Die Schiedsgerichtsbarkeit nach dem Weltbankübereinkommen für Investitionsstreitigkeiten: unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage bezüglich der Bundesrepublik Deutschland [1 ed.] 9783428426928, 9783428026920


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German Pages 277 Year 1972

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Die Schiedsgerichtsbarkeit nach dem Weltbankübereinkommen für Investitionsstreitigkeiten: unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage bezüglich der Bundesrepublik Deutschland [1 ed.]
 9783428426928, 9783428026920

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JÖRG PIRRUNG

Die Scbiedsgerichtsbarkeit nach dem Welt· bankübereinkommen für Investitionstreitigkeiten

Schriften zum Prozeßrecht

Band 29

Die Schiedsgerich tsbarkei t nach dem Weltbankübereinkommen für Investitionsstreitigkeiten unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage bezüglich der Bundesrepublik Deutschland

Von

Dr. Jörg Pirrung

DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN

Gedruckt mit Unterstützung des Marburger Universitätsbundes

Alle ReChte vorbehalten 1972 Duncker & Humblot, Berlln 41 Gedruckt 1972 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlln 65 Printed in Germany

0

ISBN 3 428 02692 6

Vorwort

Eine der Lebensfragen unserer Zeit betrifft das Problem der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung bisher wenig oder gar nicht industrialisierter Länder. Auf einem bescheidenen Teilgebiet versucht das Weltbankübereinkommen von 1965, einen Beitrag hierzu zu leisten, und zwar durch Bereitstellung einer internationalen Schiedsorganisation zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Privatpersonen und Staaten. Hierdurch soll allen Beteiligten ein Ersatz für eine bisher (in diesem Bereich) im wesentlichen fehlende internationale Gerichtsbarkeit zur Verfügung gestellt werden, um wenigstens auf verfahrensmäßigem Gebiet für die Gewährleistung von Rechtssicherheit zu sorgen. Sollte es sich im Laufe der Zeit zeigen, daß die durch das Übereinkommen geschaffenen Rechtsschutzmöglichkeiten in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen werden oder wenigstens die Möglichkeit zu ihrer Inanspruchnahme ein wechselseitiges Vertrauen zwischen Investoren und Entwicklungsländern schafft, so könnte dadurch das Fundament für eine materiellrechtliche internationale Investitionsregelung gelegt und damit die Entwicklung des internationalen Rechts wesentlich gefördert werden. Ein erster Ansatz in dieser Richtung hat sich während der Drucklegung dieser Arbeit ergeben: Nach einer Verlautbarung des Weltbankzentrums zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten vom 18. Januar 1972 ist ein Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens im Zusammenhang mit einer Streitigkeit zwischen der schweizerischen Holiday Inns S. A. und der kalifornischen Occidental Petroleum Corporation einerseits sowie der Regierung Marokkos andererseits registriert worden. Damit ist die praktische Bedeutung des Übereinkommens nachgewiesen. Eine Erörterung des Übereinkommens im gegenwärtigen Zeitpunkt, in dem trotz des Ablaufs von mehr als fünf Jahren seit lokrafttreten des Übereinkommens gerade erst ein Verfahren vor dem Weltbankzentrum eingeleitet worden ist, kann nur den Zweck verfolgen, die Grundlagen dieses Übereinkommens zu klären und die in ihm ruhenden Möglichkeiten darzulegen, um allen Beteiligten Material für verfahrensmäßige Überlegungen in bezug auf Investitionen zu bieten. Eine echte Würdigung des Weltbankübereinkommens ist erst nach Ergehen der ersten Entscheidungen und Abschluß der ersten Vergleiche im Rahmen des

Vorwort

2

Weltbankzentrums möglich und muß zur Überprüfung der hier angestellten Überlegungen führen. Da dies in besonderem Maße für das Vergleichsverfahren gilt, wurde dieses Verfahren hier nur am Rande mitberücksichtigt. Eine ausführliche Behandlung der Organisation des Weltbankzentrums war nicht erforderlich, weil hierzu bereits eine gründliche Untersuchung, vor allem aus völkerrechtlicher Sicht, von Amadio vorliegt. Die vorgelegte Arbeit beschränkt sich daher auf das eigentliche Schiedsverfahren, das im Übereinkommen selbst und in den dazu ergangenen Verfahrensordnungen im Vergleich zu sonstigen bisherigen internationalen multilateralen Schiedsgerichtsbarkeitsabkommen verhältnismäßig ausführlich und durchweg fortschrittlich geregelt ist. Es wird versucht, das Schiedsverfahren insbesondere aus der Sicht der bisherigen internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit zu durchleuchten. Die Anregung zur Bearbeitung des Themas ergab sich aus meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent bei Herrn Prof. Dr. Peter Schlosser. Ihm gilt mein Dank für viele wertvolle Anregungen und insbesondere dafür, daß er mir die erforderliche Zeit für die Anfertigung dieser der rechts- und staatswissenschaftliehen Fakultät in Marburg als Dissertation im Sommersemester 1971 vorgelegten Untersuchung auch dann zur Verfügung stellte, wenn andere dringliche Arbeiten anstanden. Zu danken habe ich auch Herrn Prof. Dr. Rudolf Bruns für sehr eingehende Kritik und wichtige Ergänzungsvorschläge, ferner dem Weltbankzentrum für freundliche Auskünfte im Rahmen der Vorbereitung und Herrn Attorney Paul C. Szasz für eine gründliche Durchsicht der im Anhang abgedruckten Übersetzungen der Verfahrensordnungen des Zentrums mit vielen Verbesserungsvorschlägen. Herrn Ministerialrat a. D. Dr. Broermann danke ich für die Aufnahme in sein Verlagsprogramm. Der Marburger Universitätsbund hat durch einen Druckkostenzuschuß die Veröffentlichung erleichtert. Die Arbeit gibt den Stand vom 31. 12. 1971 wieder. Marburg, im April 1972

Jörg Pirrung

Inhaltsverzeichnis Einleitung

11

A. Problematik der Auslandsinvestitionen

11

B. Standort des Weltbankübereinkommens in der internationalen Rechtsentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

I. Schutz von Auslandsinvestitionen nach Völkerrecht . . . . . . . . . . .

15

II. Internationale (Handels-)Schiedsgerichtsbarkeit über Investitionsstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

111. Entstehungsgeschichte des Weltbankübereinkommens . . . . . . . . .

21

1. Konventionsentwürfe zum Schutz von Auslandsinvestitionen

21

2. Verhandlungen über das WBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

IV. Überblick über Fortschritte durch das Weltbankübereinkommen

24

C. Geltungsbereich des Weltbankübereinkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

I. Inkrafttreten und Vertragspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

II. Verhältnis des Weltbankübereinkommens zu anderen völkerrechtlichen Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

111. Vereinbarkeit des Übereinkommens mit dem Grundgesetz . . . .

29

D. Stellung und Organisation des Weltbankzentrums . . . . . . . . . . . . . . . .

34

E. Überblick über das Vergleichsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

F. Methodenbemerkungen

38

Erster Teil Die Zuständigkeit des Weltbankzentrums

42

A. Bedeutung der Zuständigkeit des Zentrums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

I. Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

II. Ausschluß diplomatischen Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

111. Zuständigkeit und Parteifreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

Inhaltsverzeichnis

4

B. Vorliegen einer Investitionsstreitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

I. Begriff der Investition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

II. Rechtsstreitigkeit

61

111. Unmittelbarer Zusammenhang des Streits mit einer Investition

63

C. Anforderungen an die Verfahrensbeteiligten

65

I. Vertragsstaaten und öffentliche Stellen

65

II. Angehörige anderer Vertragsstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Parteifähigkeit

............................................

2. Staatsangehörigkeit

66 66 68

D. Unterwerfung der Streitigkeit unter die Zuständigkeit des Weltbankzentrums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

I. Vorschrüten des WBA über Unterwerfungserklärungen . . . . . .

72

1. Arten der Zustimmungserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

2. Inhaltliche Anforderungen

74

3. Schriftform

75

4. Genehmigungsbedürftigkeit

...............................

76

5. Heilung von Mängeln der Unterwerfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

6. Nachträgliches Entfallen des Schiedsvertrages . . . . . . . . . . . . . .

77

II. Bestimmung des im übrigen für die Wirksamkeit der Unterwerfung maßgeblichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Geschäfts- und Prozeßfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vom WBA nicht unmittelbar geregelte Konsensfragen . . . . . .

78 78 79

E. Beteiligung Dritter am Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

I. Rechtsnachfolge 1. Gesamtrechtsnachfolge 2. Sonderrechtsnachfolge 3. Sonderrechtsübergang des streitbefangenen Rechts auf den Staat des Investors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

83

II. Zusätzliche Beteiligung Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

82

86

Zweiter Teil Das Schiedsverfahren A. Einleitung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Antragstellung

93 93 93

Inhaltsverzeichnis

5

ll. Registrierung des Antrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

B. Zusammensetzung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

I. Schiedsrichterverzeichnis

98

ll. Bildung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ernennung der Schiedsrichter durch die Parteien

101 102

2. Schiedsrichterernennung durch den Vorsitzenden . . . . . . . . . . . .

104

3. Stellung der Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

106

Ill. Ersetzung und Ablehnung von Schiedsrichtern . . . . . . . . . . . . . . . .

108

1. Bindung an die Auswahl der Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . .

108

2. Ersetzung weggefallener Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109

3. Ablehnungsverfahren

111

.....................................

4. Neuernennung zu ersetzender oder erfolgreich abgelehnter Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114

5. Fortsetzung des Verfahrens mit neu ernannten Schiedsrichtern

115

C. Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts

116

I. Bedeutung der Kompetenz-Kompetenz

116

ll. Gegenstand der Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

117

Ill. Prüfung der Zuständigkeit von Amts wegen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

118

IV. Zuständigkeitseinreden

120

D. Verfahren vor dem Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfahrensregelungen

121

1. Bestimmungen des WBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

121 122

2. Vereinbarungen der Parteien über das Verfahren . . . . . . . . . . . .

122

3. Arbitration Rules des ICSID . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

124

4. Regelung von Verfahrensfragen durch das Schiedsgericht

126

II. Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung 1. Verfahrensgrundsätze

127 127

2. Schriftliches und mündliches Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

131

3. Beweisverfahren

132

111. Säumnisverfahren

134

IV. Sonderanträge

137

1. Zusammenhang mit dem Streitgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . .

137

2. Arten der Sonderanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

138

V. Einstweilige Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

142

Inhaltsverzeichnis

6

Dritter Teil

Der Schiedsspruch

143

A. Entscheidungen des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

143

I. Erlaß von Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

143

1. Beschlußfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

143

2. Form, Inhalt und Arten von Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . .

144

3. Beschlüsse und Verfügungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

149

4. Wirksamkeit gegenüber den Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

149

5. Veröffentlichung

. . . .. . . .... . . .. . . . .. .. .. . .. . . .. . . .. . . . . .. .

150

II. Anwendung des materiellen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

151

1. Rechtswahl der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

151

2. Entscheidung ex aequo et bono . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154

3. Subsidiär anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

155

4. Rechtslücken und -Unklarheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

157

111. Verfahrenskosten

157

B. Entscheidungswirkungen

158

I. Bindung des Schiedsgerichts an eigene Entscheidungen . . . . . . .

159

II. Rechtskraft des Schiedsspruchs

160

111. Befolgungspflicht der Parteien

162

C. Rechtsbehelfe in Zusammenhang mit dem Schiedsspruch . . . . . . . . . . I. Allgemeines

................................................

164 164

1. Zulässigkeit von Rechtsbehelfsanträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

165

2. Beteiligung des Antragsgegners am Verfahren . . . . . . . . . . . . . .

166

3. Entscheidendes Gremium

166

4. Verfahrensbestimmungen

167

II. Rechtsbehelfe zum Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

168

1. Berichtigung und Ergänzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

168

2. Auslegung

169

3. Wiederaufnahme

170

4. Vollstreckungsgegenklage .............. . ... . . ........... . . .

172

111. Aufhebungsverfahren vor einem ad-hoc-Ausschuß . .. .. . . ... . .

173

1. Bildung des Ausschusses .. ... . ... .. .... . . . ........ . ....... .

173

2. Aufhebungsgründe

174

.. .. .......... .. .... . . . ....... . . .. . . ... .

Inhaltsverzeichnis

7

3. Aufhebung des Schiedsspruchs und weiteres Verfahren

176

D. Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . .

177

I. Grundsatz der Staatenimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

177

II. Anerkennung

178

111. Vollstreckung

180

Schluß

183

A. Einordnung der Schiedsgerichtsbarkeit des Weltbankzentrums in die internationale Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

183

I. Stellungnahmen der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

183

II. Unterscheidungskriterien völkerrechtlicher und privater internationaler Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

185

111. Standort der Schiedsgerichtsbarkeit der ICSID . . . . . . . . . . . . . . . .

190

B. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

193 196

Anhang

199

A. Text des Weltbankübereinkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

199

B. Deutsches Zustimmungsgesetz zum Weltbankübereinkommen . . . . . .

219

C. Verfahrensordnung für die Einleitung von Vergleichs- und von Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

221

D. Verfahrensordnung für das Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

225

E. Verwaltungs- und Finanzordnung -

............. .....

247

F . Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Tschad über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen - Auszug - . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

255

Literaturverzeichnis

257

Abkommens- und Gesetzesregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

265

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

269

Auszug -

Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen folgen im allgemeinen H. Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 2. Auflage, Berlin 1968. Hier sind nur ungewöhnliche, auch nicht im Literaturverzeichnis erläuterte Abkürzungen erklärt. AJIL AR

American Journal of International Law Rules of Procedure for Arbitration Proceedings des ICSID (Arbitration Rules, Schiedsordnung, s. Anh. D) ArbE Arbeitsentwurf zum WBA, abgedruckt WBA-Mat. II 19 CR Rules of Procedure for Conciliation Proceedings des ICSID (Conciliation Rules, Vergleichsordnung) EI Erster Entwurf zum WBA, abgedruckt WBA-Mat. II 610 Eil Revidierter Entwurf zum WBA, abgedr. WBA-Mat. li 911 EurAbk. Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. IV. 1961 FR Administrative and Financial Regulations des ICSID (Verwaltungs- und Finanzordnung, s. Anh. E) GAbk. Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26. IX. 1927 GProt. Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln vom 24. IX. 1923 IBRD International Bank for Reconstruction and Development (Weltbank) ICSID International Centre for Settlement of Investment Disputes IntCompLawQ International and Comparative Law Quarterly IGH Internationaler Gerichtshof IHK Internationale Handelskammer IR Rules of Procedure for the Institution of Conciliation and Arbitration Proceedings des ICSID (Institution Rules, Einleitungsordnung, s. Anh. C) Reg. Regulation ULA (European Convention Providing a) Uniform Law on Arbitration, European Treaty Series No. 56 (Entwurf) New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und UNAbk. Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. VI. 1958 VorE Vorentwurf zum WBA, abgedruckt WBA-Mat. II 184 WBA Weltbankübereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten vom 18. 111. 1965 WBA-Mat. Convention on the Settlement of Investment Disputes between States and Nationals of Other States. Documents Concerning the Origin and the Formulation of the Convention, herausgegeben vom ICSID, Washington, D. C., 1968 (Materialien zum Weltbankübereinkommen)

Einleitung A. Problematik der Auslandsinvestitionen Solange in jedem Staat die nationale Wirtschaft ihre Bedürfnisse mit eigenen, staatlichen oder Mitteln der betreffenden Staatsangehörigen decken konnte, waren Investitionen durch Ausländer zwar nützlich, aber nicht unerläßlich. Beim heutigen Stand der industriellen Entwicklung und vor allem im Blick auf zukünftige technische Neuerungen, die einen immer größer werdenden Aufwand von Kapital und technischem Wissen erfordern, sind die meisten Staaten nicht mehr in der Lage, sich vollständig selbst mit den erforderlichen Mitteln zu versorgen. Umgekehrt besteht in vielen Staaten ein Interesse an der Schaffung von Industrieanlagen, Verkehrseinrichtungen usw. im Ausland, etwa weil die eigenen Quellen von Arbeitskräften oder Naturschätzen erschöpft sind, die räumlichen Verhältnisse keine genügende Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigung erlauben oder Ausfuhrmöglichkeiten mangels Gegenlieferungsfähigkeit der Partnerstaaten nicht bestehen. So dürften die bisher in aller Welt vorgenommenen Auslandsinvestitionen über 100 Milliarden Dollar betragen 1• Ausländische Kapitalanlagen sind besonders2 für sog. Entwicklungsländer3 von Bedeutung, also Staaten, deren industrielle Struktur erst im Entstehen begriffen ist und die einen häufig Jahrhunderte umfassenden Rückstand4 gegenüber den modernen Industriestaaten5 in Nordamerika, Zentral- und Osteuropa, Japan, Australien und Südafrika aufzuholen haben, wenn sie wirtschaftliche Bedeutung erreichen wollen. In jenen Ländern müssen zunächst Industriezweige aufgebaut und Ver1 Schwarzenherger Schutz 28, vgl. auch Pearson-Bericht Tabelle 13 Anhang II 25. 2 Aber keineswegs ausschließlich; man denke nur an die ständig wachsende Bedeutung amerikanischer Investitionen in Industrieländern (z. B. Automobilherstellung) oder die immer gr ößer werdende Verflechtung von Industrieunternehmen im Rahmen der EWG (Fiat-Citroen-Michelin, VW-Fertigung außerhalb der BRD, Agfa-Gevaert usw.). 3 Darunter werden im folgenden die im Pearson-Bericht Anhang II 7 N. 1 aufgeführten Länder in Asien, Afrika, Lateinamerika und Südeuropa verstanden, s. auch a .a.O. 44 N.*. Z. T. wird auch der Ausdruck Kapitalimportländer (Schwarzenberger Schutz 31 f .) gebraucht. 4 Seidl-Hohenveldern Investitionen 15. 5 Pearson-Bericht Anh. II 7 N. 2; oder Kapitalexportländer (Schwarzenberger Schutz 31 f.).

