Die ratihabitio im klassischen römischen Recht [1 ed.] 9783428586769, 9783428186761

Obgleich die Beschäftigung mit der ›ratihabitio‹, der Genehmigung, auf eine lange Tradition in der Rechtswissenschaft zu

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German Pages 380 [381] Year 2023

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Die ratihabitio im klassischen römischen Recht [1 ed.]
 9783428586769, 9783428186761

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Schriften zur Rechtsgeschichte Band 211

Die ratihabitio im klassischen römischen Recht Von

Sonja Dieckmann

Duncker & Humblot · Berlin

SONJA DIECKMANN

Die ratihabitio im klassischen römischen Recht

Schriften zur Rechtsgeschichte Band 211

Die ratihabitio im klassischen römischen Recht Von

Sonja Dieckmann

Duncker & Humblot · Berlin

Die Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld hat diese Arbeit im Jahre 2019 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany

ISSN 0720-7379 ISBN 978-3-428-18676-1 (Print) ISBN 978-3-428-58676-9 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Diese Arbeit stellt die überarbeitete Fassung meiner Dissertation dar, die der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld im Sommer 2019 vorlag. Mein besonderer Dank gilt meinem Lehrer, Herrn Prof. Dr. Ingo Reichard, der das Thema der Arbeit angeregt und ihre Entstehung begleitet hat. Zu großem Dank verpflichtet bin ich außerdem Herrn Prof. Dr. Jan Dirk Harke für die Erstellung eines weiteren Gutachtens. Die Arbeit wurde im Rahmen des XII. Wettbewerbs um den Internationalen Romanistischen Premio Boulvert im Oktober 2022 mit dem Sonderpreis „Hans Ankum“ der Stiftung „Stichting Rechtshistorisch Fonds Mr Joseph Winkel“ ausgezeichnet. Gewidmet sei diese Arbeit meinen Eltern, die mich bei allem stets unterstützt haben. Bielefeld, im Oktober 2022

Sonja Dieckmann

Inhaltsverzeichnis 1. Teil Einführung

19

§ 1 Zur Bedeutung der Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

§ 2 Die Behandlung der ratihabitio in der Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

§ 3 Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

§ 4 Zum Begriff der ratihabitio – Bedeutung und Verwendung von ratum habere in den römischen Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Etymologische Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die ratihabitio und das Handeln eines procurator – Ulpian D. 46.8.12.1

24 24 28

2. Teil Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

32

1. Kapitel Ratihabitio eines an und durch einen Geschäftsführer bewirkten debitum solutum

32

§ 5 Ratihabitio eines debitum solutum an einen Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . I. Wesen und Wirkung der ratihabitio bei einem debitum solutum . . . . . . . . II. Haftung des Geschäftsführers bei Verweigerung der ratihabitio . . . . . . . . III. Zur ratihabitio als allgemeinem Tatbestandserfordernis der negotiorum gestio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ulpian D. 3.5.5.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Paulus D. 3.5.23 (24) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Paulus D. 46.3.62 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Antoninus C. 2.18 (19).9 (217) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Antoninus C. 8.37 (38).3 (217) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32 33 33

§ 6 Ratihabitio eines durch einen Geschäftsführer bewirkten debitum solutum . . .

43

§ 7 Zusammenfassung zur ratihabitio eines debitum solutum . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

34 35 36 36 39 40

10

Inhaltsverzeichnis 2. Kapitel Ratihabitio eines indebitum solutum an einen Geschäftsführer

47

§ 8 Ratihabitio eines objektiven indebitum solutum – Pedius/Ulpian D. 3.5.5.11 . . 48 § 9 Ausgewählte Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zum Motiv des Genehmigenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zum Sinn und Zweck der von Pedius favorisierten Haftungskonzeption . . III. Zur Frage der wissenschaftlichen Originalität der Gedanken von Pedius . . IV. Zur Bedeutung der ratihabitio für die Passivlegitimation zur condictio indebiti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zur Wirkung der ratihabitio bei der negotiorum gestio . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rezeption der Rechtsansicht von Pedius in der römischen Jurisprudenz . . VII. Exkurs: Zur utilitas als allgemeinem Tatbestandserfordernis der negotiorum gestio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59 59 65 67

§ 10 Ratihabitio eines subjektiven indebitum solutum – Pedius/Ulpian D. 3.5.5.12

76

68 70 72 73

3. Kapitel Ratihabitio eines negotium male gestum § 11 Das berühmte Fragment Pomponius/Scaevola D. 3.5.8 (9) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zur Bedeutung des negotium male gestum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die quaestio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Lösung von Pomponius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Lösung von Scaevola . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Missverständnis zwischen Pomponius und Scaevola? . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Eigene Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83 83 84 86 88 89 90 98 103

4. Kapitel Zur ratihabitio von Veräußerungs- und Erwerbsgeschäften § 12 Zur ratihabitio einer entgeltlichen Verfügung eines Geschäftsführers (Verkauf mit Übereignung einer fremden Sache) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Africanus D. 3.5.48 (49) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Alexander C. 3.32.3 (222) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Weitere Stellen aus dem Bereich der Nachlassverwaltung . . . . . . . . . . . . . . 1. Paulus D. 3.5.12 (13) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reskripte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Diokletian/Maximian C. 2.18 (19).19 (294) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Diokletian/Maximian C. 3.36.20 (294) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

106

106 107 109 110 111 112 112 112

Inhaltsverzeichnis

11

IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 § 13 Zur ratihabitio eines Erwerbsgeschäfts eines Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . 114 5. Kapitel Zur ratihabitio von sonstigen Handlungen

114

§ 14 Zur ratihabitio der Vornahme von nutzlosen Verwendungen eines Geschäftsführers – Pedius/Ulpian D. 3.5.5.13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 § 15 Zur ratihabitio der Vornahme von sonstigen überflüssigen Verwendungen . . . 118 6. Kapitel Zusammenfassung 2. Teil

120

3. Teil Ratihabitio und Rückwirkung

124

1. Kapitel Quellenbelege zur Rückwirkung der ratihabitio

125

§ 16 Rückwirkung der ratihabitio im Prozessrecht – Ulpian D. 5.1.56 . . . . . . . . . . . 126 § 17 Rückwirkung der ratihabitio beim Pfandrechtserwerb – Marcian D. 20.1.16.1 129 § 18 Rückwirkung der ratihabitio bei der Einziehung eines debitum – Celsus D. 46.3.71 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Celsus D. 46.3.71 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. D. 46.3.71.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. D. 46.3.71.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. D. 46.3.71.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zwischenergebnis zu D. 46.3.71 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

136 136 136 146 153 155

2. Kapitel Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

156

§ 19 Stipulatio de rato und Nichtrückwirkung der ratihabitio – Africanus D. 46.8.25.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 § 20 Unwirksame Schenkung und Nichtrückwirkung der ratihabitio – Pomponius D. 41.6.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 I. Ratihabito einer unwirksamen Schenkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Zur Frage der Form der ratihabitio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

12

Inhaltsverzeichnis 1. Schenkung durch Duldung der laufenden usucapio . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schenkung durch brevi manu traditio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schenkung durch einseitige Besitzüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ratihabitio als Neuvornahme der donatio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vergleichsfall aus dem Bereich der Ehegattenschenkung – Paulus D. 41.6.1.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitere Erfordernisse der usucapio in Pomponius D. 41.6.4 . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

165 167 167 167

§ 21 Nichtrückwirkung der ratihabitio beim Erwerb der bonorum possessio . . . . . . I. Rechtliche Konstruktion des Erwerbs der bonorum possessio durch ratihabitio – Ulpian D. 37.1.3.7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliche Konstruktion des Erwerbs der bonorum possessio bei Geschäftsunfähigkeit des Geschäftsführers – Africanus D. 46.8.24.1 . . . . . . . III. Rechtliche Konstruktion des Erwerbs der bonorum possessio bei Geschäftsunfähigkeit des Berufenen – Paulus D. 37.1.16 . . . . . . . . . . . . . . . . .

170

168 169 170

170 173 177

3. Kapitel Die Rechtslage unter Justinian

178

§ 22 Justinian C. 5.16.25 (528) – Ratihabitio von Schenkungen unter Ehegatten und des Hausvaters an Hauskinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 § 23 Justinian C. 4.28.7 pr. (530) – Ratihabitio von Darlehen an Hauskinder . . . . . . 183 4. Kapitel Zusammenfassung 3. Teil

190

4. Teil Ratihabitio und mandatum – Über den Ausspruch der Quellen ratihabitio mandato comparatur

193

1. Kapitel Problemstellung und Meinungsstand im romanistischen Schrifttum

193

§ 24 Ausgangslage anhand der überlieferten Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 § 25 Überblick über den Meinungsstand zur Bedeutung der Rechtssentenz ratihabitio mandato comparatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 § 26 Einzelfragen zur Parömie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 I. Klassizität der Sentenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 II. Die Lehre von Behrends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Inhaltsverzeichnis

13

III. Das Problem der formula . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 IV. Die Charakterisierung als regula . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Kapitel Quellenuntersuchung § 27 Kontraktsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zur Aussage rati enim habitio mandato comparatur – Ulpian D. 46.3.12.4 II. Die Begründung eines Bürgschaftsmandats durch ratihabitio – Ulpian D. 50.17.60 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Begründung eines Kreditmandats durch ratihabitio – Scaevola D. 17.1.60.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

202 202 202 211 222

§ 28 Deliktsrecht – Zum Satz in maleficio ratihabitio mandato comparatur . . . . . . 225 I. Ulpian D. 43.16.1.14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 II. Ulpian D. 50.17.152.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 3. Kapitel Zusammenfassung 4. Teil

233

5. Teil Ratihabitio und iussum

235

1. Kapitel Problemstellung und Quellenbefund § 29 Divergierende Aussagen bei Ulpian im Bereich der adjektizischen Klagen . . I. Ulpian D. 15.3.5.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ulpian D. 15.3.5.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Ulpian D. 15.4.1.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ulpian D. 15.4.1.4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Erklärung für die Divergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verhältnis von iussum und fideiussio – Ulpian D. 15.4.1.5 . . . . . . . . . . . . .

235 238 238 238 239 240 241 244

2. Kapitel Weitere Quellenzeugnisse

247

§ 30 Labeo/Pomponius/Ulpian D. 3.5.5.8 als Beleg für die fehlende Gleichstellung von ratihabitio und iussum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 I. Ausgangsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 II. Erste Fallabwandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249

14

Inhaltsverzeichnis III. Zweite Fallabwandlung – Unwirksamkeit der ratihabitio . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erklärungsversuche des Schrifttums für die Unwirksamkeit der ratihabitio („nihil agi ratihabitione“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme und eigene Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zur actio in quantum locupletior ex mea administratione factus sit . . . 4. Folgerungen für das Verhältnis von ratihabitio und iussum . . . . . . . . . .

250 250 252 253 258

§ 31 Justinian C. 4.28.7 pr. (530) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 3. Kapitel Zusammenfassung 5. Teil

259

6. Teil Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage – Funktionale und dogmatische Zusammenhänge zwischen ratihabitio und Eigentums- und Besitzerwerb

261

1. Kapitel Zum Erwerb ex causa venditionis § 32 Zum Besitzerwerb des Genehmigenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zur These Klincks anhand von Ulpian D. 41.2.42.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Weitere Quellennachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ulpian D. 5.3.13.12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ulpian D. 43.26.6.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

262 262 264 271 271 273

§ 33 Zum Eigentumserwerb des Genehmigenden bei ratihabitio eines Erwerbsgeschäfts eines Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 2. Kapitel Zum Erwerb ex causa solvendi bei der Einziehung einer Forderung durch einen Geschäftsführer § 34 Zum Eigentumserwerb des Genehmigenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Erwägungen sowie Überblick über den Meinungsstand im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zum Eigentumserwerb des Genehmigenden in Paulus D. 3.5.23 (24) . . . . 1. Qualifikation des Innenverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Besitzverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konstruktion des Eigentumserwerbs durch ratihabitio . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Konsequenzen der vorstehenden Betrachtungen für den Eigentumserwerb durch ratihabitio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

275 275 275 280 281 283 285 289

Inhaltsverzeichnis

15

3. Kapitel Ratihabitio einer durch einen Geschäftsführer bewirkten Leistung

289

§ 35 Debitum solutum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 § 36 Indebitum solutum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 4. Kapitel Ratihabitio einer furtiven Inempfangnahme einer Zahlung

291

§ 37 Ratihabitio der Zahlung eines indebitum an einen (falsus) procurator – Papinian D. 47.2.81 (80).5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 § 38 Ratihabitio der Zahlung eines debitum durch einen Geschäftsführer an einen (falsus) procurator – Papinian D. 47.2.81 (80).7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 § 39 Ratihabitio der Zahlung eines indebitum durch einen Geschäftsführer an einen fur – Pomponius D. 13.1.18 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 5. Kapitel Zusammenfassung 6. Teil

302

7. Teil Zur cautio ratam rem haberi

303

1. Kapitel Die Voraussetzungen des Verfalls der cautio ratam rem haberi

303

§ 40 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 § 41 Der Inhalt der cautio ratam rem haberi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 § 42 Der Verfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Verfallszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Julian D. 46.3.13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Julian/Ulpian D. 46.8.12.2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtslage während der Schwebezeit – Julian/Ulpian D. 46.3.58 pr. . . . . III. Ratihabitio nach ergangenem Urteil – Venuleius D. 46.8.8.1 . . . . . . . . . . .

308 308 308 310 315 317

2. Kapitel Die Verfallswirkungen

321

§ 43 Zum Verhältnis von condictio und actio ex stipulatu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 I. Julian D. 46.8.22 pr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322

16

Inhaltsverzeichnis II. Pomponius D. 46.8.16 pr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323

§ 44 Zum fehlenden Interesse des Beklagten an der Erteilung der ratihabitio . . . . . 324 3. Kapitel Zusammenfassung 7. Teil

326

8. Teil (Appendix) Ratihabitio und Bestätigung – Überlegungen zum Verhältnis von ratihabitio und Bestätigung

327

§ 45 Die Behandlung der Bestätigung als Anwendungsfall der ratihabitio? . . . . . . . 327 9. Teil Wesentliche Ergebnisse und Schlussbetrachtung

334

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379

Abkürzungsverzeichnis Hinsichtlich der verwendeten Abkürzungen wird grundsätzlich verwiesen auf Heribert Kirchner, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 9. Auflage, Berlin 2018. Die spezifisch romanistischen Abkürzungen orientieren sich an dem Abkürzungsverzeichnis bei Kaser, Das Römische Privatrecht, Band 1, 2. Auflage, München 1971, XIX ff.

1. Teil

Einführung § 1 Zur Bedeutung der Thematik Die Arbeit behandelt die ratihabitio im klassischen römischen Recht. Die Rechtsfigur der ratihabitio steht dem Rechtsinstitut der Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB nahe, die das Gesetz als die nachträglich erteilte Zustimmung definiert. Die Genehmigung im römischen Recht – dieses Thema klingt auf den ersten Blick nicht besonders spektakulär. Die Genehmigung umgibt, so möchte man meinen, der Nimbus des Selbstverständlichen, so dass sie eigentlich keiner dogmatischen Legitimation bedarf. Basiert doch diese Rechtsfigur auf der privatrechtlichen Grundprämisse, dass ein Rechtsgeschäft, das die Rechtssphäre eines Dritten betrifft, nicht ohne dessen Zustimmung vollzogen werden darf. Warum also sollte die rechtliche Relevanz der nachträglichen Zustimmung, von Einzelfällen einmal abgesehen, ein besonderes Problempotential aufwerfen und sogar einer eigenen monographischen Untersuchung bedürfen? Ob eine erforderliche Zustimmung im Voraus oder im Nachhinein erteilt wird, sollte doch im Ergebnis keinen Unterschied machen. Bei näherer Befassung mit der ratihabitio zeigt sich jedoch alsbald, dass der anfängliche Eindruck trügt. Die römischen Juristen verstanden die ratihabitio, soviel darf hier schon gesagt werden, in einer weiteren Bedeutung als nach heutigem Verständnis. Das gilt zum einen für die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenverhältnis. Das geltende Recht trennt begrifflich die Genehmigung im Innenverhältnis von der Genehmigung der im Außenverhältnis geschlossenen vollmachtlosen Verträge und getroffenen unberechtigten Verfügungen. Das römische Recht kannte eine solche Differenzierung nicht. Die im sechsten Titel des dritten Teils des ersten Buches des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches geregelte nachträgliche Zustimmung betrifft zudem unmittelbar nur Fälle, in denen die Wirksamkeit eines Vertrags oder eines einseitigen Rechtsgeschäfts von der Willenserklärung eines Dritten (eines Zustimmungsberechtigten oder einer Person, für die ein Vertreter ohne Vertretungsmacht tätig wurde) abhängt, und ist abzugrenzen von der verwandten rechtlichen Erscheinung der Bestätigung, bei der ein am Rechtsgeschäft selbst Beteiligter tätig wird. Die in der geltenden Doktrin vorzufindende Unterscheidung zwischen den verschiedenen Arten der nachträglichen Zustimmung geht wesentlich auf Lothar v. Seuffert zurück. Seuffert unterscheidet: 1. die Ratihabition einer Geschäftsführung, welche jemand für den Genehmigenden vorgenommen hat,

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1. Teil: Einführung

2. die Ratihabition der von einem anderen für sich vorgenommenen Handlung, die fremder Zustimmung bedarf,1 und 3. die Ratihabition eines eigenen ungültigen Geschäfts. Für diese drei Arten der nachträglichen Genehmigung wurden von ihm folgende Ausdrücke vorgeschlagen: Genehmigung, nachfolgende Einwilligung und Bestätigung.2 Seuffert hat damit den Grundstein für die Herausbildung der Bestätigung als selbständiges Rechtsinstitut gelegt.

§ 2 Die Behandlung der ratihabitio in der Rechtswissenschaft Die Beschäftigung mit der ratihabitio blickt auf eine lange Tradition in der Rechtswissenschaft zurück. Die ratihabitio hat dabei ein stetig wachsendes Interesse genossen. Ihren Höhepunkt erreichte die Forschung zu ihr in der europäischen Rechtswissenschaft in der zweiten Hälfte des 17. bis Ende des 19. Jahrhunderts. So erfreute sich die ratihabitio etwa als Dissertationsthema im 17. und 18. Jahrhundert großer Beliebtheit,3 auch wenn die dabei entstandenen Abhandlungen zweifelsohne nur von sekundärer Bedeutung für die Rechtswissenschaft sind.4 Das Thema „ratihabitio“ war im 19. Jahrhundert Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen unter der gemeinrechtlichen Bezeichnung „Ratihabition“. In dieser Zeit ist die „Lehre von der ratihabitio“ alles andere als stiefmütterlich von der Wissenschaft behandelt worden.5 Hingewiesen sei nur auf die Arbeiten von Wilhelm Gustav Busse,6 Wilhelm Girtanner,7 Friedrich Wilhelm Konrad Beckhaus,8 Julius v. Griesinger,9 Lothar v. Seuffert10 und A. Sigerist.11 Dies hängt mit dem allgemeinen Interesse des gemeinen Rechts an der Dogmatik der

1

v. Seuffert, Ratihabition (1868), 3. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 7. 3 Vgl. z. B. Luck, Disputatio inauguralis de ratihabitione (1657); Becker, Diss. legal. de ratihabitione eiusque effectu iuris (1670); de Venne, Disputatio juridica inauguralis de ratihabitione (1719); Schorch, De ratihabitione gestorum a falso procuratore (1732). S. im Übrigen auch die Literaturübersicht bei v. Seuffert, Ratihabition (1868), 7. 4 Vgl. auch die Bemerkung von v. Seuffert, Ratihabition (1868), 7 f.: „Der wissenschaftliche Werth der benüzten Abhandlungen ist, soweit sie vor Busse´s Schrift fallen, ganz außerordentlich gering. Im gewöhnlichsten Dissertationenstyl ihrer Zeit geschrieben, mit hohltönenden Phrasen um sich werfend, dabei oft sehr umfangreich [. . .] und vollständig geistlos, lohnen dieselben in der That nicht der näheren Betrachtung.“ 5 Vgl. Sigerist, Ratihabition (1887), Vorwort. 6 Busse, De ratihabitione (1834). 7 Girtanner, De ratihabitione negotiorum gestorum (1848). 8 Beckhaus, Ueber die Ratihabition der Rechtsgeschäfte. Civilistische Abhandlung (1859). 9 v. Griesinger, Zur Lehre von der Ratihabitation der Rechtsgeschäfte (1862). 10 v. Seuffert, Die Lehre von der Ratihabition der Rechtsgeschäfte. Civilistische Abhandlung (1868). 11 Sigerist, Die Lehre von der Ratihabition der Rechtsgeschäfte. Civilistischer Versuch (1887). 2

1. Teil: Einführung

21

negotiorum gestio der römischen Quellen zusammen. Während die ältere Zeit sich hauptsächlich mit der Beschreibung, Harmonisierung und kompendiarischen Darstellung der Entscheidungen der Quellen befasste, entstand in der ersten Hälfte des vorletzten Jahrhunderts, besonders angeregt durch eine Untersuchung Wächters,12 der Wunsch, „Natur und [. . .] Wesen der negotiorum gestio“13 in der römischen Kasuistik auf den Grund zu gehen.14 Dabei spielte natürlich auch die in den Quellen im Zusammenhang mit der negotiorum gestio erwähnte ratihabitio eine nicht unerhebliche Rolle. Die Pandektenwissenschaft war geprägt von dem liberalen Zeitgeist des 19. Jahrhunderts, der die Lehre von der Entstehung der Schuldverhältnisse in besonderem Maße beeinflusste.15 Entstehung und Inhalt eines Schuldverhältnisses wurden nunmehr grundsätzlich an den Willen der Beteiligten geknüpft. Es galt dementsprechend den dominus vor unerwünschter Einmischung zu schützen.16 In der Folge kam es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts „geradezu zu einer Explosion der theoretischen Literatur“ zur negotiorum gestio.17 In der Pandektistik ist das Interesse für die ratihabitio auch mit dem Versuch verbunden, eine Dogmatik für die Stellvertretung zu entwickeln.18 Zum Teil wurde versucht, das Institut der Stellvertretung in den Quellen nachzuweisen, zum Teil betrieb man die wissenschaftliche Behandlung der Stellvertretung auch gerade in dem Bewusstsein, dass es sich um eine dem römischen Recht noch unbekannte Rechtsfigur handelt, die sich im Widerspruch zu diesem entwickelt hat.19 Dennoch war das Bestreben der Pandektisten auch im letzteren Fall, keinen Gegensatz zu den Quellen des römischen Rechts zu erzeugen. Daher wurde für die Ausgestaltung der Stellvertretungslehre auf die römischen Quellen rekurriert. Interessant ist es zu sehen, auf welche Weise die Fälle der ratihabitio in den römischen Quellen dabei herangezogen wurden: Die Pandektisten richteten den Blick nicht so sehr auf das Innenverhältnis zwischen gestor und dominus, sondern Gegenstand der Untersuchung war vor allem die Wirkung der ratihabitio auf das Außenverhältnis zwischen dominus und Drittem.20 In diesem Licht erschien die Geschäftsführung des gestor als ein Fall der Stellvertretung. Große Diskussion herrschte dabei unter den Pandektisten um 12

v. Wächter, AcP 20 (1837), 337 ff. v. Wächter, AcP 20 (1837), 337. 14 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 4. 15 HKK/Jansen, §§ 677–687 Rn. 29. 16 HKK/Jansen, §§ 677–687 Rn. 29. 17 HKK/Jansen, §§ 677–687 Rn. 29. 18 Vgl. nur den Titel der Abhandlung von Ernst Zimmermann aus dem Jahre 1876: „Die Lehre von der stellvertretenden Negotiorum Gestio“ oder den Titel der Abhandlung von v. Monroy aus dem Jahre 1878: „Die vollmachtslose Ausübung fremder Vermögensrechte“. 19 Vgl. z. B. E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 8. S. auch Bauer, Stellvertretung (1963), 112. 20 Diese Beobachtung macht auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), xiii. 13

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1. Teil: Einführung

die dogmatische Einordnung der ratihabitio als ein Ersatz für die fehlende Vollmacht,21 die direkte Rechtsbeziehungen zwischen dem dominus negotii und dem Kontrahenten des Geschäftsführers erzeugt. Bei dieser Handhabung erschien es notwendig, die Rückwirkung der ratihabitio vorauszusetzen. Die Literatur des 19. Jahrhunderts legte deshalb auf den rückwirkenden Charakter der Genehmigung großen Wert. Die Autoren des 19. Jahrhunderts bemühten sich zudem im Stil ihrer Zeit darum, allgemeine Voraussetzungen dieser Rechtsfigur in persönlicher, sachlicher, modaler und zeitlicher Hinsicht sowie allgemeine Vorschriften über das Wirksamwerden des genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäfts herauszuarbeiten. Damit war der Versuch verbunden, eine allgemeine Theorie von der „Ratihabition“ zu entwickeln. Für diese Zeit ist im deutschen Privatrecht vor allem das von Seuffert 1868 verfasste Werk mit dem entsprechenden aussagekräftigen Titel „Die Lehre von der Ratihabition der Rechtsgeschäfte“ erwähnenswert. Die vollständigste und ausführlichste Untersuchung zur ratihabitio ist noch immer Cesare Bertolinis zweibändige Monographie aus den Jahren 1889 und 1891. Das grundlegende Werk von Bertolini, der am Ende der Pandektistik steht, beruht jedoch auf heute teils überholten Ausgangspunkten. Von der jüngeren Forschung ist die Rolle der ratihabitio im römischen Recht zunächst vernachlässigt worden. Kaser hat deshalb 1971 den Wunsch einer Neubearbeitung dieses Themas geäußert.22 Seinem Anliegen ist in neuerer Zeit auch mehrfach nachgekommen worden. Die ratihabitio war in jüngerer Zeit Gegenstand von Untersuchungen vorwiegend in der italienischen Romanistik. Zu nennen sind hier vor allem die 2002 erschienenen Monographien zur ratihabitio von Marisa De Filippi23 und Agnieszka Kacprzak.24 Nicht unerwähnt bleiben darf Giovanni Finazzi, der die ratihabitio in seiner mehrbändigen Monographie zur negotiorum gestio25 näher untersucht hat und darüber hinaus in einer Reihe von gehaltvollen und instruktiven Beiträgen einzelne Problemkreise zur ratihabitio aufgegriffen hat.26 Auch 21

S. z. B. Sigerist, Ratihabition (1887), 7. Kaser, RP I (1971), § 62 V 1 (265 Fn. 42). In jüngerer Zeit auch Strobel, in: Festschrift für Bürge (2017), 193 Fn. 34. 23 De Filippi, Ratihabitio, Bari 2002. 24 Kacprzak, La ratihabitio nel diritto romano (2002). Kacprzak ist zwar von Haus aus keine italienische Romanistin, allerdings ist ihre Untersuchung im Rahmen des bestehenden Wissenschafts- und Bildungskooperationsabkommens zwischen den Universitäten Warschau und Neapel Federico II in italienischer Sprache veröffentlicht worden. 25 Finazzi, Ricerche in tema di negotiorum gestio II.1. Requisiti delle actiones negotiorum gestorum, Collana di Ateneo dell’Università degli Studi di Cassino (2003); ders., Ricerche in tema di negotiorum gestio II.2. Obbligazioni e responsabilità, Collana di Ateneo dell’Università degli Studi di Cassino (2006). 26 Finazzi, Ulp. 10 disp. D. 50,17,60: ratihabitio e natura del rapporto tra gestore e gerito, in: Iuris vincula. Studi in onore di Mario Talamanca, Bd. 3 (2001), 253 ff.; ders., Riflessioni in margine al rapporto fra ratihabitio e iussum, in: Studi per Giovanni Nicosia, Bd. 3 (2007), 399 ff.; ders., Osservazioni sul problema della retroattività della ratifica nell’esperienza giuridica romana, in: Philia. Scritti per Gennaro Franciosi, Bd. 2 (2007), 861 ff.; ders., Riflessioni sul rapporto fra convalida e ratifica nell’esperienza 22

1. Teil: Einführung

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Andreas Wacke hat sich mit dieser Thematik in seiner ausführlichen Besprechung der Untersuchung De Filippis beschäftigt.27 Wackes Beitrag stellt die einzige deutschsprachige Abhandlung neuerer Zeit zur ratihabitio dar. Dass die romanistische Forschung sich der ratihabitio in neuerer Zeit verstärkt zugewendet hat, wenn auch überwiegend in italienischer Sprache, sollte an sich keinen Grund darstellen, diese facettenreiche und überaus vielgestaltige Rechtsfigur nicht erneut zu untersuchen, schon allein deshalb, weil die Ergebnisse der jüngeren Darstellungen nicht vollends zu überzeugen vermögen. Es fehlt zudem bis heute an einer abschließenden dogmatischen Erfassung der ratihabitio. Überdies sind dingliche Aspekte der ratihabitio bislang nicht oder nicht genügend berücksichtigt worden. Die vorliegende Untersuchung hat sich zur Aufgabe gemacht, ausgewählte dogmatische Fragen zur ratihabitio zu beleuchten. Die Studie soll vor allem Anregung zur weiteren Diskussion liefern.

§ 3 Gang der Darstellung Die vorliegende Arbeit gliedert sich in neun Teile: Nach einer Einleitung soll im zweiten Teil zunächst geklärt werden, in welchen Fallkonstellationen die ratihabitio Anwendung findet. Es soll die Wirkung der ratihabitio auf den Tatbestand der negotiorum gestio analysiert und der Gedankengang der klassischen Juristen zu einer etwaigen rechtlichen Anerkennung der ratihabitio im Rahmen der negotiorum gestio ergründet werden. Im Blick stehen soll dabei auch das Verhältnis von Geschäftsführungsrecht und ungerechtfertigter Bereicherung. So stellt sich die Frage, zwischen welchen Personen im Drei-Personen-Verhältnis Leistender – Geschäftsführer – Geschäftsherr sich der Bereicherungsausgleich vollzieht, und welche Folgen sich ergeben, wenn der dominus die Genehmigung verweigert. Anschließend soll der Frage nach der Rückwirkung der ratihabitio nachgegangen werden. Auf dieser Grundlage soll ein Versuch unternommen werden, die Bedeutung der überlieferten Rechtsparömie ratihabitio mandato comparatur zu ergründen, die bis heute im romanistischen Schrifttum kontrovers diskutiert wird. Danach soll das Verhältnis zwischen ratihabitio und iussum untersucht werden. Ferner sollen die Wirkungen der ratihabitio auf der dinglichen Ebene untersucht werden, wobei insbesondere der Zusammenhang zwischen negotiorum gestio und Besitz- und Eigentumserwerb des dominus in den Blick genommen werden soll. Im siebten Teil soll die cautio ratam rem haberi, die Sicherheitsleistung für die Genehmigung, vorgestellt werden, wobei das Interesse nicht schlechthin der cautio de rato gilt, sondern nur ihrem Tatbestand im Hinblick auf die ratihabitio. Auch Fragen nach den Rechtsfolgen der cautio sollen in den Hingiuridica romana, in: Fides Humanitas Ius. Studii in onore di Luigi Labruna, Bd. 3 (2007), 1908 ff. 27 A. Wacke, Ratum habere – Dogmengeschichtliche Grundlagen von Bestätigung und Genehmigung, SZ 121 (2004), 344 ff.

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1. Teil: Einführung

tergrund treten. In einem Appendix soll kurz zur Beziehung zwischen ratihabitio und Bestätigung im Sinne des geltenden Rechts Stellung genommen werden. Zum Schluss sollen die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst sowie gewürdigt werden. Die Arbeit ist bemüht, ein an den Quellen orientiertes Bild der verschiedenen Fälle der ratihabitio zu zeichnen, weshalb die Darstellung wesentlich von der Kasuistik geprägt sein soll. Justinian ließ im 46. Buch der Digesten dem Titel Ratam rem haberi et de rati habitione einschlägige Fragmente zuordnen. Die Sachverhalte, die unter diesem Titel diskutiert werden, beziehen sich vor allem auf die cautio de rato und haben dementsprechend mit der ratihabitio spezifisch verbundene Fragestellungen zum Gegenstand. Einschlägiges Quellenmaterial begegnet auch an anderen Stellen in den Digesten, so etwa unter dem Titel De solutionibus et liberationibus, also im Erfüllungsrecht. Auch auf dem Gebiet der Geschäftsführung ohne Auftrag (de negotiis gestis), des Auftragsrechts (mandati vel contra) und des Kondiktionenrechts spielt die ratihabitio eine Rolle. Vor diesem Hintergrund verfolgt die vorliegende Untersuchung auch die Intention, das unterschiedliche Quellenmaterial im Hinblick auf die entsprechenden Fragestellungen zu systematisieren. Im Zuge des Quellenstudiums soll natürlich auch immer versucht werden, die Anforderungen für eine wirksame Erteilung der ratihabitio herauszuarbeiten und Erkenntnisse über ihre Voraussetzungen zu gewinnen. Vor dem Hintergrund, dass die römischen Juristen den Begriff des Rechtsgeschäfts noch nicht entwickelt hatten28 – sie haben für ihn weder eine technische Bezeichnung noch eine Theorie entwickelt –, erscheint die von De Filippi29 aufgeworfene Frage, ob die ratihabitio im römischen Recht ein selbständiges Rechtsgeschäft war oder nur ein Annex zum zustimmungsbedürftigen Hauptgeschäft, eigentlich fast schon anachronistisch.30 Das schließt aber nicht aus, dass die Römer allgemeine Voraussetzungen für die wirksame Erteilung einer ratihabitio aufgestellt haben.

§ 4 Zum Begriff der ratihabitio – Bedeutung und Verwendung von ratum habere in den römischen Quellen I. Etymologische Ableitung Zunächst mögen der Darstellung einige Bemerkungen zur Bedeutung der ratihabitio sowie zur etymologischen Ableitung vorausgeschickt werden. Der Begriff ratihabitio31 geht auf die verbale Wendung ratum habere zurück. Ratum ist das 28

Kaser, RP I (1971), § 56 I 1 (227); A. Wacke, SZ 121 (2004), 350. De Filippi, Ratihabitio (2002), 149 ff. 30 So A. Wacke, SZ 121 (2004), 350. 31 Ratum habere in der Bedeutung als nachträgliche Zustimmung begegnet in den Quellen relativ häufig, den Angaben von A. Wacke, SZ 121 (2004), 344 Fn. 9 zufolge insgesamt 147 Mal (davon 126 Digestenstellen); das Femininum ratam weitere 105 Mal 29

1. Teil: Einführung

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Partizip Perfekt Passiv des Deponens reri.32 Die Grundbedeutung des Wortes reri ist „rechnen“.33 Im übertragenen Sinne kann es auch „meinen“, „glauben“, „dafür halten“ bedeuten,34 denn bevor etwas in Rechnung gestellt wird, muss der Rechnungssteller eine Prüfung anstellen und es nach seinem Dafürhalten für richtig befinden.35 Entsprechend der Ableitung des Wortes ratum von reri ist die Bedeutung das „Geprüfte“, „Gebilligte“,36 „das Gemeinte“, „Gewollte“ 37 und bezieht sich auf eine ausgeführte Handlung oder ein bereits getätigtes Rechtsgeschäft. Auf juristischer Ebene bedeutet ratum entsprechend das „juristisch Wirksame“, „Festgestellte“, „Rechtsbeständige“.38 In den Digesten zeigt sich das Partizip Perfekt ratus, -a, -um in Verbindung mit esse, manere oder permanere einerseits und habere, ducere und facere andererseits.39 Diese Termini sind jeweils gleichwertige Ausdrücke. Der Unterschied betrifft die Perspektive, von der aus das durch ratum esse/habere ausgedrückte Rechtsverhältnis wiedergegeben wird. Bei den Termini mit habere, ducere, facere40 wird die Rechtslage aus der Perspektive des Rechtssubjektes betrachtet und als Folge eines Willensaktes dargestellt. Beim Ausdruck mit dem Verbum esse und auch mit manere oder permanere wird die Rechtslage in Bezug auf eine

(davon 75 Digestenstellen). Das Substantiv ratihabitio kommt weitaus seltener als das Verb vor, nämlich insgesamt 24 Mal (davon 18 Digestenstellen), so A. Wacke, SZ 121 (2004), 344 Fn. 10, s. auch VIR 5, Sp. 3 f. Dieser Befund geht einher mit den Erkenntnissen von Kaser über die stärker verbal orientierte Rechtsterminologie der Römer, Kaser, in: Studi Biondi I (1965), 95 ff.; ders., RP I (1971), § 46 IV 1 (182 Fn. 22). 32 S. auch De Filippi, Ratihabitio (2002), 26. 33 Georges, Handwörterbuch (1918), Bd. 2, Sp. 2208, s. v. ratus, a, um I); s. auch Bertolini, Ratifica I (1889), 8. 34 Georges, Handwörterbuch (1918), Bd. 2, Sp. 2316, s. v. reor. 35 A. Wacke, SZ 121 (2004), 344. 36 A. Wacke, SZ 121 (2004), 344. 37 v. Seuffert, Ratihabition (1868), 5; Sigerist, Ratihabition (1887), 1; De Filippi, Ratihabitio (2002), 25 ff. S. auch Bertolini, Ratifica I (1889), 7 f. 38 Sigerist, Ratihabition (1887), 1; vgl. auch Georges, Handwörterbuch Bd. 2 (1918), Sp. 2208 s. v. ratus, a, um II) b). 39 Beckhaus, Ratihabition (1859), 3; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 4; Pernice, Labeo A I (1873), 514 m. Fn. 3. 40 Das Wort ratificatio ist den römischen Rechtsquellen fremd, diesen Begriff gab es im Latein der Römer überhaupt nicht. Nach dem Oxford English Dictionary stammt das englische Wort ratification aus dem Französischen oder aus dem Mittellatein. Das Oxford English Dictionary bezieht sich auf Du Cange, Glossarium Mediae et Infimae Latinitatis (Paris 1845). In diesem Glossar wird das Wort ratificare erklärt als ratum habere, quod actum est approbare, confirmare, und das früheste Datum dafür ist hiernach das Jahr 1228. Das von römischen Autoren gebrauchte Wort war, wie oben ausgeführt, ratihabitio, und dies ist auch das Wort, das von mittelalterlichen Schriftstellern konsequent verwendet wurde, bis Johannes Andreae (1289–1348) in seiner Glossa zum Liber sextus die Wörter ratihabitio und ratificatio gleichbedeutend verwendete. Die philologische Bildung der beiden Wörter ist verschieden: ratihabitio leitet sich wie gesagt von ratum habere ab, während ratificatio von ratum facere stammt.

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1. Teil: Einführung

Sache, ein Recht, eine Handlung oder ein Rechtsgeschäft bezeichnet. Es handelt sich also um primär objektorientierte Ausdrücke. Deshalb kann in Termini mit esse ein Subjekt fehlen. Die Variantenreihung ratum habere – ratum ducere – ratum facere bringt, sprachwissenschaftlich betrachtet, den fließenden Übergang zwischen dem Wahrnehmungsakt und dem performativen Handlungsakt der Anerkennung zum Ausdruck.41 Üblich ist die Verbindung ratum habere, besonders in den Formeln des prätorischen Edikts.42 Auch im Sprachgebrauch der römischen Juristen zeigt sich ein gewisser Vorzug für den letztgenannten Terminus. Vereinzelt kommt auch noch der Ausdruck pro rato habere vor.43 Der Ausdruck ratum habere „als entschieden/als gültig behandeln“ ist keine Begriffsschöpfung der Rechtssprache. Er ist damit von seinem Ursprung her kein Systembegriff in dem Sinne, dass damit ein Rechtsakt mit einem spezifischen Inhalt und einer bestimmten Rechtsfolge verbunden wäre.44 Er hat deshalb auch nicht urplötzlich in der Rechtssprache Wurzeln geschlagen, sondern der Ausdruck war schon immer da. Anders gesagt: Ratum habere ist ein Ausdruck des allgemeinen Sprachgebrauchs, dessen sich auch die Rechtssprache bedient hat. Das Syntagma ratum habere bedeutet „für gültig halten“, und im übertragenen Sinne „bekräftigen“, „genehmigen“.45 Es kommt in der römischen Rechtssprache in unterschiedlichen Zusammenhängen vor: Die Verbindung ratum habere findet sich etwa in den Formeln des prätorischen Edikts und wird zur Bezeichnung der Entstehung prätorischer Rechtsbildungen gebraucht. Die Aufrechterhaltung beziehungsweise Nichtaufrechterhaltung eines nach ius civile unwirksamen Geschäfts im Edikt des Prätors wird unter anderem mit der Wendung ratum (non) habebo, quod gestum est ausgedrückt.46 Die Anerkennung der Gültigkeit eines bestrittenen Rechtsgeschäfts oder einer Handlung durch den iudex wird ebenfalls mit den Worten ratum habere bezeichnet.47 In Verbindung mit einem Privatrechtssubjekt (also weder mit dem Prätor noch mit einem Richter) lässt sich die Wendung nur dahingehend verstehen, dass jemand ein an sich für ihn unverbindliches Rechtsverhältnis als für sich verbindlich anerkennt. Der Ausdruck ratum 41

Jacob, in: Transitivität und Diathese in romanischen Sprachen (1998), 121. Bertolini, Ratifica I (1889), 8 f. 43 Vgl. Scaevola D. 3.5.8 (s. dazu ausführlich § 11 der Untersuchung); s. auch Pernice, Labeo A I (1873), 514 m. Fn. 3. 44 v. Seuffert, Ratihabition (1868), 5. Gleiches gilt für die anderen Redeweisen wie z. B. ratum ducere oder ratum facere. 45 Georges, Handwörterbuch Bd. 2 (1918), Sp. 2208 s. v. ratus, a, um II) b); De Filippi, Ratihabitio (2002), 29. 46 Vgl. Ulpian D. 4.2.1; ders. D. 4.2.9.3; Paulus D. 4.2.21.1; Ulpian D. 4.8.3 pr.; Pomponius D. 26.8.4; Ulpian D. 27.6.1.5; ders. D. 39.1.1.10; s. auch Beckhaus, Ratihabition (1859), 4; v. Griesinger, Ratihabition (1862), 23. 47 Vgl. Ulpian D. 4.4.22; Scaevola D. 3.5.8; Paulus D. 12.2.17.2, 3; auch Ulpian D. 27.4.1.4 (Berücksichtigung einer Aufrechnung). S. auch Beckhaus, Ratihabition (1859), 4; v. Griesinger, Ratihabition (1862), 23. 42

1. Teil: Einführung

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habere ist nicht beschränkt auf das Privatrecht. Er kommt im Öffentlichen Recht und im Privatrecht gleichermaßen vor.48 Im Verfassungsrecht wird mit der Bezeichnung ratum esse die Genehmigung von Senatsbeschlüssen und Entscheidungen der Volksversammlung und der Magistrate zum Ausdruck gebracht.49 Die vorliegende Abhandlung beschränkt sich auf das Gebiet des römischen Privatrechts. Die Präferenz der römischen Juristen für den Ausdruck ratum habere in ihren Schriften findet eine Parallele in nichtjuristischen Schriften. Den Gebrauch von ratum habere bezeugen auch die literarischen Quellen. Cicero gebraucht den Begriff beispielsweise in seiner Rede Pro Sexto Roscio50 im Zusammenhang mit dem Buch- und Rechnungswesen oder auch in seiner Schrift De natura deorum.51 Hier wird der Ausdruck von ihm nicht im Rechtssinne gebraucht.52 Im Sinne eines nachträglichen Willensaktes im Rechtssinne verwendet Cicero den Begriff ratus dagegen im Zusammenhang mit einer Schenkung an einen filius familias, für deren Wirksamkeit die Zustimmung des Vaters notwendig ist.53 Daraus ergibt sich, dass der Ausdruck ratum habere bereits dem Rechtsverkehr der Republik angehörte. Das Substantiv ratihabitio begegnet noch nicht bei Cicero. Namentlich die späteren Juristen kennen das Nomen ratihabitio.54 Die Verwendung des Substantivs ratihabitio in den römischen Rechtsquellen55 wird als ein Indiz für

48 v. Seuffert, Ratihabition (1868), 2; Pernice, Labeo A I (1873), 514 m. Fn. 2; Sigerist, Ratihabition (1887), 2. 49 Vgl. Cicero, In Verrem 2.4.149 (Hic ego postulare coepi ut mihi tabulas obsignare ac deportare liceret; ille contra dicere, negare esse illud senatus consultum in quo praetor appellatus esset, negare id mihi tradi oportere. Ego legem recitare, omnium mihi tabularum et litterarum fieri potestatem; ille furiosus urgere nihil ad se nostras leges pertinere. Praetor intellegens negare sibi placere, quod senatus consultum ratum esse non deberet, id me Romam deportare . . .). S. auch Cicero, Pro Balbo 14.33 (. . . id esset, quod postea populus iussisset, ratum . . .); Cicero, De legibus 3.3.6 (. . . eius [senatus] decreta rata sunto . . .); Cicero, De re publica 2.32.56 (. . . quod si, qui bellum geret, imperassit, ius ratumque est). Ferner De Filippi, Ratihabitio (2002), 28 m. Fn. 14. 50 Cicero, Pro Q. Roscio 1.3 Quis hoc frater fratri, quis parens filio tribuit ut, quodcumque rettulisset, id ratum haberet? Ratum habebit Roscius; profer; quod tibi fuerit persuasum, huic erit persuasum, quod tibi fuerit probatum, huic erit probatum. Paulo ante M. Perpennae, P. Saturi tabulas poscebamus, nunc tuas, C. Fanni Chaerea, solius flagitamus et quo minus secundum eas lis detur non recusamus; quid ita non profers? Non conficit tabulas? 51 Cicero, De natura deorum 1.10 Quin etiam obest plerumque iis, qui discere volunt, auctoritas eorum, qui se docere profitentur; desinunt enim suum iudicium adhibere, id habent ratum, quod ab eo, quem probant, iudicatum vident. 52 Pernice, Labeo A I (1873), 515 Fn. 6. 53 Cicero, De legibus 2.20.50 et quod pater familias in eius donatione qui in ipsius potestate est adprobavit, ratum est; quod eo insciente factum est, si id is non adprobat, ratum non est. S. ferner Cicero, Epistulae ad familiares 7.23.1 ac tamen ista ipsa, quae te emisse scribis, non solum rata mihi erunt sed etiam grata. 54 A. Wacke, SZ 121 (2004), 344. 55 Vgl. Scaevola D. 3.5.8. S. dazu ausführlich § 11 der Untersuchung.

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1. Teil: Einführung

die Herausbildung eines Terminus technicus angesehen.56 Kaser mutmaßt, dass die ratihabitio bereits in klassischer Zeit im Anschluss an die cautio ratam rem haberi57 technisch geworden sein könnte.58 Die Entstehung eines Substantivs lässt jedenfalls eine abstrahierende Intention erkennen und legt den Schluss nahe, dass bei der Rechtsfindung nicht ausschließlich aus der unmittelbaren Situation, sondern zumindest auch aus der Rechtsfigur der ratihabitio heraus argumentiert wird. II. Die ratihabitio und das Handeln eines procurator – Ulpian D. 46.8.12.1 Die ratihabitio im römischen Privatrecht kann, wie eingangs dargestellt, aus heutiger Sicht verschiedene Bedeutungen haben. Insbesondere kann sie die nachträgliche Zustimmung zu einer fremden Handlung bedeuten.59 Diese soll hier als erstes im Zentrum der Betrachtungen stehen. Sie wird von Ulpian erläutert in D. 46.8.12.1: D. 46.8.12.1 Ulpian 80 ed. Rem haberi ratam hoc est comprobare adgnoscereque quod actum est a falso procuratore.

In dem Fragment aus dem 80. Buch des Kommentars zum Edikt beschreibt der Spätklassiker Ulpian den Akt des rem haberi ratam als comprobare adgnoscereque. Danach bedeutet rem haberi ratam das, was von einem (falsus) procurator getan worden ist, zu billigen und anzuerkennen. Einige Vertreter der gemeinrechtlichen Literatur sahen in der zitierten Stelle eine abschließende Definition der ratihabitio und hielten sie zum Teil für zu eng gefasst.60 Das Bestreben, in diese Stelle eine umfassende Definition der ratihabi56 Kaser, in: Studi Biondi I (1965), 132 m. Fn. 266; Claus, Stellvertretung (1973), 160; A. Wacke, SZ 121 (2004), 344 f. Die Substantivierung ist eine römische Adaption der griechischen Sprache. Die Griechen hatten bis zum dritten Jahrhundert v. Chr. ihre Terminologie etwa in der Medizin mittels Nominalisierung vereinfacht. Das Lateinische ahmte diese Substantivierung z. B. in der Rechtssprache nach, und ein Beispiel für diese Adaption ist die in Rede stehende ratihabitio, Forner, in: Romanische Sprachgeschichte (2006), 1916. v. Beseler, SZ 46 (1926), 140 verdächtigt das Substantiv ratihabitio generell („Ratihabitio ist im Bereich des VIR immer unecht“). Eine Pauschalverdächtigung des Ausdrucks ratihabitio ist jedoch unberechtigt. Aus heutiger Sicht gilt die hinter dieser Verdächtigung stehende radikalkritische Methode als überholt. Gegen die weitreichenden Interpolationsannahmen Beselers s. auch Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 203; Schwarz, Condictio (1952), 158 Fn. 29; Kaser, in: Studi Biondi I (1965), 132 m. Fn. 266; Kaser, RP I (1971), V 1 (265 Fn. 42); Seiler, Negotiorum gestio (1968), 61 Fn. 1; Finazzi, in: Studi Talamanca (2001), 263 Fn. 29. S. auch A. Wacke, SZ 115 (1998), 441 Fn. 1. 57 Zur cautio ratam rem haberi s. die Ausführungen im 7. Teil. 58 Kaser, in: Studi Biondi I (1965), 132 m. Fn. 266. 59 S. z. B. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 3, 7; Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), s. v. ratus 1) a), b). 60 Vgl. Köllner, Obligatio negotiorum gestorum (1856), 117 Fn. 2.

