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German Pages 142 Year 1993
DEUTSCHES INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG
BEITRÄGE ZUR STRUKTURFORSCHUNG HEFT 141 · 1993
Fritz Franzmeyer, Bernhard Seidel, Christian Weise
Die Reform der EG-Strukturfonds von 1988 Konzeption, Umsetzung, Weiterentwicklung aus deutscher Sicht
DUNCKER & HUMBLOT · BERLIN
D E U T S C H E S I N S T I T U T FÜR
WIRTSCHAFTSFORSCHUNG
gegründet 1925 als INSTITUT FÜR KONJUNKTURFORSCHUNG von Prof. Dr. Ernst Wagemann 1000 Berlin 33 (Dahlem), Königin-Luise-Straße 5
VORSTAND Präsident Prof. Dr. Lutz Hoffmann Sir Leon Brittan • Prof. Dr. Johann Eekhoff · Dr. Norbert Meisner · Wolfgang Roth, MdB · Dr. Ludolf-Georg von Wartenberg Kollegium der Abteilungsleiter* Dr. Doris Cornelsen · Dr. Heiner Flassbeck · Dr. Fritz Franzmeyer · Dr. Kurt Hornschild Prof. Dr. Wolfgang Kirner · Prof. Dr. Eckhard Kutter · Dr. Bernhard Seidel • Dr. Hans-Joachin Ziesing KURATORIUM Vorsitzender: Dr. Alexander von Tippeiskirch Stellvertretender Vorsitzender: Dr. Thomas Hertz Mitglieder Der Bundespräsident Bundesrepublik Deutschland Bundesministerium der Finanzen Bundesministerium für Wirtschaft Bundesministerium für Verkehr Bundesministerium für Post und Telekommunikation Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit Bundesministerium für Forschung und Technologie Land Berlin Senatsverwaltung für Wissenschaft und Forschung Senatsverwaltung für Wirtschaft und Technologie Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe Senatsverwaltung für Bundes- und Europaangelegenheiten Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Behörde für Wirtschaft Land Niedersachsen, vertreten durch das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Wirtschaftsministerium Deutsche Bundesbank Deutsche Bundesbahn Deutsche Bundespost Postdienst Deutsche Bundespost Telekom Bundesanstalt für Arbeit Wirtschaftsvereinigung Bergbau Christlich-Demokratische Union Deutschlands Sozialdemokratische Partei Deutschlands Freie Demokratische Partei Deutscher Gewerkschaftsbund Industriegewerkschaft Metall Berliner Bank Aktiengesellschaft Berlin Hyp Berliner Hypotheken- und Pfandbriefbank AG 1KB Deutsche Industriebank AG Berliner Kraft- und Licht (Bewag)-Aktiengesellschaft Elektrowerke GmbH Holding Vereinigung der Freunde des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Persönliche Mitglieder Dr. Günter Braun Dr. Dieter Hiss Dr. Karl-Heinz Narjes * Präsident und Abteilungsleiter sind gemeinsam für die wissenschaftliche Leitung verantwortlich.
D E U T S C H E S I N S T I T U T FÜR WI RTS C H A FTS FO R S C H U Ν G
BEITRÄGE ZUR STRUKTURFORSCHUNG
HEFT 141 · 1993
Fritz Franzmeyer, Bernhard Seidel, Christian Weise
Die Reform der EG-Strukturfonds von 1988 Konzeption, Umsetzung, Weiterentwicklung aus deutscher Sicht
DUNCKER & HUMBLOT
BERLIN
Verzeichnis der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
Verfasser Fritz Franzmeyer Bernhard Seidel Christian Weise
Textverarbeitung Heidrun Becker Uta Kouassi Sibylle Kremser
Studentische Mitarbeiter Aurélie Droy Rainer Rolfes Andreas Waldkirch
Koordination Christian Weise
Herausgeber: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Königin-Luise-Str. 5, D-1000 Berlin 33 Telefon (0 30) 82 99 10 — Telefax (0 30) 82 99 12 00 Schriftleitung: Dr. Wolfgang Watter Verlag: Duncker & Humblot GmbH, Carl-Heinrich Becker-Weg 9, D-1000 Berlin 41. Alle Rechte vorbehalten Druck: 1993 bei ZIPPEL-Druck, Oranienburger Str. 170, D-1000 Berlin 26 Printed in Germany ISBN 3-428-07796-2
Inhaltsverzeichnis Seite
1
Problemstellung
2
Die Bedeutung der EG-Regionalpolitik
11
2.1
Die Lage der Regionen
11
2.2
Der Zusammenhang mit dem Binnenmarkt
13
3
EG-Regionalpolitik bis zur Reform 1987/1989
15
4
Die Reform der Strukturfonds: Konzeption
29
4.1
Grundzüge
29
4.2
Gemeinsamkeiten und Unterschiede nach Fonds und Zielen im einzelnen
4.3 4.4 5
9
34
Verhältnis der gemeinschaftlichen zur deutschen Regionalpolitik
42
Konfliktfelder in den Verfahren der Strukturfonds
47
Die Reform der Strukturfonds: Umsetzung
55
5.1
Vorbemerkung
55
5.2
Grundsätze der Strukturfondsreform
56
5.2.1 Konzentration der Intervention auf fünf vorrangige Ziele
57
5.2.2 Die Partnerschaft
66
5.2.3
70
Kohärenz
5.2.4 Eine bessere Verwaltung der Strukturfonds
72
5.2.5
75
Vereinfachung, Begleitung und Flexibilität
Exkurs: Fragebogenauswertung
80
3
Seite
6
Die Reform der Strukturfonds: Weiterentwicklung
89
6.1
Vorbemerkung
89
6.2
Konzentration auf fünf vorrangige Ziele
90
6.2.1 Strukturreform im Ansatz unterstützt
90
6.2.2 Förderung von Regionen mit Entwicklungsrückstand . .
92
6.2.3 Förderung von Gebieten des industriellen Niedergangs
7
94
6.2.4 Sozialpolitische Ziele (Ziele 3 und 4)
96
6.2.5 Förderung der Agrarstruktur (Ziel 5)
98
6.2.6 Erweiterung des Zielkatalogs?
99
6.3
Partnerschaft
100
6.4
Kohärenz
102
6.5
Bessere Verwaltung der Strukturfonds
103
6.6
Vereinfachung, Begleitung und Flexibilität
108
Ausblick
113
Literaturverzeichnis
123
Anhang 1: Fragebogen
129
Anhang 2: Gesprächspartner
139
4
Verzeichnis der Tabellen Seite Tabelle 1 2 3
Umfang, Entwicklung und Struktur der Ausgaben des EG-Haushalts nach Politikbereichen, 1975-1992
27
Die Mittel des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) nach Ländern, 1975-1991
28
EG-Mittel für die fünf neuen Bundesländer und OstBerlin
58
4
EG-Mittel in Ziel-2-Gebieten
60
5
Ziel 2 - Problemindikatoren
61
6
Ziele 3 und 4 - EG-Mittel und Problemindikatoren
63
7 8
EG-Mittel in Ziel 5b-Gebieten Ziel 5b - Pro-Kopf-Förderung und Aufgliederung auf Unterprogramme
64 65
Verzeichnis der Übersichten Übersicht 1
Reform des EFRE von 1984 - 1: Merkmale
17
2
Reform des EFRE von 1984 - II: Programme
18
3
Reform des EFRE von 1984 - III: Vorhaben
19
4
Reform des EFRE von 1984 - IV: Untersuchungen
19
5
Reform des ESF von 1983
23
6
Novelle zum EAGFL (Abt. Ausrichtung) von 1977
25
.5
Seite 7
3 Fonds
30
8
EG-Strukturfonds - Wichtige spezifische Vorschriften
35
9
Wichtige zielbezogene Bestimmungen
38
Beispiele für Konfliktfelder im Partnerschaftsprozeß
50
10
Abbildung
6
Auswahl wichtiger Gemeinsamer Vorschriften für alle
Regionale Konzentration der Einkommen in der EG, 1988 . . . . 12
Verzeichnis der Abkürzungen ABl.
Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften
AL
Ausschuß für Agrarstrukturen und ländliche Entwicklung (Ziele 5a u. 5b)
AR
Ausschuß für die Entwicklung und Umstellung der Regionen (Ziele 1 u. 2)
AS
Ausschuß nach Art. 124 EWGV (Sozialfonds)
DG
Generaldirektion(en) der EG-Kömmission
DVK
Durchführungsverordnung zur Koordinierung (EWG) Nr. 4253/88 des Rates
DVL
Durchführungsverordnung zum EAGFL, Abt. Ausrichtung, (EWG) Nr. 4256/88 des Rates
DVR
Durchführungsverordnung zum Regionalfonds (EWG) Nr. 4254/88 des Rates
DVS
Durchführungsverordnung zum Sozialfonds (EWG) Nr. 4255/88 des Rates
EAGFL
Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft
EFRE
Europäischer Fonds für regionale Entwicklung
EGK
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
EGKS
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl
EIB
Europäische Investitionsbank
ESF
Europäischer Sozialfonds
EWGV
EWG-Vertrag
GAP
Gemeinsame Agrarpolitik
GFK
Gemeinschaftliche(s) Förderkonzept(e)
GRW
Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
MS
Mitgliedstaat(en) der EG
RB
Regional- oder Lokalbehörden, die für die Erstellung der Regionalentwicklungspläne zuständig sind
REP
Regionalentwicklungspläne
RV
Rahmenverordnung (EWG) Nr. 2052/88 des Rates
U
Unternehmen 7
1
Problemstellung
Zur "kohäsionspolitischen" Flankierung des EG-Binnenmarktprogramms wurde seit 1986 die gemeinschaftliche Strukturpolitik reformiert. Einmal wurden die für diesen Zweck bereitgestellten Mittel stark erhöht, zum anderen wurde die Arbeitsweise der drei gemeinschaftlichen Strukturfonds neu gestaltet. Dabei ging es erstens um eine stärker ausbalancierte Teilhabe der einzelnen politisch-administrativen Ebenen an der Planung und Umsetzung der gemeinschaftlichen Struktur- und Arbeitsmarktpolitik, zweitens um eine Konzentration des Mitteleinsatzes auf wenige Kategorien besonders schwerwiegender Regionalprobleme und drittens um einen koordinierteren Einsatz aller Finanzinstrumente und Politiken mit Auswirkungen auf die Regionen. Die gemeinschaftliche Regionalpolitik sollte solidarischer und effizienter werden. Den Schritten in diese Richtung stehen aber ein generell erhöhter Verwaltungs- und Politikaufwand sowie in einigen Mitgliedstaaten ein Verzicht der Zentralregierung auf Mittelrückfluß und eigenen regionalpolitischen Gestaltungsspielraum gegenüber. Inzwischen liegen Erfahrungen mit der reformierten Strukturpolitik aus mehr als drei Jahren vor. Dabei haben sich in der Verfahrenstechnik einige Schwächen abgezeichnet. Die Regierungskonferenz von Maastricht hat hierzu bereits die nächste Reformrunde eingeläutet. Aber es stellen sich heute auch Fragen von grundsätzlicher Tragweite für eine künftige Neugestaltung der gemeinschaftlichen Regionalpolitik. Sie fußen auf dem in Maastricht aufgewerteten Subsidiaritätsgedanken und betreffen den mehr oder weniger ausgeprägten Zielkonflikt zwischen innerstaatlicher und gemeinschaftlicher Regionalpolitik. In diesem Bericht soll versucht werden, den Reformprozeß nachzuzeichnen, Erfolge wie Mißerfolge empirisch aufzuzeigen, die verbliebenen oder neu entstandenen Probleme auf den Punkt zu bringen und Optionen für eine weitere Reformrunde der gemeinsamen Strukturpolitik zu entwickeln. Dabei steht die Situation in der Bundesrepublik Deutschland im Vordergrund.
Das Forschungsvorhaben wurde unter dem Titel "Probleme der EG-Regionalpolitik und deren Konsequenzen: Reform der Verordnungen und Alternativen" vom Bundesministerium für Wirtschaft in Auftrag gegeben.
9
2
Die Bedeutung der EG-Regionalpolitik
2.1
Die Lage der Regionen
In der Europäischen Gemeinschaft gibt es ein erhebliches regionales Einkommensgefälle. Einmal sind die regionalen Unterschiede innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten zum Teil beträchtlich, zum anderen bestehen merkliche Differenzen im Leistungsniveau der einzelnen nationalen Volkswirtschaften. Insbesondere mit der zweiten Runde der Erweiterung der Gemeinschaft ist das Wohlstandsgefälle steiler geworden. 1988 wurde in den Regionen mit den niedrigsten Pro-Kopf-Einkommen, in denen ein Fünftel der EG-Bevölkerung lebt, nur etwa ein Zehntel des gemeinschaftlichen Bruttoinlandsprodukts erwirtschaftet (vgl. die Abbildung). Die EG-Regionen mit dem leistungsstärksten Fünftel der Bevölkerung hatten dagegen einen Anteil am gemeinschaftlichen Produkt in Höhe von rd. einem Drittel. Hamburg war 1988 mit einem Bruttoinlandsprodukt je Einwohner in Höhe von knapp 27000 ECU die reichste Region und erzielte fast das Zehnfache der Wirtschaftsleistung der ärmsten Region in der Gemeinschaft, der portugiesischen Region Norte, die nur etwas mehr als 2800 ECU je Kopf erwirtschaftete.
Eine Reihe von Gründen ist für den Einkommensrückstand verantwortlich: Die periphere Lage bildet einen "natürlichen" Standortnachteil, da die Absatzmärkte der Gemeinschaft nur mit hohen Transportkosten zu erreichen sind. Hemmend wirken auch eine unzureichende Infrastruktur für Unternehmen und private Haushalte sowie ein niedriges Niveau der allgemeinen und beruflichen Qualifikation der Bevölkerung. Damit hängt zusammen, daß in den rückständigen Gebieten der Gemeinschaft meist eine ungünstige Wirtschaftsstruktur mit großem Gewicht auf der Landwirtschaft und hohe Arbeitslosigkeit anzutreffen sind und die Kapitalausstattung in der Produktion vielfach zu wünschen übrig läßt. Zu den Gebieten mit großem Einkommensrückstand zählen Griechenland, Portugal, weite Teile von Spanien, Süditalien und Sardinien, Irland, Nordirland, Korsika und die französischen überseeischen Départements sowie das Gebiet der ehemaligen DDR.
Es gibt in der Gemeinschaft aber nicht nur das Problem der regionalen Rückständigkeit, sondern auch das Problem eines erheblichen Anpassungsdruckes in industrialisierten Regionen mit überkommenen, oft einseitig ausgerichteten Wirtschaftsstrukturen. In der Gemeinschaft sind davon vor allem die hochentwickelten Länder betroffen, und zwar in den Regionen, die durch Kohlebergbau, Stahlindustrie, Schiffbau und Textilindustrie geprägt
11
Abbildung
Regionale Konzentration der Einkommen in der Europäischen Gemeinschaft 1988
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Bevölkerung, sortiert nach Pro-Kopf-Eink.
Quelle:Franzmeyer/Hrubesch/Seldel/Weise (1ΘΘ1), S.31
12
sind. Dazu gehören insbesondere die alten Industrieregionen in Großbritannien, Nordfrankreich, Nordspanien und Belgien, norditalienische Küstenregionen, einzelne Regionen in Westdeutschland, West-Berlin und Teile des Gebiets der ehemaligen DDR. Hier muß die Umstrukturierung zu Wirtschaftszweigen mit Zukunft in der Industrie und im Dienstleistungsbereich bewältigt werden. Ähnliches gilt für viele landwirtschaftliche Gebiete. Ebenfalls benachteiligt sind vielfach noch die Regionen an den innergemeinschaftlichen Grenzen, der Nachteil dürfte hier mit der Vollendung des Binnenmarktes jedoch nach und nach entfallen.
2.2
Der Zusammenhang mit dem Binnenmarkt
Wie der EG-Binnenmarkt auf die übrigen Regionen der Gemeinschaft wirkt, ist umstritten. Dies gilt zumal für den Fall, daß der Binnenmarkt durch die Europäische Währungsunion "gekrönt11 wird. Die Wirkungen sind nicht nur eine Frage des Betrachtungshorizontes, sondern hängen auch stark von den Reaktionen der betroffenen Akteure - Politiker, Unternehmer, Gewerkschaften - auf die Intensivierung des Wettbewerbs und die regional unterschiedlichen Folgen einer einheitlichen, stabilitätsorientierten Geldpolitik ab. In einer ersten, durch einen Rationalisierungs- und Wachstumsschub gekennzeichneten Phase werden Länder und Regionen mit wettbewerbsfähigen Investitionsgüterindustrien profitieren. Dies begünstigt zunächst eher die Zentren im Band der "blauen Banane" und im "sunbelt" der Gemeinschaft1. Die mit dem Wachstum und dem Abbau von Inflationspotential im Binnenmarkt verbundene Realeinkommensteigerung regt aber auch den privaten Verbrauch an, was über Waren- und Dienstleistungsströme (Tourismus) auch den Randregionen mit gutem Angebotsprofil auf diesen Märkten zugute kommen kann.
Schon in der ersten Phase und sogar - wie seit Jahren zu beobachten - im Vorfeld des Binnenmarktes (bzw. als Folge der Süderweiterung, die ja nichts anderes war als die Ausdehnung des Binnenmarktes in seinem vorläufigen Zustand auf die Beitrittsländer) bildeten sich, gespeist aus der Tendenz zum "world wide sourcing", über Direktinvestitionen neue Wachstumszentren in Spanien und Portugal heraus. Bei freiem Verkehr für Kapital, Waren und Dienstleistungen, aber - als Folge noch relativ großer Immobilität der Erwerbstätigen - fortbestehenden nationalen und regionalen Lohndifferenzen ist eine solche
1
Zimmermann, 1991, S. 43. 13
regionale Diversifizierungsstrategie für die im internationalen Wettbewerb stehenden Unternehmen hoch attraktiv, ja überlebensnotwendig. Neue Technologien der kostengünstigen Raumüberwindung im Dienstleistungsbereich (Telekommunikation) unterstützen diesen Prozeß. Wie Studien ergeben haben2, bestehen im Bereich der Warenproduktion noch erhebliche Preisdifferenzen zwischen den Zentren der EG und der (meist südlichen) Peripherie - Ausdruck fortbestehender überdurchschnittlicher Handelshemmnisse. Auch insoweit ist unter Binnenmarktbedingungen zu erwarten, daß die Exporte der Rand-Staaten in die Zentren der Gemeinschaft weiter kräftig angeregt werden.
Allerdings kommen diese Impulse nicht allen peripheren Mitgliedstaaten und Regionen gleichermaßen zugute. Wie man am (Negativ-)Beispiel Griechenlands sieht, müssen auch die "weichen Standortfaktoren" stimmen. Dazu zählt ein gutes Sozialklima, in dem auf zusätzlichen Gegenwartskonsum zugunsten von Investitionen und damit zukünftigem Konsum verzichtet wird. In diesem Zusammenhang kommen auch die Wirkungen der den Binnenmarkt als "Kohäsionspolitik" begleitenden Transferströme ins Spiel: Ihre Wachstumswirkungen in den Empfängerregionen und folglich ihr Beitrag zum Regionalausgleich in der Gemeinschaft werden ganz entscheidend davon bestimmt, ob sie mehr den Produktivitätsfortschritt beschleunigen oder den - öffentlichen wie privaten - Verbrauch. Dies wird nicht zuletzt von der Ausgestaltung und Verwendungskontrolle der Transferströme abhängen. In Deutschland ist die Wirkung des Binnenmarktes auf die Peripherie fast ausschließlich im Hinblick auf die neuen Bundesländer interessant. Die Dynamik der Veränderung wird hier aber vor allem durch die innerdeutschen Faktorströme bestimmt. Auch der Reformprozeß in Ostmitteleuropa wird künftig von großem Einfluß sein. In Westdeutschland könnte der Binnenmarkt unter raumwirtschaftlichen Aspekten - von der Verschärfung der Verkehrssituation in den Ballungsgebieten abgesehen - vor allem die Kluft zwischen den modernen und den altindustriellen Zentren sowie zwischen den verdichteten Räumen und den ländlichen Gebieten vergrößern. Die strukturpolitisch begründeten Zahlungen der EG an Westdeutschland dienen in erster Linie dazu, den alten Industriezentren den Anschluß zu erleichtern und die ländliche Entwicklung zu stimulieren.
2
14
Z.B. Neven, 1989.
3
EG-Regionalpolitik bis zur Reform 1987/1989
Regionalausgleich als Integrationsziel ist in der ursprünglichen Fassung des EWG-Vertrages lediglich in der Präambel erwähnt. In Artikel 2, der die Aufgaben der Gemeinschaft abstrakt beschreibt, ist er nur noch sehr versteckt enthalten. Aus der Nichterwähnung in Artikel 3, der die Tätigkeitsfelder konkretisiert, könnte geradezu der Schluß gezogen werden, daß der Regionalausgleich ursprünglich mit anderen als spezifisch regionalpolitischen Mitteln erreicht werden sollte. Dafür spricht auch, daß ein Sozialfonds sowie ein oder mehrere Agrarfonds - letztere fakultativ - durchaus schon im Vertrag vorgesehen waren, aber kein Regionalfonds, und daß die Aufgabe der Europäischen Investitionsbank auf Wachstumsförderung beschränkt wurde. Demgegenüber wird in Art. 92 (3a) ausdrücklich festgestellt, daß nationale Regionalbeihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein können. Die gesamte ursprüngliche Vertragslage spricht also dafür, daß Regionalpolitik als Sache der Mitgliedstaaten selber betrachtet wurde. Zur Gemeinschaftspolitik, für die ein spezifisches Instrumentarium zu entwickeln sei, avancierte der Regionalausgleich erst Anfang der 70er Jahre im Anschluß an die Gipfelkonferenz von Den Haag aufgrund einer Empfehlung des "Werner-Berichts" zur Errichtung der Wirtschafts- und Währungsunion. Der "Kompetenz-Kompetenz"-Artikel 235 EWGV bot die Rechtsgrundlage für die Errichtung des Europäischen Regionalfonds im Jahre 19753. Er war für drei Jahre (1975-1977) mit insgesamt 1,3 Mrd. Rechnungseinheiten (1 RE = D M 3,66) ausgestattet, die nach einem festen Länderschlüssel im Erstattungsverfahren ausgegeben werden sollten. Dieser Schlüssel entsprach noch weitgehend der Philosophie des "juste retour", d.h. die Mittel waren noch wenig auf die wirklich rückständigen Gebiete konzentriert4.
Ein neuer Regionalausschuß sollte zudem die Regionalpolitik der Mitgliedstaaten koordinieren helfen 5. Die These war, daß auf eine gemeinschaftliche Regionalpolitik - ihr fehlten ausreichende Mittel - in dem Maße verzichtet werden kann, wie die wohlhabenderen Mitgliedstaaten bereit sind, ihre eigenen Rückstandsgebiete, die ja im EG-weiten Vergleich
3
ABl. L 73/1975, S. 1 ff.
4
Franzmeyer/Seidel, 1976, S. 205.
5
ABl. L 73/1975, S. 47 f. 15
relativ gut dastehen, nicht mehr zu fördern. Allerdings war es fraglich, ob damit bereits, zumal in einer Zeit noch begrenzter transnationaler Kapitalmobilität, genügend Mittel hätten umgelenkt werden können. Von echter Koordinierung konnte allerdings zunächst ohnehin nicht die Rede sein, nachdem das neue Mitglied Großbritannien unnachgiebig die nationale Zuständigkeit in dieser Frage verteidigt hatte6.
Vom Werner-Plan blieb nach den Währungsturbulenzen, den Ölpreisschocks, der Inflationsbeschleunigung und den weltwirtschaftlichen Strukturbrüchen nicht allzu viel übrig. Ein Relikt war die "Konvergenzrichtlinie", ein weiteres, in abgewandelter Form, das EWS. Mit beidem verblieb zugleich ein Argument für die Fortsetzung der gemeinschaftlichen Regionalpolitik. Hinzu kamen neue Begründungen in Form steigender Arbeitslosigkeit und sich wieder verschärfender regionaler Ungleichgewichte, nachdem in den 60er Jahren - wenn auch als Folge massiver Arbeitskräftewanderungen und nicht etwa eindrucksvoller regionaler Entwicklungsleistungen - die Divergenzen im Pro-Kopf-Einkommen zurückgegangen waren. Im Laufe der Jahre war der EFRE sukzessive aufgestockt worden. 1984, im Jahr der ersten größeren Revision der Fondsverordnung - nach Jahren der Diskussion darüber -, betrug die Ausstattung 1,4 Mrd. ECU, gemessen an den Zahlungen, und 2,1 Mrd. ECU, gemessen an den Verpflichtungen. Das waren 5,2 bzw. 7,3 vH des Gesamthaushalts. Die Vorschläge der Kommission lagen regelmäßig weit über den schließlich bewilligten Beträgen, zogen diese aber mit der Zeit deutlich nach oben. Mit der wachsenden Verfügungsmasse waren die Fördermodalitäten aus der Sicht der Gemeinschaft immer unbefriedigender geworden. Dazu zählten die geringe Konzentration, die starre Verteilung, die Zersplitterung der geförderten Vorhaben, die fehlende Berücksichtigung gemeinschaftlicher Gesichtspunkte, die bloße Kassenwartrolle der Kommission. Mit der Verordnungsnovelle7 von 1984 sollte diesen Mißständen abgeholfen werden.
Die Reform hatte mehrere Schwerpunkte (vgl. Übersichten 1-4).. Einmal ging es um mehr Planungskohärenz, die dem oft unverbundenen Nebeneinander zahlreicher Einzelvorhaben ein Ende setzen sollte. Abgesehen davon, daß sich alle Investitionen, für die der
16
6
Franzmeyer/Seidel, 1976, S. 14.
7
ABl. L 169/1984.
Übersicht Reform des EFRE von 1984 I: Merkmale des EFRE Aufgaben (Art. 1)
• Korrektur der regionalen Ungleichgewichte • Koordinierung • der Gemeinschaftspolitiken untereinander (damit der EFRE und die übrigen regional wirksamen Finanzinstrumente der Gemeinschaft kohärent eingesetzt werden) - der Leitlinien und Prioritäten der Regionalpolitik der Gemeinschaft mit den einzelstaatlichen Regionalpolitiken
Grundlagen (Art. 2)
• Periodischer Bericht (alle 2 1/2 Jahre) der Kommission führt zu Leitlinien und Prioritäten • Regionalentwicklungsprogramme der MS nach gemeinsamem Schema (unter Hinzuziehung der Regionalbehörden soweit wie möglich) führen zu Empfehlungen der Kommission • Analyse der Regionalwirkungen der Wirtschafts- und Sektorpolitiken • Finanzmittel des EFRE (s. unten) • Koordinierung der nationalen Regionalbeihilfen
Ziele (Art. 3)
• Entwicklung und Anpassung der rückständigen Gebiete • Umstellung, Umstrukturierung der Gebiete mit rückläufiger Industrieentwicklung
Instrumente
• Gefördert werden aus EFRE-Mitteln (Art. 5): - Gemeinschaftsprogramme (sie betreffen grundsätzlich mehrere MS) - nationale Programme von gemeinschaftlichem Interesse (NPgl) - Vorhaben • Untersuchungen • Verteilung der Mittel zwischen den MS durch feste Spannen für jeweils 3 Jahre (Art. 4)
Fördergegenstände
Die Maßnahmen im Rahmen einer EFRE-Finanzierung betreffen (div. Art.): • Industrie-, Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen (nach Möglichkeit 30 vH der Mittel; Art. 35) • Infrastrukturinvestitionen • Erschließung des endogenen Entwicklungspotentials zugunsten von Unternehmen, in erster Linie von KMU, in Industrie, Handwerk und Fremdenverkehr; diese Maßnahmen (Technologietransfer, lokale Einrichtungen für angewandte Forschung, Beratung, Untersuchungen, Machbarkeitsstudien) dienen dem Zugang zu neuen Technologien und zum Kapitalmarkt. Der Zuschuß beträgt höchstens 55 vH der öffentlichen Ausgaben oder 100.000 ECU, die Beteiligung des EFRE darf 10 vH des Mindestsatzes des MS und 3 Jahre nicht überschreiten.
Prioritäten
• Die Finanzierung von Programmen soll am Ende des dritten Jahres mindestens 20 vH der EFRE-Mittel ausmachen (Art. 6). • Gemeinschaftsprogramme haben Priorität (Art. 7). • Bei NPgl haben die auch national vorrangigen Investitionen Priorität (Art. 11 (4)). • Priorität bei den für Infrastrukturinvestitionen verwendeten Mitteln haben die Berggebiete und die benachteiligten Gebiete nach der Richtlinie 75/268/EWG über die Landwirtschaft (Art. 37). • Priorität bei der Verwaltung der EFRE-Mittel: Integrierte Entwicklung, d.h. ein geschlossenes Bündel von Maßnahmen und Investitionen des öffentlichen und privaten Sektors in begrenzten Räumen mit schweren Rückstandsproblemen oder mit industriellen bzw. städtischen Verfallserscheinungen, wobei alle Ebenen mit allen verfügbaren Instrumenten koordiniert handeln (Art. 34).
Quelle: ABl. L 169/1984.
17
Übersicht Reform des EFRE von 1984 II: Programme Gemeinschaftsprogramme (GP)
Nationale Programme von gemeinschaftlichem Interesse (NPgl)
Definition
Bündel kohärenter mehrjähriger Maßnahmen, die mit gemeinschaftlichen Zielen und Politiken zusammenhängen. Ein GP soll zur Lösung ernster sozioökonomischer Probleme einer Region und zur besseren Verknüpfung mit den Zielen der übrigen gemeinschaftlichen Politiken beitragen. Es betrifft das Hoheitsgebiet mehrerer MS (Art. 7 (1), (2))
Auf einzelstaatlicher Ebene festgelegte Bündel kohärenter mehijähriger Maßnahmen, die einzelstaatlichen Zielen entsprechen und zu gemeinschaftlichen Zielen und Politiken beitragen (Art. 10 (1))
Konzeption
• Die betroffenen MS teilen der Kommission Aus- • Der MS legt der Kommission das in Zusam- . gaben über Probleme mit, die Gegenstand eines menarbeit mit den zuständigen Stellen aufgeGP sein könnten (Art. 7 (3)) stellte NPgl vor und beantragt EFRE-Zuschüsse (Art. 11 (1)) • Der Rat beschließt über spezifische Ziele, Gebietsabgrenzung, Maßnahmen und Gemeinschaftsbetei- • Förderfähig sind diejenigen Regionen, die von ligung (Rahmen) den MS als Fördergebiete ausgewiesen werden • Das GP muß die Zustimmung aller betroffenen und schon Gegenstand ihrer eigenen RegionalMS haben politik sind (Art. 11 (3))
Kriterien
• Berücksichtigung der relativen Intensität der regio- • Kohärenz mit den Regionalentwicklungsprogramnalen Ungleichgewichte in der Gemeinschaft men • Keine Ausrichtung auf die interne Umstrukturie- • Beitrag zur Erreichung der Ziele und Prioritärung der Sektoren, aber Ansiedlung neuer Wirtten der Gemeinschaft (Art. 11 (2)) schaftstätigkeiten
Umsetzung
• Wenn Kommission und MS sich geeinigt haben, • Das Programm wird von Kommission und MS wird der Programmvertrag nach Verfahren in Art. einvernehmlich festgelegt (Ziele, Region, Art 40 gebildet (die Kommission befaßt den EFREder Maßnahmen, geplante Aktionen und ihr Ausschuß aus Vertretern der MS (Art. 39) und zeitlicher Ablauf, Finanzierung), Art. 11 (5) trifft bei Konsens eine Entscheidung, die sofort an- • Programmvertrag (Art. 13)/Finanzierung: siehe wendbar ist; bei Dissens befaßt sie den Rat, der Gemeinschaftsprogramme binnen 2 Monaten anders entscheiden kann) • Finanzierung in Jahrestranchen (Art. 25, 26 (3))
Kontrolle
• Alle 2 Jahre unterbreitet der betreffende MS der Kommission einen Bericht über die Fortschritte bei den einzelnen Programmen. Er wird dem EFRE-Ausschuß mitgeteilt (Art. 14) • Mit jedem (Zwischen-)Antrag reicht der MS Belege darüber ein, daß die Maßnahmen soweit durchgeführt wurden (Art. 26 (1)) • Der MS hält nach der letzten Zahlung noch 3 Jahre lang die Angaben zur Verfügung der Kommission
Finanzierung/ Engagement
• EFRE-Zuschuß bis 55 vH der öffentlichen Gesamtausgaben je nach der sozioökonomischen Lage der Gebiete und der Art der Maßnahmen (Art. 9 (1), (2), 7 (4))
Quelle: ABl. L 169/1984.
18
• EFRE-Zuschuß bis 50 vH (bei besonderem Interesse 55 vH) der öffentlichen Gesamtausgaben je nach der sozioökonomischen Lage der Gebiete und der Art der Maßnahmen (Art. 11 (6))
Übersicht Reform des EFRE von 1984 III: Vorhaben Definition
• Investitionsvorhaben in Industrie-, Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen oder im Infrastrukturbereich, die sich auf jeweils mehr als 50 000 ECU belaufen und festgelegte Bedingungen erfüllen (Art. 17 (1)): - die Investitionen fügen sich in ein regionales Entwicklungsprogramm ein (Art. 17 (2)), - sie erfolgen in einem Fördergebiet des betreffenden MS (Art. 17 (3))
Konzeption
• Der MS entwickelt das Vorhaben und stellt Anträge auf Zuschüsse aus dem EFRE (Art. 22 (1)) für: - Investitionen bis 15 Mill. ECU (vierteljährliche Globalanträge) - Investitionen ab 15 Mill ECU (einzelne Anträge) • Ein EFRE-Zuschuß betrifft i.d.R. - Infrastrukturinvestitionen - Investitionen, die "gesunde" wirtschaftliche Tätigkeiten betreffen und auf Schaffung oder Erhaltung dauerhafter Arbeitsplätze zielen • Berücksichtigung der staatlichen Beihilfen bei der Festlegung des EFRE-Zuschusses. MS und Kommission bemühen sich, einen Teil des EFRE Zinszuschüssen vorzubehalten (Art. 18, 19)
Prüfung/Kriterien
• Die Kommission - entscheidet über die Höhe der Beteiligung nach Maßgabe der relativen Intensität des Ungleichgewichts in der Region - prüft vor allem den Zusammenhang zwischen der Investition und der Gesamtheit der zugunsten des Gebiets durchgeführten Maßnahmen (Art. 21)
Umsetzung
• Die Investoren werden von der Kommission im Einvernehmen mit dem jeweiligen MS unterrichtet, daß ein Teil der Beihilfen von der Gemeinschaft stammt (Art. 23) • Der Zuschuß wird durch den MS ausgezahlt (Art. 28 (4)) • Die MS benennen die für die Abwicklung zuständigen Behörden oder Einrichtungen
Kontrolle
• Vorlage vierteljährlicher Übersichten über die Ausgaben mit detaillierten Belegen. Ergebnisberichte
Finanzierung/ Engagement
• Bei Investitionen im Industrie-, Handwerks- und Dienstleistungsbereich beträgt der EFRE-Beitrag 50 vH der Beihilfen (Art. 20 (1)) • Bei Infrastrukturinvestitionen beträgt der EFRE-Beitrag 50 vH der öffentlichen Gesamtausgaben für Investitionen bis 15 Mill. ECU und zwischen 30 und 50 vH bei Investitionen ab 15 Mill. ECU (bei besonderem Interesse bis 55 vH), Art. 20 (2)
Quelle: ABl. L 169/1984.
Übersicht 4 IV: Untersuchungen Konzeption/Fördergegenstand
Auf Antrag oder im Einvernehmen mit MS (ko-)finanziert der EFRE Untersuchungen, die in engem Zusammenhang mit seiner Tätigkeit stehen (Art. 24 (1))
Umsetzung
Bis 0,3 vH der jährlichen Mittel des EFRE entscheidet die Kommission autonom, zwischen 0,3 und 0,5 vH nach dem Verfahren des Artikels 40 (bei Dissens Kommission/EFRE-Ausschuß Befassung des Rates; Art. 24 (2))
Kontrolle
Die Kommission unterrichtet den EFRE-Ausschuß über die Ergebnisse der Untersuchungen (Art. 24 (3))
Finanzierung/Engagement
Der Zuschuß beträgt 50 vH der Kosten jeder Untersuchung (bei außergewöhnlicher Bedeutung bis 70 vH, bei besonderer Bedeutung für die EFRE-Effizienz bis zu 100 vH (Art. 24 (1), (2))
Quelle: ABl. L 169/1984.
19
Mitgliedstaat Förderanträge stellte, in regionale Entwicklungsprogramme einfügen mußten, sollte ein zunehmender Anteil der EFRE-Mittel in die "Programm"-Förderung fließen. Dabei konnte es sich entweder um "Gemeinschaftsprogramme" oder um "nationale Programme von gemeinschaftlichem Interesse" handeln. In beiden Fällen geht aber der Anstoß von den Mitgliedstaaten aus.
Kohärenz wird aber nicht nur für die Planung, sondern auch für den "integrierten Einsatz der Finanzinstrumente" - also vor allem die EIB-Darlehen, den Sozial- und den Agrarfonds und die Verträglichkeit mit anderen EG-Politiken verlangt. Zugleich erstreckt sich das Kohärenzpostulat im Ansatz auf die Abstimmung der Aktivitäten der verschiedenen politisch-verwaltungstechnischen Ebenen. Dieser Gedanke wurde in den Jahren nach der Reform des Regionalfonds von 1984 zuerst an den Integrierten Mittelmeerprogrammen (IMP) sowie an den Programmen "Star" (Erschließung fortgeschrittener Kommunikationstechnologien für benachteiligte Regionen) und "Valoren" (Verbesserung der Energieerzeugung und -nutzung in benachteiligten Regionen) erprobt8.
In den Kohärenzzusammenhang gehört schließlich auch der neue Gedanke der Koordinierung der nationalen Regionalpolitiken9, die sich nicht nur auf den Fördergegenstand, sondern auch auf die Höhe der Beihilfen und die Abgrenzung der Fördergebiete erstreckt. So hatte etwa die Kommission schon seit Anfang der 80er Jahre dafür gekämpft, daß 15 Arbeitsmarktregionen aus der westdeutschen Förderkulisse zu streichen seien10. Mit dem Kohärenzpostulat wird bereits eines der wesentlichen Elemente des weiteren Reformprozesses vorweggenommen. Bereits auf der Linie der späteren Reform liegt auch die Verankerung der gleitenden Überwachung (Art. 14) der Programmumsetzung. Einer der Mängel, unter denen die gemeinschaftliche Regionalpolitik bis dahin gelitten hatte, war offenbar eine zu reduzierte, schematische Definition von Fördertatbeständen. Nun wurde die individuelle Situation jeder einzelnen Förderregion in den Vordergrund gerückt, indem ihr "endogenes Entwicklungs-
8
Seidel, 1987, S. 173 f.
9
Morawitz, 1983, S. 169.
10
20
Morawitz, 1982, S. 225.
potential" verstärkt erschlossen werden sollte. Dabei handelte es sich in erster Linie um technische Hilfe, gemeinsame Dienste und Untersuchungen für ortsansässige Klein- und Mittelbetriebe.
Der wichtigste Revisionsschritt war aber die Abkehr vom starren Verteilungsschlüssel nach Mitgliedstaaten. Mit dem neuen Margenschlüssel wurde jedem Land jeweils für einen Zeitraum von drei Jahren nur noch ein Mindestanteil an den EFRE-Auszahlungen garantiert. Zusammen machten diese Sockelanteile 88,6 vH der Gesamtausstattung aus, so daß ein Manövrierspielraum von gut 11 vH für einen flexibleren, stärker im Ermessen der Kommission liegenden Mitteleinsatz verblieb. Dieser neue Entscheidungsspielraum ersetzte die seit 1980 gebräuchliche "quotenfreie Abteilung" des Fonds, für die auf Vorschlag der Kommission in mehreren Tranchen "spezifische Gemeinschaftsmaßnahmen" verabschiedet worden waren und auf deren sukzessive Aufstockung die Kommission stets gedrängt hatte. Zugleich wurde die Verteilung stärker auf die Länder mit gravierenden Regionalproblemen konzentriert: In diesen Ländern lagen die Obergrenzen der Margen nun über dem Anteil, der ihnen nach dem früheren, starren Schlüssel zustand, in den übrigen Ländern lagen die Obergrenzen unter dem früheren Festanteil11. Der Gedanke einer solchen Konzentration war noch 1982 in einer Grundsatzdebatte des Rates zur Neuausrichtung der Regionalpolitik weitgehend auf Ablehnung gestoßen12.
