118 90 37MB
German Pages 256 Year 1991
KAREN ILKA MÖSSLE
Internationale Forderungspfändung
Schriften zum Internationalen Recht Band 54
Internationale Forderungspfändung Unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz, der Bundesrepublik Deutschland und Frankreichs
Von Dr. Karen Ilka Mössle
Duncker & Humblot - Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Mössle, Karen Ilka: Internationale Forderungspfändung unter besonderer Berücksichtigung der Schweiz, der Bundesrepublik Deutschland und Frankreichs / von Karen Ilka Mössle. - Berlin: Duncker und Humblot, 1991 (Schriften zum Internationalen Recht; Bd. 54) Zugl.: Konstanz, Univ., Diss., 1989 ISBN 3-428-07147-6 NE: GT
Alle Rechte vorbehalten © 1 9 9 1 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-07147-6
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der juristischen Fakultät der Universität Konstanz im Juli 1989 als Dissertation angenommen. Für die Druckfassung konnte die neu erschienene Literatur bis Herbst 1990 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle meinem Doktorvater Herrn Professor Rolf Stürner (Konstanz). Er gab die Anregung zum Thema und betreute die Arbeit mit konstruktiver Kritik. Seine stete Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit einzelnen Sachfragen waren mir eine wertvolle Hilfe. Danken möchte ich weiterhin Herrn Professor Werner Ebke (Konstanz) für die Erstellung des Zweitgutachtens. Herrn Professor Hans Hanisch (Genf) verdanke ich die Vermittlung meiner Assistentenstelle in Genf, die mir die Erstellung dieser Arbeit ermöglichte. Mit ihm und meinen Genfer Kollegen verbinde ich die stete Erinnerung an einen wunderschönen Abschnitt in meinem Leben. Nicht zuletzt danke ich all jenen, die die Fertigstellung der Arbeit durch technische und aufmunternde Hilfe unterstützten. Unter ihnen möchte ich Heim Wolfgang Riering und Frau Gerda Herrmann besonders hervorheben. Stuttgart, im November 1990 Ilka Mössle
Inhaltsverzeichnis Einleitung
21
1. Kapitel Völkerrechtliche Grundsätze, die die internationale Forderungspfändung beherrschen § 1 Einführung
23
A.
Anwendbare staatsvertragliche Regelungen
24
B.
Der Souveränitätsgrandsatz - Problemstellungen
25
§ 2 Pfändungsbeschluß A.
28
Souveränitätsgrundsatz und Forderungsbelegenheit
29
I. Forderungsbelegenheit
31
Π. Bestehen eines allgemeinen Satzes des Völkerrechts zur Zulässigkeit der internationalen Forderungspfändung? 1. Entstehen von Völkergewohnheitsrecht
32
2. Allgemeine Praxis der internationalen Forderungspfändung?
33
3. Völkerrechtliche Relevanz nationaler Regelungen zur Lokalisierung von Forderangen
35
a) Keine allgemeine Staatenpraxis b) Grundsätzliche Bedenken gegen die völkerrechtliche Relevanz nationaler Vorschriften 4. Ergebnis IQ. Völkerrechtliche Zulässigkeit von Beschlagnahmemaßnahmen bei Auslandsgegenständen
35 36 39 39
1. Allgemeines zur Jurisdiktionslehre
39
2. Bestehen spezieller völkergewohnheitsrechtlicher Grenzen bei Beschlagnahme von Auslandsgegenständen
44
a) Internationales Konkursrecht
B.
31
44
b) Internationales Enteignungsrecht
46
c) Ergebnis
47
Souveränitätsgrandsatz und ausländischer Drittschuldnerwohnsitz
48
I. Befehlscharakter des Zahlungsveibots
48
nsverzeichnis
8
Π. Völkerrechtliche Zulässigkeit hoheitlicher Ge- und Verbote gegenüber Auslandspersonen
50
2. Völkerrechtliche Zulässigkeit staatlicher Ge- oder Verbote im internationalen Strafrecht und im internationalen Kartellrecht
51
a) Internationales Strafrecht
51
b) Internationales Kartellrecht
52
3. Ergebnis C.
53
Völkerrechtliche Jurisdiktionsgrenzen bei der internationalen Forderungspfändung im Hinblick auf das Erfordernis eines sinnvollen Inlandsbezugs
54
I. Kriterien für die Entscheidung darüber, wann ein sinnvoller Inlandsbezug besteht
55
Π. Bezugspunkt des Erfordernisses eines Minimalbezugs bei der internationalen Fordenmgspfändung D.
Zusammenfassung
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsurkunden A.
50
1. Einführung
59 61 61
Förmliche Auslandszustellungen auf dem Rechtshilfeweg
62
I. Einführung
62
Π. Die Haager Abkommen
63
1. Gundsätzliches
63
2. Begriff der "gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücke in Zivilund Handelssachen" (Anwendungsbereich der Haager Abkommen)...
64
a) Gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke
65
b) Zivil- und Handelssachen
65
aa) Autonome Auslegung
67
bb) Qualifikation nach der lex causae
70
cc) Qualifikation nach dem Recht des ersuchenden Staats (lex fori-Lösung) dd) Qualifikation nach dem Recht des ersuchten Staates 3. Ergebnis B.
70 73 73
Direktzustellung durch die Post
73
I. Einführung
73
Π. Direkte Zustellung und die Haager Abkommen 1. Positive Aussage der Haager Abkommen a) HZPrÜbk. und Direktzustellung nach Frankreich b) HZustÜbk. und Direktzustellung nach Frankreich 2. Negative Aussage der Haager Abkommen
75 75 76 76 78
nsverzeichnis a) HZustÜbk
78
b) HZPrÜbk
79
3. Ergebnis TTT. Direkte Zustellung und allgemeines Völkergewohnheitsrecht 1. Spezieller Satz des Völkergewohnheitsrechts im Hinblick auf Direktzustellungen?
80 80 81
a) Unterschiedliche Grundhaltung einzelner Staaten
81
b) Bedeutung der Haager Abkommen für die völkerrechtliche Beurteilung direkter Auslandszustellungen
82
c) Ergebnis
83
2. Klassische Aussage des völkerrechtlichen Souveränitätsgrundsatzes und direkte Auslandszustellungen a) Allgemeine Erwägungen
84
b) Schutzfunktion des Souveränitätsgrundsatzes
85
c) Noch einmal: Bestehende Staatenpraxis
87
3. Völkerrechtliche Pflicht zur Duldung direkter Postzustellungen durch den Empfängerstaat? §4
84
Zusammenfassung
89 92
2. Kapitel Die internationale Forderungspfandung im deutschen Recht § 1 Der Pfändungsbeschluß - § 828 Abs. 2 ZPO
93
A.
Einführung
93
B.
Beschränkung von § 828 Abs. 2 ZPO auf Fälle mit inländischem Drittschuldnerwohnsitz
96
I. Entsprechender Rechtsgrundsatz im deutschen Recht?
96
Π. Fehlendes Rechts schutzbedürfnis bei ausländischem Drittschuldnerwohnsitz? C.
98
Beschränkung von § 828 Abs. 2 ZPO auf Fälle mit "ausreichender" Inlandsbeziehung der Forderung (Beschränkung auf die ersten drei Alternativen)?
100
I. "Nationale" Einschränkung von § 828 Abs. 2 ZPO
101
1. Teleologische Einschränkung von § 23 ZPO und Rückschlüsse auf die Verweisung in § 828 Abs. 2 ZPO?
101
2. Teleologische Einschränkung der Verweisung in § 828 Abs. 2 ZPO auf §23 ZPO?
103
nsverzeichnis
10
Π. Völkerrechtliche Bedenken gegen die Anknüpfung internationaler Zuständigkeit zur Forderungspfändung an die Inlandsbelegenheit von Schuldnervermögen ΠΙ. Ergebnis
107
§ 2 Durchführbarkeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen A.
103
108
Auslandszustellung an den Drittschuldner
108
I. Die Rechtshilfeordnung für Zivilsachen
109
Π. Die Praxis der deutschen Justizverwaltungen bei der Zustellung von Drittschuldneranzeigen ins Ausland ΙΠ. Rechtliche Beurteilung der Haltung der deutschen Justizverwaltungen 1. Ausgangsüberlegungen
110 111 111
a) Mögliche Rechtsgrundlagen für eine Weiterleitungspflicht
112
b) Ermes sens Spielraum der Justizverwaltungen
114
2. Souveränitätsgrundsatz als rechtliche Grundlage der Praxis der Justizverwaltungen
116
3. Gegenseitigkeit
118
a) Überprüfung der deutschen Haltung bei ausländischen Zustellungsanträgen aa) Rechtslage im Anwendungsbereich der Haager Abkommen aaa) Rechtlicher Charakter der Regelungen in Art. 4 HZPrÜbk. und Art. 13 HZustÜbk
118 118 119
bbb) Art. 32 GG und Überprüfbarkeit der Praxis der deutschen Justizverwaltungen gegenüber eingehenden Zustellungsersuchen
120
ccc) Ordre public und Forderungsbelegenheit
121
ddd) Ordre public und Charakter der Forderungspfändung als ausländischer Vollstreckungsakt
121
eee) Ordre public und Gefahr der doppelten
fff)
Inanspruchnahme des deutschen Drittschuldners
123
Zwischenergebnis
124
bb) Fehlen einer staatsvertraglichen Regelung b) Die Lehre von der Gegenseitigkeit
125 125
aa) Gegenseitigkeit und Völkergewohnheitsrecht
126
bb) Allgemeine Beurteilung des Gegenseitigkeitsarguments
127
4. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis als Rechtsgrund für die Praxis der Justizverwaltungen? (Verhältnis zur Schweiz)
128
a) Möglichkeiten einer Praxisänderung durch die Schweiz
128
b) Geringe Erfolgschancen und Rechts schutzbedürfnis auf Weiterleitung von Rechtshilfegesuchen?
130
nsverzeichnis 5.
Ergebnis
131
IV. Rechtsschutzmöglichkeiten 1. Rechtsweg gem. § 23 Abs. 2 EGGVG
131 131
a) Internationaler Rechtshilfeverkehr als Justizverwaltungsangelegenheit
132
b) Klagebefugnis der Vollstreckungsgläubiger
134
aa) Inlandsgläubiger
134
bb) Auslandsgläubiger
135
aaa) Vollstreckungsanspruch und effektiver Rechtsschutz....
135
bbb) Allgemeine Justizgewährleistung und Rechtshilfeverkehr
136
ccc) Haager Abkommem und Konkretisierung des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruchs 2. Verfassungsbeschwerde gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG
138 139
V. Umgehungsmöglichkeiten bei Nichtzustellbarkeit einer Drittschuldneranzeige auf dem Rechtshilfeweg?
139
1. Zustellung durch Aufgabe zur Post
140
2. Öffentliche Zustellung
140
3. Anwendbarkeit von § 187 ZPO
140
a) § 199 ZPO und Direktzustellung mit anschließender Heilung über §187 ZPO
141
aa) Begriff der "im Ausland zu bewirkenden Zustellung"
141
bb) Einschränkende Auslegung von § 199 ZPO?
142
b) Heilung rechtswidriger Auslandszustellungen?
144
aa) Sinn und Zweck von § 187 ZPO und Heilung von Auslandszustellungen bb) Völkerrechtliche Vorgaben VI. Ergebnis B.
145 147 147
Zustellung an den Vollstreckungsschuldner im Ausland
148
I. Zustellung durch Aufgabe zur Post
148
1. Verfahren bei Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 175 ZPO)
148
2. Zustellung durch Aufgabe zur Post als reiner Inlandsakt?
149
Π. Zustellung durch Aufgabe zur Post und staatsvertragliche Regelungen.... 1. Weltpostvertrag 2. Haager Abkommen
151 151 152
a) Entstehungsgeschichte der Haager Abkommen
153
b) Auswertung der Entstehungsgeschichte
154
aa) Haager Zivilprozeßübereinkommen
156
12
nsverzeichnis bb) Haager Zustellungsübereinkommen aaa) Wortlaut von Art. 1 HZustÜbk
156 156
bbb) Beschränkung erklärter Vorbehalte (Art. 10 HZustÜbk.) auf "echte" Postzustellungen
157
TTT- Zustellung durch Aufgabe zur Post und allgemeines Völkerrecht
159
IV. Zustellung durch Aufgabe zur Post und Grundsatz des rechtlichen Gehörs
160
1. Geltung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs bei Vollstreckungsmaßnahmen
161
2. Grundsatz des rechtlichen Gehörs und Zustellung durch Aufgabe zur Post im allgemeinen
163
V. Zustellung der Mitteilung an den Vollstreckungsschuldner in den Formen der Haager Abkommen VI. Ergebnis
164 165
3. Kapitel Die internationale Forderungspfandung im französischen Recht § 1 Allgemeiner Überblick über das Forderungspfandungsverfahren in Frankreich A.
Exploit de saisie-arrét
166 166
B.
Dén ondati on de l'exploit de saisie-arret und assignation en validité
167
C.
Contre-dénonciation au tiers saisie und déclaration affirmative
168
D.
Jugement de validité
169
I. Geldforderung
169
Π. Ansprüche auf Lieferung körperlicher Gegenstände § 2 Die französische internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen A.
170 170
Drittschuldnerwohnsitz oder Wohnsitz des Vollstreckungsschuldners im (französischen) Inland
172
I. Anwendbare Einzelregelungen
172
1. Art. 558 anc.C.proc.civ
172
2. Art. 560 anc.C.proc.civ
174
3. Art. 567 anc.C.proc.civ. und Art. R-321-29 Abs. 1 i.V.m. Art. R-321-4 Nr. 3 C.org.jud Π. Rechtsschutzbedürfnis und ausländischer Drittschuldnerwohnsitz
175 178
IQ. Völkerrechtliche Bedenken
179
IV. Ergebnis
181
nsverzeichnis Β.
Französische Staatsangehörigkeit des Vollstreckungsschuldners oder des Vollstreckungsgläubigers (Art. 14 und 15 C.civ.)
181
I. Anwendbarkeit der Art. 14 und 15 C.civ. auf die internationale Forderungspfändung
181
1. Spezialität der Zuständigkeitsregelung im anc.C.proc.civ. gegenüber Art. 14 und 15 C.civ.?
183
2. Ausschluß einer weiten Ausdehnung der Art. 14 und 15 C.civ. aufgrund ihrer rechtspolitischen Unerwünschtheit?
184
Π. Völkerrechtliche Beurteilung der Staatsangehörigkeitszuständigkeit bei der internationalen Forderungspfändung C.
186
I. Völkerrechtliche Beurteilung im Hinblick auf staatsvertragliche Regelungen
188
1. Anwendbarkeit der bestehenden Abkommen
188
2. Entscheidungszuständigkeit nach dem EuGVÜ und dem französischschweizerischen Abkommen
190
3. Sonstige Bedenken aus völkerrechtlicher Sicht
192
4. Ergebnis
193
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungspfändung notwendigen Zustellungen A.
185
Internationale Zuständigkeit zur Entscheidung über das Bestehen der zu vollstreckenden Forderung des saisissant
Zustellung an den ausländischen Drittschuldner I. Art. 560 anc.C.proc.civ. - Zustellung des "exploit de saisie-arret"
194 194 194
1. Die Praxis der französischen Justizverwaltung
195
2. Möglichkeiten zur Umgehung des Rechtshilfewegs (Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland)
195
Π. Zustellung der "contredénonciation" (Zustellung durch "remise au parquet")
197
1. Verfahren der Zustellung durch "remise au parquet"
197
2. "Remise au parquet" als reiner Inlandakt? ΙΠ. "Remise au parquet" und staatsvertragliche Regelungen 1. Haager Zivilprozeßübereinkommen
202
2. Haager Zustellungsübereinkommen
202
3. "Remise au parquet" und allgemeines Völkerrecht
204
4. Zustellung auf dem Rechtshilfeweg
205
IV. Ergebnis B.
199 201
205
Zustellung an den Vollstreckungsschuldner im Ausland
205
I. Einführung
205
nsverzeichnis
14
Π. Duldung der an den Vollstreckung s Schuldner zurichtendenZustellungen als bloße Mitteilungen ohne rechtsgestaltenden Charakter? ΠΙ. Ergebnis
206 208
4. Kapitel Die internationale Forderungspfändung im schweizerischen Recht § 1 Allgemeiner Überblick über das Fordemngspfändungsverfahren in der Schweiz A.
Besonderheiten des schweizerischen Schuldbetreibungsrechts
209
I. Einleitungsverfahren
210
Π. Abgrenzung zwischen Einzelzwangsvollstreckung und Konkurs ΠΙ. Betreibungsämter B.
Verfahren der Forderungspfändung
§ 2 Internationale Zuständigkeit zum Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses A.
209
211 212 212 213
Betreibungsstände in der Schweiz
215
I. Allgemeiner Betreibung sort am Wohnsitz des Schuldners (Art. 46 SchKG)
215
Π. Besondere Betreibungsstände bei fehlendem Inlandswohnsitz des Vollstreckungsschuldners
215
1. Betreibung am Aufenthaltsort (Art. 48 SchKG)
216
2. Betreibung am Ort der gelegenen Erbschaft (Art. 49 SchKG)
217
3. Betreibung am Ort der Geschäftsniederlassung (Art. 50 Abs. 1 SchKG) 4. Betreibung am Spezialdomizil (Art. 50 Abs. 2 SchKG)
B.
5. Betreibung am Ort der belegenen Sache (Art. 52 SchKG)
222 222
Örtliche bzw. internationale Zuständigkeit und Forderungsbelegenheit ("Pfändungskompenz")
223
I. Einführung
223
Zusammenfassung und völkerrechtliche Beurteilung
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungspfändung notwendigen Zustellungen A.
220
6. Betreibung am Arrestort (Art. 52 SchKG)
Π. Forderungsbelegenheit C.
218
224 226 226
Auslandszustellung an den Drittschuldner
226
I. Haager Zivilprozeßübereinkommen
227
Π. Rechtslage außerhalb des Haager Zivilprozeßübereinkommens ΙΠ. Praktische Durchführbarkeit des Rechtshilfewegs
228 230
nsverzeichnis IV. Abhilfemöglichkeiten bei Nichtzustellbarkeit der
B.
Drittschuldneranzeige auf dem Rechtshilfeweg
231
1. Öffentliche Zustellung
231
2. Verzicht auf die Drittschuldneranzeige
232
Auslandszustellung an den Vollstreckungsschuldner
233
I. Zustellung der Betreibungsurkunden an den Vollstreckungsschuldner auf dem Rechtshilfeweg (Art. 66 Abs. 3) Π. Praktische Durchführbarkeit des Rechtshilfeweges
234 234
ΙΠ. Möglichkeit einer Ersatzzustellung an den Vollstreckungsschuldner
235
IV. Ergebnis
236
§ 4 Zusammenfassender Überblick
236
5. Kapitel Überblick über die Problematik der Anerkennung ausländischer Forderungspfändungen - Ideal und Wirklichkeit § 1 Das Ideal
238
§ 2 Fehlen gesetzlicher oder staatsvertraglicher Regelungen
240
§ 3 Rechtsprechung zur Anerkennung
241
Schlußwort
243
Literaturverzeichnis
244
Abkürzungsverzeichnis
ABl EG
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft
AcP
Archiv für civilistische Praxis
allg.A.
Allgemeine Ansicht
Am J.Comp.L.
American Journal of Comparative Law
Am .J.Intl L
American Journal of International Law
anc.C.proc.civ.
Ancien Code de procédure civil
Anh.
Anhang
Anm.
Anmerkung
BB
Betriebsberater
BGE
Entscheidungen des Bundesgerichts
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs
BISchK
Blätter für Schuldbetreibung und Konkurs
BR-Dmcks.
Bundesratsdrucksachen
BTDrucks.
Bundestagsdrucksachen
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
Cass
Cour de Cassation
C.civ.
Code civil
Clunet
Journal de droit international privé
Com
Arret da la chambre commerciale de la Cour de Cassation
Danz.J.M.Schr.
Danziger Juristische Monatsschrift
DAVoim.
Der Amtsvormund
ders.
derselbe
DG VR
Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht
D.H.
Recueil hébdomadaire Dalloz
D.I.P.
Droit International Privé
DIZPR
Deutsches Internationales Zivilprozeßrecht
DRiZ
Deutsche Richterzeitung
Enc.of Publ.int.Law
Encyclopedia of Public International Law
EuGH
Europäischer Gerichtshof
2 Mössle
18
Abkürzungsverzeichnis
EuGVÜ
Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
EuR
Europarecht
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
F. 2d.
Federai Reporter, 2. series
Fase.
Fasciscule
Friedenswarte
Die Friedenswarte
FS
Festschrift
h.M.
herrschende Meinung
HZPrÜbk.
Haager Zivilprozeßübereinkommen
HZustÜbk.
Haager Zustellungsübereinkommen
I.C.J.
International Court of Justice
I.C.L.Q.
The International and Comparative Law Quaterly
IGH
Internationaler Gerichtshof
ILA
International Legal Association
ILM
International Legal Materials
Int.SachenR
Internationales Sachenrecht
Int.Zust.
Internationale Zuständigkeit
IPrax
Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts
IPRspr
Sammlung der deutschen Entscheidungen zum Internationalen Privatrecht
IZPR
Internationales Zivilprozeßrecht
J.C.P.
Jurisclasseur périodique (semaine juridique)
JR
Juristische Rundschau
Jur.Büro
Juristisches Büro
Justiz
Die Justiz
JW
Juristische Wochenschrift
JZ
Juristenzeitung
KG
Kammergericht
MDR
Monatschrift für Deutsches Recht
Mü-Ko
Münchener Kommentar
m.w.Nachw.
mit weiteren Nachweisen
N.E. 2d
North Eastern Reporter, 2. series
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
nouv.C.proc.civ.
Nouveau Code de procèdute civil
Abkürzungsverzeichnis OLGZ
19
Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen
Org .Jud.
Organisation Judiciaire
ÖZÖffRVR
Österreichische Zeitschrift für Öffentliches Recht und Verfassungsrecht
P. 2d
Pacific Reporter, 2. series
RabelsZ
Rabeis Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht
rapp.
rapport
Req.
Arret da la chambre de requète de la Cour de Cassation
Rev.crit.dr.int.pr.
Revue critique de droit international privé
Rev.trim.Dr.Pr.
Revue trimesterielle de Droit Privé
RGBl.
Reichsgesetzblau
RIW/AWD
Recht der Internationalen Wirtschaft/Außenwirtschaftsdienst Betriebsberaters
Rpfl.
Der Rechtspfleger
Rz.
Randziffer
SchKG
Gesetz über Schuldbetreibung und Konkurs
SchwJahrb. für int.Recht
Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht
StIGH
Ständiger Internationaler Gerichtshof
str.
streitig
UNDoc.
Dokumente der Vereinten Nationen
VEB
Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden
vgl.
vergleiche
WM
Wertpapier-Mitteilungen
ZaöRV
Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
ZBJV
Zeitschrift des Bemerischen Juristenvereins
ZfR V
Zeitschrift für Rechtsvergleichung
ZIP
Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
ZPR
Zivilprozeßrecht
ZZP
Zeitschrift für Zivilprozeß
2*
des
Einleitung
Gläubigern, die sich über die Grenzen ihres Heimatstaates hinweg Recht verschaffen wollen, stellen sich heutzutage weitaus weniger Hindernisse in den Weg, als dies noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war. Insbesondere zwischenstaatliche Abkommen (etwa über die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen), aber auch die mit erweiterter internationaler Wirtschaftsverflechtung zunehmende Bereitschaft der Staaten zur internationalen Zusammenarbeit sorgen hier mittlerweile regelmäßig für hinreichenden Rechtsschutz. Dies gilt um so mehr im Verhältnis der europäischen Staaten zueinander. Doch trotz Internationalisierung und europäischer Integration gibt es noch immer "schwarze Flecken" im internationalen Rechtsschutzsystem. Einer davon ist die internationale Forderungspfändung. Als Forderungspfändung bezeichnet man die staatliche Beschlagnahme einer Forderung zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers wegen eines ihm gegen den Vollstreckungsschuldner zustehenden Anspruchs. Sie vollzieht sich regelmäßig mit der Zustellung bestimmter Pfändungsurkunden an Vollstreckungs bzw. Drittschuldner. Damit macht sie zwei gedanklich zu trennende Akte erforderlich: einen Pfändungsbeschluß einerseits sowie den tatsächlichen Akt der Zustellung andererseits. "International" ist die Forderungspfandung dann, wenn irgendwelche Auslandsbezugspunkte bestehen, sei es, daß einer oder mehrere der am Verfahren Beteiligten, d.h. Vollstreckungsgläubiger, Vollstreckungsschuldner oder Drittschuldner im Ausland wohnen oder auch, daß ausländisches Recht auf die zu pfandende Forderung anwendbar ist. Die Durchführung einer internationalen Forderungspfändung scheitert in der Praxis fast immer, wenn der Vollstreckungsschuldner im Inland, der Drittschuldner hingegen im Ausland wohnt. Im spiegelbildlichen Fall eines inländischen Drittschuldnerwohnsitzes und Auslandswohnsitz des Vollstreckungsschuldners ist die Pfändung zwar möglich; Anerkennung im Ausland ist freilich nicht gewährleistet, meistens sogar de facto ausgeschlossen. Dies kann unangenehme Folgen für den Drittschuldner haben. Keine Probleme ergeben sich dagegen allein aufgrund der Anwendbarkeit ausländischen Rechts auf die zu pfändende Forderung oder aufgrund eines ausländischen Wohnsitzes des Vollstreckungsgläubigers; hier sind sowohl Durchführbarkeit als auch Anerkennung
22
Einleitung
im Ausland sicher. Diese Fälle bedürfen im folgenden daher keiner weiteren Erörterung. Die nachfolgende Darstellung der Praxis zur internationalen Forderungspfändung in der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und der Schweiz soll die Gründe für die angedeuteten Schwierigkeiten aufzeigen und einer kritischen Analyse im Hinblick auf das geltende Völkergewohnheitsrecht, bestehende zwischenstaatliche Abkommen sowie nationale Regelungen unterziehen. Ziel ist es insbesondere, die starre, in engen Souveränitätsvorstellungen verhaftete und daher unzeitgemäße Haltung der Staaten zur internationalen Forderungspfändung zu widerlegen. Dabei liegt der Schwerpunkt der Arbeit weniger auf der Frage der Anerkennung ausländischer Pfandungsmaßnahmen denn auf ihrer Durchführbarkeit im Inland, die gewöhnlich der Mithilfe durch die betroffenen Auslandsstaaten bedarf. Erst ein Umdenken in diesem Bereich mag im Laufe der Zeit auch den Weg zu einer größeren Anerkennungsbereitschaft öffnen. Aufbautechnisch bietet sich an, zunächst in einem ersten Kapitel die - für alle hier interessierenden Staaten gleichermaßen geltenden - völkergewohnheitsrechtlichen und staatsvertraglichen Grundsätze darzulegen, die das Recht der internationalen Forderungspfändung beherrschen. Im Anschluß daran werden die nationalen Regelungen der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs und der Schweiz im einzelnen darzustellen und im Hinblick auf die gefundenen völkerrechtlichen Ergebnisse rechtlich zu würdigen sein (zweites bis viertes Kapitel). Eine am Ende durchzuführende Gegenüberstellung mit der geltenden Anerkennungspraxis soll schließlich den Ausgangspunkt für den Vorschlag eines - internationale Zuständigkeit und Anerkennung umfassenden - geschlossenen Systems der internationalen Forderungspfändung bilden (fünftes Kapitel).
1. Kapitel: Völkerrechtliche Grundsätze, die die internationale Forderungspfändung beherrschen § 1 Einführung Die Begrenzung, die das Völkerrecht einer staatlichen Gesetzgebung bei der Bestimmung ihres eigenen internationalen Zuständigkeitsbereichs im Prozeßrecht auferlegt, bezeichnet man auch als Grenzen der Gerichtsbarkeit 1 oder allgemeiner^ - als Grenzen der Jurisdiktion oder der "state jurisdiction'^. Jurisdiktionsgrenzen können sich aufgrund staatsvertraglicher Regelungen, aber auch aus dem Völkergewohnheitsrecht, insbesondere dem Souveränitätsgrundsatz ergeben 4.
1 Der Begriff der "Gerichtsbarkeit" wird mit unterschiedlichem Sinnverständnis verwendet und ist gerade, was seine völkerrechtliche Bedeutung angeht, umstritten. Vielfach taucht er in der Literatur nur im Zusammenhang mit der Immunität auf, d.h. bei der Frage, inwieweit die Ausübung von Gerichtsgewalt gegenüber Hoheitsträgem fremder Staaten ausgeschlossen ist. Im übrigen wird nicht von der "Gerichtsbarkeit", sondern allgemein von der internationalen Zuständigkeit gesprochen (so z.B. Rosenberg! Schwab , S. 92; Stem/Jonas-Schumann , Einl. X I V B, Rz. 655 ff.; Jauernig , S. 16 ff.). Die Beschränkung des Begriffs auf Souveränitätsfragen ist indes zu eng. Einigkeit besteht nämlich andererseits darüber, daß unter der "Gerichtsbarkeit" die allgemeine Befugnis zu verstehen ist, über einen bestimmten Sachverhalt gerichtlich zu entscheiden. Dann aber müssen völkerrechtliche Begrenzungen der nationalgerichtlichen Entscheidungsbefugnis konsequenterweise allgemein als Grenzen der Gerichtsbarkeit bezeichnet werden (ebenso etwa Gelmer, Prüfung der Gerichtsbarkeit, S. 67 f.; Marquardt , S. 6 ff.). Das engere Verständnis in Teilen der Literatur hängt wohl vielfach damit zusammen, daß andere Grenzen der Gerichtsbarkeit als die der Immunität nicht anerkannt werden. Der rein begriffliche Streit um die Gerichtsbarkeit kann hier letztlich dahinstehen. Gemeint sind vorliegend alle denkbaren völkerrechtlichen Grenzen bei der Ausübung gerichtlicher Gewalt. Weitere Einzelheiten zum Begriff finden sich bei Weigel , S. 33 ff. 2 "Jurisdiktion" meint nicht nur die staatliche Befugnis zur gerichtlichen Entscheidung, sondern die allgemeine Regelungsbefugnis - auch durch den Gesetzgeber. Sie geht damit über den Begriff der "Gerichtsbarkeit" hinaus. 3 Brownlie , S. 298; Mann, Recueil des Cours 19641, (111), 1 ff. 4 Gegen eine Überprüfbarkeit internationaler Zuständigkeitsnormen anhand des Souveränitätsgrundsatzes endet sich ganz generell Kropholler (Internationale Zuständigkeit, S. 213 ff., Rz. 42 ff.): Konkrete Regeln über die internationale Zuständigkeit ließen sich aus dem Völkerrecht nicht herleiten; die völkerrechtlichen Sätze seien dafür zu allgemein gefaßt. Verzichtete man aus diesem Gesichtspunkt heraus allerdings immer schon auf eine genauere völkerrechtliche Überprüfung von internationalen Zuständigkeitsnormen, so würde man dem allgemeinen Völkerrecht in diesem Bereich die Geltung völlig absprechen. Kropholler's These kann daher zwar als Ergebnis einer Völker-
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
A. Anwendbare staatsvertragliche Regelungen Staatsverträge, die speziell die internationale Forderungspfandung ansprechen und damit die völkerrechtliche Kompetenz zur Durchführung von Forderungspfändungen beschränken oder begründen könnten, existieren nicht. Verschiedene multilaterale oder bilaterale Abkommen finden aber auf Teilaspekte der Forderungspfändung Anwendung. Alle drei hier interessierenden Staaten sind dem Haager Abkommen über den Zivilprozeß von 19545 beigetreten, das in seinen Artikeln 1-8 Regelungen zur Auslandszustellung enthält. Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich wurde dieses Abkommen, was Fragen der Auslandszustellung angeht, später durch das jüngere Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke von 1965 6 überlagert^. Im Anwendungsbereich beider Haager Abkommen ist die Zulässigkeit der Zustellung von Pfändungsurkunden ins Ausland daher vorrangig nach diesen staatsvertraglichen Regelungen zu beurteilen; allgemeines Völkergewohnheitsrecht findet nur subsidiär Anwendung. Auch für den der Zustellung vorausgehenden Forderungspfändungsbeschluß erscheint auf den ersten Blick eine Anwendung staatsvertraglicher Regelungen, nämlich bestehender Gerichtsstands-, Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen erwägenswert: Im Verhältnis Bundesrepublik-Frankreich kommt eine Anwendung des Brüsseler EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) von 1968 8 in Betracht. Im Verhältnis Bundesrepublik-Schweiz gilt das deutsch-schweizerische Anerkennungs- und Vollstrekkungsabkommen von 1929 9 , und im Verhältnis Frankreich-Schweiz ist schließlich ebenfalls ein bilaterales Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen in Kraft 1 0 . Alle drei Abkommen beziehen sich indes nur auf Entscheidungen, die auf Grund eines gerichtlichen Verfahrens ergangen und der materiellen Rechtskraft fähig sind. Die Zuständigkeit für Akte der Zwangsvoll-
rechtlichen Überprüfung stehen, nicht aber sollte sie eine solche Prüfung von Anfang an verhindern. 5 Abgedruckt in JaymeIHausmann, N. 96 (S. 366 ff.). 6 Abgedruckt in Jayme!Hausmann, N. 97 (S. 379 ff.). 7 Slem/Jonas-Schumann, Einf, IZPR, Rz. 846 und § 199, Rz. 22. Vgl. auch Actes et Documents der 10. Session 1965 ΙΠ, S. 77 f. 8 Abgedruckt in JaymeIHausmann, N. 69 (S. 214 ff.). 9 RGBl. 1930 Π, 1066. Auch abgedruckt in Dutoit/Knöpfler/Lalive/Mercier Π, S. 165 ff. (mit Kommentierung) Dieses Abkommen enthält freilich keine Gerichtstandsregeln und kann schon aus diesem Grunde die internationale Zuständigkeit zur Forderungspfändung weder begründen noch beschränken. Die folgenden Ausführungen treffen gleichwohl auch auf dieses zu.. 10 Abgedruckt in Dutoit/Knöpfler/Lalive/Mercier
Π, S. 17 ff. (mit Kommentierung).
§ 1 Einführung
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Streckung und die Anerkennung solcher Akte regeln sie nach ganz h.M. nichtn. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut verschiedener, in den Abkommen enthaltener Bestimmungen^, die sich ausdrücklich nur auf das Erkenntnisverfahren beziehen, zum anderen aus dem Gesamtzusammenhang. Geregelt ist in allen genannten Abkommen - unter z.T. differierenden Voraussetzungen - die Anerkennung von Entscheidungen und die Verpflichtung des anerkennenden Staates zur Vollstreckung. Die Unterwerfung der internationalen Zuständigkeit zur Sachentscheidung unter bestimmte, zwischen den Vertragsstaaten konsentierte Voraussetzungen dient letztlich allein der Vereinfachung von Anerkennung und Vollstreckung. Eine Einbeziehung von Vollstreckungsmaßnahmen in die Zuständigkeitsregeln würde diese Systematik zerstören und den Inhalt der Abkommen über den Willen der Vertragsstaaten hinaus ausdehnen. Urteilsanerkennung im Ausland wäre dann gar nicht erst erforderlich, da der Urteilsstaat selbst zur Durchsetzung seiner Entscheidung in der Lage wäre. Die völkerrechtliche Zulässigkeit des Pfändungsbeschlusses bestimmt sich daher nicht nach den genannten Abkommen, sondern allein nach dem allgemeinen Völkerrecht. B. Der Souveränitätsgrundsatz - Problemsteilungen Beschränkungen des - subsidiär anwendbaren - allgemeinen Völkergewohnheitsrechts, die sich sowohl für den Pfändungsbeschluß als auch für die Zustellung der Pfändungsurkunden außerhalb der Haager Abkommen ergeben können, werden in Literatur und Praxis hauptsächlich aus dem Souveränitätsgrundsatz hergeleitet. Er hat, grob gesagt, zum Inhalt, daß jeder Staat innerhalb seines eigenen, räumlich begrenzten Staatsgebiets alleiniger Träger der Staats-
11 Schlosser, Bericht zum EuGVÜ, S. 131; Schütze, IZPR, S. 191; Baur/Stürner, S. 39 (Rz. 79); Stein/Jonas -Münzberg, § 829, Rz. 26; Bauer, Büro 1975, 1165 ff. (1165); Huet, Clunet 1982, 160 ff. (167 f.); Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176); wohl auch Kropholler, Europ.ZPR, Art. 16, Rz. 48 sowie Marquordt, S. 11 ff., der für das deutsche Recht unmittelbar von § 828 ZPO ausgeht. Unzutreffend insoweit Geirrter, IZPR, Rz. 435 (S. 93 f.). Die von ihm zitierte Entscheidung des OLG Stuttgart, ZZP 97 (1984), 487 ff. enthält keine Äußerung zur Anwendbarkeit von Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ auf Vollstreckungsmaßnahmen. Dies weniger deshalb, weil das Gericht sich im konkreten Fall gem. Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ (stillschweigend) für international zuständig hält, wie Geimer offenbar annimmt, als vielmehr aufgrund der Tatsache, daß das EuGVÜ hier gar nicht für einschlägig gehalten wird. Auch Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ betrifft nämlich - wie das EuGVÜ ganz allgemein - nur rechtskraftfähige Entscheidungen wie etwa die deutsche Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO), die Drittwiderspruchklage (§ 771 ZPO) etc. (im einzelnen str.). Dagegen enthält die Norm keine Kompetenzregelung für Vollstreckungsmaßnahmen. Dazu Kropholler, Europ.ZPR, Art. 16, Rz. 48. 12 Vgl. etwa Art. 2, 3, 25 EuGVÜ, Art. 1 des deutsch-schweizerischen Abkommens sowie Art. 1 des französisch-schweizerischen Abkommens.
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
gewalt isti3. Da dies definitionsgemäß für jeden Staat gilt, alle Staaten also rechtlich die gleiche Stellung habend folgt daraus zugleich eine Beschränkung. Die Ausübung von Hoheitsgewalt hat dort ihre Grenzen, wo sie in den räumlichen Ausschließlichkeitsbereich anderer Staaten eingreift 15 . Ein solcher Fall liegt sicher dann vor, wenn Hoheitsträger tatsächlich die Staatsgrenzen überschreiten, um auf fremdem Staatsgebiet Hoheitsakte zu setzen. Völkerrechtlich verboten ist demnach etwa die Ausführung gerichtlicher Akte unmittelbar im Ausland 16 . Es fehlt insoweit an der inländischen Gerichtsbarkeit bzw. an der sog. "enforcement jurisdiction" 1 ?. Unzulässig ist allgemeiner und zutreffender Ansicht nach übrigens nicht erst der hoheitliche Vornahmeakt im Ausland, sondern schon die Norm, die die vom Völkerrecht mißbilligte Tätigkeit im Ausland erlaubt 18 . Von solcher Eindeutigkeit sind freilich nicht alle Fälle. Gerade im Zusammenhang mit dem Forderungspfändungsbeschluß stellt sich die - auch in vielen anderen rechtlichen Bereichen wie dem internationalen Kartellrecht (z.B. wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen gegenüber Auslandsgesellschaften) oder dem internationalen Konkursrecht (Einbeziehung von Auslandsgegenständen in den Inlandskonkurs) auftauchende - Frage, inwieweit ein Staat im Inland Hoheitsakte setzen kann, deren Wirkungen sich teilweise oder ausschließlich im Ausland entfalten. Sie läßt sich anhand der allgemeinen Definition des Souveränitätsgrundsatzes nicht klar beantworten. Dies zeigt die Vielzahl an offenen völkerrechtlichen Problemen, die gerade heute in Praxis und Lehre intensiv und kontrovers diskutiert werden und die den Schwerpunkt bestehender Jurisdiktionskonflikte bilden. Darauf wird an anderer Stelle noch ausführlicher einzugehen sein. Auch was die Zustellung der Pfandungsurkunden ins Ausland angeht, ist der Aussagegehalt des Souveränitätsgrundsatzes zweifelhaft Unstreitig ist allein das Verbot förmlicher Zustellungen im Ausland, bei denen der Zustellungsbeamte selbst die Zustellung im Ausland vornimmt. Dagegen ist die völkerrechtliche Zulässigkeit formloser Zustellungen gerichtlicher Schriftstücke auf dem Postwege streitig. Das verantwortlich zeichnende Staatsorgan überschreitet bei dieser Zustellungsform nicht persönlich die Staatsgrenzen; nur
13 Dahm, S. 250; Browniie, S. 289 f.(n. 4); Bernandez, Encycl. of Publ.Int.Law 10, S. 477 und 491. 1 4 Art. 2 (1) der UN-Charta. 15 Bernandez, Encycl. of Publ.Int.Law 10, S. 491. 1 6 Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, S. 310 (Rz. 1504); Verdross/ Simma, S. 276 f. (§ 456); Dahm, Völkerrecht I, S. 250; Rudolf , DGVR 11 (1973), 33. Vgl. auch die Lotusentscheidung des IGH, PCU, Ser. A, No. 10, 18 f.
17 Zu diesem Begriff gleich S. 27. 18 Schmitz, S. 162.
§ 1 Einführung
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der zuzustellende Akt muß, um wirksam zu werden, "tatsächlich" ins Ausland gelangen. Im Anschluß an die Diskussion, die sich in jüngerer Zeit im sogenannten "Justizkonflikt mit den U . S . A . " 1 9 entsponnen hat, ist die Literatur vielfach dazu übergegangen, Jurisdiktionsschranken aus dem allgemeinen Völkerrecht anhand der anglo-amerikanischen Unterscheidung zwischen der "jurisdiction to legislate" und der "jurisdiction to enforce" zu d i s k u t i e r e n ^ . "Jurisdiction to legislate" soll die allgemeine Regelungskompetenz eines Staates beschreiben, "jurisdiction to enforce" die Befugnis, eigene Regelungen, d.h. Ge- und Verbote tatsächlich durchzusetzen. Über die Erörterung des amerikanischen Rechts hinaus führt diese unterschiedliche Terminologie jedoch nicht weiter^i, Einigkeit besteht auch hier nur darüber, daß "jurisdiction to enforce" - anders als "jurisdiction to legislate" - nicht "tatsächlich" auf fremdem Staatsgebiet ausgeübt werden kann. Ungewiß ist dagegen, nach welchen Kriterien die Abgrenzung zwischen der "jurisdiction to enforce" und der "jurisdiction to legislate" überhaupt zu beurteilen ist. Die aufgezeigten völkerrechtlichen Fragestellungen werden damit allenfalls durch die neue Frage ersetzt, wann ein staatliches Handeln der "jurisdiction to legislate" und wann der - strengeren Voraussetzungen unterliegenden - "jurisdiction to enforce" zuzuordnen ist. Ein Beispiel ist die internationale Zustellung von Gerichtsakten: Nach der U.S.-amerikanischen Rechtsprechung sollen einfache Postzustellungen der "jurisdiction to adjudicate" zuzuordnen sein und deshalb völkerrechtlich auch ins Ausland zulässig sein. Dagegen sollen Schriftstücke, die Zwangsandrohungen enthalten, zur "jurisdiction to enforce" gehören; ihre Zustellung im Ausland soll daher unzulässig s e i n 2 2 Die Richtigkeit dieser Zuordnung und insbesondere ihrer rechtlichen Konsequenzen muß anhand des geltenden Völkerrechts erst nachgewiesen werden. Vgl. dazu die Diskussion im Justizkonflikt mit den U.S.A.: Aus der viefaltigen Literatur dazu s. etwa Stürner, Kolloquium Rechtshilfe, S. 217 ff.; Habscheid, Justizkonflikt; Schlosser, Justizkonflkt; Junker, BB 1987, 1752 ff.; Wölki, R I W / A W D 1985,530 ff. S. ebenso (zu deutschen gerichtlichen Anordnungen an Auslandspersonen) Stürner, JZ 1987, 44 ff. (zu BGH JZ 1987, 42 ff.) und JZ 1987, 607 ff. gegen Schröder, JZ 1987, 605 ff. Dazu auch Schlosser, IPrax 1987,153 ff. Zur Terminologie K.P. Mössle, S. 197 ff. 20Mann,, Recueil des Cours 1964 I (111), 1 ff.; ders.,Recueüdes cours 1984, S. 9 ff.; ders., FS Mosler, S. 529 ff. Von der jurisdiction to legislate wird vielfach noch die jurisdiction to adjudicate (personal jurisdiction) unterschieden, die die Befugnis eines Staates beschreibt, über einen bestimmten Sachverhalt gerichtlich zu entscheiden und die dafür notwendigen (und nicht mit Zwang verbundenen) Maßnahmen zu treffen. Dazu Stürner, Rechtshilfeverkehr, S. 226 ff. Der Begriff der jurisdiction umfaßt in seiner Bedeutung sowohl die internationale Zuständigkeit als die Gerichtsbarkeit. 21 So wohl auch Μ e essen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 83. 22 Federai Trade Commission ν. Compagnie de Saint Gobain-Pont à Mousson 636 F. 2d 1300
(1980).
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
Die folgenden Ausführungen orientieren sich daher weitgehend an der "traditionellen" Terminologie. Dabei soll zunächst auf eventuelle völkerrechtliche Vorgaben für den Pfandungsbeschluß als solchen eingegangen werden (2. Kap.). Im Anschluß daran werden die Zustellung der Pfändungsurkunden und ihre staatsvertraglichen und völkergewohnheitsrechtlichen Beschränkungen zu behandeln sein (3. Kap.). § 2 Pfandungsbeschluß Es wurde bereits festgehalten, daß staatsvertragliche Regelungen für den Pfändungsbeschluß nicht eingreifen. Die Suche nach etwaigen völkerrechtlichen Grenzen kann sich daher nur am allgemeinen Völkerrecht, insbesondere dem Souveränitätsgrundsatz orientieren. Für die Prüfung, ob ein "internationaler" Pfändungsbeschluß und seine Zuständigkeitsnorm mit dem völkerrechtlichen Souveränitätsgrundsatz vereinbar sind, bestehen nun mehrere denkbare Ansatzpunkte: Der Pfändungsbeschluß kann als Ausübung von Hoheitsgewalt auf fremdem Staatsgebiet zu qualifizieren sein, 1. wenn man das Pfandungsobjekt, die Forderung, als im Ausland belegen ansieht (A), 2. im Falle eines ausländischen Drittschuldnerwohnsitzes, weil der Drittschuldner nicht deutscher Hoheitsgewalt unterworfen ist (B) oder 3. wegen zu schwachen Inlandsbezugs der zu pfandenden Forderung bzw. des der Pfändung zugrundeliegenden Sachverhalts (C) 2 3 . Alle drei Varianten setzen logisch voraus, daß es sich beim Forderungspfandungsbeschluß nicht um einen reinen Inlandsakt handelt, daß er also gewisse Auswirkungen im Ausland hat oder zumindest anstrebt. Unabhängig von einer unterstellten Auslandsbelegenheit oder vom Bestehen sonstiger Auslandsbezugspunkte der betroffenen Forderung mag dies schon deswegen bezweifelt werden, weil Forderungspfändungsbeschlüsse i.d.R. erst mit ihrer Zustellung an den Drittschuldner wirksam werden; so in der Bundesrepublik (§ 829 ZPO) und in Frankreich ( A r t 559 anc.C.proc.civ.). Nach schweizerischem Recht (Art. 99 SchKG) gilt die Pfändung zwar schon vorher als w i r k s a m 2 4 ; ihre Wirkung gegenüber dem Drittschuldner entfaltet sie aber auch dort erst nach der
23 Dieser Gesichtspunkt wird teilweise auch als eigenständiges Problem statt als Teilproblem des Souveränitätsgrundsatzes gesehen (so z.B. Kropholler, Int. Zust.f S. 214, Rz. 43). Dazu noch unten S. 54. 24 BGE 109 ΠΙ, 11 ff.(12); 94 ΠΙ, 78 ff. (81).
§ 2 Pfändungsbeschluß
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Zustellung der Drittschuldneranzeige25. Im Ergebnis besteht daher kein Unterschied zum deutschen und französischen Recht. In anderen Staaten ist die Rechtslage schließlich ähnlich^. Wenn der Pfändungsbeschluß für sich genommen also vorerst keinen Anspruch auf Gültigkeit erhebt, sondern von vornherein in Abhängigkeit von der nachfolgenden Zustellung steht, könnte eine Berührung fremder Souveränität schon aus dieser Erwägung heraus abgestritten werden27.
Doch bleibt zu bedenken, daß der Pfändungsbeschluß Teil eines Gesamtvorgangs, nämlich des gesamten Pfändungsaktes, ist. Gleichgültig, ob er ohne Zustellung Wirksamkeit entfaltet oder nicht, bewirkt die Teildurchführung, daß es jetzt für die Beschlagnahmewirkung nur noch auf die Zustellung ankommt, ein (erneuter) Pfändungsbeschluß also nicht mehr ergehen braucht. Pfändungsbeschluß und nachfolgende Zustellung können bei dieser Betrachtungsweise nicht isoliert beurteilt werden. Sie sind vielmehr als Einheit anzusehen. Dann aber können Auslandswirkungen auch des Pfändungsbeschlusses nicht geleugnet werden. A. Souveränitätsgrundsatz und Forderungsbelegenheit Völkerrechtliche Bedenken gegen den Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses erheben hauptsächlich solche Autoren, die die betreffende Forderung unter bestimmten Voraussetzungen als Auslandsgegenstand qualifizieren, d.h., sie als im Ausland belegen ansehen^. Der Pfändungsbeschluß greife dann in fremde Gebietshoheit ein; es fehle an der inländischen Jurisdiktion respektive Vollstreckungsgewalt. Dabei differieren freilich die Kriterien, anhand derer die angebliche Belegenheit der Forderung bestimmt wird. Während die einen den
25 Fritzsche/W alder, S. 297; Fluri, S. 48. 26 Griechisches Recht: Stoikos, Die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche Vermögen im deutschen und griechischen Recht, Tübingen 1987, S. 253; englisches Recht: Bunge, Das englische Zwangsvollstreckungsrecht, Berlin 1979, S. 36; schottisches Recht: Böttger, Das schottische Zivilprozeß-. Zwangsvollstrcckungs- und Konkursrecht, Berlin 1982, S. 109 f. 27 Mit dieser Begründung Schmidt, M D R 1956,204 ff. (205); Herzig, Büro 1967, 693 ff. (695). Ebenso (für Pfändungsbeschluß bei Exterritorialität des Drittschuldners) LG Bonn, MDR 1966, 936. 28 Aus der älteren deutschen Literatur: Reichel, AcP 131 (1929), 293 ff. (298); KG JW 1929, 2360; s. auch Rosenberg, 9. Aufl., S. 930 ff. Aus der französischen Literatur (bei Pfändung von Sachforderungen bei ausländischer Belegenheit des Forderungsgegenstands) Mercier, Encycl. Dalloz (droit int.) "saisie-arret", n. 8.
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
Drittschuldnerwohnsitz für entscheidend halten^, knüpfen andere die Lokalisierung der Forderung etwa an den Wohnsitz des Gläubigers 30 , an das auf die Forderung anwendbare Recht 3 1 , an die inländische Einklagbarkeit der Forderung 3 2 oder an die Belegenheit der Sache bzw. der Geldsumme, auf die sich die betreffende Forderung bezieht 33 . Berechtigung können souveränitätsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die "Belegenheit" der Forderung nur unter zwei Voraussetzungen haben: Zum einen müßte es einen rechtlich verbindlichen Satz geben, wonach Forderungen in der einen oder anderen Fallgestaltung an einem bestimmten Ort, aus der Sicht des Vollstreckungsstaats nämlich auf fremdem Territorium lokalisiert sind (I). Zum anderen müßte der Souveränitätsgrundsatz nicht nur tatsächliches Handeln auf fremdem Staatsgebiet untersagen, sondern darüber hinaus auch den Beschlagnahmebeschluß bzgl. auslandsbelegener Forderungsrechte generell verbieten (II). Dies ist durchaus nicht selbstverständlich. Anders als die Sachpfändung, die die körperliche Beschlagnahme des Pfandungsobjekts am Belegenheitsort voraussetzt 34 , vollzieht sich der Forderungspfändungsbeschluß in tatsächlicher Hinsicht ja ausschließlich im Inland. Lediglich seine Wirkungen sind grenzüberschreitend, nicht aber das Verfahren bei der Pfändung. Das für die Sachpfändung allgemein anerkannte Beschlagnahmeverbot 35 von Auslandsobjekten läßt sich daher nicht ohne weiteres auf die Forderungspfandung übertragen.
29 So vor allem in Deutschland: Reichel, AcP 131 (1929), 293 ff. (298); Schmidt, MDR 1956, 204 ff. (204); Riezler. IZPR, S. 658; Slaudinger-Großfeld, IntGesR, Rz. 503 m.w.N. Vgl. auch BVerfGE 64, 1 ff. (18); BGHZ 32, 256 ff. (259); RGZ 140, 340 ff. (343); KG, JW 1929, 2360. S. aber auch (aus der französischen Literatur (bei Pfändung von Geldforderungen) Mercier, Encycl. Dalloz (droit int.) "saisie-arret", n. 7; Huet, Clunet 1982,160 ff. (163) und (aus der schweizerischen Literatur) Guldener, S. 180. 30 So insbes. die h.M. in der Schweiz: FrUzsche Π, S. 214; v. Steiger, BISchK 1953, 1 ff. (7); Lenzi, S. 103; BGE 107 ΙΠ, 147 (150), 102 ΠΙ, 94 ff. (99) jew.m.w.N. Vgl. aber auch Mü-Ko-ÄVeuzer, Nach Art. 12 EGBGB, Anh. ΙΠ, Rz. 58 (zum Enteignungsrecht). 31 Batiffol/Lagarde Π, S. 220. 3 2 Dies ist offenbar die Haltung der amerikanischen Rechtsprechung: Marquardt, S. 108 ff. 3 3 So insbes. in Frankreich: Mercier, Encycl. Dalloz (droit int.) "saisie-arret", n. 7 f.; Huet, Clunet 1982, 160 ff. (163), wobei bei Geldschulden wiederum der Drittschuldnerwohnsitz als maßgeblich angesehen wird. 3 4 Für die Bundesrepublik: § 898 ZPO; für Frankreich: Art. 583 ff. anc.C.proc.civ.; für die Schweiz BGE 9 4 Ι Π , 78 ff. (80). 35 Statt vieler: Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, S. 310 (Rz. 1507); Menzelllpsen, S. 142; Dahm, S. 251; Bauer, Compétence, S. 66 (n. 56) jew.m.w.N.
§ 2 Pfändungsbeschluß
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I. Forderungsbelegenheit Forderungen haben keine Belegenheit im tatsächlichen Sinne. Sie sind etwas Gedachtes, Fiktives; dementsprechend kann auch ihre Belegenheit allenfalls fiktiv s e i n 3 6 . Eine "Forderungsbelegenheit" kann daher nur existieren, wenn die Rechtsordnung eine entsprechende Fiktion als allgemeingültige Regelung aufstellt 3 7 . Soll diese Regelung zudem staatenübergreifend gelten, so muß sie dem Völkerrecht zu entnehmen sein. Als mögliche Quelle 38 kommt dabei nur ein Satz des allgemeinen Völkergewohnheitsrechts in Betracht. Das Völkerrecht einschließlich des Völkergewohnheitsrechts enthält nun definitionsgemäß nur solche Rechtsregeln, die die Ausübung von staatlichen Hoheitsrechten im zwischenstaatlichen Bereich betreffen 3 ?. Der normativen Festlegung von Kriterien zur Bestimmung der Forderungsbelegenheit fehlt dieser spezifisch völkerrechtliche Bezug, so daß sie für sich alleine schwerlich völkergewohnheitsrechtliche Geltung erlangen kann^o. Selbst wenn es demnach eine einheitliche Staatenpraxis zur Bestimmung der Forderungsbelegenheit gäbe, könnte sich daraus niemals ein Satz des allgemeinen Völkerrechts entwickeln. II. Bestehen eines allgemeinen Satzes des Völkerrechts zur Zulässigkeit der internationalen Forderungspfändung? Theoretisch möglich ist dagegen die Existenz eines völkerrechtlichen, den Souveränitätsgrundsatz konkretisierenden Satzes, welcher den Pfandungszugriff im Hinblick auf ihre fingierte Belegenheit verbietet. Zwei Varianten sind hier vorstellbar: Unterstellt, es gäbe universell anerkannte Kriterien für die Bestimmung der Forderungsbelegenheit, so könnte das Völkerrecht die anhand dieser Kriterien festgestellte Auslandsbelegenheit zum Anlaß nehmen, das Verbot eines Pfandungsbeschlusses zu statuieren. Denkbar ist aber auch ein 3
6 SchacK Rpfl. 1980, 175 ff. (175).
3 7
Ehe von Wengler, S. 289 ff. vorgeschlagene Trennung zwischen einem funktionalen Begriff der Forderungsbelegenheit, der nur einen Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit schaffen will, und der Belegenheit im eigentlichen Sinne, die er mit der Vorstellung eines "spezifischen Anknüpfungspunktes" verbindet, halte ich daher für wenig sinnvoll. Einen eindeutigen spezifischen Anknüpfungspunkt der Forderung gibt es gerade nicht; insofern ist jede Belegenheitsbestimmung in gewisser Weise funktional. 3 8 Die Quellen des Völkerrechts sind in Art 38 Abs. 1 des Statuts des IGH (BGBl. 1973 Π, 505) aufgezählt. 3 9 Seidl-Hohenveldern, Lexikon des Rechts:"Völkerrecht". Zum Begriff des Völkerrechts und seiner Geschichte vgl. Verdross! Simma, S. 1 ff. (§§ 1 ff.). 40 So auch Marquordt, S. 24.
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
völkerrechtliches Pfändungsveibot unter Anknüpfung an eine nationale Belegenheitsfiktion, sei es im Recht des Pfandungsstaates oder im Recht eines von der Pfändung betroffenen Zweitstaates (insbesondere des Wohnsitzstaates des Drittschuldners). Beide Varianten hätten einen dem Völkerrecht begriffsimmanenten zwischenstaatlichen Bezug. Die zweite Variante (Relevanz nationaler Regelungen) scheinen sich diejenigen Vertreter der deutschen Literatur zu eigen gemacht zu haben, die die völkerrechtliche Zulässigkeit eines Pfandungsbeschlusses mit Verweis auf die Regelung des § 23 ZPO dann leugnen, wenn der Drittschuldner im Ausland wohnt und folglich das deutsche Recht die Auslandsbelegenheit der betreffenden Forderung fingiert 41 . Bezeichnend ist, daß diese Ansicht die völkerrechtliche Zulässigkeit vielfach durchgehend an der Regelung in § 23 Abs. 2 ZPO mißt, unabhängig davon, ob ein Pfandungsbeschluß in der Bundesrepublik oder im Ausland erlassen wurde. Je nachdem, ob es um eigene oder um ausländische Pfändungsakte geht, müßte demnach einmal das Recht des Pfandungsstaats (= deutsches Recht), ein andermal das Recht des (ebenfalls deutschen) Drittschuldnerstaats entscheidend für die völkerrechtliche Beurteilung sein. Dagegen sprechen - unabhängig von der nachfolgenden Prüfung völkerrechtlicher Entstehungsvoraussetzungen - schon formallogische Bedenken. 1. Entstehen von Völkergewohnheitsrecht Darüber, wie Völkergewohnheitsrecht entsteht, existieren in der völkerrechtlichen Literatur zahlreiche Abhandlungen, auf die für Einzelfragen verwiesen werden kann 4 2 . Der besseren Übersichtlichkeit halber soll hier nur ein kurzer Überblick gegeben weiden: Voraussetzung für das Entstehen von Völkergewohnheitsrecht ist eine "ständige Staatenpraxis", die von der allgemeinen Überzeugung ihrer rechtlichen Verbindlichkeit getragen ist 4 3 . Anhaltspunkte für das Bestehen einer Staatenpraxis sind etwa das Verhalten der Vertreter von Staaten 44 , Regierungs-
4 1 Reichel. AcP 131 (1929), 293 ff. (298); KG JW 1929,2360. Ebenso (zur Begründung für die Verweigerung von Rechtshilfe bei der Zustellung ausländischer Drittschuldneranzeigen in der Bundesrepublik) die deutschen Justizverwaltungen. Vgl. OLG Düsseldorf, IPRspr. 1980,578 ff. 4 2 Statt vieler: Ferrari Bravo, Recueil des Cours 1985 ΠΙ (192), 233 ff.; Verdross! Simma, S. 345 ff. (§§ 549 ff.) m. zahlreichen w.Nachw.; Akehurst, S. 25 ff. 4 3 Art. 38 Abs. 1 lit.b des Statuts des Internationalen Gerichtshofs. Ebenso etwa BVerfGE 15, 25 ff. (35) 4 4 Darunter wird man jedenfalls diejenigen Staatsorgane rechnen können, die im Außenveihältnis zu anderen Staaten völkerrechtlich befugt sind, ihr Land etwa beim Abschluß völkerrechtlicher
§ 2 Pfndungsbeschluß
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Stellungnahmen und diplomatische Noten, aber auch das interne Recht, das ein bestimmtes Verhalten im zwischenstaatlichen Bereich vorschreibt sowie seine tatsächliche Anwendung in Praxis und Rechtsprechung^, im Problemkreis um die internationalen Forderungspfändung stellen Gesetz, Rechtsprechung, Lehre und die Praxis der mit dem internationalen Rechtshilfeverkehr betrauten Stellen die Hauptquellen für die Bestimmung der Staatenpraxis dar. Der Umfang, in dem die internationale Zuständigkeit gesetzlich festgelegt und tatsächlich ausgeschöpft wird, spiegelt hier die Haltung eines Staates im Hinblick auf die im Völkerrecht verankerten Grenzen wider. Ob eine bestehende Staatenpraxis von der allgemeinen Überzeugung ihrer Rechtsverbindlichkeit getragen ist, kann sich vor allem darin zeigen, daß sie von den Mitgliedern der Staatengemeinschaft selbstverständlich hingenommen wird. Auch Stellungnahmen namhafter Völkerrechtler* 6 und verantwortlicher Regierungssprecher, Deklarationen der UN-Vollversammlung bzw. das Abstimmungsverhalten ihrer Mitglieder, Festlegung einer Praxis in völkerrechtlichen Verträgen etc. können wichtige Anhaltspunkte bildend. Eine abschließende Aufzählung ist hier freilich schon aus Raumgründen kaum möglich. Im konkreten Einzelfall sind auch sonstige Anhaltspunkte heranzuziehen, die auf eine bestehende Rechtsüberzeugung schließen lassen. 2. Allgemeine Praxis der internationalen Forderungspfändung? Würde es eine Staatenpraxis geben, wonach der Erlaß eines Pfandungsbeschlusses in bestimmten Fallkonstellationen - im Hinblick auf eine einheitlich fingierte Belegenheit der zu pfändenden Forderung - einheitlich unterbliebe, so ließe sich daraus folglich u.U. die Existenz eines entsprechenden, allgemeingültigen Satzes des Völkergewohnheitsrechts begründen. Relative Übereinstimmung besteht nun in der Staatenpraxis zwar, was die Bestimmung der Belegenheit von Forderungen angeht. Sie wird weitgehend an den Wohnsitz des Schuldners angeknüpft 48 . Dahinter steht wohl der Gedanke Verträge zu vertreten (BVerfG NJW 1978, 486 ff.(487). Dazu Verdross! Simma, S. 442 ff. (§§ 686 ff.). 45 Akehurst, S. 25 ff. Vgl. im einzelnen BVerfGE 15, 25 ff. (38); 16 ,27 ff. (34); 46, 342 ff.(347). 46 Vgl. Art. 38 d des IGH-Statuts: "la doctrine des publicistes les plus qualifiés....comme moyen auxiliaire de determinations des règles de droit." 47 Verdross! Simma, S. 353 ff. (§§ 560 ff.). Sie sind freilich nicht selbst Völkerrrcchtsquellen, sondern "Beweismittel" bei der Ermittlung von Völkerrecht. 48 Seidl-Hohenveldern, IKuER, S. 88 m.w.Nachw. (zum internationalen Enteignungsrecht); Mü-Ko-Ebenroth, nach Art. 10, Rn. 713 m.w.Nachw.; Mü-Ko-Kreuzer, nach Art. 38, Anh. ΙΠ, Rn. 3 Mössle
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der Durchsetzbarkeit. Am Wohnsitz des Schuldners befindet sich nämlich in der Regel auch dessen Vermögen; die Forderung und damit die Pfändung sind dort daher am ehesten zu erzwingen 4 ^ Es gibt jedoch auch Staaten, die die Belegenheit an anderen Kriterien messen. So nimmt beispielsweise das schweizerische Bundesgericht 50 den gegenteiligen Standpunkt ein und sieht die Forderung grundsätzlich als am Wohnsitz des Gläubigers belegen an. Die U.S.A. bestimmen die Belegenheit nach dem Ort, der die jurisdiction (Gerichtsbarkeit) über den Schuldner hat 5 1 . Schon bei Betrachtung der maßgeblichen nationalen Lokalisierungskriterien ergeben sich somit erhebliche Zweifel, ob "hinreichende" Einheitlichkeit der Praxis angenommen werden könnte. I.E. kann dies jedoch offen bleiben. Denn entscheidend gegen die Annahme eines Satzes des Völkergewohnheitsrechts, wonach Forderungen nur am Drittschuldnerwohnsitz gepfändet werden dürfen, spricht jedenfalls, daß aus einer Belegenheitsbestimmung der Forderung am Drittschuldnerwohnsitz - so eine solche gemacht wird - in fast keiner Rechtsordnung für die Pfändung rechtliche Konsequenzen gezogen werden 52 . Die deutsche Regelung des § 828 Abs. 2 ZPO etwa bestimmt die deutsche internationale Zuständigkeit zur Forderungspfändung auch für den Fall, daß der Drittschuldner im Ausland wohnt, der Vollstreckungsschuldner aber Inlandswohnsitz hat; dies, obwohl § 23 S. 2 ZPO die Lokalisierung am Schuldnerwohnsitz ausdrücklich niederlegt. Ebenso, allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen, hält sich die Schweiz auch dann für international zuständig, wenn der Gläubiger der Forderung, nach dessen Wohnsitz sich die Belegenheit grundsätzlich richtet, im Ausland wohnt. Die Forderung sei, so wird behauptet, in diesem Falle ausnahmsweise als am Drittschuldnerwohnsitz belegen anzusehen53. In sich konsequent scheint allein das englische Recht zu s e i n 5 4 : Aus der Lokalisierung der Forderung am Wohnsitz des Schuldners wird dort gefolgert, daß 56 m.w.Nachw.; Schröder, S. 395 f. (auch zum U.S.-Recht). Vgl. auch die rechtsvergleichende Untersuchung Marquardts, S. 104 ff. Von den von ihm untersuchten Rechten der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs, der Schweiz, der Niederlande, Großbritanniens, Österreichs und der U.S.A. scheinen allein die Schweiz und die U.S.A. von der Lokalisierung am Drittschuldnerwohnsitz abzuweichen. Vgl. auch noch die Darstellung unten im 2. Kapitel, S. 93 ff. 4 9 BaüffoULagarde Π, S. 219; Mü-Ko-Kreuzer, nach Art. 38„ Anh. ΙΠ, Rz. 56. 50 BGE 107 ΙΠ, 147 ff. (149); v. Steiger, BISchK 1953,1 ff. (7); Lenzi, S. 103. Vgl. aber auch (aus der deutschen Literatur): Mü-Ko-Kreuzer, Nach Art. 38, Anh. DI, Rz. 58 (zum Enteignungsrecht). S. im übrigen die Nachw. unten bei der Darstellung des schweizerischen Rechts. 51 Pirrwitz, R I W / A W D 1989, 96 ff. (101 ff.) m.w.N. Dies führt zwar regelmäßig zur Maßgeblichkeit des Schuldnerwohnsitzes, daneben kann ggf. aber auch der Gläubigerwohnsitz entscheidend sein. 52 Marquardt, S. 107 ff. 5 3 5 4
BGE 107 ΠΙ, 147 ff. (150); 103 ΠΙ, 86 ff. (90) Dazu Marquordt, S. 107 f.
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die Forderungspfändung (garnishment) ausschließlich dann zulässig sei, wenn der Schuldner Inlandswohnsitz habe 55 . Diese isoliert stehende Haltung vermag jedoch nichts an der Feststellung zu ändern, daß von einer universellen Staatenpraxis im Hinblick auf die Inanspruchnahme internationaler Zuständigkeit zur Forderungspfändung keine Rede sein kann 56 . Es fehlt damit auch an den Voraussetzungen für die Annahme eines völkerrechtlichen Satzes, der die staatliche Kompetenz bei der Forderungspfändung im Hinblick auf eine Forderungsbelegenheit - sei es am Wohnsitz des Drittschuldners oder des Vollstrekkungsschuldners - allgemein auf bestimmte Fallkonstellationen begrenzt 57 . 3. Völkerrechtliche Relevanz nationaler Regelungen zur Lokalisierung von Forderungen a) Keine allgemeine Staatenpraxis Aus der Tatsache, daß eine internrechtliche Belegenheitsbestimmung in der Staatenpraxis meist nicht zum Verzicht auf die Zuständigkeit zur Forderungspfändung führt, wenn die Forderung danach als im Ausland belegen anzusehen ist, folgt zugleich die Verwerfung der zweiten, oben dargestellten Denkvariante: Das Völkergewohnheitsrecht verbietet eine Forderungspfändung auch dann nicht, wenn das nationale Recht des Pfändungsstaats selbst die betreffende Forderung als Auslandsgegenstand qualifiziert. Die Voraussetzungen für die Entstehung entsprechenden Völkergewohnheitsrechts sind nicht gegeben. Aus diesem Grunde sind i.E. auch die in der deutschen Literatur vertretenen Auffassungen abzulehnen, wonach Forderungspfändungsbeschlüsse gegen den Souveränitätsgrundsatz verstoßen sollen, wenn § 23 der deutschen ZPO die Forderung als im Ausland belegen fingiert. Noch viel weniger werden in der Staatenpraxis Rechtsvorschriften ausländischer, von der Forderungspfändung betroffener Staaten, etwa des Drittschuldnerstaates, bei der Inanspruchnahme internationaler Zuständigkeit berücksichtigt. Erst recht fehlt es demnach an den Entstehungsvoraussetzungen eines völkerrechtlichen Satzes, wonach ausländische Lokalisierungsregeln bei der Inan5 5
Dicey/Morris, S. 966 ff. Leitentscheidung ist insoweit Swiss Banc Corporation v. Boehmische Bank (1923), 1 K.B. 673. 5 6 Zum gleichen Ergebnis kommt Pirrwitz, RIW/AWD 1989, 96 ff. (97). 5 7 So i.E. auch Schack, Rpfl. 1980,175 ff. (176); Mülhausen, W M 1986, 957 ff. (958); Schmidt, M D R 1954, 204 ff. (204); Herzig, Büro 1967, 693 ff. (695); Marquardt, S. 5; Rosenbaum, S. 3 f.; Rheinstein, RabelsZ 1984, 277 ff. (280); Schütze, DIZPR, S. 192; Baumbach/Lauterbach-//arfmarui, § 828, Anm. 1; Stein/Jonas -Münzberg, § 829, Anm. I 2; Staudinger-Sto//, Int.SachenR, Rz. 138 (zum Enteignungsrecht)
*
1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
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spruchnahme internationaler Zuständigkeit zu berücksichtigen wären. Es fehlt an einer entsprechenden allgemeinen Übung 5 8 . b) Grundsätzliche Bedenken gegen die völkerrechtliche nationaler Vorschriften
Relevanz
Darüber hinaus ist im gegebenen Zusammenhang auch zweifelhaft, ob die Existenz eines der Ausfüllung durch nationales Recht bedürftigen völkerrechtlichen Satzes rechtlich überhaupt möglich wäre. Konsequenz wäre nämlich, daß der Inhalt des allgemeinen Völkerrechts von Staat zu Staat bzw. zwischen einzelnen Staatenbeziehungen differieren würde. Zwar ist in der völkerrechtlichen Lehre und Praxis anerkannt, daß Völkergewohnheitsrecht auch im Verhältnis nur weniger Staaten zueinander entstehen kann; man spricht dann von "partikulärem Völkergewohnheitsrecht" 5^. Der Inhalt eines partikulären Völkerrechtssatzes ist aber jedenfalls im Verhältnis zwischen diesen wenigen Staaten i.d.R. einheitlich. Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zur vorliegenden Problematik. Ein Beispiel, bei dem nach h.M. nationales Recht ins Völkerrecht hineingreift, der Inhalt eines völkerrechtlichen Satzes also in der Tat national verschieden beantwortet werden kann, findet sich demgegenüber bei der Abgrenzung hoheitlichen staatlichen Handelns ("acte iure imperii") von nichthoheitlichem, schlichtem Staatshandeln ("acte iure gestionis") 60 . Dabei geht es um die Frage, in welchem Umfang das allgemeine Völkerrecht einem Staate Immunität gewährt und damit die Ausübung hoheitlicher Zwangsgewalt gegenüber ihm und seinen Organen durch andere Staaten verbietet. Zunehmend 61 wird die Immunität in der Staatenpraxis und in der völkerrechtlichen Literatur auf die "acte iure imperii" beschränkt. Die Abgrenzung zu schlichtem Staatshandeln soll sich dabei nach h.M. - vorbehaltlich eines gewissen "internationalen Min-
5 8
Vgl. die vorstehende Fußn. 9 Verdross! Simma, S. 25 (§ 30) und S. 359 ff. (§§ 567 ff.); Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, S. 13 (Rz. 44) und S. 113 ff. (Rz. 480 f.). 60 Allgemein dazu Verdross! Simma, S. 762 ff. (§§ 1168 ff.); mit zahlr.w.N.; Damian, S. 98 ff.; Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, S. 300 ff.(Rz. 1462 ff.); Akehurst, S. 111 ff.; Brownlie, S. 321 ff; Hess, R I W / A W D 1989, 254 ff. 61 Insbesondere die anglo-amerikanischen Staaten hielten lange Zeit an der Theorie der absoluten Staatenimmunität fest, wonach auch für nicht-hoheitliche Tätigkeit Immmunität zu gewähren war. Vgl. dazu Akehurst, S. 111 ff.; Verdross! Simma, S. 764 ff. (§§ 1170 ff.); Brownlie, S. 326 ff. Zur geschichtlichen Entwicklung der heutigen relativen Immunitätstheorie vgl. auch Dahm, FS Nikisch, S. 153 ff. Vom eingeschränkten Immunitätsbegriff gehen audi die ILC Draft Articles on Jurisdictional Immunities of States and their Property der U N aus (261.L.M. 625 (1987). 5
§ 2 Pfändungsbeschluß
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deststandards"- nach der lex fori des mit der Frage befaßten Gerichtsstaates richten62. Freilich ist auch dies nicht unbestritten. So schlägt Damian^ vor, die Qualifikation staatlichen Handelns statt nach der lex fori anhand "völkerrechtlicher Strukturtypen" vorzunehmen, die aus jenen Erscheinungsformen staatlichen Handelns zu entnehmen seien, "die nach allgemeiner Meinung jeweils den Kernbereich der "acta iure imperii" und der "acta iure gestionis" b i l d e n " 6 4 . Offenbar hat er Bedenken, nationales Recht im Rahmen völkerrechtlicher Fragen zu b e r ü c k s i c h t i g e n ^ . Selbst wenn man aber der h.M. folgt und im Bereich von Immunitätsfragen bei Zweifelsfällen auf die lex fori zurückgreift, so ist ein entsprechender Rückschluß auf die völkerrechtliche Situation bei der internationalen Forderungspfändung nicht ohne weiteres möglich. Dies deshalb, weil im Zusammenhang mit der Staatenimmunität bereits ein gesicherter, durch die Staatenpraxis bestätigter Grundkonsens darüber besteht, daß fremden Staaten Immunität zu gewähren ist 6 6 . Die Qualifikationsproblematik stellt sich lediglich in praktisch seltenen G r e n z f ä l l e n 6 7 . Dagegen fehlt es bei der Forderungspfändung an einem einheitlichen Grundkonsens. Unterstellt, es gäbe einen völkerrechtlichen Satz, wonach auslandsbelegene Forderungen nicht gepfändet werden könnten, hinge der Inhalt eines solchen Völkerrechtssatzes daher ausschließlich von der jeweiligen, durch nationales Recht bedingten Lokalisierung ab. Würde man die Entscheidung darüber, wo die Forderung belegen ist, wie bei der Abgrenzung zwischen hoheitlichem und schlichtem Staatshandeln der lex fori übertragen, hätte der unterstellte völkerrechtliche Satz im Gerichtsstaate A, der an den Schuldnerwohnsitz anknüpft, genau den gegenteiligen Inhalt wie im Gerichtsstaat B, dessen Recht den Gläubigerwohnsitz für
6 2 Se idl-Hohenv eidern, Völkerrecht, S. 302 (Rz. 1476); Dahn, Völkerrecht, S. 256; Mayer, Droit international privé, S. 204 (n. 334); BVerfGE 64,1 ff. (42); 16,27 ff. (62 f.); BGHZ 40, 197 = NJW 1964, 203; OLG Fankfuit, NJW 1976, 1044 f. (1045); OLG München, NJW 1979, 1101 f. Ebenso das Tribunale di Roma, AJIL 49 (1955), 98 ff.; Hoher Rat der Niederlande, I L M 14 (1975), 71 ff; BGE 113 1,257 ff. (276). Ähnlich Dahm, FS Nikisch, S. 153 ff. (167). Strittig ist demgegenüber, ob die Qualifikation sich nach den Zielen oder der Natur staatlichen Handelns richtet. 63 Völkerrecht, S. 100. 64 Dem Versuch einer Lösung aus völkerrechtlichen Strukturtypen ist m.E. entgegenzuhalten, daß es hier an hinreichend klaren Kriterien dafür fehlt, wie man von Fällen, für die eine allgemeine Überzeugung besteht, auf andere Fälle rückschließen kann. Ein solcher Rückschluß wäre nur dann ohne weiteres möglich, wenn sich die allgemeine Überzeugung auch auf jene Fälle erstreckte. In diesem Falle aber führt der Ansatz Damians gegenüber dem der h.M. nicht weiter, denn hier macht auch die h.M. von der Anwendung der lex fori eine Ausnahme (LG Frankfurt, NJW 1976, 1044 f.,1045). Dazu etwa auch Dahm, Völkerrecht I, S. 256 und FS Nikisch, S. 153 ff (167). 65 Zu den Nachteilen dieser Anknüpfung vgl. auch BVerfGE 16, 27 ff. (62 f.). 66 Zu diesem Punkte insbes. Dahm, FS Nikisch, S. 153 ff.(162). 67 Akehurst, S. 113. Vgl. auch BVerfGE 16, 27 ff. (62).
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grndsätze
die Forderungsbelegenheit entscheiden läßt Zu ähnlich abstrusen Ergebnissen würden andere Varianten einer nationalen Anknüpfung führen. So hätte die Belegenheitsbestimmung nach dem Recht des jeweiligen Pfändungsstaats zur Folge, daß die Forderung als am Schuldnerwohnsitz belegen anzusehen wäre, wenn Gerichtsstaat A pfändet, dagegen am Gläubigerwohnsitz bei Pfändung durch Gerichtsstaat B. Letztlich würden die "Belegenheit" und damit die völkerrechtliche Beurteilung also davon abhängen, welcher Staat zuerst gepfändet hätte. Wäre dies Gerichtsstaat A, so wäre dessen Belegenheitsbestimmung nämlich auch für Gerichtsstaat Β verbindlich 6 ^. Die Bestimmung der Forderungsbelegenheit nach nationalem Recht würde folglich bedeuten, den Inhalt des Souveränitätsgrundsatzes selbst in seiner praktischen Anwendung auf die Forderungspfändung völlig nationalem Recht zu überlassen. Dem Völkerrecht würde das ihm eigene Charakteristikum seiner universellen Geltung 6 ? entzogen, ein Ergebnis, das so kaum richtig sein kann. Die völkerrechtliche Relevanz nationaler Regelungen zur internationalen Forderungspfändung bzw. zur Forderungsbelegenheit ist daher auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus a b z u l e h n e n ™ . Zur Klarstellung: Hiermit ist nicht auch schon entschieden, inwieweit das Souveränitätsverständnis eines Staates auf nationaler Ebene Bedeutung haben kann. Legt ein staatliches Recht einen allgemeinen Grundsatz nieder, wonach Forderungen z.B. bei ausländischem Drittschuldnerwohnsitz im Ausland belegen sind und zieht es daraus ein Verbot solcher Pfändungen, so muß dies durch die eigenen nationalen Instanzen berücksichtigt werden. Völkerrechtliche Bedenken sprechen dagegen sicher nicht 7 1 . Allein in internationalen Beziehungen - etwa im Hinblick auf ausländische Forderungspfändungen - kann dieses Verständnis nicht immer mit Erfolg geltend gemacht werden7^ Auf diesen Punkt
68 Ad absurdum führt die Lokalisierung nach dem Recht des Pfändungsstaats dann, wenn man einmal unterstellt, daß zwei Staaten gleichzeitig pfänden. Die Forderung müßte hier als in beiden Staaten belegen angesehen werden. Entsprechend dem unterstellten völkerrechtlichen Satz wäre sie dann in beiden Staaten als völkerrechtswidrig einzustufen. 6
9 Dazu Fitzmaurice, Recueil des Cours 1957 Π (92), 1 ff. (55 f.). 0 So i.E. die ganz h.M. (Zulässigkeit eines Pfändungsbeschlusses). Vgl. noch unten S. 93 ff. 7 1 Dahm, FS Nikisch, S. 153 ff. (163) (im Zusammenhang mit Immunitätsfragen). 7 2 Die Frage, inwieweit nationales Souveränitätsverständnis in internationalen Beziehungen relevant ist, stellt sich auch in anderen Bereichen. Ein in jüngster Zeit insbesondere im Verhältnis zu den U.S.A. aktuell gewordenes Thema ist die Frage, ob die Durchführung von Beweisaufnahmen in einem Gerichts Staat fremde Souveränität verletzt, wenn gegenüber Auslandspersonen zur Durchsetzung von Beweisbeschlüssen massive Sanktionsandrohungen gemacht werden. Insoweit verweist Stürner, JZ 1987, 44 ff. (45) auf sich widersprechende Souveränitätsverständnisse beteiligter Staaten und hält i.E. offenbar das eigene für entscheidend. Auch hier gibt der klassische Inhalt des Souveränitätsgrundsatzes keine klare Auskunft. 7
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wird unten im Zusammenhang mit der deutschen Praxis bei der Zustellung ausländischer Drittschuldneranzeigen noch zurückzukommen sein. 4. Ergebnis Angesichts fehlender einheitlicher Staatenpraxis bei der Bestimmung der Belegenheit von Forderungen bzw. bei der praktischen Umsetzung im Bereich der internationalen Forderungspfändung ist festzuhalten, daß es weder eine "Forderungsbelegenheit" mit staatenübergreifender Geltung noch völkerrechtlich verbindliche Kriterien für ihre Bestimmung (durch nationales Recht) gibt. Daher kann ein Forderungspfandungsbeschluß auch in keiner theoretisch denkbaren Fallkonstellation fremde Souveränität im Hinblick darauf verletzen, daß Zugriff auf einen "Auslandsgegenstand" genommen wird. Im folgenden soll nun weiter untersucht werden, ob ein Souveränitätsverstoß wenigstens dann zu bejahen wäre, wenn die Forderung aufgrund bestehender Auslandsbezugspunkte (z.B. eines ausländischen Drittschuldnerwohnsitzes) als Auslandsgegenstand zu qualifizieren wäre. III. Völkerrechtliche
Zulässigkeit von Beschlagnahmemaßnahmen bei Auslandsgegenständen
1. Allgemeines zur Jurisdiktionslehre Nach der früher herrschenden klassischen Souveränitätslehre war ein Staat unter keinen Umständen befugt, Sachverhalte außerhalb seines Staatsgebiets zu regeln. Unerheblich sollte sein, daß es sich bei der gesetzlichen oder richterlichen Reglementierung von Auslandssachverhalten ja nicht notwendigerweise um Akte handeln muß, die das tatsächliche Überschreiten der Staatsgrenzen durch Hoheitsträger erfordern. Das Verbot wurde vielmehr unabhängig von der Notwendigkeit eines "körperlichen" Übergriffs in fremde Hoheitssphären bejaht 7 3 . Allenfalls bei der Anknüpfung der Zuständigkeit an die Staatsangehörigkeit eines Beteiligten zum Regelungsstaat wurden Ausnahmen zugelassen. Danach wäre ein Forderungspfandungsbeschluß in bezug auf auslandsbelegene 7 3
Mann, Recueü des Cours 1964 I (111) S. 1 ff. (24 ff.); Wildhaber , SchwJahrb. für int.Recht 1985,99 ff. (103); Verdross! Simma, S. 762 (§ 1163 ff.). Dies gilt insbesondere für die ältere englische Doktrin: Vgl. dazu die Dissenting Opinion von Richter Finley im Lotus-Fall, StIGH Series A Ν. 10, S. 57:"...a state can only require respect for its laws from such aliens as are permanently or transiently within its territory. No right for a state to extend its jurisdiction over acts of foreigners committed in foreign countries can be said to have grown according to the law of nations".
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
Forderungen wegen fehlender Jurisdiktion des Pfändungsstaats regelmäßig als völkerrechtswidrig einzustufen. Die strenge Jurisdiktionslehre wird heute freilich allgemein als überholt anAngesichts der engen internationalen Verflechtung, insbesondere im Bereich der Wirtschaft, läßt sie sich mit den tatsächlichen Gegebenheiten, hinter denen die Notwendigkeit staatenübergreifender Regelungen steht, kaum v e r e i n b a r e n 7 5 . Längst sind aus der Staatenpraxis zahlreiche Fälle zu nennen, für die die Inanspruchnahme staatlicher Kompetenz zur Regelung von Auslandssachverhalten, wenn nicht bereits als legitim anerkannt, so doch jedenfalls in weitem Maße in Anspruch genommen wird. Das internationale Kartellrecht, das internationale Steuerrecht und das internationale Strafrecht sind nur einige wenige Beispiele hierfür. Es ist im Bereich der Souveränitätsproblematik also ein allgemeines Umdenken zu vermerken. Für die heutige völkerrechtliche Lage wird man deshalb sagen müssen, daß es - über das Verbot der Ausübung tatsächlicher Hoheitsgewalt auf fremdem Boden hinaus - an einem allgemein anerkannten, durch die Staatenpraxis belegbaren und konkret umsetzbaren Inhalt des Souveränitätsgrundsatzes fehlt. Die Voraussetzungen zur Begründung einer strengen völkerrechtlichen Jurisdiktionsabgrenzung, wie ihn die klassische Lehre annahm, fehlen jedenfalls. gesehen™.
Dies ist der Hintergrund der derzeit schwelenden, mehr denn je aktuellen Jurisdiktionskonflikte in vielen zwischenstaatlichen Bereichen. Nur ein - praktisch wichtiges - Beispiel ist die nicht enden wollende Diskussion um die völkerrechtliche Zulässigkeit U.S .-amerikanischer zivilprozessualer Vorgehensweisen im sog. Justizkonflikt mit den U.S.A.. In U.S.-amerikanischen Beweisbeschlüssen, etwa im Rahmen der sog. pretrial discovery, wurden deutsche und andere europäische Firmen unter staatlicher Sanktionsandrohung aufgefordert, in eine Vielzahl geheimer Dokumente Einblick zu g e w ä h r e n d e . Dagegen wurde (und wird nach wie vor) in Europa aufs heftigste protestiert, denn die hohe Intensität U.S.-staatlicher Einwirkung auf betroffene Firmen wird als Souveränitätseingriff verstanden. Hier und anderswo stellt sich u.a. die Frage, welche Kriterien wenn nicht das der strengen Territorialität, für die Abgrenzung staatlicher Juridiktionsbereiche herangezogen werden können: Macht das geltende Völkerrecht überhaupt irgendwelche (beschränkende) Vorgaben? Wenn ja, wäre die Konsequenz, daß die Jurisdiktion zur Regelung von Auslandssachverhalten jeweils für jeden einzelnen Fall oder für bestimmte Bereiche positiv74 Wildhaber, SchwJahrb.für intRecht 1985,99 ff. (103); Brownlie, S. 298; Mann, Recueü des Cours 19641 (111), 1 ff. (36); Dahm, Völkerrecht I, S. 254 ff.; Vogel, S, 125. 75 Akehurst, S. 16:"...where it threatened to destroy international law altogether". 7 6 Eingehend dazu Stürner, Justizkonflikt, S, 5 ff.; Stadler, S. 279 ff. Speziell zur völkerrechtlichen Seite K.P. Mössle, S. 307 ff., Gerber, 34 Am.J.Comp.L. 745 ff. (778) (1986)
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rechtlich nachgewiesen werden müßte. Oder sind Staaten grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung darüber, wie weit sie ihren eigenen Kompetenzbereich auf Auslandssachverhalte ausdehnen wollen? Bedarf es also umgekehrt zur Einschränkung grundsätzlich unbeschränkter Jurisdiktion eines speziellen völkergewohnheitsrechtlichen Verbots? Zu diesen Fragen gab es in den letzten Jahren eine fast unüberschaubar gewordene Literaturflut, wobei die Diskussion für verschiedene Rechtsgebiete häufig völlig getrennt verlief 77 . Sie im einzelnen auszuwerten ist nicht Aufgabe dieser Arbeit. Hier soll vielmehr nur ein kurzer Überblick gegeben werden. Soweit in der Literatur für konfliktsbeladene Rechtsfragen im internationalrechtlichen Bereich, die in der Staatenpraxis unterschiedlich beurteilt und gehandhabt werden, völkerrechtliche Jurisdiktionsschranken behauptet werden, wird - ähnlich der strengen Souveränitätslehre - offenbar davon ausgegangen, daß der allgemeine Souveränitätsgrundsatz einschränkende Vorgaben für die Inanspruchnahme von Jurisdiktion macht. So etwa, wenn im internationalen Beweisrecht der Einklang ausländischer Beweisbeschlüsse gegenüber Inlandspersonen mit dem Völkerrecht von "Art und Intensität" des jeweiligen Eingriffs 7 8 oder vom Souveränitätsverständnis eines betroffenen Staates7^ abhängig gesehen wird 8 0 . Dasselbe gilt, wenn im Zusammenhang mit dem internationalen Kartellrecht die Ausdehnung wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen auf Auslandsgesellschaften und deren Auslandsaktivitäten generell 81 oder jedenfalls bei Nichtvorhandensein "erheblicher Inlandswirkungen" 82 als unzulässig eingestuft wird. Derartige Grenzen lassen sich positivrechtlich als Völkergewohnheitsrecht nicht nachweisen, weil es gerade an einer feststehen-
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Allgemein dazu Mann, Recueil des Cours 1964 I (111), S. 1 ff.; ders., Recueil des Cours 1984 Ι Π (186), S. 9 ff.; Lowenfels, Recueil des Cours 1979 Π (163), S. 311 ff.; Wildhaber, Schw.Jahrb. für int. Recht, S. 99 ff.( mit zahlr.w.N.); Jacquei , Clunet 1985, 327 ff.; Brownlie, S. 287 ff.; Dahmy Völkerrecht I, S. 250 ff.; V erdross! Simma, S. 286 ff. (§§ 1016 ff.). Speziell für die internationale Zuständigkeit in gerichtlichen Verfahren: Schröder, Int. Zust., S. 83 und 766; Gelmer, IZPR, Rz. 848 f.(167); ZöücT-Geimer, IZPR, Rz. 102. 78 So Stürner, Justizkonflikt, S. 27; ders. in Kolloquium Rechtshilfe, S. 233; ders., JZ 1987, 607 ff. (610); ebenso wohl Schlosser, Justizkonflikt, S. 25 ("auch ein Übermaß an extraterritorialer Aufklärungserzwingung ist völkerrechtswidrig"); Richter Blackmun, abw. Meinung in der Aerospatiale-Entscheidung, wiedergegeben von Heidenberger, RIW/AWD 1987, 666 ff. (671 f.). 7
9 So wohl Stürner, JZ 1987, 44 ff. (45). SO Vgl. auch Stadler, S. 279 ff. (282 ff.), die die Anordnung einer Handlung, Duldung oder Unterlassung auf fremdem Territorium wohl für völkerrechtswidrig hält. 8 1
Dies ist die Haltung Großbritanniens. 2 So New Yorker Resolution der International Law Commission (1972), ILA 55 (1972) X I X ; zustimmend Verdross! Simma, S. 784 (§ 1189), Fußn. 36. Ähnlich, aber noch strenger Wildhaber, Schw.Jahrb. für int. Recht 1985, 99 ff. (106). Hier ist freilich fraglich, ob das Wirkungsprinzip i.S. erheblicher Wirkungen nicht vielleicht bereits völkergewohnheitsrechtliche Geltung erlangt hat. 8
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
den Staatenpraxis fehlt Der gedankliche Ansatzpunkt dieser Auffassungen ist daher im Souveränitätsgrundsatz selbst und der durch ihn gebotenen Achtung fremder Souveränität zu suchen83. Ab einer gewissen, im einzelnen unterschiedlich gezogenen Grenze soll der Respekt vor fremder Souveränität und der Entscheidungsautonomie des von einer auslandsbezogenen Maßnahme betroffenen Staates nicht mehr hinreichend gewahrt sein. Gerade in diesem Punkte liegt der Haken des genannten Ansatzes: bei der Frage nämlich, wo genau die Grenze zu ziehen ist. Der Souveränitätsgrundsatz läßt sich hier nicht zu einer konkreten Aussage umsetzen. Eine Grenzziehung müßte also rein arbiträr erfolgen. Dies wiederum widerspräche dem allgemein anerkannten Satz, daß Völkergewohnheitsrecht nur im Falle des Bestehens einer allgemeinen Staatenpraxis und einer entsprechenden allgemeinen Rechtsüberzeugung entstehen kann. Die These, wonach der Souveränitätsgrundsatz selbst gewisse Schranken der Jurisdiktion aufstellt, läßt sich m.E. daher nicht überzeugend begründen. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß jeder Staat grundsätzlich frei in seiner Entscheidung darüber ist, wie weit er seinen eigenen Zuständigkeitsbereich ausdehnen und Auslandssachverhalte miterfassen will. Grenzen bestehen nur, wenn sie sich als völkergewohnheitsrechtliche Verbote positiv nachweisen lassen. Aufgrund bestehender Eigengesetzlichkeiten und unterschiedlicher Interessenlagen in einzelnen rechtlichen Bereichen ist dabei i.d.R. vom speziellen Rechtsgebiet oder von einer konkreten Fragestellung her zu prüfen, ob sich gerade dazu eine allgemein als rechtens anerkannte Staatenpraxis entwickelt hat. Rechtliche Verbindlichkeit kann jeweils nur der kleinste gemeinsame Nenner erlangen, sofern wenigstens ein solcher vorhanden ist. Allein dann, wenn völkergewohnheitsrechtliche Grenzen zu einer spezifischen Frage nachweisbar sind, kann die staatliche Jurisdiktion beschränkt s e i n 8 4 . Eine Übertragung ein-
83 In diesem Sinne Mann, Recueil des Cours 1964 I (111), 1 ff. (23 ff.); ders., Recueil des Cours 1984 Π Ι (186), 9 ff. (20 ff.); ders., FS Mosler, S. 529 ff. (533):" An dem Ausgangspunkt Gebietshoheit ist nicht zu zweifeln; seine Bedeutung und Anwendung in einem bestimmten Fragenkomplex ist Frage der Rechtsfindung." Nur so läßt sich auch die These Manns halten, wonach das Bestehen von enforcement jurisdiction voraussetzt, daß für die durchzusetzende Maßnahme legislative jurisdiction oder Regelungsbefugnis gegeben war. Eine entsprechende Staatenpraxis weist er insoweit nämlich nicht nach. 84 Verdross! Simma, S. 762 (§ 1167); Fragistas, Recueil des Cours 1961 Π Ι (104),S. 159 ff. (170); Fitzmaurice, Recueü des Cours 1957 Π (92), S. 1 ff. (218 ff.); Meng, ZaöRV 41 (1981), 465 ff. (471 und 501); Kropholler, Int. Zust., S. 213 (Rz. 423); Schlosser, Justizkonflikt, S. 21; Meessen, 78 AmJ.IntlL.(1984), 783 ff. (798 ff.); Schlochauer, S. 41 ff.; Nordmann, S. 77 ff. (82); Rudolf, DGVR 11, 174; Vogel, S. 125 ff. (142); Akehurst, S. 105; Dahn, Völkerrecht I, S. 254 ff.; Breuleux, S. 15; ZöMtr-Geimer, IZPR, Rz. 97; Albert, IPrax 1983, 55 ff. (56); wohl auch Lowenfeld, Recueil des Cours 1979 Π (163),S. 311 ff. (321 ff.). Ebenso der StIGH in der Lotus-Entscheidung, Series A 11, S. 13 ff.
