten Rechtsfolgen der staatlichen Anerkennung ist ihnen damit aber verwehrt. Insbesondere werden die privaten Einrichtungen nicht in das öffentliche Hochschulsystem einbezogen. Mangels staatlicher Anerkennung wird gerade kein staatlich verantwortetes „Qualitätssiegel" verliehen; insofern unterscheidet sich das Saarland auch von den Ländern des Alleinverantwortungsmodells. Im Saarland, bis 1999 auch in Bremen, steht vielmehr privates und staatliches Engagement unverbunden und unabhängig nebeneinander. Aus diesem Grund wird diese Ländergruppe im folgenden mit dem Begriff Trennungsmodell bezeichnet. Im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut der einzelnen Landesvorschriften ist das Verhältnis zwischen Staat und Privathochschule in den Bundesländern recht unterschiedlich ausgestaltet. Obwohl hier der Bedeutungsgehalt der Vorschriften noch nicht weiter untersucht, sondern die verschiedenen Länderregelungen allein nach dem Wortlaut systematisiert wurden, wird schon jetzt deutlich, daß die verschiedenen Formulierungen nicht nur auf rein sprachlicher Variation beruhen, sondern auch ein unterschiedliches Verständnis vom Verhältnis zwischen Staat und privater Hochschule und von einer möglichen Verantwortungsverteilung sichtbar machen. In welchem Maße und bis zu welchem Punkt allerdings die jeweiligen Verantwortungsbereiche reichen, wird daraus noch nicht ersichtlich. Deutlich wird aus dieser ersten Systematisierung hingegen, daß sich die Privathochschule an der staatlichen Hochschule zu messen hat, denn insbesondere die Vorschriften zur staatlichen Anerkennung fordern die Gleichwertigkeit der privaten in Bezug auf die staatliche Hochschule. Damit stellt sich die Frage, warum der staatlichen Hochschule die Eigenschaft eines Maßstabes zukommt und woher das offensichtlich große Engagement und die Verantwortung des Staates herrühren.
§ 2 Die Verantwortung des Staates Bei der Darstellung der gegenwärtigen Rechtslage zu Privathochschulen fiel bereits auf, daß nur wenige Vorschriften die Privathochschulen unmittelbar betreffen; die meisten Normen der Hochschulgesetze beschäftigen sich mit Struktur und Einzelaspekten der staatlichen Hochschule. Wie bereits die rechtliche Ausgestaltung zeigt, wird im Hochschulsektor im allgemeinen von einer staatlichen Verantwortung ausgegangen, es wird in der Regel nicht einmal die Frage nach der staatlichen Verantwortung gestellt, so eindeutig erscheint die Antwort. Wirft man jedoch einen Blick über die Grenzen Deutschlands hinaus, findet sich häufig neben der staatlichen auch private Initiative im Bildungsbereich, vielfach gelten die privaten Hochschulen sogar als die eigentlichen Träger der Forschung und der wissenschaftlichen Ausbildung. In Staaten wie Großbritannien, Frankreich und allen voran den USA ist dieses Nebeneinander zwischen staatlichen und privaten Hochschulen seit langem oder schon immer Normalität. In Deutschland sieht das Bild anders aus: 3 Steinkemper
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
Niemand wird die staatliche Verantwortung für den Hochschulbereich bezweifeln, private Hochschulen - von den kirchlichen Einrichtungen einmal abgesehen - traten bisher kaum in Erscheinung und tun es nun nur vereinzelt. Es drängen sich daher folgende Fragen auf: Woraus ergibt sich die staatliche Verantwortung? Liegt der Grund allein in der spezifischen geschichtlichen Entwicklung? Gibt es eine verfassungsrechtliche Weichenstellung oder wird sie dadurch erforderlich, daß die Gesellschaft diese Aufgabe nicht allein bewältigen kann, die private Bereitstellung mithin unzureichend wäre? Ist die Aufgabe, Hochschulen zu unterhalten, tatsächlich so bedeutsam für den Staat und warum ist das so? Für Deutschland gilt wie für jedes andere Land auch, daß sich das heute vorhandene Hochschulsystem über einen langen Zeitraum entwickelt hat. Es wurde also von historischen Ereignissen und gesellschaftlichen Strömungen beeinflußt, die sich von Einflüssen in anderen Ländern unterschieden. Versucht man, das deutsche Hochschulsystem zu erklären und eine hier verankerte staatliche Verantwortung zu begründen, ist ein Blick auf die historische Entwicklung des deutschen Hochschulsystems unerläßlich 20.
I. Historischer Abriß zum Verhältnis zwischen Staat und Hochschule Ungefähr 200 Jahre vor der Entstehung des Hochschulwesens in den deutschen Ländern entwickelten sich Ende des 12. Jahrhundert die ersten Universitäten in Bologna und Paris sowie in Oxford und Cambridge aus bereits bestehenden Schulen 21 . Diese Einrichtungen bildeten einen eher genossenschaftlichen Zusammenschluß von Schülern und Gelehrten und zeichneten sich dadurch aus, daß sie als Gründungen der florierenden Städte Wissen außerhalb der kirchlichen Einrichtungen (insbesondere der Klöster) vermittelten, um den Bedarf an gut ausgebildeten Rechtsgelehrten, Lehrern und Ärzten zu decken. Daneben entstanden kleinere private Schulen und Bildungseinrichtungen einzelner Lehrer oder Gelehrter 22. In Neapel gründete Friedrich II. eine Universität, deren Magister ihm durch ein persönliches DienstbarkeitsVerhältnis verbunden waren 23.
20 Der Blick auf die geschichtliche Entwicklung wird häufig übergangen, wenn andere Länder, insbesondere die USA als positives Beispiel dienen sollen. Denn auch in den USA hat es eine ganz eigene Entwicklung und gesellschaftliche Strömungen gegeben, die bei den Vorschlägen zur Übernahme von Modellen oder gar des ganzen Systems beachtet werden müssen. 21 Müller, Geschichte der Universität, 1990, S. 31 ff. 22 Krieck, Geschichte der Bildung, 1930, S. 25. 23 Roellecke, Geschichte des deutschen Hochschulwesens, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 3 ff. (10).
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Die in Deutschland wohl vor allem mangels wirtschaftlicher Prosperität 24 erst ab Mitte des 14. Jahrhunderts gegründeten Stiftungsuniversitäten der Landesfürsten25 orientierten sich am Pariser Beispiel mit den vier Fakultäten Theologie, Recht, Medizin und Künste, von denen die ersten drei als die „wichtigeren" angesehen wurden 26 ; zu einem erheblichen Bedeutungszuwachs der artes liberales kam es erst durch die humanistische Bewegung27. Als ein weiterer Grund für die relativ späten Universitätsgründungen in Deutschland wird auch die territoriale Zersplitterung angefühlt: Bei der zweiten Gründungswelle zwischen 1450 und 1525 spielte die Reichsstruktur mit Territorien und Reichsstädten hingegen eine fördernde Rolle: Es sollte ein Abwandern der Studenten in die Nachbarländer verhindert und diese zur Loyalität gegenüber der eigenen Landesherrschaft an den Universitäten erzogen werden 28. Die mittelalterlichen Universitäten wiesen deutlich klerikale Züge auf: Sprache, Kleidung und Unterbringung ähnelten dem Klosterbetrieb 29. Auch war jegliche Wissensvermittlung in der damaligen Zeit ganz selbstverständlich an die kirchliche Lehre gebunden; ausgehend von der Einheit des geistigen Lebens differenzierte man nicht zwischen Bereichen der Religion und denen der allgemeinen Bildung. Der Kanzler war als Kontrollinstanz der Kirche der Garant der „rechten" Lehre 30 . Formal bildeten diese frühen Universitäten zwar freie Körperschaften, obwohl sie vor allem durch Erträge von Klöstern, Kirchengütern und Pfründen finanziert wurden 31 . Es wäre hingegen falsch, sie als kirchliche Bildungsanstalten zu bezeichnen 32 . Man stützte sich bei den Unterrichtsmethoden, anders als reine Kirchenschulen, nicht nur auf die Scholastik, sondern vor allem auf die griechische Philosophie33. Rein „private" Bildungseinrichtungen stellten nur die Privatpräzeptoren 24
Müller, Geschichte der Universität, S. 12; Prahl/Schmidt-Harzbach, Die Universität, 1981, S. 25. 25 Hoffacker, Die Universität des 21. Jahrhunderts, S. 1; jedenfalls erließen die Landesherren einen Stiftungsbrief oder ein Privileg; Roellecke, Geschichte des deutschen Hochschulwesens, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 13. 26 Seifert, Das höhere Schulwesen - Universitäten und Gymnasien, in: Hammerstein/ Beck (Hrsg.), Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Bd. I (15. - 17. Jh.), S. 197 ff. (204). 27 Buch, Der italienische Humanismus, in: ebd., S. 1 ff. (10). 28 Hoffacker, Die Universität des 21. Jahrhunderts, S. 1 f.; Müller, Geschichte der Universität, S. 12. 2 9 Prahl/Schmidt-Harzbach, Die Universität, S. 43. 30
Müller, Geschichte der Universität, S. 14. Thieme, Privathochschulen in Deutschland, S. 5; Freundlich, Zur Interpretation des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit, 1984, S. 9 f. Allerdings darf man die Bezahlung durch Pfründe nicht zu negativ bewerten: eine Besoldung durch die Landesherren, die ohnehin wohl nur Friedrich II. wirtschaftlich möglich war, hätte die Lehrer zu abhängigen Dienern gemacht, dazu: Roellecke, Geschichte des deutschen Hochschulwesens, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 14. 31
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3*
Prahl/Schmidt-Harzbach,
Die Universität, S. 43.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
dar, das sind Magister oder Professoren, die Vorlesungen oder (Nachhilfe-)Unterricht in ihren Privaträumen anboten. Es handelte sich allerdings nicht um echte Konkurrenzveranstaltungen zu den Universitäten, vielmehr um gebührenpflichtige Zusatz- oder Ergänzungsveranstaltungen, die Hilfe und Anleitung beim Studium an der Universität anboten34. Im Zeitalter der Reformation erlebte vor allem der Kaiser einen Machtverfall. Im Sinne des Grundsatzes „cuius regio, eius religio" bestimmten nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 die Landesfürsten die Religion ihrer Untertanen 35 . Der Kaiser, der sich bisher als Garant des rechten Glaubens verstand, wollte die Säkularisierung seines Amtes nicht mittragen und dankte zugunsten seines Bruders ab 36 . Als eine Folge des Machtgewinns der Kleinstaaten gegenüber dem Reich richteten diese eigene Verwaltungen ein 37 , in die die zahlreichen neugegründeten Hochschulen eingegliedert wurden 38. Hinsichtlich der Universitäten wird die These vertreten, die Reformation habe zu einer „Verstaatlichung" geführt 39. Dabei ist aber zu bedenken, daß sich der Staatsbegriff erst allmählich herausbildete und jedenfalls zu Beginn der Frühen Neuzeit ein anderes als das heutige Staatsverständnis herrschte 40. Man kann die nunmehr aufkommenden landesherrlichen Gründungen aber vielleicht als beginnende Verantwortungsübernahme charakterisieren, in der neben dem Prestigecharakter einer Landesuniversität auch die Sorge um die Heranbildung des Priesternachwuchses sowie die soziale Stellung der Universitätsangehörigen sichtbar 33
Roellecke, Geschichte des deutschen Hochschulwesens, in: Flämig (Hrsg.), HdBWissR, Bd. 1,S. 11. 34 Seifert, Das höhere Schulwesen - Universitäten und Gymnasien, in: Hammerstein/ Beck (Hrsg.), HdB dt. Bildungsgeschichte, Bd. I, S. 262 f. 3 5 Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, 3. Aufl. 1997, S. 126. 3 6 Ebd., S. 128. 3
? Prahl/Schmidt-Harzbach, Die Universität, S. 48. Müller, Geschichte der Universität, S. 45; Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 136. 39 Ahnlich Hoffacker, Die Universität des 21. Jahrhunderts, S. 5; Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 136, der betont, es sei nicht um Verweltlichung, sondern um Überführung eines „gefährlichen" Freiraumes „individueller Lebensgestaltung in staatliche Verwaltung" gegangen. Seifert, Das höhere Schulwesen, in: Hammerstein / Beck (Hrsg.), Hdb dt. Bildungsgeschichte, Bd. I, S. 197 ff. (218), sieht in der Reformation die eigentliche Ursache für den spezifisch deutschen Strukturwandel des Universitätswesens. 38
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Dazu und insb. zu dem allmählichen Entstehen einer Trennung von Staat und Gesellschaft Böckenförde, Staat, Gesellschaft, Freiheit, 1976, S. 186 ff.; ders., Staat und Gesellschaft, in: Görres-Gesellschaft (Hrsg.), Staatslexikon, Bd. V, 1989, Sp. 228 f. Es entwickelten sich zwar dann die Theorien über den Gesellschafts- bzw. Herrschaftsvertrag, und Zweck des Staates sollte die Herstellung eines Gemeinwohls sein, doch diente der Staat vor dem Hintergrund auch dieser Lehren zunächst vor allem dem Schutz der Untertanen. Es wurden erst allmählich Gesetze erlassen bzw. Recht gesetzt, das tägliche Leben der Untertanen war daher relativ wenig durch staatliche Reglementierungen bestimmt, vgl. in Abgrenzung zum Absolutismus Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 153 ff., 184 f.
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wurde 41 . Wiewohl die Universitäten schon aufgrund der Genehmigungsbedürftigkeit ihrer Statuten nicht vollends autonom waren, war die Reformation doch mitursächlich für eine intensivere landesherrliche und damit staatliche Einflußnahme und Kontrolle 42 . Nach der Reformation hatten die Universitäten ihre Autonomie zwar nicht ganz eingebüßt, generell sahen sie sich aber schon aufgrund der weitgehenden Finanzierung durch den Fürsten sowie seiner gegenüber den jeweiligen Religionsgemeinschaften wichtigen Position stärkeren staatlichen Reglementierungen ausgesetzt43. So wurde z. B. 1527 in Marburg die erste protestantische Universität ohne päpstliches oder kaiserliches Privileg allein aus landesherrlicher Macht gegründet 44. Auch andere protestantische Landesfürsten gründeten eigene Universitäten, die zur Heranbildung protestantischer Geistlicher und Lehrer dienten und vor allem aus säkularisiertem Kirchenbesitz finanziert wurden 45 . Dadurch und durch die Ausbreitung des Humanismus relativierte sich der Einfluß der (katholischen) Kirche. Im Gegenzug wurden durch die Jesuiten eigene gegenreformatorische Gymnasien und Universitäten errichtet, die im Verlauf des 16. Jahrhunderts das gesamte höhere Schulwesen und weite Teile des Universitätswesens der altkirchlichen Territorien in ihre Hand brachten 46. Diese Jesuiten-Universitäten waren die Vorläufer der kirchlichen Hochschulen und standen damit von vornherein einem landesherrlichen Hochschulsystem gegenüber. Der sozialgeschichtliche Hintergrund in Deutschland verhinderte eine Wirtschafts- und auch Hochschulentwicklung, wie sie seit Ende des 16. Jahrhunderts in England, Frankreich und den Niederlanden vor allem durch die Heranbildung eines aufstrebenden Bürgertums einsetzte, während in den deutschen Ländern der Adel den Ton angab. Allerdings wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg auch in den größeren deutschen Ländern eine funktionstüchtige Verwaltung entwickelt, die nicht mehr nach Herkunft, sondern nach Bildungsstand besetzt wurde 47 . In Deutschland 41
So kam erstmals die Überlegung auf, daß die Studenten nicht mehr nur durch private Mäzenen, sondern durch landesherrliche Stipendien unterhalten werden sollten, vgl. Seifert, Das höhere Schulwesen, in: Hammerstein / Beck (Hrsg.), Hdb. dt. Bildungsgeschichte, Bd. I, S. 272 f. Den Prestigecharakter der Landesuniversitäten betont Müller, Geschichte der Universität, S. 45. 42 Ausführlich zu den Steuerungsmitteln der Landesfürsten Hoffacker, Die Universität des 21. Jahrhunderts, S. 7 ff. 43 Seifert, Das höhere Schulwesen, in: Hammerstein / Beck (Hrsg.), Hdb dt. Bildungsgeschichte, Bd. I, S. 277. 44 Müller, Geschichte der Universität, S. 55. 4 5 Ausführlich und mit detaillierten Beispielen Seifert, in: Hammerstein / Beck (Hrsg.), HdB dt. Bildungsgeschichte, Bd. I, S. 282 ff. Gerade auch das Engagement für die kirchlichen Rekrutierungsinteressen wird als Zeichen der Verstaatlichung gewertet, vgl. ebd., S. 276 f. 46 Müller, Geschichte der Universität, S. 55 ff.; Seifert, Das höhere Schulwesen, in: Hammerstein / Beck (Hrsg.), HdB dt. Bildungsgeschichte, Bd. I, S. 317, 324 ff.; Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 137. 47 Prahl/Schmidt-Harzbach, Die Universität, S. 49.
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hingegen war die politische und soziale Stellung des Bürgertums auch aufgrund der bisher unangetasteten Ständegesellschaft im Vergleich zu anderen Ländern relativ schwach, daher wurden gesellschaftliche Veränderungen gewissermaßen durch die Obrigkeit vorgenommen 48. Zugleich als Ursache und Folge dieser „Reform von oben 49 " konnte sich ein selbstbewußtes Bürgertum (zunächst) kaum entwickeln. Während in England Bildung nicht mit dem Staat verknüpft wurde, sondern vornehmlich der herrschenden (und kapitalkräftigen) Gesellschaftsschicht diente, war in Deutschland die finanzielle Unterstützung der Universitäten durch die Landesfürsten unverzichtbar geworden und ermöglichte diesen Eingriffe und das Setzen von Vorschriften 50. Der absolutistische Staat nutzte die Universitäten als Produktionsstätten seiner Staatsbediensteten. So ordnete er das Graduierungswesen neu und führte Staatsexamina ein 51 . Die häufig auch in der Verwaltung oder am Hof beschäftigten Professoren sahen sich selbst als Staatsdiener52. Die Wohlfahrtsinteressen des Staates ließen keine Freiräume zu, die im Mittelalter erkämpfte Selbstverwaltung wich einer straffen landesbehördlichen Leitung, die das gesamte Bildungssystem erfaßte 53. Hier wird deutlich, daß nunmehr der Staat als eine den Bürgern gegenüberstehende 5 4 und auch über den Bürgern stehende Institution und Organisation begriffen wird, die beginnt, das tägliche Leben durch Gesetze und Verordnungen umfänglicher mitzugestalten, als dies im Mittelalter durch die Landesfürsten üblich war 55 . Die Universitäten konnten sich überwiegend nur schwer an die Anforderungen des merkantilistischen Staates anpassen, insbesondere fehlte es an einer Ausbil48 Wahl, Die Entwicklung des deutschen Verfassungsstaates bis 1866, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts (HdbStR), Bd. I, 1988, § 1, Rdnr. 5 f. 49 Ebd. so Seckel, Staat, Volk, Universität, 1921, S. 7. 51 Müller, Geschichte der Universität, S. 58 f., der darauf hinweist, daß die Staatsexamina sowohl zur Kontrolle der Universitäten als auch zur Durchbrechung des Adelsmonopols für Beamtenkarrieren dienten. Beachtlich ist auch, daß die Universitäten ihr Satzungsrecht verloren, ebd. 52 Müller, Geschichte der Universität, S. 46. 53 König, Vom Wesen der deutschen Universität, Bd. 2, 2000, S. 25; Müller, Geschichte der Universität, S. 58 ff.; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 1, 2. Aufl. 1990, S. 263. 54 Obwohl mit der Gegenüberstellung von Staat und Gesellschaft nicht alle Einzel- und Differenziertheiten angesprochen werden können, wird sie üblicherweise als das entscheidende Merkmal der konstitutionellen Monarchie in Deutschland betrachtet; vgl. etwa Böckenförde, Staat, Gesellschaft, Freiheit, S. 190 f., der aber auch auf die insb. in den konstitutionellen Verfassungen verankerten Wechselbeziehungen zwischen Staat und Gesellschaft auf der Grundlage ihrer organisatorisch-institutionellen Unterscheidung hinweist; Wahl, Die Entwicklung des deutschen Verfassungsstaates bis 1866, in: Isensee / Kirchof (Hrsg.), HdbStR Bd. I, § 1, Rdnr. 10; R. Hermes, Die grundgesetzliche Zuordnung öffentlicher Angelegenheiten zu ihren originären Trägern in der verfassungsrechtlichen Ordnung von Staat und Gesellschaft, 1996, S. 13 f. 55 Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 185, 193 ff.
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dung in den praktischen Disziplinen. Daher gründete der Staat im 18. und 19. Jahrhundert erste Fachschulen und Institute, aus denen später die technischen Hochschulen hervorgingen 56. Waren die Hochschulen bisher von theologischer Dogmatik und religiöser Einbindung und Bevormundung des Denkens geprägt, ging es in den neugegründeten Universitäten Halle, Göttingen, Erlangen zu Beginn des 18. Jahrhunderts aufklärerisch-utilitaristisch um die Suche nach Wahrheit 57. Veranlaßt durch äußere Umstände, insbesondere durch die Französische Revolution und die beginnende Industrialisierung sowie durch Verbreitung des philosophischen Idealismus, wurden auch Veränderungen im Bildungswesen angeregt. Vor allem aus den Überlegungen der Philosophen Immanuel Kant, Friedrich Wilhelm Schelling, Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Schleiermacher, Hendrik Steffens und Wilhelm von Humboldt wurde ein neues Universitätskonzept entwickelt, das für die Neugründung der Berliner Universität Pate stand. Während einige 58 eine gänzlich vom Staat unabhängige Universität forderten, befürworteten andere den Status einer Staatsanstalt mit dem Argument, nur der Staat könne die materiellen sowie rechtlich und polizeilich durchsetzbaren Grundlagen schaffen; gleichwohl dürfe dem Staat aber nur Einfluß in formalen Dingen gewährt werden, die Wissenschaft als solche müsse frei sein 59 . Zudem sollte in Berlin keine Landes-, sondern nunmehr eine Nationaluniversität errichtet werden. Dahinter verbarg sich auch der Gedanke, daß das von Napoleon besiegte Preußen nur als Kulturstaat wieder Weltgeltung erringen könne und nur eine das partikularstaatliche Unterrichtswesen überwindende Bildung das Bewußtsein von einer deutschen Kulturnation schaffen könne 60 . Dementsprechend wurde 1810 die (staatliche) Universität Berlin gegründet, der das Recht zustand, eine eigene Satzung zu erlassen. Die Berufung der Professoren sowie die Einrichtung von Instituten war zwar Sache des Staates, 56 Roellecke, Geschichte des deutschen Hochschulwesens, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 27; Prahl/Schmidt-Harzbach, Die Universität, S. 78 f. 57 Prahl/Schmidt-Harzbach, Die Universität, S. 58 ff.; Dorf, Der Universitätsprofessor, S. 148. 58 In seinen frühen Schriften bezweifelte z. B. v. Humboldt, daß die staatliche Erziehung freiheitlich genug sei. Daher sollten Anstalten aus der Gesellschaft „die nützliche und notwendige gemeinschaftliche Erziehung" übernehmen, v. Humboldt, Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen, Nachdruck 1962, S. 26 ff.; vgl. dazu Jenkner, Das Recht auf Bildung und die Freiheit der Erziehung in der deutschen Verfassungsund Bildungsgeschichte bis zum Grundgesetz, in: Jach/ders. (Hrsg.), 50 Jahre Grundgesetz und Schulverfassung, 2000, S. 1 ff. (6 f.). 59 So Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Schleiermacher, Henrik Steffen, Wilhelm von Humboldt, dazu Spranger (Hrsg.), Über das Wesen der Universität. Drei Aufsätze von Joh. Gottlieb Fichte, Friedr. Schleiermacher, Henrik Steffens aus den Jahren 1807-1809, 1919; s. dazu ausführlich Schelsky, Einsamkeit und Freiheit, S. 135 ff. König, Vom Wesen der deutschen Universität, Bd. 2, S. 62, spricht davon, daß für die deutsche Auffassung über das Verhältnis von Staat und Bildungsorganisation eine gemäßigte Position zwischen den Extremen Staatsabsolutismus und absoluter Freiheit charakteristisch sei. 60 Jeismann, Zur Bedeutung der „Bildung" im 19. Jahrhundert, in: ders./Lundgreen (Hrsg.), HdB dt. Bildungsgeschichte, Bd. III (1800-1870), S. 1 ff. (4,6).
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innerhalb der Fachbereiche aber bestand eine gewisse Autonomie, und auch sonst sollte die Universität inhaltlich frei von staatlicher Einmischung sein 61 . Diese „neue" Form der Universität wird vielfach als die moderne Universität bezeichnet, die im Grundsatz auch für die Form der heutigen Universität Modell stand. Sie unterscheidet sich von den bisherigen Universitäten vor allem in der Idee der freien, vom Staat oder der Kirche unbeeinflußten Wissenschaft. Die Universität war nunmehr in ihrem Innern frei und zu einer eigenen Satzung berechtigt, gleichzeitig war der Staat als Träger der Universität Garant dieser Freiheit, mußte aber selbst diese inhaltliche Freiheit beachten. Nach der Phase erster Reformen folgte eine Phase der Restauration: Durch die Karlsbader Beschlüsse 1819 wurden die Universitäten staatlichen Kuratorien unterstellt, Burschenschaften verboten und Zensurmaßnahmen erlassen62. Zudem entwickelten sich die Naturwissenschaften und riefen einen höheren Finanzbedarf der Universitäten hervor, den in den deutschen Ländern nur der Staat befriedigen konnte. Dementsprechend war der Haushalt dieser staatlichen Universitäten Teil des Staatshaushalts, die Professoren nach Einführung des Beamtenrechts Staatsbeamte 63 . Dies bedeutete wiederum eine Verstärkung oder zumindest eine Erhaltung des staatlichen Einflusses 64. Allerdings kann man aus der noch bis 1925 vertretenen Annahme der Staatsrechtslehrer, die Lehrfreiheit folge nicht aus der Wissenschaftsfreiheit, sondern aus dem Beamtenrecht, entnehmen, daß der staatliche Einfluß weniger als Eingriff in die dem Einzelnen zustehende Freiheit der Lehre empfunden wurde, sondern größere positiv empfundene Auswirkungen auf die Universitätsstruktur selbst hatte 65 . Neben diesen staatlichen Universitäten sind auch vereinzelt von Städten und Handelskammern Universitäten gegründet worden, die rechtlich aber nur möglich waren, weil der Staat ihnen das Promotions- und Habilitationsrecht verlieh und sie der staatlichen Aufsicht unterstellte 66. Vor allem der steigende Finanzbedarf führte aber dazu, daß diese Hochschulen später vom Staat übernommen wurden.
61 Prahl/Schmidt-Harzbach, Die Universität, S. 95 f.; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 1, S. 287 ff. 62 Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 230 f.; Hoffmann-Riem, in: Wassermann (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz (Reihe Alternativkommentare), 2. Aufl. 1989, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 3. 63
Thieme, Privathochschulen in Deutschland, S. 6. 64 Ebd. 65 Roellecke, Geschichte des deutschen Hochschulwesens, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 27. Die Wissenschaftsfreiheit wurde bis zu der Staatsrechtslehrertagung im Jahre 1927 nicht als individuelles Grundrecht, sondern als Bekräftigung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit aufgefaßt, Hoffmann-Riem, in: Wassermann (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz (Reihe Alternativkommentare), Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 9. 66 So insbesondere in Köln und Frankfurt, vgl. Huber, Verfassungsgeschichte, Bd. 4, 2. Aufl. 1994, S. 947 f.; Thieme, Deutsches Hochschulrecht, 1986, S. 34 f.
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Im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 waren die Universitäten als „Veranstaltungen des Staates" bezeichnet worden 67 ; die Gesellschaft wurde der Idee nach nicht als Ansammlung von Individuen, sondern vermittelt durch Korporationen, wie zum Beispiel die Universität, in den Staat integriert. Damit war also die von staatlicher Beeinträchtigung freie Wissenschaft nicht Individual-, sondern Korporationsrecht 68. Demgegenüber wurde nach der Revolution von 1848/49 erstmals 69 die Wissenschaftsfreiheit in § 152 der Paulskirchenverfassung vom 28. 3. 1849 als unmittelbar geltendes70 Individualrecht verankert. 1850 wurde dieselbe Formulierung in Art. 20 der preußischen Verfassung im Zusammenhang mit den Schulartikeln aufgenommen 71. Der Reichsverfassung von 1871 fehlte hingegen ein Grundrechtsteil 72. In der folgenden Zeit wurde mit der Theorie vom besonderen Gewaltverhältnis das Grundrecht von dem die Professoren an den staatlichen Universitäten betreffenden Beamtenrecht zurückgedrängt 73. Im 19. Jahrhundert erreichten die deutschen Universitäten eine international führende Position, in der das neuhumanistische Wissenschaftsideal der Verbindung von Forschung und Lehre auch andere Universitätssysteme beeinflußte 74. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wuchsen die Studentenzahlen erheblich, und industrieller und technischer Fortschritt begünstigten die Spezialisierung auch des Wissenschaftsbereichs, die die relativ homogene Universität in ein breit gefächertes modernes Hochschulsytem umstrukturierte. Während insbesondere die preußische Regierung aus Angst vor politischen Konsequenzen aus der beginnenden „Uberproduktion der Gebildeten" den Expansions- und Spezialisierungsprozeß zu drosseln versuchte und zum Beispiel bei Versuchen, eine kaufmännische Ausbildung an den Universitäten zu etablieren, abwartete, wurden am Ende des Jahrhunderts, begün67 § 1 Abs. 2 Satz 12 ALR lautet: „Schulen und Universitäten sind Veranstaltungen des Staates,...". 68 Nitsch/Gerhardt / Offe / Preuß, Hochschule in der Demokratie, 1965, S. 157 f. 69 Vorläufer der verfassungsrechtlich verankerten Wissenschaftsfreiheit finden sich in Form der Denkfreiheit in der Württembergischen Verfassung von 1819, in der Unterrichtsfreiheit der belgischen Verfassung von 1931 und insb. in den Unterrichtsgesetzen der Kantone Zürich (1832) und Bern (1834), die mit der akademischen Lehr- und Lernfreiheit einen Teil der später normierten Wissenschaftsfreiheit garantierten, Thieme, Deutsches Hochschulrecht, S. 19, 21 f.; Freundlich, Zur Interpretation des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit, S. 16, FN 3. 70 Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 241; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 2, 3. Aufl. 1988, S. 781 f. Allerdings trat diese Verfassung nie in Kraft. 71 Freundlich, Zur Interpretation des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit, S. 17; Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 3, 3. Aufl. 1988, S. 118 f., der auf S. 928 auch für die Phase nach 1871 von einer institutionellen Gewährleistung der Universität ausgeht. 72 Huber, Das Kaiserreich als Epoche verfassungsstaatlicher Entwicklung, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. I, § 2, Rdnr. 37. Allerdings wurde einfachgesetzlich bzw. durch die Länder die Wissenschaftsfreiheit garantiert. 73 Freundlich, Zur Interpretation des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit, S. 18. 74 Jarausch, Universität und Hochschule, in: Berg (Hrsg.), Hdb. dt. Bildungsgeschichte, Bd. IV (1870-1918), S. 313 f.; Hoffacker, Die Universität des 21. Jahrhunderts, S. 24.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
stigt durch den Wirtschaftsaufschwung, mehrere Handelshochschulen von Kommunen, Handwerkskammern oder privaten Stiftungen gegründet 75. Die Universität blieb aber eine staatliche Institution. Insbesondere bedurften nichtstaatliche wissenschaftliche Hochschulgründungen der staatlichen Ermächtigung. Diese Regelung richtete sich vor allem gegen kirchliche und städtische Neugründungen, rein private Hochschulen waren grundsätzlich denkbar, wenn auch wohl tatsächlich nicht existent76. Während in Deutschland an der Rechtsform der staatlichen Universität nicht nur festgehalten, sondern sogar kaum ernsthaft gezweifelt wurde, entstand als erste Hochschule in den USA 7 7 in Cambridge / Mass. 1637 die nichtstaatliche Universität Harvard als puritanische Gründung. Die zunächst klerikale Ausrichtung wurde von dem in der Neuen Welt maßgeblichen Liberalismus verdrängt; zudem sollten nach den Vorstellungen der Puritaner Laien in Form von trustees die Universität führen und auch die Finanzmittel einwerben. In dieser Tradition entstand in den USA ein sehr heterogenes Bildungssystem, in dem private Universitäten von vornherein ihren Platz hatten. In der Weimarer Reichs Verfassung von 1919 wurde mit der Normierung der Wissenschaftsfreiheit in Art. 142 78 ein gesamtdeutsches Universitätsrecht geschaffen und der akademischen Selbstverwaltung als institutioneller Garantie Gewicht verliehen 79. Allerdings ging man, wiewohl verfassungsrechtlich nicht abgesichert, von einem staatlichen Hochschulvorbehalt aus 80 . Im Gegensatz zu Privatschulen blieben Privathochschulen in der Verfassungsdiskussion weitgehend unberücksichtigt, die Universitäten blieben staatliche Anstalten mit gewisser Autonomie, auch wurde in Art. 147 81 WRV lediglich die Privatschulfreiheit normiert; Privatschulen waren jedoch nur unter dem Vorbehalt staatlicher Genehmigung zulässig. Schon 7 5 Jarausch, Universität und Hochschule, in: Berg (Hrsg.), Hdb dt. Bildungsgeschichte, Bd. IV, S. 313 ff. (321). 76
Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 4, S. 935 ff. Zu der historischen Entwicklung des Hochschulsystems in den USA vgl. Karcher, Studenten an privaten Hochschulen, 1971, S. 38 ff. 7 8 Art. 142 WRV lautete: „Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. Der Staat gewährt ihnen Schutz und nimmt an ihrer Pflege teil." 77
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Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. 4, S. 121, insb. S. 981 ff., der auch darauf hinweist, daß die Wissenschaftsfreiheit zunächst als Unterfall der Meinungsfreiheit aufgefaßt wurde, die auch dem Hochschullehrer zustehen sollte, ebd., S. 979. Im übrigen war das Hochschulrecht weitgehend Ländersache. 80 Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 81 f.; Dorf, Der Universitätsprofessor, S. 149. § 147 WRV lautet: „Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Privatschulen in ihren Lernzielen und Einrichtungen sowie der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist."
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im Rahmen der Beratungen zur Paulskirchenverfassung 1849 hatte man allerdings die Frage der Privatschulgründungsfreiheit angesprochen: Entsprechend dem Vorbild des Art. 17 der belgischen Verfassung von 1831 diskutierte man die Frage der Gründungfreiheit von Privatschulen und -hochschulen unter dem Aspekt der Unterrichtsfreiheit 82. Die Überlegung, ob auch private Hochschulen unter diesen Artikel zu fassen seien, griff man jedoch 1918 nicht mehr auf. In der Weimarer Reichsverfassung wird auch ein geändertes Staatsverständnis und damit ein sich wandelndes Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft sichtbar: Bisher diente die Verfassung vor allem der negativen Abgrenzung zwischen Bereichen des Staates und der Privatsphäre - zumal Staat und Gesellschaft als Gegenspieler begriffen wurden - , nach der Abschaffung der Monarchie und Hinwendung zur Demokratie bildete nunmehr der Staat die politische Selbstorganisation der Gesellschaft 83. Nach dem Ersten Weltkrieg mußte der Staat die gröbsten sozialen Mißstände beseitigen, es kam nunmehr auch auf Teilhabe an staatlichen Leistungen an 84 . Politisch wurde daher u. a. auf eine Demokratisierung und damit Öffnung der Hochschulen auch für untere Schichten hingewirkt, faktisch blieb allerdings das Einkommen der Eltern entscheidend. Durch den Krieg, Versailler Vertrag und die Inflation waren auch die Universitäten wirtschaftlich geschädigt, insbesondere hatten aber die Studenten zu leiden. Daher wurde 1921 das spätere Studentenwerk unter dem Namen „Wirtschaftshilfe der deutschen Studentenschaft" sowie 1925 die Studienstiftung des deutschen Volkes gegründet 85. Wie schon vor Gründung der Berliner Universität 1810 herrschte nach der militärischen und politischen Niederlage im Ersten Weltkrieg unter deutschen Professoren die Vorstellung, daß nur durch Bildung die nationale Gemeinschaft und eine internationale Vorrangstellung wiederzugewinnen seien. Es bestand zudem die Angst vor gesellschaftlicher Nivellierung ihres Standes, so daß viele Professoren dazu neigten, die Universitäten als geistige Führer zu stilisieren 86. Damit standen viele Universitätsangehörige insbesondere der Öffnung der Hochschulen gegenüber unteren Schichten sowie auch grundsätzlich den Reformbestrebungen der Weimarer Republik kritisch gegenüber und waren eher anfällig für die aufkommenden nationalsozialistischen Parolen 87.
82 Hoffmann-Riem, in: Wassermann (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 5. 83 Böckenförde, Staat und Gesellschaft, in: Görres-Gesellschaft (Hrsg.), Staatslexikon, Bd. V, 1989, Sp. 228 ff. (229); R. Hermes, Die grundgesetzliche Zuordnung öffentlicher Angelegenheiten zu ihren originären Trägern in der verfassungsrechtlichen Ordnung von Staat und Gesellschaft, S. 15. 84 Nitsch/Gerhardt/Offe/Preuß, Hochschule in der Demokratie, 1965, S. 189 ff. 85
Müller, Geschichte der Universität, S. 92. 6 Titze, Hochschulen, in: Langewiesche/Tenorth (Hrsg.), Hdb dt. Bildungsgeschichte, Bd. V (1918-1945), S. 209 ff. (217 ff.); Prahl/Schmidt-Harzbach, Die Universität, S. 144 ff. 8
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
Während der Herrschaft der Nationalsozialisten wurden durch die Gleichschaltung der Länder alle kultur- und bildungspolitische Kompetenzen auf das Reich übertragen 88. Entsprechend der nationalsozialistischen Ideologie wurden Lehrpläne gestaltet, es ging nicht mehr um die Suche nach der Wahrheit, sondern um Nutzen für das System89. Private und damit unabhängige Hochschulen hatten in einer gleichgeschalteten Hochschullandschaft keinen Platz. Bereits durch den Ausschluß jüdischer Studierender wie auch Professoren, vor allem durch die Emigration und Vernichtung vieler Professoren während des Zweiten Weltkrieges hatte sich die wissenschaftliche Elite während der Nazi-Herrschaft drastisch verringert. Die Zeit nach dem Krieg war daher vor allem durch den Wiederaufbau auch der Universitäten gekennzeichnet. Einerseits in Anknüpfung an die Formulierung in der Weimarer Verfassung, andererseits vor dem Hintergrund der verheerenden Eingriffe auch in den wissenschaftlichen Bereich während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde ohne große Diskussion in Art. 5 Abs. 3 GG die Wissenschaftsfreiheit verankert. Dabei hatte man offensichtlich das Bild einer staatlich getragenen Hochschule vor Augen, die man vor zu weitgehenden staatlichen Eingriffen schützen müsse. Uber Privathochschulen wurde nur am Rande geredet, denn solche existierten bisher nicht, und für die kirchlichen Hochschulen, die während der Nazi-Zeit zum Teil gegen das Regime Widerstand geleistet hatten und vor diesem Hintergrund in Zukunft geschützt werden sollten, waren ohnehin auch die staatskirchenrechtlichen Garantien relevant. Während nach 1945 in der DDR alle Bildungseinrichtungen fest in das staatliche System eingebunden und keine auch zukünftigen Ausnahmen denkbar waren 90 , wird für die Bundesrepublik die Zeit nach 1945 üblicherweise in folgende Phasen eingeteilt91: Zunächst stand bis in die 50er Jahre hinein der Wiederaufbau der Universitäten im Vordergrund, gefolgt von einer Expansionsphase bis Mitte der 60er Jahre. Ende der 50er Jahre wurden in der Bundesrepublik Rufe nach Reformen der Universitäten laut, die in die Studentenproteste 1968/69 gipfelten. Die Forderungen der Studierenden betrafen vor allem die innere Universitätsverfassung - sie wandten sich zum Beispiel gegen die Ordinarienuniversität und gegen die fehlenden Mitbestimmungsmöglichkeiten - nicht aber die staatliche Trägerschaft 92. Die sich an87
In diese ideologische Richtung zielen auch die Ausführungen Kriecks, Geschichte der Bildung, 1930, z. B. S. 76,78 ff. 88 Hoffacker, Die Universität im 21. Jahrhundert, S. 26. 89 Ausführlich Titze, Hochschulen, in: Langewiesche/Tenorth (Hrsg.), Hdb dt. Bildungsgeschichte, Bd. V, S. 209 ff. (224 ff.). 9 0 Hoffacker, Die Universität des 21. Jahrhunderts, S. 28. 91
Die Einteilung und das Folgende nach Oehler, Hochschulen, in: Führ/Furck (Hrsg.), Hdb. dt. Bildungsgeschichte, Bd. V I / 1 (1945 bis zur Gegenwart), S. 412 ff. 92 Hierzu und zum folgenden Turner, Hochschule zwischen Vorstellung und Wirklichkeit: zur Geschichte der Hochschulreform im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts, 2000, S. 16 ff.
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schließende Phase wird gekennzeichnet durch Strukturreformen, die u. a. anstelle der Ordinarien- die Gruppenuniversität einführten. In den 70er und 80er Jahren wurden diese Reformen verfestigt und zum gewohnten Erscheinungsbild. Wegen der sprunghaft steigenden Studierendenzahlen waren zahlreiche Neugründungen und die Erweiterung bestehender Universitäten nötig geworden 93. Vor allem, um den Bund an den Kosten zu beteiligen und die Zersplitterung des Hochschulrechts zu überwinden, fügte man 1969 in Art. 75 Abs. 1 Nr. la GG eine Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes ein, um anschließend 1976 das Hochschulrahmengesetz erlassen zu können 94 , das im Laufe der Zeit wiederum mehrere Novellierungen erfahren hat, denen dann die Landeshochschulgesetze weitgehend folgten. In § 70 HRG wurde erstmals auch die staatliche Anerkennung nichtstaatlicher Hochschulen geregelt, die als entscheidender Schritt zur Durchbrechung des bis dahin im Grundsatz bestehenden staatlichen Hochschulmonopols angesehen wird 9 5 . Denn nachdem zunächst im Weiterbildungs- und Fachhochschulbereich private Anbieter auftraten - insbesondere durch die Aufwertung der von nichtstaatlichen Trägern unterhaltenen höheren Fachschulen zu Fachhochschulen 9 6 - und das staatliche Fachhochschulsystem nach allgemeiner Ansicht sinnvoll ergänzten, wurden nun ganz vereinzelt auch Überlegungen zur Gründung privater Universitäten bzw. wissenschaftlichen Privathochschulen laut 97 . 1980 wurde in Witten-Herdecke die erste Privatuniversität gegründet. Neben dieser gab es im nicht-kirchlichen Bereich in den folgenden Jahren den gescheiterten Versuch, in Hamburg eine Privathochschule zu errichten, sowie die als wissenschaftliche Privathochschulen einzustufenden Hochschulen in Berlin, Koblenz und OestrichWinkel. Erst in den letzten beiden Jahren scheint der Hochschulmarkt von privaten Anbietern entdeckt worden zu sein. Anfang der 90er Jahre begann die Phase der durch die deutsche Wiedervereinigung möglich gewordenen Eingliederung der ostdeutschen Hochschulen bzw. Neugründungen in den ostdeutschen Bundesländern. Zur Zeit wird angesichts weiter steigender Studierendenzahlen, des Konkurrenzdrucks aus den anderen Europäischen Ländern und inzwischen deutlich gewordener finanzieller Engpässe wieder über strukturelle Reformen nachgedacht. Das Recht der Privathochschulen soll aber davon (noch) nicht betroffen werden.
93
Turner, Hochschule zwischen Vorstellung und Wirklichkeit, S. 24, 31 ff. Führ, Die deutsche Universität - Im Kern gesund oder verrottet?, in: ders., Bildungsgeschichte und Bildungspolitik, 1997, S. 237 ff. (243); Hoffacker, Die Universität des 21. Jahrhunderts, S. 35. 95 Heckel, Die neue Hochschulfreiheit der nichtstaatlichen Hochschulen: JZ 1986, S. 509 (510). 96 Solte, Die evangelischen kirchlichen Hochschulen in der neueren Rechtsentwicklung: WissR 1983, S. 1 ff. (26); Baldus, Rechtsstellung und Aufgaben nichtstaatlicher, insbesondere kirchlicher Fachhochschulen: WissR 1998, S. 1 ff. (2). 94
97
Turner, Hochschule zwischen Vorstellung und Wirklichkeit, S. 235.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
Auch wenn die Ausführungen nur ein knappes historisches Bild darstellen können, wird deutlich, daß sich der Aufgabe der Hochschulbildung von jeher von staatlicher bzw. zuvor von obrigkeitlicher Seite gewidmet wurde. Einige messen diesem staatlichen Engagement das Schwergewicht zu; aus der jahrhundertelangen Zuständigkeit allein des Staates sei eine Monopolstellung gewachsen, der gewohnheitsrechtliche Wirkung zukomme. Andere leugnen zwar nicht das staatliche Engagement, sehen eine staatliche Alleinverantwortung aber nicht begründet. Dem ist insofern beizupflichten, als von einer staatlichen Universität im heutigen Sinne frühestens ab der Berliner Universitätsgründung 1810 gesprochen werden kann, aber auch dann beachtet werden muß, daß sich der Begriff der Staatlichkeit immer wieder gewandelt hat. Zudem hat es seit jeher kirchliche Hochschulen gegeben, die der Annahme eines staatlichen Hochschulmonopols entgegenstehen. Ein historischer Abriß kann daher nur sehr wenig zeigen: Die geschichtliche Entwicklung hat anders als zum Beispiel in den USA nicht die Vorstellung einer primär privaten Verantwortung für den Hochschulbereich begründet, sondern zeigt deutlich eine starke Verflechtung zwischen „staatlicher" Trägerschaft und dem Bereich der Wissenschaft. Diese Interdependenzen gründen auf der Vorstellung, daß gerade der Staat einen Bereich garantieren könne, der keine Bedingungen an die Wissenschaft stellt, sondern einen echten Freiraum bietet. Andererseits wurde damit das Engagement anderer, insbesondere der Kirchen, nicht explizit ausgeschlossen. Die rein private Verantwortungsübernahme hat sich eben erst sehr spät ergeben. Zusammenfassend sei daher festgehalten, daß sich aus dem historischen Abriß zwar kein staatliches Hochschulmonopol, zumindest aber eine Tradition staatlicher Verantwortlichkeit ergibt. Im Anschluß an diese Ausführungen stellt sich die Frage, wie weit eine staatliche Verantwortung für den Hochschulbereich reicht und wie diese begründet werden kann. Die Formulierung eines „faktischen Hochschulmonopols" leitet über zu der Frage, ob das deutsche Hochschulsystem von einem rechtlich herzuleitenden staatlichen Monopol geprägt ist. Sollte eine Alleinverantwortung des Staates hingegen nicht zu begründen sein, bliebe zu klären, warum und unter welchen Umständen auch bei einer gemischten Zuständigkeit eine staatliche Verantwortung hergeleitet werden kann.
II. Wissenschaftliche Bildung und Ausbildung im Rahmen eines staatlichen Hochschulmonopols? Die Betrachtung sowohl der verschiedenen Landesregelungen als auch der historischen Entwicklung legen nahe, den Staat - abgesehen von den Kirchen - als einzigen Hochschulträger anzusehen, also ein grundsätzliches Hochschulmonopol anzunehmen.
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Die Verfassungen der Bundesländer enthalten zum Teil die Bestimmung, daß Hochschulen staatliche Einrichtungen sind und Ausnahmen staatlich genehmigt werden müssen. So stellt zum Beispiel Art. 34 BremVerf fest, daß Hochschulen „in der Regel staatlich" sind. Nach Art. 138 BayVerf werden Hochschulen als „Sache des Staates" bezeichnet. Eine grundgesetzliche Regelung, die diesen Bestimmungen ähnelte, gibt es nicht. Sollte aber grundgesetzlich ein staatliches Hochschulmonopol ausgeschlossen sein, könnten die landesverfassungsrechtlichen Regelungen, aus denen mitunter eine Monopolstellung abgeleitet wird, nach Art. 31 GG nichtig sein.
1. Unterschiedliche Begrifflichkeiten Bevor auf die inhaltliche Frage nach einem Hochschulmonopol des Grundgesetzes eingegangen werden kann, müssen zunächst die Begriffe der Hochschule sowie des Hochschulmonopols geklärt werden.
a) Die Bezeichnung „ Hochschule " In den Landesverfassungen und Landeshochschulgesetzen differiert bereits die Verwendung des Begriffs „Hochschule". So könnte zum Beispiel die Wendung „Hochschulen sind Sache des Staates" in Art. 138 Abs. 1 Satz 1 BayVerf bedeuten, daß alle wissenschaftlichen Lehranstalten, die gemeinhin als Hochschule bezeichnet werden, staatlich sind und also ein staatliches Monopol im Sinne einer Nichtzulässigkeit privater wissenschaftlicher Bildungseinrichtungen angenommen werden könnte. Sie ließe aber auch eine Deutung zu, nach der lediglich die Bezeichnung „Hochschule" den staatlichen Einrichtungen vorbehalten bleiben soll, grundsätzlich aber auch private Bildungseinrichtungen mit einem ähnlichen Anspruch, also Hochschulen im funktionellen Sinn, möglich wären. Tatsächlich finden sich verschiedene Begriffsbedeutungen 98: Nach § 70 HRG wird die private Bildungseinrichtung zwar als „staatlich anerkannte Hochschule" bezeichnet, aus der Struktur und dem Sinn dieser Vorschrift, die gewisse bundesweit geltende Qualitätsstandards festschreiben will, wird hingegen deutlich, daß § 70 HRG nur die Einbeziehung in das öffentliche Hochschulsystem, nicht aber die Hochschulbezeichnung regeln will 9 9 . Der Bereich der Hochschulbegrifflichkeit bleibt also einer landesrechtlichen Regelung vorbehalten 100. 98 Um Doppelungen zu vermeiden, sei auf die ausführliche Darstellung und Untersuchung von Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit, S. 23 ff., verwiesen. 99 Reich, HRG-Kommentar, 7. Aufl. 2000, § 1 Rdnr. 1 bzw. § 70 Rdnr. 1; Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 70, Rdnr. 15. 100 Nds. OVG, DVB1. 1993, S. 1319.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
In vielen Bundesländern ist zugleich mit der staatlichen Anerkennung die Führung der Bezeichnung „Hochschule" verbunden; dies kommt neben dem Wortlaut der Regelungen der staatlichen Anerkennung selbst insbesondere durch Ordnungswidrigkeitenregelungen zur unbefugten Verwendung der Hochschulbezeichnung zum Ausdruck 101 . Diese Regelungen müssen vor dem Hintergrund gesehen werden, daß zumindest seit dem Absolutismus das Hochschulwesen fast ausschließlich vom Staat geführt wurde und daher der Begriff der Hochschule nach allgemeinem Verständnis der Sphäre des Staatlichen zugewiesen wurde 102 . Sofern also die staatliche Anerkennung die Einbeziehung in das staatliche Hochschulsystem bedeutet, ist die Verknüpfung zwischen Anerkennung und Hochschulbezeichnung nur konsequent. Da mit dem Hochschulbegriff gewissermaßen eine staatliche Qualitätsbescheinigung und auch die Vorstellung einer bestimmten Struktur zusammenhängt, die sich an das Bild der staatlichen Hochschulen anlehnt, wird eine unbefugte Verwendung wegen der möglichen Irreführung verboten. Damit werden allerdings Bildungseinrichtungen, die in ihrer Struktur und ihrem inhaltlichen Anspruch einer Hochschule entsprechen (sog. Hochschulen im funktionellen Sinn), auf den Hochschulbegriff jedoch verzichten, noch nicht ausgeschlossen103. Insofern bestehen gegen die landesrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Bezeichnung als „Hochschule" oder „Universität" keine Bedenken 104. Anders scheint es sich demgegenüber in Ländern des Alleinverantwortungsmodells, zum Beispiel in Hessen und Bayern, zu verhalten: Gem. § 101 Abs. 1 Satz 1 HessHG bedarf der Betrieb einer Hochschule der vorherigen staatlichen Genehmigung. Art. 101 Abs. 2 HessHG enthält eine zusätzliche Genehmigungspflicht für das Führen der Bezeichnung Hochschule. An den unterschiedlichen Genehmigungsgegenständen wird deutlich, daß in Art. 101 Abs. 1 Satz 1 HessHG eine Hochschule im funktionellen Sinn angesprochen ist. In Hessen ist also die Errichtung und der Betrieb einer privaten Bildungseinrichtung, die Hochschulaufgaben wahrnimmt, nicht ohne vorherige staatliche Genehmigung möglich. Auch nach dem Wortlaut des Art. 138 BayVerf sind alle Hochschulen staatliche Einrichtungen; dies wird durch Art. 108 BayHG in Form einer schon für die Errichtung notwendigen Anerkennungsregelung ausgefüllt. Danach legt die objektive Gesetzesfassung eine Auslegung nahe, nach der für Bayern ein Hochschulmonopol nicht nur im begrifflichen, sondern auch im funktionellen Sinn an101 So z. B. in § 97 Abs. 1 Satz 1 BrbgHG: „ . . . staatliche Anerkennung als Hochschule ..."; ebenso § 144a HambHG, § 125 Abs. 1 Satz 1 MeVoHG, § 135 Abs. 1 Satz 1 NdsHG. Die Führung der Hochschulbezeichnung ohne staatliche Anerkennung wird z. B. in § 145 HambHG als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld belegt; ebenso § 129 Abs. 1 Nr. 1 MeVoHG, § 141 Abs. 1 Nr. 1 NdsHG. § 1 Abs. 4 BremHG enthält sogar ein explizites Verbot der Bezeichnungen „Universität" oder „Hochschule" für nicht anerkannte Hochschulen. 102
Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit, S. 54, der sich ausführlich mit der an die staatlichen Hochschulen angelehnten Begrifflichkeit auseinandersetzt. 103 Ebd., S. 56 ff. 104 BVerwG, NVwZ-RR 1995, S. 145 f.
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zunehmen wäre 105 . Jedoch definiert Art. 1 Abs. 3 BayHG eine nichtstaatliche Hochschule als nach Maßgabe des Gesetzes anerkannte „Einrichtung des Bildungswesens". Diese Begrifflichkeit läßt Raum für solche privaten Einrichtungen, die zwar Hochschulaufgaben wahrnehmen, aber auf die Bezeichnung als Hochschule verzichten. Allerdings ermächtigt Art. 108 Abs. 6 Satz 1 BayHG zu einer Betriebsuntersagung, sofern die Bildungseinrichtung, die Hochschulaufgaben wahrnimmt und damit eine Hochschule im funktionellen Sinn darstellt, ohne staatliche Anerkennung betrieben wird. Das Gesetz benutzt an dieser Stelle, anders als in den vorangehenden Absätzen, die Formulierung „Einrichtung". Es unterscheidet also zwischen Einrichtungen, die keine Hochschulaufgaben wahrnehmen und damit auch ohne staatliche Anerkennung betrieben werden dürfen, und Hochschulen, die anerkannt sein müssen, um einerseits diese Bezeichnung führen zu dürfen und andererseits überhaupt betrieben werden zu können. Das BayHG will zwar auch vor einem verwirrenden Gebrauch der Hochschulbezeichnung schützen, es knüpft damit aber die Anerkennungspflicht vor allem an die Eigenschaft als Hochschule im funktionellen Sinn 106 . Das Betreiben einer Bildungseinrichtung, die in der Sache Hochschulaufgaben wahrnimmt, ohne Genehmigung wird auf diese Weise neben Hessen auch in Bayern unterbunden. Hinter diesen landesrechtlichen Regelungen steht also schließlich doch die Vorstellung eines staatlichen Hochschulmonopols107.
b) Der Begriff „Hochschulmonopol" Bevor auf die eigentliche Frage danach, ob allein der Staat die Aufgabe von wissenschaftlicher Bildung und Ausbildung erfüllen kann und darf, eingegangen wird, soll der - nicht immer eindeutig und einheitlich verwendete - Begriff des Hochschulmonopols geklärt werden. Unter Monopol versteht man im allgemeinen die andere Anbieter vom Markt verdrängende bzw. ausschließende absolut beherrschende Position eines Unternehmers 108. Der Monopolbegriff ist also wirtschaftlich geprägt; rechtlich ist er - abgesehen von den echten Staatsmonopolen (vor allem Finanzmonopole), deren Begrifflichkeit ebenfalls auf einem wirtschaftlichen Phänomen gründet 109 - wenig aussagekräftig. Der Monopolbegriff taucht jedoch 105
So Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit, S. 59. 106 Wie hier Reich, Bayerisches Hochschulgesetz, Kommentar, 4. Aufl. 1999, Art. 108, Rdnr. 1, der auch auf die unterschiedliche Begrifflichkeit hinweist. 107 So für Bremen auch Lorenz, in: Hailbronner (Hrsg.), HRG-Kommentar, § 70, Rdnr. 31; Füssel, Erziehung und Unterricht, in: Kröning/Pottschmidt/Preuß/Rinken (Hrsg.), Handbuch der Bremischen Verfassung, 1991, S. 204; für Bayern Meder, Verfassung des Freistaates Bayern, Handkommentar, 4. Aufl. 1992, Art. 138, Rdnr. 5. los Tilch (Hrsg.), Deutsches Rechts-Lexikon, 2. Aufl. 1992, Bd. 2, Stichwort „Monopol". 109 Eine wichtige Ausnahme bildet insofern allerdings das sogenannte Gewaltmonopol des Staates; zu dessen Aufweichung s. aber Würtenberger/Heckmann/Riggert, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 4. Aufl. 1999, Rdnr. 28. 4 Steinkemper
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
immer wieder auch in rechtlichen Diskussionen, insbesondere beim Stichwort Privatisierung auf. Meistens wird damit eine Situation bezeichnet, in der allein staatliche Einrichtungen eine Aufgabe wahrnehmen. Ein Hochschulmonopol müßte demnach bedeuten, daß nur ein Anbieter, in diesem Fall der Staat, die Einrichtung Hochschule bereithält und damit andere ausschließt, ebenfalls Hochschulen zu errichten. In diesem Sinn hängt der Begriff mit der Diskussion um Staatsaufgaben zusammen. Wäre die Errichtung und der Betrieb von Hochschulen allein Aufgabe des Staates, wären andere von der Erfüllung dieser Aufgabe ausgeschlossen, Privathochschulen mithin unzulässig. Der Begriff „Hochschulmonopol" taucht aber auch in einem anderen Zusammenhang auf, und zwar, wenn es um die Kompetenz zur Regelung des Hochschulbereichs geht 110 . Der Staat hat eng gezogene Regeln für die ausnahmsweise Zulassung anderer Hochschulträger entwickelt, die letztlich auch nur durch den Staat veränderbar sind. So ist die staatliche Anerkennung und damit die Möglichkeit, eine Hochschulausbildung durchzuführen und Hochschulgrade zu verleihen, sehr detailliert durch staatliche Vorschriften festgelegt. Insoweit wird von einem staatlichen Monopol im Berechtigungswesen gesprochen 111. Regelt der Staat diesen Bereich - und das ist in allen Bundesländern der Fall, auch wenn nicht alle das Institut der staatlichen Anerkennung vorsehen - , ist grundsätzlich noch nichts über die Hochschulträgerschaft ausgesagt; der Staat versucht durch seine Regelungen lediglich, mögliche Interessenkonflikte zu vermeiden bzw. auszugleichen. Mit der Regelung der staatlichen Anerkennung übernimmt er darüber hinaus die Verantwortung dafür, daß das Hochschulsystem funktioniert. Führen die Regelungen im Ergebnis aber dazu, daß letztlich nur der Staat Hochschulen bereithält oder bereithalten kann, geht es um die allein staatliche Trägerschaft. Um Mißverständnisse zu vermeiden, soll der Begriff „Hochschulmonopol" im weiteren nur für diese letzte Stufe, also für die Frage des Hochschulträgers verwendet werden, während die Frage, warum und inwieweit der Staat den Hochschulbereich regeln darf, unter dem Gesichtspunkt der Reichweite staatlicher Verantwortung untersucht werden soll. Wenn, wie dargestellt, in einigen Bundesländern ein Hochschulmonopol zu erkennen wäre, könnte dieses jedoch wegen Verstoßes gegen die bundesverfassungsrechtlichen Regelungen nach Art. 31 GG nichtig sein. Das setzte voraus, daß das Grundgesetz keine allein staatliche Aufgabenerfüllung verbietet. Untersuchungsmaßstab ist demnach allein das Grundgesetz.
uo Heckel, Die neue Hochschulfreiheit der nichtstaatlichen Hochschulen: JZ 1986, S. 509 ff. (510). 111 Vgl. Daliinger, HRG-Kommentar, § 70, Rdnr. 6 a.E.; Lee, Verfassungsrechtliche Grundprobleme des Privathochschulwesens, S. 18; Lorenz, Privathochschulfreiheit und Bundesrecht: WissR 20 (1987), S. 22 (26); Heckel, Die neue Hochschulfreiheit der nichtstaatlichen Hochschulen: JZ 1986, S. 509 (510).
§ 2 Die Verantwortung des Staates
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2. Ein Hochschulmonopol des Grundgesetzes? Das Grundgesetz enthält ausdrücklich weder Regelungen für ein staatliches Hochschulmonopol, noch schließt es eine allein staatliche Aufgabenerfüllung explizit aus. Art. 75 Abs. 1 Nr. la GG weist dem Bund eine Rahmengesetzgebungskompetenz für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens zu. Wegen der Funktion einer Kompetenzverteilungsvorschrift zwischen Bund und Ländern ist damit aber noch nicht ausgesagt, daß darunter auch die Regelung fällt, daß nur der Staat Hochschulen errichten und unterhalten darf 112 . Art. 91a Abs. 1 Nr. 1 GG (Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau) bestimmt in ähnlicher Weise nur positiv, daß der Bund bei der Aufgabenerfüllung mitwirken darf und soll, nicht aber den Ausschluß privater Hochschulgründungen; ebenso läßt sich aus Art. 91b GG (Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung) kein staatliches Hochschulmonopol entnehmen. Die bisher genannten Grundgesetzartikel haben ohnehin nur die Funktion, die Wahrnehmung der verschiedenen Aufgaben zwischen Bund und Ländern zu verteilen und in diesem Sinn Zuständigkeiten zuzuweisen. Sie sagen jedoch nichts aus über die Frage, ob die Aufgaben nur durch den Staat oder auch von Privaten wahrgenommen werden dürfen. Hinsichtlich des sekundären Bildungsbereichs (Schulen) findet sich eine grundsätzlich staatliche Verantwortung in Art. 7 Abs. 1 GG 1 1 3 . Der Grundsatz erfährt jedoch in Art. 7 Abs. 4 GG zugunsten von privaten Schulen eine verfassungsrechtlich festgeschriebene Ausnahme 114. Art. 7 Abs. 1 bzw. Abs. 4 GG gelten dem Wortlaut nach nur für (private) Schulen, nicht für Hochschulen. Allerdings wird im Rahmen der Diskussion um eine grundrechtliche Verankerung der Privathochschul e 1 1 5 vertreten, unter den Begriff „Privatschule" des Art. 7 Abs. 4 GG könne zwar nicht im Wortsinn, aber durch Auslegung auch die Privathochschule subsumiert werden. Zwar garantiert Art. 7 Abs. 4 GG das Privatschulwesen und hinsichtlich der Ergänzungsschulen sogar einen genehmigungsfreien Betrieb, Art. 7 Abs. 1 GG jedoch stellt das gesamte, also auch das private Schulwesen unter staatliche Aufsicht. Er drückt damit eine staatliche Alleinverantwortung aus. Bei Anwendbarkeit des Art. 7 Abs. 4 GG auf die Situation der Privathochschule wäre damit also im Sinne dieser Vorschrift wegen der staatlichen Alleinverantwortung ein staatlich beaufsichtigtes Privathochschulwesen garantiert; damit wäre ein staatliches Hochschulmonopol im Sinne einer allein staatlichen Trägerschaft aber gleichzeitig ausgeschlossen. Ohne die Diskussion in ihrer Vielfalt vorwegnehmen zu wollen 116 , sei 112
Allgemein zur Unmöglichkeit einer Ableitung von Staatsaufgaben aus den Kompetenzkatalogen des Grundgesetzes Wahl, Staatsaufgaben im Verfassungsrecht, in: Ellwein/ Hesse (Hrsg.), Staatswissenschaften: Vergessene Disziplin oder neue Herausforderung?, 1990, S. 29 ff. (31). 113
Art. 7 Abs. 1 GG lautet: „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates." Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG lautet: „Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet." 115 Dazu unter § 3. 114
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
hier angemerkt, daß nach dem Wortlaut Art. 7 Abs. 4 GG nicht für Privathochschulen gelten kann. Einer analogen Anwendung steht aber vor allem das Fehlen einer Regelungslücke entgegen, weil durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG der gesamte Bereich der Wissenschaft, also auch die wissenschaftlich arbeitende Privathochschule, umfaßt wird. Über Art. 7 Abs. 1 GG ist damit ein staatliches Hochschulmonopol nicht begründbar. Als zentraler Grundgesetzartikel, der nicht nur formell über die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern entscheidet, sondern auch materielle Aussagen für den Bereich der Wissenschaft, Forschung und Lehre trifft, findet sich insbesondere Art. 5 Abs. 3 GG 1 1 7 . Mangels ausdrücklicher Aussage hinsichtlich eines Hochschulmonopols könnte ein solches aber durch Auslegung zu begründen sein 118 . a) Auslegung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nach seinem Wortlaut An Hochschulen wird Wissenschaft betrieben, geforscht und gelehrt; der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geregelte Lebenssachverhalt ist also zunächst betroffen. Der Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG hilft jedoch hinsichtlich eines staatlichen Hochschulmonopols nicht weiter, da nur allgemein von Wissenschaft, Forschung und Lehre, nicht aber von Hochschule bzw. Universität oder gar von einem Hochschulmonopol gesprochen wird. Im Rahmen der Auslegung des Art. 5 Abs. 3 GG ist jedenfalls nach dem Wortlaut keine Deutung für ein staatliches Hochschulmonopol zu begründen. b) Systematische Auslegung Aus der systematischen Argumentation mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 und Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG könnte ein Verbot von privaten Hochschulen herzuleiten sein. In Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG wird die Errichtung von privaten Schulen ausdrücklich garantiert, während Art. 5 Abs. 3 GG als für den Bereich der Hochschulen geltende Vorschrift eine ähnliche Regelung gerade nicht enthält. Aus diesem Umkehrschluß könnte die Unzulässigkeit privater Hochschulen und damit ein grundgesetzliches Hochschulmonopol folgen 119 . 116 S. dazu unter § 3 I. 1. 117
Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG lautet: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind
frei." m Die Zulässigkeit der Auslegung von Verfassungsvorschriften anhand der üblichen Auslegungsmethoden für einfachgesetzliche Vorschriften ist bereits mehrfach begründet worden, vgl. nur Böckenförde, Grundrechtstheorie und Grundrechtsinterpretation: NJW 1974, S. 1529 ff.; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, 1995, Rdnr. 68 ff.; Maurer, Staatsrecht, 1999, Rdnr. 49 ff. 119 Diese Frage wird auch aufgeworfen bei Lorenz, Privathochschulfreiheit und Bundesrecht: WissR 20 (1987), S. 22 ff. (26).
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Ein Umkehrschluß aus Art. 7 Abs. 4 GG würde aber zunächst voraussetzen, daß die Garantien in Art. 5 Abs. 3 und Art. 7 GG strukturell und inhaltlich vergleichbar sind, denn nur dann könnte man von der Gewährleistung in dem einen Verfassungsartikel auf ein bewußtes Weglassen in dem anderen schließen. Art. 7 GG betrifft den Bereich der Schule, der in Abs. 1 der staatlichen Aufsicht unterstellt wird. Die Absätze 2 und 3 betreffen den Religionsunterricht, in den Absätzen 4 und 5 wird schließlich die Zulässigkeit privater Schulen geregelt. Aus der Struktur des Art. 7 GG wird also deutlich, daß der Bereich der Schule grundsätzlich staatlich ist oder zumindest unter staatlicher Aufsicht steht und nur für den speziell geregelten Fall innerhalb dieses grundsätzlich staatlichen Bereichs ein Grundrecht auf Errichtung einer privaten Schule gewährt werden soll. Art. 5 Abs. 3 GG hingegen spricht überhaupt keine bestimmte Institution an 1 2 0 , also auch nicht Hochschule oder Universität, sondern garantiert ganz allgemein die Freiheit der Wissenschaft. Art. 5 Abs. 3 GG stellt gerade nicht, wie Art. 7 Abs. 1 GG, den gesamten Bereich der Wissenschaft unter die Aufsicht des Staates. Er begründet damit eben nicht, wie Art. 7 Abs. 1 GG es ausdrückt, eine grundsätzlich dem Staat vorbehaltene Aufgabe, sondern garantiert einen Bereich der vor staatlichen Eingriffen geschützten Freiheitsbetätigung 121. Wenn sich aber Art. 7 und Art. 5 GG schon insofern unterscheiden, daß Art. 7 GG die Entscheidung für die grundsätzliche Staatlichkeit des Schulsystems trifft, Art. 5 Abs. 3 GG hingegen keine ausdrückliche Stellungnahme für eine Staatlichkeit des Hochschulwesens enthält, kann das Argument, bei Art. 5 Abs. 3 fehle eine Art. 7 Abs. 4 GG vergleichbare Garantie und enthalte daher ein staatliches Hochschulmonopol, schon aus Gründen der Strukturverschiedenheit und damit mangelnder Vergleichbarkeit nicht überzeugen 122. Andere lehnen ein Hochschulmonopol mit einem Argument aus der Struktur des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und des Art. 7 Abs. 4 GG selbst ab: Mit den Begriffen Wissenschaft, Forschung und Lehre bzw. der ausdrücklichen Zulassung privater Schulen werde lediglich der Gewährleistungsbereich der Grundrechte sachlich umrissen, daraus ergebe sich aber nicht ein Verbot deijenigen Verhaltensweisen, die außerhalb dieses Bereiches liegen, dies sei schon durch Art. 2 Abs. 1 GG garantiert 1 2 3 . Wenn aber die Errichtung und der Betrieb von privaten Hochschulen zumindest auf Art. 2 Abs. 1 GG gestützt werden könne, sei eine allein staatliche Verantwortung für den Hochschulbereich nicht aus Art. 5 Abs. 3 GG begründbar. Wieder andere sehen in Art. 5 Abs. 3 GG zwar die Aussage für ein primär staatlich verantwortetes Hochschulwesen. Die institutionelle Garantie der staatlich getragenen und öffentlich strukturierten Hochschule könne zwar eine Priorität be120 Maunz/Zippelius,
Deutsches Staatsrecht, 30. Aufl. 1998, S. 233.
121 de Wall, Die Einrichtungsgarantien des Grundgesetzes als Grundlage subjektiver Rechte: Der Staat 38 (1999), S. 377 ff. (389), FN 50. 122 So auch Karpen, Hochschulplanung und Grundgesetz, 1987, S. 518 ff. 123 Lorenz, Privathochschulfreiheit und Bundesrecht: WissR 20 (1987), S. 22 (27).
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gründen. Art. 5 Abs. 3 GG reiche aber nicht so weit, daß damit auch ein staatliches Hochschulmonopol angenommen werden könne 124 . Auch nach systematischer Betrachtungsweise kann man Art. 5 Abs. 3 GG keine Aussage für ein rein staatliches Hochschulsystem entnehmen.
c) Historische Auslegung Immer wieder wird im Rahmen der historischen Auslegungsmethode angeführt, Art. 5 Abs. 3 GG sei gestützt auf das traditionelle Bild der deutschen Universität, die Verfassung knüpfe an die Tradition einer rein staatlichen Universitätslandschaft an und ein staatliches Hochschulsystem habe daher quasi gewohnheitsrechtlichen Charakter 125. Im Gegensatz zu vielen europäischen Staaten wurden in Deutschland jedenfalls in den letzten Jahrzehnten und Jahrhunderten die Universitäten und beinahe alle sonstigen Hochschulen vom Staat selbst errichtet und betrieben. Diese Tradition hat sich bis heute in der Tat nur wenig geändert. Es wurde bereits im Rahmen der oben dargestellten historischen Entwicklung erkennbar, daß zwar ein staatliches Hochschulsystem in Deutschland tatsächlich auf eine gewisse Tradition zurückblicken kann, es aber immer auch kirchliche Hochschulen gegeben hat, die eindeutig außerhalb des staatlichen Einflusses standen. Zudem wird deutlich, daß das Nichtvorhandensein privater Hochschulen im wesentlichen auf die mangelnde wirtschaftliche Kapazität 126 und auf die Tatsache zurückgeführt werden kann, daß es keinen Bedarf an privater Initiative gab, weil der Staat in ausreichendem Umfang gut funktionierende Hochschulen bereithielt, die nahezu alle Fachrichtungen abdeckten. Danach ist eine traditionell staatliche Betätigung im Hochschulbereich nicht von der Hand zu weisen, allerdings kann wegen der zwar nur vereinzelten, aber eben dennoch bestehenden nichtstaatlichen, vor allem kirchlichen Hochschulen ein Hochschulmonopol mit gewohnheitsrechtlichem Charakter nicht begründet werden. Gegen dieses Ergebnis spricht zwar, daß bei den Beratungen zum Grundgesetz die private Betätigung im Bildungsbereich und auch private Hochschulen im Rahmen des Art. 7 GG angesprochen wurden 127 , der Schwerpunkt der Neuregelung
124
Bethge, Wissenschaftsrecht, in: Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht, Bd. 1, 2. Aufl. 2000, S. 1042 ff., Rdnr. 53. Vgl. für die ähnliche Problematik im Rahmen der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit Grimm, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, VVdStRL 42 (1984), S. 47 ff. (71). 125 Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 320; anders Thieme, Privathochschulen in Deutschland, S. 39, der ein historisch gewachsenes „Hochschulmonopol" annimmt, dieses aber nicht verfassungsrechtlich legitimiert sieht. 126 Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 320 f. 127 v. Doemming/Füßlein/Matz, JöR NF, Bd. 1 (1951), S. 111 ff.
Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes:
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sollte aber nach den Erfahrungen in der Zeit der Nationalsozialisten auf der Freiheit der Wissenschaft von staatlicher Einflußnahme liegen. Auch wurden die Universität als Institution oder andere Formen wissenschaftlicher Einrichtungen oder Zusammenschlüsse gerade nicht ausdrücklich erwähnt, sondern weitgehend die Formulierung aus Art. 142 WRV übernommen 128. Außerdem wird angeführt, Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG knüpfe an die deutsche Tradition und die der Verfassung vorgegebene Wirklichkeit an - einige sprechen sogar von gewohnheitsrechtlicher Geltung der Aussage des § 1 II 12 A L R 1 2 9 - und beinhalte das gesellschaftliche Kräfte abwehrende und ausschließende „Grundrecht der Deutschen Universität" 130 . Zu dem Argument, ein Grundrecht der deutschen Universität garantiere die alleinige Zuständigkeit eben dieser Universität und schließe damit private Hochschulen aus, sei nur kurz angemerkt, daß - selbst wenn man ein Grundrecht der deutschen Universität begründen könnte - dieses logisch kein Staatsmonopol zur Folge haben muß. Zwar wird nicht bestritten, daß die Garantie der Wissenschaftsfreiheit durchaus in einer durch den Staat geschaffenen Institution möglich ist und so auch bisher funktioniert hat. Allein die Möglichkeit der einen Form hat aber noch nicht den zwingenden Ausschluß einer anderen Form zur Folge. Ein staatliches Hochschulmonopol erhält auch in einer historischen Auslegung des Art. 5 Abs. 3 GG keine Stütze.
d) Teleologische Auslegung Auch aus dem Sinn und Zweck des Art. 5 Abs. 3 GG ist ein staatliches Hochschulmonopol nicht ableitbar. Zur Begründung einer staatlichen Alleinverantwortung wird argumentiert, nur der Staat könne einen Bereich garantieren, in dem Wissenschaft, Forschung und Lehre tatsächlich frei von finanziellen, vertraglichen oder sonstigen Abhängigkeiten möglich sei. Die Gründung wissenschaftlicher Hochschulen setze einen erheblichen finanziellen Aufwand voraus, der die Leistungskraft der Privatwirtschaft übersteige. Auch seien bei Betrieb der Hochschule die akademische Selbstverwaltung und die Wissenschaftsfreiheit des einzelnen Wissenschaftlers zu beachten, dies sei aber nur durch den Staat zu leisten, und schließlich könnten Promotionsund Habilitationsrechte nur vom Staat verliehen werden 131 . 12 8 Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 5 III (Wissenschaft), Rdnr. 3. 129
Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 320. Röttgen, Das Grundrecht der deutschen Universität, 1959, insb. S. 70 ff. Zur Frage der Grundrechtsträgerschaft der staatlichen Universität und zum weiteren Zusammenhang s. unten § 3 II. 4. a), im Zusammenhang mit der Förderung privater Hochschulen § 61. 131 Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 320 f. 130
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Diese Auffassung sieht sich jedoch mit folgenden Argumenten konfrontiert: Wie bereits oben angesprochen, muß man richtigerweise zwischen einer staatlich monopolisierten Aufgabenwahrnehmung und dem Regelungsmonopol für bestimmte Prüfungen, Grade und Bezeichnungen trennen. Ein staatliches Regelungsmonopol existiert auch in vielen anderen Bereichen, in denen im Bereich der Aufgabenwahrnehmung sowohl öffentliche Hand als auch Private bzw. gesellschaftliche Kräfte tätig werden. Zum Beispiel wird man nicht bestreiten, daß staatliche Abschlüsse wie die Staatsexamina oder das Abitur auch staatlich geregelt sein dürfen; sämtliche gesetzliche Vorschriften werden letztlich aufgrund eines staatlichen Regelungsmonopols erlassen, auch wenn es, wie zum Beispiel im Vertragsrecht, ganz eindeutig um einen Bereich geht, der sich zwischen Privatleuten abspielt 132 . Ob die Regelungen im (Privat)Hochschulbereich zulässig oder zu weitreichend sind, wird später zu erörtern sein. Jedenfalls spricht die Tatsache, daß es staatliche Regelungen geben muß, nicht für die Annahme eines Hochschulmonopols. Auch das Heranziehen des Argumentes, die Hochschulgründung bedürfe eines zu großen finanziellen Aufwandes - selbst wenn man davon ausgeht, daß in der Bundesrepublik nicht genügend Kapital und Spendebereitschaft vorhanden sind, um Privathochschulen ausreichend zu finanzieren 133 - kann nicht wirklich überzeugen, da der Staat, insbesondere wenn die Hochschule eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe wahrnimmt, die private Initiative finanziell unterstützen kann 134 . Außerdem zeigt das Beispiel der Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz-Vallendar, daß eine rein privat organisierte Finanzierung zumindest grundsätzlich möglich ist. Dieser Faktor kann vielleicht faktisch, nicht aber rechtlich Wirkung zeigen. Ein hoher finanzieller Aufwand kann nicht als Argument ausreichen, privates Engagement von vornherein auszuschließen. Schwieriger zu widerlegen ist die Vermutung, nur der Staat könne auch die Freiheit des einzelnen Wissenschaftlers schützen. Auch hier könnte zwar eine Regelung durch den Staat unter Umständen genügen, den Wissenschaftler zum Beispiel davor zu bewahren, ein Lehrkonzept umsetzen zu müssen, das er nicht vertritt, oder ein vorgegebenes Ergebnis erforschen zu müssen statt ergebnisoffen arbeiten zu können. Wohl kaum zu vermeiden ist aber, daß der private Hochschulträger bei der Auswahl seiner Dozenten und Dozentinnen bestimmte Vorstellungen, seien sie politischer, weltanschaulicher oder sonstiger Art, verfolgt. Andererseits wird nie132 Zu der staatstheoretischen Herleitung der „Kompetenzhoheit" des Staates Zippelius, Allgemeine Staatslehre, 13. Aufl. 1999, S. 47 ff. 133 Es sei an dieser Stelle nur kurz angemerkt, daß z. B. die Privatuniversität Witten-Herdecke sich zehn Jahre lang vollständig selbst finanzieren konnte und die wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz-Vallendar dies noch heute praktiziert. Ganz so unmöglich, wie manche Darstellungen es weißmachen wollen, ist das Vorhaben einer eigenständigen Finanzierung also auch nicht. 134 Ähnlich Lorenz, Privathochschulen, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 1162; de Wall, Die Einrichtungsgarantien des Grundgesetzes als Grundlage subjektiver Rechte: Der Staat 38 (1999), S. 377 ff. (389), FN 50. Zu den Fragen der staatlichen Förderung s. unten Teil 2, §§ 5 ff.
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mand gezwungen, sich an einer Privathochschule zu bewerben, und diejenigen, die dort dann arbeiten, finden vielleicht genau das Umfeld, das ihnen die beste Förderung bietet. Auf diese Weise ist die Freiheit des einzelnen Wissenschaftlers nicht gefährdet. Zudem drängt sich der Gedanke auf, daß derartige Risiken durch gesetzliche Regelungen bis hin zu Verboten im Einzelfall aufgefangen werden, sie können aber jedenfalls nicht begründen, daß das Hochschulsystem verfassungsrechtlich ausschließlich aus staatlichen Insitutionen bestehen darf. Eine weitere Überlegung, die der Annahme entgegensteht, Art. 5 'Abs. 3 GG könne ein staatliches Hochschulmonopol entnommen werden, resultiert aus der Funktion der Grundrechte. Nach allgemeiner Ansicht besitzen die Grundrechte, zu denen Art. 5 Abs. 3 GG ohne Zweifel zu rechnen ist, zunächst und vor allem eine abwehrrechtliche Dimension, d. h. sie sollen verfassungsrechtlich den bezeichneten Freiheitsbereich gerade gegenüber staatlichen Eingriffen garantieren. Staatliche Institutionen hingegen können sich auf die Grundrechte grundsätzlich nicht berufen. Demnach ist jedes menschliche Handeln geschützt. Um aber einen Ausgleich unter den verschiedenen Grundrechtsberechtigten zu schaffen und gleichzeitig dem Staat Möglichkeiten zu eröffnen, zum Schutz gemeinsamer Güter Regelungen zu erlassen, lassen einige Grundrechte in speziellen Fällen ausdrücklich und andere nur mit dem Rechtfertigungsgrund des Schutzes eines anderen Verfassungsgutes staatliche Maßnahmen auch in den Bereichen der Grundrechte zu. Diesem System der grundsätzlichen Freiheit gegenüber rechtfertigungsbedürftigen staatlichen Eingriffen ist immanent, daß - im Gegensatz zu einer bloßen Konkretisierung der grundrechtlichen Garantie - ein (umfassender) Ausschluß der Freiheitsausübung zugunsten staatlicher Betätigung in den Grundrechten als Gesetzesoder Definitionsvorbehält aufgeführt sein muß 1 3 5 . Das Ausschließen privaten Engagements in einem Grundrechtsbereich kann daher, wenn sich wie hier im Bereich des Hochschulwesens kein derartiger Hinweis auf staatliches „DefinierenDürfen" oder Tätigwerden findet, zwar möglicherweise auf der Schrankenebene als gerechtfertigter Eingriff vorkommen, auf der Schutzbereichsebene ist das private Handeln jedoch mit erfaßt und nicht von vornherein ausgeschlossen136. Aber auch, wenn man dennoch eine Schutzbereichseinschränkung durch einfaches Gesetz zuläßt, das den Schutz eines anderen Verfassungsgutes konkretisiert, und damit als Ausformung einer sogenannten grundrechtsimmanenten Schranke bestimmte private Tätigkeiten ausschließt137, wäre ein etwaiges Hochschulmonopol nur auf das einfache Gesetzesrecht gestützt. Ein verfassungsrechtlich verankertes staatliches Hochschulmonopol muß also auch aus diesem Grund ausscheiden. Schließlich steht auch der Sinn und Zweck des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG der Annahme einer staatlichen Alleinverantwortung für den Hochschulbereich entgegen. 135 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdnr. 306, 309. 136 Vgl. dazu allgemein Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, Grundrechte, 16. Aufl. 2000, Rdnr. 332 f. 137
So Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdnr. 311 ff.