In der Verordnungsnovelle zum EFRE wurde die Abstimmung der Aktivitäten des Fonds mit denen der anderen zwei Fonds gefordert. In der Tat hatte es bis dahin verfahrenstechnisch keine, der Sache nach nur eine sehr lockere Verbindung gegeben. Beim Sozialfonds hatte diese darin bestanden, daß Menschen in Problemgebieten häufiger als andernorts der Berufsumschulung bedurften und infolge Arbeitsplatz- oder Berufswechsels umziehen mußten. Auf die Linderung der damit verbundenenfinanziellen Belastungen stellte der nach Art. 123 EWGV zu schaffende Fonds ab, indem er sich auf Antrag eines Mitgliedstaates zur Hälfte an den entsprechenden Kosten der öffentlichen Hand beteiligte. Der Vertrag selber enthält mit Art. 126 Buchst, b bereits die Grundlage für spätere Umformulierungen der konkreten Aufgaben des Fonds im Rahmen seiner Zweckbestimmung (Förderung der örtlichen wie beruflichen Mobilität und Freizügigkeit), um flexible
11
Vgl. Art. 4 (3) mit Franzmeyer/Seidel, 1976, Tab. 26, S. 205.
12
Morawitz, 1983, S. 168. 21
Antworten auf sich wandelnde Problemlagen zu ermöglichen. Auf dieser Linie lag die erste größere Reform des ESF zum 1. Mai 1972, mit der - im Zusammenhang der Währungsunionsdebatte - die Aktivitäten in rückständigen Regionen in den Vordergrund gerückt wurden13. Einen erneuten Wandel der Problemlage hatte die Wachstums- und Strukturkrise von Mitte der 70er Jahre im Gefolge gehabt. Massenarbeitslosigkeit war entstanden und verfestigte sich bei bestimmten Problemgruppen (Ungelernte, Schulabgänger, Frauen, Behinderte, Wanderarbeitnehmer) zur Langzeitarbeitslosigkeit. Es mußte konzeptioneller, gezielter, flexibler, einfacher, wirksamer und schneller als zuvor geholfen werden. Im Herbst 1983, noch vor der Revision des EFRE - die sich allerdings stark verzögert hatte -, beschloß der Rat eine abermalige Reform des Sozialfonds, die diesen Erfordernissen gerecht werden sollte14. Eine gleichzeitig verabschiedete Anwendungsverordnung legte die Einzelheiten fest (Übersicht 5) 15 . Die Knappheit der Mittel erzwang eine Konzentration auf die schwersten Probleme, die in der strukturellen Unterbeschäftigung der besonders betroffenen Personengruppen gesehen wurde. Wegen des sozialen und gesellschaftspolitischen Sprengstoffs, den Dauerarbeitslosigkeit unter Jugendlichen bildet, galt es, vor allem dieser Gruppe junger Menschen unter 25 Jahren durch Erleichterung der Berufseingliederung eine Perspektive zu geben. Für sie sollten drei Viertel aller Mittel bereitgestellt werden. Die Hilfe konnte - struktur- und wettbewerbspolitisch sicher nicht unproblematisch - auch in Lohnkostenzuschüssen auf zusätzlichen Dauerarbeitsplätzen sowie in der Kostenübernahme für das Lehrpersonal bestehen, wobei ungeklärt blieb, wie sich zusätzliche Dauerarbeitsplätze bestimmen lassen. Die Verzahnung mit den Aktivitäten des Regionalfonds wurde wie bei der EFRE-Reform kodifiziert: 40 vH der Mittel sollten - bei erhöhten Beteiligungssätzen und Abschreibungen auf Einrichtungen der beruflichen Bildung - für Maßnahmen in konkret benannten Rückstandsgebieten reserviert werden. Aber auch die Regionen, die industriell und sektoral umstrukturiert11 werden, tauchen explizit als zu fördernde Kategorie auf (Art. 7 Ratsbeschluß). Wie beim EFRE erst im Ansatz entwickelt ist der Gedanke einer mittelfristigen finanziellen Perspektive. Statt dessen sollte die Maßnahmenkontinuität durch "Leitlinien für die Verwaltung des Fonds während der drei folgenden Haushaltsjahre11 (Art.
22
13
Franzmeyer/Seidel, 1976, S. 150 f.
14
ABl. L 289/1983, S. 38 ff.
15
ABl. L 289/1983, S. 1 ff.
Übersicht 5 Reform des ESF von 1983 Aufgaben
• Förderung (im Rahmen der Arbeitsmarktpolitik der MS) von • beruflicher Bildung einschl. Berufsberatung bei Problemgruppen - beruflicher Eingliederung Jugendlicher - Umschulung entspr. sektoraler Arbcitsmarktlage und technischem Wandel • dauerhaften Neueinstellungen durch Lohnkostenzuschüsse - Übersiedlung und sozialer Integration am neuen Arbeitsort - neuen Arbeitsplätzen durch technische Beratung u. Dienstleistung • Förderung innovatorischer Vorhaben im Rahmen beschlossener EG-Aktionsprogramme • Verringerung der regionalen Ungleichgewichte am Arbeitsmarkt
Prioritäten
• 75 vH der Mittel jedes Jahr für Jugendliche unter 25 Jahren • 25 vH für - übrige Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit Bedrohte, besonders Langzeitarbeitslose - Frauen auf Suche nach Wiederbeschäftigung - arbeitsfähige Behinderte - Wanderarbeitnehmer - Beschäftigte in KMU in technischer Umstellung - Ausbilder, Berufsberater, Arbeitsvermittler, Entwicklungsberater • 40 vH der Mittel für besondere Problemgebiete (Griechenland, franz. Ûberseedépartements, Irland, Mezzogiorno, Nordirland, ab 1986 auch Portugal und Teile Spaniens) • 60 vH für die übrigen Gebiete mit Langzeitarbeitslosigkeit und/oder industrieller Umstrukturierung
Instrumente/ Fördergegenstände
• Fondszuschüsse von i.d.R. 50 vH (55 vH in den besonderen Problemgebieten) für - Lohnersatzzahlungen ("Vergütungen") sowie Unterbringungs-, Verpflegungs- und Beförderungskostenübernahme für Personen in Maßnahmen beruflicher Bildung - Kostenübernahme für Arbeitsplatzanpassung zur beruflichen Eingliederung Behinderter sowie für die Übersiedlung und Eingliederung von Wanderarbeitnehmern und ihren Familien - Finanzierung von vorbereitenden und auswertenden Studien (bei Wirksamkeitsstudien 100 vH) • Abschreibungen auf Einrichtungen der Berufsbildung i.d.R. in 6 Jahren in den besonderen Problemgebieten • Lohnkostenzuschuß von 15 vH des durchschnittlichen Bruttolohns eines Industriebeschäftigten des betreffenden Landes je zusätzlich und dauerhaft eingestellten Jugendlichen unter 25 Jahren oder Langzeitarbeitslosen, für höchstens 12 Monate. Das Dauerhaftigkeitskriterium kann entfallen, wenn die Arbeit eine zusätzliche Ausbildung oder die Arbeitsplatzsuche erleichternde Erfahrung vermittelt
Verfahren
• MS stellen jährliche Anträge • Restzahlungen nur nach detaillierten Ergebnisberichten • Berechtigt sind Träger öffentlichen oder privaten Rechts, bei Kofinanzierungen haftet aber der MS subsidiär • Kommission hat Option auf Prüfungen vor Ort mit Amtshilfe der MS • Kommission berichtet jährlich dem EP • Kommission erläßt in Konsultation mit MS und unter Berücksichtigung von EP-Auffassungen gleitende 3-Jahres-Leitlinien über Prioritäten und Ausfüllung der Aktionsprogramme • Der Fonds-Ausschuß aus Vertretern der MS (Regierungen und Sozialpartner) nimmt zu allen Vorschlägen, Entscheidungen und Zuschußanträgen Stellung
Quellen: ABI. L 289/1983 und L 370/1985.
23
6 (1) Ratsbeschluß) gewährleistet werden, die den gemeinschaftlichen Prioritäten und Aktionsprogrammen entsprachen. Auch bei der Fortentwicklung der landwirtschaftlichen Strukturpolitik tauchen in Ansätzen schon konzeptions- und verfahrensbezogene Kategorien auf, die schließlich in der Reform der gesamten Strukturpolitik der EG von 1988 verschärft herausgearbeitet wurden und eine Kontinuität und systematische Weiterentwicklung bestimmter Denkansätze erkennen lassen. So setzte bereits die "Ratsverordnung über eine gemeinsame Maßnahme zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse11 (Übersicht 6) 1 6 die Einfügung von Vorhaben in "spezifische Programme" voraus, wenn sie Aussicht auf einen Investitionszuschuß aus dem Agrarfonds haben wollten. In diesen Programmen spielten auch die Mehrjährigkeit des Ansatzes, die Kohärenz mit anderen Maßnahmen und die Differenzierung des Förderinstrumentariums nach Gebieten, entsprechend der Ausprägung der landwirtschaftlichen Probleme, eine Rolle. Allerdings wurden hier noch nicht bestimmte Anteile der - relativ bescheidenen - Mittel konkret abgegrenzten oder bestimmten Kriterien entsprechenden Regionen vorbehalten. Der Partnerschaftsgedanke erschöpfte sich noch in der üblichen verfahrenstechnischen Arbeitsteilung zwischen Mitgliedstaat und Kommission (unter Einbindung der Ausschüsse, des Parlaments und ggf. auch des Rates) sowie in einer Filterfunktion der Regierungen, die die eingereichten Anträge vorab "befürworten" mußten. In Flankierung des Binnenmarktprogramms wurde mit dem Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte das Ziel der regionalen Kohäsion Mitte 1987 im EWG-Vertrag verankert. Alle wesentlichen Prinzipien der nachfolgenden Reform der Strukturpolitik, mit deren Vorbereitung in Form eines zu erarbeitenden "Gesamtvorschlags" die Kommission beauftragt wurde (Art. 130d EWGV), sind hier bereits vorgezeichnet: koordinierte Berücksichtigung des EG-weiten Regionalausgleichs in der nationalen Wirtschaftspolitik sowie in den Gemeinschaftspolitiken und speziell beim Aufbau des Binnenmarktes, koordinierte Ausrichtung der drei Strukturfonds sowie der EIB und der anderen gemeinschaftlichen Finanzierungsinstrumente auf das Ziel des Regionalausgleichs, Konzentration des EFRE auf zwei Gruppen von Problemregionen: Rückstands- und Umstellungsgebiete,
16
24
ABl. L 51/1977.
Übersicht 6 Novelle zum EAGFL (Abt Ausrichtung) von 1977
•
Verbesserung von Bearbeitung, Verarbeitung und Vermarktung (außer Einzelhandel) landwirtschaftlicher Erzeugnisse Strukturelle Entlastung der Marktintervention
Prioritäten
• • • • •
Erzeugung neuer oder besser absatzfähiger Produkte Vorhaben mit Entwicklungsimpulsen in landwirtschaftlichen Problemgebieten Verkürzung und Verbesserung der Vermarktungswege Rationalisierung der Verarbeitung Bessere Nutzung von Nebenerzeugnissen (Abfallverwertung)
Instrumente
•
"Spezifische Programme" mit • begründeter Gebiets- und Sektorabgrenzung • allgemeiner und besonderer Problem- und Wirkungsanalyse - Angabe über die angestrebten Kapazitäten und sonstigen Ziele - vorgesehene Mittel und Fristen (i.d.R. 3-5 Jahre) - Verhältnis zu anderen regionsspezifischen Maßnahmen Investitionsvorhaben" öffentlicher, halböffentlicher oder privater Träger mit folgender Charakteristik • Aufgabenentsprechung, wobei insbesondere die Hersteller der Grunderzeugnisse (Landwirte) angemessen und dauerhaft profitieren sollen (z.B. durch langfristige Lieferverträge) - Einfügung in ein spezifisches Programm (in Übergangsfrist bis Ende 1980 noch nicht obligatorisch) • ausreichende Gewähr für Rentabilität
Aufgaben
•
•
Verfahren
• •
• • Finanzierung/ Engagement
• •
MS arbeiten spezifische Programme aus Kommission entscheidet über Anträge auf Zuschüsse für Vorhaben, die von den MS befürwortet wurden, nach Anhörung des Fondsausschusses und nach Befassung des Ständigen Agrarausschusses, gegebenenfalls auch des Ständigen Fischereiausschusses. Dissens führt zur Befassung des Rates, der binnen einem Monat anders entscheiden kann. Begünstigte legen Ergebnisberichte vor Kommission kann Belege verlangen und hat Option auf Prüfung vor Ort und Aussetzung des Zuschusses Bereitstellung von 400 Mill. ERE für 5 Jahre (1978-1982) Je genehmigtes Vorhaben wird ein Kapitalzuschuß von höchstens 25 vH (in landwirtschaftlichen Problemgebieten: 30 vH) unter bestimmten Nebenbedingungen gewährt
Quelle: ABl. L 51/1977.
25
Reform der Strukturfonds im Sinne genauerer Aufgabenformulierung und effizienterer Verfahren. Nichts gesagt wird in der Einheitlichen Akte - wie bei einer Rahmenrechtsänderung nicht anders zu erwarten - über die künftige Mittelausstattung der Fonds. Diese Frage wurde im Februar 1988 im Rahmen des sogenannten Delors-Pakets gelöst, mit dem die Postulate der Einheitlichen Akte für die dort verankerten sechs Politikbereiche in konkrete Schritte und Verfahrenstechniken umgesetzt wurden17. Es wurde entschieden, daß die Mittel aller drei Fonds zusammen bis 1992 preisbereinigt verdoppelt werden sollten. Für den EFRE, das Hauptinstrument des Regionalausgleichs, wurde auch bereits das Maß von 80 vH vorgegeben, zu dem seine Mittel auf die Kategorie der Rückstandsregionen konzentriert werden sollte18. Tabelle 1 zeigt die Entwicklung der Ausgaben der drei Fonds im Kontext des gesamten Gemeinschaftshaushalts sowie der übrigen Finanzierungsinstrumente der EG seit 1975, dem Jahr der Errichtung des EFRE. Tabelle 2 zeigt die Konzentration der aufteilbaren Regionalausgleichsmittel auf die Länder mit dem stärksten Entwicklungsrückstand. Besonders der Regionalfonds war anfangs äußerst gering ausgestattet. Mit ISO Mill. ECU hatte er 1975 einen nur knapp halb so großen Umfang wie der Sozialfonds und machte gerade 2,5 vH des gesamten EG-Haushalts aus. Die Agrarausgaben verschlangen zu dieser Zeit noch fast drei Viertel aller Ausgaben, ohne daß die strukturpolitische Komponente - die Abteilung Ausrichtung - eine nennenswerte Rolle spielte. Dies änderte sich in der zweiten Hälfte der 80er Jahre. Insgesamt ist das Ziel erreicht worden, den Anteil der Garantiezahlungen des EAGFL deutlich zurückzudrängen und insbesondere den Anteil der für Regionalpolitik bereitgestellten Mittel kräftig anzuheben. Zu laufenden Preisen liegen nach der finanziellen Vorausschau 1988-1992 die Verpflichtungsermächtigungen für strukturpolitische Maßnahmen 1992 beim 2,3fachen des Wertes von 1988, das sind 27 vH des Gesamthaushalts19. Zur gleichen Zeit ging der Anteil der Garantiezahlungen auf 52,6 vH zurück. Erst in jüngster Zeit drohten die Garantiezahlungen wieder außer Kontrolle zu geraten, so daß es - auch im Zusammenhang mit den festgefahrenen GATT-Verhandlungen - einer erneuten Agrarpreisreform bedurfte, um im Rahmen der vorgegebenen Eigenmittel der Gemeinschaft mehr Spielraum für strukturpolitische Maßnahmen zu schaffen.
17
Kommission der EG, 1987.
18
Kommission der EG, 1987, S. 16 f.
19
Kommission der EG, 1991c, S. 432.
Tabelle 1 Umfang, Entwicklung und Struktur der Ausgaben des EG-Haushalts nach Politikbereichen, 1975 - 1992
EG - Haushalt
1)
Kredite nachrichtlich: Drei EFRE Industrie, Sonstige StrukturEnergie, Fonds 3) FuE
EAGFL
Jahr Summe insgesamt
Garantie Ausrich2) tung 2)
ESF
davon: Insgesamt
Mill. ECU 1975
6213,6
4586,6
E IB
EGKS
M i l l . ECU
4434,2
152,4
360,2
150,0
662,6
99,0
502,0
751,8
1688,8
1017,8
1545,0
814,0
731,0
1980
16057,5
11596,1
11161,1
435,0
212,8
2994,8
3874,0
2384,0
1004,0
1985
28223,0
20546,4
19888,9
657,5
1413,0
1624,3
3694,8
706,9
3932,4
8168,0
5699,0
1265,0
1990
46677,3
29525,5
27488,2
2037,3
3677,4
5007,5
10722,2
1763,5
4341,3
12158,0
10996,0
1086,0
1992
62407,3
36008,0
33451,4
2556,6
4872,2
7702,8
15131,6
2154,3
8738,0
•
•
jahresdurch. Verènder, in vH
jahresdurchschnittliche Veränderung in vH 1990/75
14,4
13,2
12,9
18,9
16,8
26,3
20,4
21,2
10,2
1992/75
14,5
12,9
12,6
18,0
16,6
26,1
20,2
19,9
13,5
14,7
19,0
•
Anteil in vH
2,7 •
Anteil in vH
1975
100,0
73,8
71,4
2,5
5,8
2,4
10,7
1,6
16,4
100,0
52,7
47,3
1980
100,0
72,2
69,5
2,7
3,1
4,7
10,5
1,3
18,7
100,0
61,5
25,9
1985
100,0
72,8
70,5
2,3
5,0
5,8
13,1
2,5
13,9
100,0
69,8
15,5
1990
100,0
63,3
58,9
4,4
7,9
10,7
23,0
3,8
9,3
100,0
90,4
8,9
1992
100,0
57,7
53,6
4,1
7,8
12,3
24,2
3,5
14,0
•
•
1) Ohne EGKS Verwaltungshaushalt und ohne Europäischen Entwicklungsfonds.- 2) Aufteilung des EAGFL geschätzt.- 3) Die drei • Strukturfonds sind: EAGFL, Abtlg. Ausrichtung, Europäischer Sozialfonds und Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung. Quellen: Kommission der EG, 1991d; Berechnungen des DIU.
27
Tabelle 2 Die Mittel des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) nach Landern (1), 1975 - 1991
E G - Lander
ZuschuBgewäh rungen 1975-84
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
74,4 26,1 246,2 930,6 1693,6 334,9 280,1 1440,7 2,5 27,5 938,9 590,8
Mill., ECU Belgien Dänemark Deutschland Griechenland Spanien Frankreich Irland Italien Luxemburg Niederlande Portugal Vereinigtes Königreich EG-Länder insgesamt
114,4 131,8 544,8 1093,5
24,5 13.2 83,7 409,0
2735,6
608,1
32,3 11,1 82,5 316,7 640,9 310,0 126,8 833,8 3,4 29,7 380,8 558,7
11537,5
2495,5
3326,7
-
-
1683,6 712,9 4352,8 12,0 156,1 -
309,9 157,2 871,1 -
18,8 -
23,6 12,5 114,3 301,8 660,7 276,6 162,1 940,7 3,3 20,4 388,9 628,2
25,3 13,1 113,4 340,7 732,8 309,2 147,9 964,1 0,7 26,1 436,5 563,3
40,7 9,0 182,5 647,8 1220,5 219,8 308,4 910,9 3,5 592,6 510,6
66,8 18,4 113,9 561,7 1802,2 442,7 292,0 837,1 3,0 45,7 533,7 469,5
3533,1
3673,1
4646,1
5186,8
6586,3
-
in vH Belgien Dänemark Deutschland Griechenland Spanien Frankreich Irland Italien Luxemburg Niederlande Portugal Vereinigtes Königreich EG-Länder insgesamt
1,0 1.1 4,7 9,5
1,0 0,5 3,4 16,4
14,6 6,2 37,7 0,1 1.4
12,4 6,3 34,9
23,7
24,4
1.0 0,3 2,5 9,5 19,3 9,3 3,8 25,1 0,1 0,9 11,4 16,8
100,0
100,0
100,0
-
0,8
0,7 0,4 3,2 8,5 18,7 7,8 4,6 26,6 0,1 0,6 11,0 17,8
0,7 0,4 3,1 9,3 20,0 8,4 4,0 26,2 ο,ο 0,7 11,9 15,3
0,9 0,2 3,9 13,9 26,3 4,7 6,6 19,6 0,0 0,1 12,8 11.0
1.3 0,4 2,2 10,8 34,7 8,5 5,6 16,1 0,1 0,9 10,3 9,1
1.1 0,4 3,7 14,1 25,7 5,1 4,3 21,9 ο,ο 0,4 14,3 9,0
100,0
100,0
100,0
100,0
100,0
1) Ohne Mittel der Gemeinschaft, die nicht nach Ländern aufgegliedert sind. Quellen: Konmission der EG, 1991c; Berechnungen des DIU.
28
4
Die Reform der Strukturfonds: Konzeption
4.1
Grundzüge
Nach der Verabschiedung des Delors-Pakets war die Ausarbeitung des gesamten strukturpolitischen Reformkonzepts nur noch eine Frage der Details. Diese wurden in einer "Rahmenverordnung"20, einer "Koordinierungs-Durchführungsverordnung" 21 sowie in drei weiteren Durchführungsverordnungen 22 - für jeden Fonds eine - niedergelegt. Alle fünf Rechtsakte traten am 1. Januar 1989 in Kraft. Das Gesamtpaket ist mehrschichtig strukturiert. Die Grundprinzipien wie Komplementarität gemeinschaftlicher mit nationalen Aktionen, der Inhalt und die Reichweite der Partnerschaft, die übergreifenden Anforderungen an den Einsatz der Finanzinstrumente sowie an die Begleitung der Aktionen sind naturgemäß zum größten Teil Gegenstand der Rahmenverordnung. Diese Vorschriften sind in der Übersicht 7 zusammengestellt worden. Daneben gibt es zahlreiche fondsspezifische Vorschriften (Übersicht 8). Jeder Fonds hat einen spezifischen Problemtypus zu bekämpfen und ist damit auf bestimmte Zielgruppen bzw. Regionen ausgerichtet. Interveniert wird diskretionär anhand quantitativer Kriterien. Da sich bestimmte Problemtypen wechselseitig bedingen, können und sollen in vielen Regionen mehrere Fonds (sowie weitere Finanzinstrumente mit ihrer spezifischen Ausrichtung) zum Einsatz kommen. Spiegelbildlich dazu läßt sich das Vorschriftengeflecht auch von den Zielen her aufbereiten (Übersicht 9). Die Aufbereitung nach Fonds - die ja separat verwaltet werden - ist vor allem dann interessant, wenn es um Fragen der verfahrenstechnischen Bündigkeit, Vergleichbarkeit und Wirksamkeit geht. So war die Vereinheitlichung ein wesentliches Argument für Effizienzgewinne des im Prinzip gegenüber früher aufwendigeren Verfahrens. Die Aufbereitung nach Zielen und Zielgebieten läßt einmal erkennen, wie die Gemeinschaft ihre Prioritäten differenziert und implementiert, und sie zeigt zum anderen indirekt die Möglichkeiten der einzelnen Mitgliedstaaten und Regionen zur Nutzung des gesamten strukturpolitischen Förderapparates der Gemeinschaft. Bevor die Reform in ihrer Relevanz speziell für Deutschland genauer untersucht wird, sollen zunächst ganz allgemein ihre wichtigsten Merkmale zusammengefaßt werden.
20
ABl. L 185/1988.
21
ABl. L 374/1988, S. 1 ff.
22
ABl. L 374/1988, S. 15 ff.; ABl. L 374/1988, S. 21 ff.; ABl. L 374/1988, S. 25 ff. 29
Übersicht 7 Auswahl wichtiger Gemeinsamer Vorschriften für alle 3 Fonds
Stichwort
Grundlage
Inhalt der Bestimmung
Komplementarität
RV 4 (1)
- Ergänzung nationaler Aktionen
Kohärenzpostulat
RV 4 (1) DVK 3 (1) DVK (5)
- Fonds, EIB, EGKS-Instrumente sowie FuE-Ausgaben müssen gemeinsam auf Ziele nach Art. 130a u. c EWGV ausgerichtet sein - Kohärenz zwischen mehreren Regionalplänen mit gleichem Ziel bzw. zwischen Plänen mit verschiedenen Zielen in derselben Region
Partnerschaft: Definition
RV 4 (1)
- Enge Konzertierung zwischen EGK, MS und von diesem bezeichneten Behörden einer oder mehrerer gebietskörperschaftlicher Ebenen
Partnerschaft: Reichweite und Initiative
RV4(1),(2)
- Vorbereitung, Finanzierung, Begleitung (gemeinsame Meldeverfahren, Stichproben, Begleitausschüsse) u. Bewertung der Aktionen - Definition vorbereitender Untersuchungen u. technischer Hilfe vor Ort, von der EGK finanziert - Bei operationellen Programmen oder zur Überarbeitung der GFK kann sowohl der MS als auch die EGK initiativ werden
RV 4 (3) RV 5 (5), 9 (9), 10 (3), 11(3) Additionalität
DVK 9
- Steigerung der Strukturausgaben des MS muß mindestens so hoch sein wie die der entsprechenden Zuflüsse aus den Fonds.
Finanzielle Mittel
RV 12 (1)
- Gleitende 5-Jahresprojektionen im Rahmen der mehrjährigen Haushaltsvorausschätzungen und indikative Aufschlüsselung nach Zielen - Reale Verdoppelung der Verpflichtungsermächtigungen 1993/1987 - Konzentration eines erheblichen Teils der Haushaltsmittel auf Ziel 1-Regionen
Interventionsformen: Fonds ( = Zuschüsse)
RV5(2),(5)
• Kofinanzierung operationeller Programme ( = kohärente Bündel von Mehrjahresmaßnahmen auf Initiative von MS oder EGK) - Kofinanzierung nationaler Beihilfe inkl. Rückerstattungen - Globalzuschuß an intermediäre Agenten - Kofinanzierung geeigneter Einzelvorhaben - Unterstützung der vorbereitenden Studien oder technischen Hilfen - Andere Formen durch qualifizierten Ratsbeschluß in Zusammenarbeit mit dem EP - Hohe FOrdersätze in Ziel-l-Regionen, reduzierte in den übrigen Zielgebieten (s. Synopse "Ziele")
RV 13 (3)
30
noch: Übersicht 7
Stichwort
Grundlage
Inhalt der Bestimmung
Interventionsformen: EIB u.a. Finanzinstrumente, in angemessener Kombination mit den Fonds-Maßnahmen
RV 5 (3),(4)
-
Finanzielle Beteiligung
RV 13 (1), (2)
RV 13 (3)
- Nach Problemdimension, relativem Wohlstand des MS, besonderem EG-Interesse, besonderem Regionalinteresse, Merkmalen der Aktionsarten, unter Berücksichtigung der jeweiligen Kombination von Finanzinstrumenten - Max. 75 vH der Gesamtkosten, generell 50 vH der öffentl. Ausgaben für Maßnahmen in Ziel 1-Regionen, 50 bzw. 25 vH in den übrigen Regionen (Ausnahmen: "Einnahmenschaffende Investitionen". Bei Vorstudien u. technischer Hilfe auf EGK-Initiative sogar 100 vH der Gesamtkosten möglich.)
"Doppelkontrolle"
EWGV 92, 93 RV 7
- Alle Zuschüsse unterliegen außer der fachlichen der allgemeinen Beihilfenkontrolle nach dem EWGVertrag
Begleitung, Bewertung
RV 6
- Lfd. Überprüfung der Gemeinschaftsaktion auf Modifizierungsbedarf - Regelmäßige Befassung der zielbezogenen Ausschüsse (RV 17) mit den Durchführungsberichten - Effizienzbewertung ex ante und ex post - Kontrolle auf Vereinbarkeit mit primärem u. sekundärem Gemeinschaftsrecht (Wettbewerb, öffentl. Aufträge, Umweltschutz)
RV 7
Sonstiges
Beginn, Dauer
RV 14 RV 15
Darlehen o.ä. für bestimmte Investitionen Globaldarlehen Kofinanzierung von Vorstudien u. techn. Hilfe Bürgschaften
RV 16
- Einzelmaßnahmen sind ziel- und einzelfondsgebunden - Früher erlassene Vorschriften werden für lfd. Vorhaben nicht außer Kraft gesetzt - EGK unterbreitet vor dem 1.11. jedes Jahres einen Durchführungsbericht nach Art. 130a u. 130b EWGV
RV 19,20 EWGV 130d
- Seit 1.1.1989 in Kraft, Revision nach 5 Jahren ein stimmig nach Anhörung von EP u. WSA möglich
Quellen: ABl. L 185/1988 ("Rahmenverordnung" [RV]); ABl. L 374/1988, S. 1-14 ("Koordinierungsdurchführungsverordnung" [DVK]); EWG-Vertrag [EWGV]).
31
Für die Strukturpolitik der Gemeinschaft haben nun fünf Ziele Vorrang: 1.
Förderung von Regionen mit Entwicklungsrückstand. Ein solcher Rückstand wird dann als gegeben angesehen, wenn das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner nicht mehr als etwa 75 vH des EG-Durchschnitts erreicht. Vier Fünftel der Mittel des EFRE sind für diesen Kreis von Regionen bestimmt.
2.
Umstellung der Regionen, Grenzregionen und Teilgebiete, die von der rückläufigen industriellen Entwicklung schwer betroffen sind. Dies ist dann der Fall, wenn die industrielle Beschäftigung deutlich rückläufig ist und die Arbeitslosigkeit über dem EG-Durchschnitt liegt.
3.
Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit.
4.
Erleichterung der Eingliederung der Jugendlichen in das Erwerbsleben.
5.
Beschleunigte Anpassung der Agrarstrukturen sowie die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes; Voraussetzung ist hierbei, daß die landwirtschaftlich Beschäftigten einen hohen Anteil an der regionalen Gesamtbeschäftigung haben, in der Landwirtschaft nur ein niedriges Einkommensniveau erreicht wird und zudem die regionale gesamtwirtschaftliche Leistung unterdurchschnittlich ist.
Für die Interventionen der Gemeinschaft gilt das Prinzip der Subsidiarität. Danach sollen die Maßnahmen immer nur als Ergänzung zu den nationalen, lokalen und sonstigen Aktionen ergriffen werden, und zwar nur dort, wo die eigenen Mittel zu gering sind. Dies erfordert eine enge Abstimmung der Politik zwischen allen beteiligten Institutionen einschließlich der sozialen Gruppen und der Verbände. Alle regionalen Maßnahmen, für die EG-Mittel beantragt werden sollen, müssen, zusammen mit den vollständigen Finanzierungsplänen, im Gemeinschaftlichen Förderkonzept für die regionale Entwicklung enthalten sein. Die Gemeinschaftlichen Förderkonzepte werden von der Kommission in Verhandlungen mit den nationalen Behörden festgelegt. Die Verhandlungen werden auf der Grundlage von regionalen Entwicklungsplänen geführt, die von den nationalen Verwaltungen in Abstimmung mit den zuständigen regionalen und lokalen Einrichtungen aufgestellt wurden und im Falle von Ziel 1 auch die Gesamtheit der betroffenen Regionen des Landes umfassen können. Sie müssen einmal eine sozioökonomische Analyse für die betreffende Region/Teilregion, die beabsichtigte Problemlösungsstrategie, die Schwerpunkte der Förderung und darüber hinaus eine Aufstellung über die bei der Gemeinschaft beantragten Mittel, getrennt nach den einzelnen Finanzinstrumenten, enthalten. Die Pläne zu den Zielen 3 und 4 enthalten die beabsichtigten
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beschäftigungspolitischen Aktionen, müssen aber die für die Ziel-1-, -2- und -5b-Regionen vorgesehenen Ausgaben getrennt von den übrigen ausweisen.
Die auf dieser Grundlage erarbeiteten detaillierten Gemeinschaftlichen Förderkonzepte enthalten neben dem Finanzierungsplan nach Höhe und Quelle auch die Schwerpunkte, Art und Laufzeit der gemeinschaftlichen Intervention. Die Gemeinschaftlichen Förderkonzepte werden vorwiegend über die sogenannten operationeilen Programme umgesetzt, zu denen die Projekte für die jeweilige Region - soweit sie einander ergänzen - zusammengefaßt sind. Solche Programme können entweder von nationalen Stellen vorgelegt oder - wenn es sich um Projekte von gemeinschaftlichem Interesse oder mit Auswirkungen auf Gemeinschaftspolitiken handelt - auf Initiative der Kommission entwickelt werden.
Die Gemeinschaftlichen Förderkonzepte können aber auch durch einzelne Großvorhaben ausgefüllt werden oder Globalzuschüsse vorsehen. Im letzteren Fall wird einer besonderen regionalen Einrichtung die Aufgabe übertragen, die Abwicklung bestimmter Maßnahmen zu betreuen. Dies ist vor allem dann zweckmäßig, wenn an dem Programm eine Reihe von Projektträgern beteiligt ist. Weiterhin ist die Beteiligung an nationalen Beihilfen für Unternehmen möglich. Darüber hinaus können auch Vorstudien, Maßnahmen zur technischen Hilfe sowie Pilotprojekte gefördert werden. Mit der kräftigen Aufstockung der Fondsmittel ist das Ausmaß der regionalen Probleme stärker berücksichtigt worden. Die neuen strukturpolitischen Grundsätze erfordern allerdings auch ein erheblich größeres Maß an Planung und Abstimmung zwischen vielen beteiligten staatlichen Verwaltungsebenen, eine hohe Transparenz der zu berücksichtigenden nationalen und gemeinschaftlichen Vorschriften sowie zusätzliche Willensbildungsprozesse in Parlamenten, Behörden, Interessenverbänden und beteiligten Institutionen. Dies ist nicht zum Nulltarif zu haben. Effektivitätsgewinnen stehen insofern zusätzliche Kosten gegenüber, die den Netto-Vorteil einer Reform mindern könnten. Die Erfahrungen, die mit der Arbeitsweise der reformierten Fonds und der damit zusammenhängenden Anpassung nationalen und kommunalen Vorgehens gemacht werden, müssen daher als Maßstab dienen, wenn es darum geht, die gemeinschaftliche Strukturpolitik im Hinblick auf weitere Verbesserungen zu überprüfen. Dies wird in den Kapiteln 5 und 6 näher behandelt.
33
4.2
Gemeinsamkeiten und Unterschiede nach Fonds und Zielen im einzelnen
Bei allen Zielen müssen im wesentlichen folgende Schritte geleistet werden:
Landesinterne Erarbeitung regionaler Entwicklungspläne (bzw. "horizontaler" Aktionspläne) Partnerschaftliche Erarbeitung der Investitionsvorhaben und/oder Maßnahmen (Vorhaben oder Programme), die der EG zur Kofinanzierung eingereicht werden sollen; i.d.R. Vorabkonzipierung späterer operationeller Programme unter Beachtung der Leitlinien der Kommission, Abstimmung mit nationalen Maßnahmen der Regional-, Arbeitsmarkt- oder Agrarstrukturpolitik (in Deutschland z.B. mit der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur) EG-seitige Erstellung des Gemeinsamen Förderkonzepts auf der Grundlage der eingereichten und geprüften Pläne, entsprechend den festgelegten Kriterien, Einreichung der operationellen Programme und der Vorhaben bei der Kommission, EG-interne Abstimmung des zuständigen Fachressorts mit der Beihilfenkontrolle der GD Wettbewerb, Erteilung des EG-intern abgestimmten Bescheides an die antragstellenden Regierungen, Umsetzung der Programme/Vorhaben entsprechend den länderspezifischen Prozeduren, Durchführungskontrolle sowie laufende bis abschließende Bewertung und ggf. Modifizierung im mitgliedstaatlich-gemeinschaftlichen Zusammenspiel. Im Falle von Gemeinschaftsinitiativen tritt an die Stelle der nationalen Erarbeitung der im Rahmen regionaler Entwicklungspläne einzureichenden Förderanträge die Einbindung vorgegebener branchenbezogener oder "horizontaler" Fördermöglichkeiten in die nationalen Konzepte. An diesem Verfahren sind einige Schritte im Prinzip gleichgeblieben, einige traten an die Stelle früherer Vorgehensweise, wieder andere kamen hinzu. Praktisch gleichgeblieben ist
34
35
RV2
Gnindla-
ES F
I; 2; 3; 4; 5b
8«
Grundlage
RV 2
1,5a; 5b
EAGFL, Ausrichtung
Grundlage
RV 2
- Produktive Investitionen RV 3 (1) Ziclgruppcn: Erwachsene I^angzeitarbeitslose, RV 3 (2) - Bessere Vermarktung und Verarbeitung RV3(1) - Infrastruktur (Ziel 1: Wachstums-, Entwick- DVR 1 beschaftigungsuchcndc Jugendliche unter 25 DVS 1, 2 mit Blick auf Agrar-Reformpolitik lungs- und Anpassungsförderung, Sanitärbe- (b) Jahren - Umstellung auf andere oder komplemenreich, Bildung. Ziel 2: Wiederherstellung, Mo- Berufsbildung und -beratung tare Tätigkeiten dernisierung. Ziel 5b: Kommunikation, neue - Einstcllungshilfcn - Sicherung d. Lebensstandards d. LandwirArbeitspiatze.) - Existenzgründungshilfen te - Erschließung endogenen Entwicklungspotenti- Unterstützung von EFRE und EAGFL (Qua- Entwicklung des landlichen Sozialgcfüges als(KMU-IIilfen: Verwaltung, Marktforschung, lifizierung anderer Gruppen nach Bedarf und - Schutz der Umwelt Technologietransfer, Zugang z. Kapitalmarkt, Prioritäten der "ßcschaftigungspolitiken in der - Erhaltung des landlichen Raums Innovationsförderung) Gemeinschaft") - Ausgleich naturgegebener Nachteile für - Pilotvorhaben in Grenzregionen - Qualifizierung für neue Verfahren in KMU die Landwirtschaft DVL 5 - Studien zur Erschließung und Nutzung des Ge- DVR 10 - Agrarinfrastruktur, Flurbereinigung, Dimeinschaftsraumes versifizierung
1; 2; 5b
EFRE
EG-Strukturfonds - Wichtige spezifische Vorschriften
- EGK: Leitlinienfestlegung u.a. nach "periodi- DVR 3 - Festlegung der für jeweils 3 Jahre geltenden RV 10(1) - Bei Strukturanpassungsmaßnahmen Rats- DVL 2 schem Bericht" (Zwecke: Lösung schwerwie- (2), 8 (2) arbeitsmarktpolitischen Leitlinien durch EGK DVS 4 beschlösse nach Art. 43 Abs. 2 Unter- (1) gender Probleme aufgrund anderer EG-Politiunter Einbindung des Ausschusses für den abs. 3 EWGV auf Vorschlag der EGK ken; regionale Durchführung von EG-Politiken Sozialfonds
DVL 8
Quellen: ABI. L 185/1988 ("Rahmenverordnung" [RV]); ABI. L 374/1988, S. 15-20 ("Durchführungsverordnung Regionalfonds" [DVR]), S. 21-24 ("Durchführungsverordnung Sozialfonds" [DVS]), S. 25-28 ("Durchführungsverordnung Landwirtschaftsausrichtung" [DVL]).