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mal gefundener Grenzen auf andere Rechtsgebiete ist angesichts unterschiedlicher Interessenlagen grundsätzlich nicht m ö g l i c h e s . Lassen sich umgekehrt in einem Rechtsbereich keine allgemein anerkannten Schranken nachweisen, so bleibt die Abgrenzung staatlicher Kompetenzen zwar ein wünschenswertes oder gar völkerrechtlich gebotenes86 Ziel. Solche Abgrenzungsversuche stehen dann aber außerhalb des geltenden Völkerrechts, weil die Voraussetzungen für die Entstehung von Völkergewohnheitsrecht nicht vorliegen. Allenfalls können sie sich im Laufe eines längeren Zeitraums zu solchem e n t w i c k e l n ^ . Die Bedeutung des Souveränitätsgrundsatzes beschränkt sich in diesen Fällen auf ein allgemeines, konkret nicht umsetzbares Gebot, die Souveränität fremder Staaten zu achten und sich um möglichst wenig konfliktsträchtige Lösungen zu bemühen. In der Literatur wird darüber hinaus noch die Existenz eines allgemeinen, übergreifenden Grundsatzes der Jurisdiktion behauptet, wonach staatliche Regelungskompetenz nur dann bestehe, wenn zum Regelungssachverhalt irgendwelche, nicht allzu fernliegende Beziehungen b e s t e h e n ^ . Dabei geht es nicht um die ins einzelne gehende Abgrenzung der Jurisdiktionbereiche, sondern um den Versuch einer Bestimmung der äußersten Grenze, bis zu der ein Staat seinen Kompetenzbereich ausdehnen darf89. Relevant wird eine solche Grenze nur, wenn sich speziellere Grundsätze nicht nachweisen lassen. Dieser Ansatz 85 Wildhaber, SchwJahib. für int. Recht 1985, S. 99 ff. (104); Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 94 ff. (zur Übertragbarkeit der strafrechtlichen Grundsätze auf das internationale Kartellrecht). 86 So Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 65. Ein Beispiel, für das sich die Abgrenzung staatlicher Jurisdiktion relativ klar ziehen läßt, ist das internationale Strafrecht. Die hier geltenden Grundsätze, nämlich das Universalitätsprinzip bzgl. Straftaten, an deren Verhinderung alle Staaten interessiert sind, das Schutzprinzip für den Staat in seiner Existenz bedrohende Straftaten, das Personalitätsprinzip, wonach sich die Strafgewalt auf eigene Staatsangehörige auch außerhalb des Staatsgebiets erstreckt sowie das Territorialitätsprinzip (Tatortprinzip) sind Grundsätze, die allgemein anerkannt sind und die sich auch in den meisten Rechtsordnungen wiederfinden. Man wird sie daher als - den Souveränitätsgrundsatz konkretisierendes - Völkergewohnheitsrecht einstufen können. 87 Zu diesem dynamischen Charakter des Völkerrechts K.PMössle, S. 310 ff. 88 Grundlegend Mann, Recueil des Cours 19641 (111), S. 1 ff. (23 ff.); ders., Recueil des Cours 1984ΙΠ (186), 9 ff. (20 ff.); ders., FS Mosler, S. 520 ff. (531 f.). S. auch Verdross! Simma, S. 778 f. (§ 1183); Dahm, Völkerrecht, S. 256 ff.; MenzeUIpsen, S. 149; Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 110 ff.; ders., Kollisionsrecht, S. 232 ("allgemeine Rechtsüberzeugung"); Jellinek, S. 218; Breuleux, S. 18; Schlosser, Justizkonflikt, S. 24; Albert, IPrax 1983, 55 ff. (56); Wildhaber, SchwJahrb. für int. Recht, 99 ff. (104); Rudolf, DGVR 11, S. 19. Aus der Judikatur s. die Individual Opinion von Richter Fitzmaurice im Barcelone Trading Case, I.C.J.Reports 1970,83 ff. (101). 89 Im Ansatz anders Verdross! Simma, S. 779 (§ 1183), der in den speziellen Grundsätzen zu einzelnen Rechtsgebieten eine Konkretisierung des Erfordernisses minimaler Inlandsbeziehungen sieht. Praktisch ändert sich dadurch aber nichts.
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kann allenfalls subsidiär zur Geltung kommen, wenn speziellere völkerrechtliche Grundsätze fehlen^. 2. Bestehen spezieller völkergewohnheitsrechtlicher Grenzen bei Beschlagnahme von Auslandsgegenständen Die Frage, ob ein Forderungspfandungsbeschluß gegen den Grundsatz der Achtung fremder Souveränität verstieße, wenn eine Auslandsbelegenheit von Forderungen (völkerrechtlich verbindlich feststellbar wäre, ist demnach nicht vom Souveränitätsgrundsatz her zu beantworten, sondern anhand einer Analyse der Staatenpraxis in Fällen mit vergleichbarer Problematik, Fällen, in denen es gleichfalls um die Beschlagnahme auslandsbelegener Gegenstände geht. Dabei muß die Belegenheit eindeutig feststellbar sein. Das ist der Fall beim Zugriff auf körperliche Sachen. Gleichwohl eignet sich die Sachpfändung kaum zum Vergleich. Die völkerrechtliche Situation ist bei ihr eindeutig, da sie durch die unstreitig nur im Inland zulässige - tatsächliche Beschlagnahme des Pfändungsgegenstandes vollzogen wird. Statt dessen sollen daher exemplarisch das internationale Konkurs- und das internationale Enteignungsrecht herausgegriffen werden. Beiden ist gemein, daß die Einbeziehung körperlicher Gegenstände in Konkurseröffnungs- bzw. Enteignungsbeschluß - entsprechend der Situation bei der Forderungspfändung - unabhängig von der unmittelbaren Inbesitznahme ist. Sollen Auslandsgegenstände erfaßt werden, ist folglich das unmittelbare Setzen eines Hoheitsaktes im Ausland nicht erforderlich. a) Internationales Konkursrecht Im internationalen Konkursrecht besteht eine weitreichende Staatenpraxis, die von der Einbeziehung aller, also auch auslandsbelegener Gegenstände in den Inlandskonkurs ausgeht (sog. Uni versalitätsprinzip)91. Ausdrücklich geregelt ist das Universalitätsprinzip im deutschen Konkursrecht (§§ 1, 238 K O ) 9 2 ; ebenso in der Schweiz (Art. 197 SchKG), in den U.S.A. (§ 541 US Bankruptcy Code), in Groß-Britannien (s. 167 Bankruptcy Act) und in Italien (Art. 9 des italienischen Konkursgesetzes). In Frankreich fehlt es an einer analogen Gesetzesregelung, doch scheint die französische Rechtsprechung ebenfalls in Rich90 Dazu unten S. 54 ff. 91 Hanisch, Faillite International, S. 21. Die folgenden Ausführungen zu ausländischen Rechten basieren weitgehend auf den von ihm angestellten rechtsvergleichenden Untersuchungen. Zum Universalitätsgrundsatz allgemein Kuhn/Uhlenbmck-Lu£r, §§ 237, 238, Rz. 6; Geimer, IZPR, S. 485 (Rz. 2363). 92 BaurfStürner Π, S. 424 (Rn. 37.3).
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tung auf das Universalitätsprinzip zu tendieren93. Frühere gegenläufige Tendenzen der deutschend und der schweizerischen95 Rechtsprechung, das Universalitätsprinzip trotz gesetzlicher Festschreibung in seinen praktischen Auswirkungen einzuschränken, treten in neuerer Zeit zunehmend z u r ü c k 9 6 . Dabei hat der BGH ausdrücklich auch das Argument verworfen, der Konkursbeschlag als hoheitlicher Vollstreckungsakt könne im Hinblick auf den Territorialitätsgrundsatz nicht über die Staatsgrenzen w i r k e n 9 7 . Die Staatenpraxis bestätigt dies in vollem Umfang: Bedenken in völkerrechtlicher Hinsicht werden offenbar nirgends gesehen. Daß darüber hinaus umgekehrt auch ausländische Konkursbeschlagnahmebeschlüsse im Hinblick auf Inlandsvermögen nicht als souveränitätsverletzend empfunden, vielmehr sogar in ihren Wirkungen anerkannt werden können, zeigt die neueste Rechtsprechung des BGH: In einer Entscheidung aus dem Jahre 198598 sprach das Gericht einem belgischen Konkurseröffnungsbeschluß rechtliche Relevanz in der Bundesrepublik zu und nahm damit erstmals von seinem früheren Standpunkt Abstand, wonach die Wirkungen ausländischer Konkurseröffnungsbeschlüsse grundsätzlich territorial beschränkt und folglich im (deutschen) Inland nicht zu berücksichtigen seien99.
Ohne in Details gehen zu müssen, ergibt sich bereits aus dieser kurzen Einführung, daß im Bereich des internatioalen Konkursrechts völkerrechtliche Bedenken gegen die Beschlagnahme auslandsbelegener Gegenstände kaum begründbar sind 1 0 0 .
93 Hanisch, a.a.O., S. 21 (Fußn. 9) m.w.N. 94 Vgl. insbes. RGZ 54,193 f. (193) (sog. "Kosmosentscheidung"); Bay OLG LZ 1908,550 ff. 95 BGE 23 ΙΠ, 1285 ff. (1288). Dazu Hanisch, Faillite International, S. 15 ff. 96 Für die Schweiz vgl. BGE 107 Π, 484 ff. (486); 102 ΙΠ, 71 ff. Für die Bundesrepublik: BGHZ 68, 16 ff.; 78, 318 ff. und insbes. BGH W M 1983, 858 = ZIP 1983, 961 ff. (mit Anm. Hanisch, ZIP 1983, 1289 ff.). Anders noch BGH NJW 1962, 510 ff. (511). Zum ganzen Ackmann/Wenner, IPrax 1989,144 ff. 97 BGH ZIP 1985, 944 ff. (947). Dazu Hanisch, ZIP 1985, 1233 ff. (1234); BaurlStürner Π, S. 431 ff. (Rn. 37.24 ff.). 98 BGH ZIP 1985, 944 ff. 99 Zu dieser Entscheidung Hanisch, a.a.O. Ebenso BGH W M 1988, 1458 = ZIP 1988, 1200 und dazu Hanisch, JZ 1988, 737 ff. Zu ähnlichen (wenn auch noch zögerlicheren) Tendenzen im schweizerischen internationalen Konkursrecht Raschein, BISchK 1987, 201 ff. (208 ff.) und BGE 111 m , 38 ff. (40 ff.). Für die U.S.A. Riesenfeld, FS Kegel, S. 498 ff. 1 0 0
So auch die observation Sir Gerald Fitzmaurices in Barcelona Traction, Light and Power Co. Ltd., ICJ Reports 1970,105. Zustimmend Mann, Recueil des Cours 1984 m (186), 8 ff. (26 f.).
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
b) Internationales Enteignungsrecht Nicht ganz so klar erscheint die rechtliche Situation bei der internationalen Enteignung: Auch hier ist in der Staatenpraxis zwar verbreitet, Enteignungsund insbesondere Nationalisierungsmaßnahmenioi auf Auslandsvermögen zu erstrecken. Aktuelles Beispiel sind die Ende 1981 unter Mitterand durchgeführten französischen E n t e i g n u n g e n 102. Solchen Maßnahmen wird, soweit Auslandsgegenstände erfaßt sind, im Ausland jedoch regelmäßig und mit größerer Entschiedenheit als im internationalen Konkursrecht die Anerkennung verweigert 103 . Wenn dabei zur Begründung auf den Territorialitätsgrundsatz verwiesen wird, so ist freilich Vorsicht geboten, denn es sind zwei verschiedene Begriffsbedeutungen auseinanderzuhalten 1 0 4 . Zum einen der völkerrechtliche Begriff, dessen Inhalt oben dargelegt wurde; zum anderen der speziell für das Enteignungsrecht entwickelte kollisionsrechtliche. Letzterer hat mit dem Völkerrecht unmittelbar nichts zu tun. Es geht hier lediglich um die Anwendung einer (nationalen) Kollisionsregel, die die Relevanz ausländischen Rechts (des Enteignungsstaats) für die Wirksamkeit einer Enteignungsmaßnahme auf solche Gegenstände beschränkt, die sich in diesem Auslandsstaat 105 oder in seinem Machtbereichl°6 befinden. Regelmäßig wird die Anerkennungsverweigerung mit Verweis auf den Territorialitätsgrundsatz in der zweiten Bedeutung zu verstehen sein. Daß darüber hinaus auch völkerrechtliche Gründe gegen die Enteignung auslandsbelegener Gegenstände sprechen, wird in Rechtsprechung und Literatur zwar gelegentlich behauptet 107 . Die Staatenpraxis und insbesondere die Tatsache, daß kaum ein Staat sich je über die Anerkennungsverweigerung hinaus gegen ausländische (gewöhnliche) Enteignungsmaßnahmen wehrt, sprechen jedoch gegen diese völkerrechtlichen Bedenken. Dies um so mehr, als es trotz des international verbreiteten (kollisionsrechtlichen) Territorialitätsgrundsatzes Staaten gibt, die Auslandsenteignungen von Gegenständen, die auf ihrem Territorium liegen, unter gewissen Voraussetzungen gar anerkennen 108. Mit der h.M.109 ist daher davon auszugehen, daß auch im Ent-
1 0 1 Die Enteignung bezieht sich auf einzelne Gegenstände, während man unter Nationalisierungen die Verstaatlichung oder Sozialisierung aller oder einzelner Produktionszweige einer Volkswirtschaft versteht. Zu den Begriffen Verdross! Simma, S. 804 (§ 1216) und S. 812 (§ 1222). 102 Dazu v. Breitenstein, R I W / A W D 1982,149 ff. 103 Staudinger-Sto//, Int.SachenR, Rz. 128 ff.; Sozrgd-Kegel, Vor Art. 7, Rz. 794. Zur Praxis in den einzelnen Staaten vgl. Matthias, R I W / A W D 1982,640 ff. 104 Dazu insbes. Staudinger-Sto//, Int.SachenR, Rz. 131. 105 Staudinger-Äo//, Int.SachenR, Rz. 130. 106 Kegel! Seidl-Hohenveldern, FS Ferid, S. 233 ff. (234). 107 BGHZ 5, 27 ff. (34 f.); 12,79 ff. (83 f.); 25, 134 ff. (143). !08 So etwa die U.S.A.: Matthias, R I W / A W D 1982, 640 ff. (640 f).
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eignungsrecht der völkerrechtliche Souveränitätsgrundsatz die Beschlagnahme von Auslandsgegenständen nicht hindert 1 1 0 . Doch selbst wenn man der Mindermeinung folgte und die Einbeziehung von Auslandsgegenständen in Enteignungs- bzw. Nationalisierungsmaßnahmen als völkerrechtwidrig einstufte, wären Rückschlüsse auf die internationale Forderungspfandung kaum angebracht. Der damit entstehende Widerspruch zur völkerrechtlichen Beurteilung im internationalen Konkursrecht ließe sich nur anhand der jeweils auf dem Spiele stehenden Interessen auflösen: Bei der Enteignung geht es regelmäßig um staatsegoistische Ziele, während es im Konkurs private Vollstreckungsinteressen zu befriedigen gilt. Die Forderungspfändung ist bei Berücksichtigung der beteiligten Interessen also eher dem Konkurs denn der Enteignung vergleichbar. Ein völkerrechtliches Verbot der Pfändung von Auslandsforderungen wäre demnach - entsprechend der Rechtslage im internationalen Konkursrecht - auch dann zu verneinen, wenn man ein solches für das internationale Enteignungsrecht bejahte.
c) Ergebnis Die aufgeführten Beispiele zeigen, daß es keinen allgemeinen völkerrechtlichen Satz gibt, der den Souveränitätsgrundsatz dahingehend konkretisiert, daß er den Zugriff auf Auslandsgegenstände - tatsächliche Übergriffe vorbehalten verbietet. Der Erlaß eines Pfändungsbeschlusses im Verfahren der Forderungspfändung könnte demnach auch dann nicht als souveränitätsverletzend angesehen werden, wenn es eine Forderungsbelegenheit tatsächlich gäbe 1 1 1 .
10 9 Dahm, Völkerrecht I, S. 262 und 264; Menzel!Ipsen, S. 149; Staudinger-Sto//, Int.SachenR. Rz. 131; Soergél-Kegel, Vor Art. 7, Rz. 3 u. 810 (m.w.Nachw.); BatiffoULagarde Π, S. 187 (n. 523-1) ("règie à la verité encore mal fixées". Dahingestellt bei Kegel!Seidl-Hohenveldern, FS Ferid, S. 233 ff. (244). 1 1 0 Ob freilich Enteignungsmaßnahmen bzgl. auslandsbelegener Gegenstände völkerrechtlich unbegrenzt möglich sind, ist äußerst zweifelhaft. In der Literatur wird diskutiert, (In- und Auslands·) Enteignungen als völkerrechtswidrig zu werten, wenn sie nicht mit einer ausreichend hohen Entschädigung kompensiert werden. Vgl dazu Charter of Economic Rights and Duties of States der UN-Vollversammlung. Zu dieser und anderen völkerrechtlichen Grenzen der Enteignung Verdross! Simma, S. 805 ff. (§§ 1216 ff.). Aus der Belegenheit als solcher ergeben sich diese Bedenken aber jedenfalls nicht. 1 1 1
Rosenbaum, S. 4
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
B.Souveränitätsgrundsatz und ausländischer Drittschuldnerwohnsitz Von der Frage, ob ein Pfändungsbeschluß wegen unterstellter Auslandsbelegenheit der betreffenden Forderung gegen den Souveränitätsgrundsatz verstößt, zu unterscheiden ist, inwieweit ein Pfandungsbeschluß vielleicht deswegen fremde Gebietshoheit verletzt, weil der Pfändungsstaat keine Befehlsgewalt über einen im Ausland wohnenden Drittschuldner hat. Mit dem Pfandungsbeschluß, so könnte man sagen, ergehe gleichzeitig eine Anordnung an den Drittschuldner, nicht mehr an den Vollstreckungsschuldner, sondern an den vollstreckenden Gläubiger zu leisten. Auch wenn diese erst mit der Zustellung finden Drittschuldner verbindlich werde 1 1 2 , beinhalte bereits die Anordnung als solche eine Verletzung fremder Souveränität 113 . Dagegen wird vereinzelt vorgebracht, die Vollstreckung richte sich vornehmlich gegen das Vermögen des Vollstreckungsschuldners und nicht gegen den Drittschuldner. Sie könne schon aus diesem Grunde nicht als Hoheitsausübung dem Drittschuldner gegenüber angesehen werden 114 . Dies überzeugt m.E. nicht. Die Tatsache, daß sich die Vollstreckung gegen den Vollstrekkungsschuldner und dessen Vermögen richtet, ändert nichts daran, daß die Pfändungsanzeige die Person des Drittschuldners anspricht und speziell ihm gegenüber Rechtsfolgen erzeugen will. /. Befehlscharakter
des Zahlungsverbots
Der Einwand fehlender Befehlsgewalt gegenüber dem Drittschuldner kann gleichwohl nur dann greifen, wenn die Drittschuldneranzeige tatsächlich ein verbindliches Gebot enthält und nicht nur den bloßen Hinweis auf die durch die Pfändung herbeigeführte Rechtslage, wonach eine Leistung des Drittschuldners an den Schuldner vom Pfandungsstaat nicht mehr als schuldbefreiend anerkannt wird. Von einem bloßen Hinweis wird häufig in der Literatur ausgegangen 1 1 5 . Zur Begründung wird dort angeführt, daß das Zahlungsverbot den Drittschuldner weder in seiner persönlichen Handlungsfreiheit noch unmittel1 1 2
Dazu schon oben S. 28 f.
1 1 3
So z.B. KG JW 1936, 2760 (Nr. 67). Unklar insoweit Stöber, S. 12 (Rz. 38), der zwar meint, das Vollstreckungsgericht müsse dem Drittschuldner Befehle erteilen können, trotzdem aber den Pfändungsbeschluß für zulässig ansieht 114 Stein, FS Wach, S. 449 ff. (465); Jonas, JW 1932,667 ff. (667); Oertmann, JW 1929, 2360 (Nr. 1). Dazu Rheinstein, RabelsZ 1934, 277 ff. (282). 115 Schack,, Rpfl. 1980, 175 ff.(176); Schütze, DIZPR, S. 192; Geirrter, IPrax 1986, 208 ff. (208), Fußn. 2; Rheinstein, RabelsZ 1934, 277 ff. (279 f.); Richter, DanzJMSchr.1929, 33 ff. (34); Geirrter, IZPR, Rz. 408 (S. 87).
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bar in seinem Vermögen b e e i n t r ä c h t i g e ! 16. Der Drittschuldner dürfe ja weiterhin an den Vollstreckungsschuldner leisten, er könne nur nicht mehr (schuldbefreiend) leisten! 17 . Wollte man die Qualifikation einer staatlichen Maßnahme als Verbot oder bloße Mitteilung davon abhängig machen, ob der Betroffene durch die Maßnahme in seiner persönlichen Handlungsfreiheit oder unmittelbar in seinem Vermögen beeinträchtigt wird, dann gäbe es allerdings überhaupt keine "Befehle" mehr; selbst Strafvorschriften, die nach allgemeiner Ansicht als hoheitliche Verbote ergehen, wären dann als reine Mitteilungen zu verstehen, wonach diese oder jene Handlung mit Strafe bedroht ist. Jeder darf einen Diebstahl begehen, er kann ihn nur nicht straffrei begehen. Genauso ist die Lage des Drittschuldners nach erfolgter Pfändungsanzeige: Er darf zwar zahlen, aber er kann es nicht, ohne in die Gefahr einer weiteren Inanspruchnahme zu geraten. Daraus ergibt sich m.E., daß die Qualifikation der Drittschuldneranzeige als bloße Mitteilung jedenfalls mit der genannten Begründung nicht haltbar ist. Andererseits kann auch nicht angenommen werden, daß grundsätzlich jede staatliche Nachteilsankündigung zwingend zur Qualifikation als Verbot bzw. Anordnung führt. So wird z.B. der Hinweis auf eine Beweislastregel, um eine Partei zur Vorlage von Beweisgegenständen zu bewegen, kaum als gerichtlicher Befehl angesehen werden können. Es handelt sich dabei vielmehr um eine bloße Belehrung über die Rechtslage 118 . Die Grenze zum Befehlscharakter ist aber sicher überschritten, wenn über die schon vorher bestehende Rechtslage hinaus Sanktionen angedroht werden 119. Anders ausgedrückt: Sanktionscharakter bekommt eine Rechtsfolge dann, wenn sie nicht von vornherein vorgegeben ist, sondern sich in Reaktion auf das Parteiverhalten zu deren Nachteil ändert. Der Übergang zwischen Mitteilung und Anordnung kann dabei freilich im Einzelfall fließend sein. Zieht man diese Erwägungen für die Beurteilung der Drittschuldneranordnung heran, so hat man die dem Drittschuldner für den Fall der Leistung an den Vollstreckungsschuldner angekündigte Rechtsfolge wohl als Sanktion, die
1
16 Richter, DanzJMSchr. 1929, 33 ff. (34). 17 Rheinstein, RabelsZ 1934,277 ff.(280). 118 Stürner, JZ 1987, 607 ff. (609); Schröder, JZ 1987, 605 ff. (605). Eine andere Frage ist, ob eine rechtsbelehrende gerichtliche Aufforderung gegenüber einer Auslandsperson nicht deshalb fremde Gebietshoheit verletzt, weil das Gericht als staatliches Organ hier im Ausland hoheitlich tätig wird. So BGH NJW 1984,2039 ff. (2039). 119 So bei Verhängung einer subpoena order im U.S.-amerikanischen Discovery-Verfahren oder der Androhung einer ungünstigen Beweisfiktion; str.: Dafür: Stürner, JZ 1987, 607 ff. (609) gegen Schröder, JZ 1987, 605 ff. 1
4 Mössle
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
Drittschuldneranordnung folglich als Befehl e i n z u o r d n e n ^ , im Unterschied zur Partei im Beweisverfahren, auf die die Beweislastregeln von Anfang an Anwendung finden und der gegenüber die "Androhung" keine Rechtsänderung herbeiführt, wird der Drittschuldner nämlich erst durch die Mitteilung in das Pfandungsverfahren hineingezogen; erst durch sie bzw. durch die Zuwiderhandlung ändert sich die Rechtslage zu seinen Ungunsten. Dies führt zu dem allgemeinen Problem, inwieweit ein Staat Verbots- oder Gebotsanordnungen gegenüber Personen treffen darf, die außerhalb seines Staatsgebiets wohnen. Existiert insoweit ein völkerrechtliches, den Souveränitätsgrundsatz konkretisierendes Verbot? II. Völkerrechtliche Zulässigkeit hoheitlicher Ge- und Verbote gegenüber Auslandspersonen 1. Einführung Schon oben wurde festgehalten, daß die früher herrschende strenge Souveränitätslehre, wonach ein Staat nicht befugt sein sollte, Auslandssachverhalte zu regeln, überholt ist. Dies gilt auch für die Einbeziehung von Auslandspersonen in inländische Regelungen, mithin für den Erlaß inländischer, an Auslandspersonen gerichteter Ge- oder Verbotsnormen. Völkerrechtliche Beschränkungen können hier nur bestehen, wenn sich entsprechendes, spezielles Völkergewohnheitsrecht herausgebildet hat. Daß völkergewohnheitsrechtliche Schranken sich jedenfalls nicht speziell für den Bereich der internationalen Forderungspfändung entwickelt haben, ergibt sich aus den obigen Ausführungen zur internationalen Praxis. Die wenigsten Staaten haben Bedenken, Forderungspfändungen bei ausländischem Drittschuldnerwohnsitz vorzunehmen und die damit verbundenen Anordnungen gegenüber dem Drittschuldner zu treffen. Aber auch in anderen Rechtsgebieten lassen sich kaum je spezielle völkerrechtliche Grundsätze nachweisen, wonach die Einbeziehung von Auslandspersonen in den Anwendungsbereich inländischer Ge- oder Verbotsnormen unzulässig wäre. Dies sei anhand eines Blickes auf das internationale Strafrecht und das internationale Kartellrecht verdeutlicht.
120 Mülhausen, W M 1986, 957 ff. (959); wohl auch Schmidt, M D R 1955, 204 ff.(205); Herzig, Büro 1967, 693 ff. (695) ("gerichtlicher Befehl"); Reichel, AcP 131,293 ff. (297); Jonas, JW 1932, 667 f. (667). Ebenso wohl (für die französische "saisie-arret") Batiffol, Rev.crit.dr.int.pr. 1986, 332 ff. (333).
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2. Völkerrechtliche Zulässigkeit staatlicher Ge- oder Verbote im internationalen Strafrecht und im internationalen Kartellrecht a) Internationales Strafrecht Im internationalen Strafrecht ist heute allgemein anerkannt, daß jeder Staat Delikte verfolgen darf, die gegen Rechtsgüter gerichtet sind, an deren Unversehrtheit alle Staaten interessiert sind (sog. delicta iuris gentium). Um solche geht es beim Frauen-, Kinder-, Sklaven- und Drogenhandel 121 . Man spricht hier vom strafrechtlichen Universalitäts- oder Weltrechtsprinzip 122. Ebenso anerkannt ist das sog. Schutzprinzip, wonach im Ausland begangene Delikte strafrechtlich verfolgt werden dürfen, wenn sie die politische Existenz eines Staates b e d r o h e n 123, Das in der strafrechtlichen Sanktionsandrohung liegende staatliche Verbot, die strafbedrohte Tat zu begehen, richtet sich in beiden Fällen ohne weiteres auch an Auslandspersonen. Die staatliche Strafgewalt gegenüber Ausländern wird also ohne Zögern in Anspruch genommen. Gewiß ist die Situation im Strafrecht eine spezielle. So besteht beim Universalitätsprinzip die Besonderheit, daß es um die Durchsetzung von Rechtsgütern geht, deren Schutzwürdigkeit universelle Anerkennung genießt 12 ! Das strafrechtliche Schutzprinzip bezieht sich demgegenüber zwar auf staatsegoistische Interessen, die in dem Bestandsinteresse des regelnden Staates liegen. Es handelt sich aber auch hier um eine allgemein als legitim angesehene Motivat i o n 1 2 ^ Der Vergleich der Rechtslage bei der internationalen Forderungspfändung mit dem internationalen Strafrecht ist daher nicht unproblematisch 126 .
1 2 1
Mann, Recueil des Cours 1964 I (111), 1 ff. (37); Verdross! Simma, S. 779 ff. (§ 1184); Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, S. 282 f. (Rz. 1377); BGHSt 2,160 ff.; BGE 7 6 I V , 202 ff (207); ausführlich (mit geschichtlichem Hintergrund) Ο e hier, Internationales Strafrecht, S. 123 ff. (Rz. 111 ff.) 122 Vgl. etwa § 6 des deutschen StGB. Das Weltrechtsprinzip gilt in fast allen europäischen und außereuropäischen Staaten. Vgl. dazu die Darstellung bei Oehler, S. 527 ff. (Rz. 866 ff.). Das anglo-amerikanische Recht macht hier zwar eine Ausnahme und geht grundsätzlich vom strengen Territorialitätsgrundsatz aus; auch hier gibt es aber Einschränkungen, z.B. bei der Piraterie 0Brownlie, S. 304 m.w.N.; Oehler, S. 528, Rz. 870). 123 Verdross! Simma, S. 779 ff. (§ 1184). Dazu Oehler, S. 133 f. (Rz. 126). Im deutschen Recht ist dieses Prinzip in § 5 StGB verwirklicht. 1 2 4 Verdross! Simma, S. 779 (§ 1184); Akehurst, S. 106. 12 5 So wohl auch Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, S. 281 (Rz. 1374). 126 Μ e essen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 94 ff. 4*
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
b) Internationales Kartellrecht Um rein wirtschaftliche, staatsegoistische Interessen, deren Legitimität in der Praxis vielfach Zweifel erweckt haben , geht es dagegen überwiegend im internationalen (öffentlichen) Wirtschaftsrecht. In diesem Bereich ist die völkerrechtliche Situation denn auch weitaus weniger durchsichtig. Von einer allgemein anerkannten, wirtschaftsrechtlichen Zulässigkeitsordnung kann daher nicht die Rede sein. Gleichwohl läßt die Staatenpraxis auch hier keinen Raum für die Annahme, daß wirtschaftsbeschränkende Maßnahmen und Anordnungen allein deswegen völkerrechtswidrig seien, weil sie sich (auch oder nur) an juristische oder natürliche Auslandspersonen richten. So haben zwar auf der einen Seite U.S.-amerikanische Embargo-Maßnahmen, soweit sie politisch nahestehende Auslandsstaaten zur Solidarität zwingen sollten, in Europa häufig Protest und Empörung hervorgerufen 127. Ein Beispiel ist die Pipeline-Affaire mit den UdSSR, wo von U.S.-amerikanischer Seite europäischen Gesellschaften in weitem Umfang der Materialexport in die UdSSR untersagt wurde 128. Auch ist es weit verbreitet, daß Staaten sich über verbale Proteste hinaus gegen die Wirkungen ausländischer wettbewerbsbeschränkender Maßnahmen (insbesondere der U.S.A.) durch sog. "blocking statutes" zur Wehr setzen^. Die Aussagekraft dieser Feststellungen ist jedoch begrenzt. Denn auf der anderen Seite sehen sich gerade auch europäische Staaten rechtlich nicht gehindert, entsprechend dem sog. "Auswirkungsprinzip" ihre kartellrechtlichen Vorschriften - wenn auch in geringerem Umfang als die U.S.A. 13 *) - über den eigenen territorialen Hoheitsbereich hinaus auf Auslandsgesellschaften und deren Auslandsaktivitäten zu erstrecken. Einzige Voraussetzung für die Regelungskompetenz soll sein, daß die Auslandsaktivitäten im Regelungsstaat ökonomische Auswirkungen haben 1 3 1 . Es kann an dieser Stelle offen bleiben, ob die Anwendung des Aus Wirkungsprinzips unbegrenzt zulässig i s t 1 3 2 - Literatur und
127 Dazu Lowe, I.C.L.Q. 1985, 724 ff. (725); Basedow, RabelsZ 47 (1983, 147 ff.; Beck, R I W / A W D 1990,91 ff.m.w.Nachw. 128 Erfaßt wurden von dieser Maßnahme alle Gesellschaften, die die zu exportierenden Materialien ihrerseits aus den U.S.A. bezogen hatten sowie diejenigen, für die nach U.S.-Recht personal jurisdiction bestand. 129 Lowe, I.C.L.Q. 1985, 724 ff. (727) mit Beispielen; Beck, R I W / A W D 1990, 91 ff. (93). 1 3 0 Stürner, Kolloquium Rechtshilfe, S. 225 f. 1 3 1 So z.B. § 98 Abs. 2 des deutschen GWB, § 4 österr. KartellG; für die Schweiz s. BGE 93 Π, 192 ff.(195 ff.); ebenso die kartellrechtlichen Vorschriften der EWG ( EWG 85) sowie EuGH ABl EG 1985 L 85, 1 ff.; R I W / A W D 1988, 989 mit Bespr. Beck, RIW/AWD 1990, 91 ff. Eine Ausnahme macht hier wieder das Recht Großbritanniens. Dazu Brownlie, S. 310 ff.; Mann, FS Mosler, S. 529 ff. (534 ff.) 1 3 2 Kritisch dazu Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 9 ff.; Verdross! Simma, S. 782 ff. (§§ 1188 ff.); Müller/Wildhaber, S. 264.
§ 2 Pfndungsbeschluß
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Praxis versuchen vielfach, einschränkende völkerrechtliche Kriterien herauszua r b e i t e n 133. Die Tatsache, daß das Auswirkungsprinzip derart weite Verbreitung gefunden hat, zeigt jedenfalls, daß es sowohl an einer allgemeinen Staatenpraxis als auch an einer allgemeinen Überzeugung dafür fehlt, daß für die Inanspruchnahme von Jurisdiktion weitere Voraussetzungen nötig wären als eben das Bestehen inländischer A u s w i r k u n g e n 134. Insbesondere fehlt es also an einer allgemeinen Überzeugung, wonach ausländische Personen durch kartellrechtliche Vorschriften generell nicht erfaßt werden dürften. Dies ginge an der Realität und den aus der internationalen Verflechtung der Wirtschaft folgenden Notwendigkeiten auch völlig vorbei. 3. Ergebnis Die Praxis im internationalen Konkurs- und Enteignungsrecht zeigt, daß von einem Satz des allgemeinen Völkerrechts, wonach gegenüber Auslandspersonen mangels "Befehlsgewalt" keine Anordnungen ergehen dürfen und wonach folglich ein Drittschuldnerbefehl an den im Ausland wohnenden Drittschuldner völkerrechtlich ausgeschlossen wäre, keine Rede sein kanni35. Es dürfte schwer sein, überhaupt einen praktischen Fall zu finden, für den trotz ins Ausland gerichteter Staatsinteressen anerkannt wäre, daß Auslandspersonen von inländischen Regelungen - tatsächliche Übergriffe und Immunitätsfälle ausgeklammert - völlig ausgeschlossen werden müßten. Die Ansicht, wonach ein Pfändungsbeschluß bei ausländischem Drittschuldnerwohnsitz mangels
133 Vgl. insbes. Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 1 ff. S. auch New Yorker Resolution der International Law Commission (1972), ILA 55 (1972) X I X (zustimmend zu der hier vorgeschlagenen Begrenzung des Wirkungsprinzips Verdross! Simma, S. 784 (§ 1189), Fußn. 36.) und der Set of Multilaterally Agreed Equitable Principles and Rules for the Control of Restrictive Business Practice, U N Doc. TD/CODE/13 (verabschiedet am 16.12.1980). Dazu Meng, ZaöRV 41 (1981), 469 ff. (498 ff.). 134 Hiermit ist nicht auch gleich entschieden, ob der Aus Wirkung sgrundsatz seinerseits völkerrechtliche Geltung erlangt hat. Dies wird angesichts seiner Umstrittenheit und den z.T. recht harschen Reaktionen auf ausländische, auf diesem Grundsatz basierenden wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen wohl mangels allgemeiner Überzeugung zu verneinen sein (so auch Wildhaber, Schw Jahrb. für int. Recht 1985, S. 99 ff. (106); Erforderlichkeit "erheblicher Auswirkungen"). Das Auswirkungsprinzip ist aber wohl jedenfalls ein international konsentierter Mindeststandard dafür, welche Inlandsbeziehungen im internationalen Wettbewerbsrecht für die Inanspruchnahme von Jurisdiktion erforderlich sind. 135 So auch Schlosser, Justizkonflikt, S. 21; Meessen, Am.J.Intl L.(1984), 783 ff. (798); Schlochauer, S. 41 ff.; Stürner, ZVglRW 1982, 160 ff. (174); Nordmann,, S. 77 ff. und 116. Speziell zur Forderungspfändung: Mülhausen, W M 1986, 957 ff. (959); Rheinstein, RabelsZ 1934, 277 ff. (282); Batiffol, Rev.crit.dr.int.pr. 1986, 329 ff. (333).
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
Befehlsgewalt über den Drittschuldner völkerrechtswidrig ist, ist damit abzulehnen. C. Völkerrechtliche Jurisdiktionsgrenzen bei der internationalen Forderungspfändung im Hinblick auf das Erfordernis eines sinnvollen Inlandsbezugs Die unter I und I I angeführten Beispiele belegen nicht nur das Fehlen eines allgemeinen Völkerrechtssatzes, wonach in bezug auf Auslandsgegenstände und Auslandspersonen generell keine inländischen Regelungen getroffen werden dürfen. Sie veranschaulichen gleichzeitig die internationalen Bemühungen, im Interesse der Vermeidung von Zuständigkeitskonflikten, die zu wahren zwischenstaatlichen Machtproben ausarten k ö n n e n ^ , andere Grundsätze zur Abgrenzung staatlicher Hoheitsbereiche zu entwickeln. Wenn auch die wenigsten Vorschläge hierzu bereits ins geltende Völkerrecht eingegangen sind, so hat sich doch im Anschluß an F.A. M a n n 1 3 7 die Ansicht durchgesetzt, daß eine staatliche Zuständigkeitsregel eine sinnvolle, minimale Inlandsbeziehung des geregelten Sachverhalts voraussetzt, um völkerrechtgemäß zu s e i n l 3 8 : "It must be possible to point out to a reasonable relation, that is to say, to the absence of abuse of rights"Diese Regel läßt sich anhand der bestehenden Staatenpraxis recht problemlos nachweisen: In keinem Fall wird ein Staat internationale Zuständigkeit in Anspruch nehmen, wenn keine Bezugspunkte - und seien es auch nur wirtschaftliche Interessen* 40 - zum Inland bestehen. Er hätte dazu keinerlei Veranlassung. Auch eine diese Praxis tragende, allgemeine Rechtsüberzeugung wird man bejahen können. Sie zeigt sich in den ständigen Bemühungen um eine sinnvolle Abgrenzung staatlicher Hoheitsbereiche und in den zum Teil recht scharfen Reaktionen mancher Staaten, die sich in ihrem vermeintlich ausschließlichen Hoheitsbereich verletzt fühlen. Daß Jurisdiktion also gewisse 136 Vgl im einzelnen die Darstellung bei Stürner, Justizkonflikt, S. 3 ff.; ders., Kolloquium Rechtshilfe, S. 219 ff. 137 Recueü des Cours 19641 (111), S. 1 ff. (23 ff.); ders., Recueü des Cours 1984 Π Ι (186), 9 ff. (21 ff.); ders., FS Mosler, S. 520 ff. (531 f.). 1 3 8 Ver dross IS imma, S. 778 f. (§ 1183); Dahm,, Völkerrecht, S. 255 ff.; Menzel! Ipsen, S. 149; Jellinek, S. 218; ZMeT-Geimer, IZPR, Rz. 98; Geirrter, IZPR, Rz. 392 (S. 84) u. 430 ff. (S. 92 f.); Nordmann, S. 79; Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 110 ff.; ders., FS Mann, S. 227 ff. (232) ("allgemeine Rechtsüberzeugung"); K.P. Mössle, S. 317 f.; Albert, IPrax 1983, 55 ff. (56); Hausmann, IPrax 1982, 51 ff. (56); Rudolf, DGVR 11, S. 22; Meng, ZaöRV 41 (1981), 469 ff. (472: "völlig unumstritten"); Breuleux, S. 18; v. Steiger, BISchK 1953, 1 ff. (6). Aus der Judikatur s. BVerfGE 63, 343, 369 ff.;64, 1 ff. (18 f.)= IPrax 1984, 196 f. und die Individual Opinion von Richter Fitzmaurice im Barcelone Trading Case, I.C.J.Reports 1970, 83 ff. (101). 1 3 9 Recueü des Cours 19641 (111), S. 1 ff. (46 f.). 140 Gerade diese hält Mann freilich nicht für ausreichend.
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Anknüpfungspunkte zum Regelungsstaat voraussetzt, ist Inhalt des allgemeinen Völkerrechts. Die rechtliche Einordnung der Theorie vom minimalen, sinnvollen Inlandsbezug ist umstritten: Während die einen bei fehlendem Inlandsbezug von vornherein die staatliche Jurisdiktion v e r n e i n e n 141? sehen andere in ihr einen Anwendungsfall des völkerrechtlichen Rechtsmißbrauchsverbots bei grundsätzlich bestehender J u r i s d i k t i o n 142. Richtiger ist wohl die erstgenannte Auffassung; dies jedenfalls dann, wenn man in der Lehre vom minimalen Inlandsbezug (zutreffend) eine Ausprägung des Souveränitätsgrundsatzes siehti 4 3 . Der Zweck des Souveränitätsgrundsatzes, staatliche Hoheitsbereiche sinnvoll abzugrenzen, bringt notwendigerweise die Vorstellung mit sich, daß schon die Regelungskompetenz fehlt, wenn Auslandsangelegenheiten mangels hinreichender Inlandsbeziehungen aus einem staatlichen Zuständigkeitsbereich ausgeklammert werden. Für eine "Einschränkung" solcher Kompetenz bleibt dann kein Raum mehr. Praktische Bedeutung hat diese Frage freilich nicht. Ein näheres Eingehen auf sie ist daher nicht erforderlich. Bedeutung für die völkerrechtliche Beurteilung einer internationalen Forderungspfändung können aber zwei andere Punkte erlangen, die im folgenden zu klären sind. Zum einen das allgemeine Problem, wie der Begriff des "minmalen Inlandsbezugs" rechtlich greifbar auszufüllen ist. Zum anderen stellt sich speziell bei der internationalen Forderungspfändung die Frage, worauf eigentlich das Erfordernis einer minimalen Inlandsbeziehung zu beziehen ist: auf die Forderung und ihre Inlandsanknüpfungspunkte oder auf den der Vollstreckung zugrundeliegenden Sachverhalt? I. Kriterien für die Entscheidung darüber, wann ein sinnvoller Inlandsbezug besteht Anhand welcher Kriterien zu beurteilen ist, ob eine staatliche Zuständigkeitsnorm den erforderlichen Minimalbezug zum Inland wahrt oder nicht, wird in der Literatur kaum erörtert. Vorschläge zur inhaltlichen Präzisierung wie etwa, der geforderte Inlandsbezugspunkt müsse ein "Minimum beachtlicher Inlandsbeziehungen"! 44 oder "gewisse Binnenbeziehungen" i 4 5 aufweisen, er H l Wohl h.M.: Verdross/ Simma, S. 778 (§ 1183); Brownlie, S. 298; Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 105 (mit Berufung auf die Ordnungsfunktion des Völkerrechts). 1 4 2 Dahm, Völkerrecht I, S. 256 und 260 f. m.w.Nachw. 1 4 3 Ganz h.M.: Mann, Recueü des Cours 1964 I (111), S. 1 ff. (73 ff.); Brownlie S. 298; Dahm, Völkerrecht I, S. 256; MenzeUIpsen, S. 149; Meessen, FS Mann, S. 227 ff. (231); Rudolf, DGVR 11, S. 19 ff. Marquardt, S. 25 ff. 144 Jellinek, S. 218.
1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
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dürfe "nicht allzu weit entfernt", "nicht u n s i n n i g " 146 "rechtlich nicht unerhebl i c h " ! 4 7 sein, führen nicht weiter. Sie ersetzen nur einen unbestimmten Rechtsbegriff durch einen anderen. Wie groß die Verunsicherung bei der Anwendung der Jurisdiktionsregel im Einzelfall sein kann, zeigt sich bei der oben erwähnten Streitfrage, inwieweit wirtschaftliche Auswirkungen im internationalen Kartellrecht einen sinnvollen Minimalbezug herstellen. Von der kategorischen Ablehnung^ 48 bis hin zur Nennung gerade solcher wirtschaftlicher Auswirkungen als konkretisierendes Beispiel 14 ^ wird hier alles vertreten. Es kann daher kaum verwundern, wenn in der Literatur teils geschlossen wird, dem Satz vom Erfordernis eines minimalen Inlandsbezugs seien - wie dem Souveränitätsgrundsatz selbst - für Zweifelsfälle keine praktisch verwertbaren Aussagen zu entnehmen 1 5 0 . Einen interessanten Versuch zur weiteren Konkretisierung unternimmt Ausgangspunkt ist auch bei ihm, daß eine Zuständigkeitsregel nicht an eine unsinnige Inlandsbeziehung anknüpfen dürfe. Da aber jeder Staat grundsätzlich in der Gestaltung seiner materiellrechtlichen Ordnung frei sei, könne der "Sinn" einer Anknüpfung nur anhand der vom betreffenden Staat selbst gesetzten, rechtspolitischen Zielvorstellungen ("wohlverstandenes Eigeninteresse dieses Staates") überprüft werden. Bestehe insoweit Stimmigkeit, sei die Regelung völkerrechtskonform. Das "wohlverstandene Eigeninteresse" könne nur ausnahmsweise (trotz Übereinstimmung mit den selbst gesetzten rechtspolitischen Zielen) dann nicht als gewahrt angesehen werden, wenn Zuständigkeitsnormen stets zu Konflikten mit anderen Staaten führen. Dieser Ansatz verspricht auf den ersten Blick, greifbare Kriterien zur Anwendung der Lehre vom Erfordernis eines minimalen Inlandsbezugs auch in Grenzfällen zu liefern. M e e s s e n 151:
Bei genauerem Hinsehen wirft er jedoch (neue) Fragen auf: Wie nämlich bestimmt sich die Übereinstimmung einer Regel mit den selbst gesetzten rechtspolitischen Zielvorstellungen eines Staates? Darüber schweigt sich Meessen mit gutem Grunde aus, denn eine befriedigende Antwort ist kaum möglich. Die Problematik läßt sich anhand einer aktuellen Diskussion um sog. exorbitante 1 4 5 Menzel/Ipsen, S. 156; Mann, FS Mosler, S. 529 ff. (531). 146 Meessen, FS Mann, S. 277 ff. (232). 1 4 7 BGHZ 30,1 ff. (3) = NJW 1959,1032. 1 4 8 So Mann, FS Mosler, S. 529 ff. (532): "...wobei ein bloßes wirtschaftliches Interesse gewiß nicht ausreicht..." 1 4 9 Verdross! Simma, S. 783 ff. (§ 1188) (erhebliche Auswirkungen). 150 Vgl. etwa Kropholler, IntZust., S. 215 (Rz. 46) mit Verweis auf BGHZ 30, 1 ff. 151 FS Mann, S. 227 ff. (232); ebenso Albert, IPrax 1982, 55 ff. (56). Ähnlich Verdrosst Simma, S. 778 (§ 1183): "..wobei natürlich die Ziele der verschiedenen Rechtsgebiete mit zu berücksichtigen sind..."
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Gerichtsstände und ihre völkerrechtliche Zulässigkeit aufzeigen. Für das deutsche Recht ist in diesem Kontext § 23 ZPO im Gesprächig wonach sich die internationale Zuständigkeit zur Durchführung ziviler Erkenntnisverfahren allein daraus ergeben kann, daß der Beklagte im Inland "Vermögen" hat. Der Wert dieses Vermögens soll nach h.M. 153 irrelevant sein. Parallel geht es im französischen Recht um die in Art. 14 und 15 C.civ. geregelte Staatsangehörigkeitszuständigkeit 154 . Danach ist die internationale Zuständigkeit französischer Gerichte immer gegeben, wenn entweder Kläger oder Beklagter französische Nationalität haben. Weitere Voraussetzungen sind nicht gefordert. Für beide Regelungen vertritt F.A.Mann, daß es an hinreichend engen Inlandsbezügen und damit an staatlicher Jurisdiktion fehle 1 5 5 . Nach der von Meessen vorgeschlagenen Konkretisierung wäre dies dann richtig, wenn sich die Regelungen in § 23 ZPO und Art. 14,15 C.civ. nicht mit den rechtspolitischen Gesamtzielvorstellungen des deutschen und französischen Zivilprozeßrechts vereinbaren ließen. Beiden Regelungen ist nun aber gemein, daß sie ausgesprochene Ausnahmeregelungen darstellen. Ursprünglich wurden sie zum Schutze eigener Staatsangehöriger e r l a s s e n 156. Eine Überprüfung anhand der allgemeinen, von dieser Zielsetzung gerade verschiedenen rechtspolitischen Ziele muß hier von vornherein fehl gehen. W i l l man nicht zu dem verfehlten Ergebnis gelangen, daß jede oder zumindest jede Ausnahmeregelung mit starkem Auslandsbezug 1 5 2 Dazu Schach, ZZP 97 (1984), 46 ff.; Geirrter, JZ 1984, 979 ff.; Schumann, FS Liebmann, S.839 ff.; ders., ZZP 93 (1980), 408 ff.; Kropholler, InLZusL, S. 314 ff. (Rz. 295 ff.); Schröder, Int.Zust., S. 374 ff.; Stein/Jonas -Schumann, § 23 ZPO. S. auch noch unten, S. 101 ff. 153 Schröder, Int. Zust., S. 376 (mit zahlr. Rspr.-Hinweisen), Schack, TZ Ρ 97 (1984), 46 ff. (55 ff.). 1 5 4 Dazu ewa Huet, Juriscl.dr.int., Fasc.581-C, η. 1 ff.; ders., Clunet 1976, 342 ff.; LoussouarnIBourel, S. 551 ff. S. auch unten S. 181 ff. 1 5 5 Recueü des Cours 1964 I (111), S. 1 ff. (81); ders., FS Mosler, S. 529 ff. (537); kritisch auch Nadelman, FS Yntema, S. 321 ff. Für 23 ZPO vgl. auch BVerfGE 64, 1 ff. (18) = IPrax 1984, 196 f. (197) ("Allerdings wirft die letztlich an die Zuständigkeit für belegenes Vermögen (§ 23 ZPO) anknüpfende Zuständigkeit auch im Bereich der Vollstreckung völkerrechtlich (und auch rechtspolitisch) erhebliche Bedenken auf'). Dagegen Schack, TZ? 97 (1984), 46 ff. (60); Kropholler, Int.Zust., S. 328 und 336; Schröder, Int. Zust., S. 403 (Fn. 1763), jew.m.w.Nachw. 156 Für die französische Regelung ergibt sich dies schon unmittelbar aus dem Inhalt der Norm. Anders dagegen bei der deutschen Regelung. Hier gibt aber die Normgeschichte Aufschluß: Bei Erlaß der ZPO war man ursprünglich bemüht, im Interesse eines bestmöglichen internationalen Entscheidungseinklangs weitgehend den Beklagten wohn sitz als Zuständigkeitsgrund zu nehmen {Hahn, Motive, S. 150 f.; dazu Schröder, Int.ZusL, S. 383 f. Schack, TT? 97 (1984), 46 ff. (49). Deutschen Klägern sollte aber die Möglichkeit eingeräumt werden, im Inland gegen Ausländer zu klagen. Dies war Hintergrund für die Regelung in § 23 ZPO. Daß die Beschränkung auf deutsche Kläger nicht in den Gesetzeswortlaut aufgenommen wurde, lag daran, daß man bestrebt war, möglichst weitgehend In- und Ausländer gleichzustellen. Dies führt heute aber dazu, daß § 23 ZPO Ausländem die Möglichkeit eröffnet, gegen andere Ausländer im Inland zu klagen. Damit wurde der Grundsatz "actor sequitur forum rei" i.E. weiter als vorgesehen beschnitten.
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
völkerrechtswidrig ist, so wird man stattdessen sagen müssen, daß die gesetzgeberischen Sonderanliegen der exorbitanten Gerichtstände ihrerseits Teil der selbst gesetzten rechtspolitischen Gesamtziele sind. Da dies aber für jede Ausnahmeregelung gesagt werden kann, führt die von Meessen vorgeschlagene inhaltliche Konkretisierung des völkerrechtlichen Satzes letztlich nicht weiter. Sie ist damit abzulehnen. Mangels anderer brauchbarer Vorschläge bleibt somit offen, welche Kriterien zur weiteren inhaltlichen Konkretisierung des völkerrechtlichen Satzes, wonach staatliche Jurisdiktion das Bestehen minimaler Inlandsbeziehungen voraussetzt, heranzuziehen sind. Im Anschluß an die obigen Ausführungen zum allgemeinen Souveränitätsgrundsatz drängt sich deshalb in der Tat die Frage auf, ob ihm überhaupt irgendwelche konkreten Inhalte zu entnehmen sind oder ob sich seine Bedeutung nicht vielmehr auf eine allgemeine, völkerrechtliche Zielsetzung beschränkt 157 . Letzeres ist aber wohl zu verneinen. Das Erfordernis eines minimalen Inlandsbezugs stellt für sich alleine schon einen klaren Inhalt dar; Zweifel ergeben sich nur in - freilich allein im Blickfeld der Diskussion stehenden - Grenzfällen. Die Rechtslage entspricht bei grober Betrachtung derjenigen im Bereich von Immunitätsfragen, soweit es die Abgrenzung zwischen hoheitlichem und schlichtem Staatshandeln angeht 1 5 8 . Auch dort fehlt es in Grenzfallen an allgemein anerkannten Abgrenzungskriterien. Trotzdem wird nirgends ernsthaft vertreten, der völkerrechtliche Satz, wonach fremden Staaten und ihren Amtsträgern Immunität zu gewähren ist, habe nur programmsatzartigen Charakter. Allerdings fordert der fehlende Konsens bei der Auslegung eine möglichst restriktive Handhabung des Satzes: Nur in sehr klaren Fällen sollte ein hinreichender Inlandsbezug verneint werden, d.h. dann, wenn ein solcher entweder überhaupt nicht besteht oder aber wenn ein bestehender Inlandsbezug so fernliegend ist, daß er dem völligen Fehlen gleichgesetzt werden kann 15 ^. Im zweiten Fall kann auf den hilfsweisen Ansatz Meessens zurückgegriffen werden, wonach jedenfalls dann keine ausreichenden Inlandsmomente bestehen, wenn die in Frage stehende Zuständigkeitsregel immer zu Konflikten führt. Gewiß bleibt auch bei einer solchen restriktiven Auslegung letztlich ein Beurteilungsspielraum, führt auch sie nicht immer zu eindeutigen Ergebnissen. Sie beschränkt die Zahl der Zweifelsfälle aber in bestmöglicher Weise.
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In diesem Sinne wohl Kropholler, Int-Zust., S. 215 (Rz. 43). 158 Dazu schon oben S. 36 f. 159 So wohl auch Geirrter, IZPR, Rz. 392 (S. 84).
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II. Bezugspunkt des Erfordernisses eines Minimalbezugs bei der internationalen Forderungspfändung Während beim Erkenntnisverfahren klar ist, daß die vom Völkerrecht geforderte minimale Inlandsbeziehung zum Rechtsstreit bzw. zu den beteiligten Parteien bestehen muß, gibt es bei der Forderungspfandung, bei der ja gewöhnlich mehr als zwei Personen beteiligt sind, zwei theoretisch denkbare Ansatzpunkte. Kommt es auf eine Inlandsbeziehung des Verhältnisses zwischen Vollstreckungsschuldner und Drittschuldner, also auf die Forderung und das ihr zugrundeliegende Rechtsverhältnis, an? Oder sollte man auf die Beziehung zwischen Vollstreckungsschuldner und Vollstreckungsgläubiger abstellen? Dies hätte zur Konsequenz, daß Forderungspfändungen auch dann völkerrechtlich zulässig wären, wenn weder der Gläubiger der gepfändeten Forderung noch deren Schuldner noch das ihr zugrundeliegende Rechtsverhältnis zum Pfändungsstaat irgendeinen Bezug hätte. In den nationalen Rechten wird offenbar überwiegend davon ausgegangen, daß ein Minimalbezug zur Forderung bestehen muß. Meist ist die Inanspruchnahme staatlicher Pfandungskompetenz nämlich - dies wurde oben* 6 0 dargestellt - mit der gesetzlichen oder richterrechtlichen Lokalisierung der Forderung im Inland verbunden. Dabei differieren zwar die Kriterien, anhand derer die Lokalisierung durchgeführt wird. Allen gemein ist aber, daß sie sich eben an der Forderung und dem durch sie hergestellten Inlandsbezug - sei es durch Inlandswohnsitz des Forderungsschuldners oder -gläubigere oder auch durch die Inlandsbelegenheit von bestehenden Sicherheiten - orientieren. Auch soweit die internationale Zuständigkeit in nationalen Rechten vereinzelt nicht mit einer Belegenheitsfiktion verbunden wird, werden Anknüpfungspunkte für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit bei der Forderung gesucht: So wird die Pfändungszuständigkeit zwar häufig dann in Anspruch genommen, wenn Vollstreckungsschuldner oder Drittschuldner im Inland w o h n e n i 6 i , kaum je aber in den Fällen, in denen allein der Vollstreckungsgläubiger im Inland wohnt und keine sonstigen Inlandsbezüge (der Forderung) bestehen. Ein in seiner Problematik vergleichbares Beispiel, für das die Zulässigkeit der Beschlagnahme allgemein anerkannt scheint, obwohl beim Beschlagnahmegegenstand keine Inlandsbezüge bestehen, ist demgegenüber das internationale Konkursrecht 162 . Wenn oben gesagt wurde, daß im Ausland belegene Sa160 s. 33 ff. 161 Ein Beispiel hierfür ist etwa das französische Recht In der Literatur wird freilich auch dort versucht, die internationale Zuständigkeit auf die Belegenheit der Forderung zurückzuführen. Vgl. dazu unten S. 170 ff. 162 Vgl. schon oben S. 44 f.
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
chen in völkerrechtlich zulässiger Weise in einen Inlandskonkurs einbezogen werden können, so verträgt sich dies mit dem in Frage stehenden völkerrechtlichen Satz auf den ersten Blick nur, wenn man auf die durch Gemeinschuldner* 6 3 und Gläubiger hergestellten Inlandsbeziehungen abstellt. Beim erfaßten Auslandsgegenstand selbst besteht nämlich isoliert gesehen keinerlei Bezug zum Konkursstaat. Ersetzt man die isolierte Anschauung dagegen durch eine Gesamtbetrachtung, so findet sich ein Inlandsbezug des vom Konkurs betroffenen Auslandsgegenstands darin, daß er einen Teil des als Ganzes erfaßten, teilweise im Inland belegenen Gesamtvermögens des Gemeinschuldners darstellt. Der Zusammenhang mit dem Restvermögen ist es also, der im Konkurs einen Inlandsbezug der erfaßten Auslandssache herstellt. Eine entsprechende Argumentation scheidet bei der Forderungspfandung aus, weil sie im Gegensatz zum Konkursbeschlag von Vermögensgegenständen isoliert ergeht. Es würde wohl gleichwohl zu weit gehen, wollte man aus der Praxis auf einen (konkretisierenden) völkergewohnheitsrechtlichen Satz schließen, wonach die Beschlagnahme von Forderungen nur zulässig ist, wenn eine Beziehung des pfändenden Staates zum Pfändungsobjekt besteht. Mangels ausreichendem Fallmaterial wird es dafür sowohl an der erforderlichen ständigen Staatenpraxis als auch an einer allgemeinen Überzeugung fehlen. Hinter der Praxis zur internationalen Forderungspfändung steht aber die zweifellos zutreffende Vorstellung, daß es sich bei der Zwangsvollstreckung formal zwar um ein Verfahren zwischen Vollstreckungsschuldner und -gläubiger, sachlich aber eher um den staatlichen Zugriff auf das Vermögen des Vollstreckungsschuldners (hier: die Forderung) handelt. Dies deshalb, weil die rechtliche Beziehung zwischen Vollstreckungsgläubiger und Schuldner in allen Rechtsordnungen entweder schon vor Beginn des Vollstreckungsverfahrens 164 , jedenfalls aber vor der Durchführung des eigentlichen Pfändungsaktes geklärt w i r d 1 6 5 , nämlich bei der Entscheidung über die Gewährung eines Vollstreckungstitels. Die Pfändung stellt nur noch die Durchsetzung des erlangten Titels durch den Zugriff auf das Schuldnervermögen dar. Es liegt daher denkbar nahe, auf einen Bezugspunkt des Pfändungsstaates zum Pfandungsobjekt, also zur Forderung bzw. zu den an ihr beteiligten Personen (des Vollstreckungsschuldners und des Drittschuldners) abzustellen. Ob daneben auch andere sinnvolle Inlandsbezugspunkte außerhalb der Forderung möglich sind, ist bei dieser Betrachtungsweise zweifelhaft und wohl allenfalls in Ausnahmefällen anzuerkennen.
163 s. etwa § 42 der deutschen KO! 164 So im deutschen Recht, §§ 704,794 ZPO. 165 So ist die Rechtslage teilweise im französischen und schweizerischen Recht. Dazu noch unten S. 166 ff. und S. 209 ff.
§ 3 Die Zustellung der Pfandungsurkunden
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Letztlich kann diese Frage sinnvollerweise aber nur anhand konkreter Fallbeispiele entschieden werden. Sie wird daher vorerst offen gelassen. Der Versuch einer allgemeingültigen Beantwortung würde auf Schwierigkeiten stoßen, weil die möglichen Anknüpfungspunkte für die internationale Zuständigkeit außerhalb der Forderung recht vielfaltig sind. Aufgrund unterschiedlicher Gewichtigkeit und rechtspolitischen Hintergründen können sie durchaus differierender völkerrechtlicher Beurteilung unterliegen^. D. Zusammenfassung Weder die nationalrechtliche Lokalisierung der betroffenen Forderung im Ausland noch ein ausländischer Drittschuldnerwohnsitz hindern aus völkerrechtlicher Sicht den Erlaß eines Pfändungsbeschlusses. Grenzen der staatlichen Befugnis zur Inanspruchnahme internationaler Zuständigkeit ergeben sich allenfalls aus dem Satz, wonach staatliche Jurisdiktion das Bestehen minimaler, sinnvoller Inlandsbeziehungen voraussetzt. Solche relevanten Inlandsbeziehungen bestehen jedenfalls immer dann, wenn die zu pfändende Forderung selbst einen Bezug zum Inland aufweist. § 3 Die Zustellung der Pfandungsurkunden Nach Erlaß eines Pfandungsbeschlusses bezüglich einer "internationalen" Forderung muß nach allen Rechtsordnungen dem Drittschuldner eine Pfandungsanzeige zugestellt werden. Gleichzeitig wird dem Vollstreckungsschuldner schriftlich Mitteilung von der Pfändung gemacht. Soweit beide Zustellungen im Inland vollziehbar sind, können sie förmlich erfolgen, d.h. unter Einschaltung einer A m t s p e r s o n 1 6 7. Richten sie sich aber ins Ausland, weil entweder der Drittschuldner oder der Vollstreckungsschuldner oder gar beide Auslandswohnsitz haben, so stellt sich die Frage, inwieweit das Völkerrecht
166 Zur deutschen Anknüpfung an die Inlandsbelegenheit von (VoUstreckungs-) Schuldnervermögen und zur französischen Staatsangehörigkeitszuständigkeit vgl. noch unten S. 99 ff. und 195 ff. Auch in den U.S.A. ist eine Forderungspfändung möglich, obwohl weder der Vollstreckung sschuldner noch der Drittschuldner Inlandswohnsitz haben. Erforderlich ist lediglich, daß der Drittschuldner amerikanischer Jurisdiction unterliegt. Jurisdiction quasi in rem soll dabei schon dann bestehen, wenn sich der Drittschuldner vorübergehend in den U.S.A. aufhält (vgl. Harris v. Balk, 198 U.S., 215 (1905). Dazu im einzelnen Rabel ΙΠ, S. 453 ff.; Marquordt, S. 108 ff.). Zwar gilt in diesem Falle die Forderung als im Inland belegen. Ob hier freilich in der Tat ein emst zu nehmender Inlandsbezug der Forderung besteht, ist mehr als zweifelhaft. 167 Vgl. etwa § 829 ZPO für das deutsche Recht, Art. 665 nouv.C.proc.civ. für das französische Recht und Art. 66 Abs. 3 SchKG für die Schweiz.
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
Beschränkungen enthält und ihre effektive Durchführung - sei es direkt oder auf dem Rechtshilfeweg - hindert. Einigkeit besteht in Literatur und Praxis nur darin, daß direkte, förmliche Auslandszustellungen unter Überschreitung der Staatsgrenzen völkerrechtlich verboten sind. Hier würde ein Fall unzulässiger Ausübung von "enforcement jurisdiction" v o r l i e g e n 168. Zwei Fragen bedürfen im folgenden näherer Erörterung: zum einen die Durchführbarkeit der Zustellung von Pfandungsurkunden auf dem - in der Praxis regelmäßig an Stelle der direkten Auslandszustellung tretenden - Rechtshilfeweg (A), zum anderen die Zulässigkeit einer formlosen Ersatzzustellung auf direktem Postwege. M i t ihr könnte der Rechtshilfeweg u.U. umgangen werden (B). Beides soll an dieser Stelle nur insoweit behandelt werden, als es um allgemeine, alle drei interessierenden Staaten betreffende Aspekte geht Auf Einzelfragen, die sich aus nationalen, auf spezifischen Zustellungsformen basierenden Besonderheiten in Recht und Praxis ergeben, wird im übrigen in den einzelnen Länderteilen eingegangen. A. Förmliche Auslandszustellungen auf dem Rechtshilfeweg I. Einführung Die Zustellung auf dem Rechtshilfeweg ist eine Zustellung unter Mithilfe der staatlichen Behörden des Auslandsstaats, auf dessen Staatsgebiet sie vorzunehmen ist. Sie erfordert einen Antrag (Ersuchen) an den zu ersuchenden Staat bzw. dessen Behörden. Für die Übermittlung von Rechtshilfeersuchen ins Ausland haben sich in der Praxis drei Wege herauskristallisiert 169: 1. der diplomatische Weg: Dieser Weg ist besonders förmlich. Die diplomatische Vertretung des ersuchenden (Rechtshilfe begehrenden) Staates stellt (auf Antrag einer inländischen Behörde) das Rechtshilfeersuchen beim Außenministerium des ersuchten Staates. Es sind hier also zwei Anträge erforderlich: ein Antrag der mit der Zustellung befaßten Behörde an die diplomatische Vertretung und ein weiterer durch die Vertretung an das fremde Außenministerium. Der diplomatische Weg ist sehr umständlich und zeitaufwendig. Er stellt heute in der Praxis die Ausnahme dar.
168 Allg.A.: Verdross! Simma, S. 277 (§ 456); Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, S. 310 (Rz. 1504); Brownlie, S. 307; Mann, Recueil des Cours 19641 (111), S. 1 ff. (132); Nagel, Rechtshilfe, S. 45; Vollkommen ZZP 80 (1967), 248 ff. (258). 169 Allgemein dazu Bülow/Böckstiegel Π, S. 900.1 ff. (zurZRHO); Stein/Jonas -Schumann, § 199, Rz. 3 ff.; Riezler, IZPR, S. 675; Unterreitmayer, Rpfl. 1972,117 ff. Vgl. auch § 6 ZRHO.
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsukunden
63
2. der konsularische Weg: Hier wird das Rechtshilfegesuch (wiederum auf entsprechenden Antrag) vom Konsulat im ersuchten Staat gestellt. Der konsularische Weg ist ebenfalls umständlich; er ist aber weniger förmlich und zeitraubend als der diplomatische Übermittlungsweg. Er ist heute wohl die (noch) üblichste Übermittlungsform 170. 3. die Übermittlung im unmittelbaren Geschäftsverkehr: Das Rechtshilfegesuch wird danach unmittelbar^ l von einer Behörde im Absendestaat an die zuständige Behörde im ersuchten Staat gerichtet. Dies ist die einfachste Form der Übermittlung. Welcher Weg im Einzelfall einzuschlagen ist, richtet sich nach den Abmachungen, die zwischen den beteiligten Staaten bestehen, und insbesondere nach staatsvertraglichen Regelungen*72. Dasselbe gilt für die Frage, ob der ersuchte Staat verpflichtet ist, Rechtshilfegesuchen nachzukommen. Eine allgemeine, völkerrechtliche Pflicht, Rechtshilfe zu leisten, besteht nämlich nach ganz h . M . 1 7 3 nicht In Zivil- und Handelssachen hier im Verhältnis BundesrepublikFrankreich das Haager Zustellungsübereinkommen von 1965 (HZustÜbk.) einschlägig; im Verhältnis Bundesrepublik-Schweiz und Schweiz-Frankreich gilt derzeit noch* 7 4 das Haager Zivilprozeßübereinkommen von 1954 (HZPrÜbk.) 1 7 5 . II. Die Haager Abkommen 1. Gundsätzliches Nach beiden Abkommen ist die Übermittlung von Rechtshilfeanträgen für die Auslandszustellung "gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen" im direkten Geschäftsverkehr möglich. Im Verhältnis der Bundesrepublik zu Frankreich bestimmt das HZustÜbk. diesen Weg vorbehaltlich etwaiger, hier aber nicht bestehender Sonderregelungen - von HO Β iilowfBöckstiegel Π, S. 900.2 (Fußn. 28). 171 Dabei treten allerdings in den seltensten Fällen die ersuchte und die ersuchende Behörde direkt miteinander in Verbindung; meist ist eine besondere, fachlich kompetente Absendestelle und eine Empfangsstelle eingeschaltet. Im Anwendungsbereich des Haager Zustellungsübereinkommen sind dies die sog. "Zentralen Behörden". Π 2 Wölken, Konventionskonflikte, S. 92 1 7 3 Dazu auch unten S. 89. 174 Die Schweiz hat am 21. Mai 1985 das HZustÜbk. gezeichnet Die Inkraftsetzung des Abkommens in der Schweiz wurde bereits eingeleitet (Kopp, Kolloquium Rechtshilfe, S. 450). 175 Eine ausführliche Darstellung dieser Abkommen findet sich bei Β iilowlBöckstie gel I, S. 100.1 ff. und 350.1 ff.und bei Nagel, Rechtshilfe, S. 74 ff.
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
vornherein zum Regelfall (Art. 9 H Z u s t Ü b k . ) i 7 6 . Nach dem H Z P r Ü b k . sind Rechtshilfegesuche dagegen grundsätzlich auf konsularischem Wege zu stellen. Doch stellt Art. 1 Abs. 4 die Vereinbarung des unmittelbaren Geschäftsverkehrs in Form von Zusatzvereinbarungen frei. Sowohl die Bundesrepublik und die Schweiz als auch die Schweiz und Frankreich haben für ihren wechselseitigen Zustellungsverkehr von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht 177 . Beide Abkommen haben weiterhin gemein, daß sie die Vertragsstaaten verpflichten, Rechtshilfegesuchen um Zustellung von Schriftstücken in ihrem Hoheitsbereich nachzukommen (Art. 2 HZPrÜbk. und A r t 2 HZustÜbk.). Dabei finden für das Zustellungsverfahren grundsätzlich die innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchten Staates Anwendung 17 ^. Nur aus einem Grund darf die Rechtshilfe verweigert werden, nämlich dann, "wenn der Staat, in dessen Hoheitsbereich die Zustellung bewirkt werden soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden" 1 7 9 Das HZustÜbk. enthält hier noch eine zusätzliche Präzisierung, wonach die Erledigung eines Rechtshilfegesuchs insbesondere nicht aus dem Grunde abgelehnt werden darf, "daß der ersuchte Staat nach seinem Recht die ausschließliche Zuständigkeit für eine Sache in Anspruch nimmt oder ein Verfahren nicht kennt, das dem entspricht, für das der Antrag gestellt wurde". Die Praxis bei der Anwendung der Ordre-public-Klauseln im Bereich der internationalen Forderungspfändung, genauer: bei der Zustellung der Drittschuldneranzeige, und folglich auch die rechtliche Beurteilung ist in Frankreich, der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz verschieden. Darauf wird noch ausführlich einzugehen sein 180
2. Begriff der "gerichtlichen und außergerichtlichen Schriftstücke in Zivilund Handelssachen" (Anwendungsbereich der Haager Abkommen) Sowohl das HZustÜbk. als auch das HZPrÜbk. beziehen sich in ihren Artikeln 1 auf die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen. Die Qualifikation von Pfandungsurkunden als "gerichtliche oder außergerichtliche Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen" ist demnach sachliche Anwendungsvoraussetzung der Abkommen. 176 Dazu Nagel, Rechtshilfe, S. 93. Die wesentliche Neuerung des HZustÜbk. besteht in der Schaffung der Zentralen Behörden zur Stellung und Entgegennahme internationaler Rechtshilfeanträge. 177 Vgl. Art. 1 der deutsch-schweizerischen Zusatzvereinbamng (abgedruckt in Bülow/Böckstiegel, S. 180.1 ff.) und Art. 5 der französisch-schweizerischen Zusatzvereinbaning. 178 Art. 3 Abs.2 HZustÜbk. und Art. 5 HZPrÜbk. 179 Art. 4 HZPrÜbk. und Art. 13 HZustÜbk. 180 Vgl. unten S. 93 ff.
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsurkunden
a) Gerichtliche und außergerichtliche
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Schriftstücke
Die Einordnung unter den Begriff der gerichtlichen oder außergerichtlichen Schriftstücke bereitet bei der Forderungspfändung keinerlei Probleme. Sie richtet sich nach den - national verschiedenen - funktionalen Zuständigkeit e n 1 8 1 . Im deutschen und französischen Recht ist die Pfändungskompetenz grundsätzlich den Gerichten z u g e w i e s e n 182; hier stellen Pfandungsurkunden gerichtliche Schriftstücke dar. Demgegenüber sind in der Schweiz die (z.T. außergerichtlich organisierten) Betreibungsämter zuständig 183 ; es handelt sich dann um außergerichtliche Schriftstücke. Praktische Bedeutung hat die Einordnung nicht. b) Zivil- und Handelssachen Forderungspfändungen kommen nicht nur in zivilen Verfahren vor. Häufig dienen sie auch der Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Akte, etwa von Leistungsbescheiden im Verwaltungsrecht 184 . Es kann daher die Frage der begrifflichen Abgrenzung der "Zivil- und Handelssachen" auftauchen. Sie ist im einzelnen streitig. Einigkeit besteht einerseits darüber, daß die Handelssachen einen Unterfall der Zivilsachen darstellen 1 ^. Zum anderen entspricht es allg.A. 18 6, daß sich die Qualifikation als "Zivil- und Handelssache" nach dem Streitgegenstand (Urteilsgegenstand) des Verfahrens richtet. Nicht entscheidend soll dagegen der Gerichtszweig oder die Art des Verfahrens sein, in dem um Zustellung nachgesucht wird. Das Vollstreckungsverfahren hat nun freilich keinen eigenen Streitgegenstand. Es stellt sich vielmehr als Mittel zur Durchsetzung des in einem Erkenntnisverfahren oder einem sonstigen Verfahren erwirkten Titels dar. 1 8 1
In wenigen Einzelfällen kann fraglich sein, wie weit der Begriff der "gerichtlichen oder außergerichtlichen Schriftstücke" zu ziehen ist Dazu Hollmann, RIW/AWD 1982, 784 ff. (im Hinblick auf sog. "motions" in den U.S.A.). 182 § 828 ZPO und Art. 559, 567 anc.C.proc.civ. 1 8 3 Art. 89 SchKG. Die Organisation der Betreibungsämter ist Kantonssache und kann daher von Kanton zu Kanton differieren. 1 8 4 Vgl. etwa § 167 VwGO für das deutsche Recht; Art. 47 SchKG für die Schweiz. 185 Näheres dazu Geimerl Schütze I, Hb. 1, S. 126. 186 ΒülowfBöckstiegel I, S. 100.8 f. und 351.2 (Fußn. 2); Geimerl Schütze I, Hb. IS. 184; Pfennig, S. 36; Geiger, Encycl. of Public Int. Law X , S. 242; Hollmann, R I W / A W D 1982,784 ff.(784); Habscheid, ZfRV 1973, 262 ff. (263) ("Natur der Sache"); Jenard-Beùdit zum EuGVÜ (für das EuGVÜ), abgedruckt in BülowlBöckstiegel I, S. 601.1 ff. Ebenso wohl auch die Expertenkommission zur 14. Session der Haager Konferenzen: Actes et documents 1980IV, S. 382 ("domaine materiel"); Droz, Compétence, η. 35 (S. 27). Vgl. auch § 2 Abs. 1 S. 2 ZRHO. 5 Mössle
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
Hier muß daher auf den Streitgegenstand der vorangegangenen, auf Titelerlangung abzielenden Verfahren abgestellt werden. D.h., wenn das Verfahren, aus dem die Forderungspfändung hervorgeht, eine Zivilsache darstellt, sind die Abkommen anwendbar. Anders ausgedrückt' Soll ein titulierter Anspruch mittels Pfändung einer Forderung durchgesetzt werden, so muß dieser Anspruch oder der Sachverhalt, aus dem er resultiert, zivilrechtlich zu qualifizieren sein. Wonach, d.h. nach welchem Recht richtet sich nun aber die notwendige Qualifikation des Verfahrensgegenstands als Zivilsache? Die beiden Abkommen enthalten dazu keine R e g e l u n g ! 8 7 . Auch aus der Entstehungsgeschichte lassen sich klare Abgrenzungsgesichtspunkte nicht herleiten. Zwar befaßten sich die Verhandlungen, die dem Abschluß der Staatsverträge vorausgingen, auch mit den sachlichen Anwendungsvoraussetzungen, doch kam man offensichtlich zu keinem Ergebnis. Man ließ die Frage daher bewußt o f f e n e s . Im Zusammenhang mit dem HZPrÜbk. gab der Begriff der "Zivil- und Handelssache" in Praxis und Lehre zunächst gleichwohl wenig Anlaß zu Streitigk e i t e n ^ . Die h . M . 1 9 0 hielt wohl das Recht des ersuchenden Staates für maßgeblich, ohne daß jedoch eine genauere Auseinandersetzung mit der Problematik erfolgte. Erst nach Inkrafttreten des HZustÜbk. rückte der Begriff dann zunehmend in den Blickpunkt des Interesses und wurde Gegenstand einer heftigen Kontroverse. Zwei Faktoren gaben dafür den Ausschlag. Entscheidend war zum einen die insbesondere um die U.S.A. erweiterte Zahl der Mitglied-
187 N a g e i t Rechtshilfe, S. 76; Grunsky, JZ 1973, 641 ff. (642); ders., R I W / A W D 1977,1 ff. (3); Hollmann, R I W / A W D 1982, 784 ff.(785); Manuel Pratique, S. 30. S. auch deutsche Denkschrift zum HZustÜbk., abgedruckt in Wieczorek V , IntZPR, Anm. C Π Ι 6. 188 Zustimmend insoweit Habscheid, ZfRV 1973, S. 262 ff. (263) (für EuGVÜ). In den Akten und Dokumenten zum HZustÜbk. ist etwa folgendes Zitat der Expertenkommission zu finden: "Π faudradonc que la demande concerne une matière civile ou commerciale selon la classification inteme des deux Etats interessés" (S. 80). Man könnte diesen Satz nun zwar in dem Sinne verstehen, daß jedenfalls eine autonome Auslegung nach dem Willen der Delegierten ausgeschlossen war. Wahrscheinlicher ist aber, daß sie an diese theoretische Möglichkeit überhaupt nicht dachten. Sie wurde nämlich erst im Anschluß an die (jüngere) "EUROCONTROL"Entscheidung des EuGH zum EuGVÜ emsthaft auch für die Haager Abkommen diskutiert. Einigkeit bestand hier allenthalber darüber, daß die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichts, sei es eines Zivilgerichts oder etwa eines Verwaltungsgerichts für die Qualifikation irrelevant sein sollte (S. 79). Vgl. auch den Kommentar der Expertenkommission in den Akten und Dokumenten der 14. Session der Haager Abkommen (1980) I V , S. 381 f.: Vorgaben werden hier nur insoweit gesehen, als die Vertrags Staaten dafür sorgen sollen, "que la Convention soit applicable la plus libérale possible quant à sa domarne materielle." 189 Junker, IPrax 1986,197 ff. (205). 190 Schlosser, NJW 1977, 457 ff. (458); Grunsky, JZ 1973, 641 ff.(642); ders., R I W / A W D 1977, 1 ff. (3); Geirrter, NJW 1977, 492 f.(492); Bülow/Böckstiegel I, S. 351.2 (Fn. 2) m.w.N.; Böckstiegel/Schlafen, NJW 1978,1073 ff. (1074).
§ 3 Die Zustellung der Pfändung surkunden
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Staaten des HZustÜbk. Erstmals waren die kontinental-europäischen Staaten damit mit einem Rechtssystem konfrontiert, das die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Recht, wie sie hierzulande gemacht wird, nicht kennt^i. Nach U.S.-amerikanischer Auffassung stellen sämtliche Gerichtsverfahren, die keinen Strafprozeß zum Gegenstand haben, "civil matters", also Zivilsachen dar. Die SachanwendungsVoraussetzungen des HZustÜbk., d.h. vornehmlich der zentrale Begriff der "Zivil- und Handelssachen", bedurften daher spätestens jetzt näherer Auseinandersetzung. Ein weiteres Auslösungsmoment war die Rechtsprechung des EuGH, der für den gleichlautenden Begriff im Europäischen Gerichtsstandsübereinkommen ein autonomes Begriffsverständnis e i n f ü h r t e 1 ^ . Danach erfolgt die Auslegung nicht nach nationalem Recht, sondern bezieht "die Zielsetzung und die Systematik der Staatsverträge sowie die allgemeinen Grundsätze, die sich aus der Gesamtheit der innerstaatlichen Rechtsordnungen ergeben" mit ein. Die autonome Auslegung wird im Anschluß an den EuGH heute vereinzelt auch für die Haager Abkommen vertreten. Weitere Auslegungsmethoden sind neben der "lex fori"-Lösung die Anwendung des Rechts des ersuchten Staates (Rechtshilfestaat)^ 4 oder der lex causae 1 ^. aa) Autonome Auslegung Eine vertragsautonome Auslegung unter "Berücksichtigung der Gesamtheit der Rechtsordnungen und der Zielsetzung und Systematik der Abkommen" i.S.d. EuGH befürworten K o c h i 9 6 sowie - allerdings ausdrücklich nur für das EuGVÜ - G e i m e r l 9 7 und L i n k e i 9 8 : Für die Berücksichtigung der "Gesamtheit der innerstaatlichen Rechtsordnungen" spreche, daß hinter dem Abschluß eines jeden bilateralen oder multilateralen Staatsvertrags das Anliegen stehe, jeden Unterzeichnerstaat in gleicher Weise zu berechtigen und zu verpflichten (sog. Prinzip der Gegenseitigkeit) 199. An diesem Ausgangpunkt besteht kein Zwei191 Junker, IPrax 1986, 197 ff. (205); Report of the United States Delegation, 17 I.L.M. 319 (1978). 192 Erstmals in der "EUROCONTROL"-Entscheidung, EuGHE 1976, 1541 ff.= NJW 1977, 489 ff.; ebenso EuGH 1978, 2183 ff.= R I W / A W D 1979, 273 ff.; EuGHE 1980,3807 ff.= IPrax 1981,161.ff. 193 So der EuGH in der "EUROCONTROL"-Entscheidung 194 So Junkerj IPrax 1986, 197 ff. (206); Hollmann,, R I W / A W D 1982, 784 ff. (785) (für EuGVÜ). 195 Grünsky, RIW/AWD 1977,1 ff. (4). 196 IPrax 1985, 245 ff. (247), Fußn. 15. 197 in Geimerl Schütze, Bd. I, Hb. 1, S. 117; ders. in NJW 1977, 492 ff. (492). 198 R I W / A W D 1977, 45 und R I W / A W D 1985, S. 3. 199 Dazu Kropholler, Int. Einheitsrecht, S. 285 ff.; Bayer, RabelsZ 1955, 603 ff. (620 ff.). *
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
fei. Und in der Tat ließe sich das Prinzip der Gegenseitigkeit bestmöglich realisieren, wenn man für die Systembegriffe der Abkommen ein gemeinsames, von allen Vertragsstaaten anerkanntes Begriffsverständnis f ä n d e 2 0 0 Die Interpretation anhand überstaatlicher Kriterien erscheint deshalb auf den ersten Blick sachgerechter als die Qualifikation nach nationalem Recht Auf Grund rechtsvergleichender Studien, so könnte man meinen, müßte die Auslegung der "Zivil- und Handelssachen" in allen Vertragsstaaten einheitlich e r f o l g e n 2 0 i . Diese Argumentation läßt freilich unberücksichtigt, daß die autonome Auslegung ausschließlich durch nationale Gerichte vorgenommen werden müßte; eine höchste supranationale Instanz, der Interpretationsfragen vorgelegt werden können, fehlt im Rahmen der Haager A b k o m m e n d Wer weiß, wie schwierig schon bei nationalen Sachverhalten die Abgrenzung zwischen öffentlichem und privatem Recht sein kann, vermag sich vorzustellen, zu welch unterschiedlichen Ergebnissen erst eine Abgrenzung mit (vergleichendem) Blick auf mehrere Rechtsordnungen führen mag. Ein einheitlicher Maßstab wird sich hier kaum finden l a s s e n 2 0 3 > zumal die Festlegung eines solchen Maßstabs auch einschlägige Kenntnisse im fremden Recht voraussetzen würde. Die Praxis zeigt aber, daß die sachgerechte Anwendung fremden Rechts - gerade auch durch Gerichte - häufig mißlingt. Um so mehr muß die Berücksichtigung mehrerer Rechte erhebliche praktische Schwierigkeiten bereiten. Hinzu kommt, daß gerade in den U.S.A. Rechtsinstitute bekannt sind, die in Kontinentaleuropa keine Entsprechung finden. Zu erwähnen sind etwa die sog. "punitive damages" oder die im Wettbewerbsrecht möglichen "treble damages". Hier fehlt es von vornherein an der Vergleichbarkeit, die für eine autonome Auslegung Voraussetzung ist. Die konsensfähige Berücksichtigung aller Rechte könnte man daher allenfalls in der Weise erreichen, daß man nur diejenigen Fälle als "Zivil- und Handelssachen" ansähe, die nach allen beteiligten Rechtsordnungen als solche anerkannt sind. Dadurch würde man den Anwendungsbereich der Abkommen indes auf ein absolutes Minimum 200 So Linke, R I W / A W D 1977, 43 ff. (44); Bayer, RabelsZ 1955, 603 ff. (624) spricht hiervon "Auslegungsharmonie". 201 So Geirrter, NJW 1977,492 f (492); Bayer, RabelsZ 1955,603 ff. (627). 202 Anders ist die Rechtslage beim EuGVÜ, wo sich die Vertragsstaaten der Rechtsprechung des EuGH unterworfen haben (vgl. Protokoll vom 3.6.1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens; in Kraft getreten am 1.9.1975). Die Argumentation des EuGH in der EUROCONTROL-Entscheidung paßt auch aus einem anderem Grunde nicht. Der EUGH beruft sich hier auf den Wortlaut des Art. 1 EuGVÜ, wonach das Abkommen in Zivil- und Handelssachen "ohne Rücksicht auf die Art der Gerichtsbarkeit" Anwendung findet Letzterer Zusatz fehlt bei den Haager Abkommen. 203 So auch Junker, IPrax 1986, 196 ff. (205); Schlosser, NJW 1977, S. 457 ff. (460); Basedow, Handbuch für Int. Verf.R.,S. 113 (Rz. 19).
