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German Pages 328 Year 2006
Schriften zum Steuerrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke
Band 92
Die Unternehmensnachfolgebesteuerung am Scheideweg Entwicklung und Ausgestaltung der Besteuerung der Unternehmensnachfolge aus Sicht des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft und des deutschen Verfassungsrecht
Von
Philipp Lennert
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
PHILIPP LENNERT
Die Unternehmensnachfolgebesteuerung am Scheideweg
Schriften zum Steuer recht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke
Band 92
Die Unternehmensnachfolgebesteuerung am Scheideweg Entwicklung und Ausgestaltung der Besteuerung der Unternehmensnachfolge aus Sicht des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft und des deutschen Verfassungsrecht
Von
Philipp Lennert
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Sommersemester 2005 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D 30 Alle Rechte vorbehalten # 2006 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 3-428-12165-1 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Für einen an den Bereichen der Besteuerung der Vermögensnachfolge interessierten Autor ist gegenwärtig kaum ein anderes Thema reizvoller für die Verfassung einer Dissertation als die durch den Bundesfinanzhof in Gang gesetzte Diskussion um die Unternehmensnachfolgebesteuerung. Aus wissenschaftlicher Sicht resultiert der Reiz aus den Spannungsfeldern des gemeinschafts- und nationalstaatlichen Rechts sowie aus dem Bemühen des Gesetzgebers, eine wirtschaftsfreundliche Gesetzesgestaltung umzusetzen, wobei es zu Konflikten insbesondere mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz kommt. Neben diesen materiell-rechtlichen Spannungsfeldern ist festzustellen, dass in wenigen Bereichen mit einer derartigen Vehemenz und Leidenschaft diskutiert wird, wobei die Diskussionsbereitschaft teilweise von Wirtschaftsverbänden und Partikularinteressen getragen wird. Die Arbeit wurde im Sommersemester 2005 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Juni 2005 berücksichtigt werden. Dissertationen sind regelmäßig ein wichtiges persönliches Ereignis, das in vielfältiger Hinsicht zu aufrichtigem und herzlichem Dank verpflichtet, so auch diese. Beginnen möchte ich mit meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Joachim Wieland LL.M., der mir nicht nur die Möglichkeit und notwendige Freiheit zur Bearbeitung der Promotion gegeben hat, sondern der durch seine stete Förderung und Unterstützung fachlicher und menschlicher Art zum Gelingen der Arbeit maßgeblich beigetragen hat. Gleiches gilt für Herrn Prof. Zielke, der spontan die Zweitkorrektur der Arbeit übernahm und – auch in seiner Freizeit – mit großem Engagement zum Gelingen der Arbeit beitrug. Besonderer Dank gebührt auch meiner Freundin Delia Staicu, die erhebliche Teile des Manuskripts Korrektur gelesen hat, und meinen Kollegen Dr. Daniel Heilmann, Frederic Raue, Alexander Stein und Marcus Wilhelm, die durch ihre stete Diskussionsbereitschaft den Verlauf dieser Arbeit entscheidend beeinflusst haben.
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Vorwort
Sehr gefreut hat mich die Auszeichnung der Arbeit mit dem Baker & McKenzie-Preis 2005. Dem Forschungsausschuss der Universität Frankfurt, Herrn Prof. Dr. Scherer und der Anwaltssozietät Baker & McKenzie LLP, die den Preis gestiftet hat, vielen Dank für die ehrenvolle Auszeichnung. Ebenfalls nicht unerwähnt bleiben darf an dieser Stelle die langjährige gute Zusammenarbeit und umfassende Unterstützung durch die ebs Finanzakademie GmbH und ihre Mitarbeiter an der European Business School. Den Herausgebern der Reihe ‚Schriften zum Steuerrecht‘ sei an dieser Stelle für die Möglichkeit gedankt, meine Arbeit einem breiten Leserkreis vorzustellen. Ohne die Hilfe und steten Zuspruch meiner Eltern hätte ich das Promotionsvorhaben nicht verwirklichen können. Ihnen widme ich dieses Buch. Frankfurt am Main, im Februar 2006
Philipp Lennert
Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Allgemeine Rechtfertigung des Erbschaftsteuerrechts und der Besteuerung des Unternehmensübergangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Betriebs- und volkswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung . . . . . .
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung und Analyse der leitenden Entscheidungen von Bundesverfassungsgericht und Bundesfinanzhof. . . . . . . . . .
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E. Darstellung der verfassungs- und europarechtskritischen Bestandteile der Nachfolgebesteuerung und deren Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 F. Vereinbarkeit der Unternehmensnachfolgebesteuerung mit dem Europa- und Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 G. Ergebnis und Entwicklungsperspektiven der Nachfolgebesteuerung . . . . . . . 261 Entscheidungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Rechtsquellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Personen- und Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Untersuchungsgegenstand und dessen Bedeutung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gang der Untersuchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Allgemeine Rechtfertigung des Erbschaftsteuerrechts und der Besteuerung des Unternehmensübergangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Rechtfertigung der Steuererhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Steuerrechtfertigung für die Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fiskalische Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erwähnung der Erbschaftsteuer in Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG. . . . . . 3. Das Äquivalenzprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Miterbrecht des Staates. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kontrollsteuerthese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Nachholfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Redistributionszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Erbschaftsteuer als Mittel der Vermögensverteilungspolitik . . . . b) Rechtfertigung der Erbschaftsteuer durch das Redistributionsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Leistungsfähigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtfertigung der Erbschaftsteuer durch das Leistungsfähigkeitsprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Exkurs: Integration der Erbschaftsteuer in die Einkommensteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Anwendung der Erbschaftsteuerrechtfertigung auf die Besteuerung der Unternehmensnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Betriebs- und volkswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung. . . I. Quantitative und wertmäßige Einordnung der Erbschaftsteuer und der Unternehmensnachfolgebesteuerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anzahl der Erbschaftsteuerfestsetzungen unterteilt nach Größenklassen des steuerpflichtigen Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wert des übertragenen Vermögens in den einzelnen Größenklassen des steuerpflichtigen Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wertmäßiger Anteil des Betriebsvermögens am Gesamtnachlass und Verteilung des Betriebsvermögens nach Nachlassgrößenklassen 4. Erbschaftsteuerfestsetzung nach Größenklassen der steuerlichen Erwerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis 5. Rückschlüsse über das aus Unternehmensübergängen resultierende Erbschaftsteueraufkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Betriebswirtschaftliche Wirkungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einfluss auf die Liquidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einfluss der Liquiditätsbelastung auf die Weiterführung des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einfluss auf die Produktionsfaktoren und die Ertragskraft . . . . . . . . . 4. Einfluss auf Investition und Investitionsentscheidungen . . . . . . . . . . . 5. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einfluss auf den interpersonellen Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verteilung des Nettogesamtvermögens in Deutschland . . . . . . . . . b) Verteilung des Produktionsvermögens in Deutschland . . . . . . . . . c) Verteilungswirkung der Erbschaftsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kapitalkonzentration durch die Unternehmensnachfolgebesteuerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einfluss auf den unternehmerischen Wettbewerb. . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Charakteristik der Unternehmen bei denen Erbschaft- und Schenkungsteuer im Rahmen der Unternehmensnachfolge anfallen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unternehmenskonzentrationen hervorgerufen durch die Unternehmensnachfolgebesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Effekte auf dem Arbeitsmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Effekte auf die Preisstabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Effekte auf das Wirtschaftswachstum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Resümee. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung und Analyse der leitenden Entscheidungen von Bundesverfassungsgericht und Bundesfinanzhof . . . . . . . I. Von der Nachfolgebesteuerung in der Nachkriegszeit bis zu den Änderungen durch das Erbschaftsteuerreformgesetz und das Bewertungsgesetz 1974 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tarifvergünstigungen landwirtschaftlicher Betriebe wegen Kriegssterbefällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Diskussion um die Besteuerung betrieblichen Vermögens. . . . . . . . . . 3. Erbschaftsteuerreformgesetz 1974 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bewertung des Betriebsvermögens bis 1992. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis Diskussionsverlauf und Gesetzesnovellen vor der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anhaltende Diskussion um die Besteuerung betrieblichen Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steueränderungsgesetz 1992. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Standortsicherungsgesetz 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995 . . . . . 1. Neuregelungspflicht des Gesetzgebers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bindungswirkung der Gerichtsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aussagen des Gerichts zur Unternehmensnachfolgebesteuerung . . . a) Abgrenzung der zu schonenden Unternehmensarten . . . . . . . . . . . b) Belastungsreduzierung unabhängig vom verwandtschaftlichen Näheverhältnis zwischen Erbe und Erblasser . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konkrete oder abstrakte Gefährdung der Unternehmensfortführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unternehmensfortführung als Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stellungnahmen und Umsetzungsvorschläge in der Literatur . . . . . . IV. Gesetzesnovellen von 1996 bis zur Bundesfinanzhofentscheidung 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Jahressteuergesetz 1996. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Jahressteuergesetz 1997. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Steueränderungsgesetz 2001. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2002 . . . . . . . . . . 1. Verfahrensablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfahren vor dem Finanzgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verfahren vor dem Bundesfinanzhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Zweifel des Bundesfinanzhofs an der Verfassungsmäßigkeit der gegenwärtigen Unternehmensnachfolgebesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zulässigkeit des Vorlageverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Begründung des vorlegenden Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Entscheidungserheblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Möglicher Gang des weiteren Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Selbständige Neuregelung durch den Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . b) Sachentscheidung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . aa) Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entscheidungsmöglichkeiten bei Feststellung eines Verstoßes gegen das Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Nichtigkeitserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unvereinbarkeitserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Appellentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Auswirkung und Bedeutung der Verfassungswidrigkeitsfeststellung auf die verfahrensrechtliche Lage und den Steuerbürger . .
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II.
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Inhaltsverzeichnis aa) Veranlagung ohne Vorläufigkeitsvermerk . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Veranlagung mit Vorläufigkeitsvermerk bei der Nichtigkeitserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Veranlagung mit Vorläufigkeitsvermerk bei der Erklärung der Unvereinbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Noch nicht veranlagte Fälle bei der Nichtigkeitserklärung . . . ee) Noch nicht veranlagte Fälle bei der Erklärung der Unvereinbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme von Öffentlichkeit, Wissenschaft und Kautelarjurisprudenz zum Vorlagebeschluss des BFH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Haushaltsbegleitgesetz 2004 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt und Zustandekommen des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Resümee. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
E. Darstellung der verfassungs- und europarechtskritischen Bestandteile der Nachfolgebesteuerung und deren Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bewertungsmethodik unternehmerischen Inlandsvermögens. . . . . . . . . . . 1. Bewertung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften . . . 2. Bewertung von Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Börsennotierte Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nicht-börsennotierte Anteile bei zeitnahen Verkäufen . . . . . . . . . . c) Nicht börsennotierte Anteile ohne zeitnahe Verkäufe. . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vergleich von Bewertungshöhe und -systematik unternehmerischen Inlandsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ungereimtheiten beim Vergleich der einzelnen Wertermittlungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleich der Bewertungshöhe der verschiedenen Rechtsformen unternehmerischen Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorteilhaftigkeit einer Rechtsform für die Erbschaftsbesteuerung . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Grundsätze der Bewertung unternehmerischen Auslandsvermögens . . . . 1. Bewertung von ausländischem Betriebsvermögen. . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften . . . 3. Bewertung des grenzüberschreitenden unternehmerischen Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich der Bewertungshöhe zwischen ausländischem und inländischem unternehmerischen Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vergleich der Bemessungsgrundlage unternehmerischen Vermögens mit anderen Vermögensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Unternehmerisches Vermögen und die Stichtagsproblematik . . . . . . . . . . VII. Besteuerung unternehmerischen Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
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Steuerklassenprivileg nach § 19a ErbStG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begünstigung des Betriebsvermögens nach § 13a ErbStG . . . . . . . . . Stundung der Erbschaftsteuer nach § 28 ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . Anspruch auf Steuervergünstigungen im Vergleich der Rechtsformen unternehmerischen Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vergleich der Erbschaftsteuerberechnung unternehmerischen Vermögens mit anderen Vermögensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Gesamtvergleich von Bemessungsgrundlage und Besteuerung der verschiedenen Vermögensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Interdependenzen zwischen der Erbschaftsteuer und der laufenden Besteuerung beim Übergang unternehmerischen Vermögens . . . . . . . . . . . . 1. Systemkonforme Doppelbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Systemwidrige Doppelbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Aus der Unternehmensnachfolgebesteuerung resultierende steuerliche Gestaltungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verbesserung der Steuerklasse durch Eheschließung oder Adoption 2. Rechtsformwechsel des unternehmerischen Vermögens . . . . . . . . . . . 3. Verlagerung des Unternehmensstandorts und des Wohnsitzes . . . . . . a) Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht in Deutschland . . b) Wohnsitzaufgabe und Beendigung des ständigen Aufenthalts im Inland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Standortwechsel des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Maßnahmen der Bilanzpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vermögensumschichtung vom Privatvermögen in Betriebsvermögen und Übertragung des Vermögens zu Lebzeiten . . . . . . . . . . . . 6. Einbringung ausländischen Vermögens in inländisches Betriebsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . X. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
173 174 176
1. 2. 3. 4.
F. Vereinbarkeit der Unternehmensnachfolgebesteuerung mit dem Europaund Verfassungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Europarechtliche Beurteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einfluss des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft auf das nationalstaatliche Erbschaftsteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vereinbarkeit der Grundfreiheiten mit der Unternehmensnachfolgebesteuerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 56 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit durch die §§ 13a und 19a ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtfertigung auf Grundlage des Art. 58 Abs. 1 lit. a EG
178 178 182 190 191 191 192 194 194 195 196 198 199 202 203 204 205 207 209 209 211 211 211 213 214 214 217 218
14
Inhaltsverzeichnis
II.
dd) Rechtfertigung auf Grundlage des Art. 58 Abs. 1 lit. b EG ee) Rechtfertigung anhand zwingender Allgemeininteressen . . . ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Niederlassungsfreiheit, Art. 43 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit durch die §§ 13a und 19a ErbStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verhältnis der Niederlassungsfreiheit zur Kapitalverkehrsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Rechtfertigung auf Grundlage des Art. 46 EG. . . . . . . . . . . . . ee) Rechtfertigung anhand zwingender Gründe des Allgemeinwohls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vereinbarkeit des allgemeinen Diskriminierungsverbots (Art. 12 EG) mit der Unternehmensnachfolgebesteuerung . . . . . . . . . a) Schutzbereich des allgemeinen Diskriminierungsverbots . . . . . . . b) Beeinträchtigung des allgemeinen Diskriminierungsverbots durch die §§ 13a und 19a ErbStG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Resümee. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfassungsrechtliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeiner Gleichheitssatz und die „Neue Formel“ des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grundlegende Vorgaben des Gleichheitssatzes im Steuerrecht. . . . . . a) Grundsatz der Steuergerechtigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundsatz der Folgerichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Praktikabilitätsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verfassungsrechtliche Untersuchung der erbschaftsteuerlichen Bewertung und Besteuerung unternehmerischen Vermögens . . . . . . . . . . a) Ungleichbehandlung unternehmerischen Vermögens im Verhältnis zu anderen Vermögensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ungleichbehandlung bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Ungleichbehandlung bei der erbschaftsteuerlichen Besteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Allgemeine Rechtfertigungsüberlegungen der Ungleichbehandlung bei erbschaftsteuerlicher Bewertung und Besteuerung . . . . . aa) Rechtfertigung mit der Vermeidung von volkswirtschaftlich schädlichen Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtfertigung durch die Sozialpflichtigkeit des Betriebsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtfertigung mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip . . . . . . . .
222 223 224 224 225 226 226 227 228 230 230 230 232 234 236 236 237 238 240 241 242 242 243 244 244 245 246 247 249 251
Inhaltsverzeichnis c) Spezielle Rechtfertigungsüberlegungen für die Ungleichbehandlung bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung und Besteuerung aa) Rechtfertigung für Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte durch das Praktikabilitätsprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtfertigung für Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte durch die Vermeidung drohender Doppelbesteuerung . . . . . . cc) Rechtfertigung für das Steuerklassenprivileg durch den Ausspruch des Bundesverfassungsgerichts und das Leistungsfähigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Rechtfertigung für das Steuerklassenprivileg durch das Ziel, die Qualifikation der Unternehmensnachfolger zu erhöhen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
253 253 255
256
258 259
G. Ergebnis und Entwicklungsperspektiven der Nachfolgebesteuerung . . . . 261 Entscheidungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Rechtsquellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Personen- und Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Anteil der Fälle, bei denen aufgrund eines Erwerbes von Todes wegen Erbschaftsteuer festgesetzt wurde, nach Größenklassen 50
Abbildung 2:
Übertragenes Vermögen (gesamt) in den verschiedenen Größenklassen des erbschaftsteuerlichen Erwerbs . . . . . . . . . . . . . . . .
51
Verteilung des Nachlasses aufgegliedert auf die verschiedenen Vermögensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
Anteile des Betriebsvermögens in der jeweiligen Nachlassgrößenklasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
Anteil der Erbschaftsteuerfestsetzung am Gesamtaufkommen nach Größenklassen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
Abbildung 3: Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6:
Vermögensverteilung in Deutschland auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1993/1998. . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
Abbildung 7:
Produktivvermögen in Deutschland nach Größenklassen im Jahre 1995 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
Abbildung 8:
Verteilung des Produktivvermögens auf die Haushalte. . . . . . . . .
69
Abbildung 9:
Verteilung des Produktivvermögens in den verschiedenen Produktivvermögensklassen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
Abbildung 10: Erwartete Nachfolgelösungen nach Unternehmensgrößenklassen in % . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
Abbildung 11: Formel für die Berechnung des Durchschnittsertrags und des Ertragshundertsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 Abbildung 12: Formel zur Anteilsbewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Abbildung 13: Erbschaftsteuerlicher Ansatz unternehmerischen Vermögens in % des Verkehrswertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Abbildung 14: Abhängigkeit der Bemessungsgrundlage von der Unternehmensrendite bei Einzelunternehmen und Personengesellschaft sowie der Kapitalgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Abbildung 15: Erbschaftsteuerlicher Ansatz der verschiedenen Vermögensarten in % des Verkehrswertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Abbildung 16: Besteuerungsvergleich von unternehmerischem Vermögen zu anderen Vermögensarten (Wert unter 10 Mio. e) . . . . . . . . . . . . . . 179
18
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 17: Besteuerungsvergleich von unternehmerischem Vermögen zu anderen Vermögensarten (Wert ab 10 Mio. e). . . . . . . . . . . . . . . . . 180 Abbildung 18: Besteuerungsvergleich unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage bei Vermögen der Steuerklasse I (Wert unter 10 Mio. e). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 Abbildung 19: Besteuerungsvergleich unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage bei Vermögen der Steuerklasse I (Wert ab 10 Mio. e) 185 Abbildung 20: Besteuerungsvergleich unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage bei Vermögen der Steuerklasse III (Wert unter 10 Mio. e). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 Abbildung 21: Besteuerungsvergleich unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage bei Vermögen der Steuerklasse III (Wert ab 10 Mio. e). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
Abkürzungsverzeichnis a. A. ABG Abl. EG Abs. a. F. AG aktual. AO Art. AStG Aufl. Ausg. ausländ. BauGB BayVerf Bd. bearb. BewG BFH BFHE BFH/NV BGA BGB BGBl. BGH BGHZ BHV
BMF BörsG BR BR-Drs. BStBl. BT
andere Ansicht Ausgangsbemessungsgrundlage Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz, Absätze alte Fassung Aktiengesellschaft aktualisierte Abgabenordnung Artikel Außensteuergesetz Auflage Ausgabe ausländisches Baugesetzbuch Verfassung des Freistaates Bayern Band bearbeitet(e) Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Sammlung der (bis 1997: amtlich nicht veröffentlichten) Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bundesverband des deutschen Groß- und Außenhandels e. V. Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bewertungshöhe der einzelnen Vermögensarten (basierend auf den Ergebnissen des Sachverständigenrats zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung) Bundesministerium der Finanzen Börsengesetz Bundesrat Bundesrat-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestag
20 BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVerfGG BVerwGE BVA BVF bzgl. bzw. ca. DB DIHT DM durchges. EAG EB EFG EG EGKS EGV EinzelU erg. Erg.-Lfg. ErbSt ErbStG ErbStR ersch. erw. EStG et al. EU EuGH EuGHE EUV e.V. EWG f. FG FGO
Abkürzungsverzeichnis Bundestag Drucksache Bundesverfassungsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverfassungsgerichtsgesetz Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Betriebsvermögensabschlag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) Betriebsvermögensfreibetrag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) bezüglich beziehungsweise circa Der Betrieb Deutscher Industie- und Handelskammertag Deutsche Mark durchgesehene Europäische Atomgemeinschaft Entlastungsbetrag (§ 19a ErbStG) Entscheidungen der Finanzgerichte Vertrag über die Europäische Gemeinschaft (ab dem Vertrag von Amsterdam) Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag über die Europäische Gemeinschaft (bis zum Vertrag von Amsterdam) Einzelunternehmen ergänzte Ergänzungslieferung Erbschaftsteuer Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz Erbschaftsteuer-Richtlinien erschienen erweiterte Einkommensteuergesetz et alii Europäische Union Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz Vertrag über die Europäische Union eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft folgende (Seite) Finanzgericht Finanzgerichtsordnung
Abkürzungsverzeichnis ff. Fn. gänzl. gem. gest. GewStG GG GmbH GO BT HBeglG Hrsg. hrsg. Hs. i. d. F. InsO i. S. i. V. m. IWB Jg. JStG KapG KG KStG lit. militär. Mio. Mrd. MRK Nachdr. neubearb. Neudr. NJW N. N. Nr. n. v. OECD OHG PersG PF polit. R
21
folgende (Seiten) Fußnote gänzlich gemäß gestaltete Gewerbesteuergesetz Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Geschäftsordnung Bundestag Haushaltsbegleitgesetz Herausgeber herausgegeben Halbsatz in der Fassung Insolvenzordnung im Sinne in Verbindung mit Internationale Wirtschafts-Briefe Jahrgang Jahressteuergestz Kapitalgesellschaft Kommanditgesellschaft Körperschaftsteuergesetz litera militärischen Millionen Milliarden Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Menschenrechtskonvention) Nachdruck neubearbeitete Neudruck Neue Juristische Wochenschrift nomen nescio Nummer nicht veröffentlicht Organization for Economic Cooperation and Development Offene Handelsgesellschaft Personengesellschaft Persönlicher Freibetrag (§ 16 Abs. 1 ErbStG) politischen Richtlinie
22 RFHE RGBl. Rn. S. sog. Sp. StAG Stenogr.-Ber. überarb. übertr. umgearb. UmwStG unternehm. unveränd. unwes. US USA veränd. verb. Verh.-BT Verh.-RT verm. veröff. vgl. VGR VHS VKW vollst. VStG Wahlp. wesentl. WM WRV WVRK ZEV z. B.
Abkürzungsverzeichnis Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs Reichsgesetzblatt Randnummer, Randnummern Satz, Sätze/Seite, Seiten so genannte Spalte Staatsangehörigkeitsgesetz Stenographische Berichte überarbeitete übertragen umgearbeitete Umwandlungssteuergesetz unternehmerisches unveränderte unwesentlich United States United States of America veränderte, veränderten verbesserte Verhandlungen des Deutschen Bundestages Verhandlungen des Deutschen Reichstages vermehrte veröffentlichte vergleiche Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Vonhundertsatz der jeweiligen Steuerklasse (§ 19 ErbStG) Verkehrswert vollständig Vermögensteuergesetz Wahlperiode wesentlich Wertpapier-Mitteilungen Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919 (Weimarer Reichsverfassung) Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge zum Beispiel
A. Einleitung I. Untersuchungsgegenstand und dessen Bedeutung Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Frage, ob die Besteuerung der Unternehmensnachfolge mit Erbschaft- und Schenkungsteuer1 in der gegenwärtigen Form mit dem Vertrag über die Europäische Gemeinschaft und dem deutschen Verfassungsrecht übereinstimmt. Anlass für diese Analyse ist ein Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs an das Bundesverfassungsgericht aus dem Jahr 2002.2 Das Gericht zweifelt in diesem Beschluss an der Rechtmäßigkeit der gegenwärtigen Nachfolgebesteuerung und nimmt damit eine konträre Auffassung zu der – maßgeblich durch das Bundesverfassungsgericht3 geprägten – herrschenden Meinung ein. Nach der bisher vorherrschenden Ansicht sind betrieblich geprägte Vermögensbestandteile durch die Erbschaftsteuer in ihrem Bestand gefährdet und müssen steuerlich deutlich entlastet werden. Vor dem Hintergrund einer zunehmenden internationalen Verflechtung der Wirtschaft und der Verwirklichung des europäischen Binnenmarktes, die zur Folge haben, dass immer mehr Steuerinländerinnen und Steuerinländer4 über ausländisches unternehmerisches Vermögen verfügen, geht die Arbeit über das dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorliegende Problem hinaus und widmet sich der Frage, ob die Unterscheidung bei der Unternehmensnachfolgebesteuerung zwischen in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen mit den Regelungen des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft konform ist. Da die Diskussion um die Besteuerung des Unternehmensübergangs im Kern oftmals um die betriebs- und volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Erbschafts- und Nachfolgebesteuerung kreist, wird die Analyse der Unternehmensnachfolgebesteuerung nicht allein unter juristischen Aspekten geführt. Ziel der Arbeit ist es auch, die betriebs- und volkswirtschaftlichen Aspekte der Unternehmensnachfolgebesteuerung aufzuzeigen. 1 Im Folgenden wird – falls keine Unterscheidung zwischen Erbschaft- und Schenkungsteuer erforderlich ist – nur der Begriff Erbschaftsteuer verwendet. 2 BFHE 198, 342. 3 BVerfGE 93, 165. 4 Der besseren Lesbarkeit wegen wird im Folgenden auf die weiblichen Personenbezeichnungen verzichtet.
24
A. Einleitung
Insbesondere in Anbetracht der erwarteten starken Zunahme des Erbschaftsvolumens5 und der steigenden Anzahl der Unternehmen, bei denen in den nächsten Jahren die Unternehmensnachfolge ansteht,6 erscheint eine verfassungs- und europarechtskonforme Besteuerung der Unternehmensnachfolge dringend geboten.
II. Gang der Untersuchung Immer wieder werden Zweifel an der generellen Rechtfertigung der Erbschaftsteuer und insbesondere an der Unternehmensnachfolgebesteuerung geäußert. Weiterhin werden im Hinblick auf die verschiedenen Rechtfertigungsüberlegungen zur Erbschaftsteuer unterschiedliche Ausgestaltungen für die Besteuerung des Unternehmensübergangs gefordert. Im zweiten Kapitel wird deshalb der Frage nachgegangen, welche Rechtfertigung es für die Steuererhebung beim Unternehmensübergang gibt. Dabei wird zunächst kurz auf die allgemeine Steuerrechtfertigung eingegangen, bevor die Rechtfertigungstheorien für die Erbschaftsteuer diskutiert werden und untersucht wird, ob diese auch auf die Besteuerung des Unternehmensübergangs anwendbar sind. Ein Schwerpunkt der Diskussion um die Besteuerung der Unternehmensnachfolge liegt in der Frage, welche Auswirkungen die Nachfolgebesteuerung hat. Aus diesem Grunde werden im dritten Abschnitt der Arbeit die betriebs- und volkswirtschaftlichen Effekte der gegenwärtigen Nachfolgebesteuerung untersucht. Notwendig ist dafür eine quantitative und wert5 So schätzt die BBE-Unternehmensberatung, Erbschaften, S. 132 ff., dass in den Jahren 2004 bis 2013 das Erbschaftsvolumen 2,26 Billionen e beträgt. Dies entspricht einer Zunahme von 948 Mrd. e bzw. über 58% gegenüber dem Zeitraum von 1994 bis 2003. Nach der Studie soll bis zum Jahr 2015 der Wert der Vermögensübertragung sogar mehr als 2,8 Billionen e betragen. 6 Die Schätzungen, wie viele Unternehmen in den nächsten Jahren übergehen, variieren zwischen 50.000 und 300.000 pro Jahr. Vgl. dazu Albach, Nachfolgeregelung, S. 781 (50.000); Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit/Deutsche Ausgleichsbank, Nexxt, S. 25 (71.000); Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung e.V., Wirtschaftslage, S. 23 (160.000); Freund, Übertragung, S. 18 (76.000); Institut für Wirtschaftsförderung und -forschung e.V., Nachfolgeregelungen, S. 3 ff. (133.000); Schröer/Freund, Nachfolgepotential, S. 25 (75.000); von Wartenberg, Unternehmenskontinuität, S. 240 (70.000); Wirtschaftsjunioren Bayern, Unternehmensnachfolge, S. 5 (300.000). Habig/Berninghaus, Nachfolge, S. 130, sprechen von 4% aller Familienunternehmen jährlich, ohne eine Gesamtzahl zu nennen. Die empirischen Untersuchungen beruhen jedoch auf unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen, so dass sie nicht ohne weiteres auf andere Bereiche übertragen werden können. Unterschiede bestehen auch zwischen den untersuchten Zeiträumen und den Analysemethoden der Studien.
II. Gang der Untersuchung
25
mäßige Einordnung der Erbschaftsteuer und Unternehmensnachfolgebesteuerung, die anhand der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik 2002 vorgenommen wurde. Auf den Ergebnissen der statistischen Untersuchung aufbauend, schließt sich dann die betriebs- und volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse an. Im vierten Kapitel wird die Entstehung der Unternehmensnachfolgebesteuerung seit der Nachkriegszeit nachvollzogen. Ziel ist es, die Entwicklung verständlich zu machen und die signifikanten Argumentationslinien zur Ausgestaltung der Unternehmensnachfolgebesteuerung nachzuvollziehen. Dazu wird neben der chronologisch aufgebauten Darstellung der Gesetzgebung zur Unternehmensnachfolgebesteuerung auch der jeweilige Diskussionsverlauf in Wissenschaft und Öffentlichkeit abgebildet. Ausführlich wird auf den Erbschaftsteuerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995 eingegangen, der direkte Auswirkungen auf die Gesetzgebung zur Unternehmensnachfolgebesteuerung hatte. Analysiert wird auch der Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2002. Neben der Frage, ob der Vorlagebeschluss zulässig war, wird untersucht, welche Entscheidungsmöglichkeiten das Bundesverfassungsgericht hat und welche Auswirkungen die für das Jahr 2005 zu erwartende7 Entscheidung auf die verfahrensrechtliche Lage der Steuerbürger haben kann. Entsprechend der chronologischen Reihenfolge wird im Anschluss an diese Entscheidungsanalyse auf das zum Jahresanfang 2004 in Kraft getretene Haushaltsbegleitgesetz eingegangen. Dabei wird zum einen der Inhalt des Gesetzes, dessen Regelungen zur Unternehmensnachfolgebesteuerung ohne die Vorlagefrage des Bundesfinanzhofs praktisch nicht möglich gewesen wären, dargestellt. Zum anderen wird die umstrittene Frage, ob das Haushaltsbegleitgesetz und damit auch die Regelungen zur Unternehmensnachfolgebesteuerung verfassungsgemäß zustande kamen, diskutiert. Im fünften Teilabschnitt der Arbeit werden – ohne eine abschließende Bewertung vorzunehmen – die umstrittenen Bestandteile der Nachfolgebesteuerung aufgezeigt, und die verfassungs- und europarechtskritischen Inhalte werden verdeutlicht. Behandelt wird dabei insbesondere die Bewertungssystematik für inländisches und ausländisches unternehmerisches Vermögen. Weiterhin findet ein Vergleich der sich daraus ergebenden Bewertungshöhe statt. Außerdem 7 Nach mündlicher Auskunft der Pressestelle des Bundesverfassungsgericht wird eine Entscheidung im Jahr 2005 angestrebt.
26
A. Einleitung
werden die Stichtagsproblematik, mögliche Interdependenzen zwischen der Ertrags- und der Erbschaftsteuer und ausführlich die Besteuerung in- und ausländischen unternehmerischen Vermögens diskutiert, wobei es zu einem Besteuerungsvergleich zwischen der Vermögensart des unternehmerischen Vermögens mit anderen Vermögensarten kommt. Bei diesem Vergleich wird der Besteuerungsverlauf im Vermögensbereich unter 10 Mio. e und im Großvermögensbereich von über 10 Mio. e – sowohl von unternehmerischem Vermögen als auch von anderen Vermögensarten – dargestellt. Am Ende des Kapitels werden die Gestaltungsmaßnahmen, die sich aus der Besteuerung und Bewertung des unternehmerischen Vermögens ergeben, erörtert. Im sechsten und letzten analytischen Teil der Arbeit wird unter Rückgriff auf die Ergebnisse zur Rechtfertigung der Unternehmensnachfolgebesteuerung und die volks- und betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der Steuer der Frage nachgegangen, ob die momentane Ausgestaltung der Unternehmensnachfolgebesteuerung mit dem Europa- und Verfassungsrecht vereinbar ist. Da das supranationale Europarecht – nach der Judikatur des EuGH8 und des BVerfG9 – gegenüber den grundrechtlichen Bestimmungen vorrangig ist, geht die europarechtliche Prüfung der Untersuchung der verfassungsrechtlichen Vereinbarkeit vor. Im europarechtlichen Abschnitt des Kapitels wird zunächst diskutiert, ob die Regelungen des Vertrages über die EG auf das nationalstaatliche Erbschaftsteuerrecht anwendbar sind. Daran anschließend wird überprüft, ob die Ungleichbehandlung zwischen aus- und inländischem unternehmerischem Vermögen mit den Grundfreiheiten und dem allgemeinen Diskriminierungsverbot vereinbar ist. Nicht näher eingegangen wird auf das Regelungswerk der Europäischen Menschenrechtskonvention, das gleichfalls steuerliche Relevanz entfalten kann,10 aber als Europarecht im weiteren Sinne nicht Gegenstand dieser Untersuchung ist. Im verfassungsrechtlichen Teil des Kapitels wird der Frage nachgegangen, ob die deutliche Begünstigung bei Bewertung und Besteuerung unternehmerischen Vermögens verfassungsrechtlich zulässig ist. Dabei muss zunächst der verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstab zur Beurteilung der Zulässigkeit von Steuervergünstigungen festgelegt werden. 8
EuGHE 1964, 1251, 1269 ff.; EuGHE 1978, 629, 644 (Rn. 17/18). BVerfGE 73, 339 ff.; BVerfGE 89, 155 ff. 10 Zur Relevanz der MRK für das Erbschaftsteuerrecht siehe Müller-Etienne, Europarechtswidrigkeit, S. 235. 9
II. Gang der Untersuchung
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Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchung gilt es, zunächst allgemeine Rechtfertigungsüberlegungen, die für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung und Besteuerung in Frage kommen, zu erörtern. Anschließend wird auf spezielle Rechtfertigungsüberlegungen eingegangen, die nur für einzelne Steuerprivilegien gelten. Zum Abschluss der Arbeit werden bestehende Entwicklungstendenzen bei der Unternehmensnachfolgebesteuerung diskutiert und es werden unter Berücksichtigung der Untersuchungsergebnisse Forderungen an den Gesetzgeber erörtert.
B. Allgemeine Rechtfertigung des Erbschaftsteuerrechts und der Besteuerung des Unternehmensübergangs Die gegenwärtigen Diskussionen um die Besteuerung der Unternehmensnachfolge1 zeigen, dass es in Deutschland bis heute nicht selbstverständlich ist, überhaupt Steuern auf den Übergang von Vermögen und im Speziellen von unternehmerischen Vermögen zu erheben. Auch in jüngster Vergangenheit wurde die Abschaffung der Erbschaftsteuer insgesamt oder zumindest die Einstellung der Besteuerung des Übergangs unternehmerischen Vermögens gefordert.2 Aber auch bei den Befürwortern der Unternehmensnachfolgebesteuerung werden divergierende Ansichten über die konkrete Ausgestaltung und über die Begründung und Rechtfertigung der Steuererhebung vertreten. Da sich je nach Rechtfertigung der Steuererhebung unterschiedliche Schlüsse für die Ausgestaltung der Besteuerung des Unternehmensübergangs ergeben, ist es notwendig zu diskutieren, ob es eine Rechtfertigung für die Besteuerung des Unternehmensübergangs gibt und wie diese aussieht. Dabei wird zunächst kurz auf die allgemeine Steuerrechtfertigung eingegangen, bevor Rechtfertigungstheorien für die Erbschaftsteuer diskutiert werden und untersucht wird, ob diese auch auf die Besteuerung des Unternehmensübergangs anwendbar sind.
I. Allgemeine Rechtfertigung der Steuererhebung Die allgemeine Steuerrechtfertigung ergibt sich daraus, dass der Staat dem einzelnen Individuum Sicherheit verleiht, indem er Daseinsvorsorge betreibt, eine Rechtsordnung vorgibt und für Schutz nach Innen und Außen sorgt. Zur Finanzierung dieser Leistungen tritt der Staat selbst nicht geschäftlich in Erscheinung. Folglich ist es notwendig, die entstehenden Kosten durch eine Beteiligung der Bürger zu decken.3 Aus diesem Bedürfnis 1 Zum Verlauf der Diskussion um die Unternehmensnachfolgebesteuerung siehe Kapitel D. 2 Kruse, Abschied, S. 718; N. N., Erbschaftssteuer abschaffen; N. N., Selbständigenpräsident; Oberhauser, Erbschaftsteuer, S. 492. 3 BVerfGE 93, 121, 135.
II. Steuerrechtfertigung für die Erbschaftsteuer
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ergibt sich die grundsätzliche Rechtfertigung der Steuererhebung.4 Der Staat erhält so von den wirtschaftlichen Gütern einen Teil dessen zurück, was er seinerseits zur Erzeugung der Werte beigetragen hat.5 Der soziale Rechtsstaat dient dem Postulat der sozialen Gerechtigkeit in Verwaltung, Gesetzgebung und Rechtsprechung. Diese Leistungen sind mit enormen Kosten verbunden. Um seine Aufgaben erfüllen zu können, ist der Staat zwingend auf die Steuererhebung angewiesen. Der Steuerstaat6 gilt deshalb als Voraussetzung des freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Rechts- und Sozialstaats.7
II. Steuerrechtfertigung für die Erbschaftsteuer Diese allgemeine Rechtfertigung des Steuereingriffs ist jedoch keine Rechtfertigung für die Erhebung und Ausgestaltung einzelner Steuerarten.8 Folglich muss eine besondere Steuerrechtfertigung vorliegen. Hierbei ist zunächst eine Rechtfertigung für die Erbschaftsteuer zu finden, bevor in einem zweiten Schritt überprüft wird, ob diese Rechtfertigung auch für die Besteuerung beim Unternehmensübergang stichhaltig ist. 1. Fiskalische Gründe Nach der zunächst nahe liegenden und steuergeschichtlich nicht unbedeutenden These seien die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer für den Staatshaushalt notwendig, und im Gegensatz zu anderen Steuerarten würden bei der Erbschaftsteuer erhebungstechnische Vorzüge bestehen. So sei bei Erbschaften die Steuerhinterziehung nur in geringem Umfang möglich,9 da der Vermögensübergang in Folge des Todes eines Menschen nicht verheimlicht werden könne10 und im Falle von mehreren Erben jeder ein Interesse an der zutreffenden Ermittlung der Vermögenswerte habe.11 Da das Nachlass4 Kirchhof, Grundriß Rn. 28; Kruse, Leistungsfähigkeit, S. 793 f.; so auch schon Murhard, Besteuerung, S. 26 f., der der Erbschaftsteuer allerdings vorwirft, „ganz und gar auf das Kapital zu fallen“. 5 Papier, Steuerreform, S. 50. 6 Zur Geschichte und Entwicklung des Begriffs „Steuerstaat“ siehe Wieland, Steuerstaat, S. 776 ff. 7 Tipke, Steuerrechtsordnung, S. 230 f. 8 Kirchhof, Grundriß Rn. 28; Rodi, Verfassungsproblem, S. 239 f. 9 Lenski/Klenk, Erbschaftsteuer, S. 2. 10 Meisel, Erbschaftsteuer, S. 318 f. und Vocke, Abgaben, S. 622, jedoch grundsätzlich ablehnende Haltung gegenüber der Erbschaftsteuer bei Vocke, deutlich in: Vocke, Finanzwissenschaft, S. 121 ff. und 132 ff.
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B. Rechtfertigung der Unternehmensnachfolgebesteuerung
vermögen den Erben unentgeltlich zuwächst, sei es zumutbar, einen Teil davon abzugeben. Im Ergebnis komme es zu weniger großen Widerständen bei der Steuererhebung.12 Aus dieser fiskalischen Sicht ist die Erbschaftsteuer folglich sehr ergiebig. Teilweise wurde diese Begründung der Erbschaftsteuer unter dem Hinweis kritisiert, dass sie die potenziellen Erblasser dazu veranlasse, auf die Vermögensbildung zu verzichten, und einen Anreiz biete, das Vermögen zu konsumieren.13 Das Karl-Bräuer-Institut vertrat die Ansicht, dass bei einem solchen Prozess gesamtwirtschaftlich die Bemessungsgrundlage nachlassen würde – und damit auch die fiskalische Ergiebigkeit der Erbschaftsteuer.14 Der Kritik kann nicht zugestimmt werden. Zum einen werden die Sparmotive vor allem junger Menschen kaum von der Erbschaftsteuer beeinflusst. Die Belastung mit Erbschaftsteuer kann für die Nachkommen sogar als Sparanreiz dienen, um die Steuerschuld später nicht aus dem Nachlass, sondern aus anderen Quellen zahlen zu können. Zum anderen muss beachtet werden, dass gerade bei hohen Vermögen gar kein „Sparen“ im eigentlichen Sinne zur Vermögensbildung notwendig ist. Es kommt praktisch von selbst zu einem Vermögensanstieg.15 Ein negativer Einfluss der Erbschaftsteuer auf die Sparneigung ist deshalb unwahrscheinlich. Selbst wenn man eine niedrigere Sparneigung, hervorgerufen durch die Erbschaftsteuer, annehmen würde, muss dies nicht negativ sein. Eine höhere Konsumneigung wäre die Folge, womit Wirtschaftswachstum und erhöhte Steuereinnahmen verbunden sind. Die Begründung der Erbschaftsteuer mit ihren erhebungstechnischen Vorteilen übersieht, dass die Erbschaftsteuer in der heutigen Zeit wesentlich komplexer ist als noch zu Zeiten ihrer Einführung durch eine einfache Stempelabgabe.16 Heute sind Fragen der Sachverhaltsermittlung, der Vermögensbewertung und der Interdependenzen mit anderen Steuerarten zu klären, die dementsprechenden Beratungsaufwand mit sich bringen. Einhergehend damit wachsen bei der Steuererhebung die Widerstände, es kommt zu Steuergestaltungsmodellen und Steuerflucht ins Ausland. 11 Dietzel, Reichsnachlaßsteuer, S. 21; Lenski/Klenk, Erbschaftsteuer, S. 2; auch Adam Smith sieht diesen Vorteil der Erbschaftsteuer, steht aber grundsätzlich kritisch der Erbschaftsteuer gegenüber, siehe dazu: Smith, Wohlstand, S. 736 und 740. 12 Lenski/Klenk, Erbschaftsteuer, S. 2. 13 Kolms, Finanzwissenschaft, S. 78; Ricardo, Besteuerung, S. 126 f. 14 Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Erbschaftsteuer, S. 36. 15 Oberhauser, Vermögensverteilung, S. 135 f. 16 Oechsle, Erbschaftsbesteuerung, S. 237.
II. Steuerrechtfertigung für die Erbschaftsteuer
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Die Erbschaftsteuer ist das Gegenteil einer einfachen Steuer17 und kann allein mit fiskalischen Gründen nicht gerechtfertigt werden. 2. Erwähnung der Erbschaftsteuer in Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG Der Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG erwähnt die Erbschaftsteuer in der Weise, dass ihr Aufkommen den Ländern zusteht. Für verschiedene Steuerarten wurde in Erwägung gezogen, aus ihrer bloßen Nennung durch den Verfassungsgeber eine Rechtfertigung der Steuer abzuleiten.18 Dabei wurde die Frage, ob die erwähnten Steuerarten gerechtfertigt sind, durch die Urheber des Art. 106 Abs. 2 GG damals gar nicht geprüft,19 sondern die bereits existierenden Steuern wurden in den Katalog des Art. 106 GG aufgenommen.20 Ziel des Verfassungsgebers war es, eine Abhängigkeit des Bundes von den Ländern – bzw. umgekehrt – mittels der Zuweisung getrennter Einnahmequellen zu vermeiden.21 Der Art. 106 Abs. 2 GG garantiert bei einem Fortbestehen der Erbschaftsteuer die Ertragshoheit der Länder.22 Auch verpflichtet Art. 106 GG den Gesetzgeber dazu, die Funktionsfähigkeit des bundesstaatlichen Finanzausgleichs sicherzustellen.23 Dabei verteilt die Norm Erträge und Aufkommen bestimmter Steuern, wenn diese eingeführt und erhoben werden. Da Art. 106 keinen Verfassungsrang hat, geht dies jedoch nicht so weit, dass für die in Art. 106 GG erwähnten Steuerarten eine Bestandsgarantie entsteht.24 Die im Art. 106 GG genannten Steuerarten müssen nicht erhoben 17 Oechsle, Erbschaftsbesteuerung, S. 238; Sosnitza, Reform, S. 342; so auch schon Terhalle, Finanzwissenschaft, S. 386. 18 So für die Erbschaftsteuer: Kessler et al., Zukunft, S. 7; Löhle, Gestaltungsspielräume, S. 4; Offerhaus, Erbschaftsteuer, S. 2064 und Reinisch, Erbschaftsteuer, S. 6 f., die von einer grundsätzlichen Anerkenntnis der Erbschaftsteuer sprechen; zur Gewerbesteuer: BVerfGE 26, 1, 8; BVerfGE 46, 224, 236; von Arnim, Finanzausgleich, S. 520 f.; Zitzelsberger, Grundlagen, S. 213 ff. 19 Der Beratungsschwerpunkt lag auf der Verteilung des Steueraufkommens, siehe dazu Schneider, Dokumentation, S. 438 ff.; Stern, Staatsrecht, S. 1131 f. 20 Tipke, Steuerrechtsordnung III, S. 1094. 21 Häde, Finanzausgleich, S. 183; Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 106 Rn. 12; Schuppert in Umbach/Clemens, Grundgesetz Art. 106 Rn. 12. 22 Nach Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 106 Rn. 16, ist die Zuweisung des Erbschaftsteueraufkommens an die Länder auf die geringe Konjunkturreagibilität und den regionalen Bezug der Erbschaftsteuer zurückzuführen. 23 Häde, Finanzausgleich, S. 183; Hidien in Dolzer et al., Grundgesetz Art. 106 Rn. 1327; Kirchhof, Einnahmen, S. 118; Maunz in Maunz et al., Grundgesetz Art. 106 Rn. 19; Schwarz in von Mangoldt et al., Grundgesetz Art. 106 Rn. 20; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 1092 f.; Wendt, Finanzhoheit, S. 1041; Wieland, Finanzverfassung, S. 1187.
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B. Rechtfertigung der Unternehmensnachfolgebesteuerung
werden, vielmehr kann der Steuergesetzgeber bestehende Steuern aufheben und neue Steuern einführen,25 solange die Ertragsverteilung zwischen Bund und Ländern nicht gefährdet wird. Der Art. 106 GG führt nicht zu einem Steuerbestandsschutz, ein ausgewogener und funktionsfähiger Bundesfinanzausgleich kann – gerade im Hinblick auf das geringe Mittelaufkommen aus der Erbschaftsteuer26 – auch ohne Erhebung der Erbschaftsteuer gewährleistet werden. Damit scheidet Art. 106 GG als Rechtfertigung für die Erbschaftsteuer aus. 3. Das Äquivalenzprinzip Das Äquivalenzprinzip wurde als Rechtfertigung nahezu für jede Steuer geltend gemacht, so auch für die Erbschaftsteuer. Nach dem Äquivalenzgedanken stellt die Besteuerung des Erbfalles eine Gegenleistung für Leistungen des Staates dar.27 Im Bereich der Nachfolgebesteuerung könnte die staatliche Gegenleistung insbesondere im Vermögensschutz und in der Gewährleistung des Rechts zu erben liegen.28 Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Stempel- und Registriergebühren für Vermögensübertragungen im 19. Jahrhundert Vorläufer der Erbschaftsteuer darstellten.29 Allerdings ist das Steueraufkommen nach Art. 110 Abs. 1 GG ausnahmslos als Einnahme in den Haushaltsplan einzustellen. Dieser Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans30 ist zusammen mit der Haushaltsbewil24 Brockmeyer in Schmidt-Bleibtreu/Klein, Grundgesetz Art. 106 Rn. 7a; Schneider in Denninger et al., Grundgesetz Art. 106 Rn. 3; Häde, Finanzausgleich, S. 162, der „allenfalls“ für die Umsatzsteuer eine Bestandsgarantie sieht; hingegen Zitzelsberger, Grundlagen, S. 213 ff., der keine „unmittelbare“ Bestandsgarantie aus Art. 106 GG ableitet, wohl aber in Verbindung mit Art. 28 Abs. 2 GG von einer Bestandsgarantie für die Gewerbesteuer spricht. 25 Kirchhof, Einnahmen, S. 118; Maunz in Maunz et al., Grundgesetz Art. 106 Rn. 21; Osterloh, „Öko-Steuern“ und verfassungsrechtlicher Steuerbegriff, S. 828; Schwarz in von Mangoldt et al., Grundgesetz Art. 106 Rn. 20; Wendt, Finanzhoheit, S. 1040 f.; auch Birk in Wassermann, Grundgesetz Art. 106 Rn. 6, der in der Norm jedoch eine Beschränkung der steuerlichen Höchstlast sieht. 26 Siehe dazu Kapitel B.II.7.b). 27 Schöler, Reichserbschaftssteuer, S. 46 und 64, ohne eine spezielle Gegenleistung des Staates zu nennen. 28 Fuisting, Preußische Steuern, S. 72; Geffcken, Erbschaftsteuer, S. 196; Krüger, Reichssteuer, S. 47. 29 Büchner, Erbschaftsteuer, S. 540; Kolms, Finanzwissenschaft, S. 78 f.; Krüger, Reichssteuer, S. 47. 30 Brockmeyer in Schmidt-Bleibtreu/Klein, Grundgesetz Art. 110 Rn. 12; Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 110 Rn. 11; Heun in Dreier, Grund-
II. Steuerrechtfertigung für die Erbschaftsteuer
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ligung ein wesentliches Instrument der parlamentarischen Regierungskontrolle.31 Steuern sind gemäß § 3 AO gegenleistungslos geschuldet, sie dienen zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs.32 Eine Rechtfertigung anhand des Äquivalenzprinzips greift folglich nur, wenn es sich bei der Erbschaftsteuer nicht um eine Steuer handelt, sondern um eine Vorzugslast. Dabei ist die Abgrenzung anhand des materiellen Gehalts der Abgabe und nicht anhand der Bezeichnung oder der haushaltsmäßigen Behandlung vorzunehmen.33 Zwar definiert das Grundgesetz den Begriff der „Steuer“ nicht, und § 3 AO kann aufgrund des Vorrangs der Verfassung für die Begriffsbildung nicht verbindlich sein34, doch hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Rechtsprechung eine Definition des Steuerbegriffs vorgenommen. Danach handelt es sich bei einmaligen oder laufenden Geldleistungen um Steuern, wenn diese nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft.35 Hingegen sind Vorzugslasten öffentliche Abgaben, die eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen, die der hoheitliche Abgabengläubiger dem Schuldner gewährt. Zu unterscheiden sind dabei Gebühren und Beiträge.36 Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer, öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an die Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken.37 Beiträge sollen wie Gebühren gesetz Art. 110 Rn. 14 f.; Klein, Finanzordnung, S. 1137 f.; Maunz in Maunz et al., Grundgesetz Art. 110 Rn. 28; Siekmann in Sachs, Grundgesetz Art. 110 Rn. 48; Stern, Staatsrecht, S. 1239; Wittmann, Haushalt, S. 44 f. 31 BVerfGE 55, 274, 303; BverfGE 91, 186, 201 f.; Hennerke, Finanzwesen, S. 95 f.; Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 110 Rn. 6; Kirchhof, Einnahmen, S. 95; Schuppert in Umbach/Clemens, Grundgesetz Art. 110 Rn. 29; Siekmann in Sachs, Grundgesetz Art. 9 und 15. 32 BVerfGE 67, 256, 275; BVerfGE 91, 186, 201; BVerfGE 98, 106, 118 f.; Pieroth in Jarass/Pieroth, Grundgesetz Art. 105 Rn. 3; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 870. 33 Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 105 Rn. 11. 34 Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 105 Rn. 12. 35 BVerfGE 3, 407, 435; BVerfGE 7, 244, 251; BVerfGE 29, 402, 408 f.; BVerfGE 42, 223, 228; BVerfGE 49, 343, 353; BVerfGE 55, 274, 299; BVerfGE 65, 325, 344; BVerfGE 72, 330, 433. 36 Heintzen in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 105 Rn. 20. 37 BVerfGE 91, 207, 223; BVerfGE 92, 91, 115; BVerfGE 97, 332, 345.
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B. Rechtfertigung der Unternehmensnachfolgebesteuerung
einen Sondervorteil ausgleichen, der in der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung besteht, wobei die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme ausreicht und nicht – wie bei der Gebühr – eine tatsächliche Inanspruchnahme gefordert wird.38 Bei der Erbschaftsteuer handelt es sich um eine Abgabe, die im Erbfall jeden trifft. Eine besondere Leistung erbringt der Abgabengläubiger dem Erben als Abgabenschuldner nicht. Es handelt sich deshalb nicht um eine Vorzugslast, auf die das Äquivalenzprinzip anwendbar wäre. Das Äquivalenzprinzip kann nicht zur Rechtfertigung der Erbschaftsteuer dienen. 4. Das Miterbrecht des Staates Ältere Rechtfertigungsversuche der Erbschaftsteuer stützen sich auf das Miterbrecht des Staates. Zunächst sollte nach diesem Gedanken der Staat direkt am Erbe partizipieren, beispielsweise durch ein Pflichtteilsrecht.39 Nach der Einführung der Erbschaftsteuer wurde diese teilweise als Surrogat eines staatlichen Erbrechts gedeutet. Die Forderung nach dem Erbrecht des Staates vertrat John Stuart Mill.40 Sie vereinte Sozialreformer41 – die im Erbrecht des Staates ein besonders effektives Mittel der Umverteilung sahen – mit Vertretern des konservativen Lagers42, die das Interesse des Individuums den Interessen des Staates unterordneten.43 Das Miterbrecht des Staates wurde während der Weimarer Republik kodifiziert44 und fand Niederschlag in Art. 154 Abs. 2 der Weimarer Reichsver38
BVerfGE 42, 223, 228; BVerwGE 72, 212, 218 f. Baron, Angriffe, S. 8 f.; Baron, Entwurf, S. 191 und Munzinger, Studien, S. 30 ff. und 38 ff., der ein Erbrecht der Gemeinden wollte, da diese die „menschliche Gesellschaft“ repräsentieren. 40 Mill, Ökonomie, S. 240 f., der für einen Maximalbetrag des individuellen Erbanfalls eintritt. 41 Wagner, Finanzwissenschaft, S. 476 ff.; von Scheel, Erbschaftssteuern, S. 47 ff.; von Scheel, Eigenthum, S. 16. 42 Bamberger, Erbrechtsreform, S. 11 ff.; Bamberger, Kriegsgewinnsteuer, S. 34 ff.; Bamberger, Erbschaftsteuer, S. 17 ff.; von Bernhardi, Krieg, S. 320 ff. 43 Oechsle, Erbschaftsbesteuerung, S. 244. 44 Bereits im Jahr 1908 wurde eine weitgehende Beschränkung des Verwandtenerbrechts im „Entwurf über das Erbrecht des Staates“ vom 03.11.1908 gefordert, siehe dazu: Verh.-RT, Bd. 248 Nr. 998, kommentiert auch bei Kipp, Erbschaftsteuergesetz, S. 11; ähnlich auch der „Entwurf eines Gesetzes über das Erbrecht des Staates“ vom 28.03.1913, siehe dazu: Bamberger, Erbschaftsteuer, S. 43 ff. 39
II. Steuerrechtfertigung für die Erbschaftsteuer
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fassung. Nach dieser Vorschrift bestimmt sich der „Anteil des Staates am Erbgut . . . nach den Gesetzen“45. Die Erbschaftsteuer ist nach dieser These die logische Konsequenz aus dem zerstörten Verbund der Großfamilie. An die Stelle der Großfamilie tritt in der modernen Gesellschaft der Staat. Nach äquivalenztheoretischer Idee muss im Gegenzug zu der „Familienfunktion“ des Staates, die mit diversen Pflichten, wie z. B. einer Unterstützungs- und Alimentationspflicht, verbunden ist, dem Staat ein Anteil am Erbe gewährt werden.46 Dem ist zu entgegnen, dass bei Fürsorgemaßnahmen, die durch familienexterne Personen durchgeführt werden, auch keine Verwandtenstellung begründet wird.47 Demnach muss die rechtliche Wertung der Familienzugehörigkeit unberührt bleiben, auch wenn der Staat entsprechende Leistungen übernimmt. Weiterhin wurde diese These unter dem Hinweis vertreten, dass der Staat dem Erbe näher stehen würde als irgendein entfernter Verwandter und folglich am Nachlass beteiligt werden müsse.48 Nach dieser Ansicht gehen die bestehenden zivilrechtlichen Regelungen des Erbrechts zu weit, so dass es einer Einschränkung durch die Erbschaftsteuer bedarf.49 Diese Argumentation verkennt, dass mit der Stellung als Erbe auch Pflichten verbunden sind. Konsequenterweise müsste der Miterbe „Staat“ in die Erbengemeinschaft gemäß §§ 2032 ff. BGB einrücken und die damit verbundenen Obliegenheiten übernehmen. Die Erbschaftsteuer kennt keine derartige Verpflichtung und verleiht dem Staat stattdessen ausschließlich Rechte.50 Es muss zudem bezweifelt werden, dass der Staat mit seinem Monopol der Steuererhebung dem Erblasser tatsächlich näher steht als ein Verwandter, sei er auch noch so weit entfernt. Die Lehre vom Miterbrecht des Staates kann aus den genannten Gründen als Rechtfertigungsgrund nicht überzeugen.
45 Dabei galt als Gesetz i. S. des Art. 154 Abs. 2 WRV das Erbschaftsteuerrecht, siehe dazu: Anschütz, Verfassung, S. 721; Boehmer in Nipperdey, Reichsverfassung S. 278 f. 46 Baron, Angriffe, S. 8; Baron, Entwurf, S. 191; Bluntschli/Brater, Staats-Wörterbuch, S. 412; Brater, Reform, S. 16 f.; Schanz, Erbschaftsteuer, S. 1052; von Scheel, Erbschaftssteuern, S. 47 f.; Umpfenbach, Erbe, S. 44 ff.; Wagner, Finanzwissenschaft, S. 477 f. 47 Fischer, Steuerrechtfertigungslehren, S. 349. 48 Kipp, Erbschaftsteuergesetz, S. 5; von Philippovich, Oekonomie, S. 109; Roscher, Nationalökonomie, S. 168. 49 Ritschl, Erbschaftsteuer, S. 276. 50 Fischer, Steuerrechtfertigungslehren, S. 349.
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B. Rechtfertigung der Unternehmensnachfolgebesteuerung
5. Kontrollsteuerthese Häufig wird in der älteren Literatur die Berechtigung der Erbschaftsteuer in einer Kontrollfunktion gesehen. Durch die Erbschaftsteuer werden verheimlichte Beträge erfasst. Auch soll eine Kontrolle über die Einhaltung der Verpflichtungen aus der Einkommensteuer durch sie leicht möglich sein,51 da im Todesfall die Vermögenswerte meist übersichtlich eingesehen werden können und die Erben teilweise zerstritten sind.52 Die Kontrollfunktion der Erbschaftsbesteuerung sei nach dieser Ansicht unentbehrlich.53 Schon die Kontrollfunktion der Erbschaftsteuer ist fraglich. Wieso soll es der Erbschaftsteuer gelingen, Steuerhinterziehung aufzudecken, wenn dies bei der Erhebung der jährlichen Einkommensteuer nicht gelungen ist? Als Rechtfertigung ist sie ungeeignet, denn der systematische Fehler des Rechtfertigungsversuches ist, dass auch diejenigen Abgaben leisten müssen, die keine Steuern hinterzogen haben.54 Diese Begründung würde dem ehrlichen Steuerzahler geradezu einen Anreiz bieten, Einkommensteuern zu hinterziehen.55 Obendrein würde damit jeder Verstorbene nachträglich als Steuerhinterzieher behandelt werden,56 was mit der sog. „Unschuldsvermutung“ des Art. 6 Abs. 2 MRK, die im Rechtsstaatsprinzip verankert ist,57 nicht zu vereinbaren wäre.58 Die Kontrollsteuerthese ist fehlerhaft und ungeeignet, die Erbschaftsteuer zu rechtfertigen.
51 Anastasiu, Kontrollsteuern, S. 105 f.; Biermer et al., Erbschaftsabgabe, S. 13; Frank, Unternehmung, S. 102 f.; Neumann, Vermögen, S. 417; Schanz, Erbschaftsteuer, S. 1054; Schmölders, Steuerlehre, S. 223; Roscher, Finanzwissenschaft, S. 334. 52 Schäffle, Steuer, S. 421 ff. 53 Hessler, Besteuerung, S. 184; Schäffle, Steuer, S. 423. Mit dem Erbschaftsteuergesetz vom 10.09.1919 (RGBl. I 1919, 1543) wurde eine Nachlasssteuer von bis zu 5% eingeführt. Laut Terhalle, Finanzwissenschaft, S. 378, wurde die Nachlasssteuer damals mit ihrer Eigenschaft als Kontrollsteuer begründet, die sie „unentbehrlich“ für das Steuersystem mache. Mit dem Erbschaftsteuergesetz vom 20.07.1922 (RGBl. I 1922, 610) wurde die Nachlasssteuer allerdings wieder aufgegeben. 54 Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Erbschaftsteuer, S. 27. 55 Antweiler, Reform, S. 4. 56 Ritschl, Erbschaftsteuer, S. 275. 57 BVerfGE 19, 342, 347; BverfGE 22, 254, 265. 58 Fischer, Steuerrechtfertigungslehren, S. 347 (Fn. 24).
II. Steuerrechtfertigung für die Erbschaftsteuer
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6. Nachholfunktion Nach einer anderen – hauptsächlich in der Literatur Anfang und Mitte des letzten Jahrhunderts zu findenden – Auffassung ist die Erbschaftsteuer durch eine ihr innewohnende Nachholfunktion gerechtfertigt. Danach sollen durch die Erbschaftsteuer Wertzuwächse, die von der Einkommensbesteuerung nicht erfasst wurden, nachträglich besteuert werden.59 Weiterhin wurde die Steuer damit gerechtfertigt, dass sie in der Lage ist, die durch Steuervergünstigungen bei der Einkommensteuer gebildeten Vermögen der Allgemeinheit zuzuführen.60 Mit einer solchen Besteuerung würden zum einen nicht nur diejenigen getroffen werden, die den steuerlichen Anreizen des Staates folgend Vermögen gebildet haben, sondern auch die Bürger, die Vermögen ohne staatliche Hilfe geschaffen haben. Zum anderen würde eine solche Begründung zukünftige steuerliche Anreize des Staates zur Vermögensbildung ins Leere laufen lassen, da die Steuerbürger auf das widersprüchliche Verhalten des Staates mit Gleichgültigkeit gegenüber steuerlichen Anreizen reagieren. Jüngst hat der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten 2002/03 diese Begründung in abgewandelter Form wieder aufleben lassen, indem er unter „ökonomischen“ Gesichtspunkten eine Erbschaftsteuer für angezeigt hält, wenn die „Hinterlassenschaft als Preis für dem Erblasser zu dessen Lebzeiten erbrachte Dienstleistungen der Erben“ zu verstehen ist. Die Besteuerung soll danach ein „Ersatz für die bei vergleichbaren Markttransaktionen anfallenden Umsatzsteuern und Einkommenssteuern“ sein.61 Wie der Sachverständigenrat selbst feststellt, sind Erbschaftsmotive im Einzelfall nicht beobachtbar und nicht verallgemeinerbar. Demzufolge ist eine Besteuerung nach den Motiven der Erblasser nicht umzusetzen. Die Nachholthese ist als rechtliche Begründung für die Erbschaftsteuer nicht geeignet. 7. Redistributionszweck In der steuerpolitischen Diskussion um die Rechtfertigung der Erbschaftsteuer wird auch der Redistributionszweck erwähnt. Nach diesem Gedanken 59
Muhs, Erbschaftssteuer, S. 21; Schäffle, Steuerpolitik, S. 508. Schäffle, Steuerpolitik, S. 508, spricht allgemein von „Steuerbegünstigungen des Erblassers“; hingegen sieht Troeger, Diskussionsbeiträge, S. 73, in der Erbschaftsteuer einen Ausgleich für die „zeitbedingt“ eingeführten Einkommensteuervergünstigungen nach der Währungsreform. 61 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Beschäftigung, S. 301. 60
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B. Rechtfertigung der Unternehmensnachfolgebesteuerung
wird eine Vermögensverteilung, bei der breite Bevölkerungsschichten die kein oder nur geringes Vermögen besitzen, während sich hohe Vermögensbestände bei einer kleinen Gruppe der Bevölkerung angesammelt haben, als unbefriedigend angesehen.62 Um dem zu begegnen, wird eine Umverteilung von Vermögen angestrebt. a) Erbschaftsteuer als Mittel der Vermögensverteilungspolitik Wie in Kapitel C.III.1.a) gezeigt wird, besteht ein zunehmendes Gefälle zwischen vermögenden und nicht vermögenden Haushalten.63 Trotzdem hat die Vermögensverteilungspolitik in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. Ausschlaggebend dafür ist, dass die negativen Effekte, die der ungleichen Vermögensverteilung früher durch Marx64 und Rignano65 zugeschrieben worden sind, wie z. B. Monopolisierung66 und der Verelendung breiter Bevölkerungsschichten, nicht in dem vorhergesagten Umfang eingetreten sind. Dies liegt daran, dass die Höhe des Lebensstandards durch Einkommen bestimmt wird und nicht durch die Verteilung des Kapitals.67 Da die Ungleichheit der Einkommensverteilung wesentlich geringer ist als die der Vermögensverteilung,68 sind die beschriebenen Effekte ausgeblieben. Aus gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Gründen ist eine ungleiche Verteilung des Vermögens jedoch bedenklich, da daraus soziale Spannungen resultieren.69 Durch eine gleichmäßigere Verteilung werden diese Spannungen reduziert, und die auf Privateigentum basierende marktwirtschaftliche Ordnung erhält eine größere Akzeptanz (sog. Integrationsfunktion).70 Für den Einzelnen bedeutet Vermögen persönliche Freiheit und Unabhängigkeit (sog. Freiheitsfunktion), er erhält Vermögenserträge (sog. Ertragsfunktion) und ist für Notfälle und das Alter besser abgesichert (sog. Sicherungsfunktion). Weiterhin wird vorhandenem Vermögen ein erheblicher 62
Zu den möglichen Ursachen für die Ungleichverteilung siehe Bach/Bartholmai, Produktivvermögen, S. 157 f.; Grüske, Vermögensverteilung, S. 124 f. 63 Siehe dazu Kapitel C.III.1.a). 64 Marx, Kapital, S. 577 ff. und 596 ff. 65 Rignano, Inheritance Tax, S. 12 ff. und 32 ff. 66 Sogar von einer „Tyrannisierung der gesamten Wirtschaft“ spricht Bissegger, Erbschaftsteuer, S. 19. 67 Oberhauser, Vermögensverteilung, S. 3. 68 Becker, Vermögensverteilung, S. 56; Beckert, Vermögenserwerb, S. 45; Beckert, Vermögen, S. 27; Heer, Wealth Distribution, S. 1. 69 Kisker, Vermögensdistribution, S. 13; Oberhauser, Finanzpolitik, S. 11; Oberhauser, Vermögensverteilung, S. 3; von Scheel, Eigenthum, S. 24. 70 Losinger, Vermögensverteilung, S. 68 ff.; Oberhauser, Vermögensverteilung, S. 3.
II. Steuerrechtfertigung für die Erbschaftsteuer
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Einfluss auf die Chancengleichheit in Gesellschaft und Wirtschaft zugeschrieben (sog. Machtfunktion),71 da den Vermögenden mittelbar oder unmittelbar die Entscheidung über Investitionen, Produktion, Arbeitsorganisation und Arbeitsplatzschaffung bzw. -abbau zukommt.72 Auch wenn heute die Chancengleichheit mehr am Humankapital, das durch Ausbildung und Erziehung erzeugt wird, als am Sachkapital festgemacht wird, ist eine gleichmäßigere Verteilung des Vermögens wünschenswert. Notwendig ist deshalb eine Verteilungspolitik.73 Neben anderen Möglichkeiten der Verteilungspolitik74 kann auch durch Steuern eine Korrektur der bestehenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse erreicht werden, so dass Steuern grundsätzlich auch dem Redistributionszweckgedanken dienen können.75 Die Idee, dass die Erbschaftsteuer ein Mittel der Umverteilung ist, fand ihre Verbreitung erstmals mit den Lehren des Kathedersozialisten76 und Volkswirtschaftlers Adolph Wagner77 und den Arbeiten von John Stuart Mill78 als Utilitarist79 und Vertreter der Nationalökonomie80. Beide sahen in der Erbschaftsteuer, die früher aus rein fiskalischen Gründen eingeführt wurde, ein Mittel der Umverteilung. Durch die Umverteilung soll das Wohlstandsgefälle verkleinert, und die Vermögensakkumulation unterbunden 71 Arndt, Gesellschaft, S. 145; Andersen, Vermögenspolitik, S. 137 f.; Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Lebenslagen, S. 43; Losinger, Vermögensverteilung, S. 59 ff.; Weisser, Gesellschaftspolitik, S. 367 f. 72 Bach/Bartholmai, Produktivvermögen, S. 147, kritisch dazu: Fischer, Reformbedürftigkeit, S. 9, der Gefahren eher von „unsterblichen“ juristischen Personen (Weltkonzernen) ausgehen sieht. 73 Ring, Vermögensverteilung, S. 65. 74 Zu Formen der effizienten Verteilungspolitik siehe: Andersen, Vermögenspolitik, S. 142; Oberhauser, Finanzpolitik, S. 62 ff.; Oberhauser, Vermögensverteilung, S. 5; Scherf, Vermögen, S. 39; Schüssler/Funke, Vermögensbildung, S. 50. 75 BVerfGE 13, 331, 345 f.; Klein, Gleichheitssatz, S. 118 f. und 207 f.; Lang, Entwurf Rn. 94 f.; Ulbrich, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 214 ff.; Wöhe, Steuern, S. 15 f. 76 Umfassend zum Kathedersozialismus und zum Wirken Adolph Wagners: Eidenmüller, Kathedersozialisten, S. 57 ff.; Scheler, Kathedersozialismus, S. 5 ff.; Völkerling, Kathedersozialismus, S. 1 ff. 77 Wagner, Finanzwissenschaft, S. 476 ff. und 372 ff.; siehe dazu die Darstellung bei Mann, Ideen, S. 318 ff. 78 Mill, Ökonomie, S. 240 f.; siehe dazu Antweiler, Reform, S. 70 und Erreygers, Inheritance in the history, S. 31 ff. 79 Umfassend zum Utilitarismus und zum Wirken des John Stuart Mill: Düppen, Utilitarismus, S. 122 ff.; Garcia Pazos, Utilitarismus, S. 13 ff.; Mill, Utilitarismus, S. 1 ff. 80 Umfassend zur Nationalökonomie und zum Wirken des John Stuart Mill: Issing, Nationalökonomie, S. 1 ff.
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B. Rechtfertigung der Unternehmensnachfolgebesteuerung
werden.81 Normiert findet sich dies in Art. 123 Abs. 3 S. 2 der Verfassung des Freistaates Bayern. Die Erbschaftsteuer dient danach „auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern“. Genauso sehen Teile der gegenwärtigen Finanz- und Rechtswissenschaft in der Erbschaftsteuer ein Instrument der Sozialgestaltung.82 Tatsächlich ist die Erbschaftsbesteuerung potentiell ein wirksames Mittel zur Beeinflussung der Verteilung der Vermögen.83 b) Rechtfertigung der Erbschaftsteuer durch das Redistributionsziel Gegen eine Rechtfertigung der Erbschaftsteuer durch das Redistributionsziel spricht zunächst, dass die Steuer mit Bewertungsunterschieden zwischen den einzelnen Vermögenskategorien ausgestaltet ist. Die Umverteilung kann demzufolge nicht gleichmäßig stattfinden. Argument gegen eine Rechtfertigung durch das Redistributionsziel ist auch das insgesamt sehr geringe Aufkommen der Steuer bei erheblichem Erhebungsaufwand. Im Jahr 2002 betrugen die Erbschaftsteuereinnahmen 3,02 Mrd. e. Dies entspricht nur 0,68% der gesamten Steuereinnahmen.84 Eine eigene Steuerart mit einem derart geringen Aufkommen kann nicht allein durch den Zweck der Umverteilung, dessen durchschlagender Erfolg ja gerade ein hohes Steueraufkommen erfordert, gerechtfertigt werden. Abhilfe könnte hier nur eine stärkere Besteuerung bieten. Allerdings stehen einer wesentlich stärkeren Besteuerung verfassungsrechtliche Bedenken entgegen, da dadurch die Eigentumsfreiheit und die Erbrechtsgarantie beeinträchtigt sein könnten. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass der derzeitige deutsche Staat als Steuerstaat zu qualifizieren ist, der seine Mittel nicht durch Eigenwirt81 Arndt, Gesellschaft, S. 145; Bissegger, Erbschaftsteuer, S. 18 ff.; Frantz, Revolution, S. 51 und 85 ff.; Kisker, Vermögensdistribution, S. 13 ff.; vom „Grundzweck der Erbschaft- und Schenkungsteuer“ spricht Lang in: Crezelius, Sicherung, S. 190; Maede, Wirtschaftsordnung, S. 49; Munzinger, Studien, S. 38; Nöll von der Nahmer, Finanzwissenschaft, S. 58 f.; Nöll von der Nahmer, Grundsätze, S. 182; Rüstow, Kapitalismus, S. 151; von Scheel, Erbschaftssteuern, S. 50. 82 Andersen, Vermögenspolitik, S. 142; Brünglinghaus, Gesellschaftspolitik, S. 66 und 192; Franke, Steuerpolitik, S. 69 f. und 242 f.; Haller, Abgaben, S. 110; Neumark, Steuerpolitik, S. 213; Nöll von der Nahmer, Grundsätze, S. 182; Petersen, Finanzwissenschaft II, S. 61 f.; Ulbrich, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 226; Vogel in: Balke, Symposium, S. 194; Wittmann, Finanzpolitik, S. 134 f.; Wittmann, Einnahmen, S. 216, der die Erbschaftsteuer für die Vermögensumverteilung als unverzichtbar hält, gleichzeitig jedoch die Steuer aus wachstums- und konjunkturpolitischen Gründen ablehnt. 83 Ring, Vermögensverteilung, S. 325. 84 Siehe dazu Kapitel C.III.1.c).
II. Steuerrechtfertigung für die Erbschaftsteuer
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schaft, sondern durch Geldabschöpfung des Einkommens und Vermögens der im Staat lebenden und handelnden Privatpersonen erzielt.85 Einkommen und Vermögen werden nicht vom Gemeinwesen, sondern von jedem Einzelnen generiert. Das Steuerrecht ist auf die Besteuerung nach individuellen Fähigkeiten angelegt und muss infolgedessen auch Vermögensunterschiede bis zu einem gewissen Grade tolerieren.86 Dies entspricht dem Selbstverständnis der heutigen bürgerlichen Gesellschaft als Leistungsgesellschaft, in der Leistung das herausragende Prinzip zur Rechtfertigung sozialer Ungleichheiten auch über mehrere Generationen hinweg ist.87 Eine vollkommene Umverteilung wird demzufolge durch die Erbschaftsteuer gar nicht angestrebt. Dem entspricht die praktische Ausgestaltung der Erbschaftsteuer, die eine mögliche größere verteilungspolitische Wirksamkeit des Instruments verhindert.88 Als alleinige Begründung für die Erhebung der Erbschaftsteuer kann deshalb der – in geringem Umfang bestehende – Redistributionseffekt nicht dienen, als Ergänzung kann er jedoch herangezogen werden.89 8. Leistungsfähigkeitsprinzip Das Leistungsfähigkeitsprinzip wird definiert als Besteuerung proportional zur individuellen Steuerfähigkeit.90 Fraglich ist, ob daraus eine Rechtfertigung für die Besteuerung abgeleitet werden kann. a) Rechtfertigung der Erbschaftsteuer durch das Leistungsfähigkeitsprinzip Die Ergiebigkeit und Solvenz des Steuerpflichtigen kann für sich keine Rechtfertigung für eine Besteuerung sein. Der Besteuerung nach der Leis85
Hennerke, Finanzwesen, S. 5; Isensee, Steuerstaat, S. 409; Köck, Sonderabgabe, S. 184; Papier, Steuerreform, S. 50; Papier in Maunz et al., Grundgesetz Art. 14 Rn. 167; Rodi, Verfassungsproblem, S. 240; Sacksofsky, Steuerstaatprinzip, S. 129 ff.; Weber-Grellet, Steuerstaat, S. 1. 86 Crezelius, Sicherung, S. 146; Kirchhof, Geldwirtschaft, S. 68 f.; Leipold, Grundlagen, S. 171 f. 87 Beckert, Vermögenserwerb, S. 45; Beckert, Vermögen, S. 317. 88 Ring, Vermögensverteilung, S. 325. 89 Crezelius, Erbschaftsteuerpolitik, S. 407 f.; Eberhard, Steuerreformkommission, S. 659 f.; Nohl, Vermögensredistribution, S. 85; Oberhauser, Erbschaftsteuer, S. 493 f.; Oechsle, Erbschaftsbesteuerung, S. 243; Schneider, Rechtfertigung, S. 42; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 875; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Reform, S. 60. 90 Ossenbühl, Steuerverteilung, S. 85.
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B. Rechtfertigung der Unternehmensnachfolgebesteuerung
tungsfähigkeit liegt der Gedanke zu Grunde, dass die durch den Staat repräsentierte Rechtsgemeinschaft am Entstehen und am Bestand der individuellen wirtschaftlichen Kapazität einen wesentlichen Anteil hat und folglich auch vermehrt am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt werden muss.91 Es ist Ausdruck der Steuergerechtigkeit,92 dass „jeder Bürger nach Maßgabe seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit Steuern zu belasten“ ist,93 und so zu einem funktionierenden Gemeinwesen beiträgt.94 Ein relativ gleiches Opfer erfordert deshalb eine nominal stärkere Beschneidung des Bessergestellten im Vergleich mit dem Schlechtergestellten.95 Schon während der Weimarer Republik war dieses Prinzip in Art. 134 WRV normiert. Ebenso wird die Besteuerung von Erbschaften heute überwiegend damit begründet, dass es durch eine Erbschaft zu einem Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit kommt.96 Im Zusammenhang mit der Erbschaftsbesteuerung wird allerdings kritisiert, dass das erworbene Vermögen durch den Erbfall nicht größer werde und folglich auch die Leistungsfähigkeit nicht ansteige.97 Der Kritik muss entgegnet werden, dass nicht die Vermögensmasse als Objekt besteuert wird, sondern das durch den Vermögenszufluss in seiner Leistungsfähigkeit begünstigte Steuerobjekt.98 Auch wird beanstandet, dass mit der Erbschaftsteuer bereits versteuertes Einkommen nochmals besteuert werde und es sich folglich um eine Doppelbesteuerung handele. Oftmals geht diese Kritik mit der Forderung nach der gänzlichen Abschaffung der Steuer einher.99 91 Kirchhof et al., Verfassungsstaat, S. 41; a. A. Leisner, Grenzen, S. 27, der im Leistungsfähigkeitsprinzip keine „selbständige Rechtfertigungsbedeutung neben dem Finanzbedarf“ sieht und für den die Leistungsfähigkeit bloß „eine nähere Bestimmung von Voraussetzungen, unter denen der staatliche Finanzbedarf gedeckt werden darf“, ist. 92 BVerfGE 66, 214, 223; Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 170 f. 93 BT-Drs. 7/1470, 211 f. 94 Weber-Grellet, Steuerstaat, S. 1 f. 95 Gersch in Klein, Abgabenordnung § 3 Rn. 13. 96 BverfGE 93, 165, 172; Crezelius, Steuerrecht II § 19 Rn. 2; Eickelberg, Rechtfertigung, S. 70; Groves, Financing Government, S. 230; Kirchhof, Grundriß Rn. 165; Mühl-Schimmele, Erbschaften, S. 19 f.; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 872; Wöhe, Steuern, S. 297 f. 97 Paus, Verfassungsfragen, S. 36; Ritter, Erbschaftsteuer, S. 2287; Zitzelsberger, Werte, S. 665. 98 Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht § 13 Rn. 102; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 874; Wöhe, Steuern, S. 298, so auch schon der Finanzausschuss in seinem Bericht zum Dritten Steuerreformgesetz, BT-Drs. 7/2180, 21.
II. Steuerrechtfertigung für die Erbschaftsteuer
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Dem Vorwurf der Doppelbesteuerung ist entgegenzuhalten, dass eine Doppelbesteuerung voraussetzt, dass ein Steuersubjekt mehrmals besteuert wird. Die von den Kritikern vertretene Auffassung geht dahin, dass der juristische Eigentümer nur ein Treuhänder für seine Sippe ist und es folglich mit der Erbschaft nicht zu einem Steuersubjektswechsel kommt. Allerdings findet zwischen der Einkommensbesteuerung und der nachfolgenden Erbschaftsbesteuerung ein Subjektswechsel vom Erblasser zum Erben statt.100 Die Argumentation der Kritiker ist demzufolge juristisch nicht nachvollziehbar. Eine Doppelbesteuerung ist nicht gegeben. Die erwähnten Kritikpunkte greifen nicht. Auch in der Fachliteratur herrscht weitestgehend Einigkeit, dass die Begründung der Erbschaftsteuer im Prinzip der steuerlichen Leistungsfähigkeit liegt. Folgerichtig heißt es in der Begründung zur Reform des Erbschaftsteuergesetzes 1974: „Die auf den Vermögensanfall des einzelnen Erwerbers ausgerichtete Besteuerung bedeutet im Grundsatz, dass hier der Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, die der Erwerber erfährt, Ziel und Rechtfertigung der Besteuerung ist“.101 Dem ist nichts hinzuzufügen. b) Exkurs: Integration der Erbschaftsteuer in die Einkommensteuer Da auch die Einkommensteuer auf dem Leistungsfähigkeitsprinzip aufbaut, wird – heute wie damals – überlegt, die Erbschaftsteuer in die Einkommensteuer zu integrieren.102 Rückzuführen sind diese Vorschläge auf den Einkommensbegriff von Adam Smith und die Schanz’sche Reinvermögenszugangstheorie.103 Nach dieser Theorie stellt Einkommen den gesamten Reinvermögenszugang einer Person während einer Periode ohne Rücksicht auf die Herkunft des Vermögens dar. Bei Erbschaften handelt es sich folglich um Einkommen.104 Hierauf aufbauend wurde geltend gemacht, wenn schon das durch Einsatz erworbene Einkommen besteuert wird, dann müssten erst recht Erbschaften 99 Kruse, Abschied, S. 718; N. N., Selbständigenpräsident; Oberhauser, Erbschaftsteuer, S. 492. Auch in der steuerjuristisch nicht bewanderten Bevölkerung wird dieses Argument oftmals vehement vertreten. 100 Hingegen würde dies bei Ausgestaltung der Erbschaftsteuer als Nachlasssteuer eine Doppelbesteuerung nach sich ziehen, die nicht durch das Leistungsfähigkeitsprinzip gerechtfertigt werden kann. 101 BT-Drs. 6/3418, 59. 102 Heinz, Integration, S. 221 ff.; Hessler, Besteuerung, S. 182; Paus, Verfassungsfragen, S. 36; Seer, Prüfstand, S. 878. 103 Schanz, Erbschaftsteuer, S. 1050. 104 Schneider, Rechtfertigung, S. 39; so auch schon Schäffle, Steuerpolitik, S. 508.
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B. Rechtfertigung der Unternehmensnachfolgebesteuerung
besteuert werden; sie werden nicht erworben, sondern fallen „zufällig“ und „mühelos“ an.105 Ein leistungsloser Vermögensanfall widerspreche dem Prinzip der Arbeit, auf dem Staat und Gesellschaft aufgebaut seien, so dass es sogar einer besonderen, verschärften Besteuerung bedürfe.106 Dem ist zum einen zu entgegnen, dass Maßstab der Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip allein der Mittelerwerb ist. Übereinstimmend mit der Reinvermögenszugangstheorie ist es bedeutungslos, welche Herkunft die Mittel haben und ob sie durch Anstrengung erworben wurden oder nicht.107 Auf moralisierende Vorstellungen, ob Einkommen verdient oder eben nicht verdient ist, kann es im Steuerrecht nicht ankommen.108 Zum anderen stimmt der wirtschaftliche Begriff des Einkommens von Smith und Schanz nicht mit dem des deutschen Einkommensteuerrechts überein. Je nach Anschauung beruht hierbei der steuerliche Einkommensbegriff auf dem Quellenprinzip oder auf der Markteinkommenstheorie. Nach der auf Fuisting zurückgehenden Quellentheorie109 werden Einkünfte nur dann besteuert, wenn es sich dabei um Erträge aus stetig fließenden Quellen handelt.110 Nach der von Neumark entwickelten Markteinkommenstheorie111 stellt Einkommen das Ergebnis einer Marktteilnahme in Form eines entgeltlichen Mittelerwerbs dar.112 Aufgrund der fehlenden Dauerhaftigkeit und Beständigkeit und der fehlenden Marktteilnahme handelt es sich bei Erbschaften und Schenkungen nicht um steuerliches Einkommen. Selbst wenn man die verschiedenen Wortbedeutungen des Einkommens außer Acht lässt, ist aus praktischen Erwägungen den Bestrebungen nach einer Integration der Erbschaftsteuer in die Einkommensteuer zu entgegnen, dass eine eigenständige erbschaftsteuerliche Kodifikation notwendig ist, um den vom Verwandtschaftsgrad abhängigen Steuertarif als Ausdruck des 105 Groves, Financing Government, S. 231; Kisker, Vermögensdistribution, S. 15; Königswarter in: Verh.-BT, Bd. 22, 2733, 2785; Neumark, Steuerpolitik, S. 136; Schanz, Geschichte II, S. 172; Schanz, Erbschaftsteuer, S. 1050; Wagner, Finanzwissenschaft, S. 476 f.; Walz, Steuergerechtigkeit, S. 87. 106 Boehmer, Erbfolge, S. 4; Neumann, Vermögen, S. 424. 107 Bechstein, Rechtfertigung, S. 54; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 872; mit anderer Begründung Frank, Unternehmung, S. 94 f., der darauf verweist, dass die überwiegende Mehrzahl der Erben sich ausrechnen kann, später ein Vermögen zu erben. Nach seiner Meinung liegt deshalb ein solcher Zufall nicht vor. 108 Hessler, Besteuerung, S. 182. 109 Fuisting, Preußische Steuern, S. 110. 110 Wöhe, Steuern, S. 298. 111 Neumark, Einkommensbesteuerung, S. 41 ff. 112 Ruppe, Einkunftsquellen, S. 15 f.
III. Anwendung der Erbschaftsteuerrechtfertigung
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grundgesetzlich verankerten Familienschutzes durchzusetzen.113 In das Einkommensteuerrecht wäre dies kaum zu integrieren.114 Überdies stellt sich hier die Frage, wie bei einer Integration in die Einkommensbesteuerung der Steuersatz zu ermitteln wäre, da Erbschaften der Höhe nach weit über den laufenden Einkünften liegen und nicht regelmäßig anfallen.115 Folglich wird davon gesprochen, dass es sich bei der Erbschaftsteuer um eine „Ergänzung“116 oder „Sondersteuer“117 zu der Einkommensteuer bzw. um eine „Einkommensteuer im weiteren Sinne“118 handelt.
III. Anwendung der Erbschaftsteuerrechtfertigung auf die Besteuerung der Unternehmensnachfolge Teilweise wird die grundsätzliche Rechtfertigung der Erbschaftsteuer anhand des Leistungsfähigkeitsprinzips zwar anerkannt, allerdings nicht für den Fall des Unternehmensübergangs.119 Dogmatisch wird gegen die Besteuerung vorgebracht, dass bei den betroffenen Unternehmen weder das Betriebsvermögen noch die Ertragskraft zunimmt. Die Unternehmen büßen vielmehr durch die Erbschaftsteuerbelastung an Leistungs- und Kreditfähigkeit ein, und es kommt somit nicht zu einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit.120 Damit ähnelt die Kritik dem generellen Einwand gegenüber der Begründung der Erbschaftsteuer durch das Leistungsfähigkeitsprinzip, dass das übertragene Vermögen keinen Zuwachs erfährt.121 113 Fischer, Steuerrechtfertigungslehren, S. 346; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 874; mit anderer Begründung Wöhe, Steuern, S. 298 f., der als Argument für den verwandtschaftsgradabhängigen Steuertarif eine schon vor dem Tod des Erblassers direkt oder indirekt vorhandene Beteiligung der Verwandten am Nachlass anführt. 114 Fischer, Reformbedürftigkeit, S. 10; Oberhauser, Erbschaftsteuer, S. 493; Schanz, Erbschaftsteuer, S. 1050; Trzaskalik, Diskussionsbeitrag, S. 221; a. A. Seer, Prüfstand, S. 878; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 874 f. 115 Crezelius, Erbschaftsteuerpolitik, S. 407; Kirchhof, Grundriß Rn. 165; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 874; Walz, Steuergerechtigkeit, S. 163 f.; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Reform, S. 59. 116 Balke, Einheitswert, S. 109; Eickelberg, Rechtfertigung, S. 70; Gebel, Betriebsvermögensnachfolge, S. 2; Walz, Steuergerechtigkeit, S. 163 f.; Wöhe, Steuern, S. 298. 117 Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 883. 118 Fischer, Reformbedürftigkeit, S. 10; Gebel, Betriebsvermögensnachfolge, S. 2; Seer, Prüfstand, S. 878. 119 So beispielsweise ausdrücklich Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 766 f. 120 Crezelius, Unternehmensrecht, S. 331; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 765 f. 121 Siehe dazu Kapitel B.II.8.a).