Leitlinien
Mittelverwen- - 85 vi I für 5-Jahres-Zeitraum nach den sozio- RV 12 - Bis zu 5 vi! der jahrlichen Mittel für innovati- DVS 1 (2) - Bis zu 1 vH der jahrlichen Mittel für dung, überökonomischen Kriterien für die Ziele 1, 2 und (6) ve Maßnahmen, Vorbereitungs-, Begleit- und Pilot- u. Demonstrationsvorhaben sowie greifende Vor5b indikativ auf MS verteilt Verwaltungsmaßnahmen sowie für OrientieStudien u. techn. Hilfe und Verbreitung Schriften - Konzentration von ca. 80 vH des EFRE auf rung und Beratung bei der Wiedereingliededer Ergebnisse Ziel 1-Regionen RV 12 rung von Langzeitarbeitslosen (5)
Fördergegenstand
Zielzuordnung
Übersicht 8
das Erfordernis zur Voraberstellung der regionalen Entwicklungspläne. Wie früher müssen auch die Vorhaben und Programme, die Gegenstand eines Kofinanzierungsantrags sein sollen, im nächsten Schritt auf nationaler Ebene ausgearbeitet werden. Dieser Schritt hat aber eine neue Qualität bekommen, und zwar in zweierlei Hinsicht. Einmal verlangen das Kohärenz- und das Partnerschaftspostulat eine erheblich stärkere horizontale und vertikale Abstimmung. Dies gilt für die beteiligten Akteure in allen Mitgliedstaaten. Zum anderen ist durch die Konzentration der Mittel und die Kriterienvorgabe der Antragsspielraum in einigen Ländern stark erweitert, in anderen dagegen stark eingeengt worden. In Deutschland wurde er eingeengt.
Aufwendiger geworden und mit neuen Elementen versehen worden ist der nächste Schritt: die Prüfung der eingereichten Programm- und Projektvorschläge nebst der zugehörigen regionalen Entwicklungspläne durch die Kommission. In der GD XVI (Regionalpolitik) ist die bloße Konformitätsprüfung im Rahmen vorgegebener Rückflußmargen einem sehr viel komplexeren Verfahren gewichen, das Kohärenz-, Prioritäts-, Ermessens- und Partnerschaftsgesichtspunkte einschließt. Den Abschluß dieser Prüfung bildet die Erstellung des Gemeinsamen Förderkonzeptes (GFK) für die betreffende Region in Abstimmung mit dem Mitgliedstaat. Streng genommen können erst jetzt die eigentlichen Finanzierungsanträge für operationelle Programme - sie sollen den Regelfall darstellen - und Vorhaben eingereicht werden. Das kommissionsinterne Prüfverfahren erstreckt sich nicht nur auf die fachliche Beurteilung durch die zuständige Generaldirektion, sondern auch auf wettbewerbsrechtliche Neutralität, d.h. Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt entsprechend den Anforderungen von Art. 92 des EWG-Vertrages. Dafür ist die Generaldirektion IV zuständig.
Umgesetzt werden die genehmigten Programme und Vorhaben schließlich wie bisher im nationalen Rahmen durch die involvierten regionalen und lokalen Stellen. Sie laufen meist über mehrere Jahre. Die Anträge auf die jährlichen Finanzierungstranchen sind mit Rechenschaftsberichten und Modifizierungsprüfungen verbunden. In der Durchführungsphase werden die Vorhaben und besonders die Programme durch Ausschüsse begleitet. Bewertung und Kontrolle runden das Bild ab.
Verkürzt worden sind die Verfahren also nicht. Im Gegenteil, die Zahl der verwaltungstechnischen Schritte hat sich gegenüber der von 1985 bis 1988 gültigen Regelung erhöht. Hierin liegt offensichtlich eine administrative, allerdings nur in geringerem Maße auch eine
36
arbeitsökonomische Redundanz. Die Arbeitsökonomie wird in der Theorie dadurch sogar begünstigt, daß in allen Fällen weitgehend einheitliche Antragsprozeduren vorgeschrieben sind. Dies kann in dem Maße Synergie- und Lernwirkungen haben, wie inhaltliche Berührungsflächen für die Fonds existieren. Diese entstehen durch das Abstimmungs- und Kohärenzpostulat, aber nur insoweit, wie die Fonds in denselben Regionen tätig werden. Dies ist auf breiter Grundlage der Fall und auch so von der Kommission gewünscht. Es gibt nur eine einzige - mehr theoretische - Ausschlußsituation: Die Abteilung Ausrichtung des Agrarfonds kann nicht in industriellen Umstellungsgebieten (Ziel 2-Regionen) aktiv werden.
Unter den fondsspezifischen Regelungen betrifft die wichtigste das Maß an zielbezogener Mittelbindung für den EFRE: Vier Fünftel des EFRE, der zugleich der umfangreichste der drei Fonds ist, sollen in die rückständigen (Ziel-l-)Regionen fließen. Zuvor hatte es weder eine Konzentrationsvorgabe auf der Ebene der Regionen noch eine solche dieses Ausmaßes auf bestimmte Mitgliedsländer gegeben. Obwohl mit der Einstufung ganzer Staaten als Ziel-1-Regionen auch weitgehend die Konzentration der EFRE-Ausgaben nach Staaten vorgezeichnet ist, konnte sich der EG-Gesetzgeber noch nicht von der früheren Praxis der weitgehenden Quotenaufteilung nach Mitgliedstaaten lösen: 85 vH der EFRE-Mittel, die in der mittelfristigen Vorausschau, auf die sich die Haushaltsbehörde (Rat und Parlament) der EG in einer interministeriellen Vereinbarung für fünf Jahre geeinigt hatte, festgelegt sind, werden vorab auf die Mitglieder aufgeteilt. Dies gilt allerdings nur noch "indikativ", was im Zweifel zweierlei bedeutet: Einmal sollen kleinere Abweichungen noch nicht zu politischen Interventionen der Benachteiligten führen, und zweitens soll die Beseitigung selbst größerer Abweichungen rechtlich nicht einklagbar sein.
Unterschiede zwischen den Fonds bestehen auch im Hinblick auf die Instrumente: Der EFRE finanziert überwiegend Investitionen, der ESF Maßnahmen, die Abteilung Ausrichtung des EAGFL beides. Auch hieran können sich vermeidbare Konflikte entzünden. An der zielbezogenen Aufbereitung der fünf strukturpolitischen Verordnungen (Übersicht 9) sind vor allem die konkrete Zuordnung von Regionen zu den Zielen 1, 2 und 5b sowie die Finanzbestimmungen interessant. Diese lassen die regionalpolitischen Prioritäten und einheitlich danach abgestuften Interventionsformen der Gemeinschaft deutlich erkennen. Sie zeigen z.B., daß Maßnahmen nach Ziel 3 oder 4, wenn sie in bestimmten Ziel-Regionen durchgeführt werden, dort den gleichen Fördersätzen unterliegen wie zuschußfähige
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38
Ziel I
Grund-
Ziel 2 tage
Grand-
Ziele 3 and 4 Uge
Grand-
Ziel 5
Grand| läge
Wichtige zielbezogene Bestimmungen
Uge
Aktions- Von "geeignetster Ebene" erarRV 8 (4) - Pläne für 3 Jahre zur regionaRV 9 (8) - Zielbezogene Pläne (vorrangige RV 10 - Pläne zur Entwicklung der ländRV 11 grundlagen beitete RegionalentwicklungsDVK 5 len und sozialen Umstellung DVR 2 Aktionen,Mehijahreszeitraum, (2) liehen Gebiete (Schwerpunkte, (3) der Mitplinev.5 Jahren (Schwerpunk(1) (Schwerpunkte, Aktionen, Fi(3) Kohärenz mit KommissionsDVS 5 Finanzierung, ggf. Zusammengliedstaaten te, Aktionen, Finanzierung), DVK 6 nanziening) leitlinien, Finanzierung) hang mit den Auswirkungen der optioneil auch für Gesamtheit DVR 2 · Fakultativ operationelle ProRV 9 (8), - Fakultativ operationelle ProAgrarreform) der Ziel 1-Regionen (2) gramme (wie bei Ziel 1), die (10) gramme (wie bei Ziel 1), die RV 10 - Fakultativ operationelle Pro- Ergänzende Pläne betr. Ziele 3, RV 8 (4) auch hier der Regelfall sind DVR 3 auch hier der Regelfall sind (2), (4) gramme. Außer diesen hat die RV 11 4 u. 5 für die Ziel 1-Regionen - Angaben an Kommission zur RV 9 (4) Kofinanzierung nationaler Bei(3), (4) - Fakultative Zerlegung der PläRV 8 (4), Erleichterung der "effektiven hilfen hohen Stellenwert DVR 3 ne in operationelle Programme (6) Maßnahmenkonzentration" zwecks VerfahrensbeschleuniRV 5 (5) gung (Regelfall), auch auf IniDVR (3) tiative der EGK
Definition -Regionen mit Entwicklung»RV 1,8 - Industriegebiete mil rückläufiRV 1,9 - Keine Gebietsfestlegung RV 1, - Gebietsunabhängige beschleuRV 1, 11 der Föcder-riiekstand (NUTS II mit Pro(3) ger Entwicklung (NUTS III (1), (2) - Bekämpfung der Jugendar10 (1) nigte Anpassung der Agrar(1) regionen Kopf-Einkommen unter 75 vH mit hoher Arbeitslosigkeit, hobeitslosigkeit (Ziel 3) strukturen (Ziel 5a) des EG-Durchschnitts Ober 3 hem Induslrieanteil und nick· Benifseingliederung Jugend· "Ländlicher Raum" als Ziel-5bRV 1, 11 Jahre) und einige Sondergebieläufiger Industriebeschäftilieber (Ziel 4) Gebiet. Festzulegen nach z.T. (2), un le g g) * Mehrjahresleitlinien mit Zielen strikten (landwirtschaftlich BeDVK 4 - Für jeweils 5 Jahre vorgegeben. - 3 Jahre feste Kriterienvorgahe RV 9 (7) und Kriterien nach festzulegenschäftigte, Randlage), z.T. interRevision nach üblichem Ge- Fakultative Einbeziehung anRV 9 (2) den Modalitäten pretationsfähigen Kriterien meinschafts-Verfahren grenzender Gebiete mit glei(landw. Entwicklungsgrad, Anetten Kriterien, bestimmter passungsfähigkeit im Hinblick städtischer Ballungszentren u. auf die Agrarreform), z.T. aufbestimmter Industriegebiete grund begründeter Anträge der mitArbcitslosigkeitsproblemen Mitgliedstaaten in Schlüsselbranchen der Region. (Kommission hat Ermessen sspietraum) - Regelmäßige Überprüfung RV 9 (6) (3-Jahres-Zuschüsse)
Übersicht 9
- Einkommenshilfen an Landwirte bzw. für Flächenstillegung werden (im Rahmen von Höchstbeträgen) nicht auf die Fondsausgaben angerechnet - Max. 50 vH-Beteiligung der EG an den jew. Gesamtkosten, generell mind. 25 vH der betr. öffentl. Ausgaben in Ziel 5Regionen - Max. 30 vH-Beteiligung der EG an Unternehmensinvestitionen - Max. 100 vH bei best. Vorstud. u. techn. Hilfe (s. Ziel 1)
- Beteiligung der EG an den Kosten der Maßnahmen variiert nach Ziel-Regionen-Typ, in dem sie durchgeführt werden, sowie nach Art (75/50 bzw. 50/25 bzw. 50 oder 30 bzw. 100 vH; s. Ziele 1, 2 u. 5b)
- Max. 50 vH-ßeteiligung der EG an den jew. Gesamtkosten, generell mindestens 25 vi I der betr. öffentl. Ausgaben in Ziel 2-Regionen - Max. 30 vH-Beteiligung der EG an Unternehmensinvestitionen - Max. 100 vH bei bestimmten Vorstudien u. technischer Hilfe (s. Ziel 1)
- "Erheblicher Teir der Haushaltsmittel (EFRE: 80 vH) - Reale Verdoppelung der Verpflicht.-ermächt. bereiu bis 1992 - Maximal 75 vH-Beteiligung der EG an den jeweiligen Gesamtkosten, generell mindestens 50 vH der betr. öfTentl. Ausgaben in Ziel 1-Regionen - Besondere Anstrengungen für die am wenigsten wohlhabenden Regionen • Max. 50 vH-Beteiligung der EG an Unternehmensinvestitionen - In Ausnahmefällen bis zu 100 vH-Beteiligung der EGK bei Vorstudien oder technischer Hilfe, die sie selbst initiiert hat
Finanzbestimmungen
Wie bei Ziel 1
Wie bei Ziel 1
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RV 8 (5)
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Grnnd-
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Wie bei Ziel 1, unterschieden nach Zielen 5a u. 5b
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Wie bei Ziel 1
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RV 9 (9) - Wie bei Ziel 1 - Kommission "achtet ... auf ... RV 9 (4) Konzentration ... auf die am stärksten betroffenen Gebiete und die am besten geeignete räumliche Ebene"
RV 9 (9)
Ziele 3 and 4
Wie bei Ziel 1
i RV 8 (5)
J!
Ggf. Überprüfung u. Revision des Gemeinsch.Förderkonzepts
ο > oc
Follow-up
ο e RV 8 (5)
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1 *
- Beurteilung der Pläne auf Zielu. Vertragskompatibilität • Partnerschaftliche Festlegung des gemeinschaftlichen Förderkonzepts (Schwerpunkte, Formen, Finanzierung, Laufzeit deiGemeinschaftsintervention) zur Abstimmung der auf verschiedene Ziele bezogenen Hilfen in der Region
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Antwort der Kommission
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- Beratender Ausschuß aus RV 17 - Beratender Ausschuß aus VerRV 17 - ESF Ausschuß (je 2 Vertreter RV 17 - Verwaltungsausschuß aus VerRV 17 Vertretern der Mitgliedstaa- (I) tretern der Mitgliedstaaten (s. (1) der Mitgliedsregieningen u. (1) tretern der Mitgliedstaaten; (1) DVK ten unter Leitung des KomDVK 27 Ziel 1) DVK 27 Sozialpartner); Kommissionsu. Art. Kommissionsvorsitz; EIB u. 29 missionsvertreters. EIB ohne vorsitz; EIB punktuell ohne 124 Vorsitz ohne Stimmrecht. Von Stimmrecht vertreten. (AusStimmrecht vertreten. KomEWGV der Kommission vorgesehene schuß auch für Ziel 2 zustänmission berücksichtigt die DVK 28 Maßnahmen zu 5a-Aktionen dig). Kommission trägt den Stellungnahmen nach Ermesoder 5b-Förderkonzepten, die Stellungnahmen weitestgehend sen vonderAusschußstellungnahme Rechnung abweichen, können vom Rat H kassiert werden
Ziel I
1
»«8*
Quellen: ABI. L 185/1988 ("Rahmenverordnung" (RV)); ABl. L 374/1988, S. 1-14 fKoordinieningsdurchfühningsvcrordnung" IDVK)), S. 15-20 ("Durchführungsverordnung Regionalfonds" [DVR]), S. 21-24 (Durchführungsverordnung Sozialfonds" [DVS]), S. 25-28 ("Durchführungsverordnung I^ndwirtschaftsausrichtung·' [DVL]); EWG-Vertrag [EWGV].
Sonstige»
Ι
noch: Übersicht 9
|
U |
Investitionen in diesen Ziel-1-, -2- oder -5b-Regionen. Liegen sie außerhalb der Fördergebiete, werden sie nur in geringerem Maße gefördert. Außerdem ist die gesamte Verfahrenstechnik auf die einzelnen Ziele ausgerichtet. So zeigt die Zeile "Aktionsgrundlagen der Mitgliedstaaten*1 die neue, weitreichende Einheitlichkeit der Vorgehensweise ebenso wie die besonderen Anforderungen an einen integrierten, andere Ziele berücksichtigenden Ansatz in den Regionen mit der höchsten Priorität. An dieser Ziel-1-Kategorie wird auch deutlich, daß der Partnerschaftsgedanke in der heterogen verwalteten EG nicht schematisch angewendet werden kann, sondern auf die "Eignung" der verschiedenen Ebenen in den Mitgliedstaaten, einen Beitrag zur Erstellung der regionalen Entwicklungspläne zu leisten, Rücksicht nehmen muß.
Bis zur Vereinigung hatte Deutschland keinen Anspruch auf Zuteilung von Mitteln nach Ziel 1, da alle Regionen ein Pro-Kopf-Einkommen aufwiesen, das 75 vH des Gemeinschaftsdurchschnitts übertraf. In den Jahren 1989 und 1990 war damit klar, daß sich Deutschland von den acht bzw. zehn Mrd< DM des EFRE nur anderthalb bzw. zwei Milliarden mit den anderen wohlhabenderen Mitgliedstaaten würde teilen können. Der ihm zufallende Betrag konnte im wesentlichen für Zwecke der industriellen und ländlichen Restrukturierung beantragt werden, wobei für alle Ziele einheitlich ein Beitrag der EG in Höhe von 50 vH der Gesamtkosten und mindestens 25 vH der öffentlichen Ausgaben erwartet werden konnte. Unternehmen durften mit einem Beitrag von 30 vH zu den Investitionskosten rechnen. Nach der deutschen Vereinigung wurden auch die neuen Bundesländer und Ost-Berlin in die gemeinschaftliche Regionalförderung einbezogen23. Insgesamt wurden zunächst rd. 6 Mrd. DM für einen Dreijahreszeitraum (1991-93) zur Verfügung gestellt/Das Beitrittsgebiet als Ganzes erfüllt die Kriterien für die Einstufung nach Ziel 1. Zwar gab es zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Mittelvergabe noch keine volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen für die einzelnen neuen Bundesländer, so daß sich auch nicht das jeweilige Bruttoinlandsprodukt je Einwohner bestimmen ließ. Schätzungen zufolge wurde das Einstufungskriterium aber auch in jedem Einzelfall erfüllt; jüngere Berechnungen bestätigten diese Vermutung. Infolgedessen werden alle neuen Bundesländer künftig als Ziel-l-Regionen eingestuft. Umstritten war der Fall Ost-Berlin. Die Halbstadt ist keine NUTS-II-Region und sollte zunächst einen eingeschränkteren Förderstatus erhalten. Die geringe Produktivkraft des gesamten Ost-Berliner Gebiets und die Präzedenzwirkung 23
ABl. L 353/1990. 41
anderer Ausnahmeregelungen veranlaßten die Kommission aber schließlich, ihm den Ziel-1Status einzuräumen. Dagegen drängt die Kommission darauf, dem Westteil der Stadt, der nach der Rahmenverordnung nach Ziel 2 eingestuft ist, seinen besonderen Förderstatus auch nach nationalem Recht zu nehmen: Anfang August 1992 hob sie die vom Bundestag - ohne Einholung der vorherigen Zustimmung der Kommission - beschlossene Verlängerung der Investitionszulage auf. Damit die Zahlungen der EG an die neuen Bundesländer und Ost-Berlin nicht zulasten der bisherigen Netto-Empfängerländer gehen, wurden sie außerhalb der Fonds aus allgemeinen Haushaltsmitteln finanziert. Gegenüber dem status quo ante bedeutet dieser Rückfluß eine Reduzierung der deutschen Nettozahlerposition. Allerdings wird diese Position als Folge von Umschichtung und Aufstockung des EG-Haushalts zugunsten der Kohäsionspolitik insgesamt weiter ausgebaut. Dieser Prozeß wird sich nach den derzeitigen Vorstellungen für die mittelfristige Finanzplanung bis 1997/9924 fortsetzen. Eine Entlastung kann in dieser Perspektive aber aus der Erweiterung der EG um (wohlhabende) EFTA-Länder sowie aus einem allmählichen Abbau des britischen Beitragsrabatts erwartet werden.
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Verhältnis der gemeinschaftlichen zur deutschen Regionalpolitik
Ein Mitgliedstaat kann dreierlei Gründe haben, mit der gemeinschaftlichen Strukturpolitik unzufrieden zu sein. Er kann sich finanziell benachteiligt fühlen, das Verfahren ineffizient finden, sich in seiner eigenen Regionalpolitik eingeschränkt sehen. Zwischen den drei potentiellen Kritikpunkten gibt es Zusammenhänge. Punkte 1 und 2 sind z.B. in der Weise verbunden, daß die Effizienz eines absolut vorgegebenen Verwaltungsaufwandes mit der Höhe der damit eingespielten Gemeinschaftsmittel variiert. Punkte 1 und 3 können nach Art von kommunizierenden Röhren verbunden sein: Hält ein Land eine seiner Regionen für besonders förderungswürdig und kann es diese Förderung bei der EG nicht erreichen, so wird es die Region um so mehr aus nationalen Mitteln fördern wollen.
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42
Delors-II-Paket; vgl. Kommission der EG, 1992b.
Daran aber kann es u.U. von der EG gehindert werden. Die Punkte 2 und 3 berühren sich schließlich in der Weise, daß einerseits die nationalen und das gemeinschaftliche Verfahren aufeinander bezogen sein müssen, daß aber andererseits unterschiedliche Vorstellungen von Effektivität bestehen können. Das Volumen der Mittel und ihre Konzentration sind zumindest nach dem derzeitigen Stand für die Entscheidungsträger in Deutschland eine im wesentlichen unumstrittene politische Vorgabe. Dagegen sind die Effizienz der Förderpolitik und die Spielräume für nationale Maßnahmen Anlaß zu Reformüberlegungen. Mit der Darstellung der derzeitigen EGRegelungen wurde in diesem Bericht bereits eine Reihe potentieller Konfliktherde umrissen. Um das Bild aus deutscher Sicht zu vervollständigen, müssen nun noch die wesentlichen Züge der Regionalpolitik in der Bundesrepublik, auch in ihrem Verhältnis zur gemeinschaftlichen Strukturpolitik, dargestellt werden. Staatliche Korrektur regionaler Unterschiede in Einkommen und Wirtschaftskraft geschieht in Deutschland auf doppelte Weise. Dem föderativen Staatsaufbau entspricht einmal ein fiskalischer Föderalismus, d.h. die Eigenständigkeit öffentlicher Haushaltswirtschaft der einzelnen gebietskörperschaftlichen Ebenen. Da in Anbetracht des wirtschaftlichen Leistungsgefälles auch ein Gefälle der "Steuerkraft" zwischen Gebietskörperschaften gleicher Ebene unvermeidbar ist, dem im Interesse einer Angleichung der Lebensbedingungen entgegengewirkt werden soll, schreibt das Grundgesetz einen Finanzausgleich - auch im Wege des vertikalen Steuerverbundes - vor, der die Differenzen auf Länder- wie Gemeindeebenen zwar nicht beseitigt, aber stark reduziert (Art. 106 (3), 107 (2) GG). Diese Transferströme (oder ungleiche Regionalverteilung des Aufkommens bestimmter Steuern) sind nicht projekt- oder anderweitig verwendungsgebunden und unterliegen beim Empfänger, der immer nur eine Gebietskörperschaft sein kann, wie alle übrigen Mittel den Grundsätzen ordnungsgemäßer kameralistischer Bewirtschaftung. Der Finanzausgleich als essentielles, in seiner Ausgestaltung nicht von der EG überwachtes Funktionselement des deutschen Staatsaufbaus ist für sich genommen nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Er hat dennoch hohe Relevanz für das Thema. Denn der Stellenwert des zweiten Stranges von Regelungen und Maßnahmen zur Reduzierung regionaler Ungleichgewichte in Deutschland hängt stark von der Egalisierungskraft des Finanzausgleichs ab. Dieser zweite Strang ist die projektgebundene regionale Wirtschaftspolitik, vornehmlich die von Bund und Ländern gemeinsam betriebene. Aber auch im EG-Kontext ist Finanzausgleich ein wichtiges Zukunftsthema, je
43
mehr sich die Gemeinschaft zu einem Gebilde mit homogen gegliedertem, föderativen Aufbau von Politik und Verwaltung entwickelt. Grundlage der projektgebundenen Regionalpolitik in Deutschland ist das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" vom 6. Oktober 1969, das Anfang 1970 in Kraft trat 25. Es fußt seinerseits auf einem Verfassungsauftrag. Artikel 91a des Grundgesetzes definiert die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur ausdrücklich als eine von drei Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern. Er legt auch bereits den Finanzierungsanteil des Bundes in Höhe von 50 vH der jeweiligen Ausgaben fest (Abs. 4). Neben dieser Pflichtbeteiligung des Bundes sieht das Grundgesetz aber zu bestimmten Zwecken, darunter der "Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft 11, auch noch die fakultative Bezuschussung "besonders bedeutsamer Investitionen der Länder und Gemeinden" durch den Bund in nicht festgelegter Höhe vor (Art. 104a (4)). Anwendungsbeispiele dieser flexibleren, infolge unbestimmter Rechtsbegriffe viel stärker als die Gemeinschaftsaufgaben der Gesetzgebungsfreiheit oder dem Ermessen der Bundesverwaltung ausgesetzten Vorschrift sind oder waren das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, das Städtebauförderungsgesetz, das Krankenhausfinanzierungsgesetz, die Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus und der Wohnungsmodernisierung oder das Sonderprogramm der Bundesregierung für Gebiete mit speziellen Strukturproblemen von 1974. Wegen des tendenziellen Konfliktverhältnisses zum vorrangigen Finanzausgleich muß der Rückgriff auf Art. 104a (4) GG immer die Ausnahme bleiben26, und wegen des spezifischeren und damit vorrangigen Charakters von Art. 91a GG kann die Investitions-Kofinanzierung nach Art. 104a (4) GG auch nicht mit derjenigen nach der Gemeinschaftsaufgabe kumuliert werden27.
25
Bundesgesetzblatt Nr. 108, S. 1861 ff. - Eine zweite Gemeinschaftsaufgabe mit Relevanz sowohl für die Regionalpolitik als auch für die Interventionen der Abteilung Ausrichtung des Europäischen Agrarfonds ist die "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes". Für die Beleuchtung des Spannungsverhältnisses zwischen gemeinschaftlicher und nationaler (deutscher) Strukturpolitik beschränkt sich dieser Bericht exemplarisch auf die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur".
44
26
Maunz, 1977, S. 28 zu 104a.
27
Maunz, 1977, S. 26.
Nach der Gemeinschaftsaufgabe kann im wesentlichen einmal potentiell wettbewerbsfähigen Unternehmen Start- oder Anpassungshilfe geleistet und zum anderen Gemeinden und Gemeindeverbänden finanzielle Unterstützung für den Ausbau wirtschaftsnaher Infrastruktur gewährt werden. Voraussetzung ist, daß die Maßnahmen in Gebieten mit entweder erheblich unterdurchschnittlicher Wirtschaftskraft oder Dominanz schwacher bzw. gefährdeter Wirtschaftszweige durchgeführt werden. Dazu stellt ein aus Bundes- und Länderministern oder ihren Vertretern bestehender Planungsausschuß im Rahmen gleitender Mittelfristperspektive jährliche Rahmenpläne auf, in denen die Fördergebiete abgegrenzt, die gebietsspezifischen Ziele beschrieben und die maßnahmenspezifischen Haushaltsmittel für den Bund und jedes Land in den gleitend erfaßten Jahren aufgeführt sind. Grundsätzlich teilen sich Bund und jeweiliges Land die Kosten je zur Hälfte. Die Aufgaben des Planungsausschusses beschränken sich auf Grundsätzliches wie die Festlegung einheitlicher Kriterien, Ziele und Fördertatbestände sowie des Verteilungsschlüssels für die Bundesmittel. Für die Projektauswahl und die Durchführung im einzelnen sind allein die Länder zuständig. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im übrigen auch für die Anwendungsfälle nach Art. 104a GG 28 .
Die Gemeinschaftsaufgabe ähnelt einerseits in ihren Grundprinzipien der EG-Strukturpolitik, ist aber andererseits technisch einfacher und pragmatischer angelegt - bis hin zu einem Umschlag in eine andere Qualität. Gemeinsam ist ihnen die Konzentration der Maßnahmen auf räumliche und sachliche Schwerpunkte. Auch was die EG unter Kohärenz subsumiert, ist im Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe verankert. Des weiteren ist beiden Ebenen der Grundsatz der Kofinanzierung, unter Einsatz diverser Finanzinstrumente und bei differenzierter Förderintensität, gemeinsam. Auch müssen die Vorhaben jeweils in übergeordnete Pläne eingebettet sein: die der EG in regionale Entwicklungspläne, die der Gemeinschaftsaufgabe in die Raumordnung und Landesplanung. Schließlich finden sich Elemente des Partnerschaftsgedankens der EG-Strukturpolitik im Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe.
Pragmatischer als die Praxis der EG ist der Verzicht auf die schwer zu kontrollierende Additionalität des lokalen Mitteleinsatzes; lediglich eine "angemessene Beteiligung" des Empfängers wird vorausgesetzt. Mit der generellen 50:50-Regelung ist die Kofinanzierung der Gemeinschaftsaufgabe durch Bund und Land auch einfacher konzipiert als die von EG 28
Maunz, 1977, S. 29. 45
und Mitgliedstaat in der EG-Strukturpolitik, bei der die Relation je nach Förderregionstypus schwankt. Schließlich ist das gesamte Beschlußverfahren in der Gemeinschaftsaufgabe sehr viel einfacher und zeitsparender. Der für die Förderung verbindliche Rahmenplan entsteht lediglich durch termingerechte Anmeldung der Maßnahmen beim Bundeswirtschaftsminister und Beschlußfassung des Ausschusses über sämtliche Anmeldungen. Dem stehen auf EGEbene die Einreichung der sozio-ökonomischen Entwicklungspläne, die Erarbeitung der Gemeinsamen Förderkonzepte, die Aufstellung der operationellen Programme und die Entscheidung der Kommission darüber gegenüber. Hinzu kommt die wettbewerbliche Beihilfenkontrolle, der sich freilich auch die Vorhaben im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe nicht entziehen können.
Der Planungsausschuß ist zugleich Ausdruck eines im Vergleich zur EG anderen Verständnisses von Subsidiarität. Durch die Beschränkung des Bundes auf eine Mitwirkung an den Grundsatzentscheidungen in der Planungsphase wird den Bundesländern erheblich mehr Spielraum für die Mittelverwendung eingeräumt, als dies im EG-Verfahren der Fall ist. Das Verfahren der Gemeinschaftsaufgabe setzt eine Ex-ante-Aufteilung der Bundesmittel auf die Länder voraus und entspricht insoweit dem früheren Quotensystem im Verhältnis EG zu Mitgliedstaaten beim EFRE. Daß sich dieses System auf EG-Ebene als regionalpolitisch ineffizient erwies, stellt nicht zugleich die Effizienz der Gemeinschaftsaufgabe in Frage, denn im Unterschied zu den Bundesländern sind die Mitgliedstaaten nicht die optimale Ebene für die Umsetzung einer bedarfsorientierten Regionalpolitik. Auch kann der Bund seine Grundsatzvorstellungen entschiedener in die Gemeinschaftsaufgabe einbringen, als es die EG-Kommission vor 1989 in bezug auf den Europäischen Regionalfonds tun konnte. Die relative Einfachheit des Verfahrens in der Gemeinschaftsaufgabe hat natürlich auch eine Kehrseite: Die eigentlich zu fördernde Ebene - Wirtschaft und Gemeinden - kann ihre Vorstellungen nicht mit dem gleichen einheitlichen Anspruch auf Anhörung einbringen, wie es im EG-Verfahren beabsichtigt ist. Kommunen und Verbände müssen folglich ihre eigenen Lobby-Strukturen auf Landesebene aufbauen. Dafür gibt es in der Tat eingespielte, weitgehend institutionalisierte Strukturen, so etwa die Gemeinde- und Kreisplanungsämter und die kommunalen Wirtschaftsförderungsgesellschaften.
Materiell sind die Kom-
munikationsprozesse im Zweifel nicht geringer als im EG-Verfahren; wegen ihres teils nichtformalisierten, "gewachsenen" Charakters kann der Aufwand gleichwohl geringer oder zumindest die Effizienz größer sein. Auch kann für sinnvolle Vorhaben grundsätzlich mit
46
einem offenen Ohr in der Landesregierung gerechnet werden, da jedes Land ein Interesse daran hat, möglichst viel Bundesmittel im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe an sich zu ziehen. Dies gilt zumindest für die federführenden Wirtschaftsressorts, die freilich den Budgetrestriktionen bei der Kofinanzierung unterliegen.
Das Verhältnis der Gemeinschaftsaufgabe zur EG-Regionalpolitik hat sich grundlegend gewandelt. Bis 1988 konnten Bund und Länder die Gemeinschaftsaufgabe weitestgehend autonom gestalten. Artikel 2 des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe verlangte lediglich, daß "auf die Erfordernisse der Europäischen Gemeinschaft Rücksicht zu nehmen" sei (dazu zählten vor allem die Beihilfebeschränkungen). Die Rahmenpläne genügten dem EG-Erfordernis der Einbettung von Maßnahmen, für die EG-Mittel beansprucht werden sollten, in regionale Entwicklungspläne, damit die Bundesrepublik Anspruch auf partielle Erstattung ihrer Förderauslagen an den EG-Regionalfonds geltend machen konnte. Heute "ist die EG-Regionalpolitik durch die Reform der europäischen Strukturpolitik aus der bisherigen Einbindung in die Gemeinschaftsaufgabe weitgehend herausgelöst worden"29. Dies gilt für die Abgrenzung der Förderkulisse - es gibt nun noch eine verhältnismäßig kleine Schnittmenge von Fördergebieten nach deutschem und gemeinschaftlichem Recht wie für die verfahrenstechnische Abwicklung der EFRE-Beteiligungen. Lediglich für die neuen Bundesländer spricht der Rahmenplan von einer "Symbiose" zwischen nationaler und gemeinschaftlicher Regionalförderung.
4.4
Konfliktfelder in den Verfahren der Strukturfonds
Will man die Kohäsionspolitik effizienter gestalten als bisher, so gibt es dazu verschiedene Ansatzpunkte. Der unproblematischste ist die schlichte Beseitigung überflüssiger oder kaum erfolgssteigernder Verwaltungsvorgänge im derzeitigen Verfahren. Eine zweite Möglichkeit besteht darin, Konflikte zwischen den beteiligten Akteuren weitgehend zu vermeiden, eine dritte schließlich darin, für offene oder latente Konfliktlagen eindeutige Regelungsmechanismen einzurichten. Die wichtigsten Akteure sind die maßgeblich befaßten Verwaltungsbeamten auf regionaler, mitgliedstaatlicher und EG-Ebene, daneben aber auch die Fachreferenten der EIB, die "Moderatoren" der Ausschüsse sowie, in begrenztem Umfang,
29
Zwanzigster Rahmenplan, 1991, S. 18. 47
die potentiell begünstigten Unternehmen und ihre Arbeitnehmervertreter. Schließlich sind auch die Kommunen und Gemeindeverbände involviert. Verwaltungsvereinfachung ist der Weg, der im Maastrichter Unionsvertrag und im Delors-IIPaket schon angedacht worden ist. Eine bereits in der Rahmenverordnung vorgesehene Möglichkeit dazu ist es, die regionalen Entwicklungspläne von vornherein in operationeile Programme zu zerlegen (vgl. Übersicht 9, Zeile: Aktionsgrundlagen der Mitgliedstaaten). Eine Strategie zur Konfliktvermeidung könnte sich etwa die Erfahrung zunutze machen, daß eine gegebene Verteilung, die ja das Ergebnis vorausgegangener, mit Reibungsverlusten verbundener Auseinandersetzungen ist, eher akzeptiert wird als eine andere, unbekannte, die als Resultante konfligierender Distributionswünsche bei ungleich verteilter Durchsetzungsmacht erst unter neuen Reibungsverlusten gefunden werden müßte. Auf einem solchen Konzept beruht - in anderem Zusammenhang - z.B. die Formel vom produktivitätsorientierten Lohnanstieg, die als Leitschnur für Tarifverhandlungen weit verbreitet ist. Als Vorschlag zur "linearen Kürzung der Subventionen" wurde sie in Anbetracht mächtiger Branchenlobbies auch in der Diskussion um die Haushaltssanierung ins Spiel gebracht. Diesem Konzept entspräche im Kontext der Strukturfonds die proportionale Aufstockung der Auszahlungen der Mittel nach Regionen im Ausmaß der Gesamtaufstockung der drei Fonds. Bei gleichbleibender regionaler Konzentration des Mitteleinsatzes würde so neben dem Effekt der Konfliktminimierung zugleich eine Verbesserung des Aufwand-ErtragsVerhältnisses erreicht, wenn man einmal unterstellt, daß die administrative Bewirtschaftung der Mittel auf der nationalen und der regionalen Ebene nicht im gleichen Maße wächst wie die Mittel selbst.
Dennoch ist von dieser Form der Konfliktvermeidung abzuraten. Die Aufstockung der Mittel kann nicht "als Manna vom Himmel fallen", sondern sie muß bestimmten Zwecken dienen. Entsprechend diesen Zwecken muß sie "von unten" entwickelt werden. Dazu sollten bestimmte objektivierbare Sachverhalte (Kriterien) dienen. Es wäre mehr als Zufall, wenn die Orientierung an solchen Kriterien genau eine lineare Aufstockung der regionalen Zuweisungen aus den drei Fonds ergäbe. Insofern würde es letztlich Verzicht auf Politik bedeuten, wollte man das erhöhte Aufkommen den Regionen proportional zuweisen.
48
Eine Möglichkeit zur "autoritären Konfliktvermeidung" wäre die grundsätzliche Stärkung der EG-Kommission. Dies würde freilich das Partnerschaftsprinzip und zugleich den wichtigen Grundsatz der Subsidiarität verletzen. Auch würde dies letztlich wohl nur die Vorverlagerung der Konfliktaustragung, in den Rat und die Gemeinschaftsgipfel hinein, bedeuten, wo über die Finanzierung der Fonds entschieden werden muß. Vielmehr sollten jeder Ebene Funktionen nach dem Modell der optimalen Regelungshierarchie zugewiesen werden. Ein völliger Neuzuschnitt, etwa in Form einer zweistufigen "Gemeinschaftsaufgabe Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur", würde den Rahmen des derzeitigen Systems überschreiten. Für die mittelfristige Perspektive müssen aber Regelungen im Rahmen des geltenden Konzepts gefunden werden. Dies setzt den Überlegungen (vorläufig) Grenzen.
Um Ansatzpunkte für einen Neuregelungsbedarf zu finden, kann es hilfreich sein, die derzeitigen Regelungssysteme auf wichtige Konfliktfelder zwischen den beteiligten Akteuren hin zu untersuchen. Dem dient die Übersicht 10. Sie läßt sich in ihrer vertikalen Struktur grob gliedern nach
neuer Mittelaufteilung, neuen Querschnittsanforderungen und neuen Verfahren. Elemente der neuen Mittelaufteilung sind die Definition der Ziele, die Abgrenzung der Fördergebiete, die indikative Quotierung des EFRE nach Ländern und die differenzierte Intensität der Förderung nach Zielen und Gebieten. Zu den Querschnittsanforderungen zählen das Kohärenzpostulat und das Zulassen von Gemeinschaftsinitiativen. Verfahrenstechnisch wichtig sind vor allem die einzelnen Stufen im Partnerschaftsprozeß und die Rolle der Begleitausschüsse.