§3
e Zustellung der Pfndungsurkunden
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reduzieren, eine Konsequenz, die bei Vertragsabschluß gerade nicht beabsichtigt war204 Erklärtes Ziel der Vertragsstaaten war es vielmehr, die Zustellung im Verhältnis der Vertragsstaaten zueinander in möglichst weitem Umfang zu reglementieren. Das Kriterium der "Gesamtheit der innerstaatlichen Rechtsordnungen" kann somit kaum zur weiteren Vereinheitlichung der Auslegung von Systembegriffen beitragen. Ebensowenig lassen sich "Zielsetzung und Systematik" der Haager Abkommen derart formulieren, daß ihre Berücksichtigung zu einer einheitlichen Interpretation des Begriffs der "Zivil- und Handelssachen" führen könnte. Das in beiden Abkommen angestrebte Ziel einer möglichst weitgehenden Erleichterung des Rechtsverkehrs bei der Zustellung von Schriftstücken in Zivil- und Handelssachen ließe sich zwar theoretisch durch eine autonome Auslegung erreichen. Unterstellt, sie würde in unterschiedlichen Staaten zu gleichlautenden Ergebnissen führen, nähme sie dem ersuchten Staat die Möglichkeit, sich auf die Nichtanwendbarkeit der Abkommen zu berufen, weil nach seinem eigenen Recht keine Zivil- und Handelssache vorläge 2 0 5 . Es entfiele m.a.W. die Befugnis, aus internrechtlichen Gründen die Rechtshilfe zu verweigern. Darüber, wie die autonome Auslegung vorzunehmen ist und welche Kriterien dabei maßgeblich sind, gibt der rechtspolitische Hintergrund aber gerade keinen Aufschluß. Weder aus der Gesamtheit der innerstaatlichen Rechtsordnungen noch aus Zielsetzung und Systematik lassen sich demnach greifbare Kriterien dafür herleiten, wie eine autonome Auslegung des Begriffs "Zivil- und Handelssachen" in concreto vorzunehmen wäre. Die Einheitlichkeit der Auslegung ist durch diese Methode folglich nicht besser gewährleistet als durch die Qualifikation nach nationalem Recht. Obwohl die einheitliche Interpretation multilateraler Abkommen durchaus erstrebenswert ist, muß die autonome Auslegungsmethode daher jedenfalls für die Haager Abkommen, für die es an einer höchsten Entscheidungsinstanz fehlt, abgelehnt w e r d e n d 204 Actes et Documents der 10. Session 1965 ΙΠ, S. 74 ff. (Rapport der Expertenkommission) und der 14. Session 1980IV, S. 381 f. 205 Dazu Bülow/Böckstiegel I, S. 351.2, Fn. 2. 206 Ebenso etwa Schlosser, NJW 1977, 457 ff. (460)(für EuGVÜ); ebenso wohl Hollmann, R I W / A W D 1982, 784 ff. (785) (der die autonome Auslegung gar nicht erst diskutiert). Kritisch auch Nagel, IZPR, S. 79 (Rz. 173) (für EuGVÜ). Diejenigen, die die autonome Auslegung für das EuGVÜ bejahen, betonen häufig das Bestehen der EuGH-Gerichtsbarkeit, die die Einheitlichkeit der Auslegung gewährleistet (vgl etwa Geirrter, NJW 1977, 492 f. (492); ders. in EuR 1977, 341 ff. (352); ebenso Linke, R I W / A W D 1977, 43 ff.(44); Spellenberg, EuR 1980, 329 ff. (339). Ob die Vertreter der autonomen Auslegung die Methode auch im Rahmen der Haager Abkommen favorisieren würden, erscheint daher zumindest zweifelhaft. Der EuGH hat die Verbindlichkeit der autonomen Auslegung für die in Art. 55 EuGVÜ erwähnten bilateralen Abkommen wohl nicht zuletzt aus diesem Grunde abgelehnt (Geirrter, EuR 1977,341 ff. (351)).
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
bb) Qualifikation nach der lex causae Die Theorie der Qualifikation nach der lex causae will für die Auslegung des Begriffs der "Zivil- und Handelssachen" das Recht anwenden, das auch über die Rechtssache selbst (hier also: die dem Pfändungsbeschluß zugrundeliegende Sache) entscheidet 207 . Welches Recht das ist, können entweder das internationale Privatrecht des Erststaats oder das des ersuchten (Empfänger-) Staates b e s t i m m e n 2 * ^ . Beide Varianten haben auf den ersten Blick den Vorteil fehlender Manipulierbarkeit, denn eine Umgehung oder Ausdehnung der staatsvertraglichen Verpflichtungen durch Änderung des nationalen Rechts ist kaum möglich. Problematisch ist jedoch, daß die Qualifikation nach der lex causae nicht nur das Recht der beiden unmittelbar beteiligten Staaten zur Anwendung zu bringen vermag. Möglich ist auch die Berufung des Rechts eines Drittstaats, der nicht einmal Vertragsstaat sein m u ß 2 0 9 . Selbst Rechtsordnungen, die schon gar nicht mehr in Kraft sind, können Anwendung finden, wenn sich der streitige Sachverhalt schon vor langer Zeit abgespielt hat und deshalb nach intertempörärem Recht revidierte Rechtsnormen berufen wären^io. Ob die Signatarstaaten die alles entscheidende Frage nach dem Anwendungsbereich einem fremden oder überholten Recht überlassen wollten, erscheint äußerst zweifelhaft und ist m.E. abzulehnen2* 1. Dagegen sprechen auch die "Actes et Documents" zu den Haager Abkommen. Obwohl die Qualifikationsfrage letztlich nicht gelöst wurde, ergibt sich aus ihnen jedenfalls soviel, daß eine Qualifikation nach der lex causae nicht ernstlich in Betracht gezogen wurde. Nur das Recht des Erststaates oder des (ersuchten) Zweitstaates fanden bei den Verhandlungen als mögliche Alternativen E r w ä h n u n g 2 1 2 . Die Bestimmung der "Zivil- und Handelssache" nach der lex causae wurde dagegen nicht erörtert. cc) Qualifikation nach dem Recht des ersuchenden Staats (lex fori-Lösung) Eine Qualifikation nach dem Recht des ersuchenden Staates ist ebenfalls in zwei Varianten möglich 2 ^. Zum einen kann man der lex fori allein ausschlag-
207 So Grunsky, RIW/AWD 1977, 1 ff. (4). 2 0 8 Vgl. GeimerlSchütze I, Hb. 1, S. 114 (Fn. 4) und Geimer, EuR 1977,341 ff. (343). 2 0 9 Geimer, NJW 1977, 492 f. (492). 210 Beispiel bei Geimer/Schütze I, Hb. 1, S. 114 (zum EuGVÜ). 211 Ebenso Geimer!Schütze I, Hb. 1, S. 114; ders. in EuR 1977, 340 ff. (343) (jeweils zum EuGVÜ). Der EuGH hat die Qualifikation nach der lex causae bejaht für den Begriff des "Erfüllungsorts" in Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. 212 Vgl. Actes et Documents de la Dixième Session 1964 ΠΙ, S. 80. 2
1 3 Geimer, EuR 1977, 341 ff. (343).
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsurkunden
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gebende Bedeutung zukommen lassen. Zum anderen ist es möglich, das Recht des Forumstaates neben dem Recht des ersuchten Staates anzuwenden2^. Man käme dann zu einer Doppelqualifikation: Der antragstellende Staat würde zunächst nach eigenem Recht (lex fori) qualifizieren; der ersuchte Staat hätte aber seinerseits die Möglichkeit, die Rechtshilfe zu verweigern, wenn er den Streitgegenstand selbst als öffentlich-rechtlich einstufte. Diese zweite Variante kann freilich von vornherein ausgeschieden werden. Sie läßt die Haager Abkommen nur beim beiden Staaten gemeinsamen "Mindeststandard" der als zivilrechtlich zu qualifizierenden Angelegenheiten zur Anwendung kommen. Zudem führt sie zu einer nicht unerheblichen zeitlichen Verzögerung des Rechtshilfewegs. Damit trägt sie dem Anliegen nach möglichst wirksamer Anw e n d u n g 2 ^ nicht ausreichend Rechnung. Demgegenüber schränkt die Qualifikation allein nach dem Forumrecht 2 1 6 den Anwendungsbereich der Abkommen nicht unnötig ein. Im Gegenteil: Sie eröffnet dem ersuchenden Staat sogar die Möglichkeit manipulativer Ausdehnung durch Änderung seines eigenen Rechts, an das der ersuchte Staat ja gebunden wäre. Die Manipulierbarkeit ist denn auch ein wesentlicher Gesichtspunkt, der in der Literatur gegen die reine lex fori-Lösung ins Feld geführt w i r d 2 1 7 . Denkbar wäre beispielsweise, daß ein ersuchender Staat staatsegoistische Enteignungen als Zivilsachen deklarierte, um auf diese Weise ggf. erforderliche Zustellungen zu erzwingen. Die praktische Relevanz dieses Einwands dürfte indessen geringer sein, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Es ist bereits schwer vorstellbar und mutet fast schon abenteuerlich an, daß ein Staat sein (Abgrenzungs-) Recht speziell mit Blick auf eine staatsvertragliche Regel, deren erweiterte Anwendung er wünscht, ändert. Sollte das doch einmal geschehen, so bieten die ordre public-Klauseln zumindest in krassen Fällen eine Handhabe zur Abwehr 21 8. Die rechtsmißbräuchliche Ausdehnung souveränitätseinschränkender Abkommen stellt nämlich immer zugleich einen Souveränitätseingriff dar. Das Hauptaugenmerk sollte daher weniger auf mögliche Manipulationsakte als vielmehr auf bereits bestehende Divergenzen in den Rechten der Mitglied2 1
* So Droz, Compétence Judidaire, Nrn. 33 ff. (S. 27 ff.). Ebenso Riezler, IZPR, S. 111 ff. S. oben S. 70. 216 So Βülowt Böckstiegel I, S. 351.2 (Fn. 2); ebenso Böckstiegel/Schlafen, NJW 1978, 1073 ff. (1974); BGH R I W / A W D 1976, S. 110. S. auch Linke, R I W / A W D 1982,784 ff. (785) ( insbes. zur U.S.-amerikanischen Haltung). Davon, daß für die Qualifikation des Begriffs "Zivil- und Handelssache" das Recht des ersuchten Staates anwendbar sein sollte, gingen offenbar auch die Bundesrepublik und Frankreich bei Abschluß des deutsch-französischen Zusatzabkommens zum HZPrÜbk. aus (Bülow!Böckstie gel, S. 120.3, Fußn. 6). 2 1 5
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Geirrter, EuR 1977, 341 ff. (346) (für EuGVÜ). 8 Böckstiegel/Schlafen, NJW 1978, 1073 ff. (1074).
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
Staaten gerichtet werden. Besonders an die U.S.A. ist hier zu denken, die, gemessen an europäischen Vorstellungen einen extrem weiten Begriff der "civil matters" k e n n e n 2 1 9 . Bei Maßgeblichkeit des Rechts des ersuchenden Staates müßten europäische Behörden U.S.-amerikanischen Rechtshilfeanträgen auch dann nachkommen, wenn sie nach herkömmlicher Auffassung Verwaltungsverfahren beträfen. Diese Rechtsfolge widerspricht offenkundig dem Willen der (europäischen) Vertragsstaaten 220 . Darauf hat die Bundesregierung in der Denkschrift zum HZustÜbk. 2 2 1 nachdrücklich hingewiesen. Auf das HZustÜbk. wollte man sich nur unter der Voraussetzung einlassen, daß die Arten der zuzustellenden Schriftstücke wenigstens in Umrissen voraussehbar waren und man nicht plötzlich die Pflicht zur Zustellung von Steuerbescheiden gegen deutsche Steuerpflichtige gewärtigen brauchte. Trotzdem meinen einige Vertreter in der Literatur 2 2 2 , die Qualifikation nach dem Recht des Forumstaates sei allein zutreffend, weil nur sie mit dem Vertragswortlaut vereinbar sei. Dies ergebe sich zwingend daraus, daß in den Ablehnungsgründen der Art. 4 HZPrÜbk. und Art. 13 HZustÜbk. kein Fall genannt sei, wonach Rechtshilfegesuche abgelehnt werden dürften, wenn nach Ansicht des ersuchten Staates keine "Zivil- und Handelsache" vorliege. Dagegen ist zu sagen, daß die Klärung der Anwendbarkeit logisch vorrangig vor der Prüfung etwaiger Ausnahmevorschriften in einem Staatsvertrag erfolgen muß. Fehlt es schon an den sachlichen Anwendungsvoraussetzungen, so bedarf die Nichtanwendung keiner Ausnahmevorschrift Abgesehen davon wäre die ausdrückliche Niederlegung der Befugnis zur Rechtshilfeverweigerung auch sonst nicht zwingend erforderlich. Unterstellt, der Forumstaat würde die "Zivil- und Handelsache" von vornherein (rechtsfehlerfrei) nach dem Recht des ersuchten Staates qualifizieren, bestünde für den Zweitstaat zur Rechtshilfeverweigerung nämlich regelmäßig keine Veranlassung mehr. Ohnehin wäre es ja sein Recht, das zur Bejahung der Sachanwendungsvoraussetzungen führte. Dies verdeutlicht, daß der Wortlaut keinerlei Anhalt für die Maßgeblichkeit des Forumrechts enthält 2 2 3 . Angesichts ihrer schwerwiegenden Nachteile ist die lex fori-Lösung deshalb abzulehnen.
2 1 9 Junker, IPrax 1986, 197 ff. (205) m.w.N.; Hollmann, R I W / A W D 1982, 784 ff. m.w. Nachw. 220 Junker, IPrax 1986,197 ff. (206). 221 BTDrucksache 7/4892, S. 41. 222 βülowf Böckstiegel I, S. 351.2 (Fn. 2).
223 Ebenso Hollmann, R I W / A W D 1982,784 ff. (785).
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsurkunden
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dd) Qualifikation nach dem Recht des ersuchten Staates Zuzustimmen ist vielmehr der Qualifikation nach dem Recht des ersuchten Zweitstaates 224 . Auch diese Lösung bringt zwar Nachteile mit sich, namentlich dann, wenn der Zweitstaat Zweifel an der zutreffenden Rechtsanwendung des Erststaats bei der Qualifikation als "Zivil- und Handelssache" hat. Gerade weil sein eigenes Recht maßgeblich ist, wird der Zweitstaat hier Rechtsfehler kaum hinnehmen. W i l l er bei Zweifeln an der Richtigkeit seine eigene Verpflichtung zur Rechtshilfe überprüfen, wird er daher vielfach das Verfahren, in dem die Zustellung erfolgen soll, inhaltlich neu aufgreifen. Dies kann zu einer erheblichen Verkomplizierung und damit Verzögerung führen. Doch wird derartiges in der Praxis - sieht man einmal von den U.S.A. ab nicht allzu häufig vorkommen. Fälle evident fehlerhafter Rechtsanwendung durch den Erststaat sind selten. Nur in Evidenzfällen werden beim ersuchten Staat aber überhaupt Zweifel an der Anwendbarkeit der Abkommen aufkommen, die zu einer erneuten Überprüfung führen können. Die Nachteile der hier vertretenen Lösung sind also tragbar; jedenfalls fallen sie gegenüber den Kritikpunkten, die gegen andere Qualifikationsmethoden erhoben wurden, erheblich geringer ins Gewicht 3. Ergebnis Die "Zivil- und Handelssache" ist nach dem Recht des ersuchten Staates zu qualifizieren 225 , d.h., die Abkommen sind auf die Zustellung der Drittschuldneranzeige anwendbar, wenn die zugrundeliegende Rechtssache nach dem Recht des Zweitstaats eine Zivilsache darstellt 226 . Es besteht dann eine staatsvertragliche Pflicht, Rechtshilfegesuchen vorbehaltlich der A r t 4 HZustÜbk. und A r t 13 HZPrÜbk. nachzukommen. B. Direktzustellung durch die Post I. Einführung Der Zwang zur Zustellung auf dem Rechtshilfeweg kann aus verschiedenen Gründen als unbefriedigend empfunden werden. Das wird selbstverständlich 2 2 4
So Hollmann, R I W / A W D 1982, 784 ff. (785) m.w. Nachw. in Fußn. 9.; Junker, IPrax 1986, 197 ff. (206). 2 2 5 22
Ebenso Bülow/Böckstiegel, S. 100.8. 6 Unklar hier Marquordt, der die Abkommen wohl uneingeschränkt anwenden will.
1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
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immer dann der Fall sein, wenn die Zustellung, um die ersucht wird, vom ersuchten Staat verweigert wird, sei es, daß er sich außerhalb bestehender Rechtshilfeabkommen auf das Fehlen einer entsprechenden Verpflichtung oder innerhalb der Haager Abkommen auf den ordre public beruft 2 2 7 . Diese Situation tritt regelmäßig beim Versuch der Zustellung einer Drittschuldneranzeige ins Ausland ein. Aber selbst wenn der Rechtshilfeweg Aussicht auf Erfolg hat, mag er im Hinblick darauf, daß ein zuzustellendes Schriftstück relativ bedeutungslos ist, als viel zu umständlich und zeitaufwendig angesehen werden 22 ^ Auch dann stellt sich die Frage nach alternativen Möglichkeiten. Die nationalen Zivilprozeßrechte sehen hier unterschiedliche Umgehungswege vor. So sieht das französische Recht nicht zuletzt wegen möglicher Schwierigkeiten beim Rechtshilfeverkehr für Zustellungen an Auslandspersonen allgemein die sog. Zustellung durch "remise au parquet" vor. Es handelt sich dabei um eine fiktive Inlandszustellung. Im deutschen Recht findet sich eine - allerdings auf enge Voraussetzungen beschränkte - Parallele in der Zustellung durch Aufgabe zur Post. Daneben wird die Zulässigkeit einer (gesetzlich für Auslandszustellungen nicht vorgesehenen) unmittelbaren Zustellung durch die Post diskutiert 229 . Und schließlich stellt man sich auch in der Schweiz die Frage, ob die innerstaatlich mögliche Form der direkten Zustellung auf dem Postwege 230 auch im internationalen Verkehr möglich ist. Auf Einzelheiten der nationalen Lösungen soll an dieser Stelle noch nicht eingegangen werden. Sie gehören in die einzelnen Länderteile. Vorausgeschickt sei nur, daß die fiktiven Inlandszustellungen des deutschen und französischen Rechts i.d.R. die direkte Übersendung eines Schriftstücks ins Ausland voraussetzen. Allerdings soll es sich dabei nach der Vorstellung der nationalen Gesetzgeber um bloße Mitteilungen über bereits vollzogene Zustellungen handeln 2 3 l. Ihre völkerrechtliche Beurteilung hängt gleichwohl wesentlich davon ab, wie die "gewöhnliche" Direktzustellung auf dem Postwege nach geltendem Völkerrecht zu beurteilen ist. Diese Frage ist somit für alle drei interessieren2 2 7
Dazu im einzelnen Schmitz, S. 17 ff. 8 Dies ist wohl Hintergrund der deutschen Zustellung durch Aufgabe zur Post. Sie ist nur dann zugelassen, wenn entweder schon vorher sichergestellt wurde, daß dem Empfänger rechtliches Gehör gewährt wurde oder aber - wie im Falle von § 829 Abs. 2 S.4 ZPO - wenn das betreffende Schriftstück für das Verfahren ohne Bedeutung ist 22
229 Vgl. etwa Schack, Rpfl. 1980,175 ff. (176). 230 Für das Schuldbetreibungsrecht s. Art. 34 SchKG 231 Der Unterschied zwischen diesen beiden Zustellungsarten und der Zustellung durch die Post besteht im Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens. Während die Zustellung durch die Post den tatsächlichen Zugang an den Adressaten voraussetzt, tritt bei den fiktiven Inlandszustellungen die Wirksamkeit schon vorher im Inland ein.
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsurkunden
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den Rechte relevant; sie wird daher vorab behandelt. Geht es - wie häufig - um Zustellungen in "Zivil- und Handelssachen", so richtet sie sich vorrangig nach den Haager Abkommen. Im übrigen muß auf das geltende Völkergewohnheitsrecht zurückgegriffen werden. II. Direkte Zustellung und die Haager Abkommen 1. Positive Aussage der Haager Abkommen Sowohl das HZPrÜbk. (Art. 6 Abs. 1) als auch das HZustÜbk. (Art. 10 Abs. 1) sehen vor, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch die Post zu versenden. Nach beiden Abkommen haben die Vertragsstaaten jedoch das Recht, sie für ihr Staatsgebiet auszuschließen. Davon haben die B u n d e s r e p u b l i k 2 3 2 u n d die S c h w e i z 2 3 3 ausdrücklich Gebrauch gemacht. Beide sehen in den Direktzustellungen auf dem Postwege Souveränitätseingriffe, die sie auf ihrem Staatsgebiet nicht tolerieren möchten. Auch außerhalb der Haager Abkommen haben sie diese Position immer wieder deutlich zum Ausdruck gebracht. Zustellungen auf dem Postwege sind in ihrem Hoheitsgebiet daher staatsvertraglich nicht zugelassen. Im Ausgangspunkt anders ist die Haltung Frankreichs, das weder im Zusammenhang mit dem HZPrÜbk. noch mit dem HZustÜbk. der direkten Postzustellung in sein Staatsgebiet explizit widersprochen h a t 2 3 4 . Es hat diese Möglichkeit im Gegenteil sogar in einigen zweiseitigen Z u s a t z a b k o m m e n 2 3 5 ausdrücklich zugelassen. Die Rechtslage bedarf hier daher näherer Erörterung.
232 Für das HZustÜbk. vgl. § 6 AusfG und die Akten und Dokumente der 10. Session der Haager Konferenz von 1965 ΙΠ, S. 125 (Observations des Gouvernements: Allemagne). Für das HZPrÜbk. s. Mitteilung im schweizerischen Bundesblatt 19111, S. 450. 233 Mitteilung im schweizerischen Bundesblatt 19101, 295. S. auch BGE 76 Π, 75 ff. 234 Βiilowl Böckstiegel I, S. 101.9, Fußn. 38. 235 Vgl. etwa die französisch-belgische Zusatzvereinbarung von 1956 (Journal officiel de la République Francaise vom 23.6. 1959, S.6183 f.).
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
a) HZPrÜbk. und Direktzustellung
nach Frankreich
Die Erlaubnis zur Direktzustellung nach Frankreich findet sich nicht in den zwischen Frankreich und der Bundesrepublik 2 ^ bzw. Frankreich und der Schweiz 2 3 7 bestehenden Zusatzübereinkommen geregelt. In ihnen ist die Zustellung durch die Post vielmehr überhaupt nicht erwähnt Mit Blick auf andere Zusatzübereinkommen liegt daher der Umkehrschluß nahe, daß Frankreich trotz seiner grundsätzlich liberalen Haltung jedenfalls Zustellungen von der Bundesrepublik und der Schweiz nach Frankreich nicht duldet Dies entspricht der Ansicht des schweizerischen Bundesgerichts 238 : Bestünden zweiseitige Zusatzübereinkommen und sei in ihnen die direkte Postzustellung gerichtlicher Akte nicht zugelassen, so sei davon auszugehen, daß die Vertragsstaaten sie hätten ausschließen wollen. Darauf, daß ein ausdrücklicher Widerspruch nicht erhoben worden sei, komme es nicht an. Die Argumentation des Gerichts bezieht sich freilich nur auf das für die Schweiz allein entscheidende HZPrÜbk: Gem. A r t 6 HZPrÜbk. ist die Direktzustellung nicht nur dann vertraglich ausgeschlossen, wenn der betroffene Staat ihr nicht widerspricht, sondern bereits in dem Moment, in dem sie in bestehenden bilateralen Abkommen nicht zugelassen wurde. Angesichts dieses klaren Wortlauts, auf die sich die schweizerische Rechtsprechung auch ausdücklich stützt, wird man dem Bundesgericht - für den Anwendungsbereich des HZPrÜbk. - daher zustimmen müssen 239 : Die Direktzustellung von der Schweiz nach Frankreich ist also nicht vom HZPrÜbk. gedeckt. b) HZustÜbk. und Direktzustellung
nach Frankreich
Anders ist die Rechtslage beim HZustÜbk., das im deutsch-französischen Verhältnis Anwendung findet. Art. 10 des Abkommens schließt die Direktzustellung allein für den Fall aus, daß vom betroffenen Staat Widerspruch erhoben wurde. Eine positivrechtliche Zulassung in zweiseitigen Zusatzübereinkommen ist im Gegensatz zur rechtlichen Situation beim HZPrÜbk. gerade
2
3 6 D e u t s c h - f r a n z ö s i s c h e Zusatzvereinbarung vom 1.3. 1954, abgedruckt in Bülow/Böckstiegel I, S. 120.1 f f . 2 3 7 Französisch-schweizerische Zusatzvereinbarung vom 1.2. 1913, abgedruckt in Walder, SchKG, S. 352. Diese Vereinbarung wurde zum HZPrÜbk. von 1905 getroffen, die durch das HZPrÜbk. von 1964 abgelöst wurde. 2 3 8 BGE 82 ΠΙ, 63 ff. (74 ff.); 7 6 Ι Π , 75 ff. (78 f.). Anders noch BGE 41 ΠΙ, 209. Vgl. auch das Gutachten der eidgenössischen Polizeiabteilung von 1956, VEB 26 (1956), Nr.5; Güldener, S. 25 (Fußn. 37). 2 3 9 So auch Bülow/Böckstiegel I, S. 101.9 (Fußn. 38)
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsurkunden
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nicht e r f o r d e r l i c h 2 4 0 . Die Tatsache, daß ein Zusatzabkommen die Direktzustellung nicht ausdrücklich regelt, vermag hier nur dann zum Ausschluß von Direktzustellungen gem. A r t 10 HZustÜbk. führen, wenn man darin die konkludente Erhebung eines Widerspruchs sieht. Gerade im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Frankreich hatte die Nichtregelung direkter Zustellungen aber andere Gründe. Direktzustellungen von der Bundesrepublik nach Frankreich standen zwischen beiden Staaten ohnehin nicht zur Debatte, weil sie im deutschen Recht schon damals nicht als zulässige Form der Auslandszustellung vorgesehen waren. § 199 ZPO schreibt bei Zustellungen ins Ausland generell und ausschließlich den Rechtshilfeweg vor. Die Haager Abkommen ändern an dieser nationalen Regelung erklärterm a ß e n 2 4 i nichts. Aber auch in umgekehrter Richtung, also von Frankreich in die Bundesrepublik, stand die direkte Postzustellung schon deshalb nicht zur Diskussion, weil das französische Recht für Zustellungen an Auslandspersonen die "remise au parquet" kennt Diese wird von der Bundesrepublik mit den Beschränkungen des H Z u s t Ü b k . 2 4 2 t o l e r i e r t 2 4 3 . Man kann das Fehlen einer positiven Regelung zur Direktzustellung im deutsch-französischen Zusatzübereinkommen demnach auch nicht mit Gegenseitigkeitserwägungen erklären und einen konkludenten Widerspruch Frankreichs im Hinblick darauf unterstellen, daß die Bundesrepublik sich generell gegen direkte Zustellungen auf deutschem Staatsgebiet sperrt. Daraus ergibt sich m.E., daß sich die Annahme eines stillschweigenden Widerspruchs Frankreichs gegen deutsche Direktzustellungen durch nichts belegen läßt. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß Direktzustellungen von der Bundesrepublik nach Frankreich staatsvertraglich zugelassen s i n d 2 4 4 . Eine andere Frage ist natürlich, ob die staatsvertragliche Möglichkeit sich auch realisieren läßt oder ob nicht intern-rechtliche Vorschriften des deutschen internationalen Zivilprozeßrechts dagegen sprechen. Darauf wird später noch einzugeh e n sein245.
240 Kritisch dazu die deutschen Vertreter bei der Haager Konferenz von 1964: Actes et Documents 1965 ΠΙ, S. 125 (Observations des Gouvernements). 241 Vgl. die Expertenkommission in Actes et Documents der 10. Session 1965 ΙΠ, S. 90: "...l'avant-projet n'entend pas se prononcer sur la validité d'un tei mode de transmission au regard de la loi du tribunal saisi: Pour que la voie postale puis se étre utilisée, il faut au départ que la loi du tribunal saisi la permette." 242 Vgl. insbes. Art. 15 des Abkommens. 243 Dazu noch unten S. 197 ff. 244 Zutreffend insoweit Geirrter, IZPR, Rz. 418 (S. 89); i.E. ebenso Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176), der allerdings eine generelle völkervertragliche Zulässigkeit von Direktzustellungen im Anwendungsbereich der Haager Abkommen annimmt. 245 s. 108 ff. und 139 ff.
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
2. Negative Aussage der Haager Abkommen Soweit die vorangegangenen Ausführungen zu dem Ergebnis führten, daß die Haager Abkommen und ihre Zusatzübereinkommen die postalische Zustellung nicht zulassen, stellt sich in umgekehrter Richtung die Frage, ob sie Direktzustellungen auch staatsvertraglich ausschließen wollen. Daß beides auseinanderfallen kann, zeigt in eindringlicher Weise die U.S.-amerikanische Haltung zum Haager Beweisübereinkommen ( H B e w Ü b k . ) 2 4 6 U.S.-Gerichte sehen im Haager Beweisübereinkommen keine exklusive, andere Verfahren der "internationalen" Beweiserhebung ausschließende Regelung. Sein Sinn soll nur in der Erleichterung des zwischenstaatlichen Rechtsverkehrs in Beweiserhebungsfragen bestehen. Wenn das Abkommen eine konkrete Verfahrensweise bei der Beweismittelbeschaffung, wie etwa die Erzwingung von Aussagen gegenüber Personen, die ein beachtliches Aussageverweigerungsrecht haben (Art. 11 HBewÜbk.), nicht zuläßt, so soll dies somit nicht automatisch bedeuten, daß derartiges Vorgehen auch staatsvertraglich verboten i s t 2 4 7 . Nur die positive Kompetenzzuweisung entfalle. Ob ein Beweiserhebungsverbot i.E. besteht, kann sich bei dieser Betrachtungsweise mangels anderer staatsvertraglicher Regelungen nur noch aus allgemeinem Völkergewohnheitsrecht ergeben.
a) HZustÜbk. Ohne weiter auf die umstrittene Problematik des HBewÜbk. eingehen zu wollen, läßt sich freilich jedenfalls für das HZustÜbk. mit Sicherheit sagen, daß es eine exklusive Regelung darstellt, die nicht nur eine Kompetenzzuweisung, sondern gleichzeitig das Verbot postalischer Zustellungen gegen den Vorbehalt des Empfängerstaats enthält 2 4 8 . Dafür spricht der eindeutige Wortlaut von Art. 1 HZustÜbk.: "Dieses Abkommen ist in Zivil- und Handessachen in allen Fällen anwendbar, in denen ein gerichtliches Schriftstück zum Zwecke der Zustellung ins Ausland zu übermitteln ist." Er beinhaltet nicht nur eine Ver246 Allgemein dazu Stadler S. 308 ff., Heidenberger, RIW/AWD 1987, 666 ff. und RIW/AWD 1988,310 ff.; Junker, BB 1987,1752 ff.;ders. t JZ 1989,121 ff. (125); Stürner, ZVglRW 81 (1982), 159 ff. (197 ff.); Koch, IPrax 1985, 245 ff. (247 ff.). 247 Vgl. d a z u die neueste Entscheidung Société Nationale Industrielle Aerospatiale ν. U.S.District Court for the Southern District of Iowa, 55 U.S.L.W. 4842 (U.S. June 15,1987). Dazu Heidenberger , R I W / A W D 1987, 666 ff. und Junker , BB 1987, 1753 ff. m.w.N. Die Vorinstanz hatte das HZustÜbk. von vornherein gar nicht erst angewandt Dieses sei nur dann einschlägig, wenn nicht ohnehin "jurisdiction" über die betreffende Partei gegeben sei. 248 Ganz h.M.: Deutsche Denkschrift zum HZustÜbk., BT-Dracks. 7/4892, S. 38 ff. (40 ff.); vgl. auch Actes et Documents der 10. Session 1965 ΙΠ, S. 366 ff. (rapport Ferreira) und 80 ff. (Expertenkommission); Hollmann., R I W / A W D 1982,784 ff. (789 f.); Geimer, IZPR, Rz.418 (S.89).
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsurkunden
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pflichtung des ersuchten Staates, auf ein Ersuchen Rechtshilfe zu leisten, sondern auch die Pflicht des Absendestaates, bei Auslandszustellungen nach dem HZustÜbk. vorzugehen, sprich: unter Inanspruchnahme des Rechtshilfeweges, wenn ein Widerspruch gegen die direkte Postzustellung erfolgt ist. Der exklusive Charakter des HZustÜbk. wird denn gerade auch von den - im übrigen bei der Anwendung oft zögerlichen - U.S.A. grundsätzlich anerkannt 24 ^. b) HZPrÜbk. Demgegenüber läßt der Wortlaut von Art. 1 HZPrÜbk. eine Deutung i.S. fehlender Exklusivität zu. Danach "wird in Zivil- und Handelssachen die Zustellung von Schriftstücken, die für eine Person im Ausland bestimmt ist, innerhalb der Vertragsstaaten auf einen Antrag bewirkt....". Hieraus ergibt sich zwar eindeutig die Pflicht des ersuchten Staates, Rechtshilfe auf Antrag zu leisten; nicht ausdrücklich geregelt ist dagegen die Pflicht des Absendestaates, seinerseits auch in den Formen des HZustÜbk. vorzugehen. Der Wortlaut ist jedoch auf dem Hintergrund der bei den Vertragsstaaten bestehenden Vorstellung zu interpretieren, wonach schon das allgemeine Völkerrecht die direkte Versendung von Hoheitsakten auf dem Postwege verbietet 250 . Darüber war und ist man sich in Europa weitgehend einig. Die U.S.A., die einen anderen Standpunkt einnehmen, waren bei den Verhandlungen nicht beteiligt. Dem HZPrÜbk. gehörten sie nie an. Auf die ausdrückliche staatsvertragliche Nie249 Leitentscheidung ist hier Katoda v. Hosogai, 608 P. 2d 68, 71 (Ariz. 1980). Im einzelnen dazu K.P. Mössle, S. 234 ff. Junker, IPrax 1986, 197 ff. (203 ff.) und JZ 1989, 121 ff. (122 f.); Koch, IPrax 1985,245 ff. (246) mit zahlr.w.Nachw. Dagegen werden Zustellungen im Inland (etwa an U.S.-Tochtergesellschaften von ausländischen Gesellschaften) weiterhin vorgenommen: Volkswagenwerk AG v. Schlunk, 145 ΙΠ. App. 3d 594, 495 N.E. 2d 1114 (ΙΠ App.l, Dist. 1986). Eine Revision der Volkswagen AG wurde vom US Supreme Court jüngst abgewiesen und damit für diese Frage die Exklusivität des Abkommens verneint. Dazu Heidenberger, RIW/AWD 1988, 90 ff.,RIW/AWD 1988, 567 und R I W / A W D 1988, 683 ff; Koch, IPrax 1989, 313 f. Daß das HZustÜbk. eine solche Zustellung generell verbietet, läßt sich kaum vertreten, wenn man auf der anderen Seite die remise au parquet und die Zustellung durch Aufgabe zur Post als Inlandszustellungen zuläßt. So auch Junker, JZ 1989, 121 ff. (122 f. und 129). Hier stellt sich aber die Frage nach der Anwendbarkeit von Art. 15 HZustÜbk., der für verfahrenseinleitende Schriftstücke die angemessene und rechtszeitige Mitteilung an den Zustellungsadressaten auch dann verlangt, wenn nach dem Recht des zustellenden Staates eine Inlandszustellung vorliegt. Bis zur Inkenntnissetzung des Adressaten muß ein gerichtliches Verfahren danach ausgesetzt werden. 250 Vgl. Actes et Documents 1965 ΙΠ, S. 12 (rapp. Droz ) und S. 236: "Les conventions de la Haye relative à la procédure civile ont été créeés expressément pour le motif que la notification d'une citation de personnes se trouvant dans un Etat étranger peut ètre considérée comme une violation des droits de souveraenité de cet Etat lorsque ces autorités n'auront pas été saisies". Hier liegt auch der Unterschied zur Situation bei HBewÜbk. und der sich dort stellenden Frage der Exklusivität.
1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
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derlegung wurde demnach nicht zielgerichtet verzichtet; sie wurde offensichtlich nur nicht für nötig erachtet Das Verbot der Direktzustellung durch die Post entspricht also zumindest dem "Geist" des Abkommens 2 5 1 , der sich aber auch in der Systematik wiederfindet: Die Regelung zur Zulässigkeit des Postweges in Art. 6 Abs. 1 HZPrÜbk. gibt nur dann Sinn, wenn im Falle eines Widerspruchs die Direktzustellung auch ausgeschlossen ist; ansonsten würde sich ihre Bedeutung auf die bloße Wiedergabe einer bereits feststehenden Rechtslage beschränken. Damit ist auch für das HZPrÜbk. und die Regelung in Art. 6 Abs. 1 davon auszugehen, daß es - wie das HZustÜbk. - die Direktzustellung von Gerichtsakten verbietet, wenn der Zustellungsstaat ihr widersprochen hat. Nur diese Auslegung entspricht dem Willen der Vertragsstaaten 252 . 3. Ergebnis Im Anwendungsbereich der beiden Haager Abkommen besteht für das Verhältnis der drei hier interessierenden Staaten eine umfassende und abschließende Regelung zur Problematik direkter Zustellungen auf dem Postwege. Ihre Zulässigkeit hängt allein davon ab, ob der Zustellungs- (Empfanger-) Staat ausdrücklich (so die Bundesrepublik und die Schweiz) oder zumindest implizit durch Nichtregelung in bilateralen Zusatzübereinkommen (so Frankreich im Rahmen des HZPrÜbk.) widersprochen hat. Daß damit letztlich nichts weiter als die völkergewohnheitsrechtliche Situation wiedergegeben ist, sei den nachfolgenden Ausführungen als These vorangestellt. III. Direkte Zustellung und allgemeines Völkergewohnheitsrecht Allgemeines Völkergewohnheitsrecht findet für die Beurteilung direkter Auslandszustellungen Anwendung, wenn weder die Haager Abkommen noch sonstige staatsvertragliche Regelungen einschlägig sind, i.d.R. also außerhalb von Angelegenheiten in "Zivil- und Handelssachen". Es spielt im übrigen dann eine Rolle, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung den Haager Abkommen Zustellungsfragen nur positivrechtliche Bedeutung zumißt, das in ihnen enthaltene Verbot der Direktzustellung über einen erklärten Widerspruch hinweg also leugnet. 25
1 So (in anderem Zusammenhang) die Formulierung der deutschen Stellungnahme zum HZustÜbk. in der Aerospatiale-Entscheidung: Heidenberger, R I W / A W D 1988,90 ff. (91). 2 5 2
Actes et Documents 1965 ΠΙ, S. 12 und 16 (Droz). Anders offenbar Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176), der für Drittschuldneranzeigen die direkte Zustellung für völkerrechtlich zulässig hält: "Diese Möglichkeit läßt Art. 6 des Haager Übereinkommens über den Zivilprozeß ausdrücklich offen."
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsurkunden
81
Inwieweit das geltende Völkergewohnheitsrecht die Zulässigkeit direkter Auslandszustellungen auf dem Postwege reglementiert, wird in der Literatur kontrovers gesehen. 1. Spezieller Satz des Völkergewohnheitsrechts im Hinblick auf Direktzustellungen? Ähnlich dem oben für die Jurisdiktionsproblematik befürworteten Ansatz sucht das international-zivilprozessuale Schrifttum für die völkerrechtliche Zulässigkeit direkter Auslandspostzustellungen häufig nach einem speziellen Satz des Völkergewohnheitsrechts. Erforderlich für das Bestehen völkerrechtlicher Beschränkungen sei eine, von allgemeiner Überzeugung getragene Staatenpraxis 253 . a) Unterschiedliche
Grundhaltung einzelner Staaten
Betrachtet man allein das Beispiel der U.S.-amerikanischen im Vergleich zur schweizerischen oder deutschen Haltung, so zeigt sich, daß von einer einheitlichen Praxis oder einem allgemeinen Konsens zur Postzustellung keine Rede sein kann. Außerhalb des HZustÜbk. halten U.S.-Gerichte sie immer dann für unbedenklich, wenn sie ohne Z w a n g s a n d r o h u n g 2 5 4 (subpoena order) erfolgt 2 5 5 . Die Zulässigkeit von Direktzustellungen ins Ausland ist denn auch in Fed.R.Civ.P. 4 ( i ) ( l ) ( D ) 2 5 6 ausdrücklich festgeschrieben, wovon in der Praxis durchaus Gebrauch gemacht wird. Dagegen nehmen die Schweiz 25 ? und die Bundesrepublik 258 einen weitaus engeren Standpunkt ein. Sie halten Direktzustellungen auf dem Postweg vorbehaltlich ihrer ausdrücklichen oder stillschweigenden Gestattung durch den Adressatenstaat generell für völ253 So etwa Geirrter, ebenso Schmitz, S. 170 f.
IZPR, Rz. 417 ff. (S. 89 f.); Voll kommer, ZZP 80 (1967), 248 ff. (248);
254 Zur Unzulässigkeit im Falle der Zwangsandrohung: Federal Trade Commission ν. Compagnie de Saint Gobain-Pont à Mousson, 636 F. 2d 1300 (1980). 2 5 5
Stürner, FS Nagel, S. 446 ff. (454) m.w.N.; ders., Justizkonflikt, S. 21 f.; Vollkommen ZZP 80 (1967), 248 ff. (268); Junker, IPrax 1986,197 ff. (203 f.); Siegrist, S. 177. 25 6 Dazu Kochinke/Horlick, RIW/AWD 1982, 79 ff.; K.P. Mössle, S. 233 f. 25 7 Die schweizerischen Behörden haben in konstanter Praxis gegenüber einer Reihe von Ländern gegen jede bekanntgewordene Postzustellung gerichtlicher Akte Widerspruch erhoben (Müller/Wildhaber, S. 283 f.). Vgl. Gutachten der eidgen. Polizeiabteilung, VEB 26 (1956), Nr. 15. S. auch Volken, ZBJV 1982, 441 ff. (451 ff.); Guldener, IZPR, S. 26. 258 Actes et Documents der 14. Session der Haager Konferenz 1965 ΙΠ, S. 126 (observations des gouvernements: Allemagne); Mitteilung im schweizerischen Bundesblatt 19111, S. 450; BGHZ 78, 178 ff. (179); Stürner, FS Nagel, S. 446 ff. (458). 6 Mössle
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
kerrechtswidrig. Auch innerhalb Europas führt die Zustellungspraxis im Auslandsverkehr zunehmend zu Divergenzen. So hat in jüngerer Zeit der E u G H 2 5 9 im sog. "Farbstoffe-Fall" ein kontroverses Urteil gefällt, in der es der EGKommission die Befugnis zugesteht, die Firma Geigy in Basel durch eingeschriebenen Brief von gegen sie vorliegenden Beschwerdepunkten zu informieren. Die Mitteilung sei wirksam, obwohl die Schweiz erklärtermaßen nicht bereit war260, sie auf ihrem Staatsgebiet zu dulden. Und schließlich bestehen sogar zwischen Staaten, die im Ausgangspunkt dieselbe Haltung zur völkerrechtlichen Problematik der Postzustellung einnehmen, erhebliche Unterschiede bei der praktischen Umsetzung. Während die Schweiz konsequent keinerlei Auslandszustellungen in ihr Staatsgebiet oder aus der Schweiz heraus zuläßt 2 6 1 , werden im deutschen Recht mit der Zustellung durch Aufgabe zur Post gewisse Aufweichungen sichtbarg 262 . Die geltende Staatenpraxis spricht nach alledem gegen das Bestehen eines speziellen völkergewohnheitsrechtlichen Verbots direkter Postzustellungen wie auch gegen die Existenz eines (speziellen) Erlaubnissatzes. b) Bedeutung der Haager Abkommen für die völkerrechtliche Beurteilung direkter Auslandszustellungen Ein Indiz für die völkergewohnheitsrechtliche Anerkennung direkter Postzustellungen scheint demgegenüber Schack 2 6 3 in der Tatsache zu sehen, daß auch Staaten, die die Direktzustellung als souveränitätsverletzend empfinden, vielfach den Haager Abkommen beigetreten sind. Offenbar sieht er im Beitritt eine Billigung der in den Abkommen geregelten Möglichkeit der Postzustellung, die 2 5 9 EUGH 18 (1972), 787 ff. (825 f.): "Den Akten ist zu entnehmen, daß die Behörden des vorliegend beteiligten Drittstaates (Schweiz) gegenwärtig keine praktikable Möglichkeit der Zustellung auf dem Hoheitgebiet dieses Staates anerkennen, die sie nach innerstaatlichem Recht als wirksam ansehen. Der Gemeinschaft kann daher nicht unter Berufung auf das Völkerrecht die Befugnis abgesprochen werden, das Erforderliche zu tun, um die Wirksamkeit ihrer Maßnahme... auch dann zu gewährleisten, wenn der Urheber dieser Handlungen seinen Sitz in einem Drittstaat hat." Dazu Mann, FS Mosler, S. 529 ff. (531), Fußn. 5; Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 249. 260 Freilich hat die EG-Kommission im Anschluß an den Protest der Schweiz hier offenbar weitere Direktzustellungen in die Schweiz unterlassen: A B L 1969 L 195, S. 11. Dazu Schmitz, S. 19, Fußn. 36.
261 Eine einzige Ausnahme gibt es freilich auch hier: Im Jahre 1961 kamen die Schweiz und die Bundesrepublik überein, daß Schriftstücke betreffend das deutsch-schweizerische Doppelbesteuerungsabkommen direkt auf dem Postwege zugesandt werden dürfen, (vgl. Grémaud , Kolloquium Rechtshilfe, S. 199). Hier besteht aber eine ausdrückliche bitaterale Vereinbarung, die an der Grundhaltung der Schweiz nichts ändert. 2 6 2 Dazu unten S. 226 ff. 263 R p f l . 1 9 8 0 . 175 ff. (176).
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsukunden
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über den staatsvertraglichen Anwendungsbereich und über die staatsvertraglichen Grenzen der Postzustellung hinausgeht Richtig ist daran, daß der Abschluß eines völkerrechtlichen Vertrages oder der Beitritt zu einem solchen auf eine bestehende Praxis oder staatliche Überzeugung und folglich auf die Existenz entsprechenden Völkergewohnheitsrechts hinweisen k a n n 2 6 4 . Was die Haager Abkommen angeht, kann dies indes nicht zutreffen. Gerade der Beitritt von Staaten wie der Bundesrepublik oder der Schweiz, die sich der Direktzustellung widersetzen, wurde allein deswegen möglich, weil die Abkommen die Zustellung auf dem Postweg ausdrücklich und unmißverständlich unter den Vorbehalt eines Widerspruches stellen 2 6 5 . Dies sowie der große Umfang, in dem die Mitgliedstaaten vom Vorbehalt Gebrauch gemacht haben, zeigt, daß es sowohl einer staatsvertraglichen Anerkennung und erst recht an einem Indiz dafür fehlt, daß der Postweg allgemein geduldet ist. c) Ergebnis Die vorstehenden Ausführungen genügen, um das Bestehen eines speziellen Satzes des Völkergewohnheitsrechts betreffend Direktzustellungen verneinen zu können. Weder in positiver noch in negativer, d.h. weder als Verbots- noch als Erlaubnissatz, ist ein solcher im geltenden Völkergewohnheitsrecht derzeit nachweisbar 266 . Doch ist es überhaupt richtig, bei der Suche nach einem speziellen völkerrechtlichen Satz anzusetzen? Gibt nicht der klassische Inhalt des Souveränitätsgrundsatzes selbst - anders als bei der oben behandelten Jurisdiktionsproblematik - klare Auskunft über die völkerrechtliche Zulässigkeit direkter Auslandszustellungen?
2 6 4
Ferrari Bravo, Recueü des Cours 1985 ΠΙ (192), S. 233 ff. (275 ff.); Akehurst, S. 25. S. die Stellungnahme der deutschen Verteter in den Actes et Documents der 10. Session 1965ΙΠ, S. 125. 266 So auch Geimer, IZPR, Rz. 417 (S. 89), 2 6 5
6*
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
2. Klassische Aussage des völkerrechtlichen Souveränitätsgrundsatzes und direkte Auslandszustellungen a) Allgemeine Erwägungen Unbestrittenermaßen besagt der Souveränitätsgrundsatz, daß jeder Staat innerhalb seines eigenen Staatsgebiets die ausschließliche räumliche Zuständigkeit zur Ausübung von Hoheitsgewalt hat Seine Bedeutung ist eindeutig für tatsächliche Hoheitsakte, also Akte der "enforcement jurisdiction 26 ?". sie dürfen nur im eigenen Staatsgebiet gesetzt werden. In einem fremden räumlichen Zuständigkeitsbereich sind sie dagegen rechtlich nur möglich, wenn der betroffene Staat sie duldet oder seine Zuständigkeit (Souveränität) völkervertraglich eingeschränkt hat. "Die Problematik der Anwendungsfalle läßt sich daher...auf die Tatfrage reduzieren, ob der Staat, der die Gebietshoheit ausübt, ein bestimmtes Verhalten stillschweigend duldet oder nicht" 2 6 8 . Dabei ist grundsätzlich irrelevant, ob der eingreifende Staat in spiegelbildlichen Fällen Eingriffe auf sein Territorium großzügiger dulden oder sich gar nicht erst in seiner Souveränität berührt fühlen würde. Allein die faktische Hinnahme durch den betroffenen Auslandsstaat ist entscheidend. Das Verfahren der Zustellung einschließlich der Zustellung durch die Post beinhaltet nun zweifellos die tatsächliche Ausübung von Hoheitsgewalt. Daher liegt die direkte Anwendung des (klassischen) Souveränitätsgrundsatzes sehr nahe. Gewiß weist die Zustellung durch die Post gegenüber förmlichen Zustellungen die Besonderheit auf, daß sich die "Tathandlung" des (eingreifenden) Absendestaates auf die im Inland vollzogene Übergabe des Schriftstücks an die Post beschränkt; nur die Wirksamkeit tritt "tatsächlich" erst auf fremdem Boden, nämlich in dem Moment ein, in dem das Schriftstück mit seiner Aushändigung durch die ausländischen Postbehörden zugeht 2 6 9 . Dies ist wohl der Grund dafür, warum in der Literatur oft nicht versucht wird, das völkerrechtliche Problem postalischer Direktzustellungen statt auf dem unter 1. dargestellten Wege direkt mit Hilfe des allgemeinen Souveränitätsgrundsatzes zu lösen. Doch rechtfertigt sich m.E. eine von sonstigen tatsächlichen Übergriffen staatlicher Hoheitsgewalt abweichende völkerrechtliche Beurteilung nicht. Der Zustellungsakt vollendet sich erst im Ausland; damit wirkt auch die hoheitliche Handlung, die in der Inlandsabsendung oder richtiger: in der gesamten Zustellung liegt, noch im Ausland fort. Die Übergabe des Schriftstücks stellt - obwohl sie durch Auslandspostbehörden durchgeführt wird - einen Hoheitsakt des 267 Vgl. schon oben S. 25 ff. und die Hinweise dort. 268 Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 16. 2
6 9 Vgl. Stein/Jonas-Sc/iM/nann, § 195, Rz. 1.
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsurkunden
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Absendestaates im Ausland d a r 2 7 0 . Anschaulich wird dies anhand einer Parallele zur strafrechtlichen Problematik der mittelbaren Täterschaft (Art. 25 Abs. 1, 2. Alt. des deutschen StGB): Auch dort gilt als Täter nicht das Werkzeug, das die Tat ausführt, sondern in erster Linie der lenkende Hintermann, der die Fäden in der Hand hat Eine Übertragung auf die Problematik der Postzustellung würde ergeben, daß die ausländischen Postbehörden hier als "Werkzeuge" benutzt werden; Urheber und damit "Täter" der Übergabe auf fremdem Staatsgebiet ist der die Zustellung betreibende H o h e i t s t r ä g e r 2 7 i . b) Schutzfunktion
des Souveränitätsgrundsatzes
Zu gleichen Ergebnissen führen teleologische Überlegungen, die für die völkerrechtliche Beurteilung nicht bei der tatsächlichen Seite ansetzen, sondern beim Schutzgedanken gegenüber dem einzelnen B ü r g e r t Insbesondere Stürn e r 2 7 3 hat sich mit der Frage befaßt, inwieweit der Souveränitätsgrundsatz neben seiner Funktion, die Zuständigkeitsbereiche der Staaten untereinander abzugrenzen, auch den Bürger vor Übergriffen eines ihm fremden Rechts bewahren will. Anhand der Direktzustellung belegt er, daß eine objektive - wenn auch nicht notwendigerweise ein subjektives Recht gewährende - Schutzfunktion des Souveränitätsgrundsatzes zugunsten des einzelnen in der Tat besteht. Sprachliche Verständigungsprobleme, schlechte Übersetzungen und fehlende Kenntnisse im fremden Recht führen leicht zu Mißverständnissen, die dem Empfänger eines Schreibens die Chance rechtzeitiger und effektiver Abwehr ausländischer Verfahren nehmen können. Das Beispiel der Drittschuldneranzeige bei der Forderungspfändung ist bezeichnend: Das mangelnde Verständnis der vom Ausland kommenden Anzeige kann dazu führen, daß der Drittschuldner weder dem Drittschuldnerbefehl Folge leistet noch sich zur Wehr setzt. Damit kann er in die Gefahr doppelter Inanspruchnahme für ein und dieselbe Forderung kommen. 270 Vgl. für die Zustellung gem. § 193 ZPO: Stemßonas-Schumann, § 195 I, Rz. 1: "Der Postbeamte tritt für den Akt der Zustellung an die Stelle des Gerichtsvollziehers." Dies ist wohl auch mit dem häufig gegen die Zulässigkeit von direkten Postzustellungen ins Ausland angeführten Argument gemeint, ein Staat dürfe sich nicht unbefugteimaßen fremder Zustellungsorgane bedienen. So etwa Siegrist, S. 173; Mann, Recueil des Cours 19641, 1 ff. (134). 271 So wohl auch Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 16. 272 K.P. Mössle spricht hier vom materiellen im Gegensatz zum formalen Aspekt des Souveränitätsgrundsatzes. Während der formale Begriff das Vorhandensein eines Inlandsbezugs fordere, stelle der materielle Begriff darauf ab, ob durch die extraterritoriale Anwendung einer Inlandsregelung inländische Interesse gefördert bzw. (überwiegende) ausländische Interessen verletzt werden. 273 FS Nagel, S. 446 ff. (453). Ahnlich auch die deutsche Stellungnahme bei der Sitzung der Haager Konferenz im Jahre 1964, Actes et Documents 1964 ΠΙ, 82 Schlosser, FS Nagel, S. 683 ff. (688); Stadler, S. 284. Ablehnend Schumacher, IPrax 1965,265 ff. (268).
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
Das Verbot der direkten Zustellung ins Ausland bewirkt demgegenüber, daß juristische Urkunden nur mit Einverständnis des Empfängerstaates und unter dessen Kontrolle zugestellt werden können2?*. Dabei hat der Zustellungsstaat die Möglichkeit, Schutzmechanismen für den Empfanger zwischenzuschalten. Er kann etwa die Lieferung einer verständlichen Übersetzung oder ausreichende Rechtsbelehrungen zur Auflage machen, wie dies in den beiden Haager Abkommen geschehen i s t 2 7 5 . Die Zulassung direkter Auslandszustellungen unmittelbar auf dem Postwege würde dem ausländischen Zustellungsempfänger dieses "Schutzschild" nehmen. Auch darum sollte man die Möglichkeit einer Direktzustellung ins Ausland grundsätzlich nicht anerkennen. Freilich treffen diese Erwägungen der Sache nach nicht nur für die Postzustellung zu. Sie ebenso für öffentliche Zustellungen oder für Zustellungen durch Übergabe eines für eine Auslandsgesellschaft bestimmten Schreibens an ihre inländische Tochtergesellschaft Gültigkeit. Für diese Formen fiktiver Inlandszustellungen ist man sich aber weitgehend einig, daß zwar möglicherweise staatsvertragliche, nicht aber Schranken aus dem allgemeinen Völkerrecht bestehen, denn ein tatsächlicher Akt im Ausland wird gerade nicht gesetzt. Für sich alleine können teleologische Erwägungen im Hinblick auf den erstrebten Schutz des Zustellungsempfängers daher die Völkerrechtswidrigkeit direkter Auslandszustellungen nicht begründen; allenfalls mögen sie die ablehnende Haltung eines betroffenen Staates wie der Bundesrepublik sachlich begründen und rechtfertigen. Jedenfalls dann, wenn wie hier auch ein tatsächlicher Hoheitsakt im Ausland nachgewiesen ist, lassen sie sich indessen ohne weiteres als zusätzliche Stütze der vorrangig an tatsächlichen Gegebenheiten orientierten Argumentation heranziehen. Beide Argumentationsansätze führen folglich zu dem Ergebnis, daß die formlose, direkte Postzustellung - wie jede Form tatsächlicher Ausübung von Hoheitsgewalt auf fremdem Boden - nur dann völkerrechtlich zulässig sein kann, wenn der betroffene Auslandsstaat darin eingewilligt hat. Der Nachweis eines besonderen, speziell die Zustel-
274 Denkschrift zur HZustÜbk., BTDrucks. 8/217, 38 ff. (46). 2 7 5 Besonders relevant wird diese Schutzfunktion dann, wenn ein Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen Anwendung findet, das - wie das EuGVÜ - vom Grundsatz der automatischen Urteilsanerkennung ausgeht. Hier kann die Auflage, insbesondere verfahrenseinleitende Schriftstücke nur unter Beilegung einer Übersetzung zuzustellen, das rechtliche Gehör des (inländischen) Adressaten gewährleisten. Ob die Aneikennung bei Fehlen einer geforderten und staatsvertraglich abgesicherten Übersetzung im Rahmen des EuGVÜ gem. Art. 27 Nr. 2 verweigert werden kann, ist streitig. In diesem Sinne OLG Koblenz, R I W / A W D 1988, 476 ff. und OLG Hamm, BB 1988, 131 ff. Dagegen Mezger, R I W / A W D 1988, 477 ff. Der BGH hat diese Frage jüngst dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH W M 1988, 1208 ff. und W M 1988,1617 ff. (zu Art. 27 EuGVÜ a.F.)).
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsukunden
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lungsproblematik betreffenden Satzes des Völkergewohnheitsrechts ist für die Begründung dieses Ergebnisses nicht e r f o r d e r l i c h ^ c) Noch einmal: Bestehende Staatenpraxis Obwohl das gefundene Ergebnis bei weitem nicht als allgemein anerkannt bezeichnet werden kann, findet es in der Staatenpraxis doch gerade auch durch diejenigen Staaten gewisse Bestätigung, die gegen die Durchführung direkter Postzustellungen grundsätzlich keine völkerrechtlichen Bedenken haben. Die "offeneren" Souveränitätsverständnisse jener Staaten werden nämlich kaum je mit voller Vehemenz in die Tat umgesetzt; vielmehr findet ein erklärter ausländischer Widerspruch - jedenfalls in beschränktem Maße - auch durch sie Berücksichtigung. Während die Vorinstanz noch der Ansicht war, die direkte Zustellung U.S.-amerikanischer Urkunden sei unbeschränkt auch ins Ausland m ö g l i c h 2 7 7 i entschied etwa mit dem Urteil in Sachen Federai Trade Commission v. Compagnie de Saint Gobain-Pont à M o u s s o n 2 7 8 erstmals ein amerikanisches Gericht, daß die postalische Zustellung hoheitlicher Akte dann auf völkerrechtliche Grenzen stoße, wenn sie mit einer Zwangsandrohung verbunden s e i 2 7 9 Die Zustellung sei in diesem Falle - anders als die "einfache" Zustellung - der "jurisdiction to enforce" zuzuordnen und damit gegen den Willen des be276 Wohl h.M.: Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 16; Mann, Recueil des Cours 1964 I (111), S. 1 ff. (132); ders., FS Mosler, S. 529 ff. (530); Verdross! Simma, S. 277 (§ 456); Dahm, Völkerrecht I, S. 251; MüllerIWildhaber, S. 283; Brownlie, S. 307; Schmitz, S. 160 ff.; Nagel, IZPR, Rz. 481 (S. 195); ders., Rechtshilfe, S. 45; Schlemmer, S. 41; Guldener, IZPR, S. 26; Levy, Kolloquium Rechtshilfe, S. 529 ff. (591); Vogel, S. 346 f.; Siegrist, S. 174 (mit umfangreichen Belegen aus der Praxis); Stürner, FS Nagel, S. 446 ff. (458 ff.); HauserITobler, TL 1987, 353 ff, (355); Mülhausen, W M 1986, 957 ff. (959); wohl auch Schlosser, FS Nagel, S. 683 ff. (685); Deutsche Denkschrift zum HZustÜbk., BTDmcks.8/217,38 ff. (46), auch abgedruckt in Wieczorek V, Rz. 6 Π Ι 2 (S. 709). Aus der Rechtsprechung: BVerfGE 64, 343 ff. (372); BGHZ 58, 177 ff. = NJW 1978, 1004; BGE 103 ΙΠ, 1 ff. (4); 96 DI, 62 ff. (65). Für Österreich: Erläuterungen zum Entwurf des Zustellgesetzes ÖZÖffRVR 31 (1980), 328 ff. 277 493 F.Supp. 286 (United States District Court for the District of Columbia). 278 636 F. 2d 1300 (1980). Dazu Mann, FS Mosler, S. 529 ff. (531), Fußn. 5; Stürner, Z V R W 81 (1982), 160 ff. (178 ff.); Schlosser, Justizkonflikt, S. 23. Für Zustellungen im Rahmen eines Zivilprozesses ergibt sich der Ausschluß von Zustellungen unter subpoena order auch aus der Systematik des Bundeszivilprozeßrechts: Während Rule 4 (i)(l)(D) die Direktzustellung ausdrücklich zuläßt, erwähnt Rule 45 (c), die sich speziell mit der subpoena order befaßt, diese Möglichkeit nicht. Vgl. dazu S. 1914 f. der Entscheidung m.w. Nachw.: Rule 4 (i) mit ihrer Vielzahl von Möglichkeiten der Zustellung an Auslandspersonen wird hier damit erklärt, daß den Gerichten große Flexibilität bei der Zustellung zugebilligt werden sollte, damit sie im Einzelfall gerade auf fremde Souveränität Rücksicht nehmen können. 279 Vgl. auch die jüngere Entscheidung in Sachen Commodity Futures Commission v.Nahas, 738 F.2d.487 (1984)
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
troffenen Staates außerhalb der Vereinigten Staaten nicht möglich. Dabei spielte ganz offenbar die Tatsache eine Rolle, daß die französische Regierung gegen die direkte Zustellung Protest erhoben hatte 2 8 0 . Bereits 19 Jahre vorher hatte auch das U.S.-State Department in einem aide-mémoire vom 28.11.1961 281 auf einen Protest der Schweiz 2 8 2 hin zugesagt, das Verbot der direkten Postzustellung in die Schweiz zu befolgen. Warum postalische Auslandszustellungen, die unter "subpoena order" erfolgen, tatsächliche Eingriffe in fremdes Hoheitsgebiet sein sollen, nicht aber einfache Zustellungen ohne Zwangsandrohung, läßt sich schlechterdings nicht begründen. In beiden Fällen rührt das Schriftstück von einem staatlichen Hoheitsträger her; nur sein Inhalt differiert. Die Haltung des U.S.-Behörden ist daher allenthalber mit der Überlegung erklärbar, daß gewöhnliche Zustellungen ohne Zwangsandrohung als allgemein und stillschweigend geduldet angesehen werden. Dies würde dem eben gefundenen Ergebnis, wonach grundsätzlich jede Postzustellung durch staatliche Hoheitsträger der Duldung durch den Empfängerstaat bedarf, um völkerrechtsgemäß zu sein, zumindest im Ansatz entsprechen. In letzter Konsequenz müßte es freilich dazu führen, daß der ausdückliche Protest eines Zustellungsstaates die Annahme einer stillschweigenden Duldung auch einfacher Zustellungen widerlegen könnte. Sie müßte folglich unterbleiben, eine Konsequenz, die in den U.S.A. bislang nicht gezogen wird. Festzuhalten bleibt aber, daß die ablehnende Haltung betroffener Staaten gegenüber U.S.-amerikanischen Direktzustellungen einen gewissen Einfluß gezeitigt hat, daß sie also - im Unterschied zu anderen Rechtsgebieten wie dem internationalen Beweisrecht 283 - nicht völlig übergangen wird. Der Charakter der Postzustellung als tatsächliche und damit verbotene Ausübung von Hoheitsgewalt auf fremdem Boden wird zumindest im beschränktem Maße, nämlich für Zustellungen unter "subpoena order", anerkannt. Daß die Bereitschaft zur Berücksichtigung ausländischer Abwehrhaltungen noch weiter gehen kann, zeigt die Tatsache, daß die U.S.A. dem HZustÜbk. beigetreten sind und seiter das dort geregelte Verbot der Durchführung solcher Postzustellungen für das Gebiet der "Zivil- und Handelssachen" weitgehend respektieren. Dies freilich vorerst nur als staatsvertragliches, nicht aber als allgemeines Verbot des Völkergewohnheitsrechts.
2 8 0 Mann, FS Mosler, S. 529 ff. (531), Fußn. 5. Der Text der Protestnote ist in 636 F. 2d 1300 (1980) auf S. 1306 (Fußn. 18) abgedruckt. 28 1 Aide-mémoire des Department of State an die schweizerische Botschaft in Washington D.C. vom 28. 11. 1961, A . J i n t l L. 56 (1962), 794. 282 Aide-mémoire der schweizerischen Botschaft in Washington D.C. an das Department of State vom 16. 11. 1961, A J . I n t l L . 56 (1962), 794. 2 8 3 Dazu schon oben S. 78 f. und die Nachw. in Fußn. 246.
§ 3 Die Zustellung der Pfändung surkunden
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Im Anschluß an die eben getroffenen Feststellungen soll nun noch einmal kurz auf den unter 1. dargestellten Ansatz mit der Suche nach einem speziellen, die Postzustellung betreffenden Satz des Völkergewohnheitsrechts zurückgekommen werden. Dieser Ansatz könnte u.U. doch noch zu positiven Ergebnissen führen, wenn man eine allgemeine Praxis, die spezielles Völkergewohnheitsiecht begründen kann, nicht in der gesetzlich niedergelegten oder sonst zum Ausdruck gebrachten Grundhaltung einzelner Staaten zur direkten Postzustellung suchte, sondern in der tatsächlichen Umsetzung gegenüber Staaten mit strengerem Souveränitätsverständnis, insbesondere also über einen erklärten Widerspruch hinweg. Hier könnte man eventuell zu der Schlußfolgerung kommen, daß eine einheitliche Praxis besteht, wonach ein staatlicher Widerspruch zumindest in begrenztem Umfang beim Absendestaat Berücksichtigung findet. Schwieriger dürfte angesichts der unterschiedlichen Grundhaltungen der Nachweis einer allgemeinen Überzeugung von der rechtlichen Verbindlichkeit solcher Rücksichtnahme sein. Doch brauchen diese Überlegungen nicht weiter vertieft zu werden. Da nach der hier vertretenen Auffassung schon der allgemeine Souveränitätsgrundsatz die Direktzustellung im Ausland verbietet, könnte der Nachweis eines entsprechenden, speziellen Satzes des Völkergewohnheitsrechts dieses Ergebnis nur noch zusätzlich untermauern; ändern würde es an der völkerrechtlichen Beurteilung nichts. 3. Völkerrechtliche Pflicht zur Duldung direkter Postzustellungen durch den Empfangerstaat? Einen eigenwilligen, mit den eben gefundenen Ergebnissen nur im Ausgangspunkt, nicht aber in den rechtlichen Konsequenzen übereinstimmenden Standpunkt zur völkerrechtlichen Problematik der Direktzustellung nimmt schließlich N a g e l 2 8 4 ein: Im Unterschied zu dem unter 1. dargestellten Ansatz und entsprechend der hier vertretenen Auffassung anerkennt er zwar den souveränitätsberührenden Charakter direkter Auslandszustellungen. Seiner Ansicht nach existiert aber ein völkerrechtlicher Satz, wonach Direktzustellungen durch die Post im zwischenstaatlichen Verkehr als obligate Form der Rechtshilfe zu dulden seien. Damit kommt er zu dem Ergebnis, daß sie immer geduldet und folglich völkerrechtlich zulässig seien. Die für die Begründung eines solchen Satzes des Völkerrechts erforderliche Staatenpraxis sieht er in international nicht angefochtenen Regelungen wie § 175 der deutschen ZPO (Zustel2 8 4
Die Friedenswarte 59 (1976), 249 ff.; ders., IZPR, Rz. 491 ff. (S. 195 f.); ders., Thesaurus acroasium I V , S. 469 ff. (481 ff.). Dazu Schmitz, S. 162 ff. Ähnlich auch Pfennig, S. 32 ff.
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
lung durch Aufgabe zur Post), Art. 683 ff. des französischen anc.C.proc.civ. (Zustellung durch remise au parquet) sowie § 189 ZPO der ehemaligen DDR. Nagel zufolge setzen sie sämtlich die Zulässigkeit direkter postalischer Zustellungen bzw. deren Duldung voraus. Von allgemeiner Überzeugung soll diese "Praxis" deshalb getragen sein, weil ein allgemeiner Konsens bestehe, wonach internationale Rechtshilfe, also auch die Duldung von Zustellungen, unentbehrlich sei für ein geordnetes und faires Zivilverfahren mit zwischenstaatlichem Bezug. Eine umfassende völkerrechtliche Pflicht zur Rechtshilfe über die Duldung von Postzustellungen hinaus sei trotz dieser allgemeinen Überzeugung nur deswegen (noch) nicht entstanden, weil aktive Rechtshilfe in der Praxis grundsätzlich nur geleistet werde, wenn Gegenseitigkeit gewährleistet sei. Das Gegenseitigkeitspostulat falle bei der bloßen (passiven) Duldung weg. Hier habe sich daher eine völkergewohnheitsrechtliche Verpflichtung entwickeln können. Bei seiner Argumentation übersieht Nagel m.E. folgenden, entscheidenden Punkt: Obwohl zugegebenermaßen alle von ihm genannten Vorschriften die Direktübersendung einer Urkunde im Ausland voraussetzen, fingieren doch zumindest § 175 ZPO und Art. 683 ff. anc.C.proc.civ. das Vorliegen einer Inlandszustellung. Anders als bei der Zustellung durch die Post tritt bei ihnen die Wirksamkeit schon vor Zugang des Schreibens, d.h. noch im Inland ein. Dies erklärtermaßen deshalb, um die völkerrechtlich bedenkliche Direktzustellung gerade zu v e r m e i d e n ^ . Wenn die angeführten Zustellungsformen geduldet werden, so ebenfalls häufig mit der Begründung, daß fingierte Inlandszustellungen eben keine Auslandszustellungen darstellen 286 , während umgekehrt ("echte") postalische Zustellungen im Ausland Protest hervorrufen würden. Es läßt sich zwar trefflich darüber streiten, ob im Falle des § 175 ZPO und bei der remise au parquet die Abgrenzung zu "echten" Auslandszustellungen überzeugend ist oder ob es sich hier nicht vielmehr um eine unzulässige Umgehung völkerrechtlicher Schranken handelt 2 8 7 . Jedenfalls aber belegen die Anstrengungen, die unternommen worden sind, um das Erfordernis einer Auslandszustellung zu vermeiden, daß von einer allgemeinen Überzeugung, wonach Direktzustellungen allgemein zu dulden seien, keine Rede sein kann. Auch die von Nagel selbst vorgenommene Qualifizierung der "Duldung" als Form der Rechtshilfe spricht gegen die Annahme einer entsprechenden völkerrechtlichen Pflicht. Internationale Rechtshilfe wird allgemein nur als Akt der
285 Vgl. etwa Stein/Jonas-Schumann, § 175 ΠΙ, Rz. 9; Geimer, NJW 1972, 1624; Bökelmann, JR 1972, 425. 286 BGE 105 Ib, 45 ff. (48); 102 Ia 308 ff. (315); 971250 ff. (254); 961396 ff.(398). 287 Dazu unten S. 148 ff. und 197 ff.
§ 3 Die Zustellung der Pfändungsurkunden
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"courtoisie internationale" geleistet^. Regeln der "courtoisie" sind im Gegensatz zu den allgemeinen Sätzen des Völkerrechts unverbindlich; allenfalls können sie sich bei eintretender Bewußtseinsänderung im Laufe der Zeit zu bindendem Völkerrecht entwickeln 2 ^. Das scheint bislang - jedenfalls außerhalb bestehender Rechtshilfeabkommen - im Bereich der internationalen Rechtshilfe nicht der Fall zu s e i n 2 9 0 . Warum bei der bloßen Duldung etwas anderes gelten soll, läßt sich kaum schlüssig begründen. Die Duldung stellt im Vergleich zur "aktiven" Rechtshilfe sogar ein "Mehr", eine Steigerung dar: Während ein Staat bei der Gewährung "aktiver" Rechtshilfe die Möglichkeit hat, den Auslandszustellungsverkehr zu kontrollieren, besteht diese Möglichkeit bei der bloßen Duldung von Zustellungsakten nicht^i. Ist daher schon die allgemeine Überzeugung von der völkerrechtlichen Pflicht, "positive" Rechtshilfe zu leisten, äußerst fraglich, so erst recht ein allgemeiner Konsens bezüglich einer Duldungspflicht fremder Direktzustellungen auf eigenem Territorium. Die Argumentation Nagels mit der - bei der Duldung angeblich fehlenden - Voraussetzung der Gegenseitigkeitgewährleistung trägt nicht. Die zumindest vorgestellte Gegenseitigkeitsgewähr ist immer die logische Konsequenz eines Völkergewohnheitsrecht begründenden Bewußt-seins 292 . Es ist selbstverständlich, daß die Vorstellung von der Rechtsverbindlichkeit eines Satzes mit der Vorstellung seiner allgemeinen Anwendung einhergeht. Würde sie bei der bloßen Duldung fehlen, was hier nicht weiter untersucht werden soll, müßte eine völkergewohnheitsrechtliche Duldungspflicht folglich schon aus logischen Gründen ausscheiden. Daraus erhellt, daß sich eine völkerrechtliche Pflicht zur Duldung direkter Auslandszustellungen nicht überzeugend begründen läßt. Es bleibt damit bei dem oben gefundenen Ergebnis, daß direkte Auslandszustellungen vorbehaltlich anderslautender staatsvertraglicher Regelungen nur dann völkerrechtlich zulässig sind, wenn sie vom betroffenen Staat (freiwillig) geduldet werden.
2 « 8 Verdross/ Simma, S. 636 (§ 1029); Dahm, Völkerrecht I, S. 32 f. und 275; Rudolf, DGVR 11, S. 82 ff.; Geiger, Encycl. of Pubi. Int. Law, S. 242; Nußbaum, Grundzüge, S. 212; Chatin, Rev.crit.dr.int.pr. 1977, 610 ff. (622); Huet, Juriscl.dr.int., Fase. 583, n. 38; Schmitz, S. 163. 2 8 9 Verdrosst Simma, S. 6 (§ 3) und S. 367 (§ 582). Dies anerkennt auch Nagel selbst für andere Formen der Rechtshilfeleistung (Rechtshilfe, S. 71 f.) 2 9 0 Dahm, Völkerrecht I, S. 262. 2
9 1 Wieczorek-Schütze, Anm. CIII2 (zu Art. 10 HZustÜbk.). 292 Simma, Reziprozitätselement, S. 53.
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1. Kap.: Völkerrechtliche Grundsätze
§ 4 Zusammenfassung Die Ergebnisse der vorangegangenen völkerrechtlichen Ausführungen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Der Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses unterliegt geringen völkerrechtlichen Beschränkungen. Erforderlich ist lediglich die Nachweisbarkeit gewisser Minimalbeziehungen zum Pfändungsstaat. Jedenfalls ausreichend ist es, wenn die Forderung selbst irgendwelche Inlandsbezüge aufweist, an die freilich keine hohen Anforderungen zu stellen sind. Völkerrechtliche Beschränkungen ergeben sich dagegen nicht schon aus einer - wie auch immer gefundenen - Lokalisierung der Forderung im Ausland. Für die Zustellung der Pfändungsurkunden ins Ausland besteht ein völkerrechtliches Verbot direkter Auslandszustellungen, das unter dem Vorbehalt ihrer Duldung durch den Zustellungsstaat steht. Dieses sowohl auf Völkergewohnheitsrecht als auch auf staatsvertraglichen Regelungen beruhende Verbot betrifft auch die formlose Direktzustellung auf dem Postwege. Die Auslandszustellung der Pfändungsurkunden im Verhältnis der drei hier interessierenden Staaten muß daher regelmäßig auf dem Rechtshilfeweg erfolgen. Eine Ausnahme besteht nur im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Frankreich. Es wurde festgestellt, daß die direkte Postzustellung von der Bundesrepublik nach Frankreich (nicht aber umgekehrt von Frankreich in die Bundesrepublik) durch das HZustÜbk. grundsätzlich zugelassen ist. Ein (möglicher) Widerspruch Frankreichs ist nicht erklärt worden. Zielsetzung der nachfolgenden Kapitel wird es sein, die nationalen Regelungen zur internationalen Forderungspfändung im einzelnen darzustellen und anhand der gefundenen völkerrechtlichen Grundsätze kritisch zu überprüfen.
2. Kapitel: Die internationale Forderungspfändung im deutschen Recht § 1 Der Pfändungsbeschluß - § 828 Abs. 2 ZPO A. Einführung Ausgangspunkt für die Bestimmung der deutschen internationalen Zuständigkeit zum Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses ist § 828 Abs. 2 der deutschen Zivilprozeßordnung. Danach ist das Amtsgericht örtlich zuständig, bei dem der Vollstreckungssschuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ansonsten (also bei Fehlen eines inländischen allgemeinen Gerichtsstands des Vollstreckungsschuldners) das Amtsgericht am Vermögensgerichtsstand. In erster Linie regelt § 828 Abs. 2 ZPO die örtliche Zuständigkeit 1 . Nach allgemeiner Meinung2 indiziert er aber gleichzeitig - wie auch die Gerichtsstandsregeln in §§ 13 ff. ZPO 3 - die internationale Zuständigkeit zur Forderungspfändung. Das ergibt sich beim zweiten Halbsatz des § 828 Abs. 2 ZPO schon daraus, daß dieser ausschließlich internationale Sachverhalte (Auslandswohnsitz des Vollstreckungsschuldners) anspricht; die Norm setzt also das Bestehen internationaler Zuständigkeit logisch voraus 4. Dagegen ist beim ersten Halbsatz des § 828 Abs. 2 ZPO ein Auslandsbezug nicht zwingend. Er mag zwar vorliegen, wenn der Drittschuldner im Ausland wohnt, doch trifft § 828 Abs. 2, 1. Hs. ZPO seine Regelung unabhängig vom in- oder ausländischen Wohnsitz des Drittschuldners. Er betrifft also auch reine Inlandssachverhalte. Gleichwohl ist auch für den zweiten Halbsatz unstreitig, daß er die internationale Zuständigkeit mitregelt. Dies belegt die 1 Thomas/Pw/zö, § 828, Anm. 1 c; Zötter-St ober, § 828, Rz. 2; Stöber, Rz. 446 (S. 199); Baumbach/Lauterbach-ffari/nann, § 828, Anm. 1. 2 Geimer , IZPR, Rz. 1226 (S. 241); Zöller-Stöber , IZPR, Anm.E I X 2; Stein/Jonas-A/ünzfcertf, § 829, Rz. 24; Baumbach/Lauterbach-Zfar/mann, § 828, Anm. 1; Marquardt , S. 12; Schack , Rpfl. 1980,175 ff. (175); Mülhausen, W M 1986, 957 ff. (958) m.w.Nachw. 3 Vgl. dazu Schröder , Int. Zust., S. 84; BGH NJW 1976,1590 f. 4 Aufgrund dieser Tatsache könnte man auch sagen, daß auf die Annahme einer Indizwiikung überhaupt nicht zurückgegriffen werden muß, § 828 Abs. 2, 2.Alt. ZPO vielmehr unmittelbar eine Regelung auch der internationalen Zuständigkeit enthalte (so Kropholler, Int. Zust., S. 314 für § 23 ZPO). Praktisch ändert sich dadurch aber nichts.
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2. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im deutschen Recht
Entstehungsgeschichte der Norm. Bei den Verhandlungen um den Erlaß der ZPO wurde vom Abgeordneten Gaupp der Antrag gestellt, in den Wortlaut des § 829 Abs. 1 ZPO (§ 678 des Entwurfes) einen Zusatz einzufügen, wonach ein Pfändungsbeschluß nur ergehen dürfe, wenn der Drittschuldner in Deutschland zu zahlen verpflichtet sei 5 . Dieser Antrag erfolgte gerade im Hinblick auf Fälle mit ausländischem Drittschuldnerwohnsitz; er sollte bewirken, daß die weite internationale Zuständigkeit, die § 828 Abs. 2 ZPO eröffnet, eingeschränkt wird. Der Antrag und insbesondere die Tatsache, daß ihm nicht stattgegeben wurde, zeigen, daß der Gesetzgeber ganz bewußt auch im ersten Halbsatz eine weite - Regelung zur internationalen Zuständigkeit schaffen wollte 6 . § 828 Abs. 2 ZPO stellt also insgesamt eine internationale Zuständigkeitsnorm dar. Geht man allein vom Gesetzeswortlaut aus, so kommt damit man somit in folgenden Fällen zur internationalen Zuständigkeit deutscher Behörden 7: 1. wenn der Vollstreckungsschuldner im Inland einen allgemeinen Gerichtsstand hat, d.h. i.d.R., wenn er im Inland wohnt (§ 828 Abs. 2,1. Hs. i.V.m. § 13 ff. ZPO), 2. wenn zwar der Vollstreckungsschuldner im Ausland, der Drittschuldner aber im Inland wohnt (§ 828 Abs. 2,2. Alt. i.V.m. § 23 S. 2,1. Hs. ZPO), 3. wenn weder Vollstreckungsschuldner noch Drittschuldner im Inland wohnen, sich aber im Inland körperliche oder unkörperliche Gegenstände befinden, die für die Forderung als Sicherheit haften (z.B. Pfand etc.) (§ 828 Abs. 2, 2. Hs. i.V.m. § 23 S. 2,2. Hs. ZPO), 4. wenn weder Vollstreckungsschuldner noch Drittschuldner im Inland wohnen, der Schuldner aber sonstiges Vermögen im Inland hat, seien es körperliche Gegenstände (§ 828 Abs. 2,2. Hs. i.V.m. § 23 S. 1 ZPO) oder 5. (von der zu pfändenden Forderung zu unterscheidende) Forderungen, deren Schuldner im Inland wohnen bzw. für die inländisches Vermögen zur Sicherheit haftet (§ 828 Abs. 2,2. Hs. i.V.m. § 23 S. 2 ZPO) 8 . Demgegenüber meinen einige Autoren 9, die Verweisung in § 828 Abs. 2 2. Hs. auf § 23 ZPO von vornherein auf Fälle beschränken zu müssen, in denen entweder der Drittschuldner seinen Wohnsitz im Inland hat (§ 23 S. 2 1. Hs.)
5 Hahn, Materialien, S. 847 f. 6 S. dazu auch Marquardt, S. 12; Rosenbaum, S. 10; Schmidt, M D R 56,204 ff. (204). 7 Geirrter, IZPR, Rz. 1227 (S. 242); Schütze, DIZPR, S. 192. 8 Diese letzte Möglichkeit übersieht Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (175 f.). 9 Mülhausen, W M 1986, 957 ff. (959); Stöber, Rz. 451 (S. 200 f.); ähnlich wohl Marquardt, 14 (unklar) und Schumann, FS Uebmann, S. 839 ff. (844).
S.
§ 1 Der Pfändungsbeschluß - § 828 Abs. 2 ZPO
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oder in denen - bei ausländischem Wohnsitz von Drittschuldner und Vollstreckungsschuldner - für die Forderung eine im Inland belegene Sache als Sicherheit haftet (§ 23 S. 2, 2. A l t ZPO). Von den eben genannten Zuständigkeitsgründen würden demnach der vierte und fünfte wegfallen. Die Beschränkung soll sich daraus ergeben, daß § 828 Abs. 2 ZPO nicht allgemein die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Vollstreckungsschuldners zum Gegenstand hat, sondern nur die Zwangsvollstreckung in Forderungen (und andere Vermögensrechte) 10. Diese Schlußfolgerung ist indessen nicht zwingend. Warum sollte die Zuständigkeit gem. § 828 Abs. 2 ZPO nicht daran anknüpfen, daß körperliche Vermögensgegenstände des Vollstreckungsschuldners im Inland liegen? Hier kommen offenbar Bedenken im Hinblick darauf zum Tragen, daß zwischen der Forderung, die gepfändet werden soll, und den Vermögensgegenständen, die die Zuständigkeit zur Pfändung begründen, kein innerer Zusammenhang besteht. Solche Bedenken mögen im Rahmen einer teleologischen oder völkerrechtlichen Überprüfung des vierten und fünften Falls relevant werden; über den eindeutigen Wortlaut des § 828 Abs. 2 ZPO können sie freilich nicht hinweghelfen 11 . Auch die Entstehungsgeschichte der Norm liefert ein überzeugendes Argument gegen die selbstverständliche Einschränkung des Wortlauts von § 828 Abs. 2 Z P O 1 2 : Ein Antrag des Abgeordneten Bähr, eine entsprechende Beschränkung ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut aufzunehmen 13, wurde bei den Verhandlungen über § 828 Abs. 2 ZPO (§ 677 des Entwurfes) abgelehnt. Begründet wurde die Ablehnung damit, daß das Amtsgericht (= Vollstreckungsgericht) ja auch als Prozeßgericht gem. § 23 ZPO hätte tätig werden können. Es unterliege dann keinen Bedenken, ihm auch die Leitung der Zwangsvollstreckung zu übertragen. Daraus ergibt sich, daß § 828 Abs. 2 ZPO bewußt in allen fünf genannten Fällen die deutsche internationale Zuständigkeit eröffnen will; eine Einschränkung kommt nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte nicht in Betracht 14 . Eine andere Frage ist, ob nicht teleologische oder völkerrechtliche Er10 Mülhausen, W M 1986,957 ff. (959). 1 1 So wohl auch Gelmer, IZPR, Rz. 1227 (S. 242); Schütze, DIZPR, S. 192 Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176); Schütze, IZPR, S. 191; ebenso (allerdings etwas unklar) Rosenbaum, S. 10; Schmidt, M D R 56,204 ff. (204). 1 2 Hahn, Materialien, S. 846. 13 Dem Abs. 2, 2. Alt. sollte folgender Zusatz hinzugefügt werden: "bezüglich des in seinem Bezirke befindlichen Vermögens." 1 4 Ebenso RGZ 22, 404 ff. (405): Anknüpfung der Pfändungszuständigkeit an vorübergehende Inlandsbefindlichkeit eines Eisenbahnwagens, der dem VollstreckungsSchuldner gehörte; RG JW 1885, 261 ff.: "Inlandsbelegenheit" einer Forderung des Vollstreckungschuldners gegen einen Vierten (§ 828, 5. Alt. ZPO).
2. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im deutschen Recht
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wägungen zur Beschränkung der deutschen Pfändungskompetenz führen. Vertreten werden solche Beschränkungen einmal für alle Fälle, in denen der Drittschuldner im Ausland wohnt, zum anderen beschränkt auf die in ihrer Reichweite sehr ausgreifenden Fälle vier und fünf. B. Beschränkung von § 828 Abs. 2 ZPO auf Fälle mit inländischem Drittschuldnerwohnsitz /. Entsprechender Rechtsgrundsatz im deutschen Recht? Im Rahmen der völkerrechtlichen Voruntersuchungen dieser Arbeit wurden Meinungen aus der älteren deutschen Literatur zitiert, wonach die in § 23 ZPO fingierte Belegenheit einer Forderung am Drittschuldnerwohnsitz zur Unzulässigkeit der Forderungspfändung führen soll, wenn der Drittschuldner im Ausland wohnt 1 5 . Bestätigung im allgemeinen Völkergewohnheitsrecht fanden diese Auffassungen nicht Theoretisch denkbar ist freilich, in § 23 S. 2 ZPO den Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes des deutschen Rechts zu sehen, wonach Forderungen grundsätzlich am Drittschuldnerwohnsitz belegen und folglich nur im Falle eines inländischen Wohnsitzes des Drittschuldners pfändbar sind. Ein solcher Grundsatz könnte sich als Ausprägung eines über den allgemein anerkannten, völkerrechtlich verbindlichen Inhalt des Souveränitätsbegriffs hinausgehenden deutschen Souveränitätsverständnisses darstellen. Er wäre damit zumindest als nationaler Rechtsgrundsatz verbindlich und könnte demgemäß zur Einschränkung von § 828 Abs. 2 ZPO führen. Ob § 23 ZPO allerdings einen allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Ausdruck bringt, ist mehr als zweifelhaft. Dies wird - insbesondere in der Literatur zum Enteignungsrecht - zwar häufig behauptet 16 . Dabei stehen aber vielfach funktionale Erwägungen im Hinblick auf die bessere Durchsetzbarkeit einer Pfandungs- bzw. Enteignungsmaßnahme am Drittschuldnerwohnsitz im Vordergrund 1 7 , die für die Begründung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes nur we-
1 5
Vgl. oben S. 29 und Fußn. 29. !6 So z.B. Schmidt, M D R 1956, 204 ff. (204); Rie zier, IZPR, S. 658; Reichel, S. 298; Staudinger-Großfeld, IntGesR, Rz. 503 m.w.N.; Mü-Ko-Kreuzer, vor Art. 12 EGBGB, Anh. ΙΠ, Rz. 56. Ebenso auch BVerfGE 64, 18; BGHZ 32, 239; RGZ 140, 343; OLG Berlin, JW 1929, 2360. 17 So Mü-Ko -Kreuzer, nach Art. 38 EGBGB, Anh. ΙΠ, Rz. 56; OLG Frankfurt, IPRspr. 196263, Nr. 164; OLG München, IPRspr. 1958-59, Nr. 59. Ebenso (allerdings ohne Zusammenhang mit Art. 23 ZPO: BatiffoHLagarde Π, S. 219.