12

Einl.: A. Problematik der Auslandsinvestitionen

kehrseinrichtungen geschaffen werden, die eine Beschäftigung der Landesbewohner in Berufen ermöglichen, welche einen gegenüber dem jetzigen Zustand gehobeneren und damit wenigstens einigermaßen zufriedenstellenden Lebensstandard erreichbar machen. Diese Länder bedürfen hierzu nicht nur finanzieller, sondern auch der Unterstützung durch Fachkräfte und Unternehmen von Kapitalexportländern, vor allem durch Errichtung von Tochterunternehmen, die in besonderem Maß zur Verwertung der Erfahrungen und des technischen Wissens der Mutterunternehmen in Industriestaaten in der Lage sind6 • Die Bereitstellung von Mitteln zur Kapitalanlage im Ausland kann durch unmittelbare staatliche Hilfe, über internationale Organisationen oder durch direkte private Investitionen geschehen7 • Solange die den Staaten zur Verfügung stehenden Mittel vor allem im Rüstungsbereich im gegenwärtigen Ausmaß beansprucht werden, reichen die staatlichen Investitionen im Ausland, besonders in Entwicklungsländern, nicht aus. Die noch nicht allgemein erreichte erste Zielgröße des Pearson-Berichts von Investitionen der Industrieländer in Höhe von 1 Ofo ihres Bruttosozialprodukts8 in Entwicklungsländern9 enthält auch die privaten Investitionen. Die Zielgröße für die offizielle, staatliche Entwicklungshilfe wird mit 0,7 Ofo des Bruttosozialprodukts angenommen10 und ist 1968 nur von Frankreich erreicht worden. 1968 waren private bilaterale Investitionen und Kredite von kaum geringerer Bedeutung als die bilaterale staatliche Entwicklungshilfe der westlichen Industrieländer: 5238 gegenüber 5768 Mill. Dollar11 • Für die Zukunft soll die private Hilfe mindestens von gleicher Bedeutung wie die staatliche sein12• Private Investitionen werden nur dann im gewünschten Umfang erfolgen, wenn den privaten Unternehmern genügende Sicherheit für Existenz und Erträge ihrer ausländischen Anlagen13 im Rahmen eines günstigen Investitionsklimas geboten wird14 • Erforderlich ist eine effek6 Pearson-Bericht 72 ff., 150 f., Seidl-Hohenveldern Investitionen 60, Miller Kronstein-F. 371, 378; als Beispiel mag wieder die Kraftfahrzeugherstellung dienen. 7 Zum Verhältnis dieser Arten von Entwicklungshilfe zueinander PearsonBericht passim, 143 ff., 167 ff. 8 Pearson-Bericht 175 ff. 9 In der Bundesrepublik 1968 mit 1,24 Ofo (Pearson-Bericht 177), 1969 mit 1,33 Ofo überschritten, 1970 aber mit 0,79 Ofo nicht erreicht (Süddeutsche Zeitung vom 8. 3. 1971, S. 2). 10 Pearson-Bericht 180. 11 Pearson-Bericht Tabelle 16 Anh. II 28. 12 Haver AWD 1970, 241, 242. 13 Überblick über Investitionsrisiken bei Wiedensohler Verfassung und Recht in Übersee 1969, 211, Kahn IndianaLJ 1968, 1, 2, Snyder ColJTrL 1965, 127, 128 f. N. 9, Abs Problematik 5 ff. 14 Pearson-Bericht 132 ff.

Einl.: A. Problematik der Auslandsinvestitionen

13

tive Sicherung, die es den Unternehmen ermöglicht, ihre Rechte unmittelbar geltend zu machen und so nicht von politischen Entscheidungen ihrer eigenen Regierung über völkerrechtliche Druckmittel abhängig zu sein, die zudem das Investitionsklima beeinträchtigen15• Diese Sicherheit ist heute im allgemeinen im Verhältnis der Industriestaaten zueinander gegeben, nicht aber immer im Verhältnis von Unternehmen in Industrieländern zu Entwicklungsländern. Umgekehrt sind die meisten Kapitalimportländer erst in den letzten Jahrzehnten selbständige Staaten geworden. Gegenüber direkten Investitionen der früheren Kolonialmächte besteht daher z. T. Furcht vor (Fortdauer einer) Ausbeutung16• Soweit hier private Unternehmen aus den früheren Kolonialmächten, vor allem aber aus anderen Ländern an die Stelle der bisherigen Kapitalanleger treten, kann eher ein Gefühl der Partnerschaft17 und damit der grundsätzlichen Gleichberechtigung entstehen, falls nicht wiederum die Größe investierender Unternehmen einen erheblichen wirtschaftlichen Druck an die Stelle des politischen treten läßt. Bei Kapitalanlagen von Inländern sind alle Betroffenen durch Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit in gleicher Weise geschützt. Sobald eine Kapitalanlage im Ausland geplant wird, ist ein direkter Schutz nur durch die ausländische Staatsgewalt möglich. Dadurch entsteht eine für den Investor bedenkliche Lage, weil er befürchten muß, daß die öffentliche Gewalt des Anlagelandes eher dessen Interessen als seine eigenen wahren wird. Anderes gilt, soweit das investierende Unternehmen bedeutende wirtschaftliche Druckmittel in der Hand hat, die wiederum den Schutz der Interessen des Investitionslandes entscheidend beeinträchtigen können18• Um dennoch Kapitalanlagen durch Ausländer zu fördern, bedarf es eines Schutzes einerseits vor Eingriffen durch Gesetzgebung und Rechtsprechung des Anlagelandes, andererseits vor wirtschaftlichem Druck des Investors. Der Ausgleich der Interessen beider Staaten kann einmal durch Maßnahmen mehr tatsächlicher Art im Bereich des "Investitionsklimas" hergestellt werden; die andere - hier allein interessierende - Möglichkeit besteht in der Entwicklung oder Schaffung einheitlicher Rechtsregeln für das Verhältnis zwischen Investor und Anlageland. Man kann auf verschiedenen Wegen versuchen, die nötige Rechtssicherheit für beide Seiten zu erzielen. Materiellrechtlich ist der Interessenausgleich bei Auslandskapitalanlagen am besten durch mehrseitige Pearson-Bericht 134. Seidl-Hohenveldern Investitionen 16 f. 1' Pearson-Bericht 153 ff. 18 Hierauf weist die Diskussionsfrage Borellas (lnvestissements 57 f.) hin.

15 18

Einl.: A. Problematik der Auslandsinvestitionen

14

völkerrechtliche Verträge - und, soweit solche nicht vorliegen, durch bilaterale - zwischen Entwicklungsländern und Kapitalexportländern zu erreichen. Entsprechende Verträge der investierenden Unternehmen direkt mit dem ausländischen Staat müßten, um eine beiden Seiten übergeordnete Rechtsordnung zu erreichen, aus den Rechtssystemen der beteiligten Staaten herausgelöst werden; das bereitet ohne zusätzliche völkerrechtliche Vereinbarungen der betroffenen Staaten zumindest Schwierigkeiten. Mit dem Abschluß von Verträgen über Investitionsschutz ist eine effektive Sicherung vor Rechtsverletzungen noch nicht erreicht. Insoweit kommen diplomatische Schritte der beteiligten Staaten in Betracht. Diese können aber häufig wegen der damit verbundenen politischen Probleme nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung führen. Deshalb haben besonders investierende Unternehmen ein Interesse daran, ihre Rechte vor einem unparteiischen Gericht durchsetzen zu können. Die Möglichkeit der Anrufung unabhängiger Rechtsprechungsorgane liegt aber zugleich im Interesse der beteiligten Staaten, weil so zwischenstaatliche völkerrechtliche Streitigkeiten vermieden werden können. Echte überstaatliche Gerichte, vor denen auch Einzelpersonen oder private Unternehmen - und nicht nur Staaten als Völkerrechtssubjekte im engeren Sinne - klagen können, gibt es derzeit nicht, weil eine überstaatliche öffentliche Gewalt fehlt, die solchen Gerichten eine von den Parteien nicht zu beeinflussende Kompetenz geben könnte19• Daher erscheint die Einrichtung von internationalen Schiedsgerichten zur Beilegung von Streitigkeiten aus Auslandsinvestitionen als bester derzeit gangbarer Weg. Diesen Weg beschreitet das Weltbankübereinkommen (abgekürzt WBA). In materieller Hinsicht bestimmt es in Art. 4220 nur, welches Recht im Rahmen seines Anwendungsbereichs für Auslandskapitalanlagen maßgebend ist. Dagegen sind die prozessualen Schwierigkeiten durch Schaffung einer an die Weltbank21 angelehnten Schiedsgerichtsbarkeit mit Zugang für Privatpersonen wenigstens dann beseitigt, wenn die Beteiligten sich dieser Schiedsgerichtsbarkeit unterwerfen. Damit kann nunmehr die Bereitstellung oder Zulassung von Kapitalanlagen davon abhängig gemacht werden, daß eine Vereinbarung über die Zuständigkeit des Weltbankschiedszentrums erfolgt. Das Zentrum der Weltbank hat die Aufgabe, durch gerechte und gleichmäßige Schiedssprüche zur Förderung der Rechtssicherheit für alle Beteiligten beizutragen. Wengier Völkerrecht 715 N. 1, Berber Völkerrecht III 41. Art. ohne weitere Bezeichnung sind Artikel des WBA. 21 Zu deren rechtlicher Einordnung Wengier Völkerrecht 1339 ff., Berber Völkerrecht 111 224, Dahm Völkerrecht II 619 ff. 19

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I.

Auslandsinvestitionen und Völkerrecht

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B. Standort des Weltbankübereinkommens in der internationalen Rechtsentwicklung I. Schutz von Auslandsinvestitionen nach Völkerrecht Wenn ein Staat die Betätigung von Ausländern oder die Entstehung ausländischen Vermögens auf seinem Staatsgebiet zuläßt, so ist er in der Behandlung dieser ausländischen Personen oder Rechte völkerrechtlich nicht völlig frei, obwohl keine grundsätzliche völkerrechtliche Verpflichtung zur Zulassung der Betätigung von Ausländern im Inland besteht1• Die Grenzen staatlicher Eingriffe in einmal gewährte Rechte von Ausländern sind im Völkergewohnheitsrecht aber schon im Ansatz umstritten, so daß man nur von einer unzulänglichen oder lückenhaften Regelung durch das Völkerrecht sprechen kann2 : So wird einmal der Grundsatz vertreten, Eingriffe seien jedenfalls zulässig, wenn sie Ausländer in gleicher Weise wie Angehörige des eingreifenden Staates betreffen3; dagegen wird zumeist4 angenommen, daß jedenfalls, also auch bei Inländergleichbehandlung, ein bestimmter internationaler "minimum standard" gewahrt sein müsse, dessen Grenzen freilich wieder stark umstritten sind5 • Am geringsten ist der völkerrechtliche Schutz für wirtschaftHche Betätigung: Ausländern kann jederzeit der Abschluß einzelner Geschäfte, der Er-

werb subjektiver Rechte, die Ausübung bestimmter Tätigkeiten auch im Gegensatz zu früheren entsprechenden generellen Erlaubnissen untersagt werden; sie können mit höheren Steuern als Inländer belastet werden8• Eine Grenze dieser Gestaltungsfreiheit des Landes, in dem investiert wird, liegt - abgesehen von vertraglichen Regelungen - allenfalls da, wo eine (versteckte) entschädigungslose Enteignung vorgenommen wird. Nach dem Grundsatz der Inländergleichbehandlung wären (auch entschädigungslose) Enteignungen von ausländischen Kapitalanlagen schon zulässig, wenn sie in gleicher Weise Inländer beträfen. Hiergegen läßt sich vorbringen, daß das Recht eines Staates, die Aufgabe privater Rechte zugunsten des Gemeinwohls auch ohne angemessene Entschädigung anzuordnen, auf dem Gedanken nationaler Solidarität beruht, der für Ausländer nicht in gleichem Maße gelten muß1. Selbst bei Anerkennung eines "minimum standard" ist Wengier Völkerrecht 1002. Wengier NJW 1970, 1473, 1476 f.; hierbei sind Beschränkungen wie im Kriegsfall oder bei Revolutionen o. ä. noch nicht einmal berücksichtigt. 3 So vor allem in Latein-Amerika; zur Calvo-Doktrin Brandenburg Verträge 19 ff. 4 So im "wesentlichen" Völkerrecht etwa Seidl-Hohenveldern Investitionen 23 f., Caflisch Protection 16 f., Beghe'Loreti Bancaria 1967, 1340, 1354 ff. 5 Überblick bei Wengier Völkerrecht 1003 f., Seidl-Hohenveldern Investitionen 21 ff. mit umfassender Bibliographie 63 ff., Schwarzeoberger Schutz 13 ff.; Beghe'Loreti a.a.O. 1353 ff., Firth IntLawPol. 1968, 253, 262 ff.; eingehend zur gesamten Problematik Böckstiegel Staat 164 ff. 8 Wengier Völkerrecht 1005 f., Berber Völkerrecht I 396. 7 Seidl-Hohenveldern Investitionen 20. t

2

16

Einl.: B. Das WBA in der internationalen Rechtsentwicklung

aber dessen Bestimmung bei Enteignungen, erst recht bei Sozialisierungsmaßnahmen u. ä. schwierig. Zulässig ist auch unter Zugrundelegung des Mindeststandards nach allgemeiner Ansicht jedenfalls eine Enteignung einzelner Gegenstände zu Gemeinwohlzwecken gegen volle, also angemessene, prompte und effektive Entschädigung8• Umstritten9 ist aber - und entsprechend unsicher die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht dazu - ob alle diesem Grundsatz nicht entsprechenden Entschädigungsregelungen unzulässig sind. Der Minimumstandard kann für Konfiskationen, Nationalisierungen oder Sozialisierungen nur eingeschränkt gelten, da hier eine volle Entschädigung zumeist den Erfolg solcher sozialer Umstrukturierungen verhindern würde, für die aber eine völkerrechtliche Befugnis der Staaten anzuerkennen ist10• Selbst wenn man anerkennt, daß insoweit Ausländer jedenfalls einerseits nicht diskriminiert werden dürfen, andererseits einen grundsätzlichen Entschädigungsanspruch haben, ist doch die Bestimmung der Grenzen dieses Anspruchs aus Völkergewohnheitsrecht mindestens außerordentlich schwierig11 • Ausländer haben grundsätzlich keinen völkerrechtlich gesicherten Anspruch auf gleiche Möglichkeiten zur Beschreitung des Rechtsweges wie Inländer12• Sie können z. B. durch die Anordnung von Sicherheitsleistungen für den Fall ihres Unterliegens schlechter als Inländer gestellt werden, vgl. §§ 110 f. ZPO. Freilich darf ihnen der Weg zum Gericht nicht vollständig verwehrt werden13. Der Schutz von Auslandsinvestitionen durch Behelfe des Völkerrechts ist für den Staat, dem der Investor angehört, auf zwei Wegen möglich: Einmal durch Gewährung diplomatischen Schutzes, etwa Abbruch der diplomatischen Beziehungen, Boykott oder Embargo1', zum anderen über völkerrechtliche Schiedsgerichte. Einen möglichen Weg zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Staaten und Privatpersonen bieten die "Regeln über Schiedsgerichtsbarkelt und Vergleichsverfahren zur Beilegung internationaler Streitigkeiten zwischen zwei Parteien, von denen nur eine ein Staat ist" des Ständigen Schiedshofs1 s. Der Nachteil dieses Verfahrens liegt neben seiner unmittelbar auf die Regelung von Völkerrechtsstreitigkeiten bezogenen Aufgabe darin, daß es keine Vollstreckungsregeln für Schiedssprüche enthäJtl~. daß es die besonderen Machtverhältnisse bei Auslandsinvestitionen sowie das Verhältnis dieses Verfahrens zum diplomatischen Schutz und zu Rechtswegen innerhalb des Entwicklungslandes nicht berücksichtigt. Vor allem ist das AbSeidl-Hohenveldern Investitionen 21. Wengier Völkerrecht 1007, Berber Völkerrecht I 397. 10 UN Resolution 1803 (XVII) v. 14. 12. 1962, Yearbook UN 1962, 503 f. unter I 4. 11 Seidl-Hohenveldern Investitionen 21 ff. 12 Zur Problematik der Rechtsverweigerung im vorliegenden Zusammenhang Böckstiegel Staat 175 ff., 363 f. t3 Wengier Völkerrecht 1006. 14 Seidl-Hohenveldern Investitionen 53 f. 15 AJIL 57 (1963) 500 ff.; für den Ausbau dieses Weges zur Beseitigung von Investitionsstreitigkeiten Nwogugu Legal Problems 259; diese Regeln haben in erheblichem Umfang die Formulierung des WBA beeinftußt. 16 Section I Art. 31 Satz 2 der Regeln verlangt nur eine alsbaldige Ausführung des Spruchs nach Treu und Glauben. 8

9

I. Auslandsinvestitionen und Völkerrecht

17

kommen über die Errichtung des Ständigen Schiedshofs zwar von zahlreichen Staaten ratifiziert, seine Gerichtsbarkeit aber nicht in nennenswertem Umfang in Anspruch genommen worden 17, besonders nicht in Entwicklungsländern. Der Überblick über das allgemeine Völkerrecht zeigt, daß dessen materielle Regeln über Auslandsinvestitionen unsicher und schon deshalb unzureichend sind. Sie reizen kaum dazu an, Kapital in ausländischen Staaten anzulegen. Auch die Verfahrensregelungen sind unzulänglich, weil der Investor selbst nur mit den Rechtsbehelfen, die das Investitionsland ihm zur Verfügung stellt, gegen Eingriffe vorgehen kann und im übrigen auf Schutzmaßnahmen seines Staates angewiesen ist, die häufig entweder kaum Erfolg versprechen oder aus politischen Rücksichten, die deutlich die Zweifelhaftigkeit dieses Rechtsschutzweges zeigen, gar nicht erst ergriffen werden. Dieser Rechtszustand ist auch aus der Sicht des Investitionslandes unbefriedigend, dessen Gestaltungsfreiheit in bezug auf ausländische Investitionen nicht klar umschrieben ist. Das Investitionsland muß daher in Zweifelsfällen mit diplomatischen Druckmitteln ausländischer Staaten wegen Investitionen fremder Staatsangehöriger auf seinem Staatsgebiet rechnen; jedenfalls im völkerrechtlichen Rahmen kann das Investitionsland einen Rechtsstreit i. d. R. auch nicht unmittelbar mit dem investierenden Unternehmen ausfechten. Besonders auffällig sind die Mängel des Völkerrechts bei Investitionen in Entwicklungsländern. Dem Bestreben, die Entstehung ausländischer Kapitalanlagen in diesen Ländern zu fördern, stehen vielfältige Interessen dieser meist sehr jungen Staaten an freier Gestaltung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Systeme und damit an einer uneingeschränkten Einflußnahme auf - vor allem allerdings ältere Investitionsanlagen gegenüber. Daher ist die Feststellung allgemeiner materieller völkerrechtlicher Investitionsregelungen für Entwicklungsländer besonders problematisch. In verfahrensmäßiger Hinsicht besteht einerseits eine erhebliche Empfindlichkeit dieser Länder für Diskriminierung durch diplomatischen Druck von seiten der Industrieländer, andererseits Abneigung gegen die Anrufung völkerrechtlicher Schiedsgerichte, weil besonders der IGH vielfach als nicht unparteiisches Instrument der früher entwickelten Staaten angesehen wird. So fehlt es bei privaten Investitionen in Entwicklungsländern auf beiden Seiten sowohl materiellvölkerrechtlich wie hinsichtlich der prozessualen Möglichkeiten an Rechtssicherheit und damit am notwendigen Vertrauen, das im rechtlichen Bereich nur dadurch erreicht werden 17

Nwogugu Legal Problems 244.