Bei Reformüberlegungen lassen sich die einzelnen Regelungen in unterschiedlichem Maße in Frage stellen. Die Konzentration der Mittel auf Ziel-1-, Ziel-5b- und Ziel-2-Gebiete ist seit der Einheitlichen Europäischen Akte (Art. 130a (2), 130c und 130d EWGV) "Verfassungs"-Auftrag. Das gleiche gilt für das Kohärenzpostulat (Art. 103d EWGV). Während aber bei der Gebietsabgrenzung nach Ziel 1 die Förderkulisse eindeutig vorgegeben ist, hängt sie bei der Auswahl nach den Zielen 2 und 5b auch von der Qualität von Antragsbegründungen, von der Interpretation unbestimmt vorgegebener Kriterien, vom
49
Übersicht 10 Beispiele für Konfliktfelder im Partnerschaftsprozeß Vorschrift
Involvierte Ebenen
Gegenstand
Potentielle Konfliktauslöser
Konfliktpotential vor allem zwischen ·
RV 12
EGK, MS, RB
Indicative Mittelaufteilung auf MS
• Anspruchdivergenzen der MS - Gefahr eines Mißverhaitnisses zwischen Absorptionsfähigkeit eines MS und seinem Anteil
DVK 4
EGK, MS, RB
Auswahl von Ziel 5bGebieten
• Unbestimmte Berücksichtigung EGK - MS sozio-ökonomischer Kriterien MS-RB - Begründungszwang für einen Teil der Anträge - Nachweiszwang für best. "Sensibilität" des Gebiets - Schwieriger Nachweis für Umweltbelastung - EGK-Ermessen bei regionaler Mittelkonzentration im Hinblick auf die Reform der GAP
RV 9 (1-7), DVK 27
EGK, MS, RB, AR
Auswahl von Ziel 2-Gebicten
- Ermessungsspielraum der EGK • Prägekraft der AusschußStellungnahmen
MS - EGK MS - MS (AR)
DVK 5 (2), DVK 8 (3)
EGK, MS, RB
Umfang der EG-Beteiligung
• Differenzierung der Beteiligungssatze - Antragsbindung u. Ermessen der EGK-Entscheidung
EGK - MS
DVK 17 (3)
EGK, MS, RB, U
Beteiligung an der Finanzierung von Unternehmensinvestitionen
- Differenzierung nach unbestimmten Kriterien (normale Eigenfinanzierungsmarge nach Art der Investition und Maßgabe der gesamtwirtsch. Verhältnisse)
U - MS/RB
DVK 3 (1)
DG's der EGK, EIB, MS, RB
Koordinierung der Finanzinstrumente
- Interessenkonkurrenz bei knappen Mitteln
EGK - MS EGK - RB
DVK 5 (3)
MS, RB
Kohärenz der Regionalpläne untereinander
• Erhöhter Abstimmungsbedarf
MS - RB, RB - RB
DVK 13
EGK, MS, EIB, RB
Integrierte Konzepte
• Gefahr der ProgrammaufbUihung • Besonderer Koordinierungsbedarf • Gefahr der Etablierung redundanter Verwaltungen - Unbestimmtheit des Postulats maximaler Wirksamkeit bei Plurality von Zielen
EGK - MS EGK - EGK MS-RB RB-RB
DVK 5 (4)
MS, RB, EGK
Kohärenz der Regionalplane mit EG-Politik
- Strategieunterschiede
EGK - MS
50
MS/RB-MS/RB
|
J
noch: Übersicht 10
Vorschrift
Involvierte Ebenen
Gegenstand
Potentielle Konfliktauslöser
Konfliktpotential vor allem zwischen ~
RV 5 (5), DVK 11
EGK, MS, RB
Gemeinschaftsinitiativen
- Ungünstige Aufwand-Ertrags- RB - EGK Relation - "Querschüsse" zu den OP MS/RB - EGK oder zur nationalen Regionalpolitile - Industriepolitik in regionalpolitischem Gewände
DVK 5, 8, 10, 14, 27-29 EWGV 92/93
RB, MS, EGK, AR/ AS/AL
Dreistufigkeit des Verfahrens (REP - GFK OP)
- Verzögerungen • Verwaltungsaufwand • Rigide Mittelbindung • Doppelkontrolle durch Fachund Wettbewerbs-DG der EGK - Widerspruch zwischen Einvernehmenspostulat und ausschl. Entscheidungskompetenz der EGK bei der Festlegung der GFK - Möglicher Unangemessenheitsbefund der EGK in bezug auf die zur Maßnahmendurchführung vorgesehenen Verwaltungsstrukturen
MS/RB - EGK EGK - EGK; MS/RB -EGK MS - RB; EGK - MS; MS - MS (AR/AL)
EGK - RB
DVK 25
EGK, MS, RB, EIB
Rolle der begleitenden Ausschüsse für GFK und Programme/Aktionen
- Nicht festgelegte Zusammensetzung bei nur fakultativer Mitgliedschaft der EGK - Unklare Präjudizwirkung der Ausschußstellungnahmen für Anpassungen der Fondsbeteiligung durch EGK
MS/RB - EGK
DVK 26
EGK, MS, RB
Bewertung
• Statistische Lücken - Unscharfe qualitativer Analysen
MS/RB - EGK
Quellen: ABI. L 185/1988 ("Rahmenverordnung"[RV]); ABl. L 374/1988, S. 1-14 ("Koordinierungsdurchführungsverordnung" [DVK]); 1 EWG-Vertrag [EWGV].
51
Nachweis nur vage abgreifbarer Sachverhalte und damit insgesamt vom Ermessen der EGKommission ab. Dabei hat - mit unterschiedlicher Bindungskraft - auch das Urteil der befaßten Fonds-Ausschüsse einen Einfluß. Hieraus können in erster Linie Spannungen zwischen der Kommission und einzelnen Mitgliedstaaten entstehen, aber auch "Verteilungskämpfe" zwischen den Mitgliedstaaten oder - in Deutschland - zwischen den Ländern bzw. den Regionen innerhalb eines Landes (die jedoch im Zweifel nicht horizontal, sondern im Verhältnis des betreffenden Landes zur jeweiligen Zentralregierung ausgetragen werden).
Soweit die regionale Konzentration der Mittel über den Umfang von Programmen, die Zahl von Projekten und die Intensität der EG-Beteiligung bewirkt wird, kann es im Interesse der um die Mittel rivalisierenden Mitgliedstaaten und - soweit sie dazu in der Lage sind Regionen liegen, sehr genau darauf zu achten, ob in den Konkurrenzländern und -regionen ein ergänzender "Verfassungs"-Auftrag, die Effizienz der Fonds (Art. 130d EWGV), erfüllt wird. Wenn sich herausstellt, daß es einem Land oder einer Region - sei es durch Überforderung der Verwaltung, Mangel an qualifiziertem Personal, Überschätzung des endogenen Potentials oder preistreibende Wirkungen etwa im Bausektor - schwerfällt, seinen Zufluß an EG-Mitteln auch zu bewältigen, werden sich bei der mittelfristigen Revision der indikativen Aufteilung solche Länder und Regionen besser in Szene setzen, die keine derartigen Schwierigkeiten haben. Das Kohärenzpostulat ist regionalpolitisch sicher im Prinzip sinnvoll; ein damit verbundener erweiterter Abstimmungsbedarf muß - in Grenzen - hingenommen werden. Auch müssen die institutionellen Voraussetzungen stimmen, indem zusammenhängende Kombinationen aus Maßnahmen und Investitionen auch zusammenhängendfinanziert werden können. Am wenigsten strittig ist Kohärenz in den Formen einer Koordinierung der Finanzinstrumente und eines Vordringens von Programmen gegenüber Projekten. Schon in der Form der "integrierten Konzepte" scheinen aber die Handhabbarkeit des Kohärenzpostulats in Gefahr zu geraten und der Abstimmungsbedarf progressiv anzusteigen - mit negativen Konsequenzen für die Verwaltungsabläufe und die Eindeutigkeit von Kontrollvorgaben. Hier können sowohl innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten und der EG-Kommission als auch zwischen den Ebenen erhebliche Reibungsflächen entstehen. Schwierigkeiten können sich auch daraus ergeben, daß die Aufgaben und Interventionsmöglichkeiten von EFRE und ESF nicht immer optimal verzahnt sind.
52
Probleme bereiten kann das Kohärenzpostulat vor allem bei den Abstimmungsprozessen "höherer Ordnung". Zu nennen ist hier vor allem die Verklammerung der nationalen Regionalpolitik sowohl mit der gemeinschaftlichen Kohäsionspolitik als auch mit der gemeinschaftlichen sonstigen Politik, etwa der Wettbewerbspolitik. In diesen Zusammenhang müssen auch die sogenannten Gemeinschaftsinitiativen gestellt werden. Was die Verklammerung der nationalen mit der gemeinschaftlichen Regionalpolitik betrifft, so sind die Interessen heute eher gegensätzlich. Während die Bundesrepublik (wie sicher auch andere Länder mit relativ geringem Zufluß an gemeinschaftlichen Strukturmitteln) darauf besteht, daß die GRW "das Präferenzgefüge der regionalen Wirtschaftsförderung in der Bundesrepublik Deutschland ordnet"30 und damit die EG-Regionalpolitik wieder stärker in die GRW einbinden möchte, strebt die EG umgekehrt die Einbindung der GRW in die gemeinschaftliche Strukturpolitik an. Ein "Burgfriede" konnte bisher insbesondere dadurch gewahrt werden, daß sich die Kommission in bezug auf EFRE-Fördergebiete, die nicht zur nationalen Förderkulisse zählen, bei der Unternehmensförderung bzw. bei der Duldung einer Unternehmensförderung aus Mitteln eines Landesförderungsprogramms mit regionaler Zweckbestimmung an eine De-minimis-Regelung hielt: Lediglich kleine und mittlere Unternehmen können in begrenzter Höhe (max. 7,5 vH für mittlere, 15 vH für kleine Unternehmen) Investitionszuschüsse erhalten. Es muß sich zeigen, inwieweit mit dem neuen Gemeinschaftsrahmen für die Mittelstandsförderung 31 die alte "Geschäftsgrundlage" verlassen wird; danach ist in den nationalen, aber auch in gemeinschaftlichen (und damit möglicherweise der nationalen Kulisse bewußt nicht zugerechneten) Fördergebieten ein um 10 bis 15 vH erhöhter Fördersatz zulässig. Die gemeinschaftliche Regionalförderung könnte so die Effizienz der deutschen, gemessen an deren eigenen Prioritäten, unterhöhlen. Die sich wandelnde Perzeption der Konfliktlage kommt u.a. in der Diktion der GRWRahmenpläne zum Ausdruck. Hieß es 1991 im Zwanzigsten Rahmenplan (S. 19) noch, daß "eine 'Konkurrenz4 der regionalen Fördersysteme weitgehend ausgeschaltet" sei, spricht der Einundzwanzigste Rahmenplan (S. 18) bei im übrigen kaum verändertem Wortlaut davon, daß "die Verzerrungen durch konkurrierende Förderung hinnehmbar" seien. Die Intentionen der Gemeinschaftsinitiativen können von denen der nationalen Programme mehr oder weniger stark abweichen und so erhöhten Aufwand verursachen. Zudem geht die für sie nötige nationale Kofinanzierung anderen Verwendungen verloren. In einigen Ländern wird der Verdacht genährt, eine Interessengemeinschaft innerhalb der EG30
Zwanzigster Rahmenplan, 1991, S. 19.
31
Schmidhuber, 1992. 53
Kommission, bestehend aus den Generaldirektionen für Regionalpolitik einerseits, für gewerbliche Wirtschaft andererseits, wolle hier über die industriepolitischen Schranken des Maastrichter Unionsvertrages hinaus sektorale Strukturpolitik betreiben - mit erheblichem Konfliktpotential im Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten unterschiedlicher strategischer Ausrichtung sowie innerhalb der EG-Kommission zwischen verschiedenen Generaldirektionen. Andererseits hat die EG-Kommission des öfteren unter Wettbewerbsaspekten Sektorbeihilfen untersagt, die zuvor unter regionalpolitischem Aspekt genehmigt worden waren32. Soweit es sich bei den Gemeinschaftsinitiativen um horizontale wie "Interreg" handelt, sind die sachlichen Reibungsflächen relativ gering. Da aber auch diese Aktivitäten in die Regionalpläne und Programme integriert werden müssen, können sie ihren Zweck nur erfüllen, wenn einmal der finanzielle Rahmen so ausgelegt ist, daß interessierte Regionen auch Partner finden, und wenn zum anderen die inhaltliche Ausfüllung des Rahmens den Partnern selber überlassen bleibt. Diese Reduktion des Einflusses der Kommission auf die Regelung von Rahmenbedingungen, die dem Subsidiaritätsprinzip entsprechen würde, rührt freilich an das Selbstverständnis der Kommission im Partnerschaftsprozeß. Denn die Kommission erhebt den Anspruch, auch die praktische Umsetzung des kohäsionspolitischen Rahmenkonzepts der Gemeinschaft maßgeblich mitzubestimmen. So ist auch das dreistufige Verfahren angelegt. Abgesehen von den Verzögerungen und dem naturgemäß erhöhten Verwaltungsaufwand, der damit unvermeidbar verbunden ist, sind in den Verordnungstexten teils latente Widersprüche, teils Unklarheiten angelegt, die sich im Verfahren durchaus zum Streitfall zwischen verschiedenen Akteursebenen, insbesondere im Verhältnis zur Kommission, auswachsen können. Die Kommission wird den Ermessensspielraum, der ihr hier zugebilligt wird, im Zweifel zu einer Extensivierung ihres Einflusses nutzen wollen. In die gleiche Richtung wirkt die latente Ausbaufähigkeit ihrer Rolle in den begleitenden Programmausschüssen. Umgekehrt ist es das natürliche Interesse der Regionen - zumindest in den Mitgliedstaaten, in denen sie die maßgebliche Planungs- und Umsetzungsebene sind -, den Einfluß der Kommission in dieser Phase gering zu halten oder zurückzudrängen. Die bisherige Praxis sollte Einschätzungen erlauben, zu wessen Gunsten dieser strukturelle Dauerkonflikt ausgetragen wurde. Zugleich wird jede Seite Erfolge wie Unzufriedenheiten in die nächste Runde der Verfahrensrevision einbringen wollen. Diese Fragen sind Gegenstand der folgenden Kapitel.
32
54
Achtzehnter Rahmenplan, 1989, S. 15.
5
Die Reform der Strukturfonds: Umsetzung
5.1
Vorbemerkung
Mit dem Reformkonzept hat die Gemeinschaft auf die Herausforderungen reagiert, die durch die unterschiedliche Ausgangslage der einzelnen Regionen der EG und durch die Vorbereitung auf die dynamischen Wirkungen des EG-Binnenmarktes gegeben sind. Ausgangspunkt für eine Bewertung der Reform sind die Erfahrungen, die die Akteure mit der EG-Strukturpolitik in den ersten Jahren nach der Reform gemacht haben. Hier soll herausgearbeitet werden, wo sich die Reform bewährt hat, an welchen Punkten Änderungen ansetzen müssen und in welchem Maße eine grundsätzliche Neukonzeption angebracht ist. Es kann nicht überraschen und diskreditiert für sich genommen noch nicht das neue Konzept für die Strukturfonds, daß bei der Umsetzung der Reformideen Probleme auftreten. Zu unterscheiden ist jedoch nach Anlaufschwierigkeiten und nach Systemfehlern, die gegebenenfalls Änderungen erforderlich machen oder gar grundlegende Neuerungen nahelegen. Die Vorschläge zur Weiterentwicklung werden im Kapitel 6 näher beleuchtet.
Im Mittelpunkt der Untersuchung werden die Bundesländer stehen. Sie sind mit der konkreten Umsetzung der EG-Förderung befaßt und haben die Aufgabe, für die Zielregionen ein in sich sinnvolles und konsistentes Förderpaket zu gestalten. Hier stellt sich die Frage, inwiefern dies durch die reformierten Strukturfondsverordnungen erschwert oder erleichtert wird. Deutschland weist sehr verschiedene Regionstypen auf, hier kommt deshalb in der Praxis die gesamte Palette der EG-Fördermaßnahmen zum Einsatz. Die deutlichsten Unterschiede bestehen sicherlich zwischen den Gebieten der alten Bundesländer und den neuen Ländern einschließlich Ost-Berlins. Dies wird bei der Analyse zu beachten sein. Die Bundesregierung spielt im Rahmen der EG-Regionalpolitik eine wichtige Rolle als offizieller Ansprechpartner der EG-Kommission und vertritt dieser gegenüber auch die Länderinteressen. Daneben ist sie maßgeblich in die Gestaltung der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" eingebunden und stellt den Vorsitz in den Begleitausschüssen zu den Maßnahmen der EG-Strukturfonds. Dennoch sind in Deutschland - Folge des föderalen Aufbaus der Bundesrepublik - die Landesregierungen die entscheidenden Akteure bei der Ausgestaltung der Regionalförderung und der Umsetzung der entsprechenden EG-Vorschriften.
55
Die Informationen über die Erfahrungen, die die zuständigen Landesministerien dabei gemacht haben, wurden für diese Studie auf zwei verschiedenen Wegen gesammelt. Zum einen wurden die zuständigen Ministerien aller deutschen Bundesländer in einem Fragebogen (vgl. Anhang 1) um ihre Stellungnahme gebeten. Dies ermöglichte einen ersten, umfassenden Überblick über die jeweiligen Ansichten, vermittelte aber nur bedingt Einblicke in die Begründungen. Aus diesem Grunde wurden in ausgewählten Bundesländern vertiefende Gespräche mit den zuständigen Referenten geführt. Dies geschah in NordrheinWestfalen und Bayern, die bekanntermaßen unterschiedliche Typen von Problemregionen haben und in Westdeutschland den größten Anteil an den EG-Zahlungen erhalten, sowie in Sachsen-Anhalt - als Beispiel für eines der östlichen Bundesländer - und in Berlin.
Orientiert an den wichtigsten Grundsätzen, die mit der Reform verbunden sind, wird im folgenden zunächst, thematisch gegliedert, das Bild wiedergegeben, welches sich für die Bundesländer ergab. Danach werden in einem Exkurs die Ergebnisse der Befragungsaktion noch einmal im einzelnen dargestellt.
Grundsätze der Strukturfondsreform 33
5.2
Die EG-Kommission hat die wichtigsten Elemente der Reform der Strukturfonds in einem Leitfaden 34 veröffentlicht. Hierin faßte sie ihre Überlegungen und Neuentwicklungen zur EG-Strukturpolitik in fünf Grundsätzen zusammen: Konzentration der Interventionen auf fünf vorrangige Ziele, die Partnerschaft, die Kohärenz, insbesondere die Übereinstimmung mit der Wirtschaftspolitik der einzelnen Mitgliedstaaten, eine bessere Verwaltung der Strukturfonds, Vereinfachung, Begleitung und Flexibilität.
33
Dieser Abschnitt stützt sich auf die Interviews in den zuständigen Landesministerien, die Antworten auf die Fragebögen, von den befragten Stellen übersandte Materialien und ergänzende Kontakte. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit, der Arbeitseffizienz und der teilweise erbetenen Vertraulichkeit wird darauf verzichtet, im einzelnen anzugeben, welche Position von welchen Ministerien geteilt wird. 34
56
Kommission der EG, 1989b.
Im folgenden werden die Erfahrungen der Bundesländer nach der im Leitfaden vorgenommenen Gliederung aufbereitet. Die Einordnung einzelner Probleme mag dabei nicht immer ganz eindeutig sein. Die Grundsätze haben unterschiedliches Gewicht und überschneiden sich zum Teil. Vor allem das Prinzip der Partnerschaft zieht sich durch die meisten behandelten Aspekte. Die Orientierung an der grundlegenden Veröffentlichung der Kommission erlaubt es jedoch besonders gut, die Vorstellungen, die sich mit der Reform verbanden, den Einschätzungen der Akteure, die mit ihrer Umsetzung betraut sind, gegenüberzustellen.
5.2.1 Konzentration der Intervention auf fünf vorrangige Ziele Mit der Konzentration auf wenige, (relativ) klar definierte Ziele verfolgt die Kommission verschiedene Absichten. Zum einen soll vermieden werden, daß sich die strukturpolitischen Aktivitäten auf zuviele Handlungsfelder verteilen. Die Maßnahmen der EG sollen sich vielmehr weitgehend an einem festgelegten Schema von Prioritäten orientieren, um dort möglichst große Wirkungen zu entfalten. Hierzu gehört es auch, die Intensität der Förderung im Rahmen eines Zieles an der Intensität des jeweiligen Problems im Fördergebiet auszurichten. Zum anderen erfordert die Vorgabe eines gemeinsamen Zielkatalogs den koordinierten Einsatz der Förderinstrumente.
Ihr vorheriges unverbundenes
Nebeneinander führte schnell zu Ineffizienz. Dieser Aspekt der Koordinierung wird im Zusammenhang mit dem vierten Grundsatz ausführlicher diskutiert. Für Deutschland sind, da die neuen Länder im Grundsatz als rückständige Gebiete nach Ziel 1 behandelt werden, alle Ziele relevant. Im folgenden soll dargestellt werden, wieviel EG-Mittel für jedes Ziel fließen, wie sie sich auf die Bundesländer verteilen und - soweit dies beurteilt werden kann - ob die Verteilung dem Problemdruck entspricht. Die Notwendigkeit, in den neuen Ländern nach deren EG-Zugehörigkeit schnell tätig zu werden, erlaubte es der Kommission, ihren integrierten Ansatz der Strukturpolitik noch konsequenter zu verfolgen als im übrigen EG-Gebiet. Es gibt nur ein einziges gemeinschaftliches Förderkonzept für alle neuen Länder und für alle Aktivitäten der drei Strukturfonds. Deren Arbeit wurde nicht analog zum bekannten Zielsystem organisiert - dies wäre schon wegen fehlender statistischer Angaben nicht praktikabel -, sondern nach acht Schwerpunkten gegliedert (vgl. Tabelle 3).
57
444,0
732,7
432,7
Sachsen
Thüringen
164,2
280,0
3000,00
Ost-Berlin
Nicht regional gebunden
Summe
Für die Jahre 1991-1993. Förderschwerpunkte sind: 1. 2. 3. 4.
1500,0
10,0 900,0
270,0
2,7
600,0
74,5
22,8
60,61
5,66 0
104,3
87,9
23,0
685,0
0
56,4
42,0
15,7
690,0
120,0
30,0
3,0
470,0
9,6
7,2
7,5
0
11,8
225,0
0
1,1
13,2
354,0
90,0
2,7
82,7
5,8
1,2
3,0
396,0
5,6
4,2
10,4
74,0
58,3
71,6
89,5
92,7
nische
55,0
27,1
52,0
64,1
80,0
82,8
Hilfe
11,7
10,8
24,5
75,0 90,0
24,1
17,9
7/8
44,7
4,7
63,0
9,8
17,9
27,3
119,8
57,0
104,3
57,5
121,7
111,8
208,7
58,0
56,16
113,5
211,0
106,3
42,10
53,42
49,84
61,00
3,0
16,5
(16,5)
1,3
4,9
2,6
122,3
-
46,2 1,8
114,9
86,0
105,9
132,2
68,20
(in Mill. ECU)
6
Tech-
Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur 5. Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit Unterstützung produktiver Investitionen 6. Landwirtschaft, Fischerei u. Lebensmittelindustrie Erschließung des Humankapitals 7./8. Verbesserung der Lebens- u. Arbeitsbedingungen in den ländlichen Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit Gebieten einschl. der Verbesserung der Umwelt
116,2
268,2
102,3
182,8
103,7
2,0
(in ECU)
Aufteilung nach Förderschwerpunkten2 pro Kopf *erunß u. Jahr 1 2 3 4 5
Quellen: Czysz/RetzlaffTSimons, 1992; Generaldirektion Regionalpolitik, 1991; Kommission der EG, 1991b; Berechnungen des DIW.
2
1
Anteile in vH
505,4
Sachsen-Anhalt
244,4
239,9
Brandenburg 475,8
80,1
(Mill.)
EAGFL
Mittel
151,8
ESF
(in Mill. ECU)
EFRE
Bevöl
EG-Mittel für die fünf neuen Bundesländer und Ost-Berlin1
davon durch
177,3
Fördersumme gesamt
Mecklenburg- 409,2 Vorpommern
Land
Tabelle 3
Bei jedem Schwerpunkt dominiert die Zuständigkeit eines Fonds. Fast die Hälfte aller Mittel fließt in die Förderung der wirtschaftsnahen Infrastruktur und die Unterstützung produktiver Investitionen. 90 vH hiervon verwaltet der EFRE. Einen kleinen Beitrag leistet er bei der Erschließung des Humankapitals (insgesamt knapp 16 vH). Für diese Aufgabe sowie die Bekämpfung von Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit ist der ESF zuständig; bei den letzten beiden Schwerpunkten ist die Problemlage im Osten deutlich anders als im Westen Deutschlands: In den neuen Ländern werden die Mittel (insgesamt 10 vH) eher vorbeugend eingesetzt. Gut ein Viertel des Fördervolumens entfällt zusammengenommen auf die Schwerpunkte Landwirtschaft, Fischerei und Lebensmittelindustrie (12 vH) sowie die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in den ländlichen Gebieten einschließlich der Verbesserung der Umwelt (13 vH). 80 vH der Mittel hierfür liegen in der Verantwortung des EAGFL, Abteilung Ausrichtung. Bei der Erstellung des Förderkonzeptes konnte die tatsächliche Bedürftigkeit der neuen Länder schon wegen fehlender statistischer Angaben schwer festgestellt werden. Eine stärkere regionale Differenzierung fand deshalb nicht statt. Die pro Kopf und Jahr veranschlagten Mittel liegen folgerichtig bei vier der sechs neuen Zuwendungsempfänger relativ nah beieinander. Ausreißer nach unten ist Ost-Berlin, welches als Teil eines Stadtstaates in den Schwerpunkten 6 bis 8 praktisch nicht berücksichtigt wird. Umgekehrt erhält Mecklenburg-Vorpommern hier überdurchschnittlich hohe Beträge und wird so zum Hauptnutznießer der EG-Förderung in Ostdeutschland. Diskutiert wird über die absolute Höhe der Pro-Kopf-Förderung im Beitrittsgebiet. Diese liegt deutlich unter der durchschnittlichen Förderung in Ziel-1-Gebieten. Eine Erhöhung ist jedoch für die Zukunft in Aussicht gestellt. Bei aller Kritik an der mangelnden Transparenz der Entscheidungen über den Pro-Kopf-Förderbetrag in den Mitgliedstaaten muß aber festgehalten werden, daß sich die Höhe der Förderung nicht nur nach der Bedürftigkeit der Region, sondern auch nach der wirtschaftlichen Lage des Mitgliedstaates richten muß. Das Pro-Kopf-Einkommen Ostdeutschlands liegt zwar weit unter dem EGDurchschnitt, etwa auf portugiesischem Niveau. In Gesamtdeutschland ist das Pro-KopfEinkommen jedoch noch immer merklich über dem EG-Mittel. Die Tabellen 4 und 5 zeigen die Förderung der Ziel-2-Gebiete in Deutschland. Der größte Mittelempfänger ist Nordrhein-Westfalen, gefolgt von West-Berlin, das vollständig als
59
60
335,1
10,2
280,3
6^0
" 250,5
^9
0,1
145,4
54,8
34,4
12/7
1,7
3^0
7,0
84,6
19,9
8,3
46,0
3^9
Maßnahmen
gemeinschaftliche
finanziert
6,0
541,4
21ß
2,0
304,7
7^
2,3
Quellen: Generaldirektion Regionalpolitik, 1991; Kommission der EG, 1990; Berechnungen des DIW.
Summe
7,6 2^5
20,0
157,0
60fl
25,9
Saarland
191,4
3^2
9,3
10,3
Berlin (West)
nationale
(in Mill. ECU)
1991
EG-Mittel 1989-
EG-Mittel in Ziel-2-Gebieten
Rheinland-Pfalz
Nordrhein-Westfalen
Bremen
Niedersachsen
Ziel 2-Gebiete im Land
Tabelle 4
14,9
ESF
120,6
36,4
15,3
49,5
EFRE
durch
1989-1993 (in Mill. ECU)
EG-Mittel
61
9,7
8^2
\9fl6
12,00
15,91
6,0
17,00
16,27
|
12/71
1^07 \7fi9
0
- 21,7
4,4
15,91
13,48
+
2,6
17^93
15A8
-l- 59,0
+
+ 20,0 16,60
18,25 1054
1^07
17,04
19,13
+
(1989-1991)
18^4
13^07
- 9,1
H^63
16,09
3
0
(1989-1993)
tatsächliche ^
in vH
Abweichung
Modellrechnung, gewichtet nach Arbeitslosenquoten.
- 2,7
+46,2
+ 1,1
- 3,8
+ 5,1
15,43 15,43
14,72
in vH
*** Abweichung Pro-Kopf-Ausgaben pro Jahr
Für gesamtes Land Bremen.- Unter Einschluß einiger nicht zu Ziel 2 gehörender Gebietseinheiten.Quellen: Generaldirektion Regionalpolitik, 1991; Kommission der EG, 1990; Berechnungen des DIW.
2
7 019 551
Summe
1
^3 lltl2
1 897 000
453 000
Saarland
Berlin (West)
180 000
Rheinland-Pfalz
2^07
16J10 15,19
1986-87-88
1ÇU
9J1 11,7*
3 745 000
552 000
Bremen
Nordrhein-Westfalen
192 551
1987
tatsächliche
Ziel 2 - Problemindikatoren
Arbeiten Einwohner ^ Pro-Kopf-Ausgaben pro Jahi
Niedersachsen
Ziel-2-Gebiete im Land
Tabelle 5
Ziel-2-Gebiet anerkannt ist. Zuständiger Strukturfonds ist vor allem der EFRE, etwa ein Viertel der Mittel werden vom ESF verwaltet. Etwa ein Sechstel der Mittel, die in Ziel-2-Gebiete fließen, wird im Rahmen von Gemeinschaftsinitiativen verausgabt.
Auswahlkriterien für Ziel-2-Gebiete sind eine überdurchschnittliche Arbeitslosenquote und eine rückläufige Beschäftigung im industriellen Bereich. Legt man als Maß für die Bedürftigkeit einer Region die Arbeitslosenquote zugrunde, stellt man fest, daß die Mittelfestlegung zumindest für die ersten drei Reformjahre nicht dem Problemdruck entsprach. Tabelle 5 zeigt die tatsächliche Verteilung der Pro-Kopf-Förderung und diejenige, die sich einer Förderung proportional zur Arbeitslosenquote ergibt. Beim zweiten - hypothetischen - Verfahren erhalten also die von Arbeitslosigkeit betroffenen Regionen besonders hohe Förderbeträge pro Einwohner. Im Vergleich zu einer solchen Verteilung erhalten Bremen und vor allem Rheinland-Pfalz relativ viele Mittel, (West-)Berlin relativ wenige. Immerhin verringern sich die Abweichungen fast durchgehend, wenn man sich auf den 5-Jahres-Zeitraum bis 1993 bezieht. Problemfälle sind dann das Saarland und nach wie vor besonders Rheinland-Pfalz.
Ähnlich wie bei Ziel 2 läßt sich auch bei den Zielen 3 und 4 untersuchen, ob die Mittel auf die Bundesländer konzentriert werden, in denen der Problemdruck besonders hoch ist. Für die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit (Ziel 3) und der Jugendarbeitslosigkeit (Ziel 4) erhalten alle Bundesländer Mittel (Tabelle 6). Für die Verteilung der Mittel, die Deutschland zufließen, bieten sich zwei Prinzipien an. Zum einen kann man proportional zum Ausmaß der Langzeit- bzw. der Jugendarbeitslosigkeit fördern. Dann wären die Förderbeträge je Arbeitslosen in allen Bundesländern identisch. Tatsächlich streuen sie jedoch stark. Zum anderen kann die Pro-Kopf-Förderung mit steigender Arbeitslosenquote zunehmen. Wo der Problemdruck besonders hoch ist, ständen dann überdurchschnittlich viele Mittel zur Verfügung. Die tatsächliche Förderung je Arbeitslosen weicht jedoch auch von einer so ermittelten hypothetischen Verteilung stark ab. Besonders begünstigt werden so gesehen jetzt bei der Langzeitarbeitslosigkeit Bremen, das Saarland, Baden-Württemberg und Berlin, bei der Jugendarbeitslosigkeit sind es neben Bremen und dem Saarland Nordrhein-Westfalen und Hessen. Von einer strikt nach der jeweiligen Arbeitslosenquote gewichteten Verteilung profitieren würden bei Ziel 3 Schleswig-Holstein und Hessen, bei Ziel 4 Hamburg, Rheinland-Pfalz und Berlin. Die jetzige Verteilung auf die Bundesländer wird jedoch nicht nur von der EG-Kommission beeinflußt, sondern spiegelt auch die
62
63
1 727 880
Rheinland-Pfalz
5 647 754
1 047 280
Bayern
Berlin
29 411 476
573 000
291 240
18 584
20 030
14 129
13 536
(3,0)
10 296.
17 509
105 449
14 568
40 930
14 438
12 291
3,0
5,0
3,9
3,6
1,6
1,3
2,2
1,9
4,5
6,0
5,9
3,0
(in Tsd. ECU) 1988 in vH
1990-1992
„ Ζ für Ziele 3 und 41
F S F-Auspa hen Ausgaben für *d 3
ESF-
hypotheti-
Ausgaben für
sche^
__
tatsachliche
(1,2)
3
1,6
1,0
0.9
3
1,2
47,23
14 865
9 796
6 759
9 169
5 151
163 190 5
103,3ο
47,23
36,14
s
103,30
24,79
3
Schätzung.-
296 113
150,69
4
78,90 87,32
272,89s
143,55
144,37
137,31
111,29
191,59
164,92
(ECU)
tatsächliche
Modellrechnung, gewichtet nach
272,99s
150,39
3 719
121,43
201,90
66,33
158,24
4
155,66
zie|
256,17
110,64
75,67
5 145
184,76
63,48
135,13
(ECU)
103,06
61,62
4 367 7 232 10 234 55,77
77,46
4 850
15 570 34,08
55 402 29,44
20,14
45,17*
69,72
131,43
133,38
9,74
38,09
48,31
11 860
98,00
9 192
(Tsd. ECU)
5 352
92,95
46,48
(ECU)
60,42
91,41
175,86
25,53
(ECU)
73,21
1 501
49 261
9 568
28 660
62,23
2 899 8 942
273 731
125 160
1,63
1,5
1,2
3
1,2
1,3
2,13
2,1
1,8
in vH2 (Tsd. ECU)
an der Erwerbsbevölkerung
. unter 25-jährigen Ausgaben pro Langzeit· Ausgaben pro jugendlichen Lang/eitarbeitsl. Arbeitslosen arbeitslosen pro Jahr Arbeitslosen pro Jahr K 1990-1992 1990-1992
Anteil der
Ziele 3 und 4 - EG-Mittel und Problemindikatoren
1 incl. Ausg. nach Art. 1, Abs. (2), Verordnung (EWG) Nr. 4255/88. 2 Verschiedene Jahre (1987, 1988, 1989).Arbeitslosenquoten. 5 Addiert aus aberregionalen und durchschnittlichen regionalen Pro-Kopf-Ausgaben. Quellen: Jürgensmann/Naujoks; Kommission der EjG, 1989a; Schätzungen und Berechnungen des DIW.
Summe
überregionale Maßnahmen (29 411 476)
4 550 140
Baden-Württemberg
458 304
2 704 428
Hessen
Saarland
7 553 824
302 280
3 346 055
811 855
1 261 676
1987
Erwerbsbevölkening
Nordrhein-Westfalen
Bremen
Niedersachsen
Hamburg
Schleswig-Holstein
Land
Tabelle 6 sche^
hypotheti-
unterschiedliche Fähigkeit und Bereitschaft der Länder wider, die Finanztöpfe in Anspruch zu nehmen. Die Berechnungen orientieren sich an den Angaben in den gemeinschaftlichen Förderkonzepten, die der Entscheidung über die Mittelverteilung zugrunde lagen; mittlerweile hat sich speziell bei Ziel 3 die Situation in Deutschland (West) gebessert, so daß auch die Mittelverteilung jetzt vermutlich anders aussehen müßte. Auffallend ist schließlich die sehr viel höhere Förderung je jugendlichen Arbeitslosen als je Langzeitarbeitslosen. Eine Mittelverlagerung von Ziel 4 nach Ziel 3 wurde allerdings von den Bundesländern nicht gefordert. Das Ziel 5 gliedert sich in zwei Teilziele. Ziel 5a (Strukturanpassung in Land- und Forstwirtschaft) ist deutlich sektorbezogen und umfaßt einzelbetriebliche Hofförderung und güterspezifische Verarbeitungs- und Vermarktungsbeihilfen. Als Element der EGRegionalpolitik hat es nach Einschätzung der befragten Landesministerien keine große Bedeutung. Ein ausgesprochen wichtiges Teilziel ist dagegen die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes (Ziel 5b). Alle westlichen Flächenstaaten bekommen hier Mittel, zum Teil jedoch nur vergleichsweise geringe Beträge (Tabellen 7 und 8). Die wichtigsten
Tabelle 7 Land
EG-Mittel in Ziel 5b-Gebieten (in Mill. ECU) Beihilfe insgesamt 1989-1993
von
davon neue Maßnahmen
Übergangsmaßnahmen
107,97
85,49
22,48
54,62
35,60
17,75
Nordrhein-Westfalen
19,53
18,92
0,61
11,80
4,21
3,52
Rheinland-Pfalz
37,11
22,%
14,15
18,68
12,16
6,27
4,87
3,01
1,86
2,45
1,60
0,82
257,20
208,68
48,52
108,17
88,81
60,22
Baden-Württemberg
28,75
27,92
0,83
15,25
10,34
3,16
Hessen
38,00
33,21
4,79
16,51
18,76
2,73
Schleswig-Holstein
36,47
29,71
6,76
10,22
24,74
1,51
529,90
429,90
100,00
237,70
196,22
95,98
Niedersachsen
Saarland Bayern
Summe
EFRE
EAGFL
ESF
Quellen: Jürgensmann/Naujoks; Generaldirektion Regionalpolitik, 1991; Institut für Strukturforschung, 1992a und 1992b; Kommission der EG, Generaldirektion für Regionalpolitik, 1991; verschiedene Landeslandwirtschaftsministerien; Berechnungen und Schätzungen des DIW.
64
65
346,30
33,21 3 783 517
554 460
2 159 800
18,31 29,7 30,8
3,6
15,5
19,3
23,1
11,98 49,3 38,7
19,32 30,2 30,9
21,80 15,6 48,8
8,4
20,1
20,1
15,8
35,2
2
3
4
Quellen: Jürgensmann/Naujoks; Generaldirektion Regionalpolitik, 1991; Institut für Strukturforschung, 1992a und 1992b; Kommission der EG, Generaldirektion für Regionalpolitik, 1991; verschiedene Landeslandwirtschaftsministerien; Berechnungen und Schätzungen des DIW.
Es liegen nur Angaben für diese Länder vor; allerdings fließen bereits rund 80 vH der gesamten EG-Strukturfondsmittel für 5b-Regionen in Deutschland in diese vier Bundesländer. 2 Nur neue Maßnahmen. 3 Unterprogramm: 1. Diversifizierung, Neuausrichtung und Anpassung des Agrarbereiches (finanziert durch EAGFL) 2. Entwicklung und Diversifizierung der außerlandwirtschaftlichen Sektoren (EFRE) 3. Entwicklung menschlicher Ressourcen (ESF) 4. Umweltschutz, Naturschutz und Landschaftspflege (EAGFL, EFRE, ESF)
1
Summe
Hessen
208,68
18,92
Nordrhein-Westfalen
17,1
1
Mittel pro Kopf Aufteilung auf Unterprogramme3 (vH) (in ECU)
19,09 24,1 23,6
Jahr
173 600
85,49 895 657
Bayern
und
(in Mill. ECU)
1989-1993 Bevölkerung
Ziel 5b - Pro-Kopf-Förderung und Aufgliederung auf Unterprogramme1,2
Niedersachsen
6
5b-Region im Land
Tabelle 8
Zahlungsempfänger sind Bayern und - mit Abstand - Niedersachsen. Verwaltet werden die 5b-Mittel vor allem vom EFRE, in etwas geringerem Umfang vom EAGFL, Abteilung Ausrichtung. Zu einem kleineren Teil ist auch der ESF beteiligt. Wegen der weicheren Kriterien und Zielbestimmungen läßt sich für das Ziel Sb nicht wie bei den Zielen 2 bis 4 überprüfen, inwieweit die Mittelvergabe dem Problemdruck folgt. Für einige unter Fördergesichtspunkten wichtige Bundesländer lassen sich aber immerhin relativ gleichmäßige Pro-Kopf-Förderbeträge feststellen. Die Maßnahmen gliedern sich in vier Unterprogramme, jeweils eines je Fonds und ein gemeinsam betreutes Umweltschutz-Unterprogramm. Die Programme von Ausrichtungsfonds und EFRE erhalten je etwa 30 vH der Mittel, der Rest teilt sich auf das ESF- und das Umweltprogramm.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die regionale Konzentration des Mitteleinsatzes in Ostdeutschland wegen der bekannt schlechten Datenlage, in den 5b-Gebieten wegen unscharfer Kriterien nicht abschließend beurteilt werden kann. Während es bei Ziel 2 eine Entwicklung zu einer zieladäquaten Mittelverteilung gibt, ist zu fragen, warum es bei der Aufteilung bei den Zielen 3 und 4 nicht zu einer problemadäquateren Mittelverteilung kommt. Das Prinzip der Konzentration der EG-Mittel auf wenige Ziele und drängende Probleme erfordert eine transparentere Systematik bei der Zuordnung der Mittel.