§ 1 Der Pfändungsbeschluß - § 828 Abs. 2 ZPO
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nig hergeben 18. Umgekehrt spricht gegen die Verallgemeinerungsfähigkeit von § 23 S. 2 ZPO schon sein klarer Wortlaut, der sich ausdrücklich allein auf die Frage der Vermögenszuständigkeit bezieht und im übrigen nur kraft Verweisung - wie etwa im Rahmen von § 828 Abs. 2 ZPO - anwendbar ist 1 9 . Auch die Feststellung, daß andere deutsche Gesetzesvorschriften die Forderungsbelegenheit abweichend von § 23 S. 2 ZPO normieren, bietet hier ein Gegenargument 2 0 . So stellen z.B. § 2369 Abs. 2 S. 2 BGB und § 73 Abs. 3 S. 2 FGG mit Verweis auf § 2369 Abs. 2 BGB für die Belegenheitsbestimmung von Forderungen darauf ab, ob für die Klage auf Erfüllung der Forderung ein deutsches Gericht zuständig ist. Dieselbe Regelung enthielt § 12 Abs.2 2. Hs. VerschG in seiner alten Fassung. Die in den genannten Vorschriften enthaltenen Verweise auf die Gerichtsstandsregeln der ZPO betreffen zwar auch § 23 S. 2 ZPO, was manche dazu verleitet, sie als Argumente für die allgemeine Bedeutung von § 23 ZPO anzuführen 21 . Die Forderung gilt kraft Verweisung daneben aber eben auch dann als in der Bundesrepublik belegen, wenn die Voraussetzungen von §§ 21, 24-32 ZPO gegeben sind 2 2 , unter Umständen also auch, wenn der Schuldner der Forderung gerade nicht im Inland wohnt. Von einer Bestätigung der Regelung in § 23 S. 2 ZPO als allgemeiner Rechtsgrundsatz kann daher nicht die Rede sein. Einen weiteren, überzeugenden Einwand gegen die allgemeine Geltung des § 23 S. 2 ZPO spricht Marquordt 23 an: Ziel des besonderen Gerichtsstands des Vermögens sei es, die deutsche Zuständigkeit zum Erkenntnisverfahren zusätzlich auch dann zu begründen, wenn ein allgemeiner Gerichtsstand im Inland nicht gegeben sei 2 4 . Entsprechende funktionale Erwägungen lägen den Verweisungen - z.B. in § 828 Abs. 2 ZPO - zugrunde. Allgemeine Bedeutung könne der Fiktion des § 23 S. 2 ZPO daher nur dort zukommen, wo der Zweck im Vordergrund stehe, die deutsche Zuständigkeit zu erweitern, nicht aber da, 18 Denkt man den Gedanken der Durchsetzbarkeit konsequent zu Ende, so müßte für den Fall, daß der Schuldner Vermögen in mehreren Staaten hat oder sich Sicherheiten an mehreren Orten befinden, die Forderung als in all diesen Staaten belegen anzusehen sein (so in der Tat Soergel-Kegel, vor Art. 7 EGBGB, Rz. 825; Batiffol/Lagarde Π, S. 219). Denn überall dort kann die Erfüllung des Anspruchs unter Umständen auch erzwungen werden. Dann aber paßt § 23 S. 2 ZPO mit seinem Abstellen auf den Schuldnerwohnsitz nicht mehr, der Gedanke der Durchsetzbarkeit bildet gerade ein Argument gegen die Annahme, § 23 S. 2 ZPO enthalte einen solchen allgemeinen Rechtsgrundsatz. 1 9 Rosenbaum, S. 12. 20 Rosenbaum,, S. 14; Marquordt, Zust., S. 323.
S. 22; Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (175); Kropholler,
2
1 So etwa Marquordt, S. 22. 22 Soergel-Damrau, § 2369, Rz. 5. 2 3
S. 23. 24 So auch Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (175). 7 Mössle
Int.
2. Kap.:
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e internationale Forderungspfändung im deutschen Recht
wo es umgekehrt um die Frage der Einschränkung deutscher Vollstrekkungsgewalt gehe. Bestätigung findet die hier vertretene Auffassung schließlich auch in der Entstehungsgeschichte der N o r m 2 5 : Im Vorläufer des § 23 ZPO, den § 25, Teil I, Titel 2 und Anhang § 34, Titel 2 der preußischen allgemeinen Gerichtsordnung, war die Frage der Forderungsbelegenheit nicht geregelt. Der Wortlaut erfaßte hier ausdrücklich nur körperliche Gegenstände. Dies führte zu einer kontroversen Entscheidung des preußischen Obertribunals, wonach der Vermögensgerichtsstand dann nicht gegeben sei, wenn dem Beklagten nur Forderungen gegen einen inländischen Schuldner zustünden. Um klarzustellen, daß auch Forderungen den Gerichtsstand des Vermögens zu begründen vermögen, wurde daraufhin der zweite Satz des § 23 ZPO ins Gesetz aufgenommen. Die Einfügung erfolgte also lediglich zum Zwecke einer Gerichtsstandsbestimmung, einer Zuständigkeitsregelung 26. An die Statuierung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes, der die deutsche Zuständigkeit in anderen Bereichen einschränken könnte, dachte der Gesetzgeber nicht. Nach allem kann festgehalten werden, daß sich die Ansicht, § 23 ZPO enthalte einen allgemeinen Grundsatz des deutschen Rechts, nicht überzeugend begründen läßt Sie ist abzulehnen. Daraus folgt automatisch auch die Verneinung einer Beschränkung von § 828 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf einen solchen, in § 23 ZPO vermuteten allgemeinen Rechtsgedanken. II. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei ausländischem Drittschuldnerwohnsitz? Die Zulässigkeit eines Pfändungsbeschlusses in Fällen, in denen der Drittschuldner einen Auslandswohnsitz hat, mag auch aufgrund des Gesichtspunkts fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses beim Vollstreckungsschuldner bezweifelt werden. Gem. § 829 Abs. 2 ZPO ist die Wirksamkeit der Forderungspfändung von der erfolgreichen Zustellung der Drittschuldneranzeige, bei ausländischem Drittschuldnerwohnsitz also von der Durchführung einer Auslandszustellung abhängig 27 . Diese Zustellung bereitet in der Praxis erhebliche P r o b l e m e ^ . Deutsche Justizverwaltungen reichen Rechtshilfegesuche um Zustellung von
2 5
Hahn, Motive, S. 154. Rosenbaum, S. 13. 27 Allg. Α.: Zötter-Stöber, Hartmann, 829, Anm. 3 Β a. 28 Vgl. noch unten S. 108 ff. 2 6
§ 829, Rz. 14; Stöber, Rz. 525 (S. 243); Baumbach/Lauterbach-
§ 1 Der Pfändungsbeschluß - § 828 Abs. 2 ZPO
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Drittschuldneranzeigen gar nicht erst ins Ausland weiter29; von ausländischer Seite, etwa der Schweiz, wurde teilweise auch klargestellt, daß entsprechenden deutschen Rechtshilfegesuchen generell nicht nachgekommen würde 30 . Pfandungsbeschlüsse gelangen bei ausländischem Drittschuldnerwohnsitz daher meist nicht zur Wirksamkeit, was aus der Sicht des Vollstreckungsgerichts die Konsequenz nahelegt, schon den Beschluß als solchen wegen Sinnlosigkeit und mangels schutzwürdigen Interesses des Vollstreckungsschulders zu verweigern 3 !. Daß diese Schwierigkeiten nicht unabänderlich sind, sondern im Gegenteil weitgehend auf einer Verkennung der geltenden Rechtslage durch die deutschen Behörden basieren, wird an anderer Stelle noch zu begründen sein. Der Rückgriff auf den Gedanken des Rechtsschutzbedürfnisses stößt indessen nicht nur aus diesem Grunde auf Bedenken. Selbst dann, wenn man die praktischen Probleme bei der Auslandszustellung einer Drittschuldneranzeige als gegeben hinnimmt, bleibt nämlich immer noch die theoretische Möglichkeit einer späteren Zustellung im Inland 3 2 , etwa nach einem Wohnsitzwechsel des Drittschuldners 33 oder anläßlich eines gelegentlichen Inlandsaufenthalts 34. Auch kann der Drittschuldner freiwillig einen Zustellungsbevollmächtigten bestellt (§ 175 ZPO) oder eine Niederlassung im Inland gegründet habend Diese sich zugegebenermaßen nicht allzu häufig realisierenden Möglichkeiten einer Inlandszustellung führen dazu, daß der Erlaß eines Pfändungsbeschlusses auch bei Nichtzustellbarkeit der Drittschuldneranzeige ins Ausland nicht völlig sinnlos ist. Sie sollten dem Vollstreckungsschuldner schon im Hinblick auf die
2 9 Schütze, DIZPR, S. 193; Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176); Mülhausen, W M 1986, 957 ff. (959); Schmidt, M D R 1954, 204 ff. (205); Herzig, Büro 1967, 693 ff. (696). Bestätigt durch OLG Düsseldorf, IPRspr. 1980,578. 3 0
Kreisgericht Zürich, M D R 1961, 511. 1 So in der Tat AG Bonn, M D R 1961, 511 (Pfändungsbeschluß bei Exterritorialität des Drittschuldners). 3 2 Marquordt, S. 42; Stein/Jonsis-Münzberg, § 829, Rz. 23; Herzig, Büro 1967, 693 ff. (694); Mülhausen, W M 1986,957 ff. (959) m.w.Nachw. 33 Diese Möglichkeit besteht nur bei natürlichen Personen. Bei Gesellschaften führt eine Sitzverlegung i.d.R. nämlich zur Auflösung und Abwicklung der Gesellschaft: Staudinger-Großfeld, IntGesR, Rz. 353; Mü-Ko-Ebenroth, nach Art. 10 EGBGB, Rz. 177. 34 Das OLG Berlin (JW 1936, 2760) hält die Zustellung an den Drittschuldner anläßlich eines gelegentlichen Inlandsbesuchs nicht für wirksam. Diese Rechtsauffassung basiert allerdings auf der Vorstellung, daß der Pfändungsbeschluß selbst bei ausländischem Drittschuldnerwohnsitz fremde Souveränität verletzt. Daß das nicht der Fall ist, wurde oben belegt. 3
Daß diese beiden Möglichkeiten auch für juristische Personen bestehen, übersieht offenbar Mülhausen, W M 1986,957 ff. (959). 7*
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2. Kap.: Die internationale Forderngspfändung im deutschen Recht
verfassungsrechtliche Rechtsschutzgewährleistung36 nicht durch die Verweigerung des Pfändungsbeschlusses genommen werden. Hinzu kommt, daß im deutschen Recht der Forderungspfändung das Vollstreckungsgericht grundsätzlich nur eine Schlüssigkeitsprüfung hinsichtlich der vom Vollstreckungsgläubiger behaupteten Forderungen vorzunehmen hat 3 7 . Es muß nach dem Gesetz nicht prüfen, ob die Forderung tatsächlich besteht, ob sie dem Vollstreckungsschuldner zusteht etc., wie also die Erfolgsaussichten der Vollstreckung sind. Den Pfändungsbeschluß mit Rücksicht auf die Nichtzustellbarkeit an den Drittschuldner untersagen zu wollen, würde einen Eingriff in diesen Grundsatz bedeutete; Das Vollstreckungsgericht müßte dann im Einzelfall Nachforschungen anstellen, ob eine Zustellung (ausnahmsweise) möglich ist. Dies würde zu einer nicht unerheblichen Belastung der Vollstrekkungsgerichte führen, die mit der Formalisierung des Zwangsvollstreckungsverfahrens und der Beschränkung der Prüfungspflicht auf die Schlüssigkeit gerade vermieden werden sollte. Daraus folgt, daß auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht zu einer Einschränkung von § 828 Abs. 2 ZPO auf Fälle mit inländischem Drittschuldnerwohnsitz führt39. Vielmehr bleibt es bei der oben gefundenen Wortlautinterpretation, wonach ein Pfändungsbeschluß grundsätzlich auch dann ergehen kann, wenn der Drittschuldner im Ausland wohnt.
C. Beschränkung von § 828 Abs. 2 ZPO auf Fälle mit "ausreichender" Inlandsbeziehung der Forderung (Beschränkung auf die ersten drei Alternativen)? Insbesondere die letzten beiden, dem Wortlaut des § 828 Abs. 2 ZPO entnommenen Zuständigkeitsgründe erwecken aber aus anderen Gründen Bedenken. Bei ihnen besteht die internationale Pfandungszuständigkeit allein deshalb, weil der Vollstreckungsschuldner im Inland irgendwelche Vermögensgegenstände hat, die ihrerseits nicht als Sicherheiten für die zu pfändende Forderung dienen können. Die Durchsetzung der Forderung müßte nämlich aus dem Ver36 Dazu unten S. 112 ff. 3 7 Baumbach/Lauteibach-Z/arf/wann, § 829, Anm. 2 B; ZöMer-Sc her üb l, § 829, Anm. I 2) a; Thomas! Putzo, § 829, Anm. 4 b. 38 Rosenbaum, S. 32; Schmidt, M D R 1956, 204 ff. (205); Jonas, JW 1932, 667 ff. (667). 39 Ganz h.M.: Stein/Jonas-Münz^^, § 829, Rz. 24; ZMer-Stöber, § 829, Rz. 33; Geimer, IZPR, Rz. 1091 und 1229 (S. 217 u. 242); Schütze, IZPR, S. 192; Stöber, Rz. 39 (S. 13); Marquordt, S. 42; Rosenbaum, S. 17; Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176); Schmidt, M D R 1956, 204 ff. (205); Jonas, JW 1932, 667 ff. (667); Neuner, JW 1933, 1350 ff. (1350). Ebenso (für Zustellung eines Pfändungsbeschlusses bei Exterritorialität des Drittschuldners) LG Bonn, MDR 1966,935.
§ 1 Der Pfändungsbeschluß - § 828 Abs. 2 ZPO
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mögen des Drittschuldners und gerade nicht aus dem des Vollstreckungsschuldners (als Gläubiger der betroffenen Forderung) erfolgen. Den Forderungen, deren Pfändung § 828 Abs. 2,4. und 5. Alt. ZPO ermöglichen, fehlt damit jeglicher Bezug zum Inland. Es ist daher eine teleologische Reduktion der Vorschrift in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus ergibt sich ein weiterer Ansatzpunkt für die Einschränkung beim oben erörterten völkerrechtlichen Jurisdiktionserfordernis eines minimalen Inlandsbezugs der Forderung. I. "Nationale" Einschränkung von § 828 Abs. 2 ZPO 1. Teleologische Einschränkung von § 23 ZPO und Rückschlüsse auf die Verweisung in § 828 Abs. 2 ZPO? Die Frage, ob die Verweisung in § 828 Abs. 2 ZPO auf § 23 ZPO teleologisch einschränkend auszulegen ist, führt zu einer heute wieder aktuellen Diskussion um die Regelung in § 23 ZPO, die sich vornehmlich an seiner eigentlichen Funktion als Gerichtsstandsbestimmung orientiert Ein Großteil des Schrifttums 40 hält hier die Inlandsbeziehung des Vermögens, auf die § 23 ZPO abstellt, jedenfalls dann für zu schwach, die Norm daher für international unerwünscht und exorbitant, wenn nicht zusätzliche, im einzelnen unterschiedlich definierte Anforderungen an die internationale Vermögenszuständigkeit gestellt werden. Der Vermögensgerichtsstand soll danach beispielsweise voraussetzen, daß der Kläger einen deutschen Wohnsitz hat, konkret das Inlandsvermögen den Streitgegenstand bildet oder auch, daß das Inlandsvermögen als Vollstreckungsgrundlage für das Urteil ausreicht oder zumindest generell pfändbar ist. In der vollen Wortlautausschöpfung von § 23 ZPO wird in erster Linie ein Widerspruch zum rechtspolitischen Ziel eines internationalen Entscheidungseinklangs gesehen, wie ihn der Gesetzgeber in der Tat auch im Auge hatte 41 . Vielfach versuchen die Vorschläge zur teleologischen Reduktion, mit der Einschränkung einen sinnvollen Bezug der zuständigkeitsbegründenden Vermögensgegenstände zur Streitsache herzustellen 42 . So etwa, wenn die Verwert4
0 Mann, Recueü des Cours 1964 I (111), 1 ff. (81); Stein/Jonas -Schumann, § 23, Rz. 31 ff.; Schröder, Int. Zust., S. 374 ff.; Jellinek, S. 222; Kropholler, Int Zust., S. 328 (Rz. 35); Schumann, FS Liebmann, S. 839 ff. 4
1 Hahn, Materialien, S. 154 (zu § 24 des Entwurfes). Hiervon zu unterscheiden sind die Ansätze, die einen sonstigen Inlandsbezugspunkt neben dem Vermögen suchen (so etwa Stem/Jonas-Schumann, § 23, Rz. 31c: deutsche Staatsangehörig4 2
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2. Kap.: Die internationale Fordengspfändung im deutschen Recht
barkeit des Vermögens für den obsiegenden Gläubiger43 oder wenigstens seine grundsätzliche Pfändbarkeit 44 vorausgesetzt werden. Dahinter stehen Bedenken, die daraus resultieren, daß das Inlandsvermögen aus sich heraus eben keinen deutschen Bezug zur Streitsache herstellt. Sollten sie berechtigt sein und bestünde also die Notwendigkeit eines inneren Bezugs zwischen Streitgegenstand und zuständigkeitsbegründendem Vermögen, so müßte man konsequenterweise auch von der Verweisung in § 828 Abs. 2 ZPO im Wege der teleologischen Einschränkung diejenigen Fälle ausklammern, in denen zwischen der Forderung, die gepfändet werden soll, und dem Inlandsvermögen kein innerer Zusammenhang besteht (vierter und fünfter Fall von § 828 Abs. 2 ZPO). Die Ansicht, die Vermögenszuständigkeit im Erkenntnisverfahren greife nur bei innerem Zusammenhang zwischen Inlandsvermögen und Streitsache, ist freilich bestritten. § 23 ZPO diene, so wird von der Gegenmeinung eingewandt, nicht nur dem Vollstreckungsinteresse des Gläubigers und wolle auch sonst keinen Zusammenhang der Streitsache zum Inland herstellen; vielmehr ziele er ausschließlich auf Eröffnung eines (praktisch notwendigen) Ausländerforums. Ziel sei es, dem Kläger Rechtsschutz vor deutschen Gerichten zu ermöglichen und ihm damit den ungleich schwierigeren und zeitaufwendigeren Weg vor ausländische Gerichte zu ersparen 45 . Zur Begründung des Vermögensgerichtsstands müsse daher genügen, daß der ausländische Beklagte irgendwelches Inlandsvermögen habe. Allenfalls ließen sich geringe Beschränkungen dadurch erreichen, daß man aus dem Begriff des "Vermögens" Gegenstände ausklammere, die keinen Verkehrswert haben 46 oder wegen ihrer Belanglosigkeit keine "Affinität" des Beklagten zur Bundesrepublik belegen47. Für diese weite Auslegung spricht - abgesehen von hier nicht weiter zu erörternden praktischen Notwendigkeiten - zum einen der klare Wortlaut, zum anderen auch die Entstehungsgeschichte von § 23 ZPO. Erklärtermaßen wurde die Norm deswegen in das Gesetz aufgenommen, weil man für deutsche Kläger die Möglichkeit schaffen wollte, vor deutschen Gerichten gegen Ausländer klagen zu können. Dieses Ziel sah der Gesetzgeber gegenüber dem Streben nach internationalem Entscheidungseinklang, der durch eine konsequentere Durchführung des Grundsatzes "actor sequitur forum rei" erreicht worden wäre, keit des Klägers). Sie geben für einen etwaigen Rückschluß, wie er hier zur Diskussion steht, nichts her. 4 3 Schröder, Int.Zust., S. 381; Schumann, FS Liebmann, S. 839 ff. (854); Geimer, JZ 1984,979 ff. (981). 4 4 Schröder, Int.Zust., S. 402; Schumann, FS Liebmann, S. 839 ff. (862 f.) 4 5 Schack, 7Z Ρ 97 (1984), 46 ff. (48 ff.). 4 6 So Schack, ZZP 97 (1984), 46 ff. (61). 4 7
So Geimer, JZ 1984, 979 ff. (981); ders., FS Nagel, S. 36 ff. (42).
§ 1 Der Pfändungsbeschluß - § 828 Abs. 2 ZPO
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als vorrangig an. Eine Beschränkung auf die Fälle, in denen das Vermögen als Vollstreckungsgrundlage für ein obsiegendes Urteil ausreicht oder in denen ein sonstiger Zusammenhang zwischen Inlandsvermögen und der Streitsache besteht, war nie vorgesehen. Beschränkungen, wie sie vorgeschlagen werden, mögen daher zwar rechtspolitisch wünschenswert sein, de lege lata lassen sie sich aber weder mit dem Wortlaut noch mit den in § 23 ZPO bezweckten Zielen vereinbaren. Damit fehlt es auch an der Grundvoraussetzung für einen entsprechenden Rückschluß auf die internationale Forderungspfändung, wie er zur Diskussion gestellt wurde. 2. Teleologische Einschränkung der Verweisung in § 828 Abs. 2 ZPO auf § 23 ZPO? Eine teleologische Einschränkung der Verweisung in § 828 Abs. 2 ZPO, die die allgemeine Rechtslage im Hinblick auf den Vermögensgerichtsstand unberührt lassen würde, läßt sich angesichts der auch insoweit klaren Zielsetzung des Gesetzgebers ebenfalls nicht überzeugend begründen. Die Motive 4 8 belegen, daß der Gesetzgeber ganz bewußt eine sehr weite internationale Zuständigkeit schaffen wollte 4 ^. Diesem gesetzgeberischen Ziel entspricht gerade die weite Auslegung, d.h. die Zulassung aller fünf genannter Fälle. II. Völkerrechtliche Bedenken gegen die Anknüpfung internationaler Zuständigkeit zur Forderungspfändung an die Inlandsbelegenheit von Schuldnervermögen Zu erörtern bleibt, ob die weite internationale Zuständigkeit zur Forderungspfändung, die der vierte und fünfte Fall des § 828 Abs. 2 ZPO herstellen, auch völkerrechtlich haltbar ist, ob hier also (noch) deutsche Vollstreckungsgewalt besteht 50 . Entsprechend den Ergebnissen im allgemeinen, völkerrechtlichen 4 8
Hahn, Materialien, S. 846 ff. 49 Vgl. oben S. 93 ff. ( 9 4 f.). 50 Vgl. Mann, Recueil des Cours 1964 I, (111), S. 1 ff. (81); ders., FS Mosler, 529 ff. (537); wohl auch Hausmann, IPrax 1.982,51 ff. (56) ("forum non conveniens"). Zweifelnd auch BVerfGE 64, 1 ff. (18) = IPrax 1984, 196 f. (197): "Allerdings wirft die letztlich an die Zuständigkeit für belegenes Vemiögen (§ 23 ZPO) anknüpfende Zuständigkeit auch im Bereich der Vollstreckung völkerrechtlich (und auch rechtspolitisch) erhebliche Fragen auf..." sowie Anm. Albert, IPrax 1983, 55 ff. (56). Ablehnend Schröder, Int. Zust., S. 403 (Fußn. 1763); Schack, ZZP 97 (1984), 46 ff. (60); Jellinek, S. 218 u. 222; Kropholler, Int. Zust. Gegen die Völkerrechtswidrigkeit von § 23 ZPO spricht, daß die Norm in weitgehend allen Rechten eine - wie auch immer ausgestaltete - Entsprechung hat. Dazu im einzelnen die Nachweise bei Schack, a.a.O., S. 50 ff.
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2. Kap.: Die internationale Fordengspfändung im deutschen Recht
Abs. 2 i.V.m. § 23 ZPO (4. und 5. Fall) an hinreichenden Inlandsmomenten fehlte 51 . Es wurde oben festgehalten, daß nur Inlandsbezüge bei der zu pfändenden Forderung den völkerrechtlichen Erfordernissen sicher genügen und somit Jurisdiktion begründen; dies deshalb, weil die Pfändung nichts anderes ist als der Zugriff auf das Pfändungsobjekt, die Forderung. Beim vierten und fünften Fall des § 828 Abs. 2 ZPO fehlt es indessen an jeglichem Bezug der Forderung zum (deutschen) Pfandungsstaat Allein das Vermögen des Vollstreckungsschuldners, auf das zum Zwecke der Befriedigung weder eine Zugriffsmöglichkeit des Forderungsgläubigers (Vollstreckungsschuldners) noch des Pfändungsgläubigers (nach der Vollstreckung) besteht, begründet hier die Zuständigkeit. Die völkerrechtliche Zulässigkeit bedarf daher näherer Prüfung. Schon bei § 23 ZPO in seiner eigentlichen Funktion als Gerichtsstandsregel ist nun die Sinnhaftigkeit der Anknüpfung der internationalen Zuständigkeit an die Inlandsbelegenheit von Beklagtenvermögen fragwürdig 52 , weil ein wie auch immer gearteter Zusammenhang zwischen dem Inlandsvermögen und dem Rechtsstreit nicht gefordert ist und daher im Einzelfall fehlen kann. Reicht das bestehende Inlandsvermögen des Beklagten nicht ausnahmsweise als Vollstreckungsgrundlage für ein gem. § 23 ZPO erlangtes, obsiegendes Urteil aus, so bringt die Zuständigkeit deutscher Gerichte dem Kläger an sich auch keinen greifbaren Vorteil. Urteile auf der Basis von § 23 ZPO werden im Ausland nämlich so gut wie nie anerkannt 53 ; sie können damit häufig auch nicht durchgesetzt werden. Gleichwohl ist das gesetzgeberische Anliegen des Schutzes eigener Staatsangehöriger, das hinter § 23 ZPO steht, in der Staatenpraxis als legitim anerkannt. Fast alle Staaten kennen parallele, "exorbitante" Gerichtsstände mit ähnlichem rechtspolitischem Hintergrund 54 . Als bekanntestes und zugleich eindeutigstes Beispiel ist die französische Regelung in Art. 14 und 15 C.civ. zu nennen. Danach ist die französische internationale Zuständigkeit immer gegeben, wenn entweder der Kläger oder der Beklagte französische Staatsangehörigkeit haben. Gewiß finden auch Urteile, die im Ausland aufgrund "exorbitanter", eigene Staatsbürger privilegierender Gerichtstände ergehen, im internationalen Rechtsverkehr so gut wie nie Anerkennung 55 . Die Situation ist dort nicht anders als beim internationalen Vermögensgerichtsstand in § 23 ZPO. Jedenfalls aber eröffnen alle exorbitanten Gerichtsstände dem Kläger die Chance, daß sich der Beklagte freiwillig der Autorität des erlangten Urteils
5
1 Vgl. S. 54 ff. So ausdrücklich Mann, Recueü des Cours 1964 I, 1 ff. (79 ff.); Ν ade Iman, FS Yntema, S. 321 ff. 5 3 Schröder, Int. Zust., S. 402. 5 4 Vgl. die Darstellung bei Schack, Ί21 Ρ 97 (1984), 46 ff. (50 ff.). 5 5 Batiffol/Lagarde Π, S. 482 (n. 677). 5 2
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unterwirft. Im übrigen bringen sie die - wenn auch oft nicht durchsetzbare rechtskräftige Bestätigung seiner Rechtsauffassung und bringen damit eine gewisse (streitschlichtende) Befriedigungswirkung mit sich. Völkerrechtliche Bedenken gegen § 23 ZPO bestehen somit wegen der internationalen Tolerierung privilegierender Gerichtsstandsregeln zum Schutze eigener Staatsangehöriger nicht. Dies gilt wohl auch, soweit der Wortlaut des § 23 ZPO die deutsche internationale Zuständigkeit über das ursprüngliche Anliegen des Gesetzgebers hinaus zugunsten von Klägern regelt, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben. Die Inlandsbelegenheit von Beklagtenvermögen wird i.d.R. hinreichende Beziehungen des Beklagten zum deutschen Staat, eine Affinität 5 6 desselben zum Inland belegen. Auch das ist ein das "Schutzbedürfnis" durch deutsche Gerichte hervorrufendes Merkmal, das man aufgrund der dargestellten Rechtslage (völkerrechtlich, nicht auch notwendigerweise als rechtspolitisches Ziel) anerkennen muß 5 7 . Läßt sich eine gewisse "Affinität" zur Bundesrepublik Deutschland nachweisen, so steht sie in ihrer Intensität dem mit der Staatsangehörigkeit geforderten Inlandsbezug jedenfalls gleich 5 8 . Auch der deutsche (oder französische) Kläger, der sich auf § 23 ZPO (bzw. A r t 14, 15 C.civ.) beruft, kann nach der gesetzlichen Regelung im Ausland wohnen; er kann seinem Heimatstaat sogar völlig den Rücken gekehrt haben, ohne daß dies die internationale Zuständigkeit und ihre allgemeine Anerkennung in der Staatenpraxis berühren würde. Über die rechtliche Verbundenheit zum deutschen Staat, die sich aus der Staatsangehörigkeit ergibt, hinaus können also weitere Bezugspunkte fehlen. Bei der Forderungspfändung ist die Rechtslage freilich anders 5^. Im Gegensatz zur Situation bei den internationalen Gerichtsständen sind exorbitante 5 6
Gelmer, JZ 1984,979 ff. (981). Schröder, Int. Zust., S. 402; Schumann, FS Liebmann, S. 833 ff. (854). Davon, daß allein die Inlandsbelegenheit von Beklagtenvermögen nicht für die Annahme eigener internationaler Zuständigkeit ausreicht, geht freilich die schweizerische Praxis aus. Der Gerichts- und Betreibungsstand am Arrestort wird durch die Rechtsprechung eingeschränkt auf die Fälle, in denen eine weitergehende "Binnenbeziehung" vorhanden ist (v. Steiger, BISchK 1953,1 ff. (6) m.w.Nachw.). 5 7
5 8 Fehlt eine solche Affinität dagegen völlig, und hatte auch der Kläger vor der Klageerhebung keinerlei Bezug zum deutschen Staat, so sind m.E. die völkerrechtlichen Grenzen überschritten; die gerichtliche Entscheidung stellt dann einen völkerrechtswidrigen Akt dar. Schwierig dürfte freilich sein, hier eine praktikable Grenze zu ziehen, anhand derer sich bestimmen läßt, wann Vermögen eine Affinität zum BelegenheitsStaat indiziert. In der Regel wird ein ausländischer Kläger den Gerichtsstand nach § 23 ZPO nur in Anspruch nehmen, wenn er weiß, daß er einen erlangten Titel ggf. auch zwangsweise durchsetzen kann. Ist das der Fall, so bestehen regelmäßig auch hinreichende Inlandsmomente beim Beklagten. 5 9 Ebenso wohl Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (177), wenn er die Anknüpfung an das Vermögen des Vollstreckungsschuldners als nicht sachgerecht bezeichnet. Die völkerrechtliche Problematik behandelt er freilich nicht. S. aber auch ebenda, S. 176, Fußn. 14.
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2. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im deutschen Recht
Zuständigkeitsnormen im Bereich der Forderungspfandung selten und folglich in der Staatenpraxis nicht anerkannt. Ein Pfandungsbeschluß kann zudem weder in Rechtskraft erwachsen, noch hat er streitschlichtende Wirkung. Seine Funktion beschränkt sich allein auf die Rechtsdurchsetzung. Da die Rechtsdurchsetzung aber regelmäßig nicht erreicht werden kann, ist das Anliegen des Gesetzgebers, dem (deutschen) Pfändungsgläubiger durch die Bereitstellung deutscher gerichtlicher Vollstreckungsinstanzen zum Rechtsschutz zu verhelfen, von vornherein zum Scheitern verurteilt. Es vermag die weite Ausdehnung der internationalen Zuständigkeit somit (völkerrechtlich) kaum zu rechtfertigen. Gegen die völkerrechtliche Zulässigkeit der weiten Zuständigkeitsausdehnung spricht aber vor allem ein weiterer Gesichtspunkt: Oben wurde festgehalten, daß eine auf einer fernliegenden Inlandsbeziehung beruhende internationale Zuständigkeitsnorm i.d.R. dann nicht mehr völkerrechtsgemäß ist, wenn ein vorhandener Inlandsbezug so gering ist, daß die Inanspruchnahme der Kompetenz stets zu Zuständigkeitskonflikten mit anderen Staaten führt 6 0 . Das ist hier der Fall. Es wird immer Rechtsordnungen geben, die sich - sei es aufgrund eines inländischen Drittschuldnerwohnsitzes oder eines Inlandsdomizils des Vollstreckungschuldners etc. - ebenfalls für international zuständig erachten. Jene Staaten besitzen regelmäßig einen engeren Bezug zur Forderung, haben die besseren Gründe für die Regelung ihrer eigenen internationalen Zuständigkeit. Gewiß führt die Tatsache, daß mit einer in Anspruch genommenen internationalen Zuständigkeit die internationale Zuständigkeit eines anderen Staates konkurriert, nicht automatisch zur Völkemechtswidrigkeit wegen fehlendem Inlandsbezug. Dies gilt auch dann, wenn die Sachnähe des (anderen) Auslandsstaats zum Regelungsgegenstand größer ist, denn ein umfassendes Zuständigkeitssystem bieten das Völkerrecht und die Lehre vom Erfordernis eines minimalen Inlandsbezugs gerade nicht 6 !. Wenn eine Regel aber zwingend Zuständigkeitskonflikte nach sich zieht, weil die bestehenden Inlandsmomente in einem Staat so gering, im anderen dagegen so stark sind, daß sich der letztere mit Recht in seinem Ausschließlichkeitsbereich verletzt sieht, so beeinflußt dies die völkerrechtliche Beurteilung. Beim vierten und fünften Fall des § 828 Abs. 2 ZPO ist diese Situation gegeben, denn im Bereich der Zwangsvollstreckung ist die Vorstellung einer Forderungsbelegenheit bzw. der Notwendigkeit eines Forderungsinlandsbezugs und eine daran anknüpfende Ausschließlichkeitsvorstellung in der Staatenpraxis sehr viel stärker ausgeprägt als im Erkenntnisverfahren.
6 0
Vgl. oben S. 39 ff. und 54 ff. ö l Vgl. S. 39 ff.
§ 1 Der Pfändungsbeschluß - § 828 Abs. 2 ZPO
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Die Tatsache, daß das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht (§ 828 Abs. 2 ZPO) über § 23 ZPO an sich auch im Erkenntnisverfahren, also zum Erlaß des Vollstreckungstitels internationale Zuständigkeit gehabt hätte, bietet - entgegen der beim Gesetzgeber bestehenden Ansicht, wie sie sich in den Motiven darstellt 6 2 - kein Gegenargument. Die Ableitung der Vollstreckungszuständigkeit von der gerichtlichen Entscheidungszuständigkeit stößt auf erhebliche Bedenken, weil das Erkenntnisverfahren und die Vollstreckung zwei voneinander getrennte Verfahren sind. Sie bedürfen daher getrennter völkerrechtlicher Beurteilung. Die legitimerweise in Anspruch genommene internationale Zuständigkeit zum Erkenntnisverfahren schafft also nicht auch automatisch Jurisdiktion für die anschließende Vollstreckung. Anderenfalls müßte man konsequenterweise auch das Verbot der Sachpfandung auf fremdem Boden aufgeben, wenn ein zulässiges Erkenntnisverfahren der Vollstreckung vorausging.
III. Ergebnis Die Inanspruchnahme internationaler Zuständigkeit im vierten und fünften Fall des § 828 Abs. 2 ZPO widerspricht dem völkergewohnheitsrechtlichen Satz, wonach die Gerichtsgewalt gewisse Binnenbeziehungen des Regelungsgegenstands zum Regelungsstaat voraussetzt. Der Wortlaut des § 828 Abs. 2 ZPO ist daher im Wege der völkerrechtskonformen Auslegung auf die Fälle zu reduzieren, in denen der erforderliche Inlandsbezug gegeben ist. D.h., die Verweisung in § 828 Abs. 2, 2. Alt. ZPO ist als Verweisung nur auf § 23 S. 2 ZPO zu lesen, und zwar nur für den Fall, daß entweder der Drittschuldner im Inland wohnt oder Sicherheiten für die Pfandungsforderung im Inland belegen sind. Von den eingangs aufgeführten fünf Alternativen, bei denen der Wortlaut des § 828 Abs. 2 ZPO eine internationale Forderungspfändung zuläßt, bleiben demnach nur noch drei Zuständigkeitsgründe übrig: Deutsche Behörden sind international zuständig, 1. wenn der Vollstreckungsschuldner im Inland wohnt (§ 828 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 13 ZPO) 2. wenn der Drittschuldner im Inland wohnt (§ 828 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 23 S. 2 ZPO) oder 3. wenn weder Drittschuldner noch Vollstreckungsschuldner deutschen Wohnsitz haben, sich aber Sicherheiten für die Forderung im Inland befinden (§ 828 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 23 ZPO) 6 3 . 6 2
Vgl. oben S. 94 ff. ö3 So i.E. auch Schack, Rpfl. 1980,175 ff. (177).
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2. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im deutschen Recht
§ 2 Durchführbarkeit der beim Pfandungsverfahren notwendigen Zustellungen Nach Erlaß eines Pfandungsbeschlusses bzgl. einer "internationalen" Forderung muß dem Drittschuldner die Pfändungsanzeige zugestellt werden (§ 829 Abs. 2 S. 1 ZPO). Gleichzeitig ist gem. § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO dem Vollstreckungsschuldner Mitteilung von der Pfändung zu machen. Während die Mitteilung an den Vollstreckungsschuldner für die Gültigkeit der Forderungspfändung irrelevant i s t 6 4 , stellt die Drittschuldneranzeige eine Wirksamkeitsvoraussetzung dar. Dies ergibt sich nach einhelliger Meinung 6 5 aus dem Wortlaut des § 829 Abs. 3 ZPO, wonach die Pfändung mit der Zustellung an den Drittschuldner bewirkt ist Gerade die Drittschuldneranzeige ist es aber, deren Auslandszustellung in der Praxis Schwierigkeiten bereitet. Forderungspfändungsbeschlüsse gelangen deshalb bei ausländischem Drittschuldner in aller Regel nicht zur Wirksamkeit. Demgegenüber werden in Praxis und Lehre bei der Zustellung der Pfändungsmitteilung an einen ausländischen Vollstreckungsschuldner kaum Probleme gesehen. Diese Fallkonstellation wird daher nur selten diskutiert. Auch hier tun sich jedoch - insbesondere völkerrechtliche - Fragen auf, die der Klärung bedürfen.
A. Auslandszustellung an den Drittschuldner Die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke an Auslandspersonen richtet sich gewöhnlich nach § 199 ZPO, dessen Inhalt auch in neueren Regelungen wie dem § 6 AusfG zum HZustÜbk. vom Gesetzgeber erneute Bestätigung gefunden hat. Vorbehaltlich spezieller Regelungen sind Schriftstücke danach "mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des fremden Staates oder des in diesem Staate residierenden Konsuls oder Gesandten des Bundes" ins Ausland zuzustellen, d.h., es ist allein der Rechtshilfeweg möglich. Die Vorschrift des § 199 ZPO führt dazu, daß direkte Zustellungen auf dem Postwege von der Bundesrepublik ins Ausland selbst im Verhältnis zu den Staaten unzulässig sind, in denen das allgemeine Völkerrecht und die Haager Abkommen sie aufgrund auslandsstaatlicher Duldung bzw. mangels eines Widerspruchs erlauben würden. Hier kommt die Vorstellung des Gesetzgebers zum Tragen, daß direkte Auslandszustellungen - auch auf dem Postwege - immer fremde Souveränität 6 4
Zöller-Stöter, § 829, Rz. 15; Stöber, Rz. 538 (S. 219); Thomas/Putzo, § 829, Anm. 4 d. Statt vieler: Baur/Stürner, S. 499 f. m.w.Nachw.; Thomas/Putzo, § 829, Anm. 5 a bb. Anders noch Richter, DJM 1929, S. 36. 6 5
§ 2 Durchführbarkeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
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verletzen, eine Vorstellung, die wohl auch heute noch deutschem Souveränitätsverständnis entspricht 66 , die aber in ihrer Absolutheit im geltenden Völkerrecht keine Grundlage hat. An der Verbindlichkeit von § 199 ZPO auf nationaler Ebene ändert dies aber nichts 67 . Die Zustellung auf dem Rechtshilfeweg erfolgt auf formgerechten Antrag des ersuchenden Staates an die Behörden des ersuchten Auslandsstaates. Ob der ersuchte Staat Zustellungsanträgen stattgibt, ist im Grundsatz seiner Disposition überlassen. Nur dann, wenn er - wie die Zeichnerstaaten des HZPrÜbk. und des HZustÜbk. - staatsvertragliche Verpflichtungen eingegangen ist, bestehen auch entsprechende Obliegenheiten. Alle drei hier interessierenden Staaten sind zumindest einem der Haager Abkommen beigetreten. In "Zivilund Handelssachen" müßte die Zustellung der Drittschuldneranzeige auf dem Rechtshilfeweg daher bei unbefangener Betrachtung problemlos durchführbar sein. I. Die Rechtshilfeordnung für Zivilsachen Das Verfahren, das von deutschen Behörden bei der Stellung von internationalen Rechtshilfegesuchen (und bei der Gewährung internationaler Rechtshilfe) einzuhalten ist, regelt für zivilrechtliche Angelegenheiten die deutsche Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) 6 8 . In ihr sind die Inhalte bestehender Staatsverträge weitgehend berücksichtigt (§ 3 ZRHO). Die Bestimmungen der ZRHO haben den Charakter von Verwaltungsvorschriften (§ 1 ZRHO), die in Bund und Ländern vereinheitlicht wurden6?. Gem. § 9 Abs. 1 ZRHO sind für die verwaltungsmäßige Prüfung, ob ausgehende Ersuchen um Rechtshilfe bei der Zustellung von Schriftstücken 7^ zur Weiterleitung geeignet sind, grundsätzlich sog. Prüfungsstellen zuständig. Die Funktion der Prüfungsstellen wird i.d.R. durch die Präsidenten der Landgerichte wahrgenommen (§ 9 Abs. 2 ZRHO). Halten sie ein Rechtshilfegesuch für ordnungsgemäß, so leiten sie es - vorbehaltlich der Bestimmungen in §§ 9 Abs. 4,28 Abs. 2 und 59 Abs. 2 u. 3 - auf dem vorgeschriebenen Weg, d.h. in Über6 6
Vgl. insbes. die Begründung in BGHZ 58,177 f. = NJW 1972,1004. Anders offenbar Geirrter, IZPR, Rz. 418 (S. 89), der § 6 AusfGHZustÜbk. im Hinblick auf den Rechtsstaatsgrundsatz für verfassungswidrig hält. Ob er dies auch von § 199 ZPO annimmt, bleibt offen. Das Völkerrecht verbietet nicht, daß ein Staat in seinem nationalen Recht strengere Regeln statuiert, als dies das Völkerrecht selbst tut; Dahm, FS Nikisch, S. 153 ff. (163); Droz, Actes et Documents 1964 ΠΙ, S. 15. 68 Abgedruckt in Bülow!Böckstiegel Π, S. 900.1 (mit Eriäuterungen). 69 Vgl. Beschluß der 25. Justizministerkonferenz vom 19.10. 1956. 70 Zur Notwendigkeit eines Zustellungsantrags vgl. § 32 ZRHO. 6 7
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2. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im deutschen Recht
einstimmung mit bestehenden Übereinkommen (§ 28 ZRHO) weiter. Bei der Zustellung einer Drittschuldneranzeige ins Ausland greift außerdem die Regelung des § 28 Abs. 2 ZRHO ein: "Ist anzunehmen, daß ein fremder Staat die Durchführung eines deutschen Gerichtsakts als Eingriff in seine Hoheitsrechte betrachtet ( z.B. ...Zustellungen von Pfandungs- und Überweisungsbeschlüssen...), so ist die Landesjustizverwaltung zu benachrichtigen". Die Landesjustizverwaltung übt hier eine zusätzliche Kontrollfunktion aus; entscheidungszuständig sind im Außenverhältnis aber weiterhin die Prüfungsstellen (§29 ZRHO). Die Justizverwaltung spricht sich grundsätzlich für die Weiterleitung von Rechtshilfegesuchen aus, es sei denn, es stehen rechüiche Bedenken entgegen 7 1 . II. Die Praxis der deutschen Justizverwaltungen bei der Zustellung von Drittschuldneranzeigen ins Ausland Bedenken gegen internationale Rechtshilfegesuche um Zustellung von Drittschuldneranzeigen werden von den deutschen Justizverwaltungsbehörden in der Tat gesehen. Sie lehnen die Weiterleitung daher grundsätzlich ab 7 2 . Eine Anfrage der Verfasserin bei den zuständigen Landesjustizministerien hat ergeben, daß diese Haltung sich hauptsächlich auf die Regelung in § 23 ZPO stützt. Im Falle eines ausländischen Drittschuldnerwohnsitzes sei - vorbehaltlich der Fälle, in denen Sicherheiten im Inland liegen - die Pfandungsforderung aus deutscher Sicht im Ausland lokalisiert. Mit einem Zustellungsgesuch würde den Auslandsbehörden somit angetragen, einem deutschen Vollstreckungsakt in bezug auf einen im Rechtshilfestaat liegenden Gegenstand zur Wirksamkeit zu verhelfen. Dies sei im Hinblick auf den Souveränitätsgrundsatz und seine Ausprägung im deutschen Souveränitätsverständnis nicht zumutbar. Daß das Souveränitätsverständnis des betroffenen Drittschuldnerstaates entsprechend ist, daß also auch der fremde Staat sich durch die Zustellung in seinen Hoheitsrechten gefährdet sähe, wird schlicht unterstellt. Rechtshilfegesuche werden darüber hinaus aber auch dann nicht weitergeleitet, wenn der Drittschuldnerstaat zur Rechtshilfe offensichüich bereit ist, den 71 § 35 ZRHO. 7 2 Schütze, DIZPR, S. 193; Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176); Mülhausen, W M 1986, 957 ff. (959); Schmidt, M D R 1956, 204 ff. (205); Herzig, Büro 1967, 693 ff. (696); Unterreitmayer, Rpfl. 1972, 117 ff. (123). Bestätigt durch OLG Düsseldorf, IPRspr. 1980, 578. Eine Anfrage bei den Landesjustizministerien hat dies bestätigt. Anders war offenbar die frühere Praxis. Dazu die Nachweise bei Fl uri, S. 63.
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angeblichen Eingriff in seine Souveränität also dulden würde. So ist die Situation wohl im Verhältnis zu Frankreich? 3. Die Justizverwaltungen verweisen für diesen Fall auf die Tatsache, daß umgekehrt auch von deutscher Seite die Rechtshilfe bei der Zustellung ausländischer Drittschuldneranzeigen regelmäßig verweigert wird. Es entspreche internationaler Übung, andere Staaten nicht um Rechtshilfe zu ersuchen, wenn sie der eigene Staat in gleicher Situation berechtigterweise verweigere 74 . Für das Verhältnis zur Schweiz kommt hinzu, daß dort ausdrücklich erklärt wurde, deutschen Anträgen um Rechtshilfe bei der Zustellung von Drittschuldneranzeigen werde in der Schweiz generell nicht nachgekommen75. Rechtshilfeanträge sind hier gegenwärtig als völlig aussichtslos zu betrachten. III. Rechtliche Beurteilung der Haltung der deutschen Justizverwaltungen 1. Ausgangsüberlegungen Ob die Justizverwaltungen berechtigt sind, die Weiterleitung von Rechtshilfegesuchen bei der Zustellung von Drittschuldneranzeigen zu verweigern, ist nicht unumstritten, wird aber von der ganz h.M 7 6 bejaht. Gegen die Ablehnungspraxis der Justizverwaltungen wendet sich demgegenüber Schmidt 77 : Es sei allein dem ausländischen Drittschuldnerstaat zu überlassen, ob er deutschen Rechtshilfegesuchen nachkommen wolle oder nicht. Die Entscheidung vorwegzunehmen sei nicht Aufgabe der Ju7 3 Marquardt, S. 63 f. (Fn. 1); Fluri, S. 65; Unterreitmayer, Rpfl. 1972, 117 ff. (123): "offenbar im Hinblick auf das im französischen Prozeßrecht geltende Zustellungssystem der remise au parquet." 74 Mit dieser Begründung OLG Düsseldorf, IPRspr. 1980, S. 578 (für Rechtshilfeverkehr mit Luxemburg) mit Verweis auf einen entsprechenden Hinweis des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen; Unterreitmayer, Rpfl. 1972, 117 ff. (123); Ost, Justiz 1976, 134 ff. (134). Ähnlich auch Herzig, Büro 1967, 693 ff. (698). 75 Vgl. Kreisgericht Zürich, M D R 1961, 511 und Kreis schreiben des OG Zürichs vom 5.10. 1931. In diesem Zusammenhang hat offenbar ein Notenwechsei zwischen den zuständigen obersten Bundesbehörden Deutschlands und der Schweiz stattgefunden, in dem festgestellt wurde, daß Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse des einen Staats im anderen nicht zugestellt werden können, wenn die zu pfändende Forderung auch nur nach Auffassung eines Staates im ersuchten Staat belegen ist (Ost, Justiz 1976,134). 76 OLG Düsseldorf, IPRspr. 1980, 578 ff.; Bülow/Böckstiegel I, S. 100.13 und Π, S. 900.25 (Fn. 106); Wieczorek, § 829, Anm. Ε Π Ι b; Stein/Jonas-Münzberg, § 828, Anm. I 2a; TMer-Geimer, § 199, Rz. 21; Nußbaum, DIZPR, S. 417; Unterreitmayer, Rpfl. 1972, 117 ff. (123); Ost, Justiz 1976, 134 ff. (134). Offen gelassen bei Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176) Mülhausen, W M 1986, 957 ff. (959); Schütze, DIZPR, S. 192.
77 M D R 1964,204 ff. (205).
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2. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im deutschen Recht
stizverwaltungen. Nur in den Fällen, in denen der Auslandsstaat, der ggf. um Rechtshilfe zu ersuchen wäre, (wie die Schweiz) definitiv seine Mitwirkung versagt habe, sei die Ablehnung der Weiterleitung rechtlich billigenswert 78 . a) Mögliche Rechtsgrundlagen für eine Weiterleitungspflicht Wenn Schmidt seine Ansicht freilich auf die Regelung in § 199 ZPO stützt, so ist dies m.E. kaum überzeugend. Daß diese Norm eine Pflicht der Justizverwaltungen konstituiere, Rechtshilfegesuche weiterzuleiten, läßt sich ihrem Wortlaut nicht entnehmen. § 199 ZPO besagt nur, daß dann, wenn Auslandszustellungen erfolgen, der Rechtshilfeweg einzuschlagen ist, nicht aber, wann der Versuch einer solchen Zustellung zu unternehmen ist. Auch Art. 103 Abs. 1 GG 7 9, der das rechtliche Gehör garantiert, kann von vornherein nicht zu einer Rechtspflicht der Justizverwaltungen zur Weiterleitung führen. Gewiß ermöglichen Zustellungen ihrer Funktion nach dem Adressaten, sich zu einem Verfahren zu äußern. Sie stehen damit in engem Zusammenhang mit dem rechtlichen Gehör. Art. 103 Abs. 1 GG gebietet die Möglichkeit zur Äußerung jedoch nur im Verhältnis zu Verfahrensbeteiligten. Und solange die Drittschuldneranzeige nicht erfolgt ist, ist der Drittschuldner noch nicht verfahrensbeteiligt. Das rechtliche Gehör spielt daher für die Beurteilung keine Rolle. Als mögliche Rechtsgrundlage zur Begründung einer Weiterleitungspflicht bleibt damit nur der verfassungsrechüiche Grundsatz der Rechtsschutzgewährleistung, den das BVerfG 8 0 den im Einzelfall materiell betroffenen Grundrechten des Rechtsschutzsuchenden (Art. 14 GG) i.V.m. dem Rechtsstaatsgrundsatz (Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 S. 1 GG) entnimmt 8 *. Während in der zivilprozessualen Literatur Streit darüber besteht, ob es einen verfassungsrechtlichen Rechtsschutzanspruch im Sinne eines Rechts auf günstige Entscheidung gibt oder ob der Staat aus dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten lediglich
7 8
Vgl. auch Rosenbaum, S. 50 f. 79 Allgemein zu Art. 103 GG und dessen Verwirklichung durch ordnungsgemäße Zustellungen s. etwa TM&r-Stephan, Vor § 128, Anm. A I 1. S. auch BVerfG NJW 1974, 133 f. (Nr. 2 und 3). Speziell zu Auslandszustellungen Baumbach/Lauterbach-Z/ori/nann, § 203 ZPO, Anm. 2. 80 BVerfGE 61, 126 ff.; 57, 346 ff.; 56, 214 ff. W.Nachw. bei Stürner, ZZP 99 (1986), 291 ff. (295). 81 Der Anspruch auf Justizgewährleistung steht - ebenso wie der Vollstreckung san sprach - im sachlichen Zusammenhang mit dem Verbot privater Selbsthilfe und dem rechts staatlichen Gewaltmonopol.
§ 2 Durchführbarkeit der beim Pfndungsverfahren notwendigen Zustellungen
113
zur Justizgewährung verpflichtet ist82, besteht über die Existenz eines subjektiv-öffenüichen Vollstreckungsanspruchs weitgehend Einigkeit 8 3 . Er ist die logische Fortsetzung des Justizgewährleistungsanspruchs in der Vollstreckung 84 . Funktionsfähigkeit und Effektivität der Rechtspflege^ stehen in untrennbarem Zusammenhang mit der Durchsetzbarkeit von Vollstreckungstiteln, weil jedes Erkenntnisverfahren seinen wesentlichen Sinn erst in der Realisierung erstrittener Titel gewinnt 8 6 . Der Vollstreckungsanspruch beinhaltet, daß der Staat und seine Vollstreckungsorgane grundsätzlich alle Vollstreckungsmöglichkeiten zur Titeldurchsetzung ausschöpfen müssen. Bei der Vollstreckung von Geldforderungen muß damit von staatlicher Seite auch die Möglichkeit des Zugriffs auf Forderungen des Vollstreckungsschuldners gewährleistet werden. Die Weigerung, Rechtshilfegesuche an das Ausland zu richten, führt zu einer Verkürzung des so definierten öffentlich-rechtlichen Vollstieckungsanspruchs. Sie kann i.E. einer vollständigen Verweigerung des (effektiven) Rechtsschutzes gleichkommen, wenn außer der Auslandsforderung andere Vermögensgegenstände des Schuldners nicht als Vollstreckungsobjekte zur Verfügung stehen. Die verfassungsrechtliche Rechtsschutzgewährleistung und der subjektiv-öffentliche Vollstreckungsanspruch sind durch die angesprochene Praxis der Justizverwaltungen somit zumindest tangiert. Nach allgemeinen Grundsätzen des Verfassungsrechts ließe sich daraus auch ein Grundrechtsverstoß gegenüber dem Vollstreckungsgläubiger begründen, wenn nicht wesentliche Rechte des Vollstreckungsgegners oder vorrangige öffentlich-rechtliche Belange einer Vollstreckung entgegenstehen87.
8 2 Dazu eingehend Stein/Jonas-Sc Aw/rann, Einl. Π Ι C, Rn. 204 m.zahlr.w.Nachw.; Stürner, Aufklärung, S. 31 ff. und Fn. 5. 83 Baur/Stürner, S. 4 (Rn. 1) und 6 (Rn. 8); Rosenberg/Gaul/Schilke η, S. 54; Stein!Jonas-Münzberg, vor § 704, Rn. 8 m.w.N. 8 4
Ein anderer Ansatz findet sich bei Schlosser, Gestaltungsklagen und Gestaltungsurteile, der schon vor Titelerlangung das Bestehen eines Vollstreckungsanspruchs annimmt. Der Staat verspreche von vornherein jedem Rechtsgenossen, dessen privatrechtlichen Anspruch gegen andere Rechtsgenossen durchzusetzen. Ein solcher vorprozessualer Vollstreckungsanspruch ist indessen abzulehnen. I.E. würde er der Anerkennung eines Rechtsschutzanspruchs gleichkommen, der von der h.M. mit Recht abgelehnt wird Vgl. dazu Rosenberg!Gaul!Schilken t S. 55, Fn. 12. 85 Dazu MaunT/Düng-Schmidt-Aßmann, Art. 1 9 I V , Rz. 229; y.Mimch-Hendrichs, Alt. 19, Rz. 51; Schwab/Gottwald, Effektiver Rechtsschutz, S. 7 ff. (44 f.). 8 6
Der Vollstreckungsanspruch beschränkt sich auf die Vornahme möglicher Vollstreckungsakte, dagegen garantiert er nicht den günstigen Erfolg i.S. einer Befriedigung des Vollstreckungsschuldners; RosenbergiGaul/Schilken, S. 55). 8 7 Zu diesem allgemeinen Problem, das hier nicht weiter erörtert werden soll s. etwa Baur/Stürner, S. 8 ff. (Rn. 11); Rosenberg! Gaul/Schilken, S. 19 ff.; Stürner, ZZP 99 (1986), 291 ff. (295 ff.) jew.m.w.Nachw. 8 Mössle
114
2. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im deutschen Recht
Der Vollstreckungsgläubiger hat natürlich immer auch die Möglichkeit, seinen Vollstreckungstitel im Drittschuldnerstaat anerkennen zu lassen, um dann unter Inanspruchnahme der ausländischen Behörden in die Forderung zu vollstrecken. Dies scheint derzeit in der Tat der in der Praxis gängige Weg zu sein 8 8 . Doch verspricht er nicht den gleichen Erfolg wie die Vollstreckung im Inland mit der Übersendung der Drittschuldneranzeige auf dem Rechtshilfeweg. Selbst wenn das Anerkennungsverfahren - wie es im Verhältnis zu Frankreich 8? und der Schweiz90 der Fall ist - eingehend geregelt ist und daher relativ zügig von sich geht, nimmt es doch einen nicht unerheblichen Zeitraum in Anspruch, in dem der Vollstreckungsschuldner die Möglichkeit hat, sich der Forderung zu Lasten des Gläubigers zu entledigen. Diese Gefahr besteht um so mehr, als der Schuldner durch das Anerkennungsverfahren vor einer bevorstehenden Zwangsvollstreckung ja gewarnt wird. Die Vollstreckungsmöglichkeit im Ausland entlastet die deutschen Vollstreckungsorgane daher nicht ohne weiteres von ihrer Pflicht zur Vollstreckung im Inland. b) Ermessensspielraum der Justizverwaltungen Im internationalen Zivilrechtshilfeverkehr besteht freilich eine Besonderheit, die bei den bisherigen Überlegungen unberücksichtigt blieb: Die Justizverwaltungen dürfen und müssen sich bei ihren Entscheidungen richtigerweise auch von außenpolitischen Erwägungen leiten lassen, die einen gewissen Ermessensspielraum geben und die sich gerichtlicher Überprüfung entziehen? 1. Dies folgt mittelbar aus der Regelung in Art 32 Abs. 1 GG, wonach der Bund, d.h. die Bundesregierung als Exekutiv-organ, zur Pflege auswärtiger Beziehungen zuständig ist 9 2 . Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gewaltenteilung verbietet bei Exekutivangelegenheiten die volle Überprüfbarkeit durch die Gerichte?3. Den Landesjustizverwaltungen, die im zivilen internationalen Rechtshilfeverkehr regelmäßig tätig werden, steht die Kompetenz zur Pflege
8 8
So die mir erteilten Informationen aus dem Justizministerium Baden-Württemberg. S. aber auch die Begründung in OLG Düsseldorf, IPRspr. 1980, 578 ff.(580). 8 ? Vgl. das EuGVÜ. 90 Hier gilt das deutsch-schweizerische Vollstreckungsübereinkommen. 91 BGH NJW 1978, 1425 f. (1425); OLG Köln, FamRZ 1278 f. (1279); OLG Hamm, MDR 1982,602; Mansel, IPrax 1987, 210 ff. (211); Tm&r-Geirner, § 199, Rz. 21. 92 Dazu BVerfG DRiZ 1979, 218 ff. (219); BGHZ 71, 9 ff. (12); OLG Köln, FamRZ 1985, 1278 f. (1279); LG Bonn, IPrax 1987,231 ff. (232); Schlosser, FS Constantinesco, S. 653 ff. (661) (für vertragslosen Rechtshilfeverkehr); Mansel, IPrax 1987, 210 ff. (211); Unterreitmayer, Rpfl. 1972,117 ff. (119). 93 BGH NJW 1978, 1425 ff. (1425); OLG Hamm, MDR 1982, 602; Gelmer, IZPR, Rz. 2384 (S. 489).
§ 2 Durchführbarkeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
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auswärtiger Beziehungen zwar nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 32 Abs. 1 GG gerade nicht zu. Zutreffend hat Schlosser?4 aber darauf hingewiesen, daß der Bund den Ländern mit seiner Zustimmung zum Erlaß der ZRHO die eigene Kompetenz betreffend den Rechtshilfeverkehr übertragen hat. Damit steht der Entscheidungsspielraum, der sich aus Art. 32 GG ergibt, kraft Übertragung nunmehr den Landesjustizverwaltungen zu. Der Ermessensspielraum im internationalen Rechtshilfeverkehr ist indessen und dies scheinen Praxis und Lehre bei ihren Ausführungen zur internationalen Forderungspfändung bisweilen zu verkennen - zwingend auf die Entscheidungskriterien beschränkt, die tatsächlich "rein" außenpolitischen Bezug haben. Er entfällt dagegen, wenn allgemeinrechtliche Erwägungen, etwa zur Frage des Bestehens eines Rechtsschutzbedürfnisses etc. angestellt werden. Denn die Überprüfungskompetenz hinsichtlich der Rechtsanwendung durch die Verwaltung steht entsprechend dem klassischen Inhalt des Gewaltenteilungsgrundsatzes allein der Judikative zu. Gerade die letzte Feststellung führt zu dem weiteren Schluß, daß auch "außenpolitische" Erwägungen in dem Maße gerichtlich überprüfbar sein müssen, in dem sie mit "rechtlichen" verknüpft sind 9 5 . Dies betrifft das Argument der Justizverwaltungen, Anträge auf Zustellung von Drittschuldneranzeigen seien deswegen nicht weiterzuleiten, weil die Forderung am Drittschuldnerwohnsitz belegen sei, die Rechtshilfeleistung sich folglich nicht mit der fremden Souveränität vertrage. Das Problem der Forderungsbelegenheit ist ebenso ein rechtliches wie die Frage, ob durch den Rechtshilfeantrag fremde Souveränität berührt wird. Einer gerichtlichen Überprüfung steht hier nichts im Wege. Allein die Folgerungen, die aus einer unterstellten Forderungsbelegenheit oder aus einer die Rechtshilfe generell verneinenden Grundhaltung des Drittschuldnerstaates mit Rücksicht auf dessen Souveränitätsverständnis zu ziehen wären, würden gegebenenfalls dem Ermessen der Justizverwaltung unterliegen. Als rein außenpolitisch ist allein die Erwägung mit der fehlenden deutschen Gegenseitigkeitsverbürgung anzusehen. Hier geht es um das Anliegen, den deutschen Staat nicht in internationalen Mißkredit zu bringen, indem man von ausländischen Staaten etwas fordert, was man selbst nicht zu geben bereit wäre. Gleichwohl ist selbst hier die rechtliche Überprüfung nicht völlig ausgeschlossen. Sie kann bei der Frage ansetzen, ob nicht die Praxis, die überhaupt erst zum "Gegenseitigkeitsproblem" führt, angreifbar ist. Der Nachweis, daß die deutsche Ablehnung ausländischer Rechtshilfegesuche um Zustellung von 9 4 9 5
FS Constantinesco, S. 653 ff. (660).
Entsprechend der verwaltungsrechtlichen Terminologie kann man im Falle der Verkennung rechtlicher Gesichtspunkte in einem solchen Fall von einem Ermessensfehlgebrauch der Justizverwaltungen sprechen (Geirrter, IZPR, Rz. 2384 (S. 489)). 8*
116
2. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im deutschen Recht
Drittschuldneranzeigen rechtswidrig ist, würde - im Falle seiner praktischen Umsetzung - zum Wegfall der tatsächlichen Voraussetzungen führen, die das Gegenseitigkeitsargument überhaupt erst entstehen lassen. Die Ermessenserwägung fehlender Gegenseitigkeitsgewähr wäre dann fehlerhaft, weil das Hindernis auf der eigenen fehlerhaften Praxis beruhen würde und damit ohne weiteres beseitigt werden könnte. Im folgenden soll zunächst auf das Belegenheitsargument (2) und auf den Gesichtspunkt der Gegenseitigkeit (3) eingegangen werden, die das Verhältnis der Bundesrepublik sowohl zu Frankreich als auch zur Schweiz betreffen. Daran anschließend wird die allein im Verhältnis zur Schweiz relevante Frage zu klären sein, ob die mangelnde Bereitschaft schweizerischer Behörden, deutsche Drittschuldneranzeigen zuzustellen, zum Fehlen eines Rechtsschutzbedürfnisses des Vollstreckungsschuldners führt. Am Ende steht schließlich die Erörterung der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung der gefundenen Ergebnisse. 2. Souveränitätsgrundsatz als rechtliche Grundlage der Praxis der Justizverwaltungen Wenn die Justizverwaltungen sich für ihre Praxis auf den Souveränitätsgrundsatz und die angebliche Belegenheit von Forderungen am ausländischen Drittschuldnerwohnsitz (§ 23 ZPO) berufen, so verträgt sich dies von vornherein nicht mit den oben getroffenen Feststellungen, wonach es eine solche Forderungsbelegenheit nicht gibt. Weder im geltenden Völkergewohnheitsrecht? 6 noch als allgemeiner Rechtsgrundsatz des deutschen Rechts9? ließ sich eine entsprechende Lokalisierung nachweisen. Selbst wenn man aber unterstellte, eine Forderung sei am Drittschuldnerwohnsitz lokalisiert, gebietet der Souveränitätsgrundsatz sicherlich nicht, von Rechtshilfegesuchen abzusehen. Daß das Völkerrecht - vorbehaltlich der tatsächlichen Grenzüberschreitung durch Amtsträger - nicht einmal die direkte Beschlagnahme durch Inlandsbeschluß verbietet, wurde gleichfalls schon oben im allgemeinen, völkerrechtlichen Teil der Arbeit? 8 begründet. Dies ist neuerdings - zumindest für das internationale Konkursrecht - auch vom BGH ausdrücklich anerkannt worden". Für die internationale Forderungspfändung 96 Vgl. S. 29 ff. 97 Vgl. S. 96 ff. 98 Vgl. S. 39 ff. und insbes. S. 44 ff. 99 BGH ZIP 1985, 944 ff. (949); dazu Hanisch, ZIP 1985, 1233 ff. (1234); Ackmann/Wenner, IPrax 1989, 144 ff. m.w. Nachw.
§ 2 Durchführbarkeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
117
kann nicht anderes gelten. Im Gegenteil: Hier liegt die Annahme einer Souveränitätsverletzung sogar noch ferner als im internationalen Konkursrecht. Bedingt durch das Wirksamkeitserfordernis der Zustellung der Drittschuldneranzeige in den betroffenen Auslandsstaat und die damit verbundene Notwendigkeit des Rechtshilfewegs wird die Beschlagnahmewirkung bei der Pfändung nämlich gerade vom Willen des "Belegenheitsstaates" und von dessen Bereitschaft, Rechtshilfe zu leisten, abhängig gemacht 100 . In der Stellung eines Rechtshilfegesuchs kann bei dieser Betrachtungsweise von vornherein kein Eingriff in fremde Souveränität liegenl°l; sie belegt vielmehr sogar die Achtung vor der fremden Gebietshoheit Dem Gesichtspunkt der "Belegenheit" von Forderungen könnte daher allenfalls dann entscheidungserhebliche Bedeutung zukommen, wenn die Schweiz und Frankreich aus einer eigenen, nationalrechtlichen Belegenheitsfiktion grundsätzliche Bedenken gegen die Zustellung deutscher Drittschuldneranzeigen ableiteten. Würden sich die beiden Staaten im Hinblick auf die "Forderungsbelegenheit" durch die Zustellung deutscher Drittschuldneranzeigen in ihrer Souveränität gefährdet sehen, so entzöge sich die Rücksichtnahme hierauf rechtlicher Überprüfbarkeit. Als außenpolitische Erwägung (im Interesse guter zwischenstaatlicher Beziehungen) wäre sie jedenfalls nicht sachfremd. Denn das internationale Ansehen der Bundesrepublik kann durchaus Schaden nehmen, wenn Rechtshilfeersuchen ständig erneuert werden, die als (fälschlicherweise) Souveränitätsangriff aufgefaßt werden und deren Ablehnung daher von vornherein feststeht. So ist die Sachlage indes nicht. Für das Verhältnis zu Frankreich gilt vielmehr das schiere Gegenteil. Die französischen Behörden sind zur Rechtshilfe bei der Zustellung deutscher Drittschuldneranzeigen erklärtermaßen bereit. Auch die Schweiz sieht sich durch den vollstreckungsrechtlichen Charakter der Drittschuldneranzeige keineswegs in ihren Souveränitätsinteressen gefährdet. Sie stellt deshalb französische Drittschuldneranzeigen, die den deutschen funktional vergleichbar sind, problemlos zu. Die fehlende Rechtshilfebereitschaft der Schweiz betrifft speziell das Verhältnis zur Bundesrepublik und stützt sich weitgehend auf Gegenseitigkeitserwägungen. Der Gesichtspunkt der Forderungsbelegenheit und der Rücksicht auf fremde Souveränität bildet damit kein rechtlich tragfähiges Argument für die Praxis der Justizverwaltungen.
1°° Damit verbunden ist eine Kontrollmöglichkeit des Auslandsstaates, deren Erhaltung das Verbot der Direktzustellung gerade bezweckt; Stadler, S. 285 m.w.Nachw. 101 Anders noch LG Berlin, JW 1938, S. 1841; LG Dresden, JW 1933, S. 1350 mit abl. Anm. Neuner.
118
2. Kap. : Die internationale Forderungspfändung im deutschen Recht
3. Gegenseitigkeit Von den Justizverwaltungen wird weiterhin vorgebracht, daß Rechtshilfegesuche dann nicht gestellt werden sollten, wenn umgekehrt die deutsche Rechtshilfe verweigert wird. Dabei steht der Gedanke im Vordergrund, daß solche Rechtshilfeersuchen bei gleichzeitig fehlender Gegenseitigkeitsgewähr im Ausland als unfreundlicher A k t 1 0 2 aufgefaßt werden und damit den zwischenstaatlichen Beziehungen - hier: zu Frankreich und zur Schweiz - schaden kann. Als eine "auswärtige Angelegenheiten" betreffende Erwägung ist sie einer rechtlichen Überprüfung an sich entzogen. Eine andere Frage ist, ob die tatsächliche Grundlage dieses Arguments, d.h. die Praxis deutscher Behörden bei eingehenden Ersuchen, rechtlicher Überprüfung standhält. Wäre sie rechtswidrig, würde eine ggf. bestehende internationale Übung zur Gegenseitigkeit bei rechtmäßigem Vorgehen gar nicht erst berührt. a) Überprüfung
der deutschen Haltung bei ausländischen Zustellungsanträgen
Bei der Beurteilung der deutschen Haltung gegenüber ausländischen Forderungspfändungen und mit ihnen verbundenen ausländischen Rechtshilfeanträgen ist zu differenzieren zwischen Fällen im Anwendungsbereich der Haager Abkommen (bei Qualifikation der im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzenden Forderung als "Zivil- und Handelssache") und solchen, für die es an einer staatsvertraglichen Regelung fehlt. aa) Rechtslage im Anwendungsbereich der Haager Abkommen Sind das HZPrÜbk. oder das HZustÜbk. einschlägig, ist die Bundesrepublik grundsätzlich verpflichtet, Rechtshilfeanträgen auf Zustellung "gerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen" aus der Schweiz und aus Frankreich nachzukommen. Wenn die deutschen Behörden dennoch die Rechtshilfe für Zustellungen ausländischer Drittschuldneranzeigen verweigern, so berufen sie sich auf die in beiden Staatsverträgen enthaltenen Ordre-public-Klauseln 103 102 Schlemmer, S. 16. 103 So die übereinstimmende Auskunft der deutschen Landesjustizministerien. Bestätigt durch OLG Düsseldorf, IPrax 1980, 578 ff. S. auch die Denkschrift zum (neueren) deutsch-marokkanischen Rechtshilfeabkommen, BRDracks. 553/87, S. 17 (zu Art. 32). In der Denkschrift zum HZustÜbk. ist ein Hinweis auf die Problematik der internationalen Forderungspfändung nicht enthalten.
§ 2 Durchführbarkeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
119
(Art. 4 HZPrÜbk. und Art. 13 HZustÜbk.). Die Rechtshilfe würde, so wird in Parallelität mit der Argumentation zur Nichtweiterleitung ausgehender Ersuchen angeführt, der Mitwirkung an einem Übergriff ausländischer Vollstreckungsgewalt gleichkommen. Dies widerspreche deutschem Souveränitätsverständnis und sei daher geeignet, deutsche Hoheitsrechte zu gefährden. aaa) Rechtlicher Charakter der Regelungen in Art. 4 HZPrÜbk. und Art. 13 HZustÜbk. Sowohl Art. 4 HZPrÜbk. als auch Art. 13 HZustÜbk. gewähren den Vertragsstaaten bei der Frage, ob ihre öffentlichen Interessen gefährdet sind, einen gewissen Beurteilungsspielraum l104. Erforderlich ist nach dem Wortlaut der Klauseln eben nicht die objektive Verletzung bzw. Gefahrdung von Souveränitätsinteressen; vielmehr reicht das subjektive "Sichgefahrdetfühlen" als Verweigerungsgrund aus. In der Literatur wird nun - insbesondere im Zusammenhang mit der internationalen Forderungspfändung - vielfach vertreten, die Ablehnungspraxis eines Vertragsstaates sei im Hinblick auf jenen Beurteilungsspielraum rechtlich nicht nachprüfbar. Sobald eine - wie auch immer begründete - subjektiv empfundene Gefährdung von Souveränitätsinteressen behauptet werde, seien im Grundsatz die staatsvertraglichen Voraussetzungen für die Geltendmachung der Ordre-public-Klausel gegeben. Richtig ist daran sicherlich, daß die Anwendung der Ordre-public-Klauseln nicht nur dann legitim sein kann, wenn "objektives", allgemeines Völkergewohnheitsrecht der Rechtshilfeleistung entgegensteht. Gegen eine derart starke Einschränkung von A r t 4 HZPrÜbk. bzw. Art. 13 HZustÜbk. spricht schon der eindeutige Wortlaut der Klauseln. Ein Verweigerungsrecht verstünde sich im Falle des Bestehens völkerrechtlicher Schranken zudem von selbst und hätte gar nicht erst einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Richtig ist folglich auch, daß das Souveränitätsverständnis der einzelnen, jeweils betroffenen Vertragsstaaten eine Rolle spielen kanni°5. W i l l man indessen das verfehlte Ergebnis vermeiden, daß sich die im HZPrÜbk. bzw. HZustÜbk. eingegangenen staatsvertraglichen Pflichten problemlos durch die Behauptung eines "Sichgefährdetfühlens in Souveränitätsinteressen" umgehen lassen, wird man zumindest fordern müssen, daß sich das geltend gemachte "Souveränitätsverständnis" in irgendeiner Weise im nationalen Recht oder in der nationalen Praxis manife-
104 Marquardt, S. 68. 105 Bülow/Böckstiegel
I, S. 100.12.
120
2. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im deutschen Recht
stiert. Nur so kann man die Anwendung der Ordre-public-Klauseln sinnvoll begrenzen^. L ä ß t sich umgekehrt ein entsprechendes Souveränitätsverständnis in nationalem Recht und nationaler Praxis nicht nachweisen, fehlt es folglich zugleich an der Befugnis zur Rechtshilfeverweigerung. Die Berufung auf die Ordre-public-Klauseln ist in diesem Falle rechtsmißbräuchlich, ohne daß es auf den in Art. 4 HZPrÜbk. und Art. 13 HZustÜbk. gewährten Beurteilungsspielraum ankäme. Dies entspricht auch dem Willen der Vertragsstaaten. Bei der Redaktion von Art. 13 HZustÜbk. wurde ausdrücklich darauf Wert gelegt, daß die Möglichkeit willkürlicher Berufung auf das vorgeschobene eigene Souveränitätsverständnis ausgeschlossen werden sollte 1 0 7 . bbb) A r t 32 GG und Überprüfbarkeit der Praxis der deutschen Justizverwaltungen bei eingehenden Zustellungsersuchen Die damit begründete Überprüfbarkeit der Praxis bei der Anwendung der Ordre-public-Klauseln läßt sich für die Bundesrepublik nicht etwa mit der Erwägung ausräumen, daß speziell im deutschen Recht der internationale Rechtshilfeverkehr der Exekutive übertragen und damit einem exekutiven Beurteilungsspielraum überlassen sei. Sobald ein Staatsvertrag Anwendung findet, existiert eine rechtliche Regelung und damit - wie eingangs schon dargelegt - entsprechend dem Gewaltenteilungsgrundsatz volle Überprüfungskompetenz der G e r i c h t e l o s . Allenfalls dort, wo der Staatsvertrag Lücken aufweist, mag der sich auf A r t 32 GG stützende Beurteilungsspielraum der Justizverwaltungen wieder aufleben. Nach der hier vertretenen Auslegung der Ordre-public-Klauseln bestehen solche Lücken in den Haager Abkommen respektive in A r t 4 HZPrÜbk. und Art. 13 HZustÜbk. indes nicht. Die deutsche Praxis im Hinblick auf eingehende Ersuchen um Zustellung von Drittschuldneranzeigen ist folglich im Anwendungsbereich der Haager Abkommen rechtlich voll nachprüfbar. Haltbar wäre sie bei der hier vertretenen Auslegung der Ordre-public-Klauseln nur dann, wenn das im deutschen Recht oder in der deutschen Praxis verankerte Souveränitätsverständnis die Rechtshilfe hinderte oder wenn allgemein nachvollziehbare, völkerrechtliche Erwägungen gegen die Zustellung sprächen. 106 Für eine Einschränkung allgemein auch Pfennig, S. 97 ff. m.w. Nachw. 107 Actes et Documents 1964 EU, 85. 108 Schlosser, FS Constantinesco, S. 653 ff. (653). A.A. Geirrter, IZPR, Rz. 1284 (S. 489) mit Verweis auf die Tatsache, daß völkerrechtliche Verträge keine Ansprüche des einzelnen begründen. Dies bedeutet jedoch nur, daß der einzelne nicht mit Erfolg geltend machen kann, die Justizverwaltung sei zur Weiterleitung von Rechtshilfegesuchen verpflichtet. An der grundsätzlich bestehenden Überprüfbarkeit dieser Praxis ändert sich dadurch aber nichts.
§ 2 Durchführbarkeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
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ccc) Ordre public und Forderungsbelegenheit Sicherlich auch unter dem Aspekt der Ordre-public-Klauseln nicht haltbar ist die deutsche Rechtshilfeverweigerung, soweit sie - wie zumeist - unter Berufung auf eine sich aus § 23 ZPO ergebende Belegenheit der zu pfandenden Forderung auf deutschem Boden (am Wohnsitz des Drittschuldners) erfolgt § 23 ZPO enthält keinen allgemeinen Gedanken des deutschen Rechts, der die Annahme stützen könnte, die ausländische Pfändung erfasse in deutschem Souveränitätsverständnis widersprechender Weise Inlandsvermögen, wenn der Drittschuldner im Inland wohnt10^. Dabei kann offen bleiben, ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn § 23 ZPO einen solchen allgemeinen Rechtsgedanken enthielte. Auch dann wäre die Zulässigkeit der Rechtshilfeverweigerung aber wohl deswegen zweifelhaft, weil das deutsche Recht ja umgekehrt gleichwohl die internationale Zuständigkeit zur Pfändung von "Auslandsforderungen" in Anspruch nimmt (§ 828 Abs. 2 ZPO). Hierin kommt zum Ausdruck, daß gerade keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Pfändung solcher "Auslandsforderungen" gesehen werden. ddd) Ordre public und Charakter der Forderungspfändung als ausländischer Vollstreckungsakt Auch der von den Justizbehörden weiterhin angefühlte Gesichtspunkt, die deutsche Rechtshilfe bei der Zustellung einer Drittschuldneranzeige würde einem ausländischen Vollstreckungsakt im Inland zur Wirksamkeit verhelfen und müsse daher aus souveränitätsrechtlichen Gründen unterbleiben, stellt sich bei näherem Hinsehen als wenig überzeugend dar. Er wird weder durch das allgemeine Völkerrecht noch durch das "deutsche Souveränitätsverständnis", wie es sich in der sonstigen Praxis widerspiegelt, gestützt Gegen die Relevanz des hoheitlichen bzw. vollstreckungsrechtlichen Charakters der Drittschuldneranzeige spricht bereits, daß mit der Rechtshilfeleistung nicht auch automatisch die deutsche Wirkungsanerkennung verbunden i s t 1 1 0 . Daß beides in der Praxis auseinanderfallen kann, zeigt das Beispiel Frankreichs, das Zustellungsersuchen bei Drittschuldneranzeigen zwar nachzukommen bereit ist, dem Pfändungsakt aber die Anerkennung versagt 111 . Die Zustellung führt also nicht zwingend zur Wirksamkeit des Vollstreckungsakts aus deutscher Sicht. Mit der Zustellung tritt freilich die Beschlagnahmewirkung 109 Vgl. oben S. 94 ff. 110 Actes et Documents 1964 ΠΙ, S. 16 (Droz)\ 199 (procès-verbal), 376 (rapport Ferreira). 111 So die Auskunft des französischen Justizministeriums.
122
2. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im deutschen Recht
nach dem Recht des ersuchten Staates ein. W i l l man für die Frage der "Souveränitätsgefährdung" gem. Art. 4 HZPrÜbk. bzw. Art. 13 HZustÜbk. hierauf abstellen, so ist die Argumentation der Justizverwaltungen zumindest im Ansatz zutreffend. Es schließt sich dann aber die Frage an, welche rechtlichen Bedenken überhaupt dagegen bestehen können, einem ausländischen Vollstreckungsakt durch Rechtshilfeleistung zur Wirksamkeit zu verhelfen. Sicher keine Bedenken bestehen allein aufgrund des Charakters der Drittschuldneranzeige als ausländischem Hoheitsakt. Es ist das Charakteristikum einer jeden Rechtshilfehandlung, daß Akte ausländischer Gewalt im Inland zur Wirksamkeit gebracht werden* 12. Auch mit der Zustellung eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks (z.B. einer Klageschrift) oder der simplen Anerkennung eines ausländischen Urteils werden ausländische Hoheitsakte - nämlich Verfahrenseröffnung bzw. Urteil - im Inland wirksam. Ähnliches gilt für jeden beliebigen Rechtshilfeakt. Den Satz, daß im Inland kein ausländischer Hoheitsakt zur Wirkung gebracht werden dürfe, als rechtlich zulässigen Verweigerungsgrund anzuerkennen, würde sämtlichen Rechtshilfeabkommen den Boden entziehen. Die Selbstverständlichkeit, mit der gerade die Bundesrepublik in anderen Rechtsgebieten Rechtshilfe leistet, veranschaulicht denn auch, daß aus dem Gesichtspunkt der "Wirksammachung" eines Hoheitsaktes weder im allgemeinen Völkergewohnheitsrecht noch im "deutschen Souveränitätsverständnis" Schranken hergeleitet werden können. Er ist als tragfähiger Entscheidungsgesichtspunkt bei den Ordre-public-Klauseln abzulehnen. Ein rechtlich bedeutsamer Unterschied zu anderen Fällen der Rechtshilfegewährung kann sich demnach allenfalls noch aus dem Charakter der Drittschuldneranzeige nicht nur als Hoheitsakt, sondern auch als Akt der Zwangsvollstreckung ergeben! 13. Dabei mag die Überlegung eine Rolle spielen, daß der Titel, der der Zwangsvollstreckung zugrundeliegt, u.U. in Deutschland noch nicht anerkannt wurde und gegebenenfalls auch gar nicht anerkennungsfähig ist. Die Rechtshilfe könnte also zur Durchsetzung eines ausländischen Titels auf deutschem Boden führen, obwohl dieser hier keine Wirksamkeit h a t i i 4 . Doch ist die Gültigkeit des Titels im Inland überhaupt notwendig? Dagegen spricht, daß es - trotz deutscher Rechtshilfe - ja nicht um deutsche, sondern um ausländische Akte der Zwangsvollstreckung geht. Sie müssen sich
112 Marquordt, S. 65. 113 So wohl Schima, FS Dölle, S. 541 ff. (552). 114 Auch dies sind Bedenken gegen die Zustellung ausländischer Drittschuldneranzeigen, die die Justizverwaltungen zum Ausdruck gebracht haben.
§ 2 Durchführbarkeit der beim Pfndungsverfahren notwendigen Zustellungen
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logischerweise nach den Voraussetzungen des fremden Staates richtenii5. Ob der Titel also in Deutschland anerkannt bzw. anerkennungsfähig ist, kann grundsätzlich keine Rolle spielen. Und selbst wenn man dem Fehlen eines deutschen Titels Bedeutung zumißt, ist zu berücksichtigen, daß Fälle fehlender Anerkennungsfähigkeit des der Zwangsvollstreckung zugrundeliegenden Titels selten sind, wenn Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen die grundsätzliche Pflicht zur Anerkennung regeln 116. So ist die Situation sowohl im Verhältnis zu Frankreich aufgrund des Europäischen Gerichtsstandsübereinkommens als auch zur Schweiz, wo das deutsch-schweizerische Vollstreckungsabkommen g i l t Die generelle Rechtshilfeverweigerung bei allen ausländischen Drittschuldneranzeigen mit Verweis auf die seltenen Fälle, in denen der zugrundeliegende Titel nicht anerkennungsfähig ist, wäre zumindest unverhältnismäßig und daher durch die Ordre-public-Klauseln nicht gerechtfertigt Dies um so mehr, als ja die theoretische Möglichkeit bestünde, vor der Rechtshilfegewährung eine Inzidentprüfung der Anerkennungsfahigkeit des Vollstreckungstitels durchzuführen. Die Rechtshilfeverweigerung könnte dann auf die Fälle beschränkt werden, in denen es an der Anerkennungsfähigkeit offenkundig fehlt.
eee) Ordre public und Gefahr der doppelten Inanspruchnahme des deutschen Drittschuldners Die Gefahr doppelter Inanspruchnahme des Drittschuldners entsteht nicht schon bei fehlender Anerkennung des der ausländischen Pfändung zugrundeliegenden Titels. Sie kann sich aber dann realisieren, wenn der Vollstreckungsakt als solcher, also die Wirksamkeit der Forderungspfändung, in der Bundesrepublik nicht anerkannt w i r d 1 1 7 , sei es wegen fehlender Anerkennungsfähigkeit des Vollstreckungstitels oder wegen angeblichen Eingriffs der Pfändungsmaßnahme in deutsche Souveränität. Wenn der ausländische Pfändungsakt mit der Zustellung der Drittschuldneranzeige im Ausland wirksam wird, hier aber keine Anerkennung erfahrt, besteht nämlich die Möglichkeit, daß der Drittschuldner, der aufgrund der Pfändung vielleicht bereits an den ausländischen Vollstreckungsschuldner geleistet hat, im Inland erneut in Anspruch genommen werden kanniis. Diese Gefahr besteht um so mehr, als der
115 OLG Frankfurt, MDR 1976, 321 (für den umgekehrten Fall einer deutschen Forderungspfändung). 116 Dazu Baur/Stiirner, S. 39 (Rz. 79). 11 7 Vgl. etwa Stein/Jonas-Münzberg, § 829, Anm. 12 a und V I 3; RGZ 77, 250 ff. 118 So in der Tat der in RGZ 77, 250 ff. behandelte Fall.
124
2. Kap.:
e internationale Forderungspfändung im deutschen Recht
Drittschuldner aufgrund der Mitwirkung deutscher Behörden im Rechtshilfeverfahren auf die deutsche Anerkennung vertrauen wird 1 1 ? Gewiß ließe sich dieses Problem ganz einfach dadurch lösen, daß man von deutscher Seite generell auch ausländische Forderungspfändungen anerkennen würde. Doch wird sich die Praxis hierzu in absehbarer Zeit kaum durchringen können. Gegen die Relevanz der Drittschuldnerinteressen spricht aber jedenfalls, daß es sich dabei nicht um einen Gesichtspunkt handelt, der für geeignet gehalten werden kann, "deutsche Hoheitsrechte" oder die "deutsche Sicherheit" zu gefährden. Weder geht es um Interessen der Allgemeinheit noch um eine Erwägung, die den Staat und seine Interessen als Ganzes tangiert. Vielmehr sind lediglich private Einzelinteressen im Spiele, die nach dem klaren Wortlaut der Art. 4 HZPrÜbk. und Art. 13 HZustÜbk. die Rechtshilfeverweigerung gerade nicht rechtfertigen soll. fff) Zwischenergebnis Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, daß sich die derzeitige Praxis der deutschen Justizverwaltung in bezug auf ausländische Drittschuldneranzeigen mit den Ordre-public-Klauseln nicht überzeugend begründen läßt Der Beurteilungsspielraum, der den Mitgliedstaaten hier zusteht, ist überschritten, wenn die Zustellung ausländischer Drittschuldneranzeigen verweigert wird. Ein der Zustellung entgegenstehendes Souveränitätsverständnis läßt sich nicht nachweisen. Der Spielraum in Art. 4 HZPrÜbk. und A r t 13 HZustÜbk. verengt sich also - vorbehaltlich fallspezifischer Besonderheiten - auf die einzig rechtmäßige Entscheidung, Drittschuldneranzeigen aus dem Ausland z u z u s t e l l e n 120. Für die Frage der Rechtmäßigkeit der Nichtweiterleitung ausgehender Zustellungsersuchen folgt daraus, daß das Argument fehlender Gegenseitigkeit kein zulässiger Ermessensgesichtspunkt sein kann, denn es ließe sich von Seiten der deutschen Justizverwaltungen leicht beseitigen. Vielmehr führt der Justizgewährleistungsanspruch des deutschen Gläubigers zum indirekten Anspruch auf Rechtshilfegewährung zugunsten ausländischer Gläubiger und damit zum indirekten Anspruch auf Beseitigung der rechtswidrigen Praxis betreffend eingehende Ersuchen. Es hieße das Pferd vom Schwänze her aufzäumen, wollte man die Praxis der Justizverwaltungen in bezug auf eingehende Ersuchen mit Blick auf den Gegenseitigkeitsgrundsatz gut heißen, weil die deutschen Behör-
119 Vgl. aber Rheinstein, RabelsZ 8 (1934), 277 ff.: Kondiktionsanspruch des Drittschuldners gegen den VollstreckungsSchuldner, der einredeweise gelten gemacht werden kann. 120 A.A. Marquordt, S. 68.
§ 2 Durchfhbakeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
125
den sich in rechtswidriger Weise gegen ihre Pflicht, ausländische Drittschuldneranzeigen im Inland zuzustellen, sperren. bb) Fehlen einer staatsvertraglichen Regelung Anders als die Haager Abkommen verpflichtet das allgemeine Völkerrecht, das außerhalb von "Zivil- und Handelssachen" einschlägig ist, nach einhelliger Meinung nicht, einem fremden Staat auf eigenem Staatsgebiet Rechtshilfe zu leisten 1 2 1 . An der völkerrechtlichen Zulässigkeit der (ablehnenden) Haltung deutscher Justizverwaltungen im Hinblick auf eingehende Ersuchen ist daher nicht zu zweifeln. Auch aus dem deutschen Verfassungs- und einfachgesetzlichen Recht bestehen hier keine Bedenken. Die Entscheidung ist mangels staatsvertraglicher Regelung dem pflichtgemäßen Ermessen der Justizverwaltungen überlassen (Art. 34 GG). Damit ist die fehlende Gegenseitigkeitsgewähr ein zulässiger Ermessensgesichtspunkt, aufgrund dessen die Justizverwaltungen auch die Weiterleitung ausgehender Ersuchen verweigern können. Daß freilich auch hier die tragenden Erwägungen der Justizverwaltungen schwerlich überzeugen können, folgt aus den eben gemachten Ausführungen. Eine Praxisänderung auch außerhalb der Haager Abkommen wäre daher zumindest rechtspolitisch äußerst wünschenswert. Gegenwärtig kann sie freilich nicht durchgesetzt werden, weil entsprechende subjektiv-öffentliche Ansprüche nicht bestehend b) Die Lehre von der Gegenseitigkeit Ob das Gegenseitigkeitsargument der h.M. wenigstens bei unterstellter Rechtmäßigkeit der derzeitigen Praxis überzeugen kann, hängt insbesondere davon ab, ob es einen völkergewohnheitsrechtlichen Satz gibt, wonach Rechtshilfe nur auf Gegenseitigkeitsbasis zu gewähren ist und wonach umgekehrt die Bitte um Rechtshilfe die Bekundung der Bereitschaft impliziert, selbst in der Zukunft einem entsprechenden Ersuchen Folge zu leisten. In diesem Fall entspräche der Verzicht auf die Stellung eines Rechtshilfeantrags bei gleichbleibender eigener Praxis sogar einer rechtlichen Pflicht
121 Speziell für den Fall der Forderangspfändung: Stöber, Rz. 49 (S. 14 f.). AUg. BVerfGE 63, 343 ff. (361); Schlemmer, S. 16; Nagel, Thesauras acroasium I V , S. 469 ff. (479). 122 Zum (fehlenden) subjektiv-öffentlichen Anspruch aus dem allgemeinen Justizgewährleistungsansprach oder dem Vollstreckungsansprach vgl. unten S. 134 ff.