2 Pirrung

Einl.: B. Das WBA in der internationalen Rechtsentwicklung

18

könnte, daß ein Verhältnis der Gleichordnung und Partnerschaft zwischen den unmittelbar Beteiligten - Entwicklungsland und investierendes Unternehmen - geschaffen würde, wozu das allgemeine Völkerrecht derzeit nicht in der Lage ist. Wegen der dargetanen Mängel der Normen über Auslandsinvestitionen im allgemeinen Völkerrecht und des andererseits auf seiten der Investitions- wie der Kapitallieferstaaten bestehenden Interesses an privater Kapitalanlage in Entwicklungsländern sind zahlreiche Staaten dazu übergegangen, besondere bilaterale völkerrechtliche Investitionsschutzverträge abzuschließen. Diese Verträge bewirken, daß die Anwendung des allgemeinen Völkerrechts insoweit schon heute weitgehend Ausnahme geworden ist18• Derartige Verträge über Kapitalanlagen im Ausland genügen sowohl den Anforderungen der materiellen Rechtssicherheit im Verhältnis von privaten Investoren zu Entwicklungsländern wie dem Bedürfnis beider beteiligten Staaten zur Beschreitung eines (Schieds-)Gerichtsweges zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten über die Vertragsauslegung. Ungelöst bleibt hierbei nur das prozessuale Verhältnis des Investors zum Entwicklungsland, soweit nicht die internen Rechtsmittel und Rechtsbehelfe des Entwicklungslandes für beide Seiten zu zufriedenstellenden Ergebnissen führen: Auch bei Vorhandensein derartiger Kapitalschutzverträge mangelt es daher an einer Möglichkeit zur direkten Beilegung von Rechtsstreitigkeiten zwischen den unmittelbar Beteiligten, also Investor und Entwicklungsland, in einem aus dem Bereich des Entwicklungslandes gelösten Verfahren. II. Internationale (Handels-)Schicdsgerichtsbarkeit über Investitionsstreitigkeiten

Neben völkerrechtlichen Streitigkeiten über Auslandsinvestitionen zwischen dem Anlageland und dem nur mittelbar beteiligten Staat, dem der Investor angehört, wie etwa dem Barcelona Traction-Fall vor dem IGH zwischen Belgien und Spanien19, hat es schon eine ganze Anzahl von Schiedsverfahren über Investitionsstreitigkeiten zwischen Unternehmen und Staaten gegeben, wie etwa die vielfach erörterten Fälle Aramco20 , Sapphire21 , Abu Dhabi22 vor ad-hoc-Schiedsgerichten oder Wengier NJW 1970, 1473, 1477; zur BRD s. 3. T. A II 3. Zusammenfassender Bericht von Seidl-Hohenveldern AWD 1970, 221, besprochen von Wengier NJW 1970, 1473. 20 Revue Critique 1963, 272 ff. 21 Bericht von Lalive SchweizJblntR 1962, 273 ff. 22 IntCompLawQ 1952, 247 ff. 18

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II. Internationale private Investitionsschiedsgerichtsbarkeit

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Verfahren nach der Schiedsordnung der internationalen Handelskammer23. Der Vorteil solcher Verfahren liegt in der Möglichkeit, eine Entscheidung durch (theoretisch) von keiner Seite entscheidend beeinflußte24 Schiedsrichter und ggf. im Rahmen einer gegenüber beiden Parteien neutralen Rechtsordnung sowie erforderlichenfalls in "vertraulicher" Weise, also ohne Beeinflussung durch die Öffentlichkeit der Verhandlung25, zu erlangen. Außerdem ist dabei der Staat, dem der Investor angehört, selbst nicht beteiligt und damit das Völkerrecht nicht unmittelbar berührt. Eine Bereinigung aller Investitionsstreitigkeiten auf diesem Wege ohne weitere Sicherung durch völkerrechtliche Verträge scheitert aber schon an der mangelnden Bereitschaft vieler Staaten, sich durch Schiedsverträge wirksam26 für zukünftige Streitigkeiten zu binden, sich einer anderen als ihrer eigenen Gerichtsbarkeit zu unterwerfen27 • Ferner ergibt sich selbst dann, wenn ein Schiedsverfahren abgeschlossen werden kann, das Problem der Vollstreckung des Schiedsspruchs, falls die unterliegende Seite diesen nicht - wie es allerdings zumeist geschieht28 freiwillig erfüllt. Die nationalen Prozeßrechte unterscheiden sich bei der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen so erheblich, lassen vielfach eine so weitgehende Überprüfung des Schiedsspruchs zu, daß der Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruches häufig zu einem umständlichen Verfahren vor dem staatlichen Gericht mit einer weitgehenden Neuaufrollung des Streits führen kann. Wenigstens das Problem der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen hat man im Wege internationaler Abkommen29 weitgehend zu beseitigen versucht. Unter den multilateralen Verträgen über die internationale Schiedsgerichtsbarkeit haben die Center Abkommen v. 24. 9. 1923 und 26. 9. 1927 im Verhältnis von Kapitalexport- zu Entwicklungsländern nur geringe Bedeutung, nämlich für die Bundesrepublik im wesentlichen nur im Verhältnis zu Birma, Brasilien (nur GProt.) und Pakistan. Für die IndustrieBöckstiegel AmJintL 1965, 579, 580. So für die Schiedsgerichtsbarkeit vor der IHK Böckstiegel a.a.O. 584, Wortley Domke-F. 348, 350. 25 Böckstiegel a.a.O. 584. 26 Problem der Immunität des Staates; die von Böckstiegel (a.a.O. 584) erwähnte pragmatische Lösung dieses Problems, daß sich nämlich die Staaten nicht auf etwaige Unwirksamkeit ihrer Schiedsverträge berufen, kann nicht für alle Beteiligten genügen. 27 So besonders in Südamerika, Ribeiro WBA-Mat. II 306. 28 Böckstiegel (N. 23) 583 berichtet, daß bei zahlreichen Investitionsstreitigkeiten vor der IHK nur ein Staat sich geweigert habe, den Schiedsspruch anzunehmen. 2 " Hierzu Stein-Jonas-Schlosser Anh. § 1044 ZPO m. w. Nw.; eine vergleichende Gegenüberstellung wichtiger Bestimmungen dieser Abkommen, weiterer Abkommensentwürfe und des WBA bei Broches RevArb. 1969, 271 ff. 23

24

20

Einl.: B. Das WBA in der internationalen Rechtsentwicklung

länder Belgien, Dänemark, Schweden und Großbritannien gelten außer dem WBA nur diese Genfer Schiedsabkommen30• Die Abkommen behandeln die Unterwerfung eines Staates unter ein Schiedsgericht und die Frage, welches materielle Recht im Schiedsspruch anzuwenden ist, nicht. Das für die allgemeine internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit bedeutsamste Abkommen ist das UN-Übereinkommen vom 10. 6.1958. Es ist mit Ausnahme von Großbritannien von den wichtigen europäischen Industrieländern, Japan und den Ostblockstaaten sowie von einer Reihe von Entwicklungsländern ratifiziert worden, z. B. von Ecuador, Griechenland, Indien und mehreren afrikanischen Staaten; von besonderer Bedeutung ist die kürzlich erfolgte Ratifizierung durch die USA31 • Das UNAbk. beschränkt sich auf die Anerkennung ausländischer (Art. 1 Abs. 1 UNAbk.) privater Schiedssprüche, auch solcher ständiger Schiedsgerichte (Art. 1 Abs. 2 UNAbk.), und von Schiedsverträgen, die zu solchen Sprüchen führen (Art. 2 UNAbk.), und läßt insbesondere die Frage der Schiedsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts und der Immunität des Staates unberührt. Es betont stark den Vorrang des Parteiwillens (Art. 5 Abs. 1 a, d UNAbk.). Das europäische Übereinkommen vom 21. 4. 1961 ist auf die Außenhandelsschiedsgerichtsbarkeit im Ost-West-Handel ausgerichtet. Vertragspartner sind daher außer Kuba und Obervolta nur ost- und westeuropäische Staaten32 • Hier ist aber immerhin erstmalig die Schiedsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts (Art. 2 EurAbk.) gesichert, eine Vorschrift über die Schiedsgerichtsbildung vorhanden (Art. 4 EurAbk.), die - vorläufige Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts (Art. 5 Abs. 3 EurAbk.) und das auf die Hauptsache anwendbare materielle Recht (Art. 7 EurAbk.) bestimmt sowie die Begründung des Spruches geregelt (Art. 8 EurAbk.). Bilater ale Verträ ge über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit33 haben neben den multilateralen keine größer e Bedeutung.

Dieser Überblick zeigt, daß schon von den Vertragspartnern der internationalen Abkommen her nur dem UNAbk. für Auslandsinvestitionen eine gewisse Bedeutung zukommen kann. Die Berührung des öffentlichen und Völkerrechts durch Kapitalanlageprobleme und damit die besondere Interessenlage für Investoren und Entwicklungsländer sind aber im UNAbk. nicht berücksichtigt. Der entscheidende Mangel dieses Abkommens im vorliegenden Zusammenhang ist , daß ihm einerseits z. B. Großbritannien als bedeutendes Kapitalexportland und andererseits die meisten Kapitalimportländer nicht beigetreten sind. Damit besteht - außerhalb des WBA - noch in erheblichem Umfang Unsicherheit über entscheidende Fragen der internationalen (Handels-)Schiedsgerichtsbarkeit, insbesondere ist die Rechtsungleichheit von Staat zu Nachweise bei Stein-Jonas-Schlosser § 1044 Anh. C. Vollständige Nachweise über die Vertragspartner bei Stein-Jonas-Schlosser Anh. zu § 1044 C; neuestens zu ergänzen Nigeria (BGBl. 1970 II 291), USA (BGBL 1971 II 15, 843), Mexiko (BGBl. 1971 II 968). 32 Nachweise Schlosser a .a .O. (N. 31), zu ergänzen Italien (BGBl. 1971 II 230). 33 Hierzu Stein-Jonas-Schlosser Anh. zu § 1044 B. 30 31

III. Entstehungsgeschichte des WBA

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Staat bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche im wesentlichen nur zwischen den Vertragspartnern des UNAbk. beseitigt. Auch die bisherige internationale private Schiedsgerichtsbarkeit hat daher nicht zu einem allen Bedürfnissen genügenden effektiven Rechtsschutz bei Investitionsstreitigkeiten geführt. 111. Entstehungsgeschichte des Weltbankübereinkommens

1. Konventionsentwürfe zum Schutz von

Aus~andsinvestitionen

Alle Versuche, das Problem des Schutzes von Auslandskapitalanlagen durch multilaterale internationale Abkommen zu beseitigen34 , sind bisher gescheitert, weil ein Interessenausgleich zwischen Kapitalex- und -importländern nicht gelungen ist. Während die Entwürfe hinsichtlich der materiellen Investitionsregelungen hier nicht näher behandelt werden können, soll wenigstens in Umrissen angedeutet werden, wie man die verfahrensrechtlichen Probleme lösen wollte. Der Abs-Shawcross-Entwurf von 1959 enthält in Art. 735 eine Schiedsgerichtsbestimmung, und zwar mit folgenden Besonderheiten: Abs. 1 Satz 1 erlaubt Schiedsverträge zwischen Vertragsstaaten, wobei die Bildung des Schiedsgerichts in der Anlage des Abkommens geregelt ist. Abs. 1 Satz 3 bestimmt für den Fall, daß eine abweichende Einigung nicht zustandekommt, die Zuständigkeit des IGH. Abs. 2 ermöglicht es darüber hinaus Staatsangehörigen der Vertragsstaaten, gegen Vertragsstaaten das Schiedsgericht des Abs. 1 anzurufen, falls der beklagte Staat sich der Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen hat. Auch der Harvard-Entwurf von 196J36 sollte bei vorheriger Zustimmung des beklagten Staates die direkte Anrufung einer internationalen Gerichtsbarkeit durch ausländische Privatpersonen ermöglichen. Schließlich enthält der OECD-Entwurf von 1967 eine Regelung von Schiedsiragen in Art. 737 : Abs. (a) Satz 1 entspricht Abs. 1 Satz 1 des Abs-ShawcrossEntwurfes, ermöglicht aber auch die Anrufung jedes anderen internationalen Schiedsgerichts bei einer entsprechenden Einigung der Parteien; Satz 2 bestimmt abweichend von dem früheren Entwurf, daß subsidiär, also bei fehlendem Zustandekommen eines Schiedsvertrages über die Zuständigkeit eines anderen Schiedsgerichts, nicht der IGH, sondem allein aufgrund des Beitritts zu diesem Abkommen ein nach der Anlage gebildetes Schiedsgericht entscheidet. Abs. (b) entspricht Abs. 2 des Abs-Shawcross-Entwurfs mit folgenden Änderungen: Ein Staatsangehöriger eines Vertragsstaates kann das Schiedsgericht nur anrufen, wenn sein Heimatstaat nicht selbst binnen 34 Näher hierzu Schwarzenherger Schutz 34 ff., Caflisch Protection 54 ff., 166 f., 219 ff., Nwogugu Legal Problems 135 ff. 35 Wiedergegeben bei Schwarzenherger Schutz 34 ff., 53 ff., dazu auch Abs Problematik 11 f. 36 AJIL 55 (1961) 548 ff., dazu Caflisch Protection 61. 37 Abgedruckt bei Schwarzenherger Foreign Investments 166, in Schwarzenberger Schutz 111 fehlen Abs. (b) und (c).

22

Einl.: B. Das WBA in der internationalen Rechtsentwicklung

6 Monaten38 nach Mitteilung des Antrags das Schiedsverfahren beschreitet; andere Rechtswege sollen ausdrücklich vorbehalten bleiben. Abs. (c) läßt den Widerruf der Schiedserklärungen von Staaten gegenüber oder bezüglich Privatpersonen zu, beschränkt die Wirkungen des Widerrufs für schon entstandene Verpflichtungen aber auf eine Zeit von 5 Jahren nach der Widerrufserklärung. Alle diese Bestimmungen sind wegen ihrer engen Verknüpfung mit den materiellrechtlichen Vorschriften bislang nicht über das Entwurfsstadium hinaus gediehen. Für sich genommen sind wenigstens die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des OECD-Entwurfes so gestaltet, daß keine unüberwindlichen Bedenken der Investitionsländer dagegen bestehen dürften.

2. Verhandlungen über das WBA

Der entscheidende Grund dafür, warum das WBA über das Entwurfsstadium hinausgelangt ist, dürfte darin liegen, daß es das Problem des Investitionsschutzes von der Kompromissen eher offenstehenden verfahrensrechtlichen Seite her anschneidet und zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurde, als mit dem UNAbk. ein gewisser- wenn auch mindestens der Zahl der Ratifikationen nach noch beschränkter - Durchbruch der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit gerade auch in Entwicklungsländern erreicht war. Außerdem dürfte zu dem erreichten Erfolg wesentlich der gute Ruf der Weltbank, ihre Neutralität39 und ihr bzw. ihres Präsidenten früheres Tätigwerden in Investitionsstreitigkeiten (Suez-Kanal-Streit 1956, Tokio-Anleihe von 191240) beigetragen haben. Gerade diese Tätigkeit der Weltbank, die sich nur indirekt mit ihrer Aufgabe berührt, private ausländische Investitionstätigkeit durch Garantien zu fördern und zu ergänzen 41 , hat den Anstoß dazu gegeben, einen Versuch zur Schaffung einer besonderen Schiedsgerichtsbarkeit für Investitionsstreitigkeiten zu machen42 • Die Vorarbeiten zur Schaffung eines Abkommens über Investitionsstreitigkeiten43 fanden im Rahmen der Weltbankverwaltung statt und führten zu einem Arbeitspapier in der Form eines Abkommens4\ das dem Direktorium am 5. 6. 1962 vorlag. Nach einer Diskussion hierüber, bei der die Direktoren schon über Ansichten der von ihnen vertretenen 38

Auch danach geht das Verfahren zwischen den Staaten vor, Abs. (d).

39 Fischer VfgRÜbersee 1968, 272, 274.

° Fischer a.a.O. N. 66, Nwogugu Legal Problems 230 f.

4

Art. I Abs. II des Abkommens über die internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung vom 27. 12. 1945, BGBl. 1952 II 664. 42 Black WBA-Mat. II 3. 43 s. dazu auch Report WBA-Mat. II 1069 ff., Broches Proceedings AmSocIntL 1965, 33, 35 ff., Roulet SchweizJblntR 1965, 121, 125 ff., Fischer a.a.O. (N. 39) 274. 44 Im folgenden abgekürzt ArbE, abgedruckt WBA-Mat. II 19 ff. 41

III. Entstehungsgeschichte des WBA

23

Regierungen zum Abkommensentwurf berichteten, kam ein erster vorläufiger Entwurf45 mit Anmerkungen zustande, der als Arbeitsgrundlage für vier regionale Treffen mit Experten fast aller46 Mitgliedsländer der Weltbank Ende 1963/Anfang 1964 in Addis Abeba, Santiaga de Chile, Genf und Bangkak diente. Diese Regionalversammlungen führten zu einem Gedanken- und Informationsaustausch zwischen dem jetzigen Generalsekretär des W eltbankzentrums, A. Broches, als Vertreter der Weltbank und den Vertretern der einzelnen Länder und ließen die Bedenken - vor allem der südamerikanischen Regierungen - gegen einzelne oder alle Abkommensbestimmungen klarwerden47 • Als Ergebnis dieser Beratungen entstand ein erster Entwurf eines Abkommens v. 11. 9. 196448, der wiederum als Arbeitspapier für ein Komitee von Experten von 61 Mitgliedstaaten der Weltbank diente, das vom 24. 11. bis 11. 12. 1964 tagte und dessen Tagungsprotokolle49 bereits unmittelbaren Aufschluß über den Weg der Formulierungen der Abkommensbestimmungen geben. Dieses Expertenkomitee hatte die Aufgabe, die Bestimmungen des E I eingehend zu diskutieren, die Bedenken der Regierungen gegen einzelne Artikel oder Formulierungen klarzustellen und ggf. Klarheit über Mehrheitsverhältnisse bei der Befürwortung oder Ablehnung einzelner Regelungen zu verschaffen. Seine Arbeit ersetzte die sonst beim Abschluß internationaler Abkommen übliche Staatenkonferenz durch eine beratende Tätigkeit, also ohne die Entschlüsse des Weltbankdirektoriums direkt zu beeinftlussen. Das Ergebnis der Konferenz war ein weiterer revidierter Entwurf vom 11. 12. 196450• Nach erneuter Beratung einzelner strittiger Fragen und Änderung einiger ArtikeJ51 beschloß das Direktorium der Weltbank am 18. 3. 196552 den endgültigen Text des Vertragsentwurfes und einen ergänzenden Bericht des Direktoriums. Daraufhin wurde dieser Text den Mitgliedstaaten der Weltbank zur Entscheidung über die Unterzeichnung zugeleitet. Die Entstehungsgeschichte des WBA hat somit für die Auslegung des Abkommens eine von der üblichen Vertragspraxis beim Abschluß multilateraler Konventionen abweichende Bedeutung. Zwar ist insbesondere durch die Dokumentation der Weltbank jedem auch späteren Vertragspartner des Abkommens die Entstehungsgeschichte zugänglich (bzw. 45 46 47 48

49 50 5t

52

VorE, WBA-Mat. II 184 ff. Es nahmen Vertreter von 86 Ländern teil. Ausführliche Protokolle dieser Verhandlungen in WBA-Mat. II 236--553. Abgekürzt E I, WBA-Mat. II 610 ff. WBA-Mat. II 672-910. Abgekürzt E II, WBA-Mat. II 911. WBA-Mat. II 1032. WBA-Mat. II 1039.

