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German Pages 45 Year 1970
mmm DES BUNDESINSTITUTS FÜR OSTWISSENSCHAFTLICHE U N D INTERNATIONALE STUDIEN Die Probleme einer Europäischen Sicherheitskonferenz aus der Sicht der Staaten des Warschauer Vertrages und des "Zehnerausschusses"
- Zum Verlauf der Diskussion seit August 1969 —
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Chri stiän M* e i e r
KÖLN LINDENBORNSTRASSE 22
INHALT Seite Einleitung
1
I. Der Teilnehmerkreis A. Stellungnahmen zur Teilnahme der DDR ..
4
B. Stellungnahmen zur Teilnahme der USA ..
6
II. Die Vorbereitung einer europäischen Sicherheitskonferenz A. Vorschläge zur technisch-organisatorischen Vorbereitung
lo
B. Schritte zur inhaltlichen Vorbereitung der Sicherheitskonferenz a. Außenpolitische Schritte
14
b. Psycho-politische Schritte
2o
c. Militärische Schritte
2o
III. Die Ziele einer europäischen Sicherheitskonferenz A. Die politischen Ziele
21
B. Die militärischen Ziele
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([!. Institutionalisierung einer europäischen Sicherheitskonferenz
33
Zusammenfassung
35
Teilnehmerkreis
35
Vorbereitung
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Ziele
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Juli 197o
Die Meinungen, die in den vom BUNDESINSTITUT FÜR OSTWISSENSCHAFTLICHE UND INTERNATIONALE STUDIEN herausgegebenen Berichten geäußert werden, geben ausschließlich die Auffassung des Autors wieder. Abdruck - auch auszugsweise - nur mit Quellenangabe und vorheriger Genehmigung des Bundesinstituts gestattet.
Einleitung Am 17. März 1969 richtete das Budapester Treffen der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages einen Aufruf an alle Länder Europas, eine Konferenz zur Erörterung von Fragen der europäischen Sicherheit und der friedlichen Zusammenarbeit einzuberufen. Der Gedanke einer europäischen Sicherheitskonferenz ist nicht neu. Erstmalig tauchte er in den Vertragsvorschlägen für ein kollektives Sicherheitssystem in Europa auf, die die Sowjetunion zwischen 1954 und 1958 unterbreitet hat. In den folgenden vier Jahren verzichtete die sowjetische Regierung auf die Propagierung dieser Idee, weil sie sich zu einer Politik des offensiven Risikos gegenüber dem Westen entschlossen hatte. Die Niederlage in der Kuba-Krise leitete einen Wandel in der sowjetischen Außenpolitik ein. Die Sowjetunion ließ sich behutsam auf eine begrenzte Kooperation mit den Vereinigten Staaten ein. Ende 1964 nach dem Sturz Chruschtschows - wurde die Kampagne für eine europäische Sicherheitskonferenz erneut aufgenommen. Seitdem sind fünf Ebenen erkennbar, auf denen die Realisierung des Konferenzprojekts systematisch vorangetrieben wird: Der Warschauer Pakt, der Neuner- oder Zehnerclub, die kommunistischen Parteien Europas, der kommunistisch gelenkte Weltfriedensrat und die Interparlamentarische Union. Die entscheidenden Impulse gehen allerdings von den beiden erstgenannten Ebenen aus. 2) In der Bukarester Deklaration vom 6.7-1966 unternahmen die Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages einen ersten Versuch der Konkretisierung des Konferenzgedankens. Ein Jahr später, im April 1967? erhoben die Vertreter von 24 kommunistischen und Arbeiterparteien die Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz zu einer zentralen Forderung ihres Karlsbader Aktionsprogramms. 3) Die westlichen Staaten reagierten damals mit Skepsis und Ablehnung auf die östliche Konferenzofferte. Allzu offensichtlich schienen ihnen die östlichen Vorstöße darauf angelegt zu sein, die schwelende Krise in der 'Wortlaut in Neues Deutschland vom 18.3-1969-
p)
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-'Wortlaut in Europa Archiv, Heft I6/1966, D 414-4243) 'Wortlaut in Neues Deutschland vom 27.4.1967.
- 2Nato nach dem Austritt Frankreichs aus der Militärorganisation bis zur entscheidenden Schwächung des westlichen Bündnisses voranzutreiben. Auf westlicher Seite neigte man überdies mehr dem französischen Konzept zu, über die Drei-Stufen-Konzeption - detente, entente, Cooperation - die Spaltung des europäischen Kontinents zu überwinden. Das Einschwenken der Bundesregierung auf die französische Linie gab ihr zudem eine erhöhte Anziehungskraft. Unterschiedliche Interpretationen der Bukarester Deklaration sowie das Fehlen eines für alle sozialistischen Staaten verbindlichen taktischen Konzepts ermöglichten es der Bundesrepublik, mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Rumänien Ende Januar 1967 einen überraschenden politischen Einbruch in Osteuropa zu erzielen, ohne indes die östlichen Voraussetzungen europäischer Sicherheit in verbindlicher Form anzuerkennen. Unter diesen Umständen räumte die Sowjetunion der internen Konsolidierung der sozialistischen Staatengemeinschaft den Vorrang ein. Die geeigneten Instrumente waren die Erneuerung und Ausweitung des bilateralen Vertragssystems zwischen den Mitgliedern des Warschauer Paktes und die Verankerung der Theorie von der begrenzten Souveränität sozialistischer Staaten. So entstand schließlich ein asymmetrisches Modell von Entspannungspolitik, wie es im Budapester Appell der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages zum Ausdruck kam. Da die sozialistischen Länder bei ihrer Forderung nach einer europäischen Sicherheitskonferenz den Eindruck einer vorwiegend defensiven Haltung erweckten - keine Vorbedingungen für das Zustandekommen einer Sicherheitskonferenz, keine Auflösung der Bündnissysteme in Ost und West - war die westliche Reaktion nicht von vornherein ablehnend, sondern eher abwartend. Unter Berücksichtigung des positiven Echos aus den neutralen und block freien Staaten war eine Situation entstanden, die die Warschauer PaktStaaten ermutigte, auf den Außenministerkonferenzen von Prag und Budapest, sowie der Moskauer Gipfelberatung Anfang Dezember 1969; das Konferenzprojekt weiter zu konkretisieren. Nachfolgend sollen in Weiterführung einer früheren Analyse - Zum Plan
- 3einer europäischen Sicherheitskonferenz seit Ende 1964(42/1969) die Stellungnahmen aufgezeigt werden, die von den Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages (WP) sowie des Zehnerausschusses (ZA) seit August 1969 zu den Hauptproblemen einer Sicherheitskonferenz erfolgt sind: Teilnehmerkreis, Vorbereitung, Ziele und Institutionalisierung.
-4 Die Probleme einer Sicherheitskonferenz
i) Der Teilnehmerkreis A. Stellungnahmen zur Teilnahme der DDR in der DDR 20.ll.i969
Professor Budzislawski auf einer Pressekonferenz in London aus Anlaß des Besuches einer Parlamentarierdelegation der DDR: "Die DDR werde nur an einer Sicherheitskonferenz teilnehmen, wenn sie als gleichberechtigter und vollwertiger Verhandlungspartner betrachtet werde. Die DDR werde niemals als Beobachter an einer solchen Konferenz teilnehmen und fordere eine diplomatische Anerkennung von den teilnehmenden Staaten. Dieser Punkt ist jedoch keine Vorbedingung." AFP 2o.ll.69
2o.12.1969
Otto Winzer in einem Interview mit der Tribüne de Geneve: "Es ist selbstverständlich, daß alle europäischen Staaten in völliger Gleichberechtigung mit f ' gleichem Status an einer Sicherheitskonferenz teilnehmen müssen." ND 21.12.1969
7.1.1970
Kommentator Günter Leuschner: "Eine europäische Sicherheitskonferenz wäre zweifellos solange unmöglich gewesen, wie irgendjemand versucht hätte, die DDR aus dieser Beratung auszuschließen. Heute spielt in der ganzen Diskussion über die europäische Sicherheit die Frage der gleichberechtigten Teilnahme der DDR an einer solchen Konferenz keine Rolle mehr." Radio DDR 7*l-197o
2.8.197°
Aus einer Rede Otto Winzers zum 25. Jahrestag der Unterzeichnung des Potsdamer Abkommens:
Die DDR ist der deutsche Friedensstaat, den das Potsdamer Abkommen gefordert hat. Ihm steht ein gleichberechtigter Platz unter den friedliebenden Staaten zu. Deshalb werde auch die gleichberechtigte Teilnahme der DDR an der Vorbereitung und Durchführung einer europäischen Sicherheitskonferenz der Lösung der politischen und wirtschaftlichen Probleme des befreiten Europa auf demokratischer Grundlage förderlich sein. ND 3.8.197c
Aus dem Kommunique der Gespräche zwischen Schiwkoff und Husak in Prag: Beide Parteien und Länder werden sich auch in Zukunft um die Einberufung einer gesamt-europäischen Konferenz zu Fragen der Sicherheit und der Zusammenarbeit zwischen allen Staaten Europas bemühen. Sie bekräftigen den Standpunkt, daß bei der Lösung der internationalen europäischen Fragen die Deutsche Demokratische Republik dieselbe gleichberechtigte Stellung haben muß wie alle anderen europäischen Länder. In diesem Sinne unterstützen sie voll die rechtmäßige Forderung der DDR nach völkerrechtlicher Anerkennung." ND 2o.2.197o
Aus einem Interview mit dem niederländischen Außenminister Lunss "Ich habe den Eindrucks auch nach meinen Gesprächen in Bonn, daß die DDR kein unüberwindliches Hindernis für eine Sicherheitskonferenz sein würde, da die deutsche Regierung sich sehr offenjzeigt, für neue Initiativen gegenüber der DDR und bessere Beziehungen zu Polen aufbauen möchte. Und die Ostblockstaaten, die die DDR anerkannt haben, haben zu erkennen gegeben, daß eine Teilnahme der DDR nicht bedeuten würde, daß an der Sicherheitskonferenz interessierte Staaten z.B. die Niederlande die Folgerung ziehen müßten die DDR anzuerkennen." Radio Hilversum 3o.lo.1969
- 622.1.197o
Aus der Pressekonferenz des niederländischen Außenministers Luns zum Abschluß seines Besuches in Sofia: "An einer gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz sollten alle europäischen Staaten, einschließlich der DDR, teilnehmen." ND 23.1.1970
in Rumänien i3.ll.i969
Aus dem Beschluß zur Billigung der Arbeit der rumänischen Delegation auf der Prager Außenministerkonferenz: "Die rumänische Regierung ist der Auffassung, daß auf der Grundlage der Gleichberechtigung alle Staaten des europäischen Kontinents an der Vorbereitung und Durchführung der allgemeinen Konferenz teilnehmen sollen.