126
. Kap.: Die internationale Forderngspfndung im
schen Recht
aa) Gegenseitigkeit und Völkergewohnheitsrecht Davon, daß ein solcher völkerrechtlicher Satz besteht bzw. in der Entstehung begriffen ist, geht die sog. Lehre von der Gegenseitigkeit aus 1 2 3 . Mit S i m m a i 2 4 ließe sich seine Entstehung folgendermaßen beschreiben: "Der Staat, der durch sein Verhalten den "Anspruch auf ein Tun, Dulden oder Unterlassen" anderer Völkerrechtssubjekte formuliert, muß in diesen Fällen damit rechnen, daß der gleiche Anspruch seitens des Betroffenen auch gegen ihn geltend gemacht werden wird, daß er also möglicherweise den "acte initial" eines Rechtsüberzeugungsverfahrens setzen könnte. Er antizipiert die negative Gegenseitigkeit. Erklärt er seine Vorgehensweise nicht von vornherein und unmißverständlich zur Ausnahmesituation ohne Präzedenzwirkung, so gibt er sozusagen sein Einverständnis zu zukünftigen gleichartigen Gegenansprüchen und ist in der Folge "estopped", diese abzulehnen". Das Prinzip der Gegenseitigkeit taucht - insbesondere bei Fragen der internationalen Urteilsanerkennung - häufig in nationalen und staatsvertraglichen Regelungen des internationalen Zivilprozeßrechts a u f 1 2 5 . Reziprozität wird hier regelmäßig vorausgesetzt. Auch dort, wo sie nicht explizit vorgeschrieben ist, wie z.B. im belgischen, französischen oder griechischen Recht, wird die Gegenseitigkeit oft als Bedingung für Rechtshilfeleistungen angesehen12^. Zur faktischen Reziprozität im internationalen Rechtshilfeverkehr führt schließlich die eben für Deutschland dargestellte, international verbreitete 127 Praxis, von Rechtshilfegesuchen abzusehen, wenn man selbst nicht zur Rechtshilfe bereit ist. Es entspricht also in der Tat internationaler Gepflogenheit, daß zwischenstaaüiche Rechtshilfe nur auf Gegenseitigkeitsbasis gewährt wird. Eine das Prinzip der Gegenseitigkeit unterstreichende Praxis ist nicht zu verkennen 128 . Bedingt durch die Tatsache, daß Rechtshilfe nur als Akt der courtoisie internationale geleistet wird, fehlt es speziell im Rechtshilfeverkehr 129 indes von 123 Meili, Das internationale Civilprozeßrecht, S. 45; Szasy, S. 649 (in der Entstehung begriffen). Allgemein dazu Nagel, Rechtshilfe, S. 65 ff. 124 Reziprozitätselement, S. 52. Ähnlich Verdross! Simma, S. 48 ff. (§§ 64 ff.). 125 Vgl. § 328 I Nr.5 ZPO für Deutschland. Für die Schweiz vgl. etwa Ait. 346 ZPO Fribourg; Alt. 401 bernerische ZPO; Art. 383 ZPO (Wallis) sowie Kopp, KoUoquium Rechtshilfe, S. 446. Weitere Beispiele bei Szazy, S. 185 ff. 126 s. Nachweise bei Nagel, Rechtshilfe, S. 68 ff; ders. Tliesuarus acroasium I V , S. 469 ff. (479). 127 OLG Düsseldorf, IPRspr. 1980, 578 ff. 128 So auch Nagel, Rechtshilfe, S. 71; ders., Thesaurus acroasium I V , S. 469 ff. (479); Schlemmer, S. 16. Für die Schweiz: Walder, IZPR, S. 215. 129 BVerfGE 63, 343 ff. (361); BVerwG, IPRspr. 1983, 169 ff.; Dahm, Völkerrecht I, S. 275; Verdross! Simma, S. 636 (§ 1029); Gravalda, S. 17; Geimer, IZPR, Rz. 2374 (S. 488); Guldener,
§ 2 Durchfhbakeit der beim Pfndungsverfahren notwendigen Zustellungen
127
vornherein an einer allgemeinen Überzeugung von der rechtlichen Verbindlichkeit dieser Praxis. Solange das Bewußtsein von der courtoisie internationale als rechtlicher Basis von Rechtshilfeakten besteht, kann es auch im Gegenseitigkeitsverhältnis - keine allgemeine Überzeugung von der Pflicht zur Rechtshilfe geben. Rechtshilfe wird dann ja gerade im Bewußtsein der Freiwilligkeit geleistet. Die Bitte um Rechtshilfe ohne Verbürgung der Gegenseitigkeit und die Ablehnung eines fremden Rechtshilfeersuchens, obwohl in einem vergleichbaren Fall vom ersuchenden Staat Rechtshilfe gewährt wurde, mag demnach zwar als unfreundlicher Akt aufgefaßt w e r d e n 130; e r stellt aber jedenfalls keine Rechtsverletzung dar.
bb) Allgemeine Beurteilung des Gegenseitigkeitsarguments Trotz fehlender (völker-)rechtlicher Verbindlichkeit des Gegenseitigkeitsgrundsatzes im internationalen Rechtshilfeverkehr ist den Justizverwaltungen gleichwohl grundsätzlich zuzustimmen, wenn sie ihre Praxis bei ausgehenden Ersuchen auf den Gesichtspunkt der Gegenseitigkeit stützen^ 1. Der internationalen Zusammenarbeit ist es nicht gerade förderlich, Rechtshilfegesuche zu stellen und den ersuchten Staat gleichzeitig in seiner - aufgrund des in der Praxis vorherrschenden Gegenseitigkeitsgrundsatzes durchaus berechtigten - Erwartung entsprechenden Entgegenkommens zu e n t t ä u s c h e n ^ . Abgesehen davon, daß das eigene staatliche Ansehen in der Staatengemeinschaft Schaden nehmen würde, hätte dies wohl auch zur Folge, daß der ersuchte Staat in der Folgezeit mit Rechtshilfeleistungen ebenfalls zurückhaltender würde. Dies belegt gerade der Rechtshilfeverkehr mit der Schweiz im Zusammenhang mit der Zustellung der Drittschuldneranzeige. Der bessere und im Anwendungbereich der Haager Abkommen auch einzig richtige Weg, Probleme zu vermeiden, die sich bei der internationalen Forderungspfändung aufgrund fehlender Gegenseitigkeitsverbürgung stellen, liegt indessen nicht bei der den Rechtsschutz im eigenen Staate verkürzenden IZPR, S. 19 ff.; Nußbaum, DIZPR, S. 410; Szazy, S. 187; Nagel, Rechtshilfe, S. 71 f; ders., IZPR, Rz. 491 ff. (S. 195); ders., Die Friedenswarte 59 (1976), 249 ff. (255 ff.) mit abw. Begr. Auch in der Schweiz hat das Bundesgericht es als bedenklich bezeichnet, wenn schweizerische Urkunden in Staaten, die gegen die Direktzustellung nichts einzuwenden haben, durch die Post zugestellt werden, obwohl umgekehrt die Schweiz die Direktzustellung auf ihrem Staatsgebiet verbietet, BGE 76 ΙΠ, 75 ff. (79). Hier kommt derselbe Rechtsgedanke zum Ausdruck. Gleichwohl werden Direktzustellungen - etwa in die U.S.A. - vorgenommen, BGE 109ΙΠ, 97 ff. (100). 130 So Schlemmer, S. 16. 131 So auch Stein/Jonas -Münzberg, § 829, Rz. 24. 132 Guldener, IZPR, S. 20: "Mit dem Entgegenkommen des Auslandes kann nur gerechnet werden, sofern der ersuchende Staat Gegenrecht hält."
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. Kap.: Die internationale Forderngspfndung im
schen Recht
Ablehnung von Rechtshilfegesuchen an das Ausland. Die Lösung ist vielmehr, dies wurde eingehend dargelegt, in umgekehrter Richtung in der deutschen Öffnung im Hinblick auf eingehende Ersuchen zu suchen. 4. Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis als Rechtsgrund für Praxis der Justizverwaltungen? (Verhältnis zur Schweiz) Es ist allgemein anerkannt, daß der Anspruch auf Rechtsschutzgewährung sei es im Eikenntnisverfahren oder in der Zwangsvollstreckung - unter dem Vorbehalt eines Rechtsschutzbedürfnisses des Antragsstellers steht 1 3 3 . Fehlt es, so entfällt der AnspruchlH Für das Verhältnis zur Schweizi35 liegt es nun nahe, das schutzwürdige Interesse an der Weiterleitung von Rechtshilfegesuchen für die Zustellung von Drittschuldneranzeigen zu verneinen 13^. Da es die Schweiz generell abgelehnt hat, deutschen Rechtshilfegesuchen nachzukomm e n 1 3 7 , bringt die Weiterleitung auf den ersten Blick nämlich keinen Nutzen. Die wirksame Beschlagnahme der Forderung kann der Gläubiger ohnehin nicht erreichen. a) Möglichkeiten einer Praxisänderung
durch die Schweiz
Was dem Gläubiger dennoch bleibt, ist die ohne Ersuchen vergebene Chance, daß die schweizerischen Behörden ihre Praxis ändern. Diese Möglichkeit ist nicht so irreal, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Eine Anfrage beim eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement hat ergeben, daß die Schweiz - anders als die Bundesrepublik Deutschland - Rechtshilfeersuchen um Zustellung von Drittschuldneranzeigen nicht aus grundsätzlichen Erwägungen heraus ablehnt 1 3 8 . Die Schweiz verweigert nur den Staaten die Rechtshilfe, die wie der deutsche umgekehrt auch auf schweizerische Ersuchen keine Rechtshilfe leisten, in den Fällen also, in denen keine Gegenseitigkeitsgewähr 139 ge1 3 3 M&unz/Düng-Schmidt-Aßmann, Art. 19 I V , Rz. 244 ff.; BVerfGE 61, 126 (135) ("aUgemeines Prinzip"). 1 3 4 ZöücT-Stephan, Vor § 253, Anm. Α Π. 135 Dasselbe gilt auch für andere Staaten, die hier die Rechtshilfe generell verweigern. 1 3 6 So wohl Schmidt, M D R 1956, 204 ff. (205); Nußbaum, DIPR, S. 418; Rosenbaum, S. 50 f., die die Verweigerung bei Aussichtslosigkeit für zulässig halten. 1 3 7 Vgl. oben S. 110 f. 138 So ausdrücklich auch das schweizerische Bundesgericht in seinem Kreis schreiben vom 13.7.1922 an die kantonalen Aufsichtsbehörden für Schuldbetreibung und Konkurs, BGE 52 ΙΠ, 102 = Schw.JZ 23 (1926/27), 79 f.; auch abgedruckt in Walder, SchKG, S. 764 f. 1 3 9 Dazu Kopp, Kolloquium Rechthilfe, S. 446; Guldener, IZPR, S. 20; kritisch dazu Walder, IZPR, S. 215. Anders freilich die Begründung des Kreisgerichts Zürich, M D R 1961,511 sowie Art.
§ 2 Durchfhbakeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
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geben ist. Im übrigen ist sie zur Zustellung durchaus b e r e i t ! 4 0 . Würde die Bundesrepublik demnach - entsprechend ihrer im HZPrÜbk. eingegangenen Pflicht - schweizerische Drittschuldneranzeigen in der Bundesrepublik zustellen, so würde dies aller Wahrscheinlichkeit nach auch eine Änderung der schweizerischen Praxis nach sich ziehen. Auch unabhängig von einer deutschen Praxisänderung ist die Revidierung der schweizerischen Praxis im Sinne eines Abgehens vom strengen Gegenseitigkeitsdenken theoretisch denkbar. Ohnehin läßt sich im Anwendungsbereich des HZPrÜbk. kaum überzeugend begründen, warum bei fehlender Gegenseitigkeitsgewähr Souveränitäts- oder Sicherheitsinteressen (Art. 4 HZPrÜbk.) des schweizerischen Staates gefährdet sein sollen. Auch die schweizerische Haltung ist demnach rechtlich durchaus angreifbar. Richtig ist zwar, daß nationale Souveränitätsinteressen gefährdet sein können, wenn ein Staat in Erwartung der Gegenseitigkeit seine eigene Souveränität in weitem Maße staatsvertraglich einschränkt und wenn sich seine Erwartung in ebenso weitem Maße nicht erfüllt. Die einseitige Souveränitätseinschränkung führt dann zu einer unerwünschten zwischenstaatlichen Kompetenzverschiebung zugunsten des anderen Staates. So ist die Situation im Verhältnis zur Bundesrepublik indes nicht. Der Mangel an Gegenseitigkeit betrifft nur einen winzigen, praktisch kaum ins Gewicht fallenden Ausschnitt des Anwendungsbereichs der Haager Abkommen 14 i. Ob auch hier der Gegenseitigkeitsaspekt die Berufung auf die Ordre-public-Klauseln rechtfertigt, ist zweifelhaft und m.E. abzulehnen. Diese Einsicht könnte auf Dauer eine Praxisänderung nach sich ziehen. Selbst bei gegenteiliger Auffassung und jedenfalls außerhalb des Anwendungsbereichs des HZPrÜbk. ist eine Praxisänderung der Schweiz - ohne entsprechende staatsvertragliche Pflicht - schließlich nicht völlig ausgeschlossen; zugegebenermaßen sind hier die Aussichten freilich denkbar gering.
1 Abs. 2 des zwischen der Schweiz und der Tschechoslowakei abgeschlossenen Rechtshilfeabkommens von 1927 (abgedruckt in Walder, SchKG, S. 807), wo ausdrücklich festgehalten ist, daß für Akte der Zwangsvollstreckung keine Rechtshilfe geleistet werde. 140 So wurden auch im Verhältnis zu Deutschland früher Drittschuldneranzeigen in der Schweiz zugestellt. Erst die konstante Weigerung deutscher Behörden, schweizerische Drittschuldneranzeigen zuzustellen, führte insoweit zu einer Praxisänderung (Fluri, S. 62; Zürcher OG, B1ZR 27, Nr. 197: Entscheid der Verwaltungskommission). 141 Vgl. Actes et Documents 1980 ΠΙ. Es stellte sich heraus, daß abgesehen vom Fall der internationalen Forderungspfändung in der Praxis kaum je von der Ordre-public-Klausel Gebrauch gemacht wird. 9 Mössle
130
. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im
schen Recht
b) Geringe Erfolgschancen und Rechtsschutzbedürfnis auf Weiterleitung von Rechtshilfegesuchen? Einen Ansatzpunkt für die Frage, ob solche geringen bzw. rein theoretischen Erfolgschancen das Rechtsschutzbedürfnis des Vollstreckungsgläubigers auf Weiterleitung eines Rechtshilfegesuchs in die Schweiz begründet, bieten für Pfändungen in Zivil- und Handelssachen die o b e n l 4 2 getroffenen Feststellungen: Danach ist im Anwendungsbereich des HZPrÜbk. die deutsche Praxis bei eingehenden Ersuchen um Zustellung von Drittschuldneranzeigen rechtlich unhaltbar. Allein diese Praxis bedingt die entsprechende schweizerische Haltung und ist der Grund dafür, daß Pfändungsversuche für den deutschen Vollstreckungsgläubiger im Verhältnis zur Schweiz kaum Erfolg versprechen. Eine weitere Verkürzung seiner Möglichkeiten, seien sie auch nahezu aussichtslos, verbietet sich schon aus diesem Grunde. Daß im übrigen geringe faktische Durchsetzungschancen auch in anderen Bereichen regelmäßig nicht zur Verneinung des Rechtsschutzbedürfnisses führen, zeigt ein vergleichender Blick auf das Erkenntnisverfahren. Sicherlich ist eine Klage vor deutschen Gerichten nicht deswegen als unzulässig abzuweisen, weil ein obsiegendes Urteil nicht vollstreckbar wäre. Die Zulässigkeit solcher Klagen wird in § 888 Abs. 2 ZPO vorausgesetzt; sie ist auch sonst anerkannt 1 4 3 . Das Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich hier unter anderem daraus, daß der Beklagte aufgrund der Autorität des erstrittenen Urteils möglicherweise freiwillig seinen Verpflichtungen nachkommt. Eine ähnliche, wenn auch noch kleinere Chance besteht bei der Weiterleitung von Rechtshilfegesuchen. Warum dem Gläubiger diese Möglichkeit entgegen der verfassungsrechtlichen Forderung nach effektivem Rechtsschutz und in Abweichung von der Praxis in anderen Rechtsgebieten genommen werden soll, leuchtet kaum ein und wird auch nirgends überzeugend begründet. Die geringe Erfolgsaussicht von Rechtshilfegesuchen in die Schweiz kann die Ablehnung der Weiterleitung von Rechtshilfegesuchen somit nicht rechtfertigen. Dies gilt sowohl innerhalb als außerhalb des Anwendungsbereichs des HZPrÜbk. D.h., auch der Gesichtspunkt des erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses führt nicht dazu, daß die Praxis der deutschen Justizverwaltungen hinsichtlich ausgehender Rechtshilfeersuchen rechtmäßig wäre.
142 Vgl. S. 111 ff. 143 Schack, ZZP 97 (1984), 46 ff. (60) m.w.Nachw.; Schumann, FS Liebmann, S. 839 ff. (858).
§ 2 Durchführbarkeit der beim Pfndungsverfahren notwendigen Zustellungen
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5. Ergebnis Die vorstehenden Ausführungen haben ergeben, daß die derzeitige Praxis der Justizverwaltungen, Rechtshilfegesuche um Zustellung von Drittschuldneranzeigen nicht ins Ausland weiterzuleiten, im Hinblick auf den Justizgewährungsanspruch deutscher Vollstreckungsgläubiger im Anwendungsbereich der Haager Abkommen rechtswidrig ist. Zwar stellt der Gesichtspunkt der Gegenseitigkeit eine zulässige und wegen A r t 32 GG grundsätzlich unangreifbare Ermessenserwägung dar. Anderes gilt aber dann, wenn die fehlende Gegenseitigkeit auf einer rechtswidrigen Praxis beruht. Hier folgt aus dem Justizgewährleistungsanspruch des (deutschen) Gläubigers ein indirekter Anspruch auf Praxisänderung betreffend eingehende Ersuchen, die zum Wegfall des Gegenseitigkeitsarguments führt. Die Nichtweiterleitung deutscher Rechtshilfegesuche basiert daher auf einem rechtswidrigen Ermessensfehlgebrauch. Außerhalb der Haager Abkommen besteht ein solcher Weiterleitungsanspruch dagegen nicht. Die Praxis der Justizverwaltungen ist hier daher rechtmäßig, wenngleich auch hier eine Änderung äußerst wünschenswert wäre. IV. Rechtsschutzmöglichkeiten Die Feststellung, daß die deutsche Haltung zur internationalen Zustellung von Drittschuldneranzeigen den Haager Abkommen widerspricht, hilft dem betroffenen Vollstreckungsgläubiger noch nicht weiter. Erörterung bedürfen darüber hinaus die praktischen Durchsetzungsmöglichkeiten der staatsvertraglichen Zustellungspflichten. Sie stehen und fallen mit den Rechtsbehelfen, die dem (in- oder ausländischen) Vollstreckungsgläubiger zur Verfügung stehen. 1. Rechtsweg gem. § 23 Abs. 2 EGGVG Nach herkömmlicher A u f f a s s u n g ^ ist die internationale Rechtshilfe Aufgabe der Justizverwaltung. Es entspricht daher ganz h.M. 1 4 ^, daß bei Verfahrensverstößen im internationalen Rechtshilfeverkehr der Rechtsweg nach §§23 144 OLG Köln, NJW 1987, 1091= IPrax 1987, 233 f. (233); OLG Düsseldorf, IPRspr. 1980,.578 ff.; OLG Hamm und Hamburg, M D R 1982, 602; OLG München, JZ 1981, 538 und 540 = IPrax 1982,150 = ZZP 94 (1981), 462; LG Bonn, IPrax 1987,231 ff. (232); Kissel , § 156 GVG, Rn. 64; Geimer, IZPR, Rz. 2383 (S. 489); Pfennig, S. 51; Baumbach/Lauterbach-yMters, Anh. § 21 GVG; ZöUer-Geimer, § 199, Rz. 16; Martens, R I W / A W D 1981, 731; Nagel, IPrax 1982, 138 ff, 138; 145 Stein/Jonas -Schumann, Einl. V I I G, Rn. 437. *
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. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im
schen Recht
ff. EGGVG gegeben ist. Die Nichtausführung eingehender und die Nichtweiterleitung ausgehender Ersuchen stellen danach Fälle des § 23 Abs. 2 EGGVG dar. a) Internationaler Rechtshllfeverkehr
als Justizverwaltungsangelegenheit
Zweifel an der Anwendbarkeit der § § 2 3 ff. EGGVG deutet dagegen Wieczorek 14^ an. Seiner Ansicht nach soll die internationale Rechtshilfe keine Justizverwaltungsangelegenheit, sondern richterliche Aufgabe ohne Weisungsbefugnis der Justizministerien sein. Damit entfalle die Anwendbarkeit der §§ 23 ff. EGGVG; es seien stattdessen die "einzelnen Gesetzesvorschriften" für den Rechtsschutz m a ß g e b l i c h 147. Auch von anderer Seite wurde der Zugehörigkeit des internationalen Rechtshilfeverkehrs zum Bereich der Justizverwaltung in jüngerer Zeit widersprochen. So wurde in der Literaturl 4 8 verschiedentlich die Frage aufgeworfen, ob es überhaupt mit dem Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs.l GG) vereinbar sei, wenn §§ 9 und 28 Abs. 2 ZRHO als reine Verwaltungsvorschriften die Entscheidungsbefugnis über eingehende und über die Weiterleitung ausgehender Ersuchen der Justizverwaltung übertragen. Fallen diese Entscheidungen nicht richtigerweise dann, wenn staatsvertragliche Regelungen wie das HZPrÜbk. und das HZustÜbk. vorliegen, in Zuständigkeit des mit der Angelegenheit befaßten Richters? Anders als oben, wo geprüft wurde, ob die Praxis der Justizverwaltungen richterlicher Prüfung unterliegt, geht es jetzt also in umgekehrter Richtung darum, inwieweit die Justizverwaltungsbehörden die gerichtliche Praxis im internationalen Rechtshilfeverkehr reglementieren können. Mögliche Konsequenzen für den Rechtsschutz werden in diesem Kontext zwar selten erörtert. Doch müßte die Zuordnung der internationalen Rechtshilfe zum sachlichen Unabhängigkeitsbereich des Richters folgerichtig die Anwendung der §§ 23 ff. EGGVG ausschließen. Ein Justizverwaltungsakt läge bei autonomer richterlicher Entscheidung nicht vori49
Die staatsrechtliche Kompetenzabgrenzung im internationalen Rechtshilfeverkehr zwischen Exekutive und Judikative steht im Spannungsfeld von Art. 97 Abs. 1 GG einerseits und Art. 32 GG andererseits. 146 § 23 EGGVG, Anm. Β ΠΙ a; § 12 GVG, Anm. Α Π a 1 aa. 147 Bei ausgehenden Ersuchen wohl § 766 ZPO. 1 4 8 Nagel, FS Constantinesco, S. 653 ff; Puttfarken, NJW 1988,2155 f. 1 4 9 Kissel, § 23 EGGVG, Rn. 9: §§ 23 ff. gelten nicht für Akte der Rechtsprechung, und zwar Rechtsprechung im funktionalen Sinne, die in richterlicher Unabhängigkeit ausgeübt wird.
§ 2 Durchfhbakeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
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Art. 97 Abs. 1 GG gewährt dem Richter sachliche Unabhängigkeit nicht nur für Tätigkeiten, die spezifisch rechtsprechender Natur sind, sondern auch für solche, die seiner eigentlichen Aufgabe nur mittelbar d i e n e n 1 5 0 . Letztere umfassen ihrer Art nach auch den Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland 1 5 1 . Was den vertragslosen Rechtshilfeverkehr angeht, hat der BGH152 die verbindliche Entscheidungskompetenz der Justizverwaltungen allerdings gleichwohl bestätigt und die richterliche Unabhängigkeit nicht als tangiert angesehen. Zu Recht: denn die Regelung in A r t 32 GG, wonach die Pflege auswärtiger Beziehungen (worunter auch der Rechtshilfeverkehr fällt) zum Kompetenzbereich der Exekutive gehört 1 5 3 , geht dem Art. 97 Abs. 1 GG vor. Daß es sich beim internationalen Rechtshilfeverkehr um eine Angelegenheit i.S.v. Art. 32 GG handelt, folgt aus der Vielzahl an Rücksichten auf auswärtige Interessen, die in diesem Bereich zu beachten sind. Dies kam in den obigen Ausführungen deutlich zum Ausdruck. Bei ausgehenden Ersuchen gilt darüber hinaus, daß die richterliche Tätigkeit als hoheitliche an den Staatsgrenzen endet: Grenzüberschreitende Handlungen sind nur mit Duldung oder Mitwirkung des Auslandsstaats möglich, und der Verkehr mit ausländischen Staaten ist seit jeher Sache der Regierung, nicht der Rechtspflege 154 . Schwieriger zu beurteilen ist die Rechtslage für den staatsvertraglich geregelten Rechtshilfeverkehr. Im Anwendungsbereich der Haager Abkommen, so könnte man sagen, sei die Kompetenz der Bundesregierung und die abgeleitete Kompetenz der Länder (s.o.) mit Abschluß dieser Verträge gewissermaßen "verbraucht"; die Vertragsanwendung und -auslegung obliege nunmehr ausschließlich der dritten Gewalt 1 5 5 . Die Richtigkeit dieser These setzt voraus, daß zur konkreten "auswärtigen" Frage auch tatsächlich eine staatsvertragliche Regelung vorliegt. Daran fehlt es von vornherein für ausgehende Ersuchen. HZPrÜbk. und HZustÜbk. regeln nur den Ablauf eines Zustellungsverfahrens im Ausland. Sie sagen nichts darüber aus, wann auf die Stellung eines Rechtshilfegesuchs und, damit verbunden, auf die Auslandszustellung selbst 150 Maunz/Dürig-//erztfg, Art. 97, Rz. 24 und Fn. 2 m.w.Nachw.; Schwab/Gottwald, Rechtsschutz, S. 7 ff. (12).
Effektiver
1 5 1 BGHZ 71, 9 ff. (9). Schlosser, FS Constantinesco, S. 653 ff. (657) rechnet (für eingehende Ersuchen in staatsvertraglich geregelten Fällen) die Entscheidung über die Weiterleitung eines Rechtshilfegesuchs gar der eigentlichen Rechtsprechungstätigkeit zu. 1 5 2 BGHZ 71,9 ff (12); ebenso BVerfG, DRiZ 1979, S. 219 (Nichtannahmebeschluß). 1 5 3 Vgl. bereits oben, S. 114 ff. 1 5 4 Junker, DRiZ 1985, 161 ff (162). Dies übersieht Pultfarken, NJW 1988, 2155 ff. (2156), wenn er die Ablehnung der Weiterleitung durch die Justizverwaltungen deswegen für rechtswidrig hält, weil die ZRHO keine Rechtsvorschrift sei. §§ 199 ff. ZPO sprechen nur die gerichtliche Zustellung an; damit liegt eine Kollision mit der ZRHO, die ihrerseits nur die Praxis der Justizverwaltung reglementiert, nicht vor. 1 5 5 So wohl Schlosser in FS Constantinesco, S. 661 mit eingehender Erläuterung.
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aus staatsopportunen Gründen zu verzichten isti 56. Dies bleibt den Mitgliedstaaten selbst überlassen. Anders besteht für eingehende Ersuchen zwar eine klare staatsvertragliche Regelung: Ihnen ist Folge zu leisten. Der Vorbehalt in den Ordre-public-Klauseln, deren Beurteilung im Wege der Ermessensausübung erfolgt, rechtfertigt jedoch auch hier die Einordnung als "auswärtige Angelegenheit" respektive Justizverwaltungsangelegenheiti 57. Denn die Erwägungen, die im Rahmen der Ermessensentscheidung angestellt werden, betreffen schon wegen ihrer Verknüpfung mit dem sensiblen Beieich der Staatensouveränität häufig Fragen von außenpolitischem Gewicht. Die traditionelle Einordnung ist zudem sinnvoll, weil anderenfalls die Beurteilung ein- und ausgehender Ersuchen in verschiedene Hände gelegt wäre, was gerade im Hinblick auf den Gegenseitigkeitsaspekt und die im zwischenstaatlichen Bereich geforderte Konstanz staatlichen Handelns problematisch ist. b) Klagebefugnis der Vollstreckungsgläubiger Nach allgemein anerkannter Definitioni 5 8 setzt der Begriff des Justizverwaltungsakts neben seinem Erlaß durch eine Justizverwaltungsbehörde voraus, daß er geeignet ist, den Betroffenen in seinen Rechten zu verletzen. Entsprechend ist die Ablehnung eines Justizverwaltungsaktes, selbst wenn sie rechtswidrig ist, nur dann gem. § 23 Abs. 2 EGGVG angreifbar, wenn sie den Antragsteller in seinen Rechten verletzen kann. Die mögliche Verletzung in eigenen Rechten erhebt § 24 Abs. 1 EGGVG bereits zur Zulässigkeitsvoraussetzung für den Rechtsweg nach § 23 Abs. 2 EGGVG (Klagebefugnis). aa) Inlandsgläubiger Keine Schwierigkeiten bereitet die Klagebefugnis, wenn ein deutscher Vollstreckungsgläubiger, dem es um ein Zustellungsersuchen an den ausländischen Drittschuldnerstaat geht, den Weg vor die Gerichte nimmt. Er ist jedenfalls in seinem Vollstreckungsanspruch und damit im Justizgewährleistungsanspruch betroffen, wenn ihm die Möglichkeit der Forderungspfändung bei ausländischem Drittschuldnerwohnsitz verwehrt wird. 156 Vgl. auch die Ausführungen unten zu den fiktiven Inlandszustellungen. 157 So auch Geirrter, IZPR, Rz. 2383 (S. 489); Baumbach/Lauterbach-A/&?ry, Anh. § 21 GVG; TJoW&r-Geimer, § 199, Rz. 16; OLG Köln, IPrax 1987, 233 f. (233); LG Bonn, IPrax 1987, 231 ff. (232). 158 Kissel, § 23 EGGVG, Rn. 29 m.zahlr.w.N.
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Dagegen geben die Haager Abkommen bei isolierter Betrachtung kein subjektiv-öffenüiches Recht, weil sie ihrem eindeutigen Wortlaut nach nur die Mitgliedstaaten, nicht aber den einzelnen berechtigen und verpflichten 1 ^. bb) Auslandsgläubiger aaa) Vollstreckungsanspruch und effektiver Rechtsschutz Die Begründung eines subjektiv-öffentlichen Rechts des ausländischen Gläubigers, der die Zustellung seiner Drittschuldneranzeige in der Bundesrepublik Deutschland durchsetzen will, fällt schwerer. Die Annahme eines verfassungsrechüichen Vollstreckungsanspruchs als subjektivem Recht ist hier problematisch, denn Vollstreckungsgrundlage kann allein ein ausländischer Titel sein, der im Inland regelmäßig keine Anerkennung erfahren hat. An anderer Stelle 1 6 0 wurde bereits auf den spezifischen Zusammenhang des Vollstreckungsanspruchs mit dem Justizgewährleistungsanspruch hingewiesen. Wenn der Vollstreckungsanspruch die konsequente Fortsetzung der Garantie gerichtlichen Rechtsschutzes im Erkenntnisverfahren ist, kann er dem Ausländer ohne deutschen Titel nicht zustehen. Zwar gibt es einen dem Fremdenrecht entspringenden völkerrechtlichen Grundsatz, wonach Ausländer im Inland gleichen Rechtsschutz haben wie inländische S t a a t s b ü r g e r i n . Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist durch die Verneinung des Vollstreckungsanspruchs aus ausländischen Titeln jedoch nicht berührt, denn auch dem Inländer ist die Vollstreckung aus Auslandstiteln im Inland verwehrt. Der Zugang zu den Gerichten und die Effektivität des Rechtsschutzes (die sich gerade in der Vollstreckung zeigt) können und sollen in Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. den Grundrechten nur für die eigene Rechtspflege verfassungsrechtlich gewährleistet werden. Dagegen gibt es keine Garantie des Zugangs und der Effektivität ausländischer Rechtspflege. Entspechend setzen auch §§ 328, 722, 723 Abs. 2 ZPO, ebenso die bestehenden Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen wie das EuGVÜ stillschweigend das Fehlen eines - unmittelbaren - Vollstreckungsanspruchs aus Auslands-titeln voraus, wenn sie die Vollstreckung an die vorherige Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im Inland knüpfen 1 ^.
159 Anders das EuGVÜ, vgl. Art. 26. 160 Vgl. S. 112 f. 161 Kropholler, S. 214 ff. Diskutiert wird daneben über das Bestehen eines völkerrechtlichen Mindeststandards; dazu Stein/Jonas-Schumann, Einl. X V , Rn. 827. Soweit man ihn anerkennt, ist er vorliegend sicher nicht berührt. 162 Vgl. für das EuGVÜ Geimer/Schütze I, S. 971 f.
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bbb) Allgemeine Justizgewährleistung und Rechtshilfeverkehr Doch ist fraglich, ob im verfassungsrechtlichen Vollstreckungsanspruch überhaupt der richtige Ansatz für die Beurteilung der Rechtsstellung ausländischer Vollstreckungsgläubiger liegt. Während ausgehende Ersuchen um Zustellung deutscher Drittschuldneranzeigen in ein inländisches Verfahren eingebunden sind und daher als Vollstreckungshandlungen im weiteren Sinne angesehen werden können, fehlt der Zustellung ausländischer Drittschuldneranzeigen der Bezug zu einem (deutschen) Vollstreckungsverfahren. Auch die Wirkungsanerkennung der Pfändung im Inland ist mit ihr nicht notwendigerweise v e r b u n d e n 163. Damit ist die Zustellung ausländischer Drittschuldneranzeigen im Wege der Rechtshilfe kein Vollstreckungsakt, sondern eine gewöhnliche Rechtshilfehandlung im internationalen Rechtsverkehr. Sie ist zu behandeln wie jedes andere Schriftstück, um dessen Zustellung ersucht wird. Die zu klärende Frage ist somit richtigerweise dahin zu fassen, inwieweit Akte der internationalen Rechtshilfe allgemein mit subjektiv-öffentlichen Rechten einzelner korrespondieren. Gewährt das einschlägige Rechtshilfeübereinkommen selbst keinen Anspruch des einzelnen, so kann sich ein solcher nur noch aus dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch ergeben. Es entspricht im Grundsatz wohl einhelliger Meinung, daß die verfassungsrechtliche Garantie der Justizgewährung auch Ausländern zugute k o m m t 1 6 4 . Dies deshalb, weil das Grundgesetz die Rechtsschutzgewährleistung als sog. "Jedermanns-Recht" ausgestaltet ist Die internationalen Konturen des Verfassungsgebots sind über das fremdenrechtliche Diskriminierungsgebot hinaus jedoch u n k l a r 1 6 5 u n d in der Literatur bislang kaum erörtert. Immerhin wird schon seit längerem über eine aus der Justizgewährleistung folgende, sog. Notzuständigkeit deutscher Gerichte im Anwendungsbereich des EuGVÜ diskutierti 6 6 . Sie soll eingreifen, wenn der Kläger einen Rechtsstreit im Inland wiederholen will, weil der im Ausland vor dem zuständigen Gericht erstrittenen Entscheidung hier die Anerkennung verweigert wird. Dies, obwohl nach dem EuGVÜ möglicherweise eine ausschließliche Zuständigkeit des Auslandsstaats besteht. Weitergehend wird man sagen können, daß immer dann im Inland ein Gerichtstand - auch zugunsten des Ausländers - zur Verfügung gestellt werden muß, wenn im Ausland ein zu163 Vgl. oben S. 121 f. 164 SteinfJonas-Schumann, Einl. Ι Π C, Rn. 211 und X V I , Rn. 827 m.w. Nachw. 165 Kropholler, Int. Zust., S. 270 f. 166 Dazu Geimerl Schütze I, S. 348; Kropholler, Int. Zust., S. 272 ff.; Stein/Jonas-Schumann, Einl. X V F, Rn. 767; Schröder, S. 205 ff., 214,790 ff.; Geirrter, NJW 1976, 441 ff. (444) jew. m.w. Nachw.
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ständiges Gericht fehlt oder die dort ergangene Entscheidung nicht anerkennungsfähig ist. Umgekehrt muß dann, wenn im Inland keine Zuständigkeit für das Erkenntnisverfahren besteht, u.U. auch außerhalb von staatsvertraglichen Abmachungen Anerkennung und Vollstreckbarerklärung gewährleistet werden, wenn ansonsten die Rechtsdurchsetzung unmöglich wäre. Anderenfalls wäre nämlich weder im In- noch im Ausland effektiver Rechtsschutz gegeben. Dies würde deutschem Verfassungsrecht w i d e r s p r e c h e n 167. Es muß also ein internationales Zuständigkeits- und Rechtsschutzsystem gewährleistet werden, das jedermann die Durchsetzung seiner Rechte - sei es im In- oder im Ausland - ermöglicht. Ein Widerspruch zu den obigen Ausführungen, wonach die deutsche Verfassung den Auslandsrechtsschutz und seine Effektivität nicht garantiert, liegt hierin nicht. Wenn ausländischer Rechtsschutz durch großzügige Anerkennungspraxis u.ä. gefördert wird, liegt darin primär deutsche Rechtsschutzgewährung entsprechend dem verfassungsrechtlichen Gebot und nur sekundär als Reflexwirkung - die Förderung ausländischer Rechtspflege. Damit wird auch das Verhältnis zwischen dem Justizgewährleistungsanspruch und der internationalen Rechtshilfe deutlich. Die Gewährung internationaler Rechtshilfe liegt - auch außerhalb bestehender staatsvertraglicher Verpflichtungen - nicht etwa im freien Ermessen der deutschen Justizverwaltung. Soweit sie die Durchführung von Auslandsverfahren fördert oder gar ermöglicht, tangiert sie den Grundsatz der Justizgewährleistung, den die deutsche Verfassung für In- und Ausländer garantiert. Freilich würde es zu weit gehen, wollte man hieraus den Schluß ziehen, deutsche Behörden seien generell zur Rechtshilfe verpflichtet. Speziell im internationalen Bereich läßt sich aus dem Inhalt des Justizgewährleistungsanspruchs nicht ableiten, welcher von mehreren möglichen Wegen einzuschlagen ist, damit der Kläger (im In- oder Ausland) Rechtsschutz erhält 168. Dies ist eine Folge der staatlichen Souveränität. Sie bedingt die freie Entscheidungskompetenz jedes Souveränitätsträgers über die Gültigkeit hoheitlicher Akte auf seinem Staatsgebiet. Es kann dem Rechtsschutzsuchenden daher durchaus zuzumuten sein, den Weg vor deutsche statt vor ausländische Gerichte zu nehmen. Besteht diese Möglichkeit, so ist dem Justizgewährleistungsanspruch Genüge getan. Die Förderung des ausländischen Verfahrens durch Rechtshilfeleistungen ist dann von Verfassungs wegen sicher nicht geboten, wiewohl sie dem Rechtsschutz des Betroffenen dient.
167 Stein/Jonas-Sc/iK/nawi, Einl. X V F, Rn. 769: Rechtsverweigerung darf auch hier (im internationalen Prozeßrecht) nicht drohen. 168 Kropholler, Int. Zust., S. 271.
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Genau so ist nun die Situation bei der internationalen Forderungspfändung. Statt die Vollstreckung im Ausland zu betreiben, hat der Auslandsgläubiger regelmäßig die Möglichkeit, seinen Titel im Inland anerkennen und vollstrecken zu lassen. Ein subjektiv-öffentliches Recht des Auslandsgläubigers aus dem Justizgewährleistungsanspruch scheint damit fraglich. ccc) Haager Abkommen als Konkretisierung des allgemeinen Justizgewährleistungsanspruchs Doch ist eine Klagemöglichkeit des Ausländers gleichwohl anzuerkennen, soweit die Haager Abkommen Anwendung finden. Bestehen staatsvertragliche Abmachungen, worin sich der deutsche Staat zur Rechtshilfe verpflichtet, so folgt aus ihrem funktionalen Zusammenhang mit der deutschen Justizgewährleistung, die auch Ausländern gegenüber besteht, ein subjektiv-öffentliches Recht des einzelnen. Diese Lösung mag befremden, weil isoliert betrachtet weder die Haager Abkommen noch der Justizgewährleistungsanspruch ein solches subjektives Recht auf Zustellung gewähren. Sie ist aber die Konsequenz aus dem völkerrechtlichen Hintergrund der internationalen Rechtshilfepraxis. Sieht man die geringe Konkretisierung des subjektiv-öffentlichen Justizgewährleistungsanspruchs zugunsten von Ausländern richtigerweise im Zusammenhang mit dem Souveränitätsgedanken, der freien staatlichen Entscheidungsbefugnis über die Gültigkeit hoheitlicher Akte auf eigenem Staatsgebiet, dann führt die freiwillige Souveränitätseinschränkung durch staatsvertragliche Regelungen auch zur Veränderung des Inhalts des Justizgewährleistungsanspruchs. Der Justizgewährleistungsanspruch konkretisiert sich dann im Lichte des Staats Vertrags hin zu einem Anspruch des einzelnen auf Rechtshilfe. Daraus folgt auch die Klagebefugnis für Klagen gem. §§ 23,24 EGGVG. Gewiß, die Vertragsstaaten hätten ein Rechtsschutzsystem oder die individuelle Klageberechtigung des einzelnen auch ausdrücklich in den Haager Abkommen regeln können. Daß sie es nicht getan haben, beruht indessen nicht auf einer bewußten Entscheidung gegen die individuelle Klagbarkeit staatsvertraglicher Pflichten, sondern auf der Vorstellung, daß der Rechtshilfeverkehr sich direkt im Verhältnis der Staaten und ihrer Behörden zueinander abspielt. Nicht der einzelne Rechtsschutzsuchende ist ja zur Stellung und Ausführung von Rechtshilfegesuchen befugt, sondern nur die staatlichen Hoheitsträger. Der Inhalt der Staatsverträge hindert somit nicht daran, im deutschen Recht mit Blick auf den Staatsvertrag erweiterte Klagemöglichkeiten anzunehmen. Dafür sprechen im übrigen auch praktische Erwägungen. Das Funktionieren der Staatsverträge wäre in Frage gestellt, würde sich der deutsche Staat auf die Nichtklagbarkeit seiner Pflichten durch betroffene Ausländer berufen und so
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die Durchsetzung der Abkommen durch betroffene Auslandspersonen hindern können. Insbesondere im Verhältnis zu den U.S.A. würden hier erhebliche Probleme entstehen. Zu Recht hat daher in jüngster Zeit das OLG M ü n c h e n ! ^ die Klagebefugnis eines U.S.-Amerikaners gegen die deutsche Ablehnung einer Klagezustellung betreffend sog. "punitive damages" ohne weiteres bejaht. 2. Verfassungsbeschwerde gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG Hilfsweise steht dem deutschen wie dem ausländischen Vollstreckungsgläubiger das Rechtsmittel der Verfassungsbeschwerde zu, wenn die Gerichte in Verkennung des Inhalts des Justizgewährleistungsanspruchs eine Klage nach § 23 EGGVG auf Weiterleitung bzw. Zustellung von Drittschuldneranzeigen abweisen. Dies folgt aus der verfassungsrechtlichen Garantie der Justizgewährleistung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Verfassungsbeschwerde jedenfalls möglich bei Verletzung spezifischen Verfassungsrechts 1 7 0 . So unklar der Begriff auch sein magi 7 *: um die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts geht es jedenfalls dann, wenn die Instanzgerichte von einer "grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte" ausgegangen sind 1 7 2 . Das Bundesverfassungsgericht leitet die Justizgewährleistung aus den Grundrechten i.V.m. dem Rechtsstaatsgrundsatz a b 1 7 3 . Die unrichtige, ihre Bedeutung schmälernde Interpretation in Rechtshilfeangelegenheiten spiegelt damit eine grundsätzliche Verkennung der Bedeutung der Grundrechte wider, die zur Verfassungsbeschwerde legitimiert. V. Umgehungsmöglichkeiten bei Nichtzustellbarkeit einer Drittschuldneranzeige auf dem Rechtshilfeweg? Stößt die Zustellung der Drittschuldneranzeige auf dem Rechtshilfeweg auf Schwierigkeiten - sei es, weil die Justizverwaltung die Weiterleitung eines Rechtshilfegesuchs verweigert oder weil ein deutsches Rechtshilfegesuch vom ersuchten Staate abgelehnt wurde - so bleibt die Frage nach alternativen Möglichkeiten, um doch noch zu einer wirksamen Beschlagnahme der Forderung zu kommen.
169 R I W / A W D 1989, 483; ebenso schon OLG München, JZ 1981, 538 (m.Anm. Stürner). 170 Leitentscheidung: BVerfGE 18, 85 ff. (92 f.); vgl. auch schon BVerfGE 1, 418 ff. (420). 171 Dazu insbes. Steinwedel, "Spezifisches Verfassungsrecht" und "einfaches Recht", BadenBaden 1976. 172 St. Rspr. seit BVerfGE 18, 85 ff. (93). Dazu Steinwedel, S. 33 ff. 1 7 3 Vgl. oben S. 112 f.
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1. Zustellung durch Aufgabe zur Post Eine fiktive Inlandszustellung durch Aufgabe zur Post (§ 175 ZPO) ist nicht möglich. Dies ergibt sich ohne weiteres aus einem Umkehrschluß aus § 829 Abs. 2 S. 4 ZPO. Danach ist die Zulässigkeit der Zustellung durch Aufgabe zur Post ausdrücklich nur für die Mitteilung an den Vollstreckungsschuldner, nicht aber für die Drittschuldneranzeige geregelt. Es kann folglich davon ausgegangen werden, daß sie vom Gesetzgeber bei der Drittschuldneranzeige bewußt ausgeschlossen werden sollte 1 7 4 . 2. Öffentliche Zustellung Die öffentliche (Inlands-)Zustellung ist nach dem Wortlaut von § 203 Abs. 2 ZPO zwar grundsätzlich zulässig, "wenn bei einer im Ausland zu bewirkenden Zustellung die Befolgung der für diese bestehenden Vorschriften unausführbar ist oder keinen Erfolg verspricht." § 203 Abs. 2 ZPO gilt aber aufgrund seines inneren Zusammenhangs zu § 203 Abs. 1 ZPO nur für Zustellungen an Parteien. Der Drittschuldner als am Rechtsstreit unbeteiligter Dritter ist keine Partei; er wird erst durch die Zustellung der Drittschuldneranzeige in das Verfahren hineingezogen. Ihm gegenüber ist daher eine öffenüiche Zustellung nicht möglich. Dies entspricht allgemeiner Ansicht 1 7 5 . 3. Anwendbarkeit von § 187 ZPO Eine Möglichkeit, die Drittschuldneranzeige gleichwohl wirksam zuzustellen, wird vereinzelt in § 187 ZPO gesehen. Danach können Zustellungsmängel als geheilt angesehen werden, wenn das zuzustellende Schriftstück dem Beteiligten trotz eines Verfahrensfehlers tatsächlich zugegangen ist. Demgemäß schlägt etwa S c h a c k 1 7 6 vor, grundsätzlich alle auf dem Rechtshilfeweg nicht zustellbaren Drittschuldneranzeigen direkt durch die Post ins Ausland zu übersenden und ihre Wirksamkeit über § 187 ZPO zu begründen. Dieser Lösungsansatz gibt in zweierlei Hinsicht Anlaß zu Zweifeln: Zunächst scheint er dem Zustellungsorgan einen bewußten Verstoß gegen § 199 ZPO abzuverlangen 1 7 4
Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176). Vgl. etwa Baumbach/Lauterbach-//arimflnn, § 203, Rz. 1; Wieczorek, § 829, Anm. F ΠΙ a 3; TMex-Stephan, § 203, Rz. 7; Schütze, DIZPR, S. 193; Fluri, S. 51; Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176); Marquardt, S. 58 f.; Schmidt, M D R 1966, 204 ff. (206); Mülhausen, W M 1986, 957 ff. (959); Rosenbaum, S. 30; Herzig, Büro 1967, 693 ff. (696); AG Bonn, M D R 1966,597 f.; RGZ 22, 667. 176 Rpfl. 1980, 175 ff. (176). 1 7 5
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und wirft daher erhebliche Bedenken aus dem Rechtsstaatsgrundsatz auf. Zum anderen ist fraglich, ob § 187 ZPO bei Auslandszustellungen überhaupt Anwendung finden kann. Dabei spielt insbesondere der Souveränitätsgrundsatz eine Rolle. a) § 199 ZPO und Direktzustellung Heilung über §187 ZPO
mit anschließender
§ 199 ZPO schreibt ausdrücklich und unmißverständlich für alle im Ausland zu bewirkenden Zustellungen den Rechtshilfeweg vor. Ist nach dem Gesetz also eine Zustellung im Ausland vorgeschrieben, enthält die Norm gleichzeitig ein Verbot anderer Zustellungsformen, sei es der Zustellung unter tatsächlicher Überschreitung der Staatsgrenzen oder auch der direkten Postübersendung l 7 7 . Die bewußte Ignorierung von § 199 ZPO stellt - vorbehaltlich speziellerer Vorschriften - daher selbst dann einen vorsätzlichen Rechtsbruch dar, wenn man die aus dem Rechtsverstoß resultierende Nichtigkeitsfolge vordergründig anerkennt und erst im nachhinein eine Heilung der (nichtigen) Zustellung annimmt.
aa) Begriff der "im Ausland zu bewirkenden Zustellung" Wann eine Zustellung "im Ausland zu bewirken" ist, regelt § 199 ZPO nicht ausdrücklich. Dies ergibt sich aber aus den §§ 166 ff. ZPO. Regelmäßig erfolgt die Zustellung danach durch Übergabe oder durch sonstige Übermittlung (§ 193 ZPO) an den Adressaten oder dessen Bevollmächtigten (§ 170 ZPO), also am Wohnsitz des Adressaten. Nur ausnahmsweise und unter engen, genau bestimmten Voraussetzungen läßt die ZPO andere Zustellungsformen, sei es durch Aufgabe zur Post (§ 175 ZPO) oder durch öffentliche Bekanntmachung (§ 203 Abs. 1 ZPO), außerhalb des Empfängerwohnsitzes zu. Fehlt es an einer Ausnahmeregelung und wohnt der Empfänger im Ausland, so ist die Zustellung folglich im Ausland durchzuführen. Hier greift dann § 199 ZPO ein. Für die Drittschuldneranzeige wurde nun festgestellt, daß spezielle Regelungen wie die des § 175 ZPO keine Anwendung finden. Sie muß nach dem Wortlaut von § 199 ZPO daher auf dem Rechtshilfeweg zugestellt werden.
I
7 7
Vgl. schon oben S. 108.
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bb) Einschränkende Auslegung von § 199 ZPO? Hinter der Regelung in § 199 ZPO steht vor allem das Anliegen der Achtung fremder Souveränität, d.h. die Vorstellung, daß die direkte Zustellung von Hoheitsakten im Ausland oder auf dem Postweg fremde Gebietshoheit verletzen würde. Vor diesem Hintergrund könnte man auf den Gedanken kommen, den Wortlaut der Norm im Wege einer teleologischen Reduktion auf die Fälle zu begrenzen, in denen die ersatzweise angewandte Zustellungform tatsächlich fremde Souveränität verletzt bzw. verletzen würde. Ließe sich weiterhin der Nachweis führen, daß die direkte Zustellung mit erst nachträglich eintretender Heilung völkerrechtlich zulässig ist, so wäre die Lösung über § 187 ZPO i.E. zu befürworten. Schon letzteres ist indes zweifelhaft. Die obigen völkerrechtlichen Ausführungen! 7 8 führten zu dem Ergebnis, daß direkte Zustellungen juristischer Urkunden auf dem Postwege nur dann völkerrechtsgemäß sind, wenn sie vom Empfängerstaat geduldet werden oder wenn - im Rahmen der Haager Abkommen - kein Widerspruch gegen sie eingelegt wurde. Die Duldung deutscher Direktzustellungen wurde zwar für das Verhältnis der Bundesrepublik zu Frankreich festgestellt, soweit das HZustÜbk. Anwendung findet 17 ?. Anerkennung würde die Direktzustellung wohl auch von Seiten der U.S.A. genießen. An einer Duldung fehlt es hingegen völlig für Zustellungen in die Schweiz; ebenso bei einer Vielzahl anderer europäischer Staaten. Allerdings besteht bei der Variante, die Schack vorschlägt, gegenüber der "gewöhnlichen" Postzustellung die Besonderheit, daß sie eben nicht aus sich selbst heraus wirksam sein soll, sondern erst im nachhinein sozusagen "wirksam gemacht" wird. Dadurch, daß man die Auslandsübersendung vordergründig mit Rücksicht auf den Empfangerstaat als wirkungslos betrachtet, so könnte man sagen, sei der fremden Souveränität Genüge getan. Die Postzustellung sei dann nämlich als gewöhnliche Mitteilung ohne hoheitlichen Charakter zu qualifizieren, deren Zulässigkeit allgemeine Duldung auch durch diejenigen Staaten genießt, die die Direktzustellung in ihr Staatsgebiet sonst nicht tolerieren. Der nachfolgende Heilungsakt beinhalte zwar die Ausübung hoheitlicher Gewalt; er stelle aber einen - von der Übersendung gedanklich zu trennenden - reinen Inlandsakt dar,
1 7 8 Vgl. S. 73 ff. 179 Vgl. oben S. 76 f. Ob von einer Duldung Frankreichs auch außerhalb des HZUstÜbk. ausgegangen werden kann, ist dagegen fraglich. In der oben schon erwähnten St.Gobain-Entscheidung (636 F. 2d 1300 (1980)) etwa hatte der französische Staat gegen die Direktzustellung U.S.amerikanischer Urkunden in Frankreich protestiert.
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der schon aus diesem Grunde nicht zur Völkerrechtswidrigkeit der formlosen Direktübermittlung führen könne 1 8 0 . Die rechtliche Beurteilung dieser Konstruktion läuft letztlich auf die auch für fiktive Inlandszustellungen wie der Zustellung durch Aufgabe zur Post diskutierte 1 8 1 Frage hinaus, ob man durch zeitliches Verschieben des Wirksamkeitseintritts den Begriff der Auslandszustellung und das sie betreffende völkerrechtliche Verbot umgehen kann. Dies kann nur dann möglich sein, wenn sich Auslandsübersendung und nachträgliche Heilung derart voneinander abstrahieren lassen, daß jeder Teilakt getrennter völkerrechtlicher Beurteilung unterliegt. Bei der Anwendung von § 187 ZPO im genannten Sinne ist die gedankliche Trennung schon deswegen abzulehnen, weil die erfolgreiche Durchführung der Auslandsübermittlung, d.h. der Zugang im Ausland, notwendige Voraussetzung dafür ist, daß eine nachträgliche Heilung im Inland stattfinden kann. Die Postübersendung stellt bei dieser Sachlage eben nicht nur eine bloße Mitteilung dar; sie zielt vielmehr auf Durchführbarkeit des nachträglichen hoheitlichen Heilungsakts. Damit nimmt sie selbst am hoheitlichen Charakter der Heilung t e i l 1 8 2 . Bei anderer Beurteilung ließe sich die Qualifikation als In- oder Auslandszustellung zudem beliebig manipulieren, indem man die Zustellung künstlich in zwei Teile aufspaltet: die tatsächliche Übersendung (die für die Wirksamkeit der Zustellung irrelevant ist und "somit" nicht in fremde Souveränität eingreift) einerseits und den Inlandsakt andererseits, mit dem vorher oder nachher die Wirksamkeit herbeigeführt wird. Die völkerrechtliche Beurteilung hoheitlicher Zustellungsakte hinge also vollständig von ihrer rechtlichen Ausgestaltung im Einzelfall ab, die wiederum dem Staat, von dem aus zugestellt wird, überlassen wäre. Dieses Ergebnis verträgt sich nicht mit dem völkerrechtlichen Umgehungsverbot: Anerkennt man ein völkerrechtliches Verbot der Direktzustellung, so kann seine Einhaltung bzw. Verletzung nicht davon abhängen, wie die (Auslands-)Zustellung konkret ausgestaltet ist. Daraus folgt, daß die formlose Zustellung, deren Wirksamkeit im nachhinein über § 187 ZPO begründet wird, wie die gewöhnliche, unmittelbare Geltung beanspruchende Zustellung durch die Post in fremde Souveränität eingreift. Auch sie kann allenfalls dann völkerrechtlich zulässig sein, wenn der Zustel180 in diesem Sinne wohl Stein/Jonas-Schumann, § 187 VI., Rz. 43. 1 8 1
Dazu insbes. Schlosser, FS Nagel, S. 683 ff. mit zahlr.w.Nachw. Vgl. im übrigen unten S.
148 ff. 1 8 2 So wohl auch Schlosser, FS Nagel, S. 683 ff. (694). Ebenso wohl Schmitz, S. 162 ff.; Siegrist, S. 195 f. und 171 f.; Nagel, Rechtshilfe, S. 99; Stürner, FS Nagel, S. 446 ff. (464), die sich freilich allesamt ausdrücklich nur auf die Zustellung durch Aufgabe zur Post bzw. auf die remise au parquet beziehen.
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lungsstaat sie duldet. In den meisten Fällen scheitert die teleologische Reduktion von § 199 ZPO damit schon daran, daß insbesondere die europäischen Staaten sich größtenteils gegen die direkte Postzustellung ausländischer Hoheitsakte sperren 183. Fragwürdig ist sie im übrigen auch dann, wenn man den souveränitätsberührenden Charakter der Zustellung bei Wirksamkeitsbegründung über § 187 ZPO verneint. Denn der bereits erörterte 184 Gedanke, daß der einzelne vor Übergriffen fremder Staaten zu schützen sei, weil ihm anderenfalls infolge fehlender Auslandsrechts- und Sprachkenntnisse Rechtsschutzmöglichkeiten verloren gehen können, greift auch, wenn ein Souveränitätseingriff nicht vorliegt. Ebenso wie es den deutschen Gerichten ein Anliegen ist, daß deutsche Staatsbürger nicht durch unkontrollierbare ausländische Zustellungsakte in ihren Rechtsschutzmöglichkeiten beschnitten werden, müssen konsequenterweise die Interessen ausländischer Zustellungsempfanger in gleicher Weise berücksichtigt werden. Letztlich ist dies der Gedanke, der hinter dem strengen deutschen Souveränitätsverständnis im Hinblick auf ausländische Zustellungen und der Regelung in § 199 ZPO als solcher steht. Anerkennt man den Schutzgedanken richtigerweise als teleologischen Hintergrund des § 199 Z P O 1 8 5 , so scheidet eine Reduktion des Wortlauts der Norm auch dann aus, wenn im Einzelfall ein Verstoß gegen geltendes Völkergewohnheitsrecht nicht nachweisbar ist. Auf die Duldung durch den Adressatenstaat und den Nachweis, daß mit Hilfe von § 187 ZPO eine Souveränitätsverletzung umgangen werden kann, kommt es dann nicht mehr an. Demnach bleibt es bei der Feststellung, daß die direkte Übersendung von Drittschuldneranzeigen immer einen vorsätzlichen Rechtsbruch im Hinblick auf § 199 ZPO darstellen würde. Sie ist aus rechtsstaatlichen Gründen abzulehnen. b) Heilung rechtswidriger
Auslandszustellungen?
Die Feststellung, daß Auslandszustellungen gem. § 199 ZPO regelmäßig auf dem Rechtshilfeweg erfolgen müssen, führt zugleich zu der Schlußfolgerung, daß § 187 ZPO in internationalen Rechtsverhältnissen jedenfalls dann keine Anwendung finden sollte, wenn sie der Heilung bewußt verfahrenswidriger
1 8 3
Vgl. Nachw. oben S. 81 ff. S. 85 ff. 18 5 So Stürner, FS Nagel, S. 446 ff. (453) sowie die deutsche Stellungnahme bei den Haager 1 8 4
Konferenzen, Actes et Documents 1964 ΠΙ, S. 82. Vgl. schon oben S. 85 ff.
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Direktzustellungen dient Anderenfalls würde der Gesetzesumgehung Tür und Tor geöffnet aa) Sinn und Zweck von § 187 ZPO und Heilung von Auslandszustellungen Eine andere Frage ist, ob die Heilung gem. § 187 ZPO bei rechtswidrigen Auslandszustellungen auch dann ausgeschlossen ist, wenn es versehentlich zu einem Verstoß gegen § 199 ZPO kam. Zugegebenermaßen werden solche Fälle nicht allzu häufig vorkommen; ihre Erörterung mutet daher etwas theoretisch an. In der Regel wird dem Zustellungsorgan die gesetzliche Rechtslage nämlich bekannt sein. Gleichwohl sind Rechtsirrtümer in der Praxis nicht ausgeschlossen. Sie können insbesondere dort vorkommen, wo es um die Anwendungsvoraussetzungen spezieller Zustellungsnormen wie bei § 175 ZPO geht. Der B G H 1 8 6 schließt in seiner Rechtsprechung die Anwendung von § 187 ZPO auf Auslandszustellungen generell aus, weil anderenfalls "die im Ausland ansässige Partei in unzulässiger Weise in einen deutschen Prozeß hineingezogen würde, obwohl das nur nach dem in ihrem Aufenthaltsort geltenden Recht oder dort anerkanntem internationalem Vertragsrecht geschehen könne." Ein großer Teil des Schrifttums! 87 widerspricht hier mit Blick auf den Wortlaut und auf den gesetzgeberischen Zweck von § 187 ZPO. Der Wortlaut der Norm lasse eine Beschränkung auf Inlandszustellungen nicht erkennen. Auch eine teleologische Auslegung spreche nicht gegen, sondern für die Heilungsmöglichkeit im internationalrechtlichen Rahmen. Sinn und Zweck der Norm sei es nämlich, zu verhindern, daß einem Prozeßbeteiligten dadurch Nachteil entstehe, daß das Gericht ohne sachlichen Grund an einer starren Form festgehalten werde 1 8 8 . Die Einhaltung der Zustellungsvorschriften "ist also nicht Selbstzweck, sondern wird bedeutungslos, wenn der Zustellungzweck auf andere Weise erreicht wird" 1 8 ^.
18 6 BGHZ 58, 177 ff. = NJW 1972, 1004 (für prozeßeinleitende Schriftstücke); BGH IPRspr. 1978, 366 f. Ebenso OLG Karlsruhe, OLGZ 1984, 201 ff.; Baumbach/Lauterbach-Z/artmawi, § 187, Anm. 2 A d. Anders aber, wenn im Inland einem vertretungsberechtigten Anwalt das Schriftstück übergeben wird. Hier soll die Heilung möglich sein; BGH R I W / A W D 1989,481. 18 7 Stein/Jonas -Schumann, § 187, Rz. 44; Zöller-Stephan, § 187, Rz. 1; Thomas/Putzo, § 187, Anm. 1; Riezler, S. 689; Bökelmann, TL 1972, 425; Geirrter, NJW 1972, 1624 f. (1624); Schumacher, IPrax 1985,265 ff. (268); Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176). Ebenso BGH RIW/AWD 1989, 481; OLG Hamm, IPRspr. 1981,362 ff, (366). 188 Baumbach/Lauterbach-//arimawt, § 187, Anm. 2 A a m.w.Nachw. 189 So die Begründung zum Entwurf von 1931, S. 302, auf dem die heutige Fassung des § 187 ZPO beruht (zit. bei Bökelmann, JR 1972,425).
10 Mössle
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. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im
schen Recht
Der Zweck einer Zustellung besteht in erster Linie in der Gewährung des rechtlichen Gehörs 1 9 0 ; in der Tat ist er regelmäßig schon dann erreicht, wenn der Empfänger vom zuzustellenden Schriftstück Kenntnis erlangt hat. Dies gilt indessen nicht, soweit internationale Verhältnisse betroffen sind. Nicht allein die tatsächliche Kenntnisnahme ist es nämlich, die zur Gewährung des rechtlichen Gehörs führt, sondern erst die effektive Möglichkeit, zum Zustellungsinhalt Stellung zu beziehen. Die Stellungnahmemöglichkeit wiederum setzt voraus, daß der Zustellungsempfänger weiß, worum es bei einem zugestellten Schreiben geht. Gerade dann, wenn ein Schreiben vom Ausland kommt, fehlen hierfür häufig die erforderlichen Sprachkenntnisse. Mangelnde Vertrautheit im ausländischen Recht kommt hinzu. In international-rechtlichen Fällen sprechen Sinn und Zweck von § 187 ZPO demnach nicht für, sondern eher gegen eine Heilungsmöglichkeit 191 . Allerdings sollte der Schutzgedanke nicht in weiterem Maße berücksichtigt werden, als ihn der Adressatenstaat selbst für maßgeblich hält. Wenn sich der Heimatstaat des Zustellungsempfängers nicht gegen die Direktzustellung zur Wehr setzt, so besteht m.E. auch für die deutschen Gerichte keine Veranlassung, weitergehende Rücksicht zu nehmen. Dies deshalb, weil es die ureigene Aufgabe jeden Staates ist, für sein Staatsgebiet festzulegen, unter welchen Voraussetzungen ein Hoheitsakt gegenüber seinen Bürgern wirksam sein soll. Verzichtet der betreffende Heimatstaat auf Schutzmechanismen gegen Direktzustellungen, die vom Ausland her kommen, spricht daher nichts gegen die Anwendung von § 187 ZPO; die Heilung sollte dann vielmehr ermöglicht werd e n 1 ^ . Anders als § 199 ZPO läßt der Wortlaut von § 187 ZPO die Berücksichtigung des ausländischen Souveränitätsverständnisses z u 1 9 3 . Auch Art 103 Abs. 1 GG, der den Grundsatz des rechtlichen Gehörs regelt, steht wohl nicht entgegen. Ein "Mindeststandard" an rechtlichem Gehör, der freilich hinter dem in § 199 ZPO bezweckten zurückbleibt, ist hier schon dadurch gewährleistet, daß bei der Heilung gem § 187 ZPO der Empfänger das Schriftstück tatsächlich erhalten hat und sich somit mit einiger Anstrengung selbst Kenntnis vom Inhalt verschaffen kann. 190 Maunz/Dürig-Düng, Art. 103 I, Rz. 47 und 80; Sleinßonas-Leiphold, Vor § 128, Rz. 35; Schlemmer, S. 41; BGHZ 12, 96 ff. (98); BayVerfGE 9,123 ff. (127); OLG Celle, JZ 1958,31. 191 Mit dieser Begründung Stürner, FS Nagel, S. 446 ff. (453). 192 Anders offenbar BGHZ 58, 177 ff. = NJW 1972, 1004. Auf das Souveränitätsverständnis des Adressatenstaates (der UdSSR) wird hier nicht eingegangen. 193 Diese Erwägung gilt nur für ausgehende Zustellungen. Werden vom Ausland her (rechtswidrige) Direktzustellungen ins Inland vorgenommen, so ist es Aufgabe des deutschen Staates, seine Angehörigen zu schützen. Man sollte in diesem Falle mit einer Heilung vorsichtig sein. Zur Problematik im Rahmen des EuGVÜ vgl. BGH W M 1988, 1209 ff. und W M 1988, 1617 ff. Dazu schon oben S. 85 f. und Fußn. 275.
§ 2 Durchfhbakeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
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bb) Völkerrechtliche Vorgaben Eine andere rechtliche Beurteilung wäre nur geboten, wenn es völkerrechtliche Beschränkungen gäbe, wonach die inländische Heilung rechtswidriger Akte, die im Ausland vorgenommen wurden, ausgeschlossen wäre. Solche völkerrechtlichen Beschränkungen können naheliegenderweise nur dort bestehen, wo schon der Akt, um dessen Heilung es geht, gegen das Völkerrecht verstoßen hat, bei Auslandszustellungen also nur dann, wenn der Adressatenstaat die (im Hinblick auf § 199 ZPO) fehlerhafte Zustellung auf seinem Staatsgebiet nicht duldet. Für diesen Fall wurde die Heilungsmöglichkeit schon aus nationalrechtlichen Gründen abgelehnt Die Frage, ob sie auch von Völkerrechts wegen ausgeschlossen wäre, kann daher d a h i n s t e h e n 194. ist eine direkte Zustellung als geduldeter Souveränitätseingriff völkerrechtlich zulässig, so bestehen auch gegen die Heilung sicherlich keine völkerrechtlichen Bedenken. Der Anwendung von § 187 ZPO steht dann nichts im W e g e i 9 5 .
VI. Ergebnis Auch über § 187 ZPO lassen sich die Schwierigkeiten, die bei der Zustellung der Drittschuldneranzeige bestehen, nicht beseitigen. Die Anwendung von § 187 ZPO zur Umgehung von § 199 ZPO scheidet regelmäßig aus rechtsstaatlichen Gründen aus. Es bleibt damit dabei, daß bestehende Zustellungsprobleme bei der Drittschuldneranzeige nur durch eine Revision der deutschen Praxis beim Rechtshilfeverfahren gelöst werden können. Nur wenn die deutschen Justizverwaltungen die Bereitschaft aufbrächten, ausländische Drittschuldneranzeigen im Inland zuzustellen und umgekehrt deutsche Ersuchen ins Ausland weiterzuleiten, mag man in Zukunft dazu kommen, daß Forderungspfändungen 194 Es entspricht einer breiten Staatenpraxis, daß völkerrechtswidrige Zustellungen als nichtig anzusehen sind. Für die Bundesrepublik vgl. die eben zitierte Entscheidung in BGHZ 58, 177 ff. Für die Schweiz BGE 82ΙΠ, 63 ff. (75); 57 ΙΠ, 26 ff. (30). Für die U.S.A. Federal Trade Commission v. St. Gobain-Pont à Mousson, 636 F. 2d 1300 (1980). Anders aber etwa der EuGH im Farbstoffefall, EuGHE 18 (1972), S. 787 ff. Hier wurde eine direkte Zustellung für wirksam befunden, obwohl sie gegen ausdrücklichen Protest der Schweiz erfolgte. Gleichwohl gehen Mann, FS Mosler, S. 529 ff. (531) und Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze, S. 16 hier wohl von der Völkerrechtswidrigkeit auch des Heilungsaktes aus. Ebenso Baumbach/Lauterbach-//arf/nanrt, Anm. 2 A d. Eine zwingend logische Verknüpfung der Frage der Völkerrechtsgemäßheit direkter Auslandszustellungen mit der Frage der völkerrechtlichen Zulässigkeit einer nachträglichen Heilung besteht entgegen Schlosser, FS Nagel, S. 683 ff. (694) indes nicht. Die Zustellung stellt nämlich - wie oben gesehen - einen tatsächlichen Akt auf fremdem Staatsgebiet dar. Demgegenüber fehlt dem Heilungsakt ein solcher tatsächlicher Charakter. Für ihn gelten daher die oben herausgearbeiteten allgemeinen Jurisdiktionsgrundsätze. 195 Ebenso Geimer, IZPR, Rz. 418 (S. 89) (für das Verhältnis zu den U.S.A.). io*
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schen Recht
auch dann Wirksamkeit erlangen können, wenn der Drittschuldner im Ausland wohnt. Wünschenswert wäre dies um so mehr, als die deutsche Praxis größtenteils, nämlich für den Anwendungsbereich der Haager Abkommen, dem geltenden Recht widerspricht B. Zustellung an den Vollstreckungsschuldner im Ausland /. Zustellung durch Alf gäbe zur Post Für die Zustellung an einen ausländischen Vollstreckungsschuldner trifft § 829 Abs. 2 S. 4 ZPO eine Sonderregelung: An Stelle der Übermittlung auf dem Rechtshilfeweg (§ 199 ZPO) erfolgt die Zustellung danach durch Aufgabe zur Post. 1. Verfahren bei Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 175 ZPO) Die Zustellung durch Aufgabe zur Post stellt eine sog. fiktive Inlandszustellung dar!96. Sie vollzieht sich dadurch, daß der Gerichtsvollzieher das Schriftstück (hier: die Mitteilung an den Vollstreckungsschuldner) unter der Adresse des Empfängers zur Post gibt (§ 175 Abs. 1 S. 2 ZPO). Im Moment der Postaufgabe gilt die Zustellung als b e w i r k t 1 9 7 ; auf die tatsächliche Kenntnisnahme durch den ausländischen Schuldner, d.h. auf den Zugang, kommt es anders als bei gewöhnlichen Postzustellungen - für die Wirksamkeit nicht an 198 (§ 175 Abs. 1 S. 3 ZPO). Mit der Zustellung durch Aufgabe zur Post soll von vornherein vermieden werden, daß tatsächliche Hoheitsakte, insbesondere direkte Postzustellungen, im Ausland notwendig werden. Die Zustellung vollzieht sich im Inland; ins Ausland gelangt nur der mit ihr verbundene Postbrief, der als solcher keine Rechtsänderung herbeiführt.
196 Schmitz, S. 21. 197 BGH Rpfl. 1987, 26 ff. = ZZP 100 (1987), 335 ff. (mit Anm. Schack); BGH NJW 1983, 884. 198 Baumbach/Lauterbach-Hartmann, § 175, Anm. 1 I C . ; 2öW&r-Stephan, § 175, Rz. 3; Geimer!Schütze, Bd. I , Hb. 1, S. 1091; Nordmann, S. 21.
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2. Zustellung durch Aufgabe zur Post als reiner Inlandsakt? Die ganz h . M . 1 9 9 qualifiziert die Zustellung durch Aufgabe zur Post als reine Inlandszustellung und schließt daraus, daß ihre völkerrechtliche Zulässigkeit weder durch die Haager Abkommen (die ihrerseits nur Auslandszustellungen regeln)200 noch durch das dem Völkerrecht entnommene Verbot der direkten Auslandszustellung tangiert werde. Dafür spricht in der Tat, daß - anders als bei der formlosen Zustellung mit Wirksamkeitsbegründung über § 187 ZPO der ins Ausland übersandte Postbrief und insbesondere sein Zugang für die Zustellungswirkung ohne Belang sind. Die Zustellung erlangt Gültigkeit, noch bevor der mit ihr verbundene Postbrief die Staatsgrenzen überschreitet. Hier liegt die Annahme, das ins Ausland gerichtete Schreiben stelle mangels rechtlicher Relevanz keinen Akt hoheitlicher Gewalt dar und rechtfertige daher die Qualifikation der Zustellung durch Aufgabe zur Post als I n l a n d s z u s t e l l u n g 2 0 i , auf den ersten Blick recht nahe. Logische Konsequenz wäre freilich erneut, daß die Anwendbarkeit des völkerrechüichen Verbots direkter Auslandszustellungen bei äußerlich gleichem Verfahrensablauf letztlich davon abhinge, wann das nationale Recht die Zustellungswirkung eintreten läßt, ein Ergebnis, dessen Untragbarkeit an anderer Stelle schon begründet wurde. Die Zustellung durch Aufgabe zur Post unterscheidet sich verfahrensmäßig kaum von der gewöhnlichen Postzustellung; allein der Wirksamkeitseintritt ist zeitlich vorverlegt. Auch die Qualifikation des ins Ausland gesandten Postbriefs als nichthoheitlicher und damit völkerrechtlich unbedenklicher Akt stellt sich bei näherem Hinsehen als fragwürdig heraus. Denn trotz ihrer Bedeutungslosigkeit für die Zustellungswirkung stehen die Auslandsübersendung und der Zugang mit dem übrigen Verfahrensablauf, der Aufgabe zur Post im Inland, in untrennbarem logischem Z u s a m m e n h a n g t . Die "Inlandszustellung" kann nicht vollzogen werden, ohne daß das zugestellte Schreiben ins Ausland gelangt Unabhängig davon, ob das Auslandsschreiben isoliert betrachtet einen Souveräni199 BGH FamRZ 1988, 827 f.; BGHZ 98,263 = Rpfl. 1987, S. 206 f. = ZZP 100 (1987), S. 335 ff.; BGH W M 1986, S. 144; OLG München, R I W / A W D 1987, 153 f. (154); OLG Köln, M D R 1986, S. 244; OLG Hamburg, IPRspr. 1983, 419 (Nr. 159); OLG Frankfurt, OLGZ 1979, 40 f.; Stein/Jonas-Schumann, § 175 ΙΠ, Rz. 9 und 7; Wieczorek, § 339, Anm. B l a ; Baumbach/Lauterbach-Hartmann, § 175, Anm. 1 I c; TMcr-Geimer, § 199 , Rz. 17; TM&r-Stephan, § 175, Rz. 3; Riezler, IZPR, S. 687; Geimer, NJW 1972, 1624 ff. (1624); Bökelmann, JR 1972, 425 ff. (425); wohl auch Nordmann, S. 14 ff. (ohne nähere Begründung). 200 BGH W M 1986, 144; OLG München, R I W / A W D 1987, 153 f. (154). S. auch die Denkschrift der BReg. zum HZustÜbk., BT-Drucks. 8/217, 38 ff. (40 ff.); BGE 68 ΠΙ, 10 ff. 201 Mit dieser Begründung Siegrist, S. 195. 202 Schmitz, S. 167.
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tätseingriff darstellen würde oder nicht, führt diese notwendige Verknüpfung m.E. dazu, daß "Inlandszustellung" und " Auslandsakt" als Einheit zu betrachten sind. Die Übermittlung des Schreibens ins Ausland nimmt also am hoheitlichen Charakter des eigentlichen Zustellungsakts teil und stellt eben nicht nur eine bloße Mitteilung ohne rechtsgestaltenden Charakter dar. Auch die Zustellung durch Aufgabe zur Post ist demnach eine - allerdings modifizierte Auslandszustellung, die sich an den oben herausgearbeiteten völkerrechtlichen Vorgaben messen lassen m u ß 2 0 3 . Der blinden Einordnung der Zustellung durch Aufgabe zur Post als Inlandszustellung wurde denn auch in jüngerer Zeit verstärkt von Seiten der Lehre widersprochen. Insbesondere in der schweizerischen Literatur stößt die Rechtsprechung des schweizerischen Bundesgerichts, das deutsche Zustellungen durch Aufgabe zur Post derzeit noch billigt, zunehmend auf Kritik 2 0 *. Auch im deutschen Schrifttum gibt es neuerdings Gegenstimmen. Schlosser 20^ etwa spricht hier in Anspielung auf die mit der Zustellung durch Aufgabe zur Post bezweckte Umgehung völkerrechtlicher Anforderungen von einer "legislatio in fraudem legis internationalis". In die gleiche Richtung geht ein Kommentar Stürners 206 , wonach die Problematik des Eingriffs in fremde Souveränität nur verschleiert werde, indem man diese Zustellungen (die Zustellung durch Aufgabe zur Post und durch remise au parquet) als Inlandszustellungen deklariere. Und wenn Nagel 2 0 7 konstatiert: "Auch nach diesem System hat also der öffentlichrechtliche Akt der Zustellung Nachwirkungen ins Ausland, die von diesem zumindest geduldet werden müssen", so meint er letztlich nichts anderes. Hier scheint sich ein allmähliches Umdenken abzuzeichnen. Daß übrigens selbst die Gegenansicht die Qualifikation der Zustellung durch Aufgabe zur Post als Inlandszustellung nicht konsequent durchzuhalten vermag, belegt ein Urteil des Bundesgerichtshofs im 58. Band der amtlichen
2
° 3 Ebenso Schmitz, S. 162 ff.; Siegrist, S. 171 f. und S. 195 f. Soweit die Zustellung durch Aufgabe zur Post im Rahmen eines Erkenntnisverfahrens angewandt wird, wird dieses Ergebnis durch die Tatsache erhärtet, daß der Zugang im Ausland den Beginn der Frist markiert, die für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entscheidet Hier zeitigt der Auslandsbrief eben doch rechtliche Wirkungen. Schlosser, FS Nagel, S. 683 ff. (686). Bei der Zustellung gem. § 828 Abs. 2 ZPO spielt dieser Gesichtspunkt keine Rolle. 2 0 4 Müller/Wildhaber, Völkerrecht, S. 282; Volken, ZBJV 1982, 441 ff. (454); Hauser, JR 1987,353 ff. (359); Müller, ZBJV 1978, 91 ff. (93). 205 FS Stiefel, S. 683 ff. 2 0 6 in Habscheid, Justizkonflikt, S. 22; ders. in FS Nagel, S. 446 ff. (464) (für remise au parquet); ebenso K.P.Mössle, S. 254. 2
° 7 Rechtshilfe, S. 99.
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in dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall war entgegen § 175 ZPO ein verfahrenseinleitendes Schriftstück durch Aufgabe zur Post in der UdSSR zugestellt worden. Es ging nun um die Frage, ob die fehlerhafte Zustellung gem. § 187 ZPO heilbar war. Der BGH verneinte dies mit Hinweis auf die Souveränität des Auslandsstaats. Wie aber kann die Souveränität des Zustellungsstaats überhaupt berührt sein, wenn die Zustellung doch nach Ansicht des BGH eine Inlandszustellung darstellt? Die Entscheidung ist nur verständlich, wenn man unterstellt, daß der BGH die Zustellung durch Aufgabe zur Post zumindest dann als Auslandszustellung ansieht, wenn sie über den gesetzlich vorgesehenen Rahmen hinaus, also etwa bei verfahrenseinleitenden Schriftstücken, praktiziert wird. Womit sich diese Differenzierung bei formal gleichem Verfahren logisch begründen läßt, ist schleierhaft. Sammlung208:
Es ist also festzuhalten, daß die Einordnung der Zustellung durch Aufgabe zur Post als rein inländischer, fremde Gebietshoheit nicht berührender Akt kaum haltbar ist. Die Zustellung durch Aufgabe zur Post ist völkerrechtlich vielmehr nur dann zulässig, wenn sie entweder staatsvertraglich abgesichert ist oder - außerhalb staatsvertraglicher Regelungen - vom Adressatenstaat geduldet wird. II. Zustellung durch Aufgabe zur Post und staatsvertragliche
Regelungen
1. Weltpostvertrag Die konkludente staatsvertragliche Anerkennung der Zustellung durch Aufgabe zur Post unterstellt S c h u m a n n 2 ° 9 für diejenigen Staaten, die Vertragsstaaten des Weltpostvertrags 210 sind. Dort seien sogar die Zusendung mit Rückschein (Art. 37) und die eigenhändige Zustellung ( A r t 38) als zulässige Zustellungsformen geregelt. Hätten die Vertragsstaaten die Zustellung durch Aufgabe zur Post abgelehnt, so wäre dies seiner Ansicht nach im Vertragstext ausdrücklich niedergelegt worden. Dabei verweist er auf die Verbotsliste in Art. 28 des Abkommens, die ein Verbot der Zustellung durch Aufgabe zur Post nicht enthält. Ein Blick auf die in Art. 28 Weltpostvertrag geregelten Fälle widerlegt indes die Argumentation Schumanns: Untersagt werden hier z.B. die Versendung von Gegenständen, "die wegen ihrer Beschaffenheit ... eine Gefahr für den Postboten darstellen oder die Briefsendungen beschmutzen könnten" (Art. 28 Nr. 1 a); Versendung von Opium, Morphium etc.; Versendung lebender Tiere 208 BGHZ 58,177 ff. = NJW 1972,1004. Ebenso BGH IPRspr. 1978, 366 f.; LG Aachen, Rpfl. 1983,74 f. (75). 209 in Stein/Tonas, § 175, Rz. 8 und Fn. 7a. 210 BGBl. 1965 Π, S. 1699. Frankreich und die Schweiz sind diesem Veitrag beigetreten.
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(Art. 28 Nr. 1 e) etc. Diese Beispiele zeigen, daß sich Art. 28 nicht an gedanklichem Inhalt bzw. hoheitlichem oder privatem Charakter eines Versendungsguts orientiert, sondern an seiner körperlichen Beschaffenheit So ist auch die Zustellung von Hoheitsakten durch die Post im Verbotskatalog des Art. 28 mit keinem Wort erwähnt, die ein Großteil der Vertragsstaaten wie die Bundesrepublik und die Schweiz nach wie vor für völkerrechtlich unzulässig halten. Ein Abgehen von ihrem Standpunkt war von ihnen bei Zeichnung des Weltpostvertrags sicher nicht beabsichtigt. Daß auch an anderer Stelle des Vertrags von der Direktzustellung hoheitlicher Akte nie die Rede ist, läßt vielmehr den Schluß zu, daß der Weltpostvertrag die Zulässigkeit postalischer Zustellungen mit hoheitlichem Charakter überhaupt nicht berührt, sondern bewußt offen läßt. Art. 37 und 38 Weltpostvertrag bilden daher keinen brauchbaren Gesichtspunkt für die Zulässigkeit einer Zustellung durch Aufgabe zur Post. 2. Haager Abkommen Die Anwendbarkeit von HZPrÜbk. (im Verhältnis zur Schweiz) bzw. HZustÜbk. (im Verhältnis zu Frankreich^ 11 und ihres enthaltenen staatsvertraglichen Verbots direkter Auslandszustellungen auf die Zustellung durch Aufgabe zur Post wird von der ganz h.M.212 gleichfalls abgelehnt Dabei steht meist die Vorstellung im Vordergrund, die Zustellung durch Aufgabe zur Post sei eine reine Inlandszustellung und werde schon aus diesem Grunde von den ihrerseits nur Auslandszustellungen regelnden - Haager Abkommen nicht erfaßt.
211 Das HZustÜbk. kann nach derzeitiger Rechtslage im Verhältnis zu Frankreich auch deswegen nicht zum Ausschluß der Zustellung durch Aufgabe zur Post führen, weil Frankreich im Verhältnis zur Bundesrepublik - wie oben S. 76 f. ausgeführt - der Direkt zu Stellung auf seinem Staatsgebiet nicht widersprochen hat. Der Vollständigkeit halber soll die grundsätzliche Frage der Bedeutung des HZustÜbk. für die Zustellung durch Aufgabe zur Post gleichwohl behandelt werden. Sie ist schon deshalb auch hier relevant, weil ein Widerspruch Frankreichs für den Fall, daß tatsächlich von der Bundesrepublik aus eine direkte Zustellung vorgenommen würde, durchaus möglich ist. 212 BGH Rpfl. 1987, 26 ff.; BGH W M 1986, 1445; OLG München, RIW/AWD 1987, 153 f. (154); OLG Köln, M D R 1986, 224; OLG Hamburg, IPRspr. 1986, S. 243 f; Wieczorek, § 339, Anm. Β la; ZMer-Stephan, § 175, Rz. 3; Stein/Tonas- Schumann,, § 175 Rz. 8; Schack, ZZP 1987, 442 ff. (444); Nordmann, S. 14 ff.; Bökelmann, JR 1972,1004; Geimer, NJW 1972,1624 f. (1624); Riezler, IZPR, S. 687; Rigeaux, Rev.crit.dr.int.pr. 1965, 447 ff. (458 ff. und 465). Vorausgesetzt bei BGHZ 58, 179; OLG Hamburg DA Vorm. 1983, S. 540 f. = IPRspr. 1983, 419 (Nr. 159); OLG Frankfurt, OLGZ 1979, 40; LG Aachen, Rpfl. 1983,74 f.
§ 2 Durchfhbakeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
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Geht man dagegen von dem hier vertretenen Standpunkt aus, wonach die Zustellung durch Aufgabe zur Post eine besondere Form der Auslandszustellung darstellt, ist die Rechtslage weniger klar. Gegen die Anwendbarkeit der Haager Abkommen spricht dann allenfalls noch ihre Entstehungsgeschichte213, wie sie sich in den Akten und Dokumenten zu HZPrÜbk. und HZustÜbk. darstellt. Aus ihr soll nach verbreiteter Auffassung 21* folgen, daß die Einbeziehung fiktiver Inlandszustellungen wie die Zustellung durch Aufgabe zur Post in die staatsvertraglichen Regelungen von den Vertragsstaaten nie beabsichtigt war. Erfaßt werden sollten, so wird dargelegt, nur "echte Auslandszustellungen", letztlich also solche, die vom Zustellungsstaat selbst als Auslandszustellungen deklariert werden. Die Qualifikation als In- oder Auslandszustellung wäre demnach den Vertragsstaaten selbst ü b e r l a s s e n 2 1 5 . a) Entstehungsgeschichte der Haager Abkommen Soweit ersichtlich, kann die Zustellung durch Aufgabe zur Post bei den Vertragsverhandlungen nicht ausdrücklich zur Sprache 216 . Ein Rückschluß kann nur daraus gezogen werden, daß vor allem bei den Verhandlungen um das HZustÜbk. andere, vergleichbare Formen fiktiver Inlandszustellungen, insbesondere die französische "remise au parquet", ausgiebig diskutiert wurden. Es entsprach in der Tat nicht der Absicht der Vertragsstaaten, in die Rechtsvorschriften zur "remise au parquet" einzugreifen. In den Protokollen ist vielmehr ausdrücklich festgehalten, daß der obligate Charakter des Art. 1 HZustÜbk. sich auf die Fälle beschränken sollte, in denen bereits nach nationalem Recht eine Auslandszustellung notwendig i s t 2 1 7 . Die Frage des "Ob" einer Auslandsnotifikation sollte bewußt offen, d.h. den Vertragsstaaten überlassen bleiben. Im Rahmen des HZustÜbk. spricht für diese Deutung auch noch ein systematisches Argument aus Art. 15 HZustÜbk.: Mit Blick auf die "remise au parquet" und vergleichbare Zustellungsformen wurde darin sichergestellt, daß bei der
2 1 3
Allgemein zur Entstehungsgeschichte Bülow/Böckstiegel I, S. 100.1 ff. und 350.1 ff. (zum HZustÜbk.). 21 4 Stürner, FS Nagel, S. 446 ff. (450); Schumacher, IPrax 1985, 265 ff. (267); Heidenberger, R I W / A W D 1988, 683 ff. (685); Bülow/Böckstiegel I, S. 100.10 f. und Fußn. 29; Gonseth, S. 74 (Anm. 13) (für HZPrÜbk.); Wieczorek-Sc/iü/ze, IntZPR, Anm. C ffl 2; OLG Düsseldorf, R I W / A W D 1985,493 ff. = IPrax 1985,289 ff; deutsche Denkschrift, BTDrucks. 8/217, S. 39. 215 So ausdrücklich Stürner, FS Nagel, S. 446 ff. (450); Junker, IPrax 1986, 197 ff. (202); Wieczorek-Sctoze, IntZPR, Anm. C ΠΙ 3. 21
6 Offenbar wurde hier immer davon ausgegangen, daß das deutsche Recht streng am Erfordernis des Rechtshilfewegs festhält. Vgl. etwa Droz y Actes et Documents 1964 ΙΠ, S. 13. Die Regelung in § 175 ZPO wurde nur im deutschen Länderbericht erwähnt. 2 1 7
Actes et Documents 1964 ΠΙ, S. 80 f.