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B. Rechtfertigung der Unternehmensnachfolgebesteuerung
Diese Ansicht verkennt, dass für die Unternehmensnachfolgebesteuerung nichts anderes gelten kann als für die als Erbanfallsteuer ausgestaltete Erbschaftsteuer selbst. Aus diesem Grund wird nicht eine Vermögensmasse – und damit das Unternehmen – als Objekt besteuert, sondern das durch den Vermögenszufluss in seiner Leistungsfähigkeit begünstigte Subjekt – der Erbe. Die von den Kritikern vorgebrachte Belastung der Betriebe erfolgt – falls überhaupt – nur mittelbar, wenn der Erbe dem Unternehmen Liquidität zur Erbschaftsteuerzahlung entzieht. Dabei unterscheiden sich die Fälle des Erben als neuer Unternehmensträger und dem Erben, der beispielsweise Kapital- oder Grundvermögen erbt, dogmatisch nicht. Für beide stellt der Neuerwerb eine Bereicherung dar, und in beiden Fällen kann durch die Erbschaftsteuerbelastung das vererbte Vermögen angegriffen werden. Hierbei führt Ritter an, dass der Erbfall zu keinen Wertsteigerungen am ererbten unternehmerischen Vermögen führe. Ein Vermögenszuwachs entsteht nach seiner Auffassung für den Erben erst durch die kontinuierliche Fruchtziehung aus dem Vermögen. Da jedoch diese Fruchtziehung bereits der laufenden Ertragsbesteuerung unterliegt, würde die Erbschaftsteuer nach dieser Auffassung prinzipiell nicht dem Leistungsfähigkeitsgedanken entsprechen.122 Dies läuft darauf hinaus, dass Vermögen mit Ertragspotential grundsätzlich nicht der Erbschaftsteuer unterliegen darf. Folgt man dieser Argumentation, so erscheint es fraglich, ob Vermögen, das keine Erträge bringt, der Steuer unterliegen darf. Würde man auch dies verneinen, würde die gesamte Erbschaftsteuer wegfallen. Die Ansicht verkennt damit, dass der Besteuerungsgrund von Erbschaftund auch Ertragsteuer die erhöhte Leistungsfähigkeit ist. Dabei wird bei beiden Steuerarten an die Fähigkeit zur Leistung – und eben nicht an die Realisation der Fähigkeit – angeknüpft. Die Argumentation Ritters schlägt fehl. Gründe, die gegen eine Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip bei der Nachfolge in unternehmerisches Vermögen sprechen, sind nicht ersichtlich. Demzufolge ist auch für die Besteuerung der Unternehmensnachfolge das Leistungsfähigkeitsprinzip maßgeblich.
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Ritter, Erbschaftsteuer, S. 2287 f.
IV. Resümee
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IV. Resümee Die allgemeine Rechtfertigung für die Steuererhebung durch den Staat ergibt sich aus dessen Schutz- und Sicherungsfunktion für das einzelne Individuum. Ein freiheitlicher, marktwirtschaftlicher Rechts- und Sozialstaat ist auf die Erhebung von Steuern angewiesen. Gerechtfertigt ist die Erhebung der Erbschaftsteuer durch das Leistungsfähigkeitsprinzip. Als Ergänzung dieser Rechtfertigungsbegründung kann die Redistributionswirkung der Erbschaftsteuer angeführt werden. Dasselbe gilt für die Unternehmensnachfolgebesteuerung. Als Teil der Erbschaftsteuer ist für sie das Leistungsfähigkeitsprinzip maßgeblich, der Redistributionszweck hat lediglich eine ergänzende Wirkung.
C. Betriebs- und volkswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung Die Diskussionen um die Besteuerung des Unternehmensübergangs beinhalten im Kern oftmals die betriebs- und volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Erbschafts- und Nachfolgebesteuerung. Dabei gehen die betriebswirtschaftlichen Bedenken gegen die Besteuerung der Unternehmensnachfolge dahin, dass durch sie die Liquidität und Substanz des Unternehmens stark beschnitten wird. Infolgedessen gehen die Investitionen zurück, und die Weiterführung der betroffenen Betriebe ist gefährdet. Volkswirtschaftlich soll die Erbschaftsteuer zu einer Konzentration des Wettbewerbs führen und das Wirtschaftswachstum behindern. Positiv wird der Erbschaftsteuer zu gute gehalten, dass sie zur Vermögensverteilung in der Gesellschaft führt, wobei diese Wirkung der Erbschaftsbesteuerung höchst umstritten ist. Um Klarheit in die sich teilweise widersprechenden Argumente für und wider die Erbschaftsteuer und die Unternehmensnachfolgebesteuerung zu bringen, werden zunächst die ersten Ergebnisse der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik 2002 analysiert, und Rückschlüsse für die gegenwärtige Erfassung der Unternehmensnachfolge durch die Erbschaftsteuer gezogen. Im Anschluss daran werden die Effekte der Nachfolgebesteuerung auf Unternehmen bzw. auf die Volkswirtschaft untersucht, wozu auch die Ergebnisse der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik 2002 herangezogen werden.
I. Quantitative und wertmäßige Einordnung der Erbschaftsteuer und der Unternehmensnachfolgebesteuerung Mit dem ersten Statistikbereinigungsgesetz wurde die Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik Anfang der achtziger Jahre abgeschafft. Amtliche Daten waren letztmalig für den Betrachtungszeitraum 1978 erhältlich. Erstmals für das Veranlagungsjahr 2002 erstellt man wieder eine Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik.1 Das Bundesamt für Statistik hat hierzu erste Ergebnisse veröffentlicht.2 1 Die nächste amtliche Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik ist für das Jahr 2007 geplant.
I. Quantitative und wertmäßige Einordnung der Erbschaftsteuer
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Bei der Betrachtung der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik muss darauf hingewiesen werden, dass die meisten Erwerbe von Todes wegen und Schenkungen innerhalb der steuerlichen Freibeträge stattfinden. Die angegebenen Daten repräsentieren deshalb nicht sämtliche Vermögensübergänge des Jahres 2002, sondern nur den Teil der Vermögensübergänge, der erbschaftsteuerlich erfasst wird. Weiterhin muss bei der Analyse der statistischen Daten berücksichtigt werden, dass die Finanzämter die Steuern für die Vermögensübergänge des Jahres 2002 auch noch in Zukunft festsetzen können. Demzufolge sind die erbschaftsteuerrelevanten Vermögensübergänge des Jahres 2002 nicht voll aufgezeichnet. Allerdings sind auch in den Zahlen für 2002 Vermögensübergänge enthalten, die mehrere Jahre zurückliegen, bei denen die Steuer aber 2002 erst festgesetzt wurde. Die Erb- und Schenkungsteuerstatistik gibt demzufolge die im Jahr 2002 festgesetzten Steuern wieder. Nach dem vorläufigen Ergebnis der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik 2002 beliefen sich die Erwerbe von Todes wegen, für die im Jahr 2002 erstmals Steuern festgesetzt wurden, nach Abzug der Freibeträge, auf insgesamt 12,127 Mrd. e und die Schenkungen auf 4,608 Mrd. e. Dafür wurden insgesamt 2,242 Mrd. e Erbschaftsteuer und 0,575 Mrd. e Schenkungsteuer festgesetzt. Die vorliegenden Daten schlüsseln auf, welche Gegenstände von Todes wegen übertragen wurden. Dies ist wichtig für die Beurteilung, welches Gewicht die Übertragung betrieblichen Vermögens hat. Diese Daten liegen leider für die Übertragung im Wege der Schenkung nicht vor. Um die Vergleichbarkeit zu wahren, konzentriert sich die Arbeit im Folgenden auf die Betrachtung der Daten, die zur Erbschaftsbesteuerung vorliegen. 1. Anzahl der Erbschaftsteuerfestsetzungen unterteilt nach Größenklassen des steuerpflichtigen Erwerbs Im Jahr 2002 kam es in 122.278 Fällen aufgrund von Erwerben von Todes wegen zu einer Steuerfestsetzung. Gemessen an 841.686 Todesfällen3 im Jahr 2002 entspricht dies einer Quote von 14,5%.4 2 Statistisches Bundesamt, Erbschaftsteuerstatistik 2002, S. 1 f., sowie die dem Verfasser vom Bundesamt für Statistik freundlicherweise zur Verfügung gestellte Arbeitstabelle (Stand: 02.07.2004). 3 Angaben aus Statistisches Bundesamt, Bevölkerungsbewegung. Auf ähnliche Ergebnisse läuft eine Schätzung von Halaczinsky hinaus, der jährlich von 900.000 Todesfällen und 100.000 Schenkungsfällen ausgeht, Halaczinsky, Einführung, S. 1270. 4 Der Quote liegt die Annahme zu Grunde, dass ein Todesfall nur einen Erwerb darstellt. Tatsächlich kann diese Anzahl durch Vermächtnisse, mehrere Erben oder
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C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
Demzufolge findet in 85,5% aller Todesfälle keine Steuerfestsetzung statt, da der Wert der Erwerbe von Todes wegen unter dem erbschaftsteuerlichen Mindestvolumen liegt. Für die 14,5% der Fälle, in denen es zur Steuerfestsetzung kommt, ergibt sich folgende Verteilung der Steuerfestsetzungen.
Anteil der Erbschaftsteuerfestsetzung
90%
81,7%
80% 70% 60% 50% 40% 30%
15,5%
20% 10%
2,5%
0,2%
0,1%
500 bis 2.500
2.500 bis 5.000
über 5.000
0% unter 100
100 bis 500
Größe des übertragenen Vermögens in Tausend €
Abbildung 1: Anteil der Fälle, bei denen aufgrund eines Erwerbes von Todes wegen Erbschaftsteuer festgesetzt wurde, nach Größenklassen5
Dabei entfallen 81,7% der Festsetzungen auf Fälle, in denen der steuerpflichtige Erwerb weniger als 100.000 e betragen hat. In 15,5% der Festsetzungen lag der Erwerb im Bereich von 100.000 bis 500.000 e. Im Bereich von 500.000 bis 2,5 Mio. e lagen nur 2,5% der Fälle. Gemessen an der Gesamtzahl der Steuerfestsetzungen, war die Anzahl der Fälle im Großvermögensbereich von 2,5 bis 5 Mio. e und im Bereich von über 5 Mio. e mit 0,2 bzw. 0,1% verschwindend gering. In absoluten Zahlen sind dies im Jahr 2002 insgesamt 403 Fälle, bei denen ein steuerpflichtiger Erwerb von Todes wegen mit einem Wert von über 2,5 Mio. e stattgefunden hat. Demnach lag mit 97,2% der weitaus größte Anteil der Steuerfestsetzungen im Erwerbsbereich von bis zu einer halben Mio. e.
dem Nichtvorhandensein von Erben – und damit dem Fall der Erbschaft an den Fiskus – variieren. 5 Quelle: Bundesamt für Statistik, Arbeitstabelle (Stand: 02.07.2004) und eigene Berechnung.
I. Quantitative und wertmäßige Einordnung der Erbschaftsteuer
51
2. Wert des übertragenen Vermögens in den einzelnen Größenklassen des steuerpflichtigen Erwerbs Dabei wird bei allen Steuerfestsetzungen insgesamt Vermögen mit dem erbschaftsteuerlichen Wert vor allen Abzügen von 17,02 Mrd. e übertragen.6 Wie die folgende Grafik verdeutlicht, findet wertmäßig der größte Teil der Vermögensübertragungen im Bereich der steuerpflichtigen Erwerbe bis zu einer halben Mio. e statt. So beträgt das übertragene Volumen im Bereich von bis zu 100.000 e schon 5,295 Mrd. e, was etwa 31% des gesamten übertragenen Vermögens durch die erbschaftsteuerlich erfassten Erwerbe von Todes wegen entspricht. Fast genauso hoch mit 5,292 Mrd. e ist das übertragene Vermögen im Bereich der steuerlichen Erwerbe mit Vermögen zwischen 100.000 und 500.000 e.
Übertragenes Vermögen in Millionen €
6.000
5.295
5.292
5.000 4.000
3.414
3.000 2.118 2.000 899
1.000 0 unter 100
100 bis 500
500 bis 2.500
2.500 bis 5.000
über 5.000
Größenklasse des erbschaftsteuerlichen Erwerbs in Tausend €
Abbildung 2: Übertragenes Vermögen (gesamt) in den verschiedenen Größenklassen des erbschaftsteuerlichen Erwerbs7 6 Bundesamt für Statistik, Arbeitstabelle (Stand: 02.07.2004) und eigene Berechnung. Nach Beckert, Vermögenserwerb, S. 45 und Beckert, Vermögen, S. 26 f., werden in Deutschland bei allen Erbschaften und Schenkungen inklusive der Vermögensübergänge, bei denen es zu keiner Steuerfestsetzung kommt, jährlich Vermögenswerte von etwa 150 bis 200 Mrd. e vererbt. Die BBE-Unternehmensberatung, Erbschaften, S. 138, geht sogar von 220,6 Mrd. e, die im Jahr 2003 übertragen worden sind, aus. 7 Quelle: Bundesamt für Statistik, Arbeitstabelle (Stand: 02.07.2004) und eigene Berechnung.
52
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
Im Bereich der Übertragungen mit Vermögensgrößen von 500.000 e bis 2,5 Mio. e nimmt das insgesamt übertragene Vermögen ab, so wurden nur knapp 3,4 Mrd. e von Todes wegen übertragen, was etwa 20% des gesamten übertragenen Vermögens entspricht. Deutlich geringer ist auch die Quote im Bereich von 2,5 bis 5 Mio. e, sie beträgt nur 5,3% bei knapp 900 Mio. e übertragenem Gesamtvermögen. Im Bereich der erbschaftsteuerlichen Erwerbe von über 5 Mio. e nimmt das übertragene Gesamtvermögen aufgrund der großen Vermögensspanne nochmals deutlich zu. Es werden 2,118 Mrd. e übertragen, was einer Quote von 12,4% entspricht. 3. Wertmäßiger Anteil des Betriebsvermögens am Gesamtnachlass und Verteilung des Betriebsvermögens nach Nachlassgrößenklassen Der Wert sämtlichen Nachlassvermögens beträgt zusammen 19,269 Mrd. e.8 Dabei macht land- und forstwirtschaftliches Vermögen 0,4%, Grundvermögen etwa 30,2%, Betriebsvermögen 7,8% und sonstiges Vermögen 61,6% des Nachlasswertes aus.
70%
Anteil der Vermögensarten am Gesamtnachlass
61,6% 60% 50% 40% 30,2% 30% 20% 7,8%
10% 0,4% 0% Land- und forstw. Vermögen
Grundvermögen
Betriebsvermögen
Sonstiges Vermögen
Abbildung 3: Verteilung des Nachlasses aufgegliedert auf die verschiedenen Vermögensarten9
8 Da in diesem Wert der gesamte Nachlasswert erfasst wird und nicht bloß der Wert, der bei steuerpflichtigen Personen anfällt, ist der Wert nicht mit den oben angegebenen 12,127 Mrd. e, auf die Steuern festgesetzt wurden, identisch. 9 Quelle: Bundesamt für Statistik, Arbeitstabelle (Stand: 02.07.2004) und eigene Berechnung.
I. Quantitative und wertmäßige Einordnung der Erbschaftsteuer
53
Der steuerliche Wert des betrieblichen Vermögens beträgt insgesamt 1,5 Mrd. e. Berücksichtigt werden muss, dass die angegebene Relation auf Erbschaftsteuerwerten beruht. Die prozentuale Verteilung gibt folglich nicht das Verhältnis nach Verkehrswerten wieder. Wie die folgende Grafik zeigt, variiert der durchschnittliche Anteil des Betriebsvermögens je nach Nachlassgröße erheblich. Dabei nimmt der wertmäßige Anteil des Betriebsvermögens an den Nachlassgegenständen mit ansteigender Nachlassgröße insgesamt zu.
30%
Anteil des Betriebsvermögens
26,1% 25% 20% 13,9%
15%
7,8%
10% 5%
2,9%
5,2%
100 bis 500
500 bis 2.500
2,2%
0% unter 100
2.500 bis 5.000
über 5.000
Nachlass gesamt
Größe des Reinnachlasses in Tausend €
Abbildung 4: Anteile des Betriebsvermögens in der jeweiligen Nachlassgrößenklasse10
In der Nachlassgrößenklasse unter 100.000 e macht Betriebsvermögen etwa 2,2% des anfallenden Nachlasses aus. Mit 2,9% liegt die Quote im Bereich der Nachlässe von 100.000 bis 500.000 e nicht viel höher. Eine erste deutliche Steigerung der Konzentration liegt im Bereich von 500.000 bis 2,5 Mio. e vor. Das Betriebsvermögen macht in diesem Bereich 5,2% des Nachlassvermögens aus. Diese Quote steigt auf fast 14% in der Nachlassgrößenklasse von 2,5 bis 5 Mio. e. Eine Häufung unternehmerischen Vermögens kann im Bereich von über 5 Mio. e festgestellt werden, wo eine Quote von 26,1% erreicht wird. Wie die Untersuchung von Schaubach aus dem Jahr 2002 zeigt, sind gerade die sehr großen Vermögen durch unternehmerische Tätigkeit entstan10 Quelle: Bundesamt für Statistik, Arbeitstabelle (Stand: 02.07.2004) und eigene Berechnung.
54
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
den und bis heute durch aktive Unternehmensbeteiligungen geprägt.11 Es ist deshalb anzunehmen, dass eine Unterteilung der hier abgebildeten höchsten Nachlasskategorie, bei der die Nachlassgröße über 5 Mio. e liegt, in mehrere Abschnitte dazu führen würde, dass der Anteil unternehmerischen Vermögens mit zunehmender Größe des Nachlasses zunimmt und bei sehr großer Vermögenshöhe deutlich über 26% liegt. Die Tendenz, dass Betriebsvermögen gerade im Bereich hoher Nachlässe vorliegt, wird durch Steuergestaltungsmodelle, nach denen Privatvermögen in unternehmerisches Vermögen eingebracht wird,12 erheblich bestärkt. 4. Erbschaftsteuerfestsetzung nach Größenklassen der steuerlichen Erwerbe Untersucht man, welche Größenklasse der steuerpflichtigen Erwerbe von Todes wegen welchen Anteil der gesamten festgesetzten Erbschaftsteuer ausmacht, so ergibt sich folgendes Bild:
Anteil am Steueraufkommen
35%
30,1%
30%
26,8%
25% 20%
18,3%
18,2%
15% 6,7%
10% 5% 0% unter 100
100 bis 500
500 bis 2.500
2.500 bis 5.000
über 5.000
Größe des übertragenen Vermögens in Tausend €
Abbildung 5: Anteil der Erbschaftsteuerfestsetzung am Gesamtaufkommen nach Größenklassen13
Wie die Grafik verdeutlicht, ist gerade im Bereich der Erwerbsgröße von unter 100.000 e die festgesetzte Steuersumme mit 18,2% – gemessen an fast 82% der Fälle, in denen es überhaupt zu einer Steuerfestsetzung kam, und 31% des insgesamt übertragenen Vermögens – relativ gering. Das 11
Schaubach, Family Office, S. 188 ff. Siehe dazu Kapitel E.IX.5. 13 Quelle: Bundesamt für Statistik, Arbeitstabelle (Stand: 02.07.2004) und eigene Berechnung. 12
I. Quantitative und wertmäßige Einordnung der Erbschaftsteuer
55
größte Aufkommen stammt mit knapp 30% aus erbschaftsteuerpflichtigen Erwerben in Höhe von 100.000 bis 500.000 e, womit das Aufkommen aus der Steuerfestsetzung in etwa dem Anteil des übertragenen Vermögens am Gesamtvermögen entspricht. Die Fallzahl liegt in diesem Bereich bei 15,5%. Mit 26,8% stammt ein großer Anteil der festgesetzten Steuersumme aus dem Vermögensbereich zwischen 500.000 und 2,5 Mio. e. Dieser Bereich repräsentiert 2,5% der Erbschaftsteuerfälle und knapp 20% des insgesamt übertragenen Vermögens. Im daran anschließenden Vermögensbereich von 2,5 bis 5 Mio. e geht der Anteil an der gesamten Steuerfestsetzung mit 6,7% stark zurück. Das Absinken geht dabei einher mit einer geringeren übertragenen Vermögensmenge, die nur noch 5,2% des insgesamt übertragenen Vermögens beträgt. Auch die Anzahl der Fälle ist drastisch gesunken, nur in 253 Fällen, das entspricht 0,2% aller Steuerfestsetzungen, kam es zu einer Festsetzung in diesem Übertragungsbereich. Auffallend ist das hohe Aufkommen aus dem Erwerbsbereich von über 5 Mio. e. Die Summe der Steuerfestsetzungen betrug in diesem Bereich 410 Mio. e, dies entspricht 18,3% der insgesamt festgesetzten Erbschaftsteuer. Dabei verteilt sich die Steuerfestsetzung auf nur 150 Fälle bzw. 0,1% aller Steuerfestsetzungen. Anhand dieser Fakten könnte man zu dem Schluss kommen, dass die Vermögenskategorie einer extrem hohen Besteuerung unterliegt. Allerdings relativiert sich diese Annahme bei Betrachtung der 2,118 Mrd. e, die in diesem Vermögensbereich übertragenen wurden. Die Steuerfestsetzung entspricht etwa 12,4% des gesamten übertragenen Vermögens. Für den durchschnittlichen Einzelfall ergibt sich dabei ein Erwerb vor Freibeträgen und Abschlägen von 14,12 Mio. e, wobei die durchschnittliche Erbschaftsteuerbelastung bei 2,73 Mio. e liegt. Das entspricht einer Belastungsquote von 19,34%. Nicht wesentlich geringer ist die Belastungsquote in den niedrigeren Vermögensbereichen. Im Bereich von 2,5 bis 5 Mio. e beträgt der durchschnittliche Erwerb 3,55 Mio. e, und die Belastungsquote liegt bei 16,71%. Der durchschnittliche Erwerb im Bereich von 500.000 bis 2,5 Mio. e liegt bei 1,12 Mio. e, die Belastungsquote liegt dort bei 17,59%. Damit ist die Besteuerung nur geringfügig höher als in den Kategorien mit geringerem Vermögen. Von einer deutlich höheren Besteuerung kann nicht gesprochen werden. Festzuhalten bleibt, dass die festgesetzte Steuer trotz vielfach höherer Fallzahl in den niedrigen Wertkategorien gering ist. Indessen ist die Summe der festgesetzten Steuer im Bereich großer Nachlassvermögen hoch. Dabei
56
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
übersteigt in der Kategorie von über 5 Mio. e die Quote der Steuerfestsetzung den Anteil des wertmäßig erworbenen Vermögens an dem gesamten übertragenen Vermögen deutlich. 5. Rückschlüsse über das aus Unternehmensübergängen resultierende Erbschaftsteueraufkommen Anhand des bisher vorliegenden Datenmaterials zur Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik 2002 kann nicht exakt bestimmt werden, welcher Anteil der Erbschaftsteuerfestsetzung auf die Übertragung betrieblichen Vermögens zurückzuführen ist. Zur Feststellung der Höhe des aus Unternehmensübergängen stammenden Aufkommens aus der Erbschaftsteuer kommt es in Betracht, den Anteilswert am Gesamtvermögen als Basis heranzuziehen und so von 7,8% des gesamten festgesetzten Erbschaftsteuervolumens auszugehen. Diese Methode vernachlässigt jedoch, dass der Anteilswert des Betriebsvermögens aus den Steuerwerten des übertragenen Vermögens stammt und dabei Betriebsvermögensfreibetrag und -abschlag nicht berücksichtigt werden. Weiterhin reduziert sich die Steuerfestsetzung auf unternehmerisches Vermögen durch das Steuerklassenprivileg des § 19a ErbStG. Eine direkte Berechnung des Anteils der festgesetzten Steuern, die aus der Übertragung betrieblichen Vermögens resultiert, ist nicht möglich. Es gilt, eine begründete Annahme zu treffen. Hierbei ist zu beachten, dass neben betrieblichem Vermögen nur auf land- und forstwirtschaftliches14 Vermögen der vermögensspezifische Abschlag und der Freibetrag des § 13a ErbStG angewendet werden. Die anderen Vermögensgegenstände – die zusammen 91,8% des Nachlassvermögens ausmachen – unterliegen keinen vermögensspezifischen Abschlägen. Deshalb spricht viel für die Überlegung, dass der Anteil der Steuerfestsetzungen, die aus unternehmerischem Vermögen resultiert, deutlich unter dem Anteilswert des Betriebsvermögens am Gesamtvermögen von 7,8% liegt. Um näherungsweise den Anteilswert des Erbschaftsteueraufkommens zu erlangen, der aus der Besteuerung des Betriebsvermögens stammt, ist der Betriebsvermögensfreibetrag von 35% vom Anteilswert des Betriebsvermögens am Gesamtvermögen abzuziehen. Bei dieser Vorgehensweise ergibt sich ein Wert von 5,07%. Dieser Wert berücksichtigt nicht den Betriebsvermögensfreibetrag und das Steuerklassenprivileg. Es ist deshalb anzunehmen, 14 Wobei land- und forstwirtschaftliche Vermögen mit einer Quote von 0,4% am Gesamtnachlass keine gewichtige Rolle spielen.
I. Quantitative und wertmäßige Einordnung der Erbschaftsteuer
57
dass das aus Unternehmensübergängen stammende Erbschaftsteueraufkommen deutlich unter 5% liegt. Für eine geringfügige Anhebung dieser Schätzung spricht einzig die Tatsache, dass betriebliches Vermögen nicht gleichmäßig über die verschiedenen Nachlassgrößenklassen verteilt ist, sondern vermehrt in den Größenklassen mit hohem Vermögen auftritt. Die Steuerprogression führt dazu, dass große Vermögen mehr zum Aufkommen aus der Festsetzung der Erbschaftsteuer beitragen als die steuerlichen Erwerbe niedriger Vermögenshöhe. Realistisch erscheint deshalb die Annahme, dass das Erbschaftsteueraufkommen, das aus Unternehmensübergängen stammt, zwischen 4 und 5% liegt.15 Legt man die im Jahr 2002 festgesetzte Erbschaftsteuer von 2,242 Mrd. e zu Grunde, würde dies einer Steuerfestsetzung von etwa 100 Mio. e16 entsprechen, die auf die Übertragung unternehmerischen Vermögens zurückgehen. 6. Ergebnis Die ersten veröffentlichten Ergebnisse der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik 2002 des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass über 97% aller Steuerfestsetzungen im Erwerbsbereich von bis zu einer halben Mio. e stattfinden. Zwar macht Betriebsvermögen wertmäßig etwa 7,8% des gesamten Nachlassvermögens aus, allerdings konnte durch die Aufschlüsselung der Nachlassvermögensbereiche in verschiedene Vermögensarten festgestellt werden, dass betriebliches Vermögen gerade im Übertragungsbereich bis zu einer halben Mio. e unterrepräsentiert ist. Unternehmerisches Vermögen macht wertmäßig hier nur zwischen 2 und 3% des gesamten Wertes der Kategorie aus. Weiterhin wurde festgestellt, dass die hohe Fallzahl in den unteren Vermögensbereichen nicht zu einem erhöhten Aufkommen aus der Steuerfestsetzung führt. Die Steuerfestsetzung verläuft hingegen fast synchron mit dem in den einzelnen Vermögensbereichen übertragenen Vermögen. So repräsentiert die 15
Dies entspricht in etwa auch den Schätzungen der letzten Jahre. So ging der CDU-Abgeordnete Friedrich Merz schon nach dem Jahressteuergesetz 1997 von einem Erbschaftsteueraufkommen von maximal 5 bis 10% aus betrieblichem Vermögen aus; siehe dazu: Hamm et al., Tarife, S. 128. 16 Bei 4% entspricht dies einer Steuerfestsetzung von 89,7 Mio. e, bei 5% einer Steuerfestsetzung von 112,1 Mio. e.
58
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
größte Vermögensgruppe, die Übertragungen von mehr als 5 Mio. e beinhaltet, zwar nur etwa ein Tausendstel aller Steuerfestsetzungen, allerdings werden etwa 12,4% des gesamten erbschaftsteuerlichen Vermögens in dieser Kategorie übertragen. Demzufolge ist auch die Steuerfestsetzung mit fast einem Fünftel des gesamten festgesetzten Erbschaftsteueraufkommens hoch. Neben dem großen übertragenen Volumen ist dies auf die Steuerprogression zurückzuführen. Korrespondierend dazu ist die Konzentration des unternehmerischen Vermögens bei großer Vermögenshöhe sehr hoch. Im Vermögensbereich von über 5 Mio. e macht es mehr als 26% des übertragenen Vermögenswertes aus. Das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer, das aus der Übertragung unternehmerischen Vermögens stammt, kann mangels Datenmaterials hingegen nur geschätzt werden. Aufgrund des Betriebsvermögensfreibetrags und -abschlags ist anzunehmen, dass das Steueraufkommen aus der Übertragung unternehmerischen Vermögens nur bei 4 bis 5% liegt, was im Jahr 2002 einer Erbschaftsteuerfestsetzung von etwa 100 Mio. e entspricht.
II. Betriebswirtschaftliche Wirkungsanalyse Im Folgenden gilt es die Wirkung der Erbschaftsbesteuerung auf die Betriebe zu untersuchen. Die Bedeutung der Erbschaftsteuerzahlung für Betriebe hängt in starkem Maße von der konkreten Situation des Erben ab. Kann der Erbe die Erbschaftsteuerzahlung aus eigenem Vermögen oder aus anderem geerbtem Vermögen bestreiten, sind die Auswirkungen für das geerbte Unternehmen gering. Wie die Auswertung der ersten Ergebnisse der Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik 2002 gezeigt hat, macht betriebliches Vermögen insgesamt nur 7,8% und auch in der höchsten Vermögensklasse nur 26% des gesamten Nachlasses aus, so dass man – wie Kisker – annehmen könnte, dass die Erbschaftsteuer immer aus dem anderen Vermögen gezahlt werden kann.17 Diese Ansicht verkennt, dass in vielen Fällen ausschließlich unternehmerisches Vermögen gegeben ist. Auch besteht die Möglichkeit, dass eine Person das unternehmerische Vermögen erbt und das sonstige Vermögen auf einen anderen Erben übertragen wird. In diesen Fällen muss die Erbschaftsteuer, wenn nicht ausreichend Privatvermögen beim Erben vor17 So Kisker, Vermögensdistribution, S. 123, der nach Auswertung der Vermögensteuerstatistik 1953 und 1957 zu diesem Schluss kommt.
II. Betriebswirtschaftliche Wirkungsanalyse
59
handen ist, aus dem Betriebsvermögen gezahlt werden, was Auswirkungen auf die Unternehmensführung haben kann. Aber auch die Zahlung der Erbschaftsteuerschuld aus dem Privatvermögen des Unternehmers schließt Wirkungen für das Unternehmen nicht völlig aus. Die möglichen betrieblichen Auswirkungen der Erbschaftsteuer werden deshalb im Folgenden dargestellt. 1. Einfluss auf die Liquidität Die Grundvoraussetzung für den Unternehmensbestand ist die Aufrechterhaltung der Liquidität. Liquidität stellt die Fähigkeit dar, termingerecht die Zahlungsverpflichtungen betragsgenau erfüllen zu können.18 Im Fall der Unternehmensnachfolge können Pflichtteils- und Abfindungsansprüche weichender Erben, güterrechtliche Ausgleichsansprüche und die festzusetzende Erbschaftsteuer – die zu Steuerzahlungen und damit zu einem Mittelabfluss führt – die Unternehmensliquidität angreifen.19 Teilweise wird in der Literatur von einer echten Liquiditätsbedrohung bis hin zur Unternehmensinsolvenz und zur Unternehmensliquidation – ausgelöst durch die Erbschaftsteuerbelastung – gesprochen.20 Wie die Untersuchung in Kapitel E.VII.6. zeigen wird, beträgt die Erbschaftsteuerbelastung unabhängig von der Steuerklasse selbst bei außerordentlich hohem Unternehmenswert nur wenig mehr als 10% des Verkehrswertes. Der Liquiditätsbelastung durch die Steuerzahlung sind damit enge Grenzen gesetzt. Es kann festgehalten werden, dass die Erbschaftsteuerzahlung aus unternehmerischem Vermögen grundsätzlich die betriebliche Folge hat, dass sich die Unternehmensliquidität reduziert.21 Zu klären ist, ob eine solche Belastung der unternehmerischen Liquidität notwendig ist und ob sie die Weiterführung des Unternehmens gefährden kann. 18
Witte, Liquiditätspolitik, S. 211. Zu den Möglichkeiten der Liquiditätsschonung durch zivilrechtliche Gestaltungen siehe Bieler, Unternehmernachfolge, S. 82 ff. 20 Eickelberg, Rechtfertigung, S. 70; Frank, Unternehmung, S. 214 f.; Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Steuerreform, S. 100 f.; Schild, Erbschaftsteuerpolitik, S. 215 f. 21 Da es sich bei der Erbschaftsteuerschuld um eine Personalsteuer handelt und diese zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung gehört, ist weiterhin auf die einkommen-, körperschaft- und gewerbesteuerlichen Konsequenzen hinzuweisen, die mit dem Einsatz betrieblicher Mittel für die Erbschaftsteuerzahlung verbunden sind. 19
60
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
2. Einfluss der Liquiditätsbelastung auf die Weiterführung des Unternehmens Herrscht in einem Unternehmen in der Form Liquiditätsmangel, dass es zur Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), zur drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) oder zur Überschuldung (§ 19 InsO) kommt, so ist das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Am Ende des Insolvenzverfahrens kann es zur Liquidation des Unternehmens kommen.22 Fraglich ist, ob die Erbschaftsteuerbelastung einen solchen Liquiditätsschwund auslösen kann. Grundsätzlich ist die Erbschaftsteuerbelastung eine persönliche Belastung, die aus dem Privatvermögen gezahlt wird. Ist dies nicht möglich oder nicht gewollt, wird die Unternehmensliquidität zur Begleichung der Erbschaftsteuer herangezogen. Dabei bestehen verschiedene Möglichkeiten, die Liquiditätsbelastung in einem für das Unternehmen erträglichen Maße zu halten, so dass es nicht zu einem Insolvenzantrag kommt. Zu nennen sind hier die Kreditaufnahme und der Antrag auf Stundung nach § 28 ErbStG. Als letztes Mittel um ausreichend Liquidität zur Zahlung der privaten Erbschaftsteuerschuld zu generieren, verbleibt die Veränderung der Eigentümerstruktur. Ausschlaggebend für die Vergabe von Bankkrediten im Bereich der Unternehmenskunden ist seit der Eigenkapitalrichtlinie Basel II wieder vermehrt die Eigenkapitalquote,23 die damit die Ertragskraft des Unternehmens als Kriterium der Kreditwürdigkeit zurückdrängt. In den letzten Jahren wurde in diesem Zusammenhang oftmals die geringe Eigenkapitalausstattung24 deutscher Unternehmen bemängelt. Tatsächlich ist die Eigenkapitalquote mit 20% bei Unternehmen mit Umsätzen von unter 40 Mio. e und etwa 30% bei Unternehmen mit höheren Umsätzen im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich.25 Die Funktion des Eigenkapitals, die Existenz des Unternehmens zu sichern, kann jedoch auch bei niedriger Eigenkapitalausstattung gegeben sein.26 Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Erbschaftsteuerbelastung moderat ist und nur im Ab22 Zur Insolvenzeröffnung und zum Gang des Insolvenzverfahrens siehe Bichlmeier et al., Insolvenzhandbuch, S. 125 ff.; Breuer, Insolvenzrecht, S. 37 ff. und 75 ff. 23 Zu den vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht vorgeschlagenen Eigenkapitalregeln siehe Keppler, Basel II, S. 15 ff. 24 Zur Entwicklung der Eigenkapitalausstattung deutscher Unternehmen siehe: Böttcher, Eigenkapitalausstattung, S. 15 ff.; Frien, Finanzierungsprobleme, S. U 8; Kaiser, Eigenkapitalausstattung, S. 15 ff.; Meffert, Kapitalstruktur, S. 32 ff. 25 N. N., Basel II, S. 14. 26 Zur Existenzsicherungsfunktion des Eigenkapitals siehe Kaiser, Eigenkapitalausstattung, S. 13 und 51 f.
II. Betriebswirtschaftliche Wirkungsanalyse
61
stand von mehreren Jahrzehnten auftritt, kann auch eine geringe Eigenkapitalausstattung für Kreditwürdigkeitsprüfungen ausreichen.27 Die Kreditaufnahme ist deshalb bis heute eine sehr verbreitete Methode, um genügend Liquidität für die Erbschaftsteuerzahlung zu generieren. Sollte eine Kreditaufnahme nicht möglich sein, besteht die Möglichkeit für den Unternehmensinhaber, den Antrag auf Stundung gemäß § 28 ErbStG zu stellen. Voraussetzung dafür ist, dass der Betrieb durch die sofortige Erbschaftsteuerzahlung gefährdet ist. In den vergangenen Jahren kam die Finanzverwaltung jedoch nur in sehr wenigen Fällen zu dem Schluss, dass eine Gefährdung der Betriebsfortführung durch die Erbschaftsteuer vorliegt.28 Letzte verbleibende Möglichkeiten für den Betriebsinhaber bzw. die Unternehmensführung Liquidität zu gewinnen ist der Verkauf von Unternehmenssubstanz und die Veränderung der Eigentümerstruktur des Unternehmens. Unzweifelhaft hat der Verkauf von Unternehmenssubstanz zur Folge, dass das Unternehmen nicht mehr in seiner ursprünglichen Form weitergeführt wird. Die abgestoßenen Unternehmensteile sind dann entweder selbständig oder als Teil anderer Unternehmen tätig. Das Unternehmen an sich bleibt jedoch bestehen und wird weitergeführt. Die Möglichkeit die Eigentümerstruktur des Unternehmens zu ändern führt zur Aufnahme weiterer Gesellschafter oder dem Gesamtverkauf. Kapital zur Begleichung der Erbschaftsteuer wird dadurch gewonnen. Das Unternehmen als solches bleibt jedoch intakt und kann weiterhin am Markt agieren. Probleme für das Unternehmen können – wie bei jedem Führungswechsel – hauptsächlich durch die neue Führungsstruktur entstehen.29 Die dargestellten Möglichkeiten der Kreditaufnahme und der Stundung nach § 28 ErbStG führen in der weit überwiegenden Anzahl von Fällen dazu, dass genügend Liquidität zur Zahlung der privaten Erbschaftsteuer generiert wird. Auch für den Ausnahmefall, dass zur Liquiditätsbeschaffung ein Unternehmens- bzw. Anteilsverkauf notwendig ist, wird das Unternehmen fortgeführt. Dem widerspricht Jebens, der – ohne seine Ausführungen zu begründen – annimmt, dass eine Gefährdung von Unternehmen durch die Erbschaftsteuer erst dann ausgeschlossen ist, wenn das Eigenkapital des Unternehmens mindestens 30 bis 35% der Bilanzsumme ausmacht.30 Wie dargestellt, ist dies 27 28 29 30
Zweifelnd hingegen Arndt, Konsequenzen, S. 25. Siehe dazu Kapitel E.VII.3. Beyer, Grundprobleme, S. 42. Jebens, Entscheidung, S. 2086.
62
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
bei vielen deutschen Unternehmen nicht der Fall. Jebens zieht dabei weder in Erwägung, dass die private Erbschaftsteuerschuld zur Gänze noch dass sie teilweise durch das Privatvermögen der Erben oder durch eine Veränderung der Eigentümerstruktur erbracht werden kann. Seine Ausführungen konzentrieren sich vielmehr auf die Fortführung des Unternehmens in der Hand eines einzigen Erben, der nicht gewillt bzw. in der Lage ist, die Erbschaftsteuerschuld aus dem Privatvermögen zu zahlen. Jebens muss entgegengehalten werden, dass es für eine Unternehmensgefährdung aus betriebs- und volkswirtschaftlicher Sicht nicht von Belang ist, ob das Unternehmen im Eigentum eines Erben oder eines Dritten steht. Ausschlaggebend ist nicht wie die Eigentumsrechte verteilt sind, sondern ob das Unternehmen weitergeführt wird. Eine generell eintretende Gefährdung der Unternehmen durch die Erbschaftsteuer kann nicht bestätigt werden. In Ausnahmefällen kann jedoch die Erbschaftsteuer zu Gefahren für Unternehmen führen. Diese These wird gestützt durch den insgesamt geringen Gebrauch der Steuerstundungsregelung des § 28 ErbStG. Zu einem ähnlichen Resultat kommen mehrere empirische Studien, die die Ursachen für Insolvenzen untersucht haben. Nach den Ergebnissen der Studien gaben Unternehmen, die von Insolvenz betroffenen waren, vor allem Forderungsausfälle und die schleppende Zahlungsweise der Kunden als Insolvenzgrund an.31 Die Erbschaftsteuerbelastung wird hingegen nicht als Insolvenzgrund erwähnt.32 Größerer Einfluss wird zwar der laufenden Besteuerung eingeräumt,33 aber auch hier wird deutlich gemacht, dass der vermeintliche Zusammenhang zwischen hoher Steuerbelastung und dem Insolvenzgeschehen überschätzt wird und sich empirisch nicht belegen lässt.34 Die Auswertung der Studien führt zu dem Schluss, dass die Erbschaftsteuerbelastung kein primärer Faktor für Unternehmensinsolvenzen ist. Hierfür spricht, dass sich die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen von 18.824 im Jahr 1994 – trotz zwischenzeitlicher Einführung des Steuerklas31
Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung e.V., Unternehmensentwicklung, S. 14. 32 Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung e.V., Unternehmensentwicklung, S. 14; Pinkwart/Kolb, Insolvenzgeschehen, S. 74 und 77. Allerdings wird auf die mit dem Unternehmensübergang verbundene Gefahr hingewiesen, dass die Unternehmensführung sich erst verspätet um die Nachfolge kümmert bzw. den Übernahmepreis unangemessen hoch ansetzt und so die Unternehmensfortführung gefährdet wird, dazu: Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung e.V., Unternehmensentwicklung, S. 18. 33 Mortsiefer, Insolvenzursachen, S. 24. 34 Kressin, Insolvenzverfahren, S. 88.
II. Betriebswirtschaftliche Wirkungsanalyse
63
senprivilegs, des Unternehmensfreibetrags und -abschlags – im Zeitraum von neun Jahren auf 39.700 im Jahr 2003 mehr als verdoppelt hat.35 Die Studien bestätigen damit die These, dass Maßnahmen wie die Kreditaufnahme, die Steuerstundung oder die Veränderung der Eigentümerstruktur bei hinreichender Planung die Gefährdung des Unternehmensfortbestandes reduzieren. Demzufolge ist festzuhalten, dass die Erbschaftsteuerzahlung grundsätzlich nur in den Fällen, in denen ein Unternehmensverkauf ausscheidet zur Einstellung der Unternehmenstätigkeit führen kann. Der durch die Erbschaftsteuer hervorgerufene Grad der Liquiditätsreduzierung wird von der Mehrzahl der Unternehmen verkraftet. Dazu kann teilweise eine Kreditaufnahme, eine Steuerstundung nach § 28 ErbStG oder die Veränderung der Eigentümerstruktur notwendig sein. Insolvenzen im Rahmen der Nachfolge sind möglich, insbesondere wenn keine Nachfolgeplanung für den Todesfall des Alteigentümers durchgeführt wurde.36 3. Einfluss auf die Produktionsfaktoren und die Ertragskraft Den Input des Produktionsprozesses stellen die Produktionsfaktoren dar, worunter Güter zu verstehen sind, die während des Produktionsprozesses kombiniert werden, um andere Güter hervorzubringen.37 Je nach Art des Produktionsprozesses kombinieren die Unternehmen dafür Dienstleistungen und Sachgüter.38 Wird unternehmerisches Vermögen besteuert, werden für den Produzenten die eingesetzten Güter teurer, als wenn die Besteuerung ausbleibt. Unter dem Gesichtspunkt, dass Rentabilität das Hauptziel des Investors ist und diese das Verhältnis des Erfolges zum eingesetzten Kapital darstellt, verschiebt sich die persönliche Kostenkurve des Investors nach oben, die Ge35 Zu Anzahl und Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen der letzten zehn Jahre siehe Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung e.V., Unternehmensentwicklung, S. 2 f. 36 So geben immerhin 27,4% der Unternehmenseigentümer an, die Unternehmensnachfolge nicht geregelt zu haben, dazu Institut für Mittelstandsforschung Bonn, Mind-Studie 2003, S. 90. 37 In der Volkswirtschaftslehre hat sich hierbei die Dreiteilung in Boden, Arbeit und Kapital etabliert. Auch eine Zweiteilung in Arbeit und Kapital wird vorgeschlagen, wobei der Faktor Boden dem Kapital untergeordnet wird. Siehe dazu Corsten, Produktionsfaktoren, S. 605. 38 Bloech, Preistheorie, S. 3405; Corsten, Betriebswirtschaftslehre, S. 774; Corsten, Produktionsfaktoren, S. 605.
64
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
winnzone wird erst bei größerem Absatz erreicht.39 Bei gleich bleibenden Verkaufspreisen reduziert sich die Ertragskraft. Dieser Effekt tritt unabhängig davon ein, ob die Erbschaftsteuerzahlung aus dem unternehmerischen Vermögen oder aus dem Privatvermögen geleistet wird.40 Wie festgestellt, ist die Belastung durch Erbschaftsteuer für betriebliches Vermögen moderat. Trotzdem kann es vorkommen, dass Produzenten versuchen, die höheren Produktionskosten durch Preiserhöhungen auszugleichen und an die Verbraucher weiterzugeben. Dabei besteht die Gefahr, dass die eigene Wettbewerbsfähigkeit leidet und gesamtwirtschaftlich ein Preisanstieg erfolgt.41 4. Einfluss auf Investition und Investitionsentscheidungen Der Erbschaftsteuer wird nachgesagt, dass sie zu einer Verlagerung der Investitionen von risikoreichen auf weniger risikoreiche Anlagen und insgesamt zu einem Rückgang der Investitionstätigkeit führt.42 Tatsächlich führen Investitionen nicht zu einer höheren Erbschaftsteuerbelastung. Werden Unternehmensinvestitionen mit Eigenkapital finanziert, ändert sich die Vermögenssituation des Unternehmens nicht, es kommt nur zu einer Vermögensumschichtung vom Umlaufvermögen zum Anlagevermögen. Bei fremdfinanzierten Investitionen reduzieren die Verbindlichkeiten den Wertansatz des unternehmerischen Vermögens. Übersteigen die zugewiesenen Verbindlichkeiten das anteilige Eigenkapital, führt der Nettoabzug von Schulden bei Einzel- und Personengesellschaften sogar zu einem negativen Wertansatz des Betriebsvermögens.43 Die Angst vor einer höheren Steuerbelastung aufgrund von Investitionen ist deshalb unbegründet. Investitionshemmnisse können eher mit der Befürchtung der Unternehmer erklärt werden, zuviel Kapital für Darlehenszinsen und Schuldentilgung zu binden, so dass keine ausreichenden Mittel zur Begleichung der Erbschaftsteuerschuld zur Verfügung stehen. 39
Beyer, Grundprobleme, S. 37. Andere Ansicht hier wohl Beyer, Grundprobleme, S. 36, der nur dann einen Einfluss auf die Produktionsfaktoren annimmt, wenn die Erbschaftsteuer betriebliches Vermögen direkt belastet. 41 Siehe dazu die Kapitel C.III.2. und C.III.3.b). 42 Dazu Albach, Investitionspolitik, S. 322; Seitz, Entwicklung, S. 65. 43 Siehe dazu Kapitel E.I.1. 40
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse
65
Dem ist zu entgegnen, dass die Belastung mit Ertragsteuern – gemessen an deren Höhe und an der Regelmäßigkeit des Anfalls – wesentlich gravierender ist als die Erbschaftsbesteuerung. Weiterhin ist die Erbschaftsteuerschuld eine private Steuerschuld. Investitionshemmnisse dürften daher eher auf privater Ebene, als auf Seiten des Unternehmens anfallen. Ein hemmender Einfluss der Besteuerung des Unternehmensübergangs mit Erbschaftsteuer auf die Investitionstätigkeit muss deshalb verneint werden. Aufgrund der Begünstigungen des unternehmerischen Vermögens, stellt die Erbschaftsteuer für Personen mit hohem Privatvermögen vielfach sogar einen Anreiz für Investitionen in unternehmerisches Vermögen dar. 5. Ergebnis Zum Abschluss kann gesagt werden, dass Erbschaftsteuerzahlung durch unternehmerisches Vermögen die Unternehmensliquidität senkt und bei Teilverkäufen die Unternehmenssubstanz angegriffen werden kann. Dabei ist die Höhe der Liquiditätsbelastung in der momentanen Ausgestaltung der Nachfolgebesteuerung moderat. Die meisten Unternehmen verkraften die Liquiditätsentziehung, jedoch kann es zu Kreditaufnahmen, zu einem Antrag auf Steuerstundung nach § 28 ErbStG oder einer Veränderung der Eigentümerstruktur kommen. Die Veränderung der Eigentümerstruktur bzw. der Komplettverkauf führen dazu, dass die private Erbschaftsteuerschuld bezahlt werden kann. Von einer Existenzgefährdung des Unternehmens aufgrund liquiditätsentziehender Erbschaftsteuerzahlungen kann grundsätzlich nicht gesprochen werden. Auf die Produktionskosten wirkt die Erbschaftsbesteuerung erhöhend. Der Anstieg der Produktionskosten findet unabhängig davon statt, ob die Zahlung aus dem privaten oder aus dem unternehmerischen Vermögen stammt. Investitionen wirken nicht erhöhend auf die Erbschaftsteuerbelastung. Sie entziehen dem Unternehmen jedoch Liquidität, so dass unter Umständen Investitionshemmnisse auftreten können. Ein erheblicher Einfluss auf die Investitionstätigkeit kann jedoch nicht beobachtet werden.
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse Unbestritten ist, dass die Erbschaftsbesteuerung volkswirtschaftliche Effekte hat. Dabei werden die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Besteuerung als Argumentation für und wider die Nachfolgebesteuerung herangezogen.
66
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
Bei der folgenden Analyse der volkswirtschaftlichen Konsequenzen der Nachfolgebesteuerung wird der Einfluss der Erbschaft- und Unternehmensnachfolgebesteuerung auf den interpersonellen und den unternehmerischen Wettbewerb sowie auf verschiedene volkswirtschaftliche Faktoren untersucht. 1. Einfluss auf den interpersonellen Wettbewerb Als Argumentation zugunsten der Erbschaftsteuer – und damit auch für die Nachfolgebesteuerung – wird oftmals angeführt, dass die Besteuerung die Vermögensverteilung in der Bevölkerung gleichmäßiger gestaltet. Voraussetzung dafür ist, dass das Vermögen ungleich über die Bevölkerung verteilt ist. Außerdem muss der Besteuerung eine Verteilungswirkung zukommen. Um diese beiden Voraussetzungen nachzuprüfen, wird zunächst die Verteilung des Nettogesamtvermögens und des Produktionsvermögens in der Bevölkerung untersucht. Im Anschluss daran wird analysiert, ob die Erbschaftsteuer Einfluss auf die Vermögensverteilung hat. a) Verteilung des Nettogesamtvermögens in Deutschland Wie aus der amtlichen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, die für die Jahre 1993 und 1998 vorliegt, hervorgeht, ist die Vermögensverteilung in Deutschland nicht ausgeglichen. Die Analyse der Statistiken zeigt, dass man von einem deutlichen Wohlstandsgefälle sprechen kann. Die begütertsten 10% aller Haushalte hatten im Jahr 1993 44,5% des Nettogesamtvermögens inne. Im Jahr 1998 lag diese Quote bei 44,7%.44 Das Nettogesamtvermögen dieser Gruppe belief sich im Durchschnitt auf 1.073.500 DM.45 Die ärmsten 25% aller Haushalte kamen 1993 noch auf einen Anteil von 0,3%. Dieser Anteil lag im Jahr 1998 mit – 0,2% sogar im negativen Bereich. Die Haushalte waren verschuldet. Der Anteil der ärmeren Hälfte der Haushalte sank im Zeitraum von 1993 bis 1998 von 4,1% auf 3,6%. Hingegen konnten die 20% der reichsten Haushalte ihren Anteil am Nettogesamtvermögen um 0,7% auf 66,4% steigern. In das Datenmaterial wurden nur private Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 35.000 DM einbezogen. Es zeigt sich, dass das Vermögen in Deutschland sehr ungleichmäßig über die Bevölkerung verteilt 44
Ähnliche Daten bereits bei Brünglinghaus, Gesellschaftspolitik, S. 25 ff. Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Lebenslagen, S. 55 (Tabelle I.13). 45
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse Quantilsanteile der Haushalte in % gestaffelt nach Vermögen
67
Anteil am Nettogesamtvermögen in %46 1993
1998
0 bis < 25
0,3
– 0,2
25 bis < 50
3,8
3,8
50 bis < 70
14,9
15,0
70 bis < 80
15,1
15,0
80 bis < 90
21,3
21,7
90 bis 100
44,5
44,7
Abbildung 6: Vermögensverteilung in Deutschland auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1993/199847
ist und das Wohlstandsgefälle tendenziell zunimmt. Da die Vielverdienenden und Einkommensmillionäre, die im üblichen Verständnis als reich gelten, gar nicht erfasst wurden, muss davon ausgegangen werden, dass das Wohlstandsgefälle tatsächlich noch gravierender ist als dargestellt. Das Nettogesamtvermögen ist damit ungleich über die Bevölkerung verteilt. Fraglich ist, ob die Verteilung des Produktivvermögens von der Gesamtverteilung abweicht. b) Verteilung des Produktionsvermögens in Deutschland Nach der Studie von Bach und Bartholmai im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung waren im Jahr 1995 3,46 Mio. Personen bzw. Haushalte unternehmerisch tätig oder waren Teilhaber an einer Gesellschaft und verfügten über positives Betriebsvermögen.48 Bei ins46 Unter Nettogesamtvermögen wird das Nettogeldvermögen und Immobilienvermögen abzüglich Restschuld und Hypothekarverpflichtungen verstanden. Unter Nettogeldvermögen sind Versicherungsguthaben, Bausparguthaben, Sparguthaben, Rentenwerte, Aktien, sonstige Anlagen und Wertpapiere zu verstehen, die nicht Betriebsvermögen sind. 47 Entnommen aus: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Wachstumspfad, S. 267 (Tabelle 67). 48 Bach/Bartholmai, Produktivvermögen, S. 121; in die Berechnung wurden die Beteiligungen der privaten Haushalte an Publikumsgesellschaften über Aktien, Investmentzertifikate und Genossenschaftsanteilen nicht einbezogen. Weiterhin wurden geringfügige Tätigkeiten i. S. von Nebenerwerben ausgespart.
68
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
gesamt etwa 36,94 Mio. privater Haushalte im Jahr 199549 entspricht dies einer Quote von 9,4%. Seit dieser Erhebung sind fast zehn Jahre vergangen, und die Vermögensbestandteile haben hohe Zuwächse erreicht. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass der prozentuale Anteil des Produktivvermögens in privater Hand und als Anteil am Gesamtvermögen sich nicht wesentlich verändert hat. Der Wert50 des gesamten Produktivvermögens belief sich dabei nach Abzug der Verbindlichkeiten auf 1,460 Billionen DM.51 Gemessen an den übrigen Vermögensbeständen der privaten Haushalte (Immobilien-, Geld- und Gebrauchsvermögen), die zum Jahresende 1995 zusammen schätzungsweise 11,148 Billionen DM ausmachten,52 ist das unternehmerische Vermögen nicht zu vernachlässigen und macht knapp 11,58% des gesamten Vermögens in privater Hand aus. Analog zu der Verteilung des Nettogesamtvermögens ist auch innerhalb der Gruppe von Haushalten, die über Produktivvermögen verfügen, die Verteilung dieses Vermögens sehr heterogen. Die heterogene Verteilung des Produktivvermögens führt dazu, dass auch der durchschnittlich gehaltene Wert an Produktivvermögen von 421.632 DM nicht besonders aussagekräftig ist. Offensichtlich ist jedoch, dass dieser Wert – in Anbetracht allein eines Betriebsvermögensfreibetrags von 225.000 e – weit unter dem zur Besteuerung notwendigen Wert liegt. Nach dieser Aufstellung verfügt der überwiegende Teil von den Haushalten mit unternehmerischem Vermögen – nämlich 64,05% – über Produktivvermögen von weniger als 250.000 DM. Der Anteil dieser Gruppe am Gesamtproduktivvermögen beträgt mit 112 Mrd. DM trotz der hohen Fallzahl lediglich 7,7%. Mehr als 3/4 der Fälle liegt sogar unter der Schwelle von 500.000 DM, der Anteil dieser Haushalte am Gesamtproduktivvermögen beträgt kumuliert nur knapp über 20%. Aufgrund von Unternehmensfreibetrag, -wertabschlag und der relativ niedrigen Bewertung von Unternehmensvermögen wird die erbschaftsteuerlich relevante Schwelle von Produktivvermögen erst bei einem Nettovermögenswert von etwas weniger als 1 Mio. DM erreicht. Bei knapp 92% der Produktivvermögen haltenden Haushalte beträgt der Vermögenswert des Produktivvermögens weniger als 1 Mio. DM. Der An49
Statistisches Bundesamt, Privathaushalte. Die Vermögenswerte beziehen sich auf Verkehrswerte und schließen Sachanlagen, die Grundstücke und die immateriellen nichtproduzierten Vermögensgüter ein. 51 Bach/Bartholmai, Produktivvermögen, S. A 18 f. 52 Deutsche Bundesbank, Vermögenssituation, S. 43. 50
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse Vermögensklassen in 1.000 DM
Anzahl der Haushalte bzw. Steuerpflichtigen mit Gewerbebetrieb/Beteiligungen in Tausend
bis 250
in %
kumuliert
69
Produktivvermögen/ Unternehmenswert53 Mrd. DM
in %
kumuliert
2.217,9
64,05
64,05
112,0
7,7
7,7
250 bis 500
505,1
14,59
78,64
183,7
12,6
20,3
500 bis 1.000
451,9
13,05
91,69
315,6
21,6
41,6
1.000 bis 1.500
153,8
4,44
96,13
178,6
12,2
54,1
1.500 bis 3.000
79,2
2,29
98,42
170,7
11,7
65,8
3.000 bis 5.000
22,6
0,65
99,07
82,0
5,6
71,4
5.000 bis 10.000
17,9
0,52
99,59
113,9
7,8
79,2
10.000 bis 20.000
7,5
0,22
99,81
95,9
6,6
85,8
20.000 bis 50.000
5,3
0,15
99,96
124,3
8,5
94,3
0,04
100,00
83,1
5,7
100,0
100,00
100,00
1.459,9
100,0
100,0
> 50.000
1,3
Insgesamt
3.462,5
Produktivvermögensgrößenklassen in Tausend DM
Abbildung 7: Produktivvermögen in Deutschland nach Größenklassen im Jahre 199554
> 50.000
1,3
20.000 bis 50.000
5,3
10.000 bis 20.000
7,5
5.000 bis 10.000
17,9
3.000 bis 5.000
22,6
1.500 bis 3.000
79,2
1.000 bis 1.500
153,8
500 bis 1.000
451,9
250 bis 500
505,1
bis 250
2.217,9 0
500
1.000
1.500
2.000
2.500
Anzahl der Haushalte in Tausend
Abbildung 8: Verteilung des Produktivvermögens auf die Haushalte
53 54
Nettobetrachtung (Unternehmenswert nach Abzug von Schulden). Entnommen aus: Bach/Bartholmai, Produktivvermögen, S. A 19 (Tabelle 5).
70
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
teil am Gesamtvermögen unterhalb dieser Schwelle liegt bei 41,6%. Oberhalb der Schwelle liegen demnach knapp 8% der Haushalte. Dieser Teil der Haushalte verfügt über 58,4% des gesamten in Deutschland von Privathaushalten gehaltenen Produktivvermögens. Von den Produktivvermögen haltenden Haushalten verfügen immerhin 233.000, dies entspricht 6,73%, über Vermögen in der Höhe von 1 bis 3 Mio. DM. Der Wert des Produktivvermögens beträgt in diesem Bereich fast 350 Mrd. e. Die Aufteilung dieses Vermögensgrößenbereichs in zwei Stufen zeigt, dass die Vermögensverteilung sehr spitz zuläuft. So liegt der Anteil der Haushalte im Bereich von 1 bis 1,5 Mio. DM bei 4,44%. Im dreimal so weiten Vermögensbereich von 1,5 bis 3 Mio. DM ist die Anzahl der Haushalte mit 79.200 und 2,29% fast halbiert. Dennoch liegt der Gesamtwert des Produktivvermögens mit 170,7 Mrd. DM nur knapp 8 Mrd. DM niedriger als im Bereich von 1 bis 1,5 Mio. DM. Bei der Verteilung des Produktivvermögens fällt auf, dass 24,2% des in privater Hand gehaltenen Produktivvermögens in Deutschland von Haushalten gehalten wird, die über Produktivvermögen in der Höhe von 1 bis 3 Mio. DM verfügen. Kumuliert mit den Haushalten, die über Produktivvermögen im Wert von weniger als 1 Mio. DM besitzen, entspricht dies bereits 98,4% der Haushalte mit Produktivkapital und 65,8% des gesamten privaten Produktivvermögens.
Produktivvermögensgrößenklassen in Tausend DM
> 50.000
83,1
20.000 bis 50.000
124,3
10.000 bis 20.000
95,9 113,9
5.000 bis 10.000 82
3.000 bis 5.000 1.500 bis 3.000
170,7 178,6
1.000 bis 1.500 500 bis 1.000
315,6 183,7
250 bis 500 112
bis 250 0
50
100
150
200
250
Wert des Produktivvermögens in Milliarden DM
Abbildung 9: Verteilung des Produktivvermögens in den verschiedenen Produktivvermögensklassen
300
350
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse
71
Etwa 34% des gesamten Wertes des privat gehaltenen Produktivvermögens in Deutschland befindet sich in der Hand von Haushalten, die über Produktivvermögen von über 3 Mio. e verfügen. Dies sind etwa 54.600 Haushalte, was 1,58% aller Haushalte, die Beteiligungen am Produktivvermögen haben, entspricht.55 Auch in diesem Bereich wird deutlich, dass die Vermögensverteilung sehr spitz zuläuft. Knapp 40.500 Haushalte besitzen Produktivvermögen im Wert von 3 bis 10 Mio. DM. Über Produktivvermögen in noch höherem Wert verfügen 14.100 Haushalte, wobei nur 1.300 Haushalte über Produktivvermögen von über 50 Mio. DM verfügen. Diese sog. High-Net-Worth- und Ultra-High-Net-Worth-Individuals56 mit Produktivvermögen von über 50 Mio. DM machen 0,4% der Produktivvermögen haltenden Personen aus und verfügen immerhin über 5,7% des von Privatpersonen gehaltenen Produktivvermögens. Die vorliegenden Daten zeigen, dass die Verteilung des Produktivvermögens in der Gesellschaft heterogen ist. Die weit überwiegende Zahl der Haushalte – nämlich 88,5% – verfügt über gar kein Produktivvermögen. Aber auch unter den Haushalten, die über Produktivvermögen verfügen, liegt das Vermögen in den meisten Fällen nicht in einer Höhe, die zur Zeit durch die Erbschaftsteuer erfasst wird. c) Verteilungswirkung der Erbschaftsteuer Nach einer Untersuchung von Gale und Slemrod trugen im Jahr 1999 in den USA die reichsten 10% der Bevölkerung 96,2% des gesamten Erbschaftsteueraufkommens. Im Vergleich dazu entfielen nur 61,2% des Einkommensteueraufkommens auf diese Haushalte.57 Eine Umverteilungswirkung der US-amerikanischen Erbschaftsteuer liegt demzufolge vor. Exakte Angaben, welche Bevölkerungsschichten die Erbschaftsteuer in welchem Maße tragen, sind anhand der in Deutschland nur unregelmäßig 55 Trotz unterschiedlicher methodischer Ansätze kommen andere Untersuchungen, die sich mit dieser Thematik beschäftigen, zu ähnlichen Ergebnissen: Krelle et al., Ertragsbeteiligung, S. 381, kommen zu dem Ergebnis, dass 1,7% der reichsten Haushalte über einen Anteil von rund 70% am gesamten Produktivvermögen verfügen (inkl. Aktienkapital). Bei der gleichen Haushaltsgruppe kommen Mierheim/Wicke, Vermögensverteilung, S. 72 und 104, auf eine Quote von 50% (exklusive Aktienkapital). Schlomann, Vermögensverteilung, S. 159, errechnet, dass die reichsten 1,8% der Haushalte 64,7% des Produktivvermögens halten. Zu den verschiedenen Berechnungsmethoden der einzelnen Untersuchungen, siehe: Roberts/ Stiepelmann, Überprüfung, S. 21 ff. 56 Zur Verwendung der Begriffe High-Net-Worth-Individuals und Ultra-High-NetWorth-Individuals, siehe Schaubach, Family Office, S. 67 (Fn. 1). 57 Gale/Slemrod, Rethinking, S. 83 (Table 9).
72
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
erhobenen Erbschaft- und Schenkungsteuerstatistik nicht möglich. Die Ergebnisse der amerikanischen Studie können deshalb nicht ohne weiteres auf deutsche Verhältnisse übertragen werden. Die relativ hohen Erbschaftsteuerfreibeträge, die niedrige Bewertung von Grundbesitz und Betriebsvermögen sowie der mit zunehmender Erbschaftsgröße ansteigende Steuersatz geben Hinweise darauf, dass – ähnlich wie in den Vereinigten Staaten – das Mittelaufkommen aus der Erbschaftsteuer zu einem hohen Anteil von den 10% der reichsten Haushalte stammt und gerade kleine Vermögensübergänge so steuerfrei bleiben.58 Dies spricht für eine Umverteilungsfunktion der Erbschaftsteuer auch in Deutschland. Berücksichtigt werden muss auch, dass die Steuereinnahmen in Höhe von 3,021 Mrd. e aus der Erbschaftsteuer im Jahr 2002 – gemessen am gesamten Steueraufkommen von 441,705 Mrd. e – nur knapp 0,68% betragen.59 Ähnlich fällt der Vergleich mit dem Bruttoinlandsprodukt aus, das im Jahr 2002 2.110,4 Mrd. e betrug.60 Das Erbschaftsteueraufkommen entspricht demnach nur etwas mehr als 0,14% des jährlichen Bruttoinlandsproduktes. Legt man das für das Jahr 2003 geschätzte Erbschaftsvolumen von 166,4 Mrd. e61 auch dem Jahr 2002 zu Grunde, so beträgt die Abschöpfung der Erbschaften durch die Erbschaftsteuer mit etwas mehr als 3 Mrd. e nur 1,8%. In Anbetracht des geringen Erbschaftsteuervolumens ist ersichtlich, dass die Entwicklung des zunehmenden Vermögensgefälles kaum gebremst werden kann.62 Bei einigen Autoren hat das geringe Aufkommen der Erbschaftsteuer63 dazu geführt, dass schon die Umverteilungswirkung der Steuer bezweifelt bzw. als vernachlässigbar eingeschätzt wird.64 58 Diese These wird unterstützt durch eine Erhebung der süddeutschen Oberfinanzdirektion Anfang der neunziger Jahre. Nach dieser sind nur etwa 10% der Erwerbe von Todes wegen erbschaftsteuerpflichtig. Siehe dazu Bundesministerium der Finanzen, Investitionen, S. 106 f. 59 Zu den Steuereinnahmen im Jahr 2002 siehe Bundesministerium der Finanzen, Steuereinnahmen, Tabelle. 60 Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Gesamtrechnung, Tabelle 1. 61 BBE-Unternehmensberatung, Erbschaften, S. 137 ff. 62 Nach Timm, Entwicklungslinien, S. 574, ist das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer seit der Steuereinführung gesunken. Kurz vor dem ersten Weltkrieg betrug das Aufkommen noch 1,5%, vor dem zweiten Weltkrieg nur noch knapp 0,5%. Laut Reinisch, Erbschaftsteuer, S. 11, lag in den Nachkriegsjahren von 1955 bis 1996 das Aufkommen nie über 0,55% des Gesamtsteueraufkommens. 63 Im Jahr 2002 wurden insgesamt 2,242 Mrd. e Erbschaftsteuer und 0,575 Mrd. e an Schenkungsteuer festgesetzt. Siehe dazu Kapitel C.I.
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse
73
Auch unter dem Hinweis, dass das Aufkommen in den Staatshaushalt fließt und nicht direkt den armen Bevölkerungsschichten zur Verfügung steht, wird an der Umverteilungswirkung gezweifelt.65 Dabei gipfelt die Kritik darin, dass die Erbschaftsteuer für eine reine „Neidsteuer“66 gehalten wird. Der Kritik ist zu entgegnen, dass Steuern grundsätzlich in den allgemeinen Staatshaushalt fließen, so auch die Erbschaftsteuer. Da der überwiegende Teil der Bevölkerung mangels Masse keine Erbschaftsteuer zahlt, aber gleichzeitig am Staatshaushalt partizipiert, wird der vermögensschwache Teil der Bevölkerung durch die Erbschaftsteuerzahlungen der Vermögenden entlastet.67 Eine Umverteilungswirkung liegt damit vor. Unterstützt wird diese Wirkung dadurch, dass die Verteilung der Vermögensmasse auf mehrere Personen durch die persönlichen Erbschaftsteuerfreibeträge privilegiert wird. Auch wenn die Umverteilungswirkung mangels Erbschaftsteuervolumen nicht stark ausgeprägt ist, so kann dennoch die Wirkung der Vermögensverteilung durch die Erbschaftsteuer nicht abgestritten werden. d) Kapitalkonzentration durch die Unternehmensnachfolgebesteuerung Teilweise wird die These vertreten, dass durch die Erbschaftsteuer kleinere Unternehmen in Familienbesitz aufgrund der Liquiditätsprobleme, die mit der Erbschaftsteuer verbunden sind, von größeren Unternehmen – meist Kapitalgesellschaften – übernommen würden. Die Besteuerung des Unternehmensübergangs bestärkt nach dieser Ansicht Konzentrationstendenzen.68 Die dargestellte Kritik unterscheidet dabei nicht ausreichend zwischen einer vermeintlichen Konzentrationswirkung der Besteuerung im Zusammenhang mit der Vermögensverteilung in der Bevölkerung und einer vermeintlichen Konzentrationswirkung im Unternehmensmarkt, die in einem Monopol münden kann. 64 Hessler, Besteuerung, S. 183; Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Steuersystem, S. 178 ff.; Kruse, Abschied, S. 718 (Fn. 20) und 719; Petersen, Finanzwissenschaft II, S. 61; Sosnitza, Reform, S. 342. 65 Kruse, Abschied, S. 718 (Fn. 20); Oberhauser, Vermögensverteilung, S. 5. 66 Felix, Erbschaftsteuer, S. 417; Kruse, Abschied, S. 718 f. 67 So auch Mühl-Schimmele, Erbschaften, S. 39; a. A. Oberhauser, Erbschaftsteuer, S. 508. 68 Bundesministerium der Finanzen, Investitionen, S. 96; Crezelius, Steuerrecht II § 19 Rn. 1; Flume, Erbschaftsteuer, S. 2427; Frank, Unternehmung, S. 122 f.; Frank, Umverteilungspolitik, S. 207; Oberhauser, Finanzpolitik, S. 138.
74
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
Im Folgenden wird zunächst darauf eingegangen, ob eine solche Konzentrationswirkung bzgl. der Kapitalkonzentration in der Gesellschaft möglich erscheint, bevor im Kapitel C.III.2. die Konzentrationswirkung im Unternehmensmarkt untersucht wird. Dabei ist den Kritikern zuzugestehen, dass es bei der Unternehmensnachfolge dazu kommen kann, dass Unternehmen an größere Unternehmen (Kapitalgesellschaften) übergehen. Die Verteilungsfunktion hat jedoch nicht das Ziel, die Vermögenskonzentration in einzelnen Unternehmen, sondern die Vermögenskonzentration in den Händen einzelner Personen zu verhindern.69 Selbst wenn es bei der Unternehmensnachfolge zum Übergang eines Unternehmens an eine große Kapitalgesellschaft kommt, so führt dies nicht zu Vermögenskonzentration in den Händen einiger weniger Personen. Vielmehr ist es so, dass es sich bei großen Kapitalgesellschaften meist um Publikumsgesellschaften handelt, bei denen es nur selten zu einer Vermögenskonzentration einzelner natürlicher Personen kommt. Weiterhin wird für den Unternehmensübergang ein am Markt zu erzielender Kaufpreis fällig, so dass die übernehmende Gesellschaft auch eine angemessene Gegenleistung zu erbringen hat. Der Übergang des Unternehmens an eine große Kapitalgesellschaft führt folglich nicht dazu, dass sich das Vermögen auf einzelne Personen konzentriert. Von einer erheblichen Konzentrationswirkung, die die Unternehmensnachfolgebesteuerung auf die Vermögensverteilung in der Gesellschaft ausübt, kann nicht gesprochen werden. e) Zwischenergebnis Letztlich kann gesagt werden, dass sowohl das Nettogesamtvermögen als auch das Produktivvermögen in der Bevölkerung stark ungleich verteilt sind. Die Ergebnisse der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1993 und 1998 sprechen dafür, dass die Unterschiede der Vermögensverteilung innerhalb der Gesellschaft in den letzten Jahren zugenommen haben. Die Erbschaftsteuer wirkt dem entgegen. Allerdings ist die Umverteilungswirkung mangels Erbschaftsteuervolumen nicht stark ausgeprägt. Die Befürchtung, dass die schädliche Wirkung der Unternehmensnachfolgebesteuerung zu einer Konzentration hoher Vermögen führt, kann nicht bestätigt werden.
69
Siehe dazu Art. 123 Abs. 3 S. 1 BayVerf.
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse
75
2. Einfluss auf den unternehmerischen Wettbewerb Als weiteres Argument gegen die Belastung unternehmerischen Vermögens mit Erbschaftsteuer wird häufig angeführt, dass die Besteuerung die Gefahr von Konzentrationstendenzen bis hin zur Monopolisierung birgt. Um diesen Vorwurf zu erörtern, gilt es zunächst festzustellen, welcher Unternehmenstypus von der Erbschaftsteuer betroffen ist. Daran anschließend wird besprochen, ob die Belastung für diesen Unternehmenstyp gesamtwirtschaftlich eine Konzentrationswirkung hat bzw. Unternehmensmonopole auslösen kann. a) Charakteristik der Unternehmen bei denen Erbschaft- und Schenkungsteuer im Rahmen der Unternehmensnachfolge anfallen Nur die Unternehmen, bei denen eine oder mehrere natürliche Personen am Eigenkapital maßgeblich beteiligt sind und diese Personen weiterhin die Möglichkeit haben, erheblichen Einfluss auf Kontrollorgane oder das Management des Unternehmens auszuüben, können von der auf privater Seite anfallenden Erbschaftsteuerbelastung betroffen sein. Gemeinhin spricht man bei diesen Gesellschaften von Familienunternehmen. Der Begriff „Familienunternehmen“ ist dabei rechtsformneutral.70 Der Anteil dieser Gesellschaften schwankt je nach Quelle zwischen knapp 60 und über 95% aller Unternehmen in Deutschland.71 Damit stellt Deutschland keine Ausnahme dar, sondern in nahezu allen Volkswirtschaften finden sich mehr Familienunternehmen als Nichtfamilienunternehmen.72 Weltweit schätzt man, dass der Beitrag zum Sozialprodukt durch Familienunternehmen zwischen 45 und 70% beträgt.73 Unabhängig von der exakten Prozentzahl ist die Bedeutung dieser Unternehmen für die Wirtschaft national wie auch international überragend. Es wird vom „Rückgrat“74 oder „Kern“75 der Wirtschaft gesprochen. 70 Zur Problematik bei der Definitionsfindung des Begriffs „Familienunternehmen“, siehe Lennert, Nachfolgeplanung, S. 20 ff. 71 Klein, Familienunternehmen, S. 44, geht von knapp 65% aus, Roland Berger Strategy Consultants, Strategieprozesse, S. 3, sprechen von „rund 80%“, wohingegen Hammer/Hinterhuber, Familienunternehmung, S. 252, von einem Anteil von über 95% ausgehen. 72 Klein, Wandel, S. 23. 73 Brösztl, Familienunternehmen, S. 11; Roland Berger Strategy Consultants, Strategieprozesse, S. 3, gehen für Deutschland von einer Bruttowertschätzung der Familienunternehmen gegenüber sämtlichen Unternehmen von über 50% aus. 74 Habig/Berninghaus, Nachfolge, S. 1; von Holtzbrinck, Zukunftssicherung, S. 42. 75 Walter, Rolle, S. 16.
76
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
In Deutschland sind 2/3 der Unternehmen in der Umsatzgrößenklasse von 1 bis 50 Mio. e überwiegend in privater Hand, in der Umsatzgrößenklasse von 50 bis 250 Mio. e sind es etwa 50% und im Umsatzbereich von mehr als 250 Mio. e noch knapp 30%.76 Nicht von der Erbschaftsteuer betroffen sind hingegen Publikumsgesellschaften und Gesellschaften, deren Träger eine juristische Person ist. In Abgrenzung zu Familienunternehmen zeichnen sich Publikumsgesellschaften dadurch aus, dass eine Vielzahl von Personen an der Gesellschaft beteiligt ist. Bei diesen Unternehmen sind keine einzelnen Personen – oder ein in familiärem Zusammenhang stehender Personenverbund – in der Form am Unternehmen beteiligt, dass beherrschender Einfluss auf die Unternehmensführung genommen werden kann. Folglich haben die betroffenen Erwerber der Unternehmensbeteiligung nicht die Möglichkeit, ihre persönliche Erbschaftsteuerschuld aus dem Unternehmensvermögen zu begleichen. Ist der Unternehmensträger keine natürliche Person, scheidet die Erbschaftsteuerbelastung schon mangels Steuerentstehung aus, da nur natürliche Personen versterben. Ausnahme hierzu stellen Stiftungen dar, bei denen – gewissermaßen als Ausgleich für den ausbleibenden „natürlichen Tod“ – alle 30 Jahre ein Erbfall fingiert und das Vermögen der Familienstiftung einer entsprechenden Besteuerung unterworfen wird (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Demzufolge besteht nur bei Familienunternehmen faktisch die Möglichkeit, dass die Erbschaftsteuerbelastung aus dem Unternehmen gezahlt wird. Die anderen Unternehmen sind vor Erbschaftsteuerzahlungen geschützt. b) Unternehmenskonzentrationen hervorgerufen durch die Unternehmensnachfolgebesteuerung Wie in Kapitel C.III.1.d) geschildert, wird in der Literatur teilweise die Ansicht vertreten, dass durch die Erbschaftsteuer kleinere Unternehmen in Familienbesitz aufgrund der auftretenden Liquiditätsprobleme, die mit der Erbschaftsteuer verbunden sind, von größeren Unternehmen übernommen werden. Die Erbschaftsteuer bestärkt nach dieser These Konzentrationstendenzen.77 76
Klein, Familienunternehmen, S. 44. Bundesministerium der Finanzen, Investitionen, S. 96; Crezelius, Steuerrecht II § 19 Rn. 1; Crezelius, Sicherung, S. 141; Felix, Erbschaftsteuer, S. 416; Flume, Erbschaftsteuer, S. 2427; Frank, Unternehmung, S. 122 f. und 221; Frank, Umverteilungspolitik, S. 207; Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Belastung, S. 1; KarlBräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Erbschaftsteuer, S. 34; Kisker, Ver77
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse
77
Es wurde bereits festgestellt, dass die Unternehmensnachfolgebesteuerung gerade nicht zu einer Konzentration der Vermögensverteilung in der Bevölkerung führt.78 Fraglich ist jedoch, ob die Unternehmensnachfolgebesteuerung eine Konzentrationswirkung auf die Unternehmensanzahl ausübt. Befürchtet wird, dass sich durch die Verminderung unabhängiger Wettbewerber der Wettbewerbsdruck für die Unternehmen verringert. Volkswirtschaftlich wird mit dem Wettbewerb die Sicherung der wirtschaftlichen Handlungs- und Wahlfreiheit (sog. Freiheitsfunktion), die Verhinderung des Entstehens und des Abbaus nicht leistungsgerechter Einkommen (sog. Verteilungsfunktion), die Anpassung von Angebotsstruktur und Faktoreinsatz an Änderungen der Nachfrage (sog. Allokationsfunktion) und die Realisierung von technischem Fortschritt (sog. Entdeckungs- und Fortschrittsfunktion) verbunden. Ein funktionsfähiger Wettbewerb gilt deshalb als zentrale Voraussetzung für das Funktionieren des marktwirtschaftlichen Systems.79 Eine Konzentrationswirkung der Besteuerung kommt nur dann in Betracht, wenn es durch die Unternehmensnachfolgebesteuerung zu einem Übergang des Unternehmens an ein anderes Unternehmen kommt – das Unternehmen folglich verkauft wird, oder es zur Liquidation kommt. Für den Fall des Unternehmensverkaufs ist zunächst anzumerken, dass aus der Sicht des kaufenden Unternehmens ein Unternehmenskauf ganz unterschiedliche Gründe haben kann. So kann der Sinn darin liegen, selbst wettbewerbsfähig zu bleiben, neue Beschaffungs- oder Absatzmärkte zu erschließen oder eigene Risiken zu reduzieren. Nur in Ausnahmefällen wird mit der Unternehmensübernahme das Ziel verfolgt, den freien Wettbewerb einzuschränken. Auch wenn ein Unternehmen von den Erben verkauft wird, um Liquidität für die private Erbschaftsteuerschuld zu generieren, sind die Kaufmotive für den Käufer keine anderen als bei anderen Unternehmenskäufen. Die Kaufmotive zielen in der Regel nicht darauf ab, den funktionierenden Wettbewerb einzuschränken. Mit dem Vorwurf der Wettbewerbskonzentration ist jedoch auch gemeint, dass es unabhängig von den Kaufgründen zu einer Konzentrationswirkung zugunsten von Publikumskapitalgesellschaften kommt. Begründet wird dies damit, dass für diese Gesellschaften grundsätzlich keine Belastung durch mögensdistribution, S. 167 ff.; Oberhauser, Finanzpolitik, S. 138; Oberhauser, Erbschaftsteuer, S. 506; Seitz, Entwicklung, S. 144 ff. 78 Siehe dazu Kapitel C.III.1.d). 79 Siehe dazu Albach, Wettbewerb, S. 210 ff.; Knieps, Wettbewerbsökonomie, S. 4 ff.; Olten, Wettbewerbstheorie, S. 13 ff.
78
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
die Erbschaftsteuer eintritt, womit eine ungleiche Besteuerung vorliegt, die automatisch zu einer Unternehmenskonzentration zugunsten der Publikumskapitalgesellschaften führt. Zunächst ist anzumerken, dass auch Publikumsgesellschaften die optimale Kombination der Produktionsfaktoren anstreben. Unternehmerisches Vermögen in Form einer Publikumsgesellschaft ist grundsätzlich nicht schädlicher als unternehmerisches Vermögen anderer Organisationsformen. Dem Vorwurf, dass der Erbschaftsteuerbelastung automatisch die Personengesellschaften unterliegen, ist zu entgegnen, dass die erbschaftsteuerliche Belastung zunächst eine persönliche Belastung des Erben ist. Der Nachlass wird als Steuerobjekt unabhängig von der Unternehmensrechtsform besteuert. Mangels Einflusses auf die Unternehmensführung besteht bei Publikumsgesellschaften grundsätzlich keine Möglichkeit, die Erbschaftsteuerschuld aus dem Unternehmensvermögen zu begleichen. Die Eigentümer personengebundener Unternehmen haben oftmals diese Möglichkeit, allerdings kann die Steuerbelastung – genauso wie bei allen anderen Vermögenserben – auch aus privatem Vermögen beglichen werden. Von einer systematischen Benachteiligung personengebundener Unternehmen kann folglich nicht gesprochen werden. Den dargestellten Befürchtungen, dass es zu einer Wettbewerbskonzentration durch die Erbschaftsteuer kommt, ist entgegenzuhalten, dass eine Konzentrationswirkung nur dann kritisch für die Marktwirtschaft ist, wenn sie derartig drastisch ausfällt, dass dadurch der freie Wettbewerb beeinflusst wird. Dies ist bei den relativ großen Unternehmenskonzentrationen, die durch Konjunkturzyklen ausgelöst wurden – und damit gerade typisch für das marktwirtschaftlich organisierte System sind –, nicht der Fall.80 Wie in den Kapiteln E.VII.6. und C.II.2. dargestellt, ist die Erbschaftsteuerbelastung gemessen am Verkehrswert des Unternehmens gering. In vielen Fällen kann die Steuerbelastung aus dem Privatvermögen getragen werden. Ist dies nicht der Fall, wird eine Finanzierung über Kredite angestrebt, selten kommt es zu einer Steuerstundung nach § 28 ErbStG. Liquidationen – unmittelbar ausgelöst durch die Erbschaftsbesteuerung – konnten weder in den letzten Jahren noch in der Zeit vor den Steuerprivilegien für unternehmerisches Vermögen beobachtet werden.81 Unternehmensverkäufe im Rahmen der Unternehmensnachfolge müssen nicht durch die Erbschaftsteuerbelastung motiviert sein, oftmals sind sie Folge der mangelnden Nachfolgeplanung82 und des Mangels an einem qualifizierten familieninternen Nachfolger. 80 81
Hier spricht man sogar von einer „Marktbereinigung“. Siehe Kapitel C.II.2.
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse
50,1
Befragungsdurchschnitt ab 500 Beschäftigte
9,8
47,3
50,3
9,2
10-19 Beschäftigte
50
8,8
39,3
8,3
Verkauf an Mitarbeiter
Verkauf an Unternehmen
Liquidation
5,3
20
14,7
2,9 12
15,7
17,9
familieninterne Nachfolge
3,5
28,6 9
20-49 Beschäftigte
18,1 31,6
17,1
59
50-199 Beschäftigte
1-9 Beschäftigte
18,5
15,8
51,4
200-499 Beschäftigte
79
20,9 20,6 27,4
3,9 5,9 7,1
Verkauf an Dritte
Abbildung 10: Erwartete Nachfolgelösungen nach Unternehmensgrößenklassen in %83
Kommt es zum Verkauf, scheidet eine Konzentrationswirkung aus, wenn die Erwerber keine Unternehmensverschmelzung beabsichtigen. Dies ist insbesondere beim Verkauf an Privatpersonen oder an das Management des Unternehmens der Fall. Nur in den Fällen, in denen Unternehmen als Erwerber auftreten und die Integration des gekauften Unternehmens in das eigene Unternehmen anstreben, kommt es zu einer Konzentrationswirkung auf den Wettbewerb. Wie eine Umfrage des Instituts für Mittelstandsforschung zeigt, erwarten nur 18,1% der zur Unternehmensnachfolge befragten Familienunternehmer, dass ihr Unternehmen zur Unternehmensnachfolge an andere Unternehmen verkauft wird, wohingegen 28,3% mit einem Verkauf an Mitarbeiter oder an Dritte rechnen. Von einer Liquidation des Unternehmens gehen insgesamt nur 3,5% der befragten Personen aus. Dabei ist bemerkenswert, dass die Liquidation im Bereich der Unternehmensgröße von 50 und mehr Mitarbeitern gar nicht mehr genannt wird, obwohl gerade im Bereich hoher Vermögenswerte die Erbschaftsbesteuerung durch Progression und die nach82
So gaben bei einer Umfrage aus dem Jahr 2003 immerhin 27,4% der Unternehmenseigentümer an, die Unternehmensnachfolge nicht geregelt zu haben, dazu Institut für Mittelstandsforschung Bonn, Mind-Studie 2003, S. 90. 83 Quelle: Institut für Mittelstandsforschung Bonn, entnommen aus: Bundesverband der Deutschen Industrie e.V./Ernst & Young Deutsche Allgemeine Treuhand AG, Kontinuität, S. 132.
80
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
lassende Wirkung des Betriebsvermögensfreibetrags besonders stark sein müsste. Unabhängig davon, ob der Unternehmensverkauf durch die Erbschaftsteuerbelastung oder durch ein anderes Motiv ausgelöst worden ist, kann aufgrund der verhältnismäßig geringen Fallzahl, bei der es zu einem Verkauf des Unternehmens an andere Unternehmen kommt, nicht von einer Gefahr für den funktionsfähigen Wettbewerb und das marktwirtschaftliche System ausgegangen werden. Auch können für die Vergangenheit keine signifikanten Unternehmenskonzentrationen – hervorgerufen durch die Unternehmensnachfolge oder gar durch die Belastung mit Erbschaftsteuer – nachgewiesen werden. Sollte es doch einmal kommen, so gefährlichen
in einzelnen Branchen durch eine Unternehmensübernahme zu einer wettbewerbsgefährdenden Unternehmenskonzentration ist es Aufgabe der Kartellbehörde, die für das Marktgeschehen Unternehmenskonzentrationen zu verhindern.
Hervorzuheben ist noch ein von Spitzbart eingebrachter Aspekt, wonach die Nachfolgebesteuerung sogar Wettbewerbskonzentrationen entgegen wirkt, da sie Konzentrationstendenzen, die auf innerem Unternehmenswachstum beruhen, durch die Besteuerung stoppt.84 Die Befürchtung, dass es durch die Erbschaftsteuer zu einer volkswirtschaftlich schädlichen Konzentration des Wettbewerbs kommt, ist unbegründet. c) Zwischenergebnis Festgehalten werden kann, dass von Unternehmensverkäufen aufgrund der Erbschaftsbesteuerung nur Familienunternehmen betroffen sind, da nur bei diesen die Möglichkeit besteht, dass die Belastung der privaten Erbschaftsteuer aus dem Unternehmensvermögen bezahlt wird. Hingegen ist bei Publikumskapitalgesellschaften die Belastung mit Erbschaftsteuer grundsätzlich ausgeschlossen. Treten im Rahmen der Unternehmensnachfolge andere Unternehmen als Käufer auf und streben die Integration des gekauften Unternehmens an, so kommt es zu einer Wettbewerbskonzentration. Dabei muss die Erbschaftsteuer nicht ausschlaggebend für den Unternehmensverkauf sein. Auch alle anderen Verkaufsmotive kommen als Auslöser der Wettbewerbskonzentration in Frage. Die Konzentrationstendenzen im Wettbewerb beruhen auf einer geringen Fallzahl, so dass nicht von einer Gefährdung des freien Wettbewerbs und der Marktwirtschaft gesprochen werden kann. 84
Siehe dazu Spitzbart, Betriebsvermögen, S. 216.