B. Stellungnahmen zur Teilnahme der USA in Polen 9.11.1969
Trybuna Ludu: "Die USA und Kanada sollten nicht von einer europäischen Sicherheitskonferenz ausgeschlossen werden."
21.2.1970
Ignacy Krasicki in Zycie Warszawy: "Zu den Teilnehmern einer europäischen Sicherheitskonferenz sollten auch außereuropäische Mächte, wie die USA und Kanada gehören, wenn sie es wirklich wünschten."
in Ungarn 19.2.197o
Janos Peter in einer Rede vor der bulgarischen Akademie der Wissenschaften: "Die Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz geht nicht nur Europa an. Wir verstehen und begrüßen sogar das Interesse, das Länder anderer Kontinente, unter ihnen die USA und Kanada, für die europäische Konferenz und die Konsolidierung der Sicherheit Europas zeigen. MTI
- 7Jenö Fock in einem Interview mit Trybuna Ludu: "Da die Reichweite der Probleme von globaler Bedeutung ist, haben wir uns damit einverstanden erklärt, daß auch die USA und Kanada an der Konferenz teilnehmen. Wir hoffen, daß sie in nicht ferner Zeit einen konstruktiven Beitrag zur Vorbereitung der Konferenz leisten und daß gemeinsam mit diesen beiden amerikanischen Staaten auch mehrere europäische Länder, die bisher eine abwartende Haltung einnahmen oder Vorbehalte anmeldeten, Schritte zur Einberufung dieser Konferenz unternehmen werden."
Janos Peter in Stockholm vor Journalisten: "Eine Sicherheitskonferenz ohne die Beteiligung Kanadas und der USA erscheine -außerordentlich schwierig." UPI
Radio Budapest zu einer Pressekonferenz des ungarischen Außenministers in Oslo: "Hinsichtlich der Frage der Teilnahme der USA erklärte Peter, er würde sich freuen, wenn die USA der europäischen Sicherheitskonferenz gegenüber ein größeres'Interesse an den Tag legen würden."
Aus dem Beschluß zur Billigung der Arbeit der rumänischen Delegation auf der Prager Außehministerkonferenz: "An der Konferenz könnten auch weitere Staaten teilnehmen, die ein Interesse daran „ haben, ihren Beitrag zur Verwirklichühg der Sicherheit in Europa zu leisten." Agerpress 13-11.1969 Kommentator Romulus Caplescu in Scinteia: "Man kann jetzt feststellen, daß kein europäisches Land an der Notwendigkeit konkreter Schritte zweifelt, die ohne Verzögerung in
- 8Richtung der Verwirklichung des Gedankens einer Zusammenkunft unternommen werden müssen, an der alle europäischen Staaten und eventuell auch andere interessierte Staaten teilnehmen sollten." Aus einem Interview des rumänischen Ministerpräsidenten Maurer mit der jugoslawischen Nachrichtenagentur Tanjug: "Davon ausgehend, daß die europäischen Probleme auch die ai^Kteuropäischen Staaten* interessieren, sind wir der Ansicht, daß auch die nichtei3bro.päischen Staaten Gelegenneit erhalten spj.lte^n, an den künftigen Konferenzen #ej^L^unehmen."
Edvard Kardelj in Beantwortung einer Umfrage der Wochenschriff'S^iRascita" der IKP: "Die Konferenz wäre allerdings unrealistisch, wenn sie nicht die Präsenz der USA in Europa berücksichtigen würde. Tanjug Milorad Pe&jLc^ stellvertretender Außenminister j^g08ljavi^ns, in eipem interview der Belgrader I^lb%matsechrif t Medjunarodna Politikat . \ '^ un^er ^ , "Jugoslawien/stutzt entschieden den Gedanken einer europäischen. Sicherheitskonferenz und strebt insbesondere die Beteiligung der europäischen Länder wie auch der Vereinigten Staaten und Kanadas an.
Österreichisches Memorandum: "Einladung an die USA und Kanada zur Teilnahme an einer europäischen Sicherheitskonferenz." FAZ 28.7.1970
Erklärung des Schweizer Bundesrates: "Die Sicherheitskonferenz solle auch außereuropäischen Mächten, die seit dem Zweiten Weltkrieg zur Sicherheit Europas beigetragen haben, offenstehen." FAZ 26.7.1969
Luxemburgischer Außenminister Thorn nach Moskau-Besuch: Die Sowjetunion sei bereit, zu erlauben, daß die USA und Kanada an der vorgeschlagenen Sicherheitskonferenz teilnehmen." Reuter Leonid Samjatin auf einer Pressekonferenz in Moskau: "Die Sowjetunion werde nichts gegen die Teilnahme der USA an einer europäischen Sicherheitskonferenz einwenden. Über diesen Standpunkt sei die amerikanische Regierung von dem sowjetischen Botschafter Dobrynin zwei Wochen vor Beginn der Brüsseler NatoRatstagung Anfang Dezember 1969 informiert worden." NZZ 15.1.1970
Aus dem Memorandum der Budapester Konferenz der Außenminister der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages: "An der Konferenz können sich alle europäischen Staaten einschließlich der DDR und der BRD zu gleichen Bedingungen und auf gleichberechtigter Basis mit den anderen europäischen Staaten sowie die USA und Kanada beteiligen." ND 27.6.1970
lo II. Die Vorbereitung einer europäischen Sicherheitskonferenz A. Vorschläge zur technisch-organisatorischen Vorbereitung Finnland (ZA) 9.1.1970
Ahti Karjalainen in Brüssel: "Die zahlreichen zweiseitigen und mehrseitigen Kontakte zwischen den verschiedenen Regierungen, die sich im Laufe des vergangenen Jahres entwickelt haben, könnten bereits als eine Einleitungsphase für eine europäische Sicherheitskonferenz gelten." FAZ lo.1.197c
24.2.197o
Karjalainen auf einer Pressekonferenz in Helsinki: "In Finnland werden die verschiedenen Möglichkeiten, in der Frage der Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz weiterzukommen, sorgfältig geprüft. Die finnische Regierung habe ihren Botschafter bei der OECD, Ralph Enckell, beauftragt, in den Hauptstädten verschiedener Staaten Konsultationen über die mit der Gewährleistung der europäischen Sicherheit zusammenhängenden Fragen zu führen." ADN
Dänemark (ZA) 28.4.197o
Oppositionsführer Krag im dänischen Folketing: "Abgeordnete aus acht europäischen Ländern Jugoslawien, Rumänien, Ungarn, Bulgarien, Schweden, Österreich, Belgien und Holland sollten informelle Gespräche über die europäische Sicherheit führen. Das dänische Parlament könne die Gastgeberrolle übernehmen." NZZ 3o.4.197o
Polen lo.3.197o
Rede von Jozef Ozga Michalski, Stellv.Vorsitzender des polnischen Friedenskomitees: "Bestimmte Kreise im Westen zeigten eine eindeutige Tendenz, das Gewicht der Vorbe-
- 11 reitungen für die Konferenz auf das Gleis von Gesprächen zwischen den beiden in Europa bestehenden politischen und militärischen Gruppen zu verlagern, nämlich auf die Nato und den Warschauer Vertrag. Frieden ist ein allgemeines Anliegen. Keine Nation steht ihm gleichgültig gegenüber. Deshalb gingen die sozialistischen Länder davon aus, daß die neutralen und blockfreien Länder in Europa die Hauptrolle bei den Vorbereitungen für die europäische Konferenz und bei ihrer Durchführung spielen;" PAP
Podgorny in Helsinki: "Wichtig ist, daß man die Vorbereitungsarbeit für eine europäische Sicherheitskonferenz nicht hinauszögert." TASS Pravda: ? "Die Sowjetunion will zur Vorbereitung der europäischen Sicherheitskonferenz sowohl bilaterale als auch multilaterale Konsultationen führen." Iswestija: "Bei der Vorbereitung und Durchführung des gesamteuropäischen Forums sollten auch die neutralen Länder eine wichtige Rolle spielen. Die atlantischen Strategen machen den Versuch, das europäische Forum einzuengen und es zu einem Dialog zwischen den Ländern der Nato und des Warschauer Vertrages zu machen. Die Anhänger der Block-Konzeption sind bestrebt, die neutralen Länder von der Beteiligung an der Lösung aktueller europäischer Probleme fernzuhalten."