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schen Recht
Zustellung verfahrenseinleitender Schriftstücke das Verfahren so lange auszusetzen ist, bis der Adressat das betreffende Schriftstück auf dem Rechtshilfeweg erhalten hat, sein rechtliches Gehör also gesichert i s t 2 1 8 . Diese Regelung wäre sinnlos, wenn Zustellungen durch "remise au parquet" und solche mit vergleichbarem Verfahren nicht möglich wären und als "Auslandszustellungen" bei erklärtem Widerspruch nur noch auf förmlichem Wege durchgeführt werden dürften2i9. b) Auswertung der Entstehungsgeschichte Die Entstehungsgeschichte erscheint freilich in einem anderen Licht, wenn man berücksichtigt, daß nach f r a n z ö s i s c h e m 2 2 0 u n d niederländischen^ Recht, wie es zur Zeit der Vertragsverhandlungen Gültigkeit hatte, die bestehenden fiktiven Inlandszustellungen ("remise au parquet") nicht mit der direkten Postzustellung einer Mitteilung an den Empfänger verbunden waren. Anders als die Zustellung durch Aufgabe zur Post und die "remise au parquet" in ihrer heute bekannten Form vollzog sie sich in diesen Staaten allein dadurch, daß das zuzustellende Schriftstück der zuständigen Staatsanwaltschaft übergeben und die Übermittlung eines informativen Schreibens auf dem Rechtshilfeweg eingeleitet wurde. Erst nach Zustandekommen des HZustÜbk. wurde in Frankreich - was vielen offenbar nicht bekannt ist - noch im gleichen Jahr eine zusätzliche Mitteilung an den Zustellungsempfänger durch die Post vorges c h r i e b e n 2 2 2 . Geht man von der zur Zeit des Vertragsschlusses in Frankreich und den Niederlanden bestehenden Rechtslage aus, so ist auch nach hier vertretener Auffassung der Charakter der Zustellung durch Aufgabe zur Post als reiner Inlandsakt evident. So erklärt sich die Haltung der Vertragsstaaten zur "remise au parquet" auf einfache Weise. Gewiß standen bei den Vertragsverhandlungen auch andere Formen fiktiver Inlandszustellungen und insbesondere solche zur Diskussion, die schon damals eine ins Zustellungsverfahren integrierte, postalische "Mitteilung" an den
218 Dazu insbes. die deutsche Denkschrift zum HZustÜbk., BTDrucks. 8/217, S. 38 ff.; auch abgedruckt in Geimerl Schütze I, 1. Hb., S. 1091 ff.; Bülow/Böckstiegel I. S. 350.1 ff.; Geiger, Encycl.of Publ.Int.L., Bd. 10, S. 246. 219 Stürner, FS Nagel, S. 446 ff. (450); Droz, Compétence Judiciaire, n. 276 (S. 174); Schumacher, IPrax 1985, 265 ff. (267); deutsche Denkschrift zum HZustÜbk., BTDrucks. 8/217 v. 22. 2. 1977, S. 48 = Geimer/Schütze , 1,1, Hb., S. 1093. 220 Actes et Documents 1964 ΠΙ, S. 22,27 und 13 (Bericht Droz). Dazu noch unten S. 197 ff. 221 Actes et Documents 1964 ΠΙ, S. 28 und S. 13 (Bericht Droz). 222 Nagel, Rechtshilfe, S. 102; Huet, Juriscl.dr.int.pr., Fase. 583, n. 49; Rigaux, Rev.crit.dr.int.pr. 1963, 447 ff. (450).; Droz, Compétence Judiciaire, n. 262 (S. 166).
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Empfanger kannten. Ein Beispiel ist das luxemburgische Recht 2 2 3 , daneben die Rechte der Vertragsstaaten Belgien und I t a l i e n ^ , o b auch diese vom bindenden Charakter der staatsvertraglichen Regelung (Art. 1 HZustÜbk.) ausgenommen werden sollten, ob sie also als "Inlandszustellungen" anerkannt waren, erscheint indes durchaus zweifelhaft: In einem einleitenden Memorandum zur 10. Session der Konferenz 22 ^ bezeichnete der Sekretär des ständigen Ausschusses der Haager Konferenz Droz die "remise au parquet" und ähnliche Zustellungsformen als problematisch im Hinblick auf das rechtliche Gehör des Adressaten. Er schlug daher vor, ihren Verfahrensablauf um eine Direktzustellung auf dem Postwege zu ergänzen oder zu ersetzen. Dabei erkannte er die ablehnende Haltung mancher Staaten zur Direktzustellung, namentlich der Bundesrepublik, ausdrücklich als Hindernis an, dessen Ausräumung er freilich als wünschenswert bezeichnete. Ebenso ist in einem Bericht der Expertenkommission 226 festgehalten, daß die Postzustellung bei erklärtem Widerspruch des Adressatenstaates unzulässig sei; daß für fiktive Inlandszustellungen, die mit einer Direktübersendung ins Ausland verbunden sind, eine Ausnahme bestehe, wird zumindest ausdrücklich nicht gesagt. Schließlich wurde in einer späteren Konferenz aus dem Jahre 1980 von der Expertenkommission ausgeführt, die Direktzustellung werde von den Widerspruchsstaaten geduldet, sofern sie mit einer förmlichen Zustellung gekoppelt und allein letztere für den Eintritt der Zustellungswirkung entscheidend sei. Hier ist offenbar vorausgesetzt, daß fiktive Inlandszustellungen eben nicht a priori vom Regelungsgehalt der Haager Abkommen ausgenommen sind. Die Materialien sind demnach, was die Zulässigkeit fiktiver Inlandszustellungen angeht, die wie die Zustellung durch Aufgabe zur Post mit einer direkten Auslandsübersendung verbunden sind, bei weitem nicht so eindeutig, wie dies häufig behauptet wird. Die fehlende Klarheit über ihren entstehungsgeschichtlichen Hintergrund führt für das HZPrÜbk. und das HZustÜbk. zu unterschiedlichen Schlußfolgerungen:
2 2 3
Actes et Documents 1964 ΠΙ, S. 23 und 13 (Droz); Droz, Compétence Judiciaire, n. 264 (S.
166).
22 4 Rigaux, Rev.crit.dr.int.pr. 1963, 447 ff. (451 ff.); Droz, Compétence Judiciaire, n. 265 (S. 167). Bei den Haager Verhandlungen kamen die belgische und italienische Form der "remise au parquet" nicht ausdrücklich zur Sprache. 225 Actes et Documents 1964 ΠΙ, S. 5 ff. und insbes. 15 ff. 22
6 Actes et Documents 1964 ΠΙ, S. 82 f.
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aa) Haager Zivilprozeßübereinkommen Für das HZPrÜbk. wurde oben 22 ? festgestellt, daß es wegen des nachgiebigen Wortlauts von A r t 1 des Abkommens schon die direkte Zustellung von Hoheitsakten auf dem Postwege nicht ausdrücklich verbietet. Ein solches Verbot ergibt sich vielmehr nur aus dem Geist des Abkommens und aus den rechtlichen Vorstellungen der Mitgliedstaaten, die Hintergrund seines Abschlusses sind. Läßt sich hier nicht positiv belegen, daß ein Eingriff in die Form der Zustellung durch Aufgabe zur Post beabsichtigt war, so folgt daraus, daß insoweit auch "zwischen den Zeilen" kein staatsvertragliches Verbot nachweisbar ist. Es ist vielmehr von der völligen Unanwendbarkeit des Abkommens auf die Zustellung durch Aufgabe zur Post auszugehen 228 . bb) Haager Zustellungsübereinkommen aaa) Wortlaut von Art. 1 HZustÜbk. Gegen eine entsprechende Interpretation des HZustÜbk. spricht der im Gegensatz zu Art. 1 HZPrÜbk. eindeutige Wortlaut von Art. 1 HZustÜbk 22 ?. Er besagt, daß das Abkommen in allen Fällen anwendbar ist, in denen ein Schriftstück ins Ausland zu übermitteln ist Damit kommt es auch bei der - hier als Auslandszustellung qualifizierten - Zustellung durch Aufgabe zur Post zur Anwendung. Daß die Entstehungsgeschichte zu keinem anderen Ergebnis führt, wurde bereits belegt. Selbst wenn die Vertragsstaaten im übrigen der Ansicht gewesen wären, die Zustellung durch Aufgabe zur Post und ähnliche fiktive Inlandszustellungen seien von dem Abkommen nicht erfaßt, könnte dies über den klaren Wortlaut von Art. 1 HZustÜbk. nicht hinweghelfen. Die Motive dürfen neben dem Wortlaut nach richtiger Auffassung nämlich nur dann zur Auslegung eines internationalen Abkommens herangezogen werden, "si le texte
227 S. 78 ff. (79 ff.) Hier ist freilich zu erwähnen, daß die Haltung der Bundesrepublik, selbst was fiktive Inlandszustellungen und ihre Einbeziehung in den Anwendungsbereich in das HZPrÜbk. angeht, nicht ganz konsequent ist. Im Verhältnis zu Belgien besteht nämlich seit langem ein auch für den Anwendungsbereich des HZPrÜbk, als bindend anerkanntes Zusatzübereinkommen, wonach die belgische Form der "remise au parquet", die wie die französische nach derzeit geltender Rechtlage mit der Direktzustellung einer "Mitteilung" auf dem Postwege verbunden ist, im Verhältnis zur Bundesrepublik unzulässig ist. Dazu Rigaux, Rev.criLdr.int. 1965,447 ff. (469). 22 9 Dazu schon oben S. 78 ff. 2 2 8
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... n'est pas suffisamment c l a i r " 2 3 0 . Auslegungszweifel läßt der Wortlaut von Art. 1 HZustÜbk. nicht zu; daher erübrigt sich auch ein Eingehen auf die Zweifelsfrage, wann ein Vertragstext im Einzelfall "hinreichend klar" i s t 2 3 i . bbb) Beschränkung erklärter Vorbehalte (Art. 10 HZustÜbk.) auf "echte" Postzustellungen Damit ist nicht auch zugleich entschieden, daß die Zustellung durch Aufgabe zur Post bei erklärtem Widerspruch ( A r t 10 HZustÜbk.) des Empfängerstaates im Anwendungsbereich des HZustÜbk. automatisch ausgeschlossen ist. Denkbar ist auch, einen staatlichen Widerspruch dahingehend (einschränkend) auszulegen, daß er nur "echte" Auslandszustellungen, nicht aber fiktive Inlandszustellungen wie die Zustellung durch Aufgabe zur Post betrifft. Die Möglichkeit eines eingeschränkten Widerspruchs wurde im Rahmen der 14. Session der Haager Konferenz von der Expertenkommission 232 stillschweigend unterstellt: Die Kommission war der Ansicht, daß direkte Zustellungen auf dem Postwege auch von den Staaten, die vom Vorbehalt des Art. 10 HZustÜbk. Gebrauch gemacht haben, geduldet würden, wenn ihr eine förmliche Zustellung auf dem Rechtshilfeweg nachfolge; dies jedenfalls dann, wenn der Zugangszeitpunkt der förmlichen Zustellung für einen etwaigen Fristbeginn und für sonstige Wirkungen entscheide. Bei der Zustellung durch Aufgabe zur Post ist die Sachlage zwar anders; eine sie ausklammernde Auslegung erklärter Vorbehalte muß konsequenterweise aber ebenfalls möglich sein. Dafür, daß die Zustellung durch Aufgabe zur Post auch von den Staaten, die gegen die Direktzustellung Widerspruch eingelegt haben, als zulässige Zustellungsform anerkannt wird, spricht die Tatsache, daß sie in der Praxis offensichtlich noch nie auf Protest gestoßen ist. Nicht zuletzt spielt dabei wohl eine Rolle, daß auch das Ausland die Zustellung durch Aufgabe zur Post weitgehend als Inlandszustellung qualifiziert So hat selbst die in Zustellungsfragen gewöhnlich äußerst strenge Schweiz 2 3 3 die deutsche Zustellung durch Aufgabe zur Post an einen schweizerischen Adressaten mit eben jener Begründung gebilligt.
23 0 So der Ständige Internationale Gerichtshof in der Lotus-Entscheidung, StIGH series A Nr. 1, 16; vgl. auch I.C.J. 1947-1948, 63; 1950, 8. Kritisch dazu Bayer, RabelsZ 20 (1955), 603 ff. (622) m.w.Nachw. 23
1 Dazu Bayer, a.a.O. und die dortigen Nachw. Actes et Documents 1980 Π, S. 371 (5). 2 3 3 BGE 1051 B, 45 ff. (48); 1021 A, 308 ff., (315); 971, 250 ff. (254); 961,396 ff.(398). Zur Kritik der schweizerischen Literatur vgl. schon die Hinweise oben S. 162. 2 3 2
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Die allgemeine Duldung der Zustellung durch Aufgabe zur Post liegt aber auch noch aus einem anderen Grunde nahe, der nicht mit dem Verfahren, sondern mit dem regelmäßigen Inhalt der Zustellungen, die durch Aufgabe zur Post möglich sind, zusammenhängt: Soweit das deutsche Recht eine Zustellung nach § 175 ZPO zuläßt, geht es meist um Schreiben mit rein informativem bzw. mitteilendem Charakter ohne rechtsgestaltende Wirkung. § 829 Abs. 2 S. 4 ZPO bietet hier ein anschauliches Beispiel: Die Mitteilung an den Vollstreckungsschuldner hat keine andere Funktion als die, ihn von der bereits vollzogenen bzw. sich gerade vollziehenden Pfändung zu informieren. Die Wirksamkeit der Pfändung mit all ihren rechtlichen Folgen (§§ 135 ff. BGB) hängt allein von der - meist vorhergegangenen (§ 835 ZPO) - Zustellung des Zahlungsverbots an den Drittschuldner a b 2 3 4 . Auch im Erkenntnisverfahren ist die Zustellung durch Aufgabe zur Post bei verfahrenseinleitenden Schriftstücken ausgeschlossen. Zulässig ist sie nur im Rahmen eines bereits anhängigen Verfahrens, und zwar für Zustellungen, die in der Regel ebenfalls nur rein informativen Charakter h a b e n d Zustellungen ohne rechtsgestaltenden Charakter werden in der Staatenpraxis nun ohnehin weitgehend auch dann geduldet, wenn sie direkt auf dem Postwege erfolgen 23^. Erst recht muß dies gelten, wenn sie durch Aufgabe zur Post durchgeführt werden. Legt man den Schwerpunkt bei der Begründung einer allgemeinen Duldung der Zustellung der Aufgabe zur Post auf diesen letzten Aspekt, so läßt sich auch die oben erwähnte Entscheidung des BGH im 58. B a n d 2 3 7 schlüssig begründen: Wenn das Gericht bei der Zustellung verfahrenseinleitender Schriftstücke durch Aufgabe zur Post Bedenken im Hinblick auf den Souveränitätsgrundsatz hat, so wohl deshalb, weil es hier eine Duldung durch den Adressatenstaat nicht mehr als gegeben ansieht Ob dem zu folgen ist, kann im Ergebnis offen bleiben 238 . Jedenfalls für die gesetzlich geregelten Fälle kann von einer solchen Duldung ausgegangen werden.
2 3 4
Baumbach/Lauterbach-Z/ar/mawi, § 829, Anm. 3 B; Thomas/Putzo, § 829, Anm. 5 a bb. 5 Allerdings ist der Zugang im Ausland im Erkenntnisverfahren für den Beginn der Frist für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand relevant (BGH FamRZ 1988, 827 f. (828)). Ob dies zu einer anderen Beurteilung der Zustellung durch Aufgabe zur Post im Erkenntnisverfahren führt, kann hier aber dahinstehen. 236 Verdross! Simma, S. 277 (Rz. 456); Dahn, Völkerrecht I, S. 251; Nagel, Thesaurus acroasium I V , S. 469 ff. (482) sowie Siegrist, S. 188 ff. und 198, der hier sogar von entsprechenden Völkergewohnheitsrecht ausgeht (vgl. insbes. S. 192). Den Nachweis einer entsprechenden allgemeinen Überzeugung erbringt er freilich nicht. 23
2 3 7 s . 177 ff. = N J W 1 9 7 2 , 1 0 0 4 .
238 Der vom BGH entschiedene Fall spielte sich im Verhältnis zur Sowjetunion ab, die dem HZustÜbk. nicht beigetreten ist. Im Rahmen des HZustÜbk. hätte die Zustellung gem. Art. 15 des Abkommens ohnehin keine Wirkung.
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Diese allgemeine Tolerierung führt m.E. in der Tat zu dem Schluß, daß die im Rahmen des HZustÜbk. erklärten Vorbehalte gegen die Direktzustellung die Zustellung durch Aufgabe zur Post nicht betreffen. Auch bei der Qualifizierung als verschleierte Auslandszustellung kommt man folglich zu dem mit der h.M. übereinstimmenden Ergebnis, daß das HZustÜbk. die Zustellung durch Aufgabe zur Post nicht ausschließt. Der Unterschied in der Begründung ist derzeit also praktisch ohne Relevanz. Er kann aber dann bedeutsam werden, wenn ein Vertragsstaat seine Haltung in bezug auf die Zustellung durch Aufgabe zur Post ändert und auch gegen sie seinen Widerspruch erklärt, wie es sich in der Schweiz anzubahnen scheint. Ein solcher Widerspruch wäre nach hier vertretener Ansicht gem. Art. 10 HZustÜbk. von den deutschen Gerichten zu beachten. III. Zustellung durch Aufgabe zur Post und allgemeines Völkerrecht Außerhalb des HZustÜbk., also jedenfalls im Verhältnis zur Schweiz, im übrigen (im Verhältnis zu Frankreich) bei Nichtvorliegen einer "Zivil- und Handelssache" (Art. 1 HZustÜbk.) findet für die völkerrechtliche Beurteilung der Zustellung durch Aufgabe zur Post allgemeines Völkergewohnheitsrecht Anwendung. Auch hier führt die hier vertretene Auffassung, wonach die Zustellung durch Aufgabe zur Post eine verschleierte Auslandszustellung darstellt, dazu, daß sie nur im Falle ihrer Duldung durch den Adressatenstaat völkerrechtlich zulässig ist. Daß die Zustellung durch Aufgabe zur Post sowohl von Frankreich als auch von der Schweiz geduldet wird, ergibt sich aus den gleichen Erwägungen, die schon im Rahmen ihrer Überprüfung anhand des HZustÜbk. gemacht wurden: Ihre (irrtümliche) Qualifikation der Zustellung durch Aufgabe zur Post als Inlandszustellung sowie die Tatsache, daß sie inhaltlich eine bloße Mitteilung ohne rechtsgestaltenden Charakter darstellt, führt zu einer allgemeinen Duldung auch außerhalb des HZustÜbk. Bedenken im Hinblick auf das allgemeine Völkerrecht bestehen daher n i c h t 2 3 9 . Wenn Schmitz24** zum gegenteiligen Ergebnis kommt und die Zustellung durch Aufgabe zur Post als völkerrechtswidrig beurteilt, so beruht dies m.E. auf einer falschen Prämisse: Er prüft hier lediglich, ob aufgrund der Staatenpraxis 2 3 9 So i.E. die ganz h.M.: Stein/Jonas-Schumann, § 175, Rz. 8; Baumbach/Lauterbach-//arfrrtann, § 175, Anm. C; Wieczorek, § 339, Anm. Β la; Siegrist, S. 195; Nagel, Rechtshilfe, S. 72 f.; Gelmer, NJW 1972, 1624 f. (1624); Bökelmann, JR 1972, 425. Vorausgesetzt auch in BGHZ 58, 179; OLG Hamburg, DA Vomì. 1983, 540 = IPRspr. 1983, 419 (Nr. 159); BGE 102 I A, 308 ff. (315); 105 I B , 45 ff. (48). 2 4 0 S. 171. Ihm folgend K.P. Mössle, S. 254.
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ein völkergewohnheitsrechtlicher Ausnahmesatz zum Territorialitätsgrundsatz entstanden ist, wonach Direktzustellungen per Post bei fiktiven Auslandszustellungen zugelassen sind 2 4 1 . Dabei kommt er zu dem Ergebnis, daß es an der für das Entstehen eines Völkergewohnheitssatzes notwendigen "communis opinio iuris", an der allgemeinen Rechtsüberzeugung, fehle. Es liege daher allenfalls eine rechtlich unverbindliche Höflichkeitsregel, eine bloße völkerrechtliche Übung vor. Auf das Bestehen eines völkergewohnheitsrechtlichen Ausnahmesatzes kommt es indes nicht an. Der völkerrechtliche Souveränitätsgrundsatz steht von vornherein unter dem Vorbehalt einer Einwilligung des jeweils betroffenen Staates in Hoheitsübergriffe 242 . Liegt das Einverständnis des Empfängerstaates vor, dann ist die gebotene Achtung fremder Souveränität gewahrt, auch wenn auf fremdem Gebiet Hoheitsgewalt ausgeübt wird. Genau dieser Fall ist gegeben, wenn deutsche Behörden mit stillschweigender Duldung Zustellungen durch Aufgabe zur Post vornehmen. Daß das Einverständnis im Bewußtsein seiner rechtlichen Gebotenheit gewährt wird, ist nicht erforderlich. Die völkerrechtliche Zulässigkeit der Zustellung durch Aufgabe zur Post begründet sie in jedem Fall. IV. Zustellung durch Aufgabe zur Post und Grundsatz des rechtlichen Gehörs Verfassungsrechtliche Bedenken gegen zivilprozessuale Regelungen, die die Zustellung durch Aufgabe zur Post zulassen, sind auch im Hinblick auf den in Art. 103 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz des rechtlichen Gehörs laut geword e n 2 4 3 . Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs soll gewährleisten, daß Prozeßbeteiligte in gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit haben, rechtzeitig Kenntnis von gegen sie gerichteten gerichtlichen Schritten zu erlangen und beizeiten Rechtsmittel einlegen zu können 2 4 4 . Er stellt einen Ausfluß der menschlichen Würde und der Subjektstellung des Betroffenen im staatlichen Verfahren (Art. 1 Abs. 1 GG) dar 24 5. Die Zustellung gerichtlicher Mitteilungen über den Verlauf des Verfahrens ist ein Mittel, das rechtliche Gehör zu gewährleisten 24^. 24 1 Ebenso etwa Nagel, Rechtshilfe, S. 72, der hier das Bestehen eines solchen Satzes des Völkergewohnheitsrechts sogar bejaht. Dazu schon oben S. 80 ff. 242 Verdross! Simma, S. 277 (§ 456). 243 So Schmitz,, S. 43 ff; Schlosser, FS Nagel, S. 683 ff. (692). 244 BVerfGE 9, 89 ff. (96) (Nr. 2); ThomasIPutzo, Vor § 166, Anm. I; TMex-Stephan, Vor § 166, Rz. 1. 245 Maunz/Dürig-Dürig, Art. 103 I GG, Rz.54; v.Münch-Kunig, Art. 103, Rz. 3; BVerfGE 55, 1 ff. (6); 9, 89 ff. (95); 7, 275 ff. (279). 246 Maunz/Dütig-Dürig, Art. 103 I, Rz. 47 und 80; Stein/Jonas-Leiphold, Vor § 128, Rz. 35; Siegrist, S. 169; Stürner, FS Nagel, S. 446 ff. (446). BGHZ 12, 96 ff. (98); BayVerfGE 9, 123 ff. (127); OLG Celle, JZ 1958, 31.
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Dabei geht es jetzt nicht mehr um die Problematik möglicher sprachbedingter Verständnisschwierigkeiten des Empfängers, die typischerweise nur in internationalen Verhältnissen auftauchen. Vielmehr geht es um die allgemeinere Erwägung, daß bei der Zustellung durch Aufgabe zur Post der Zugang beim Adressaten nicht überprüft wird, weil er für den Eintritt der Zustellungswirkung bedeutungslos i s t 2 4 7 . Zwar werden Fälle, in denen der Adressat den aufgegebenen Brief tatsächlich nicht erhält, in der Praxis selten sein 24 ^; Probleme im Hinblick auf das rechtliche Gehör werden in der Literatur daher auch eher bei der öffentlichen Zustellung gem. § 203 ZPO denn hier gesehen 249 . Sie stellen sich aber auch bei der Zustellung durch Aufgabe zur Post in dem Maße, in dem der Postbrief nicht zustellbar oder die Post im Adressatenstaat unzuverlässig ist. 1. Geltung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs bei Vollstreckungsmaßnahmen Daß bei der Zustellung an den Vollstreckungsschuldner gem. § 829 Abs. 2 S. 4 ZPO rechtliches Gehör zu gewähren ist, wird von Leipold^ 5 0 bestritten. Seiner Ansicht nach gilt der Grundsatz des rechtlichen Gehörs nur bei Entscheidungen, nicht dagegen für bloße Vollstreckungsmaßnahmen wie dem Pfändungsbeschluß gem. §§ 828, 829 ZPO. In der Tat schließt ja auch § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO das rechtliche Gehör des Vollstreckungsschuldners vor der Vollstreckungsmaßnahme explizit aus. Erst "gleichzeitig" mit der Drittschuldneranzeige ist der Schuldner von der Pfändung zu benachrichtigen. Danach wäre die Zustellung durch Aufgabe zur Post jedenfalls im Rahmen des hier interessierenden § 829 Abs. 4 ZPO verfassungsrechtlich unbedenklich, ohne daß auf ihre allgemeine Problematik überhaupt einzugehen wäre. Dem kann indes nur bedingt gefolgt werden. Der Wortlaut von Art. 103 Abs. 1 GG, der von "Verfahren vor Gericht" spricht, läßt eine Beschränkung auf das Erkenntnisverfahren nicht erkennen. Sie ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck des Art. 103 Abs. 1 GG: Auch im Vollstreckungsverfahren gebietet die Menschenwürde, daß der Vollstreckungsschuldner Gelegenheit hat, sich zum
247 Schmitz, S. 46. 24
8 Droz, Actes et Documents 1964 ΠΙ, S. 15. 4 9 Vgl. etwa Maunz/Dürig-Dwng, Art. 103 I, Rz. 47; Schmitz, S. 47 m.w.Nachw. 2 5 0 in Stein/Jonas, Vor § 128, Rz. 21 und 48 (ohne Begründung); offen gelassen bei Münzberg, Rpfl. 1982,329 ff. (333). 2
11 Mössle
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Verfahren zu ä u ß e r n 2 5 l . Soll der Vollstreckungsschuldner nicht zum bloßen Objekt eines staatlichen Verfahrens degradiert werden, muß er von dem im Pfändungsbeschluß verhängten Verfügungsverbot Kenntnis erhalten. Nur so kann er die Entscheidung treffen, ob er sich der Pfändung fügen oder sich zur Wehr setzen will. Wie ernst man es im Hinblick auf A r t 1 GG mit dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs meint, zeigt auch die Tatsache, daß die ganz h.M. und R s p r 252 zunehmend bestrebt ist, ihn über den Wortlaut des Art. 103 Abs. 1 GG hinaus auf das nicht ausdrücklich erfaßte Verwaltungsverfahren auszudehnen. Damit verträgt sich die Einschränkung des Wortlauts auf der anderen Seite nicht. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß A r t 103 Abs. 1 GG alle Gerichtsverfahren mit Einschluß solcher erfaßt, die nicht spezifisch richterliche Aufgaben (Entscheidungen) d a r s t e l l e n 2 ^ . D.h., der Grundsatz des rechtlichen Gehörs gilt auch im Rahmen des § 829 Abs. 2 S. 4 Z P 0 2 5 4 Dies schließt gleichwohl nicht aus, daß i.E. die Anhörung des Schuldners vor der Vollstreckung ohne Verstoß gegen die Verfassung unterbleiben kann. Dem Recht des Schuldners werden nämlich häufig höherwertige Interessen des Vollstreckungsgläubigers entgegenstehen. Dessen titulierte Forderung unterliegt als vermögenswertes Recht dem Eigentumsschutz des Art. 14 G G 2 5 5 . Speziell bei der Forderungspfandung brächte die vorherige Anhörung des Schuldners die erhebliche Gefahr der Vollstreckungsvereitelung mit sich; der Vollstreckungsschuldner hätte die Möglichkeit, sich rechtzeitig vor der Pfändung der Forderung zu entledigen. Eine Abwägung der Rechte des Gläubigers aus Art. 14 GG gegen das prozessuale Recht des Schuldners auf Gewährung rechtlichen Gehörs muß hier zulasten des Schuldners ausfallen. Hinzu kommt, daß eine Anhörung vor der Pfändung zwangsläufig ohnehin geringere Bedeutung hätte als etwa im Erkenntnisverfahren. Das Vollstreckungsverfahren läßt anders als das Erkenntnisverfahren - nur sehr beschränkt Raum für Tatsachenermittlung, denn es stellt ein formalisiertes, einseitiges Verfahren d a r 2 5 6 . Mit seinen materiellrechtlichen Einwänden wird der Schuldner regelmäßig auf
2 5 1 Das BVerfG hat die Frage bislang nur für Arrest und einstweilige Verfügung entschieden (vgl. etwa BVerfGE 9, 89 ff. (98)). Da das einstweilige Verfahren teilweise Erkenntnisverfahren ist, ist nicht klar, ob das Gericht bei reinen Vollstreckungsakten ebenso entscheiden würde. 252 Maunz/Dürig-Dürig, Art. 103 I, Rz. 92 ff. m.w.Nachw.; BVerwG NJW 1976, 588 ff.; BVerwG DVB1. 1958, 174; BayVGHE 4,164 ff. (173). Anders wohl vMünch-Kunig, Art. 103, Rz. 5. 253 V.Münch-Äwjwg, Art. 103, Rz. 6; Maunz/Dürig-Dürtg, Art. 103 I, Rz. 85. 254 Stein/Jonas-Münzberg, § 829, Rz. 59 (und Fn. 254): "weil dadurch das rechtliche Gehör (§ 834!) gesichert wird" (ohne Begründung). OLG Düsseldorf, Rpfl. 1982, 192 f. mit Anm. Münzberg (dort offen gelassen); KG OLGZ 1967,41 = DGVZ 1966,153. 2 5 5 V. Mimch-Dicke, Art. 14 GG, Rz. 13. 256 Dazu Rosenberg/Gaul/Sc hilken, S. 38 f.; Βaur!Stürner, Rn. 103.
§ 2 Durchführbarkeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
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die vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe verwiesen, während sie im eigentlichen Vollstreckungsverfahren keine Berücksichtigung finden. Bei dieser Sachlage kann es hingenommen werden, wenn der Vollstreckungsschuldner erst nach dem Pfändungsakt die Möglichkeit zur Stellungnahme bekommt. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verpflichtet dann aber jedenfalls zur nachträglichen Anhörung, um dem Schuldner im nachhinein, d.h. nach Fortfall der Vollstreckungsvereitelungsgefahr, die Möglichkeit zur Geltendmachung materiellrechtlicher Einwendungen zu geben. Denn es besteht ein enger verfassungsrechtlicher Zusammenhang zwischen dem Vollstreckungakt, der ohne Anhörung ergehen darf, und der mit der Benachrichtigung ermöglichten nachträglichen Stellungnahme des Schuldners 257 . Für die Zustellung durch Aufgabe zur Post gem. § 829 Abs. 2 ZPO bedeutet das, daß ihr Verfahren durchaus den Grundsatz des rechtlichen Gehörs berühren kann. Geht die im Rahmen des Zustellungsverfahrens übersandte formlose Mitteilung nicht zu, so verliert der Schuldner faktisch sein Recht zur nachträglichen Stellungnahme sowie die Möglichkeit, Rechtsmittel zu ergreifen, weil er von der Pfändung nichts erfährt. Die rechtliche Situation entspricht hier also der allgemeinen Problematik der Zustellung durch Aufgabe zur Post. 2. Grundsatz des rechtlichen Gehörs und Zustellung durch Aufgabe zur Post im allgemeinen Die Vereinbarkeit der Zustellung durch Aufgabe zur Post mit Art. 103 Abs. 1 GG hängt ab von einer Abwägung der Rechte des Schuldners gegen das im Justizgewährungsanspruch verankerte Recht des Verfahrensgegners, seine titulierten Rechte durchsetzen zu können. Die ZPO läßt die Zustellung durch Aufgabe zur Post in Fällen zu, in denen sich die förmliche Zustellung als unsicher oder zeitraubend erweist. Insbesondere bei Auslandszustellungen sind diese Voraussetzungen wegen § 199 ZPO immer gegeben. Zeitliche Verzögerungen sind hinzunehmen, wenn der Empfänger - wie bei verfahrenseinleitenden Schriftstücken - ohne die förmliche Zustellung Gefahr läuft, in seinen Abwehrmöglichkeiten wesentlich beschnitten zu werden. Die Zustellung durch Aufgabe zur Post bietet dann nicht genügend Gewähr dafür, daß der Adressat tatsächlich Kenntnis vom Inhalt erlangt. Anders ist die Situation, wenn die Bedeutung des zuzustellenden Schriftstückes gering ist oder 2 5 7
Baur/Stürner, Rn. 103 (S. 62) m.w.N. Zur nachträglichen Gewährung rechtlichen Gehörs BVerfGE 9, 89 (103 ff.); 18, 399 (404); 49, 329 (342), 51, 97 (111); 57,346 (358). 11*
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. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im
schen Recht
wenn der Adressat die Zustellung durch Aufgabe zur Post selbst durch Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten abwenden kann, weil er vom anhängigen Verfahren Kenntnis hat. Beides trifft für die Zustellung durch Aufgabe zur Post zu. Zum einen ist die Mitteilung an den Vollstreckungsschuldner für die Pfändungswirkung unerheblich, zum anderen weiß der Vollstreckungsschuldner aufgrund des vorangegangenen Erkenntnis- oder Anerkennungsverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland, daß Vollstreckungsmaßnahmen seines Gläubigers zu erwarten sind. Damit ist ihm die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten zuzumuten. Die Rücksichtnahme auf den Empfänger würde hier somit zur erheblichen Erschwerung bzw. Verzögerung des Rechtsschutzes auf Kosten des Vollstreckungsgläubigers führen, obwohl der Schuldner die Möglichkeit hat, für den sicheren Zugang der zustellungsbedürftigen Schreiben zu sorgen. Eine "Güterabwägung im konkreten Einzelfall", wie sie das B V e r f G 2 5 8 im Falle einer Grundrechtskollision vornimmt, kann somit nur zugunsten des Vollstreckungsgläubigers ausfallen 25 ?. Entgegen der Ansicht von Schmitz liegt danach in der Zustellung durch Aufgabe zur Post kein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des rechtlichen Gehörs; Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit von § 829 Abs. 2 S. 4 ZPO sind nicht begründet. V. Zustellung der Mitteilung an den Vollstreckungsschuldner in den Formen der Haager Abkommen § 829 Abs. 2 S. 4 ZPO schließt nicht aus, daß die Zustellung an den Vollstreckungsschuldner trotz der Möglichkeit der ("In-lands"-)Zustellung durch Aufgabe zur Post in den Formen der Haager Abkommen erfolgt 2 6 0 . Aufgrund der einfacheren Zustellbarkeit durch Aufgabe zur Post wird dieser Weg freilich in der Praxis nie gegangen. Auf eine Erörterung seiner rein theoretischen Möglichkeit wird daher verzichtet 261 .
2 5 8 BVerfGE 35,202 ff. (225); 39,1 ff. (43); ν Münch, Vorb. Art. 1-19, Rz. 47. 259 So auch Maunz/Düiig-Dwn'g, Alt. 103 I GG, Rz. 47 (für öffentliche Zustellung). 260 ZÖHer-Geimer, § 199, Rz. 14. 26 1 Anträgen auf Gewährung von Rechtshilfe dürfte hier problemlos nachgekommen werden. Da die Mitteilung an den Vollstreckungs Schuldner im Unterschied zur Drittschuldneranzeige für die Wirksamkeit der Pfändung irrelevant ist, hätte der ersuchte Staat keine Veranlassung, sich wegen angeblicher Ausübung von Hoheitsgewalt auf seinem Staatsgebiet auf die Ordre-publicKlauseln zu berufen.
§ 2 Durchfhbakeit der beim Pfändungsverfahren notwendigen Zustellungen
165
VI. Ergebnis Es kann festgehalten werden, daß die Zustellung der Pfändungsmitteilung an den Vollstreckungsschuldner gem. § 829 Abs. 1 S. 2 ZPO weder praktische Probleme bereitet noch völkerrechtlichen Bedenken begegnet. Die in § 829 Abs. 2 S. 4 ZPO zugelassene Zustellung durch Aufgabe zur Post ist internationalrechtlich zwar nicht so unproblematisch, wie dies häufig angenommen wird. Ihre allgemeine Duldung in der Staatenpraxis führt aber jedenfalls im Ergebnis zur völkerrechtlichen Zulässigkeit.
3. Kapitel: Die internationale Forderungspfändung im französischen Recht Die folgenden Ausführungen befassen sich mit dem französischen Recht der internationalen Forderungspfändung ("saisie-arret"). Der besseren Verständlichkeit halber soll zunächst ein Überblick über das nationale Pfändungsverfahren in Frankreich 1 gegeben werden, das in Art. 557 ff. anc.C.proc.civ geregelt ist 2 . Daran anschließend folgt die Darstellung der internationalrechtlichen Lage. § 1 Allgemeiner Überblick über das Forderungspfandungsverfahren in Frankreich A. Exploit de saisie-arrét Gem. Art 559 anc.C.proc.civ. beginnt die Forderungspfändung in Frankreich mit der Zustellung einer Drittschuldneranzeige ("exploit de saisie-arret") durch den "huissier de justice". Voraus geht ein Vollstreckungsantrag des Vollstrekkungsgläubigers ("saisissant"). Die Zustellung bewirkt eine der deutschen Verstrickung vergleichbare Rechtslage. Dem Drittschuldner wird die (schuldbefreiende) Leistung an den Vollstreckungsschuldner unmöglich. Er ist aber auch zur Leistung an den "saisissant" noch nicht verpflichtet. Anders als im deutschen Recht ist die Einleitung des französischen Verfahrens der Forderungspfändung nicht an einen vollstreckbaren Titel gebunden. Fehlt ein solcher, so kann die Beschlagnahme gleichwohl erfolgen; es bedarf dann lediglich einer zusätzlichen Genehmigung durch den Richter ("au-
1 Allgemein zur französischen Forderungspfändung Woopen, S. 71 ff.; Encyclopédie Dalloz : "procédure" bei "saisie-arret", n. 1 ff.; Jurisclasseur "procédure" Π, Fase. 800-818; Vincent! Ρ révault, η. 238 ff. (S. 186); Brocca , S. 184. 2 In die Novellierung des französischen Prozeßrechts von 1979 wurde das Recht der Forderangspfändung nicht einbezogen. Es richtet sich daher nach wie vor nach dem ancien Code de procédure civile.
§ 1 Allgemeiner Überblick über das Forderungspfandungsverfahren in Frankreich
167
torisation de saisie-arret")3. In diesem Fall wird das Bestehen der vom Vollstreckungsgläubiger geltend gemachten Forderung erst während des Pfändungsverfahrens in der sog. "instance en validité" festgestellt. Das zusätzliche Genehmigungserfordernis dient dem Zweck, rechtsmißbräuchliche Pfändungsverfahren zu vermeiden4; liegt mißbräuchliches Handeln nicht vor, wird die Pfändung ohne weiteres für zulässig erklärt. Die Besonderheit des französischen Rechts der Forderungspfändung, wonach ein Vollstreckungstitel bei Beginn des Pfändungsverfahrens nicht erforderlich ist, führt dazu, daß die durch den "exploit de saisie-arret" herbeigeführte Beschlagnahmewirkung zunächst nur vorläufiger Natur ist. Solange das Bestehen eines vollstreckbaren Titels nicht feststeht, kann das Pfändungsverfahren nicht abgeschlossen werden. Die Beschlagnahme dient daher vorerst nur der Sicherung des Gläubigerinteresses am Bestand der Forderung als Vollstrekkungsgrundlage. Dies gilt nicht nur in Fällen, in denen der Titel erst nach Pfändungsbeginn zur Entstehung kommt, sondern auch, wenn ein Titel von Anfang an besteht. Eine verfahrensmäßige Unterscheidung nach Bestehen oder Nichtbestehen eines Titels findet erst später in der "instance en validité" statt5. Β. Dénonciation de l'exploit de saisie-arrèt und assignation en validité Im Anschluß an die Anzeige gegenüber dem "tiers saisi" wird dem Vollstreckungsschuldner binnen acht Tagen der Beginn der Zwangsvollstreckung mitgeteilt ( A r t 563 anc.C.proc.civ.). Die Mitteilung enthält gleichzeitig eine Ladung zum Verfahren in der "instance en validité" und leitet diese ein. 3 Art. 558 anc.C.pr.civ. 4 Vincent/Préva id t, η. 264 (S. 210); Brocca , S. 184. 5 Diese Rechtslage legt einen Vergleich zum deutschen Arrestverfahren (vgl. insbes. § 930 ZPO !) nahe. Im Unterschied zu diesem setzt die "saisie-arret" indessen keine dem deutschen Arrestgrund vergleichbare Gefährdung der Gläubigerinteressen voraus. Es genügt vielmehr die Glaubhaftmachung der zu vollstreckenden Forderung (Arrestanspruch). Zweifel erheben sich auch gegen die bisweilen vorgebrachte Ansicht, die "saisie-arret" diene - je nachdem, ob ein Titel bestehe oder nicht - sowohl der Exekution in Forderungen ("saisie-executoire") als auch der bloßen vorläufigen Sicherung ("saisie-conservatoire") (vgl. insbes. Fluri, S. 5). Richtiger ist wohl, sie mit der ganz herrschenden französischen Doktrin in beiden Fällen ( mit und ohne Titel) als Mischform zwischen sichernder und endgültiger Vollstreckung zu bezeichnen (vgl. etwa Glasson, Morel et Tissier , Bd. I V , n. 1084 ff. (S. 179 ff.); Donnier, Juriscl."proc. r VI, Fase. 800. n. 8; Brocca , S. 182). Wenn auch die "saisie-arret"ohne anfängliches Bestehen eines Titels der Arrestlegung auf eine Forderung ähnelt (in beiden Fällen wandelt sich die sichernde Pfändung bzw. Verstrickung mit Entstehen eines Titels in eine endgültige Vollstreckungsmaßnahme; vgl. für das deutschen Recht etwa BaurtStürner, Rz. 878-883; Thomas/Putzo, § 930, Rz. 11, besteht doch der zumindest formale Unterschied, daß die "saisie-arret" von Anfang an auf endgültige Vollstreckung abzielt, sich also nie auf eine bloße Sicherungsfunktion beschränkt.
168
3. Kap.: Die internationale Forderungspfandung im französischen Recht
Die Ladung muß u.a. das für das "jugement de validité" zuständige Gericht enthalten. Je nach Streitwert und Streitgegenstand ist dies entweder das "tribunal d'instance" oder das nächsthöhere "tribunal de grande instance" am Wohnsitz des Vollstreckungschuldners oder am Drittschuldnerwohnsitz 6 Die Streitwertgrenze, oberhalb derer das "tribunal de grande instance" zuständig ist, liegt derzeit bei 20.000.- FF. C. Contre-dénonciation au tiers saisie und déclaration affirmative Innerhalb von drei Tagen ist anschließend dem Drittschuldner erneut Mitteilung darüber zu machen, daß die dénonciation de l'exploit de saisie-arret erfolgt ist (Art. 564 anc.C.proc.civ.). Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die versäumte Mitteilung an den Vollstreckungsschuldner - im Gegensatz zum deutschen Recht - zur Nichtigkeit des Pfändungsakts führt 7 . Der Drittschuldner hat ein Interesse daran zu erfahren, ob die Forderung weiterhin als beschlagnahmt gilt. Besaß der Vollstreckungsgläubiger schon bei Beginn des Pfändungsverfahrens einen vollstreckbaren Titel, ergeht gleichzeitig mit der Mitteilung eine Aufforderung an den Drittschuldner, die sog. "déclaration affirmative" abzugeben. In ihr muß sich der Drittschuldner darüber erklären, ob und in welcher Höhe die gepfändete Forderung besteht. Kommt er der Aufforderung nicht nach, kann er sich schadensersatzpflichtig machen». Ist ein Vollstreckungstitel dagegen nicht vorhanden, so ergeht die contre-dénonciation an den Drittschuldner isoliert Sie begründet also zunächst keine Mitteilungspflicht. Bevor der Drittschuldner sich über die gepfändete Forderung mitzuteilen hat, muß dann nämlich in einem gesonderten Verfahrensabschnitt geprüft werden, ob die vom Gläubiger geltend gemachte Forderung überhaupt existiert^. Der positive Ausgang dieses Verfahrensabschnitts führt zum Entstehen eines vollstreckbaren Titels gegen den Vollstreckungsschuldner; die Pfändung kann nun ihren gewöhnlichen weiteren Verlauf nehmen. Mit der vorgezogenen Entscheidung über den Vollstreckungstitel sollen dem am Rechtsstreit regelmäßig unbeteiligten Drittschuldner unnötige Unannehmlich-
6 Andere Gerichte, wie etwa das tribunal de commerce, sind dagegen nie zuständig, selbst wenn handelsrechtliche Streitigkeiten betroffen sind. 7 Art. 565 anc.C.proc.civ. Vgl. im einzelnen Glasson, Morel et Tissier , Bd. I V , n. 1108; Vincent/ Ρ révault, η. 284 (S. 229).
8 Guinchard, Art. 567, η. 1; Brocca, S. 20; Perrot, Rev.Trim.Dr.Civ. 1986, S. 190 ff. (n. 12) m.w.Nachw. 9 Das Pfändungsverfahren ist dann nicht in vier, sondern in fünf Verfahrensabschnitte eingeteilt
§ 1 Allgemeiner Überblick über das Forderungspfandungsverfahren in Frankreich
169
keiten erspart werden, falls sich herausstellen sollte, daß die behauptete Forderung, deretwegen die Vollstreckung eingeleitet wurde, nicht besteht. D. Jugement de validité Seinen Abschluß findet das Pfändungsverfahren mit dem "jugement de validité", mit dem die - bislang nur als vorläufig bezeichnete - Forderunspfändung endgültige Wirkung erlangt. Ihr voraus geht ein gerichtliches Verfahren, die "instance en validité". In ihm wird über die Wirksamkeit der Pfändung befunden. Geprüft werden insbesondere die Existenz der gepfändeten Forderung und die Ordnungsgemäßheit des Verfahrens. Im Falle der Verfahrenseinleitung ohne Vollstreckungstitel wird darüber hinaus vorab über das Bestehen der Forderung des Vollstreckungsgläubigers entschieden io. Während im deutschen Recht die Pfändung bekanntermaßen durch einen selbständigen Akt, der Überweisung (zur Einziehung oder an Zahlung statt) realisiert w i r d 1 1 , bewirkt das "jugement de validité" neben dem Abschluß des Pfändungsverfahrens unmittelbar auch die Durchsetzung des entstandenen Pfandrechts. Wie diese Durchsetzung erfolgt, differiert je nach dem Gegenstand der gepfändeten Forderung I. Geldforderung Handelt es sich um eine Geldforderung, führt das "jugement de validité" vergleichbar der Überweisung an Zahlungs Statt im deutschen Recht - zum Übergang der Forderung auf den Vollstreckungsgläubiger. Der Vollstreckungsgläubiger wird zum alleinigen Inhaber der Forderung; nur an ihn kann noch wirksam, d.h. mit befreiender Wirkung geleistet werden 12. Anders als im deutschen Recht muß die Forderung auch nicht erneut eingeklagt werden, wenn der Drittschuldner die Leistung später verweigert. Das "jugement de validité" schafft unmittelbar auch einen Titel gegen den Drittschuldner.
10 Brocca, S. 200. 1 1
Vgl. § 835 ZPO. Die Überweisung läßt sich freilich mit der Pfändung in demselben Beschluß verbinden: Baumbach/Lauterbach-Z/ar/raann, § 835, Anm. 1. 1 2 Civ. 2e, 5 dèe. 1984: Gaz.Pal. 1985, S. 141 f. (obs. véron); Civ., 15 janv. 1923: S. 1923, 1, 197; Guinchard, Art. 579, n. 1; Doruiier, JuriscLproc., Fase. 816, n. 30.
170
3. Kap.: Die internationale Forderungspfandung im französischen Recht
II. Ansprüche auf Lieferung körperlicher
Gegenstände
Bedingt durch die Tatsache, daß das französische Recht kein Abstraktionsprinzip kennt, käme eine vergleichbare "Pfändungsrealisierung" bei Ansprüchen, die auf den Erwerb von Eigentum an körperlichen Gegenständen (Sachen) zielen, der unmittelbaren Eigentumsübertragung an der Sache gleich, denn der Erwerb des schuldrechtlichen Anspruchs ist hier untrennbar mit dem Eigentumserwerb verbunden. Dies würde einem allgemeinen Grundsatz des französischen Zwangsvollstreckungsrechts widersprechen, wonach der Vollstreckungsschuldner nicht selbst die Verwertung beschlagnahmter Gegenstände aus dem Vermögen des Schuldners vornehmen darf. Der genannte Grundsatz tritt etwa in Art. 2088 C.civ. und Art. 742 anc.C.proc.civ. zutage, die jeweils für ihren Anwendungsbereich (Immobiliar- bzw. Mobiliarzwangsvollstrekkung) die Selbstverwertung selbst dann verbieten, wenn eine anderslautende Vereinbarung zwischen den Beteiligten besteht. Sinn und Zweck leuchten unmittelbar ein: Es soll nicht dem Gläubiger überlassen werden, zu welchem Preis er das Pfändungsobjekt verwertet und bis zu welcher Höhe er als befriedigt gilt 13. Schrifttum und Rechtsprechung!* in Frankreich nehmen daher einhellig an, daß im Falle der Pfändung von Herausgabeansprüchen bei Mobilien kein Übergang der Forderung auf den Gläubiger stattfindet. Stattdessen erhält er einen Titel, mit dem ihm die Durchsetzung der gerichtlichen Verwertung der Sache ermöglicht wird. Erst danach steht ihm ein direkter Anspruch auf Auszahlung des Erlöses zu. § 2 Die französische internationale Zuständigkeit zur Pfändung " internationaler" Forderungen Ausdrückliche Regelungen der internationalen Zuständigkeit zur Forderungspfändung finden sich im französischen Recht nirgends. Auch eine dem deutschen § 23 ZPO entsprechende gesetzliche Lokalisierung von Forderungen, von der aus man u.U. auf die internationale Zuständigkeit schließen könnte, existiert nicht. 13 Auch im deutschen Recht ist der Gläubiger, dereine Forderung auf Herausgabe von Fahrnis gepfändet hat, nicht berechtigt, die Sache selbst zu verwerten. § 847 ZPO regelt vielmehr, daß der Gegenstand der gepfändeten Forderung an den Gerichtsvollzieher herauszugeben und von diesem auch zu verwerten ist. 14 Vgl. Mercier, Encyclopédie Dalloz, proc. "saisie-arret", η. 329; Glasson, Morel et Tissier I V , N. 1128; Guinchard, art. 579, Anm. 9; Civ.2e 27 oct 1971: D. 1972, 473, noteDonnier, Rev.trim.dr.civ. 1972, 447 obs. (Raynard).
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen
171
In der französischen Literatur, andeutungsweise auch in der Rechtsprechung 1 5 , wird gleichwohl vielfach versucht, die internationale Pfändungszuständigkeit auf eine "Forderungsbelegenheit" zurückzuführen. Dabei werden zwei Varianten besonders häufig vertreten. Nach der ersten sollen Forderungen grundsätzlich am Drittschuldnerwohnsitz liegen und folglich nur dann in Frankreich pfändbar sein, wenn der Drittschuldner französischen Wohnsitz hat 1 6 . Die zweite Variante nimmt die Lokalisierung an dem Ort vor, an dem der Gegenstand liegt, auf den sich die Forderung bezieht 17 . Handelt es sich um eine Geldforderung, soll der (fingierte) Belegenheitsort des Forderungsobjekts dort sein, wo der Drittschuldner seinen Wohnsitz und daher regelmäßig auch sein Vermögen hat. Hier stimmen die beiden Varianten i.E. also überein. Gegen die Anknüpfung der französischen internationalen Zuständigkeit an den Belegenheitsort spricht, daß sowohl für die Bestimmung der Forderungsbelegenheit als auch für die angebliche Abhängigkeit der internationalen Zuständigkeit von dieser Belegenheit jegliche gesetzliche Grundlage fehlt. Die Lokalisierung läßt sich, dies wurde obenis nachgewiesen, auch nicht an tatsächlichen Gegebenheiten oder "überstaatlich" anhand eines völkerrechtlichen Satzes feststellen. Die dargestellten Meinungen mögen demnach allenfalls auf der Annahme beruhen, daß bei einer "Auslandsbelegenheit" der zu pfändenden Forderung die Jurisdiktion zur Pfändung fehlt, eine Annahme, die für das französische Recht aufgrund des dort fehlenden Abstraktionsgrundsatzes in der Tat näher liegt als in anderen Rechten. Ob solche völkerrechtlichen Grenzen bestehen, wird später noch zu prüfen sein. Sicher ist, daß sie nicht von vornherein den Weg dazu versperren können, zunächst im nationalen Recht nach einer Lösung zu suchen. Gerade in jüngerer Zeit scheint sich diese Erkenntnis in der Literatur zunehmend durchzusetzen19. Eine Lösung im nationalen Recht läßt sich mangels spezieller R e g e l u n g e n 2 0 nur dem Satz entnehmen, wonach bei Fehlen internationaler Zuständigkeits-
1 5
Vgl. etwa Civ. 13 mai 1931, D.P. 1933.1.60 (note Silz) = Clunet 1932, 387 ff. (note Perroud); Nice, 25 juillet 1980, Clunet 1982, 16o ff. 16 Loussouarn/ Β ourel, η. 448 (S. 568 f.). Für Geldforderungen Mercier, Encycl. Dalloz, "saisiearret", n. 6; Lagarde, Rev.crit.dr.int.pr. 1977, 126 ff. (136). 17 Glasson, Morel et Tissier IV,n. 1116 (S. 260). Für Sachforderungen auch Huet, Clunet 1982, 160 ff. (163); ders., Juriscl. dr.int., Fase. 582, n. 308. 18S. 31 ff. 19 S. insbes. Huet, Clunet 1982, 162 ff. 20 Zur Unanwendbarkeit des EuGVÜ vgl. schon oben S. 4 f. Speziell für die saisie-arret Gothot/Holleaux, n. 158 (S. 91) m.w.Nachw.
172
3. Kap.: Die internationale Forderungspfandung im französischen Recht
normen grundsätzlich auf die örtliche Zuständigkeit zurückzugreifen ist2l. Auch in Frankreich entspricht es - wie in der Bundesrepublik - mittlerweile allg.A., daß dort, wo keine ausdrückliche Regelung der internationalen Zuständigkeit existiert, die Bestimmungen zur örtlichen Zuständigkeit analoge Anwendung f i n d e n 2 2 Früher vertretene Auffassungen, die im Umkehrschluß aus A r t 14 und 15 C.civ., den einzigen ausdrücklichen Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit, folgerten, in allen anderen Fällen habe der Gesetzgeber die französische internationale Zuständigkeit ausschließen wollen, dürfen heute getrost als überholt bezeichnet werden. Die Übertragung der örtlichen auf die internationale Zuständigkeit stößt bei der "saisie-arret" freilich auf die Schwierigkeit, daß für die einzelnen Verfahrensabschnitte die örtliche Zuständigkeit teilweise unterschiedlich geregelt ist. Damit ergibt sich die Notwendigkeit, aus diesen Regelungen einen einheitlichen Satz herauszuarbeiten, der besagt, unter welchen Voraussetzungen die französische internationale Zuständigkeit allgemein, d.h. für das gesamte Verfahren, besteht. A. Drittschuldnerwohnsitz oder Wohnsitz des Vollstreckungsschuldners im (französischen) Inland /. Anwendbare Einzelregelungen 1. A r t 558 anc.C.proc.civ. Art. 558 anc.C.proc.civ., der die Erforderlichkeit einer richterlichen Genehmigung statuiert, wenn bei Beginn des Verfahrens der "saisie-arret" kein Titel vorliegt, lautet: "S'il n'y a pas de tìtre, le juge du domicile du débiteur et mème celui du tiers saisi pourront, sur requète, permettre la saisie-arret ou opposition". Bei Internationalisierung der Norm wäre die französische internationale Zuständigkeit gegeben, 1. wenn der Vollstreckungsschuldner im Inland wohnt (1. A l t ) oder 2. wenn der Drittschuldner im Inland wohnt (Art. 558,2. A l t ) .
21 Civ., 19 oct. 1959, Rev.crit.dr.int.pr. 1960, 215 ff. (note Y.L.); Batiffol/Lagarde Π, S. 448, 455; Huet , Juriscl. "droit int.", Fase. 581-B, n. 5; LoussouarnJBourel , S. 562 (n. 441); Mayer D.I.P., n. 296 (S. 296); Huet, Clunet 1976, 342 ff, (353); Droz , Rev.crit.dr.inL 1975, 1 ff. (3). 22 Statt vieler LoussouarnJ Bourel, n. 558 ff. (S. 558 ff.).
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen
173
Entsprechend hat das tribunal de Nice in einer Entscheidung aus dem Jahre 197923 die Norm für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit erstmals angewendet und damit dem dargestellten Indikationsgrundsatz Rechnung getragen. In der Literatur ist die Entscheidung wohl weitgehend auf Zustimmung gestoßen. Häufig wird dabei aber der Tatsache Bedeutung zugemessen, daß im konkret entschiedenen Fall der Drittschuldner im Inland wohnte, weswegen die Forderung als inlandsbelegen angesehen wird. Ob eine Internationalisierung auch bei ausländischem Wohnsitz des Drittschuldners befürwortet würde, bleibt offen 2 4 . Eine gerichtliche Entscheidung ist hierzu bislang nicht ergangen. Die Bestimmung des A r t 558 anc.C.proc.civ. greift freilich nur in den Fällen, in denen dem Pfändungsverfahren eine richterliche Genehmigung vorausgehen muß, in denen also bei Beginn des Vollstreckungsverfahrens noch kein Titel vorliegt 2 5 . Auch regelt sie die örtliche respektive internationale Zuständigkeit nicht in bezug auf den Pfändungsakt selbst, sondern nur bezüglich der vorausgehenden "autorisation de saisi-arrèt". Sie setzt in ihrer internationalisierten Fassung indes das Bestehen internationaler Zuständigkeit für die Forderungspfändung selbst, zumindest aber für den Verfahrensbeginn durch das "exploit de saisie-arrèt" 26 , logisch voraus. Die Inanspruchnahme internationaler Zuständigkeit für die Genehmigung der Forderungspfandung ergibt nur Sinn, wenn danach auch der eigentliche Pfändungsakt ergehen darf. Reicht es demnach für erstere aus, daß entweder Vollstreckungsschuldner oder Drittschuldner im Inland wohnen, kann für das Pfändungsverfahren selbst nichts anderes gelten. Auch hier wird man folglich die Anwesenheit nur eines der beiden Verfahrensbeteiligten im Inland genügen lassen müssen 27 . Dies muß schließlich gleichermaßen in den - gerichtlich bisher nicht ausdrücklich behandelten - Fällen gelten, in denen von vornherein ein Vollstrekkungstitel vorhanden ist, A r t 558 anc.C.proc.civ. also gar nicht erst zur Anwendung kommt. Denn das eigentliche Verfahren der Zwangsvollstreckung in Forderungen spielt sich - unabhängig vom Bestehen eines Titels - immer gleich ab. Die internationale Zuständigkeit muß daher in beiden Fällen parallel verlaufen. Im Ergebnis folgt daraus, daß Art. 558 anc.C.proc.civ. allgemein die fran23 Tribunal de grande instance de Nice, 25 juület 1980, Clunet 1982,160 ff. (note Huet). 2 4
Ausdrücklich ablehnend Huet , Juriscl. dr.inL, Fase. 581 B, n. 93 (für Geldforderungen). Er hat diese Auffassung aber in Clunet 1982,162 ff.(164) aufgegeben. 2 5 S. oben. 2 6 Zur hiervon zu trennenden Frage der internationalen Zuständigkeit zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch vgl. noch unten S. 188 ff. 2 7 So i.E. auch Huet , Clunet 1982, 162 ff. (164). Vorausgesetzt auch bei Glasson, Morel et Tissier I V , n. 1116 f, (S. 258 ff.).
174
3. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im französischen Recht
zösische internationale Zuständigkeit zum Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses indiziert, wenn entweder Vollstreckungsschuldner oder Drittschuldner im Inland wohnen. 2. Art. 560 anc.C.proc.civ. Die gesetzlichen Regelungen, die die Zustellung des "exploit de saisie-arret" an den Drittschuldner betreffen, bestätigen dieses Ergebnis zumindest teilweise. Für die Zustellung ist grundsätzlich der "huissier de justice" zuständig, der dem Wohnortbezirk des Zustellungsempfängers, hier: des Drittschuldners zugeteilt ist 2 8 . Wohnt der Drittschuldner im Ausland, bestünde nach französischem internationalem Prozeßrecht an sich nur die Möglichkeit, sie gem. Art. 660 ff. nouv.C.proc.civ. durch "remise au parquet", einer Form der fiktiven Inlandszustellung, durchzuführen. Für diesen Fall trifft nun A r t 560 anc.C.proc.civ. eine Sonderregelung. Danach soll abweichend von den allgemeinen Regeln die Zustellung an den Drittschuldner auf dem Rechtshilfeweg erfolgen. Art. 560 anc.C.proc.civ. setzt damit logisch voraus, daß die französische internationale Zuständigkeit jedenfalls dann gegeben ist, wenn der Vollstreckungsschuldner im Inland, der Drittschuldner aber im Ausland wohnt 2 ^. Andernfalls wäre sie sinnlos. Für den umgekehrten Fall eines inländischen Drittschuldnerwohnsitzes bei Auslandsdomizil des Vollstreckungsschuldners ist ein entsprechender Rückschluß von den Zustellungsvorschriften demgegenüber nicht möglich, denn spezielle Regelungen für die Auslandszustellung an den Vollstreckungsschuldner fehlen. Die Tatsache, daß die Zustellung an den Vollstreckungsschuldner im Rahmen der Sondervorschriften zur "saisie-arret" nicht geregelt ist, läßt freilich auch keine Folgerungen in umgekehrter Richtung zu. Sie ist richtigerweise darauf zurückzuführen, daß nach dem Willen des Gesetzgebers für Zustellungen an den ausländischen Vollstreckungsschuldner die allgemeinen Vorschriften, d.h. Art. 660 ff. nouv.C.proc.civ. Anwendung finden sollen.
2 8 Art. 689 Abs. 1 nouv.C.proc.civ.; Donnier, Jurisclasseur "proc.", Fase. 141, n. 141. Der örtliche Zuständigkeitsbereich korrespondiert grundsätzlich mir dem Gerichtsbezirk des dort ansässigen tribunal d'instance: Donnier, Juriscl. proc., Fase. 140, n. 10 m.w.Nachw. 29 Huet, Clunet 1982, 162 ff., der diesen Schluß bei der Sachpfändung freilich nur dann zieht,
wenn der das Objekt der Forderung bildende Gegenstand in Frankreich liegt.
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen
175
3. Art. 567 anc.C.proc.civ. und Art. R-321-29 Abs. 1 i.V.m. Art. R-321-4 Nr. 3 C.org.jud. Was schließlich die dem "exploit de saisie-arret" nachfolgende "instance en validité" angeht, bestimmt A r t 567 anc.C.proc.civ. allein die örtliche Zuständigkeit des Gerichts am Vollstreckungsschuldnerdomizil 3*). Eine Internationalisierung auch dieser Norm würde also dazu führen, daß sich in Frankreich kein für die "instance en validité" zuständiges Gericht fände, wenn der Vollstrekkungsschuldner im Ausland wohnte. Das Pfändungsverfahren könnte nicht zu Ende geführt werden, was letztlich insgesamt auf eine Negierung der französischen internationalen Zuständigkeit bei ausländischem Vollstreckungsschuldnerwohnsitz hinauslaufen würde. Zum Teil entschärft wurde dieses Problem durch die Neueinführung der Art. 567 anc.C.proc.civ. verdrängenden 3! - Regelung in Art. R-321-29 Abs. 1 i.V.m. A r t R-321-4 Abs. 1 Nr. 3 C.org.judic. im Jahre 1978, wonach für die instance en validité, soweit sie vor dem "tribunal d'instance" durchgeführt w i r d 3 2 , sowohl das Gericht am Vollstreckungsschuldnerwohnsitz als auch das am Drittschuldnerwohnsitz in Betracht kommen. Die örtliche und damit internationale Zuständigkeit korrespondiert hier wieder mit den oben gefundenen Ergebnissen. Nach wie vor müßte man die französische internationale Zuständigkeit nach der Regel, wonach die örtliche Zuständigkeit die internationale indiziert, aber dann verneinen, wenn der Streitwert 20.000 FF übersteigt. Es ist dann nämlich das "tribunal de grande instance" zuständig, für das die Spezialregelung im C.org.jud. nicht gilt. Diese Konsequenz wird in der französischen Rechtsprechung und Literatur indes nicht gezogen. Seit langem entspricht es einhelliger Meinung, daß von der Indizwirkung der örtlichen Zuständigkeit bei der "instance en validité" eine Ausnahme zu machen ist Die Validisierung einer französischen Zwangsvollstreckungsmaßnahme (der Beschlagnahme der Forderung) sei, so wird ausgeführt, ausschließliche Angelegenheit der französischen Gerichte 33 . Ebenso wie sich die französischen Gerichte aus Achtung fremder Souveränität enthielten, Art. 567 Abs. 1 anc.C.proc.civ. lautet: "La demande en validité et la demande en mainlevée formée par la partie saisie seront portées devant le tribunal du domicile de la partie saisie". 3 1 Donnier , Jurisclasseur "proc.", Fase. 810, n. 20 3 2 Grundsätzlich bei Streitwerten unterhalb von 20.000 FF. Vgl. schon oben S. S. 181 m.w.Nachw. 3 3 Civ. 6 nov. 1979 (Fall Nassibian), Qunet 1980,95 (rapport Ponsard) = rev.crit.dr.int. 1980, 588 (note Couchez ); Batiffol , Rev.crit.dr.int.pr. 1986, 332 ff. (332); Francescakis , Rev.crit.dr.int.pr. 1958, 128 ff. (134); Batiffol/Lagarde Π , S. 461; Mayer D.I.P. Bauer , Compäence, S. 66 (n. 56); Guinchard , Art. 567, n. 3; Glasson, Morel et Tissier I V , n. 1110 (S. 261); Huet , Juriscl.dr.int., Fase. 581-B, n. 98 m.w.N.; LoussouarnlBourel , n. 448 (S. 568 f.).
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3. Kap.: Die internationale Forderngspfndung im französischen Recht
gerichtlich über eine im Ausland praktizierte Zwangsvollstreckung zu ents c h e i d e n ^ , könnten umgekehrt ausländische Gerichte nicht über französische Vollstreckungsmaßnahmen richten; dies sei vielmehr allein die Sache der französischen Tribunale. Angesichts der im allgemeinen Teil der Arbeit getroffenen Feststellungen zum völkerrechtlichen Souveränitätsgrundsatz mag bezweifelt werden, ob die gerichtliche Entscheidung über ausländische Zwangsvollstreckungsmaßnahmen tatsächlich einen Eingriff in die Souveränität des fremden Staates darstellen würde. Man wird dies dann verneinen müssen, wenn wenigstens geringe Inlandsbeziehungen zum Entscheidungsstaat b e s t e h e n 3 5 , 3 6 . Allenfalls ließe sich mit guten Gründen vertreten, die Entscheidung über ausländische Vollstrekkungsmaßnahmen widerspreche staatsvertraglichen Regelungen über die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen. Es sind dies im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland das EuGVÜ, im Verhältnis zur Schweiz das französisch-schweizerische Zuständigkeits- und A n e r k e n n u n g s ü b e r e i n k o m m e n 3 7 . Beide sehen bei Entscheidungen, die ein Verfahren der Zwangsvollstreckung zum Gegenstand haben, eine ausschließliche internationale Zuständigkeit der Gerichte im Vollstreckungsstaat v o r 3 8 ; die Entscheidung über Vollstreckungsmaßnahmen eines anderen Staates kann dieser Zuständigkeit widersprechen. Da freilich die "instance en validité" zwar einerseits die Entscheidung über eine Vollstreckungsmaßnahme zum Gegenstand hat, andererseits aber selbst noch Teil des Vollstreckungsverfahrens ist, ist die Anwendbarkeit der Abkommen nicht ganz eindeutig. Denn für Akte der Zwangsvollstreckung wurde oben festgehalten, daß sie nicht in den Anwendungsbereich von EuGVÜ und franzö34 In diesem Sinne etwa Cass.civ. I, 4 mai 1976: Rev.crit.dr.int. 1977, 352 (note D. Mayer)\ Cass.civ. I, 18 mai 1976: Bull.civ. I, n. 173; Cass.civ. 12 mai 1931: Clunet 1932, 1, 137 ff. (rapp. Casteil). Dazu Huet, Juriscl.dr.int., Fase. 581-B, n. 72, 80 und Fase. 581-D, n. 94, 96 m.w.Nachw. 35 Die französische Argumentation gleicht hier der U.S.-amerikanischen Haltung im Zusammenhang mit der sog. "Act of State Doctrin". Danach sollen staatliche Hoheitsakte einer gerichtlichen Beurteilung durch andere Staaten entzogen sein. Ein näheres Eingehen auf die völkerrechtliche Problematik der "Act of State Doctrin" ist nicht erforderlich. Zur Diskussion steht vorliegend nicht die Zulässigkeit ausländischer Entscheidungen über französische Vollstreckungsmaßnahmen, sondern allein die Tragfähigkeit der französischen Argumentation. Sie ergibt sich schon aus anderen Gründen. Dazu die nachfolgenden Ausführungen. 36 Kritisch insoweit auch BatiffoliLagarde Π , S. 493 (n. 681.2). 37 Das französisch-schweizerische Zuständigkeits- und Anerkennungsabkommen ist abgedruckt in Dutoit/Knöpfler/Lalive/Mercier Π , S. 17 ff. (mit Kommentierung); allgemein dazu etwa auch Schnitzer Π , S. 909 ff. 38 Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ und Art. 19 des französisch-schweizerischen Abkommens. Bei Art. 19 des französisch-schweizerischen Abkommens ist dessen Bedeutung allerdings angesichts der vagen Formulierung etwas unklar. Teilweise (vgl. etwa Roguin, S. 822 (n. 735)) wird hierzu vertreten, die Regelung beziehe sich allein auf Rechtsfragen, die sich aus der Vollstreckbarerklärung des Titels ergeben. A.A. dagegen Flauet, Juriscl.dr.int. n. 175.
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Fordengen
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sisch-schweizerischem Abkommen fallen. Die Funktionen, die in der "instance en validité" wahrgenommen werden, sind indessen solche, die in anderen Staaten oft schon im - dem eigentlichen Vollstreckungsakt vorgeschalteten Erkenntnisverfahren erfüllt w e r d e n ^ . Dies spricht m.E. für ihre Unterwerfung unter die Zuständigkeitsregelungen der Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen. Letztlich kann an dieser Stelle aber offen bleiben, inwieweit die Entscheidung eines Staates über die Wirksamkeit von auslandsstaatlichen Vollstrekkungsmaßnahmen souveränitätsverletzend wäre oder gegen bestehende Abkommen verstieße. Denn klar ist jedenfalls, daß aus völkerrechtlicher Sicht nichts gegen die Annahme eigener internationaler Zuständigkeit zur Entscheidung über solche Vollstreckungsmaßnahmen spricht. Soweit man die Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen für anwendbar hält, ergibt sich dies bereits aus ihnen. Die "instance en validité" ist dann nämlich unter Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ bzw. A r t 19 des französisch-schweizerischen Abkommens subsumierbar. Und was das Jurisdiktionserfordernis minimaler Inlandsbezüge angeht, so bestehen Inlandsbeziehungen jedenfalls darin, daß die "instance en validité" mit einem französischen Verfahren, ausgeführt von französischen Behörden, verknüpft ist. Daß der französische Staat hier (völkerrechtlich) anerkennenswerte Interessen an der Inanspruchnahme internationaler Zuständigkeit hat, versteht sich von selbst Anders ist die völkerrechtliche Situation nur, wenn die Forderungspfändung ohne Titel eingeleitet wurde. Soweit dann in der "instance en validité" auch über das Bestehen des Vollstreckungstitels zu entscheiden ist, bestehen an der Vereinbarkeit mit den Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen Bedenken 4 0 . An der Vollstreckungszuständigkeit für alle anderen Entscheidungen, die im Rahmen der "instance en validité" getroffen werden und die in der französischen Rechtsprechung und Doktrin zur Ablehnung des Rückschlusses von der örtlichen auf die internationale Zuständigkeit führen, ändert dies aber nicht. Eine letzte Frage ist, ob sich die Anknüpfung der Zuständigkeit für die "instance en validité" an das sonstige Verfahren der "saisie-arret" auch nach französischem nationalem Recht halten läßt. Hierbei kann der Wortlaut des Art. 667 anc.C.proc.civ. keine entscheidende Rolle spielen, da sich dieser ausdrücklich nur zur örtlichen, nicht aber zur internationalen Zuständigkeit äußert. Es ist vielmehr zu fragen, ob die Regel, wonach von der örtlichen Zuständigkeit auf die internationale geschlossen werden kann, Ausnahmen zuläßt. Das 39 Vgl. z.B. die deutsche Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO). 40 Dazu unten S. 188 ff. 12 Mössle
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3. Kap.: Die internationale Fordengspfndung im französischen Recht
wird in Rechtsprechung und Lehre einhellig bejaht 4 !. Zu Recht: Die Überprüfung und Aufhebung von Vollstreckungs(teil-)akten kann sinnvollerweise nur durch die sachkompetenten Gerichte des Staates vorgenommen werden, in dem sie auch erlassen wurden. Dafür spricht, daß es sich beim Vollstreckungsrecht weitgehend um formales Recht handelt, das von ausländischen Richtern kaum richtig ermittelt und angewandt werden kann 4 2 , ein Gedanke, der nicht zuletzt auch in Art. 16 Nr. 5 des EuGVÜ und in entsprechenden Vorschriften anderer staatsvertraglicher Regelungen zum Ausdruck kommt. Es kann danach festgehalten werden, daß die französische internationale Zuständigkeit zur Durchführung der "instance en validité" sowohl im Falle eines ausländischen Schuldners als auch bei einem im Ausland domizilierten Drittschuldner gegeben ist. II. Rechtsschutzbedürfnis
und ausländischer Drittschuldnerwohnsitz
Bei ausländischem Drittschuldnerwohnsitz könnte dem Erlaß eines Pfändungsbeschlusses gleichwohl der Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses 43 entgegenstehen. Ist der Drittschuldner im Ausland domiliziert, kann die "saisie-arret" mangels Zustellbarkeit des "exploit de saisie-arret" auf dem Rechtshilfeweg (Art. 560 anc.C.proc.civ.) nämlich häufig nicht realisiert werden. Dies gilt jedenfalls im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland. Abgesehen davon, daß die französischen Behörden Rechtshilfegesuche i.d.R. weiterleiten und daß bei weitem nicht alle Staaten die Rechtshilfe verweigern die Schweiz etwa ist im Verhältnis zu Frankreich zur Zustellung von Drittschuldneranzeigen durchaus bereit - bleiben indessen immer die theoretischen Möglichkeiten einer persönlichen Zustellung bei gelegentlichem Inlandsaufenthalt des Drittschuldners oder an dessen Wahldomizil 4 4 . Daß sie ein hinreichendes Rechtsschutzbedürfnis begründen, wurde schon oben 4 5 für das deutsche Recht dargelegt. Für das französische Recht gilt nichts anderes. Eine
4 1 BatiffoULagarde Π, n. 674 (S. 460); Huet, juriscl. "dr.int.", Fase. 581-B, N. 14 ff (allgemein) und n. 98 m.w.N. (speziell zur instance en validité); Cass.Civ.6 nov. 1979, Clunet 1980, 95 ff. (rapport Ponsard). 42 So auch Geimerl Schütze I, 1. Hb. S. 813. 4 3 Auch in Frankreich gilt der Grundsatz, daß eine Entscheidung dann nicht zu ergehen hat, wenn von vornherein klar ist, daß sie im Inland keine Wirkung hat (sog. principe d'effectivité). Vgl. etwa Huet, Juriscl. dr.int., Fase. 581-B, n. 73 und 581-C, n. 91 m.w.Nachw. 4 4 4 5
Donnier, Juriscl. proc., Facsc. 804, n. 34. S. 98 ff.
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen
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Einschränkung der internationalen Zuständigkeit wegen des erforderlichen Rechtsschutzbedürfnisses scheidet damit aus 46 . III. Völkerrechtliche
Bedenken
Zu prüfen bleibt, ob gegen die französische internationale Zuständigkeit bei inländischem Drittschuldner- oder Vollstreckungsschuldnerwohnsitz völkerrechtliche Bedenken bestehen. Diese Frage ist von der unter 1 c) behandelten zu unterscheiden: Während es dort um die Völkerrechtsgemäßheit der Inanspruchnahme internationaler Zuständigkeit für einen Teilakt, der "instance en validité", ging, steht jetzt die Zuständigkeit für den Gesamtakt in Frage Daß die Inanspruchnahme internationaler Zuständigkeit zur Pfändung auslandsbezogener Forderungen grundsätzlich keinen völkerrechtlichen Bedenken unterliegt, wenn der Regelungsstaat - wie hier - an einen inländischen Wohnsitz des Vollstreckungsschuldners oder des Drittschuldners anknüpfen kann, wurde bereits oben bei den allgemeinen, völkerrechtlichen Ausführungen festgestellt 47 . Eine abweichende Beurteilung des französischen Verfahrens der "saisie-arret" kommt daher allenfalls aufgrund rechtlicher Besonderheiten des französischen Rechts in Betracht kommen. Zu denken ist dabei insbesondere daran, daß nach französischer Vorstellung Objekt der Pfändung nicht die Forderung als solche ist. Vielmehr werden die Sache oder die Geldsumme, die den Gegenstand der Forderung bilden, als Pfandungsobjekte angesehen4^ Dieses Verständnis hängt wohl damit zusammen, daß das französische Recht ein dem deutschen Recht vergleichbares Abstraktionsprinzip nicht kennt. Mit Erwerb der Forderung wird der Vollstreckungsschuldner grundsätzlich Eigentümer der Sache, auf die sich die Forderung bezieht. Man könnte die "saisie-arrèt" aus dieser Vorstellung heraus daher als eine besondere Form der Sachpfändung ansehen; für diese aber ist unstreitig, daß sie völkerrechtlich nur zulässig ist, wenn der Pfandungsgegenstand (hier also: der Gegenstand der Forderung) im Vollstreckungsstaat belegen ist. Die Anknüpfung der internationalen Zuständigkeit an den Wohnsitz des Dritt- bzw. des Vollstreckungsschuldners wäre danach zumindest in den Fällen rechtlich zweifelhaft, in denen der Gegenstand der Forderung nicht in Frankreich belegen ist 4 ?. 4 6
Ebenso Huet, Juriscl. dr.int., Fase. 581 C, n. 84 (für Anwendung von Art. 14 und 15 C.civ.) m.w.Nachw. 4 7 Vgl. 23 ff. (61). 4 8 Fluri, S. 6; Glasson, Morel et Tissier I V , n. 1116 (S. 260). 4 9 Mercier, Encyclopédie Dalloz, "Saisie", n. 8; wohl auch Huet, Clunet 1982, 163 für die Pfändung einer Sachforderung , ders., Juriscl. dr.int., Fase. 582, n. 308; Glasson, Morel et Tissier , n. 1116 (S. 259 ff.), die sich ausdrücklich freilich nur mit der Frage befassen, ob die Belegenheit des 12*
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3. Kap.: Die internationale Fordengspfndung im französischen Recht
Die Völkerrechtswidrigkeit der Pfändung im Ausland belegener körperlicher Gegenstände resultiert indes - dies worde oben dargelegt - nicht schon aus der bloßen Belegenheit des Pfändungsobjekts im Ausland. Sie ergibt sich vielmehr daraus, daß die wirksame Beschlagnahme der Pfandsache in fast allen Rechtssystemen die tatsächliche Inbesitznahme erfordert; erst die Notwendigkeit des realen Grenzübertritts durch Hoheitsträger macht die Sachpfändung im Hinblick auf den Souveränitätsgrundsatz unzulässig 50 . Das Verfahren der "saisie-arret" erfordert demgegenüber keinen Übergriff auf fremdes Territorium. Die Gegenstandsbezogenheit der "saisie-arret" vermag folglich auch die Gleichstellung mit der völkerrechtlichen Beurteilung der Sachpfändung nicht zu begründen. Hinzu kommt, daß dort, wo das Fehlen des Abstraktionsprinzips zur direkten Eigentumszuweisung des Forderungsgegenstands mit der Zession der Forderung führen würde, nämlich bei der Pfändung von Sachforderungen, eine Überweisung der Forderung und, damit verbunden, eine Übertragung des Eigentums gerade nicht stattfindet. Die Pfändung bewirkt in diesem Fall lediglich eine Herausgabepflicht des Drittschuldners an das Vollstreckungsgericht und berechtigt nicht zur eigenen, sondern nur zur gerichtlichen Verwertung. Bei Geldforderungen kann ein direkter Erwerb ohnehin nicht eintreten, weil regelmäßig nicht konkretisiert sein wird, auf welche Geldstücke oder -scheine sich der Anspruch bezieht. Das Fehlen des Abstraktionsprinzips im französischen Recht führt demnach zwar zu einem anderen Verständnis der Forderungspfändung; die Vorstellung, daß die Forderung selbst Pfändungsobjekt sein könnte, ist ihm wesensfremd. In der Sache aber greift es nicht stärker auf den Gegenstand der Forderung zu als das deutsche Recht. Die Annahme eines völkerrechtswidrigen Eingriffs in fremde Gebietshoheit ist daher hier ebenso abzulehnen wie für das deutsche Recht. Somit hält die Anknüpfung der französischen internationalen Zuständigkeit an Schuldner- bzw. Drittschuldnerwohnsitz einer völkerrechtlichen Überprüfung stand 51 .
das Objekt der Forderung bildenden Gegenstands die französische internationale Zuständigkeit begründen kann. Die Umkehrfrage, ob bei ausländischer Belegenheit eine französische Pfändungsmaßnahme folglich unterbleiben muß, behandeln sie dagegen nicht. 5 0 Vgl. oben S. 25 f. und 44 ff. 5 1 So neuerdings wohl auch Cass. (Ch.com.) du 30 mai 1985, Rev.crit.dr.int.pr. 1986, 332 ff. (rapport Batiffol) (Einbeziehung von Auslandsvermögen in die Erklärungspflicht des Drittschuldners).
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen
181
IV. Ergebnis Die französischen internationale Zuständigkeit zur Pfändung internationaler Forderungen ist gegeben, wenn 1. der Vollstreckungsschuldner im Inland wohnt oder 2. der Drittschuldner im Inland wohnt. B. Französische Staatsangehörigkeit des Vollstreckungsschuldners oder des Vollstreckungsgläubigers ( Art. 14 und 15 C.civ.) I. Anwendbarkeit der Art. 14 und 15 C.civ. auf die internationale Forderungspfändung Neben den Normen des anc.C.proc.civ. kommt zur Begründung der französischen internationalen Zuständigkeit auch eine Anwendung der Art. 14 und 15 C.civ. in Betracht Sie sind die einzigen ausdrücklichen Regelungen des französischen Rechts zur internationalen Zuständigkeit 52 . Die französische Zuständigkeit für gerichtliche Verfahren begründen sie immer dann, wenn entweder Kläger oder Beklagter die französische Staatsangehörigkeit haben. Ihr Wortlaut erfaßt zwar an sich nur vermögensrechtliche Streitigkeiten aus Vertragsverhältnissen. Längst ist die Judikatur aber über diesen Wortlaut hinausgegangen. Sie wendet Art. 14 und 15 C.civ. heute in ständiger Rechtsprechung bei allen vermögensrechtlichen Streitigkeiten an. In der Literatur wird diese ausdehnende Auslegung durchgehend gebilligt 5 3 , so daß man wohl von einer gewohnheitsrechtlichen Erweiterung des Normtextes ausgehen kann. Könnten Art. 14, 15 C.civ. auch im Rahmen des Verfahrens der "saisie-arret" Anwendung finden, so wäre die französische internationale Zuständigkeit im Falle des Fehlens eines inländischen Wohnsitzes von Vollstreckungs- bzw. Drittschuldner immer auch dann gegeben, wenn entweder Vollstreckungsschuldner oder Vollstreckunggläubiger die französische Staatsangehörigkeit hätten 54 : Art. 14 und 15 C.civ. sprechen nur gerichtliche Verfahren an. Ihre Anwendung kommt daher auf den ersten Blick allein für die in das Vollstreckungsver5 2 5 3
Loussouarn/Bourel,
n. 461 (S. 581).
Bauer, Compétence, S. 74 (n. 64), Mayer, D.I.P., S. 193 (n. 31); Loussouarn/Bourel, n. 464 f. (S. 586 f.); Niboyet I V , S. 311 (n. 1741) jeweils m.w.Nachw. 54 Die Staatangehörigkeit des Drittschuldners dürfte demgegenüber keine Rolle spielen. Er ist am streitigen Verfahren ja nicht beteiligt. Zur Frage, wessen Staatsangehörigkeit bei Streitigkeiten um eine Forderung nach deren Zession entscheidend ist. Vgl. etwa Niboyet V I , n. 1734 (S. 300 ff.).
3. Kap.: Die internationale Forderungspfandung im französischen Recht
182
fahren integrierten richterlichen Verfahren in Betracht. Darunter fallen einerseits die richterliche Genehmigung der "saisie-arret", soweit die Vollstreckung ohne vollstreckbaren Titel eingeleitet wird, andererseits die "instance en validité" vor dem "tribunal d'instance" bzw. vor dem "tribunal de grande instance". Insbesondere die Anwendbarkeit im ersten Verfahrensabschnitt, der richterlichen Genehmigung, würde aber die Ausdehnung der Staatsangehörigkeitszuständigkeit auf das gesamte Pfändungsverfahren aus den oben schon angesprochenen Gründen präjudizieren: Die internationale Zuständigkeit zur Genehmigung der Zwangsvollstreckung gibt nur Sinn, wenn danach auch die Vollstreckung selbst möglich ist. Und ist die Inanspruchnahme internationaler Pfändungszuständigkeit bei der Pfändung ohne Vollstreckungstitel möglich, kann für die Forderungspfändung mit Titel, die sich nur formal durch die Entbehrlichkeit einer richterlichen Genehmigung unterscheidet, nichts anderes gelten. In diesem Falle wäre dann von einer analogen Anwendung der Art. 14 und 15 C.civ. auszugehen. Ob Art. 14 und 15 C.civ. indes überhaupt im Rahmen der internationalen Forderungspfändung Anwendung finden können, ist in der französischen Rechtsprechung und Lehre umstritten 55 : In einer Entscheidung aus dem Jahre 1931 scheint die Cour de cassation dies zu verneinen, wenn sie ausführt, "qu'en droit international, les voies d'execution dans chaque pays, relèvent expressément du droit interne de ce pays, sans qu'il y ait à considérer la nationalité de la partie qui les a requises ou qui les subit, dès lors que leur application est restreinte au territoire de la juridiction qui les a ordonnés" 56 . Dabei ging es freilich nicht um die französische internationale Zuständigkeit zur Genehmigung oder Einleitung einer Forderungspfändung; vielmehr stand in Frage, ob die französischen Gerichte zur Wirksamkeitsüberprüfung einer ausländischen Pfändungsmaßnahme in der "instance en validité" zuständig waren, ein Problem, das im französischen internationalen Zivilprozeßrecht bekanntlich 57 einer Sonderbehandlung unterliegt. Die Nichtanwendbarkeit der Art. 14 und 15 C.civ. ergab sich hier schon daraus, daß nach gefestigter Rechtsprechung die "instance en validité" nur durch das Gericht durchgeführt werden kann, das auch die Vollstreckung eingeleitet hat. Entgegen anderslautenden Erwägungen in der Literatur 5 ^ lassen sich aus der Entscheidung daher keine klaren Schlüsse 5 5
Dafür: Huet, Clunet 1982, 160 ff. (167); Niboyet VI, n. 1744 (S. 314); Mayer D.I.P., S. 194 (n. 312), der freilich zum Ergebnis kommt, daß es hier am Rechtsschutzbedürfhis des Vollstrekkungsgläubigers fehlt. Dagegen: Ponsard, Clunet 1980, 95 ff. (101); Batiffol/ Lagarde Π, n. 281.2 (S. 493) m.w.Nachw. 5 6 Cour de cassation du 12 mai 1931: D.P. 1933, 1 ff. (60), (note Silz) = Clunet 1932, 387 ff. (note Perroud) = Rev.criLdr.int.pr. 1932, Iff. (137) (rapport Cos teil, note Niboyet). 5 7 5
Vgl. oben S. 175 f. 8 Vgl. etwa Batiffol/Lagarde
Π, n. 681.2 (S. 433).
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen
183
dahingehend ziehen, daß bereits der Beginn der französischen Forderungspfandung mit der Staatsangehörigkeit begründet werden kann59. Darüber wurde von der Cour de cassation bisher auch noch nicht entschieden. Die Rechtsprechung der unterinstanzlichen Gerichte zur angesprochenen Problematik ist uneinheitlich und wenig aufschlußreich. Während einige Ents c h e i d u n g e n ^ die Anwendung der Art. 14 und 15 jedenfalls für den Spezialfall der Pfändung von Arbeitseinkommen bejahen, geht die wohl jüngste Entscheidung zur internationalen Forderungspfändung, die Fayad/Nasrallah-Entscheidung des Tribunal de grande instance de Nice 6 1 , offenbar von einem Anwendungsausschluß aus. Dies wird zwar nicht ausdrücklich ausgesprochen; das Gericht zieht aber die Nationalität der Beteiligten für die Begründung der internationalen Zuständigkeit gar nicht erst in Erwägung. Es gibt damit implizit zu verstehen, daß es Art. 14 und 15 C.civ. nicht für anwendbar hält 6 2 . 1. Spezialität der Zuständigkeitsregelung im anc.C.proc.civ. gegenüber den A r t 14 und 15 C.civ.? Für den Ausschluß der An. 14 und 15 C.civ. im Verfahren der "saisie-arrèt" wird des öfteren die angebliche Spezialität der Zuständigkeitsregeln im anc.C.proc.civ. gegenüber dem C.civ. angeführt 63 . Eine Ausschließlichkeit i.S. einer Verdrängung der Art. 14, 15 C.civ. läßt sich indes dem Wortlaut der Normen im anc.C.proc.civ. schon deshalb nicht entnehmen, weil sie die internationale Zuständigkeit ausdrücklich gar nicht ansprechen, während Art. 14 und 15 C.civ. ihrerseits allein sie im Auge haben. Auch der Gesetzeszweck gebietet die Ausschließlichkeit des anc.C.proc.civ. nicht. Zwar hat die regelmäßige Anknüpfung an Vollstreckungsschuldner- bzw. Drittschuldnerwohnsitz durchaus ihren Sinn. Sie soll im letzteren Fall eine zu starke Belastung des Drittschuldners, im ersteren des sich in der Verteidigungsrolle befindlichen Vollstreckungsschuldners vermeiden. Daß Inlandswohnsitz nur einer der beiden die örtliche (und damit internationale) Zuständigkeit begründet, zeigt aber, daß sowohl der Drittschuldnerschutz als auch der Schutz des Vollstreckungsschuldners als gesetzgeberische Anliegen nicht absolut zu sehen sind. Daraus
59 So auch Huet , Clunet 1982,160 ff.(162 f.). 6 0
Paris, 11 juill. 1962: Clunet 1963,1068 (obs. Siale Iii; Trib.inst.Paris 23 mars 1966: Gaz.Pal. 1966, 1, 432. In beiden Entscheidungen befand sich freilich auch der Drittschuldnerwohnsitz im Inland, so daß die französische internationale Zuständigkeit ohnehin gegeben war. 61 Clunet 1982, 160 ff (note Huet) 62 Huet , Clunet 1982, 162 ff (163). 63 Batiffol/Lagarde , n. 281.2 (S. 493); Niboyet I V , n. 1744 (S. 313 ff.).