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse
81
3. Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen Neben den Auswirkungen auf den interpersonellen und den unternehmensinternen Wettbewerb wurde in der Vergangenheit oftmals über negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, auf die Preisstabilität und das Wirtschaftswachstum spekuliert. Im Folgenden werden die genannten Effekte dargestellt und eine Beurteilung vorgenommen. a) Effekte auf dem Arbeitsmarkt Da von der Erbschaftsteuer nur Familienunternehmen betroffen sein können, ist zu untersuchen, welche Bedeutung sie für den Arbeitsmarkt haben. In Deutschland werden deutlich mehr als die Hälfte aller Arbeitnehmer in Familienunternehmen beschäftigt.85 Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass Familienunternehmen jährlich zwischen 60 und 80% aller neuen Arbeitsplätze schaffen.86 Für das Jahr 2003 geht man von 39.700 Unternehmensinsolvenzen in Deutschland aus.87 Dabei gingen mindestens 613.000 Arbeitsplätze88 verloren.89 Die hohe Anzahl von Unternehmensinsolvenzen hat somit weit reichende Konsequenzen für die Arbeitnehmer. Die Unternehmensnachfolgebesteuerung könnte ähnliche Effekte auf dem Arbeitsmarkt haben, wenn die Nachfolger des Unternehmensvermögens durch die Besteuerung gezwungen sind, den Betrieb einzustellen bzw. die Produktion zu drosseln.90 Legt man die Annahme zu Grunde, dass bei den Betrieben im Abstand von 30 Jahren ein Erbanfall eintritt und dass der Erbfall des Unternehmensinhabers gleichbedeutend mit dem Verlust aller Arbeitsplätze ist (Worst-Case-Szenario), so beträgt die maximale jährliche Ar85
Einen Anteil von 58% errechnet Klein, Familienunternehmen, S. 47; Maurice, Generationenwechsel, S. 266 f. und Roland Berger Strategy Consultants, Strategieprozesse, S. 3, sprechen sogar von 2/3 aller Arbeitsplätze. 86 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Europäische Charta für kleine Unternehmen“, Abl. EG 2000/C 204/13, S. 57, dabei beziehen sich die genannten Prozentzahlen nicht explizit auf Familienunternehmen, sondern auf Kleinunternehmen. Der weit überwiegende Teil der Kleinunternehmen sind jedoch Familienunternehmen. 87 Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung e.V., Unternehmensentwicklung, S. 1. 88 Da Unternehmen häufig schon vor einer Insolvenz Arbeitsplätze abbauen, kann davon ausgegangen werden, dass die Anzahl der durch die Insolvenz verlorenen Arbeitsplätze tatsächlich noch höher liegt. 89 Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung e.V., Unternehmensentwicklung, S. 6. 90 Beyer, Grundprobleme, S. 52 f.
82
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
beitnehmerfreisetzung zwischen 2 und 2,7% aller gegenwärtig bei Familienunternehmen beschäftigten Arbeitnehmer. Wie bereits dargelegt, kann faktisch nicht davon gesprochen werden, dass die Nachfolgebesteuerung zur Betriebseinstellung führt.91 Die Prämisse, dass der Tod des Unternehmensinhabers gleichbedeutend mit der Betriebsaufgabe und damit dem Verlust aller Arbeitsplätze ist, ist folglich nicht haltbar. Wie in den vorangegangenen Kapiteln dargestellt, kann die Erbschaftsbesteuerung nicht als primäre Ursache für Unternehmensaufgaben verantwortlich gemacht werden. Selbst bei einer hohen Steuerbelastung – die gegenwärtig nicht gegeben ist92 – kommt als Finanzierungsmöglichkeit die Veränderung der Eigentümerstruktur durch einen teilweisen oder gänzlichen Unternehmensverkauf in Betracht. Die Unternehmen bleiben dabei erhalten. Damit ist im Regelfall auch ein Großteil der Arbeitsplätze gesichert. Richtig ist, dass es im Rahmen des Unternehmensübergangs – sei es an einen familieninternen Nachfolger, an das Unternehmensmanagement, an Dritte oder an ein anderes Unternehmen – regelmäßig zur Freisetzung von Arbeitnehmern kommt, um die Personalkosten zu reduzieren.93 Dies ist jedoch eine Folge, die weitestgehend unabhängig von der Erbschaftsteuerbelastung eintritt und mit dem Wechsel in der Unternehmensführung korrespondiert. Es kann folglich nicht davon gesprochen werden, dass die Erbschaftsbesteuerung die Ursache für die Arbeitnehmerfreisetzung ist.94 b) Effekte auf die Preisstabilität Unter Preisstabilität wird ein auf gleichem Niveau verbleibender Wert verstanden, der für bestimmte Güter einer Wirtschaft im Zeitverlauf zu zahlen ist. Abhängig ist die Stabilität der Preise vom Unternehmenssektor. Da Familienunternehmen einen Großteil des Unternehmenssektors darstellen, kann eine Besteuerung dieser Unternehmen auch Auswirkungen auf die Preisentwicklung haben. Wie bereits festgestellt, hat die Erbschaftsteuerbelastung unternehmerischen Vermögens zur Folge, dass sich die Produktionsfaktoren verteuern. Unternehmer können darauf mit einer Preiserhöhung für ihre Güter reagieren. 91 92 93 94
Siehe dazu Kapitel C.II.2. Siehe dazu Kapitel E.VII.6. Gerig, Betriebsübergang, S. 2; Kindscher, Betriebsübergang, S. 1. Im Ergebnis so auch Spitzbart, Betriebsvermögen, S. 210.
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse
83
Geben die Unternehmen die Kostensteigerung an die Kunden weiter, so kann sich dies volkswirtschaftlich auf die Preisstabilität auswirken mit der Folge, dass ein anhaltender Prozess von Preisniveausteigerungen einsetzt und zu einer Inflation führt.95 Betroffen sind in einem solchen Fall alle Sorten von Gütern, da Familienunternehmen entweder selbst oder als Zuliefererbetriebe in allen Wirtschaftszweigen vertreten sind. Die Inflation würde letztlich dazu führen, dass die Steuerschuld überproportional zur Inflationsrate ansteigt, da die Besteuerungsmenge aufgrund der Geldentwertung anwächst und damit höhere Progressionsstufen des Steuertarifs erreicht werden.96 Gegen eine Überwälzung der höheren Kosten durch die Unternehmer spricht, dass die Erbschaftsteuer nicht kontinuierlich anfällt, sondern in unregelmäßigen Abständen. Unternehmer, die die Erbschaftsteuer durch Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben wollen, haben das Problem, dass die Höhe der Erbschaftsteuer im vorhinein nicht sicher kalkuliert werden kann. Zusätzlich muss der Unternehmer beachten, dass bei gelungener Weitergabe der Steuerbelastung sein Gewinn und damit auch seine Ertragsteuerbelastung ansteigen. Aufgrund der Ertragsbesteuerung steht nur der Gewinn nach Steuern für die Überwälzung der Steuerbelastung zur Verfügung.97 Zur Umsetzung der Preissteigerungen müssten alle Marktteilnehmer von der Erbschaftsbesteuerung betroffen sein. Dies ist nicht der Fall. Publikumsgesellschaften sind von der Erbschaftsbesteuerung ausgeschlossen, kleine Unternehmen gehen aufgrund der Freibeträge ohne Erbschaftsteuerbelastung auf den Vermögensnachfolger über. Diese Unternehmen haben keine Veranlassung, die Preise zu erhöhen. Dadurch wird erheblicher Wettbewerbsund Preisdruck auf die anderen Anbieter ausgeübt, so dass die Erbschaftsteuerbelastung praktisch nicht auf die Kunden überwälzbar ist.98 Dafür spricht auch, dass bisher – soweit ersichtlich – kein Zusammenhang zwischen Veränderungen in der Erbschaftsbesteuerung und der Inflationsrate festgestellt werden konnte. Die Effekte der Erbschaftsteuerbelastung für unternehmerisches Vermögen auf die Preisstabilität sind folglich zu vernachlässigen.
95 Zum Begriff und der Messung der Inflation siehe Hahn, Inflation, S. 15 ff. Zum Prozess von Preisniveausteigerungen, die zur Inflation führen, siehe: Jasper/ Kohler, Inflation, S. 1863 f.; Ströbele, Inflationstheorie, S. 352 ff. 96 Hahn, Inflation, S. 167; Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Geldentwertung, S. 12 ff. 97 Neumark, Einkommensbesteuerung, S. 160; Seitz, Entwicklung, S. 87 f. 98 Beyer, Grundprobleme, S. 55; Kisker, Vermögensdistribution, S. 171; Seitz, Entwicklung, S. 88 ff.
84
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
c) Effekte auf das Wirtschaftswachstum Unter Wirtschaftswachstum wird gemeinhin die Zunahme der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft im Zeitablauf verstanden.99 Wachstumsdeterminanten sind neben vielen anderen der technische Fortschritt, die Infrastruktur, das politische und soziale System, die Qualität der Produktionsfaktoren und die Investitionsbereitschaft.100 Bei Besteuerung des Unternehmensübergangs sind Auswirkungen auf die Investitionsbereitschaft und auf die Produktionsfaktoren denkbar. Insbesondere kommt eine Beeinflussung des Faktors Arbeit in Betracht. Wie bereits dargestellt, wird befürchtet, dass eine starke Nachfolgebesteuerung zu Arbeitnehmerentlassungen führt. Folge dieser Entlassungen wäre ein größeres Angebot an Arbeitskräften, wobei gleichzeitig die Kaufkraft der Bevölkerung aufgrund des geringeren Einkommens sinken würde. Das Ergebnis wäre ein Nachlassen der Konsumentennachfrage. Wie im Kapitel C.III.3.a) gezeigt, ist weder von Massenentlassungen noch von Unternehmensschließungen – ausgelöst durch die Erbschaftsteuer – auszugehen. Ein volkswirtschaftlicher Einfluss der Erbschaftsteuer auf den Produktionsfaktor Arbeit und in der Konsequenz auch auf die Konsumentennachfrage besteht deshalb nicht. In Betracht kommen Auswirkungen auf das Investitionsvolumen. In Kapitel C.II.4. wurde schon aus betrieblicher Sicht erläutert, dass der Einfluss der Erbschaftsteuer auf Investitionsentscheidungen eher gering einzuschätzen ist. Diese Einschätzung wird durch den Vergleich des Erbschaftsteueraufkommens mit der Bruttoanlageinvestition bestätigt. Nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung des Statistischen Bundesamtes lagen die Bruttoanlageinvestitionen des Jahres 2002 bei 391,6 Mrd. e.101 Vergleicht man diese Investitionen mit dem Erbschaftsteueraufkommen des gleichen Jahres – das auf unternehmerisches Vermögen anfällt (etwa 100 Mio. e102) –, so ergibt sich eine Quote von 0,026%. Diese geringe Quote macht deutlich, dass die Erbschaftsteuer in Anbetracht der Größe des Investitionsvolumens nicht besonders ins Gewicht fällt. Jährlich anfallende Belastungen – wie die Ertragsbesteuerung – haben wesentlich 99 Buhr, Wachstumstheorie, S. 779; Kromphardt/Scheidt, Wachstumstheorie, S. 4262. 100 Kromphardt/Scheidt, Wachstumspolitik, S. 4259 f. 101 Statistisches Bundesamt, Bruttoanlageinvestitionen, Tabelle. 102 Siehe dazu Kapitel C.I.5.
III. Volkswirtschaftliche Wirkungsanalyse
85
größere Effekte auf die Investitionsneigung als die Erbschaftsteuer, die in der Regel nur im Abstand von vielen Jahren anfällt. Von wesentlichen Auswirkungen der Erbschaftsbesteuerung auf das Investitionsvolumen kann deshalb nicht gesprochen werden.103 Mithin sind keine wesentlichen Effekte der Erbschaftsbesteuerung auf die Wachstumsdeterminanten auszumachen. Volkswirtschaftlich spürbare Effekte für das Wirtschaftswachstum aufgrund der Besteuerung der Unternehmensnachfolge sind nicht gegeben. d) Zwischenergebnis Die befürchteten negativen volkswirtschaftlichen Effekte der Erbschaftsteuer und im speziellen der Unternehmensnachfolgebesteuerung können nicht bestätigt werden. Die Ausgestaltung der Unternehmensnachfolgebesteuerung führt nicht zu einer generellen Gefährdung von Unternehmen. Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt ergeben sich primär durch den Wechsel der Unternehmensführung, nicht durch die Erbschaftsteuerbelastung. Die Erbschaftsteuer erhöht die Kosten für die Produktionsfaktoren. Da die Erbschaftsteuer nicht in festen Abständen anfällt, sondern in unregelmäßigen Abständen, und die Unternehmen in ständigem Wettbewerb miteinander stehen, kann diese Kostensteigerung nur selten an den Kunden weitergegeben werden. Auch die Preisstabilität ist durch die Erbschaftsteuer nicht gefährdet. Das Wirtschaftswachstum hängt maßgeblich von den Wachstumsdeterminanten Arbeit und Investitionen ab. Hier konnte festgestellt werden, dass der Faktor Arbeit nicht von der Erbschaftsteuer betroffen ist, da die Erbschaftsbesteuerung nicht in der Form ausgestaltet ist, dass Betriebsstilllegungen und damit Massenentlassungen drohen. Unabhängig von der Erbschaftsteuer kann es jedoch zu Entlassungen im Rahmen der Unternehmensnachfolge kommen. Auch Investitionen verändern die Höhe der Erbschaftsteuerbelastung grundsätzlich nicht. Aufgrund der Tilgungs- und Zinszahlungen können jedoch Liquiditätsengpässe auftreten. Im Verhältnis zum Investitionsvolumen ist das Erbschaftsteuervolumen sehr gering, und die Erbschaftsteuerbelastung tritt nur in großen Abständen auf. Es kann davon gesprochen werden, 103 Gegensätzlicher Ansicht ist Köhne, Wirtschaftswachstum, S. 25, der die Erbschaftsteuer als „sozialistisches Folterinstrument“ bezeichnet und deren Abschaffung fordert.
86
C. Betriebswirtschaftliche Effekte der Nachfolgebesteuerung
dass faktisch kaum Auswirkungen auf die Investitionsneigung der Unternehmer auftreten. Wesentliche Effekte der Erbschaftsbesteuerung auf die Wachstumsdeterminanten sind nicht auszumachen, volkswirtschaftlich negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum können nicht bestätigt werden. Der Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen ist als neutral zu charakterisieren. 4. Ergebnis Die Untersuchung der volkswirtschaftlichen Effekte der Erbschaftsteuer hat zunächst ergeben, dass sowohl das Nettogesamtvermögen als auch das Produktivvermögen in Deutschland ungleich über die Bevölkerung verteilt sind. Die Erbschaftsteuer kann dazu dienen, die Vermögensunterschiede zwischen den Bevölkerungsschichten tendenziell zu verringern. Hingegen kann die oftmals befürchtete Konzentrationswirkung der Erbschaftsteuer auf Vermögen und auf den Wettbewerb zwischen den Unternehmen nicht bestätigt werden. Die Unternehmensnachfolgebesteuerung gefährdet nicht grundsätzlich den Bestand von Unternehmen, so dass von volkswirtschaftlich spürbaren Auswirkungen der Erbschaftsteuer auf den Arbeitsmarkt nicht gesprochen werden kann. Arbeitnehmerfreisetzungen im Rahmen des Nachfolgeprozesses sind eher der neuen Unternehmensführung zuzuordnen als der Erbschaftsbesteuerung. Die durch die Besteuerung hervorgerufenen höheren Kosten für die Produktionsfaktoren führen nicht zu Preissteigerungen bzw. zur Inflation, da die besteuerten Unternehmen in der Regel einem erheblichem Wettbewerbsdruck unterliegen. Die Unternehmensnachfolge führt weder zu einer wesentlichen Veränderung des Arbeitsangebots, noch resultieren aus der Besteuerung Konsequenzen für Investitionen. Mangels Auswirkungen auf die Wachstumsdeterminanten Arbeit und Investition sind bei der derzeitigen Ausgestaltung der Erbschaftsteuer keine volkswirtschaftlich spürbaren Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum auszumachen.
IV. Resümee
87
IV. Resümee Die betriebs- und volkswirtschaftliche Betrachtung der gegenwärtigen Erbschaftsbesteuerung macht deutlich, dass die Erbschaftsteuer nicht die Ursache für Betriebsschließungen und Unternehmensliquidationen ist. Die volkswirtschaftlichen Konsequenzen der Besteuerung der Unternehmensnachfolge sind minimal. So fällt auf der einen Seite der erwünschte Effekt der Vermögensverteilung äußerst gering aus. Auf der anderen Seite können negative volkswirtschaftliche Auswirkungen – wie die Einschränkung des Wettbewerbs und die Reduzierung des Wirtschaftswachstums – der Erbschaftsteuerbelastung nicht direkt zugeordnet werden oder sind aufgrund der geringen Belastungsquote unternehmerischen Vermögens nicht wahrnehmbar.
D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung und Analyse der leitenden Entscheidungen von Bundesverfassungsgericht und Bundesfinanzhof Vermeintliche und tatsächliche betriebs- und volkswirtschaftliche Auswirkungen der Unternehmensnachfolgebesteuerung stehen bis heute im Mittelpunkt der Diskussion und Entwicklung der Nachfolgebesteuerung. Offensichtlich ist, dass die Besteuerung und Bewertung des unternehmerischen Vermögen seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland einer Vielzahl von Änderungen und Anpassungen unterworfen ist. Um zu erkennen wie und unter welcher Argumentation es zu der momentanen unternehmerfreundlichen Ausgestaltung der Erbschaftsteuer gekommen ist, gilt es im Folgenden die Entwicklung der Unternehmensnachfolgebesteuerung nachzuvollziehen, wobei auf Gesetzgebung und den Gang der wissenschaftlichen Diskussion einzugehen ist. Prägend für die Gesetzgebung war insbesondere die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht aus dem Jahr 1995. Diese gilt es zu analysieren und auf ihre Auswirkungen auf die Nachfolgebesteuerung zu untersuchen. Ähnliche hohe Bedeutung kommt dem Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2002 zu. Der Beschluss wird ausführlich dargestellt und die Entscheidungsmöglichkeiten des Bundesverfassungsgerichts werden untersucht.
I. Von der Nachfolgebesteuerung in der Nachkriegszeit bis zu den Änderungen durch das Erbschaftsteuerreformgesetz und das Bewertungsgesetz 1974 1. Tarifvergünstigungen landwirtschaftlicher Betriebe wegen Kriegssterbefällen Zur ersten Steuervergünstigung für bestimmte Arten betrieblichen Vermögens kam es durch eine Regelung im ErbStG vom 30.06.19511. Der § 10 Abs. 5 ErbStG sah eine Steuervergünstigung für die Vererbung oder die vorweggenommene Erbfolge eines landwirtschaftlichen, forstwirt1
BGBl. I 1951, 759 und 764.
I. Von der Nachkriegszeit bis zum Bewertungsgesetz 1974
89
schaftlichen, gärtnerischen oder Weinbaubetriebes vor. Solange der Einheitswert der genannten Betriebsarten die 30.000 DM-Grenze nicht überstieg, wurden Personen der damaligen Steuerklassen III und IV – darunter fielen insbesondere Eltern, Großeltern, Stief- und Schwiegereltern sowie Geschwister und deren Kinder – bezüglich dieses Nachlassbestandteils nach den erheblich geringeren Steuersätzen der Steuerklasse I besteuert. Betrug der Einheitswert des Betriebes zwischen 30.000 und 80.000 DM, wurde die Steuerklasse II angewendet.2 Voraussetzung für diese Begünstigung war, dass der eigentliche Erbe durch Kriegsereignisse oder dessen unmittelbare Folgen weggefallen war.3 An dieses Steuerklassenprivileg wurde eine Behaltensfrist von 15 Jahren geknüpft (§ 10 Abs. 5 ErbStG). Die Regelung, die eine Reaktion auf die vielen Kriegstoten war, sollte dazu dienen, die Liquidation landwirtschaftlicher Betriebe mangels Nachfolger zu verhindern, und blieb bis zum Erbschaftsteuergesetz 1974 in Kraft.4 2. Diskussion um die Besteuerung betrieblichen Vermögens Wie aus der Begründung zum Gesetzesentwurf vom 29.04.1954 zur „Neuordnung von Steuern“ hervorgeht, wurde Anfang der fünfziger Jahre aus Kreisen der gewerblichen Wirtschaft der Wunsch geäußert, für gewerbliche Betriebe Erleichterungen bei der Erbschaftsbesteuerung zu schaffen. Mit dem Gesetzentwurf wurde dieses Anliegen jedoch abgelehnt, da die Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht in Frage gestellt werden sollte.5 Vielmehr wurde eine allgemeine Tarifsenkung der Erbschaftsteuer umgesetzt.6 Nach dem Wortlaut der Begründung dieses Gesetzes sollten durch die allgemeine Tarifsenkung Härten gemildert werden, „die sich vor allem bei solchen Nachlässen ergeben können, zu denen im Wesentlichen Betriebsvermögen gehört“.7 Danach wurde in Deutschland erst wieder in den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts deutlich auf die Situation mittelständischer 2 Siehe dazu auch Gierschmann, Grundlagen, S. 262; einige Berechnungsbeispiele finden sich in der Verwaltungsanordnung für die Erbschaftsteuer, BStBl. I 1952, 545 ff. und bei Megow, Erbschaftsteuergesetz, S. 187 f. 3 Auf die einzelnen Voraussetzungen eingehend Megow, Erbschaftsteuergesetz, S. 186. 4 Mit der Neufassung des Erbschaftsteuergesetzes vom 01.04.1959 wurde die Regelung wortgleich in § 11 Abs. 5 ErbStG paragrafiert. 5 BT-Drs. 2/481, 115. 6 BGBl. I 1954, 373. 7 BT-Drs. 2/481, 116 und 151.
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
Unternehmen im Erbfall aufmerksam gemacht.8 Teilweise wurde vehement auf Liquiditätsengpässe und einen Verkaufsdruck – ausgelöst durch Erbund Schenkungsteuer, sowie Abfindungen der Miterben und Pflichtteilsberechtigten in Geld – hingewiesen.9 Man war der Meinung, dass dies nicht selten zur Zerschlagung und Existenzvernichtung der Unternehmen führt.10 Zum Teil wurden Vergleiche zu Publikums-Kapitalgesellschaften gezogen. Bei diesen ist eine Reduzierung der Eigenkapitalbasis durch die Erbschaftsteuer ausgeschlossen. Nach Ansicht zahlreicher Autoren kommt es für die Publikums-Kapitalgesellschaften zu einer Verbesserung der Wettbewerbschancen gegenüber personenbezogenen Gesellschaften und es entstehen volkswirtschaftlich schädliche Konzentrationstendenzen.11 Dies führte zu konkreten Forderungen nach einer Verbesserung der Situation mittelständischer Unternehmen im Erbfall. So empfahl das Institut für „Finanzen und Steuern“ e.V. bereits im Jahr 1954 eine Halbierung der Erbschaftsteuer für betriebliches Vermögen.12 Gleich eine gänzliche Abschaffung der Erbschaftsteuer verlangte Frank, hilfsweise auch einen Bewertungsabschlag für Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften. Weiterhin forderte er einen gesetzlichen „Anspruch auf ratenweise Begleichung der Steuerschuld“.13 Flume riet zu einem Steuerstundungsmodell von bis zu 30 Jahren, bei dem der Staat bis zur Begleichung der Steuerschuld am Unternehmen – ohne Stimmrecht – beteiligt wird. Während dieser Frist sollte es für die Unternehmensnachfolger jederzeit möglich sein, die Anteile zurück zu erwerben.14 8 Frank, Unternehmung, S. 220 ff.; Frank, Umverteilungspolitik, S. 203 ff.; Glöckle, Gestaltungsprobleme, S. 84 ff.; Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Steuerreform, S. 100 f.; Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Erbschaftsteuer, S. 34 und 47; Oberhauser, Finanzpolitik, S. 137 f.; Senftleben, Finanzplanung, S. 39 ff. 9 Frank, Unternehmung, S. 122 f.; Frank, Umverteilungspolitik, S. 204; KarlBräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Erbschaftsteuer, S. 47; Schmücker in: Verh.-BT, Bd. 22, 2733, 2785. 10 Flume, Steuergutachten, S. 4; Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Erbschaftsteuer, S. 34. 11 Frank, Unternehmung, S. 122 f. und 220 f.; Frank, Umverteilungspolitik, S. 206 f.; Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler, Erbschaftsteuer, S. 34 und 47; Oberhauser, Finanzpolitik, S. 137 f.; Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium der Finanzen, Reform, S. 79, mit der Forderung nach einer Ersatzerbschaftsteuer für Kapitalgesellschaften. Bereits in den fünfziger Jahren macht Sommers, Estate Taxes, S. 201 ff. für den US-amerikanischen Markt auf Konzentrationstendenzen, ausgelöst durch die Erbschaftsteuer, aufmerksam. 12 Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Steuerreform, S. 101. 13 Frank, Unternehmung, S. 221 f. 14 Flume, Beschlüsse, S. 2428.
I. Von der Nachkriegszeit bis zum Bewertungsgesetz 1974
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3. Erbschaftsteuerreformgesetz 1974 Erst im Gesetz zur Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts vom 17.04.197415 wurde – als Reaktion auf die deutliche Kritik an der Besteuerung unternehmerischen Vermögens durch die Erbschaftsteuer – eine Stundungsmöglichkeit eingeführt. Nach § 28 ErbStG sollte beim Erwerb von Betriebsvermögen oder landund forstwirtschaftlichem Vermögen, die Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu sieben16 Jahre gestundet werden, sofern dies für die Erhaltung des Betriebes notwendig ist. Grundsätzlich waren Stundungszinsen zu erheben, und einzig nach § 127a Abs. 2 S. 2 AO konnte eine zinslose Stundung bewilligt werden.17 Durch die Regelung sollten Liquiditätsstörungen oder gar Betriebszerschlagungen allein wegen der Erbschaftsteuer vermieden werden.18 Das Zugeständnis war der erste Schritt für eine ganze Reihe von Vergünstigungen, die in der Folge ausschließlich für Betriebsvermögen gemacht wurden. 4. Bewertung des Betriebsvermögens bis 1992 Nach dem bis zum 31.12.1992 geltenden Bewertungsrecht19 war die Höhe des Betriebsvermögens unabhängig vom Bilanzsteuerrecht zu ermitteln. Die Einzelwirtschaftsgüter wurden mit ihrem jeweiligen Teilwert (§ 10 BewG), angesetzt. Für Betriebsgründstücke wurden die Einheitswerte vom 01.01.1964 angesetzt. Weitgehend unberücksichtigt blieben immaterielle Wirtschaftsgüter und Ertragsaussichten. Durchschnittlich führte das damalige Bewertungsverfahren zu einem erbschaftsteuerlichen Betriebsvermögenswert von etwa 75% des Verkehrswertes.20 Der BFH hat das Verfahren zu Recht als „vorsichtig“ charakterisiert.21 Vor allem gut rentable Unternehmen profitierten von diesem Verfahren, da in die Bewertung nicht die Ertragskraft der Unternehmen einfloss. 15
BGBl. I 1974, 933. Der Entwurf des zweiten Steuerreformgesetzes vom 04.05.1972 ging zunächst von einer Stundungshöchstdauer von fünf Jahren aus, BT-Drs. 6/3418, 19. 17 Moench, Erbschaftsteuer, S. 168 d. 18 BT-Drs. 6/3418, 50 f. 19 Geändert durch das BewG vom 26.09.1974 (BStBl. I 1974, 862) und dem weitgehend dieser Fassung entsprechende BewG vom 01.02.1991 (BStBl. I 1991, 168). 20 Meincke, Vorgaben, S. 1309; Spitzbart, Betriebsvermögen, S. 78 f.; von einem erbschaftsteuerlichen Betriebsvermögenswert von nur 2/3 des Verkehrswertes geht Weinmann in Moench et al., Erbschaftsteuer § 13a Rn. 5 aus. 21 BFHE 198, 342, 346. 16
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II. Diskussionsverlauf und Gesetzesnovellen vor der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 1995 1. Anhaltende Diskussion um die Besteuerung betrieblichen Vermögens Die Einführung der Stundungsregelung durch das Erbschaftsteuerreformgesetz fand ausgesprochene Zustimmung in der rechts- und finanzwissenschaftlichen Literatur. Es war davon die Rede, dass die Regelung den wirtschaftlichen Notwendigkeiten eines erworbenen Betriebes „in angemessener Weise“ Rechnung trägt.22 Allerdings gab es auch Kritik an der Regelung. Es stellte sich schnell heraus, dass die Voraussetzungen für die Stundung von der Finanzverwaltung sehr eng ausgelegt wurden, und die Stundung nur vereinzelt Erleichterungen schaffte.23 Vielen Autoren ging die Stundungsregelung deshalb nicht weit genug. Erneut wurde das Bild des mittelständischen Unternehmens bemüht, das aufgrund der rigiden Erbschaftsteuerbelastung mitsamt seinen Arbeitnehmern zerschlagen wird.24 Kapp forderte einen Betriebsvermögensabschlag in Höhe von 45% nach dem Vorbild des englischen Systems, da dies „wirtschaftlich vernünftig“ sei.25 Das Institut für „Finanzen und Steuern“ e.V. forderte für betriebliches Vermögen einen Bewertungsabschlag von 25%, die Halbierung des Steuersatzes und die Möglichkeit der zinslosen Steuerstundung.26 Leipold und das Institut „Finanzen und Steuern“ e.V. merkten an, dass bei unternehmerischen Vermögen die Steuersätze für Außenstehende nicht wesentlich höher sein dürften als bei Familienangehörigen. Es muss der für das Unternehmen beste Nachfolger gewählt werden, Familienmitglieder sollen nicht aus steuerlichen Gesichtspunkten bevorzugt werden. Eine Gleichbehandlung bzw. Angleichung der Steuersätze erschien deshalb ratsam.27 22
Megow/Michel, Erbschaftsteuer, S. 560. Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Belastung, S. 11; Petzoldt, Erbschaftsteuer § 28 Rn. 2. 24 Bundesministerium der Finanzen, Investitionen, S. 100 f.; Crezelius, Steuerrecht II § 19 Rn. 1; Flick, Vermögenskontinuität, S. 114; Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Belastung, S. 15. 25 Kapp in Kapp, Erbschaftsteuergesetz § 28 Rn. 2.1. 26 Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Belastung, S. 15 ff. 27 Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Belastung, S. 13 f.; Leipold, Grundlagen, S. 171 f.; Jahre später mit ähnlicher Argumentation Bundesministerium der Finanzen, Investitionen, S. 107 und Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Reform, S. 33 f. Bereits im Jahre 1969 hatte Frank, Unternehmung, S. 123 auf dieses Problem aufmerksam gemacht. 23
II. Diskussionsverlauf und Gesetzesnovellen vor 1995
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2. Steueränderungsgesetz 1992 Das Steueränderungsgesetz 1992 vom 25.02.199228 führte zu einer Ausweitung der durch das Erbschaftsteuerreformgesetz 1974 beschlossenen Stundungsmöglichkeit für betriebliches Vermögen und zu einer Reform der Bewertungsvorschriften. Bezüglich der erbschaftsteuerlichen Unternehmensbewertung blieb der Gesetzgeber bei der Einzelbewertung, ordnete ab dem 01.01.1993 aber die Übernahme der Steuerbilanzwerte an. Bei nicht-einheitswertabhängigen Wirtschaftsgütern wurde statt dem Teilwert jetzt der Wert der Steuerbilanz maßgeblich (sog. verlängerte Maßgeblichkeit). Insbesondere bei geringwertigen und bereits abgeschriebenen Wirtschaftsgütern hat dies zur Folge, dass kein Restwertansatz mehr zu erfolgen hat, was zu einer geringeren Bewertung des Betriebsvermögens führt.29 Zieht man den Vergleich zur Rechtslage vor dem 01.01.1993, so führt die Übernahme der Bilanzwerte zu einem etwa ein Drittel niedrigeren Wertansatz des Betriebsvermögens trotz gleich gebliebener Grundstückswerte.30 Mit diesem Schritt wurde Betriebsvermögen durchschnittlich nur noch mit etwa 45% des tatsächlichen Wertes bewertet.31 In der Begründung des Gesetzes heißt es folgerichtig, dass die Übernahme der Steuerbilanzwerte sich für die Betriebe entlastend auswirkt, was insbesondere wichtig für mittelständische Personenunternehmen ist.32 Eingeführt wurde neben den Neuerungen bei der Bewertung des unternehmerischen Vermögens, dass die Stundung für den Fall des Erwerbes von Todes wegen zinslos bis zu sieben Jahren möglich ist. Diese zinslose Stundungsmöglichkeit kommt einem Teilerlass der Erbschaftsteuer gleich,33 womit die Übertragung betrieblichen Vermögens finanziell direkt besser gestellt wird als andere Vermögensarten. Zurückzuführen ist die Regelung auf die einleitend erwähnte Forderung, dass kein Zwang zur Veräußerung mittelständischer Unternehmen im Erbfall zwecks Finanzierung der Erbschaftsteuer aufkommen darf.34 Folglich fanden die 28
BGBl. I 1992, 297. Hübner, Steuerbilanzwerte, S. 1; Rödder, Rechtsformwahl, S. 2138 f.; Sosnitza, Reform, S. 347; von Wartenberg, Unternehmenskontinuität, S. 249. 30 Christoffel, Anteilsbewertung, S. 206; Meincke, Vorgaben, S. 1309; Weinmann in Moench et al., Erbschaftsteuer § 13a Rn. 5. 31 Weinmann in Moench et al., Erbschaftsteuer § 13a Rn. 5. 32 BR-Drs. 522/91, 37. 33 Moench in Moench, Erbschaftsteuer § 28 Rn. 4a; Rödder, Rechtsformwahl, S. 2147. 34 Sosnitza, Reform, S. 347 f. 29
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Entlastungsmaßnahmen gemeinhin Zuspruch und wurden als „ein Schritt in die richtige Richtung“ gewertet, wobei alsbald gefordert wurde, die Stundungsfrist auf 15 Jahre zu erhöhen.35 Nur vereinzelt wurde gegen diese offensichtliche Bevorzugung der Vermögensart mit dem Hinweis auf Gerechtigkeitslücken Kritik geübt und vor einem „Sonderrecht“ für betriebliches Vermögen gewarnt.36 Hübner machte dabei darauf aufmerksam, dass Steuerbilanzwerte zur Ermittlung eines stichtagbezogenen Substanzwertes auf Grund zahlreicher Bilanzierungswahlrechte grundsätzlich ungeeignet sind und zu willkürlichen Bemessungsgrundlagen führen.37 3. Standortsicherungsgesetz 1993 Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Standortsicherungsgesetz vom 05.03.1993 sah einen Freibetrag in Höhe von 500.000 DM für Betriebsvermögen beim Erbanfall vor. Weiterhin war ein Bewertungsabschlag für Betriebsvermögen in Höhe von 25% geplant. Zur Begründung dieser Maßnahmen heißt es im Regierungsentwurf: „Maßnahmen zur Schonung des Erwerbes von Betriebsvermögen sind wegen der verhältnismäßig geringen Fungibilität, der erhöhten Sozialverpflichtung (Erhaltung von Arbeitsplätzen) und des höheren Risikos gerechtfertigt und notwendig. Der Freibetrag und der Bewertungsabschlag führen zu einer deutlichen Entlastung bei der Erbschaftsteuer. Die Erben müssen dem Betriebsvermögen nur noch in entsprechend gemindertem Umfang liquide Mittel für die Zahlung der Erbschaftsteuer entnehmen. Diese stehen statt dessen weiter für notwendige Investitionen und zum Erhalt von Arbeitsplätzen zur Verfügung. Der Freibetrag dient gleichzeitig der Verwaltungsvereinfachung. Bei kleineren Erbfällen entfällt eine Steuerfestsetzung. Außerdem können sich Steuerpflichtige und Finanzämter vielfach Ermittlungen zur Höhe vererbten Betriebsvermögens ersparen.“38
Andere Ansichten vertraten hingegen der federführende Finanzausschuss, der Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten, die in ihrer Erklärung vom 02.02.1993 sogar verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Regierungsentwurf geltend machten und dem Bundesrat folgende Stellungnahme zum Gesetzesvorhaben empfahlen: „Der Bundesrat verkennt nicht, daß Betriebsvermögen weniger fungibel sein kann als anderes Vermögen und es einer erhöhten Sozialverpflichtung (Erhaltung 35 36 37 38
von Wartenberg, Unternehmenskontinuität, S. 250. Meincke, Erbschaftsteuer § 28 Rn. 1. Hübner, Steuerbilanzwerte, S. 1 f. und 7. BT-Drs. 12/4487.
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von Arbeitsplätzen) und einem höheren Risiko unterliegt. Dem ist aber bereits durch die gesetzlich vorgesehene Übernahme der Steuerbilanzwerte für die Ermittlung des Betriebsvermögens sowie die Möglichkeit der zinslosen Stundung der Erbschaftsteuer auf die Dauer von sieben Jahren zur Erhaltung des Betriebes Rechnung getragen worden. [. . .] die vorgesehenen Befreiungen wären verfassungsrechtlich bedenklich, weil sie nicht systemkonform sind und gegenüber anderem Vermögen eine zu ungleiche Besteuerung bewirken. [. . .] Die mangelnde Systemkonformität und die ungleiche Besteuerung ergeben sich aus mehreren Gründen. Die unter Haushaltsgesichtspunkten notwendige Beschränkung auf Erwerbe von Todes wegen kann bei der Höhe der im Gesetzentwurf vorgesehenen Begünstigung dazu führen, daß im Interesse der Erhaltung des Betriebs sinnvolle Betriebsübertragungen in vorweggenommener Erbfolge verhindert werden. Gegenüber anderem Vermögen wird die starke Ungleichbehandlung besonders deutlich im Verhältnis zu gleich großen Familienunternehmen in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft. Es erscheint auch nicht gerechtfertigt, den Erwerb eines Unternehmens, das möglicherweise kurze Zeit später veräußert wird, ganz oder zu einem wesentlichen Teil von der Erbschaftsteuer freizustellen, während der Erwerber gleich hohen anderen Vermögens in der gesetzlich vorgesehenen Höhe steuerlich belastet wird. Das gilt auch deshalb, weil erhebliche Gestaltungsmöglichkeiten für die Einbeziehung von Vermögenswerten in das Betriebsvermögen bestehen.“39
Nach Anrufung des Finanz-40 und Vermittlungsausschusses41 wurde das Standortsicherungsgesetz letztendlich am 13.09.199342 verabschiedet. Die endgültige Fassung des Gesetzes sah erstmals eine Freibetragsregelung für den Erwerb von Betriebsvermögen durch Erbanfall und vorweggenommene Erbfolge in Höhe von 500.000 DM vor (§ 13 Abs. 2a ErbStG). Der Betrag kann dabei alle zehn Jahre steuerfrei auf die Unternehmensnachfolger übertragen werden. Bei Vermächtnissen führte diese Regelung jedoch zu dem Problem, dass sich der Übergang des Betriebsvermögens in zwei Stufen – vom Erblasser auf den Erben und dann weiter an den Vermächtnisnehmer – vollzieht. Somit kann zwar der Erbe, nicht jedoch der Vermächtnisnehmer, den Betriebsvermögensfreibetrag geltend machen43 – ein insgesamt unbefriedigendes Ergebnis. Weiterhin sah das Gesetz vor, dass an die Freibetragsregelung eine Behaltensfrist von fünf Jahren gekoppelt wird. Bei einem Verstoß gegen die Frist sollte der Freibetrag mit Rückwirkung entfallen (§ 13 Abs. 2a S. 3 ErbStG). Der von der Bundesregierung geplante Bewertungsabschlag für 39 40 41 42 43
BR-Drs. 1/93, 52 ff. BT-Drs. 12/5016. BT-Drs. 12/5341. BGBl. I 1993, 1569. Meincke, Erbschaftsteuer § 13 Rn. 64.
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Betriebsvermögen wurde im Vermittlungsverfahren gestrichen und nicht in das Gesetz aufgenommen. Nach Verabschiedung des Standortsicherungsgesetzes kam es erstmals zu nachdrücklichem Protest gegen die Besserstellung des Betriebsvermögens. Die unterschiedliche Besteuerung von Betriebsvermögen und sonstigem Vermögen zog den Vorwurf eines möglicherweise vorliegenden Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot und mangelnder Systemkonformität nach sich.44 Unter Verweis auf die bereits privilegierende Stundungsmöglichkeit beim Übergang betrieblichen Vermögens durch § 28 ErbStG und die Übernahme der niedrigen Steuerbilanzwerte für die Wertermittlung des Betriebsvermögens zweifelte Weinmann an der existenzgefährdenden Wirkung der Erbschaftsteuer und forderte Belege aus der Praxis für die angeblich schädlichen Auswirkungen der Besteuerung.45 Demgegenüber beinhaltete für andere Autoren das Standortsicherungsgesetz wichtige Schritte, um den Mittelstand in Deutschland vor der Existenzbedrohung durch die Erbschaftsteuer zu schützen. Diese Feststellung wurde meist mit der Forderung nach weitergehenden Maßnahmen zur Verringerung der Erbschaftsteuerlast für Betriebsvermögen verbunden.46
III. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995 Eine neue Wendung erfuhr die Unternehmensnachfolgebesteuerung durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995.47 Die Auswirkungen dieser Entscheidung prägen die Unternehmensnachfolgebesteuerung bis heute. Der Entscheidung des Gerichts lag eine Verfassungsbeschwerde zu Grunde, welche die Frage aufwarf, ob die unterschiedliche Belastung von Kapitalvermögen, das nach gegenwartsnahen Verkehrswerten bewertet wird, und von Grundvermögen, das mit 140% der Einheitswerte von 1964 bewertet wurde, mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Neben der zur Entscheidung anstehenden Frage hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts versucht, verschiedene Besteuerungsgrundsätze zu formulieren.48 In diesem Zusammenhang hat er auch zur Besteuerung und Bewertung von unterneh44
Meincke, Erbschaftsteuer § 13 Rn. 59; Pietsch, Standortsicherungsgesetz, S. 269; Weinmann, Steuerbefreiung, S. 1238 f. 45 Weinmann, Steuerbefreiung, S. 1238. 46 von Wartenberg, Unternehmenskontinuität, S. 251. 47 BVerfGE 93, 165 ff. 48 Krüger et al., Beratungshinweise, S. 1453.
III. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995
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merischem Vermögen im Erbschaftsteuerrecht Stellung genommen. Im Urteil vom 22.06.1995 heißt es diesbezüglich: „Zudem hat der Gesetzgeber bei der Gestaltung der Steuerlast zu berücksichtigen, daß die Existenz von bestimmten Betrieben – namentlich von mittelständischen Unternehmen – durch zusätzliche finanzielle Belastungen, wie sie durch die Erbschaftsteuer auftreten, gefährdet werden kann. Derartige Betriebe, die durch ihre Widmung für einen konkreten Zweck verselbständigt und als wirtschaftlich zusammengehörige Funktionseinheit organisiert sind, sind in besonderer Weise gemeinwohlgebunden und gemeinwohlverpflichtet: Sie unterliegen als Garant von Produktivität und Arbeitsplätzen insbesondere durch Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern, [dem] Betriebsverfassungsrecht, [dem] Wirtschaftsverwaltungsrecht und durch die langfristigen Investitionen einer gesteigerten rechtlichen Bindung. Sie hat zur Folge, daß die durch die Erbschaftsteuer erfaßte finanzielle Leistungsfähigkeit des Erben nicht seinen durch den Erbfall erworbenen Vermögenszuwachs voll entspricht. Die Verfügbarkeit über den Betrieb und einzelne dem Betrieb zugehörige Wirtschaftsgüter ist beschränkter als bei betrieblich ungebundenem Vermögen. Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) fordert, diese verminderte Leistungsfähigkeit bei den Erben zu berücksichtigen, die einen solchen Betrieb weiterführen, also den Betrieb weder veräußern noch aufgeben, ihn vielmehr in seiner Sozialgebundenheit aufrechterhalten, ohne daß Vermögen und Ertragskraft des Betriebes durch den Erbfall vermehrt würden. Die Erbschaftsteuerlast muß hier so bemessen werden, dass die Fortführung des Betriebes steuerlich nicht gefährdet wird. Diese Verpflichtung, eine verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit erbschaftsteuerrechtlich zu berücksichtigen, ist unabhängig von der verwandtschaftlichen Nähe zwischen Erblasser und Erben.“49
Da das Gericht damit über das hinausgegangen ist, was zur Entscheidung anstand, wurde kontrovers diskutiert, ob überhaupt und wenn ja, welche Anforderungen aus der Begründung des sog. „Erbschaftsteuerbeschlusses“ für den Gesetzgeber erwachsen. 1. Neuregelungspflicht des Gesetzgebers Das Gericht hat im Tenor festgestellt, dass § 12 Abs. 1 und Abs. 2 ErbStG in Verbindung mit Vorschriften des Bewertungsgesetzes nicht mit der Verfassung vereinbar sind. Dabei sieht das Gericht von einer Nichtigkeitserklärung ab und setzt eine Frist, bis spätestens zum 31.12.1996 eine Neuregelung zu treffen, wobei die gegenwärtige Rechtslage bis zum 31.12.1995 aufrechterhalten werden darf.50 Prozessuale Grundlage für eine solche Handlungsweise ist § 35 BVerfGG.51 Sachlich rechtfertigt das Ge49
BVerfGE 93, 165, 175 f. BVerfGE 93, 165 f.; zu den Folgen einer Fristversäumnis siehe Arndt/Schuhmacher, Untätigkeit, S. 1813 ff. 50
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
richt die Weiteranwendung durch die Erfordernisse einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung und eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für die bereits weitgehend abgeschlossenen Veranlagungszeiträume.52 Da mithin ein Verfassungsverstoß vorliegt, gebietet die Verfassungsbindung nach Art. 20 Abs. 3 GG dem Gesetzgeber entsprechend tätig zu werden und eine verfassungsgemäße Rechtslage herzustellen.53 2. Bindungswirkung der Gerichtsentscheidung Inwieweit der Gesetzgeber auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts bei der Neugestaltung des Gesetzes Rücksicht nehmen muss, ist umstritten. Der § 31 Abs. 1 BVerfGG besagt, dass die „Entscheidungen“ des Bundesverfassungsgerichts binden. Nicht klar ist, was unter „Entscheidungen“ zu verstehen ist. In der vorliegenden Erbschaftsteuerentscheidung hat das Gericht im Tenor die Neufassung des Gesetzes gefordert und in der Urteilsbegründung neben anderen Gesichtspunkten dezidiert zu einer angemessenen Steuerbelastung von Erben unternehmerischen Vermögens Stellung genommen. Fraglich ist, ob diesen – in der Begründung dargelegten – Vorstellungen des Bundesverfassungsgerichts zur Nachfolgebesteuerung Bindungswirkung gegenüber dem Gesetzgeber zukommt. Es gilt deshalb zu klären, welche Teile einer Verfassungsgerichtsentscheidung Bindungswirkung haben. Unumstritten ist, dass dem Entscheidungsausspruch des Gerichts, dem sog. Tenor, Bindungswirkung zukommt.54 Das Bundesverfassungsgericht sowie die diesbezüglich publizierenden Bundesverfassungsrichter gehen davon aus, dass für den Zweck der Verfassungsgerichtsbarkeit die Bindung an den Tenor alleine nicht ausreicht, deshalb muss auch den tragenden Entscheidungsgründen, die den Tenor interpretieren, Bindungskraft zukommen. Unklar bleibt jedoch, was als tragend für eine Entscheidung zu erachten ist.55 51
BVerfGE 98, 169, 215; Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht Rn. 1277. BVerfGE 93, 165, 178. 53 Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht Rn. 1276; BVerfGE 99, 341, 358; Sommermann in von Mangoldt et al., Grundgesetz Art. 20 Rn. 239 und 248; Stern, Staatsrecht, S. 1159. 54 BVerfGE 104, 151, 197. 55 BVerfGE 1, 14, 37; BVerfGE 19, 377, 392; BVerfGE 20, 56, 96 f.; BVerfGE 40, 88, 93; BVerfGE 77, 84, 104; gleicher Meinung auch: Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht Rn. 1329; Lange, Bindungswirkung, S. 4 f.; Lechner/Zuck, Bundesverfassungsgerichtsgesetz § 31 Rn. 30 f.; Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 1832; 52
III. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995
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Teilweise wird angenommen, dass der Teil einer Entscheidung, der einen tragenden Entscheidungsgrund darstellt, aus den Leitsätzen entnommen werden kann.56 Dies verbietet sich jedoch, da die Leitsätze selbst nicht Teil der Entscheidung i. S. des § 25 Abs. 2 BVerfGG sind und nicht vom § 31 Abs. 1 BVerfGG erfasst werden.57 Auch bestehen keine Verpflichtung und Regelung zur Verfassung der Leitsätze.58 Erst im Jahr 1997 hat das Bundesverfassungsgericht selbst dazu Stellung genommen, wann eine tragende Entscheidungsbegründung vorliegt, und wann es sich um nicht tragende Gründe handelt: „Tragend für eine Entscheidung sind jene Rechtssätze, die nicht hinweggedacht werden können, ohne daß das konkrete Entscheidungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Gedankengang entfiele. Nicht tragend sind dagegen bei Gelegenheit der Entscheidung gemachte Rechtsausführungen, die außerhalb des Begründungszusammenhangs zwischen genereller Rechtsregel und konkreter Entscheidung stehen. Bei der Beurteilung, ob ein tragender Grund vorliegt, ist von der niedergelegten Begründung in ihrem objektiven Gehalt auszugehen. Angesichts der besonderen Tragweite, die verfassungsrechtlichen Entscheidungen nach § 31 BVerfGG zukommt, müssen ihre rechtlich bindenden Aussagen auf den auch für Außenstehende erkennbaren Gehalt beschränkt sein. Es kommt nicht darauf an, ob den Richtern bestimmte Rechtsauffassungen wichtig erscheinen, sondern ob sie erkennbar im Begründungszusammenhang für die Entscheidung des Falles erheblich geworden sind.“59
In der vom Bundesverfassungsgericht unabhängigen Literatur herrscht die Ansicht vor, dass einzig dem Entscheidungstenor rechtliche Bindungswirkung zukommt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Funktion, das Grundgesetz mit letzter Verbindlichkeit auszulegen und durch Einzelfallentscheidung Rechtsfrieden herzustellen. Im Urteil dienen die Entscheidungsgründe zur Konkretisierung des Rechts im Hinblick auf das Regelungsbedürfnis des einzelnen Sachverhalts. Allgemeine Bindungswirkung können sie deshalb nicht haben, sie können lediglich zur Auslegung herangezogen werden.60 Simon, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 1657 f.; Rennert in Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz § 31 Rn. 72. 56 BVerwGE 73, 263, 268; BVerwGE 77, 258 (1. Leitsatz); hingegen sprechen Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht Rn. 680 und 1325, von einer Indizwirkung der Leitsätze. 57 Buchwald, Rechtskraft, S. 16; Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, S. 290; Schlaich/Korioth, Bundesverfassungsgericht Rn. 489; Wegewitz, Bindungswirkung, S. 101. 58 Bethge § 31 Rn. 92; Schlaich/Korioth, Bundesverfassungsgericht Rn. 489. 59 BVerfGE 96, 375, 404. 60 Battis, Verfassungsverstoß, S. 262; Gusy, Bundesverfassungsgericht, S. 238; Löwer, Bundesverfassungsgericht, S. 796 f.; Oh, Bindungswirkung, S. 53 ff.; Pestalozza, Verfassungsprozeßrecht, S. 304; Schlaich/Korioth, Bundesverfassungsgericht Rn. 485 ff.; Wischermann, Bindungswirkung, S. 110 f.
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Bei einer Bindungswirkung der tragenden Gründe besteht die Gefahr, dass das Bundesverfassungsgericht Legislativfunktionen übernimmt und dadurch gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz verstößt.61 Es wird damit der ihm obliegenden Kontrollfunktion nicht gerecht und nimmt eine Gestaltungsfunktion wahr.62 Unabhängig davon, ob man der Vorstellung der Literaturmeinung oder der Meinung des Bundesverfassungsgerichts zustimmt, muss festgestellt werden, dass es sich bei der Aussage der Bundesverfassungsrichter zur Unternehmensnachfolgebesteuerung nicht um tragende Gründe des Urteils handelt. Im Urteilstenor wird die Unvereinbarkeit der Vorschrift des § 12 Abs. 1 und 2 ErbStG in Verbindung mit den Vorschriften zur Bewertung von Immobilienbesitz nach den Einheitswerten und Art. 3 Abs. 1 GG festgestellt und dem Gesetzgeber die Pflicht zur Neuregelung bis zum 31.12.1996 auferlegt. Ein Begründungszusammenhang i. S. der vom Verfassungsgericht selbst aufgestellten sine-qua-non-Formel – zwischen der angestrebten Entlastung bei der Nachfolgebesteuerung unternehmerischen Vermögens und dem konkreten Ergebnis, dass die Bewertung von Immobilienvermögen mit den seit 1964 geltenden Einheitswerten verfassungswidrig ist – besteht jedoch nicht. Die dargelegten Grundsätze sind keine notwendige argumentative Stütze für das in der Entscheidungsformel zum Ausdruck kommende Ergebnis. Es handelt sich folglich um obiter dicta. Die Vorgehensweise des Gerichts, die eigene Rechtsauffassung bzgl. der Unternehmensnachfolgebesteuerung darzustellen, hat dazu geführt, dass der Gesetzgeber ein Richtmaß hatte um eine umfassende Neureglung der Erbschaftsbesteuerung vorzunehmen und einen verfassungskonformen Zustand herzustellen. Das Streben nach einem verfassungsgemäßen Gesetz ist grundsätzlich zu begrüßen. Kritisch muss angemerkt werden, dass das Gericht mit einem solchen Vorgehen Steuerpolitik betreibt.63 Da der Gesetzgeber bei einer Neufassung seiner Gesetze nicht die erneute Feststellung der Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht mutwillig riskieren wird, kann – ohne dass sich daraus eine Bindung nach § 31 BVerfGG ergibt – von einer faktischen Bindungswirkung64 gesprochen werden. 61 Schlaich/Korioth, Bundesverfassungsgericht Rn. 491 f.; Stricker, Bindungswirkung, S. 983 f.; Wischermann, Bindungswirkung, S. 111. 62 Stricker, Bindungswirkung, S. 983 f. 63 Mit ähnlicher Kritik zum „Vermögenssteuerbeschluss“ vom 22.06.1995 (BverfGE 93, 121) Wieland, Eigentumsrechtsprechung, S. 173 und 188; und Böckenförde in seinem Sondervotum, der allerdings kein Sondervotum zum hier diskutierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts verfasst hat.
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Die Äußerung des Bundesverfassungsgerichts zur Unternehmensnachfolgebesteuerung entfaltet im Ergebnis keine Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG.65 3. Aussagen des Gerichts zur Unternehmensnachfolgebesteuerung a) Abgrenzung der zu schonenden Unternehmensarten Umstritten war bereits, welche Arten unternehmerischen Vermögens überhaupt vom Bundesverfassungsgericht angesprochen wurden. In der Begründung sprach das Gericht von „bestimmten Betrieben – namentlich von mittelständischen Betrieben“ –, die durch zusätzliche finanzielle Belastungen, wie sie durch die Erbschaftsteuer auftreten können, gefährdet werden. Das damit nicht alle Betriebe gemeint waren, wird durch den Zusatz „bestimmte“ Betriebe deutlich, und darüber herrschte weitestgehend Einigkeit. Strittig war, ob in dem Zusatz „namentlich“ eine nähere Erläuterung der bestimmten Betriebe gesehen werden kann, und sich das Bundesverfassungsgericht somit auf mittelständische Betriebe beschränken wollte. Es wird auch die Ansicht vertreten, dass das Wort „namentlich“ durch das Wort „insbesondere“ ersetzt werden könne und lediglich eines von mehreren möglichen Beispielen, hervorhebt.66 Je nachdem, ob es als Adjektiv oder Adverb eingesetzt wird, kann das Wort „namentlich“ beide Bedeutungen haben. Bei Gebrauch als Adverb wird „namentlich“ jedoch einzig zur Einleitung eines Beispiels benutzt und kann durch Wörter wie „hauptsächlich“, „vor allem“ oder „in erster Linie“ ersetzt werden.67 Da im oben genannten Satz des Bundesverfassungsgerichts „namentlich“ benutzt wird um das Adjektiv „mittelständisch“ zu modifizieren, wird „namentlich“ als Adverb und damit zur Einleitung eines Beispiels angewendet. Der Satz der Verfassungsrichter stellt damit keine Begrenzung auf mittelständische Unternehmen dar. 64
Zur faktischen Bindungswirkung: Luetjohann, Wirkungen, S. 38 ff. Auch Meincke, Neuordnung, S. 179, hält die Ausführungen des BVerfG nicht für bindend, jedoch ohne seine Auffassung zu begründen. Anderer Ansicht ist Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 1834, der die gemachten Aussagen zur Unternehmensnachfolgebesteuerung als Konkretisierung der Neuregelungspflicht ansieht und damit für tragend hält, jedoch ohne die vom BVerfG aufgestellte Definition aus dem Jahr 1997 zu kennen (BVerfGE 96, 375, 404). Auch Mette, Programm, S. 489, sieht die Aussagen des BVerfG als bindend an, jedoch ohne die Problematik zu erkennen. 66 Arndt, Konsequenzen, S. 27; Reinisch, Erbschaftsteuer, S. 85. 67 Wahrig-Burfeind, Wörterbuch, S. 908; Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion, Sprache, S. 2699. 65
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Trotz dieser semantischen Klarheit überwiegt im Schrifttum die Ansicht, dass ausschließlich mittelständische Unternehmen vom Bundesverfassungsgericht gemeint sind.68 Folgt man dieser Auffassung ergibt sich die Problematik, mittelständische Unternehmen von anderen Unternehmen abzugrenzen. Einigkeit herrscht nur insoweit, dass es auf die Rechtsform des Unternehmens nicht ankommen kann.69 Vorgeschlagen wird, die Abgrenzung der mittelständischen Unternehmen von Großunternehmen durch die handelsrechtliche Definition der kleinen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften vorzunehmen nach § 267 Abs. 1 und 2 HGB.70 Ein anderer Gedanke geht dahin, sich an die Vorgaben zur Investitionszulage zu halten und nur Betriebe mit bis zu 250 Arbeitnehmern einzubeziehen.71 Beide Abgrenzungen können nicht überzeugen. Es ist kein Grund zu erkennen, das Merkmal „mittelständisch“ an einer bestimmten Bilanz- oder Umsatzsumme bzw. an der Zahl der Arbeitnehmer festzumachen. Eine solche Kategorisierung wird den Anforderungen, die in den unterschiedlichen Branchen an die Unternehmensstruktur gestellt werden, nicht gerecht. Daneben ist anzumerken, dass auch Unternehmen mit vielen Arbeitnehmern oder hohen Bilanz- und Umsatzsummen bei geringer Eigenkapitalausstattung in Liquiditätsengpässe geraten können.72 Für Zwecke der Nachfolgebesteuerung kann keine brauchbare Abgrenzung von mittelständischen Unternehmen gefunden werden. Aufgrund der entgegenstehenden Wortbedeutung ist auch nicht davon auszugehen, dass diese Beschränkung die Absicht des Bundesverfassungsgerichts war. Wie Arndt feststellt, sind die betroffenen Unternehmen vom Zweck der Schonung her abzugrenzen.73 Zweck der in Aussicht gestellten Steuermilderung ist es, die Fortführung des Betriebes steuerlich nicht zu gefährden. Deshalb fallen nur solche Unternehmen unter die Direktion des Bundesverfassungsgerichts, bei denen 68 Bareis/Elser, Analyse, S. 561; Christoffel, Neuregelung, S. 335; Felix, Konsequenzen, S. 2243; Krüger et al., Beratungshinweise, S. 1457; Mayer, Nachbesserungspflicht, S. 1834; N. N., Betriebe, S. 19; so auch Schulze zur Wiesche, Anteilsübertragungen, S. 252, der anscheinend einem Lesefehler unterliegt, indem er „namentlich“ durch „nämlich“ ersetzt. 69 Felix, Konsequenzen, S. 2243; Flume, Beschlüsse, S. 2243; Jebens, Entscheidung, S. 2086; Reinisch, Erbschaftsteuer, S. 85. 70 Felix, Konsequenzen, S. 2243. 71 Christoffel, Neuregelung, S. 335. 72 Jebens, Entscheidung, S. 2086. 73 Arndt, Konsequenzen, S. 28.
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eine solche Gefahr eintreten kann. Nur bei Familienunternehmen74 kann sich der Unternehmensübergang mit der damit zusammenhängenden persönlichen Erbschaftsteuerzahlung auch auf das Unternehmen auswirken.75 Bei Publikumsgesellschaften, die sich in gestreutem Anteilsbesitz befinden, besteht keine Verknüpfung zwischen Erbanfall und Unternehmensfortführung,76 sie sind nicht von der Definition umfasst. Das Bundesverfassungsgericht hat demzufolge nicht jegliches Eigentum im Unternehmensbereich schützen wollen. Einfache Aktienbesitzer sind beispielsweise nicht inbegriffen. b) Belastungsreduzierung unabhängig vom verwandtschaftlichen Näheverhältnis zwischen Erbe und Erblasser Nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts soll die Erbschaftsteuerlast ihre Grenzen dort finden, wo die Steuerpflicht den Erwerber übermäßig belastet und die ihm zugewandten Vermögenswerte grundlegend beeinträchtigt. Dabei darf das Vererben vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Eigentümers nicht als ökonomisch sinnlos erscheinen.77 Die Erbschaftsteuerbelastung von Familienangehörigen ist zusätzlich zu ermäßigen, so dass diesen der deutlich überwiegende Teil verbleibt. Bezüglich des unternehmerischen Vermögens vertritt das Gericht die Meinung, dass eine verminderte Leistungsfähigkeit bei den Unternehmensnachfolgern von Familienunternehmen vorliegt, da diese sozialgebundenes Vermögen geerbt haben. Es beruft sich sodann auf den Gleichheitssatz und rechtfertigt mit der verminderten Leistungsfähigkeit eine Sonderbesteuerung des unternehmerischen Vermögens. Ziel der Sonderbesteuerung muss es sein, Betriebsgefährdungen zu vermeiden.78 Besondere Beachtung muss der Hinweis des Gerichts finden, dass die verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit unternehmerischen Vermögens unabhängig von der verwandtschaftlichen Nähe zwischen Erblasser und Erbe erbschaftsteuerlich zu berücksichtigen ist.79
74 Gebräuchlich ist auch der Begriff „personenbezogenes Unternehmen“. Siehe dazu auch Kapitel C.III.2.a). 75 Watrin, Erbschaftsteuerplanung, S. 11 f. 76 Arndt, Konsequenzen, S. 28; Watrin, Erbschaftsteuerplanung, S. 11 f. 77 BVerfGE 93, 165, 172; so auch schon BVerfGE 63, 312, 327. 78 BVerfGE 93, 165, 174 ff. 79 BVerfGE 93, 165, 176.
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c) Konkrete oder abstrakte Gefährdung der Unternehmensfortführung Trotz der prägnanten Forderungen des Verfassungsgerichts ist es umstritten, ob die Maßnahmen zur Verhinderung dieser Gefahr nach dem Willen des Gerichts an eine konkrete80 oder lediglich an eine abstrakte81 Gefährdung des unternehmerischen Vermögens anknüpfen sollen. Das Gericht zieht nur Familienunternehmen in den Schutzbereich der Sonderbehandlung ein. Eine abstrakte Gefährdungslage ist nach Auffassung des Gerichts bei diesen Unternehmen gegeben. Fraglich ist, ob es der zusätzlichen Prüfung einer konkreten Gefährdung bedarf. Macht man eine niedrigere steuerliche Belastung des betrieblichen Vermögens von einer konkreten Gefährdung der Unternehmensfortführung abhängig, so ist eine individuelle Prüfung durch die Finanzverwaltung, ob diese Voraussetzung vorliegt, notwendig. Aus praktischen Erwägungen ist einzuwenden, dass Prüfungen durch Verwaltungsinstitutionen sich in der Regel über einen längeren Zeitraum erstrecken. Die Betriebsübergabe stellt eine der kritischsten Phasen dar, in der sich ein Unternehmen befinden kann. Die mehrmonatige Unsicherheit über die Liquiditätssituation würde – neben dem Aufwand, der mit der Prüfung verbunden ist – eine weitere Belastung für das Unternehmen und seine Führung darstellen. Die Prüfung durch die Verwaltung wäre kontraproduktiv und könnte die Existenzgefährdung fördern. Als weitere Folge würde innerhalb der Erbschaftsbesteuerung nicht nur zwischen den Vermögensarten, sondern sogar innerhalb einer Vermögensart unterschieden. Gegen eine konkrete Prüfung der Gefährdungslage spricht auch die Argumentation des Gerichts. Nach Ansicht des Gerichts weist der Nachlass gemeinwohlgebundenen Vermögens lediglich eine geminderte Leistungsfähigkeit auf. Diese verminderte Leistungsfähigkeit unternehmerischen Vermögens ist nach dem Gleichheitssatz zu berücksichtigen. Daraus kann geschlossen werden, dass die niedrigere Belastungsgrenze unabhängig von einer konkreten Gefährdungslage für unternehmerisches Vermögen gelten soll, da generell die Leistungsfähigkeit dieser Vermögensart reduziert ist und nach Meinung des Gerichts abstrakt eine Gefährdungslage vorliegt. Ausreichend für die steuerliche Entlastung unternehmerischen Vermögens ist demnach eine abstrakte Gefährdungslage. Dies ist nach Ansicht des Gerichts bei Familienunternehmen gegeben.
80 81
Flume, Beschlüsse, S. 1780; Reinisch, Erbschaftsteuer, S. 87 f. Arndt, Konsequenzen, S. 28.
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d) Unternehmensfortführung als Bedingung Nach Auffassung der Verfassungsrichter ist die verminderte Leistungsfähigkeit der Betriebserben zu berücksichtigen, wenn der Betrieb weitergeführt wird, und diese „den Betrieb weder veräußern noch aufgeben, ihn vielmehr in seiner Sozialgebundenheit aufrechterhalten“. Es kommt klar zum Ausdruck, dass Sonderbehandlungen des Betriebsvermögens an die Weiterführung des Betriebes geknüpft sein müssen.82 4. Stellungnahmen und Umsetzungsvorschläge in der Literatur Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde überwiegend begrüßt. Tipke spricht lobend davon, dass die Verfassungsrichter aus der Verfassung mehr herausholen „als jemals jemand zuvor“.83 Felix hält den Beschluss für „überfällig“, da er nach seiner Auffassung sachgerecht und realistisch die reduzierte Leistungsfähigkeit unternehmerischen Vermögens anerkennt.84 Arndt sieht den Beschluss als „notwendig“ an, da an der volkswirtschaftlich schädlichen Wirkung der Unternehmensnachfolgebesteuerung kein Zweifel bestehe.85 Für die Umsetzung schlägt Felix vor, den Steuerwert betrieblichen Vermögens mit 50% anzusetzen und den seit dem Standortsicherungsgesetz im § 13 Abs. 2a ErbStG geregelten Betriebsvermögensfreibetrag von 500.000 DM erwerberbezogen und bei einem Erbgang durchaus mehrmals anzuwenden.86 Gegensätzlicher Ansicht bzgl. der Umsetzung ist Jebens, der feststellt, dass Freibetragsreglungen keine Rücksicht auf unterschiedliche Unternehmensgrößen nehmen und folglich nicht geeignet sind, insbesondere größere Unternehmen vor Überbelastungen durch die Erbschaftsteuer zu bewahren. Er empfiehlt deshalb, für unternehmerisches Vermögen spezielle mildere Erbschaftsteuersätze einzuführen.87 In einer gemeinsamen Stellungnahme leiten die Spitzenorganisationen der Deutschen Wirtschaft aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteil eine Freistellung von der Erbschaftsteuer für die Erben unternehmerischen Vermögens ab.88 Diese Ansicht wird auch vom wirtschaftsnahen Institut „Fi82 83 84 85 86 87 88
Jebens, Entscheidung, S. 2087. Tipke, Gerechtigkeit, S. 1180. Felix, Konsequenzen, S. 2243. Arndt, Konsequenzen, S. 30. Felix, Konsequenzen, S. 2243. Jebens, Entscheidung, S. 2087. Spitzenorganisationen der deutschen Wirtschaft, Stellungnahme, S. 11.
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nanzen und Steuern“ e.V. geteilt, dass weiterhin eine Nachversteuerung bei Veräußerung des Vermögens durch den Erben vorschlägt.89 Da das Institut selbst davon ausgeht, dass dieses Vorhaben politisch chancenlos ist, sollen hilfsweise die Steuersätze für betriebliches Vermögen um die Hälfte reduziert, die Freibeträge angehoben und die Stundungsmöglichkeit auf 15 Jahre ausgedehnt werden.90 Wittmann und Hantzsch sehen hingegen der Sozialbindung von Unternehmensvermögen schon durch die Freibetragsregelung des Standortsicherungsgesetz genüge getan.91 Einigkeit herrscht darüber, dass aus dem Urteil hervorgeht, dass das Betriebsvermögen unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis zum Erwerber „zwingend“ der Steuerklasse I unterstellt werden muss.92 Teilweise gibt es auch Kritik an der Entscheidung. Für Flume ist eine ungleiche Erbschaftsbesteuerung zumindest fragwürdig. Gleichwohl schlägt er für die Gesetzesnovelle eine verlängerte zinslose Stundungsfrist für unternehmerisches Vermögen von 30 Jahren vor. Weiterhin soll durch eine Billigkeitsregelung sichergestellt werden, dass bei Existenzgefährdungen die Erbschaftsteuerzahlungen erlassen werden.93 Deutlich kritischer ist Bareis, der keine nachvollziehbare Begründung für die Privilegierung des Betriebsvermögens in den Ausführungen des Gerichts erkennen kann. Insbesondere geht er davon aus, dass der Markt die „Sozialpflichten“ betrieblichen Vermögens sehr wohl erkennt und diese bei der Preisbildung berücksichtigt. Er hält deshalb die Heranziehung der Verkehrswerte zur Bewertung für richtig, alles andere führt nach seiner Ansicht zu einer weiteren Komplizierung des Steuerrechts.94 Ähnlich sieht es Schön, der von einer „bewussten Diskriminierung des Privatvermögens gegenüber dem Betriebsvermögen“ und einem Konterkarieren „des Anspruchs der Gleichmäßigkeit und Einfachheit“ spricht.95
89
Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Reform, S. 17 und 29. Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Reform, S. 29 ff. 91 Hantzsch, Neuregleung, S. 20 f.; Wittmann, Konsequenzen, S. 38. 92 Arndt, Konsequenzen, S. 14; Felix, Erbschaftsteuer, S. 416; Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Reform, S. 33 f.; Mette, Programm, S. 489. 93 Flume, Beschlüsse, S. 1780. 94 Bareis, Probleme, S. 1158. 95 Schön, Böses Vermögen, S. I. 90
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IV. Gesetzesnovellen von 1996 bis zur Bundesfinanzhofentscheidung 2002 1. Jahressteuergesetz 1996 Eine erhebliche Ausdehnung der Begünstigung des unternehmerischen Vermögens brachte das Jahressteuergesetz 1996,96 welches mit Wirkung zum 01.01.1996 in Kraft trat. Die erste Beratung des Gesetzentwurfs fand im Bundestag am 31.03.1995 statt.97 Die Vorschrift wurde schließlich am 11.10.1995 – knapp vier Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts – beschlossen. Aufgrund des schon weit fortgeschrittenen Gesetzgebungsverfahrens wurden die umfassenden Forderungen des Gerichts nicht mehr in das Gesetz eingearbeitet. Unabhängig vom Gerichtsbeschluss waren jedoch erhebliche Entlastungen für betriebliches Vermögen vorgesehen. Begründet wurden die Entlastungen mit dem Ziel, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken, zusätzliche Investitionen zu schaffen und Arbeitsplätze zu erhalten.98 Eine Neuerung war, dass auch Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland unter die Begünstigung fallen, sofern der Erblasser bzw. Schenker zum Entstehungszeitpunkt der Steuer am Nennkapital der Gesellschaft „mindestens zu einem Viertel“ unmittelbar beteiligt ist (§ 13 Abs. 2a ErbStG). Die Aufnahme der Kapitalgesellschaften in den Begünstigungskatalog sollte den Unternehmensübergang bei den sog. familienbezogenen Kapitalgesellschaften erleichtern. Dabei diente die Einführung der Beteiligungsuntergrenze dazu, missbräuchliche Gestaltungen zu vermeiden. Sie sollte ein Zeichen dafür sein, dass der Anteilseigner tatsächlich Unternehmer und nicht nur stiller Anteilseigner ist.99 Um dem „typischen unternehmerischen Risiko“ Rechnung zu tragen,100 wurde der den Freibetrag übersteigende Wertansatz des begünstigten Vermögens auf 75% beschränkt (§ 13 Abs. 2a S. 2 ErbStG). Diese Regelung, die der früheren Ermäßigung bei der Vermögensteuer nach § 117a BewG nachempfunden ist,101 wird seitdem als Bewertungsabschlag bezeichnet. 96
BGBl. I 1995, 1250. Wolffgang, Jahressteuergesetz, S. 16. 98 BT-Drs. 13/901, 158 f. 99 BT-Drs. 13/901, 157 f. 100 BT-Drs. 13/901, 158. 101 BT-Drs. 13/901, 157. 97
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Weiterhin sah der Gesetzgeber eine Missbrauchsklausel vor, nach der Freibetrag und Bewertungsabschlag rückwirkend entfallen, wenn der Erwerber das begünstigte Betriebsvermögen oder wesentliche Teile davon oder die Gesellschaftsbeteiligung innerhalb einer Frist von fünf Jahren veräußert oder andere Verfügungen vornimmt, die letztlich dazu führen, dass dieses Vermögen aus dem der Unternehmensnachfolge zugedachten Vermögen ausscheidet.102 Auf Initiative des Finanzausschusses wurde die Stundungsfrist für die beim Erwerb von Betriebsvermögen anfallende Erbschaftsteuer von sieben auf zehn Jahre verlängert (§ 28 Abs. 1 S. 1 ErbStG). Die so dem Unternehmen verbleibenden Erträge sollten für die Unternehmenserhaltung zur Verfügung stehen.103 Knapp zwei Wochen vor dem Bundesverfassungsgerichtsbeschluss lehnte der Bundesrat sämtliche Änderungen ab und begründete seine Ablehnung mit verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine ungleiche Besteuerung der Vermögensbestandteile und den bereits existierenden Vergünstigungen für unternehmerisches Vermögen.104 Geschwächt durch die Position des Bundesverfassungsgerichts konnten sich die Argumente des Bundesrates im Vermittlungsausschuss105 nicht durchsetzen. Sämtliche Begünstigungen wurden in der endgültigen Gesetzesfassung umgesetzt. Von der Bundesregierung selbst als „für europäische Verhältnisse vorbildliche schenkung- und erbschaftsteuerliche Vergünstigung für den Übergang von Betriebsvermögen“ gelobt,106 wurden die Maßnahmen als „spürbare Entlastung“ und „Generationenbrücke“ von Wirtschaft und Wissenschaft begrüßt.107 Jacobs sah darin einen ersten „Schritt in die richtige Richtung“, forderte für die Zukunft jedoch weitergehende Entlastungen.108 Hingegen weist Christoffel darauf hin, dass spätestens mit den Regelungen des Jahressteuergesetzes 1996 den Anforderungen durch das Bundesverfassungsgericht Genüge getan ist.109
102
BT-Drs. 13/901, 158. BT-Drs. 13/1558, 176. 104 BT-Drs. 13/1686, 63 f. 105 BT-Drs. 13/1960 (Vermittlungsausschuss I); BT-Drs. 13/2100 berichtigt durch BT-Drs. 13/2262 (Vermittlungsausschuss II). 106 BT-Drs. 13/901, 157. 107 Falthauser, Bedeutung, S. 32; N. N., Jahressteuergesetz, S. 18. 108 Jacobs, Steuerbelastung, S. 19. 109 Christoffel, Neuregelung, S. 335. 103
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2. Jahressteuergesetz 1997 Das Bundesverfassungsgericht hatte in der Erbschaftsteuerentscheidung aus dem Jahr 1995 dem Gesetzgeber bis zum 31.12.1996 Zeit gelassen, eine Neuregelung zu finden.110 Erst am 06.12.1996 konnte man sich im Vermittlungsausschuss einigen, so dass das Jahressteuergesetz 1997 am 20.12.1996 verabschiedet wurde. Obwohl erst am Jahresende verkündet,111 galt das neue Recht rückwirkend ab dem 01.01.1996.112 Die durch das Bundesverfassungsgericht geforderte Änderung des Erbschaftsteuergesetzes113 führte durch die Umsetzung mit dem Jahressteuergesetz 1997 zu weiteren Begünstigungen für Produktivvermögen. Der erst ein Jahr zuvor eingeführte Bewertungsabschlag von 25% wurde auf 40% erhöht. Der Regierungsentwurf sah zunächst sogar eine Verdoppelung des Bewertungsabschlags auf 50% vor.114 Damit wurde der Bewertungsabschlag in der Form des Jahressteuergesetz 1996 praktisch nie durchgeführt, sondern gleich durch das Jahressteuergesetz 1997 abgelöst. In den Kreis des begünstigten Vermögens wurde auch land- und forstwirtschaftliches Vermögen aufgenommen. Die Begünstigung von Betriebsvermögen wurde dabei aus Gründen der Übersichtlichkeit in den eigens dafür neu geschaffenen § 13a ErbStG aufgenommen. Erstmals wurde die Einschränkung, dass Betriebsvermögen beim Erwerb von Todes wegen durch Erbanfall erworben werden muss, fallengelassen. Damit wurden die Begünstigungen auch bei Vermächtnissen und Vorausvermächtnissen gewährt (§§ 13a i. V. m. 3 ErbStG).115 Allerdings blieb die Einschränkung auf den Erwerb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten. Als wichtigen Schritt zur Umsetzung des Urteils wurde die Einführung eines Entlastungsbetrages gesehen,116 so dass für Erwerber der Steuerklas110
Siehe dazu Kapitel D.III.1. BGBl. I 1996, 2049 ff. 112 Die Zulässigkeit der Rückwirkung bestätigend: FG München in ZEV 1999, 76 ff.; kritisch hingegen: Koops/Sensburg, Verfassungswidrigkeit, S. 1299 ff.; Meine, Rückwirkung, S. 212 ff.; Oechsle, Erbschaftsbesteuerung, S. 236; Völkers/ Kolaschnik, Rechtsunsicherheit, S. 218 f. 113 „Neuregelung der Erbschaft- und Schenkungsteuer sowie der dazugehörigen Bewertung des Grundbesitzes aufgrund der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995“, so der Wortlaut des Titelblatts zum Entwurf des Jahressteuergesetzes 1997, BR-Drs. 390/96. 114 BR-Drs. 390/96, 19. 115 Damit wurde die im Kapitel D.II.3. beschriebene Problematik, dass nur der Erbe, nicht jedoch der Vermächtnisnehmer, den Betriebsvermögensfreibetrag geltend machen kann, umgangen. 116 Beichelt, Legislaturperiode, S. 172. 111
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sen II und III Produktivvermögen nach den Steuersätzen der Steuerklasse I besteuert wird (§ 19a ErbStG).117 Einzige Verschärfung für die Begünstigungen unternehmerischen Vermögens war die Änderung der Formulierung des § 13 Abs. 2a ErbStG für die Beteiligung am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft, die von vormals „mindestens“ enger gefasst wurde und seitdem im § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG „zu mehr als einem Viertel“ lautet. Weiterhin wurden die Missbrauchsverhinderungsvorschriften um die Entnahmebeschränkung des § 13a Abs. 5 ErbStG ergänzt. Nach dieser Vorschrift dürfen die Entnahmen fünf Jahre lang die Summe aus Einlagen und zurechenbaren Gewinnen nicht um mehr als 100.000 DM überschreiten, andernfalls entfallen die gewährten Vergünstigungen des Freibetrags und des Betriebsvermögensabschlags rückwirkend. Da das Bundesverfassungsgericht die Einheitsbewertung von Immobilienvermögen für verfassungswidrig erklärte, sah das Jahressteuergesetz 1997 auch eine Neubewertung für Grundbesitz vor. Die vergangenheitsbezogene Bewertung mit den um 40% erhöhten Einheitswerten wurde durch die Bedarfsbewertung zum Zeitpunkt der Steuerentstehung ersetzt (§ 12 Abs. 3 ErbStG i. V. m. §§ 138 ff. BewG). Die Bewertung bebauter Grundstücke erfolgt dabei grundsätzlich nach einem Ertragswertverfahren. Bei diesem wird die durchschnittliche Jahresnettokaltmiete der letzten drei Jahre mit dem Wert 12,5 vervielfältigt. Handelt es sich nicht um einen Neubau, findet anschließend eine Alterswertminderung statt (§ 146 BewG). Ist die Immobilie nicht fremdvermietet, und lässt sich keine ortsübliche Miete ermitteln, kann das Ertragswertverfahren nicht durchgeführt werden (§ 146 Abs. 3 BewG). Typischerweise ist dies bei gewerblich genutzten Immobilien der Fall.118 Die Ermittlung des Steuerwertes erfolgt dann nach der Grundstücksfläche, die mit einem um 30% ermäßigten Bodenrichtwert multipliziert wird (§ 147 BewG). Gebäude kommen bei diesem Verfahren nur mit dem Steuerbilanzwert zum Ansatz, Außenanlagen werden nicht berücksichtigt. Die Bewertung für unbebaute Grundstücke (§ 145 Abs. 3 BewG) ist ähnlich. Die Grundstücksfläche wird bei diesem modifizierten Vergleichswertverfahren mit einem um 20% ermäßigten Bodenrichtwert (§ 196 BauGB) multipliziert. 117 Dies war zunächst im Regierungsentwurf nicht vorgesehen und wurde im Finanzausschuss des Bundestages ergänzt, dazu: Kronthaler, Begründungen, S. 31. 118 BFHE 198, 342, 347; Spitzbart, Betriebsvermögen, S. 89.
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Mit der Neubewertung wurde nicht das Ziel verfolgt, den Verkehrswerten zu entsprechen, sondern ein Bewertungsniveau von etwa 50% der Verkehrswerte sollte erreicht werden.119 Da die Steuerwerte für Geschäftsgrundstücke vor dem Jahressteuergesetz 1997 bei etwa 15 bis 20% lagen,120 hatte die höhere Bewertung für Immobilien mittelbar zur Folge, dass auch der Steuerwert für Betriebsvermögen anstieg. In der Literatur wurde von einem Zuwachs von etwa einem Drittel auf durchschnittlich 58% des Verkehrswertes betrieblichen Vermögens ausgegangen.121 Die insgesamt unternehmensfreundliche Gesetzgebung, insbesondere der Betriebsvermögensabschlag, der für das über den Freibetrag von 500.000 DM hinausgehende Betriebsvermögen gewährt wird, wurde gemeinhin als gelungen empfunden.122 Kannengießer geht davon aus, dass mit dem Gesetz die Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsteuer beseitigt ist.123 Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Finanzexperte der CDU – Friedrich Merz – pries das neue Erbschaftsteuergesetz als „gutes Gesetz“ für das Betriebsvermögen, da nach seiner Einschätzung nur zwischen 5 und 10% des Erbschaftsteueraufkommens von Betrieben stammen wird.124 Lediglich die Wirtschaftsverbände wünschten naturgemäß weitere Steuererleichterungen für ihre Mitglieder.125 Dem Gesetz wurde jedoch auch mit erheblicher Kritik begegnet. Für systemwidrig hält Schulze zur Wiesche den Betriebsvermögensfreibetrag, da dieser nachlassbezogen ist, die Erbschaftsteuer jedoch als Erbanfallsteuer und nicht als Nachlasssteuer konzipiert ist.126 Thiel macht darauf aufmerksam, dass nicht nur gemeinwohlgebundene Betriebe, die Arbeitsplätze und Produktivität schaffen, unter die Vergünstigungen der §§ 13a und 19a ErbStG fallen. Auch sonstige Vermögensbestandteile können durch Einlage zu Betriebsvermögen im steuerlichen Sinne gemacht werden mit der Folge, dass die erheblichen Erleichterungen für Betriebsvermögen auf sie anwendbar sind. Er kommt zu dem Schluss, dass das Gesetz in dieser Form verfassungsrechtlich angreifbar ist.127 119
BT-Drs. 13/5952, 27 ff. Jakob, Einheitswert, S. 65. 121 Weinman in Moench et al., Erbschaftsteuer § 13 Rn. 5. 122 Crezelius, Überlegungen, S. 1584; Handzik, Erbschaftsteuer, S. 151; Scherer/ Geuyen, Erbfolge, S. 822. 123 Kannengießer in Schmidt-Bleibtreu/Klein, Grundgesetz Art. 3 Rn. 18b. 124 Hamm et al., Tarife, S. 128. 125 Kronthaler, Begründungen, S. 28; N. N., Spitzenverbände, S. 15; N. N., Würgegriff, S. 15. 126 Schulze zur Wiesche, Produktivvermögen, S. 158 ff. 120
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
Meincke zeigt auf, dass eine weitgehende Durchlässigkeit zwischen dem privaten Vermögensbereich und dem Vermögensbereich des Betriebes besteht, die es insbesondere Einzelunternehmern erlaubt, vom Betriebsvermögen auch privat zu profitieren.128 Die fortgesetzten Begünstigungen des betrieblichen Vermögens sind für ihn nicht überzeugend.129 Ähnlich sehen es Bareis und Elser, nach deren Auffassung insbesondere gewillkürtes Betriebsvermögen und Sonderbetriebsvermögen von den Privilegien ausgeschlossen sein müssen; ansonsten wird Betriebsvermögen zum lukrativen „Mantel“, um sonstiges Vermögen aufzunehmen und zu übertragen.130 Auch andere Autoren halten einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz für möglich und sprechen sich für eine erneute verfassungsrechtliche Prüfung aus.131 3. Steueränderungsgesetz 2001 Seit dem Standortsicherungsgesetz aus dem Jahr 1993 waren der Betriebsvermögensfreibetrag und seit dem Jahressteuergesetz 1996 auch der Betriebsvermögensabschlag bei der Übertragung unter Lebenden an den Übergang im Wege der „vorweggenommenen Erbfolge“ geknüpft. Dabei machte das Merkmal im Wege der „vorweggenommenen Erbfolge“ Schwierigkeiten. Die vorweggenommene Erbfolge sollte dann vorliegen, wenn Vermögen durch den künftigen Erblasser auf einen oder mehrere als künftige Erben in Aussicht genommene Empfänger stattfindet, ohne dass dabei eine Begrenzung der Nachfolgeregelung im Familienkreis bezweckt wird.132 Problematisch war, dass die Motive des Zuwendenden kaum erforscht werden konnten, auf der anderen Seite sollte nach dem Gesetzeswortlaut aber auch nicht jede Schenkung als vorweggenommene Erbfolge zu qualifizieren sein. Um einem Auslegungsstreit zu entgehen, nahm die pragmatisch orientierte Finanzverwaltung an, dass die vorweggenommene Zuwendung dann vorliegt, wenn eine freigiebige Zuwendung (§ 7 ErbStG) an Erwerber des engsten Familienkreises getätigt wird, oder der Schenker die Inanspruchnahme des Freibetrages erklärt bzw. die Zuwendung als Maßnahme der vorweggenommenen Erbfolge darstellt.133 127
Thiel, Erbschaftsteuer, S. 68. Meincke, Erbschaftsteuer § 13a Rn. 3. 129 Meincke, Erbschaftsteuer § 13a Rn. 3; Meincke, Neuordnung, S. 178 ff. 130 Bareis/Elser, Analyse, S. 558 und 561 f. 131 Balke, Verfassungswidrigkeit, S. 7; Krüger et al., Produktivvermögen, S. 638 und 642. Für „fadenscheinig“ hält Schneider, Killerviren, S. 1289, die Begründung für die Ungleichbehandlung. Von einer „Steuerfreistellung“ ohne Rechtfertigung spricht Seer, Prüfstand, S. 298. 132 BGHZ 113, 310, 312; Jülicher in Troll et al., Erbschaftsteuer § 13a Rn. 66. 128
IV. Gesetzesnovellen (1996) und Bundesfinanzhofentscheidung (2002)
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Diese Regelung führte dazu, dass praktisch alle Schenkungen geeigneter Vermögensgegenstände als privilegierte „vorweggenommene Erbfolge“ anzusehen waren.134 Dem wollte der Zweite Senat des Bundesfinanzhofs jedoch nicht folgen. In seinem Urteil vom 25.01.2001 orientierte sich der Finanzhof bei der Auslegung des Begriffs „der vorweggenommenen Erbfolge“ am Erwerb von Todes wegen. Danach muss die Rechtsstellung des Unternehmers hinsichtlich des Betriebsvermögens als solche auf einen oder mehrere Erwerber übergehen, und die Übertragung muss vollständig und endgültig erfolgen.135 Eine vollständige Übertragung sollte dann nicht gegeben sein, wenn hinsichtlich des übertragenen Betriebsvermögens wesentliche Verwaltungs-, Mitsprache- bzw. Verfügungsrechte vorbehalten bleiben. An der Endgültigkeit des Vermögensübergangs sollte es fehlen, wenn der Übergang von Betriebsvermögen unter dem Vorbehalt der Rückforderung oder eines Rückfalls steht.136 Das Urteil wurde überwiegend kritisch aufgenommen und führte zu erheblicher Verunsicherung in der Kautelarjurisprudenz, da weit reichende Auswirkungen auf die Gestaltungspraxis befürchtet wurden. Gerügt wurde insbesondere, dass die Entscheidung dazu führe, dass die Unternehmensnachfolge nicht mehr planbar sei. Zum Teil wurde dabei eine baldige Korrektur der Rechtsprechung bzw. ein Nichtanwendungserlass gefordert.137 Tatsächlich reagierte die Finanzverwaltung mit einem Nichtanwendungserlass138 auf das Urteil.139 Mit dem Steueränderungsgesetz vom 20.12.2001 reagierte wenig später auch der Gesetzgeber, wobei deutlich wurde, dass die vom Bundesfinanzhof vorgenommene Einschränkung nicht dem gesetzgeberischen Willen entsprach. Der Wortlaut des § 13a ErbStG wurde rückwirkend auf den 01.01.1996 in der Form geändert, dass nunmehr die Übertragung von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen 133
Jülicher in Troll et al., Erbschaftsteuer § 13a Rn. 67. Hartmann, Pause, S. 9. 135 BFHE 194, 445, 448 f. 136 Viskorf, Kommentar, S. 485 f. 137 Birk/Richter, Übergang, S. 768 ff.; Crezelius, Dogmatik, S. 210; Ebeling, Anmerkung, S. 798, spricht von einem „bedeutsamen Fehlurteil des Zweiten Senats“; Flick, Unternehmernachfolge, S. 1; Fuhrmann, Vermögensübertragung, S. 215 ff.; Geck, Standortbestimmung, S. 180 ff.; Götz, Erbfolge, S. 23; Jordan, Erwerb, S. 226 f.; Jülicher, Erbfolge, S. 775; Scherer/Geuyen, Erbfolge, S. 822; Sedlaczek, Steueränderungsgesetz, S. 85; Söffing, Anmerkung, S. 207 f.; Sterner/Balmes, Diskriminierung, S. 771 ff.; hingegen stimmen die beiden am Urteil mitwirkenden Bundesfinanzhofrichter, Mößlang, Anmerkung, S. 575 f., und Viskorf, Kommentar, S. 485 f., naturgemäß dem Urteil zu. 138 Gemeinsamer Ländererlass vom 15.05.2001, BStBl. I 2001, 350. 139 Zur Bindungswirkung von BFH-Urteilen und der Rechtmäßigkeit von Nichtanwendungserlassen der Finanzverwaltung, siehe: Wieland, Rechtsprechung, S. 1 ff. 134
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und Anteilen an Kapitalgesellschaften „beim Erwerb durch Schenkung unter Lebenden, . . .“ begünstigt wird.140 Die Neuregelung des Steueränderungsgesetzes machte klar, dass jeder Übergang von dem in § 13a Abs. 1 ErbStG genannten betrieblichen Vermögen unter den Begünstigungstatbestand fallen soll.
V. Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2002 Für erhebliches Aufsehen unter den Kautelarjuristen sorgt bis heute der Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2002. In dem Verfahren machte der Bundesfinanzhof deutlich, dass er § 19 Abs. 1 ErbStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 für verfassungswidrig hält.141 Neben der umstrittenen Frage, ob der Bundesfinanzhof im konkreten Fall überhaupt zur Vorlage beim Bundesverfassungsgericht berechtigt ist, gilt es zu erörtern, welche Entscheidungsmöglichkeiten das Verfassungsgericht hat und welche Auswirkungen die für das Jahr 2006 zu erwartende Entscheidung142 des Gerichts auf die verfahrensrechtliche Lage der Steuerbürger haben wird. 1. Verfahrensablauf a) Verfahren vor dem Finanzgericht Der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens vor dem Finanzgericht stellte sich so dar, dass die Klägerin Alleinerbin einer im Juli 1997 verstorbenen Erblasserin geworden war. Im Jahr 1994 hatte die Erblasserin eine Eigentumswohnung gekauft, bei der sie den Kaufpreis Ende 1996 vollständig gezahlt hatte, und die Auflassung im Juni 1997 erfolgte. Erst einen Monat nach ihrem Tod wurde die Eintragung im Grundbuch vorgenommen. Bei der Festsetzung der Erbschaftssteuer sah die beklagte Finanzverwaltung den – mit dem Kaufpreis der Wohnung anzusetzenden – Anspruch auf die Verschaffung des Wohneigentums als Bestandteil des Nachlasses an. Das Klagebegehren der Klägerin ging dahin, dass die Eigentumswohnung 140 BGBl. I 2001, 3794, 3810; schon das Steuerbereinigungsgesetz 1999 sah eine Streichung des Merkmals „vorweggenommene Erbfolge“ vor, scheiterte jedoch im Vermittlungsausschuss (BR-Drs. 475/99, 33 und 86). 141 BFHE 198, 342. 142 Bereits für das Jahr 2005 strebte das Bundesverfassungsgericht die Erledigung des Verfahrens an (http://www.bundesverfassungsgericht.de/cgi-bin/link.pl?presse).
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selbst, die nur mit dem niedrigen Steuerwert nach §§ 138 ff. BewG bewertet wird, zur Festsetzung der Erbschaftsteuer herangezogen wird. Das angerufene Finanzgericht gab der Klage statt und setzte die Erbschaftsteuer antragsgemäß herab. Erwerbsgegenstand war nach Auffassung des Gerichts ein Anwartschaftsrecht auf die Wohnung, welches mit dem Grundbesitzwert (§§ 138 ff. BewG) bewertet werden muss.143 b) Verfahren vor dem Bundesfinanzhof Die Finanzverwaltung ging daraufhin in die Revision, und der Bundesfinanzhof griff den Fall dankbar auf. Im Revisionsverfahren äußerte der Senat deutliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der bundesrechtlichen Vorschriften des ErbStG i. V. m. dem BewG. Mit dem Beschluss vom 24.10.2001144 forderte er das Bundesministerium der Finanzen auf, dem Verfahren beizutreten (§ 122 Abs. 2 S. 3 FGO), und stellte insbesondere die Frage, ob die Tarifvorschriften des § 19 Abs. 1 ErbStG i. d. F. des JStG 1997 einer am Gleichheitssatz des Art. 3 GG orientierten verfassungsrechtlichen Prüfung stand halten. Die Deutlichkeit der Begründung des Bundesfinanzhofbeschlusses vom 24.10. 2001 ließ schon damals bei einigen Autoren keinen Zweifel daran, dass das Verfahren in einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht münden werde.145 Mit Schreiben vom 23.11.2001 ist das Bundesministerium der Finanzen dem Verfahren beigetreten und hat darauf verwiesen, dass der Gleichheitssatz dem Steuergesetzgeber eine weit reichende Gestaltungsbefugnis belasse, die ihn berechtigt, sich bei den Regelungen auch von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen oder sozialpolitischen Erwägungen leiten zu lassen. Die Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo ein sachlicher Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung fehlt.146 Bereits zwei Wochen später reagierte die Finanzverwaltung auf das laufende Verfahren mit gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden 143
EFG 2000, 1019 f. BFHE 196, 304 ff. 145 So meint Birk, Begünstigungstatbestände, S. 166, dass anscheinend „die Richtervorlage nach Art. 100 Abs.1 GG schon weitgehend ausformuliert in der Schublade liegt“; Hartmann, Pause, S. 7, hält die Aufforderung zum Verfahrensbeitritt nur noch für eine „Höflichkeitsgeste“ gegenüber dem Bundesministerium der Finanzen; ähnlich auch Höreth/Schiegl, Bedenken, S. 374; Jordan/Haubold, Auswirkungen, S. 120; von Oertzen/Slabon, Gestaltung, S. 251; Riegel, Verfassungswidrigkeit, S. VIII; Szczesny, Erbfolge, S. 269. 146 BFHE 198, 342, 344. 144
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der Länder,147 wonach alle Erbschaft- und Schenkungsteuerfestsetzungen nach dem 06.12.2001 in vollem Umfang nur vorläufig zu erklären sind (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 AO). Am 10.04.2002 wurde vor dem Bundesfinanzhof mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Im Anschluss daran legte der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 22.05.2002 dem Bundesverfassungsgericht die Frage vor, ob die Anwendung eines einheitlichen Steuertarifs auf alle Erwerbsvorgänge verfassungsgemäß ist, da nach Auffassung des Finanzhofs die Vorschriften zur Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage beim Betriebsvermögen, bei Anteilen an Kapitalgesellschaften, beim Grundvermögen sowie bei landund forstwirtschaftlichem Vermögen gleichheitswidrig ausgestaltet sind. aa) Die Zweifel des Bundesfinanzhofs an der Verfassungsmäßigkeit der gegenwärtigen Unternehmensnachfolgebesteuerung In dem ausgesprochen ausführlichen Beschluss vom 22.05.2002 machte der Bundesfinanzhof deutlich, erhebliche Zweifel insbesondere an der Verfassungsmäßigkeit der Unternehmensnachfolgebesteuerung zu haben. Zunächst geht das Gericht ausführlich auf die Bewertung von Betriebsvermögen und Anteilen an nicht börsennotierten Kapitalgesellschaften, für die auch keine stichtagsnahen Verkäufe vorliegen, ein. Hervorgehoben wird dabei, dass das steuerliche Wertniveau insgesamt sehr niedrig ist, und die Unternehmen von der Begünstigung nicht gleichmäßig profitieren, da das Bewertungsniveau davon abhängt, ob stille Reserven aufgebaut wurden oder das Unternehmen durch die Ausnutzung von Bilanzierungswahlrechten sich „ärmer gerechnet“ hat. Die Steuerbilanzwerte dienen eigentlich dazu, die Ergebnisse verschiedener Rechnungsperioden voneinander abzugrenzen, ihre Höhe wird von handels- und steuerrechtlichen Abschreibungsregeln beeinflusst. Im Erbschaftsteuerrecht führen sie zu zufälligen Begünstigungen. Weiterhin bemängelt der Senat die Abzugsfähigkeit von Schulden zum Nennwert; dies stellt für ihn eine systemwidrige Verrechnung mit ungekürzten Passivposten dar. Aus diesen Gründen hält das Gericht die Heranziehung der Steuerbilanzwerte für einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot. Ein sachlicher Grund für die Übernahme der Steuerbilanzwerte – wie besondere betriebliche Belastungen oder die Sicherung der Betriebsfortführung – ist für den Senat unter Verweis auf die Zufallsabhängigkeit der Bewertung nicht erkennbar.148 147 148
BStBl. I 2001, 985. BFHE 198, 342, 345 ff.
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Der Finanzhof stimmt der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung aus dem Jahr 1995149 zu, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Erben von Betriebsvermögen seinem durch den Erbfall erworbenem Vermögen nicht voll entspricht. Betrieblich gebundenes Vermögen ist auch nach der Ansicht des Bundesfinanzhofs durch Sozialverpflichtungen nur eingeschränkt verfügbar. Die Kumulationswirkung aus Unterbewertung, Freibetrag und vermindertem Wertansatz führt dazu, dass für kleine und mittlere Betriebsvermögen überwiegend keine Erbschaftsteuer zu zahlen ist. Eine solch umfassende Begünstigung sieht das Gericht nur dann als gerechtfertigt an, wenn tatsächlich eine Gefährdung der Weiterführung durch die Erbschaftsteuer eintritt. Der Senat ist der Auffassung, dass eine solche Wirkung der Erbschaftsteuer jedoch nicht generell angenommen werden kann und verweist dabei auf das Instrument der Stundung nach § 28 ErbStG, um die Betriebsfortführung zu sichern.150 Auch für die Regelung, dass der Erblasser bzw. Schenker eine Beteiligung von mehr als 25% am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft haben muss, um Freibetrag und Betriebsvermögensabschlag in Anspruch zu nehmen, kann das Gericht keinen sachlichen Grund erkennen.151 Es kritisiert weiterhin, dass Freibetrag und verminderter Wertansatz nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG auch beim Erwerb von Anteilen gewerblich geprägter Personengesellschaften i. S. von § 15 Abs. 3 EStG gewährt werden. Damit bestehe die Fiktion, dass das in der Rechtsform der gewerblich geprägten Personengesellschaft gehaltene Vermögen Betriebsvermögen ist. Tatsächlich handelt es sich um eine gängige Gestaltungspraxis, Privatvermögen in rein vermögensverwaltende Gesellschaften einzubringen. Die Begünstigung für sozialgebundenes betriebliches Vermögen sei nach Ansicht des Gerichts deshalb nicht ausreichend zielgenau; es werde nicht sichergestellt, dass das Vermögen tatsächlich dieser Tätigkeit diene. Insgesamt hält der Senat die Begünstigungen für unternehmerisches Vermögen für zu weitgehend, um noch von dem verfassungsrechtlich zulässigen Differenzierungsgrund „Schutz der Betriebe“ gedeckt zu sein. Die steuerlichen Regelungen zur Unternehmensnachfolge wirken nicht zielgenau auf gefährdete Betriebe und stehen deshalb außer Verhältnis zur gleichmäßigen Erfassung aller Vermögenszugänge. Neben der Begünstigung unternehmerischen Vermögens zweifeln die Richter auch an der Bewertung landwirtschaftlichen Vermögens, die im Schnitt nur etwa 10% der Verkehrswerte erreicht.152 149 150 151
BVerfGE 93, 165, 175 f. BFHE 198, 342, 366. BFHE 198, 342, 367.
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Im Ergebnis ist der Bundesfinanzhof der Auffassung, dass die unterschiedlich ermittelte Bemessungsgrundlage zum Teil unberechtigte Privilegien enthält und unvereinbar mit der für alle Steuerpflichtigen geltenden Tarifvorschrift des § 19 ErbStG ist. Ein Gleichheitssatzverstoß liegt nach Ansicht der Richter vor. bb) Zulässigkeit des Vorlageverfahrens Für rege Diskussionen sorgte neben dem Inhalt der Bundesfinanzhofentscheidung die Frage, ob der Bundesfinanzhof im konkreten Fall überhaupt zur Vorlage beim Bundesverfassungsgericht berechtigt war. Da es sich bei der Vorlage durch den Bundesfinanzhof um eine Vorlage eines obersten Gerichtshofes des Bundes handelt, wird eine Unzulässigkeit durch Beschluss des Senats ausgesprochen (§ 81a S. 2 BVerfGG), wobei die Mehrheit der an der Entscheidung mitwirkenden Mitglieder des Senats gemäß § 15 Abs. 4 S. 2 BVerfGG ausreicht. In der Literatur gibt es deshalb Stimmen, die befürchten, dass der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts sich durch „den Aufbau formaler Hürden der Sachentscheidung“ entzieht.153 Dabei hat die konkrete Normenkontrolle im Wesentlichen zwei Voraussetzungen: Zum einen muss das Gericht begründen, warum es eine Norm für verfassungswidrig hält; zum anderen muss die vorgelegte Norm für die Entscheidung des Ausgangsverfahrens entscheidungserheblich sein. (1) Begründung des vorlegenden Gerichts Die Begründung des Gerichts, warum es eine Norm für verfassungswidrig hält, muss nachvollziehbar und umfassend sein. Dabei müssen die maßgeblichen Erwägungen des Gerichts in der Begründung angegeben werden. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts kann es dafür auch notwendig sein, zur Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung Stellung zu nehmen.154 Im Ergebnis muss das Gericht von der Verfassungswidrigkeit überzeugt sein,155 bloße Zweifel sind nicht ausreichend.156 152
BFHE 198, 342, 371. Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 893. 154 Erstmals in BVerfGE 48, 40, 45; in der jüngeren Rechtsprechung BVerfGE 85, 329, 333; BVerfGE 86, 71, 77; BVerfGE 88, 187, 194; BVerfGE 96, 315, 324. 155 Wieland in Dreier, Grundgesetz Art. 100 Rn. 16. 156 BVerfGE 1, 184, 188 f.; Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht Rn. 819; Wieland in Dreier, Grundgesetz Art. 100 Rn. 16. 153
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Der vorlegende Senat erörtert in seinem Beschluss umfassend die Rechtslage und Rechtsentwicklung für die Bewertung und Besteuerung der verschiedenen Vermögensbestandteile im Erbschaftsteuerrecht. Dabei geht er auf die verschiedenen möglichen Rechtfertigungen für Bewertungs- und Besteuerungsunterschiede ein. Im Ergebnis kritisiert er die Bewertung von Betriebsvermögen, die Bewertung der Anteile an Kapitalgesellschaften, die Bewertung von Grundvermögen und die Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen. Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Vorlage ist nicht darauf abzustellen, ob alle vorgebrachten Gründe tragfähig sind. Es reicht vielmehr aus, wenn der Senat schlüssig darlegt, dass nach seiner Überzeugung eine Bewertungsvorschrift gleichheitswidrig ausgestaltet ist. Die vom Senat gemachten Ausführungen sind ausführlich, klar strukturiert und enthalten sogar einige Beispiele. Offene Widersprüche sind in der Argumentation nicht auszumachen. Es bestehen keine Zweifel, dass der Senat von der Verfassungswidrigkeit überzeugt ist. Er hat seine Beweggründe schlüssig dargelegt und ist seiner Begründungspflicht nachgekommen. Umstritten ist allerdings, ob der Bundesfinanzhof in ausreichendem Maß versucht hat, die Normen verfassungskonform auszulegen. Nach Auffassung Daragans und Birks kann § 12 Abs. 1 ErbStG in der Form ausgelegt werden, dass ein Sachleistungsanspruch nicht nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils des BewG bewertet wird, wenn der Besondere Teil Bewertungsvorschriften für den Leistungsgegenstand enthält. Daragan hält diese Auslegung für verfassungskonform und zwingend, da so „nicht länger in gleichheitswidriger Weise Sachleistungsansprüche aus gegenseitigen Rechtsgeschäften höher bewertet [werden] als der Leistungsgegenstand selbst“. Da er davon ausgeht, dass die Entscheidungserheblichkeit entfällt, sofern die Möglichkeit besteht, ein verfassungswidriges Ergebnis durch Auslegung zu vermeiden, ist nach seiner Meinung die Richtervorlage nach Art. 100 GG unzulässig.157 Birk legt sich hingegen nicht fest, hält die oben beschriebene Auslegung jedoch für möglich. Sie würde nach seiner Auffassung dazu führen, dass es im konkreten Fall an der Ungleichbehandlung fehlt, so dass es „auf die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht ankäme“.158 Beide Autoren ignorieren, dass es umstritten ist, ob die gerichtliche Stellungnahme zur verfassungskonformen Auslegung überhaupt überzeugend zu 157 Daragan, Verfassungsmäßigkeit, S. 649 f. und 655 (bereits bei der Aufforderung des Bundesfinanzhofs an das Bundesministerium der Finanzen zum Verfahrensbeitritt). 158 Birk, Kommentar, S. 1072; auch Welling/Richter, Prüfstand, S. 2306, sehen „Ansatzpunkte“ für eine dahingehende Auslegung.
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rechtfertigen ist. Begründet wird die geforderte Erklärung damit, dass sie den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsgerichtsbarkeit sichert.159 Dessen ungeachtet bestehen grundsätzliche Zweifel an der Praxis der verfassungskonformen Auslegung. Die Schwelle, bei der an die Stelle der vom Gesetzgeber beabsichtigten Regelung ein Aliud tritt, wird bei der Auslegung leicht überschritten.160 Die Kritik geht deshalb dahin, dass die vorlegenden Gerichte im Ergebnis zu einer unzulässigen Rechtsfortbildung verleitet werden161 und – da sie nicht notwendigerweise über vertiefte Kenntnisse des Verfassungsrechts verfügen – die geforderten Zulässigkeitsvoraussetzungen übertrieben hoch sind.162 Ohne auf diese Fragen einzugehen, wenden Daragan und Birk das Kriterium der verfassungskonformen Auslegung an und gehen davon aus, dass die Auslegung die Entscheidungserheblichkeit entfallen lässt. Dabei ist es zweifelhaft, ob die verfassungskonforme Auslegung überhaupt bei der Frage nach der Entscheidungserheblichkeit relevant wird. Soweit ersichtlich, vertreten in der Literatur nur Klein163 und Baumgarten164 diese Meinung. Beide sind der Ansicht, dass es an der Entscheidungserheblichkeit einer Norm fehlt, wenn eine verfassungskonforme Auslegung möglich ist. Klein führt zur Begründung einige Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts an, ohne dass sich aus deren Wortlaut zwingend eine solche Interpretation ergibt.165 Die im Schrifttum überwiegend vertretene Auffassung unterscheidet zwischen Schlüssigkeit des Vorlagebeschlusses und Entscheidungserheblichkeit. Zunächst wird bei der Zulässigkeitsprüfung untersucht, ob die Begründung des vorlegenden Gerichts schlüssig und ob das Gericht von der Verfassungswidrigkeit wirklich überzeugt ist. In diesem Zusammenhang wird eine Stellungnahme des Gerichts zur verfassungskonformen Auslegung gefordert.166 Die Stellungnahme dient dazu, die vom vorlegenden Gericht gemachten Aussagen zur Verfassungswidrigkeit zu verifizieren und zu vermei159 Baumgarten, Richtervorlagen, S. 219; Clemens in Umbach/Clemens, Grundgesetz Art. 100 Rn. 123. 160 Bettermann, Auslegung, S. 55; Bryde, Verfassungsentwicklung, S. 392 f.; Hesse, Verfassungsrecht Rn. 56; Löwer, Bundesverfassungsgericht, S. 810. 161 Hillgruber/Goos, Verfassungsprozessrecht Rn. 573 und 613. 162 Heun, Richtervorlagen, S. 618 f.; Wieland in Dreier, Grundgesetz Art. 100 Rn. 17; ähnliche Kritik auch Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht Rn. 825; Lechner/Zuck, Bundesverfassungsgerichtsgesetz vor § 80 Rn. 20 f. 163 Klein in Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz § 80 Rn. 49. 164 Baumgarten, Richtervorlagen, S. 217. 165 Klein in Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz § 80 Rn. 49, der auf BVerfGE 22, 373, 377; BVerfGE 68, 311, 318; BVerfGE 76, 100, 105; BVerfGE 80, 54, 58 verweist.
V. Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2002
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den, über Normen entscheiden zu müssen, deren Verfassungsmäßigkeit sich schon durch Auslegung ergibt.167 Die Entscheidungserheblichkeit ist hingegen ein eigenständiger Prüfungspunkt, bei dem keine verfassungskonforme Auslegung gefordert wird.168 Um festzustellen, welcher der beiden Meinungen zu folgen ist, muss auf den Gesetzestext zurückgegriffen werden. Der Art. 100 Abs. 1 GG verlangt, dass das vorlegende Gericht von der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm überzeugt ist. Außerdem wird verlangt, dass es bei der Entscheidung des vorlegenden Gerichts auf das umstrittene Gesetz ankommen muss. Dies ist der Fall, wenn in der konkreten Situation eine verfassungsgemäße Norm zu einer anderen Entscheidung führt als bei Verfassungswidrigkeit der Vorschrift.169 Das Grundgesetz spricht nicht davon, dass das Gericht bei der Anwendung der Norm zu einem verfassungswidrigen Ergebnis kommen muss. Demnach hat das durch Auslegung erreichte, vermeintlich verfassungskonforme Ergebnis von Daragan und Birk keinen Einfluss auf das Kriterium der Entscheidungserheblichkeit. Der Meinung von Klein und Baumgarten kann nicht zugestimmt werden. Demzufolge muss auch der Argumentation von Daragan und Birk widersprochen werden. Die geforderte Stellungnahme macht nur Sinn als Instrument, um die Überzeugung des vorlegenden Gerichts von der Verfassungswidrigkeit zu bestätigen bzw. zu verwerfen. Auch inhaltlich kann die von Birk und Daragan vorgenommene Auslegung die Argumente des Bundesfinanzhofs nicht entkräften, denn die verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen nicht isoliert gegen die Norm des § 12 Abs. 1 ErbStG. Das Gericht ist vielmehr überzeugt davon, dass die Anwendung eines einheitlichen Steuertarifs auf alle Erwerbsvorgänge gegen den Gleichheitssatz verstößt, wenn – wie es momentan nach Meinung des Senats der Fall ist – bestimmte Vermögensarten deutlich privilegiert werden, ohne dass dafür eine sachliche Rechtfertigung besteht. Daran ändert auch die vorgeschlagene Gleichbehandlung von Übereignungsanspruch und Grundstück nichts. 166 Meyer in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 100 Rn. 22; Schlaich/Korioth, Bundesverfassungsgericht Rn. 145; Sieckmann in von Mangoldt et al., Grundgesetz Art. 100 Rn. 34; Wieland in Dreier, Grundgesetz Art. 100 Rn. 17. 167 Lechner/Zuck, Bundesverfassungsgerichtsgesetz § 80 Rn. 8. 168 Vgl. Clemens in Umbach/Clemens, Grundgesetz Art. 100 Rn. 95 ff. und 114 ff.; Meyer in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 100 Rn. 23 ff.; Wieland in Dreier, Grundgesetz Art. 100 Rn. 17 f. 169 Clemens in Umbach/Clemens, Grundgesetz Art. 100 Rn. 95.
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
In seinem Beschluss vom Mai 2002 nimmt der Senat erschöpfend zur Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung des § 12 Abs. 2, 3 und 5 ErbStG unter Verweisung auf die betreffenden Normen des BewG und zu den Begünstigungsregelungen für unternehmerisches Vermögen nach den §§ 13a und 19a ErbStG sowie zu dem ungekürzten Schuldenabzug Stellung, ohne dabei einen Ansatzpunkt zu finden, der den vermeintlichen Verfassungsverstoß durch eine verfassungskonforme Auslegung beseitigt. Der Senat hat damit seine Beweggründe ausreichend dargelegt und die vom Bundesverfassungsgericht für notwendig gehaltene Stellungnahme zur verfassungskonformen Auslegung der betroffenen Normen erbracht. (2) Entscheidungserheblichkeit Heftig diskutiert wird auch, ob die vom Bundesfinanzhof vorgebrachten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit entscheidungserheblich i. S. des Art. 100 Abs. 1 GG für den Ausgangsfall sind.170 Dies wäre dann der Fall, wenn es auf die Gültigkeit des Gesetzes bei der Entscheidung im konkreten Ausgangsverfahren ankommt.171 Das konkrete Normenkontrollverfahren muss demnach unerlässlich sein.172 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist zur Beurteilung, ob die Vorlagefrage entscheidungserheblich ist oder nicht, die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgebend, solange dessen Beurteilung nicht offensichtlich unhaltbar ist.173 Dabei hat das Verfassungsgericht bisher die Voraussetzungen, die zu einer Unhaltbarkeitserklärung führen, nicht näher definiert174 und nutzt das Kriterium, um seine Arbeitsbelastung zu steuern.175 Gestützt auf die Semantik des Begriffspaares „offensichtlich unhaltbar“176, ist hier jedoch ein eher weiter Rahmen einzuräumen. 170
Siehe die Diskussionsbeiträge von Birk, Begünstigungstatbestände, S. 166; Vogt, Verfassungsmäßigkeit, S. 508. 171 Baumgarten, Richtervorlagen, S. 47; Schlaich/Korioth, Bundesverfassungsgericht Rn. 146. 172 BVerfGE 90, 145, 170; Sieckmann in von Mangoldt et al., Grundgesetz Art. 100 Rn. 15 und 36; Wieland in Dreier, Grundgesetz Art. 100 Rn. 18. 173 BVerfGE 2, 181, 190 f.; BVerfGE 3, 187, 195; BVerfGE 10, 372, 376; BVerfGE 72, 51, 60; BVerfGE 81, 40, 49. 174 Baumgarten, Richtervorlagen, S. 288; Günter, Prüfungsrecht, S. 49. 175 Wieland in Dreier, Grundgesetz Art. 100 Rn. 19; ähnlich, aber allgemeiner Meyer in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 100 Rn. 23, der die Anforderungen an die Vorlagebegründung ständig steigen sieht, ohne dass den vorlegenden Gerichten operationale Regeln an die Hand gegeben werden. Dies führt seiner Auffassung nach dazu, dass das Verfassungsgericht „Vorlagen nach Belieben auswählen“ kann.
V. Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2002
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Im Ausgangsverfahren wurde darum gestritten, ob das Anwartschaftsrecht der Klägerin auf Vollendung des bereits teilweise vollzogenen Grundstückserwerbsvorgangs mit dem Grundbesitzwert oder mit dem wesentlich höheren gemeinen Wert anzusetzen ist. Im Revisionsverfahren hat der Bundesfinanzhof allerdings Fragen zu ganz anderen – scheinbar durch das Ausgangsverfahren gar nicht betroffenen – Vermögensarten aufgeworfen. Auf den ersten Blick besteht eine Diskrepanz zwischen einem verhältnismäßig „schmalen“ Sachverhalt und der Bedeutung und „Breite“ der vom Bundesfinanzhof daraus abgeleiteten Verfassungsfragen.177 Der Bundesfinanzhof greift auf die Tarifvorschrift des § 19 ErbStG zurück, um aufzuzeigen, dass der Steuerpflichtige in seinem Recht auf Gleichbehandlung verletzt wird, wenn er tariflich einer Gleichbehandlung unterworfen wird, obwohl die Bemessungsgrundlage nach unterschiedlichen Regeln ermittelt wurde. Die Grundaussage ist dabei, dass die Tarifvorschrift des § 19 ErbStG selbst gleichheitskonform und Ausdruck des Leistungsfähigkeitsgedankens ist. Ein einheitlicher Tarif setzt jedoch voraus, dass die Bemessungsgrundlage richtig ermittelt wird. Der Bundesfinanzhof geht davon aus, dass die Bemessungsgrundlage fehlerhaft ermittelt worden ist, was zwangsläufig zu einer fehlerhaft ermittelten Zuweisung der Steuerlast führt. Die Tarifvorschrift des § 19 ErbStG dient dem Senat dabei als „Klammer“, um die jeweiligen anderen Bewertungsvorschriften in die verfassungsgerichtliche Kontrolle einzubeziehen.178 Diese Gesamtbetrachtung führte zu der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht, die zum Inhalt hat, dass die Privilegierung eines sich in einer vergleichbaren Situation befindlichen Dritten gleichheitssatzwidrig ist. Offensichtlich unhaltbar ist die Vorlage damit nicht, allerdings hält Vogt dem Bundesfinanzhof vor, dass diese „Klammer-Technik“ in letzter Konsequenz dazu führt, dass grundsätzlich alle Befreiungs- und Begünstigungsvorschriften geprüft werden müssen.179 Damit wird das Problem angesprochen, inwieweit mutmaßlich gleichheitswidrige Normen verfassungsrechtlich überprüft werden können. Ur176
Siehe dazu: Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion, Sprache, S. 2786 und
4110. 177
Vogt, Verfassungsmäßigkeit, S. 508. Birk, Begünstigungstatbestände, S. 167; Vogt, Verfassungsmäßigkeit, S. 508. Eine ähnliche Konstellation lag auch der Vermögensteuerentscheidung aus dem Jahr 1995 zu Grunde (BVerfGE 93, 121, 130 f.). Dabei diente die Tarifvorschrift des § 10 Nr. 1 VStG als „Klammer“, und Tarifvorschrift wie auch Bemessungsgrundlage wurden anhand des Gleichheitssatzes überprüft. 179 Vogt, Verfassungsmäßigkeit, S. 508. 178
124
D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
sprünglich verneinte das Bundesverfassungsgericht unter Hinweis auf die unterschiedlichen Vermögensbestandteile und eine ansonsten sachgerechte Besteuerung die Möglichkeit, gleichheitswidrige Begünstigungen zu rügen.180 Dies beruht auf dem Gedanken, dass der Gleichheit als solcher kein eigener Rechtswert zukommt.181 Ein Individualanspruch besteht demnach nur auf eigene Begünstigung.182 Der Art. 3 Abs. 1 GG ist nach diesem Gedanken kein „Hebelgrundrecht zum Eindringen in fremde Rechtssphären“, da befürchtet wird, dass der Gleichheitssatz ansonsten zur „Popularklage des Neids“ verkommt.183 Diese Sichtweise stößt auf Kritik in der Literatur. Die Kritiker messen dem Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 GG durchaus selbständige Bedeutung zu.184 Nach ihrer Auffassung kommt dem Gleichheitssatz unmittelbare Wirksamkeit zu,185 so dass ein subjektives Recht auf Gleichbehandlung besteht.186 Mittlerweile will das Bundesverfassungsgericht es nicht grundsätzlich für alle Fälle des Art. 3 Abs. 1 GG an der Entscheidungserheblichkeit fehlen lassen, sondern nur dann, wenn die beanstandete Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens nicht zu einem Erfolg verhelfen kann.187 Im Steuerrecht ist dieses Kriterium meist gegeben. Die Bevorzugung einer Gruppe zieht eine über die bloße Ungleichbehandlung hinausgehende Benachteiligung der anderen Gruppe nach sich. So werden Mindereinnahmen aufgrund der Verschonung der privilegierten Gruppe tendenziell auf alle Steuerpflichtigen umgelegt, so dass deren Steuerbelastung ansteigt. Der Wegfall der privilegierenden Norm führt – auf alle Steuerpflichtigen umgelegt – zu einer Senkung der Steuerbelastung, und damit zu einem Erfolg für den Kläger des Ausgangsverfahrens.188 180
BVerfGE 23, 242, 354 f. Dürig in Maunz et al., Grundgesetz Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 164. 182 Kirchhof, Gleichheit, S. 1010. 183 Dürig in Maunz et al., Grundgesetz Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 468. 184 Robbers, Gleichheitssatz, S. 758; Rüfner in Dolzer et al., Grundgesetz Art. 3 Rn. 127 ff.; Sachs, Gleichheitssatz, S. 325. 185 Gubelt in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 3 Rn. 2. 186 Osterloh in Sachs, Grundgesetz Art. 3 Rn. 38. 187 BVerfGE 93, 386, 395; BVerfGE 98, 70, 81. Ohne dieses Prinzip auf die Fälle des Art. 3 Abs. 1 GG zu beschränken, verlangt Meyer in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 100 Rn. 25, für alle Fälle der Entscheidungserheblichkeit, dass die beanstandete Norm dem Kläger des Ausgangsverfahrens zu einem Erfolg verhelfen kann. 188 Birk, Begünstigungstatbestände, S. 167; Birk, Kommentar, S. 1072; Völlmeke, Richtervorlage, S. 1348; Wernsmann, Vorlagefähigkeit, S. 248; Wernsmann, Rechtsfolgen, S. 271. 181
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Allerdings stellt auch dieses „Erfolgserfordernis“ eine erhebliche Einschränkung des richterlichen Vorlagerechts dar. Sinn und Zweck der konkreten Normenkontrolle ist es, den Vorrang der Verfassung zu wahren, die Durchsetzung demokratisch legitimierter Entscheidungen des Bundesgesetzgebers zu sichern und die Rechtsunsicherheit und Rechtszersplitterung zu vermeiden. Die Gerichte haben die Pflicht, sich über die Verfassungsmäßigkeit der angewendeten Gesetze zu vergewissern189 und müssen nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 100 Abs. 1 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einholen, wenn sie der Auffassung sind, dass eine Norm gegen das Grundgesetz verstößt. Es ist in sich nicht stimmig, dass auf der einen Seite für die Gerichte eine solche Prüfungs- und Vorlagepflicht besteht, auf der anderen Seite aber verlangt wird, eine für verfassungswidrig gehaltene Norm weiterhin anzuwenden, nur weil der Wegfall der Norm nicht zu einem Erfolg des Klägerbegehrens führt. Der Gesetzgeber kann im Rahmen seines Gestaltungsspielraums einen bestehenden Gleichheitsverstoß auf verschiedene Weise heilen. Für die Zulässigkeit muss es ausreichend sein, dass das Gericht im Ausgangsverfahren bei Ungültigkeit der Norm anders entscheiden müsste als bei deren Gültigkeit, unabhängig davon, ob die zweifelhafte Norm dem Kläger zu Gute kommt oder nicht. Bei den Entscheidungsalternativen muss deshalb eine Regelung in Betracht kommen, die den für das Ausgangsverfahren einschlägigen Maßstab verändert.190 Dies soll ausreichen, um die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage zu bejahen. Dabei wurde verschiedentlich die Entscheidungserheblichkeit für Fälle verneint, bei denen gemutmaßt wurde, dass die Verfassungsrichter keine Nichtigkeitserklärung, sondern allenfalls eine Unvereinbarkeitserklärung mit einer Fristsetzung an den Gesetzgeber zur Neufassung der umstrittenen Norm erlassen werden.191 Begründet wurde diese Auffassung damit, dass sich aus der Unvereinbarkeitserklärung keine Veränderung für die Rechtslage des Klägers ergibt. In der aktuellen steuerrechtlichen Literatur wird überwiegend vermutet, dass es auch im vorliegenden Verfahren zu einer Unvereinbarkeitserklärung mit Fristsetzung zur Neufassung kommt.192 Tritt diese Entscheidungsvariante ein, würde sich die Rechtslage für die Klägerin nicht ändern. Nach der 189
Wieland in Dreier, Grundgesetz Art. 100 Rn. 5. So auch das Verfassungsgericht in BVerfGE 84, 233, 236 f. 191 BFHE 186, 394, 396; BFHE 190, 408, 412. 192 Höreth/Schiegl, Bedenken, S. 373; Kessler et al., Zukunft, S. 5; von Oertzen/ Slabon, Gestaltung, S. 251 f. 190
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oben erörterten Meinung ist in einem solchen Fall die Entscheidungserheblichkeit nicht gegeben, und die konkrete Normenkontrolle unzulässig. Allerdings verkennt diese Auffassung, dass es sich bei der Zulässigkeitsuntersuchung um eine idealtypische Analyse handelt. Die Zulässigkeit darf nicht von der Mutmaßung abhängen, welche Entscheidungsform das Bundesverfassungsgericht wählt. Gesetze mit erheblichen finanziellen Auswirkungen könnten ansonsten gar nicht im Wege des Individualrechtsschutzes verfassungsrechtlich geprüft werden.193 Entscheidungserheblichkeit muss auch dann gegeben sein, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sich die Verfassungswidrigkeitserklärung nur für die Zukunft auswirkt, und der verfassungswidrige Zustand für die Vergangenheit akzeptiert wird.194 Im vorliegenden Fall kommt als Entscheidungsalternative in Betracht, dass das bisher geltende Erbschaftsteuerrecht und die Bewertung der Vermögensbestandteile gegen den Gleichheitssatz verstoßen und vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt werden. Legt man diese Überlegung zu Grunde, muss im Ausgangsverfahren anders entschieden werden als bei Gültigkeit der Norm. Die vorgelegte Frage, ob die Anwendung eines einheitlichen Steuertarifs auf alle Erwerbsvorgänge gegen den Gleichheitssatz verstößt, ist damit entscheidungserheblich. Der von Vogt geäußerten Kritik, dass das Vorgehen des Bundesfinanzhofs zur Folge hat, dass sämtliche Befreiungs- und Begünstigungsvorschriften geprüft werden müssen, kann entgegengehalten werden, dass die Prüfungspflicht nur besteht, wenn die Privilegierung ein Ausmaß erreicht, das sich im Belastungserfolg niederschlägt. Dies ist für das Erbrecht anzunehmen. Da ansonsten keine Zweifel an der Zulässigkeit des Vorlagebegehrens bestehen, ist davon auszugehen, dass das Bundesverfassungsgericht eine Sachentscheidung treffen wird. 2. Möglicher Gang des weiteren Verfahrens Von besonderem Interesse ist die Frage, welche Reaktionsmöglichkeiten auf die Vorlagefrage bestehen. In Frage kommt dabei eine selbständige Neuregelung durch den Gesetzgeber oder das Abwarten auf eine Sachentscheidung durch das Bundesverfassungsgericht. Dabei gilt es zu klären, 193 Birk, Steuerrecht, S. 54 f.; Wernsmann, Vorlagefähigkeit, S. 247; Wernsmann, Rechtsfolgen, S. 271. 194 Birk, Steuerrecht, S. 54 f.; BVerfGE 72, 51, 62; BVerfGE 87, 153, 180; BVerfGE 93, 121, 131; Schlaich/Korioth, Bundesverfassungsgericht Rn. 150; Wernsmann, Vorlagefähigkeit, S. 246; Wernsmann, Rechtsfolgen, S. 248 f.
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welche Entscheidungsmöglichkeiten das Verfassungsgericht hat und welche Auswirkungen die Entscheidung des Gerichts auf die verfahrensrechtliche Lage der Steuerbürger haben kann. a) Selbständige Neuregelung durch den Gesetzgeber Nach dem Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs wurde in der Literatur in Erwägung gezogen, dass der Gesetzgeber die Initiative ergreift, noch vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein neues Erbschaftsteuerrecht zu schaffen.195 Der Gesetzgeber würde dadurch Entschlossenheit signalisieren und keine Unsicherheit aufkommen lassen. Weiterhin würde er inhaltliche Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung machen könnte, vermeiden.196 Diese Hoffnungen haben sich bisher nicht erfüllt. Wie in Kapitel D.VI. zu zeigen sein wird, hat der Gesetzgeber mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2004 einige Modifikationen an der Nachfolgebesteuerung vorgenommen, diese bleiben allerdings weit hinter den Forderungen des Bundesfinanzhofes zurück. Die Änderungen durch das Haushaltsbegleitgesetz werden deshalb voraussichtlich keinen Einfluss auf das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht haben. Mitte des Jahres 2004 wollte das Land Schleswig-Holstein einen Gesetzesantrag zur Reform der Erbschaftsteuer in den Bundesrat einbringen.197 Der Antrag sah vor, dass sämtliche Wirtschaftsgüter für Zwecke der Erbschaftsteuer marktnah bewertet werden, der Freibetrag für Betriebsvermögen sollte auf zwei Millionen Euro angehoben, und gleichzeitig der Bewertungsabschlag abgeschafft werden. Der Gesetzesantrag wurde stark kritisiert.198 Letztlich beschloss der Finanzausschuss des Bundesrates, den Gesetzentwurf nicht in die Länderkammer einzubringen. Damit konnten die Finanzminister der unionsgeführten Länder ihre Forderung durchsetzten, zunächst das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten. Zwar wird von verschiedenen Seiten immer wieder eine Reform der Erbschaftsteuer angemahnt,199 da aber bisher keine konkreten Planungen der Legislative für eine Neuregelung an die Öffentlichkeit gedrungen sind, ist 195 Hartmann, Pause, S. 10; Kessler et al., Zukunft, S. 7; Offerhaus, Erben, S. 26; Offerhaus, Erbschaftsteuer, S. 2064, sie alle appellieren hier an den Gesetzgeber. 196 Kessler et al., Zukunft, S. 7. 197 BR-Drs. 422/04. 198 Siehe dazu Bürgin, Rückholaktion; Vertretung des Freistaates Bayern beim Bund, Entwurf. 199 Siehe dazu Bürgin, Rückholaktion; Lutz, Erbschaftsteuer; N. N., Erbschaftssteuer.
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davon auszugehen, dass die Gesetzgebung die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abwartet. In Anbetracht der Gefahr, erneut ein verfassungswidriges Gesetz zu erlassen, ist die abwartende Haltung verständlich. b) Sachentscheidung des Bundesverfassungsgerichts Wie sich aus § 14 Abs. 4 BVerfGG ergibt, ist der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts für Entscheidungen konkreter Normenkontrollverfahren zuständig.200 Damit entscheidet ein anderer Senat als beim Erbschaftsteuer- und Vermögenssteuerbeschluss aus dem Jahr 1995. Weder die Berichterstatterin, Haas, noch die anderen dem Erste Senat angehörenden Verfassungsrichter haben sich bisher in der Literatur zu der Problematik geäußert.201 Nimmt man – trotz der teilweisen Mutmaßungen, dass die Vorlagefrage bereits an der Zulässigkeit scheitert, und der zum Teil deutlich geäußerten Kritik an der fachlichen Fähigkeit des Ersten Senats bzgl. des Steuerrechts202 – an, dass der Senat eine Sachentscheidung fällt, so bestehen insgesamt vier verschiedene Entscheidungsvarianten. aa) Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht Der deutlichen Kritik des Bundesfinanzhofs zum Trotz besteht die Möglichkeit, dass der Erste Senat die momentane Ausgestaltung der Erbschaftsbesteuerung für verfassungsgemäß hält und der Schonung des Betriebsvermögens zustimmt. In diesem Fall erklärt das Gericht im Tenor, dass das Erbschaftsteuergesetz verfassungsgemäß ist. Der Bundesfinanzhof hat dann die ihm vorliegenden Rechtssache nach dem – dann als verfassungsgemäß geltenden – Recht zu entscheiden.
200 Die Zuständigkeit des Zweiten Senats ist seit dem Plenumsbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 01.01.1994 auf die Einkommen- und Kirchensteuer beschränkt (Plenumsbeschluss des BVerfG vom 13.11.1993, Abschnitt A. I. 9). 201 Einzig eine Publikation von Papier streift die Problematik: Papier, Steuerreform, S. 49 ff. 202 So stellt Tipke unter Verweis auf die bisherigen Entscheidungen des Ersten Senats die angeblich in „Fachkreisen nicht selten geäußerte Vermutung“ öffentlich in den Raum, dass der Erste Senat fachlich überfordert ist, im Steuerrecht eine Entscheidung in der Sache zu fällen, Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 893 f. und S. 887 f. (Fn. 50).
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bb) Entscheidungsmöglichkeiten bei Feststellung eines Verstoßes gegen das Verfassungsrecht Kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass die zu überprüfende Norm gegen Verfassungsrecht verstößt, so bestehen drei mögliche Sachentscheidungsvarianten. (1) Nichtigkeitserklärung Die Verfassungswidrigkeit einer Norm wird mit der Gesetzeskraft der Entscheidung festgestellt.203 Gemäß § 78 BVerfGG folgt daraus die Nichtigkeit der Norm. Die Nichtigkeit wirkt ex tunc auf den Zeitpunkt, ab dem die Norm der Verfassung widerspricht.204 Auf nicht bestandskräftige Verfahren hat dies die Auswirkung, dass die für nichtig erklärte Norm nicht mehr angewendet wird. Hängen noch nicht bestandskräftige Verfahren von der Norm ab, sind diese einzustellen.205 Demgegenüber sind bereits unanfechtbar gewordene Steuerbescheide bestandskräftig. Die für verfassungswidrig erklärte Vorschrift hat diese Fälle bereits beeinflusst, sie bleiben trotzdem gemäß § 79 Abs. 2 S. 1 BVerfGG bestehen. Allerdings ist die Vollstreckung der unanfechtbaren Steuerbescheide unmöglich (§ 79 Abs. 2 S. 2 BVerfGG), da die sich für die Zukunft aus der Durchsetzung solcher Akte ergebenden Folgen abgewendet werden sollen.206 Im Ergebnis kann diese Regelung dazu führen, dass bereits veranlagte Fälle anders behandelt werden als Fälle, bei denen die Veranlagung noch nicht abschließend vorgenommen wurde. Teile der wissenschaftlichen Literatur sehen in dieser Ungleichbehandlung einen gleichheitssatzwidrigen und verfassungswidrigen Zustand.207 Dem ist zu entgegnen, dass es der Steuerpflichtige durch Rechtsbehelfe selbst in der Hand hat, die Steuerfestsetzung mittelfristig zu verhindern. Der Grundsatz der Rechtssicherheit ist eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und damit verfassungsrechtlich begründet.208 Will man das Prinzip der Rechtssicherheit gewährleisten, muss im Verfahrensgang eine Grenze gezogen werden. Diese wirkt dann zugunsten wie zulasten der Steuerpflich203 Battis, Verfassungsverstoß, S. 245; Lechner/Zuck, Bundesverfassungsgerichtsgesetz § 78 Rn. 2. 204 Battis, Verfassungsverstoß, S. 263. 205 Battis, Verfassungsverstoß, S. 265; Sommerlad, Nichtigerklärung, S. 1489 ff. 206 Bethge § 79 Rn. 9. 207 Kessler et al., Zukunft, S. 4. 208 BVerfGE 2, 380, 403; BVerfGE 60, 253, 268 f.; Maurer, Vertrauensschutz, S. 224 f., 251 f.; Schmidt-Aßmann, Verfassung, S. 1030 ff.
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tigen. Bestandskräftige Steuerbescheide stellen diese Grenze dar. Ihr Ziel ist es, endgültige Rechtssicherheit zu gewährleisten. Mögliche Ungleichbehandlungen sind deshalb gerechtfertigt. Für eine Entscheidung in Form der Nichtigkeitserklärung bei Feststellung der Verfassungswidrigkeit durch das Bundesverfassungsgericht spricht, dass dem Gesetzgeber bereits bei der Entscheidung aus dem Jahr 1995 eine Frist zur Neufassung des Erbschaftsteuerrechts gewährt wurde, und dieser nicht in der Lage war, die Verfassungswidrigkeit auszuräumen. Gegen einen solche Entscheidung der Verfassungsrichter spricht, dass die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer den Ländern zustehen (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG). Die Nichtigkeitserklärung würde zu erheblichen Einnahmeausfällen in den Länderhaushalten führen. Daneben lässt auch die bisherige Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts in Fällen der Unvereinbarkeit einer Steuernorm mit dem Verfassungsrecht den Schluss zu, dass das Gericht eine Unvereinbarkeitserklärung fällen wird. (2) Unvereinbarkeitserklärung Unvereinbarkeitserklärungen waren bis in die siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts die Ausnahme.209 Erst mit der Ergänzung des § 31 Abs. 2 S. 3 BVerfGG im Jahre 1970210, dass auch ein Tenor, der eine Unvereinbarkeitserklärung enthält, im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird, erhöhte sich die Zahl der Unvereinbarkeitsverfahren.211 Die Funktion der Unvereinbarkeitserklärung liegt darin, die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zu wahren. Dieser hat gerade beim gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss mehrere Möglichkeiten, Diskriminierung zu verhindern.212 So kann er neben der Beseitigung der Norm auch das Gesetz verbessern. Im Gegensatz zur Nichtigkeitserklärung hat die Unvereinbarkeitserklärung nicht den Wegfall der verfassungswidrigen Norm von Anfang an zur Folge, sondern beinhaltet grundsätzlich eine Anwendungssperre für die Zukunft.213 In den letzten Jahren spricht das Bundesverfassungsgericht mit zunehmender Tendenz die Unvereinbarkeitserklärung in der Form aus, dass diese 209
Ipsen, Rechtsfolgen, S. 141. BGBl. I 1970, 1765. 211 Battis, Verfassungsverstoß, S. 247. 212 BVerfGE 99, 280, 298; Kessler et al., Zukunft, S. 4 f.; Seer, Unvereinbarkeitserklärung, S. 286. 213 Battis, Verfassungsverstoß, S. 268; Kessler et al., Zukunft, S. 4. 210
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mit einer Regelung nach § 35 BVerfGG in der Weise kombiniert wird, dass vom Gesetzgeber nur eine Gesetzesänderung für die Zukunft verlangt wird, und die Weitergeltung der verfassungswidrigen Norm ausdrücklich festgestellt wird.214 Dies hat zur Folge, dass die angegriffene Norm nicht von Anfang an ersatzlos wegfällt, sondern bis zum Ende einer vom Verfassungsgericht gesetzten Frist bzw. bis zur Neuregelung angewendet wird. Dem Gesetzgeber obliegt die Verpflichtung, die Rechtslage verfassungsgemäß umzugestalten. Damit handelt es sich faktisch um die Feststellung der Verfassungswidrigkeit für die Zukunft. Bei der Verfassungswidrigkeit von Steuernormen rechtfertigt das Bundesverfassungsgericht diese Spruchpraxis mit den Erfordernissen einer gleichmäßigen und verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung und des gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs für den Zeitraum schon abgeschlossener Veranlagung.215 Diese Vorgehensweise wird von Teilen der Wissenschaft kritisiert. Die Anhänger der reinen Nichtigkeitslehre sind der Auffassung, dass dem Gericht die gesetzliche Kompetenz fehlt, Rechtsfolgen der Verfassungswidrigkeit nach freiem Ermessen festzulegen.216 Beanstandet wird ebenfalls, dass die Reaktionsweise des Gerichts kaum vorhersehbar ist und die vielfältige Rechtsprechung zur Unvereinbarkeitserklärung kein dogmatisches Konzept erkennen lässt.217 Seer macht weitere Kritikpunkte geltend. So ist er der Auffassung, dass die durch die Haushaltsproblematik begründete richterliche Nachsicht zu einem achtlosen Umgang des Gesetzgebers mit der Verfassung führt. Verantwortlich macht er dafür die Gewährung der Übergangsfrist, die zur Folge hat, dass keine Auswirkungen auf den Haushalt drohen, und deshalb auch das Streben des Gesetzgebers nach Verfassungskonformität abnimmt. Da der Kläger zwar die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der entscheidungserheblichen Norm erreicht, aufgrund von Haushaltszwängen der verfassungswidrige Zustand jedoch für die Vergangenheit bestehen bleibt, geht Seer davon aus, dass der Kläger „Steine statt Brot“ erhält und die 214 Kessler et al., Zukunft, S. 5; Seer, Prüfstand, S. 876; vgl. auch BVerfGE 33, 303, 305; BVerfGE 37, 217 f.; BVerfGE 61, 319, 321; BVerfGE 87, 153, 181; BVerfGE 93, 121 f.; BVerfGE 93, 165, 178; BVerfGE 105, 73, 75. 215 BVerfGE 93, 121, 148; BVerfGE 93, 165, 178; BVerfGE 105, 73, 75. 216 Ipsen, Rechtsfolgen, S. 141 ff.; Sachs, Normenkontrollentscheidung, S. 23 ff.; kritisch auch Schlaich/Korioth, Bundesverfassungsgericht Rn. 395 ff. 217 Battis, Verfassungsverstoß, S. 247; Ipsen, Rechtsfolgen, S. 141; ähnlich auch Seer, Prüfstand, S. 876.
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Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht gegeben ist.218 Ähnlich sieht dies Paus, der davon ausgeht, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht profitieren wird, und daraus schließt, dass es nicht darum geht, sie „in ihren Grundrechten zu schützen“.219 Selbst wenn man der Überlegung Seers zustimmt und von einem eventuell drohenden achtlosen Umgang des Gesetzgebers mit der Verfassung ausgeht, kann dies die negativen Auswirkungen einer Nichtigkeitserklärung nicht relativieren, so dass der drohende leichtfertige Umgang mit der Verfassung akzeptiert werden muss. Um dem Kläger des Ausgangsverfahrens nicht nur einen Pyrrhussieg zuzusprechen, kommt nur eine unterschiedliche Behandlung von Ausgangsfall und den Verfahren anderer Steuerpflichtiger in Betracht. Allerdings würde eine solche Lösung zu einem „Wettlauf“ der Steuerbürger führen, mit dem Ziel, Rechtsmittel einzulegen, um eine Vorlage nach Art. 100 GG zu erreichen. Eine Fülle von Verfahren wäre die Folge. Weiterhin könnte durch eine solche Ausnahmeregelung der Gleichheitssatz des Grundgesetzes verletzt sein. Allein die Tatsache, mit Erfolg Klage eingereicht zu haben, erscheint als Rechtfertigung zukünftiger Ungleichbehandlung zu dürftig.220 Um zu vermeiden, dass die drohende Unvereinbarkeitserklärung potentielle Kläger abschreckt, erscheint es sinnvoller, bei dieser Entscheidungsform die Personen des Ausgangsverfahrens von den notwendigen Auslagen aus Billigkeitsgründen freizustellen (§ 34a Abs. 3 BVerfGG).221 Gleichfalls kann keine Rede davon sein, dass die Unvereinbarkeitserklärung das Recht des Klägers im Ausgangsverfahren auf effektiven Rechtsschutz verletzt. Der von Dürig geprägte – und lange Zeit unumstrittene222 – Grundsatz, dass Art. 19 Abs. 4 GG Schutz „durch den Richter, nicht gegen den Richter“223 gewährt, wird zwar immer öfter angegriffen, allerdings herrscht auch bei den Kritikern, die die richterliche Gewalt in Art. 19 Abs. 4 GG einbeziehen, Einigkeit darüber, dass Art. 19 Abs. 4 GG nur die 218
Seer, Prüfstand, S. 876. Paus, Verfassungsfragen, S. 34. 220 Moench, Normenkontrolle, S. 175 f. 221 Benda/Klein, Verfassungsprozeßrecht Rn. 339; Pestalozza, Normenkontrolle, S. 74; für Appellentscheidungen auch das BVerfG in BVerfGE 39, 169, 196. 222 Siehe ständige Rechtsprechung vgl. BVerfGE 4, 74, 96; BVerfGE 11, 263, 265; BVerfGE 15, 275, 280; BVerfGE 22, 106, 110; BVerfGE 25, 352, 365; BVerfGE 49, 329, 340; BVerfGE 76, 93, 98. In der Literatur auch heute dieser Auffassung sind bspw.: Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz Art. 19 Rn. 31; Papier, Rechtsschutzgarantie, S. 1250; Pieroth/Schlink, Grundrechte Rn. 1009. 223 Dürig in Maunz/Dürig, Grundgesetz Art. 19 Abs. 4 Rn. 17. 219
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Überprüfung erstinstanzlicher Richterakte garantieren soll.224 Da das vorliegende Verfahren nicht erstinstanzlich ist, kommt ein Berufen auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht in Betracht. Den Anhängern der reinen Nichtigkeitslehre muss erwidert werden, dass verfassungsrechtlich garantierte Strukturen, auf die das Gemeinwesen angewiesen ist, wie z. B. ein funktionierendes Finanzwesen, nicht schlagartig entfallen können. Außerdem ist die Weitergeltung des für verfassungswidrig gehaltenen Rechts nur für Fälle zu erklären, in denen Rechtsvakuum bzw. Rechtsunsicherheit drohen. Um die Konsequenz des Nichtigkeitsausspruches zu vermeiden, kommt als Alternative in Betracht, dass Normen als „gerade noch verfassungsgemäß“ eingestuft werden. Bei einem solchen Vorgehen würde die drohende Folge aber die Kontrollintensität steuern; dies kann nicht gewollt sein. Die Unvereinbarkeitserklärung als abgeschwächte Form der Nichtigkeitserklärung ist somit legitimes Instrument, um den Zeitraum bis zum gesetzgeberischen Tätigwerden zu überbrücken, und dient dem Schutz der Verfassung.225 Bei Vorliegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz, der auch im vorliegenden Fall zur Diskussion steht, hat der Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten, den verfassungswidrigen Zustand zu beseitigen. Die Gestaltungsfreiheit sollte dem Gesetzgeber nicht durch eine Nichtigkeitserklärung genommen werden. Überdies hätte eine solche Erklärung erhebliche Folgen für die schon bisher angespannten Länderhaushalte. Eine Unvereinbarkeitserklärung schränkt den Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit nicht ein und schont die Haushalte, sie ist deshalb in diesem Verfahren die wahrscheinliche Entscheidungsform des Gerichts. (3) Appellentscheidung Die Appellentscheidung hat selbst keine materielle Wirkung. Das Gericht stellt in der Entscheidung fest, dass das zur Diskussion stehende Gesetz im Augenblick noch hinnehmbar bzw. gerade noch verfassungskonform ist, jedoch zukünftig eine verfassungswidrige Lage drohe.226 Dabei appelliert es an den Gesetzgeber, eine Korrektur vorzunehmen, ohne ihm eine Frist mit Drohung der Nichtigkeit zu setzen. 224 Huber in von Mangoldt et al., Grundgesetz Art. 19 Rn. 448; Schmidt-Aßmann in Maunz et al., Grundgesetz Art. 19 Abs. 4 Rn. 96; Voßkuhle, Rechtsschutz, S. 298 ff.; Voßkuhle, Rechtsmittelsystem, S. 1383. 225 Böckenförde, Nichtigkeit, S. 127; Löwer, Bundesverfassungsgericht, S. 805; Moench, Normenkontrolle, S. 172 f. 226 BVerfGE 16, 130, 143; BVerfGE 49, 89, 132; BVerfGE 53, 257, 312 f.; BVerfGE 68, 155, 175; Herter, Unvereinbarkeitserklärung, S. 21 f.
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Neben der Frage, ob das Bundesverfassungsgericht möglicherweise auch mit dieser Entscheidungsform seine Kompetenzen überschreitet und nach freiem Ermessen Rechtsfolgen herbeiführt, ist bei dieser Entscheidungsform problematisch, dass Gegenstand der Beurteilung die gegenwärtige Rechtslage sein muss und nicht die prognostizierte Lage in einiger Zeit.227 Auf der anderen Seite wird darauf verwiesen, dass es die Funktionalität des Normgefüges und der Verfassung geradezu gebietet, den Gesetzgeber auf sich anbahnende Rechtsänderungen hinzuweisen. Durch diesen Entscheidungstypus ist die Ersetzung „kritischen Rechts“ möglich, bevor dieses verfassungswidrig wird.228 Festzuhalten ist, dass an die reine Appellentscheidung keine Rechtsfolgen geknüpft sind, das Gericht handelt demzufolge mit einem weniger belastenden Mittel als es ihm grundsätzlich möglich ist.229 Eine Ermessensüberschreitung bzgl. der Rechtsfolgen scheidet somit aus. Auch der Vorwurf, dass der Gegenstand der Beurteilung nicht die prognostizierte Lage in einiger Zeit sein darf, kann entkräftet werden. Appellentscheidungen, die besagen, dass der momentane Zustand noch verfassungsgemäß ist und ein „Umkippen“ in einen verfassungswidrigen Zustand drohe, gehen gerade von der momentanen Lage aus und geben nur einen Hinweis auf die zukünftige Lage, ohne diesen mit einer Rechtsfolge zu verknüpfen. Gleichfalls ist ein Eingriff in die gesetzgeberische Freiheit zu verneinen, solange vom Gericht keine Gestaltungsempfehlungen für zukünftige Neuregelungen abgegeben werden. Appellentscheidungen sind damit zulässig. Da der Gesetzgeber auf Appellentscheidungen in der Vergangenheit jedoch meist nicht zeitgerecht reagiert hat, wird diese Entscheidungsform vom Bundesverfassungsgericht gemieden. Auch im vorliegenden Verfahren kann davon ausgegangen werden, dass es nicht zu einer Appellentscheidung kommen wird. c) Auswirkung und Bedeutung der Verfassungswidrigkeitsfeststellung auf die verfahrensrechtliche Lage und den Steuerbürger Tritt der Fall ein, dass das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des geltenden Erbschaftsteuerrechts feststellt, kann dies für den Steuerpflichtigen erhebliche Effekte haben. Im Einzelnen hängen die Folgen 227 Battis, Verfassungsverstoß, S. 247 f.; Gusy, Bundesverfassungsgericht, S. 212 f. 228 Löwer, Bundesverfassungsgericht, S. 807 f.; Moench, Normenkontrolle, S. 185. 229 Rupp-von Brünneck, Appellentscheidung, S. 369, sieht darin die Bestätigung des vom Bundesverfassungsgericht geübten judicial self-restraint.
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davon ab, ob bereits eine Veranlagung stattgefunden hat, und ob diese bereits bestandskräftig ist. Die nachfolgende Schilderung zeigt diese Abhängigkeit von der verfahrensrechtlichen Situation auf. aa) Veranlagung ohne Vorläufigkeitsvermerk Ist die Veranlagung unanfechtbar geworden, bleibt sie unabhängig vom Inhalt der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung bestehen. Der Rechtsfrieden ist endgültig hergestellt. Wie bereits geschildert, ist die Vollstreckung eines auf einer verfassungswidrigen Norm beruhenden unanfechtbaren Steuerbescheides unmöglich (§ 79 Abs. 2 S. 2 BVerfGG).230 Allerdings schlägt die Rückforderung bereits erbrachter Leistungen nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung fehl (§ 79 Abs. 2 S. 4 BVerfGG). In Frage kommt nur die Erstattung nach § 227 AO.231 Sowohl Nichtigkeitserklärung als auch Unvereinbarkeitserklärung haben auf bestandskräftige Veranlagungen keinen Einfluss. bb) Veranlagung mit Vorläufigkeitsvermerk bei der Nichtigkeitserklärung Der § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO schützt vor Aufhebung oder Abänderung bestehender Bescheide zu ungunsten des Steuerpflichtigen aufgrund einer Nichtigkeitserklärung. Nach Auffassung von Wissenschaft232 und Rechtsprechung233 soll dieser Schutz nicht nur für bestandskräftige Bescheide, sondern auch für nicht endgültige Bescheide (§§ 164, 165 AO) bestehen. Dieser Sichtweise hat sich die Finanzverwaltung am 14.01.2002 angeschlossen.234 Eine Änderung oder Aufhebung der Steuerbescheide ist nur zulässig, wenn der Aufhebungstatbestand unabhängig von der Verfassungswidrigkeit erfüllt ist. Aus dem argumentum-e-contrario-Gedanken bzgl. § 176 Abs. 1 Nr. 1 AO folgt, dass nur zugunsten der Steuerpflichtigen berücksichtigt werden darf, dass das Bundesverfassungsgericht eine Norm für nichtig erklärt hat.235 230
Siehe dazu Kapitel D.V.2.b)bb)(1). Siehe dazu Ipsen, Rechtsfolgen, S. 292 ff. 232 von Groll in Hübschmann et al., Abgabenordnung § 176 Rn. 90; Kruse/Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung § 176 Rn. 3; Rüsken in Klein, Abgabenordnung § 176 Rn. 10. 233 BFHE 151, 107, 109; BFHE 151, 495, 501 f.; BFHE 155, 298, 304 f.; BFHE 163, 286, 291; BFHE 192, 559, 574. 234 BStBl. I 2002, 64, 71. 235 Ipsen, Rechtsfolgen, S. 291. 231
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
Dies führt dazu, dass im Falle der Nichtigkeitserklärung von Teilen des bisherigen Erbschaftsteuergesetzes sämtliche – auch die durch die Finanzverwaltung nach § 165 AO für vorläufig erklärten236 – Bescheide nicht zu Lasten der Steuerpflichtigen abänderbar sind.237 Sollte das Bundesverfassungsgericht der Argumentation des Bundesfinanzhofs auch in dem Punkt folgen, dass die Tarifvorschrift des § 19 ErbStG gegen den Gleichheitssatz verstößt und infolgedessen § 19 ErbStG komplett für nichtig erklären, so wäre für den Steuerpflichtigen keine höhere Besteuerung die Folge, sondern der Wegfall der Erbschaftsbesteuerung. Der § 176 Abs. 1 AO wäre nicht anwendbar, da kein Nachteil durch die Nichtigkeitserklärung droht. Die vorläufigen Bescheide müssten mit der Maßgabe für endgültig erklärt werden, dass die Steuer mit Null festgelegt wird.238 cc) Veranlagung mit Vorläufigkeitsvermerk bei der Erklärung der Unvereinbarkeit Wenn das Gericht – ähnlich seiner Spruchpraxis in der Vergangenheit – eine Unvereinbarkeitserklärung abgibt und dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung setzt, bleiben die derzeit geltenden Regelungen bis zum Fristende anwendbar. Die vorläufigen Bescheide sind dann für endgültig zu erklären. Sowohl der Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AO als auch der § 176 Abs. 1 AO laufen dann ins Leere, da keine Veränderung zu ungunsten des Steuerpflichtigen droht.239 dd) Noch nicht veranlagte Fälle bei der Nichtigkeitserklärung Liegt kein Steuerbescheid zum Zeitpunkt der Nichtigkeitserklärung durch das Bundesverfassungsgericht vor, so scheidet ein Schutz vor einer höheren Besteuerung durch den § 176 AO aus, da dieser nur vor einer Verschlechterung bei Änderung oder Aufhebung eines Steuerbescheides schützt. Somit ist das Vorliegen eines Steuerbescheides zwingende Voraussetzung, um den Schutzbereich des § 176 AO zu eröffnen. Für die noch nicht veranlagten Steuerfälle halten Jordan und Haubold die Finanzverwaltung für verpflichtet, nach § 163 i. V. m. § 227 AO eine ange236 BStBl. I 2001, 985. Zum gemeinsamen Erlass der obersten Finanzbehörden siehe auch Kapitel D.V.1.b). 237 Jordan/Haubold, Auswirkungen, S. 121; Kessler et al., Zukunft, S. 5; von Oertzen/Slabon, Gestaltung, S. 252; Seer, Prüfstand, S. 877; Szczesny, Erbfolge, S. 270. 238 Kessler et al., Zukunft, S. 5 f. 239 Kessler et al., Zukunft, S. 6; von Oertzen/Slabon, Gestaltung, S. 252.
V. Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs aus dem Jahr 2002
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messene Übergangsregelung für die noch nicht veranlagten Steuerpflichtigen zu erlassen. Andernfalls sehen sie das Rechtsstaatsprinzip und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, da die Betroffenen davon ausgehen konnten, dass bei Vermögensübertragung die bestehenden Vorschriften anzuwenden sind.240 Wie Szczesney feststellt, muss bei einer Billigkeitsregelung die Schutzwürdigkeit der Steuerpflichtigen gegeben sein. Dabei führt er aus, dass in den Fällen, in denen die Vermögensübertragung erst nach der Beitrittsaufforderung an das BMF (23.11.2001) stattfand, diese Schutzwürdigkeit nicht gegeben sein kann, da die Betroffenen mit der Richtervorlage und einer Änderung durch das Bundesverfassungsgericht rechnen konnten.241 Geht man davon aus, dass von einer Nichtigkeitserklärung die Tarifvorschrift des § 19 ErbStG erfasst ist, besteht schon kein Bedürfnis nach Vertrauensschutz,242 da – bis es zu einer Neuregelung kommt – keine Verschlechterung droht, sondern der Wegfall der Erbschaftsbesteuerung. Allerdings hat der Bundesfinanzhof seine Vorlagefrage nicht einzig auf § 19 ErbStG gestützt. Der vorlegende Senat hält den § 19 ErbStG i. V. m. den Bewertungsvorschriften und dem Betriebsvermögensabschlag sowie Betriebsvermögensfreibetrag für verfassungswidrig. Nach § 81 BVerfGG hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur die vorgelegte Rechtsfrage zum Gegenstand. Dem entgegenstehend nimmt das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung für sich in Anspruch, die Vorlagefrage auf Teile zu beschränken, die es als entscheidungserheblich ansieht243 bzw. auch darüber hinauszugehen, wenn es der Befriedungsfunktion des Normenkontrollverfahrens dient.244 In Frage kommt deshalb im vorliegenden Verfahren auch eine Teilnichtigkeitserklärung oder der Wegfall einiger Privilegierungstatbestände. Um eine Veranlagung zu erreichen, kann es für Steuerpflichtige aus diesem Grunde ratsam sein, den Antrag auf Veranlagung zu stellen und gegebenenfalls Untätigkeitseinspruch einzulegen (§ 347 Abs. 1 S. 2 AO) bzw. Untätigkeitsklage einzureichen (§ 46 FGO). Nur bei einer Veranlagung ist der Schutzbereich des § 176 AO eröffnet.
240 241 242 243 244
Jordan/Haubold, Auswirkungen, S. 121. Szczesny, Erbfolge, S. 270. So z. B. Kessler et al., Zukunft, S. 6. BVerfGE 18, 52, 58; BVerfGE 80, 354, 357. BVerfGE 44, 322, 337 f.; BVerfGE 62, 354, 364.
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
ee) Noch nicht veranlagte Fälle bei der Erklärung der Unvereinbarkeit Kommt das Bundesverfassungsgericht zum Schluss, dass das derzeitige Erbschaftsteuergesetz mit dem Verfassungsrecht unvereinbar ist, und setzt gleichzeitig eine Frist zur Neuregelung bei Fortgeltung des bisherigen Rechts, sind die bisher nicht veranlagten Fälle bis zum Ende dieser Fristsetzung nach dem alten Recht zu beurteilen. Auch hier wird § 176 Abs. 1 AO, unabhängig von der Frage seiner Anwendbarkeit, nicht benötigt. Sollten die Finanzbehörden keine Veranlagung vornehmen, kann diese nötigenfalls im Wege der Untätigkeitsklage durchgesetzt werden.245 3. Stellungnahme von Öffentlichkeit, Wissenschaft und Kautelarjurisprudenz zum Vorlagebeschluss des BFH Die Kritik an der gesetzlichen Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils aus dem Jahr 1995 verstummte in der Zeit nach 1997 nicht.246 Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs war infolgedessen für die Beratungspraxis, Wissenschaft und Öffentlichkeit keine Überraschung. In der wissenschaftlichen Literatur wurde der Vorlagebeschluss meist positiv aufgenommen247, wobei oft – wie bereits dargestellt – erhebliche Zweifel an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorlageverfahrens geäußert wurden.248 Teilweise wurde auch am materiellen Gehalt der Vorlage Kritik geübt. Dabei wurde bemängelt, dass der Bundesfinanzhof nicht in ausreichendem Maß auf die eingeschränkte Leistungsfähigkeit betrieblich gebundenen Vermögens eingegangen sei und auch nicht gewürdigt habe, dass dem Gesetzgeber bei der Gesetzesausgestaltung ein Gestaltungsrecht zusteht. Vor allem die Regelungen zur Besteuerung der Unternehmensnachfolge gehen auf diese Gesichtspunkte zurück und seien verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.249 Andere Kommentatoren gingen davon aus, dass der Bundesfinanzhof zu Unrecht eine Überprivilegierung betrieblichen Vermögens annimmt, da ge245
Kessler et al., Zukunft, S. 6. Seer, Ungereimtheiten, S. 64 ff.; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht § 13 Rn. 101. 247 Birk, Begünstigungstatbestände, S. 169; Hartmann, Pause, S. 10; Hübner, Verfassungswidrigkeit, S. 2195 f.; Jochum, Privilegierungen, S. 352; Kessler et al., Zukunft, S. 1 ff.; Seer, Prüfstand, S. 873 ff. 248 Siehe dazu Kapitel D.V.1.b)bb). 249 Daragan, Verfassungsmäßigkeit, S. 652 ff.; Welling/Richter, Prüfstand, S. 2310. 246
VI. Haushaltsbegleitgesetz 2004
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rade beim betrieblichen Vermögen eine Doppelbelastung mit Ertragssteuern droht. Die Schaffung von Betriebsvermögen ist nach dieser Auffassung nicht lukrativ, da die entstehenden stillen Reserven früher oder später aufgedeckt werden müssen.250 Außerhalb der Fachliteratur war die Resonanz auf die Entscheidung gespalten. Neben Veröffentlichungen, die ähnlich dem Bundesfinanzhof eine bestehende Ungleichbehandlung in den Mittelpunkt der Berichterstattung stellten,251 gab es auch deutlich kritischere Töne, die den Richtern vorwarfen, durch das Urteil – von der Besteuerung des Unternehmensvermögens abgesehen – für eine Steuerverschärfung zu sorgen und damit großen volkswirtschaftlichen Schaden anzurichten.252 Einigkeit herrschte fast bei allen Veröffentlichungen darüber, dass die Vorlagefrage bis zur Klärung durch das Bundesverfassungsgericht erhebliche Unsicherheiten für die Betroffenen mit sich bringt.253
VI. Haushaltsbegleitgesetz 2004 Den vorläufigen Schlusspunkt der Unternehmensnachfolgebesteuerung stellt das sowohl durch sein Zustandekommen als auch inhaltlich umstrittene Haushaltsbegleitgesetz 2004 dar. Neben den Änderungen, die das Haushaltsbegleitgesetz 2004 für die Unternehmensnachfolgebesteuerung mit sich bringt, gilt es der Frage nachzugehen, ob das Haushaltsbegleitgesetz verfassungsgemäß zustande kam. 1. Inhalt und Zustandekommen des Gesetzes Mit dem Haushaltsbegleitgesetz vom 29 Dezember 2003254 wurden die Einkommensteuersätze gesenkt, zugleich wurden zahlreiche Steuerverschärfungen vorgenommen, um ein drohendes erhebliches Defizit des Steueraufkommens zu vermeiden. 250 Daragan, Verfassungsmäßigkeit, S. 654; Höreth/Schiegl, Bedenken, S. 374; Szczesny, Erbfolge, S. 269 f. 251 Kuhr, Erblasten, S. 17; N. N., Bundesfinanzhof, S. 1; N. N., Erbschaftsteuer, S. 12; Schumacher, Nachfahren, S. 4. 252 Stellungnahme von Rödl in: N. N., Mittelstand, S. 4. 253 Gassner/Andrews, Verfassungsmäßigkeit, S. 3514; Hartmann, Pause, S. 10; Hübner, Verfassungswidrigkeit, S. 2196; Jochum, Privilegierungen, S. 350; Jordan/ Haubold, Auswirkungen, S. 120 ff.; Offerhaus, Erbschaftsteuer, S. 2065; Sedlaczek, Rechtsprechung, S. 145 f.; Seer, Prüfstand, S. 876 f.; Szczesny, Erbfolge, S. 270; Welling/Richter, Prüfstand, S. 2311. 254 BGBl. I 2003, 3076 ff.
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
Die Verschärfungen im Bereich der Erbschaftsteuer durch Art. 7c des Haushaltsbegleitgesetzes betreffen einzig betriebliches Vermögen. In der Geschichte der Nachfolgebesteuerung stellen die Änderungen bisher die einzigen Verschärfungen für die Besteuerung betrieblichen Vermögens im Verhältnis zu anderen Vermögensarten dar.255 Die Neuregelung des Erbschaftsteuerrechts sieht für alle Erwerbe, die nach dem 31.12.2003 stattfinden, eine Reduzierung des Freibetrags von bisher 256.000 e256 auf 225.000 e (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und eine Minderung des Bewertungsabschlags von 40% auf nur noch 35% vor (§ 13a Abs. 2 ErbStG). Weiterhin wird der Entlastungsbetrag, der bei der Übertragung betrieblichen Vermögens auf Personen der Steuerklassen II und III eingeräumt wird, nur noch in Höhe von 88% gewährt (§ 19a Abs. 4 S. 3 ErbStG). Zurückzuführen sind diese Änderungen auf den Vorschlag der Ministerpräsidenten Roland Koch (Hessen) und Peer Steinbrück (Nordrhein-Westfalen) zum Subventionsabbau.257 Erstaunlich ist, dass sich der Gesetzgeber mit dem Entlastungsbetrag in Höhe von nur noch 88% gegen die ausdrückliche Vorstellung des Bundesverfassungsgerichts stellt, nach der die Betriebsübergabe unabhängig von einem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Betriebsübernehmer und -übergeber zu besteuern ist.258 Anscheinend hat der Gesetzgeber vor dem Hintergrund des Vorlagebeschlusses des Zweiten Senats des Bundesfinanzhofs vom 22.05.2001 und dessen deutlicher Kritik an der Unternehmensnachfolgebesteuerung erkannt, dass die Äußerungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995 keine tragenden Urteilsgründe sind und damit keine Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG entfalten.259 Kritik gab es an der Entstehung des Gesetzes, da zwischen dem Bekanntwerden der Vermittlungsausschussempfehlung und dem In-Kraft-Treten des Gesetzes nur wenige Tage lagen, so dass Steuerpflichtige nicht in der Lage waren, sich auf die Gesetzesänderungen einzustellen.260 255 Die Änderung der Formulierung des § 13 Abs. 2a ErbStG mit dem Jahressteuergesetz 1997, nach der die Beteiligung am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft mehr als ein Viertel betragen muss, um die Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen zu können, stellt zwar auch eine Verschärfung dar, allerdings wird dabei nicht die Besteuerung an sich verschärft, sondern die Möglichkeit, die Steuerprivilegien in Anspruch zu nehmen, wird geringfügig erschwert. 256 Das Euroglättungsgesetz vom 19.12.2000 hatte zuvor dafür gesorgt, dass die DM-Beträge in e-Beträge umgewandelt und leicht angepasst wurden (BGBl. I 2000, 1790). 257 Koch/Steinbrück, Subventionsabbau. 258 BVerfGE 93, 165, 176. 259 Siehe dazu Kapitel D.III.2. 260 Leis, Steueränderungen, S. 53.
VI. Haushaltsbegleitgesetz 2004
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Insbesondere die Erhöhung der Erbschaftsteuer war bis zum Ablauf des Vermittlungsverfahrens – wie im Folgenden geschildert – nicht vorhersehbar. Der Entwurf der Bundesregierung vom 15.08.2003 sah keine Änderung der Erbschaftsteuer vor.261 Am 09.09.2003 wurde der Gesetzentwurf im Bundestag in erster Lesung behandelt,262 wobei es am 15.10.2003 zur Beratung im Haushaltsausschuss und schließlich auch zu einer Zustimmung zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung kam. Sowohl während der Haushaltsausschusssitzung als auch im Finanzausschuss wurde über die Vorschläge der Ministerpräsidenten Steinbrück und Koch zum Abbau von Steuervergünstigungen beraten,263 das Konzept wurde jedoch nicht in der Beschlussempfehlung264 des Haushaltsausschusses aufgegriffen. Der Bundestag beriet daraufhin am 17.10.2003 über den Entwurf in zweiter265 und dritter266 Lesung und nahm das Gesetz an.267 In der Sitzung vom 07.11.2003 versagte der Bundesrat seine Zustimmung und der Vermittlungsausschuss wurde angerufen. Aus der Beschlussempfehlung der Ausschüsse geht hervor, dass mit der Anrufung das Ziel verfolgt wurde das „Gesetz grundlegend zu überarbeiten und die Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück zum Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen einzubeziehen, die in den Sitzungen des Haushaltsausschusses und des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 15.10.2003 vorgelegt wurden.“268 In der Sitzung des Vermittlungsausschusses vom 14./15.12.2003 wurde – neben zahlreichen anderen Änderungen269 – die Erhöhung der Erbschaftsteuer in die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses aufgenommen und damit erstmals im Gesetzgebungsverfahren dokumentiert.270 Darauf261
BR-Drs. 652/03. BT-Plenarprotokoll 15/58, 4850 C bis 4903 C. 263 Haushaltsausschuss-Drs. 15 (8) 852 (n. v.). 264 BT-Drs. 15/1750. 265 BT-Plenarprotokoll 15/67, 5759 A bis 5783 B. 266 BT-Plenarprotokoll 15/67, 5783 B, 5784 D bis 5787 A und 5832 D bis 5833 C. 267 BR-Drs. 729/03. 268 BR-Drs. 729/1/03, 1. 269 Erstmals im Gesetzgebungsverfahren dokumentiert waren damit die Änderungen von § 3 Nr. 9, 10, 15, 34 und 38; § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 und 2; § 5a Abs. 3, § 7 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 lit. b und c; § 7 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 lit. b und c; § 7h; § 7i; § 8; § 9a Abs. 1 Nr. 1; § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. b; § 10f; § 10g; § 16 Abs. 4; § 17 Abs. 3; § 19a Abs. 1; § 20 Abs. 4; § 21 Abs. 2; § 34 Abs. 3; § 37a EStG; § 25 Abs. 1 KStG; § 11 Abs. 3 GewStG; § 13a; § 19a Abs. 4 ErbStG. 270 BT-Drs. 15/2261, 7. 262
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
hin nahmen am 19.12.2003 Bundestag271 und Bundesrat272 das Haushaltsbegleitgesetz in der vom Vermittlungsausschuss vorgeschlagenen Form an. Wie die Reaktionen auf das Gesetz zeigen, kamen die erwähnten Änderungen für Beratungspraxis wie auch für die Finanzverwaltung sehr überraschend.273 2. Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes Da die erwähnte Neuregelung nicht Gegenstand einer Gesetzesinitiative aus der Mitte des Deutschen Bundestags gewesen ist, sondern die Änderungen erst im Vermittlungsausschuss in das Gesetz aufgenommen wurden, bestehen teilweise Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes.274 So hält Wachter dem Vermittlungsausschuss vor, „völlig neue Sachfragen in einen Gesetzesentwurf einbezogen“ zu haben, „die vom Parlament bislang in keiner Weise beraten worden sind“, letztlich gipfelt seine Kritik in dem Vorwurf gegenüber dem Vermittlungsausschuss, „Geheimgesetzgebung“ zu betreiben.275 Der Gesetzesvorschlag des Vermittlungsausschusses könnte einen Verstoß gegen die Mitwirkungsrechte der Abgeordneten des Bundestages und gegen das Prinzip des Parlamentarismus, nachdem Gesetze vom Parlament beraten und beschlossen werden müssen, darstellen. Allerdings kann bei Zustimmung von Bundestag und Bundesrat – wie vorliegend der Fall – nur ein eklatanter Verstoß gegen diese Prinzipien zur Nichtigkeit eines Gesetzes führen.276 271
BT-Plenarprotokoll 15/84. BR-Plenarprotokoll 795. 273 Halaczinsky, Änderung, S. 232; Korezkij, Änderungen, S. 58 ff.; Wachter, Heimliche Erhöhung, S. 31 f. 274 Grützner, Unternehmensbesteuerung, S. 49; Mössner, Bundesgesetze, S. I; Schiffers, Änderung, S. 71; Strahl, Gesetzgebung, S. 14045 f.; Wachter, Heimliche Erhöhung, S. 32; Wachter, Verfassungsmäßigkeit, S. 780 ff.; Wendt, Gesetzgeber, S. 211 f.; der Deutsche Steuerberaterverband hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit und ruft seine Mitglieder dazu auf, Einspruch gegen Steuerbescheide einzulegen, die auf dem Haushaltsbegleitgesetz beruhen, siehe dazu: N. N., Widerspruch, S. 1 und 11. 275 Wachter, Heimliche Erhöhung, S. 31 f.; ähnliche Vorwürfe wurden auch schon früher gegen den Vermittlungsausschuss getätigt, so spricht Jekewitz, Vermittlungsausschuß, S. 71, von einer „dem Öffentlichkeitsprinzip der parlamentarischen Demokratie diametral entgegengesetzten Geheimwissenschaft Kundiger“ und von einem „Gegenstand von Herrschaftswissen“. Dietlein, Dispositionsrahmen, S. 80, spricht von der „Dunkelkammer der Gesetzgebung“, einem „Ersatz- oder Überparlament“ und von einer „elitäre[n], total undemokratische[n] Veranstaltung“. 276 Rubel in Umbach/Clemens, Grundgesetz Art. 77 Rn. 51. 272
VI. Haushaltsbegleitgesetz 2004
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Der Vermittlungsausschuss hat sich als wichtiges Instrument der politischen Kompromissfindung im Gesetzgebungsverfahren etabliert.277 Seine Kompetenzen und Befugnisse werden durch seine Vermittlungsfunktion begründet und beschränkt.278 Unumstritten ist, dass der Vermittlungsausschuss kein Gesetzesinitiativrecht hat, und Ergänzungen nur in beschränktem Umfang gestattet sind.279 Nach Hasselsweiler und einem Teil der Lehre müssen Ergänzungen zugelassen werden, solange sie in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Anrufungsbegehren stehen.280 Dafür wird angeführt, dass nur ein weiter Spielraum dem Vermittlungsausschuss ermöglicht, sein Ziel – Kompromisslösungen zu finden – zu erreichen. Der Spielraum des Vermittlungsausschuss soll spätestens dort enden, wo eine völlig neue Materie in die Gesetzgebung eingeführt wird und den ursprünglichen Beschluss des Bundestages seiner Identität beraubt.281 Nicht notwendig ist, dass die Ergänzung ein Anliegen aufgreift, das zuvor schon Gegenstand der parlamentarischen Beratung war. Demnach kann – solange ein Sachzusammenhang besteht – auch ein noch nicht eingeführtes Anliegen in die Einigungsempfehlung aufgenommen werden.282 Das Bundesverfassungsgericht hat bis zu seiner Entscheidung aus dem Jahr 1999 Gesetzesergänzungen zugelassen, die nicht Gegenstand des Anrufungsbegehrens waren. Um auszuschließen, dass der Vermittlungsausschuss Gesetzesvorlagen einbringt und sich ein ihm nicht zustehendes Recht anmaßt, müssten die Ergänzungen vom Bundestag zumindest in erster Lesung behandelt worden sein.283 Mit der Entscheidung vom 07.12.1999 änderte das Bundesverfassungsgericht seine Auffassung in der Weise, dass Änderungsempfehlungen durch den Vermittlungsausschuss nur noch zulässig sind, soweit diese vom Anrufungsbegehren umfasst, und auf Grundlage des bisherigen Gesetzgebungsverfahrens zu verwirklichen sind. Unter Gesetzgebungsverfahren fallen 277 Dästner, Geschäftsordnung, S. 22; Kirchhof, Gesetzgebung, S. 1333; Deutscher Bundestag, Vermittlungsausschuß, S. 9 ff. 278 Ossenbühl, Gesetzgebung, S. 376. 279 Degenhart, Staatsorganisationsrecht Rn. 678a; Henseler, Grenzen, S. 853; Pieroth in Jarass/Pieroth, Grundgesetz Art. 77 Rn. 13; Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Klein, Grundgesetz Art. 77 Rn. 30. 280 BGHZ 92, 94, 103; Dietlein, Dispositionsrahmen, S. 80 ff.; Hasselsweiler, Vermittlungsausschuß, S. 47; Ossenbühl, Gesetzgebung, S. 376 f.; Sannwald in Schmidt-Bleibtreu/Klein, Grundgesetz Art. 77 Rn. 31. 281 Stettner in Dreier, Grundgesetz Art. 77 Rn. 22. 282 Dästner, Geschäftsordnung, S. 167. 283 BVerfGE 72, 175, 191; BVerfGE 78, 249, 271; so auch Lücke in Sachs, Grundgesetz Art. 77 Rn. 28; Dästner, Geschäftsordnung, S. 163.
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
nach dem Willen des Bundesverfassungsgerichts Anträge und Stellungnahmen, die dem Bundestag förmlich vorliegen.284 Legt man zur Prüfung der formellen Verfassungsmäßigkeit des Haushaltsbegleitgesetzes diese strenge Ansicht des Bundesverfassungsgerichts zu Grunde, so müssten die Änderungsempfehlungen des Vermittlungsausschusses vom Anrufungsbegehren erfasst und außerdem dem Bundestag in Form von Anträgen und Stellungnahmen förmlich vorliegen. Die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat erfolgte ausdrücklich, um die Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück zum Abbau von Steuervergünstigungen in das Haushaltsbegleitgesetz einzubeziehen.285 Grund dafür war, dass das Vorziehen der letzten Stufe der Steuerreform erhebliche Steuerausfälle erwarten ließ, und der Bundesrat ein Konzept zur Gegenfinanzierung verlangte. Die in der Änderungsempfehlung des Vermittlungsausschusses vorgesehenen und später auch verabschiedeten Reduzierungen des Betriebsvermögensfreibetrags auf 225.000 e (§ 13a Abs. 1 ErbStG), des Betriebsvermögensabschlags auf 35% (§ 13a Abs. 2 ErbStG) und der Tarifbegrenzung beim Erwerb für unternehmerisches Vermögen durch Personen der Steuerklassen II oder III auf nur noch 88% (§ 19a Abs. 4 ErbStG) waren Teil der Vorschlagsliste von Koch und Steinbrück.286 Die Änderungsempfehlung des Vermittlungsausschusses bewegte sich folglich innerhalb des Anrufungsbegehrens. Die Vorschläge des Vermittlungsausschusses zur Erbschaftsteuer dienen dazu, das Vorziehen der letzten Stufe der Steuerreform zu finanzieren – ein Sachzusammenhang ist damit gegeben. Auch der ursprüngliche Beschluss des Bundestages enthielt bereits mehrere solcher Maßnahmen zur Gegenfinanzierung. Folglich handelt es sich nicht um eine völlig neue Materie, die in die Gesetzgebung eingeführt wird; der ursprüngliche Beschluss wird nicht seiner Identität beraubt. Nach der dargestellten Literaturmeinung, die von Hasselsweiler angeführt wird, ist damit der formellen Verfassungsmäßigkeit genüge getan. Das Bundesverfassungsgericht verlangt weiterhin, dass die Änderungen des Vermittlungsausschusses im Rahmen des bereits im Gesetzgebungsverfahren Diskutierten verbleiben. Dies wäre der Fall, wenn Anträge oder Stellungnahmen, die dem Bundestag förmlich vorliegen, entsprechende Änderungsvorschläge erwähnen.287 284 BVerfGE 101, 297, 306 f.; zustimmend der Bundesfinanzhof in BFHE 196, 232, 238. 285 BT-Drs. 15/1992, sowie Beschlussempfehlung der Ausschüsse, BR-Drs. 729/1/03. 286 Koch/Steinbrück, Subventionsabbau, S. 10, 17, 19 und 22. 287 BVerfGE 101, 297, 307.