5.2.2 Die Partnerschaft Die Partnerschaft ist der bestimmende Grundsatz der Reform. Alle Ebenen und Akteure sollen ihre Erfahrungen in den Prozeß der Regionalpolitik einbringen. Durch eine weitgehende Dezentralisierung bei Konzipierung und Umsetzung der Maßnahmen erhofft man sich eine größere Akzeptanz und mehr Effizienz. Partnerschaft ist vielschichtig. Sie geht über die übliche Mitwirkung der Mitgliedstaaten hinaus. In den Mittelpunkt rückt die Beziehung zwischen der Region (hier: Bundesland) und der EG bzw. zwischen Region und Zentralregierung. Wichtig ist die Abstimmung der Länder untereinander und auch die Einbindung der übrigen Akteure. Die Landesregierungen sind zwar (in Deutschland) die entscheidenden Stellen bei der EG-Regionalpolitik, nach dem Prinzip der Partnerschaft sollen sie sich aber mit den Kommunen sowie mit den Wirtschaftsverbänden und den Gewerkschaften abstimmen.
66
Die Landesministerien sind mit ihrer Position gegenüber der EG zwar überwiegend zufrieden; es gibt aber eine Reihe von Kritikpunkten. Das neue Verfahren gilt als eine im gegebenen System akzeptable Lösung, wird aber nicht als optimal angesehen. Insgesamt hat sich der Einfluß der Landesministerien erhöht, die Stellung der Kommission wird aber gleichzeitig von vielen als dominierend empfunden. Beklagt werden Verletzungen des Subsidiaritätsprinzips vor allem bei den Gemeinschaftsinitiativen und bei der Festlegung der Fördergebiete. Mit den - noch näher zu diskutierenden - Gemeinschaftsinitiativen betreibt die EG-Kommission Regionalpolitik außerhalb der regulären Förderwege. Die Einflußmöglichkeiten nationaler und regionaler Stellen sind vergleichsweise gering. Die gegebene regionalpolitische Kompetenz von Bund und Ländern wird damit genauso behindert wie mit der separaten Festlegung von EG-Fördergebieten unabhängig von der Auswahl im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe. Es ist bereits problematisch, wenn zwei Fördersysteme relativ unverbunden wirksam sind. Konfliktverschärfend wirken noch Tendenzen, statt - entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip - die europäische Politik als Ergänzung zur jeweiligen nationalen auszugestalten, letztere mittels der europäischen Wettbewerbspolitik zurückzudrängen.
Auch im Bereich der ESF-Förderung führte die Reform zu Neuerungen. Hier waren die Landesministerien zuvor für die EG-Förderung nicht zuständig, da sich die Projektträger über das Bundesministerium direkt an Brüssel wandten. Während ein Sozialministerium nun seine neue Rolle positiv sieht, beklagt ein anderes, daß es im neuen Verfahren zu sehr an die starren ESF-Vorgaben gebunden sei und seine Eigenschaft als letzter Entscheidungsträger über die eigenen Maßnahmen verloren habe. Die deutschen Bundesländer haben auf zwei Wegen institutionalisierten direkten Kontakt mit der EG. Dies sind zum einen die Begleitausschüsse, die die Funktion gegenseitiger Information erfüllen und in denen die Länder ausreichend präsent sind. Daneben sind sie im beratenden Fondsausschuß auf deutscher Seite vertreten. Weitergehende Forderungen nach formeller Einbindung der Länder und Regionen in die gemeinschaftlichen Entscheidungsprozesse werden erhoben35. Mit dem beratenden Ausschuß für den Regionalfonds oder mit dem in Maastricht beschlossenen Ausschuß der Regionen werden aber kaum Hoffnungen auf direkte Mitgestaltungschancen verbunden. Die Kompetenz dieser Institutionen und der Einfluß der Bundesrepublik in ihnen ist zu gering. Ob das durch 35
Vgl. z.B. Bauer, 1991. 67
Maastricht für länderrelevante Politikbereiche ermöglichte, in Deutschland noch per Gesetz abzusichernde Vertretungsrecht der Länderebene im EG-Minis terrât (Art. 146, 1 EGV) in der Praxis Früchte tragen wird, ist noch nicht abzusehen.
Wichtiger für die Gestaltung der EG-Regionalpolitik sind aber die informellen Kontakte zwischen EG und Land. Sie werden meist als gut betrachtet. Nicht nur bei der Abwicklung, sondern auch bei der Entstehung der Programme hat es zahlreiche informelle Kontakte zwischen EG und Länderbehörden gegeben. Dies erlaubte es manchen Landesregierungen, bereits die regionalen Entwicklungspläne so zu formulieren, daß sie ohne große Änderungen praktisch zusammen mit den gemeinschaftlichen Förderkonzepten als operationelle Programme genehmigt wurden. Direkte Kontakte zwischen den Bundesländern und der EG dienen im Ergebnis einer unmittelbaren und zügigen Abstimmung der Beteiligten, was vor allem bei Aufstellung und Umsetzung der operationeilen Programme nützlich ist. Im Interesse einer konsistenten Konzeption in ganz Deutschland sowie eines abgestimmten Vorgehens aller Länder steht - ähnlich wie bei der Gemeinschaftsaufgabe - die Bedeutung der Beteiligung des Bundes an der europäischen Regionalpolitik außer Frage, zumal nur dieser ja auch - jedenfalls bis zum Inkrafttreten des Maastrichter Vertrages - in den europäischen Institutionen die deutschen Interessen vertreten kann. Die Relation der Länder untereinander sowie die der Länder zum Bund stellt sich überwiegend als unproblematisch dar. Zur gegenseitigen Abstimmung dienen entweder der Begleitausschuß oder die Referentengespräche. Tendenziell unterschiedliche Auffassungen über die Notwendigkeit eines gemeinsamen Auftretens bestehen jedoch je nach dem Grad der eigenen Erfahrungen mit der EG. Bestehen diese schon länger, wird mehr darauf gesetzt, unabhängig und direkt mit der Kommission zusammenzuarbeiten. In anderen Fällen - vor allem in den neuen Ländern - wird demgegenüber mehr die Abstimmung mit den anderen Ländern gesucht und eine positive Koordinierungsrolle der Bundesbehörden gewürdigt. Nach den Vorstellungen der EG-Kommission über das Prinzip der Partnerschaft sollten auch die Gebietskörperschaften unterer Ebenen und die Sozialpartner in die Politik zur regionalen Entwicklung eingebunden werden. In Deutschland wirken sie jedoch in der Regel
68
nicht direkt an den EG-Maßnahmen mit. Natürlich sind sie an deren Umsetzung beteiligt, viele Ministerien ziehen sie auch bei der Konzipierung hinzu. Gefragt sind hier aber im Normalfall Vorschläge für konkrete Projekte, mit denen die operationellen Programme ausgefüllt werden sollen. Nur in wenigen Fällen haben die Kommunen und Verbände Anteil an der Beschlußfassung über regionalpolitische Maßnahmen. Eine Mitentscheidungskompetenz der Sozialpartner über Elemente der Regionalförderung wäre allerdings auch abzulehnen. Dies würde Verantwortlichkeiten verwischen und wäre zudem nicht demokratisch legitimiert. Wichtig ist lediglich, die Wirtschaftsverbände einerseits umfassend über Fördermöglichkeiten zu informieren und sie andererseits an der Beratung über geeignete Förderkonzepte zu beteiligen.
Die Beteiligung an allen Verfahrensschritten der EG-Förderung wird aber auch generell als nicht unbedingt notwendig angesehen. Denn die EG-Förderung und alle anderen Maßnahmen sollen aufeinander abgestimmt sein. Deswegen ist dem Partnerschaftsgrundsatz genüge getan, wenn die Kommunen und Verbände an der Erarbeitung umfassender regionaler Entwicklungskonzepte beteiligt werden. Der Einfluß solcher Kreisplanungsausschüsse und ähnlicher Institutionen kann jedoch sehr unterschiedlich sein. Ein Modell für die Einbindung der Gemeinden und Interessenverbände in die Planung stellen die regionalen Entwicklungskonferenzen dar, die in Nordrhein-Westfalen eingeführt wurden36. An diesen Konferenzen nehmen nicht nur die örtlichen Gebietskörperschaften teil, sondern alle wichtigen Gruppen, also etwa die Sozialpartner und Umweltverbände. Mit der regionalisierten Strukturpolitik sollen Effizienz und Problemnähe der Förderung erhöht, aber auch die regionale Selbstverantwortung gestärkt werden. Die Landesregierung gibt den Konferenzen bei der Erarbeitung der regionalen Entwicklungskonzepte einen - ausbaufähigen - Rahmen vor. Die regionalen Konzepte haben für die Landesregierung Empfehlungs- und Beratungscharakter, binden diese also nicht, wenn sie Schwerpunkten der Landespolitik zuwiderlaufen. Dieser Ansatz wird z.B. von Wirtschaftsvertretern begrüßt37, hat aber natürlich auch seine Grenzen. Letztlich sind die Kompetenzen der Konferenzen begrenzt, manchen Teilnehmern fällt auch die Übernahme der übergreifenden, regionalen Perspektive gelegentlich schwer. Überdies besteht ein latentes Spannungsfeld zwischen
36
Vgl. z.B. Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen, 1989, S. 24,1990a und 1990b.
37
Vgl. Eversmann, 1991. 69
zügiger Umsetzung der Förderung einerseits und der Abstimmung mit allen Beteiligten andererseits. Die befragten Industrie- und Handelskammern und Wirtschaftsförderungsgesellschaften in Deutschland haben in der Regel keine eigenen Kontakte zur EG und streben diese auch nicht an. Im Rahmen der EG-Förderung sehen sie ihre Hauptaufgabe in der Information der jeweiligen Zielgruppe unter ihren Mitgliedern. Dazu wünschen sie sich allerdings ihrerseits gelegentlich schnellere und gezieltere Informationen durch EG und/oder Landesregierungen.
Die Umsetzung des Partnerschaftsgrundsatzes im gegebenen Rahmen wird überwiegend als gelungen betrachtet. Dies bezieht sich allerdings nur auf die Möglichkeit zu Kontakten und auf die Grundeinstellung der Beteiligten. An konkreten Sachfragen und an der Interpretation des Grundsatzes selbst entzünden sich jedoch durchaus grundsätzliche Konflikte zwischen Bundesländern und EG-Kommission, die im einzelnen noch behandelt werden. Stichworte sind hier z.B. die Verwaltungsverfahren und die Gemeinschaftsinitiativen.
5.23
Kohärenz
Mit dem Grundsatz der Kohärenz verfolgt die Kommission sehr ehrgeizige Ziele. Ihr geht es hier um "die Verknüpfung und die Übereinstimmung der Strukturpolitik mit der Wirtschafts- und Sozialpolitik des ... Mitgliedstaats"38. In diesem umfassenden Sinn hat der Grundsatz für diejenigen Mitgliedstaaten große Bedeutung, die zur Gänze Ziel-1-Gebiet sind. Hier haben die EG-Mittel auch makroökonomische Relevanz. Angesichts der vergleichsweise geringen EG-Förderung in Deutschland macht es jedoch wenig Sinn, ihre Kohärenz mit der allgemeinen deutschen Wirtschaftspolitik zu analysieren. Die folgenden Überlegungen beziehen sich mehr auf die Übereinstimmung von EG-Strukturfondsmaßnahmen und deutscher Regionalpolitik. Nach dem Subsidiaritätsprinzip ergibt sich eine abgestufte regionalpolitische Verantwortung: EG, Bund und Land sind dann gefordert, wenn regionale Ungleichgewichte und Probleme
38
70
Kommission der EG, 1989b, S. 16.
nach europäischen Maßstäben, aus Bundes- bzw. aus Landessicht bestehen39. Die politische Aufgabe, die vor allem die Landesregierungen zu lösen haben, liegt darin, die einzelnen Programme gut aufeinander abzustimmen. Der im vorigen Abschnitt zum Partnerschaftsgrundsatz erläuterte Ansatz NordrheinWestfalens ermöglicht auch eine konsistente Abstimmung der aus den unterschiedlichen Programmen finanzierten Maßnahmen. Die regionalen Entwicklungskonferenzen erarbeiten Konzepte, stimmen Projektideen ab und leiten die eigenen Vorstellungen an das Landeswirtschaftsministerium weiter. Dieses prüft sie auf Übereinstimmung mit den Schwerpunkten der Landesregionalpolitik, die ihrerseits mit der von Bund und Ländern gemeinsam erarbeiteten Rahmenplanung abzustimmen ist, und entscheidet, welche Elemente des "Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramms" gegebenenfalls zum Zuge kommen. In diesem Programm werden alle Förderwege von Land, Bund und EG zusammengefaßt40.
Wo es das Beihilfenrecht und die Vorgaben der EG-Verordnungen zulassen, gibt es im wesentlichen zwei Wege, die EG-Mittel mit der sonstigen nationalen Politik zu verknüpfen. Zum einen lassen sich in bestehenden Programmen zu gleichen Konditionen mehr Förderfälle finanzieren - ein z.B. in Nordrhein-Westfalen gewählter Weg 41 . Zum anderen kann die Förderung pro Fall erhöht werden. Dies wird zum Teil im Bereich der ESF-Förderung praktiziert. Wenn die Unterstützungszahlungen für Teilnehmer an Qualifizierungsmaßnahmen durch EG-Mittel gesteigert werden, wird der Besuch solcher Kurse für manche der einkommensschwachen Zielpersonen leichter möglich.
Gerade im ESF-Bereich ergaben sich aber auch Konflikte, weil beispielsweise keine EGMittel für die Förderung der Lehrlingsausbildung eingesetzt werden durften, dies aber für einzelne Landesregierungen eigenen Vorstellungen entschieden zuwiderlief. Spezielle Probleme verursacht auf der anderen Seite die enge Koppelung von nationaler und gemeinschaftlicher Politik in Ost-Berlin. Die Vorgaben der mehr auf Flächenländer ausgerichteten Gemeinschaftsaufgabe schränken den eigenen Spielraum mehr ein als die EG-Verordnungen.
39
Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen, 1991, S. 3.
40
Vgl. Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen, 1991, S. 5 sowie 1992, S. 3 u. 11.
41
Vgl. Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen, 1989, S. 32. 71
Nach den reformierten Verfahren stehen europäische und nationale Regionalpolitik relativ unverbunden nebeneinander (vgl. Abschnitt 4.3). Beide Ansätze sind durchaus unterschiedlich: Während sich bei der Gemeinschaftsaufgabe der Bund auf die Mitwirkung an der Rahmensetzung beschränkt, sind bei der europäischen Regionalpolitik die Beteiligungswünsche der Kommission relativ weitgehend. Zudem neigt die Kommission zu umfassenden Förderkatalogen und zu extremer Ausdifferenzierung der Instrumente. Bei aller Unterschiedlichkeit der Grundphilosophien wird aber in der praktischen Umsetzung der Förderung das Nebeneinander von nationaler Politik, insbesondere der Gemeinschaftsaufgabe, und EG-Förderung nicht als entscheidendes Hindernis empfunden. Es führt aber zu deutlich erhöhtem Verwaltungsaufwand im Vergleich zum früheren Verfahren. Schon wegen ihres relativ geringen Umfangs werden die EG-Programme mehr als Zusatz zu eigenen Maßnahmen gesehen, als daß sie die gesamte Förderung prägen oder verändern könnten. Effektiver beeinflussen kann die Kommission die jeweilige nationale Regionalpolitik durch die Instrumente der Wettbewerbskontrolle.
5.2.4 Eine bessere Verwaltung der Strukturfonds Die Kommission faßt unter diesem Grundsatz verschiedene wichtige Aspekte der Strukturfondsreform zusammen, so vor allem die Betonung der Programmplanung und die Aufstockung der Strukturfonds sowie den Ausbau der Instrumente, aber auch Aussagen zur Transparenz der Förderung und zur Höhe sowie Differenzierung der Fördersätze. Einfachheit und Effizienz der Verwaltungsarbeit im engeren Sinne werden im fünften Grundsatz behandelt. Mit der Reform der Strukturfonds wurde das schon länger angestrebte Ziel erreicht, die Förderung grundsätzlich in Programmform zu gestalten. Durch die Abkehr von der Einzelprojektförderung soll eine bessere Abstimmung der verschiedenen Instrumente, Flexibilität, Dezentralisierung und Berechenbarkeit über die mehrjährige Laufzeit hinweg erreicht werden. Die Programmplanung muß deutlich als Fortschritt gewertet werden. Dennoch zeigen die Erfahrungen der deutschen Bundesländer klare Lücken zwischen den optimistischen Erwartungen seitens der Kommission und dem Bild bei der Umsetzung der Reform. Dies betrifft besonders den hohen Verwaltungsaufwand während der Konzipierung, der dem fünften Grundsatz der Vereinfachung zuwiderläuft. Um diesen Aspekt drehen sich
72
viele Reformüberlegungen 42. Doch es gibt auch in anderen Punkten unterschiedliche Interessenlagen und Sichtweisen.
Nach der Konzeption sollten die operationeilen Programme die in der Region geplanten Maßnahmen möglichst umfassend wiedergeben. Aus der Sicht der Landesregierungen empfiehlt es sich jedoch, bei der Erstellung der Programme zurückhaltender vorzugehen. Die Programme sollten danach nur die Maßnahmen enthalten, für die EG-Unterstützung angestrebt wird, d.h. es sollte der EG nicht die kritische Prüfung aller geplanten Maßnahmen überlassen werden. Auch muß die nationale Kofinanzierung gewährleistet sein, damit nicht von der EG genehmigte Maßnahmen an zu knappen eigenen Mitteln scheitern. Beides erhöht die Planungssicherheit der Bundesländer. Zudem sollten die Programme nicht die konkreten Projekte enthalten, sondern nur für diese einen Rahmen vorgeben. Dies liegt zwar im Interesse aller Beteiligten an möglichst einfachen und zügigen Abläufen, manche Landesministerien vermuten hier aber auch stärkere Mitgestaltungswünsche der Kommission. Zu konkrete Festlegungen im Programm können jedenfalls die Gestaltungsmöglichkeiten der Ministerien während der Laufzeit der Programme empfindlich einschränken und binden bei dem Versuch der Umschichtung zugesagter Mittel unverhältnismäßig viel Verwaltungsarbeit.
Weiterhin sollte nach den Vorgaben der EG-Kommission auf Grundlage der Programme eine eng verflochtene Politik der verschiedenen EG-Instrumente möglich werden. Dies wird von allen, die mit der praktischen Abwicklung der Förderung betraut sind, sehr skeptisch beurteilt. Unvermeidlich bedeutet eine höhere Zahl von an einem Projekt beteiligten Partnern ein höheres Maß an Abstimmungsbedarf und Verwaltungsaufwand. Hinzu kommen noch in manchen Fällen unterschiedliche Auffassungen zu konkreten Fragen oder zur Ausrichtung der Maßnahmen. Konfliktträchtig scheint dabei besonders die Beziehung zwischen Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerien zu sein. Im Ergebnis verantworten die einzelnen Akteure jeweils ein Unterprogramm der operationeilen Programme. Dies erleichtert die Verwaltungsarbeit, ermöglicht es aber auch, Konflikte zu überdecken. Wo jedenfalls inhaltlich eine Zusammenarbeit geboten sei - so die Einschätzung -, reichten oft auch Referentenarbeitskreise aus. Ein institutionelles "Korsett" sei nicht nötig.
42
Vgl. Kap. 6. 73
Die erweiterten Fördermöglichkeiten sind nach Aussage der befragten Ministerien nicht unumschränkt positiv zu beurteilen. Zum einen gibt es auch auf Bundesländerebene kritische Stimmen zur Aufstockung der Fonds, da dies insgesamt die deutschen öffentlichen Haushalte belastet. Zum anderen kann eine erhöhte Zahl von Förderwegen auch inhaltlich problematisch werden. Mit dem Angebot an Subventionen entsteht auch Nachfrage nach ihnen und damit politischer Druck, auch solche Fördermaßnahmen einzuführen, die sich streng genommen schlecht in das Konzept des Landesministeriums einfügen. Über diesen Mechanismus erlangt die Kommission auch Einfluß auf die Haushalte der Bundesländer, sind diese doch wegen des Prinzips der Additionalität zur Kofinanzierung "ungeliebter" Förderwege verpflichtet. An manchen Punkten ergeben sich aus der unterschiedlichen Interessenlage Vorstellungen der Länder, die zwar aus ihrer Sicht verständlich sind, aber aus übergeordneter Perspektive im Sinne einer effizienten Regionalpolitik sicher nicht mitgetragen werden können. So sind die Länder natürlich mehr an Zuschüssen interessiert, die sie kofinanzieren müssen, als an Darlehen, die ihre Verschuldung steigen lassen. Die EG wäre aber schlecht beraten, wollte sie nun deswegen auf ein für sie relativ wenig kostenträchtiges Instrument verzichten. Andere Kritik macht sich an den Fördersätzen fest: die Fondsverwalter würden z.T. lieber wenige Projekte stark fördern, als sich an vielen Projekten mit niedrigen Sätzen beteiligen. Auf ähnliche Vorstellungen laufen Überlegungen hinaus, einen durchschnittlichen Fördersatz für jedes operationelle Programm festzulegen, die konkrete Förderhöhe bei allen einzelnen Projekten aber den Ländern zu überlassen. So ließe sich die jetzt gelegentlich als hinderlich empfundene Festlegung von differenzierten Beteiligungshöhen umgehen. Es ist zwar richtig, daß Regionalpolitik nicht nach dem Gießkannenprinzip betrieben werden sollte. Dies bezieht sich aber auf die Auswahl von Fördergebieten. Ist diese erfolgt, sollten nicht innerhalb dieser Gebiete bestimmte Projekte besonders hoch, andere - der Sache nach genauso förderwürdige - aber nicht gefördert werden. Der Spielraum für diskriminierende Verwaltungsentscheidungen wäre bedenklich erhöht.
Mängel bestehen vor allem hinsichtlich der Transparenz bei der Förderung, ein Punkt, an dem sich die Kommission im Zuge der Reform eine Verbesserung erhofft hatte43. Tatsächlich sind den Ländern die Gründe für Verzögerungen im EG-internen Verwaltungsprozeß meist unklar. Auch ist nicht nachvollziehbar, welche beantragten Mittel von der EG 43
74
Kommission der EG, 1989b, S. 21.
gebunden werden und wie sich Abweichungen zwischen beantragten und genehmigten Beträgen erklären lassen44. Der Kommissionsapparat erscheint als "black box", dessen Verwaltungs- und Entscheidungsprozesse schwer kalkulierbar sind. Die operationeilen Programme werden nicht nur unter regionalpolitischem Aspekt von der Kommission geprüft, sondern bedürfen im Hinblick auf die vorgesehenen Beihilfen an Unternehmen auch der Genehmigung durch die Generaldirektion für Wettbewerb. Beide Genehmigungen erfolgen in getrennten Verwaltungsakten, was von vielen Ländern kritisiert wird, weil der Verwaltungsprozeß unkalkulierbarer und länger wird. Einige Länder hatten bzw. haben deswegen Probleme mit der EG-Wettbewerbspolitik, auch wegen unterschiedlicher Sichtweisen zum Subventionsumfang in einzelnen Fällen. Insgesamt ist aber die Notwendigkeit einer Beihilfenkontrolle akzeptiert, nicht zuletzt wegen der Gefahr eines unproduktiven Subventionswettlaufes der Regionen. Das Bemühen um eine bessere Verwaltung der Strukturfonds kann insoweit als Erfolg gelten, wie der Durchbruch zur Programmförderung als Regelfall erreicht wurde. Diese ist in bezug auf Planungssicherheit, Flexibilität, Konsistenz und dezentralen Einfluß einer sprunghaften Förderung einzelner Projekte überlegen. In vielem muß der Prozeß aber noch vorangetrieben werden (z.B. bei der Transparenz); in manchem scheinen die Ansätze realitätsfern - so vor allem beim Streben nach eng verbundenem Agieren aller relevanten Ministerien, Fonds und sonstigen Stellen.
5.2.5 Vereinfachung, Begleitung und Flexibilität "Die neuen Verordnungen sollen auch zur Vereinfachung der Strukturaktion der Gemeinschaft beitragen", hofft die Kommission in ihrem Leitfaden 45. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Praktisch in allen Gesprächen wurde über unnötig hohen Verwaltungsaufwand geklagt. Generell wurde festgestellt, daß in der nationalen Förderung zwar mehr Mittel fließen, diese aber weniger Arbeit verursachen als die EG-Programme. Hauptquelle dieser Problematik ist das dreistufige Notifizierungsverfahren bei der Entwicklung der operationellen Programme. Wird dieses Verfahren Zug um Zug entsprechend den Verordnungen
44
Vgl. Wirtschaftssenator Bremen, 1992.
45
Kommission der EG, 1989b, S. 22. 75
durchgeführt, entsteht bereits durch die vorgesehenen Bearbeitungsfristen beträchtlicher Zeitbedarf. Diese Fristen werden aber oft nicht einmal eingehalten. Hieran macht sich zum einen einhellige Kritik fest - und zwar durchaus auch aus den neuen Ländern, wo eigentlich eine zügige Implementation der EG-Regionalhilfen prioritäres Ziel war. Zum anderen entsteht durch die Dreistufigkeit unnötiger Aufwand. Zwar ist der Übergang zur Zweistufigkeit wahrscheinlich, nach dem auch die Kommission hier Signale gegeben hat. Doch kann sich auch dies noch als suboptimal erweisen (vgl. Abschnitt 6.5). Die Reibungsverluste durch zusätzliche Verwaltungsanforderungen hätten von der Kommission früher erkannt werden müssen. Sie versprach sich aber in erster Linie eine Vereinfachung aus einer Vereinheitlichung der Interventionsformen. Über 80 vH der befragten Ministerien können jedoch eine solche Vereinfachung nicht bestätigen. Symptomatisch ist beispielsweise, daß der ESF in seinen Programmen keine Investitionen finanzieren darf, obwohl dies bei manchen seiner Projekte notwendig wäre. Dies erfordert dann eine Zusammenarbeit mit dem EFRE, so daß sich der Verwaltungs- und Abstimmungsaufwand dupliziert. Hier läge ein Potential für Vereinfachung durch weitergehende Vereinheitlichung.
Insgesamt ist das Notifizierungsverfahren also dringend zu reformieren. Diese Forderung bleibt auch davon unberührt, daß die Länder im bestehenden System ihre Belastungen zum Teil durch eigene Maßnahmen senken können. Es wurden gute Erfahrungen damit gemacht, die regionalen Entwicklungspläne gleich so zu formulieren, daß sie auch als operationelles Programm genehmigt werden können, so daß zwischen zweiter und dritter Stufe keine Zeit vergeht. Die Bereitschaft der Kommission, darauf einzugehen, wurde allerdings unterschiedlich empfunden. Auf jeden Fall sollten der Kommission nicht die konkreten Projekte vorgeschlagen werden. Dies mindert die Vorbereitungsarbeit und das Risiko von Nachfragen und Abänderungswünschen, zugleich erhöht es den Entscheidungsspielraum auf regionaler Ebene. Die Programme sollten sich schließlich auf die für eine EG-Förderung ins Auge gefaßten Maßnahmen beschränken46. Noch für die laufende Programmrunde wird in zwei Punkten ein unnötig hoher Aufwand gesehen. Die heute angewandten Verfahren zur Indexierung verursachen derart umfangreiche Verwaltungsarbeit, daß eine Abgeltung der Preissteigerungen mit geschätzten Pauschalbeträgen vorgezogen würde, auch wenn dann eventuell weniger Mittel fließen würden. Schließlich wird nach den teils schlechten Erfahrungen mit der Notifizierung der Programme ähnliches bei der anstehenden
46
Die Vorstellungen der EG-Kommission gehen hier allerdings in eine andere Richtung. Vgl. Kommission der EG, 1992a, S. 10. 76
Schlußbewertung befürchtet. Bei aller Akzeptanz von Kontrollen sollte auch die Verwaltungseffizienz gewahrt bleiben.
Die Begleitung der Strukturfondsmaßnahmen in der Phase ihrer Umsetzung ist ein wichtiges Element der Reform. Hierfür wurde mit den Begleitausschüssen ein neues Gremium geschaffen, welches verschiedene Teilfunktionen wahrnehmen soll. Zunächst sind die Ausschüsse eine wichtige Institution für die Partnerschaft, kommen doch hier regelmäßig Vertreter aller beteiligten Bundes- und Landesministerien und der Generaldirektionen der EG-Kommission zusammen. In diesem Kreis erfolgt die gegenseitige Information und die Koordinierung der einzelnen Aktionen zum Teil in den Ausschußsitzungen, zum Teil durch informelle Kontakte oder im Umlaufverfahren. Hier gibt es kaum Probleme. Weniger einheitlich ist die Meinung zu den Kompetenzen der Ausschüsse. Theoretisch sollen sie flexibles Reagieren ermöglichen, wenn Defizite im Programm deutlich werden oder wenn sich das Umfeld unvorhergesehen ändert. Strittig ist, ob dies in ausreichendem Maße möglich ist. Für manche besteht kein Anlaß zu expliziter Kritik, oft werden aber die engen Grenzen der Kompetenz der Ausschüsse beklagt. Mittelübertragungen müßten in stärkerem Maße nicht nur innerhalb von Maßnahmen bzw. Unterprogrammen möglich sein, sondern auch zwischen diesen. Die Besetzung der Begleitausschüsse scheint unproblematisch zu sein. Vertreter der lokalen Ebene sind zwar in der Regel in diesen Institutionen der EGRegionalpolitik nicht vertreten. Dies ist aber dann zweitrangig, wenn sie in ihrem Bundesland insgesamt in die Gestaltung der Regionen-Förderung einbezogen werden.
Kaum realistisch ist es, von den Begleitausschüssen eine wirksame Kontrolle zu erwarten oder - je nach Sicht - zu befürchten. Dies ist jedenfalls Ergebnis der Befragung. Zum Teil hängen die Kontrollmöglichkeiten von der Größe des Einzugsgebietes ab. Doch selbst über die landesweit organisierten 5b-Ausschüssen wird keine begleitende effektive Bewertung durch die EG erwartet. Schon angesichts ihrer Verpflichtungen in den vielen Ausschüssen, für die sie zuständig sind, wären die EG-Vertreter nicht in der Lage, die einzelnen Projekte intensiv zu begutachten. Die zuständigen Ministeriumsvertreter schätzen meist die landesweite Organisation der 5b-Ausschüsse. Dies zeigt, daß das Interesse an den Erfahrungen der anderen Länder entweder nicht so groß ist oder anders, etwa durch Tagungen der Fachreferenten, gedeckt wird. Der Aufwand für jede einzelne Ausschußsitzung ist dann jedenfalls geringer; die Belastung der zentralen Institutionen steigt
77
jedoch aufgrund der erhöhten Anzahl der Ausschüsse, die besetzt werden müssen. Beim bundesweiten Ziel-2-Ausschuß wird analog als Vorteil genannt, dort die durchaus vergleichbaren Probleme aller betroffenen Länder gemeinsam diskutieren und klären zu können.
Aussagekräftige Effizienzprüfungen sind nicht nur für die Begleitausschüsse ein Problem, sondern für die gesamte EG-Regionalpolitik. Die Fragen hiernach wurden relativ einheitlich beantwortet: Erstens ist die Laufzeit der Programme bis jetzt zu gering, als daß bereits meßbare Erfolge vorliegen könnten; zweitens sind die Erfolge der EG-Maßnahmen nicht von denen der nationalen Regionalpolitik zu trennen - Folge der geforderten Kohärenz von nationalen und europäischen Aktionen. Dennoch werden Untersuchungen geplant oder laufen bereits47, es bleibt abzuwarten, ob sie zu überzeugenden Beurteilungen gelangen. Manche Gesprächspartner beurteilten den Aussagegehalt von Indikatorenvergleichen u.ä. jedenfalls recht skeptisch. Einstweilen bleibt man auf qualitative Einschätzungen angewiesen, nach diesen wird der EG-Regionalpolitik eindeutig Erfolg zugesprochen.
Die Flexibilität der Strukturinterventionen ist durch die Reform sicher erhöht worden. Dieser Erfolg hängt im wesentlichen mit dem Programmansatz zusammen. Das bisher erreichte Maß kann jedoch nicht zufriedenstellen. Die Verfahren müssen beschleunigt, Änderungen an den Förderprogrammen durch Ausweitung der Kompetenzen der Begleitausschüsse erleichtert werden - so die Position vieler westdeutscher Länder. In den neuen Ländern war die Förderpolitik, durch die Umstände bedingt, deutlich flexibler und weniger eng jedem Verordnungsdetail verhaftet. Jeflexibler jedoch die Regionalförderung gestaltet und betrieben wird, desto leichter kommt es zu Verstößen gegen grundsätzliche regionalpolitische Vorgaben der Kommission In Ostdeutschland gibt es erste Anzeichen dafür, daß die Kommission - vom zügigen Mittelabfluß überrascht - die bisherige Vergabepraxis jetzt mit kritischeren Augen sieht.
Neben den operationellen Programmen, die der Ziel-Struktur folgen, greift die Kommission verstärkt zu dem Instrument der Gemeinschaftsinitiativen, mit denen sie die Flexibilität der Gemeinschaftspolitiken erhöhen will48. Dies kann die Bundesländer nicht überzeugen. Für
78
47
So z.B. das Bremer EDV-Programm EVI, Wirtschaftssenator Bremen, 1992, S. 6.
48
Kommission der EG, 1991a, S. 56.
sie sind die Gemeinschaftsinitiativen Beispiele eher ungeliebter Fördermöglichkeiten, an denen nicht teilzunehmen jedoch aus finanziellen und politischen Erwägungen nicht opportun ist. Mehr Flexibilität werde sicherer durch Änderungen bei den bestehenden Instrumenten und durch Aufstockung dieser Mittel erreicht. Daneben wurde gelegentlich die Ansicht geäußert, daß die Kommission bei manchen Initiativen auch auf ein direktes Zusammenspiel von Kommunen und EG unter Umgehung der Landesregierungen abzielt. Zwei Punkte werden von vielen Ministerien kritisiert: Die Initiativen sind oft relativ gering dotiert, verursachen aber hohen Verwaltungsaufwand, der noch dazu meist überflüssig ist, weil die Initiativen inhaltlich in die herkömmlichen Programme integriert werden könnten. Im Rahmen der Initiativen eröffnen sich der Kommission zudem größere Gestaltungsfreiräume als bei den anderen zielorientierten Maßnahmen; viele Länder sehen hier das Subsidiaritätsprinzip verletzt. Als immerhin inhaltlich interessante Gemeinschaftsinitiative wurde "Interreg" genannt, befragte Verbände beklagten aber auch hier aus eigener Anschauung zu hohe administrative Anforderungen. Gleiches gilt für die direkt mit "Stride11 befaßten Wirtschaftsvertreter. Bei hoch dotierten Programmen treten natürlich die Verwaltungsprobleme in den Hintergrund. Deshalb und weil in Nordrhein-Westfalen das "Rechar"-Programm am Ziel-2-Programm orientiert wurde, wird dort an "Rechar" auch keine Kritik geübt49.
Mit der Gemeinschaftsinitiative "Retex" setzt die Kommission neue bedenkliche Akzente. Dieses Instrument entspricht insofern anderen sektorspezifischen Initiativen (wie "Rechar"), als es in den Regionen zum Zuge kommen soll, die von einer im Niedergang befindlichen Wirtschaftsbranche (hier: der Textilindustrie) geprägt sind. Erstmals sind jedoch bei "Retex" auch Beihilfen an Unternehmen des Sektors möglich, dessen strukturell bedingter Niedergang zu den Problemen der Region geführt hat. Die Schwierigkeiten des Textilsektors sind lange bekannt. In Deutschland haben sich weite Teile dieser Branche dem gestellt und einen Umstrukturierungsprozeß vollzogen. Dennoch verbleiben in manchen Bundesländern merklich viele Unternehmen, die auf Subventionen angewiesen sind. Diese ihnen zu gewähren, schränkt aber die Unternehmen, die inzwischen wieder wettbewerbsfähig sind, in ihrer Entfaltung ein und verzerrt nachträglich die dort angestellten Investitionskalküle. Aus diesem Interessengegensatz erklärt sich der Widerstand einiger Bundesländer gegen "Retex" wie das Bestreben anderer, die neuen Töpfe zu nutzen - ein zwar verständlicher Wunsch, der aber eine kritische Haltung zu "Retex" nicht entkräften kann. 49
Vgl. Wirtschaftsministerium Nordrhein-Westfalen, 1991, S. 24. 79
Gewissen Verbesserungen bei Begleitung und Flexibilität stehen gewichtige Mängel gegenüber. Besonders das Ziel der Vereinfachung wurde deutlich verfehlt. Auch die Erwartungen an die Bewertungsmechanismen scheinen zu hoch zu sein. Ein grundsätzliches Problem besteht offensichtlich darin, daß in den Verfahren tendenziell zu viele Instrumente verschiedener Träger neben- und miteinander eingesetzt werden sollen. Man setzt auf eine erfolgreiche Abstimmung aller Beteiligten und in der Folge auf flexiblen Instrumenteneinsatz. Statt dessen wird die Regionalpolitik aber um so unbeweglicher, je mehr Instrumente und Institutionen zu koordinieren sind und je weniger damit in der Entscheidungsgewalt der einzelnen Dienststelle verbleibt.
Exkurs: Fragebogenauswertung Der Fragebogen wurde an 23 Landesministerien der westlichen Bundesländer und Berlins sowie an zwölf Ministerien der östlichen Länder verschickt. Angeschrieben wurden jeweils das Wirtschafts-, das Arbeits- und Sozial- sowie das Landwirtschaftsministerium, wobei es letzteres nicht in allen Bundesländern gibt. Die Befragungsaktion beschränkte sich auf diejenigen Landesministerien, mit denen keine ausführlichen Gespräche geführt wurden. Die Rücklaufquote betrug insgesamt 69 vH - im Westen 74 vH, im Osten 58 vH. Da auch einige der Gesprächspartner zusätzlich den Fragebogen ausfüllten, lagen 28 auswertbare Antworten vor, davon aus dem Westen 20, aus dem Osten acht.
Außer den Ministerien wurden auch andere Institutionen um ihre Stellungnahme gebeten: einige Industrie- und Handelskammern, Städte- und Gemeindetage sowie einzelne (Grenz-) Regionen. Hier war die Rücklaufquote geringer, immerhin erlauben sechs Antworten von Vertretern regionaler Einheiten unterhalb der Bundesland-Ebene einen Blick auf dort existierende Einschätzungen. Diese werden im folgenden insoweit behandelt, wie sie interessante Akzente setzen. Einige Adressaten nutzten die Gelegenheit, Hintergrundinformationen mitzuliefern, welche im vorangegangenen Abschnitt in die Ausführungen eingeflossen sind. Nicht alle Fragebögen wurden vollständig ausgefüllt, so daß die Zahl der Antworten bei den einzelnen Fragen variiert. Namentlich in den neuen Ländern konnten beispielsweise die Fragen, die auf einen
80
Vergleich zu den früheren Verfahren abzielten, nur bedingt beantwortet werden50. Aber auch an anderen Stellen unterscheiden sich die Antworten aus den westlichen und den östlichen Ländern merklich.
Im folgenden werden die Antworten auf die inhaltlich interessanten Fragen des ersten Teils des Fragebogens systematisch dargestellt. Der zweite Teil befaßt sich mit den Änderungsvorschlägen der angeschriebenen Stellen und wird im sechsten Kapitel ausgewertet.