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Die Wissenschaftsfreiheit soll doch gerade einen Raum für die wissenschaftliche Betätigung garantieren, in den der Staat nicht eingreifen darf. Es soll dem Staat gerade nicht möglich sein, dem einzelnen vorschreiben zu dürfen, mit welchem konkreten Ziel dieser zu forschen und was er zu lehren hat. Das Grundrecht hat aber nur dann einen Sinn, wenn eben auch die Organisation der Wissenschaft nicht vorgegeben ist. Dem Sinn des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG widerspricht es zwar nicht, daß der Staat Hochschulen unterhält, allerdings kann aus dieser Grundrechtsvorschrift - und, wie gezeigt, auch aus keiner anderen - ein staatliches Hochschulmonopol nicht begründet werden 138 .
3. Fazit Die Ausführungen zeigen, daß es ein rechtliches Hochschulmonopol des Staates in der bundesdeutschen Verfassung nicht gibt 1 3 9 . Der Hochschulbereich fällt damit nicht in den alleinigen Verantwortungsbereich des Staates. Obwohl ein Hochschulmonopol und damit eine staatliche Alleinzuständigkeit für die Errichtung und Unterhaltung von Hochschulen nicht begründet werden kann, wird niemand eine irgendwie geartete Verantwortung oder zumindest ein Interesse des Staates an dem Bereich der Hochschulen leugnen. Die wichtige Rolle des Staates kommt auch in den Vorschriften zur staatlichen Anerkennung von Privathochschulen zum Ausdruck: Voraussetzung für eine staatliche Anerkennung ist die Gleichwertigkeit mit den staatlichen Hochschulen; dies sollen die einzelnen Bedingungen sichern, die sich daher am Bild der staatlichen Hochschule orientieren. Im übrigen finden sich einige Steuerungs- und Aufsichtsmittel wie zum Beispiel die Genehmigung der Studien- und Prüfungsordnungen, die Übertragung des Rechts zu Hochschulprüfungen und zur Verleihung akademischer Grade oder die Anzeigepflicht hinsichtlich der bei der Privathochschule angestellten Lehrenden. Hier wird wieder deutlich, daß auch im Privathochschulwesen dem Staat eine relativ große Verantwortung zugewiesen ist. Doch stellt sich die Frage, warum eine solche Verantwortung des Staates besteht und wie weit diese Verantwortung reicht, insbesondere, inwieweit der Staat die Aufgabe im Hochschulbereich durch eigene Einrichtungen erfüllen muß oder darf.
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So auch Lorenz, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 1162; Maunz/Zippelius, Deutsches Staatsrecht, 1998, S. 233; de Wall, Die Einrichtungsgarantien des Grundgesetzes als Grundlagen subjektiver Rechte: Der Staat 38 (1999), S. 377 (389), FN 50. 139 Zur Frage, ob die Landesvorschriften, die eine staatliche Monopolstellung andeuten, verfassungskonform ausgelegt werden können oder gem. Art. 31 GG nichtig sind, s. unten
§411.3.
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I I I . Öffentliche Aufgabe und Reichweite der staatlichen Verantwortung - Vom staatlichen zum öffentlichen Hochschulwesen Auch in der Frage nach staatlichen Verantwortungsbereichen spielt als konstitutierendes Element des Staates die Verfassung eine vordringliche Rolle 1 4 0 . Wie gezeigt, enthält das Grundgesetz jedoch ausdrücklich keine staatliche Aufgabe, Hochschulen zu errichten und zu unterhalten. Die staatliche Verantwortung für den Bereich der Wissenschaft und Hochschulen kann man angesichts einer Zusammenschau verschiedener Vorschriften über die Wissenschafts- und Berufsfreiheit, die Gesetzgebungskompetenzen, die Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern und das Sozialstaatsprinzip zunächst nur vermuten. Grundsätzlich wird die Verantwortung des Staates für einen bestimmten Bereich immer dort begründet sein, wo dieser Bereich für den Staat, seine Existenz und seine Funktionsfähigkeit wichtig ist 1 4 1 . Die Erhaltung und Förderung eines solchen Bereiches liegt im staatlichen Interesse. Aus diesem Interesse erwächst die Aufgabe zur Förderung und Erhaltung eines den staatlichen Bedürfnissen entsprechenden Zustandes142. Korrespondierend mit den für den Staat unterschiedlich wichtigen Interessen kommt auch den Aufgaben unterschiedliches Gewicht zu. Bereiche, die für die Existenz des Staates unerläßlich sind und deren Erhaltung und Förderung wiederum nur durch den Staat geleistet werden kann, werden so wichtig, daß der Einzelne oder Gruppen von Privatpersonen von der Aufgabenerfüllung ausgeschlossen sind oder zumindest tatsächlich nicht daran teilnehmen können, weil sie entweder dazu gar nicht in der Lage wären oder aber die Aufgabe nicht in der Qualität oder Quantität erfüllen und damit auch das Interesse des Staates nicht ausreichend befriedigen könnten. Das Erreichen oder wenigstens Hinarbeiten auf diese wichtigen Ziele faßt man üblicherweise als Staatsaufgaben im engeren Sinn zusammen143. Was genau mit dem Begriff 140 Zippelius, Allgemeine Staatslehre, S. 51 f.; Schulze-Fielitz, Staatsaufgabenentwicklung und Verfassung, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben - sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, 1990, S. 1 ff. (2, 15 f.). Das muß - jedenfalls für den modernen Verfassungsstaat - wohl auch im Sinne eines Verständnisses gelten, das den Staat als etwas der Verfassung Vorgegebenes ansieht; vgl. Isensee, Staat und Verfassung, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. I, § 13, Rdnr. 1 ff., der jedoch auch darauf hinweist, daß es „keinen Staat ohne Verfassung" gibt. 141 Vgl. die Aufzählung „elementarer Aufgaben" bei Maurer, Staatsrecht, Rdnr. 12. 142 Schulze-Fielitz, Staatsaufgabenentwicklung und Verfassung, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben - sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 1 ff. (3): Staatszwecke und Staatszielbestimmungen „werden durch Staatsaufgaben konkretisiert". 143 Eine im Ergebnis ähnliche Erklärung, allerdings aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive, findet Kraus, Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1997, S. 17: Sofern die Kräfte des Marktes nicht mehr hinreichend funktionieren, ist es Aufgabe des Staates, „über die Bereitstellung »öffentlicher Güter' dieses Marktversagen (...) zu kompensieren". Auf den dann folgenden Seiten bestimmt Kraus öffentliche Aufgabenfelder aus der Sicht der Theorie des Marktversagens.
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der Staatsaufgabe gemeint ist, wird jedoch unterschiedlich beurteilt 144 : Einige verstehen darunter nur die Aufgaben, die aus den oben genannten Gründen allein der Staat wahrnehmen kann, andere halten den Begriff auf alle Aufgaben, denen sich der Staat tatsächlich annimmt, anwendbar. Im folgenden wird der Begriff Staatsaufgabe in einem engen, privates Engagement bei der Aufgabenerfüllung ausschließenden Verständnis gebraucht. Aufgaben, die die Befriedigung eines Interesses zum Ziel haben, das sowohl ein staatliches wie auch gesellschaftliches oder privates Interesse darstellt, werden hier als öffentliche Aufgaben oder als Aufgaben auch im staatlichen Interesse bezeichnet. Wann es sich aber um eine Staatsaufgabe handelt, ist nicht immer eindeutig und einfach herauszuarbeiten. Einige folgern das Vorhandensein einer Staatsaufgabe aus der Notwendigkeit 145 . Vor allem aber ergeben sich die staatlichen Aufgaben, wenn auch nicht immer trennscharf, aus der die Grundlage des Staates bildenden Verfassung 146. So sind im Grundgesetz die klassischen Staatsaufgaben der Selbstorganisation des Staates, der Bereitstellung von Gerichten (Art. 92 ff. GG), der Wahrnehmung der auswärtigen Angelegenheiten (zum Beispiel Art. 59 GG) und die Landesverteidigung (Art. 115a ff. GG) geregelt. Im übrigen ist das Grundgesetz aber mit der positiven Bestimmung von Staatsaufgaben zurückhaltend 147, dient die Verfassung doch vor allem der Begrenzung der staatlichen Tätigkeiten und Maßnahmen. Üblicherweise wird aber auch der Bereich der Polizei, also die Wahrung der Rechtsordnung und die Anwendung von Gewalt bei ihrer Durchsetzung, zum Bereich des zwingend Staatlichen gerechnet, allerdings wird schon hier angezweifelt, ob nicht zumindest in Teilen auch Privatleute, die dann nicht als Beliehene, sondern in eigener oder gesellschaftlicher Verantwortung auftreten, diese Aufgabe erfüllen könnten 148 . Früher rechnete man auch die Post, Bahn und TelekommuniEine grundlegende Untersuchung des Staatsaufgabenbegriffs findet sich bei Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, 2001, insb. S. 40 ff. 144 Schulze-Fielitz, Staatsaufgabenentwicklung und Verfassung, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben, sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 1. Auf die umfassende Problematik um den Begriff der Staatsaufgabe kann im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen werden, vgl. aber hierzu und zum folgenden Bull, Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, 1973; Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, 1999, S. 41 ff.; kritisch gegenüber der Ableitung von Staatsaufgaben aus Verfassungsvorschriften, insb. den Grundrechten Wahl, Staatsaufgaben im Verfassungsrecht, in: Ellwein / Hesse (Hrsg.), Staatswissenschaften: Vergessene Disziplin oder neue Herausforderung?, S. 29 ff. (42, 44 f.); allgemein zum Staatsaufgabenbegriff Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. III, 1988, § 57, Rdnr. 132 ff.; Hattenberger, Der Umweltschutz als Staatsaufgabe, 1993, S. 12 ff., 20. w Krüger, Allgemeine Staatslehre, 1966, S. 26. 146 Ausführlich dazu Bull, Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 114 ff.; Schulze-Fielitz, Staatsaufgabenentwicklung und Verfassung, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben - sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 11 ff. (12, 15 f., 27 ff.). 147 Wahl, Staatsaufgaben im Verfassungsrecht, in: Ellwein / Hesse (Hrsg.), Staatswissenschaften: Vergessene Disziplin oder neue Herausforderung?, S. 29 ff. (32); Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 31.
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kation dazu, doch inzwischen sind diese Bereiche nicht nur in ihrer Organisation privatisiert, es werden zum Teil auch andere, private Anbieter zugelassen149. Daß der Hochschulbereich keine Staatsaufgabe in diesem engen Sinn darstellt, ergibt sich bereits aus der Verneinung eines Hochschulmonopols: Im vorhergehenden Abschnitt wurde herausgearbeitet, daß die Zuständigkeit für die Errichtung und Unterhaltung von Hochschulen nicht allein dem Staat zukommt. Allerdings wird aus der Verfassung, insbesondere aus Art. 75 Abs. 1 Nr. la, Art. 91a Abs. 1 Nr. 1 und Art 91b GG, ersichtlich, daß der Staat den Hochschulbereich gesetzlich regeln und sich beim Bau von Hochschulen zumindest beteiligen soll 1 5 0 . Außerdem hat er die Freiheit der Wissenschaft zu schützen und zu fördern und in diesem Rahmen auch die Rahmenbedingungen für eine wissenschaftliche Betätigung, also auch Hochschulen, zu schaffen; dies wird durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt 151 . Damit ist schon von Verfassung wegen die Charakterisierung des Hochschulbereichs als öffentliche Aufgabe oder als Aufgabe auch im staatlichen Interesse vorgenommen. Aber auch mit dem Aspekt der Notwendigkeit kann man unproblematisch eine staatliche Verpflichtung begründen, denn nach wie vor braucht der Staat für seine eigene Organisation, in Rechtsprechung und Schule sowie für das Funktionieren der Wirtschaft akademisch ausgebildete Fachleute152. Das demokratische System sowie die wirtschaftliche Stabilität hängen auch - wiewohl nicht nur - von dem Vorhandensein einer wissenschaftlich gebildeten und ausgebildeteten Bevölkerungsschicht ab. Die tieferliegende Begründung der Annahme einer staatlichen Aufgabe, das Ausmaß des staatlichen Engagements und damit auch das Verhältnis des staatlichen Aufgabenwahrnehmers zu privaten Akteuren hängt wiederum von der konzeptionellen Begründung des staatlichen Tätigwerdens ab. So könnte der Staat zum Bereitstellen von Hochschulen aus Gründen der Daseinsvorsorge angehalten sein oder, weil er dem überverfassungsrechtlichen Prinzip des Kulturstaats verpflichtet ist. Ein anderes Begründungskonzept legt dar, daß der Staat nicht so sehr aus einem eigenen Grund tätig wird, sondern vielmehr, weil die gesellschaftlichen Kräfte die Wahrnehmung der Aufgabe nicht allein bewältigen. 148 Zu diesem Problemfeld ausführlich Pitschas, Verantwortungsteilung in der inneren Sicherheit, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem" Staat, 1999, S. 135 ff., insb. S. 146 ff. 149 Vgl. §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 Satz 3 PostG, beachte aber § 51 PostG; § 6 Abs. 1 TKG; § 2 Abs. 1, § 6 AEG. 150
Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 1968, S. 162, führt im allgemeinen aus, daß die Zuständigkeit des Bundes gegenüber den Ländern „in jeder Richtung wirksam" sein muß, also die „Kompetenzen des Bundes" daher „legitime Staatsaufgaben" bezeichnen. Liefner, Leistungsorientierte Ressourcensteuerung in Hochschulsystemen, 2001, S. 26 ff., begründet das staatliche Tätigwerden im Hochschulbereich mit wirtschaftswissenschaftlichen Steuerungsprinzipien. 151 BVerfGE 35, 79 (114 f.). 152 Thieme, Hochschule und Verwaltung: WissR 22 (1989), S. 1 ff. (3).
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
1. Vorgefundene Begründungskonzepte für eine staatliche Betätigung Die verschiedenen, im folgenden dargestellten Begründungskonzepte für eine staatliche Betätigung wurden schon vor längerer Zeit und nicht speziell für den Hochschulbereich entwickelt, sondern sie gelten allgemein für ein staatliches Tätigwerden. Gleichwohl werden sie auch zur Begründung des staatlichen Engagements im Hochschulbereich herangezogen.
a) Daseinsvorsorge Ein erstes mögliches Konzept, das die staatliche Betätigung in diesem Bereich umschreibt, bildet der Aspekt der Daseinsvorsorge. Ohne näher auf die umfangreiche Literatur zur Daseins Vorsorge eingehen zu wollen 153 , wird unter dem von Ernst Forsthoff entwickelten und heute im Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG verankerten 154 Begriff der Daseinsvorsorge üblicherweise all das verstanden, „was von Seiten der Verwaltung geschieht, um die Allgemeinheit oder nach objektiven Merkmalen bestimmte Personenkreise in den Genuß nützlicher Leistungen zu versetzen" 155. Der Begriff war aus der Überlegung entstanden, daß die Veränderungen der Gesellschaft und mit ihnen die Veränderungen der Lebensverhältnisse des Einzelnen ein umfassendes Sorgen des Einzelnen für sich selbst unmöglich machen und somit der Staat aus seiner Fürsorge- und Gemeinwohlverpflichtung heraus die Befriedigung der betreffenden Lebensbedürfnisse der Bevölkerung übernehmen muß. Der Aspekt der Daseinsvorsorge begründet damit neben dem Bereich der klassischen Ordnungs- und Gefahrenabwehrfunktion des Staates eine staatliche Verantwortung, die den Staat auffordert, gestaltend in das Sozial- und Wirtschaftsleben einzugreifen und es zu unterstützen 1 5 6 . Insofern ist die Daseinsvorsorge nicht gleichzusetzen mit erwerbswirtschaftlicher Betätigung des Staates, sondern originär öffentliche Verwaltung, weil sie schon aus der Notwendigkeit, daß auf diesen Gebieten die Selbstregulation 153 Eine umfassende Ausarbeitung der zu dem Begriff und Problemfeld erschienenen Literatur kann im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden, vgl. nur Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, 2000; G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 94 ff.; zur Daseinsvorsorge und allgemeiner zum Sozialstaatsprinzip Bull, Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 163 ff. 154 Schnapp, in: v. Münch /Kunig (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, 4. Aufl. 1992, Art. 20, Rdnr. 17; Sommermann, in: v. Mangoldt/ Klein/ Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 2, 4. Aufl. 2000, Art. 20 Abs. 1, Rdnr. 106. 155 Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, 1959 (Nachdruck von 1938), S. 12. Allerdings ist der zeitliche Zusammenhang zu beachten: Die Nationalsozialistische Herrschaft war unter anderem auch darauf gestützt, daß der Staat (oder die Partei) Aufgaben an sich riß und massiv in das Gesellschaftsleben eingriff. 156 Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 1999, § 2 Rdnr. 6.
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des Marktes nicht mehr für eine gleiche und sozial gerechte Versorgung der Bevölkerung sorgen kann, staatliche Aufgabe ist 1 5 7 . Das Konzept der Daseins Vorsorge gründet auf der Vorstellung, daß Hauptzweck des Staates die Herstellung und Pflege des Gemeinwohls darstellt 158 . Um den Bereich, in dem der Staat zur Daseinsvorsorge verpflichtet ist, von dem Bereich abzugrenzen, der nicht mehr nur durch den Staat versorgt werden muß, werden zum Teil alle Versorgungstätigkeiten ausgeschlossen, für die dem Bürger mehrere Anbieter zur Verfügung stehen159. Wird die betreffende Versorgungsleistung ausreichend auch von privaten Anbietern erbracht, muß die Verwaltung nicht mehr im Sinne einer Garantiefunktion tätig werden, denn die Bedürfnisse werden dann im Rahmen eines funktionierenden Marktes befriedigt. Allerdings darf dabei ein Gesichtspunkt nicht aus dem Blick geraten: Die Erfüllung der Versorgungsleistungen, die die Gesellschaft und der Einzelne benötigt, wird durch detaillierte Gesetze und Kontrollen sowie zum Teil durch staatliche Finanzhilfe oder anderweitige Unterstützung von staatlicher Seite sichergestellt. Es kommt also für die Qualifizierung der Aufgabe nicht darauf an, ob auch private Anbieter, möglicherweise sogar mit anderer Zielsetzung, bedürfnisbefriedigend tätig werden, sondern ob die Maßnahmen der Gesetzgebung und Verwaltung als Konkretisierung ihres sozialstaatlichen Auftrags der Sicherstellung notwendiger Lebensbedingungen dienen. Entscheidend ist insoweit, daß der Staat die „sozialen Existenzbedingungen"160 gewährleistet; ob neben staatlichen Einrichtungen oder in speziellen Einzelgebieten auch private Anbieter von Versorgungsleistungen auftreten, ist für die Rechtfertigung des staatlichen Engagements, sobald es um die Sicherstellung notwendiger Lebensbedingungen geht, also im Bereich der Daseins Vorsorge, irrelevant 161 . Vielfach werden auch die Hochschulen dem Bereich der Daseinsvorsorge zugerechnet 162 : Zum Dasein gehört auch die Befriedigung des individuellen Bedürfnis157
Badura, Verwaltungsmonopol, 1963, S. 188; Hattenberger, Der Umweltschutz als Staatsaufgabe, S. 15 f. 158 Zu den Staatszwecken, insb. zur Herleitung des Zweckes der Gemeinwohlpflege Bull, Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 17 ff., insb. S. 29. Zum Gemeinwohl als vorverfassungsrechtliche Idee ausführlich Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, in: ders. / Kichhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. III, S. 4 ff, dort auf S. 51 Definition des Begriffs der Staatsziele als Belange des Gemeinwohls. 159 Vgl. die Beschäftigung mit einigen Modifikationen des Konzepts Forsthoffs bei G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 102. 160 Gröschner, in: Dreier ( Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 2, 1998, Art. 20 (Sozialstaat), Rdnr. 54. 161 Ähnlich Sommermann, in: v. Mangoldt/ Klein /Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 2, 4. Aufl. 2000, Art. 20 Abs. 1, Rdnr. 111. 162 So z. B. Woll, Deregulierung des Hochschulwesens: ORDO 43, S. 337; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2 Rdnr.6; ähnlich Bull, Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 295. Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, in: ders. / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR Bd. III, § 57, Rdnr. 139, ordnet „grundsätzlich" die Bereithaltung von Staat-
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
ses auf wissenschaftliche Bildung und Ausbildung. Sie ist vielleicht für den Einzelnen nicht immer existentiell, aber dennoch für eine gewisse Lebensqualität unverzichtbar, bedenkt man, daß die Hochschulen neben dem reinen Bildungszweck auch das Ziel verfolgen, einem großen Teil der Bevölkerung eine wissenschaftliche Berufsausbildung zu ermöglichen. Zudem wird, nachdem die von Forsthoff zunächst gemachte Beschränkung auf die Sicherstellung lebensnotwendiger Bedingungen aufgehoben wurde, mit dem Begriff der Daseinsvorsorge die Befriedigung der Bedürfnisse einer „normalen, dem jeweiligen Lebensstandard entsprechenden Lebensführung" bezeichnet163. Das Bereitstellen von Hochschulen wird daher den Anforderungen eines heutigen Lebensstandards gerecht. Daneben befriedigen die Hochschulen auch ein gesellschaftliches und schließlich staatliches Bedürfnis: So sollen die Hochschulen nach dem in § 7 HRG formulierten Studienziel die Studenten zu einem selbständigen und verantwortungsbewußten Handeln im demokratischen Rechtsstaat befähigen. Aus den zahlreichen Argumenten, die für ein gesellschaftliches Bedürfnis angeführt werden könnten, sei die Notwendigkeit der Hochschulforschung für die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft betont. Man könnte also das Bereithalten und Unterhalten von staatlichen Hochschulen - jedenfalls für die Vergangenheit, in der es kaum private Hochschulen gab - mit dem Konzept der Daseins Vorsorge erklären 164 .
b) „Kulturstaatsverantwortung
"
Ein anderer Begründungsansatz, der den Bereich der Kultur im allgemeinen betrifft und damit zur Erklärung des staatlichen Engagements im Hochschulwesen grundsätzlich herangezogen werden kann, stützt sich auf das Kulturstaatsprinzip. Im wesentlichen geht dieser Ansatz auf die Thesen Humboldts, Schleiermachers und Fichtes zurück, die immer wieder aufgegriffen und modifiziert wurden. Insbesondere Humboldt hat herausgestellt, daß - im Gegensatz zu der Staatsvorstellung, die dem erst gut 100 Jahre später entwickelten Daseinsvorsorgekonzept zugrundeliegt - der Staat nur „Sicherheit suchen", sich aber aller „Sorgfalt für die Wohlfahrt der Bürger" enthalten soll 1 6 5 . Insoweit wird weniger aus der Sicht der Bürgerbedürfnisse als vielmehr aus der Beschreibung des Staates selbst her argumentiert. In der neueren Zeit hat sich vor allem das Kulturstaatskonzept Ernst Rudolph Hubers etabliert, auf das sich zahlreiche Autoren und indirekt sogar das BVerfG bezielichen Schulen und Hochschulen sogar dem Bereich zu, der sich durch die vollständige Wahrnehmung der Aufgabe durch die Staatsverwaltung auszeichnet. 163 Hellermann, Ortliche Daseins Vorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, S. 1; G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 102; Badura, Das Verwaltungsmonopol, 1963, S.187. 164 Für die Forschung Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, 1994, S. 45 f. 165 Kaehler, Wilhem von Humboldt und der Staat, 2. Aufl. 1963, S 136 ff.
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hen 1 6 6 . Kultur meint in diesem Zusammenhang zunächst mehr als einen Sammelbegriff für Kunst, Bildung und Wissenschaft. Unter den Begriff Kultur wird all das subsumiert, was eine zivilisierte und aufgeklärte Gesellschaft ausmacht. Das Kulturstaatskonzept Hubers läßt sich im wesentlichen anhand von fünf Stufen verdeutlichen 167: Auf der ersten Stufe steht die Überlegung, daß die Kultur zunächst staatsfrei ist. Kultur bedarf keines Staates, sie entsteht aus sich selbst und entwickelt sich nach ihren Eigengesetzlichkeiten. In einer Gesellschaft, die sich durch einen Staat organisiert, vermag die Kultur allerdings nicht mehr ungestört nach ihren eigenen Gesetzlichkeiten zu existieren. Es ist also ein Staatsdienst an der Kultur nötig, d. h. daß der Staat die Kultur um ihrer selbst willen schützt, sie innerhalb der Gesellschaft verbreitet und sie mit staatlichen Mitteln fördert. Dies bezeichnet Huber als die zweite Stufe. Um der Kultur dienen, sie also schützen, pflegen und fördern zu können, muß der Staat jedoch festlegen können, was alles zur Kultur gehört und welche Kulturprojekte förderungswürdig sind und welche nicht. Durch das Aufstellen derartiger Rangordnungen zwischen den verschiedenen Kulturgebieten, -projekten und -anbietern kommt dem Staat eine Definitionsmacht zu, mit der er gestaltend die Kultur selbst beeinflußt. Diese Kulturgestaltungsmacht des Staates bildet die dritte Stufe des Kulturstaatskonzepts Hubers. Indem der Staat durch seine Schutz- und Förderauswahl die Kultur beeinflußt, beeinflußt jedoch auch diese wiederum den Staat. Denn der Staat muß sich im Rahmen seines Dienstes an der Kultur überlegen, wie er die Kultur um ihrer selbst willen erhalten kann und was demnach die Kultur ausmacht; der Staat wird so selbst kulturell. Auf der vierten Stufe wird daher eine Art „Schwebezustand" zwischen Kulturgestaltungsmacht des Staates und Staatsgestaltungsmacht der Kultur erreicht. Dieses Gleichgewicht wird schließlich auf der fünften Stufe zum Kulturstaat ausgeformt. Der Begriff Kulturstaat meint in diesem Zusammenhang die Form des politischen Daseins dieses Schwebezustandes zwischen Kulturgestaltungsmacht des Staates und Staatsgestaltungsmacht der Kultur. Der Staat ist selbst Kultur und 166
So verweisen z. B. folgende namhafte Autoren direkt auf das Konzept Hubers, ohne sich allerdings weiter mit diesem auseinanderzusetzen: Häberle, Vom Kulturstaat zum Kulturverfassungsrecht, 1982, S. 22; ders., Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, 1998; Oppermann, Kulturverwaltungsrecht, S. 15, 28; ders., Freiheit von Forschung und Lehre, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VI, 1989, § 145, Rdnr. 23; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Stand: August 2000, Art. 5 III, Rdnr. 8; Knies, Freiheit der Kunst und Kulturstaat, in: Häberle (Hrsg.), Kulturstaatlichkeit und Kulturverfassungsrecht, 1982, S. 235 ff. (239); Abelein, Die Kulturpolitik des Deutschen Reiches und der Bundesrepublik Deutschland - ihre verfassungsgeschichtliche Entwicklung und ihre verfassungsrechtlichen Probleme, 1968, S. 229. Zur Rezeption Hubers vgl. auch die Dissertation von Geis, Kulturstaat und kulturelle Freiheit, 1990, S. 33 ff. 167 Huber, Zur Problematik des Kulturstaats, 1958, S. 8 ff. 5 Steinkemper
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
wird so zum Kulturstaat. Staat und Kultur entfalten sich gemeinsam „im und zum Kulturstaat" 168 . Im Grundgesetz findet man keine „Kulturstaatsklausel" 169; lediglich in einigen Länderverfassungen taucht der Begriff des Kulturstaates oder eine Staatszielbestimung zu Schutz und Förderung der Kultur auf 1 7 0 . Das Kulturstaatsprinzip wird zum Teil aber aus der Zusammenschau und dem Realisierungsgebot der Verfassungsartikel, die sich mit Kultur beschäftigen bzw. diese betreffen, herausgearbeitet 1 7 1 . Nach anderer Argumentation liegt das Prinzip selbst nicht in der Verfassung begründet, sondern die Verfassung ist Ausfluß dieses Prinzips. Obwohl das Kulturstaatskonzept zunächst eine allgemeine Beschreibung des staatlichen Zustandes liefert, kann es in einem zweiten Schritt auch das staatliche Handeln rechtfertigen. Denn der Staat ist, weil die Kultur sonst nicht existieren könnte, zur Förderung und Pflege der Kultur verpflichtet und darüber hinaus zur Definition und Gewichtung der verschiedenen Kulturobjekte berechtigt, um eben diese Pflicht überhaupt erfüllen zu können. Wenn aber der Staat, eben weil er Kulturstaat ist, definieren kann, was Kultur ausmacht und was schützenswert und förderungswürdig ist, er andererseits aber auch dazu verpflichtet ist, die Kultur zu erhalten und für die Gesellschaft zugänglich zu machen, darf und wird er zu jeder Zeit selbst Kultur anbieten und zum Schutze des von ihm als „gute" Kultur definierten Angebots Regeln aufstellen, die dieses Angebot gegen andere Einflüsse schützt. Das Kulturstaatsprinzip kann also auf diese Weise eine staatliche Verantwortung für die Wissenschaft begründen 172. Auf den Hochschulbereich übertragen, heißt das, daß der Staat, hält er kraft seiner Kulturgestaltungsmacht wissenschaftliche Hochschulen, eventuell sogar eine bestimmte Struktur dieser Hochschulen, für unbedingt schützenswert, diese Hochschulen auch errichten und unterhalten und sie gegen private Konkurrenz gesetzlich schützen darf. Als Teil der Kultur gehören die Hochschulen somit zum „Kern der Staatlichkeit" 173 . Bereits für die Vordenker Humboldt, Fichte, Steffens, die zwar nicht schon ein Konzept wie das Hubersche entwickelten, aber der Idee nach 168 Ebd., S. 6. 169 Steiner, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, in: VVdStRL 42 (1984), S. 13. Lange Zeit wurde aber über das Aufnehmen einer „Kulturstaatsklausel" gestritten, vgl. nur ebd., S. 38 ff. 170 Lediglich Bayern wird in seiner Verfassung als „Kulturstaat" bezeichnet, Art. 3 BayVerf; andere Länderverfassungen enthalten aber Kultur-Staatszielbestimmungen o.ä., z. B. Art. 16 MeVoVerf; Art. 5 Abs. 1, 6 NdsVerf; Art. 18 NRWVerf.; Art. 11 SachsVerf; Art. 36 SaAnVerf; Art. 9 SchlHolVerf. m
So insb. Grimm, Kulturauftrag im staatlichen Gemeinwesen, in: VVdStRL 42 (1984), S. 63 ff. 1 72 Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, 1994, S. 182 ff., der jedoch auch darauf hinweist, daß heutzutage vor allem auch die Sozialstaatlichkeit die staatliche Tätigkeit im Wissenschaftsbereich begründen kann, insb. S. 191 ff. ™ Schelsky, Einsamkeit und Freiheit, 1963, S. 44.
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den Kulturstaatsgedanken zugrundelegten, war es die einzig denkbare und selbstverständliche Möglichkeit und sogar staatliche Pflicht, daß die Universität durch den Staat unterhalten und somit garantiert werden sollte 174 . Obwohl das Grundgesetz keine ausdrückliche Aussage dazu trifft, ob der Staat zur Bereithaltung von wissenschaftlichen Hochschulen verpflichtet ist, ergibt sich diese Verpflichtung zu einer staatlichen Betätigung im Hochschulbereich nach dem in diesem Abschnitt dargestellten Begründungskonzept aus der Kulturstaatlichkeit. c) Subsidiaritätsprinzip Während die Begründung staatlicher Betätigung im Hochschulbereich aufgrund des Kulturstaatsprinzips nur danach fragt, was der Staat im Rahmen seiner Kulturgestaltungsmacht und schließlich seiner Kulturstaatlichkeit für notwendig erachtet, versucht die Subsidiaritätstheorie vom entgegengesetzten Standpunkt aus zu argumentieren: Der Staat soll erst dann tätig werden, wenn die Aufgabe, deren Wahrnehmung für Staat und Gesellschaft von Interesse ist, von gesellschaftlichen oder privaten Kräften nicht oder nicht ausreichend erbracht werden kann 175 . Dem Staat kommt also die Rolle des „Ausfallbürgen" zu, er darf nur subsidiär tätig werden. Das Subsidiaritätsprinzip wird in der Regel als eine Grenze staatlicher Betätigung angesehen176. Innerhalb dieser Grenze begründet aber der Gedanke der Subsidiarität, daß auf die staatliche Aufgabenwahrnehmung wegen der Wichtigkeit der Aufgabe zumindest als letzte Möglichkeit nicht verzichtet werden kann. Wenn man also, wie hier, versucht, das Subsidiaritätsprinzip als Begründung für eine staatliche Betätigung heranzuziehen, kehrt sich die Funktion der Subsidiarität quasi in ihr Gegenteil: Ist einmal festgestellt, daß wegen mangelnder Aufgabenerfüllung durch private oder gesellschaftliche Kräfte die (subsidiäre) Zuständigkeit auflebt, so wird der Gedanke der Subsidiarität zum positiven Begründungsmuster für die staatliche Betätigung 177 . Das Konzept der Subsidiarität wird aus verschiedenen Überlegungen zu begründen versucht: Ursprünglich war das Subsidiaritätsprinzip in der Enzyklika Quadragesimo anno des Papstes Pius XI. für die katholische Soziallehre aufgegriffen und in einen Zusammenhang mit staatlicher Aufgabenerfüllung und -beschränkung gestellt worden. Dem Subsidiaritätsprinzip wird von kirchlicher Seite das Solidaritätsprinzip zur Seite gestellt, das dem Staat und der Gesellschaft gebietet, die aus 174 Ebd., S. 133, zur Pflicht: S. 143; ähnlich König, Vom Wesen der deutschen Universität, Bd. 2, S. 134 ff., insb. S. 139: „Diese Nationalerziehung ist aber die vornehmste Aufgabe des Staates." 1 75 Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 1968, S. 278. 176 So z. B. Bull, Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 190; Isensee, Gemeinwohl und Staatsaufgaben im Verfassungsstaat, in: ders. / Kirchof (Hrsg.), HdbStR, Bd. III, Rdnr.165 ff. 1 77 Auf diese doppelte Funktion weist, wenn auch nicht in einem juristisch, sondern historisch betrachteten Zusammenhang, Battisti, Freiheit und Bindung, 1987, S. 205, hin. *
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
sich heraus beschränkten Möglichkeiten der einzelnen zu schützen und zu fördern, also zum Beispiel selbst Maßnahmen zu ergreifen, sofern das individuelle Engagement nicht ausreicht 178. Das so weiterentwickelte Prinzip wird zum einen als Begrenzung des Sozialstaatsprinzips gesehen179. Zum anderen erfahre das Sozialstaatsprinzip seine Grenzen vor allem durch die Grundrechte; die Freiheit des einzelnen umfasse dabei auch das Recht, Aufgaben zunächst selbst bzw. in der kleinsten gesellschaftlichen Gruppierung vorzunehmen, bevor dieselbe Aufgabe größeren gesellschaftlichen Gruppen oder dem Staat zugewiesen wird. Man könne aus Grundrechten wie zum Beispiel Art. 6 GG, die einer kleineren Einheit den Schutz vor dem Eingreifen des Staates, also der größeren Einheit, gewähren, den Subsidiaritätsgedanken entnehmen180. Zum anderen wird überlegt, aus einer Analogie zum föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik gemäß Art. 28 GG das Subsidiaritätsprinzip auf das Zuständigkeitsverhältnis zwischen Staat und Privatperson zu übertragen 181. In neuerer Zeit wird versucht, aus der verfassungsrechtlichen Verankerung des Subsidiaritätsgedankens hinsichtlich des Europäischen Einigungsprozesses in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG ein allgemeines Prinzip für das gesamte Verfassungsrecht abzuleiten 182 . Für den Bereich der Schulen und Hochschulen wird zum Teil speziell die Garantie der Privatschule in Art. 7 Abs. 4 GG als Ausfluß eines im übrigen ungeschriebenen Subsidiaritätsprinzips angesehen183. Grundlegend für diese Theorie ist eine strikte Trennung zwischen Staat und Gesellschaft. Der Staat steht der Gesellschaft gleichsam als Gegner gegenüber. Das Subsidiaritätsprinzip gewährleistet also, daß der Staat einerseits nicht mehr eingreift als notwendig 184 , und andererseits vor einem „Übermaß an sozialen Forderungen" geschützt wird 1 8 5 . 178
Vgl. das Wort des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland: Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit, 1997, S. 47 ff. 179 Herzog, Subsidiaritätsprinzip und Verfassung: Der Staat 2 (1963), S. 399, der sich im übrigen kritisch mit der Subsidiaritätstheorie auseinandersetzt. Zu der Entwicklung seit der Enzyklika ausführlich Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 1968, S. 18 ff.; Ronge, Legitimität durch Subsidiarität, 1998, S. 137 ff., und Hilz, Subsidiaritätsprinzip und EU-Gemeinschaftsordnung, 1998, S. 27 ff., die insgesamt die Entwicklung des Subsidiaritätsprinzips und seine geistigen Urheber auch schon vor der Enzyklika aufzeigen. 180 Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 167 ff. 181 Barion, Die sozialethische Gleichschaltung der Länder und Gemeinden durch den Bund. Eine konkretisierte Studie zum Subsidiaritätsprinzip: Der Staat 3 (1964), S. 1 ff. (15). Kritisch dazu: Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 35 ff.; Bull, Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 197. * 82 Oppermann, Subsidiarität als Bestandteil des Grundgesetzes: JuS 1996, S. 569 ff. (570 f.). Kritisch gegenüber den Versuchen einer verfassungsrechtlichen Verankerung des Subsidiaritätsprinzips, dagegen den vielfachen einfachgesetzlichen Niederschlag aufweisend Hilz, Subsidiaritätsprinzip und EU-Gemeinschaftsordnung, S. 50 ff. 183 Karpen, Hochschulplanung und Grundgesetz, Bd. 2, S. 322 ff. 184 Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, S. 46. »85 Ebd., S. 269.
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Für den Bereich der Hochschulen bedeutete die Geltung des Subsidiaritätskonzepts 186 , daß zunächst die Aufgabe der Hochschulbildung und Ausbildung von der Gesellschaft selbst wahrgenommen werden müßte, also - zumindest theoretisch Privathochschulen für die Bedarfsdeckung zuständig wären. Erst, wenn die Zahl der Privathochschulen nicht ausreichte oder wenn diese das öffentliche Bedürfnis an Hochschulbildung nicht befriedigen könnten, dürfte und müßte der Staat eigene Hochschulen bereithalten. Für die Vergangenheit könnte man so eine staatliche Zuständigkeit für den Hochschulbereich begründen: Zunächst gab es außer einigen wenigen kirchlichen Hochschulen keine echten Privathochschulen. Auch in den letzten Jahren reichte die Anzahl der privaten Hochschulen zur Deckung des gesellschaftlichen Bedarfs, insbesondere im Hinblick auf die hohen Studierendenzahlen, offensichtlich nicht aus. Zudem können die wenigen Privathochschulen derzeit nur einen kleinen Bruchteil der gewünschten Fächer und Abschlüsse anbieten. Wenn aber nur ein umfassendes Angebot verschiedener Wissenschaften und Ausbildungsmöglichkeiten das gesellschaftliche und staatliche Interesse befriedigen können, muß der Staat in seiner Rolle als „Ausfallbürge" das entsprechende Umfeld bereitstellen. Die subsidiäre staatliche Zuständigkeit hat sich also im Hochschulbereich wegen der fehlenden oder zumindest unzureichenden Aufgabenwahrnehmung durch Private in dem Bereithalten staatlicher Hochschulen verwirklicht. Das Subsidiaritätsprinzip eignet sich damit ebenfalls - zumindest bisher - für die Begründung staatlicher Betätigung im Hochschulbereich. d) Zusammenfassung und Kritik Die dargestellten Begründungskonzepte haben die Rechtfertigung staatlicher Betätigung überhaupt zum Ziel, als allgemeingültige Konzepte kann man sie daher, jedenfalls im Grundsatz, auf den Hochschulbereich übertragen. So könnte man das staatliche Hochschulsystem unter dem Gesichtspunkt der Daseinsvorsorge oder im Rahmen der Kulturstaatsverantwortung rechtfertigen oder den Fall der subsidiären Zuständigkeit des Staates wegen mangelnder oder unzureichender privater und gesellschaftlicher Aufgabenerfüllung annehmen. Allen Konzepten gemeinsam ist der Versuch, die staatliche Allein- oder Letztverantwortung zu begründen. Die Daseinsvorsorge soll eine originär staatliche Aufgabe sein, d. h. dem Staat kommt per se die Zuständigkeit in allen Bereichen zu, die eine (notwendige oder nützliche) Leistung für den Bürger darstellen. Die Idee des Kulturstaatsprinzips sieht die Verantwortung des Staates schon vorverfassungsrechtlich begründet. Demnach sei jeder moderne und aufgeklärte Staat, ohne daß es einer geschriebenen Aufgabennorm bedürfe, für den Schutz und die Pflege der Kultur, mithin auch des Hochschulbereichs, zuständig. Beide Konzepte gehen 186 Dazu Karpen, Hochschulplanung und Grundgesetz, Bd. 2, S. 522 ff.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
also davon aus, daß an erster Stelle die staatliche Verantwortung steht. Diese wird dann möglicherweise wieder eingeschränkt, weil die staatliche Betätigung an die Grenzen der grundrechtlich geschützen Freiheitsphäre des Einzelnen stößt. Grundsätzlich aber ist allem die staatliche Zuständigkeit übergeordnet. Für die Subsidiaritätstheorie als Begründungskonzept scheint dies allerdings nicht zu gelten, geht sie doch davon aus, daß zunächst die kleinste Einheit, also die Privatperson, die Familie, die Nachbarschaft oder einzelne gesellschaftliche Gruppen für die Erfüllung einer Aufgabe zuständig sind. Im Ergebnis aber besteht quasi im Hintergrund eine subsidiäre Verantwortung des Staates. Auch nach dem Konzept der Subsidiaritätstheorie ist also der Staat grundsätzlich zuständig; während der Aufgaben Wahrnehmung durch Private ruht die staatliche Einstandspflicht, sie lebt jedoch sofort wieder auf, sobald die Aufgabe nicht oder nur ungenügend erfüllt wird. Daher besteht nach diesem Konzept die subsidiäre Zuständigkeit (oder anders gewendet: die grundsätzliche Unzuständigkeit) des Staates eben nur im Grundsatz, denn dem Staat wird zugleich zugebilligt, daß er nicht zu warten hat, bis durch eine ungenügende Aufgabenerfüllung ein Schaden eingetreten ist. Die Subsidiaritätstheorie wird also danach als Einschränkung der Aufgabene/^wV/irngszuständigkeit benutzt; sie verneint hingegen nicht, daß dem Staat die betreffende Aufgabe selbst aber prinzipiell zukomme. Zudem gehen alle diese Begründungkonzepte von einer strikten Trennung zwischen dem Staat auf der einen und dem Bürger bzw. der Gesellschaft auf der anderen Seite aus. Die Daseinsvorsorge begründet das grundsätzlich alleinige staatliche Tätigwerden gegenüber den Bürgern, das Kulturstaatsprinzip richtet seinen Blick sogar nur auf den Staat und begründet, warum der Staat ganz unabhängig von den Bedürfnissen der Bürger oder aber ihrem Engagement im kulturellen Bereich tätig werden darf und muß. Das Subsidiaritätsprinzip schließlich hält den Staat gegenüber den Bürgern bzw. gesellschaftlichen Gruppen zwar subsidiär, aber eben auch letztverantwortlich für zuständig. Das staatliche Tätigwerden wird nach allen drei Konzepten durch die Abgrenzung zu dem Bereich privaten Tätigwerdens begründet: Entweder wird die Aufgabe von staatlicher Seite aus wahrgenommen oder von der privaten Seite. Für die aufgeführten Rechtfertigungskonzepte ist damit neben der Begründung der staatlichen Allein- bzw. Letztverantwortung die strikte Trennung zwischen staatlicher und privater Aufgabenzuständigkeit und Aufgabenerfüllung konstitutiv. Alle dargestellten Konzepte richten ihr Augenmerk auf die staatliche Seite. Dies ist vielleicht bei dem Versuch, die staatliche Betätigung zu begründen, auch gar nicht anders möglich. Dennoch erscheint eine kritische Auseinandersetzung mit diesen Ansätzen gerade vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Veränderungen notwendig: Dem Subsidiaritätskonzept werden schwerwiegende Argumente entgegengehalten. So mangelt es ihm zunächst und vor allem an einer verfassungsrechtlichen Verankerung im Grundgesetz. Seine ausdrückliche Aufnahme in den Text des
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Grundgesetzes wurde im Verfassungskonvent abgelehnt187. Auch der von den Befürwortern dieser Theorie angeführte Art. 28 Abs. 2 GG besagt nicht, daß öffentliche Aufgaben im Zweifel von Privaten erfüllt werden sollen, sondern daß die Gemeinde, also gerade eine Untergliederung des Staates, alle Angelegenheiten in eigener Verantwortung regeln können soll. Daran wird deutlich, daß nicht gesellschaftliche Kräfte, sondern allein die demokratische Entscheidung des Gemeinderates für die Erfüllung bestimmter Anliegen durch den Staat maßgeblich sein soll 1 8 8 . Auch die Verankerung des Subsidiaritätsgedankens in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 GG vermag nicht zu überzeugen: Abgesehen davon, daß im Rahmen des Europarechts unter dem Subsidiaritätsprinzip verstanden wird, daß die Europäische Union nur dann tätig wird, wenn die Mitgliedstaaten zur Aufgabenerfüllung nicht (mehr) in der Lage sind - es bezeichnet also nur die Zuständigkeitsverteilung zwischen der staatlichen und der suprastaatlichen Ebene - , gilt dieses Prinzip nur in einem zwischen- und überstaatlichen Bereich; es kann nicht auf die innerstaatliche Ebene des Grundgesetzes übertragen werden 189 . Diese Schwierigkeiten basieren vor allem auf einem Ubertragungsproblem: Das in der katholischen Soziallehre entwickelte Prinzip der Subsidiarität setzt voraus, daß von den beiden zu vergleichenden Gemeinschaften diejenige, die als „größer" bezeichnet wird, „bei gleicher oder umfassenderer Zwecksetzung" einen „weiteren Personenkreis" umfaßt oder bei gleichbleibendem Personenkreis zumindest eine „umfassendere Zwecksetzung verfolgt" 190 . Können die verschiedenen staatlichen Ebenen möglicherweise noch in diesem Sinn als homogene Gemeinschaften gelten, stehen sich bei privater und staatlicher Aufgabenwahrnehmung heterogene Akteure gegenüber. Gerade im Hochschulbereich verfolgen private und staatliche Hochschulen nur zu einem Teil dasselbe Ziel der Ermöglichung von Bildung zum Nutzen der Gesellschaft; private Hochschulen profilieren sich darüber hinaus zum Beispiel damit, eine Elite heranzubilden oder besonders praxisorientiert auszubilden oder mehr Dienstleistungen gegen eine entsprechende Gegenleistung für alle anbieten zu wollen. Die staatlichen Hochschulen verfolgen also nicht dieselbe oder eine umfassendere, sondern zum Teil eine andere, nämlich mehr auf staatliche und gesellschaftliche als auf private Interessen gerichtete Zwecksetzung. Betrachtet man das Subsidiaritätsprinzip aus systemtheoretischer Perspektive, also vor der Annahme einer stetigen Ausdifferenzierung der verschiedenen gesellschaftlichen Subsysteme, der damit einhergehenden komplexer werdenden Ver187 Herzog, Subsidiaritätsprinzip und Staatsverfassung: Der Staat 2 (1963), S. 399 ff. (412). 188 Hellermann, Örtliche Daseinsvorsorge und gemeindliche Selbstverwaltung, 2000, S. 163. 189 Ebd., S. 164. 190 Herzog, Subsidiaritätsprinzip und Staatsverfassung: Der Staat 2 (1963), S. 399 ff. (403).
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flechtungen zwischen den Systemen und damit auch zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren und Institutionen, muß man feststellen, daß es immer weniger möglich sein wird, zwischen Staat und Gesellschaft zu differenzieren und wegen des Abbaus von Hierarchiestrukturen ein eindeutiges Vorrangverhältnis wahrzunehmen 191. Als zwar grundsätzlich brauchbares Konzept für einfacher strukturierte Beziehungen wird das Subsidiaritätsprinzip einer komplexen und pluralistischen Gesellschaft nicht mehr gerecht. Auch für den Hochschulbereich läßt sich das Subsidiaritätskonzept nicht fruchtbar machen, denn in Deutschland ist bisher nicht der Versuch unternommen worden, die Aufgabenerfüllung im Hochschulbereich dem privaten Engagement zu überlassen. Lange Zeit und auch jetzt noch überwog die Auffassung, es gebe ohnehin nicht ausreichend Kapital, um eine deutsche Privathochschulkultur zu begründen. Doch selbst wenn zumindest für die Vergangenheit das finanzielle Argument die Gründungen von Privathochschulen tatsächlich unmöglich machte, hatten auch rechtlich Private kaum eine Chance zur Aufgabenerfüllung: Bis in die 70er Jahre hinein war die staatliche Anerkennung privater Hochschulen nicht geregelt 192 , für die Zulassung vieler Berufe war aber ein staatlicher oder ein staatlich anerkannter Abschluß erforderlich. Auch herrschte die Auffassung, daß das deutsche Hochschulsystem gewohnheitsrechtlich staatlich sei. Wenn aber die „kleinere Einheit", hier also die Privathochschulen, die entsprechende Aufgabe nicht erfüllt, darf der Staat sie zwar an sich ziehen, er muß aber darauf hinwirken, daß die Aufgabe wieder von den kleineren Einheiten wahrgenommen wird, und sie gegebenenfalls darin unterstützen 193. Die Vorstellung, die sich in älteren Stellungnahmen oder zum Teil auch heute noch in den Hochschulgesetzen zu finden ist, war aber deutlich davon geprägt, daß man wissenschaftliche private Privathochschulen grundsätzlich gar nicht erst zulassen wollte. Die Subsidiaritätstheorie kann also schon deshalb die Situation in Deutschland nicht ganz erklären, weil eine private Aufgabenerfüllung weder besonders unterstützt noch überhaupt erwogen und ermöglicht wurde. Das Begründungskonzept, das ein Kulturstaatsprinzip zugrunde legt, betrifft zwar begrifflich den Bereich der Hochschulen, gleichwohl vermag es nicht recht zu überzeugen. Es ist schon methodisch bedenklich 194 , daß Grundlage des staatlichen Handelns nicht so sehr die Verfassung, sondern eine vorverfassungsrechtliche Kulturstaatsverantwortung bilden soll. Zwar kann man eine Verantwortung des Staates für die Kultur aus einer Zusammenschau verschiedener Verfassungsartikel 191 Schulze-Fielitz, Staatsaufgabenentwicklung und Verfassung, in: Grimm (Hrsg.), Wachsende Staatsaufgaben - sinkende Steuerungsfähigkeit des Rechts, S. 11 ff. (36). 192 Erstmalig fand die staatliche Anerkennung ihren Niederschlag im HRG von 1976 und in seiner Folge in den novellierten Landeshochschul- bzw. -Universitätsgesetzen. 193 In diese Richtung argumentiert Herzog, Subsidiaritätsprinzip und Staatsverfassung: Der Staat 2 (1963), S. 399 ff. (408).
™ Hufen, Kulturauftrag als Selbstverwaltungsgarantie: NVwZ 1983, S. 516 (517), der im weiteren vor allem die im 19. Jh. wichtige Verbindung von Kulturstaatlichkeit und Nationalstaat hervorhebt.
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begründen, der Begriff des Kulturstaates wird aber immer wieder in einem ideologischen, überverfassungsrechtlichen Sinn gebraucht, der an die Vorstellungen der Romantik erinnert und heute nicht mehr zeitgerecht erscheint, der sich aber in den letzten Jahrzehnten vor allem deshalb durchgesetzt hat, weil man sich direkt oder indirekt auf das Kulturstaatskonzept Hubers bezogen hat, ohne dieses oder seine Prämissen noch einmal zu untersuchen 195. Was genau eigentlich kulturstaatlich heißt, vermag dieser Ansatz nicht ausreichend zu klären, der Begriff hat keine konkrete Aussage. So wäre es wohl mit dem dargestellten Begriffsverständnis auch vereinbar, wenn der Staat, der die Wissenschaft, Hochschulbildung und -ausbildung als schützenswertes Kulturgut definiert, seiner Schutz- und Förderpflicht in der Weise nachkommt, daß er privates Engagement unterstützt, ohne eigene Hochschulen zu unterhalten und gesetzlich vor privater Konkurrenz abzuschirmen. Man könnte sogar so weit gehen und sagen, daß das private Engagement für öffentliche Aufgaben ebenfalls ein wichtiges und schützenswertes Kulturgut ist, daß also der Staat gerade wegen seiner Kulturstaatsverpflichtung möglichst wenig eigene Hochschulen zu unterhalten habe. In Zeiten, in denen tatsächlich kein oder kaum privates Tätigwerden im Hochschulbereich zu erkennen war und in denen die allgemeine Meinung davon ausging, daß über der Verfassung Werte und Prinzipien existierten, die die eigentliche Grundlage des Staates und somit auch seiner Tätigkeiten bildeten, hatte der Begründungsansatz des Kulturstaatsprinzips vielleicht noch eine inhaltliche Berechtigung. Heute aber, wo der Staat verstärkt private und gesellschaftliche Verantwortung für Aufgaben einfordert, die im Interesse des Staates wie der Gesellschaft liegen, erscheint eine überverfassungsrechtliche Zuständigkeit und Alleinverantwortung des Staates für den Kultur- und damit auch für den Hochschulbereich als nicht mehr zeitgemäß. Auch der Begründungsansatz der Daseinsvorsorge trifft die heutige Situation nur auf den ersten Blick: Die Hochschulbildung und -ausbildung sowie die wissenschaftliche Betätigung bilden existentielle oder doch zumindest wichtige Lebensbedürfnisse. Gleichwohl ist das Daseinsvorsorgekonzept recht eng und starr. So wird für einige Bereiche der Daseinsvorsorge 196 dem Staat zugebilligt, Private zur Sicherung einer flächendeckenden und effizienten Aufgabenerfüllung von Tätigkeiten in demselben Gebiet auszuschließen oder zumindest Standards und Regeln für eine eventuelle private Aufgabenwahrnehmung zu setzen. Das staatliche Hochschulsystem ist relativ streng geregelt und wenig offen für individuelle Bedürfnisse, die heute, vielleicht im Gegensatz zur Vergangenheit, geäußert und als Markt entdeckt werden. Im Rahmen einer Daseinsvorsorge im Hochschulbereich kann der Staat kaum neben verschiedenen Studienfächern und -abschlüssen auch unter195
Zu der z.T. sehr unkritischen Rezeption Hubers bzw. zu der manchmal vielleicht eher unbeabsichtigten oder zumindest indirekten Übernahme seines Konzeptes Geis, Kulturstaat und kulturelle Freiheit, S. 34 ff. 196 Z. B. für die Altersversorgung, die Wasserversorgung und die Abwasserableitung, das Friedhofswesen, die Bahn, die Post sowie lange Zeit auch für Strom und Telekommunikation.
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schiedliche Hochschulstrukturen und -konzepte bereithalten. Selbst wenn man davon ausginge, daß das traditionelle deutsche Hochschulsystem weiterhin für den größeren Teil der Bevölkerung notwendig bleibt, ist damit noch nichts darüber ausgesagt, warum private Hochschulen, die vielleicht ein etwas anderes Konzept als die staatlichen Hochschulen verfolgen, aber mit diesem Konzept wiederum auch einem gesellschaftlichen Bedürfnis nachkommen, von der Aufgabenerfüllung grundsätzlich ausgeschlossen bleiben oder zumindest nur im Rahmen einer detaillierten gesetzlichen Regelung existieren können sollen. Schließlich besteht auch für das Daseinsvorsorgekonzept im Rahmen einer systemtheoretischen Betrachtung das Problem der Ausdifferenzierung und Verkomplizierung: Neben den Subsystemen und ihren Verknüpfungen werden auch die individuellen Bedürfnisse immer differenzierter und vielschichtiger. Kann der Staat zum einen die komplexer und unterschiedlicher werdenden Lebensbedürfnisse allein quantitativ kaum noch befriedigen, wird zum anderen auch die Bestimmung des staatlichen Akteurs gegenüber den Privaten schwieriger 197. Auch hier sind neben staatlichen und privaten Hochschulanbieterm zahlreiche Mischformen denkbar, so zum Beispiel die Gründung privat organisierter Hochschuleinrichtungen durch einzelne Institute staatlicher Universitäten oder die Gründung von Privathochschulen als gemeinsame Aktion einer staatlichen Hochschule und Privater. Auch das Konzept der Daseinsvorsorge scheint somit zur Begründung staatlicher Betätigung im Hochschulbereich nicht (mehr) auszureichen.
2. Die Privatisierungswelle als Ausdruck eines veränderten Staatsverständnisses? Die aufgeführten Begründungskonzepte vermögen das heutige staatliche Hochschulsystem und Tätigwerden im Hochschulbereich auf Dauer nicht (mehr) ausreichend zu begründen. In der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Konzepten wurde dafür unter anderem die veränderte Situation verantwortlich gemacht. Neben dem Hochschulwesen haben sich auch und gerade in anderen Bereichen, in denen bisher staatliche Einrichtungen tätig waren, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse geändert. In den letzten Jahren hat sich ein Trend zur Einbeziehung Privater in die Verantwortung bzw. zum Erwachen privaten Engagements entwickelt, der beinahe alle Bereiche erfaßt. Während früher eher der Staat für die meisten Aufgaben zuständig zu sein schien oder genügend Mittel hatte, Aufgaben zu erfüllen, die vielleicht nicht unbedingt von ihm hätten erfüllt werden müssen, spricht man seit einigen Jahren von einem „Rückzug des Staates" aus Uberforde-
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Diesen Aspekt führt - in einem anderen Zusammenhang - auch Hofmann, Von der Staatssoziologie zu einer Soziologie der Verfassung?: JZ 1999, S. 1065 ff. (1069), an. 198 So z. B. Hoffmann-Riem, Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht,
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a) Bestandsaufnahme So wurden in den letzten Jahren einige frühere Staatsunternehmen privatisiert, wie zum Beispiel die Deutsche Bundesbahn (jetzt Deutsche Bahn) oder die Deutsche Bundespost (jetzt Deutsche Post und Deutsche Telekom). Obwohl nach wie vor der Staat die meisten Anteile hält, konnten sich durch die Uberführung der Unternehmen in Aktiengesellschaften private Anleger an den ehemaligen Staatsunternehmen beteiligen. Auf diese Weise wurde - jedenfalls für Post und Telekom auch privates Kapital für die bisher rein staatliche Infrastrukturaufgabe nutzbar gemacht. In gewissen Grenzen haben so auch Private die Möglichkeit, auf Entscheidungen Einfluß zunehmen. In vielen früher rein staatlichen Aufgabenfeldern, wie zum Beispiel bei Rundfunk, Telekommunikation und auch im Postbereich, wurden zunehmend auch Private zur Aufgabenerfüllung zugelassen. Obwohl auch heute der Verantwortungsübernahme und damit auch der Gestaltung der entsprechenden Bereiche durch Private durch gesetzliche Regelungen und Aufsichtsbehörden Grenzen gezogen sind, dringen vermehrt markwirtschaftliche Überlegungen und unterschiedliche private wie öffentliche Interessen in die vormals im Sinne der Daseinsvorsorge gehandhabten Bereiche ein 1 9 9 . Daneben wird auch in anderen Gebieten die bisher schon neben der staatlichen bestehende private Verantwortung für bestimmte Aufgaben und für das Funktionieren des Systems überhaupt betont. Dafür lassen sich diverse Beispiele finden: Während früher ausreichend Lehrstellen vorhanden waren und bei Arbeitslosigkeit grundsätzlich der Staat verantwortlich schien, wird heute eine Pflichtabgabe für Betriebe diskutiert, die sich weigern, Lehrstellen zu schaffen. Die juristische Ausbildung wurde früher vollends staatlich finanziert, nunmehr wird jedenfalls das Referendariatsgehalt stark gekürzt und weitergehend überlegt, die Wirtschaftszweige, die von dieser Ausbildung profitieren, einzubinden. Wird so im Bereich der Berufsausbildung sichtbar, daß nun der Staat zwar nach wie vor die Aufgabe erfüllt, sich aber nicht mehr in jedem Fall und bis in die letzte Einzelheit in der Verantwortung sieht, wird in anderen Bereichen die Aufgabenerfüllung auch dem Grundsatz nach auf Private übertragen. Während zum Beispiel das Abfallrecht früher selbstverständlich von einer staatlichen Entsorgungsverpflichtung ausging, ist durch das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz die Entsorgungsverantwortung weitgehend auf Private verlagert worden 200 . Die Verantwortung des Staates beschränkt sich 1998, S. 11 ff. Ellwein/Hesse, Der überforderte Staat, 1997, haben die „Überforderung" sogar zum Titel ihrer Streitschrift gemacht. 199 Dazu ausführlich König/Benz (Hrsg.), Privatisierung und staatliche Regulierung, 1997; Rühle, Privatisierung und Internationalisierung von Telefongesellschaften, 1996; v. Arnim, Rechtsfragen der Privatisierung, 1995. 200 Eingehend dazu Bree, Die Privatisierung der Abfallentsorgung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, 1998, insb. im zweiten Teil; Pippke, Öffentliche und private Abfallentsorgung, 1999.
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auf die Regelung der nunmehr grundsätzlich privaten Abfallvermeidungs-, -verwertungs- und -entsorgunsverpflichtung und auf die Unterstützung der Privathaushalte, denen eine eigenständige Verwertung und Entsorgung technisch und finanziell nicht möglich ist. Insofern konstituiert das KrW-/AbfG ein System der Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten. Insgesamt wurden im Umweltrecht neben der Verantwortungsverankerung Privater weiche Steuerungselemente, insbesondere Selbstverpflichtungserklärungen und VerwaltungsVerträge, gestärkt 201 . Das Genehmigungswesen ist vereinfacht und effektiver gestaltet worden, vielfach durch Privatisierung einzelner Verfahrensteile oder sogar durch vollständige Entstaatlichung, indem die Genehmigung durch Instrumente wie Anzeige- oder Kenntnisgabe, Selbstverpflichtungserklärungen, Verleihung von Zertifikaten ersetzt oder ähnliche Folgen für die Teilnahme am Öko-Audit-Verfahren angedacht wird. Bisweilen werden bestimmte Zertifizierungen oder Kontrollen sogar nicht mehr durch unmittelbar staatliche Stellen, sondern durch Beliehene oder eigenverantwortlich handelnde Private oder private Stellen durchgeführt. Diese Beispiele können hier nur an der Oberfläche bleiben, und eine umfassende Untersuchung aller Rechtsbereiche würde den Rahmen und die Zielsetzung der Arbeit sprengen 202. Dennoch läßt sich an ihnen ein gewisser Trend zur Inpflichtnahme Privater erkennen. Auch im Hochschulbereich wird verstärkt privates Engagement bzw. ein gewisser „Rückzug" des Staates sichtbar. So wurden zum Beispiel die Finanzmittel für die staatlichen Hochschulen drastisch gekürzt. Durch die Streichung von Professorenstellen, Instituten oder ganzen Fachbereichen und die Zusammenlegung und Vernetzung mehrerer Universitäten wird das vorhandene Potential zwar möglicherweise effektiver genutzt. In Rahmen einer Schwerpunktsetzung ist aber auch darüber zu entscheiden, welches Institut oder welcher Fachbereich weniger wichtig ist als andere. Die potentiellen Studenten des von den Kürzungen betroffenen Fachbereichs müssen entweder, sofern das Fach an einer anderen Universität angeboten wird, an einer anderen staatlichen Hochschule, ein anderes Fach oder eben - sofern vorhanden - an einer privaten Alternativhochschule studieren. Die wegen der Zuschußkürzungen vermehrt eingeworbenen Drittmittel aus der Privatwirtschaft sind
201 Zu den Privatisierungstendenzen im Umweltrecht Laskowski, Duale Verantwortungsstrukturen in Umweltrecht und Umweltpolitik: Privatisierungstendenzen im Recht der Anlagenüberwachung, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem" Staat, 1999, S. 93 ff. 202 Zu diesen Problemen gibt es große Mengen an Literatur, s. z. B. die einzelnen Beiträge in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem Staat"; Burgi, Funktionale Privatisierung und Verwaltungshilfe, S. 2 ff.; Gusy, Privatisierung von Staatsaufgaben, 1998, Bree, Die Privatisierung der Abfallentsorgung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz; Pippke, Öffentliche und private Abfallentsorgung, 1999; Mehde, Ausübung von Staatsgewalt und Public Private Partnership: VerwArch 91 (2000), S. 540 ff., jeweils m. w. N.
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für die Institute, die für die Wirtschaft attraktive Forschung betreiben können, nicht nur eine Art „Lückenfüller", sondern eröffnen zum Teil ganz neue Dimensionen. Im Rahmen der Änderung vieler Hochschul- und Universitätsgesetze in den letzten beiden Jahren wurde versucht, Instrumente zur Effektivitätssteigerung einzuführen, die ein wirtschaftlicheres Vorgehen ermöglichen sollen 203 : So kann die Mittelverteilung zum Teil von der Höhe der eingeworbenen Drittmittel abhängig gemacht werden. Mit den vielfach kontrovers diskutierten Globalhaushalten soll den Hochschulen Raum für eigene Gestaltungsentscheidungen und Schwerpunktsetzungen gegeben werden. Weiter sehen einige Hochschul- und Universitätsgesetze die Möglichkeit einer leistungsbezogenen Besoldung von Professoren vor. Um die staatliche Hochschule mehr in die Gesellschaft und Wirtschaft einzubinden und ihr die Möglichkeit zu geben, Strukturentscheidungen in unmittelbarem Kontakt mit der Praxis fällen zu können, sind in einigen Hochschul- und Universitätsgesetzen Regelungen über ein Hochschule und Praxis verbindendes Gremium enthalten 204 . Aber auch außerhalb der Gesetzesebene finden sich Anzeichen für eine verstärkte Einbeziehung Privater, vor allem des privaten Kapitals in den Hochschulbereich. So werden in und an den Hochschulgebäuden Werbeflächen vermietet und Exkursionen und einzelne Veranstaltungen wie Examensfeiern durch private Geldgeber gesponsort. Es wird sogar diskutiert, ob der Staat überhaupt das gesamte Studium allein finanzieren muß oder ob nicht auch das Studium als marktwirtschaftliches Gut angesehen werden kann, für das die Nutznießer selbst bezahlen müssen. Es geht um die Frage, ob Studiengebühren erhoben und somit die Finanzierungsverantwortung des Staates zu einem Teil auf die Studierenden abgewälzt werden kann. Für sogenannte Langzeitstudierende 205 ist eine echte Studiengebühr wegen ihrer Lenkungsfunktion, aber auch mit dem Argument, die Studierenden sollen im 203 Vgl. Z ur Diskussion und zu den verschiedenen Konzepten die verschiedenen Beiträge in: Hollerith (Hrsg.), Leistungsfähige Hochschulen - aber wie?, 1997, sowie in: Krüger/01bertz (Hrsg.), Bildung zwischen Staat und Markt, 1997; Bullinger, Finanzierung der Universität nach ihren Leistungen: JZ 1998, S. 109 ff.; Müller-Böling, Die entfesselte Hochschule; Morkel, Die Universität muß sich wehren; Turner, Hochschule zwischen Vorstellung und Wirklichkeit, insb. S. 111 ff.; Daxner, Ist die Uni noch zu retten? Zehn Vorschläge und eine Vision, 1996; schon früh Karpen, Wissenschaftsfreiheit und Hochschulfinanzierung - Überlegungen zu einem effektiven Mitteleinsatz, 1983. 204 So z. B. der Hochschulrat in Baden-Württemberg, § 18 BWUG. Es sei hier kurz angemerkt, daß der angeblich durch die Gesetzesänderungen geschaffene Freiraum schon allein wegen des engen Finanzkorsetts nicht besonders gestalterisch genutzt werden kann. Und bedenkt man, daß die die Hochschule, Wirtschaft und Gesellschaft verbindenden Gremien unter anderem aus Persönlichkeiten zusammengesetzt sind, die außerhalb der Hochschule stehen (insbesondere aus der Wirtschaft, aber auch, mit nur beratender Stimme, aus dem Ministerium), dieses Gremium aber die für die Hochschule wichtigsten Struktur- und Organisationsentscheidungen treffen soll, muß man sich ernstlich fragen, ob da noch Platz ist für die freie Wissenschaft und die viel gerühmte Selbstverwaltung der Wissenschaft. 205 Als solche bezeichnet man herkömmlicherweise diejenigen Studierenden, deren Studium die Regelstudienzeit mehr als vier (Toleranz-)Semester übersteigt
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Sinne einer Benutzungsgebühr an den Kosten beteiligt werden, bereits in einigen Bundesländern eingeführt worden 205a . Ein Verbot im HRG sowie ein geplanter Staatsvertrag aller Länder, der ein Studiengebührenverbot zumindest für das Erststudium festschreiben wollte, ist nach langwierigen Verhandlungen gescheitert. Auch für den Bereich der Qualitätsüberprüfung einzelner Studiengänge oder eben der privaten Hochschulen ist eine Übertragung der Aufgabenerfüllung auf private Experten geplant. So soll ein aus der Hochschulrektorenkonferenz und der Kultusministerkonferenz gebildete Akkreditierungsrat die Einrichtung von Bachelor- und Master-Studiengängen koordinieren und unabhängige private Agenturen mit ihrer Begutachtung beauftragen 206. Ähnliches hat der Wissenschaftsrat für die Überprüfung der Voraussetzungen einer staatlichen Anerkennung von privaten Hochschulen vorgeschlagen 207. Schließlich kann man die Feststellung eines gewissen Privatisierungstrends auch im Hochschulbereich auf die vermehrten Gründungen privater Einrichtungen im tertiären Bildungssektor zurückführen. Neben den gerade in den letzten fünf Jahren neu gegründeten wissenschaftlichen Privathochschulen finden sich die schon seit den 70er Jahren grundsätzlich existierenden privaten Fachhochschulen und Berufsakademien sowie vermehrt auch berufliche Weiterbildungseinrichtungen auf zum Teil hohem Niveau und mit internationaler Ausrichtung. Eine umfassende Untersuchung der Gründe dieses Trends würde den Rahmen der Arbeit sprengen, doch sei kurz darauf hingewiesen, daß vor allem die engeren Finanzmittel oder allgemein die staatliche Entlastung als Grund angegeben werden 2 0 8 : Viele Leistungen, die bisher aus Bürgersicht mehr oder weniger selbstverständlich waren, könne der Staat aus finanziellen Gründen nicht mehr tragen. Im Hinblick auf die steigenden finanziellen Belastungen und Engpässe, aber auch auf andere Faktoren bezogen, wird von einer „Überforderung" des Staates gesprochen 209 . Doch wird durch die Privatisierungswelle (auch) ein geändertes Staatsverständnis hin zu mehr Vergesellschaftung oder ein geändertes Verständnis der Aufgaben des Staates sichtbar.
2053 Zur Rechtmäßigkeit z. B. VG Freiburg, WissR 1999, S. 274 ff.; zur Verfassungswidrigkeit der sog. Rückmeldegebühr VGH Mannheim, VB1BW 1998, S. 468 ff. 206 Spielkamp, Die Agenten mit dem Gütesiegel: SZ vom 13. 07. 1999, S. V2/14. 207 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Akkreditierung privater Hochschulen, Drucks. 44119/00 vom 21. 01. 2000, insb. S. 30 ff.; in den Empfehlungen finden sich auch ausführliche Überlegungen zu der Notwendigkeit und dem Nutzen eines Akkreditierungssystem sowie der Vergleich zu Systemen in anderen Ländern.
208 Zu den Zielvorstellungen Voßkuhle, Gesetzgeberische Regelungsstrategien der Verantwortungsteilung zwischen öffentlichem und privatem Sektor, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem" Staat, S. 47 ff. (49 ff.). 209
Der Begriff des überforderten Staates taucht in der Privatisierungsdiskussion immer wieder auf, vgl. nur Ellwein/Hesse, Der überforderte Staat.
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b) Wandlung des zugrundeliegenden Staats- und Staatsaufgabenverständnisses Die kursorische Bestandsaufnahme der derzeitigen rechtlichen und politischen Situation läßt vor allem eines deutlich werden: Viele der bisher vom Staat und seinen Untergliederungen wahrgenommenen Aufgaben unterfallen nun einer zwischen Staat und Privaten geteilten bzw. einer ausschließlich privaten Verantwortung 2 1 0 . Eine mögliche Begründung könnte auf den ersten Blick darin zu finden sein, daß den entsprechenden Aufgaben ein im Vergleich zu früher vielleicht weniger großes Gewicht zukommt. Eine solche Annahme ist aber sogleich widerlegbar. Um bei den genannten Beispielen zu bleiben: Die Ausbildung von Lehrlingen sowie Referendaren, die Abfallvermeidung, -Verwertung und -entsorgung, der Schutz der Umwelt und die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen im Umwelt- und Genehmigungsrecht sowie das Bereithalten von Infrastruktur sind nach wie vor gleich bedeutende Aufgaben für Staat und Gesellschaft. Gewandelt hat sich nicht die Wichtigkeit der Aufgaben, sondern das Verständnis der Aufgabenzuständigkeit. Früher wurde der Staat als die Institution angesehen, die für das Wohl der Bürger - dies ist bekanntermaßen ein dehnbarer Begriff - verantwortlich ist. Nach dem Aufbau der Bundesrepublik Deutschland folgte eine Zeit, in der man das Schwergewicht staatlicher Betätigung in der Daseinsvorsorge fand. Grundgerüst dafür war die Annahme der Trennung zwischen staatlichen und gesellschaftlichen bzw. privaten Aufgaben. Damit korrespondierte eine Vorstellung, daß der Staat zwar die politische Organisation der Gesellschaft bilde, aber zugleich der Gesellschaft und den privaten Individuen gegenüberstehe. Die Aufgabe des Staates war die Sicherung der Freiheit und der im weiteren Sinn existentiellen Lebensbedingungen des Individuums. Heute bildet der Bereich der Daseinsvorsorge noch immer ein Kernelement staatlicher Betätigung. Zudem sind bestimmte Aufgaben oder Zwecke nach wie vor für den Staat von konstituierender Bedeutung211. Unter anderem wegen der höheren Ansprüche an die Lebensbedingungen und der damit wachsenden Daseinsvorsorgeaufgaben stieg der Finanzbedarf des Staates, der diesen zum Beispiel mit Privatisierungen zu decken versuchte und Private zur Aufgabenerfüllung und Kooperation heranzog. Wohl auch aus diesen Gründen wird der Staat heute nicht mehr unbedingt als allein verantwortlich angesehen, sondern es liegt häufig eine Aufgaben- und damit auch eine Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten vor. Die oben angeführten Beispiele zeigen, daß der Staat aus seiner Verantwortung nicht vollends entlassen ist, sondern daß er die Rahmenbedingungen, die 210 Für den Bereich der Informationsordnung hat dies Schock, Verantwortungsteilung in einer staatlich zu regelnden Informationsordnung, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem" Staat, S. 221 ff. (224 ff.), deutlich herausgearbeitet. 211 Schuppert, VerwaltungsWissenschaft, 2000, S. 102 ff., spricht insofern von einer Kontinuität von Staatsaufgaben. Dazu gehören die Staatszwecke des Rechts-, Macht- und Wohlfahrtszwecks des Staates.
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Verantwortungsverteilung und manchmal auch die Verantwortungswahrnehmung organisiert und regelt. Diese staatliche (Rest-)Verantwortung kann vielleicht nach wie vor mit dem Argument der Daseinsvorsorge begründet werden oder damit, daß die Aufgabe eben auch im staatlichen Interesse liegt und daher dieser, sofern er dazu finanziell in der Lage ist, die Aufgabe auch selbst wahrnimmt. Andererseits wird aber auch deutlich, daß der Teil an Verantwortung, der auf Private übertragen wird, weiter reicht als die bloße Erfüllung des rein privaten Interesses. So ist zum Beispiel das Interesse einer Abfall produzierenden Firma in erster Linie auf die Produktion ihrer Güter gerichtet; an dem Abfall, der nicht mehr oder nur relativ teuer und aufwendig verwertet werden kann, hat sie kein Interesse; allein für ihre Bedürfnisse würde es ausreichen, den anfallenden Müll schlicht zu beseitigen. Die Schäden, die ein solches Verhalten hervorrufen könnte, betreffen in der Regel nicht die Firma, sondern die Allgemeinheit. Man könnte also sagen, daß die unschädliche Entsorgung der Abfälle eher ein öffentliches als ein privates Anliegen ist. Die Entsorgungsverantwortung, die das KrW- / AbfG dem privaten Abfallerzeuger auferlegt, ist also weder durch ein staatliches noch durch ein privates, sondern durch ein öffentliches Interesse begründet; die Abfallverwertung und -entsorgung stellt demnach weder eine staatliche noch private, sondern eine öffentliche Aufgabe dar. Dementsprechend kommt die Verantwortung für die Aufgabenerfüllung sowohl dem Staat, der immerhin die Regelungen bereithält und die Aufgabe dann wahrnimmt, wenn es anders nicht möglich ist, als auch den Privaten zu. Der Staat trat früher in seiner Verpflichtung zur Sorge für das Gemeinwohl und der daraus resultierenden Allzuständigkeit für Gemeinwohl- und Daseinsvorsorgeaufgaben einerseits als Anbieter von lebenswichtigen Leistungen auf, andererseits wurden zu diesem Zweck auch Regelungen erlassen, die zwar die Funktionsfähigkeit der Aufgabenwahrnehmung sichern sollten, die aber gleichzeitig die private Aufgabenerfüllung ausschlossen oder zumindest erschwerten. Die leistende Tätigkeit, die auf die Sicherung und Verbesserung der Grundlage jeder Freiheitsgestaltung gerichtet ist, bedeutet zugleich eine infolge wachsender wirtschaftlicher Möglichkeiten eine, auch als solche empfundene, Einschränkung derselben. Der Infrastrukturbereich bietet sich in dieser Hinsicht als Beispiel an. Hier wurde in den letzten Jahren neben und zum Teil anstelle der staatlichen Aufgabenerfüllung private Initiative zugelassen. Der „Kampf' um die Lizenzen im Telekommunikationsbereich zeigt, wie groß der Bedarf der Privaten nach freiheitlicher Betätigung und der Wille zur Aufgabenübernahme in diesem Bereich ist, der zuvor staatlichem Handeln vorbehalten war. Wenn der Staat sich also jedenfalls aus der Aufgabenerfüllung zurückzieht und damit zumindest die Erfüllung im Rahmen der von ihm gesetzten Regeln privater Initiative anvertraut, verwischt die Trennung zwischen staatlicher und privater Aufgabenwahrnehmung und damit insgesamt eine Auflösung der tradierten Dichotomie von Staat und Gesellschaft 212. Daß die Unterschei212
Schulte, Schlichtes Verwaltungshandeln, 1995, S. 3 f.; Voigt, Des Staates neue KleiderEntwicklungen moderner Staatlichkeit, 1996, S. 75.