1. Teil: Einführung

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tio hineinzulesen, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Ulpian wohl nur einen sehr häufigen Anwendungsfall der ratihabitio vor Augen hatte, nämlich das Handeln eines (falsus) procurator.61 An dieser Stelle sei eine kurze Bemerkung zum Bedeutungsgehalt des im Zusammenhang mit der ratihabitio in den Quellen immer wieder auftauchenden Begriffs procurator gemacht: Das Wort procurator war im klassischen römischen Recht nach wohl überwiegender Meinung kein fest umschriebener juristischer Terminus technicus und hatte keine eigenständige rechtliche Bedeutung. Mit ihm war also keine bestimmte Rechtsstellung verbunden.62 Der Ausdruck procurator kann sowohl einen gestor als auch einen Mandatar als auch jede sonstige freie Person beschreiben, die sich der Vermögensverwaltung eines anderen annimmt. Procurator ist kurz gesagt jede freie Person, die im fremden (Vermögens-)Interesse tätig wird. Noch in älterer Zeit, jedenfalls bei Cicero und bis in die erste Hälfte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. hinein, bezeichneten die Römer als procurator wohl ausschließlich denjenigen, der alle Geschäfte eines Abwesenden besorgte.63 Rechtstatsächlicher Hintergrund hierfür ist, dass reiche Römer vielfach Vermögensverwalter einsetzten. Typischerweise, aber nicht ausschließlich handelte es sich dabei um von ihnen Freigelassene, also ehemalige Sklaven.64 Das Innenverhältnis wurde von den römischen Juristen ursprünglich nicht als Rechtsbeziehung gewertet, weil man wohl davon ausging, dass der procurator der Befehlsgewalt seines Bestellers auch nach der Freilassung faktisch noch weiterhin unterstand und das Abhängigkeitsverhältnis somit tatsächlich fortbestand.65 Später wurde die Abhängigkeit gelockert und der procurator rechtlich verselbständigt und es wurden wechselseitige Ansprüche zwischen dominus und procurator anerkannt. Bis in die Hochklassik hinein wurde das Verhältnis nur als eine negotiorum gestio und nicht als Mandat gewertet.66 Der Umstand, dass der procurator om61

S. auch Scheller, Ratihabition (1887), 5; Bertolini, Ratifica I (1889), 9. S. z. B. Klinck, SZ 124 (2007), 51 f. m.w. N.; ders., Übergabe an Dritte (2004), 192; s. auch Wittmann, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 43 ff.; Deppenkemper, Negotiorum gestio I (2014), 187 Fn. 975. 63 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 105. 64 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 105. 65 Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 8 ff.; Kaser, SZ 68 (1951) 581 ff.; ders., RP I (1971), § 62 V 2 (265); ders., RP II (1975), § 204 I 3 (100 f.); ders., TR 30 (1962), 264; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 106; Wittmann, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 43. 66 Als Beleg hierfür wird vor allem Celsus D. 17.1.50 pr. angeführt, s. Kaser, SZ 68 (1951) 581 ff.; ders., RP I (1971), § 62 V 2 (265 f.), § 137 II 1 (587); ders., TR 30 (1962), 264; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 106; Mecke, SDHI 28 (1962), 108 ff. A. A. Behrends, SZ 88 (1971), 247 f., 270; ders., in: Festschrift für Waldstein (1993), 42, der bereits für das vorklassische Recht die Qualifizierung des Rechtsverhältnisses als Mandat im Sinne einer eine Verfügungsermächtigung beinhaltende Treuhand betont. 62

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1. Teil: Einführung

nium rerum,67 der allgemeine Vermögensverwalter, anfangs als gestor negotii und nicht als Mandatar behandelt wurde, liegt wohl darin begründet, dass der procurator einseitig eingesetzt und nicht durch Konsens tätig wurde, oder dass römische Juristen die Einsetzung des procurator omnium rerum wegen der sozialen Abhängigkeit nicht als Mandat gelten lassen wollten; vielleicht haben sie auch ein so umfassendes Generalmandat anfangs nicht anerkannt.68 Erst seit der Hochklassik wurde die Einsetzung eines procurator als Mandat qualifiziert.69 Vermutlich aufgrund veränderter gesellschaftlicher Bedingungen70 erfuhr das Wort procurator einen Bedeutungswandel und büßte seine enge Bedeutung ein und bezeichnete jeden, der sich fremder Angelegenheiten annahm,71 auch den freiwillig eintretenden Freund, der sich in spontaner Hilfsbereitschaft für die Interessen eines abwesenden Römers einsetzt und für den schon immer die Regeln der negotiorum gestio galten. Diese Hilfeleistung zugunsten eines Abwesenden bildet neben der allgemeinen Vermögensverwaltung die zweite Wurzel der negotiorum gestio.72 Die römische Gesellschaft, insbesondere die Oberschicht, war stark von fides und amicitia, also von Treue und Freundschaft geprägt.73 Zu dieser Freundschaft konnte auch die Wahrnehmung von Vermögensangelegenheiten für einen abwesenden Römer gehören.74 Das sich ausweitende römische Reich führte bekanntlich dazu, dass viele Römer häufig ortsabwesend waren, sei es als Soldat, sei es als Kaufmann oder aus anderen Gründen. Die Bezeichnung falsus wird im Zusammenhang mit dem Begriff procurator vielfach im Schrifttum als interpoliert angesehen.75 Entgegen der herrschenden Meinung76 in der Romanistik, wonach die Termini verus und falsus procurator erst im nachklassischen Recht eingeführt worden seien, und der Terminus falsus 67 Andere spätere Bezeichnungen sind procurator omnium bonorum (Gaius D. 20.6.7.1; Paulus D. 46.2.20.2) und procurator rerum suarum (Paulus D. 12.6.6 pr.). S. auch Seiler, Negotiorum gestio (1968), 105 Fn. 6. 68 Kaser, SZ 91 (1974), 190. 69 Vgl. Ulpian D. 3.3.1 pr.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 107; Klinck, SZ 124 (2007), 41. 70 Über die Gründe für diesen Wandel lassen sich nur Vermutungen anstellen. Vielleicht ging man vermehrt dazu über, auch Freigeborene als procurator einzusetzen. Ein freigeborener Prokurator konnte sich für oder gegen die Übernahme der Verwaltung frei entscheiden. Auf ihn passte daher eher die Figur des Mandats, das durch beiderseitigen Konsens zustandekommt und von dem die Quellen betonen, dass es freiwillig übernommen wird, Seiler, Negotiorum gestio (1968), 107 f.; Kaser, RP I (1971), § 62 V 2 (265 f.). 71 Klinck, in: Drittbeteiligung (2011), 17 f. Fn. 3. 72 Meissel, in: Festschrift für Bürge (2017), 274. 73 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 38 ff. 74 Meissel, in: Festschrift für Bürge (2017), 274 f. 75 S. z. B. Schwarz, Condictio (1952), 153; Angelini, Procurator (1971), 234. 76 So Kaser, RP I (1972), § 62 V 2 (266 Fn. 46); Schwarz, Condictio (1952), 51 f., 152; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 404 f.

1. Teil: Einführung

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procurator nur dann klassisch sei, wenn er eine Person bezeichnen soll, die vortäuscht, ein autorisierter procurator zu sein, lässt sich meines Erachtens nicht vollkommen ausschließen, dass das Begriffspaar verus und falsus procurator bereits im klassischen Recht von einzelnen Juristen (auch) verwendet wurde, um einen beauftragten von einem unbeauftragten Geschäftsführer abzugrenzen.77 Im Folgenden wird der Ausdruck falsus procurator, sofern nichts anderes ausdrücklich oder nach dem Zusammenhang bestimmt ist, als auftragloser Geschäftsführer verstanden. Sämtliche in den Quellen im Zusammenhang mit der ratihabitio überlieferten Konstellationen eines Drei-Personen-Verhältnisses betreffen ohnehin denklogisch stets das Handeln einer nicht berechtigten Person, so dass diesbezüglich insoweit begriffliche Zusammenhänge in den Hintergrund treten. Der Ausdruck falsus procurator ist freilich unscharf, da die Quellen ihn mitunter auch im Sinne eines täuschenden Vertreters verwenden.78 Die von Ulpian in D. 46.8.12.1 angeführte „Definition“ kann, wie bereits gesagt, keineswegs als abschließend in dem Sinn verstanden werden, dass ratum habere lediglich auf den Fall des unbeauftragten procurator anwendbar gewesen wäre.79 Ratum habere kann von Fall zu Fall verschiedene Bedeutungen annehmen je nach dem Kontext der Verwendung,80 so dass, wie schon von Griesinger feststellte, „keine erschöpfende Definition des Begriffs der Ratihabition gegeben“ ist.81 Der Text in D. 46.8.12.1 hat in seinem ursprünglichen Kontext wahrscheinlich gar nicht eine so allgemeine Äußerung enthalten, sondern sich auf einen konkreten Fall bezogen.82 Die Passage war vermutlich Teil einer größeren Darstellung über die cautio de rato,83 ein in Stipulationsform abgegebenes Versprechen, mit dem der procurator Schadensersatz für den Fall verspricht, dass der dominus nicht genehmigt,84 denn eine solche Formulierung passt gut in den Kontext einer Erläuterung der Worte ratamque rem habiturum esse85 der Ediktsklausel.86 Ulpian wies dabei auf die allgemeine, wenig aussagekräftige und austauschbare Kategorie des comprobare adgnoscereque hin.

77 Vgl. Ulpian D 46.8.12.1; Gaius IV.84; gleichsinnig Claus, Stellvertretung (1973), 162; Behrends, SZ 88 (1971), 272 m. Fn. 231. 78 Vgl. Papinian D. 47.2.81.5, 7. S. dazu §§ 37 f. der Untersuchung. 79 So auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 6; Sigerist, Ratihabition (1887), 1. 80 So schon v. Seuffert, Ratihabition (1868), 6. 81 v. Griesinger, Ratihabition (1862), 23. 82 So bereits Beckhaus, Ratihabition (1859), 5. 83 S. dazu die §§ 40 ff. der Untersuchung. 84 Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1941. S. dazu näher den 7. Teil der Untersuchung. 85 S. § 41 der Untersuchung. 86 Vgl. Lenel, Pal. II (1889), Sp. 880 (Nr. 1736). S. ferner Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1941.

2. Teil

Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung Ein in den Quellen überliefertes größeres Anwendungsgebiet der ratihabitio findet sich im Zusammenhang mit der negotiorum gestio, der Geschäftsführung ohne Auftrag. Sie soll daher den Ausgangspunkt der Studie bilden. Aus heutiger Sicht ist die Genehmigung im juristischen Sprachgebrauch ein so selbstverständlicher Begriff 1 bei der Geschäftsführung ohne Auftrag, dass auch nicht weiter über ihre Bedeutung und Funktion bei der negotiorum gestio im römischen Recht räsoniert wird. Die Selbstverständlichkeit dieser Annahme soll im folgenden Teil kritisch hinterfragt werden. Es sollen Wesen und Wirkung der ratihabitio auf dem Rechtsgebiet der negotiorum gestio genauer analysiert werden. Insbesondere soll den Fragen nachgegangen werden, in welchen Fällen es der Genehmigung einer Geschäftsführung bedarf und welche Konsequenzen es nach sich zieht, wenn der dominus die Genehmigung verweigert. Im Blick stehen soll dabei auch das Verhältnis von Geschäftsführungsrecht und ungerechtfertigter Bereicherung. So stellt sich die Frage, zwischen welchen Personen im Drei-Personen-Verhältnis Leistender – Geschäftsführer – Geschäftsherr sich der Bereicherungsausgleich vollzieht. 1. Kapitel

Ratihabitio eines an und durch einen Geschäftsführer bewirkten debitum solutum Der große Themenkomplex der ratihabitio von Zahlungen steht am Anfang dieser Untersuchung. Dabei lassen sich verschiedene Fälle unterscheiden und zwar die ratihabitio eines debitum und eines indebitum, und weiter die ratihabitio der Zahlung durch oder an einen Dritten.

§ 5 Ratihabitio eines debitum solutum an einen Geschäftsführer Zunächst sei hier der Fall der Genehmigung der Einziehung einer Forderung durch einen Dritten betrachtet.

1

Vgl. § 684 S. 2 BGB. Vgl. auch Liebs, Lateinische Rechtsregeln (2007), R 2 (205).

1. Kap.: Ratihabitio eines debitum solutum

33

I. Wesen und Wirkung der ratihabitio bei einem debitum solutum Ein praktisch besonders bedeutsamer Fall, wenn nicht sogar der häufigste Fall der ratihabitio ist die Einziehung einer Forderung.2 Der Fall, dass ein Geschäftsführer eine Forderung für einen anderen einzieht, wird in den Quellen mehrfach von den römischen Juristen erörtert. Die Bedeutung der ratihabitio ist bei der Einziehung einer Forderung auf den ersten Blick kaum zweifelhaft, bezweckt sie doch die Herbeiführung der Liberation des Schuldners.3 II. Haftung des Geschäftsführers bei Verweigerung der ratihabitio Die Einziehung einer Forderung durch einen dazu nicht ermächtigten Geschäftsführer muss der dominus nicht gegen sich gelten lassen. Ob der dominus die Genehmigung verweigert, bleibt seiner Willkür überlassen. Allgemein gilt im römischen Recht: Geschäfte eines Geschäftsführers können dem dominus, wenn sie ohne seine Kenntnis in seinem Namen getätigt wurden, nicht zum Nachteil gereichen.4 Verweigert der Geschäftsherr die Genehmigung, so kann der Leistende beim Geschäftsführer kondizieren: D. 12.4.14 Paulus 3 Sab. Si procuratori falso indebitum solutum sit, ita demum a procuratore repeti non potest, si dominus ratum habuerit, sed ipse dominus tenetur, ut Iulianus scribit. quod si dominus ratum non habuisset, etiamsi debita pecunia soluta fuisset, ab ipso procuratore repetetur: non enim quasi indebitum datum repetetur, sed quasi ob rem datum nec res secuta sit ratihabitione non intercedente: vel quod furtum faceret pecuniae falsus procurator, cum quo non tantum furti agi, sed etiam condici ei posse.

Der Spätklassiker Paulus berichtet von der Auffassung Julians, nach der dem leistenden Nichtschuldner die Rückforderung vom procurator versagt sei, wenn der dominus die Annahme des indebitum genehmigt hat.5 Wenn jedoch der dominus die Genehmigung nicht erteilt hat, könne das hingegebene Geld von dem procurator selbst zurückgefordert werden. Das gelte selbst dann, wenn geschuldetes Geld gezahlt worden ist. Es werde nämlich nicht als eine nicht geschuldete Zahlung zurückgefordert (non enim quasi indebitum datum repetetur), sondern

2 Vgl. Ulpian D. 3.5.5.4; Pedius/Ulpian D. 3.5.5.11; Scaevola D. 3.5.8; Paulus D. 3.5.22; Africanus D. 12.1.41; Papinian D. 26.7.37.1; Julian D. 46.3.34.4; Julian/Ulpian D. 46.3.58 pr.; Antoninus C. 2.18 (19).9 (217); ders. C. 8.37 (38).3 (217). S. auch HKK/Jansen, §§ 677–687 Rn. 10; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 11 m. Fn. 15; ders., in: Festschrift für Kaser (1976), 254; Kaser, RP I (1971), § 137 II 1 (588 Fn. 15). 3 Vgl. Julian/Ulpian D. 46.3.58 pr.; Paulus D. 3.5.23; Ulpian D. 46.3.12.4; Gaius D. 3.5.38; Diokletian/Maximian C. 8.43.12 (293). Auch Seiler, Negotiorum gestio (1968), 62 f. 4 Vgl. D. 3.3.49 Paulus 54 ed. Ignorantis domini condicio deterior per procuratorem fieri non debet. Vgl. ferner Gaius D. 3.5.38. 5 Diesem Fall soll sich im 2. Kapitel zugewendet werden.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

gleichsam als eine Leistung wegen eines Erfolgs, der nicht eingetreten ist (sed quasi ob rem datum nec res secuta sit) mit der condictio ob rem.6 Die Wurzeln der condictio ob rem7 liegen im römischen Recht in der Rückgängigmachung einer außerhalb eines klagbaren Vertrages gegebenen Leistung, die mit der Erwartung einer nicht verbindlichen Gegenleistung verknüpft war, also einer datio ob rem (wörtlich: Hingabe wegen eines Erfolges).8 Der Vorleistende konnte zwar nicht auf Erfüllung klagen, er konnte aber wenigstens mit der condictio ob rem seine Vorleistung zurückfordern, wenn die Gegenleistung ausblieb (re non secuta). Der hier zu behandelnde Fall lässt sich nach Sinn und Zweck unter die Voraussetzungen der condictio ob rem subsumieren: Der Schuldner erbringt gegenüber dem procurator von Anfang an eine Leistung außerhalb eines klagebewehrten Vertragstypus – zwischen ihnen besteht weder ein Vertrag, noch soll zwischen ihnen ein Vertrag zustandekommen – allein in Erwartung einer nachfolgenden ratihabitio als einer, wenn auch nicht vom procurator selbst zu erbringenden, nicht einklagbaren res. Statt von Gegenleistung zu sprechen scheint res in seiner allgemeineren Bedeutung hier passender. Es geht hier weder um eine Gegenleistung noch sonstwie um ein verabredetes Verhalten des Geschäftsführers. Aber die Leistung des Schuldners erfolgt zu einem bestimmten Zweck: Der Schuldner zahlt an den Geschäftsführer, um den dominus zu einer ratihabitio zu bewegen. Der procurator haftet dafür, dass der für die Zukunft erwartete Erfolg, die ratihabitio, eintritt.9 III. Zur ratihabitio als allgemeinem Tatbestandserfordernis der negotiorum gestio Auch oder gerade wenn der dominus bei der Einziehung seiner Forderung die Genehmigung verweigert, stellt sich etwa für einen Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers die Frage nach der Entstehung der negotiorum gestio. In der Romanistik wird dazu allgemein die Auffassung10 vertreten, die Entstehung der 6 Harke, SZ 138 (2021), 519. Es handelt sich bei der klassischen condictio um eine einheitliche Klage, die auf mehrere Fälle Anwendung findet, Kaser/Knütel/Lohsse, RP (2021), § 59 Rn. 5. 7 D. 12.4; C. 4.6. 8 Die condictio ob rem entwickelte sich angesichts des engen numerus clausus klagbarer Vertragstypen und war deshalb von erheblicher Bedeutung, Jansen, SZ 120 (2003), 112. Die condictio indebiti wurde analog auf den Fall ausgedehnt, in dem eine nicht verbindliche, allein in Erwartung einer Gegenleistung erbrachte Leistung (datio ob rem) vorlag. 9 S. auch Labeo/Paulus 12.6.6.1, 2; Bertolini, Ratifica I (1889), 64 ff.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 64; Harke, SZ 138 (2021), 519. 10 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 61 f., der vor allem auf Antoninus C. 2.18 (19).9 abstellt; zust. Isola, TR 83 (2015), 117 Fn. 21. Bertolini, Ratifica I (1889), 24; Finazzi, Negotiorum Gestio II.1 (2003), 589 ff.; ders., in: Studi Nicosia III (2007), 432. S. auch Ruhstrat, JherJb 10 (1871), 235.

1. Kap.: Ratihabitio eines debitum solutum

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negotiorum gestio setze nicht generell die ratihabitio des dominus voraus, sondern nur bei bestimmten Tatbeständen, und ein solcher sei die Einziehung einer dem dominus zustehenden Forderung. Diese Auffassung ist auch in jüngerer Zeit immer wieder kritiklos und ohne jede Diskussion übernommen worden. Nur vereinzelt lassen sich Begründungen dafür finden. Eine lautet, die Befreiung des Schuldners sei mit Nachteilen für den Geschäftsherrn verbunden, weil sie die Forderung des dominus zum Erlöschen bringe.11 Dort, wo auf der Quellenebene die Genehmigung der Einziehung der Forderung nicht ausdrücklich erwähnt wird, sei anzunehmen, dass sie als eine Selbstverständlichkeit betrachtet werde oder dass die Erhebung der actio negotiorum gestorum seitens des Geschäftsherrn als konkludente Genehmigung ausgelegt werde.12 Dieser Lehre steht jedoch neben sachlichen Bedenken vor allem der überlieferte Quellenstand entgegen. Der Sichtweise, wonach das Entstehen der negotiorum gestio bei Einziehung einer Forderung von der Erteilung der ratihabitio abhängen soll, lassen sich bereits allgemeine Überlegungen grundsätzlicher Art entgegenhalten. Die negotiorum gestio diente insbesondere der Verhinderung des drohenden Rechtsverlustes des abwesenden dominus negotii.13 Die Einziehung von Forderungen gehörte zum klassischen Kern der negotiorum gestio. Da macht es wenig Sinn, die Entstehung der negotiorum gestio bei der Einziehung einer Forderung von der ratihabitio eines Abwesenden abhängig zu machen. Sonst hätte sie ihr Ziel oft verfehlt, zum Beispiel bei zwischenzeitlichem Erlöschen der der Geschäftsführung zugrunde liegenden Forderung etwa durch Fristablauf.14 Im Folgenden sollen nun die Quellen im Hinblick auf die Frage untersucht werden, ob die Entstehung der negotiorum gestio bei Einziehung eines debitum durch einen Geschäftsführer eine ratihabitio des dominus voraussetzt. 1. Ulpian D. 3.5.5.4 D. 3.5.5.4 Ulpian 10 ed. Si quis pecuniam vel aliam quandam rem ad me perferendam acceperit: quia meum negotium gessit, negotiorum gestorum mihi actio adversus eum competit.

Danach steht mir, wenn jemand eine Geldsumme oder irgendeine andere Sache angenommen hat, um sie mir zu überbringen, weil er mein Geschäft geführt hat, die Geschäftsführungsklage zu. Für die Begründung der negotiorum gestio bedarf es also nicht der ratihabitio.

11 12 13 14

So Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 432. So Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 432. Seiler, Negotiorum gestio (1968), 11 ff., 47 ff.; A. Wacke, SZ 121 (2004), 352. Vgl. auch § 18 I. 1. der Untersuchung.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung 2. Paulus D. 3.5.23 (24)

Anzuführen ist in diesem Zusammenhang auch D. 3.5.23 (24):15 D. 3.5.23 (24) Paulus 24 ed. Si ego hac mente pecuniam procuratori dem, ut ea ipsa creditoris fieret, proprietas quidem per procuratorem non adquiritur, potest tamen creditor etiam invito me ratum habendo pecuniam suam facere, quia procurator in accipiendo creditoris dumtaxat negotium gessit: et ideo creditoris ratihabitione liberor.

Nach Paulus hat ein procurator mit der Annahme des Geldes ein Geschäft des Gläubigers, ein negotium creditoris,16 geführt. Das kann hier mangels Vorliegens eines Auftrags nur in dem Sinne zu verstehen sein, dass Paulus bereits die Entgegennahme der Münzen als eine negotiorum gestio zugunsten des creditor ansieht.17 3. Paulus D. 46.3.62

Dass die Einziehung einer bestehenden Forderung ipso gestu die negotiorum gestio begründet, ergibt sich auch ausdrücklich aus Paulus D. 46.3.62 a. E.: D. 46.3.62 Paulus 8 Plaut. Dispensatorem meum testamento liberum esse iussi et peculium ei legavi: is post mortem meam a debitoribus pecunias exegit: an heres meus retinere ex peculio eius quod exegit possit, quaeritur. et si quidem post aditam hereditatem exegerit pecuniam, dubitari non debet, quin de peculio eo nomine retineri nihil debeat, quia liber factus incipit debere, si liberantur solutione debitores. cum vero ante aditam hereditatem pecuniam accepit dispensator, si quidem liberantur debitores ipsa solutione, non est dubium, quin de peculio id retinendum sit, quia incipit debere hic heredi quasi negotiorum gestorum vel mandati actione. si vero non liberantur, illa quaestio est: cum negotium meum gerens a debitoribus meis acceperis, deinde ego ratum non 15

Dieser Text wird in § 34 II. der Untersuchung ausführlich besprochen. Die römischen Juristen verwenden, wenn sie von einer negotiorum gestio sprechen, Formulierungen wie negotium alterius, negotium absentis, negotium tuum oder negotium einer bestimmten Person. S. dazu auch Reichard, AcP 193 (1993), 572. 17 Im Ergebnis so auch Bertolini, Ratifica I (1889), 58 f.; Kaser, SZ 91 (1974), 195 f. Ferner auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 384, demzufolge im Zeitpunkt der Annahme ein negotium alienum vorliegt, da sich die Zahlung auf eine Forderung des dominus negotii bezieht. Nicht geteilt werden können dessen weitere Ausführungen dahingehend, dass die Fremdheit des negotium gestum, obwohl objektiv damit an sich das Klagerecht des Gläubigers zur actio negotiorum gestorum verbunden sei, in diesem Fall nicht ausreiche, um den Geschäftsherrn zu legitimieren, die actio negotiorum gestorum geltend zu machen, Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 384. Paulus fordere über die Fremdheit des negotium hinaus auch die Genehmigung des Geschäftsherrn und zwar zum einen für den Erwerb des Eigentums an den Münzen und zum anderen für die Befreiung des Schuldners. Finazzi sieht den Grund für die Notwendigkeit der ratihabitio darin, dass der Geschäftsführer sonst unmittelbar auf die Rechtssphäre des Geschäftsherrn einwirken und das Erlöschen seiner Rechte herbeiführen könne, Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 384 f. Dem ist nicht zu folgen. Aus dem Vorliegen des negotium alienum folgt automatisch die Aktivlegitimation zur actio negotiorum gestorum. Für Finazzis Erklärung findet sich kein Ansatz in den Quellen. 16

1. Kap.: Ratihabitio eines debitum solutum

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habuero et mox agere velim negotiorum gestorum actione, an utiliter agam, si caveam te indemnem futurum. quod quidem ego non puto: nam sublata est negotiorum gestorum actio eo, quod ratum non habui: et per hoc debitor mihi constituitur.

Paulus behandelt in dieser Stelle folgenden Fall: Ein dominus hatte einen Sklaven als dispensator (Rechnungsführer oder Verwalter) angestellt und testamentarisch dessen Freilassung verfügt. Nach seinem Tod hat der Sklave die Geschäftsführung fortgesetzt und von seinen Schuldnern weiterhin Gelder eingefordert. Paulus untersucht nun, welche Wirkung diese Geschäftsführung hat und unterscheidet dabei, ob sie vor dem Erbschaftsantritt oder ob sie nachher erfolgt ist. Im zweiten Fall differenziert Paulus weiter danach, ob die Schuldner des Erblassers, welche an den Geschäftsführer gezahlt haben, dadurch befreit worden sind,18 oder nicht, weil sie wussten, dass der dominus verstorben und der Sklave freigelassen war. Im letzten Fall, der hier allein von Interesse ist, fügt Paulus hinzu: Wenn die Schuldner aber nicht befreit werden, so erhebt sich die Frage, ob der dominus mit der actio negotiorum gestorum gegen den Geschäftsführer klagen kann, wenn sein Schuldner an den Geschäftsführer geleistet hat und er nicht genehmigt hat (quod ratum non habui). Paulus negiert dies, denn die actio negotiorum gestorum sei dadurch, dass der dominus nicht genehmigt hat, aufgehoben worden, und dadurch bleibe dem dominus der Schuldner verpflichtet. Da das Geld geschuldet ist, gebührt dem dominus die actio negotiorum gestorum (directa) gegen den Geschäftsführer auf Herausgabe der eingezogenen Münzen.19 Bei Verweigerung der ratihabitio geht sie unter. Für eine Klage des dominus besteht bei Ablehnung der Genehmigung auch kein Bedürfnis mehr. Überdies erwächst dem Leistenden bei Verweigerung der ratihabitio eine condictio gegen den Geschäftsführer20 und dieser kann neben seiner Haftung aus der condictio nicht gleichzeitig noch aus der actio negotiorum gestorum (directa) dem dominus gegenüber verpflichtet sein. Nach Kacprzak21 ist das Herausgabeverlangen seitens des dominus gegenüber dem Geschäftsführer hier nicht ausreichend, um von einer konkludenten Genehmigung der Zahlung ausgehen zu können, weil der dominus die Situation auch ausnutzen könnte, um sich auf eine unredliche Weise zu bereichern. Das Herausgabeverlangen zeige nicht sicher seine Absicht, den Schuldner von seiner Verpflichtung zu befreien. Nur die ratihabitio erteilt an den Schuldner könne als Genehmigung im Rechtssinne angesehen werden. Die Quelle lasse daher keine

18 Ruhstrat, JherJb 10 (1871), 225 Fn. 22. Paulus will offenbar sagen, dass sie befreit sind, sofern sie nicht gewusst haben, dass der Eigentümer gestorben war, so dass der Sklave noch als dispensator legitimiert erscheint. 19 So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 21 f. Fn. 30. 20 Vgl. Paulus D. 12.4.14. Dazu auch § 5 II. der Untersuchung. 21 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 21 f. Fn. 30.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

Schlussfolgerungen über den Einfluss der Genehmigung auf die Wirksamkeit der actio negotiorum gestorum (directa) zu. Die Herausgabe der empfangenen Münzen zu verlangen und gleichzeitig die Liberationswirkung abzulehnen, wie Kacprzak es in Erwägung zieht, stellt jedoch ein widersprüchliches Verhalten dar, mit dem der dominus kein Gehör finden dürfte. Paulus D. 46.3.62 liefert den unmittelbaren Beweis dafür, dass bei Einziehung einer bestehenden Forderung die Klagen aus der negotiorum gestio grundsätzlich ipso gestu entstehen und nicht von der Erteilung der ratihabitio abhängen. Sonst hätte Paulus nicht sagen können, dass die actio negotiorum gestorum durch Versagung der ratihabitio aufgehoben wird.22 Es darf wohl davon ausgegangen werden, dass nach Paulus bei Ablehnung der ratihabitio nur die actio negotiorum gestorum (directa) erlischt und die actio negotiorum gestorum (contraria) zugunsten des Geschäftsführers bestehen bleibt. Finazzi,23 ein Vertreter derer, die die ratihabitio als ein eigenständiges Verpflichtungsmoment für das Schuldverhältnis aus der negotiorum gestio ansehen, erkennt natürlich, dass die ratihabitio hier weit davon entfernt ist, eine Legitimierungsgrundlage für die negotiorum gestio zu sein, und versucht die Stelle damit zu erklären, dass die ratihabitio hier ausschließlich für die Klagbarkeit der actio negotiorum gestorum von Bedeutung sei. Dabei mutet es Finazzi24 seltsam an, dass die Ausübung der actio negotiorum gestorum nicht als stillschweigende Genehmigung der Geschäftsführung gelte. Er erklärt dies mit der offenbar von Paulus so verstandenen Notwendigkeit, dass sämtliche für die Ausübung der actio negotiorum gestorum erforderlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt ihrer Vornahme vorliegen müssen. Der Überlegung von Finazzi ist entgegenzuhalten, dass in der Geltendmachung der actio negotiorum gestorum schon deshalb keine ratihabitio liegen kann, weil durch die Verweigerung der ratihabitio die actio negotiorum gestorum (directa) erloschen ist.25 Die actio negotiorum gestorum (directa) lebt wohl auch nicht

22 Diese Entscheidung von Paulus D. 46.3.62 steht nicht im Widerspruch zu Pomponius in D. 3.5.8 (s. dazu § 11 der Untersuchung), wo Pomponius konstatiert, dass die voluntas der Beteiligten keinen Einfluss auf den Bestand der negotiorum gestio hat. Die Interessenlage dort ist eine andere. Wenn die Genehmigung des dominus ausbleibt, so kann der Dritte das Geld vom Geschäftsführer mit der condictio zurückfordern und zwar wegen Fehlens dieser Voraussetzung. Daraus folgt von selbst, dass die actio negotiorum gestorum des dominus mit der Versagung der ratihabitio wegfällt. Es besteht überhaupt kein Bedürfnis mehr für eine Klage des dominus gegen den gestor. Vgl. auch Ruhstrat, JherJb 10 (1871), 226 f. 23 Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 277. 24 Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 277 Fn. 75. 25 So im Ergebnis auch Ruhstrat, JherJb 10 (1871), 227, der sich dabei allerdings auf Ulpian D. 46.8.12.2 beruft. Ulpian D. 46.8.12.2 kann hier nicht angeführt werden, da

1. Kap.: Ratihabitio eines debitum solutum

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wieder auf, wenn die Genehmigung, nachdem sie zuerst versagt wurde, nachträglich erteilt wird. Die Verweigerung der ratihabitio ist unwiderruflich. 4. Antoninus C. 2.18 (19).9 (217)

Die Ansicht,26 wonach die Entstehung der negotiorum gestio bei Einziehung einer Forderung des dominus durch den gestor die ratihabitio des dominus voraussetzt, stützt sich vor allem auf C. 2.18 (19).9. Antoninus C. 2.18 (19).9 Imperator Antoninus A. Sallustio. Si pecuniam a debitore tuo Iulianus exegit eamque solutionem ratam habuisti, habes adversus eum negotiorum gestorum actionem. PP. VIII k. Mart. Praesente et Extricato conss. (a. 217)

Es handelt sich um eine Konstitution des Kaisers Caracalla aus dem Jahre 217, die unter dem Titel De negotiis gestis steht. Dem Text ist zu entnehmen, dass es sich um ein Reskript handelt, d. h. um eine Rechtsauskunft, welche der Kaiser beziehungsweise die kaiserliche Kanzlei auf Anfrage eines Rechtssuchenden erteilte (in diesem Fall von einem gewissen Sallustius). Trotz der Rechtsauskunft für den Einzelfall hatten Reskripte Gesetzeskraft.27 C. 2.18.9 ordnet an, dass Tu gegen Julian die actio negotiorum gestorum zusteht, wenn Julian von dem Schuldner des Tu Geld eingefordert und Tu die Zahlung genehmigt hat. Dem Wortlaut zufolge kann die Konstitution eigentlich nicht anders verstanden werden, als dass die actio negotiorum gestorum bei der Eintreibung einer Forderung erst durch die ratihabitio des dominus begründet wird. Das Fragment liest sich so, als sei die ratihabitio Tatbestandsvoraussetzung der actio negotiorum gestorum. So hat es Justinian auch sicher gemeint. Die herrschende Ansicht in der Romanistik leitet das ihrer Meinung nach bestehende allgemeine Genehmigungserfordernis für das Entstehen der actio negotiorum gestorum bei Einziehung einer Forderung auch wesentlich aus dieser Konstitution ab.28 Dieses Verständnis konstratiert allerdings mit den hier bislang gemachten Feststellungen für das klassische Recht.

die Unbeachtlichkeit der nachträglichen ratihabitio mit den Besonderheiten der cautio de rato in Zusammenhang steht. S. dazu näher § 42 I. 2. der Untersuchung. 26 S. die Ausführungen eingangs dieses Kapitels. 27 Vgl. Gaius I.5; Ulpian D. 1.4.1 pr.,1. 28 Vgl. z. B. Seiler, Negotiorum gestio (1968), 63. Nach v. Seuffert, Ratihabition (1868), 43 ist die Konstitution in dem Sinne zu verstehen, dass die Genehmigung die actio directa bestehen lässt und sie nicht ein mandatum verwandelt. Für eine Umwandlung der negotiorum gestio in ein mandatum bieten die Quellen jedoch keinen Anhalt (s. dazu den 4. Teil – Ratihabitio und mandatum), so dass auch kein Grund ersichtlich ist, warum Caracalla dies in einer kaiserlichen Verordnung hätte klarstellen wollen.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung 5. Antoninus C. 8.37 (38).3 (217)

Das Principium von C. 8.37.3 ermöglicht es, den Kontext zu bestimmen, in dem der Text von C. 2.18.9 ursprünglich platziert war. Alles spricht für die Annahme, dass C. 8.37.3 eine vollständigere Version der Konstitution darstellt.29 Der § 1 ist praktisch identisch mit C. 2.18.9 und deckt sich auch mit der Angabe des erlassenden Kaisers Caracalla in der Inskription. Beide Konstitutionen stammen aus dem Jahr 217, dem letzten Regierungsjahr Caracallas. Antoninus C. 8.37 (38).3 Imp. Antoninus A. Hadriano. Si, cum tuam pecuniam crederes accommodato nomine Iuliani, stipulatio in personam eius absentis directa est, cum nihil sit actum ea verborum conceptione, intellegis superfuisse tibi rei contractae obligationem. 1. Ac propterea si pecuniam a debitore tuo Iulianus exegit eamque solutionem ratam habuisti, habes adversus eum negotiorum gestorum actionem. PP. VI k. Mart. Praesente et Extricato conss. (a. 217)

Das Reskript behandelt folgenden Fall: Tu hat ein Darlehen an eine Person gewährt, die dem Tu mittels Stipulation die Rückzahlung an den abwesenden Julian versprochen hat. Es scheint, dass nach Auffassung der kaiserlichen Kanzlei die Stipulation zugunsten Dritter nichtig ist. Der Kaiser erkennt aber auf der Grundlage der Zahlung des dem Tu gehörenden Geldes einen Realkontrakt, ein mutuum, zwischen Tu und dem Darlehensempfänger an. Tu steht, wenn er die Zahlung seines Darlehensschuldners an Julian genehmigt hat, gegen Julian die actio negotiorum gestorum zu. Wenn man den Text von C. 2.18.9 in seinem ursprünglichen Textzusammenhang betrachtet, wird deutlich, dass das Hauptaugenmerk der kaiserlichen Kanzlei nicht auf der Begründung der negotiorum gestio und ihren Voraussetzungen liegt, sondern vielmehr auf dem (Nicht-)Zustandekommen der Stipulation, denn die Konstitution steht im Titel De contrahenda et committenda stipulatione (Vom Abschluss und dem Zustandekommen einer Stipulation). In der überlieferten Form, alleine platziert unter dem Codex-Titel De negotiis gestis, muss C 2.18.9 aber eigentlich so verstanden werden, dass die Genehmigung eine Voraussetzung für das Entstehen der actio negotiorum gestorum ist.30 In ihrem ursprünglichen Zusammenhang gesehen ist diese Lesart zwar ebenfalls nicht gänzlich ausgeschlossen, aber wahrscheinlicher ist, dass die ratihabitio deswegen erwähnt wird, um zu entscheiden, ob der Darlehensgeber Tu oder der Darlehensempfänger sich an Julian halten soll. Die Einziehung der Darlehensschuld durch Julian begründet nach allgemeinen Grundsätzen ipso gestu die negotiorum gestio im Verhältnis zum Darlehensgeber Tu.31 Wenn Tu nicht genehmigt, fällt die actio negotiorum 29 So auch Beckhaus, Ratihabition (1859), 47; Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 279; ders., Negotiorum gestio II.1 (2003), 28. 30 Vgl. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 279. 31 Vgl. § 5 III. der Untersuchung. S. auch Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 279.

1. Kap.: Ratihabitio eines debitum solutum

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gestorum (directa) weg, wie sich aus D. 46.3.62 a. E. ergibt.32 Dann kann Tu weiter Zahlung vom Darlehensempfänger verlangen; dieser muss dann bei Julian kondizieren. Für ein solches Verständnis der Stelle spricht auch der Umstand, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass Caracalla bei der Abfassung des Reskripts maßgeblich von Ulpian beraten wurde, der unter Caracalla dem kaiserlichen consilium angehörte und möglicherweise Leiter der kaiserlichen Kanzlei, der Kanzlei a libellis, war.33 Die Reskripte wurden im consilium des Kaisers besprochen und die kaiserliche Kanzlei hat die Entscheidungen protokolliert.34 Gerade Ulpian hat sich nachweislich bei der Unwirksamkeit eines Stipulationsdarlehens für die Gültigkeit des Darlehens als Realkontrakt ausgesprochen35 und überdies, wie noch zu sehen sein wird,36 auch ganz besonders mit der Wirkung der ratihabitio im Zusammenhang mit der negotiorum gestio auseinandergesetzt. Ulpian verlangt an anderer Stelle in einem solchen Fall für das Entstehen der actio negotiorum gestorum die ratihabitio gerade nicht.37 Ursprünglich hat es sich wohl nur um ein einziges Reskript gehandelt und Justinian hat einen Auszug aus dem Reskript zu einem weiteren selbständigen Reskript ausgegliedert und dadurch die ursprüngliche Bedeutung des betroffenen Textstücks verändert. Das allgemeine Genehmigungserfordernis unter Justinian lässt sich mit dem justinianischen Gedanken des Quasikontrakts erklären: Justinian ordnete in seinen Institutionen die Geschäftsführung ohne Auftrag in die von ihm neue geschaffene Kategorie der sogenannte Quasikontrakte ein.38 Es handelte sich bei der negotiorum gestio schon immer um ein außergewöhnlich abstraktes und technisches Rechtsinstitut.39 Die römischen Juristen haben den Anwendungsbereich der negotiorum gestio im Laufe der Zeit stark ausgeweitet und die negotiorum gestio zu einem flexiblen Regressinstitut fortentwickelt. Wegen des weiten Anwendungsbereiches der negotiorum gestio und des Fehlens eines klaren Leitbilds sowie des Fehlens allgemeiner, im Rahmen einer ausführlichen Kasuistik geschaffenen Grundsätze war die Struktur dieses Rechtsinstituts irgendwann wohl nur noch schwer verständlich.40 In der Nachklassik ging mit

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S. oben in § 5 III. 3. der Untersuchung. Knütel, in: Stolleis, Juristen (2001), 640; Kunkel, Juristen (2001), 246. 34 Vgl. Ulpian D. 37.14.17 pr.; Wieacker, RRG II, 73. 35 Vgl. D. 12.1.9.4 Ulpian 26 ed. Numeravi tibi decem et haec alii stipulatus sum: nulla est stipulatio: an condicere decem per hanc actionem possim, quasi duobus contractibus intervenientibus, uno qui re factus est, id est numeratione, alio qui verbis, id est inutiliter, quoniam alii stipulari non potui? et puto posse. 36 S. in §§ 8, 10 der Untersuchung. 37 Vgl. nur Ulpian D. 3.5.5.4. S. dazu § 5 III. 1. der Untersuchung. 38 Vgl. Inst. 3.13.2; Inst. 3.27 pr.-1; s. auch Kaser, RP II (1975), § 268 II 2 (417); HKK/Jansen, §§ 677–687 Rn. 14. 39 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 3. 40 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 3 f. 33

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

dem sich ohnehin vollziehenden allgemeinen Verfall der Rechtskultur jegliches Verständnis dafür verloren.41 Die späteren Juristen bemühten sich um eine Vereinfachung und Vereinheitlichung des Tatbestandes der negotiorum gestio.42 Überlegungen dieser Art wohnte das Bestreben inne, für die negotiorum gestio verallgemeinerungsfähige Regeln herauszubilden. Freilich trugen die späteren Juristen dabei autonom Wertungen an die Quellen heran, die sich nicht aus ihnen begründen lassen. So blieb es unter Justininan allem Anschein nach nicht bei der reinen Klassifizierung im Sinne einer äußereren „Einkleidung“ der negotiorum gestio als Quasikontrakt, sondern damit verbunden waren materielle Änderungen der negotiorum gestio. Als Entstehungsgrund der negotiorum gestio wurde von Justinian ein Konsens angesehen und die ratihabitio wurde als allgemeine, zwingende Voraussetzung für die Entstehung der negotiorum gestio auf Seiten des dominus angesehen. Ein wenn auch singulär gebliebener Beleg für diese Ansicht findet sich in den Basiliken.43 Die Worte Scaevolas in D. 3.5.844 ziehen die Basiliken in Bas. 17.1.8 in folgenden Sätzen zusammen: Skaibol. TÎ xrhsßmwò dioikhqÊn ˜nagkÜzetai dektÎn †ge¦sqai ‡ despüthò, kaÍ Õper dektÎn †gÞsetai 施wtai, kën kakµò dioikhq‰, kaÍ loipÎn ˆrmüzei † katJ tµn dioikoýntwn ˜llütmata ˜gwgÞ. kuro¦ gJr tÎ gegonÎò † dektÎn †ghsamÝnh, ò ænqa xrÝoò ˜paitÞsei í pwlÞsei.45

Danach kommt dem dominus eine Pflicht zur Genehmigung der zweckmäßigen Geschäftsführung zu. Man sollte zwar meinen, dass es im Ergebnis keinen Unterschied macht, ob es zur Begründung oder nur zum Fortbestand der actio negotiorum gestorum der ratihabitio bedarf, weil die Klage aus der negotiorum gestio bei Ausbleiben der ratihabitio, soweit sie im Außenverhältnis für das Wirksamwerden der Verfügung notwendig ist, im Ergebnis wegfällt. Dennoch ist diese Frage, ob die ratihabitio ein Erfordernis für das Entstehen der actio negotiorum gestorum ist oder nur für ihren Fortbestand, nicht rein theoretischer Natur. Zum einen, weil bei Verweigerung der ratihabitio sehr wahrscheinlich nur die Direktklage des dominus erlischt und die Konträrklage zugunsten des gestor bestehen bleibt.46 Zum anderen zeigt sich der Unterschied zwischen den dogmatischen Konstruktionen auch, wenn beispielsweise der Schuldner vor Erteilung der ratihabitio seine Leistung an den

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Seiler, Negotiorum gestio (1968), 3 f.; Kaser, RP II (1975), § 268 II 2 (417). Seiler, Negotiorum gestio (1968), 332. 43 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 72. 44 S. dazu § 11 der Untersuchung. 45 Scheltema A III (1960), 850; Übersetzung bei Heimbach II (1840), 210: Scaevola: Quod utiliter gestum est, dominus ratum habere compellitur, et quod ratum habuerit, valet, quamvis male gestum sit: ideoque competit negotiorum gestorum actio: ratihabitio enim id, quod gestum est, confirmat, sicut si debitum exegerit aut vendiderit. 46 S. oben in § 5 III. 3. der Untersuchung. 42

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procurator rückgängig machen möchte,47 oder wenn, wie im Zusammenhang mit der Rückwirkung der ratihabitio noch näher auszuführen sein wird, das der Geschäftsführung zugrunde liegende Schuldverhältnis vor Erteilung der ratihabitio erlischt.48 Das bloße Bestehen der negotiorum gestio während des Schwebezustandes ist für den dominus bereits mit Rechtswirkungen verbunden. Es lässt sich insoweit von „Vorwirkungen“ der ratihabitio sprechen.

§ 6 Ratihabitio eines durch einen Geschäftsführer bewirkten debitum solutum Wenn ein Geschäftsführer ein debitum an den Gläubiger seines Geschäftsherrn leistet, bedarf es nicht dessen ratihabitio. Der dominus wird sofort frei. Ein Dritter kann grundsätzlich ohne das Wissen des Schuldners, sogar gegen seinen Willen mit schuldbefreiender Wirkung an den Gläubiger leisten.49 Die Tilgung fremder Schulden war im römischen Recht ein Musterfall der Geschäftsführung ohne Auftrag. Wenn sie utiliter geschah, also für den Schuldner nützlich war, hatte der Geschäftsführer die actio negotiorum gestorum (contraria) auf Aufwendungsersatz.50 Den bisher gemachten Beobachtungen zur ratihabitio steht auch D. 17.1.50 pr. nicht entgegen, obwohl die Stelle auf den ersten Blick alles andere als dagegen zu sprechen scheint, dass der ratihabitio eine obligationsbegründende Wirkung für die actio negotiorum gestorum zukommt. Sie handelt von der Leistung auf eine fremde Schuld. D. 17.1.50 pr. Celsus 38 dig. Si is qui negotia fideiussoris gerebat ita solvit stipulatori, ut reum fideiussoremque liberaret, idque utiliter fecit, negotiorum gestorum actione fideiussorem habet obligatum, nec refert, ratum habuit nec ne fideiussor. sed fideiussor etiam antequam

47 Zu diesem Fall s. Paulus D. 3.5.23. S. die Einzelheiten dazu ausführlich in § 34 II. der Untersuchung. 48 Vgl. § 18 I. 1. der Untersuchung. 49 Vgl. Labeo/Javolen D. 3.5.42; Gaius D. 3.5.38; Gaius D. 46.3.53; Marcian D. 46.3.40; Pomponius D. 46.3.23; Paulus D. 12.6.8. Die Frage, ob der Dritte den Schuldner auch gegen dessen Willen und sogar gegen dessen ausdrückliches Verbot befreien konnte, wurde unter den römischen Juristen kontrovers diskutiert, vgl. Labeo/ Paulus D. 46.3.91. S. ferner E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 301; Kaser, RP I (1971), § 149 II 1 (636). Die solutio war als Haftungslösung ursprünglich überhaupt ausschließlich Drittzahlung. Wenn der Schuldner sich schon in der Gewalt des Gläubigers befand, war es typischerweise ein Dritter, der zahlte, Kaser, RP I (1971), § 149 II 1 (636). 50 Vgl. Labeo/Javolen D. 3.5.42; Papinian D. 3.5.31 pr.; Ulpian D. 3.5.5.3; ders. D. 17.1.12.6; Celsus D. 17.1.50 pr. S. auch Seiler, Negotiorum gestio (1968), 11; HKK/ Jansen, §§ 677–687 Rn. 2, 9.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung solveret procuratori pecuniam, simul ac ratum habuisset, haberet tamen mandati actionem.51

Ein procurator führt die Geschäfte eines Bürgen, indem er für den Bürgen an den Gläubiger leistet und damit sowohl den Bürgen als auch den Hauptschuldner befreit. Celsus sagt, soweit er dabei utiliter gehandelt hat, könne der procurator im Rahmen der actio negotiorum gestorum Ersatz seiner Aufwendungen vom Bürgen verlangen und es komme nicht darauf an, ob der Bürge genehmigt oder nicht (nec refert, ratum habuit nec ne fideiussor). Auch wenn er dem Geschäftsführer das Geld noch nicht erstattet hat, könne der Bürge seinerseits vom Hauptschuldner Regress mit der actio mandati nehmen, sobald er die Zahlung des procurator genehmigt. Der Bezeichnung procurator wird hier zum Teil entnommen, dass der Geschäftsführer ein procurator omnium rerum, also ein allgemeiner Vermögensverwalter, sei.52 Es wird aber auch gegenteilig argumentiert, der Verweis auf die ratihabitio in dem Passus nec refert, ratum habuit necne fideiussor habe nur dann einen Sinn, wenn der Geschäftsführer spontan und unautorisiert handelte.53 Die Bezeichnung procurator wird in den Quellen für beide Formen des Geschäftsführers verwendet.54 Bei der Zahlung eines procurator omnium rerum auf eine bestehende Schuld des Geschäftsherrn ist die ratihabitio jedoch entbehrlich. Denn die Einsetzung als procurator omnium rerum geht einher mit einer Ermächtigungs- und Zurechnungswirkung.55 Die Leistung des procurator omnium rerum gilt anders als beim gestor unmittelbar als Leistung seines Geschäftsherrn. Es ist damit von einem procurator in der Form eines gestor auszugehen. 51 Für v. Beseler, SZ 45 (1925), 256 ist „das abstrakte idque utiliter fecit . . . ein Stein statt Brotes“ und daher interpoliert. Zust. Kreller, SZ 59 (1939), 430 f. m. Fn. 4 (Kreller bezieht die Stelle auf das iudicium bonae fidei und ist der Ansicht, dass es im iudicium bonae fidei weder auf das utiliter gerere noch auf das ratum habere ankomme, sondern nur darauf, dass die Zahlung der bona fides entspreche.); Mecke, SDHI 28 (1962), 109 m. Fn. 11. Gleichsinnig Watson, Contract of Mandate (1961), 170 f.; Angelini, Procurator (1971), 201; Cenderelli, Negotiorum gestio I (1997), 125; Morelli, Geschäftsführung (1935), 41. Diese Auffassung übersieht jedoch, dass nicht jede Zahlung der Bürgenschuld durch einen anderen für den Bürgen ein negotium utiliter gestum darstellt, z. B. wenn der Geschäftsführer vor Fälligkeit und trotz Zahlungsbereitschaft des Hauptschuldners geleistet hat, so Seiler, Negotiorum gestio (1968), 52 f.; zust. Bürge, Retentio (1979), 32; Ankum, OIR 1 (1995), 35 f.; Harke, Argumenta Iuventiana (1999), 46; Emunds, Drittleistung (2007), 121 Fn. 24; Finazzi, Negotiorum gestio I (1999), 236; ders., Negotiorum gestio II.1 (2003), 524 m. Fn. 84. 52 Burdese, SDHI 37 (1971), 323; Watson, Contract of Mandate (1961), 37; Seiler, Negotiorum Gestio (1968), 106, 314; Cenderelli, Negotiorum gestio I (1997), 125; Emunds, Drittleistung (2007), 120 m. Fn. 18; wohl auch Finazzi, Negotiorum gestio I (1999), 236. 53 In diesem Sinn Angelini, Procurator (1971), 201 Fn. 111; Wittmann, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 43; Harke, Argumenta Iuventiana (1999), 46. Nach Finazzi, Negotiorum gestio I (1999), 237 ist beides möglich. 54 Vgl. Gaius IV.84; PS 1.3.3; so auch Finazzi, Negotiorum gestio I (1999), 237 m. Fn. 123. S. auch § 4 II. der Untersuchung. 55 Kaser, SZ 91 (1974), 201 f.; Apathy, SZ 96 (1979), 69.