Kurt Waldheim im Verlaufe einer Pressekonferenz: "Auf die Frage der ADN-Korrespondentin, ob er den Zeitpunkt einer europäischen Sicher-
- 12 heitskonferenz - Frühjahr 197o - für möglich halte, antwortete Waldheim, er sei immer der Meinung gewesen, daß die bilateralen und Vorbereitungskonferenzen im Jahre 197o abgehalten würden und die eigentliche Hauptkonferenz dann erst im darauf folgenden Jahr." ND 4.11.1969 Österreichisches Memorandum zur europ. Sicherheitskonferenz: "Die Zeit sei nahe, um von bilateralen zu multilateralen Beratungen überzugehen. Statt eines informellen Gedankenaustausches auf Botschafterebene, zu dem die f ihn!sche Regierung Helsinki als Tagungsort.vorgeschlagen habe, würde die österreichische Regierung formelle Expertengespräche vorziehen, für die sie Wien.als Sitz dieser Konferenz zur Verfügung stelle. NZZ 29.7.197o )
^
Gespräche zwischen Tepavac und Harmel in Belgrad: "Beide Seiten begrüßen den Gedanken einer Botschafterkonferenz zur Vorbereitung einer europäischen Sicherheitskonferenz und bewerten entsprechende, bereits gemachte Anregungen positiv." Tanjug nach FAZ vom 13.7.1970
Aus dem Beschluß zur Billigung der Arbeit der rumänischen Delegation auf der Prager Außenministerkonferenz: Die rumänische Regierung ist der Auffassung, daß auf der Grundlage der Gleichberechtigung alle Staaten des europäischen Kontinents an der Vorbereitung und Durchführung der—aligemeinen Konferenz teilnehmen sollen. Umfassende bilaterale und multilaterale Debatte über Mittel und Wege zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit in Europa.
13 11.1.197c
Ion Gheorghe Maurer in Tanjug-Interview: "Wir meinen, daß eine erste, ausreichend vorbereitete Konferenz der europäischen Staaten nicht allzulange hinausgezögert werden sollte." Agerpress
Ungarn (WP - ZA) 5.1.197o
Aus der Neujahrsbotschaft von Janos Peter: Zwecks Abstimmung der Pläne der Sicherheitskonferenz tritt Ungarn dafür ein, daß bilaterale Verhandlungen zwischen den Regierungen stattfinden sollen. Zusammen mit anderen sozialistischen Ländern setzt Ungarn den diplomatischen Meinungsaustausch mit mehreren Nato-Ländern und neutralen Staaten fort. Radio Budapest 5.1.197o
25.2.197o
Gespräche zwischen Harmel und Peter: "Aus dem belgischen Außenministerium verlautete, daß beide Minister die Möglichkeit einer Konferenz von Vertretern der Nato und des Warschauer Vertrages diskutiert hätten." UPI
DDR 13.7.1970
Otto Winzer auf einer Pressekonferenz in Rostock: "Der jugoslawisch-belgische Vorschlag einer Botschafterkonferenz sei der Überlegung wert und könnte in der Form, die die günstigsten Voraussetzungen für den Erfolg bietet, von Bedeutung sein." Berliner Zeitung 14-7-197o
CSSR 5.2.197o
Erklärung des Außenministeriums der CSSR: "Das tschechoslowakische Außenministerium werde weiterhin bilaterale Gespräche führen, um die baldige Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz zu erreichen, die in diesem Jahr erwartet wird." Ceteka
- 14 Warschauer Pakt 22.6.197o
Aus dem Memorandum der Budapester Konferenz der Außenminister der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages: "Die Ergebnisse der Konsultationen und des Meinungsaustausches zeigen, daß die im Oktober 1969 in Prag unterbreiteten Vorschläge eine Grundlage dafür geschaffen haben, bereits in nächster Zeit zur praktischen Vorbereitung der gesamteuropäischen Konferenz überzugehen und neben den bilateralen Gesprächen auch multilaterale Formen der Vorbereitung der gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz anzuwenden. Wünschenswert ist die unmittelbare Teilnahme der interessierten Staaten in allen Phasen der Vorbereitung und Durchführung der gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz, und zwar in den Formen, wie sie als zweckmäßig angesehen werden, darunter entsprechende Vorbereitungstreffen von Vertretern dieser Staaten." ND 27.6.197o
B. Schritte zur inhaltlichen Vorbereitung der Sicherheitskonferenz a. Außenpolitische Schritte Polen 1.9.1969
Aus der Warschauer Rede des polnischen Staatspräsidenten Spychalski: "Polen und die anderen sozialistischen Länder sind bereit, über alle konstruktiven Vorschläge hinsichtlich einer europäischen Sicherheitskonferenz und mit allen interessierten Ländern zu diskutieren. Eine vernünftige Grundlage wäre ein Abkommen über die Bestätigung der Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges, der Verzicht auf Gewaltanwendung sowie die Anerkennung der Souveränität, Integrität und Unverletzbarkeit der Grenzen aller europäischen Staaten."
27.12.1969
Ryzard Wojna in Zycie Warszawy: "Die Kontakte zwischen Moskau und Bonn tragen dazu bei, Prozesse zur Konsolidierung
- 15 der Aussichten auf eine europäische Konferenz über kollektive Sicherheit in Gang zu bringen." 3.2.197o
Gomulka in einer Warschauer Rede zu den bevorstehenden deutsch-polnischen Gesprächen: "Der Meinungsaustausch ist ein Bestandteil der Vorbereitungen auf die europäische Sicherheitskonferenz."
21.2.197o
Ignaey Krasicki in Zycie Warszawy: "Den derzeitigen territorialen und politischen Status quo betrachten wir als Ausgangspunkt auf dem Wege nach Europa. Daher haben wir, um den Weg zum Konferenztisch zu begradigen und abzukürzen, einen vorherigen Gedankenaustausch mit der deutschen Bundesrepublik begonnen."
12.8.197o
R. Wojna in Zycie Warszawy: "Der in Moskau unterzeichnete Vertrag.wird den Status quo bekräftigen und den Weg zur Abhaltung einer europäischen Konferenz ebnen. Er wird die Begründung eines Systems der kollektiven Sicherheit erleichtern.
2o.8.197o
I. Krasicki in Zycie Warszawy: Die Unterzeichnung des Vertrages zwischen der Sowjetunion und der DBR dürfte den Zeitpunkt des Zusammentritts der Konferenz näherbringen. Die Tatsache, daß die DBR als letzter Staat in Europa sich entschlossen hat, die Folgen des Zweiten Weltkrieges anzuerkennen, ist ein bedeutendes und positives Zeichen. Dies sollte die Organisierung der europäischen Sicherheitskonferenz erleichtern, auf der als Ergebnis des Moskauer Vertrages das deutsche Problem sich im allgemeinen Verlauf der Debatten nicht als hinderlich erweisen wird. Das Haupthindernis auf dem Weg der Vorbereitung der Konferenz ist ausgeräumt worden.
Finnland 25.2.197o
Karjalainen auf einer Pressekonferenz:
- 16 "Eine Sicherheitskonferenz müsse sorgfältig vorbereitet werden. Finnland werde zu den Vorschlägen anderer Länder nicht Stellung beziehen, wolle jedoch als deren Verwirklicher dienen." Die Welt 26.2.197o
Bundesrat Grabers "Schweizerische Vorbereitungen für den Fall einer europäischen Sicherheitskonferenz konzentrieren sich auf die Präzisierung des Prinzips des Gewaltverzichts und auf ein vertraglich fixiertes, obligatorisches Verfahren zur friedlichen Streitschlichtung zwischen den Staaten." FAZ 18.6.197o
Walter Ulbricht auf der 12. ZK-Tagung der SED: "Die beschleunigte Vorbereitung einer europäischen Sicherheitskonferenz könnte zur Minderung der Spannungen zwischen beiden deutschen Staaten beitragen und ihr friedliches Nebeneinanderleben fördern." ND 1.8.1969 Aus einem Interview von Otto Winzer mit der Wochenschrift "Horizont": Leitgedanke der Vorbereitung einer gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz sollte es sein, zur konsequenten Anwendung der Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen auf das Zusammenleben von Staaten unterschiedlicher sozialer und politischer Ordnung in Europa beizutragen. Pressekonferenz Otto Winzers nach Gesprächen mit seinem jugoslawischen Amtskollegen Tepavae: ;.^ "Mit Tepavas sei er sich einig gewesen, daß die geplaten europäische Sicherheitskonferenz
- 17 möglichst bald stattfinden^ sollte. Die Konferenz sollte von keiner Seite mit Vorbedingungen belastet werden. Es ist falsch, daß die DDR verlange, noch vor der Konferenz völkerrechtlich anerkannt zu werden. Sie legt aber Wert auf eine gleichberechtigte Teilnahme. " ADN 24.4.197o Ungarn 28.2.197o
Tarszadalmi Szemle: "Eine Regelung der Beziehungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik entsprechend den Grundprinzipien des Völkerrechts würde der Verwirklichung der gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz dienen und ihrem Erfolg förderlich sein."