24

Einl.: B. Das WBA in der internationalen Rechtsentwicklung

rechtzeitig zugänglich gewesen) - eine notwendige Voraussetzung für die Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte bei der Auslegung multilateraler Abkommen53 ; aber alle Äußerungen im Laufe der Erarbeitung des endgültigen WBA-Textes haben nur vorbereitende und ergänzende Bedeutung, da der Text des Abkommens in seiner maßgeblichen Fassung unmittelbar nur von der Weltbank, nicht aber von den staatlichen Vertragspartnern formuliert ist. Allein der endgültige Entwurfstext ist unter Berücksichtigung des begleitenden Berichts des Direktoriums54 von den Vertragsstaaten unterzeichnet und ratifiziert worden; nur hierauf haben sie sich geeinigt. Daher können die WBAMat. zwar zu Vergleichszwecken bei der Erörterung einzelner problematischer Fragen des WBA herangezogen werden, ferner zur Bestimmung des einzelnen Vorschriften zugrundeliegenden Sinnes und des allgemeinen Verhandlungsklimas mit der generellen Bereitschaft, eine Institution mit Rechtsschutzaufgaben im Bereich von Auslandsinvestitionen zu schaffen; sie können aber - abgesehen von etwaigen Redaktionsversehen - nirgendwo insofern Bedeutung gewinnen, als Rechtsprobleme allein auf Grund der Vorverhandlungen und ohne genügende Anhaltspunkte in den Formulierungen des WBA entschieden werden könnten. IV. "überblick über Fortschritte durch das Weltbankübereinkommen

Gegenüber dem allgemeinen Völkerrecht erzielt das WBA Fortschritte in materieller Hinsicht schon deshalb nicht unmittelbar, weil das Abkommen sich darauf beschränkt, auf die allgemeinen Völkerrechtsregeln zu verweisen, Art. 42 Abs. 1. Diese Bestimmung könnte jedoch dazu führen, daß durch Verfahren nach dem WBA allmählich eine größere Sicherheit über allgemeine Völkerrechtsregeln bei Investitionen entsteht55. Der entscheidende Vorteil des WBA ist, daß es eine Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten und nicht nur unter Völkerrechtssubjekten im engeren Sinne institutionalisiert56 und insoweit in Art. 27 diplomatischen Schutz ausschließt. Damit ist erreicht, daß Investitionsstreitigkeiten nicht mehr notwendigerweise Bernhardt Auslegung 120. Welcher die allgemeine Auffassung zu den angesprochenen Themen während der offiziellen Beratungen in der Sicht der Weltbank wiedergibt (Siorat Investissements 59, 86) und daher Schlüsse auf die Bedeutung einzelner Begriffe des WBA erlaubt. 55 Zu den Bedenken wegen der mangelhaften Regelungen über die Veröffentlichung von Schiedssprüchen in Art. 48 Abs. 5 s. 3. T. A I 5. 56 Einen Versuch in dieser Richtung hatte auch schon der Ständige Schiedshof unternommen; doc...l1 scheint dessen Weg bislang nicht zum Ziel geführt zu haben. 53

54

IV. Fortschritte durch das WBA

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echte völkerrechtliche Institutionen berühren, daß vielmehr ein Streit zwischen den Parteien, die er unmittelbar angeht, ausgetragen und nach dem Recht entschieden werden kann, das diese Parteien vereinbart haben. Ob dieser verfahrensrechtliche Gewinn ausreicht, ob eine tatsächlich ins Gewicht fallende Entscheidungstätigkeit des Schiedszentrums erreicht wird, bleibt abzuwarten. Wenigstens der Abschluß einer erheblichen Zahl von Schiedsverträgen mit Zuständigkeit des Zentrums kann schon heute festgestellt werden57• Jedenfalls ist es ein Fortschritt auf dem Wege zu der im Pearson-Bericht58 angeregten Trennung der Entwicklungshilfeleistung von Streitigkeiten über Auslandsinvestitionen. Im Verhältnis zu bilateralen Investitionsschutzverträgen, deren Abschluß auch der Pearson-Bericht59 für förderungswürdig hält, hat das WBA den Vorzug, daß in den Grundzügen Einheitlichkeit aller Schiedsverfahren über Investitionsstreitigkeiten erreicht ist. Die Anlehnung an ein nach objektiven Kriterien ausgestaltetes Schiedszentrum läßt gegenüber der reinen ad-hoc-Schiedsgerichtsbarkeit im völkerrechtlichen Rahmen nach Investitionsschutzverträgen etwaige Bedenken hinsichtlich der Unparteilichkeit von nach "westlichem" Vorbild ausgestalteten Schiedsgerichten i. w. entfallen. Vor allem vermeidet das WBA durch die Beteiligung von Privatpersonen i. d. R. überhaupt solche völkerrechtlichen Schiedsverfahren zwischen Staaten. Im Vergleich zur internationalen (Handels-)Schiedsgerichtsbarkeit ist besonders bemerkenswert, daß das WBA heute das internationale Schiedsgerichtsbarkeitsabkommen mit der größten Anzahl von Vertragspartnern ist, obwohl ein Beitritt von Ostblockstaaten (außer, falls man es dazu zählen will, Jugoslawien) von vornherein praktisch ausscheidet: Private Investitionen kommen dort - wenn man von Jugoslawien absieht - allenfalls in Ausnahmefällen und eher in der Form des "Exportes" ganzer Fabrikeinrichtungen in Frage (Fiat, Renault, Kama-Werk) 60 • Ferner klärt das WBA wesentliche sonst in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zweifelhafte Fragen für seinen Bereich: Es enthält ausführliche, an entsprechende völkerrechtliche61 und internatio57 ICSID Report 1969/70, 5: Mindestens 15 Staaten einerseits und Angehörige von wenigstens 6 Staaten andererseits haben bisher entsprechende Verträge abgeschlossen. 58 Pearson-Bericht 134. 59 Pearson-Bericht 137. 60 s. aber zum Wandel der Verhältnisse in Rumänien Süddeutsche Zeitung vom 28. 9. 1971, S. 16. 61 Section II der Schiedsregeln des Ständigen Schiedshofs (genaue Überschrift und Nw. o. N. 15).

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Ein!.: C. Geltungsbereich des WBA

nal-private Schiedsverfahrensordnungen62 angelehnte Vorschriften zum Vergleichsverfahren, Art. 28 ff., betrifft (auch) öffentlichrechtliche Streitgegenstände wie Enteignungen und regelt die Parteistellung von Staaten und juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Art. 25, sowie die Schiedsgerichtsbildung, Art. 37 ff. Außerdem setzt es die KompetenzKompetenz des Schiedsgerichts fest, Art. 41, die hier erstmals in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zwingend und abschließend ist, und enthält in Art. 42 eine Norm über die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts. Schließlich behandelt das Abkommen in Art. 48 ff. den Erlaß des Schiedsspruchs, die Beschränkung der Rechtsbehelfe auf Verfahren vor dem Schiedszentrum und die Vollstreckung eines Schiedsspruches durch Gerichte der Partnerstaaten ohne Möglichkeit zur Überprüfung der Entscheidung des Schiedsgerichts. Wenn das WBA nicht alle im Laufe der Vorarbeiten aufgetauchten Zweifelsfragen beantwortet, wie insbesondere die Probleme, die sich ergeben, wenn ein Staat auf Grund eines Garantievertrages mit einem Investor für Verluste aus einer Auslandsinvestition Ersatz geleistet hat, und die Definition des Begriffes Investitionsstreitigkeit, so erklärt sich das daraus, daß gewisse Kompromisse gemacht werden mußten, um überhaupt zahlreiche Vertragspartner zu gewinnen. Insgesamt stellt das Abkommen mindestens im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit einen bedeutenden Fortschritt dar. Daher ist der Vorschlag gemacht worden, ein zu entwickelndes multilaterales Investitionsversicherungssystem63 mit dem WBA zu verbinden: Investitionen in Ländern, die dem WBA beitreten, sollten allein wegen dieses Beitritts mit höherer Deckung und/oder niedrigeren Prämien versichert sein 64 • C. Geltungsbereich des Weltbankübereinkommens I. lokrafttreten und Vertragspartner

Das WBA ist gern. Art. 68 Abs. 2 Satz 1 dreißig Tage nach Hinterlegung der 20. Ratifikationsurkunde bei der Weltbank, Art. 73 Satz 11 in Kraft getreten. Bei späteren Ratifikationen wird es für den beitretenden Staat 30 Tage nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde wirksam, Art. 68 Abs. 2 Satz 2, so für die BRD am 18. 5. 1969. 62 Schiedsordnung der IHK Art. 1-5; die multilateralen Schiedsgerichtsbarkeitsabkommen enthalten Regeln über Vergleichsverfahren und Schiedsvergleiche nicht; letztere sind nur in den bilateralen deutschen Abkommen erwähnt, z. B. Art. 14 Abs. 2 des deutsch-griechischen Vollstreckungsvertrages vom 4. 11. 1961, BGBl. 1963 II 110. Zum griechischen Vergleichsschiedsverfahren Klein Considerations 103. sa Pearson-Bericht 136. &4 Pearson-Bericht 137. 1 Diese ist am 14. 9. 1966 eingegangen, ICSID Report 1966/67, 3.

I.

Inkrafttreten und Vertragspartner

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Vertragspartner des WBA können nach Art. 67 Satz 1 alle Mitgliedstaaten der Weltbank sein2• Staaten, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, müssen vom Verwaltungsrat des Zentrums mit 2/a-Mehrheit zur Unterzeichnung eingeladen werden und mindestens Vertragspartner der Satzung des IGH sein, Art. 67 Satz 2. Diese letzte Bestimmung ist bisher nur für die Schweiz aktuell geworden, Einladungsbeschluß v. 2. 2. 19673 • Vertragspartner des WBA4 sind die Industrieländer Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Finnland, Frankreich, Island, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Schweden, Schweiz, Großbritannien und Nordirland, die Vereinigten Staaten von Amerika und Japan sowie die Entwicklungsländer Griechenland, Jugoslawien und Zypern in Europa, Guayana, Jamaika und Trinidad und Tobago in Amerika, Afghanistan, Ceylon, China (Taiwan), Indonesien, Korea, Malaysia, Nepal, Pakistan, Singapur in Asien und Botsuana, Burundi, Dahome, Elfenbeinküste, Gabun, Ghana, Guinea, Kamerun, Kenia, Kongo (Brazzaville), Kongo (Kinshasa), Lesotho, Liberia, Madagaskar, Malawi, Marokko, Mauretanien, Mauritius, Niger, Nigeria, Obervolta, Sambia, Senegal, Sierra Leone, Somalia, Swasiland, Togo, Tschad, Tunesien, Uganda und die Zentralafrikanische Republik in Afrika. Trotz dieser großen Zahl von Vertragspartnern fehlen, wenn man einmal von den ohnehin durch das WBA nicht angesprochenen Ostblockstaaten (mit Ausnahme von Jugoslawien) absieht, eine Anzahl wichtiger Staaten: und zwar unter den Industrieländern Irland und Neuseeland, die das Abkommen jedoch wenigstens schon unterzeichnet haben, ferner die ehemaligen britischen Dominions Kanada, Australien und Südafrika und unter den Entwicklungsländern die Iberische Halbinsel, die Türkei, fast ganz Latein-Amerika5 , Indien und Hinterindien sowie Vorder-Asien 2 Fischer VfgRÜbersee 1968, 262, 276, zählt auch die Weltbank zu den Vertragspartnern; auf die Weltbank sind aber die meisten Vorschriften des WBA, insbesondere auch Art. 67 ff., nicht anwendbar, so daß sie mindestens einen eigenen Status im Rahmen des Abkommens als vom WBA vielfach berührte Institution und Depotstelle für Erklärungen zum Abkommen (Art. 73 Satz 1) hat, so wohl auch Berger AWD 1965, 434, 437. 3 AC (IM)/RES/5, ICSID Report 1966/67, 16. 4 Nachweise ICSID Report 1970171, 6, BGBl. 1969 II 1191, 1551, 1970 II 112, 790, 1322, 1971 II 845, 1140; s. auch die Tabelle bei Stein-Jonas-Schlosser Anh. zu § 1044 C. Zu den Gründen des Beitritts nach wirtschaftlichen und geographischen Gruppierungen Siorat Investissements 59, 93 ff. 5 Zu den Gründen für den Nichtbeitritt der südamerikanischen Staaten Broches Investissements 105 f.

Einl. : B. Das WBA in der internationalen Rechtsentwicklung

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und Nordafrika, nämlich die arabischen Staaten mit Ausnahme von Marokko und Tunesien. Besonders die Lücken unter den Entwicklungsländern geben Anlaß zum Nachdenken; erst wenn auch südamerikanische und weitere arabische Staaten dem WBA beigetreten sind, wird man von der Zusammensetzung der Vertragspartner her von einer weltweiten Bedeutung sprechen können. Eine Anwendung des WBA auf der Grundlage einzelner Verträge zwischen Investoren und Entwicklungsländern ohne einen Beitritt beider betroffenen Staaten zu dE:m Abkommen selbst ist während der Verhandlungen über das WBA mehrfach erörtert worden 6 • Auf keinen Fall wären auf Schiedssprüche, die nicht zwischen (Unternehmen aus) Vertragspartnern des WBA zustandegekommen sind, die Abkommensregeln über Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen anzuwenden, Art. 54 f.1. Im übrigen bestehen keine Bedenken dagegen, den Verwaltungsapparat des Weltbankzentrums aufgrund eines besonderen Auftrages der Weltbank auch für Streitigkeiten zwischen Parteien zur Verfügung zu stellen, die bzw . deren Staat nicht zu den Vertragspartnern des WBA gehören, vor allem dann, wenn wenigstens eine der streitenden Parteien die Zuständigkeit des Zentrums in Anspruch nehmen könnte8 • II. Verhältnis des Weltbankübereinkommens zu anderen völkerrechtlichen Verträgen Im Verhältnis zu multilateralen Abkommen können materiellrechtliche Kollisionen nicht auftreten, weil es derzeit keine allgemeinen derartigen Schutzbestimmungen für Auslandsinvestitionen gibt und Art. 42 gerade ggf. die Anwendbarkeit solcher (späteren) Bestimmungen sicherstellt. WBA-Mat. II, S. 82, 90 ff., 255, 294, 406. Dafür kann aber z. B. das UNAbk. Anwendung finden. Eine analoge Anwendung des WBA (auch auf Schieds- oder Vollstreckungsverfahren, die nicht Investitionsstreitigkeiten i. S. d. Art. 25 WBA zum Gegenstand haben) dürfte nur insoweit in Frage kommen, als im WBA allgemeine Fortschritte in der Entwicklung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zum Ausdruck gekommen sind, wie hinsichtlich des Vorranges der Parteifreiheit, den auch schon das UNAbk. generell festlegt. Jedenfalls ist insoweit aber Vorsicht angebracht, da das WBA besondere Verhältnisse regelt und der Beitritt eines Staates nicht notwendig dessen Bereitschaft zur allgemeinen Anerkennung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und z. B. der Schiedsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts bedeutet (anders möglicherweise Reuter Investissements 9, 17). s Die grundsätzliche Bereitschaft des ICSID zum Tätigwerden auch in solchen Fällen ist in ICSID Report 1969170, 5 erklärt. Eine völkerrechtliche Verpflichtung des Weltbankzentrums, seine Einrichtungen auch in derartigen Fällen zur Verfügung zu stellen, besteht jedoch ebensowenig wie irgendeine Wirkung derartiger Verfahren zugunsten oder zu Lasten von Vertragspartnern des WBA nach diesem Abkommen . 6

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III. Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz

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Im Verhältnis zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit geht das WBA dem UN- und dem EurAbk. schon deshalb vor, weil beide Abkommen nur Geltung beanspruchen, soweit keine anderen völkerrechtlichen Verträge vorliegen, Art. 7 Abs. 1 UNAbk., 10 Abs. 7 EurAbk. , und das WBA grundsätzlich schiedsfreundlichere Regelungen enthält. Im übrigen handelt es sich beim WBA um eine Spezialregelung, die allgemeinen Schiedsgerichtsbarkeitsabkommen schon nach generellen Grundsätzen vorgeht9 • Das schließt jedoch die Heranziehung solcher Abkommen bei Lücken des WBA nicht aus. Bilateralen Abkommen über Investitionsschutz oder wirtschaftliche Zusammenarbeit verhilft Art. 42 in der Regel gerade zur Anwendung. Die in diesen Abkommen enthaltenen Schiedsgerichtsbestimmungen für Streitigkeiten der Vertragspartner untereinander, z. B. Art. 11 des deutsch-ghanesischen Vertrags vom 11. 4. 1967, werfen freilich das Problem auf, ob solche völkerrechtlichen Schiedsverfahren auch nach Inkrafttreten des WBA für beide Vertragspartner noch möglich sind, weil sie ggf. eine unzulässige Geltendmachung von völkerrechtlichen Ansprüchen i. S. d. Art. 27 Abs. 1 WBA darstellen'". Mangels eines eindeutigen Spezialverhältnisses11 zugunsten des WBA erscheint es hier geboten, allein auf die zeitliche Reihenfolge des Inkrafttretens von WBA und bilateralem Vertrag abzustellen: Nur jeweils die spätere Bestimmung kann gelten, falls die Voraussetzungen beider Normen erfüllt sind, also auch ein Schiedsvertrag n ach dem WBA abgeschlossen wurde; die spätere Norm ist aber für die BRD bisher meist das WBA. 111. Vereinbarkcit des Übereinkommens mit dem Grundgesetz

Das WBA wirft einige verfassungsrechtliche Probleme für die Mitgliedstaaten auf, von denen die wichtigsten bei den Vorarbeiten für das Abkommen eine - vor allem aus südamerikanischer Sicht - erhebliche Rolle gespielt haben, und zwar das Verhältnis der Schiedsgerichtsbarkeit des Weltbankzentrums zur nationalen Gerichtsbarkeit, der vielfach die ausschließliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Staatsakten zusteht12, die Bestimmheit der Ermächtigungsnormen des Art. 613 und die Ebenso Arnold NJW 1970, 1478, 1482 N. 39. So Berger A WD 1965, 434, 443. Eine ausdrückliche Regelung dieses Problems für die ERD trifft mit Vorrang des WBA bisher nur Art. 11 Abs. 6 des Investitionsförderungsvertrages mit der Elfenbeinküste, BGBl. 1966 II 61. 11 a. A. Alenfeld Investitionsförderungsverträge 168 N. 28 (zwingender Vorrang des Schiedsvertrages des Investors), der nicht beachtet, daß Partner eines multilateralen Abkommens ihre Verpflichtungen zueinander in späteren bilateralen Verträgen abweichend regeln können. S. auch ICSID/6, Model Clauses (Investitionsschutzverträge) A III ("may decline"). 12 Ribeiro aus der Sicht Brasiliens WBA-Mat. II 306, Espinosa für Venezuela WBA-Mat. II 309. 13 Espinosa WBA-Mat. II 356. 9

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Einl.: C. Geltungsbereich des WBA