Die deutschen Bundesländer arbeiten mit allen drei Strukturfonds zusammen und sind mit allen Zielen der EG-Strukturpolitik befaßt. Die antwortenden Ministerien waren dabei in der Regel mit mehr als einem Ziel betraut. Zwölf hatten mit dem Regionalfonds zu tun, 13 mit dem Sozialfonds und acht mit der Abteilung Ausrichtung des Agrarfonds. Bei den Zielen dominierte das Ziel 5b mit 14 Nennungen, Ziel 5a spielt dagegen keine Rolle (zwei Antworten). Die Ziele 2 (acht Antworten), 3 (sieben) und 4 (acht) hatten unter den Antworten gleiches Gewicht. Das Ziel 1 gaben fünf Ministerien als ihr Aufgabenfeld an. Ein wichtiges Element jeglicher EG-Politik ist - zumindest offiziell - die Beachtung und Stärkung des Subsidiaritätsprinzips. Bezogen auf die Regionalpolitik mußte es also ein Ziel der Reform sein, den Einfluß der Regionen - in Deutschland: der Bundesländer - zu stärken. Insofern ist das Ergebnis in bezug auf die allgemeine Frage, ob sich der Einfluß des zuständigen Landesministeriums
durch die Strukturfondsreform eher erhöht habe (15 Ja-
Meldungen) oder ob er sich verringert habe (fünf Meldungen), zunächst als positiv festzuhalten. Die Antworten auf speziellere Fragen werden zeigen, welche Probleme hier eventuell trotzdem noch bestehen. Die geäußerte Stärkung der Position der Bundesländer geht jedenfalls nicht mit einer geschwächten Stellung der EG-Kommission einher. 15 Antworten beurteilen diese nämlich als dominierend, elf sehen den Einfluß der Kommission als "mittel·1, niemand hält ihn für schwach. Interessant ist bei dieser Frage eine Unterscheidung nach westlichen und östlichen Ländern. Zwölf der 15 Antworten, die eine Dominanz Brüssels konstatieren, kommen aus der alten Bundesrepublik, gegenüber nur sechs von elf "mitter-Antworten. Dies läßt sich
50
Antworten waren z.B. in den Fällen möglich, in denen die zuständigen Referenten ursprünglich aus westlichen Bundesländern kamen und dort bereits Erfahrungen mit der EG-Regionalpolitik gesammelt hatten. 81
als erstes Anzeichen dafür werten, daß in den neuen Ländern die Rolle der EG-Kommission weniger kritisch gesehen wird als im Westen. Offiziell müssen alle Kontakte zwischen der EG und den Ländern von der Bundesregierung vermittelt werden, da diese für Deutschland das Alleinvertretungsrecht nach außen hat und da auch die EG-Verträge nur "Mitgliedstaaten" - deren Vertreter die Zentralregierungen sind - kennen51. Dieser Dienstweg ist für alle formalen Akte im Rahmen der EGRegionalförderung maßgeblich. Bei vielen konkreten Fragen - sei es zu der Gestaltung der EG-Förderprogramme, sei es zu ihrer Umsetzung - sind aber direkte Kontakte zwischen Land und EG unverzichtbar, schon um den Verwaltungsaufwand möglichst zu begrenzen. 20 Ministerien betrachten ihre direkten Kontaktmöglichkeiten als ausreichend, sieben - überwiegend westliche Stellen - sehen Defizite. Direkte Kontakte bestehen zum einen auf informeller Ebene; wichtige Bühne für einen direkten Austausch aller Beteiligten sind aber auch die bei der Strukturfondsreform institutionalisierten Begleitausschüsse. Die Begleitausschüsse
sind zentrale Gremien bei der Abwicklung der operationellen
Programme. Hier treffen die zuständigen Stellen von EG-Kommission, Bundes- und Landesregierung regelmäßig zusammen, um die Durchführung der Maßnahmen zu verfolgen, bei Bedarf in begrenztem Maße Korrekturen an den Programmen zu beschließen und zu kontrollieren, ob genehmigte Konzepte ordnungsgemäß in die Praxis umgesetzt werden. Sie sind also zum einen ein wichtiges Instrument bei der Verwirklichung des Partnerschaftsgedankens, zum anderen sollen sie die gewünschte Flexibilität bei der Förderung im Programmablauf ermöglichen. Ihre Funktionen erfüllen sie nach Ansicht der Landesministerien mit unterschiedlichem Erfolg. Ganz überwiegend anerkannt werden Ausschußsitzungen als Forum zum gegenseitigen Informationsaustausch (24 Nennungen). Die gemeinsame Entscheidungsfindung spielte bereits eine geringere Rolle (18 Nennungen). Skeptisch eingeschätzt wurde jedoch die Kontrollgewalt der Ausschüsse. Hier erfüllten nur gemäß zwölf Antworten die Begleitausschüsse ihre Funktion. Die Vertretung der Länder in den Ausschüssen ist ausreichend. Diese Antwort enthielten sämtliche zurückgesandten Fragebögen - eine Einheitlichkeit, die bei keiner anderen Antwort erreicht wurde.
51
Nach Ratifizierung des Maastrichter Vertrages wird Art. 146 (1) EGV erstmals die Vertretung der Bundesrepublik im Rat durch einen Landesminister oder -ministerpräsidenten erlauben. 82
Die Organisationsstruktur der Begleitausschüsse ist heute von Ziel zu Ziel unterschiedlich. Beispielsweise ist für das als Ziel-l-Gebiet behandelte Beitrittsgebiet ein einziger Ausschuß für alle Aspekte der Strukturfondsaktivitäten zuständig. Für die Ziel-2-Gebiete der alten Bundesrepublik gibt es ebenfalls nur einen gemeinsamen Ausschuß. Bei Ziel Sb ist die Ausschußarbeit dagegen länderweise organisiert. In den ausgefüllten Fragebögen wurden die möglichen (Kombinationen von) Gliederungsprinzipien unterschiedlich häufig gewünscht. Als Ergebnis läßt sich festhalten, daß die Begleitausschüsse auch weiterhin entsprechend der Zielstruktur und nicht nach der Zuständigkeit der Fonds organisiert sein sollten. Auch ihre unterschiedliche regionale Zuständigkeit scheint zur Zeit jeweils akzeptiert. Ganz überwiegend halten die Ministerien, die bis jetzt in bundesweiten Begleitausschüssen mitgewirkt haben, dies genauso für ein wünschenswertes Prinzip wie die Landesministerien, die vorrangig in den landesweiten 5b-Ausschüssen gearbeitet haben, die Einrichtung von je einem Ausschuß pro Bundesland begrüßen.
Partnerschaft ist ein Begriff, der im Rahmen der EG-Fördermaßnahmen zum Tragen kommt. Er ist ein Aspekt des übergeordneten Subsidiaritätsanspruchs. Subsidiarität schließt auch ein, daß eine nationale Förderpolitik,
wenn sie in einem Mitgliedstaat für notwendig
erachtet wird, grundsätzlich möglich sein muß. 23 Landesministerien sehen eine nationale Förderung weiterhin als notwendig und möglich an, nur vier widersprechen dem. Hiermit ist allerdings noch nicht gesagt, daß jede beliebige konkrete Fördermaßnahme möglich ist oder auch nur möglich sein sollte. Die EG-Politik läßt aber auf jeden Fall in gewissem Umfang Spielraum für nationale Konzepte, die ja auch weiterhin notwendig bleiben.
Offenbar nur unzureichend eingehalten wird das Subsidiaritätsprinzip
im neuen Verfahren.
Zwar besteht hier für 15 Ministerien kein Problem. Zehn Antworten - mit einer Ausnahme aus den westlichen Ländern - sehen das Prinzip jedoch als verletzt an. Ihre Kritik richtet sich auf unterschiedliche Punkte. Zuvörderst genannt wird das Gewicht der EG bei der Festlegung der Fördergebiete, ebenfalls mehrfach erwähnt werden hier die Gemeinschaftsinitiativen. Ein Ministerium nennt die Punkte Beihilferecht, Bewertung und Kontrolle. Für einzelne Ministerien spielt die EG vor allem eine zu große Rolle bei der Festlegung und Durchführung der operationellen Programme bzw. bei der Entscheidung über Mittelvolumen und -Verteilung sowie bei den Förderkonditionen.
83
Der Leitgedanke der Partnerschaft hat viele Facetten. Er ist sicher nicht schon mit einem möglichst hohen Gestaltungsfreiraum der Landesregierungen erfüllt. Die deutschen Bundesländer - zumal die großen Mittelempfänger unter ihnen - sind sehr große Gebiete. Nach dem Subsidiaritätsprinzip ist folglich die Frage zu stellen, in welcher Weise kleinere Gebietskörperschaften in die Regionalpolitik eingebunden sind, denn diese haben eventuell ein genaueres Bild vom Problemdruck und von erfolgversprechenden Gegenmaßnahmen. An der Beschlußfassung über regionalpolitische Maßnahmen werden die Gebietskörperschaften unterer Ebenen nur von vier Ministerien beteiligt. In 17 Fällen werden sie aber bei der Konzeption der Maßnahmen hinzugezogen. Die Umsetzung der Maßnahmen erfordert schließlich fast durchweg ihre Mitarbeit (21 Antworten). Diese Angaben der Landesregierungen werden durch die Fragebögen gestützt, die von Regionen sowie Städte- und Gemeindeverbänden zurückgesandt wurden.
Wiederkehrendes Thema in der EG, nicht nur bei der Regionalpolitik, war und ist stets die Klage über zu aufwendige administrative
Prozesse bzw. der Wunsch, den Anteil der
Verwaltungsarbeit möglichst gering zu halten. Dieses Ziel wurde bei der Reform der Strukturfonds nicht erreicht. 18 Ministerien sahen keinerlei Erleichterung ihrer Arbeit. Drei stellten wenigstens eine geringe Entlastung fest, lediglich in einem Fall wurde eine stark erleichterte Arbeit genannt.
Eine Effizienzsteigerung der Verwaltungsarbeit muß nicht unbedingt deren absolute Verringerung bedeuten. Sie kann auch darin liegen, daß sich der relative Ertrag der Arbeit erhöht hat. Der Ertrag der Verwaltungsarbeit
wurde hier hilfsweise als Höhe der eingeworbe-
nen Mittel definiert. Deren Relation zum notwendigen Verwaltungsaufwand hat sich jedoch nach Einschätzung der Landesministerien nicht verbessert. Diese Antwort enthielten 16 Fragebögen, nur sechs sahen dagegen nach der Reform ein günstigeres Verhältnis.
Ein wichtiges Konfliktfeld liegt zwischen den unterschiedlichen Zielen von Regionalpolitik und Wettbewerbskontrolle.
Die geplanten Förderprogramme werden unter beiden Aspekten
einzeln geprüft und genehmigt. Eine regionalpolitisch motivierte Subvention kann von der Beihilfenaufsicht verboten werden. Dieser latente Interessengegensatz hat für 16 Ministerien noch nicht zu nennenswerten Schwierigkeiten geführt, immerhin elf Antworten - vorwiegend aus westlichen Bundesländern - stufen ihn aber als Problem ein. Sie fordern vor allem ein Ende der Doppelkontrollen durch die Generaldirektionen für Wettbewerb und für
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Regionalpolitik. Diese führen zu Unsicherheiten und Verzögerungen. Daneben schafft das Auseinanderfallen von nationalen und EG-Fördergebieten Probleme. Die Beihilfenkontrollen werden vereinzelt als zu restriktiv bezeichnet; es bestehen unterschiedliche Auffassungen zum tatsächlichen Subventionsumfang.
Eine konsistente und sinnvolle Förderpolitik setzt voraus, daß über einen längeren Zeitraum einigermaßen verläßlich geplant werden kann. Bei der Reform wurde dies insofern berücksichtigt, als die operationeilen Programme - je nach Ziel - drei bis fünf Jahre Laufzeit haben. 13 Ministerien gaben an, daß sich durch das neue Verfahren die Planungssicherheit in den Regionen erhöht hat, fünf sehen eine unsichere Planungsgrundlage. Lange Programmlaufzeiten nutzen wenig, wenn die Vergabe der Mittel zu lange nach ihrer Beantragung erfolgt. In der zur Zeit laufenden ersten Runde nach der Reform begann die Förderung jedenfalls oft deutlich später als ursprünglich geplant. 23 Antworten bemängeln dies. Von den fünf Meldungen, die diese Kritik nicht teilen, kommen drei aus den neuen Ländern, wo die EG-Förderung politisch beabsichtigt besonders schnell wirksam werden sollte, wo also nicht das in der übrigen EG angewandte Verfahren eingesetzt wurde. Dieser hohe Zeitbedarf ist sicher zum Teil damit zu erklären, daß die Prozeduren für alle Beteiligten neu und ungewohnt waren. Neben den üblichen Anlaufschwierigkeiten spielen aber auch unnötig komplizierte und zeitraubende Verwaltungsmechanismen eine Rolle.
Die strukturpolitischen Aktivitäten der Kommission erschöpfen sich nicht in der am Zielsystem ausgerichteten Arbeit der Fonds. Nicht vernachlässigt werden dürfen die Gemeinschaftsinitiativen
y
auch wenn sie quantitativ weniger wichtig sind. Die Bedeutung der
Initiativen wird nur von vier Antworten als groß eingeschätzt, weitere vier stuften sie als "mittel" ein. Für 20 Ministerien haben die Gemeinschaftsinitiativen geringe Bedeutung. Der Kommission gelingt es also nicht, mit diesen Instrumenten, deren Einsatz sie ja stärker selbst bestimmt als den Inhalt der operationeilen Programme, zumindest im Hinblick auf die deutschen Problemlagen entscheidende regionalpolitische Akzente zu setzen.
Diese Initiativen werden von den Ländern teils heftig kritisiert. Hauptgrund ist die schon zuvor erwähnte Verletzung des Subsidiaritätsprinzips. Nur vier Ministerien genügt ihr Einfluß im Rahmen der Gemeinschaftsinitiativen, für 16 ist er zu gering. Die Länder sehen
85
hier politische Erfolge gefährdet, die sie in der regulären Strukturfondsarbeit bereits abgesichert haben.
Zudem werden die Initiativen oft als Fremdkörper und Widerspruch zu dem Gemeinschaftskonzept empfunden. Einerseits hält die Kommission vor allem den Programmansatz bei der Förderpolitik als Erfolg hoch. Alle Regionalförderungen in einem Gebiet sollen so zu einem konsistenten Bündel verbunden werden. Dieser Ansatz ist allgemein am regionalen Entwicklungsstand orientiert. Andererseits betreibt sie daneben mit manchen Gemeinschaftsinitiativen eine Förderpolitik, die an Problemen bestimmter Wirtschaftszweige ausgerichtet ist. 14 Antworten sehen einen Widerspruch zwischen sektorspezifischen Initiativen und Ansätzen zur umfassenden regionalen Entwicklung, nur für acht Ministerien läßt sich dies verbinden. Die EG-Förderung ist nicht das einzige und auch nicht das wesentliche Instrument der Regionalpolitik in Deutschland. Maßgeblich ist die Gemeinschaftsaufgabe
des Bundes und
der Länder zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. Dies macht den abgestimmten Einsatz beider Instrumente zu einer wichtigen Frage. Sieben der antwortenden Stellen sind gleichzeitig für beide Förderwege zuständig. Nur in einem Fall entstehen hierdurch Synergieeffekte, fünf Antworten stellen lediglich Doppelaufwand fest. In den elf Fällen mit getrennter Zuständigkeit sind die Antworten positiver. Nur in einem Fall wird großer Abstimmungsbedarf festgestellt, in acht Fällen wird er als gering angesehen. Auf jeden Fall impliziert aber bereits die getrennte Zuständigkeit erhöhten Verwaltungsaufwand, auch wenn dieser vom einzelnen Sachbearbeiter nicht empfunden wird. Bei subsidiärem Einsatz der EG-Regionalförderung müßte diese sich an den nationalen regionalpolitischen Ansätzen orientieren. In Deutschland tut sie dies nur bedingt. Die gemeinschaftlichen Förderkonzepte stützen nur für vier Ministerien das Schwerpunkt-OrteKonzept der Gemeinschaftsaufgabe, neun Antworten sehen keine Flankierung des nationalen Ansatzes. Immerhin scheint die Ausrichtung der Förderung auf Bereiche mit überregionalem Absatz erhalten zu bleiben. Zehn Antworten geben diese Einschätzung wieder, vier sehen auch hier Probleme.
Die Aufteilung der EG-Fördermittel
in den Mitgliedstaaten kann nach zwei verschiedenen
Prinzipien erfolgen. Entweder werden wenige große Vorhaben bzw. Programme relativ stark
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gefördert oder es werden viele kleine Programme unterstützt. Letzteres mag als das individuellere und problemnähere Vorgehen erscheinen, es bedeutet auch ein geringeres Ausmaß diskretionärer Entscheidungen. Es geht aber einher mit einer Vervielfachung des Verwaltungsaufwandes. In 15 der abgefragten Fälle haben sich denn auch die Einzelvorhaben oder Programme, für die EG-Fördermittel beantragt wurden, vergrößert, nur in zwei sind sie kleiner geworden.
Ein positiveres Urteil als bei der Frage nach der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips fällen die Länder hinsichtlich der Berücksichtigung der individuellen
Gegebenheiten in einer Region.
Für 16 Antworten ist dies im neuen Verfahren gewährleistet, etwa ebenso viele wie die, welche das Subsidiaritätsprinzip unverletzt sahen. Hatte aber bei dieser Frage für zehn Ministerien ein Problem gelegen, so gaben nur fünf an, daß im neuen Verfahren Spezifika der Region unzureichend berücksichtigt werden. An verschiedenen Stellen der Fragebogenauswertung traten immer wieder kritische Haltungen zutage. Sie stellen aber den Erfolg
der EG-Regionalpolitik
und deren jüngste
Reform nicht gänzlich in Frage. Im Gegenteil - 20 Antworten nannten die Förderung nach dem neuen Verfahren erfolgreich, in sieben Fällen verzichtete man (noch) auf eine Beurteilung, nur eine Antwort war negativ. Freilich erwächst diese Einschätzung in der Regel bis jetzt nicht aus tiefgehenden Untersuchungen. Die "negativ"-Antwort wird z.B. damit begründet, daß sich der EFRE-Zuschuß in diesem Bundesland nach der Reform verringert habe, doch auch in diesem Fall wird die Reform wegen des schnellen Mittelabflusses als Teilerfolg gewertet. Diese zügige Inanspruchnahme der Mittel - sobald sie durch die Kommission oder im Wege der Vorfinanzierung durch das Land bereitgestellt werden - wird von mehreren Ministerien bereits als Indikator für den Erfolg der neuen Verfahren gesehen. Qualitative Einschätzungen und die Akzeptanz bei den Projektträgern spielen ebenfalls eine Rolle. Einige vertrauen auf die Zielbestimmtheit der Planung und das begleitende Kontrollsystem. Gelegentlich laufen Evaluierungen bzw. sind solche geplant, ohne daß bereits aussagekräftige Ergebnisse genannt werden könnten. Während manche Ministerien damit rechnen, anhand von Indikatoren den Erfolg der Förderung feststellen zu können, weisen andere darauf hin, daß die EG-Förderung zu gering und zu sehr an die nationale Förderung angepaßt sei, als daß ihr individueller Erfolg separat ermittelt werden könne.
87
Die Fördermaßnahmen der Regionalpolitik können sich auf verschiedene inhaltliche Bereiche konzentrieren. Es kann mehr auf eine Standortverbesserung hingearbeitet werden (Verbesserung der Infrastruktur, Umweltsanierung, Entwicklung des Humankapitals), oder die direkte Schaffung von Arbeitsplätzen ist das Ziel. In den deutschen Ländern hat der Ausbau der Infrastruktur ein gewisses Schwergewicht (20 Nennungen), Umwelt (13), Humankapital (15) und Arbeitsplatzschaffung (IS) spielen eine etwa gleich starke Rolle.
Subventionen unterliegen immer grundsätzlicher Kritik, ein Dauerthema ist dabei die Gefahr des Subventionswettlaufes.
Wenn zwei unterschiedlich weit entwickelte Regionen gleiche
Beihilfen erhalten, wird sich der Abstand zwischen ihnen nicht verringern. Noch problematischer wird es, wenn keine allseits akzeptierte Definition von Bedürftigkeit besteht. 17 der befragten Landesministerien sehen hier keine Gefahr, zehn - ausschließlich westliche erkennen einen Subventionswettlauf als Problem an. Sie haben zum Teil Lösungsansätze dazu entwickelt. Abhilfe versprechen sich einige Länder davon, daß sich EG und Länder bei der Fördergebietsfestlegung besser abstimmen oder daß am besten ausschließlich die Länder das Recht dazu haben sollen. Daneben werden klarere und transparente Kriterien für die Mittelvergabe und eine nachvollziehbare Schwerpunktsetzung gefordert.
88
6
Die Reform der Strukturfonds: Weiterentwicklung
6.1
Vorbemerkung
Anforderungen an die Weiterentwicklung des strukturpolitischen Instrumentariums der Europäischen Gemeinschaft können sich im wesentlichen aus zwei Sachverhalten ergeben: Einmal sind die Erfahrungen zu berücksichtigen, die seit der Reform der Strukturfonds hinsichtlich Effizienz und Praktikabilität der einschlägigen Vorschriften von den verschiedenen Ebenen im Prozeß der Planung, Entscheidung, Durchführung und Kontrolle gemacht worden sind und die möglicherweise Ansatzpunkte zu einer Reform der Reform geben.
Zum anderen sind aber die veränderten Rahmenbedingungen in Rechnung zu stellen, die nach Inkrafttreten des Vertrages von Maastricht gelten werden. Denn der Vertrag über die Europäische Union erfordert mit seiner partiellen Neufassung einiger für die Strukturpolitik maßgeblichen Artikel nicht nur die Umsetzung in die entsprechenden Richtlinien und Verordnungen, sondern liefert mit seinem Anspruch an Kohäsion und Konvergenz als Voraussetzung für die weitere Integration zur Währungsunion einen zusätzlichen Impuls zur Stärkung und Straffung der gemeinschaftlichen Strukturpolitik.
Wie groß der Bedarf an Anpassung ist und in welche Richtung diese zu gehen hat, kann durchaus unterschiedlich gesehen werden. Denn die jeweilige Bewertung ist gefärbt durch die Interessenstandpunkte der von den Maßnahmen und Regeln betroffenen Institutionen. Dabei bewegen sich die Vorstellungen teils im Rahmen der durch die Reform vorgegebenen Struktur, teils gehen sie deutlich darüber hinaus. Die Grenzen sind hier allerdings fließend. So könnte der Kohäsionsfonds, der nach dem Vertrag über die Europäische Union bis Ende 1993 eingerichtet werden soll (Art. 130 d, Abs. 2 EGV), als ein zwar zusätzliches, jedoch integrales Element der mit der Reform angelegten strukturpolitischen Interventionen angesehen werden; er greift in seiner Verknüpfung mit dem Konvergenzziel indes weiter und ist insofern etwas grundsätzlich Neues. Auch läßt das Prinzip der Subsidiarität, das im Zuge der Reform in der Strukturpolitik verankert wurde, sehr verschiedene Interpretationen zu, die mehr oder weniger weitreichende Korrekturen am strukturpolitischen Vorgehen der Gemeinschaft begründen können.
89
Im folgenden werden die wesentlichen Ansatzpunkte zu einer Weiterentwicklung des strukturpolitischen Konzeptes der Europäischen Gemeinschaft vorgestellt, und zwar getrennt nach den wichtigsten Grundsätzen der Reform der Strukturfonds der Gemeinschaft. Dabei sollen die Positionen der verschiedenen einbezogenen Ebenen einander gegenübergestellt und kritisch analysiert werden. Grundlage hierfür bilden die Ergebnisse der schriftlichen Befragungen sowie der Gespräche, die mit Vertretern der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, in ausgewählten deutschen Länderministerien sowie mit Vertretern von Verbänden geführt worden sind. Auch die vorliegenden Positionspapiere der Kommission werden mit herangezogen. Die Bewertung soll - der Fragestellung der durchgeführten Untersuchung folgend - vor allem im Hinblick auf ein mögliches Spannungsverhältnis zwischen deutscher und europäischer Strukturpolitik vorgenommen werden.
6.2
Konzentration auf fünf vorrangige Ziele
6.2.1 Strukturreform im Ansatz unterstützt Ein wichtiges Element der Strukturfondsreform ist die Konzentration der gemeinschaftlichen Interventionen auf wenige vorrangige Ziele. Dieser Grundsatz hat sich nach der Auffassung der an der Strukturpolitik beteiligten Ebenen im allgemeinen bewährt. Diese Einschätzung spiegelt sich auch in den Ergebnissen der hier durchgeführten schriftlichen Umfrage bei deutschen Behörden und Verbänden. Vier Fünftel der Befragten halten die Aufteilung der EG-Maßnahmen auf die bekannten Ziele für sinnvoll, drei Viertel sehen auch die regionale Bindung als sinnvoll an. Entsprechend herrscht im Hinblick auf Weiterentwicklung oder Neugestaltung der europäischen Strukturpolitik eher Zurückhaltung. Knapp 90 vH der Befragten sprachen sich letztlich für die Beibehaltung der Prinzipien der europäischen Strukturpolitik aus, allerdings mit dem Petitum, die Regionen mehr an der Entscheidung zu beteiligen. In dieser Haltung gab es keine wesentlichen Meinungsunterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern sowie den Verbänden.
Die Absage an grundlegende Änderungen fiel deutlich aus. Sehr entschieden wurde der Vorschlag abgelehnt, die europäische Strukturpolitik im Rahmen der derzeitigen Planungshorizonte durch eine vollständigefinanzföderalistische Lösung, also einen umfassenden horizontalen und vertikalen europäischen Finanzausgleich, zu ersetzen. Von 27 Antworten zu dieser Frage fanden sich nur zwei Befürworter einer solchen Lösung. Dieses Ergebnis überrascht freilich nicht. Denn angesichts der erheblichen Unterschiede in der Finanzkraft
90
zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen der Gemeinschaft wäre der Finanzbedarf für eine merkliche Nivellierung der Finanzaustattung der verschiedenen Gebietskörperschaften enorm hoch und überforderte bei weitem die Leistungsbereitschaft der zu Transfers verpflichteten Regionen, zu denen die westdeutschen Länder gehörten. Der Einführung eines Finanzausgleichs stehen allerdings auch die gravierenden Unterschiede im Staatsaufbau der Mitgliedstaaten entgegen. Dennoch sollte nicht aus dem Auge verloren werden, daß die vergleichsweise ausgewogene regionale Struktur und Entwicklung in Westdeutschland nicht auf eine "naturgegeben" gleichmäßige Verteilung der Produktivkräfte im Raum zurückzuführen ist und auch nicht allein durch eine erfolgreiche, gezielte Regional- und Raumordnungspolitik erreicht wurde, sondern in engem Zusammenhang mit der föderalen Struktur und dem damit verknüpften System eines staatlichen Finanzausgleichs zu sehen ist.
Kaum weniger entschieden ist die Ablehnung des Vorschlages, die gemeinschaftliche Strukturpolitik durch ein Verfahren analog zu dem nach Art. 104a GG zu ersetzen. Diese Vorschrift überläßt den Ländern die Projektauswahl und die Durchführung der kofinanzierten Investitionsvorhaben. Damit hätten diese einerseits ein höheres Maß an Kompetenz als im System der gemeinschaftlichen Strukturpolitik. Andererseits besteht bei der Budgetierung der Mittel seitens des Bundes eine erhebliche Gestaltungsfreiheit im Wege der Gesetzgebung und infolge beträchtlicher Ermessensspielräume52. Bei analoger Ausgestaltung der europäischen Strukturpolitik würde dies für die gemeinschaftlichen Entscheidungsinstanzen zutreffen. Der Nachteil der damit verbundenen Rechtsunsicherheit über den finanziellen Verfügungsrahmen wiegt wohl den Vorteil einer größeren Verfügungsgewalt über die zugesagten Fördermittel auf.
Die Zusammenfassung der drei Strukturfonds zu einem einheitlichen Fonds wird zwar auch von einer klaren Mehrheit abgelehnt; unter den Vertretern aus Ministerien der alten Bundesländerfindet dieser Vorschlag aber immerhin bei einem Drittel Unterstützung. Größere Transparenz und eine gewisse Verwaltungsvereinfachung könnten für den Vorschlag sprechen. Offenbar überwiegen jedoch die Bedenken, daß die Reorganisation der Fonds und die dann erforderliche Anpassung der regionalen Verwaltungsprozesse zunächst eher kontraproduktiv sein könnten. Auch mag die Befürchtung eine Rolle spielen, daß die horizontal wirkenden EG-Strukturmaßnahmen, die für die deutschen Länder eine merkliche Bedeutung
52
Vgl. Kapitel 4, Abschnitt 4.3. 91
haben, in einem einheitlichen Fonds zugunsten der regionalen Zielsetzung zurückgedrängt würden. Die Reform der europäischen Strukturpolitik ist damit also in ihren Grundsätzen nicht in Frage gestellt. Dies erscheint angesichts der Schwere der strukturellen Probleme - insbesondere in regionaler Hinsicht - auch kaum geboten, zumal die Erfolge der politischen Interventionen nur in kleinen Schritten erzielt werden. Gleichwohl wird bei der Zielbestimmung im einzelnen ein Anpassungsbedarf gesehen.
6.2.2 Förderung von Regionen mit Entwicklungsrückstand Auf lange Sicht bleibt die Förderung der Entwicklung und der strukturellen Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand das wichtigste Ziel der Europäischen Gemeinschaft. Die indikative Bestimmung des Kreises der förderungswürdigen Regionen anhand des Bruttoinlandsprodukts je Einwohner (75 vH-Schwelle) ist nicht in Frage gestellt. Zu dem Kreis dieser Regionen sind von 1994 an auch die neuen deutschen Bundesländer sowie der Ostteil Berlins zu rechnen. Der anfängliche Optimismus, hier einen Aufholprozeß in Gang zu bringen, mit dem der Entwicklungsrückstand binnen weniger Jahre überwunden wird, wich inzwischen einer nüchterneren Beurteilung.
Gemäß der Verordnung ist das Verzeichnis der Ziel-1-Regionen bis 1993 zu überprüfen und für den folgenden Fünfjahres-Zeitraum neu festzulegen. Soweit die gemeinschaftlich finanzierten Interventionen einen Aufholprozeß in den unterentwickelten Gebieten anstoßen konnten, ist zu erwarten, daß einige der Förderregionen, deren Leistungskraft bereits nahe am Gemeinschaftsdurchschnitt lag, nun nicht mehr zum Kreis der Rückstandsgebiete zu zählen sind. Dies dürfte insbesondere für einige italienische Regionen der Fall sein. Werden bei der Berechnung des Gemeinschaftsdurchschnitts die neuen Bundesländer einbezogen, dürften darüber hinaus Regionen, die anderenfalls auch weiterhin zu den Rückstandsgebieten zählten, das Rückstandskriterium nicht mehr erfüllen. Bei der Festlegung eines neuen Verzeichnisses der Ziel-l-Regionen sind infolgedessen erhebliche Interessenkonflikte zu erwarten. Die Beschlüsse von Edinburgh, nach denen die Einbeziehung der neuen deutschen Bundesländer in die reguläre EG-Regionalförderung nicht zu Nachteilen für andere Mitgliedstaaten bzw. deren Förderregionen führen soll, haben hier zur Konfliktent-
92
schärfung beigetragen. Sie sind in erster Linie politisch zu werten, die Frage nach ihrer regionalpolitischen Effizienz ist damit allerdings nicht beantwortet.
Freilich sind Interessenkonflikte zwischen den Mitgliedstaaten bei der Mittelverteilung nicht zu vermeiden. Dies gilt um so mehr, als die EG-Kommission die Mittel der Strukturfonds noch stärker als bisher auf diesen Kreis von Regionen konzentrieren möchte. Im Rahmen der Aufstockung der Mittelansätze, wie sie im Delors-II-Paket vorgesehen ist, sollen etwa 70 vH der Gelder den Regionen mit Entwicklungsrückstand zugute kommen53. Gegenwärtig gibt es eine solche Bindung nur für die Mittel des Regionalfonds; hier sind es allerdings 80 vH, die für die Rückstandsgebiete bestimmt sind. Insgesamt sind von 1989 bis 1993 für die Regionen mit Entwicklungsrückstand knapp 65 vH der Fördermittel der Strukturfonds vorgesehen54. Der Verlust des Förderstatus bringt - so konsequent dies auch unter dem Aspekt der Mittelkonzentration sein mag und auch im Zuge der Erweiterung der Gemeinschaft um die Mittelmeerländer mit großem Entwicklungsabstand praktiziert worden ist - für die betroffenen Länder/Regionen nicht nur empfindliche Einbußen an Fördermitteln, sondern engt im bestehenden System auch den nationalen Spielraum für regionale Fördermaßnahmen ein.
Ein weiteres Problem ist die Verteilung der Fördermittel auf die Regionen. Unbestritten erscheint es, daß die neuen Bundesländer erheblich stärker bedacht werden müssen als bisher. Eine offene Frage ist es allerdings, wieviel Mittel sie im Verhältnis zu den auf dem gesamten Staatsgebiet rückständigen Mitgliedsländern erhalten sollten. Bei der Gleichbehandlung vergleichbar rückständiger Gebiete würde übersehen, daß gesamtwirtschaftlich leistungsstärkere Staaten auch einen höheren Eigenbeitrag leisten können. Umgekehrt ist freilich zu beachten, daß Deutschland insgesamt in bezug auf Wirtschaftskraft nicht die Vorrangstellung besitzt, die ehedem Westdeutschland in der Gemeinschaft innehatte.
53
Vgl. Kommission der EG, 1992c.
54
Vgl. Kommission der EG, 1992a. 93
6.23
Förderung von Gebieten des industriellen Niedergangs
Auch für das zweite Ziel will die Kommission im wesentlichen das eingeschlagene Vorgehen beibehalten: Auf der Basis von Daten über die Arbeitslosigkeit und die industrielle Beschäftigungssituation soll der Kreis der förderungswürdigen Regionen definiert bzw. überprüft werden55; ein gewisser Ermessensspielraum für die Kommission soll darüber hinaus der Notwendigkeit Rechnung tragen, auf besondere Problemlagen flexibel zu reagieren 56. Wenn auch hier das gemeinschaftliche Konzept im Hinblick auf Ziel und Regionalisierung nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird, zeigen die Ergebnisse der schriftlichen Befragung jedoch, daß gerade für das Ziel 2 eine Reihe von Akzentverschiebungen zu erwägen sind. Dies betrifft einmal die engere Zielbestimmung. Im Zuge des politischen Umbruchs innerhalb Europas hat sich gezeigt, daß Anpassungs- und Umstrukturierungsprobleme entwikkelter Gebiete nicht nur im Niedergang alter Industrien zu sehen sind, die an anderen Standorten kostengünstiger produzieren oder deren Produkte nicht mehr gefragt sind. Vielmehr treten ganz neuartige Probleme auf, so positiv die auslösenden Faktoren für sich genommen zu bewerten sein mögen. So können sich Truppenabbau und Abrüstung mit dem sie begleitenden Abbau regional konzentrierter Leistungen für die betroffenen Gebiete als Strukturkrisen darstellen und hier ebenfalls eine Neuorientierung erforderlich machen. Eine flexiblere Ausrichtung auf akute Problemlagen entwickelter Gebiete über industrielle Krisen hinaus scheint daher geboten zu sein. Dies beträfe sowohl die Zieldefinition als auch die Gebietsabgrenzung.
Zu fragen ist allerdings, inwieweit es hier reicht, den Ermessensspielraum der EG-Kommission zu erweitern. Vielmehr wurde in den Antworten häufig die Erwartung ausgesprochen, daß die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Fördergebiete ein größeres Gestaltungsrecht erhalten sollten, und zwar im Rahmen bestimmter, auf Gemeinschaftsebene partnerschaftlich festgelegter Vorgaben und unter Berücksichtigung der jeweiligen regionalen Eigenheiten. Dies ließe sich durch die Festlegung von Plafonds für die Ziel-2-Gebiete erreichen. Die Plafonds würden den maximal zulässigen Förderrahmen in Relation zur Fläche und
55
Die Verordnung sieht hier - anders als für die Ziel-1-Regionen - einen dreijährigen Turnus vor. Vgl. Art. 9, Abs. 6 der Verordnung 2052/88, ABl. L 185/1988; vgl. auch Übersicht 9. 56
94
Vgl. Kommission der EG, 1992a, S. 38.
Bevölkerung des jeweiligen Mitgliedstaates abstecken und müßten von den zuständigen nationalen oder regionalen Verwaltungen unter Beachtung von Bedürftigkeitskriterien - zur Identifizierung des wirtschaftlichen Niederganges - eigenständig ausgefüllt werden. Gegenüber der bisherigen, weitgehend auf statistischen Indikatoren basierenden Fördergebietsabgrenzung ist freilich abzusehen, daß die Entscheidung über den Umfang der Plafonds nach Mitgliedstaaten durchaus neue Konfliktfelder schafft. Eine Orientierung am bisherigen Förderumfang erscheint zweckmäßig. Darüber hinaus stellt sich freilich auf der nationalen Ebene die Frage der weiteren Regionalisierung der nationalen Gebietsplafonds. Auch hier dürften Interessenkonflikte nicht zu vermeiden sein.
In jedem Fall würde der erweiterte Spielraum Bund und Ländern auch die Abstimmung der nationalen Maßnahmen mit den gemeinschaftlichen Maßnahmen erleichtern. Seit der Strukturfondsreform ist in Westdeutschland die Kongruenz von nationalen und gemeinschaftlicher Regionalpolitik mehr in Frage gestellt, da einmal den Fördergebietsabgrenzungen voneinander abweichende Kriterien zugrunde liegen, zum anderen die unterschiedlichen Verfahrensvorschriften ein differenziertes Vorgehen verlangen. Die Erhöhung des Ermessensspielraumes der nationalen Verwaltungen anstelle jenes der EGKommission bei der Regionenauswahl könnte durch die damit verbundene Verwaltungsvereinfachung zur Effizienzsteigerung der regionalpolitischen Maßnahmen beitragen und entspräche überdies dem Partnerschaftsgedanken.
Ohnehin weist die Abgrenzung der gemeinschaftlichen Förderregionen die Schwäche auf, daß sie im wesentlichen nach Verwaltungseinheiten erfolgt und nicht nach Kriterien, welche der regionalwirtschaftlichen Verflechtung von Räumen über die Verwaltungsgrenzen hinweg besser Rechnung tragen57; dies ist beispielsweise bei den deutschen Arbeitsmarktregionen der Fall, die der Abgrenzung der nationalen Fördergebiete zugrunde gelegt werden. Eine Umorientierung in der Gemeinschaft erscheint durchaus geboten, scheitert bis auf weiteres wohl aber am Mangel an geeigneten statistischen Informationen für die Gemeinschaft auf kleinräumiger Basis. Eine größere Autonomie der Mitgliedstaaten könnte dort eine zieladäquatere Bestimmung der Fördergebiete ermöglichen, wo solche Informationen verfügbar sind und bereits genutzt werden.
57
Vgl. Ridinger, 1992, S. 23 ff. 95
6.2.4 Sozialpolitische Ziele (Ziele 3 und 4) Die Interventionen des Europäischen Sozialfonds (ESF) sind im Zuge der Strukturfondsreform auf zwei Ziele beschränkt worden, die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und der Langzeitarbeitslosigkeit. Die entsprechenden Maßnahmen zur Berufsbildung sowie Einstellungs- und Existenzgründungsbeihilfen können im gesamten Staatsgebiet durchgeführt werden, sind also horizontaler Natur.
Mit der Neufassung von Art. 123 EWGV im Vertrag über die Europäische Union erhält der ESF ausdrücklich die Aufgabe, die "Anpassung an die industriellen Wandlungsprozesse und an Veränderungen der Produktionssysteme" zu erleichtern, und zwar insbesondere durch Maßnahmen der beruflichen Bildung und Umschulung. Zu der kurierenden Bekämpfung der bedrückendsten Arten der strukturellen Arbeitslosigkeit treten nun präventive Aufgaben hinzu, die das Entstehen von Arbeitslosigkeit im wirtschaftlichen Wandel vermeiden helfen sollen. Sie zielen auf Maßnahmen der berufsbegleitenden Ausbildung sowie der allgemeinen und beruflichen Bildung. Regionale Beschränkungen sind nach Art. 123 nicht vorgesehen, gleichwohl denkt die EG-Kommission daran, die ESF-Interventionen stärker mit den regionalpolitischen Maßnahmen abzustimmen. In Regionen, die nicht zu dem Kreis der Fördergebiete zählen, will sie Ausbildungsmaßnahmen nur noch dann unterstützen, wenn es um Musterprojekte und um innovative Maßnahmen geht58. Damit würde der horizontale Charakter der ESF-Interventionen erheblich eingeschränkt werden.