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dung zwischen Staat und Gesellschaft nicht vollends hinfällig ist, ergibt sich schon aus den Grundrechten: Der einzelne wird zunächst gegen nicht verfassungsrechtlich gerechtfertigte staatliche Eingriffe geschützt; darüber hinaus ist der Staat dahingehend gefordert, die Rechte des einzelnen vor anderen zu schützen. Die Trennung von Staat und Gesellschaft ist insofern nicht völlig aufgelöst, sondern zwischen ihnen befinden sich inzwischen vermehrte und andere Beziehungen und Bindungen 213 . Der Staat stellt also nicht mehr nur das organisatorische Gerüst der Gesellschaft dar und ist so letztlich für alles allein verantwortlich, sondern er wird nunmehr als etwas angesehen, das nicht mehr nur über, sondern auch neben den gesellschaftlichen Kräften agiert, das seine mündigen Bürger auch an der Verantwortung teilhaben läßt bzw. sie in die Verantwortung einbezieht.
c) Das Konzept der Verantwortung Die Ausführungen machen deutlich, daß die Annahme einer Dichotomie von staatlicher und privater Aufgabenerfüllung zur Beschreibung des staatlichen Aufgabenbereichs überwunden werden muß und nicht mehr ausreichend mit den bisherigen Begründungskonzepten und Begriffen erklärt werden kann 214 . Infolge der Privatisierungs- und Steuerungsdiskussion kam daher dem Begriff der Verantwortung verstärktes Gewicht zu, in dessen Rahmen Fallgruppen unterschiedlicher Verantwortungsstufung und Verantwortungsträgerschaft sowie ein Konzept zur Verantwortungsteilung herausgearbeitet wurde 215 . Dabei ist zwar nach wie vor die Unterscheidung zwischen eher staatlicher und eher privater Verantwortungsträgerschaft und Aufgabenwahrnehmung wichtig, der Verantwortungsbegriff läßt aber auch Raum für die zahlreichen Mischformen und neuen Handlungsinstrumente, insbesondere die Formen sogenannten „weichen" Verwaltungshandelns wie Infor213 Uerpmann, Das öffentliche Interesse, 1999, S. 60; Mehde, Ausübung von Staatsgewalt und Public Private Partnership: VerwArch 91 (2000), S. 540 ff., insb. 541. 214 So auch Wahl, Privatisierung im Umweltrecht, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben: Kriterien - Grenzen - Folgen, 1998, S. 260 ff. (266 f.); ders./Appel, Prävention und Vorsorge. Von der Staatsaufgabe zur rechtlichen Ausgestaltung, in: Wahl (Hrsg.), Prävention und Vorsorge, 1995, S. 1 ff. (32); Schmidt-Aßmann, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, in: Hoffmann-Riem/ders. (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 7 ff. (34). Grimm, Wandel der Staatsaufgaben und Zukunft der Verfassung, in: ders. (Hrsg.), Staatsaufgaben, 1994, S. 613 ff. (631) weist darauf hin, daß es keine starre Grenze zwischen staatlicher und privater Sphäre mehr gibt. 215
Schmidt-Aßmann, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, in: Hoffmann-Riem/ ders. (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 7 ff. (43 f.); Schuppert, Die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch die öffentliche Hand, private Anbieter und Organisationen des Dritten Sektors, in: Ipsen (Hrsg.), Privatisierung öffentlicher Aufgaben, 1994, S. 17 ff. (29 ff.); ders., Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung: Zum Denken in Verantwortungsstufen: Die Verwaltung 31 (1998), S. 415 ff. (425 ff.); ders., Verwaltungswissenschaft, S. 408 ff. 6 Steinkemper
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
mation oder Verträge, und kann die verschiedenen Privatisierungserscheinungen und Steuerungsmodelle begrifflich erfassen. Der Verantwortungsbegriff als solcher bedeutet zum einen ein Einstehenmüssen für ein bestimmtes Verhalten oder einen bestimmten E r f o l g 2 1 6 . Zum anderen bezeichnet er das Subjekt, das für das Verhalten oder den Erfolg zuständig ist; der Verantwortungsbegriff weist so auf eine kompetenzielle Aufgabenzuweisung hin, die jedoch nicht durch den Begriff der Verantwortung, sondern durch das Recht begründet w i r d 2 1 7 . Wenn i m Rahmen der Privatisierungsdebatte und ihrer staatswissenschaftlichen oder verwaltungswissenschaftlichen Aufarbeitung insoweit von „Verwaltungsverantwortung" gesprochen wird, ist dies zwar mißverständlich, läßt sich jedoch daraus erklären, daß die verschiedenen Verantwortungskonzepte, basierend auf den Privatisierungen und ihren unterschiedlichen Ausprägungen auf verwaltungsrechtlichem Terrain, vielfach i m Rahmen einer verwaltungsrechtlichen oder verwaltungswissenschaftlichen Untersuchung entwickelt w u r d e n 2 1 8 . Doch auch hier wird die Verantwortung als das Prinzip zur Beschreibung des Verhältnisses zwischen Staat und Gesellschaft / Individuen, des „Kooperationsspektrums zwischen privater und staatlicher Aufgabenerfüllung" betrachtet 2 1 9 .
216 Merten, Bürgerverantwortung im demokratischen Verfassungsstaat, in: VVDStRL 55 (1996), S. 7 ff. (13). Hierzu und zum folgenden Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, 1990, S. 240 ff.; Röhl, Verwaltungsverantwortung als dogmatischer Begriff?, in: Die Wissenschaft vom Verwaltungsrecht (Die Verwaltung, Beiheft 2), 1999, S. 33 ff. (35 ff.). 217 Voßkuhle, Gesetzgeberische Regelungsstrategien der Verantwortungsteilung, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem" Staat, 1999, S. 47 ff. (54). 218 So z. B. Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, 1998, S. 148 ff.; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 400 ff.; ders., Die öffentliche Verwaltung im Kooperationsspektrum staatlicher und privater Aufgabenerfüllung: zum Denken in Verantwortungsstufen: Die Verwaltung 31 (1998), S. 415 ff. (419 ff.); ders., Rückzug des Staates?: DÖV 1995, S. 761 ff. (768 f.); Schoch, Privatisierung von Verwaltungsaufgaben: DVB1. 1994, S. 962 ff. (975). Die Herkunft des Verantwortungskonzepts nicht verleugnend, plädiert auch Uerpmann für die Übernahme auf die gesamte staatliche Verwaltung, Uerpmann, Das öffentliche Interesse, 1999, S. 34. 219 Schmidt-Aßmann, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, in: Hoffmann-Riem/ ders. / Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 1993, S. 13 ff. (43); ders., Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 148. Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 402, spricht zwar einerseits von der „Standortbestimmung und Rollenzuweisung der öffentlichen Verwaltung zu nicht-staatlichen Funktionsträgern", andererseits aber immer wieder von der „staatlichen Aufgabenwahrnehmung" oder von der „Aufgabenverteilung zwischen staatlichen und gesellschaftlichen Akteuren", ebd., S. 403. Der Aufgabe der Grundrechtssicherung kommt der Staat aber sowohl durch Handeln der Verwaltung als auch in Form von gesetzlichen Vorschriften oder durch die Rechtsanwendung durch die Gerichte nach. Die staatlichen Aufgaben und damit die Verantwortung stellen sich grundsätzlich also allen drei Gewalten, nicht nur der Verwaltung. Insbesondere ist die Entscheidung, ob eine Aufgabe durch eigene staatliche Einrichtungen wahrgenommen wird oder ob ihre Erfüllung durch Private überwacht oder an gesetzliche Voraussetzungen geknüpft wird, eine politische und damit letztlich eher eine gesetzgeberische Entscheidung; darauf weist auch Schoch,
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Die staatliche Verantwortung gründet sich insofern auf die Verfassung; sie stellt damit vor allem eine auf die Garantie, den Schutz und die Entfaltung der individuellen Freiheit und Entscheidungen gerichtete Verantwortung dar 2 2 0 . Nahm bisher der Staat seine Verantwortung im Rahmen einer Staatsaufgabe vor allem in Formen unmittelbarer, aber auch mittelbarer Staatsverwaltung wahr, so wurde ein Verschieben der Verantwortungswahrnehmung von eigener staatlicher Erfüllung auf Regelung, Überwachung und Kontrolle der privaten Aufgabenerfüllung sichtbar. Zur Beschreibung zum einen der unterschiedlichen Intensität der staatlichen Verantwortungswahrnehmung und zum anderen der Rolle des Staates bei der Aufgabenwahrnehmung im Verhältnis zu gesellschaftlichen oder privaten Akteuren unterscheidet man im Grundsatz zwei Verantwortungsstufen 221: Die staatliche Verantwortung, die nach wie vor mit eigenen Einrichtungen und in eigener Regie erfüllt wird, bezeichnet man als Erfüllungsverantwortung, der Teil der Verantwortung, der durch Regelung und Kontrolle der privaten oder gesellschaftlichen Aufgabenerfüllung gekennzeichnet ist, mit Gewährleistungsverantwortung. Auch hier muß der Staat die Wahrnehmung der Aufgabe gewährleisten, nur bedient er sich dafür gesetzlicher Regelungen oder Kontrollmechanismen 222. Er übernimmt also die Verantwortung dafür, daß mit Hilfe der durch das Recht bereitgestellten Strukturen gesellschaftliche Problemlösungen in möglichst gemeinwohlverträglicher Weise erreicht werden 223 . Im Rahmen der GewährleistungsVerantwortung wird der Staat also nicht selbst erfüllend, sondern beobachtend, überwachend, kontrollierend, regulierend, beratend, fördernd und finanzierend tätig. Zudem umfaßt die Gewährleistungsverantwortung die zahlreichen Möglichkeiten der auch organisatorischen Kooperation. Bisweilen wird eine weitere Stufe der Auffangverantwortung angefügt, nach der der Staat dann korrigierend oder substituierend eingreifen muß, wenn das erwünschte Verhalten Privater unzureichend ist oder ganz ausbleibt, das angestrebte Privatisierung von Verwaltungsaufgaben: DVB1. 1994, S. 962 ff. (974) hin, ähnlich Möllers, Staat als Argument, 2000, S. 286, FN 9. 220 Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 236. 221 Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 154 f., der aber auch auf verschiedene Zwischenstufen hinweist; Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 404 ff.; Hoffmann-Riem, Tendenzen der Verwaltungsrechtsentwicklung: DÖV 1997, S. 433 ff. (441 f.); grundlegend bereits Schmidt-Aßmann, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, in: Hoffmann-Riem/ders./Schuppert (Hrsg.), Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 13 ff. (43 f.); Wahl, Staatsaufgaben im Verfassungsrecht, in: Ellwein / Hesse (Hrsg.), Staatswissenschaften: Vergessene Disziplin oder neue Herausforderung?, S. 29 ff. (31). 222 Zu dieser Begrifflichkeit Wahl, Privatisierung des Umweltrechts, in: Gusy (Hrsg.), Privatisierung von Staatsaufgaben, S. 260 ff. (269); G. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, S. 337 f. Hermes meint allerdings mit dem Begriff der Gewährleistungsverantwortung die Frage, daß der Staat überhaupt tätig wird, unabhängig davon, ob diese Tätigkeit regelnder oder leistender Art ist. 223 Hoffmann-Riem, Tendenzen der Verwaltungsrechtsentwicklung: DÖV 1997, S. 433 ff. (441). 6*
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Ziel nicht erreicht wird oder die bisher erbrachten staatlichen Leistungen nicht genügen 224 . Gewährleistungs- und Erfüllungsverantwortung zielen nicht nur auf ein staatliches Handeln überhaupt, sondern auf ein effektives, die Verantwortung ausfüllendes Handeln, sie erlöschen daher nicht, nachdem der Staat Regelungen oder Einrichtungen bereitgestellt hat, sondern wirken fort und schließen ein „Nachbessern" mit ein. Das Konzept der Verantwortungsstufung sowie der Begriff der Verantwortung überhaupt scheinen für eine Beschreibung des Verhältnisses zwischen staatlichen und privaten oder gesellschaftlichen Akteuren zunächst ungeeignet, weil sie keine Rückschlüsse auf eine genauere Aufgabenverteilung zulassen. Die relative Unbestimmtheit des Verantwortungsbegriffs ist aber zugleich seine Stärke: Er verknüpft mit der Feststellung, daß eine Aufgabe im Gemeinwohl oder im staatlichen Interesse liegt, nicht zugleich den Schluß, daß diese Aufgabe auch nur vom Staat wahrgenommen werden kann. Es ist nicht einsichtig, warum mit dem Zuteilen von Verantwortung zugleich die Erfüllungszuständigkeit festgelegt werden muß 2 2 5 . Der Verantwortungsbegriff ist vielmehr offen für neue Formen und Entwicklungen, die mit den herkömmlichen Begriffen nicht mehr vollständig erklärt werden können. Denn er verpflichtet, Maßnahmen zur Zweckerreichung zu ergreifen, ohne die Mittel, die Intensität und den konkret Ausführenden der einzelnen Maßnahme festzulegen; diese Entscheidungen sind weitgehend dem politischen Prozeß überlassen 226 . Allerdings ist dieser Prozeß nicht völlig beliebig, denn den Maßstab und damit auch die Grenze der politischen Entscheidungsgewalt bildet die Verfassung. Das Verantwortungskonzept wird weiter dahingehend kritisiert, daß der Begriff der Verantwortung nicht nur dogmatisch oder heuristisch, sondern normativ verwendet werde und schließlich dazu führe, daß ethische Wertungen in die Form von Rechtspflichten gegossen werden und so der privaten Freiheit zum Nachteil gereichen 227. Eine letztlich auf eine normative Bedeutung der privaten Verantwortung hinauslaufende Argumentation verweist in diesem Zusammenhang auf die Bestimmungen des Grundgesetzes 228. So würden die Einschränkungsmöglichkeiten der Grundrechte andeuten, daß sie nicht eine möglichst große egoisti224 Schuppert, VerwaltungsWissenschaft, S. 407 f.; Hoffmann-Riem, Tendenzen in der Verwaltungsrechtsentwicklung: DOV 1997, S. 433 ff. (442); ders., Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, in: ders. / Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Effizienz als Herausforderung an das Verwaltungsrecht, S. 11 ff. (55). 225 Hattenberger, Der Umweltschutz als Staatsaufgabe, S. 19 ff., hält eine eindeutige Aufgabenzuweisung für kontraproduktiv bezogen auf das Verhältnis zwischen Staat und Bürger, denn der Bürger mache den Staat für die Mängel verantwortlich, ohne zu überlegen, wie er sich selbst einbringen und einem Problem abhelfen könne. 226 Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 244. 227 Röhl, Verwaltungsverantwortung als dogmatischer Begriff?, in: Die Wissenschaft vom Verwaltungsrecht (Die Verwaltung, Beiheft 2), 1999, S. 33 ff. (43 f.). 228 Ausführlich dazu Merten, Bürgerverantwortung im demokratischen Verfassungsstaat, VVDStRL 55 (1996), S. 7 ff. (18 ff.).
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sehe Selbstverwirklichung, sondern gemeinschaftsbezogene und -gebundene Frei229
heiten garantieren Die Verantwortungsübertragung auf Private wird jedoch durch gesetzliche Regelungen vollzogen, die ihrerseits verfassungsmäßig sein müssen, insbesondere also nicht die Grundrechte unverhältnismäßig einschränken dürfen. Überträgt der Staat im Rahmen seiner Gewährleistungsverantwortung durch gesetzliche Regelungen bestimmte Pflichten auf den Bürger, nimmt dieser an der Erfüllung der staatlichen Verantwortung durch die Pflichterfüllung teil. Privates Engagement außerhalb gesetzlich zwingender Vorschriften ist demgegenüber Grundrechtsausübung, also eine freiwillige Verantwortungsübernahme, obgleich sie verdeutlicht, daß nicht nur der Staat für die Aufgabe der Freiheitsbewahrung verantwortlich ist, sondern die durch das Grundgesetz garantierte individuelle Freiheit eine „solidarische, eigenverantwortliche Freiheit" darstellt 230 und damit, in einem weiten Sinn, Verantwortungsübernahme bedeuten kann. Wird der Blick auf die private Verantwortungswahrnehmung gelenkt, beschreibt also der Verantwortungsbegriff allein die Situation des Eingebundenseins in Gemeinwohlzusammenhänge231. Dieser Gesichtspunkt spricht vielmehr für ein Konzept der Verantwortungsstufung und Verantwortungsteilung: Während bisher bei Betrachtung der Staatsaufgaben allein der Staat im Mittelpunkt stand, vermag die Verantwortungskonzeption wenn auch ausgehend von der, ungeachtet der begrifflich problematischen Verantwortung Privater, dem Staat zukommenden Verantwortung - das Nebeneinander von Staat und Gesellschaft bzw. Privaten zu erklären. Neben der staatlichen Verantwortung in Form der Erfüllungs- und Gewährleistungsverantwortung steht die ebenso wichtige private Verantwortungswahrnehmung. Insofern kann man von Verantwortungsteilung sprechen 232. Der Begriff der Verantwortungsteilung besitzt den Vorzug, daß er in Fortsetzung des Konzepts der Verantwortungsstufung nicht nur den Staat, sondern zugleich die Privaten, die Gesellschaft oder Kooperationsformen in den Blick nimmt 2 3 3 . Er geht also nicht von einem Rückzug des Staates, sondern von einer veränderten Rolle und modifizierten Rahmenbedingungen für ein Handeln des Staates neben privatem Engagement aus 234 . Insoweit wird auch 229 Zum Beispiel Art. 2 Abs. 1 GG: „ . . . soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung ... verstößt", dazu BVerfGE 4, 7 ff. (15 f.), oder die Sozialpflichtigkeit des Eigentums, Art. 14 Abs. 2 GG. 2 30 Merten, Bürgerverantwortung im demokratischen Verfassungsstaat, in: VVDStRL 55 (1996), S. 238. Ähnlich Voßkuhle, Gesetzliche Regelungsstrategien der Verantwortungsteilung, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem" Staat, S. 47 ff. (62). 231 Voßkuhle, Gesetzgeberische Regelungsstrategien der Verantwortungsteilung, in: Schuppert (Hrsg.), Jenseits von Privatisierung und „schlankem" Staat, S. 47 ff. (62). 232 Verantwortungsteilung als arbeitsteilige Gemeinwohlkonkretisierung: Schuppert, Verwaltungswissenschaft, S. 409. 233 Ähnlich ebd., S. 412. 234 Schuppert, Rückzug des Staates?: DÖV 1995, S. 761 ff. (763, 766 ff.); ders., Verwaltungswissenschaft, S. 411.
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die Trennung zwischen Staat und Gesellschaft nicht vollständig aufgehoben - dies wäre ohnehin schon wegen der durch das Grundgesetz geforderten Abgrenzung zwischen staatlicher Verpflichtung und individueller Freiheit und der Ausgestaltung der Einflußnahme auf den Staat unmöglich 235 der Verantwortungsbegriff ermöglicht vielmehr eine modifizierte und weniger strikte Betrachtungsweise. Insofern kann man allgemein ein gewandeltes Staatsverständnis hin zu mehr Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privaten erkennen.
3. „Wissenschafts- und Hochschulverantwortung" des Staates Die Veränderungen im Wissenschafts- und Hochschulbereich deuten an, daß entsprechend dem Konzept der Verantwortungsstufung und -teilung auch auf diesem Gebiet eine geänderte Vorstellung von staatlichen Aufgaben und staatlicher Verantwortung Einzug gehalten hat.
a) Von der staatlichen zur öffentlichen für den Hochschulbereich
Verantwortung
Bis in die 80er Jahre hinein hatte man sich über eine etwaige Verantwortungsteilung im Hochschulbereich wenig Gedanken gemacht. Die Verpflichtung des Staates zur alleinigen Verantwortungsübernahme wurde damit begründet, daß der Staat wegen des Konzepts der Daseinsvorsorge für alle Bedürfnisse Hochschulen bereitzuhalten hatte und auch durch das Kulturstaatsprinzip dazu verpflichtet war, oder man stellte pauschal auf die deutsche Tradition eines faktisch existierenden staatlichen Hochschulmonopols ab 2 3 6 . Dahinter stand die Vorstellung, daß nur der Staat fähig sein könne, einen Bereich zu garantieren, dessen Rahmen er zwar mit Regelungen abstecke, dessen Inneres aber auch vor Eingriffen von Seiten des Staates durch die Verfassung geschützt und damit wirklich frei sei. Außerdem hielt man Privathochschulen unter finanziellen Aspekten nicht für möglich. Also kam dem Staat die Aufgabe zu, ein funktionierendes Hochschulwesen mit eigenen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Auch das BVerfG schloß sich dieser Begründungstradition an und folgerte, daß aus Art. 5 Abs. 3 GG die staatliche Pflicht abgeleitet werden könne, daß der Staat die Wissenschaft nicht nur vor Eingriffen schützen, sondern sie auch fördern und in diesem Rahmen Einrichtungen bereithalten müsse . 235
Grundlegend zum Beziehungsgeflecht zwischen Staat und Gesellschaft, das letztlich eine vollkommene Auflösung ihrer Dichotomie unmöglich macht, Böckenförde, Staat, Gesellschaft, Freiheit, S. 185 ff. (192 ff.). 2 36 S. oben unter III. 1. 2 37 BVerfGE 35, 79 ff. (114 f.).
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Auch heute ist eine gewisse staatliche Verantwortung allein schon wegen des staatlichen Bedarfs an wissenschaftlichen Forschungsergebnissen sowie an gut ausgebildeten Akademikern nicht zu leugnen. Inzwischen aber machen einige geänderte Vorschriften deutlich, daß diese Allein Verantwortung jedenfalls an einigen Stellen aufgelöst werden soll oder bereits in eine geteilte Verantwortung aufgelöst worden ist. So wird es zunehmend nicht mehr als Selbstverständlichkeit angesehen, daß der Staat überall Universitäten und Hochschulen mit allen erdenklichen Fachbereichen bereithält, daß er allen Studierenden ein gebührenfreies Studium ermöglicht oder daß er in der Referendarzeit die gesamte Ausbildung auf Staatskosten durchführt. Vielmehr finden sich Ansätze, die Studierenden selbst oder die Wirtschaft in die (Finanzierungs-)Verantwortung einzubinden, indem zum Beispiel die Anwälte über die Rechtsanwaltskammern die für die juristische Referendarausbildung notwendigen Aufwendungen mittragen sollen oder sich die Studierenden über Studiengebühren zumindest in bestimmten Fällen an den Kosten des Hochschulsystems und so selbst an den Voraussetzungen beteiligen sollen, die für ihr Studium nötig sind. Der Besuch einer Hochschule dient den meisten Studierenden einer Berufsausbildung, die sie ohne das Studium nicht angehen könnten. Darüber hinaus wird der Studierende gebildet, er lernt nicht nur den fachlichen Stoff und das methodische wissenschaftliche Vorgehen, er wird auch mit vielen anderen Fach- und Denkrichtungen konfrontiert und durch das wissenschaftliche Studium jedenfalls im Idealfall - zu einem selbständigen und verantwortungsbewußten Menschen gebildet. Während in anderen Bereichen eine Aufgaben- und Verantwortungsverlagerung häufig durch Organisations- und Aufgabenprivatisierung, also durch die ausdrückliche Übertragung einer bisher durch staatliche Einrichtungen wahrgenommenen Aufgabe auf private Unternehmer, sichtbar wird, bleiben die staatlichen Hochschulen weiterhin mit demselben Aufgabenumfang bestehen. Neben den staatlichen entstehen aber vermehrt private Hochschulen, finden sich verschiedene Kooperationsmodelle zwischen staatlichen sowie privaten Hochschulen und Forschungseinrichtungen oder es werden privatrechtlich organisierte Institute durch Teile staatlicher Einrichtungen gegründet. Vielfach werden diese privaten Gründungen oder der Betrieb von Privathochschulen durch staatliche Finanzmittel oder anderweitig gefördert. Ähnlich wie in den Bereichen des Rundfunks und der Telekommunikation oder der Energiewirtschaft wird das Hochschulsystem durch das Hinzutreten privater Anbieter sowie zahlreicher Mischformen komplexer. Während jedoch in einigen Bereichen des Wirtschaftsverwaltungsrecht eine echte Privatisierung in dem Sinn zu beobachten ist, daß die Aufgabe vollständig auf Private übertragen wird und der Staat ähnlich wie im klassischen Privatrecht nur durch Vorschriften eine gesellschaftsschädliche Entwicklung zu verhindern sucht, bleibt der Staat im Wissenschaftsbereich nach wie vor ein wichtiger Akteur, denn nur er kann ein funktionierendes Hochschulsystem bereithalten. Fällt es bei einer überwiegend privatwirtschaftlichen Erfüllung einer ehemaligen Aufgabe der Daseinsvorsorge schwer, von staatlicher Verantwortung zu sprechen, ist die Verantwortung
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des Staates im Hochschulbereich hingegen auch bei vermehrtem privaten Engagements deutlich zu erkennen. Sichtbar wird der im Bereich der Hochschulen vollzogene und sich vollziehende Wandlungsprozeß vor allem auch durch die gesetzlichen Bestimmungen zur staatlichen Anerkennung von Privathochschulen. Abgesehen von den Ländern, die mittels einer zuvor benötigten staatlichen Genehmigung tatsächlich über privates Tätigwerden hoheitlich entscheiden, setzt die Regelung der staatlichen Anerkennung das Vorhandensein privater Hochschulen voraus. Das bedeutet, daß sich der Staat von vornherein bewußt ist, daß er den Aufgabenbereich Hochschule nicht vollständig allein abdeckt, er also zwar eine große, jedoch nicht die alleinige Verantwortung für diesen Bereich übernimmt 238 . Diese Verantwortungsteilung findet man vor allem in den Regelungswerken der neuen Bundesländer; die Hochschulgesetze der alten Bundesländer sind durchweg strikter, wohl auch, weil sie schon zu einer Zeit erlassen wurden, in der noch das Verständnis von einer Alleinverantwortung des Staates vorherrschend war. Bei den zur Zeit vorgenommenen Hochschulgesetznovellen werden zwar noch nicht die Regelungen zur staatlichen Anerkennung geändert, durch die vermehrte Zulassung privater Hochschulen in den letzen Jahren und vor allem durch die mitunter recht starke finanzielle Unterstützung der Privathochschulen wird aber deutlich, daß sich auch in den alten Bundesländern die Vorstellung verbreitet, daß einem modernen Staat nicht mehr in allen Bereichen die Alleinverantwortung zukommt, sondern daß sowohl der Staat als auch private Kräfte die Verantwortung für den Hochschulbereich gemeinsam zu übernehmen haben. Das heißt aber auch, daß eine rein staatliche Hochschullandschaft kaum mehr denkbar ist, sondern entsprechend einer geteilten Verantwortung auch hier private neben staatlichen Hochschulen die öffentliche Aufgabe erfüllen.
b) Die Verantwortung des Staates für Hochschulen und Wissenschaft im Rahmen des Konzepts der Verantwortungsstufung und Verantwortungsteilung Alle oben genannten Begründungskonzepte gehen von einer Allein- oder Letztverantwortung des Staates und von einer strikten Trennung zwischen Staat und privatem Sektor aus. Wie bereits dargestellt, hat sich aber - wie in vielen anderen Bereichen auch - die Rolle des Staates im Wissenschafts- und Hochschulbereich gewandelt. Die bisherigen Begründungskonzepte vermögen die unterschiedlichen Erscheinungsformen staatlichen, privaten und gesellschaftlichen Handelns nicht mehr ausreichend zu erklären. Das Verantwortungskonzept hinge238
Gramm, Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, S. 284, weist darauf hin, daß der Staat geistige Güter, zu denen auch das staatliche Hochschulwesen gehört, gar nicht vollständig allein herstellen kann.
§ 2 Die Verantwortung des Staates
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gen kann gerade im Wissenschafts- und Hochschulbereich das staatliche Tätigwerden bei einem Nebeneinander von staatlichem, privatem und gemischt privatstaatlichem Handeln durch die Begriffe der Verantwortungsstufung und der Verantwortungsteilung begründen. Voraussetzung für die Anwendung des Verantwortungskonzepts auf den Bereich der Hochschulen und der Wissenschaft ist zunächst einmal, daß aus der Verfassung Aufgabenbereiche und Anknüpfungspunkte hergeleitet werden können, die auf eine staatliche Verantwortung schließen lassen: Ausdrücklich weist Art. 75 Abs. 1 Nr. la GG dem Bund die Gesetzgebungsbefugnis für die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens zu. Ist der Bundesgesetzgeber für die allgemeinen Grundsätze, die Landesgesetzgeber für deren Ausfüllung zuständig, überträgt das Grundgesetz dem Staat die Verantwortung zur Regelung des Hochschulwesens. Art. 91a Abs. 1 GG spricht sogar ausdrücklich von den Aufgaben der Länder, zu denen nach Nr. 1 der Aus- und Neubau von Hochschulen gehört. Die Grundrechte in Grundgesetz und Landesverfassungen enthalten nicht nur subjektive Rechte auf Abwehr staatlicher Eingriffe, sondern sind Ausdruck einer objektiven Wertentscheidung in dem Sinn, daß die Verfassungen des Bundes und der Länder die entsprechenden Sach- und Lebensbereiche für besonders wichtig erachten. Mit der subjektiven Seite dieser grundlegenden Rechte korrespondiert insofern eine Pflicht des Staates, diese Bereiche zu schützen239. Die Schutzpflicht ist nicht nur Reflex der abwehrrechtlichen Dimension der Grundrechte, sondern folgt aus ihrer objektivrechtlichen Geltung. Für den Hochschulbereich kann man so einen Verfassungsauftrag zum Schutz der Wissenschaftsfreiheit, der Berufsausbildung und der Berufsausübung entnehmen. Aus Art. 12, Art. 3 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip folgt ein subjektives Recht auf gleichen und allgemeinen Hochschulzugang. Auch dieses Recht „geht den Staat an", d. h. er muß es schützen. Als wesentliches Strukturprinzip hat der Staat aus Art. 20 Abs. 2 GG auch die Demokratie zu schützen und zu fördern; zwar weniger im Sinne einer Grundrechtsfunktion, sondern aus der Überlegung, daß die Demokratie als einer der Grundpfeiler unseres Staatswesens erhalten bleiben und gefördert werden muß. Gut ausgebildete und gebildete Bürger sind wichtige Träger der Demokratie; daher soll nach § 7 HRG das Ziel des Studiums auch daran ausgerichtet sein, daß die Studierenden zu verantwortlichem Handeln in der Demokratie befähigt werden sollen. Schließlich hängt auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gesellschaft von einer funktionierenden Hochschulkultur ab. Findet man im GG nur diese allgemeinen Aussagen, so werden vielfach die Aussagen der Landesverfassungen konkreter: Hier heißt es häufig im Sinne einer Staatszielbestimmung, daß der Staat die Kultur, die Wissenschaft, die Hochschulen 239 Grimm, Wandel der Staatsaufgaben und Zukunft der Verfassung, in: ders. (Hrsg.), Staatsaufgaben, S. 613 ff. (636); ausführlich zur staatlichen Schutzpflicht im Bereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG s. unten Zweiter Teil, § 5 II., III.
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schützen und fördern soll 2 4 0 . Zum Teil ist auch ein Recht auf Bildung statuiert, aus dem eine staatliche Verpflichtung erwächst 241 . Aus diesen Vorschriften wird - auch ohne daß man ein überverfassungsrechtliches Kulturstaatskonzept bemühen müßte - deutlich, daß der Staat hinsichtlich des Hochschulbereichs eine große Verantwortung trägt. Dabei erkennt man, daß der Begriff der Verantwortung im Gegensatz zu den überkommenen Begründungskonzepten auch im Hochschulbereich mehr Raum läßt für neue Formen und Entwicklungen, weil er gerade nicht auf eine bestimmte organisationsrechtliche Folge festgelegt ist. Der Begriff der Verantwortung ist aber auch ein sehr weiter Begriff: Zunächst ist damit nur ausgesagt, daß der Hochschulbereich aus den Gründen, die die Verfassung nennt, für den Staat wichtig ist und ihm die Ziele der Wissenschafts-, der Berufs- und Ausbildungsfreiheit, des gleichen Hochschulzugangs usw. vorgeben sind. Der Staat ist insofern allgemein für den Wissenschafts- und Hochschulbereich verantwortlich 242 . Damit ist allerdings noch nichts über die Art und Weise der Aufgabenerfüllung ausgesagt, sondern nur, daß ihm ganz allgemein eine Verantwortung für den Wissenschafts- und Hochschulbereich zukommt. Diese Verantwortungsebene soll hier mit dem Begriff der Wissenschaftsverantwortung bezeichnet werden. Erst auf der nächsten Ebene kommt die Frage nach der Wahrnehmung dieser Aufgabenverantwortung in den Blick. Der Staat kann seine Aufgaben üblicherweise und auch im Hochschulbereich durch eigene Einrichtungen erfüllen oder sich zumindest an der Erfüllung beteiligen. Er kann andererseits die Aufgabe auch wahrnehmen, indem er durch Setzen von Regeln das Ziel vorgibt und vielleicht einzelne Wege verbietet, im übrigen aber dem Spiel der pluralistischen Kräfte freien Lauf läßt. Für die Wahrnehmung der Aufgabe durch Erfüllung mit eigenen Einrichtungen, also durch die staatlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen, soll im weiteren der oben eingeführte Begriff der Erfiillungsverantwortung, die Wahrnehmung durch Regelsetzung, Zielvorgabe und Förderung sowie auch durch bewußtes Heraushalten mit dem Begriff der Gewährleistungsverantwortung bezeichnet werden. Der Begriff der Wissenschaftsverantwortung - für die der Erfüllungs- und Gewährleistungsverantwortung vorgeschaltete Ebene - hat gegenüber den herkömmlichen Konzepten der Daseinsvorsorge, des Kulturstaatsprinzips oder des Subsidiaritätsprinzips den Vorteil, daß er zwar dasselbe Phänomen zu erklären versucht, dabei aber nicht sogleich die Aufgabenwahrnehmung einem Akteur zuweist und dabei zwischen privat und staatlich trennen muß, sondern - weil es im Rahmen des Verantwortungskonzepts nicht um die normative Zuordnung von Zuständigkeiten, sondern um die Beschreibung einer Situation geht - offen ist für ein (hinsichtlich 240 Z. B. Art. 140 Abs. 1 BayVerf; Art. 16 Abs. 3 Satz 1 MeVoVerf; Art. 18 Abs. 1 NWVerf; Art. 9 Abs. 1 SchlHVerf. 241 z. B. Art. 29 BrbgVerf; Art. 4 Abs. 1 NdsVerf. 242 Zur EinstandsVerantwortung als Basisgarantie Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, S. 156.
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der Zielerreichung grundsätzlich gleichberechtigtes) Neben- und Miteinander von staatlichem und privatem Engagement. Schließlich setzt der Begriff der Wissenschaftsverantwortung mit seinen Untergliederungen Erfüllungs- und Gewährleistungsverantwortung eine Einbeziehung des privaten Engagements - und damit auch die mögliche Verfolgung rein privater Ziele - voraus, ohne jedoch dieses Engagement durch eine normative Verpflichtung einfordern zu können. Der Staat muß im Rahmen seiner Erfüllungsverantwortung die Grundrechte der Individuen beachten, ebenso im Rahmen seiner Gewährleistungsverantwortung. Im Bereich der Gewährleistungsverantwortung wird die andere Qualität der staatlichen Verantwortung durch die (freiwillige) Übernahme privater und gesellschaftlicher Verantwortung gerechtfertigt. Hinzu kommt die Verpflichtung, die private Aufgabenerfüllung als grundsätzlich gleichberechtigt anzuerkennen. Die Aufgabenwahrnehmung im Rahmen der staatlichen Wissenschaftsverantwortung sowie die private Aufgabenwahrnehmung stehen nach diesen Überlegungen gleichberechtigt nebeneinander. In Anlehnung an das dem Rundfunkbereich zugrundeliegende Konzept 243 könnte man zur Beschreibung der Verantwortungsteilung im Hochschulwesen so von einem „Dualen Wissenschaft- und Hochschulsystem" sprechen. Damit ist aber noch nichts über die zulässige Reichweite der staatlichen Wissenschaftsverantwortung in ihren Untergruppen Erfüllungs- und Gewährleistungsverantwortung gesagt. Die wichtigste Grenze staatlicher Betätigung stellen die Grundrechte dar 2 4 4 . Im Rahmen der staatlichen Erfüllungsverantwortung, also in dem Bereich, in dem der Staat die Aufgaben des Hochschulbereichs durch eigene Einrichtungen erfüllt, sind vor allem Kollisionen mit der Wissenschaftsfreiheit der in den staatlichen Hochschulen beschäftigten Wissenschaftlern und mit den Rechten der Studierenden denkbar. Ein Eingriff in die grundrechtlich geschützte Sphäre der Privathochschulen durch die Wahrnehmung staatlicher Erfüllungsverantwortung wäre vorstellbar, wenn das Unterhalten der Hochschulen selbst schon unzulässige Konkurrenz für die Privathochschulen darstellte. Die Grenzziehung durch die Grundrechte der Privathochschule bzw. ihrer Träger wird in verstärktem Maße im Bereich der staatlichen Gewährleistungsverantwortung bedeutsam. Dort will der Staat durch gesetzliche Regeln und Kontrollmechanismen wie zum Beispiel Genehmigungen oder Erlaubnisse das seiner Wissenschaftsverantwortung korrespondierende Ziel erreichen. Hier sind die betreffenden Regelungen dann unmittelbar an der grundrechtlichen Stellung der Privathochschule zu messen. Im folgenden Kapitel soll daher, nachdem bisher die staatliche Wissenschaftsverantwortung im Vordergrund stand, der zweite Pfeiler eines Dualen Wissenschafts- und Hochschulsystems, also die private bzw. gesellschaftliche Verantwortung untersucht werden. 243 BVerfGE 87, 181 (199 f.). 244 Wahl, Staatsaufgaben im Verfassungsrecht, in: Ellwein / Hesse (Hrsg.), Staatswissenschaften: Vergessene Disziplin oder neue Herausforderung?, S. 29 ff. (36).
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§ 3 Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule Jedes staatliche Handeln muß sich an den Grundrechten messen lassen. Unterhält der Staat im Rahmen seiner Erfüllungsverantwortung eigene Hochschulen bzw. regelt er die Voraussetzungen und die Angelegenheiten der privaten Hochschulen im Rahmen seiner Gewährleistungsverantwortung, muß er dabei die grundrechtliche Stellung der Privathochschule und ihrer Träger und Mitglieder beachten. Eine verfassungsrechtliche Garantie der Privathochschule stellt somit eine Grenze der staatlichen Verantwortungswahrnehmung in dem Sinne dar, daß die Freiheit des Einzelnen nur mit verfassungsrechtlicher Rechtfertigung eingeschränkt werden darf. Private Hochschuleinrichtungen werden im Grundgesetz nicht ausdrücklich garantiert. Allerdings gilt auch für die wissenschaftlich tätigen Privathochschuldozenten gegenüber staatlichen Maßnahmen das aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG folgende Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit. Hinsichtlich der an einer Privathochschule Studierenden kommt ebenfalls die Wissenschaftsfreiheit, sofern man darunter auch eine Art Lernfreiheit fassen kann 245 , oder jedenfalls die Berufsausbildungsgarantie des Art. 12 Abs. 1 GG in Betracht. Problematisch hingegen ist, ob über Art. 19 Abs. 3 GG die Privathochschule selbst Grundrechtsträgerin sein kann und in welchen Schutzbereich sie einbezogen werden kann bzw. ob sich auch der Hochschulträger auf Grundrechte berufen kann.
I. Einschlägige Grundrechte Welches Grundrecht in seinem Schutzbereich auch die Privathochschule umfaßt, wird unterschiedlich beurteilt:
1. Die direkte oder analoge Anwendung der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG Auf der Suche nach einer verfassungsrechtlichen Verankerung der Privathochschule stößt man zunächst auf die ausdrückliche Garantie der Errichtung von Privatschulen in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG. Laut Art. 7 Abs. 1 GG steht zwar das ge245 So z. B. Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1999, Art. 5, Rdnr. 208; Denninger, in: Wassermann (Hrsg.), Grundgesetz, Alternativkommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 56 ff.; BVerfGE 5, 37 (67 f.). Andere halten Art. 5 Abs. 3 GG im Sinne einer Lernfreiheit grundsätzlich nicht für anwendbar, ein Recht der Studierenden folge nur aus Art. 12 Abs. 1 GG, so z. B. Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, 1996, Art. 5 III, Rdnr. 27; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 113 f.
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samte Schulwesen unter der Aufsicht des Staates246, mit der Institutionsgarantie der Privatschule wird jedoch verfassungsrechtlich die Durchbrechung des staatlichen Monopols im Schulwesen festgelegt. Die Privatschulgarantie enthält daher eine allgemeine Aussage darüber, daß neben der grundsätzlichen Zuständigkeit des Staates privates Engagement aus Sicht des Grundgesetzes nicht nur erlaubt, sondern institutionell garantiert ist. Art. 7 GG spricht zwar nur die Schule an, gleichwohl erscheinen die Regelungsbereiche Schule und Hochschule zumindest ähnlich: Beide ordnet man dem Bildungssektor zu, denn beide übernehmen zum großen Teil die Bildung und Ausbildung junger Menschen. Auch die Hochschulbildung gehört - wie oben gezeigt wurde 247 - zum Verantwortungsbereich des Staates, so daß der Staat zur Gewährleistung der Aufgabenerfüllung verpflichtet ist. Für den Bereich der Schulbildung kommt das öffentliche Interesse und die insofern begründete staatliche Verantwortung in Art. 7 Abs. 1 GG zum Ausdruck, der das gesamte Schulwesen unter staatliche Aufsicht stellt. Privatschulen und Privathochschulen werden also in einem von der staatlichen Verantwortung geprägten Bereich tätig 2 4 8 . Beide Institutionen sind so auch in ihrer Zielsetzung und Motivation vergleichbar, nach der sie eine Alternative zu den staatlichen Bildungseinrichtungen bieten wollen 249 . Dementsprechend wird vereinzelt vertreten 250 , daß der Begriff der Schule in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG weit zu verstehen sei und auch die Privathochschule erfasse. Begründet wird diese These mit einer Rückblende auf die Zeit Ende des 19. Jahrhunderts: Die Schule werde geprägt von der Vermittlung von Wissen und Methoden, also vom Unterricht. Auch die Hochschullehrer unterrichteten ihre Studenten in wissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden 251 . Anhand der Beratungen zu den Verfassungen Ende des 19. Jahrhunderts kann man feststellen, daß die Unterrichtsfreiheit als ein Ausfluß der Wissenschaftsfreiheit angesehen wurde. Das Recht, eine Unterrichtsanstalt zu gründen - und darunter faßte man auch die privaten Hochschulen - , sollte in der, insoweit spezielleren, Unterrichtsfreiheit verankert sein. Diese wurde - wie Heidtmann erarbeitet - lediglich aus redaktionellen Gründen nicht in einem Artikel mit der Wissenschaftsfreiheit zusammengefaßt 252. Histo246
Lecheler, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 7, Rdnr. 17, spricht von „Vollrecht des Staates über die Schule". 24 7 S. § 2 III 3 b. 24 8 Lorenz, Privathochschulfreiheit und Bundesrecht: WissR 20 (1987), S. 28. 249 Ebd. 250 Thieme, Privathochschulen in Deutschland, S. 19, führt als Begründung an, daß das Recht aus Art. 7 Abs. 4 GG auch das Recht einschließe, private Schulen zu gründen, die nach wissenschaftlichen Prinzipien lehren und deren Lehrer zugleich forschen. 251 Köttgen, Die Freiheit der Wissenschaft und die Selbstverwaltung der Universität, in: Neumann/Nipperdey/Scheuner, Die Grundrechte, S. 291 ff. (318). 252 § 154 der Frankfurter Reichsverfassung von 1849, Art. 19 bzw. Art. 22 der preußischen Verfassungen von 1848 bzw. 1850; ausführlich dazu Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit, S. 470 ff. Für das Grundgesetz allerdings findet man zwar in einem Antrag des Abgeordneten Seebohm (DP) zu Art. 7 GG den Vorschlag: „Privatschulen einschließlich privater Hoch- und Fachschulen sind zuzulassen." Dieser Satz wurde aber erstens nicht über-
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tisch könne man also begründen, daß die Privathochschulfreiheit ebenso von der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG umfaßt sei. Eine andere Ansicht 253 lehnt es zwar ab, den Schulbegriff auf die private Hochschule direkt anzuwenden, wegen der ähnlichen Motivation und Struktur von Privatschule und Privathochschule könne man die Garantie des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG aber für die Privathochschule entsprechend heranziehen. Einer direkten Anwendung der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG auf die Privathochschule widerspricht zunächst schon der Wortlaut: Hochschulen sind nach allgemeinem Sprachverständnis keine Schulen 254 . Die Schwierigkeit, Hochschulen dem Schulbegriff unterzuordnen, gründet auf den unübersehbaren Unterschieden in materieller Hinsicht: Die pflichtmäßig zu besuchende Schule ist darauf ausgerichtet, durch die Erziehung und Unterrichtung in einzelnen Fächern bestimmte vorgegebene Lernziele zu erreichen, die ein Mindestmaß an allgemeiner Bildung sicherstellen sollen. Für die Schulbildung charakteristisch ist das Lernen der gesellschaftlich geforderten Grundfähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen, gewisser von allen zu erreichender Grundkenntnisse in weiteren Fächern sowie das Erlernen der Grundregeln von sozialem Verhalten. Die Hochschule soll auf freiwilliger Basis mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und Methoden vertraut machen, die die Studierenden zu eigenem wissenschaftlichen Arbeiten, das wiederum die Grundlage für eine berufliche Tätigkeit bildet, und gleichzeitig zu einem eigenverantwortlichen Handeln in einem demokratischen Rechtsstaat befähigen 255. Mit der Schulbildung soll eine breite Grundlage geschaffen werden für eine spätere speziellere Ausbildung, mit ihr ist noch kein Beruf erlernt. Anders in der Hochschule: Auch hier geht es nicht nur um Berufsausbildung im engen Sinn, aber zumindest soll das Studium auch die Grundlage für einen Beruf bilden; diese Grundlage deckt in einigen Bereichen das gesamte berufsrelevante Wissen ab, in anderen Bereichen gibt es keinen fest umrissenen zum Studium komplementären Beruf, sondern die Hochschulbildung soll die Fähigkeiten vermitteln, die für eine spätere berufliche Tätigkeit gebraucht werden. Die unterschiedliche Zielsetzung der Bildung in Schule und Hochschule kommt daher auch in dem Gesetzesrecht zum Ausdruck 256 : So steht zum Beispiel der allgemeinen Schulpflicht 257 keine allgemeine nommen und zweitens bezieht sich die gesamte Diskussion zu Art. 7 GG auf die Erziehung von Kindern, so daß nicht davon ausgegangen werden kann, die Abgeordneten hätten damit immer auch die Privathochschulen gemeint, vgl. v. Doemming/Füsslein/Matz, Entstehungsgeschichte der Artikel des Grundgesetzes, JÖR NF Bd. 1, S. 112. 253 Süsterhenn, Zur staatskirchenrechtlichen Stellung kirchlicher Hochschulen: DVB1. 1961, S. 181 ff (186). 254 Karpen, Hochschulplanung und Grundgesetz, S. 519; Lee, Verfassungsrechtliche Grundprobleme des Privathochschulwesens, S. 31; Lorenz, Privathochschulfreiheit und Bundesrecht: WissR 20 (1987), S. 22 ff. (28 f.). 255 So z. B. § 7 HRG, § 38 BWUG, § 4 Abs. 1 BrbgHG. 2 56 Vgl. z. B. § 38 BWUG und § 1 Abs. 2 Satz 2 BWSchG, insb. § 8 Abs. 1 Satz 1 BWSchG: „Das Gymnasium vermittelt Schülern mit entsprechenden Begabungen und Bildungsabsichten eine breite und vertiefte Allgemeinbildung, die zur Studierfähigkeit führt."
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Hochschulpflicht gegenüber. Allerdings besteht die Gefahr, daß der Gesetzgeber mit den einfachgesetzlichen Definitionen der Begriffe Schule und Hochschule dafür sorgen kann, daß private Bildungseinrichtungen, die nicht auf den ersten Blick in die eine oder andere Kategorie passen, eher dem Hochschulbereich zugeordnet werden und so aus dem Schutz des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG herausfallen 258. Diese Gefahr ist aber vom Grundgesetz so gewollt: Dem Gesetzgeber kommt gem. Art. 30, 70 ff. GG auf dem Gebiet des Schulwesens eine allgemeine Organisationsgewalt zu, d. h. er kann nach sachgerechten Erwägungen die Grenzen zwischen Hochschulen und Schulen ziehen, wie er es für richtig hält 2 5 9 . Dementsprechend muß schon allein wegen des Wortlauts zwischen Schule und Hochschule getrennt werden. Es kann also nicht die verfassungsrechtliche Gewährleistung der einen auf die andere übertragen werden. Die Argumente einer historisch begründeten Zuordnung der Privathochschule zu Art. 7 Abs. 4 GG stützen sich vor allem darauf, daß bei Entstehung des Grundgesetzes in einem Antrag auch die Privathochschule mit einbezogen, hernach aber nur noch über Privatschulen und nicht mehr über private Hochschulen diskutiert wurde 260 . Wenn aber über die Wichtigkeit von privaten Schulen und über die Wichtigkeit einer guten Ausbildung der Kinder ausgiebig beraten wurde, wundert es, daß Privathochschulen in demselben Grundrechtsartikel mitgemeint sein sollen, wenn doch für staatliche Hochschulen nach allgemeiner Ansicht Art. 5 Abs. 3 GG unbestrittene Grundrechtsnorm ist. Jedenfalls kann man allein aus einem Nicht-mehr-Diskutieren über die Verankerung auch der Privathochschule in Art. 7 Abs. 4 GG nicht die tatsächliche Verankerung herauslesen. Dies entspricht der Tradition in der Zeit der Weimarer Republik: Zwar enthält Art. 10 Nr. 2 WRV die Gesetzgebungskompetenz für „das Schulwesen einschließlich des Hochschulwesens", Heidtmann legt indes dar, daß das Wort „einschließlich" in diesem Zusammenhang ein „sowie" bedeutet, weil das Hochschulwesen nicht ausdrücklich hätte genannt werden müssen, wenn es mit dem Begriff Schulwesen bereits erfaßt gewesen wäre 261 . Zudem weist er darauf hin, daß in den Art. 146 und 147 WRV offensichtlich und nach allgemeiner Ansicht der Schulbegriff nicht die Hochschulen einschließe262. Entsprechend der Rechtslage zur Zeit der Weimarer Republik war man sich bei den Beratungen zum Grundgesetz einig, daß das Hochschulwesen nicht unter den Begriff der Schule zu fassen sei. Es wurde allerdings in den Beratungen zum Grundgesetz zu Beginn über eine Zulassung von Privathochschulen in demselben Artikel wie Privatschulen diskutiert. Im Er257 z. B. in Art. 14 Abs. 1 BWVerf: „Es besteht allgemeine Schulpflicht." 258 Zu diesem Problem mußte das BVerfG in BVerfGE 37, 313 ff., Stellung nehmen, weil der Gesetzgeber die Fachoberschulen in Fachhochschulen umgewandelt hat; kritisch dazu Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 101, Rdnr. 85. 259 Lee, Verfassungsrechtliche Grundprobleme des Privathochschulwesens, S. 33. 260 Vgl. v. Doemming/Füßlein/Matz, JÖR NF 1 (1951), S. 112. 261 Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit, S. 207. 262 Ebd., S. 207: „ganz herrschende Literaturmeinung".
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
gebnis wurden jedoch nur Privatschulen aufgenommen, weil man im Rahmen des die Schule betreffenden Art. 7 GG dementsprechend nur eine Privatschulgarantie zur Verhinderung eines Staatsmonopols im Schulwesen festschreiben wollte 2 6 3 bzw. möglicherweise angesichts der mißlichen wirtschaftlichen Lage auch privates Engagement im Hochschulbereich unrealistisch erschien 264. Gegen die Anwendung des Art. 7 Abs. 4 GG auf Privathochschulen spricht auch ein systematisches Argument: Der Bereich der wissenschaftlichen Tätigkeit der Hochschullehrer, eventuell auch der Studierenden sowie der staatlichen Hochschulen selbst, ist der Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG zuzurechnen. Art. 7 GG deckt demgegenüber den Bereich der Schule ab; in diesem Zusammenhang werden in Art. 7 Abs. 4 GG dementsprechend nur die Privatschulen genannt. Es ist insofern nicht nachvollziehbar, warum eine Hochschule bei privater Trägerschaft dem Bereich des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG, im übrigen aber dem des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unterfallen soll. Der Schutzbereich eines Grundrechts wird zunächst sachlich definiert, d. h. es ist danach zu fragen, welches Verhalten durch das betreffende Grundrecht vor ungerechtfertigten staatlichen Eingriffen geschützt werden soll. Der persönliche Schutzbereich bezeichnet die Träger dieses Grundrechts, also die Geschützten. Da eine wesentliche Funktion der Grundrechte in der Abwehr staatlicher Maßnahmen gegenüber Privaten liegt, kann der persönliche Schutzbereich eines Grundrechts wohl nicht davon abhängen, ob es sich um eine private oder eine staatliche Tätigkeit handelt. Dagegen ist auf das Verhalten selbst abzustellen, also auf die Frage, zu welchem Grundrecht das fragliche Handeln sachlich paßt. Für Art. 7 Abs. 4 GG gilt daher der verfassungsrechtliche Schulbegriff, wie er auch in Art. 7 Abs. 1 GG vorausgesetzt wird 2 6 5 . Wenn aber allgemein anerkannt ist, daß Art. 5 Abs. 3 GG für den gesamten Bereich wissenschaftlicher Betätigung gelten soll, stellt sich lediglich die Frage, ob die verschiedenen Beteiligten einer privaten Hochschule oder sogar die Hochschule selbst den Grundrechtsschutz des Art. 5 Abs. 3 GG genießen. Man kann aber nicht, um dieser Frage auszuweichen, die Privathochschule, die sich möglicherweise inhaltlich kaum von einer staatlichen unterscheidet, von Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG erfaßt sehen, weil dort immerhin eine, aber eben eine sachlich andere Art privater Bildungseinrichtung ausdrücklich garantiert ist. Derselben Kritik sieht sich auch die Ansicht ausgesetzt, die eine analoge Anwendung des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG zu begründen versucht, denn auch diese verkennt, daß Art. 5 Abs. 3 GG das speziellere Grundrecht für wissenschaftliche Bil-
263 v. Doemming/Füßlein/Matz, JÖR NF 1 (1951), S. 112 f. Lediglich Art. 61 Abs. 1 HessVerf sowie Art. 30 RhPfVerf enthalten gemeinsame Bestimmungen für private Schulen und Hochschulen. 264 Heidtmann, Grundlagen der Privathochschulfreiheit, S. 209. 265 Gröschner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 7, Rdnr. 85; Robbers, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Das Bonner Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, 4. Aufl. 1999, Art. 7 Abs. 4, Rdnr. 180.
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dung und Ausbildung ist 2 6 6 . Die Ausführungen zeigen, daß die zwischen dem sekundären und tertiären Bildungsbereich bestehende strikte Trennung nicht aus (scheinbaren) Sachzwängen heraus durchbrochen werden kann 267 . Im Ergebnis muß man daher eine direkte oder analoge Anwendung der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG auf die Privathochschule ablehnen268.
2. Die Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG Vielfach wird daher vertreten, für eine verfassungsrechtliche Verankerung der Privathochschule komme nur die Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG in Betracht. Daß sich die einzelnen an einer privaten Hochschule tätigen Wissenschaftler gegenüber staatlichen Reglementierungen auf die Wissenschaftsfreiheit berufen können, steht außer Frage 269 . Problematisch ist jedoch, ob eine private Hochschule überhaupt in den Schutzbereich des speziellen Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit fällt und - sofern man diese Frage bejaht - inwieweit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG für die Hochschulgründer, die selbst nicht unbedingt Wissenschaftler sind, oder sogar für die Privathochschule als juristische Person selbst ein eigenes Recht enthält. Gegen eine Verankerung der Privathochschulfreiheit in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG wird vorgebracht, daß wegen des Fehlens einer der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG vergleichbaren Garantie von Hochschulen in freier Trägerschaft in Art. 5 Abs. 3 GG die Wissenschaftsfreiheit nur im Bereich der staatlichen Hochschulen gelte und daher keine Rechte für private Hochschulen aus dem Grundrecht folgen könnten. Dieser Argumentation steht allerdings schon die unterschiedliche Funktion der Art. 5 Abs. 3 und Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG entgegen: Art. 7 Abs. 1 GG stellt das gesamte Schulwesen unter die Aufsicht des Staates. Damit ist verfassungsrechtlich ausgedrückt, daß außerhalb staatlicher Vorgaben kein Schulwesen denkbar ist, grundsätzlich besteht also ein staatliches Schulmonopol. Um eine Ausnahme bzw. Durchbrechung dieses Grundsatzes zuzulassen, bedarf es daher ebenfalls einer Verfassungsvorschrift. Diese findet sich in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG, der 266 Gröschner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 7, Rdnr. 107; Schmitt-Kammler, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Rdnr. 7. 2 67 So auch Lorenz, Privathochschulfreiheit und Bundesrecht: WissR 20 (1987), S 22 ff. (29). 268 So auch BVerfGE 37, 314 (320); Gröschner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 7, Rdnr. 85; Robbers, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 7 Abs. 4, Rdnr. 180; Schmitt-Kammler, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 7, Rdnr. 61. 269 BVerfGE 35, 79 ff. (112): „ . . . steht jedem zu, der wissenschaftlich tätig ist oder tätig werden will"; Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5, Rdnr. 209; Wendt, in: v. Münch, Grundgesetz, Kommentar, 4. Aufl. 1992, Art. 5, Rdnr. 103.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
die Errichtung privater Schulen ausdrücklich garantiert. Zweck der Vorschrift ist es also, in einem grundsätzlich staatlichen Schulsystem ausdrücklich private Initiative zuzulassen. Im Hochschulbereich fehlt es an einer ähnlichen Vorschrift für Hochschulen in privater Trägerschaft. Der den Wissenschaftsbereich betreffende Art. 5 Abs. 3 GG spricht, anders als Art. 7 Abs. 1 GG, gerade kein staatliches Hochschulmonopol aus, sondern enthält den neutralen Satz „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei". Wie oben bereits dargelegt, kann dieser Vorschrift auch nach eingehenderer Untersuchung kein staatliches Hochschulmonopol entnommen werden. Es geht vielmehr um die Garantie, den gesamten Bereich der Wissenschaft vor staatlichen Eingriffen zu schützen. Wenn aber Art. 5 Abs. 3 GG im Hinblick auf ein staatliches Hochschulmonopol neutral bleibt, es sich also beim Hochschulwesen eben nicht um einen grundsätzlich staatlichen Aufgabenbereich handelt, bedarf es keiner der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG vergleichbaren Bestimmung für die private Hochschule. Der Bereich der Privathochschule wird daher - zumindest grundsätzlich - genauso wie der Bereich einer staatlichen Hochschule von der Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG umfaßt. Inwieweit allerdings der Privathochschulbereich durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützt ist, insbesondere also, ob in den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheitsgarantie Errichtung und Betrieb der Hochschule fallen und wer dabei grundrechtsberechtigt wird, hängt von dem Schutzbereich und Gewährleistungsumfang des Art 5 Abs. 3 Satz 1 GG ab 2 7 0 . Dies soll unter II. näher untersucht werden.
3. Die Berufsfreiheitsgarantie des Art. 12 Abs. 1 GG Für die Studierenden einer Privathochschule gilt genauso wie für Studierende an staatlichen Hochschulen die Berufsausbildungsfreiheit des Art. 12 GG 2 7 1 . Insofern bestehen keine Probleme. Auffällig ist jedoch, daß die Berufsfreiheitsgarantie als verfassungsrechtliche Verankerung des Rechts, Privathochschulen zu errichten und zu betreiben, in der Regel entweder gar nicht angesprochen oder aber mit dem kurzen Hinweis abgelehnt wird, das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG sei spezieller bzw. gewähre aufgrund der Vorbehaltslosigkeit des Grundrechts gegenüber Art. 12 Abs. 1 GG größeren Schutz. Die Berufsfreiheitsgarantie wird daher nicht weiter auf Aussagen im Hinblick auf die Privathochschulen untersucht. Das „Schattendasein" des Art. 12 GG in diesem Zusammenhang rührt wohl daher, daß die Berufsfreiheit im Rahmen der staatlichen Hochschulen in der Tat 270
Dazu sogleich unter II. 3. und 4. Ganz herrschende Meinung, vgl. Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, 16. Aufl. 2000, Rdnr. 819; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 12, Rdnr. 55; Manssen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 12 Abs. 1, Rdnr. 57. 271
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kaum Geltung erlangt. Um nicht den Tätigkeitsbereich des Hochschulgelehrten auseinanderzureißen, bezieht man die gesamte Tätigkeit des Wissenschaftlers, aber auch die Entscheidung, wissenschaftlich tätig zu werden und dafür den Beruf des Hochschullehrers zu ergreifen, in die Wissenschaftsfreiheitsgarantie ein 2 7 2 . Für die an staatlichen Hochschulen beschäftigten Wissenschaftler stellt Art. 5 Abs. 3 GG also das speziellere Grundrecht dar. Die staatliche Hochschule selbst bzw. ihr Träger, also der Staat, kann sich nach allgemeiner Grundrechtsdogmatik wegen des Konfusionsarguments grundsätzlich nicht auf die Grundrechte berufen. Daß den staatlichen Universitäten über Art. 19 Abs. 3 GG der Schutz des Art. 5 Abs. 3 GG zukommt, um zum Beispiel Eingriffe in ihr Selbstverwaltungsrecht abzuwehren, liegt an dem Gewährleistungsgehalt der Wissenschaftsfreiheit. Art. 12 Abs. 1 GG ist im Zusammenhang mit staatlichen Hochschulen daher grundsätzlich 273 ohne Belang. Privathochschulen finden sich in vielgestaltiger Form; es fällt sogar bisweilen schwer, zwischen wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Privathochschulen zu unterscheiden. Im Hinblick auf Privathochschulen gilt zwar auch, daß die spezifisch wissenschaftsbezogenen Fragen dem Schutz des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unterfallen. Es sind aber durchaus Fragen denkbar, die nicht in den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheit fallen, aber gleichwohl die Berufsfreiheit betreffen. Es ist also verkürzt, Art. 12 Abs. 1 GG schlichtweg nicht zu behandeln bzw. mit dem Hinweis abzutun, die Wissenschaftsfreiheit sei spezieller. Gerade in Fragen der Organisation, die nicht mehr zum Kernbereich der wissenschaftlichen Organisation gehören 274 und für die dann keine Überschneidungen mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bestehen, wird die Berufsfreiheitsgarantie wieder relevant 275 . Den Fällen, in denen das Verhalten beiden Grundrechten zugerechnet werden könnte, wird nur die Annahme einer Idealkonkurrenz gerecht, weil so die zum Teil unterschiedlichen Schutzziele ausreichend gewürdigt werden können 276 . Auf die einzelnen Probleme im Zusammenhang mit dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG wird unten 277 detaillierter einzugehen sein.
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Zum Gewährleistungsinhalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG s. II. Selbstverständlich müssen z. B. die Angestellten Verträge oder auch die Studienplatzvergabe (Stichwort numerus clausus) den Weitungen des Art. 12 Abs. 1 genügen. 274 Zu denken wäre hier z. B. an die Auswahl, Einstellung und Vertragsgestaltung von Personal und ähnliches. 27 5 Lorenz , in: Hailbronner (Hrsg.), Kommentar zum HRG, Stand: Dezember 2000, § 70, Rdnr. 8; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 115: Art. 12 Abs. 1 GG ist dann spezieller. 273
276 So auch Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 171; für Spezialität Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12 Abs. 1, Rdnr. 276. 277 S. unter III. 7*
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
4. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des Art. 7 Abs. 4 GG und den Prinzipien des Sozial- und des Kulturstaates Kann zwar die Errichtung von Privathochschulen nicht als von Art. 7 Abs. 4 GG umfaßt angesehen werden, so versucht eine weitere Ansicht, den Rechtsgedanken der Garantie privater Bildungseinrichtungen über Art. 2 Abs. 1 GG anwendbar zu machen 278 . Mangels eines speziellen Grundrechts soll die individuelle Rechtsposition durch Art. 2 Abs. 1 GG vermittelt werden. Allerdings werde durch diese abwehrrechtliche Garantie nicht das Privathochschulwesen als Institution gewährleistet; ein Bezug allein auf Art. 2 Abs. 1 GG sei daher nicht ausreichend. Der Staat müsse aber aus den Wertentscheidungen der Verfassung, insbesondere wegen des Subsidiaritätsprinzips, auch ein nichtstaatliches Hochschulwesen garantieren. Das Kulturstaatsprinzip enthalte die Verpflichtung des freiheitlich-toleranten Rechtsstaates zu Pluralität, die von verschiedenen Bildungseinrichtungen ausgehe. Der Staat dürfe sich also weder vollständig aus dem Bildungsbereich zurückziehen noch private Einrichtungen als unzulässig ablehnen oder deren Gründung und Betrieb erschweren. Gewissermaßen als Kehrseite dieser Verpflichtung stelle sich das Recht zur Errichtung einer nichtstaatlichen Bildungseinrichtung dar. Abgesehen davon, daß die Ausführungen zur Begründung eines subjektiven Rechts sehr vorsichtig gehalten sind und zum Beispiel der Begriff „Recht" gar nicht auftaucht, kann dieser Ansicht entgegengehalten werden, daß nach allgemeiner Verfassungsrechtsdogmatik aus den Staatsstrukturprinzipien und den Staatszielen in aller Regel gerade keine subjektiven Rechte abgeleitet werden können. Zudem erscheint es sehr konstruiert, aus dem Kulturstaatsprinzip, das dogmatisch keineswegs eindeutige Konturen aufweist, so etwas wie ein Grundrecht abzuleiten, das wegen der Fragen der Reichweite und Einschränkbarkeit relativ eindeutige Aussagen treffen muß. Diese Ansicht verkennt, daß es eines Rückgriffs auf diese Konstruktion gar nicht bedarf, denn mit Art. 5 Abs. 3 GG und Art. 12 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 GG können alle eine Privathochschule betreffenden Fragen erfaßt werden. Insbesondere Art. 5 Abs. 3 GG wird nach der hier vorgestellten Ansicht allein auf inhaltliche Fragen bezogen gesehen279. Ob das Grundrecht auch eine unabhängige Wissenschaftsorganisation garantiert, wird erst gar nicht thematisiert. Aber selbst wenn der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG oder des Art. 12 Abs. 1 GG nicht alle Problemfelder, Varianten oder Akteure der Privathochschule erfaßt, bleibt der Rückgriff auf die Garantie der Allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG. Im Rahmen der für dieses Grundrecht geltenden Schrankenregelung können dann unter Umständen auch Verfassungsprinzipien auf die Entscheidung einwirken. Doch auch in diesem Rahmen ist bei der Herleitung und An278 So wohl Karpen, Hochschulplanung und Grundgesetz, Bd. 2, S. 519 ff. 279 Ebd., S. 526.
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wendung von ungeschriebenen Prinzipien wie dem Kulturstaats- oder dem Subsidiaritätsprinzip Zurückhaltung geboten.
II. Die Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG und ihre Aussagen für die Privathochschule Es kommt also wesentlich auf die Reichweite und Gestaltung des Schutzbereichs der Wissenschaftsfreiheitsgarantie an. Damit stellt sich zunächst die Frage, was unter dem Begriff der Wissenschaft zu verstehen ist und ob bzw. welche Bereiche der Privathochschule dieser Umschreibung von dem Schutzbereich umfaßt werden.
1. Wissenschaftsbegriff Unter Wissenschaft versteht man nach der gängigen Definition des BVerfG „alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung von Wahrheit anzusehen ist" 2 8 0 . Obwohl sich dieser Satz in beinahe allen Kommentaren und Abhandlungen zur Wissenschaftsfreiheit findet, ist nach wie vor umstritten, ob sich der Begriff „Wissenschaft" überhaupt definieren läßt. So wird mit ähnlicher Formelhaftigkeit der Satz wiederholt, daß die Eigengesetzlichkeit wissenschaftlicher Prozesse und Verhaltensweisen beachtet werden müsse. Daher wird zum Teil gefordert, daß der Wissenschaftsbegriff - ähnlich den Versuchen beim Kunstbegriff 281 - weitgehend offen und Undefiniert bleiben müsse, es komme vielmehr auf das Eigenverständnis des „Systems Wissenschaft 282" an. Die Definition des BVerfG enthalte ohnehin kein taugliches Abgrenzungskriterium, denn was „ernsthaft" bedeute und wie nach „Inhalt und Form" abgegrenzt werden 280 BVerfGE 35, 79 (113); 47, 327 (367); diese Definiton wird in allen gängigen Kommentaren und Lehrbüchern übernommen, vgl. nur Denninger, in: Wassermann (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz (Reihe Alternativkommentare), Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 14; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. I, Art. 5 III, Rdnr. 20; Scholz, in: Maunz/ Dürig, GG Kommentar, Bd. I, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 91; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rdnr. 621. Zum Wissenschaftsbegriff ausführlich Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, 1994, S. 54 ff.; Losch, Wissenschaftsfreiheit, Wissenschaftsschranken, Wissenschaftsverantwortung, 1993, S. 104 ff. 281 Ausführlich zu den verschiedenen Kunstbegriffen bzw. Ansichten zur Definition von Kunst Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 275 ff.; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 5 III (Kunst), Rdnr. 17 ff. Grundlegend die Entscheidung zum Anachronistischen Zug: BVerfGE 67, 213 ff. (225 ff.). 282 Zum Begriff Blankenagel, Wissenschaftsfreiheit aus Sicht der Wissenschaftssoziologie: AöR 105 (1980), S 35 ff. (56 ff.).
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
solle, werde nicht erklärt 283 . Auch sei als „planmäßiger Versuch" möglicherweise sogar die „wissenschaftliche" Begründung der nationalsozialistischen Rassenideologie anzusehen, das Merkmal „planmäßig" könne also nicht weiterhelfen 284. Es bestehe zudem die Gefahr, daß der Staat durch das Abgrenzen zwischen wissenschaftlich und unwissenschaftlich zwischen „richtigen" und „falschen" Lehrmeinungen unterscheide, was aber die Wissenschaftsfreiheit gerade verhindern wolle 2 8 5 . Demnach könne Wissenschaft nicht von außen definiert werden, sondern entscheidend sei darauf abzustellen, wie das „System Wissenschaft" etwas als wissenschaftlich beurteilt. Wissenschaft werde so autonom bestimmt, und damit würden Gefahren vermieden, die ihr durch vermeintlich objektive Kriterien einer heteronomen Definition drohen 286 . Die Gegenansicht287 geht zwar auch davon aus, daß das, was wissenschaftlich ist, vor allem außerrechtlich bestimmt werden muß, allerdings folge aus der Eigengesetzlichkeit kein Verzicht auf eine „qualitative Definition". Im Gegenteil: Ein Definitionsverbot sei nicht auszumachen, vielmehr gelte ein Definitionsgebot. Denn der Staat kann die Grundrechte nur dann beachten und schützen, wenn ihr Schutzgegenstand klar ist; der Schutzbereich muß also schon für die konkrete Rechtsanwendung definiert werden 288 . Es sei an den Wissenschaftsbegriff des Art. 142 WRV anzuknüpfen, der nach Rudolph Smend das umfasse, was „als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist". Dabei sei maßgeblich auf die Kriterien der Planmäßigkeit, Sachbezogenheit und methodischen Reflexion abzustellen289. Richtigerweise wird man wohl einer vermittelnden Ansicht folgen, die zwar die Offenheit und Eigengesetzlichkeit des Wissenschaftsbegriffs betont und das Selbstverständnis als wichtigen Indikator bezeichnet, andererseits aber auch objektive Kriterien für notwendig erachtet, um den Schutzbereich für den Wissenschaftler selbst, für die Wissenschaftlergemeinschaft sowie für den zur Entscheidung berufenen Richter abgrenzen zu können 290 . Die Gefahr, zwischen „richtiger" und „fal283 Denninger, in: Wassermann (Hrsg.), Grundgesetz, Alternativkommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 14, führt als Beispiel die Astrologie an, die bis zum Mittelalter immer wieder als Wissenschaft ernst genommen wurde und heute nicht mehr als Wissenschaft angesehen werde. 28 4 Ebd. 28 5 Ebd., Rdnr. 15. So auch Knemeyer, Lehrfreiheit, 1969, S. 24. 286
Denninger, in: Wassermann (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar (Alternativkommentar), Art. 5 Abs. 3 Rdnr. 18; Blankenagel, Wissenschaftsfreiheit aus Sicht der Wissenschaftssoziologie: AöR 105 (1980), S. 35 ff. (56 ff.); Stein, Staatsrecht, 17. Aufl. 2000, S. 382; Knemeyer, Lehrfreiheit, S. 25. 287 Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 87 ff. 288 Für den Kunstbegriff Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III (Kunst), Rdnr. 17. 289 Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 91; ähnlich Wendt, in: v. Münch, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5, Rdnr. 100. 2 90 So z. B. Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III, Rdnr. 21 ff.; ähnlich Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, 1994, S. 71 ff.
§ 3 Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule
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scher" Wissenschaft zu unterscheiden, wird vermieden, wenn das Augenmerk auf das subjektive Ziel sowie auf die objektiv zu bestimmende Art und Weise des Vorgehens gerichtet wird. Das Ziel der Wissenschaft wird üblicherweise als die „Suche nach Wahrheit" bezeichnet291. Das Kriterium der Wahrheit ist insofern problematisch, als wiederum unklar ist, was genau dieser Begriff bedeutet. Man kann Wahrheit (noch) nicht beweisen, weil man erst danach sucht, so daß sehr nah an der Unterscheidung zwischen „wahr" und „unwahr" die zwischen „richtig" und „falsch" liegt. Dann enthält die Unterscheidung zwischen „Wahrheit" und „Unwahrheit" jedoch eine Wertung, die Art. 5 Abs. 3 GG gerade vermeiden will. Dieses Problem läßt sich hingegen abschwächen, wenn man von einem Kernelement des Wortes „Wissenschaft" ausgeht: vom „Wissen" 292 . Inhalt der Wissenschaft ist das Suchen und Gewinnen neuen Wissens, man könnte diesen Prozeß auch wertungsfrei als „sachorientierte Erkenntnis", als „rationale Bestätigung und Einordnung in ein größeres Ganzes" bezeichnen293. Dabei ist nicht ausgeschlossen, daß der Wissenschaftler bereits die Idee eines konkreten Ziels oder gar einer Lösung hat, diese aber in einer gleichwohl ergebnisoffenen Suche zu begründen versucht. Es kommt nur darauf an, daß der Wissenschaftler eine (objektiv wahre) Erkenntnis und nicht nur eine bestimmte „Wahrheit" oder Lösung gewinnen will. Allerdings ist problematisch, daß auch das Merkmal der Suche nach Wahrheit oder das der Suche nach Erkenntnis wiederum nicht objektiv und also im Zweifel durch den Richter bestimmt werden kann, sondern als subjektives Element immer einen Unsicherheitsfaktor darstellt 294 . Besonders wichtig erscheint daher die Beurteilung der Wissenschaftlichkeit nach ihrem objektiven Vorgehen, das man phänomenologisch anhand der benutzten Methode charakterisieren kann 295 . Als objektive Komponente ist bedeutsam, daß die Erkenntnis aktiv gesucht wird. Sie erfordert ein methodisch geordnetes Vorgehen, ein kritisches Auseinandersetzen, ein Reflektieren anderer Möglichkeiten und Ansichten 296 . Dabei ist ein Irrtum gleichwohl möglich, allerdings basiert ein Irrtum auf einem Denk- oder Meßfehler, der das Ergebnis, nicht aber die Methode beeinflußt. Wissenschaft meint also vor allem einen methodisch geordneten und an der Sache orientierten Vorgang , bei dem zwar in
291 BVerfGE 90, 1 (12); Ipsen, Staatsrecht I I (Grundrechte), 3. Aufl. 2000, Rdnr. 501. 292 So auch Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 323. 293 Ebd., Rdnr. 323; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III, Rdnr. 22; Knemeyer, Lehrfreiheit, S. 25 f. 294 Zur Problematik des Wahrheitsbegriffs s. Blankenagel, Wissenschaftsfreiheit aus Sicht der Wissenschaftssoziologie: AöR 105 (1980), S. 35 ff. (47 und FN 54). 295 Starck , in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Rdnr. 323. 296 Auch Denninger, in: Wassermann (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar (Alternativkommentar), Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 17, der für einen offenen Wissenschaftsbegriff plädiert und eine irgendwie geartete inhaltliche Bestimmung dem System Wissenschaft überlassen will, hält die Merkmale Irrtumsoffenheit, prinzipielle Transparenz, prinzipielle Kommunikationsbereitschaft, Folgenentlastung für Indizien im Sinne der Wissenschaftlichkeit.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
der Regel ein Ergebnis am Ende steht, dieses allein aber nicht den Begriff der Wissenschaft ausmacht. Geschützt sind nach dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 „Wissenschaft, Forschung und Lehre". Ursprünglich war man sich einig, daß durch den Zusatz „Forschung und Lehre" der Schutzbereich nicht erweitert werde, sondern als Oberbegriff die Wissenschaft fungiere, die den Vorgang der Erkenntnisgewinnung, also die Forschung, und den Vorgang der Erkenntnisvermittlung bzw. -Verbreitung, also die Lehre, mitumfasse 297. Teilweise wird aber auch vorgeschlagen, die Begriffe Forschung und Lehre mit einem eigenständigen Inhalt zu füllen und von anderen Tätigkeiten im Wissenschaftsbereich abzusetzen298. Eine andere Ansicht ging jedoch zwischenzeitlich davon aus, daß es sich bei der Garantie der Forschung und Lehre um ein Funktionsgrundrecht handele, das Forschung und Lehre als Grundrecht der Hochschullehrer an staatlichen Universitäten garantiere und sich von der für jedermann geltenden allgemeinen Garantie der Wissenschaftsfreiheit unterscheide299. Allerdings geht diese Ansicht davon aus, daß die Hochschullehrer als Beamte in einem besonderen Gewaltverhältnis stehen, in denen die Grundrechte grundsätzlich nicht gelten, und Art. 5 Abs. 3 GG insofern mit der ausdrücklichen Nennung von Forschung und Lehre eigenständigen Grundrechtsschutz für die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben gewähre. Die Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis ist allerdings inzwischen überholt. Wenn aber das Grundrecht kein unterschiedliches Schutzniveau für die verschiedenen Begriffe bereithält und nunmehr unbestritten die Wissenschaftsfreiheitsgarantie für staatlich beschäftigte Hochschullehrer gilt, gibt es keine weiteren Grund für die Annahme zweier Grundrechte der Wissenschaftsfreiheit.
2. Gewährleistungsumfang Früher wurden Forschung und Lehre quasi als Definition der Wissenschaft verstanden in dem Sinn, daß außer Forschung und Lehre keine Wissenschaft denkbar sei 3 0 0 . Damit war vor allem die universitäre Wissenschaft gemeint. Heute finden sich demgegenüber vielfältige Formen auch außeruniversitärer Wissenschaft, die als solche allgemein anerkannt sind, so daß diese Definition in ihrer Striktheit wohl 297 Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 103; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III, Rdnr. 20; Oppermann, Freiheit von Forschung und Lehre, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VI, Rdnr. 37; Dorf, Der Universitätsprofessor, S. 152. 298 Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und staatlicher Institutionalisierung, S. 110 ff. 299 Hailbronner, Die Freiheit der Forschung und Lehre als Funktionsgrundrecht, 1979, S. 73 ff. 300 So Köttgen, Die Freiheit der Wissenschaft und die Selbstverwaltung der Universität, in: Neumann /Nipperdey / Scheuner, Die Grundrechte, S. 291 ff. (296).
§ 3 Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule
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nicht mehr haltbar ist 3 0 1 . Allerdings wird durch die Formulierung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ein Zusammenhang zwischen Wissenschaft einerseits und Forschung und Lehre andererseits deutlich; Art. 5 Abs. 3 schützt daher nur die wissenschaftliche Forschung und die wissenschaftliche Lehre 302 . Forschung wird als „die geistige Tätigkeit mit dem Ziele, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen", Lehre als „wissenschaftlich fundierte Übermittlung der durch die Forschung gewonnenen Erkenntnisse" bezeichnet303. Daran anschließend stellt sich die Frage, ob Forschung und Lehre nur in einem verbundenen Sinne kennzeichnend sind für die Wissenschaft, so daß sich jemand, der nur forscht oder nur lehrt, nicht auf die Wissenschaftsfreiheit berufen könnte. Forschung, die nach einer Erkenntnis sucht und dabei planmäßig und methodisch vorgeht, kommt in der Regel nur dann weiter, wenn während des Forschungsprozesses ein Austausch mit anderen Wissenschaftlern, eine Kommunikation über Wege und Ergebnisse stattfindet. Auch die kommunikative Wissenschaft ist also geschützt. Es wird bisweilen lapidar vertreten, ein bloßer Forschungsprofessor sei unter verfassungrechtlichen Gesichtspunkten nicht bedenklich 304 . Begreift man hingegen den Begriff Lehre als Vermittlung von Forschung, als Darstellung der eigenen Arbeit oder Diskussion über die eigene Forschung 305 oder argumentiert man, daß die Forschung nur auf der Basis des durch Lehre erlernten Wissens aufbauen kann 306 , so wird auch für die wissenschaftliche Forschung ein Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Lehre sichtbar. Hinsichtlich der Lehre ist allerdings problematisch, ob wissenschaftliche Lehre nicht nur die sein kann, die aus der Forschung fließt. Streng genommen hieße das, daß nur die Lehre der eigenen Forschung von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG erfaßt wäre. Allerdings gehört zu einer wissenschaftlichen Lehre im Sinne des oben Herausgearbeiteten auch die Auseinandersetzung mit anderen Ansichten, also mindestens mit anderen Forschungsergebnissen und -ansätzen. Auch ist im Rahmen des Wissenschaftsbegriffs eine Lehre denkbar, die, ohne auf eine eigene Forschung in diesem Gebiet zurückgreifen zu können, andere Forschungsergebnisse vermittelt und sich dabei kritisch mit ihnen auseinandersetzt307. Dadurch versetzt sie die Lernen301
Vgl. Bankenagel, Wissenschaftsfreiheit aus Sicht der Wissenschaftssoziologie: AöR 105 (1980), S. 35 ff. (53 f.). 302 Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 328. 3 3 BVerfGE 35, 79 ff. (113). 304
Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art 5 Abs. 3, Rdnr. 339. 305 Man denke nur daran, daß die Forschungsergebnisse auch deshalb veröffentlicht werden, um einen Diskurs anzuregen bzw. schlicht um Informationen zu vermitteln, die vielleicht wiederum für spätere Forschungen notwendig oder zumindest förderlich sind. 506 So Stein, Staatsrecht, S. 383. 307 Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 328.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
den in eine Lage, in der sie wissenschaftlich mitdiskutieren und so auch dem Lehrenden möglicherweise wieder Anstöße geben können. Danach wäre also auch die Lehre ohne direkte eigene Forschung durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützt. Allerdings muß diese Lehre den Kriterien der Wissenschaftlichkeit genügen. Nicht von Art. 5 Abs. 3 GG umfaßt ist die bloße Wissensvermittlung, also jedenfalls nicht die Vermittlung einer Sicht der Dinge in der Schule; wissenschaftliche Lehre kommt also nicht ohne einen unmittelbaren Bezug zur Forschung aus, sondern muß aus ihr „fließen", d. h. daß zumindest in derselben Fachrichtung geforscht wird 3 0 8 . Im Ergebnis ist ein irgendwie gearteter Bezug zwischen wissenschaftlicher Forschung und Lehre ausreichend, sofern insbesondere die Merkmale der Ergebnisoffenheit und der wissenschaftlichen Methode erfüllt sind. Ausgehend von dem sowohl dem Bereich der Forschung als auch dem der Lehre innewohnenden Element der Kommunikation, des Austauschs und der Zusammenarbeit erscheinen auch gewisse Phasen der Vorbereitung als durch die Wissenschaftsfreiheit schützenswert. Die Vorbereitung selbst kann zwar nicht als eigentlich wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne der obigen Merkmale bezeichnet werden, sie stellt aber ein notwendiges Mittel für wissenschaftliche Forschung oder Lehre dar, zumal auch eine Vorbereitungshandlung bereits den Anfang der die Wissenschaftlichkeit ausmachenden Methode bilden kann. Dazu gehören zum Beispiel die Bestimmung des Forschungsgegenstandes oder das Thema einer Vorlesung, die Auswahl der Methode und der Materialien, mit deren Hilfe geforscht oder gelehrt werden soll, das Ausfindigmachen geeigneter Räumlichkeiten für Diskussionsforen oder Lehrveranstaltungen sowie das Ansprechen anderer Wissenschaftler, um ein Forschungsteam zu bilden 309 . Alle diese Tätigkeiten reichen in einen Bereich hinein, den man mit Organisation der Wissenschaft beschreiben kann. Diesem Bereich sind allerdings noch andere Tätigkeiten zugeordnet, die nicht mehr unmittelbar mit der wissenschaftlichen Tätigkeit als solcher zusammenhängen. Aber auch das Beschaffen von Materialien, mit deren Hilfe geforscht bzw. gelehrt werden soll, das Abrechnen von Honoraren, die Miete für Räumlichkeiten usw. hat einen wenngleich mittelbaren - Bezug zur Wissenschaft. Da weder ein verfassungsrechtliches Gebot zur möglichst weiten Bestimmung des Schutzbereichs (in dubio pro libertate) noch ein solches zur möglichst engen Grenzziehung des grundrechtlichen Gewährleistungsumfangs herzuleiten ist 3 1 0 , erscheint es auch angesichts der Vor-
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Ähnlich Karpen, Hochschulplanung und Grundgesetz, S. 537. Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 110 f.; Dorf, Der Universitätsprofessor, S. 160; Oppermann, Freiheit der Forschung und Lehre, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VI, § 145, Rdnr. 39: „freie Wahl von Gegenstand, Form, Methode, Inhalt, Zeit und Ort der Lehre" gehöre zum „Kernbestand". 310 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rdnr. 230. Für ein weites Schutzbereichsverständnis Denninger, in: Wassermann (Hrsg.), Alternativkommentar, vor Art. 1, Rdnr. 13, kritisch gegenüber einer Tendenz zur Ausweitung der Grundrechtstatbestände 309
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behaltslosigkeit des Grundrechts als zweckmäßig, nur diejenigen Verhaltensweisen Art. 5 Abs. 3 GG zuzuordnen, die selbst wissenschaftliche Tätigkeiten sind oder zumindest in einem unmittelbaren Zusammenhang mit diesen stehen. Fehlt der enge und unmittelbare Bezug zur Wissenschaft, bleiben als relevante Garantien Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG. Schließlich gehört zur Wissenschaft auch das Diskutieren mit anderen oder die Zusammenarbeit an einem Projekt. Sofern sich Wissenschaftler zum gemeinsamen Betreiben von Wissenschaft oder zur Ermöglichung und Förderung wissenschaftlichen Arbeitens zusammenschließen, erstreckt sich der grundrechtliche Schutz auch auf die Gründung und Durchführung solcher Gemeinschaften 311. In diesem Zusammenhang wird in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG eine institutionelle Garantie der staatlichen Universität als öffentlich-rechtlichem Organisationsverhältnis für die Wissenschaft gesehen312. Allerdings wird nicht eine bestimmte Organisationsform, insbesondere nicht das Strukturmodell der deutschen Universität, geschützt, sondern die institutionelle Dimension dient allein der organisatorischen Sicherung des individuellen Freiheitsrechts. Auch die Organisation von Wissenschaft wird also - soweit sie einen unmittelbaren Bezug zur wissenschaftlichen Tätigkeit hat bzw. erst die Möglichkeit einer solchen eröffnet - von dem Wissenschaftsbegriff des Art. 5 Abs. 3 GG mitumfaßt.