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Die utiliter geschehene Zahlung auf die Bürgschaftsschuld verpflichtet den Bürgen gegenüber dem procurator aus der negotiorum gestio. Darauf, ob der Bürge die Zahlung billigt oder nicht, kommt es nach Celsus nicht an.56 Zugegeben, prima facie kann man Celsus dahingehend verstehen, dass es der ratihabitio zur Begründung der actio negotiorum gestorum für den Fall bedarf, dass ein negotium non utiliter gestum vorliegt.57 Die Ansicht, wonach die ratihabitio die actio negotiorum gestorum zu begründen vermag, ist in der Romanistik so stark verwurzelt, dass die Autoren, die sich mit dieser Stelle beschäftigen, sie im Hinblick auf die Frage nach der Wirkung der ratihabitio für die negotiorum gestio auch gar nicht weiter hinterfragen, sondern ganz selbstverständlich die ratihabitio hier als Substitut für die fehlende utilitas auffassen. Die Aussage von Celsus lässt sich jedoch im Lichte des zweiten Satzes auch so verstehen, dass es für die Begründung der actio negotiorum gestorum über das Vorliegen des negotium utiliter gestum hinaus nicht noch zusätzlich der ratihabitio des dominus negotii bedarf, sondern dass das Erfordernis der ratihabitio ausschließlich dem Haftungsverhältnis des Hauptschuldners zum Bürgen gilt. Nach dieser Lesart kommt es für das Entstehen der actio negotiorum gestorum im Haftungsverhältnis des Bürgen zum procurator nur darauf an, dass die Zahlung des procurator ein negotium utiliter gestum darstellt, d. h., dass etwa nicht vor Fälligkeit und trotz Zahlungsbereitschaft des Schuldners geleistet worden ist. Auch wenn sich der Aufwendungsersatz für den Bürgen danach bemisst, wie weit er seinerseits dem Geschäftsführer aus der negotiorum gestio verpflichtet ist, reicht danach für die Haftung des Hauptschuldners gegenüber dem Bürgen aus der actio mandati58 jedoch die bloße Rechtsstellung des Bürgen als dominus negotii im Verhältnis zum procurator mit der damit verbundenen Verpflichtung aus der actio negotiorum gestorum nicht aus. Vielmehr muss der Bürge entweder dem procurator tatsächlich zahlen oder die Zahlung des procurator an den Gläubiger genehmigen, so dass der Bürge im Außenverhältnis selbst als Zahlender erscheint.59 Die Zurechnung einer fremden Zahlung mittels ratihabitio ist keine Singularität, sondern sie ist ein allgemein anerkanntes Prinzip im römischen Recht. Auch im Kondiktionenrecht begegnen Fälle, in denen dem Geschäftsherrn bei Zahlung eines Dritten die condictio nach ratihabitio der grundlosen Leistung zusteht.60 Für die Aktivlegitimation zur condictio bei Zahlung eines Dritten kommt es darauf 56

Seiler, Negotiorum gestio (1968), 59. So wohl die h. M., s. z. B. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 587 f.; ders., in: Studi Talamanca III (2001), 285. 58 Emunds, Drittleistung (2007), 120 f. meint, Celsus beziehe sich hier auf eine actio mandati (in factum) beim Bürgenregress, und zwar speziell auf das Tatbestandserfordernis des pecuniam abesse. Dieses erfordere eine tatsächliche Vermögenseinbuße, das Bestehen einer Verbindlichkeit genüge nicht. 59 Vgl. auch D. 46.3.56 Paulus 62 ed. Qui mandat solvi, ipse videtur solvere. 60 Vgl. Scaevola D. 13.1.18; Papinian D. 47.2.81.7. S. dazu §§ 37 f. der Untersuchung. Dazu auch Apathy, SZ 96 (1979), 65 ff. 57

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

an, wer dem Kondiktionsschuldner gegenüber als Leistender erscheint. Dafür, dass das Hauptproblem des Falles für Celsus nicht in dem Verhältnis des Bürgen zum procurator, sondern in dem des Bürgen zum Hauptschuldner liegt, spricht der folgende § 1 desselben Fragments, der sich ebenfalls mit der actio mandati des fideiussor beschäftigt, aber unter einem anderen Aspekt. Zumindest bildet Celsus D. 17.1.50 pr. nach dem Vorgesagten keinen sicheren Beleg dafür, dass die ratihabitio im klassischen römischen Recht einen selbständigen Obligierungsgrund für die actio negotiorum gestorum darstellt.

§ 7 Zusammenfassung zur ratihabitio eines debitum solutum Zusammenfassend lässt sich einstweilen Folgendes sagen: Der ratihabitio des dominus bedarf es bei der Einziehung einer Forderung des dominus durch einen Geschäftsführer zur Herbeiführung der Liberationswirkung. Obgleich die Erteilung der Genehmigung der Willkür des Gläubigers überlassen ist, stellt die Einziehung einer bestehenden Forderung durch einen Geschäftsführer ausweislich der Quellen ipso gestu ein negotium des Gläubigers dar.61 Dies hat insbesondere zur Folge, dass dem Geschäftsführer auch bei Verweigerung der Genehmigung ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den Gläubiger zusteht. Die actio negotiorum gestorum (directa) dagegen geht unter, wenn der dominus nicht genehmigt beziehungsweise die Genehmigung verweigert. Wäre die Entstehung der negotiorum gestio bei der Einziehung einer bestehenden Forderung von der ratihabitio eines Abwesenden abhängig gewesen, hätte sie ihr Ziel oft verfehlt, zum Beispiel bei zwischenzeitlichem Erlöschen der der Geschäftsführung zugrunde liegenden Forderung des dominus etwa durch Fristablauf.62 Das allgemeine Risiko eines jeden Gläubigers, die Forderung zu einem späteren Zeitpunkt selbst nicht mehr realisieren zu können, weil der Schuldner womöglich zahlungsunfähig wird, reichte offenbar aus der Sicht der römischen Juristen für das Vorliegen der utilitas der gestio und damit für die Gewährung 61 Insoweit im Ergebnis auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 113. Kacprzak nimmt dort Bezug auf D. 15.1.11.2: Ulpian 29 ed. Sed si a debitore dominico servus exegerit, an domini debitorem se fecerit, quaeritur: et Iulianus libro duodecimo digestorum non aliter dominum deducturum ait, quam si ratum habuisset quod exactum est: eadem et in filio familias dicenda erunt. et puto veram Iuliani sententiam: naturalia enim debita spectamus in peculii deductione: est autem natura aequum liberari filium vel servum obligatione eo quod indebitum videtur exegisse. Nach dieser Stelle wird der Sohn Schuldner seines Vaters, wenn er eingeklagt hat, was ein Dritter dem Vater schuldete und der Vater genehmigt hat. Der Vater kann diese Forderung vom peculium abziehen. Kacprzak zieht eine Parallele zur Leistung an einen gestor negotii. Auch hier diene die ratihabitio der Befreiung des Schuldners. Der Unterschied zwischen den genannten Fällen sei, dass die Klage gegen den gestor dem dominus negotii auch in Abwesenheit der ratihabitio zustehe, während das Recht auf Abzug vom peculium erst nach der ratihabito entstehe. 62 Vgl. § 18 I. 1. der Untersuchung.

2. Kap.: Ratihabitio eines indebitum solutum an einen Geschäftsführer

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eines Aufwendungsersatzanspruches aus, obgleich mit der Einziehung durch den Geschäftsführer noch nicht feststeht, dass die Zahlung des Schuldners dem Gläubiger tatsächlich zugutekommt. Utiliter ist ein negotium aber selbst dann geführt, wenn es den Nutzen des dominus zwar anstrebt, aber letztlich verfehlt.63 Grundsätzlich gilt im römischen Recht: Geschäfte des Geschäftsführers können dem dominus, wenn sie ohne seine Kenntnis in seinem Namen getätigt wurden, nicht zum Nachteil gereichen.64 Die bloße Einziehung der Forderung durch den Geschäftsführer beeinträchtigt die Vermögenssphäre des dominus nicht – abgesehen von der Belastung des Geschäftsherrn mit einer etwaigen erfolgsunabhängigen Aufwendungsersatzpflicht, die bei Einziehung einer Forderung in der Regel nicht sehr hoch ausfallen dürfte, und überdies bei der Beurteilung der utilitas zu vernachlässigen ist.65 Selbst im Falle eines negotium utiliter gestum verfügt der gestor nicht über eine Berechtigung, die Forderung des dominus zum Erlöschen zu bringen und die Einziehung mit befreiender Wirkung für den Schuldner vorzunehmen. Vor dem Hintergrund, dass der Gläubiger sein Forderungsrecht nicht verliert, birgt die Einziehung der Forderung durch den gestor keinerlei Risiko für ihn, vor allem erleidet er dadurch (bis auf einen möglichen Aufwendungsersatzanspruch gegen ihn) keinen rechtlichen Nachteil. Im Übrigen erscheint es nicht interessengerecht, dass der procurator auf angefallenen Aufwendungen wie zum Beispiel Reisekosten „sitzen bleibt“, nur weil der dominus, aus welchen Gründen auch immer, die ratihabitio nicht erteilt. Aus alledem folgt, dass die ratihabitio im klassischen römischen Recht entgegen einer verbreiteten Meinung in der Romanistik bei der Einziehung einer Forderung keine Voraussetzung für die Entstehung der negotiorum gestio ist. Die entgegenstehende Auffassung setzt fälscherlicherweise das bloße Entstehen der negotiorum gestio mit dem Erlöschen der der Geschäftsführung zugrunde liegenden Hauptforderung des dominus gleich. 2. Kapitel

Ratihabitio eines indebitum solutum an einen Geschäftsführer Bisher erstreckte sich die Betrachtung auf den Fall, dass der Geschäftsführer ein debitum für den dominus eingezogen hat.66 Wie aber gestaltet sich die Rechtslage, wenn die vom Geschäftsführer eingezogene Forderung dem dominus nicht zusteht, entweder weil sie gar nicht besteht oder weil sie einem anderen zusteht? Diesen beiden Fällen soll im Folgenden als nächstes nachgegangen wer63 Vgl. Julian/Ulpian D. 3.5.9.1; ferner Seiler, Negotiorum gestio (1968), 51 ff., 56; dazu Mayer-Maly, SZ 86 (1969), 429 ff. 64 Vgl. die Nachweise in Fn. 4. 65 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 113. 66 Zum debitum solutum s. oben das 1. Kapitel im 2. Teil.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

den. Sie geben besonderen Anlass zu der Hoffnung, Erkenntnisse über die Wirkungsweise der ratihabitio zu gewinnen. Dem einfachen Grundfall der Genehmigung eines debitum solutum, also der Einziehung einer bestehenden Forderung durch einen Geschäftsführer, lassen sich derartige Rückschlüsse gerade nicht entnehmen. Nimmt ein Geschäftsführer ein indebitum entgegen, so hat das für seinen dominus zunächst einmal keine Bedeutung. Denn mit der Nichtschuld hat der Geschäftsherr nichts zu tun, die Genehmigung einer Nichtschuld ist im eigentlichen Sinne gar nicht möglich. Nach überwiegender Ansicht in der Romanistik ist aber die ratihabitio zumindest in einigen Fällen in der Lage, eine Geschäftsführungshandlung, die nicht von Anfang an ein Geschäft des Genehmigenden ist, zu einem Geschäft des Genehmigenden zu machen.67 Die Quellen, auf die sich diese Doktrin stützt, sollen im Folgenden näher betrachtet werden.

§ 8 Ratihabitio eines objektiven indebitum solutum – Pedius/Ulpian D. 3.5.5.11 D. 3.5.5.11 Ulpian 10 ed. Item quaeritur apud Pedium libro septimo, si Titium quasi debitorem tuum extra iudicium admonuero et is mihi solverit, cum debitor non esset, tuque postea cognoveris et ratum habueris: an negotiorum gestorum actione me possis convenire. et ait dubitari posse, quia nullum negotium tuum gestum est, cum debitor tuus non fuerit. sed ratihabitio, inquit, fecit tuum negotium: et sicut ei a quo exactum est adversus eum datur repetitio qui ratum habuit, ita et ipsi debebit post ratihabitionem adversus me competere actio. sic ratihabitio constituet tuum negotium, quod ab initio tuum non erat, sed tua contemplatione gestum.68 67 Vgl. z. B. Seiler, Negotiorum gestio (1968), 61, 64; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 395 ff., 584 ff., 628; vgl. auch R. Zimmermann, Obligations (1996), 434 Fn. 8; Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 218 Fn. 10. S. auch Deppenkemper, Negotiorum gestio I (2014), 728, wonach die ratihabitio bewirke, dass die Geschäftsführung als „berechtigte“ gelte und nur die Rechtsfolgen der negotiorum gestio auslöse. 68 Die hier den sujektiven Momenten zugeschriebene Bedeutung zur Bestimmung der Fremdheit des negotium gestum erschien einigen Romanisten übertrieben und führte zu der Hypothese, dass Pedius und Ulpian weder der contemplatio noch der ratihabitio eine Bedeutung zuschrieben und vielmehr die Anwendung der actio negotiorum gestorum ausschlossen. In großem Umfang für überarbeitet hält v. Beseler die Stelle. Anfangs hat sich v. Beseler, Beiträge IV (1920), 171 mit der Stelle noch versöhnlicher gezeigt. Er ließ die Anwendung der actio negotiorum gestorum des Genehmigenden gegen den gestor zu, lehnte aber die Passivlegitimation des Genehmigenden zur condictio indebiti ab und strich den Schlusssatz [et sicut – competere actio]. Später hat sich v. Beseler, SZ 46 (1926), 140 m. Fn. 1 mit der ganzen Stelle überworfen und den Sinn ihrer Aussage in sein Gegenteil verkehrt. v. Beselers Rekonstruktion zufolge wird actio negotiorum gestorum nicht gewährt. v. Beseler, SZ 46 (1926), 140 verdächtigt das Substantiv ratihabitio generell („Ratihabitio ist im Bereich des VIR immer unecht“). Eine pauschale Verdächtigung des Ausdrucks ratihabitio ist jedoch unberechtigt. Serrao, Il procurator (1947), 98 schließt aus, dass die condictio gegen den Genehmigenden gewährt werde; sie sei ausschließlich gegen den gestor anwendbar gewesen. Für die weit-

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Wie die inscriptio zeigt, stammt dieses Fragment aus dem Kommentar des spätklassischen Juristen Ulpian zum Edikt de negotiis gestis. Ulpian zitiert den früheren klassischen Juristen Sextus Pedius,69 auf den Fall und Entscheidung zurückgehen.70 In dem Fall geht es um folgenden Sachverhalt: Ego hält Titius irrtümlich für einen Schuldner des Tu und zieht von diesem außergerichtlich eine in Wahrheit nicht bestehende Forderung ein. Der Geschäftsführer Ego unterliegt einem Irrtum über die Existenz der Schuld, d. h. es liegt eine objektive Nichtschuld (sogenanntes objektives indebitum71) vor, bei der die Leistung schlechthin nicht geschuldet ist. Tu genehmigt im Nachhinein die Einziehung der Forderung durch Ego. Pedius wirft nun die Frage auf, ob Tu gegen Ego mit der actio negotiorum gestorum (directa) vorgehen kann. Offenbar denkt Pedius an den Fall, dass Ego die eingetriebenen Münzen nicht freiwillig an den dominus herausgibt. Dem Geschäftsführer sind wahrscheinlich in der Zwischenzeit angesichts der Rückforderung seitens des Putativschuldners Zweifel gekommen, ob die eingezogenen Münzen dem Geschäftsherrn wirklich zustehen. gehende Echtheit der Stelle dagegen Köllner, Obligatio negotiorum gestorum (1856), 62 f.; v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 7, 15, 121 ff.; Wlassak, Negotiorum gestio (1879), 74 f.; Pernice, SZ 19 (1898), 166 Fn. 6; Peters, SZ 32 (1911), 244 Fn. 1; Partsch, in: Schriften (1931), 84; Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 1 ff., insb. 26; Kaden, SZ 56 (1936), 338 ff.; Schwarz, Condictio (1952), 54 Fn. 41, 155 f.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 64 ff.; ders., in: Festschrift für Kaser (1986), 255; Bremer, Leistung an einen Nichtberechtigten (1970), 68 ff.; Kaser, RP I (1971), § 62 V 1 (265 Fn. 42), § 137 II 2 (588 Fn. 17); ders., SZ 91 (1974), 202; Angelini, Procurator (1971), 245; Claus, Stellvertretung (1973), 295; Cenderelli, SDHI 44 (1978), 404 ff.; ders., in: Atti del II Seminario Romanistico Gardesano (1980), 146 ff.; Wittmann, Geschäftsführung ohne Auftrag (1981), 42; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 91 f. Fn. 41; De Filippi, Ratihabitio (2002), 107, 129, 143 f., 158; Reichard, AcP 193 (1993), 574 Fn. 27; Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 85 f. Fn. 48; Harke, Geschäftsführung und Bereicherung (2007), 16; Finazzi, Negotiorum Gestio, II.1 (2003), 396 ff.; ders., in: Studi Talamanca III (2001), 260 ff.; Deppenkemper, Negotiorum Gestio II (2014), 344 Fn. 5758. Für die Echtheit spricht, dass es eine Reihe von Parallelstellen gibt, so z. B. Papinian D. 47.2.81.5; Africanus D. 46.8.25.1, in denen die Entscheidung wiederholt und vertieft wird, so auch Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 9 ff.; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 396 ff. Der Gedanke, dass die Einziehung einer Putativschuld durch Genehmigung zu einer negotiorum gestio wird, wird allgemein als klassisch erachtet, s. Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 91 f. Fn. 41; Deppenkemper, Negotiorum Gestio II (2014), 346 f. Fn. 5765. 69 Die genaue zeitliche Einordnung von Leben und Wirken von Pedius ist umstritten. Eine Ansicht ordnet ihn der Hochklassik zu, eine andere der Frühklassik, vgl. Kunkel, Juristen (2001), 168 f. 70 Pernice, SZ 19 (1898), 166; Angelini, Procurator (1971), 245; Claus, Stellvertretung (1973), 295; Übersetzung von Huwiler, in: Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis II, Digesten 1–10 (1995), 313 f.; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 399; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 345 Fn. 5759. Dafür, dass die Entscheidung auf Ulpian zurückgehe, Peters, SZ 32 (1911), 244 Fn. 1. 71 Vgl. D. 12.6.65.9 Paulus 17 Plaut. Indebitum est non tantum, quod omnino non debetur, sed et quod alii debetur, si alii solvatur, aut si id quod alius debebat alius quasi ipse debeat solvat. Dazu auch Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 56 ff.

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Pedius sagt, man könne zweifeln, ob Tu den Ego mit der actio negotiorum gestorum in Anspruch nehmen kann, weil gar nicht das Geschäft des Tu geführt wurde, da dieser nicht Gläubiger war. Aber, so führt Pedius weiter aus, die Genehmigung habe das Geschäft zu dem von Tu gemacht. Ulpian ergänzt: Und wie demjenigen, bei dem das Geld eingezogen worden ist, gegen den, der genehmigt hat, eine Klage auf Rückzahlung gewährt wird, so müsse auch diesem selbst nach der Genehmigung eine Klage gegen den Geschäftsführer Ego zustehen. Auf diese Weise mache die Genehmigung ein Geschäft zu dem Geschäft von Tu, das ursprünglich nicht dasjenige von Tu war, aber im Hinblick auf Tu geführt worden ist. Das Fragment lässt die Rechtsstellung des Geschäftsführers Ego offen. Grundsätzlich ist es möglich, dass es sich bei Ego um einen an sich autorisierten procurator handelt. Ein mandatum beziehungsweise ein Generalmandat, das sämtliche Vermögensangelegenheiten des dominus umfasste, ermächtigte im römischen Recht gleichwohl nicht zur Einziehung einer Nichtschuld.72 Beim Einziehen einer nicht bestehenden Forderung überschreitet ein beauftragter procurator das mandatum und handelt somit nicht mehr in seiner Eigenschaft als Mandatar. Im Hinblick auf die Einziehung der nicht bestehenden Forderung hat also in jedem Falle ein unbeauftragter Geschäftsführer gehandelt. Im Falle eines procurator omnium rerum wäre andererseits die Tatsache der ratihabitio nur schwer erklärbar. Zur Einziehung einer (bestehenden) Forderung gilt der procurator omnium rerum nämlich als ermächtigt, so dass es danach keiner weiteren ratihabitio bedurft hätte, sofern man zugrunde legt, dass der dominus vom Bestehen der Forderung ausging.73 Zu Zeiten Ulpians fiel ein procurator omnium rerum zudem nicht mehr unter die Vorschriften der negotiorum gestio, sondern unter die des Mandats.74 Bei dem Einziehenden handelte es sich deshalb wohl um einen vom Geschäftsherrn nicht gesellschaftlich Abhängigen, vielleicht sogar um einen Standesgenossen. Voraussetzung für die Gewährung der actio negotiorum gestorum (directa)75 ist gemäß der demonstratio der zivilrechtlichen Klageformel76 ein negotia alterius gerere. 72 Vgl. Paulus/Celsus D. 12.6.6.2; s. ferner Wlassak, Negotiorum Gestio (1879), 74 Fn. 26; Schwarz, Condictio (1952), 155 f.; Kaser, SZ 91 (1974), 202; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 344. 73 S. dazu unten § 9 I. der Untersuchung. 74 S. dazu § 4 II. der Untersuchung. 75 Für die negotiorum gestio existierten nach herrschender Meinung im klassischen Recht zwei alternative Klageformeln, und zwar eine ältere, in der Vorklassik entstandene prätorische formula in factum concepta und eine jüngere, ebenfalls noch in der Vorklassik entstandene formula in ius concepta ex fide bona, vgl. Wlassak, Negotiorum Gestio (1879), 13 ff., 153 ff., 184 ff.; Lenel, EP (1927), § 35 (101 ff.); Seiler, Negotiorum gestio (1968), 316 ff.; Kaser, RP I (1971), § 137 II 3 (589). 76 Der Wortlaut des Verheißungsedikts für die prätorische Formel der negotiorum gestio lautet wie folgt: Ait praetor: „si quis negotia [alterius] , sive quis negotia, quae cuiusque cum is moritur fuerint, gesserit: iudicium eo nomine dabo“, vgl.

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Bei der Einziehung der Scheinforderung handelt es sich, wie Pedius ausdrücklich konstatiert, an sich nicht um ein Geschäft des Putativgläubigers Tu.77 Die Einziehung einer nicht bestehenden Forderung ist für den vermeintlichen Gläubiger ganz und gar nutzlos.78 Lediglich subjektiv führt Ego ein Geschäft für Tu, weil er meint, Titius sei Schuldner des Tu. Der Wille des gestor hat für sich genommen aber keine obligationsbegründende Kraft. Man könnte deshalb das Vorliegen des negotium alterius im Wege begrifflicher Subsumtion verneinen. Pedius sieht sich augenscheinlich zu Zweifeln veranlasst. Auch die Erteilung der ratihabitio des vermeintlichen dominus kann die Zweifel von Pedius am Vorliegen eines fremden Geschäfts für Tu zunächst nicht zerstreuen (et ait dubitari posse, quia nullum negotium tuum gestum est, cum debitor tuus non fuerit.). Schließlich aber überwindet Pedius seine Bedenken und entscheidet: sed ratihabitio fecit tuum negotium.79 Ulpian80 begründet die Gewährung der actio negotiorum gestorum (directa), und das ist aus heutiger Sicht bemerkenswert und für das Verständnis der ratihabitio im römischen Recht überaus aufschlussreich, gerade nicht primär mit dem Willensmoment des Putativgläubigers Tu, die Forderungseinziehung gegen sich Ulpian D. 3.5.3 pr. Die spätere zivile Formel hat Lenel, EP (1927), § 35 (105) folgendermaßen rekonstruiert: Quod Ns Ns (As As) negotia Ai Ai (Ni Ni) gessit, qua de re agitur, quidquid ob eam rem Nm Nm Ao Ao dare facere oportet ex fide bona, eius iudex Nm Nm Ao Ao condemnato, si non paret absolvito; Voraussetzung war also nur noch ein negotia alterius gerere. 77 S. auch Wlassak, Negotiorum Gestio (1879), 74 f.; Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 2; Schwarz, Condictio (1952), 156; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 345. 78 Reichard, AcP 193 (1993), 574. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 72 dagegen führt die Zweifel von Pedius darauf zurück, dass die ratihabitio generell als ein einseitiges Rechtsgeschäft keine Pflichten für die Person begründen könne, an die sie gerichtet ist. Ihr Zweck bestehe vielmehr darin, die Verantwortung und damit die Haftung für die Handlung eines anderen zu übernehmen, also Pflichten auf Seiten des Genehmigenden zu begründen. S. auch § 9 I. der Untersuchung. 79 Diese Stelle offenbar missverstanden oder ihren ausdrücklichen Wortlaut ignoriert, ohne dabei aber den leisesten Ansatz von Textkritik zu zeigen, hat De Filippi, Ratihabitio (2002), 128 f., die liest, Pedius zufolge werde die actio negotiorum gestorum dem Genehmigenen gerade nicht gewährt, da diese die Fremdheit der Geschäftsführung voraussetze und die genehmigte Geschäftsführung gerade kein fremdes Geschäft darstelle. S. auch De Filippi, Ratihabitio (2002), 129 f., die dort behauptet, dass die Genehmigung des dominus den Charakter der Fremdheit des Geschäfts beseitige. Es falle in die vermögensrechtliche Sphäre des Geschäftsherrn, wodurch diesem die Möglichkeit genommen werde, die actio negotiorum gestorum gegen den gestor zu erheben. Diesen Gedanken, wonach die Geltendmachung der actio negotiorum gestorum nach Erteilung der ratihabitio ausgeschlossen sei, findet De Filippi, ebd., 129 im Übrigen auch von Pomponius in D. 3.5.8 wiedergegeben. S. dazu auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 397 Fn. 115, für den ebenfalls nicht nachvollziehbar ist, wie De Filippi zu ihrer Überzeugung gelangt ist. 80 Auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 397 weist die Passage et sicut – gestum Ulpian zu.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

gelten lassen zu wollen, sondern er stellt zur Begründung auf die Korrelation81 zwischen einer von ihm nicht näher spezifizierten repetitio und der actio negotiorum gestorum (directa) ab: Die ratihabitio, so Ulpian sinngemäß, verschaffe dem Putativschuldner die Möglichkeit einer repetitio gegenüber dem Putativgläubiger und im Gegenzug dafür müsse dem Putativgläubiger eine Klage gegen den Einziehenden zustehen (et sicut ei a quo exactum est adversus eum datur repetitio qui ratum habuit, ita et ipsi debebit post ratihabitionem adversus me competere actio). Dieser Gedanke der Wechselbeziehung der Klagen wird von Ulpian hier nicht neu gefasst, sondern lag sehr wahrscheinlich auch schon der Konzeption von Pedius zugrunde, ohne dass Pedius dies wohl ausdrücklich erwähnt hat. Ulpian stellt damit nur noch einmal ausdrücklich das klar, was für Pedius ohnehin galt. Für beide Juristen lässt sich feststellen: Es sind rein praktischen Erwägungen, die sie hier zur Gewährung der actio negotiorum gestorum (directa) veranlassen. Ihre Argumentation deutet darauf hin, dass die ratihabitio für sie kein allgemein anerkanntes Tatbestandsmerkmal des Rechtsinstituts der negotiorum gestio ist. Der Ausdruck repetitio wird in den Quellen vor allem für die condictio verwendet.82 Auch im vorliegenden Fall hat er diese Bedeutung.83 Die Haftung des Genehmigenden aus der condictio indebiti ist mehrfach belegt und gehörte zum juristischen Gemeingut:84 Nimmt ein Geschäftsführer ein indebitum an und erteilt der dominus die ratihabitio, kann der Leistende die Nichtschuld von dem dominus zurückverlangen. Mit Erteilung der ratihabitio wird die Haftung also auf den Genehmigenden übergeleitet.85 Die römischen Juristen lassen durch die 81 Vgl. auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 397, der von einem „coerente contemperamento degli interessi“, also einer kohärenten Abstimmung der Interessen spricht. 82 Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), 508, s. v. repetere 1): insb. mittels einer condictio. 83 De Filippi, Ratihabitio (2002), 128; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 397; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 346. 84 Vgl. Paulus D. 12.4.14; Julian D. 46.8.22 pr.; Pomponius D. 46.8.16 pr.; Papinian D. 47.2.81.5; Labeo/Paulus D. 12.6.6.1; Celsus/Paulus D. 12.6.6.2. S. auch Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 4 ff.; Kaden, SZ 56 (1936), 339; Serrao, Procurator (1947), 98; Schwarz, Condictio (1952), 54 Fn. 41, 155 f. m. Fn. 24; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 64 f.; Angelini, Procurator (1971), 244; Burdese, SDHI 37 (1971), 307, 316; Claus, Stellvertretung (1973), 155 ff., 160 f., 296 f.; Kaser, SZ 91 (1974), 201; ferner ders., RP I (1971), § 62 V 1 (265 Fn. 42), § 137 II 2 (588 Fn. 17); Reichard, AcP 193 (1993), 574 m. Fn. 28; Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 104 f., 108 f. mit Klingenberg, SZ 120 (2003), 280; Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 262 Fn. 25; ders., Negotiorum gestio II.1 (2003), 408; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 313 Fn. 5632, 346 Fn. 5765. 85 Ein Haftungsmechanismus, der im romanistischen Schrifttum mehrfach besondere Beachtung gefunden hat, vgl. z. B. Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 346: „Bemerkenswerterweise ist es unter den klassischen Juristen offenbar allgemeine Meinung, daß der Scheingläubiger, der die Zahlung eines indebitum an einen falsus procurator genehmigt, der condictio indebiti des Zahlenden ausgeliefert ist.“ Ähnlich äußert sich Zwalve,

2. Kap.: Ratihabitio eines indebitum solutum an einen Geschäftsführer

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Genehmigung die Zahlung nachträglich zu einer Anweisungsleistung werden. Die Genehmigungsfähigkeit des indebitum solutum und die damit einhergehende Begründung der Passivlegitimation zur condictio steht auch hier für beide Juristen außer Frage. Bleibt die ratihabitio dagegen aus, haftet der Geschäftsführer in eigener Person aus der condictio.86 Da der Geschäftsherr durch Erteilung der ratihabitio der Haftung aus der condictio indebiti ausgesetzt ist, besteht das Bedürfnis für einen Deckungsanspruch.87 Daneben gilt es auch eine ungerechtfertigte Bereicherung des gestor zu verhindern.88 Die Deckung erfolgt über die in Rede stehende actio negotiorum gestorum (directa). Die Gewährung der actio negotiorum gestorum wird quasi „aus der Not heraus geboren“ bei einer ursprünglich nicht nützlichen Geschäftsführung, aber dem konkreten Bedürfnis nach einem Regressanspruch im Innenverhältnis. Denn ein anderer für den Ausgleich einsetzbarer Rechtsbehelf steht im römischen Recht nicht zur Verfügung.89 Die sich erhebende Frage nach dem Ursachenkonnex von Außen- und Innenverhältnis, ob also die Außenwirkung die Innenwirkung nachzieht oder umgekehrt („Henne-Ei-Problem“),90 ist dahingehend zu beantworten, dass die Außenwirkung der ratihabitio deren Innenwirkung nach sich zieht und nicht umgekehrt,91 denn das sic knüpft unmittelbar an die Aussage an, wonach infolge der ratihabitio die repetitio gewährt wird. Die Forderungseinziehung wird deshalb zu einem negotium des Putativgläubigers, da er infolge seiner Verpflichtung zur Herausgabe der Münzen aus der condictio indebiti plötzlich selbst ein eigenes berechtigtes Interesse daran hat, die vom Geschäftsführer eingezogenen Münzen

SZ 127 (2010), 304: „Die Genehmigung der Leistung einer Nichtschuld, die darüber hinaus noch einem Dritten (dem Prokurator) erbracht worden ist, ist ohnehin eine schon etwas merkwürdige Rechtsfigur, findet aber ihre Erklärung darin, dass die Leistung mit Hinblick auf den Vertretenen erbracht worden war und deshalb auch vom Vertretenen genehmigt werden konnte. Das ist der Entscheidungsgrund in D. 3,5,5,11 (Ulpianus 10 ad ed.).“ 86 S. § 5 II. der Untersuchung. 87 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 65. Der von Ego an den wahren Gläubiger im Rahmen der condictio indebiti zu zahlende Betrag wird von Pedius schon als geleistet fingiert, bevor Ego überhapt an den wahren Gläubiger geleistet hat gemäß dem Gedanken aus Javolen D. 3.5.27: quia id ei abesse videtur in quo obligatus est – weil das als fehlend angesehen wird, worauf er haftet. Die Belastung mit einer Verbindlichkeit als bereits eingetretener Schaden ist ein klassischer Gedanke, vgl. Medicus, Id quod interest (1962), 191 Fn. 10; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 117 Fn. 4; Manthe, Libri ex Cassio (1982), 132 m. Fn. 54 (1982); Reichard, Die Frage des Drittschadensersatzes (1993), 239 Fn. 83. 88 Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 3; zust. Kaden, SZ 56 (1936), 339. 89 Kaden, SZ 56 (1936), 339; s. auch Harke, Besonderes Schuldrecht (2011), 359. 90 S. ferner Harke, Geschäftsführung und Bereicherung (2007), 17, der ebenfalls diese Frage aufwirft, sie aber unbeantwortet lässt. 91 Vgl. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 397.

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in die Hände zu bekommen. Die Einziehung der Forderung ist für den Putativgläubiger auf einmal von Nutzen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet begründet die ratihabitio in der Tat ein Geschäft des Putativgläubigers. Der von Ulpian angeführte Satz „ratihabitio [. . .] fecit tuum negotium“ ist aller Wahrscheinlichkeit nach ein wörtliches Zitat von Pedius.92 Der Obligierungsgrund ist für Pedius damit offenbar die Besorgung eines negotium alterius im Sinne eines negotium utiliter gestum. Auch wenn Pedius dies nicht explizit formuliert, so liegt es seiner Entscheidung doch erkennbar gedanklich zugrunde. Eine Ansicht im Schrifttum versteht den Ausdruck negotium alterius der Formel der actio negotiorum gestorum grundsätzlich als „Breviloquenz“ 93 für ein negotium utiliter coeptum oder gestum,94 also für ein im Hinblick auf eine bestimmte Person objektiv willens- und interessegemäßes Geschäft.95 Entgegen der herrschenden Meinung96 sei das negotium utiliter gestum nicht lediglich ein spezifisches Erfordernis der Konträrklage, sondern Voraussetzung beider Klagen.97 Das negotium alienum als das bloße fremde Geschäft ist danach kein selbständiges Tatbestandsmerkmal, sondern beruht auf einer gemeinrechtlichen „quellenwidrigen Extrapolation“.98 An dieser Stelle muss die Frage, ob allein die utilitas, d. h. der Nutzen der Geschäftsführung entgegen der herrschenden Auffassung in der Romanistik die negotiorum gestio konstituiert, nicht entschieden werden. Für Pedius und 92

Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 400. Reichard, AcP 193 (1993), 572 f., 581. 94 Reichard, AcP 193 (1993), 572 f., 581; gleichsinnig auch Lenel, EP (1927), § 35 (104); Kaser, RP I (1971), § 137 II 2 (589); Ankum, OIR 1 (1995), 45 f., 52; wohl auch Seiler, Negotiorum gestio (1968), 51, 326. 95 Nur wenige Stellen gehen bei der Behandlung der negotiorum gestio auf das Erfordernis der utilitas der Geschäftsführung ausdrücklich ein, so bereits Seiler, Negotiorum gestio (1968), 58, 326. Die römischen Juristen haben sie in der Regel als selbstverständlich in den Quellen vorausgesetzt. Auch zur Frage des Maßstabs der Nützlichkeit lassen sich in den Digesten nur wenige Aussagen finden. Der Bericht bei Ulpian D. 3.5.9.1 ist wohl mehr als Ausdruck der Bemühungen der Juristen um eine befriedigende konzeptionelle Erfassung bzw. Konkretiserung der utilitas aufzufassen, denn als Beleg für eine Kontroverse in der Sache, so Meissel, in: Festschrift für Bürge (2017), 277. Proculus versteht dort die Utilität objektiv und scheint davon auszugehen, dass deren Beurteilungsgrundlage grundsätzlich allgemeine Gesichtspunkte bilden, Meissel, in: Festschrift für Bürge (2017), 278. Celsus will dagegen bei der Bewertung des Nutzens die persönlichen Umstände des jeweiligen dominus berücksichtigen, Meissel, in: Festschrift für Bürge (2017), 278. 96 Vgl. z. B. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 47; A. Sturm, Negotium utiliter gestum (1878), 4; Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 23; R. Zimmermann, Obligations (1996), 442; Bergmann, Geschäftsführung ohne Auftrag (2010), 89; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 522 f.; HKK/Jansen, §§ 677–687 I Rn. 12; Meissel, in: Festschrift für Bürge (2017), 277; wohl auch Isola,TR 83 (2015), 112. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 510 ff., zusf. 607 sieht die Utilität der Geschäftsführung als eine von mehreren möglichen Legitimationsgründen an. 97 Der Teil zur Frage der utilitas als allgemeinem Tatbestandserfordernis der negotiorum gestio steht aus Gründen der Übersicht als Exkurs in § 9 VII. der Untersuchung. 98 So Reichard, AcP 193 (1993), 574 f. 93

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Ulpian in D. 3.5.5.11 jedenfalls ist im Falle der ratihabitio die Nützlichkeit der Geschäftsführungshandlung offensichtlich Voraussetzung für die Entstehung des Schuldverhältnisses der negotiorum gestio. Die ratihabitio stellt für Pedius und Ulpian entgegen der vielfach in der Romanistik vertretenen Meinung99 kein selbständiges Verpflichtungsmoment für die negotiorum gestio dar. Obgleich die Lösung der beiden Juristen von ihrem Ansatz her rechtsfolgenorientiert ist, was Pedius und Ulpian auch gar nicht verhehlen, gewähren sie hier weder eine analoge100 Klage beziehungsweise eine actio utilis,101 noch setzen sie sich, anders als es im Schrifttum102 teilweise behauptet wird, sonst wie über den Ediktswortlaut hinweg und verzichten auf das Vorliegen des negotium alterius als objektives Tatbestandserfordernis. All diesen Interpretationsversuchen widerstreitet der eindeutige Wortlaut der Stelle. Die Ausdrucksweise „debebit . . . competere actio“ deutet darauf hin, dass die im prätorischen Edikt enthaltene reguläre (zivile) Klage gewährt wird.103 Die römischen Juristen gebrauchten den Ausdruck competere vor allem bei der Gewährung von actiones civiles und dare regelmäßig bei prätorischen Klagen.104 Ferner heißt es „constituet tuum negotium“.105 Abgesehen davon besteht eine qua Analogie zu schließende Regelungslücke, wie oben dargestellt, gar nicht. Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Pedius und Ulpian nur über eine konkrete Einzelfallkonstellation entscheiden. Mit der Wendung „sed ratiha99 S. z. B. Kreller, SZ 59 (1939), 417 m. Fn. 2 mit Verweis auf die hier in Rede stehende Stelle („Die Zivilformel steht im allgemeinen auch dem materiell Unbeteiligten zur Verfügung, sofern nur das, was geschehen ist, nach dem Willen des G zur Gesamtheit der für ihn geführten Geschäfte gehört.“). Harke, Geschäftsführung und Bereicherung (2007), 17 meint, die ratihabitio wirke nicht zwingend utilis. Die ratihabitio sei jedenfalls als Äquivalent zur utilitas zu verstehen. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 555 ist der Auffassung, die Genehmigung sei neben der utilitas eine weitere Legitimationsgrundlage. 100 So aber La Pira, BIDR 45 (1938), 318 f. Gegen La Pira auch Cenderelli, SDHI 44 (1978), 407; Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 262 Fn. 26; ders., Negotiorum gestio II.1 (2003), 402. 101 A. A. Bortolucci, BIDR 27 (1914), 173 Fn. 3. 102 Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 19 („Die Quellen scheinen nicht in allen Fällen einen objectiven Tatbestand der negotiorum gestio zu verlangen.“), ähnlich 25 f. Im Anschluss an Ehrhardt auch Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 352 f., 356 f. (Deppenkemper spricht von einer „Rechtsfolgenlösung“ in dem Sinne, dass sich Pedius über den Ediktswortlaut hinwegsetze und auf Vorliegen des Tatbestandserfordernisses negotium alterius/absentis verzichte und damit das Rechtsverhältnis zwischen Putativgläubiger und Einziehenden nur im Hinblick auf die Rechtsfolgen der negotiorum gestio unterstelle). Gegen Ehrhardt auch Seiler, Negotiorum gestio (1968), 65 Fn. 24; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 76 Fn. 40; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 401. 103 Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 261; ders., Negotiorum gestio II.1 (2003), 397 Fn. 114. 104 Vgl. Gaius IV.112. 105 Vgl. Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), s. v. constituere 3 e).

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bitio [. . .] fecit tuum negotium“ will Pedius seinen zunächst geäußerten Bedenken entgegentreten, und sie ist darum pointiert formuliert.106 Die häufig im Schrifttum anzutreffende Ansicht,107 die Wendung sei Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes, wonach die ratihabitio eine gestio, die nicht von Anfang an ein Geschäft des Geschäftsherrn ist, zu einem negotium alienum beziehungsweise negotium alterius „macht“, ist eine unzulässige Extrapolation.108 Ulpian109 postuliert, dass nicht jede x-beliebige Person, sondern nur derjenige wirksam genehmigen kann, auf den die contemplatio110 des gestor gerichtet ist. Voraussetzung für die Wirksamkeit der ratihabitio ist also eine dieser korrespondierende contemplatio des gestor. Die ratihabitio allein hat hier offenbar keine 106

Seiler, Negotiorum gestio (1968), 65. Vgl. z. B. Dankwardt, Negotiorum Gestio (1855), 13 m. Fn. 7 (wonach sich ganz natürlich die Ansicht entwickeln musste, dass die fehlende utilitas durch Ratihabition dessen ersetzt werde, für welchen der gestor handeln wollte). Nach Wlassak, Negotiorum Gestio (1879), 74 f. hat die reflektierende Tätigkeit der römischen Jurisprudenz seiner Einschätzung nach ausgehend wohl von Pedius, der „Aneignungserklärung (zum Nachteil der Klarheit in den Quellen auch ratihabitio genannt), also einem Willensacte des Dominus“ im Rahmen der negotiorum gestio generell die Rechtswirkung beigelegt, „die an und für sich mangelnde reale Beziehung zu meiner Vermögenssphäre herzustellen“. Ferner Brückmann, Rechte des Geschäftsführers ohne Auftrag (1903), 36. Bezeichnend auch Liebs, Lateinische Rechtsregeln (2007), A 73 (33): Alienum negotium ratihabitione fit meum (Ein fremdes Geschäft wird durch Genehmigung mein eigenes) mit Verweis auf den Text in D. 3.5.5.12, für den das Gleiche wie hier gilt. Auch die Glosse legte der ratihabitio eine konstitutive Wirkung für das Entstehen des Schuldverhältnisses aus der negotiorum gestio bei, vgl. Gl. Ipso gestu ad D. 3.5.5.13: et nota hic, quod quattuor modis dicitur negotium alienum: cura et sollicitudine, item re ipsa, item ratihabitione, item ipso gestu. Die humanistische Jurisprudenz, der mos gallicus, erkannte ebenfalls ein negotium ratihabitione alienum des dominus an, vgl. Donellus, Opera omnia 4 (1764), Sp. 155–157. 108 In diesem Sinne auch Kaden, SZ 56 (1936), 339; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 65; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 82. 109 Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 400 f. m. Fn. 125. Für Pedius dagegen Cenderelli, SDHI 44 (1978), 406; ders., in: Atti del II Seminario Romanistico Gardesano (1980), 146 Fn. 2. 110 Unter der contemplatio ist in Abgrenzung zum animus negotia alieni gerendi der Wille des gestor zu verstehen, im Interesse einer ganz bestimmten Person zu handeln, Reichard, AcP 193 (1993), 570. Das Merkmal der contemplatio gilt gemeinhin als Gedankengut der klassischen Jurisprudenz, vgl. Kaser, RP I (1971), § 137 II 2 Fn. 17 (588); ders., RP II (1975), § 268 II 2 (418); s. auch Kroppenberg, Insolvenz (2001), 157 Fn. 93. Das Erfordernis der contemplatio domini halten dagegen im vorliegenden Fall für interpoliert Bortolucci, BIDR 27 (1914), 173 Fn. 3; Rabel, in: Studi Bonfante IV (1930), 289; Partsch, in: Schriften (1931), 84 Fn. 227, 91; v. Beseler, SZ 56 (1936), 45. Hier ist schon deshalb von der Klassizität des Erfordernisses der contemplatio auszugehen, weil es neben der ratihabitio offenbar als Kriterium der Vermögenszuordnung erforderlich ist. Entgegen der Ansicht von De Filippi, Ratihabitio (2002), 128 („anche se gestito spendendo il suo nome“) stellt der Jurist aber nicht darauf ab, dass der gestor das Handeln für den dominus offen gelegt hat. Das römische Recht kannte das Institut der direkten Stellvertretung nicht, so dass das Handeln in fremden Namen nur eine untergeordnete Rolle spielte, s. auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 396 Fn. 112. 107

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konstituierende Kraft.111 Auch die contemplatio domini weist das negotium zwar nicht unmittelbar dem Putativgläubiger zu, macht es aber genehmigungsfähig.112 Die beiden Voraussetzungen (contemplatio und ratihabitio) sind gleichwertig und müssen kumulativ vorliegen, denn keine für sich genommen ist geeignet, die Fremdheit der Geschäftsführung zu begründen.113 Es verhält sich hier aber nicht so, wie im Schrifttum zum Teil vertreten wird, dass die Juristen aufgrund der übereinstimmenden Willen von Geschäftsführer und Putativgläubiger ein negotium des Putativgläubigers annehmen.114 Genau genommen konstituiert nicht der Wille des dominus in Form der ratihabitio im Zusammenspiel mit der entsprechenden contemplatio des gestor die negotiorum gestio, sondern erst die durch die beiden Willen herbeigeführte Rechtswirkung im Außenverhältnis,115 d. h. die Passivlegitimation zur condictio indebiti. Die ratihabitio im römischen Recht bezog sich anders als im geltenden Recht, wie schon Flume116 herausgestellt hat, nicht auf eine fremde Verfügung, die ein Nichtberechtiger über ein indebitum trifft, sondern war gegenstandsbezogen auf die Zahlung. Ein Anspruch, der eine verfügbare materiale Rechtsposition begründet, besteht hier gar nicht. Die Rechtsfolge der ratihabitio, das Entstehen der negotiorum gestio, tritt nicht ein, weil der Genehmigende (in Übereinstimmung mit dem Geschäftsführer) das „so will“, sondern weil der Tatbestand der condictio erfüllt ist. Mit diesem Verständnis geht eine Verobjektivierung der ratihabitio einher. Im Außenverhältnis (also im Hinblick auf die condictio indebiti) kann nach Pedius und Ulpian nur derjenige wirksam genehmigen, auf den die contemplatio des gestor gerichtet ist. Die Bedeutung des Tatbestandserfordernisses der contemplatio domini für den Tatbestand der condictio indebiti erklärt sich wohl daraus, dass, solange sich die Münzen noch beim gestor befinden, die Forderungseinziehung dem Putativgläubiger in irgendeiner Weise zurechenbar sein muss (durch datio oder ihr Gleichgestelltes117), um die Haftung aus der condictio zu rechtfertigen. Dafür genügt die ratihabitio für sich genommen anscheinend nicht, son111 Vgl. Cenderelli, SDHI 44 (1978), 405; ders., in: Atti del II Seminario Romanistico Gardesano (1980), 148 ff.; Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 85 f. Fn. 48. 112 Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 401. 113 Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 400 f. m. Fn. 124. 114 So aber Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 400 f. Vgl. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 17 f., der wie viele seiner Zeitgenossen von der Rechtsfigur des sog. „subjektiven dominus“ spricht, welcher durch die contemplatio bestimmt werde. Der ratihabitio des „subjektiven dominus“ sei dann Bedeutung beizumessen, wenn die Geschäftsführung eine unmittelbare Wirkung auf das Vermögen des „objektiven dominus“ nicht ausübe. In diesem Sinn auch Bertolini, Ratifica I (1889), 123. Vgl. ferner v. Monroy, Vermögensrechte (1878), 30, 34, 72, der auf eine Willensübereinstimmung abstellt. 115 Gleichsinnig auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 76. 116 Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 91. 117 S. zu der Frage der haftungsbegründenden Wirkung der ratihabitio bei der condictio § 34 der Untersuchung.