Frage der Ungleichbehandlung von In- und Ausländern hinsichtlich von Investitionen14• An dieser Stelle können derartige Verfassungsfragen für die verschiedenen Staaten nicht behandelt werden; doch soll wenigstens die entsprechende Problematik für die Bundesrepublik kurz erörtert werden. In jedem Rechtsstreit, in dem ein Verfahren oder ein Schiedsspruch des Weltbankzentrums im Rahmen der Vorfragen einer Entscheidung oder z. B. wegen möglicher Rechtshängigkeit, Rechtskraftwirkung (Anerkennung) oder Vollstreckbarerklärung eine Rolle spielt, ist vorweg zu klären, ob das WBA in der Bundesrepublik geltendes Recht geworden ist. Kommt ein Gericht in einem solchen Verfahren zur Ansicht, daß das WBA eine Vorschrift des GG verletzt, so hat es die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit des deutschen Zustimmungsgesetzes zum WBA nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG einzuholen. Dieses Gericht entscheidet auch über Verfassungsbeschwerden, die damit begründet werden, ein deutscher Gerichtsspruch habe unter Verstoß gegen Grundrechtsbestimmungen oder Art. 101 GG zu Unrecht die Gültigkeit des (Zustimmungsgesetzes zum) WBA angenommen. Unmittelbar gegen Schiedssprüche oder sonstige Entscheidungen des Weltbankzentrums ist dagegen kein Rechtsbehelf nach deutschem Recht möglich, weil es sich nicht um einen Akt deutscher öffentlicher Gewalt handelt, die Art. 19 Abs. 4, 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG fordern 15, und im übrigen Art. 53 WBA eine Anfechtung von Schiedssprüchen außer nach Art. 49-52 ausschließt. Diese Vorschrift steht einem der oben erwähnten Verfahren vor dem BVerfG nicht entgegen, da diese Verfahren sich nicht gegen einen Spruch des Zentrums, sondern entweder gegen eine deutsche Entscheidung, die sich nur mit einem Spruch des Zentrums beschäftigt, oder gegen das WBA als solches richten, nicht dagegen unmittelbar gegen einen Schiedsspruch. An der völkerrechtlichen Verbindlichkeit des WBA für die BRD könnte allerdings auch eine Entscheidung des BVerfG nichts ändern. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des WBA können sich aus Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 2 Satz 2, 80 Abs. 1 Satz 2, 92, 101 GG ergeben. Dabei ist die Frage des gesetzlichen Richters, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, verhältnismäßig einfach zu beantworten, weil der gesetzliche Richter des Anerkennungsund Vollstreckungsverfahrens von Art. 2 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 des deutschen Zustimmungsgesetzes eindeutig bestimmt wird und Art. 101 GG nicht zusichert, daß ein Rechtsstreit überhaupt vor einen Richter kommen kann 16• Dütz17 leitet eine Gewährleistung umfassenden gerichtlichen Rechtsschutzes für den privatrechtliehen Bereich aus dem Rechtsstaatsprinzip ab. Zumindest da, wo der Staat Partei eines Rechtsstreits ist (wie beim WBA) und wo privatrechtliche Streitigkeiten daher nur Randerscheinungen sein können, ist aus der Sicht des GG Art. 19 Abs. 4 als konkrete Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips der allein zutreffende Ausgangspunkt. Selbst wenn man aus Art. 19 Abs. 4 GG nicht den Schluß ziehen wollte, daß sich aus der Sicherung des Ribeiro WBA-Mat. II 306, Barboza (Argentinien) WBA-Mat. II 308. Schmidt-Bleibtreu-Klein 2. Aufl. Randn. 20 zu Art. 19 GG, BVerfG 1, 10 f. zu § 90 BVerfGG. 18 Dütz Gerichtsschutz 73 f., Weidemann Schiedsgerichtsbarkeit 56. 1 7 Gerichtsschutz 115. 14

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III. Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz

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Rechtsweges gegen die öffentliche Gewalt ergibt, daß Privatrechtsschutz gerade nicht umfassend verfassungsrechtlich gesichert istl 8 , kann ferner aus einem so allgemeinen Prinzip wie dem der Rechtsstaatlichkeit jedenfalls kein zwingender allgemeiner Gerichtsschutz abgeleitet werden. Auch Dütz 19 nimmt daher die Möglichkeit eines Verzichts auf den Gerichtsschutz durch Abschluß eines Schiedsvertrags an. Art. 19 Abs. 4 GG bestimmt, daß gegen jeden Akt der deutschen öffentlichen Gewalt ein Rechtsweg eröffnet sein muß. Bei Investitionen deutscher Unternehmen im Ausland können nur ausländische Hoheitsakte zum Schiedsverfahren vor dem Zentrum führen, so daß insoweit Art. 19 Abs. 4 GG keine Rolle spielen kann. Für deutsche Hoheitsakte gegenüber ausländischen Investoren20, also für deutsche Gesetze, etwa Legalenteigungen21 , vor allem aber für deutsche Verwaltungsakte wie Einzelfallentscheidungen, schließt dagegen das WBA wenn nicht notwendig jede - vgl. Art. 26 WBA - so doch die letztlich entscheidende Kontrolle durch ein deutsches Gericht bei Vorliegen eines entsprechenden Schiedsvertrages aus, falls sich mindestens eine der Parteien auf den Abschluß eines Schiedsvertrages beruft. Dadurch könnte Art. 19 Abs. 4, der auch für Ausländer gilt, aber auch Art. 92 Satz 1 GG verletzt sein, weil die Schiedsrichter des Weltbankzentrums nicht ohne weiteres Richter i. S. d. GG sind, die Entscheidung über Investitionsstreitigkeiten aber Rechtsprechung ist. Was zunächst Art. 19 Abs. 4 GG anlangt, so erscheint es entscheidend, daß der ausländische Investor nur dann den Schutz dieser Vorschrift verliert, wenn er freiwillig einen Schiedsvertrag mit Zuständigkeit des Weltbankzentrums abschließt. Zumindest auf verfahrensrechtliche Grundrechte kann besonders dann verzichtet werden 22, wenn erst auf Grund eines solchen Verzichts eine auch und gerade aus der Sicht des Verzichtenden unparteiische und objektive Entscheidung eines Rechtsstreits gegenüber der öffentlichen Gewa lt erreicht werden kann. Außerdem muß sich, damit dieser Verzicht in einem konkreten Gerichtsverfahren seine volle Wirkung entfalten kann, mindestens eine Partei darauf berufen. Das wird die deutsche öffentliche Gewalt, die grundsätzlich auf Beschreitung der Rechtswege des deutschen Rechts bestehen dürfte, kaum tun. Beruft sich aber der Investor auf den Schiedsvertrag, so verzichtet er damit ein zweites Mal auf die ordentliche Gerichtsbarkeit. Der Begriff der Rechtsprechung i. S. d. Art. 92 GG23 ist bisher dogmatisch nicht bis in alle Einzelheiten geklärt. Zutreffend bestimmt daher das BVerfG 18 So aber zutreffend Lerche ZZP 78, 1, 7 ff., der dafür eine Erweiterung des Gedankens des Art. 19 Abs. 4 GG auch auf Fiskalhandeln erwägt. 19 Gerichtsschutz 238 ff. 20 Derentwegen wurde zwar das WBA nicht abgeschlossen; es erstreckt sich aber auch auf sie, weil es - wie die deutschen Investitionsschutzabkommen - zur Vermeidung von Diskriminierungen keine Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsland macht. Ob das WBA insoweit praktisch bedeutsam werden wird, betrifft die Verfassungsproblematik, die für das GG nur bei Investitionen in der BRD auftreten kann, allenfalls am Rande. 21 Soweit man die Gesetzgebung unter Art. 19 Abs. 4 fallen läßt, so MaunzDürig-Jesch Rn. 18, Hamann-Lenz 3. Aufl. Anm. 14 zu Art. 19 (Abs. 4) GG, a. A. BVerfG 24, 33, 49, Schmidt-Bleibtreu-Klein 2. Aufl. Rn. 26. 22 So auch Weidemann Schiedsgerichtsbarkeit 103. 23 Dazu neuestens Dütz Gerichtsschutz 87 ff.

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Einl.: C. Geltungsbereich des WBA

den Begriff aus dem Sinnzusammenhang des GG, aber auch historisch 2\ so daß die bei Inkrafttreten des GG unangefochten bestehende Möglichkeit, ein Schiedsverfahren durchzuführen, nicht an Art. 92 GG scheitern sollte25 • Zweifelhafter ist dies Ergebnis für Schiedsgerichtsbarkeit in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten, besonders aber bei Angriffen von Privatpersonen gegen deutsche Hoheitsakte26 • Das WBA erfaßt aber mindestens auch solche Angriffe. Hier kann einmal versucht werden, vom Schutzgedanken des Art. 92 GG her zu argumentieren. Dieser liegt nicht in erster Linie in einer Wahrung der Zuständigkeit der dritten, richterlichen Gewalt, sondern im Interesse des Bürgers27 in der Sicherung einer Gewaltenteilung, Art. 20 Abs. 2, 3 GG 28; d. h., weder Verwaltungs- noch Gesetzgebungsorgane dürfen Rechtsprechungsaufgaben wahrnehmen. Die Unabhängigkeit der Schiedsrichter gerade auch von Verwaltung oder Gesetzgebung wird aber vom WBA besonders betont, Art. 14, 40. Wenn mittelbar auch der Gesetzgeber und die Verwaltung vor einer Überprüfung von Hoheitsakten durch andere als vom Staat eingesetzte Richter geschützt werden, so entfallen Bedenken in dieser Richtung mindestens dann, wenn - wie hier - der deutsche Gesetzgeber29 durch Ratifikation des WBA generell auf den unbedingten Schutz durch deutsche Rechtsprechung verzichtet hat30 und zusätzlich im Einzelfall noch ein besonderer Schiedsvertrag der deutschen öffentlichen Gewalt mit dem ausländischen Investor vorliegen muß, wenn die deutsche Rechtsprechung von der Entscheidung des Rechtsstreits ausgeschlossen sein soll. Zweifelhaft aus der Sicht des Art. 92 GG ist nur, ob der Staat auch darauf verzichten kann, daß seine Gerichte wenigstens die Kompetenz des Schiedsgerichts nachprüfen (Art. 54 Abs. 1 WBA). Hier ist von entscheidender Bedeutung, daß die Zuständigkeit des Weltbankzentrums ausschließlich Sachverhalte mit Auslandsberührung umfaßt, also im hier interessierenden Zusammenhang31 das Verhältnis deutscher öffentlicher Gewalt zu Ausländern. Eine völkerrechtliche Gerichtsbarkeit über deutsche Hoheitsakte wird wegen Art. 24 Abs. 3, 25 GG durch Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 2, 3, 92 GG nicht ausgeschlossen. Zumindest gewichtige Berührungspunkte - Art. 27 WBA - mit völkerrechtlicher Durchsetzung weist aber das WBA auf32 • Schließlich bedeutet Art. 55 WBA, daß jedenfalls über BVerfG 22, 49, 73 ff., 76, 78. Dütz Gerichtsschutz 241. 26 Weidemann (Schiedsgerichtsbarkeit 119) schließt insoweit grundsätzlich eine verwaltungsrechtliche Schiedsgerichtsbarkeit aus. 27 BVerfG 22, 49, 77. 28 Schmidt-Bleibtreu-Klein 2. Aufi. Rn. 1 zu Art. 92 GG. 2u Die Argumente von Weidemann (Schiedsgerichtsbarkeit 119) betreffen die Situation, die ohne eine Entscheidung des Gesetzgebers zugunsten einer konkreten Schiedsgerichtsbarkeitseinrichtung über § 168 Abs. 1 Nr. 5 VwGO hinaus besteht. 30 Zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers beim Rechtsprechungsbegriff BVerfG 22, 49, 78. 31 Also nur insoweit, als ohne das WBA eine deutsche gerichtliche (internationale) Zuständigkeit gegeben wäre. 32 s. Schluß A. Art. 24 Abs. 3 GG beschränkt sich allerdings ausdrücklich auf zwischenstaatliche Streitigkeiten, so daß Verfahren mit Beteiligung von Privatpersonen nicht unmittelbar darunter fallen, v. Mangoldt-Klein Anm. V 2 b, Maunz-Dürig Rn. 31, N. 6 zu Art. 24 GG. 24 25

III. Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz

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die Möglichkeit der Berufung auf Immunität des Staates die wesentlichen öffentlichen Interessen gewahrt sind. Die sich auf das gesamte WBA erstreckende Ungteichbehandtung von Inund Ausländern bei Investitionen, Art. 3 Abs. 1, Abs. 3 GG, ist schon deswegen nicht problematisch, weil ein sachlich gerechtfertigter Grund33 für die Unterscheidung im Gedanken der nationalen Solidarität vorliegt34 • Bedenken sind schließlich gegen eine einzelne Vorschrift des Abkommens, nämlich Art. 6 Abs. 1 c, d WBA35 geäußert worden, weil diese Vorschrift die Ermächtigung des Verwaltungsrates zum Erlaß von Verfahrensordnungen bei entsprechender Heranziehung des Art. 80 GG nicht genügend konkretisiere36. Hiergegen ist anzuführen, daß Art. 80 GG, von dem hier nur Abs. 1 Satz 2 in Frage kommt, zum Schutze des Bürgers und des Parlaments als Vertretung der Staatsbürger vor Eingriffen durch die Verwaltung gedacht ist, die vom Verwaltungsrat erlassenen Verfahrensordnungen aber kaum in Rechte eingreifen können. Die Verfahrensordnungen für Vergleichs- und Schiedsverfahren gelten ohnehin nur subsidiär, also wenn die Parteien nichts anderes bestimmen, und dann ggf. in der Fassung, die zur Zeit des Abschlusses eines Schiedsvertrages in Kraft ist, Art. 33, 44. Ferner sind beide Verfahren im WBA selbst so ausführlich geregelt, daß die Verfahrensordnungen i. w. nur zur Durchführung der Abkommensbestimmungen dienen können. Die Ermächtigung zum Erlaß der Verfahrenseinleitungsordnung ist in Zusammenhang mit Art. 28 Abs. 2, 36 Abs. 2 zu sehen, welche die Aufgaben dieser Verfahrensordnung in den Grundzügen umschreiben und im übrigen eindeutige Anhaltspunkte für den rein "technischen" Charakter37 dieser Ordnung ergeben. Bedenklich wäre es allerdings, wenn man aus Art. 6 Abs. 3 eine generelle Ermächtigung zum Erlaß von abkommensergänzenden Verordnungen ableiten wollte38• Da der Wortlaut d er Vorschrift für eine derartige Auslegung aber keine Grundlage bietet und außerdem die Ermächtigungen in Art. 6 Abs. 1 ausreichen, ist Art. 6 Abs. 3 auf Einzelmaßnahmen ohne materiellen Gesetzescharakter zu beschränken und daher aus der Sicht des Art. 80 GG unproblematisch. Schließlich ist zu erwägen, ob Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG (der ohnehin für völkerrechtliche Abkommen allenfalls entsprechend gelten kann, wie sich aus Abs. 1 Satz 1 ergibt) bei Zustimmungsgesetzen zu völkerrechtlichen Verträgen nicht überhaupt nur für schwer e Verstöße heranzuziehen ist. Der deutsche Gesetzgeber hat hier nur die Möglichkeit zur Zustimmung oder Ablehnung, nicht aber zu einer Änderung des Abkommenstextes. Die Funktionen des Art. 80 GG (in entsprechender Anwendung) können daher ohnehin nur eingeschränkt und unter Abwägung der Vor- und Nachteile des Beitritts zu einem Abkommen insgesa mt erfüllt w erden. Die Ermä chtigungsnormen des WBA sind somit hinreichend bestimmt. Darauf stellt das BVerfG regelmäßig ab, vgl. z. B. E 22, 163, 168. Seidl-Hohenveldern Investitionen 20. 35 Richtiger wohl b und c, vor allem aber Abs. 3. :w Berger A WD 1965, 434, 436. 37 Das gleiche gilt für die FR. 38 Eine Änderung des WBA durch Verordnung ist wegen Art. 66 Abs. 1 nicht möglich ; zur Abgr en zung Berger AWD 1965, 434, 436. 33 34

3 Pirrung

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Einl.: D. Das Weltbankzentrum

Damit bestehen mindestens vom deutschen Verfassungsrecht her keine entscheidenden Probleme hinsichtlich der Wirksamkeit des WBA.

D. Stellung und Organisation des Weltbankzentrums1 Nach der Präambel soll das WBA unter Anlehnung an die Organisation der Weltbank der Schaffung einer internationalen Schiedseinrichtung zur Förderung von privaten Auslandsinvestitionen dienen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe wird durch das Abkommen eine besondere Institution gegründet, das internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, ICSID, Art. 1 Abs. 1, das wie der Ständige Schiedshof in Den Haag2 nicht selbst als Schiedsgericht tätig wird, sondern nur den Rahmen für ad-hoc-Schiedsverfahren mit vom ICSID unabhängigen Schiedsrichtern darstellt. Das Zentrum hat seinen Sitz an gleicher Stelle wie die Weltbank, also in Washington, Art. 2 Satz 1 WBA, Art. V Abschnitt 9 a IBRD-Abk. Es hat völkerrechtliche RechtspersönlichkeW, Art. 18 Satz 1. Vertreten durch den Generalsekretär, Art. 11 Satz 1, kann es insbesondere Verträge abschließen, Vermögen jeder Art erwerben und darüber verfügen und ist vor Gericht parteifähig, Art. 18 Satz 2. Das Zentrum, seine Mitglieder und die Verfahrensbeteiligten genießen völkerrechtliche Immunitäten, die Art. 20 ff. im einzelnen aufzählen. Es hat gern. Art. 3 Satz 1 einen Verwaltungsrat, Art. 4 ff. , und ein Sekretariat, Art. 9 ff. Es wird grundsätzlich durch die Vertragsstaaten finanziert, Art.17; derzeit stammen seine Verwaltungsmittel aber noch ausschließlich von der Weltbank4 • Mitglieder des Verwaltungsrates sind je ein Vertreter jedes Vertragsstaates, Art. 4 Abs. 1 Satz 1. Die Staaten werden in der Regel durch die von ihnen für die Weltbank benannten Gouverneure vertreten, Art. 4 Abs. 2, die Bundesrepublik durch den Wirtschafts- und als Stellvertreter den Finanzminister. Vorsitzender des Verwaltungsrats ist von Amts wegen, aber ohne Stimmrecht, der Weltbankpräsident, Art 5 Satz 15 . Der Verwaltungsrat ist Rechtsetzungsorgan des Zentrums, soweit das Abkommen zum Erlaß von Vorschriften er mächtigt, wie Art. 6 Abs. 1 1 Dazu Fischer VfgRÜbersee 1968, 262, 265 ff., Berger AWD 1965, 434, 435 ff., Amadio Contentieux 73 ff. 2 Der als Vorbild diente, Fischer VfgRÜbersee 1968, 262, 275; die Ähnlichkeit betont Guldberg AnnAAA 1966, 98, 112, zum Vergleich beider Institutionen Amadio Contentieux 73 f.; Verbindungen des ICSID zum Ständigen Schiedshof ermöglicht Art. 63 a. 3 Kritisch hierzu Sacerdoti RivDirlntPrivProc. 1969, 614, 629. 4 ICSID Report 1968/69, 18, 1969/70, 19. 5 Zu seinen Aufgaben Amadio Contentieux 79 f .