3. Gewährleistungsgehalt im Hinblick auf Errichtung und Betrieb einer Privathochschule Ohne näher auf die von Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Verhaltensweisen im allgemeinen eingehen zu wollen 313 , sei im folgenden der Blick wieder auf die Privathochschulen beschränkt.
v. Münch, in: ders., Grundgesetz, Kommentar, Vorb. Art. 1-19, Rdnr. 6,10, 51; Ipsen, Staatsrecht I I (Grundrechte), Rdnr. 121. 311 Reich, Hochschulrahmengesetz, 7. Aufl. 2000, § 70, Rdnr. 1. 312 Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 131 ff.; Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5, Rdnr. 202 f.; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III (Wissenschaft), Rdnr. 17; Oppermann, Freiheit von Forschung und Lehre, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VI, § 145, Rdnr. 18; Stein, Staatsrecht, S. 383; Dorf, Der Universitätsprofessor, S. 156 ff. Kritisch gegenüber einer institutionellen Garantie Blankenagel, Wissenschaftsfreiheit aus Sicht der Wissenschaftssoziologie: AöR 105 (1980), S. 35 ff. (42 ff.). Offen gelassen in: BVerfGE 35, 79 ff. (116 ff.). 313 Dies würde den Rahmen der Arbeit überschreiten, die nicht allgemein zur Wissenschaftsfreiheit Stellung nehmen, sondern ihre Aussagen für die Privathochschule untersuchen will; allgemein zum Gewährleistungsumfang der Wissenschaftsfreiheit vgl. z. B. Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Kommentar, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 92 ff.; in Bezug auf verfassungsrechtliche Einzelfragen Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III, Rdnr. 37 ff.;
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
Selbstverständlich können sich die an einer Privathochschule tätigen Wissenschaftler gegenüber staatlichen Maßnahmen auf Art. 5 Abs. 3 GG berufen 314 . Umstritten und problematisch ist hinsichtlich des Privathochschulbereichs vor allem, ob sowohl die Errichtung als auch der Betrieb einer privaten Hochschule Art. 5 Abs. 3 GG unterfallen kann, und ob auch dem Gründer oder Träger der Privathochschule bzw. der Hochschule selbst Grundrechtsschutz zukommt 315 . Üblicherweise wird bei der Frage der Grundrechtsgeltung zwischen Errichtung und Betrieb einer Privathochschule unterschieden. Das hat vor allem seine Ursache in der Tatsache, daß in dem Bereich des staatlichen Hochschulwesens allein Regelungen in das durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Recht der Universitäten eingreifen können, die den Betrieb betreffen. Denn die Unterscheidung zwischen Gründung und Betrieb wird bei der Frage der Grundrechtsgeltung des Art. 5 GG für staatliche Universitäten schon deshalb nicht relevant, weil juristische Personen des öffentlichen Rechts sich nur auf Grundrechte berufen können, soweit ihnen ein eigenständiges Recht gegenüber dem Staat eingeräumt ist, hier also das akademische Selbstverwaltungsrecht. Die staatliche Universität ist im Rahmen der ihr von der Rechtsordnung übertragenen Aufgaben unmittelbar einem grundrechtlich geschützten Lebensbereich zugeordnet und steht daher in diesem Bereich staatlichen Maßnahmen ähnlich wie natürliche Personen gegenüber 316; gegen Verletzungen des akademischen Selbstverwaltungsrecht kann sie sich daher mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG wehren. Hingegen steht dem Träger der staatlichen Hochschule schon deshalb kein Recht auf ihre Errichtung aus den Grundrechten zu, weil diese durch einen staatlichen Errichtungsakt gegründet wird, der Staat als Grundrechtsverpflichteter sich aber nicht gleichzeitig für den staatlichen Errichtungsakt auf Grundrechte berufen kann (Konfusionsargument). Unproblematisch ist insofern der Betrieb einer Privathochschule: Durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützt ist auch die organisierte wissenschaftliche Betätigung. Sofern in wissenschaftlicher Weise im Rahmen einer Privathochschule geforscht und gelehrt und nicht nur schulmäßig Wissen durch Dozenten oder Dozentinnen vermittelt wird, die nicht selbst forschen, ist der Betrieb einer Privathochschule vom Schutz durch Art. 5 Abs. 3 GG umfaßt 317 . Denninger, in: Wassermann (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 20 ff.; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 331 ff. 314 Allgemein zur Grundrechtsträgerschaft: BVerfGE 35, 79 ff. (112); Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 367; Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5, Rdnr. 209; Wendt, in: v. Münch, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5, Rdnr. 103. 315 Dazu sogleich unter 4. 316 BVerfGE 15, 256 (262); 59, 231 (254); 75, 192 (196). 317 Thieme, Privathochschulen in Deutschland - Chancen für die Zukunft?, S. 19; Lorenz, Privathochschulen, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 1163 f.; ders., in: Hailbronner (Hrsg.), Kommentar zum HRG, § 70, Rdnr. 7.
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Bei der Privathochschule hingegen steht dem Staat auch bei der Errichtung ein Privatrechtssubjekt gegenüber, es stellt sich also die Frage, ob auch die Errichtung einer wissenschaftlichen Einrichtung bzw. einer Privathochschule von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG umfaßt ist. Dabei wird darauf hingewiesen, daß Art. 5 Abs. 3 GG gerade nicht eine bestimmte Organisationsform, also weder das „überlieferte Strukturmodell der deutschen Universität" noch irgendeine andere Form garantiere 318; so enthalte das Grundrecht einerseits eine Absage an ein Staatsmonopol, garantiere aber genauso wenig eine private Organisation 319. Die Unterscheidung zwischen der Geltung des Art. 5 Abs. 3 GG für den Betrieb und nicht die Errichtung einer Privathochschule werde auch gestützt von einem Vergleich mit der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 GG: Diese wolle in einem staatlichen Schulsystem ausdrücklich die Privatschule garantieren, wohingegen der Wissenschaftsbegriff Wertfreiheit, die durch private Hochschulen nicht konterkariert werden dürfe, und Pluralität beinhalte, die gerade nicht durch die Garantie der Institution Privathochschule geschützt werden müsse . Allerdings wurde oben herausgearbeitet, daß im Rahmen staatlicher Verantwortlichkeit für den Hochschulbereich auch staatliche Hochschulen institutionell durch Art. 5 Abs. 3 GG garantiert sind - ohne Vorschrift einer konkreten Organisationsform und nicht in ihrer hergebrachten traditionellen Gestalt 322 . Dann wird aber mit einer von der Wissenschaftsfreiheit getragenen Garantie, eine private Hochschule zu gründen, die Pluralität des Hochschulwesens überhaupt erst gewährleistet. Sofern der Betrieb einer Privathochschule der Wissenschaftsfreiheitsgarantie unterfällt, also Art. 5 Abs. 3 GG als offen für Privathochschulen angesehen wird, ist zudem nicht einsichtig, warum die Errichtung, also der Akt, der eine Betriebsgarantie überhaupt erst ermöglicht, nicht demselben Grundrecht zugeordnet werden soll. Diese Argumentation wird dahingehend kritisiert, daß dann Art. 5 Abs. 3 GG hinsichtlich der Errichtung von Hochschulen übermäßig ausgedehnt werde und dadurch für private Hochschulen einen anderen Gewährleistungsumfang beinhalte als für staatliche Universitäten 323. Die Kritik geht jedoch von dem Grundrechtsge318 BVerfGE 35, 79 ff. (116); s. auch oben unter 2. 319 Lorenz, Privathochschulfreiheit und Bundesrecht: WissR 20 (1987), S. 22 ff. (35), der annimmt, daß die Ordnung des Hochschulwesens im ganzen einer gesetzgeberischen Gestaltungsentscheidung unterliege, die nicht durch Art. 5 Abs. 3 GG „im Sinne der Zulassung ggf. alternativer privater Gestaltungsformen beschränkt" sei; s. auch ders., Privathochschulen, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 1157 ff. (1164). 320 Lorenz, Privathochschulfreiheit und Bundesrecht: WissR 20 (1987), S. 22 ff. (36). 321 S. unter 2. 322 Zur Tendenz der institutionellen Grundrechtstheorie, vorhandene Besitzstände oder entstandene einfachgesetzliche Regelungen als sachgegeben und sachnotwendig und damit unantastbar zu institutionalisieren vgl. Böckenförde, Grundrechtstheorie und Grundrechtsinterpretation: NJW 1974, S. 1529 ff. (1533); für das Grundrecht der Rundfunkfreiheit Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, 1993, S. 62. 323 Avenarius , Wissenschaftsfreiheit als Gewährleistung der Privathochschulfreiheit?: RdJB 1985, S. 11 ff. (13).
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halt aus, wie er für staatliche Universitäten herausgearbeitet wurde. Die Funktion des Grundrechts ist aber zunächst die eines individuellen Abwehrrechts, d. h. zunächst muß der Grundrechtsgehalt danach bestimmt werden, welches individuelle Verhalten geschützt werden soll 3 2 4 . Erst in einem zweiten Schritt darf danach gefragt werden, ob das Grundrecht seinem Wesen nach auch für juristische Personen und also auch für die Universität anwendbar ist. Nur weil historisch bedingt die staatliche Universität lange vor der privaten Universität auftauchte, darf diese logische Folge nicht umgekehrt werden; die Perspektive wäre sonst nicht mehr vom subjektiven Recht, sondern der staatlich ausgeformten Institution bestimmt 325 . Wenn also die Errichtung einer staatlichen Universität aus Konfusionsgründen nicht auf Art. 5 Abs. 3 GG gestützt werden kann, folgt allein aus diesem Grund, daß eben der Staat hinter der Universität steht, für diese ein anderer Gehalt des Art. 5 Abs. 3 GG. Die Reichweite des Grundrechts für private Einrichtungen wird davon jedenfalls nicht berührt. Zudem könnte man argumentieren, daß, nachdem der Betrieb einer Privathochschule in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG fällt, dieser Betrieb nur dann wirksam geschützt werden kann, wenn die Voraussetzungen für den Betrieb, also die Errichtung, ebenfalls vom Schutz umfaßt sind. An dieser Stelle bietet sich ein Blick auf die ähnlich gelagerten Konstellationen zweier anderer durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleisteter Grundrechte an: Die Gründung von Presseunternehmen wird allgemein dem Grundrechtsschutz der Pressefreiheit zugerechnet 326. Die Errichtung von Rundfunkunternehmen hingegen fällt nach einer Ansicht nicht in den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit 327, allerdings finden sich auch hier Stimmen, die eine unterschiedliche Behandlung gegenüber privaten Presseunternehmen als nicht gerechtfertigt ansehen328. Begründet wird der Schutz bereits der Errichtung 324 So auch Löwen Vom Beruf des Staates zur Wissenschaft: WissR 32 (1999), S. 250 ff. (251 f.). 325 Auf diese Gefahr weist im allgemeinen auch Ipsen, Staatsrecht II (Grundrechte), Rdnr. 88, hin. 326 BVerfGE 20, 162 ff. (175 f.); Herzog, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. I, II, Rdnr. 141; Starck, in: v. Mangoldt / Klein / ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 62; Wendt, in: v. Münch, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5, Rdnr. 33. 327 Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5, Rdnr. 102; Ricker/Schiwy, Rundfunkverfassungsrecht, 1997, Rdnr. 136: Grundrechtsträger aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG „ab dem Zeitpunkt ihrer Lizenzierung". Das BVerfG hat diese Frage in BVerfGE 57, 295 ff. (318 ff.), offengelassen, in BVerfGE 87, 181 ff. (197 f.), aber klargestellt, daß es die Rundfunkfreiheit als ein Grundrecht ansieht, das dem Einzelnen nicht „zum Zweck der Persönlichkeitsentfaltung oder Interessenverfolgung eingeräumt ist". Gegen die Zulassung privater kommerzieller Rundfunkanbieter wegen der verfassungsrechtlichen öffentlichen Verantwortung bereits Groß, Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen einer Privatisierung des Rundfunks: DVB1. 1980, S. 933 ff. (939). 328 So z. B. Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 I, II, Rdnr. 80. Ausdrücklich für private Rundfunkveranstaltungsfreiheit: Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 1, 2, Rdnr. 106.
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in beiden Fällen damit, daß das Grundrecht alle Tätigkeiten schütze, die zur pressespezifischen Verbreitung gehören bzw. mit der Veranstaltung von Rundfunk zusammenhängen. Entsprechend den Ausführungen zum Wissenschaftsbegriff und dem allgemeinen Gewährleistungsumfang müßte also die Errichtung einer Privathochschule einen unmittelbaren Bezug zu den wissenschaftlichen Tätigkeiten der Hochschulmitglieder aufweisen. Der Gründungsakt selbst ist kein wissenschaftliches Verhalten, auch der Bau oder die Anmietung von Gebäuden oder der Aufbau einer Hochschulverwaltung enthält keine wissenschaftlichen Aspekte. Andererseits gehört zur Errichtung einer Hochschule auch das Ausarbeiten eines Konzeptes und einer inneren Struktur der zukünftigen Einrichtung. So müssen Schwerpunkte für das Fächerangebot gesetzt und Pläne für eine inhaltliche Gestaltung des Studiums entworfen werden. Der Aufbau einer Privathochschule vollzieht sich also durchaus in einem Bereich, der mit der späteren wissenschaftlichen Tätigkeit unmittelbar verknüpft ist. Wie bei der Gründung eines Presse- oder Rundfunkunternehmens ist auch die Errichtung einer Privathochschule notwendige Voraussetzung für deren Betrieb. Die Gründung einer Privathochschule kann in diesem Sinn wissenschaftliche Betätigung überhaupt erst ermöglichen. Ohne einen adäquaten Schutz der Privathochschulgründung liefe die Betriebsgarantie daher leer. Art. 5 Abs. 3 GG umfaßt also auch die Gründung und Errichtung von privaten wissenschaftlichen Hochschulen329.
4. Grundrechtsträger Durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG wird zunächst jedermann, also der einzelne Wissenschaftler geschützt. Die Wissenschaftsfreiheitsgarantie ist somit zunächst Individualgrundrecht 330. Ursprünglich stellte den Phänotyp des Wissenschaftlers derje329 So auch Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III, Rdnr. 37; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 147; Oppermann, Freiheit von Forschung und Lehre, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VI, § 145, Rdnr. 35; Hopfe, in: Linck/Jutzi/Hopfe, Die Verfassung des Freistaates Thüringen, Kommentar, 1994, Art. 28, Rdnr. 14; a.A. Daliinger, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 5, der sich jedoch nicht weiter damit auseinandersetzt und auf die Gewährleistung in einigen Landesverfassungen verweist; Baldus, Rechtsstellung und Aufgaben nichtstaatlicher Fachhochschulen: WissR 30 (1997), S. 1 ff. (3), der aber betont, daß das Recht des Hochschulträgers aus Art. 12 GG zu beachten sein. Anders Thieme, Privathochschulen in Deutschland - Chancen für die Zukunft, S. 19, der zu der Frage, ob Art. 5 Abs. 3 GG auch für die Errichtung gilt, gar nicht Stellung nimmt, sondern Art. 7 Abs. 4 GG das Recht entnimmt, auch Schulen zu gründen, die nach wissenschaftlichen Prinzipien lehren und deren Lehrer zumindest in gewissem Maße forschen. Diese „Hoch-schulen" seien genehmigungsfrei. 33 0 Oppermann, Freiheit von Forschung und Lehre, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VI, § 145, Rdnr. 17; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 82; Dorf, Der Universitätsprofessor, S. 153 ff. Das war allerdings lange umstritten bzw.
112
1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
nige dar, der in „Einsamkeit und Freiheit" der Suche nach Wahrheit nachging 331 . Heute sind Wissenschaftler vielfach als Hochschullehrer oder als Auftragsforscher in andere Institutionen eingebunden. Das Postulat von Einsamkeit und Freiheit beschreibt die heutige Situation nicht mehr angemessen332, sondern wird ergänzt durch vielfältige Kommunikation und Zusammenarbeit der Wissenschaftler untereinander, die heute ebenfalls Wesensmerkmal der Wissenschaft ist.
a) Grundrechtsträgerschaft
der Hochschule
Sofern der Privathochschule selbst Rechtspersönlichkeit zukommt 333 , stellt sich die Frage, ob diese unmittelbar aus Art. 5 Abs. 3 GG oder vermittelt über Art. 19 Abs. 3 GG Grundrechtsträgerin sein kann. Die Grundrechtsträgerschaft der Universitäten wurde vom BVerfG mehrmals bejaht 334 . Vereinzelt wurde sogar direkt aus Art. 5 Abs. 3 GG eine Grundrechtsträgerschaft der Universität abgeleitet („Grundrecht der deutschen Universität"), denn das Organisieren und Bereitstellen der Infrastruktur für mehrere Wissenschaftler und Studenten sei Voraussetzung für bestimmte wissenschaftliche Tätigkeiten und müsse daher auch von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützt werden 335 . Zudem lege die neutrale Formulierung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG eine solche Auslegung nahe 336 . Andere halten eine Grundrechtsträgerschaft der Universität wurde abgelehnt: Im Vordergrund stand zunächst die institutionelle Garantie, vgl. Köttgen, Freiheit der Wissenschaft und Selbstverwaltung der Universität, in: Neumann / Nipperdey / Scheuner, Die Grundrechte, S. 291 ff. (302). Heute wird Art. 5 Abs. 3 GG eine „Doppelfunktion" im Sinne eines Nebeneinanders von objektiver Gewährleistung und individueller Garantie zugesprochen und dabei zum Teil der Begriff „institutionelle Garantie" vermieden - so Wendt, in: v. Münch, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5, Rdnr. 104; Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III, Rdnr. 28 f., 46 ff. - oder ausdrücklich als Verstärkung der individuellen Freiheit angesehen, so Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 346. 331 Schelsky, Einsamkeit und Freiheit, 2. Aufl. 1971, S. 63 ff., der sich ausführlich mit der neuhumanistischen Universitätsidee auseinandersetzt. 332 So auch Oppermann, Freiheit von Forschung und Lehre, in: Isensee / Kirchhof, HdbStR, Bd. VI, § 145, Rdnr. 34; Erichsen/Scherzberg, Verfassungsrechtliche Determinanten staatlicher Hochschulpolitik: NVwZ 1990, S. 8 ff. (10). 333
Thieme, Privathochschulen in Deutschland - Chancen für die Zukunft, S. 41 ff., führt aus, daß es hinsichtlich der Privathochschulen praktisch nur um die Rechtsformen des eingetragenen Vereins, der privatrechtlichen Stiftung sowie der GmbH geht, also alles Rechtsformen juristischer Personen. Lorenz, in: Hailbronner (Hrsg.), Kommentar zum HRG, § 70, Rdnr. 5, spricht bei Hochschulen ohne eigene Rechtspersönlichkeit nur kirchliche sowie die Bundeswehrhochschulen an. 33 4 BVerfGE 15, 256 (262); 61, 82 (102); 75, 192 (196). 33 5 BVerfGE 85, 360 ff. (384). Für Art. 142 WRV Smend, Das Recht der freien Meinungsäußerung, in: VVdStRL 4 (1928), S. 44 ff. (64). 33 6 BVerfGE 21, 362 ff. (374).
§ 3 Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule
113
und Fakultäten nur über Art. 19 Abs. 3 GG für begründbar 337, wieder andere verneinen auf bundesrechtlicher Ebene ein eigenes Recht der Hochschule, lassen aber ein treuhänderisches Geltendmachen der Wissenschaftsfreiheit für die Hochschulmitglieder zu 3 3 8 . Aus Wortlaut, Systematik und auch aus der Entstehungsgeschichte des Art. 5 Abs. 3 GG kann eine Garantie der staatlichen Universität in der bestehenden Form nicht abgeleitet werden, obwohl zur Zeit vor allem dort die klassische Verbindung von Forschung und Lehre zu finden ist. Auch das mit einem „Grundrecht" der staatlichen Universität verbundene weitgehende Festschreiben hergebrachter Wissenschaftsstrukturen wäre mit dem offenen und bewußt nicht von einer staatlichen Institution abhängenden Wissenschaftsbegriff nicht vereinbar 339. Eine Grundrechtsberechtigung juristischer Personen des Öffentlichen Rechts wird aber über Art. 19 Abs. 3 GG angenommen, wenn diese „von der ihnen durch die Rechtsordnung übertragenen Aufgabe her unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zuzuordnen sind" 3 4 0 . Die Universität tritt dem Staat als rechtlich selbständiges, weisungsunabhängiges Rechtssubjekt gegenüber, das gesetzlich einen Bereich schaffen und erhalten soll, in dem sich die Wissenschaft entfalten und die Wissenschaftler ihrer grundrechtlich geschützten Tätigkeit nachgehen können. Im Rahmen dieses den Universitäten zugewiesenen Funktions- und Aufgabenbereichs sind die Universitäten selbst dem grundrechtlich geschützten Lebensbereich zuzuordnen und können gegenüber dem Staat als „Sachwalter" der Universitätsmitglieder das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit wahrnehmen bzw. selbst die Verletzung des den Universitäten zugestandenen Selbstverwaltungsrechts gem. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 iVm Art. 19 Abs. 3 GG rügen 341 . Auch für private juristische Personen gilt, daß sie sich nur unter den Voraussetzungen des Art. 19 Abs. 3 GG auf die Grundrechte berufen können. Danach muß das Grundrecht seinem Wesen nach auch für juristische Personen anwendbar sein. Das BVerfG und die herrschende Lehre fordern für die Grundrechtsberechtigung 337
Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 124; Oppermann, Freiheit von Forschung und Lehre, in: Isensee /Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. VI, § 145, Rdnr. 51; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 370; wohl auch Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5, Rdnr. 210. 338 So z. B. Kühne, Der personelle Schutzbereich verfassungsrechtlicher Garantien hochschulischer Selbstverwaltung, in: FS Friauf, 1996, S. 361 und FN 7. Gegen eine Grundrechtsträgerschaft der staatlichen Rundfunkanstalten Hain, Rundfunkfreiheit und Rundfunkordnung, S. 141 f., 159. 339 Erichsen/Scherzberg, Verfassungsrechtliche Determinanten staatlicher Hochschulpolitik: NVwZ 1990, S. 8 ff. (9). 3 40 BVerfGE 21, 362 (373); 59, 231 (254); 61, 82 (102); 75, 192 (196). 341 So auch Erichsen/Scherzberg, Verfassungsrechtliche Determinanten staatlicher Hochschulpolitik: NVwZ 1990, S. 8 ff. (11 f.); Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 370; Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5, Rdnr. 210.
8 Steinkemper
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
hinsichtlich eines bestimmten Grundrechts ein „personales Substrat" bzw. eine „grundrechtstypische Gefährdungslage" 342. Problematisch könnte zunächst sein, daß einige Privathochschulen als Stiftungen keinerlei Personenbezug aufweisen, die Grundrechte aber an die Menschqualität anknüpfen. Allerdings entstehen Stiftungen aufgrund einer privatautonomen Entscheidung des Stifters, insbesondere ist das Wirken der Stiftung an dem vom Stifter vorgegebenen und grundsätzlich nicht veränderbaren Zweck ausgerichtet. Der Stiftungsakt selbst gem. § 80 BGB ist grundrechtlich geschütztes Verhalten. Insofern findet sich darin ein „Rudiment von personellem Substrat" 343 . Im übrigen entspricht das Handeln der Privathochschule auch in Form einer Stiftung dem Verhalten, das Art. 5 Abs. 3 GG schützen will. Auch die Gestaltungen durch eine solche Privathochschule bedürfen des Schutzes vor staatlichen Einwirkungen. Hinter einer privaten Hochschule stehen zum einen natürliche Personen, die von staatlichen Reglementierungen letztlich getroffen werden. Sofern die Privathochschule eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt (zum Beispiel als GmbH, selbständige Stiftung oder eingetragener Verein), tritt sie dem Staat auch mit einem eigenen Wirkungskreis gegenüber, in den staatliche Regelungen ähnlich wie bei natürlichen Personen eingreifen können. Denn wenn zum Beispiel gesetzliche Regelungen vorsähen, daß neben frei zu wählenden ganz bestimmte Themenbereiche vermittelt werden müßten, beträfe dies zum einen die Dozenten und Dozentinnen, zum anderen aber auch die Hochschule, die als Organisation der Gemeinschaft der Lehrenden selbst bestimmen möchte, welche Themen bearbeitet werden sollen. Ein „personales Substrat" bzw. eine „grundrechtstypische Gefährdungslage" wären also grundsätzlich auch für die Privathochschule erkennbar. Allerdings sind in diesem Zusammenhang vor allem Regelungen vorstellbar, die Organisation und Struktur der Hochschule und damit den laufenden Betrieb einer Privathochschule betreffen. Für die staatliche Universität leitet man aus Art. 5 Abs. 3 GG ein eigenes Recht auf akademische Selbstverwaltung ab. Sofern an einer Privathochschule nach wissenschaftlichen Methoden geforscht und gelehrt wird, kommt sie derselben inhaltlichen Aufgabenstellung wie eine staatliche Hochschule nach. Und weil Art. 5 Abs. 3 GG nicht an die Staatlichkeit, sondern an das inhaltliche Kriterium der Wissenschaft anknüpft, darf jedenfalls für den laufenden Betrieb die Privathochschule nicht weniger geschützt werden als eine staatliche Hochschule344. Die Verwaltung einer Hochschule hat die Regelung des laufenden Betriebs zum Inhalt; sich selbst verwalten kann aber eine Hochschule nur, die bereits existiert. Die grundrechtstypische Gefährdungslage bezeichnet bei der Privathochschule also zu342 BVerfGE 21, 362 ff. (369); Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rdnr. 152; Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 19 III, Rdnr. 19 ff.; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 19 Abs. 3, Rdnr. 225 ff. 343 Huber, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 19 Abs. 3, Rdnr. 256. 344 Bethge, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5, Rdnr. 213; Lorenz, Privathochschulfreiheit und Bundesrecht: WissR 1987, S. 22 ff. (31).
§ 3 Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule
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nächst nur den Bereich, in dem die Hochschule bereits betrieben wird; die Gründung und Errichtung einer Privathochschule kann schon logisch nicht dem Bereich der Selbst Verwaltung unterfallen. Allerdings werden Entscheidungen, die während des Betriebs der Hochschule dem Bereich der Selbstverwaltung zugeordnet werden, also zum Beispiel die Entscheidung über die Zuschnitte der Fachbereiche oder die Organisation des Studiums und des Studienbetriebs, auch bereits bei der Errichtung der Hochschule relevant. Wie bereits oben ausgeführt wurde 345 , läßt sich für den Schutzumfang des Art. 5 Abs. 3 GG nicht zwischen Errichtung und Betrieb der Hochschule unterscheiden. Insoweit wird also der gesamte Bereich der Privathochschule grundrechtsspezifisch durch staatliches Eingreifen gefährdet. Für eine Grundrechtsberechtigung juristischer Personen im Hochschulbereich wird weiter verlangt, daß durch sie die wissenschaftliche Tätigkeit der Hochschulmitglieder ermöglicht wird - dies ist bei der Privathochschule zweifelsohne der Fall - und daß die organisatorische Form einen wissenschaftlichen Mehrwert bietet 346 . Durch das Bereithalten von Organisationsstrukturen und die mehr oder weniger zentrale Übernahme von Verwaltungsaufgaben, angefangen von der Anstellung des Personals über die Verwaltung der studentischen Angelegenheiten bis hin zu Buchführung und Finanzbetreuung, werden die einzelnen Wissenschaftler erheblich entlastet. Darüber hinaus wird etwa die Zusammenarbeit zwischen mehreren Wissenschaftlern organisatorisch vereinfacht oder überhaupt erst ein Forum von Wissenschaftlern und Studierenden - auch für die Zukunft - geschaffen 347. Ein einzelner Wissenschaftler hätte ohne die Privathochschule - abgesehen von den bereits vorhandenen Hochschulen - wohl kaum die Möglichkeit, Studierende über Jahre hinweg auszubilden oder auch mit anderen Hochschullehrern ein Studienkonzept zu entwickeln, das nicht bloß Theorie bleiben muß. Insofern kommt ihren Mitgliedern durch die Privathochschulen ein wissenschaftlicher Mehrwert zu. Für Privathochschulen, die keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen 348 , ist zu beachten, daß Art. 19 Abs. 3 GG seinem Wortlaut nach zwar nur juristischen Personen Grundrechtsschutz vermittelt, inzwischen aber allgemein anerkannt ist, daß dieser Begriff nicht nur einfachgesetzlich determiniert werden kann, sondern auch solche Organisationen dem Bereich des Art. 19 Abs. 3 GG unterfallen, denen die Rechtsordnung nur für einen bestimmten Bereich oder in bestimmter Hinsicht Rechtsfähigkeit eingeräumt hat 3 4 9 . In bestimmten Konstellationen ist sogar eine Grundrechtsberechtigung einer nicht rechtsfähigen Organisation denkbar,
345 S. oben unter 3. 346 Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III, Rdnr. 29. 347 Ahnlich argumentiert Meusel, Die Grundrechtsfähigkeit von Forschungsförderungsorganisationen: WissR 1993, Beiheft 11, S. 81 ff. (84 f.), für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. 348 Zu denken wäre hier z. B. an unselbständige Stiftungen. 349 Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 19 III, Rdnr. 26; Huber, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 19 Abs. 3, Rdnr. 257 ff. 8*
116
1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
die nicht nur einen bloß sozialen Zusammenschluß mehrerer Personen darstellt 350 . Auch eine Privathochschule in Form des nicht rechtsfähigen Vereins oder der nicht rechtsfähigen Stiftung erfüllt die oben genannten Voraussetzungen der Organisation und damit Ermöglichung bzw. Verbesserung der wissenschaftlichen Tätigkeiten ihrer Mitglieder. Der Privathochschule als solcher kommt daher, vermittelt über Art. 19 Abs. 3 GG, der Grundrechtsschutz des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zu. Sowohl die staatliche als auch die private Hochschule kann also gem. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 iVm Art. 19 Abs. 3 GG Trägerin des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit sein.
b) Grundrechtsberechtigung
des Hochschulgründers oder -trägers
Darüber hinaus stellt sich aber die Frage der Grundrechtsberechtigung des Gründers sowie des Trägers der Privathochschule. Sofern Gründer oder Träger der Bildungseinrichtung mehrere Wissenschaftler sind, die gemeinsam eine Hochschule gründen und betreiben, fällt dieses Verhalten unproblematisch in den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheitsgarantie. Üblicherweise werden Privathochschulen aber nicht von einzelnen Wissenschaftlern errichtet, sondern von juristischen Personen des Privatrechts, insbesondere von Stiftungen 351 . Der Hochschulgründer muß also nicht unbedingt selbst Wissenschaftler sein, vielmehr steht bei einer Stiftung zunächst ein Vermögen hinter der privaten Hochschuleinrichtung. Es stellt sich also die Frage, ob sich der Hochschulträger, der nicht selbst Wissenschaftler ist, bei Errichtung und Betrieb der Hochschule auch auf Art. 5 Abs. 3 GG berufen kann 352 . Zum Teil wird argumentiert, daß der, der Wissenschaft nur organisiere oder als Mäzen fördere, sich nicht auf den Schutz der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG berufen könne 353 . Es handelt sich aber bei der Gründung und Trägerschaft einer Privathochschule nicht bloß um eine nicht weiter für den Wissenschaftsprozeß relevante Förderung von „außen", sondern um die existentielle Voraussetzung, im Rahmen einer Hochschule und vielleicht mit einem besonderen weltanschaulichen Hintergrund oder auch mit einer besonderen Schwerpunktsetzung Wissenschaft zu betreiben. Wenn aber generell das Organisieren von Wissenschaft in den Schutzbereich des Grundrechts fällt, soweit es einen unmittelbaren Bezug zur wissenschaftlichen Tätigkeit hat, muß sich auch derjenige darauf berufen können, der tatsächlich die Organisation übernimmt, auch wenn er selbst weder forscht noch 350 Krüger, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 19, Rdnr. 60. 351 Thieme, Privathochschulen in Deutschland - Chancen für die Zukunft, S. 44 ff. 352 Ausführlich hierzu Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 109 ff., 139 ff. 353 Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III, Rdnr. 28.
§ 3 Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule
117
lehrt 354 . Im Hinblick auf die Bedeutung der Hochschulgründung und -trägerschaft für die Wissenschaft als solche kann aber letztlich nicht entscheidend sein, ob sich die Wissenschaftler selbst organisieren, oder ob ein „Dritter" eine Hochschule errichtet und damit wissenschaftliche Tätigkeit ermöglicht und organisiert. An diesem Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn der Hochschulgründer bzw. -träger eine juristische Person ist. Wie im Bereich anderer Grundrechte kann eine Grundrechtsträgerschaft nicht mit dem Argument, nur eine natürliche Person sei zu wissenschaftlicher Erkenntnis fähig, abgelehnt werden, denn die wissenschaftliche Tätigkeit bzw. hier das Organisieren von Wissenschaft durch die einzelnen Wissenschaftler wird insoweit der diesen beschäftigenden juristischen Person zugerechnet 355. Die Zuordnung der juristischen Person zu einem grundrechtlich geschützten Verhalten natürlicher Personen manifestiert sich bei Stiftungen vor allem im Stiftungszweck 356. Auch die Errichtung und Trägerschaft privater wissenschaftlicher Hochschulen durch Stiftungen oder andere juristische Personen des Privatrechts fällt somit in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG 3 5 7 . Im übrigen gilt das im vorangehenden Abschnitt Gesagte. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sowohl die Errichtung als auch den Betrieb einer wissenschaftlichen Privathochschule garantiert. Träger des Grundrechts können neben den einzelnen Wissenschaftlern auch die selbst nicht wissenschaftlich arbeitenden Gründer und Träger der Privathochschule sein.
I I I . Die Berufsfreiheitsgarantie des Art. 12 Abs. 1 GG und ihre Aussagen für die Privathochschule Für die spezifisch wissenschaftsrelevanten Fragen ist zunächst der Schutz des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG eröffnet. Darüber hinaus ist aber im Zusammenhang mit Fragen der Privathochschule durchaus auch die Berufsfreiheit betroffen. In der Regel üben die an den Privathochschulen beschäftigten Hochschullehrer ihre wissenschaftliche Tätigkeit berufsmäßig aus. Auch hier gilt, daß für wissenschaftsspezifische Regelungen Art. 5 Abs. 3 GG als lex specialis oder aber zumindest ideal konkurrierend anzusehen ist 3 5 8 . Für sonstige Angestellte oder für die üb354
Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 110 f. 355 So ebd., S. 111 f. 356 Ebd., S. 118. 357
So auch Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 331; Reich, Hochschulgesetz Sachsen-Anhalt, Kommentar, 1996, § 107, Rdnr. 1; Classen, Wissenschaftsfreiheit außerhalb der Hochschule, S. 109 ff., 143 ff. 3 58 Dazu bereits oben unter I. 3.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
liehen allein auf den Dienst- oder Arbeitsvertrag bezogenen Fragen gilt Art. 12 Abs. 1 GG 3 5 9 . Problematisch ist die Heranziehung der Berufsfreiheitsgarantie für den Privathochschulbereich in Bezug auf das Merkmal der Gewinnorientierung. Das Errichten und Betreiben von privaten Hochschuleinrichtungen müßte zunächst ein Beruf iSd Art. 12 Abs. 1 GG sein. Nach üblicher Definition wird ein Beruf gekennzeichnet durch eine auf eine gewisse Dauer angelegte, zur Schaffung oder Erhaltung einer Lebensgrundlage dienende Tätigkeit 360 . Um diesem Ziel dienen zu können, wird also eine Gewinnorientierung der betreffenden Tätigkeit gefordert. Die Frage, ob im Hinblick auf Privathochschulen Art. 12 Abs. 1 GG anwendbar ist, wird, sofern das Grundrecht überhaupt in Betracht gezogen wird, häufig mit dem Argument abgelehnt, in Deutschland sei tatsächlich kein Gewinn mit Privathochschulen zu machen 361 . Entscheidend für die Frage der Einschlägigkeit dieses Schutzbereichs ist jedoch nicht die tatsächliche Gewinnerzielung, sondern die Gewinnorientierung des Hochschulträgers bzw. das Beitragen des Hochschulbetriebs zur Erhaltung der Lebensgrundlage; dabei kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit wirtschaftlich sinnvoll ist, sondern ob sie in ihrer Beziehung zur Persönlichkeit des Betroffenen die Grundlage seiner Lebensführung bildet 362 . Generell kann für einzelne Wissenschaftler oder Einzelpersonen der Zusammenschluß mit anderen zur Errichtung einer privaten Hochschule die Grundlage einer Lebensführung darstellen. Für natürliche Personen käme also grundsätzlich auch Art. 12 Abs. 1 GG als Grundrecht im Hinblick auf eine Privathochschule in Betracht. Sofern der Hochschulträger eine juristische Person ist, käme es für die Anwendbarkeit der Berufsfreiheit darauf an, ob diese gemäß Art. 19 Abs. 3 GG ihrem Wesen nach auch auf juristische Personen anwendbar ist. Danach wird ein Grundrechtsschutz bejaht, sofern die Tätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach von einer juristischen wie natürlichen Person ausgeübt werden könnte 363 . Das ist bei dem Gründen und Betreiben einer Hochschule sowohl bei einem Abstellen auf ein personales Substrat als auch hinsichtlich einer grundrechtstypischen Gefährdungslage in der Regel der Fall. Allerdings werden Privathochschulen häufig als gemeinnützige Stiftung oder gemeinnützige GmbH gegründet, zum Teil schreiben auch einige Landeshochschulgesetze die Gemeinnützigkeit zumindest als Voraussetzung einer staatlichen Förderung vor 3 6 4 . Die meisten Privathochschulen werden insofern gar nicht erst 359 BVerfGE 85, 360 ff. (382). 360 BVerfGE 7, 377, (397); Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 29; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rdnr. 812. 361 Zu den Schwierigkeiten privater Hochschulgründungen in Deutschland hinsichtlich der Mittelbeschaffung Woll, Reform der Hochschulausbildung durch Wettbewerb, 2001, S. 65 ff. 362 Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. I, Art. 12, Rdnr. 28. 363 BVerfGE 30, 292 (312).
§ 3 Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule
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das Erzielen von Gewinnen beabsichtigen. Es wird daher vertreten, daß wegen der fehlenden Gewinnorientierung gemeinnützige Organisationen nicht in den Schutzbereich der Berufsfreiheit fallen 365 . Diese Ansicht verkennt jedoch, daß auch eine gemeinnützig arbeitende Hochschule geschäftsmäßig betrieben wird und ihre Kosten durch Vermögen oder Einnahmen decken muß; insofern muß die Hochschule zunächst Einnahmen erzielen, die dann zur Verwirklichung der gemeinwohlorientierten Ziele eingesetzt werden. Schließlich ist zum Beispiel für die gemeinnützige Stiftung anerkannt, daß diese Gewinne erwirtschaften muß, um auf Dauer überhaupt ihre gemeinnützigen Ziele verfolgen zu können, weil sie gleichzeitig ihr Stiftungsvermögen in seiner Höhe auch gegen die Inflation erhalten muß. Schon die Maßnahmen zum wirtschaftlichen Erhalt könnte man insofern als eigennützig bezeichnen. Nur der über diesen Rahmen des geschäftsmäßigen Betriebs hinausgehende Gewinn ist der Einrichtung wegen der Gemeinnützigkeit verwehrt, im übrigen aber besteht der „erforderliche ökonomische Grundbezug" zu Art. 12 Abs. 1 GG 3 6 6 . Einige fassen unter Beruf iSd Art. 12 Abs. 1 GG nur erlaubte Tätigkeiten 367 . Wenn also nach dem „Alleinverantwortungsmodeir bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden müssen, um überhaupt eine Privathochschule errichten zu dürfen, stellt das Errichten einer nicht diesen Voraussetzungen entsprechenden Hochschule eine nicht erlaubte Tätigkeit dar. Allerdings ist das Errichten und Betreiben einer Hochschule, also der „Beruf 4 als solcher erlaubt, seine Einschränkungen können also unproblematisch an Art. 12 GG gemessen werden. Zudem kann es nicht darauf ankommen, ob der einfache Gesetzgeber eine Tätigkeit verboten hat, denn dann könnte er darüber entscheiden, wie weit der verfassungsrechtliche Berufsbegriff reicht, zumal auch die Befürworter einer Einschränkung des Schutzbereichs durch das Merkmal des Erlaubtseins das gesetzliche Verbot an Art. 12 Abs. 1 GG messen lassen wollen 368 . Das Merkmal „erlaubt" kann in diesem Zusammenhang vielmehr nur bedeuten, daß das Verhalten nach den Wertvorstellungen der Rechtsgemeinschaft nicht als von vornherein gemeinschädlich betrachtet werden kann 369 . 364
So z. B. § 108 Satz 1 Nr. 3 HessHG. Versagungsgrund des erwerbswirtschaftlichen Gewinns in § 139 Abs. 4 NdsHG. Nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 SaarFhG wird die staatliche Finanzhilfe für eine private Fachhochschule davon abhängig gemacht, ob die Bildungseinrichtung auf gemeinnütziger Basis arbeitet. 365 Manssen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12 Abs. 1, Rdnr. 37; Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 22; Wieland, Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 22. 12. 1993: JZ 1995, S. 96 f. (97). 3 66 BVerwG, JZ 1995, S. 94 f. (95). 367 BVerfGE 7, 377 (397); 14, 19 (22); Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rdnr. 905; Gubelt, in: v. Münch, Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 8; kritisch Langer, Strukturfragen der Berufsfreiheit: JuS 1999, S. 203 ff. (204). 368
Manssen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12 Abs. 1, Rdnr. 39. 3 69 BVerwGE 22, 286 (289); Gubelt, in: v. Münch, Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 8.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
Das Bereitstellen von Hochschuleinrichtungen ist für sich genommen sicherlich nicht gemeinschädlich, sondern eher ein der Gesellschaft nützliches Verhalten. Problematisch erscheint aber die Frage, inwieweit die Privathochschule Funktionen erfüllt, für die ein Verwaltungsmonopol besteht; diese können nach verbreiteter Auffassung als hoheitliche Tätigkeit keinen grundrechtlich geschützten Beruf darstellen, weil das Grundrecht nicht die Freiheit zur Aufgabenerfüllung gewähre, die der Staat im Rahmen seiner Gestaltungsbefugnis an sich gezogen hat und durch eigene Einrichtungen wahrnimmt 370 . Andere halten wegen der vielfältig möglichen Kollisionen mit öffentlichen wie privaten Interessen das Grundrecht gerade auch im Bereich der Verwaltungsmonopole für anwendbar; ausgeschlossen seien allein solche Tätigkeiten, die wegen der staatlichen Letztverantwortung staatlichen Organen überlassen bleiben müssen371. Zur Begrenzung des Bereichs staatlicher Verantwortung hilft auch die vom EuGH für die ähnlichen Bestimmungen Art. 48 Abs. 4 und Art. 55 EGV gefundene Definition der öffentlichen Verwaltung 372 nicht weiter, da diese auch Bereiche einbezieht, die nicht der ausschließlich staatlichen Wahrnehmung bedürfen 373. Der „normale" Hochschulbetrieb, also die Wahrnehmung der Aufgabe der Hochschulbildung und -ausbildung bzw. der Forschung und Forschungsförderung steht zwar, wie oben 374 herausgearbeitet wurde, auch in staatlicher Verantwortung und wird daher auch durch staatliche Einrichtungen erfüllt. Daneben ist aber auch private Initiative denkbar und erwünscht, vor allen Dingen aber verfassungsrechtlich gerade nicht ausgeschlossen. Die staatliche Verantwortung begründet demnach kein staatliches Monopol im Hochschulbereich. Wenn aber die Wissenschaftsverantwortung des Staates nicht zu einer alleinigen Staatsaufgabe führt, sind keine Bereiche betroffen, für die dem Staat eine Letzt- oder Alleinverantwortung zukommt. Die Wissenschaftsverantwortung des Staates macht sich vielmehr im Rahmen der staatlichen Gewährleistungsverantwortung in den Regelungen der privaten Initiative bemerkbar, die das private Tätigwerden als Berufsaus370 BVerfGE 37, 314 (322) in einer Entscheidung zu privaten Fachhochschulen; Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 45; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 73 ff. 371 So z. B. Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12 Abs. 1, Rdnr. 46: Beispiele sind Polizei und Rechtsprechung; Scholz, in: Maunz/ Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 406 ff.; der zwischen wirtschaftlich-daseinsvorsorgerischen (sozialwirtschaftlichen) und genuin hoheitlichen Verwaltungsmonopolen unterscheidet. Kritisch zur Verengung des Grundrechts bei öffentlichen Aufgaben auch Hufen, Berufsfreiheit - Erinnerung an eine Grundrecht: NJW 1994, S. 2913 ff. (2919 f.). 372 EuGH, Slg. 1980, 3881 f.: „ . . . unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung solcher Aufgaben [ . . . ] , die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind." 373 Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12 Abs. 1 GG, Rdnr. 46. 374 s. oben unter § 2 III. 3. b).
§ 3 Verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule
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Übung gerade voraussetzen. Der Staat hat so die Aufgabenerfüllung nicht vollends an sich gezogen, er nimmt diese nicht nur durch eigene Einrichtungen wahr. In dem allgemeinen Tätigkeitskreis einer Privathochschule werden also keine Staatsfunktionen erfüllt. Ein Verwaltungsmonopol im Hochschulbereich ist mithin nicht erkennbar. Allerdings käme ein solches bei der Abnahme von Hochschulprüfungen und der Verleihung akademischer Grade in Betracht 375 , denn für diese muß die Privathochschule staatlich anerkannt, also in das öffentliche Hochschulsystem einbezogen sein. Wenn man also die Abnahme von Prüfungen als Wahrnehmung von Staatsfunktionen ansähe, stellte sich die bereits oben aufgeworfene Frage, ob damit automatisch Art. 12 Abs. 1 GG ausgeschlossen wäre oder ob auch Verwaltungsmonopole an dem Grundrecht der Berufsfreiheit gemessen werden müßten. Ein Verwaltungsmonopol verbietet nicht nur die Ausübung der beruflichen Tätigkeit, sondern schränkt bereits die Ebene der Berufswahl ein; als objektive Berufszulassungsschranke könnte es also nach der vom BVerfG entwickelten Stufenlehre nur zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes gerechtfertigt sein. Sofern eine Tätigkeit grundsätzlich unter den Begriff des Berufes subsumiert werden kann, und dies ist immer dann der Fall, wenn diese Tätigkeit verfassungsrechtlich nicht ausschließlich dem Staat vorbehalten ist, muß schon aus Gründen eines effektiven Grundrechtsschutzes das sogenannte Verwaltungsmonopol an Art. 12 Abs. 1 GG gemessen werden.
IV. Zwischenergebnis Die Ausführungen machen deutlich, daß sich neben den an der Privathochschule beschäftigten Wissenschaftlern auch die Privathochschule selbst und der Hochschulgründer bzw. -träger auf den Schutz der Wissenschaftsfreiheit berufen können. Weiter unterfallen sowohl der Betrieb als auch die Errichtung von Privathochschulen dem Schutz des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, sofern es sich um wissenschaftliche Privathochschulen handelt. Diese Einschränkung ist insofern nicht ganz unbedeutend, als sich einige Hochschulen selbst als primär berufsausbildend oder weniger wissenschaftlich verstehen und sich selbst als private Fachhochschulen oder Berufsakademien bezeichnen. Die Privathochschulen, die nicht dem Wissenschaftsbegriff des Art. 5 Abs. 3 GG genügen, fallen also aus dessen Schutz heraus. Auch können sie sich wegen der oben 376 herausgearbeiteten strikten Trennung zwischen schulischem und hochschulischem Sektor nicht auf die Privatschulgaran375 Man spricht insofern von einem Monopol im Berechtigungswesen, s. dazu bereits oben § 2 II. 1. b); Daliinger, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70 Rdnr. 6; Lee, Verfassungsrechtliche Grundprobleme des Privathochschulwesens, S. 18; Lorenz, Privathochschulfreiheit und Bundesrecht: WissR 20 (1987), S. 22 (26). 376 S. oben unter § 21. sowie § 3 I. 1.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
tie des Art. 7 Abs. 4 GG berufen 377 . Es bleibt für sie also die Garantie der Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG sowie im übrigen die der Allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG, die nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG 378 bei allen staatlichen Maßnahmen betroffen ist. Die Überlegungen zur verfassungsrechtlichen Stellung sind darüber hinaus bedeutsam für die Annahme eines dualen Hochschulsystems und damit einer Verantwortungsteilung: Die verfassungsrechtliche Verankerung der Privathochschule in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 vermittelt dem privaten Engagement eine eigenständige Rechtsposition frei von inhaltlicher Einflußnahme und Bevormundung des Staates. Wird der Einzelne im Rahmen dieses Rechts, eine Privathochschule zu gründen und zu betreiben, tätig, steht er damit verfassungsrechtlich gleichberechtigt neben den staatlichen Hochschulen. Sowohl der Staat als auch Private nehmen damit die Verantwortung für den Wissenschafts- und Hochschulbereich wahr. Das durch das gleichberechtigte Nebeneinander von staatlichen und privaten Hochschulen gekennzeichnete duale Hochschulsystem kann somit als Ausprägung einer Verantwortungsteilung 379 begriffen werden.
§ 4 Die Verantwortungsteilung als Maßstab für die einfachgesetzlichen Regelungen Nachdem in den vorigen Kapiteln zunächst die Verantwortung des Staates, insbesondere die staatliche Erfüllungsverantwortung, als der eine Pfeiler sowie die verfassungsrechtlich vor allem durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Privatinitiative in Form der Privathochschule als der andere Pfeiler des „Dualen Hochschulsystems" ausführlich behandelt wurden, soll im folgenden der Blick wieder auf die Schnittstelle zwischen dem staatlichen und dem privaten Hochschulbereich gelenkt werden. Diese Schnittstelle wird vor allem anhand der im ersten Kapitel systematisierten Vorschriften der gegenwärtigen Rechtslage sichtbar. Vor dem Hintergrund der dargestellten Verantwortungsteilung wird an ihnen - sofern die Regelungen verfassungsgemäß sind, sie also insbesondere die im dritten Kapitel erarbeiteten grundrechtlichen Vorgaben beachten - die rechtliche Stellung der Privathochschule im bundesdeutschen Hochschulsystem deutlich. 377 Für (staatliche) Fachhochschulen hat das BVerfG eine Geltung des Art. 7 Abs. 4 GG verneint, BVerfGE 37, 314 ff. (320 f.); ebenso Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), Hochschulrahmengesetz, Kommentar, 1984, Rdnr. 16. 378 Seit BVerfGE 6, 32 ff. (73) - Elfes. 379 Um Mißverständnisse zu vermeiden, wird darauf hingewiesen, daß die private Verantwortungsübernahme im Gegensatz zu der staatlichen nicht auf einer Pflichtstellung beruht. Das Konzept der Verantwortungsteilung wird hier also nicht in einem normativen Sinn, sondern lediglich beschreibend verwendet.
§
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Bei der Systematisierung der Vorschriften im ersten Kapitel stellte sich heraus, daß einige Länder bereits die Errichtung einer Privathochschule von einer staatlichen Genehmigung abhängig machen, während der größere Teil der Länder spezielle Vorschriften für die Privathochschule nur hinsichtlich der staatlichen Anerkennung bereithalten, die wiederum erst den Betrieb einer Hochschule betreffen. Die staatliche Anerkennung repräsentiert also den Normalfall, das Genehmigungserfordernis sowie die fehlende Regelung, also die strikte Trennung zwischen staatlichem und privatem Hochschulwesen, stellen hingegen die Abweichungen zu beiden Seiten dar. Im folgenden soll daher zunächst der Normalfall auf seine Verfassungsmäßigkeit hin untersucht werden, also die im ersten Kapitel als Trägerpluralismus und Steuerung bezeichneten Modelle, die im wesentlichen das Anerkennungskonzept des § 70 HRG übernehmen oder ihm einige Voraussetzungen hinzufügen. Anschließend werden die abweichenden Konzepte einer staatlichen Errichtungsgenehmigung mit gleichzeitiger beziehungsweise zusätzlicher staatlicher Anerkennung (Alleinverantwortungsmodell) sowie das hier sogenannte Trennungsmodell das die Privathochschule als solche nicht weiter regelt, an den verfassungsrechtlichen Aussagen im Hinblick auf die Privathochschule zu messen sein.
I. Die staatliche Anerkennung und ihre Voraussetzungen als zulässige Kriterien zur Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit Zentrales Instrument staatlicher Gewährleistungsverantwortung im Bereich privater Hochschulen ist das der staatlichen Anerkennung. Die staatliche Anerkennung wird auf Antrag erteilt, sofern die Privathochschule die im folgenden näher zu untersuchenden Voraussetzungen zur Sicherung der Gleichwertigkeit mit staatlichen Hochschulen erfüllt. Dadurch kann in einem vorweggenommenen Prüfungsverfahren festgestellt werden, ob durch die Einbeziehung der betreffenden Privathochschule in das öffentliche Hochschulsystem staatliche Interessen beeinträchtigt werden 380 . Als Rechtsfolge wird die betreffende Privathochschule in das öffentliche Hochschulsystem integriert, die Hochschule wird zu einer öffentlichen Hochschule im Rechtssinn und damit den staatlichen Hochschulen gleichgestellt381. Die staatliche Anerkennung vermittelt somit zum einen den formellen Status, der die inhaltlich näher bestimmte Qualität der Hochschule bescheinigt. Zum anderen er380
Reich, Hochschulgesetz Sachsen-Anhalt, Kommentar, § 107, Rdnr. 1. Baldus, Rechtsstellung und Aufgaben nichtstaatlicher, insbesondere kirchlicher Fachhochschulen: WissR 30 (1997), S. 1 ff. (3), weist daraufhin, daß mit den Genehmigungs- und Anerkennungsvoraussetzungen ersatzschulrechtliche Prinzipien in das Hochschulrecht transformiert wurden. 381 Lorenz, Privathochschulen, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. I, S. 1166; Heckel, Die neue Hochschulfreiheit der nichtstaatlichen Hochschulen: JZ 1986, S. 509 ff.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
öffnet sie der Privathochschule die Teilhabe am Berechtigungswesen sowie an der Gestaltung des Hochschulwesens382. Einige sehen in der staatlichen Anerkennung eine Beleihung 383 . Doch werden die Privathochschulen nicht im Rahmen einer staatlichen Aufgabe mit umfassend hoheitlichen Befugnissen tätig, sondern stützen sich auf originär private Verantwortung; durch die Anerkennung werden sie lediglich in das öffentliche Hochschulsystem einbezogen, nicht jedoch beliehen. Die Anerkennung hat aus staatlicher Sicht eine Gewährleistungsfunktion: Die (Gewährleistungs-) Verantwortung des Staates wird in den Vorschriften zur staatlichen Anerkennung sichtbar, denn durch sie wird der betreffenden Hochschule quasi bescheinigt, daß sie geeignet ist, einen Teil der umfassenden staatlichen Wissenschaftsverantwortung zu erfüllen. Dieser Teil bezeichnet jedoch keine hoheitliche Aufgabe, die Privathochschule ist vielmehr aus privater Grundrechtsausübung entstanden. Aber eben weil kein Hochschulmonopol besteht und damit das Betreiben von Hochschulen keine allein hoheitliche Aufgabe ist, kann die Anerkennung als solche keine Beleihung darstellen. Hoheitliche Gewalt üben die Privathochschulen lediglich im Rahmen des Prüfungs- und Berechtigungswesens aus 384 , sofern sie keine reinen Hochschulprüfungen abnehmen, sondern staatlich legitimierte Titel verleihen. Die staatliche Anerkennung ist im Gegensatz zur Errichtungsgenehmigung fakultativ, d. h. die Privathochschule kann die Anerkennung beantragen, sie ist dazu aber - sieht man von dem Genehmigungsvorbehalt in den Ländern des Alleinverantwortungsmodell ab - nicht gezwungen. Dies entspricht der von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG umfaßten Freiheit zur Errichtung einer Privathochschule. Daher erscheint es schon problematisch, ob die Regelungen zur staatlichen Anerkennung überhaupt in das geschützte Grundrecht eingreifen können. Die Regelungen der staatlichen Anerkennung erwecken also weniger den Eindruck hoheitlicher Grundrechtseinschränkungen als vielmehr die Möglichkeit eines freiwillig zu beantragenden staatlichen „Gütesiegels". Tatsächlich gibt es aber nur sehr wenig Privathochschulen, die ohne staatliche Anerkennung ihren Betrieb aufrecht erhalten können. In der Regel handelt es sich dabei um nichtwissenschaftliche Hochschulen oder Berufsakademien bzw. firmeneigene Seminare, die eine spezielle berufliche Aus- oder Weiterbildung vermitteln 3 8 5 und daher in der Regel nicht auf Studierende angewiesen sind, die für ihre berufliche Flexibilität einen staatlich anerkannten Abschluß brauchen. Wenn eine Privathochschule jedoch auf der Grundlage wissenschaftlicher Forschung und Lehre arbeitet und in ausreichend großer Zahl Studierwillige finden will, muß sie Stu382 Lorenz, in: Hailbronner (Hrsg.), Kommentar zum HRG, § 70, Rdnr. 13. 383 Reich, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, 7. Aufl. 2000, § 70, Rdnr. 1: Die Hochschulen seien „beliehene Unternehmer", soweit „es sich um Fragen des Studiums und der Prüfungen handelt". 384 Lorenz, Privathochschulen, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. I, S. 1167. 385 Thieme, Privathochschulen in Deutschland - Chancen für die Zukunft, S. 20.
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dienabschlüsse anbieten, die allgemein auf dem Arbeitsmarkt bekannt und anerkannt sind, also einem bekannten „Gütesiegel" oder Maßstab entsprechen. Dies leistet vor allem ein staatlich anerkannter Abschluß. Insofern wird deutlich, warum die Rechtsfolge der staatlichen Anerkennung, nach der auch die von der Hochschule verliehenen Abschlüsse anerkannt sind und die Hochschule zur Verleihung von akademischen Graden berechtigt ist, für die Privathochschule von existentieller Bedeutung ist. Hier wird ein staatliches „Monopol" i m Berechtigungswesen 386 erkennbar 3 8 7 . Erst die staatliche Anerkennung ermöglicht einer Privathochschule die Teilhabe am staatlichen Berechtigungswesen. Neben der Wirkung der staatlichen Anerkennungsregelung als faktischer E i n g r i f f 3 8 8 in das grundrechtlich geschützte Recht zur Privathochschulgründung tritt ein rechtlicher Aspekt: Z u m Betrieb einer Hochschule gehört grundsätzlich auch die Abnahme von Prüfungen und das Verleihen von Abschlußzeugnissen und Diplomen, auch dieses ist daher vom Schutzbereich das Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG umfaßt 3 8 9 . Da die Privathochschule also nicht 386 Der Begriff findet sich auch bei Daliinger, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 6; Lorenz, in: Hailbronner (Hrsg.), Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 36; der Sache nach auch bei Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 12. 387 Es sei an dieser Stelle angemerkt, daß von diesem staatlichen „Monopol" nur die herkömmmlichen Studien- und Berufsabschlüsse betroffen sind, grundsätzlich daneben aber auch rein private Bezeichnungen möglich bleiben. Der Grund für die staatliche Definitionsmacht liegt in tatsächlicher Hinsicht darin, daß viele Ausbildungsabschlüsse durch Staatsexamina gekennzeichnet sind. Dagegen, daß der Staat für seine Beamten die Abschlüsse und Bezeichnungen regelt und die Prüfungen selbst durchfühlt, bestehen grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken. Doch auch die von den staatlichen Hochschulen verliehenen akademische Grade oder die von den Industrie- und Handelskammern abgenommenen Prüfungen werden von staatlichen Untergliederungen vorgenommen und verliehen. Auch im übrigen ist der Staat also in dem Bereich des Prüfungs- und Berechtigungswesens stark vertreten. Diese staatlichen Maßnahmen, die eine Einschränkung der Berufsfreiheit darstellen können, können zum einen auf Art. 33 Abs. 5 GG, zum anderen auf den Schutzauftrag des Art. 12 Abs. 1 GG gestützt werden. Der Staat hat für die Auszubildenden oder Studierenden sowie für deren Arbeitgeber die Qualität und Vergleichbarkeit der Abschlüsse sicherzustellen. Insofern ist ein Monopol im Berechtigungswesen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, ob und in welchem Ausmaß sich der Staat zur Verleihung von Graden oder der Durchführung von Prüfungen usw. Privater zur Erfüllung bedienen darf. Für die Frage der staatlichen Anerkennung könnte man zum Beispiel überlegen, ob denn der Staat, der bereits die Regelungen der staatlichen Anerkennung bereithält, nur selbst die Anerkennung erteilen kann oder ob er diese Aufgabe an eine private Institution im Wege der Beleihung delegieren kann. In diesem Sinn hat der Wissenschaftsrat eine bundeseinheitliche Akkreditierungsstelle vorgeschlagen; vgl. dazu: Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Akkreditierung privater Hochschulen, Drucks. 4419/00 vom 21. 01. 2000. Sofern diese Einrichtung die Gewähr für eine Arbeitsweise bietet, die die Grundrechte der eine staatliche Anerkennung beantragenden Hochschule bzw. ihrer Träger beachtet und im übrigen zuverlässig ist, bestehen auch dagegen keinerlei Bedenken. 388 Zu faktischen Grundrechtseingriffen vgl. BVerfGE 11, 30 ff. (43 f.) - Kassenarzt; s. auch Ipsen, Staatsrecht II (Grundrechte), Rdnr. 155 ff.; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rdnr. 240 f. 389 Auf den einzelnen Hochschullehrer bezogen Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III, Rdnr. 26,
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
ohne staatliche Anerkennung Hochschulprüfungen durchführen und Hochschulgrade verleihen darf, kommt den einfachgesetzlichen Regelungen der staatlichen Anerkennung, insbesondere ihren einzelnen Voraussetzungen, auch in rechtlicher Hinsicht Eingriffsqualität zu. Neben der Teilnahme am staatlichen Berechtigungswesen ist die staatliche Anerkennung für die meisten Privathochschulen auch deshalb von existentieller Bedeutung, weil sie Voraussetzung für die Einbeziehung der Privathochschule in die Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau nach Art. 91a Abs. 1 Nr. 1 GG ist. Zudem können die Mitglieder der Privathochschule nur im Falle einer Anerkennung an den Berechtigungen des öffentlichen Dienstes sowie an anderen staatlichen Geldleistungen, zum Beispiel der Ausbildungsförderung, partizipieren 390 . Auch insofern könnte man von einem Eingriff in das durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht zur Errichtung von Privathochschulen sprechen. Ein Eingriff in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG durch die Regelungen der staatlichen Anerkennung bzw. der staatlichen Genehmigung privater Hochschulen wäre nur dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn die einfachgesetzlichen Regelungen der staatlichen Anerkennung Ausformungen des Schutzes kollidierenden und im konkreten Fall überwiegenden Verfassungsrechts darstellten. Alle landesgesetzlichen Regelungen der staatlichen Anerkennung (und auch einer staatlichen Errichtungsgenehmigung) sehen über die Voraussetzungen des § 70 HRG hinausgehende Anforderungen vor, die im Anschluß an den Kanon des § 70 HRG untersucht werden.
1. Der Kanon des § 70 HRG Entsprechend § 70 Abs. 1 Nr. 1 HRG muß für eine staatliche Anerkennung in allen Ländern gewährleistet sein, daß das Studium sich an dem in § 7 HRG bzw. den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen genannten Ziel orientiert. Lehre und Studium sollen danach den Studenten auf ein berufliches Tätigkeitsfeld vorbereiten, indem er zu wissenschaftlicher oder künstlerischer Arbeit befähigt werden soll. Die zweite Voraussetzung knüpft an das Bild der Universität an: Eine staatlich anerkannte Privathochschule muß mehrere nebeneinander bestehende oder aufeinander folgende Studiengänge einrichten, § 70 Abs. 1 Nr. 2 HRG. Diese Bedingung soll eine nach § 4 Abs. 4 HRG geforderte breite Anlage des Studiums sicherstellen 3 9 1 . Nicht zwingend gefordert ist allerdings auch fachliche Pluralität im Sinne
390 Barthold, Die Alternative: Privat studieren, S. 44. 391 Reich, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 3; Lorenz, in: Hailbronner (Hrsg.), HRG, Kommentar, Rdnr. 17.
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unterschiedlicher Fachbereiche. Diese Regelung wurde im Vermittlungsausschuß im Hinblick auf eine geplante medizinische Hochschule in Trägerschaft des Hartmann-Bundes aufgenommen, wird aber für andere Fachrichtungen nur für möglich gehalten, sofern neben der wissenschaftlichen Ausbildung kein Fachhochschulstudium existiert 392 Nach § 70 Abs. 1 Nr. 3 HRG bzw. nach der entsprechenden landesrechtlichen Vorschrift müssen die Studienbewerber einer Privathochschule dieselben Voraussetzungen für die Aufnahme in die Hochschule erfüllen wie bei einer staatlichen Einrichtung, also in der Regel die Allgemeine Hochschulreife 393. Die Regelung der Zugangsvoraussetzung soll zur Herstellung von Gleichwertigkeit ein fachliches Mindestniveau der Privathochschule gewährleisten, darüber hinausgehende Anforderungen einer Hochschule an ihre Bewerber sind also möglich 394 . § 70 Abs. 1 Nr. 4 HRG bzw. die entsprechende landesgesetzliche Vorschrift schreibt vor, daß auch das hauptberufliche Lehrpersonal über die Qualifikationen verfügen muß, die an einer staatlichen Hochschule gefordert werden 395 . Allerdings ist bei dem Vergleich mit den an staatlichen Universitäten tätigen Professoren und Professorinnen zu beachten, daß diese zusätzlich die besonderen Maßstäbe der beamtenrechtlichen Verfassungstreue erfüllen müssen. Dies kann für Privathochschullehrende nicht gefordert werden. Allenfalls könnte man wegen § 7 HRG verlangen, daß ihre Lehre nicht im Widerspruch zu den Grundsätzen der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen darf 396 , denn diese Einschränkung beinhaltet bereits Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG. Aus § 70 Abs. 1 Nr. 4 HRG geht zudem hervor, daß an einer Privathochschule zumindest auch hauptberuflich Lehrende beschäftigt sein müssen, die Privathochschule also nicht nur mit nebenberuflich Lehrenden betrieben werden darf. Auch diese Bedingung soll ein fachliches Mindestniveau sicherstellen. Die bisher aufgeführten Voraussetzungen sollen die qualitative Gleichwertigkeit der Privathochschule mit staatlichen Hochschulen sicherstellen, damit nur Abschlüsse anerkannt und mit den staatlichen Hochschulen gleichgestellt werden, die auf vergleichbaren Ausbildungsvoraussetzungen beruhen. Damit dienen die Vorschriften, soweit sie eine irreführende Verwendung des Begriffs der Hochschule 392
Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 6; Dallinger, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 11, der auch betont, daß das Mehrzügigkeitserfordernis im Gesetzgebungsverfahren sehr umstritten war. 393 Vgl. nur § 85 Abs. 5 Satz 1 BWUG. 394 Dallinger, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 12; Lorenz, in: Hailbronner (Hrsg.), HRG, Kommentar, Rdnr. 20. 395 S. dazu § 44 HRG bzw. die jeweils einschlägigen Landes Vorschriften: Einstellungsvoraussetzungen für Professoren sind danach ein abgeschlossenes Hochschulstudium, die pädagogische Eignung, in der Regel die Promotion oder eine vergleichbare Arbeit sowie eine Habilitation oder besondere Leistungen in einer mindestens fünfjährigen beruflichen Praxis. 396 Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 8.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
oder Universität verhindern möchten, dem Schutz von Studienbewerbern und der Öffentlichkeit vor Täuschung397. Darüber hinaus werden aber auch die Interessen der Studierenden geschützt, denen nur ein als gleichwertig anerkannter Abschluß die Konkurrenz mit Absolventen staatlicher Hochschulen um Arbeitsplätze ermöglicht und denen eine staatlich anerkannte und als gleichwertig erachtete Privathochschule so eine Alternative bietet 398 . Das Interesse einer möglichst guten Ausbildung ist von dem Grundrecht der Berufsausbildungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG umfaßt, die genannten Regelungen konkretisieren damit den Schutz kollidierenden Verfassungsrechts. Außerdem stellen die Vorschriften Kriterien auf, die der Beschreibung der Begriffe der Wissenschaftlichkeit bzw. der wissenschaftlichen Hochschulen entsprechen, wie sie im dritten Kapitel ausgeführt wurde und sich in den Hochschulgesetzen zur Struktur der staatlichen Hochschulen findet: Die Lehrenden sollen nicht nur bloße Lehrer sein, die vorhandenes Wissen vermitteln, sie sollen sich vielmehr durch eigene wissenschaftliche Arbeiten ausgezeichnet haben, also in ihrer Person Forschung und Lehre verbinden. Damit soll sichtbar nach außen dokumentiert werden, daß sie grundsätzlich die Befähigung besitzen, Studierenden wissenschaftliche Arbeitsmethoden aus eigener Erfahrung und Anwendung nahezubringen. Die den Studierenden im Studium vermittelten Techniken und das vermittelte Wissen soll diese zu eigenem wissenschaftlichem Handeln, zu eigenverantwortlichem und freiem Denken und Forschen befähigen und anregen. Zudem sollen sie nicht in einem ganz bestimmten Beruf ausgebildet, sondern „im Interesse vielseitiger beruflicher Verwendungsmöglichkeiten" auf ein berufliches Tätigkeits/e/d vorbereitet werden 399 . Wie oben 400 erarbeitet wurde, folgt aus den Art. 5 Abs. 3 Satz 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 4 GG die Verantwortung des Staates für die Wissenschaft und den Hochschulbereich. Insbesondere Art. 5 Abs. 3 GG enthält einen staatlichen Schutzauftrag für die Wissenschaft. Diesen Schutzauftrag nimmt der Staat im Rahmen seiner Gewährleistungsverantwortung durch die Normierung von Voraussetzungen der staatlichen Anerkennung wahr, denn die Anerkennung drückt aus, daß der Staat mit dieser Art von Hochschulausbildung „einverstanden" ist, gleichzeitig aber durch Vorschriften den Schutz und die Förderung von Wissenschaft durch Private gewährleistet. Besonders deutlich tritt dieser Schutzauftrag in der Vorschrift des § 70 Abs. 1 Nr. 5 HRG und ihren landesrechtlichen Entsprechungen zutage. Dort wird, ohne spezielle Kriterien für die Binnenstruktur der Hochschule aufzustellen, gefordert, daß die Hochschulangehörigen in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze des HRG an der Gestaltung des Studiums mitwirken können. Diese Vorschrift zielt auf eine Binnenstruktur, die die Wissenschaftsfreiheit der beschäftigten Professo397 Reich, Hochschulgesetz Sachsen-Anhalt, Kommentar, 1996, § 107, Rdnr. 1. 398 Lorenz, in: Hailbronner (Hrsg.), HRG, Kommentar, § 70, Rdnr. 28. 399 Daliinger, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 10. 400 § 2 III. 3. b).
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ren und Professorinnen gewährleistet 401. Die sinngemäße Anwendung zum Beispiel der Vorschriften über das Gebot der Repräsentation aller Gruppen (§ 37 Abs. 1 Satz 3 HRG) und der Professorenmehrheit (§ 37 Abs. 1 Satz 4 HRG) meint aber nicht, daß sich die Privathochschule der Struktur der staatlichen Hochschulen anpassen muß, sondern sie läßt Raum für eigene Mitbestimmungsmodelle402. So möchte § 37 HRG vor dem Hintergrund der studentischen Bewegungen Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre vor allem die Wissenschaftsfreiheit der Professoren schützen, es sind daneben aber durchaus Modelle denkbar, die auch die Studierenden bei der akademischen Selbstverwaltung in einem stärkeren Maße beteiligt, als dies an staatlichen Hochschulen üblich ist. Oder es wird in größerem Umfang, als dies durch die bei staatlichen Hochschulen zum Teil neu eingeführten Hochschulräte geschieht, außeruniversitärer Sachverstand aus Wirtschaft und Gesellschaft in die Hochschulgremien eingebunden. Mangels unmittelbarer Drittwirkung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG fließt über die Voraussetzungen der staatlichen Anerkennung der Schutz der Wissenschaftsfreiheit der Hochschulangehörigen ein. Der Staat wird so seiner Wissenschafts Verantwortung gerecht 403 . Damit dienen die aufgeführten Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung dem Schutz der mit der Wissenschaftsfreiheit der Privathochschulen konkurrierenden Verfassungsgüter Ausbildungsfreiheit der Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 GG, der Wissenschaftsverantwortung des Staates sowie dem Schutz der Öffentlichkeit vor Täuschung über die Gleichwertigkeit der Hochschule. Die Vorschriften sind relativ weit gefaßt, es werden zum Beispiel gerade nicht eine bestimmte Organisation oder gar bestimmte Inhalte vorgeschrieben oder höhere Anforderungen an die Studienbewerber ausgeschlossen. Damit bleibt der Privathochschule ausreichend Raum, ihre Vorstellungen umzusetzen und sich mit eigenen Modellen von den staatlichen Hochschulen abzugrenzen. Zudem sind andere Wege zum Schutz der genannten kollidierenden Verfassungsgüter nicht erkennbar oder würden, wie etwa erheblich enger gefaßte Tatbestände, die Grundrechtsausübung noch erschweren. Die Anforderungen des § 70 Abs. 1 HRG und der entsprechenden landesgesetzlichen Bestimmungen an eine staatliche Anerkennung greifen daher nicht unverhältnismäßig in die Rechte der Privathochschule bzw. ihres Trägers aus Art. 5 Abs. 3 GG und Art. 12 Abs. 1 GG ein.
401
Reich, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 6. So auch Daliinger, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 14; Lorenz, in: Hailbronner (Hrsg.), HRG, Kommentar, § 70, Rdnr. 24 f.; Reich, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 6; Maitre, Die Privatuniversität, 1973, S. 116; 4 03 Lorenz, Privathochschulen, in: Flämig (Hrsg.), HdbWissR, Bd. 1, S. 1171 f. 402
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
2. Das Trägerpluralismusmodell
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Allerdings läßt es kein Bundesland bei den Anforderungen des § 70 HRG bewenden. Die Länder des Trägerpluralismusmodells verlangen darüber hinaus, daß der dauerhafte wirtschaftliche Bestand der Hochschule vermutet werden kann sowie die wirtschaftliche und rechtliche Stellung des Hochschulpersonals gesichert ist. Die Voraussetzung einer positiven Bestandsvermutung bleibt in ihrer Formulierung hinter der Formulierung zurück, die einige Ländergesetze des Steuerungsmodells verwenden: Diese fordern, daß der Bestand gesichert ist bzw. der Bestand als sicher anzunehmen ist. Das Trägerpluralismusmodell hingegen läßt eine bloße Vermutung ausreichen. Die den wirtschaftlichen Bestand der Einrichtung betreffenden Kriterien werden zum Teil als ungeschriebene Anerkennungsvoraussetzungen in den Katalog des § 70 Abs. 1 HRG hineingelesen405. Allerdings kann und will § 70 HRG nur einen Rahmen vorgeben, nicht alle möglicherweise sachgerechten Kriterien sind daher schon in § 70 HRG festgelegt 406. Diese wirtschaftlichen Kriterien dienen zum einen wiederum dem Schutz der Studierenden, deren Ausbildung nur dann gesichert ist, wenn die Privathochschule dauerhaft besteht. Ebenso wird der sichere Arbeitsplatz der an der Privathochschule beschäftigten Wissenschaftler geschützt. Für diese Bestimmung „streiten" also wiederum die Grundrechte aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 und Art. 12 Abs. 1 GG. Zum anderen hat auch der Staat selbst ein Interesse an der Dauerhaftigkeit anerkannter Privathochschulen, denn er hat mit der staatlichen Anerkennung die Hochschule in das öffentliche Hochschulsystem aufgenommen, für das er die Verantwortung trägt. Die Bestimmung zur Vermutung der dauerhaften Bestandssicherheit formt demnach ebenfalls den Schutz kollidierenden Verfassungsrechts aus und schränkt somit das aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG folgende Recht, Privathochschulen zu errichten und zu betreiben, nicht unverhältnismäßig ein.
404 Zu den verschiedenen Modellen s. oben § 2 III. Unter dem Begriff „Trägerpluralismusmodeir wurden diejenigen Landesvorschriften zusammengefaßt, die Privathochschulen einerseits verfassungsrechtlich garantieren und andererseits die staatliche Anerkennung im Vergleich zu den anderen Modellen relativ offen gestaltet haben. Demgegenüber gehen die Länder des „Alleinverantwortungsmodells" sowohl in der Verfassung als auch durch einen Genehmigungsvorbehalt von einem grundsätzlich staatlichen Hochschulwesen aus. Dazwischen stehen die Länder des „Steuerungsmodells", deren Verfassungen sich neutral gegenüber Privathochschulen verhalten, deren Anerkennungsregelungen aber häufig erheblich über den Kanon des § 70 hinausgehen. 4 5 So Walter, Rechtsfragen der Finanzierung privater Hochschulgründungen: RdJB 1985, S. 2. 4 06 Lorenz, in: Hailbronner (Hrsg.), HRG, Kommentar, § 70, Rdnr. 29.