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dern der gestor muss auch von seiner Warte aus die Forderung gerade für den vermeintlichen Gläubiger eingezogen haben, mit anderen Worten: die Forderungseinziehung muss das negotium des Putativgläubigers sein. Durch die ratihabitio erwirbt der dominus offenbar neben dem Besitz auch Eigentum an den eingezogenen Münzen.118 Es wirkt auf den ersten Blick schon beinahe wie ein Zirkelschluss: Die ratihabitio begründet das negotium des Putativgläubigers aufgrund seiner Passivlegitimation zur condictio, die aber wiederum selbst überhaupt die ratihabitio voraussetzt. Reichard119 hat im Zusammenhang mit der negotiorum gestio die Vermutung geäußert, die römischen Juristen hätten anders als im geltenden Recht bei der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zwischen Innen- und Außenverhältnis zu differenzieren gewusst; er spricht von einem für die römischen Juristen selbstverständlichen „Gleichlauf von Außen- und Innenverhältnis bei der negotiorum gestio“.120 Auch hier lässt sich im Hinblick auf die Wirkung der ratihabitio nach dem Verständnis der modernen Zivilrechtsdoktrin ein „Gleichlauf von Innen- und Außenverhältnis“ 121 feststellen, denn wenn die Wirkung der ratihabitio im Innenverhältnis eintritt, liegt stets auch die Wirkung im Außenverhältnis vor und umgekehrt; nur so ist die von Pedius vorgeschlagene Konzeption mit dem vorgezeichneten Regressweg überhaupt erst möglich. Die ratihabitio begründet jedoch nur vermittels ihrer Wirkung im Außenverhältnis die negotiorum gestio. Wie Flume122 treffend angemerkt hat (allerdings ohne weitere Erläuterung), kann der Satz tuum negotium, quod ab initio tuum non erat, der der Begründung der actio negotiorum gestorum (directa) des dominus gilt, gleichermaßen für die Begründung der condictio indebiti gegen den dominus herangezogen werden, denn infolge der ratihabitio haftet er zugleich mit der condictio. Die Einzelheiten des Falles werden nun näher zu betrachten zu sein.

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S. § 34 der Untersuchung. Reichard, AcP 193 (1993), 572 f. Fn. 21; zust. Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 211. Dieses Prinzip des Gleichlaufs von Innen- und Außenverhältnis ist kein Spezifikum der ratihabitio, sondern gilt im römischen Recht für das Rechtsinstitut der negotiorum gestio schlechthin. A. A. Emunds, Drittleistung (2007), 133 Fn. 78, 289 ff. 120 Reichard versteht allerdings den Gleichlauf in dem Sinne, dass die ratihabitio nebst ihrer Außenwirkung auch unmittelbar die negotiorum gestio im Innenverhältnis begründet. 121 Reichard, AcP 193 (1993), 574 Fn. 28. Im geltenden Recht ist von der Wirkung der Genehmigung im Innenverhältnis zwischen Geschäftsherr und Geschäftsführer die Frage der Wirkung im Außenverhältnis begrifflich zu trennen. Dies entspricht der seit Laband, ZHR 10 (1866), 183 ff., 203 ff. anerkannten Abstraktion der Vollmacht als nach außen wirkender Legitimation vom Grundverhältnis, insb. vom Auftrag, s. Reichard, AcP 193 (1993), 574 Fn. 28. 122 Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 91 f. 119

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§ 9 Ausgewählte Einzelfragen Die Entscheidung in D. 3.5.5.11 wirft eine Reihe von Fragen auf, denen im Folgenden nachgegangen werden soll. I. Zum Motiv des Genehmigenden Eine Frage, die sich natürlich aufdrängt, ist die Frage nach dem Beweggrund des Putativgläubigers Tu für die Genehmigung. An sich sollte man erwarten – vorausgesetzt, der dominus wusste von der Nichtschuld –, dass ein „vernünftiger“ Putativgläubiger nicht genehmigt, eben um sich nicht der Kondiktionshaftung auszusetzen. Selbst als juristischer Laie musste Tu davon ausgehen, dass er das Geld nicht behalten darf. Vielleicht hat er es aber auch auf einen Versuch ankommen lassen und wollte den Irrtum des Putativschuldners ausnutzen, um sich auf seine Kosten zu bereichern. Der Sachverhalt lässt offen, ob Tu in Kenntnis der Nichtschuld genehmigt hat oder nicht. Die Passage tuque postea cognoveris bedeutet nicht zwingend, dass der dominus bewusst eine Leistung auf eine Nichtschuld genehmigt hat.123 Cognoscere ist sprachlich Inchoativum, d. h. es impliziert das erstmalige Erlangen der Kenntnis. Dies spricht dafür, dass es hier die Kenntniserlangung des dominus vom Einziehungsvorgang zum Ausdruck bringt.124 Kacprzak,125 die von der Kenntnis des Genehmigenden von der Nichtschuld im Zeitpunkt der ratihabitio ausgeht, versteht die ratihabito als Zugeständnis des Putativgläubigers, den vom Putativschuldner an den Geschäftsführer gezahlten Betrag von sich aus dem Putativschuldner zurückzuzahlen und somit „freiwillig“ die Haftung für die Handlung eines anderen zu übernehmen. Sie führt dazu aus: Die Genehmigung als ein einseitiger Rechtsakt könne nicht der Person, an die sie gerichtet ist, Verpflichtungen auferlegen, sondern könne Rechte für den Genehmigenden nur sekundär begründen. Kacprzak setzt für die Erteilung der ratihabitio voraus, dass der dominus entweder die rechtsgrundlos geleistete Summe an den Putativschuldner zurückzahlt (als konkludente Erteilung der ratihabitio) oder er dem Scheinschuldner seine Bereitschaft erklärt, dies alsbald zu tun, wobei er die Haftung aus der condictio indebiti übernehme.126 Auf diese Weise mache er 123 So aber De Filippi, Ratihabitio (2002), 143 f., die deshalb behauptet, die ratihabitio bringe „radikale Wirkungen“ hervor. 124 S. auch Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), 75, s. v. cognoscere 1): kennenlernen, Kenntnis von etwas erhalten, erfahren. Vgl. ferner die Übersetzung nach Huwiler, in: Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis II, Digesten 1–10 (1995), 313: „und wenn du später davon Kenntnis erhalten und genehmigt hast“. Gleichsinnig Schwarz, Condictio (1952), 156 f.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 64; Claus, Stellvertretung (1973), 296. 125 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 72. 126 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 72.

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ein Geschäft zu seinem, das zunächst in keiner Weise mit seinen Interessen verbunden war. Infolgedessen werde ihm die actio negotiorum gestorum (directa) gegenüber dem gestor gewährt.127 Kacprzak128 führt die vorliegende Entscheidung im Wesentlichen auf Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der Erteilung der ratihabitio in Verbindung mit einer dem Juristen Pedius unterstellten Scheinproblematik zurück: Der dominus trage die Beweislast129 für die Erteilung der ratihabitio und hätte Schwierigkeiten, die an den gestor gerichtete ratihabitio zu beweisen und die Geltendmachung der actio negotiorum gestorum würde – entgegen allen berechtigten Erwartungen – von Pedius nicht als ratihabitio verstanden. Wäre die Erteilung der Genehmigung gegenüber dem gestor ausreichend, dann hätten die Klageerhebung des dominus gegen den gestor und die Genehmigung als gleichwertig betrachtet werden müssen. Daher sei die Behauptung von Pedius, bei fehlender Genehmigung gebühre dem dominus nicht die actio, ein reines Scheinproblem, denn wer und auf welche Weise könnte beweisen, dass der dominus nicht das Recht zur Klage habe. In dem vorliegenden Fall müssten Pedius und Ulpian daher eine Genehmigung gerichtet an den Putativschuldner zugrunde gelegt haben. Der dominus habe für eine wirksame ratihabitio die Rückzahlung des Geldes an den Scheinschuldner beweisen müssen oder zumindest die Tatsache, dass er gegenüber dem Scheinschuldner seine Absicht erklärt hat, die Haftung aus der condictio indebiti zu übernehmen. Die der Entscheidung zugrunde liegende verfahrensrechtliche Lage stelle sich wie folgt dar: Der dominus erhebe Klage gegen den gestor auf Herausgabe der Münzen, die dieser von dem Putativschuldner erlangt hat.130 Der gestor verweigere die Zahlung mit der Begründung, in der Zwischenzeit sei bekannt geworden, dass die Leistung nicht dem dominus gebühre. Aus diesem Grund müsse der gestor das, was er erhalten hat, nicht als gestor dem dominus herausgeben, sondern vielmehr dem Putativschuldner zurückzahlen, dem er aus der condictio verpflichtet sei.131 Nach der Auffassung von Pedius, wonach dem Putativgläubiger die actio negotiorum gestorum (directa) bei Einziehung einer Nichtschuld nicht zustehe, hätte der dominus negotii damit den Streit verloren. Denn um zu gewinnen, hätte er beweisen müssen, dass das Geschäft infolge der Genehmigung sein Geschäft geworden ist. Ein solche Deutung erscheint bereits nach allgemeinen Überlegungen wenig lebensnah, weil es in diesem von Kacprzak angenommenen Fall, in dem der Putativgläubiger weiß, dass die Schuld nicht besteht, näherliegend wäre, dass er 127

Kacprzak, Ratihabitio (2002), 72. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 72. 129 Es darf wohl davon ausgegangen werden, obgleich dies in der Romanistik sehr kontrovers diskutiert wird und die römischen Juristen allgemeine Beweislastregeln so gut wie gar nicht formuliert haben, dass es im römischen Zivilprozess gewisse Regeln der Beweislastverteilung gegeben hat, so Kaser/Hackl, RZ (1996), § 53 (361 ff.). 130 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 72. 131 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 72 f. 128

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sich aus der Sache raushält, indem er die ratihabitio verweigert beziehungsweise nicht erteilt und den Putativschuldner an den Geschäftsführer verweist. Kacprzak steht auf dem Standpunkt, die ratihabitio dehne den Anspruch des Putativschuldners gegen den Geschäftsführer auf den Genehmigenden aus. Die ratihabitio wird auf diese Weise als eine Art Schuldübernahme gedeutet. Eine „Haftungsübernahme“ wäre rechtstechnisch aber eigentlich nur durch Stipulation möglich. Vielleicht meint Kacprzak aber auch eine Haftungsübernahme nicht im rechtstechnischen Sinne, sondern bloß faktisch. Wenn man der ratihabitio die Funktion einer freiwilligen Haftungsübernahme für die Handlung eines anderen zuschreibt, wie Kacprzak es tut, ist eigentlich schwerlich erklärbar, warum der Putativgläubiger dann überhaupt noch aus der condictio verpflichtet wird. Kacprzak lässt die dogmatische Konstruktion der Haftung des Putativgläubigers aus der condictio, von der Pedius unstreitig bei seiner Lösung ausgeht, völlig im Dunkeln. Der Putativschuldner erlangt einen eigenständigen Bereicherungsanspruch gegen den Putativgläubiger. Die Haftung aus der condictio in eigener Person kann nur über die haftungsbegründende datio oder einen ihr gleichgestellten Umstand erfolgen.132 Kacprzak ist auch insoweit nicht zu folgen, als sie annimmt, dass Pedius nur auf eine an den Scheinschuldner gerichtete ratihabitio abstellt. Dass die ratihabitio nicht nur verbis, sondern auch actu erteilt werden kann, wird in den klassischen Quellen ausdrücklich statuiert.133 An wen die ratihabitio erklärt werden muss, wird in den römischen Quellen an keiner Stelle thematisiert, geschweige denn ausdrücklich gesagt.134 Auf den Erklärungsadressaten kann es eigentlich schon deshalb nicht ankommen, weil den Römern die Kategorie einer empfangsbedürftigen Willenserklärung, also die Aufspaltung des Rechtsgeschäfts in Wille und Erklärung, fremd war. Zum anderen erfüllt die ratihabitio je nach Fall völlig verschiedene Funktionen: Einmal wirkt sie sich nur auf das Verfügungsgeschäft im Außenverhältnis aus. In anderen Fällen kommt der die Rechtslage gestaltenden Genehmigung eine bilaterale Wirkung im Innen- und Außenverhältnis zu, so dass es den einen Adressaten schon aus diesem Grund oftmals nicht geben kann, zumal für die Beteiligten nicht erkennbar ist, welche Art von Genehmigung überhaupt vorliegt. Die ratihabitio musste wohl grundsätzlich in irgendeiner Weise 132

Dies wird näher in einem besonderen Teil (6.) behandelt werden. Zur konkludenten ratihabitio vgl. Scaevola D. 46.8.5; Paulus D. 46.1.66; s. auch Beckhaus, Ratihabition (1859), 8; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 28; De Filippi, Ratihabitio (2002), 158. In bestimmten Fällen kam, wie in § 20 der Untersuchung noch zu sehen sein wird, auch eine stillschweigende Genehmigung in Betracht. 134 Auch die Pandektisten haben diese Frage, wie auch schon E. Zimmermann anmerkte, oftmals „sehr stiefmütterlich behandelt“, Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 158. Entweder haben sie zu diesem Punkt überhaupt keine Stellung bezogen oder aber ganz allgemein die Art und Weise der Erteilung der ratihabitio für gleichgültig erklärt. 133

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nach außen hin manifestiert werden, gleichviel in welcher Form. In der Regel wird sie bei der Einziehung einer Forderung gegenüber dem (vermeintlichen) Schuldner erklärt worden sein, weil dieser natürlich ein Interesse an ihr hatte. Ferner ist, um weiter auf die Argumentation von Kacprzak zurückzukommen, entgegen ihrer Annahme die Verwirklichung des Tatbestandes der actio negotiorum gestorum völlig offen. Das Hauptaugenmerk von Pedius gilt doch gerade der vorgelagerten materiellrechtlichen Frage, ob die ratihabitio des Putativgläubigers eine actio negotiorum gestorum überhaupt tatbestandlich begründen kann. Die Erteilung der ratihabitio führt für Pedius nicht selbstverständlich zur Begründung des Schuldverhältnisses aus der negotiorum gestio. Das stellt die Problematik des Falles dar und gilt es zu untersuchen. Die wirksame Erteilung der ratihabitio wird von Pedius und Ulpian jedenfalls als unstreitig vorausgesetzt. Kacprzaks Vorwurf des Scheinproblems verfängt daher nicht. Es ist in dem in D. 3.5.5.11 geschilderten Fall davon auszugehen, dass der dominus sich im Zuge der Erteilung der ratihabitio nicht zu einer freiwilligen Haftung gegenüber dem Putativschuldner bereit erklärt, sondern sich vielmehr die eingezogene Summe selbst einverleiben will. Fraglich ist, ob er dabei redlich ist oder nicht. Damit verbunden ist die Frage, ob dem Geschäftsherrn bei der Genehmigung die Kenntnis der Nichtschuld schadet oder nicht. Grundsätzlich begeht derjenige, der wissentlich ein indebitum annimmt, ein furtum.135 Die Folge ist, dass der Empfänger, der fur, kein Eigentum an den Geldstücken erwirbt, da es aufgrund des furtum an einer iusta causa fehlt.136 Auch der procurator verübt bei wissentlicher Annahme eines indebitum ein furtum.137 Seine Bösgläubigkeit hindert den dominus aber nicht, sich die Forderungseinziehung durch Genehmigung zurechnen zu lassen.138 In den Digesten fehlen eindeutige Quellennachweise dazu, ob dem Genehmigenden die eigene Kenntnis vom Nichtbestehen der Forderung schadet. Aufgrund des Fehlens eindeutiger Nachweise haben sich im Schrifttum im Wesentlichen zwei verschiedene Meinungen zu dieser Frage herausgebildet: So wird insbesondere von Ehr135 Vgl. Papinian D. 12.6.55; Scaevola D. 13.1.18; Ulpian D. 47.2.43 pr.,1; Kaser, RP I (1971), § 143 I (614 f. m. Fn. 15). Eine abschließende Definition für das furtum im römischen Recht gibt es nicht. Nach der Definition des Paulus D. 47.2.1.3 ist ein furtum eine contrectatio rei fraudulosa lucri faciendi gratia velipsius rei vel etiam usus eius possessionisve. quod lege naturali prohibitum est admittere. Diebstahl ist danach jedes unredliche Antasten in gewinnsüchtiger Absicht, sei es der Sache selbst oder sei es auch des Gebrauches oder des Besitzes. Der Begriff des furtum entspricht nicht dem des heutigen Diebstahls, sondern reicht viel weiter. Es umfasst z. B. auch die Unterschlagung und die Veruntreuung. 136 Vgl. Ulpian D 47.2.43 pr. 137 Vgl. Paulus D. 12.4.14; Papinian D. 47.2.81.5; Pomponius D. 47.2.52.11; Africanus D. 46.3.38.1. 138 Vgl. Papinian D. 47.2.81.5. Dazu ausführlich unten in § 37 der Untersuchung. So auch bereits Ruhstrat, Negotiorum gestio (1858), 61.

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hardt die Auffassung vertreten, für die Beurteilung der Haftung des dominus sei gleichgültig, ob er bei Erteilung der ratihabitio weiß, dass es sich bei dem geführten Geschäft um die Einziehung eines indebitum handelt oder nicht.139 Zur Begründung dieser Ansicht führt er an, dass der (bösgläubige) dominus kein Delikt genehmige; Genehmigungsgegenstand sei vielmehr die irrtümliche Annahme eines indebitum durch den procurator.140 Diese Auffassung sieht Ehrhardt durch das Erfordernis der cautio indemnitatis in Papinian D. 3.5.30.1141 bestätigt.142 Ehrhardt will damit sagen, dass das römische Recht die Möglichkeit, dass ein anderer dominus ist, von Anfang an mit ins Auge fasste. Nach der Gegenauffassung, die von Schwarz143 und Claus144 vertreten wird, kommt es dagegen auf die scientia des die Einziehung einer Nichtschuld Genehmigenden an. Zur Begründung wird in Anlehnung an Beseler145 von ihnen geltend gemacht, die ratihabitio sei „primäre Geschäftsvollziehung“, die „Billigung einer vertretenwollenden Erklärung“. Die Haftung mit der condictio im Außenverhältnis zeigt, dass der dominus infolge seiner ratihabitio re obligiert wird.146 Dem Geschäftsherrn werden nicht lediglich die Rechtswirkungen der Zahlung zugrechnet, sondern die Zahlung als solche. Insoweit kann man durchaus von einer primären Geschäftsführung des dominus durch Erteilung der ratihabitio sprechen, allerdings nicht aufgrund einer (echten) Vertretung durch den gestor, denn das Institut der Stellvertretung ist dem römischen Recht grundsätzlich fremd. Eine etwaige Bösgläubigkeit des Genehmigenden würde jedenfalls dann schaden, wenn sein Verhalten den Tatbestand eines furtum erfüllt. Die Folge davon wäre, dass der Genehmigende nicht Eigentümer des Empfangenen wird und die condictio ex causa furtiva Platz greift.147 Für die hoch- und spätklassische Zeit lässt sich der Tatbestand des furtum dahingehend bestimmen, „dass jemand vorsätzlich und heimlich eine einem anderen gehörende Sache an sich bringt“.148 Gegen das Vorliegen eines furtum könnte hier der Umstand sprechen, dass dieses 139

Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 22. Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 22. 141 D. 3.5.30.1 Papinian 2 resp. Inter negotia Sempronii, quae gerebat, ignorans Titii negotium gessit: ob eam quoque speciem Sempronio tenebitur, sed ei cautionem indemnitatis officio iudicis praeberi necesse est adversus Titium, cui datur actio. idem in tutore iuris est. 142 Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 22 f. 143 Schwarz, Condictio (1952), 156. 144 Claus, Stellvertretung (1973), 294. 145 v. Beseler, Beiträge IV (1920), 53. 146 Vgl. Gaius III.91. Insoweit auch Kaden, SZ 56 (1936), 339. S. dazu auch § 9 IV. der Untersuchung. 147 Schwarz, Condictio (1952), 156. 148 Kaser/Knütel/Lohsse, RP (2021), § 62 Rn 1. 140

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Vergehen jedenfalls in der klassischen Zeit eine contrectatio invito domini, also eine körperliche Berührung, ein „Anfassen“ des Diebstahlsobjekts wider den Willen des Eigentümers zur Voraussetzung hat. Man kann aber auch als mittelbarer Täter ein furtum begehen.149 Für den bösgläubigen dominus, der die Einziehung des indebitum im Nachhinein genehmigt, liegt es eigentlich nahe, dass er mit der nachträglichen Erteilung der ratihabitio den Tatbestand des furtum verwirklicht. Zwar hat der Putativschuldner sein Eigentum an den nummi in der Regel schon vor Erteilung der ratihabitio an den Geschäftsführer verloren, aber der Umstand, dass der Putativgläubiger durch Erteilung der ratihabitio re obligiert wird, zeigt, dass er gegenüber dem Zahlenden so gestellt wird, als sei die Zahlung an ihn selbst erfolgt. Wie bereits oben dargestellt,150 wirkt die ratihabitio sowohl im Innenverhältnis (negotiorum gestio) als auch im Außenverhältnis (condictio). Da beide Verhältnisse im römischen Recht nicht voneinander zu trennen sind, und es jedenfalls im Außenverhältnis auf das Wissen des Genehmigenden ankommt, schadet dem dominus negotii das Wissen des Nichtbestehens der Schuld. E silentio ist hier von der Redlichkeit des dominus auszugehen.151 Dies anzunehmen erscheint nicht lebensfremd, da der dominus bei Vorhandensein eines großen Vermögens oder eines Betriebes wohl nicht immer einen vollständigen Überblick über seine wirtschaftliche Situation hatte. Ein reicher Römer, der sich längere Zeit außerhalb von Rom aufgehalten hatte, wird nicht immer auf den letzten Stand seiner Vermögensangelegenheiten gewesen sein. In manchen Fällen wusste ein procurator als Vermögensverwalter womöglich besser über die wirtschaftlichen Verhältnisse des dominus Bescheid. Bei dem Einziehenden handelte es sich hier aber, wie bereits oben ausgeführt, wohl eher um einen vom Geschäftsherrn nicht gesellschaftlich Abhängigen, vermutlich um einen Standesgenossen. Sowohl Geschäftsführer als auch Putativgläubiger werden in redlicher Absicht gehandelt haben. Der Putativgläubiger erteilt danach die ratihabitio in der Absicht, die Befreiung des Putativschuldners herbeizuführen. Auch der Putativschuldner hat in der Annahme des Bestehens der Forderung an den (falsus) procurator gezahlt.152 Mangels Bestehens einer Schuld kann die ratihabitio die Liberation nicht bewirken. Die ratihabitio ist deshalb aber keineswegs rechtlich bedeutungslos. Ihre Wirkung besteht, wie bereits oben angeführt, darin, dass sie die Passivlegitimation des Genehmigenden zur condictio begründet. Die römischen Juristen lassen 149

Vgl. Mela/Ulpian D. 47.2.52.22; dazu Bock, Beteiligungslehre (2006), 67 ff.,

207 f. 150

S. § 8 der Untersuchung. Gleichsinnig Schwarz, Condictio (1952), 156 f.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 64; Claus, Stellvertretung (1973), 296. Unentschlossen Deppenkemper, Negotiorum Gestio II (2014), 345. 152 Denn die Kenntnis von der Nichtschuld schloss eine Rückforderung des Leistenden aus, vgl. Gaius III.91; Ulpian D. 12.6.1.1. 151

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durch die Genehmigung die Zahlung nachträglich zu einer Anweisungsleistung werden. Zwar ließe sich auch argumentieren, dass es interessengerechter wäre, der ratihabitio ihre Wirkung ganz zu versagen, weil der Genehmigende mit der ratihabitio zum Ausdruck bringt, dass er vom Bestehen einer Schuld ausgeht und den Erfolg der Zahlung eintreten lassen will und damit gerade nicht Kondiktionsschuldner werden möchte. Der Irrtum über das Bestehen der Forderung nimmt der ratihabitio aber nicht ihre Wirkung. Dies folgt nicht etwa aus dem Verbot des venire contra factum proprium, also daraus, dass es widersprüchlich erschiene, wenn der Erklärende aus der ratihabitio nicht auch bei Nichtbestehen einer Schuld verpflichtet würde, sondern vielmehr daraus, dass sich die ratihabitio auf den gegenständlichen Zahlungsakt bezieht153 und die Verpflichtung aus der condictio eine obligatio re ist,154 also unabhängig ist vom Willen der Beteiligten. II. Zum Sinn und Zweck der von Pedius favorisierten Haftungskonzeption Liegt der Lösung des Pedius, abgesehen von der Begründung eines Ausgleichsanspruches für den Putativgläubiger, ein allgemeiner, übergeordneter Sinn und Zweck zugrunde?155 Aufschluss darüber bietet möglicherweise eine nähere Betrachtung der jeweiligen Interessenlagen der Beteiligten unter der Berücksichtigung der prozessualen Lage. Unter Interessengesichtspunkten ist im Verhältnis Putativgläubiger – Geschäftsführer für die ratihabitio kein besonderer Sinn erkennbar: Der Putativgläubiger beansprucht mit der ratihabitio die an den Geschäftsführer gezahlten Münzen für sich und will die Befreiung des Schuldners herbeiführen, letzteres kann er aufgrund des Nichtbestehens eines Anspruchs jedoch nicht. Auch die Haftungssituation des gestor wird durch Erteilung der ratihabitio nicht grundlegend verändert. Der gestor kann das eingezogene Geld in jedem Fall nicht behalten; für ihn dürfte es eigentlich ohne Bedeutung sein, ob sein Gläubiger der Putativschuldner oder der Putativgläubiger ist. Dann aber, so ließe sich argumentieren, hätte man bereits aus prozessökonomischen Gründen auf die umständliche Rückabwicklung „übers Dreieck“ mit zwei Klagen (nämlich einerseits eine Klage des Putativ153

S. dazu auch die Ausführungen in § 34 der Untersuchung. S. dazu § 9 IV. der Untersuchung. 155 Nach der Ansicht von Claus, Stellvertretung (1973), 296 beruht die Entscheidung der Haftung des Putativgläubigers aus der condictio auf dem vom ihm durch Erteilung der ratihabitio geschaffenen Vertrauenstatbestand. Mit seiner ratihabitio habe der Putativgläubiger die Zahlung des Putativschuldners anerkannt. Dieses Vertrauen werde geschützt, indem der Putativschuldner sich an den Genehmigenden halten und kondizieren kann. Unabhängig von Frage, inwieweit der Gedanke des Vertrauensschutzes im römischen Obligationenrecht ausgeprägt war, erscheint diese Erklärung nicht überzeugend, auch weil die ratihabitio der Zahlung zeitlich nachfolgt. Durch die Erteilung der ratihabitio wird allenfalls das Vertrauen in den Bestand der Schuld geweckt. 154

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schuldners gegen den Putativgläubiger und andererseits eine Klage des Putativgläubigers gegen den Geschäftsführer) eigentlich verzichten können, indem der ratihabitio in einer solchen Fallkonstellation von Anfang an ihre Wirksamkeit versagt und dem Putativschuldner der direkte Zugriff auf den Geschäftsführer mittels der condictio gewährt wird. Dem Putativschuldner wird eine Schuldbefreiung nicht zuteil, weil er eben nichts schuldet. Allerdings führt die ratihabitio einen Kondiktionsschuldnerwechsel herbei. Statt des gestor haftet dem Putativschuldner der Putativgläubiger. Erreicht wird damit, dass der Scheinschuldner das Liquidationsrisiko des Scheingläubigers tragen muss statt das des gestor. Das ist für den Scheinschuldner durchaus von Interesse. Die ratihabitio könnte damit ein Mittel zur Korrektur der Verlagerung des Insolvenzrisikos darstellen. Die Gewährleistung der sachgerechten Verteilung des Insolvenzrisikos wird aber wohl nicht das Hauptmotiv für die von den römischen Juristen gewählte Haftungskonstruktion gewesen sein. Auch wenn Ulpian den Fall im Kontext des Ediktskommentars aus der Perspektive eines allwissenden Betrachters behandelt,156 dürfte mit Blick auf die Prozesssituation, in der Unklarheit über die Rechtslage besteht und das Nichtbestehen der Schuld anfangs noch gar nicht feststeht, hinter der zunächst vielleicht etwas merkwürdig anmutenden Haftungskonzeption wohl auch die Erwägung stehen, dass der Streit über das Bestehen der Forderung zwischen den sachlichen Streitpartnern, also zwischen Putativschuldner und Putativgläubiger, ausgetragen werden soll. Denn sonst müsste das Bestehen der Forderung im Rechtsstreit zwischen dem Geschäftsführer und Scheinschuldner inzident geprüft werden.157 Der Zahlende wurde durch den Kondiktionsschuldnerwechsel jedenfalls nicht schlechter gestellt. Leitbild bei Einziehung einer fremden Forderung war, dass der genehmigende Geschäftsherr mindestens ebenso solvent war wie der Einziehende.

156 Pedius nimmt das Ergebnis, um das die Parteien streiten und das eigentlich dem Verfahren apud iudicem vorbehalten war, schon im Voraus vorweg, was sich auch anhand der Bezeichnungen zeigt. Anders als man meinen könnte, war es nicht erforderlich, dass der Prätor das Bestehen der Schuld in iure aufklärte, um die Klageformel zu konzipieren. Der Prätor wäre überbeansprucht gewesen, wenn er die Klärung der Gläubigerstellung selbst hätte herbeiführen müssen. Der Prätor unterstellte stattdessen die Behauptung des Klägers als wahr. Es erfolgte nur eine Schlüssigkeitsprüfung. Die Frage nach dem Bestehen der Forderung wurde apud iudicem geklärt. Sonst bestünde auch kein Grund mehr, noch eine Klageformel zu konzipieren, denn das Urteilsverfahren apud iudicem würde hinfällig werden. Wenn die Nichtberechtigung so offensichtlich wäre, wie Pedius sie darstellt, würden vernünftige Parteien deswegen auch gar nicht erst prozessieren. S. dazu A. Wacke, TR 37 (1969), 397, der die vorgenannten Überlegungen bereits für den Pfandrechtsprätendentenstreit angestellt hat. 157 Diese Erwägungen gelten natürlich gleichermaßen für den Fall, wenn mehrere Personen behaupten, Forderungsinhaber zu sein, wenn also ein Prätendentenstreit vorliegt. S. dazu D. 3.5.5.12 in § 10 der Untersuchung.

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Von diesen Überlegungen zu trennen ist die weitere Frage der materiellen Rechtskrafterstreckung158 des Urteils zwischen Putativgläubiger und Putativschuldner gegenüber dem gestor. Grundsätzlich gilt im römischen Recht: Res inter alios iudicatae nullum aliis praeiudicium faciunt.159 Der Streit schafft Rechtskraft nur inter partes, so dass grundsätzlich eine Rechtskrafterstreckung ausscheidet. Die Folge davon wäre hier, dass im Streitfall unter Umständen zwei Prozesse zu führen wären, die dazu möglicherweise noch unterschiedliche Ergebnisse haben. Im Rahmen des Prozesses zwischen Putativschuldner und Putativgläubiger wäre zunächst zu entscheiden, ob eine Haftung des Putativgläubigers gegenüber dem Putativschuldner besteht. Wird die Haftung des Putativgläubigers vom iudex festgestellt, könnte dieser im nachfolgenden Deckungsprozess vom Geschäftsführer Zahlung verlangen. Es bestünde die Gefahr, dass der iudex, der über die Gewährung der actio negotiorum gestorum zu befinden hat, den Tatbestand der negotiorum gestio womöglich verneint. Der Putativgläubiger befände sich dann in der misslichen Lage, dass er seinerseits zur Zahlung an den Putativschuldner verurteilt wurde, vom Geschäftsführer aber keinen Ausgleich verlangen kann. Im vorliegenden Fall wird man daher wohl von einer Rechtkrafterstreckung ausgehen dürfen, da die beiden Rechtsverhältnisse voneinander abhängen. Voraussetzung dafür ist allerdings ein relativ stabiles System der „Falltypen“ der ratihabitio in der römischen Jurisprudenz. III. Zur Frage der wissenschaftlichen Originalität der Gedanken von Pedius Nach Ehrhardt160 stellt D. 3.5.5.11 eine Weiterentwicklung des Gedankenguts von Julian dar, der sich bereits mit der „Genehmigungsfähigkeit der Annahme eines indebitum“ im römischen Vormundschaftsrecht beschäftigt habe. Ehrhardt161 beruft sich dabei auf Julian D. 26.8.13,162 wonach die Haftung aus der condictio bei Leistung eines indebitum an ein Mündel die Zustimmung (auctoritas tutoris) des Vormunds voraussetzt. Nach Ehrhardt163 ging Pedius mit seiner Entscheidung ratihabitio fecit tuum negotium aber über die der julianischen Ent158 Grundlegend zur Rechtskrafterstreckung im römischen Recht s. Wieling, Subjektive Reichweite der materiellen Rechtskraft im römischen Recht, SZ 102 (1985), 291 ff. 159 Vgl. etwa Ulpian D. 44.2.1; ders. D. 48.2.7.2; Labeo D. 33.2.31; Modestin D. 44.1.10; Paulus D. 12.2.10; ders. D. 20.4.16. 160 Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 21 f., 26; zust. Schwarz, Condictio (1952), 54 Fn. 41, 155 f. 161 Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 21; s. auch ders., Justa causa traditionis (1930), 59. 162 D. 26.8.13 Julian 21 dig. Impuberes tutore auctore obligantur, etiamsi taceant: nam cum pecuniam mutuam acceperint, quamvis nihil dicant, auctoritate tutoris interposita tenentur. quare et si non debita pecunia his personis soluta fuerit, quamvis tacuerint, interposita tutoris auctoritas sufficit, ut condictione teneantur. 163 Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 26.

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scheidung zugrunde liegende Idee hinaus, denn Julian hatte nicht zu den rechtlichen Beziehungen im Innenverhältnis Stellung bezogen.164 Die auctoritas tutoris des Vormunds und die ratihabitio sind jedoch nicht nur im Hinblick auf ihren jeweiligen Sinn und Zweck, sondern auch im Hinblick auf die an sie jeweils geknüpften Rechtsfolgen gänzlich verschieden. Anders als bei der ratihabitio ist Grund für die Zustimmungsbedürftigkeit des Rechtsgeschäfts des Mündels die Nachteiligkeit des Rechtsgeschäfts für das Mündel, im Falle des Empfangs eines indebitum also die Haftung aus der condictio.165 Überdies wird das Mündel bei der auctoritatis interpositio selbst verpflichtet und nicht der Zustimmende, also der tutor.166 Die Entscheidung von Pedius lässt sich damit eigentlich nicht als „Rechtsfortbildung“ des Standpunkts Julians verstehen. Letztlich ist es wohl nicht möglich zu sagen, ob es sich bei der Rechtsauffassung von Pedius um eine originäre Schöpfung von ihm handelt.167 Einzelne Annahmen, auf denen sie beruht, scheinen aber bereits in den Überlegungen Labeos existiert zu haben.168 IV. Zur Bedeutung der ratihabitio für die Passivlegitimation zur condictio indebiti Die Bedeutung der ratihabitio für die Passivlegitimation zur condictio indebiti jedenfalls kannte schon Labeo: D. 12.6.6.1 Paulus 3 Sab.169 Idem Labeo ait, si procuratori indebitum solutum sit et dominus ratum non habeat, posse repeti.

In D. 12.6.6.1 referiert Paulus in seinem Sabinus-Kommentar die Entscheidung des Frühklassikers Labeo, wonach im Falle der Leistung eines indebitum an einen procurator dem Putativschuldner die condictio bei Nichterteilung der Genehmigung des dominus zustehe. Die Aussage von Labeo könnte man im Umkehr164 Für Julian gab es dafür auch keinen Grund, denn im Innenverhältnis liegt im Fall von D. 26.8.13 ein mandatum vor. 165 Vgl. Gaius II.84; Inst. 1.21 pr. 166 Kaser, RP I (1971), § 87 IV (361 f.). 167 Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 403 f. 168 Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 403 f. 169 Lenel ordnet das Fragment unter der Oberschrift De legatis indebite solutis ein, vgl. Lenel, Pal. I (1889), Sp. 1256 f. S. auch Behrends, SZ 88 (1971), 282; Claus, Stellvertretung (1973), 292, die ebenfalls von einem Damnationslegat ausgehen. Bei dieser Zuordnung entsteht allerdings ein Widerspruch zum generellen Ausschluss der Kondiktion ungeschuldet geleisteter Damnationslegate in Gaius II.283. In der Stelle findet sich kein Hinweis auf den Zusammenhang mit einem Legat. Fargnoli bestreitet deshalb für D. 12.6.6 die Richtigkeit der inscriptio und ordnet das Fragment in das dritte Buch der Quaestionen von Paulus unter die Rubrik De condictione ein. Nach Fargnoli fiel das 3. Buch quaestionum in der handschriftlichen Überlieferung einem Abschreibeversehen zum Opfer und wurde zum 3. Buch ad Sabinum, Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 139. Dafür spreche, dass auch die vorherigen und folgenden Stellen aus Büchern ad Sabinum stammen, Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 137.

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schluss auch so verstehen, dass bei Erteilung der ratihabitio nicht zurückverlangt werden kann, auch nicht vom dominus selbst. Für dieses Verständnis lässt sich das Fehlen eines Objekts zu posse repeti anführen, so dass die Möglichkeit der Rückforderung generell gemeint sein könnte. Wenn man dagegen, wie die herrschende Meinung,170 das posse repeti auf den procurator als Passivlegitimierten bezieht, ist die Aussage Labeos dahingehend zu verstehen, dass der Leistende gegen den procurator nur bei Verweigerung der ratihabitio vorgehen kann und sich bei Erteilung der ratihabitio an den dominus halten muss. Für dieses Verständnis spricht, dass kein Grund ersichtlich ist, warum der Putativschuldner bei Erteilung der ratihabitio des dominus die Leistung nicht hätte zurückfordern können. Dass Paulus auf die Schriften von Labeo zurückgreift, deutet darauf hin, dass er diesen Gedanken nicht bei Sabinus gefunden hat. Der Gedanke war im Werk des Sabinus wohl nicht wiedergegeben. Es sind auch sonst keine Belege überliefert, in denen sich Sabinus selbst zur Genehmigung eines indebitum solutum äußert. Der Frühklassiker Sabinus hat nur für den Fall der Leistung eines debitum an einen Dritten bei ausgebliebener ratihabitio die Kondiktionsmöglichkeit bejaht.171 Aus der Nichterwähnung jenes Anwendungsfalls kann aber, auch aufgrund der Tatsache, dass sein ius civile ein äußerst knapp gehaltenes Elementarbuch war, nicht zwingend gefolgert werden, dass Sabinus die condictio gegen den Genehmigenden nicht gekannt hat. Die Haftung des die Einziehung einer Nichtschuld Genehmigenden aus der condictio indebiti ist mehrfach belegt und gehörte zum juristischen Gemeingut.172 Wenn die ratihabitio ausbleibt, haftet der Geschäftsführer in eigener Person aus der condictio,173 mit Erteilung der ratihabitio wird die Haftung auf den Genehmigenden übergeleitet.174 Die römischen Juristen lassen durch die Genehmigung die Leistung nachträglich zu einer Anweisungsleistung werden. Rein formeltechnisch bereitet die Genehmigungsfähigkeit des indebitum solutum und die damit einhergehende Begründung der Passivlegitimation zur condictio aufgrund der abstrakten und flexiblen Formelgestalt der condictio keine Schwierigkeiten: Wie sich aus dem Lehrbuch des Hochklassikers Gaius III.91175 ergibt, begründet 170 Vgl. Seiler, Negotiorum gestio (1968), 65 Fn. 22; Angelini, Procurator (1971), 244; Claus, Stellvertretung (1973), 155 f.; Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 104 f.; zust. Klingenberg, SZ 120 (2003), 280 f. („Es geht nicht um das „Ob“ der Rückforderung, sondern darum, gegen wen sie erfolgt.“). 171 Ulpian D. 46.3.14 pr.; s. auch Ulpian D. 46.3.12.4 (bei erteilter ratihabitio). 172 Vgl. die Nachweise in Fn. 84. 173 S. § 5 II. der Untersuchung. 174 Ein Rückabwicklungsmechanismus, der im romanistischen Schrifttum mehrfach besondere Beachtung gefunden hat, vgl. dazu die Nachweise in Fn. 85. 175 Gaius III.91 Is quoque, qui non debitum accepit ab eo, qui per errorem solvit, re obligatur; nam proinde ei condici potest SI PARET EUM DARE OPORTERE, ac si

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die irrtümliche Zahlung einer Nichtschuld eine obligatio re, eine Realobligation.175a Der Empfänger einer solutio indebiti wird re obligiert, also durch die Sache verplichtet. Das dare oportere einer bestimmten Geldsumme der intentio liegt auch bei Einschaltung eines procurator vor.176 Eine solche Verpflichtung zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme kann auch Folge einer Geschäftsführung eines procurator sein. Ähnliche Gedanken zu der Leistung eines indebitum an einen procurator finden sich außerdem bei Paulus in D. 12.4.14.177 Der Spätklassiker Paulus berichtet dort von der Auffassung Julians, nach der dem leistenden Nichtschuldner die Rückforderung vom procurator versagt sei, wenn der dominus die Annahme des indebitum genehmigt hat. V. Zur Wirkung der ratihabitio bei der negotiorum gestio Die bisherige Untersuchung deutet darauf hin, dass die ratihabitio keine unmittelbar obligationsbegründende Wirkung für die negotiorum gestio hat. In den Quellen zur negotiorum gestio findet sich bei Ulpian auch sonst kein aussagekräftiger Beleg dafür, dass der ratihabitio eine solche Wirkung zukommt oder dass sie im Übrigen etwa ein Substitut für das Fehlen eines negotium utiliter gestum beziehungsweise ein gleichwertiges Äquivalent zur utilitas darstellt.178 In einem Ediktskommentar hätte eine derart wichtige, für die Beurteilung der Geschäftsführung und ihre Folgen maßgebende Rechtsauffassung von Ulpian nicht mit Stillschweigen übergangen werden können. Hätten die Juristen hinter der ratihabitio einer Geschäftsführung ein allgemeines Prinzip erblickt, so hätte an dieser Stelle eine Aussage dazu getroffen werden müssen. Und die Kompilatoren hätten bei der Zusammenstellung des Corpus Iuris Civilis keinen Grund gehabt, eine solche Erwähnung aus den klassischen Texten zu streichen, zumal Justinian der ratihabitio eine tragende Bedeutung für das Rechtsinstitut der negotiorum gestio einräumte.179 Das Fehlen einer dahingehenden Aussage von Ulpian bleibt freilich auch Finazzi, ein Anhänger derer, die der ratihabitio eine obligationsbegründende Wirmutuum accepisset. unde quidam putant pupillum aut mulierem, cui sine tutoris auctoritate non debitum per errorem datum est, non teneri condictione, non magis quam mutui datione. sed haec species obligationis non videtur ex contractu consistere, quia is, qui solvendi animo dat, magis distrahere vult negotium quam contrahere. 175a Möglicherweise ist es das Verständnis der Zahlung einer Nichtschuld als Rechtsgeschäft, das dazu geführt hat, dass die Römer die Genehmigung der Zahlung auf eine Nichtschuld zulassen. 176 Babusiaux, in: Dogmengeschichte (2012), 386. 177 Siehe dazu auch § 5 II. der Untersuchung. 178 Vgl. auch Celsus D. 17.1.50 pr. in § 6 der Untersuchung. 179 S. § 5 III. 4., 5. der Untersuchung.

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kung für die negotiorum gestio im klassischen Recht zusprechen, nicht verborgen und muss von ihm auf irgendeine Art und Weise gerechtfertigt werden. Er führt entsprechend aus, Pedius habe wahrscheinlich darauf hingewiesen, dass die ratihabitio sich je nach den Umständen dahingehend auswirken könne, ein an sich neutrales negotium zu einem alienum zu machen.180 Finazzi181 postuliert, dass Pedius in D. 3.5.5.11 das Handeln eines procurator omnium rerum, eines allgemeinen Vermögensverwalters,182 untersuchte, der zu Lebzeiten von Pedius noch nach Maßgabe der Regeln der negotiorum gestio behandelt worden sei,183 und der Ulpian nicht mehr im Rahmen der negotiorum gestio interessierte,184 weil seinerzeit der procurator omnium rerum bereits unter die Regeln des Mandats fiel. Aus D. 3.5.5.9, 10 gehe hervor, dass Ulpian die Gedanken von Pedius mehr im Zusammenhang mit der Untersuchung der Auswirkungen der verschiedenen Arten von Irrtümern wiedergebe, welchen der Geschäftsführer über die Fremdheit des negotium unterliegen kann. Der Vergleich mit den nachfolgenden §§ 12, 13 des Fragments lege es nahe, dass bei Pedius dagegen die Auswirkungen der ratihabitio auf die Geschäftsführung schlechthin im Mittelpunkt der Betrachtungen stünden.185 Während im Hinblick auf die Einziehung eines debitum die Rechtsfolgen sicherlich unterschiedlich seien, je nachdem, ob der Geschäftsführer autorisiert ist oder nicht, sei die Leistung eines indebitum wahrscheinlich von beiden Juristen rechtlich gleich behandelt worden.186 Die unterschiedlichen Ansätze von Pedius und Ulpian erklärten auch das Schweigen Ulpians über die Auswirkungen der Genehmigung im Normalfall der solutio debiti (alterius) an den gestor, der den Grundfall darstelle und den Ausgangspunkt für Pedius bilden müsse. Weitgehend erhalten sei aber die anschließende Diskussion über die Auswirkungen der ratihabitio in den besonderen Fällen geblieben, in denen der Geschäftsführer im Irrtum über die Existenz des Anspruchs des Gläubigers oder über die Identität des Geschäftsherrn ist.187 Finazzi ist insoweit zuzustimmen, als auch der procurator omnium rerum zur Empfangnahme einer Nichtschuld niemals beauftragt ist und damit immer jenseits seiner Zuständigkeit handelt,188 so dass bei Einziehung einer Nichtschuld in keinem Falle die Vorschriften des mandatum Anwendung finden. Deshalb dürfen aber auch bei einem procurator omnium rerum, der grundsätzlich wie ein Beauftragter behandelt wird, die Vorschriften der negotiorum gestio nicht völlig außer 180 181 182 183 184 185 186 187 188

Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 403. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 402 f. S. dazu auch § 4 II. der Untersuchung. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 403. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 403. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 402 f. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 403 f. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 403. S. auch § 8 der Untersuchung.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

Acht gelassen werden, denn soweit die Vorschriften des mandatum keine Anwendung finden, beurteilt sich die Rechtslage nach denen der negotiorum gestio. Gegen die These Finazzis, Untersuchungsgegenstand von Pedius sei in D. 3.5.5.11 das Handeln eines procurator omnium rerum, lässt sich einwenden, dass dann für die in D. 3.5.5.11 erwähnte ratihabitio an sich kein Raum gewesen wäre. Bei Zahlung an einen procurator omnium rerum ist die ratihabitio entbehrlich. Denn die Einsetzung als procurator omnium rerum geht einher mit einer Ermächtigungs- und Zurechnungswirkung.189 Aus D. 3.5.9.1 ist zudem zu entnehmen, dass Ulpian im 10. Buch zum Edikt durchaus allgemeine Ausführungen zur utilitas macht. Jene von Finazzi unterstellte Aussage von Pedius hätte dabei nicht nur gut gepasst, sondern wäre sogar angebracht gewesen, wenn sie denn wirklich so von Pedius getroffen worden wäre. Die Überlegungen Finazzis vermögen daher nicht zu überzeugen. VI. Rezeption der Rechtsansicht von Pedius in der römischen Jurisprudenz Die Jurisprudenz nach Pedius rezipierte dessen in D. 3.5.5.11 überlieferte Entscheidung offenbar mit bemerkenswerter Selbstverständlichkeit, wie die überlieferte Kasuistik zeigt. Außer bei Ulpian zeigen sich seine Überlegungen beim spätklassischen Juristen Papinian, dem Lehrer Ulpians.190 Papinian ging sogar über die der Entscheidung von Pedius zugrunde liegenden Gedanken hinaus: D. 47.2.81 (80).5191 Papinian 12 quaest. Si Titius, cuius nomine pecuniam perperam falsus procurator accepit, ratum habeat, ipse quidem Titius negotiorum gestorum aget, ei vero, qui pecuniam indebitam dedit, adversus Titium erit indebiti condictio, adversus falsum procuratorem furtiva durabit: electo Titio non inique per doli exceptionem, uti praestetur ei furtiva condictio, desiderabitur. quod si pecunia fuit debita, ratum habente Titio furti actio evanescit, quia debitor liberatur.

Ein (falsus) procurator hat Geld für Titius angenommen, obwohl die Forderung in Wahrheit nicht bestand. Papinian entscheidet, ohne dass er sich insoweit zu einer näheren Begründung veranlasst sieht, der Putativgläubiger Titius könne die Zahlung genehmigen und gegen den (falsus) procurator mit der actio negotiorum gestorum vorgehen. Dass der Standpunkt von Pedius in der Folgezeit allgemeine Zustimmung fand, deutet mittelbar auch ein Zeugnis von Paulus in D. 3.5.22 (23) an: D. 3.5.22 (23) Paulus 20 ad ed. Si quis negotia aliena gerens indebitum exegerit, restituere cogitur: de eo autem, quod indebitum solvit, magis est ut sibi imputare debeat. 189 190 191

S. die Nachweise in Fn. 55. Kunkel, Juristen (2001), 245. Diese Stelle wird ausführlicher behandelt in § 37 der Untersuchung.

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Wenn jemand, der fremde Geschäfte führt, eine Nichtschuld eingezogen hat, wird er danach zur Herausgabe (an den Geschäftsherrn) gezwungen. Demgegenüber sei es richtiger, dass er dasjenige, was er selbst als Nichtschuld leistete, auf eigene Rechnung nehmen muss. Nach Lenel192 hat die Stelle einen erbrechtlichen Hintergrund, der dergestalt vorstellbar ist, dass ein Geschäftsführer eine vermeintliche Nachlassforderung des Erben eingezogen hat. Das Verständnis der Stelle hängt entscheidend davon ab, ob der Geschäftsführer ein subjektives indebitum eingezogen hat, also ob die Zahlung nur gegenüber dem Zahlungsempfänger nicht geschuldet ist oder ob ein objektives indebitum, d. h. eine objektive Nichtschuld, vorliegt, bei der die Leistung schlechthin nicht geschuldet ist.193 Im letzteren Fall bedürfte es der Genehmigung des dominus, d. h. des Putativerben, damit der Geschäftsführer ihm zur Herausgabe aus der actio negotiorum gestorum verpflichtet ist.194 Die ratihabitio wäre dann wohl weniger einer Kürzung zum Opfer gefallen, sondern vielmehr „Bestandteil“ des cogitur. Im ersten Fall wäre der Geschäftsführer dem wahren dominus beziehungsweise Erben dagegen auch ohne dessen ratihabitio aus der actio negotiorum gestorum zur Herausgabe verpflichtet, denn die Einziehung einer bestehenden Forderung ist ipso gestu ein negotium des wahren dominus.195 Aus dem zweiten Satz ergibt sich, dass Paulus hier wohl an ein objektives indebitum dachte. Derjenige, der auftragslos auf eine nicht bestehende Schuld leistet, kann vom vermeintlichen Schuldner keinen Aufwendungsersatz verlangen. Es bleibt als Resümee festzuhalten, dass sich keine Stelle finden lässt, in denen das Prinzip der Haftungskonzeption von Pedius in D. 3.5.5.11 in Zweifel gezogen oder gar kritisiert und abgelehnt wird. VII. Exkurs: Zur utilitas als allgemeinem Tatbestandserfordernis der negotiorum gestio In Form eines kurzen Exkurses soll nun noch einmal auf die Bedeutung der utilitas für die negotiorum gestio eingegangen werden. Wie bereits oben ausgeführt,196 versteht eine Ansicht im Schrifttum den Ausdruck negotium alterius in der formula der actio negotiorum gestorum als „Breviloquenz“ für ein utiliter coeptum oder gestum, also für ein dem Interesse des

192 Lenel, Pal. I (1889), Sp. 1004 (Nr. 323) stellt die Stelle unter die Rubrik Si hereditas petatur. 193 Vgl. dazu § 8 der Untersuchung. 194 Vgl. Ulpian D. 3.5.5.11. S. dazu § 8 der Untersuchung. 195 Vgl. z. B. Ulpian D. 3.5.5.4; Pedius/Ulpian D. 3.5.5.11; Paulus D. 3.5.23; ders., D. 46.3.62 a. E. S. auch die Ausführungen in § 5 III. der Untersuchung. 196 S. § 8 der Untersuchung.