VI. Haushaltsbegleitgesetz 2004
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Die parteiübergreifende Zusammenarbeit zum Subventionsabbau der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück führte zu vielfachen Erwähnungen in der Presse,288 aber auch während der parlamentarischen Beratungen zum Haushaltsbegleitgesetz wurde lebhaft über die Vorschläge diskutiert.289 Erörtert wurde das Konzept im Haushaltsausschuss und im Finanzausschuss. Dabei wurden im Bericht des Haushaltsausschusses zwar nicht die einzelnen Änderungsvorschläge von Koch und Steinbrück erwähnt – entgegen der Aussage von Wachter290 – wurde aber festgehalten, dass die Landesminister Diekmann (Nordrhein-Westfalen) und Riedel (Hessen) das Konzept im Ausschuss vorgestellt und anschließend die Vorschläge dem Haushaltsauschussvorsitzenden übergeben haben, um sie per Umdruck allen Abgeordneten zur Kenntnis zu geben.291 Weiterhin wird die sog. Koch-Steinbrück-Liste in der Beschlussempfehlung der Ausschüsse vom 24.10.2003 erwähnt,292 und der Bundesrat verlangt bei der Anrufung des Vermittlungsausschusses293 die Einarbeitung der Vorschläge in das Haushaltsbegleitgesetz. Festzuhalten bleibt, dass die einzelnen Vorschläge der Koch-SteinbrückListe nicht in den parlamentarischen Unterlagen genannt sind, das Gesamtkonzept hingegen mehrmals – unter anderem in dem Bericht des Haushaltsausschusses – angeführt wird. Die Bundestagsabgeordneten haben durch die Berichterstattung des Haushaltsausschusses, durch die Anrufungsbegründung des Bundesrates und nicht zuletzt durch die nach der Haushaltsausschusssitzung verteilten Kopien vom Konzept Kenntnis erlangt. Aus diesem Grund wurde auch im Gesetzgebungsverfahren über das Konzept diskutiert. Das Bundesministerium der Finanzen hält – unter Hinweis auf die „geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts“ – eine Beratung anhand ausformulierter Gesetzentwürfe nicht für erforderlich und geht deshalb von der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes aus.294 Allerdings lässt 288 Exemplarisch sei hier nur auf folgende Publikationen verwiesen: Brost, Steuerreform, S. 1; Göbel, Steuerwendezeit, S. 1; Herz, Subventionsabbau, S. 23; N. N., Schützenhilfe, S. 11. 289 BT-Plenarprotokoll 15/58, 4859 A, 4860 B, 4862 A, 4875 A, 4878 B und 4887 C sowie BT-Plenarprotokoll 15/67, 5762 D bis 5763 C und 5770 D. 290 Nach Wachter, Heimliche Erhöhung, S. 31, sind die Vorschläge von Koch und Steinbrück „weder in der Beschlussempfehlung noch im Bericht des Haushaltsausschusses erwähnt“. 291 BT-Drs. 15/1751, 3 f. 292 BR-Drs. 729/1/03. 293 BT-Drs. 15/1992. 294 Mit Schreiben vom 12.03.2004, DB 2004, 680 f., hat das Bundesministerium der Finanzen die Finanzverwaltung angewiesen, Einsprüche, bei denen geltend ge-
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
sich dieser Grundsatz nicht aus der vom BMF zitierten Entscheidung295 entnehmen. Das Gesetzgebungsverfahren liegt damit an der Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen. Das Festhalten daran, dass die einzelnen Vorschläge in den offiziellen Dokumenten nicht enthalten sind, mag nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts stimmig sein. Folgerichtig kann von einem Verstoß im Gesetzgebungsverfahren gesprochen werden. Auf der anderen Seite benötigt der Vermittlungsausschuss jedoch auch Freiheiten, um tragfähige Kompromisse finden zu können. Zwar haben drei Bundestagsabgeordnete Bedenken gegen die Einbringung des Koch-Steinbrück-Papiers in den Gang der Gesetzgebung geäußert, letztlich haben diese Abgeordneten jedoch für den Vermittlungsvorschlag gestimmt,296 so dass der Gesetzesvorschlag bei der Abstimmung im Bundestag mit einer Mehrheit von 592 zu 2 Stimmen angenommen wurde.297 Die hohe Zustimmungsquote spricht dafür, dass die Abgeordneten sich mehrheitlich nicht in ihren Rechten verletzt gefühlt haben. Tatsächlich haben die Mitglieder des Bundestages in den vorangegangenen Beratungen des Haushaltsausschusses – wie auch im Bundestag – immer wieder über das Koch-Steinbrück-Papier diskutiert und unter Kenntnis der Vermittlungsausschussempfehlungen abgestimmt. Aus diesen Gründen ist ein eklatanter Verstoß gegen Rechte der Abgeordneten und gegen das Prinzip des Parlamentarismus, der zur Nichtigkeit des Gesetzes führt, zu verneinen. Das Festhalten daran, dass die einzelnen Vorschläge nicht in den offiziellen Dokumenten erwähnt worden sind, stellt ein Beharren auf Formerfordernissen dar und würde in der Bevölkerung zu macht wird, dass das Haushaltsbegleitgesetz nicht verfassungsgemäß zustande gekommen ist, zurückzuweisen. 295 BVerfGE 101, 297, 306 f. 296 Die Mitglieder des Bundestages Steffen Kampeter (CDU/CSU) und Otto Fricke (FDP) haben bereits am 17.10.2003 in der parlamentarischen Debatte eine Erklärung nach § 31 GO BT abgegeben, in der sie darauf hinweisen, dass sie der Ansicht sind, dass das Koch-Steinbrück-Papier nicht ordnungsgemäß in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden ist (BT-Plenarprotokoll 15/67, 5832 D bis 5833 A). Am 19.12.2003 erneuerten sie diese Kritik mit einer weiteren Erklärung nach § 31 GO BT (BT-Plenarprotokoll 15/84, 7440 C bis 7441 B). Eine ähnliche Erklärung gibt auch die Abgeordnete Gisela Piltz (FDP) ab (BT-Plenarprotokoll 15/84, 7441 B bis 7441 D). Letztlich stimmen alle drei Abgeordnete dem Vorschlag des Vermittlungsausschusses zu. 297 Bei 595 abgegebenen Stimmen stimmten 592 Personen dem Gesetz zu, zwei Personen lehnten das Gesetz abgelehnt, und es gab eine Enthaltung (BT-Plenarprotokoll 15/84).
VII. Resümee
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Recht auf Unverständnis stoßen, zumal die Vorschlagsliste bereits vor den Beratungen des Vermittlungsausschusses erhebliche Medienpräsenz genoss und mit einer überwältigenden Mehrheit der Abgeordneten angenommen wurde. Der Vermittlungsausschuss ist mit seinem Vorgehen – das durch politisches Taktieren bestimmt war – bis an die Grenze des Zulässigen gegangen. Dies ist im Hinblick auf eine schleichende Entparlamentarisierung der Gesetzgebung kritisch zu sehen. Letztendlich wurde in diesem Fall die Schwelle zur Verfassungswidrigkeit jedoch nicht überschritten. Das Haushaltsbegleitgesetz – und damit auch die Änderung der Unternehmensnachfolgebesteuerung – ist damit formal verfassungsgemäß zustande gekommen.
VII. Resümee Die heutige Besteuerung der Unternehmensnachfolge ist das Ergebnis einer Entwicklung, die Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit dem Erbschaftsteuerreformgesetz ihren Ursprung genommen hat. Zuvor wurden – mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Betriebe, die durch Kriegssterbefälle übergingen, – alle Vermögensbestandteile unterschiedslos behandelt. Die Debatte um die Unternehmensnachfolgebesteuerung setzte bereits einige Jahre vorher ein und hält bis heute an. In der Folge wurden die Steuervergünstigungen für unternehmerisches Vermögen – insbesondere Anfang der neunziger Jahre – durch die Heranziehung der Steuerbilanzwerte zur erbschaftsteuerlichen Bewertung ausgebaut. Diese Tendenz wurde durch den Bundesverfassungsgerichtsbeschluss aus dem Jahr 1995 bestätigt, und die Steuervergünstigungen wurden verstärkt. Ihren Höhepunkt erreichten die Begünstigungen mit dem Jahressteuergesetz 1997. Seitdem ist eher eine Tendenz zum Abbau von Steuervergünstigungen bei der Besteuerung des Unternehmensübergangs zu erkennen. Nachdem in der Literatur zunehmend Kritik geübt wurde, hat der Bundesfinanzhof dem Bundesverfassungsgericht die zulässige Vorlagefrage gestellt, ob § 19 Abs. 1 ErbStG mit dem Gleichheitssatz zu vereinbaren ist. Mit Spannung kann die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erwartet werden. Insbesondere erscheint fraglich, ob das Gericht an seiner bisherigen Haltung, unternehmerisches Vermögen deutlich zu privilegieren festhalten wird. Unzweifelhaft ist, dass die Entscheidung die Richtung, in die sich die Unternehmensnachfolgebesteuerung entwickelt, für die nächsten Jahre entscheidend prägen wird.
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D. Entwicklung der Nachfolgebesteuerung
Bisheriger Schlusspunkt in einer langen Reihe von Gesetzen und Gerichtsentscheidungen zur Unternehmensnachfolgebesteuerung stellt das formal verfassungsgemäß zustande gekommene Haushaltsbegleitgesetz 2004 dar. Es baut auf der Vorlagefrage des Bundesfinanzhofs auf und verringert die Steuervergünstigungen für unternehmerisches Vermögen geringfügig.
E. Darstellung der verfassungs- und europarechtskritischen Bestandteile der Nachfolgebesteuerung und deren Auswirkungen Wie bei der Entwicklung der Unternehmensnachfolgebesteuerung geschildert, wird die Besteuerung des unternehmerischen Vermögens mit Erbschaft- und Schenkungsteuer in vielfältiger Weise beanstandet. Im Folgenden werden die kritisierten und die zu kritisierenden Bestandteile aufgezeigt und auf möglicherweise verfassungs- und europarechtswidrigen Inhalt untersucht. Die abschließende Bewertung, ob die aufgegriffenen Aspekte der Nachfolgebesteuerung verfassungs- bzw. europarechtswidrig sind wird im sechsten Kapitel vorgenommen.
I. Bewertungsmethodik unternehmerischen Inlandsvermögens Die Kritik an der Unternehmensnachfolgebesteuerung richtet sich oftmals gegen die Bewertung unternehmerischen Vermögens. Tatsächlich fallen sowohl Bewertungsunterschiede innerhalb der Oberkategorie „unternehmerisches Vermögen“ als auch erhebliche Bewertungsunterschiede im Verhältnis zu anderen Vermögensarten auf. Im deutschen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht gibt es in der Systematik der Bewertung signifikante Unterschiede zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften. 1. Bewertung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften Die Bewertung von Personengesellschaften erfolgt gemäß § 12 Abs. 5 S. 2 ErbStG und den §§ 95 ff. BewG mit dem anteiligen Einheitswert des Betriebsvermögens unter Übernahme der Ansätze aus der Steuerbilanz. Nach § 95 BewG umfasst das Betriebsvermögen alle Wirtschaftsgüter und Schulden eines Gewerbebetriebs i. S. des § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören.
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E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
Die Bewertung erfolgt durch ein Substanzwertverfahren, bei dem die einzeln bewerteten bilanzfähigen Wirtschaftsgüter addiert werden. Dabei liegen die Steuerbilanzwerte wegen der Absetzung für Abnutzung oftmals weit unter den tatsächlichen Verkehrswerten. Eine Ausnahme von der Übernahme der Steuerbilanzwerte wird für im Betriebsvermögen gehaltene Immobilien und Anteile an Kapitalgesellschaften gemacht.1 Die Immobilien werden mit dem Grundbesitzwert angesetzt (§ 12 Abs. 3 i. V. m. §§ 138 ff. BewG). Anteile an Kapitalgesellschaften sind mit ihrem Kurswert (§ 11 Abs. 1 BewG) oder – wenn kein Kurswert festgestellt werden kann – mit dem gemeinen Wert (§ 11 Abs. 2 i. V. m. § 9 Abs. 2 BewG) anzusetzen. Mit Ausnahme der Bewertung von Immobilien und den Anteilen an Kapitalgesellschaften ist die Bewertung der Personengesellschaften eine reine Substanzbewertung; Erträge werden nicht berücksichtigt. Die Schulden werden bei Feststellung des Vermögenswertes der Personengesellschaft oder des Einzelunternehmens mit dem vollen Nominalwert abgezogen. Voraussetzung ist, dass diese in der Steuerbilanz ausgewiesen sind und dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang zum Betriebsvermögen besteht. Der Nettoabzug von Schulden kann bei fremdfinanziertem Betriebsvermögen zu einem sehr niedrigen Wertansatz führen. Sogar ein negativer Wertansatz ist möglich, wenn die zugewiesenen Verbindlichkeiten das anteilige Eigenkapital übersteigen. Im Ergebnis führt der Nettoabzug der Schulden dazu, dass ungleich ermittelte Wertgrößen miteinander verrechnet werden. Selbst bei einem negativen Wertansatz für das betriebliche Vermögen wird weiterhin der Betriebsvermögensfreibetrag gewährt (§ 10 Abs. 6 S. 5 ErbStG). Der negative Wert des Betriebsvermögens kann dann beim Vermögensübergang mit Gegenständen, die einen positiven steuerlichen Wert haben, verrechnet werden.2 Die Übernahme der Steuerbilanzwerte soll das Bewertungsverfahren vereinfachen.3 Dies hat zur Folge, dass stille Reserven4 nicht aufgedeckt werden. Demnach wird der tatsächliche Marktwert des Betriebsvermögens nicht abgebildet. Es wird geschätzt, dass der erbschaftsteuerliche Wert von Personengesellschaften im Durchschnitt weniger als 60% des am Markt zu erzielenden Wertes beträgt.5 1
Reiser, Grundbesitzbewertung, S. 1. Lorz, Nachfolge, S. 704; Piltz, Erbschaftsbesteuerung, S. 61. 3 BR-Drs. 390/96, 64. 4 Stille Reserven sind definiert als Differenz zwischen Verkehrs- und Buchwert eines Wirtschaftsgutes, siehe dazu Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht § 9 Rn. 410. 2
I. Bewertungsmethodik unternehmerischen Inlandsvermögens
151
2. Bewertung von Kapitalgesellschaften Die Erbschaft- und Schenkungsteuer beim Übergang von Anteilen einer Kapitalgesellschaft bemisst sich nach dem gemeinen Wert (§ 12 Abs. 2 ErbStG i. V. m. § 11 BewG). Der gemeine Wert stellt den Preis dar, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (§ 9 Abs. 2 S. 1 BewG). Für ein so komplexes Gut wie unternehmerisches Vermögen fällt es teilweise schwer, diesen Wert zu ermitteln. Die Wertermittlung findet bei Kapitalgesellschaften nach einem dreigeteilten, in einem Nachrangigkeitsverhältnis stehenden Bewertungsverfahren statt. Die Wertermittlung hat dabei auf den Todeszeitpunkt zu erfolgen (§ 11 ErbStG). Keine Rolle spielt es, ob die Kapitalgesellschaftsanteile zum Privat- oder Betriebsvermögen gezählt (§ 12 Abs. 2 S. 1 bzw. § 12 Abs. 5 S. 3 ErbStG i. V. m. § 11 BewG) werden. Priorität hat dabei die Ermittlung des gemeinen Wertes anhand der Bewertung der Gesellschaft an der Börse. Voraussetzung ist dafür die Notierung des Unternehmens am Wertpapiermarkt. Wird diese Voraussetzung durch die Gesellschaft nicht erfüllt, wird der Wert anhand von Verkäufen ermittelt, die nicht mehr als ein Jahr – gerechnet ab dem Zeitpunkt der Vermögensübertragung – zurückliegen. Liegen solch zeitnahe Verkäufe nicht vor, so muss der anteilige Wert der Kapitalgesellschaft unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten geschätzt werden. In absoluten Zahlen übersteigt die Anzahl der Gesellschaften in Form der GmbH die Anzahl der börsennotierten Aktiengesellschaften drastisch.6 Da bei den meisten der Gesellschaften keine Verkäufe im Jahr vor dem Stichtag getätigt wurden, ist ein von der Finanzverwaltung ursprünglich zur Vermögensteuerveranlagung entwickeltes Schätzverfahren, das sog. Stuttgarter Verfahren, das mit Abstand am häufigsten genutzte Bewertungsverfahren bei Kapitalgesellschaften.
5 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Beschäftigung, S. 302. 6 So belief sich nach einer Hochrechnung von Hansen, GmbH, S. 26, die Anzahl der GmbHs im Jahr 1998 auf ca. 815.000. Im gleichen Jahr betrug hingegen die Anzahl der an deutschen Börsen notierten Aktiengesellschaften 5.468. Zwar hat sich die Anzahl der börsennotierten Aktiengesellschaften bis zum Jahr 2003 fast verdreifacht – so geht der Bundesverband deutscher Banken, Aktiengesellschaften, Tabelle, von etwa 15.000 börsennotierten Gesellschaften aus – dennoch ist die Anzahl im Verhältnis zu den anderen Gesellschaftsformen verschwindend gering.
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E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
a) Börsennotierte Anteile Bei der Wertermittlung mit Hilfe des Börsenkurses wird der an der Börse bestimmte Anteilskurs der Kapitalgesellschaft mit dem erbschaftsteuerlichen Wert der Gesellschaft gleichgesetzt. Dabei sind die gehandelten Anteile mit dem niedrigsten am Bewertungsstichtag für sie im amtlichen Handel notierten Kurs anzusetzen (§ 11 Abs. 1 S. 1 BewG). Wurde am Stichtag kein Kurs festgesetzt, so ist für die Wertbestimmung der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im amtlichen Handel notierte Kurs maßgebend (§ 11 Abs. 1 S. 2 BewG). Entsprechendes gilt für Aktien, die zum geregelten Markt zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen sind (§ 11 Abs. 1 S. 3 BewG). Investmentzertifikate sind mit dem Rücknahmepreis des Bewertungsstichtags anzusetzen.7 Abweichungen vom Kurswert kommen nur unter der sehr engen Voraussetzung8 einer Kursstreichung in Betracht.9 Die Anteile sind dann mit dem gemeinen Wert, wie er sich nach § 11 Abs. 2 BewG ergibt, zu bewerten.10 Andere Umstände, wie z. B. überhöhte Kurse am Stichtag infolge von kurzfristigen Spekulationen oder infolge von nicht repräsentativen Minimalumsätzen, rechtfertigen keine Änderung der Berechnungsmethode.11 Dieses Bewertungsverfahren beruht auf der Hypothese, dass der Preis am Kapitalmarkt den Wert eines Unternehmens wiedergibt. Voraussetzung für diese These ist, dass am Kapitalmarkt Informationseffizienz herrscht. Nach der ökonomischen Effizienztheorie ist ein Kapitalmarkt effizient, wenn die Wertpapierpreise zu jedem Zeitpunkt den Wert des Wertpapiers unverzerrt abbilden und der Kapitalmarkt unverzüglich auf neue Informationen reagiert.12 Soweit ersichtlich, ist es der betriebswissenschaftlichen Forschung bisher nicht gelungen, die Informationseffizienz am Kapitalmarkt empirisch zu belegen. Allerdings haben die Forschungsergebnisse dazu geführt, dass eine weitgehende Informationseffizienz am deutschen Kapitalmarkt angenommen wird.13 7
Meincke, Erbschaftsteuer § 12 Rn. 30. Zu den Gründen und Voraussetzungen einer Kursstreichung siehe Beck in Schwark, Kapitalmarktrecht § 24 Rn. 15 BörsG; Kümpel/Hammen, Börsenrecht, S. 242. 9 BFHE 113, 59, 62 f.; BFHE 121, 509, 511. 10 Teß in Rössler/Troll, Bewertungsgesetz § 11 Rn. 14. 11 BFHE 122, 334, 337 f. 12 Siehe zur Effizienztheorie: Beaver et al., Risk Measures, S. 654 ff.; Fama, Capital Market, S. 383 ff. 8
I. Bewertungsmethodik unternehmerischen Inlandsvermögens
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Trotz der relativ eindeutigen Forschungsergebnisse verneint Zipfel für den Regelfall die Informationseffizienz des Kapitalmarktes unter Hinweis darauf, dass die Kurse „nicht nur durch den Wert der Anteile, sondern auch vom Börsenverhalten der Anbieter und Nachfrager zum Bewertungsstichtag maßgeblich bestimmt werden“.14 In einem marktwirtschaftlichen System basieren Preise und damit auch der Wert eines Gutes grundsätzlich auf der Verhaltensweise der genannten Wirtschaftsteilnehmer. Dies gilt für alle Arten von Verkäufen, nicht nur für Verkäufe über eine Börse.15 Die Argumentation Zipfels kann dementsprechend nicht dazu dienen, die Informationseffizienz zu verneinen. Im Folgenden wird entsprechend dem Stand der ökonomischen Forschung eine weitgehende Informationseffizienz des deutschen Kapitalmarkts angenommen. Gegen die Bewertung anhand der Kurse kann vorgebracht werden, dass ein – anhand der tatsächlich gehandelten Anteile – ermittelter Wert für alle Anteile der Kapitalgesellschaft maßgeblich ist, auch wenn diese sich nicht im Streubesitz befinden bzw. aus gesellschaftsvertraglichen Gründen nicht frei gehandelt werden. Kommt der Kurs aufgrund des Handels von Minimalanteilen zustande, kann dies dazu führen, dass die Gesamtkapitalisierung, die aus dem Börsenkurs errechnet wird, nur ein theoretischer Wert ist, der beim Verkauf größerer Anteile nicht erzielt werden kann. Eine Abweichung von der strengen Bewertung zum Kurswert wäre für diesen Ausnahmefall – ähnlich dem Verkauf von Minimalanteilen nicht börsennotierter Gesellschaften16 – wünschenswert. Dass der multiplizierte Börsenkurs tatsächlich nicht immer dem Wert des Anteils entspricht, ist dem Gesetzgeber, wie § 11 Abs. 3 BewG zeigt, bewusst. Im Rahmen dieser Regelung wird davon ausgegangen, dass Aktienpakete, die angenommen werden, wenn ein Steuerpflichtiger mehr als 25% 13 So geht Nowak, Unternehmensbewertung, S. 191, nach Auswertung verschiedener empirischer Untersuchungen zur Preiswirkung von Jahresabschlussdaten von der Informationseffizienz des deutschen Kapitalmarktes aus. Die Effizienz des Kapitalmarktes bejahen auch Röder, Kurswirkungen, S. 244 ff. und Hinne, Börsenwert, S. 43 f., Hinne sieht dabei eine „mittelstrenge Informationseffizienz“ gegeben. Ähnlich auch Hauser, Informationsverarbeitung, S. 259, der die Informationseffizienz des Neuen Marktes untersucht und im Ergebnis bejaht. Auch eine Analyse des deutschen Aktienmarktes für die Jahre von 1965 bis 1982 kam zu dem Ergebnis, dass die Informationseffizienz auf makroökonomischer Basis für diesen Zeitraum nicht verneint werden kann, Apostolopoulos, Informationseffizienz, S. 259. 14 Zipfel, Unternehmensübertragungen, S. 35. 15 Fehl, Preistheorie, S. 3058; Feser, Preisbildung, S. 757 ff.; Jacob, Preistheorie, S. 3293 ff.; Rettig, Preistheorie, S. 599 ff. 16 Siehe dazu Kapitel E.I.2.b).
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E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
der stimmberechtigten Anteile einer Gesellschaft besitzt,17 infolge der damit einhergehenden Mitspracherechte einen besonders hohen Marktwert haben. Dies hat zur Folge, dass nicht der Kurswert maßgeblich ist, sondern ein erhöhter gemeiner Wert. Je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls wird dabei ein Zuschlag zum Börsenkurswert von 5 bis 25% vorgenommen.18 Damit bilden die Gründe, die zu einer Kursstreichung führen können, und der Übergang von Aktienpaketen die einzigen Ausnahmen von der strengen Bewertung zu Börsenkursen. Nimmt man einen Vergleich der Bewertungsverfahren vor, so fällt auf, dass die Börsenbewertung durchgängig zu höheren Werten gelangt als die anderen Verfahren. Dementsprechend ergab eine stichprobenartige Analyse aus den achtziger Jahren,19 dass der Börsenkurs ertragsstarker Unternehmen häufig drei- bis viermal so hoch sein kann wie bei einer Wertermittlung nach dem Stuttgarter Verfahren. Eine wissenschaftliche Untersuchung des Börsenkurses von 60 zufällig ausgewählten börsennotierten Unternehmen in den Jahren 1977 bis 1981 stellt fest,20 dass der Börsenwert der Unternehmen doppelt so hoch liegt wie eine Vergleichsermittlung durch das Stuttgarter Verfahren.21 Auf ähnliche Erfahrungen zurückzuführen ist wohl die Äußerung von Piltz, der in der höheren Bewertung „eine Bestrafung“ für den Gang an den Kapitalmarkt sieht.22 Da § 12 Abs. 2 ErbStG i. V. m. § 9 BewG den gemeinen Wert als Bewertungsmaßstab für Kapitalgesellschaften festschreibt, liegt eine Strafe nur vor, wenn zur Anteilsbewertung ein über dem tatsächlichen Vermögenswert liegender Steuerwert herangezogen wird. Der Kurswert wurde jedoch tatsächlich bezahlt. Deshalb entspricht die Gesamtkapitalisierung der Gesellschaft an der Börse grundsätzlich dem Wert, der dafür am Stichtag zu erzielen ist. Dessen ungeachtet, besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Wertermittlung mit Hilfe des Stuttgarter Verfahrens und der Wertermittlung durch Börsenkurse. 17 BFHE 112, 187, 190; so schon der Reichsfinanzhof im Jahr 1941 für die Vermögensteuer (RFHE 51, 66 f.). 18 Meincke, Erbschaftsteuer § 12 Rn. 35. 19 Binz/Sorg, Going-Public, S. 1997. 20 Schoenfeld, Vergleich, S. 428 f. 21 Da sich sowohl die Börsenkapitalisierung in den letzten Jahrzehnten erheblich geändert hat, als auch das Stuttgarter Verfahren einige Änderungen erfahren hat, sind die Ergebnisse beider Studien nicht ohne weiteres auf die heutige Zeit übertragbar. 22 Piltz, Erbschaftsbesteuerung, S. 61.
I. Bewertungsmethodik unternehmerischen Inlandsvermögens
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Für einen höheren Wert börsennotierter Unternehmen im Vergleich zu nicht-börsennotierten Unternehmen können verschiedene Gründe sprechen. So besteht bei Aktiengesellschaften durch die Ausgabe neuer Aktien oder Anleihen die Möglichkeit, relativ einfach Eigen- und Fremdkapital zu generieren.23 Infolgedessen besteht ein Verzinsungsvorteil gegenüber nicht-börsennotierten Unternehmen. Zum anderen kann die Zulassung zum Handel an der Börse deutliche Marketingvorteile für die Unternehmen haben, da der Bekanntheitsgrad in der Regel höher ist als bei nicht-börsennotierten Unternehmen.24 Ein erheblicher Vorteil für die Anteilsbesitzer dürfte auch sein, dass Aktien unter geringen Transaktionskosten jederzeit über die Börse gehandelt werden können. Für den Anleger ergibt sich somit ein Fungibilitätsvorteil, der honoriert wird.25 Die aufgezeigten Vorteile börsennotierter Gesellschaften können die erhebliche Bewertungsdiskrepanz lediglich teilweise rechtfertigen. Ausschlaggebender Faktor für die unterschiedliche Bewertungshöhe ist, dass das Stuttgarter Verfahren systematisch zu einer Unterbewertung des unternehmerischen Vermögens führt.26 Die Volatilität am Aktienmarkt erschwert Aussagen darüber, wie hoch Unternehmen letztlich zum Stichtag bewertet werden. Insofern kann davon gesprochen werden, dass bei Anteilsbesitz an börsennotierten Gesellschaften die Erbschaftsteuerbelastung kaum im vorhinein kalkuliert werden kann.27 Der Rückschluss, dass die Bewertung des börsennotierten Unternehmens eine Bestrafung ist, muss im Hinblick darauf, dass zur Erbschaftsteuerbewertung grundsätzlich der Verkehrswert heranzuziehen ist, verneint werden. Vielmehr stellt der Bewertungsvorteil durch das Stuttgarter Verfahren eine Privilegierung dar. b) Nicht-börsennotierte Anteile bei zeitnahen Verkäufen Handelt es sich um Anteile an Kapitalgesellschaften, die nicht börsennotiert sind, ist der gemeine Wert vorrangig aus Verkäufen abzuleiten (§ 11 Abs. 2 S. 2 BewG i. V. m. R 95 Abs. 3 ErbStR). Dabei sind nur Verkäufe zu berücksichtigen, bei denen Kaufgegenstand nicht nur ein Minimalanteil gewesen ist28 und die weniger als ein Jahr zurückliegen (§ 11 Abs. 2 S. 2 23 Hoffmann-Becking, Wirtschaftliche Funktion, S. 7; Jäger, Aktiengesellschaft, S. 23. 24 Binz/Sorg, Going-Public, S. 1996; Bösl, Börsengang, S. 13 ff. 25 Binz/Sorg, Going-Public, S. 1996; Lenenbach, Kapitalmarktrecht, S. 73. 26 Siehe dazu Kapitel E.I.2.c). 27 Lorz, Nachfolge, S. 704. 28 BFHE 129, 394, 396; BFHE 146, 460, 463.
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E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
BewG). Außerdem muss der Verkauf im freien Geschäftsverkehr erfolgt sein, es muss demnach ein freier Handel nach den wirtschaftlichen Grundsätzen von Angebot und Nachfrage vorliegen (R 95 Abs. 3 S. 6 ErbStG). Da folglich alle Faktoren unberücksichtigt bleiben, die mit den Unternehmensanteilen selbst nichts zu tun haben, und der erzielte Verkaufspreis durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage zustande kommt, entspricht dieser Wert dem gemeinen Wert des unternehmerischen Vermögens (§ 9 Abs. 2 S. 1 BewG), der im Folgenden als Vergleichsmaßstab für die verschiedenen Vermögensbestandteile dient. c) Nicht börsennotierte Anteile ohne zeitnahe Verkäufe Ist das Unternehmen weder börsennotiert noch lässt sich der gemeine Wert aus zeitnahen Verkäufen ableiten, so ist der Wert unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten zu schätzen (§ 11 Abs. 2 S. 2 BewG). Die Schätzung wird dabei mit Hilfe des Stuttgarter Verfahrens vorgenommen (R 96 bis 108 ErbStR). Bei diesem Verfahren handelt es sich um ein Kombinationsverfahren, der gemeine Wert wird dabei aus dem Vermögenswert und den Ertragsaussichten des Unternehmens errechnet. Nur wenn der mit Hilfe des Stuttgarter Verfahrens ermittelte Unternehmenswert aus besonderen Gründen des Einzelfalls offensichtlich unrichtig ist, muss die Bemessungsgrundlage auf andere Weise ermittelt werden.29 Maßgebend für die Ermittlung des Vermögenswertes sind dabei die zum Besteuerungszeitpunkt herrschenden Verhältnisse (R 98 Abs. 1 S. 1 ErbStR). Ermittelt wird der Wert des Vermögens anhand der Steuerbilanz. Sind Besteuerungszeitpunkt und Bilanzstichtag nicht identisch, so besteht für den Steuerpflichtigen ein Wahlrecht. Er kann einen den Grundsätzen der Bilanzkontinuität entsprechenden Zwischenabschluss aufstellen oder den Vermögenswert anhand der letzten Steuerbilanz ableiten (R 98 Abs. 2 ErbStR). Geschäfts- und firmenwertähnliche Wirtschaftsgüter werden bei der Ermittlung des Substanzwertes nicht berücksichtigt. Bei der Ableitung sind insbesondere Korrekturen für Gewinn bzw. Verlust, die auf den Zeitraum zwischen letzter Bilanz und Besteuerungszeitraum entfallen, einzurechnen. Weiterhin müssen zwischenzeitlich erfolgte Vermögensänderungen, die durch Veräußerungen, Erwerb, Gewinnausschüt29
BFHE 132, 479 f.; BFHE 134, 167, 169.
I. Bewertungsmethodik unternehmerischen Inlandsvermögens
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tungen, die Zuführung verdeckter Einlagen oder durch eventuelle Kapitalherabsetzungen oder -erhöhungen eingetreten sind, berücksichtigt werden.30 Der so ermittelte Wert ist in Verhältnis zum Nennkapital der Gesellschaft zu setzen. Der Vermögenswert wird durch den sich ergebenden Hundertsatz dargestellt. Der Unternehmenswert wird dann um den Unterschiedsbetrag korrigiert, der sich durch Gegenüberstellung der Normalverzinsung und des Ertragswertes – berechnet auf einen Zeitraum von fünf Jahren – ergibt (R 97 Abs. 1 ErbStR). Der Ertragswert stellt den voraussichtlichen Ertrag der kommenden fünf Jahre dar und wird aus den gewichteten Durchschnittserträgen der letzten drei Wirtschaftsjahre geschätzt. Als Normalverzinsung gilt dabei ein langfristiger Vergleichszinssatz von 9%. Da außergewöhnliche Geschäftsvorfälle für die Zukunftsprognosen von Erträgen nicht ausschlaggebend sein sollen, wird zur Ermittlung des Ertrages das in den jeweiligen Jahren zu versteuernde Einkommen (§§ 7 und 8 KStG) um einmalige und außergewöhnliche Geschäftsfälle bereinigt (R 99 Abs. 1 S. 5 ErbStR). Bei Kapitalgesellschaften, deren Ertrag ohne den Einsatz eines erheblichen Betriebskapitals nur ausschließlich und unmittelbar auf die persönliche Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers zurückzuführen ist, ohne dass dies bereits durch ein entsprechendes Entgelt abgegolten wurde, kann ein Abschlag von bis zu 30% auf das so ermittelte Betriebsergebnis gewährt werden (R 99 Abs. 2 ErbStR).31 Im Rahmen der Ermittlung der Ertragsaussichten erfolgt eine Gewichtung nach Aktualität: Die letzten drei vergangenen Betriebsergebnisse werden durch Multiplikation mit 1 bis 3 zugunsten des letzten Jahres – dem Bewertungsanlass vorausgegangenen Geschäftsjahres – mit anschließender Division durch die Zahl 6 gewichtet (R 99 Abs. 3 ErbStR). Ergebnis der Division ist der Durchschnittsertrag. Der Durchschnittsertrag wird anschließend mit dem Nennkapital der Gesellschaft ins Verhältnis gesetzt. Als Ergebnis erhält man den Ertragshundertsatz, der zur Berechnung des gemeinen Wertes benötigt wird. Ein negativer Durchschnittsertrag ist weiterhin mit Null als Ertragshundertsatz zu berücksichtigen (R 99 Abs. 4 S. 3 ErbStR). Der gesuchte gemeine Wert des Anteils an der Kapitalgesellschaft ergibt sich nun, indem man den Anteil um den Unterschiedsbetrag zwischen dem 30
Schäfer/Schlarb, Gestaltungen, S. 57; Zipfel, Unternehmensübertragungen, S. 39. Insbesondere für Gesellschaften von Angehörigen der freien Berufe kommt dies in Betracht. 31
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E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
BX1 3 þ BX2 2 þ BX3 1 6 D Eã N
Dã
B D E N X1
bis 3
= = = = =
Betriebsergebnis Durchschnittsertrag Ertragshundertsatz Nennkapital der Gesellschaft Zeitperiode vom näheren (1) zum weiter entfernteren (2 und 3) gezählt
Abbildung 11: Formel für die Berechnung des Durchschnittsertrags und des Ertragshundertsatzes
Ertragshundertsatz des Anteils – berechnet auf fünf Jahre – und der Verzinsung des aufzuwendenden Kapitals – ebenfalls berechnet auf fünf Jahre – erhöht bzw. vermindert. Dies beruht auf dem Gedanken, dass der Marktpreis eines Unternehmens dem Substanzwert entspricht, wenn das Unternehmen eine Normalverzinsung des investierten Kapitals abwirft. Bei einer darüber hinausgehenden Rendite wird ein höherer Marktpreis zu erzielen sein, wohingegen der Preis für das Unternehmen zu reduzieren ist, wenn die Normalverzinsung einer alternativen, mit vergleichbarem Risiko ausgestatteten Anlageform nicht erreicht wird. Nach R 100 Abs. 1 S. 8 ErbStR ist dabei von einem Zinssatz in Höhe von neun Prozent auszugehen. Der gemeine Wert eines Anteils ergibt sich demnach aus folgender Formel. Sind besondere Umstände des Einzelfalls nicht hinreichend in die Berechnungen eingeflossen, kann dies durch Zu- und Abschläge zu dem Vomhundertsatz berücksichtigt werden (R 100 Abs. 3 ErbStR). Ein solcher Abschlag ist bei Gesellschaften mit unverhältnismäßig geringen Erträgen geboten. Unverhältnismäßig geringe Erträge liegen vor, wenn die Rendite – definiert als Verhältnis von Betriebsergebnis zu Vermögenswert – unter 4,5% liegt (R 100 Abs. 3 S. 4 ErbStR). Es ergibt sich dann pro angefangener Renditeminderung von 0,45% ein Abschlag von 3% auf den regulären gemeinen Wert. Der Abschlag kann maximal 30% betragen.
I. Bewertungsmethodik unternehmerischen Inlandsvermögens
Gã
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68;97 ÈV þ 5 Eê 100
Dabei wird der Hundertsatz von 68,97 zur Verrechnung auf 68 abgerundet, so dass folgende Formel letztlich den gemeinen Wert ergibt: Gã
68 ÈV þ 5 Eê 100
G = Gemeiner Wert des Anteils V = Vermögenswert des Anteils E = Ertragshundertsatz
Abbildung 12: Formel zur Anteilsbewertung
Liegen keine oder nur minimale Erträge vor, so kann dies zu einer Reduzierung der ohnehin im Vergleich zum Marktwert unrealistischen Vermögenswerte auf 47,6% führen (R 100 Abs. 3 S. 7 ErbStR).32 Weiterhin wird bei Anteilen an Kapitalgesellschaften ohne Einfluss auf die Geschäftsführung ein Abschlag von 10% auf den gemeinen Wert gewährt (R 101 ErbStR). Eine Ausnahme für die Bewertung durch das Stuttgarter Verfahren bilden Gesellschaften, die sich in Liquidation befinden. Das Stuttgarter Verfahren ist nicht anwendbar. Der gemeine Wert setzt sich für sie nur aus dem Vermögenswert zusammen (R 105 Abs. 2 ErbStR). Die Rundung in der Formel des Stuttgarter Verfahrens hat zur Folge, dass ein über den Substanzwert hinausgehender Wert nur dann erzielt wird, wenn die Rendite – als Verhältnis zwischen Ertragswert und Vermögenswert – mehr als 9,412% beträgt. Nach einer Schätzung des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung unterliegen bei der Wertermittlung mit dem Stuttgarter Verfahren im Durchschnitt nur etwa zwei Drittel des Marktwertes der Erbschaft- und Schenkungsteuer.33 32 Dieser Minimalwert ergibt sich durch Einsetzung des Maximalabschlags von 30% in die Formel zur Errechnung des Gemeinen Wertes: G ã 0; 68 ÈV þ 5Eê; E ã 0; danach ist G ã 0; 68 V È1 0; 3ê ã 0; 476 V (Siehe dazu auch Abbildung 2).
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E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
3. Ergebnis Zwischen der Bewertung von Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften bestehen grundlegende Unterschiede. Der Hauptunterschied in der Bewertungssystematik von Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaft und Kapitalgesellschaft besteht darin, dass es sich bei der einen Methode um ein reines Substanzverfahren handelt, während die Bewertung von Kapitalgesellschaften dreigeteilt ist, und der Unternehmenswert entweder aus dem Börsenkurs – bzw. sonstigen zeitnahen Verkäufen – oder aus der Ermittlung anhand des Stuttgarter Verfahrens hervorgeht. Dabei fließen sowohl eine Ertrags- als auch eine Substanzkomponente in das Stuttgarter Verfahren ein.
II. Vergleich von Bewertungshöhe und -systematik unternehmerischen Inlandsvermögens Im folgenden Vergleich der Wertermittlungsmethoden gilt es, systematische Widersprüche aufzuzeigen und zu veranschaulichen, dass die unterschiedliche Bewertungssystematik zu divergierenden Bewertungshöhen führt. Im Anschluss ist zu erörtern, ob die dargestellten Unterschiede eine Gesellschaftsform gegenüber den anderen für die Unternehmensnachfolge vorteilhaftig erscheinen lässt. 1. Ungereimtheiten beim Vergleich der einzelnen Wertermittlungsmethoden Beim Vergleich der Wertermittlungsmethodik fällt auf, dass bei der Wertermittlung für börsennotierte Kapitalgesellschaften ein Abweichen vom Kurswert praktisch ausgeschlossen ist. Insbesondere durch Minimalumsätze erzielte Börsenkurse führen zu keiner Änderung der Wertfeststellung. Demgegenüber lassen die anderen Wertermittlungsmethoden für Kapitalgesellschaften Ausnahmen zugunsten des Steuerpflichtigen zu. So werden bei der Vermögensermittlung anhand des Stuttgarter Verfahrens besondere Umstände des Einzelfalls durch Abschläge beachtet. Bei der Wertermittlung durch zeitnahe Verkäufe scheidet die Heranziehung von Verkäufen, die lediglich Minimalanteile des Unternehmens beinhalten, aus. 33 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Beschäftigung, S. 302.
II. Bewertungshöhe unternehmerischen Inlandsvermögens
161
Führt man sich die genannten Ausnahmen vor Augen, ist es nicht verständlich, warum börsennotierten Kapitalgesellschaften eine entsprechende Regelung verwehrt wird. Ein Börsenkurs, der auf nicht repräsentativen Minimalumsätzen beruht, ist nichts anderes als der Verkauf von Minimalanteilen. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass der Verkauf über eine Börse, die eine Mittler- und Abwicklungsfunktion für Käufer und Verkäufer innehat, durchgeführt wird. Aufgrund der gleichen Tatsache wird bei dem einen Verfahren ein Vermögenswert ermittelt und bei der anderen Wertermittlungsmethode nicht. Anscheinend vermutet der Gesetzgeber hinter dem Verkauf von Minimalanteilen eine Missbrauchsmöglichkeit, von der angenommen wird, dass sie beim Verkauf über eine Börse nicht gegeben ist. Unklar ist auch, warum einzig bei der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften die mangelnde Möglichkeit der Einflussnahme auf die Geschäftsleitung in die Bewertung einfließt und mit einem Abschlag von 10% berücksichtigt wird (R 101 ErbStR). Für Personengesellschaften ist diese Möglichkeit nicht gegeben.
2. Vergleich der Bewertungshöhe der verschiedenen Rechtsformen unternehmerischen Vermögens Wie dargelegt unterscheiden sich die Bewertungssystematik von Einzelunternehmen und Personengesellschaften und die drei verschiedenen Methoden zur Bewertung von Kapitalgesellschaften erheblich. Infolgedessen führen die vier unterschiedlichen Wertermittlungsverfahren zu divergierenden Ergebnissen. Der gemeine Wert des unternehmerischen Vermögens (im Folgenden ist dieser mit hundert indexiert) wird erreicht bei der Ermittlung anhand von zeitnahen Verkäufen bei der Kapitalgesellschaft und bei der Wertbestimmung anhand des Börsenkurses. Hingegen führt die Wertermittlung bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften sowie durch das Stuttgarter Verfahren bei Kapitalgesellschaften zu Bemessungsgrundlagen, die weit unter dem am freien Markt zu erzielenden Kaufpreis liegen. So beträgt die durchschnittliche Bewertung von Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaft nur etwa 60% des Verkehrswertes. Auch die durchschnittliche Bewertung von Kapitalgesellschaften liegt mit etwa 2/3 des Marktwertes nicht wesentlich höher. Im Einzelfall kommen auch wesentlich größere Unterschreitungen des Verkehrswertes vor. Vergleicht man die so ermittelte Bewertungshöhe mit der Bewertungshöhe von Kapitalgesellschaften, die anhand des Börsenkurses oder anderer
162
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
100
100 67
60
EinzelU und PersG
KapG (Börsenkurs)
KapG (zeitnahe Verkäufe)
KapG (Stuttgarter Verfahren)
Abbildung 13: Erbschaftsteuerlicher Ansatz unternehmerischen Vermögens in % des Verkehrswertes
zeitnaher Verkäufe zum Verkehrswert bewertet werden, besteht eine erhebliche Bewertungsdivergenz. Die drastische Diskrepanz zwischen der Bewertung der verschiedenen Arten unternehmerischen Vermögens und den Verkehrswerten verdeutlicht, dass hier keine Werte ermittelt werden, die entsprechend dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 S. 1 BewG den tatsächlichen Verkehrswert angeben. 3. Vorteilhaftigkeit einer Rechtsform für die Erbschaftsbesteuerung Die erhebliche Differenz in der Bewertungshöhe der verschiedenen Arten unternehmerischen Vermögens führt zu der Überlegung, ob nicht eine der Rechtsformen aufgrund einer niedrigen Bemessungsgrundlage vorteilhaft gegenüber den anderen Rechtsformen für die Erbschaftsbesteuerung ist. Wie aufgezeigt sind börsennotierte Kapitalgesellschaften aufgrund der relativ hohen durchschnittlichen Bewertungshöhe aus erbschaftsteuerlicher Sicht unvorteilhaft. Dies ist auch der Fall bei Kapitalgesellschaften, die anhand von zeitnahen Verkäufen bewertet werden, wobei diese Bewertung aufgrund mangelnder Planbarkeit des Stichtages bei der Erbschaftsbesteuerung kaum zu vermeiden ist. Aufgrund der niedrigen Bemessungsgrundlage sind Kapitalgesellschaften, die durch das Stuttgarter Verfahren bewertet werden, und Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften, interessant. Der durchschnittlich durch das Stuttgarter Verfahren ermittelte Wert einer Kapitalgesellschaft liegt bei 2/3 des Marktwertes. Der Wert, der für Einzel-
II. Bewertungshöhe unternehmerischen Inlandsvermögens
163
120 100
EinzelU und PersG (Substanzwertverfahren)
80 60
KapG (Stuttgarter Verfahren)
40 20
9, 0 10 ,5 12 ,0 13 ,5 15 ,0 16 ,5 18 ,0
7, 5
0
5 6, 0
4,
3,
1, 5
0
0, 0
Erbschaftsteuerwert in % bezogen auf den Betriebsvermögenswert
140
Unternehmensrendite in % bezogen auf den Betriebsvermögenswert
Abbildung 14: Abhängigkeit der Bemessungsgrundlage von der Unternehmensrendite bei Einzelunternehmen und Personengesellschaft sowie der Kapitalgesellschaft34
unternehmen und Personengesellschaften ermittelt wird, ist mit 60% noch geringer. Der Gedanke, dass aufgrund der geringen Bemessungsgrundlage Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften die Rechtsformen sind, die es gilt aus erbschaftsteuerlicher Sicht stets anzustreben, ist falsch. Im Einzelfall hängt die erbschaftsteuerliche Vorteilhaftigkeit der Rechtsform von der Rentabilität des Unternehmens ab. Die Grafik zeigt, dass das Stuttgarter Verfahren im Gegensatz zur reinen Substanzbewertung bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften renditeabhängig ist. Bei geringen Renditen unter 4,5% – bezogen auf den Betriebsvermögenswert – wird diese Tendenz durch die geschilderte Abschlagsregelung des Stuttgarter Verfahrens noch verstärkt. Für Renditen über 4,5% findet eine lineare Steigung statt. Erst bei einem Renditewert von 9,412% wird das Bewertungsniveau von Einzelunternehmen und Personengesellschaft erreicht. Renditen über diesem Grenzwert führen bei Wertermittlung nach dem Stuttgarter Verfahren zu einer höheren Bemessungsgrundlage als bei Wertermittlung nach dem Substanzwertverfahren. 34 Zur Berechnung der Bemessungsgrundlage bei Einzelunternehmen/Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften anhand des Stuttgarter Verfahrens siehe Kapitel E.I.1. bzw. Kapitel E.I.2.c).
164
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
Für das Stuttgarter Verfahren kann festgehalten werden, dass aufgrund der Einbeziehung der Ertragskomponente der Wert bei guter Ertragskraft des Unternehmens über dem Einheitswert bei Personengesellschaften liegt; bei schwacher Ertragskraft sinkt der Steuerwert unter den Substanzwert. Der Punkt, zu dem die Bewertung umschlägt, liegt bei einer Rendite von 9,412%. Kapitalgesellschaften, die sich in Liquidation befinden, werden nicht nach dem Stuttgarter Verfahren, sondern nach dem Substanzwertverfahren bewertet. Nach dem oben Gesagten hat dies zur Folge, dass diese Unternehmen höher bewertet werden als Unternehmen, die sich nicht in Liquidation befinden, die den gleichen Substanzwert haben und deren Ertrag unter 9,412% liegt. Demnach kann nicht davon gesprochen werden, dass Personengesellschaften bzw. Einzelunternehmen unter erbschaftsteuerlichen Gesichtspunkten generell Kapitalgesellschaften vorzuziehen sind. Für eine Entscheidung zwischen den genannten Rechtsformen ist deshalb eine Einzelfallprüfung notwendig. Allerdings gibt es den grundsätzlichen Vorteil für Einzel- und Personenunternehmen, dass der Steuerwert des übertragenen Vermögens – anders als bei Kapitalgesellschaften – auch einen negativen Wert annehmen kann. Mit diesem negativen Wert kann dann ein Ausgleich mit anderen übertragenen Vermögensgegenständen erfolgen.35 4. Ergebnis Die unterschiedlichen Wertermittlungsmethoden führen zu höchst unterschiedlichen Bewertungshöhen. Der Verkehrswert wird einzig bei der Wertermittlung anhand zeitnaher Verkäufe und bei der Wertbestimmung anhand des Börsenkurses erreicht. Das Stuttgarter Verfahren und das Substanzwertverfahren führen zu deutlich geringeren Bemessungsgrundlagen. Rechtsformneutralität ist folglich bei der Unternehmensbewertung nicht gegeben. Obwohl das Substanzwertverfahren durchschnittlich zu geringeren Unternehmenswerten, gemessen am Verkehrswert, führt, sind Personengesellschaften und Einzelunternehmen aus erbschaftsteuerlicher Sicht nicht generell Kapitalgesellschaften vorzuziehen. Bei schlechter Ertragskraft eines Unternehmens kann das Stuttgarter Verfahren zu geringeren Werten führen als beim Substanzwertverfahren. Eine Einzelfallprüfung ist deshalb notwendig. 35
Vituschek, Steuerbelastung, S. 184.
III. Grundsätze der Bewertung unternehmerischen Auslandsvermögens
165
III. Grundsätze der Bewertung unternehmerischen Auslandsvermögens Der unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht in Deutschland unterliegt auch Auslandsvermögen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 ErbStG). Von der aufgezeigten Bewertung inländischen unternehmerischen Vermögens unterscheidet sich die Bewertung des ausländischen unternehmerischen Vermögens. Bewertet wird das ausländische land- und forstwirtschaftliche Vermögen, das Grundvermögen sowie das ausländische Betriebsvermögen gemäß R 122 Nr. 8 ErbStR i. V. m. § 12 Abs. 6 ErbStG und § 31 i. V. m. § 9 BewG mit dem gemeinen Wert.36 Auch bei ausländischen Kapitalgesellschaften gilt es den gemeinen Wert zu ermitteln. Rechtsgrundlage sind dafür – genauso wie bei inländischen Gesellschaften – § 11 Abs. 2 BewG i. V. m. § 31 Abs. 1 S. 1 und § 9 Abs. 1 BewG. Allerdings geben weder das Gesetz noch die ErbStR brauchbare Hinweise, wie der gemeine Wert des ausländischen Vermögens ermittelt wird. Bedenkt man, dass die deutschen Steuerbehörden diesen Wert weltweit ermitteln müssen, so wird klar, dass die Verwaltung vor einer schwierigen Aufgabe steht. In der Fachliteratur wird aus diesem Grund ein „Zusammenraufen“ von Finanzverwaltung und Steuerpflichtigen gefordert.37 1. Bewertung von ausländischem Betriebsvermögen Auch die Finanzverwaltung hält eine Vereinfachung für notwendig. Die R 39 Abs. 1 S. 2 und R 98 Abs. 1 S. 1 ErbStR legen dementsprechend fest, dass Steuerbilanzwerte oder ertragsteuerliche Werte zur Bestimmung des Steuerwertes von ausländischem Betriebsvermögen und ausländischen Kapitalgesellschaften herangezogen werden. Da diese Methode nicht zu unangemessenen Ergebnissen führen darf, kann die Finanzverwaltung – gerade bei ertragsstarken Unternehmen – die Ermittlung des gemeinen Wertes auch durch andere Methoden, wie z. B. durch Schätzungen, vornehmen.
36 Dies gilt nur, solange kein Doppelbesteuerungsabkommen das Vermögen von der deutschen Erbschaftsteuer ausnimmt. Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschaft- und Nachlasssteuern wurden nur zwischen Deutschland und den Ländern Dänemark, Frankreich, Griechenland, Israel, Österreich, Schweden, Schweiz und den USA geschlossen. 37 Moench/Höll, Erbschaftsteuer, S. 90; Viskorf in Viskorf et al., Erbschaftsteuergesetz § 31 BewG Rn. 2.
166
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
Durch die regelmäßige Übernahme der Steuerbilanzwerte liegen keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen der Bewertung von in- und ausländischem Betriebsvermögen vor. 2. Bewertung von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften Für die Bewertung von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften sind keine speziellen gesetzlichen Regelungen vorgesehen. Deshalb wird grundsätzlich auf die Wertermittlung der inländischen Kapitalgesellschaftsanteile zurückgegriffen, was zur Folge hat, dass die Bewertung ausländischer Kapitalgesellschaftsanteile sich nicht wesentlich von der Bewertung inländischer Kapitalgesellschaftsanteile unterscheidet. Handelt es sich um Anteile ausländischer Gesellschaften, die am amtlichen Markt oder im geregelten Freiverkehr notiert sind, ergibt sich der Wert anhand der niedrigsten Kursnotierung zum Stichtag. Sind die Anteile nicht an der deutschen Börse, sondern an einer ausländischen Börse notiert, sind diese Kurse maßgeblich (R 95 Abs. 4 ErbStR). Für nicht notierte Anteile ausländischer Kapitalgesellschaften kommt die Wertableitung aus Verkäufen innerhalb des Einjahreszeitraums vor dem Stichtag in Betracht. Liegen solch zeitnahe Verkäufe nicht vor, erfolgt eine Bewertung in Anlehnung an die Grundsätze des Stuttgarter Verfahrens.38 Da die ausländischen Rechnungslegungsvorschriften nicht exakt den inländischen Vorschriften entsprechen, sind Substanz- und Ertragswert dementsprechend anzupassen. Im Einzelfall kann es trotz dieser Anpassung sowohl bei der Ermittlung des Vermögenswertes als auch bei der Ermittlung des Ertragshundertsatzes zu geringfügigen Unterschieden zur inländischen Bewertung nach den Grundsätzen des Stuttgarter Verfahrens kommen.39 Darüber hinaus wird in der Literatur vorgeschlagen, wertmindernde Faktoren, die speziell mit der Ansässigkeit in einem bestimmten Land zusammenhängen, bei diesem – an das Stuttgarter Verfahren angelehnte – Bewertungsverfahren zu berücksichtigen.40 Für die Mehrzahl der Fälle kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Bewertung in etwa mit der Bewertung inländischer nach dem Stuttgarter Verfahren bewerteter Kapitalgesellschaften übereinstimmt.
38
BMF-Schreiben vom 09.03.1990, IWB Fach 3, Gruppe 8, S. 55 ff. Ausführlich zu der Wertermittlung anhand des Stuttgarter Verfahrens bei ausländischen Kapitalgesellschaften: Watrin, Erbschaftsteuerplanung, S. 70 ff.; Zipfel, Unternehmensübertragungen, S. 62 ff. 40 Piltz, Ausländische Kapitalgesellschaften, S. 68. 39
III. Grundsätze der Bewertung unternehmerischen Auslandsvermögens
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3. Bewertung des grenzüberschreitenden unternehmerischen Vermögens Für den Fall, dass sich eine wirtschaftliche Einheit oder eine wirtschaftliche Untereinheit (z. B. Betriebsgrundstück) sowohl auf das In- als auch auf das Ausland erstreckt, werden die inländischen Teile als inländisches Vermögen nach den Vorschriften des Besonderen Teils des Bewertungsgesetzes (§§ 33 bis 109 BewG) bewertet, und die ausländischen Teile weiterhin als Auslandsvermögen nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils (§§ 1 bis 32 BewG).41 Dabei hat die Aufteilung in einen in- und einen ausländischen Teil Bedeutung für die Begünstigungen nach §§ 13a und 19a ErbStG sowie für den Fall, dass die auf ausländisches Betriebsvermögen erhobene ausländische Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet werden soll (§ 21 ErbStG). Die Bewertung dieser sich sowohl auf In- und Ausland erstreckenden Einheiten kann dabei entweder nach der indirekten Methode (Bewertung im Ganzen mit anschließender Zerlegung) oder nach der direkten Methode (getrennte Bewertung des in- und ausländischen Teils) stattfinden.42 Inländische Betriebsgrundstücke werden dabei nach den Vorschriften für Grundvermögen bzw. für das land- und forstwirtschaftliche Vermögen bewertet (§§ 138 ff. BewG). Die Bewertungsmethode für den ausländischen Teil des Betriebsvermögens richtet sich – wie oben dargestellt – nach den Umständen des Einzelfalls, wobei in der Regel die Steuerbilanzwerte bzw. ertragsteuerlichen Werte zur Bewertung herangezogen werden. 4. Ergebnis Beim ausländischen unternehmerischen Vermögen gilt es, genauso wie beim inländischen Vermögen den gemeinen Wert zu bestimmen. Problematisch ist dabei, dass das Gesetz keine Wertermittlungsmethode vorgibt. Sowohl bei ausländischem Betriebsvermögen als auch bei ausländischen Anteilen an Kapitalgesellschaften werden deshalb die Wertermittlungsmethoden des inländischen unternehmerischen Vermögens analog angewendet. Erstrecken sich nur Teile des unternehmerischen Vermögens auf das Ausland, so findet eine Aufteilung statt, wobei nur auf den inländischen Teil die Begünstigungen der §§ 13a und 19a anwendbar sind. 41
Halaczinsky in Rössler/Troll, Bewertungsgesetz § 31 Rn. 10. Halaczinsky in Rössler/Troll, Bewertungsgesetz § 31 Rn. 11; Teß in Rössler/ Troll, Bewertungsgesetz § 95 Rn. 45. 42
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E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
IV. Vergleich der Bewertungshöhe zwischen ausländischem und inländischem unternehmerischen Vermögen Grundsätzlich soll ausländisches unternehmerisches Vermögen mit dem gemeinen Wert angesetzt werden. Die Bewertung gleichartigen Inlandsvermögens liegt zumeist unter dem Verkehrswert.43 Würde das Auslandsvermögen tatsächlich mit dem zu erzielenden Marktwert bewertet werden, würden die Werte weit über der durchschnittlichen Bewertung des gleichartigen inländischen Vermögens liegen. Die Folge könnte bei „grenzüberschreitenden Sachverhalten“ i. S. des Europarechts möglicherweise ein Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften sein. Allerdings sehen die Verwaltungsvorschriften R 39 Abs. 1 S. 2 und R 98 Abs. 1 S. 1 ErbStR auch beim Auslandsvermögen vor, dass zur Bewertung die Steuerwerte heranzuziehen sind. Somit kommt es in der Praxis nicht zu einer solch unterschiedlichen Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Die Bewertungsunterschiede zwischen den gleichartigen aus- und inländischen Unternehmensarten sind folglich marginal. Ein Verstoß gegen das Europarecht kommt nur für den Fall in Betracht, dass die Finanzverwaltung im Einzelfall doch den gemeinen Wert – i. S. des am Markt zu erzielenden Preises – zur Wertbestimmung des ausländischen unternehmerischen Vermögens heranzieht. Fraglich erscheint, ob die genannten Verwaltungsvorschriften im Einklang mit dem Gesetzestext des § 31 Abs. 1 BewG stehen.
V. Vergleich der Bemessungsgrundlage unternehmerischen Vermögens mit anderen Vermögensarten Beim Vergleich der Höhe der Bemessungsgrundlage der verschiedenen Vermögensarten erkennt man, dass nicht nur unternehmerisches Vermögen im Erbschaftsteuerrecht günstig bewertet wird, sondern dass auch die steuerliche Bemessungsgrundlage für Grundstücke und für land- und forstwirtschaftliches Vermögen hinter den eigenen Verkehrswerten zurück bleibt. Dabei wird bei bebauten Grundstücken, die vermietet sind oder für die eine Vergleichsmiete feststellbar ist, die Bemessungsgrundlage durch die Vervielfältigung der jährlichen Nettokaltmiete mit dem Faktor 12,5 abzüglich eines Altersabschlages von 0,5% pro Jahr – maximal jedoch nicht mehr als 25% – errechnet (§ 146 BewG). Dieses Ertragswertverfahren führt dazu, dass die ermittelten Werte für bebaute Grundstücke im Durchschnitt nur knapp 50% des Verkehrswertes betragen.44 43
Siehe dazu Kapitel E.II.2.
V. Unternehmerisches Vermögen und andere Vermögensarten
100
100
169
100 80 67
60
50
Sonstiges Vermögen
Land- und forstwirtschaftliches Vermögen
Bebaute Grundstücke
Unbebaute Grundstücke
KapG (Stuttgarter Verfahren)
KapG (zeitnahe Verkäufe)
KapG (Börsenkurs)
EinzelU und PersG
10
Abbildung 15: Erbschaftsteuerlicher Ansatz der verschiedenen Vermögensarten in % des Verkehrswertes
Unbebaute Grundstücke werden mit dem um 20% ermäßigten Bodenrichtwert, der aus den tatsächlichen Verkaufspreisen abgeleitet wird, bewertet (§ 145 BewG). Damit liegt ihr Bewertungsniveau bei 80% des Marktwertes. Der erbschaftsteuerliche Wert von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen wird mit Hilfe von Ertragswertverfahren ermittelt. Diese Bewertung führt durchschnittlich zu einem Wertansatz von nur etwa 10% des Verkehrswertes.45 Hingegen werden Geld- und Kapitalvermögen (§§ 9 und 11 ff. BewG) zu den Verkehrswerten angesetzt. Der Gesamtvergleich der Vermögensarten macht drei Punkte deutlich: Zum einen werden neben unternehmerischem Vermögen auch andere Vermögensarten bei der Errechnung der Bemessungsgrundlage privilegiert. So liegen die Bewertungen für land- und forstwirtschaftliches Vermögen und für bebaute Grundstücke mit Werten von etwa 10% bzw. 50% deutlich unter der Verkehrsbewertung und noch unter der Bewertung unternehmerischen Vermögens. Auch unbebaute Grundstücke werden mit einer Bemessungsgrundlage von etwa 80%, gemessen am Verkehrswert, deutlich privilegiert. 44 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Beschäftigung, S. 301; Wohlschlegel, Zuwendungen, S. 107. 45 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Beschäftigung, S. 301 f.; zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Bach/Bartholmai, Produktivvermögen, S. 139.
170
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
Zum anderen wird deutlich, dass nur die Bewertung der börsennotierten Kapitalgesellschaften und die Bewertung anhand zeitnaher Verkäufe sowie die Bewertung sonstigen Vermögens tatsächlich den Marktwert abbilden. Sieht man von den relativ zur Gesamtzahl wenigen börsennotierten Kapitalgesellschaften und den Gesellschaften, bei denen zeitnah Verkäufe getätigt wurden, ab, wird ferner deutlich, dass gerade im Verhältnis zum sonstigen Vermögen (zu dem beispielsweise Bargeld, Sparguthaben und sonstige Wertgegenstände gehören), das mit dem vollen Verkehrswert angesetzt wird, eine deutliche Privilegierung des unternehmerisch gebundenen Vermögens vorliegt. Fraglich ist, ob diese Bewertungsunterschiede gerechtfertigt sind.
VI. Unternehmerisches Vermögen und die Stichtagsproblematik Oftmals wird kritisiert, dass Wertveränderungen zwischen Bewertungsstichtag und dem Tag der erstmaligen Verfügungsmöglichkeit über den Nachlass durch den Erben nicht berücksichtigt werden. Gerade bei der Nachfolge, die Anteile von Kapitalgesellschaften betrifft, wird der Fall angegriffen, dass auf den Tod des Erblassers ein Wertverlust folgt, ohne dass ein Erbschein vorliegt.46 Die Bank verweigert dabei – in der Regel unter Verweis auf Ziffer 5 S. 1 AGB-Banken – Verfügungen ohne Erbnachweis. Bis der Verfügungsnachweis erbracht werden kann, kommt es zu starken Kursverlusten. In Extremfällen kann dies soweit führen, dass der gesamte Erbanfall der Steuer zum Opfer fällt bzw. ein Ausschlagen der Erbschaft günstiger für den Steuerpflichtigen ist. Dieser Fall lässt sich noch zuspitzen, indem man annimmt, dass der Erblasser im Unternehmen selbst in führender Position tätig war und unerwartet verstirbt. Der Tod des Unternehmers kann dann – vor allem bei kleineren börsennotierten Gesellschaften – ein kursbeeinflussendes Kriterium sein. Liegt der Zeitpunkt des Erbfalls außerhalb der Handelszeiten der Börse, gilt zur Ermittlung des Erbschaftsteuerwertes der niedrigste Kurs, der am letzten Handelstag vor dem Erbfall ermittelt wurde. Das Todesereignis führt jedoch dazu, dass am nächsten Handelstag der Kurs drastisch fällt und für absehbare Zukunft die Erben den Erbschaftsteuerwert nicht realisieren können.47 Um die Erbschaftsteuerschuld zu begleichen, müssen die Erben erhebliche Aktienanteile veräußern, was einen weiteren Kursdruck herbeiführt. 46
Siehe dazu beispielsweise Kemmerling/Delp, Aktiencrash, S. 655 ff. So geschehen beim Unfalltod am Wochenende des Gründers, Vorstandsmitglieds und Großaktionärs eines am Neuen Markt notierten Unternehmens. 47
VI. Unternehmerisches Vermögen und die Stichtagsproblematik
171
Grund für dieses – auf den ersten Blick „unangemessene“ – Ergebnis ist das Stichtagsprinzip, nach dem für die Wertermittlung der Zeitpunkt der Steuerentstehung maßgebend ist (§ 11 ErbStG). Für diese Fälle, werden deshalb immer wieder Billigkeitsmaßnahmen verlangt.48 Argumentiert wird dabei damit, dass das Steuerentstehungsdatum mit dem Erbfall sehr weit vorverlegt ist, da der Erbe in der Regel keine tatsächliche Verfügungsmöglichkeit zu diesem Zeitpunkt hat.49 Mit der gleichen Argumentation wird sogar ein generelles Abrücken vom Stichtagsprinzip gefordert und auf andere Anknüpfungspunkte verwiesen, wie z. B. auf den Zeitpunkt, zu dem die Verfügungsgewalt gegeben ist.50 Der Bewertungsstichtag hat die Funktion, die für die Wertermittlung maßgebenden Verhältnisse – die für sich genommen allerdings einer dauernden Veränderung unterliegen – an einem zeitlichen Punkt zu fixieren. Dabei findet dieses Prinzip grundsätzlich auf alle Vermögensgegenstände Anwendung. Die vielfältigen Beispiele in der Literatur vermitteln das Bild, dass einzig die Volatilität der Börsenkurse Probleme mit dem Stichtagsprinzip auslöst. Dem ist zu widersprechen, da auch nicht-unternehmerisches Vermögen – wie Kunst- oder Wertgegenstände – erheblichen Wertschwankungen unterliegen kann. Da der Gesetzgeber die Härten bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung bewusst mit der Normierung des Stichtagsprinzips in Kauf genommen hat,51 entspricht ein Abweichen vom Stichtagsprinzip durch Billigkeitsmaßnahmen in der Regel nicht dem gesetzgeberischen Willen.52 Es muss beachtet werden, dass das Stichtagsprinzip eine klare Trennungslinie zwischen der Vermögenssphäre des Erblassers und der des Erben zieht. Die vorgebrachten Wertveränderungen finden bereits in der Vermögenssphäre des Erben statt. Auch Verfügungshemmnisse sind oftmals dem Verantwortungsbereich des Erben zuzuordnen. Das Stichtagsprinzip verwirklicht auf diese Weise den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung53 und dient daneben der Rechtssicherheit 48 Ebeling in Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuergesetz § 11 Rn. 8.; Kemmerling/Delp, Aktiencrash, S. 658 f.; Meincke, Erbschaftsteuer § 11 Rn. 5 f.; Meincke, Billigkeitsgründe, S. 576; Schuck in Viskorf et al., Erbschaftsteuergesetz § 11 Rn. 5. 49 Meincke, Erbschaftsteuer § 11 Rn. 5. 50 Kapp, Stichtag, S. 67 ff.; Klein-Blenkers, Steuerentstehung, S. 1581 ff.; ähnlich auch Kemmerling/Delp, Aktiencrash, S. 659, die als zusätzliche Argumentationshilfe auf die zunehmenden Aktieninvestitionen in der Bevölkerung und die Volatilität der Kurse bei börsennotierten Kapitalgesellschaften hinweisen. 51 Troll in Troll et al., Erbschaftsteuer § 11 Rn. 1. 52 Gebel in Troll et al., Erbschaftsteuer § 11 Rn. 25.
172
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
und Rechtsklarheit.54 Ein Abweichen vom Stichtagsprinzip würde diese klare Grenzziehung zunichte machen. Stattdessen müsste im Einzelfall entschieden werden, wann die Verfügungsmöglichkeit gegeben ist. Dabei haben es für die Verfügungshemmnisse Verantwortlichen selbst in der Hand – beispielsweise durch unwiderrufliche postmortale Vollmachten oder durch Verträge zugunsten Dritter – diese Hemmnisse erst gar nicht entstehen zu lassen.55 Nicht vergessen werden darf, dass das Stichtagsprinzip ausnahmslos alle nach dem Stichtag auftretenden Umstände ignoriert. Damit werden – zugunsten des Steuerpflichtigen – auch Werterhöhungen, die nach dem Stichtag eintreten, nicht beachtet. Insgesamt entspricht das Stichtagsprinzip dem Wesen der Erbschaftsteuer. Die Erbschaftsteuer knüpft an den einmaligen Tatbestand des Vermögenszuwachses an. Unerheblich ist, ob der Vermögenszuwachs in der Zeit danach Bestand hat.56 Vom Gesetzgeber als Abgrenzung vorgesehen ist allein die zivilrechtliche Bereicherung, die in der juristischen Sekunde des Todes des Erblassers eintritt. Ob die tatsächliche Verfügungsfähigkeit zu diesem Zeitpunkt oder erst später vorliegt, ist für diese formalisierte Betrachtung ohne Bedeutung. Auch eine periodische Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage – wie bei der Einkommensteuer – scheidet bei der Erbschaftsteuer aus, da diese auf einen einmaligen Vorgang abstellt.57 Demnach ist nicht das Auseinanderfallen von Todestag und Tag der erstmaligen Verfügungsmöglichkeit problembeladen,58 sondern vielmehr ein Auseinanderfallen von Todestag und Tag der Bewertung. Dies würde einen klaren Systembruch darstellen und ein Chaos bei der Bewertung nach sich ziehen. Die Praxis der Finanzverwaltung und der Finanzgerichte, das Stichtagsprinzip strikt zu beachten und Billigkeitsregelungen nur in Ausnahmefällen in Erwägung zu ziehen,59 ist deshalb gutzuheißen. Das Stichtagsprinzip ist grundsätzlich in vollem Umfang auch auf unternehmerisches Vermögen anwendbar, Billigkeitsentscheidungen können nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen, verfassungs- oder gar europarechtliche Zweifel an der Regelung des Stichtagsprinzips bestehen nicht. 53
Haas, Nachfolge, S. 16. Pahlke in: Christoffel et al., Erbschaftsteuergesetz § 11 Rn. 2. 55 Zu diesen Gestaltungsmöglichkeiten siehe Kemmerling/Delp, Aktiencrash, S. 657. 56 Gebel in Troll et al., Erbschaftsteuer § 11 Rn. 10. 57 Gebel in Troll et al., Erbschaftsteuer § 11 Rn. 10. 58 So jedoch Kemmerling/Delp, Aktiencrash, S. 659. 59 BFHE 166, 387, 389; BFHE 181, 96, 99; BFH/NV 2000, 320; EFG 98, 1603; EFG 2001, 769. 54
VII. Besteuerung unternehmerischen Vermögens
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VII. Besteuerung unternehmerischen Vermögens Teile der Unternehmensnachfolgebesteuerung wurden bereits im Rahmen der Darstellung der historischen Entwicklung der Nachfolgebesteuerung geschildert. Im Folgenden soll die momentane Besteuerung des unternehmerischen Vermögens dargestellt und auf verfassungs- und europarechtskritische Bestandteile eingegangen werden. Zur besseren Verständlichkeit wird bei der regelungsspezifischen Darstellung nochmals auf deren geschichtliche Entwicklung eingegangen. Die Unternehmensnachfolgebesteuerung setzt sich zusammen aus Steuertarif und Steuerklasse sowie verschiedenen Freibetrags- und Abschlagsregelungen, die auf die zuvor ermittelte Bemessungsgrundlage angewendet werden. 1. Steuerklassenprivileg nach § 19a ErbStG Grundsätzlich hängt die Besteuerung von Vermögensgegenständen von der verwandtschaftlichen Nähe zwischen Erblasser und Erben ab. Dabei wird zunehmende verwandtschaftliche Nähe zum Erblasser auch verstärkt begünstigt. Gerechtfertigt wird dieses „Familienprinzip“ mit dem Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG.60 Abweichend von diesem Grundsatz, forderte das Bundesverfassungsgericht eine Ausnahme vom Familienprinzip für betriebliches Vermögen, da bei dieser Vermögensart eine verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit vorliegt, die es zu berücksichtigen gelte, so dass das Vermögen steuerlich „unabhängig von der verwandtschaftlichen Nähe zwischen Erblasser und Erben“ übergehen muss.61 Der Gesetzgeber setzte diese Forderung im Jahressteuergesetz 1997 durch die Einführung des Steuerklassenprivilegs für betriebliches Vermögen (§ 19a ErbStG) um. Natürliche Personen der Steuerklasse II und III wurden danach beim Erwerb von inländischem Betriebsvermögen oder von Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften, an denen der Erblasser oder Schenker zu mehr als 25% beteiligt ist (§ 19a Abs. 2 Nr. 3 ErbStG), insofern tariflich begünstigt, dass sie um den Unterschiedsbetrag zwischen Steuerklasse I und der tatsächlichen Steuerklasse entlastet wurden. Im Ergebnis führte dies für die Steuerpflichtigen zur Anwendung der Erbschaftsteuerklasse I. 60
Moench/Höll, Erbschaftsteuer, S. 210; Weinmann in: Christoffel et al., Erbschaftsteuergesetz § 15 Rn. 1. 61 BVerfGE 93, 165, 176; zur grundsätzlichen Bestätigung des Familienprinzips siehe S. 174 der Entscheidung.
174
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
Mit dieser Regelung war das Ziel erreicht, dass bei der Auswahl des Unternehmensnachfolgers steuerliche Gesichtspunkte, die an der Person des Nachfolgers festgemacht sind, keine Rolle spielen. Ausschlaggebend konnte bis Ende 2003 sein, ob der in Frage kommende Nachfolger die fachlich bestqualifizierte Person ist, um am Markt bestehen zu können. Im Zuge der Einigung im Vermittlungsausschuss am 19.12.2003 über das Haushaltsbegleitgesetz 2004 wurde jedoch der Entlastungsbetrag für Nachfolger der Steuerklasse II und III auf 88% begrenzt (19a Abs. 4 S. 3 ErbStG). Ziel dieser Einigung war es, den Subventionsabbau voranzutreiben.62 Auch nach dieser Kürzung stellt der § 19a ErbStG im Verhältnis zu anderen Vermögensarten eine deutliche Privilegierung für die Nachfolge in unternehmerisches Vermögen dar. Dessen ungeachtet erscheint es fraglich, ob es beim Subventionsabbau nicht sinnvoller gewesen wäre, andere Privilegierungen der Unternehmensnachfolge zu beschneiden. Nach In-Kraft-Treten des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 spielen wieder steuerliche Überlegungen eine Rolle bei der Frage, wer wohl der geeignete Nachfolger für das Unternehmen ist. 2. Begünstigung des Betriebsvermögens nach § 13a ErbStG Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995 ist beim Erwerb von Betriebsvermögen zu berücksichtigen, dass es sich um sozial gebundenes Vermögen handelt und deshalb die Erwerber im Vergleich zu Erwerbern anderer Vermögensarten nur vermindert leistungsfähig sind.63 Um diese verminderte Leistungsfähigkeit auszugleichen, wurden ein Betriebsvermögensfreibetrag und ein Bewertungsabschlag eingeführt. Der § 13a ErbStG gewährt beim Erwerb von inländischem Betriebsvermögen oder von Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften, an denen der Erblasser oder Schenker mit mehr als einem Viertel beteiligt ist (§ 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG), einen Freibetrag beim Erwerb von Todes wegen sowie beim Erwerb durch Schenkung unter Lebenden. Voraussetzung für den Abschlag beim Erwerb durch Schenkung unter Lebenden ist, dass der Erblasser dem Finanzamt gegenüber unwiderruflich die Inanspruchnahme erklärt (§ 13a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ErbStG). Dieser Freibetrag belief sich bislang auf 256.000 e. Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 ist er auf nunmehr 225.000 e reduziert worden. Daneben tritt ein Bewertungsabschlag, dessen Höhe durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 von ursprünglich 40% auf derzeit 35% herabgesetzt worden ist. 62 63
Siehe dazu Kapitel D.VI.1. Zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts siehe Kapitel D.III.
VII. Besteuerung unternehmerischen Vermögens
175
Das Gesetz stellt dabei auf formale Kriterien wie „Betriebsvermögen (§ 12 Abs. 5 ErbStG)“ oder der Beteiligungen am Nennkapital einer „Gesellschaft zu mehr als einem Viertel“ ab. Demnach werden Betriebsvermögen und über 25 prozentige Beteiligungen an Kapitalgesellschaften erbschaftsteuerlich mit 65% angesetzt, soweit der Freibetrag von 225.000 e überschritten wird. Die beiden Bedingungen sollen sicherstellen, dass tatsächlich der Begünstigungsgrund – die erhöhte Sozialbindung – vorliegt. Die Kategorisierung führt jedoch dazu, dass Fälle auftreten, in denen die formalen Kriterien des Gesetzes erfüllt sind, aber der materielle Begünstigungsgrund nicht vorliegt.64 Es ist auch der Fall denkbar, dass die formalen Kriterien des Gesetzes nicht erfüllt sind, jedoch von einer erhöhten Sozialgebundenheit des Vermögens auszugehen ist. Liegt eine in diesem Sinne nicht wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft vor, besteht ein signifikanter Unterschied zwischen der Besteuerung der Rechtsform der Kapital- und der Personengesellschaft. Fraglich erscheint deshalb, ob die Anknüpfung an die Rechtsform eines Unternehmens geeignet ist, um eine vermeintliche Sozialgebundenheit der Vermögensmasse festzustellen. Der Bundesfinanzhof hält die Übernahme des ertragsteuerlichen Betriebsvermögensbegriffs für ungeeignet und schlägt stattdessen vor, daran anzuknüpfen, ob das Vermögen einer gewerblichen Tätigkeit dient.65 Allerdings ist das Steuerrecht schon immer auf Kategorisierungen angewiesen gewesen. Es ist unpraktikabel, in jedem Einzelfall schwer abgrenzbare Kriterien wie die Sozialgebundenheit von Vermögen zu prüfen. Geht der Gesetzgeber von einer besonderen Sozialgebundenheit des unternehmerischen Vermögens aus, so muss er das Vorliegen der Sozialgebundenheit an einem Abgrenzungsmerkmal festmachen. Dabei kann nicht abgestritten werden, dass Sozialgebundenheit, so wie der Gesetzgeber diese sieht, bei Kleinanteilen an Kapitalgesellschaften in der Regel nicht vorliegt. Zwar mag es andere – möglicherweise besser geeignete – Kriterien geben, der Gesetzgeber hat sich jedoch nicht auf vollkommen sachfremde Erwägungen bei der Wahl des Differenzierungsmerkmals gestützt.66 Unabhängig von der wirksamen Unterscheidung zwischen sozial gebundenem und nicht sozial gebundenem Vermögen, stellen Betriebsvermögens64 Hübner in Viskorf et al., Erbschaftsteuergesetz § 13a Rn. 20 ErbStG; zu Gestaltungsüberlegungen, um begünstigtes Betriebsvermögens zu schaffen, siehe Kapitel E.IX.5. 65 BFHE 198, 373 f. 66 Hübner in Viskorf et al., Erbschaftsteuergesetz § 13a Rn. 20 ErbStG.
176
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
freibetrag und Bewertungsabschlag erhebliche Vergünstigungen beim Vermögensübergang dar. Da diese Vergünstigung nur Teilen des unternehmerisch gebundenen Vermögens und nicht allen Vermögensarten offen steht, handelt es sich bei § 13a ErbStG um ein Steuerprivileg. Fraglich ist, ob dieses verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Problematisch erscheint auch die Beschränkung der Begünstigung auf inländisches betriebs- oder land- und forstwirtschaftliches Vermögen und auf Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland. Die ungleiche Behandlung von in- und ausländischem Vermögen könnte zu erheblichen Nachteilen für die Eigentümer unternehmerischen Vermögens im Ausland führen. Ein Verstoß gegen die europäischen Grundfreiheiten kann nicht ausgeschlossen werden, und es gilt, im anschließenden Kapitel zu untersuchen, ob eine Verletzung der Grundfreiheiten vorliegt. 3. Stundung der Erbschaftsteuer nach § 28 ErbStG Der § 28 ErbStG gewährt – im Gegensatz zur Stundung nach § 222 AO, bei dem die Stundung im Ermessen der Finanzverwaltung liegt und in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung erfolgt, – einen Rechtsanspruch auf Stundung ohne Sicherheitsleistung (R 86 Abs. 3 ErbStR). Voraussetzung für den Rechtsanspruch ist, dass ein Betrieb oder landund forstwirtschaftliches Vermögen entweder im Wege des Erwerbs von Todes wegen oder durch eine Schenkung unter Lebenden übergeht (§ 28 Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 ErbStG). Betriebsvermögen umfasst gemäß § 12 Abs. 5 ErbStG und § 95 BewG alle Teile eines Gewerbebetriebs i. S. des § 15 Abs. 1 und 2 EStG. Damit sind auch ausländische Betriebsvermögen begünstigt. Nicht umfasst sind hingegen Anteile an Kapitalgesellschaften (R 86 Abs. 1 ErbStR). Fraglich erscheint in diesem Zusammenhang, ob die einseitige Berücksichtigung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften gerechtfertigt ist. Teilweise wird hier unter Berufung auf Gerechtigkeitslücken gefordert, auch wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften zu begünstigen und damit an die Definition der §§ 13a und 19a ErbStG anzuknüpfen.67 Für die Anwendung des § 28 ErbStG ist weiterhin Voraussetzung, dass die Sofortzahlung der Erbschaftsteuer die Existenz des Betriebes in seiner 67 Krüger et al., Produktivvermögen, S. 642; Moench/Höll, Erbschaftsteuer, S. 152; Schulz, Erbschaftsteuer, S. 570; Sosnitza, Reform, S. 347; den Begriff „Betriebsvermögen“ möchten Pahlke in: Christoffel et al., Erbschaftsteuergesetz § 28 Rn. 5 und Stobbe/Brüninghaus, Betriebsvermögen, S. 1612, sogar so auslegen, dass zumindest auch wesentliche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften darunter fallen.
VII. Besteuerung unternehmerischen Vermögens
177
gegenwärtigen Form gefährdet.68 Hingegen scheidet der Anspruch auf Stundung aus, wenn der Erwerber die Steuer für den Betrieb aus eigenem Vermögen bzw. aus weiterem erworbenen Vermögen aufbringen kann (R 86 Abs. 2 ErbStR).69 Die Stundungshöchstdauer beträgt zehn Jahre. Dabei fallen grundsätzlich Stundungszinsen in Höhe von 6% pro Jahr an. Allerdings ist der Erwerb von Todes wegen von dieser Zinspflicht ausgenommen (§ 28 Abs. 1 S. 2 2. Hs. ErbStG). Liegen hingegen bei einer Schenkung unter Lebenden Gründe vor, die zur Unbilligkeit der Erhebung der Zinsen führen, kann die Finanzverwaltung ganz oder teilweise auf die Zinserhebung verzichten (§ 28 Abs. 1 S. 2 ErbStG i. V. m. § 234 Abs. 2 AO). In der Fachliteratur wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die Finanzverwaltung von der Regelung des § 28 ErbStG nur sehr spärlich Gebrauch macht.70 Gleichwohl stellt die Stundungsregelung des § 28 ErbStG eine Begünstigung für den Übergang betrieblichen Vermögens dar. Auch der Hinweis, dass mit § 222 AO für alle Vermögensarten eine Stundungsmöglichkeit gegeben ist, kann dies nicht entkräften, da die Stundung bei dieser Norm im Ermessen der Finanzverwaltung steht und nicht wie bei § 28 ErbStG einen Rechtsanspruch gewährleistet. Dabei führt bereits die Inflation über einen Zeitraum von zehn Jahren zu einer Entwertung der ursprünglichen Steuerforderung von 16,34%.71 Bei Errechnung des Gegenwartswertes der Steuerforderung gemäß § 12 Abs. 3 BewG72 – bei dieser Methode wird ein Zinssatz von 5,5% angenommen – ergibt sich je nach Dauer der zinslosen Stundung sogar ein Abzinsungsvorteil für den Steuerpflichtigen von bis zu 41,5%.73 Die Stundungsregelung des § 28 ErbStG stellt damit eine deutliche Privilegierung für den Übergang betrieblichen Vermögens im Wege des Erwerbs von Todes wegen dar. Dieses Steuerprivileg müsste verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. 68
Zu den einzelnen Voraussetzungen, wann eine solche Gefahr für die gegenwärtige Form des Betriebsvermögens vorliegt, siehe Meincke, Erbschaftsteuer § 28 Rn. 6, und Moench/Höll, Erbschaftsteuer, S. 151. 69 Die Verwaltungspraxis bestätigend BFHE 153, 229, 230 f. 70 Meincke, Erbschaftsteuer § 28 Rn. 2; Moench/Höll, Erbschaftsteuer, S. 152. 71 Hierbei wurde die Hypothese einer gleich bleibenden Inflation von 1,8% zu Grunde gelegt. 72 Zur Errechnung des Kapitalwertes legt § 12 Abs. 3 BewG für zinslose Forderungen einen Zinssatz von 5,5% zu Grunde. 73 Zur Berechnung siehe insbesondere Tabelle 1 der gleichlautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 07.12.2001, BStBl. I 2001, 1041. Die in der Literatur zu findenden Angaben von einem Abzinsungsvorteil von 42,5% (Knobel in Viskorf et al., Erbschaftsteuergesetz § 28 Rn. 1 ErbStG und N. N., Verfassungswidrigkeit, S. 531) beruhen anscheinend auf einem Berechnungsfehler.