§ 4 Die Verantwortungsteilung
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3. Das Steuerungsmodell Der hier verwendete Begriff Steuerungsmodell steht für einige Bundesländer, die, obwohl sie oben in einer Gruppe zusammengefaßt wurden, relativ unterschiedliche Regelungen zur staatlichen Anerkennung bereithalten. Allerdings kann man sie gegenüber dem Alleinverantwortungsmodell durch den Verzicht auf eine Errichtungsgenehmigung und gegenüber dem Trägerpluralismusmodell durch das Hinzutreten weiterer Voraussetzungen abgrenzen. Zudem sei daran erinnert, daß die Verfassungen dieser Länder anders als die Länder des Trägerpluralismusmodells die Möglichkeit privater Hochschulen nicht ausdrücklich erwähnen, sondern nur die Wissenschaftsfreiheit und zum Teil Bestimmungen zum Schutz und zur Pflege der Kultur sowie der Hochschulen enthalten. Auch die im Rahmen des Steuerungsmodells im Vergleich zum Trägerpluralismusmodell zusätzlich aufgeführten Bedingungen, insbesondere die Voraussetzung der Gleichwertigkeit des Studiums und der Abschlüsse oder die Verfassungstreue der Professoren, greifen in die „Privathochschulfreiheit" aus Art. 5 Abs. 3 bzw. Art. 12 Abs. 1GG ein, indem sie jedenfalls tatsächlich die Grundrechtsausübung an staatlich festgeschriebene Voraussetzungen knüpfen. Eine im Vergleich mit den Kriterienkatalogen des Trägerpluralismusmodells auf den ersten Blick nur in einer Nuance andere Bestimmung findet sich hinsichtlich der positiven Finanzprognose der Privathochschule: Hier reicht nicht nur ein vermuteter dauerhafter Bestand, sondern die finanzielle Beständigkeit muß sicher feststehen. Auch dieses gegenüber dem Trägerpluralismusmodell lediglich etwas enger gefaßte Kriterium dient dem Schutz der gesicherten Ausbildung der Studierenden, des gesicherten Tätigkeitsfeldes der Wissenschaftler sowie einem funktionierenden Hochschulwesen, also kollidierenden Verfassungsgütern. Es erscheint zudem fraglich, ob der Unterschied zwischen einer lediglich vermuteten positiven Finanzprognose und einer sicher feststehenden Finanzprognose zu einem anderen Ergebnis im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit des Eingriffs führen kann. Denn auch nach dem Steuerungsmodell kann zum Zeitpunkt der Antragstellung nur eine immer mit einem gewissen Unsicherheitsfaktor ausgestattete Prognose erstellt werden. Der Unterschied zwischen einer Vermutung und einer in die Zukunft gerichteten „sicheren" Prognose kann daher nur marginal, die verfassungsrechtliche Beurteilung dieser Voraussetzungen insofern nicht unterschiedlich sein. Vielfach werden in den Landeshochschulgesetzen des Steuerungsmodells ein gleichwertiges Studium und gleichwertige Abschlüsse gefordert. Obwohl diese Bestimmung sehr dem Kriterium der Ausrichtung des Studienziels ähnelt, das für alle staatlichen wie privaten Hochschulen gilt und also für eine gewisse Vergleichbarkeit des Studiums und der Abschlüsse sorgt, zielt diese Vorschrift daneben auf das in § 70 Abs. 1 Nr. 2 HRG aufgeführte Kriterium einer Mehrzahl von Studiengängen, also die Möglichkeit des Studenten zur Auswahl und zum eigenständigen Aufbau seines Studiums - allerdings unbeschadet der Studien- und Prüfungsord*
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
nungen 407 . Aber selbst wenn man diese unmittelbare Nähe zu § 70 Abs. 1 Nr. 2 HRG nicht nachvollziehen möchte, wird man zum Ergebnis der Unbedenklichkeit der Regelung kommen: Alle Anforderungen an eine Privathochschule, die eine staatliche Anerkennung erhalten soll, dienen der Sicherstellung der Gleichwertigkeit der Hochschule, des an ihr angebotenen Studiums und ihrer Abschlüsse. Sie schützen damit wiederum den Rechtsverkehr und insbesondere die Studierenden vor irreführenden Bezeichnungen und Versprechungen sowie ihr Recht auf eine qualitative Ausbildung aus Art. 12 Abs. 1 GG. Zudem macht die Gleichwertigkeitserklärung die Privathochschule zu einer öffentlichen Hochschule im Rechtssinn, für deren Qualität der Staat aufgrund der objektiven Dimension des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zu sorgen hat. Auch diese AnerkennungsVoraussetzung dient damit dem Schutz kollidierenden Verfassungsrechts. Kritisieren kann man an der Bedingung der Gleichwertigkeit für die staatliche Anerkennung allenfalls, daß der Begriff der Gleichwertigkeit als Anerkennungsvoraussetzung zu offen und daher zu willküranfällig ist. Man wird daher auch hier keine zu hohen Anforderungen an die betreffende Privathochschule stellen dürfen, soll nicht mit dem Instrument der Anerkennung neben der Gleichwertigkeit auch eine Gleichartigkeit sichergestellt werden. Die begriffliche Offenheit des Kriteriums der Gleichwertigkeit beläßt der entscheidenden Behörde bei der Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs andererseits gewisse Spielräume; so können vielfältige Aspekte berücksichtigt werden, die bei staatlichen Hochschulen nicht auftreten. Ein weiteres in das Recht zur Errichtung von Privathochschulen eingreifendes Kriterium für die Länder des Steuerungsmodells stellt grundsätzlich auch die Anforderung der Verfassungstreue der an der Privathochschule Lehrenden dar. Auch an staatlichen Hochschulen dürfen hinsichtlich der Verfassungstreue der Hochschullehrer keine Zweifel bestehen, man könnte dieses Kriterium deshalb als im Rahmen der Gleichwertigkeitsprüfung nur konsequent ansehen. Dabei wird aber übersehen, daß bei den Professoren und Professorinnen einer staatlichen Hochschule wegen ihres Beamtenstatus höhere Anforderungen an ihre Verfassungstreue gestellt werden als an andere Hochschulmitglieder 408. Dozenten und Dozentinnen einer Privathochschule sind definitionsgemäß keine Beamten, derselbe Maßstab hinsichtlich der Verfassungstreue wäre also verfehlt. Andererseits soll auch das Studium an einer Privathochschule die Studierenden zu einem verantwortlichen Handeln im freiheitlich demokratischen Rechtsstaat befähigen, in diesem Sinne ist eine verfassungsfeindliche Lehre und Studienbegleitung gar nicht denkbar. Und auch die Garantie der Wissenschaftsfreiheit stellt in Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG die 407
Reich, Hochschulgesetz Sachsen-Anhalt, Kommentar, § 107, Rdnr. 8. 8 Für Beamte gilt die jeweilige landesrechtliche Ausformung des § 35 Abs. 1 Satz 1 BRRG („Er muß sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten."), z. B. § 70 Abs. 2 BWBG, für nichtbeamtete Hochschullehrer gilt der landesrechtliche Verweis oder die Wiederholung des Art. 5 Abs. 3 Satz 2 GG („Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung"). 4
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Verbindung zwischen Lehre und Verfassungstreue her. Die Anforderung an die Verfassungstreue der Lehrenden kann damit als vor Art. 5 Abs. 3 GG unproblematisch bewertet werden. Allerdings wird man nicht soweit gehen dürfen, beamtenrechtliche Maßstäbe an die Verfassungstreue der Privathochschullehrer anzulegen. Das Steuerungsmodell enthält zwar auf den ersten Blick mehr Anforderungen an die eine staatliche Anerkennung beantragende Privathochschule als das Trägerpluralismusmodell, aber auch diese Regelungen stellen Konkretisierungen des Schutzes der Rechte der Studierenden sowie eines funktionierenden Hochschulsystems dar. Insofern kann ihr Eingriff in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bzw. Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden.
4. Zusätzliche Anforderungen des Alleinverantwortungsmodells Abgesehen davon, daß in den Ländern des Alleinverantwortungsmodells schon für die Errichtung einer Privathochschule eine Genehmigung erforderlich ist 4 0 9 , stellen die Länder Bayern und Hessen noch weitergehende Anforderungen an eine staatliche Anerkennung, die damit in das Recht, Privathochschulen zu errichten und zu betreiben, eingreifen. Zunächst sollen an den Privathochschulen überwiegend hauptberuflich Lehrende beschäftigt sein. Diese Vorschrift wird damit begründet, daß das Studium nur dann dem an einer staatlichen Hochschule vergleichbar sei, wenn es von hauptberuflich Lehrenden betreut werde 410 . Allerdings kann es im Hinblick auf die durch die Regelungen zur staatlichen Anerkennung bezweckte Vergleichbarkeit weniger auf die Hauptberuflichkeit als vielmehr auf das Kriterium der Wissenschaftlichkeit ankommen. Eine auf Dauer angelegte wissenschaftliche Hochschule wird wohl kaum ohne hauptberuflich Lehrende auskommen, die ihre Zeit ganz der Forschung und Lehre an dieser Hochschule widmen. Dabei stellt sich ohnehin die Frage, wie man den Begriff „überwiegend" versteht: Es kann gerade für die Privathochschule profilbildend sein, daß sie immer wieder Dozenten aus der Wirtschaft, also eigentlich keine Wissenschaftler, oder anderweitig wissenschaftlich Tätige einlädt, die nur für einzelne Themenbereiche oder zeitlich begrenzt an der Privathochschule lehren. Zudem erscheint es gerade für Privathochschulen, die sich noch in der Aufbauphase befinden, kaum möglich, die gesamte Fächerbreite durch wenige hauptberuflich Lehrende zu repräsentieren. Denn zu ihrer Wissenschaftsfreiheit gehört immerhin auch, daß sie grundsätzlich selbst bestimmen, was sie lehren, vor allem aber, daß sie ihre Lehre auf ihrer eigenen Forschung aufbauen, für die bei umfänglichen Lehrverpflichtungen wohl kaum noch Zeit bleibt 411 .
409 Dazu sogleich unter II. 410 Reich, Bayerisches Hochschulgesetz, Kommentar, 1989, § 108, Rdnr. 9.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
Im Ergebnis kann wegen der Schwere des Eingriffs in das aus Art. 5 Abs. 3 GG und Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht, Privathochschulen zu gründen, diese Bedingung ihrem Wortlaut nach vor Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG keinen Bestand haben: Man könnte zwar überlegen, daß diese Vorschrift dem Recht der Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 GG insofern dient, als ihre Professoren hauptsächlich an der Privathochschule anwesend sind und sich auch um studentische Fragen kümmern können. Allerdings könnte dem Recht der Studierenden auch durch Regelungen genügt werden, die den Umfang der Mindestanwesenheitszeiten bestimmen. Zudem stehen bei Anwendung dieser Bedingung dem Nutzen für die Studierenden erhebliche Schwierigkeiten für Privathochschulen in der Anfangsphase, wenn nicht gar die Unmöglichkeit der Grundrechtsausübung auf Seiten der Privathochschule gegenüber. Die Voraussetzung, daß an einer Privathochschule überwiegend hauptberuflich Lehrende beschäftigt sein müssen, greift wegen der fehlenden Ausnahmemöglichkeiten unverhältnismäßig in das Recht zur Gründung und zum Betrieb einer Privathochschule aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 bzw. Art. 12 Abs. 1 GG ein und ist somit verfassungswidrig. Als weitere Anerkennungsvoraussetzung wird zum Teil eine Versorgungsanwartschaft für die Professoren und eine mit den Bezügen der an staatlichen Hochschulen wissenschaftlich Beschäftigten vergleichbare Vergütung verlangt 412 . Diese Bestimmung dient offensichtlich dem Schutz des wissenschaftlichen Personals, kann also gestützt werden auf Art. 12 Abs. 1 bzw. Art. 5 Abs. 3 GG oder auf die entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Gewährleistungen. Allerdings muß man fragen, ob diese an die beamtenrechtlichen Verpflichtungen des Staates zu ausreichender Besoldung erinnernde Bestimmung ohne weiteres auch eine ähnliche Verpflichtung der Privathochschule begründen darf. So weit gehen die landesrechtlichen AnerkennungsVoraussetzungen jedoch nicht. Formulierungen wie „angemessene Berücksichtigung des Lehrumfangs" oder „nicht wesentlich zurückbleiben" lassen einen ausreichenden Spielraum offen. Sinn der Vorschrift ist danach nicht so sehr, die Hochschule zu ähnlichen Leistungen zu verpflichten, sondern eine Ausbeutung der Wissenschaftler zu verhindern. Vor diesem Hintergrund erscheint diese Bestimmung nicht unverhältnismäßig eingreifend und damit gerechtfertigt. Einige Landeshochschulgesetze enthalten die Bestimmung, daß die Privathochschule nicht eine Sonderung nach Besitzverhältnissen der Eltern fördern 411 Beispielsweise sind an der Gerd-Buccerius-Law-School, die im Herbst 2000 in Hamburg den Studienbetrieb aufgenommen hat, für das erste Studienjahr, also für 100 Studierende zunächst fünf Professoren vorgesehen. Diese Zahl soll mit dem Anwachsen der Studentenzahlen auf zwölf Lehrende erhöht werden, Wagner, Fünf Professoren, hundert Studenten: FAZ vom 28. 2. 2000, S. 4. Mit einem Verhältnis von 20 Studenten auf einen Lehrenden herrschen dort „traumhafte" Verhältnisse. Sollen aber ganz spezielle Themen behandelt werden, wird die Lehre möglicherweise besser von Dozenten vertreten, die auch auf diesem speziellen Gebiet forschen und nicht unbedingt im übrigen an dieser Hochschule beschäftigt sind. 412 So § 104 Abs. 1 Nr. 7, 8 HessHG.
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dürfe 413 . Ähnlich wie im Bereich des Ersatzschulwesens414 will diese Bestimmung sichern, daß die Privathochschule grundsätzlich für jedermann offensteht, der die qualitativen Anforderungen erfüllt. Das Verbot der Sonderung nach Besitzverhältnissen schützt damit das Recht der Studierenden auf eine freie Wahl der Berufsausbildung sowie auf gleichen Zugang zur Privathochschule aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG; es konkretisiert also den Schutz eines kollidierenden Verfassungsguts. Alle Privathochschulen in Deutschland verlangen Studiengebühren in einer Höhe von ca. 6.000 DM bis ca. 20.000 DM pro Studienjahr 415. Das Studium an der Privathochschule ist also so teuer, daß zunächst für viele ein Privathochschulstudium allein aus finanziellen Gründen nicht in Frage kommt. Ein Sonderungsverbot ist insofern geeignet und grundsätzlich erforderlich, einen gleichen Studienzugang zu gewährleisten. Allerdings bedeutet diese Bestimmung nicht, daß überhaupt keine Studiengebühren erhoben werden dürfen, sondern nur, daß, wenn Gebühren erhoben werden, durch eine Finanzierungsmöglichkeit über Darlehen oder Stipendien eine Sonderung nach den Besitzverhältnissen der Eltern ausgeschlossen wird. Solche Stipendien- und Rückzahlungsmodelle gibt es an allen deutschen Privathochschulen. Zudem sind Privathochschulen in der Regel auf die Einkünfte aus Studiengebühren angewiesen416. Demgegenüber steht jedoch die aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG fließende staatliche Verpflichtung zum Schutz des gleichen Zugangs zu allen Ausbildungsstätten. Zudem wird - wie oben dargelegt 417 - aus dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 4 GG iVm Art. 12 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 3 GG eine Verpflichtung des Staates zum Schutz eines grundsätzlich für alle offenstehenden Hochschulsystems abgeleitet. Wenn die Privathochschule in dieses öffentliche Hochschulsystem einbezogen werden will, muß sie also wegen der durch den Staat verantworteten Einbeziehung auch die Voraussetzungen für einen gleichen Hochschulzugang schaffen. Diese Bedingung stellt zwar einen Eingriff in das Recht, Privathochschulen zu errichten und zu betreiben dar, die geforderten Voraussetzungen für einen gleichen Hochschulzugang verlangen jedoch nicht den Verzicht auf Stu413 So § 101 Abs. 1 Nr. 9 HessHG. 414 Vgl. z. B. das Sonderungsverbot in § 5 Abs. 1 letzter HS PSchG BW. 415 Die Höhe der Studiengebühren wird dabei allerdings recht unterschiedlich bemessen, auch gibt es verschiedene Zahlungsmodelle, in denen dann wiederum die Höhe leicht differieren kann. Nach den Angaben der Internetseiten der jeweiligen Privathochschulen kostet ein Studienjahr an der Privatuniversität Witten-Herdecke ca. 6.000 DM, an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz 14.000 DM, an der Gerd-BuceriusLaw School in Hamburg 15.000 DM, an der European Business School in Oestrich-Winkel 16.000 DM, an der International University Bruchsal 18.000 DM und am Stuttgart Institute of Management and Technology 20.000 DM. 416 So decken die Einnahmen aus Studiengebühren z. B. ca. 6% des Haushalts der Universität Witten-Herdecke, vgl. http://www.uni-wh.de/service/wir/eckdaten/htm (Stand: 10. 10. 2000), dagegen sogar ca. 20% an der WHU-Koblenz, vgl. http://www.whu-koblenz.de/finanz.htm (Stand: 03. 11. 2000). 417 S. oben unter § 2 III. 3. b).
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diengebühren, sondern nur ein sozial verträgliches Studiengebührenmodell. Wegen der geringen Eingriffsintensität kann das Sonderungsverbot, das den Schutz des Rechts auf gleichen Hochschulzugang konkretisiert, vor Art. 5 Abs. 3 Satz 1 und Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden. In Hessen kann zusätzlich zur Errichtungsgenehmigung, die im wesentlichen die Kriterien des § 70 Abs. 1HRG zur staatlichen Anerkennung sowie die soeben dargestellten zusätzlichen Kriterien des Alleinverantwortungsmodells voraussetzt, eine staatliche Anerkennung beantragt werden. Dies setzt zusätzlich zu den Genehmigungskriterien voraus, daß am Ende eines Studienabschnitts die Lehrziele der staatlichen Hochschulen erreicht werden. Diese Regelung greift also besonders in das aus Art. 5 Abs. 3 GG fließende Recht ein, den Inhalt der Lehrveranstaltungen selbst zu bestimmen sowie das wissenschaftliche Studium selbst zu organisieren. Die Verwendung des Begriffs „jeder Studienabschnitt" impliziert, daß es in einem Studiengang mehrere Studienabschnitte gibt, die auf den Studienabschluß hin Etappen bilden. Studienabschnitte können nicht mit Semestern gleichgesetzt werden, da sich das Studium an staatlichen Hochschulen zwar in Semester gliedert, die einzelne Hochschule aber in ihren Studien- und Prüfungsordnungen grundsätzlich frei ist, sich von der Semesterzählung insofern zu lösen, als die Studierenden einige Fächer nicht ein ganzes Semester hören, sondern möglicherweise komprimiert in einigen Wochen das entsprechende Lehrziel vermittelt bekommen 418 . Die Lehrziele staatlicher Hochschulen ergänzen den Studienplan: Der Studienplan bestimmt, wann etwas im Verlauf des Studiums vorgesehen ist; die Lehrziele bezeichnen, was bis zu welchem Zeitpunkt vermittelt sein sollte. Wenn an einer Privathochschule also am Ende eines Studienabschnitts das Lehrziel der staatlichen Hochschule erreicht werden soll, muß auch die Privathochschule die Inhalte vermitteln, die das Lehrziel näher bestimmt, und das Studium ähnlich wie das an einer staatlichen Hochschule gliedern. Zu dem aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG fließenden Recht, eine Privathochschule zu betreiben, gehört aber auch, die Inhalte dessen selbstverwaltend festzulegen, was an dem Privathochschulstudium charakteristisch sein soll, welche Schwerpunkte gesetzt werden und in welcher Reihenfolge das Studium zu organisieren ist. Dabei wird das Studium an einer Privathochschule sicherlich genauso wenig mit der Vermittlung und Erarbeitung von Spezialwissen beginnen wie an einer staatlichen Hochschule. Andererseits macht aber auch die Flexibilität, zum Beispiel für alle Studierenden verpflichtend ein Studienjahr im Ausland oder ein Praxissemester vorzusehen, den Reiz und auch die Konkurrenzfähigkeit privater Hochschulen aus. Zudem darf auch der staatlichen Hochschule wegen des aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG fließenden Selbstverwaltungsrechts nichts vom Staat vorgegeben werden, das die Wissenschaftsfreiheit der Professoren insbesondere in der Hinsicht, den Inhalt ihrer Lehre selbst zu bestimmen, tangiert. Gegenüber Privathochschulen muß also mindestens dasselbe Maß an Frei418
So z. B. in den Fächern, in denen die Studenten nach dem Credit-Point-System einzelne Kurse besuchen, die im Interesse eines möglichst breiten und vielseitigen Fächerkanons nicht immer in dem ganzen Semester angeboten werden.
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heit zur Selbstverwaltung beachtet werden wie gegenüber staatlichen Hochschulen. Auch die staatlichen Hochschulen regeln ihre Studienpläne selbst. Auch Privathochschulen darf diese autonome Entscheidung nicht durch eine „Allgemeingültigkeitserklärung" der Lehrpläne der staatlichen Hochschulen genommen werden. Zudem ist kein Verfassungsgut erkennbar, dessen Schutz ein Festlegen des Studienplans von Staats wegen fordert. Die beschäftigten Wissenschaftler haben gerade ein Interesse an einem möglichst wenig vorgegebenen Studienplan, da sie im Rahmen ihrer Wissenschaftsfreiheit den Inhalt ihrer Lehre selbst festlegen können. Die Studierenden sind an einem guten Studium interessiert, allerdings kann dieses auch durch echte Rahmenvorgaben, insbesondere durch das Gebot der Wissenschaftlichkeit, gewährleistet werden, es bedarf nicht einer genaueren Bestimmung der Lehr- bzw. Lernziele eines jeden Studienabschnitts. Diese Vorschrift kann auch nicht verfassungskonform ausgelegt werden. Die Bestimmung, daß die Lehrziele der staatlichen Hochschulen nach jedem Studienabschnitt erreicht werden müssen, könnte zwar auch bedeuten, daß überhaupt bestimmte Abschnitte innerhalb des Studiums bestehen, also zum Beispiel die Unterscheidung zwischen Grund- und Hauptstudium oder zwischen vorklinischen und klinischen Semestern in der Medizin, und daß im Endergebnis die Lehrziele aller Studienabschnitte erreicht werden. Andererseits würde auch hier das im Hinblick auf seine Ausgestaltung offenere Kriterium der Vergleichbarkeit des Studiums bzw. der Abschlüsse genügen, um die Wissenschaftlichkeit der Hochschule, die am staatlichen Berechtigungswesen teilnimmt, zu garantieren. Außerdem würde die Bestimmung, daß die Ziele eines jeden Studienabschnitts erreicht werden sollen, keinen Sinn machen, wenn es nur um die Gleichwertigkeit des Studienabschlusses geht. Denn der Abschluß beendet nicht nur einen Studienabschnitt, sondern das ganze Studium. Es scheint daher, daß die fragliche Vorschrift weniger die Gleichwertigkeit der Privathochschule sicherstellen als vielmehr ein durch die staatliche Hochschule geprägtes und bestimmtes Bild festlegen will. Auf diese Weise wird auf die Gestalt der Privathochschule und die Inhalte und Organisation der Studiengänge eingewirkt. Dies ist nicht mehr mit der Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zu vereinbaren. Die Anerkennungsvoraussetzung, daß am Ende jeden Studienabschnitts die Lehrziele der staatlichen Hochschule auch an der entsprechenden Privathochschule erreicht sein müssen, greift damit unverhältnismäßig in das Recht zur Errichtung und zum Betrieb von Privathochschulen ein und ist somit verfassungswidrig.
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5. Exkurs: Verfassungsmäßigkeit eines Studiengebührenverbots419 Das Thema Studiengebühren taucht in Diskussionen über das Für und Wider von Privathochschulen regelmäßig auf. So befürworten einige auch für staatliche Hochschulen Studiengebühren als Leistungsanreiz für Studierende sowie zur Finanzbeschaffung für den Hochschuletat der Länder und verweisen als positives Beispiel auf die Praxis an Privathochschulen. Von anderen wird den Privathochschulen vorgeworfen, sie würden durch die Studiengebührenerhebung einer sozialen Elitebildung Vorschub leisten. Ein auch für Privathochschulen geltendes Studiengebühren verbot würde jedenfalls eines der auffälligsten Unterscheidungskriterien zwischen der privaten und der staatlichen Hochschule betreffen. In Thüringen wurde laut Zeitungsberichten ein Studiengebührenverbot, das ausdrücklich auch für Privathochschulen gelten sollte, erwogen, dann aber wohl wegen der Drohung einer nicht näher bezeichneten Privathochschule, sich in einem anderen Bundesland anzusiedeln, wieder fallengelassen 420. In die Gegenrichtung steuert Art. 115 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayHG, das dem Privathochschulträger ausdrücklich die Möglichkeit einräumt, Studiengebühren zu erheben. Im übrigen haben nur wenige Bundesländer die Erhebung von Studiengebühren explizit ausgeschlossen421. Diese Regelungen gelten jedoch mangels Verweis der Privathochschulregelungen auf die Vorschriften zum Studiengebührenverbot nicht auch für staatlich anerkannte Privathochschulen. Ein (nur für die staatlichen Hochschulen geltendes) Studiengebührenverbot wurde auf Bundesebene immer wieder gefordert, bisher aber wegen Zweifeln an der Bundeszuständigkeit und wohl auch mangels politischen Willens, sich gegen die Studiengebührenbefürworter aus einigen Bundesländern durchzusetzen, nicht in das HRG aufgenommen 4 2 2 . Um das Problem einer möglicherweise fehlenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes 423 zu umgehen, aber dennoch ein bundesweit geltendes Studien419 Auf die Diskussion um Studiengebühren und ihre rechtliche Bewertung kann hier nicht im einzelnen, insb. nicht im Hinblick auf die materiell-rechtliche Zulässigkeit von Studiengebühren, eingegangen werden, vgl. aber Haug, Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen einer Einführung von Studiengebühren: WissR 33 (2000), S. 1 ff. Zur politischen Diskussion Zöllner, Wettbewerbsverzerrend und wissenschaftsfeindlich: Forschung & Lehre 1999, S. 399 f.; Krämer, Falscher Ruf nach Gerechtigkeit: Forschung & Lehre 1999, S. 401 f.; Mißler/Bahro, Rettungsanker Studiengebühren?: DUZ 1999, S. 14 ff.; Erhardt, Hochschulfinanzierung und Hochschulstruktur vor neuen Herausforderungen: WissR 29 (1996), S. 307 ff. (312 f.); ders., Den privaten Nutzen nicht öffentlich finanzieren, in: Fritsche/Lindner/Renkes (Hrsg.), Studiengebühren Pro und Contra - DUZ-Doku, 1996, S. 26 ff.; Block, Studiengebühren Pro und Contra. Vom Marktversagen zum Staatsversagen, in: ebd.; Grözinger, Hochschulen in Deutschland - Unterfinanzierung und Fehllenkung, in: v. Weizsäcker (Hrsg.), Deregulierung und Finanzierung des Bildungswesens, 1998, S. 187 ff. (213 ff.) schlägt nachträgliche Studiengebühren vor. 420 Vgl. den Zeitungsbericht „Anonyme Milliarde" von Schneider in der SZ vom 15. 12. 1998, S. V 2.
421 So § 2 Abs. 10 BerlHG; § 115 Abs. 1 Satz 1 SaAnHG; § 107 Abs. 1 ThürHG. 422 Vgl. aber den Gesetzentwurf der PDS vom 22. 03. 2000, BT-Drucks.14/3005.
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gebührenverbot festschreiben zu können, war vom Bundesbildungsministerium ein Staatsvertrag aller Länder vorgeschlagen worden. Ein generelles Studiengebührenverbot scheiterte aber am Widerstand einiger Länder, die sich diese Einnahmemöglichkeit nicht nehmen lassen wollten oder bereits von sogenannten Langzeitstudierenden oder für ein Zweitstudium Studiengebühren erheben. Zumindest das Erststudium soll nach einem Beschluß der Kultusministerkonferenz jedoch als gebührenfrei garantiert werden 4 2 4 . Es wäre grundsätzlich zu überlegen, ob ein Verbot, das nicht nur die Förderung der Sonderung nach Besitzverhältnissen 425 , sondern ausdrücklich auch alle Studiengebührenmodelle für Privathochschulen ausschließt, als Eingriff in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gerechtfertigt werden könnte. Grundsätzlich sind Privathochschulen vom Geltungsbereich der jeweiligen Landeshochschulgesetze erfaßt, soweit die Regelungen des ausdrücklich die Privathochschulen betreffenden Abschnitts dies bestimmen 4 2 6 . Voraussetzung für die Geltung eines Studiengebührenverbots auch gegenüber Privathochschulen wäre also der ausdrückliche Verweis auf die entsprechende Regelung. Vielfach wird aber ein solcher Zusammenhang zwischen den Vorschriften über das Studiengebührenverbot und den ausdrücklich nur für staatliche Hochschulen geltenden Vorschriften
423 Allerdings ist das Fehlen einer Bundeskompetenz keineswegs so eindeutig, wie es z.T. dargestellt wird: Zu den in Art. 72 Abs. 2 GG genannten „einheitlichen Lebensverhältnissen" gehört, bei einem auf Personengruppen bezogenen Begriffsverständnis, auch die Ausbildungssituation. Wenn also in einem Bundesland über Studiengebühren der Zugang zum Studium zumindest erschwert wird, wird - das hat die Situation bei den Rechtsreferendaren gezeigt - ein großer Teil der Studierenden auf andere Bundesländer ausweichen, in denen das Studium gebührenfrei ist. Denn schon die Herkunft der derzeit Studierenden belegt, daß bei der Berufs- und Ausbildungswahl finanzielle Kriterien wesentlich mitbestimmend sind, vgl. dazu beispielsweise die Erhebung des Studentenwerks, zitiert bei Brunn, Gegen den Populismus mit finanziellen Folgeschäden, in: Fritsche u. a. (Red.), Studiengebühren Pro und Contra, 1996, S. 29 ff., sowie die Untersuchung der Hochschul-Informationssystem GmbH (HIS), Forschung & Lehre, 2001, S. 60. Zudem kann ein bundesgesetzliches Studiengebühren verbot durchaus so formuliert werden, daß es für die Länder in den Bereichen Regelungsspielräume beläßt, die nicht mehr derart die gleichwertigen Lebensverhältnisse betreffen. Zur gegenteiligen Auffassung s. Degenhart, Hochschulrahmenrecht und Studiengebühren: DVB1. 1998, S. 1309 ff.; Haug, Rechtliche Möglichkeiten und Grenzen von Studiengebühren: WissR 33 (2000), S. 1 ff. 424
So ein Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 25. 05. 2000, für die Erarbeitung eines Staatsvertragsentwurfs haben die Ministerpräsidenten der verschiedenen Bundesländer jedoch keinen Auftrag erteilt, vgl. dazu auf der Internetseite der Kultusministerkonferenz http://www.kmk.org/hschule/schwerp.htm (Stand: 20. 01. 2001). 42 5 So § 101 Abs. 1 Nr. 9 HessHG, s. dazu oben unter 4. 426 Deutlich insoweit Art. 115 BayHG, der die anzuwendenden Vorschriften für staatliche Hochschulen im einzelnen nennt; vgl. z. B. auch § 1 Abs. 1 Satz 1 BrbgHG: „Dieses Gesetz gilt für die staatlichen Hochschulen des Landes Brandenburg und, soweit dies in § 97 bestimmt ist, auch für die staatlich anerkannten Hochschulen.4' Ähnlich § 1 Abs. 5 MeVoHG; § 1 Abs. 1 NRWHG; § 1 Abs. 4 NdsHG; § 1 Abs. 1 RhPfHG; § 1 Abs. 1 SaAnHG; § 1 Abs. 1 SchlHHG.
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gerade nicht hergestellt. So wird zum Beispiel in § 1 BerlHG der Geltungsbereich des Gesetzes nur für staatliche Hochschulen bestimmt, in § 2 Abs. 1 BerlHG werden die Hochschulen als Körperschaften des Öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtungen eingestuft. In Abs. 10 schließlich folgt der Satz: „Studiengebühren werden nicht erhoben." Im Gegensatz dazu verweist § 123 BerlHG, der die staatliche Anerkennung nichtstaatlicher Hochschulen regelt, nur auf bestimmte Vorschriften des Gesetzes, die insbesondere die Rechtsstellung der Professoren oder die staatliche Aufsicht betreffen, nicht aber auf das Studiengebührenverbot. Etwas anders verhält es sich in Bayern und Thüringen: Das bayerische Hochschulgesetz gilt nach Art. 1 Abs. 1 für die Hochschulen des Freistaates Bayern und für die nichtstaatlichen Hochschulen, die staatlich anerkannt sind (Art. 1 Abs. 3 BayHG). Allerdings schränkt Art. 115 die Geltung des Gesetzes für Privathochschulen wieder ein. Anders als in den anderen Bundesländern wird in Art. 115 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BayHG den staatlich anerkannten nichtstaatlichen Hochschulen ausdrücklich die Möglichkeit zur Erhebung von Studiengebühren eingeräumt. Die Zulassung von Studiengebühren stellt für die Privathochschulen keine Einschränkung dar, die vor Art. 5 Abs. 3 GG untersucht werden müßte, sondern kann möglicherweise als eine Begünstigung verstanden werden 427 . Demgegenüber enthält das Thüringische Hochschulgesetz ein Verbot von Studiengebühren 428. Nach § 1 Abs. 1 ThürHG gelten die Bestimmungen des Gesetzes für die Hochschulen des Landes sowie für die nichtstaatlichen Hochschulen; anders als in Bayern existiert aber keine einschränkende Vorschrift. Also müßte das Studiengebührenverbot auch für Privathochschulen Anwendung finden. Dagegen spricht aber, daß dann auch Vorschriften für nichtstaatliche Hochschulen gälten, die offensichtlich nur die staatlichen Hochschulen betreffen 429. Gegen die Geltung des Gebühren Verbotes spricht auch dessen systematische Stellung: Der siebente Teil des Gesetzes ist überschrieben mit „Nichtstaatliche Hochschulen". Hier ist auch die staatliche Anerkennung geregelt. Das Gebührenverbot findet sich schon in dem fünten Abschnitt „Planung und Haushalt"; hier werden vor allem Dinge geregelt, die offensichtlich nicht die Privathochschulen betreffen sollen. Selbst wenn man aber eine Geltung des Gebührenverbotes grundsätzlich annähme, stellte sich weiter die Frage, ob dieses im Hinblick auf die Privathochschulen materiell-rechtlich überhaupt zulässig wäre. Dem Problem liegt die Vorstellung zugrunde, daß die Privathochschule, auch wenn sie durch die staatliche Anerkennung in das öffentliche Hochschulsystem einbezogen wird, grundsätzlich aus eigenem 427
Eine (echte) Begünstigung könnte man gegenüber staatlichen Hochschulen erwägen, die dann an Art. 3 Abs. 1 GG gemessen werden müßte. Allerdings ist das Nicht-Verbieten von Studiengebühren wohl kaum als Leistung des Staates zu bewerten, damit also gerade keine grundrechtsrelevante Begünstigung. 4 28 § 107 Abs. 1 ThürHG. 429 So z. B. schon § 3 ThürHG: „Die Hochschulen sind Körperschaften des Öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtungen. ..."
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Recht und unabhängig von staatlichen Regelungen existiert und tätig wird. Sie stellt eine Alternative zu den staatlichen Hochschulen dar und versteht sich selbst häufig als Dienstleistungsunternehmen, das wie andere Unternehmen auch seine Leistungen zumindest zu einem Teil „verkaufen" möchte. Hier wird deutlich, daß auch diese Frage mit der verfassungsrechtlichen Stellung der privaten Hochschule zusammenhängt; wieder kommt es auf die Reichweite ihres grundrechtlichen Schutzes an. Die Privathochschule ist als wissenschaftliche Hochschule in Art. 5 Abs. 3 GG verankert, dem Schutz der Wissenschaftsfreiheitsgarantie unterfällt auch die Organisation der Wissenschaft, soweit sie unmittelbar auf diese Bezug nimmt 4 3 0 . Studiengebühren dienen der Gesamtfinanzierung der Hochschule. Sie dienen mittelbar der Forschung und Lehre, aber eben auch der allgemeinen Verwaltung und damit auch nichtwissenschaftlichen Fragestellungen und Aufgaben. Diese nehmen nicht direkt Bezug auf die Wissenschaft, sind nicht unmittelbar mit dem Zweck der Wissenschaft verknüpft. Studiengebühren befinden sich demnach in einem Bereich, der relativ weit entfernt von den Fragen liegt, die unter den Begriff der Wissenschaft subsumiert werden können. Mit einem Studiengebührenverbot wird nichts betroffen, das das spezifisch Wissenschaftliche der Hochschule ausmacht, auch in nichtwissenschaftlich arbeitenden Bildungseinrichtungen oder Schulen erfüllen Studiengebühren oder Schulgeld die nicht weiter spezifizierte allgemeine Finanzierungsfunktion. Ein Studiengebührenverbot griffe daher in einen Bereich ein, der der Forschung und Lehre nur mittelbar dient und daher nicht mehr durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützt wird 4 3 1 . Ein auch Privathochschulen betreffendes Studiengebührenverbot könnte aber an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen sein. Dann müßte die Erhebung von Studiengebühren in den Schutzbereich der Berufsfreiheit fallen. Oben wurde herausgearbeitet, daß die Privathochschule grundsätzlich auch von dem Schutz der Berufsfreiheitsgarantie des Art. 12 Abs. 1 GG umfaßt wird. Kennzeichen eines Berufes ist vor allem, daß die Tätigkeit zur Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienen soll. Schon per definitionem geschützt ist damit der Erwerb von Einkünften. Studiengebühren werden häufig als eine Art der „Gegenleistung" der Studierenden für das Organisieren und Anbieten der Lehrveranstaltungen, das Bereithalten gewisser Infrastruktur und die übrigen Vorzüge der Hochschule bezeichnet. Zugleich stellen Studiengebühren Einnahmen der Privathochschule dar. Wenn also ein Gesetz die Erhebung von Studiengebühren verbietet, wird eine Möglichkeit des durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Erwerbes für die Hochschule oder ihren Träger ausgeschlossen und damit in das auch durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht, Privathochschulen zu errichten und zu betreiben, eingegriffen. 430 s. oben unter § 3 II. 2., 3. 431
und 3.
Zum hier vertretenen Gewährleistungsumfang des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG s. § 3 II. 2.
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Die Rechtfertigungsmöglichkeit eines Eingriffs in die Berufsfreiheit richtet sich nach der sogenannten Stufentheorie 432, d. h. es kommt für die Anforderungen an die Rechtfertigung darauf an, auf welcher Stufe der Eingriff vorgenommen wird. Da die Gründung von Privathochschulen auch ohne Studiengebührenerhebung grundsätzlich möglich bleibt, wird durch ein Studiengebührenverbot vor allem der Ausübungsaspekt der Berufsfreiheit betroffen. Grundsätzlich könnte ein Verbot daher durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt werden. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, daß alle in Deutschland betriebenen Privathochschulen Studiengebühren verlangen, die bis zu 30% ihres Haushaltes decken. Obwohl nur die Stufe der Berufsausübung betroffen ist, wäre ein Verbot tatsächlich existenzbedrohend. Wenn aber eine Privathochschule faktisch nur betrieben werden kann, wenn ein Teil der Kosten durch Studiengebühren finanziert wird, wirkt sich ein Studiengebührenverbot auch auf den Aspekt der Berufswahl aus. Es kommt in seinen Wirkungen somit einer objektiven Berufszulassungsschranke gleich, die nach der Rechtsprechung des BVerfG nur durch den Schutz vor nachweisbaren oder höchstwahrscheinlichen Gefahren für überragend wichtige Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt werden kann. Ein Studiengebührenverbot soll verhindern, daß Studierende aus finanziellen Gründen von einem Studium abgehalten werden, es dient also der Durchsetzung gleicher und allgemeiner Hochschulzugangsmöglichkeiten. Die Einordnung des erst in den 60er Jahren eingeführten allgemeinen Hochschulzugangs erscheint schwierig, da auch heute noch (oder wieder) diese Errungenschaft vielfach als Fehler angesehen wird und nicht der Hochschulzugang insgesamt, sondern „nur" ein gebührenfreier Hochschulzugang zur Debatte steht. Grundsätzlich ist aber die gleiche Zugangsmöglichkeit unabhängig von finanziellen Möglichkeiten als wichtiges Gemeinschaftsgut zu qualifizieren. Allerdings ist zu bedenken, daß selbst bei einer Studiengebührenerhebung durch Privathochschulen dank des gut ausgebauten staatlichen Hochschulsystems, das jedenfalls bisher weitgehend gebührenfrei angeboten wird, kein Studierwilliger von seinem Studium ausgeschlossen wird. Es stellt sich also die Frage, ob der Grundrechtseingriff überhaupt erforderlich ist. Auch hier ist im Hinblick auf die Belastung der Studierenden die konkrete Ausgestaltung der Gebührenerhebung von Bedeutung. Die Gefahr für das Gemeinschaftsgut „allgemeiner Hochschulzugang" - sofern man sie überhaupt annimmt - kann also relativ gut abgemildert bzw. durch die staatlichen Hochschulen aufgefangen werden. So wären zum Beispiel auch Regelungen denkbar, die den Privathochschulen im Rahmen der Studiengebührenerhebung vorschreiben, daß sie Konzepte zur Finanzierung der Gebühren, zum Beispiel Stipendien, Darlehen oder die Erhebung von Studiengebühren erst nach Abschluß eines Studiums 433 , bereithalten müssen und für soziale Argumente nicht gänzlich unempfänglich sein dürfen. Diese Regelun432 BVerfGE 7, 377 (405 ff.); s. dazu auch FN 487. 433 Zu nachträglichen Studiengebühren s. Grözinger, Hochschulen in Deutschland - Unterfinanzierung und Fehllenkung, in: v. Weizsäcker (Hrsg.), Deregulierung und Finanzierung des Bildungswesens, S. 187 ff. (213 ff.).
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143
gen stellten gegenüber einem allgemein formulierten Studiengebührenverbot ein milderes Mittel dar. Demgegenüber bedeutete die Eingriffsintensität eines allgemeinen Studiengebührenverbotes für die Privathochschule nahezu ein „Alles oder Nichts". Ein solches Studiengebührenverbot griffe somit unverhältnismäßig in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte „Privathochschulbetriebsfreiheit" ein und wäre damit verfassungswidrig.
6. Sonstiges Die Landeshochschulgesetze enthalten zwar keine weiteren Anerkennungsvoraussetzungen, allerdings finden sich Regelungen, die darüber hinaus in das Recht, Privathochschulen zu betreiben, eingreifen könnten. Als Folge der Anerkennung besteht das Recht, Hochschulprüfungen durchzuführen, vgl. bereits § 70 Abs. 3 Satz 1 HRG. Zum Teil wird aber verlangt, daß erst dann nach eigenen Prüfungsordnungen verfahren werden kann, wenn diese zuvor vom zuständigen Ministerium genehmigt worden sind 434 . Andererseits gilt mit der staatlichen Anerkennung der Hochschule das an einer Privathochschule abgeschlossene Studium als abgeschlossenes Hochschulstudium und damit als gleichwertig. Dann müssen aber auch die Prüfungen gleichwertig sein. Allein dies will die entsprechende Vorschrift, nach der Prüfungsordnungen genehmigt werden müssen, sicherstellen, insbesondere beläßt sie ausreichend Spielraum für „individuelle" Studien- und Prüfungsordnungen, die der besonderen Schwerpunktsetzung oder Bedürfnissen außergewöhnlich zugeschnittener Studiengänge Rechnung tragen können. Zudem dient die Vorschrift insoweit dem Schutz der studentischen Rechte aus Art. 12 Abs. 1GG, als diese zum Beispiel vor Prüfungsfächern, die nicht in den Studienfächerkanon gehören, oder extrem schwierigen Prüfungsbedingungen geschützt werden. Dies ist nicht zu beanstanden. Demgegenüber erscheint eine andere Regelung bedenklich: Einige Länder schränken das Recht, Hochschulprüfungen abnehmen zu dürfen, dahingehend ein, daß diese Prüfungen unter dem Vorsitz einer vom entsprechenden Ministerium bestellten Prüfungsleitung abgehalten werden müssen435. Andere Bundesländer legen zwar eine staatliche Aufsicht im allgemeinen fest, stellen aber die Entsendung eines Vertreters bzw. die Bestimmung des Prüfungsvorsitzenden in das Ermessen der Aufsichtsbehörde 436. In diesen Ländern wird die Möglichkeit, einen staatlichen
434 § 123 Abs. 6 BerlHG; § 80 Abs. 3 BrbgHG: „Feststellung der Gleichwertigkeit"; § 144c Abs. 3 HambHG; § 127 Abs. 2 MeVoHG; § 115 Abs. 3 NRWHG; § 116 Abs. 1 Satz 1 RhPfUG; § 109 Abs. 3 SaAnHG; § 106 Abs. 4 Satz 2 SchlHHG; § 115 Abs. 4 ThürHG. 435 So z. B. § 102 Abs. 2 Satz 1 HessHG; § 116 Abs. 2 Nr. 3 RhPFUG; § 106 Abs. 4 Satz 3 SchlHHG. 436 § 109 Abs. 2 Satz 2 BayHG; § 144c Abs. 5 Satz 2 HambHG; § 115 Abs. 6 NWUG; § 122 Abs. 4 SachsHG; § 109 Abs. 6 Satz 2 SaAnHG; § 115 Abs. 6 Satz 2 ThürHG.
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
Vertreter in die Prüfungen an einer Privathochschule zu entsenden, im Zusammenhang mit einem umfassenden Informationsrecht der Aufsichtsbehörde gesehen. Grundsätzlich gehört aber auch das Recht, Prüfungen abzunehmen, zu dem durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Bereich. Allerdings wird den an Privathochschulen beschäftigten Wissenschaftlern dieses Recht nicht abgesprochen, sondern in den zuletzt genannten Ländern unter staatliche Rechtsaufsicht gestellt. Auch hier dringt wieder das Bild von einem staatlichen „Gütesiegel" durch: Der Staat möchte nur die Abschlüsse gleichstellen, die auch mit den staatlichen Abschlüssen gleichwertig sind. Aus diesen eher allgemein gehaltenen Vorschriften folgt jedoch nicht, daß der staatliche Abgesandte an der Prüfung mitwirken darf, er hat vielmehr allein das Informationsbedürfnis des Staates über das ordnungsgemäße Abhalten der Prüfung zu befriedigen. Die Rechte der Privathochschule sowie der beteiligten Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG können insofern im Rahmen einer Ermessensentscheidung berücksichtigt werden. Bei einer gebundenen Entscheidung ist jedoch für derartige Erwägungen kein Raum. Grundsätzlich stellt auch eine Prüfung unter Vorsitz eines staatlichen Vertreters eine Prüfung der Privathochschule dar. Da regelmäßig die Prüfungsleitung den Ablauf und Inhalt der Prüfung beeinflußt und auch stimmberechtigt bei der Notenvergabe ist, ist die Prüfung letztlich keine rein privathochschulinterne Prüfung mehr, hier wird nicht mehr eine nur rechtliche Aufsicht ausgeübt. Der Staat ist vielmehr unmittelbar an der Prüfung beteiligt. Das bereits oben 437 angesprochene staatliche „Monopol" im Prüfungs- und Berechtigungswesen wird also nicht im Wege der Beleihung der Privathochschule sichtbar, sondern der Staat wirkt durch die Bestimmung des Prüfungsvorsitzenden unmittelbar mit. Das staatliche „Monopol" im Berechtigungswesen selbst kann grundsätzlich verfassungsrechtlich mit den Rechten des Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 GG, der Regelungsbefugnis aus Art. 33 GG und der Notwendigkeit der Gleichwertigkeit gerechtfertigt werden 438 . Wichtig ist jedoch, daß auch bei einem staatlich bestimmten Prüfungsvorsitz nicht die Meinung des Ministeriums, sondern die fachlichen Leistungen des Prüflings Gegenstand und Maßstab der Prüfung sind. Insofern darf das Ministerium keinen Fachfremden oder gar weisungsgebundenen Mitarbeiter als Prüfungsvorsitzenden bestimmen. Außerdem bietet die Vorschrift ausreichend Spielraum, daß auch ein Mitglied der Privathochschule als Prüfungsvorsitzender benannt werden kann. Sie ist demnach noch verfassungsmäßig.
7. Zusammenfassung Die Regelung der staatlichen Anerkennung, die einzelne Voraussetzungen für die Verleihung eines staatlichen „Gütesiegels" statuiert, stellt zwar wegen ihrer 437 s. oben unter II. 438 S. ebd.
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existentiellen Bedeutung für die Privathochschule einen Eingriff in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG sowie Art. 12 Abs. 1 GG dar, als einfachgesetzliche Konkretisierung des Schutzes von mit den Rechten der Privathochschule kollidierenden Verfassungsgütern ist sie im einzelnen jedoch verhältnismäßig. Damit ist zugleich festzuhalten, daß sowohl das Trägerpluralismus- wie das Steuerungsmodell verfassungsgemäß sind, obwohl sich ihre Voraussetzungen zunächst deutlich unterscheiden. Auf die Verfassungsmäßigkeit des Alleinverantwortungsmodells wird sogleich einzugehen sein, es ist aber bereits festzustellen, daß einzelne Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung in den Ländern dieses Modells auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen oder sogar als verfassungswidrig einzustufen sind.
IL Die Verfassungsmäßigkeit eines staatlichen Genehmigungsvorbehalts Im zweiten Kapitel wurde herausgearbeitet, daß kein staatliches Hochschulmonopol besteht, Hochschulen also grundsätzlich nicht allein vom Staat bereitgehalten werden müssen, sondern neben der originär staatlichen auch eine private Verantwortungswahrnehmung möglich und wünschenswert, wiewohl nicht erzwingbar ist. Damit scheint allerdings nicht vereinbar zu sein, daß die private Verantwortungswahrnehmung in Form einer Privathochschule in den Ländern des hier sogenannten Alleinverantwortungsmodells zuvor staatlich genehmigt werden muß 4 3 9 . Im allgemeinen sind mit der Pflicht, eine staatliche Genehmigung vor Aufnahme einer grundrechtlich geschützten Tätigkeit einzuholen, sowie mit dem Genehmigungsverfahren zumindest formelle und zeitliche Belastungen des Grundrechtsträgers verbunden. Sofern keine spezielle Grundrechtsnorm einschlägig ist, kommt bei einer Genehmigungspflicht jedenfalls ein Eingriff in die Allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG in Betracht 440 . Im dritten Kapitel wurde erarbeitet, daß sowohl die Errichtung als auch der Betrieb einer wissenschaftlichen Privathochschule dem Schutz des Art. 5 Abs. 3 GG sowie Art. 12 Abs. 1 GG unterfällt. Unabhängig von den inhaltlichen Anforderungen an eine Genehmigungsfähigkeit 439 Thieme, Privathochschulen in Deutschland - Chancen für die Zukunft?, S. 19, der die Errichtung von privaten „Hoch-schulen" auf Art. 7 Abs. 4 GG stützt und daher zu dem Schluß kommt, daß die Errichtung genehmigungsfrei sei. Im weiteren äußert er sich leider nicht dazu, wie dies zu den Regelungen der Länder des hier sogenannten „Alleinverantwortungsmodells" passen soll. Für Art. 7 Abs. 4 GG ist nämlich zu beachten, daß nach Satz 2 Ersatzschulen schon für die Errichtung einer staatlichen Genehmigung bedürfen; gerade im Hinblick auf Art. 7 Abs. 4 GG dürften daher keine Bedenken gegen eine Genehmigungspflicht privater Hochschulen bestehen. ^o BVerfGE 20, 150 ff. (154); Gusy, Verbot mit Erlaubisvorbehalt - Verbot mit Dispensvorbehalt: JA 1981, S. 80 ff.; Brügge, Verfassungsrechtliche Aspekte der Genehmigung von Ausgrabungen: DVB1. 1994, S. 620 ff. (626). Für die umweltrechtliche Erlaubnis Wahl, Stichwort „Erlaubnis", in: Handwörterbuch des Umweltrechts, Bd. I, 1986, Sp. 433 ff. (435).
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1. Teil: Die verfassungsrechtliche Stellung
der Hochschule muß also schon das Genehmigungserfordernis als solches an der grundrechtlichen Position der Privathochschule gemessen werden.
1. Der Genehmigungsvorbehalt als Eingriff in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG Ob der Genehmigungsvorbehalt an Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gemessen werden muß, hängt also davon ab, ob das Grundrecht auch das sofortige Errichten einer Privathochschule, d. h. das Errichten ohne staatliche Erlaubnis, schützt. Nach der hier vertretenen Ansicht gehört die Errichtung einer wissenschaftlichen Privathochschule zum von Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Bereich 441 . Das Grundrecht ist nicht unter den Vorbehalt staatlicher Ausgestaltung gestellt, vielmehr wird es vorbehaltlos gewährleistet. Damit kommt zum Ausdruck, daß der gesamte Bereich der Errichtung und des Betriebes einer Privathochschule von der Wissenschaftsfreiheit geschützt, also auch das sofortige Gründen und Errichten einer Privathochschule vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG umfaßt ist. Schon allein die Tatsache, daß vor Errichtung einer Hochschule eine staatliche Genehmigung eingeholt werden muß, stellt dann einen Eingriff in die Privathochschulfreiheit dar, wenn das grundrechtlich geschützte Verhalten ganz oder teilweise unmöglich gemacht wird 4 4 2 . Allerdings berührt die Genehmigungspflicht allein nicht die grundsätzliche Zulässigkeit der Privathochschulgründung, also des grundrechtlich geschützten Verhaltens, sondern die Grundrechtsausübung wird erst dann ganz verhindert und damit unmöglich, soweit dies die inhaltlichen Anforderungen der Genehmigung verlangen. Liegen jedoch die Genehmigungsvoraussetzungen vor, muß die Erlaubnis erteilt werden 443 . Die Genehmigungspflicht des Alleinverantwortungsmodells stellt sich mithin als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar. Gleichwohl bewirkt die Genehmigungspflicht, daß der Grundrechtsberechtigte erst nach Einholen der staatlichen Bewilligung und nicht unabhängig davon sein Grundrecht ausüben kann. Insofern stellt auch ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt eine Verkürzung des grundrechtlichen Schutzbereichs und damit einen Eingriff, in diesem Fall in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, dar. 441 S. oben unter §3 II. 3. 442 Pieroth/Schlink, Staatsrecht II, Grundrechte, Rdnr. 240 ff. Zur Schwierigkeit der Bestimmung eines allgemeingültigen Eingriffsbegriffs s. Ipsen, Staatsrecht I I (Grundrechte), Rdnr. 125, der als Oberbegriff den der Einwirkung auf grundrechtliche Schutzgüter vorschlägt. 443 Die entsprechenden Landesgesetze enthalten insoweit eine gebundene Entscheidung, vgl. z. B. § 101 Abs. 1 Satz 2 HessHG. Sofern die Gesetzestexte nicht eindeutig eine gebundene Entscheidung vorsehen, ergibt sich eine solche durch Auslegung: Die Errichtung von Privathochschulen ist durch Art. 5 Abs. 3 GG grundrechtlich geschütztes Verhalten, das nicht erst durch den Staat bewilligt werden muß. Bei Vorliegen der Voraussetzungen muß daher auch nach § 108 BayHG die Anerkennung erteilt werden, so auch Reich, Bayerisches Hochschulgesetz, Kommentar, 4. Aufl. 1999, Art. 108, Rdnr. 2.
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2. Der Genehmigungsvorbehalt als Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG Im vorigen Kapitel wurde darauf hingewiesen, daß die Errichtung und der Betrieb einer Hochschule auch in den Schutzbereich der Berufsfreiheitsgarantie des Art. 12 Abs. 1 GG fallen. Auch für Art. 12 Abs. 1 GG gilt, daß der Erlaubnisvorbehalt als Schutzbereichsverkürzung und damit als Eingriff zu werten ist. Sofern wie hier - Idealkonkurrenz angenommen wird, muß also auch der Schutzmaßstab des Art. 12 Abs. 1 GG beachtet werden. Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 wird als einheitliches Grundrecht behandelt; der Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG erstreckt sich somit auf die Bereiche der Berufswahl und der Berufsausübung 444. Grundsätzlich kann also, blickt man nur auf Art. 12 Abs. 1 GG, die Errichtung von Hochschulen durch Gesetz geregelt werden. Im Rahmen der Berufsfreiheit kommt es für die Frage der Rechtfertigung des Grundrechtseingriffs nach der vom BVerfG entwickelten sogenannten Stufentheorie 445 weiter darauf an, auf welcher Stufe der Staat eingreift. Sofern eine Genehmigung Voraussetzung für den Betrieb einer Hochschule ist und man das Betreiben einer Hochschule als Beruf einstuft, wird also mit dem Erlaubnisvorbehalt schon das „Ob" der Berufsausübung betroffen, es handelt es sich somit um eine Zulassungsschranke. Die Genehmigung ist geknüpft an die Erfüllung von Kriterien, die die Hochschule bzw. ihre Mitglieder beschreiben. Zudem geht es an dieser Stelle zunächst nicht um die Zulässigkeit der einzelnen Voraussetzungen, sondern allein um das Genehmigungserfordernis als solches. Dieses verlangt ein Handeln des Grundrechtsberechtigten, wirkt also als subjektive Berufszulassungsschranke446. Ein Grundrechtseingriff auf dieser Stufe kann nach der Rechtsprechung des BVerfG allein durch den Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt werden 447 . Hier gilt wiederum, daß sich der Schutz dieser Güter in den einfachgesetzlichen Vorschriften konkretisieren muß, die das Recht zur Errichtung von Privathochschulen einschränken.
444 BVerfGE 7, 377 (401 f.) - Apotheken: Berufswahl und Berufsausübung lassen sich nicht immer trennen; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rdnr. 808; Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 8; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 56. BVerfGE 7, 377 (405 ff.); Brandt, 40 Jahre Stufentheorie: JA 1998, S. 82 ff.; kritisch Wieland, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 106 ff.; Tettinger, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 123 ff.; Ipsen, Staatsrecht I I (Grundrechte), Rdnr. 632 ff. 446 Allgemein für Erlaubnisvorbehalte, die an die „Person" des Berufsbewerbers anknüpfen, als subjektive Berufszulassungsschranken Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 12, Rdnr. 345. w BVerfGE 13, 97 (107); 19, 330 (337); 93, 213 (235). 10*
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3. Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Genehmigungsvorbehalts Der Genehmigungsvorbehalt als solcher ist damit als Eingriff in das durch Art. 5 Abs. 3 GG und Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht zu werten. Er ist nur dann gerechtfertigt, wenn er sich im Rahmen der für das jeweilige Grundrecht geltenden Schrankenregelung befindet. Vor dem vorbehaltlos gewährleisteten Recht der Privathochschule und ihres Trägers aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG muß die gesetzliche Genehmigungsregelung dem Schutz von Verfassungsgütern dienen und im übrigen verhältnismäßig sein. Ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG kann durch den Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt werden. Die in das aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG folgende Recht eingreifende gesetzliche Regelung eines Genehmigungsvorbehalts könnte daher mangels Gesetzesvorbehalt nur dadurch gerechtfertigt sein, daß die infragestehende einfachgesetzliche Regelung den Schutz kollidierender Verfassungsgüter konkretisiert 448 . Grundsätzlich käme als kollidierendes Verfassungsgut das auf Art. 5 Abs. 3 GG gestützte staatliche Hochschulwesen in Betracht. Dabei ist dem Grundgesetz aber gerade kein Vorrang der staatlichen Hochschule zu entnehmen. Soweit der Erlaubnisvorbehalt dazu dienen soll, die staatlichen Einrichtungen vor privater Konkurrenz zu schützen bzw. nur Privathochschulen zuzulassen, die dem Bild der staatlichen Hochschule inhaltlich entsprechen, und so die Pluralität im Hochschulbereich auszuschließen, mißachtet er das Nebeneinander von staatlicher und privater Verantwortung. Ein Genehmigungsvorbehalt nur zu diesem Zweck liefe daher der Grundaussage des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG entgegen. Als einen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit rechtfertigendes kollidierendes Verfassungsrecht wurde hinsichtlich der Frage der Tierversuche die Kompetenzregel des Art. 74 Nr. 20 GG angeführt 449. Es ist allerdings bereits problematisch, ob eine Kompetenzvorschrift einen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit überhaupt ausreichend rechtfertigen kann. Denn der Rückgriff auf kollidierendes Verfassungsrecht als Eingriffsrechtfertigung soll einen materiell-rechtlichen Ausgleich zwischen verschiedenen Verfassungsgütern ermöglichen. Eine Kompetenzverteilungsregel hat aber nur eine bundesstaatliche und insoweit nur formell wirkende, nicht aber eine materielle Ausgleichsfunktion. Die Formel vom kollidierenden Verfassungsrecht stellt also auf etwas anderes, nämlich inhaltlich Kollidierendes ab. Die Wissenschaftsfreiheit und eine Kompetenzverteilung konkurrieren jedoch nicht inhaltlich. Damit kann eine bloße Kompetenzverteilungsregelung einen Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit nicht rechtfertigen. Die Genehmigung wird an Voraussetzungen geknüpft, die die Grundrechte der Studierenden oder der zukünftig angestellten Hochschullehrer schützen sollen. Ei448 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rdnr. 260. 449 So Heyde, Der Regelungsspielraum des Gesetzgebers bei vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechten, in: FS Zeidler, 2. Bd., S. 1429 (1440 ff.).
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nen Eingriff in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG möglicherweise rechtfertigende kollidierende Verfassungsgüter stellen also möglicherweise die Grundrechte der (zukünftigen) Hochschulmitglieder, also der Studierenden und Lehrenden, aus Art. 5 Abs. 3 GG und Art. 12 Abs. 1 GG dar 4 5 0 . Sofern die Regelungen des Genehmigungsvorbehalts dem Schutz dieser Rechte dienen und insoweit die kollidierenden Verfassungsgüter einfachgesetzlich ausformen, kann auch der Grundrechtseingriff durch den Erlaubnisvorbehalt als solcher verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden, sofern der Schutz der kollidierenden Verfassungsgüter die Rechte der Privathochschule überwiegt. Die einzelnen Bestimmungen des Genehmigungstatbestandes, die denen der oben untersuchten staatlichen Anerkennung entsprechen, konkretisieren den Schutz von Art. 12 Abs. 1 GG vor allem im Hinblick auf die Studierenden, von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG im Hinblick auf die zukünftigen Hochschullehrer sowie dem Schutz eines funktionierenden Hochschulwesens, also von Verfassungsgütern. Allerdings darf auch zum Schutz von Verfassungsgütern nicht unverhältnismäßig in das Recht der Privathochschule aus Art. 5 Abs. 3 GG eingegriffen werden. Dabei ist zu beachten, daß hier Art. 12 Abs. 1 GG als kollidierendes Verfassungsrecht nicht nur in dem Aspekt der Berufsausübung, sondern mit dem der Berufsausbildung der Studierenden streitet. Der Schutz einer qualitativ hochwertigen hochschulischen Ausbildung wiegt insofern recht schwer, als die Studierenden nach einer allgemein anerkannten und guten Ausbildung idealerweise leichter einen Arbeitsplatz finden. Ein gutes Ausbildungswesen entspricht auch staatlichen und gesellschaftlichen Interessen, weil gut ausgebildete Studierende - dieses Ziel wird bereits aus § 7 HRG deutlich - Wirtschaft und Gesellschaft verantwortungsvoll mittragen sollen. Letztlich wird auch den zukünftigen Hochschullehrern zu einem großen Teil das Risiko abgenommen, daß die Privathochschule mangels Anerkennungsfähigkeit nicht betrieben werden kann, also der einzelne Hochschullehrer nicht beschäftigt werden und zumindest an dieser Hochschule keine Wissenschaft betreiben kann. Der Eingriff in die „Privathochschulfreiheit" durch einen den Schutz dieser Verfassungsgüter bezweckenden Genehmigungsvorbehalt wiegt demgegenüber weniger schwer: Der Unterschied zwischen der staatlichen Anerkennung und dem Genehmigungsvorbehalt besteht darin, daß die Genehmigung zwingend vor Errichtung der Hochschule eingeholt werden muß, während die staatliche Anerkennung zumindest gedanklich eine bereits bestehende Hochschule betrifft. Sofern allerdings eine Hochschule errichtet werden soll, die ohnehin die staatliche Anerkennung beantragen wird (das ist bei der überwiegenden Zahl der Privathochschulen der Fall), kann es keinen Unterschied machen, ob die Anerkennungskriterien schon vor Errichtung oder erst beim Antrag auf staatliche Anerkennung geprüft werden. Für diese Privathochschulen bedeutet der Genehmigungsvorbehalt sogar zugleich 450
Allgemein zu Grundrechtskollisionen, die sich im staatlichen Handeln ausformen Theis, Ausbildungs- und Wissenschaftsfreiheit, 1987, S. 27 ff.
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eine gewisse Sicherheit im Hinblick auf das unternehmerische Risiko, denn hier steht bereits bei der Errichtung fest, ob die Voraussetzungen für eine staatliche Anerkennung erfüllt werden. Prüft die Genehmigungsbehörde bereits vor Tätigung erheblicher Investitionen die Übereinstimmung der geplanten Hochschule mit den Bedingungen für eine staatliche Anerkennung, wird dem Hochschulgründer also das Risiko abgenommen, daß seine Hochschule später nicht die angestrebte Anerkennung erhält und damit möglicherweise nicht auf Dauer betrieben werden kann. Hinsichtlich dieser Hochschulen wird man das Genehmigungserfordernis dann allerdings dahingehend verfassungskonform auszulegen haben, daß mit der Errichtungsgenehmigung zugleich die staatliche Anerkennung erteilt werden muß. Ob derartiger staatlicher Paternalismus auch in diesem Bereich wünschenswert ist, soll hier dahinstehen. Jedenfalls kann auch der Genehmigungsvorbehalt als solcher vor Art. 5 Abs. 3 GG gerechtfertigt werden. Mit denselben Argumenten läßt sich der Genehmigungsvorbehalt, der mit dem Recht der Studierenden auf eine gute Ausbildung aus Art. 12 Abs. 1 GG, mit der beruflichen Sicherheit der Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 GG sowie mit einem qualitativ hochwertigen und gut funktionierenden Hochschulsystem wichtige Gemeinschaftsgüter schützt, auch vor Art. 12 Abs. 1 GG rechtfertigen. Problematisch wäre nach den bisherigen Ausführungen aber eine Genehmigungspflicht für die Errichtung einer Hochschule, die kein Interesse an einer staatlichen Anerkennung hat, zum Beispiel weil sie weltanschaulich ausgerichtet ist oder durch ein spezielles Angebot ohnehin nicht in Konkurrenz zu staatlichen Hochschulen tritt und also nicht auf Studierende angewiesen ist, die sich bewußt gegen eine staatliche Hochschule entscheiden, obwohl sie auf dem Arbeitsmarkt einen anerkannten Abschluß vorweisen müssen. Obwohl solche Fälle derzeit eher unwahrscheinlich sind, ist auch für diese wissenschaftlichen Privathochschulen Art. 5 Abs. 3 GG bzw. Art. 12 Abs. 1 GG einschlägig. Insbesondere sind diese Hochschulen gerade nicht auf die staatliche Anerkennung ihrer Abschlüsse angewiesen, sondern treten losgelöst von staatlichen Kategorisierungen auf. In den Ländern des Alleinverantwortungsmodells die für den Betrieb jeder Hochschule im funktionellen Sinn ein Genehmigungserfordernis vorschreiben, wird so die grundrechtlich geschützte Tätigkeit unmöglich gemacht. Im Hinblick auf diese Hochschulen sind auch keine Gründe sichtbar, die das Verbot der Errichtung von Privathochschulen, die unabhängig vom öffentlichen Hochschulsystem bestehen möchten, rechtfertigen könnten. Der Wortlaut der Regelung steht einer weiten Auslegung, die eine ungeschriebene Ausnahme für die genannten Hochschulen in die Vorschrift hinein liest, entgegen451. Der Genehmigungsvorbehalt ist also im Hinblick auf diese spezielle Gruppe von Privathochschulen verfassungswidrig.
451 Vgl. insb. die Ordnungswidrigkeitenregelung des § 107 Abs. 1 Nr. 1 HessHG: „ . . . eine Einrichtung des Bildungswesens ohne (...) Genehmigung errichtet oder betreibt, sie hierbei ohne Genehmigung als Universität (...) bezeichnet oder eine Hochschule als staatlich anerkannte Hochschule betreibt, (...)." (Hervorhebung durch Verf.).
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I I I . Die Verfassungsmäßigkeit des Trennungsmodells Das Trennungsmodell bezeichnet solche Länderregelungen, die eine staatliche Anerkennung von Privathochschulen nicht enthalten, in denen das staatliche und das private Hochschulsystem also völlig unverbunden nebeneinander stehen. Nachdem sich die Rechtslage in Bremen seit dem Ol. Juni 1999 geändert hat, findet sich dieses Modell nur noch im saarländischen Universitätsgesetz. Im Saarland gibt es derzeit allerdings keine wissenschaftliche Privathochschule. Eine solche wäre grundsätzlich jedoch im Rahmen einer gewerberechtlichen Anzeige möglich. Allerdings sieht das saarländische Hochschulgesetz keine staatliche Anerkennung und damit auch keine Anerkennung der Hochschulabschlüsse vor. Die Rahmenvorschrift des § 70 HRG behält es den Landesgesetzgebern vor, ob diese eine staatliche Anerkennung regeln möchten oder nicht 4 5 2 . Insoweit begegnet das saarländische Modell keinen Bedenken. Vor dem Hintergrund eines freiheitlichen Grundgesetzverständnisses scheint sogar die Regelung des Trennungsmodells, das gerade nicht die Erfüllung gesetzlicher Anforderungen vorschreibt, in besonderer Weise der verfassungsrechtlichen Stellung der Privathochschule gerecht zu werden. Es stellt sich aber die Frage, ob der Staat aus verfassungsrechtlicher Verpflichtung ein Instrument wie die staatliche Anerkennung zumindest dann bereithalten muß, wenn Privathochschulen ohne ein staatliches „Gütesiegel" tatsächlich kaum existieren können. Dabei ist zu bedenken, daß auch beim Trennungsmodell die Errichtung und der Betrieb von Privathochschulen grundsätzlich möglich ist. Ein Recht auf Teilhabe an staatlichen Einrichtungen hilft hier auch nicht weiter, da die Einrichtung der staatlichen Anerkennung in den Ländern des Trennungsmodells gerade fehlt. Ein Recht auf Schaffung einer solchen, also eine sogenannte Leistungsfunktion 453, kann aber den Grundrechten nach ganz überwiegender Ansicht nicht entnommen werden. Danach bestehen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Trennungsmodells. Das Trennungsmodell scheint auf den ersten Blick auch die Annahme eines dualen Hochschulsystems in besonders eindeutiger Weise zu untermauern, stehen hier doch staatliche und private Hochschule unverbunden und ohne Abhängigkeiten nebeneinander. Andererseits hat dies zur praktischen Konsequenz, daß wegen des fehlenden „Gütesiegels" die Abschlüsse der Studierenden einer solchen Privathochschule kaum flächendeckend anerkannt sein werden, den Absolventen also nur ein erheblich eingeschränkter Arbeitsmarkt offensteht. Wegen der fehlenden Marktfähigkeit der Studienabschlüsse einer Privathochschule ist im Rahmen des 452 Reich, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 72, Rdnr. 1; Dallinger, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 9; Lüthje, in: Denninger (Hrsg.), Hochschulrahmengesetz, Kommentar, § 70, Rdnr. 1. 4 53 Ausführlicher zur Leistungsdimension der Grundrechte im Zusammenhang mit den Fragen der staatlichen Förderung, s. unten Zweiter Teil, § 5 III. 1.
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Trennungsmodells ein florierendes Privathochschulwesen nur schwer vorstellbar. In den Ländern des Trennungsmodells wird man also nur ein „hinkendes" duales Hochschulsystem vorfinden, in dem die private und die staatliche Hochschule nicht gleichwertig nebeneinander stehen. Dieses Ergebnis entspricht zwar nicht ganz dem oben anhand der grundgesetzlichen Bestimmungen entwickelten Konzept der Verantwortungsteilung, diesem kommt jedoch keine normative Wirkung zu. Entscheidend ist insoweit allein, daß auch das Trennungsmodell einer Wahrnehmung der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Freiheit, eine wissenschaftliche Privathochschule zu errichten und zu betreiben, nicht entgegensteht.
IV. Ergebnis: Die verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule im bundesdeutschen Hochschulsystem Im zweiten Kapitel wurde erarbeitet, daß man das staatliche Engagement im Wissenschafts- und Hochschulbereich mit dem Begriff der Wissenschaftsverantwortung und ihren Untergliederungen der Erfüllungs- und Gewährleistungsverantwortung beschreiben kann. Danach gründen sich die staatlichen Hochschulen auf die staatliche Erfüllungsverantwortung, während die Gewährleistungsverantwortung eine Rahmensetzung durch die gesetzlichen Regelungen bezeichnet, die das Handeln Privater im Hochschulbereich steuern. Die in diesem Kapitel angesprochenen Vorschriften zum Genehmigungsvorbehalt für die Errichtung bzw. die Bestimmungen zur staatlichen Anerkennung von Privathochschulen sind also dem Bereich staatlicher Gewährleistungsverantwortung zuzuordnen. Zugleich setzen die hier angesprochenen Regelungen voraus, daß Private eigene Hochschulen gründen und betreiben möchten. Sie beruhen auf der Vorstellung, daß private Hochschulgründer eine eigene, möglicherweise von der staatlichen Hochschule abweichende Hochschule, ihre innere Struktur, ihre Ziel- oder Ausrichtung entwerfen und betreiben möchten und insofern ein eigenes und/oder gesellschaftliches Interesse verfolgen, etwa an einer bestimmten Form der wissenschaftlichen Zusammenarbeit oder an einer mehr praxisorientierten oder international ausgerichteten Lehre. Damit ist angesprochen, daß dieses private Engagement also nicht nur „egoistischen", sondern gesellschaftlich wertvollen Zielen dient: Eine Hochschule bietet ein Forum sowohl für die Forschung als auch für die Lehre. Sie bietet zum einen die materiellen Voraussetzungen für die wissenschaftliche Betätigung und bildet zum anderen die Studierenden aus - und hilft somit bei dem Aneignen der Voraussetzungen, Wissenschaft betreiben zu können. Wissenschaftliche Forschung und Lehre, aber auch die Verwirklichung der Ausbildungsziele einer Hochschule dienen der Weiterentwicklung wie der Stabilität einer Gesellschaft. Die Wertschätzung privaten Engagements für die Wissenschaft kommt im Schutz durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zum Ausdruck. Vor diesem Hintergrund wird deut-
§ 4 Die Verantwortungsteilung
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lieh, daß private Hochschulgründungen eine eigenständige Verantwortung für den Wissenschafts- und Hochschulbereich übernehmen. Die gesetzlichen Regelungen zur Genehmigung und staatlichen Anerkennung von Privathochschulen liegen im Bereich staatlicher Gewährleistungsverantwortung, knüpfen aber zugleich an die private Aufgabenwahrnehmung an. Insofern wird an ihnen die Verantwortungsteilung, oder vielmehr eine Verantwortungsdoppelung 454 zwischen Staat und Privathochschule sichtbar. Die Stellung der wissenschaftlichen Privathochschule im bundesdeutschen Hochschulsystem wird durch diese Verantwortungsteilung gekennzeichnet: Sowohl die staatliche als auch die private Hochschule erfüllen die Verantwortung für Forschung und Lehre. Die Privathochschule steht damit in diesem Hochschulsytem nicht hinter, sondern gleichberechtigt neben der staatlichen Hochschule; insofern kann auch von einem Dualen Hochschulsystem gesprochen werden. Diese starke Stellung entspricht der verfassungsrechtlichen Wertung: Der Staat hat sowohl mit seinen eigenen Hochschulen im Rahmen seiner Erfüllungsverantwortung als auch in seinen gesetzlichen Regelungen und anderen Maßnahmen auf der Grundlage seiner Gewährleistungsverantwortung die grundrechtliche Verankerung der Errichtung und des Betriebes einer Privathochschule in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG zu beachten.
454
Der Begriff der Verantwortungsdoppelung ist jedoch insofern problematisch, als er auf eine Verdoppelung der Verantwortlichkeit, also der Pflichtstellung hinzuweisen scheint. Es gibt aber keine Pflicht, Privathochschulen zu errichten und insoweit private „Verantwortung" wahrzunehmen. Daher werden hier Verantwortung und Verantwortungsteilung bzw. -doppelung als bloß beschreibende Begriffe verwendet.
Zweiter Teil
Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen Im allgemeinen kann das Verhältnis von staatlichen und privaten Hochschulen als ein gleichberechtigtes Nebeneinander beschrieben werden: Die Verantwortung des Staates für Wissenschaft und Hochschulen, die sich zunächst in dem Bereitstellen eigener Hochschulen und zudem darin niederschlägt, daß der Staat für die private Verantwortungsübernahme Regeln setzt, sowie die verfassungsrechtliche Verankerung der Privathochschule in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG bilden die beiden Pfeiler des Dualen Hochschulsystems. Grundsätzlich wirken sich staatliche Finanzhilfen oder eine anderweitige Förderung vor diesem Hintergrund positiv auf die Stellung des privaten Engagements aus: Durch die staatliche Unterstützung wird der Betrieb von Privathochschulen erleichtert oder manchmal sogar erst ermöglicht und so die Verantwortungsübernahme Privater honoriert. Man könnte daher überlegen, ob der Staat zu einer Förderung von Privathochschulen verpflichtet ist und diese möglicherweise einen Anspruch auf staatliche Unterstützung haben. Andererseits ist aber auch denkbar, daß der Staat durch die Förderung bestimmter Hochschulen, Hochschulformen oder Studiengänge den Wettbewerb unter den Privathochschulen, aber auch zwischen den privaten und den staatlichen Hochschulen verzerrt und zu einer eher einseitigen statt pluralistischen Ausbildung des Hochschulwesens beiträgt. Zudem könnte mit der Förderung, sofern diese an bestimmte inhaltliche Bedingungen geknüpft wird, eine staatliche Einflußnahme auf das Angebot, die Struktur oder die Gestaltung von Forschung und Lehre verbunden sein, die der grundrechtlichen Freiheit und verfassungsrechtlichen Stellung der Privathochschule entgegensteht. Obwohl in der Praxis die Frage des „Ob" der Förderung - angesichts der tatsächlichen Finanzzuwendungen an Privathochschulen - weniger erörterungsbedürftig zu sein scheint als die vielfältigen Formen und Möglichkeiten der Förderung, soll hier zunächst die Frage untersucht werden, ob es eine einfachgesetzlich oder verfassungsrechtlich begründete Pflicht zur Förderung gibt bzw. nach welchen Kriterien möglicherweise bestehende gesetzgeberische oder behördliche Spielräume zu gestalten sind. Dabei sind ebenso wie für die Ausgestaltung der Förderung einfachgesetzliche, verfassungsrechtliche und europarechtliche Vorgaben zu beachten. Anhand der entwickelten Kriterien sollen dann in einem abschließenden Kapitel verschiedene Förderungsmöglichkeiten und -modelle auf ihre verfassungsrechtliche Zulässigkeit hin untersucht werden.
§ 5 Staatliche Pflicht zur Förderung von Privathochschulen
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Zunächst muß jedoch der Begriff der Förderung selbst erörtert werden: Vielfach wird dieser Begriff als Synonym für den Begriff der Finanzhilfe verwendet. In der Tat stellen finanzielle Zuwendungen oder Besserstellungen die für alle Beteiligten wohl einfachste Förderungsmöglichkeit dar. Im allgemeinen Sprachgebrauch heißt „fördern" aber, unabhängig von der Form, einen anderen oder eine Sache zu unterstützen. Auch wenn Finanz- oder Sachzuwendungen sicherlich den größten Teil der Untersuchung einnehmen werden, wird eine Begrenzung des Förderungsbegriffs auf Finanzierungshilfen der Komplexität des Privathochschulwesens und seiner Stellung im bundesdeutschen Hochschulsystem kaum gerecht. Hier wird daher der Begriff „Förderung" in einem umfassenden, jegliche Unterstützung einschließenden Sinn verwendet.
§ 5 Staatliche Pflicht zur und subjektiver Anspruch auf Förderung von Privathochschulen Die Überlegungen zur Zu- bzw. Unzulässigkeit bestimmter Ermessenserwägungen und Modelle setzen jedoch voraus, daß der über die Förderung bestimmenden Behörde überhaupt ein Ermessensspielraum zukommt. Bevor also auf verschiedene Förderungskonzepte eingegangen werden kann, muß zunächst die Frage untersucht werden, ob es eine staatliche Verpflichtung oder sogar einen subjektiven Anspruch auf staatliche Förderung von Privathochschulen gibt. Diese könnten sich direkt aus den entsprechenden Verfassungsvorschriften und aus denen des einfachen Gesetzesrechts ergeben. Sofern eine Förderungspflicht nicht in ausdrücklicher Form existiert, kann eine solche möglicherweise aber durch Auslegung der Verfassungsvorschriften unter dem Stichwort „Teilhabe- und Leistungsdimension der Grundrechte" ermittelt werden.
I. Rechtslage hinsichtlich der staatlichen Förderung von Privathochschulen 1. Verfassungsrechtliche Vorschriften Sowohl das Grundgesetz wie auch alle Landesverfassungen enthalten, im Rahmen der Vorschriften über nichtstaatliche Hochschulen bzw. der Garantien der Wissenschaftsfreiheit, keine ausdrückliche Regelung zur staatlichen Förderung von privaten Hochschulen. Demgegenüber finden sich vor allem im Privatschulbereich landesverfassungsrechtliche Bestimmungen, die unter besonderen Voraussetzungen einen Anspruch der Schule in freier Trägerschaft auf staatliche Unterstüt-
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2. Teil: Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
zung festschreiben 1. Die Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 GG enthält zwar keinen ausdrücklichen Förderungsanspruch, eine staatliche Förderpflicht wurde aber auch im Rahmen der grundgesetzlichen Garantie von der Rechtsprechung entwickelt 2 . Hinsichtlich der privaten Hochschulen gibt es - bis auf eine Ausnahme - keine derartigen Vorschriften 3. Grundsätzlich kann der Staat über eine Förderung daher im Rahmen seines Haushaltsermessens entscheiden. Man könnte aber überlegen, ob die schulrechtliche Förderpflicht auf die Situation der Privathochschule übertragen bzw. in Anlehnung an diese für jene in ähnlicher Weise eine Pflicht bzw. ein Anspruch entwickelt werden kann, so daß jedenfalls für das „Ob" der Förderung kein Ermessen, sondern eine staatliche Verpflichtung besteht4.
2. Einfachgesetzliche Vorschriften Die einfachgesetzlichen Vorschriften sind - wie schon hinsichtlich des Stellenwertes der Privathochschule im allgemeinen - bezüglich der staatlichen Förderung sehr unterschiedlich ausgestaltet: Nur wenige Länderregelungen enthalten überhaupt Bestimmungen zu einer etwaigen finanziellen Förderung, doch auch diese sind sehr unterschiedlich: So sieht Art. 116 BayHG eine Zuschußmöglichkeit vor, allerdings nur für kirchliche Fachhochschulen bzw. Fachhochschulstudiengänge, nicht für echte private wissenschaftliche Hochschulen. Nach § 92 BWFHG iVm § 128 Abs. 2 Satz 1 BWUG können staatlich anerkannte Hochschulen staatliche Finanzhilfe nach Maßgabe des Haushaltsplans erhalten. Nach § 108 HessHG steht die Entscheidung über Beihilfen zu den Vergütungskosten der Lehrkräfte neben bestimmten Voraussetzungen im behördlichen Ermessen. Eine ähnlich Regelung findet sich auch in SchleswigHolstein, das allerdings, ebenso wie einige neue Bundesländer5, einen Anspruch auf staatliche Zuschüsse in § 110 Satz 1 SchlHHG ausdrücklich ablehnt. In allen 1 So Art. 4 Abs. 3 Satz 2 NdsVerf; Art. 8 Abs. 4 Satz 3 NWVerf; Art. 30 Abs. 3 RhPfVerf; Art. 28 Abs. 3 Satz 1 SaarlVerf; Art. 102 Abs. 4 Satz 2 SachsVerf; Art. 28 Abs. 2 Satz 1 SaAnVerf; Art. 26 Abs. 2 Satz 2 ThürVerf. 2 BVerwGE 23, 347 (350); 27, 360, (362); 70, 290 (292 ff.) erkannten sogar einen Anspruch der Privatschule an. Dem folgten BVerfGE 75, 40 (62 ff.); 90, 107 (115 ff.) und später auch BVerwGE 79, 154 (156 f.) nicht ganz, sondern hielten den Staat, unter dem Zugeständnis eines weiten Gestaltungsspielraums, nur objektiv-rechtlich zur Förderung verpflichtet. Auf das Problem, ob aus Grundrechten Leistungsrechte erwachsen können, soll erst unter III. eingegangen werden. 3 Einzige Ausnahme bildet Rheinland-Pfalz: In Art. 30 Abs. 1 Satz 1 RhPfVerf werden Privatschulen auch als Ersatz für öffentliche Hochschulen nach Genehmigung zugelassen. Abs. 3 der Vorschrift statuiert einen Anspruch der Ersatzschule auf Finanzhilfe. 4 Dazu unter II. 5 So § 125 Abs. 1 Satz 2 MeVoHG; § 107 Abs. 1 Satz 4 SaAnHG.