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Geschäftsherrn entsprechendes Geschäft. Entgegen der herrschenden Auffassung in der Romanistik sei ein negotium utiliter gestum nicht lediglich ein spezifisches Erfordernis der Konträrklage, sondern Voraussetzung beider Klagen.197 Als Beleg für die utilitas als allgemeines Tatbestandserfordernis der negotiorum gestio lässt sich, wie bereits von Ankum198 dargetan, Gaius D. 3.5.2199 sowie der offenbar darauf beruhende Institutionentext Ins. 3.27.1 anführen, wo die utilitas indirekt auch für die actio directa vorausgesetzt wird. Ein weiteres Argument dafür, dass die utilitas gestionis Voraussetzung beider Geschäftsführungsklagen ist, lässt sich Scaevola D. 3.5.8200 entnehmen, wo Scaevola ausdrücklich die Verbindlichkeit der utilitas angesichts der actio directa herausstellt. Ferner spricht eine „Gesamtbetrachtung der Quellen“ für diese Ansicht, wonach das Entstehen des Schuldverhältnisses aus der negotiorum gestio von der prinzipiellen Nützlichkeit der Geschäftsführung abhängt, – alle Entscheidungen zur negotiorum gestio lassen sich letztendlich auf das utilitas-Prinzip zurückführen, zum Beispiel auch die der hier besprochenen Stelle nachfolgende Entscheidung in D. 3.5.5.12. Reichard201 weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass, abgesehen von den Fällen wissentlicher oder unwissentlicher Eigengeschäftsführung, die römischen Juristen das negotium alienum oder negotium einer bestimmten Person immer dann erörtern, wenn es um die Frage geht, ob es sich um ein eigenes Geschäft des gestor handelt oder darum, welchem von zwei Geschäftsherren-Prätendenten eine Geschäftsführung zuzuordnen ist. Der von der Gegenauffassung202 als Argument angeführte Umstand, dass das Erfordernis des utiliter gerere von den römischen Juristen häufig im Zusammenhang mit der actio contraria behandelt (zum Beispiel Ulpian D. 3.5.9.1, Gaius D. 3.5.2) und nicht bei der actio directa thematisiert wird, lässt sich damit erklären, dass der dominus regelmäßig die Konträrklage des Geschäftsführers auf Aufwendungsersatz mit der Begründung abzuwehren versucht haben wird, die Geschäftsführung sei non utiliter. Hier wird das Vorliegen dieses Erfordernisses also typischerweise recht-

197 So Lenel, EP (1927), § 35 (104); Kaser, RP I (1971), § 137 II 2 (589); Reichard, AcP 193 (1993), 572 f., 581; Ankum, OIR 1 (1995), 45 f., 52. 198 Ankum, OIR 1 (1995), 45 f. 199 D. 3.5.2 Gaius 3 ed. provinc. Si quis absentis negotia gesserit licet ignorantis, tamen quidquid utiliter in rem eius impenderit vel etiam ipse se in rem absentis alicui obligaverit, habet eo nomine actionem: itaque eo casu ultro citroque nascitur actio, quae appellatur negotiorum gestorum. et sane sicut aequum est ipsum actus sui rationem reddere et eo nomine condemnari, quidquid vel non ut oportuit gessit vel ex his negotiis retinet: ita ex diverso iustum est, si utiliter gessit, praestari ei, quidquid eo nomine vel abest ei vel afuturum est. Isola, TR 83 (2015), 112 Fn. 10 hält die Auslegung von Ankum für möglich, aber nicht für zwingend. 200 Dazu ausführlich unten in § 11 der Untersuchung. 201 Reichard, AcP 193 (1993), 572. 202 S. z. B. Deppenkemper, Negotiorum Gestio II (2014), 696 Fn. 7774; Meissel, in: Festschrift für Bürge (2017), 277.

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lich relevant. Wenn dagegen der dominus vom gestor Herausgabe des durch die Geschäftsführung Erlangten verlangt hat, wird dieser sich wohl kaum auf die fehlende utilitas berufen haben, denn damit hätte er seinen eigenen Aufwendungsersatzanspruch zunichte gemacht. Das generelle Erfordernis der prinzipiellen Nützlichkeit der Geschäftsführung ergibt sich aus dem Zweck und der Entstehungsgeschichte des Rechtsinstituts der negotiorum gestio. Ausweislich der Stellung des Titels De negotiis im Edikt hatte die formula in factum concepta ihren Ursprung in der Prozessvertretung auf Beklagtenseite für den absens.203 Die Rechtsverteidigung für einen absens ist aufgrund des in der laudatio edicti204 genannten Grundes, der dem absens indefensus drohenden Einweisung des Klägers in den Besitz seines Vermögens (missio in bona) mit folgenden Verkauf (bonorum venditio), per se utiliter.205 Die von Ulpian in D. 3.3.33.2 hervorgehobene Utilität im Sinne eines allgemeinen Interesses an der Einführung des Rechtsinstituts der negotiorum gestio liegt nur bei einem negotium utiliter gestum vor. Von Abwesenheit betroffen ist potentiell ein jeder,206 aber nur bei einem negotium utiliter gestum ist die Wahrung der Belange Abwesender und damit eine Einmischung in fremde Angelegenheiten gewünscht. Das Einzelinteresse deckt sich hier insoweit mit dem gemeinen Nutzen, dem Gemeinwohl (utilitas publica).207 Deshalb erübrigt sich ein ausdrücklicher Hinweis auf die utilitas in der Klageformel, so dass die von Reichard vertretene Auffassung auch nicht, wie von Deppenkemper behauptet,208 „schon durch den Edikts- und Formelwortlaut [. . .] widerlegt“ wird. Als der Anwendungsbereich des Rechtsinstituts der negotiorum gestio über seine ursprüngliche Bestimmung hinaus ausgedehnt wurde, wurde der Ausdruck negotia alterius von den römischen Juristen wahrscheinlich weiterhin im Hinblick auf die der negotiorum gestio ursprünglich vom Prätor zugedachten Funktion ausgelegt und dem Ausdruck negotium alterius die utilitas gedanklich zugrunde gelegt. Schließlich muss die Frage, ob allein die utilitas, d. h. der Nutzen der Geschäftsführung entgegen der herrschenden Auffassung in der Romanistik die negotiorum gestio konstituiert, an dieser Stelle nicht entschieden werden. Für Pedius und Ulpian in D. 3.5.5.11 jedenfalls ist im Falle der ratihabitio die Nützlichkeit der Geschäftsführungshandlung offenbar Voraussetzung für die Entstehung des Schuldverhältnisses der negotiorum gestio.

203 Vgl. Wlassak, Negotiorum Gestio (1879), 39 ff.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 47, 320; Finazzi, Negotiorum gestio I (1999), 42 f.; Harke, Römisches Recht (2016), § 11 1. 204 S. Ulpian D. 3.5.1. 205 Harke, Römisches Recht (2016), § 11 1. 206 Zu diesem Gedanken auch T. Honsell, SZ 95 (1978), 111. 207 Vgl. auch T. Honsell, SZ 95 (1978), 111. 208 Deppenkemper, Negotiorum Gestio II (2014), 696 Fn. 7774.

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§ 10 Ratihabitio eines subjektiven indebitum solutum – Pedius/Ulpian D. 3.5.5.12 Die Konstruktion der negotiorum gestio in Ulpian D. 3.5.5.12 lässt sich auf ein ähnliches Muster wie in § 11 des Fragments zurückführen. Die Palingenesie zeigt, dass die beiden Stellen auch im Original zusammengehörten.209 D. 3.5.5.12210 Ulpian 10 ed. Idem ait, si Titii debitorem, cui te heredem putabam, cum esset Seius heres, convenero similiter et exegero, mox tu ratum habueris: esse mihi adversus te et tibi mutuam negotiorum gestorum actionem. adquin alienum negotium gestum est: sed ratihabitio hoc conciliat: quae res efficit, ut tuum negotium gestum videatur et a te hereditas peti possit.

Ulpian zitiert wieder Sextus Pedius, wobei der Übergang zu direkten Rede zeigt, dass Ulpian Pedius wörtlich zitiert.211 Die geschilderte Situation ist der in § 11 ähnlich.212 Ego treibt in der falschen Annahme, Tu sei Erbe, während Seius Erbe ist, eine Nachlassforderung zugunsten des Putativerben ein und dieser genehmigt. Im Unterschied zu § 11 unterliegt der Geschäftsführer Ego hier nicht einem Irrtum über die Existenz der Schuld, sondern einem Irrtum über die Person des Geschäftsherrn,213 d. h. es liegt keine objektive Nichtschuld (ein sogenanntes objektives indebitum) vor, bei der die Leistung schlechthin nicht geschuldet ist, sondern es ist ein vom vermeintlichen Geschäftsherrn personenverschie209

Lenel, Pal. II (1889), Sp. 457. Bortolucci, BIDR 27 (1914), 173 Fn. 3 streicht die Passagen [esse-actionem], [adquin-est], [hoc conciliat-quae res] und bezieht die Stelle auf actiones utiles negotiorum gestorum aber ohne ausreichende Argumente, die eine solche Vermutung rechtfertigen. v. Beseler, Beiträge IV (1920), 171 verdächtigt zunächst die Echtheit des Teils [esse mihi-efficit] und anschließend in SZ 46 (1926), 140 Fn. 1 rekonstruiert er den Text dahingehend, dass Pedius die actio negotiorum gestorum nicht gewährt. In ähnlicher Weise Sachers, SDHI 4 (1938), 325 f. Fn. 59. Gegen die Echtheit der Stelle auch Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 15 Fn. 36, der aus Papinian D. 3.5.30.1 folgert, dass dem wahren Erben eine actio negotiorum gestorum gegen den gestor zustehen müsse mit der Begründung, objektiv betrachtet bestehe eine negotiorum gestio zugunsten des wahren Gläubigers. Partsch, in: Schriften (1931), 84 ff. hält die actio negotiorum gestorum anstelle der actio mandati für interpoliert – beeinflusst durch das sog. „Dogma des Synallagma“. Die Meinung von Partsch, in: Schriften (1931), 82, die ratihabitio des dominus habe für den gestor zunächst nur die actio mandati und erst infolge einer byzantinischen Synallagmaidee die actio negotiorum gestorum contraria begründet, findet in den Quellen keine Stütze. Gegen die Lehre von Partsch auch Levy, SZ 52 (1932), 517 Fn. 2; Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 263 f. Für die Echtheit der Stelle z. B. Schwarz, SZ 71 (1954), 178; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 67; Reichard, AcP 193 (1993), 573; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 77 ff.; De Filippi, Ratihabitio (2002), 107 f., 144, 157 f.; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 451 Fn. 273. 211 Der Übergang von der indirekten zur direkten Rede ist damit entgegen Partsch, in: Schriften (1931), 85 kein Indiz für eine Interpolation. 212 So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 77. 213 Darauf weisen auch Cenderelli, SDHI 44 (1978), 408; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 77; Reichard, AcP 193 (1993), 574 m. Fn. 26 hin. 210

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dener, wirklicher Gläubiger vorhanden (Fall des sogenannten subjektiven indebitum214). Pedius spricht dem Putativgläubiger Tu und dem Geschäftsführer Ego gegenseitig Geschäftsführungklagen zu. Zwar sei ein fremdes Geschäft geführt worden; die Genehmigung gleiche dies jedoch aus215 (sed ratihabitio hoc conciliat). Und dieser Umstand bewirke, dass das Geschäft als das Geschäft des Tu angesehen werde. Dem wahren Erben Seius gewährt Pedius die hereditatis petitio gegen den Putativerben Tu auf Herausgabe der eingezogenen Münzen. Auffällig ist, dass Pedius im Gegensatz zu D. 3.5.5.11 bereits im Zeitpunkt der Einziehung der Forderung und damit noch vor Erteilung der ratihabitio von einem negotium alienum gestum spricht.216 Dies liegt darin begründet, dass zugunsten des wahren Erben tatbestandlich eine negotiorum gestio vorliegt.217 Die Einziehung einer bestehenden Forderung durch einen Geschäftsführer stellt ausweislich der Quellen218 ein negotium alterius zugunsten des wahren Gläubigers dar,219 obgleich mit der Einziehung durch den Geschäftsführer noch nicht sicher ist, dass die Zahlung des Schuldners dem Gläubiger tatsächlich zugute kommt. Utiliter ist ein negotium aber selbst dann geführt, wenn es den Nutzen des dominus zwar anstrebt, ihn aber letztlich verfehlt (negotium utiliter coeptum).220 Pedius zufolge macht die ratihabitio des Scheinerben Tu die Einziehung zu seinem Geschäft (sed ratihabitio hoc conciliat: quae res efficit, ut tuum negotium gestum videatur et a te hereditas peti possit). Es stellt sich die Frage, welche dogmatische Begründung hinter dieser Entscheidung steht. Im Schrifttum wurde die Entscheidung bislang eigentlich221 immer in irgendeiner Weise mit der Wil214 Vgl. Paulus D. 12.6.65.9. S. den Text dazu in Fn. 71. Dazu auch Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 56 ff. 215 Vgl. Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), s. v. conciliare 1) ins gleiche bringen, schlichten. 216 Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 452 f. 217 Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 453 Fn. 279. Cenderelli, in: Atti del II Seminario Romanistico Gardesano (1980), 149 legt eine hereditas iacens, also eine „ruhende“ Erbschaft, zugrunde. Geschäfte können auch für eine noch nicht angetretene, „ruhende“ Erbschaft geführt werden. Der Prätor hat für eine Geschäftsführung, die in die Zeit nach Tod des Erblassers und vor Antritt der Erbschaft fiel, spezifische Klagemöglichkeiten gegen und zugunsten des gestor, sog. actiones negotiorum hereditariorum gestorum, geschaffen, obgleich mangels Rechtspersönlichkeit der hereditas iacens streng genommen kein dominus negotii vorhanden ist, vgl. Ulpian D. 3.5.3 pr., 6. 218 Vgl. Paulus D. 3.5.23; Ulpian D. 3.5.5.4; Paulus D. 46.3.62 a. E., zu diesen Stellen s. § 5 der Untersuchung. 219 Dazu näher in §§ 5, 6 der Untersuchung. 220 Vgl. Julian/Ulpian D. 3.5.9.1; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 51 ff., 56; dazu Mayer-Maly, SZ 86 (1969), 429 ff. 221 Wenig weiterführend für das Verständnis der Stelle erweist sich die Aussage von De Filippi, Ratihabitio (2002), 109, wonach die Entscheidung von Pedius auf einer „völlig logischen“ Schlussfolgerung beruhe: Der Irrtum habe positive Auswirkungen auf das Vermögen des Geschäftsherrn dahingehend, dass er es bereichert, wenn auch nur potentiell um einen Geldbetrag, der nicht geschuldet sei, und es sei daher „logisch“,

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lensübereinstimmung zwischen Putativerben und Geschäftsführer oder mit der Prävalenz222 der beiden subjektiven Momente, contemplatio domini und ratihabtio, gegenüber der objektiven Zugehörigkeit des negotium zur Rechtssphäre des wahren Erben erklärt.223 Eine konsensuale Konzeption der negotiorum gestio scheint aber mit dem Rechtsinstitut der negotiorum gestio vom Grundsatz her unvereinbar.224 Für das Verständnis der Entscheidung ist der Umstand von Bedeutung, dass Tu sich durch Erteilung der ratihabitio nicht nur einer Forderung gegen den Scheinschuldner berühmt, sondern dadurch zugleich behauptet, Erbe zu sein225 (pro herede gestio),226 hier wohl in der Annahme, dass er wirklich Erbe ist.227 Der Entscheidung liegt also ein Erbprätendentenstreit zugrunde. Zugleich erwirbt der Scheinerbe Tu infolge der ratihabitio anscheinend Besitz an den eingezogenen nummi,228 denn Pedius spricht dem wahren Erben gegen Tu die hereditatis petitio zu, was voraussetzt, dass dieser als Erbschaftsbesitzer, als hereditatis posses-

dass der dominus gegenüber dem Dritten und der gestor gegenüber dem dominus hafte. Die Genehmigung erzeuge eine Verlagerung der Haftung vom gestor auf den dominus, De Filippi, Ratihabitio (2002), 108. 222 Vgl. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 453. 223 Vgl. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 17 f., der vom sog. subjektiven dominus spricht, der durch die contemplatio bestimmt werde, und die Entscheidung damit erklärt, dass die Geschäftsführung nicht unmittelbar auf die Vermögenslage des objektiv erscheinenden dominus negotii wirke, weswegen der subjektive dominus wirksam genehmigen könne. Für die Genehmigungsbefugnis des subjektiven dominus ebenfalls Chambon, Negotiorum gestio (1848), 52. S. auch v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 30 f., 34, der die Willensübereinstimmung als maßgeblich ansieht. Ebensowenig wie das römische Recht die Unterscheidung objektives und subjektives Geschäft kennt, kennt es die Differenzierung objektiver und subjektiver dominus. 224 Die klassischen Juristen bezeichnen die negotiorum gestio nur sehr vereinzelt und dann wohl auch nur untechnisch als contractus, s. Paulus D. 3.5.15. Vgl. auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 630 ff. 225 In diesem Sinne auch Cenderelli, SDHI 44 (1978), 409; ders., in: Atti del II Seminario Romanistico Gardesano (1980), 149; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 79; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 453 Fn. 280; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 363. 226 Die pro herede gestio umschließt das einfache Inbesitznehmen und Benutzen zur Erbschaft gehörender Sachen, sei es, dass der sich so Gerierende wirklich für den Erben hält oder wider besseres Wissen den Erbentitel anmaßt, Kaser, RP I (1971), § 182 I 3 (735 f.). 227 Vgl. auch § 9 I. der Untersuchung. Generell ist bei der hereditatis petitio unter den römischen Juristen wohl streitig, ob hierunter auch derjenige fällt, der von seiner fehlenden Erbenstellung weiß, vgl. Kaser, in: Studi Biscardi, Bd. 2 (1982), 237 ff.; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 12. 228 Vgl. auch Ulpian D. 5.3.13.12. S. den Text in § 32 II. der Untersuchung. Ulpian lässt das Innenverhältnis hier außer Betracht. S. zu den Einzelheiten des Besitzerwerbs unten § 32 der Untersuchung. Wenn der dominus die Forderungseinziehung genehmigt, erwirbt er auch Besitz an den vom gestor eingezogenen Münzen. Die ratihabitio ist Ausdruck des Besitzwillens.

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sor, zur hereditatis petitio passivlegitimiert ist.229 Ego dagegen ist als gestor nicht in den Erbrechtsstreit verwickelt.230 Er behauptet weder ein eigenes Erbrecht noch besitzt er die Münzen als unberechtigter Eigenbesitzer, vielmehr übt er die tatsächliche Sachherrschaft über die Münzen für den Putativerben Tu aus und besitzt damit modern gesprochen als Fremdbesitzer, gemeinrechtlich ausgedrückt als sogenannter Detentor.231 Wer aber bloß als detentor contemplatione alterius possidet, kann nicht Beklagter der hereditatis petitio sein, vielmehr ist die hereditatis petitio gegen den dominus selbst zu richten.232 Der Umstand, dass der Putativerbe im Außenverhältnis mit der hereditatis petitio belangt werden kann, hat Folgen für das Innenverhältnis zwischen Ego und Tu: Da sich der Putativerbe Tu der hereditatis petitio ausgesetzt sieht, ist die Einziehung der Forderung durch den Geschäftsführer für ihn von Nutzen; sie ist zu seinem negotium geworden.233 Er hat ähnlich wie der Putativgläubiger in § 11 ein berechtigtes Interesse daran, die vom gestor eingezogenen Münzen, zu deren Herausgabe er im Rahmen der hereditatis petitio verpflichtet ist, selbst in die Hände zu bekommen.234 Der wahre Erbe benötigt die ihm an sich zustehende actio negotiorum gestorum (directa) nicht mehr, denn er kann im Wege der hereditatis petitio gegen den Prätendenten vorgehen. Bei Streit zwischen zwei Erbprätendenten ist die hereditatis petitio nicht nur eine Restitutionsklage, sondern auch eine Feststellungsklage über die Erbenstellung.235 Der Erbe will natürlich über die Herausgabe der Münzen hinaus seine Erbenstellung verbindlich geklärt wissen. Insofern stellt die hereditatis petitio im Vergleich zur actio negotiorum gestorum für den Erben den rechtsschutzintensiveren und damit besser geeigneten Rechtsbehelf dar. Eine weitere damit im Zusammenhang stehende Überlegung von Pedius dürfte hier sein, dass der Erbe sich ausschließlich an den Erbschafts-

229 Passivlegitimert im Rahmen der hereditatis petitio ist der Besitzer des Erbschaftsgegenstandes oder dessen Surrogats, sofern er sich auf ein eigenes Erbrecht beruft (possessor pro herede) oder überhaupt keinen Besitztitel geltend machen kann, also weder pro herede noch auf Grund eines Einzelerwerbstitels besitzt (possessor pro possessore), vgl. Ulpian D. 5.3.9; s. auch Kaser, RP I (1971), § 182 I 3 (735). Richtiger Beklagter ist damit auch, wer von Erbschaftsschuldern Geld eingezogen hat und es besitzt, vgl. D. 5.3.16.1 Ulpian 15 ed. Sed et is qui pretia rerum hereditariarum possidet, item qui a debitore hereditario exegit, petitione hereditatis tenetur. Zu den Erbschaftssachen gehören auch Forderungsrechte. Der bei Einziehung einer Forderung erlangte Vorteil stellt ein Surrogat dar. S. zur Passivlegitimation im vorliegenden Fall auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 78; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 453. 230 Eine Feststellung, die auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 78 macht. 231 In diesem Sinne auch Deppenkemper, Negotiorum Gestio II (2014), 363. 232 Vgl. Ulpian D. 5.3.13.12. S. den Text dazu in § 32 II. 1. der Untersuchung. 233 In diese Richtung auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 79. 234 Vgl. auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 79, nach der die actio negotiorum gestorum dazu dient, dass der Putativerbe als Erbschaftsbesitzer dem wahren Erben den Besitz an der res hereditaria restituieren kann. 235 Kaser, RP I (1971), § 182 I 1 (735).

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

besitzer halten und Erbprätendentenstreit zwischen den Prätendenten selbst ausgetragen werden soll.236 Pedius hat die Wirkung der ratihabitio mit viel sprachlichem Feingefühl in Worte gefasst. Im Unterschied zu § 11 beschreibt er ihre Wirkung nicht mit dem Begriff constituere, sondern formuliert „schwächer“ unter Verwendung des Ausdrucks conciliare.237 Der Ausdruck constituere passt hier deshalb nicht, weil, wie oben dargelegt, vor Erteilung der ratihabitio bereits eine negotiorum gestio zugunsten des wahren Erben vorlag238 und damit nicht die Rede davon sein kann, dass die ratihabitio hier erstmals eine negotiorum gestio (mittelbar) konstituiert. Vielmehr entzieht die ratihabitio der tatbestandlich vorliegenden negotiorum gestio zugunsten des wahren Erben den Boden,239 um stattdessen für den Putativerben eine negotiorum gestio zu begründen. Die Wendung sed ratihabitio hoc conciliat veranschaulicht die der ratihabitio zukommende sachlich und funktional vermittelnde Wirkung zwischen der Geschäftsführungshandlung von Ego und der Rechtssphäre des Putativerben Tu.240 Der Ausdruck videatur zeigt,241 dass das Vorliegen des negotium alienum in Bezug auf Tu im Wege der interpretatio, d. h. im Wege der juristischen Auslegung gewonnen wird und sich nicht durch einfache begriffliche Subsumtion unter den Wortlaut der Klageformel ergibt, denn es liegt an sich, wie oben ausgeführt, ein Geschäft des wahren Erben vor. Anders als man annehmen könnte, verdankt das tuum negotium seine Geltung hier aber nicht einer Fiktion.242 Zwar ist videri in der Bedeutung des fingierenden „gelten“ 243 in den Quellen durchaus vorzufinden. Die Gewährung der actio negotiorum gestorum ist hier aber, wie in § 11, eine Folge der Wirkung der ratihabitio im Außenverhältnis, d. h. der Begründung der Passivlegitimation zur he-

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Vgl. auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 78. Partsch, in: Schriften (1931), 86 hält den Ausdruck hoc conciliare für ungelenk – die gesamte Wendung sei aufgrund ihrer „breite[n] Plattheit“ unklassisch. Davon kann nach den obigen Ausführungen keine Rede sein. 238 Wenn der wahre Erbe zuerst genehmigt hätte, wäre der Schuldner befreit worden und die anschließende Genehmigung des Putativerben wäre ins Leere gegangen, so auch schon v. Seuffert, Ratihabition (1868), 18; Bertolini, Ratifica I (1889), 122. 239 Der wahre Erbe kann nicht mehr wirksam genehmigen, so auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 18 f.; Bertolini, Ratifica I (1889), 122. Für den überaus theoretisch anmutenden Fall, dass „objektiver dominus“ und „subjektiver dominus“ gleichzeitig genehmigen, räumt Seuffert der Genehmigung des „objektiven dominus“ den Vorrang ein, v. Seuffert, Ratihabition (1868), 19 f. 240 Vgl. auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 79. 241 Videri wird im Sinne von „für etwas angesehen werden, scheinen, gelten“ gebraucht, s. Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), s. v. videre 4). 242 A. A. Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 358, der hier seine (unrichtige) These bestätigt sieht, dass die ratihabitio nicht auf den Tatbestand der negotiorum gestio wirke, sondern nur ihre Rechtsfolgen für anwendbar erkläre. 243 S. Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), s. v. videre 4). 237

2. Kap.: Ratihabitio eines indebitum solutum an einen Geschäftsführer

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reditatis petitio. Das Außenverhältnis schlägt auch im vorliegenden Fall auf das Innenverhältnis durch. Es ist nicht der bloße Wille des Genehmigenden, der die Forderungseinziehung zu seinem Geschäft macht, sondern vielmehr die durch die ratihabitio herbeigeführte Rechtsfolge im Außenverhältnis, eben die Begründung der Passivlegitimation zur hereditatis petitio. Die Aussage „quae res efficit, ut tuum negotium gestum videatur“ bezieht sich ausschließlich auf den vorliegenden Fall der durch die ratihabitio bewirkten Kohärenz zwischen der actio negotiorum gestorum und der hereditatis petitio und ist nicht dahingehend zu verstehen, dass die ratihabitio eines Unbeteiligten jede Geschäftsführung zu seinem negotium macht.244 Die aus heutiger Sicht auf den ersten Blick etwas fragwürdige Entscheidung, dass der Putativerbe zum dominus negotii wird, wird freilich dadurch (noch) verständlicher, dass der Erwerb des eingezogenen Geldes durch den wahren Gläubiger nicht ausgeschlossen, sondern der Gläubiger von Pedius und Ulpian nur auf die hereditatis petitio gegen den Putativerben verwiesen wird. Es stellt sich angesichts der Existenz des echten Gläubigers hier245 die Frage, ob in der vorliegenden Entscheidung eine Durchbrechung des in Ulpian D. 3.5.5.1246 niedergelegten Grundsatzes zu sehen ist, wonach bei einem Irrtum des Geschäftsführers über die Person des Geschäftsherrn im römischen Geschäftsführungsrecht der wahre Geschäftsherr aus der negotiorum gestio berechtigt und verpflichtet wird, also derjenige, dessen Geschäft objektiv geführt worden ist. Man kann sicherlich dieser Auffassung sein. Wenn man eine Durchbrechung dieses Prinzips bejaht, so wird man jedoch sagen müssen, dass die Verpflichtung des wahren Geschäftsherrn kein eigenständiges Ziel dieses Prinzips ist, sondern dass es vielmehr dazu dient, den Interessen der Beteiligten am besten gerecht zu werden. Und dementsprechend soll dieses Prinzip dort zurücktreten, wo eben Grund und Zweck, d. h. die Interessen der Beteiligten eine Abweichung erforderlich machen. Andererseits lässt sich auch gut vertreten, dass der von Ulpian dargebrachte Grundsatz hier gewahrt ist, da die ratihabitio im Verhältnis zum Putativerben ein negotium begründet und damit letztlich doch der wahre Geschäftsherr, der Putativerbe, berechtigt und verpflichtet wird. Letzteres liegt wohl eher auf der Argumentationslinie von Pedius und Ulpian.

244 In diesem Sinne auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 82. Anders aber z. B. Brückmann, Rechte des Geschäftsführers ohne Auftrag (1903), 35. 245 In dem Fall von D. 3.5.5.11 (S. dazu § 8 der Untersuchung) stellt sich diese Frage nicht. 246 D. 3.5.5.1 Ulpian 10 ed. Sed et si, cum putavi Titii negotia esse, cum essent Sempronii, ea gessi, solus Sempronius mihi actione negotiorum gestorum tenetur. Vgl. auch Ulpian D. 3.5.44.2; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 327 ff. Der Irrtum über die Person des Geschäftsherrn war aufgrund der Fassung der formula unschädlich, weil danach nur der von der Geschäftsführung tatsächlich Betroffene berechtigter und verpflichteter Geschäftsherr wird.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

Die einzigen noch verbleibenen Bedenken ergeben sich für Finazzi247 aus dem Umstand, dass der gestor, welcher im Namen des Putativerben Tu die Forderung eingezogen habe, kaum die actio contraria (gemeint ist wohl: aus eigener Initiative) hätte geltend machen können,248 um im Zusammenhang mit dem Forderungseinzug getätigte Aufwendungen ersetzt zu verlangen, es aber nicht ausgeschlossen werden könne, dass ihm Kosten bei der Einziehung entstanden sind (beispielsweise Korrespondenzkosten für die Zahlungsaufforderung oder Reisekosten auf dem Weg zum locus solutionis). Würde er nicht auf Herausgabe vom Putativerben Tu in Anspruch genommen, müsste der gestor, so Finazzi, auf Erstattung der Aufwendungen gegen den Putativerben klagen.249 Die Bedenken Finazzis stellen sich jedoch von vornherein als unbegründet heraus. Etwaige angefallene Inkassokosten kann der gestor mit der actio negotiorum gestorum (contraria) gegen den Putativerben Tu als dominus negotii geltend machen, sobald dieser genehmigt hat. Wenn der Putativerbe nicht genehmigt, dann ist der gestor aufgrund des in D. 3.5.5.1 niedergelegten Prinzips Geschäftsführer des wahren Erben. Darauf, dass er die Forderung im Namen des Putativerben eingezogen hat, kommt es aufgrund der Fassung der formula nicht an. Entscheidend ist, dass die Einziehung der Forderung dann dem wahren Erbe zugute kommt. Pedius nimmt nicht dazu Stellung, ob die Schuld des Erbschaftsschuldners durch seine Zahlung an den Geschäftsführer erlischt.250 Kacprzak nimmt an, dass in einer derartigen Situation der Schuldner mit der Zahlung an den Geschäftsführer von seiner Verpflichtung gegenüber dem wahren Erben befreit sein müsse.251 Sie begründet das damit, dass der gestor tatsächlich („effettivamente“ 252) in Erbschaftsangelegenheiten des wahren Erben ein Geschäft geführt habe. Die eventuellen Streitigkeiten zwischen den Erbschaftsprätendenten dürften dabei nicht von Bedeutung sein. Denn wenn die Person, an die der Schuldner gezahlt hat, sich nicht als wirklicher Erbe erweist, könne der wahre Erbe das Geld mit der hereditatis petitio herausverlangen. Dieser Argumentation ist schon deswegen nicht zu folgen, weil nach Pedius mit der Erteilung der ratihabitio seitens des Putativerben die negotiorum gestio zugunsten des wahren Erben weggefallen ist. Und nach allgemeinen Grundsätzen im römischen Recht tritt die liberatio bei Zahlung an einen (falsus) procurator

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Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 452 m. Fn. 277. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 452. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 452. Was auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 78 anmerkt. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 78. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 78.

3. Kap.: Ratihabitio eines negotium male gestum

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nur ein, wenn der Berechtigte (Forderungsinhaber) genehmigt.253 Man könnte daher annehmen, dass der wahre Erbe mit Erhebung der hereditatis petitio auch gleichzeitig die Einziehung der Forderung durch den gestor konkludent genehmigt und der Erbschaftsschuldner liberiert wird. Entsprechend der Aussage Julians in D. 5.3.31.5254 kommt es aber für die Befreiung des Erbschaftsschuldners wohl darauf an, dass die eingezogene Summe dem wahren Erben tatsächlich restituiert wird.255 Dies muss hier umso mehr gelten, als der Geschäftsführer nach Erteilung der ratihabitio als gestor des Putativerben anzusehen und damit nicht mehr der Rechtssphäre des wahren Erben zuzurechnen ist. 3. Kapitel

Ratihabitio eines negotium male gestum § 11 Das berühmte Fragment Pomponius/Scaevola D. 3.5.8 (9) Eine Kardinalstelle für die Frage nach der Wirkung und dem Wesen der ratihabitio auf dem Gebiet der negotiorum gestio ist D. 3.5.8 (9), eine schwierige256 und schon vielfach besprochene257 Stelle. Die Bedeutung dieses Fragmentes kann nicht überschätzt werden, es soll im Rahmen dieser Untersuchung deshalb eine ausführliche Besprechung erfahren. Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht die ratihabitio eines negotium male gestum. D. 3.5.8 (9) Scaevola 1 quaest. Pomponius scribit, si negotium a te quamvis male gestum probavero, negotiorum tamen gestorum te mihi non teneri. videndum ergo, ne in dubio hoc, an ratum habeam, actio negotiorum gestorum pendeat: nam quomodo, cum semel coeperit, nuda voluntate tolletur? sed superius ita verum se putare, si dolus malus a te absit. Scaevola: immo puto et si comprobem, adhuc negotiorum gestorum actionem esse, sed 253

Vgl. Ulpian D. 46.3.12.4; Julian D. 46.3.34.4. D. 5.3.31.5 Ulpian 15 ed. Quod autem possessori solutum est an restituere debeat, videamus: et si bonae fidei possessor fuit sive non, debere restituere placet, et quidem si restituerit, ut Cassius scribit et Iulianus libro sexto, liberari ipso iure debitores. Vgl. ferner D. 46.3.34.9 Julian 54 dig. Si praedo id, quod a debitoribus hereditariis exegerat, petenti hereditatem restituerit, debitores liberabuntur. Die beiden Stellen beziehen sich zwar auf den Fall, dass der Erbschaftsschuldner unmittelbar dem Putativerben gezahlt hat. Wie aber oben dargestellt, ist das Handeln des Geschäftsführers nach Erteilung der ratihabitio der Rechtssphäre des Scheinerben zuzurechnen. 255 Im Ergebnis auch Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 364. 256 Bertolini, Ratifica I (1889), 27 sieht die Stelle als eine der schwierigsten der Digesten an. S. auch Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 317. 257 Vgl. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 44 Fn. 2: „Die Stelle hat eine ganze Literatur herforgerufen“; s. ferner Leist, Fremde Vermögensangelegenheiten (1855), 113; Pernice, Labeo A I (1873), 516 Fn. 10; Sigerist, Ratihabition (1887), 67; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 317 mit ähnlichen Bemerkungen. 254

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung eo dictum te mihi non teneri, quod reprobare non possim semel probatum: et quemadmodum quod utiliter gestum est necesse est apud iudicem pro rato haberi, ita omne quod ab ipso probatum est. ceterum si ubi probavi, non est negotiorum actio: quid fiet, si a debitore meo exegerit et probaverim? quemadmodum recipiam? item si vendiderit? ipse denique si quid impendit, quemadmodum recipiet? nam utique mandatum non est. erit igitur et post ratihabitionem negotiorum gestorum actio.258

I. Einführung Das Fragment stammt aus dem ersten Buch der Quaestionen259 des Cervidius Scaevola, das in Lenels Rekonstruktion den Titel De negotiis gestis trägt:260 Der späte Hochklassiker kommentiert zeitnah den Hochklassiker Sextus Pomponius. Nach Pomponius haftet der gestor nicht mit der actio negotiorum gestorum auf 258 Die Stelle wird aufgrund stilistischer Bedenken vielfach für überarbeitet gehalten. v. Beseler, SZ 46 (1926), 140 f. Fn. 1 verdächtigt die Stelle bereits wegen des Substantivs ratihabitio und streicht [videndum – absit], den Einschub [sed eo – teneri, quod], an deren Stelle quamvis gestanden habe, sowie [et quedmadmodum – negotiorum gestorum actio]. Die Generalverdächtigung des Substantivs ratihabitio erweist sich jedoch als unbegründet. Für Interpolationen auch Kreller, SZ 59 (1939), 400 f. und Sachers, SDHI 4 (1938) 325 Fn. 59. Seiler, Negotiorum gestio (1968), 69 Fn. 37 hält die Unwiderruflichkeit der erklärten Genehmigung für echt, aber das Fragment aufgrund seines „sprunghaften Gedankengangs“ mit Glossemen [videndum ergo – nuda voluntate tolletur, eo dictum – quo, ita omne – negotiorum actio] durchsetzt. Die von Krüger vorgeschlagene Konjektur (probavero tamen negotorum gestorum te mihi non teneri) ist gut vertretbar, verändert jedoch den Sinn der Aussage nicht, zust. auch Pernice, Labeo A I (1873), 516 Fn. 10; Bertolini, Ratifica I (1889), 26 Fn. 3; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 323. Allgemein für eine Überarbeitung auch Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 316. Auffällig ist nach Finazzi das Fehlen des Subjekts zu den Verben exergerit, impendit, vendiderit, recipiat. Er vermutet, dass es bei der Übertragung des Textes vergessen worden sei, Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 585 f. m. Fn. 253. In den Studi Talamanca III (2001), 257 führt er überdies aus, dass wahrscheinlich ein Kompilator in der Passage videndum ergo – pendeat den Gedanken von Pomponius zusammenfasse oder wiedergebe. Im Hinblick auf den Teil nam quomodo – tolletur hält er dies ebenfalls für möglich, aber nicht für sicher. Für die Echtheit der Stelle Riezler, Venire contra factum proprium (1912), 29 („Die nicht eben elegante Latinität begründet hier noch keinen Interpolationsverdacht, da die Stelle einen ganz guten Sinn ergibt“); Knütel, SZ 84 (1967), 148 Fn. 69 (Die Interpolationsannahmen seien trotz der Überarbeitung des Fragments im rhetorischen Schlussteil nicht gesichert.); F. Sturm, SZ 90 (1973), 451 Fn. 69; De Filippi, Ratihabitio (2002), 44 f., 113 ff.; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 85 ff. Sprachliche Unebenheiten lassen für sich allein keinen Schluss auf eine Interpolation zu. 259 Die Quaestionen sind spezifisch problematische Werke. Quaestio meint nicht die Anfrage eines Klienten, sondern das theoretisch thematiserte Einzelproblem. Nach einer Ansicht sind die Quaestionen aus dem Rechtsunterricht hervorgegangen, so Gokel, System (2014), 111. Eine andere Ansicht ordnet die 20 libri quaestionum unter die selbständige Problemataliteratur ein, so Wieacker, RGG II, 106. Das eine schließt das andere nicht aus. Probleme können auch akademisch im Unterricht erörtert werden. Charakteristisch für die Quaestionen ist jedenfalls ihr theoretischer Anspruch; sie gelten als eine der anspruchvollsten juristischen Literaturgattung in der römischen Rechtswissenschaft, Wieacker, RGG II, 93. 260 Lenel, Pal. II (1889), Sp. 271.

3. Kap.: Ratihabitio eines negotium male gestum

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Schadensersatz, wenn der dominus ein negotium male gestum genehmigt hat.261 Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn dem gestor dolus malus zur Last fällt. Pomponius erwägt deshalb, ob nicht, solange zweifelhaft sei, ob der dominus genehmigt hat, die Geschäftsführungsklage in der Schwebe sei. Denn wie könnte die Klage sonst, wenn sie einmal entstanden ist, durch den bloßen Willen wieder aufgehoben werden? Scaevola meint dagegen, die Geschäftsführungsklage sei, auch wenn der dominus genehmigt hat, noch gegeben. Aber insoweit hafte der gestor nicht, als der dominus nicht missbilligen kann, was er einmal gebilligt hat. Und so wie eine Geschäftsführung, die von Nutzen ist, notwendigerweise vor dem iudex für gültig gehalten werden muss, so auch alles das, was vom Geschäftsherrn selbst gebilligt worden ist (et quemadmodum quod utiliter gestum est necesse est apud iudicem pro rato haberi, ita omne quod ab ipso probatum est). Wenn dagegen die Geschäftsführungsklage nicht mehr bestünde, sobald der dominus genehmigt hat – was sollte dann geschehen, wenn der Geschäftsführer Geld von einem Schuldner des dominus eingezogen hat und der dominus genehmigt? Auf welche Weise könnte es der dominus erlangen? Und wenn er etwas verkauft haben sollte? Und der Geschäftsführer selbst schließlich, wenn er etwas aus seinem Vermögen aufgewendet hat – wie erhielte er es zurück? Denn es liege jedenfalls kein Auftrag vor. Es werde also auch nach der Genehmigung die Geschäftsführungsklage gegeben sein. Der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt wird von Pomponius nicht näher dargelegt. Prima facie könnte man daran denken, dass Pomponius die Einziehung einer nicht bestehenden oder einer nicht dem Geschäftsherrn zustehenden Forderung behandelt, bei der ja, wie bereits oben262 gesehen, der ratihabitio eine tragende Rolle für die Entstehung der negotiorum gestio zukommt. Dagegen spricht jedoch, dass in eben dieser Fallkonstellation die negotiorum gestio ohne die ratihabitio nicht entsteht. Das Problem der nachträglichen Aufhebung der Haftung aus negotiorum gestio durch ratihabitio und die Frage eines anfänglichen Schwebezustandes hätten sich also erst gar nicht gestellt. Die actio negotiorum gestorum muss hier bereits vor Erteilung der ratihabito begründet gewesen sein. Für Pomponius kann die ratihabitio nicht Voraussetzung für das Entstehen der negotiorum gestio sein. 261 Die Worte sed superius ita se verum, mit denen Pomponius seine Zustimmung einschränkt, lassen vermuten, dass Pomponius den Anfang des Fragments aus dem Werk eines anderen Juristen entlehnt und dann kommentiert hat, so C. Fuchs, Archiv für die praktische Rechtswissenschaft 7 (1860), 295 f.; Pernice, Labeo A I (1873), 516 Fn. 10; Bertolini, Ratifica I (1889), 27, 30 f.; Riezler, Venire contra factum proprium (1912), 29; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 323 Fn. 5668; Isola, TR 83 (2015), 115. A. A. De Filippi, Ratihabitio (2002), 113 f., nach der die Entscheidung von Pomponius selbst stammt. Der Einschub passt auch dann, wenn die Worte ursprünglich von Pomponius herrühren, wie auch Bertolini, Ratifica I (1889), 31 meint. Pomponius könnte diese Einschränkung der Vollständigkeit halber angeführt haben. 262 Vgl. die Ausführungen zu D. 3.5.5.11, 12 in § 8 und § 10 der Untersuchung.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

II. Zur Bedeutung des negotium male gestum Die Bedeutung der ratihabitio und somit das Verständnis der Stelle überhaupt hängt hier entscheidend vom Verständnis des Ausdrucks male gestum ab, der erklärungsbedürftig erscheint. Dazu haben sich verschiedene Ansichten im Schrifttum herausgebildet. Jeder quellenmäßigen Grundlage entbehrt die Behauptung,263 mit male gestum sei ein non utiliter gestum gemeint. Bei dieser Interpretation wäre die Aussage von Pomponius so zu verstehen, dass im Falle eines non utiliter gestum noch nicht einmal die ratihabitio die negotiorum gestio zugunsten des Genehmigenden begründen kann.264 Die Ausnahme bei dolus würde Zweifel aufwerfen. Denn dies würde im Umkehrschluss bedeuten, dass die Genehmigung die actio negotiorum gestorum (directa) für den dominus negotii nur dann begründen kann, wenn der gestor absichtlich ein interessenwidriges Geschäft geführt hat. Es ist aber nicht einleuchtend, warum gerade der dolus malus des gestor ein Kriterium sein sollte, das es dem dominus negotii ermöglicht, sich Handlungen des gestor anzueignen, die selbst bei Erteilung ratihabitio mit seinen Angelegenheiten nichts zu tun hätten.265 Ferner spricht gegen diese Auffassung die Terminologie der Quellen, die in einem solchen Fall sonst von einem negotium non utiliter coeptum,266 non tuum negotium oder nullum negotium tuum267 sprechen.268 Wenn Pomponius eine den Interessen des dominus widersprechende Handlung gemeint hätte, hätte er sehr wahrscheinlich einen dieser Ausdrücke anstelle von negotium male gestum verwendet.269 Ebenfalls abzulehnen ist die Ansicht von Busse,270 wonach male mit dem Ausdruck depraedandi causa (wörtlich: „um einen anderen auszuplündern“) gleich-

263 So aber Dankwardt, Negotiorum Gestio (1855), 25 m. Fn. 4; Beckhaus, Ratihabition (1859), 49; Sigerist, Ratihabition (1887), 67; s. auch Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), 328 s. v. male: negotium male (im Gegensatz von utiliter) gestum. In jüngerer Zeit auch Meissel, in: Festschrift für Bürge (2017), 277, der das negotium male gestum offenbar mit einem negotium non utiliter gestum gleichsetzt. Nach Meissel, in: Festschrift für Bürge (2017), 298 m. Fn. 109 hängt der seiner Ansicht nach ausschließlich für den Aufwendersatzanspruch erforderliche Nutzen des Geschäftsherrn von einer Genehmigung ab und wird erst ex post beurteilt. 264 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 88. 265 So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 88. 266 Vgl. z. B. Ulpian D. 3.5.9.1. 267 Vgl. auch Ulpian D. 3.5.5.11. S. dazu § 8 der Untersuchung. 268 So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 88 f. 269 So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 88 f. 270 Busse, De ratihabitione (1834), 50 Fn. 41 mit Verweis auf Labeo/Ulpian D. 3.5.5.5. Einen solchen Bedeutungsgehalt hält auch Beckhaus, Ratihabition (1859), 49 (neben non utiliter) für möglich.

3. Kap.: Ratihabitio eines negotium male gestum

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zusetzen sei.271 Danach wäre unter einem negotium male gestum ein in Bereicherungsabsicht angemaßtes Geschäft zu verstehen. Einen Schadensersatzanspruch als Rechtsfolge für eine angemaßte Eigengeschäftsführung sieht das römische Recht aber nicht vor. Stattdessen erhält derjenige, der sich wissentlich das Geschäft eines anderen als eigenes mit der Absicht anmaßt, aus der Geschäftsführung einen eigenen Vorteil zu ziehen, seine Aufwendungen nur im Umfang der noch vorhandenen Bereicherung des Geschäftsherrn ersetzt.272 Unter einem negotium male gestum ist hier dem natürlichen Wortsinn entsprechend ein schlecht geführtes Geschäft zu verstehen.273 Der gestor hat seine Pflicht274 zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung kulpos275 verletzt. Nach geltendem Recht würde man bei dem hier in Rede stehenden Fall von einem Ausführungsverschulden gemäß §§ 677, 280 Abs. 1 BGB (Schadensersatz wegen Art und Weise der Geschäftsführung) sprechen. Möglicherweise dachte Pomponius an den Kauf einer mangelbehaften res necessaria, etwa eines an sich notwendigen, aber kranken Sklaven276 oder daran, dass der gestor den Einzug einer Forderung, wozu er im Rahmen einer bereits aufgenommenen, länger andauernden Geschäftsführung verpflichtet war, schuldhaft unterlassen hat und die Verwirklichung der Forderung aus rechtlichen (beispielsweise durch eine dem Schuldner entstandene Einrede) oder tatsächlichen Gründen (zum Beispiel durch zwischenzeitlich eingetretene Insolvenz des Schuldners) nunmehr nicht möglich ist und der gestor somit dem Geschäftsherrn einen Schaden zugefügt hat. Die actio negotiorum gestorum (directa) des dominus ging bei pflichtwidriger Geschäftsführung auf Schadensersatz.277

271

Abl. auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 45 Fn. 3. Vgl. Ulpian/Labeo D. 3.5.5.5. Dem dominus steht natürlich die actio negotiorum gestorum gegen den gestor zu. 273 In diesem Sinne auch Behrends, SZ 88 (1971), 270 Fn. 222; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 88; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 323. Nicht festlegen will sich Finazzi, Negotiorum gestio II.2 (2006), 311, der auch ein negotium inutiliter gestum für möglich hält. 274 Denn da die actio negotiorum gestorum ein bonae fidei iudicium ist, schuldet der Geschäftsführer auch eine sorgfältige Ausführung des Geschäftes. Dies folgt aus der bona fides. 275 Hier kann aufgrund der Ausnahme bei dolus nur auf ein kulposes Verhalten des gestor abgestellt werden, so auch Kaser, RP I (1971), § 137 1 II 1 (590 Fn. 35). Es ist umstritten, welcher Haftungsmaßstab für den gestor im römischen Recht galt. Nach herrschender Meinung hatte der Geschäftsführer grundsätzlich für dolus und culpa (levis) einzustehen, vgl. Pomponius D. 3.5.10. S. auch R. Zimmermann, Obligations (1996), 445 ff.; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 142, 400. Einen Überblick über den Meinungsstand geben z. B. Kaser, RP I (1971), § 137 1 II 4 (589 f.); Seiler; in: Studien im römischen Recht (1973), 195 ff. 276 Vgl. Africanus D. 21.1.51.1, das ist wohl die Stelle, auf die sich auch Deppenkemper, Negotiorum Gestio II (2014), 323 Fn. 5669 (statt D. 22.1.51.1) bezieht. 277 Vgl. Gaius D. 3.5.2; Kaser, RP I (1971), § 137 1 II 4 (589). 272

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

Wenn dem gestor dolus malus zur Last fällt, wenn er also den Geschäftsherrn arglistig schädigt,278 haftet der gestor trotz Erteilung der Genehmigung.279 Diese Ausnahme bei dolosem Handeln stellt keine eigentümliche Besonderheit der negotiorum gestio oder der ratihabitio dar, sondern folgt aus der bona fidesKlausel.280 Eine entsprechende Handhabung findet sich bei anderen bonae fidei iudicia.281 Der Sinn der Einschränkung der Haftungsbeschränkung geht dahin, dass der gestor – ungeachtet der Billigung durch den Geschäftsherrn – für seinen dolus malus einzustehen hat und zum Schadensersatz verpflichtet ist.282 Denn der gestor, der mit dolus malus handelt und damit dem Zweck der negotiorum gestio zuwider, verstößt gegen die bona fides und ist daher nicht schutzwürdig. III. Die quaestio Die eigentliche quaestio ist für Pomponius,283 wie die Nichthaftung des gestor bei Billigung eines negotium male gestum rechtsdogmatisch zu bewältigen ist. Konstruktiv lässt sich dies auf zwei Wegen erreichen: In Betracht kommt zum einen, dass die bereits bestehende Haftung des gestor durch die probatio im Nachhinein aufgehoben wird und zum anderen, dass die actio negotiorum gestorum zunächst bis zur Erteilung beziehungsweise Nichterteilung der ratihabitio in pendenti, d. h. in der Schwebe ist. 278 Nach C. Fuchs, Archiv für die praktische Rechtswissenschaft 7 (1860), 296 lässt der Wortlaut auch den Fall zu, dass der gestor die ratihabitio selbst dolos erwirkt hat. Fuchs hat dabei wohl Fälle einer durch Täuschung oder Zwang herbeigeführten Genehmigung vor Augen. 279 Auch die durch dolus zustande gekommene probatio operis ist nichtig, vgl. Paulus D. 19.2.24 pr. (Die Stelle bezieht sich wohl auf den Fall, dass der Werkunternehmer den Mangel arglistig verschwiegen bzw. verdeckt hat.). 280 De Filippi, Ratihabitio (2002), 115. 281 Vgl. z. B. Pomponius D. 19.1.6.9 (Kaufvertrag); Paulus D. 13.6.17 pr. (Leihe); Paulus D. 2.14.27.3; Ulpian D. 16.3.1.7 (Verwahrung); Paulus D. 17.2.3.3 (Gesellschaft). S. auch Kritz, Pandectenrecht I/1 (1835), 401. 282 In diesem Sinne auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 89; De Filippi, Ratihabitio (2002), 115. 283 Für die Zurechnung der Passage videndum – tolletur an Pomponius sprechen sich aus z. B. Kritz, Pandectenrecht I/1 (1835), 400; Leist, Fremde Vermögensangelegenheiten (1855), 113 f.; Beckhaus, Ratihabition (1859), 49 f.; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 45 Fn. 4; Bertolini, Ratifica I (1889), 32; Isola, TR 83 (2015), 116. Teilweise wird die Ansicht vertreten, die Passage videndum – tolletur sei Scaevola zuzuschreiben, so Aarons, Negotiorum Gestio (1860), 101, 271; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 324, 332. Für die Urheberschaft Scaevolas spricht, dass Formen von videre für einen didaktischen Stil nicht untypisch sind und häufig in den Quaestiones von Scaevola begegnen, s. Gokel, System (2014), 111. Die Stelle weist zumindest die für einen wissenschaftlichen Diskurs typische Dialogstruktur auf, vgl. Gokel, System (2014), 109. A. A. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 45 Fn. 4 mit der Begründung, es sei nicht wahrscheinlich, dass Scaevola Folgerungen (ergo) aus einer von ihm abgelehnten Auffassung ziehe. Es erscheint zudem wenig überzeugend, dass er zuvor eine eigene Überlegung in dritter Person vorträgt, so zu Recht v. Seuffert, Ratihabition (1868), 45 Fn. 4; Isola, TR 83 (2015), 116.