4.3.197o
Janos Peter vor dem ungarischen Parlament: "Die Einberufung einer Sicherheitskonferenz sollte nicht an Bedingungen geknüpft werden." MTI
23.3.197o
Magyar Hirlap zum Besuch von Janos Peter in der DDR: "Unsere Haltung hinsichtlich der Manöver gewisser westlicher Länder ist klar. Es darf keine Vorbedingungen für die Einberufung der europäischen Sicherheitskonferenz geben, die Konferenz selbst könnte die erwähnten und andere Bedingungen für die europäische Sicherheit schaffen."
5.6.197o
Pressekonferenz von Janos Peter in Oslo: "Die mit der BRD geführten Verhandlungen der Sowjetunion. Polens und der DDR können keine Vorbedingung für die Sicherheitskonferenz bedeuten, denn diese Konferenz wird an sich zur Regelung der Probleme beitragen." Radio Budapest 5-6.
- 18 -
Interview des rumänischen Ministerpräsidenten Maurer mit der jugoslawischen Nachrichtenagentur Tanjug: "Auf keinen Fall sollte ein Herangehen an die europäische Sicherheit von einer vorherigen Regelung ungelöster Fragen abhängig gemacht werden. Im Gegenteil, gerade die Konferenzen der europäischen Staaten könnten ihre Regelung erleichtern. Das Echo in der Öffentlichkeit auf die Vorschläge der Prager Konferenz geht auch darauf zurück, daß sich die sozialistischen Länder in ihrem Herangehen an die Fragen der europäischen Sicherheit für einen freimütigen Dialog mit allen Staaten des Kontinents, und nicht von Block zu Block, ausgesprochen haben." Rede von Mitja Ribicie während des Besuches von Ion G. Maurer: "Jugoslawiens und Rumäniens Haltung hinsichtlich der Fragen der europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit sind charakterisiert durch große Nähe und Identität. Beide Länder leisten einen konkreten Beitrag zur Schaffung einer günstigen Atmosphäre in Europa und zur Konsolidierung der Sicherheit auf diesem Kontinent durch die Entwicklung einer umfassenden Zusammenarbeit." Tanjug Pressekonferenz von Mirko Tepavac in Budapest: "Die Ablehnung der Bundesrepublik, die DDR de jure anzuerkennen, bildet kein Hindernis für den Zusammentritt einer europäischen Konferenz." AFP
Bruno Pittermann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPÖ: "Eine europäische Sicherheitskonferenz kann erst dann gelingen, wenn zuvor das Problem
- 19 des deutschen Friedensvertrages gelöst ist und die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vertraglich geregelt sind." dpa Sowjetunion 17.9.1969
Iswestija: "Die Sowjetregierung und die Regierungen der sozialistischen Länder können nicht zulassen, daß die Änderung des Berlin-Status als Vorbedingung für eine Konferenz für europäische Sicherheit gestellt werde. Die Forderung, daß vor einer Sicherheitskonferenz erst das Berlin-Statut geändert werden müsse, würde bedeuten, den wagen vor den Ochsen zu spannen."
13.1.1970
Pressekonferenz von Leonid Samjatin: "Es ist unzweckmäßig, bilaterale Verhandlungen über Gewaltverzicht mit der Einberufung einer gesamteuropäischen Konferenz zu verknüpfen. Die Interessen der Sache sprechen gegen jegliche Vorbedingungen für die Einberufung der Konferenz. Der Vorsehlag der DDR zum Abschluß eines Vertrages mit der Bundesrepublik ist eine nützliche Initiative zur Minderung der Spannungen in Europa." ND 14.1.1970
2o.5.197o
Prawda: "Die Gegner der Politik des Friedens und der Sicherheit versuchen, die Einberufung der Konferenz von allen möglichen Vorbedingungen abhängig zu machen, besonders von den Resultaten der Gespräche über die Westberlin-Frage und vom Fortgang der Verhandlungen der BRD mit einigen sozialistischen Ländern. Selbstverständlich leugnet niemand die Bedeutung des Ausgangs der bilateralen Unterredung für die Festigung des Friedens in Europa. Aber man kann nicht künstlich eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen bilateralen Gesprächen einzelner Länder und der Einberufung einer gesamteuropäischen Konferenz herstellen, die den Interessen aller Völker des Kontinents entspricht."
- 2o b. Psycho-politische Schritte Sowjetunion 2.2.197o
Prawda: "Einer der wichtigsten Faktoren bei der Lösung des Problems der europäischen Sicherheit und der Entwicklung einer breiten sachlichen Zusammenarbeit aller Länder des Kontinents ist die entschiedene Unterstützung der Idee der Einberufung der Konferenz durch die Öffentlichkeit und in erster Linie durch die breiten Massen der Werktätigen."
Rumänien 25.3.197o
Mia Groza, Vizepräsidentin der Großen Nationalversammlung Rumäniens: "Die europäische Sicherheit setzt die Schaffung eines Klimas des Vertrauens, des Einvernehmens und der gegenseitigen Achtung voraus, um auf angemessene Weise die bis heute ungelösten Probleme anzusteuern." Radio Bukarest
c. Militärische Schritte Ungarn und Belgien 27.2.197o
Aus dem Kommunique über den Besuch von Janos Peter in Brüssel: "Beide Regierungen treten für eine sorgfältig vorbereitete europäische Sicherheitskonferenz ein und betonen die Notwendigkeit intensiverer Anstrengungen auf dem Gebiet der Abrüstung. Auch partielle oder regionale Maßnahmen der Waffenbegrenzung oder -Verminderung könnten einen günstigen Einfluß ausüben."
- 21 III. Die Ziele einer europäischen Sicherheitskonferenz A. Die politischen Ziele Der Warschauer Pakt 31.lo.1969
Prager Konferenz der Außenminister des Warschauer Vertrages: "Die Minister für Auswärtige Angelegenheiten der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages schlagen im Auftrag ihrer Regierungen vor, folgende Fragen auf die Tagesordnung der gesamteuropäischen Konferenz zu setzen: 1. Gewährleistung der europäischen Sicherheit und Verzicht auf Gewaltanwendung oder Gewaltandrohung in den gegenseitigen Beziehungen zwischen den europäischen Staaten 2. Erweiterung gleichberechtigter HandelsWirtsehafts- und der wissenschaftlich-technischen Beziehungen mit dem Ziel der Entwicklung der politischen Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten^' ND 1.11.1969
22.6.197o
Memorandum der Budapester Konferenz der Außenminister der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages: "Demzufolge könnten auf der gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz folgende Fragen unterbreitet werden: " Gewährleistung der europäischen Sicherheit und Verzicht auf Gewaltanwendung oder Gewaltandrohung in den gegenseitigen Beziehungen zwischen den europäischen Staaten; - Erweiterung gleichberechtigter Beziehungen auf dem Gebiet des Handels^ der Wirtschaft9 der Wissenschaft, Technik und Kultur mit dem Ziel der Entwicklung der politischen Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten; - Bildung eines Organs zu Fragen der Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa auf der gesamteuropäischen Konferenz." ND 27.6.197o
- 22 Polen lo.3.197o
Rede von Jozef Ozga Michalski, Stellv. Vorsitzender des polnischen Friedenskomiteess "Der Prozeß der Normalisierung, der Stabilisierung und der gesamteuropäischen Annäherung wird von Natur aus ein langer Prozeß sein, er wird Phasen durchmachen, in denen es zu allen möglichen Teilabkommen kommen wird. Die sozialistischen Länder zogen, als sie die Tagesordnung für die Debatten der ersten europäischen Konferenz anregten, auch die Haltung der westlichen Länder in Betracht, die gern mit Problemen beginnen möchten, die zwar weniger strittig sind, jedoch für den europäischen Frieden und die Sicherheit sowie für die Entwicklung der gesamteuropäischen Zusammenarbeit von erstrangiger Bedeutung sind. Die europäische Konferenz könnte auch das Problem der natürlichen Umwelt der Menschen anpacken."