§ 5 Staatliche Pflicht zur Förderung von Privathochschulen
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Bundesländern findet sich demnach keine ausdrückliche Verpflichtung des Staates, private wissenschaftliche Hochschulen zu fördern; die Förderung steht vielmehr sogar zum Teil explizit im Ermessen der Behörden. Diese Regelungen machen jedoch auch deutlich, daß das Entschließungsermessen (das „Ob" der Förderung) in einigen Bundesländern verkürzt ist: Die Förderung selbst, also das „Wie" hat zum Beispiel in § 92 BWFHG iVm § 128 Abs. 2 Satz 1 BWUG nach Maßgabe der Haushaltspläne bzw. Vereinbarungen zu erfolgen; damit ist die Entscheidung, ob der Staat Privathochschulen überhaupt fördern soll, in diesen Ländern bereits positiv entschieden - wenn auch nicht so weit und eindeutig, daß daraus ein Anspruch für die einzelne Privathochschule hergeleitet werden könnte. So hat der Staat keine Entscheidungsmöglichkeiten darüber, ob er im allgemeinen das Privathochschulwesen für förderungswürdig hält. Damit ist aber noch nichts darüber ausgesagt, welche konkrete Hochschule oder welche Hochschultypen, in welcher Höhe und mit welchen Mitteln gefördert wird. Etwas anderes gilt allerdings hinsichtlich der kirchlichen bzw. der Fachhochschulen: Hier wird die Entscheidung über die staatliche Förderung häufig als gebundene Entscheidung statuiert 6, d. h. alle kirchlichen bzw. Fachhochschulen müssen gefördert werden; die konkrete Ausgestaltung ist aber auch hier nicht durch das Gesetz geregelt. Eine staatliche Pflicht zur Förderung von „echten" Privathochschulen hingegen ist dem einfachen Recht nicht direkt zu entnehmen. Gleiches gilt für einen subjektiv-rechtlichen Anspruch.
II. Die staatliche Schutz- und Förderungspflicht Die hier vorgestellte vor allem einfachgesetzlich festgelegte Verpflichtung des Staates zur Förderung (und zum Teil sogar ausdrücklich zur Finanzierung) von Privathochschulen bezieht sich vor allem auf kirchliche oder zumindest auf staatlich anerkannte Hochschulen. Wissenschaftliche Privathochschulen im hier untersuchten Sinn werden von diesen Regelungen jedoch nicht umfaßt. Obwohl eine ausdrückliche Verfassungsvorschrift zur Privathochschulförderung fehlt, kann eine staatliche Förderungspflicht möglicherweise aber durch Auslegung entwickelt werden. Damit stellt sich zunächst die grundsätzliche Frage, ob aus Grundrechten objektive Förderungspflichten folgen können7. 6 So für kirchliche Hochschulen Art. 116 BayHG; § 124 Abs. 1 und 2 BerlHG; § 140 Abs. 2 NdsHG; § 71 SaarFHG; für Fachhochschulen vgl. insb. die Regelungen in RheinlandPfalz: Nach § 117 Abs. 2 RhPfHG erhalten staatlich anerkannte Hochschulen staatliche Finanzhilfe nach Maßgabe einer Vereinbarung (also sind auch hier trotz eines grundsätzlich möglichen Anspruchs die tatsächliche Höhe wie auch die Durchsetzungsmöglichkeit oder Bedingungen an zumindest auch staatliche Zweckmäßigkeitserwägungen gebunden), während § 93 Abs. 1 RhPfFHG staatliche Beiträge und Zuschüsse vorschreibt. 7
Unter II. wird dann der Frage nachgegangen, ob diese objektive Förderungspflicht sich unter Umständen zu einem Leistungsanspruch auf staatliche Förderung verdichten kann.
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2. Teil: Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
Grundrechte sind zunächst Abwehrrechte 8; allerdings hat das BVerfG in seinem sogenannten Lüth-Urteil herausgearbeitet, daß den Grundrechten auch eine objektiv-rechtliche Dimension im Sinne einer objektiven Wertordnung zukomme und dadurch die Geltungskraft der Grundrechte prinzipiell verstärkt werde 9. Wenn den Grundrechten also objektive Wirkkraft innewohnt, stellen diese eben nicht nur negative Beschränkungen dar, sondern aus der objektiven Wertentscheidung kann auch ein Schutzauftrag zur Eindämmung von Gefahren der Grundrechtsverletzungen folgen. Der Staat hat nicht bloß Eingriffe in Grundrechte zu unterlassen, sondern soll sie auch durch geeignete Maßnahmen, insbesondere Gesetze, schützen. In weiteren Urteilen führt das BVerfG den Gedanken dahingehend weiter, daß die Grundrechte dem Staat objektiv auftragen, die Grundrechte zu schützen und zu fördern 10. Schutz und Förderung in diesem Sinn kann vor allem durch gesetzliche Regelungen zum Schutz der Grundrechte vor „Übergriffen" Dritter bewerkstelligt werden. Dem Gesetzgeber kommt insofern ein großer Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum zu, dessen Grenzen wiederum die grundrechtlichen Garantien bilden 11 . Wie bei allen Grundrechten kann man auch im Rahmen der Wissenschaftsfreiheitsgarantie eine allgemeine grundrechtliche Schutzpflicht mit entsprechend großem Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers und der Verwaltung herleiten. Es sind aber auch Situationen denkbar, in denen die grundrechtliche Freiheit nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgeübt werden kann, die wiederum die Leistungsmöglichkeiten des Einzelnen erheblich übersteigen. Die entsprechende Grundrechtsgarantie liefe also leer. Wenn aber der Staat aufgrund der objektiven Wertordnung der Grundrechte zum Schutz und zur Förderung der grundrechtlichen Gehalte verpflichtet ist, er also dafür Sorge zu tragen hat, daß seine Bürger ihre Freiheit auch wahrnehmen und ausüben können, kann sich die objektiv-rechtliche Schutzpflicht grundsätzlich zu einer gesteigerten Schutz- und Förderungspflicht, zu einer (allgemeinen) Handlungs- und Leistungspflicht erwachsen 12. Die Schutz8 S. z. B. BVerfGE 7, 198 (204); Dreier, in: ders., Grundgesetz, Kommentar, Vorb. Art. 1, Rdnr. 43,45; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdnr. 287. 9 BVerfGE 7, 198 (204 f.). 10 BVerfGE 39, 1 - Schwangerschaftsabbruch; 46, 160 - Schleyer; 49, 89 - Kalkar; 53, 30 - Mühlheim-Kärlich; 56, 54 - Fluglärm; Sachs, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Vor Art. 1, Rdnr. 35 ff.; ausführlich zur Herleitung der Schutzpflicht Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, 1987; S. 43 ff. Die genannten Entscheidungen des BVerfG betreffen nur das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 GG. Inzwischen ist aber allgemein anerkannt, daß aus der objektiven Dimension Schutzpflichten für alle Grundrechte folgen, s. vor allem die Herleitung bei Isensee, Das Grundrecht als Abwehrrecht und als staatliche Schutzpflicht, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. V, § 111, Rdnr. 86 ff. In einigen weiteren Entscheidungen hat sich das BVerfG zu sich zu Handlungspflichten ausweitenden Schutzpflichten des Staates im Bereich der Universität (BVerfGE 35, 79 (116)) und zur staatlicher Förderung für Privatschulen (BVerfGE 75,40 (63 ff.)) geäußert. n Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rdnr. 91. 12 Vgl. Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Vorb. Art. 1, Rdnr. 62: nicht nur Unterlassungspflicht, sondern der Staat ist zum Handeln aufgefordert. Dreier weist ebd.
§ 5 Staatliche Pflicht zur Förderung von Privathochschulen
159
pflicht gebietet also nicht nur, Eingriffe in die grundrechtlich geschützte Sphäre durch Dritte zu verhindern, sondern unter den genannten Umständen auch, durch geeignetes Tätigwerden die Grundrechte vor Gefährdungen aufgrund faktischer Einflüsse oder Gegebenheiten zu schützen.
1. Die staatliche Förderpflicht am Beispiel des Art. 7 Abs. 4 GG Als Beispiel soll zunächst die im Vergleich zu Privathochschulen zumindest ähnlich gelagerte Situation der Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 GG untersucht und anschließend gefragt werden, ob hinsichtlich einer objektiven Förderpflicht des Staates das Ergebnis auf die Privathochschulsituation im Rahmen des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG übertragen werden kann. Art. 7 Abs. 4 GG gewährleistet ausdrücklich die Freiheit, eine Privatschule zu errichten und zu betreiben. Die grundgesetzliche Regelung des Art. 7 Abs. 4 GG ist vor dem Hintergrund des Art. 7 Abs. 1 GG zu sehen, der das gesamte Schulwesen unter staatliche Aufsicht stellt. Im Rahmen des Art. 7 GG ist daher nicht die private Freiheit, sondern die staatliche Verantwortung für die allgemeine und für alle verpflichtende Ausbildung die Regel 13 . Aufgrund der staatlichen Letzt Verantwortung muß eine sogenannte Ersatzschule nach Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG genehmigt werden. Im Rahmen der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 GG bzw. der vergleichbaren Länderverfassungsbestimmungen wird unterschieden zwischen Schulen, die als Ersatz für vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schulen dienen, und Ergänzungsschulen, für die vergleichbare öffentliche Schulen nicht bestehen und in denen daher der Schulpflicht nicht genügt werden kann 14 . Erhöht bzw. regelt der Staat für seine eigenen Schulen die Standards, bestimmt er gleichzeitig die Bedingungen für den Gebrauch der (Ersatz-)Privatschulfreiheit: Schon aus Interesse an einem möglichst guten Ausbildungsstand der Bevölkerung ist der Staat zu einer hohen Qualität seiner eigenen Schulen angehalten; damit verschärfen sich zugleich aber auch die Gleichwertigkeitsanforderungen für die Privatschulen. Aus diesem Grund sind Schulen in privater Trägerschaft heute kaum in der Lage, aus eigener Kraft die Genehmigungsanforderungen vollständig und daudarauf hin, daß damit allerdings noch nichts dazu ausgesagt ist, ob dann auch ein korrespondierender Anspruch des Grundrechtsinhabers auf die staatliche Leistung besteht; so auch Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 113 ff.; s. dazu unter II. 13 Gröschner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 7, Rdnr. 92. 14 BVerfGE 27, 195 (201 f.). Eine Ersatzschule ist eine Schule, die „den Anschein erweckt, eine im öffentlichen Schulwesen des betreffenden Landes vorgesehene öffentliche Schule zu ersetzen", Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 7, Rdnr. 73; die „zu den gleichen Abschlüssen" führt, „die also im Kern die gleichen Kenntnisse und Fähigkeiten" vermittelt, Robbers, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 7 Abs. 4, Rdnr. 181.
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2. Teil: Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
erhaft zu erfüllen 15 . Es besteht also eine Situation, in der der eigentlich Grundrechtsberechtigte aus seinen eigenen Möglichkeiten heraus die grundrechtliche Freiheit nicht mehr wahrnehmen kann. Dies gilt jedoch nur für die Ersatzschulen, die bestimmte Anforderungen zu erfüllen haben, nicht aber für die im Sinne des Art. 7 Abs. 4 GG nicht genehmigungsbedürftigen Ergänzungsschulen16. Insoweit kann sich also die staatliche Schutzpflicht zu einer Handlungspflicht verdichten, die vom Staat ein aktives Handeln fordert, damit die Grundrechtsgarantie nicht leerläuft. Grundsätzlich hat insbesondere der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum, wie er diese recht allgemeine Pflicht ausfüllt. Die Situation im Rahmen der Privatschulgarantie ist insofern besonders, als das zum Grundrechtsschutz hauptsächlich genutzte Instrumentarium des Gesetzes gleichzeitig auch die hohen Anforderungen an die Ersatzschulen stellt und damit zumindest eine sehr bedeutende Ursache für die besondere Schutz- und eben auch Förderungsbedürftigkeit der Privatschule darstellt. Also muß der Staat anderweitige Maßnahmen ergreifen, die zwar der gesetzgeberischen Einschätzung überlassen sind, von denen jedoch die finanzielle Unterstützung eine besonders naheliegende ist. Insofern leitet das BVerfG aus Art. 7 Abs. 4 GG in bestimmten Konstellationen immerhin eine objektiv-rechtliche Verpflichtung zur finanziellen Unterstützung her 17 . Dieses Ergebnis wird zum Teil auch mit sozialstaatlichen Erwägungen unterstützt: Weil im Ersatzschulwesen wegen der hohen Anforderungen eine besondere Gefahr für die rechtliche und wirtschaftliche Sicherung der Lebensgrundlage der Lehrkräfte bestehe, stützt das BVerfG die staatliche Förderungspflicht in einer Entscheidung auch auf den sozialstaatlichen Gehalt des Art. 7 Abs. 4 GG 1 8 .
2. Die staatliche Förderpflicht im Hinblick auf Privathochschulen Wegen der vergleichbaren Situation der privaten Schule und der privaten Hochschule könnte für die Privathochschule eine entsprechende Förderungspflicht zu entwickeln sein. 15 Vogel Das „herkömmliche Bild der Privatschule": RdJB 1998, S. 206 ff. (211). 16 BVerfGE 75,40 (62); 90, 107 (121); 90, 128 (138). 17
BVerfGE 90, 107 (117). Ein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf staatliche Finanzhilfe kann jedoch auch für Ersatzschulen nicht aus Art. 7 Abs. 4 GG abgeleitet werden, zu diesem Problem aber eingehend unter II. Anders hatte zunächst das BVerwG in BVerwGE 27, 360 (362 f.), entschieden, daß aus Art. 7 Abs. 4 GG ein subjektiv-rechtlicher Anspruch der Privatschule auf staatliche Hilfe abgeleitet werden könne. In BVerwGE 70, 290 (293), beschränkt das Gericht diesen Anspruch explizit auf einen Ausgleich für die „durch die staatliche Konkurrenz erhöhten Anforderungen". 18 BVerfGE 75,40 (65 f.).
§ 5 Staatliche Pflicht zur Förderung von Privathochschulen
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Das Recht, Privathochschulen zu errichten und zu betreiben, fällt in den Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Im sogenannten Hochschulurteil entwickelt das BVerfG, daß Art. 5 Abs. 3 GG nicht nur individuelles Abwehrrecht, sondern zugleich eine objektive Wertentscheidung der Verfassung ist, die den Gesetzgeber auch in den Bereichen bindet, in denen er grundsätzlich größere Gestaltungsfreiheit besitzt 19 . Diese Wertentscheidung gründe sich auf die „Schlüsselfunktion, die einer freien Wissenschaft sowohl für die Selbstverwirklichung des Einzelnen als auch für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung" zukomme. Der Staat müsse für die Idee einer freien Wissenschaft einstehen und an ihrer Verwirklichung „schützend und fördernd" mitwirken 20 . Daraus leitet das BVerfG zwei Postulate ab: Zum einen habe der Staat die Wissenschaft durch personelle, finanzielle und organisatorische Mittel zu ermöglichen und zu fördern, also eigene funktionsfähige Institutionen bereitzustellen. Der Staat hat also ein staatlich verantwortetes und durch staatliche Institutionen erfülltes Hochschulsystem zu garantieren. Zum anderen führt das BVerfG die Verpflichtung des Staates aus, den Bereich der staatlichen Wissenschaftsinstitutionen so zu organisieren, daß das individuelle Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit soweit wie möglich unangetastet bleibt. Der Staat muß also auch im Bereich der Leistungsverwaltung, also in den von ihm zur Verfügung gestellten Institutionen, das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit beachten21. Ein weiterer Aspekt taucht in der Literatur auf: Die staatliche Verpflichtung zur Wissenschaftsförderung sei nicht nur mit der „doch etwas beliebigen »objektiven Wertentscheidung4 begründbar", sondern ergebe sich aus der besonderen Situation der Wissenschaft und ihrer Pflege 22. Die Wissenschaftsfreiheit sei immer als ein Grundrecht verstanden worden, das überwiegend in staatlichen Hochschulen, die auf staatliche Finanzierung angewiesen seien, ausgeübt werde. Heute könne unabhängige wissenschaftliche Forschung und Lehre nur in solcher Organisation und mit solchen Mitteln betrieben werden, über die allein der Staat verfüge. Der Staat müsse, bevor er die Wissenschaftsfreiheit schützen könne, überhaupt erst die Voraussetzungen für eine freie Wissenschaft schaffen 23. Haben sich auch unter der damaligen Fragestellung und der tatsächlichen Hochschulsituation Überlegungen zu einer anderen Ausformung der objektiven Weitentscheidung und insbesondere zur Frage der Förderung nichtstaatlicher Wissenschaft
19 BVerfGE 35, 79 (114). 20 Ebd. 21 BVerfGE 35, 79 (115). 22
Bauer, Wissenschaftsfreiheit in Lehre und Studium, 1980, S. 193 f. 23 Ähnlich auch BVerfGE 35, 79 (115): „faktisches Monopol" des Staates. Kirchhof beschäftigt sich in seinem Aufsatz zur Universitätsfinanzierung allein mit den staatlichen Universitäten; dort weist er darauf hin, daß die universitäre Forschung und Lehre die benötigten Mittel vom Staat erhalten muß, Kirchhof, Rechtliche Grundsätze der Universitätsfinanzierung: JZ 1998, S. 275 ff. (277). 11 Steinkemper
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2. Teil: Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
nicht aufgedrängt 24, erscheint das erste Postulat des BVerfG, also die Pflicht des Staates zum Bereithalten eigener Institutionen, aus heutiger Sicht nicht gerade zwingend. Aus der objektiven Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG folgt nur, daß der Staat die freie Wissenschaft überhaupt ermöglichen muß. Diese Verpflichtung bezieht sich auf den gesamten Bereich wissenschaftlicher und Wissenschaft ermöglichender Tätigkeiten25. Ob er dies durch eigene Institutionen tut, bleibt grundsätzlich 26 seiner Einschätzung überlassen. Wenn man aber die Wissenschaftsfreiheit zunächst als Freiheit vom Staat versteht, bezieht sich auch die objektive Wertentscheidung auf die grundsätzliche Staatsfreiheit der Wissenschaft. Das heißt, daß der Staat für einen „Raum" freier, also von staatlichen Regelungen und Institutionen grundsätzlich unabhängiger Wissenschaft einstehen muß. Wenn aber die Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG - wie im ersten Teil herausgearbeitet - gerade auch die Privathochschulen umfaßt, gehören auch Privathochschulen zu dem Wissenschaftsraum, für den der Staat einstehen, den der Staat schützen und fördern muß. Die objektive Wertentscheidung bedeutet also eine Verpflichtung des Staates zum Schutz und zur Förderung dieses pluralistischen Hochschulsystems. Sofern der Schutz der Privathochschulfreiheit nicht allein mit gesetzlichen Mitteln gewährleistet werden kann, ist der Staat also zur Förderung von Privathochschulen aus der objektiven Dimension des Grundrechts verpflichtet 27. Wie er diese Pflicht wahrnimmt, bleibt auch im Rahmen des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zunächst seiner Gestaltung überlassen. Diese grundsätzlich allgemeine und damit staatlicher Einschätzung gegenüber offene Förderungspflicht kann sich aber unter Umständen auf eine spezialisierte Förderungs- oder sogar Finanzierungsverpflichtung verdichten, mit der dann ein subjektiver Anspruch des Grundrechtsberechtigten korrespondieren könnte.
24 So auch Freundlich, Zur Interpretation der Wissenschaftsfreiheit - Art. 5 III S. 1 GG unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Diss. Göttingen 1984, S. 256. 25 Ähnlich, allerdings nicht auf Privathochschulen bezogen: Freundlich, Zur Interpretation der Wissenschaftsfreiheit, S. 213. Wenn allerdings ohne staatliche Einrichtungen Forschung und Lehre nahezu unmöglich wären, weil es z. B. nicht genügend private Hochschulen gibt, verdichtet sich die allgemeine Schutz- und Förderpflicht zu einer Verpflichtung, eigene Hochschulen bereitzustellen; ähnlich BVerfGE 35, 79 ff. (114 f.). 27 So auch Erichsen, Verfassungsfragen der Hochschulprivatisierung, in: FS Zöllner, 2000, S. 287 ff. (293).
§ 5 Staatliche Pflicht zur Förderung von Privathochschulen
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I I I . Die konkretisierte Förderungspflicht des Staates und der Leistungsanspruch der Privathochschule aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG Aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG folgt keine Finanzierungspflicht, sondern grundsätzlich nur eine allgemeine Förderungspflicht. Diese objektiv-rechtliche Verpflichtung des Staates begründet als solche aber für die Privathochschule noch keine Rechtsstellung, in der sie - sofern der Staat dieser Förderungspflicht nicht nachkäme - eine staatliche Förderung auch rechtlich einfordern könnte. Das wäre nur dann der Fall, wenn aus dieser staatlichen Verpflichtung (quasi als Kehrseite) ein subjektiv-rechtlicher Anspruch der Privathochschule auf staatliche Unterstützung hergeleitet werden könnte. Voraussetzung dafür ist zunächst, daß sich die grundrechtliche Förderungspflicht im Hinblick auf eine konkrete Unterstützungsmaßnahme verdichtet und diese Pflicht sich in einem entsprechenden Anspruch auf eine bestimmte Förderungsmaßnahme oder sogar -höhe niederschlägt. Damit ist die Frage nach der Leistungsdimension der Grundrechte gestellt28.
1. Die Leistungsdimension der Grundrechte im allgemeinen Ausgangspunkt für die Frage nach einer leistungsrechtlichen Dimension 29 der Grundrechte ist die Überlegung, daß für die Ausübung der grundrechtlichen Freiheit häufig bestimmte Voraussetzungen gegeben oder Vorkehrungen getroffen sein müssen, die die Fähigkeiten des Grundrechtsträgers übersteigen. In einem zweiten Schritt folgt dann, daß der Staat nicht nur in bestimmten Fällen zur Leistung verpflichtet sein soll, sondern der Begünstigte diese Leistung auch einfordern können muß. Aus der objektiven Dimension fließt - wie oben dargelegt - ein allgemeiner Schutz- und Förderauftrag an den Staat, dem wiederum ein weiter Einschätzungsund Gestaltungsspielraum im Rahmen der Erfüllung dieses Schutzauftrags zukommt. Es sind aber darüber hinaus Fälle denkbar, in denen ein bloßer Schutz der Grundrechtsausübung und daher auch bloße Regelungen zur Bewahrung der grundrechtlichen Freiheit nicht ausreichen, sondern diese nur dann wahrgenommen werden kann, wenn der Staat „vorleistet", also erst durch eigene Leistungen die Möglichkeit zur Grundrechtsausübung schafft 30. 28
Ausführlich zur Herleitung und zu verschiedenen Begründungskonzepten allgemein und am Beispiel des Art. 7 Abs. 4 GG Müller/Pieroth/Fohmann, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, 1982. 2 9 In der Terminologie wird häufig auch der Begriff „soziale Grundrechte" verwendet, so z. B. Starck, in: v. Mangoldt / Klein / ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 1 Abs. 3, Rdnr. 153; Maurer, Staatsrecht, § 9, Rdnr. 28; Stein, Staatsrecht, S. 429; Alexy, Theorie der Grundrechte, 2. Aufl. 1994, S. 454 ff., der allerdings dann sein eigenes Modell der minimalen Grundrechte und der Prinzipientheorie entwickelt. Ii*
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2. Teil: Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
a) Beispiele fir die Herleitungsversuche von Leistungsansprüchen aus der Rechtsprechung Das BVerfG hat allerdings eine über die allgemeine Schutz- und Förderungspflicht hinausgehende konkretisierte Verpflichtung des Staates zu finanziellen Leistungen nur in wenigen Fällen anerkannt. Die erste Gruppe von Fällen betrifft solche Situationen, in denen schon nach dem Wortlaut des Grundgesetzes ein Anspruch auf staatliche Leistungen besteht: So hat nach Art. 6 Abs. 4 GG jede Mutter Anspruch auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft; aus dem Anspruch auf Fürsorge erwachse ein Anspruch auf finanzielle sowie psychische Unterstützung in Notlagen31. Weitere schon durch ihre Formulierung als (Leistungs-)Recht oder Anspruch zu bezeichnende Grundrechte sind die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG. Während die letztgenannten Rechte als Verfahrensrechte weniger den Bereich der Persönlichkeitsentfaltung als vielmehr die Teilhabe an rechtsstaatlichen Verfahren regeln und daher als Leistungsrechte im Hinblick auf die Schaffung und Gewährleistung dieses Verfahrens allgemein anerkannt sind, wird von einigen entgegen dem Wortlaut die Leistungsdimension des Art. 6 Abs. 4 GG angezweifelt 32 . Schon bei Grundrechten, die in ihrer Formulierung auf eine staatliche Leistung zielen, argumentieren also einige bei der Anerkennung eines subjektiv-rechtlichen Anspruchs auf staatliche Zuwendungen sehr restriktiv. Umso schwieriger gestaltet sich die Herleitung eines Leistungsanspruchs aus Grundrechten, die weniger klar formuliert sind: Zum Recht auf Gründung und Betrieb einer Privatschule aus Art. 7 Abs. 4 GG wurde bereits oben ausgeführt, daß das BVerfG wegen der besonderen Bedeutung und der besonderen Situation des Ersatzschulwesens eine grundsätzliche Förderungspflicht des Staates anerkannt hat; ein subjektiver Anspruch der einzelnen Schule auf Finanzhilfe, insbesondere in einer bestimmten Höhe wurde aber in der30 Alexy unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen rechtlicher und faktischer Freiheit: Die rechtliche Erlaubnis sei ohne „die tatsächliche Möglichkeit, zwischen dem Erlaubten zu wählen, wertlos", Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 458. 31 Robbers, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 6 Abs. 4, Rdnr. 296. 32 Schmitt-Kammler, in: Sachs, Grundgesetz, Kommentar, Art. 6, Rdnr. 79 ff., sieht in Art. 6 Abs. 4 GG „zunächst einen bindenden Auftrag an den Gesetzgeber" und spricht hernach zwar von „Grundrecht", auf die in Rdnr. 1 aufgeworfene Frage, ob damit ein gesetzgeberisches Tätigwerden bzw. finanzielle Hilfe verlangt werden können, also Art. 6 Abs. 4 GG ein Leistungsrecht enthält, geht er dann aber nicht weiter ein. Auch Gröschner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 6, Rdnr. 106 ff., betont die primäre Bedeutung der objektiven Dimension des Grundrechts, der „Wortlaut des Art. 6 IV GG" dürfe „nicht überbewertet werden, weil ein »Anspruch' im rechtstechnischen Sinne ( . . . ) einen rechtlich faßbaren Anspruchsgegner" voraussetze, „der die unverfaßte »Gemeinschaft4 des Art. 6 IV GG nicht sein" könne.
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selben Entscheidung ausdrücklich abgelehnt33. Das BVerwG hingegen hatte einen Leistungsanspruch der Privatschule unmittelbar aus Art. 7 Abs. 4 GG iVm Art. 3 GG bejaht 34 . Begründet wurde der Anspruch zum einen mit der Garantie der Privatschule: Wegen der für Ersatzschulen geforderten Vergleichbarkeit und dem dafür durch die staatlichen Schulen gesetzten Maßstab könne sich die Privatschule nicht mehr vollständig selbst finanzieren; die Privatschulgarantie liefe daher leer. Zum anderen wurde damit argumentiert, daß der Staat für jeden Schüler, der eine Privatschule besuche, einen erheblichen finanziellen und sachlichen Aufwand spare. Obwohl die Ersatzschulen anstelle des Staates öffentliche Bildungsaufgaben wahrnähmen, stelle der Leistungsanspruch der Privatschulen keinen öffentlichrechtlichen Ersatzanspruch dar, der Rechtsgrund des Anspruchs liege vielmehr in der verfassungsrechtlichen Garantie des Privatschulwesens. Allerdings bestehe kein Recht auf staatliche Unterstützung bei Errichtung der Schule, diese beruhe vielmehr vollständig auf privater Initiative; die Begründung eines Leistungsanspruchs aus Art. 7 Abs. 4 GG betreffe allein die Erhaltung der Privatschule 35. Außerdem erstrecke sich der Anspruch nur auf Unterstützung wegen der durch die staatliche Konkurrenz erhöhten Anforderungen. Der Staat sei daher nicht verpflichtet, die wirtschaftlichen Möglichkeiten für Errichtung und Betrieb einer Privatschule überhaupt erst zu schaffen 36. Das BVerwG hat sich allerdings in seiner späteren Rechtsprechung ausdrücklich von dieser früheren Rechtsprechung distanziert und sich dem BVerfG angeschlossen37. Dieselbe Argumentation trägt nach dieser neueren Rechtsprechung nunmehr eine staatliche Förderungspflicht mit weitem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, der aber die besondere Situation der Privatschule und ihre verfassungsrechtliche Stellung zu beachten habe. Insofern kann auch nach der Rechtsprechung des BVerfG bzw. der geänderten Rechtsprechung des BVerwG der Fall eintreten, daß der Staat unterstützende Maßnahmen auch finanzieller Art zum Erhalt des Privatschulwesens zu ergreifen hat - jedoch nicht aufgrund einer leistungsrechtlichen Dimension des Grundrechts, sondern wegen der Gefahr des Leerlaufens der grundrechtlichen Garantie. Der Fall einer „Interventionspflicht" des Staates, also eine Gefährdung des Privatschulwesens, tritt nach Rechtsprechung des BVerfG erst dann ein, wenn dieses trotz angemessener Eigenleistungen der Schulträger unterzugehen droht 38 . Während das BVerfG davon ausgeht, daß die Privatschule neben den Schulgeldern 39 33 34 35 36 37
BVerfGE 90, 107(117). BVerwGE 20, 347 (350); 27, 360 (362 ff.); 70, 290 (292 f.). BVerwGE 27, 360 (365). BVerwGE 70, 290 (293). BVerwGE 79, 154 (156 f.).
38 BVerfGE 75, 40 (68): Der Privathochschulträger soll nicht durch die staatliche Förderung vom unternehmerischen Risiko befreit werden. 39 Die Höhe der Schulgelder ist allerdings wegen Art. 7 Abs. 4 Satz 3 a.E. GG begrenzt.
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sonstige dauerhafte Finanzierungsquellen zu erschließen hat, bevor eine staatliche Förderpflicht statuiert werden kann 40 , sehen Stimmen in der Literatur für die Gruppe der von der Elternschaft getragenen Schulen die Grenze der Zumutbarkeit überschritten, weil sich diese gerade nicht auf ein kirchliches oder sonstiges großes (Stiftungs-)Vermögen stützen können41. Allerdings räumen die Befürworter eines Anspruchs auf staatliche Finanzierung privater Ersatzschulen ein, daß es bei der Frage, ob sich in besonders gelagerten Fällen wie bei der Privatschulgarantie die Schutzpflicht zu einer Handlungspflicht des Staates, gerichtet auf Finanzierungshilfe, verdichten kann, nicht auf die Existenzgefährdung einer einzelnen Privatschule ankommen kann. Es muß vielmehr auf die Wirkungen über den Kreis eines betroffenen Schulträgers hinaus, also auf die Gefährdung der Institution des Ersatzschulwesens abgestellt werden 42. Eine im Hinblick auf Finanzierungsmaßnahmen verdichtete staatliche Schutzund Förderpflicht kann also nur dann angenommen werden, wenn das Ersatzschulwesen sonst in seinem institutionellen Bestand gefährdet wäre und das Grundrecht mithin leerliefe 43. Eine Handlungsverpflichtung wurde bisher aus der objektiven Dimension des Grundrechts hergeleitet; die Frage nach einem subjektiv öffentlichen Recht auf Erfüllung dieser Pflicht ist damit jedoch noch nicht beantwortet. Das BVerwG und auch das BVerfG weisen in ihrer Rechtsprechung zur Privatschulfinanzierung dar40 BVerfGE 90, 107 (118 ff.) 41 Auf diese Probleme kann hier nicht näher eingegangen werden, vgl. aber Jach, Die Existenzsicherung der Institution Ersatzschulwesen in Zeiten knapper Haushaltsmittel, in: FS Vogel, 1998, S. 75 ff. (79 ff.); Vogel, Das „herkömmliche Bild der Privatschule": RdJB 1998, S. 206 ff. (208 f., 212 ff.), beide m. w. N.; so auch Kramer, Herausforderung an das öffentliche Bildungsmonopol: Arbeitgeber 1997, S. 756 ff. (757). 42 Jach, Die Existenzsicherung der Institution Ersatzschulwesen in Zeiten knapper Haushaltsmittel, in: FS Vogel, S. 75 ff. (78 f.); so auch Robbers, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 7 Abs. 4, Rdnr. 217. 43 So auch Schmitt-Kammler, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 7, Rdnr. 64; Gröschner, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 7, Rdnr. 102.
Die Autoren, die sich für'eine dauerhafte und umfassendere staatliche Förderung einsetzen, sprechen auch im Zusammenhang mit dem Finanzhilfeurteil des BVerfG von Leistungspflicht und Leistungsanspruch. Obwohl auch von ihnen anerkannt wird, daß eine allgemeine leistungsrechtliche Komponente im Rahmen der Grundrechtsdogmatik kaum hergeleitet werden kann, weisen sie darauf hin, daß das BVerfG bereichsspezifisch nur mit der besonderen Situation des Art. 7 Abs. 4 GG argumentiere. Dabei ist verwirrend, wie zum Teil zunächst die Aussage des Urteils im Sinne einer Schutz- und Förderpflicht dargestellt wird, eine allgemein grundrechtsdogmatische Herleitung von Leistungsansprüchen abgelehnt und dann für den Bereich der Privatschule ein Recht auf staatliche Leistungen damit begründet wird, daß das Privatschulwesen sonst existentiell bedroht sei. Genau dies ist aber die Begründung aus Sicht der Schutzpflicht, eine leistungsrechtliche Dimension der Grundrechte muß für dieses Ergebnis nicht bemüht werden. Vgl. zur Argumentation und Ausseinandersetzung mit den BVerfGUrteilen Jeand'Heur, Methodische Analyse, freiheitsrechtliche und leistungsrechtliche Konsequenzen des Finanzhilfe-Urteils, in: Müller/ders. (Hrsg.), Zukunftsperspektiven der Freien Schule, 1996, S. 47 ff., insb. auch S. 66 ff.
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auf hin, daß der Privatschulträger im Falle fehlender oder gemessen an der verfassungsrechtlichen Förderpflicht unzureichender Regelungen sein Recht, verfassungsgemäß gefördert zu werden, im Verwaltungsrechtsweg geltend machen könne 44 . Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Schutz- und Förderungspflicht steht dem Gesetzgeber und der Verwaltung ein weiter Spielraum zu. Daher kann der durch die staatliche Förderungspflicht Begünstigte ein subjektiv-öffentliches Recht auf Förderung nur dann geltend machen, wenn Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen worden oder diese völlig ungeeignet oder unzulänglich sind 45 oder, falls die gesetzlichen Maßnahmen in dieser Hinsicht nicht weiter zu beanstanden sind, wenn bei der Anwendung der Vorschriften ein mögliches Ermessen der Verwaltung im konkreten Fall auf Null reduziert wäre. Insbesondere schränkt das BVerfG diesen Anspruch auch insoweit ein, als dieser unter dem Vorbehalt dessen stehe, „was vernünftigerweise von der Gesellschaft erwartet werden" könne 46 . All dies macht deutlich, daß ein subjektiv öffentliches Recht auf staatliche Zuwendungen nur unter ganz engen Voraussetzungen angenommen werden kann. Dieser Anspruch ist aber nicht mit einem verfassungsrechtlichen Leistungsanspruch auf finanzielle Unterstützung zu verwechseln 47. Aus Art. 12 Abs. 1 GG wird vereinzelt ein Anspruch auf Ausbildungsförderung sowie ein (originärer) Anspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium abgeleitet, der im Gegensatz zum derivativen Leistungsanspruch auf die Erhöhung der Kapazität zielt 48 . Dies alles steht aber nach Rechtsprechung des BVerfG unter dem Vorbehalt des Möglichen. In neuerer Zeit wird auch im Schrifttum Wert darauf gelegt, daß es im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG vor allem um derivative Teilhaberechte bzw. um eine allgemeine staatliche Verpflichtung gehe, jedem eine Ausbildung zu ermöglichen, weniger um darüber hinausgehende Leistungen49. So hat der Staat 44 BVerfGE 90, 107 (117); BVerwGE 79, 154 (156 f.). Müller/Pieroth/Fohmann, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, S. 172, kommt demgegenüber zu dem Ergebnis, daß der Ersatzschulträger nicht nur durch bloßen Rechtsreflex begünstigt wird, sondern ihm ein Garantierecht zustehe, daß er zwar mit der Verfassungsbeschwerde, nicht aber mit der verwaltungsrechtlichen Leistungsklage geltend machen könne. 45 So auch Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rdnr. 91; ähnlich auch Isensee, Das Grundrecht als Abwehrrecht und staatliche Schutzpflicht, in: ders./Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. V, § 111, Rdnr. 183 ff. 46 BVerfGE 90, 107(116). 47 Es handelt sich um einen Förderungsanspruch im Sinne einer resubjektivierten Schutzpflicht, s. dazu sogleich unter 2. Es sei darauf hingewiesen, daß ein eventuell bestehender einfachgesetzlicher Anspruch selbstverständlich von diesen Überlegungen unberührt bleibt; es geht hier nur um die Ableitung eines Leistungsrechts direkt aus der Verfassung. 48 BVerfGE 33, 303 (332 f.), das allerdings auch die engen Grenzen des Anspruchs auf Kapazitätserweiterung deutlich macht und die aufgeworfene Frage nach einem insofern originären Leistungsrecht mit dem Hinweis unbeantwortet läßt, daß nur bei einer hier nicht vorliegenden evidenten Verletzung des Verfassungsauftrags und nur unter dem Vorbehalt des Möglichen ein solcher Anspruch zu überlegen wäre; ebenso Maurer, Staatsrecht, § 9, Rdnr. 28. 49 Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12 Abs. 1, Rdnr. 15.
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grundsätzlich einen Studienplatz für eine ordnungsgemäße Ausbildung ausreichend auszustatten, er muß aber die Kosten hierfür nicht alleine tragen, sondern kann sie in gewissen Grenzen auf den Studenten abwälzen50. Auch hier gilt also, daß der Staat grundsätzlich die Voraussetzungen zur Grundrechtsausübung schützen muß und diese Schutzpflicht sich in bestimmten Konstellationen zu einer Handlungspflicht des Staates erweitern kann, ein subjektiver Anspruch auf staatliche Hilfe aber - wenn überhaupt - nur in ganz engen Grenzen zuerkannt werden kann. Anders als im Rahmen des Art. 7 Abs. 4 GG, dessen garantierte Institution Privatschule ohne staatliche Förderung gefährdet bzw. unmöglich ist, ist eine institutionelle Gefährdung der Berufsfreiheit nicht erkennbar 51. Eine Ausnahmesituation, in der der Staat, um die Wahrnehmung der Grundrechte zu gewährleisten, „vorleisten" muß, besteht im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG nicht. Als weiterer Fall eines originären Leistungsanspruchs gegen den Staat wird das Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG genannt. Aus dem eigentlich als Staatsstrukturprinzip objektivrechtlich wirkenden Prinzip folge in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ein Anspruch auf existenznotwendige Leistungen52. Doch wird aus den BVerfG-Entscheidungen zum leistungsrechtlichen Gehalt des Sozialstaatsprinzips deutlich, daß subjektiv-rechtliche Ansprüche nur in engen Grenzen angenommen werden können. Zudem fließen die Entscheidungen aus Konstellationen, in denen der Schutzgedanke gegenüber dem originären Leistungsgedanke überwiegt. Die üblicherweise im Zusammenhang mit der Gewährleistung des Existenzminimums zitierten Entscheidungen betreffen die Steuerfreiheit des Existenzminimums53: Von dem, was man erarbeitet hat, soll mindestens der Teil, der für die Existenzsicherung notwendig ist, von der Steuerpflicht ausgenommen werden. Dabei stellt sich diese Nichtbesteuerung des Existenzminimums jedoch gerade nicht als eine Leistung des Staates dar, sondern der Freiheitseingriff durch die Steuerpflicht findet seine Grenze an den Grundrechten der betroffenen Bürger, weil er sonst unverhältnismäßig wäre. Zudem nimmt die Besteuerung von dem durch eigene Leistung des Steuerpflichtigen erzielten Vermögen etwas weg. Eine günstigere Besteuerung beläßt also etwas von dem eigenen Einkommen beim Betroffenen. Sie ist also eher ein Absehen eines Einkommenseingriffs, als eine Leistung im Sinne von „etwas schaffen". Selbst die günstigere Besteuerung von Eheleuten und Familien ist nicht als Leistung zu verstehen, sondern wegen der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung in Art. 6 GG als einzig verfassungsmäßige Besteuerungsmöglichkeit. so BVerfG, NJW 1997, 2465 (2466). 51 Manssen, in: v. Mangoldt / Klein / Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12 Abs. 1, Rdnr. 11. 52 BVerfGE 45, 187 (228); aus neuerer Zeit BVerfGE 91, 93 (111); Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Vorb., Rdnr. 50 mit FN 204; Maurer, Staatsrecht, § 9, Rdnr. 28; Zacher, Das soziale Staatsziel, in: Isensee / Kirchhof (Hrsg.), HdbStR, Bd. I, § 25, Rdnr. 25, 27. 53 BVerfGE 82, 60 (85 f.); 87, 153 (171); 91, 93 (111).
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Anders verhält es sich allerdings mit den Leistungen der Sozialhilfe. Diese werden in der Tat vom Staat für diejenigen bereitgehalten, die sich alleine nicht oder nicht ausreichend unterhalten können, unabhängig von einer etwaigen eigenen Leistung. Allerdings ist hier zu beachten, daß der Anspruch auf Sozialhilfe nicht unmittelbar aus dem Sozialstaatsprinzip, sondern aus den Regelungen des BSHG folgt. Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Staat nur, überhaupt ein „soziales Auffangnetz" bereitzuhalten. Ein aus diesem Prinzip fließender Anspruch kann dementsprechend ebenfalls nur mit dieser allgemeinen Pflicht korrespondieren, mithin nur ein Recht auf staatliche Maßnahmen zur Schaffung eines „sozialen Auffangnetzes" beinhalten, nicht aber einen Vermögenswerten Unterstützungsanspruch. b) Ansätze in der Literatur In keinem der aufgeführten Fälle wurde durch die Rechtsprechung ein unmittelbar aus den Grundrechten folgender konkreter Leistungsanspruch bejaht, sondern nur eine staatliche Verpflichtung zur Unterstützung dem Grundsatz nach angenommen und, damit korrespondierend, ein wegen des Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Staates allerdings nicht weiter spezifizierter Förderungsanspruch des Grundrechtsberechtigten entwickelt. In der Literatur wird demgegenüber nicht immer scharf zwischen originären Leistungsansprüchen und allgemeinen Schutzund Förderansprüchen unterschieden. So sprechen einige Autoren, insbesondere im Zusammenhang mit der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 GG, immer wieder von grundrechtlichen Finanzierungspflichten bzw. -ansprüchen oder von Leistungsrechten, die aus der besonderen Situation der Privatschule rühren sollen 54 . Abgesehen von diesem bereichsspezifischen Ansatz wird die These von originären Leistungsansprüchen aus den Grundrechten kaum noch vertreten 55. Gegen die Annahme von Leistungsrechten aus gerade nicht eindeutigen Verfassungsvorschriften sprechen vor allem zwei Argumente: Zum einen steht der Annahme von Leistungsansprüchen das Gewaltenteilungsprinzip entgegen. Mangels eindeutiger Bestimmung des Inhalts und des Umfangs eines etwaigen Leistungs54
Müller/Jeand'Heur, Vorwort zur zweiten Auflage, in: dies. (Hrsg.), Zukunftsperspektiven der Freien Schule, 1996, S. 6; Jeand'Heur, Methodische Analyse, freiheitsrechtliche und leistungsrechtliche Konsequenzen des Finanzhilfe-Urteils, in: ebd., S. 47 ff., insb. S. 66 ff., der die spezifische Situation der Privatschule betont, einer allgemein hergeleiteten Leistungsdimension der Grundrechte aber kritisch gegenübersteht; Jach, Die Existenzsicherung der Institution Ersatzschulwesen, in: FS Vogel, S. 75 ff.; weniger deutlich Vogel, 50 Jahre Grundrecht auf Errichtung freier Schulen, in: Jach/Jenkner (Hrsg.), 50 Jahre Grundgesetz und Schul Verfassung, S. 39 ff. 55 Stein nimmt soziale Grundrechte und damit Leistungsansprüche für die unabdingbaren Voraussetzungen eines menschenwürdigen Lebens an. Allerdings begründet er seine Ansicht mehr mit Notwendigkeitsbehauptungen als mit dogmatischer Klarheit. So findet sich z. B. der Satz, daß sich bei Überschreiten der Leistungsfähigkeit des Staates „die Leistungsansprüche in Teilhabeansprüche verwandeln"; Stein, Staatsrecht, S. 430 f.
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rechts wäre der Gesetzgeber und damit die politischen Entscheidungsorgane zur Konkretisierung berechtigt. Ein vom BVerfG aus den Grundrechten abgeleiteter Leistungsanspruch hätte unmittelbare Auswirkungen auf den Staatshaushalt und griffe in die Kompetenzen des Gesetzgebers ein. Die Annahme derartiger Leistungsrechte könnte also zu einer verfassungsrechtlichen Determinierung der gesamten Haushaltspolitik führen 56. Zudem enthält sie die Prämisse, daß die finanziellen Aufwendungen, die zur Erfüllung der Ansprüche notwendig sind, auch tatsächlich aufgebracht werden können. Das zweite Argument ist, daß bei Annahme von Leistungsrechten, die dem Haushaltsgesetzgeber den ihm verfassungsrechtlich gebührenden Spielraum belassen, diese Rechte nicht bindend sein könnten. Das wiederum widerspricht der eindeutigen Aussage in Art. 1 Abs. 3 GG 5 7 . Daneben wäre es auch verfassungspolitisch nicht wünschenswert, mit nicht bindenden Leistungsansprüchen, deren Erfüllung von der Verfassung gerade nicht vorausgesetzt werden kann, ein Einfallstor für Relativierungen zu schaffen 58. Auch hinsichtlich der Privatschulgarantie des Art. 7 Abs. 4 GG enthält die Annahme eines bereichsspezifischen Leistungsanspruchs letztlich denselben Inhalt wie im Rahmen der Schutz- und Förderpflicht. Die Vertreter des bereichsspezifischen Förderungsanspruchs argumentieren wie auch das BVerfG mit der besonderen Situation der Privatschule. Diese Situation kann dazu führen, daß sich der Gestaltungsspielraum hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der staatlichen Förderungsverpflichtung dahingehend verengt, daß keine anderen Mittel außer der staatlichen Finanzhilfe geeignet sind, die Privatschulgarantie ausreichend zu schützen. Die staatliche Verpflichtung kann also auf eine finanzielle Unterstützung hin konkretisiert werden; in welcher Höhe, ab welchem Zeitpunkt und auch in welcher Form (direkte oder indirekte Zuwendungen) bleibt dabei aber immer noch der staatlichen Einschätzung überlassen59. Der Grund für diese Finanzhilfe liegt zunächst nicht in einem grundrechtlichen Anspruch, den der Staat zu erfüllen hat, sondern in der zunächst aus der objektiven Dimension der Grundrechte folgenden Pflicht zum Schutz der Grundrechte. Liefe die Grundrechtsgarantie ohne staatliche Unterstützung leer, ist der Staat solange und soweit zur (aktiven) Förderung objektiv verpflichtet, als die grundrechtliche Freiheit grundsätzlich 60 auch tatsächlich wahrgenommen werden kann.
56 Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 1 Abs. 3, Rdnr. 154; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 461 f.; ähnlich Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdnr. 289. 57 Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 1 Abs. 3, Rdnr. 156; Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 462 f. 58 Pieroth/Schlink, Grundrechte, Staatsrecht II, Rdnr. 100; Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 1 Abs. 3, Rdnr. 156. 59 Ausführlich dazu Müller/Pieroth/Fohmann, Leistungsrechte im Normbereich einer Freiheitsgarantie, S. 162.
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c) Fazit Leistungsrechte können somit im allgemeinen aus den Grundrechten nicht hergeleitet werden 61. Gleichwohl besteht unter den genannten Voraussetzungen, insbesondere bei der Gefahr des „Leerlaufens" des Grundrechts, eine staatliche Schutz- und Förderungspflicht, die sich zu einer Handlungs- und damit auch zu einer Unterstützungspflicht in finanzieller Hinsicht auswachsen kann. Wenn die grundrechtliche Garantie ohne staatliche Hilfe gar nicht mehr wahrgenommen werden kann, ist der Staat zum Schutz und damit zur Förderung des betroffenen Grundrechts aufgefordert. Der Einzelne hat insofern lediglich einen Anspruch darauf, daß der Staat überhaupt wirkungsvolle Maßnahmen ergreift. Erst wenn sich der Gestaltungsspielraum soweit verdichtet, daß eine finanzielle Unterstützung der Grundrechtsträger die einzig mögliche Maßnahme darstellt, wäre ein Anspruch auch auf finanzielle Unterstützung zu bejahen. Auch hier sind aber Beginn und Höhe sowie die weiteren Einzelheiten der Finanzhilfe der staatlichen Einschätzung und Gestaltung überlassen. Für die Annahme eines solchen Anspruchs bedarf es aber nicht einer Leistungsdimension der Grundrechte, diese ist vielmehr aus den genannten Gründen generell nicht in den Grundrechten enthalten62. Andererseits widerspräche es den Grundaussagen des Grundgesetzes im Hinblick auf den Aussagegehalt des Art. 1 Abs. 1 GG und dem personalen Kern der Grundrechte, wenn es aus ihnen - neben dem Abwehrrecht - allein objektive Pflichten, nicht aber deren subjektiv-rechtliche Einforderungsmöglichkeit schaffen wollte. Im modernen Verfassungsstaat ist eine objektive Bindung des Staates ohne subjektive Durchsetzungsmöglichkeit im Bereich der Grundrechte nicht denkbar 63. Ähnlich läßt sich mit der Vorstellung eines Vorrangs der subjektiven Dimension der Grundrechte argumentieren 64: Soll die objektive Dimension die Geltungskraft der Grundrechte
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Dies gilt im Grundsatz, denn der Staat ist nicht verpflichtet, für jeden möglichen Grundrechtsberechtigten die tatsächlichen Möglichkeiten zur Grundrechtsausübung zu schaffen. In diesem Sinne ist auch die Aussage des BVerfG zu verstehen, wonach eine Handlungspflicht nur bei institutioneller Gefährdung des Privatschulwesens entsteht; vgl. BVerfGE 75,40 (67); 90, 107 (120). 61 So z. B. Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Vorb. Art. 1, Rdnr. 51; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders. (Hrsg.), Kommentar, Grundgesetz, Art. 1 Abs. 3, Rdnr. 157; ders., Über Auslegung und Wirkungen der Grundrechte, in: Heyde/ders., Vierzig Jahre Grundrechte in ihrer Verwirklichung durch die Gerichte, 1990, S. 9 ff. (21); Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts, Rdnr. 289; Klein, Die grundrechtliche Schutzpflicht: DVB1. 1994, S. 489 ff. (497). Immer wieder enthalten auch Urteile des BVerfG den allgemeinen Satz, daß ein Anspruch auf staatliche Zuwendungen nicht aus dem Grundrecht hergeleitet werden kann, so z. B. im Rundfunkbereich BVerfGE 87, 181 (197). 62 Selbstverständlich bleiben von dieser Aussage aber ausdrücklich in den Grundrechten verankerte Leistungsrechte, wie z. B. in Art. 6 Abs. 4 GG, unberührt. 63 Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 210. 64 Ahnlich Starck, Über Auslegung und Wirkungen der Grundrechte, in: Heyde/ders., Vierzig Jahre Grundrechte in ihrer Verwirklichung durch die Gerichte, S. 9 ff. (20).
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verstärken, kann sie das nur, wenn die Verstärkung auch vom Grundrechtsträger geltend gemacht werden kann. Ein Anspruch auf staatliche Förderung stellt daher ein originär subjektives Recht dar, denn der Grund für einen Anspruch auf Schutz und Förderung liegt in der subjektiven Dimension der Grundrechte. Seine Reichweite hingegen richtet sich - den weiten Gestaltungsspielraum des Staates dabei implizierend - nach der Schutzpflicht des Staates. Allein bezogen auf die Reichweite des Schutzanspruchs kann man demnach von Resubjektivierung 65 der Schutzpflicht sprechen.
2. Der Anspruch auf staatliche Leistungen aus der Wissenschaftsfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG im besonderen Grundsätzlich folgt auch aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG für Privathochschulen kein Anspruch auf staatliche Finanzierungshilfe. Allerdings gilt auch im Rahmen der Wissenschaftsfreiheit das soeben Herausgearbeitete: Sofern das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit ohne staatliche Unterstützung leerliefe, verdichtet sich auch hier die staatliche allgemeine Schutz- und Förderpflicht zu einem Handlungs-, möglicherweise sogar zu einem Finanzierungsauftrag. Allerdings stellt sich im Vergleich zu Art. 7 Abs. 4 GG zunächst ein Problem: Während Art. 7 Abs. 4 GG das Privatschulwesen ausdrücklich garantiert, aber zugleich eine Genehmigungspflicht statuiert, die das garantierte Verhalten, aus eigener Kraft eine Privatschule zu betreiben, zumindest erschwert, wenn nicht sogar (ohne staatliche Unterstützung) unmöglich macht, sagt Art. 5 Abs. 3 GG nichts weiter aus, als daß die Wissenschaft frei sein muß. Der Schutzbereich der Wissenschaftsfreiheitsgarantie ist somit erheblich weiter als der der Privatschulgarantie. Damit ist die Gefahr, daß das Grundrecht keinen Anwendungsbereich haben könnte, weitgehend gebannt66. Fraglich ist indes, ob es hier überhaupt nur um die Wissenschaftsfreiheit als Ganzes geht oder ob auch eine institutionelle Gefährdung des Privathochschulwesens ausreicht. Es wurde im ersten Abschnitt dargelegt, daß die aus der objektiven 65 Der Begriff „Resubjektivierung" bezeichnet nach Dreier, in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Vorb. Art. 1, Rdnr. 50, die Frage, ob den objektiven Gehalten subjektive einklagbare Rechte entsprechen. Für den Bereich der Privatschule stellt auch Robbers klar, daß hinsichtlich der Ersatzschulen ein Leistungsanspruch nur aufgrund der Schutzpflichtdimension herleitbar ist, Robbers, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 7 Abs. 4, Rdnr. 175. Kritisch setzt sich Hermes, Das Grundrecht auf Schutz von Leben und Gesundheit, S. 110 ff., 210, mit der Resubjektivierung auseinander, weil diese fragwürdig und widersprüchlich bleibe und bei der Herleitung im Rahmen einer objektiven Pflicht den Einzelnen kaum mehr als Rechtspersönlichkeit wahrnehme. 6 6 Mit dieser Argumentation lehnt Manssen eine institutionelle Gefährdung des Art. 12 Abs. 1 GG ab, Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12 Abs. l,Rdnr. 11.
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Dimension des Grundrechts folgende allgemeine Schutzpflicht vom Staat verlangt, sich für ein pluralistisches Hochschulwesen einzusetzen, da die Errichtung und der Betrieb einer Privathochschule zum gewährleisteten Bereich des Art. 5 Abs. 3 GG gehören. Es reicht daher gerade nicht, daß der Staat eigene Hochschulen unterhält, sondern er muß Maßnahmen treffen, die Errichtung und Betrieb von privaten Hochschulen grundsätzlich ermöglichen. Dann kann aber auch nichts anderes für die grundsätzliche Möglichkeit der Verdichtung der allgemeinen zu einer konkreten Handlungs- und vielleicht auch Finanzierungspflicht gelten. Hinsichtlich der Privathochschulen ermöglicht der Staat grundsätzlich schon durch ein fehlendes Errichtungsverbot sowie durch die Regelungen zur staatlichen Anerkennung das Errichten und Betreiben von Privathochschulen. Andererseits drängt sich angesichts der Tatsache, daß in der Bundesrepublik kaum eine Privathochschule ohne staatliche Finanzhilfe auskommt67, die Frage auf, ob das Bereithalten der gesetzlichen Regelungen ausreicht oder ob sich nicht auch im Bereich der Privathochschulen die allgemeine Schutzpflicht zu einer Finanzierungspflicht verdichtet hat. Eine ähnliche Förderpflicht wie zum Beispiel bei den privaten Ersatzschulen könnte also auch für die durch die Wissenschaftsfreiheit garantierten Privathochschulen gelten. Private Hochschulen bedürfen zwar grundsätzlich nicht wie Privatschulen einer Errichtungsgenehmigung 68, es kommt aber der staatlichen Anerkennung -jedenfalls auf den ersten Blick - eine vergleichbare Funktion zu. Durch die staatliche Anerkennung wird die betreffende Privathochschule in das öffentliche Hochschulsystem einbezogen. Damit verbunden sind erhebliche Rechtsfolgen, wie zum Beispiel die Anerkennung der Studienabschlüsse, das Promotions- und Habilitationsrecht oder die Einbeziehung in die Vergabe der Studienplätze. Erst durch diese Folgen wird eine staatlich anerkannte Hochschule als echte Konkurrenz zu staatlichen Hochschulen für die Studierenden attraktiv. Zugleich wird ihr ein gewisser Qualitätsstandard bescheinigt, der nicht nur für die potentiellen Studierenden, sondern gerade bei einer privat finanzierten Hochschule auch für potentielle Spender und Unterstützer wichtig ist. Die Voraussetzungen für eine staatliche Anerkennung ähneln denen der Genehmigung einer Privatschule; entscheidendes Kriterium ist auch hier die Gleichwertigkeit. Während jedoch im Schulwesen die grundsätzliche Staatlichkeit vorgeschrieben ist und also automatisch bei Fortentwicklung der staatlichen Schule die private Ersatzschule entsprechend veränderte und verschärfte Anforderungen erfüllen muß,
67 Bis vor kurzem konnte sich nur die Hochschule für Unternehmensführung allein finanzieren. Zur Zeit erhält auch die Gerd-Bucerius-Law School keine staatliche Finanzhilfe; allerdings wurde diese Privathochschule erst im Jahr 2000 staatlich anerkannt und hat erst danach ihren Studienbetrieb aufgenommen. 68 Die meisten Landeshochschulgesetze sehen keine Genehmigungspflicht vor. Eine solche wäre zwar als Grundrechtseingriff zu werten, im konkreten Fall kann sie aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden; vgl. im ersten Teil unter § 4 II. 3.
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ist die Staatlichkeit des Hochschulwesens nicht in der Verfassung festgehalten. Im ersten Teil wurde bereits erarbeitet, daß es daher grundsätzlich möglich sein muß, private Hochschulen auch ohne staatliche Anerkennung im Sinne einer staatlichen Errichtungsgenehmigung zu betreiben. Die staatliche Anerkennung bedeutet daher nur eine Teilhabe der Privathochschule am staatlichen Berechtigungssytem und damit ein faktisches „Gütesiegel". Andererseits wird auch im Rahmen des Art. 7 Abs. 4 GG zwischen Ersatz- und Ergänzungsschulen unterschieden. Nur Ersatzschulen, also die mit staatlichen gleichwertigen Schulen, bedürfen der Genehmigung. Für die Ergänzungsschulen gelten weder die strengen Genehmigungsbedingungen, noch die Förderungspflicht. Gleichwohl besteht eine unterschiedliche Rechtslage bei Art. 5 Abs. 3 GG und Art. 7 Abs. 4 GG dahingehend, daß sich Privathochschulen nicht anerkennen lassen müssen, private Ersatzschulen hingegen ohne Genehmigung nicht errichtet werden dürfen. Dabei hängt die Eigenschaft der Ersatzschule weniger vom Willen ihrer Träger als vielmehr davon ab, ob in dem betreffenden Bundesland entsprechende öffentliche Schulen bestehen. Eine Privathochschule dagegen kann theoretisch genauso strukturiert sein wie eine staatliche Hochschule; sie ist gleichwohl nicht verpflichtet, sich anerkennen zu lassen69. In der Praxis wird sich dieser Unterschied kaum bemerkbar machen: Letztlich wird jede Privathochschule wegen der für sie wichtigen Einbeziehung in das öffentliche Hochschulsystem die staatliche Anerkennung anstreben. Damit ist die Situation aber wieder mit der der Ersatzschulen vergleichbar, denn auch hier schlägt die Erhöhung der Qualität an staatlichen Hochschulen sich über die Voraussetzung der Gleichwertigkeit auf die Anforderungen an Privathochschulen nieder. Andererseits darf aber die Begründung des BVerfG für die Annahme einer Förderungspflicht nicht übersehen werden: Die Ausübung der grundrechtlichen Freiheit muß ohne die staatliche Förderung unmöglich sein. Ob dies bei Privathochschulen der Fall ist, ist letztlich Tatfrage. Auch wenn noch immer die Aussage des Hochschulurteils des BVerfG zitiert wird, unabhängige Forschung und wissenschaftliche Lehre könne heute in weiten Bereichen der Wissenschaften „ohne eine geeignete Organisation und ohne entsprechende finanzielle Mittel, über die im wesentlichen nur noch der Staat verfügt", nicht mehr betrieben werden, die „Ausübung der Grundfreiheiten aus Art. 5 Abs. 3 GG" sei „notwendig mit einer Teilhabe an staatlichen Leistungen verbunden" 70, ist doch angesichts der zahlreichen Neugründungen und deren erheblicher Finanzmittel aus der Privatwirtschaft nicht ganz nachvollziehbar, daß die Grundrechtsausübung allein mit staatlicher Finanzhilfe möglich sein soll. Sicherlich ist in einigen Wissenschaftsbereichen, vor allem in einigen im Bereich der Forschung besonders kostenintensiven Naturwissenschaften, kaum eine vollständig und dauerhaft selbst finanzierte Privathochschulgründung denkbar. Andererseits muß bedacht werden, daß im Gegensatz zu den 69 Vgl. z. B. § 128 Abs. 1 Satz 1 BWUG; dagegen ist das Betreiben einer Ersatzschule ohne Genehmigung iSd § 4 Abs. 1 BW PSchG nach § 21 Abs. 1 b) BW PSchG eine Ordnungswidrigkeit. 70 BVerfGE 35, 79 (115).
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allgemeinbildenden Schulen die Hochschulen - auch die staatlichen Universitäten - notwendigerweise eine Auswahl der verschiedenen Wissenschaftsrichtungen anbieten. Soweit, daß der Staat die Errichtung von Privathochschulen in allen Bereichen ermöglichen muß, reicht die Schutz- und Förderpflicht nicht. Die staatliche Verpflichtung bezieht sich nur auf die grundsätzliche Garantie des Privathochschulwesens, nicht auf die einzelne Hochschule71. Ob das Privathochschulwesen tatsächlich in seinem Bestand ohne staatliche Finanzhilfe gefährdet wäre, ist kaum zu entscheiden. Das Beispiel Koblenz-Vallendar zeigt, daß jedenfalls eine wirtschaftswissenschaftlich ausgerichtete Hochschule ohne staatliche Unterstützung auskommt. Andererseits verdeutlicht das Beispiel Witten-Herdecke, daß eine in ihrer Fächerauswahl weniger wirtschaftsnah und dazu breiter angelegte Hochschule inzwischen auf staatliche Mittel angewiesen ist. Es bleibt aber festzuhalten, daß die direkt an die Privathochschule fließende Finanzhilfe nicht die einzige Möglichkeit darstellt, Privathochschulen zu unterstützen. Solange dem Staat noch verschiedene Varianten offenstehen, ist er nicht zu finanziellen Zuwendungen an die einzelnen Privathochschulen verpflichtet, sondern nur dazu, das Privathochschulwesen überhaupt derart zu fördern, daß es auf Dauer bestehen kann. Ein weiterer Aspekt steht der Annahme eines konkreten und möglicherweise quantifizierbaren Finanzierungsanspruchs entgegen: Obgleich der Hochschulbereich für Staat und Gesellschaft sicherlich ähnlich wichtig ist wie das Gebiet der Schule, ist das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG im Vergleich zu als Art. 7 Abs. 4 GG weiter formuliert. Oben 72 wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß Art. 5 Abs. 3 GG daher weder die grundsätzliche Staatlichkeit oder eine ausdrückliche Privathochschulgarantie enthält, sondern eine autonome und staatsfreie Wissenschaft garantieren will. Wenn aber ein Bereich grundsätzlich nicht vom Staat gestaltet und organisiert werden soll, sollte man auch mit der Annahme von Ansprüchen auf bestimmte Leistungen zurückhaltend sein 73 . Erst dann, wenn in der Tat alle Möglichkeiten des privaten Engagements erschöpft sind und das Privathochschulwesen, also alle noch vorhandenen privaten Hochschulen, unterzugehen drohen, kann man eine staatliche Finanzierungspflicht annehmen. Bezogen auf die Privathochschulen ist also der Staat verpflichtet, dafür zu sorgen, daß es überhaupt Privathochschulen geben kann. Allein in diesem Sinn kann überhaupt von einer Schutz- und Förderungspflicht des Staates in Bezug auf Privathochschulen gesprochen werden. Wie er seiner Verpflichtung nachkommt, ist 71 Darauf stellt das BVerfG auch für Ersatzschulen ab, BVerfGE 75,40 (67); so auch Jach, Die Existenzsicherung der Institution Ersatzschulwesen in Zeiten knapper Haushaltsmittel, in: FS Vogel, S. 75 ff. (79). 72 S. im ersten Teil § 2 II. 2. 73 So für den Bereich des Art. 12 Abs. 1 Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 12 Abs. 1, Rdnr. 7: „Ansprüche auf bestimmte Leistungen lassen sich umso weniger begründen, desto mehr der Staat Eigenverantwortlichkeit der gesellschaftlichen Prozesse akzeptiert."
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der objektiven Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 GG hingegen nicht zu entnehmen. Die grundsätzliche und begrifflich weit verstandene Förderung privater Hochschulen konkurriert mit anderen Staatszielen und Aufgaben um die knappen Finanzmittel. Schon aus demokratietheoretischen Überlegungen gebührt aber die Verteilung der Haushaltsmittel dem Gesetzgeber74, daher kann eine quantifizierbare Förderungspflicht oder eine reine Finanzierungspflicht nicht der objektiven Wertentscheidung des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG entnommen werden. Dementsprechend kann ein subjektiver Förderanspruch auch nur darauf gerichtet sein, daß der Staat überhaupt Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung ergreift. Erst wenn der staatliche Gestaltungsspielraum sich auf die finanzielle Förderung als einzig mögliche Maßnahme verdichtet, kann die Privathochschule im Grundsatz eine solche beanspruchen. Doch auch dann richtet sich der Anspruch nicht auf eine bestimmte Art oder Höhe der Finanzierungshilfe, denn die Durchführung eröffnet ihrerseits einen Gestaltungsspielraum für Gesetzgeber und Verwaltung.
§ 6 Rechtliche Vorgaben für die staatliche Gestaltung der Privathochschulförderung Kann man also aus Art. 5 Abs. 3 GG keinen Anspruch, sondern „nur" eine staatliche Verpflichtung zur allgemeinen Förderung von Privathochschulen begründen, öffnet sich für den Staat und damit vor allem für den Gesetzgeber ein breiter Gestaltungsspielraum. Selbstverständlich wird dieser Gestaltungsspielraum schon von der Verfassung nicht uferlos gewährt, sondern durch Vorschriften, insbesondere durch die Grundrechte, und durch Handlungsmaxime und -verböte begrenzt. Neben den verfassungsrechtlichen sind einfachgesetzliche und europarechtliche Anforderungen an den Gestaltungsspielraum zu beachten.
I. Verfassungsrechtliche Vorgaben Zunächst darf durch die staatliche Förderung nicht die Wissenschaftsfreiheit der einzelnen Wissenschaftler und das Selbstverwaltungsrecht der Privathochschule verletzt werden. Insbesondere darf die Förderung kein Abhängigkeitsverhältnis der einzelnen Wissenschaftler oder auch der gesamten Privathochschule in der Weise konstituieren, daß sich der Staat inhaltlich einmischt oder eine ergebnisoffene Wissenschaft verhindert. Eine staatliche Förderung darf also nur um der Sache willen, niemals aber um eines bestimmten Ergebnisses oder einer bestimmten Hochschul74
Freundlich, Zur Interpretation der Wissenschaftsfreiheit, S. 214.
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struktur willen geschehen. Gerade darauf zielt der Gewährleistungsgehalt des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG in seiner staatsabwehrenden Komponente ab. Daran schließt sich die Frage an, ob bereits die Errichtung der Privathochschule durch staatliche Finanzmittel gefördert werden darf, denn damit würden möglicherweise weitreichende Einflußmöglichkeiten auf die Gestalt der Hochschule eröffnet. Bis vor wenigen Jahren wurden wissenschaftliche Privathochschulen allein aufgrund privaten Engagements gegründet und finanziert. Erst als sich diese Finanzbasis nach einiger Betriebszeit als nicht ausreichend herausgestellt hatte, wurde ein Teil der laufenden Kosten der Privathochschule durch staatliche Mittel abgedeckt, weil die private Hochschule offensichtlich einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der Hochschulaufgabe leistete. Bei den in den letzten zwei Jahren gegründeten Privathochschulen Bruchsal und Stuttgart übernimmt der Staat zwar nur einen relativ geringen Teil der Kosten 75 , aber hier unterstützte er bereits die Gründung der Hochschulen durch Bereitstellung von Gebäuden, durch die Finanzierungszusagen und vor allem durch die Beteiligung der IHK Stuttgart bzw. der staatlichen Hochschulen Stuttgart, Hohenheim und Tübingen. Besonders deutlich wird die veränderte Einstellung gegenüber Privathochschulen bei der staatlichen Anschubfinanzierung der International University Bremen (IUB) in Höhe von 230 Mio. DM durch die Stadt Bremen 76. Diese Unterstützung knüpft nicht an die bereits erbrachten Leistungen an, sondern fördert schon die Errichtung der Privathochschule. Zunächst stellt eine wesentliche staatliche Mitfinanzierung der Errichtung einer privaten Hochschule das Merkmal „privat" in Frage. Es drängt sich förmlich der Vergleich zu dem „gemischt-wirtschaftlichen Betrieb" auf. Bei gemischt wirtschaftlichen Betrieben tritt der Staat jedoch nicht nur als Finanzgeber und damit Anteilseigner auf, sondern beteiligt sich auch an der Führung des Unternehmens. Bei der staatlich mitfinanzierten Privathochschule beschränkt sich der staatliche Anteil hingegen auf eine Zuwendung. Im übrigen wird die Hochschule aber, wie andere Privathochschulen, auch von unabhängigen Wissenschaftlern getragen und weder dem staatlichen Haushalt noch sonstigen staatlichen Regelungen unterworfen. Insofern ist das Grundkapital „gemischt-wirtschaftlich" zusammengestellt, nicht aber das ganze „Unternehmen" der Privathochschule. Weiter erscheint die staatliche Finanzhilfe auch hinsichtlich der ähnlich gelagerten Fälle der privaten Ersatzschulen problematisch: Im Ersatzschulwesen, ebenso 75 Beide Hochschulen erhalten über eine geplante Dauer von ca. sieben Jahren etwa 10 Mio. DM aus dem Landeshaushalt Baden-Württemberg. Zum Vergleich: Der Jahresetat der SIMT soll ungefähr elf Mio. DM betragen, Rodde, Weder privat noch universitär: DUZ 1998, S. 8 f. 76 Dieser Betrag dient dem Aufbau eines Grundvermögens von ca. 500 Mio. DM, das durch seine Zinsen die Kosten des laufenden Betriebes decken soll; vgl. die Internetseite der IUB unter http://www.iub.rice.edu/News/. Damit hat die Stadt beinahe die Hälfte der insgesamt aufzubringenden Summe übernommen. Dennoch sei die Hochschule eine unabhängige Privatuniversität.
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für die Privathochschulen in einigen Bundesländern 77, sehen beinahe alle Landesgesetze eine staatliche Finanzhilfe erst nach einer gewissen Zeit des Betriebes vor. Diese Praxis hat auch das B VerfG für zulässig erachtet: Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn erst nach einer Wartefrist staatliche Hilfen fließen 78. Ein Grund für die erst nach einiger Zeit einsetzende staatliche Finanzhilfe besteht darin, daß dem Privatschulträger das Unternehmerrisiko nicht abgenommen werden kann. Auch soll sich in der Erprobungsphase herausstellen können, ob die Schule dauerhaft Bildungsbedürfnisse befriedigt und auf einer soliden finanziellen wie konzeptionellen Grundlage beruht. Dahinter steht der Gedanke, daß die staatlichen Mittel, die dann einer Privatschule zufließen, effektiv verwendet werden sollen. Das wäre nicht der Fall, wenn die Privatschule ihren Betrieb nach kurzer Zeit einstellen müßte. Aus diesen Gründen ist die Wartefrist inzwischen auch von Stimmen anerkannt, die sonst einen Anspruch auf staatliche Finanzhilfe proklamieren 79. Diese Überlegungen lassen sich auf die Situation der Privathochschule durchaus übertragen, sollen doch auch hier die staatlichen Mittel möglichst effektiv und sinnvoll eingesetzt werden und soll doch auch hier dem Privathochschulgründer und -träger nicht das volle Risiko abgenommen werden. Zudem besteht bei einer erheblichen staatlich finanzierten Grundausstattung eine vielleicht größere Gefahr, im Zusammenhang mit der staatlichen Unterstützung der privaten Hochschule bestimmte inhaltliche oder strukturelle Bedingungen zu stellen. Werden in der Regel einer staatlichen Anschubfinanzierung die genannten grundsätzlichen Bedenken entgegenstehen, ist andererseits in Ausnahmefällen sogar ein staatliches Interesse an der Gründung einer Privathochschule und damit ein legitimer Grund für eine staatliche Anschubfinanzierung denkbar. Vorstellbar ist zum Beispiel eine Situation, in der wegen der Veränderungen in der wirtschaftlichen Infrastruktur eines Landes oder einer Region ein neues Profil gesucht werden muß, um mögliche Investoren in dem Gebiet zu halten und neue anzuwerben und so die wirtschaftliche Kraft zwar auf eine andere Grundlage zu stellen, aber in ihrem Ausmaß zumindest in Teilen zu erhalten 80. Hier wird deutlich, daß Veränderungen auch hinsichtlich des staatlichen Engagements im Hochschulbereich von anderen politischen Erwägungen (mit-)bedingt werden. Die Finanzhilfe für Privathochschulen ist in diesem Zusammenhang nicht nur eine Maßnahme der Anerkennung des privaten Engagements im Hochschulbereich, sondern zugleich eine politische Entscheidung zur Förderung nicht-hochschulischer staatlicher Interessen. 77 So § 139 NdsHG. 78 BVerfGE 90,107 (117 ff.). 79 So z. B. Vogel, 50 Jahre Grundrecht auf Errichtung freier Schulen, in: Jach/Jenkner (Hrsg.), 50 Jahre Grundgesetz und Schulverfassung, S. 39 ff. (52 f.). so So lag wohl die Situation in Bremen, das nach dem Eingehen der Werftindustrie neue Wege entdecken und sich ein neues Profil geben muß, Seeling, Herzlich Willkommen, liebe Konkurrenz: DUZ 1999, S. 14 f. Diese Motivation erläutert auch der derzeitige Bürgermeister Bremens Henning Scherf in einem Interview, s. DIE ZEIT vom 10. 05. 2001, S. 32. Vgl. auch Turner, Hochschule zwischen Vorstellung und Wirklichkeit, S. 243.
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Das im ersten Teil der Arbeit angesprochene „Duale Hochschulsystem" scheint aber einer massiven staatlichen Anschubfinanzierung entgegenzustehen. Im „Dualen Hochschulsystem" stehen die staatliche Hochschule und die auf privatem Engagement gegründete Hochschule rechtlich gleichberechtigt nebeneinander. Eine zu einem großen Teil staatlich finanzierte Privathochschule scheint in dieses Schema nicht zu passen. Wenn sich aber eine solche Privathochschule weder in ihrem Errichtungsakt, der ja von der staatlichen Förderung nicht betroffen ist, noch in ihrem Betrieb von anderen Privathochschulen unterscheidet, ist schwer einzusehen, warum sie im Dualen System nicht in den Bereich der privaten Verantwortungsübernahme gefaßt werden sollte. Andererseits entspricht die staatliche Errichtungsförderung auch der Grundaussage des Dualen Hochschulsystems, indem die Verantwortungsübernahme von privater Seite von Beginn an als gleichwertig erachtet wird. Sofern ohne eine staatliche Unterstützung in dieser Höhe eine Hochschulgründung aus privater Kraft unmöglich wäre, verhilft die Finanzhilfe dem privaten Engagement erst zur Durchsetzung. Im Gegensatz zu Privatschulen bedarf die Gründung einer Privathochschule, die mehrere Fächer insbesondere auch im naturwissenschaftlichen Bereich anbieten will, erheblicher Finanzmittel, die allein von privater Seite kaum aufzubringen sind. Bei der hier immer wieder zum Vergleich herangezogenen Privatschule werden inzwischen einige Kosten der Gründung, zum Beispiel die Kosten für das Schulgebäude, bei einer nach einer Wartefrist einsetzenden staatlichen Finanzhilfe berücksichtigt 81. Im Privatschulwesen werden so, wenn auch mit zeitlicher Verzögerung, Kosten der Errichtung staatlich mitfinanziert. Wegen des insgesamt höheren Finanzbedarfs könnte eine (breit angelegte) Privathochschule ihren Betrieb ohne frühzeitig einsetzende staatliche Unterstützung gar nicht erst aufnehmen. Die staatliche Schutz- und Förderungspflicht reicht zwar nicht soweit, einer bestimmten Privathochschule zur Gründung und zum Betrieb zu verhelfen. Entscheidet sich der Staat jedoch aus verschiedenen Gründen dazu, ist dies rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Die Höhe der staatlichen Anfangsförderung ist hingegen in zweierlei Hinsicht erörterungsbedürftig: Zum einen stellt sich die Frage, ob mit einer derart hohen Unterstützung, die beinahe die Hälfte des Grundkapitals ausmacht, von dessen Erträgen die Hochschule wiederum einen großen Teil der Betriebskosten decken muß, nicht eine zu starke staatliche Beeinflussung einhergeht. Denkbar wäre, daß mit der massiven Finanzhilfe bestimmte positive Effekte erwartet werden, von denen dann die unterstützende staatliche Untergliederung profitieren kann. Außerdem konkurriert die neu zu gründende Privathochschule mit den staatlichen Uni-
8i Für den Bereich der Privatschule stellt BVerfGE 90, 128 (142 f.), klar, daß grundsätzlich der Schulträger für die Kosten der Errichtung selbst aufkommen muß. Bei der Bemessung einer staatlichen Förderung des laufenden Betriebs müssen aber diese Kosten zum Teil (Beschaffung eines ordnungsgemäßen Schulraumes) bei der Frage berücksichtigt werden, ob die Anstrengungen die Zumutbarkeit der Eigenleistung übersteigen. Auf diese Weise wird zwar nicht die Errichtung direkt gefördert, bei der Förderung des laufenden Betriebs wirken sich dann aber einige Errichtungskosten erhöhend aus. 12*
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versitäten des jeweiligen Landes um die begrenzten Haushaltsmittel. Eine besonders hohe Förderungssumme wird bei limitierten Kapazitäten zu einer Begrenzung oder gar Kürzung der für das staatliche Hochschulwesen bereitgestellten Mittel führen oder zumindest private und staatliche Hochschulen zur Zusammenarbeit verpflichten. Zum anderen ist eine staatliche Finanzhilfe - abgesehen von der vielleicht bedenklichen politischen Wirkung - auch im Hinblick auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit problematisch 82, denn die staatlichen Mittel sollen grundsätzlich nicht in schnellebige Projekte, sondern effektiv im Sinne einer dauerhaften oder zumindest langfristigen Wirkung investiert werden. In der Regel wird man aber - ähnlich wie bei privaten Ersatzschulen - erst dann eine ausreichende Gewähr dafür haben, daß die staatliche Unterstützung einem sinnvollen Projekt zufließen, wenn die Privathochschule durch eine Zeit des Betriebes als in qualitativer Hinsicht förderungswürdig erscheint. Soll eine Privathochschule demgegenüber gleich von Beginn an massiv unterstützt werden oder ihre Errichtung staatlich zumindest (mit-)ermöglicht werden, müssen besondere Gründe hinzutreten, damit die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gewahrt bleiben. Hier versperrt aber Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG die Möglichkeit, mit der Mittelzuwendung die Erfüllung bestimmter staatlicher Vorstellungen zu verknüpfen, die das Konzept und die Struktur der Hochschule oder gar den Inhalt einzelner Fächer betreffen. Jedenfalls ist bei einer solch hohen Förderungssumme unabdingbar, daß das Projekt konzeptionell eine mit staatlichen Universitäten vergleichbare Qualität verspricht, die das staatliche Interesse an der Hochschulbildung entsprechend der staatlichen Wissenschaftsverantwortung befriedigen kann. Treten keine zusätzlich rechtfertigenden Gründe hinzu, stehen im Hinblick auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einer solch hohe Anfangsförderung ohne bestimmte Garantien oder Bedingungen jedenfalls erhebliche Bedenken entgegen. Wenn eine private Hochschule in einem hohen Maße finanzielle Unterstützung erhält, die den staatlichen Haushalt erheblich belastet und die Entscheidungsmöglichkeiten somit einschränkt, stellt sich zum anderen die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit, wenn dadurch anderen Bereichen, insbesondere auch den staatlichen Hochschulen, weniger Mittel zur Verfügung stehen83. Nicht nur eine 82 Diese Grundsätze sind in allen entsprechenden Landesgesetzen enthalten, vgl. etwa für Baden-Württemberg § 7 LHO, für die Gemeindeebene auch § 77 GemO. Eine ausführliche Untersuchung und kritische Auseinandersetzung mit diesem Grundsatz im Bereich des staatlichen Hochschulwesens findet sich bei Sierig, Die Grenzen der staatlichen Finanzkontrolle, 1998, S. 143 ff., insb. S. 177 ff. 83 Diese Frage wirft auch Etzold, Keimzelle für Exzellenz: DIE ZEIT, Nr. 20 vom 10. 05. 2001, im Hinblick auf die Situation in Bremen auf. Etzold führt in diesem Zusammenhang aus, daß der Haushalt der Stadt Bremen derzeit mit 17 Milliarden DM verschuldet ist, ein Zuschuß von 230 Mio. DM zu einer Elitehochschule für nur 1200 Studenten also sehr üppig erscheint. Ähnlich die Kritik von Rubner, Etatspritze für Elite-Uni: Süddeutsche Zeitung vom 17. 11. 2001, S. 1.