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3. Kap.: Die internationale Forderungspfandung im französischen Recht
folgt, daß die Regelungen des anc.C.proc.civ. für den Anwendungsausschluß von A r t 14 und 15 C.civ. nichts hergeben. 2. Ausschluß einer weiten Ausdehnung der A r t 14 und 15 C.civ. aufgrund ihrer rechtspolitischen Unerwünschtheit? Zu einer Ausschließlichkeit der aus dem anc.C.proc.civ. abgeleiteten internationalen Zuständigkeitsgründe zur "saisie-arret" kann man i.E. aber dann kommen, wenn man nicht vom anc.C.proc.civ. her argumentiert, sondern von Art. 14 und 15 C.civ ausgeht. Hier scheint es in der Tat geboten, den Anwendungsbereich innerhalb des nach dem Gesetzeswortlaut möglichen zu begrenzen, d.h. eine Anwendung in der Zwangsvollstreckung auszuschließen. Ähnlich wie in der Literatur zu § 23 ZPO nahm in jüngerer Zeit die Kritik zu Art. 14 und 15 C.civ. in und außerhalb Frankreichs stetig zu 6 4 . Diese Kritik ist berechtigt. Wie § 23 ZPO ist die französische Staatsangehörigkeitszuständigkeit exorbitant weit und entzieht damit die Kompetenz anderen, regelmäßig sachnäheren Jurisdiktionen. Zwar stellt die Staatsangehörigkeitszuständigkeit entgegen M a n n 6 5 - nicht generell einen Verstoß gegen geltendes Völkergewohnheitsrecht dar; ein minimaler Inlandsbezug, dessen Fehlen allein zu diesem Ergebnis führen könnte, besteht in der französischen Staatsangehörigkeit der Parteien^. Dies ändert aber nichts daran, daß die von Art. 14 und 15 C.civ. bezweckte einseitige Privilegierung französischer Staatsangehöriger in heutiger Zeit keine tragfähige Grundlage mehr hat. Der Gedanke, eigene Staatsangehörige seien davor zu schützen, daß sie vor fremde Gerichte gezogen werden^ ist angesichts der fortgeschrittenen, internationalen Vereinheitlichung des "Rechtsschutzstandards" und der Existenz weitgehender Regelungen zur zwischenstaatlichen Anerkennung von Entscheidungen veraltet Hinzu kommt, daß die Art. 14, 15 C.civ. den beteiligten Franzosen i.d.R. auch keinen Vorteil
64 Huet, Juriscl."dr.int.", Fase. 581-B, n. 4; Batiffol! Lagarde Π, S. 482, 484 (n. 677); Loussouarn/Bourel, S. 481 (n. 461); Nagel, Rechtshilfe, S. 44; Bauer, Compétence, S. 83 (n. 74); Huet, Clunet 1976, 342 ff. (343); Droz, Rev.crit.dr.int.pr. 1975, 1 ff. Zum historischen Hintergrand der Art. 14 und 15 C.civ. vgl. Niboyet VI, S. 293 ff. (n. 1732). 65 Recueil des Cours 19641 (111), S. 1 ff. (81); ähnlich wohl Nadelman, FS Yntema, S. 321 ff. 66 Vgl. schon oben S. 103 ff. 67 So ausdrücklich Paris 27 juin 1957,Rev.critdr.int.pr. 1958,144 (note PhF.) = Clunet 1958, 124 ff. (126). Vgl. dazu Bauer, Compétence, S. 78; Niboyet I V , S. 297 (n. 1733). Vgl. dazu den berühmt gewordenen Satz Porteiis (zitiert bei Nagel, Rechtshilfe, S. 44): "La loi francaise suive avec les yeux de mère le Francais jusque dans les regions les plus éloignés".
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen
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bringen. Im Ausland werden Urteile auf der Basis von Art. 14 und 15 C.civ. nämlich regelmäßig nicht anerkannt 68 und folglich auch nicht vollstreckt^. Die internationale Unerwünschtheit der A r t 14 und 15 C.civ. bedingt die Notwendigkeit, ihren Anwendungsbereich möglichst eng zu halten und sie nur dort zur Anwendung zu bringen, wo dies das Gesetz unmißverständlich vorschreibt. Das ist, was die internationale Forderungspfändung angeht, gerade nicht der F a l l 7 0 . Ob die französische Rechtsprechung dem in der Zukunft folgen und auf eine Anwendung der Staatsangehörigkeitszuständigkeit verzichten wird, ist freilich fraglich. Denn zum einen wendet sie Art. 14 und 15 C.civ. schon seit jeher über ihren Wortlaut hinaus auf alle Rechtsstreitigkeiten (und nicht nur bei den allein im Wortlaut genannten Vertragsstreitigkeiten) an 7 l, zum anderen hat sie die Anwendbarkeit auf das dem Pfandungsverfahren nahestehende Konkurseröffnungsverfahren schon mehrfach bejaht 72 . Dem Umstand, daß die Konkursmaßnahmen im Ausland nicht anerkannt werden, schenkten die Gerichte dabei ebensowenig Beachtung wie der größeren Sachnähe ausländischer Rechtsordnungen. Es liegt daher nahe, daß die Cour de cassation in Zukunft für die internationale Forderungspfändung eine ähnliche Haltung einnehmen wird. II. Völkerrechtliche Beurteilung der Staatsangehörigkeitszuständigkeit bei der internationalen Forderungspfändung Selbst dann, wenn man der vorgeschlagenen weitestmöglichen Begrenzung der Staatsangehörigkeitszuständigkeit nicht folgt, verbietet sich die Anwen6 8 BatiffoULagarde Π, S. 482 (n. 677). Vgl auch etwa für die Bundesrepublik § 328 I Nr. 2 ZPO (keine Anerkennung, da keine Zuständigkeit nach deutschen Gesetzen) 6 9 Im Hinblick darauf scheint die französische Praxis die Anwendung der Art. 14 und 15 denn auch auf die Fälle zu begrenzen, in denen das Urteil in Frankreich vollstreckt werden kann, d.h. in denen ausreichendes Vermögen des Beklagten im Inland liegt {Bauer, Compétence, S. 81 (n. 70) m.w.Nachw.). Eine entsprechende Handhabung bei der internationalen Forderungspfändung müßte dazu führen, daß eine "saisie-arret" nur durchgeführt werden dürfte, wenn der Drittschuldner im Inland ausreichendes Vermögen hat. In diesem Falle wären zumindest völkerrechtliche Bedenken (vgl. die nachfolgenden Ausführungen) gegen eine Anwendung der Art. 14, 15 C.civ. wohl nicht mehr gegeben. Vgl. schon die Ausführungen oben S. 103 ff. 70 Hier liegt auch der Unterschied zu der oben behandelten Frage der Anwendbarkeit von § 23 ZPO auf die internationale Forderungspfändung. Im deutschen Recht ist in § 829 ZPO ausdrücklich auf diese Regelung verwiesen.
71 Bauer, Compétence, S. 74 (n. 64\Niboyet I V , S. 311 (n. 1741). 72 Cass.com. 19 mars 1979: Rev.crit.dr.int.pr. 1981, 524 ff. (note Lagarde); Cass.civ. 7 juin 1962, Qunet 1963, 106 ff. (note Portsard); Cass.civ. 12 juillet 1962, Clunet 1963, 1056 ff. (obs. B.G.)
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3. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im französischen Recht
dung der Art. 14 und 15 C.civ. nach hier vertretener Auffassung jedenfalls aus völkerrechtlichen Gründen. Insoweit kann weitgehend auf die Ausführungen verwiesen werden, die oben 7 3 zur völkerskonformen Einschränkung von § 23 ZPO gemacht wurden. Allein die französische Staatsangehörigkeit des Vollstreckungsschuldners oder des Vollstreckungsgläubigers reichen zur Begründung eines - völkerrechtlich gebotenen - minimalen Inlandsbezugs nicht aus. Der Charakter der Forderungspfändung als Vermögenszugriff führt vielmehr dazu, daß regelmäßig ein Bezug des Pfändungsstaats zur Forderung gegeben sein muß. Einen solchen Bezug kann die Staatsangehörigkeit des Vollstrekkungsgläubigers von vornherein nicht herstellen, weil dieser bis zur Pfändung mit der Forderung nichts zu tun hat. Aber auch die Staatsangehörigkeit des Vollstreckungsschuldners als Gläubiger der zu pfändenden Forderung reicht m.E. nicht für die Begründung französischer Gerichtsbarkeit aus. Soweit der Vollstreckungsschuldner außer seiner Nationalität keine Verbindungen zu Frankreich hat, ist die Staatsangehörigkeit ein rein zufälliger Bezugspunkt; für die Forderung und ihre Entstehung hat er keine sachliche Bedeutung. Es kann damit festgehalten werden, daß die Anwendung der Art. 14 und 15 C.civ. im Rahmen der internationalen Forderungspfändung einen Verstoß gegen geltendes Völkerrecht dastellen würde und aus völkerrechtlichen Gründen unterbleiben muß. C. Internationale Zuständigkeit zur Entscheidung über das Bestehen der zu vollstreckenden Forderung des saisissant Ein besonderes Problem erhebt sich für das französische Recht in den Fällen, in denen das Verfahren der "saisie-arret" ohne vollstreckbaren Titel eingeleitet wird, der Titel also erst während des Vollstreckungsverfahrens entsteht Es ist dann fraglich, ob die französischen Gerichte im Rahmen der "instance en validité" automatisch auch zur Entscheidung über die vom Vollstreckungsgläubiger behauptete Forderung, d.h. zur Gewährung eines vollstreckbaren Titels zuständig sind. Anderenfalls würde sich die internationale Zuständigkeit insoweit nach den allgemeinen Regeln des französischen internationalen Prozeßrechts 74 und den einschlägigen staatsvertraglichen Regelungen 75 richten.
7 3 7 4
Vgl. oben S. 103 ff.
Vgl. Art. 42 nouv.C.proc.civ. und A r t 14 und 15 C.civ: Zuständigkeit nur bei (Vollstreckungs-)Schuldnerwohnsitz im Inland oder französischer Staatsangehörigkeit eines der beiden Beteiligten)
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen
187
Die französischen Gerichte müßten, falls die internationale Zuständigkeit nach den allgemeinen Regeln nicht in Frankreich läge, das Verfahren der "saisiearret" aussetzen und die Entscheidung durch das zuständige Auslandsgericht abwarten. Während die frühere Rechtsprechung?6 die Verknüpfung der Zuständigkeit zur "instance en validité" mit der Entscheidung über die zu vollstreckende Forderung überwiegend ablehnte und damit die mögliche Aussetzung des Pfändungsverfahrens in Kauf nahm, scheint sich in neuerer Zeit eine Rechtsprechungsänderung abzuzeichnen. In einer Entscheidung der Cour de cassation aus dem Jahre 1979 77 in Sachen Dame Nassibian c. Nassibian führte das oberste französische Gericht aus, "que les tribunaux francais peuvent statuer éventuellement, à cette occasion (der instance en validité), sur l'existence de la créance invoquée par le saisissant". Dieses Urteil ist freilich bisher das wohl einzige zu der Problematik geblieben. Seine Übertragbarkeit auf andere Fälle der internationalen Forderungspfändung ist zudem zweifelhaft, da es sich gleichzeitig mit der zwangsweisen Eintragung einer Hypothek befaßte. Für sie war das Bestehen der geltend gemachten Forderung gleichfalls nachzuweisen. Möglicherweise ist die Entscheidung daher nur auf die spezifischen Besonderheiten des konkret entschiedenen Falles zurückzuführen. Überwiegend wird ihr in der Literatur aber Bedeutung für die Frage der Zuständigkeit zur "saisie-arrèt" im allgemeinen beigemessen78. Für eine Lösung in diesem zuletzt genannten Sinne spricht zunächst die Regelung in Art. 49 nouv.C.proc.civ., die den Grundsatz "Le juge de l'action est le juge de l'exception" zum Ausdruck bringt 7 ^ Danach entscheidet ein einmal für örtlich zuständig befundenes Gericht im Interesse der Einheit des Verfahrens automatisch über sämtliche Inzidentfragen und "demandes de défence", 7
5 Im Verhältnis zur Bundesrepublik das EuGVÜ, im Verhältnis zur Schweiz das französischschweizerische Zuständigkeits- und Anerkennungsübereinkommen. 7 6 Couchez, Rev.crit.dr.int.pr. 1980, 588 ff.(591) mit zahlreichen Rechtsprechungshinweisen; Encycl.Dalloz dr.int. "saisie-arret", n. 59; Glasson, Morel et Tissier IV., n. 1116 (S. 261); Bauer, Compétence, S. 66 (n. 56). Die frühere Rechtsprechung erging freilich weitgehend zu einer Zeit, als die französische Prozeßrechtslehre von dem inzwischen aufgegebenen Grundsatz der Unzuständigkeit französischer Gerichte für Streitigkeiten zwischen Ausländem ausging; sie ist daher größtenteils nicht mehr repräsentativ. Seit der Aufgabe des genannten Grundsatzes erging nur noch eine Entscheidung, die sich den früheren Urteilen anschloß, nämlich die Entscheidung des tribunal de grande instance de Paris du 14 janv. 1970: Rev.crit.dr.int.pr. 1970,714 (note PL.). 77 Cass.civ. 6 nov. 1979: Clunet 1980, 95 ff. (rapport Ponsard) = Rev.crit.dr.int.pr. 1980, 588 ff.(note Couchez). 7 8
So etwa BatiffollLagarde Π, S. 461 (n. 674); Mayer, D.I.P., S. 185 (n. 297.2)J>onsard, Clunet 1980, 95 ff. (95); Couchez, Rev.criLdr.int.pr. 1980, 588 ff. (590 ff); Huet, Juriscl.dr.inL, Fase. 581-D, n. 58. Vgl. auch schon Francescakis, Rev.crit.dr.int.pr. 1958, 128 ff. (134 f.). 7 9 Couchez, Rev.crit.dr.inLpr. 1980,588 ff. (595); Ponsard, Clunet 1980,95 ff. (99).
188
3. Kap.: Die internationale Forderungspfndg im französischen Recht
die im Verfahrensverlauf auftauchen. Eine Ausnahme besteht nur bei ausschließlicher Zuständigkeit eines anderen Gerichts 80 . Auch auf internationaler Ebene käme demnach eine Zuständigkeit französischer Gerichte in Betracht, wenn die gerichtliche Entscheidung über die zu vollstreckende Forderung nicht der ausschließlichen Zuständigkeit einer ausländischen Gerichtsbarkeit unterläge. Außerhalb staatsvertraglicher Regelungen^ stellt die ausschließliche Zuständigkeit ausländischer Gerichte nun im f r a n z ö s i s c h e n ^ Recht eine Ausnahme d a r 8 3 . Sie wird nur in eng begrenzten Fallgruppen bejaht, etwa dort, wo es um Immobiliarklagen oder Wohnraumstreitigkeiten geht und das Grundstück bzw. der Mietgegenstand im Ausland belegen sind. Sieht man von diesen speziellen Fällen ab, so fehlt es nach nationalem Recht an einer ausschließlichen Zuständigkeit ausländischer Gerichte; der Anwendung von Art. 49 nouv.C.proc.civ. stünde dann grundsätzlich nichts mehr entgegen. Zweifelhaft erscheint indessen die völkerrechtliche Zulässigkeit einer Ausdehnung von Art. 49 nouv.C.civ. auf die Entscheidung über den Vollstrekkungstitel. I. Völkerrechtliche
Beurteilung im Hinblick auf staatsvertragliche
Regelungen
Zu denken ist dabei vor allem an einen möglichen Verstoß gegen die bestehenden Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen, d.h. im Verhältnis zur Bundesrepublik an das EuGVÜ, im Verhältnis zur Schweiz an das französischschweizerische Zuständigkeits- und A n e r k e n n u n g s a b k o m m e n 8 4 : 1. Anwendbarkeit der bestehenden Abkommen Im Grundsatz gilt für die Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen, daß sie die Zuständigkeit zu und Anerkennung von Vollstrekkungsakten nicht regeln. Da die Entscheidung über die vom Vollstreckungs8 0 Allgemein dazu etwa Vincent/Guinchard, proc.civ., S. 284 (n. 278); Huet, JuriscLproc., Fasc.581-D, η. 1 ff. 81 Zur Rechtslage bei Anwendbarkeit von Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen vgl. die nachfolgenden Ausführungen S. 188 ff. 82 Couchez, Rev.crit.dr.int.pr. 1980,588 ff. (595). 83 Ebenso im deutschen Recht: Geimer, IZPR, Rz. 1945 (S. 376); Kropholler, Int. Zust., S. 259 (Rz. 156) und S. 365 (Rz. 421 m.w.N.; OLG Karlsruhe, IPrax 1985, 106 f.= IPRspr. 1984, 154 f.. Die einzelnen Fallgruppen sind hier teilweise streitig. 84 Vgl. oben S. 25, Fußn. 5 und 6.
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen
189
gläubiger geltend gemachte Forderung verfahrensmäßig in das Vollstreckungsverfahren integriert ist, erscheint die Anwendbarkeit der Abkommen damit fraglich. Doch kann von der Nichtanwendbarkeit auf Vollstreckungs(teil-) akte auch dann noch ausgegangen werden, wenn die Funktion des Erkenntnisverfahrens ausnahmsweise erst im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens wahrgenommen wird? Es geht dann ja sachlich um Rechtserkenntnis, der Entscheidung nämlich über einen geltend gemachten Anspruch. Wäre der Titel, der die Grundlage der Zwangsvollstreckung bildet, schon vor Beginn der Zwangsvollstreckung entstanden, so wäre das zum Titel führende gerichtliche Verfahren eindeutig in den Anwendungsbereich der Abkommen gefallen. Die Anwendbarkeitsfrage muß letztlich davon abhängen, ob man in der gerichtlichen Überprüfung der Forderung des "saisissant" einen selbständigen, vom Vollstreckungsverfahren abtrennbaren Verfahrensabschnitt sieht oder aber eine bloße Inzidentfrage im Rahmen der Durchführung der "saisie-arret". Die Entscheidung über die vom Gläubiger geltend gemachte Forderung im "jugement de validité" hat nach allgemeiner Ansicht in der französischen Rechtsprechung und Literatur die Wirkung eines gewöhnlichen Gerichtsurteils 8 5 . Dies gilt sowohl für Fragen der Rechtskraft als auch für die Qualität des Urteils als Vollstreckungstitel. Die Titeleigenschaft als Grundlage der Vollstreckung beschränkt sich auch nicht etwa auf das begonnene Verfahren der "saisie-arret". Vielmehr gilt sie allgemein, d.h. grundsätzlich für jedes weitere Vollstreckungsverfahren bis zur Befriedigung des Gläubigers 86 . Insbesondere dieser letzte Aspekt legt die Qualifikation als abtrennbarer Verfahrensabschnitt nahe: Die Wirkung der Entscheidung über die Existenz der Forderung, um deren Vollstreckung es geht, beschränkt sich eben nicht nur auf die Forderungpfandung; sie geht vielmehr weit darüber hinaus. Richtigerweise kann sie daher nicht als bloße Inzidentfrage der Forderungpfandung angesehen werden. Damit finden die Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen Anwendung. Für dieses Ergebnis spricht auch ein Blick auf die rechüichen Konsequenzen, die der gegenteilige Standpunkt mit sich bringen würde. Es wäre den Mitgliedsstaaten dann möglich, sich durch die einfache Umstellung der üblichen Reihenfolge, wonach das Erkenntnisverfahren der Vollstreckung vorausgeht, hin zu einer Integrierung des Erkenntnisverfahrens in die Vollstreckungspro-
8 5
Donnier, Juriscl.proc.civ., Fase. 816, n. 23; Glasson, Tissier et Morel I V , n. 1127 (S. 288).
8 6
Donnier, Juriscl.proc.civ., Fase. 816, n. 23.
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3. Kap. : Die internationale Forderungspfändimg im französischen Recht
zedur ihrer staatsvertraglichen Pflichten zu entledigen. Dies liegt sicher nicht im Sinne der Abkommen bzw. der beteiligten Vertragsstaaten. Soweit die sonstigen Anwendungsvoraussetzungen der Abkommen vorliegen, läßt sich demnach die generelle, vom Staatsvertrag losgelöste Koppelung der internationalen Zuständigkeit zur Entscheidung über die Forderung mit der allgemeinen Vollstreckungskompetenz gem. A r t 557 ff. anc.C.proc.civ. völkervertragsiechtlich nicht halten. Sie ist allenfalls zulässig, wenn auch staatsvertraglich die französische internationale Zuständigkeit zur Entscheidung über die Forderung gegeben ist 8 7 . 2. Entscheidungszuständigkeit nach dem EuGVÜ und dem französisch-schweizerischen Abkommen Sowohl das EuGVÜ als auch das französisch-schweizerische Abkommen knüpfen die internationale Zuständigkeit zur Durchführung eines Erkenntnisverfahrens grundsätzlich an den Beklagtenwohnsitz (hier also: Wohnsitz des Vollstreckungsschuldners). Bei Entscheidungen, welche die Zwangsvollstrekkung zum Gegenstand haben, machen sie aber eine Ausnahme. Zuständig sind dann die Gerichte des Vollstreckungsstaates 88. Ließe sich die Entscheidung über die mit der Forderungspfändung vollstreckte Verbindlichkeit unter die Vollstreckungsgerichtsstände der Abkommen subsumieren, so wäre die Zuständigkeitskoppelung i.E. staatsvertraglich möglich und sogar geboten. Die französischen Gerichte wären dann schon kraft Völkervertragsrecht zur Entscheidung zuständig, wenn die französische internationale Zuständigkeit für die "saisie-arret" gegeben wäre: Weder der Wortlaut von Art. 16 EuGVÜ noch von Art. 19 des französischschweizerischen Abkommens bringen klar zum Ausdruck, wie weit die Vollstreckungszuständigkeit sein soll oder was mit "Entscheidungen, die die 8 7 Anders wohl die Cour de Cassation in der Entscheidung Dame Nassibian c. Nassibian. Der Vollstreckungsgegner (Nassibian) hatte schweizerischen Wohnsitz. Nach hier vertretener Auffassung hätte das Gericht daher das französich-schweizerische Abkommen anwenden und von einer eigenen Sachentscheidung absehen müssen. 8 8 Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ und Art 19 des französisch-schweizerischen Abkommens. Art. 19 des französisch-schweizerischen Abkommens ist der Regelungsbereich allerdings streitig. Teilweise (vgl. etwa Roguin, S. 822 (n. 735)) wird vertreten, die Regelung beziehe sich allein auf Rechtsfragen, die sich aus der Vollstreckbarerklärung des Titels ergeben. Letztlich kann die Frage nach der hier vertretenen Auffassung, daß nämlich die Vollstreckungszuständigkeit für die Entscheidung über die zu vollstreckende Forderung auch dann nicht einschlägig ist, wenn man Art. 19 - analog der insoweit eindeutigen Regelung in Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ - weit auslegt (vgl. die nachfolgenden Ausführungen), offen bleiben. In jedem Fall greift Art. 19 des französisch-schweizerischen Abkommens hier nicht ein.
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen
191
Zwangsvollstreckung zum Gegenstande haben", gemeint ist Die h.M.89 zu Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ legt die Norm weit aus. Nicht nur Verfahren, die sich gegen die Rechtmäßigkeit einzelner Vollstreckungsakte richten, sollen darunter fallen, sondern auch solche, die den der Vollstreckung zugrundeliegenden Titel in Frage stellen. Beispiele hierfür sind die deutsche Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) und die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO). Entscheidend sei nur, daß ein unmittelbarer Zusammenhang zum Vollstreckungsverfahren bestehe; ein solcher könne auch dann gegeben sein, wenn der Titel und nicht der eigentliche Vollstreckungsakt angefochten werde. Selbst wenn man dieser Ansicht folgt, wäre eine Vollstreckungszuständigkeit der französischen Gerichte zur Entscheidung über die Forderung zwar nicht schon deswegen abzulehnen, weil bei der Entscheidung über die Forderung nicht das Vollstreckungsverfahren selbst, sondern der ihr zugrundeliegende Titel in Frage steht. Sie wäre aber jedenfalls zu verneinen, weil es an dem von der h.M. geforderten unmittelbaren Zusammenhang mit dem Zwangsvollstreckungsverfahren fehlt. Während Klagearten wie die Vollstreckungsgegenklage typischerweise nur im Zusammenhang mit dem Vollstreckungsverfahren auftauchen, mangelt es hier an einer solchen typischen, "unmittelbaren" Verbindung. Die Koppelung der gerichtlichen Entscheidung über die Forderung mit der Zwangsvollstreckung ist vielmehr eine rein ä u ß e r l i c h e ^ . Ebenso fehlt es wohl an einer hinreichenden Vergleichbarkeit mit der - in der Literatur ohnehin umstrittenen - Frage, ob man A r t 16 Nr. 5 EuGVÜ kraft Sachzusammenhangs außerhalb des Vollstreckungsverfahrens anwenden kann, wenn eine Abänderungsklage mit einer Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO verbunden wurdet. In diesem Fall geht es anders als hier nicht um ein völlig neues Verfahren, sondern um die Anpassung eines bestehenden Titels an die veränderten Umstände im konkreten Fall. Daraus folgt, daß die Zuständigkeitskoppelung im Sinne der Cour de Cassation gegen die einschlägigen Staatsverträge verstößt, wenn der Vollstrekkungsgegner (= Schuldner der Forderung) nicht im französischen Inland wohnt, wenn also der in beiden Abkommen als Regelzuständigkeit normierte Wohnsitzgerichtsstand nicht gegeben ist. Art. 49 nouv.C.proc.civ. darf im staatsvertraglichen Bereich keine Anwendung finden.
89 Geimer/Schütze I, l.Hb., S. 815; Bülow/Böckstiegel 81 ff. (84); Hoffmann , RIW/AWD 1973, 52 ff. (62). 90 Vgl. oben S. 189 f.
I, S. 606.139; Geirrter , RIW/AWD 1975,
91 Dazu etwa Geirrter , RIW/AWD 1975, 81 ff. (84) m.w. Nachw.
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3. Kap.: Die internationale Forderungspfndg im französischen Recht
3. Sonstige Bedenken aus völkerrechtlicher Sicht Sieht man von den Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen ab, können sich völkerrechtliche Bedenken gegen die Anwendung von Art. 49 nouv.C.proc.civ. auf internationaler Ebene auch aus dem allgemeinen Völkerrecht ergeben. Entsprechend der völkerrechtlichen Lehre vom Erfordernis eines minimalen Inlandsbezugs 92 fehlt es möglicherweise an ausreichenden Inlandsmomenten und damit an der Jurisdiktion. In der Tat können hier die Inlandsbezüge gering sein. Relevant wird die Zuständigkeitskoppelung nämlich nur, wenn die französische internationale Zuständigkeit nicht schon aus anderen Gründen gegeben ist. Es bestehen dann weder ein inländischer Wohnsitz des Vollstreckungsschuldners (Art. 42 nouv.C.proc.civ. bzw. Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ und Art. 1 Abs. 1 französisch-schweizerisches Abkommen) noch sonstige Bezugspunkte, die einen französischen Gerichtsstand begründen könnten. Ein Anknüpfungspunkt an das französische Rechtssystem bleibt also u.U. nur noch in der Zielsetzung der "instance en validité", der Prüfung der Bestandsfahigkeit einer französischen Vollstreckungsmaßnahme93. Daß damit ein Bezugspunkt zum französischen Recht hergestellt ist, läßt sich nicht ernstlich bestreiten. Eine andere Frage ist, ob dieser zur völkerrechtlichen Begründung internationaler Zuständigkeit (besser: französischer Gerichtsbarkeit) ausreicht. Dies wird von F r a g i s t a s 9 4 angezweifelt. Zwar sei die Konnexität zwischen Pfandungsverfahren und der Feststellung des Bestands der geltend gemachten Forderung nicht zu verkennen. Letztere sei aber gegenüber dem eigentlichen Pfändungsverfahren die Hauptfrage. Es könne daher allenfalls die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Forderung zur Zuständigkeit auch für die Vollstreckung führen; es ziehe aber nicht umgekehrt die Vollstreckungskompetenz die Gerichtsbarkeit zur Entscheidung über die Forderung nach sich. Diese Argumentation mit der Dominanz einer Sachfrage über eine andere ist m.E. nicht überzeugend. Richtig ist, daß die Entscheidung über die Forderung das sonstige Vollstreckungsverfahren insofern "dominiert", als sie auch isoliert ergehen kann, während der Ausgang der "saisie-arret" immer vom Ergebnis der Überprüfung der Forderung des saisissants abhängt. Auch die Abtrennbarkeit der Entscheidung über die Forderung vom sonstigen Vollstreckungsverfahren und der bloß äußere Zusammenhang beider Verfahrensabschnitte deuten in diese Richtung. Einen völkerrechtlichen Satz, wonach die Inanspruchnahme 92 Vgl. oben S. 54 ff. 93 In diesem Sinne wohl Couchez, Rev.crit.dr.int.pr. 1980, 595; Huet, Juriscl.dr.int., Fase. 58ΙΟ, η. 54. 94 Recueü des Cours 104 (1961), S. 159 ff. (267).
§ 2 Internationale Zuständigkeit zur Pfändung "internationaler" Forderungen
193
internationaler Zuständigkeit völkerrechtswidrig wäre, wenn zu einem anderen Rechtssystem ein stärkerer oder "den Inlandsberührungspunkt dominierender" Bezug besteht, gibt es indessen nicht Über die oben getroffene Feststellung hinaus, daß die Inanspruchnahme internationaler Zuständigkeit ein gewisses Mindestmaß an Inlandsbeziehungen erfordert, läßt sich eine weitere Präzisierung in der Staatenpraxis und -Überzeugung nicht feststellen. Insbesondere hat sich - jedenfalls bisher - noch kein einheitliches völkerrechtliches Zuständigkeitssystem entwickeln können, wonach nur der Staat internationale Zuständigkeit genießt, der die beste oder stärkste Beziehung zum Entscheidungsfall hat95. Völkerrechtswidrig kann die Zuständigkeitskoppelung nach allgemeinem Völkerrecht daher nur sein, wenn der durch die Inkorporierung in ein französisches Vollstreckungsverfahren hergestellte Inlandsbezugspunkt völlig sinnlos bzw. willkürlich wäre. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil gibt er im Hinblick darauf, daß die französischen Gerichte ohnehin schon mit der "instance en validité" befaßt und daher auch mit der Streitsache vertraut sind, durchaus Sinn. Außerhalb bestehender Staatsverträge kann m.E. daher von der Völkerrechtswidrigkeit der Inanspruchnahme internationaler Zuständigkeit nicht ausgegangen werdend 4. Ergebnis Die französische internationale Zuständigkeit zur Entscheidung über die vom Vollstreckungsgläubiger geltend gemachte, zu vollstreckende Forderung widerspricht den staatsvertraglichen Regelungen im EuGVÜ und im französisch-schweizerischem Abkommen, wenn sie sich allein auf die Koppelung mit einem französischen Verfahren der "saisie-arret" stützt. Sie ist daher abzulehnen. Bedenken aus dem allgemeinen Völkerrecht bestehen dagegen nicht.
95 Vgl. dazu etwa Kropholler, Int. Zust., S. 214 (Rz. 43) ff. m.w.Nachw.; Geimer. IZPR, S. 167 (Rz. 848). 96 Ebenso wohl Francescakis, S. 315 (mit Vergleich zur deutschen Zustellung gem. § 23 ZPO); ders., Rev.crit.dr.int.pr. 1958, 128 ff. (135) mit rechtsvergl. Hinweisen; Couchez, Rev.crit.dr.int.pr. 1980,588 ff. (596); Fonsard, Clunet 1980,95 ff. (98); PL., Rev.crit.dr.int.pr. 1970,716 ff. (717). 13 Mössle
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3. Kap.: Die internationale Forderungspfndg im französischen Recht
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungspfändung notwendigen Zustellungen A. Zustellung an den ausländischen Drittschuldner Wohnt der Drittschuldner im Ausland, so müßten die Drittschuldneranzeige ("exploit de saisie-arret") und die "contredénonciation" und die "déclaration affirmative" grundsätzlich ins Ausland zugestellt werden. Regelmäßig besteht nach französischem internationalem Zivilprozeßrecht allerdings die Möglichkeit, Zustellungen an Auslandspersonen statt dessen durch "remise au parquet, einer Form der fiktiven Inlandszustellung durchzuführen (Art. 683 ff. nouv.C.proc.civ.). Doch treffen Spezialnormen teilweise abweichende Regelungen. Ähnlich wie die Zustellung durch Aufgabe zur Post wirft die "remise au parquet" außerdem völkerrechtliche Fragen im Hinblick auf staatsvertragliche Regelungen und das allgemeine Völkergewohnheitsrecht auf, die der Erörterung bedürfen. I. Art. 560 anc.C.proc.civ. - Zustellung des "exploit de saisie-arret" Für die Drittschuldneranzeige ("exploit de saisie-arret") enthält Art. 560 anc.C.proc.civ. eine Sonderregelung. Zustellungen an Auslandsdrittschuldner müssen danach statt durch "remise au parquet" mittels persönlicher Übergabe oder durch Posteinwurf am Drittschuldnerwohnsitz erfolgen. Sieht man von den praktisch seltenen Fällen ab, in denen eine persönliche Zustellung bei gelegentlichem Aufenthalt des Drittschuldners im französischen Inland möglich ist? 7 oder in denen der Adressatenstaat die Direktzustellung zuläßt, bleibt hier nur der R e c h t s h i l f e w e g 9 8 . Im Verhältnis Frankreichs zur Bundesrepublik Deutschland und zur Schweiz ist die Direktzustellung französischer Drittschuldneranzeigen nicht möglich.
97 Auf diese Möglichkeit weisen etwa Gravalda, Cooperation internationale, S. 330 und Donnier, JuriscLproc., Fase. 904, n. 35 hin. 98 Donnier, JuriscLproc., Fase. 804, 32 f.; Guinchard, Art. 560, n. 1 f.; Glasson, Morel et Tissier, n. 1106 (S. 124); Brocca, S. 198. Die Durchführung des Rechtshilfewegs ist dem huissier übertragen, der nur auf Antrag des Gläubigers tätig wird. Zum Verfahren im einzelnen V incentiPrévault, η. 274 (S. 221); Donnier, Juriscl.proc.civ., Fase. 804, n. 30.
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungspfandung notwendigen Zustellungen
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1. Die Praxis der französischen Justizverwaltung Nach einer Auskunft des "service civil d'entraide judiciaire internationale" im Pariser Justizministerium hat Frankreich - anders als die Bundesrepublik keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Weiterleitung von Rechtshilfeersuchen um Zustellung von Drittschuldneranzeigen gesehen99. Französischen Gesuchen wird von schweizerischer Seite auch regelmäßig Die Drittschuldneranzeige läßt sich bei schweizerischem Wohnsitz des Drittschuldners also ohne Schwierigkeiten durchführen 101. n a c h g e k o m m e n 100.
Demgegenüber lehnen die deutschen Justizbehörden die Rechtshilfe bei der Zustellung französischer Drittschuldneranzeigen in ständiger Praxis a b 1 0 2 . Daß diese Praxis jedenfalls im Anwendungsbereich des HZustÜbk. rechtswidrig und insbesondere nicht von Art. 13 HZustÜbk. gedeckt ist, wurde o b e n i 0 3 schon ausgeführt. Das HZustÜbk. bietet indes keine Handhabe, seine Einhaltung durch die Vertragsstaaten zu erzwingen; es fehlt eine supranationale Instanz zur Entscheidung über Rechtsfragen aus dem Abkommen. Momentan bleibt daher aus französischer Sicht nichts anderes übrig, als die Praxis der deutschen Behörden faktisch hinzunehmen. Eine Zustellung auf dem Rechtshilfeweg kann somit zur Zeit nicht gelingen. 2. Möglichkeiten zur Umgehung des Rechtshilfewegs (Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland) Die Zustellung durch "remise au parquet" als Ersatz für die förmliche Zustellung ist nach dem Wortlaut von A r t 560 anc.C.proc.civ. nicht möglich. Eine andere, im französischen Recht geregelte Form der Ersatzzustellung, die "remise à la mairie" (Zustellung an das Bürgermeisteramt, Art. 656 nouv.C.proc.civ.), scheidet schon deshalb aus, weil sie nach dem Gesetz nur als Substitut für die Zustellung am Wohnort bzw. am Aufenthaltsort ("signification au domicile ou à la residence"), also bei nur vorübergehender Abwesenheit des Adressaten vorgesehen ist. Sie setzt voraus, daß ein Wohnsitz oder ständiger
99 Vgl. auch UnlerreUmayer,
Rpfl. 1972,117 ff. (123).
100 So die Auskunft aus dem eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements in Bern. 101 Eine andere Frage ist, ob die Wirkung der Pfändung in der Schweiz auch anerkannt würde. 102 Marquardt, S.65; Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (176); Mülhausen, W M 1986, 957 ff. (959). Vgl. schon oben S. 110 f. 103 Vgl. S. 111 ff. 1*
196
3. Kap.: Die internationale Forderungspfändg im französischen Recht
Aufenthalt im Inland (fortbesteht 1 0 *. Hier würde im übrigen wieder Art. 560 anc.C.proc.civ. entgegenstehen, denn auch die "remise à la mairie" ist weder eine persönliche noch eine Zustellung am Wohnort 1 0 5 . Um die Zustellung doch noch zu ermöglichen, bleibt demnach allenfalls noch, Art. 560 anc.C.proc.civ. teleologisch einschränkend auszulegen, etwa in dem Sinne, daß man ihn für nicht anwendbar erklärt, wenn der Rechtshilfeweg keine Aussicht auf Erfolg verspricht oder wenn die Rechtshilfe unberechtigterweise verweigert w i r d 1 0 6 . In beiden Fällen könnte dann in die Bundesrepublik durch "remise au parquet" zugestellt werden, denn der Rechtshilfeweg scheitert allein an der rechtswidrigen Praxis bundesdeutscher B e h ö r d e n 1 0 ? . Gegen eine solche einschränkende Auslegung sprechen - abgesehen vom eindeutigen Wortlaut des A r t 560 anc.C.proc.civ., wonach eben für alle Fälle eine persönliche Zustellung oder eine Zustellung am Wohnsitz erforderlich ist - indessen Sinn und Zweck der Norm. Die Zustellung der Drittschuldneranzeige durch "remise au parquet" wollte der Gesetzgeber bewußt ausschließen, weil sie den tatsächliche Zugang beim Adressaten nicht hinreichend gewährleisten würde 1 0 8 . Dem am Verhältnis zwischen Vollstreckungsschuldner und Vollstreckungsgläubiger regelmäßig unbeteiligten Drittschuldner sollte die bindende Wirkung der Pfandungsmaßnahme nur bei sicherer Kenntnisnahmemöglichkeit zugemutet werden. Andernfalls bestünde für ihn die Gefahr doppelter Inanspruchnahme, weil er in mangelnder Kenntnis von der erfolgten Pfändung möglicherweise an den Vollstreckungsschuldner leistet Eine Einschränkung des Art. 560 anc.C.proc.civ. ist angesichts dieses teleologischen Hintergrunds abzulehnen. Allerdings führt ein Verstoß gegen Art. 560 anc.C.proc.civ. nach h.M. 1 0 ^ in der französischen Literatur und Rechtsprechung nicht zur Feststellung der Nichtigkeit von Amts wegen. Vielmehr soll die Pfändung auch dann wirken, 10
4 Vincent/Guinchard, S. 448 (n. 451). Bei ausländischem oder unbekanntem Wohnsitz des Zustellungsempfängers ist allein die Zustellung durch remise au parquet vorgesehen. 10 5 Vincent/Guinchard, S. 448 (n. 451). 1°6 Eine ähnliche Lösung wurde oben schon für das deutsche Recht diskutiert. In der französischen Literatur wurde sie bisher - soweit ersichtlich - nirgends vertreten. Die Zustellung durch remise au parquet wird vielfach aber dann für zulässig erachtet, wenn der Drittschuldner überhaupt keinen festen Wohnsitz hat: Donnier, JuriscLproc. ci v., Fase. 804, η. 96; Glasson, Morel et Tissier VI, η. 1106 (S. 234). 107 Völkerrechtliche Bedenken hiergegen würden demgegenüber wohl nicht bestehen. Die "remise au parquet" dürfte nach derzeitigem Stand der Dinge auch für die Drittschuldneranzeige in der Staatenpraxis allgemein geduldet werden. Dazu noch unten S. 201 ff. 1°8 Donnier, Juriscl.proc.civ., Fase. 804, n. 33; Vincent/Prévault, η. 274 (S. 221). 10 9 Req. 4 avr. 1939, D.H. 1939, 340; Glasson, Morel et Tissier I V , n. 1106 (S. 234 f.); Donnier, Juriscl,proc.civ., Fase. 804, n. 25.
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungspfändung notwendigen Zustellungen
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wenn durch "remise au parquet" zugestellt und der Verfahrensfehler nicht explizit gerügt wurde. In Ausnahmefällen wird auf die Kenntnisnahmemöglichkeit des Drittschuldners also verzichtet. Dies ändert an der grundsätzlichen Unzulässigkeit der "remise au parquet" jedoch nichts. Aus der Rügeobliegenheit den Schluß zu ziehen, Art. 560 anc.C.proc.civ. könne im Falle von Realisierungsschwierigkeiten des Rechtshilfewegs völlig ignoriert werden, ginge schon deshalb fehl, weil damit A r t 560 anc.C.proc.civ. in seiner Wirkung faktisch aufgehoben würde. Wenn - wie im Verhältnis zur Bundesrepublik - die Zustellung des "exploit de saisie-arret" auf dem Rechtshilfeweg nicht gelingt, gibt es demnach keine Möglichkeit, auf andere Weise (fiktiv) im Inland zuzustellen. Allenfalls dann, wenn versehentlich gegen A r t 560 anc.C.proc.civ. verstoßen und durch "remise au parquet" zugestellt wurde, kann die Forderungspfändung nachträglich noch Wirksamkeit erlangen. II. Zustellung der "contredénonciation"
(Zustellung durch "remise au parquet ")
Ist die Drittschuldneranzeige trotz der dargestellten Schwierigkeiten einmal erfolgreich im Ausland zugestellt worden, dürfen weitere Zustellungen an den Drittschuldner durch Ersatzzustellung "im Inland" erfolgen. Im Gegensatz zur Drittschuldneranzeige ist damit die Zustellung der "contredénonciation" mit der Aufforderung zur "déclaration affirmative" durch "remise au parquet" möglich. Dies ergibt sich aus A r t 683 ff. nouv.C.proc.civ. sowie aus einem Umkehrschluß aus Art. 560 anc.C.proc.civiio. 1. Verfahren der Zustellung durch "remise au parquet" Gem. Art. 683-685 nouv.C.proc.civ. gilt die Zustellung durch "remise au parquet" in dem Moment als vollzogen, in dem der "huissier de justice" 1 1 1 zwei Kopien des zuzustellenden Schriftstücks dem Staatsanwalt des jeweils zuständigen Inlandsgerichts 112 übergeben und letzterer diese Kopien beglaubigt hat.
110 Glasson, Morel et Tissier I V , S. 236 (n. 1107) (Anwendbarkeit des droit commun). H l Daß hier allein der huissier zuständig ist, ergibt sich aus Art. 683 Abs. 1, wonach die Zustellungen ins Ausland "par voie de signification" erfolgen. "Significations" sind gem. Art. 651 definitionsgemäß nur solche Zustellungen, die vom huissier de justice durchgeführt werden. Im übrigen spricht man von "notifications". 112 Bei den im gerichtlichen Verfahren notwendigen und verfahrensabschließenden Zustellungen ist dies die Staatsanwaltschaft des mit der Streitsache befaßten Gerichts, bei verfahrenseinleitenden die Staatsanwaltschaft des Gerichts, an dem das Verfahren abgewickelt werden soll. Fehlt an
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3. Kap.: Die internationale Forderungspfndg im französischen Recht
Der Staatsanwalt übermittelt das Schriftstück seinerseits an das Justizministerium, von wo aus eine Zustellung auf dem Rechtshilfe weg unternommen wird. Ist mit dem Bestimmungsstaat der unmittelbare Geschäftsverkehr vereinbart, tritt an die Stelle der Übermittlung an das französische Justizministerium die unmittelbare Übersendung an die zuständige ausländische Rechtshilfebehörde (Art. 685 Abs.2 nouv.C.proc.civ.). Nach altem Recht war der Eintritt der Zustellungswirkung mit dem Übergabeakt an den Staatsanwalt unabhängig davon, ob der Adressat überhaupt und wenn ja, wann er vom Inhalt des Schriftstücks Kenntnis erlangte 113 . Abgesehen vom eingeleiteten Rechtshilfeweg, der regelmäßig sehr langwierig ist, wurden keine zusätzlichen Anstrengungen zur Inkenntnissetzung des Adressaten unternommen. Gesetzliche Fristen begannen folglich unabhängig von der realen Kenntnisnahmemöglichkeit bereits vom Moment der Übergabe beim "parquet" an zu laufen 1 1 4 , was häufig dazu führte, daß sie mit dem Zugang bereits abgelaufen waren 1 1 5 . Nach scharfer internationaler Kritik im Hinblick auf das rechtliche Gehörig des Empfängers, die insbesondere bei den Verhandlungen im Rahmen der Haager Konferenzen 117 laut wurde, hat der französische Gesetzgeber diese Rechtslage in jüngerer Zeit deutlich geändert. Mit Dekret vom 26. November 1965 fügte er zunächst Art. 1033-3 C.proc.civ.ns in den Gesetzeswortlaut ein. Darin wurde der huissier verpflichtet, am Tage der Übermittlung an die Staatsanwaltschaft, spätestens aber am darauffolgenden gerichtsoffenen Tag, den Adressaten im Ausland per Einschreiben mit Rückschein eine Kopie des Schriftstücks zukommen zu lassen. Die Kenntnisnahme durch den Adressaten sollte so sichergestellt werden. Wurde der Empfang durch den Rückschein bestätigt, galt das Schriftstück - wie nach altem Recht rückwirkend im Moment der Übergabe an den Staatsanwalt als zugestellt. Anderenfalls mußte das Verfahren, in dem die Zustellung erfolgte, bis zu drei Monate ausgesetzt werden. Erst wenn dann immer noch kein Beweis für den Zugang vorhanden war, konnte die Zustellung als wirksam betrachtet werden 1 1 9 .
dem betreffenden Gericht eine Staatsanwaltschaft, so ist diejenige des "tribunal de grande instance" im Gerichtsbezirk zuständig {Huet, Juriscl.dr.int.pr., Fase. 583, n. 29 f.). 113 Rigawc, Rev.crit.dr.int.pr. 1963, 447 ff. (450). 114 Rigaux, Rev.crit.dr.int.pr. 1963, 447 ff. (450); Loussouarn, Clunet 1965, 5 ff. (13). Vgl. im übrigen die vielfältigen Rechtsprechungshinweise bei Huet, Juriscl.dr.int.pr., Fase. 583, n. 49. 115 Normand, Rev.cr.dr.int.pr. 1966, 387 ff. (388 f). 116 Vgl. etwa Normand, Rev.crit.dr.int.pr. 1966, 368 ff. (387). 117 Actes et Documents 1964 ΠΙ, S. 80 f., 121, 366; Actes 1904, S. 78. 118 Er entspricht weitgehend den heutigen Art. 686 und 687 nouv.C.proc.civ. 11 9 Zu diesen Änderungen eingehend Normand, Rev.crit.dr.int.pr. 1966,387 ff. (387 ff); Nagel, Rechtshilfe, S. 101 f.
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungspfndung notwendigen Zustellungen
199
In späteren Gesetzesändeningen wurden die Regelungen zur "remise au parquet" nur noch geringfügig geändert. Sie sind jetzt einheitlich in A r t 683688 nouv.C.proc.civ. geregelt. Nach wie vor hat der "huissier de justice" danach die Pflicht, den Zustellungsempfänger durch eingeschriebenen Brief von der erfolgten "remise au parquet" zu informieren (Art. 686 nouv. C.proc.civ.)l20. Dieser Pflicht wurde sogar noch Nachdruck verliehen, indem man ihre Verletzung zum gesetzlichen Nichtigkeitsgrund der Zustellung machte (Art. 693 i.V.m. A r t 686 n o u v . C . p r o c . c i v . ) 121. Die Möglichkeit, das Verfahren bis zur effektiven Kenntnisnahme durch den Empfänger auszusetzen, besteht gem. Art. 687 nouv.C.proc.civ. gleichfalls fort. Allerdings ist die Aussetzung für den Richter nach derzeit geltendem Recht nicht mehr obligatorisch 122 insofern enthalten die neuesten Änderungen des französischen Zustellungsrechts im Hinblick auf den Grundsatz des rechtlichen Gehörs einen gewissen Rückschritt 123 . 2. "Remise au parquet" als reiner Inlandakt? Es wurde bereits ausgeführt, daß die direkte Zustellung von Hoheitsakten ins Ausland das HZPrÜbk. (im Verhältnis zur Schweiz) und das HZustÜbk. (im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland) sowie die allgemeine Souveränität des Adressatenstaates verletzen kann 1 2 *. Bei fiktiven Inlandszustellungen wie der "remise au parquet" ist daher - wie dies oben für die deutsche Zustellung durch Aufgabe zur Post getan wurde 1 2 5 - zu hinterfragen, ob es sich hier um reine Inlandsakte und nicht vielmehr um - wenn auch kaschierte - Auslandszustellungen handelt. Für die Qualifikation der Zustellung durch "remise au parquet" als Inlandzustellung spricht zunächst, daß sie grundsätzlich mit der Übergabe an die zuständige Staatsanwaltschaft, einer inländischen Adresse also, wirksam vollzo1 2 0 Allerdings ist jetzt ein Einschreiben "mit Rückschein" nicht mehr erforderlich. Hieraus folgert Huet, Juriscl.dr.int., Fase. 583, η. 93, daß nach der heutigen gesetzlichen Fassung die Möglichkeit einer Übermittlung auf direktem Postwege unabhängig von der Haltung des Adressatenstaates zugelassen sei. 121 Cass.civ. 1,15 juin 1982: J.C.P. 1982, ed. 9, I V , 304 = BulLciv. I, n. 222. Das Dekret von 1965 sanktionnierte die Verletzung dieser Pflicht nicht ausdrücklich (Normanä, Rev.crit.dr.int.pr. 1966,387 ff. (396 (Fußn. 2)). 1 2 2 Art. 687 nouv.C.proc.civ. lautet: "S'il n'est pas établi ... le juge saisi de l'affaire peut prescrire d'office toute diligencens complémentaires...". Vgl. Chatin, Rev.criLdr.int.pr. 1977, 610 ff. (626); Batiffol! Lagarde, S. 537 (n. 707, Fußn. 16); Vincent/Guinchard, S. 459 (n. 468). 1 2 3 So auch Huet, Juriscl.dr.int.pr., Fase. 583, n. 53 und 54. 12 4 Vgl. oben S. 73 ff. 1 2 5
Vgl. S. 148 ff.
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3. Kap.: Die internationale Forderungspfndg im französischen Recht
gen i s t i 2 6 . Würde es dabei bleiben, wie dies nach altem Recht der Fall war, so wäre eine Auslandszustellung sicher nicht gegeben. Als Auslandsmoment bliebe dann nur die Tatsache, daß die (Inlands-) Zustellung einer Auslandsperson gegenüber Wirksamkeit entfaltet 127 . Dadurch allein wird fremde Souveränität nicht berührt Ändert sich an der rechtlichen Beurteilung nun etwas, weil dem Zustellungsakt mit Dekret von 1965 die direkte Auslandsübersendung einer Kopie des übermittelten Schriftstücks nachgeschaltet wurde (Art. 686 nouv. C.proc.civ.)? Führt nicht die Verbindung mit der Direktübersendung ins Ausland dazu, daß das gesamte Verfahren der "remise au parquet" jetzt einheiüich als "verschleierte" 128 Form der Auslandszustellung zu qualifizieren ist? Dagegen ließe sich einwenden, daß die aktuelle Rechtslage nichts daran geändert hat, daß die Zustellung bereits mit der Übergabe an die Staatsanwaltschaft als beendet angesehen wird. Anders als bei der deutschen Zustellung durch Aufgabe zur Post ist der Postbrief an den Adressaten bei der "remise au parquet" auch nicht logisch mit dem Inlandsakt verknüpft; er ist vielmehr in tatsächlicher Hinsicht von ihm losgelöst. Es ist daher möglich, die nachträgliche Übersendung nicht mehr als Teil des in der Zustellung enthaltenen Hoheitsakts anzusehen. Es läge dann eine reine Inlandszustellung vor, der eine formlose, völkerrechüich unbedenkliche Benachrichtigung des Adressaten nachfolgt 1 2 9 . Diese Argumentation verkennt freilich, daß zwischen dem Zustellungsakt im engen Sinne und der nachgeschalteten Postzustellung, wenn auch keine tatsächliche, so doch eine enge rechtliche Verknüpfung besteht Das gilt zum einen im Hinblick auf die mögliche Aussetzung der Zustellungswirkung, falls der Empfang nicht durch Rückschein bestätigt wird. Die Postübermittlung spielt also bei den gesetzlichen Fristen eine Rolle. Zum anderen führt die fehlende nachträgliche Inkenntnissetzung gem. A r t 693 i.V.m. Art. 686 nouv.C.proc.civ. zur Nichtigkeit des gesamten Zustellungsakts. Die Wirksamkeit der Zustellung mit dem Inlandsakt (= Übergabe an die Staatsanwaltschaft) 1 2 6 Mit dieser Begriindung etwa Chatin, Rev.crit.dr.int.pr. 1977, 610 ff. (625); OLG Düsseldorf, IPrax 1985, 289 f. 127 Das weitere Verfahren (Übermittlung des Schriftstücks durch die Staatsanwaltschaft an das Justizministerium zur Weiterleitung auf dem Rechtshilfeweg) ist für die Berurteilung im Hinblick auf den Souveränitätsgrundsatz irrelevant. Das Einschlagen des Rechtshilfewegs demonstriert ja gerade die Achtung fremder Souveränität (vgl. schon oben S. 121 ff.). 128 So Stürner, Justizkonflikt, S. 22; ders. in FS Nagel, S. 446 ff. (464). 129 So die Stellungnahme der französischen Regierung im Rahmen der 14. Session der Haager Konferenz für internationale Privatrecht von 1980, Actes et Documents 1980, S. 365. Ebenso Chatin, Rev.crit.dr.int.pr. 1977, 610 ff. (625) sowie die deutsche Denkschrift zum HZustÜbk. BTDrucks. 8/217, S. 40; Nagel, IZPR, Rz. 496 (S. 200).
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungspfndung notwendigen Zustellungen
201
tritt folglich nur dann ein, wenn ein Auslandsakt (direkte Zusendung an den Adressaten) nachfolgt. Angesichts dieser rechtlichen Verknüpfung läßt sich die gedankliche Aufspaltung bzw. separate völkerrechtliche Beurteilung kaum halten. Vielmehr ist das Verfahren der Zustellung durch "remise au parquet" auch hier als einheitliches Ganzes zu beurteilen. Der Postbrief ins Ausland nimmt demzufolge am hoheitlichen Charakter der gesamten Zustellung teil und führt zur Qualifikation der "remise au parquet" als kaschierte Auslandszustellung13*). Die Problematik, die mit der eingeführten Direktübersendung ins Ausland entstand, scheint übrigens auch am französischen Gesetzgeber nicht völlig vorbeigegangen zu sein. In der - heute revidierten - Fassung des Art. 1033-3 anc.C.proc.civ.131 war die Direktübersendung nur für den Fall zugelassen, daß der Adressatenstaat sich ihr nicht w i d e r s e t z t e 1 3 2 . Hier kamen offenbar Bedenken im Hinblick auf den Souveränitätsgrundsatz zum Tragen. III. "Remise au parquet" und staatsvertragliche
Regelungen
Die ganz h . M . 1 3 3 in der französischen Literatur und Rechtsprechung betrachtet die "remise au parquet" von den Haager Abkommen und dem dort geregelten Verbot der Direktzustellung nicht als berührt. Dem hat sich die französischen Regierung in einer offiziellen Stellungnahme angeschlossen13* Die Begründung erfolgt freilich durchgehend mit Verweis auf den angeblichen Charakter der "remise au parquet" als Inlandszustellung. Sie kann nach hier vertretener Auffassung nicht überzeugen. Gewiß spricht bei oberflächlicher Betrachtung auch die Entstehungsgeschichte der Abkommen gegen ihre Anwendbarkeit. Ein Eingriff in die "remise au parquet" war von den Vertragsstaaten erklärtermaßen nicht beabsichtigt. Nur so erklärt sich auch die Regelung in Art. 15 HZustÜbk., die gerade mit Blick auf das französische Rechtssystem bei Auslandszustellungen in das HZustÜbk. aufgenommen wurde. Sie wäre sinnlos, wäre die "remise au parquet" mit den 1 3 0
Ebenso wohl Stürner, Justizkonflikt, S. 22; ders., FS Nagel, S. 446 ff. (464); Schlosser, FS Nagel, S. 683 ff. (687); Schumacher, IPrax 1985,265 ff. (267); Nagel, Rechtshilfe, S. 99. 1 3 1 Eingefügt in den C.proc.civ. durch Dekret vom 26. Nov. 1965. 1 3 2 Art. 1033-3 lautete: "En cas de remise de l'acte au parquet (...) lTiuissier de justice devra, au plus tard le mème jour, expédier au défendeur habitant (...) à 1 etranger, à la condition (...) que l'Etat étranger ne s'y oppose pas, la copie certifiée conforme de l'acte par lettre recommandée avec demande d'avis de reception." 1 3 3 Vgl. schon die Hinweise oben S. 199 ff. 13 4 Actes et Documents der 14. Session Bd. IV., S. 364 ff. (365); ebenso Chatin, Rev.criLdr.int.pr. 1977,610 ff.(625).
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3. Kap. : Die internationale Forderungspfndg im französischen Recht
Haager Abkommen abgeschafft w o r d e n e s . Es wurde jedoch bereits an anderer Stelle 1 3 6 nachgewiesen, daß weder der entstehungsgeschichüiche Hintergrund noch Art. 15 HZustÜbk. hier entscheidend sein können, weil das Verfahren der "remise au parquet" seinerzeit nicht mit einer Direktübersendung auf dem Postwege verbunden war. 1. Haager Zivilprozeßübereinkommen Gleichwohl führt der wenig verbindliche Wortlaut von Art. 1 HZPrÜbk i.E. dazu, daß das Abkommen nicht anwendbar ist. Dies folgt daraus, daß für Zweifelsfälle wie die "remise au parquet" ein im "Geist des Abkommens" enthaltenes Verbot mangels klarer Anhaltspunkte in Systematik und Entstehungsgeschichte nicht nachweisbar i s t 1 3 7 . 2. Haager Zustellungsübereinkommen Dagegen zieht die Qualifikation der "remise au parquet" als Auslandszustellung zwingend die Anwendbarkeit des HZustÜbk. und des in ihm enthaltenen Verbots der direkten Zustellung nach sich. Der Wortlaut von A r t 1 des Abkommens ist eindeutig und läßt eine einschränkende Auslegung nicht zu. Daß die Mitteilung bei der "remise au parquet" keine "Übermittlung zum Zwecke der Zustellung" ist - die Zustellung wurde ja schon mit der Übergabe ans "parquet" vollzogen - ist für die Auslegung ohne Bedeutung. Dies deshalb, weil in der Originalfassung auf französisch neben den Zustellungen auch die formlosen Mitteilungen, die sog. "notifications" genannt sind. Darunter fallt eindeutig auch die in Frage stehende Mitteilung gem. Art. 686 nouv.C.proc.civ. 138 . Daß die Postzustellung gem. Art. 686 nouv.C.proc.civ. im Rahmen des HZustÜbk. völkerrechtlich problematisch ist, zeigt übrigens auch die schon erwähnte Stellungnahme der Expertenkommission im Rahmen der 14. Session der Haager Konferenzen. Auf Anfrage Japans zur Zulässigkeit des direkten Postwegs bei der Zustellung 139 stellte die Kommission fest, daß diese zwar 135 Dazu insbes. die deutsche Denkschrift zum HZustÜbk., BTDrucks. 8/217, S. 40, auch abgedruckt im Geimerl Schütze I, 1. Hb., S. 1091 ff. (S. 1092 ff.); BülowlBöckstiegel. I, S. 350.1 ff.; Stürner, FS Nagel, S. 446 ff. (450); Schumacher, IPrax 1985, 165 ff. (267); Geiger, Encycl. Publ.int.Law X , S. 246. 1 3 6 Vgl. oben S. 153 ff. 1 3 7 Vgl. schon oben S. 154. 1 3 8 So wohl auch Schumacher, IPrax 1985,265 ff. (267). 1 3 9 Actes et documents de la 14ième session I V , S. 371 (5).
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungspfndung notwendigen Zustellungen
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nicht in jedem Staat generell geduldet w e r d e t . Auch die Staaten, die die Direktzustellung in ihr Land grundsätzlich nicht zulassen, würden sich ihr aber dann nicht widersetzen, wenn parallel zur Postzustellung der Rechtshilfeweg eingeschlagen werde. Doch sei es dann angezeigt, die Zustellung im Hinblick auf eventuelle Fristen erst im Moment der formellen Zustellung (auf dem Rechtshilfeweg) wirken lassen. Genau dies ist bei der Zustellung durch "remise au parquet" nicht der Fall. Geht das Schriftstück auf dem Postwege zu, so gilt die Zustellung nach der französischen Regelung im Moment der Übergabe an den Staatsanwalt als vollzogen. Daraus ergibt sich, daß der erklärte Widerspruch eines Vertragsstaats auch im Falle der "remise au parquet" zu beachten ist. Wie bei der deutschen Zustellung durch Aufgabe zur Post ist jedoch zweifelhaft, ob der von einigen Staaten wie der Bundesrepublik! 4 ! erklärte Widerspruch gegen die postalische Direktzustellung die "remise au parquet" ihrer Zielsetzung nach überhaupt betrifft. Möglich ist auch die einschränkende Auslegung eines Widerspruchs unter Ausschluß fiktiver Inlandszustellungen. Dafür spricht, daß in der Praxis bisher zwar Bedenken im Hinblick auf das rechtliche Gehör, offensichtlich aber nie souveränitätsrechtliche Bedenken gegen die "remise au parquet" laut geworden sind. Geduldet wird sie insbesondere auch von den Widerspruchsstaaten wie der Bundesrepublik Deutschland. Es ist daher in der Tat davon auszugehen, daß erklärte Vorbehalte nicht den Fall der "remise au parquet" erfassen wollen. Jüngere staatliche Stellungnahmen und Kommentare in der Literatur deuten freilich darauf hin, daß die Duldung der "remise au parquet" häufig auf falschen rechtlichen Vorstellungen basiert. Soweit sie auf die Direktübersendung an den Adressaten überhaupt e i n g e h e n d bezeichnen sie sie größtenteils als völkerrechtlich unbedenkliche, bloße Mitteilung!**. Die rechtliche Verknüpfung mit dem eigentlichen Zustellungsakt findet dabei ebensowenig Beachtung wie die bei fehlendem Zugangsnachweis mögliche Aussetzung des Verfahrens. Es entsteht hier der Eindruck, daß die mit Art. 1033-3 C.proc.civ. !40 So haben sowohl die Bundesrepublik als auch die Schweiz gegen die direkte Zustellung in ihr Land auf dem Postwege ihren Vorbehalt erklärt. Für die Bundesrepublik vgl. BGBl. 1979 Π , S. 779 (Bekanntmachung des Auswärtigen Amts vom 21.6. 1979). 141 § 6 des deutschen AusführungsG vom 22.12.1977, abgedruckt in Jayme!Hausmann, Nr. 92 a (S. 305 ff.). 142 Nicht erwähnt ist die zusätzliche Mitteilung auf dem Postwege etwa bei BülowfBöckstiegel I, S. 100.10 und 120.4 (Fußn. 8); Geimer, IZPR, Rz. 1929. 143 So etwa Chatin, Rev.criLdr.int.pr. 1977, 610 ff. (625); Stellungnahme der franz. Regierung in der Haager Konferenz von 1980, S. 365 (zu Art. 10 b); für die Bundesrepublik Deutschland s. die deutsche Denkschrift zum HZustÜbk., BTDrucksache 8/217, S. 40 = Geimer!Schütze Bd. 1, Hb. 1, S. 1091 ff.(1092); OLG Düsseldorf, IPrax 1985,289.
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3. Kap.: Die internationale Forderungspfndg im französischen Recht
(= der heutige A r t 685 nouv.C.proc.civ.) herbeigeführte Änderung der völkerrechüichen Situation nicht vollständig ins Bewußtsein der betroffenen Auslandsstaaten gelangt ist Die derzeitige Duldung steht demnach offenbar auf schwachen Füßen. Es ist durchaus denkbar, daß in Zukunft einige Staaten dazu übergehen werden, sich der direkten Zustellung in ihr Land auch im Falle der "remise au parquet" zu widersetzen. Dies um so mehr, als die französische "remise au parquet" - anders als die deutsche Zustellung durch Aufgabe zur Post - verfahrensmäßig nicht begrenzt, sondern grundsätzlich bei allen Zustellungen an Auslandspersonen möglich ist. Damit kann sie zu einer sehr starken Beschneidung des Adressaten in seinen Rechten führen. Die postalische Zustellung gem. A r t 686 nouv.C.proc.civ. würde bei einer solchen (möglichen) Erstreckung des Widerspruchs gegen das HZustÜbk. verstoßen und müßte nach hier vertretener Auffassung unterbleiben. Freilich steht dies zumindest im Rahmen des HZustÜbk. nicht ernsthaft zu befürchten. Die eigentlich problematische Zustellung verfahrenseinleitender Schriftstücke hat in Art. 15 HZustÜbk. eine Sonderregelung erfahren, durch die das rechtliche Gehör des Empfängers gesichert wurde. Nach allem ist festzuhalten, daß nach derzeitiger Rechtslage die Zustellung durch "remise au parquet" i.E. auch im Anwendungsbereich des HZustÜbk. und im Verhältnis zu Staaten, die der Postzustellung gem. Art. 10 HZustÜbk. widersprochen haben, staatsvertraglich zulässig ist Erst eine ausdrückliche Ausdehnung eines Widerspruchs auf die Zustellung durch "remise au parquet" könnte diese Rechtslage ändern. 3. "Remise au parquet" und allgemeines Völkerrecht Außerhalb der Haager Abkommen legt die aktuelle Staatenpraxis die allgemeine Duldung des in der Zustellung durch "remise au parquet" enthaltenen Souveränitätseingriffs gleichfalls nahe. Selbst die auf die Achtung ihrer Souveränität stets sehr bedachte Schweiz sieht die "remise au parquet" als Inlandszustellung an und hat gegen sie daher keine Bedenkend. Gewiß gilt auch hier, daß die allgemeine Duldung der "remise au paquet" wohl auf falschen rechtlichen Vorstellungen basiert. Berücksichtigt man, daß die direkte Postübermittlung, wie sie im Verfahren der "remise au parquet" vorgesehen ist, für die Wirksamkeit der Zustellung und für einzuhaltende Fristen mitentscheidend ist, stellt sie eben nicht per se eine bloße Mitteilung ohne rechtsgestaltenden Charakter dar. Sie nimmt vielmehr am hoheitlichen Charakter der gesamten Zu-
144 BGE 105 I B , 45 ff. (48); 1021A, 308 ff. (315); 971, 250 ff. (254); 961, 396 ff. (398).
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungspfändung notwendigen Zustellungen
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Stellung teil und führt zu deren Qualifikation als Auslandszustellung. Auch hier scheint daher eine Änderung der Haltung betroffener Staaten möglich. 4. Zustellung auf dem Rechtshilfeweg Auslandszustellungen, für die A r t 683 ff. nouv.C.proc.civ. regelmäßig eine Zustellung durch "remise au parquet" vorsehen, können wahlweise auch auf dem Rechtshilfeweg zugestellt werden. Da die französische Praxis diesen verfahrensmäßig sehr viel aufwendigeren Weg i.d.R. nie geht, wird auf seine Erörterung verzichtet. TV. Ergebnis Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, daß die bei der französischen "saisie-arret" notwendigen Zustellungen an den ausländischen Drittschuldner keine Probleme bereiten, wenn der Wohnsitzstaat zur Rechtshilfe bei der Zustellung der Drittschuldneranzeige bereit ist Für sie allein schreibt Art. 560 anc.C.proc.civ. die förmliche Zustellung vor. Die anschließende Notifikation der "contredénonciation" kann durch "remise au parquet" erfolgen. Im Verhältnis zu Frankreich ist die Schweiz zur Rechtshilfe bereit, nicht aber die Bundesrepublik Deutschland. Verweigert der ersuchte Staat die Zustellung der Drittschuldner-anzeige, besteht nach französischem Recht keine Handhabe, der Pfändung gleichwohl zur Wirksamkeit zu verhelfen. Letztlich bleibt dann nichts anderes übrig, als den Vollstreckungstitel - so ein solcher bereits besteht - im Drittschuldnerstaat anerkennen und vollstrecken zu lassen 14 ^. Die Nachteile dieser Lösung wurden o b e n 146 schon dargelegt. B. Zustellung an den Vollstreckungsschuldner im Ausland I. Einführung Wohnt der Vollstreckungsschuldner im Ausland, so können die erforderlichen Zustellungen der "dénonciation de l'exploit de saisie-arret", der "assignation de validité" und des "jugements de validité" sämtlich durch 145 Stöber, Forderungspfändung, Rz. 39 (S. 15), Fußn. 11; Herzig, Büro 1967, 693 ff. (693); Stein/Jonas-Af ünzterg, § 829, Rz. 27. 146 Vgl. S. 112 f.
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3. Kap.: Die internationale Forderungspfändg im französischen Recht
"remise au parquet" durchgeführt werden. Völkerrechtliche Bedenken hiergegen bestehen, dies wurde eben ausgeführt, weder aus den Haager Abkommen noch nach allgemeinem Völkergewohnheitsrecht. Im Anwendungsbereich des HZustÜbk., d.h. im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland ist freilich bei der "assignation en validité" Art. 15 HZustÜbk. zu beachten, denn sie stellt ein verfahrenseinleitendes Schriftstück dar. Dies ist evident, wenn erst im Rahmen der "instance en validité" über den vom Vollstreckungsgläubiger geltend gemachten Anspruch entschieden wird, die "saisiearret" also ohne vollstreckbaren Titel eingeleitet wurde. Wie oben 147 festgestellt, handelt es sich dann insoweit um ein gewöhnliches Erkenntnisverfahren, das nur äußerlich in das Zwangsvollsteckungsverfahren integriert ist. Es ist daher wie jedes andere Erkenntnisverfahren zu behandeln. Aber auch wenn bei Beginn der Zwangsvollstreckung ein Titel besteht, stellt die "instance en validité" ein kontradiktorisches Verfahren zwischen Vollstreckungsschuldner und Vollstreckungsgläubiger dar 148, weil es unmittelbar zu einem Vollstreckungstitel gegen den Drittschuldner führt. Auch dann findet daher Art. 15 HZustÜbk Anwendung. Rechtliche Konsequenz von Art. 15 HZustÜbk. ist es, daß die Zustellung erst dann Wirksamkeit erlangen kann, wenn der Vollstreckungsschuldner auf dem Rechtshilfeweg darüber informiert ist, daß ihm gegenüber durch "remise au parquet" zugestellt wurde. Erst danach kann das Verfahren seinen gewöhnlichen weiteren Verlauf nehmen. Für die Übermittlung der Mitteilung über die erfolgte "assignation en validité" wird, soweit ersichtlich, Rechtshilfe von allen beteiligten Auslandsstaaten g e w ä h r t ^ . Die Zustellung ist daher problemlos möglich. II. Duldung der an den Vollstreckungsschuldner zu richtenden Zustellungen als bloße Mitteilungen ohne rechts gestaltenden Charakter? Nur der Vollständigkeit halber soll am Ende noch kurz auf die Frage eingegangen werden, ob - entsprechend den für die deutsche Rechtslage getroffenen Feststellungen - die Direktzustellung der Pfändungsurkunden an den Vollstreckungsschuldner auch deswegen allgemein geduldet ist, weil sie inhaltlich bloße Mitteilungen ohne rechtsgestaltenden Charakter darstellen. Auf die Dul-
147 Vgl. S. 188 ff. 148 Donnier, JuriscLproc., Fase. 816, n. 23. 149 Auskunft des Justizministeriums Baden-Württemberg. Gegenteiliges ist von keinem Fall bekannt geworden.
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungspfndung notwendigen Zustellungen
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dung der "remise au parquet" im allgemeinen käme es dann i.E. nicht notwendigerweise an. Anders als die deutsche Mitteilung an den Vollstreckungs-schuldner nach § 829 Abs. 2 ZPO sind die gem. A r t 563 anc.C.proc.civ. erforderlichen Zustellungen der "dénonciation de l'exploit de saisie-arret" und der "assignation de validité" nach h.M.150 wesentlich für die Wirksamkeit der "saisie-arret". Bei nicht fristgemäßer oder unterlassener Zustellung ist der gesamte Pfandungsakt nämlich nichtig. Hieraus könnte man u.U. schließen, beide hätten rechtsgestaltende Wirkung und nähmen als solche am hoheitlichen Charakter der Pfändung teil. Besser erscheint es indes, zwischen der "dénonciation de saisie-arret" und der "assignation en validité" zu differenzieren: Erstere hat allein die Funktion, den Vollstreckungsschuldner von der erfolgten Beschlagnahme zu informieren. Obwohl die Wirksamkeit der "saisie-arret" auch durch sie mitbedingt ist, tritt die primäre Wirkung der Pfändung, die Beschlagnahme der Forderung, schon im Moment der Zustellung an den Drittschuldner e i n i 5 i . Die anschließende Inkenntnissetzung des Schuldners dient lediglich der nachträglichen Bestätigung. Zur deutschen Mitteilung gem. § 829 Abs. 2 S. 2 ZPO besteht somit weder hinsichtlich des Inhalts noch hinsichtlich der sich aus ihr ergebenden primären Rechtsfolgen ein wesentlicher Unterschied. Damit ist auch kein überzeugender Grund für eine unterschiedliche völkerrechtliche Beurteilung ersichtlich. Für die "dénonciation de saisie-arret" ist vielmehr davon auszugehen, daß sie als bloße staatliche Mitteilung in der Staatenpraxis wohl geduldet würde. Die Nichtigkeitsfolge bei Verstoß gegen die Pflicht zur "dénonciation" ist nur auf national-rechtlicher Ebene von Bedeutung, indem sie gewährleistet, daß der Schuldner von der Pfändung möglichst frühzeitig erfährt. Für die völkerrechtliche Beurteilung ist sie m.E. irrelevant. Demgegenüber kann für die "assignation en validité" kaum von einer generellen Duldung aufgrund ihres rein mitteilenden, nichthoheitlichen Charakters ausgegangen werden, denn sie leitet die "instance en validité", also ein streitiges gerichtliches Verfahren, ein. Sie ist damit zu behandeln wie andere prozeßeinleitende Schriftstücke. Da sie Voraussetzung für den Beginn eines staatlichen, hoheitlichen Verfahrens ist, stellt sie selbst einen Hoheitsakt dar, deren Zustellung ins Ausland i.d.R. nicht geduldet wird. Die Duldung folgt allein aus der Form der Zustellung durch "remise au parquet".
150 Req. 6 nov. 1872: S. 72,1, 363; Req. 22 oct. 1895 (sol.impl.): D.P. 96.1.121; Guinchard, Art. 565, Anm. 2. 151 V inceriti Ρ révault, η. 276 (S. 224).
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3. Kap.: Die internationale Forderungspfändg im französischen Recht
III. Ergebnis Die für die Durchführung einer "saisie-arret" notwendigen Zustellungen an den Vollstreckungsschuldner sind durch "remise au parquet" problemlos auch ins Ausland möglich. Völkerrechtliche Bedenken bestehen nicht, weil die Zustellungsform der "remise au parquet" in der Staatenpraxis geduldet wird. Was die "dénonciation de saisie-arrèt" angeht, würde sie im übrigen auch aufgrund ihres rein mitteilenden, keine Rechtswirkungen erzielenden Charakters geduldet
4. Kapitel: Die internationale Forderungspfändung im schweizerischen Recht § 1 Allgemeiner Überblick über das Forderungspfandungsverfahren in der Schweiz Die Zwangsvollstreckung ist im schweizerischen Recht teils kantonal, teils bundesrechtlich geregelt. Der Bund hat die Regelungskompetenz für die Vollstreckung wegen Geldforderungen ("Schuldbetreibung"), im übrigen sind die Kantone gesetzgebungszuständig1. Soweit ersichtlich, ist die Forderungspfändung in der Schweiz nur als Mittel der Geldvollstreckung bekannt2. Sie richtet sich mithin ausschließlich nach dem bundesrechtlichen "Gesetz über Schuldbetreibung und Konkurs" (SchKG)3. A. Besonderheiten des schweizerischen Schuldbetreibungsrechts Der Begriff der "Schuldbetreibung" ist nicht bedeutungsgleich mit der "Vollstreckung wegen Geldforderungen" in §§ 803 ff. der deutschen ZPO. Während im deutschen Recht nur die Einzelzwangsvollstreckung gemeint ist, erfaßt die schweizerische Schuldbetreibung sowohl Einzelzwangsvollstreckung als auch Konkurs. Beide sind verfahrensmäßig nicht vollständig voneinander getrennt; sie nehmen vielmehr in einem einheitlichen Einleitungsverfahren ihren Ausgang.
1 A i t 64 der schweizerischen Bundesverfassung und Art. 38 SchKG; Habscheid , ZPR, S. 69 f. (Rz. 190 -191). 2 Eine dem deutschen § 868 ZPO entsprechende Regelung, wonach die Forderungspfändung auch bei der Herausgabevollstreckung eine Rolle spielen kann, findet sich in den kantonalen Zivilprozeßrechten nirgends. Wie in entsprechenden Fällen zu vollstrecken ist, ist hier streitig. Die in vielen Zivilprozeßordnungen geregelte Schadensersatzpflicht des den Besitz an der herauszugebenden Sache ausübenden Dritten (vgl. etwa Art. 406 Abs. 1 der bemerischen ZPO; Art. 256 ZPO Basel-Stadt etc.) wird in der Literatur vielfach als nicht befriedigend angesehen, da sie dem Sachinteresse des Gläubigers nicht genügend Rechnung trage. In Diskussion ist daher eine Lösung über Art. 924 ZGB (Ersatz der für eine Zession nötigen Willenserklärungen durch Urteil plus Anzeige an den Dritten). Eine Zwangsvollstreckung durch Pfändung wird dagegen nirgends vorgeschlagen. Dazu Güldener , ZPR, S. 627. 3 Abgedruckt in Walder , SchKG, 11. Aufl. 1985. 14 Mössle
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4. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im schweizerischen Recht
I. Einleitungsverfahren Ähnlich wie bei der französischen "saisie-arret" ist die Eröffnung des Einleitungsverfahrens, das der Zwangsvollstreckung und dem Konkurs vorausgeht, ohne Vollstreckungstitel möglich* Auf bloßen Antrag des Gläubigers (Art. 67 SchKG) wird dem Schuldner ein sog. "Zahlungsbefehl" zugestellt, in dem er aufgefordert wird, innerhalb einer bestimmten Frist 5 an den Gläubiger zu leisten. Setzt sich der Schuldner hiergegen nicht fristgemäß 6 durch "Rechtsvorschlag" 7 zur Wehr, so kann im Einleitungsverfahren aus dem Zahlungsbefehl ein vollstreckbarer Titel entstehen». Erhebt er demgegenüber Rechtsvorschlag und lag bisher auch kein Titel oder schriftliches Schuldanerkenntnis vor, wird die Vollstreckung vorläufig ausgesetzt. Es wird dann im ordentlichen Gerichtsverfahren (vor kantonalen Gerichten) über den Anspruch entschieden. Ein den Anspruch bestätigendes Urteil führt zur Vollstreckbaren^. Funktional entspricht das Einleitungsverfahren also einer Kombination des deutschen Mahn- mit dem deutschen Zwangsvollstreckungsverfahren. Das Einleitungsverfahren endet mit der sog. "Rechtsöffnung" 10, die zur Vollstreckbarkeit des geltend gemachten Anspruchs führt 1 1 . Auf Antrag des Gläubigers ("sog. Pfändungs- oder Fortsetzungsbegehren") kommt es nun zum Hauptverfahren, dem eigentlichen Vollstreckungsverfahren.
4 Amanti, S. 110; Favon, S. 126. 5 i.d.R. 20 Tage; vgl. Art. 69 S. 2 Nr. 2 SchKG. 6 Die Rechtsvorschlagsfrist beträgt je nach Art der Schuld 10, 5 oder 3 Tage. Erfolgt die Zustellung des Zahlungsbefehls ins Ausland, so muß die Rechtsvorschlagsfrist - auch nachträglich- verlängert werden. Vgl. E. Brügger, Art. 66 SchKG, N. 18 u. 31; Lausanne, Trib. cant., BISchK 1976, 176; Zürich, 2. Abt. als untere Aufsichtsbehörde, BISchK 1968, 80 f.; BGE 91 ΠΙ, 1 ff.; 73 ΙΠ, 27 ff. 7 Damit macht der Schuldner geltend, daß einer der in Art. 69 Π Nr. 3 genannten Rechtsvorschlagsgründe vorliegt, seien es materiell rechtliche (Bestreiten des Bestands oder der Fälligkeit der Forderung) oder vollstreckungsrechtliche Gründe (Bestreiten der Vollstreckbarkeit mangels Titels). 8 Vgl. dazu Friizsche/Waläer, S. 221; Amann, S. 126. 9 BGE 107 ΠΙ, 1 ff. 10 Gilliéron , S. 135; Blumenstein, S. 260 ff; Favre, S. 142. 1 1
Dazu Favon, S. 513 ff; Amonn, S. 80.
§ 1 Allgemeiner Überblick über das Forderungspfandungsverfahren in der Schweiz
II. Abgrenzung zwischen Einzelzwangsvollstreckung
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und Konkurs
Für die Fortführung der Betreibung kommen drei Möglichkeiten in Betracht^: 1. die Betreibung auf Pfändung (körperlicher oder unkörperlicher Sachen 2. die Betreibung auf Grundpfandverwertung und 3. die Betreibung auf Konkurs. Die Forderungspfändung, wie sie Gegenstand dieser Arbeit ist, kann nur bei der Betreibung auf Pfändung auftauchen. Ihre Abgrenzung zur Grundpfandverwertung 13 bereitet dabei keine Probleme; sie versteht sich aufgrund der Bezeichnungen von selbst Aus deutscher Sicht schwerer verständlich ist die Unterscheidung zwischen der Betreibung auf Pfändung und der Betreibung auf Konkurs. Während das deutsche Recht allein danach abgrenzt, ob der Schuldner zahlungsfähig ist oder nicht ( A r t 102 KO), ist die Zahlungsfähigkeit im schweizerischen Schuldbetreibungsrecht für die Verfahrensart ohne Bedeutung 1 4 . Entscheidend ist allein die Kaufmannseigenschaft des Betreibungsschuldners. Besitzt er Kaufmannseigenschaft, wird auf Konkurs betrieben; die Einzelzwangsvollstreckung ist dann regelmäßig 15 ausgeschlossen. Gegenüber Nichtkaufleuten kommt dagegen grundsätzlich nur die Einzelzwangsvollstrekkung in Betracht Vornehmlich im Verhältnis zu ihnen kommt es folglich auch zur Forderungspfändung.
12 Art. 38 ff. SchKG. Ehe Entscheidung über die einschlägige Betreibungsform trifft i.d.R. das zuständige Betreibungsamt (Favon, S. 513; Amonn, S. 130). Zu den Ausnahmen (Wahlmöglichkeit des Gläubigers) vgl. etwa Blwnenstein, S. 166. 1 3 Dazu im einzelnen Fritzsche/W alder, S. 91 f. 1 4 Dazu Krauskopf \ BISchK 1973, 65 ff. (75): Vergleich der deutschen und schweizerischen Rechtslage. Zu erklären ist dieser Unterschied damit, daß die Schweiz - anders als das deutsche Recht - bei der Einzelzwangsvollstreckung nur beschränkt dem Prioritätsprinzip folgt: Andere Gläubiger können sich hier innerhalb von 30 Tagen der vom Vollstreckungsgläubiger erwirkten Pfändung anschließen. Die Befriedigung erfolgt dann anteilsweise in der von diesen Gläubigem mit dem Vollstreckungsgläubiger gebildeten Gruppe. Erst wenn diese Anschlußfrist abgelaufen ist, gilt im Verhältnis zu neu hinzutretenden Gläubigem der Grundsatz nachrangiger Befriedigung. Um eine annähernd gemeinschaftliche Befriedigung aller zu erreichen, die sich insbes. im Falle der Zahlungsunfähigkeit als Gebot der Gerechtigkeit darstellt, muß das schweizerische Recht also nicht auf die Generalexekution zurückgreifen. 15 Eine Ausnahme besteht hier für die Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen, die gem. Art. 43 SchKG auch gegenüber Kaufleuten im Wege der Einzelzwangsvollstreckung betrieben werden (v. Steiger, BISchK 1953, 1 ff. (4); Amonn, S. 79). 14*
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4. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im schweizerischen Recht
III. Betreibungsämter Funktional zuständig für die Betreibung sind die sog. Betreibungsämter. Ihre Organisation ist dem kantonalen Recht überlassen und daher von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Teils sind sie in die kantonale Gerichtsorganisation eingegliedert; teils stellen sie selbständige, von den Gerichten organisatorisch getrennte Justizverwaltungsbehörden dar 1 6 . B. Verfahren der Forderungspfandung Bei der Betreibung auf Pfändung erfolgt die Forderungspfändung durch Erklärung des Betreibungsamts gegenüber dem Vollstreckungsschuldner, die Forderung sei beschlagnahmt 17 . Diese Pfändungserklärung erfolgt grundsätzlich persönlich18 durch den Pfandungsbeamten, wobei gleichzeitig ein Pfändungsprotokoll aufgenommen wird. Die anschließende Zustellung des Pfändungsprotokolls ist dann für die Beschlagnahmewirkung irrelevant. Bei Abwesenheit des Schuldners stellt dagegen erst die Zustellung einer (schriftlichen) Pfändungsmitteilung mit dem Protokoll den konstitutiven Akt der Pfändung dar1^. Dieser Fall liegt bei ausländischem Wohnsitz des Vollstreckungschuldners immer vor, weil tatsächliche Pfändungsmaßnahmen im Ausland von Völkerrechts wegen nicht vorgenommen werden dürfen. Die (mündliche oder schriftliche ) Pfandungserklärung genügt im Grundsatz für den Eintritt der Beschlagnahmewirkung. Anders als im französischen und deutschen Recht ist die Drittschuldneranzeige, die entweder gleichzeitig mit dem Pfändungsakt oder später ergeht, keine Wirksamkeit^ Voraussetzung^. Nach allgemeiner Ansicht ergibt sich dies daraus, daß An. 99 SchKG, der die Drittschuldneranzeige vorschreibt, unter dem Titel "Sicherung des Pfändungsrechts" eingeordnet ist, während die Pfändung selbst, ihre Voraussetzungen und Wirkungen schon in den vorigen Titeln geregelt ist. Die Drittschuldneranzeige 1 6 Vgl. im einzelnen Nünlist in BISchK 1968, 97-116; 129-150; 161-179 und das Kompetenzund Adressenverzeichnis in "Ämter und Gerichte im Schuldbe-treibungsrecht"; Thalwil 1986 (Verlag Schatzmann). 17 BGE 9 4 Ι Π , 78 ff. (80); 93 ΙΠ, 33 ff. (36); Amonn, S. 166; Favre, S. 176; Fluri t S. 49. 1
8 Der Vollstreckungsschuldner ist bei Straffolge verpflichtet, der Pfändung beizuwohnen (Art. 91 SchKG). Bei ausländischem Vollstreckungsschuldnerwohnsitz wird hiervon aber ein Ausnahme gemacht (BGE 56 ΠΙ, 202 ff. (203 f.). 19 Amonn, S. 170. 20 BGE 109 ΠΙ, 11 ff.(13) = BISchK 1986,11 ff.; 94 ΠΙ, 78 ff. (81); 93 ΙΠ, 33 ff. (36); 86 I V , 170 ff. (173); 83 ΠΙ, 1 ff. (5); 78 ΠΙ, 126 ff. (128); 75 ΙΠ, 106 ff. (108); Fritzsche/Walder, S. 297; Meier, S. 93; F/uri, S. 48; Jäger, Anm. zu Art. 99 SchKG. Unzutreffend insoweit Marquardt, S. 127.
§ 2 Internationale Zuständigkeit zum Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses
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ist demnach lediglich Sicherungsmaßnahme, nicht Teil der eigentlichen Vollstreckung. Freilich tritt die praktisch wesentliche Bindungswirkung der Forderungspfandung gegenüber dem Drittschuldner erst in dem Moment ein, in dem die Drittschuldneranzeige zugegegangen ist 2 1 . Erst dann entfällt für den Drittschuldner auch die Möglichkeit zur befreienden Leistung an den Vollstrekkungsschuldner. Vorher hat das Pfändungspfandrecht lediglich Wirkung gegenüber dem Vollstreckungsschuldner. Immerhin führt diese Teilbindung aber dazu, daß eine (befreiende) Leistung des Drittschuldners den Vollstreckungsschuldner ungerechtfertigt bereichert Er muß sie daher an den Vollstreckungsgläubiger im Wege der ungerechtfertigten Bereicherung herausgeben. Auch die Zession der gepfändeten Forderung durch den Vollstrek-kungsschuldner nicht mehr wirksam m ö g l i c h 2 2 . Ausgehend von dieser Rechtslage ist es in der Tat möglich, in der Drittschuldneranzeige nur noch eine - allerdings praktisch wesentliche - zusätzliche Sicherungsmaßnahme zu sehen, die vor allem der Gefahr begegnet, daß der Vollstreckungsschuldner durch den Drittschuldner erbrachte Leistungen dem Gläubiger unberechtigterweise vorenthält § 2 Internationale Zuständigkeit zum Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses Ähnlich wie das deutsche und das französische Recht trifft das SchKG keine umfassende Regelung der internationalen Zuständigkeit Allein A r t 50 Abs. 1 und 2 SchKG setzen das Bestehen internationaler Zuständigkeit stillschweigend voraus 23 . Nach ihnen soll ein Betreibungsort in der Schweiz immer dann bestehen, wenn der im Ausland wohnhafte Schuldner entweder eine schweizerische Geschäftsniederlassung oder ein schweizerisches Spezialdomizil hat Es besteht indes Einigkeit darüber, daß A r t 50 SchKG keine umfassende Zuständigkeitsregelung enthält, sondern neben anderen Zuständigkeitsgründen steht Die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit erfolgt in allen anderen
21 BGE 8 6 I V , 170 ff. (173); Fritzsche/Walder, S. 297; Fluri, S. 48. In Diskussion ist freilich, ob eine schuldbefreiende Leistung an den Vollstrec-kungsschuldner schon vor Zugang der Drittschuldneranzeige ausgeschlossen ist, wenn der Drittschuldner auf anderem Wege Kenntnis von der Pfändung erlangt hat. Sieht man in der Anzeige nichts weiter als ein Mittel, den guten Glauben des Drittschuldners zu zerstören, wird man dies wohl bejahen müssen (Fluri, S. 55 m.w.Nachw.). Bei ausländischem Wohnsitz des Drittschuldners und der dadurch i.d.R. bedingten geographischen Entfernungen wird dieser Fall freilich praktisch selten sein. 22 Art. 96 Abs. 2 SchKG; Art. 169 u. 289 StGB. 23 Dazu die folgenden Ausführungen, S. 218 ff.