Einl.: D. Das Weltbankzentrum

35

Satz 1 a, b, c für die Verwaltungs- und Finanzordnung des Zentrums sowie die Verfahrensordnungen für Schieds- und Vergleichsverfahren6 • Im übrigen ist er für den Abschluß von Verträgen des Zentrums, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 d, e, den Haushaltsplan sowie für die Genehmigung des Tätigkeitsberichts des Zentrums zuständig, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 f, g. Art. 6 Abs. 2, Abs. 3 ermächtigt den Verwaltungsrat ferner zu sonstigen für die Durchführung des WBA für erforderlich gehaltenen Maßnahmen. Als besondere Aufgabe hat er nach Art. 10 die Sekretäre zu wählen7 • Der Verwaltungsrat hält mindestens eine Jahrestagung ab, Art. 7 Abs. 1. Soweit nicht, wie z. B. nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2, 7 Abs. 4, 10 Abs. 1 Satz 1, Zweidrittel-Mehrheit erforderlich ist, genügt für Beschlüsse die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, Art. 7 Abs. 2. Jeder Mitgliedstaat hat eine Stimme, Art. 7 Abs. 2 Satz 18 • Das Sekretariat9 setzt sich aus einem Generalsekretär und einem oder mehreren Stellvertretern zusammen, Art. 9, Reg. 7 ff. FR. Diese werden auf Vorschlag des Weltbankpräsidenten als Vorsitzendem vom Verwaltungsrat für höchstens 6 Jahre gewählt, Art. 10 Abs. 1, und sind grundsätzlich hauptamtlich tätig, Art. 10 Abs. 2. Der derzeitige Generalsekretär, der Niederländer Aron Broches, übt sein Amt unbezahlt neben seiner Tätigkeit als General Counsel der Weltbank aus10• Der Generalsekretär ist alleiniger gesetzlicher Vertreter des Zentrums und für die Verwaltung einschließlich Personalanstellung zuständig, Art. 11 Satz 1. Er darf wie sein gesamtes Personal nicht als Mitglied einer Vergleichskommission oder eines Schiedsgerichts tätig werden, Reg. 12 FR. Er hat als Kanzler Registrierungs- und Beurkundungsaufgaben, Art. 11 Satz 2, z. B. nach Art. 36, 49, 54 Abs. 2 Satz 1, s. Reg. 19 ff. FR. Ferner ist er Sekretär des Verwaltungsrats und hat dessen Sitzun6 Nach mit Beschluß v. 2. 2. 1967 (AC (IM)/RES/2, ICSID Report 1966/67, 15) erlassenen vorläufigen Verfahrensordnungen sind seit 1. 1. 1968 auf Grund eines Beschlusses des Verwaltungsrats vom 25. 9. 1967 (AC (1)/RES/7, ICSID Report 1967/68, 16) entsprechende endgültige Verfahrensordnungen in Kraft, und zwar die Verwaltungs- und Finanzordnung (abgekürzt FR), die Verfahrensordnung für die Einleitung von Vergleichs- und Schiedsverfahren (Institution Rules, IR), die Vergleichsordnung (Conciliation Rules, CR) und die Schiedsordnung (Arbitration Rules, AR), sämtlich abgedruckt in ICSID, Regulations and Rules, ICSID/4, deutsche Übersetzung von IR, AR, FR (Auszug) u. Anh. C, D, E. 7 Zu den Kompetenzen des Verwaltungsrates im einzelnen Amadio Contentieux 76 ff., Herger A WD 1965, 434, 436. 8 Zur Entstehung und Bedeutung des Unterschiedes zu den Abstimmungsregeln des IBRD-Abk. (Gewicht der Stimmen je nach der finanziellen Beteiligung der Staaten, was die Industrieländer bevorzugt) Amadio Contentieux 76. 9 Dazu Amadio Contentieux 80 ff. 10 Beschlüsse AC (IM)/RES/1 vom 2. 2. 1967, ICSID Report 1966/67, 15, AC (2)/RES/11 vom 30. 9. 1968, ICSID Report 1968/69, 17.

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Einl.: E. Das Vergleichsverfahren

gen organisatorisch vorzubereiten sowie das Budget des Zentrums zu entwerfen, Reg. 4, 16 FR. E. Oberblick über das Vergleichsverfahren Für das Vergleichsverfahren• gelten die allgemeinen Vorschriften des WBA für Vergleichs- und Schiedsverfahren in Art. 25-27, 56 ff. sowie im besonderen Art. 28-35, FR, IR und CR. Ziel des Verfahrens, für das wenigstens ein gewisses Interesse im Gegensatz zur Schiedsgerichtsbarkeit auch von südamerikanischer Seite aufgebracht wird2 , ist es, eine Klärung der zwischen den Parteien bestehenden Streitfragen und eine für beide Seiten annehmbare Lösung herbeizuführen, Art. 34 Abs. 1 Satz 1, und damit im Interesse der friedlichen Fortführung der Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien ein echtes Streitverfahren wie die Schiedsgerichtsbarkeit zu vermeiden. Es ist im Anklang an die Schieds- und Vergleichsregeln des Ständigen Schiedshofs3 für internationale Streitigkeiten zwischen Staaten und Privatpersonen, Section II 4 und im wesentlichen in parallelen Regelungen zum Schiedsverfahren in Art. 36 ff. WBA ausgestaltet. Ähnelt sich der äußere Rahmen beider Verfahrensarten, so zeigen sich die entscheidenden5 Unterschiede, sobald die Besonderheiten der Aufgaben der Kommission hervortreten, die das Verfahren im Kern flexibel machen und der Freiheit des Ermessens der Kommission, auf welchem Wege sie eine Einigung der Parteien herbeizuführen versuchen will, keine bedeutsamen Grenzen setzen. So gelten die Vorschriften, die beim Schiedsverfahren ausschließen sollen, daß Schiedsrichter nicht den Parteistaaten angehören, Art. 38 Satz 2, 39, wegen der Ausgleichsfunktion der Vergleichskommission nicht. Alle Anhörungen und Ermittlungen der Kommission dienen nicht der Herbeiführung einer unparteiischen Entscheidung, sondern sollen die Parteien selbst zu einer Lösung ihres Streits führen. Ein Erfolg hängt vom freien Entschluß beider Parteien ab, auch zum Erscheinen (Art. 34 Abs. 2 Satz 3), kann also von der Kommission nur in immer neuen Variationen, Art. 34 Abs. 1 Satz 2, den Parteien nahegelegt, nicht aber aufgezwungen werden. Der das Verfahren abschließende Bericht, der ggf. die Einigung 1 Dazu Amadio Contentieux 155 ff.; allgemein zum internationalen Vergleichsverfahren Snyder ColJTrL 1965, 127, 133 ff. 2 Espinosa (Venezuela) WBA-Mat. II 309. 3 Dazu Snyder ColJTrL 1965, 127, 134 ff. 4 Abgedruckt in AJIL 1963, 500 ff.; zum völkerrechtlichen Ausgleichsverfahren Neblett IntLawyer 1969, 332 ff., International Mediation and Conciliation, a Permanent Function. 5 Die Unterschiede erklärt Outrara (AnnAAA 1967/68, 17) für unwesentlich.

Einl.: E. Das Vergleichsverfahren

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zwischen den Parteien enthält, Art. 34 Abs. 2 Satz 1, hat keine über das Vergleichsverfahren hinausgreifende Bedeutung, falls die Parteien nichts anderes vereinbaren, Art. 35, und kann daher auch nicht unmittelbar zu einer Vollstreckung führen. Dafür, daß auch ein zustandegekommener Vergleich nicht durchsetzbar sei6 , läßt sich ein Gegenschluß aus Art. 18 der Schiedsordnung des Ständigen Schiedshofs bei Beteiligung von Privatpersonen (gleiche Bestimmung wie Art. 35 WBA, aber ohne Anführung des "report") und Art. 5 Nr. 2 der Schiedsordnung der IHK (entsprechende Bestimmung, aber beschränkt auf den Vergleichsversuch) sowie aus Abs. VI der Präambel des WBA7 anführen. Eine solche Auslegung entspricht aber nicht dem Sinn des Art. 35, der die Parteien nur vor der Verwertung ihres Verhaltens im Vergleichsverfahren schützen will, wenn ein gerichtsmäßiges Verfahren folgt. Dies kommt aber bei erfolgreichen Vergleichverhandlungen i. d. R. nicht mehr in Betracht, weil ein Vergleich - noch mehr als ein Schiedsspruch - auf der Absicht beider Seiten zur freiwilligen Befolgung beruht. Im Ausnahmefall des Streits über die Wirksamkeit des Vergleichs (Widerruf, Anfechtung8) oder der Nichtbefolgung durch eine Seite erscheint diese nicht schutzwürdig, wenigstens hinsichtlich des Inhalts des Vergleichs selbst. Daher ist der Abschluß eines Schiedsvergleichs als schlüssiger, wenn nicht sogar als unwiderlegbarer Verzicht auf den "Schutz" des Art. 35 und somit i. w. in gleichem Sinn wie die erwähnten Schiedsordnungsbestimmungen zu verstehen 9 • Damit werden zwar weder Vergleich noch Kommissionsbericht VollstreckungstiteP 0, können aber doch Grundlage eines Schiedsspruchs'' - soweit der Schiedsvertrag sich auch auf Streitigkeiten über die Wirksamkeit eines etwaigen Vergleichs erstreckt - oder einer Klage ex contractu vor einem staatlichen Gericht12 sein, dessen Urteil dann vollstreckt werden kann. Der Flexibilität der Kommission entspricht die freie Stellung der Parteien. Diese sind zur Zusammenarbeit mit der Kommission nach 6 So Amadio Contentieux 163 trotz seiner Kritik an der Vorschrift (Bericht kann auch nicht zum Beweis des erfolgreichen Verfahrensabschlusses dienen), Fischer VfgRÜbersee 1968, 262, 290 zu N. 213, wohl auch Guldberg AnnAAA

1966, 98, 113.

7 Verpflichtung zur gebührenden Berücksichtigung der Vermittlerempfehlungen, keine Erwähnung des Vergleichs, dagegen Verpflichtung zur Befolgung des Schiedsspruchs. 8 Dazu neuestens Fritz Baur, Der schiedsrichterliche Vergleich, München

1971, 27 ff.

9 So Broches WBA-Mat. li 787 (allerdings vor Einfügung des "report" in den Abkommenstext) und wohl Sirefman ArbJ 1965, 168, 175 (nur andeutungsweise). 10 Ausgenommen in Fällen, wo besondere Abkommensvorschriften eingreifen wie Art. 14 Abs. 2 des deutsch-griechischen oder Art. 52 Abs. 3 des deutsch-tunesischen Vollstreckungsvertrages (Abdruck bei Stein-Jenas-Schlosser Anh. § 1044 B), die durch Art. 35 WBA nicht verdrängt werden, soweit diese Vorschrift wegen anderweitiger Vereinbarung der Parteien nicht eingreift. II s. 2. T . D. zu N. 78. 12 Baur (N. 8) 52.

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Einl.: F. Methodenbemerkungen

Treu und Glauben, zur Beachtung ihrer Empfehlungen, Art. 34 Abs. 1 Satz 3, aufgerufen. Da das Verfahren sinnlos wird, wenn es auf Zwang beruht, gibt es aber keinen Weg, diese Verpflichtung durchzusetzen. Deshalb ist, abgesehen von den aus formellen Gründen unerläßlichen zwingenden Normen über den äußeren Rahmen und die Einleitung des Verfahrens, Art. 28, FR, IR, und Art. 32 13, die Freiheit der Parteien für die Ausgestaltung des Verfahrens im wesentlichen uneingeschränkt, Art. 33, da Art. 33-35 nur- zumindest praktisch- disponible Normen enthalten. F. Methodenbemerkungen Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, zur Auseinandersetzung mit den Grundfragen des WBA beizutragen; insbesondere bei der Behandlung spezieller Probleme ist daher Vollständigkeit nicht angestrebt. Da das WBA eine Entpolitisierung und damit die Lösung der Investitionsstreitigkeiten von zwischenstaatlichen völkerrechtlichen Verfahren erreichen will, steht die Frage im Mittelpunkt, wie sich die neue Sicht des Verhältnisses Entwicklungsland/Investor als im Prinzip gleichgeordneter freier Parteien eines gerichtsmäßig ausgestatteten Verfahrens auf die Lösung von Zweifelsfragen auswirkt. Bei der Erörterung des WBA ist besondere Klarheit des methodischen Vorgehens erforderlich, da das Abkommen auf der Grenze zwischen internationalem (Zivil-)Prozeßrecht und Völkerrecht steht und demgemäß von beiden Rechtsgebieten in seiner Fassung beeinflußt ist. Unter den anzuwendenden Auslegungsmethoden stehen die sprachliche und die grammatische Auslegung im Vordergrund 1• Jeder Staat, der dem WBA beitritt, ratifiziert es in seinem verbindlichen englischen, französischen und spanischen 2 Wortlaut und ist daher durch diesen 13 Diese Kompetenz-Kompetenz-Vorschrift ist zwingend, aber mangels eines Einflusses des Verfahrens auf die Vertragsstaaten in der Art wie beim Schiedsverfahren nach Art. 53 f. unnötig; sie erklärt sich nur aus dem Ausschluß diplomatischen Schutzes gern. Art. 27 während des Verfahrens und aus dem Bestreben, eine die Zuständigkeit bestreitende Partei ggf. von der mangelnden Berechtigung ihrer Ansicht durch die Stellungnahme der Kommission zu ihrer Kompetenz-Kompetenz zu überzeugen, Amadio Contentieux 160; bedenklich ist die Vorschrift ferner wegen ihres Zusammenhangs mit Art. 25 ff. und des damit verbundenen Ausschlusses von "Vertragshilfe"-Verfahren (renegotiation) als "nichtrechtlichen Streitigkeiten" i. S. d. Art. 25 Abs. 1, was für Vergleichsverfahren kaum paßt, Brandon DirScambiint. 1966, 397, 409; die Haager Vergleichsregeln enthalten in Section li keine entsprechende Vorschrift. 1 Institut de Droit International, Resolution von Granada 1956 II Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Annuaire de !'Institut de Droit International 46 (1956), 358, 359, Bernhardt Auslegung 64, 66. 2 Die Sprachkenntnisse des Verf. schließen eine Beurteilung von Text-

Einl.: F. Methodenbemerkungen

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Text in seiner Bedeutung zur Zeit des Inkrafttretens des WBA3 gebunden. Ergänzend sind systematische Überlegungen anzustellen4 • Hierbei kommt es einmal auf die abkommensimmanente Systematik an, z. B. bei der Behandlung des Verhältnisses verschiedener Abkommensbestimmungen zueinander, etwa der Art. 56 ff. zu Art. 37, 50 ff. Systematische Gesichtspunkte spielen zum anderen bei der Einordnung der Begriffe des WBA in die Terminologie des Völkerrechts und der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit eine Rolle. Dabei ist aus Gründen der Klarheit, Verbindlichkeit und Einheitlichkeit der Begriffsbildung bei jedem Begriff des WBA zu versuchen, ihn in der systematischen Fortentwicklung bisher gebrauchter Begriffe zu verstehen. Damit ist der Weg zur rechtsvergleichenden Interpretation gewiesen: Die Vorschriften des WBA sind nicht für sich zu nehmen, sondern unter Berücksichtigung ihrer Beziehungen zu verwandten Begriffen in internationalen Abkommen 5 und eines Vergleichs mit Normierungen in den bedeutendsten Rechtssystemen, besonders denjenigen der Abkommenspartner, auszulegen. Als letzte der objektiven Methoden ist die teleologische Auslegung einzuordnen, die schwerer nachprüfbar ist, weil häufig mehrere Zwecke einer Regelung denkbar sind, die miteinander konkurrieren können. Sie ist in Zweifelsfällen die letztlich entscheidende Interpretationsmethode: Überzeugen kann eine Auslegung nur, wenn sie den "Geist", die "ratio legis", richtig erfaßt&. Der dem WBA zugrundeliegende Zweck, der aus dem objektiv in ihm zutagegetretenen Willen der Abkommenspartner und damit aus dem Inhalt der Normierungen zu entnehmen ist, ist zu trennen von dem subjektiven, im WBA nicht hervorgetretenen Zweck derjenigen, die an der Erarbeitung des Abkommenstextes mitgearbeitet haben. Wegen des besonderen Weges, auf dem der Text des WBA zustande gekommen isF, kann die subjektive Interpretation keine entscheidende, sondern allenfalls ergänzende Bedeutung haben. differenzen des spanischen gegenüber den englischen und französischen Texten des WBA aus. Zur Bedeutung der Mehrsprachigkeit eines Abkommens für die Auslegung Dölle Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 26 (1961), 4 ff. (vorrangige Berücksichtigung des Urentwurfs, a.a.O. 37 f., ähnlich Seidl-Hohenveldern Völkerrecht Rn. 272 - Arbeitssprache). 3 Bernhardt Auslegung 74 f., Seidl-Hohenveldern Völkerrecht Rn. 245. 4 Institut de Droit Int. a.a.O. (N. 1) Art. 1 Abs. 1 Satz 2. 5 Kritisch zur Heranziehung anderer Verträge Bernhardt Auslegung 88, der aber wenigstens für die Bestimmung des Standes der "internationalen Ordnung" einen Rückgriff auf andere Verträge für zulässig hält. 6 Bernhardt a.a.O. 84 f., vgl. auch 96. 7 s. o. B III 2.

Einl.: F. Methodenbemerkungen

40

Schließlich darf bei jeder Auslegung der Gedanke der Rechtssicherheit nicht übersehen werden, der sich in einem die Praxis des Zentrums8 berücksichtigenden Verständnis der Abkommensnormen niederschlägt9 • Freilich ist das Zentrum bislang kaum im Rahmen von Schiedsverfahren tätig geworden. Wohl aber lassen sich wesentliche Schlüsse für das Selbstverständnis des Abkommens in der Sicht seiner Vertragsstaaten und seiner Organe aus den ergänzenden, z. T. aber auch das WBA interpretierenden Verfahrensordnungen des Zentrums ziehen. Daneben kann - soweit solche Verträge zugänglich sind - die Praxis der Schiedsvertragsabschlüsse berücksichtigt werden, und damit die Aussicht für das Entstehen einer Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit vor dem Zentrum. Besonders bei den zunächst angesprochenen Auslegungsmethoden ist eine Auseinandersetzung mit Literatur und Rechtsprechung unerläßlich. So klar diese Anforderungen bei der Erörterung des WBA sind, so deutlich muß hervorgehoben werden, daß ihnen - derzeit - nur zum Teil genügt werden kann: Zum WBA gibt es noch keine schiedsgerichtliche oder staatliche Rechtsprechung. Entscheidungen, die auf anderen rechtlichen Grundlagen beruhen, können aber nur ergänzend herangezogen werden. Ferner ist es im internationalen Bereich unmöglich, alle literarischen Stellungnahmen heranzuziehen, die - insbesondere rechtsvergleichende - Bedeutung für ein Auslegungsproblem haben; die Auswahl ist begrenzt durch Sprachkenntnisse und Ausstattung der erreichbaren Bibliotheken10• Insoweit kann daher die vorgelegte Arbeit nur einen Versuch darstellen, der annähernd nur in bewußter Beschränkung gelingen kann. Schließlich soll nicht unterlassen werden, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, daß die Anregung zu dieser Untersuchung aus einer Beschäftigung mit Problemen der (privaten) internationalen Schiedsgerichtsbarkeit gekommen ist. Daher stehen die Probleme des WBA im Vordergrund, die sich mit bisher erörterten Fragen im Rahmen der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit berühren. Die Zusammenhänge mit der völkerrechtlichen Schiedsgerichtsbarkeit sind freilich so deutlich, daß sie an keiner Stelle übersehen werden dürfen. Beim Gang der Untersuchung ist zu berücksichtigen, daß hier nur die Schiedsgerichtsbarkeit im engeren Sinne und nicht auch das VergleichsInstitut de Droit Int a.a.O. (N. 1) Art. 2 Abs. 2 b. Soweit die Praxis den Vertragstext verdeutlicht, nicht dagegen bei Abweichungen von klaren Abkommenstexten, Bernhardt Auslegung 171, 174. Zu weiteren (subsidiär) anwendbaren völkerrechtlichen Auslegungsregeln materieller und formeller Art Bernhardt a.a.O. 134 ff., 175 ff. 10 Besonders bedauerlich ist es, daß Verf. die kürzlich erschienene Schrift von Fumio Ikeda, Studien zum WBA nicht verwerten konnte (s. Bem. am Ende des Literaturverzeichnisses). 8

9

Einl.: F. Methodenbemerkungen

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verfahren behandelt wird. Das WBA enthält viele für beide Verfahren geltende Vorschriften, die aus praktischen Gründen vor (Art. 25 ff.) bzw. hinter den nur auf ein Verfahren bezogenen Normen eingeordnet sind (Art. 56 ff.). Diese allgemeinen Abschnitte sind jeweils an der Stelle zu erörtern, an der sie nach dem Ablauf des Schiedsverfahrens bedeutsam werden. Die Untersuchung befaßt sich zunächst mit der für die Beurteilung der Grenzen des Abkommens grundlegenden Problematik der Zuständigkeit des Zentrums (Erster Teil). Danach werden das Verfahren vor dem Schiedsgericht (Zweiter Teil) und Erlaß und Bedeutung des Schiedsspruchs behandelt (Dritter Teil).