178
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
4. Anspruch auf Steuervergünstigungen im Vergleich der Rechtsformen unternehmerischen Vermögens Vergleicht man – unabhängig von der unterschiedlich ermittelten Bemessungsgrundlage – die Möglichkeiten, Steuervergünstigungen auf Personenund Einzelunternehmen sowie auf Kapitalgesellschaften anwenden zu können, fällt auf, dass in diesem Bereich leichte Vorteile für die Rechtsform der Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften bestehen. Bei diesen Gesellschaftsformen ist weder beim Steuerklassenprivileg (§ 19a ErbStG) noch beim Freibetrag und Bewertungsabschlag (§ 13a ErbStG) eine Mindestbeteiligungsquote erforderlich. Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft können hingegen nur dann von der Steuerprivilegierung profitieren, wenn sie zu mehr als einem Viertel am Unternehmen beteiligt sind. Als weiterer Vorteil der Einzelunternehmen und Personengesellschaften kommt hinzu, dass die Stundung gemäß § 28 ErbStG nicht auf Kapitalgesellschaften angewendet werden kann. Damit bestehen tendenziell Vorteile der Personen- und Einzelunternehmen gegenüber der Rechtsform der Kapitalgesellschaft. 5. Vergleich der Erbschaftsteuerberechnung unternehmerischen Vermögens mit anderen Vermögensarten Deutlich werden die erwähnten Steuervergünstigungen für unternehmerisches Vermögen, wenn man einen Vergleich der Erbschaftsbesteuerung unternehmerischen Vermögens i. S. der §§ 13a und 19a ErbStG mit den sonstigen Vermögensarten anstellt. Unter sonstige Vermögensarten fällt auch unternehmerisches Auslandsvermögen, da auf dieses die Steuerprivilegien der §§ 13a und 19a ErbStG nicht anwendbar sind. Um die Betrachtung auf die Steuerprivilegien des ErbStG zu fokussieren, wird für die beiden betrachteten Vermögensarten eine einheitliche Bemessungsgrundlage angenommen. Erst im Anschluss an diesen Vergleich werden die Auswirkungen des BewG in die Betrachtung mit aufgenommen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird die Darstellung auf Bemessungsgrundlagen unter und über 10 Mio. e geteilt. Die Betrachtung der Besteuerung von Vermögen mit einer Bemessungsgrundlage unter 10 Mio. e verdeutlicht, dass für unternehmerisches Vermögen die Besteuerung aufgrund des Betriebsvermögensabschlags später einsetzt als für die anderen Vermögensarten. Zusammen mit dem persönlichen Freibetrag in der Steuerklasse I ist es so möglich, Vermögensbeträge
VII. Besteuerung unternehmerischen Vermögens
Sonstiges Vermögen, Stkl. III
45% 40%
Sonstiges Vermögen, Stkl. II
35% 30%
Sonstiges Vermögen, Stkl. I
25% 20%
Unternehm. Vermögen, Stkl. III
15%
Unternehm. Vermögen, Stkl. II
10% 5%
Unternehm. Vermögen, Stkl. I 5 9,
5 7,
8, 5
5 6,
5 4,
5, 5
5 3,
2, 5
0,
1, 5
0% 5
Verhältnis der Besteuerung zur Bemessungsgrundlage
179
Bemessungsgrundlage in Mio. €
Abbildung 16: Besteuerungsvergleich von unternehmerischem Vermögen zu anderen Vermögensarten (Wert unter 10 Mio. e)74
von über 500.000 e zu übertragen, ohne dass Erbschaftsteuer zu bezahlen ist. Auch bei mittlerer Vermögensgröße ist der Entlastungseffekt durch den Betriebsvermögensfreibetrag groß. Die durch den Abschlag reduzierte Bemessungsgrundlage führt zu einem Steuersatz, der aufgrund der reduzierten Bemessungsgrundlage niedriger einzugruppieren ist (§ 19 Abs. 1 ErbStG). Die Steuerbelastung reduziert sich folglich. Durch die persönlichen Freibeträge (§ 16 ErbStG) verstärkt sich diese Wirkung. Das Steuerklassenprivileg des § 19a ErbStG für unternehmerisches Vermögen wirkt sich in der Form aus, dass für die unterschiedlichen Steuerklassen die Differenz bei der Steuerbelastung nur gering ist. Gemessen wird die Besteuerungsdifferenz, indem die tatsächliche Erbschaftsteuerlast einer Steuerklasse (gemessen an der Ausgangsbemessungsgrundlage) von der Erbschaftsteuerlast der zu vergleichenden Steuerklasse subtrahiert wird. Die Besteuerungsdifferenz zwischen der Steuerklasse I und der Steuerklasse III liegt beispielsweise bei unternehmerischem Vermögen im gesamten Betrachtungsbereich unter 4,5% und durchschnittlich bei etwa 2,3%. Der Unterschied zwischen Steuerklasse II und III ist noch geringer, im Betrachtungsbereich liegt er gerade bei 0,61%, allerdings nimmt diese Diffe74 Der Besteuerungsvergleich basiert auf der Formel: (Ausgangsbemessungsgrundlage – Betriebsvermögensfreibetrag – Betriebsvermögensabschlag – persönlicher Freibetrag) · Vonhundertsatz der jeweiligen Steuerklasse.
180
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
Verhältnis der Besteuerung zur Bemessungsgrundlage
60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46
Sonstiges Vermögen, Stkl. III Sonstiges Vermögen, Stkl. II Sonstiges Vermögen, Stkl. I Unternehm. Vermögen, Stkl. III Unternehm. Vermögen, Stkl. II Unternehm. Vermögen, Stkl. I
Bemessungsgrundlage in Mio. €
Abbildung 17: Besteuerungsvergleich von unternehmerischem Vermögen zu anderen Vermögensarten (Wert ab 10 Mio. e)75
renz mit zunehmendem Vermögen zu, da der Betriebsvermögensfreibetrag an Bedeutung verliert. Die Besteuerung der anderen Vermögensarten setzt wesentlich früher ein. Da für diese keine speziellen Freibeträge existieren, bieten die persönlichen Freibeträge des § 16 ErbStG die einzige Entlastung. Für Personen der Steuerklassen II und III sind die Freibeträge jedoch relativ niedrig, so dass der Entlastungseffekt gering ist und mit zunehmender Vermögenshöhe vernachlässigt werden kann. Mangels Steuerklassenprivileg ist die Differenz zwischen den einzelnen Steuerklassen erheblich. Zwischen der Steuerklasse I und III beträgt sie im Schnitt über 18%. Auch die durchschnittliche Besteuerungsdifferenz zwischen Steuerklasse I und II ist mit knapp 9,7% deutlich größer als bei unternehmerischem Vermögen. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Betrachtung größerer Vermögen von mehr als 10 Mio. e. Die Analyse des Großvermögensbereichs – der für diese Arbeit bei Vermögen ab 10 Mio. e (Verkehrswert) angenommen wird – zeigt, dass beim sonstigen Vermögen die Steuersätze und damit auch das Verhältnis der Besteuerung zur Bemessungsgrundlage direkt mit zunehmendem Vermögen ansteigt. Der höchste Steuersatz beim sonstigen Vermögen wird bei einer Ausgangsbemessungsgrundlage von 26 Mio. e erreicht. 75 Die Erbschaftsteuerbelastung der einzelnen Vermögensarten wurde für den Besteuerungsvergleich anhand der Formel: [(ABG – BVF – BVA – PF) · VHS] – EB ermittelt. Unberücksichtigt blieb die Härtefallregelung des § 19 Abs. 3 ErbStG.
VII. Besteuerung unternehmerischen Vermögens
181
Im Gegensatz dazu steigt die Steuerbelastung für unternehmerisches Vermögen – versetzt um Betriebsvermögensfreibetrag und Bewertungsabschlag – später an. Die höchste Steuerstufe wird erst bei einer Bemessungsgrundlage von 40 Mio. e erreicht. Der Betriebsvermögensfreibetrag verliert mit zunehmender Größe des Vermögens an Bedeutung. Eine hohe Entlastung garantiert in diesem Vermögensbereich der Bewertungsabschlag von 35%. So beträgt die Steuerbelastung bei unternehmerischem Vermögen von 40 Mio. e in Steuerklasse I 19,2%. Das Steuerklassenprivileg führt dazu, dass auch in den Steuerklassen II mit 20,2% und III mit 20,9% die Steuerbelastung nicht wesentlich höher ist. Im Gegensatz dazu ist die Steuerbelastung des sonstigen Vermögens wesentlich höher. In Steuerklasse I liegt sie bei 29,8%, in Steuerklasse II und III bei 30 bzw. 40%. Über die einzelnen Steuerstufen hinweg beträgt die durchschnittliche Differenz zwischen der Besteuerung unternehmerischen Vermögens und dem sonstigen Vermögen in Steuerklasse I noch moderate 11,32%. In der Steuerklasse II liegt dieser Wert schon bei 20,34% und bei Steuerklasse III sogar bei 29,48%. Ihr größtes Ausmaß erreichen die Belastungsunterschiede bei Steuerklasse III im Vermögensbereich von 13 bis 18 Mio. e, bei dem der Belastungsunterschied über 30 Prozentpunkte beträgt. Es kann festgehalten werden, dass ohne Berücksichtigung der unterschiedlich ermittelten Bemessungsgrundlage die Steuerbelastung unternehmerischen Vermögens wesentlich geringer ist als beim sonstigen Vermögen. Zurückzuführen ist dies darauf, dass einzig unternehmerischem Vermögen Freibetrag und Wertabschlag gewährt werden. Ebenfalls kann das Steuerklassenprivileg einzig auf den Übergang unternehmerischen Vermögens angewendet werden. Für die anderen Vermögensarten sind weder diese Regelungen anwendbar, noch existieren andere, den aufgezeigten Privilegien vergleichbare Regelungen. Im Ergebnis ist damit – unabhängig von der Ermittlung der Bemessungsgrundlage – die Besteuerung von unternehmerischem Inlandvermögen gegenüber den sonstigen Vermögensarten und damit auch ausländischem unternehmerischen Vermögen deutlich privilegiert. Gleiches gilt für das Verhältnis von unternehmerischem Inlandsvermögen zu ausländischem Unternehmensvermögen, da auf diese die Steuerprivilegien der §§ 13a und 19a ErbStG nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht anwendbar sind.
182
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
6. Gesamtvergleich von Bemessungsgrundlage und Besteuerung der verschiedenen Vermögensarten Da der Vergleich der Besteuerung unter Ausblendung der unterschiedlich zu ermittelnden Bemessungsgrundlage nur ein unvollständiges Bild der Erbschaftsteuerrealität wiedergibt, ist es im nächsten Schritt notwendig, die je nach Vermögensart unterschiedlichen Methoden zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dies geschieht anhand der vom Sachverständigenrat zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung festgestellten Bewertungshöhe der einzelnen Vermögensarten.76 Der Vergleich beruht damit auf Werten, die im Durchschnitt für bestimmte Vermögenskategorien ermittelt wurden. Es handelt sich folglich um eine pauschalierte Berechnung, die nicht dazu geeignet ist, die Erbschaftsteuerbelastung für den Einzelfall bei vorgegebenem Verkehrswert wiederzugeben. Die Berechnung dient vielmehr dazu, die gemeinsame Wirkung von reduzierter Bemessungsgrundlage und Steuerprivilegien darzustellen. Um eine möglichst breite Vergleichsbasis zu haben, werden die Kategorien unternehmerisches Vermögen und sonstiges Vermögen aufgefächert. Das unternehmerische Vermögen wird aufgegliedert in Einzelunternehmen und Personengesellschaften, börsennotierte Kapitalgesellschaften bzw. in Kapitalgesellschaften, deren Wert durch zeitnahe Verkäufe ermittelt wurde, und Kapitalgesellschaften, bei denen die Bewertung durch das Stuttgarter Verfahren stattfand. Neben dem unternehmerischen Vermögen werden die Vermögensarten land- und forstwirtschaftliches Vermögen77, unbebaute Grundstücke, bebaute Grundstücke und sonstiges Vermögen78 betrachtet.79 Um Übersichtlichkeit zu wahren, wird die Betrachtung – analog zur Betrachtung der Erbschaftsteuerberechnung – nach ihrer Vermögensgröße un76 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Beschäftigung, S. 301 f. 77 Zwar bestehen einige Unterschiede zwischen der ertragsteuerlichen Betrachtung land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und der erbschaftsteuerlichen Betrachtung (siehe dazu R 52 ErbStR, sowie Meincke, Erbschaftsteuer § 13a Rn. 19). Da diese Unterschiede in einem abstrakten Besteuerungsvergleich nicht darstellbar sind, wird im Folgenden die Deckungsgleichheit beider Begrifflichkeiten angenommen. 78 Unter sonstiges Vermögen fallen z. B. Kunstgegenstände, Hausrat, Barvermögen und Schmuck. 79 Bei dieser Analyse wird das unternehmerische Auslandsvermögen nicht betrachtet, da grundsätzlich keine Unterschiede zwischen der Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei in- und ausländischem Unternehmensvermögen bestehen. Die Differenzierung zwischen in- und ausländischem Unternehmensvermögen findet in der bereits dargestellten unterschiedlichen Besteuerung statt. Eine erneute Betrachtung des ausländischen Unternehmensvermögens im Gesamtvergleich unterbleibt zugunsten der Übersichtlichkeit.
VII. Besteuerung unternehmerischen Vermögens
Sonstiges Vermögen Unbebaute Grundstücke Bebaute Grundstücke KapG – zeitnahe Verkäufe KapG – Stuttgarter Verfahren EinzelU/PersG
20%
15%
10%
5%
9, 5
8, 5
5 7,
6, 5
5, 5
5 3,
4, 5
5 2,
1, 5
0%
0, 5
Verhältnis der Besteuerung zum Verkehrswert
25%
183
Land- und forstw. Vermögen
Verkehrswert des Vermögens in Mio. €
Abbildung 18: Besteuerungsvergleich unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage bei Vermögen der Steuerklasse I (Wert unter 10 Mio. e)80
terteilt. Zusätzlich findet eine Unterteilung in Steuerklassen statt, wobei die Übersichtlichkeit es gebietet, den Vergleich auf die Steuerklassen I und III zu fokussieren. Die Gesamtanalyse zeigt, dass unternehmerisches Vermögen im Vermögensbereich von 500.000 e bis 1 Mio. e zu großen Teilen steuerfrei übertragen werden kann bzw. nur minimal belastet wird. Grund dafür ist die Kombination aus niedriger Bemessungsgrundlage, des unternehmerischen Steuerfreibetrags von 225.000 e und des in Steuerklasse I hohen persönlichen Steuerfreibetrags von 205.000 e. Die niedrigste Belastung liegt auf land- und forstwirtschaftlichem Vermögen. Dies liegt daran, dass dieses im Schnitt nur mit 10% des Verkehrswertes bewertet wird und land- und forstwirtschaftliche Betriebe – genauso wie unternehmerisches Vermögen – in den Genuss der Steuerprivilegien nach §§ 13a und 19a ErbStG kommen. Eine Belastung entsteht hier erst ab einer Vermögensgröße von etwa 5,5 Mio. e.81 80 Die Erbschaftsteuerbelastung der einzelnen Vermögensarten wurde für den Besteuerungsvergleich anhand der Formel: [(VKW · BHV) – BVF – BVA – PF] · VHS ermittelt. Unberücksichtigt blieb die Härtefallregelung des § 19 Abs. 3 ErbStG. 81 Ähnlich auch Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Beschäftigung, S. 302, der davon spricht, dass „der Erbanfall bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen in aller Regel keinerlei Steuerpflicht“ auslöst.
184
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
Im Vergleich zum sonstigen Vermögen, das mit 100% des Verkehrswertes bewertet wird, profitieren auch bebaute und unbebaute Grundstücke von der deutlich niedrigeren Bewertung. Die geringe Bewertung zieht sich dabei durch den gesamten Vergleich und führt bei bebauten und unbebauten Grundstücken zu einem – hin zum größeren Vermögen – verlagerten Einsetzen der Steuerstufen als bei der Vermögensart des sonstigen Vermögens. Der gleiche Effekt besteht bei Kapitalgesellschaften, die nach dem Stuttgarter Verfahren bewertet werden, und bei Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften; diese Vermögensarten werden zusätzlich durch den Betriebsvermögensfreibetrag und -abschlag entlastet. Anders stellt sich die Situation für börsennotierte Kapitalgesellschaften und für Kapitalgesellschaften dar, die anhand zeitnaher Verkäufe bewertet werden. Bei diesen Vermögensarten wird der Verkehrswert als Bemessungsgrundlage herangezogen. Die Bewertung liegt damit weit über der Bewertung der anderen Gesellschaftsarten. Allerdings führen Betriebsvermögensfreibetrag und Wertabschlag dazu, dass die Übertragung dieses unternehmerischen Vermögens – selbst gegenüber den um 20% niedriger bewerteten unbebauten Grundstücken – deutlich privilegiert wird. Im Bereich bis zur Vermögenshöhe von fast 1 Mio. e ist die Besteuerung sogar günstiger als bei den nur mit 50% bewerteten bebauten Grundstücken. Erst bei höheren Vermögenswerten dreht sich dieser Effekt um, da die Bedeutung des Betriebsvermögensfreibetrags, gemessen an der Vermögensgröße, abnimmt. Die Besteuerung des bebauten Immobilienvermögens ist dann in Steuerklasse I günstiger. Vergleicht man die Besteuerung der unterschiedlichen Vermögensarten im Verkehrswertbereich von 7 Mio. e, so beträgt die am Verkehrswert gemessene Erbschaftsteuerbelastung für land- und forstwirtschaftliches Vermögen lediglich 0,16%. Die Belastung für Einzelunternehmen und Personengesellschaften liegt bei etwa 6,46%. Mit 7,32% beträgt auch die Belastung für Kapitalgesellschaften, die nach dem Stuttgarter Verfahren bewertet werden, nur wenig mehr. Selbst bei börsennotierten Kapitalgesellschaften und bei Kapitalgesellschaften mit zeitnahen Verkäufen, bei denen folglich der Verkehrswert als Bemessungsgrundlage herangezogen wird, hält sich die Erbschaftsteuerbelastung mit 11,4% in Grenzen. Moderat ist auch die Belastung für bebautes Immobilienvermögen, sie beträgt 8,94%. Deutlich höher ist schon die Belastung für unbebaute Grundstücke mit 17,73% und mit 22,33% für sonstiges Vermögen. Bei gleichem Verkehrswert von 7 Mio. e beträgt in Steuerklasse I die am Verkehrswert gemessene Belastungsdifferenz zwischen der Vermögenskategorie der Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften und der Katego-
185
35%
Sonstiges Vermögen
30%
Unbebaute Grundstücke
25% 20%
Bebaute Grundstücke
15%
KapG – zeitnahe Verkäufe
10%
KapG – Stuttgarter Verfahren
66
62
58
54
50
46
42
38
34
30
26
Land- und forstw. Vermögen
22
0% 18
EinzelU/PersG
14
5%
10
Verhältnis der Bewertung zum Verkehrswert
VII. Besteuerung unternehmerischen Vermögens
Verkehrswert des Vermögens in Mio. €
Abbildung 19: Besteuerungsvergleich unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage bei Vermögen der Steuerklasse I (Wert ab 10 Mio. e)82
rie des sonstigen Vermögens, über 15,8 Prozentpunkte. Absolut entspricht dies einem Differenzbetrag von 1,106 Mio. e. Die geschilderte Situation setzt sich im Großvermögensbereich fort. Auch im Großvermögensbereich ändert sich an der niedrigen Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen nichts. Nimmt man hier einen Vermögenswert von 40 Mio. e an, so liegt die Steuerbelastung mit 427.263 e nur bei 1,07%. Beim unternehmerischen Vermögen führen Freibetrag und Wertabschlag zu einem zum größeren Vermögen hin versetzten Einsetzen der Steuerstufen. Bei Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften ist zusätzlich die Bemessungsgrundlage sehr gering, so dass diese Vermögensart in allen Vermögensbereichen eine geringe Steuerbelastung aufweist. Die höchste Steuerstufe von 30% in Steuerklasse I wird erst bei einem Vermögensverkehrswert von knapp 68 Mio. e erreicht. Bei einem beispielhaft angenommenen Verkehrswert des Vermögens von 40 Mio. e beträgt in dieser Vermögenskategorie die Erbschaftsteuerbelastung 10,29%, was etwa 4,1 Mio. e, die an Erbschaftsteuer zu zahlen sind, entspricht. Auch die Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften, die nach dem Stuttgarter Verfahren bewertet werden, ist nur wenig höher. Die Belastungsdiffe82 Die Erbschaftsteuerbelastung der einzelnen Vermögensarten wurde für den Besteuerungsvergleich anhand der Formel: [(VKW · BHV) – BVF – BVA – PF] · VHS ermittelt. Unberücksichtigt blieb die Härtefallregelung des § 19 Abs. 3 ErbStG.
186
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
renz zu Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften beträgt in diesem Betrachtungsabschnitt im Schnitt 1,37 Prozentpunkte. Die höchste Steuerstufe wird bei Verkehrswerten von etwa 60 Mio. e erreicht. Bei einem angenommenen Verkehrswert von 40 Mio. e liegt die Erbschaftsteuerbelastung bei 11,52%. Absolut entspricht dies ca. 4,6 Mio. e, die an Erbschaftsteuer abzuführen sind. Aufgrund der niedrigen Bemessungsgrundlage folgt dann schon bebautes Immobilienvermögen. Die durchschnittliche Belastungsdifferenz zu Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften beträgt 3,37 Prozentpunkte. Die höchste Steuerstufe wird bei einem Vermögensverkehrswert von 51,335 Mio. e erreicht. Legt man bebautes Immobilienvermögen mit einem Verkehrswert von 40 Mio. e zu Grunde, beträgt die Erbschaftsteuerbelastung 13,36%. Einer höheren Besteuerung unterworfen ist das Vermögen an börsennotierten Kapitalgesellschaften bzw. an Kapitalgesellschaftsanteilen, die durch zeitnahe Verkäufe bewertet werden. Die Belastungsdifferenz zu Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften beträgt in diesem Betrachtungsbereich im Schnitt 7,86 Prozentpunkte. Die höchste Steuerstufe ist bei Verkehrswerten von weniger als 40 Mio. e erreicht. Die Erbschaftsteuerbelastung beträgt bei Vermögen dieser Kategorie und einer Vermögenshöhe von 40 Mio. e knapp 19,24%. Noch höher wird unbebautes Immobilienvermögen besteuert. Zwar wird dieses Vermögen nicht mit dem Verkehrswert angesetzt, sondern mit einem um 20% reduzierten Wert, es existieren jedoch weder Freibetrag noch Bewertungsabschlag. Die höchste Steuerstufe wird schon bei einem Verkehrswert von etwas mehr als 32 Mio. e erreicht. Die durchschnittliche Belastungsdifferenz zu Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften beträgt 12,67 Prozentpunkte. Nimmt man unbebautes Immobilienvermögen mit einem Verkehrswert von 40 Mio. e an, so beträgt die Erbschaftsteuerbelastung knapp 23,85%, was mehr als 9,5 Mio. e entspricht. Die deutlich höchste Besteuerungslast liegt auf sonstigem Vermögen, das zum Verkehrswert bewertet wird und auf das keine Freibeträge anwendbar sind. Die durchschnittliche Belastungsdifferenz zu der Vermögensart Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften beträgt 19,14 Prozentpunkte. Die höchste Steuerstufe von 30% wird bei 25,77 Mio. e erreicht. Bei einer beispielhaft angenommenen Übertragung sonstigen Vermögens von 40 Mio. e würde die Erbschaftsteuerbelastung bei 29,85% liegen, dies entspricht knapp 11,9 Mio. e. Der Belastungsunterschied zwischen der vom unternehmerischen Vermögen am niedrigsten belasteten Vermögenskategorie Einzelunternehmen und Personengesellschaften und dem sonstigen Vermögen beträgt bei der
VII. Besteuerung unternehmerischen Vermögens Sonstiges Vermögen
40% 35%
Unbebaute Grundstücke
30%
Bebaute Grundstücke
25%
KapG – zeitnahe Verkäufe
20%
KapG – Stuttgarter Verfahren
15% 10%
EinzelU/PersG
5% Land- und forstw. Vermögen
9, 5
5 8,
7, 5
5 5,
6, 5
5 4,
3, 5
2, 5
1,
5
0% 0, 5
Verhältnis der Besteuerung zum Verkehrswert
45%
187
Verkehrswert des Vermögens in Mio. €
Abbildung 20: Besteuerungsvergleich unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage bei Vermögen der Steuerklasse III (Wert unter 10 Mio. e)83
Übertragung von Vermögen in Höhe von 40 Mio. e in der Steuerklasse I 19,55 Prozentpunkte. Dies entspricht absolut einem Differenzbetrag von mehr als 7,8 Mio. e. Dieser Betrag wäre bei der Übertragung sonstigen Vermögens mehr zu bezahlen als bei der Übertragung von Vermögen in Form eines Einzelunternehmens bzw. einer Personengesellschaft. Der Belastungsunterschied ist jedoch auch im Vergleich zu der am höchsten belasteten unternehmerischen Vermögensart – der börsennotierten Kapitalgesellschaften – erheblich. So liegt der Differenzbetrag bei über 4,2 Mio. e bzw. 10,61 Prozentpunkten. Aufgrund des Steuerklassenprivilegs wird der Unterschied zwischen unternehmerischen sowie land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und den anderen Vermögensarten bei der Besteuerung beim Vermögensübergang in der Steuerklasse III sehr deutlich. Der Besteuerungsverlauf der nicht-steuerprivilegierten Vermögensarten hat sich in der Betrachtung nicht verändert. Gewandelt hat sich die Besteuerung des unternehmerischen Vermögens sowie des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Beide Vermögensarten sind in der Steuerklasse III gegenüber den anderen Vermögensarten derart privilegiert, dass die Erbschaft83 Die Erbschaftsteuerbelastung der einzelnen Vermögensarten wurde für den Besteuerungsvergleich anhand der Formel: {[(VKW · BHV) – BVF – BVA – PF] · VHS} – EB ermittelt. Unberücksichtigt blieb die Härtefallregelung des § 19 Abs. 3 ErbStG.
188
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
steuerlast dieser Vermögensbestandteile deutlich geringer ist als bei den anderen Vermögensarten. Am geringsten ist die Belastung für land- und forstwirtschaftliches Vermögen: Die Steuerlast beträgt bei einer Vermögensübertragung von 7 Mio. e knapp 50.000 e, was einer Besteuerungsquote von 0,72% entspricht. Moderat ist auch die Erbschaftsteuerbelastung für Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften. Bei der angenommenen Vermögenshöhe von 7 Mio. e liegt die Belastung gemessen am Ausgangsvermögen mit 7,71%, was etwa 0,54 Mio. e entspricht, nur um 1,25 Prozentpunkte über der Belastung in der Steuerklasse I. Ähnlich niedrig ist auch die Belastung für Anteile an Kapitalgesellschaften, die nach dem Stuttgarter Verfahren bewertet wurden. Die Erbschaftsteuerlast beträgt hier 8,66%. Mit 13,15%, was knapp 920.000 e entspricht, ist die Belastung für Anteile an Kapitalgesellschaften, die börsennotiert sind oder bei denen die Bewertung anhand zeitnaher Verkäufe stattgefunden hat, deutlich höher. Allerdings ist sie immer noch günstiger als die Belastung für bebautes Immobilienvermögen, sie beträgt 17,47% und absolut über 1,2 Mio. e. Die wesentlich höhere Bewertung von unbebauten Grundstücken und von sonstigem Vermögen führt dazu, dass beide Vermögensarten eine deutlich höhere Erbschaftsteuerbelastung zu tragen haben. Für unbebaute Grundstücke liegt sie bei 32,77%. Dies entspricht einer Erbschaftsteuerschuld von fast 2,3 Mio. e. Die Belastung für sonstiges Vermögen beträgt 40,97%. Bei einer Vermögenssumme von 7 Mio. e fällt damit eine Erbschaftsteuerbelastung von mehr als 2,8 Mio. e an. Stellt man der Vermögenskategorie der Einzelunternehmen und Personengesellschaften die Vermögensart mit der höchsten Steuerbelastung gegenüber – nämlich das sonstige Vermögen –, so beträgt die Belastungsdifferenz bei einem Vermögensverkehrswert von 7 Mio. e knapp 33,3 Prozentpunkte. Absolut liegt die Differenz bei etwa 2,328 Mio. e. Mit etwa 2,868 Mio. e ist die Belastung sonstigen Vermögens mehr als fünfmal so groß wie die Belastung von Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften. Ähnlich sieht die Situation auch im Bereich der Großvermögen aus. Auch hier findet keine Veränderung bei den nicht-unternehmerischen Vermögensarten statt, hingegen profitiert das unternehmerische Vermögen in erheblichem Maße vom Steuerklassenprivileg. Wie in der vorangegangenen Betrachtung dargelegt, ist die steuerliche Belastung für land- und forstwirtschaftliches Vermögen am geringsten. Bei einer angenommenen Vermögenshöhe von 40 Mio. e besteht eine Belastung von 512.237 e; gemessen am Verkehrswert, entspricht dies gerade 1,28%.
VII. Besteuerung unternehmerischen Vermögens
Verhältnis der Besteuerung zum Verkehrswert
60%
Sonstiges Vermögen Unbebaute Grundstücke Bebaute Grundstücke KapG – zeitnahe Verkäufe KapG – Stuttgarter Verfahren EinzelU/PersG
50% 40% 30% 20% 10%
66
58
62
54
50
46
42
38
34
30
26
22
18
14
0%
10
189
Land- und forstw. Vermögen
Verkehrswert des Vermögens in Mio. €
Abbildung 21: Besteuerungsvergleich unter Berücksichtigung der Bemessungsgrundlage bei Vermögen der Steuerklasse III (Wert ab 10 Mio. e)84
Für Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften ist die Steuerlast fast zehnmal höher, dennoch ist dies im Vergleich zu den anderen Vermögensarten als moderat anzusehen. Bei einer angenommenen Vermögenshöhe von 40 Mio. e sind knapp 4,5 Mio. e an Erbschaftsteuer fällig; gemessen am Verkehrswert, entspricht dies 11,35%. Wenig höher ist die Belastung von Kapitalgesellschaften, die durch das Stuttgarter Verfahren bewertet wurden, hier liegt die Belastungsquote bei 12,69%. Schon deutlich größer ist die Belastung für Anteile an börsennotierten Kapitalgesellschaften bzw. für Kapitalgesellschaften, die durch zeitnahe Verkäufe bewertet wurden. Bei Vermögen mit einem Verkehrswert von 40 Mio. e beträgt die Belastung 8.374.930 e; gemessen am Anteilswert, entspricht dies 20,94%. Die Belastung bebauten Immobilienvermögens liegt bei gleichem Verkehrswert mit 23,49% über der Belastung des unternehmerischen Vermögens. Im Vergleich mit allen Vermögensarten liegt sie im mittleren Bereich. Deutlich höher verläuft die Belastung unbebauten Immobilienvermögens. Beim Verkehrswert von 40 Mio. e ist bei dieser Vermögensart bereits die höchste Besteuerungsstufe erreicht. Die am Verkehrswert gemessene Belastung beträgt knapp 40% und in absoluten Werten fast 16 Mio. e. Dies wird 84 Die Erbschaftsteuerbelastung der einzelnen Vermögensarten wurde für den Besteuerungsvergleich anhand der Formel: {[(VKW · BHV) – BVF – BVA – PF] · VHS} – EB ermittelt. Unberücksichtigt blieb die Härtefallregelung des § 19 Abs. 3 ErbStG.
190
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
nur noch vom sonstigen Vermögen überboten. Die Belastung beträgt dabei über 19,9 Mio. e, was fast 50% des Verkehrswertes entspricht. Festzuhalten ist, dass die Belastungsdifferenz bei gleich hohem Verkehrswert bei den unterschiedlichen Vermögensarten enorm ist. Bei Betrachtung des Vermögenswertes von 40 Mio. e beträgt die Belastung sonstigen Vermögens mehr als das Vierfache der Belastung von Vermögen in Form von Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften. Absolut beträgt die Differenz zwischen den beiden an Erbschaftsteuer zu zahlenden Beträgen über 15,4 Mio. e. Mit einer knapp vierzigfach so hohen Belastung ist die Differenz von sonstigem zu land- und forstwirtschaftlichem Vermögen noch ausgeprägter. Dies entspricht einer Belastungsdifferenz von 22,78 Prozentpunkten; absolut liegt die Differenz bei etwa 19,5 Mio. e. Der Vergleich der Erbschaftsbesteuerung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Höhe der Bemessungsgrundlage ergibt, dass zwischen den einzelnen Vermögensarten erhebliche Belastungsdifferenzen bestehen. Durch den Einbezug der unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen in die Betrachtung wurden die Belastungsdifferenzen zwischen unternehmerischem Vermögen und der Vermögensart sonstiges Vermögen noch deutlicher. Bei den anderen Vermögensarten wurde die Differenz relativiert, so profitiert vor allem bebautes Immobilienvermögen von einer niedrigen Bewertung. Der Vergleich zeigt auch, dass die Vermögensarten, die in den Genuss der Steuerprivilegierung der §§ 13a und 19a ErbStG kommen, fast durchgängig geringer besteuert werden als die anderen Vermögensarten. Einzig bebautes Immobilienvermögen weist in den Steuerklassen I und II eine ähnlich geringe Belastungsquote auf. 7. Ergebnis Unternehmerisches Vermögen wird durch das Steuerklassenprivileg des § 19a ErbStG und durch den Betriebsvermögensfreibetrag sowie den Betriebsvermögensabschlag des § 13a ErbStG begünstigt. Eine weitere Privilegierung stellt die Stundungsmöglichkeit des § 28 ErbStG dar. Die genannten Privilegien führen dazu, dass die Steuerbelastung für unternehmerisches Vermögen wesentlich geringer ist als beim sonstigen Vermögen. Die Belastungsdifferenzen zwischen den Vermögensarten werden durch den Besteuerungsvergleich unter Hinzuziehung der Bemessungsgrundlage deutlich gemacht.
VIII. Erbschaftsteuer und Besteuerung unternehmerischen Vermögens
191
VIII. Interdependenzen zwischen der Erbschaftsteuer und der laufenden Besteuerung beim Übergang unternehmerischen Vermögens In der Fachliteratur wird immer wieder über eine doppelte Belastung durch Erbschaft- und Ertragsteuern diskutiert. Mit dem Verweis auf die angenommene Doppelbesteuerung werden Forderungen nach einer Zusammenlegung von Erbschaft- und Ertragsbesteuerung bzw. nach der Abschaffung der Erbschaftsteuer erhoben.85 Ausgangspunkt dieser Diskussion ist die Überlegung, dass zwei gleichartige Steuerarten mit dennoch unterschiedlichen Besteuerungsgegenständen – wie die Erb- und Einkommensteuer – sich ergänzen sollen. Dafür müssen die Steuerarten jedoch so aufeinander abgestimmt sein, dass wirtschaftliche Vorgänge nicht doppelt erfasst werden. 1. Systemkonforme Doppelbelastung Weitestgehend herrscht Einigkeit darüber, dass es systemkonform ist, dass dasselbe Vermögen im Zeitablauf mehrmals der Besteuerung unterliegt.86 Im Normalfall unterliegen vor dem Vermögensübergang zunächst die Einkünfte der Einkommensbesteuerung, später wird das daraus angesammelte Vermögen – die thesaurierten Nettoeinkünfte – mit Erbschaftsteuer belastet. Beim Übergang des Vermögens handelt es sich um einen neuen Steuergegenstand, und es findet ein Wechsel des Steuersubjekts statt. Die doppelte Besteuerung ist damit systemkonform.87 Neben diesen Normalfall tritt jedoch die Möglichkeit, dass Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unrealisierte stille Reserven enthalten. Werden diese steuerverstrickten Wirtschaftsgüter zum Zeitpunkt des Todesfalls in das Privatvermögen überführt, entsteht noch in der Person des Erblassers eine Einkommensteuerschuld, die als Nachlassschuld vom erbschaftsteuerlichen Erwerb abgezogen werden kann. Auch dieser Fall unterscheidet sich im Ergebnis nicht vom dargestellten Normalfall. Aufgrund verschiedener Vorgänge unterliegt das Vermögen zunächst der Einkom85 Zu den Forderungen nach Abschaffung der Erbschaftsteuer und nach einer Zusammenlegung von Erb- und Einkommensbesteuerung siehe Kapitel B. 86 Gebel, Betriebsvermögensnachfolge, S. 3 f.; Heyeres, Gestaltungsprobleme, S. 146; Rautenstrauch, Übertragung, S. 71. 87 Crezelius, Verhältnis, S. 121; Rautenstrauch, Übertragung, S. 70 f.; Spitzbart, Betriebsvermögen, S. 115.
192
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
mens- und dann der Erbschaftsteuer. Damit ist die richtige Reihenfolge der Besteuerung gegeben. 2. Systemwidrige Doppelbelastung Von einer systemwidrigen Doppelbesteuerung mit Einkommen- und Erbschaftsteuer wird dann gesprochen, wenn zunächst auf das ererbte bzw. verschenkte Vermögen Erbschaftsteuer und im Anschluss daran zusätzlich Einkommensteuer gezahlt wird.88 Dazu kann es kommen, wenn sich im Nachlass Wirtschaftsgüter befinden, bei denen eine Änderung der Vermögenszuordnung oder eine Vermögensumwandlung zu steuerpflichtigem Einkommen führt. Abweichend von der systemkonformen Doppelbesteuerung, bei der nur das Nettovermögen der Erbschaftsteuer unterliegt, wird bei der systemwidrigen Doppelbesteuerung auch das Bruttovermögen von der Erbschaftsteuer erfasst. Dadurch unterliegt der Erbschaftsteuer auch die zukünftig zu zahlende Einkommensteuerlast, die zu keiner Bereicherung beim Erben führt. Auf diese Weise wird Erbschaftsteuer auf die latente Einkommensteuer entrichtet, und die Belastung des Erben mit Erbschaftsteuer ist höher als dies der Fall wäre, wenn die Ertragsbesteuerung bereits beim Erblasser eingetreten wäre.89 In der Literatur wird dabei von einer systemwidrigen Doppelbelastung gesprochen, da die Besteuerung dem Bereicherungsprinzip des Erbschaftsteuerrechts widerspricht, nach dem nur das Vermögen der Erbschaftsteuer unterliegen soll, was dem Erben als Bereicherung verbleibt.90 Auch eine Ermäßigung – im Rahmen der Einkommensbesteuerung – der latenten Einkommensteuerbelastung ist seit der Abschaffung der Kollisionsnorm des § 35 EStG ausgeschlossen.91 Die Rechtsprechung lehnt einen Abzug der latenten Einkommensteuer vom erbschaftsteuerlichen Erwerb ab, da für den Vermögenszuwachs zwei 88 Dautzenberg/Heyeres, Doppelbelastung, S. 304; Hofmann, Nachfolgeplanung, S. 86. 89 Heyeres, Gestaltungsprobleme, S. 182 f.; siehe dazu auch die Modellrechnung bei Dautzenberg/Heyeres, Doppelbelastung, S. 304 und Vituschek, Steuerbelastung, S. 180. 90 Hofmann, Nachfolgeplanung, S. 88; Mellinghoff, Verhältnis, S. 152 f.; Rautenstrauch, Übertragung, S. 72. 91 Dabei wurde die Abschaffung im Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis90/Die Grünen folgendermaßen begründet: „Zwar milderte die Vorschrift eine dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechende Doppelbelastung von Einkünften mit Einkommen- und Erbschaftsteuer, eine Aufhebung wird jedoch aus Vereinfachungsgründen für vertretbar gehalten.“ (BT-Drs. 14/23, 183).
VIII. Erbschaftsteuer und Besteuerung unternehmerischen Vermögens
193
unterschiedliche Erwerbsgründe verantwortlich sind und das Stichtagsprinzip den Abzug künftiger Verbindlichkeiten ausschließt, zumal die Einkommensteuer von den persönlichen Verhältnissen zum Besteuerungszeitpunkt abhängt.92 Typisch für das Auftreten der Doppelbelastung sind stille Reserven im Betriebsvermögen.93 Dabei führt grundsätzlich die Vermögensmehrung durch den Vermögensübergang zu einer Erbschaftsteuerbelastung und außerdem zu einer Einkommensteuerzahlung bei Realisierung der Vermögensmehrung. Eine Doppelbelastung entsteht dann, wenn die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage des Betriebsvermögens höher ist als die Summe der ertragsteuerlichen Buchwerte. In diesem Fall umfasst die Erbschaftsteuerbelastung auch die latente Einkommensteuerlast und damit eine Bereicherung die dem Steuerpflichtigen gar nicht verbleibt, womit die Doppelbelastung gegeben ist.94 Allerdings wurde für den Bereich des unternehmerischen Vermögens mit dem Steueränderungsgesetz 1992 eine weitgehende Bestands- und Bewertungsidentität zwischen der Steuerbilanz und der Vermögensaufstellung hergestellt, die auch für die erbschaftsteuerliche Wertermittlung Geltung hat.95 Die Folge davon ist, dass die stillen Reserven, die in den Wertansätzen der Steuerbilanz enthalten sind, erbschaftsteuerlich nicht erfasst werden, so dass dieser Wertanteil sich nicht auf die Erbschaftsteuer auswirkt, sondern nur Auswirkungen auf die Einkommensteuer hat, wenn er durch eine nachfolgende Vermögensdisposition unter Gewinnrealisierung aufgedeckt wird. Wie Gebel feststellt, wird damit die latente Einkommensteuerbelastung durch den bereicherungsmindernden Abzug der künftigen Einkommensteuerschuld96 von der Erbschaftsteuerbemessungsgrundlage berücksichtigt und sogar überkompensiert.97 Im Verhältnis zu den anderen Vermögensarten stellt dies eine Privilegierung betrieblichen Vermögens dar. Diese Privilegierung betrieblichen Vermögens hat allerdings nicht zu einem gänzlich problemfreien Verhältnis zwischen Erb- und Einkommensteuer geführt. So wird die Privilegierung durchbrochen bei Betriebsgrund92 BFHE 121, 487, 490 ff.; BFHE 126, 55 ff.; BFHE 148, 324, 327; BFHE 153, 318, 325; BFH/NV 1990, 643 f. 93 Andere Beispiele sind die Übertragung von Renten und anderen wiederkehrenden Bezügen, wenn sowohl deren Kapital- als auch deren Ertragsanteil von Erbschafts- und Einkommensteuer erfasst werden. 94 Rautenstrauch, Übertragung, S. 76 f. 95 Siehe dazu Kapitel D.II.2. 96 Die Einkommensteuerschuld macht dabei nur den nach dem Grenzsteuersatz entsprechenden Anteil an den stillen Reserven aus. 97 Gebel, Betriebsvermögensnachfolge, S. 7; Mellinghoff, Verhältnis, S. 147.
194
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
stücken, die weiterhin mit dem Grundbesitzwert zu erfassen sind und bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die mit dem gemeinen Wert angesetzt werden. Die Überbelastung bei der Veräußerung stiller Reserven ist eine direkte Folge des einkommensteuerlichen Realisationsprinzips, nachdem nur realisierte Wertsteigerungen besteuert werden können. Da dieses Prinzip den Zweck hat, den Steuerpflichtigen zu schützen, wird im Umkehrschluss in der Literatur nach Möglichkeiten gesucht, um die aus dem Realisationsprinzip resultierenden negativen Folgen zu vermeiden. Dabei wird meist vorgeschlagen, die Erbschaftsteuerveranlagung durch die tatsächlich zu zahlende Einkommensteuer zu berichtigen.98 Für die Nachfolgeplanung bedeuten eventuelle Steuerverstrickungen, dass schon aufgrund des Liquiditätsabflusses eventuelle Doppelbelastungen bei der Planung des Unternehmensübergangs zu berücksichtigen sind.99 3. Ergebnis Unterliegt das Vermögen aufgrund verschiedener Vorgänge zunächst der Einkommen- und dann der Erbschaftsteuer, ist dies eine systemkonforme Doppelbesteuerung. Systemwidrig ist die Doppelbesteuerung, wenn zunächst das Vermögen der Erbschaftsteuer und dann der Einkommensteuer unterliegt. Auf diese Weise wird das Bruttovermögen besteuert. Damit unterliegt auch die zukünftig zu zahlende Einkommensteuerlast der Besteuerung, ohne beim Erben zu einer Bereicherung zu führen. Durch die Übernahme der Steuerbilanzwerte werden stille Reserven im betrieblichen Vermögen von der Erbschaftsteuer nicht erfasst. Dies führt dazu, dass die latente Einkommensteuerschuld ausgeglichen und sogar überkompensiert wird. Dies stellt eine Privilegierung unternehmerischen Vermögens dar.
IX. Aus der Unternehmensnachfolgebesteuerung resultierende steuerliche Gestaltungsmaßnahmen Die derzeitige Unternehmensnachfolgebesteuerung bietet weit reichende Ansatzpunkte und Zielsetzungen für steuerliche Gestaltungsmaßnahmen. 98
Dautzenberg/Heyeres, Doppelbelastung, S. 306; Hofmann, Nachfolgeplanung, S. 88; Klotz, Doppelbelastung, S. 347 f.; Seer, Ungereimtheiten, S. 72. 99 Hofmann, Nachfolgeplanung, S. 86; Kroschel/Wellisch, Steuerverstrickung, S. 1638; Sonneborn, Unternehmenserbfolge, S. 266.
IX. Steuerliche Gestaltungsmaßnahmen
195
Im Folgenden werden die wichtigsten Gestaltungsmodelle dargestellt, deren Missbrauchsmöglichkeiten erörtert, und es wird untersucht, inwieweit die Gestaltungsmaßnahmen dazu in der Lage sind, die Belastung unternehmerischen Vermögens zu reduzieren. Dabei interessiert insbesondere, ob diese Gestaltungsmaßnahmen auch anderen Vermögensarten offen stehen. 1. Verbesserung der Steuerklasse durch Eheschließung oder Adoption Zur Verbesserung der Steuerklasse wird bei den Betroffenen regelmäßig die Adoption oder Heirat in Erwägung gezogen. Da dies erhebliche Veränderungen im privaten Bereich mit sich bringt, wird sehr zurückhaltend und – wenn überhaupt – nur bei großen Vermögen von diesen Gestaltungsmitteln Gebrauch gemacht. Auch Veröffentlichungen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, gibt es selten.100 Trotzdem sind sowohl Ehe als auch Adoption als Mittel der Nachfolge nichts Ungewöhnliches, und die Kautelarjurisprudenz bereitet in der Praxis darauf vor.101 Sind steuerliche Motive der einzige Beweggrund zur Eingehung der Ehe, so liegt eine Scheinehe102 vor. Bei dieser droht, sofern auch nach der Eheschließung keine eheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen wurde, gemäß § 1314 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. §§ 1353, 1316 Abs. 3 und § 1315 Abs. 1 Nr. 5 BGB die Eheaufhebung durch die zuständige Verwaltungsbehörde.103 Hat der Unternehmer keine eigenen Abkömmlinge bzw. möchte er diese nur zu Teilen oder gar nicht als Erben einsetzen, kann unter steuerlichen Gesichtspunkten auch eine Adoption in Betracht kommen.104 Voraussetzung für die Adoption eines Kindes ist, dass das Entstehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Betroffenen erwartet werden 100 Soweit ersichtlich, erwähnen nur Frank, Unternehmung, S. 184 ff. und Marcus, Erbschaftsteuerersparnis, S. 44 f., die Möglichkeit der Eheschließung bzw. Adoption zur Verbesserung der Steuerklasse. 101 Siehe dazu auch die Erwähnung der Adoption als Gestaltungsmittel bei Arndt, Konsequenzen, S. 25 f.; Bundesministerium der Finanzen, Investitionen, S. 107; Kappler, Unternehmensnachfolge, S. 422; Reinisch, Erbschaftsteuer, S. 76. 102 Zur Scheinehe im Allgemeinen siehe Henrich in Johannsen/Henrich, Eherecht § 1314 Rn. 78 ff. 103 Siehe dazu Henrich in Johannsen/Henrich, Eherecht § 1314 Rn. 78. Kritisch hingegen Roth in Westermann, Erman-BGB § 1314 Rn. 12, bzgl. des Verweises in § 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB auf die generalklauselartige Formulierung des § 1353 BGB. 104 Um steuerliche Gesichtspunkte bei der Adoption auszuschließen, sah das Erbschaftsteuergesetz vom 10.09.1919 (RGBl. I 1919, 1543 ff.) steuerlich keine Gleichstellung zwischen ehelichen und angenommenen Abkömmlingen vor (§ 26 ErbStG); dazu Marcus, Erbschaftsteuerersparnis, S. 44 f.
196
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
kann (§ 1741 BGB). Dafür muss der Wille der Beteiligten auf ein solches Verhältnis gerichtet sein. Dies ist nicht der Fall, wenn der Adoptionsantrag in erster Linie aus vermögensrechtlichen Interessen gestellt wird, um z. B. in eine günstigere Steuerklasse zu gelangen.105 Ähnlich der Kindesadoption muss die Annahme eines Erwachsenen sittlich gerechtfertigt sein (§ 1767 Abs. 1 S. 1 BGB). Davon kann ausgegangen werden, wenn die Adoption einen familienbezogenen Zweck hat. Besteht hingegen der Hauptzweck aus wirtschaftlichen Gründen – wie die Inanspruchnahme einer günstigeren Klasse für die Erb- oder Schenkungsteuer – so ist der familienbezogene Zweck nicht gegeben.106 Der Antrag auf Adoption ist dann vom Vormundschaftsgericht abzulehnen (§ 1767 ff. BGB). Das Steuerklassenprivileg für betriebliches Vermögen (§ 19a ErbStG), eingeführt durch das Jahressteuergesetz 1997, machte beim Übergang unternehmerischen Vermögens bzw. land- und forstwirtschaftlichen Vermögens Gestaltungsmaßnahmen, um in eine niedrigere Steuerklasse zu gelangen, überflüssig. Allerdings hat das Haushaltsbegleitgesetz 2004 zu einer Neureglung geführt, nach der der Entlastungsbetrag auf 88% beschränkt wird. Es ist zu erwarten, dass diese – und möglicherweise folgende – Reduzierungen des Steuerklassenprivilegs dazu führen, dass Eheschließungen oder Adoptionen mit dem Ziel, Vermögen innerhalb der Steuerklasse I übertragen zu können, zunehmen werden.107 Für die anderen Vermögensarten besteht kein Steuerklassenprivileg, so dass Eheschließungen und Adoptionen dort teilweise schon heute vornehmlich aus steuerlichen Überlegungen ohne familienbezogenen Zweck anzutreffen sind. 2. Rechtsformwechsel des unternehmerischen Vermögens Aufgrund der dargestellten Belastungsunterschiede108 wird in der Beratungspraxis immer wieder auf die Möglichkeit eines Rechtsformwechsels für Unternehmen hingewiesen. Insbesondere bei Unternehmen mit geringem Anlagevermögen, wie z. B. bei Dienstleistungsgesellschaften, ergeben sich extreme Wertunterschiede allein durch die Rechtsformwahl. Der Rechtsformwechsel eines Unternehmens darf jedoch nur dann ein Gestaltungsansatz sein,109 wenn sich dies mit den allgemeinen Anforderun105 Holzhauer in Westermann, Erman-BGB § 1741 Rn. 13; Schwab, Familienrecht Rn. 711. 106 Holzhauer in Westermann, Erman-BGB § 1767 Rn. 11. 107 Korezkij, Änderungen, S. 62. 108 Siehe dazu Kapitel E.II. 109 Hennerkes/Lorz, Strategien, S. 248; Lorz, Nachfolge, S. 705; Lorz/Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, S. 23; Riedel, Unternehmensnachfolge, S. 101.
IX. Steuerliche Gestaltungsmaßnahmen
197
gen an die Rechtsform im täglichen Geschäft vereinbaren lässt.110 Neben Gründen der Nachfolgegestaltung sind insbesondere Publizitätspflichten, der Einfluss des Anteilseigners, die wirkungsvolle Geschäftsführung, die Kompetenzen der Unternehmensorgane, die Fungibilität von Anteilen und die Kapitalbeschaffung wichtige Punkte zur Beurteilung und Wahl der geeigneten Rechtsform.111 Aus erbschaftsteuerlichen Gesichtspunkten kommt ein Wechsel der Rechtsform zumeist in zwei Richtungen in Betracht. Ein Wechsel hin zur Kapitalgesellschaft, die nach dem Stuttgarter Verfahren bewertet wird, ist für Einzelunternehmen und Personengesellschaften interessant, die eine niedrige Rendite erwirtschaften. Durch die Einbeziehung der Ertragskomponente beim Stuttgarter Verfahren sinkt der Steuerwert bei Renditen die niedriger als 9,412% sind unter den Substanzwert ab. Abgesehen von solchen renditeschwachen Einzelunternehmen und Personengesellschaften, ist die Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren auch für börsennotierte Unternehmen erstrebenswert, da diese ansonsten zu den im Verhältnis zur Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren sehr hohen Börsenkursen bewertet werden. Für ertragsstarke Einzelunternehmen und Personengesellschaften lohnt sich hingegen der Wechsel zur Kapitalgesellschaft nicht. Stattdessen wird der Wechsel von ertragsstarken Kapitalgesellschaften, die nach dem Stuttgarter Verfahren bewertet werden, hin zur Personengesellschaft interessant. Auch für börsennotierte Kapitalgesellschaften hat der Abschied vom Kapitalmarkt und der Wechsel zur Personengesellschaft eine niedrigere Bewertung zur Folge. Der Rechtsformwechsel ist steuerneutral zu Buchwerten möglich (§§ 14, 3, 4 UmwStG) und kann sogar bis zu acht Monaten rückwirkend vorgenommen werden (§ 14 S. 3 UmwStG). Allerdings ist nach dem Eintritt des Erbfalls eine erbschaftsteuerlich rückwirkende Umwandlung in eine Personengesellschaft ausgeschlossen (R 34 ErbStR). Die Umwandlung kann auch unter der Prämisse vorgenommen werden, nach der erfolgten Übertragung des unternehmerischen Vermögens wieder in die bisherige Rechtsform zurückzukehren.112 110 Hennerkes, Familienunternehmen, S. 115; Lorz, Nachfolge, S. 702; Riedel, Unternehmensnachfolge, S. 100. 111 Hennerkes, Familienunternehmen, S. 111 und 123; Jäger, Aktiengesellschaft, S. 16. 112 Hennerkes, Familienunternehmen, S. 123 f.; Lüdicke, Umwandlungsrecht, S. 132; a. A.: Schwedhelm, Umstrukturierung, S. 9, der hier die Gefahr eines Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO sieht.
198
E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
Wandelt man eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft um, so ist aus rein steuerlichen Gesichtspunkten eine Rückumwandlung wenig sinnvoll. Die laufende Besteuerung der Kapitalgesellschaft (25% Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag) ist einzig bei Thesaurierung der Gewinne geringer als bei Personengesellschaften.113 Durch die hohe Gewerbesteueranrechnung bei Gesellschaftern einer GmbH & Co. KG, einer KG oder einer OHG wird der hohe Einkommensteuersatz (45% Einkommensteuer bzw. 42% ab dem Jahr 2005) ausgeglichen. Bei der Erbschaftsteuer kommt als weiterer Nachteil für die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft hinzu, dass es den Freibetrag für Betriebsvermögen (225.000 e) und den 40-prozentigen Bewertungsabschlag nur gibt, wenn der Schenker zu mehr als 25% an der Gesellschaft beteiligt ist. Ansonsten entfallen diese Begünstigungen (§ 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG). Ein Rechtsformwechsel kann demnach eine geeignete Möglichkeit sein, die Steuerbelastung für bestimmte Arten unternehmerischen Vermögens weiter zu reduzieren. Dabei muss für den Einzelfall entschieden werden, ob die Bewertung nach dem Stuttgarter Verfahren oder die Substanzbewertung der Personengesellschaften die günstigste Bewertungsvariante ist und welche ertragsteuerlichen Wechselwirkungen auftreten können.114 Durch einen Belastungsvergleich der Rechtsformen, kann die günstigste Rechtsform ermittelt werden, die dann die Bewertungsuntergrenze darstellt und durch den Rechtsformwechsel erreicht werden kann. In Anbetracht der weit reichenden Folgen, die ein Rechtsformwechsel für die Unternehmen mit sich bringen können, erscheint es fraglich, ob es vom Steuergesetzgeber sinnvoll ist, solche Anreize zu setzen. 3. Verlagerung des Unternehmensstandorts und des Wohnsitzes Da die Erbschaftsteuer bundeseinheitlich erhoben wird, kommt aus erbschaftsteuerlichen Gründen nur eine internationale Verlagerung des Unternehmensstandortes in Betracht.115 Allerdings knüpft die deutsche Erbschaft113 Mit teilweise ausführlichen Belastungsvergleichen: Jacobs et al., Rechtsformwahl, S. 36; Kußmaul/Ternig, Steuerbelastungsvergleich, S. 1161 ff.; Schwedhelm, Umstrukturierung, S. 9 und Zipfel, Unternehmensübertragungen, S. 158 ff. 114 Dazu ausführlich: Schwarz, Wechselwirkung, S. 121 ff. 115 So auch Beyer, Grundprobleme, S. 32. Hingegen weist Wöhe daraufhin, dass die Auslegung der Steuergesetze von den Finanzverwaltungen der Länder möglicherweise unterschiedlich gehandhabt wird und es somit auch bei bundeseinheitlichen Steuern zu einem innerstaatlichen Steuergefälle kommen kann (Wöhe, Steuerlehre II, S. 296 und Wöhe, Standortwahl, S. 327 f.). Im Erbschaftsteuerrecht wäre davon insbesondere die Stundungsmöglichkeit des § 28 ErbStG betroffen. Überlegungen – aufgrund dieses vermeintlichen nationalen Unterschieds in der Durch-
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steuer zunächst nicht an den Unternehmenssitz an, sondern an die in § 1 ErbStG genannten Vorgänge und die persönliche Steuerpflicht nach § 2 ErbStG. a) Unbeschränkte und beschränkte Steuerpflicht in Deutschland Liegt nach §§ 1 und 2 ErbStG ein steuerpflichtiger Vorgang vor und der Erblasser bzw. Schenker oder der Erwerber hat im Zeitpunkt des Todes bzw. der Vornahme der Zuwendung seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so greift die unbeschränkte Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. a ErbStG). Diese hat zur Folge, dass das gesamte Weltvermögen – und damit auch ausländisches unternehmerisches Vermögen – der Besteuerung unterliegt. Die einzige Möglichkeit, das internationale Steuergefälle auszunuten und der unbeschränkten Steuerpflicht zu entgehen, ist die Wohnsitzverlagerung. Allerdings greift die erweitert unbeschränkte Steuerpflicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. b ErbStG auch nach einem Wohnsitzwechsel fünf Jahre116 lang. Während dieses Zeitraumes unterliegt weiterhin das gesamte weltweite Vermögen der Erbschaftsteuer. Ziel dieser Gesetzgebung ist es zu verhindern, dass durch kurzfristige Wohnsitzverlagerung die deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuer umgangen wird. Für Steuerpflichtige ist bei Anwendung der erweitert unbeschränkten Steuerpflicht besonders schmerzlich, dass der Zugriff des deutschen Fiskus unabhängig vom korrespondierenden Zugriff des Zuzugsstaates, bei dem dessen unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht zum Tragen kommt, erfolgt. Somit droht eine echte doppelte Besteuerung.117 Mit Urteil vom 11.03.04 hat der EuGH entschieden,118 dass die französische Wegzugsbesteuerung gegen den Grundsatz der Niederlassungsfreiheit führung der Erbschaftsbesteuerung – den Unternehmensstandort zu wechseln, sind in Anbetracht des erheblichen Aufwandes und der Konsequenzen eines Standortwechsels jedoch abwegig. Auf die Stundung besteht weder ein Rechtsanspruch noch sind die zukünftigen Ermessensentscheidungen der Finanzverwaltung im Einzelfall absehbar. Im Folgenden wird deshalb die rein nationale Standortverlegung nicht näher erörtert. 116 Durch Art. 4 Abs. 3 der Neufassung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlass-, Erbschaft- und Schenkungsteuern vom 21.12.2000 findet im Verhältnis zu den USA die erweitert unbeschränkte Steuerpflicht für die Dauer von zehn Jahren nach dem Wegzug deutscher Staatsangehöriger Anwendung. 117 Flick/Piltz, Erbfall Rn. 1342; Hübner in Viskorf et al., Erbschaftsteuergesetz § 2 ErbStG Rn. 12; Lorz/Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, S. 153.
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gemäß Art. 43 EG verstößt. Danach stellt die französische Wegzugsbesteuerung eine abschreckende Ungleichbehandlung dar, die sich wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit hinsichtlich des verfolgten Zieles, der Steuerflucht vorzubeugen, nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses rechtfertigen lässt. Aufgrund dieses Urteils stehen auch die deutschen Regelungen zur Wegzugsbesteuerung zur Diskussion. So hat die EU-Kommission die Bundesregierung förmlich dazu aufgefordert, die Vorschriften über die Wegzugsbesteuerung natürlicher Personen aufzuheben, da die Regelungen nicht mit den Art. 18, 39 und 43 EG-Vertrag vereinbar sind.119 Die weitere Entwicklung der Wegzugsbesteuerung in Deutschland bleibt folglich abzuwarten. Die momentane Rechtslage stellt sich jedoch wie folgt dar: Die Wegzugsbesteuerung in Deutschland führt für unternehmerisches Vermögen, das ins niedrig besteuerte Ausland transferiert wurde und das weiterhin der unbeschränkten oder erweitert unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, im Inland dazu, dass es nach den Regelungen für ausländisches unternehmerisches Vermögen bewertet wird.120 Dabei sind der Betriebsvermögensfreibetrag und -abschlag (§ 13a ErbStG) sowie das Steuerklassenprivileg (§ 19a ErbStG) nicht anwendbar, da diese nach dem Wortlaut des Gesetzes nur bei inländischem Betriebsvermögen und Kapitalgesellschaften mit Sitz in Deutschland gewährt werden.121 Um im Rahmen der Wohnsitzverlagerung die deutsche erweitert unbeschränkte Erbschaftsteuerpflicht zu vermeiden, bedarf es der Aufgabe der deutschen Staatsangehörigkeit (§§ 17 ff. StAG) und des Erwerbs einer fremden Staatsangehörigkeit.122 Die beschränkte Steuerpflicht (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG) greift ein, wenn weder Erblasser bzw. Schenker noch Erwerber als Inländer zu qualifizieren sind und demnach die Voraussetzungen einer unbeschränkten oder erweitert unbeschränkten Steuerpflicht nicht mehr vorliegen. Besteuert wird beim Vermögensanfall nur das Inlandsvermögen i. S. des § 121 BewG. Dazu ge118
EuGHE I 2004, noch n. v. (Rn. 69). Europäische Kommission, Pressemitteilung zur Aufhebung der Wegzugsbesteuerung, S. 1. 120 Siehe dazu Kapitel E.III. 121 Zu den Bedenken, ob eine solche Besteuerung gemeinschaftsrechtlich zulässig ist, siehe Birk, Wegzugsbesteuerung und Europarecht, S. 168 ff.; Dautzenberg, Wegzugssteuer, S. 180 ff.; Fraberger, Unternehmensnachfolge, S. 560 ff.; Toifl, Wegzugsbesteuerung, S. 161 ff., und die ausführliche Behandlung dieses Themas im Kapitel F.I. der vorliegenden Arbeit. 122 Hübner in Viskorf et al., Erbschaftsteuergesetz § 2 ErbStG Rn. 12; Wachter, Vermögensnachfolge 13; Watrin, Erbschaftsteuerplanung, S. 24. 119
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hören beispielsweise in Deutschland belegenes Grundvermögen, inländisches Betriebsvermögen oder wesentliche (mindestens zehn prozentige) und unmittelbar gehaltene123 Kapitalgesellschaftsbeteiligungen.124 Die Wohnsitzverlagerung kann damit zwar den Zugriff auf ausländische Einkünfte verhindern, für wesentliche deutsche Einkunftsquellen bleibt das Besteuerungsrecht des deutschen Fiskus jedoch bestehen.125 Auch der persönliche Freibetrag reduziert sich auf nur noch 1.100 e (§ 16 Abs. 2 ErbStG). Mit der erweitert beschränkten Steuerpflicht (§§ 4 und 2 Abs. 1 S. 1 AStG) wird die beschränkte Steuerpflicht des Inlandsvermögens (§ 121 BewG) auf das sog. erweiterte Inlandsvermögen, was im Grundsatz das Vermögen, das nicht Auslandsvermögen ist, ausgedehnt.126 Voraussetzung dafür ist, dass weder der Erblasser bzw. Schenker noch der Erwerber Steuerinländer sind, der Erblasser bzw. Schenker aber früher Deutscher und mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und seinen Wohnsitz (§ 8 AO) und gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) vor höchstens zehn Jahren in ein Niedrigsteuerland verlegt hat. Von einem Niedrigsteuerland kann gesprochen werden, wenn in dem Land weniger als 30% der deutschen Erbschaftsteuer (§ 4 Abs. 2 AStG) erhoben werden. Weiterhin müssen wesentliche wirtschaftliche Interessen für das Steuersubjekt im Inland gegeben sein. Ist dies der Fall, so greift für zehn Jahre ab dem Wohnsitzwechsel die erweitert beschränkte Steuerpflicht.127 Die beschränkte Erbschaftsteuerpflicht ist nur zu umgehen, wenn neben Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt auch das inländische Vermögen ins Ausland verlagert wird. Nachteilig für die Steuerpflichtigen wirkt sich dabei aus, dass es – soweit unternehmerisches Vermögen betroffen ist – zu einer Gewinnrealisierung und damit zu einer aperiodischen Ertragsteuerbelastung kommt.128 Dies ist meist ökonomisch nicht sinnvoll. Die Umgehung der Besteuerung des erweiterten Inlandsvermögens durch Einbringen dieser Ver123 Dabei werden Anteile, die von einer „nahe stehenden Person“ i. S. des § 1 Abs. 2 AStG gehalten werden, zugerechnet. 124 Glier in Viskorf et al., Erbschaftsteuergesetz § 121 BewG Rn. 17. 125 Göttsche, Wohnsitzverlagerung, S. 6; Watrin, Erbschaftsteuerplanung, S. 158. 126 Zu den einzelnen Vermögensgegenständen siehe den Anwendungserlass des BMF in BStBl. I 1995, Sondernummer 1/1995, 19. 127 Die erweitert beschränkte Erbschaftsteuerpflicht wird in den ersten fünf Jahren nach der Auswanderung durch einen deutschen Staatsangehörigen von der erweitert unbeschränkten Steuerpflicht verdrängt. 128 Kaminski, Verlagerung, S. 106 und 108; Watrin, Erbschaftsteuerplanung, S. 158.
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mögensbestandteile in eine ausländische Kapitalgesellschaft und anschließende Übertragung der Beteiligung scheidet nach § 5 AStG aus. b) Wohnsitzaufgabe und Beendigung des ständigen Aufenthalts im Inland Für eine steuerlich wirksame Wohnsitzverlagerung muss jeder Wohnsitz (§ 8 AO) in Deutschland aufgegeben werden. An dieses Kriterium werden hohe Anforderungen geknüpft.129 Es reicht nicht, wenn der Betroffene sich nicht mehr am inländischen Wohnsitz aufhält, der Wohnsitz muss tatsächlich aufgegeben werden.130 Die Finanzverwaltung überprüft dies regelmäßig anhand aller tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten.131 Zur Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht reicht die Aufgabe des Wohnsitzes allein nicht aus. Der Abwandernde muss außerdem in der Bundesrepublik seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) beenden bzw. bei späteren Einreisen aus dem Ausland keinen erneuten gewöhnlichen Aufenthalt begründen. Entscheidend für die Begründung des persönlichen Aufenthalts ist der Wille, sich an einem Ort dauernd aufzuhalten.132 Kurze Urlaubsreisen nach Deutschland begründen noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt. Der gewöhnliche Aufenthalt wird jedoch dann angenommen, wenn die zeitlich zusammenhängende Anwesenheit mehr als sechs Monate beträgt, wobei kurzfristige Unterbrechungen, wie z. B. Wochenendheimfahrten oder Urlaube, unberücksichtigt bleiben (§ 9 S. 2 AO). Die Wohnsitzverlagerung ist deshalb kein kurzfristig einsetzbares Gestaltungsmittel, sondern bedarf einer langfristigen Planung. Mit ihr sind in der Regel erhöhte Mobilitätskosten verbunden.133 Ein unterschätztes Problem ist dabei, dass die Wohnsitzverlagerung sich nicht mit der persönlichen Lebensführung und dem Freundes- und Bekanntenkreis der Wegzugswilligen vereinbaren lässt.134 Aus diesen Gründen scheitern steuerlich motivierte Wohnsitzverlagerungen oftmals bereits in den ersten Jahren. 129 Meincke, Erbschaftsteuer § 2 Rn. 6, siehe auch BFHE 143, 217 ff. und BFHE 154, 7 ff. 130 Flick/Piltz, Erbfall Rn. 1223. 131 Anhaltspunkte für das Fortbestehen einer Wohnung im Inland können bereits ein Zimmer bei Verwandten oder Bekannten, die Zulassung eines Autos im Inland, eine Bankverbindung im Inland oder das Bestehen einer inländischen Krankenversicherung sein. Siehe dazu auch Wachter, Vermögensnachfolge 12. 132 Flick/Piltz, Erbfall Rn. 1228. 133 Wachter, Vermögensnachfolge 12. 134 Wachter, Vermögensnachfolge 13; Watrin, Erbschaftsteuerplanung, S. 156.
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Zu berücksichtigen ist auch, dass es beim Wegzug aus Deutschland ertragsteuerlich zu einer Gewinnrealisierung aufgrund der Wegzugsbesteuerung kommen kann (§ 6 AStG). c) Standortwechsel des Unternehmens Neben den dargestellten Erfordernissen, die unbeschränkte und beschränkte persönliche Steuerpflicht zu verhindern, muss zur Umgehung der deutschen Nachfolgebesteuerung auch noch verhindert werden, dass es zum Übergang von Inlandsvermögen i. S. des § 121 BewG kommt. Dafür muss der Unternehmensstandort vom Inland ins Ausland verlagert werden. Dem Gesetzgeber ist dabei bewusst, dass für eine Vielzahl von Unternehmen ein internationaler Standortwechsel schon deshalb ausscheidet, da oftmals Standortfaktoren derart dominieren, dass Unternehmen ortsgebunden sind. Dies trifft insbesondere auf Unternehmen zu, die auf regional vorkommende Rohstoffe angewiesen sind. Von einem derart standortgebundenen Unternehmen sind oftmals mehrere andere Unternehmen – wie Zulieferbetriebe und Betriebe der nachgelagerten Industrie – abhängig. Bei diesen war zwar ursprünglich eine Standortwahl möglich, heute sind die Betriebe der nachgelagerten Industrie kaum mehr zu verlegen.135 Bei Unternehmen, die Produkte für Endverbraucher herstellen, kann ein Standortwechsel aus steuerlichen Gründen darüber hinaus zu einem Imageverlust und damit zu einem Absatzrückgang führen. Da die Erbschaftsteuer nur einmalig anfällt, aber die laufenden Belastungen und die notwendigen Absatzmärkte über das Wohl eines Unternehmens entscheiden, verwundert es nicht, dass der Einfluss der Erbschaftsteuer auf die Standortwahl in der Regel nur eine untergeordnete Rolle spielt.136 Internationale und nationale Studien belegen, dass Steuern nur selten den dominierenden Faktor in Standortüberlegungen der Unternehmer darstellen. Stattdessen sind auf internationaler Ebene Marktfaktoren und Handelsbarrieren für die Standortwahl ausschlaggebend.137 Hinzu kommt, dass die deutsche Erbschaftsteuer generell – und speziell die Unternehmensnachfolgebesteuerung – im Vergleich zur Besteuerung in den meisten anderen Industrieländern moderat ist. Der Wegzug und die 135 Muth, Standortwahl, S. 66; Barrieren bestehen auch für Unternehmen, die auf den heimischen Absatz- und Beschaffungsmarkt angewiesen sind. Die Verlagerung des Unternehmens ist dann aufgrund höherer Logistik- und Transportkosten sowie eventueller Zollbarrieren schwierig. 136 Beyer, Grundprobleme, S. 34; bei Eckerle, Investitionsentscheidung, S. 43 ff., wird die Erbschaftsteuer als Einflussfaktor auf die Standortwahl gar nicht erwähnt. 137 Offerhaus, Standortwahl, S. 245.
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Standortverlegung des Unternehmens in ein momentan erbschaftsteuerfreies Land oder in ein Land mit nur geringer Erbschaftsteuerbelastung ist außerdem mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. So kann die Erbschaftsteuer wieder eingeführt bzw. erhöht werden.138 Während des „Aussitzens“ der erweitert unbeschränkten Steuerpflicht und des darauf folgenden Unternehmensübergangs droht die Doppelbesteuerung vom Wegzugs- und Zuzugsstaat. Der Akt der Wohnsitzverlagerung und Unternehmensverlagerung ist eine Gestaltungsmaßnahme zur endgültigen Vermeidung der deutschen Erbschaftsteuer. Die erheblichen Konsequenzen und Unwägbarkeiten in privater, betrieblicher und steuerlicher Hinsicht machen die Maßnahme im Verhältnis zur möglichen Erbschaftsteuerersparnis im Regelfall unattraktiv. 4. Maßnahmen der Bilanzpolitik Betriebliches Vermögen hat gegenüber anderen Vermögensarten den Vorteil, dass der Wertansatz vom Steuerpflichtigen beeinflusst werden kann. Die Mittel der Bilanzpolitik sind deshalb geeignet, die abgebildete Vermögenshöhe durch Kürzung der Aktivseite bzw. Verstärkung der Passivseite zu reduzieren. Bei den vorhandenen Wirtschaftsgütern kann dies beispielsweise durch den Gebrauch von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten und durch Abschreibungen geschehen. Ziel einer solchen auf Vermögensübertragung ausgerichteten Bilanzierungspolitik ist die Reduzierung der bilanziellen Vermögenshöhe.139 In der Literatur wurde teilweise davon gesprochen, dass solche Maßnahmen zur Reduzierung der Substanzbesteuerung eine „neue Dimension“ für die Bilanzpolitik eröffnet haben.140 Dies muss relativiert werden. Die 138 So hat beispielsweise der Kongress der Vereinigen Staaten mit der Mehrheit der Republikaner am 01.07.2001 eine stufenweise Reduzierung der Erbschaftsteuer durchgesetzt, im Jahr 2009 soll damit die Erbschaftsteuer vollkommen wegfallen. Ob tatsächlich an diesem Plan zur Abschaffung der Erbschaftsteuer bis 2010 festgehalten wird, ist vollkommen offen, so protestierten sogar 1.600 Millionäre unter Leitung von William Gates, dem Vater des Microsoftgründers Bill Gates, gegen dieses Gesetz. Sie sind der Meinung, dass die Abschaffung der Erbschaftsteuer das Wohlstandsgefälle weiter verschärft und auch den wirtschaftlichen und politischen Einfluss der Superreichen weiter verstärkt. Bei einem Wahlsieg der Demokraten wird allgemein erwartet, dass die stufenweise Reduzierung der Erbschaftsteuer gestoppt wird. Siehe dazu Seer, Tax Cut, S. 664 ff. und 676; United For A Fair Economy, Estate Tax und United For A Fair Economy, Estate Tax Repeal. 139 Gebel, Betriebsvermögensnachfolge, S. 22 f.; Herzig et al., Unternehmenskontinuität, S. 21; Rautenstrauch, Übertragung, S. 204.
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Gewinnverlagerungen und andere bilanzpolitische Maßnahmen wurden seit jeher für die Periodenverschiebung der Ertragssteuerbelastung benutzt, um so durch den Zinseffekt Ersparnisse zu verwirklichen.141 Weiterhin kommen solche Maßnahmen nur für Unternehmen in Betracht, bei denen der Übergang in naher Zukunft bevorsteht. Realistischer ist es deshalb, von Maßnahmen zur Verringerung der Substanzsteuerbelastung zu sprechen, die bei der Bilanzsteuerpolitik mittlerweile ein „beträchtliches Gewicht“ haben können.142 Einzig bei unternehmerischem Vermögen besteht die Möglichkeit, über Steuerwerte Einfluss auf die Bewertungshöhe des Vermögens zu nehmen. Andere Wirtschaftsgüter können nur über die Einbringung in das betriebliche Vermögen von diesen Maßnahmen profitieren. Die mögliche Einflussnahme stellt damit ein Steuerprivileg dar. 5. Vermögensumschichtung vom Privatvermögen in Betriebsvermögen und Übertragung des Vermögens zu Lebzeiten Da einzig unternehmerisches Vermögen Steuerprivilegien genießt, geht die Intention vieler Steuergestaltungsvorschläge dahin, Privatvermögen in Betriebsvermögen einzubringen, um so erbschaftsteuerlich privilegiertes Vermögen zu schaffen. Wird etwa Bar- oder Wertpapiervermögen in das Betriebsvermögen i. S. der §§ 13a und 19a ErbStG eingebracht, so sind auf dieses der Betriebsvermögensfreibetrag von 225.000 e und der Bewertungsabschlag von 35% anwendbar. Weiterhin ist für Übertragungen an Personen der Steuerklasse II und III das Steuerklassenprivileg anwendbar. Durch mehrmalige lebzeitige Übertragungen im Abstand von zehn Jahren können sowohl die persönlichen, als auch die betrieblichen Freibeträge und Abschläge mehrmals in Anspruch genommen werden (§ 14 ErbStG). Eine weitere Entlastung liegt darin, dass nach der Übertragung zu Lebzeiten die Wertsteigerungen sich unmittelbar beim künftigen Erben vollziehen.143 Von Vorteil ist bei diesem Gestaltungsmodell auch, dass im Erbfall keine Pflichtteilsergänzungsansprüche mehr bestehen, sobald zehn Jahre seit der Übertragung vergangen sind (§ 2325 Abs. 3 BGB).144 140
Dautzenberg, Bilanzpolitik, S. 1733; Rid, Einheitsbewertung, S. 1. So ergab die Modelluntersuchung von Heinhold, Steuerbilanzpolitik, S. 341, dass die Einführung der verlängerten Maßgeblichkeit auf die Gestaltung einer steueroptimalen Bilanzpolitik kaum Einfluss hat. 142 Gebel, Betriebsvermögensnachfolge, S. 22. 143 Lorz/Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, S. 38. 141
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Grundsätzlich hat die lebzeitige Übertragung den Nachteil, dass die Grundsätze der gemischten Schenkung145 Anwendung finden. Nach diesen Grundsätzen werden die übernommenen Schulden nicht mit ihrem Nennwert vom Steuerwert des geschenkten Gegenstandes abgezogen, sondern nur mit einem anteiligen Wert.146 Steuerwert der Zuwendung ã
Steuerwert der Leistung Verkehrwert der Bereicherung Verkehrswert der Leistung
Bei der Einbringung von Nicht-Betriebsvermögen in Betriebsvermögen gilt dieser Grundsatz bei der lebzeitigen Übertragung jedoch nicht. Die in das Unternehmen eingebrachten Schulden bilden eine untrennbare Einheit mit den Aktiva und Passiva des Betriebsvermögens.147 Die Folge davon ist, dass die Schulden in vollem Umfang die Bemessungsgrundlage mindern (§ 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG). Man erreicht so einen vollständigen Schuldenabzug auch bei lebzeitigen Zuwendungen. Die Einbringung von Privatvermögen in Betriebsvermögen hat auch nachteilige ertragsteuerliche Konsequenzen. So unterliegen stille Reserven, die durch Wertsteigerungen oder Abschreibungen zwischen Einbringung und Veräußerung entstanden sind, je nach Rechtsform des betrieblichen Vermögens der Einkommensteuer (bei gewerblich geprägter Personengesellschaft), Körperschaftsteuer (bei Kapitalgesellschaften) und außerdem der Gewerbesteuer.148 Aufgrund dieser ertragsteuerlichen Nachteile sollte vor Einbringung der Vermögensbestandteile in das betriebliche Vermögen ein Belastungsvergleich stattfinden.149 Weiterhin muss bei einer solchen Planung die fünfjährige Behaltensfrist des § 13a Abs. 5 ErbStG beachtet werden. 144
Ausnahmen bestehen hier jedoch bei Schenkungen an den Ehegatten. Bei diesen Übertragungen beginnt die zehnjährige Frist erst nach Auflösung der Ehe zu laufen (§ 2325 Abs. 3 BGB). Auch Gestaltungen, die wirtschaftlich keine Veränderungen für den Erblasser bewirken – wie z. B. eine frei widerrufliche Schenkung, der mit einer unwiderruflichen Verfügungsmacht gekoppelte Nießbrauch oder der Vorbehalt eines lebenslänglichen Wohnrechts an einem übertragenen Hausgrundstück –, reichen für einen Fristbeginn nicht aus. Siehe dazu BGHZ 125, 395 ff.; Brox, Erbrecht Rn. 562; Lange/Kuchinke, Erbrecht, S. 938 und 941 f.; Olzen, Erbrecht, S. 366 f. 145 Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder, BStBl. I 1989, 445 ff. 146 Lorz, Nachfolge, S. 717; Lorz/Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, S. 38 f. und 143. 147 Lorz/Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, S. 39. 148 Kirchdörfer/Lorz, Vermögensnachfolge, S. 5; Rautenstrauch, Übertragung, S. 212 ff. 149 Lorz/Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, S. 143.
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Es bleibt festzuhalten, dass durch die Einbringung von Privatvermögen in betriebliches Vermögen das ursprünglich nicht betriebliche Vermögen von der günstigen Besteuerung dieser Vermögensart profitiert. Selbst wenn man annimmt, dass die Steuerprivilegien für unternehmerisches Vermögen gerechtfertigt sind, stellt sich die Frage, ob diese Rechtfertigung auch für das künstlich geschaffene Betriebsvermögen gilt. 6. Einbringung ausländischen Vermögens in inländisches Betriebsvermögen Von den §§ 13a und 19a ErbStG wird nur inländisches betriebliches Vermögen begünstigt. Die Inlandseigenschaft i. S. des § 13a Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 ErbStG liegt vor, wenn der Gewerbebetrieb oder die Betriebsstätte, denen das Vermögen ertragsteuerlich zuzurechnen ist, im Inland gelegen ist. Eine im Ausland gelegene Betriebsstätte eines inländischen Unternehmens ist demnach nicht begünstigt. Für den inländischen Erben greift ein zusätzlicher Nachteil: Die drohende Doppelbesteuerung. Liegt kein Doppelbesteuerungsabkommen mit dem ausländischen Staat vor,150 so unterliegt das Auslandsvermögen in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht, während im Belegenheitsstaat unabhängig davon die dortige beschränkte Steuerpflicht angewendet wird. Allerdings wird die Begünstigungswirkung gewährt, sobald es sich um eine Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft oder um eine Kapitalgesellschaft handelt und diese im Betriebsvermögen eines inländischen Gewerbebetriebs gehalten wird (R 51 Abs. 4 S. 3 ErbStR). Vor einer Übertragung ist deshalb zu erwägen, das ausländische Betriebsvermögen in eine selbständige Personen- oder Kapitalgesellschaft einzubringen, deren Anteile in einem inländischen Betriebsvermögen gehalten werden, oder zumindest das Vermögen der ausländischen Betriebsstätte zum inländischen Betrieb zu verlagern.151 Der Einsatz einer Personengesellschaft als inländische Holding152 kann – im Vergleich zum Einsatz einer Kapitalgesellschaft – aufgrund des Ansatzes 150 Deutschland hat bisher nur mit den Ländern Dänemark (BGBl. II 1996, 2565 ff.), Frankreich (BGBl. II 1956, 1587 ff. und BGBl. II 1990, 770 f.), Griechenland (RGBl. 1912, 173 ff.), Israel (BGBl. II 1985, 394 ff.), Österreich (BGBl. II 1955, 755 ff.), Schweden (BGBl. II 1994, 687 ff.), Schweiz (BGBl. II 1980, 594 ff.) und den USA (BGBl. II 2000, 1170 ff. sowie BGBl. II 2001, 62) entsprechende Abkommen auf dem Gebiet des Erbrechts geschlossen. 151 Messner, Betriebsvermögen, S. 51. 152 Zum Begriff der Holding siehe Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, S. 628.
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der Steuerbilanzbuchwerte zu einem Bewertungsvorteil führen. Im internationalen Bereich besteht jedoch der Nachteil, dass die Personengesellschaft von fast allen Staaten als transparente Einheit angesehen wird.153 Ist auch der Belegenheitsstaat des Auslandsvermögens dieser Ansicht, so fällt dort eine beschränkte Erbschaftsteuerpflicht an, was zu einer Doppelbesteuerung führt. Aufgrund der Doppelbesteuerung sollten – sofern möglich – der ausländischen Untereinheit nur solche Wirtschaftsgüter zugeordnet werden, die nach dem ausländischen Recht keine beschränkte Erbschaftsteuerpflicht auslösen. Hingegen werden Kapitalgesellschaften gegenüber Personengesellschaften aufgrund der Ertragskomponente des Stuttgarter Verfahrens oftmals höher bewertet. Bei der internationalen Steuerplanung genießt die Kapitalgesellschaft den Vorteil, dass sie international überwiegend als intransparente Einheit angesehen wird. Hält die inländische Kapitalgesellschaft in ihrem Vermögen eine ausländische Beteiligung, so wird bei einer Übertragung der Kapitalgesellschaft keine beschränkte Steuerpflicht ausgelöst, da für den ausländischen Staat kein Rechtsträgerwechsel des im Ausland belegenen Wirtschaftsgutes stattgefunden hat. Steuerlich ist immer noch die Kapitalgesellschaft Eigentümer des Wirtschaftsgutes. Die Kapitalgesellschaft ist Trägerin der Betriebsstätte, Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft im Ausland und schirmt den im Inland sitzenden Anteilseigner vor der beschränkten Steuerpflicht im Ausland ab.154 Selbst wenn sich das Vermögen dieser Gesellschaft ausschließlich aus dem Auslandsvermögen zusammensetzt, genießt die Gesellschaft die Privilegierung der §§ 13a und 19a ErbStG, sofern die Voraussetzungen nach § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG dafür in der inländischen Kapitalgesellschaft vorliegen.155 Es gilt deshalb der Frage nachzugehen, ob die Nicht-Anwendung der Steuerprivilegien auf ausländisches unternehmerisches Vermögen europarechtskonform ist.
153
Watrin, Erbschaftsteuerplanung, S. 182. Arlt, Internationale Erbschaftsteuerplanung, S. 289; Messner, Betriebsvermögen, S. 50 f.; Plewka/Watrin, Vermögensnachfolge, S. 258; Zipfel, Unternehmensübertragungen, S. 135. 155 Piltz, Erbschaftsbesteuerung, S. 68. 154
X. Resümee
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7. Ergebnis Die Möglichkeiten der Steuergestaltung bei unternehmerischem Vermögen sind vielfältig und knüpfen an verschiedenen Ebenen an. Auf privater Ebene kommt eine Verbesserung der Steuerklasse durch Eheschließung oder Adoption in Frage. Auf Unternehmensebene bietet sich ein Rechtsformwechsel an. Hingegen macht die Verlagerung des Unternehmensstandorts auch die Aufgabe des inländischen Wohnsitzes notwendig und schlägt deshalb oftmals fehl. In Frage kommen weiterhin Maßnahmen der Bilanzpolitik. Die deutliche Privilegierung unternehmerischen Vermögens hat dazu geführt, dass häufig auch eine Vermögensumschichtung vom Privatvermögen zum unternehmerischen Vermögen angestrebt wird. Dies gilt auch für ausländisches Vermögen, da sich die Begünstigungswirkung der §§ 13a und 19a ErbStG nur auf inländisches Vermögen erstreckt.
X. Resümee Die Betrachtung der verfassungs- und europarechtskritischen Bestandteile ergibt zunächst, dass die Bewertung des unternehmerischen Vermögens gegenüber den anderen Vermögensarten privilegiert ist. Einzig land- und forstwirtschaftliches Vermögen wird noch niedriger bewertet. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten unternehmerischen Vermögens zeigen, dass das Steuerrecht keine Rechtsformneutralität wahrt. Eine weitgehende steuerrechtliche Rechtsformneutralität ist allerdings notwendig, damit die Marktbedürfnisse die Wahl der Gesellschaftsformen bestimmen. Es erscheint deshalb fraglich, ob es sinnvoll ist, durch das Steuerrecht derart starke Reize zu einem Rechtsformwechsel zu setzen. Der Effekt der günstigen Bewertung unternehmerischen Vermögens wird verstärkt durch eine gegenüber anderen Vermögensarten massiv begünstigte Besteuerung. Neben Betriebsvermögensfreibetrag und -abschlag (§ 13a ErbStG) und dem Steuerklassenprivileg (§ 19a ErbStG) profitiert das unternehmerische Vermögen noch von einer speziellen Stundungsregelung (§ 28 ErbStG). Bezüglich der Inanspruchnahme der Steuerprivilegien besteht ein Vorteil für unternehmerisches Vermögen in der Rechtsform des Personenunternehmens. Bei diesem wird weder beim Freibetrag und Bewertungsabschlag noch beim Steuerklassenprivileg eine Mindestbeteiligungsquote vorausgesetzt. Im Gegensatz dazu setzt die Inanspruchnahme dieser Privilegien beim Kapitalgesellschaftsanteil eine Beteiligung von mehr als 25% an der
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E. Verfassungsrechtskritische Bestandteile der Nachfolgebesteuerung
Gesellschaft voraus. Weiterhin gilt die Stundungsregelung nur für Betriebsvermögen. Beim Besteuerungsvergleich mit den anderen Vermögensarten führen die weitgehenden Steuerprivilegien für unternehmerisches Vermögen – auch ohne die unterschiedliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen – zu einer erheblichen Belastungsdifferenz. So beträgt die Differenz von sonstigem Vermögen zu den Vermögensarten des unternehmerischen Vermögens in der Steuerklasse III teilweise über 30 Prozentpunkte. Bezieht man in den Besteuerungsvergleich auch die je nach Vermögensart unterschiedliche Bewertungshöhe ein, so verstärkt sich die Belastungsdifferenz zwischen unternehmerischem und sonstigem Vermögen. Die Kombination aus niedriger Bemessungsgrundlage und den einzig für unternehmerisches Vermögen gewährten Steuerprivilegien führt dazu, dass große Vermögensteile steuerfrei übergehen bzw. nur eine verhältnismäßig geringe Belastung aufweisen. Fraglich ist, ob diese Steuerprivilegien verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind. Auf ausländische unternehmerische Vermögen sind die umfassenden Steuerprivilegien nicht anwendbar. Im sechsten Kapitel wird zu klären sein, ob dies ein Verstoß gegen europarechtliche Normen darstellt. Aufgrund der verlängerten Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die erbschaftsteuerliche Bewertung unternehmerischen Vermögens werden stille Reserven erbschaftsteuerlich nicht erfasst. Zwar hat dies nicht zu einem gänzlich problemfreien Verhältnis zwischen Erb- und Einkommensteuer geführt, grundsätzlich wird dadurch die latente Einkommensteuerschuld jedoch ausgeglichen und sogar überkompensiert, wodurch es zu einer weiteren Privilegierung unternehmerischen Vermögens kommt. Die genannten Privilegien für unternehmerisches Vermögen beim Vermögensübergang führen zu einer Vielzahl an Gestaltungsmodellen. Zu nennen sind dabei der Rechtsformwechsel des Unternehmens, bilanzpolitische Maßnahmen und das Umschichten von Privatvermögen in Betriebsvermögen. Um die Steuerprivilegien auch für ausländisches Vermögen zu nutzen, kommt in Betracht, das ausländische Vermögen in inländisches Betriebsvermögen einzubringen. Insgesamt erscheint es fraglich, ob derart weit reichende und vielfältige steuerlich bedingte Gestaltungsmodelle die Unternehmensinhaber nicht in betriebswirtschaftlich sinnlose oder gar schädliche Gestaltungen hineindrängen.
F. Vereinbarkeit der Unternehmensnachfolgebesteuerung mit dem Europa- und Verfassungsrecht Im letzten Schritt gilt es zu überprüfen, ob die Besteuerung der Unternehmensnachfolge europarechts- und verfassungskonform ist. Dabei wird zunächst auf die europarechtliche Beurteilung eingegangen, bevor im Anschluss die verfassungsrechtliche Überprüfung stattfindet.