3. Kap.: Ratihabitio eines negotium male gestum

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Pomponius äußert gegen die erstgenannte Lösung sogleich insoweit Bedenken, als dann die bloße nuda voluntas, die sich durch die probatio nach außen hin manifestiert, die bereits bestehende Haftung aus der actio negotiorum gestorum nachträglich aufheben würde, was seiner Ansicht nach wohl rechtlich unmöglich ist (videndum ergo ne in dubio hoc, an ratum habeam, actio negotiorum gestorum pendeat: nam quomodo, cum semel coeperit, nuda voluntate tolletur?). Diese dogmatischen Bedenken sind auf die Rechtsnatur der negotiorum gestio zurückzuführen. Sie stellt gerade keinen Konsensualkontrakt dar, der durch Willensübereinkunft zustande kommt. Infolgedessen kann ihr Fortbestand beziehungsweise ihre Aufhebung nicht von der nuda voluntas eines der Beteiligten abhängig sein.284 Pomponius hatte wohl das Gefühl, dass die nachträgliche Berücksichtigung der ratihabitio sich nicht mit dem Wesen der negotiorum gestio verträgt. IV. Lösung von Pomponius Wegen dieser dogmatischen Schwierigkeiten erwägt Pomponius zurückhaltend (videndum) eine Schwebelage285 der actio negotiorum gestorum bis zum Zeitpunkt der endgültigen Klarheit über die Erteilung der ratihabitio. Von Pomponius selbst ist keine ratio decidendi für die Versagung der Klage auf Schadensersatz bei probatio überliefert. Womöglich bestand für Pomponius keine Motivation für das Anführen von Gründen, weil er keinem Rechtfertigungsdruck unterlag, da er im Ergebnis einem älteren Juristen zustimmte.286 Vielleicht ist der Text auch verkürzt überliefert, so dass der Gedankengang des Pomponius nicht mehr vollständig zum Ausdruck kommt. Ungeachtet dieser Möglichkeiten ist bei den Entscheidungen von Pomponius nicht selten eine Begründungsarmut anzutreffen.287 Die Haftung des gestor auf Schadensersatz bei Billigung des dominus widersprach jedenfalls seinem Rechtsempfinden. Die Stelle ist, wie bereits eingangs erwähnt, oftmals als überaus problematisch und schwierig im romanistischen Schrifttum beurteilt worden. Die eigentliche 284 So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 89 mit Verweis auf D. 3.5.5.8 (S. dazu § 30 der Untersuchung) und D. 15.3.5 pr.,1. S. auch De Filippi, Ratihabitio (2002), 115, die ausführt, dass die im Edikt proponierte Klage Ausdruck der vollziehenden Staatsgewalt sei, der kein privater Wille etwas entgegen setzen könne. De Filippi stellt damit in der Sache auf das imperium des Prätors ab. Gerade aufgrund seines imperium hatte er aber auch freie Hand, eine an sich im Edikt vorgesehene grundsätzlich einschlägige Klage zu verweigern. 285 Der Rekurs auf den Pendenzgedanken hat hier, wie auch sonst im römischen Recht, keinen eigenständigen Begründungswert. Die Vorstellung der Pendenz dient vielmehr als Denkbehelf bzw. der Veranschaulichung der Rechtslage, vgl. Siber, Römisches Recht II (1928), 420 f.; Kaser, RP I (1971), § 61 I 4 (255 Fn. 27); Schiemann, Pendenz und Rückwirkung der Bedingung (1973), 14; Bergmann, in: Festschrift für Reuter (2010), 24. 286 Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 323 Fn. 5668. 287 Vgl. Harke, Argumenta Pomponiana (2014), 168.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

Schwierigkeit liegt in der Bedeutung folgender Aussage von Pomponius: videndum ergo ne in dubio hoc, an ratum habeam, actio negotiorum gestorum pendeat: nam quomodo, cum semel coeperit, nuda voluntate tolletur.288 Es ist unklar, ob mit actio negotiorum gestorum das Schuldverhältnis im Ganzen gemeint ist oder nicht. Nach überwiegender Meinung289 soll die Passage dahingehend zu lesen sein, dass durch die probatio beziehungsweise ratihabitio nicht beide Klagen (directa und contraria) entfallen, sondern nur der Anwendungsbereich der actio negotiorum gestorum (directa) hinsichtlich der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs wegen schlechter Geschäftsführung eingeschränkt wird. V. Lösung von Scaevola Im weiteren Verlauf des Fragments stellt nun Scaevola seine eigene Ansicht dar (immo puto). Über das Ergebnis, dass der gestor dem genehmigenden dominus nicht wegen schlechter Geschäftsführung haftet, besteht zwischen den Juristen Einigkeit,290 jedoch differiert die dogmatische Begründung. Scaevola lehnt die Konstruktion einer Schwebelage ab. Nach Scaevola entsteht das Schuldverhältnis der negotiorum gestio gemäß den allgemeinen Regeln ipso gestu und besteht auch nach der Erteilung der probatio beziehungsweise ratihabitio fort. Der Geschäftsführer hafte aber nicht auf Schadensersatz, quod reprobare non possim semel probatum (weil der dominus nicht missbilligen kann, was er einmal gebilligt hat).291 Scaevola292 fügt hinzu: et quemadmodum

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Kritz, Pandectenrecht I/1 (1835), 400. Vgl. z. B. Glück, Pandecten V/2 (1799), 382; Chambon, Negotiorum gestio (1848), 61; Bertolini, Ratifica I (1889), 28; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 69; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 89, s. auch 87; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 338 (der allerdings als mögliche Anspruchsgrundlage nach Erteilung der ratihabitio auch die actio mandati in Betracht zieht); Isola, TR 83 (2015), 117. A. A. Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 199; Kritz, Pandectenrecht I/1 (1835), 401 (in der Annahme, die ratihabitio erfolge mit der Bestimmung, dass keinem Teil mehr aus der negotiorum gestio Ansprüche erwachsen). A. A. Müller-Kabisch, Kündigung (2011), 33 mit dem Einwand, dies sei mit den Einwendungen Scaevolas unvereinbar, was jedoch nicht überzeugt, wie unten in § 11 VII. der Untersuchung noch zu sehen sein wird. Vgl. auch C. Fuchs, Archiv für die praktische Rechtswissenschaft 7 (1860), 296, der die Ansicht vertritt, Pomponius sei im Hinblick auf den von ihn kommentierten Juristen ein Missverständnis unterlaufen, indem er vom Nichtentstehen des Schuldverhältnisses der negotiorum gestio im Ganzen im Falle der Genehmigung schlechter Geschäftsführung ausgehe und dies für richtig halte, und Scaevola dieses Missverständnis nachweise. 290 Glück, Pandecten V/2 (1799), 382; Bertolini, Ratifica I (1889), 28; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 331. 291 Das wird vermutlich auch das Motiv von Pomponius gewesen sein, das ihn dazu bewogen hat, dem dominus negotii die Geschäftsführungsklage auf Schadensersatz zu versagen. 292 Leist, Fremde Vermögensangelegenheiten (1855), 114 f.; Aarons, Negotiorum Gestio (1860), 271; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 588; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 335. Von einer Glosse geht Kreller, SZ 59 (1939), 401 Fn. 1 aus. 289

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quod utiliter gestum est necesse est apud iudicem pro rato haberi,293 ita omne quod ab ipso probatum est.294 Der dominus ist an seine Genehmigung gebunden, weil er sonst gegen das Verbot venire contra factum proprium295 ver-

293 Dass Scaevola dabei die Anerkennung der Geschäftsführung als negotiorum gestio durch den iudex mit dem Ausdruck ratum habere umschreibt, stellt nicht etwa eine sprachliche Besonderheit dar, die mit dem Fall im Zusammenhang steht: Die Anerkennung der Gültigkeit eines bestrittenen Rechtsgeschäfts bzw. einer Handlung durch den iudex wird auch andernorts mit den Worten ratum habere ausgedrückt, vgl. die Nachweise in Fn. 47. S. auch v. Griesinger, Ratihabition (1862), 23 (mit Verweis auf die in Rede stehende Stelle). S. auch o. § 4 I. der Untersuchung. Hier liegt insofern die Besonderheit vor, als eine ratihabitio auch Teil des zu beurteilenden Sachverhaltes ist. 294 In der Pandektistik war der Bezugspunkt von pro rato haberi umstritten. Teilweise wurde angenommen, pro rato haberi beziehe sich auf den dominus negotii. Hierauf stützte man die Behauptung, dass die Genehmigung notwendige Voraussetzung der negotiorum gestio sei (selbst für den Fall des negotium utiliter gestum), die vom dominus freiwillig erklärt oder gerichtlich erzwungen bzw. fingiert werden könne, so z. B. Valett, Lehrbuch des praktischen Pandektenrechts II (1828), 57 Fn. 11; Chambon, Negotiorum gestio (1848), 51 f., 54 f., 62, 132; v. Jhering, JherJb 1 (1857), 340; Beckhaus, Ratihabition (1859), 45; Witte, Bereicherungsklagen (1859), 7 f. S. auch Wittmann, Geschäftsführung ohne Auftrag (1981), 126, der aus der Äußerung Scaevolas in D. 3.5.8 schlussfolgert, erst allmählich habe sich die Auffassung durchgesetzt, dass eine nützliche Geschäftsführung der genehmigten gleichstehe; sogar F. Sturm, SZ 90 (1973), 451 Fn. 69 mit der Bemerkung: „Scaev. (1 quaest.) D. 3, 5, 8. – Ein negotium utiliter gestum muß er genehmigen“. Eine Pflicht zur Genehmigung abl. Ruhstrat, AcP 33 (1850), 239 ff.; Köllner, Obligatio negotiorum gestorum (1856), 122 f.; v. Griesinger, Ratihabition (1862), 36 Fn. 1, 58 ff.; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 37 f.; v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 77; A. Sturm, Negotium utiliter gestum (1878), 68; Bertolini, Ratifica I (1889), 36 ff.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 72; De Filippi, Ratihabitio (2002), 118; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 587. Die These von der notwendigen Genehmigung wird schon durch Celsus D. 17.1.50 pr. (dazu näher oben in § 6 der Untersuchung) widerlegt, wo der Bürge im Falle eines negotium utiliter gestum als Geschäftsherr verpflichtet wird und Celsus ausdrücklich klarstellt, dass es nicht darauf ankommt, ob der Bürge genehmigt oder nicht, Bertolini, Ratifica I (1889), 36 f.; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 587. Es fällt nicht schwer die hinter der These von der „notwendigen Genehmigung“ stehende Intention zu erkennen, nämlich die negotiorum gestio als konsensuales Institut zu konzipieren, so auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 587. Schon nach den Basiliken kommt dem dominus eine Pflicht zur Genehmigung der zweckmäßigen Geschäftsführung zu, s. Bas. 17.1.8, dazu oben in § 5 III. 5. der Untersuchung. Ausgehend von D. 3.5.8 machte auch die Glosse für alle Arten der negotiorum gestio die vom dominus freiwillig erklärte oder gerichtlich erzwungene oder endlich fingierte ratihabitio zur Voraussetzung der Entstehung des Quasikontrakts, Gl. Haberi ad D. 3.5.8: Et nota, quod hoc intelligunt quidam in aliis generibus negotiorum, ut compellatur habere ratum: non in eo, quod est meum ratihabitione. S. ferner v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 76 f.; Aarons, Beiträge (1860), 59; v. Griesinger, Ratihabition (1862), 57 ff.; Harke, Geschäftsführung und Bereicherung (2007), 45 ff. 295 Das Verbot des venire contra factum proprium war den Römern zwar nicht als allgemeines Rechtsinstitut, aber dem Gedanken nach wohl bekannt. Einzelne klassische Entscheidungen beruhen auf diesem Gedanken, vgl. Ulpian D. 1.7.25 pr.; ders. D. 44.4.2.4. Das Rechtssprichwort venire contra factum proprium entstand erst im Mittelalter. S. auch Riezler, Venire contra factum proprium (1912); 1 ff.; Kaser, RP I (1971), § 114 V (488 Fn. 40).

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

stieße.296 Die actio directa entsteht danach von Anfang an, das Verbot widersprüchlichen Verhaltens hindert den geschädigten dominus nur daran, einen an sich bestehenden Schadensersatzanspruch geltend zu machen. Die Wirksamkeit der ratihabitio fußt streng genommen auf einer juristisch-wertenden Gesamtbetrachtung durch den iudex am Maßstab der bona fides. Der tatsächlichen Billigung kommt erst durch den Rückgriff auf die bona fides in Verbindung mit der Autorität des iudex Rechtsverbindlichkeit zu. Die Berufung auf den iudex sowie die Nichterwähnung der exceptio doli sprechen dafür, dass sich Scaevola auf die formula in ius concepta297 der negotiorum gestio mit der bona fides-Klausel bezieht. Es stellt sich die Frage, ob der Vergleich Scaevolas von utilitas und ratihabitio auf rein formale Aspekte abstellt oder eine materiellrechtliche Gleichsetzung in dem Sinn beinhaltet, dass die ratihabitio aus der Sicht von Scaevola sogar ein tatbestandliches Äquivalent zur utilitas darstellt. Möglich erscheint, dass Scaevola seine Aussage bezogen auf ein negotium male gestum getroffen und dabei die utilitas nur herangezogen hat, um die Bindungswirkung als Folge der Unwiderruflichkeit der einmal erteilten ratihabitio bei einem negotium male gestum zu verdeutlichen. Er wollte möglicherweise zum Ausdruck bringen, dass der dominus an seine ratihabitio im Falle eines negotium male gestum gebunden ist und sie im Nachhinein nicht willkürlich widerrufen kann, ebenso wie er an das Vorliegen der utilitas gestionis gebunden ist und diese nicht durch Missbilligung der Geschäftsführung entkräften und somit die Geschäftsführung zurückweisen kann.298 296 So auch Riezler, Venire contra factum proprium (1912), 28; gleichsinnig Koschaker, SZ 33 (1912), 548 f.; Kreller, SZ 59 (1939), 401; Knütel, SZ 84 (1967), 148; Deppenkemper, Negotiorum Gestio II (2014), 334 m. Fn. 5714. S. auch Samter, SZ 26 (1905), 133: „diese überzeugenden Sätze, die von den Meistern des Rechts lediglich aus den ,drei Worten inhaltsschwer‘ der formula [gemeint ist: ex fide bona] herausentwickelt worden waren“. 297 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 50. A. A. Kreller, SZ 59 (1939), 401, der vermutet, Scaevola beziehe sich auf die in factum konzipierte Formel. Grosso, Studi Urbinati I (1927), 65 f. erblickt in der Stelle einen Beleg für seine Lehre von der sog. Nichtinhärenz der exceptio pacti und nimmt an, die Billigung des dominus sei als ein Klageverzicht und damit als ein pactum de non petendo aufzufassen, also als ein formloser Verzichtsvertrag, bei dem der Prätor, wenn der Gläubiger trotzdem die Forderung geltend machte, wegen des widersprüchlichen Verhaltens eine exceptio gewährte. Zust. Isola, Venire contra factum proprium (2017), 143. Es erscheint jedoch bereits rechtsdogmatisch zweifelhaft, aus der ratihabitio als einem einseitigen Rechtsakt den Abschluss eines pactum herleiten zu wollen, s. auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 586 Fn. 254. Gegen die Annahme eines pactum de non petendo auch Knütel, SZ 84 (1967), 147 f. mit der triftigen Begründung, dass die exceptio doli näher liege als die exceptio pacti. Prozessual ist die exceptio doli für den Beklagten insoweit vorteilhafter als die exceptio pacti, als jene einen Widerspruch des Klägers (dominus) zum eigenen Vorverhalten genügen lässt und den Beklagten (gestor) von der Notwendigkeit befreit, darüber hinaus die Gültigkeit des pactum nachzuweisen (exceptio doli bonae fidei indicio inest). 298 So z. B. v. Griesinger, Ratihabition (1862), 58 f.

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Denkbar ist aber auch, dass, so wie das Schrifttum299 Scaevola nahezu einhellig versteht, er sagen wollte, dass jede gestio (und damit insbesondere ein negotium non utiliter coeptum), die der potentielle dominus gebilligt hat, apud iudicem als negotiorum gestio unabhängig vom Vorliegen der utilitas gestionis in gleicher Weise anerkannt werden muss. Nach dieser Deutung könnte man mit Blick auf den vorangegangenen Satz (quod reprobare non possim semel probatum) die Rechtsverbindlichkeit der ratihabitio im Verbot des widersprüchlichen Verhaltens verankert sehen. Die Wirkungsweise der ratihabitio bestünde dann nicht darin, denn sonst würde die Gegenüberstellung von utilitas und ratihabitio keinen Sinn ergeben, die negotiorum gestio über die Herbeiführung der utilitas zu begründen, sondern die ratihabitio würde einen selbständigen Obligierungsgrund darstellen. Die fehlende utilitas, so könnte man meinen, würde durch die ratihabitio ersetzt werden, weil alles andere als ein widersprüchliches Verhalten gewertet werden müsste. Die bona fidesKlausel würde das Einfallstor für die Weiterentwicklung der negotiorum gestio zur Geschäftsführung ohne Auftrag nach heutigem Verständnis darstellen. Für die zweite Auslegungsvariante spricht zunächst der Wortlaut der Äußerung. Scaevola spricht ausdrücklich von ita omne quod; die apodiktisch gehaltene Formulierung verleiht dem zweiten Halbsatz eine generelle Aussagekraft über den hier behandelten Fall hinaus, so dass er schon fast wie ein allgemein hergebrachter Grundsatz wirkt. Jene Worte haben aber, wie der Zusammenhang klar ergibt, eine ganz andere Bedeutung, als man ihnen prima vista beilegen möchte. Aufschlussreich für das Verständnis der Aussage sind die weiteren Ausführungen Scaevolas: Durch ein argumentum ad absurdum300 mittels rhetorischer Fragen301 versucht Scaevola302 seine Ansicht indirekt zu beweisen, indem er die 299 So z. B. Ruhstrat, AcP 33 (1850), 239 f.; Beckhaus, Ratihabition (1859), 46; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 38; v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 77; Bertolini, Ratifica I (1889), 35; Knütel, SZ 84 (1967), 148; De Filippi, Ratihabitio (2002), 118; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 588 f., s. auch 395 f., 555; ders., in: Studi Talamanca III (2001), 258 f.; Harke, Geschäftsführung und Bereicherung (2007), 16. Talamanca, Labeo 17 (1971), 232 sieht in der ratihabitio den Nachfolger der praepositio des procurator omnium rerum und in der utilitas das Merkmal der spontanen Freundeshilfe nachklingen und hält es für möglich, dass Scaevolas pro rato haberi Ergebnis einer Rechtsprechung ist, die es rechtfertigte, dass die die actiones negotiorum gestorum so heterogene Sachverhalte wie die procuratio rerum und die unbeauftragte Geschäftsführung erfassten. 300 Trotz des Fehlens des Epitheton absurdum wird man hier von einem argumentum ad absurdum ausgehen dürfen. Gleichsinnig Kacprzak, Ratihabitio (2002), 86; Gokel, System (2014), 295 Fn. 1318. 301 Hier handelt es sich um rhetorische Fragen und nicht etwa um Fragen erkenntnistheoretischer Art gerichtet an Scaevolas Schülerkreis, vgl. Babusiaux, Papinians Quaestiones (2011), 190 f.; s. auch Gokel, System (2014), 113 m. Fn. 485. 302 Vgl. Seiler, Negotiorum gestio (1968), 69 Fn. 41, der die Ausführungen zu Recht als „inhaltlich nicht angreifbar[e]“ Gedanken Scaevolas auffasst. S. auch Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 259 m. Fn. 12. A. A. Knütel, SZ 84 (1967), 148 Fn. 69;

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sachwidrigen Folgen der Ansicht von Pomponius aufzeigt: „ceterum si ubi probavi . . .“. Anders als zunächst erörtert Scaevola nunmehr Fallkonstellationen der negotiorum gestio, die regelmäßig mit der Erteilung einer ratihabitio im Außenverhältnis einhergehen303 wie die Einziehung einer fremden Forderung304 und die Veräußerung einer fremden Sache beziehungsweise die Verfügung über eine res aliena.305 Vom Standpunkt der modernen Dogmatik handelt es sich hierbei allesamt um Fälle von § 185 Abs. 2 BGB. Die Anfänge der Anerkennung der verbindlichen Kraft der ratihabitio dürften in der Genehmigung derartiger Verfügungen liegen.306 Nach Finazzi307 weisen solche Fälle (das Einziehen einer fremden Forderung und die Veräußerung einer fremden Sache) die Gemeinsamkeit auf, dass sie neben einem Vorteil für den Geschäftsherrn auch nachteilige Folgen mit sich bringen, wie beispielsweise das Erlöschen der Obligation oder den Verlust des Eigentums an einer Sache, dass es sich also allesamt um Rechtsgeschäfte handelt, mit denen zugleich ein Rechtsverlust des dominus verbunden ist. Und dies war nach Finazzi für die römischen Juristen der Grund für die Anerkennung der ratihabitio als eine weitere Legitimationsgrundlage für die negotiorum gestio neben der utilitas. Die ratihabitio trat danach als Legitimationsgrundlage hinzu, um zu verhindern, dass dem dominus ungewollte Rechtsnachteile entstehen.308 Neben diesen Fällen, in denen die ratihabitio eine obligationsbegründende Funktion hatte, bewältigte die ratihabitio nach Finazzi309 auch solche Fallkonstellationen, in denen die utilitas zweifelhaft war. Galt sie einem bereits als utiliter gestum bewerteten negotium, betraf sie Finazzi zufolge nur die Haftung des gestor. Diesen Überlegungen ist jedoch entgegenzuhalten, dass die Einziehung einer bestehenden Forderung ein negotium des Gläubigers darstellt und die Entstehung des Schuldverhältnisses der negotiorum gestio gerade nicht von der Erteilung der ratihabitio abhängt.310 Die ratihabitio ist in diesem Fall nur für die LiberationsBehrends, SZ 88 (1971), 270 Fn. 222 (nachklassische Glossen); Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 338 Fn. 5733, die allesamt den rhetorischen Schlussteil für unecht halten. Für die Echtheit des Schlussteils spricht, dass das Aufwerfen von Fragen zu allen möglichen Fallvarianten eine für Scaevola in der juristischen Argumentation typische Vorgehensweise darstellt, die auch an anderer Stelle in den Quästionen begegnet, s. Gokel, System (2014), 113. 303 Ähnlich Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 597. 304 Vgl. Julian D. 46.8.22.1; Africanus D. 46.3.38.1; Ulpian D. 46.8.10. 305 Vgl. Ulpian D. 46.8.10. 306 Bei Einziehung einer Forderung durch einen gestor gilt die ratihabitio genau genommen gar nicht, wie es modernrechtlichem Denken entspricht, einer Verfügung, die ein Nichtberechtigter über eine Forderung trifft. Die römischen Juristen verstanden die ratihabitio vielmehr gegenständlich auf den bloßen Zahlungsakt bezogen, s. § 8 der Untersuchung. 307 Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 597. 308 Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 597. 309 Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 597. 310 S. dazu oben § 5 der Untersuchung.

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wirkung und für den Besitz- und Eigentumserwerb des dominus (Gläubigers) an den eingezogenen Münzen erforderlich.311 Und bei Veräußerung einer dem dominus gehörenden Sache verfügt der gestor als Nichtberechtigter; der gestor benötigt damit die ratihabitio, um wirksam über die Sache verfügen zu können. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang das den römischen Quellen zu entnehmende Prinzip, wonach formfreie Verfügungen wie zum Beispiel traditio, Verpfändung und formfreier Erlass auch Nichtberechtigten offenstehen, sofern der Berechtigte, wann auch immer, sein Einverständnis erteilt.312 Selbst ein negotium utiliter gestum verleiht dem Geschäftsführer keine Verfügungsbefugnis. Die negotiorum gestio führt, abgesehen von der actio negotiorum gestorum (contraria), nicht zu einem Eingriff in Rechte des dominus. Bezeichnend ist zudem, dass Scaevola den Erwerb einer Sache als Beispiel in seiner Aufzählung gerade nicht anführt. Denn die Genehmigung eines Kaufs einer Sache wäre der einzige denkbare Fall, bei dem eine Genehmigung das Innenverhältnis betreffen würde (weil im Außenverhältnis für das Erwerbsgeschäft keine ratihabitio erforderlich ist).313 Die ratihabitio kann hier zwar auch von Bedeutung für einen vorzeitigen Besitzund Eigentumserwerb des dominus sein, bevor er die Sache übertragen bekommt.314 Dieser ist allerdings nicht zwingend, denn der dominus kann Besitz und Eigentum an der Sache auch durch Übertragung oder selbständige Besitzergreifung erwerben, und der Besitzerwerb durch ratihabitio wurde überdies kontrovers unter den klassischen Juristen beurteilt.315 Die Nichterwähnung des Ankaufs einer Sache lässt sich plausibel damit erklären, dass der Erwerbsfall von dem Juristen nicht automatisch mit der ratihabitio (im Außenverhältnis) in Verbindung gebracht wird. Der Geschäftsführer bedarf zum Besitz- und Eigentumserwerb an einer Sache nicht der Zustimmung des dominus. Es lässt sich festhalten, dass die Exemplifizierung von Scaevola nur solche Fälle betrifft, in denen sich die ratihabitio auf das Außenverhältnis bezieht. Auch wenn sich nicht zwingend behaupten lässt, dass Scaevola zu seiner Argumentation von Pomponius selbst, genauer gesagt der von ihm verwendeten Terminologie ratum habere angeregt wurde, lässt sich zumindest sagen, dass die Ingebrauchnahme dieses Ausdrucks einen nicht unerheblichen Anreiz für Scaevola bot, seinen Blick auf das eigentliche Anwendungsgebiet der ratihabitio, d. h. auf die Fallkonstellationen zu richten, bei denen die ratihabitio für das Wirksamwerden von Verfügungen (im Außenverhältnis) notwendig ist. Damit ist nun auch klar, dass sich Scaevola mit dem Ausdruck ita omne quod (ita omne quod ab ipso probatum est) nicht auf die Begründung der obligatio 311

S. dazu §§ 5, 34 der Untersuchung. Vgl. Gaius D. 41.1.9.4 = Inst. 2.1.42; Ulpian D. 6.1.41.1; Paulus D. 13.7.20 pr.; Kaser, RP I (1971), § 62 VII (267); ders., SZ 91 (1974), 202. 313 S. auch unten § 13 der Untersuchung. 314 S. dazu die Ausführungen in § 32 und § 33 der Untersuchung. 315 S. dazu die Ausführungen in § 32 der Untersuchung. 312

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negotiorum gestionis durch ratihabitio bezieht, sondern auf die angesprochenen Verfügungen, die durch die ratihabitio wirksam werden. Im Hinblick auf diese steht die Verbindlichkeit der ratihabitio außer Frage. Scaevola meint deshalb mit seiner Aussage „et quemadmodum quod utiliter gestum est necesse est apud iudicem pro rato haberi, ita omne quod ab ipso probatum est“ nicht den Fall, dass utilitas und ratihabitio alternativ vorliegen, sondern vielmehr, dass utilitas und ratihabitio kumulativ bei einer Geschäftsführung gegeben sind, und zwar die utilitas bezogen auf das Innenverhältnis, also auf die negotiorum gestio, und die ratihabitio bezogen auf das Außenverhältnis. Die Verfügung des Geschäftsführers begründet in solchen Fällen im gesetzlichen Idealfall, von dem die römischen Juristen grundsätzlich ausgehen, soweit nichts anderes gesagt wird, ipso gestu die negotiorum gestio und geht gleichzeitig einher mit der ratihabitio des dominus für die Wirksamkeit der Verfügung im Außenverhältnis. Scaevola will sagen, dass die ratihabitio unwiderruflich ist und dass der iudex in solchen Fällen an beides, sowohl an das Vorliegen der ratihabitio als auch an das Vorliegen der utilitas gebunden ist. Der iudex kann, wenn die Geschäftsführung eine Verfügung zum Gegenstand hat, entgegen dem Vorschlag von Pomponius weder das Vorliegen der utilitas und damit das Entstehen der negotiorum gestio ignorieren, noch kann er sich über die Erteilung der ratihabitio im Außenverhältnis hinwegsetzen, um damit die negotiorum gestio als wirkam anerkennen zu können, weil die Genehmigung in diesen Fällen notwendig für das Wirksamwerden der Verfügung ist. Der Vorschlag von Pomponius würde darauf hinauslaufen, dass sich bei Verfügungsgeschäften nur immer eines von beiden – Innenverhältnis oder Außenverhältnis – alternativ durchsetzen könnte. Scaevola konnte seine Auffassung durch den Gebrauch der Wendung ita omne (quod ab ipso probatum est) zum Ausdruck bringen, weil er zum einen gar nicht zwischen Innen- und Außenverhältnis zu unterscheiden wusste316 und es zum anderen von seinem klassischen Standpunkt aus völlig außerhalb seiner Vorstellung lag, dass die ratihabitio unmittelbar die negotiorum gestio begründet. Aus dieser Perspektive erscheint die überlieferte Formulierung „et quemadmodum quod utiliter gestum est necesse est apud iudicem pro rato haberi, ita omne quod ab ipso probatum est“ nicht missverständlich. Die römischen Juristen gingen nicht so weit, dass mit der Genehmigung der Verfügung (zum Beispiel der Veräußerung) automatisch auch die negotiorum gestio begründet wird, was sich auf den ersten Blick widersprüchlich anhört, wenn 316 So schon Reichard. Vgl. dazu die Ausführungen unter § 8 der Untersuchung. A. A. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 44, wonach von dem Begriff der ratihabitio die Billigung der Art und Weise der Ausführung des Geschäfts zu trennen sei. Ob die Ratihabition einer Handlung gleichzeitig deren Billigung enthält, sei quaestio facti und hänge davon ab, ob der Genehmigende die Absicht habe, sich auch mit der speziellen Tätigkeit einverstanden zu erklären. Hierauf beziehe sich D. 3.5.8, zust. v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 72 f.

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man zugrunde legt, dass sie zwischen Innen- und Außenverhältnis nicht zu differenzieren wussten. Aber bei genauer Betrachtung ist das kein Problem von Innenund Außenverhältnis, sondern ist der Rechtsnatur der negotiorum gestio geschuldet. Aus der ratihabitio selbst eine schuldrechtliche Bindung, eine Obligation, herleiten zu wollen, widerspricht dem Prinzip, wonach die negotiorum gestio durch die Geschäftsführung zustande kommt. Auch unter dem Einfluss der bona fides erhielt die ratihabitio nicht den Gehalt eines Verpflichtungsmoments für die negotiorum gestio. Eine andere Deutung liefe der dogmatischen Grundlage der negotiorum gestio zuwider, denn Verpflichtungsgrund wäre dann nicht mehr die gestio, sondern die ratihabitio. Danach müsste man die Rechtsverbindlichkeit der ratihabitio im Verbot des widersprüchlichen Verhaltens verankert sehen. Die Verbindlichkeit durch die ratihabitio wäre damit als eine vertypte Folgerung aus der bona fides-Klausel zu verstehen. Das quidquid dare facere oportet ex fide bona der Formel stellt jedoch nicht die Verpflichtungsgrundlage dar, sondern die ex fide bona-Klausel ist nur ein Maßstab für die Bemessung des (bereits bestehenden) Anspruchs und dient der Einräumung eines freien Schätzungsspielraumes für den iudex.317 Die umstrittene Behauptung von Teilen des Schrifttums, wonach die bona fides als Verpflichtungsgrund anzusehen sei, beschränkt sich auf die Zeit der Entstehung der bonae fidei iudicia.318 In der Spätklassik wurde die bona fides nicht mehr als Verpflichtungsgrund angesehen.319 Und speziell bei dem Rechtsinstitut der negotiorum gestio spricht dagegen, dass nach herrschender Meinung die formula in ius concepta erst nach der Rezeption ins Zivilrecht aufgestellt wurde und in ihr die Worte ex fide bona aufgenommen wurden.320 Die römische Handhabung der ratihabitio erweist sich als sach- und interessengerecht: Bei einem negotium utiliter gestum steht dem gestor ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zu, auch wenn der dominus nicht erwerben beziehungsweise veräußern will, also unabhängig von der Erteilung der ratihabitio. Außerdem hat der gestor in den Fällen des Erfordernisses der ratihabitio in der Regel etwas für seinen Aufwendungsersatz als „Faustpfand“ in der Hand (etwa den Erlös aus dem Verkauf oder den erworbenen Gegenstand), d. h. wenn der dominus veräußern bzw erwerben will, kann der Geschäftsführer den Verkaufserlös beziehungsweise den erworbenen Gegenstand so lange zurückhalten, bis der Geschäftsherr ihm seine Aufwendungen ersetzt hat. Im Übrigen handelt der Geschäftsführer auf eigenes Risiko. Der dominus verliert auch nicht gegen seinen 317

Kaser, RP I (1971), § 114 IV 3 (487). Die umstrittene Frage, ob die bona fides ursprünglich einmal als eine selbständige Verpflichtungsgrundlage diente (so Kunkel, in: Festschrift für Koschaker II (1939), 1 ff.; Kaser, SZ 83 (1966), 1 ff.) oder von Anfang an nur als Maßstab für das officium iudicis aufgefasst wurde (so v. Lübtow, in: Symbolae Taubenschlag dedicatae III, 227 ff.; ähnlich Wieacker, SZ 80 (1963), 1 ff.) kann hier dahingestellt bleiben. 319 Kaser, RP I (1971), § 114 IV 3 (487). 320 S. Fn. 75. 318

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Willen sein Eigentum an der veräußerten Sache oder muss das Eigentum an der vom gestor erworbenen Sache nicht gegen seinen Willen erwerben. Die römischen Juristen sind insoweit einen Mittelweg gegangen und wahrten damit die Interessen auf beiden Seiten. Die ratihabitio einer Verfügung entfaltet nur insoweit Wirkungen im Innenverhältnis, als sie bei einer mala gestio den Anspruch des Geschäftsherrn auf Schadensersatz ausschließt, mehr aber nicht. Schließlich weist Scaevola als Argument noch ausdrücklich auf eine sich andernfalls auftuende Lücke im Rechtsschutz hin: nam utique mandatum non est. erit igitur et post ratihabitionem negotiorum gestorum actio. Er betont, dass ein mandatum nicht vorliege, aus welchem einerseits auf Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten, andererseits auf Ersatz der Aufwendungen geklagt werden könne. Der Schlusssatz mag ein Glossem sein, wie teilweise im Schrifttum vermutet wird,321 doch kommt es darauf hier nicht an, denn er gibt dem Text keine andere Bedeutung.322 Entscheidend sind die Fragen, die Scaevola am Ende stellt. Sie ließen sich nicht stellen, wenn ein Mandat vorläge. VI. Missverständnis zwischen Pomponius und Scaevola? Scaevolas Argumentation verhält sich, ungeachtet der dargestellten rechtskonstruktiven Unterschiede, auf den ersten Blick zu den Ausführungen von Pomponius disparat:323 Scaevola geht offenbar davon aus, dass nach Pomponius im Falle eines negotium male gestum bei Erteilung der ratihabitio keine actiones entstehen. So jedenfalls könnte man seine Begründung verstehen, die er für seine Ansicht anführt: „. . . ceterum si ubi probavi, non est negotiorum actio: quid fiet, si a debitore meo exegerit et probaverim quemadmodum recipiam?“ Pomponius dagegen nimmt in dem Passus „negotiorum tamen gestorum te mihi non teneri“, so deutet ihn die überwiegende Meinung im Schrifttum,324 nicht den Wegfall des

321 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 69 Fn. 41. S. auch Sachers, SDHI 4 (1938), 325 Fn. 59. Für die Echtheit im Schlussteil dagegen Girtanner, De ratihabitione (1848), 9; De Filippi, Ratihabitio (2002), 116; bei anderer Interpretation Deppenkemper, Negotiorum Gestio II (2014), 339. Behrends, SZ 88 (1971), 270 Fn. 222 hielt den Einwand Scaevolas nam mandatum utique non est zunächst für eine Glosse. Er hat seine Meinung danach offenbar revidiert, vgl. Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 43 Fn. 23. 322 In der Sache entspricht er durchaus, wie sich noch zeigen wird (s. dazu den 4. Teil der Untersuchung), dem klassischen Recht. 323 Bertolini, Ratifica I (1889), 31. 324 Vgl. Glück, Pandecten V/2 (1799), 382; Chambon, Negotiorum Gestio (1848), 61; Bertolini, Ratifica I (1889), 28; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 69; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 89, s. auch 87; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 338, (der allerdings als mögliche Anspruchsgrundlagen nach Erteilung der ratihabitio auch die actiones mandati in Betracht zieht); Isola, TR 83 (2015), 117. A. A. Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 199. A. A. Müller-Kabisch, Kündigung (2011), 33 mit dem Einwand, dies sei mit den Einwendungen Scaevolas unvereinbar, was jedoch nicht überzeugt, wie

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Schuldverhältnisses der negotiorum gestio im Ganzen an, sondern nur den Ausschluss der Geltendmachung des Anspruchs auf Schadensersatz. Diese vermeintliche Divergenz zwischen den Ausführungen beider Juristen entfachte im Schrifttum, vor allem in der gemeinrechtlichen Literatur eine lebhafte Diskussion, die bis heute kontrovers geblieben ist. So wird argumentiert, Pomponius habe den Hinweis darauf, dass der gestor nach Erteilung der probatio weiterhin zur Herausgabe des durch die Geschäftsführung Erlangten und der dominus zum Aufwendungsersatz verpflichtet ist, für redundant gehalten.325 Auch für Scaevola sei klar gewesen, dass Pomponius nur die Schadensersatzpflicht des gestor habe beseitigen wollen.326 Dass die römischen Juristen für die negotiorum gestio als Schuldverhältnis keine andere Terminologie als für die Klage verwendet haben, ergibt sich schon aus den weiteren Ausführungen Scaevolas, der, obwohl er ganz eindeutig dem Sachzusammenhang nach von der negotiorum gestio als Schuldverhältnis spricht, auch den Ausdruck actio negotiorum gestorum verwendet (ceterum si ubi probavi, non est negotiorum actio: quid fiet, si a debitore meo exegerit et probaverim). Der Terminus negotiorum gestio ist den römischen Quellen unbekannt.327 Die Römer hatten für das Schuldverhältnis der negotiorum gestio auch sonst keinen anderen Terminus technicus.328 Es wurde außerdem gemutmaßt, Scaevolas Erörterungen könnten auf einem Missverständnis beruhen,329 indem er irrigerweise davon ausging, dass nach Pomponius im Falle einer mala gestio bei Erteilung der ratihabitio kein Schuldverhältnis der negotiorum gestio begründet werde. Erwogen wurde ferner, dass der Streit mehr oder weniger terminologischer Natur sei, und Scaevola die Darlegungen von Pomponius der Sache nach richtig verstanden habe und sie nur präzisieren und komplettieren wollte330 oder sich gar polemisch überspitzt äußerte,331 unten zu sehen sein wird. A. A. Kritz, Pandectenrecht I/1 (1835), 401 (mit der Annahme, die ratihabitio erfolge mit der Bestimmung, dass keinem Teil aus der negotiorum gestio mehr Ansprüche erwachsen). 325 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 69; dies ebenfalls für möglich haltend Isola, TR 83 (2015), 118. 326 Zum Teil wird vertreten, etwa von Harke, Geschäftsführung und Bereicherung (2007), 15, dass nach Pomponius die actio negotiorum directa bei Nichterteilung bzw. Verweigerung der ratihabitio im Ganzen entfalle. 327 Kaser, in: Studi Biondi I (1965), 117; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 10. 328 Kaser, in: Studi Biondi I (1965), 117. 329 So Chambon, Negotiorum gestio (1848), 61; Leist, Fremde Vermögensangelegenheiten (1855), 114; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 45 f.; Isola, TR 83 (2015), 117. 330 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 89. 331 v. Seuffert, Ratihabition (1868), 46; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 69 Fn. 41 („Der Sache nach ist der Einwand Scaevolas berechtigt [. . .], wenn auch vielleicht etwas pedantisch.“); Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 324 f. (wenn auch auf anderem Begründungswege). Dass Scaevola jedenfalls grundsätzlich zur Selbstgefälligkeit neigte, zeigen Sprache und Gedankenführung des Juristen an anderen Stellen, s. Gokel, System (2014), 118 f.

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weil er sie zumindest für missverständlich hielt.332 Ein vereinzelter Standpunkt333 im Schrifttum ist, dass Pomponius die von ihm referierte Ansicht eines anderen Juristen missverstanden habe und irrtümlicherweise vom Nichtbestehen des Schuldverhältnisses der negotiorum gestio im Ganzen ausgegangen sei und Scaevola eben dieses Missverständnis nachweise. Eine andere Richtung geht von einer Schulenkontroverse aus. Bereits Girtanner334 und Ernst Zimmermann335 erklärten die ihrer Ansicht nach einander widersprechenden Aussagen unter Berufung auf die sabinianische Sentenz ratihabitio mandato comparatur336 mit einem Schulenstreit über die Wirkung der ratihabitio auf die negotiorum gestio. Streitig zwischen beiden Juristen sei demnach der Klagegrund (negotiorum gestio oder mandatum) nach Erteilung der ratihabitio. Nach Pomponius, der hier die sabinianische Richtung vertrete, begründe die ratihabitio rückwirkend ein mandatum.337 Weil das Schuldverhältnis der negotiorum gestio nach Erteilung der ratihabitio nicht mehr rechtlich existent sei, hafte der dominus nicht aus der actio negotiorum gestorum.338 Scaevola verteidige die Ansicht, wonach nach Erteilung der ratihabitio dem dominus und dem gestor weiterhin die actiones negotiorum gestorum zustehen.339 Dass die Entscheidung von Pomponius 332 Glück, Pandecten V/2 (1799), 382; Leist, Fremde Vermögensangelegenheiten (1855), 114; Bertolini, Ratifica I (1889), 29; Isola, TR 83 (2015), 117. 333 C. Fuchs, Archiv für die praktische Rechtswissenschaft 7 (1860), 296. 334 Girtanner, De ratihabitione (1848), 6 ff. 335 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 271 f. 336 Dazu ausführlich im 4. Teil ratihabitio und mandatum. 337 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 271 f.; Müller-Kabisch, Kündigung (2011), 33 f. Nach E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 265 ff. verstanden die Sabinianer die Rechtslage dergestalt, dass im Augenblick der ratihabitio der Akt des gestor wiederholt werde. 338 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 271 f.; Müller-Kabisch, Kündigung (2011), 33 f. 339 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 270; Müller-Kabisch, Kündigung (2011), 33 f. Auf dieser Argumentationslinie liegt auch der Erklärungsansatz von Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 317 ff.: Pomponius, „wohl den Sabinianern“ nahestehend (ders., ebd., 324), vertrete eine, wie Deppenkemper es nennt, sog. „Tatbestandslösung“, ders., ebd., 337: Durch die Genehmigung sei „der Entstehungstatbestand der Geschäftsführungsklage (zu Haftungszwecken) beseitigt“, indem die Geschäftsführung durch die nachträgliche Genehmigung als von Anfang an ordnungsgemäß gilt, ders., ebd., 337. Nach Scaevola, „der vielleicht den Prokulianern nahe stand“ (ders., ebd., 322), bleibe der Tatbestand einer schlechten Geschäftsführung (malum gestum) bestehen („Rechtsfolgenlösung“, ders., ebd., 337). Nur könne der dominus nach seiner ratihabitio des malum gestum keine Geschäftsführungsklage auf das malum gestum stützen, weil er damit gegen sein eigenes Vorverhalten verstieße, ders., ebd., 334. Der von Deppenkemper vermutete Schulenstreit klingt in den Quellen an keiner Stelle an. Zweifelhaft erscheint schon, warum ein Spätklassiker wie Pomponius sich auf die in der Klassik, wie Deppenkemper selbst sagt, bereits „überholte Ansicht“ der sabinianischen Rechtsschule noch berufen sollte. Im Übrigen behandelt das von Deppenkemper, ebd., 332 Fn. 5703 als „Beweis“ für seine These von den konkurrierenden Schuldverhältnissen mandatum und negotiorum gestio angeführte

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auf dem Satz ratihabitio mandatum comparatur beruht, erscheint ausgeschlossen. Von Bedeutung sind, wie bereits gesagt, die Fragen, die Scaevola am Ende stellt. Sie ließen sich nicht stellen, wenn ein Mandat vorläge und Scaevolas Bemerkung, ein Mandat liege nicht vor, wäre auch nur dann ein Argument, wenn Pomponius gerade nicht das Vorliegen eines Mandats angenommen hätte. (Andernfalls wäre sie nur eine bloße Behauptung.) Überdies kommt die Sentenz ratihabitio mandato comparatur, wie noch auszuführen sein wird, nur im Außenverhältnis in einem ganz anderen Zusammenhang zum Tragen.340 De Filippi,341 die hinsichtlich der Wirkung der ratihabitio auf die negotiorum gestio einen zum sonstigen Schrifttum im scharfen Gegensatz stehenden Ansatz vertritt, ist der Auffassung, dass der dominus zu einer früheren Zeit durch die ratihabitio stets das Recht verlor, die actio negotiorum gestorum geltend zu machen. Dies gelte auch für den Fall der mala gestio. Im Zweifelsfall, wenn unklar ist, ob der dominus genehmigt hat oder nicht, sei die negotiorum gestio in der Schwebe geblieben. Für Pomponius bedeute die ratihabitio, dass die Handlung des Geschäftsführers oder das durch die Geschäftsführung Erlangte gleichsam automatisch in die Rechts- und Vermögenssphäre des Geschäftsherrn fallen, oder dass der gestor die aus der Geschäftsführung erlangten Vorteile freiwillig an den Geschäftsherrn herausgibt, ohne dass es der klageweisen Durchsetzung bedarf. Der dominus verliere daher bei Genehmigung das Recht zur Klage.342 Pomponius vertrete keine Einzelmeinung, sondern seine Ansicht stehe in Zusammenhang mit einer früheren Vorstellung von Sextus Pedius über das Verhältnis zwischen der ratihabitio und der actio negotiorum gestorum in D. 3.5.5.11–13,343 denen De Filippi fälschlicherweise entnimmt, dass die Genehmigung des dominus dem negotium gestum den „Charakter der Fremdheit“ nehme, wodurch dem dominus die Möglichkeit verloren gehe, die actio negotiorum gestorum gegen den gestor geltend zu machen.344 Diese Konzeption beeinflusse das Denken von Pomponius. Der Gedanke von Scaevola sei dagegen anders orientiert. Für Scaevola sei wesentlich, dass der dominus rechtliche Schritte ergreifen kann, um das zu erreichen, was der gestor erlangt hat, wenn dieser es nicht freiwillig herausgibt. Und Freiwilligkeit sei, so De Filippi, in der Praxis sicherlich nicht die Regel Textstück D. 16.3.1.13 den völlig anders gelagerten Fall, dass dieselbe Tätigkeit zwei Schuldverhältnisse zugleich begründet (mandatum und depositum) und kann hier schon deshalb zur Aufklärung nicht herangezogen werden. Vorzuziehen ist eine Auslegung, die solche fragwürdige Eingriffe nicht benötigt. Isola, TR 83 (2015), 117 hält es für denkbar, dass Scaevola der Ansicht von Pomponius mit Ablehnung gegenüber trete, weil er fürchte, dass dessen Aussage den Schluss zulasse, das Rechtsverhältnis werde durch die ratihabitio in ein Mandat umgewandelt. 340 S. dazu im 4. Teil der Untersuchung. 341 De Filippi, Ratihabitio (2002), 114 f., 126. 342 De Filippi, Ratihabitio (2002), 113 ff. 343 S. §§ 8, 10, 14 der Untersuchung. 344 De Filippi, Ratihabitio (2002), 127 ff.