ERSTERTEIL

Die Zuständigkeit des Weltbankzentrums Art. 25-27 regeln nach ihrer Kapitelüberschrift "die Zuständigkeit des Zentrums". Das Zentrum bzw. seine Organe Verwaltungsrat, Präsident und Generalsekretär haben keine Rechtsprechungs-, sondern nur Organisationsaufgaben. Wenn die Zuständigkeit durch bestimmte Anforderungen an zu unterbreitende Streitigkeiten umschrieben wird (Vorliegen eines Schiedsvertrages über internationale Investitionsrechtsstreitigkeiten), so kann das nur bedeuten, daß damit die allgemeine Zuständigkeit von Schiedsgerichten und Vergleichskommissionen zur Beilegung von Streitigkeiten gemeint ist, wenn diese Streitbeilegungskörper im Rahmen des WBA gebildet werden sollen1• Schiedsgerichte und Vergleichskommissionen sind nicht echte Organe des Zentrums, weil sie wohl für dieses handeln, es aber nicht vertreten, von ihm unabhängig sind und die einzelnen Schiedsrichter dem Zentrum auch nicht angehören. Die Kapitelüberschrift ist daher nicht (völlig) zutreffend formuliert; dennoch ist von ihr auszugehen: Die Zuständigkeit eines konkreten Schiedsgerichts aus den Schiedsrichtern A, B und C für die Entscheidung eines Rechtsstreits setzt nämlich über diese allgemeinen Anforderungen hinaus voraus, daß im Schiedsvertrag der Parteien (mindestens auch) ein Schiedsverfahren (im engeren Sinn der Art. 36 ff.), nicht nur ein Vergleichsverfahren nach Art. 28 ff. vereinbart ist und daß das Schiedsgericht ordnungsgemäß gebildet wurde, läßt sich also nicht nur nach Art. 25-27 bestimmen. Ob irgendein Schiedsgericht oder eine Vergleichskommission nach dem WBA tätig werden kann, und damit den Tätigkeitsbereich des Zentrums2 , regeln dagegen Art. 25 ff. Mit "Zuständigkeit des Zentrums" ist sachlich also die Zulässigkeit des "Rechtswegs" zu Schiedskörpern des Zentrums gemeint.

1 So zutreffend Fischer VfgRÜbersee 1968, 262, 280; daher für Eingliederung der Art. 25 ff. in das Schiedsverfahren Melchor, Karelle WBA-Mat. li 396, 403 ; der Aufbau des WBA erklärt sich aus praktischen Gründen (Vermeidung von Wiederholungen), Broches WBA- Mat. li 408. 2 Delaume Clunet 1965, 26, 29 N. 10.

I. Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen

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A. Bedeutung der Zuständigkeit des Zentrums I. Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen

Schiedsverfahren vor dem Zentrum schließen grundsätzlich jeden anderen Rechtsbehelf aus, Art. 26 Satz 1. Diese Vorschrift enthält unmittelbar nur eine AuslegungsregeL Das wird häufig3 betont\ um - zutreffend - klarzustellen, daß damit keine generelle Änderung des allgemeinen Völkerrechts (local remedies rule, also Erforderlichkeit der Erschöpfung staatlicher Rechtsbehelfe vor Inanspruchnahme von Völkerrechtsbehelfen5) angestrebt wird. Dabei wird aber nicht genügend b erücksichtigt, daß Schiedsvereinbarungen ohnehin gewöhnlicherweise im Sinne eines Verzichts auf andere Rechtsbehelfe, also wie Art. 26 Satz 1 auszulegen sind6 • Wichtiger ist daher die dieser Interpretationsnorm zugrundeliegende (notwendige) Voraussetzung, daß der einer Unterwerfung entnommene Verzicht auf andere Rechtsbehelfe als wirksam anerkannt wird. Mit dem Abschluß eines Schiedsvertrages7 wird im Interesse schneller StreitbeilegungS ein Verzicht der Parteien auf andere Streitbeilegungsverfahren jeder Art9 außerhalb des Bereichs des Zentrums 10 (widerlegIm Anschluß an Report WBA-Mat. II 1080. So von Pinto HowardLJ 1967, 337, 348, Delaume a.a.O. 37. 5 Dazu Wengier Völkerrecht 653 f., Berber Völkerrecht III 20, Seidl-Hohenveldern Völkerrecht Rn. 1241. 6 So zutreffend Roulet SchweizJbintR 1965, 121, 135 N. 54 (w. Nw. bei Kovar Investissements 25, 50 N. 92). 7 Auch ein Vertrag, der ohne Festlegung auf Vergleichs- oder Schiedsverfahren nur die Zuständigkeit des Zentrums bestimmt oder ein Schiedsverfahren erst nach erfolglosem Durchlaufen eines Vergleichsverfahrens ermöglicht, reicht aus, weil auch dieser bereits eine unmittelbare Zustimmung zum Schiedsverfahren enthält. Für einen Vertrag, der nur die Vereinbarung eines Vergleichsverfahrens enthält, ist zwar nichts Entsprechendes angeordnet, gilt aber sachlich das gleiche, Amadio Contentieux 138. 8 Beghe'Loreti Bancaria 1967, 1340, 1349. 9 Und zwar wegen des bewußt weiten Begriffs Rechtsbehelf, "remedy", was auch einfache Beschwerdemöglichkeiten umfaßt, Wengier Völkerrecht 657 N. 2. Daher sind auch bei Vorliegen eines Schiedsvertrages nach dem WBA z. B. Klagen des einzelnen gegen einen Vertragsstaat nach der MRK ausgeschlossen, Amadio Contentieux 133, dahingestellt bei Lauterpacht Guggenheim-F. 642, 657 N. 34, Reuter Investissements 9, 23 N.17; das hier vertretene Ergebnis ist gerade wegen der Formulierung der Vorschrift als Auslegungsregel unbedenklich, weil der von der MRK ggf. geschützte Investor es in der Hand hat, eine entsprechende, Verfahren nach der MRK doch ermöglichende Vertragsformulierung zu verlangen oder den Abschluß des Schiedsvertrages abzulehnen. Unverständlich ist dagegen die Ansicht von Amadio Contentieux 133, der auch "interne" Schiedsverfahren hierunter aufführt; daß die Parteien über eine Streitigkeit zwei Schiedsverträge abschließen, dürfte kaum vorkommen; jedenfalls kann dann aber nur der letzte Schiedsvertrag wirksam sein, unabhängig davon, ob er zum ICSID führt, weil er jedenfalls den früheren Schiedsvertrag aufhebt, was einverständlich ohne weiteres zulässig ist. 10 Ein Vergleichsverfahren ist auch während des Schiedsverfahrens möglich, 3

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1. Teil: A. Bedeutung der Zuständigkeit des Zentrums

lieh) vermutet. Insbesondere kann nicht Beschreitung der innerstaatlichen Verfahren des Landes, in dem investiert wurde, vor dem Schiedsverfahren des Weltbankzentrums verlangt werden. Auch staatliche Gerichte oder Verwaltungsbehörden, die (in einem Widerspruchsverfahren o. ä.) mit einem Investitionsstreit befaßt werden, haben, wenn sich eine Partei auf einen Schiedsvertrag mit Zuständigkeit des ICSID beruft, diese Auslegungsregel zu beachten und die Parteien ggf. auf den Schiedsweg zum Zentrum zu verweisen''· 12• Das WBA läßt abweichende Erklärungen für Rechtsbehelfe außerhalb des WBA zu. Wegen der zwingenden Natur des Art. 53 (Bindung an den Spruch) und nach Entstehungsgeschichte und Wortlaut des Art. 26 mit deutlichem Bezug zur local remedies rule können solche abweichenden Vereinbarungen sich aber nur auf einen vor einem Schiedsverfahren nach dem WBA zu beschreitenden Verwaltungs- oder Gerichtsweg beziehen. Ein gleichzeitiges Nebeneinander zweier Verfahren mit identischem Streitgegenstand widerspricht d em allgemeinen Prinzip der Rechtshängigkeit13 • Ist ein Spruch des Zentrums ergangen, so kann die diesem zugrundeliegende Streitigkeit nicht mehr von staatlichen Gerichten entschieden werden. Auf die Rechtskraft des Spruches können die Parteien nicht vor 14 oder nach seinem Erlaß verzichten 15, weil Art. 53 nicht zur Disposition der Parteien steht, auch (mittelbar 16) den Staat das dann für die Dauer des Vergleichsverfahrens ausgesetzt wird, Rule 43 AR. 11 So ausdrücklich Art. 2 Abs. 3 UNAbk., vgl. auch Art. 4 Abs. 1 ULA, § 274 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, s. 4 Arbitration Act 1950 (Großbritannien). Für das WBA folgt dies auch ohne ausdrückliche entsprechende Anordnung aus der Wirksamkeit des Verzichts auf andere Rechtsbehelfe. Zum Begriff der Verweisung näher Stein-Jonas-Schlosser Anh. § 1044 A III Anm. IV 2 zu Art. 2, ferner Art. 6 EurAbk., s. Anm. dazu Schlosser a.a.O. A IV. 12 Die ausschließliche Zuständigkeit des ICSID hindert die unterstützende Mitwirkung staatlicher Gerichte im Rahmen des WBA-Verfahrens wie nach § 1036 ZPO, Art. 2 Abs. 2 GProt. nicht. Die Vorschriften können auch bei Schiedsverfahren nach dem WBA anwendbar sein, wobei nur mangelnde Befugnis des Schiedsrichters (die wegen Art. 43 f. kaum je vorliegen dürfte) durch mangelnde Fähigkeit, z. B. wegen zu weiter Entfernung der Wohnung eines Zeugen vom Schiedsverfahrensort, Transportunfähigkeit u. ä. zu ersetzen ist. Zumindest die Gerichte, für welche die erwähnten oder ähnliche Vorschriften gelten, sind bei einem Ersuchen des Schiedsgerichts des WBA zu entsprechender Hilfeleistung verpflichtet. Das WBA enthält allerdings selbst keine Vorschrift hierüber. 13 Amadio Contentieux 134. 14 Eine entsprechende Vereinbarung kann aber eine gemeinsame Aufhebung des Schiedsvertrages darstellen und damit zum Entfallen der Zuständigkeit des Weltbankzentrums führen. 15 Dazu allgemein Schlosser Parteihandeln 12 ff., der i. G. zur h. M. (neuestens Grunsky Grundlagen 436) einen solchen Verzicht auch gegenüber Urteilen für zulässig erklärt; bei Schiedssprüchen, dazu Schlosser a.a.O. 15 f. m. w. Nw., entspricht dies sogar der h. M. in Deutschland. 16 Art. 27, ggf. auch bei Investitionsgarantien.

I. Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen

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des Investors17 und wegen Art. 54 die anderen Vertragsstaaten betrifft und ein Rechtsschutzbedürfnis 18 für eine solche außergewöhnliche Vereinbarung generell nicht besteht: Die Parteien können durch einen neuen materiellrechtlichen Vertrag19 ihr Rechtsverhältnis auch nach Erlaß eines Spruchs und im Gegensatz zu diesem auf eine neue materielle Rechtsgrundlage stellen. Die Parteien können somit vereinbaren, daß vor einer Eröffnung des Weges zur Schiedsgerichtsbarkeit des Zentrums die ohne WBA zulässigen Rechtsbehelfe einzulegen sind, also insbesondere Verwaltungs- und Gerichtswege des Landes, in dem investiert wurde, für den Kläger (erfolglos) beschritten sein müssen oder wenigstens beschritten werden dürfen20 • Hierbei kann auch vereinbart werden, daß nur der Verwaltungsweg21 oder eine gerichtliche Instanz erschöpft sein muß. Die Zulässigkeit abweichender Erklärungen kann im Interesse des Investierenden liegen, der durch eine solche Unterwerfung nicht notwendig die Möglichkeit verlieren soll, im Wege eines ordentlichen Gerichtsverfahrens zum Ziele zu kommen. Auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt der Berufung auf die Zuständigkeit des Zentrums durch den Investor im Verfahren vor den Gerichten des Investitionslandes wird dann die Unterwerfung unter das WBA-Verfahren nicht durch Beschreiten eines staatlichen Gerichtsweges gegenstandslos, während daraus oder aus der Einlassung auf das gerichtliche Verfahren sonst gewöhnlich ein Verzicht auf die Wirkungen des Schiedsvertrages zu entnehmen ist. Art. 26 Satz 2 führt als weitere Möglichkeit an, daß Vertragsstaaten die Erschöpfung ihrer Verwaltungs- und Rechtswege generell zur Bedingung der Zuständigk eit des Zentrums bei Abschluß von S chiedsverträgen für Investitionsstreitigkeiten machen, etwa indem sie entsprechende allgemeine Anordnungen oder Gesetze erlassen22 • Davon kann wieder im einzelnen Fall einverständlich abgesehen werden, so daß nur die Auslegungsregel des Satz 1 in ihr Gegenteil verwandelt wird. Eine solche generelle Abweichung von Satz 1 muß aus Gründen der Klarheit ausdrücklich geschehen, während sich die Vereinbarung der Parteien nach Satz 1 wie jede einfache Willenserklärung auch aus den Umständen ergeben kann, unter denen der Schiedsvertrag geschlossen wurde23 • 17 Völkerrechtliche Streitigkeiten zwischen den beteiligten Staaten stehen von vornherein nicht zur Disposition der Parteien des WBA-Verfahrens. 18 Das Schlosser (Parteihandeln 15 f.) nur bei Urteilen, nicht bei Schiedssprüchen fordert. 19 Der auch etwa unter die Bedingung gestellt werden kann, daß ein bestimmtes Beweismittel zu einem bestimmten Ergebnis führt. 20 Eine gewisse Anpassung an die Calvo-Doktrin, Siorat Investissements 59, 71 ff., die auch aus Abs. 3 der Präambel deutlich wird. 21 Eine besonders die Südamerikanische Interessenlage berücksichtigende Einschränkung, Broches Investissements 110. 22 Auch jederzeit nach dem Beitritt zum Abkommen, aber notwendigerweise spätestens bei Abschluß eines Schiedsvertrages, der staatliche Rechtsbehelfe vorschalten will, Broches Investissements 108. 23 Dagegen fordert Roulet (SchweizJbintR 1965, 121, 135) eine ausdrückliche entsprechende Feststellung im Schiedsvertrag.

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1. Teil: A. Bedeutung der Zuständigkeit des Zentrums

Welches die ggf. zu beschreitenden Rechts- oder Verwaltungswege des Investitionslandes sind, bestimmt sich allein nach dessen Verwaltungs- und Gerichtsorganisation. In der Bundesrepublik etwa würde die Einlegung von Verfassungsbeschwerden gern. § 90 BVerfGG gegen letztinstanzliehe Gerichtsentscheidungen nicht mehr zur Erschöpfung des Rechtsweges gehören, falls nichts Gegenteiliges vereinbart ist. Bedenklich erscheint eine Vorschaltung innerstaatlicher Rechtsschutzwege freilich aus zwei Gründen: Einmal weil so24 eine Überprüfung staatlicher Gerichtsurteile, auch höchster innerstaatlicher Gerichte wie des BGH oder ggf. des BVerfG 25, durch ein Schiedsgericht des Zentrums erforderlich wird, w as wenn nicht zu Geltungs-, so doch zu Autoritätskonflikten26 und Vollstreckungsproblemen27 führen kann, zum anderen weil sich nach Erschöpfung eines innerstaatlichen Rechtsweges das vom WBA ungelöste Problem ergibt, innerhalb welcher Frist nach Erlaß der staatlichen Entscheidung der Antrag des Art. 36 gestellt werden muß:

Fristen können zwar vereinbart oder von dem Staat, der generell Erschöpfung seiner (innerstaatlichen) Rechtsbehelfe fordert, angeor dnet werden; fehlen solche zeitlichen Grenzen, so müßte trotzdem die Einleitung eines Verfa hrens vor dem Zentrum zeitlich beschränkt sein, weil ein Rechtsstreit sonst beliebig in der Schwebe gehalten werden könnte und wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses die im staatlichen Bereich siegreiche Partei nicht selbst das Zentrum zur Überprüfung der Entscheidung der staatlichen Gerichte (oder Verwaltungsbehörden) anrufen kann. Als Grund für die Unzulässigkeit des "Rechtswegs" zum Zentrum käme aber28 nur Verwirkung in Frage, die jedoch schon im deutschen Recht29 ganz enge und über das Verstreichen eines länger en Zeitraumes hinausgehende (Rechtsmißbrauchs-) Voraussetzungen h at3° und r echtsvergleichend kaum als allgemeiner Grund für Klage- oder Rechtsmittelausschluß nachzuweisen sein dürfte31 , so daß (mindestens genaue) zeitliche Grenzen fehlen. Nach Erschöpfung staatlicher Rechtsbehelfe tritt daher u. U. ein für die Rechtssicherheit bedenklicher Zustand ein, den die Parteien von vorneherein durch ausschließliche Vereinbarung der Zuständigkeit des Zentrums vermeiden sollten. 24 Mindestens im Ergebnis, also auch wenn das Schiedsverfahren nicht - wie es zutreffend erscheint - als Rechtsbehelf gegen die gerichtliche Entscheidung, sondern als völlig neues Verfahren (in derselben Sache) angesehen werden sollte. 25 z. B. in Verfahren nach Art. 100 GG. 26 Broches Investissements 109. 27 Schadensersatzansprüche wegen ungerechtfertigter Vollstreckung. 28 Abgesehen von dem Fall, daß die vor dem staatlichen Gericht unterlegene Partei sich mit der Entscheidung abfindet, insbesondere den Anspruch des Siegers freiwillig, also n icht nur zur Vollstreckungsabwendung, erfüllt und damit ihre Beschwer verliert, RG 149, 31, 33 f., Rocco Trattato III 288 f., Vincent Procedure civile 14. Aufl.. 607, Nr. 613. 29 Baumgärtel ZZP 67 (1964), 423 ff., 444 ff. 30 So daß sie im Ergebnis dem oben N. 28 erwähnten Fall des Sichabtindens nahekommen kann. 31 Ähnlich wie in Deutschland wohl im Ansatz (Treu und Glauben) die schweizerische Lösung, Guldener Zivilprozeßrecht 2. Aufl.. 239.