I. Europarechtliche Beurteilung Wie dargestellt knüpfen die Steuerprivilegien der §§ 13a und 19a ErbStG an die Inlandseigenschaft des Betriebsvermögens bzw. der zu erwerbenden Anteile an der Kapitalgesellschaft an. Der Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die zur Zeit der Steuerentstehung Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland haben, und von ausländischem Betriebsvermögen wird hingegen nicht begünstigt. Neben einem Verstoß gegen das deutsche Verfassungsrecht muss deshalb ein Verstoß der §§ 13a und 19a ErbStG gegen europarechtliche Regelungen in Betracht gezogen werden. Hierbei gilt es zunächst zu prüfen, ob die Regelungen des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft auf das nationalstaatliche Erbschaftsteuerrecht Einfluss haben können. 1. Einfluss des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft auf das nationalstaatliche Erbschaftsteuerrecht Die Frage nach Einwirkungen des Gemeinschaftsrechts auf die nationale Besteuerung berührt die Souveränität der Mitgliedstaaten in einem sensiblen Bereich, da Staatsgewalt ohne den Rückgriff auf öffentliche Finanzen nicht umsetzbar ist.1 Die Harmonisierung der direkten Steuern ist innerhalb der EU nicht weit fortgeschritten. So wird die Erbschaftsteuer, wie die anderen direkten Steuern auch, im primären Gemeinschaftsrecht nicht explizit erwähnt. Die Mitgliedstaaten sind infolgedessen bei der Ausgestaltung der direkten Besteue1
Fischer, Gemeinschaftsrecht, S. 323.
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
rung relativ frei.2 Fraglich ist, ob daraus geschlossen werden kann, dass gar keine europarechtliche Bindung für die Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der direkten Steuern besteht. Dem ist zu entgegnen, dass das Steuerrecht den gemeinsamen Binnenmarkt (Art. 14 EG) als ein zentrales Integrationsziel der Gemeinschaft nachhaltig beeinflussen kann. Der Binnenmarkt beinhaltet, dass sich Handel, Dienstleistung und Kapitalverkehr ungehindert von Binnengrenzen entfalten können.3 Wesentlicher Bestandteil des Binnenmarktes sind die vier Grundfreiheiten (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. C EG).4 Adressat der Grundfreiheiten sind die Mitgliedstaaten.5 Nach Art. 10 EG sind sie verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu treffen, um ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag zu erfüllen. Weiterhin müssen sie alle Handlungen, die die Vertragsziele gefährden können, unterlassen. Infolgedessen sind die Mitgliedstaaten, auch wenn die Regelungsbefugnis bzgl. des Steuerrechts weitestgehend bei ihnen liegt, bei der Ausgestaltung des mitgliedstaatlichen Steuerrechts an die Grundregeln des Gemeinschaftsrechts gebunden.6 Als Mitgliedstaaten einschränkende Faktoren sind insbesondere die Grundfreiheiten, die dem Einzelnen Rechte verleihen und unmittelbar anwendbar sind, zu nennen. Sie verdrängen das innerstaatliche kollidierende Steuerrecht.7 Neben den Grundfreiheiten ist auf die Sachgebiete, die im EG-Vertrag geregelt sind – folglich auch auf die Verwirklichung des Binnenmarktes –, das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG8 anwendbar. Für die Erbschaftsteuer kam das Finanzgericht Düsseldorf im Jahr 1996 zu dem Schluss, dass es keine Berührungspunkte zwischen der Erbschaftsteuer und dem EG-Vertrag gibt. Legt man den Beschluss des Gerichts zu Grunde, beziehen sich die Grundfreiheiten des Vertrages allein auf die wirtschaftlichen Betätigungen in einem anderen Mitgliedstaat. Die Erbschaftsteuer, die an einen privatrechtlichen Erwerb anknüpft, stellt hingegen keine wirtschaftliche Betätigung in einem anderen Mitgliedstaat dar.9 Dem ist zu entgegnen, dass es nicht darauf ankommt, ob eine Regelung direkt an eine wirtschaftliche Betätigung anknüpft. Entscheidend ist allein, 2
Takacs, Steuerrecht, S. 497. Cordewener, Rechtsschutzsystem, S. 6; Kokott, Diskriminierungsverbote, S. 1. 4 Heydt, Grundfreiheiten, S. 29. 5 Fischer, Gemeinschaftsrecht, S. 116. 6 Hirsch, Verhältnis, S. 183. 7 Bieg, Gerichtshof, S. 30; Kokott, Diskriminierungsverbote, S. 13. 8 Teilweise wird dieses auch als Bestandteil der Grundfreiheiten angesehen, so z. B. Reimer, Grundfreiheiten, S. 41. 9 EFG 1996, 1166, 1167 f. 3
I. Europarechtliche Beurteilung
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ob die nationalstaatliche Regelung ein aus dem EG-Vertrag abgeleitetes subjektives Recht beeinträchtigt.10 Da die Belastung mit Erbschaftsteuer das wirtschaftliche Verhalten vor und nach der Übertragung des Vermögens beeinflussen kann, erscheint die Beeinträchtigung eines subjektiven Rechts nicht ganz unwahrscheinlich zu sein. Es gilt deshalb festzustellen, ob die deutsche Unternehmensnachfolgebesteuerung mit den Grundfreiheiten und dem allgemeinen Diskriminierungsverbot übereinstimmt. 2. Vereinbarkeit der Grundfreiheiten mit der Unternehmensnachfolgebesteuerung Zunächst stellt sich die Frage, welche Grundfreiheiten im Fall der unterschiedlichen Besteuerung von in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen betroffen sein können. Auswirkungen auf den freien Waren- oder Dienstleistungsverkehr sind praktisch ausgeschlossen, da es sich bei der Erbschaftsteuer um eine direkte Steuer handelt, die nicht auf andere abwälzbar ist. Auch die Zahlungsverkehrsfreiheit kommt nicht in Betracht, da das Erbschaftsteuerrecht nicht an die Übertragung von Zahlungsmitteln zwischen Personen anknüpft. Die Heranziehung der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39 ff. EG) scheidet aus, da die Ungleichbehandlung zwischen der Besteuerung in- und ausländischen unternehmerischen Vermögens weder an der Staatsangehörigkeit natürlicher Personen noch an eine Arbeitnehmereigenschaft anschließt. Ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit setzt voraus, dass eine vorübergehende Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat beschränkt wird (Art. 49 EG).11 Die zur Diskussion stehende Unternehmensnachfolgebesteuerung setzt nicht an vorübergehenden Tätigkeiten an, sondern besteuert den Unternehmensübergang. Eine vorübergehende Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ist davon nicht betroffen. Ein Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit durch die Unternehmensnachfolgebesteuerung kommt somit nicht in Betracht. Hingegen erscheint ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 ff. EG) und die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 ff. EG) möglich.
10
Dautzenberg, Erbschaftsteuer, S. 87; Dautzenberg/Brüggemann, EG-Vertrag, S. 882 f.; Fraberger, Gemeinschaftsrecht, S. 302 f.; Herzig/Dautzenberg, EG-Recht, S. 15 f.; Lang, Europarechtliche Aspekte, S. 256. 11 Fischer, Gemeinschaftsrecht, S. 290; Kokott, Diskriminierungsverbote, S. 19 f.
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
a) Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 56 EGV Zunächst war die Kapitalverkehrsfreiheit im Art. 67 EWGV geregelt. Nach übereinstimmender Auffassung von EuGH und Wissenschaft kam der Kapitalverkehrsfreiheit damals keine unmittelbare Rechtswirkung zu.12 Der Vertrag von Maastricht legte fest, dass die bisherigen Regelungen der Kapitalverkehrsfreiheit zum 01.01.1994 durch die neuen Art. 73b–73g EGV ersetzt werden sollten. Die Vorschriften verbieten alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten.13 Die Kapitalverkehrsfreiheit wurde damit zu einer eigenständigen14 und unmittelbar anwendbaren Grundfreiheit,15 da sie ausreichend klar definiert ist und keiner weiteren Umsetzungshandlung von Seiten der Mitgliedstaaten oder der Gemeinschaftsorgane bedarf.16 Ziel der Kapitalverkehrsfreiheit ist ein vollständig liberalisierter Kapitalverkehr, der die Basis für einen einheitlichen europäischen Kapitalmarkt bildet.17 Die Kapitalverkehrsfreiheit geht dabei über ein Diskriminierungsverbot hinaus und stellt ein Beschränkungsverbot dar.18 aa) Schutzbereich der Kapitalverkehrsfreiheit Nach dem Wortlaut der Norm sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Damit setzt die Kapitalverkehrsfreiheit einen grenzüberschreitenden Bezug des Sachverhalts voraus. Der Art. 56 EG enthält – anders als die Personenfreiheiten – keine Eingrenzung der Berechtigten. Berechtigt sind somit alle Personen, die Teilnehmer am Kapitalverkehr sind, unabhängig von deren Staatsangehörigkeit oder Wohnsitz. Die Kapitalverkehrsfreiheit ist eine räumliche Grundfreiheit.19 12 EuGHE 1981, 2595, 2614 (Rn. 10); EuGHE 1984, 377, 406 (Rn. 31 und 33 f.); Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2720; Kimms, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 129. 13 Später wurde durch den Vertrag von Amsterdam die Nummerierung geändert, so dass an die Stelle der Art. 73b–73g EGV die Art. 56 bis 60 EG getreten sind, der Inhalt der Regelung blieb unverändert. 14 Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2726 und 2732. 15 Sedlaczek in Streinz, EGV Art. 56 EGV Rn. 27. 16 EuGHE 1995, 4821, 4841 ff. (Rn. 40 ff.); Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2745; Kimms, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 136; Weber, Kapitalverkehr, S. 562. 17 Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2728; Weber, Kapitalverkehr, S. 561. 18 Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2732; Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 161; zweifelnd Lang, Europarechtliche Aspekte, S. 260 f.; kritisch sieht Lehner, Besteuerungsgewalt, S. 267 ff. und 275 f., den Wandel der Grundfreiheiten von Diskriminierungs- zu Beschränkungsverboten.
I. Europarechtliche Beurteilung
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Eine Definition, was unter Kapitalverkehr zu verstehen ist, ergibt sich weder aus dem Wortlaut, noch gibt das sonstige europäische Primärrecht eine solche Definition vor. Im Sekundärrecht der Gemeinschaft stellt die Kapitalverkehrs-Richtlinie aus dem Jahr 1988, die vom EuGH für unmittelbar anwendbar erklärt wurde,20 fest, dass Erbschaften, Schenkungen und Vermächtnisse unter den „persönlichen Kapitalverkehr“ und die Erbschaftsteuer unter den „sonstigen Kapitalverkehr“ fallen.21 Wie Müller-Etienne und Kaass deutlich machen, kann die Kapitalverkehrs-Richtlinie aufgrund des rechtstheoretischen Grundsatzes, dass normhierarchisch niedrigere Normen höherrangige Normen nicht auslegen, keine feste Definition der Kapitalverkehrsfreiheit vorgeben.22 Ohne die Richtlinie als Begrenzung heranzuziehen kann sie jedoch dazu dienen, einen Überblick zu bekommen, welche Transaktionen von der Kapitalverkehrsfreiheit überhaupt umfasst sind.23 Auch der EuGH hat bisher keine umfassende Definition des Begriffs Kapitalverkehr vorgenommen, sondern den Begriff nur sachverhaltsbezogen benutzt.24 In der Literatur wird teilweise das Kriterium der Einseitigkeit der Wertübertragung zur Begriffsbestimmung angewandt.25 Dem ist entgegenzuhal19
Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2743 f.; Kaass, Grundfreiheiten, S. 70. EuGHE I 1995, 361, 387 (Rn. 32). 21 Siehe dazu den Anhang I: Nomenklatur des Kapitalverkehrs, Titel XI, Buchstabe B und D, und Titel XIII, Buchstabe A der Kapitalverkehrsrichtlinie (ABl. EG 1988 L 178/5). 22 Kaass, Grundfreiheiten, S. 57; Müller-Etienne, Europarechtswidrigkeit, S. 131. 23 EuGHE I 1999, 1661, 1678 (Rn. 21); EuGHE I 1999, 3099, 3131 (Rn. 22); EuGHE I 2001, 173, 197 (Rn. 5); EuGHE I 2002, 2157, 2204 (Rn. 30); EuGHE I 2002, 4731, 4772 (Rn. 37); EuGHE I 2002, 4781, 4801 (Rn. 36); EuGHE I 2002, 4809, 4830 (Rn. 37); Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2721; Kiemel in von der Groeben/ Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 56 EG Rn. 3; Loose, Kapitalverkehr, S. 31 f.; Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 131; Rohde, Kapitalverkehr, S. 119; Sedlaczek in Streinz, EGV Art. 56 EGV Rn. 5. 24 EuGHE I 2001, 173, 179 (Rn. 22); EuGHE I 2002, 1425, 1442 (Rn. 52); EuGHE I 2002, 2157, 2169 ff. (Rn. 39 ff.); EuGHE I 2002, 4731, 4772 (Rn. 37 ff.); EuGHE I 2002, 4781, 4801 f. (Rn. 35 ff.); EuGHE I, 4809, 4830 f. (Rn. 36 ff.). Vgl. auch Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2736; Haferkamp, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 34; Kiemel in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 56 EG Rn. 4. 25 Brinkmann, Unternehmensbesteuerung, S. 59; Eckhoff, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 621 f.; Hahn/Follak in Dauses, EU-Wirtschaftsrecht F II Rn. 6; Kiemel in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 56 EG Rn. 1; Ress/Ukrow in Grabitz/Hilf, Europäische Union Art. 56 EGV Rn. 32; Schweitzer/Hummer, Europarecht Rn. 1213. 20
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
ten, dass Kapitaltransaktionen oftmals Gegenleistungen gegenüberstehen und sie damit zweiseitig sind.26 Auch eine Definition, die den Anlagezweck in den Vordergrund stellt, um damit die Abgrenzung zur Zahlungsverkehrsfreiheit vorzunehmen, greift zu kurz,27 da der Inhalt der Kapitalverkehrsfreiheit nicht zwingend mit einem Anlageziel verbunden sein muss.28 Unter Kapitalverkehr ist ein grenzüberschreitender Erwerb, ein Transfer oder eine Veräußerung von Geld- und Sachkapital zu verstehen.29 Wie bereits festgestellt, untersagt die Kapitalverkehrsfreiheit nicht nur Diskriminierungen, sondern alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs. Da Art. 56 EG keine Definition der Beschränkung enthält, erscheint fraglich, was darunter zu verstehen ist. Aufgrund der inhaltlichen Parallelen zwischen der Kapitalverkehrs- und der Warenverkehrsfreiheit und der teilweise gleichartigen Formulierungen in den Art. 58 Abs. 1 und 3 EG sowie des Art. 30 EG, wird vereinzelt vorgeschlagen, zur Auslegung des Beschränkungsbegriffes die vom EuGH zur Warenverkehrsfreiheit entwickelte Dassonville-Formel30 auf die Kapitalverkehrsfreiheit anzuwenden. Danach lassen sich Beschränkungen des Kapitalverkehrs als mitgliedstaatliche Regelungen definieren, die zu einer unmittelbaren oder mittelbaren, tatsächlichen oder potenziellen Behinderung, Begrenzung oder Untersagung des Zu-, Ab- oder Durchflusses von Kapital führen.31 In Anbetracht des „effet utile“ der Grundfreiheit und des Wortlauts der Vorschrift – der ausdrücklich alle Beschränkungen verbietet – ist dieser weitgehenden Definition zuzustimmen.32
26 Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2738; Hoffmann, Bankenrecht, S. 41; Honrath, Kapitalverkehr, S. 40; Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 157 f.; Rohde, Kapitalverkehr, S. 120; Seidel, Kapitalmarkt, S. 578. 27 A. A. Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2739 f.; Löhle, Gestaltungsspielräume, S. 130; die allerdings selbst davon sprechen, dass dieses Kriterium nur in der Regel vorliegt. 28 Im Gegensatz zum Zahlungsverkehr ist der Kapitalverkehr jedoch selbständig und keine Zahlung im Zusammenhang mit dem Dienstleistungs- und Warenverkehr, dazu Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 158. 29 Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 157 f. 30 EuGHE 1974, 837, 852. 31 Fischer, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 403; Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2796; Kiemel in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 56 EG Rn. 13; Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 163 f.; Weber, Kapitalverkehr, S. 563; Weber in Lenz/Borchardt, EG-Vertrag Art. 56 EGV Rn. 14. 32 So auch Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2794; Kimms, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 157.
I. Europarechtliche Beurteilung
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bb) Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit durch die §§ 13a und 19a ErbStG Die §§ 13a und 19a ErbStG begünstigen ausschließlich den Übergang von inländischem Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland. Hingegen sind beim Erwerb von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften und ausländischem Betriebsvermögen weder der Freibetrag (§ 13a ErbStG) noch die Tarifvergünstigung des § 19a ErbStG anwendbar. Beim Übergang von ausländischen Kapitalgesellschaftsanteilen und Betriebsvermögen findet ein Vermögenstransfer von Sachkapital über Staatsgrenzen hinweg statt. Auch unentgeltliche Vermögensströme dienen dem Sinn des gemeinschaftlichen Binnenmarktes, deshalb handelt es sich auch bei Erbschaften und Schenkungen um Kapitalverkehr.33 Diese Sichtweise wird bestätigt durch die Kapitalverkehrsrichtlinie aus dem Jahr 1988, nach der – wie erwähnt – Erbschaften und Schenkungen unter den persönlichen Kapitalverkehr fallen.34 Die unterschiedliche Besteuerung des Übergangs von in- und ausländischen unternehmerischen Vermögen ist eine mitgliedstaatliche Regelung. Der Erwerb ausländischen Vermögens ist schlechter gestellt als der Erwerb des inländischen Vermögens, bei dem im Falle der unentgeltlichen Übertragung die Steuerbelastung geringer ist. Darin ist eine Benachteiligung des Erwerbs ausländischen unternehmerischen Vermögens zu sehen, die geeignet ist, den freien Kapitalverkehr zu behindern. Die unterschiedliche Besteuerung des in- und ausländischen Unternehmensübergangs beeinträchtigt demnach die Kapitalverkehrsfreiheit des Vermögenserwerbers. Die Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit stellt noch kein abschließendes Urteil über die ungleiche Behandlung zwischen in- und ausländischem unternehmerischen Vermögen dar. Mögliche Rechtfertigungsüberlegungen sind im Folgenden zu untersuchen. Dabei kommen sowohl geschriebene, als auch ungeschriebene Rechtfertigungsgründe in Betracht.
33
Müller-Etienne, Europarechtswidrigkeit, S. 134. Siehe dazu den Anhang I: Nomenklatur des Kapitalverkehrs, Titel XI, Buchstabe B und D der Kapitalverkehrsrichtlinie (ABl. EG 1988 L 178/5). 34
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
cc) Rechtfertigung auf Grundlage des Art. 58 Abs. 1 lit. a EG Nach Art. 58 Abs. 1 lit. a EG ist es den Mitgliedstaaten erlaubt, die im Steuerrecht üblichen Differenzierungen nach Wohn- und Kapitalanlageort beizubehalten. Die Regelung belässt den Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum und entspricht damit der Systematik des Vertrages, der eine Harmonisierung der direkten Steuern bisher nicht vorsieht.35 Kapitalanlageort ist der Ort, an dem das Kapital belegen ist oder angelegt werden soll.36 Die §§ 13a und 19a ErbStG differenzieren je nach Belegenheit des unternehmerischen Vermögens, womit Art. 58 Abs. 1 lit. a EG als Rechtfertigung in Betracht kommt. Allerdings legt die 7. Erklärung in der Schlussakte des Unionsvertrags zu Art. 73d EGV fest, dass dieses Differenzierungsrecht nur für die steuerrechtlichen Vorschriften, die bereits zum 31.12.1993 bestanden, gilt. Einzig die Regelung des § 13 Abs. 2a ErbStG – eine Vorgängernorm des § 13a ErbStG – bestand vor dem 31.12.1993. Sie gewährte damals einen Freibetrag von 500.000 DM beim Betriebsvermögensübergang.37 Die gegenwärtigen Regelungen der §§ 13a und 19a ErbStG bestanden zum 31.12.1993 hingegen nicht und gehen erheblich über den reinen Freibetrag hinaus. Nach der Erklärung der Schlussakte ist damit eine Rechtfertigung anhand des Art. 58 Abs. 1 lit. a EG ausgeschlossen. Fraglich ist, ob eine solche Erklärung eine verbindliche Regelung für das Primärrecht festlegen kann. Für die Verbindlichkeit der Erklärung spricht zunächst, dass sie nach Art. 31 Abs. 2 WVRK zur Vertragsauslegung heranzuziehen ist.38 Tatsächlich überschreitet die Festlegung auf ein bestimmtes Datum die bloße Auslegung des Primärrechtes. Hätte die Union eine solche zeitliche Bindung in das Vertragswerk aufnehmen wollen, so hätte sie dies – wie in Art. 73a und 73h EGV a. F. geschehen – machen können.39 Schon die Bezeichnung „Erklärung“ macht deutlich, dass es sich nur um eine politische Absichtserklärung der Mitgliedstaaten handelt, um einen scharfen Steuerwettbewerb zu vermeiden. Politische Absichtserklärungen sind jedoch gerichtlich nicht durchsetzbar.40 Demzufolge wird die Differenzierung nach Wohn- und 35
Kimms, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 188; Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 172. Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2826. 37 Siehe Kapitel D.II.3. 38 Kimms, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 189. 39 Löhle, Gestaltungsspielräume, S. 132. 40 BT-Drs. 12/3334, 88; Glaesner in Schwarze, EU-Kommentar Art. 58 EGV Rn. 2; Haferkamp, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 145; Kiemel in von der Groeben/ Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 58 EG Rn. 11; Rohde, Kapitalverkehr, S. 151. 36
I. Europarechtliche Beurteilung
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Kapitalanlageort nicht auf die Vorschriften, die bereits zum 31.12.1993 bestanden, rechtlich beschränkt. Eine Rechtfertigung durch Art. 58 EG kommt auch für die nach dem 31.12.1993 eingeführten Begünstigungen der §§ 13a und 19a ErbStG in Betracht. Eingeschränkt wird die Rechtfertigungsmöglichkeit des Art. 58 Abs. 1 EG durch Art. 58 Abs. 3 EG. Danach dürfen die in Art. 58 Abs. 1 EG genannten Maßnahmen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs darstellen. Die Maßnahmen unterliegen dabei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.41 Eine willkürliche Diskriminierung liegt vor, wenn bei Vorhandensein von gleichen Sachverhalten zwei Personen zum Nachteil der einen ungleich behandelt werden und dafür kein sachlicher Grund vorliegt.42 Von einer verschleierten Beschränkung kann gesprochen werden, wenn durch eine Maßnahme mittelbar der Schutz nationaler Produktion erreicht werden soll, nach außen aber ein anderer Zweck vorgetäuscht wird, damit das Handeln als gerechtfertigte Maßnahme erscheint.43 Vorliegend unterscheidet sich die Besteuerung von ausländischen und inländischen unternehmerischen Vermögen bei ansonsten gleichen Sachverhalten, wobei die Belastung für ausländisches unternehmerisches Vermögen höher ausfällt. Als sachlicher Grund für diese Regelung kommt der Grundsatz der Kohärenz der Steuerrechtsordnung in Betracht. So hat der EuGH für die Personenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich anerkannt, dass die steuerliche Ungleichbehandlung unter Umständen aus steuersystematischen Gründen gerechtfertigt werden kann.44 Dabei muss jedoch ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Vor- und Nachteil der Regelung bestehen,45 was auf eine Personenidentität der Beteiligten hinausläuft.46 Fraglich ist, ob die Kohärenz der Steuerordnung einen sachlichen Grund für die ungleiche Regelung des Unternehmensübergangs nach §§ 13a und 19a ErbStG darstellt. 41
Sedlaczek in Streinz, EGV Art. 58 Rn. 20. Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2841; Kiemel in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 58 Rn. 32. 43 Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2842; Kiemel in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 58 Rn. 35. 44 EuGHE I 1992, 249, 281 f. (Rn. 17 ff.); EuGHE I 1992, 305, 319 (Rn. 14 ff.). 45 EuGHE I 1995, 3955, 3977 (Rn. 16 ff.); EuGHE I 1996, 3089, 3128 f. (Rn. 56 ff.). 46 Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 173. 42
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
Zur Begründung der Begünstigungen inländischen Betriebsvermögens wurde aus steuersystematischer Sicht angeführt, dass unternehmerisches Vermögen einer „gesteigerten rechtlichen Bindung“ unterliegt. Dies hat zur Folge, dass „die durch die Erbschaftsteuer erfasste finanzielle Leistungsfähigkeit des Erben nicht seinem durch Erbanfall erworbenen Vermögenszuwachs voll entspricht“.47 Da das Leistungsfähigkeitsprinzip das Prinzip ist, auf dem die Erbschaftsteuer und die Unternehmensnachfolgebesteuerung beruhen,48 muss die verminderte Leistungsfähigkeit bei der Besteuerung berücksichtigt, und das Betriebsvermögen beim Übergang entlastet werden. Unabhängig davon, ob die vom Bundesverfassungsgericht vorgetragenen Argumente tatsächlich stimmig sind, kann festgestellt werden, dass die Aussagen des Gerichts sich nicht explizit auf inländisches Vermögen beschränken. Insofern muss auch ausländisches unternehmerisches Vermögen begünstigt werden. Gebel macht geltend, dass die Gemeinwohlgebundenheit von unternehmerischen Vermögen in den verschiedenen Ländern der EU unterschiedlich ausgeprägt ist. Die Sozialgesetzgebung der verschiedenen Staaten kann danach eine Ungleichbehandlung darstellen, die durch die Unterscheidung nach in- und ausländischem Vermögen in den §§ 13a und 19a ErbStG wieder ausgeglichen wird.49 Diese Argumentation setzt voraus, dass die Regelungen der §§ 13a und 19a ErbStG nach den Soziallasten für unternehmerisches Vermögen differenzieren.50 Dies ist nicht der Fall; stattdessen wird ausländisches Vermögen durch die zur Diskussion stehenden Regelungen pauschal schlechter gestellt. Gebel merkt zwar an, dass ein nationaler Gesetzgeber nicht gezwungen werden kann, im Interesse des Gemeinwohls anderer Mitgliedstaaten Vergünstigungen zu gewähren. Nach seiner Auffassung hat der Gesetzgeber die auferlegten Lasten nur für den Bereich abzumildern oder auszugleichen, die seiner Regelungskompetenz unterliegen.51 Da dem Gesetzgeber auch die Regelungskompetenz für die erbschaftsteuerliche Behandlung ausländischer Vermögensbestandteile obliegt, kann die Argumentation Gebels nicht überzeugen. Sie würde im Ergebnis jede steuerliche Ungleichbehandlung zwischen in- und ausländischem Vermögen rechtfertigen und damit dem Gedanken des gemeinsamen Binnenmarktes entgegenwirken. 47
BVerfGE 93, 165, 176. Siehe Kapitel B.II.8. 49 Gebel, Diskriminierung, S. 123. 50 Müller-Etienne, Europarechtswidrigkeit, S. 202. 51 Gebel, Diskriminierung, S. 123; Gebel in Troll et al., Erbschaftsteuer Einführung Rn. 53. 48
I. Europarechtliche Beurteilung
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Als weiteres Rechtfertigungsargument lässt sich anführen, dass die erbschaftsteuerliche Ermäßigung für inländisches unternehmerisches Vermögen durch zukünftige Ertragssteuerzahlungen des Unternehmens und der beschäftigten Mitarbeiter kompensiert wird. Hingegen fließen die Ertragsteuerzahlungen der ausländischen Unternehmen in den Fällen, in denen ein Doppelbesteuerungsabkommen nach dem Vorbild des OECD-Musterabkommens geschlossen wurde, dem Betriebsstättenstaat zu. Ein Zusammenhang zwischen der Höhe der ertragsteuerlichen Zahlungen von in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen und der Erbschaftsteuerermäßigung ist zwar nachvollziehbar, zur Rechtfertigung der steuerlichen Ungleichbehandlung müsste jedoch ein unmittelbarer Zusammenhang gegeben sein. Dies wäre dann der Fall, wenn sich die Nachteile aus den Vorteilen der Regelung ergeben und bzgl. der Vor- und Nachteile eine Personenidentität des Betroffenen vorliegt.52 Vorliegend ergibt sich der Zusammenhang nur durch mögliche zukünftige Ertragsteuerzahlungen. Personenidentität ist nicht gegeben. Das zur Anerkenntnis der Kohärenz der Steuerordnung notwendige Unmittelbarkeitsverhältnis liegt nach den Anforderungen des EuGH nicht vor. Der Argumentation ist weiterhin zu entgegnen, dass der deutsche Gesetzgeber bereits vor Einführung der Erbschaftsteuerermäßigung für unternehmerisches Vermögen die Besteuerung für zukünftige Erträge durch Doppelbesteuerungsabkommen an die Betriebstättenstaaten abgegeben hat, wobei gleichzeitig die Vertragspartner auf eine Besteuerung des in Deutschland belegenen unternehmerischen Vermögens verzichten.53 Die Ungleichbehandlung entspricht damit nicht dem Gedanken der Kohärenz der Steuerrechtsordnung. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liegt nicht vor. Die Ungleichbehandlung zwischen in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen beim Unternehmensübergang stellt vielmehr eine willkürliche Diskriminierung dar, bei der eine Rechtfertigung ausscheidet und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt ist.
52 Zum Erfordernis eines unmittelbaren Zusammenhangs siehe EuGHE I 1992, 249, 282 (Rn. 21 ff.); EuGHE I 1995, 3955, 3977 (Rn. 18); Kaass, Grundfreiheiten, S. 108; Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 173. 53 Zu den vor 1993 geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen siehe Bundesamt für Steuern, Doppelbesteuerungsabkommen, S. 1 f.
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dd) Rechtfertigung auf Grundlage des Art. 58 Abs. 1 lit. b EG Nach Art. 58 Abs. 1 lit. b EG ist es den Mitgliedstaaten erlaubt, den Kapitalverkehr einschränkende Maßnahmen zu ergreifen, wenn diese aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerechtfertigt sind. Dabei werden die Begriffe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vertrag nicht definiert. Da es sich um gemeinschaftsrechtliche Begriffe handelt, können diese auch nicht durch die anerkannten nationalstaatlichen Definitionen ersetzt werden.54 Bei der Auslegung der Begriffe herrscht jedoch Einigkeit darüber, dass sie als Ausnahmetatbestände eng auszulegen sind.55 So fordert der EuGH aus Gründen der öffentlichen Ordnung eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung eines gesellschaftlichen Grundinteresses.56 Anerkannt als gesellschaftliches Grundinteresse werden die Grundversorgung mit Erdölprodukten57, mit Energie58 und die Sicherstellung von Dienstleistungen, die strategische Bedeutung59 haben. Die notwendige Versorgung im Krisenfall stellt einen Grund der öffentlichen Sicherheit dar.60 Jedoch sind Einschränkungen unter Berufung auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung zur Verfolgung primär wirtschaftlicher Ziele – wie etwa die Sicherung der Existenz eines nationalen Unternehmens61 oder allgemeiner wirtschaftspolitischer Ziele62 – nicht zulässig. Wie dargestellt, werden die Steuerprivilegien für die Übertragung unternehmerischen Vermögens mit wirtschaftspolitischen Zielen begründet. Diese Ziele stellen jedoch keine Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar. Eine Rechtfertigung aufgrund Art. 58 Abs. 1 lit. b EG scheitert damit.
54
Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2833. EuGHE I 2003, 4581, 4634 (Rn. 72). Vgl. auch: Müller-Graf in Streinz, EGV Art. 58 Rn. 18 i. V. m. Art. 46 Rn. 7. 56 EuGHE 1977, 1999, 2013 (Rn. 33/35); EuGHE 1989, 1263, 1291 (Rn. 17); EuGHE I 2000, 1335, 1361 (Rn. 17); EuGHE I 2003, 4581, 4634 (Rn. 72). 57 EuGHE I 2002, 4781, 4804 (Rn. 47). 58 EuGHE I 2002, 4809, 4832 f. (Rn. 46). 59 EuGHE I 2003, 4581, 4632 f. (Rn. 66). 60 EuGHE I 2002, 4781, 4804 (Rn. 47); EuGHE I 2002, 4809, 4832 f. (Rn. 46); EuGHE I 2003, 4581, 4634 (Rn. 71). 61 EuGHE I 1995, 563, 608 (Rn. 36). 62 EuGHE I 2002, 4731, 4775 f. (Rn. 52). 55
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ee) Rechtfertigung anhand zwingender Allgemeininteressen Neben den geschriebenen Rechtfertigungsgründen des Art. 58 Abs. 1 und 2 EG hat der EuGH auch Beschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit aus zwingenden Allgemeininteressen für zulässig erachtet.63 In seiner jüngsten Rechtsprechung bestätigt der EuGH die Existenz ungeschriebener Rechtfertigungsgründe für die Kapitalverkehrsfreiheit erneut.64 Die Rechtfertigung aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls entwickelte sich aus der Cassis-Entscheidung zur Warenverkehrsfreiheit. Nach dieser müssen Hemmnisse für den Binnenhandel der Gemeinschaft dann hingenommen werden, wenn die Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden.65 Einschränkende staatliche Rechtsvorschriften sind danach nur dann zulässig, wenn sie durch zwingende Erfordernisse gerechtfertigt sind, und die Maßnahmen verhältnismäßig sind.66 Begründet wird die Übertragung der Cassis-Rechtsprechung mit der Parallelität der Grundfreiheiten, wonach eine einheitliche Betrachtung auch im Bezug auf die Schranken nahe liegen soll.67 Gegen die Übertragung lässt sich einwenden, dass die Beschränkungen bei der Warenverkehrsfreiheit aufgrund der Weite des Schutzbereichs und der eng ausgelegten Rechtfertigungsgründe entwickelt worden sind. Bei der Kapitalverkehrsfreiheit existiert mit den Art. 57 bis 60 EG hingegen ein ausgefeiltes System an Rechtfertigungsgründen.68 Damit ist die Ausgangslage zwischen beiden Freiheiten unterschiedlich, und die Übertragbarkeit erscheint fraglich.69 Weiterhin sind die Rechtfertigungsgründe der Kapitalverkehrsfreiheit im Gegensatz zu den Rechtfertigungsgründen der Warenverkehrsfreiheit offener gestaltet und – wie der Wortlaut („insbesondere“) des Art. 58 Abs. 1 lit. b EGV zeigt – nicht abschließend formuliert. So sind einschränkende 63
EuGHE I 1993, 487, 518 (Rn. 10 f); EuGHE I 1999, 3099, 3135 (Rn. 40). EuGHE I 2002, 2157, 2205 (Rn. 33); EuGHE I 2002, 4731, 4775 (Rn. 49); EuGHE I 2002, 4781, 4803 (Rn. 45); EuGHE I 2002, 4809, 4832 (Rn. 45); EuGHE I 2003, 4581, 4633 (Rn. 68); EuGHE I 2003, 4641, 4663 (Rn. 49). 65 EuGHE 1979, 649, 662 (Rn. 8). 66 EuGHE I 2002, 2157, 2205 (Rn. 33); EuGHE I 2002, 4731, 4775 (Rn. 49); EuGHE I 2002, 4781, 4803 (Rn. 45); EuGHE I 2002, 4809, 4832 (Rn. 45); EuGHE I 2003, 4581, 4633 (Rn. 68). 67 Ress/Ukrow in Grabitz/Hilf, Europäische Union Art. 56 EGV Rn. 35; Weber in Lenz/Borchardt, EG-Vertrag Art. 56 Rn. 14 ff. 68 Eckhoff, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 629 f.; Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 170. 69 Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2878. 64
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Maßnahmen grundsätzlich schon bei jedem Verstoß gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften möglich. Außerdem werden Beschränkungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, die auch im Art. 30 EG genannt sind, gerechtfertigt. In Anbetracht der umfassenden geschriebenen Rechtfertigungsgründe erscheint ein Rückgriff auf den ungeschriebenen Rechtfertigungsgrund der „zwingenden Gründe des Allgemeinwohls“ entbehrlich.70 Auch eine Rechtfertigung aufgrund des ungeschriebenen Rechtfertigungsgrundes des zwingenden Allgemeininteresses scheidet damit aus. Andere Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich. ff) Zwischenergebnis Die ungleiche Behandlung der Unternehmensnachfolgebesteuerung zwischen in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen stellt eine Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit dar. Die Beeinträchtigung ist nicht durch geschriebene Rechtfertigungsgründe des Art. 58 Abs. 1 EG lit. a und b zu rechtfertigen. Der ungeschriebene Rechtfertigungsgrund der zwingenden Allgemeininteressen ist auf die Kapitalverkehrsfreiheit nicht übertragbar und kommt deshalb nicht in Betracht. b) Niederlassungsfreiheit, Art. 43 EGV Die Niederlassungsfreiheit ist Teil der Freiheit des Personenverkehrs. Sie enthält im Wesentlichen das Recht, in einem anderen Mitgliedstaat nach dessen Rechtsvorschriften einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen und erlaubt Unternehmen einschließlich Zweigniederlassungen zu gründen. Die Niederlassungsfreiheit geht dabei auf die Stillhalteklausel des Art. 53 EWG-Vertrag zurück, der es den Mitgliedstaaten untersagte, den bestehenden Umfang der Freiheit – sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen – zu verringern. Mit zunehmender Verwirklichung des Binnenmarktes wurde diese Regelung textlich verändert und angepasst. Bemerkenswert ist dabei die Entwicklung der Niederlassungsfreiheit von einem Diskriminierungsverbot aus Gründen der Staatsangehörigkeit zu einem weit reichenden Beschränkungsverbot.71 Bereits im Jahr 1974 entschied der EuGH in der Sache „Reyners“, dass das Diskriminierungsverbot der Niederlassungsfreiheit unmittelbar anwendbar ist.72 Der Vertrag von Amsterdam brachte neben dem Ergebnis, dass die Niederlassungsfreiheit nicht mehr in 70 71
Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2878. EuGHE 1979, 437, 448 f. (Rn. 19); Everling, Vertragspraxis, S. 113 ff.
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Art. 52 ff., sondern in Art. 43 ff. EG geregelt wurde, die Klarstellung, dass alle Beschränkungen verboten sind. aa) Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit Nach dem Wortlaut der Norm sind Beschränkungen der freien Niederlassung im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates verboten. Demzufolge besteht die Niederlassungsfreiheit nicht nur aus einem Gleichbehandlungsgebot, sondern sie verbietet auch Beschränkungen der freien Niederlassung.73 Der EG-Vertrag enthält dabei keine Definition des Begriffes der Niederlassung. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist unter einer Niederlassung die tatsächliche und dauerhafte Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat zu verstehen.74 Damit umfasst die Niederlassungsfreiheit nicht nur den Zugang zu einem Markt, sondern auch Beschränkungen gegenüber bereits niedergelassenen Unternehmen im laufenden Geschäft.75 Auf ausschließlich innerstaatliche Vorgänge findet die Niederlassungsfreiheit keine Anwendung. Notwendig ist ein grenzüberschreitender Sachverhalt.76 Als Begünstigte der Niederlassungsfreiheit kommen sowohl natürliche als auch juristische Personen (Art. 48 EG) in Betracht. Nach dem Sinn und Zweck der Norm müssen über den Wortlaut der Norm hinaus auch nicht-rechtsfähige Gesellschaften in die Anwendung der Niederlassungsfreiheit einbezogen werden, wenn diese einen Erwerbszweck verfolgen.77 Dabei werden unter einer Beschränkung der freien Niederlassung alle mitgliedstaatlichen Maßnahmen, die die Ausübung der Niederlassungsfreiheit „unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen“, verstanden.78
72
EuGHE 1974, 631, 652 (Rn. 24/28); EuGHE 1977, 765, 777 f. (Rn. 15/18); EuGHE 1977, 1199, 1204 f. (Rn. 9). 73 Braun, Niederlassungsfreiheit, S. 101 ff.; Brinkmann, Unternehmensbesteuerung, S. 89; Lackhoff, Niederlassungsfreiheit, S. 361 ff.; Scheuer in Lenz/Borchardt, EG-Vertrag Art. 43 EG Rn. 7; Schnichels, Niederlassungsfreiheit, S. 115 ff. und 140 f.; Tiedje/Troberg in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 43 EG Rn. 87; a. A. Nachbaur, Niederlassungsfreiheit, S. 158 ff. 74 EuGHE I 1991, 3905, 3965 (Rn. 20); EuGHE I 1995, 4165, 4195 (Rn. 25). 75 Brinkmann, Unternehmensbesteuerung, S. 54; Tiedje/Troberg in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 43 EG Rn. 66. 76 EuGHE I 1992, 323, 336 (Rn. 7 und 9); EuGHE I 1997, 195, 210 (Rn. 19). 77 Braun, Niederlassungsfreiheit, S. 47; Scheuer in Lenz/Borchardt, EG-Vertrag Art. 48 EGV Rn. 1; Troberg/Tiedje in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 48 EG Rn. 2.
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bb) Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit durch die §§ 13a und 19a ErbStG Die §§ 13a und 19a ErbStG stellen mitgliedstaatliche Regelungen dar. Die unterschiedliche Besteuerung des Unternehmensübergangs von in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen führt zu einer höheren Belastung für ausländisches Vermögen. Damit ist der Erwerb von ausländischen Beteiligungen sowie die Gründung ausländischer Unternehmen – bei ansonsten gleichen wirtschaftlichen Bedingungen – weniger attraktiv als die Gründung eines vergleichbaren inländischen Unternehmens. Eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit durch die Regelungen der §§ 13a und 19a ErbStG liegt vor. cc) Verhältnis der Niederlassungsfreiheit zur Kapitalverkehrsfreiheit Wie bei fast allen Konstellationen, die unter den Schutzbereich der Niederlassungsfreiheit fallen,79 unterliegt auch der Unternehmensübergang durch Erbschaft und Schenkung zusätzlich der Kapitalverkehrsfreiheit. Es stellt sich die Frage, welches Verhältnis zwischen den beiden Grundfreiheiten herrscht. Dabei stellt Art. 43 Abs. 2 EG eine Vorbehaltsklausel für die Anwendungen der Vorschriften der Niederlassungsfreiheit zugunsten der Kapitalverkehrsfreiheit dar. Im Gegenzug wird durch Art. 58 Abs. 2 EG festgelegt, dass die Beschränkungen des Niederlassungsrechts weiterhin anwendbar sind. Teilweise wird dem Art. 43 Abs. 2 EG entnommen, dass die Niederlassungsfreiheit gegenüber dem freien Kapitalverkehr nachrangig ist und damit sämtliche Beeinträchtigungen nach den Art. 56 ff. EG zu beurteilen sind.80 Dem ist zu entgegnen, dass der Hinweis auf die Vorschriften des Kapitalverkehrs im Art. 43 Abs. 2 EG auch dahingehend verstanden werden kann, dass die Schutzbereiche beider Grundfreiheiten eröffnet sind.81 78 EuGHE I 1993, 1191, 1218 (Rn. 15); EuGHE I 1995, 4165, 4197 (Rn. 37); EuGHE I 1999, 2835, 2860 f. (Rn. 19); EuGHE I 2001, 837, 866 (Rn. 26); EuGHE I 2002, 305, 364 (Rn. 22); EuGHE I 2002, 8923, 8950 (Rn. 26); Müller-Graff in Streinz, EGV Art. 43 EG Rn. 39. 79 Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 192 f. 80 Schlag in Schwarze, EU-Kommentar Art. 43 EGV Rn. 11. 81 Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2759; Honrath, Kapitalverkehr, S. 109 f.; Loose, Kapitalverkehr, S. 46 f.; Schön, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 749.
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Für diese Sichtweise spricht, dass zwischen der Kapitalverkehr- und Niederlassungsfreiheit eine enge Verbundenheit wesenstypisch ist. Die Zuordnung des Sachverhalts zu nur einer Grundfreiheit widerspricht der grundsätzlichen Gleichrangigkeit der Grundfreiheiten.82 Bisher hat der EuGH keine ausdrückliche Stellungnahme zum Verhältnis der beiden Grundfreiheiten abgegeben, allerdings geht er in seiner Rechtsprechung nicht von einer Vorrangigkeit der Niederlassungsfreiheit aus, sondern hält eine kumulative Betroffenheit von Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit für möglich.83 Aufgrund der Vorbehaltsklauseln in Art. 43 Abs. 2 und Art. 58 Abs. 2 EG erscheint es richtig, die sich überlappenden Schutzbereiche parallel anzuwenden. Die beschränkenden Maßnahmen sind somit anhand der Rechtfertigungsbestimmungen der Kapitalverkehrsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit zu prüfen.84 dd) Rechtfertigung auf Grundlage des Art. 46 EG Nach Art. 46 Abs. 1 EG sind ausnahmsweise Beschränkungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit zulässig. Dabei ist Art. 46 Abs. 1 EG als Schranke einer durch den EG garantierten Grundfreiheit restriktiv auszulegen.85 Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit liegen nur bei einer hinreichend schweren Gefährdung vor, durch welche die Grundinteressen der Gesellschaft tangiert werden.86 Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist bei der Besteuerung der Unternehmensnachfolge nicht auszumachen. Eine Rechtfertigung anhand des Art. 46 Abs. 1 EG scheidet aus.
82
Frenz, Grundfreiheiten Rn. 1860 f. EuGHE I 1999, 3099, 3130 (Rn. 21 ff.). Auch in anderen Entscheidungen erscheint die kumulative Anwendung der beiden Grundfreiheiten als möglich, allerdings nimmt der EuGH keine gesonderte Prüfung der Niederlassungsfreiheit vor EuGHE I 2002, 4731, 4777 (Rn. 56); EuGHE I 2002, 4781, 4806 (Rn. 56). Hingegen wendet der EuGH in den Rechtssachen „Metallgesellschaft“ EuGHE I 2001, 1727, 1782 (Rn. 75) und „Baars“ EuGHE I 2000, 2787, 2820 (Rn. 42) trotzt der Berührung zweier Schutzbereiche nur die Niederlassungsfreiheit an. 84 Müller, Kapitalverkehrsfreiheit, S. 193. 85 Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2240; Müller-Graf in Streinz, EGV Art. 46 Rn. 7. 86 Siehe dazu Kapitel F.I.2.a)dd). 83
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ee) Rechtfertigung anhand zwingender Gründe des Allgemeinwohls Neben den geschriebenen Rechtfertigungsgründen des Art. 46 Abs. 1 EG können weitere, ungeschriebene Rechtfertigungsgründe in Betracht kommen. Die Anerkennung der ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe ist notwendig, da der Schutzbereich des Art. 43 EG weit gefasst ist und ebenfalls eine Begrenzung des Art. 43 EG durch die restriktive Auslegung des Art. 46 Abs. 1 EG ausscheidet. Um die Niederlassungsfreiheit mit anderen im EG genannten Interessen – wie z. B. dem Verbraucher- und Umweltschutz – in Einklang zu bringen, gilt es, die ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe zu nutzen.87 Auch die weit gefasste Warenverkehrsfreiheit hat der EuGH durch die Cassis-Rechtsprechung eingeschränkt und dabei eine Rechtfertigung für Beschränkungen aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls entwickelt.88 Die Cassis-Entscheidung zur Warenverkehrsfreiheit wird auf die Niederlassungsfreiheit übertragen. Danach müssen Hemmnisse für die Niederlassungsfreiheit dann hingenommen werden, wenn die Bestimmungen auf zwingenden Erfordernissen des Allgemeinwohls beruhen und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen.89 Eine Übertragung der Cassis-Rechtsprechung auf die Niederlassungsfreiheit erscheint plausibel, da mit der Weite des Schutzbereichs und mit den eng ausgelegten Rechtfertigungsgründen tatsächlich eine Parallele zwischen Warenverkehrs- und Niederlassungsfreiheit besteht. Der Rückgriff auf ungeschriebene Rechtfertigungsgründe ist somit bei der Niederlassungsfreiheit sinnvoll und notwendig. Als zwingende Gründe des Allgemeininteresses werden – aufgrund der Parallelität der Grundfreiheiten – zunächst die Rechtfertigungsgründe des Art. 30 EG herangezogen.90 Die in Art. 30 EG genannten Rechtfertigungsgründe der öffentlichen Sittlichkeit, des Schutzes von Leben und Gesundheit von Mensch, Tier oder Pflanzen, des Schutzes nationaler Kulturgüter oder des gewerblichen oder kommerziellen Eigentums bieten bei der unterschiedlichen Besteuerung zwischen in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen jedoch keinen Anknüpfungspunkt, so dass die in Art. 30 EG genannten Gründe als Rechtfertigung ausscheiden. 87 Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2248; Lackhoff, Niederlassungsfreiheit, S. 454 f.; Müller-Graff in Streinz, EGV Art. 43 EGV Rn. 75. 88 Siehe dazu Kapitel F.I.2.a)ee). 89 EuGHE I 1993, 1663, 1697 (Rn. 32); EuGHE I 1995, 4165, 4197 f. (Rn. 37). 90 Everling, Niederlassungsrecht, S. 621; Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2257; Lackhoff, Niederlassungsfreiheit, S. 455 f.
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Über die in Art. 30 EG genannten Gründe hinaus wurden im Rahmen der Cassis-Rechtsprechung unter anderem die wirksame steuerliche Kontrolle, der Verbraucher- und Umweltschutz und die Lauterkeit des Handelsverkehrs als Allgemeinwohlgründe anerkannt.91 Auch diese Gründe treffen bei der Unternehmensnachfolgebesteuerung nicht zu. Daneben kommen aber auch andere zwingende Gründe des Allgemeinwohls in Betracht.92 So ist die Kohärenz des Steuersystems ein ungeschriebener Rechtfertigungsgrund für Beeinträchtigungen der Niederlassungsfreiheit. Zur Rechtfertigung muss hierbei ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Vor- und Nachteil der Regelung bestehen.93 Wie bereits im Kapitel F.I.2.a)cc) dargestellt, wird im Zusammenhang mit der Kohärenz der Steuerordnung vorgebracht, dass die höheren zukünftigen Ertragsteuereinnahmen bei inländischen Unternehmen – sowie eine verminderte Leistungsfähigkeit inländischen Unternehmensvermögens aufgrund der hohen Belastung mit Sozialabgaben – einen Ausgleich beim Unternehmensübergang notwendig machen. Dem ist zu entgegnen, dass der notwendige unmittelbare Zusammenhang zwischen zukünftigen Ertragsteuereinnahmen und der Belastung mit Erbschaftsteuer nicht gegeben ist. Auch kann die Argumentation bzgl. der verminderten Leistungsfähigkeit nicht überzeugen, da – unabhängig davon, ob tatsächlich eine verminderte Leistungsfähigkeit vorliegt – sie zu einer Besteuerung anhand der Sozialpflichtigkeit führen müsste, anstatt pauschal inländisches unternehmerisches Vermögen zu entlasten. Die Kohärenz der Steuerordnung macht folglich keine Unterschiede in der Besteuerung von in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen erforderlich. Eine Rechtfertigung für die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit aufgrund der Kohärenz der Steuerordnung scheidet aus. Wie im Urteil des Bundesverfassungsgerichts deutlich wird, wurden die Steuerbegünstigungen für inländisches unternehmerisches Vermögen eingeführt, um den Unternehmensübergang zu erleichtern.94 Die Unternehmensnachfolgebesteuerung basiert damit auf wirtschaftlichen Überlegungen. Da die Niederlassungsfreiheit gerade selbst wirtschaftlichen Interessen – wie dem Binnenmarkt, der ein Hauptziel der Gemeinschaft ist (Art. 4 und 14 EG) – dient, sind volks- und betriebswirtschaftliche Überlegungen nicht geeignet, eine Begrenzung der Niederlassungsfreiheit zu rechtfertigen.95 Sie 91 EuGHE 1979, 649, 662 (Rn. 8); EuGHE 1980, 3839, 3853 (Rn. 9 ff.); EuGHE 1981, 527, 535 (Rn. 8). 92 Lackhoff, Niederlassungsfreiheit, S. 456. 93 Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2282. 94 Siehe Kapitel D.III.
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stehen vielmehr im Widerspruch zum Vertrag und können daher kein zwingender Grund des Allgemeininteresses sein.96 Wirtschaftliche Gründe scheiden als ungeschriebene Rechtfertigungsgründe aus. Es liegen keine zwingenden Gründe des Allgemeinwohls vor, die die unterschiedliche Besteuerung von in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen rechtfertigen können. ff) Zwischenergebnis Die ungleiche Behandlung der Unternehmensnachfolgebesteuerung zwischen in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen stellt eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit dar. Die Beeinträchtigung ist nicht durch geschriebene Rechtfertigungsgründe des Art. 46 Abs. 1 EG zu rechtfertigen. Auch scheidet eine Rechtfertigung anhand ungeschriebener Rechtfertigungsgründe aus. c) Ergebnis Die ungleiche Behandlung der Unternehmensnachfolgebesteuerung zwischen in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen stellt sowohl eine Beeinträchtigung der Kapitalverkehrsfreiheit als auch der Niederlassungsfreiheit dar. Rechtfertigungsgründe sind nicht gegeben. Die momentane Ausgestaltung der Unternehmensnachfolgebesteuerung in Deutschland verstößt damit gegen zwei Grundfreiheiten. 3. Vereinbarkeit des allgemeinen Diskriminierungsverbots (Art. 12 EG) mit der Unternehmensnachfolgebesteuerung In Betracht kommt auch ein Verstoß gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot. Das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG verbietet „jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit“. Wie der Wortlaut der Norm verdeutlicht, trifft die Bezeichnung „allgemeines Diskriminierungsverbot“ eigentlich nicht zu, da es sich nicht um ein allgemeines, sondern um ein besonderes Diskriminierungsverbot handelt, das einzig an die Staatsangehörigkeit anknüpft.97 95
EuGHE 1988, 2085, 2135 (Rn. 34); EuGHE I 1997, 3091, 3121 (Rn. 23); Müller-Graff in Streinz, EGV Art. 43 EGV Rn. 75; Randelzhofer/Forsthoff in Grabitz/ Hilf, Europäische Union vor Art. 39–55 EGV Rn. 164. 96 Lackhoff, Niederlassungsfreiheit, S. 458 f.
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Ziel der Regelung ist es, den Fremdenstatus zu überwinden, um somit die Basis für den Binnenmarkt und die Integration der Staaten und Bürger zu schaffen.98 Zurecht wird im allgemeinen Diskriminierungsverbot ein Grundprinzip und Leitmotiv des Gemeinschaftsrechts gesehen.99 Dabei kommt nach der Rechtsprechung des EuGH dem Diskriminierungsverbot genauso wie den Grundfreiheiten unmittelbare Wirkung zu, so dass sich Unionsbürger auf das allgemeine Diskriminierungsverbot berufen können.100 Nach dem Wortlaut („unbeschadet besonderer Bestimmungen“) tritt das allgemeine Diskriminierungsverbot als lex generalis hinter den speziellen Diskriminierungsverboten der Grundfreiheiten zurück, soweit deren sachlicher Anwendungsbereich eröffnet ist.101 Allerdings setzt der EuGH dies nicht durchgängig um, sondern prüft das allgemeine Diskriminierungsverbot oftmals parallel zu den Grundfreiheiten.102 Teilweise hält er sogar die Prüfung eines Verstoßes gegen Grundfreiheiten für überflüssig, da bereits ein Verstoß gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot vorliegt.103 Einer solchen Handhabung ist zu widersprechen. Die Grundfreiheiten decken spezielle Bereiche ab, ihre Prüfung muss deshalb – wie es auch der Wortlaut der Norm vorsieht – einer allgemeinen Prüfung vorangehen.104 Dem folgt der EuGH zumindest in einer Vielzahl von Urteilen. Dabei spricht er davon, dass Diskriminierungsverbote nur dann anwendbar sind, wenn der Vertrag keine besonderen Diskriminierungsverbote vorsieht.105 97 Brigola, Diskriminierungsverbot, S. 179; Plötscher, Diskriminierung, S. 101; aufgrund der festen Bezeichnung des Art. 12 EG als „allgemeines Diskriminierungsverbot“ wird die Bezeichnung auch im Folgenden verwendet. 98 von Bogdandy in Grabitz/Hilf, Europäische Union Art. 6 EGV (a. F.) Rn. 1; Streinz in Streinz, EGV Art. 12 EGV Rn. 11. 99 Bieg, Gerichtshof, S. 83; von Bogdandy in Grabitz/Hilf, Europäische Union Art. 6 EGV (a. F.) Rn. 1; Meyer, Diskriminierungsverbot, S. 24; Zuleeg in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 12 EG Rn. 1. 100 EuGHE 1989, 195, 220 (Rn. 11); EuGHE I 1993, 5145, 5182 (Rn. 34); EuGHE I 1997, 5325, 5342 (Rn. 15); Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2902; Meyer, Diskriminierungsverbot, S. 24. 101 EuGHE I 1997, 3659, 3680 (Rn. 10 ff.). 102 EuGHE 1978, 1489, 1498 (Rn. 18/20); EuGHE 1986, 1283, 1301 (Rn. 20 ff.); EuGHE I 1994, 911, 920 (Rn. 10); EuGHE I 1999, 4899, 4911 (Rn. 15); EuGHE I 2003, 721, 742 (Rn. 28). 103 EuGHE I 1993, 5145, 5180 (Rn. 27); EuGHE I 1996, 4661, 4675 f. (Rn. 14); EuGHE I 1997, 1711, 1723 f. (Rn. 16). 104 Ehlers, Lehren, S. 151; Epiney in Calliess/Ruffert, EUV/EGV-Kommentar Art. 12 EGV Rn. 11 f.; Rolshoven, Dienstleistungsverkehr, S. 144 ff.; Rossi, Diskriminierungsverbot, S. 206; Streinz in Streinz, EGV Art. 12 EGV Rn. 14.
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Das allgemeine Diskriminierungsverbot ist demzufolge nur subsidiär zu den Grundfreiheiten zu prüfen. a) Schutzbereich des allgemeinen Diskriminierungsverbots Der Art. 12 EG verbietet jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Unter einer Diskriminierung wird dabei die Ungleichbehandlung vergleichbarer Tatbestände verstanden.106 Eine Diskriminierung i. S. des Art. 12 EG liegt nicht bei jeder tatsächlichen Benachteiligung vor. Die Schlechterstellung muss gerade aufgrund der Staatsangehörigkeit erfolgen107 und im Anwendungsbereich des Vertrages108 liegen. Unzweifelhaft ist, dass der Anwendungsbereich des Vertrages bei ausschließlich innerstaatlichen Sachverhalten nicht gegeben ist.109 Das Merkmal des Anwendungsbereichs des Vertrages liegt nach dem EuGH bereits vor, wenn eine Regelung die wirtschaftliche Betätigung von Wirtschaftsteilnehmern berührt bzw. überhaupt Vorschriften im EG zum betreffenden Sachverhalt existieren.110 Teilweise wird dieses Merkmal als erfüllt angesehen, wenn Aufgabeneröffnungsnormen des EG-Vertrages (Art. 2 und 4 EG) den Bereich benennen, ohne dass dabei eine EG-Regelungskompetenz vorliegen muss. Ausreichend soll es sein, wenn die Diskriminierung in einem Bereich stattfindet, der das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes betrifft.111 Restriktivere Stimmen in der Literatur verlangen, dass die jeweiligen Sachverhalte in den Bereich einer EG-Regelungskompetenz fallen müssen.112 105 EuGHE 1989, 195, 220 (Rn. 14); EuGHE 1989, 1461, 1476 f. (Rn. 12 f.); EuGHE I 1991, 1119, 1138 (Rn. 12); EuGHE I 1991, 5889, 5927 (Rn. 11); EuGHE I 1994, 1783, 1819 f. (Rn. 19); EuGHE I 1994, 3453, 3495 (Rn. 18); EuGHE I 1996, 929, 951 (Rn. 20). 106 Zum Diskriminierungsbegriff im europäischen Gemeinschaftsrecht siehe Plötscher, Diskriminierung, S. 29 ff. 107 von Bogdandy in Grabitz/Hilf, Europäische Union Art. 6 EGV (a. F.) Rn. 18; Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2912. 108 von Bogdandy in Grabitz/Hilf, Europäische Union Art. 6 EGV (a. F.) Rn. 38; Zuleeg in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 12 EG Rn. 11. 109 EuGHE 1982, 3723, 3736 (Rn. 14 ff.); EuGHE 1986, 29, 85 (Rn. 55); EuGHE 1986, 3231, 3242 (Rn. 11). 110 EuGHE I 1996, 4661, 4675 f. (Rn. 14). 111 Geiger, EUV/EGV Art. 12 EGV Rn. 10. 112 von Bogdandy in Grabitz/Hilf, Europäische Union Art. 6 EGV (a. F.) Rn. 37 f.; kritisch Kingreen, Gleichheitsrechte, S. 406.
I. Europarechtliche Beurteilung
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Auch nach dieser restriktiven Auffassung ist eine Anknüpfung dann gegeben, wenn eine Grundfreiheit betroffen ist.113 Berechtigte des Diskriminierungsverbots sind die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten, womit zunächst natürliche Personen geschützt sind. Der Art. 48 EG stellt für den Bereich der Niederlassungsfreiheit juristische Personen mit natürlichen Personen gleich. Da die Niederlassungsfreiheit die speziellere Grundfreiheit ist, muss Art. 48 EG auch zur Bestimmung des Schutzbereichs des allgemeinen Diskriminierungsverbots angewendet werden können.114 Als Zugehörige eines Mitgliedstaats gelten demzufolge auch die in Art. 48 EG genannten Gesellschaften. Dabei erweitert Art. 48 EG trotz der Formulierung („sonstigen juristischen Personen“) nach allgemeiner Auffassung den Schutzbereich auch auf nicht-rechtsfähige Gesellschaften.115 Verboten sind nicht nur die offene Diskriminierung, bei der die Staatsangehörigkeit als Unterscheidungsmerkmal genutzt wird, sondern Wissenschaft und EuGH betonen unter Verweis auf den Wortlaut des Art. 12 EG („jede Diskriminierung“) und den „effet utile“, dass durch das allgemeine Diskriminierungsverbot auch versteckte Diskriminierungen erfasst werden.116 Bei dieser Form der Diskriminierung wird an andere Merkmale als die Staatsangehörigkeit angeknüpft, jedoch entfaltet diese Anknüpfung in der Praxis die gleiche Wirkung wie eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Gerade im Bereich des Steuerrechts ist diese Erweiterung notwendig, da nur sehr selten ausdrücklich nach der Staatsangehörigkeit differenziert wird.117 Damit sind alle Formen der Diskriminierung verboten, die unmittelbar oder mittelbar an die Staatsangehörigkeit anknüpfen.
113 Zuleeg in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 12 Rn. 11. 114 Brigola, Diskriminierungsverbot, S. 181; Bungert, Gleichbehandlung, S. 578 f.; Zuleeg in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 12 EG Rn. 10. 115 Streinz in Streinz, EGV Art. 12 Rn. 33. 116 EuGHE 1974, 153, 164 (Rn. 11); EuGHE 1980, 3427, 3436 (Rn. 9); EuGHE I 1994, 467, 479 (Rn. 14); EuGHE I 1997, 285, 306 (Rn. 16); EuGHE I 2002, 2965, 2988 (Rn. 15); von Bogdandy in Grabitz/Hilf, Europäische Union Art. 6 EGV (a. F.) Rn. 12 ff.; Epiney in Calliess/Ruffert, EUV/EGV-Kommentar Art. 12 EGV Rn. 15; Frenz, Grundfreiheiten Rn. 2912; Plötscher, Diskriminierung, S. 114; Rossi, Diskriminierungsverbot, S. 210 f.; Zuleeg in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 12 EG Rn. 4. 117 Schön, Steuerordnungen, S. 209.
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
b) Beeinträchtigung des allgemeinen Diskriminierungsverbots durch die §§ 13a und 19a ErbStG Voraussetzung für die Anwendung des allgemeinen Diskriminierungsverbots ist zunächst, dass die zu untersuchende Behandlung in- und ausländischen unternehmerischen Vermögen überhaupt in den Anwendungsbereich des Vertrages fällt. Durch die unterschiedliche Besteuerung des Unternehmensübergangs von in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen wird die wirtschaftliche Betätigung der – das Vermögen übernehmenden – Personen berührt. Weiterhin erscheint die Beeinträchtigung des in Art. 4 EG genannten Binnenmarktes nicht unwahrscheinlich. Mit den Art. 90 ff. EG besteht eine EG-Regelungskompetenz für steuerliche Vorschriften. Weiterhin verletzt die deutsche Unternehmensnachfolgebesteuerung – wie bereits festgestellt – die Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs und der Niederlassungsfreiheit. Damit berührt die deutsche Unternehmensnachfolgebesteuerung den Anwendungsbereich des EG-Vertrages nach allen dargestellten Meinungen. Eine weitere Voraussetzung des allgemeinen Diskriminierungsverbots ist, dass es zur Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit kommt. Die Regelungen der §§ 13a und 19a ErbStG knüpfen aber weder unmittelbar an die Staatsangehörigkeit des Erblassers noch an die des Erben an, sondern stellen darauf ab, ob es sich um in- oder ausländisches Vermögen handelt. In Frage kommt eine mittelbare Diskriminierung. Dafür müsste an andere Merkmale als die Staatsangehörigkeit angeknüpft werden. Die Anknüpfung an diese Merkmale müsste faktisch zu einer Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit führen. Es genügt demnach nicht, dass die unterschiedliche Behandlung auch Angehörige anderer Mitgliedstaaten trifft, sondern die Regelung muss die gleiche klare Abgrenzung bewirken wie eine Regelung, die ausdrücklich am Tatbestandsmerkmal der Staatsangehörigkeit anknüpft. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Regelung hinsichtlich ihrer typischen Rechtsfolgen – und demnach in der weit überwiegenden Anzahl der von der Norm geregelten Fälle – Angehörige anderer Mitgliedstaaten trifft.118 118 EuGHE I 1980, 3427, 3436 (Rn. 9); EuGHE I 1988, 3877, 3894 Rn. 9; EuGHE I 1994, 467, 479 (Rn. 14); EuGHE I 1997, 285, 306 (Rn. 16) vgl. auch von Bogdandy in Grabitz/Hilf, Europäische Union Art. 6 Rn. 18; Streinz in Streinz, EGV Art. 12 Rn. 49; Zuleeg in von der Groeben/Schwarze, Europäische Gemeinschaft Art. 12 Rn. 4.
I. Europarechtliche Beurteilung
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Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die deutsche Erbschaftsteuer nur greift, wenn entweder der Erblasser oder der Erwerber Inländer i. S. des § 2 Abs. 1 ErbStG ist. Der deutschen Erbschaftsteuer unterliegen damit ganz überwiegend deutsche Staatsbürger. Angehörige anderer Mitgliedstaaten können jedoch auch der Erbschaftsteuer unterliegen, sofern sie im Inland ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt i. S. des § 2 Abs. 1 lit. a ErbStG haben. Insofern ist durch die Inländerbesteuerung eine Beeinträchtigung des allgemeinen Diskriminierungsverbots nicht vollkommen ausgeschlossen. So könnte man in Betracht ziehen, dass ausländisches Vermögen hauptsächlich von Ausländern gehalten wird, so dass die Anknüpfung an das Merkmal des ausländischen Vermögens gerade ausländische Staatsangehörige trifft. Nicht zuletzt die fortschreitende Verwirklichung des gemeinsamen Binnenmarktes hat dazu geführt, dass ausländisches Vermögen auch in hohem Maße von Inländern gehalten wird.119 So stieg der Bestand deutscher Direktinvestitionen120 im Ausland seit 1998 von rund 320 Mrd. e auf über 570 Mrd. e im Jahr 2000 an.121 Ein internationaler Bezug durch ausländische Immobilien, Gewerbeobjekte, ausländische Kapitalgesellschaften oder Joint Ventures ist demzufolge auch im Erbfall deutscher Staatsbürger oftmals gegeben.122 Die Annahme, dass ausländisches unternehmerisches Vermögen praktisch ausschließlich von den Staatsangehörigen anderer Länder gehalten wird, ist folglich nicht zutreffend. Von einer unmittelbaren Diskriminierung des Erben bzw. des Erblassers aufgrund der Staatsangehörigkeit kann folglich nicht gesprochen werden. Da das allgemeine Diskriminierungsverbot auch auf Gesellschaften anwendbar ist, muss eine Diskriminierung von in- und ausländischen Unternehmen in Betracht gezogen werden. Kaass ist der Meinung, dass hier die Diskriminierung ausländischer Unternehmen schnell offensichtlich wird, da diese durch die Besteuerung „indirekt benachteiligt“ werden.123 Diese Ansicht verkennt, dass es sich bei dem unternehmerischen Vermögen um das Steuerobjekt handelt. Da es sich bei der Erbschaftsteuer um 119
Maßbaum, Planung, S. 402. Dabei sind Direktinvestitionen definiert als Leistungen Gebietsansässiger, welche die Anlage von Vermögen in fremden Wirtschaftsgebieten zur Schaffung dauerhafter Wirtschaftsbindungen bezwecken. Siehe dazu auch OECD, Foreign direct investment, S. 7 ff. 121 Bundesministerium der Finanzen, Kapitalverflechtung, S. 86. 122 Ohne dies explizit auf deutsche Staatsbürger zu beziehen, sprechen Lorz/ Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, S. 146, sogar davon, dass beim Übergang großer Vermögen in aller Regel ein Auslandsbezug gegeben ist. 123 Kaass, Grundfreiheiten, S. 159. 120
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
eine persönliche Steuerschuld handelt, treten Benachteiligungen nur für das Steuersubjekt – den Erben – ein. Auch eine indirekte Benachteiligung des ausländischen unternehmerischen Vermögens scheidet aus, da – wie die Untersuchung der betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der Erbschaftsbesteuerung gezeigt hat124 – nicht per se von einer nachteiligen Wirkung für das der Besteuerung unterliegende Vermögen ausgegangen werden kann. Grundsätzlich kann nur von einer nachteiligen Wirkung für den Erben als Steuersubjekt ausgegangen werden. Damit liegt keine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit vor. Der Schutzbereich des allgemeinen Diskriminierungsverbots ist durch die unterschiedliche Besteuerung von in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen nicht betroffen. c) Ergebnis Das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG ist nicht auf die Besteuerung nach §§ 13a und 19a ErbStG anwendbar. 4. Resümee Da die Steuerprivilegien der §§ 13a und 19a ErbStG ausschließlich für inländisches unternehmerisches Vermögen gelten, liegt ein Eingriff in die gleichberechtigt nebeneinander stehenden Grundfreiheiten der Kapitalverkehrsfreiheit und der Niederlassungsfreiheit vor. Zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Kapitalverkehrsfreiheit werden die geschriebenen Rechtfertigungsgründe des Art. 58 Abs. 1 und 2 EG herangezogen, und auf die Kohärenz der Steuerordnung verwiesen. Außerdem wird geltend gemacht, dass die niedrige erbschaftsteuerliche Besteuerung durch die Ertragsbesteuerung kompensiert wird. Die Rechtfertigung vermag nicht zu überzeugen, da die Regelungen der §§ 13a und 19a ErbStG ausländisches Vermögen pauschal schlechter stellen, anstatt – wie nach der Argumentation erforderlich – die Besteuerung nach der Höhe der Soziallasten zu unterscheiden. Auch kann die spätere höhere steuerliche Belastung mit Ertragsteuern keine unterschiedliche Besteuerung rechtfertigen, da die Kohärenz der Steuerordnung ein Unmittelbarkeitsverhältnis verlangt, das hier nicht gegeben ist. Der ungeschriebene Rechtfertigungsgrund des zwingenden Allgemeininteresses ist auf die Kapitalverkehrsfreiheit nicht übertragbar. Ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit liegt vor. 124
Siehe Kapitel C.II.
II. Verfassungsrechtliche Beurteilung
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Auf die Niederlassungsfreiheit sind die Rechtfertigungsgründe des zwingenden Allgemeinwohls anwendbar. Dabei ist die Kohärenz der Steuerordnung als zwingender Grund des Allgemeinwohls anerkannt. Der Rückgriff auf die Kohärenz der Steuerordnung scheitert auch bei der Niederlassungsfreiheit, da kein Unmittelbarkeitsverhältnis vorliegt. Die teilweise vorzufindende Argumentation bzgl. der verminderten Leistungsfähigkeit kann nicht überzeugen, da eine verminderte Leistungsfähigkeit zu einer Besteuerung anhand der Sozialpflichtigkeit führen müsste, anstatt pauschal inländisches unternehmerisches Vermögen zu entlasten. Es liegt damit keine Rechtfertigung für die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vor. Die Regelung der §§ 13a und 19a ErbStG verstößt auch gegen die Niederlassungsfreiheit. Der daneben in Betracht kommende Verstoß gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG ist subsidiär zur Verletzung der Grundfreiheiten und setzt voraus, dass es zu einer Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit kommt. Die Regelungen der §§ 13a und 19a ErbStG knüpfen weder unmittelbar noch mittelbar an die Staatsangehörigkeit einer natürlichen Person an. Auch scheidet die Diskriminierung juristischer Personen aufgrund der Staatsangehörigkeit aus, da betroffen von den Regelungen nicht die Steuerobjekte sind, sondern das Steuersubjekt – der Erbe. Ein Verstoß gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot scheidet damit aus.
II. Verfassungsrechtliche Beurteilung Die Prüfung der verfassungsrechtlichen Vereinbarkeit beschäftigt sich mit der Frage, ob die Vergünstigungen im Rahmen des Vermögensübergangs für unternehmerisches Vermögen bei Bewertung und Besteuerung verfassungsrechtlich zulässig sind. Die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von Steuervergünstigungen wird vorrangig anhand des Art. 3 Abs. 1 GG vorgenommen.125 Art. 3 Abs. 1 GG besagt, dass „alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind“. Unmittelbare Vorgaben für das Steuerrecht können dem nicht entnommen werden. 125 BVerfGE 78, 249, 277 f.; BVerfGE 93, 121, 148; Kirchhof, Einnahmen, S. 115 und 133 f.; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht § 20 Rn. 78; Selmer, Steuerinterventionismus, S. 356 ff.
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
Bei der Untersuchung der verfassungsrechtlichen Vereinbarung wird zunächst der Prüfungsumfang festgelegt. Im Anschluss daran werden die grundlegenden Vorgaben des Gleichheitssatzes im Steuerrecht erörtert, woran sich die verfassungsrechtliche Prüfung anschließt. 1. Allgemeiner Gleichheitssatz und die „Neue Formel“ des Bundesverfassungsgerichts Ursprünglich wurde Art. 3 Abs. 1 GG als Willkürverbot interpretiert. Danach gebietet Art. 3 Abs. 1 GG, „weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich, noch wesentlich Ungleiches willkürlich gleich“ zu behandeln.126 Es wird zunächst festgestellt, ob eine Gleich- oder Ungleichbehandlung vorliegt. Darauf folgend ist zu untersuchen, ob die Gleich- oder Ungleichbehandlung sachlich vertretbar ist.127 Dies ist nicht der Fall, wenn die Ungleichbehandlung nicht am Gerechtigkeitsgedanken orientiert ist.128 Willkürlich ist eine Maßnahme auch dann, wenn sie im Verhältnis zu der Situation, der sie Herr werden will, tatsächlich und eindeutig unangemessen ist.129 In der Wissenschaft wird diese Willkürprüfung teilweise mit der Begründung abgelehnt, dass das Bundesverfassungsgericht seine eigene subjektive Wertung an die Stelle des Gesetzgebers setzt. Die Willkürformel ist danach zu ungenau für einen Prüfungsmaßstab.130 Wohl auch in Reaktion auf die zunehmende Kritik hat sich die Rechtsprechung seit 1980 geändert. Nach der sog. „Neuen Formel“ des Ersten Senats ist Art. 3 Abs. 1 GG vor allem dann verletzt, „wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“.131 Teile der Literatur sehen aufgrund dieser neuen Rechtsprechung den Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht mehr als ein Problem der Evidenz, 126 BVerfGE 1, 14, 52; BVerfGE 1, 208, 247; BVerfGE 4, 144, 155; BVerfGE 27, 364, 371 f.; BVerfGE 78, 104, 121. 127 Gubelt in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 3 Rn. 11. 128 Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 3 Rn. 19. 129 BVerfGE 2, 266, 281; BVerfGE 4, 144, 155; BVerfGE 42, 64, 73; BVerfGE 62, 189, 192; BVerfGE 80, 48, 51; BVerfGE 83, 82, 84. 130 Apelt, Gleichheit, S. 359; Bellstedt, Wirtschaftslenkung, S. 104 f.; Böckenförde, Gleichheitssatz, S. 48 ff.; Maaß, Gleichheitssatz, S. 21; Robbers, Gerechtigkeit, S. 103 ff. 131 BVerfGE 55, 72, 88; BVerfGE 82, 60, 86; BVerfGE 87, 234, 255; BVerfGE 95, 39, 45.
II. Verfassungsrechtliche Beurteilung
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sondern als Problem der verfassungsgerichtlichen Abwägung. Die Vertreter dieser Auffassung befürworten deshalb im Rahmen der Gleichheitssatzprüfung eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit.132 Bisher geht das Bundesverfassungsgericht nur zu einer Verhältnismäßigkeitsprüfung über, wenn die Ungleichbehandlung sich unmittelbar oder mittelbar auf Personen und nicht bloß auf Sachverhalte bezieht.133 Dieser Praxis kann entgegnet werden, das letztlich der Personenbezug durch den Normzweck vorgegeben ist, so dass alle Sachverhalte einen personellen Bezug aufweisen. Ob der personelle Bezug ein geeignetes Abgrenzungskriterium darstellt, ist somit zweifelhaft.134 Den Befürwortern des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Rahmen der Gleichheitssatzprüfung ist zu entgegnen, dass die Verhältnismäßigkeit auf die Beziehung zwischen angestrebtem Ziel und der dafür eingesetzten Mittel abstellt. Auf die Gleichheitssatzprüfung sind derartige Prüfungen nicht durchgängig anwendbar. Eine Ungleichbehandlung verfolgt keinen äußeren Zweck, sondern orientiert sich an einem Gerechtigkeits- bzw. Differenzierungsmaßstab. Die Autoren Ipsen und Sachs stellen deshalb zur Recht fest, dass die strenge Gleichsetzung des Verhältnismäßigkeitsprinzips mit der Gleichheitssatzprüfung zu weit geht, da damit das Wesen des Gleichheitssatzes verkannt wird.135 Die Gleichheitssatzprüfung muss auf der Frage basieren, ob der zu Grunde gelegte Maßstab als solcher gerechtfertigt ist und ob die Ungleichbehandlung diesem Maßstab entspricht.136 Mangels Zweck und Ziel i. S. der Zweck-Mittel-Relation scheidet die Verhältnismäßigkeitsprüfung aus. Auch sind Gleichheit und Übermaßverbot gegenläufige Prinzipien. Die Gleichheit regelt den einzelnen Sachverhalt, indem sie diesen in Bezug zu ähnlichen Sachverhalten setzt. Dabei wird Maß an der Gesamtheit vergleichbarer Fälle genommen. Das Übermaßverbot bestimmt hingegen die 132 Huster, Gleichheit, S. 547 ff.; Kim, Gleichheitssatz, S. 52 ff.; Osterloh in Sachs, Grundgesetz Art. 3 Rn. 14; Pieroth/Schlink, Grundrechte Rn. 438 ff.; Schaden, Steuervergünstigung, S. 164 ff. 133 BverfGE 90, 46, 56; BverfGE 101, 54, 101; BVerfGE 102, 68, 87; BVerfGE 103, 310, 319. 134 Epping, Grundrechte, S. 292; Herzog in Maunz et al., Grundgesetz Art. 3 Anh Rn. 9; Osterloh in Sachs, Grundgesetz Art. 3 Rn. 27 ff.; Sachs, Grundrechte, S. 220. 135 Ipsen, Grundrechte Rn. 767, spricht davon, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung beim Gleichheitssatz zu einer „methodisch nicht mehr kontrollierbaren Abwägungsdiffussion“ führen muss; ähnlich: Sachs, Willkürverbot, S. 129; Sachs, Grundrechte, S. 222. 136 Bryde, Gleichheitssatz, S. 37 f.; Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 3 Rn. 277; Sachs, Willkürverbot, S. 129.
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
individuelle Erträglichkeit einer Last und unterscheidet nach dem Grad der zulässigen Belastungsintensität.137 Sachs hält die Verhältnismäßigkeitskriterien jedoch dann für anwendbar, wenn es um die Verfolgung externer Gemeinwohlzwecke geht und die differenzierende Handlung eine Ungleichbehandlung darstellt.138 Dem ist entgegenzuhalten, dass auch in diesem Fall weder das Differenzierungskriterium noch das Differenzierungsziel mit dem vom Gesetzgeber verfolgten Gesetzeszweck sachlich und strukturell identisch sind.139 Starck macht außerdem darauf aufmerksam, dass nur das Willkürverbot die bloße negative Grenzfunktion des allgemeinen Gleichheitssatzes verdeutlicht und damit die Kompetenzabgrenzung zwischen Gesetzgeber und Verfassungsgericht vornimmt. Über Rechtfertigungskriterien darf der Richter nicht zum negativen Gesetzgeber werden.140 Die aufgezeigten Argumente sprechen dafür, an der bisherigen Struktur der Gleichheitsprüfung festzuhalten. Die Differenz zwischen Gerechtigkeitsmaßstäben und externen Zielen ist im Rahmen der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung zu beachten. Dabei erlaubt die sachgerechte Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung eine Abwägung, wobei die Abwägung nicht nach den Formen der Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen muss.141 Letztlich wird die Abwägung nach der Willkürformel ganz ähnlich vollzogen, da bei allen juristischen Entscheidungen Wertungen und Gewichtungen vorgenommen werden.142 2. Grundlegende Vorgaben des Gleichheitssatzes im Steuerrecht Rechtsprechung und Lehre haben den Gleichheitssatz für das Steuerrecht weiterentwickelt. Aus Art. 3 Abs. 1 GG werden die folgenden Prinzipien abgeleitet.
137
Kirchhof, Gleichheitssatz, S. 912. Sachs, Willkürverbot, S. 129; Löhle, Gestaltungsspielräume, S. 89. 139 Ipsen, Grundrechte Rn. 771. 140 Stark in von Mangoldt et al., Grundgesetz Art. 3 Rn. 12. 141 Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 3 Rn. 29. 142 Ipsen, Grundrechte Rn. 767 und Siekmann/Duttge, Grundrechte, S. 374. Herzog in Maunz et al., Grundgesetz Art. 3 Anh Rn. 8, ist sogar der Meinung, dass die terminologischen Differenzen zwischen neuer Formel und Willkürformel bisher nicht dazu geführt haben, dass Senatsentscheidungen nach der neuen Formel anders entschieden worden sind als nach der hergebrachten Willkürformel. 138
II. Verfassungsrechtliche Beurteilung
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a) Grundsatz der Steuergerechtigkeit Aus Art. 3 Abs. 1 GG geht als oberster Grundsatz die Steuergerechtigkeit hervor.143 In Tradition des Art. 134 WRV wird die Steuergerechtigkeit durch das Leistungsfähigkeitsprinzip umgesetzt,144 wonach die Besteuerung anhand der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten ist.145 Das Leistungsfähigkeitsprinzip garantiert, dass der einzelne in der sozialen Gemeinschaft seinen Bedürfnissen und Mitteln entsprechend besteuert wird und einen Bestand an wirtschaftlichen Mitteln behält.146 Der Grundsatz der Steuergleichheit hat dabei Geltung für die Ausgestaltung der einzelnen Steuerarten.147 Demzufolge muss die Steuerbemessungsgrundlage dafür geeignet sein, für eine gleichmäßige Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit zu sorgen.148 Je nach Steuerart dienen dabei der Vermögenszugang, der Vermögensbestand oder die Einkommens- und Vermögensverwendung als Anknüpfungspunkt für die Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip.149 Ein Gesamtsteuersystem, bei dem die jeweiligen Belastungstatbestände aufeinander abgestimmt sind und das so den Leistungsfähigkeitsgedanken umfassend berücksichtigt, existiert nicht.150 Innerhalb der Steuerarten unterliegt die Besteuerung unterschiedlich leistungsfähiger Steuerpflichtiger (vertikale Steuergleichheit) geringeren Anforderungen als die Besteuerung gleicher Leistungsfähigkeit (horizontale Steuergleichheit).151 143
Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 3 Rn. 74. BVerfGE 6, 55, 70; BVerfGE 8, 51, 68 f.; BVerfGE 61, 319, 344; Bellstedt, Wirtschaftslenkung, S. 102; Klein, Gleichheitssatz, S. 252; Kruse, Gleichmäßigkeit, S. 322 und 326 f.; Osterloh in Sachs, Grundgesetz Art. 3 Rn. 134; a. A. Arndt, Leistungsfähigkeit, S. 18 und 26 ff.; sowie Arndt, Gleichheit, S. 790 f., der die Leistungsfähigkeit nicht als verfassungsimmanentes Prinzip sieht und die Leistungsfähigkeit aufgrund der „Unschärfe“ des Begriffs in Zweifel zieht. Grundsätzlich das Leistungsfähigkeitsprinzip brüsk ablehnend Leisner, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 97 ff. 145 BVerfGE 43, 108, 118 f.; BVerfGE 66, 214, 223; BVerfGE 74, 182, 199; BVerfGE 89, 346, 352; Birk, Gleichheit, S. 213; BT-Drs. 7/1470, 210 ff.; Papier, Steuerreform, S. 54. 146 Klein, Gleichheitssatz, S. 191. 147 Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 3 Rn. 75. 148 Tipke, Steuerrechtsordnung, S. 501. 149 Auch die Erbschaftsteuer wird durch das Leistungsfähigkeitsprinzip gerechtfertigt, siehe dazu Kapitel B.II.8. 150 Birk, Gleichheit, S. 214. 151 BVerfGE 82, 60, 89; Birk, Leistungsfähigkeitsprinzip, S. 165 ff.; Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 3 Rn. 75. 144
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
Allerdings kann auch bei horizontaler Steuergleichheit eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt sein, wenn besondere wirtschaftliche Verhältnisse oder andere Gegebenheiten berücksichtigt werden.152 Die Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung fehlt.153 b) Grundsatz der Folgerichtigkeit Wie Canaris darlegt, sind die Folgerichtigkeit und die Einheit der Rechtsordnung Postulate einer Rechtsidee, die im Gleichheitssatz festgehalten wird.154 Nach diesem Gedanken ist der Gesetzgeber dazu verpflichtet, Sachverhalte in sich konsistent und damit folgerichtig zu regeln.155 Zwar hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Ausgestaltung des Besteuerungstatbestandes einen weit reichenden Entscheidungsfreiraum, die einmal getroffene Belastungsentscheidung muss dabei jedoch konsequent i. S. der Belastungsgleichheit umgesetzt werden.156 Der Grundsatz der Folgerichtigkeit soll so die Gleichheit in der vorgefundenen Ordnung garantieren. Da die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit nicht vollkommen eingeengt werden darf, begründet ein Verstoß gegen die Folgerichtigkeit für sich noch keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz.157 Allerdings ist er ein Indiz dafür, dass ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vorliegt.158 c) Praktikabilitätsprinzip Steuerverwaltung ist Massenfallverwaltung.159 Um die Verwaltung zu entlasten, arbeitet der Gesetzgeber mit Typisierungen und Pauschalierungen. Typisierungen sind dadurch gekennzeichnet, dass der Gesetzgeber Einzelfälle abstrahiert und diese in abgestufte Kategorien standardisiert zusam152 BVerfGE 50, 386, 391 f.; BVerfGE 74, 182, 200; BVerfGE 81, 108, 117; BVerfGE 85, 238, 244; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz Art. 3 Rn. 45. 153 BFHE 168, 111, 113; BVerfGE 18, 315, 334; BVerfGE 26, 302, 310; BVerfGE 50, 386, 391 f.; BVerfGE 74, 182, 201; BVerfGE 93, 165, 178. 154 Canaris, Systemdenken, S. 16. 155 Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 3 Rn. 36; Kirchhof, Steuergleichheit, S. 301; Kirchhof, Gleichheitssatz, S. 937; Osterloh in Sachs, Grundgesetz Art. 3 Rn. 98. 156 Löhle, Gestaltungsspielräume, S. 89. 157 Bryde, Gleichheitssatz, S. 41; Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 3 Rn. 36. 158 BVerfGE 59, 36, 49; BVerfGE 75, 382, 395 f.; BVerfGE 85, 238, 247. 159 Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht § 4 Rn. 130; Osterloh in Sachs, Grundgesetz Art. 3 Rn. 104.