28.6.197o
Ryzard Wojna in Zycie Warszawy: "Das wirklich deutsche Problem läuft in immer größerem Maße auf die Notwendigkeit hinaus, daß die Nationen Europas gemeinsam eine Antwort auf die grundlegende Frage finden: In welcher Form, entlang welcher Linien auf welcher Ebene könnte dem Dynamismus der deutschen Bundesrepublik freier Lauf gelassen werden, ohne daß es zu Spannungen und Bedrohungen auf internationaler Ebene kommt, was auf die Dauer gesehen politische Konsequenzen hätte und für den Frieden und die Sicherheit in Europa nicht gleichgültig wäre. Solche Formen zu finden ist nur auf der gesamteuropäischen Ebene möglich. Der Punkt, an dem man hiermit beginnt, sollte die Schaffung eines Systems kollektiver Sicherheit sein, das im voraus die Rahmen festlegt, die von allen europäischen Staaten garantiert würden. Die Vereinigten Staaten und Kanada könnten an diesem System teilnehmen."
29.6.197o
Slowo Powszechne: "Wir vertraten immer die Meinung, daß die Sicherheit und die Zukunft Deutschlands eine Funktion der Sicherheit Europas sein sollte und nicht umgekehrt."
- 23 2.8.1970
Trybuna Ludu:
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"Die europäische Sicherheitskonferenz wird zweifellos die praktische Bestätigung des Potsdamer Abkommens durch die Völker unseres Kontinents sein - insbesondere mit dem von den sozialistischen Ländern vorgeschlagenen gesamteuropäischen System der Sicherheit und Zusammenarbeit - die Bestätigung des Vertrages, der das Fundament der politisch-territorialen Nachkriegsordnung in Europa bildet. 22.8.197o
Zycie Warszawy zur Problematik eines Friedensvertrages: Der sowjetisch-westdeutsche Vertrag, der auf einer realistischen Einschätzung der gegenwärtigen Ausrichtung der Kräfte basiert, hat realistische Voraussetzungen für einen endgültigen Abschluß der Nachkriegsperiode auch in den Beziehungen zwischen der DBR und Osteuropa geschaffen. Das Ziel der Politik der sozialistischen Länder besteht darin, den europäischen Frieden auf ein kollektives Sicherheitssystem zu stützen, dessen Grundlage nicht durch einen Friedensvertrag, sondern durch eine europäische Konferenz gelegt werden kann, auf der - wenn es der Westen wünscht die USA und Kanada neben allen anderen Staaten Europas teilnehmen könnten. So könnte das Ergebnis der Konferenz nicht ein Friedensvertrag sein, wohl aber Züge einer europäischen Friedensregelung tragen, in die beide deutsche Staaten eingebaut wären.
DDR 13.8.1969
ADN-Interview mit DDR Außenminister Winzer: "Das wesentliche Ziel einer gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz sollte die Vorbereitung eines Vertrages über die kollektive Sicherheit in Europa. Ein solches Vertragswerk kann und muß die Grundlagen friedlicher zwischenstaatlicher Beziehungen in Europa garantieren. Dazu gehört die Anerkennung des territorialen Status quo, wie er sich im Ergebnis des zweiten Weltkrieges herausgebildet hat. Dazu gehört auch die Verständigung zwischen den europäischen Staaten über einen Gewaltverzicht." ND 14.8.1969
- 24 9.1.1970
II.I.I970
Otto Winzer in einem Interview des finnischen Fernsehens: "Eine europäische Sicherheitskonferenz könnte dazu beitragen, auch das Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten günstig zu beeinflussen." ND lo.1.197o Interview von Otto Winzer mit der Wochenschrift "Horizont"§ "Leitgedanke der Durchführung einer gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz sollte es sein, zur konsequenten Anwendung der.Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen auf das Zusammenleben von Staaten unterschiedlicher sozialer und politischer Ordnung in Europa beizutragen. Mit anderen Worten gesagt, gilt es zu erreichen, daß die Grundsätze der friedlichen Koexistenz zwischen allen sozialistischen und allen kapitalistischen Staaten in Europa uneingeschränkt angewendet werden." Horizont 11.1.197°
26.1.1970
Wochenschrift Horizont: "Die besonderen Verantwortungen und Verpflichtungen der Signatarstaaten des Potsdamer Abkommens können natürlich nicht auf die Teilnehmer einer europäischen Sicherheitskonferenz übertragen werden."
13.7.197o
Rede Otto Winzers auf der Ostseewoche in Rostock: "Eine europäische Sicherheitskonferenz müsse auch in enger Beziehung zum Nahostkonflikt gesehen werden. Die europäische Sicherheit könne nur gewährleistet werden, wenn eine Lösung im Vorderen Orient gefunden werden könnte."
2.8.197o
Prof. Alfons Steininger im Sonntagsgespräch des Deutschlandsenders: "Die Beschlüsse von Potsdam sind grundlegende Elemente für die europäische Sicherheit. Deutschlandsender, 2.8.197o
- 25 2.8.197o
Aus einer Rede Otto Winzers zum 25. Jahrestag der Unterzeichnung des Potsdamer Abkommens: ... "Unter dem Aspekt der Durchsetzung der Prinzipien der friedlichen Koexistenz als wesentlicher Faktor der europäischen Sicherheit kommt dem Vorschlag der Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages, auf einer gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz als ersten Punkt der Tagesordnung die Frage des Gewaltverzichts zu behandeln, große Bedeutung zu. Es geht darum, ein völkerrechtlich verbindliches gesamteuropäisches Abkommen über die Anwendung der Prinzipien der friedlichen Koexistenz in den Beziehungen zwischen allen europäischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung zu erreichen." ND 3-8.1970
CSSR 4.11.1969
Miroslav Pawel in Mlada Fronta: "Der erste Schritt zur Schaffung eines europäischen Sicherheitssystems müsse die Anerkennung der Unabänderlichkeit der gegenwärtigen Grenzen sein."
12.4.1970
Rede des tschechischen Ministerpräsidenten Korcak: "Die gesamteuropäische Konferenz soll den Beginn eines langfristigen Prozesses einleiten, der zu einer zufriedenstellenden Lösung aller Kardinalfragen im Zusammenhang mit der Gewährleistung der europäischen Sicherheit führt." Ceteka
8.8.197o
Die slowakische Prawda zum deutsch-sowjetischen Vertrag: "Der Moskauer Vertrag könnte eine Art Vorhut für eine gesamteuropäische Konferenz sein. Das bilaterale Abkommen könnte zum Impuls für einen multilateralen gesamteuropäischen Vertrag werden."
- 26 Ungarn
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6.12.1969
Leitartikel der ungarischen Zeitung NEPSZAVA: "Der Vorschlag der Moskauer Beratung, daß alle Staaten gleichberechtigte Beziehungen zur Deutschen Demokratischen Republik auf völkerrechtlicher Grundlage aufnehmen und die bestehenden Grenzen, einschließlich der Oder-Neiße-Grenze als endgültig und unantastbar anerkennen sollen, ist die Schlüsselfrage des europäischen Friedens und der europäischen Sicherheit."