111. Zuständigkeit und Parteifreiheit

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II. Ausschluß diplomatischen Schutzes

Dem Sinn des WBA entsprechend32 schließt Art. 27 im Rahmen der Zuständigkeit des Zentrums diplomatische Schutzmaßnahmen, abgesehen von informellen Schritten zur Förderung einer Streitbeilegung nach Abs. 2, also insbesondere zur Erzielung eines Vergleichs zwischen fremdem Staat und eigenem Staatsangehörigen, aus. Ein Staat darf hiernach zugunsten der eigenen Staatsangehörigen keinerlei völkerrechtliche Zwangsmaßnahmen gegen einen anderen Staat ergreifen oder völkerrechtliche Ansprüche zur Durchsetzung von Rechten eigener Staatsangehöriger vor einem völkerrechtlichen Rechtsprechungsorgan zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Staaten erheben, soweit die Zuständigkeit des Zentrums objektiv (Auslandsinvestitionsstreit) reicht und ein entsprechender Vertrag33 über die Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit34 abgeschlossen ist. Erst wenn der Investitionsstaat den Schiedsspruch, soweit er zugunsten des Investors ergangen ist, nicht freiwillig befolgt und damit das WBA verletzt, dürfen nach Abs. 1 letzte Alternative völkerrechtliche Ansprüche aus dieser Verletzung (im Verfahren des Art. 64) geltend gemacht oder die Möglichkeiten zur Gewährung diplomatischen Schutzes ausgenutzt werden. Damit ist das Schiedsverfahren vor dem ICSID, soweit es zulässig ist, zwingend im Verhältnis zu völkerrechtlichen Verfahren der ausschließliche Weg zur Bereinigung von Auslandsinvestitionsstreitigkeiten, auch im Verhältnis zu (früheren) Schiedsvereinbarungen zwischen Staaten in Investitionsschutzverträgen35, soweit nicht die Verletzung eigener, nicht nur abgeleiteter36 Rechte der Staaten geltend gemacht wird und damit die (mindestens Teil-)Identität der Gegenstände der Verfahren fehlt. 111. Zuständigkeit und Parteifreiheit

Wie jedes Schiedsverfahren beruht auch die Erledigung von Streitigkeiten im Rahmen des Weltbankzentrums entscheidend auf dem freien Entschluß der Parteien, sich einem Verfahren vor einem Schiedsgericht 32 Amadio (Contentieux 135) betont die Verwandtschaft der Regelung mit Gedanken der Calvo-Klausel. 33 Insoweit ist der deutsche Text undeutlich, der auch eine einverständliche Unterwerfungsabsicht genügen zu lassen scheint; aus dem engl. Text ergibt sich, daß mindestens eine beiderseitige Unterwerfung zukünftiger Rechtsstreitigkeiten unter die Zuständigkeit des Zentrums vorliegen muß. 34 Amadio (Contentieux 139) wendet (ausdrücklich: nur) Abs. 1 der Vorschrift im Ergebnis analog auf Vergleichsverfahren an; in die gleiche Richtung zielt die Forderung Reuters Investissements 9, 23. 35 s. Einl. C II. 36 Amadio Contentieux 137; zur "subrogation" s. 1. T. E I 3.

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1. Teil: A. Bedeutung der Zuständigkeit des Zentrums

zu unterwerfen, Art. 25 Abs. 137• Zu erörtern ist an dieser Stelle nur, welches die allgemeinen Grenzen der Parteifreiheit sind, wenn ein Schiedsvertrag mit vereinbarter Zuständigkeit des Zentrums abgeschlossen wird. Art. 25 enthält neben subjektiven, von den Parteien beeinflußbaren Elementen (Vertragsabschluß, Vereinbarung über ausländischen Status wegen ausländischer Kontrolle einer juristischen Person, Abs. 2 b) am Ende) auch objektive Zuständigkeitsvoraussetzungen (wie die Anforderungen an die Staatsangehörigkeit der Parteien und den Begriff Investitionsstreit). Das Verhältnis beider Arten von Zuständigkeitsvoraussetzungen zueinander bedar f genauerer Untersuchung, insbesondere die Frage, ob sich aus der Vertragsfreiheit der Parteien Möglichkeiten ergeben, auch auf objektive Zuständigkeitselemente einzuwirken, obwohl das WBA sie hierzu nicht (ausdrücklich) ermächtigt38 • Die grundlegende Problematik besteht darin, ob der Schiedsvertrag ein "schrankenloser" im Sinne der Terminologie der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit39 sein kann, d. h . ob die Parteien ihren Schiedsvertrag außerhalb des Anwendungsbereichs irgendeines Rechts stellen können. Eine solche Lösung der Schiedsverfahren vom (staatlichen) Recht hat man wegen der in den meisten Ländern bestehenden erheblichen Beschränkungen der Schiedsgerichtsbarkeit (besonders durch weitgehende gerichtliche Überprüfung im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens) im Wege einer "Internationalisierung" der Schiedsverfahren zu finden versucht40 • Ein entsprechendes Bedürfnis besteht zwar beim WBA wegen des Ausschlusses der Überprüfung eines Schiedsspruchs des ICSID durch staatliche Gerichte (Art. 53 f.) nicht in gleichem Maße wie in der sonstigen (internationalen) Schiedsgerichtsbarkeit; daher hat diese Problematik nicht die gleiche praktische Bedeutung wie dort. Gerade wegen der fehlenden Überprüfungsmöglichkeit durch staatliche Gerichte ist die Behandlung der Schrankenprobleme aber wichtig für die Erkenntnis der theoretischen Grundlagen des WBA. Die Bestimmung der Schranken der Parteifreiheit hat nicht nur für die Zuständigkeitsregeln Bedeutung, sondern für alle Bereiche des Schiedsverfahrens, auf die sich Parteivereinbarungen beziehen können, also neben dem Schiedsvertrag für die Bildung des Schiedsgerichts, das Schiedsverfahren, die Bestimmung des für die Entscheidung der Streitsache maßgeblichen materiellen Rechts und die Wirkungen des Schiedsspruchs. Da die Beantwortung der Frage der Schrankenlosigkeit für den Schiedsvertrag in umfassender Weise geklärt ist, wenn sich eine das gesamte WBA erfassende Lösung erreichen läßt, ist diese zunächst zu versuchen. Dabei ist allerdings alsbald eine grundlegende Einschränkung zu machen : Es geht nur um die Prüfung der P arteifreiheit im Zusammenhang mit dem WBA ; ob "schrankenlose" Vereinbarungen bei sonstigen internationalen In37 "Consent of the parties is the cornerstone of the jurisdiction of the Centre", Report WBA-Mat. II 1077. 38 So nimmt z. B. Fischer (VfgRÜbersee 1968, 242, 291) an, die Parteien könnten für den Investitionsbegriff und die Bestimmung der Staatsangehörigkeit von Gesellschaften für den Schiedsrichter bindende allgemeine Grundsätze festlegen. 39 Münzberg Schranken passim, besonders 36 ff., 132 ff. 4° Fouchard Arbitrage Nr. 39 (Begriff der "a-nationalite"); die h. M. ist dem bisher nicht gefolgt, Stein-Jonas-Schlosser § 1044 Anm. I 3 m. w. Nw.

III. Zuständigkeit und Parteifreiheit

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vestitionsschiedsverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs des WBA möglich sind, ist daher an dieser Stelle nicht von unmittelbarer Bedeutung. Insbesondere mag es "schrankenlose" Parteivereinbarungen in der sog. "freien Schiedsgerichtsbarkeit", also in Schiedsverfahren geben, die nicht auf Anerkennung durch staatliche Gerichte und (staatliches) Recht angelegt sind und bei denen die Vollstreckung von Sprüchen durch Sanktionen außerhalb des Bereichs der öffentlichen Gewalt gesichert ist41 ; das WBA ist nur auf Schiedsverträge und sonstige Vereinbarungen über Schiedsverfahren anwendbar, die den Anforderungen der Art. 25, 37 ff., 42, 44 entsprechen, und führt zu Schiedssprüchen, die von staatlichen Gerichten für vollstreckbar zu erklären sind, Art. 53 f., ist deutlich auf eine Schiedsgerichtsbarkeit im rechtlichen Bereich ausgerichtet, also nicht auf eine "freie" Schiedsgerichtsbarkeit. Zur vollständigen Lösung eines Schiedsverfahrens von staatlichem Recht führt die Ansicht, nach der Parteivereinbarungen mit Bezug auf ein Schiedsverfahren selbständige Rechtsquellen sein können42• Hiergegen lassen sich grundsätzliche Bedenken anführen: Der Nachweis dafür, warum Verträge, deren Geltung nicht auf eine (vom staatlichen Recht anerkannte) Rechtsordnung, sondern nur auf Parteiwillen gestützt ist, im Rahmen von Rechtsordnungen rechtliche Bedeutung haben sollen, ist auf der Grundlage der herrschenden deutschen Rechtsquellenlehre nicht zu erbringen43 • Vollständige Vertragsfreiheit ohne jede Schranke würde außerdem jeglichen Schutz von Interessen außer der Vertragsabschlußfreiheit ausschließen44 • Der letzte Einwand gälte nicht ohne weiteres, wenn Vereinbarungen in bezug auf internationale Schiedsverfahren auf überpositives Recht, insbesondere den Rechtssatz "pacta sunt servanda" gestützt würden 45 • Die Konstruktion eines überpositiven Rechts kann aber - wenn überhaupt möglich - immer nur ein Notbehelf zur Lösung von Fragen sein, die staatliches oder Völkerrecht nicht zufriedenstellend beantworten. In Anbetracht der grundsätzlichen Anerkennung der Vertragsfreiheit für Schiedsverträge und damit auch des Satzes "pacta sunt servanda" in den internationalen Schiedsgerichtsbarkeitsabkommen (z. B. Art. 2 Abs. 1 UNAbk.) besteht eine derartige Notlage nicht46 • Selbst wenn man diese allgemeinen Bedenken nicht teilen sollte, sind die erwähnten Auffassungen für das WBA abzulehnen, weil das Abkommen selbst eindeutige Ermächtigungs- und Geltungsgrundlagen für Parteivereinbarungen in Art. 25, 37 ff., 42, 44 enthält. Zwar könnte man hierauf entgegnen, daß damit nur ein schon bestehender Rechtszustand ausdrücklich rechtlich anerkannt werde, ohne daß die Anerkennung in Rechtsnormen mehr als deklaratorische Bedeutung habe47 • Dieses Argument schlägt aber - abgesehen daMünzberg Schranken 65 ff., 70. Holleaux RevCrit. 1956, 177, 179, in diese Richtung weisend Carabiber RecCours 1960 I, 119, 141. 43 Münzberg Schranken 134 f. 44 von Hoffmann Handelsschiedsgerichtsbarkeit 71. H So Kitagawa Domke-F. 133, 138. 46 Ähnlich Münzberg Schranken 138. 47 So etwa die Argumentation Fouchards (Arbitrage Nr. 516) hinsichtlich der von ihm behaupteten Anerkennung der "autonomie de l'arbitrage international" in UN- und EurAbk. 41

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4 Pirrung

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1. Teil: A. Bedeutung der Zuständigkeit des Zentrums

von, daß man so jede konstitut ive Bedeutung von Rechtsnormen leugnen könnte - zumindest für das WBA nicht durch, da ohne die erwähnten Bestimmungen ein Schiedsverfahren mit dem besonderen Charakter und den Wirkungen des WBA (Art. 53 f.) nicht zustandekommen könnte, da also die Bestimmungen des WBA auch bezüglich der Vertragsfreiheit konstitutive Bedeutung haben. Zu einer Lösung vom staatlichen Recht, aber ohne daß der Bereich des positiven Rechts verlassen wird, führen auch die Ansichten, die den Parteien eine unmittelbare Unterstellung ihrer Verträge mit Beziehung auf Schiedsverfahren unter Völkerrecht 48 oder ein dem Völkerrecht angehörendes oder doch ähnliches internationales Wirtschaftsrecht49 ermöglichen. Mit Recht wird hiergegen vorgebracht, daß das Völkerrecht selbst insoweit ein untaugliches Verweisungsobjekt ist, weil es Normen über die internationale private Schiedsgerichtsbarkeit, auf die verwiesen werden könnte, nicht enthäUS0 ; das erklärt sich ohne weiteres daraus, daß das allgemeine Völkerrecht auf zwischenstaatliche Beziehungen ausgerichtet ist und die Einzelpersonen nur mitbetreffen kann. Eine Verweisung auf allgemeines Völkerrecht etwa gerade wegen dessen Lücken und der damit auf Umwegen erreichten pra ktischen "Schra nkenlosigkeit" der Parteivereinbarungen 51 kann nicht zulässig sein, w eil das zu einer Ausw eitung der Entscheidungsfreiheit des Schiedsgerichts führen würde, die das WBA nicht beabsichtigt und die wegen Art. 41, 53 zu Wirkungen für die Vertragsstaaten führen könnte, welche diese beim Beitritt nicht übersehen konnten. Vielmehr ist auch hier darauf hinzuweisen, daß das WBA selbst eine ausführliche Regelung der Schiedsgerichtsbarkeit enthält, daher jedenfalls dem allgemeinen Völkerrecht vorgeht und den Parteien unmittelbare Schranken setzt. Auf anderem Gebiet liegen die Einwände gegen die Ansicht52 , die es zuläßt, die Anwendung eines "internationalen R echts der Wirtschaft" ohne Beziehung zu staatlichem Recht zu vereinbaren. Unter internationalem Wirtschaftsrecht wird dabei die Summe der im internationalen Rechtsverkehr durch die Wirtschaft tatsächlich, also unabhängig von irgendeiner Einflußnahme durch (staatliche) öffentliche Gewalt beachteten Verhaltenssätze verstanden. Konstruktiv handelt es sich also um Normen, die in ähnlicher Weise wie Gewohnheitsrecht festzustellen, aber weder im staatlichen Recht noch im herkömmlichen Bereich des Völkerrechts anzusiedeln w är en. Da dieses internationale Wirtschaftsrecht einen Inter essen a usgleich an strebt und daher zumindest von der Idee d es Rechts her inhaltliche Anforderungen an Parteivereinbarungen gestellt werden, sind Verträge bei Zugrundelegung dieser Ansicht zwar von staatlichem Recht gelöst, aber nicht rechtlich schrankenlos. Die Existenz eines derartigen Normenbereiches als Recht ist allerdings bisher nicht überzeugend n achgewiesen 53 ; auch für den Fall, daß ein solcher Fragistas RevCrit. 1960, 1, 14 f. Borchers Verträge 193. so Münzberg Schranken 160 ff., insbesondere 161 zu N. 11, 176, Klein Schweizer. Jahrbuch f. Int. Recht XX (1963), 41, 57. 5t Fragistas RevCrit. 1960, 1, 17 (Lückenfüllung durch Anwendung allgemeiner Rechtsprinzipien), besonders deutlich von Münzberg (Schranken 50, 160 ff.) in der Auseinandersetzung m it Fragistas hervorgehoben. 52 Fouchard Arbitrage Nr. 71 ff. 53 So zutreffend Münzberg Schranken 139 ff. (gegen Fouchard Arbitrage 48

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III. Zuständigkeit und Parteifreiheit

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Existenznachweis auf dem Gebiet des materiellen Rechts gelingen sollte54 , wo es zumindest denkbar ist, daß ein rechtlicher Ausgleich internationaler wirtschaftlicher Interessen ohne Mithilfe staatlicher Organe erreicht wird, ist entsprechendes für das Gebiet des Prozeßrechts heute noch ausgeschlossen, weil die hierfür erforderliche Einheitlichkeit einer internationalen Schiedsgerichtspraxis nicht gegeben ist. Einer Einordnung des WBA in ein solches internationales Wirtschaftsprozeßrecht steht entgegen, daß es eine ausdrückliche völkerrechtliche55 Normenkodifikation56 darstellt und damit den außerhalb der Einflußsphäre staatlicher Rechtsbildung liegenden Bereich bloßer internationaler Schiedsordnungen institutionalisierter Schiedsgerichte verläßt, auch wenn es inhaltlich nichts wesentlich anderes als solche Schiedsordnungen enthalten mag. Nach alldem läßt sich für den Gesamtbereich des WBA feststellen, daß das Abkommen Parteivereinbarungen ohne rechtliche Schranken nicht generell zuläßt. Da das WBA selbst eine rechtliche Regelung darstellt, kann es jedenfalls in seinem Anwendungsbereich einen "contrat sans loi" nicht geben. Das Abkommen stellt einen völkerrechtlichen Normenkreis dar, der in sich geschlossen ist und daher die Anwendung staatlichen Rechts ebenso wie die Zulassung "freier" Parteivereinbarungen nur erlaubt, soweit entsprechende Verweisungen (internationale Kollisionsnormen) oder Ermächtigungen vorliegen57, soweit also das Abkommen nicht selbst unmittelbare internationale Sachnormen58 für bestimmte Problemkreise enthält. Damit kann für das WBA die Frage der Schranken von Vereinbarungen nur dahin gestellt werden, wieweit die Parteien für einzelne Bereiche des Schiedsverfahrens unmittelbare Bestimmungen über vom WBA nicht (abschließend) geregelte Probleme treffen können bzw. wieweit solche Parteiabmachungen vom WBA anerkannt werden59. Nr. 515 f.), der darauf hinweist, daß Art. 5 Abs. 1 d UNAbk., 4 Abs. 1 EurAbk. Wirkungen von Parteivereinbarungen, dagegen nicht ein unabhängig von diesen geltendes internationales Schiedsverfahrensrecht anerkennen. Eine Praxis internationaler Schiedsgerichte, insbesondere vor UN- und EurAbk., auf die sich Fouchard (Arbitrage Nr. 516) beruft, ist ferner wegen der nicht generell gesicherten Veröffentlichung der Schiedssprüche nur schwer feststellbar. 54 Böckstiegel (Staat 142) hält einen Prozeß in Richtung auf ein transnationales Wirtschaftsrecht für möglich, der aber derzeit noch nicht zur Existenz einer solchen Rechtsordnung geführt habe. 55 Und wegen der Übernahme des WBA in den Geltungsbereich des innerstaatlichen Rechts auch staatlich-rechtliche. " 6 Lalive Investissements 111, 125 ("petit code de procedure"). 57 Lösung des WBA von staatlichem Recht: Lalive Investissements 111, 125 ("»internationalisation