Die Erweiterung des Aufgabenkataloges kommt den Interessen der Bundesländer durchaus entgegen. Verschiedentlich war beklagt worden, daß die allzu enge Ausrichtung auf bestimmte Maßnahmen gegen Arbeitslosigkeit den arbeitsmarktpolitischen Problemlagen in den Bundesländern nicht entsprach. Die Trennung beider Ziele wurde nicht als sinnvoll angesehen, vielmehr wurde die Notwendigkeit hervorgehoben, auf veränderte Arbeitsmarktlagen flexibler zu reagieren und zu diesem Zweck die Mittel von einer Maßnahme auf die andere übertragen zu können. Als Manko wurde insbesondere angemerkt, daß vorberufliche Ausbildungsmaßnahmen von der Gemeinschaft nicht ohne weiteres als förderfähig angesehen wurden, selbst wenn sie dazu dienten, beschäftigungslosen Jugendlichen den
58
96
Vgl. Kommission der EG, 1992a, S. 38 f.
Übergang zu einer beruflichen Ausbildung zu ermöglichen. Das gleiche galt bisher für die berufsbegleitende Ausbildung von Jugendlichen oder Langzeitarbeitslosen. Zumindest ein Teil der gewünschten Flexibilität wäre nun gegeben, wenn die Vorschriften den Anforderungen des veränderten Art. 123 EGV angepaßt und damit einen größeren Teil des Spektrums von Maßnahmen abdecken würden, das im Rahmen des deutschen Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) gegeben ist. Inwieweit damit Mitnahmeeffekte ausgelöst werden, weil sich die Kofinanzierungsmöglichkeiten vergrößern und die EG-Fördermittel ohnehin nur einen sehr kleinen Teil der nationalen Aufwendungen für Arbeitsförderungsmaßnahmen ausmachen, muß dahin gestellt bleiben. Zu fragen ist ebenfalls, ob der Sozialfonds auch im Falle der vorgeschlagenen Aufstockung vom Finanzvolumen her dem erweiterten Aufgabenbereich gerecht werden kann.
Konfliktpotential dürfte sich allerdings aus dem Vorhaben ergeben, die gemeinschaftlich finanzierten Arbeitsförderungsmaßnahmen stärker auf die Förderregionen zu begrenzen. Sinnvoll erscheint die im Zuge der Strukturreform eingeführte intensivere Abstimmung von regionaler Investitionsförderung in Gebieten mit wirtschaftlichem Rückstand oder industriellem Niedergang und arbeitsmarktpolitischer Flankierung, wie sie in den Förderprogrammen und der Koordinierung der Maßnahmen der verschiedenen Strukturfonds zum Ausdruck kommt. So hängt die Attraktivität von Standorten für private Investitionen auch davon ab, inwieweit das Unternehmen die für den neuen oder erweiterten Betrieb erforderlichen, qualifizierten Arbeitskräfte findet.
Der Versuch, über diesen Ansatz hinaus arbeitsmarktpolitische Maßnahmen vorzugsweise in Problemregionen zu fördern, wird dem angestrebten Ziel nicht gerecht. Denn einmal hängen die regionalen Arbeitsmärkte innerhalb eines Staates eng zusammen, so daß Anforderungen für die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit bei besonders betroffenen Personengruppen oder für die bildungspolitische Flankierung des wirtschaftlichen Wandels nicht isoliert in wenigen Problemregionen entstehen. Zum anderen fallen auch Wohnort der zu fördernden Personen und Sitz des Trägers der Arbeitsfördermaßnahme nicht notwendigerweise zusammen. Das horizontale Element der Fortbildungsförderung sollte deshalb nicht nur für Musterprojekte und innovative Maßnahmen zum Tragen kommen.
97
6.2.5 Förderung der Agrarstruktur (Ziel 5) Bei der Agrarstrukturförderung hat die EG-Kommission die Absicht, die Akzente anders zu setzen als bisher. Die horizontalen Maßnahmen im Rahmen von Ziel 5a, die im wesentlichen die Verbesserung der Produktions- und Vermarktungsmöglichkeiten in Landund Forstwirtschaft im Auge haben, sollen im Zuge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik überprüft und angepaßt werden, ihr finanzielles Volumen soll tendenziell eingefroren oder sogar verringert werden. Zudem ist geplant, hier auch die Programmplanung unter partnerschaftlicher Beteiligung einzuführen. Die Förderung des ländlichen Raumes im Rahmen von Ziel 5b soll dagegen ausgeweitet werden, indem der Kreis der zu begünstigenden Gebiete erweitert wird und die Mittel aufgestockt werden59. Für eine Überprüfung der agrarstrukturpolitischen Ziele sprechen durchaus mehrere Gründe. Einmal waren von Anfang an die Teilziele 5a und 5b nicht trennscharf voneinander abgegrenzt, indem bestimmte Maßnahmen, so in der Forstwirtschaft sowie für die Erhaltung und den Schutz der Umwelt, von beiden Zielen abgedeckt wurden. Zum anderen ist nicht von der Hand zu weisen, daß der Bedarf an Strukturhilfen, die auf die landwirtschaftliche Produktion und Vermarktung abgestellt sind, in engem Zusammenhang mit der Reform der Agrarpolitik gesehen werden muß. Gelingt es, die Überproduktion durch wirksame marktwirtschaftliche Elemente einzudämmen, sinkt folglich nach und nach auch der produktionsbezogene Interventionsbedarf. Dies dürfte freilich Hand in Hand gehen mit dem stärkeren Erfordernis einer Neuausrichtung der Wirtschaftsleistung in ländlichen Gebieten. Maßnahmen nach Ziel 5b - gegebenenfalls kombiniert mit solchen nach Ziel 1 - könnten diesen Prozeß wirksam flankieren. Dies käme den Ländern entgegen, die in der bisherigen Praxis der Gebietsabgrenzung eine Einschränkung sahen, die dem Problemdruck durch den Wandel in der Landwirtschaft nicht entsprach.
Andererseits würde auf diese Weise das bisher verfolgte Konzept der Agrarstrukturpolitik verschoben. Denn Vorrang hatte bislang die horizontale sektorspezifische Intervention nach 5a, die durch regionsspezifische Maßnahmen nach 5b ergänzt werden sollte. Die Vorstellungen der EG-Kommission gehen nun dahin, in der Agrarstrukturpolitik die regionalpolitischen Aktivitäten im ländlichen Raum zu intensivieren, und zwar mit landwirtschafts-
59
98
Vgl. Kommission der EG, 1992a, S. 39.
spezifischen Maßnahmen. Die Fortsetzung der horizontalen Intervention bei genereller Einbindung in die partnerschaftliche Programmplanung - diese erforderte neue Strukturen der administrativen Kooperation auf nationaler Ebene - dürfte danach wohl nur eine - wenn auch langjährige - Übergangsregelung sein, bis die Abteilung Ausrichtung des EAGFL aufgelöst und ein Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes errichtet ist60.
Wenn man nun aber von der horizontalen sektorspezifischen Förderung ab- und zu einer regionalen Förderung übergeht, so fragt es sich, ob die Förderung des ländlichen Raumes nicht besser in die allgemeine regionalpolitische Förderung integriert werden sollte und folglich die aufzuwendenden Mittel im EFRE zusammenzuführen wären. Wenn nicht die Landwirtschaft, sondern der ländliche Raum gefördert werden soll, stellt sich die Frage, ob nicht vergleichbare Kriterien erfüllt sein sollten wie bei den Rückstandsgebieten und den Gebieten industriellen Niedergangs. Bisher wählt die Kommission die nach Ziel 5b förderungswürdigen Regionen nach einer Vielzahl von nicht präzise festgelegten Kriterien bei erheblichem Ermessensspielraum aus61. Analog zu den Ziel-2-Regionen könnten vor allem ländliche Gebiete gefördert werden, die einen deutlichen wirtschaftlichen Niedergang zu verzeichnen haben, weil die landwirtschaftliche Wertschöpfung stark zurückgeht und neue wirtschaftliche Aktivitäten nur zögernd entstehen. Dies entspräche auch einer Öffnung des Zieles 2 über den industriellen Schwerpunkt hinaus, wie es für eine flexible und wirksame Strukturpolitik gefordert wurde.
6.2.6 Erweiterung des Zielkatalogs? Die EG-Kommission hat die Absicht, den fünf strukturpolitischen Zielen ein weiteres, sechstes, hinzuzufügen, und zwar die Förderung der von der Fischerei abhängigen Regionen62. Damit sollen die bisher isoliert durchgeführten strukturpolitischen Maßnahmen für Fischerei und Aquakultur63 in die Strukturfonds integriert werden.
60
Vgl. Kommission der EG, 1992b, S. 31.
61
Vgl. ABl. L 374/1988, S. 1 ff.; vgl. auch Übersicht 9.
62
Vgl. ABl. L 374/1988, S. 1 ff.
63
Vgl. Kommission der EG, 1989b, S. 25. 99
Ebenso wie im Falle der landwirtschaftlichen Strukturpolitik wird dabei allerdings eine Akzentverschiebung angelegt, die von der Förderung des zunächst begünstigten Sektors wegführt, und zwar hin zur Förderung anderer Aktivitäten in den durch die Fischerei geprägten Regionen. Damit stellen sich die Probleme hier ebenso, wie es oben für die ländlichen Räume erörtert wurde: Sollte man von der spezifischen Sektorpolitik abgehen, verspricht der von der Kommission sonst verfolgte integrierte Ansatz mehr Transparenz und Effizienz als eine immer weitere Zersplitterung der regionalpolitischen Aktivitäten.
63
Partnerschaft
Die Partnerschaft ist ein wesentlicher Grundsatz der Strukturfondsreform. Sie fußt auf dem Subsidiaritätsprinzip, das mit der Ratifizierung des Vertrages über die Europäische Union fest in den Gemeinschaftsverträgen verankert sein wird 64. In der Strukturpolitik soll sich die Partnerschaft vor allem in der Beteiligung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und anderer betroffener oder zuständiger Behörden ausdrücken. In der Ausfüllung des Gedankens der Partnerschaft gibt es allerdings unterschiedliche Interpretationen und Intentionen. Die Kommission sieht hierin die Notwendigkeit eines intensiven, beständigen Dialogs mit allen, die an den strukturpolitischen Aktionen beteiligt sind. Sie strebt damit den direkten Kontakt mit der regionalen Ebene in den Mitgliedstaaten an und will so einmal ihre Einflußmöglichkeiten erweitern, zum anderen die Stellung dieser Behörden gegenüber der zentralstaatlichen Regierung stärken. Dies betrifft das gesamte Verfahren der strukturpolitischen Aktionen, von der Planung über die Entscheidung und Durchführung bis hin zur Begleitung und Bewertung der jeweiligen Maßnahmen. Die Ergebnisse der hier durchgeführten Umfrage und die vertiefenden Gespräche zeigten jedoch deutlich, daß die deutschen Bundesländer - die westdeutschen Länder haben eine lange Tradition der Selbständigkeit im föderativen Aufbau der Bundesrepublik - den Begriff der Subsidiarität ganz anders verstehen. Da die Gemeinschaft nur tätig werden soll, wenn die verfolgten Ziele Nauf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können1*, ergibt sich nach ihrer Auffassung zwingend ein größerer Handlungsspielraum für die Regionen, und zwar nicht nur nach dem "Sandwich-Prinzip" gegenüber der jeweiligen
64
100
Art. 3b EGV.
nationalen Regierung, sondern vor allem gegenüber der EG-Kommission im Wege der stärkeren Dezentralisierung der Strukturpolitik. Denn aus der Tatsache, daß der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalt der Mitgliedstaaten und Regionen nicht allein aus deren eigener Kraft erreicht werden kann, sondern der - im wesentlichen finanziellen ausgleichenden Unterstützung durch die Gemeinschaft bedarf, lasse sich nicht ableiten, daß auch die Ausgestaltung dieser Kohäsionspolitik generell besser auf Gemeinschaftsebene als auf der Ebene der Mitgliedstaaten erreicht werden könne.
Während also die Kommission das partnerschaftliche "Miteinander" betont, setzen die deutschen Länder und auch der Bund stärker auf die arbeitsteilige Zuordnung von Zuständigkeiten zu den einzelnen gebietskörperschaftlichen Ebenen, die im Rahmen bestimmter Vorgaben weitgehend autonom agieren. In der gemeinschaftlichen Strukturpolitik bezieht sich diese Forderung auf den gesamten Prozeß von Planung, Entscheidung, Durchführung und Kontrolle. Die Länder haben dabei ein Verfahren nach Art der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" im Auge. Dies könnte in der Form geschehen, daß die Kommission sich auf die Mitwirkung an den Grundsätzen und Kriterien der Regionalförderung beschränkt, die Mitgliedstaaten an der Rahmenplanung beteiligt sind und die Regionen weitgehende Freiheit der Mittelverwendung für Projekte und Maßnahmen ihrer Wahl erhalten. Die Mitgliedstaaten sind also nicht auszublenden, sondern wären einzubeziehen. Es müßte auch darauf geachtet werden, daß die EG-Kriterien zum Tragen kämen. Die Kofinanzierung bliebe jedenfalls im Prinzip erhalten, ebenso die Ex-post-Kontrolle durch die EG. Mit einem solchen Vorgehen würde die Subsidiarität deutlich gestärkt werden. Es ist allerdings die Frage, ob damit nicht zugleich der mit der Strukturfondsreform vorgegebene Systemrahmen gesprengt würde, und zwar sowohl im Hinblick auf das Partnerschafts- als auch das Kohärenzpostulat. Dieses Vorgehen wäre zweifellos in der föderal gegliederten Bundesrepublik leicht umzusetzen, für die Gemeinschaft insgesamt könnte es aber seine Grenzen in der Heterogenität des politischadministrativen Aufbaus der Mitgliedstaaten finden.
Selbst wenn man nicht so weit ginge, ließe sich das Subsidiaritätsprinzip in einer Reihe systemimmanenter Reformschritte stärken. Zum Teil sind sie bereits bei der Zieldiskussion und Umsetzung des Zieles in die Abgrenzung von Fördergebieten erörtert worden. Hier stellt sich ja bereits die Frage, ob nicht die dringenden Probleme vor Ort besser erkannt und flexibler in Angriff genommen werden könnten als in dem heutigen, starreren System der
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gemeinschaftlichen Aktionen. Andere Aspekte sind im Zusammenhang mit den Verfahrensfragen zu diskutieren65. Die Kommission hat bereits selbst erkannt, daß sie nach der herrschenden Praxis im Ablauf des Gemeinschaftsverfahrens allzu stark präsent ist und daß im Sinne der Subsidiarität eine stärkere Dezentralisierung erforderlich ist66. Sie möchte allerdings ihren gewissen Rückzug aus der Durchführung mit einer noch intensiveren Beteiligung an der Planung, Bewertung, Begleitung und Kontrolle eintauschen. Soweit dieser Anspruch deutlich über die Art der Kompetenz hinausgeht, die von der deutschen Bundesregierung in der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" wahrgenommen wird, dürften die Erwartungen auch der deutschen Bundesländer im Hinblick auf eine Neuinterpretation der Partnerschaft kaum erfüllt werden. Denn im Zweifel würde so der Einfluß der Kommission verstärkt, und der Spielraum der regionalen Ebene bei der Durchführung brächte nur die Verwaltungsvereinfachung, nicht aber die subsidiäre Kompetenz.
6.4
Kohärenz
Die Abstimmung der gemeinschaftlichen Strukturpolitik mit der nationalen Wirtschaftspolitik soll dazu beitragen, die Wirksamkeit der gemeinsamen Interventionen zu erhöhen. Der gemeinsame Planungs- und Programmierungsansatz sollte dies gewährleisten, indem die gemeinschaftlichen Förderkonzepte in die umfassenden regionalen Entwicklungskonzepte eingebettet werden.
Dieser hohe Anspruch ist bislang wohl nicht erfüllt worden. Denn vielfach enthielten die eingereichten Regionalentwicklungspläne - schon aus arbeitsökonomischen Gründen (vgl. Abschnitt 5.1.5) - nur die Maßnahmen, für die eine Kofinanzierung durch die Gemeinschaft erwartet wurde, nicht jedoch die für die betreffenden Regionen insgesamt vorgesehenen regionalund strukturpolitischen Interventionen. Auch können nationale und gemeinschaftlichpartnerschaftliche Regionalförderung nebeneinander betrieben werden, weil sich - wie es in der Bundesrepublik durchaus nicht selten relevant ist - die Fördergebiete nur teilweise
102
65
Vgl. auch Waniek, 1992, S. 130 ff.
66
Vgl. Kommission der EG, 1992a, S. 41.
überschneiden. Dies muß indessen nicht gleichbedeutend sein mit Mehrfachbegünstigung, unzulässiger Beihilfenkumulation, Förderkonkurrenz und somit Ineffizienz.
Es ist zu fragen, ob künftig der Anspruch auf gemeinschaftliche Abstimmung intensiver verfolgt, weiterhin pragmatisch gehandhabt oder aber sogar eher bescheidener interpretiert werden sollte. Gegen die Perfektionierung des Abstimmungsprozesses spricht der enorme Verwaltungsaufwand, der damit einhergehen muß, sollte nicht - wie es der Europäische Rechnungshof vielfach registriert - allein der Form genügt werden, was materiell nichts änderte. Die pragmatische Handhabung bedeutet letztlich, Ermessensspielräume zu belassen, die von den europäischen Behörden, aber auch von den nationalen Stellen je nach Gestaltungswunsch genutzt werden könnten. Die dritte Möglichkeit liefe darauf hinaus, daß man sich auf der Gemeinschaftsebene ausdrücklich darauf beschränkt, die gemeinschaftlich finanzierten Aktionen zu gestalten, und es den nationalen und regionalen Ebenen überläßt, weitere Maßnahmen bei Beachtung der bestehenden Beihilferegeln in eigener Verantwortung durchzuführen. Dies entspräche wiederum dem Subsidiaritätsprinzip am meisten und wäre insofern den anderen beiden Möglichkeiten vorzuziehen.
6.5
Bessere Verwaltung der Strukturfonds
Ein Manko des früheren gemeinschaftlichen Vorgehens war, daß die verschiedenen europäischen strukturpolitischen Interventionen nicht aufeinander abgestimmt waren und auch die Kredite der Europäischen Investitionsbank und der EGKS weitgehend unabhängig von den übrigen Strukturmaßnahmen vergeben wurden. Gerade weil die regionalen Ungleichgewichte durch die Erweiterung der Gemeinschaft erheblich zugenommen haben und zudem die Erfahrung zeigte, daß sich die Unterschiede nur allmählich abbauen lassen, wurde in einer besseren Koordinierung der gemeinschaftlichen Maßnahmen die Chance gesehen, den "takeoff der rückständigen Regionen zu beschleunigen. Der Koordinierungsbedarf wurde als um so dringlicher erkannt, je kräftiger die Mittel aufgestockt wurden. Im Zuge der Strukturfondsreform sollte dies vor allem durch die Programmplanung und den Versuch einer systematischen Ex-ante- und Ex-post-Bewertung der gemeinschaftlich geförderten Maßnahmen erreicht werden.
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Als Kernstück der Reform bietet die Programmplanung eine Reihe von Ansatzpunkten zu einer kritischen Bewertung, und zwar im Hinblick auf die mit ihr verbundenen Zwecke; sie dient als Kalkulationsgrundlage für die mehrjährige Finanzplanung der Gemeinschaft sowie der geförderten Länder und Regionen, zur Steigerung der Transparenz in bezug auf die eingesetzten Instrumente, zur Gewährleistung des Prinzips der Zusätzlichkeit von EG-Mitteln zu den nationalen Fördermitteln sowie der Vermeidung von Beihilfenkumulation aus den verschiedenen Töpfen der Gemeinschaft. In der kritischen Bewertung des dreistufigen Verfahrens gibt es eine große Übereinstimmung zwischen den Mitgliedstaaten; auch die Kommission räumt ein, daß hier ein Anpassungsbedarf besteht. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen der Umfrage in den deutschen Bundesländern. Hier wird statt dessen eine zweistufige Lösung gefordert, und zwar überwiegend im Wege der Zusammenlegung der zweiten und der dritten Stufe. Auf der Grundlage der Entwicklungspläne, die von den dafür verantwortlichen nationalen Instanzen vorgelegt werden, soll also zugleich über Förderschwerpunkte, Interventionsformen, Finanzierung, Begleitung und Bewertung sowie besondere Maßnahmen entschieden werden, und zwar abschließend. Durchgeführt würden die gemeinschaftlichen Aktionen dann auf der Grundlage dieses Konzeptes, und ein weiteres Genehmigungsverfahren im Hinblick auf einzelne Programme oder Projekte wäre nicht mehr erforderlich.
Dies darf freilich nicht bedeuten, daß man die zweite Stufe nun aufwendiger gestaltete, indem die zuvor in zeitlicher Abfolge durchgeführten Schritte nun lediglich zusammengezogen würden und der gemeinschaftliche Förderansatz in weitaus detaillierterer Form verabschiedet werden müßte als zuvor die GFK Sondern die Forderung läuft darauf hinaus, daß auf der Ebene der Gemeinschaft im Dialog mit den nationalen und regionalen Behörden über die Planungskonzepte, die dafür in Frage kommenden Interventionsformen und Instrumente sowie den zur Verfügung stehenden Finanzrahmen entschieden wird, und zwar nach Maßgabe der regional- und strukturpolitischen Grundsätze der Gemeinschaft. Die Durchführung, und dazu gehörte auch die Entwicklung und Verabschiedung der Programme und Projekte im einzelnen, bliebe der zuständigen nationalen Ebene überlassen.
104
Einzelne Bundesländer gehen in ihrer Forderung freilich noch einen Schritt weiter und verlangen ein einstufiges Verfahren. Danach sollten die strukturpolitischen Aufgaben und die dafür nötigen Finanzmittel nach Mitgliedsländern und Regionen als Ergebnis der Haushaltsverhandlungen der EG-Länder zugleich mit dem EG-Haushalt festgestellt werden. Die Haushaltsansätze wären auf der Grundlage von objektiven Kriterien zu ermitteln und autonom von den jeweils zuständigen Behörden zu bewirtschaften. Die Prüfung der programmgemäßen Verwendung der Fördermittel sollte - über die üblichen Belege für den Mittelabruf hinaus - im Rahmen der Haushaltskontrolle erfolgen. Gegebenenfalls wären bei Verdachtsmomenten darüber hinausgehende, gezielte Kontrollen einzuleiten. Diese sind im Zweifel effizienter als die gängige Praxis der formalen, verwaltungsmäßigen Routinekontrollen, die einen großen Teil der personellen Kapazitäten binden. Im übrigen bleibt die Zuständigkeit des Europäischen Rechnungshofes, für den im Normalfall die nationalen Rechnungshöfe in Amtshilfe tätig werden sollten, erhalten. Beide Reformansätze sind ohne Zweifel von dem Gedanken der Subsidiarität geprägt. Die zweistufige Lösung hat gewisse Parallelen zum Verfahren für die deutschen Gemeinschaftsaufgaben; hier nimmt der Bund in der Phase der gemeinsamen Rahmenplanung auf konkrete Vorhaben Einfluß, auf EG-Ebene würde daran die Gemeinschaft beteiligt. Soweit bei der einstufigen Lösung der in den Haushalt aufzunehmenden Aufgabenbeschreibung ein vergleichbar konkretes Planungskonzept zugrunde läge, wäre die Mitwirkungsmöglichkeit der Gemeinschaft durchaus in ähnlicher Weise gegeben. Würden dagegen die Mittel viel stärker nach einem formalisierten Verfahren auf Länder und Regionen aufgeteilt, so verlöre die Gemeinschaft erheblich an Mitgestaltungsmöglichkeit, und das Prinzip der Partnerschaft würde im wesentlichen auf einen Finanzausgleich zurückgeführt. Die Vorteile lägen in einer hohen Planungssicherheit für die Behörden, welche die strukturpolitischen Maßnahmen durchführen, und einer erheblichen Straffung der Verwaltungsverfahren. Dies gilt in besonderem Maße für föderalistisch strukturierte Staaten mit einer ausgeprägten Kompetenzverteilung zwischen Zentralregierung und nachgeordneten Gebietskörperschaften. Allerdings bedeutete diese Lösung eine grundlegende Veränderung der strukturpolitischen Konzeption der Gemeinschaft. Ein entsprechender Vorschlag dürfte erhebliche Diskussionen auslösen und ist wohl nur unter beträchtlichen Reibungsverlusten zu verwirklichen. Demgegenüber bietet die zweistufige Lösung den Vorteil der pragmatischen, systemimmanenten Veränderung. Dabei muß freilich darauf geachtet werden, daß die Grundzüge dieses
105
Ansatzes nicht zu sehr verwischt werden, vor allem also die Kompetenzen der einzelnen, am Verfahren beteiligten gebietskörperschaftlichen Ebenen klar definiert und voneinander abgegrenzt werden. Zweifel bestehen, ob die Differenzierung der Planungszeiträume beibehalten werden sollte. Dreijahresplanungen - wie für Ziel-2-Regionen - erscheinen sehr knapp gehalten, und es gibt begründete Bedenken, daß die zu bekämpfenden Probleme so rasch gelöst werden können. Eine Angleichung des Planungszeitraums an die Ziel-1Regionen könnte auch unter dem Aspekt der Verwaltungseffizienz geboten sein.
Was die übrigen Vorteile des Programmansatzes anbelangt, so dürften die Grundsätze auch im zweistufigen Verfahren ähnlich wie bisher gewahrt werden können. Dies gilt für die Transparenz mit gewissen Einschränkungen. Denn nun würde über die Maßnahmen nicht mehr im Detail gemeinschaftlich entschieden. Beim dreistufigen Verfahren wird heute allerdings oft die Undurchschaubarkeit des Entscheidungsprozesses kritisiert. Das einfachere Verfahren im zweistufigen Ansatz kann hier Erleichterung bringen. Nach wie vor wäre jedenfalls die Übersicht darüber gegeben, wie sich im Förderkonzept die Interventionen der Gemeinschaft gegenseitig und im Verhältnis zu den nationalen Maßnahmen ergänzen. Überschneidungen, Kumulationen von Beihilfen für dieselben Vorhaben oder andere Formen der ineffizienten Vergabe von Finanzhilfen würden damit vermieden. Auch die Höhe der Eigenbeteiligung der Mitgliedstaaten und Regionen wäre erkennbar. Diese Information wird häufig zur Beurteilung herangezogen, ob die Gemeinschaftsmittel tatsächlich zusätzlich sind und nicht nur nationale Mittel ersetzen. Im Prinzip ist diese Frage kaum zu beantworten. Letztlich bleibt auch nach der Strukturfondsreform offen, in welchem Umfange es sich bei der Gemeinschaftsförderung um Mitnahmeeffekte handelt. Für die Unterscheidung der Vorhaben nach solchen, die unabhängig von der Förderung der Gemeinschaft durchgeführt werden, und anderen, die sonst auf der Strecke blieben, gibt es keinen methodisch überzeugenden Ansatz. Kriterien wie die Höhe des Eigenanteils oder selbst die längerfristige Entwicklung der nationalen Ausgaben für die entsprechenden strukturpolitischen Beihilfen sind letztlich nur wenig aussagefähig. Solange die öffentlichen Haushalte in struktur- oder wirtschaftsschwachen Gebieten jedoch unter Finanzknappheit leiden, dürften die Mitnahmeeffekte wohl kaum überwiegen. Die Gefahr ist freilich gegeben, daß die Zentralhaushalte mit ihren Finanzzuweisungen an die Regionen um so zurückhaltender sind und um so mehr alternative Verwendungen vorziehen, je großzügiger die Gemeinschaftsmittel fließen. Werden die gemeinschaftlichen Beteiligungssätze heraufgesetzt,
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so eröffnen sich einerseits Einsparmöglichkeiten, andererseits können mit dem gleichen nationalen Mittelaufwand mehr Vorhaben gefördert werden. Auch die Bewertung der strukturpolitischen Verfahren ist ein Problem, das weder von der methodisch-konzeptionellen Seite noch bei der praktischen Durchführung befriedigend gelöst ist. Die Durchführungsvorschrift zur Fondsreform erläutert zwar, in welcher Hinsicht die Ex-ante- und Ex-post-Bewertung zu erfolgen habe67, nicht aber, wie dabei vorgegangen werden soll. Die Wirkung der strukturpolitischen Intervention müßte durch Vergleich der Status-quoEntwicklung mit der im Zuge der Maßnahme erwarteten (ex-ante) oder eingetretenen (expost) Entwicklung ermittelt werden. Streng genommen ist dies ohne empirisch-quantitative Modelle nicht zu leisten. Solche Modelle sind freilich meist nur auf Länderebene verfügbar, auf einer regionalen Stufe werden sie - sollten sie nicht bereits an der Verfügbarkeit der nötigen Daten scheitern - rasch zu komplex, da sie die regionalwirtschaftlichen Verflechtungen zu berücksichtigen haben, um aussagefähig zu sein68. Die Modelle haben zudem meist den Nachteil, daß sie wegen ihrer starren Strukturen die Veränderung von Verhaltensparametern schlecht einfangen können. So sind im Falle der Infrastrukturinvestitionen meist nur die Folgewirkungen zu ermitteln, die auf die Nachfrageerhöhung zurückzuführen sind, nicht aber die Anstoßeffekte auf die privaten Investitionen im Zuge der Verbesserung der Rahmenbedingungen. Kosten-Nutzen-Rechnungen für alternative öffentliche Investitionsvorhaben stehen zumeist vor dem gleichen Problem der Nutzenbewertung.
Eine Bewertung der Interventionen am Mittelabfluß, an dem Realisierungsgrad des aufgestellten Programms und selbst an dem Vergleich der sozioökonomischen Entwicklung des jeweiligen Fördergebiets mit dem Durchschnitt der Gemeinschaft oder bestimmter Regionengruppen greift jedenfalls zu kurz. Hier liegt durchaus weiterer Forschungsbedarf vor.
In einem zweistufigen Verfahren würde auch das Problem der doppelten Kontrolle deutlich entschärft werden. Am gegenwärtigen Verfahren wird beklagt, die Genehmigung eines 67
Vgl. Art. 26 der Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 vom 19. Dezember 1988, ABl. L 374/1988, S. 1 ff.; vgl. auch Übersicht 7. 68
Vgl. Franzmeyer/Hrubesch/Seidel/Weise, 1991, S. 21 ff. 107
- sorgfältig und entsprechend lange - geprüften Förderprogramms im Rahmen der GFK durch die zuständigen Dienststellen der Kommission schließe nicht aus, daß die darin vorgesehenen Beihilfen in den Augen der für die Beihilfenkontrolle zuständigen Generaldirektion für nicht vertragskonform erklärt werden. Hier muß also nochmals geprüft werden, und dieses Verfahren führt zu merklichen Verzögerungen. Diese ließen sich durch interne Verwaltungsorganisation und -koordinierung innerhalb der Kommission sicherlich verringern. Im zweistufigen Verfahren würden die konkreten Interventionen im Schwerpunkt unter dem Wettbewerbsaspekt, nicht mehr unter dem programmatischen Aspekt geprüft; dies könnte die Durchführung straffen. Die wettbewerbsrechtliche Prüfung ist freilich unverzichtbar, erhält sogar in einem Umfeld, das den unteren regionalen Ebenen einen größeren Entscheidungsspielraum einräumt, einen größeren Stellenwert.
6.6
Vereinfachung, Begleitung und Flexibilität
Mit der Strukturfondsreform wurde insofern die Hoffnung auf eine Vereinfachung verbunden, als die Verfahren für die drei Fonds vereinheitlicht wurden. Das vereinheitlichte Verfahren selbst bietet freilich eine Reihe von Ansatzpunkten zur Straffung der Verwaltungsgänge, zur Beschleunigung der Entscheidungsprozesse und zur Verbesserung der Wirkungsweise der Interventionen. Für die Bundesländer ergaben sich nach deren Einschätzungen jedenfalls kaum Erleichterungen. Der Übergang zur Zweistufigkeit ist selbst bereits eine der wichtigsten Vereinfachungen, die wiederum Implikationen für den Ablauf der gemeinschaftlichen Strukturpolitik haben muß. Im gegenwärtigen System werden Anträge für operationelle Programme und andere Interventionsformen vielfach erst dann eingereicht, wenn die Kommission die GFK festgelegt hat. Dies geschieht innerhalb von sechs Monaten nach Vorlage der regionalen Entwicklungspläne. Bis zur Entscheidung über diese Anträge und zu der Vornahme der entsprechenden Mittelbindungen können noch einmal weitere sechs Monate vergehen. Die Auszahlung der ersten Fördermittel als Vorschuß folgt dann allerdings zügig. Dies gilt vor allem für die westdeutschen Länder. In den neuen Bundesländern stellten sich in der Anfangsphase der Förderung besondere Probleme des Mittelabflusses. Formal hing dies mit der gesonderten Genehmigung von Großvorhaben zusammen, faktisch wohl aber auch mit finanziellen Engpässen der Gemeinschaft um die Jahreswende 1991/92. Mit der Übertragung von mehr Kompetenzen für die Ausfüllung und Durchführung der Interventionen auf die
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regionale Ebene wäre ein Teil der bisherigen, verwaltungs- und zeitaufwendigen Prüfungs-, Entscheidungs- und Zahlungsvorgänge künftig entbehrlich. Eine solche Vereinfachung gehört auch zu den wesentlichen Forderungen der in den Bundesländern mit der Verwaltungdergemeinschaftlichen Interventionen befaßten Behörden. Zahlungsverzögerungen bzw. ein diskontinuierlicher Zahlungsfluß und Liquiditätsengpässe wurden hier mit den aufwendigen und umständlichen Berichts- und Abrufverfahren in Zusammenhang gestellt.
Von Vorteil für die mehrjährige Finanzplanung der Regionen wäre es auch, wenn die zugesagten Jahrestranchen der gemeinschaftlichen Fördermittel nominal festgeschrieben würden, statt sie wie in der bisherigen Praxis real festzuschreiben und anschließend mit Hilfe einer Preissteigerungsrate zu indexieren. Der Verzicht auf Indexierung und die nominale Fortschreibung erhöht Transparenz und Planungssicherheit für die Projektdurchführung. In der europäischen Strukturpolitik neu ist der Grundsatz der laufenden Begleitung der strukturpolitischen Interventionen im Wege von Meldeverfahren, Stichprobenkontrollen und durch besondere Ausschüsse69. Die Meldeverfahren bilden ein vergleichsweise bürokratisches Element und sollten überprüft werden. Bei größerer Entscheidungskompetenz der regionalen Behörden dürfte sich für die Gemeinschaft insgesamt stärker die Frage der Kontrolle über die Verwendung der EG-Mittel stellen. Auf jeden Fall muß gewährleistet sein, daß die Mittel nach den aufgestellten Grundsätzen und im Rahmen der partnerschaftlich beschlossenen Entwicklungskonzepte eingesetzt werden, und zwar in Ergänzung der nationalen Aufwendungen. Zu vermeiden ist allerdings, daß es zu einer konkurrierenden Kontrolle durch verschiedene Behörden kommt, wie es heute zum Teil der Fall ist. Dieses Problem ließe sich lösen, wenn nationale Behörden im Wege der Amtshilfe Kontrollfunktionen für die europäischen Instanzen übernähmen und diese nur Zweifelsfällen nachgingen. Grundsätzlich ist der europäischen Ebene die Kontrollkompetenz indessen nicht abzusprechen.
Die Begleitausschüsse sind als ein Gremium der Partnerschaft im Zuge der Strukturfondsreform neu geschaffen worden. Sie setzen sich aus den regionalen und nationalen Behörden sowie - fakultativ - Vertretern der EG-Kommission zusammen und bieten die Gelegenheit zur Information über den Stand der gemeinschaftlichen Maßnahmen und zur Diskussion
69
Vgl. Art. 27 der Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 vom 19. Dezember 1988, ABl. L 374/1988, S. 1 ff.; vgl. auch Übersicht 7. 109
aktueller Fragen. Sie können darüber hinaus - in begrenztem Umfang - über eine Anpassung der Mittelverwendung entscheiden, wenn es Veränderungen in den Anforderungen und Verschiebungen in den Förderprogrammen erforderlich machen sollten. Im zweistufigen Verfahren könnten die Begleitausschüsse eine größere Bedeutung erhalten. Wenn die Durchführung der strukturpolitischen Maßnahmen weitgehend in der Kompetenz der regionalen Behörden liegt, entfallen zusammen mit den zuvor erforderlichen Anträgen, Prüfungen und Entscheidungen auch die Informationen über den Fortgang der Vorhaben. Die Begleitausschüsse sind dann das geeignete Forum für den Gedankenaustausch, die Information und die Beratung über erforderliche Programmanpassungen. Dazu könnte auch gehören, sich dem Problem der Ex-ante- sowie Ex-post-Bewertung stärker zu widmen, dies freilich nicht im Sinne der Kontrolle, sondern der Beratung über Effizienzsteigerung und des Erfahrungsaustausches. Damit diese Funktionen wahrgenommen werden können, sollte man sich als Modell eher am deutschen Planungsausschuß der Gemeinschaftsaufgabe als an einem Wirtschafts- und Sozialausschuß auf regionaler Ebene orientieren. Es ist die Frage, inwieweit sich in diesem Zusammenhang auch Struktur und Kompetenzen der Begleitausschüsse verändern sollten. So wäre zu erwägen, generell Begleitausschüsse pro Bundesland, aber zusammen für die drei Fonds einzurichten. Die Praxis ist hier in Westdeutschland anders als in Ostdeutschland, sowohl was die regionale als auch was die fondsbezogene Zuständigkeit anbelangt. Die Befragungen zeigten allerdings, daß trotz der unterschiedlichen Praxis kaum Anlaß zu organisatorischen Änderungen gesehen wird. Eine stärker am Planungskonzept orientierte Befassung des Begleitausschusses spräche gleichwohl für eine fondsübergreifende Zuständigkeit, bei der auch die Zusammenarbeit der Fonds gestärkt und die Flexibilität des Einsatzes von Fördermitteln erhöht werden könnten. Eine ausführliche Information und gegenseitige Beratung dürfte bei einer regionsübergreifenden70 Zuständigkeit wiederum kaum zu bewältigen sein. Hinsichtlich der Entscheidungskompetenzen der Begleitausschüsse ist beklagt worden, daß dabei der Rahmen zu eng gesteckt sei und auf diese Weise oft das umständliche und zeitaufwendige Antragsverfahren beschritten werden mußte. Soweit also Änderungen bei der Durchführung der gemeinschaftlichen Aktionen der Zustimmung im Wege der praktizierten Partnerschaft bedürfen - bei mehr Subsidiarität wäre dies in geringerem Umfange der Fall als im gegebenen System - , sollten die Grenzen für eine unbürokratische 70
110
Hier sind die Bundesländer als die betroffenen regionalen Verwaltungen zu verstehen.