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gewesen. Die Genehmigung des dominus negotii verhindere danach nicht, dass er gegen den gestor Klage erheben kann. Scaevola stelle die ratihabitio bei der Beurteilung durch den iudex der utilitas gleich.345 Dies werde durch die Worte nam quomodo, cum semel coeperit, nuda voluntate tolletur deutlich, mit denen Scaevola den Gegensatz zwischen ihm und Pomponius zum Ausdruck bringe. Die nuda voluntas beziehe sich auf die Genehmigung und der Ausdruck semel coeperit auf die Geltendmachung der actio negotiorum gestorum.346 Dieser Erklärungsansatz von De Filippi, wonach bei der ratihabitio einer Geschäftsführung diese nicht mehr klageweise durchsetzbar ist, erweist sich als unbegründet. Die für diese Ansicht als angebliche Belege angeführten Passagen werden von De Filippi falsch interpretiert: In D. 3.5.5.11347 hat die Genehmigung, wie gesehen, nicht die Geltendmachung der actio gestorum negotiorum ausgeschlossen, sondern im Gegenteil den dominus zur Geltendmachung der actio negotiorum gestorum erst legitimiert. Auch in D. 3.5.5.12348 ist unstreitig, dass die Genehmigung nicht die Anwendung der actio negotiorum gestorum ausschließt. In D. 3.5.5.13349 sind die Vorteile der Geschäftsführung ohne Ausübung der actio directa dem dominus zugute gekommen, deswegen hat die ratihabitio hier keine Relevanz. Auch sonst gibt es für den Erklärungsansatz von De Filippi keine Spur in den Quellen. Finazzi350 geht davon aus, dass Pomponius Fälle vor Augen gehabt habe, in denen die Genehmigung ausschließlich einer nützlichen Geschäftsführung galt und die Geschäftsführung keine Beeinträchtigung der Rechtssphäre des dominus mit sich brachte. Pomponius habe nur die Haftung bei schlechter Geschäftsführung behandelt, sie aber nicht im Hinblick auf die von Scaevola beschriebenen Fälle erörtert. Finazzi sieht, wie bereits gesagt, die ratihabitio als eine alternative Rechtsgrundlage für die negotiorum gestio insbesondere bei Geschäftsführungen an, die für den dominus (auch) mit Rechtsnachteilen verbunden sind (wie dem Verlust einer Forderung oder des Eigentums an einer Sache). Finazzi verkennt dabei aber, dass mit dem bloßen Entstehen der negotiorum gestio kein Eingriff in die Rechte des dominus verbunden ist, weil dieser zum Beispiel seine Forderung oder das Eigentum an einer ihm gehörigen Sache nicht automatisch durch die Geschäftsführung verliert.351

345 De Filippi, Ratihabitio (2002), 118. De Filippi, Ratihabitio (2002), 125 argumentiert, dass das Prinzip, wonach die Genehmigung zur Geltendmachung der actio negotiorum gestorum legitimiert, im Wege der doktrinären Auslegung etabliert wurde. 346 De Filippi, Ratihabitio (2002), 115. 347 S. § 8 der Untersuchung. 348 S. § 10 der Untersuchung. 349 S. § 14 der Untersuchung. 350 Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 601. 351 Vgl. auch § 5 der Untersuchung.

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VII. Eigene Erklärung Es fällt auf, dass Pomponius mehrmals den Begriff probare und das Kompositum comprobare anstatt ratum habere verwendet,352 so dass Ernst Zimmermann353 die Frage aufwirft, ob ratum habere hier nicht „allgemein“, also untechnisch zu verstehen sei. Die von Pomponius gewählte Terminologie könnte darauf beruhen, dass er probare hier nicht im Sinne einer konstitutiven Genehmigung für die negotiorum gestio versteht. Andererseits spricht Pomponius im weiteren Verlauf auch von ratum habere im Sinne eines nicht-konstitutiven „billigen“. Zu berücksichtigen ist ferner, dass das Kompositum comprobare Bestandteil der von Ulpian angeführten „Legaldefinition“ der ratihabitio in D. 46.8.12.1 ist.354 Weniger sprachliche Ungenauigkeit noch stilistische Gründe im Sinne der Intention, stets den gleichen Ausdruck zu vermeiden, sondern wohl ein mehr oder weniger assoziativer Gedankengang, dem bewusste Überlegungen nicht zugrunde lagen, sind wohl Grund für die Terminologie. Die Ausdrücke probatio und ratihabitio sind hier gleichbedeutend.355 Die Bezeichnung probare drängt aber die Assoziation mit dem römischen Werkvertragsrecht356 auf: Die probatio (operis) ist der Terminus technicus für die Abnahme bei der locatio conductio operis:357 Nimmt der locator das Werk 352 Vgl. auch v. Reinhardt, Ergänzungen zu Glück II 1 (1835), 30 f., nach dem Pomponius zwischen probare und ratum habere unterscheide. Unter dem probare sei eine außergerichtliche Genehmigung im Gegensatz zu der vor Gericht erklärten Genehmigung, dem ratum habere, zu verstehen. Pomponius stelle den Satz auf, dass erst die gerichtliche Genehmigung den Geschäftsherrn zur actio negotiorum gestorum verpflichte. Er erhebe gegen sich selbst den Einwand, ob denn der Geschäftsherr die außergerichtliche Genehmigung einfach so widerrufen kann und beschränke dann den Widerruf auf den Fall des dolus des gestor. Scaevola dagegen sei der Auffassung, dass die außergerichtliche Zustimmung dieselbe Wirkung wie die gerichtliche Genehmigung habe, und dass derjenige, welcher außergerichtlich seine Genehmigung erteilt habe, die gerichtliche Genehmigung gar nicht mehr versagen könne. 353 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 163. 354 D. 46.8.12.1 Ulpian 80 ed. Rem haberi ratam hoc est comprobare adgnoscereque quod actum est a falso procuratore. S. zu dieser Stelle § 4 II. der Untersuchung. 355 Im Ergebnis auch C. Fuchs, Archiv für die praktische Rechtswissenschaft 7 (1860), 294. 356 Vgl. auch Samter, SZ 26 (1905), 132 f., 141, der auf diese Stelle rekurriert, um daraus Rückschlüsse auf das Wesen der propatio operis zu ziehen. Durch die Gleichstellung mit der auctoritas rei iudicatae sei hier die probatio „aufs glücklichste gekennzeichnet“, so Samter, SZ 26 (1905), 133. 357 Probare hat vornehmlich zwei Bedeutungen. Die Bezeichnung probare wird zum einen im Sinne von „prüfen“, „gut befinden“, „billigen“ und zum anderen im Sinne von „beweisen“, „dartun“ gebraucht, Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), 461 s. v. probare 1) und 2). Diese Bedeutungsvarianz verbunden mit einer unterschiedlichen Subjektzuordnung in den römischen Quellen (sowohl locator als auch conductor sind als Subjekt aufgeführt) bereiten Schwierigkeiten bei der Bestimmung des genauen Inhalts der probatio im Werkvertragsrecht. Es ist umstritten, ob die probatio eine Handlung des locator (probatio im Sinne von Billigung) oder des conductor ist (probatio im Sinne

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an, obwohl der conductor es nicht in der zugesagten Art und Weise ausgeführt hat, verliert er seinen Schadensersatzanspruch aus der actio locati gegen den Unternehmer, es sei denn, dieser hat die Mängel arglistig verborgen.358 Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht ausgeschlossen, dass Pomponius an eine singuläre Geschäftsführung dachte, die für den dominus ausschließlich mit einem Schaden einhergeht.359 Auch Kacprzak360 hat die Vermutung geäußert, für Pomponius sei Gegenstand der negotiorum gestio ein einzelnes Geschäft, das für den dominus nur mit Schäden verbunden sei, während Scaevolas Ansatz sich auf eine Mehrheit von Geschäften beziehe. Dies werde durch die Verwendung des Singulars negotium gestum bei Pomponius angedeutet anstelle des Ausdrucks negotia gesta,361 der als Mehrheit zusammengehöriger Geschäfte verstanden werden könnte, die sowohl Schäden als auch Vorteile für den Geschäftsherrn zur Folge hätten. Aus der von Pomponius und Scaevola gebrauchten Terminologie lassen sich jedoch Rückschlüsse weder in die eine noch in die andere Richtung ziehen. Scaevola selbst spricht auch gar nicht von negotia. Er verallgemeinert nur am Ende des Fragments den Vorschlag von Pomponius gedanklich auf viele andere, verschiedene Fallkonstellationen und prüft, welche Konsequenzen sich jeweils daraus ergeben. Dies stellt eine typische Methode der juristischen Argumentation dar. Dennoch ist die Vermutung Kacprzaks in der Sache nicht von der Hand zu weisen. Aufgrund des Umstands, dass Scaevola den Fall in seinen Quaestionen362 erörtert, kann die Entscheidung dazu nicht unumstritten gewesen sein. Bei den Erörterungen wird der zentrale Punkt der Kontroverse weder von Pomponius noch

von Beweis bzw. Nachweis), dazu Harke, OIR 10 (2005), 30. Vorliegend bedarf es dazu keiner Stellungnahme, denn probare kann hier nur im Sinne von „billigen“ zu verstehen sein, s. auch v. Reinhardt, Ergänzungen zu Glück II 1 (1835), 30 f. 358 Vgl. Paulus D. 19.2.24 pr. 359 Für die theoretisch denkbare Rechtsfolge eines male gestum, dass eine Pflichtverletzung des gestor über den Schadensersatzanspruch des dominus hinaus zu einer Sanktion des gestor führt und den Verlust seines Anspruchs auf Aufwendungsersatz nach sich zieht, geben die Quellen keinen Anlass. Pomponius und Scaevola behandeln hier daher nicht etwa die (streitige) Frage, ob der gestor, der dolos oder kulpos gehandelt hat, dennoch mit der actio negotiorum gestorum contraria gegen den dominus vorgehen kann, wenn dieser das Geschäft genehmigt hat. 360 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 89 f. 361 Die Quellen sprechen vorwiegend von negotia im Plural statt negotium im Singular. Im Verheißungsedikt ist von negotia gerere die Rede, vgl. Ulpian D. 3.5.3. Ähnlich in beiden Formeln in ius. Die zuständige Klage hieß actio negotiorum gestorum (und nicht negotii gesti). Die Regel bildet die allgemeine Geschäftsführung (Gedanke der generellen Gestion), Peters, SZ 32 (1911), 263 ff., 269 ff.; Partsch, Studien zur Negotiorum Gestio I (1913), 29 ff.; Levy, Nachträge (1962), 32 f.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 28. 362 Die Quaestionen gelten gemeinhin als schwierige Rechtsfragen. S. dazu Fn. 259.

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von Scaevola besonders akzentuiert. Pomponius identifiziert offenbar die ratihabitio mit der comprobatio, der Billigung, wie der Ausdruck für die „Abnahme“ beim opus locatum technisch ist, wogegen Scaevola sich ausspricht. In der Abnahme lässt sich durchaus eine Genehmigung sehen.363 Der Vorwurf Scaevolas besteht meines Erachtens darin, dass Pomponius die Wirkungsweise der ratihabitio auf das Element der comprobatio fälschlicherweise reduziert, was auch die von ihm in Erwägung gezogene juristische Schwebelage erklärt. Die Wirkungsweise der ratihabitio geht im Geschäftsführungsrecht nach Scaevola über eine „Abnahme“ hinaus. Und diese Erwägungen stellen zugleich auch die Erklärung für die scheinbar bestehende Divergenz zwischen Pomponius und Scaevola dar. Scaevola hat Pomponius in der Sache vollkommen richtig verstanden. Denn Scaevola hat im Gedankengang zunächst unstreitig an die Fallkonzeption einer mala gestio angeknüpft, die auch Pomponius vor Augen hatte.364 Er hat aber gleichzeitig auch erkannt, dass die dogmatische Konstruktion von Pomponius beschränkt ist auf die reine mala gestio, die ausschließlich eine actio negotiorum gestorum (directa) auf Schadensersatz hervorbringt, und er hat mit der Anwendung des Erklärungsansatzes von Pomponius auf andere Fälle eben dessen Grenzen aufgezeigt. Die Einseitigkeit der Auffassung von Pomponius hat er anhand von Fallkonstellationen dargelegt, bei denen sich die Genehmigung nach heutigem Verständnis auf das Außenverhältnis bezieht, auf Verfügungen, die zu ihrer Wirksamkeit der ratihabitio des dominus bedürfen, da der gestor durch die Geschäftsführung in Rechte des Geschäftsherrn eingreift (weil dieser zum Beispiel seine Forderung oder Eigentum an einer ihm gehörigen Sache verliert). Die Vorgehensweise von Pomponius belegt indirekt die hier vertretene Ansicht, dass die ratihabitio bei der negotiorum gestio auf Tatbestandsebene für die klassischen römischen Juristen keine Rolle spielte. Andernfalls hätte Pomponius sehr wahrscheinlich von Anfang an die konstituierende Wirkungsweise der ratihabitio vor Augen gehabt und sich nicht für die Pendenzkonstruktion ausgesprochen.

363 Vgl. auch den Naturrechtler Pufendorf, der diesen naheliegenden Zusammenhang in seinen Obersavationes iuris universi ebenfalls herstellt: Dominus vero ratihabitatione forte subsecuta culpam nullam commiserat, quia is regulas architectonicas nosse non intelligebatur, Pufendorf, Observationes juris universi. Tom. II (1748), obs. 14 § 3, 89. 364 Das Adverb adhuc (immo puto et si comprobem, adhuc negotiorum gestorum actionem esse) im Sinne, dass die negotiorum gestio auch vor der ratihabitio bereits bestand, zeigt, dass Scaevola zunächst unmittelbar an die von Pomponius zugrunde gelegte Fallkonstellation anknüpft, in der der probatio/ratihabitio keine konstitutive Wirkung für die negotiorum gestio zukommt. Auch bei ihm hat die probatio zunächst die Bedeutung der bloßen Billigung einer mangelhaften Geschäftsführung.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

4. Kapitel

Zur ratihabitio von Veräußerungs- und Erwerbsgeschäften Angesichts der im vorangehenden Kapitel bereits angestellten Überlegungen zu der Bedeutung der ratihabitio bei Verfügungsgeschäften eines Geschäftsführers soll nun noch einmal auf diesen Themenkreis näher eingegangen werden.

§ 12 Zur ratihabitio einer entgeltlichen Verfügung eines Geschäftsführers (Verkauf mit Übereignung einer fremden Sache) Selbst einem Vermögensverwalter (procurator omnium rerum) kommt allem Anschein nach ohne besonderen Auftrag kein Recht zu, Dinge seines Geschäftsherrn zu veräußern.365 Beim spontanen Verkauf einer dem Geschäftsherrn gehörenden Sache kommt streng genommen eine negotiorum gestio nur im Fall eines Notverkaufs etwa von Früchten und anderen verderblichen Sachen in Betracht.366 Wenn der gestor eine fremde Sache im Interesse des dominus veräußerte, so war dies, wie auch aus D. 3.5.8367 hervorgeht, kein Fall der actio furti und condictio ex causa furtiva. Der Umstand, dass die Veräußerung von Gegenständen des dominus ein in den Quellen zur negotiorum gestio wenig behandeltes Thema ist, liegt wohl darin begründet, dass Veräußerungsgeschäfte nicht zu dem klassischen Tätigkeitsbereich eines (spontanen) Geschäftsführers gehörten. Auch die Tätigkeit des procurator omnium rerum hing nicht mit einer berufsspezifischen Aufgabe zusammen und sah anders als etwa beim institor prinzipiell keine Verpflichtungsgeschäfte gegenüber Dritten vor. Die Römer erstreckten die negotiorum gestio grundsätzlich nur auf solche Geschäfte, wie sie die laufende Verwaltung eines Vermögens mit sich bringt, wie etwa die Einziehung von Forderungen und die Begleichung von Schulden.368 Für weitergehende Geschäfte bedurfte es der Erteilung eines Mandats. Allein der durch spezielles Mandat Ermächtigte konnte im Rahmen des Auftrags das Eigentum an Sachen seines Auftraggebers übertragen.369 Bei Veräußerungsgeschäften, die über die Notgeschäftsführung hinausge365 Vgl. Modestinus D. 3.3.63; Diokletian/Maximian C. 2.13.16 (293). Diese beiden Stellen stehen im Mittelpunkt der von der modernen Romanistik kontrovers behandelten Frage, ob ein procurator Veräußerungsbefugnisse im klassischen Recht hatte, Miquel, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 273. (Vgl. dazu die analoge Frage nach der Möglichkeit des Erwerbs von Besitz und Eigentum durch ratihabitio in §§ 32, 33 der Untersuchung). Die Quellen, die von Verfügungen eines procurator über fremde Sachen handeln, stellen bezüglich der Wirksamkeit der Handlungen des procurator für den Geschäftsherrn jedoch weniger auf die Eigenschaft als procurator als vielmehr auf ein mandare ab, Klinck, SZ 124 (2007), 42 f. 366 Vgl. Modestinus D. 3.3.63. 367 S. zu dieser Stelle ausführlich den vorangegangenen § 11 der Untersuchung. 368 Vgl. Wieling, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 237. 369 Wieling, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 236 f.; Klinck, SZ 124 (2007), 43.

4. Kap.: Zur ratihabitio von Veräußerungs- und Erwerbsgeschäften

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hen, ist es als Außenstehender schwieriger, den Nutzen einer Geschäftsführung für den dominus zu beurteilen. Allein das Verhältnis zwischen Marktwert und Kaufpreis der Sache kann hier nicht ausschlaggebend für die Beurteilung der utilitas sein, sondern der Nutzen hängt im Besonderen auch von den persönlichen und wirtschaftlichen Umständen des jeweiligen Geschäftsherrn ab. Im Folgenden sollen einige Texte betrachtet werden, die möglicherweise Antworten auf die Frage erlauben, ob die Entstehung der negotiorum gestio im Falle der (spontanen) entgeltlichen Verfügung eines Geschäftsführers eine ratihabitio des dominus voraussetzt. Im Rahmen der vorstehenden Thematik soll zunächst eine sehr umstrittene370 Stelle in den Blick genommen werden, in der von einer ratihabitio überhaupt nicht die Rede ist. Denn auch die Nichterwähnung der ratihabitio lässt Rückschlüsse zu. I. Africanus D. 3.5.48 (49) D. 3.5.48 (49) Africanus 8 quaest. Si rem, quam servus venditus subripuisset a me venditore, emptor vendiderit eaque in rerum natura esse desierit, de pretio negotiorum gestorum actio mihi danda sit, ut dari deberet, si negotium, quod tuum esse existimares, cum esset meum, gessisses: sicut ex contrario in me tibi daretur, si, cum hereditatem quae ad me pertinet tuam putares, res tuas proprias legatas solvisses, quandoque de ea solutione liberarer.

Ein dominus hat eine von seinem Sklaven bei dessen früheren dominus gestohlene Sache offenbar in gutem Glauben verkauft. Die Sache geht nach Übergabe an den Käufer (zufällig) unter. Nach Africanus steht dem früheren Eigentümer der Sache die actio negotiorum gestorum (directa) gegen den dominus (des Sklaven) auf Auskehrung des erzielten Verkaufserlöses zu.371 Da die Sache untergegangen ist, ist eine Vindikation ausgeschlossen.372 Für den bisherigen Eigentümer kommt nur noch eine Klage gegen den Veräußerer auf Herausgabe des erzielten Erlöses in Betracht. Für dieses Herausgabebegehren gibt es im traditionellen römischen Klagenkatalog kein iudicium.373 Eine condictio kommt nicht in Frage, weil keine datio zwischen Eigentümer und Veräußerer

370

Seiler, Negotiorum gestio (1968), 26. Der Umstand, dass Africanus in vergleichbaren Fällen eine condictio ex causa furtiva gewährte (insb. Africanus D. 12.1.23), hat zu Interpolationsverdächtigungen geführt. Die actio negotiorum gestorum sei von einem unkundigen, nachklassischen Bearbeiter eingefügt worden, vgl. Seiler, Negotiorum gestio (1968), 26 f. m.w. N. Für die Echtheit Mayer-Maly, SZ 86 (1969), 427; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 169 ff., 201 ff. m.w. N. ähnlicher Fälle atypischer Geschäftsführungsklagen; Jansen, SZ 120 (2003), 127 ff. 372 Seiler, in: Festschrift für Kaser (1986), 255. 373 Seiler, in: Festschrift für Kaser (1986), 256. 371

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

vorliegt.374 Für die actio negotiorum gestorum fehlt es an dem Erfordernis des Fremdgeschäftsführungswillens (animus negotii alieni gerendi).375 Der Umstand, dass der dominus nach eigenem Bewusstsein mit dem Verkauf der Sache ein eigenes Geschäft geführt hat, steht der Anwendung der Vorschriften der negotiorum gestio jedoch nicht zwingend entgegen. Die Formeln der negotiorum gestio erfassen von ihrem Wortlaut her auch den Fall der irrtümlichen Eigengeschäftsführung. Der Wortlaut negotia alterius gerere der formula der actio negotiorum gestorum lässt es im Rahmen der interpretatio zu, auf den Fremdgeschäftsführungswillen zu verzichten.376 Dass die römischen Juristen auch einen angemaßten Eigengeschäftsführer nach den Vorschriften der negotiorum gestio behandelten, geht ausdrücklich aus Ulpian D. 3.5.5.5377 hervor, wo Ulpian dies mit einem Erst-Recht-Schluss rechtfertigt. Interessanterweise ist im vorliegenden Fall von einer ratihabitio des früheren Eigentümers im Hinblick auf den Verkauf keine Rede. Dies liegt wohl darin begründet, dass die Sache untergegangen ist, weshalb sich eine Genehmigung erübrigt. Aber auch für die Entstehung der negotiorum gestio verlangt Africanus nicht die Erteilung der ratihabitio. Es lässt sich in Erwägung ziehen, dass Africanus den Nutzen der Geschäftsführung für den Eigentümer in dem Umstand erblickt, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs der Kaufsache, noch bevor sie sich beim Eigentümer realisiert hat, auf den Käufer übergegangen ist,378 der ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Kaufpreiszahlung verpflichtet ist. Andererseits sind die Umstände des Untergangs nicht bekannt, so dass nicht auszuschließen ist, dass die Sache nicht untergegangen wäre, wenn sie beim Eigentümer verblieben wäre. Wenn die ratihabitio hier in irgendeiner Form, sei es tatsächlich erteilt oder unterstellt, entscheidend für das Zustandekommen der negotiorum gestio gewesen wäre, dann hätte Africanus dies sehr wahrscheinlich zum Ausdruck gebracht. Da dies nicht der Fall ist, spricht vieles dafür, dass der Grund für die Gewährung

374

Seiler, in: Festschrift für Kaser (1986), 256. Seiler, in: Festschrift für Kaser (1986), 256. 376 Reichard, AcP 193 (1993), 582. 377 Vgl. D. 3.5.5.5 Ulpian 10 ed. Sed et si quis negotia mea gessit non mei contemplatione, sed sui lucri causa, Labeo scripsit suum eum potius quam meum negotium gessisse (qui enim depraedandi causa accedit, suo lucro, non meo commodo studet): sed nihilo minus, immo magis et is tenebitur negotiorum gestorum actione. ipse tamen si circa res meas aliquid impenderit, non in id quod ei abest, quia improbe ad negotia mea accessit, sed in quod ego locupletior factus sum habet contra me actionem. 378 So Harke, in: Africani quaestiones (2011), 52; ders., Besonderes Schuldrecht (2011), 359. Nach Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 590 kann die Genehmigung wegen der Verschlechterung der Sache infolge der endgültigen und irreversiblen Wirkungen für den Eigentümer als freiwillig und unaufgefordert erteilt verstanden werden. Eine Behauptung, die nicht ohne Weiteres überzeugt. 375

4. Kap.: Zur ratihabitio von Veräußerungs- und Erwerbsgeschäften

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der Klage nicht eigens in einem privatautonomen Moment des dominus liegt, sondern dass die actio negotiorum gestorum vielmehr der Billigkeit entspringt, da keine andere Klage auf Herausgabe des Verkaufserlöses zur Verfügung steht.379 Die Entscheidung erhärtet die Vermutung, dass die ratihabitio, soweit sie in Zusammenhang mit der negotiorum gestio bei Veräußerungsgeschäften in den Quellen erwähnt wird, nur von Bedeutung für die Wirksamkeit der Verfügung im Außenverhältnis, nicht aber für das Entstehen der negotiorum gestio im Innenverhältnis ist. II. Alexander C. 3.32.3 (222) Im vorliegenden Zusammenhang von Interesse ist auch die aus der späten Klassik (222 n. Chr.) stammende Konstitution C. 3.32.3 des Kaisers Alexander Severus. Alexander C. 3.32.3 Imp. Alexander Severus A. Domninae. Mater tua vel maritus fundum tuum invita vel ignorante te vendere iure non potuit, sed rem tuam a possessore vindicare etiam non oblato pretio poteris. 1. Sin autem postea de ea venditione consensisti vel alio modo proprietatem eius amisisti, adversus emptorem quidem nullam habes actionem, adversus venditricem vero de pretio negotiorum gestorum exercere non prohiberis. PP. III k. Nov. Alexandro A. cons. (a. 222)

Wenn ein Grundstück, das der anfragenden Tochter gehört, gegen ihren Willen oder ohne ihre Kenntnis von der Mutter oder deren Ehemann380 verkauft und tradiert worden ist, kann die Tochter die Sache vom Besitzer vindizieren. Hat die Tochter aber später diesem Verkauf zugestimmt (Sin autem postea de ea venditione consensisti) oder auf andere Weise das Eigentum an dem Grundstück verloren, verliert sie die rei vindicatio gegen den Käufer, kann aber mit der actio negotiorum gestorum von der Mutter oder deren Ehemann den Verkaufserlös herausverlangen. Der Tochter wird hier die Möglichkeit eingeräumt, durch nachträgliche Zustimmung und damit in der Sache durch ratihabitio das Geschäft an sich zu ziehen. Infolge der ratihabitio verliert die filia ihr Eigentum nach dem allge-

379 Seiler, in: Festschrift für Kaser (1986), 256; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 173. Es ist in der Romanistik umstritten, ob das Rechtsinstitut der negotiorum gestio in klassischer Zeit zu einem subsidiären Hilfsmittel des Bereicherungsausgleichs erweitert wurde, vgl. Ulpian D. 3.5.5.2; ders. D. 3.5.5.10; Pedius D. 3.5.5.13; Paulus D. 3.5.36 pr.; s. dazu auch Kaser, RP I (1971), § 137 1 II 5 (590 Fn. 38); Seiler, in: Festschrift für Kaser (1986), 245 ff.; Mayer-Maly, SZ 86 (1969), 417. 380 Der Ehemann der Mutter ist anscheinend nicht der Vater der Tochter, denn andernfalls wäre sie als filia familias vermögensunfähig und das Eigentum an dem Grundstück stünde dem pater familias zu, der es gegen den Willen der Tochter veräußern könnte. Denkbar ist noch, dass der Vater die Tochter emanzipiert hat.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

meinen Grundsatz,381 dass formlose Verfügungen eines Nichtberechtigten über fremdes Vermögen durch Zustimmung des Berechtigten wirksam werden.382 Als Ausgleich hierfür steht der filia die actio negotiorum gestorum zu. Der Zustimmung beziehungsweise der Genehmigung kommt hier rein formal keine konstituierende Wirkung für die negotiorum gestio zu, sondern sie dient ausschließlich dazu, dem Ehemann nachträglich die Verfügungsbefugnis einzuräumen. Durch die Zustimmung erklärt sich die Tochter mit der Veräußerung des Grundstücks einverstanden und verliert dementsprechend ihr Eigentum an dem Grundstück.383 Die Tochter soll nicht das Eigentum an dem Grundstück behalten und gleichzeitig den Verkaufserlös erhalten.384 In C. 3.32.3 wird nichts darüber gesagt, ob die Mutter beziehungsweise der Ehemann den Willen hatte, das Grundstück für die Tochter zu verkaufen.385 Selbst wenn ihnen der Fremdgeschäftsführungswille gefehlt und es sich nach heutiger Terminologie um einen Fall sogenannter angemaßter Geschäftsführung gehandelt hat, steht dies der Anwendung der Vorschriften der negotiorum gestio nicht entgegen. Der Wortlaut negotia alterius gerere der formula der actio negotiorum gestorum lässt es im Rahmen der interpretatio zu, auf den Fremdgeschäftsführungswillen zu verzichten.386 Für die vorliegende Untersuchung ergibt sich Folgendes: Der Text drückt nur die selbstverständliche Rechtslage aus, dass die Tochter nicht das Eigentum an dem Grundstück behalten und gleichzeitig die Auskehr des Verkaufserlöses verlangen kann. Er besagt nicht, dass die ratihabitio Entstehungsvoraussetzung der negotiorum gestio ist. III. Weitere Stellen aus dem Bereich der Nachlassverwaltung Ebenfalls eine kurze eigenständige Betrachtung verdienen weitere Stellen, die die Veräußerung im Rahmen einer Nachlassverwaltung behandeln: 381

S. zu diesem Prinzip im römischen Recht auch § 11 V. der Untersuchung. Im klassischen römischen Recht gehörten Grundstücke in Italien zu den res mancipi, die durch mancipatio oder die in iure cessio veräußert werden konnten. Die von einem Nichtberechtigten vorgenommene mancipatio oder in iure cessio konnte durch die einfache Zustimmung des Berechtigten nicht geheilt werden und den Übergang des Eigentums herbeiführen. Sofern das Grundstück nicht in Italien, sondern in einer der Provinzen des Reiches gelegen war, handelte es sich nicht um eine res mancipi. Bei einem Provinzialgrundstück genügte zur Übereignung auch die traditio. Es darf davon ausgegangen werden, dass sich das Reskript auf ein Provinzialgrundstück bezieht. Die traditio des Grundstücks wird zwar nicht genannt, ist aber wahrscheinlich, so Seiler, Negotiorum gestio (1968), 67 Fn. 31. 383 Vgl. auch Diokletian/Maximian C. 4.35.12 (293). 384 v. Lübtow, Condictio (1951), 71. 385 Haymann, JherJb 77 (1927), 253. 386 S. auch § 12 I. der Untersuchung. 382

4. Kap.: Zur ratihabitio von Veräußerungs- und Erwerbsgeschäften

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1. Paulus D. 3.5.12 (13) D. 3.5.12 (13) Paulus 9 ed. Debitor meus, qui mihi quinquaginta debebat, decessit: huius hereditatis curationem suscepi et impendi decem: deinde redacta ex venditione rei hereditariae centum in arca reposui: haec sine culpa mea perierunt. quaesitum est, an ab herede, qui quandoque extitisset, vel creditam pecuniam quinquaginta petere possim vel decem quae impendi. Iulianus scribit in eo verti quaestionem, ut animadvertamus, an iustam causam habuerim seponendorum centum: nam si debuerim et mihi et ceteris hereditariis creditoribus solvere, periculum non solum sexaginta, sed et reliquorum quadraginta me praestaturum, decem tamen quae impenderim retenturum, id est sola nonaginta restituenda. si vero iusta causa fuerit, propter quam integra centum custodirentur, veluti si periculum erat, ne praedia in publicum committerentur, ne poena traiecticiae pecuniae augeretur aut ex compromisso committeretur: non solum decem, quae in hereditaria negotia impenderim, sed etiam quinquaginta quae mihi debita sunt ab herede me consequi posse.

Jemand schuldete seinem Gläubiger 50. Der Schuldner starb. Der Gläubiger übernahm für den (abwesenden oder noch unbekannten) Erben des Schuldners die Verwaltung des Nachlasses und tätigte dabei Aufwendungen in Höhe von 10. Aus dem Verkauf eines Erbschaftsgegenstandes erzielte er einen Erlös von 100, die er in einer Geldtruhe verwahrte. Diese ging durch Zufall unter. Es stellt sich die Frage, ob der Geschäftsführer von dem später auftretenden Erben sowohl die 50, die ihm vom Erblasser geschuldet waren, als auch die 10, die er aufgewendet hat, verlangen kann. Nach Julian kommt es für die Abrechnung zwischen dem Geschäftsführer und dem später auftretenden Erben darauf an, ob für die Absonderung der 100 eine iusta causa bestand. Dies ist zu bejahen, wenn die Bereitstellung von Bargeld geboten war, um unmittelbar drohende Vermögenseinbußen abzuwenden, weil zum Beispiel Gefahr bestand, dass Grundstücke dem Staat verfielen und es einen guten Grund dafür gab, dass das Geld nicht sofort an andere Erbschaftsgläubiger gezahlt wurde. Lag ein solcher Grund vor, so kann der Geschäftsführer nicht nur seine Kosten von 10 als Aufwendungsersatz, sondern auch die 50, die der Erblasser ihm schuldet, vom Erben fordern. Lag keine iusta causa für die Aufbewahrung der 100 vor, so schuldet er dem Erben von der vollständigen Summe von 100 den ihm nicht geschuldeten Anteil von 50, die der Erbe aus der actio negotiorum gestorum (directa) wegen kulposer Pflichtverletzung ersetzt verlangen kann, wovon der Geschäftsführer die 10 als Aufwendungsersatz abziehen kann. Die ihm vom Erblasser geschuldeten 50 bekommt er nicht ersetzt, das Verlustrisiko dafür trägt er selbst. Eine ratihabitio des Erben als grundsätzliche Voraussetzung für die Entstehung der negotiorum gestio bleibt unerwähnt, auch für den Fall der fehlenden iusta causa, die Verwaltung des Nachlasses insgesamt war wohl wirtschaftlich zweckmäßig.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung 2. Reskripte

Als mögliche Gegenbelege zu der hier vertretenen Ansicht sind noch folgende zwei Reskripte der Kaiser Diokletian und Maximian zu würdigen, die die Veräußerung einer res hereditaria durch einen Miterben zum Gegenstand haben: a) Diokletian/Maximian C. 2.18 (19).19 (294) Diokletian/Maximian C. 2.18 (19).19 Impp. Diocletianus et Maximianus AA. et CC Alexandro. Ab uno herede pro solido re veluti communi venumdata de pretio coheres venditoris negotiorum gestorum ratam faciens venditionem agere potest. D. id. Febr. Sirmi CC. conss. (a. 294)

Ein Miterbe hatte eine zur Erbschaft gehörige, also gemeinsame (veluti communis) Sache, nicht für seinen Teil, sondern als Ganzes (pro solido) verkauft. Hier soll der genehmigende Miterbe wegen seines Anteils am Kaufpreis die actio negotiorum gestorum (directa) haben. b) Diokletian/Maximian C. 3.36.20 (294) Diokletian/Maximian C. 3.36.20 Imperatores Diocletianus et Maximianus AA. et CC. Pactumeiae. In familiae erciscundae iudicio ab uno pro solido rei veluti communis venumdatae pretium non venit, sed mandati, si praecessit, coheres venditoris agere potest, vel negotiorum gestorum, si ratam fecerit venditionem. nam si velut propriam unus distraxit ac pretium possideat, hereditas ab eo petenda est. III . . . Febr. CC. conss. (a. 294)

Hat ein Miterbe eine gemeinschaftliche Sache pro solido verkauft, soll der andere Miterbe mit der actio mandati klagen können, wenn ein Auftrag voran gegangen ist, oder mit der actio negotiorum gestorum, wenn er den Verkauf genehmigt hat. Wenn jedoch der Miterbe die Sache als wäre sie seine eigene verkauft hat, so ist gegen ihn mit der Erbschaftsklage vorzugehen. Die beiden Reskripte sind überarbeitet.387 Sie stimmen in Sachverhalt und Formulierung teilweise überein, haben aber verschiedene Adressaten. Die Subskription ist in C. 3.36.20 nicht komplett überliefert. Möglich ist, dass es sich, wie Riccobono vermutet,388 ursprünglich um zwei Reskripte gehandelt hat, die von den Kompilatoren in C. 3.36.20 zusammengefügt worden sind, und C. 2.18.19 einen kurzen Auszug aus einem der beiden enthält. Das Genehmigungserfordernis ist aber wohl echt. Allerdings hat die ratihabitio hier eine ganz andere Funktion, als man ihr im ersten Moment zusprechen möchte: Bereits Seiler hat die Vermutung geäußert, dass beim Verkauf einer ge387

Seiler, Negotiorum gestio (1968), 311 Fn. 57. Riccobono, in: Annali Palermo 3/4 (1917), 270 m. Fn. 3; zust. Seiler, Negotiorum gestio (1968), 311 Fn. 57. 388

4. Kap.: Zur ratihabitio von Veräußerungs- und Erwerbsgeschäften

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meinschaftlichen Sache pro solido durch einen Miterben auch ohne betrügerische Absicht dem anderen Miterben grundsätzlich die actio communi dividundo in Konkurrenz mit der hereditatis petitio zustehe, soweit dieser nicht seine Zustimmung zu der Veräußerung erteilt.389 Erst wenn der andere also genehmigt hat, greift die actio negotiorum gestorum Platz. Die Veräußerung einer gemeinschaftlichen Sache im Ganzen durch einen Miterben ohne Zustimmung des anderen deutet für die Römer erst einmal darauf hin, dass der veräußernde Miterbe das Erbrecht des anderen bestreitet oder sich über das Erbrecht des anderen hinwegsetzt. Wenn aber über das Erbrecht selbst Uneinigkeit besteht, ist das kein Fall der actio negotiorum gestorum, d. h. der Verwaltung des Nachlasses, sondern dann soll die für solche Fälle geschaffene hereditatis petitio Anwendung finden, von der in C. 3.36.20 auch ausdrücklich die Rede ist. Hat dagegen der andere Miterbe den Auftrag zur Veräußerung gegeben oder diese nachträglich genehmigt, so wird über das Erbrecht selbst kein Streit bestehen. Dann greift die actio negotiorum gestorum Platz. Auch dieser Text spricht keineswegs für die ratihabitio als ein allgemeines Entstehungserfordernis der negotiorum gestio. Die ratihabitio dient hier vielmehr dazu, dem Miterben die Berechtigung zur Veräußerung im Nachhinein einzuräumen und damit dem Ausschluss der hereditatis petitio. IV. Ergebnis Aus den vorstehenden Betrachtungen folgt, dass der Tatbestand der negotiorum gestio im Falle der (spontanen) entgeltlichen Verfügung eines Geschäftsführers eine ratihabitio des dominus grundsätzlich nicht voraussetzt. Eine vom Geschäftsführer vorgenommene Veräußerung muss der dominus auch nicht anerkennen. Dem dominus obliegt selbst bei Vorliegen eines negotium utiliter gestum keine Pflicht zur Genehmigung der Verfügung. Wenn der Geschäftsführer eine Sache des dominus verkauft hat und die actio negotiorum gestorum besteht, der dominus aber die Erteilung der ratihabitio verweigert, erlangt der Käufer lediglich Besitz an der erworbenen Sache. Der gestor als Verkäufer ist im römischen Recht nur verpflichtet, den ungestörten Besitz an der verkauften Sache zu verschaffen, das habere licere, nicht das Eigentum. Der dominus kann die von dem gestor veräußerte Sache vindizieren. Wenn der dominus wegen seines Eigentums dem Käufer die Sache im Prozessweg mit Erfolg streitig macht, so dass dieser seinen Besitz an der Sache verliert, haftet der Verkäufer, also der gestor, wegen Eviktion. Die dabei erlittenen Kosten dürfte der gestor wohl im Wege der actio negotiorum gestorum (contraria) als im Rahmen der Geschäftsführung angefallene Kosten vom dominus ersetzt verlangen können. Die Eviktionshaftung ist allerdings ausgeschlossen, wenn der Käufer bei dem Erwerb den Rechtsmangel 389

Seiler, Negotiorum gestio (1968), 310.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

gekannt hat.390 Dies ist der Fall, wenn der Geschäftsführer das Gestionsverhältnis offengelegt hat.

§ 13 Zur ratihabitio eines Erwerbsgeschäfts eines Geschäftsführers Zur ratihabitio von Erwerbsgeschäften des Geschäftsführers fehlt es im Zusammenhang mit der negotiorum gestio an Quellenzeugnissen. Dies liegt darin begründet, dass es für den Erwerb des Geschäftsführers grundsätzlich nicht einer Erwerbsbefugnis und damit auch keiner ratihabitio des dominus bedarf. Das Einverständnis des Geschäftsherrn spielt keine Rolle. Allenfalls für den (vorzeitigen) Besitz- und Eigentumserwerb des dominus kann sich die Frage nach der ratihabitio stellen.391 In der Regel dürfte in solchen Fällen zwischen dominus und Geschäftsführer jedoch ein (Erwerbs-)mandatum vorgelegen haben, damit dieser sicher den Kaufpreis ersetzt bekam. Ansonsten sollte ein Geschäftsführer an sich nur res necessariae, also notwendige Sachen, wie zum Beispiel Kleidung und Nahrung anschaffen, bei denen die utilitas der Geschäftsführung augenscheinlich ist. 5. Kapitel

Zur ratihabitio von sonstigen Handlungen § 14 Zur ratihabitio der Vornahme von nutzlosen Verwendungen eines Geschäftsführers – Pedius/Ulpian D. 3.5.5.13 Dass nicht jede ratihabitio ein Geschäft, das nicht von Anfang an ein Geschäft des dominus ist, in ein Geschäft des Genehmigenden „verwandelt“, berichtet Ulpian unter Berufung auf Pedius im folgenden Fragment: D. 3.5.5.13 Ulpian 10 ed.392 Quid ergo, inquit Pedius, si, cum te heredem putarem, insulam fulsero hereditariam tuque ratum habueris, an sit mihi adversus te actio? sed non fore ait, cum hoc facto 390

Kaser, RP I (1971), § 131 I 1 (554). S. die Ausführungen in §§ 32, 33 der Untersuchung. 392 Partsch, in: Schriften (1931), 86 f. ist der Ansicht, dass sich der Passus in seiner ursprünglichen Fassung auf die actio mandati bezog. Denn nach der Regel ratihabitio mandato comparatur sei die Anwendung der actio negotiorum gestorum des Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn in der ganzen klassischen Epoche ausgeschlossen gewesen. Die Klassiker hätten dem gestor die actio mandati contraria gewährt, die Kompilatoren, animiert durch die Idee des Synallagmas, hätten diese Klage eliminiert. Die Rekonstruktion der Stelle durch Partsch ist so unhaltbar wie seine ganze Lehre überhaupt, in diesem Sinne auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 454. Nicht näher präzisierte Zweifel an der Echtheit äußert Wieacker, TR 35 (1967), 131 Fn. 10. Für die weitgehende Unberührtheit dieser Stelle dagegen sogar v. Beseler, SZ 46 (1926), 140 f. Fn. 1 (seine Korrektur betrifft lediglich [sed] non fore ait); ferner Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 24; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 66 Fn. 25; MayerMaly, SZ 86 (1969), 417; Talamanca, Labeo 17 (1971), 242 Fn. 38; Reichard, AcP 193 391

5. Kap.: Zur ratihabitio von sonstigen Handlungen

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meo alter sit locupletatus et alterius re ipsa gestum negotium sit, nec possit, quod alii adquisitum est ipso gestu, hoc tuum negotium videri.393

Pedius wirft die Frage auf, ob Ego Ersatz seiner Aufwendungen vom vermeintlichen Erben verlangen kann, wenn Ego eine zum Nachlass gehörende insula in der falschen Annahme abstützen lies, Tu sei Erbe und Tu dies genehmigt hat.394 Aus dem Umstand, dass Ego aus eigener Initiative tätig geworden ist, sowie der von Pedius angeführten Begründung (et alterius re ipsa gestum negotium sit) folgt, dass nur eine actio negotiorum gestorum (contraria) des Ego gegen Tu in Betracht kommt. Pedius versagt Ego die Klage gegen Tu und begründet dies damit, dass durch das Handeln des Ego ein anderer (nämlich der wahre Erbe) bereichert und in der Sache sein Geschäft geführt sei und die Geschäftsführungshandlung daher nicht als Geschäft des Tu angesehen werden könne. Ego kann stattdessen den wahren Erben mit der actio negotiorum gestorum (contraria) auf Aufwendungsersatz in Anspruch nehmen, denn für den wahren Erben liegt ein negotium utiliter gestum vor.395 Die Abstützarbeiten dienen dem Erhalt seiner insula und verhindern ihren anscheinend drohenden Einsturz. Die Bereicherung396 beziehungsweise der Nutzen aus der Geschäftsführung ist dabei (1993), 573; De Filippi, Ratihabitio (2002), 108 f., 144, 157 f.; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 79 ff.; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 454 f.; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 366 Fn. 5867. 393 Historischer Hintergrund des Falles ist die für die antike römische Baupraxis vielfach belegte unsolide Bauweise stadtrömischer insulae sowie ihre defizitäre Instandhaltung, die wesentlich auf das Profitinteresse der Vermieter zurückzuführen waren. Die Vermieter hatten schon wegen der hohen Gefahr eines Totalverlustes durch Brand oft kein Interesse daran, ein solides Mietshaus zu errichten, vgl. z. B. Ulpian D. 15.3.3.8; s. auch Kunst, Leben und Wohnen in der römischen Stadt (2006), 113 f. S. zur insula im römischen Recht auch Rainer, in: Festschrift für Mayer-Maly (2002), 609 ff. 394 Die Erhaltung (fremder) Sachen bzw. die Vornahme von Verwendungen auf eine fremde Sache zählen zu den ältesten und bis heute typischen Fällen einer Geschäftsführung ohne Auftrag, vgl. Gaius D. 3.5.2; Ulpian D. 3.5.5.5; ders. D. 3.5.9.1; Paulus D. 7.1.48 pr.; ders. D. 10.3.19.2; s. auch Seiler, in: Festschrift für Kaser (1986), 251. Speziell das Abstützen eines baufälligen Hauses ist dabei ein des Öfteren in den Quellen anzutreffender Fall, vgl. auch Ulpian D. 3.5.9.1. 395 A. A. A. Sturm, Negotium utiliter gestum (1878), 70 m. Fn. 2, der das Vorliegen des negotium utiliter gestum auch in Beziehung zum wahren Erben ablehnt mit der Begründung, der gestor habe einen anderen als Geschäftsherr im Auge gehabt. 396 Das Rechtsinstitut der negotiorum gestio gründet sich nicht auf dem Gedanken der ungerechtfertigten Bereicherung bzw. eines Bereicherungsausgleichs. Dass die utilitas gestionis in keinem Zusammenhang mit der Bereicherung des dominus steht, zeigt sich bereits darin, dass die negotiorum gestio selbst dann entsteht, wenn der Erfolg der gestio ausbleibt, vgl. Ulpian D. 3.5.9.1; ders. D. 3.5.11.2; Gaius D. 3.5.21. Umstritten ist jedoch in der Romanistik, ob das Rechtsinstitut der negotiorum gestio in klassischer Zeit zu einem subsidiären Hilfsmittel des Bereicherungsausgleichs erweitert wurde. S. hierzu die Nachweise in Fn. 379. Ohne hier auf Einzelheiten einzugehen, sei nur soviel angemerkt, dass der Formelwortlaut die Abschöpfung einer Bereicherung durch die actio negotiorum gestorum (contraria) aufgrund der weiten bona fides-Klausel mit dem Klageziel quidquid ob eam rem dare facere oportet ex fide bona zulässt, Seiler, in: Festschrift für Kaser (1986), 249. Im vorliegenden Fall bedeutet die Ausdrucksweise

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

bereits durch die Gestion selbst (ipso gestu) unmittelbar dem wahren Erben zugeflossen, ohne dass der wahre Erbe die actio (directa) geltend machen musste.397 Er hat das Eigentum an den vom gestor eingebrachten Stützbalken gemäß dem Grundsatz superficies solo cedit398 irreversibel399 erworben.400 Damit steht die Entscheidung in Einklang mit dem allgemeinen Grundsatz aus Ulpian D. 3.5.5.1,401 wonach der Irrtum über die Person des Geschäftsherrn unerheblich ist und der wirkliche Geschäftsherr verpflichtet wird.402 Im Unterschied zu den Paragraphen 11403 und 12404 steht hier nicht die actio negotiorum gestorum directa, sondern die actio negotiorum gestorum contraria in Frage. Das bedeutet aber nicht, dass das dort dargestellte Konstruktionsprinzip über die Haftung des dominus im Außenverhältnis durch die ratihabitio hier zur Begründung der negotiorum gestio von vornherein ausscheidet. Denn aus der negotiorum gestio als wechselseitig verpflichtendes Schuldverhältnis würde der Putativerbe natürlich nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet. Der gestor könnte folglich gegen den Putativerben mit der actio negotiorum gestorum (contraria) vorgehen und Aufwendungsersatz verlangen. Jenes Konstruktionsprinzip scheidet hier aber deshalb aus, weil sich eine Haftung des Putativerben Tu im Außenverhältnis aus der hereditatis petitio nicht begründen lässt.405 Zwar manialter sit locupletatus aber nicht zwingend, dass aus der Sicht des Juristen die dem gestor zugestandene actio negotiorum gestorum (contraria) die Funktion eines Bereicherungsanspruches hat. Pedius nimmt hier wohl Bezug auf die auf Seiten des wahren Erben eingetretene Bereicherung, um die utilitas in Form des faktischen Erfolgs der Gestion für den wahren Erben und damit den tatbestandlichen Anknüpfungspunkt für die negotiorum gestio zu beschreiben. 397 v. Seuffert, Ratihabition (1868), 17; Bertolini, Ratifica I (1889), 121; Reichard, AcP 193 (1993), 573. 398 Vgl. Ulpian D. 43.17.3.7; Gaius II.73 a. E.; ders. D. 41.1.7.10, worauf auch Harke, Geschäftsführung und Bereicherung (2007), 18 verweist. Nach dem Grundsatz superficies solo cedit teilt das fest mit dem Grundstück verbundene Gebäude das gleiche rechtliche Schicksal wie das Grundstück. Das Eigentum erstreckt sich ferner auf Gegenstände, die der Materialinhaber in ein bereits bestehendes Bauwerk einfügt, vgl. Julian D. 6.1.59. Der gestor hat sein Eigentum an den Stützbalken auch willentlich aufgegeben, er handelte schließlich im Bewusstsein der Fremdgeschäftsführung, vgl. Gaius D. 41.1.7.12 ( = Inst. 2.1.30). Dazu grundlegend Meincke, Superficies solo cedit, SZ 88 (1971), 136 ff., 171. 399 De Filippi, Ratihabitio (2002), 109; Harke, Geschäftsführung und Bereicherung (2007), 18. 400 So auch in der Sache Kacprzak, Ratihabitio (2002), 80, ohne sich aber ausdrücklich auf diesen Grundsatz zu berufen. 401 S. den Text zu dieser Stelle in Fn. 246. 402 Vgl. auch Paulus D. 10.3.14.1; im Ergebnis auch Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 367. 403 S. § 8 der Untersuchung. 404 S. § 10 der Untersuchung. 405 Gleichsinnig Kacprzak, Ratihabitio (2002), 81. In diesem Fall müsste der wahre Erbe die hereditatis petitio gegen denjenigen erheben, der die insula als possessor pro

5. Kap.: Zur ratihabitio von sonstigen Handlungen

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festiert der Putativerbe durch die ratihabitio seinen Willen, die Erbschaft anzutreten.406 Besitz an den Stützbalken und damit seine Passivlegitimation zur hereditatis petitio kann er aber durch Erteilung der ratihabitio nicht begründen,407 weil der gestor, mittels dessen Tu hier nur Besitz erlangen könnte, den Besitz an den Stützbalken an den wahren Erben verloren hat.408 Anders als man vielleicht zunächst meinen könnte, resultiert die Ablehnung der actio negotiorum gestorum (contraria) gegen den Putativerben damit nicht auf einer besonderen juristischen Wertentscheidung rechtspolitischer Art zum Schutze des Putativerben dahingehend, dass er nicht zum Aufwendungsersatz für eine Geschäftsführung verpflichtet sein soll, von der er nichts hat. Einer solchen Entscheidung aus einem rechtspolitischen Motiv heraus bedurfte es gar nicht, die Entscheidung folgt in der Sache vielmehr aus der bloßen Anwendung des Grundsatzes der utilitas.409 Für Pedius ist entscheidend, dass die Maßnahmen dem wahren Erben zugute gekommen sind. Die gemachten Verwendungen sind unmittelbar und irreversibel in seinem Vermögen aufgegangen. Sobald die Geschäftsführung auf das Vermögen einer Person unmittelbar einwirkt, hat die ratihabitio eines anderen keine Bedeutung, weil es diesem nicht möglich ist, sich den „Nutzen“ der Geschäftsführung, auch nicht mittelbar über die Konstruktion einer Haftung im Außenverhältnis, einzuverleiben. Die faktische Vermögenslage restringiert die Wirkungskraft der ratihabitio und determiniert damit die Grenze für die Auslegung einer Geschäftsführung als negotium alterius. Die Stelle belegt einmal mehr, dass die ratihabitio aus eigener Kraft heraus die negotiorum gestio nicht zu begründen vermag.410

herede oder pro possessore besitzt. Für notwendige oder nützliche Aufwendungen auf Erbschaftsgegenstände konnte nur der gutgläubige Besitzer ein Zurückbehaltungsrecht aus der exceptio doli geltend machen, aufgrund dessen er Erstattung verlangen konnte, s. Kaser, RP I (1971), § 182 I 6a (738); auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 82. 406 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 82. 407 So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 81. Die von De Filippi, Ratihabitio (2002), 109 vertretene These, wonach die Genehmigung der Geschäftsführung eine unterschiedliche Bedeutung habe, je nachdem ob sie eine dingliche oder obligatorische Berechtigung voraussetze, trifft den Kern der Argumentation von Pedius nicht. Gegen die Differenzierung von De Filippi als zu „oberflächlich“ auch Harke, Bereicherung und Geschäftsführung (2007), 17 Fn. 7. 408 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 81. 409 Vgl. dazu auch § 8 der Untersuchung. 410 Dieser Gedanke leuchtet auch bei Kacprzak auf, ohne dass sie ihn aber in aller Schärfe formuliert. Nach Kacprzak, Ratihabitio (2002), 81 ist das „Element“, das die Haftung des dominus negotii gegenüber dem gestor generiert, der objektive Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Geschäftsführers und des Interesses des Geschäftsherrn. Die Bedingung für die Haftung des dominus gegenüber dem gestor aus der actio negotiorum gestorum sei der aus der Geschäftsführung erwachsene Gewinn für den dominus. Der dominus könne in Ausnahmefällen aber auch ohne Gewinn verantwortlich gemacht werden, sofern der Geschäftsführer seine Tätigkeit nützlich begonnen hat.