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menfasst. Für die Vielzahl ähnlicher Sachverhalte einer Kategorie bedeutet dies, dass sie gleich behandelt werden.160 Als Sonderfall der Typisierungen werden Pauschalierungen nicht exakt auf Grund der individuellen Verhältnisse ermittelt, sondern mit Durchschnittswerten festgelegt.161 Da die Praktikabilität des Rechts – gerade bei der Ordnung von Massenentscheidungen – zu den notwendigen Voraussetzungen eines gleichheitsgerechten Gesetzesvollzugs zählt, sind Typisierungen und Pauschalierungen grundsätzlich zulässig.162 Durch sie soll eine Durchschnittsnormalität fixiert und die Praktikabilität der Verwaltung gewährleistet werden.163 Grenzen für Typisierungen und Pauschalierungen ergeben sich insbesondere aus der Anzahl der abweichenden Fälle. Härten und Ungerechtigkeiten, die durch Typisierung eintreten, dürfen nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen, und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz darf nicht besonders intensiv sein.164 Zur Feststellung, ob die Maßnahme durch das Praktikabilitätsprinzip gerechtfertigt ist, erfolgt eine Abwägung zwischen der Praktikabilität und der durch die Ungleichbehandlung bewirkten Beeinträchtigung.165 3. Verfassungsrechtliche Untersuchung der erbschaftsteuerlichen Bewertung und Besteuerung unternehmerischen Vermögens Zunächst gilt es festzustellen, ob mit der Behandlung unternehmerischen Vermögens im Erbschaftsteuerrecht im Verhältnis zu den anderen Vermögensarten wesentlich Gleiches ungleich behandelt wird. Im Anschluss daran findet eine Analyse der möglichen Rechtfertigungsgründe für die Ungleichbehandlungen statt. Dabei wird zunächst auf allgemeine Rechtfertigungsüberlegungen für die Ungleichbehandlung bei der 160
Osterloh, Typisierungsspielräume, S. 40. Gubelt in von Münch/Kunig, Grundgesetz Art. 3 Rn. 26. 162 Herzog, Steuerfragen, S. 36 f.; Kirchhof, Gleichheitssatz, S. 969 f.; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht § 4 Rn. 130; Osterloh in Sachs, Grundgesetz Art. 3 Rn. 108. 163 Klein, Gleichheitssatz, S. 190; Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht § 4 Rn. 132. 164 BVerfGE 26, 265, 275 f.; BVerfGE 63, 119, 128; BVerfGE 82, 60, 91; BVerfGE 82, 126, 152; BVerfGE 84, 348, 365; BVerfGE 85, 264, 317; BVerwGE 68, 36, 41; Osterloh in Sachs, Grundgesetz Art. 3 Rn. 109. 165 Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 3 Rn. 33; a. A. Osterloh in Sachs, Grundgesetz Art. 3 Rn. 110, die eine strenge Kontrolle anhand der Verhältnismäßigkeitskriterien fordert. Deutlich gegen die Verhältnismäßigkeitsprüfung wiederum Kirchhof, Gleichheitssatz, S. 970, der von einer drohenden Vermengung von Gleichheitsprinzip und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip spricht. 161
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erbschaftsteuerlichen Bewertung und Besteuerung unternehmerischen Vermögens eingegangen, bevor spezielle Rechtfertigungsüberlegungen, die nur für einzelne Steuerprivilegien gelten, untersucht werden. a) Ungleichbehandlung unternehmerischen Vermögens im Verhältnis zu anderen Vermögensarten Der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG setzt voraus, dass zwei vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich behandelt werden. Es handelt sich somit um die Kriterien der Vergleichbarkeit und der unterschiedlichen Behandlung, die erfüllt sein müssen, um den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG zu eröffnen. Die Vergleichbarkeit ist gegeben, wenn ein gemeinsamer Oberbegriff gefunden werden kann, unter den die verschieden behandelten Sachverhalte fallen.166 Verneint wird die Vergleichbarkeit nur dann, wenn die Sachverhalte unterschiedlichen rechtlichen Ordnungsbereichen und unterschiedlichen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen angehören.167 Weiterhin ist notwendig, dass die vergleichbaren Sachverhalte ungleich behandelt werden. Es muss ein Differenzierungsmerkmal vorliegen.168 Die Untersuchung, ob eine solche Ungleichbehandlung vorliegt, beginnt mit der Bewertung des unternehmerischen Vermögens. Im Anschuss daran wird auf die mögliche Ungleichbehandlung bei der Unternehmensbesteuerung eingegangen. aa) Ungleichbehandlung bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung In Frage kommt eine Ungleichbehandlung für Erben bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung unternehmerischen Vermögens im Vergleich zur Bewertung anderer Vermögenskomponenten. Der gemeinsame Oberbegriff ist demnach die Bewertung zur Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage, die für die gesamte Bereicherung vorgenommen werden muss (§§ 10 ff. ErbStG). Unter diesen Oberbegriff fällt zum einen die Bewertung von unternehmerischem Vermögen, zum anderen die Bewertung des sonstigen Vermögens. Unterschiedlichen 166
Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 3 Rn. 23. BVerfGE 9, 338, 349 f.; BVerfGE 40, 131, 139 f.; Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz Art. 3 Rn. 4; a. A. Osterloh in Sachs, Grundgesetz Art. 3 Rn. 82, die das Kriterium der Zugehörigkeit zu einem Ordnungsbereich bereits als Bestandteil der abwägenden Bewertung sieht. 168 Heun in Dreier, Grundgesetz Art. 3 Rn. 23. 167
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rechtlichen Ordnungsbereichen und unterschiedlichen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen gehören diese Sachverhalte nicht an. Die Vergleichbarkeit zwischen der Bewertung zur Ermittlung der erbschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage von unternehmerischem Vermögen und der Bewertung sonstigen Vermögens ist somit gegeben. Regelvorschrift für die Bewertung zur Ermittlung der Erbschaftsteuer ist die Vorschrift des § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 9 Abs. 1 BewG. Danach wird das Vermögen zum gemeinen Wert, was dem Verkehrswert entspricht, bewertet. Von dieser Regelung wird bei der Bewertung unternehmerischen Vermögens abgewichen. Die Bewertung von Personengesellschaften erfolgt mit dem anteiligen Einheitswert des Betriebsvermögens unter Übernahme der Ansätze aus der Steuerbilanz (§ 12 Abs. 5 S. 2 ErbStG i. V. m. § 95 ff. BewG). Bei Kapitalgesellschaften wird gemäß § 11 BewG der Wert anhand der Börsenkurse, falls keine Börsennotierung gegeben ist, durch zeitnahe Verkäufe, und wenn auch keine zeitnahen Verkäufe vorliegen, durch Schätzung unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten bewertet. Die Wertermittlung für unternehmerisches Vermögen führt zu Bemessungsgrundlagen, die weit unter dem am freien Markt zu erzielenden Wert liegen. Die durchschnittliche Bewertung von Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaft beträgt etwa 60%, die Bewertung für Kapitalgesellschaften anhand des Stuttgarter Verfahrens liegt mit etwa 2/3 des Verkehrswertes nicht wesentlich höher. Einzig die Wertermittlung anhand von zeitnahen Verkäufen und die Wertermittlung anhand des Börsenkurses bei Kapitalgesellschaften entspricht dem gemeinen Wert. Demzufolge besteht zum einen eine erhebliche Bewertungsinkonsistenz innerhalb der Bewertung des unternehmerischen Vermögens. Zum anderen besteht eine Bewertungsinkonsistenz im Verhältnis von unternehmerischem Vermögen zu der Bewertung anderer Vermögensbestandteile, die nach der Regelbewertung mit dem Verkehrswert angesetzt werden. Da § 19 ErbStG einen einheitlichen Steuertarif auf alle Vermögensbestandteile anwendet, stellt die Bewertungsdivergenz das Differenzierungsmerkmal zwischen den vergleichbaren Sachverhalten dar. Durch die unterschiedliche Behandlung zweier vergleichbarer Sachverhalte ist der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG eröffnet. bb) Ungleichbehandlung bei der erbschaftsteuerlichen Besteuerung Neben der Ungleichbehandlung bei der Bewertung von unternehmerischem und sonstigem Vermögen kommt eine Ungleichbehandlung auch bei
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
der Besteuerung unternehmerischen Vermögens im Vergleich zur Besteuerung der anderen Vermögensarten in Frage. Der gemeinsame Oberbegriff ist dabei die Besteuerung, die für den gesamten steuerpflichtigen Erwerb vorgenommen wird (§ 10 Abs. 1 ErbStG). Unter diesen Oberbegriff fällt die Besteuerung des unternehmerischen Vermögens und die Besteuerung des sonstigen Vermögens. Beide Bereiche gehören denselben rechtlichen Ordnungskomplexen und systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen an. Die Vergleichbarkeit ist somit gegeben. Regelvorschrift für die Besteuerung der Erwerbsvorgänge ist die Anwendung eines einheitlichen Steuertarifs (§ 19 ErbStG) bei gleichmäßigem Ansatz der verschiedenen Vermögensbestandteile. Von dieser Regelung weicht die Besteuerung unternehmerischen Vermögens in mehreren Punkten ab. So besteht ein Unternehmensfreibetrag in Höhe von 225.000 e und zusätzlich ein Unternehmenswertabschlag von 35% (§ 13a ErbStG). Beide reduzieren den Wertansatz des betrieblichen Vermögens. Entlastet wird der Übergang unternehmerischen Vermögens zusätzlich durch das Steuerklassenprivileg des § 19a ErbStG und die Stundungsvorschrift des § 28 ErbStG. Diese Regelungen führen zu deutlich niedrigeren Wertansätzen und infolgedessen auch zu einer wesentlich geringeren Steuerbelastung als beim Übergang anderer Vermögensbestandteile.169 Es besteht folglich eine erhebliche Besteuerungsdivergenz zwischen unternehmerischem Vermögen und der Besteuerung der anderen Vermögensbestandteile. Diese Divergenz ist das Differenzierungsmerkmal zwischen den vergleichbaren Sachverhalten. Durch die unterschiedliche Behandlung der Sachverhalte ist der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG eröffnet. b) Allgemeine Rechtfertigungsüberlegungen der Ungleichbehandlung bei erbschaftsteuerlicher Bewertung und Besteuerung Die Ungleichbehandlung zwischen unternehmerischen Vermögen und anderen Vermögensarten im Bereich der Erbschaftsbesteuerung macht es notwendig zu prüfen, ob die Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Dafür müsste ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliegen, der am Gerechtigkeitsgedanken orientiert ist. Nicht zu erforschen ist, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern ob die verfassungsrechtlichen Grenzen der Gestaltungsfrei169
Siehe dazu Kapitel E.VII.6.
II. Verfassungsrechtliche Beurteilung
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heit eingehalten wurden.170 Die Maßnahme dürfte jedoch nicht im Verhältnis zu der Situation, der sie Herr werden will, tatsächlich und eindeutig unangemessen sein. Im Folgenden wird untersucht, welche Rechtfertigungsgründe für die Gesamtheit der Steuerprivilegien unternehmerischen Vermögens im Erbschaftsteuerrecht in Betracht kommen. Im Anschluss daran findet eine Analyse spezieller Rechtfertigungsgründe statt, die nur für die verlängerte Maßgeblichkeit und das Steuerklassenprivileg in Betracht kommen. aa) Rechtfertigung mit der Vermeidung von volkswirtschaftlich schädlichen Auswirkungen Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch vielfältige Stimmen in der Literatur rechtfertigen die Steuerprivilegien für unternehmerisches Vermögen mit dem Ziel, volkswirtschaftlich schädliche Auswirkungen zu vermeiden.171 Richtig ist, dass drohende volkswirtschaftliche Konsequenzen einen hinreichenden sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung darstellen können. Allerdings müssen die vorgetragenen volkswirtschaftlichen Gründe stichhaltig sein. In die Diskussion und Entwicklung der Erbschaftsbesteuerung bringen sich immer wieder Interessensgruppen ein.172 Wie Meincke feststellt, sind deren Argumente zwar vordergründig volkswirtschaftlicher Natur, jedoch – aufgrund der zu vertretenden Partikularinteressen – sehr einseitig ausgewählt.173 Es gilt, die vorgebrachten volkswirtschaftlichen Argumente zur Rechtfertigung der Erbschaftsbesteuerung unternehmerischen Vermögens sorgfältig auf ihre Stichhaltigkeit und Vollständigkeit zu untersuchen. Vorgebracht wird dabei, dass die Erbschaftsteuererhebung für die Zerschlagung von Unternehmen verantwortlich ist, was wiederum zu Konzentrationstendenzen und der Vernichtung von Arbeitsplätzen führt. 170 BVerfGE 52, 277, 280 f.; BVerfGE 68, 287, 301; BVerfGE 81, 108, 118; Lang, Steuervergünstigungen, S. 144, hält eine solche weitgehende Gestaltungsfreiheit schon deshalb für notwendig, da man ansonsten jede Systemwidrigkeit des Steuerrechts als verfassungswidrig qualifizieren müsste und damit das gesamte Steuerrecht „aus den Angeln“ heben würde. 171 BVerfGE 93,165, 175 f.; Arndt, Konsequenzen, S. 26; von Wartenberg, Unternehmenskontinuität, S. 239 f.; Ziegler, Reform, S. 455. 172 Zum Einfluss der Interessensgruppen auf das Erbrecht siehe Beckert, Vermögen, S. 321 f. 173 Meincke, Rechtfertigung, S. 45.
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F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
Wie bereits untersucht, stellt die gegenwärtige Unternehmensnachfolgebesteuerung keine ernsthafte Gefährdung für die Unternehmensfortführung und den Bestand von Arbeitsplätzen dar.174 Auch sind keine volkswirtschaftlich schädlichen Unternehmenskonzentrationen durch die Erbschaftsbesteuerung zu erwarten.175 Dieses – aus volkswirtschaftlicher Sicht – positive Ergebnis ist kein Effekt der momentanen unternehmerfreundlichen Ausgestaltung des Erbschaftsteuerrechts, sondern darauf zurückzuführen, dass es sich bei der Erbschaftsteuerbelastung um eine private Steuerschuld handelt, die durch den Verkauf des Unternehmens – wie durch den Verkauf anderer Vermögensgegenstände – getragen werden kann. Volkswirtschaftlich macht es auch keinen Unterschied, bei welcher Privatperson die Eigentumsrechte des Unternehmens liegen. Die Erhebung der Erbschaftsteuer für die Zerschlagung von Unternehmen, für den Verlust von Arbeitsplätzen oder für volkswirtschaftlich schädliche Unternehmenskonzentrationen verantwortlich zu machen, schlägt fehl.176 Da demzufolge auch eine Erbschaftsbesteuerung ohne Privilegien für unternehmerisches Vermögen nicht zu einer Zerschlagung von Unternehmen führt und auch die vermeintlich drohende Arbeitsplatzvernichtung ausbleibt, können beide Argumente nicht zur Rechtfertigung der privilegierten Besteuerung unternehmerischen Vermögens herangezogen werden. Als weiteres Argument für eine das unternehmerische Vermögen privilegierende Erbschaftsteuer wird vorgebracht, dass die Besteuerung der Hinterbliebenen die Leistungsbereitschaft der Erblasser vor ihrem Tod beeinträchtigt, da sie die Übergabe der Unternehmensleitung an die eigenen Nachkommen gefährdet sehen.177 Soweit ersichtlich ist dieser Effekt weder für Deutschland mit einer moderaten Besteuerung von Erbschaften noch für andere Länder mit einer stär174
Siehe dazu die Kapitel C.II.2. und C.III.3.a). Für die Zeit vor dem Bundesverfassungsgerichtsbeschluss aus dem Jahr 1995 stellt Moench, Reform, S. 727, fest, dass kein Fall bekannt geworden ist, in dem ein Betrieb aufgrund der Erbschaftsteuer untergegangen ist. 175 Siehe dazu Kapitel C.III.2.b). 176 Für Unternehmensliquidationen im Rahmen der Unternehmensnachfolge kommt es vielmehr in Betracht, die mangelnde Nachfolgeplanung in der Wirtschaft verantwortlich zu machen. So geben immerhin 27,4% der befragten Unternehmenseigentümer an, die Unternehmensnachfolge nicht geregelt zu haben; dazu Institut für Mittelstandsforschung Bonn, Mind-Studie 2003, S. 90. 177 Bechtle, Führungsnachfolge, S. 121 f.; die verminderte Leistungsbereitschaft bejahend, die Rechtfertigung für die Ungleichbehandlungen aber verneinend: Spitzbart, Betriebsvermögen, S. 186 f.
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keren Besteuerung nachgewiesen worden. Auch strebt nur ein Teil der Nachkommen überhaupt die Unternehmensnachfolge an. Unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einer nachlassenden Leistungsbereitschaft der Erblasser kommt, muss festgestellt werden, dass der Wechsel in der Person des Unternehmensinhabers und -führers oftmals positive Effekte für das Unternehmen mit sich bringt.178 So sind externe Nachfolger häufig offener für eine Neuausrichtung des Unternehmens und bringen neue Ideen und Ziele ein. Zusätzlich können sie, unvorbelastet von Vorkommnissen aus der Vergangenheit, die Unternehmensnachfolge antreten. Von volkswirtschaftlich schädlichen Auswirkungen der familienexternen Nachfolge kann nicht ausgegangen werden. Wie bereits ausführlich dargestellt,179 kann die vom Bundesverfassungsgericht bisher vertretene These von volkswirtschaftlich schädlichen Auswirkungen durch die Besteuerung der Unternehmensnachfolge nicht bestätigt werden. Die Vermeidung volkswirtschaftlich schädlicher Auswirkungen ist grundsätzlich geeignet, eine unterschiedliche Besteuerung zu rechtfertigen. Wie erörtert, kann von schädlichen Auswirkungen der Unternehmensnachfolgebesteuerung nicht grundsätzlich ausgegangen werden. Die vorgebrachten volkswirtschaftlichen Bedenken sind deshalb nicht stichhaltig.180 Sie stellen keinen sachlichen Grund dar, der am Gerechtigkeitsgedanken orientiert ist, für eine Ungleichbehandlung zwischen unternehmerischem und sonstigem Vermögen. Die Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung der Nachfolge in unternehmerisches Vermögen und in sonstiges Vermögen ist mit dem bloßen Verweis auf volkswirtschaftliche Bedenken nicht gegeben. bb) Rechtfertigung durch die Sozialpflichtigkeit des Betriebsvermögens Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts handelt es sich bei mittelständischen Unternehmen um wirtschaftliche Funktionseinheiten, 178 So auch Meincke, Rechtfertigung, S. 45, der generalisierend von „volkswirtschaftlich nützlichen Effekten“, hervorgerufen durch den „Wechsel in der Person des Inhaber[s]“, spricht. 179 Siehe dazu insbesondere Kapitel C.II. und C.III. 180 Nicht anders ist zu erklären, dass der weit überwiegende Teil aller Staaten, in denen es eine Erbschaftsteuer gibt, keine Unterscheidung zwischen der Erbschaftsbesteuerung von unternehmerischem und sonstigem Vermögen vornimmt. Siehe dazu auch Nagel, Übersicht, S. 463 ff.
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die in einer besonderen Weise „gemeinwohlgebunden und gemeinwohlverpflichtet sind“. Das Gericht führt weiter aus, dass diese Bindung der Unternehmen durch langfristige Investitionen, den Verpflichtungen gegenüber Arbeitnehmern und den Pflichten aus dem Betriebsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrecht entstanden sind. Deshalb sind die Unternehmen „Garant der Produktivität und [der] Arbeitsplätze“.181 Neben der Ungewissheit, welche Arten unternehmerischen Vermögens überhaupt vom Bundesverfassungsgericht angesprochen wurden,182 stellt sich die Frage, was gerade die – gegenüber anderen Vermögensbestandteilen – besondere Sozialpflichtigkeit unternehmerischen Vermögens ausmacht. Wie Seer richtigerweise feststellt, ist die Gesamtheit aller Unternehmen verantwortlich für Produktivität und Arbeitsplätze. Das einzelne mittelständische Unternehmen wird hingegen nicht zur „Gemeinwohlveranstaltung“, da die Interessen der Unternehmer legitimerweise an Gewinnmaximierung und Rentabilität orientiert sind.183 Dass dieser Gebrauch der Eigentümerfreiheit zugleich auch dem Wohle der Allgemeinheit dient, so wie es Art. 14 Abs. 2 GG vorsieht, ist nicht ein besonderes sozialpflichtiges und honorierungswürdiges Verhalten der Unternehmer, sondern entspricht den gesetzlichen Konkretisierungen der Sozialbindung durch den Gesetzgeber. Würde man sich das Ziel setzen, sämtliche Vermögensbestandteile, die auch dem Wohle der Allgemeinheit dienen, zu privilegieren, so könnte man auch alle Kunstgegenstände – diese sind aufgrund des menschlichen schöpferischen Gestaltungsakts besonders erhaltenswert – uneingeschränkt privilegieren.184 Daneben könnte man beispielsweise für vermietete Wohnimmobilien als Lebensraum für eine Vielzahl von Personen ein besonderes Allgemeininteresse annehmen und Steuerprivilegien einräumen. Aus ökonomischer Sicht drängt sich die Frage auf, warum ein bestimmter Teil betrieblich investierten Vermögens, z. B. in Form von Beteiligungen, begünstigt ist, während für Kapital, das viel häufiger und flexibler eingesetzt werden kann, aber beim Kapitalgeber lediglich eine Festgeldanlage ist, kein Privileg gegeben wird.185 Der „Gemeinwohlnutzen“ dürfte auch bei solchen Kapitalanlagen gegeben sein. Auch äußert sich die Sozialbindung des Kapitals z. B. in der Mitbestimmung, so wird beispielsweise der Aufsichtsrat eines Unternehmens teilweise mit Vertretern der Arbeitnehmer besetzt. Typischerweise sind bei Publi181
BVerfGE 93, 165, 175. Siehe dazu Kapitel D.III.3.a). 183 Seer, Betriebsvermögen, S. 211. 184 Bisher findet eine Privilegierung von Kunstgegenständen nur unter der stark einschränkenden Vorschrift des § 13 Abs. 1 lit. a und b ErbStG statt. 185 Theisen, Diskussionsbeitrag, S. 219. 182
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kumsgesellschaften die Mitspracherechte der Arbeitnehmer ausgeprägter als bei mittelständischen Unternehmen. Dies spricht eigentlich für eine Privilegierung der Aktienbesitzer gegenüber den mittelständischen Unternehmern. Insgesamt lassen sich für verschiedene Vermögensarten Argumente für eine Sozialbindung finden. Nur bestimmte Teile des unternehmerischen Vermögens werden steuerlich deutlich privilegiert. Eine derart über andere Vermögensarten hinausgehende Sozialpflichtigkeit dieses unternehmerisch investierten Vermögens kann jedoch nicht festgestellt werden. Die Sozialpflichtigkeit als Rechtfertigung für die umfassende Privilegierung unternehmerischen Vermögens scheidet somit aus. cc) Rechtfertigung mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip Wie bereits geschildert, führt der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 22.05.1995 an, dass mittelständische Betriebe „einer gesteigerten rechtlichen Bindung“ unterliegen. Diese Bindung hat zur Folge, dass „die durch die Erbschaftsteuer erfasste finanzielle Leistungsfähigkeit des Erben nicht seinem durch Erbanfall erworbenen Vermögenszuwachs voll entspricht. Die Verfügbarkeit über den Betrieb und einzelne dem Betrieb zugehörigen Wirtschaftsgüter ist beschränkter als bei betrieblich ungebundenem Vermögen“. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts fordert der Gleichheitssatz, „diese verminderte Leistungsfähigkeit bei den Erben, die einen solchen Betrieb weiterführen“, zu berücksichtigen.186 Das Bundesverfassungsgericht ist davon überzeugt, dass die Entlastung des betrieblichen Vermögens notwendig ist, um das unternehmerische Vermögen anderen Vermögensarten, die eine höhere Fungibilität und geringere Sozialpflichtigkeit aufweisen, gleichzustellen. Nach Ansicht des Senats sind die steuerlichen Entlastungsmaßnahmen beim Übergang unternehmerischen Vermögens ein Ausgleich für eine verhältnismäßig geringe Zunahme der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Maßnahmen sollen damit dem Gedanken der Steuergerechtigkeit entsprechen.187 Die Ansicht, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmenserben nicht dem durch Erbanfall erworbenen Vermögenszuwachs entspricht, wird bis heute weitestgehend von der wissenschaftlichen Literatur kritiklos übernommen.188 Auch der Bundesfinanzhof hat sich in seinem Vorlage186
BVerfGE 93, 165, 176. Siehe dazu Kapitel D.III.3. 188 So z. B. bei Arndt, Konsequenzen, S. 26; Daragan, Verfassungsmäßigkeit, S. 655; Hübner, Verfassungswidrigkeit, S. 2195; Löhle, Gestaltungsspielräume, S. 92; Ziegler, Reform, S. 456. 187
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beschluss vom 22.05.2002 dieser Argumentation angeschlossen, wobei er die Entlastungsmaßnahmen des Gesetzgebers in der Addition für zu weitgehend hält.189 Stellt man die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts zunächst nicht in Frage, so fällt dennoch auf, dass die Übernahme der Bilanzwerte zur erbschaftsteuerlichen Bewertung der Argumentation des Gerichts nicht entspricht. Das Verfassungsgericht ist der Auffassung, dass nur bei Erben, die den Betrieb weiterführen, die verminderte Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist. Die verlängerte Maßgeblichkeit wird jedoch zur Bewertung herangezogen, vollkommen unabhängig davon, ob der Betrieb durch die Erben weitergeführt wird oder nicht. Die Steuererleichterung trifft damit unterschiedslos alle Erben und nicht nur diejenigen, die aufgrund der Unternehmensfortführung der vermeintlichen reduzierten Leistungsfähigkeit unterliegen.190 Ungeklärt bleibt auch die Frage, aus welchem Grund gewillkürtes Betriebsvermögen einer reduzierten Leistungsfähigkeit unterliegen soll. Selbst wenn man der Argumentation des Gerichts folgt, so erscheint es fraglich, ob die Begünstigung dieses originär nicht betrieblichen Vermögens durch Aspekte der Typisierung und Pauschalierung gedeckt ist. Da die vom Gericht geschilderte besondere rechtliche Bindung betrieblichen Vermögens für diese Vermögensbestandteile nicht festgestellt werden kann,191 ist in diesem Fall die Begünstigung nicht folgerichtig ausgestaltet. Neben diesem Problem ist es zweifelhaft, ob die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts sachlich richtig und am Gerechtigkeitsgedanken orientiert ist. Die Behauptung des Bundesverfassungsgerichts, dass die „finanzielle Leistungsfähigkeit des Erben nicht seinem durch Erbanfall erworbenen Vermögenszuwachs voll entspricht“, läuft darauf hinaus, dass die „gesteigerte rechtliche Bindung“ betrieblichen Vermögens sich nicht im Verkehrswert niederschlägt. Dieser Behauptung ist entgegenzuhalten, dass der Markt für Unternehmenstransaktionen typischerweise alle Informationen, die für Unternehmenserwerbe allgemein und im Speziellen wichtig und verfügbar sind, berücksichtigt.192 Gerade auf rechtliche Verpflichtungen reagiert der Markt deutlich. Demzufolge sind im Verkehrswert eines Unternehmens bereits sämtliche verfügbaren Informationen – wozu auch die rechtlichen Bindungen des 189
BFHE 198, 342, 365 ff. BFHE 196, 304, 310; Mellinghoff, Verhältnis, S. 148. 191 Bareis/Elser, Analyse, S. 561. 192 Berens et al., Unternehmensakquisition, S. 49 f.; Jungblut, Due Diligence, S. 9; Lukas, Unternehmensbewertung, S. 61 f. 190
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Unternehmens gehören – enthalten.193 Abschläge vom Verkehrswert führen zu einer doppelten Berücksichtigung des Kriteriums der Sozialgebundenheit. Ein realitätsgerechtes Abbild des steuerlichen Vermögens, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert,194 kann so nicht erstellt werden. Die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesfinanzhofs und weiter Teile der wissenschaftlichen Literatur gehen damit fehl. Hinzu kommt, dass die privilegierende Bewertung unternehmerischen Vermögens nicht folgerichtig an der Argumentation des Gerichts ausgerichtet ist. Die Maßnahmen entsprechen nicht dem Leistungsfähigkeitsprinzip und dienen nicht der Steuergerechtigkeit. Eine Rechtfertigung anhand dieser Kriterien scheidet aus. c) Spezielle Rechtfertigungsüberlegungen für die Ungleichbehandlung bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung und Besteuerung Im Folgenden wird untersucht, ob es Rechtfertigungen gibt, die nur für einzelne Steuerprivilegien gelten. Dabei wird zunächst auf mögliche Rechtfertigungen der Ungleichbehandlung bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung eingegangen, bevor die Rechtfertigung des Steuerklassenprivilegs untersucht wird. aa) Rechtfertigung für Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte durch das Praktikabilitätsprinzip Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss zur Vermögensteuer ausführt, muss die Bewertung der Vermögensbestandteile realitätsgerecht sein.195 Die verlängerte Maßgeblichkeit der Steuerbilanz führt jedoch nicht zu einer an den Verkehrswerten orientierten Bewertung des Betriebsvermögens. Der Verkehrswert von Betriebsvermögen ist, sofern das Unternehmen nicht börsennotiert ist oder zeitnahe Verkäufe vorliegen, nicht ohne weiteres bestimmbar. Aufgrund der vielfältigen Faktoren, die den Wert des betrieblichen Vermögens bestimmen, wäre zur Ermittlung des realistischen Wertes eine Einzelbewertung notwendig. Neben dem Faktum, dass solche Einzelbewertungen sehr aufwendig sind, spricht gegen Einzelbewertungen, dass sie streitanfällig sind. Die Bundesregierung führt an, aus diesen Gründen 193 Bareis, Probleme, Grenzen, S. 131; Seer, S. 900. 194 BVerfGE 93, 165, 195 BVerfGE 93, 121,
S. 1158; mittlerweile auch dieser Auffassung: Hüttemann, Betriebsvermögen, S. 212; Tipke, Steuerrechtsordnung II, 173. 136.
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die Bewertung anhand der Steuerbilanzwerte vorzunehmen.196 Nach dieser Argumentation sind Praktikabilitätserwägungen ausschlaggebend für die verlängerte Maßgeblichkeit der Steuerbilanz.197 Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Typisierungen des Ertragsteuerrechts nicht ohne weiteres auf das Erbschaftsteuerrecht übertragbar sind. Die Pauschalierungen geben hier keine Durchschnittswerte an, sondern liegen – wie bereits dargestellt – meist erheblich unter dem Durchschnittswert. Dabei ist allein eine realitätsnahe und gleichmäßige Bewertung sämtlicher Vermögensbestandteile Grundvoraussetzung zur Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist wiederum essentieller Bestandteil der Steuergerechtigkeit und damit Ausdruck des Art. 3 Abs. 1 GG. Auch Praktikabilitätserwägungen können durch gleichheitsgerechten Gesetzesvollzug der Steuergerechtigkeit dienen. Voraussetzung dafür ist, dass die Anzahl der abweichenden Fälle, Härten und Ungerechtigkeiten, die durch die Typisierung eintreten, verhältnismäßig gering ist und der Gleichheitssatzverstoß nicht intensiv ist. Praktikabilitätserwägungen müssen jedoch dort enden, wo die Differenzierungen in der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter, gemessen an der Idee der Steuergerechtigkeit, als unerträglich erscheinen.198 Die Praktikabilitätserwägungen führen im Ergebnis dazu, dass eine vereinfachte Wertermittlung einer Vermögensart durch grob ungleiche Werte – in Relation zu den anderen Vermögensarten – ermöglicht wird. Auch wenn einzelne andere Vermögensarten ebenfalls niedrig bewertet werden – wie land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder bebaute Grundstücke – erscheinen die erheblichen Bewertungsdifferenzen bei gleichem Steuertarif,199 gemessen an dem Gedanken der Steuergerechtigkeit, als unerträglich. Diese erheblichen Wertbrüche für wertgleiche Objekte sind keine Einzelfälle, sondern betreffen alle Vermögensbestandteile, die zum Verkehrswert bewertet werden, wie z. B. Kunstgegenstände200, Barvermögen und Aktienbesitz. Praktikabilitätsüberlegungen als Rechtfertigung der erbschaftsteuerlichen Bewertung des unternehmerischen Vermögens scheiden somit aus.201 196
BR-Drs. 390/96, 64. Osterloh, Bewertung, S. 189, spricht von einer „bescheidene[n] Vereinfachungsregel“. 198 BVerfGE 41, 269, 283. 199 Siehe dazu Kapitel e.V. 200 Abgesehen von der Ausnahme einer reduzierten Bewertung nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. a und b. 201 Zum gleichen Ergebnis kommen Jachmann, Gleichheitsproblem, S. 58; Seer, Prüfstand, S. 292; Seer, Ungereimtheiten, S. 65; Wolf, Bedarfsbewertung, S. 354. 197
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bb) Rechtfertigung für Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte durch die Vermeidung drohender Doppelbesteuerung Hauptsächlich Seer geht in verschiedenen Publikationen davon aus, dass die Übernahme der Steuerbilanzwerte zur Bewertung unternehmerischen Vermögens eine Maßnahme ist, um die Doppelerfassung der Differenz zwischen Verkehrs- und Steuerbilanzwerten sowohl mit Erbschaft- und Schenkungsteuer als auch später mit Einkommensteuer zu vermeiden. Der Gleichheitssatz gebiete es in diesem Fall, wesentlich Ungleiches – seiner Eigenart entsprechend – verschieden zu behandeln. Nach seiner Auffassung ist die verlängerte Maßgeblichkeit der Steuerbilanz dadurch gerechtfertigt.202 Im deutschen Steuerrecht existiert kein normiertes Verbot einer doppelten Belastung. Einigkeit herrscht aber insoweit, dass systemwidrige Steuerbelastungen dem Leistungsfähigkeitsprinzip und damit auch der Steuergerechtigkeit widersprechen. Seers Argumentation geht demzufolge dahin, dass die Ungleichbehandlung gerade notwendig ist, um Steuergerechtigkeit herzustellen. Fraglich ist, ob diese Argumentation in sich stimmig ist und ob durch die Ungleichbehandlung bei der Bewertung von unternehmerischem und sonstigem Vermögen tatsächlich Steuergerechtigkeit hergestellt werden kann. De facto führt auch die Übernahme der Steuerbilanzwerte nicht zu einem gänzlich problemfreien Verhältnis zwischen Erbschaft- und Einkommensteuer. So wird das Prinzip der Übernahme der Steuerbilanzwerte durchbrochen bei Betriebsgrundstücken, die weiterhin mit dem Grundbesitzwert zu erfassen sind, und bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die mit dem gemeinen Wert angesetzt werden. Die Regelung ist damit nicht folgerichtig ausgestaltet. Hinzu kommt, dass es auch Fälle gibt, in denen die stillen Reserven ganz oder teilweise vor dem Anfall der Einkommensteuerbelastung aufgelöst werden. Die doppelte Besteuerung kann folglich sehr wohl systemkonform sein.203 Die Berücksichtigung der zukünftigen Einkommensteuerbelastung stellt in diesem Fall eine Begünstigung dar. Weiterhin muss gesehen werden, dass die latente Einkommensteuerbelastung stets nur einen, dem Grenzsteuersatz entsprechenden Teil der stillen Reserven ausmacht.204 Der volle Abzug der stillen Reserven bei der Erb202 Seer, Prüfstand, S. 293; Seer, Betriebsvermögen, S. 198; Seer, Ungereimtheiten, S. 65; Seer, Prüfstand, S. 878 f.; ähnlich auch Felix, Erbschaftsteuer, S. 416; Fischer, Reformbedürftigkeit, S. 12 und 15; Löhle, Gestaltungsspielräume, S. 119; Tipke, Steuerrechtsordnung II, S. 892. 203 Theisen, Diskussionsbeitrag, S. 220. 204 Gebel, Betriebsvermögensnachfolge, S. 7; Mellinghoff, Verhältnis, S. 147; Spitzbart, Betriebsvermögen, S. 117.
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schaftsteuer geht darüber hinaus und privilegiert unternehmerisches Vermögen. Ein zusätzlicher Vorteil und eine endgültige Steuerersparnis bestehen, wenn mehrere Erbgänge aufeinander folgen. Dann wird jeweils nur der um die stillen Reserven verminderte Teil besteuert, auch wenn zwischenzeitlich keine Aufdeckung der stillen Reserven stattfand. Die genannten Begünstigungen wirken dem Leistungsfähigkeitsprinzip entgegen und widersprechen damit der Steuergerechtigkeit. Die Übernahme der Steuerbilanzwerte für die erbschaftsteuerliche Bewertung unternehmerischen Vermögens übererfüllt das Ziel, systemwidrige Belastungen zu vermeiden. Die Kompensation eventueller Doppelbelastungen wird durch die pauschale Privilegierung unternehmerischen Vermögens erreicht.205 Damit wird ein – der Steuergerechtigkeit widersprechendes – Ungleichgewicht zwischen den Vermögensbestandteilen bei der Erbschaftsteuerbewertung hergestellt. Die Maßnahme ist damit bezogen auf die Situation, der sie Herr werden will – der Vermeidung der Doppelbesteuerung –, unangemessen. Überdies eröffnet die unsystematische Bewertung erhebliche Gestaltungsspielräume. Im Ergebnis ist die Übernahme der Steuerbilanzwerte der Steuergerechtigkeit nicht zuträglich, sondern abträglich. Die Ungleichbehandlung bei der erbschaftsteuerlichen Bewertung von unternehmerischem und sonstigem Vermögen lässt sich demnach nicht durch die beabsichtigte Vermeidung einer Doppelbesteuerung rechtfertigen. cc) Rechtfertigung für das Steuerklassenprivileg durch den Ausspruch des Bundesverfassungsgerichts und das Leistungsfähigkeitsprinzip Wie bereits geschildert, wurde durch § 19a ErbStG erreicht, dass natürliche Personen der Steuerklasse II und III beim Erwerb von inländischem Betriebsvermögen in der Form tariflich begünstigt werden, dass sie um den Unterschiedsbetrag zwischen Steuerklasse I und der tatsächlichen Steuerklasse entlastet werden. Im Ergebnis führte dies bis zum Jahresende 2003 zur Anwendung der Erbschaftsteuerklasse I für alle Erwerber.206 Man könnte zunächst daran denken, diese Privilegierung direkt mit dem Ausspruch des Bundesverfassungsgerichts zu rechtfertigen,207 wonach die 205 Mellinghoff, Diskussionsbeitrag, S. 218; Mellinghoff, Verhältnis, S. 148; Theisen, Diskussionsbeitrag, S. 220. 206 Siehe dazu Kapitel E.VII.1. 207 Arndt, Konsequenzen, S. 26; Felix, Erbschaftsteuer, S. 416; Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Reform, S. 33 f.; Müller-Etienne, Europarechtswidrigkeit, S. 298 (Fn. 1359).
II. Verfassungsrechtliche Beurteilung
257
„verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit“ für unternehmerisches Vermögen „unabhängig von der verwandtschaftlichen Nähe zwischen Erblasser und Erben“ zu berücksichtigen ist.208 Hiergegen spricht jedoch, dass es sich beim Ausspruch des Bundesverfassungsgerichts nicht um einen ratio decidendi, der gemäß § 31 Abs. 1 BVerfGG bindend ist, sondern um ein obiter dictum handelt.209 Dieser Einsicht entspricht auch die Handlungsweise des Gesetzgebers, der mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2004, das zum Jahresanfang 2004 in Kraft trat, von den Vorgaben des Verfassungsgerichts abweicht und die Entlastung auf nur noch 88% des Unterschiedsbetrags zwischen der Steuerklasse I und der tatsächlichen Erbschaftsteuerklasse begrenzt.210 Unabhängig von der Bindungskraft des Verfassungsgerichtsurteils könnte man zur Rechtfertigung der Tarifbegünstigung des § 19a ErbStG auch die vom Gericht vorgebrachte verminderte Leistungsfähigkeit des Erben unternehmerischen Vermögens in Betracht ziehen. Selbst wenn man – entgegen der in dieser Arbeit vertretenen Ansicht – eine verminderte Leistungsfähigkeit unternehmerischen Vermögens annimmt, so ist nicht ersichtlich, warum diese zu einer speziellen Begünstigung für die Erben der Steuerklasse II und III führen soll. Die vermeintlich verminderte Leistungsfähigkeit wird – genau wie bei Erben der Steuerklasse I – bereits durch die Heranziehung der Steuerbilanzwerte als Bewertungsgrundlage, durch den Unternehmensfreibetrag sowie durch den Unternehmenswertabschlag berücksichtigt.211 Das unternehmerische Vermögen, welches an Personen der Steuerklassen II und III fällt, ist nicht weniger leistungsfähig als unternehmerisches Vermögen von Personen der Steuerklasse I. Die verminderte Leistungsfähigkeit unternehmerischen Vermögens kann deshalb kein sachlicher Grund dafür sein, das aus dem Schutz von Ehe und Familie resultierende „Familienprinzip“212 fallen zu lassen. Eine Rechtfertigung anhand der verminderten Leistungsfähigkeit scheidet aus.
208 209 210 211 212
BVerfGE 93, 165, 176. Siehe dazu Kapitel D.III.2. Siehe Kapitel D.VI.1. A. A. Institut „Finanzen und Steuern“ e.V., Reform, S. 34. Zum Familienprinzip siehe Kapitel E.VII.1.
258
F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
dd) Rechtfertigung für das Steuerklassenprivileg durch das Ziel, die Qualifikation der Unternehmensnachfolger zu erhöhen Als Rechtfertigung kommt außerdem das Ziel in Betracht, dass der Unternehmensübergeber unabhängig von steuerlichen Erwägungen den besten Nachfolger auswählt. Für den Erfolg des Unternehmens ist die persönliche Eignung des Nachfolgers entscheidend.213 Deshalb muss für die Wahl ausschlaggebend sein, ob der in Frage kommende Nachfolger die fachlich bestqualifizierte Person ist, um mit dem Unternehmen am Markt langfristig bestehen zu können. Tatsächlich kann durch die steuerliche Gleichstellung der Erwerber vermieden werden, dass Nachfolger der Steuerklasse I bzw. II Personen der Steuerklasse III aufgrund der geringeren Steuerbelastung vorgezogen werden. Die Eignung des Unternehmensnachfolgers rückt damit in den Vordergrund der Nachfolgeplanung.214 Die Maßnahme führt weiterhin dazu, dass sich die Anzahl der potenziellen Kandidaten erhöht, da die Nachfolge so für Personen möglich wird, die – zwar fachlich qualifiziert – aber bisher wegen der hohen finanziellen Hürde zurückgeschreckt sind. Im Ergebnis kann dadurch die Unternehmensnachfolge erfolgreicher gestaltet werden. Familienexterne Unternehmensübernehmer werden nicht durch hohe Steuerbelastungen der Steuerklassen II und III an der Übernahme von Unternehmen gehindert. Konstruktionen wie die Adoption des Unternehmenserben gehören der Vergangenheit an.215 Die Unternehmen agieren mit einer besser geeigneten Unternehmensführung langfristig erfolgreicher am Markt. Die Ungleichbehandlung durch die Tarifvergünstigung für unternehmerisches Vermögen ist damit nicht willkürlich, ihr liegt ein sachlich vertretbares Motiv zu Grunde. Das geschilderte Ziel wird mit leichten Abstrichen auch nach in Kraft treten des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 und der Begrenzung des Entlastungsbetrags für Nachfolger der Steuerklassen II und III auf 88% er213
Angermann, Unternehmensnachfolge, S. 415. Dass familieninterne Nachfolger den hohen Anforderungen genügen, die an externe Bewerber gestellt werden, ist aufgrund des großen externen Humankapitals im Gegensatz zu den begrenzten Ressourcen an potenziellen familieninternen Bewerbern unwahrscheinlich; ähnlich auch Schneider, Killerviren, S. 1289, der davon spricht, dass „spätestens nach zwei Generationen [. . .] eine [. . .] unternehmerische Begabung sich verflüchtigt hat“. 215 Die gleiche Ansicht wurde schon im Jahr 1992 in einem Gutachten für das Bundesministerium der Finanzen, Investitionen, S. 107 vertreten. Dabei wurde der Vorschlag gemacht, die Steuerklassen II und III zusammenzulegen. 214
II. Verfassungsrechtliche Beurteilung
259
reicht.216 Allerdings beeinflussen steuerliche Argumente bei der Auswahl des Unternehmensnachfolgers mit fortschreitender Begrenzung des Entlastungsbetrages wieder stärker die Planung der unternehmerischen Nachfolge. Eine weitere Reduzierung des Entlastungsbetrags sollte vermieden werden, um das Ziel, der fachlich bestgeeigneten Person die Unternehmensnachfolge zu ermöglichen, nicht zu gefährden. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung ist gegeben. Die Tarifvergünstigung des § 19a ErbStG ist gerechtfertigt. 4. Resümee Zur verfassungsrechtlichen Beurteilung, ob die Privilegien bei der Bewertung und Besteuerung unternehmerischen Vermögens gegenüber dem Übergang anderer Vermögensgegenstände gerechtfertigt sind, ist Art. 3 Abs. 1 GG heranzuziehen. Nach den Vorgaben des Gleichheitssatzes wird Steuergerechtigkeit erreicht, wenn die Steuer an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ausgerichtet wird. Dafür ist es notwendig, dass die Steuerbemessungsgrundlage die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen erfasst und die Steuer konsequent und folgerichtig ausgestaltet ist. Typisierungen sind dabei grundsätzlich zulässig. Eröffnet ist der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG durch die Bewertungs- und Besteuerungsdifferenz zwischen unternehmerischem Vermögen und den anderen Vermögensbestandteilen. Die in der bisherigen Diskussion vorherrschenden Argumente für die Rechtfertigung der Privilegien unternehmerischen Vermögens als Gesamtheit können nicht überzeugen. Es kann weder eine erhöhte Sozialpflichtigkeit noch eine verminderte Leistungsfähigkeit unternehmerischen Vermögens festgestellt werden. Ebenso liegen keine volkswirtschaftlichen Gründe vor, die eine derartige Begünstigung unternehmerischen Vermögens rechtfertigen können. Eine Rechtfertigung der verlängerten Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte durch Praktikabilitätserwägungen scheidet aus, da trotz des praktischen Vorteils, auf die bereits existierenden Werte zurückgreifen zu können, eine realitätsgerechte Bewertung der Vermögensbestandteile sichergestellt sein muss. Dies ist beim Rückgriff auf die Steuerbilanzwerte nicht der Fall. Auch kommt keine Rechtfertigung durch die Vermeidung einer drohenden Doppelbesteuerung in Betracht. Die Übernahme der Steuerbilanzwerte 216 Zu den Belastungsunterschieden beim Übergang unternehmerischen Vermögens zwischen den einzelnen Steuerklassen siehe Kapitel E.VII.5.
260
F. Unternehmensnachfolgebesteuerung/Verfassungs- und Europarecht
führt dazu, dass die stillen Reserven gar nicht der Erbschaftsteuer unterliegen. Damit wird das Ziel, systemwidrige Belastungen zu vermeiden, übererfüllt, und es kommt zu einer Privilegierung unternehmerischen Vermögens. Im Ergebnis führt die Übernahme der Steuerbilanzwerte zu einem unangemessenen Bewertungsvorteil, der der Steuergerechtigkeit abträglich ist. Die vom Bundesverfassungsgericht angeführte Rechtfertigung des Steuerklassenprivilegs durch das Leistungsfähigkeitsprinzip überzeugt nicht, da die vermeintlich verminderte Leistungsfähigkeit bereits durch die Heranziehung der Steuerbilanzwerte als Bewertungsgrundlage, durch den Unternehmensfreibetrag sowie durch den Unternehmenswertabschlag berücksichtigt wird. Die nochmalige Begünstigung ausschließlich für Personen der Steuerklassen II und III kann dadurch nicht gerechtfertigt werden. Hingegen stellt das Ziel, insgesamt eine höhere Qualifikation bei den Unternehmensnachfolgern – und damit eine langfristig erfolgreiche Unternehmensführung – zu erreichen, einen sachlichen Grund für eine Ungleichbehandlung dar. Dieses Ziel kann durch die steuerliche Angleichung der Steuerklassen der Unternehmensübernehmer erreicht werden, da damit die Eignung des Unternehmensnachfolgers in den Vordergrund der Nachfolgeplanung rückt. Einzig das Steuerklassenprivileg beim Übergang unternehmerischen Vermögens ist sachlich gerechtfertigt.
G. Ergebnis und Entwicklungsperspektiven der Nachfolgebesteuerung Nachdem die Besteuerung der Unternehmensnachfolge in den letzten 30 Jahren vielfältigen Änderungen unterworfen war, herrscht bis heute keine Klarheit über eine gesetzeskonforme Unternehmensnachfolgebesteuerung. Die vorliegende Untersuchung hat ergeben, dass die momentane Ausgestaltung der Erbschaftsteuer mit der unterschiedlichen Besteuerung von in- und ausländischem unternehmerischem Vermögen das Binnenmarktziel gefährdet und gegen die Kapitalverkehrsfreiheit, gegen die Niederlassungsfreiheit und gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft verstößt. Darüber hinaus verstößt die weitgehende Privilegierung des unternehmerischen Vermögens – im Verhältnis zur Besteuerung der nicht unternehmerisch geprägten Vermögensbestandteile – gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz. Die oftmals ins Feld geführte vermeintlich reduzierte Leistungsfähigkeit unternehmerischen Vermögens, die sogar in Forderungen nach der gänzlichen Abschaffung der Erbschaftsteuer mündet, greift nicht. Eine beschränkte Verfügbarkeit schlägt sich bereits in der Marktbewertung nieder. Die Erhebung der Erbschaftsteuer und die Besteuerung der Unternehmensnachfolge sind durch das Leistungsfähigkeitsprinzip gerechtfertigt. Mit dem für das Jahr 2006 zu erwartenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts droht dem deutschen Steuergesetzgeber die zweite Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Erbschaftsbesteuerung innerhalb von knapp zehn Jahren. Unschuldig ist das Bundesverfassungsgericht daran nicht, war doch die Erbschaftsteuerentscheidung der Karlsruher Richter der Auslöser für weit reichende Steuerprivilegien des unternehmerischen Vermögens. Mit einer Korrektur dieser Rechtsprechung handelt sich auch das Verfassungsgericht den Vorwurf des widersprüchlichen Handelns ein. Trotzdem ist die Änderung der Unternehmensnachfolgebesteuerung notwendig. Momentan ist die Besteuerung sowohl europarechts- als auch gleichheitssatzwidrig ausgestaltet. So besteht derzeit eine Gemengelage von Verkehrswerten, z. B. für Kunst- oder Barvermögen oder für börsennotierte Gesellschaften und völlig
262
G. Ergebnis und Entwicklungsperspektiven der Nachfolgebesteuerung
verkehrswertfernen Werten, z. B. für land- und forstwirtschaftliches Vermögen, aber auch für Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Immobilien. Unternehmerisches Vermögen wird zusätzlich durch den Betriebsvermögensfreibetrag und den Betriebsvermögensabschlag entlastet. Dies läuft auf eine Einteilung in „gutes“ und „böses“ Vermögen hinaus, die wiederum Steuergestaltungen fördert. Dem Leistungsfähigkeitsprinzip als Rechtfertigung einer Steuererhebung entspricht dies nicht. Schon gar nicht lassen sich eine Redistribution oder annähernd gleiche Startchancen zwischen den Bevölkerungsschichten erreichen. Bestätigt wird dies durch die Daten der Erbschaftsteuerstatistik 2002, wonach durch persönliche und vermögensspezifische Freibeträge bzw. Wertabschläge die Besteuerung erst bei hohen Vermögen einsetzt, und damit nur etwa 10% der Erbschaftsteuerfälle auch tatsächlich erbschaftsteuerpflichtig sind. Das Erbschaftsteueraufkommen wird somit durch eine exklusive Schar an Steuerpflichtigen aufgebracht. Eine Verteilung der Erbschaftsteuer auf eine größere Gruppe von Steuerpflichtigen erscheint erstrebenswert. Im Rahmen einer Umgestaltung der Erbschaftsteuer, die das Ziel einer gleichheitssatz- und europarechtskonformen Besteuerung verfolgt, gilt es, eine realitätsgerechte Bewertung i. S. des § 9 BewG der einzelnen Vermögensbestandteile sicherzustellen. Um dieses Ziel zu erreichen, wird der Gesetzgeber die bestehenden Bewertungskriterien – insbesondere das Stuttgarter Verfahren – weiterentwickeln müssen.1 Daneben sind vermögensspezifische Freibeträge abzuschaffen, und die Differenzierung zwischen inund ausländischem Vermögen aufzugeben. Durch diese Maßnahmen wird eine Verbreiterung der Steuerbasis erreicht, die im Gegenzug zu nutzen ist, um die Steuersätze zu reduzieren. Dabei ist wie bisher die verwandtschaftliche Nähe zwischen Erben und Erblasser bei der Ausgestaltung der Steuersätze – als Ausdruck des Familienprinzips des Art. 6 Abs. 1 GG – zu berücksichtigen. Um eine Steuerflucht ins Ausland unattraktiv zu machen, gilt es weiterhin, die gegenwärtig prohibitiv hohen Steuersätze der Steuerklasse II und III zu reduzieren. Um eine Unternehmensgefährdung gänzlich auszuschließen, ist – ähnlich der Regelung des § 28 ErbStG – die Möglichkeit zu gewähren, die persönliche Erbschaftsteuerschuld entsprechend der Inflationsentwicklung zinsgebunden zu stunden oder zu verrenten. Der Anreiz zur Steuerverschiebung würde so reduziert, und über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren wäre die Zahlung der Erbschaftsteuerschuld aus der typischerweise erzielten Verzinsung des Eigenkapitals möglich. Um den Gleichheitssatz zu wahren, sollte eine solche Regelung auf alle Vermögensbestandteile angewendet werden. 1
So auch Becker/Horn, Bewertung, S. 1082 f.
G. Ergebnis und Entwicklungsperspektiven der Nachfolgebesteuerung
263
Die seit November 2005 regierende Bundesregierung scheint einen anderen Weg einzuschlagen. Nach dem am 11.11.2005 geschlossenen Koalitionsvertrag ist es geplant, die Erbschaftsteuer spätestens zum 01.01.2007 in der Form zu reformieren, dass für jedes Jahr der Unternehmensfortführung die Erbschaftsteuerschuld reduziert werden soll. Es ist beabsichtigt, die Unternehmensnachfolgebesteuerung im Ganzen entfallen zu lassen, wenn mindestens zehn Jahre seit der Übergabe vergangen sind.2 Die neue Bundesregierung greift damit die beiden Gesetzentwürfe vom Mai 2005 der CDU/ CSU-Fraktion3 und der damaligen Bundesregierung4 auf. Eine Erbschaftsteuerreform entsprechend dieser beiden inhaltlich ähnlichen Gesetzentwürfe wäre verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen.5 Beide Entwürfe sind als Verstöße gegen Art. 3 GG zu qualifizieren, da die Erbschaftsteuerbelastung weiterhin nach Vermögensarten differenziert und die Ungleichbehandlung verstärkt. Hinzu kommt, dass nach den Gesetzesentwürfen auch innerhalb des betrieblichen Vermögens differenziert wird. Um mittelständische Unternehmen zu entlasten, soll die Erbschaftsteuer für „produktives“ Betriebsvermögen mit einem Steuerwert von insgesamt bis zu 100 Mio. e. über einen Zeitraum von 10 Jahren zinslos gestundet werden. Jeweils zum Ende eines Jahres erlischt bei der Betriebsfortführung die Erbschaftsteuerschuld um 1/10. Die Grenze von 100 Mio. e Steuerwert ist willkürlich gesetzt, zwar existiert keine umfassende Definition des mittelständischen Unternehmens, doch werden die typischen Abgrenzungsmerkmale der Mittelstandsdefinition weit überschritten. Durch die Unterscheidung zwischen „produktivem“ und „nicht-produktivem“ Vermögen wächst der Verwaltungsaufwand für die Prüfung und Kontrolle erheblich. Im Ergebnis ignoriert eine solche Reform die vom Bundesfinanzhof formulierten Einwände gegen die schon bisher ungleich ausgestaltete Erbschaftsbesteuerung. Steuergestaltungsanreize werden durch eine solche Reform gesetzt, die im Ergebnis zu willkürlichen Verteilungsfolgen führt und den Redistributionszweck der Erbschaftsteuer konterkariert. Um die unternehmerische Generationennachfolge zu ermöglichen, ist es nicht nötig, das Betriebsvermögen steuerfrei zu stellen und das Ausmaß der Ungleichbehandlung zu verstärken, vielmehr wäre hier eine Verbreiterung der Steuerbasis mit einhergehender Senkung der Steuersätze angebracht. 2 3 4 5
Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005, Zeilen 3522 ff. BT-Drs. 15/5448. BT-Drs. 15/5555. So auch Seer/Jansen, Gutachten, S. 7 ff.
264
G. Ergebnis und Entwicklungsperspektiven der Nachfolgebesteuerung
Die neue Bundesregierung hat jedoch die Vorlagefrage des Bundesfinanzhofs nicht vollkommen verdrängt, denn es heißt im Koalitionsvertrag auch, man wolle die Reform der Erbschaftsteuer „unter Berücksichtigung des zu erwartenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts“6 vornehmen. Die Unternehmensnachfolgebesteuerung befindet sich am Scheideweg. Ohne Aktionismus gilt es deshalb, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten.
6
Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005, Zeile 3526.
Entscheidungsverzeichnis I. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
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Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil
Rs. 6/64 Rs. 152/73 Rs. 2/74 Rs. 8/74 Rs. 71/76 Rs. 11/77 Rs. 30/77 Rs. 106/77 Rs. 1/78 Rs. 136/78 Rs. 120/78 Rs. 22/80 Rs. 27/80 Rs. 130/80 Rs. 203/80 Rs. 35 und 36/82 Rs. 286/82 und Rs. 26/83 Rs. 44/84 Rs. 59/85 Rs. 355/85 Rs. 352/85 Rs. 143/87 Rs. 186/87 Rs. 249/86 Rs. 305/87 C-10/90 C-221/89 C-179/90 C-204/90 C-300/90
1964, 1251 1974, 153 1974, 631 1974, 837 1977, 765 1977, 1199 1977, 1999 1978, 629 1978, 1489 1979, 437 1979, 649 1980, 3427 1980, 3839 1981, 527 1981, 2595 1982, 3723 1984, 377 1986, 29 1986, 1283 1986, 3231 1988, 2085 1988, 3877 1989, 195 1989, 1263 1989, 1461 1991, 1119 I 1991, 3905 I 1991, 5889 I 1992, 249 I 1992, 305
vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom
15.07.1964 12.02.1974 21.06.1974 11.07.1974 28.04.1977 28.06.1977 27.10.1977 09.03.1978 28.06.1978 07.02.1979 20.02.1979 29.10.1980 16.12.1980 19.02.1981 11.11.1981 27.10.1982 31.01.1984 15.01.1986 17.04.1986 23.10.1986 26.04.1988 07.07.1988 02.02.1989 18.05.1989 30.05.1989 07.03.1991 25.07.1991 10.12.1991 28.01.1992 28.01.1992
(Fortsetzung nächste Seite)
266
Entscheidungsverzeichnis
(Fortsetzung: I. Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften) Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE
I I I I I I I I I I I I I I I
1992, 1993, 1993, 1993, 1993, 1994, 1994, 1994, 1994, 1995, 1995, 1995, 1995, 1995, 1995,
323 487 1191 1663 5145 467 911 1783 3453 361 563 3905 3955 4165 4821
Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil
vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom
28.01.1992 03.02.1993 30.03.1993 31.03.1993 20.10.1993 10.02.1994 15.03.1994 17.05.1994 14.07.1994 23.02.1995 28.03.1995 25.07.1995 14.11.1995 30.11.1995 14.12.1995
EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE
I I I I I I I I I I I I I I I I I I I I
1996, 1996, 1996, 1997, 1997, 1997, 1997, 1997, 1997, 1999, 1999, 1999, 1999, 2000, 2000, 2001, 2001, 2001, 2002, 2002,
929 3089 4661 195 285 1711 3091 3659 5325 1661 2835 3099 4899 1335 2787 173 837 1727 305 1425
Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil
vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom
29.02.1996 27.06.1996 26.09.1996 16.01.1997 23.01.1997 20.03.1997 05.06.1997 25.06.1997 02.10.1997 16.03.1999 11.05.1999 01.06.1999 08.07.1999 14.03.2000 13.04.2000 11.01.2001 01.02.2001 08.03.2001 15.01.2002 07.02.2002
C-330/90 und C-331/90 C-148/91 C-168/91 C-19/92 C-92/92 und C-326/92 C-398/92 C-45/93 C-18/93 C-379/92 C-358/93 C-324/93 C-221/89 C-484/93 C-55/94 C-163/94, C-165/94 und C-250/94 C-193/94 C-107/94 C-43/95 C-134/95 C-29/95 C-323/95 C-398/95 C-131/96 C-122/96 C-222/97 C-255/97 C-302/97 C-203/98 C-54/99 C-251/98 C-464/98 C-108/96 C-397/98 und C-410/98 C-439/99 C-279/00
Entscheidungsverzeichnis
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Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
EuGHE I 2002, 2157
Urteil vom 05.03.2002
EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE EuGHE
Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil Urteil
C-515/99, C-519/99 bis C-524/99 und C-526/99 bis C-540/99 C-224/00 C-367/98 C-483/99 C-503/99 C-79/01 C-388/01 C-463/00 C-98/01 C-9/02
I I I I I I I I I
2002, 2002, 2002, 2002, 2002, 2003, 2003, 2003, 2004,
2965 4731 4781 4809 8923 721 4581 4641 n. v.
vom vom vom vom vom vom vom vom vom
19.03.2002 04.06.2002 04.06.2002 04.06.2002 17.10.2002 16.01.2003 13.05.2003 13.05.2003 11.03.2004
II. Bundesverfassungsgericht Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
1, 1, 1, 2, 2, 2, 3, 3,
1 1 2 1 1 1 1 1
BvR 201/51 BvL 12, 15, 16, 24, 28/51 BvH 1/52 BvL 11/51 BvL 104/52 BvL 23/51 BvL 59/52 PBvV 2/52
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
4, 74 4, 144 6, 55 7, 171 7, 244 8, 51 9, 338 10, 372
Beschluß vom 12.10.1951 Urteil vom 20.03.1952 Urteil vom 05.04.1952 Urteil vom 18.03.1953 Beschluß vom 07.03.1953 Urteil vom 01.07.1953 Urteil vom 17.12.1953 Rechtsgutachten des Bundesverfassungsgerichts vom 16.06.1954 Beschluß vom 21.10.1954 Beschluß vom 25.01.1955 Beschluß vom 17.01.1957 Beschluß vom 06.11.1957 Beschluß vom 04.02.1958 Urteil vom 24.06.1958 Beschluß vom 16.06.1959 Beschluß vom 09.03.1960
1 1 1 2 2 2 1 1
BvL 9/51, 1 BvL 2/53 BvR 522/53 BvL 4/54 BvL 12, 13, 14, 15/56 BvL 31, 33/56 BvF 1/57 BvR 71/57 BvL 16/57
14 184 208 181 266 380 185 407
(Fortsetzung nächste Seite)
268
Entscheidungsverzeichnis
(Fortsetzung: II. Bundesverfassungsgericht) Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
11, 13, 15, 16, 18, 18,
263 331 275 130 52 315
Beschluß vom 07.07.1960 Urteil vom 24.01.1962 Beschluß vom 05.02.1963 Beschluß vom 22.05.1963 Beschluß vom 02.06.1964 Urteil vom 27.01.1965
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
19, 19, 20, 22, 22, 22, 23, 24, 25, 26, 26, 26, 27, 29, 33, 37, 39,
342 377 56 106 254 373 242 289 352 1 265 302 364 402 303 217 169
Beschluß vom 15.12.1965 Beschluß vom 20.01.1966 Urteil vom 19.07.1966 Beschluß vom 20.06.1967 Beschluß vom 19.07.1967 Beschluß vom 29.11.1967 Beschluß vom 07.05.1968 Beschluß vom 06.11.1968 Beschluß vom 23.04.1969 Beschluß vom 13.05.1969 Beschluß vom 02.07.1969 Beschluß vom 09.07.1969 Beschluß vom 21.01.1970 Beschluß vom 15.12.1970 Urteil vom 18.07.1972 Beschluß vom 21.05.1974 Urteil vom 12.03.1975
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
40, 41, 42, 42, 43, 44, 46, 48, 49, 49, 49, 50,
121 269 64 223 108 322 224 40 89 329 343 386
Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß
2 BvR 435, 440/60 1 BvR 845/58 2 BvR 21/60 2 BvC 3/62 2 BvL 23/62 1 BvR 213, 715/58 und 66/60 1 BvR 513/65 1 BvR 140/62 2 BvF 1/65 2 BvL 10/64 2 BvR 489/66 1 BvL 16/63 1 BvR 420/64 1 BvR 727/65 2 BvR 552/63 1 BvR 25/65 1 BvR 669/64 2 BvR 20/65 2 BvL 27/63 1 BvR 559, 571, 586/70 1 BvL 32/70 und 25/71 1 BvL 22/71 und 21/72 1 BvL 15, 19/71 und 32/73; 1 BvR 297, 315/71, 407/72 und 37/73 1 BvL 4/74 1 BvL 8/73 2 BvR 804/75 2 BvR 995/75 1 BvR 150/75 2 BvL 11/74 1 BvR 15/75 1 BvL 20/77 2 BvL 8/77 2 BvR 1055/76 2 BvR 154/74 2 BvR 72/76
vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom vom
18.06.1975 10.02.1976 24.03.1976 26.05.1976 23.11.1976 24.03.1977 25.10.1977 01.03.1978 08.08.1978 11.11.1978 12.10.1978 13.03.1979
Entscheidungsverzeichnis
269
Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
BVerfGE 52, 277 BVerfGE 53, 257
Beschluß vom 16.10.1979 Urteil vom 28.02.1980
BVerfGE 55, 72
Beschluß vom 07.10.1980
BVerfGE 59, 36 BVerfGE 60, 253 BVerfGE 61, 319
Beschluß vom 10.11.1981 Beschluß vom 20.04.1982 Urteil vom 03.11.1982
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
189 354 119 312 76 325 214 256
Beschluß vom 03.11.1982 Beschluß vom 08.12.1982 Beschluß vom 08.02.1983 Beschluß vom 08.03.1983 Beschluß vom 12.07.1983 Beschluß vom 06.12.1983 Beschluß vom 22.02.1984 Urteil vom 06.11.1984
BVerfGE 68, 155
Beschluß vom 17.10.1984
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
68, 68, 72, 72, 72,
287 311 51 175 330
Beschluß vom 28.11.1984 Beschluß vom 11.12.1984 Beschluß vom 26.02.1986 Beschluß vom 13.05.1986 Urteil vom 24.06.1986
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
73, 74, 75, 76, 76, 77,
339 182 382 93 100 84
Beschluß vom 22.10.1986 Urteil vom 10.02.1987 Beschluß vom 16.06.1987 Beschluß vom 16.06.1987 Beschluß vom 23.06.1987 Beschluß vom 06.10.1987
BVerfGE 78, 104 BVerfGE 78, 249
Beschluß vom 26.04.1988 Beschluß vom 08.06.1998
1 BvL 51/79 1 BvL 17/77, 7, 9, 14, 15, 16, 37, 64, 74, 78, 100/78, 5, 16/79 und 1 BvR 807/78 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79 1 BvL 18, 19/77 2 BvL 26/81 1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79 und 363/80 1 BvR 710/82 2 BvL 12/79 1 BvL 28/79 2 BvL 27/81 1 BvR 1470/82 2 BvR 1275/79 1 BvL 10/80 2 BvL 19/83, 20/83, 2 BvR 363/83, 2 BvR 491/83 1 BvL 18/82, 46/83 und 2/84 1 BvR 1157/82 1 BvL 12/78 1 BvL 12/85 1 BvR 99, 461/85 2 BvF 1, 5, 6/83, 1/84 und 1, 2/85 2 BvR 197/83 1 BvL 18/81, 20/82 1 BvL 4, 6/86 1 BvR 1113/86 2 BvL 5/83 1 BvR 1086, 1468/82, 1623/82 1 BvL 84/86 2 BvL 9/85 und 3/86
62, 62, 63, 63, 65, 65, 66, 67,
(Fortsetzung nächste Seite)
270
Entscheidungsverzeichnis
(Fortsetzung: II. Bundesverfassungsgericht) Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
80, 80, 80, 81, 81, 82, 82,
48 54 354 40 108 60 126
Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß Beschluß
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
83, 84, 84, 85, 85, 85, 86, 87, 87, 88, 89, 89, 90, 90,
82 233 348 238 264 329 71 153 234 187 155 346 40 145
Beschluß vom 13.11.1990 Urteil vom 27.06.1991 Beschluß vom 08.10.1991 Beschluß vom 11.02.1992 Urteil vom 09.04.1992 Beschluß vom 12.02.1992 Beschluß vom 12.05.1992 Beschluß vom 25.09.1992 Urteil vom 17.11.1992 Beschluß vom 21.04.1993 Urteil vom 12.10.1993 Beschluß vom 26.01.1994 Beschluß vom 14.02.1994 Beschluß vom 09.03.1994
BVerfGE 91, 186 BVerfGE 91, 207 BVerfGE 92, 91
Beschluß vom 11.10.1994 Beschluß vom 12.10.1994 Beschluß vom 24.01.1995
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
Beschluß vom 22.06.1995 Beschluß vom 22.06.1995 Beschluß vom 31.01.1996 Beschluß vom 08.10.1996 Beschluß vom 14.10.1997 Beschluß vom 12.11.1997 Beschluß vom 10.03.1998 Beschluß vom 29.04.1998 Urteil vom 16.12.1997 Urteil vom 01.07.1998
1 BvR 1428/88 2 BvL 1, 2, 3/88 2 BvL 11/88 1 BvL 32/82, 6/83 1 BvR 1402, 1528/87 1 BvL 20, 26, 184 und 4/86 1 BvL 2/83, 10/84, 3/85, 11, 12, 13/89, 4/90 und 1 BvR 764/86 1 BvR 275/90 2 BvL 3/89 1 BvL 50/86 1 BvL 29/87 2 BvE 2/89 1 BvL 21/88 1 BvL 7/89 2 BvL 5, 8, 14/91 1 BvL 8/87 1 BvL 1/90 2 BvR 2134, 2159/92 1 BvL 12/86 2 BvH 2/93 2 BvL 43, 51, 63, 64, 70, 80/92, 2 BvR 2031/92 2 BvR 633/86 1 BvL 19/90 1 BvL 18/93 und 5, 6, 7/94, 1 BvR 403, 569/94 2 BvL 37/91 2 BvR 552/91 2 BvL 39, 40/93 1 BvL 15/91 1 BvL 5/89 1 BvR 479/92 und 307/94 1 BvR 178/97 1 BvL 25/93 2 BvR 1991, 2004/95 2 BvR 441, 493/90, 618/92, 212/93 und 2 BvL 17/94
93, 93, 93, 95, 96, 96, 97, 98, 98, 98,
121 165 386 39 315 375 332 70 106 169
vom vom vom vom vom vom vom
15.03.1989 05.04.1989 11.07.1989 04.10.1989 29.11.1989 29.05.1990 30.05.1990
Entscheidungsverzeichnis
271
Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE BVerfGE
99, 280 99, 341 101, 54 101, 297 102, 68
Beschluß vom 11.11.1998 Beschluß vom 19.01.1999 Beschluß vom 14.07.1999 Urteil vom 07.12.1999 Beschluß vom 15.03.2000
BVerfGE 103, 310 BVerfGE 104, 151 BVerfGE 105, 73
Beschluss vom 04.04.2001 Urteil vom 22.11.2001 Urteil vom 06.03.2002
2 BvL 10/95 1 BvR 2161/94 1 BvR 995, 2288, 2711/95 2 BvR 301/98 1 BvL 16, 17, 18, 19, 20/96 und 18/97 2 BvL 7/98 2 BvE 6/99 2 BvL 17/99
III. Bundesverwaltungsgericht Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
BVerwGE BVerwGE BVerwGE BVerwGE
Beschluß vom 19.09.1983 Urteil vom 14.11.1985 Urteil vom 29.10.1981 Urteil vom 19.05.1987
8 3 1 9
68, 72, 73, 77,
36 212 263 258
N 1.83 C 44.83 D 50/80 C 184/86
IV. Finanzgerichtsbarkeit Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
1. Bundesfinanzhof BFHE BFHE BFHE BFHE BFHE BFHE BFHE BFHE BFHE
112, 113, 121, 121, 122, 126, 129, 132, 134,
187 59 487 509 334 55 394 479 167
Urteil vom 15.02.1974 Urteil vom 26.07.1974 Beschluß vom 22.12.1976 Urteil vom 23.02.1977 Urteil vom 06.05.1977 Urteil vom 05.07.1978 Urteil vom 07.12.1979 Urteil vom 14.11.1980 Urteil vom 02.10.1981
III R 22/73 III R 16/73 II R 58/67 II R 63/70 III R 17/75 II R 64/73 III R 45/77 III R 81/79 III R 27/77 (Fortsetzung nächste Seite)
272
Entscheidungsverzeichnis
(Fortsetzung: IV. Finanzgerichtsbarkeit) Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
BFHE 143, 217 BFHE 146, 460 BFHE 148, 324 BFHE 151, 107 BFHE 151, 495 BFHE 153, 229 BFHE 153, 318 BFHE 154, 7 BFHE 155, 298 BFHE 165, 286 BFHE 166, 387 BFHE 168, 111 BFHE 181, 96 BFHE 186, 394 BFHE 190, 408 BFHE 192, 559 BFHE 194, 445 BFHE 196, 232 BFHE 196, 304 BFHE 198, 342 BFH/NV 1990, 643 BFH/NV 2000, 320
Urteil vom 06.02.1985 Urteil vom 05.03.1986 Urteil vom 26.11.1986 Urteil vom 28.09.1987 Beschluß vom 23.11.1987 Beschluß vom 11.05.1988 Urteil vom 10.03.1988 Urteil vom 25.05.1988 Urteil vom 11.10.1988 Urteil vom 11.01.1991 Urteil vom 27.11.1991 Urteil vom 07.04.1992 Urteil vom 11.09.1996 Beschluß vom 17.07.1998 Urteil vom 04.11.1999 Urteil vom 05.09.2000 Urteil vom 25.01.2001 Beschluss vom 18.07.2001 Beschluss vom 24.10.2001 Beschluss vom 22.05.2002 Urteil vom 06.12.1989 Beschluß vom 22.09.1999
I R 23/82 II R 232/82 II R 190/81 VIII R 154/86 GrS 1/86 II B 28/88 IV R 226/85 I R 225/82 VIII R 419/83 III R 60/81 II R 12/89 VIII R 79/88 II R 15/93 VI B 81/97 IV R 40/99 IX R 33/97 II R 52/98 I R 28/99 II R 61/99 II R 61/99 II B 70/89 II B 130/97
2. Reichsfinanzhof RFHE 51, 66
Urteil vom 02.10.1941
III 116/41
3. Finanzgerichte EFG 1996, 1166 EFG 1998, 1603 EFG 2000, 1019 EFG 2001, 769 ZEV 1999, 76
Urteil des FG Düsseldorf vom 03.07.19996 Urteil des FG Köln vom 23.10.1997 Urteil des FG Baden-Württemberg vom 10.05.1999 Urteil des FG München vom 14.02.2001 Beschluß des FG München vom 19.10.1998
4 K 5910/91 9 K 3954/89 9 K 317/98 4 K 153/98 4 V 4974/97
Entscheidungsverzeichnis
273
V. Bundesgerichtshof Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Entscheidungsform und Datum
Aktenzeichen
BGHZ 92, 94 BGHZ 113, 332 BGHZ 125, 395
Urteil vom 12.07.1984 Urteil vom 30.01.1991 Urteil vom 27.04.1994
III ZR 98/83 IV ZR 299/89 IV ZR 132/93
Rechtsquellenverzeichnis Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Bezeichnung
Bundesgesetzblatt I BGBl. I 1951, 759 BGBl. I 1951, 764 BGBl. I 1954, 373 BGBl. I 1970, 1765 BGBl. I 1974, 933 BGBl. I 1992, 297
BGBl. I 1993, 1569
BGBl. I 1995, 1250 BGBl. I 1996, 2049 BGBl. I 2000, 1790 BGBl. I 2001, 3794 BGBl. I 2003, 3076
Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vom 30.06.1951 Erbschaftsteuergesetz in der Fassung vom 30.06.1951 Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16.12.1954 Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 21.12.1970 Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts vom 17.04.1974 Gesetz zur Entlastung der Familien und zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze vom 25.02.1992 Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt vom 13.09.1993 Jahressteuergesetz 1996 vom 11.10.1995 Jahressteuergesetz 1997 vom 20.12.1996 Gesetz zur Umrechnung und Glättung steuerlicher EuroBeträge vom 19.12.2000 Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 20.12. 2001 Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29.12.2003
Bundesgesetzblatt II BGBl. II 1955, 755 ff.
BGBl. II 1956, 1587 ff.
BGBl. II 1980, 594 ff.
Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Erbschaftsteuern vom 04.10.1954 Gesetz über den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Regelung der Saarfrage vom 22.12.1956 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlaßund Erbschaftsteuern vom 30.11.1978
Rechtsquellenverzeichnis
275
Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Bezeichnung
BGBl. II 1985, 395 ff.
Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Nachlaß- und Erbschaftsteuern vom 29.05.1980 Gesetz zu dem Zusatzabkommen vom 28. September 1989 zur Änderung des Abkommens vom 21. Juli 1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern in der Fassung des Revisionsprotokolls vom 9. Juni 1969 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei den Erbschaft- und Schenkungsteuern und zur Leistung gegenseitigen Beistands bei den Steuern (Deutsch-schwedisches Steuerabkommen) vom 14.07.1992 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Dänemark zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei den Nachlaß-, Erbschaft- und Schenkungsteuern und zur Beistandsleistung in Steuersachen (Deutsch-dänisches Steuerabkommen) Gesetz zu dem Protokoll vom 14. Dezember 1998 zur Änderung des am 3. Dezember 1980 in Bonn unterzeichneten Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlass-, Erbschaft- und Schenkungsteuern vom 15.09. 2000 Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Protokolls zur Änderung des deutsch-amerikanischen Abkommens vom 3. Dezember 1980 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlass-, Erbschaft- und Schenkungsteuern vom 18.12.2000
BGBl. II 1990, 770 f.
BGBl. II 1994, 687 ff.
BGBl. II 1996, 2565 ff.
BGBl. II 2000, 1170 ff.
BGBl. II 2001, 62
Bundesrat Drucksache BR-Drs. 522/91 BR-Drs. 1/93
Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Steueränderungsgesetz 1992 vom 06.09.91 Empfehlung der Ausschüsse zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt vom 02.02.1993 (Fortsetzung nächste Seite)
276
Rechtsquellenverzeichnis
(Fortsetzung: Bundesrat Drucksache) Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Bezeichnung
BR-Drs. 390/96
Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 1997 vom 24.05.1996 Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften vom 27.08. 1999 Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 15.08.2003 Beschluss des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 durch den Deutschen Bundestag vom 17.10.2003 Empfehlungen der Ausschüsse zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 24.10.2003 Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Erbschaftsbesteuerung vom 21.05.2004
BR-Drs. 475/99
BR-Drs. 652/03 BR-Drs. 729/03 BR-Drs. 729/1/03 BR-Drs.
Bundesrat Plenarprotokoll BR-Plenarprotokoll 795
Stenografischer Bericht vom 19.12.2003 der 795. Bundesratssitzung vom 19.12.2003
Bundessteuerblatt BStBl. I 1952, 545 BStBl. I 1974, 862 BStBl. I 1989, 445
BStBl. I 1991, 168 BStBl. I 1995, Sondernummer 1/1995, 3 ff. BStBl. I 2001, 985
BStBl. I 2001, 1041
Verwaltungsanordnung für die Erbschaftsteuer vom 01.07. 1952 Bewertungsgesetz in der Fassung vom 26.09.1974 Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 09.11.1989 zur schenkungsteuerlichen Behandlung von gemischten Schenkungen sowie von Schenkungen unter einer Auflage Bekanntmachung der Neufassung des Bewertungsgesetzes vom 01.02.1991 BMF-Schreiben vom 02.12.1994 (IV C7 – S 1340 – 20/94): Grundsätze zur Anwendung des Außensteuergesetzes Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 06.12.2001 zur vorläufigen Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren (§ 165 Abs. 1 AO); Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 07.12.2001: Bewertung von Kapitalforderungen und Kapitalschulden sowie von Ansprüchen/Lasten bei wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen nach dem 31.12.2001 für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer
Rechtsquellenverzeichnis
277
Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Bezeichnung
BStBl. I 2002, 64
BMF-Schreiben vom 14.01.2002 (IV A 4 – S 0062 – 1/02): Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung
Bundestag Drucksache BT-Drs. 2/481 BT-Drs. 6/3418 BT-Drs. 7/1470 BT-Drs. 7/2180
BT-Drs. 12/3334 BT-Drs. 12/4487
BT-Drs. 12/5016
BT-Drs. 12/5341
BT-Drs. 13/901 BT-Drs. 13/1558
BT-Drs. 13/1686 BT-Drs. 13/1960
Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 29.04.1954 zu einem Gesetz zur Neuordnung von Steuern Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 04.05.1972 zu einem Zweiten Steuerreformgesetz Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 09.01.1974 zu einem Dritten Steuerreformgesetz Erster Bericht des Finanzausschusses vom 31.05.1974 zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Dritten Steuerreformgesetzes Denkschrift zum Vertrag vom 7. Februar 1992 über die Europäische Union Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 05.03.1993 zu einem Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt Beschlußempfehlung des Finanzausschusses zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt vom 25.05. 1993 Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschuß zu dem Gesetz zur Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts Deutschland im Europäischen Binnenmarkt vom 01.07.1993 Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zu einem Jahressteuergesetz 1996 Erste Beschlußempfehlung und erster Bericht des Finanzausschusses vom 31.05.1995 zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1996 Empfehlung der Ausschüsse vom 23.05.1995 zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1996 Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschuß zu dem Jahressteuergesetz 1996 vom 07.07.1995 (Fortsetzung nächste Seite)
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(Fortsetzung: Bundestag Drucksache) Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
Bezeichnung
BT-Drs. 13/2100
Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschuß zu dem Jahressteuergesetz 1996 vom 02.08.1995 Berichtigung zu der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Jahressteuergesetz 1996 vom 05.09.1995 Zweiter Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 1997 Gesetzentwurf der Fraktion SPD und Bündnis 90/Die Grünen: Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1999/ 2000/2002 vom 09.11.1998 Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses vom 15.10. 2003 zum Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes der Bundesregierung Bericht des Haushaltsausschusses vom 16.10.2003 zum Entwurf der Bundesregierung zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 Unterrichtung über die Anrufung des Vermittlungsausschusses zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 durch den Bundesrat am 11.11.2003 Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 16.12.2003 zum Haushaltsbegleitgesetz 2004 Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU eines Gesetztes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge vom 10.05.2005 Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge vom 30.05.2005
BT-Drs. 13/2262
BT-Drs. 13/5952 BT-Drs. 14/23
BT-Drs. 15/1750
BT-Drs. 15/1751
BT-Drs. 15/1992
BT-Drs. 15/2261 BT-Drs. 15/5448 BT-Drs. 15/5555
Bundestag Plenarprotokolle BT-Plenarprotokoll 15/58 BT-Plenarprotokoll 15/67 BT-Plenarprotokoll 15/84
Stenografischer Bericht vom 09.09.2003 der 58. Sitzung der 15. Wahlperiode des Deutschen Bundestags Stenografischer Bericht vom 17.10.2003 der 67. Sitzung der 15. Wahlperiode des Deutschen Bundestags Stenografischer Bericht vom 19.12.2003 der 84. Sitzung der 15. Wahlperiode des Deutschen Bundestags
Reichsgesetzblatt RGBl. I 1912, 173 ff.
RGBl. I 1919, 1543 RGBl. I 1922, 610
Übereinkommen zwischen Deutschland und Griechenland über die Besteuerung des beweglichen Nachlaßvermögens vom 01.12.1910 Erbschaftsteuergesetz vom 10.09.1919 Gesetz zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes vom 20.07.1922
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Amtliche Quelle oder sonstige Fundstelle
279
Bezeichnung
Sonstige Quellen Verh.-BT, Bd. 22, 2733
Stenographischer Bericht der 56. Bundestagssitzung am 18.11.1954 Abl. EG 1988, L 178/5 Kapitalverkehrsrichtlinie vom 24.06.1988 (88/361/EWG) Abl. EG 2000 C 204/13 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Europäische Charta für kleine Unternehmen“ vom 18.07.2000 DB 2004, 680 BMF-Schreiben vom 12.03.2004 (IV D 2 – S 0338 – 13/04): Bearbeitung der Einwendungen gegen das verfassungsgemäße Zustandekommen des HBeglG 2004 HaushaltsausschussProtokoll der Beratungen des Haushaltsausschusses zum Drs. 15 (8) 852 (n. v.) Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 15.10.2003 IWB Fach 3 Gruppe 8, BMF-Schreiben vom 09.03.1990 (IV C 3 – S 3263 – 55 ff. 5/90): Bewertung von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften CDU-BundestagsGemeinsam für Deutschland – mit Mut und Menschlichfraktion keit – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 11.11.2005
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Personen- und Sachverzeichnis Abgabengläubiger 33 Abgabenschuldner 34 Adoption 195 Alimentationspflicht 35 Allokationsfunktion 77 Anlagevermögen 64 Appellentscheidung 133 Äquivalenzprinzip 32 Arbeitnehmerfreizügigkeit 213 Arbeitsmarkt 81 Arndt 102, 105 Aufenthalt, gewöhnlicher 202 Bach 67 Bareis 106, 112 Bartholmai 67 Basel II 60 Baumgarten 120–121 Behaltensfrist 206 Belegenheitsstaat 207 Bereicherungsprinzip 192 Bewertungsstichtag 170 Bewertungswahlrecht 204 Bilanzpolitik 204 Binnenmarkt 212, 231 Birk 119, 121 Bodenrichtwert 110 Bruttoanlageinvestition 84 Bruttoinlandsprodukt 72 Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung 67 Canaris 242 Cassis-Entscheidung 223, 228 Christoffel 108
Daragan 119, 121 Daseinsvorsorge 28 Dassonville-Formel 216 Dienstleistungsfreiheit 213 Diskriminierungsverbot 212 Diskriminierungsverbot, allgemeines 230 Doppelbesteuerung 42, 191 Dürig 132 Effizienztheorie 152 Ehe 195 Eigenkapitalquote 60 Eigenkapitalrichtlinie 60 Eigentumsfreiheit 40 Einkommensteuer 36, 206 Einkommensverteilung 38 Elser 112 Entnahmebeschränkung 110 Erbengemeinschaft 35 Erbrechtsgarantie 40 Erbschaftsmotive 37 Erbschaftsteuerbeschlusses 97 Erbschaftsteuerreformgesetz 91 Erbschaftsteuerstatistik 48 Erbschein 170 Ertragsfunktion 38 Ertragshoheit 31 Ertragswertverfahren 168 Familienfunktion des Staates Familienprinzip 257 Familienstiftung 76 Felix 105 Finanzausgleich 31 Flume 90, 106
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Personen- und Sachverzeichnis Fortschrittsfunktion 77 Frank 90 Freiheitsfunktion 38, 77 Fuisting 44 Gale 71 Gebel 193, 220 Gestaltungsmaßnahmen 194 Gewerbesteuer 206 Gewerbesteueranrechnung 198 Gleichheitssatzprüfung 239 Grenzsteuersatz 255 Grundbesitzwert 194 Grundfreiheiten 212 Haas 128 Hantzsch 106 Hasselsweiler 143 Haubold 136 Haushaltsbegleitgesetz 2004 127, 139, 147, 174, 196 Haushaltsbewilligung 33 Haushaltsplan 32 High-Net-Worth-Individuals 71 Hübner 94 Humankapital 39 Immobilienvermögen 186 Inflation 83 Inlandseigenschaft 207 Inlandsvermögen 200 Insolvenzverfahrens 60 Institut Finanzen und Steuern e.V. 90, 106 Institut für Mittelstandsforschung 79 Integrationsfunktion 38 Investitionszulage 102 Ipsen 239 Jacobs 108 Jahressteuergesetz 1996 107 Jahressteuergesetz 1997 109, 173, 196 Jebens 61 Jordan 136
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Kaass 215 Kannengießer 111 Kapitalkonzentration 73 Kapitalverkehr 215 Kapitalverkehrsfreiheit 214 Kapp 92 Karl-Bräuer-Institut 30 Kathedersozialisten 39 Kisker 58 Klammer-Technik 123 Klein 120–121 Koch 140 Koch-Steinbrück-Liste 141, 146 Kollisionsnorm 192 Kontrollsteuerthese 36 Körperschaftsteuer 206 Kriegssterbefälle 88 Land- und forstwirtschaftliches Vermögen 187 Leipold 92 Leistungsfähigkeitsprinzip 41, 241 Leistungsgesellschaft 41 Liquiditätsbedrohung 59 Liquiditätsschwund 60 Machtfunktion 39 Markteinkommenstheorie 44 Marx 38 Meincke 112, 247 Merz 111 Mill 34, 39 Mindestbeteiligungsquote 178, 209 Missbrauchsklausel 108 Miterbrecht des Staates 34 Monopolisierung 38 Müller-Etienne 215 Nachholfunktion 37 Nachholthese 37 Nachlassgrößenklassen 57 Nationalökonomie 39
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Personen- und Sachverzeichnis
Neidsteuer 73 Nettogesamtvermögen 66 Neumark 44 Nichtanwendungserlass 113 Nichtigkeitserklärung 125, 129, 135–136 Niederlassungsfreiheit 199, 213, 224–226 Niedrigsteuerland 201 Normenkontrollverfahren 122 OECD-Musterabkommen 221 Pauschalierung 243 Pflichtteilsrecht 34 Piltz 154 Praktikabilitätsprinzip 243 Preisstabilität 82 Produktionsvermögen 67 Quellentheorie 44 Realisationsprinzips 194 Rechtfertigungstheorien 28 Rechtsformneutralität 209 Rechtsformwechsel 196 Rechtsträgerwechsel 208 Redistributionsziel 40 Redistributionszweck 37 Redistributionszweckgedanken 39 Registriergebühren 32 Reinvermögenszugangstheorie 43 Reyners 224 Rignano 38 Ritter 46 Sachs 239 Sachverständigenrat 37 Schanz 44 Schaubach 53 Scheinehe 195 Schenkung, gemischte 206 Schön 106
Schulze zur Wiesche 111 Seer 131, 250 Sicherungsfunktion 38 Slemrod 71 Smith 43 Sozialgestaltung 40 Sozialpflichtigkeit 250 Sozialreformer 34 Spitzbart 80 Standortfaktoren 203 Standortsicherungsgesetz 1993 94 Starck 240 Statistikbereinigungsgesetz 48 Statistischen Bundesamtes 57 Steinbrück 140 Stempelabgabe 30 Steueränderungsgesetz 1992 93, 193 Steueränderungsgesetz 2001 112 Steuerbestandsschutz 32 Steuerflucht 30 Steuergerechtigkeit 42, 241 Steuergestaltungsmodellen 30 Steuergleichheit, horizontale 241 Steuergleichheit, vertikale 241 Steuerhinterziehung 29, 36 Steuerplanung, international 208 Steuerprogression 57 Steuerstaat 29 Steuersubjekt 191 Stichtagsprinzip 171 Stundungshöchstdauer 177 Stundungszinsen 177 Stuttgarter Verfahren 151, 156, 208 Subventionsabbau 174 Szczesney 137 Teilnichtigkeitserklärung 137 Thiel 111 Tipke 105 Typisierung 243 Übermaßverbot 239 Ultra-High-Net-Worth-Individuals 71
Personen- und Sachverzeichnis Umlaufvermögen 64 Unhaltbarkeitserklärung 122 Untätigkeitsklage 137–138 Unternehmensinsolvenz 59, 81 Unternehmensliquidation 59 Unternehmensstandort 198, 203 Unternehmenstransaktion 252 Unvereinbarkeitserklärung 125, 130, 136 Utilitarist 39 verlängerte Maßgeblichkeit 93 Vermögensakkumulation 39 Vermögensumschichtung 205 Vermögensverteilung 38 Vermögensverteilungspolitik 38 Verteilungsfunktion 77 Verteilungspolitik 39 Vogt 123, 126 Volkswirtschaft 48
Vorläufigkeitsvermerk 135 Vormundschaftsgericht 196 Vorzugslasten 33 Wachstumsdeterminanten 84 Wachter 142 Wagner 39 Warenverkehrsfreiheit 216, 223 Wegzugsbesteuerung 199 Weinmann 96 Wertermittlungsmethoden 167 Willkürverbot 238 Wirtschaftswachstum 48, 84 Wittmann 106 Wohlstandsgefälle 39, 67 Wohnsitzverlagerung 199, 202 Zipfel 153
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