Lösung im Rahmen der Begleitausschüsse nicht zu eng gesteckt werden. Freilich muß dabei auch beachtet werden, daß mit einer Kompetenzerweiterung der Begleitausschüsse auch die Möglichkeit der diskretionären Einflußnahme der übergeordneten Instanzen, namentlich der EG-Kommission, größer wird. Die früheren Regelungen waren unflexibel. Die reformierten Verfahren lassen dagegen Änderungen der GFK zu, ermöglichen die Anpassung der operationeilen Programme und räumen Ermessen bei der Verwaltung der Globalzuschüsse ein. Als Folge der vorgeschriebenen Abstimmungsverfahren und der sehr eingeschränkten Entscheidungskompetenz ist das System freilich immer noch zu bürokratisch, und der EG-Kommission kommt eine sehr dominierende Rolle zu; dies wird teilweise auf seiten der deutschen Bundesländer moniert. Größere Flexibilität wird auch in bezug auf den Verwendungszweck der gemeinschaftlichen Fördermittel gewünscht. Wenn es möglich ist, im Zusammenhang mit einem Ausbildungsvorhaben - soweit dieses in Ziel-1- oder Ziel-2-Gebieten durchgeführt wird - für investive Ausgaben Regionalfondsmittel zu beantragen, so sollten dafür im Zweifel auch Sozialfondsmittel bereitgestellt werden können. Die Koordinierung von Fördermaßnahmen aus verschiedenen nationalen und gemeinschaftlichen Finanzierungsquellen wird schließlich mit zunehmender Zahl von Akteuren, Institutionen und Instanzen aufwendiger und ineffizienter. Eine andere Art von Flexibilität in der gemeinschaftlichen Strukturpolitik wird dagegen nicht nur nahezu geschlossen von den deutschen Bundesländern, sondern auch von den meisten Mitgliedstaaten der Gemeinschaft kritisiert und sollte erheblich eingeschränkt werden: die Gemeinschaftsinitiativen. Hier besteht ein dringender Korrekturbedarf. Zwar hält es auch die EG-Kommission durchaus für nötig, die bestehende Praxis zu ändern, die Kommissionsvorstellungen zielen aber in die falsche Richtung. Keinesfalls kann es darum gehen, den Rahmen der Gemeinschaftsinitiativen noch auszuweiten, wie es die Kommission als erforderlich ansieht. Danach wäre künftig fast ein Siebtel der gesamten, im Umfange noch kräftig aufgestockten Strukturmittel der Gemeinschaft für derartige Vorhaben vorzuhalten71. Statt dessen sollte der Rahmen für Gemeinschaftsinitiativen deutlich beschnitten werden. Denn soweit sich die Gemeinschaftsinitiativen auf Fördergebiete erstrecken, müssen sie mit 71
Vgl. Kommission der EG, 1992a, S. 42 f. 111
dem allgemeinen Förderkonzept abgestimmt werden. Dies ließe sich am besten gewährleisten, wenn sie darin integriert würden. Das Konzept der Flexibilität sieht nun gerade vor, daß auf veränderte Anforderungen auch mit Anpassungen reagiert wird, und dabei kann es doch wohl nicht nur um Umschichtungen innerhalb bestimmter Programme, sondern im Bedarfsfall auch um Ergänzungen und Mittelaufstockungen gehen. Wichtig erscheint es, einmal Transparenz in die Vielzahl der inzwischen angelaufenen Gemeinschaftsinitiativen zu bringen, für die zum Teil nur geringe Mittel angesetzt sind. Weitergeführt werden sollten nur solche, die nicht in die regionalen und sozialpolitischen Entwicklungspläne integriert werden können, aber unabhängig davon sinnvoll sind. Dies könnte insbesondere für Programme gelten, die sich auf die interregionale Zusammenarbeit konzentrieren und dabei Grenzregionen betreffen, welche die üblichen Förderkriterien nicht erfüllen. Sie sollten dann freilich so dotiert sein, daß der Aufwand für die Verwaltung in vertretbarem Verhältnis zu den vergebenen Fördermitteln steht. Zum anderen ist eine Konkurrenz zwischen der nationalen und der gemeinschaftlichen Programmplanung zu vermeiden, die dadurch noch eine pikante Note erhält, daß die gemeinschaftliche Förderung im Gegensatz zur nationalen keiner Beihilfenkontrolle unterliegt. Es ist zu verhindern, daß die Kommission hier einen erheblichen strukturpolitischen Gestaltungsspielraum erhält, der dem Subsidiaritätsprinzip zuwider läuft und zudem für industriepolitische Vorhaben genutzt werden kann. Hier stellte sich massiv die Frage nach den Wettbewerbswirkungen - mit ihrem erheblichen Konfliktpotential im Verhältnis von Unternehmen gleicher Branche aus verschiedenen Ländern.
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7
Ausblick
Die regionale Strukturpolitik der Europäischen Gemeinschaft trägt in quantitativer wie qualitativer Hinsicht die Züge einer transitorischen Regelung. Hauptziel ist es, die in der wirtschaftlichen Entwicklung zurückgebliebenen Länder und Regionen an den Gemeinschaftsdurchschnitt der materiellen Lebensverhältnisse, gemessen am Bruttoinlandsprodukt je Kopf der Bevölkerung, heranzuführen, ohne daß dies mit großen Migrationsströmen verbunden sein soll. Dies setzt die Stimulierung des Wirtschaftswachstums voraus; es muß für mindestens zehn bis 15 Jahre fühlbar über dem des Gemeinschaftsdurchschnitts liegen. Wachstum entsteht über Investitionen. Diese wiederum setzen Konsumverzicht voraus, der im Inland oder im Ausland geleistet werden kann. Hier sind gerade rückständige Regionen vielfach überfordert. Deshalb bietet sich - klassischer Fall der Entwicklungszusammenarbeit die Finanzierung durch "Auslandssparen" (Kapitalimport) an. Um diesen Prozeß zu beschleunigen, setzt die EG aus ihren - von den reicheren Mitgliedstaaten netto finanzierten - drei Strukturfonds einen massiven Ressourcentransfer in Bewegung. Dieser müßte dann aufhören, wenn das Hauptziel, eine "Art 'Sockelgleichwertigkeit' der Lebensbedingungen"72 - also der Regionalausgleich bis auf tolerable Differenzen, die als Incentives im "Wettbewerb der Regionen" auch sinnvoll sind -, erreicht wird.
In qualitativer Hinsicht transitorisch muß die regionale Strukturpolitik der EG deshalb sein, weil die EG-Kommission, um den Ressourcentransfer in zugleich produktive wie dem Gemeinschaftsinteresse dienliche Kanäle zu lenken, ein aufwendiges Verfahren einsetzt, bei dem sie eine relativ starke Steuerungs- und Kontrollgewalt innehat, die im Prinzip dem Subsidiaritätsgedanken widerspricht, der nach Maastricht das gesamte europäische Vertragswerk durchdringen soll. Erforderlich ist dieses Verfahren insoweit, wie auf der (regionalen oder staatlichen) Empfängerebene (noch) keine zur Infrastrukturplanung und -umsetzung befähigten oder befugten Verwaltungen existieren und/oder wie die Infrastrukturen gemeinschaftsweit noch zu wenig vernetzt sind, so daß eine rein regionale oder - in den kleineren Ländern mit Entwicklungsrückstand - nationale Beeinflussung der Mittelverwendung nicht automatisch im Gemeinschaftsinteresse liegt.
72
Klemmer, 1992, S. 4. 113
Da es wenig praktikabel erscheint, eine nach Mitgliedstaaten und der Kompetenzausstattung ihrer Gebietskörperschaften differenzierte Regelung zu haben, orientiert sich die Konzeption der gemeinschaftlichen Strukturpolitik zwangsläufig an den Mitgliedstaaten mit den schwächsten Strukturen, mit der Folge einer relativ starken Stellung der EGKommission. Es ist auf die Dauer wenig vorstellbar, daß der auf ein föderatives Gebilde orientierte Integrationsprozeß eine Finanzverfassung mit heterogenen mitgliedstaatlichen Regeln verträgt. In einer solchen verfassungsrechtlichen Umgebung werden stets die vertikalen finanzwirtschaftlichen Verbindungslinien die horizontalen dominieren, mit einer Tendenz zu zentralistischen Entscheidungsstrukturen. Sie manifestieren sich in der Weise, daß immer mehr Mittel in den Gemeinschaftshaushalt hineingeschleust und über ihn umverteilt werden. Zwar ist es im Unterschied zur Geldpolitik nicht nur vereinbar mit einer europäischen Währungsunion, sondern in ihr geradezu unvermeidbar, daß die Finanzpolitik stark dezentrale Elemente beibehält. Gemeinschaftsverträglich kann dies auf die Dauer aber nur dann sein, wenn die "Spielregeln" übereinstimmen. Dazu zählen eine vergleichbare gebietskörperschaftliche Gliederung ebenso wie eine vergleichbare Struktur der Kompetenzausstattung und ihrer Schranken (z.B. Verschuldungsgrenzen). Bei der Bewertung der Reform der EG-Strukturfonds und bei Überlegungen zu ihrer Weiterentwicklung ist es daher wichtig, in welcher zeitlichen Perspektive man argumentiert. Auf die kürzere und mittlere Sicht muß der politisch-institutionelle Aufbau der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten als gegeben angesehen werden. Die Überlegungen können nicht anders als systemimmanent sein. Auf die lange, aber durchaus nicht jenseits aller Planungshorizonte liegende Sicht kann, ja muß dagegen der vorgegebene institutionelle Rahmen gedanklich gesprengt werden. Die systemimmanente Betrachtung auf kurze bis mittlere Sicht schließt freilich nicht aus, bei allen Reformvorschlägen die langfristig notwendige Orientierung im Blick zu behalten, denn der Übergang in die föderative Phase der Gemeinschaft wird sich nicht abrupt, sondern in kleinen Schritten vollziehen. Dafür ist Maastricht ein Exempel.
Maximen für die nächste Runde der Strukturfondsreform müssen nach den obigen Überlegungen am Vorhandenen ansetzen. Dazu zählen die Existenz der Fonds, die Orientierung an unterscheidbaren Zielen und der Partnerschaftsgedanke. Eine erste Maxime hätte zu sein, daß das Grundkonzept dem vertraglichen Anliegen nach dem Reformschritt wenn möglich noch mehr entspricht als zuvor. Das Grundanliegen ist ein effektiver Regionalaus-
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gleich, soweit dieser bei gegebener Konkurrenz von supranationalen Politikzielen in dem Vermögen der Gemeinschaft liegt. Ob die Effektivität der EG-Regionalpolitik durch die Reform der Strukturfonds verbessert werden konnte - sei es beim Infrastrukturausbau, bei der Schaffung gewerblicher Arbeitsplätze oder bei der Minderung der Umweltbelastung -, ist im Rahmen dieses Gutachtens anhand von empirischen Befunden nicht zu beurteilen. Sämtliche Befragten verwiesen darauf, daß die meisten Programme und Projekte, die nach der Reform in Angriff genommen worden sind, noch nicht abgeschlossen und großenteils auch verzögert angelaufen seien. Zudem sind die EG-Programme in Deutschland mit der nationalen Politik zu eng verzahnt und im Vergleich zu dieser auch zu gering dotiert, als daß man hoffen könnte, ihren spezifischen Erfolg genau messen zu können. Es ist daher nur möglich, einige allgemeine Erwägungen dazu anzustellen, die sich auf theoretische Plausibilität stützen.
Effektiver wird die gemeinschaftliche Regionalpolitik mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dann, wenn sie sich auf die wesentlichen Projekte konzentriert. Dies muß nicht bedeuten, daß die Kommission zu starken Einfluß auf die nationale Regionalpolitik nimmt, denn die Mitgliedstaaten und Regionen haben es in der Hand, wesentliche Programme und Projekte selber vorzuschlagen. Darüber hinaus könnte jedes Land und jede Region eigene Prioritäten pflegen. Um auch die nationalen Mittel in diesen Prozeß der Konzentration auf wesentliche Ziele, Regionen und Schwerpunkte einzubinden, muß die Eigenbeteiligung spürbar sein. Dies scheint mit einer 25 vH-Quote in den Ziel-1-Regionen noch gewährleistet zu sein; mit 15 oder 10 vH, wie sie für den Kohäsionsfonds vorgesehen sind, dürfte der Anreiz zur Umlenkung eigener Mittel aber zu gering sein. Ein wichtiger Aspekt im Zusammenhang mit der Effektivitätsgarantie ist die Einbeziehung von Umweltvorhaben in die gemeinschaftliche Regionalpolitik. Im Aufholprozeß neigen rückständige Länder und Regionen dazu, die ökologischen hinter die ökonomischen Gesichtspunkte zurückzustellen. Es reicht aber nicht, positive Maßnahmen des Umweltschutzes wie den Bau von Kläranlagen und geordneten Mülldeponien zu finanzieren, wie es derzeit geschieht. Es müssen auch die Umweltwirkungen aller übrigen Erschließungs- und Entwicklungsprogramme beachtet werden.
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Jede Maßnahme, die zu einer weiteren Konzentration der Mittel auf die wirklich rückständigen Regionen führt, würde die Effektivität der Strukturfonds aber nur insoweit steigern können, wie die Absorptionskraft der betroffenen Regionen nicht überfordert wird, wie sich also weitere entwicklungspolitisch sinnvolle Projekte finden, zu Programmen bündeln und effizient verwirklichen lassen. Hier mangelt es im bisherigen Verfahren vielleicht an einer die administrativen und produktiven Grenzen auslotenden prospektiven Analyse. Die regionalen Entwicklungspläne allein können dies nicht leisten, da die limitierenden Faktoren im Zweifel nicht hinreichend aufgezeigt werden. Griechenland liefert Indizien für derartige Versäumnisse.
Es läge folglich nahe, die Konzentration - wenn nicht in der jetzt anstehenden, so doch vielleicht in der folgenden Reformrunde - nicht durch Aufstockung der Fonds, sondern durch Reduzierung oder Aussetzung der Förderung der Ziele 2 und/oder 3 bis S zu erreichen. Eine solche Neuregelung würde natürlich von den Betroffenen, d.h. den bisher begünstigten Regionen und Bevölkerungsgruppen, als schmerzlich empfunden. Deshalb muß betont werden, daß hier nur von der gemeinschaftlichen
Förderpolitik, nicht aber von
Förderpolitik schlechthin die Rede ist. Damit ist das Verhältnis von gemeinschaftlicher zu nationaler regionaler Strukturpolitik angesprochen. Da mit einer stärkeren regionalen Konzentration von EG-Mitteln nicht der Grund für die bisherige Förderung anderer Ziele (2, 3, 4 und 5) entfällt, müßten diese ausfallenden EG-Finanzierungen durch nationale ersetzt werden können. Die Mittel dazu stünden - sieht man von gewissen transnationalen Redistributionseffekten innerhalb der Gruppe der Nicht-Ziel-1-Regionen ab - im Prinzip auch zur Verfügung, da nun weniger an die EG abgeführt werden muß. Dies kann jedoch nicht bedeuten, daß die EG dann die betreffenden nationalen Instanzen positiv auf die Förderung verpflichtet - dies entspräche einem noch höheren Maß an zentraler Einflußnahme als die Finanzierung aus zentralen Fonds -, sondern nur, daß die EG eine nationale/regionale Förderbefugnis einräumt, die über den Umfang hinausgehen kann, der heute bei rein nationaler Förderung erlaubt ist. Dies schließt die Möglichkeit ein, daß die nationalen Instanzen andere förderpolitische Akzente setzten oder die ausfallenden Mittel überhaupt nicht ersetzen. Wegen dieser möglichen Konsequenzen wird ein solcher Vorschlag auf der regionalen Ebene oder bei den Trägern von Ziel-3- oder Ziel-4-Projekten wohl wenig Gegenliebefinden. Aus übergeordneter Sicht böte er aber die Möglichkeit, EGBelange mit nationaler Autonomie und Eigenverantwortlichkeit dem Subsidiaritätsprinzip entsprechend in Einklang zu bringen.
116
Eine zweite Maxime müßte es sein, das Koordinierungspotential nicht zu überfordern. Eine Reduktion der Förderziele im oben beschriebenen Sinne würde dem bereits gerecht. Es sollte aber bei allen künftigen Reformschritten beachtet werden, daß offenbar ein grundsätzlicher Zielkonflikt zwischen Differenzierung der Ziele und Instrumente einerseits, dem Koordinierungsbedarf und Effizienzpostulat andererseits besteht, jedenfalls jenseits eines bestimmten Optimums. Je mehr sich regionsspezifische und horizontale Ziele überlagern, je mehr Gemeinschaftsinitiativen zu integrieren sind, je mehr neue Ziele (Fischerei!), Politikfelder (Kohärenzpostulat) und Instrumente (Kohäsionsfonds, u.U. Fischereifonds) im Spiel sind, desto mehr müssen neue Kriterien berücksichtigt, neue Akteure eingeschaltet, neue Mittel bereitgestellt oder Konflikte um vorgegebene Mittel ausgetragen werden. Es ist eine simple Aufgabe der Permutationsrechnung nachzuweisen - und wurde mit der Explosion des Sprachendienstes der EG im Zuge des Beitritts neuer Mitgliedstaaten konkret erfahren -, daß der administrative Bedarf auf diese Weise exponentiell steigt. Schließlich können die zuständigen Gremien entweder die materielle Koordinierung nicht mehr leisten, sondern verkommen zu formalen Alibi-Instanzen - ein Phänomen, auf das die Klagen des Europäischen Rechnungshofes, aber auch die Beobachtungen der Kommission selber73 schon jetzt hinweisen -, oder die Kommission als Schaltstelle im Partnerschaftsprozeß und oberster "Kassenwart" der Fonds sucht das Konfliktpotential dadurch zu entschärfen, daß sie ihren Ermessensspielraum bei der Auslegung von Kriterien, Evaluierung von Plänen und Zuteilung von Mitteln zu erweitern bestrebt ist. Ist aber nicht mehr transparent, nach welchen Gesichtspunkten die knappen Mittel untereinander sowie auf die einzelnen Länder und Regionen verteilt werden, wenn das Antragsvolumen insgesamt die Fondsausstattung übersteigt, so führt dies unausweichlich zu kontraproduktivem, weil dem Partnerschaftsgedanken schädlichen, Mißtrauen auf Seiten der Empfänger 74. Nicht nur werden sich einige vernachlässigt fühlen, ihre Lobby verstärken und redundante Anforderungen stellen, um ihre Absolutansprüche wenigstens über eine
73
Kowalski, 1992, S. 3.
74
Die von der Bundesregierung inzwischen monierte Minderzuteilung an die neuen Bundesländer für die Jahre 1991-1993 - gemessen an den Pro-Kopf-Beträgen in anderen Ziel-l-Regionen - ist ein anderes Problem. Die Pauschalsumme von 6 Mrd. ECU wurde nicht in Konkurrenz zu den übrigen Ziel-1-Mitteln bereitgestellt. Die niedrigere Pro-KopfSumme mag sich aus einer Berücksichtigung des hohen Pro-Kopf-Einkommens der Bundesrepublik insgesamt erklären. Auf alle Fälle mangelt es auch hier an Transparenz. 117
"akzeptable" Zuteilungsquote sicherzustellen75. Vielmehr wird sich der Verdacht auch darauf erstrecken, die Kommission könnte ihren erweiterten Ermessensspielraum für ganz andere als kohäsionspolitische Zwecke (z.B. für Industriepolitik) nutzen. Auch aus diesen Gründen sollten die auf Gemeinschaftsebene verfolgten Ziele und eingesetzten Mittel im Rahmen der regionalen Strukturpolitik eher reduziert, dafür aber transparent und objektivierbar gestaltet werden. Eine dritte Maxime müßte es sein, daß sich Aufwand lohnt. Auf dieser Linie liegen die bisherige Vereinheitlichung und die geplante weitere Straffung der Verfahren. Es gehört dazu aber auch eine inhaltliche Konzentration von Gemeinschaftsinitiativen
auf wenige
wichtige, dann aber gut mit Gemeinschaftsmitteln ausgestattete Vorhaben. Schließlich würde es der Effizienzsteigerung dienen, wenn mehr Flexibilität in die bestehenden Instrumente eingebaut würde, statt immer neue spezielle Förderwege aufzulegen. Zwar dient es einerseits der Transparenz und besseren Kontrolle, wenn eine klare Differenzierung des Instrumenteneinsatzes, genau abgegrenzte Fondszuständigkeiten und eine scharfe Periodisierung der Mittelbindung vorgegeben werden. In der Praxis treten aber im Normalfall Störfaktoren in Erscheinung, die es notwendig machen, Mittel sachlich oder zeitlich zu übertragen. Dies sollte - in Grenzen - nicht durch starre Auslegung der Haushaltsvorschriften oder etwa durch eine zu starke Differenzierung der Fördersätze für verschiedene Vorhaben innerhalb einer Region behindert werden.
In längerfristiger, systemüberschreitender Betrachtung muß das föderalistische
Element weiter
in den Vordergrund rücken: Etablierung einer mit politischer, administrativer und fiskalischer Autonomie ausgestatteten regionalen gebietskörperschaftlichen Ebene in allen größeren Mitgliedstaaten; Einführung einer oder mehrerer EG-Steuern bzw. eines EG-Anspruchs auf Teilhabe an Ertragsteuern der Mitgliedstaaten; Organisation einer vertikalen Aufgabenteilung in der EG mit entsprechender finanzieller Verantwortung nach dem Subsidiaritätsprinzip;
75
Dieses Verhalten ist aus den Finanzbeziehungen zwischen den französischen Départementverwaltungen und der Zentralregierung bekannt. 118
Organisation eines horizontalen und vertikalen (Steuerverbund) Finanzausgleichs im Verhältnis der EG-Ebene zu den Mitgliedstaaten in Anlehnung etwa an das deutsche Modell; Organisation eines (nicht notwendigerweise einheitlich aufgebauten) vertikalen und/oder horizontalen Finanzausgleichs innerhalb jedes Mitgliedstaates. Diese föderative Struktur könnte um folgende Elemente mit spezifisch (regional-)strukturpolitischer Zielrichtung ergänzt werden: Organisation einer HGemeinschaftsaufgabe transnationale Netze" im Verhältnis der EG-Ebene zu den Mitgliedstaaten; Organisation einer (nicht notwendigerweise einheitlich aufgebauten) "Gemeinschaftsaufgabe Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur" im Verhältnis des jeweiligen Mitgliedstaates zur Ebene seiner regionalen Gliederung.
Eine autonome Regionalebene in den Mitgliedstaaten ist u.a. die Voraussetzung dafür, daß die EG-Kommission von ihrer Funktion als "Anwalt der Regionen", die sie vielfach wahrnehmen muß, entlastet wird. Gleichzeitig wird die Regionalebene als Folge ihrer aus eigenen Quellen gespeisten
Kofinanzierung im Rahmen der jeweiligen nationalen
"Gemeinschaftsaufgabe" finanzwirtschaftliche Disziplin einüben. Das Eigeninteresse der Regionen am effizienten Einsatz der Fördermittel für Entwicklung und Umstrukturierung wird dann erhöht. Denn für Mißwirtschaft kann die Regionalregierung von ihrer regionalen Wählerbasis zur Rechenschaft gezogen werden. Es liegt sicher auf der Linie einer erforderlichen Gewöhnung vieler Regionen und Kommunen in der EG an mehr Eigenständigkeit und Eigenverantwortung - und es wird damit den sub-staatlichen administrativen Angleichungsprozeß fördern -, wenn die EG mit den nächsten Reformschritten die Regionalbehörden und -körperschaften auch an der Vorbereitung der Maßnahmen beteiligen möchte76.
Auch auf EG-Ebene (wie bisher schon auf der nationalen Ebene) wird der Wille zu einer sparsamen und effizienten Haushaltswirtschaft gestärkt, wenn das Europäische Parlament maßgeblich an der Legislation über die gesamten ausgabenwirksamen EG-Verordnungen und -Richtlinien, aber auch an der Erhebung der zur Finanzierung nötigen Mittel - in Form 76
Kowalski, 1992, S. 10. 119
von EG-eigenen Steuern oder Steuerzuschlägen - beteiligt wird. Der politische Sanktionsmechanismus greift um so eher und genauer, je mehr sich die räumlichen Auswirkungen von Ausgabenentscheidungen und ihrer Finanzierung mit der räumlichen Abgrenzung der jeweiligen politischen Wahlbevölkerung decken (Korrespondenz- oder Kongruenzprinzip)77. Dies ist unter föderalistischen Bedingungen stärker der Fall als unter zentralistischen. In einer derart föderalistisch strukturierten EG müßte ein Finanzausgleich organisiert werden. Zweifellos setzt dies die gleichwertige Akzeptanz des Leistungsfähigkeitsprinzips, das den nationalen Steuersystemen bisher nur in sehr abgestufter Ausprägung zugrunde liegt, auf europäischer Ebene voraus. Die derzeitige Debatte um die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs in der Bundesrepublik angesichts drastischer Entwicklungsunterschiede zwischen Ost und West läßt allerdings ahnen, welche Schwierigkeiten noch zu überwinden sind, bis ein solches System im EG-Rahmen konsensfähig wäre. Es ist nicht Gegenstand dieser Untersuchung zu befinden, wie die Finanzverfassung einer künftigen föderalistischen EG im einzelnen aussehen könnte78. Es genügen hier einige Stichworte zum Finanzausgleich. Er könnte auf verschiedene Weise organisiert werden. Ein Ansatzpunkt ist die Aufbringungsseite der EG-Finanzen. Bliebe es bei der Mehrwertsteuer als primärer Einnahmequelle der EG, so könnten die jetzt einheitlichen Abführungssätze (bezogen auf die Bemessungsgrundlage) je nach wirtschaftlicher Leistungskraft progressiv gestaffelt werden. Eine zweite Möglichkeit böte ein "Huckepacksystem", bei dem die vorgegebenen Einnahmenentscheidungen der EG-Instanzen nach einem progressiven Schlüssel den - im übrigen unverändert bleibenden - nationalen Direktsteuern draufgesattelt würden79. Diese Variante geht davon aus, daß die historisch gewachsenen nationalen Steuersysteme noch für mindestens 20 bis 30 Jahre nur unter größten "Präferenzkosten" 80 geändert werden könnten. Auf lange Sicht schließlich wäre es denkbar, in der Gemeinschaft ein einheitliches Steuersystem mit einer starken Komponente progressiv ausgestalteter direkter Steuern zu verwirklichen.
77
Biehl, 1991, S. 173, 188 f.; Klemmer, 1992, S. 9.
78
Caesar, 1990.
79
Biehl, 1988, S. 82 f.
80
Biehl, 1991, S. 170.
Erst in einem solchen System wäre es sinnvoll, einen komplizierten horizontalen Finanzausgleich, etwa nach deutschem Muster, zu organisieren, in allen Vorstufen wäre es bei weitem zweckmäßiger, eine progressive Ausgestaltung der Einnahmenseite um Ausgabenentscheidungen mit gezielter regionaler Ausgleichswirkung zu ergänzen. Dies könnte etwa nach deutschem Muster im Rahmen einer "Europäischen Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" geschehen. Je mehr im Zuge der Reform der europäischen Agrarpolitik der Anteil der obligatorischen Ausgaben des EGHaushalts abnimmt, desto mehr Manövriermasse stünde dafür zur Verfügung. Dies wäre sogar mit schrumpfenden Gesamtausgaben vereinbar.
Ergänzend und sozusagen zum Einstudieren des Finanzföderalismus im überschaubaren Rahmen und unter homogeneren Rahmenbedingungen könnte an den Aufbau eines horizontalen Finanzausgleichs in den einzelnen Mitgliedstaaten gedacht werden. Er könnte etwa dem jetzigen kommunalen Finanzausgleich in den Bundesländern entsprechen. Wie beim "Huckepacksystem" einer künftigen direkten EG-Steuer wäre es nicht erforderlich, vorhandene nationale Systeme zu harmonisieren. Insoweit dieser Aufbau nur zögerlich vonstatten geht, aber auch unabhängig davon, stände auf nationaler Ebene noch das Instrument der Regionalpolitik im engeren Sinne zur Verfügung. Wäre diese ebenfalls nach Art der deutschen Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" konzipiert, so könnte die jeweilige Zentralregierung ihre sachbezogenen Leitvorstellungen einbringen, während die Regionalebene die eigentliche Projektauswahl treffen könnte und für die Durchführung zuständig wäre. Die sukzessive Übertragung der Verantwortung für den Regionalausgleich innerhalb der Mitgliedstaaten auf diese Staaten und ihre Gliederungen selber liegt in der Logik der Beobachtung, daß für den Mangel an regionaler Einkommenskonvergenz in den achtziger Jahren, gemessen auf EG-Ebene, fast ausschließlich Entwicklungen innerhalb einzelner EGLänder (Italien, Frankreich, Großbritannien) verantwortlich sind. Es entspräche der vorsorglichen Langfristorientierung auf das skizzierte, dem Subsidiaritätsgedanken verpflichtete Zukunftmodell, wenn schon mit den nächsten konkreten Schritten zur Reform der EG-Strukturfonds die Regionalebene im Partnerschaftsprozeß gestärkt würde.
121
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126
Amtsblatt der EG L 374/1988, S. 1-14 Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 des Rates vom 19. Dezember 1988 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich der Koordinierung der Interventionen der verschiedenen Strukturfonds einerseits und zwischen diesen und den Interventionen der Europäischen Investitionsbank und der sonstigen vorhandenen Finanzinstrumente andererseits. Amtsblatt der EG L 374/1988, S. 15-20 Verordnung (EWG) Nr. 4254/88 des Rates vom 19. Dezember 1988 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 in bezug auf den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Amtsblatt der EG L 374/1988, S. 21-24 Verordnung (EWG) Nr. 4255/1988 des Rates vom 19. Dezember 1988 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich des Europäischen Sozialfonds. Amtsblatt der EG L 374/1988, S. 25-28 Verordnung (EWG) Nr. 4256/1988 des Rates vom 19. Dezember 1988 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich des EAGFL, Abteilung Ausrichtung. Amtsblatt der EG L 353/1990 Verordnung (EWG) Nr. 3575/90 des Rates vom 4. Dezember 1990 über die Intervention der Strukturfonds im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, S. 19-20. Kommission der EG (1987) Die Einheitliche Akte muß ein Erfolg werden: Eine neue Perspektive für Europa (sog. Delors-Paket; d. Verf.). KOM (87) 100. In: Bulletin der EG, Beilage 1/87, S. 5-28. Kommission der EG (1989a) Entscheidung der Kommission vom 20.12.1989 über die Festlegung des gemeinschaftlichen Förderkonzepts als Beitrag des Europäischen Sozialfonds zur Erreichung der Ziele Nr. 3 und 4 in der Bundesrepublik Deutschland, Brüssel. Kommission der EG (1989b) Leitfaden zur Reform der Strukturfonds der Gemeinschaft, Luxemburg. Kommission der EG (1990) Gemeinschaftliche Förderkonzepte 1989-91 zur Umstellung der Regionen, die von der rückläufigen industriellen Entwicklung betroffen sind (Ziel Nr. 2) - Bundesrepublik Deutschland, Luxemburg. Kommission der EG (1991a) Die Regionen in den 90er Jahren, Vierter Periodischer Bericht über die sozioökonomische Lage und Entwicklung der Regionen der Gemeinschaft, Luxemburg.
127
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128
Anhang 1
Fragebogen Die Antworten der Landesministerien sind, soweit diese auszählbar waren, im Fragebogen angegeben. Die Text-Antworten wurden an den geeigneten Stellen des Gutachtens eingearbeitet (vgl. Kapitel 5 und 6).
129
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung Abteilung Westliche Industrieländer und Entwicklungsländer Telefon: 0 30 / 82 99 1-6 79 Telefax: 0 30 / 82 99 12 00
Königin-Luise-Straße 5, W-1000 Berlin 33
Bitte nennen Sie uns eine Ansprechperson fur eventuelle Rückfragen.
ί
Name: Telefon: J
Beantwortung erbeten bis Anfang Mai
Probleme der EG-Regionalpolitik und deren Konsequenzen Reform der Verordnungen und Alternativen Eine Untersuchung im Auftrag des Bundesministers für Wirtschaft
Mit welchen Elementen der EG-Regionalpolitik sind Sie befaßt? Regionalfonds
Ol
Ziel 1
CD
Ziel 4
OD
Sozialfonds
EU
Ziel 2
Hl
Ziel 5a
Ξ
Agrarfonds, Abteilung Ausrichtung
DD
Ziel 3
Ξ
Ziel 5b
03
Erfahrungen mit der EG-Strukturfondsreform
Partnerschaft 1.1
Hat sich der Einfluß Ihrer Institution/Dienststelle durch die Reform der Strukturfonds eher erhöht E oder eher verringert Ξ ?
1.2
Wie beurteilen Sie den Einfluß der EG-Kommission? Dominierend
EU
Mittel
03
Schwach
•
131
13
Sind Ihre direkten Kontaktmöglichkeiten zur EG ausreichend? Ja M
1.4
Nein DD
Welche Funktion erfüllen die Begleitausschüsse in der Praxis? Informationsaustausch
1.5
1.7
Nein
03
Kontrolle
E3
•
Wieviele Begleitausschüsse sollte es geben: ein Ausschuß pro Fonds
GO
pro Mitgliedstaat
E3
pro Ziel
El
pro Bundesland
IH
pro Operationellem Programm
0
Ist eine Förderung ausschließlich im nationalen Rahmen noch notwendig und möglich? Ja Ξ
1.8
Gemeinsame Entscheidungsfindung
Ist die Vertretung Ihres Landes im zuständigen Begleitausschuß ausreichend? Ja Ξ
1.6
E9
Nein
0
Wird das Subsidiaritätsprinzip im neuen Verfahren eingehalten? Ja 0
Nein
0
Wenn nein, in welchen Punkten nicht?
1.9
In welchem Bereich sind in Deutschland die Gebietskörperschaften unterhalb der Ebene der Länder an den regionalpolitischen Maßnahmen beteiligt? Konzeption Uli
Beschlußfassung Hl
Umsetzung m
Verwaltungsprobleme 1.10 Wie hat die Vereinheitlichung der Verfahren Ihre Arbeit erleichtert? Stark
132
•
Gering
IH
Gar nicht
0
•
1.11 Hat sich die Relation von Verwaltungsaufwand und Ertrag (in Form der Mitteleinwerbung) verbessert? Ja
0
Nein G3
1.12 Gibt es Probleme bei der Abstimmung von EG-Wettbewerbs- und Regionalpolitik? Ja
ED
Nein G3
Wenn ja, welche?
1.13 Hat sich durch das neue Verfahren die Planungssicherheit in den Regionen erhöht 0 verringert Ξ ?
oder
1.14 Wie groß ist nach Ihren Erfahrungen der Zeitbedarf zwischen Vorlage der ersten Pläne und Vergabe der Mittel?
Ist er zu groß?
Verteilung
Ja Ξ
Nein OD
der Mittel
1.15 In welchem Ausmaß erhält Ihr Land im Rahmen der von Ihnen betreuten Förderelemente Mittel? Wie ist die Relation zu sonstigen Förderungen und zu den Eigenmitteln?
1.16 Aufgrund welcher Kriterien ist Ihr Land förderfähig?
Gemeinschaftsinitiativen
(Gl)
1.17 Welche Bedeutung haben die Gl für Ihr Land? Groß
El
Mittel
Ξ
Gering
Ξ
133
1.18 Hat Ihr Land im Rahmen der Gl genügend Einfluß? Ja 0
Nein
0
1.19 Sehen Sie einen Widerspruch zwischen industrie- und sektorspezifisch ausgerichteten Gl und der Absicht, die Entwicklung bestimmter Regionen umfassend zu fördern?
Ja E9
Nein OD
Berücksichtigung
GRW
120 Sind Sie sowohl mit der GRW als auch mit der EG-Strukturpolitik befaßt? OD Wenn ja: Führt dies zu Synergieeffekten 0
oder zu Doppelaufwand Ξ ?
Hü Wenn nein: Ist der Abstimmungsbedarf mit Ihrem zuständigen Kollegen groß CD oder gering EU ?
L21 Wird durch die GFK das Schwerpunkt-Orte-Konzept der GRW gestützt? Ja 13
Nein
Ξ
1.22 Bleibt die Ausrichtung auf Bereiche mit überregionalem Absatz erhalten? Ja 0
Nein
Realwirtschaftliche
13
Konsequenzen
1.23 Haben sich durch die Bildung der Ziele bzw. Zielregionen und die Konzentration der Mittel die Einzelvorhaben oder Programme, für die EG-Mittel beantragt werden, dem Umfang nach vergrößert 0 oder verkleinert El ?
1.24 Werden im neuen Verfahren die individuellen Gegebenheiten in einer Region ausreichend berücksichtigt? Ja 0
Nein
Ξ
1.25 Ist die Förderung nach dem neuen Verfahren erfolgreich? Ja 0
134
Nein
13
Nach welchen Gesichtspunkten kommen Sie zu Ihrer Einschätzung?
Welche Evaluierungsverfahren benutzen Sie/werden Sie benutzen?
126 Zielen die Fördermaßnahmen in Ihrem Land vorrangig auf die Infrastruktur 0 , die Umwelt 0 , das Humankapital 0 oder direkt auf die Schaffung von Arbeitsplätzen im privaten Bereich 0
? (mehrere Antworten möglich)
Können Sie Größenordnungen angeben?
:
Sprechen bestimmte Gründe für eine Orientierung auf einen der Bereiche? Wenn ja, wie kann es zu einer ausgewogeneren Aufteilung kommen?
1.27 Besteht die Gefahr eines Subventionswettlaufes zwischen den Regionen? Ja 0
Nein
0
Wenn ja, wie sollte man dem entgegenwirken?
2
2.1
Änderungsvorschläge
Halten Sie eine grundlegende Verfahrensänderung für notwendig? Ja Ξ
Nein LH
Wenn ja, welche?
2.2
Ist die Aufteilung der EG-Maßnahmen auf die bekannten Ziele sinnvoll? Ja Ell
Nein
0
Wenn nein, welche Alternative schlagen Sie vor?
135
23
Ist die entsprechende Aufteilung der Förderung auf die Regionen sinnvoll? Ja 0
Nein
•
Wenn nein, welche Alternative schlagen Sie vor?
2.4
Auf welche Weise sollten die Fördergebiete künftig festgelegt werden? 0
Im Rahmen bestimmter Vorgaben durch die Mitgliedstaaten. Wenn ja, nach welchem Verfahren?
0
Wie bisher durch die EG-Kommission anhand von wenigen EG-weiten Kriterien.
IH Unter zusätzlicher Berücksichtigung regionaler Eigenheiten. Wenn ja, welche?
2.5
Ist eine Zusammenlegung der Verfahrensstufen zu GFK und Operationellen Programmen sinnvoll? Ja 0
Nein
0
2.6
Auf welche bisher beteiligten Stellen oder vorgeschriebenen Schritte könnte darüber hinaus am ehesten verzichtet werden?
2.7
Halten Sie die folgenden Reformvorschläge für sinnvoll:
a) Beibehaltung der drei Fonds bei deutlicher "Regionalisierung" der Entscheidung über Fördersatzhöhe und/oder Projektauswahl b) Zusammenfassung der drei Fonds c) Die Ersetzung des bisherigen Verfahrens durch eines nach Art. 104a (4) GG d) Volle finanzföderalistische Lösung, Ausstattung der EG mit eigener Steuerautonomie, Organisation eines regional orientierten Finanzausgleichs
2.8
136
Ja
Nein
ED
m
m m m
ξ
m
Sollte die Bedeutung der regionalen (z.B. EFRE) 0 oder der horizontalen (z.B. ESF) 0 EG-Förderinstrumente erhöht werden oder besteht kein Änderungsbedarf bei der Kombination beider Prinzipien 0 ?
2.9
Halten Sie eine verstärkte Zusammenarbeit der Fonds für sinnvoll? Ja
Ξ
Nein
Ξ
2.10 Sind Sie dafür, den Einfluß der Mitgliedstaaten in den bestehenden beratenden FondsAusschüssen zu erhöhen? Ja
0
Nein
Ξ
Welche konkreten Verbesserungen wären zu erwarten?
2.11 Wie kann man zu einem konzentrierteren Mitteleinsatz gelangen?
2.12 Unterstützen Sie den Vorschlag, die Gl möglichst zurückzuschrauben und die jetzt dort gebundenen Mittel über die regulären Strukturfondsmaßnahmen zu verausgaben? Ja
0
Nein OD
2.13 Haben Sie weitere Vorschläge zur Vereinfachung und Verbesserung?
137
Anhang 2 Gesprächspartner Im Rahmen des Gutachtens wurden folgende Dienststellen besucht:
EG-Kommission Generaldirektion II Abteilung B.3
Wirtschaft und Finanzen Bewertung der Strukturfonds und der Agrarpolitik
Generaldirektion IV Abteilung E.3
Generaldirektion V
Wettbewerb Regionale Beihilfen
Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen
und soziale
Angelegenheiten Direktion C Generaldirektion VI Abteilung F.I.3
Europäischer Sozialfonds Landwirtschaft Regionale Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums
Abteilung F.IL1
Allgemeine Maßnahmen zur Anpassung der Agrarstrukturen
Generaldirektion XVI Abteilung A.2
Regionalpolitik Regionale Auswirkungen der gemeinschaftlichen und der einzelstaatlichen Politiken; Vorbereitung der Initiativen der Kommission
Generaldirektion XX Abteilung B.5 Generaldirektion XXII Abteilung 3
Finanzkontrolle Kontrolle der Regionalausgaben Koordinierung der strukturpolitischen Instrumente Analyse der Pläne, Förderkonzepte, Maßnahmen, integrierten Maßnahmen 139
Berlin Senatsverwaltung für Wirtschaft
Nordrhein-Westfalen Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Industrie- und Handelskammer Duisburg Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Stadt Duisburg Bayern Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Sachsen-Anhalt Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr Ministerium für Arbeit und Soziales Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
140