18.1.1970
Kommunique der Beratungen von Janos Peter und Mirko Tepavac in Budapest: "Beide Seiten stimmen darin überein, daß die Sicherheitskonferenz der europäischen Staaten eine bedeutende Rolle bei der Minderung der Spannungen und bei der Erweiterung*der Zusammenarbeit der europäischen Länder spielen kann." ND 19.I.1970
19.2.197o
Janos Peter vor der bulgarischen Akademie der Wissenschaften in Sofia: "Das System der europäischen Sicherheit sollte solcher Art sein, daß es allen europäischen Ländern individuell und kollektiv Sicherheit bietet. Es wird keine solide Sicherheit in Europa geben, wenn die Grenzen Polens, vor allem an Oder und Neiße, nicht von allen europäischen Ländern definitiv anerkannt werden, wenn nicht alle europäischen Länder die DDR de jure und de facto anerkennen, wenn die Bundesrepublik Deutschland nicht öffentlich auf ihre Alleinvertretungsansprüche verzichtet, wenn der besondere Status Westberlins nicht angemessen international anerkannt wird, wenn das Münchener Abkommen nicht von Anfang an als ungültig erklärt wird." MTI
- 27 Jugoslawien 3.12.1969
Generl Badurina in MEDJUNARODNA POLITIKA: "Ein zuverlässiges System der europäischen Sicherheit kann nur auf der genauen Einhaltung der Prinzipien der Unabhängigkeit, der Gleichberechtigung, der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer und der freien politischen Entscheidung eines jeden Landes in Übereinstimmung mit den Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen basieren. Die europäische Sicherheit kann nicht auf der Grundlage des sogenannten Ausgleichs der Stärke und Furcht und auf internationaler Erpressung von Ländern und Blöcken aufgebaut werden." Tanjug
14.3.1970
Milorad Pesic, stellv. Außenminister Jugoslawiens, in MEDJUNARODNA POLITIKA: "Eine europäische Sicherheitskonferenz dürfe nicht bei Deklarationen Halt machen, sondern habe sich mit konkreten und wesentlichen* Problemen zu befassen. An erster Stelle müsse sie Regeln und Normen des Verhaltens in den Beziehungen zwischen den europäischen Staaten formulieren." Tanjug
Rumänien 7.3.1970
Petre Lupu, Mitglied des Exekutivkommitees der RKP, in einem Interview mit,dem Belgrader Fernsehen: "Die Gewährleistung und Festigung der europäischen Sicherheit werde von Rumänien als gleichberechtigte Vereinbarung zwischen allen europäischen Staaten verstanden ohne Rücksicht darauf, ob es sich dabei um große oder kleine Länder handele, keineswegs aber als ein Abkommen zwischen den Blöcken." Tanjug
17.6.197o
Rede von Nicolae Ceausescu in Paris: "Wir sind der Auffassung, daß die erforderlichen Voraussetzungen bestehen, um zu einer
- 28 europäischen Konferenz zu gelangen, um unter den Nationen unseres Kontinents Beziehungen nach den Prinzipien der Achtung der Gleichberechtigung, der Unabhängigkeit und nationalen Souveränität herbeizuführen. Eine europäische Konferenz, die Beschlüsse über den Gewaltverzicht in den zwischenstaatlichen Beziehungen Europas auf Grund der Tatsache fassen könnte, daß die Staaten über die Entwicklung und die Zusammenarbeit ohne Diskriminierung auf kulturellem, wissenschaftlichem und technischem Gebiet entscheiden, könnte für die Zukunft Europas von besonderer Bedeutung sein und Wege zur Lösung weiterer Probleme ebnen. Warum sollte schließlich nicht auch in Europa unter der Ägide der Vereinten Nationen ein Organismus ständiger Zusammenarbeit Zustandekommen, der zum Zusammenwirken der Staaten unseres Kontinents beitragen würde?" Agerpress
Ahti Karjalainen auf einer Pressekonferenz in Prag: "Das Kardinalproblem der Konferenz ist Deutschland. Es könne nicht vorausgesagt werden, ob es an den Anfang der Konferenz gestellt werde. Es wäre vielleicht angebrachter, mit der einfacheren Problematik zu beginnen und sich allmählich zur Deutschlandfrage vorzuarbeiten." Ceteka
Spiridonow, Vorsitzender des Unionssowjet der UdSSR, auf einer Pressekonferenz in Paris: "Vielschichtige Probleme wie das Deutschlandproblem und das Berlinproblem sollten auf einei gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz ausgeklammert werden. Lösbare Probleme, wie sie die Prager Konferenz der Staaten des Warschauer Vertrages formuliert habe, sollten auf die Tagesordnung einer solchen Konferenz gesetzt werden." AFP
- 29 13.1.197c
Leonid Samjatin auf einer Pressekonferenz in Moskau: "Die Regelung der Westberlin-Frage könne nicht Aufgabe einer europäischen Sicherheitskonferenz sein." NZZ 15.1.1970
B. Die militärischen Ziele Der Warschauer Pakt 22.6.197o
Memorandum der Budapester Konferenz der Außenminister der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages: "Die Regierungen, die dieses Memorandum annahmen, sind der Auffassung, daß die Behandlung der Verminderung ausländischer Streitkräfte auf dem Territorium der europäischen Staaten den Interessen der Entspannung und Sicherheit in Europa dienen würde. Um in einer möglichst kurzen Frist die günstigsten Bedingungen zur Erörterung der entsprechenden Fragen auf der gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz zu schaffen sowie eine effektive Behandlung der Verminderung ausländischer Streitkräfte zu gewährleisten, könnte diese Frage in dem Organ, dessen Bildung auf der gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz vorgeschlagen wird, oder in einer anderen für die interessierten Staaten annehmbaren Form erörtert werden." ND 27.6.1970
Polen 13.lo.1969
Jozef Winiewicz, stellv. polnischer Außenminister, in einer Rede vor der UN-Vollversammlung: "Die Einberufung einer europäischen Konferenz, die Ausarbeitung und Billigung von Dokumenten durch die Konferenz, die die Beziehungen zwischen den europäischen Staaten definieren, würden in großem Maße die Situation in diesem Teil der Welt stabilisieren und die Ersetzung der bestehenden Militärblöcke durch ein gesamteuropäisches System kollektiver Sicherheit realistischer erscheinen lassen."
PAP
- 3o -
17.3.197o
Trybuna Ludu: "Die Idee der europäischen Konferenz und Zusammenarbeit ist eine Fortsetzung des Gedankens, wie er in den polnischen Initiativen in der Frage der Errichtung einer atomwaffenfreien Zone enthalten ist, sie ist eine logische Fortsetzung der im GomulkaPlan zum Ausdruck gebrachten Vorstellung."
DDR 31.3.197o
Chefkommentator Max Kahane in Wochenschrift "Horizont": "Würde man das Thema der ausgewogenen Truppenverminderung auf die Tagesordnung einer europäischen Sicherheitskonferenz setzen, wäre diese Konferenz von vornherein zur Ergebnislosigkeit verurteilt. Der Abrüstungsausschuß der UNO sei besser für diesen Zweck geeignet."
24.4.197o
Otto Winzer auf einer Pressekonferenz in Belgrad: "Man sollte die Konferenz nicht mit Fragen wie der Truppenverminderung in Europa belasten, ADN
13.8.1969
ADN-Interview mit Otto Winzer: "Das wesentliche Ziel einer gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz sollte die Vorbereitung eines Vertrages über die kollektive Sicherheit in Europa sein. Dazu gehört auch eine Verständigung zwischen den europäischen Staaten über einen Gewaltverzicht sowie Maßnahmen zur regionalen Rüstungsbegrenzung oder Abrüstung." ND 14.8.1969
Ungarn 5.6.197o
Janos Peter auf einer Pressekonferenz in Oslo: "Wenn sämtliche Interessenten damit einverstanden seien, dann wird auch die Frage der gegenseitigen Beschränkung der Streitkräfte bestimmt zur Tagesordnung gelangen." Radio Budapest
- 31 -
Corneliu Manescu in einer Rede vor der UNVollversammlung : "Die Stärkung der europäischen Sicherheit erfordert nach unserer Ansicht die Verfolgung eines festen Kurses auf dem Wege zur Beseitigung der Militärblöcke, der Nato und parallel damit des Warschauer Paktes, sowie die Errichtung eines dauerhaften Systems der europäischen Sicherheit, das eine friedliche und ungehinderte Entwicklung jeder Nation garantieren würde. Wir sind der Ansicht, daß bis zur Verwirklichung eines solchen radikalen Schrittes wie der Auflösung der Militärblöcke die Beseitigung der ausländischen Militärstützpunkte auf dem Territorium anderer Staaten, der Abzug aller nichteuropäischen Truppen vom europäischen Kontinent und generell der Rückzug aller ausländischen Truppen innerhalb der nationalen Grenzen von großer Bedeutung sein würden." Agerpress
MEDJUNARODNA POLITIKA: "Aufgabe der europäischen Konferenz würde es sein, eine Lösung anzustreben, die sich von dem wertlosen Prinzip des europäischen Gleichgewichts unterscheidet, das mittels des Systems der Militärblocks und der politischen Organisationen in die Tat umgesetzt worden ist."
Radio Moskau: "Die Frage einer ausgewogenen Truppenverminderung des Nato und des Warschauer Vertrages wurzelt in einem Problem, nämlich im Abrüstungsproblem, das seit vielen Jahren schon in der UNO diskutiert wird. Die Westmächte, die an einer Einberufung der gesamteuropäischen Konferenz nicht interessiert sind, möchten solche Fragen unterbreiten, die ihrem Wesen nach die Arbeit der bevorstehenden Konferenz hinauszögern, ja nach Möglichkeit vereiteln sollen."
- 32 11.2.197o
NOWOE BREMJA zu Fragen der europäischen Sicherheit: "Andere versuchen, die Tagesordnung der Konferenz mit Fragen zu belasten, die von Anfang an zu endlosen Diskussionen führen und die Konferenz schließlich zum Mißerfolg verurteilen werden. Diesen Zielen dient auch die Frage der sogenannten Ausbalancierung der Rüstungen, die in der Brüsseler NatoDeklaration erwähnt wird. Diese Frage wird von der amerikanischen Presse als eine Hauptfrage der Tagesordnung der künftigen Konferenz unterschoben. Mit dieser Fragestellung möchten die USA und augenscheinlich auch England die Arbeit der Konferenz in die Bahn von Verhandlungen zwischen den beiden militärischen Gruppierungen lenken und damit die europäischen Länder, die den militärischen Gruppierungen nicht angehören, aus der Konferenz ausbooten."
21.2.197c
Radio Moskau: "Der Abrüstungsausschuß in Genf ist gerade jene Körperschaft, die berufen ist, die Fragen der Verhütung des Wettrüstens und die Fragen der Abrüstung zu lösen. Daher ist die Forderung des Bonner Ministers Schmidt befremdend, der den Westen aufrief,vorzuschlagen, auf der gesamteuropäischen Sicherheitsberatung vor allem die Frage der sog, bilateralen? gleichwertigen und gleichzeitigen Kürzung der Rüstungen zu behandeln. Das ist ein Versuch, die Bedeutung des Abrüstungsausschusses zu vermindern und die Einberufung der gesamteuropäischen Beratung durch endlose Diskussionen über die Tagesordnung hinauszuschieben und solche Fragen dort vorzulegen, für die die Beratung gar nicht zuständig ist."