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politische Schwerpunktsetzung, sondern grundrechtlich relevant wäre die staatliche Förderung, wenn sich die staatliche Universität wegen der Finanzhilfe für private Hochschulen auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 iVm Art. 3 Abs. 1 GG berufen könnte. Neben der Wissenschaftsfreiheitsgarantie der einzelnen an der staatlichen Universität beschäftigten Wissenschaftler, aus deren Schutzpflicht unter anderem auch ein Anspruch auf eine gewisse Mindestaustattung folgt 84 , ergibt sich aus Art. 5 Abs. 3, Art. 19 Abs. 3 GG das Selbstverwaltungsrecht der Universität in wissenschaftsrelevanten Fragen 85. Damit einher geht auch für die staatliche Universität, daß der Staat ihre (Grund-)Ausstattung garantieren muß. Problematisch könnte die staatliche Förderung von Privathochschulen dann werden, wenn die Mittel für staatliche Hochschulen kaum den Bedarf decken können oder sogar gekürzt werden, während Privathochschulen finanziell massiv unterstützt werden. In Zeiten knapper Finanzmittel schlägt die staatliche Privathochschulförderung dann um in negative Auswirkungen auf die Finanzausstattung der staatlichen Hochschulen. Allerdings schützt Art. 5 Abs. 3 GG auch die staatliche Hochschule nicht vor Kürzung der Mittel, sondern greift erst dann ein, wenn der Staat seiner Schutz- und Förderpflicht überhaupt nicht nachkommt. Ein mögliches Gleichheitsproblem stellt die zum Teil schon gesetzlich vorgesehene unterschiedliche Behandlung der kirchlichen Hochschulen im Vergleich zu anderen nichtstaatlichen Hochschulen dar. Im Gegensatz zu staatlich anerkannten Privathochschulen, deren staatliche Förderung, sofern sie überhaupt gesetzlich geregelt ist, regelmäßig im Ermessen der Verwaltung steht, enthalten einige Landeshochschul- bzw. Landesfachhochschulgesetze eine staatliche Förderungspflicht für kirchliche Hochschulen86. Die unterschiedliche Behandlung ist zum einen vor dem Hintergrund der besonderen staatskirchenrechtlichen Stellung der kirchlichen Hochschulen zu sehen, die in den Garantiebereich der Art. 4, Art. 140 GG iVm Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV fallen 87 , zum anderen übernehmen gerade die kirchlichen (Fach)Hochschulen häufig auch die Ausbildung in sozialen Berufen; insofern besteht ein gesteigertes öffentliches Interesse an dem Erhalt und der Förderung solcher Einrichtungen 88. Obwohl das Problem an die einfachgesetzlichen Vor84 BVerfGE 35, 79 ff (115 f.); z. B. auch Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 348. 85 So z. B. Pernice, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 III (Wissenschaft), Rdnr. 29; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 5 Abs. 3, Rdnr. 370; Scholz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Bd. 1, Art. 5 Abs. III, Rdnr. 131; Trute, Die Forschung zwischen grundrechtlicher Freiheit und Institutionalisierung, S. 366. Noch offen gelassen in BVerfGE 35, 79 ff. (116). 86 S. oben unter § 5 I 2.: § 116 BayHG; § 124 Abs. 1, 2 BerlHG; § 140 Abs. 2 NdsHG; § 93 Abs. 1 RhPfFHG; § 71 SaarFHG. 87 Solte, Die evangelischen kirchlichen Hochschulen in der neueren Rechtsentwicklung: WissR 1983, Beiheft 8, S. 1 ff. (13); Reich, Bayerisches Hochschulgesetz, Kommentar, 4. Aufl. 1999, Art. 114, Rdnr. 1. 88 Baldus, Rechtsstellung und Aufgaben nichtstaatlicher, insbesondere kirchlicher Fachhochschulen: WissR 30 (1997), S. 1 ff. (14).
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Schriften zur Förderung konfessioneller Hochschulen anknüpft, stellt sich in verfassungsrechtlicher Hinsicht vor allem die Frage der Gleichbehandlung bei der Förderung, also die Frage, ob der Staat durch eine derartige Regelung die konfessionellen Hochschulen, gerade weil sie religiös verankerte Bildungseinrichtungen sind, gegenüber nicht religiös oder weltanschaulich orientierten Hochschulen bevorzugen darf. Die kirchlichen Hochschulen genießen durch Art. 140 GG iVm Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRVals Einrichtungen der Religionsgemeinschaften soweit verfassungsrechtlichen Schutz, wie sie kirchliche Zwecke verfolgen. Dazu gehört nach dem Selbstverständnis der hier betroffenen christlichen Kirchen sowie der jüdischen Religionsgemeinschaft zum einen die Ausbildung der Priester, zum anderen aber auch die karitative Betätigung89, also auch die Ausbildung zur Wohlfahrtspflege. Allerdings ist mit der Garantie noch nichts über eine staatliche Finanzhilfe ausgesagt. Im Gegenteil: Art. 137 Abs. 3 WRV statuiert keinen Anspruch auf staatliche Leistungen90. Auch sonst ist ein verfassungsrechtlich verbürgter Anspruch nicht ersichtlich 91. Eine Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung durch die gesetzliche Regelung kann in vertraglich festgelegten Leistungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften zu finden sein 92 . Besteht gegenüber einer Religionsgemeinschaft eine Verpflichtung aus einem Konkordat, kann der Staat wegen des staatskirchenrechtlichen Paritätsprinzips aus Art. 140 GG iVm Art. 137 Abs. 5 WRV grundsätzlich auch gegenüber anderen Religionsgemeinschaften zu derartigen Leistungen verpflichtet sein 93 . Hinsichtlich der Privathochschulförderung wird eine gesetzliche Bevorzugung der kirchlichen Hochschulen zum Teil auch damit begründet, daß sie die staatlichen Hochschulen im Bereich des Sozialwesens erheblich entlasteten94. Daran knüpft zum Beispiel Art. 116 Satz 1 BayHG an Art. 114 Abs. 2 BayHG an und macht so deutlich, daß die einfachgesetzliche Finanzhilfepflicht nicht wegen der 89 Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 3, Art. 140/Art. 137 WRV, Rdnr. 17; Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Art. 140, Art. 137 WRV, Rdnr. 8. 90 Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 3, Art. 140/Art. 137 WRV, Rdnr. 52; Solte, Die evangelischen kirchlichen Hochschulen in der neueren Rechtsentwicklung: WissR 1983, Beiheft 8, S. 1 ff. (34). 91 Baldus, Rechtsstellung und Aufgaben nichtstaatlicher, insbesondere kirchlicher Fachhochschulen: WissR 30 (1997), S. 1 ff. (13). 92 So verpflichtet Art. 5 § 2 Abs. 1 des bayerischen Konkordates i.d.F. des Änderungsvertrages v. 4. 9. 1974 das Land Bayern zum Aufwandsersatz für die Kath. Universität Eichstätt von 90%. 93 Solte, Die evangelischen kirchlichen Fachhochschulen in der neueren Rechtsentwicklung: WissR 1983, Beiheft 8, S. 1 ff. (34); Morlok, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. 3, Art. 140, Rdnr. 37 ff., der aber auch darauf hinweist, daß gerade im Hinblick auf staatliche Leistungen Differenzierungen möglich sein müssen. Morlok spricht auch die umstrittene Fundierung des Paritätsprinzips an, auf dieses Problem kann hier nicht näher eingegangen werden; s. dazu ebd. 94 So z. B. Baldus, Rechtsstellung und Aufgaben nichtstaatlicher, besonders kirchlicher Fachhochschulen: WissR 30 (1997), S. 1 ff. (14).
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Ausbildung der Geistlichen, sondern nur gegenüber kirchlichen Fachhochschulen bzw. -Studiengängen besteht. Diese offerieren in der Praxis vielfach Studienmöglichkeiten im sozialen Bereich. Eine unterschiedliche Behandlung wäre allerdings nur solange gerechtfertigt, bis auch andere Privathochschulen gleichwertige soziale Studiengänge anbieten. Zudem dürfte dann das Gesetz nicht mehr an die Eigenschaft der kirchlichen Hochschule, sondern allein an die besondere Aufgabenerfüllung anknüpfen. Es stellt sich mithin die grundsätzliche Frage, ob und warum der Staat dennoch die kirchlichen Hochschulen anders als „echte" Privathochschulen fördern darf. Ein staatskirchenrechtlicher Vertrag enthält dafür zwar möglicherweise einen zwingenden Grund, und der Abschluß eines solchen Vertrages unter den historischen Umständen und Vorstellungen war nicht zu beanstanden. Dennoch scheint das Traditionsargument im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot heute unzureichend oder vielleicht nicht mehr zeitgemäß zu sein. Es wäre also zu fragen, ob ein derartiger Vertrag zwischen Kirche und Staat auch zum jetzigen Zeitpunkt verfassungsrechtlich zulässig wäre. Dabei ist zu beachten, daß die Art. 4, 140 GG iVm Art. 136 ff. WRV eine staatliche Schutz- und Förderungsverpflichtung beinhalten, eine solche Pflicht grundsätzlich aber auch gegenüber anderen Privathochschulen besteht. Es schließt sich die Überlegung an, ob auch heute der Staat durch Gesetze oder andere Maßnahmen bestimmte einzelne oder mehrere religiöse Bewegungen unterstützen darf oder ob dies seiner religiösen und weltanschaulichen Neutralität widerspricht. Ohne auf diesen Problemkomplex im Rahmen dieser Arbeit umfassend eingehen zu können 95 , sei festgehalten, daß die sich aus dem Zusammenwirken von Art. 3 Abs. 3, Art. 4, Art. 33 Abs. 3 GG, Art. 136 Abs. 1, 2, Art. 137 Abs. 1 WRV ergebende staatliche Pflicht zur religiös-weltanschaulichen Neutralität einer allein an das Merkmal „kirchlich" oder „weltanschaulich" anknüpfende Förderung entgegensteht96. Allerdings darf der Staat im Rahmen seines weiten Gestaltungsspielraums bei der Privathochschulförderung andere Aspekte berücksichtigen, so zum Beispiel ihre besondere Zielsetzung oder ihr besonderes Konzept, die faktisch mangels entsprechender „echter" Privathochschulen nur von kirchlichen oder weltanschaulichen Hochschulen erfüllt werden. Nehmen jedoch auch andere Privathochschulen diese Aufgabe wahr, darf eine staatliche Förderung grundsätzlich nicht zwischen kirchlichen und anderen anerkannten Privathochschulen unterscheiden, weil Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG auch eine Bevorzugung aufgrund religiöser Anschauung oder Weltanschauung verbietet.
95 Zu dem grundsätzlichen Verhältnis des Staates zu Religion und Weltanschauung und zum Begriffsverständnis von Neutralität, Wertebewußtsein o.ä. Rathke, Öffentliches Schulwesen und kulturelle Vielfalt, im Erscheinen, S. 19 ff., S. 58 ff. des Manuskriptes. 96 So auch für den Bereich der Privatschulen BVerfGE 75,40 (69 ff.).
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II. Einfachgesetzliche Vorgaben Neben den verfassungsrechtlichen sind selbstverständlich auch die einfachrechtlichen Vorschriften für eine staatliche Förderung von Privathochschulen zu beachten. Sofern eine staatliche Förderung überhaupt in den Hochschulgesetzen der Länder geregelt ist, enthält sie das Erfordernis der staatlichen Anerkennung als Förderungsvoraussetzung. Mit der staatlichen Anerkennung der Privathochschule wurde ihr eine den staatlichen Hochschulen zumindest entsprechende Qualität bescheinigt und sie daher mit staatlichen Hochschulen als gleichwertig erachtet. Da die Förderung im Ermessen steht, ist die Erwägung, die Förderung von der staatlichen Anerkennung abhängig zu machen, gut vertretbar. Darüber hinaus darf hinsichtlich besonderer Konzepte oder einzelner Forschungsprojekte differenziert werden. In jedem Fall ist es unzulässig, nur diejenigen Privathochschulen zu fördern, die dem Bild der staatlichen Hochschule möglichst angenähert sind 97 . Vereinzelt finden sich auch Aussagen zum Beginn einer etwaigen Förderung. So sieht zum Beispiel das Niedersächsische Hochschulgesetz staatliche Zuwendungen erst ab einer Betriebszeit von fünf Jahren seit der Errichtung vor 98 . Diese Bestimmung entspricht der im Ersatzschulwesen üblichen und vom BVerfG für zulässig erachteten Regelung, daß der privaten Bildungseinrichtung eine staatliche Förderung erst nach einer bestimmten Wartefrist zufließen darf 99 . Sofern die Hochschulgesetze überhaupt Regelungen zur staatlichen Förderung enthalten, stehen die Zuwendungen an staatliche anerkannte Privathochschulen regelmäßig im Ermessen des Landes 100 . Im übrigen sind alle sonstigen Vorschriften hinsichtlich staatlicher Förderung und Subventionierung zu beachten, also insbesondere die Haushaltsgesetze. So muß die Verteilung der Mittel in den Haushaltsplänen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen.
97 Für den Bereich der Privatschulen Maunz, in: ders./Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Rdnr. 89. 9 8 § 139 Abs. lSatz 2 NdsHG. 99
S. oben unter I.; BVerfGE 90, 107 (117 ff.). 100 So z. B. nach § 139 Abs. lSatz 1 NdsHG, § 110 Satz 2 SchlHHG. In Rheinland-Pfalz kann Finanzhilfe gewährt werden nach einer mit der Hochschule zu treffenden Vereinbarung, § 117 Abs. 2 RhPfHG.
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I I I . Europarechtliche Vorgaben Die staatliche Förderung von Privathochschulen ließe sich auch als staatliche Subvention verstehen. In diesem Fall müßten die europäischen Beihilferichtlinien beachtet werden. Die Kulturförderung unterliegt jedoch nur dann der Beihilfeaufsicht, wenn sie zugleich eine Wirtschaftssubvention darstellt, d. h. die Empfänger der staatlichen Förderung müßten Unternehmen sein 101 . Das ist insoweit problematisch, als die Privathochschulen in Deutschland von gemeinnützigen Gesellschaften oder Stiftungen getragen werden. Diese sind gerade nicht wie Unternehmen auf die Produktion bzw. den (gewinnbringenden) Verkauf von Waren und Dienstleitungen ausgerichtet. Eine staatliche Förderung von Privathochschulen wäre also gar nicht fähig, die Freiheit des Waren- oder Dienstleistungsverkehrs zu beeinträchtigen. Zudem gilt: Soweit der Staat „kulturelle Infrastruktur" bereithält, betreibt er lediglich allgemeine staatliche Kulturpolitik, die nicht als Beihilfegewährung angesehen werden kann. Zudem wird mit Art. 92 III d EGV der legitimierende Zweck der Kulturförderung bei der Beihilfegewährung anerkannt. Im übrigen existiert bisher kein europarechtlich durchnormiertes Wissenschaftsund Hochschulrecht. Der gesamte Bereich der Kulturpolitik und -förderung ist vielmehr Sache der Mitgliedstaaten. Für die EU besteht lediglich eine allgemeine, jedoch nur subsidiäre oder vereinzelte Kompetenz. So finden sich zum Beispiel für die Forschungsförderung einige Bestimmungen: Art. 3 Abs. 1 Nr. n) EGV bestimmt die Forschungsförderung als ein Tätigkeitsfeld der EU; ebenso soll die EU nach Nr. q) einen Beitrag zu einer hohen allgemeinen und beruflichen Bildung in den Mitgliedstaaten leisten. Dies wird in Art. 149 und Art. 150 EGV (Bildung) und in Art. 151 EGV (Kultur) im Hinblick auf eine von der EU unterstützte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten konkretisiert. Unter dem XVIII. Titel wird besonders die Forschung und damit nicht näher qualifizierte Forschungsförderung angesprochen (Art. 163 ff. EGV). Diese Bestimmungen enthalten jedoch keine generelle Kompetenz zur Forschungsförderung, sondern wollen auch auf europäischer Ebene eine Forschungsförderung und ähnliche Programme verankern, die die mitgliedstaatlichen Regelungen aber nicht außer Kraft setzen will. Art. 4 bis 10 EAGV (Euratom) schließlich enthalten allgemeine Regelungen zur Förderung der Atomforschung. Damit schaffen die europarechtlichen Vorschriften unbeschadet der mitgliedstaatlichen Maßnahmen im wesentlichen eine Möglichkeit zur finanziellen Unterstützung einzelner Forschungsprojekte sowie von Studienaustauschprogrammen. Mangels einer umfassenden Kompetenz im Hochschulbereich findet sich auch keine grundrechtliche Gewährleistung der Privathochschule, geschweige denn ihrer staatlichen Unterstützung. Ein solches Grundrecht könnte sich somit nur aus einer Zusammenschau der mitgliedstaatlichen Vorschriften ergeben, d. h. Götz, in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Bd. 2, Stand: 1999, H. III, Rndr. 80.
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2. Teil: Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
ohne einen unmittelbaren Belang 102 . Erst eine völlige Aushöhlung der universitären Selbständigkeit durch die Förderungspraxis wäre in dieser Hinsicht europarechtlich problematisch.
§ 7 Verschiedene Formen der Privathochschulförderung und ihre Zulässigkeit Innerhalb des soeben skizzierten rechtlichen Rahmens sind mehrere Formen staatlicher Förderung der Privathochschulen denkbar. Bei den verschiedenen Förderungsmodellen kann unterschieden werden zwischen der direkten staatlichen Förderung, die unabhängig von bestimmten Projekten dem Gesamthaushalt der Privathochschule zukommt, und der indirekten staatlichen Förderung, die in sehr differenzierter Weise und in Anknüpfung an bestimmte Aufgaben, Projekte oder Kriterien mittelbar der Privathochschule zugute kommen kann. Bei Betrachtung der konkreten Formen staatlicher Förderung von Privathochschulen wird schließlich die verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule im bundesdeutschen Hochschulsystem als eine zumindest rechtlich gleichberechtigte Akteurin in der „Dualen Wissenschaftsordnung" sichtbar.
I. Direkte finanzielle oder sachliche Zuwendungen Die wohl sichtbarste und auch üblichste Form der staatlichen Privathochschulförderung ist die direkte finanzielle Unterstützung. So erhält zum Beispiel die Privatuniversität Witten-Herdecke seit 1995 zum laufenden Betrieb der Hochschule oder erstmals 1993 für den Bau von Hochschulgebäuden Finanzmittel aus dem nordrhein-westfälischen Landeshaushalt103. Die 1999 gegründete International University Bremen wurde von der Freien Hansestadt Bremen zunächst mit 230 Mio. DM anschubfinanziert, die Unterstützung des ab September 2001 laufenden Betriebs ist bisher nicht angekündigt104. Vergleicht man allein die Zahlen der ein102
Groß, Die Autonomie der Wissenschaft im europäischen Rechtsvergleich, S. 176. Auf den Internetseiten der Privatuniversität Witten-Herdecke findet sich u. a. eine Zusammenstellung des Gesamthaushaltes der Hochschule. Danach wird die Landesförderung für das Geschäftsjahr 1997/98 mit 24%, für 1998/99 mit 19% des Gesamthauhaltsvolumens von 44,4 bzw. 54,1 Mio. DM angegeben; 1993 finanzierten der Bund und das Land NRW den Bau eines Universitätsgebäudes mit; s. http://www.uni-wh.de/de/service/wir/eckdaten.htm (Stand 24. 06. 1999 bzw. 10. 10. 2000). 104 Auch die IUB veröffentlicht auf ihren Internetseiten Daten zur Finanzierung, s. http://www.iub.rice.edu/News/(Stand 01. 11. 2000). 103
Ebenfalls bereits für die Errichtung erhält die International University Bruchsal seit dem Jahr 2000 für fünf Jahre einen Zuschuß aus dem Landeshaushalt Baden-Württemberg in Höhe von zwei Mio. DM; das Stuttgart Institute of Management and Technology (SIMT) wird vom Land mit jährlich drei Mio. DM gefördert. Dazu kommen Mittel aus den Stadthaushalten
§ 7 Verschiedene Formen der Privathochschulförderung
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zelnen Förderungen, so wird deutlich, daß zum Beispiel die Privatuniversität Witten-Herdecke einen (relativ kleinen) Anteil an den laufenden Kosten aus der Staatskasse erhält, während die staatliche Anschubfinanzierung der IUB offensichtlich überhaupt erst die Gründung und den Aufbau der Privathochschule ermöglichen soll. Die Frage, ob bei der staatlichen Förderung zwischen Errichtung und Betrieb der Hochschule unterschieden werden muß, wurde oben dahingehend beantwortet, daß grundsätzlich erst eine bereits bestehende und tatsächlich funktionierende Privathochschule die Gewähr dafür bieten kann, daß die staatlichen Mittel dem Grundsatz der effektiven Mittelverwendung entsprechend verwendet werden. Aber auch hinsichtlich des Beginns einer staatlichen Förderung besteht ein weiter Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bzw. der Verwaltung. So kann es durchaus rechtlich zulässig sein, eine Privathochschule bereits bei der Gründung zu unterstützen. Die angeführten Beispiele zeigen, daß der Staat und seine Untergliederungen in sehr unterschiedlicher Art und Höhe Privathochschulen durch finanzielle Zuwendungen oder das Bereitstellen von Gebäuden oder Infrastruktur unterstützt. An der Zulässigkeit dieser direkten Mittelzuwendungen besteht kein Zweifel, sofern vor allem die haushaltsrechtlichen Grundsätze eingehalten werden. Desweiteren muß natürlich bei der Unterstützung einer Privathochschule das Gleichbehandlungsgebot gegenüber anderen Privathochschulen beachtet werden. In der Regel stellt sich die Frage der Gleichbehandlung der Privathochschulen in der Praxis nicht, da in den meisten Bundesländern nur eine wissenschaftliche Privathochschule existiert, die vorhandenen Mittel also nicht zwischen mehreren gleichwertigen Hochschulen verteilen müssen. Zum anderen steht hinter einer staatlichen Unterstützung von Privathochschulen eine politische Entscheidung. Daher könnte auch eine an der politischen Schwerpunktsetzung orientierte unterschiedliche Förderungsentscheidung grundsätzlich vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden. Festzuhalten bleibt nach den obigen Ausführungen, daß eine direkte finanzielle Förderung oder die Bereitstellung von Gebäuden oder Ausrüstung grundsätzlich 1 0 5 dem „Dualen Hochschulsystem" entspricht. Soll die Verantwortung Privater im Hochschulbereich in diesem Sinne rechtlich gleichberechtigt neben der staatlichen Erfüllungsverantwortung stehen, muß das private Engagement auch ins Werk gesetzt werden können. Damit auch weiterhin das bundesdeutsche Hochschulsystem für Privathochschulen offen bleibt und wird, können diese zunächst in ihrem als gleichwertig und daher gleichberechtigt anerkannten Betrieb in direkter Weise staatlich unterstützt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch schon die Unterstützung der Gründung der Privathochschule dem Stuttgart und Bruchsal in Höhe von ca. fünf Mio. DM; die Gebäude werden zum Teil mietfrei von der Stadt Bruchsal zur Verfügung gestellt. S. dazu Rodde, Weder privat noch universitär: DUZ 1998, S. 8 f. 105 Zu den Grenzen und verfassungsrechtlichen Problembereichen einer staatlichen Förderung s. § 6.
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2. Teil: Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
Dualen Wissenschaftssystem entsprechen: Bereits dem Konzept nach muß deutlich werden, daß die zukünftige Hochschule dem Kriterium der Wissenschaftlichkeit genügt, das öffentliche Interesse an Hochschulbildung und -ausbildung befriedigt und auch die Wissenschaftsfreiheit der beschäftigten Wissenschaftler gewährleisten kann. Ebenfalls in den Bereich der direkten Förderung gehört die finanzielle Unterstützung einzelner Projekte oder Forschungseinrichtungen 106 durch die unmittelbare Verwaltung, also die Ausweisung im Bundes- bzw. Landeshaushalt und die entsprechende Mittelverteilung, etwa durch die staatlichen Institutionen wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Die Möglichkeit der Berücksichtigung privater Hochschulen im Rahmen der Vergabeverfahren für bestimmte Forschungsprojekte bzw. die Möglichkeit der Antragstellung privater Hochschulen ist eine Folge der staatlichen Anerkennung der jeweiligen Privathochschulen. Sobald eine Privathochschule staatlich anerkannt ist, gilt sie als den staatlichen Hochschulen qualitativ gleichwertig und wird in das öffentliche Hochschulsystem auch rechtlich einbezogen. Bei der Entscheidung über die Vergabe öffentlicher Mittel dürfen also wegen Art. 3 Abs. 1GG nur sachliche Erwägungen, etwa die Bewertung des konkreten Forschungsvorhabens, nicht aber die Tatsache eine Rolle spielen, daß es sich bei der Antragstellerin um eine private Hochschule handelt. Auch hier erkennt die Rechtsordnung die Dualität von privater und staatlicher Verantwortung im Hochschulbereich an.
II. Indirekte Förderung Während die direkte staatliche Mittelzuwendung an die allgemeine Aufgabenerfüllung der Privathochschule im bundesdeutschen Hochschulsystem anknüpft, wendet sich die indirekte Förderung entweder primär an einzelne Private, die die Hochschule durch Spenden oder Dienstleistungen unterstützen, bzw. an die Studierenden, oder sie ermöglicht der Privathochschule durch entsprechende Regelungen, daß sie ihre eigenen Maßnahmen besser umsetzen kann. Im folgenden sollen im Uberblick verschiedene Möglichkeiten einer indirekten Förderung aufgezeigt werden.
106
Über die staatliche Forschungsförderung wird umfassend im Bundesbericht Forschung 2000 berichtet. Neben einem einführenden Teil zu den politischen Zielen und dem System der Forschungsförderung enthält der Bericht auch genauere Daten zu den unterschiedlichen Bereichen der staatlichen Forschungsförderung des Bundes und der Länder; BT-Drucks. 14/ 4229. Die an private Hochschulen fließenden Fördersummen sind allerdings nicht gesondert aufgeführt. Eine Aufstellung der Bundesausgaben für Wissenschaft, Forschung und Entwicklung nach Förderungsarten findet sich ebd., S. 470 f. Insgesamt liegen die Förderungsausgaben des Bundes seit zehn Jahren bei etwa 20 Mrd. DM pro Jahr. Zu den Ausgaben der Länder und Gemeinden s. die Statistik ebd., S. 481 ff.
§ 7 Verschiedene Formen der Privathochschulförderung
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1. Steuererleichterungen Ebenfalls eine finanzielle, gleichwohl nur mittelbare Unterstützung bieten Steuererleichterungen. Zum einen können sie die Privathochschule selbst von Steuerzahlungen auf Vermögen oder Kapitalstock befreien. Dies geschieht durch die Anerkennung des Zweckes der Wissenschaftsförderung als gemeinnützig im Sinne des § 52 AO. Die derzeit betriebenen wissenschaftlichen Privathochschulen werden als gemeinnützige GmbH 1 0 7 oder Stiftung 108 geführt. Das heißt zum einen, daß das Vermögen nicht versteuert werden muß, zum anderen, daß die Privathochschulen berechtigt sind, für Spenden, die die Privathochschule erhalten hat, wegen des gemeinnützigen Zweckes gem. § 10b EStG abzugsfähige Spendenquittungen auszustellen. Mit dem Förderungsmodell der Steuererleichterungen wird die Wahrnehmung der Wissenschaftsverantwortung durch die Privathochschule insofern honoriert 109 , als einerseits das Kapital, auf das sich die Privathochschule gründet und das den Betrieb ermöglicht, nicht durch staatliche Maßnahmen verringert wird, und andererseits der Geldfluß an die Privathochschule von privater Seite zumindest nicht gehemmt wird. Dahinter steht das Gebot, die Leistungskraft für gemeinnützige Aufgaben zu erhalten bzw. zu erhöhen 110. Sofern also bereits privates Engagement die Verantwortung für die Wissenschaft und Hochschule durch Errichten und Betreiben einer Privathochschule bzw. durch Förderung einer Privathochschule durch Spenden übernimmt, bedarf es insoweit keiner staatlichen Erfüllung, die durch Steuergelder finanziert werden müßte. In der Konsequenz dürfen die Mittel, mit denen Private die Wissenschaftsverantwortung des Staates erfüllen, nicht zur Finanzierung (anderer) staatlicher Aufgaben herangezogen werden, weil der Staat sonst selbst die private Aufgabenerfüllung beschnitte.
107 So z. B. laut Internetseiten die Privatuniversität Witten-Herdecke, http://www.uniwh.de/de/service/wir/Struktur.htm (Stand 10. 10. 2000); auch die Stuttgart Institute of Management and Technologie (SIMT) wird in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH betrieben, Rodde, Weder privat noch universitär: DUZ 1998, S. 8 f. (9). 108 Ebenfalls laut Internetseiten wird z. B. die Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz-Vallendar von der gleichlautenden gemeinnützigen Stiftung getragen, http://www.whu-koblenz.de/finanz.htm (Stand 24. 06. 1999); dasselbe gilt für die European Business School Schloß Reichartshausen, http://www.ebs.de/Studium/Diplom/ Studienfinanzierung.htm (Stand 24. 06. 1999). Auch hinter der 1999 gegründeten International University Bremen steht eine Stiftung, für die ein Stiftungskapital von 500 Mio. DM angestrebt wird, http://www.iub.rice.edu/ News / NewsCurrent.cfm?AnnounID=10 (Stand 01. 11.2000). 109 Flämig, Die Erhaltung der Leistungskraft von gemeinnützigen Stiftungen, 1984, S. 42. no Ebd., S. 28.
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2. Teil: Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
2. Änderung einiger Gesetze, zum Beispiel im Stiftungs- oder Gesellschaftsrecht In dieselbe Richtung zielen einige aus Sicht der Privathochschulen wünschenswerte Gesetzesänderungen. Werden zum Beispiel die Gründung oder die Führung von Stiftungen oder GmbH als Trägerinnen von Privathochschulen erleichtert, können die betroffenen Privathochschulen zum einen die vorhandenen Mittel effektiver einsetzen und eher neue Mittel beschaffen; letztlich wird damit auch die Gründung neuer Privathochschulen erleichtert. Daneben würden sich die Erhöhung der steuerrechtlichen Abzugsfähigkeit von Spenden für die Spender sowie die Befreiung von Stiftungen von der Erbschaftssteuer positiv auf das Privathochschulwesen auswirken. Zudem wären für gemeinnützige Stiftungen Ausnahmen von dem stiftungsrechtlichen Grundsatz, daß alle Vermögenserträge ausschließlich und unmittelbar für gemeinnützige Zwecke zu verwenden sind, zu überlegen. Bisher verhindern die Bedingungen der Gemeinnützigkeit und damit der Steuerabzugsfähigkeit von Spenden und Vermögenserträgen, daß diese Mittel über mehrere Jahre zur späteren Verwendung angesammelt werden können. So ist zum Beispiel Privathochschulen verwehrt, die Mittel für ein Großprojekt, zum Beispiel den Bau eines neuen Hochschulgebäudes, über Jahre zusammmenzutragen. Bisher galt nach dem Anwendungserlaß zur Abgabenordnung noch das als zeitnah, was bis zum Ablauf des auf die Einnahme folgenden Kalenderjahres verwendet wurde. Nunmehr sind in § 58 Nr. 6, 7 AO mehrere Ausnahmen vom Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung vorgesehen 111. Neben der Verbesserung der steuerlichen Bedingungen wäre auch zu überlegen, ob nicht die Genehmigungspflicht für Stiftungen in § 80 BGB durch eine Anzeigepflicht und Eintragung in das Stiftungsregister der zuständigen Behörde ersetzt werden könnte 112 . Damit könnte das Gründungsverfahren möglicherweise beschleunigt werden. Weitergehend wird gefordert, daß für jedermann ein Recht auf Gründung einer Stiftung bundeseinheitlich im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert werden sollte, um die Errichtung einer Stiftung zu beschleunigen und zu vereinfachen und die Genehmigung somit zu ersetzen 113. Durch die Novellierungen im Stiftungs- und Steuerrecht werden vor allem finanzielle Anreize für potentielle Stifter geschaffen und die finanziellen Möglichkeiten 111 Die neuen Möglichkeiten von Stiftern und Stiftungen durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen sind Thema einer Broschüre des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft vom August 2000, dort finden sich ausführliche Hinweise auf die Gesetzesänderungen und verschiedene Beispiele. 112 Erhardt, Stiftungen - Partner der Hochschulen: Forschung & Lehre 2001, S. 62 f. (63). In diese Richtung zielt ein vom Bundesland Hessen eingebrachter Gesetzesentwurf. Ein ähnlicher von der F.D.P.-Fraktion eingebrachter Gesetzentwurf wurde jedoch Ende März 2000 abgelehnt. Vgl. die entsprechenden Internetseiten des Bundestages, insb. http://dip.bundestag.de (Stand 19. 10. 2000).
113 Erhardt,
Stiftungen - Partner der Hochschulen: Forschung & Lehre 2001, S. 63.
§ 7 Verschiedene Formen der Privathochschulförderung
191
der bereits existierenden Stiftungen und gemeinnützigen Gesellschaften und Vereine erweitert. Auf diese Weise wird anerkannt, daß privates Engagement in diesen Formen bereits einen wertvollen Beitrag zum Wissenschafts- und Hochschulsystem geleistet hat und für die Zukunft unverzichtbar ist 1 1 4 .
3. Die Nebentätigkeit von Universitätsprofessoren an einer privaten Hochschule Eine weitere Möglichkeit der indirekten Förderung privater Hochschulen liegt in der Zusammenarbeit mit und in dem Transfer von Material und Dienstleistungen von staatlichen an die privaten Hochschulen115. Insbesondere eröffnet das Dienstrecht der Professoren und wissenschaftlichen Angestellten die grundsätzliche Möglichkeit zu einer Nebenbeschäftigung auch an einer Privathochschule. Auf diese Weise kommen den Privathochschulen zwar keine finanziellen Vorteile zu, sie können aber das mithilfe staatlicher Infrastruktur erlangte Wissen nutzen und an ihre Studenten weitergeben. Allerdings bleibt der Staat bei dieser Form der Förderung passiv, erbringt doch der Universitätsprofessor oder -angestellte seine Leistungen gegenüber der Privathochschule als Privatmensch und gerade nicht als staatlich Abgeordneter. Anders stellte sich die Situation hingegen dar, wenn das Land als Dienstherr die daran interessierten Professoren oder wissenschaftlichen Angestellten von einem Teil ihrer gegenüber der staatlichen Hochschule zu erbringenden Leistungen bei Beibehaltung der Vergütung freistellt, damit sie diese Kapazität einer Privathochschule zur Verfügung stellen. Selbst wenn die Privathochschule ihnen dennoch ein Honorar anböte, könnte sie mit staatlicher Billigung und Unterstützung das wissenschaftliche Potential der staatlichen Hochschulen nutzen. Ein ebenfalls denkbares Feld einer Zusammenarbeit von staatlichen und privaten Hochschulen wäre die gegenseitige Nutzung von Universitäts- bzw. Hochschulbibliotheken.
4. Das „Gutschein-Modell" Eine möglicherweise auch für Privathochschulen interessante, bisher nicht praktizierte Variante einer staatlichen Förderung bietet das sogenannte Gutscheinmodell. Der Grundgedanke des Modells besteht darin, daß der Bildungsnachfrager ii4 So auch der Bundesbericht Forschung 2000, BT-Drucks.14/4229 vom 04. 10. 2000, S. 54; von Campenhausen, Stiftungsschicksale, in: ders./Seifart/Neuhoff, Mäzenatum in Vergangenheit und Gegenwart, Sonderdruck aus: Becker (Hrsg.), Mäzenatum in Vergangenheit und Gegenwart, 1988, S. 45 ff. (56); Graf Strachtitz, Stiftungen, 1994, S. 185 f. U5 So auch, allerdings mit kritischem Unterton, Rodde, Weder privat noch universitär: DUZ 1998, S. 8 f. (9).
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2. Teil: Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
selbst darüber entscheiden soll, wohin die Gelder im Bildungswesen fließen 116 . Das Gutscheinmodell wurde in unterschiedlichen Varianten ursprünglich in den USA für das Schulwesen entwickelt, allerdings bis auf einige Erprobungsversuche nicht flächendeckend und langfristig eingeführt 117 . In Abwandlungen wird es in Deutschland auch für staatliche Hochschulen debattiert 118. Die Grundform des Gutscheinmodells funktioniert in der Weise, daß jedes schulpflichtige Kind bzw. seine erziehungsberechtigten Eltern einen Gutschein erhält, dessen Wert sich aus dem durchschnittlichen Betrag ergibt, der pro Schüler im staatlichen Schulwesen aufzuwenden wäre, und den jeder Schüler bei der Schule seiner Wahl einreicht. Die entsprechende Schule löst dann die gesammelten Gutscheine bei der öffentlichen Hand ein 1 1 9 . Wird der Wert des Gutscheins an den durchschnittlichen Kosten eines vergleichbaren staatlichen Schulplatzes gemessen, auf der anderen Seite ein gewinnorientiertes Verhalten zum Beispiel bei der Auswahl der Schüler aber nicht begrenzt, wird die Gefahr vermutet, daß die Schule sich entweder einkommensstarke Schüler bzw. Eltern, von denen man sich Spenden erhofft, oder besonders leistungsstarke Schüler auswählt, die das Schulprogramm unproblematisch zu durchlaufen und mit für die Schule in der Außenwirkung wichtigem Erfolg abzuschließen versprechen 120. Diese Gefahr wird aber letztlich bei jeder Form privaten Engagements in einem in Bezug auf soziale Bedürfnisse sensiblen Bereich unabhängig von der Bemessungsgrundlage einer etwaigen staatlichen Förderung vorhanden sein, denn eine wirtschaftlich handelnde private Bildungseinrichtung muß die vorhandenen Mittel, also auch die staatliche Förderung, besonders effektiv einsetzen. Daher erscheint der Schluß nicht zwingend, ausgerechnet die an durchschnittlichen staatlichen Kosten des Schulwesens bemessene Förderung bedinge eine sozial unausgewogene Elitenbildung, eine an den tatsächlichen Kosten der Privatschule gemessene Förderung hingegen nicht. Ausgehend von diesem Grundprinzip sind weitere Varianten denkbar: Zunächst könnte man eine andere Bemessungsgrundlage heranziehen. Dann bestimmte nicht der Betrag, der durchschnittlich pro Schüler im staatlichen Schulwesen veranschlagt wird, den Wert des Gutscheins, sondern zum Beispiel die tatsächlichen Aufwendungen pro Schüler an einer Privatschule. Damit würden besondere Anstrengungen der Schule zum Beispiel hinsichtlich der Anzahl der Lehrkräfte, besonderer (pädagogischer) Einrichtungen oder Lehrmittel oder eines über den Fächerkanon an staatlichen Schulen hinausgehenden Bildungsangebots honoriert, an116
Maurer, Der Bildungsgutschein - Finanzierungsmodell für ein freies Bildungswesen, in: Jach / Jenckner (Hrsg.), Autonomie der staatlichen Schule und freies Schulwesen, FS Vogel, S. 189 ff. (191). H7 Rubner, Ein Gutschein für das Klassenzimmer: SZ vom 20. 05. 1999, S. 12. Iis So z. B. im Antrag der FDP vom 07. 06. 2000 in BT-Drucks. 14/3518. 119 Maurer, Der Bildungsgutschein, 1994, S. 32; ders., Der Bildungsgutschein - Finanzierungsmodell für ein freies Bildungswesen, in: FS Vogel, S. 189 ff. (193 f.). 120 Diese Gefahr sieht Maurer, Der Bildungsgutschein - Finanzierungsmodell für ein freies Bildungswesen, in: FS Vogel, S. 189 ff. (195).
§ 7 Verschiedene Formen der Privathochschulförderung
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dererseits aber möglicherweise auch einem verschwenderischen Umgang mit staatlichen Mitteln Vorschub geleistet. Eine andere Möglichkeit wäre, den Gutscheinwert nicht den Schulen, sondern den Schülern bzw. Eltern über Steuerermäßigungen oder Schulgelderstattungen zukommen zu lassen 121 , weil diese auf der einen Seite durch den Besuch einer Privatschule das staatliche Schulsystem entlasten und auf der anderen Seite als „Gegenleistung" für die Schulbildung der Privatschule Schulgeld zu zahlen haben. Zudem erhalten Kinder bzw. ihre Eltern an staatlichen Schulen dadurch gegenüber Besuchern von Privatschulen einen Vorteil, weil jene nicht den Anteil der Schulkosten für ein Kind tragen müssen, während sich Schüler an Privatschulen über das Schulgeld zum Teil erheblich an den Kosten beteiligen. Der Gutscheinwert könnte insofern wieder eine staatliche Gleichbehandlung zwischen Schülern bzw. Eltern staatlicher und privater Schulen herstellen 122. Diese Variante wird sich von dem Grundmodell vor allem in der Höhe der staatlichen Förderung unterscheiden, da das Schulgeld kaum die tatsächlichen Kosten der Privatschule oder auch die durchschnittlichen Kosten einer vergleichbaren staatlichen Schule abbilden wird. Zudem ist zu bedenken, daß das staatliche Ausbildungssystem letztlich nicht von den Eltern, die ihre Kinder auf eine private Schule schicken, sondern von den Privatschulen selbst entlastet wird. Die Gründer und Träger der privaten Schule sind es, die - entsprechend der privaten oder gesellschaftlichen Verantwortung im Bildungs- und Wissenschaftsbereich - Aufgaben der Ausbildung, Forschung und Lehre durch das Bereithalten entsprechender Einrichtungen übernehmen und damit, geht man von zumindest einer Gewährleistungsverantwortung des Staates aus, den Staat bei seiner Aufgabenerfüllung durch die eigenen Schulen und Hochschulen entlasten. Ein Gutschein, dessen Wert den Eltern und Kindern bzw. den Studierenden direkt als Steuererleichterungen oder Schulgelderstattung zukommen soll, honoriert und unterstützt also nicht in erster Linie die private Verantwortungswahrnehmung, sondern will die besonderen Kosten eines Privatschul- bzw. -hochschulbesuchs ausgleichen. Indirekt fließt allerdings das Geld dann doch in Form von Schulgeld oder Studiengebühren der privaten Schule oder Hochschule zu. Auf diese Weise kann der Staat die Verwendung der Mittel jedoch nicht kontrollieren, da er nur den „Bildungsnachfragern" leistend gegenüber getreten ist, nicht aber der Privatschule oder -hochschule selbst. Zuwendungen, die direkt vom Staat an die private Institution geleitet werden, können grundsätzlich mit Verwendungsauflagen versehen werden, damit sie nur an den Stellen zum Einsatz kommen, an denen das private Engagement unterstützt werden soll. Gegen diese Variante des Gutscheinmodells spricht vor allem die Überlegung, 121 Maurer, Der Bildungsgutschein, S. 33 f. Dafür plädiert auch Vogel, Goldener Käfig oder Förderung freier Initiativen? Die staatliche Finanzhilfe für Privatschulen, in: Goldtschmidt/Roeder (Hrsg.), Alternative Schulen?, 1979, S. 131 ff. (144 f.). 122 Mauniy in: ders./Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 7, Rdnr. 87, erwägt aus diesem Grund eine finanzielle Entlastung der Eltern, trifft jedoch diesbezüglich keine eindeutige Entscheidung.
13 Steinkemper
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2. Teil: Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
daß die staatliche Förderung nur dann die rechtlich gleichberechtigte Stellung der Privathochschule in einem dualen Hochschulsystem zum Ausdruck bringt, wenn sie nicht nur eine Art Aufwendungsersatz darstellt, sondern die eigenverantwortliche VerantwortungsWahrnehmung unterstützt 123. Das Gutscheinmodell in den vorgestellten Varianten wurde bisher nur für das Schulwesen propagiert. Es kann auch nicht ohne weiteres auf den Hochschulsektor übertragen werden, denn es sind einige Besonderheiten zu beachten: So ist es kaum möglich, die durchschnittlichen Kosten eines Studiums zu beziffern. Allein die verschiedenen Studiengänge innerhalb des staatlichen Systems sind von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich konzipiert und ausgestaltet; schon hier ergeben sich höchst unterschiedliche Finanzbedürfnisse. Einige Privathochschulen bieten zudem Studiengänge an, für die ein vergleichbarer Studiengang an einer staatlichen Hochschule gar nicht existiert 124 . Daher sind für eine etwaige Wertbemessung der Gutscheine maßstabsbildende durchschnittliche Kosten staatlicher Hochschulen kaum zu ermitteln. Eine Übertragung des Grundmodells scheitert also schon an der Unmöglichkeit der Berechnung der durchschnittlichen Kosten eines Studiums an einer staatlichen Hochschule. Konsequenterweise schließt sich die Überlegung an, ob nicht die tatsächlichen Kosten wenn auch nicht vollständig erstattet, so doch zumindest als Berechnungsgrundlage für eine staatliche Förderung herangezogen werden könnte. Hier gilt jedoch ebenso wie für Schulen, daß dann kein Anreiz für die Privathochschulen bestünde, die tatsächlichen Kosten möglichst gering zu halten. Zudem soll die staatliche Förderung zwar die Anerkennung der Verantwortungsübernahme durch Privathochschule auch in finanzieller Hinsicht deutlich machen, jedoch nur soweit, wie es der Aufgabenerfüllung dient. Hält eine Privathochschule zum Beispiel eine besonders gehobene, über den an der wissenschaftlichen Aufgabe ausgerichteten Bedarf hinausgehende Ausstattung für ihre Studierenden bereit, um möglicherweise sowohl bei potentiellen Studierenden als auch bei potentiellen Spendern aus der Wirtschaft ein gewisses „Standesbewußtsein'4 ansprechen zu können, würde der Staat nach dieser Variante des Modells dieses Verhalten (indirekt) unterstützen. Weiter wäre zu überlegen, ob - wie beim urspünglichen Gutscheinmodell für den Schulbereich vorgesehen - alle Nachfrager, in diesem Fall also alle Studierenden oder nur die an einer Privathochschule Studierenden Gutscheine empfangen sollen. Bisher kann man an einer staatlichen Hochschule grundsätzlich gebührenfrei studieren, ohne in Form von Gutscheinen oder Pro-Kopf-Sätzen zumindest indirekt an den Kosten einer Hochschule beteiligt zu sein. Verlangt man ein Gut123 So für die Privatschule schon BVerfGE 75,40 (66). 124 Als Beispiel mögen allein die internationalen Studienprogramme genügen, für die eine u.U. teure Kooperation mit ausländischen Hochschulen oder zumindest spezielle Kurse und Lehrmittel notwendig sind, während eine staatliche Hochschule derartiges zwar möglicherweise in Form von außerordentlichen Programmen, nicht aber als internationaler Studiengang mit entsprechendem Abschluß anbietet.
§ 7 Verschiedene Formen der Privathochschulförderung
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scheinsystem für alle Studierenden bzw. für alle Hochschulen, bedeutet das auch für die Studierenden an staatlichen Hochschulen, daß man die Kosten eines Studiums irgendwie berechnen und also eine Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der durchschnittlichen Kosten finden müßte. Dabei wird deutlich, daß für die Kostenberechnung ein durchschnittlich langes Studium zugrundegelegt werden müßte. Inzwischen wird in einigen Bundesländern Studierenden an staatlichen Hochschulen schon in dem jetzigen System nur eine erweiterte Regelstudienzeit staatlich finanziert 125 . Dieser Zeitraum wird an staatlichen Hochschulen bisweilen überschritten, und nicht immer greifen die Ausnahmetatbestände ein, während für Privathochschulstudierende die finanziell begrenzte Studiendauer in der Praxis deshalb keine Probleme bereitet, weil die derzeit angebotenen Studiengänge an Privathochschulen einen relativ streng gehandhabten Studienplan vorsehen, bei denen bei mehrfachem Nichtbestehen einer Prüfung das Studium an der Privathochschule abgebrochen werden muß. Ein Privathochschulstudent, der die durch die Bildungsgutscheine gewährleistete Studienzeit nicht einhalten kann, ist wegen des recht streng geregelten Studiums also kaum vorstellbar. Zudem könnte eine Privathochschule die Höchststudiendauer bei Zulassung eines Studenten vertraglich festlegen. Eine Begrenzung der Anzahl der Gutscheine bzw. der pro Student geförderten Semester oder Studienjahre ist aus Sicht der Privathochschule daher relativ unproblematisch. Aus dem Blickwinkel der an einer staatlichen Hochschule Studierenden hingegen muß ein derartiges Gutscheinmodell auf Bedenken stoßen: Im Gegensatz zu den derzeit angebotenen Studienmöglichkeiten der privaten Hochschulen lassen die Studienpläne staatlicher Hochschulen einen von Fach zu Fach verschieden großen Spielraum persönlicher Studienplanung. So ist zwar die grobe Einteilung in Grund- und Hauptstudium und auch das Erbringen von Leistungsnachweisen in bestimmten Zeitabschnitten vorgeschrieben, innerhalb dieses Rahmens kann der einzelne Student aber eigene Schwerpunkte und auch einen eigenen Zeitrahmen setzen. Geht man von einem durchschnittlichen Studenten aus, wird dieser ebenfalls keine Probleme haben, innerhalb der vorgegebenen Regelstudienzeit, die sich im übrigen aus der durchschnittlichen Studiendauer ergibt, sein Studium abzuschließen. Zu den Errungenschaften des bundesdeutschen Hochschulwesens gehört aber nicht nur, daß die Universität grundsätzlich jedem (fachlich) geeigneten Bewerber unabhängig von seinem Einkommen offensteht, sondern daß auch das „Eigenleben" des wissenschaftlichen Arbeitens und seine Dauer wie auch die unterschiedlichen Arbeitsweisen und Lebensbedürfnisse anerkannt werden. Wenn aber die Regelstudienzeit in Form von Gutscheinen staatlich finanziert wird, stellt sich die Frage, was mit denjenigen passiert, die länger studieren wollen oder müssen. Die Erhebung von Studiengebühren drängt sich förmlich auf. Ob Studiengebühren politisch wünschenswert sind, kann für das deutsche System bezweifelt, soll aber im 125 So z. B. in Baden-Württemberg: Gemäß § 3 Abs. 1 LHGebG verfügt jeder Student über ein sogenanntes Bildungsguthaben bestehend aus der Regelstudienzeit plus vier weitere Semester. Kann er sein Studium in dieser Zeit nicht abschließen, werden nach § 6 Abs. 1 Satz 1 LHGebG für jedes weitere Semester je 1.000 DM Studiengebühren erhoben. 13*
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2. Teil: Die staatliche Förderung von privaten Hochschulen
Rahmen dieser Arbeit nicht weiter thematisiert werden. Jedenfalls wäre bei Einführung eines Gutscheinmodells, bei dem nicht nur die Studierenden an Privathochschulen, sondern alle Studierenden bzw. nicht nur die privaten, sondern auch die staatlichen Hochschulen Gutscheine für die staatliche Unterstützung erhalten sollen, zu bedenken, ob die damit höchstwahrscheinlich einhergehenden Veränderungen des staatlichen Systems, insbesondere in der Frage der Studiengebühren, auch politisch tragbar sind. Rechtlich stellt sich die Sachlage als wenig problematisch dar, solange die bereits skizzierten Rahmenbedingungen beachtet werden. Dann macht es rechtlich keinen Unterschied ob die Hochschulen Studiengebühren verlangen, die über das Gutscheinsystem letztlich vom Staat refinanziert oder zumindest über zahlreiche Stipendienprogramme und Härteklauseln abgefedert werden müßten, oder ob die staatlichen Hochschulen wie bisher direkt mehr oder weniger nach Bedarf finanziert werden.
5. Andere Modelle Daneben sind selbstverständlich weitere Modelle staatlicher Förderung von Privathochschulen denkbar. Nicht zuletzt werden private Bildungseinrichtungen auch dadurch indirekt gefördert, daß ihre Studierenden - jedenfalls soweit es sich um eine staatlich anerkannte Hochschulen handelt - eine Ausbildungsförderung nach § 2 Abs. 2 BaFöG erhalten oder sich um ein Stipendium verschiedener öffentlichrechtlicher Körperschaften oder Stiftungen bewerben können. Diese Unterstützung dient aber vor allem dem betreffenden Studenten, es geht also mehr um die Förderung eines Hochschulabsolventen als um die Förderung der Hochschule. Indirekt kommt ein Stipendium oder auch der BaFöG-Anspruch aber auch der Privathochschule zugute: Durch die staatliche Unterstützung kann der Student dort studieren, wo er die für ihn besten Voraussetzungen sieht. Dennoch profitiert die Privathochschule, abgesehen von den eingenommenen Studiengebühren, von der staatlichen Förderung der Studierenden durch BaFöG und Stipendien mehr ideell als finanziell. Gleichwohl kommt gerade auch in der indirekten Förderung von Privathochschulen ihre rechtliche Stellung zum Ausdruck: Die Hochschule ist - anders als man bei einer direkten Förderung vermuten würde - nicht verpflichtet, bestimmte Auflagen zu erfüllen oder die Mittel nur für bestimmte Projekte zu verwenden. Damit kann die Privathochschule ihre eigenen Schwerpunkte setzen, ohne auf die Förderungswürdigkeit einzelner Projekte nach staatlichen Kriterien achten zu müssen. Sie erfüllt die Aufgabe der Hochschulausbildung im Rahmen ihrer originären Verantwortung. Der Staat hingegen unterstützt die private Verantwortungswahrnehmung, indem er diejenigen gesellschaftlichen Kräfte unterstützt, die für das Gelingen der Privathochschule in irgendeiner Form notwendig sind. So schafft er zum Beispiel durch Steuervergünstigungen für die Privathochschule selbst bzw. durch steuerliche Abzugsmöglichkeiten von Spenden an Privathochschulen für die Pri-
§ 8 Zusammenfassung
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vatleute oder privaten Firmen und Institutionen sowie durch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gründung neuer Privathochschulen oder die Wissenschaft fördernde Institutionen eine Situation, in der die Mittel der Privathochschule bzw. die der Hochschule zur Verfügung gestellten Mittel möglichst effektiv eingesetzt werden können. Oder aber er fördert über BaFöG und Stipendien oder auch über Gutscheine diejenigen, die eine Privathochschule besuchen. Eine ausreichend große Zahl an Studierenden ist notwendige Bedingung für eine Existenzberechtigung der Privathochschulen. Diese auch mit finanziellen Mitteln sicherzustellen, stellt aus Sicht der Privathochschule ebenfalls eine Form indirekter Förderung dar. Dadurch wird aber auch die verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule zum Ausdruck gebracht: Auf der einen Seite nimmt die Privathochschule ihre Aufgabe vollständig eigenverantwortlich und - von den Voraussetzungen für eine staatliche Anerkennung abgesehen - unabhängig von staatlicher Einmischung und Beurteilung wahr. Auf der anderen Seite wird durch die indirekte Förderung zum Ausdruck gebracht, daß die private Verantwortungswahrnehmung nicht nur erwünscht, sondern für ein durch die Verfassung gefordertes freies und plurales Hochschulwesen unabdingbar und damit auch im staatlichen Interesse ist. Eine duale Wissenschaftsverantwortung kann sich nur in einem rechtlichen System ausdrücken, in dem beide Verantwortungsträger gleichberechtigt sind. Während sich die Privathochschule im Rahmen der Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung bestimmten durch die Vorstellung einer staatlichen Universität konkretisierten Eckdaten anzupassen hat, um überhaupt erst die ihr verfassungsrechtlich zugedachte Rolle einnehmen zu können, muß andererseits auch der Staat diese Stellung der Privathochschule positiv anerkennen. Eine Möglichkeit dazu bietet vor allem die indirekte staatliche Förderung, die nicht unmittelbar in das Geschehen eingreift, sondern nur mittelbar die Existenzbedingungen der Privathochschule unterstützt.
§ 8 Zusammenfassung Ausgehend von dem Phänomen, daß in den letzten Jahren verstärkt wissenschaftliche Privathochschulen gegründet wurden, war in dieser Arbeit zu untersuchen, welche Stellung der privaten Hochschule im verfassungsrechtlichen Sinne zukommt und wie diese Stellung im Rahmen der staatlichen Förderung von Privathochschulen sichtbar wird oder werden sollte. Nach einer Systematisierung der verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Rahmenbedingungen, insbesondere der Vorschriften zur staatlichen Anerkennung von Privathochschulen kann man - grob geordnet - drei unterschiedliche Modelle erkennen, in denen das Verhältnis zwischen Staat und Privathochschule zum Ausdruck gebracht wird: Das hier so genannte Alleinverantwortungsmodell macht die Errichtung einer privaten Hochschule von einer staatlichen Genehmigung abhän-
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gig, die zusätzlich zur oder in Form der staatlichen Anerkennung erteilt wird. Zum Teil werden an die staatliche Anerkennung Bedingungen geknüpft, die über das hinausgehen, was in allen Modellen gemeinsam gefordert wird. Möchte hier eine Privathochschule eine eigene Form der Hochschulbildung anbieten, kann sie dies nur, wenn ihr der Staat die Erlaubnis erteilt und auf diese Weise nach außen dokumentiert, daß die betreffende Hochschule nach staatlichen Maßstäben arbeitet. Dieses Modell geht also von der allein staatlichen Verantwortung für den Hochschulbereich aus. Die zweite hier als Steuerungsmodell bezeichnete Gesetzeskonstruktion geht ebenfalls von einer weitreichenden staatlichen Verantwortung für den Hochschulbereich aus, läßt aber einfachgesetzlich grundsätzlich Privathochschulen auch ohne vorherige staatliche Errichtungsgenehmigung zu. Der Staat behält sich aber vor, nur diejenigen Hochschulen als gleichwertig anzuerkennen, die relativ strenge Voraussetzungen erfüllen. In einem recht genau umgrenzten Rahmen ist also private Verantwortungsübernahme möglich, wenn auch durch die gesetzlichen Bestimmungen staatlich gesteuert. Das dritte Modell hingegen geht - wie schon der Name Trägerpluralismusmodell andeutet - von einer auch verfassungsrechtlich zum Ausdruck kommenden Verantwortungsteilung aus. Staatliche und private Hochschule stehen rechtlich grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander. Die faktisch für die Privathochschulen wichtige staatliche Anerkennung wird zwar an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, die aber vor dem Hintergrund, daß hier insbesondere wissenschaftliche Hochschulen untersucht werden, eher die allgemein anerkannten Qualitätsmerkmale der Wissenschaftlichkeit zu gewährleisten versuchen, als die Gründung von Privathochschulen durch hohe Anforderungen zu erschweren. Nicht zuletzt drückt sich in den verschiedenen Modellen eine unterschiedliche Entstehungszeit aus; nur einige sind bis in die letzten Jahre hinein geändert und angepaßt worden, während die Hochschulgesetze in den neuen Bundesländern ohnehin auf den politischen Vorstellungen der jüngeren Zeit beruhen. Demgegenüber gründen sich insbesondere die Vorschriften des Alleinverantwortungsmodells auf die Vorstellung einer Tradition der staatlichen Universität. Der historische Rückblick vermag gewisse Linien einer Verflechtung der Hochschulen mit staatlichen Einrichtungen aufzuzeigen, vor allem herrschte etwa seit Beginn der Moderne um 1800 die Vorstellung, daß nur der Staat eine unabhängige Wissenschaft gewährleisten könne. Allerdings hat es immer auch nichtstaatliche Stätten von Forschung und Lehre gegeben; besonderes Gewicht kam dabei den Kirchen zu. Der Blick auf die historische Entwicklung des deutschen Hochschulwesens ist daher nur begrenzt aussagekräftig. Ein einem strengen Alleinverantwortungsmodell entsprechendes Hochschulmonopol läßt sich nicht mit dem geltenden Grundgesetz begründen. Aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, der die freie Wissenschaft garantiert (und nicht etwa nur eine im Rahmen der staatlichen Universität freie Wissenschaft), folgt vielmehr die Offenheit
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der Verfassung für jede Form der wissenschaftlichen Betätigung. Damit ist verfassungsrechtlich die Aussage getroffen, daß nicht nur der Staat Hochschulen unterhalten darf. Andererseits finden sich verschiedene Konzepte, die eine staatliche Aufgabenwahrnehmung verfassungsrechtlich fundieren und so das starke staatliche Engagement im Hochschulbereich zu erklären versuchen. Doch zeichnet man die üblichen Begründungskonzepte der Daseinsvorsorge, der Kulturstaatsverantwortung oder des Subsidiaritätsprinzips nach, muß man feststellen, daß die Begrifflichkeiten die aktuelle Situation (auch) im Hochschulwesen nicht mehr ausreichend zu beschreiben vermögen. Der Grund hierfür findet sich weniger in „Konstruktionsfehlern" der unterschiedlichen Konzepte als vielmehr in einer veränderten Situation: Die Trennungslinie zwischen Staatsaufgabe und privater oder rein gesellschaftlicher Aufgabe ist kaum mehr zu ziehen, zu differenziert sind die einzelnen Problemkreise und Lösungsversuche. Zudem zeichnet sich ein geändertes Staatsverständnis ab: Die Privatisierung ehemals hoheitlicher Aufgaben ist in vollem Gang. Nachdem zunächst Staatsunternehmen wie Post oder Bahn in die Privatrechtsform überführt, danach bisher vom Staat wahrgenommene Aufgaben in private Verantwortung gestellt wurden, zeichnet sich jetzt in vielen Bereichen auch ein Nebeneinander von staatlicher wie privater oder gemischter Aufgabenwahrnehmung ab. In dieser neuen Situation stehen sich Staat und Gesellschaft nicht mehr nur gegenüber, sondern es finden sich gegenseitige Aufgabenübertragungen, zunehmender Wettbewerb zwischen staatlichen und privaten Akteuren und verschiedene Formen der Kooperation. Auch jetzt gibt es Bereiche, in denen eher staatliche Institutionen aktiv werden oder aber hauptsächlich privates Engagement zu finden ist. Dennoch erscheinen Begriffe wie der der Staatsaufgabe oder die Gegenüberstellung von Staat und Gesellschaft als sich abstoßende Pole nicht mehr als zeitgerecht und ausreichend. Demgegenüber begegnet der Begriff der Verantwortung der neuen Situation angemessener, weil er für die verschiedenen Konstellationen und die Zusammenarbeit offen ist. Auch im Hochschulbereich hat sich die Lage verändert: Neben zahlreichen Neugründungen privater Hochschulen, Umstrukturierungen und Reformbestrebungen im staatlichen Hochschulsektor finden sich Kooperationsmodelle zwischen staatlichen und privaten Hochschulen, gemeinsame Neugründungen oder Gründungen privater Institute von einzelnen staatlichen Hochschulen oder ihren Teilen. Ging man früher von einer Staatsaufgabe Hochschulwesen aus, ist heute das Engagement und die Aufgabenerfüllung breiter gestreut. Daher trifft auch im Hochschulbereich der Verantwortungsbegriff die Situation genauer. Aus einigen Vorschriften des Grundgesetzes kann man eine allgemeine Verantwortung des Staates im Wissenschafts- und Hochschulbereich ableiten („Wissenschafts Verantwortung"). In Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als objektiver Gewährleistungsnorm verdichtet sich diese Verantwortung sogar zu einer grundsätzlichen Pflicht, durch eigene Einrichtungen Wissenschaft, Forschung und Lehre zu ermöglichen. Der Staat erfüllt die auch an ihn gerichtete Aufgabe der Wissenschaft und Hochschulbildung durch staatliche Hochschulen. Dieser Bereich wird hier mit
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staatlicher Erfüllungsverantwortung bezeichnet. Auf der anderen Seite erfüllen auch die von privatem oder gesellschaftlichem Engagement getragenen Privathochschulen die sich im Wissenschafts- und Hochschulbereich ergebenden Aufgaben. Soweit die staatliche Wissenschaftsverantwortung reicht, aber nicht durch staatliche Institutionen erfüllt wird, hält der Staat im Sinne einer Gewährleistungsverantwortung Konzeptionen bereit, die die Aufgabenerfüllung zwar sicherstellen, aber Raum lassen für verschiedene Formen und Akteure der Aufgabenwahrnehmung. Auf diese Weise wird auch das Nebeneinander von staatlichen und privaten Hochschulen im Sinne einer Verantwortungsteilung im Dualen Hochschulsystem verständlich. Die Privathochschule selbst sowie ihre Mitglieder können sich auf die grundrechtliche Garantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG stützen, soweit wissenschaftsrelevante Bereiche betroffen sind. Im übrigen greift der Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG bzw. der des Art. 2 Abs. 1 GG ein. Von der Wissenschaftsfreiheitsgarantie umfaßt ist auch die Gründung und der Betrieb einer Privathochschule. In Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG selbst ist damit die „Duale Wissenschafts- und Hochschulordnung" verankert: Zum einen garantiert die Vorschrift die staatliche Aufgabenerfüllung, die eine freie wissenschaftliche Betätigung der Grundrechtsträger ermöglicht, zum anderen gewährleistet das Grundrecht aber auch die freie Wissenschaft in Form eines Privathochschulwesens. Im Lichte der verfassungsrechtlich verankerten Verantwortungsteilung sind die eingangs dargestellten gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Privathochschule zu sehen. Danach ergibt sich für das Alleinverantwortungsmodell zunächst die Bedenklichkeit einer obligatorischen Errichtungsgenehmigung für jeden Typ von Hochschule, der Genehmigungsvorbehält kann jedoch grundsätzlich vor Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG gerechtfertigt werden. Allein gegenüber Privathochschulen, die bewußt keine staatliche Anerkennung anstreben, wird ihr Recht auf Errichtung einer Privathochschule aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verletzt; der Genehmigungsvorbehalt ist insoweit verfassungswidrig. Da die Bezeichnung Hochschule als solche von den verfassungsrechtlichen Wertungen nicht berührt wird, ist eine Beschränkung des Hochschulbegriffs nur auf staatliche bzw. staatlich anerkannte Hochschulen zulässig. Im übrigen kann man die staatliche Anerkennung und ihre Voraussetzungen als Einschränkungen der grundrechtlichen Freiheit der Privathochschule an Art. 5 Abs. 3 bzw. Art. 12 Abs. 1 GG messen. Danach ergibt sich für die verschiedenen Modelle gesetzlicher Regelungen folgendes: Sowohl der Voraussetzungskanon des § 70 HRG, der von allen Modellen übernommen oder zum Teil nur leicht modifiziert wird, als auch die Bedingung einer positiven Finanzprognose sowie die Bedingung eines gleichwertigen Studiums und eben solcher Abschlüsse begegnet keinerlei verfassungsrechtlicher Bedenken. Die Regelung, daß überwiegend hauptberuflich Lehrende an der Privathochschule beschäftigt werden müssen, ist hingegen verfassungswidrig. Während eine Bestimmung, die die Sonderung der Studierenden nach Besitzverhältnissen der Eltern verbietet, nicht bedenklich ist, griffe ein generelles auch für die Privat-
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hochschulen geltendes Studiengebührenverbot unverhältnismäßig in ihre Rechte aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Ebenso verfassungswidrig ist die Vorschrift, daß die Ziele eines jeden Studienabschnitts an staatlichen Hochschulen auch an Privathochschulen erreicht werden müssen. Im Gegensatz zu der Bestimmung, nach der auch die Studien- und Prüfungsordnungen der Privathochschule im Falle einer staatlichen Anerkennung genehmigt werden müssen, begegnet die Regelung zum staatlichen Prüfungsvorsitz bei Privathochschulprüfungen erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese können nur durch eine Auslegung ausgeräumt werden, nach der zwar der Prüfungsvorsitzende vom betreffenden Ministerium bestimmt werden darf, dieser aber weder weisungsgebunden noch wissenschaftsfremd sein darf und damit unter Umständen sogar ein Hochschullehrer der Privathochschule sein kann. Damit wird in den Regelungen zur staatlichen Genehmigung und mehr noch in denen zur staatlichen Anerkennung die Verantwortungsteilung zwischen Staat und Privathochschulen sichtbar: Der Staat hält neben den eigenen Hochschulen aufgrund seiner Gewährleistungsverantwortung für das Wissenschafts- und Hochschulsystem einen gesetzlichen Rahmen bereit, der die Verantwortungsübernahme Privater voraussetzt und nur dort zu steuern versucht, wo der Staat zum Schutz der Grundrechte anderer oder von wichtigen Verfassungsgütern verpflichtet ist. Der begrenzende Maßstab ist die verfassungsrechtliche Verankerung der Privathochschule in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und in Art. 12 Abs. 1 GG. Diese Grundrechte bilden jedoch nicht nur die Begrenzung staatlichen Handelns, sondern enthalten darüber hinaus eine Verpflichtung zum Schutz der Privathochschule - auch im Sinne eines Schutzes der privaten Verantwortungsübernahme. Die Schutzpflicht zielt zum einen auf die Abwehr von Einwirkungen Dritter, zum anderen aber wächst sie sich in eine Förderungspflicht aus, soweit der Schutz nur durch aktive Maßnahmen zu erreichen ist. Die skizzierte Verantwortungsteilung wird daher auch in dem Bereich der staatlichen Förderung von Privathochschulen sichtbar. Während in keinem Bundesland eine einfachgesetzliche Pflicht zur finanziellen Unterstützung von Privathochschulen besteht, läßt sich auch eine verfassungsrechtliche Pflicht nicht in dem Sinn eines Anspruchs auf staatliche Finanzleistungen herleiten. Zwar wird eine Leistungsdimension der Grundrechte als Ausfluß der objektiv-rechtlichen Gehalte von einigen bejaht, doch vermag diese Ansicht nicht zu überzeugen. Die ebenfalls aus der Vorstellung von einer objektiven Wertordnung der Grundrechte folgende Ableitung von staatlichen Schutzpflichten gebietet im Privathochschulbereich, daß der Staat über das hinaus, was bereits die abwehrrechtliche Funktion des Art. 5 Abs. 3 GG gebietet (also zum Beispiel kein Verbot von Privathochschulen), Maßnahmen trifft, die ein Privathochschulwesen schützen, also möglicherweise auch unterstützende Maßnahmen, damit es ein Privathochschulwesen überhaupt geben kann. In welcher Form konkrete Maßnahmen getroffen werden, bleibt dem Einschätzungsspielraum des Staates, also des Gesetzgebers und der Verwaltung überlassen. Insoweit sind auch finanzielle Zuwendungen
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an Privathochschulen denkbar, aber nur im Sinne einer allgemeinen objektiven Rechtspflicht, nicht im Sinne eines subjektiven Leistungsanspruchs. Dieses Ergebnis ist auch nicht - wie dies verschiedentlich für Privatschulen im Rahmen des Art. 7 Abs. 4 GG versucht, aber letztlich auch vom BVerfG abgelehnt wurde - im Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG zu modifizieren. Die Rechtsprechung des BVerfG zum Anspruch des einzelnen Wissenschaftlers auf ausreichende Ausstattung seines Arbeitsplatzes ist im Zusammenhang der staatlichen Hochschule angesiedelt. Und auch dort geht die Argumentation nicht über die Rechtfertigung im Sinne der Schutzpflicht hinaus. Zudem wird mit einer objektiven und nur sehr allgemeinen Schutzpflicht der verfassungsrechtlichen Stellung der Privathochschule Rechnung getragen: Die staatliche Schutzpflicht gegenüber dem Privathochschulwesen korrespondiert mit der staatlichen Gewährleistungsverantwortung; darüber hinaus ist die Privathochschule unabhängig vom Staat. Eine mit einem Finanzierungsanspruch ausgestattete Privathochschule entspricht nicht mehr dem von Grundgesetz geschützten Bild freier und damit grundsätzlich selbständiger und engagierter Grundrechtsausübung. Das Grundgesetz schützt die verantwortliche Grundrechtsausübung und damit die eigene Verantwortungsübernahme. Für eine staatliche Förderung privater Hochschulen besteht damit - sofern der Maßstab des Dualen Hochschulsystems beachtet wird - grundsätzlich ein weiter Spielraum für den Gesetzgeber und die Verwaltung. Die Grenzen dieses Handlungsspielraums werden zunächst wiederum von den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gezogen. Zum einen muß selbstverständlich die Wissenschaftsfreiheit der Privathochschule selbst beachtet werden, insbesondere darf im Rahmen einer etwaigen Förderung nicht in den Bereich der Wissenschaft durch inhaltliche Steuerung der Forschung eingegriffen werden. Zum anderen muß aber auch die aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG folgende Garantie eines staatlichen Universitäts- oder Hochschulwesens beachtet werden. Dieser Punkt wird aber erst dann problematisch, wenn das staatliche Universitätswesen in seinem Bestand gefährdet würde. Daneben dürfen Gesetzgeber und Verwaltung die geförderten Hochschulen nicht willkürlich auswählen. Im übrigen sind zahlreiche einfachgesetzliche Vorgaben zu beachten, so insbesondere die haushaltsrechtlichen Grundsätze. Unter Respektierung dieser rechtlichen Rahmenbedingungen sind verschiedene Formen der Privathochschulförderung denkbar bzw. werden bereits praktiziert. Die direkten Zuwendungen in Form von Sach- oder Finanzmitteln können sowohl den laufenden Betrieb als ganzen als auch bestimmte einzelne Projekte unterstützen. Hier wird die staatliche Unterstützung für alle Beteiligten sichtbar, die Privathochschule steht aber auch dem Staat in einem direkten Abhängigkeitsverhältnis gegenüber. Aus einer die Selbständigkeit und rechtliche Gleichberechtigung von privater und staatlicher Seite betonenden Sichtweise erscheinen daher indirekte Förderungsmodelle angemessener. Darunter fallen zum einen Steuererleichterungen und Vergünstigungen für die als gemeinnützig anerkannte Privathochschule selbst, vor allem aber indirekte „Zuwendungen" an Dritte. So wird durch entsprechende Vor-
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Schriften im Stiftungs- und Gesellschaftsrecht die Gründung von Privathochschulen erleichtert und damit möglicherweise private Initiative erst angeregt. Ebenso schaffen Steuererleichterungen und Spendenabzugsmöglichkeiten ein für die auf Spenden angewiesene Privathochschule günstiges Umfeld. In eine etwas andere Richtung zielen Stipendienmöglichkeiten und das BaFöG für die Studierenden an Privathochschulen; hier sollen tatsächlich primär die Dritten gefördert werden. Dies kommt zumindest mittelbar auch der Privathochschule selbst zugute, weil potentielle Studierende nicht aus finanziellen Gründen von einem Studium an einer privaten Hochschule absehen müssen und durch ihre Leistungen und ihr Stipendiatentum wiederum für die Privathochschule werben können. Schließlich ist das Gutschein-Modell, das immer wieder auch für Privathochschulen als Förderungsmodell diskutiert wird, vor allem deshalb abzulehnen, weil es neben gewissen Durchführbarkeitsproblemen und einem hohen Verwaltungsaufwand für die Privathochschule keinen wesentlichen Vorteil gegenüber den anderen Modellen bietet, für Studierende an staatlichen Hochschulen aber jedenfalls einen Nachteil bringen würde. Im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, daß auch die staatliche Förderung die verfassungsrechtliche Stellung der Privathochschule als (verfassungsrechtlich) gleichberechtigte Verantwortungsträgerin zum Ausdruck bringt.
Anhang: Landesrecht I. Landesverfassungen (Auszug) 1. Baden-Württemberg Art. 2 (1) Die im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland festgelegten Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte sind Bestandteil dieser Verfassung und unmittelbar geltendes Recht. Art. 20 (1) Die Hochschule ist frei in Forschung und Lehre. (2) Die Hochschule hat unbeschadet der staatlichen Aufsicht das Recht auf eine ihrem besonderen Charakter entsprechende Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze und ihrer staatlich anerkannten Satzungen.
(3) (...) Art. 85 Die Universitäten und Hochschulen mit Promotionsrecht bleiben in ihrem Bestand erhalten.
2. Bayern Art. 108 Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei. Art. 138 (1) Die Errichtung und Verwaltung der Hochschulen ist Sache des Staates. Eine Ausnahme bilden die kirchlichen Hochschulen (Art. 150 Abs. 1). Weitere Ausnahmen bedürfen staatlicher Genehmigung. (2) Die Hochschulen haben das Recht der Selbstverwaltung. Die Studierenden sind daran zu beteiligen, soweit es sich um ihre Angelegenheiten handelt.
3. Berlin Art. 21 Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
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4. Brandenburg Art. 31 (1) Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.
(2) (...) (3) Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. Art. 32 (1) Die Hochschulen haben im Rahmen der Gesetze das Recht auf Selbstverwaltung, an der Lehrende, andere Beschäftigte und Studierende beteiligt sind. (2) Das Recht zur Errichtung von Hochschulen in freier Trägerschaft wird gewährleistet. (3)-(5)
(...)
5. Bremen Art. 11 (1) Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei. (2) Der Staat gewährt ihnen Schutz und nimmt an ihrer Pflege teil. (3) Der Staat schützt und fördert das kulturelle Leben. Art. 34 Die Hochschulen sind in der Regel staatlich. Sie können auch in Gemeinschaft mit anderen Ländern oder als Zweig einer Hochschule eines anderen Landes errichtet und unterhalten werden.
6. Hamburg (kein eigener Grundrechtskatalog)
7. Hessen Art. 10 Niemand darf in seinem wissenschaftlichen oder künstlerischen Schaffen und in der Verbreitung seiner Werke gehindert werden. Art. 60 (1) Die Universitäten des Landes und staatliche Hochschulen genießen den Schutz des Staates und stehen unter seiner Aufsicht. Sie haben das Recht der Selbstverwaltung, an der die Studenten zu beteiligen sind. (2) - (3) ( . . . ) Art. 61 Private Mittel-, höhere und Hochschulen und Schulen besonderer pädagogischer Prägung bedürfen der Genehmigung des Staates. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Privatschulen in ihren Lernzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung
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ihrer Lehrkräfte hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen, wenn sie eine Sonderung nach Besitzverhältnissen der Eltern fördern oder wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist. Das Nähere regelt ein Gesetz.
8. Mecklenburg-Vorpommern Art. 7 (1) Die Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zu Verfassung.
(2) (...) (3) Hochschulen sind in der Regel Körperschaften des Öffentlichen Rechts. Sie verfügen im Rahmen der Gesetze über das Recht zur Selbstverwaltung. In akademischen Angelegenheiten sind sie weisungsfrei. (4) Auch andere wissenschaftliche Einrichtungen haben das Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze. Art. 16 (1) Land, Gemeinden und Kreise schützen und fördern Kultur, Sport, Kunst und Wissenschaft. ( . . . )
(2) (...) (3) Hochschulen und andere wissenschaftliche Einrichtungen sollen in ausreichendem Maße eingerichtet, unterhalten und gefördert werden. Freie Träger sind zugelassen.
9. Niedersachsen Art. 3 (3) Die im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland festgelegten Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte sind Bestandteil dieser Verfassung. ( . . . ) Art. 5 (1) Das Land schützt und fördert die Wissenschaft. (2) Das Land unterhält und fördert Hochschulen und andere wissenschaftliche Einrichtungen. (3) Die Hochschulen haben das Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze. (4) Das Nähere regelt ein Gesetz.
10. Nordrhein-Westfalen Art. 4 (1) Die im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der Fassung vom 23. Mai 1949 festgelegten Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte sind Bestandteil dieser Verfassung und unmittelbar geltendes Landesrecht.
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Art. 16 (1) Die Universitäten und diejenigen Hochschulen die ihnen als Stätten der Forschung und der Lehre gleichstehen, haben, unbeschadet der staatlichen Aufsicht, das Recht auf eine ihrem besonderen Charakter entsprechende Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze und ihrer staatlich anerkannten Satzungen.
11. Rheinland-Pfalz Art. 9 (1) Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei. (2) Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. Art. 30 (1) Privatschulen als Ersatz für öffentliche Schulen, einschließlich der Hochschulen, können mit staatlicher Genehmigung errichtet und betrieben werden. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Privatschulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte genügend gesichert ist. Lehrer an Privatschulen unterliegen auch der Bestimmung des Art. 36 [Treuepflicht]. (2) Eine Sonderung nach Besitzverhältnissen der Eltern ist untersagt. (3) Privatschulen als Ersatz für öffentliche Schulen erhalten auf Antrag angemessene öffentliche Finanzhilfe. Das Nähere über die Voraussetzungen und die Höhe der öffentlichen Finanzhilfe regelt ein Gesetz. Art. 39 (1) Die Hochschulen haben das Recht der Selbstverwaltung. Die Freiheit von Forschung und Lehre wird ihnen verbürgt. ( . . . ) (2)-(5)
(...)
(6) Das Nähere wird durch Gesetz bestimmt.
12. Saarland Art. 5 (3) Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei. (4) ( . . . ) (5) Beschränkungen sind nur im Rahmen der Gesetze gestattet. Art. 33 (1) Die Gründung und der Ausbau saarländischer Hochschulen werden angestrebt. (2) Die Hochschulen haben das Recht der Selbstverwaltung. Die Freiheit von Forschung und Lehre ist gewährleistet. Die Studenten wirken in der Erledigung ihrer Angelegenheiten in demokratischer Weise mit. (3) ( . . . ) (4) Näheres bestimmt ein Landesgesetz.
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13. Sachsen Art. 11 (1) Das Land fördert das kulturelle, das künstlerische und wissenschaftliche Schaffen, ( . . . ) . (2) Die Teilnahme an der Kultur in ihrer Vielfalt ( . . . ) ist dem gesamten Volk zu ermöglichen. Zu diesem Zweck werden ( . . . ) allgemein zugängliche Universitäten, Hochschulen, Schulen und andere Bildungseinrichtungen unterhalten. Art. 21 Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. Art. 107 (1) Die Hochschule ist frei in Forschung und Lehre. (2) Die Hochschule hat unbeschadet der Aufsicht des Freistaates das Recht auf eine ihrem besonderen Charakter entsprechende Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze und ihrer vom Freistaat anerkannter Satzungen. An dieser Selbstverwaltung sind auch die Studierenden zu beteiligen.
(3) (...) (4) Hochschulen in freier Trägerschaft sind zulässig. Das Nähere bestimmt ein Gesetz.