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4. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im schweizerischen Recht
Fällen - wie im deutschen und französischen Recht - aufgrund einer Ableitung von der örtlichen Zuständigkeit 24 . Die örtliche und damit internationale Zuständigkeit setzen im schweizerischen Schuldbetreibungsrecht zweierlei voraus. Zunächst muß ein sog. "Betreibungsstand" in der Schweiz b e s t e h e n 2 5 . Die Betreibungsstände sind die vollstreckungsrechtlichen Parallelen zu den Gerichtsständen im Erkenntnisverfahren. Ein "Betreibungsstand" existiert - anders als im deutschen Recht - nicht schon dann, wenn ein schweizerischer Titel vorhanden ist. Vielmehr erfordert er zusätzliche Inlandsbezugsmomente beim Betreibungsgläubiger oder Schuldner2^ Welche Inlandsbezugspunkte das sein können, d.h., welche Betreibungsstände existieren, wird in einem ersten Unterabschnitt darzustellen sein (A). Desweiteren ist grundsätzlich erforderlich, daß das Betreibungsobjekt (hier: die Forderung) am Betreibungsstand, d.h. im Betreibungskreis des zuständigen Betreibungsamts belegen ist (B). Anderenfalls fehlt es an der sog. Pfändungskompetenz. Das Amt am Betreibungsstand bleibt dann zwar weiterhin örtlich zuständig, die Ausführung der Pfändungsmaßnahme muß aber dem Betreibungsamt am Belegenheitsort im Wege eines Rechtshilfeersuchens übertragen werden (sog. Requisitorialpfändung) 2?. Daß die Belegenheit des Pfändungsobjekts in der Schweiz i.d.R. schon unter dem Aspekt der örtlichen und nicht erst für die internationale Zuständigkeit (oder besser: bei der Prüfung schweizerischer Jurisdiktion) entscheidend ist, hängt mit der Organisation der Betreibungsämter auf kantonaler Ebene und mit der kantonalen Zuständigkeit zur Ausführung des SchKG zusammen2^. Die Abgrenzung von Souveränitätsbereichen muß hier nicht erst in zwischenstaatlichen Beziehungen erfolgen, sondern bereits interkantonal. 2 4 BGE 68 ΙΠ, 83 ff. (97); 63 ΠΙ, 114 ff. (115); Riezler, IZPR, S. 271; Lenzi t S. 21; v. Steiger, BISchK 1953,1 ff. (3). 25 Die Pfändung durch ein Betreibungsamt, an dem kein Betreibungsstand besteht, ist nichtig. Die Nichtigkeit ist grundsätzlich allerdings nicht von Amts wegen zu beachten, sondern muß vom Vollstreckungsschuldner im Wege der Rechtsbeschwerde geltend gemacht werden. Dies gilt auch dann, wenn der Vollstreckungsschuldner im Ausland wohnt. Haben allerdings sowohl Vollstreckung sschuldner als auch Vollstreckungsgläubiger Auslandswohnsitz, so wird in solchen Fällen die Nichtigkeit von Amts wegen festgestellt: BGE 68 DI, 33 ff.; 63 ΙΠ, 114 ff. (115). 26 Dies erklärt sich daraus, daß die Einleitung des schweizerischen Betreibungsverfahrens nicht notwendigerweise einen Titel voraussetzt; eine Überprüfung des Bestands des zu vollstreckenden Anspruchs sowie der internationalen Zuständigkeit zur Entscheidung über diesen Anspruch erfolgt dann erst später. Insbesondere im Hinblick auf die Fälle, in denen kein Titel besteht, gewährleistet das Erfordernis eines Betreibungsstands in der Schweiz das Vorliegen einer gewissen Binnenbeziehung des in Frage stehenden Streitfalles zur Schweiz. Dazu auch v. Steiger, BISchK 1953, 1 ff. (4 und 6). 27 An. 89 SchKG. 28 Art. 64 der schweizerischen Bundesverfassung.
§ 2 Internationale Zuständigkeit zum Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses
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A. Betreibungsstände in der Schweiz I. Allgemeiner Betreibungsort am Wohnsitz des Schuldners (Art. 46 SchKG) Ein allgemeiner Betreibungsort und damit grundsätzliche Zuständigkeit schweizerischer Betreibungsbehörden besteht immer dann, wenn der Vollstrekkungsschuldner Inlandswohnsitz hat (Art. 46 SchKG). Dieser Betreibungsort ist i.d.R. ein ausschließlicher, d.h. er verdrängt andere Betreibungsstände neben sich 2 9 . Art. 46 SchKG führt dazu, daß auch für die internationale Forderungspfändung ein inländischer Betreibungsstand immer gegeben ist, wenn der Vollstreckungsschuldner in der Schweiz wohnt Auf den Wohnsitz des Vollstrekkungsgläubigers oder eines Drittschuldners kommt es daneben nicht an. Der Ort des Wohnsitzes hängt nicht davon ab, wo der Vollstreckungsschuldner polizeilich gemeldet ist. Gem. Art. 23 ZGB wohnt eine natürliche Person vielmehr dort, wo sie sich in der Absicht dauernden Verbleibens aufhält 30 . Ist sie minderjährig, so ist betreibungsrechtlich grundsätzlich nicht das eigene, sondern das Domizil des gesetzlichen Vertreters entscheidend31 (Art. 47 SchKG). Bei juristischen Personen richtet sich der allgemeine Betreibungsstand nach dem eingetragenen Sitz (Art. 46 Abs. 2 SchKG und A r t 56 ZGB), bei Fehlen eines solchen nach dem Sitz der Hauptverwaltung 3^
II. Besondere Betreibungsstände bei fehlendem Inlandswohnsitz des Vollstreckungsschuldners Wohnt der Vollstreckungssschuldner im Ausland, so fehlt es an den Voraussetzungen des allgemeinen Vollstreckungsstands. Örtliche und internationale
29 Lenzi, S. 20; Schnitzer, S. 889; Fritzsche/Walder, 3 0
S.104.
Sog. "Einheitsprinzip". Dazu im einzelnen Berner Komm. -Bueher, Art 23 ZGB; ff.; Leuthard, BISchK 1953, 33 ff. (36 ff.). Die Entscheidung darüber, ob eine Absicht dauernden Verbleibens besteht, wird anhand äußerlich erkennbarer Umstände getroffen, z.B. familiäre Bindungen, Ausübung politischer Rechte, Steuerdomizil etc. Im Verhältnis zu Ausländem werden insoweit freilich geringere Anforderungen gestellt. So soll etwa der Besuch einer schweizerischen Lehranstalt auch dann zur Begründung eines schweizerischen Wohnsitzes ausreichen, wenn klar ist, daß die betreffende Person die Schweiz in einigen Jahren wieder verlassen wird. 3 1 Auch hier besteht für Ausländer eine Ausnahme: Unmündige NichtSchweizer, die in der Schweiz wohnen und deren gesetzliche Vertreter im Ausland domiziliert sind, können nach ganz h.M. an ihrem schweizerischen Aufenthaltsort betrieben werden. An den im Ausland wohnhaften gesetzlichen Vertreter wird dann zusätzlich ein Zahlungsbefehl zugestellt: Obwalden, BISchK 1987,102 f. (102); Solothum, BISchK 1959, S. 77; Tuor/Schnyder, S. 80 f. 3 2 Schumacher, S. 74 ff; Amonn, S. 84; Riezler, IZPR, S. 271.
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4. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im schweizerischen Recht
Zuständigkeit richten sich dann nach den Voraussetzungen der sog. besonderen Betreibungsstände. Die besonderen Betreibungsstände sind in ihrem Anwendungsbereich recht eng. Dies ist eine Folge aus A r t 59 der schweizerischen Bundesverfassung 33, der den Wohnsitzgerichtsstand im Erkenntnisverfahren garantiert. Sein Rechtsgedanke führt auch im Schuldbetreibungsrecht zu dem Bestreben, die Vollstreckungsmöglichkeiten außerhalb des Vollstreckungsschuldnerwohnsitzes nicht allzu weit a u s z u d e h n e n d 1. Betreibung am Aufenthaltsort (Art. 48 SchKG) Ein besonderer Betreibungstand ist zunächst dann gegeben, wenn der Vollstreckungsschuldner keinen festen Wohnsitz hat, sich aber in der Schweiz aufhält. Dabei richtet sich die Frage nach dem Fehlen eines Wohnsitzes ausnahmsweise nicht nach den - an sich einschlägigen - Regelungen des ZGB, sondern nach den tatsächlichen Gegebenheiten im konkreten Einzelfall 35 . Gem. Art. 24 ZGB gilt nämlich ein Wohnsitz als so lange fortbestehend, bis ein neuer begründet wird (sog. Grundsatz der Notwendigkeit eines Wohnsitzes 36 ); Wohnsitzlosigkeit ist hiernach also rechtlich gar nicht denkbar. Demgegenüber setzt Art. 48 SchKG die theoretische Möglichkeit eines Wohnsitzverlustes logisch voraus. Für die internationale Forderungspfändung stellt sich die Frage, ob nicht auch dann auf Art. 48 SchKG zurückgegriffen werden kann, wenn zwar ein (bekannter) ausländischer, nicht aber ein schweizerischer Schuldnerwohnsitz besteht und sich der Schuldner in der Schweiz aufhält. Der Wortlaut des A r t 48 SchKG differenziert zwar nicht zwischen in- und ausländischem Wohnsitz und spricht daher gegen eine solche Möglichkeit. Zu denken ist aber an eine teleologische Reduktion des Wortlauts durch Auslegung des Merkmals "ohne bekannten Wohnsitz" i.S.v. "ohne bekannten Wohnsitz in der Schweiz". Voraussetzung wäre freilich der Nachweis, daß der Gesetzgeber bei Schaffung von Art. 48 SchKG u.a. auch die Absicht hatte, hier einen subsidiären Ausländerbetreibungsstand für den Fall zu schaffen, daß Art. 46 SchKG nicht eingreift.
3 3 Diese Regelung hat nicht nur interkantonale, sondern auch internationale Bedeutung: Rie zier, IZPR, S. 264. 34 Fritzsche/Walder, S. 104; Amonn, S. 83. 35 BGE 83 ΠΙ, 12 ff.(13); 72 ΠΙ 38 ff.(40); 65 ΙΠ, 101 ff. (103); Genève, Autorité de surveillance 15.6.1977, BISchK 1978, 14 f.; Zürich, Bezirksgericht (Π. Kammer), Winterthur als untere Aufsichtsbehörde über SchK, BISchK 1984, 54 ff (55): "Wohnsitzlos ist, wer sich nirgends mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält, also gewissermaßen vagabundiert"; Fritzsche/Walder, S. 109; Buchi, S. 25; Schumacher, S. 65; Raschein, BISchK 1987,201 ff. (201). 3
6 Anders das deutsche Recht: § 7 Abs. 2 BGB.
§ 2 Internationale Zuständigkeit zum Erlaß eines Forderungspfndungsbeschlusses
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Dem widerspricht von vornherein die Systematik der Art. 46 ff. SchKG. Zum einen wäre dann nämlich gänzlich unverständlich, warum in Art. 50 Abs. 1 und 2 SchKG weitere Betreibungsstände für den Fall geschaffen wurden, daß der Vollstreckungsschuldner im Ausland wohnt; hier würde dann ja immer schon A r t 48 SchKG eingreifen. Zum anderen belegt die gesetzliche Bezeichnung des Wohnsitzbetreibungsstandes als allgemeiner Betreibungsstand die Absicht des Gesetzgebers, andere (besondere) Betreibungsstände nur in Ausnahmefallen zuzulassen. Eine "teleologische" Ausweitung von Art. 48 SchKG würde in international-rechtlichen Fällen demgegenüber dazu führen, daß die Aufenthaltszuständigkeit zur Regel würde. Mit der ganz h.M. in der Schweiz 37 ist daher davon auszugehen, daß die Anwendung von Art. 48 SchKG auf die Fälle beschränkt ist, in denen weder im In- noch im Ausland ein bekannter Schuldnerwohnsitz besteht 38 . 2. Betreibung am Ort der gelegenen Erbschaft (Art. 49 SchKG) Ein besonderer, allerdings auf den Nachlaß beschränkter 3? Betreibungsstand besteht auch dann, wenn in der Schweiz eine Erbschaft eröffnet wird. Zuständig ist dann das Betreibungsamt an dem Ort, an dem der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte, i.d.R. also am Ort seines letzten Wohnsitzes 40 . Große praktische Bedeutung hat dieser Betreibungsstand nicht 4 1. Zum einen gilt er nur so lange, bis entweder Teilung der Erbschaft erfolgt, eine vertragliche Gemeinderschaft 42 gebildet oder aber die amtliche Liqidation der Erbschaft angeordnet wurde ( A r t 49 SchKG). Zum anderen ordnet A r t 59 SchKG vom Anfall der Erbschaft an eine bestimmte Zeit des Rechtsstillstands an, in der die Betreibung ausgeschlossen ist Faktisch wird die Erbschaftsbetreibung damit sehr stark eingeschränkt 43.
37 Zürich, Winterthur (Π. Kammer), BISchK 1984, 55 ff.; Jäger , Art. 48, Anm. 2; Lenzi , S. 72; Amonn, S. 85. 3 8 Insoweit muß der Gläubiger als wahrscheinlich darlegen, daß kein Wohnsitz besteht (Zürich, BISchK 1984, 54 ff., 58). Ist er dieser Obliegenheit nachgekommen, so ist es nun am Schuldner, das Gegenteil zu beweisen (Lenzi. S. 72). 3 9 Fritzsche/Walder , S. 110; Leuthard, BISchK 1953, 33 ff. (40). 4 0
Schneider , BISchK 1958, 161 ff. (164). 1 Fritzsche/Walder , S. 110. 4 2 Die Gemeinderschaft (Art. 34 Π Ι ZGB) ist ein Gesamthandsverhältnis (,Schneider , BISchK 1958,161 ff. (161) und kommt unserer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nahe. 4 3 Zu den Einzelheiten Schneider , BISchK 1958,161 ff.(164). 4
4. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im schweizerischen Recht
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3. Betreibung am Ort der Geschäftsniederlassung ( A r t 50 Abs. 1 SchKG) Besitzt der im Ausland domizilierte Vollstreckungsschuldner 44 in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung, so kann er gem. A r t 50 Abs. 1 SchKG für Verbindlichkeiten, die für Rechnung der Niederlassung eingegangen wurden, am Sitz derselben betrieben werden 45 . Auf die Geschäftsfähigkeit des Schuldners kommt es hier nicht an. Dies folgt aus A r t 47 Abs. 3 SchKG, wonach selbst ein inländischer, nicht geschäftsfähiger Schuldner am Ort seines Geschäftsbetriebs betrieben werden kann. Nichts anderes darf dann für den ausländischen Schuldner gelten 46 . Der Begriff der Geschäftsniederlassung setzt im einzelnen voraus: a) das Bestehen äußerer Einrichtungen in der Schweiz, die zum Betriebe eines Geschäfts notwendig sind, z.B. eine Fabrik, Büro- oder Verkaufsmöglichkeiten. Aus der Formulierung "besitzt" kann man schließen, daß Art. 50 SchKG nicht auf subjektive Elemente der Geschäftsniederlassung ("örtlicher Mittelpunkt der geschäftlichen Beziehungen"), sondern in erster Linie auf die genannten objektiven Elemente abstellen will 4 ?. "Besitzen" kann man nur Sachen, also die äußeren Einrichtungen des Geschäftsbetriebs. Strittig ist, ob darüber hinaus auch solche Gesellschaften gem. A r t 50 Abs. 1 SchKG im Inland betrieben werden können, die zwar ihren tatsächlichen "Sitz" im Ausland haben, faktisch aber ihre gesamte Tätigkeit auf dem schweizerischen Markt entfalten. Mit Gauch4^ w i r d man dies bejahen können. Sinn und Zweck des Art. 50 Abs. 1 SchKG ist es, gerade die Fälle zu erfassen, in denen sich die wirtschaftliche Tätigkeit einer Gesellschaft auf die Schweiz konzentriert Dies ist i.d.R. dann der Fall, wenn in der Schweiz auch eine Geschäftsniederlassung besteht. Der Fall, daß der Sitz tatsächlich im Ausland liegt, die Gesellschaft sich faktisch aber wie eine Inlandsgesellschaft geriert, ist weitungsmäßig gleich zu beurteilen.
4 4 Darunter fällt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts auch der Fall, daß weder in der Schweiz noch im Ausland Wohnsitz begründet wurde, es sei denn, es besteht gewöhnlicher Aufenthalt in der Schweiz (Art. 48 SchKG). 4 5 Sog. Betreibungsort der gemeinsamen wirtschaftlichen Tätigkeit; vgl. dazu Fritzsche/Walder, S. 111; Gauch, S. 457 f. (Rz. 2058); v. Steiger, BISchK 1953, 1 ff. (4). 4 6 Lenzi, S. 87. 47 Schumacher, S. 8. Im Ansatz anders Gauch, S. 459 (Rz. 265): Erforderlichkeit eines "Inerscheinungtretens" auf dem schweizerischen Markt. 4
8 S. 459, (Rz. 266); ebenso Genève, Autorité de surveillance, BISchK 1985, 215 ff. (216 f.). Anders wohl Schumacher, S. 8.
§ 2 Internationale Zuständigkeit zum Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses
219
b) gewisse Dauerhaftigkeit der "Niederlassung"49. Auch dieses Begriffsmerkmal ergibt sich aus der Formulierung des Gesetzes, Die "Niederlassung" setzt begrifflich einen gewissen Bleibewillen bzw. ein Moment der Stabilität voraus 50 . c) Schließlich muß in der Geschäftsniederlassung ein Gewerbe ausgeübt werden 5 1 , wobei Gewinnabsicht des Betreibers nach h.M. 5 2 nicht erforderlich ist: d) Handelt es sich bei der Niederlassung - wie wohl meistens - um den Bestandteil eines zusammengesetzten Geschäfts, dessen Hauptgeschäft sich im Ausland befindet, so ist ein Betreibungsort i.S.d. Art 50 SchKG dann gegeben, wenn sie eine Zweigniederlassung, nicht aber bloße Betriebsabteilung bzw. Nebenbetrieb i s t 5 3 . Das setzt voraus, daß einerseits eine gewisse Abhängigkeit des Bestandteils vom Hauptunternehmen 5 * in rechtlicher (Inhaberschaft), wirtschaftlicher, personeller und direktionsmäßiger Hinsicht besteht. Andererseits muß die Zweigniederlassung in Abgrenzung zur sog. Nebenstelle gegenüber dem Hauptunternehmen selbständig sein. Das heißt, sie muß an einem anderen Ort tätig sein als das Hauptunternehmen 55 , und ihre Geschäftsabschlüsse müssen gegenüber von denen des Hauptunternehmens unabhängig sein 5 ^ Die dargestellten Definitionsmerkmale zeigen, daß der Begriff der Geschäftsniederlassung nicht mit dem einer Zweigniederlassung bei ausländischem (übergeordnetem) Hauptunternehmen gleichgesetzt werden kann, wie dies offenbar Fritzsche/Walder 57 annehmen. Möglich muß nach dem Wortlaut von Art. 50 Abs. 1 SchKG vielmehr auch die Betreibung gegen eine in der Schweiz befindliche Hauptniederlassung sein, die nicht schon unter Art. 46 SchKG fällt, also weder eine juristische Person noch eine eingetragene Gesellschaft ist und deren Inhaber im Ausland wohnt 5 8 . Das schweizerische Bundesgericht 5 9 weitet den Anwendungsbereich des Art. 50 Abs. 1 SchKG über seinen 49 Gauch, S. 118 (Rz. 593). 5 0
Schumacher, S. 8. 1 Schumacher, S. 10. 5 2 BGE 6 8 Ι Π , 110 ff. 5
5 3 5
Gauch, S. 457 (Rz. 2055). 4 Bemer Komm.-//«, Art. 935 OR, Rz. 7 ff.
5 5
Berner Komm. -His, Art. 935 OR, Rz. 6. 56 Vgl. zu den Einzelheiten Gauch, S. 126 ff. (Rz. 637 ff.); Schumacher, S. 14 ff.; Bemer Komm.-//is, Rz. 1 ff. 5 7
S. 112 So auch Schumacher, S. 68; Lenzi, S.89; Gauch, S. 456 (Rz. 2048), z.B. einfache Geschäfte wie Verkaufsstätten, Tankstellen etc. 59 BGE 37 I, 472 ff. (474); BGE 55 ΙΠ, 116 ff. (118). Zustimmend Lenzi, S. 90; v. Steiger, BISchK 1953, 1 ff. (4). 5 8
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4. Kap.: Die internationale Fordengspfndung im schweizerischen Recht
Wortlaut hinaus sogar noch mehr aus: Der Betreibungsstand am Ort der Geschäftsniederlassung soll auch für die Vollstreckung von Gesellschaftsschulden gegen haftende Gesellschafter (etwa Komplementäre einer KG) gelten, wenn diese im Ausland wohnen, während sich der Gesellschaftssitz bzw. der Sitz einer ihrer Zweigniederlassungen in der Schweiz befindet. Die Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsschulden führt zu einer wertungsmäßigen Gleichstellung mit dem in Art. 50 SchKG ausdrücklich genannten Fall. Nicht zuletzt aufgrund dieser weiten Auslegung hat Art. 50 SchKG im internationalen Wirtschaftsverkehr neben dem Arrestbetreibungsort die wohl größte praktische Bedeutung unter den besonderen Betreibungsständen. 4. Betreibung am Spezialdomizil (Art. 50 Abs. 2 SchKG) Speziell auf ausländische Schuldner abgestellt wird - außer beim Betreibungsort der Geschäftsniederlassung - auch in Art. 50 Abs. 2 SchKG, der den Betreibungsort des Spezialdomizils regelt. Danach kann ein im Ausland domizilierter Schuldner in der Schweiz betrieben werden, wenn er dort ein sog. "Spezialdomizil" zur zwangsweisen Erwirkung seiner Verbindlichkeiten gewählt hat. Es handelt sich hier um einen Fall der Betreibungsstandsprorogation, bei dem die Vertragspartner den Betreibungsort durch freie Übereinkunft bestimmen können^. Anerkanntermaßen bezieht sich dieser Betreibungsstand nur auf solche Forderungen, bezüglich derer das Spezialdomizil vereinbart wurde. Bei allen anderen Forderungen ist die Vollstreckung nur möglich, wenn sonstige Zuständigkeitsgründe vorhanden sind. Unter Umständen kann also wie sich schon der Formulierung in Art. 50 Abs. 2 ("Betreibung einer Verbindlichkeit") entnehmen läßt - von mehreren zu vollstreckenden Forderungen nur eine einzige am Spezialdomizil betrieben werdend. Wann eine Vereinbarung über ein Spezialdomizil gegeben sein soll, ist nicht ganz unstreitig. In der Regel wird eine ausdrückliche Einigung über den Ort, an dem gegebenenfalls die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll, nämlich fehlen 62 . Die wohl h.M.63 geht in Zweifelsfällen davon aus, daß jedenfalls 60 Lenzi, S. 98; FitzscheWalder, 6
S. 114.
1 Fritzsche/W alder, S. 114. 62 Für die Annahme einer ausdrücklichen Vereinbarung genügt nach einer Entscheidung der Autorité de surveillance (Genf) (BISchK 1983, 214 f.)" - unter Berücksichtigung der Unstände und der Regeln über den guten Glauben - die zwingende Annahme, daß die Parteien verstanden haben, die Vollstreckung der aus dem Vertrage fließenden Verpflichtungen des Schuldners werde in der Schweiz stattfinden". 63 BGE 41 ΙΠ, 343 ff.(347 f.); Jäger, Art. 50, Anm. l,Fritzsche/W alder, S. 114; KG Waadt, JT 97 Π, 120 f. = SJZ 1951,61 f.; Lenzi, S. 95.
§ 2 Internationale Zuständigkeit zum Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses
221
eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht automatisch die Wahl eines Spezialdomizils bedeute. Vielmehr müsse aus der Vereinbarung deutlich hervorgehen, daß an dem betreffenden Ort die Vollstreckung der Verbindlichkeit stattfinden solle. Auch die Vereinbarung eines Erfüllungsorts soll - abgesehen vom speziellen Fall der Betreibung aus Wert- und sonstigen Inhaberpapieren, für die die vertragliche Festlegung eines Erfüllungsort gleichzeitig auch eine Einigung über den Betreibungsort bedeuten s o l l 6 4 - nicht unbedingt ein Spezialdomizil nach sich ziehen, weil hier der spezielle Bezug auf die Zwangsvollstreckung fehle 65 . In beiden Fällen, so wird argumentiert, haben die Parteien nicht die zwangsweise Erfüllung der Verbindlichkeiten im Auge, sondern lediglich die gerichtliche Geltendmachung bzw. freiwillige Erfüllung. In Anbetracht dessen, daß der Ort der gerichtlichen Geltendmachung mit der Erfüllung eines Anspruchs nicht in direktem Zusammenhang steht, leuchtet die Verneinung eines Betreibungsstands i.S.v. Art. 50 Abs. 2 SchKG im ersten Fall ein. Bei einer Vereinbarung über den Erfüllungsort erscheint m.E. aber zweifelhaft, ob man diese auf den Fall der freiwilligen Erfüllung beschränken kann. Immerhin ist zu bedenken, daß der Schuldner im Ausland sitzt und somit für den Gläubiger schwer erreichbar ist. Es liegt daher nahe, daß die Parteien mit der Vereinbarung des Erfüllungsorts i.d.R. auch den Betreibungsstand am Erfüllungsort regeln wollen 6 6 . Sollte das im Einzelfall nachweisbar nicht so sein, und wird trotzdem A r t 50 Abs. 2 SchKG angewandt, so hat der Schuldner immer noch die Möglichkeit, sich mittels Rechtsvorschlags gegen die Betreibung zur Wehr zu setzen. Gewichtige Schuldnerinteressen werden bei der hier vertretenen Auslegung also nicht beeinträchtigt. Umstritten ist daneben die Frage, ob in der Deposition einer Geldsumme oder einer Sache zur Sicherheit die konkludente Vereinbarung eines Spezialdomizils liegt oder ob hier lediglich ein Pfandrecht begründet werden soll. Wenn nähere Abreden zwischen den Parteien fehlen, liegt es wohl näher, hier nicht ein Spezialdomizil, sondern nur die konkludente Bestellung eines Faustpfandes anzunehmen67. Die Parteien gehen bei der Deposition davon aus, daß die betroffene Sache als Haftungsobjekt dem Gläubiger zur Verfügung steht. Soweit diese Haftung besteht, gilt ohnehin der Betreibungsort der belegenen Sache (Art. 51 SchKG). Daran, daß darüber hinaus die Möglichkeit besteht, für die gesicherte Forderung an diesem Ort einen Betreibungsstand zu prorogieren, denken die Parteien i.d.R. wohl nicht. 6 4 BGE 89 m , 1 ff. (4); 86 ΙΠ, 81 ff. (83); 53 ΠΙ, 196 ff. (199); 5 2 Ι Π , 165 ff. (167); 41 ΙΠ, 47 f.; Leuthard, BISchK 1953, 33 ff. (40 f.). 65 BGE 89 ΠΙ, 1 ff. (4); 86ΙΠ, 81 f. (83); Amonn, S. 114 (Fußn. 60); Jäger, Art. 50, Anm. 7. 6 6 6 7
Lenzi, S. 95. Lenzi, S. 96; Jäger, Alt. 50 SchKG, Anm. 8.
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4. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im schweizerischen Recht
Die Voraussetzungen des A r t 50 Abs. 2 SchKG sind demnach gegeben, wenn entweder eine ausdrückliche Einigung über den Ort der Betreibung vorliegt oder wenn ein schweizerischer Erfüllungsort vereinbart ist. 5. Betreibung am Ort der belegenen Sache ( A r t 52 SchKG) Der Betreibungsstand der belegenen Sache betrifft ausschließlich die Betreibung auf Pfandverwertung, die am Belegenheitsort der (beweglichen oder unbeweglichen) Pfandsache stattfindet Die Vollstreckung in Forderungen ermöglicht sie nur in den seltenen Fällen, in denen eine Forderung als Sicherheit verpfändet wurde. Auch dann unterliegt sie gegenüber der gewöhnlichen Forderungspfändung verfahrensmäßigen Besonderheiten, die darauf beruhen, daß ein (vertragliches) Pfandrecht an der Forderung schon von Anfang an existiert und nicht erst mit Vollstreckungsbeginn entsteht 68 . Die "gewöhnliche" Forderungspfandung, wie sie Gegenstand dieser Arbeit ist, betrifft Art. 51 SchKG daher nicht 6. Betreibung am Arrestort ( A r t 52 SchKG) Bei ausländischem Vollstreckungsschuldnerwohnsitz kann ein besonderer Betreibungsort schließlich am Arrestort bestehen, an dem Ort also, an dem auf den zu pfändenden Gegenstand ein Arrest gelegt wurde. Dieser Betreibungsstand ist sachlich in doppelter Weise begrenzt Er gilt nur in bezug auf diejenigen Forderungen, für die Arrest gelegt wurde 6 9 , und er ermöglicht allein die Zwangsvollstreckung in die im Arrestbefehl genannten und tatsächlich mit Arrest belegten Gegenstände70. Eine Forderungspfändung auf der Basis von A r t 52 SchKG ist also nur dann möglich, wenn die Forderung, die gepfändet werden soll, zuvor wirksam arrestiert wurde. Darüber hinaus besteht auch in zeitlicher Hinsicht eine starke Begrenzung. Art. 278 SchKG läßt die Betreibung nämlich nur innerhalb von 10 Tagen ab Arrestlegung zu7i. Die Arrestlegung selbst, die die Voraussetzung für die Vollstreckung gem. Art. 52 SchKG bildet, setzt g r u n d s ä t z l i c h ^ den Bestand einer fälligen Forderung voraus, die gegenüber der zuständigen Behörde glaubhaft gemacht werden muß (Art. 273 SchKG). Ferner muß einer der in Art. 271 Abs. 1 SchKG 6 8
Dazu etwa Fritzsche/Walder, S. 115 f. Leuthard, BISchK 1953,33 ff. (41). 70 BGE 113 ΙΠ, 139 ff. (142); 5 1 Ι Π , 117 ff. (122); Lenzi, S. 116. 6 9
71 Lenzi, S. 115; Fritzsche Π, S. 232. 72 Ausnahmen: A r t 271 Nr. 1 und 2 i.V.m. Abs. 2 SchKG.
§ 2 Internationale Zuständigkeit zum Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses
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genannten Arrestgründe vorliegen. Für den Fall eines ausländischen Vollstrekkungsschuldnerwohnsitzes 73 ist ein solcher gem. Art. 271 Nr. 4 SchKG immer gegeben.Der Nachweis, daß der Schuldner die Absicht hat, sich der Erfüllung der Verbindlichkeit zu entziehen, ist nicht erfolderlich. Nach vorgängigem Antrag auf Arrestlegung müßte daher eine Forderungspfändung innerhalb der vorgeschriebenen Frist immer dann möglich sein, wenn der Vollstreckungsschuldner im Ausland wohnt, ein allgemeiner Betreibungsstand also nicht besteht. Freilich erfordert der Arrest neben dem Arrestgrund auch die - sowohl auf interkantonaler als auch auf internationaler Ebene relevante - allgemeine Zugriffskompetenz auf den Arrestgegenstand, die grundsätzlich von dessen Belegenheit abhängt 74 . Bei Forderungen muß daher gefragt werden, wo sie lokalisiert sind. Diese Kompetenz läuft, was ihre internationalrechtliche Komponente angeht, parallel mit der oben schon angesprochenen, Pfändungskompetenz. Sie ist Gegenstand der nachfogenden Ausführungen, auf die insoweit verwiesen wird. Ist internationale Pfändungskompetenz gegeben, so besteht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen von Art. 52 SchKG automatisch auch die Betreibungsmöglichkeit am Arrestort
B. Örtliche bzw. internationale Zuständigkeit und Forderungsbelegenheit (" Pfandungskompetenz" ) /. Einführung Besteht ein schweizerischer Betreibungsstand und damit internationale Zuständigkeit schweizerischer Betreibungsbehörden, so hängt die (örtliche und internationale) Zuständigkeit zum Zugriff auf eine konkrete Sache noch von deren Belegenheit ab. Liegt die Sache im Betreibungskreis, in dem auch der Betreibungsstand besteht, laufen örtliche und internationale Zuständigkeit völlig parallel; beide bestehen dann beim Betreibungsamt am Betreibungsort. Befindet sie sich in einem anderen Betreibungskreis, aber noch auf schweizerischem Staatsgebiet, so ist die schweizerische internationale Zuständigkeit ebenfalls gegeben; nur die örtliche ist dann grundsätzlich 7* aufgeteilt zwischen zwei 7 3 Der Beweis für das Bestehen eines Auslandswohnsitzes obliegt grundsätzlich dem Gläubiger: OG Zürich, Π. Zivilkammer, BISchK 1987,198 ff. (199). 7 4 Art. 272 SchKG. 75 Eine Ausnahme gilt hier gerade für die Forderungspfändung: Zwar besteht in der Schweiz, wie noch darzustellen sein wird, eine Regel zur Bestimmung der Forderungsbelegenheit. Für rein nationale Fälle legt das Bundesgericht Art. 89 SchKG aber einschränkend dahingehend aus, daß hier nur körperliche Pfändungsmaßnahmen eines Betreibungsamts in einem anderen Betreibungs-
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4. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im schweizerischen Recht
Betreibungsämtern. Das Amt am Belegenheitsort wird dabei als Rechtshilfebehörde tätig. Zur Verneinung der örtlichen und damit auch internationalen Zuständigkeit für eine konkrete, ins Auge gefaßte Pfändungsmaßnahme kommt man demgegenüber dann, wenn der Betreibungsgegenstand im Ausland liegt. Hier fehlt es an einem zuständigen inländischen Betreibungsamt zur Durchführung der Pfandungsmaßnahme. Dies gilt nach allgemeiner Ansicht 7 6 auch für die internationale Forderungspfändung, so daß für das schweizerische Recht die Frage nach der Belegenheit von Forderungen geklärt werden muß. II. Forderungsbelegenheit Eine Bestimmung der Belegenheit von Forderungen trifft das schweizerische Gesetzesrecht nirgends. Es existiert aber eine ständige, weitgehend unwidersprochen 77 gebliebene Rechtsprechung 78, wonach sich der Ort der Belegenheit gewöhnlicher 79 Forderungen dort befinden soll, wo ihr Gläubiger, hier also der Vollstreckungsschuldner, seinen Wohnsitz hat Forderungspfändungen sind in der Schweiz also ohne weiteres möglich, wenn der Drittschuldner zwar im Ausland, der Vollstreckungsschuldner aber im Inland wohnt. Alle Vollstrekkungsvoraussetzungen sind hier gegeben: Ein (allgemeiner) Betreibungsstand besteht jedenfalls am Vollstreckungsschuldnerwohnsitz, und die Pfändungskompetenz ergibt sich aus der fingierten Belegenheit der Forderung am gleichen Ort.
kreis ausgeschlossen werden sollen, nicht aber die durch bloßen Beschluß erfolgende Forderungspfandung. Im interkantonalen Bereich ist daher die Einschlagung des Requisitorialweges nicht erforderlich. In internationalrechtlichen Fällen hält das Bundesgericht dagegen am Erfordernis der Belegenheit im Inland und damit an Art 89 SchKG fest, so daß es hier nach wie vor auf die Frage der Forderungsbelegenheit ankommt. 7 6 BGE 107 ΠΙ, 147 ff. (149); 9 1 Ι Π , 41 ff. (45 f.) m.w.N.; 86ΙΠ, 8 ff. (9); 63 ΠΙ, 44 ff. (45); 52 ΠΙ, 1 ff. (2); v. Steiger, BISchK 1953, 1 ff. (7); Rie zier, IZPR, S. 272; Schnitzer, IPR, S. 889. 77 Kritisch aber Guldener, IZPR, S. 180, Fußn. 7. 7 8
BGE 107 ΠΙ, 147 ff. (149); 105 ΙΠ, 117 ff. (119); 103 ΠΙ, 86 ff. (90); 102 m , 94 ff. (99 f.); 80ΙΠ, 102 (1954); 7 6 Ι Π , 18 ff. (19); 63 ΠΙ, 44 ff. (45); 61 ΠΙ, 108 ff. (109); 56 ΠΙ, 228 ff. (230); 4 7 Ι Π , 71 ff. (75). Ebenso Zürich, 2. Abt. als untere Aufsichtsbehörde, BISchK 1984, 116. Zustimmend Lenzi, S. 103; Amonn, S. 161 und 405; Fritzsche/Walder, S. 297; Fritzsche Π, S. 214; Gilliéron , S. 160; Schnitzer, IPR, S. 889; Riezler, IZPR, S. 272; Nußbaum, DIPR, S. 419; Raschein, BISchK 1987, 201 ff. (207); Leuthard, BISchK 1953,33 ff. (41); v. Steiger, BISchK 1953,1 ff. (7). 7 9 D.h. nicht pfandversicherter oder in einem Wertpapier verkörperte Forderungen. Zu Wertpapierforderungen vgl. BGE 105ΙΠ, 117 ff. (119).
§ 2 Internationale Zuständigkeit zum Erlaß eines Forderungspfändungsbeschlusses
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Wie nun aber, wenn der Drittschuldner im Inland und der Vollstreckungsschuldner außerhalb der Schweiz wohnt? Konsequenterweise müßte dann die Pfändung mangels Pfändungskompetenz bzw. wegen Auslandsbelegenheit der Forderung selbst dann unterbleiben, wenn an sich ein besonderer Betreibungsstand in der Schweiz bestünde 80 . Zu dieser konsequenten Anschauung konnte sich das Bundesgericht 81 freilich nicht durchringen. Es erklärte die Forderungpfändung in der Schweiz vielmehr gleichwohl für möglich. Die Forderung sei im Falle eines ausländischen Vollstreckungsschuldnerwohnsitzes ausnahmsweise nicht am Domizil des Vollstreckungsschuldners, sondern am Drittschuldnerwohnsitz lokalisiert. Auch diese Rechtsprechung ist bei unterinstanzlichen Gerichten und in der Literatur offenbar kaum auf Kritik gestoßen Man kann daher wohl von einem gewohnheitsrechtlichen Satz sprechen, wonach Forderungen grundsätzlich am Gläubigerwohnsitz, bei Auslandswohnsitz des Gläubigers ausnahmsweise am Schuldnerwohnsitz belegen sind 8 2 . Befremdlich ist die unterschiedliche Lokalisierung je nach in- oder ausländischem G l ä u b i g e r w o h n s i t z 8 3 nur so lange, wie man gedanklich eine "tatsächliche" Belegenheit oder die allgemeingültige Bestimmbarkeit des Belegenheitsorts von Forderungen sucht Teilt man dagegen die hier vertretene Auffassung, wonach es eine solche Belegenheit nicht gibt, stellt die Rechtsprechung des Bundesgericht nichts weiter als den sinnvollen Versuch dar, die schweizerische Kompetenz zur Forderungspfändung zu begrenzen 84 . Angreifbar wäre sie daher nur durch den Nachweis, daß allein die grundsätzliche Lokalisierung am Gläubigerwohnsitz, nicht aber die ausnahmsweise Anknüpfung der Forderungsbelegenheit an den Drittschuldnerwohnsitz in der Schweiz
8 0
V. Steiger , BISchK 1953,1 ff. (7).
81 BGE 107 m , 147 ff. (150); 103 ΙΠ, 86 ff. (90); 102 ΙΠ, 94 ff. (99); 80 ΙΠ, 122 ff. (126); 76 m , 18 ff.(19); 75 m , 25 ff. (27); 63 ΙΠ, 44 ff. (45); 61 ΙΠ, 108 ff. (109); 4 7 Ι Π , 71 ff. (75). Ebenso Jäger , Anm. 1 zu Art. 272; Amonn, S. 161; Guilléron , S. 160; Lenzi, S. 103; Riezler, IZPR, S. 272; Fritzsche Π , S. 214; Wengler , S. 289; v. Steiger , BISchK 1953, 1 ff. (7); Schmidt, M D R 1956, 204 ff. (206); Ost , Justiz 1976, 134 ff. (134). Dasselbe soll auch dann gelten, wenn die Wohnsitzverhältnisse des Vollstreckungsschuldners so undurchsichtig sind, "daß auch emstliche und umsichtige Erhebungen es nicht erlauben, die Frage, wo er wohne, einigermaßen zuverlässig zu beantworten"; BGE 7 6 Ι Π , 19 8 2 BGE 64 ΙΠ, 127 ff. (130): "Das (die Lokalisierung am Gläubigerwohnsitz) ist heute derart anerkannt, daß jedes schweizerische Betreibungsamt bei Arrest- oder Pfändungsvollzug darauf abstellen kann und soll". Die Voraussetzungen für die Entstehung von Gewohnheitsrecht sind in der Schweiz dieselben wie in der Bundesrepublik: Erforderlich ist ein allgemeiner Brauch bzw. eine dauernde Übung bei allgemeiner Überzeugung in den beteiligten Kreisen (Bemer Komm.-MaierHayoz , Art. 1 ZGB, Anm. 238 ff.). 8 3 So Guldener , IZPR, S. 180. 8 4 Vgl. etwa BGE 112ΙΠ, 115 ff. (118); 107 ΠΙ, 147 ff.(149); 63 ΙΠ, 44 f. (45) wo die Forderungsbelegenheit ausdrücklich nur als Fiktion bezeichnet wird. IS Mössle
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4. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im schweizerischen Recht
gewohnheitsrechtliche Bedeutung hat. Die Betreibung von Forderungen am Ort des Drittschuldnerwohnsitzes würde dann gegen geltendes schweizerisches Gewohnheitsrecht verstoßen. Dafür fehlt indes jeglicher Anhaltspunkt Der Ausnahmesatz für den Fall eines ausländischen Vollstreckungsschuldnerwohnsitzes entspricht vielmehr ebenso allgemeiner Praxis wie die grundsätzliche Forderungslokalisierung am Gläubigerwohnsitz. Es bestehen damit keine Bedenken gegen die Rechtsauffassung des schweizerischen Bundesgerichts. C. Zusammenfassung und völkerrechtliche Beurteilung Die Relevanz der Forderungsbelegenheit für die schweizerische internationale Pfändungszuständigkeit und die Bestimmung dieser Forderungsbelegenheit nach Vollstreckungsschuldner- bzw. Drittschuldnerwohnsitz führen dazu, daß die schweizerische Zuständigkeit nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn entweder Vollstreckungsschuldner oder Drittschuldner in der Schweiz wohnen. Schon diese Feststellung genügt nach den Ergebnissen des völkerrechtlichen Teils der Arbeit 8 5 , um Bedenken gegen die schweizerische Handhabung der internationalen Forderungspfandung auszuräumen. Das zusätzliche Erfordernis eines Betreibungsstandes in der Schweiz führt darüber hinaus sogar zu einer noch stärkeren Einschränkung der internationalen Zuständigkeit. Weitere Erörterungen zum Völkerrecht erübrigen sich daher. § 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungspfandung notwendigen Zustellungen Pfandungsurkunden, die bei der internationalen Forderungspfändung ins Ausland zu versenden sind, sind einerseits Zahlungsbefehl und Pfändungserklärung, die gegenüber dem Vollstreckungsschuldner ergehen, andererseits die Drittschuldneranzeige. A. Auslandszustellung an den Drittschuldner Spezialregelungen für die Zustellung der Drittschuldneranzeige ins Ausland fehlen. Es ist daher Art. 34 SchKG einschlägig 86 : "Alle Mitteilungen der Betreibungs- und Konkursämter werden schriftlich erlassen und, sofern das Gesetz nicht etwas anderes vorschreibt (35,72,161,233), durch rekommandierten 8 5 8 6
S. 23 ff. (61). BGE 73 ΠΙ, 118 ff. (121).
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungpfndung notwendigen Zustellungen
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Brief oder durch Übergabe gegen Empfangsbescheinigung zugestellt " Daß es sich bei der Drittschuldneranzeige um eine "Mitteilung" i.S.v. A r t 34 SchKG handelt, ergibt sich aus der besonderen Rechtslage in der Schweiz, wonach die Drittschuldneranzeige für die Wirksamkeit der Forderungspfandung irrelevant ist. Bei Auslandswohnsitz des Drittschuldners sind freilich völkergewohnheitsrechtliche und staatsvertragliche Beschränkungen zu beachten. Die in Art. 34 SchKG vorgesehene direkte Postzustellung ist daher nicht ohne weiteres ins Ausland möglich. Die allgemeine Rechtslage nach dem HZPrÜbk. und nach allgemeinem Völkerrecht wurde o b e n 8 7 schon ausführlich dargestellt. Der besseren Übersichtlichkeit halber sollen aber die wichtigsten Punkte noch einmal kurz wiederholt werden. Gleichzeitig wird die Haltung der Schweiz im einzelnen darzustellen sein. I. Haager Zivilprozeßübereinkommen In "Zivil- und Handelssachen" ist im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland und zu Frankreich das HZPrÜbk. einschlägig. Das neuere HZustÜbk. hat die Schweiz bislang nicht ratifiziert. Nach dem HZPrÜbk. ist die Direktzustellung der Drittschuldneranzeige sowohl nach Frankreich als auch in die Bundesrepublik ausgeschlossen: Für das Verhältnis zur Bundesrepublik ergibt sich dies schon daraus, daß der deutsche Staat ausdrücklich von seinem staatsvertraglichen Widerspruchsrecht gegen Postzustellungen gem. Art. 6 HZPrÜbk. Gebrauch gemacht hat 8 8 . Von Frankreich wurde ein solcher Widerspruch zwar nicht explizit erklärt. Zum gleichen Ergebnis führt hier aber die Tatsache, daß das zwischen Frankreich und der Schweiz bestehende Zusatzübereinkommen die Möglichkeit einer Postzustellung nicht erwähnt. Dies allein genügt nach dem Wortlaut von Art. 6 HZPrÜbk für den Ausschluß der direkten Postzustellung 89 . Im Verhältnis zu beiden Staaten hat die schweizerische Praxis den staatsvertraglichen Ausschluß einer Postzustellung der Drittschuldneranzeige gegen den Widerspruch des Empfängerstaates auch seit langem anerkannt 90 . Drittschuldneranzeigen wer-
8 7
S. 61 ff. Vgl. die Mitteilung des schweizerischen Bundesblatt 19101, S. 235. 8 9 Vgl. schon oben S. 76. 90 BGE 103 ΙΠ, 69 ff. (71); 7 6 Ι Π , 75 ff. (76); 52ΙΠ, 102 f.; OG Zürich, ZR 1981, Nr. 102; Gutachten der eidgenössischen Polizeiabteilung von 1954, VEB 26 (1956), Nr. 5; Guldener, IZPR, S. 8 8
15*
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4. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im schweizerischen Recht
den daher nach Frankreich und in die Bundesrepublik Deutschland allein auf dem Rechtshilfeweg zugestellt II. Rechtslage außerhalb des Haager Zivilprozeßübereinkommens Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des HZPrÜbk. ist in der Schweiz allgemein anerkannt, daß die direkte Postzustellung von Hoheitsakten ins Ausland nur dann völkerrechtlich zulässig ist, wenn der Empfängerstaat (zumindest inform stillschweigender Duldung) darin eingewilligt hat? l. Selbst wenn innerstaatlich an sich die Möglichkeit einer Zustellung auf dem Postwege gegeben wäre und - wie dies im Schuldbetreibungsrecht der Fall ist - Spezialregelungen für die Auslandszustellung fehlen, stellen die schweizerischen Behörden daher grundsätzlich nur auf dem Rechtshilfeweg zu. Im besonderen Fall der schweizerischen Drittschuldneranzeige kam freilich die Frage auf, ob diese überhaupt einen Hoheitsakt und nicht eine bloße, formlose Mitteilung ohne rechtsgestaltenden Charakter darstellt. Im zweiten Fall könnte man unter Umständen zu dem Ergebnis kommen, die Direktzustellung sei aufgrund des nichthoheitlichen Charakters der Drittschuldneranzeige in der Staatenpraxis geduldet und damit völkerrechtlich auch nach Frankreich und in die Bundesrepublik möglich. Das Bundesgericht beschäftigte sich erstmals in BGE 52 III, 1 ff mit der Frage. Dabei entschied es in der Tat, die Drittschuldneranzeige gem. Art. 99 SchKG könne als bloße Sicherungsmaßnahme entsprechend einer (privatrechtlichen) Zessionsanzeige behandelt werden. Sie sei folglich auch ohne ausdrückliche Zustimmung des betroffenen Staates auf dem Postwege ins Ausland zustellbar. Dies ergebe sich auch daraus, daß die zu pfandende Forderung im Inland, nämlich am Wohnsitz des Vollstreckungsschuldners ( = Forderungsgläubiger) liege; die Pfändung vollziehe sich folglich ausschließlich im Inland. Daß das zuletzt genannte Argument von vornherein nicht überzeugen kann, folgt aus den obigen Feststellungen zum allgemeinen Völkerrecht Der Pfändungsbeschluß ist isoliert betrachtet immer ein Inlandsakt und unterliegt von daher nur dann völkerrechtlichen Bedenken, wenn es an ausreichenden Binnenbeziehungen zum Inland und damit an den völkerrechtlichen Jurisdik-
25, Fußn. 37; Fr itzschefW aider , S. 297; Volken, ZBJV 1982, 441 ff. (449). Anders noch (für das Verhältnis zu Frankreich) BGE 4 1 Ι Π , 209 ff. 91 Vgl. Kreisschreiben des Bundesgerichts vom 13.7. 1926, 52 ΙΠ, 102, abgedruckt auch in Walder, SchKG, S. 764 f. Vgl auch BGE 1081 A, 105 ff. (106); 1051 B, 45 ff. (48); 104 I A, 448 ff. (456); Guldener, IZPR, S. 25; Müller/Wildhaber, S. 283; Siegrist, S. 174; Volkjen, ZBJV 1982, 441 ff. (442).
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungpfndung notwendigen Zustellungen
229
tìonsvoraussetzungen fehlt An der grundsätzlichen Unzulässigkeit der direkten Zustellung von Pfändungsurkunden, die im Laufe des Pfändungsverfahrens notwendig werden, ändert dies indes nichts. Die Zustellung selbst und nicht der Pfändungsbeschluß ist es ja, die bei ihrer direkten Durchführung auf dem Postwege fremde Souveränität beeinträchtigt 92 . Ihre völkerrechtliche Zulässigkeit hängt daher auch bei unterstellter Belegenheit der Forderung im Inland von der Duldung durch den Empfängerstaat ab. Die weitere Erwägung des Bundesgerichts mit dem angeblich fehlenden hoheitlichen Charakter der Drittschuldneranzeige und der Vergleich zur privatrechtlichen Zessionsanzeige vermögen gleichfalls kaum zu überzeugen. Richtig ist zwar, daß die Drittschuldneranzeige - wie die Zessionsanzeige nach erfolgter Forderungsabtretung - für die Wirksamkeit der Forderungspfändung irrelevant ist. Sie hat aber gleichwohl rechtsgestaltende Wirkung gegenüber dem Drittschuldner. Der Drittschuldner verliert erst mit dem Zugang der Anzeige die Möglichkeit, befreiend an den Vollstreckungsschuldner zu leisten. Auch hat er erst jetzt die Verpflichtung, sich über Bestand und Höhe der Forderung zu e r k l ä r e n ^ . Ähnlich ist die Rechtslage zwar auch bei der Forderungsabtretung; erst die Zessionsanzeige führt zum Verlust der Möglichkeit einer befreienden Leistung an den Zedenten. Während aber die Zessionsanzeige diese Wirkung kraft privatrechtlicher Verfügungsbefugnis zeitigt, ergeht die Drittschuldneranzeige aufgrund hoheitlicher Amtsbefugnisse 94. Hier liegt der entscheidende Unterschied, der auch für die schweizerische - wie für deutsche und französische - Drittschuldneranzeige dazu führt, daß sie keine bloße Mitteilung, sondern einen hoheitlichen Akt darstellt, dessen Direktzustellung ins Ausland von der Duldung des Empfängerstaats abhängt 95 . Dem scheint sich in seiner jüngeren Praxis - abweichend von der eben dargestellten Entscheidung - auch das Bundesgericht angeschlossen zu haben. Bereits kurz nach der eben zitierten Entscheidung gab es in einem Kreisschreiben bekannt, daß im Verhältnis zu Deutschland die Zustellung einer Drittschuldneranzeige auf dem Postweg künftig nicht mehr erfolgen solle 96 . Ausschlaggebend war, daß der deutsche Staat sich ausdrücklich gegen die Zustellung von Drittschuldneranzeigen auf deutschen Boden gewandt hatte. Die deutsche Begründung, wonach die Zustellung der Drittschuldneranzeige aus deutscher Sicht ein Akt der Zwangsvollstreckung sei, wurde zwar als unzutreffend bezeichnet und nur im Hinblick auf das HZPrÜbk. als relevant anerkannt. Gleich92 Vgl. oben S. 73 ff. 93 Fritzsche/Walder, 94 Fritzsche/Walder, 9 5
S. 297. S. 297.
Guldener, IZPR, S. 180, Fußn. 5. 96 BGE 52 ΠΙ, 102 f. Auch abgedruckt in Walder, SchKG, S. 764 f.
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4. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im schweizerischen Recht
wohl wurde die deutsche Haltung fortan offenkundig auch außerhalb des Anwendungsbereichs des HZPrÜbk. respektiert. Gut zwanzig Jahre später entschied dasselbe Gericht in einem Fall, in dem es um die Zulässigkeit einer Lohnpfändung gegenüber einer Angestellten der Vereinten Nationen ging, daß die notwendige Zustellung der Drittschuldneranzeige an die UNO als Drittschuldnerin wegen deren Exterritorialität unzulässig sei. Eine Begründung schien das Gericht nicht für erforderlich zu halten^. Die Verweigerung der Zustellung an die Vereinten Nationen läßt sich nur erklären, wenn man unterstellt, daß es die Drittschuldneranzeige als hoheitlichen Zwangsakt ansieht. Der Zustellung rein persönlicher, nichthoheitlicher Mitteilungen steht die Exterritorialität des Empfängers nämlich nicht entgegen. Es ist daher anzunehmen, daß das Bundesgericht heute auf dem Standpunkt steht, daß die schweizerische Drittschuldneranzeige einen Hoheitsakt darstellt und daher nur mit Zustimmung des Empfängerstaates direkt zustellbar ist. Nur diese Auffassung trifft auch zu. Daraus ergibt sich, daß auch im außerstaatsvertraglichen Bereich die Drittschuldneranzeige zwingend auf dem Rechtshilfeweg ins Ausland zugestellt werden muß. Jedenfalls gilt dies, soweit der Empfänger in der Bundesrepublik oder in Frankreich wohnt III. Praktische Durchführbarheit
des Rechtshilfewegs
Der Rechtshilfeweg bei der Zustellung der Drittschuldneranzeige bereitet im Verhältnis zu Frankreich keine Probleme. Die französischen Behörden führen Zustellungen an den Drittschuldner, der sich auf französischem Boden aufhält, ohne weiteres aus98. Im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland ist die Zustellung dagegen von vornherein zum Scheitern verurteilt Die deutschen Behörden sind zur Rechtshilfegewährung nicht bereit Das hat Deutschland gegenüber der Schweiz in einem Notenwechsel ausdrücklich klargestellt^. Die schweizerische Praxis ist daher dazu übergegangen, gar nicht mehr erst Rechtshilfeanträge zu stellen i°°. Auch dazu wird man wohl - wie oben schon zur deutschen Pra-
97 BGE 73 ΙΠ, 1 ff. (3). 98 So die übereinstimmende Auskunft des schweizerischen Justiz- und Polizeidepartements und des französischen Justizministeriums. 99 Kreisschreiben des Bundesgerichts, BGE 52 ΙΠ, 102, auch abgedruckt in Walder, SchKG, S. 764 f. 100 Kreis schreiben des Bundesgerichts. Vgl. die vorstehende Fußn.
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungpfändung notwendigen Zustellungen
231
xisioi - sagen müssen, daß die Haltung der schweizerischen Justizbehörden im Hinblick auf den Justizgewährungsanspruchi°2, der in der Schweiz wie in Deutschland anerkannt ist, problematisch ist. Eine Praxisänderung durch die Bundesrepublik Deutschland ist nicht völlig ausgeschlossen; dies um so mehr, als die deutsche Praxis im Anwendungsbereich des Haager Abkommens gegen die staatsvertragliche Pflicht zur Rechtshilfegewährung verstößt Schon im Hinblick darauf sollte dem Pfändungsgläubiger die Chance einer Praxisänderung nicht durch den unterlassenen Rechtshilfeantrag genommen werden. Die stetige Erneuerung von Rechtshilfebegehren und die dadurch erzwungene, wiederholte Hinterfragung der eigenen Haltung durch die deutschen Behörden mag diese Chance auch vergrößern. IV. Abhilfemöglichkeiten Drittschuldneranzeige
bei Nichtzustellbarkeit der auf dem Rechtshilfeweg
Scheitert die Zustellung der Drittschuldneranzeige, so ist weiter zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, der Pfändung doch noch zur Wirksamkeit zu verhelfen: 1. Öffentliche Zustellung Die zunächst naheliegende Möglichkeit einer öffentlichen Zustellung (Art. 35 SchKG) scheidet nach dem Gesetzeswortlaut von vornherein aus, da sie in Art. 66 Abs. 4 SchKG nur gegenüber dem Vollstreckungsschuldner vorgesehen i s t 1 0 3 . Auch eine Analogie zu Art. 66 Abs. 4 SchKG kommt jedenfalls bei bekanntem Drittschuldnerwohnsitz nicht in Betracht Der Wortlaut beschränkt die öffentliche Zustellung auf Zustellungen an den Schuldner, dessen Wohnsitz unbekannt ist. Darin zeigt sich, daß die Norm eine - als solche nur beschränkt analogiefähige - Ausnahmevorschrift 104 darstellt. Zwar dehnt das schweizerische Bundesgericht in seiner Rechtsprechung i°5 den Wortlaut von A r t 66 Abs. 4 SchKG gleichwohl partiell aus, indem es die öffentliche Zustellung an den Betreibungsschuldner auch bei bekanntem Schuldnerwohnsitz zuläßt, sofern
101 Vgl. oben S. 111 ff. 1°2 Habscheid, ZPR, S. 4 f. Vgl. auch die Begründung in BGE 68 ΙΠ, 10 ff. (15). Gerade im Hinblick auf den Justizgewährungsanspruch wird gegenüber dem Vollstreckungsschuldner im Falle der Nichtdurchführbarkeit des Rechtshilfewegs eine öffentliche Zustellung zugelassen. 103 Fritzsche/Walder, S. 169; Fluri, S. 46 (Fußnote 5) 104 BGE 112ΙΠ, 6 ff. (8) ("letztes Mittel"); 103 ΠΙ, 1 ff. (5); 64 ΠΙ, 40 ff. (43); Gilliéron , S. 96; Fritzsche/Walder, S. 176. 1°5 BGE 103 ΙΠ, 1 ff.; 6 8 Ι Π , 10 ff.
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4. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im schweizerischen Recht
der Rechtshilfeweg nicht realisierbar ist Dies läßt m.E. aber keine Rückschlüsse für die Zustellung an den Drittschuldner zu. Im Unterschied zum Vollstreckungsschuldner ist der Drittschuldner am Pfandungsverfahren bislang völlig unbeteiligt. Die ihm gegenüber eintretende Wirkung der Forderungspfändung ohne reelle Kenntnisnahmemöglichkeit würde daher eine unzumutbare Härte bedeuten. 2. Verzicht auf die Drittschuldneranzeige Erwägenswert ist aber, ob man angesichts dessen, daß die Drittschuldneranzeige keine Wirksamkeitsvoraussetzung der Forderungspfändung ist, bei Scheitern des Rechtshilfewegs nicht völlig auf die Zustellung verzichten kann. So entschied in der Tat das Bundesgericht in der oben zitierten Entscheidung (BGE 74 III, 1 ff) zur Zulässigkeit der Arbeitslohnpfändung einer UNOAngestellten. Wenn die Zustellung an die Vereinten Nationen (= Drittschuldnerin) nicht möglich sei, müsse sie eben unterbleibeni 06 . Die Forderungspfändung sei gleichwohl wirksam. Es treten dann zwar nicht die Sicherungswirkungen gegenüber dem Drittschuldner ein, doch sei die Pfändung gleichwohl nicht sinnlos, weil jedenfalls die Möglichkeit bestehe, daß die Drittschuldnerin freiwillig den gepfändeten Teil des Einkommens an das Betreibungsamt abführe oder daß die Vollstreckungsschuldnerin angesichts der vollzogenen Pfändung den gepfändeten Betrag an den Vollstreckungsgläubiger weiterleite. Ein solcher Verzicht auf die Pfändungsanzeige hat zur Folge, daß völkerrechtliche Beschränkungen für die Durchführung der Forderungspfändung nicht mehr bestehen; die Zustellung, die allein fremde Souveränität berührt, entfällt. Zweifelhaft erscheint allenfalls, ob man entgegen der Vorschrift des A r t 99 SchKG einfach annehmen kann, die Forderungspfändung sei auch ohne Drittschuldneranzeige zulässig, denn daraus, daß die Anzeige nicht Wirksamkeitsvoraussetzung des Pfändungsaktes ist, folgt nicht automatisch, daß ohne weiteres auf sie verzichtet werden k a n n i 0 7 . Für die Verzichtbarkeit spricht aber, daß die Drittschuldneranzeige im schweizerischen Recht den Vollstrekkungsschuldner sichern, folglich ausschließlich dessen Interessen dienen soll. Ist die Sicherungsmaßnahme unmöglich, so ist der ratio legis eher Genüge getan, wenn der Pfändungsakt ohne Sicherung vollzogen wird, als wenn dem Gläubiger die Pfändung völlig versagt würde. Da auch Interessen des 106 Vgl. s. 4 der Entscheidung. 107 Vgl. etwa BGE 83 ΙΠ, 17 ff. (19): Eiiaß einer Drittschuldneranzeige grundsätzlich obligatorisch.
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungpfndung notwendigen Zustellungen
233
Drittschuldners, dem gegenüber die Pfändung ohne Rechtsfolgen bleibt 108, nicht berührt sind, ergibt sich hieraus, daß ein Verzicht auf die Drittschuldneranzeige nach Sinn und Zweck des Art. 99 SchKG möglich sein muß. Dem Urteil ist daher zuzustimmen. Der Rechtslage bei Exterritorialität des Drittschuldners vergleichbar ist die Unmöglichkeit der Zustellung der Drittschuldneranzeige ins Ausland aufgrund des entgegenstehenden Willens des Empfängerstaates (s.o.). Mit denselben Argumenten ist demnach auch hier die Pfändung einer Forderung unter Verzicht auf die Drittschuldneranzeige zulässig. Ob dem Vollstreckungsgläubiger mit dieser Lösung tatsächlich geholfen ist, ist freilich zu bezweifeln: Daß der (ausländische) Drittschuldner freiwillig eine schweizerische Pfändung anerkennt und an den Vollstreckungsgläubiger zahlt, ist schon deswegen unwahrscheinlich, weil sein Heimatstaat die Pfändung in aller Regel nicht anerkennen wird. Anderenfalls würde er ja auch bei der Zustellung der Drittschuldneranzeige Rechtshilfe leisten. Eine freiwillige Abführung des Pfändungsbetrags durch den Vollstreckungsschuldner ist zwar möglich; die Chancen dafür erweitern sich aber nicht durch die Pfändung. Allenfalls die bei Strafandrohung verbotene Abtretung der Forderung durch den Vollstreckungsschuldner mag dem Gläubiger zusätzliche Befriedigungschancen bringen. Im übrigen steht der Vollstreckungsgläubiger kaum besser als im französischen und deutschen Recht, in denen die Forderungspfändung bei Nichtzustellbarkeit der Drittschuldneranzeige gar nicht erst zur Wirksamkeit gelangt. B. Auslandszustellung an den Vollstreckungsschuldner Für die gegenüber dem Vollstreckungsschuldner notwendigen Zustellungen von Zahlungsbefehl und (konstitutiver) Pfändungserklärungi09 bestimmt Art. 64 SchKG, daß sie grundsätzlich förmlich zuzustellen ist. Eine einfache Postzustellung, wie sie für die Drittschuldneranzeige möglich ist, scheidet zumindest auf nationaler Ebene aus.
108 Fluri, S. 48 109 Für den Pfändungsbeschluß str. Nach anderer Ansicht soll Art. 64 SchKG nur die Zustellung des Zahlungsbefehls regeln. Wie hier Zürich, BISchK 1987, 23 ff. (26); Walder, SchKG, Anm. 1 zu Art. 64. A.A. Blumenstein, S. 220. Bei ausländischem Wohnsitz ergibt sich daraus kein praktischer Unterschied. In jedem Falle ist der Rechtshilfeweg einzuschlagen.
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4. Kap.: Die internationale Forderungspfändung im schweizerischen Recht
I. Zustellung der Betreibungsurkunden an den Vollstreckungsschuldner dem Rechtshilfeweg (Art. 66 Abs. 3)
auf
Bei ausländischem Wohnsitz des Vollstreckungsschuldners greift demgegenüber die Spezialregelung des Art. 66 Abs. 3 ein: "Wohnt der Schuldner im Ausland (50), so erfolgt die Zustellung durch die Vermittlung der dortigen Behörden oder durch die Post". Unstreitig ist, daß die zweitgenannte Möglichkeit einer Auslandszustellung durch die Post sowohl im Anwendungsbereich des HZPrÜbk. als auch außerhalb dieses Abkommens nur dann besteht, wenn der Empfängerstaat darin einwilligt 1 1 0 . Wie bei der Zustellung der Drittschuldneranzeige bleibt daher für das Verhältnis zu Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland allein der Rechtshilfeweg übrig, so daß Art. 66 Abs. 3 SchKG gegenüber Art. 64 SchKG keine erweiterten Zustellungsmöglichkeiten bringt. II. Praktische Durchführbarkeit
des Rechtshilfeweges
Die Zustellung von Zahlungsbefehl 111 und Pfändungsmitteilung auf dem Rechtshilfeweg bereitet, soweit ersichdich, weder im Verhältnis zu Frankreich noch zur Bundesrepublik Schwierigkeiten 112. Was das Verhältnis zur Bundesrepublik angeht, ist diese Feststellung einigermaßen erstaunlich. Da die schweizerische Pfändungsmitteilung den konstitutiven Akt der Forderungspfändung darstellt, müßten die oben 11 ^ dargestellten Bedenken, die die deut-
1 1 0
BGE 107 ΠΙ, 11 ff. (12); 103 ΠΙ, 1 ff. (4); 9 6 Ι Π , 62 ff. (65); 9 4 Π Ι , 35 ff. (37) ; 82ΙΠ, 63 ff. (75); 57 ΙΠ, 26 ff. (30); Schaffhausen, Kantonale Aufsichtsbehörde, BISchK 1988, 22 ff. (26); Amonn, S. 103. A.A. Gonseth, S. 76 (Rz. 114). Dagegen wird die Postzustellung etwa in die USA für möglich gehalten, weil sie der U.S.-amerikanische Staat nicht gegen solche Direktzustellungen verwahrt (BGE 109 ΙΠ, 97 ff. (100)). 111 Das Bundesgericht sieht eine gegen den erklärten Widerspruch des Empfängerstaates durchgeführte Direktzustellung als nichtig an: BGE 5 7 Ι Π , 26 ff. (30). 112 Vgl. etwa BGE 107 Π Ι 11 ff. (auch zur Frage, ob die deutsche Zustellung durch Aufgabe zur Post, die im Rechtshilfeverfahren angewandt wird, gegen den schweizerischen ordre public verstößt); 9 1 Ι Π , 1 ff. 113 Der Notenwechsel, der zwischen der Bundesrepublik und der Schweiz zum Problem der internationalen Forderungspfändung stattgefunden hat, erfaßt den Fall einer schweizerischen Forderungspfändung bei ausländischen Wohnsitz des Vollstreckungsschuldners- und inländischem Drittschuldnerwohnsitz nicht. Beide Staaten kamen hier überein, daß Pfändungsurkunden schon dann nicht im anderen Staat zuzustellen seien, wenn die Forderung auch nur nach dem Recht eines Staates als Auslandsgegenstand zu qualifizieren sei. Da freilich die Schweiz die Forderungsbelegenheit bei ausländischem Vollstreckungsschuldnerwohnsitz ausnahmsweise als am (inländischen) Drittschuldnerwohnsitz belegen ansieht und folglich immer dann zur "Inlandsbelegenheit" kommt, wenn entweder VollstreckungsSchuldner oder Drittschuldner im Inland wohnen, betrifft die Abmachung faktisch nur die Fälle, in denen der Drittschuldner aus schweizerischer Warte im Ausland wohnt (§
§ 3 Durchführbarkeit der bei der Forderungpfändung notwendigen Zustellungen
235
sehen Justizverwaltungen gegen die Zustellung der Drittschuldneranzeige auf deutschem Boden haben, korisequenterweise auch hier greifen. Die - vom in dieser Arbeit vertretenen Standpunkt aus freilich ohnehin nicht überzeugende Erwägung, die "Wirksammachung" eines ausländischen Aktes der Zwangsvollstreckung vertrage sich nicht mit dem deutschen Souveränitätsverständnis, trifft hier nämlich genauso zu wie bei der Zustellung ausländischer Drittschuldneranzeigen. Den die Rechtshilfe favorisierenden Ausschlag scheint insoweit § 23 ZPO zu geben. Die Belegenheit der Forderung wird danach als in der Schweiz, nämlich am schweizerischen Drittschuldnerwohnsitz fingiert. Hieraus wird offenbar geschlossen, daß deutsche Souveränitätsinteressen nicht gefährdet sind. Anerkennt man demgegenüber richtigerweise, daß die Forderungslokalisierung in § 23 ZPO keinen allgemeinen Rechtsgedanken enthält, sondern funktional begrenzt ist und damit den Fall der internationalen Forderungspfandung gar nicht erfaßt 1 1 4 , so muß die deutsche Praxis als inkonsequent bezeichnet werden.
III. Möglichkeit einer Ersatzzustellung
an den Vollstreckungsschuldner
Nur der Vollständigkeit halber soll abschließend kurz die Frage angeschnitten werden, ob neben der (erfolgsversprechenden) Zustellung an den Vollstrekkungsschuldner auf dem Rechtshilfeweg auch eine fiktive Zustellung im Inland möglich ist. Das SchKG kennt als Ersatzzustellung an den Vollstreckungsschuldner nur die öffentliche Zustellung (Art. 66 Abs. 4 i.V.m. Art. 35 SchKG), die i.d.R. durch Veröffentlichung im kantonalen Amtsblatt vollzogen w i r d 1 1 5 . Ihre Anwendung ist aber grundsätzlich beschränkt auf Fälle, in denen der Schuldnerwohnsitz unbekannt i s t 1 1 6 . Über den Wortlaut des A r t 66 Abs. 4 SchKG hinaus dehnt das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung117 die Möglichkeit einer öffentlichen Zustellung freilich auf die Fälle aus, in denen der Vollstreckungsgläubiger im Inland wohnt und eine Zustellung an den Schuldner auf dem Rechtshilfeweg aus irgendwelchen Gründen - i.d.R. mangels Bereitschaft des ersuchten Staates zur Rechtshilfeleistung - nicht gelingt.
23 ZPO). Dies verkennt offenbar Ost, Justiz 1976, 134 ff. (134) und Unterreitmayer, 117 ff. (123). 1 1 4 Vgl. S. 111 ff. 115 Amonn,S. 102.
Rpfl. 1972,
W^Amonn, S. 102. 117 BGE 112 ΠΙ, 6 ff. (8); Schaffhausen, Kantonale Aufsichtsbehörde, BISchK 1988, 22 ff. (26). Es obliegt dem Gläubiger, alle Nachforschungen anzustellen, um die Adresse des Zustellungsadressaten ausfindig zu machen. Erst wenn er als wahrscheinlich darlegt, daß ein Wohnsitz nicht besteht, ist öffentliche Zustellung möglich.
236
4. Kap.: Die internationale Forderungspfndung im schweizerischen Recht
Dahinter steht die Erwägung, daß der Vollstreckungsgläubiger ansonsten keinen ausreichenden Rechtsschutz erlangen könnte, mithin also sein Justizgewährungsanspruch verletzt wäre 1 1 8 . Die vom Bundesgericht zugelassene Ausdehnung von Art. 66 Abs. 4 SchKG ist mit dieser Begründung daher ausschließlich auf Fälle begrenzt, in denen ansonsten Rechtsschutz nicht zu erlangen wäre. Ist dagegen - wie hier - die Zustellung auf förmlichen Wege ins Ausland möglich, scheidet eine öffentliche Zustellung aus. Es bleibt bei der gesetzlich vorgeschriebenen Lage, wonach nur auf dem Rechtshilfeweg zugestellt werden darf (Art. 66 Abs. 4 SchKG).
TV. Ergebnis Wie im deutschen und französischen Recht sind in der Schweiz Zustellungen an den Vollstreckungsschuldner auch dann durchführbar, wenn sie ins Ausland erfolgen müssen. Allerdings werden sie nicht durch fiktive Inlandszustellung vollzogen, sondern durch Vermitüung der Auslandsbehörden am Wohnsitzstaat. Die Auslandszustellung auch der Drittschuldneranzeige gelingt nach Frankreich ohne weiteres; die französischen Behörden sind hier zur Gewährung von Rechtshilfe bereit. Demgegenüber scheitert eine Zustellung an die Bundesrepublik Deutschland an der ablehnenden Haltung der deutschen Behörden. Die Forderungspfändung kann in der Schweiz zwar gleichwohl Gültigkeit erlangen, doch fehlt ihr die praktisch wesentliche Wirkung gegenüber dem (deutschen) Drittschuldner. § 4 Zusammenfassender Überblick Der Vergleich der nationalen Regelungen zur internationalen Forderungspfändung hat gezeigt, daß alle drei hier interessierenden Rechtsordnungen der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs und der Schweiz die eigene internationale Zuständigkeit in Anspruch nehmen, wenn entweder der Vollstreckungsschuldner oder der Drittschuldner im Inland wohnen. Weitergehende Kompetenzgründe, wie sie das deutsche Recht mit seiner Vermögenszuständigkeit (§ 828 Abs. 2 i.V.m. § 23 ZPO), nach umstrittender Auffassung auch das französische bei Anwendung von Art. 14 und 15 C.civ. kennen, konnten einer völkerrechtlichen Überprüfung nicht standhalten. Allgemein dürfte man sagen können, daß bei ausländischem Wohnsitz sowohl des Vollstreckungsschuldners 118 BGE 103 m , 1 ff. (3); 79 ΠΙ, 132 ff. (136); 6 8 Ι Π , 10 ff. (14).
§ 4 Zusammenfassender Überblick
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als auch des Drittschuldners kaum 119 - völkerrechtlich relevante - Anknüpfungspunkte zum Pfändungsstaat denkbar sind, die die staatliche Jurisdiktion als Voraussetzung für die völkerrechtliche Zulässigkeit der Vollstreckung begründen könnten. Diese These ist freilich mit Vorsicht zu genießen; der Nachweis ihrer Gültigkeit im Völkergewohnheitsrecht würde die Untersuchung einer weitaus größeren Zahl von nationalen Rechten erfordern. Dies ist indes nicht Aufgabe der vorliegenden Arbeit. Jedenfalls lassen die untersuchten Rechtsordnungen in umgekehrter Richtung den sicheren Schluß zu, daß es kein völkerrechüiches Verbot gibt, wonach Forderungspfandungen ausgeschlossen wären, wenn nur der Vollstreckungsschuldner oder nur der Drittschuldner im Inland wohnen. Würde sich diese Erkenntnis in Zukunft durchsetzen, so müßten die im Falle eines ausländischen Drittschuldnerwohnsitzes insbesondere im Zusammenhang mit der deutschen Praxis auftauchenden Zustellungsschwierigkeiten ein Ende nehmen. Zumindest dann, wenn die Haager Abkommen einschlägig sind, könnte von Seiten eines um Zustellung der Drittschuldneranzeige ersuchten Staates nicht mehr geltend gemacht werden, er fühle sich in seiner Souveränität gefährdet. Damit entfiele damit auch die argumentative Grundlage für die Berufung auf die in beiden Abkommen enthaltenen Ordre-public-Klauseln. Bei zutreffender Beurteilung des Völkergewohnheitsrechts und der Haager Abkommen käme man folglich zu dem Ergebnis, daß jeder Staat zur Forderungspfändung befugt und zu ihrer Durchführung in der Lage wäre, wenn nur der Vollstreckungsschuldner oder der Drittschuldner in diesem Staat wohnen. Außerhalb des Anwendungsbereichs der Haager Abkommen ist die Sachlage nicht ganz so einfach. Die Rechtshilfe darf hier rechtmäßig auch ohne Begründung verweigert werden. Auch in diesem Falle kann ein Überdenken der Grundsatzpositionen in Zukunft aber dazu führen, daß die Zustellung einer ausländischen Drittschuldneranzeige ausgeführt wird. Dies wäre um so wünschenwerter, als überzeugende Einwände gegen die Gewährung von Rechtshilfe nicht bestehen.
119 Eine Ausnahme bestünde wohl etwa bei Inlandsbelegenheit von Drittschuldnervermögen. Hier ist der durch dieses Vermögen hergestellte Inlandsbezug wohl sinnvoll, wenn dieses Vermögen als Volstreckungsgrundlage gegen den Drittschuldner ausreicht. So auch Schack, RPfl. 1980, 275 ff. (177).
5. Kapitel: Überblick über die Problematik der Anerkennung ausländischer Forderungspfändungen - Ideal und Wirklichkeit Nur in Form eines kurzen Überblicks soll in Fortführung der bisherigen Ergebnisse abschließend auf die Anerkennung ausländischer Forderungspfändungen eingegangen werden. Eine ausführlichere Erörterung der Anerkennungsproblematik erübrigt sich so lange, wie sich nicht die Grundhaltung der Staaten, was die internationale Forderungspfändung im allgemeinen angeht, ändert. Solange schon die Durchführung der internationalen Forderungspfändung an den starren Souveränitätsvorstellungen der Staaten scheitert, ist die Anerkennung ausländischer Pfändungen in der Praxis um so fernliegender. § 1 Das Ideal Dem für die Pfändungs- und Zustellungspraxis aufgezeigten (völkerrechtlichen) Kompetenzbereich zur Forderungspfändung würde es bestmöglich entsprechen, wenn man ausländische Pfändungsakte in gleichem Umfang anerkennen würde. Anerkennung müßte danach gewährt werden, wenn im pfändenden Auslandsstaat entweder der Vollstreckungsschuldner oder der Drittschuldner wohnen. Konsequenz der umfassenden Anerkennung in diesem Sinne - auch im Ausland - wäre die Geltung eines vollstreckungsrechtlichen Prioritätsgrundsatzes im Recht der internationalen Forderungspfändung, wie er vom nationalen Recht her hinlänglich bekannt ist. Der zeitlich erste Pfändungsakt 1 würde Wirksamkeit erlangen; nachfolgende Pfändungen müßten folgerichtig ins Leere gehen. Souveränitätsrechtliche Bedenken gegen die Anerken-
1 Dabei wäre freilich noch zu klären, welcher Zeitpunkt für die Frage des zeitlichen Vorrangs zu entscheiden hätte: der des Wirksamwerdens im Ausland oder der Anerkennungszeitpunkt, d.h. der Entscheidung über die Anerkennung im Inland. Allein richtig ist m.E. die erstere Lösung. Die Frage der Anerkennung einer Forderungspfändung kommt nämlich lediglich dann zur Entscheidung, wenn es hierauf ankommt Dies ist u.U. eben erst dann der Fall, wenn im Inland erneut gepfändet wurde und es jetzt um die Wirksamkeit dieser erneuten Pfändung geht. Würde hier die Wirksamkeit der ersten Pfändung im Inland erst mit dem Anerkennungsakt eintreten, so liefe dies im Ergebnis immer auf eine grundsätzliche Priorität der jeweils inländischen Pfändung hinaus. Dies kann nicht sinnvoll sein.
§ 1 Das Ideal
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nung aus dem Charakter der Forderungspfändung als Vollstreckungsakt, wie sie Münzberg in der 19. Auflage des Kommentars von Stein/Jonas2 äußert, bestehen nicht. Ebensowenig, wie es dem Souveränitätsgrundsatz widerspricht, ausländische Vollstreckungsakte durch Rechtshilfehandlungen zur Wirksamkeit zu bringen, spricht auch nichts gegen die Wirkungserstreckung ausländischer Forderungspfändungen im Wege der Anerkennung. Inhalt der Souveränität ist es ja gerade, frei über die Anerkennung ausländischer Hoheitsakte entscheiden zu können. Die Anpassung der Anerkennung an den aufgezeigten Kompetenzbereich zur Pfändung hat in mehrfacher Hinsicht erhebliche Vorzüge. Zunächst paßt sie sich bestmöglich in das Bestreben nach internationaler Entscheidungsharmonie ein, indem sie zu einem geschlossenen System von internationaler Zuständigkeit und Anerkennung führt 3 . Zudem erspart sie dem Drittschuldner mißliche Situationen, die ihm aus einer Nichtanerkennung im eigenen Staate erwachsen können, wenn er im Hinblick auf die ausländische Pfändung bereits an den ausländischen Vollstrec-kungsgläubiger geleistet hat. Er könnte bei nicht erfolgter Anerkennung nämlich im Inland erneut erfolgreich in Anspruch genommen werden. Das Reichsgericht hat diese Konsequenz aus der Nichtanerkennung einer ausländischen Forderungspfändung in der Tat bereits einmal gezogen. In RGZ 77, 250 ff. verurteilte es einen Drittschuldner auf eine deutsche Pfändung hin, an den deutschen Vollstreckungsschuldner zu leisten, obwohl er schon an einen ausländischen Gläubiger nach gleichfalls erfolgter Pfändung im Ausland geleistet hatte. Für die Anerkennungsproblematik im allgemeinen gibt dieser Fall zwar deswegen wenig her, weil die deutsche Pfändung dort zeitlich früher erfolgt war. Die ausländische Pfändung wäre demnach auch nach hier vertretener Auffassung aufgrund der Priorität der deutschen Vollstreckung nicht anzuerkennen gewesen. Die scharfe Kritik, die das Urteil mit seinen Konsequenzen für den Drittschuldner in der Literatur erfahren hat 4 , veranschaulicht
2 § 829 ZPO, Anm. I 2a und V I 3. Aufgegeben in der 20. Aufl., § 829 ZPO, 3 Schack, RPfl. 1980, 175 ff. (178). Internationale Entscheidungsharmonie ist dann bestmöglichst erreicht, wenn kollidierende Entscheidungen zweier oder mehrerer Staaten vermieden werden können (Geimer, IZPR, Rz. 61, S. 17). 4 Schack, Rpfl. 1980, 175 ff. (177); Rosenbaum, S. 20; Stein, FS Wach, S. 453 ff. (471 ff.) (zu anderen Entscheidungen mit gleicher Konsequenz). Rheinstein, RabelsZ 8 (1934), S. 277 ff. versucht dem Drittschuldner hier mit einem Bereicheningsanspnich zu helfen. Auch dieser nützt freilich nur dann, wenn er gegen den Vollstreckungsschuldner durchsetzbar ist. Das wird regelmäßig wohl nicht der Fall sein. Im Falle RGZ 77, 250 ff. etwa hätte der Drittschuldner gegen den Vollstreckung sschuldner im Ausland klagen müssen. Dort aber wäre die dort durchgeführte Pfändung wohl für wirksam befunden worden. Auch wenn der deutsche Vollstreckungsakt zeitlich vorrangig war, ist ein Bereicherungsanspruch nur dann nützlich, wenn der Auslandsstaat, in dem der Vollstreckung sschuldner wohnt, in internationalen Verhältnissen vom Prioritätsgrundsatz ausgeht. Dies
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5. Kap.: Anerkennung ausländischer Forderungspfändungen
aber, wie unbillig ein solches Ergebnis allgemein beurteilt wird. Sie widerspricht "jedem Rechtsempfinden'^. Der Drittschuldner ist am Streit zwischen Vollstreckungsgläubiger und -Schuldner ebenso unbeteiligt wie an den finanziellen Engpässen des Schuldners, die zur Einleitung der Zwangsvollstreckung geführt haben mögen. Ihm allein aufgrund einer staatlichen Anerkennungsverweigerung, die zudem auf unzeitgemäßen Souveränitätsvorstellungen beruht, zweimal die geschuldete Leistung aufzuerlegen, ist äußerst unbillig. § 2 Fehlen gesetzlicher oder staatsvertraglicher Regelungen Das "Ideal" eines international-rechtlichen Prioritätsgrundsatzes findet sich in der nationalen Rechtsordnungen der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs und der Schweiz erwartungsgemäß nicht wieder. Die Anerkennung ausländischer Forderungspfändungen hat in keiner Rechtsordnung eine ausdrückliche Regelungen gefunden. Daß die zwischenstaatlichen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen wie das EuGVÜ und die mit der Schweiz bestehenden bilateralen Abkommen keine Anwendung finden, wurde an anderer Stelle schon nachgewiesen^. Auch national-rechtliche Vorschriften zur Anerkennung betreffen ihrem eindeutigen Wortlaut nach lediglich Entscheidungen, nicht aber Vollstreckungsakte 7. Hieraus den Umkehrschluß zu ziehen, es bestehe folglich die Pflicht zur Anerkennung, läßt sich - entgegen RosenbaumS - kaum schlüssig begründen. Es ist ein allgemein anerkannter Grundsatz im internationalen Zivilprozeßrecht, daß die Anerkennung ausländischer Hoheitakte grundsätzlich nicht verpflichtend ist, sondern - vorbehaltlich staatsvertraglicher Regelungen - nur auf freiwilliger Basis erfolgt. Er hegt deshalb ungleich näher, aus der Nichtregelung zu schließen, daß es nach dem Willen der nationalen Gesetzgeber bei diesem Grundsatz bleiben soll, eine Anerkennungspflicht also gerade nicht besteht. Die Nachteile, die sich hieraus für den Drittschuldner ergeben, führen nicht zu einer anderen Beurteilung der Rechtslage. Sie treten für die Beteiligten typischerweise immer auf, wenn in internationalen Verhältnissen eine Anerkennung versagt wird. Auch die Nichtanerkennung eines Urteils führt beispielsweise dazu, daß dieses außerhalb des Urteilsstaats nicht vollstreckt werden wird er allenfalls dann tun, wenn Gegenseitgkeit gewährleistet ist In diesem Falle würde die Praxis aber bereits dem hier gemachten Vorschlag entsprechen. 5 Rosenbaum, S. 20. 6 Vgl. oben S. 23 f. 7 Schütze, DIZPR, S. 193. 8S. 34ff.
§ 3 Rechtsprechung zur Anerkennung
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kann. Es erwächst auch nicht in Rechtskraft, so daß es einer erneuten Klage im anderen Staat nicht im Wege steht. Diese Konsequenzen werden in Kauf genommen, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung nicht gegeben sind. Anderenfalls müßte man folgerichtig eine umfassende Anerkennungspflicht im internationalen Rechtsverkehr annehmen. Sie aber würde dem Souveränitätsgedanken widersprechen. Die Nichtexistenz von (geschriebenen oder ungeschriebenen) Rechtsregeln führt freilich auch nicht zum Anerkennungsausschluß. Die Entscheidung über die Anerkennung bleibt hier vielmehr den Gerichten überlassen. § 3 Rechtsprechung zur Anerkennung Welche Haltung die Gerichte der drei hier interessierenden Staaten zur Anerkennungsproblematik einnehmen, läßt sich für Frankreich und die Schweiz überhaupt nicht, für die Bundesrepublik Deutschland allenfalls unter Vorbehalt sagen. In den beiden erstgenannten Staaten fehlen Urteile betreffend die Anerkennung völlig 9 . Auch in der Bundesrepublik existieren nur wenige, noch dazu sehr alte Entscheidungen zur Anerkennung ausländischer Forderungspfändungen. Ihnen läßt sich entnehmen, daß die deutsche Rechtsprechung wohl dann Anerkennung gewährt, wenn der Vollstreckungsschuldner deutschen Wohnsitz hat und der Drittschuldner im pfandenden Auslandsstaat wohnt. In diesem Sinne wurde bereits zwei Mal vom Reichsgericht entschieden. Wie die Situation im umgekehrten Fall ist, daß der Drittschuldner im Inland und der Vollstreckungsschuldner im Ausland wohnt, ist bislang unentschieden geblieben. In seinem Urteil in RGZ 77, 250 befaßte sich das Reichsgericht zwar mit einem solchen Fall. Wie bereits erwähnt, bestand hier aber die Besonderheit, daß der ausländischen Pfändung eine deutsche vorangegangen war. Schon aus diesem Grund war die Anerkennung zu versagen. Freilich ist nach derzeitigem Stand der Dinge wahrscheinlich, daß die deutsche Rechtsprechung eine Anerkennung im Falle eines deutschen Wohnsitzes des Drittschuldners unter Berufung auf § 23 ZPO und die dort geregelte Lokalisierung der Forderung im Inland versagen würden. Dafür spricht die Argumentation des Reichsgerichts in den beiden erstgenannten Urteilen. Anerkennung wurde hier ausdrücklich unter Hinweis darauf gewährt, daß die Forderung bei ausländischem Wohnsitz des Drittschuldners gem. § 23 ZPO im Aus9 Allerdings erteilten die mit dem internationalen Rechtshilfeverkehr betrauten Stellen in Frankreich und der Schweiz auf Anfrage die Auskunft, daß ausländische Fordemngspfändungen grundsätzlich nicht anerkannt werden. 16 Mössle
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5. Kap.: Anerkennung ausländischer Forderungspfändungen
land belegen sei; der tiefere Grund für die Anerkennung wurde also in der "Belegenheit" gesehen. Die Anerkennungsverweigerung bei deutschem Wohnsitz des Drittschuldners wäre auch die konsequente Fortsetzung der deutschen Haltung zur Zustellung ausländischer Drittschuldner-anzeigen. Dies führt zurück auf die obigen Ausführungen: Ebenso wie das Belegenheitsargument keinen überzeugenden Einwand gegen die Gewährung von Rechtshilfe bei der Zustellung der Drittschuldner-anzeige gibt, lassen sich aus ihm auch keine souveränitätsrechtlichen Einwände gegen eine Anerkennung ausländischer Forderungspfandungen herleiten. Damit kann bei der Frage der Anerkennung ausländischer Forderungspfändungen der Vorschlag, wonach eine Anerkennung jedenfalls dann erfolgen sollte, wenn entweder der Drittschuldner oder der Vollstreckungsschuldner im pfändenden Auslandstaat wohnen, aufrecht erhalten werdend. Rechtliche oder sonstige Erwägungen, die die oben genannten Vorteile dieser Lösung aufwiegen könnten, existieren nicht
10 Ebenso Slein/Jonas-Münzberg, 20. Aufl., § 829, Rz. 103; Schack, RPfl. 1980, 175 ff. (177); Marquardt, S. 100; Wieczorek, § 829, Anm. G Π Ι b 3; Hellwig, S. 133 ff.
Schlußwort Der Überblick über die Anerkennungsproblematik bei der Forderungspfändung veranschaulichte erneut, daß Dreh- und Angelpunkt für das grenzüberschreitende Funktionieren der internationalen Forderungspfändung die Frage ist, inwieweit sich aus der Belegenheit von Forderungen bzw. daraus, daß einzelne beteiligte Personen Auslandswohnsitz haben, Beschränkungen ergeben. Die allein richtige Antwort ist, daß es solche Beschränkungen weder im Völkerrecht noch in den nationalen Rechten der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs und der Schweiz gibt. Insbesondere was die deutsche Praxis angeht, wäre ein entsprechendes Umdenken im Interesse der internationalen Zusammenarbeit dringend geboten. Man könnte dann, um auf die einleitenden Worte dieser Arbeit zurückzukommen, einen weiteren "schwarzen Fleck" im internationalen Rechtsschutzsystem bereinigen.
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