Österreich 27.7.197o
Österreichisches Memorandum zur europäischen Sicherheitskonferenz: "Nach Ansicht der österreichischen Regierung könnte langfristig eine Entspannung nur dann herbeigeführt werden, wenn bei einer solchen Konferenz auch die zentrale Frage einer ausgeglichenen und gegenseitigen Verminderung des Militärpotentials einer Beratung und Lösung zugeführt wird. Die Entspannungsmaßnahmen auf militärischem Gebiet sollten jedoch
- 33 zu keinen Verschiebungen des Kräfteverhältnisses in Europa führen, da dies nur neues Mißtrauen und erhöhte Spannung auslösen würde. Daher sollte sich ein Abbau der Streitkräfte nicht ausschließlich auf die in Europa stationierten ausländischen Truppen beschränken." NZZ 29.7.197o C. Institutionalisierung einer europäischen Sicherheitskonferenz Rumänien II.I.I970
Interview des rumänischen Ministerpräsidenten Maurer mit der jugoslawischen Nachrichtenagentur Tanjug: "Auf keinen Fall sollte ein Herangehen an die europäische Sicherheit von einer vorherigen Regelung ungelöster Fragen abhängig gemacht werden. Im Gegenteil, gerade die Konferenzen der europäischen Staaten könnten ihre Regelung erleichtern."
Finnland II.I.I970
Ahti Karjalainen nach seiner Rückkehr aus Brüssel: "Es sei vielleicht notwendig, statt einer einzigen europäischen Sicherheitskonferenz eine Serie solcher Konferenzen zu veranstalten. " FAZ 12.1.7o
Sowjetunion 5.4.197o
Radio Moskau: "Um zu gutnachbarlichen Beziehungen überzugehen, um ein festes Sicherheitssystem zu schaffen, sind viel Zeit und wahrscheinlich viele Konferenzen erforderlich. Man darf sich nicht mit jenen einverstanden erklären, die, von der Kompliziertheit der Lage ausgehend, die Einberufung der Konferenz bremsen möchten. Die ganze Situation in Europa macht die Einberufung der Konferenz notwendig."
34 Ungarn 26.3.197o
Janos Peter in einem Interview des Deutschen Fernsehfunks: "Eine Serie europäischer Sicherheitskonferenzen würde die Festigung der europäischen Sicherheit wesentlich fördern." Radio Budapest 26.3°197o
Österreich 23.6,197o
Außenminister Kirchschläger: "Die Konzentration der komplexen Materie auf ein west-östliches Europa-Treffen würde die Gefahr des Scheiterns der Konferenz und als Folge davon die vermehrte Spannung zwischen Regierungen und Staaten heraufbeschwören. Es sei daher besser, sich von vornherein auf eine Konferenzserie einzurichten. Es würde sich dann die Möglichkeit ergeben, jene Probleme, über die im großen Kreis der Konferenzteilnehmer keine Übereinstimmung erreicht werden könne, zwischen den Tagungen durch Spezialausschüsse gründlich prüfen zu lassen." FAZ 24.6.197o
Warschauer Pakt 22.6.197o
Aus dem Memorandum der Budapester Konferenz der Außenminister der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages: "In vielen Ländern wird die Meinung geteilt, daß ein Erfolg der ersten gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz, deren Vorbereitung, Organisation und Durchführung Ergebnis der Tätigkeit aller interessierten Länder sein muß, den Weg zur späteren gemeinsamen Behandlung anderer Probleme Europas, insbesondere der Probleme der Schaffung eines dauerhaften europäischen Sicherheitssystems ebnen würde, mehrere gesamteuropäische Konferenzen durchzuführen und ein entsprechendes Organ aller interessierten Staaten zu Fragen der Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zu bilden." ND 27.6.197o
- 35 Zusammenfassung Der gegenwärtige Stand der internationalen Diskussion des Plans einer europäischen Sicherheitskonferenz unter Berücksichtigung ihrer drei Hauptaspekte läßt sich etwa wie folgt beschreiben: Teilnehmerkreis: Die Erörterung des Teilnehmerkreises einer europäischen Sicherheitskonferenz hatte sich von Anfang an auf zwei Probleme konzentriert: Die Form einer deutschen Beteiligung sowie die Hinzuziehung der außereuropäischen Mächte USA und Kanada. Beide Fragen sind inzwischen eindeutig entschieden worden. Über die gleichberechtigte Teilnahme der beiden deutschen Staaten an einer europäischen Sicherheitskonferenz herrschten schon recht früh keine Meinungsverschiedenheiten unter den Befürwortern des Konferenzprojekts. Die Übereinstimmung wurde durch zwei Umstände begünstigt. Die Bundesregierung hat die de facto-Anerkennung der DDR ausgesprochen. Die Warschauer Pakt-Staaten haben auf die de jure-Anerkennung der DDR vor der Sicherheitskonferenz verzichtet. In der Frage der Teilnahme der USA und Kanadas an einer europäischen Sicherheitskonferenz waren die Ansichten unter den sozialistischen Staaten von vornherein geteilt. Ungarn, die CSSR und Polen mit vorübergehenden Schwankungen befürworteten die Hinzuziehung der beiden außereuropäischen Mächte mit dem Argument, daß deren Truppen auf dem europäischen Kontinent stationiert seien. Die Sowjetunion lehnte eine amerikanische Teilnahme zunächst rundweg ab. Sie wurde in dieser Haltung von Bulgarien und der DDR unterstützt. Später bezog die sowjetische Regierung eine elastischere Position. Sie wollte diese Frage zum Gegenstand einer Vorkonferenz der europäischen Staaten machen. Dieser Standpunkt machte die Asymmetrie in der sowjetischen Entspannungspolitik deutlich. Der Budapester Appell der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages war bekanntlich nicht an die NATO gerichtet worden, sondern an die einzelnen europäischen Staaten, unabhängig davon, ob man diese als blockfrei, blockgebunden oder neutral einstufen konnte.
- 36 Auf diesem Wege hoffte die Sowjetunion, den Einfluß der USA in europäischen Fragen einzuengen und stattdessen ihre Vormachtstellung fest zu verankern. Doch gerade aus Gründen einer Ausbalancierung des sowjetischen Gewichts befürworteten die westeuropäischen Staaten die Hinzuziehung der USA. Wenn die Sowjetunion nach taktischem Hin und Her ihre ablehnende Haltung aufgab, dann hatte sich offenbar die Einsicht durchgesetzt, daß der Budapester Appell andernfalls nicht die Spur einer Erfolgschance gehabt hätte. Jugoslawien und Rumänien haben anfangs mit Nachdruck den europäischen Charakter der Konferenz betont. Sie befürchteten, daß im Falle einer Beteiligung der USA der gesamteuropäische Dialog auf eine Konfrontation der Führungsmächte von NATO und Warschauer Vertrag angelegt wäre. Doch wichen die Besorgnisse der Rumänen und Jugoslawen in dem Maße, wie sie in ihren bilateralen Kontakten mit anderen Staaten erkannten, daß sich bei den vielversprechenden Aussichten einer gesamteuropäischen Zusammenarbeit die Beteiligung der USA an der Konferenz nicht unbedingt nachteilig auszuwirken brauchte.