14. Sachsen-Anhalt Art. 10 (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung, die Freiheit der Forschung nicht von der Achtung der Menschenwürde und der Wahrung der natürlichen Lebensgrundlagen. Art. 31 (1) Hochschulen und andere wissenschaftliche Einrichtungen sind vom Land in ausreichendem Maße einzurichten, zu unterhalten und zu fördern. Andere Träger sind zulässig. (2) Die Hochschulen haben das Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze.
15. Schleswig-Holstein (kein eigener Grundrechtskatalog) Art. 9 (1) Das Land schützt und fördert Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre.
16. Thüringen Art. 27 (1) Kunst ist frei. Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. (2) Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
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Art. 28 (1) Die Hochschulen genießen den Schutz des Landes und stehen unter seiner Aufsicht. Sie haben das Recht auf Selbstverwaltung, an der alle Mitglieder zu beteiligen sind. (2) Hochschulen in freier Trägerschaft sind zulässig.
(3) (...) (4) Das Nähere regelt ein Gesetz.
II. Landeshochschulgesetze (Auszüge) 1. Gesetz über die Universitäten im Lande Baden-Württemberg (BWUG)1 § 2 Namensschutz Die Bezeichnung „Universität" oder eine fremdsprachige Bezeichnung für Universität darf nur von den in § 1 aufgeführten staatlichen Universitäten geführt werden. Darüber hinaus darf die Bezeichnung „Hochschule" oder eine fremdsprachige Bezeichnung für Hochschule oder Universität nur von als Hochschule staatlich anerkannten privaten Bildungseinrichtungen sowie solchen ausländischen Bildungseinrichtungen geführt werden, die nach dem Recht des Herkunftsstaates als Hochschule einschließlich ihrer Studiengänge anerkannt sind. Andere nichtstaatliche Bildungseinrichtungen dürfen weder eine deutsche noch eine fremdsprachige Bezeichnung führen für Hochschule oder Universität oder eine Bezeichnung führen, die mit diesen Bezeichnungen verwechselt werden kann. ( . . . ) § 38 Ziel des Studiums Studium und Lehre sollen den Studierenden auf ein berufliches Tätigkeitsfeld vorbereiten und ihm die dafür erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden dem jeweiligen Studiengang entsprechend so vermitteln, daß er zu wissenschaftlicher Arbeit und zu verantwortlichem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen, den natürlichen Lebensgrundlagen verpflichteten Rechtsstaat befähigt wird.
§128 (1) Einrichtungen des Bildungswesens, die Aufgaben nach § 3 wahrnehmen, können auf Antrag des Trägers durch Beschluß der Landesregierung als Hochschule staatlich anerkannt werden. Errichtung und Betrieb nichtstaatlicher Bildungseinrichtungen als Hochschule ohne staatliche Anerkennung sind untersagt. Dies gilt auch für ausländische Bildungseinrichtungen, die nach dem Recht des Herkunftsstaates nicht als Hochschule einschließlich ihrer Studiengänge anerkannt sind, mit der Ausnahme der ausländischen Hochschulen, die innerhalb des Geltungsbereiches des Gemeinschaftsrechts der Europäischen Union liegen. (2) Für die staatliche Anerkennung von Hochschulen gelten die Bestimmungen des Vierten Teils dieses Gesetzes und die Bestimmungen der §§89 bis 93 des Fachhochschulgesetzes entsprechend, soweit in diesem Gesetz nichts anderes geregelt ist. Die Landesregiei In der Fassung vom 01. 02. 2000, GBl. S. 208. 14 Steinkemper
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rung kann Ausnahmen von § 89 Abs. 4 Nr. 7 des Fachhochschulgesetzes zulassen, wenn gewährleistet ist, dass das Studium einem Studium an einer vergleichbaren staatlichen Hochschule gleichwertig ist. (3) Die Anstellung von Lehrkräften ist dem Wissenschaftsministerium vorher anzuzeigen. Das Wissenschaftsministerium kann staatlich anerkannten Hochschulen die Beschäftigung von Angehörigen des Lehrkörpers untersagen, wenn bei diesen Tatsachen vorliegen, die bei Professoren an staatlichen Universitäten und Hochschulen die Entlassung oder die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen würden. (4) Die Landesregierung kann einer staatlich anerkannten Hochschule das Promotionsrecht verleihen, wenn im Verhältnis zum Maßstab der Universitäten die wissenschaftliche Gleichwertigkeit gewährleistet ist. § 141 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. entgegen § 2 für Bildungseinrichtungen nicht zugelassene Bezeichnungen führt, 2. entgegen § 128 in Verbindung mit § 89 des Fachhochschulgesetzes eine inländische nichtstaatliche Hochschule ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Anerkennung errichtet oder betreibt, 3. entgegen § 128 in Verbindung mit § 89 des Fachhochschulgesetzes eine ausländische Hochschule errichtet oder betreibt, die nach dem Recht des Herkunftsstaates nicht als Universität oder Hochschule einschließlich ihrer Studiengänge anerkannt ist, 4. entgegen § 55a deutsch- oder fremdsprachige Grade oder ihnen zum Verwechseln ähnliche Grade verleiht oder sich erbietet, gegen Vergütung den Erwerb eines Grades zu vermitteln.
(...) 2. Bayerisches Hochschulgesetz (BayHG)2 Art. 1 Geltungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt für die Hochschulen des Freistaates Bayern (staatliche Hochschulen) und für die nichtstaatlichen Hochschulen.
(2) (...) Art. 108 Anerkennung (1) Nichtstaatliche Hochschulen können die staatlichen Hochschulen bei der Erfüllung der Aufgaben nach Art. 2 ergänzen. Sie können errichtet und betrieben werden, wenn sie auf Antrag vorher vom Staatsministerium anerkannt sind. Bei der Anerkennung werden die Bezeichnung und Organisation der Hochschule, die vorgesehenen Studiengänge und Hochschulprüfungen sowie die Verleihung der akademischen Grade festgelegt. (2) Die staatliche Anerkennung setzt voraus, daß 1. die personelle und sächliche Ausstattung der Hochschule eine der Ausbildung an staatlichen Hochschulen gleichwertige Ausbildung ermöglicht und die finanziellen Verhältnisse des Trägers der Hochschule deren Bestand auf Dauer erwarten lassen, 2 In der Fassung vom 02. 10. 1998, GVB1. S. 740.
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2. eine Mehrzahl nebeneinander bestehender oder aufeinander folgender, an den Studienzielen des Art. 71 Abs. 1 ausgerichteter Studiengänge an der Einrichtung allein oder im Verbund mit anderen Einrichtungen des Bildungswesens vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen ist; dies gilt nicht, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Errichtung einer Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder das entsprechende berufliche Tätigkeitsfeld nicht nahegelegt wird, 3. die Studienbewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen, 4. derjenige, der die Hochschule errichten, betreiben oder leiten soll, Gewähr dafür bietet, die Hochschule entsprechend den geltenden Vorschriften zu betreiben und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung zu verstoßen, 5. die Lehraufgaben der Hochschule überwiegend von hauptberuflich Lehrenden wahrgenommen werden und alle Lehrenden die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an staatlichen Hochschulen gefordert werden, 6. die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der hauptberuflich Lehrenden gesichert ist und 7. die Angehörigen der Einrichtung an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken. (3) Für Studiengänge kirchlicher Hochschulen, die nicht an staatlichen Hochschulen geführt werden, können Ausnahmen von den in Absatz 2 Nr. 2, 6 und 7 genannten Voraussetzungen, für theologische Studiengänge kirchlicher Hochschulen ferner Ausnahmen von Absatz 2 Nr. 3 zugelassen werden, wenn das Studium einem Studium an einer staatlichen Hochschule gleichwertig ist. (4) Die Anerkennung kann unbeschadet der Bestimmung des Art. 110 zunächst probeweise befristet verliehen werden. (5) Nichtstaatlichen Hochschulen kann auf Antrag das Promotions- und das Habilitationsrecht verliehen werden. Die Verleihung erfolgt durch ein Gesetz. (6) Das Staatsministerium kann den Betrieb einer Einrichtung untersagen, soweit diese ohne die nach Absatz 1 erforderliche staatliche Anerkennung 1. Hochschulstudiengänge durchführt, 2. Hochschulprüfungen abnimmt oder 3. akademische Grade verleiht. Führt eine Einrichtung die Bezeichnung Universität, Hochschule, Fachhochschule, Kunsthochschule, Gesamthochschule oder eine Bezeichnung, die damit verwechselt werden kann, ohne Aufgaben nach Satz 1 wahrzunehmen, ist vom Staatsministerium die Führung der Bezeichnung zu untersagen. Art. 109 Rechtswirkungen der Anerkennung (1) Die Hochschule ist berechtigt, im Rahmen der Anerkennung Hochschulprüfungen abzunehmen, Hochschulgrade zu verleihen und Zeugnisse zu erteilen; diese verleihen die gleichen Berechtigungen wie Hochschulprüfungen, Hochschulgrade und Zeugnisse gleicher Studiengänge an staatlichen Hochschulen; für die Führung dieser Grade gilt Art. 87 entsprechend. Das an einer staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium im Sinn dieses Gesetzes. 1*
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(2) Die Hochschulprüfungen erfolgen unter staatlicher Aufsicht, die insbesondere sicherzustellen hat, daß die Prüfungen unter Beachtung der jeweils geltenden Rechtsvorschriften abgenommen werden. Die Aufsicht schließt das Recht ein, Prüfungsvorsitzende zu bestimmen. (3) Wesentliche Änderungen in den Voraussetzungen für die Anerkennung bedürfen staatlicher Genehmigung. Dies gilt vor allem für einen Wechsel des Trägers, des Leiters oder von hauptberuflich Lehrenden einer nichtstaatlichen Hochschule. (4) Die Anerkennung einer nichtstaatlichen Hochschule erlischt, wenn die Hochschule nicht binnen eines Jahres seit Zustellung des Anerkennungsbescheids den Studienbetrieb aufnimmt oder wenn der Studienbetrieb ein Jahr geruht hat. Die Frist kann vom Staatsministerium verlängert werden. (5) Staatlich anerkannte Hochschulen können mit staatlichen Hochschulen zusammenwirken; Art. 55 ist sinngemäß anzuwenden. Ihre Angehörigen können an Aufgaben gemäß Art. 77 beteiligt werden. Art. 110 Rücknahme und Widerruf der Anerkennung, Aufhebung einer nichtstaatlichen Hochschule
(...) Art. 114 Kirchliche Hochschulen (1) Das Recht der Kirchen, ihre Geistlichen auf eigenen kirchlichen Hochschulen (einschließlich Ordenshochschulen) aus- und fortzubilden, bleibt unberührt. Auf diese Hochschulen findet dieser Abschnitt mit Ausnahme von Art. 108 Abs. 5, Art. 111 Abs. 6, Art. 112 keine Anwendung. (2) Studiengänge, die nicht oder nicht nur die Aus- und Fortbildung von Geistlichen zum Gegenstand haben, können an kirchlichen Hochschulen nur auf Grund staatlicher Anerkennung errichtet werden; die Anerkennung beschränkt sich auf diese Studiengänge. Soweit Studiengänge nicht oder nicht nur die Aus- und Fortbildung von Geistlichen zum Gegenstand haben, ist beim Erlaß von Regelungen nach Art. 115 Abs. 1 das Einvernehmen mit dem Staatsministerium erforderlich; bei diesen Studiengängen findet Art. 109 Abs. 2 keine Anwendung. Art. 115 Anwendung von Vorschriften für staatliche Hochschulen (1) Für nichtstaatliche Hochschulen gelten entsprechend 1. Art. 79 Abs. 1 und 3, 2. die Regelungen zum Studienjahr gemäß Art. 70 und Art. 129 Abs. 10, 3. für die Immatrikulation ( . . . ) 4. für das Studium ( . . . ) 5. für die Prüfungen ( . . . ) 6. Art. 129 Abs. 9. (2) Die für nichtstaatliche Hochschulen nach Absatz 1 erforderlichen Regelungen, insbesondere Studien-, Prüfungs-, Promotions- und Habilitationsordnungen, bedürfen des Einvernehmens des Staatsministeriums. Um die Gleichwertigkeit der Ausbildung mit der Ausbildung an staatlichen Hochschulen zu gewährleisten, kann das Einvernehmen versagt
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werden, wenn die Regelungen der gemäß Art. 84 Abs. 2 erlassenen Rahmenprüfungsordnung nicht entsprechen. An nichtstaatlichen Hochschulen können vom Träger der Hochschule zusätzliche Immatrikulationsvoraussetzungen festgelegt werden, und zwar insbesondere 1. der Nachweis der Begabung und Eignung durch eine Aufnahmeprüfung, 2. die Entrichtung von Studiengebühren, 3. die Respektierung der Zielsetzung einer Hochschule in kirchlicher Trägerschaft, 4. die Zugehörigkeit zur Bundeswehr bei Einrichtungen nach Art. 113. (...) Art. 116 Zuschüsse Auf Antrag gewährt der Freistaat Bayern einer Kirche oder kirchlichen Stiftung des öffentlichen Rechts Zuschüsse zur Errichtung und zum Betrieb einer staatlich anerkannten Fachhochschule oder von Fachhochschulstudiengängen an einer staatlich anerkannten wissenschaftlichen Hochschule. Die Zuschüsse werden nach Maßgabe des Staatshaushalts gewährt. Der Zuschuß zum laufenden Betrieb der Fachhochschule oder Fachhochschulstudiengänge beträgt 80 v.H. des tatsächlich nachgewiesenen Personal- und Sachaufwands. Es wird jedoch nicht berücksichtigt, wie er bei vergleichbaren staatlichen Fachhochschulen oder Fachhochschulstudiengängen entsteht. Das Nähere, insbesondere über die Höhe ( . . . ) regelt das Staatsministerium durch Rechtsverordnung, in der auch die Möglichkeit einer Pauschalierung des Zuschusses für den laufenden Betrieb vorgesehen werden kann. Art. 120 Ordnungswidrigkeiten (1) Mit Geldbuße bis zu einhunderttausend Deutsche Mark kann belegt werden, wer 1. unbefugt die Bezeichnung Universität, Hochschule, Fachhochschule, Kunsthochschule, Gesamthochschule oder eine Bezeichnung führt, die damit verwechselt werden kann, 2. eine nichtstaatliche Hochschule ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Anerkennung errichtet oder betreibt.
(...) 3. Gesetz über die Hochschulen im Land Berlin (BerlHG)3 § 2 Rechtsstellung
(...) (10) Studiengebühren werden nicht erhoben. § 123 Staatliche Anerkennung von Hochschulen (1) Hochschulen, die nicht in der Trägerschaft des Landes stehen, können von dem für Hochschulen zuständigen Mitglied des Senats staatlich anerkannt werden, wenn ihre An3 In der Fassung vom 05. 10. 1995, GVB1. S. 728, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. 12. 1997, GVB1. S. 686.
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Anhang: Landesrecht gehörigen die Möglichkeit haben, an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitzuwirken, und die rechtliche und wirtschaftliche Stellung der Lehrkräfte der der Lehrkräfte an entsprechenden staatlichen Hochschulen entspricht. Im übrigen erfolgt die Anerkennung nach Maßgabe des § 70 des Hochschulrahmengesetzes.
(2) Für Hochschulen anderer Träger öffentlicher Verwaltung ( . . . ) . (3) Die Entscheidung über die Anerkennung trifft das für Hochschulen zuständige Mitglied des Senats. Mit der Anerkennung kann die Befugnis verbunden werden, Lehrkräften, die hauptberuflich Aufgaben wie Professoren und Professorinnen wahrnehmen und die die Einstellungsvoraussetzungen gemäß § 100 erfüllen, die Führung des Professorentitels zu gestatten; ( . . . ) . Einer staatlich anerkannten Hochschule und ihrer Studentenschaft kann die Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verliehen werden. (4) Soweit das Studium an der entsprechenden staatlichen Hochschule mit einer staatlichen Prüfung abgeschlossen wird, gilt diese Regelung auch für die staatlich anerkannte Hochschule. (5) Die staatlich anerkannten Hochschulen unterstehen der staatlichen Aufsicht. Sie wird von dem für Hochschulen zuständigen Mitglied des Senats im Einvernehmen mit dem Träger ausgeübt. (6) Die von den staatlich anerkannten Hochschulen erlassenen Prüfungsordnungen bedürfen der Bestätigung durch die für Hochschulen zuständige Senatsverwaltung. Sie können Hochschulprüfungen abnehmen und Hochschulgrade verleihen; ( . . . ) . (7) Die Anerkennung begründet keinen Anspruch auf einen Zuschuß des Landes Berlin. § 124 Hochschulen in kirchlicher Trägerschaft
(...) § 125 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer im Land Berlin ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Anerkennung des für Hochschulen zuständigen Mitglieds des Senats eine Einrichtung unter der Bezeichnung „Hochschule", „Universität" oder „Fachhochschule" führt.
(2) (...) 4. Gesetz über die Hochschulen des Landes Brandenburg (BrbgHG)4 § 4 Aufgaben (1) Die Hochschulen dienen entsprechend ihrer Aufgabenstellung der Pflege und Entwicklung der Wissenschaften und Künste durch Forschung, Lehre und Studium. Sie bereiten auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern. Die Fachhochschulen erfüllen ihre Aufgaben nach Satz 1 und 2 durch anwendungsbezogene Lehre und entsprechende Forschung. 4
In der Fassung vom 24. 06. 1991, GVB1. S. 156, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. 05. 1996, GVB1.1 S. 173.
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(2) ( . . . ) (3) Die Hochschulen fördern entsprechend ihrer Aufgabenstellung den wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchs. (4)-(9)
(...)
§ 5 Freiheit von Forschung, Lehre und Studium in Wissenschaft und Kunst (1) Das Land und die Hochschulen stellen sicher, daß die Mitglieder der Hochschule die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes verbürgten Grundrechte wahrnehmen können. (2) Die Freiheit der Forschung (Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes) umfaßt insbesondere die Fragestellung, die Grundsätze der Methodik sowie die Bewertung des Forschungsergebnisses und seine Verbreitung. Beschlüsse von Hochschulorganen sind insoweit unzulässig, als sie sich auf die Organisation des Forschungsbetriebes, die Förderung und Abstimmung von Forschungsvorhaben und auf die Bildung von Forschungsschwerpunkten beziehen; sie dürfen die Freiheit im Sinne von Satz 1 nicht beeinträchtigen. (...) (3) Die Freiheit der Lehre (Artikel 5 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes) umfaßt, unbeschadet des Artikels 5 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes, im Rahmen der zu erfüllenden Lehraufgaben insbesondere die Abhaltung von Lehrveranstaltungen und deren inhaltliche und methodische Gestaltung sowie das Recht auf Äußerung von wissenschaftlichen und künstlerischen Lehrmeinungen. Beschlüsse von Hochschulorganen zur Lehre sind insoweit zulässig, als sie sich auf die Organisation des Lehrbetriebs und auf die Aufstellung und Einhaltung von Studien- und Prüfungsordnungen beziehen; sie dürfen die Freiheit im Sinne von Satz 1 nicht beeinträchtigen. (4) ( . . . ) § 8 Ziel des Studiums Studium und Lehre sollen die Studenten auf berufliche Tätigkeiten vorbereiten und ihnen die dafür erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden so vermitteln, daß sie zu wissenschaftlicher oder künstlerischer Arbeit, zu selbständigem Denken und zu verantwortlichem Handeln in einem freiheitlichen, demokratischen und sozialen, den natürlichen Lebensgrundlagen verpflichteten Rechtsstaat befähigt werden. § 78 Anerkennung (1) Einrichtungen des Bildungswesens, die nicht Hochschulen des Landes gemäß § 1 Abs. 2 sind, können eine staatliche Anerkennung als Hochschule erhalten. Die staatliche Anerkennung begründet keinen Anspruch auf staatliche Zuschüsse. (2) Voraussetzungen der Anerkennung sind, daß 1. die Hochschule Aufgaben nach § 4 wahrnimmt, 2. das Studium an dem in den §§5 und 8 genannten Zielen ausgerichtet ist, 3. eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinander folgenden Studiengängen an der Einrichtung allein oder im Verbund mit anderen Einrichtungen des Bildungswesens vorhanden ist, dies gilt nicht, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Einrichtung einer Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder das entsprechende berufliche Tätigkeitsfeld nahegelegt wird,
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4. das Studium und die Abschlüsse auf Grund der Studien- und Prüfungsordnungen und des tatsächlichen Lehrangebots dem Studium und den Abschlüssen an staatlichen Hochschulen gleichwertig sind, 5. die Studienbewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen, 6. die hauptberuflich Lehrenden die Voraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an staatlichen Hochschulen gefordert werden, 7. die Mitglieder der Hochschule an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung dieses Gesetzes mitwirken, 8. der Bestand der Hochschule sowie die wirtschaftliche und rechtliche Stellung des Hochschulpersonals als dauerhaft gesichert vermutet werden können. § 79 Anerkennungverfahren (1) Der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur spricht auf Antrag die staatliche Anerkennung aus. (2) Die Anerkennung kann zunächst befristet ausgesprochen und mit Auflagen versehen werden, die der Erfüllung der Voraussetzungen von § 97 dienen. (3) In dem Anerkennungsbescheid sind die Studiengänge, auf die sich die Anerkennung erstreckt, und die Bezeichnung der Hochschule festzulegen. § 80 Folgen der Anerkennung (1) Das an einer staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Studium im Sinne dieses Gesetzes. (2) Die staatlich anerkannten Hochschulen haben nach Maßgabe der Anerkennung das Recht, Hochschulprüfungen abzunehmen, Hochschulgrade zu verleihen sowie Promotionen und Habilitationen durchzuführen. (3) Die Studien-, Prüfungs-, Promotions- und Habilitationsordnungen bedürfen der Feststellung der Gleichwertigkeit mit den Ordnungen der staatlichen Hochschulen durch den Minister für Wissenschaft, Forschung und Kultur. (4) Auf Antrag ist eine staatlich anerkannte Hochschule in die zentrale Vergabe von Studienplätzen einzubeziehen.
5. Bremisches Hochschulgesetz (BremHG)5 § 1 Geltungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt für die staatlichen Hochschulen ( . . . ) ; für staatlich anerkannte und andere nichtstaatliche Hochschulen gilt es nur, soweit dies gesetzlich bestimmt ist.
(2) (...) (3) ( . . . ) (4) Andere als die staatlichen oder die nach § 112 staatlich anerkannten Hochschulen oder genehmigten Niederlassungen dürfen die Bezeichnung „Universität" oder „Hochschule" weder allein noch in einer Wortverbindung führen. 5 Neufassung durch Art. 5 des Gesetzes vom 01. 06. 1999, GBl. S. 103,177.
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§ 112 Nichtstaatliche Hochschulen (1) Der Senator für Bildung und Wissenschaft kann Bildungseinrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die nach § 1 oder anderen Gesetzen nicht staatliche Hochschulen sind, im Rahmen der Hochschulplanung des Landes als Hochschule staatlich anerkennen, wenn gewährleistet ist, daß 1. die Hochschule Aufgaben nach § 4 wahrnimmt, 2. das Studium an dem in § 52 genannten Zielen ausgerichtet ist, 3. eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinander folgenden Studiengängen allein oder im Verbund mit anderen Hochschulen vorhanden oder im Rahmen der Ausbauplanung vorgesehen ist; dies gilt nicht, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Einrichtung eine Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder das entsprechende berufliche Betätigungsfeld nicht nahegelegt wird, 4. das Studium und die Abschlüsse aufgrund der Studien- und Prüfungsordnungen und des tatsächlichen Lehrangebots den wissenschaftlichen Maßstäben an staatlichen Hochschulen entsprechen, 5. die Studienbewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen, 6. die hauptberuflich Lehrenden die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an staatlichen Hochschulen gefordert werden, 7. die Angehörigen der Hochschule an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der für staatliche Hochschulen geltenden Grundsätze mitwirken, 8. der wirtschaftliche Bestand der Einrichtung dauerhaft gesichert ist. (5) Der Senator für Bildung und Wissenschaft kann Abweichungen von den Voraussetzungen des Absatzes 1 zulassen, wenn die nichtstaatliche Hochschule in Aufbau, Arbeitsweise und Studienstrukturen nach einem ausländischen, in dem jeweiligen Staat anerkannten Hochschulsystem eingerichtet ist und aufgrund von Hochschulprüfungen, die deutschen gleichwertig sind, entsprechende Hochschulgrade verleiht; § 56 Abs. 2 und § 64b finden Anwendung; über die Gleichwertigkeit entscheidet der Senator für Bildung und Wissenschaft. (6) Niederlassungen ausländischer Hochschulen bedürfen der Genehmigung durch den Senator für Bildung und Wissenschaft; diese kann unter den Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 erteilt werden. Hinsichtlich der Niederlassungen von Hochschulen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird die Genehmigung abweichend von Absatz 1 mit folgenden Maßgaben erteilt: 1. es müssen Studienprogramme angeboten werden, die zum Erwerb von Hochschulqualifikationen, insbesondere Hochschulgraden führen; 2. die Hochschule muß im Herkunftstaat eine staatliche oder staatlich anerkannte Hochschule nach dem Recht des jeweiligen Staates sein; 3. die Hochschule muß nach dem Recht des jeweiligen Herkunftstaates zur Verleihung von Hochschulqualifikationen und Hochschulgraden berechtigt sein; 4. das in Bremen durchgeführte Studienprogramm und sein Abschluß müssen wie ein im Herkunftstaat erworbener Abschluß anerkannt sein.
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(7) Unter den Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 kann der Senator für Bildung und Wissenschaft die Genehmigung erteilen, die Bezeichnung „Universität", „Fachhochschule", „Kunsthochschule", „Gesamthochschule" oder „Hochschule" allein oder in einer Wortverbindung zu führen, wenn das Ausbildungsziel dem an bremischen staatlichen Hochschulen vergleichbar ist. (8) Eine nach Absatz 1 oder 2 staatlich anerkannte Hochschule kann in den entsprechenden Studiengängen Prüfungen abnehmen und die in den Prüfungsordnungen bestimmten Hochschulgrade verleihen. Der Senator für Bildung und Wissenschaft kann ihr die Genehmigung erteilen, hauptberuflich Lehrenden unter den Voraussetzungen des § 17 die akademische Bezeichnung für „Professor" zu verleihen und in entsprechender Anwendung des § 25 Honorarprofessoren für die Zeit ihrer Lehrtätigkeit an der Hochschule zu bestellen. (9) Die Verleihung nach Absatz 1 oder Absatz 2 und die Genehmigungen nach den Absätzen 3 bis 5 sind zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen ihrer Erteilung nicht mehr vorliegen oder nachträglich Tatsachen bekannt werden, die ihre Versagung zur Folge gehabt hätten. (10) Die beabsichtigte Auflösung einer nichtstaatlichen Hochschule ist dem Senator für Bildung und Wissenschaft anzuzeigen. Bei der Auflösung ist zu gewährleisten, daß die Studierenden ihr Studium ordnungsgemäß abschließen können. § 116 Ordnungswidrigkeit Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. ohne Berechtigung Hochschulgrade oder Bezeichnungen verleiht, die Hochschulgraden zum Verwechseln ähnlich sind, oder 2. ausländische Hochschulgrade, Hochschulbezeichnungen oder Hochschultitel oder entsprechende staatliche Grade, Bezeichnungen oder Titel gegen Entgelt vermittelt, 3. ohne Genehmigung eine Niederlassung einer ausländischen Hochschule betreibt, 4. unbefugt eine Einrichtung unter einer nach § 112 Abs. 4 möglichen Bezeichnung führt.
(...) 6. Hamburgisches Hochschulgesetz (HambHG)6 § 144a Staatliche Anerkennung als Hochschule Eine Bildungseinrichtung, die nicht staatliche Hochschule ist, kann als Hochschule staatlich anerkannt werden, wenn 1. das Studium an dem in § 43 genannten Ziel ausgerichtet ist, 2. eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinander folgenden Studiengängen an der Bildungseinrichtung vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen ist; dies gilt nicht, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Einrichtung eine Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder das entsprechende berufliche Betätigungsfeld nicht nahegelegt wird, 6 In der Fassung vom 2. 07. 1991, GVB1. S. 249, zuletzt geändert am 11. 6. 1997, GVB1. S. 198.
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3. die Ausbildung und die Prüfungen denjenigen in vergleichbaren Studiengängen staatlicher Hochschulen gleichwertig ist, 4. die Studienbewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen, 5. die Lehraufgaben der Bildungseinrichtung in der Regel von hauptberuflich Lehrenden als ständige Aufgabe erfüllt werden, 6. die hauptberuflich Lehrenden die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an staatlichen Hochschulen gefordert werden, 7. die Angehörigen der Bildungseinrichtung an der Gestaltung der akademischen Angelegenheiten in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken, 8. die Vermögens Verhältnisse des Trägers der Bildungseinrichtung deren vollständige Finanzierung aus eigenen Mitteln des Trägers auf Dauer gesichert erscheinen lassen, 9. die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrenden dauerhaft gesichert ist. § 144b Anerkennungsverfahren (1) Die Anerkennung wird vom Senat auf Antrag ausgesprochen; sie kann befristet und mit Auflagen versehen werden, die der Erfüllung der Voraussetzungen des § 144a dienen. (2) In dem Anerkennungsbescheid ist festzulegen, 1. auf welche Studiengänge sich die Anerkennung erstreckt, 2. wie die Hochschule gegliedert ist, 3. welche Kollegialorgane zu bilden und wie sie zusammenzusetzen sind, 4. welche Hochschulprüfungen abgenommen und welche Hochschulgrade verliehen werden dürfen sowie 5. welche Bezeichnung die Hochschule führt. § 144c Rechtswirkungen der Anerkennung (1) Die Hochschule kann im Rahmen der Anerkennung Hochschulprüfungen abnehmen, Zeugnisse erteilen und Hochschulgrade verleihen; diese verleihen die gleichen Berechtigungen wie Hochschulprüfungen, Zeugnisse und Hochschulgrade gleicher Studiengänge an staatlichen Hochschulen. (2) Das an einer staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium im Sinne dieses Gesetzes. (3) Die Prüfungsordnungen sowie die Bezeichnung der zu verleihenden Hochschulgrade bedürfen der Genehmigung durch die zuständige Behörde; § 137 Absätze 3 und 4 gilt entsprechend. Die Studienordnungen sind der zuständigen Behörde anzuzeigen; § 48 Abs. 7 gilt entsprechend. (4) Die Einstellung von hauptberuflich Lehrenden und die Änderung der mit ihnen abgeschlossenen Verträge sind von der zuständigen Behörde zu genehmigen. Die zuständige Behörde kann dem Träger der Hochschule gestatten, hauptberuflich Lehrenden für die Dauer der Verwendung an der Hochschule besondere Berufsbezeichnungen zu verleihen.
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(5) Die zuständige Behörde kann sich jederzeit über Angelegenheiten der Hochschule unterrichten; die Hochschule ist verpflichtet, die dafür erforderliche Unterstützung zu leisten. Die zuständige Behörde kann staatliche Beauftragte zu Hochschulprüfungen entsenden. (6) Die Hochschule kann mit staatlichen Hochschulen zusammenwirken. § 145 Ordnungswidrigkeiten Mit Geldbuße bis zu 100 000 Deutsche Mark kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig unbefugt die Bezeichnung Universität, Hochschule, Fachhochschule, Kunsthochschule allein oder in Verbindung mit anderen Bezeichnungen oder eine Bezeichnung führt, die ihnen zum Verwechseln ähnlich ist.
7. Hessisches Hochschulgesetz (HessHG)7 § 101 Genehmigungen (1) Die Errichtung oder Erweiterung einer nichtstaatlichen Hochschule bedarf der Genehmigung durch das Ministerium. Sie ist zu erteilen, wenn gewährleistet ist, dass 1. das Studium an dem in § 16 genannten Ziel ausgerichtet ist, 2. eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinander folgenden Studiengängen an der Einrichtung allein oder im Verbund mit anderen Einrichtungen des Bildungswesens vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen ist; dies gilt nicht, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Einrichtung eine Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder das entsprechende berufliche Betätigungsfeld nicht nahegelegt wird, 3. die Studienbewerberinnen und -bewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende Hochschule des Landes erfüllen, 4. die Angehörigen der Einrichtung an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken, 5. die hauptberuflich Lehrenden die EinstellungsVoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an Hochschulen des Landes gefordert werden, 6. über das Beschäftigungsverhältnis ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen ist, der den Umfang der Lehrverpflichtungen und den Anspruch auf Urlaub festlegt, 7. die Vergütung hinter derjenigen des wissenschaftlichen Personals der Hochschulen des Landes unter angemessener Berücksichtigung des Umfangs der Lehrverpflichtungen nicht wesentlich zurückbleibt, 8. eine Anwartschaft auf Versorgung erworben wird, die wenigstens den Leistungen der Angestelltenversicherung entspricht und 9. eine Sonderung nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. (2) Die Führung der Bezeichnung Universität, Fachhochschule, Kunsthochschule, Gesamthochschule oder Hochschule allein oder in Wortverbindungen durch eine nichtstaatliche Bildungseinrichtung bedarf der Genehmigung durch das Ministerium. Sie ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt sind und das Ausbildungsziel dem einer Hochschule des Landes vergleichbar ist. i In der Fassung vom 31. 07. 2000, GVB1.1 S. 374.
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§ 102 Anerkennung (1) Das Ministerium kann einer Einrichtung des Bildungswesens die Eigenschaft einer staatlich anerkannten Hochschule verleihen, wenn sie dauernd die Gewähr dafür bietet, dass sie die an entsprechende Hochschulen des Landes gestellten Anforderungen erfüllt und deren Lehrziele am Ende jedes Studienabschnitts erreicht. (2) Mit der Anerkennung erhält die Hochschule das Recht, nach den für entsprechende Fachbereiche und Fachrichtungen der Hochschulen des Landes geltenden Vorschriften unter Vorsitz einer vom Ministerium bestellten Prüfungsleitung Hochschulprüfungen durchzuführen; es bestimmt, nach welcher Prüfungsordnung zu verfahren ist. Die Hochschulen können auch eigene Prüfungsordnungen erlassen, die den Prüfungsordnungen des Landes gleichwertig sein müssen und der Genehmigung des Ministeriums bedürfen; § 28 gilt entsprechend. (3) ( . . . ) § 103 Lehrende an nichtstaatlichen Hochschulen (1) Die Beschäftigung von Lehrenden an nichtstaatlichen Hochschulen bedarf der Genehmigung des Ministeriums. Die Genehmigung ist von der Trägerin oder dem Träger der nichtstaatlichen Hochschule zu beantragen. (2) Die Beschäftigungsgenehmigung ist zu versagen oder zu widerrufen, wenn die Bewerberin oder der Bewerber 1. die Einstellungsvoraussetzungen nach § 71 nicht erfüllt, 2. die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, 3. den erteilten Lehrauftrag nicht ordnungsgemäß erfüllt. (3) Die Beschäftigungsgenehmigung ist auch zu versagen oder zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nach § 101 Abs. 1 Nr. 6 bis 8 nicht erfüllt sind. (4) ( . . . ) (5) Das Ministerium kann hauptberuflich Lehrenden, die die Voraussetzungen des § 71 erfüllen, für die Dauer der Beschäftigungsgenehmigung die Bezeichnung „Professorin an..." oder „Professor an..(Bezeichnung der nichtstaatlichen Hochschule) verleihen. Das Ministerium kann gestatten, dass die Bezeichnung nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses weitergeführt wird.
(6) (...) § 105 Staatliche Finanzhilfe Das Land kann Trägerinnen und Trägern staatlich anerkannter nichtstaatlicher Hochschulen Beihilfen zu den Vergütungskosten ihrer Lehrkräfte gewähren, wenn 1. ein besonderes Interesse des Landes an einer Förderung festgestellt wird, 2. der anerkannte Studiengang in Übereinstimmung mit der Entwicklungsplanung für die Hochschulen des Landes steht, 3. die Voraussetzungen der steuerrechtlichen Gemeinnützigkeit erfüllt sind und 4. für einen Teil der besonders befähigten Studierenden Stipendien vorgesehen sind. Die Höhe der Finanzhilfe und die von der Hochschule zu erbringenden Leistungen sind in einer Vereinbarung festzulegen. Eine Vereinbarung, die über das laufende Haushaltsjahr hinaus Zuwendungen festlegt, bedarf der Zustimmung des Landtags.
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§ 106 Andere Bildungseinrichtungen Einrichtungen des Bildungswesens, die nicht selbst eine Hochschule betreiben, aber Studierende beim Erwerb eines Hochschulgrades gegen Entgelt unterstützen, bedürfen der Genehmigung. Sie soll nur erteilt werden, wenn nachgewiesen werden kann, dass a) der zu verleihende Grad nach dem Recht des Herkunftslandes ein fachlich anerkannter Hochschulabschluss ist und b) der Grad aufgrund eines Studiums verliehen wird, das nach dem Recht des Herkunftslandes des Grades als ordnungsgemäß bezeichnet werden kann. § 107 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. eine Einrichtung des Bildungswesens ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Genehmigung in Hessen errichtet oder betreibt, sie hierbei ohne Genehmigung als Universität, Fachhochschule, Kunsthochschule, Gesamthochschule oder Hochschule allein oder in Wortverbindungen bezeichnet oder eine Hochschule ohne Anerkennung als staatlich anerkannte Hochschule betreibt, 2. entgegen § 103 Abs. 1 Satz 1 an einer nichtstaatlichen Hochschule ohne Genehmigung Lehrende beschäftigt, 3. einer auf Grund dieses Gesetzes erteilten vollziehbaren Auflage oder Anordnung zuwiderhandelt.
(2) (...) 8. Gesetz über die Hochschulen des Landes Mecklenburg-Vorpommern (MeVoHG)8 § 125 Anerkennung (1) Einrichtungen des Bildungswesens, die nicht Hochschulen des Landes gemäß § 1 Abs. 1 sind, können als Hochschulen staatlich anerkannt werden. Die staatliche Anerkennung begründet keinen Anspruch auf staatliche Zuschüsse. (2) Voraussetzungen der Anerkennung sind, daß 1. die Einrichtung Aufgaben nach § 3 wahrnimmt, 2. eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinander folgenden Studiengängen vorhanden oder geplant ist; dies gilt nicht, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Einrichtung einer Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder das entsprechende berufliche Tätigkeitsfeld nicht nahegelegt wird, 3. das Studium an den in den §§4 und 7 genannten Zielen ausgerichtet ist, 4. das Studium und die Abschlüsse aufgrund der Studien- und Prüfungsordnungen und des tatsächlichen Lehrangebots dem Studium und den Abschlüssen an staatlichen Hochschulen gleichwertig sind, 5. die Studienbewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen, 8 In der Fassung vom 9. 02. 1994, GVOB1. S. 293 /GS M.-V. Gl. Nr. 221-7.
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6. die hauptberuflich Lehrenden die Voraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an staatlichen Hochschulen gefordert werden, 7. die Mitglieder der Hochschule an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken, 8. der Bestand der Einrichtung sowie die wirtschaftliche und rechtliche Stellung des Hochschulpersonals als dauerhaft gesichert anzusehen ist. § 126 Anerkennungsverfahren (1) Die Kultusministerin spricht auf Antrag die staatliche Anerkennung aus. (2) Die Anerkennung kann zunächst befristet ausgesprochen und mit Auflagen versehen werden, die der Erfüllung der Voraussetzungen nach § 125 dienen. (3) In dem Anerkennungsbescheid sind festzulegen 1. die Studiengänge, auf die sich die Anerkennung bezieht, 2. welche Hochschulprüfungen abgenommen und welche Hochschulgrade verliehen werden dürfen, 3. welche Bezeichnung die Hochschule führt. § 127 Folgen der Anerkennung (1) Das an einer staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Studium im Sinne dieses Gesetzes. (2) Die Studien- und Prüfungsordnungen der Hochschule bedürfen der Genehmigung der Kultusministerin. (3) Die Einstellung der hauptberuflich Lehrenden und die Änderung der mit ihnen abgeschlossenen Verträge sind der Kultusministerin anzuzeigen. Die Kultusministerin kann im Einzelfall auf Antrag des Trägers der Hochschule gestatten, daß hauptberuflich Lehrende für die Dauer der Verwendung an der Hochschule die Bezeichnung Professor führen. (4) Der Träger der Einrichtung ist verpflichtet, die Kultusministerin auf deren Verlangen über die Angelegenheiten der Hochschule zu unterrichten. Zu Prüfungen kann die Kultusministerin Beauftragte entsenden. (5) Auf Antrag ist eine staatlich anerkannte Hochschule in die zentrale Vergabe von Studienplätzen einzubeziehen. § 128 Verlust der Anerkennung (3) Hochschulen, die nicht in der Trägerschaft des Landes stehen, dürfen nur betrieben werden, wenn sie staatlich anerkannt sind. (4) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich entgegen Absatz 3 eine Einrichtung als Hochschule ohne staatliche Anerkennung betreibt. § 129 Ordnungswidrigkeiten (1) Mit Geldbuße bis zu 100 000 Deutsche Mark kann belegt werden, wer 1. unbefugt die Bezeichnung Universität, Hochschule, Fachhochschule, Kunsthochschule, Gesamthochschule oder eine sonstige nach Landesrecht eingeführte Hochschulbezeichnung oder eine deutsche oder entsprechende fremdsprachige Bezeichnung führt, die damit verwechselt werden kann,
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2. Hochschulgrade oder ihnen zum Verwechseln ähnliche Grade und Titel verleiht, ohne hierzu berechtigt zu sein, 3. ohne die erforderliche staatliche Anerkennung Prüfungen abnimmt, die den Anschein von Hochschulprüfungen erwecken.
9. Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (NRWHG)9 § 1 Geltungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt für die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen und nach Maßgabe des vierzehnten Abschnittes für die staatlich anerkannten Hochschulen und für den Betrieb nichtstaatlicher Hochschulen in Nordrhein-Westfalen. § 113 Voraussetzungen der Anerkennung Bildungseinrichtungen, die nicht in der Trägerschaft des Landes stehen, können im Rahmen der Hochschulplanung des Landes als Universitäten oder Fachhochschulen staatlich anerkannt werden, wenn gewährleistet ist, dass 1. die Hochschule die Aufgaben nach § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 wahrnimmt, 2. das Studium an dem in § 81 genannten Ziel ausgerichtet ist, 3. eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinander folgenden Studiengängen im Sinne des § 84 Abs. 1 an der Hochschule vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen ist; das gilt nicht, soweit innerhalb eines Faches die Einrichtung einer Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder die Bedürfnisse der beruflichen Praxis nicht nahegelegt wird, 4. das Studium und die Abschlüsse auf Grund der Studien- und Prüfungsordnungen und des tatsächlichen Lehrangebots den wissenschaftlichen Maßstäben an staatlichen Hochschulen entsprechen, 5. die Studienbewerberinnen und Studienbewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen, 6. die Lehraufgaben überwiegend von hauptberuflich Lehrenden der Hochschule wahrgenommen werden und alle Lehrenden die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an staatlichen Hochschulen gefordert werden, 7. die Bestimmungen des § 95 Anwendung finden, 8. die Mitglieder der Hochschule an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken, 9. der Bestand der Hochschule und des Studienbereichs sowie die Stellung des Hochschulpersonals wirtschaftlich und rechtlich dauerhaft gesichert sind und die Hochschule der alleinige Geschäftsbetrieb ihres Trägers ist.
9 Neufassung des Gesetzes vom 14. 03. 2000, GV NRW S. 190/SGV NRW 223.
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§ 114 Anerkennungsverfahren (1) Die staatliche Anerkennung durch das Ministerium bedarf eines schriftlichen Antrages. (2) Die Anerkennung kann befristet ausgesprochen und mit Auflagen versehen werden, die der Erfüllung der Voraussetzungen des § 113 dienen.
(3)(...) § 115 Folgen der Anerkennung (1) Das an einer staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Studium im Sinne dieses Gesetzes. (2) Die staatlich anerkannten Hochschulen haben nach Maßgabe der Anerkennung das Recht, Hochschulprüfungen abzunehmen, Hochschulgrade zu verleihen und Habilitationen durchzuführen. Die §§53 und 96 bis 98 gelten entsprechend. (3) Die Studien-, Prüfungs-, und Habilitationsordnungen bedürfen der Feststellung der Gleichwertigkeit mit den Ordnungen der staatlichen Hochschulen durch das Ministerium. § 117 Abs. 3 bleibt unberührt. (4) Die Einstellung von Lehrenden und die Änderung der mit ihnen abgeschlossenen Verträge sind dem Ministerium anzuzeigen. ( . . . ) (5) Mit Zustimmung des Ministeriums kann die staatlich anerkannte Hochschule einem hauptberuflich Lehrenden bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 für die Dauer der Tätigkeit an der Hochschule das Recht verleihen, die Bezeichnung „Professorin" oder „Professor" oder „Universitätsprofessorin" oder „Universitätsprofessor" zu führen. §§92 Abs. 4 und 202 Abs. 4 des Landesbeamtengesetzes finden entsprechende Anwendung. (6) Zur Wahrnehmung der dem Ministerium obliegenden Aufsichtspflichten ist es befugt, sich über die Angelegenheiten der staatlich anerkannten Hochschulen zu unterrichten. Eine staatliche Beauftragte oder ein staatlicher Beauftragter kann zu Hochschulprüfungen entsandt werden. (7) Auf Antrag ist eine staatlich anerkannte Hochschule in die zentrale Vergabe von Studienplätzen einzubeziehen. Staatlich anerkannte Hochschulen können mit staatlichen Hochschulen zusammenwirken. (8) Auf Verlangen des Ministeriums sind die bei der Erfüllung der Aufgaben erbrachten Leistungen zu bewerten. § 6 gilt entsprechend. Die Kosten trägt die Hochschule. § 118 Betrieb nichtstaatlicher Hochschulen (1) Bildungseinrichtungen, die nicht in der Trägerschaft des Landes stehen und sich im Rechtsverkehr als Hochschule, Universität, Fachhochschule oder Kunstakademie oder mit einem Namen bezeichnen, der die Gefahr einer Verwechslung mit einer der vorgenannten Bezeichnungen begründet, dürfen nur betrieben werden, wenn sie staatlich anerkannt oder die Voraussetzungen nach Absatz 2 festgestellt sind. (2) Staatliche Hochschulen der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder dort staatlich anerkannte Hochschulen dürfen betrieben werden, soweit sie ihre im Herkunftstaat anerkannte Ausbildung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anbieten und ihre im Herkunftstaat anerkannten Grade verleihen. ( . . . ) 15 Steinkemper
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(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich entgegen den Absätzen 1 und 2 ohne staatliche Anerkennung oder Feststellung eine Bildungseinrichtung oder eine Ausbildung als Studiengang betreibt. ( . . . ) § 125 Zuschüsse (1) Staatlich anerkannte Fachhochschulen, denen nach § 47 des Gesetzes über die Fachhochschulen im Lande Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. März 1975 ( . . . ) Zuschüsse gewährt wurden, erhalten zur Durchführung ihrer Aufgaben und Erfüllung ihrer Pflichten in Bildungsbereichen, die bisher nach dieser Vorschrift bezuschusst wurden, weiterhin Zuschüsse des Landes.
10. Niedersächsisches Hochschulgesetz (NdsHG)10 § 135 Staatliche Anerkennung (1) Eine nichtstaatliche Einrichtung des Bildungswesens bedarf der Anerkennung durch das Ministerium, wenn sie die Bezeichnung „Universität", „Hochschule", Fachhochschule" oder eine entsprechende fremdsprachliche Bezeichnung im Namen führen oder verwenden will. Einer Anerkennung bedarf auch die Erweiterung einer nach Satz 1 anerkannten Einrichtung. Satz 1 gilt nicht für herkömmliche Einrichtungen der Erwachsenenbildung, die die Bezeichnung „Volkshochschule" oder ähnliche Bezeichnungen führen. (2) Die staatliche Anerkennung kann auf Antrag erteilt werden, wenn 1. die Einrichtung Aufgaben nach § 2 wahrnimmt, 2. die Einrichtung und ihr Träger ihren ausschließlichen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben und durch die Organisation der Einrichtung sichergestellt ist, daß Forschung, Lehre und Studium den in den §§4 und 8 genannten Grundsätzen entsprechen, 3. eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinanderfolgenden Studiengängen an der Einrichtung allein oder im Verbund mit anderen Einrichtungen des Bildungswesens vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen ist; dies gilt nicht, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Einrichtung einer Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder das entsprechende berufliche Tätigkeitsfeld nicht nahegelegt wird, 4. nur Studierende aufgenommen werden, die die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen, 5. die Lehrenden die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an staatlichen Hochschulen gefordert werden, 6. die Angehörigen der Einrichtung an der Verwaltung der Hochschule, der Verwendung der Einnahmen und der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken, 7. der Bestand der Einrichtung unter Zugrundelegung einer angemessenen Ausstattung für die nächsten fünf Jahre finanziell gesichert erscheint und 8. die Bezeichnung der Einrichtung ihren Träger und den Sitz erkennen läßt und eine Verwechslung mit staatlichen Hochschulen ausgeschlossen ist. io In der Fassung vom 24. 03. 1998, Nds. GVB1. S. 300.
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(3) Bei der Antragstellung sind insbesondere vorzulegen 1. eine Darstellung der Struktur und der vorgesehenen Entwicklung der Einrichtung, ihrer fachlichen Ausrichtung und Studiengänge, der personellen und sächlichen Ausstattung sowie der Finanzierung und 2. eine Würdigung der vorgesehenen hauptberuflich selbständig Lehrenden entsprechend § 52 Abs. 8. Die Darstellung nach Satz 1 Nr. 1 soll Begutachtungen zur Verwaltung und zum Wissenschaftsbetrieb der Einrichtung erhalten. Die Gutachten sollen von Personen erstellt werden, die die Einstellungsvoraussetzungen für ein Professorenamt an entsprechenden staatlichen Hochschulen in den jeweiligen Fächern erfüllen und über umfassende Erfahrungen im Hochschulbereich verfügen. (4) Vor der Erteilung der Anerkennung ist die Landeshochschulkonferenz anzuhören. § 136 Staatlich anerkannte Hochschulen (1) Staatlich anerkannte Hochschulen können Hochschulprüfungen abnehmen und Hochschulgrade verleihen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Einführung und wesentliche Änderung von Studiengebühren, den Erlaß von Studienordnungen und Ordnungen zur Verleihung von Hochschulgraden sowie deren Genehmigung gelten für die staatlich anerkannten Hochschulen entsprechend. Die Ordnungen müssen den entsprechenden Ordnungen der Hochschulen des Landes gleichwertig sein. Das an einer staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Studium im Sinne dieses Gesetzes. (2) Staatlich anerkannte Hochschulen können mit staatlichen Hochschulen zusammenwirken. (3) Die staatlich anerkannten Hochschulen unterstehen der Aufsicht des Ministeriums. Ihre Träger und Leitungen sind verpflichtet, dem Ministerium alle Auskünfte zu erteilen und alle Unterlagen vorzulegen, die zur Durchführung der Aufsicht erforderlich sind. Die Aufsicht stellt insbesondere die Einhaltung der Voraussetzungen nach Absatz 1 sowie nach § 135 Abs. 2 sicher. (4) Das Ministerium kann vom Träger verlangen, daß er in angemessenen Zeitabständen eine Evaluation der Hochschule durchführen läßt und deren wesentliche Ergebnisse umsetzt. Mit der Evaluation sind im Einvernehmen mit dem Ministerium Personen zu beauftragen, die die Anforderungen nach § 135 Abs. 3 Satz 3 erfüllen. (5) Die Schließung einer staatlich anerkannten Hochschule oder einzelner Studiengänge ist dem Ministerium anzuzeigen. § 137 Erlöschen, Widerruf der staatlichen Anerkennung § 138 Führung des akademischen Titels „Professorin" oder „Professor" § 139 Zuwendungen (1) Das Land kann staatlich anerkannten Hochschulen auf Antrag Zuwendungen zum laufenden Betrieb gewähren. Dem Antrag darf erst fünf Jahre nach Errichtung entsprochen werden. 15*
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(2) Das Land kann einer staatlich anerkannten Hochschule auf Antrag auch Zuwendungen zu Investitionsmaßnahmen im Sinne des Hochschulbauförderungsgesetzes gewähren. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. (3) Die Gewährung von Zuwendungen kann von einer Evaluation nach § 136 Abs. 4 abhängig gemacht werden. (4) Die Gewährung von Zuwendungen ist zu versagen oder zu widerrufen, wenn die staatlich anerkannte Hochschule einen erwerbswirtschaftlichen Gewinn anstrebt, nachhaltig gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstößt oder Gründe vorliegen, die einen Widerruf der staatlichen Anerkennung rechtfertigen. Die Gewährung von Zuwendungen ist zu versagen, wenn die Hochschule unangemessene Vergütungen gewährt oder die Verwendung der Einnahmen nicht hochschulöffentlich bekanntmacht und nachvollziehbar macht. (5) Das Land kann staatlich anerkannte Hochschulen an Förderprogrammen beteiligen, wenn der Träger der Hochschule einen Teil der zusätzlich entstehenden Kosten übernimmt. Dieser Teil soll dem Anteil der Aufwendungen für den laufenden Betrieb der einzelnen Hochschule entsprechen, der nicht durch Zuwendungen gemäß Absatz 1 oder durch eine Finanzhilfe gemäß § 140 Abs. 2 gedeckt ist. § 140 Bestehende kirchliche Fachhochschulen
(1) (...) (2) Das Land gewährt den bestehenden kirchlichen Fachhochschulen für deren laufenden Betrieb Finanzhilfe.
(3) (...) § 141 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. ohne die nach § 135 Abs. 1 erforderliche staatliche Anerkennung eine nichtstaatliche Bildungseinrichtung unter Verwendung der Bezeichnung „Universität", „Hochschule", Fachhochschule" oder unter einer entsprechenden fremdsprachlichen Bezeichnung im Namen betreibt, 2. Hochschulgrade verleiht, ohne hierzu berechtigt zu sein, 3. Bezeichnungen verleiht, die Hochschulgraden zum Verwechseln ähnlich sind, oder 4. ausländische Hochschulgrade, Hochschulbezeichnungen oder Hochschultitel oder entsprechende staatliche Grade, Bezeichnungen oder Titel gegen Entgelt vermittelt.
(2) (...) 11. Landesgesetz über die Universitäten in Rheinland-Pfalz (RhPfUG) 11 § 115 Anerkennung (1) Unter den Voraussetzungen des Artikels 30 der Verfassung für Rheinland-Pfalz erhalten Einrichtungen des Bildungswesens, die keine Hochschulen des Landes sind, vom fachIn der Fassung vom
. 0 . 199, GB. S.
.
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lieh zuständigen Ministerium die staatliche Anerkennung als Hochschule in freier Trägerschaft, wenn gewährleistet ist, daß 1. das Studium an dem in § 15 genannten Ziel ausgerichtet ist, 2. Studien- und Prüfungsordnungen in ihren Anforderungen nicht hinter denen vergleichbarer Ordnungen staatlicher oder staatlich anerkannter Hochschulen zurückstehen, 3. eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinander folgenden Studiengängen an der Einrichtung allein oder im Verbund mit anderen Einrichtungen des Bildungswesens vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen ist; dies gilt nicht, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Einrichtung einer Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder das entsprechende berufliche Tätigkeitsfeld nicht nahegelegt wird, 4. die Personen, die sich für ein Studium bewerben, die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine Universität des Landes erfüllen, 5. die hauptberuflich Lehrenden die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an einer Universität des Landes gefordert werden, 6. die Angehörigen der Einrichtung an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken und 7. der wirtschaftliche Bestand der Einrichtung dauerhaft gesichert ist. (2) Die Anerkennung ist zu widerrufen, wenn ( . . . ) (3) Die beabsichtigte Auflösung einer Hochschule in freier Trägerschaft ist dem fachlich zuständigen Ministerium anzuzeigen. Bei der Auflösung ist zu gewährleisten, daß die Studierenden ihr Studium ordnungsgemäß abschließen können. (4) Für kirchliche Einrichtungen können Ausnahmen von einzelnen der in Absatz 1 genannten Voraussetzungen zugelassen werden, wenn gewährleistet ist, daß das Studium einem Studium an einer Universität des Landes gleichwertig ist. § 115a Bezeichnung Das fachlich zuständige Ministerium kann einer Bildungseinrichtung in freier Trägerschaft die Bezeichnung Universität oder Hochschule allein oder in Wortverbindungen mit einem sie von staatlichen Hochschulen unterscheidenden Zusatz genehmigen, wenn sie als Einrichtung des Landes eine solche Bezeichnung führen könnte. § 116 Hochschulprüfungen, Studienordnungen, Hochschulgrade (1) Prüfungsordnungen bedürfen der Genehmigung des fachlich zuständigen Ministeriums; die Genehmigung kann versagt werden, wenn die Voraussetzungen des § 115 Abs. 1 Nr. 2 nicht erfüllt sind. Studienordnungen sind dem Ministerium anzuzeigen; sie treten an dem in der Studienordnung bestimmten Tag in Kraft, wenn das Ministerium nicht innerhalb von drei Monaten nach der Anzeige ihre Änderung verlangt, frühestens jedoch nach dem Ablauf dieser Frist. ( . . . ) (2) Eine staatlich anerkannte Hochschule kann Hochschulprüfungen abnehmen, wenn 1. die Prüfung aufgrund einer vom fachlich zuständigen Ministerium genehmigten Prüfungsordnung abgelegt wird,
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Anhang: Landesrecht 2. der durch die Prüfung ganz oder teilweise abzuschließende Studiengang in einer Studienordnung geregelt ist oder im Einvernehmen mit dem fachlich zuständigen Ministerium von einer Studienordnung abgesehen worden ist ( . . . ) und 3. die Prüfung unter Vorsitz eines vom fachlich zuständigen Ministerium beauftragten Prüfenden abgelegt wird.
Das gemäß Satz 1 abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Studium im Sinne dieses Gesetzes. (3) Eine staatlich anerkannte Hochschule in freier Trägerschaft ist berechtigt, Personen, die eine Prüfung gemäß Absatz 1 Satz 1 bestanden haben, einen Hochschulgrad zu verleihen, falls der Grad bei einer entsprechenden Prüfung an einer Universität des Landes vorgesehen ist. ( . . . ) § 116a Lehrende (1) Die hauptberuflich Lehrenden an den Hochschulen in freier Trägerschaft bedürfen der Lehrerlaubnis des fachlich zuständigen Ministeriums. Sie ist zu versagen, wenn die Lehrenden nicht die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an einer Universität des Landes gefordert werden. (2) Der Träger einer Hochschule in freier Trägerschaft kann mit Zustimmung des fachlich zuständigen Ministeriums hauptberuflich Lehrenden, welche die Einstellungsvoraussetzungen nach § 46 erfüllen, für die Dauer der Zugehörigkeit zur Hochschule und für den anschließenden Ruhestand die Führung der Berufsbezeichnung in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Amtsbezeichnungen der Professoren an Hochschulen des Landes mit dem Zusatz „im Privatdienst" gestatten. ( . . . ) (3) Die Bestellung von Honorarprofessoren bedarf der Zustimmung des fachlich zuständigen Ministeriums; ( . . . ) . (4) ( . . . ) § 117 Rechtsaufsicht, Finanzhilfe (1) Hochschulen in freier Trägerschaft, die gemäß § 115 Abs. 1 anerkannt sind, unterstehen der Rechtsauf sieht des fachlich zuständigen Ministeriums. Die Rechtsauf sieht erstreckt sich darauf, ob die Voraussetzungen gemäß § 115 Abs. 1 und 4 auch nach der Anerkennung weiterhin vorliegen. Insoweit ist der Träger einer Hochschule in freier Trägerschaft verpflichtet, das fachlich zuständige Ministerium auf Verlangen jederzeit zu unterrichten. § 115 Abs. 2 bleibt unberührt. Die Rechtsaufsicht erstreckt sich ferner auf die Durchführung von Hochschulprüfungen und die Verleihung von Hochschulgraden gemäß § 116. Insoweit gelten Satz 3 sowie § 105 Abs. 1, 2 und 4 entsprechend. (2) Hochschulen in freier Trägerschaft erhalten staatliche Finanzhilfe nach Maßgabe einer zwischen dem Träger der Hochschule und dem Land zu treffenden Vereinbarung.
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12. Gesetz über die Universität des Saarlandes (SaarlUG)12 § 1 Rechtsnatur (1) Die Universität ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtung. Sie kann im Rechtsverkehr im eigenen Namen auftreten. Ihr Sitz ist Saarbrücken.
13. Gesetz über die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (SaarlFHG)13 § 83 Anerkennung (1) Einrichtungen des Bildungswesens außerhalb der Fachhochschule können von dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur die staatliche Anerkennung als Fachhochschule in freier Trägerschaft erhalten, wenn gewährleistet ist, daß
(...) § 86 Staatliche Finanzhilfe (1) Fachhochschulen in freier Trägerschaft können nach Maßgabe der hierfür im Haushaltsplan des Landes bereitgestellten Mittel auf Antrag Beiträge und Zuschüsse erhalten, wenn die Fachhochschule in freier Trägerschaft 1. staatlich anerkannt ist, 2. auf gemeinnütziger Grundlage arbeitet und 3. die Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes entlastet.
14. Gesetz über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (SachsHG)14 § 121 Voraussetzungen für die Anerkennung von Hochschulen (1) Einrichtungen des Bildungswesens, die nicht staatliche Hochschulen nach § 1 sind, können vom Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst als Hochschule staatlich anerkannt werden, wenn 1. die Einrichtung Aufgaben nach § 4 wahrnimmt, 2. das Studium an dem in § 7 Abs. 1 genannten Ziel ausgerichtet ist, 3. eine Mehrzahl von Studiengängen im Sinne von § 20 an der Einrichtung vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen ist; es genügt, wenn die Mehrzahl der Studiengänge nur im Verbund mit einer anderen Einrichtung vorhanden ist. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Einrichtung mehrerer Studiengänge nicht sinnvoll ist, 12 In der Fassung vom 8. 03. 1989, Amtsbl. S. 609, zuletzt geändert durch Gesetz Nr. 1371 vom 24. 4. 1996, Amtsbl. S. 623. 13
In der Fassung vom 15. 05. 1991, Amtsbl. S. 818, zuletzt geändert durch Gesetz Nr. 1371 vom 24. 04. 1996, Amtsbl. S. 623. 14 In der Fassung vom 11. 06. 1999, GVB1. S. 294.
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Anhang: Landesrecht 4. die Studienbewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen, 5. die hauptberuflich Lehrenden die Voraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an staatlichen Hochschulen gefordert werden, 6. die Angehörigen der Einrichtungen an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des Gesetzes mitwirken können, 7. die Prüfungsordnungen zur Verleihung von Graden und Abschlüssen den Ordnungen staatlicher Hochschulen entsprechen, 8. die finanziellen Verhältnisse des Trägers der Einrichtung den Bestand auf Dauer erwarten lassen.
(2) Für kirchliche Einrichtungen des Bildungswesens können Ausnahmen von den in Absatz 1 Nr. 3 bis 6 genannten Voraussetzungen zugelassen werden, wenn gewährleistet ist, dass das Studium in anderer Weise einem Studium an einer staatlichen Hochschule gleichwertig ist. § 122 Folgen der Anerkennung (1) Das an einer staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Studium im Sinne dieses Gesetzes. Die Hochschulprüfungen und Hochschulgrade verleihen die gleichen Rechte wie die Hochschulprüfungen und Hochschulgrade an staatlichen Hochschulen. (2) Die Einstellung von Lehrenden und die Änderung der mit ihnen abgeschlossenen Verträge sind dem Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst anzuzeigen. (3) Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst kann dem Träger der staatlich anerkannten Hochschule gestatten, hauptberuflich Lehrenden bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 121 Abs. 1 Nr. 5 für die Dauer ihrer Tätigkeit an der Hochschule die Bezeichnung „Professor" oder „Hochschuldozent" zu verleihen. Mit Genehmigung des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst können diese Bezeichnungen auch nach dem Ausscheiden aus der Hochschule weiter geführt werden. (4) Das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst ist befugt, den Fortbestand der Anerkennungsvoraussetzungen regelmäßig zu überprüfen sowie Beauftragte zu den Hochschulprüfungen zu entsenden. (5) Auf Antrag ist eine staatlich anerkannte Hochschule in die zentrale Vergabe von Studienplätzen einzubeziehen.
15. Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (SaAnHG)15 § 107 Anerkennung von Hochschulen (1) Eine nichtstaatliche Bildungseinrichtung bedarf der Anerkennung durch das Ministerium, wenn sie die Bezeichnung „Universität", „Hochschule", „Fachhochschule" oder eine entsprechende fremdsprachliche Bezeichnung im Namen führen oder in vergleichbarer Weise verwenden will. Einer Anerkennung bedarf auch die Erweiterung einer nach Satz 1 anerkannten Einrichtung. Satz 1 gilt nicht für herkömmliche Einrichtungen der 15 In der Fassung vom 01. 07. 1998, GVB1. S. 300.
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Erwachsenenbildung, die die Bezeichnung „Volkshochschule" oder ähnliche Bezeichnungen führen. Die staatliche Anerkennung begründet keinen Anspruch auf staatliche Zuwendungen. (2) Voraussetzungen der Anerkennung sind, daß 1. die Hochschule Aufgaben nach § 3 wahrnimmt, 2. das Studium an den in den §§4 und 6 genannten Zielen ausgerichtet ist, 3. das Studium und die Abschlüsse auf Grund von Studien- und Prüfungsordnungen und des tatsächlichen Lehrangebots dem Studium und den Abschlüssen an staatlichen Hochschulen gleichwertig sind, 4. die Studienbewerber und Studienbewerberinnen die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende staatliche Hochschule erfüllen, 5. die hauptberuflich Lehrenden die Voraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten in staatlichen Hochschulen gefordert werden, 6. die Grundsätze des § 16 [Prüfungen] Anwendung finden, 7. die Mitglieder der Hochschule an der Gestaltung des Studiums, an der Beschlußfassung über interne Regelungen sowie der Verwaltung der Hochschule in sinngemäßer Anwendung dieses Gesetzes mitwirken, 8. der Bestand der Hochschule sowie die wirtschaftliche und rechtliche Stellung des Hochschulpersonals als dauerhaft gesichert erscheint. § 108 Anerkennungsverfahren
(1) (...) (2) Die Anerkennung kann zunächst befristet ausgesprochen und mit Auflagen zur Erfüllung der Voraussetzungen von § 107 versehen werden. § 109 Folgen der Anerkennung (1) Das an einer staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Studium im Sinne dieses Gesetzes (2) Die staatlich anerkannten Hochschulen haben nach Maßgabe der Anerkennung das Recht, Hochschulprüfungen abzunehmen, Hochschulgrade zu verleihen und, wenn im Verhältnis zum Maßstab der Universitäten die wissenschaftliche Gleichwertigkeit gewährleistet ist, Promotionen durchzuführen. ( . . . ) (3) Die Studien-, Prüfungs- und Promotionsordnungen bedürfen der Feststellung der Gleichwertigkeit mit den Ordnungen der staatlichen Hochschulen durch das Ministerium. (4) Die Einstellung von Lehrenden und die Änderung der mit ihnen abgeschlossenen Verträge sind dem Ministerium anzuzeigen. (5) Das Ministerium kann auf Antrag des Trägers der staatlich anerkannten Hochschule gestatten, daß hauptberuflich Lehrende bei Vorliegen der Voraussetzungen nach §§42 und 47 für die Dauer ihrer Tätigkeit an der Hochschule die Bezeichnung „Professor" beziehungsweise „Professorin" oder „Hochschuldozent" beziehungsweise „Hochschuldozentin" führen. ( . . . )
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(6) Zur Wahrung der dem Ministerium obliegenden Aufsichtspflichten ist es befugt, sich über Angelegenheiten der staatlich anerkannten Hochschule zu unterrichten. Das Ministerium kann Beauftragte zu Hochschulprüfungen entsenden. (7) Auf Antrag ist eine staatlich anerkannte Hochschule in die zentrale Vergabe von Studienplätzen einzubeziehen. § 115 Gebühren (1) Für ein Studium, das mit einem Hochschulgrad nach § 22 Abs. 1 bis 5 oder einer staatlichen oder kirchlichen Prüfung abschließen soll, sowie für Hochschulprüfungen, staatliche und kirchliche Prüfungen werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Für ein Studium, das nicht unter Satz 1 fällt, können Gebühren und Auslagen nach Maßgabe einer vom Ministerium zu erlassenden Rechtsverordnung erhoben werden. ( . . . )
16. Schleswig-Holsteinisches Hochschulgesetz (SchlHHG)16 § 106 Nichtstaatliche Hochschulen (1) Nichtstaatliche Träger dürfen Einrichtungen des Bildungswesens nur mit staatlicher Anerkennung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur als Hochschulen errichten und betreiben. Die beabsichtigte Aufhebung einer Hochschule ist dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur so rechtzeitig anzuzeigen, daß der ordnungsgemäße Abschluß des Studiums der Studenten und Studentinnen dieser Hochschule gewährleistet werden kann. (2) Die Anerkennung wird erteilt, wenn 1. die Einrichtung Aufgaben nach § 2 Abs. 1 bis 6 wahrnimmt, 2. gewährleistet ist, daß die Einrichtung ihre Aufgaben im Rahmen der staatlichen Ordnung nach Grundgesetz und Landesverfassung wahrnimmt, 3. das Studium an dem Ziel nach § 83 Abs. 1 ausgerichtet ist, 4. eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinanderfolgenden Studiengängen an der Einrichtung allein oder im Verbund mit anderen Einrichtungen des Bildungswesens vorhanden oder in einer Ausbauplanung vorgesehen ist, 5. die Studienbewerber und Studienbewerberinnen die Voraussetzungen für die Zulassung zu einer entsprechenden staatlichen Hochschule nach den §§72 und 73 erfüllen, 6. die hauptberuflichen Lehrkräfte die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an staatlichen Hochschulen gefordert werden, 7. die Angehörigen der Einrichtung an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken, 8. die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte gesichert ist und 9. die finanziellen Verhältnisse des Trägers der Einrichtung erwarten lassen, daß die notwendigen Mittel zum Betrieb der Hochschule bereitgestellt werden.
16 In der Fassung vom 04. 05. 2000, GVOB1. SchlH S. 416.
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Die Anerkennung wird zunächst probeweise für drei Jahre erteilt. Für kirchliche Einrichtungen und für Einrichtungen, die eine Ausbildung für den öffentlichen Dienst vermitteln und von juristischen Personen des öffentlichen Rechts getragen werden, können Ausnahmen von den Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 4 bis 6 zugelassen werden, sofern gewährleistet ist, daß das Studium einem Studium an einer staatlichen Hochschule gleichwertig ist. (3) Nichtstaatliche Hochschulen führen eine Bezeichnung, aus der ersichtlich ist, ob es sich um eine Universität oder gleichgestellte Hochschule, um eine künstlerische Hochschule oder um eine Fachhochschule handelt. Die Bezeichnung muß einen Hinweis auf den Träger und die staatliche Anerkennung enthalten. (4) Das an einer nichtstaatlichen Hochschule abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium im Sinne dieses Gesetzes (§ 2 Abs. 3, §§ 94, 102 Abs. 2). Die Prüfungen erfolgen aufgrund von Prüfungsordnungen, die der Genehmigung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur bedürfen; § 86 gilt entsprechend. Die Vorsitzenden der Prüfungsausschüsse werden von dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur im Benehmen mit der Hochschule bestimmt. Aufgrund der bestandenen Abschlußprüfung kann die Hochschule einen Hochschulgrad verleihen; § 87 gilt entsprechend. Die Hochschule kann nach Maßgabe der Anerkennung Promotionen und Habilitationen durchführen und den Grad eines Doktors oder einer Doktorin ehrenhalber verleihen. (5) Auf Antrag ist die Hochschule in ein Verfahren zum Nachweis und zur Vermittlung von Studienplätzen einzubeziehen. (6) Der Bund kann zur Ausbildung von Beamten und Beamtinnen des gehobenen nichttechnischen Dienstes, die unmittelbar oder mittelbar im Bundesdienst stehen, Fachhochschulen und Außenstellen von Fachhochschulen in Schleswig-Holstein errichten und betreiben, wenn sie den nach den Absätzen 1 bis 3 errichteten Fachhochschulen gleichwertig sind. Die Gleichwertigkeit stellt das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur fest. Die §§108 und 109 gelten entsprechend. § 112 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer als nichtstaatlicher Träger 1. entgegen § 106 Abs. 1 ohne staatliche Anerkennung eine Einrichtung des Bildungswesens als Hochschule errichtet oder betreibt, 2. entgegen § 106 Abs. 3 eine nichtstaatliche Hochschule ohne die vorgeschriebene Bezeichnung führt oder 3. für eine nicht anerkannte Einrichtung des Bildungswesens in der Öffentlichkeit die Bezeichnung „Hochschule", „Universität" oder „Fachhochschule" allein oder in Wortverbindungen führt. (2) Ordnungswidrig handelt auch, wer entgegen § 107 eine Berufsbezeichnung ohne Verleihung führt. (3) ( . . . )
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17. Thüringer Hochschulgesetz (ThürHG) 17 § 107 Gebühren (1) Studiengebühren und Gebühren für Diplom- und Magisterprüfungen werden nicht erhoben. (2)(...) § 113 Staatliche Anerkennung (1) Eine Bildungseinrichtung kann als Hochschule staatlich anerkannt werden, wenn 1. das Studium an dem in § 9 genannten Ziel ausgerichtet ist, 2. eine Mehrzahl von nebeneinander bestehenden oder aufeinanderfolgenden Studiengängen an der Bildungseinrichtung vorhanden oder im Rahmen einer Ausbauplanung vorgesehen ist; dies gilt nicht, wenn innerhalb einer Fachrichtung die Einrichtung einer Mehrzahl von Studiengängen durch die wissenschaftliche Entwicklung oder das entsprechende berufliche Tätigkeitsfeld nicht naheliegend ist, 3. die Ausbildung und die Prüfungen denjenigen in vergleichbaren Studiengängen der Hochschulen des Landes gleichwertig sind; sofern solche Studiengänge nicht bestehen, können auch Studiengänge an Hochschulen anderer Länder im Geltungsbereich des Hochschulrahmengesetzes zum Vergleich herangezogen werden, 4. die Studienbewerber die Voraussetzungen für die Aufnahme in eine entsprechende Hochschule des Landes erfüllen, 5. die hauptberuflich Lehrenden die Einstellungsvoraussetzungen erfüllen, die für entsprechende Tätigkeiten an den Hochschulen des Landes gefordert werden, 6. die Mitglieder und Angehörigen der Bildungseinrichtung an der Gestaltung des Studiums in sinngemäßer Anwendung der Grundsätze dieses Gesetzes mitwirken und 7. die Vermögensverhältnisse des Trägers der Bildungseinrichtung deren vollständige Finanzierung aus eigenen Mitteln des Trägers auf Dauer erwarten lassen. (2) Für kirchliche Einrichtungen können Ausnahmen von den in Absatz 1 Nr. 2 und 6 genannten Voraussetzungen zugelassen werden, wenn gewährleistet ist, daß das Studium einem Studium an einer Hochschule des Landes gleichwertig ist. § 114 Anerkennungsverfahren (1) Die staatliche Anerkennung wird vom Ministerium ausgesprochen; sie kann nach Maßgabe von § 36 Abs. 2 des Thüringer VerwaltungsVerfahrensgesetzes befristet und mit Auflagen versehen werden.
(2) (...) § 115 Rechtswirkungen der Anerkennung (1) Die nichtstaatliche Hochschule kann im Rahmen der Anerkennung Hochschulprüfungen abnehmen, Zeugnisse erteilen und Hochschulgrade verleihen; diese verleihen die gleichen Berechtigungen wie Hochschulprüfungen, Zeugnisse und Hochschulgrade gleicher Studiengänge an Hochschulen des Landes. 1 In der Fassung vom 0 . 0 . 199, GVB1. S. 3 .
Anhang: Landesrecht
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(2) Das Ministerium kann im Benehmen mit dem Ausschuß für Wissenschaft und Kunst des Thüringer Landtags einer nichtstaatlichen Hochschule die Bezeichnung Universität oder Hochschule allein oder in Wortverbindungen mit einem sich von Hochschulen des Landes unterscheidenden Zusatz genehmigen, wenn sie als Hochschule des Landes eine solche Bezeichnung führen könnte. (3) Das an einer staatlich anerkannten Hochschule abgeschlossene Studium ist ein abgeschlossenes Hochschulstudium im Sinne dieses Gesetzes. (4) Die Prüfungsordnungen einer nichtstaatlichen Hochschule bedürfen der Genehmigung durch das Ministerium; die Studienordnungen sind anzuzeigen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes über die Prüfungs- und Studienordnungen und die Verleihung von Hochschulgraden finden entsprechende Anwendung. (5) Die Einstellung von hauptberuflich Lehrenden und die Änderung der mit ihnen abgeschlossenen Verträge bedürfen der Genehmigung des Ministeriums. Das Ministerium kann dem Träger der Hochschule gestatten, hauptberuflich Lehrenden für die Dauer der Verwendung an der Hochschule die Bezeichnung „Professor" zu verleihen. In begründeten Ausnahmefällen kann das Ministerium gestatten, daß diese Bezeichnung auch nach dem Ausscheiden aus der Hochschule weitergeführt werden darf, sofern eine mindestens fünfjährige Tätigkeit nach Satz 2 vorausgegangen ist. (6) Das Ministerium kann sich in Wahrnehmung der ihm obliegenden Rechtsaufsicht beim Träger der Hochschule über die Angelegenheiten der nichtstaatlichen Hochschule unterrichten; der Träger ist verpflichtet, die dafür erforderliche Unterstützung zu leisten. Das Ministerium kann Beauftragte zu Hochschulprüfungen entsenden. (7) Die nichtstaatliche Hochschule soll mit den Hochschulen des Landes zusammenwirken. (8) Eine staatlich anerkannte Hochschule ist auf Antrag in die zentrale Vergabe von Studienplätzen einzubeziehen.
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arverzeichnis Abfallentsorgung 75, 80 Alleinverantwortungsmodell 32, 48, 133, 145 Alleinzuständigkeit 25 Allgemeine Hochschulreife 127 Anschubfinanzierung 177,187 Anspruch - auf staatliche Förderung 172 - auf staatliche Leistungen 164 Anzeige 151 Ausbildung 149 Ausbildungsförderung 167, 196 Beeinflussung 179 Beleihung 124 Berufsfreiheit 98,117, 141,147 Daseinsvorsorge 62, 73, 79 Dienstrecht 191 Duales Hochschulsystem 91, 151, 154, 179, 187 Effektivitätssteigerung 77 Elitenbildung 192 Entstaatlichung 76 Ermessen 184 Errichtungsgenehmigung 29, 32 Finanzhilfe 154, 173, 175 Förderpflicht 159-160, 172 Förderung 154, 176, 194 - Anspruch 155 - direkte 186 - indirekte 188, 196 - Rechtslage 155 Forschung und Lehre 104 Forschungseinrichtungen 188 Fürsorge 164
Gemeinnützigkeit 118 Gemeinwohl 62 gemischt-wirtschaftlicher Betrieb 177 Genehmigungspflicht 145,190 Gestaltungsspielraum 158, 165, 171, 176, 187 Gewaltenteilungsprinzip 169 Gewinnorientierung 118 Gleichbehandlung 187 Gleichheitsgrundsatz 181 Gleichwertigkeit 123, 127, 132, 143, 159, 174 Globalhaushalt 77 Gutscheinmodell 191 Handlungspflicht 160 Hochschule - Begriff 47 Hochschulmonopol 42,46, 52 - Begriff 47,49 Hochschulsystem 123 Hochschulverantwortung 86 Hochschulwesen 59, 86, 148, 175, 180, 195 - Entstehung 34 Infrastrukturaufgabe 75, 80 Interventionspflicht 165 kirchliche Hochschulen 181 Kooperation 87 Kulturförderung 185 Kulturhoheit der Länder 26 Kulturstaat 39 Kulturstaatskonzept 64 Kulturstaatsprinzip 64,72, 100 Lehrpersonal 127,133 Leistungsdimension 163-164 Leistungsrecht 169
Sachwortverzeichnis Monopol im Berechtigungswesen 56, 124, 144 Nebenbeschäftigung 191 Neutralität 183 objektive Wertentscheidung 161,176 öffentliches Hochschulsystem 140 politische Schwerpunktsetzung 187 Präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt 146 Privathochschule - Betrieb 108 - Errichtung 109, 150, 177 - Förderung 154, 160, 181 - rechtliche Stellung 24 - verfassungsrechtliche Verankerung 92 Privatisierung 82 Privatisierungstrend 74, 78 Privatschule 51, 93, 159,164, 177, 192 Privatschulfreiheit 42, 159 Privatschulgarantie 93, 160 Projekte 188 Prüfungsordnung 143 Rahmengesetzgebungskompetenz 26, 45 Regelstudienzeit 195 Resubjektivierung 172 Schulgeld 165, 193 Schutzauftrag 128 Schutzpflicht 158, 168, 179 Selbstverwaltung 25, 38, 129 Selbstverwaltungsrecht 108, 113,176, 181 Sonderungsverbot 134 Sozialhilfe 169 Sozialstaat 160 Sozialstaatsprinzip 62, 89, 168 Sparsamkeit 180 staatliche Anerkennung 26, 45, 123, 173 staatliche Unterstützung 154 staatliches Hochschulmonopol 26 Staatsaufgabe 60, 79 Staatsverständnis 79
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Steuererleichterungen 189 Steuerungsmodell 32, 131 Stiftung 114, 116, 189 Stipendium 196 Studienabschnitt 136 Studiendauer 195 Studiengänge 126, 131, 194 Studiengebühren 77, 135, 138, 193, 195 Stufentheorie 142, 147 Subsidiaritätsprinzip 67, 70 Subvention 185 Teilhabe 151, 164 Teilhaberecht 167 Trägerpluralismusmodell 32, 130 Trennungsmodell 33, 151 Universität 112 Verantwortung 81, 196 - Auffangverantwortung 83 - Begriff 82 - ErfüllungsVerantwortung 83, 90 - Gewährleistungsverantwortung 83, 90, 123, 128 - Grundlage 89 - private Verantwortung 84 Verantwortungsstufen 83 Verantwortungsteilung 85, 87-88, 122, 153 Verfahrensrechte 164 Verfassungstreue 132 Verwaltungsmonopol 120 Wartefrist 178, 184 wirtschaftliche Kriterien 130-131, 134 Wirtschaftlichkeit 180 Wissenschaftsbegriff 101 Wissenschaftsfreiheit 97, 141, 146, 161, 172,176 - Gewährleistungsumfang 104 - Grundrechtsträger 111 - institutionelle Garantie 107 Wissenschaftsverantwortung 86, 90, 120, 152,180