Vorbereitung Obwohl von östlicher Seite keine Vorbedingungen für das Zustandekommen einer europäischen Sicherheitskonferenz erhoben wurden, ist jedoch das Interesse unvermindert stark, in bilateralen Gesprächen mit der Bundesrepublik die Voraussetzungen europäischer Sicherheit bereits vor der Konferenz soweit zu klären, daß die Konferenzteilnehmer diese Ergebnisse nur noch nachträglich zu bestätigen oder gegebenenfalls nachzuvollziehen brauchen. Die Chancen werden von den sozialistischen Staaten seit dem Regierungswechsel in Bonn zunehmend günstig beurteilt. Auf der Moskauer Konferenz führender sozialistischer Persönlichkeiten Anfang Dezember 1969 könnte im einzelnen folgendes taktisches Konzept festgelegt worden sein. Ignacy Krasicki gibt dazu in der Krakauer Wochenschrift "Zycie Literackie" einen bemerkenswerten Hinweis:
- 37 "So werde die Sowjetunion als eine nukleare Supermacht und Garant des Status von Westberlin die frühestmögliche Ratifizierung des Atomsperrvertrages durch Westdeutschland und die Anerkennung Westberlins als einer unabhängigen politischen Einheit durch Bonn anstreben. Das Ziel der ostdeutschen Diplomatie sei die Anerkennung ihrer gleichberechtigten Staatlichkeit durch Westdeutschland. Polen betone insbesondere die Anerkennung aller Staatsgrenzen in Europa, einschließlich seiner eigenen Westgrenzen. Das bedeute nicht, daß die sozialistischen Länder unterschiedliche Interessen hätten. Es handele sich vielmehr um eine abgestimmte Strategie, deren einzelne Phasen sich ergänzten." (Il.i2.i969) Unmittelbar nach dem Moskauer Treffen begann ein Meinungsaustausch zwischen der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland über ein mögliches Gewaltverzichtsabkommen. Auf der Grundlage eines Arbeitspapiers nahmen die Außenminister beider Staaten, Gromyko und Scheel, Ende Juli 197o offizielle Verhandlungen auf und paraphierten am 7- August eine vertragliche Übereinkunft. Die Unterzeichnung des Vertrages erfolgte am 12.August in Moskau durch die Regierungschefs und die Außenminister der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland. Zwischen der Bundesrepublik und Polen haben seit dem 5- Februar 197o fünf Gesprächsrunden über ungelöste Fragen des bilateralen Verhältnisses in Warschau und Bonn stattgefunden. Eine vertragliche Regelung gilt als sehr wahrscheinlich. Die Zusammenkünfte der Regierungschefs beider deutscher Staaten in Erfurt und Kassel stellen wohl einen ersten Schritt dar auf dem schwierigen Wege zu einem geregelten Nebeneinander zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. In diesen Rahmen gehören sicherlich auch die Kontakte der Botschafter der vier Siegermächte über den Berlin-Status. Taktische Differenzen sind unter den sozialistischen Staaten erkennbar gewesen im Hinblick auf den Grad der Verknüpfung dieser Kontakte mit dem Konferenzprojekt. Polen hat den Gedankenaustausch mit der Bundesrepublik unmißverständlich als notwendige materielle Vorbereitung der Sicherheitskonferenz bezeichnet. Die Sowjetunion hat zwar die Bedeutung dieser Kontakte nie bestritten, sich aber vor dem Vertragsabschluß mit der Bundesrepublik gegen deren allzu enge Verknüpfung mit dem Konferenzprojekt gewandt, offenbar in der Befürchtung, daß die Sicherheitskonferenz dadurch unnötig verzögert werden könnte. Die Bemühungen der sowjeti-
'- 38 sehen Regierung sind vermutlich auf die Parallelität von Fortschritten bei den bilateralen Gesprächen mit der Bundesrepublik und der direkten Vorbereitung der Sicherheitskonferenz gerichtet. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die sowjetische Polemik gegen das westliche Begehren, vor der Konferenz eine Verbesserung des gegenwärtigen Berlin-Status zu erreichen. Die DDR, die sich widerstrebend in einen Dialog mit der Bundesrepublik eingelassen hat, sähe am liebsten den unverzüglichen Zusammentritt einer Sicherheitskonferenz ohne Vorbedingungen, wohl wissend, daß sie andernfalls kaum mit raschen Fortschritten in ihren Bemühungen um völkerrechtliche Anerkennung durch die europäischen Staaten rechnen darf. Ungarn würde zwar eine Regelung der Beziehungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik als Erfolgsgarantie für eine Sicherheitskonferenz werten, sieht indes im Verzicht auf Vorbedingungen die geeignete Grundlage, auf der ein Zusammentritt der europäischen Staaten am ehesten möglich erscheint. Jugoslawien und Rumänien unterstützen diesen Standpunkt. Die Sicherheitskonferenz könne zur Lösung ungelöster Fragen einen wertvollen Beitrag leisten. Nach dem Abschluß des deutsch-sowjetischen Vertrages werden ganz allgemein die Chancen für das Zustandekommen einer gesamteuropäischen Sicherheitskonferenz günstig beurteilt. Was deren technisch-organisatorische Vorbereitung betrifft, so haben die neutralen und blockfreien Staaten des Zehnerausschusses eine Reihe von Vorstößen unternommen. Die finnische Regierung hat nach der positiven Reaktion von 24 europäischen Staaten auf ihr Memorandum vom 5- Mai 1969 inzwischen ihren OECD-Botschafter Enckell zu weiteren Sondierungen in verschiedene Länder ausgeschickt. Österreich und Jugoslawien haben Gespräche auf Experten- bzw. Botschafterebene vorgeschlagen. Die aktive Rolle dieser Staaten wird von der Sowjetunion und ihren Verbündeten ausnahmslos begrüßt. Einerseits könnten nämlich die Nato-Staaten auf diesem Wege leichter aus ihrer reservierten Einstellung gegenüber der Sicherheitskonferenz herausgelockt werden,
- 39 andererseits könnten die Warschauer-Pakt-Staaten Bestrebungen im westlichen Bündnis abfangen, den Sicherheitsdialog auf die beiden Militärbündnisse zu beschränken. Für den Fall, daß bis zum Zusammentritt einer Sicherheitskonferenz /: ein längerer Zeitraum verstreichen wird, scheint die Sowjetunion mit einem anderen Gedanken zu spielen. Ein Konsultativtreffen von 28 komr-; munistischen Parteien in Moskau Mitte Januar hat den Vorschlag erwogen, eine Volkskonferenz der progressiven Kräfte zu Fragen der. europäischen Sicherheit einzuberufen. Und das sowjetische Gewerkschaftsorgan "Trud" räsonierte, daß ein gesamteuropäischer Gewerkschaftskongreß einen Beitrag zur Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz leisten könne. ^ .. ' . ' , '
Ziele Die sozialistischen Staaten haben bisher auf die Vorlage eines Ver- , tragsentwurfes für ein kollektives Sicherheitssystem in Europa verzichtet. Die Außenminister der Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages beschränkten sich bei ihren Zusammenkünften in Prag Ende Oktober 1969 und in Budapest Ende Juni 197o lediglich darauf, Vorschläge für die Tagesordnung einer europäischen Sicherheitskonferenz auszuarbeiten. Die geplante Konferenz soll sich mit zwei Fragen beschäftigen: Verzicht auf Gewaltanwendung oder Gewaltandrohung in den gegenseitigen Beziehungen der europäischen Staaten sowie die Erweiterung der gleichberechtigten Beziehungen auf dem Gebiet des Handels, der Wirtschaft, der Wissenschaft, Technik und Kultur mit dem Ziel der Entwicklung der politischen Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten. Die ostliche Seite engt somit den Begriff Sicherheit auf die politische Komponente ein. Diskussionen über die Probleme eines europäischen Sicherheitssystems hält sie' für inopportun, weil sie die stabilisierende Wirkung der bestehenden Militärbündnisse anerkennt. Bezeichnend für diese Haltung ist die hartnäckige Weigerung, das ^
Welt, 27.I.I970.
- 4o Problem einer ausgewogenen Truppenverminderung von einer Sicherheitskonferenz erörtern zu lassen. Diesbezügliche westliche Forderungen werden als gezielte Störaktionen gegen die Konferenz verurteilt. An diesem Standpunkt ändert auch die Formulierung im Budapester Memorandum nichts, daß die Frage der Verminderung ausländischer Streitkräfte von einem'Staatengremium behandelt werden soll, dessen Konstituierung auf der Sicherheitskonferenz vorgesehen ist. Das ist kein substantielles Zugeständnis. Vielmehr wird darin die Absicht erkennbar, eine zu erwartende Diskussion der westlichen Modelle für eine symmetrische und asymmetrische Truppenverminderung, welche die NATOKonferenz in Rom entwickelt hat, geschickt umzubiegen in die bekannte Forderung nach Abzug der amerikanischen Truppen vom europäischen Kontinent. Völlig in der Logik der östlichen Zielvorstellungen liegt ein Gedanke, der bereits die Unterstützung Österreichs und Finnlands gefunden hat: die Institutionalisierung der europäischen Sicherheitskonferenz. Das Budapester Memorandum spricht nicht nur von mehreren europäischen Sicherheitskonferenzen, sondern schlägt sogar die Bildung eines Organs für Fragen der Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa vor. Zur Begründung dieses Vorschlags wird auf die Kompliziertheit der Probleme verwiesen, die von einer einzigen Konferenz nicht zu bewältigen seien. Das Streben der Sowjetunion und ihrer Gefolgsstaaten ist unverkennbar, zunächst den Status quo völkerrechtlich zu stabilisieren, um ihn dann mittels einer offensiven Koexistenzstrategie im gewünschten Sinne zu verändern. ^ Von dieser Generallinie weichen die Rumänen in einem wichtigen Punkte ab. Ausgehend von einem Gleichgewicht zwischen der militärischen und politischen Komponente europäischer Sicherheit verlangen sie nicht nur konsequente Maßnahmen zur endgültigen Abschaffung der Militärbündnisse in Ost und West, sondern auch eine verbindliche Anerkennung unabdingbarer Verhaltensnormen- und regeln in den Beziehungen zwischen den Boris Meissner, "Die Sowjetunion und die kollektive Sicherheit" in Außenpolitik, Heft 7/l97o, Seite 4o4-
- 41 europäischen Staaten, zu denen sie die nationale Unabhängigkeit und Souveränität, die territoriale Integrität, die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Staates sowie die Gleichberechtigung der Staaten rechnen. Nur auf dieser Basis könne ein Zustand echter Sicherheit in Europa geschaffen werden. In diesem Rahmen schließen die Jugoslawen dann die friedliche Änderung des Status quo nicht aus.