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2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

§ 15 Zur ratihabitio der Vornahme von sonstigen überflüssigen Verwendungen Ein Zeugnis dafür, dass die ratihabitio die negotiorum gestio durchaus begründen vermag, könnte sich jedoch aus der folgenden Stelle ergeben: D. 15.3.3.4 Ulpian 29 ed. Sed si mutua pecunia accepta domum dominicam exornavit tectoriis et quibusdam aliis, quae magis ad voluptatem pertinent quam ad utilitatem, non videtur versum, quia nec procurator haec imputaret, nisi forte mandatum domini aut voluntatem habuit: nec debere ex eo onerari dominum, quod ipse facturus non esset. quid ergo est? pati debet dominus creditorem haec auferre, sine domus videlicet iniuria, ne cogendus sit dominus vendere domum, ut quanti pretiosior facta est, id praestet.

Ein Sklave hat mit Geld, das er als Darlehen empfangen hatte, das Haus seines dominus mit überflüssigen Wandverkleidungen und gewissen anderen Dingen ausgeschmückt. Ulpian entscheidet, dass darin keine Zuwendung in das Vermögen des Herrn zu sehen sei, weil auch ein procurator diese Positionen nicht in Rechnung stellen könnte, außer er habe einen Auftrag seines dominus oder (wenigstens) seine Zustimmung (nisi forte mandatum domini aut voluntatem habuit). Denn der dominus dürfe nicht durch etwas belastet werden, was er selbst nicht getan hätte. Der dominus müsse nur dulden, dass der Gläubiger all das wieder wegnimmt, was weggenommen werden kann, ohne dem Haus zu schaden, damit der Eigentümer nicht gezwungen ist, das Haus zu verkaufen, um das leisten zu können, worum es wertvoller geworden ist. Ulpian behandelt unmittelbar die actio de in rem verso. Dem Satz nisi forte mandatum domini aut voluntatem habuit lässt sich entnehmen, dass die actio de in rem verso bei der Anschaffung von Luxusgegenständen dann anwendbar sein soll, wenn ein procurator Aufwendungsersatz verlangen könnte, was wiederum der Fall sein soll, wenn der dominus deren Beschaffung in Auftrag (mandatum) gegeben oder zugestimmt (voluntas) hat.411 Mit voluntas kann hier, damit die Unterscheidung zwischen mandatum und voluntas einen Sinn ergibt, eigentlich nur die nachträgliche Zustimmung und damit die ratihabitio des dominus gemeint sein.412 Wie aus Ulpian D. 15.3.5.2413 folgt, ist der Gedanke, dass die ratihabitio die actio de in rem verso begründet, klassisch. Der Gedanke eines Gleichlaufs von actio de in rem verso und actio mandati sowie actio negotiorum gestorum wird von Ulpian in D. 15.3.3.2 als allgemeine Regel statuiert:

411

Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 151. So auch Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 150 f. m. Fn. 99; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 553. 413 S. dazu auch § 29 II. der Untersuchung. 412

5. Kap.: Zur ratihabitio von sonstigen Handlungen

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D. 15.3.3.2 Ulpian 29 ed. Et regulariter dicimus totiens de in rem verso esse actionem, quibus casibus procurator mandati vel qui negotia gessit negotiorum gestorum haberet actionem quotiensque aliquid consumpsit servus, ut aut meliorem rem dominus habuerit aut non deteriorem.414

Und regelhaft sagen wir, so führt Ulpian aus, dass immer dann die actio de in rem verso stattfindet in Fällen, in denen ein procurator die actio mandati oder ein Geschäftsführer die actio negotiorum gestorum hätte, wenn der Sklave etwas so verwendet hat, dass die Vermögenslage des Eigentümers verbessert oder nicht verschlechtert ist. Diese Stelle hat wohl maßgeblich dazu beigetragen, die Aussage Ulpians in D. 15.3.3.4 vielfach dahingehend zu verstehen, dass die actio de in rem verso gegeben ist, soweit einem procurator die actio mandati oder die actio negotiorum gestorum zustünde, wobei letztere durch nachträgliche Zustimmung, also durch Genehmigung, begründet werden soll415 – ein Verständnis, das nicht in das bis dahin gewonnene Bild zur negotiorum gestio passt. Es stellt sich die Frage nach der Echtheit der Worte aut voluntatem. Aufgrund der Stellung dieser Worte im Satzgefüge und der Art der Anknüpfung – an sich sollten sie sich vor dem Wort domini befinden – wird in der Wendung zum Teil ein späterer Einschub vermutet.416 Auch inhaltlich verursacht die Stelle Unbehagen. Es gibt zwar Stellen, die von der voluntas im Sinne von einer Genehmigung sprechen. Hier erscheint die Unterscheidung zwischen mandatum und voluntas jedoch manchen absurd, denn der Auftrag ist schließlich auch ein Willensakt des dominus.417 Andere wiederum halten die Worte für echt. Der gegen eine Interpolation vorgebrachte Einwand, die Kompilatoren hätten keinen Grund zur Interpolation gehabt,418 lässt außer Acht, dass unter Justinian die ratihabitio die Ansprüche aus der negotiorum gestio unmittelbar begründete und damit durchaus ein Grund für eine Interpolation vorstellbar wäre.419 Denkbar und meines Erachtens wahrscheinlicher ist, dass Ulpian in D. 15.3.3.4 sagen wollte, dass die überflüssigen Aufwendungen noch von der voluntas des dominus und damit vom mandatum gedeckt sind, soweit er ihnen nachträglich zustimmt, d. h. wenn er sie in der Sache genehmigt.

414

Näher zu dieser Stelle Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 43 f. Für eine Parallele zur actio negotiorum gestorum z. B. Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 150 f. m. Fn. 99; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 554 f., 579 f., 582. 416 Solazzi, in: Scritti di diritto romano II (1913–1924), 537 f. 417 Solazzi, in: Scritti di diritto romano II (1913–1924), 537 f. 418 Vgl. Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 151 Fn. 99; zust. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 553 Fn. 167. 419 Vgl. § 5 III. 4., 5. der Untersuchung. 415

120

2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

Für eine solche Auslegung spricht folgende Stelle: D. 17.1.10.10 Ulpian 31 ed. Idem ait, si quid procurator citra mandatum in voluptatem fecit, permittendum ei auferre, quod sine damno domini fiat, nisi rationem sumptus istius dominus admittit.

Ulpian zitiert Labeo, der sagt, wenn der procurator etwas außerhalb seines Auftrags und zum Vergnügen aufgewendet hat, sei ihm nur zu gestatten, es insoweit wegzunehmen, wie das ohne Nachteil für den Geschäftsherrn geschehen kann, sofern nicht der Geschäftsherr mit der Anrechnung auch dieser Aufwendungen einverstanden ist. Auslagen, die der procurator zwar nicht in Erfüllung seines Auftrags gemacht hat, die der dominus aber nachträglich genehmigt hat, sind danach noch vom mandatum abgedeckt. In jedem Falle lässt sich aus D. 15.3.3.4 kein sicherer Beleg dafür entnehmen, dass die ratihabitio im klassischen römischen Recht unmittelbar die actio negotiorum gestorum begründete. 6. Kapitel

Zusammenfassung 2. Teil Für die Wirkungsweise der ratihabitio innerhalb der negotiorum gestio lassen sich insgesamt verschiedene dogmatische Ansätze feststellen. Der von Pedius und Ulpian referierte Ansatz in D. 3.5.5.11 leitet das Zustandekommen der negotiorum gestio bei Einziehung einer nicht bestehenden Forderung nicht aus einer unmittelbaren Wirkung der ratihabitio auf die negotiorum gestio ab, sondern argumentiert von den Rechtsfolgen der ratihabitio im Außenverhältnis her und stellt dabei auf die Korrelation der actio negotiorum gestorum mit der condictio indebiti ab. Aus der Passivlegitimation des Putativgläubigers zur condictio indebiti folgt seine Aktivlegitimation zur actio negotiorum gestorum (directa). Die Haftung des Genehmigenden aus der condictio indebiti ist mehrfach belegt und gehörte zum juristischen Gemeingut. Die römischen Juristen lassen durch die Genehmigung die Zahlung nachträglich zu einer Anweisungsleistung werden. Gegenstand der Genehmigung ist nicht das negotium in abstracto (also wie man heute sagen würde „die Übernahme der Geschäftsführung“), sondern genehmigt wird das der negotiorum gestio zugrunde liegende konkrete Handeln des Geschäftsführers, die Annahme der Zahlung. Die ratihabitio bezog sich nicht, wie im geltenden Recht, auf eine fremde Verfügung, die ein Nichtberechtiger über ein indebitum trifft, sondern auf die bloße Zahlung. Die Untersuchung hat gezeigt, dass die ausdrückliche Anerkennung der ratihabitio als selbständiges Tatbestandsmerkmal für die negotiorum gestio im klassischen römischen Recht ausblieb. Die Entscheidungen von Pedius und Ulpian in D. 3.5.5.11, 12 sind jeweils Einzelentscheidungen und dürfen nicht generalisiert werden.420 Wie sich aus dem 420

§ 8 und § 10 der Untersuchung.

6. Kap.: Zusammenfassung 2. Teil

121

Argumentationsstil von Pedius erschließen lässt, war diese Auslegung ein Novum. Dass man zu dieser Deutung nicht früher durchgedrungen war, dürfte sich vor allem aus der Rechtsnatur der negotiorum gestio erklären, die kein Konsensualkontrakt ist und sich daher mit der ratihabitio als einem Willensakt an sich nicht verträgt. Den römischen Juristen musste deshalb die ratihabitio rechtsdogmatisch wie rechtspolitisch als ein „Fremdkörper“ innerhalb ihrer Gestionslehre erscheinen. Bei Pomponius in D. 3.5.8 treten derartige Probleme im Umgang mit der ratihabitio offen zu Tage.421 Er weiß aufgrund der Rechtsnatur der negotiorum gestio nicht recht mit der ratihabitio umzugehen. Pomponius kommt es scheinbar überhaupt nicht in den Sinn, dass die ratihabitio über das negotium male gestum hinaus eine Bedeutung für das Zustandekommen der negotiorum gestio haben könnte. Er beschränkt ihre Wirkung ausschließlich auf den Ausschluss des Schadensersatzanspruches wegen des negotium male gestum. Wenn die ratihabitio als eine Alternative zur utilitas Anerkennung unter den römischen Juristen gefunden hätte, dann hätte er sich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht für die Pendenzkonstruktion ausgesprochen. Bei den anschließenden Ausführungen Scaevolas zeigt sich, dass das römische Recht nur die eine Genehmigung kennt und nicht wie nach geltender Doktrin zwischen Innen- und Außenverhältnis unterscheidet. Um die sonstige Bedeutung der ratihabitio im Zusammenhang mit der negotiorum gestio aufzuzeigen, konzentriert sich der Hochklassiker Scaevola in D. 3.5.8 auf Fallgruppen, in denen nach heutigem Verständnis eine Genehmigung nach § 185 Abs. 2 BGB vorliegt.422 Eine entscheidende Rolle kam der ratihabitio bei Verfügungsgeschäften zu.423 Die Quellenbelege geben Anlass zu Zweifeln an der bislang eigentlich von der Romanistik einhellig vertretenen Ansicht,424 die ratihabitio habe im römischen Recht bei einem Geschäft, das nicht schon an sich Geschäft des dominus war, unmittelbar die actio negotiorum gestorum zu begründen vermocht. Nicht haltbar ist zumindest die auch von Teilen des modernen Schrifttums vertretene Annahme, die römischen Juristen hätten einen Aufwendungsersatzanspruch ursprünglich nur bei genehmigter Geschäftsführung gewährt. Die Quellenzeugnisse sprechen vielmehr dafür, dass sich die Entwicklung genau in entgegengesetzter Richtung vollzog, also die ratihabitio bei der negotiorum gestio ursprünglich überhaupt keine Rolle spielte.425

421

§ 11 der Untersuchung. S. § 11 der Untersuchung. 423 Bei Einziehung einer Forderung durch einen gestor gilt die ratihabitio genau genommen nicht, wie es modernrechtlichem Denken entspricht, einer Verfügung, die ein Nichtberechtigter über eine Forderung trifft, sondern dem bloßen Zahlungsakt, s. die obigen Ausführungen und § 8 der Untersuchung. 424 Vgl. nur die Nachweise in Fn. 67. 425 Insoweit i. E. auch Seiler, Negotiorum gestio (1968), 72. 422

122

2. Teil: Ratihabitio, Geschäftsführung und ungerechtfertigte Bereicherung

Wie aber kommt man auf den verquer anmutenden Gedanken, eine ratihabitio im Rahmen der negotiorum gestio nicht als unmittelbar obligationsbegründend anzuerkennen, sondern nur mittelbar über ihre Außenwirkung? Man sollte doch meinen, wenn der dominus mit der Geschäftsführung einverstanden ist, dann muss dies erst recht Ansprüche aus der negotiorum gestio begründen. Dass das Gegenteil der Fall ist, lässt sich damit erklären, dass die negotiorum gestio an die bloße Geschäftsführung anknüpft und es überdies im römischen Recht keine Vertragsfreiheit gab. Insoweit zeigt sich auch hier der im römischen Recht geltende numerus clausus der Vertragstypen, also die Beschränkung des Klageschutzes auf bestimmte, rechtlich anerkannte Typen von Verträgen, genauer gesagt hier die Verweigerung des Klageschutzes für den außerhalb eines Mandats erklärten Konsens der Parteien. Der Grund für die Zurückhaltung der Römer gegenüber der ratihabitio im Bereich der negotiorum gestio liegt möglicherweise auch darin begründet, dass ansonsten der dominus es in der Hand gehabt hätte, den Tatbestand der negotiorum gestio zu schaffen. Selbst wenn damit die Rechtsstellung des Geschäftsführers verbessert worden wäre, indem die ratihabitio ihm, der ohne sie nicht anspruchsberechtigt wäre, den Anspruch auf Aufwendungsersatz verschafft hätte, standen die römischen Juristen einer solchen Lösung wohl deshalb ablehnend gegenüber, weil es außerhalb der Fälle des negotium utiliter gestum vom Willen des dominus abhängig gewesen wäre, ob der gestor klagen kann oder nicht, während der Anspruch des dominus selbst vom Willen des gestor unabhängig gewesen wäre.426 Das hätte zu einer unsachgemäßen Privilegierung des dominus geführt (zum Beispiel wenn sich bei der Verrechnung der Direktklage mit der Konträrklage ein Saldo zu seinen Gunsten ergibt oder dem gestor gar keine Klage zusteht). Wenn der dominus und der Geschäftsführer ganz sicher gehen wollten, musste der dominus ein mandatum erteilen beziehungsweise der gestor sich ein solches erteilen lassen. Diese Annahme wird dadurch gestützt, dass die Klageformeln der negotiorum gestio die ratihabitio nicht nennen. Das rechtspolitische Motiv des Prätors für den Erlass des Edikts de negotiis lag darin, eine interessengerechte Ausgleichsregelung für den Fall zu schaffen, dass der dominus die Prozessvertretung beziehungsweise die Geschäftsführung nicht „genehmigt“, dass nämlich der dominus nicht von sich aus dem Geschäftsführer seine Aufwendungen ersetzt.427 Es erschien dem Prätor im Falle eines negotium utiliter gestum nicht interessengerecht, den Aufwendungsersatz des gestor vom Willen des dominus abhängig zu machen. Vor allem ging es dem Prätor um die Sicherung der Rechte des dominus in seiner Abwesenheit. Es macht wenig Sinn, die Entstehung der negotiorum gestio von der ratihabitio eines Abwesenden abhängig zu machen. 426 Vgl. auch den Gedanken zum mandatum in Paulus D. 17.1.3.2, wonach es nicht vom Willen des Bauftragten abhängen soll, ob der Auftraggeber klagen kann. S. dazu auch Wittmann, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 46 f. 427 In diesem Sinne auch Deppenkemper, Negotiorum Gestio II (2014), 341.

6. Kap.: Zusammenfassung 2. Teil

123

Sonst hätte sie ihr Ziel oft verfehlt, etwa bei zwischenzeitlichem Erlöschen der Rechte des dominus. Wie bereits Ernst v. Monroy428 zum Ausdruck gebracht hat, ist in der Dogmengeschichte der negotiorum gestio „von jeher eine Neigung bemerkbar, in die Ratihabitionshandlung des Vermögensherrn den Schwerpunkt des ganzen Rechtsinstituts zu verlegen“. Das allgemeine Genehmigungserfordernis beruht insbesondere auf der Fehlinterpretation des Textes in D. 3.5.8, und es ist aus der justinianischen Quasikontraktslehre zu erklären.429 Diese Lehre betont die Nähe der negotiorum gestio zum Vertragsrecht. Maßgeblicher dogmatischer Anknüpfungspunkt ist insoweit ein Konsens zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn. Dabei werden sich der Wandel in der Auffassung über den Entstehungsgrund der obligatio negotiorum gestio und das Systematisierungsstreben von Justinian gegenseitg beeinflusst haben. Indes ist nicht ganz klar, ob die Entwicklung der Quasikontraktslehre durch die Verselbständigung des Erfordernisses der ratihabitio eine weitere Dynamik erfahren hat oder ob umgekehrt die Entwicklung der Quasikontraktslehre überhaupt erst zur Verselbständigung des Erfordernisses der ratihabitio führte. Die verschiedenen Ansätze zur Wirkungsweise der ratihabitio im Rahmen der negotiorum gestio sind nicht Zeugnis einer Kontroverse zwischen den Juristen oder gar eines Schulenstreits, sondern sie sind vielmehr Ausdruck der noch fehlenden theoretischen Durchbildung und Ausdifferenzierung der ratihabitio durch die römische Jurisprudenz, wobei man diese vermutlich auch nicht erwarten darf. Der Modus operandi der römischen Juristen war, wie auch sonst, die praktische Kasuistik. Die Rechtsentwicklung führte zu einer Herausbildung bestimmter Fallgruppen des Ratihabitionsrechts (zum Beispiel der negotiorum gestio im Zusammenspiel mit dem Kondiktionenrecht).

428 v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 76 f. S. auch Wlassak, Negotiorum gestio (1879), 76. 429 Insoweit auch Aarons, Negotiorum Gestio (1860), 61; zust. Harke, Geschäftsführung und Bereicherung (2007), 46. S. auch § 5 III. 5. der Untersuchung.

3. Teil

Ratihabitio und Rückwirkung Im Folgenden soll der bereits vielfach behandelten Frage nachgegangen werden, zu welchem Zeitpunkt die Wirkungen der ratihabitio eintreten und wie sich diese auf Rechtspositionen auswirken, die in der Phase zwischen der Vornahme des zu genehmigenden Rechtsgeschäfts und der Genehmigung begründet worden sind.1 Dieser Frage ist in nahezu allen bisher erschienenen Abhandlungen zur ratihabitio nachgegangen worden. Selbst jüngere Studien zur ratihabitio versuchen immer noch zu klären, ob die ratihabitio nur Wirkung für die Zukunft entfaltet (ex nunc) oder auf die Vornahme der Geschäftsführung des procurator zurückwirkt (ex tunc). Das römische Recht kannte grundsätzlich den Rückwirkungsgedanken2 – nicht im Sinne einer vollständig ausgebildeten allgemeinen Rückwirkungslehre, sondern als allgemein zur Verfügung stehendes methodisches Instrumentarium zur Rechtsgewinnung und Entscheidungsfindung.3 Eine Rückwirkung anordnende Rechtssätze gelten allgemein als charakteristisch für ein hochentwickeltes rechtsdogmatisches Denken.4 Der Genehmigende genehmigt das Rechtsgeschäft grundsätzlich in vollem Umfang, auch in zeitlicher Hinsicht, so dass man nach dem typischen Willen und auch der Sachlogik meinen könnte, dass die ratihabitio zurückwirkt. Die überwiegende Ansicht5 der Pandektistik legte der ratihabitio jedenfalls dort, wo sie 1

Vgl. Beckhaus, Ratihabition (1859), 3, der von einer „Kernfrage“ spricht. Der Rückwirkungsgedanke findet sich z. B. beim Heimkehrrecht – ius postliminii (Julian D. 49.15.22.2 und Ulpian D. 49.15.16), beim Erwerb des Vindikationslegats (Gaius II.195), bei der prätorischen restitutio in integrum, bei der condicio (Paulus D. 45.1.78 pr.). S. auch Wesener, in: Festschrift für Herdlitczka (1972), 271 ff.; A. Wacke, in: Festschrift für Holzhauer (2005), 384. 3 Bergmann, in: Festschrift für Reuter (2010), 25 betreffs der condicio. 4 Gmür, Rechtswirkungsdenken (1981), 46 f.; A. Wacke, in: Festschrift für Holzhauer (2005), 384. 5 Chambon, Negotiorum gestio (1848), 55; Buchka, Stellvertretung (1852), 210 f.; Köllner, Obligatio negotiorum gestorum (1856), 118; Beckhaus, Ratihabition (1859), 6 f., 53; Laband, ZHR 10 (1866), 232; Exner, Rechtserwerb (1867), 134; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 69 ff.; Hellmann, Stellvertretung (1882), 114 f.; Mitteis, Stellvertretung (1885), 239 ff.; Bekker, System 2 (1889), 228; Sintenis, Civilrecht I (1868), 156 Fn. 41; Ruhstrat, JherJb 10 (1871), 229 ff.; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 219; A. Sturm, Negotium utiliter gestum (1878), 76 Fn. 1; Bertolini, Ratifica I (1889), 68 ff.; v. Brinz, Pandekten IV (1895), 381; Baron, Pandekten (1896), 2

1. Kap.: Quellenbelege zur Rückwirkung der ratihabitio

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die Funktion einer Genehmigung hatte, eine Rückwirkung bei (vorbehaltlich der Rechte Dritter); zum Teil gelangte sie zu dieser Auffasung durch Heranziehung des klassischen und justinianischen Rechts, zum Teil auch nur über die justinianische Gesetzgebung. Die Rückwirkung wurde im Geiste der damals herrschenden Begriffsjurisprudenz, bei der das Recht durch Deduktion unter Begriffen gefunden wurde, als ein der ratihabitio „eigenthümliche[s]“ 6 begriffswesentliches Merkmal angesehen. Die Pandektisten gingen dabei zum Teil davon aus, dass die Rückwirkung unter den römischen Juristen streitig war.7 Auch die moderne Romanistik nimmt überwiegend an, dass die ratihabitio im klassischen römischen Recht rückwirkende Kraft entfaltete.8 Nach Behrends ist die Rückwirkungstheorie vorklassisch, genauer gesagt sabinianisch.9 1. Kapitel

Quellenbelege zur Rückwirkung der ratihabitio Relevante Fragmente zur Frage der Rückwirkung der ratihabitio begegnen an unterschiedlichen Stellen in den Digesten, d. h. in ganz verschiedenen Sachzusammmenhängen. Das in Betracht kommende Quellenmaterial ist schon vielfach im Schrifttum zusammengetragen und auf die Rückwirkung der ratihabitio hin geprüft worden. Die wichtigsten Stellen sollen nun erneut untersucht werden. Durchmustert man den Quellenbestand im Hinblick auf die zeitliche Wirkung der ratihabitio, so ergibt sich keineswegs ein einheitliches Bild. Die zeitliche Wirkung der ratihabitio wird nur in fünf Fragmenten in den Digesten ausdrücklich angesprochen. Die ersten beiden deuten darauf hin, dass die ratihabitio einen rückwirkenden Charakter hat. Die anderen drei scheinen die gegenteilige Ansicht zu stützen, dass die ratihabitio ex nunc-Wirkungen erzeugt. In keiner der genannten Quellen ist die ratihabitio das zentrale Thema und liegt der Schwerpunkt der Erörterungen auf der ratihabitio. Die Entscheidungen stammen aus den verschiedensten Rechtsgebieten vom Prozessrecht über das Sachenrecht bis hin zum Erbrecht.

128; Windscheid/Kipp, Pandektenrecht (1906), 438 Fn. 6; HKK/Finkenauer, §§ 182– 185 Rn. 6. 6 So Beckhaus, Ratihabition (1859), 6. 7 S. z. B. Fein, AcP 26 (1843), 179 ff.; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 256 ff., 265 ff.; Karlowa, Rechtsgeschäft (1877), 62 f.; Bertolini, Ratifica I (1889), 82; auch Lenel, SZ 51 (1931), 25. 8 Vgl. Frese, in: Studi Riccobono IV (1936), 433; Behrends, SZ 88 (1971), 265 f.; De Filippi, Ratihabitio (2002), 56, 169 ff.; Potjewijd, Beschikkingsbevoegdheid (1998), 185 ff.; A. Wacke, SZ 121 (2004), 352 ff.; a. A. v. Beseler, Beiträge IV (1920), 53 Fn. 1; ders., SZ 66 (1948), 351, 353; Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 11 Fn. 24; Kaden, SZ 56 (1936), 340 m. Fn. 1; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 24 ff., zusf. 43 f. 9 Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 41 Fn. 16.

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

Als erstes sollen die Passagen einer näheren Betrachtung unterzogen werden, die die Auffassung zu stützen scheinen, dass die römischen Juristen der ratihabitio eine Rückwirkung beilegten.

§ 16 Rückwirkung der ratihabitio im Prozessrecht – Ulpian D. 5.1.56 Der Hauptbeleg für die Rückwirkung der ratihabitio ist das in D. 5.1.56 überlieferte Fragment aus dem 30. Buch von Ulpians Sabinuskommentar. D. 5.1.56 Ulpian 30 Sab. Licet verum procuratorem in iudicio rem deducere verissimum est, tamen et si quis, cum procurator non esset, litem sit contestatus, deinde ratum dominus habuerit, videtur retro res in iudicium recte deducta.10

Obwohl an sich nur ein verus procurator11 einen Rechtsstreit mit Wirkung für und gegen den Vertretenen rechtshängig machen kann, gilt nach Ulpian12 eine Streitsache auch dann rückwirkend (retro) als ordnungsgemäß in iudicium deduziert, wenn ein nicht autorisierter Prozessvertreter den Prozess begründet und der Geschäftsherr dies nachher genehmigt. Es bestand im römischen Prozessrecht die Möglichkeit, dass ein procurator den dominus als Prozesspartei im Prozess vertritt.13 Um die Rechte des dominus prozessual geltend machen zu können, musste ursprünglich der procurator vom dominus ermächtigt sein. Diese Ermächtigung zur Prozessführung (mandatum 10 Die Echtheit dieser Stelle ist stark angefochten, insb. im Hinblick auf die Satzstruktur: Nach Eisele, Cognitur and Procuratur (1881), 174 passt der Inhalt nicht mit der (konzessiven) Satzstruktur (tamen) zusammen, denn es fehle an einen Gegensatz. In Anlehnung an Eisele streichen [licet – tamen] Lenel, Pal. II (1889), Sp. 1128 Fn. 1; Bortolucci, Ratihabitio mandato comparatur (1916), 5; Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 201; Mecke, SDHI 28 (1962), 145; Gehrich, Kognitur und Procurator (1963), 87; anscheinend auch Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 III 3 (216 Fn. 55). Schulz, SZ 27 (1906), 145 streicht die Worte [licet] und [tamen], ebenso Behrends, SZ 88 (1971), 264. Letzterer vermutet kompilatorische, der Kürzung dienende Änderungen rein redaktioneller Natur ohne Änderung des Inhalts. Für eine weitgehende Echtheit des ersten Teils der Stelle auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 31 ff.; Finazzi, Negotiorum gestio II.2 (2006), 99 Fn. 241; ders., in: Scritti Franciosi II (2007), 887; Deppenkemper, Negotiorum gestio I (2014), 202 Fn. 1030. 11 Für die Klassizität des procurator ad litem Mecke, SDHI 28 (1962), 145; Kaser, TR 33 (1965), 95 m. Fn. 21. 12 Für Ulpian auch Schulz, SZ 27 (1906), 145. A. A. Behrends, SZ 88 (1971), 264, der die Entscheidung Sabinus zuschreibt. 13 Vgl. Gaius II.39; s. ferner Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 I (210). Der Prozessprokurator hat sich offenbar aus dem procurator als Vermögensverwalter aufgrund praktischer wirtschaftlicher Bedürfnisse entwickelt. Zu der Vermögensverwaltung gehört auch die Prozessführung; die Prozessführungsermächtigung ist das prozessrechtliche Äquivalent zur Einziehungsermächtigung. Der im Prozess für den Geschäftsherrn auftretende procurator ad litem war keine von anderen Prokuratoren zu unterscheidende besondere Rechtsfigur, s. Klinck, SZ 124 (2007), 45.

1. Kap.: Quellenbelege zur Rückwirkung der ratihabitio

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oder iussum) musste (anders als beim cognitor14) nicht in Gegenwart des Gegners erklärt sein. Für die Bestellung zum procurator genügte eine entsprechende interne Abrede zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter.15 Der procurator musste seine Ermächtigung aber in iure nachweisen, damit er als Prozessvertreter auftreten konnte. Gelang dieser Nachweis nicht oder lag die Ermächtigung ersichtlich nicht vor, denegierte der Prätor die Klage oder er ergänzte die Klageformel um eine exceptio procuratoria16 und erreichte so eine Überprüfung des Mandats apud iudicem. Im Laufe der Zeit wurde das Erfordernis des Legitimationsnachweises, wie auch aus der vorliegenden Stelle hervorgeht, immer mehr gelockert. Von Ulpian wurde der Legitimationsnachweis nicht mehr als Klagevoraussetzung angesehen. Es konnte danach auch derjenige Prozessvertreter sein, der seine bestehende Ermächtigung gar nicht erst behauptete, aber redlich war und die cautio de rato17 leistete.18 Der Prozess des redlichen procurator war auch ohne ratihabitio von Anfang an wirksam und wäre auch ohne ratihabitio des dominus litis wirksam geblieben, denn obgleich der Prozessvertreter materiell in fremdem Namen handelte,19 wurde er mit Vollzug der litis contestatio selbst Prozesspartei mit der Folge, dass der Beklagte ihm gegenüber verurteilt wurde und ihm die actio iudicati zustand.20 Der Anspruch des dominus wurde nicht konsumiert. Dass der von einem procurator geführte Prozess den Klageanspruch des dominus nicht schon ohne Weiteres untergehen lassen konnte, liegt auf der Hand. Der dominus selbst konnte also nochmals klagen. Erst wenn der 14

Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 II 1 (210 f.). Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 III 1 (213). 16 Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 III 2 (214 f.). 17 S. dazu ausführlich den 7. Teil der Untersuchung. 18 Vgl. Gaius IV.84 Procurator vero nullis certis verbis in litem substituitur, sed ex solo mandato et absente et ignorante adversario constituitur; quin etiam sunt, qui putant eum quoque procuratorem videri, cui non sit mandatum, si modo bona fide accedat ad negotium et caveat ratam rem dominum habiturum, quamquam et ille, cui mandatum , plerumque satisdare debet, quia saepe mandatum initio litis in obscuro est et postea apud iudicem ostenditur. Offensichtlich missbilligte Gaius die neue Lehre. 19 Obwohl der römische Prozessvertreter pro alio oder alieno nomine agit (vgl. Gaius IV.97), also einen Prozess für denjenigen führt, dessen Interessen er wahrnimmt, handelt er nicht als direkter Stellvertreter im modernen Sinne, bei dem die Erklärungen unmittellbar für und gegen den Vertretenen gelten, Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 I (210), da den Römern das Rechtsinstitut der Stellvertretung fremd war. Der procurator ad litem hat eine eigene Rechtsstellung inne, die er aus dem iussum empfängt; er ist selbst Partei und macht das Recht des dominus litis im eigenen Namen geltend. Insoweit handelt es sich vom heutigen dogmatischen Standpunkt aus um eine Rechtsfigur sui generis, die sich in die allgemein bekannten Kategorien der Drittbeteiligung am Prozess nicht einordnen lässt und noch am ehesten aus heutiger Sicht mit der Rechtsfigur der gewillkürten Prozessstandschaft vergleichbar ist, Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 I (210 m. Fn. 6). 20 Die Prozessformel wird mittels Subjektwechsel dahingehend abgewandelt, dass in der intentio der Name des Vertretenen, des dominus litis, und in der condemnatio der Name des Vertreters genannt wird, Gaius IV.86; Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 I (210). 15

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

dominus die Prozessführung des Prokurators genehmigt hatte, musste er sie gegen sich gelten lassen.21 Der Begriff recte in D. 5.1.56 scheint echt zu sein.22 Ulpian wollte wohl besonders hervorheben, dass der procurator den dominus nach dem Ermessen eines redlichen Mannes23 in gehöriger Weise vertritt. Im Einklang mit der Ansicht, dass das Adverb retro unecht24 sei, wird zum Teil argumentiert, es gebe kein Bedürfnis für eine Rückwirkung der ratihabitio, wonach sich die litis contestatio noch vor Erteilung der ratihabitio auf den Vertretenen ausgewirkt hat. Kacprzak versteht deshalb den Satz „Res in iudicium retro recte deducta“ dahingehend, dass die Wirkungen der litis contestatio den dominus erst zum Zeitpunkt der Genehmigung treffen.25 Aber es kann gute Gründe für die Rückwirkung der ratihabitio gegeben haben. Ein Grund für die Rückwirkung der ratihabitio könnte bereits in dem römischen Verständnis der litis contestatio als einem privaten Unterwerfungsakt der Parteien mit gewissen Vertragswirkungen26 zu sehen sein. Die litis contestatio ist danach ein Vorgang, mit dem sich beide Parteien dem einzusetzenden Urteilsgericht unterwerfen.27 Vor diesem Hintergrund war es wohl nicht möglich, die Rechtsfolgen der litis contestatio im Nachhinein ab Erteilung der ratihabitio einfach auf den Vertretenen „überzuleiten“, sondern es sollte so angesehen werden, als sei die litis contestatio von Anfang an mittels des procurator für und gegen den Vertretenen vollzogen worden, weil sich ihre Wirkungen nach dem Verständnis der 21 Erfolgte die Genehmigung nicht, verfiel die cautio de rato. S. dazu den 7. Teil der Untersuchung. 22 Vgl. die Legaldefinition von recte in D. 50.16.73: Ulpian 80 ed. Haec verba in stipulatione posita ‘eam rem recte restitui’ fructus continent: ‘recte’ enim verbum pro viri boni arbitrio est. Diese Stelle steht im palingenetischen Zusammenhang (De stipulationibus) mit Ulpian D. 46.8.12.1 (s. dazu § 4 II. der Untersuchung), s. Lenel, Pal. II (1889), Sp. 880 f. (Nr. 1736, 1744). Den Ausdruck recte für überflüssig und interpoliert halten v. Beseler, SZ 46 (1926), 139 (er erscheine pleonastisch angesichts des Ausdrucks deducta); Mecke, SDHI 28 (1962), 145; Gehrich, Kognitur und Procurator (1963), 87; Behrends, SZ 88 (1971), 264. Zweifelnd Wesener, in: Festschrift für Herdlitczka (1972), 278. 23 Vgl. Ulpian D. 50.16.73 in Fn. 22. 24 v. Beseler, Beiträge IV (1920), 53 streicht retro, da die Rückwirkung der ratihabitio eine justinianische Neuerung sei; ders., SZ 46 (1926), 139; für die Unechtheit von retro auch Bortolucci, Ratihabitio mandato comparatur (1916), 5; Rabel, SZ 46 (1926), 474; Frese, in: Studi Riccobono IV (1936), 433 Fn. 148; Mecke, SDHI 28 (1962), 145; Gehrich, Kognitur und Procurator (1963), 87 (der neben retro auch [licet – tamen] streicht). Auch Behrends, SZ 88 (1971), 264 streicht retro unter Berufung auf v. Beseler – der Ausdruck retro sei gegenüber dem schlichten videtur res in iudicium deducta eine „unförderliche Komplikation“. Er hält eine Glosse für möglich. Zweifelnd Wesener, in: Festschrift für Herdlitczka (1972), 278. 25 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 32. 26 Kaser/Hackl, RZ (1996), § 41 IV (290). 27 Kaser/Hackl, RZ (1996), § 41 IV (290).

1. Kap.: Quellenbelege zur Rückwirkung der ratihabitio

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Römer unmittelbar aus dem Wesen der litis contestatio ableiteten und nicht nur bloß äußerliche Begleiterscheinungen waren.28 Die Konsumption knüpft nicht wie im geltenden Recht an das Urteil an, sondern an die bloße Klageerhebung.29 Von evidenter Bedeutung ist der Zeitpunkt des Vollzugs der litis contestatio für die Bewertung der Rechtslage30 sowie im Hinblick auf die zusammen mit der Hauptleistung zu erbringenden Nebenleistungen wie Früchte und Zinsen31 oder auch bei Untergang der Hauptsache. Der Kläger soll nach dem restituere-Prinzip so gestellt werden, wie er stünde, als wäre die Leistung zur Zeit der litis contestatio bewirkt worden.32 Der Umfang der Herausgabe- und Ersatzpflicht für Früchte und Zinsen wird dementsprechend auf den Zeitpunkt der litis contestatio bezogen.33 Bei Untergang der Hauptsache wird der Kläger bei der Ersatzleistung so gestellt, als wenn zur Zeit der litis contestatio geleistet worden wäre. Ohne die ausdrückliche Anordnung der Rückwirkung hätte man vorliegend zumindest daran denken können, den Zeitpunkt der Erteilung der ratihabitio als maßgeblich anzusehen. Diese Unklarheiten wollte Ulpian offenbar ausräumen. Der Ausdruck retro ist damit alles andere als überflüssig. Daher ist es auch wenig wahrscheinlich, dass er aus der Feder eines nachklassischen Juristen stammt.34 Andernorts statuieren die Klassiker ohne größeren Begründungs- und Erläuterungsaufwand, dass die ratihabitio die Klage des dominus in iudicium deduziert.35 Die besondere Hervorhebung der Rückwirkung in dieser Stelle kann nicht als ein Beleg dafür angesehen werden, dass der ratihabitio generell eine Rückwirkung von den römischen Juristen beigelegt wurde. Im Gegenteil: Die Herausstellung der Rückwirkung kann auch als Indiz dafür angesehen werden, dass die ratihabitio aus sich selbst heraus keine Rückwirkung zeitigt. Das Wort retro wäre überflüssig, wenn die ratihabitio aus sich selbst heraus stets ex tunc wirken würde.

§ 17 Rückwirkung der ratihabitio beim Pfandrechtserwerb – Marcian D. 20.1.16.1 Einen wichtigen Beleg für Rückwirkung der ratihabitio scheint ein Exzerpt aus dem liber singularis ad formulam hypothecariam, einer Abhandlung des Spätklassikers Aelius Marcianus36 zur formula hypothecaria, zu liefern. 28 29 30 31 32 33 34 35 36

Vgl. Kaser, SZ 84 (1967), 13. S. Liebs, SZ 86 (1969), 169 f. S. dazu näher § 18 I. 3. der Untersuchung. Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 888. Kaser/Hackl, RZ (1996), § 42 II 2 (297). Vgl. Paulus D. 22.1.35; ders. D. 22.1.38.4; ders. D. 50.16.8. Im Ergebnis auch Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 888. Vgl. Papinian D. 3.3.66; Marcellus D. 46.8.17. Marcian war ein Schüler Ulpians, Liebs, SZ 128 (2011), 39.

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

D. 20.1.16.1 Marcian libro singulari ad form. hyp. Si nesciente domino res eius hypothecae data sit, deinde postea dominus ratum habuerit, dicendum est hoc ips[um]37, quod ratum habet, voluisse eum retro recurrere ratihabitionem ad illud tempus, quo convenit. voluntas autem fere eorum demum servabitur, qui et pignori dare possunt.38

Marcian behandelt folgenden Fall: Jemand39 hat eine res aliena, also eine Sache, die im Eigentum eines Dritten steht, zum Pfand gegeben.40 Anschließend genehmigt der Eigentümer die Verpfändung. Marcian entscheidet, schon aus dem bloßen Umstand, dass der Eigentümer überhaupt genehmigt, ergebe sich sein Wille, dass die Genehmigung auf den Zeitpunkt der Vereinbarung der Verpfändung zurückwirkt (retro recurrere ratihabitionem). Marcian fügt hinzu: voluntas autem fere eorum demum servabitur, qui et pignori dare possunt (Beachtlich ist gewöhnlich nur der Wille derer, die auch verpfänden können). Wie im geltenden Recht können auch im römischen Recht bei Bestellung eines Pfandrechts Verpfänder und Eigentümer der Pfandsache personenverschieden sein. Ein Schuldner kann an einer res aliena aber nur mit Willen des Eigentümers ein wirksames Pfandrecht begründen.41 Generell sind, wie bereits oben ausgeführt,42 formfreie Verfügungsgeschäfte über ein fremdes Recht im römischen Recht auch dem Nichtberechtigten zugänglich, sofern der Berechtigte vorher oder nachher zustimmt.43 Ohne Zustimmung entsteht bei der Verpfändung einer res aliena nur ein schuldrechtliches Pfandverhältnis44 und kein dingliches Pfandrecht.45 Im vorliegenden Fall gelangt das Pfandrecht daher erst infolge der 37

Mommsen ad h.l. v. Beseler, Beiträge IV (1920), 53* hält die Stelle für interpoliert und streicht [hoc – convenit]; s. auch ders., SZ 46 (1926), 141 Fn. 1; ders., SZ 66 (1948), 351. 39 Aus dem Fragment geht nicht hervor, ob der Pfandgeber zugleich auch Forderungsschuldner ist oder ob der Verpfänder die fremde Sache für eine fremde Schuld (des Eigentümers) verpfändet; s. auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 116; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 249 Fn. 343; Bertolini, Ratifica I (1889), 71; a. A. Dernburg, Pfandrecht I (1860), 229 f., der den Verpfänder als gestor ansieht. Für die Wirksamkeit der Verpfändung spielt dies keine Rolle, so auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 116 Fn. 343. Möglich ist, dass der Sicherungsgeber weder Forderungsschuldner noch Eigentümer der Pfandsache ist, vgl. Marcian D. 20.1.5.2; Kaser, RP I (1971), § 110 II 1c (465). 40 Der Begriff hypotheca bezieht sich an sich auf das besitzlose Pfandrecht. Gemäß Marcian unterscheiden sich pignus und hypotheca nur im Wortlaut der Bezeichnung, s. D. 20.1.5.1. 41 Vgl. Marcian D. 22.3.23. Der Grundsatz nemo plus transferre potest, quam ipse habet – niemand kann mehr Rechte übertragen als er hat (Ulpian D. 50.17.54) gilt auch im Hinblick auf beschränkt dingliche Rechte wie das Pfandrecht, Hausmaninger/Selb, Römisches Recht (2001), 182. 42 S. § 11 V. der Untersuchung. 43 S. die Nachweise in Fn. 312 im 2. Teil der Untersuchung. 44 Vgl. Ulpian D. 13.7.9.4. 45 Dass ein solches Pfandrecht unwirksam war, geht hervor aus Pomponius D. 13.7.2; Ulpian D. 14.6.7.2; Papinian D. 36.1.58. 38

1. Kap.: Quellenbelege zur Rückwirkung der ratihabitio

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ratihabitio46 zur Entstehung. Die ratihabitio bezieht sich nur auf die dingliche Verfügung; sie führt nicht dazu, dass der dominus aus dem Pfandvertrag obligiert wird, da dem römischen Recht das Institut der unmittelbaren Stellvertretung unbekannt war.47 Kacprzak48 vermutet, Marcian habe sich bei seiner Entscheidungsfindung von der vom Prätor eingeführten formula Serviana,49 der dinglichen Pfandklage des Pfandgläubigers, leiten lassen. Teil ihrer demonstratio waren nach nahezu einhelliger Meinung in der Romanistik die Worte „eamque rem tunc, cum conveniebat, in bonis Lucii Titii (des Verpfänders) fuisse“.50 Der Rechtsschutz der actio Serviana setzte voraus, dass die verpfändete Sache zur Zeit der conventio in bonis war, also zum Vermögen des Verpfänders gehörte. Nach Meinung von Kacprzak51 scheint die actio Serviana eigens dazu konstruiert zu sein, um den Schutz der Rechte Dritter an der Sache sicherzustellen, die durch den Eigentümer in der Zeit zwischen der Bestellung eines Pfandrechts durch eine nicht berechtigte Person und dem Eingang der Pfandsache in das Vermögen dieses Nichtberechtigten konstituiert worden sind.52 Genau zu diesem Zweck diene die in der Formel der actio Serviana enthaltene Klausel eamque rem tunc, cum conveniebat, in bonis Lucii Titii fuisse. Kacprzak53 erläutert ihre Überlegungen anhand folgenden Beispiels: X, der eine Sache von Y gemietet hatte, bestellte an ihr dem B ein Pfandrecht. B war überzeugt, dass sie dem X gehörte. Nach der Beendigung des Mietverhältnisses kehrte die Sache an Y zurück, der sie dem Z verpfändete. Dann beerbte X den Y. Wenn der Konvaleszenz des Pfandrechts infolge des nachträglichen Erwerbs des Gegenstandes Rückwirkung zukäme, so argumentiert Kacprzak, dann hätte das Pfandrecht zugunsten von B Vorrang vor dem des Z. Zweifellos habe der Gläubiger B nicht wirksam die Sache von Z mit 46 D. 13.7.20 pr. Paulus 29 ed. Aliena res pignori dari voluntate domini potest: sed et si ignorante eo data sit et ratum habuerit, pignus valebit. 47 S. auch A. Wacke, SZ 121 (2004), 353 Fn. 53 mit Verweis auf Ulpian D. 13.7.11.7 28. 48 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 37. 49 Sie war der rei vindicatio nachgebildet und diente dazu, dem Pfandgläubiger den Besitz an der Pfandsache zu verschaffen, Kaser, RP I (1971), § 111 IV 3 (473). 50 Lenel, EP (1927), 494 f. (§ 267) hat die im Edikt proponierte Musterformel der actio Serviana des Pfandgläubigers, die auf den Fall der Verpfändung einzelner körperlicher Sachen zugeschnitten war, folgendermaßen rekonstruiert: Si paret inter Aulum Agerium et Lucium Titium convenisse, ut ea res qua de agitur Aulo Agerio pignori esset propter pecuniam debitam, eamque rem tunc, cum conveniebat, in bonis Lucii Titii fuisse eamque pecuniam neque solutam neque eo nomin e satisfactum esse neque per Aulum Agerium stare quo minus solvatur, nisi ea res arbitrio iudicis restituetur, quanti ea res erit, tantam pecuniam iudex Numerium Negidium Aulo Agerio condem nato, si non paret absolvito. 51 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 35. 52 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 35. 53 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 35.

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

der actio Serviana herausverlangen können. Dafür müsste B beweisen, dass die Sache in bonis des Schuldners (X) zum Zeitpunkt der Einigung war, was in diesem Fall unmöglich sei. Der Konvaleszenz durch nachträglichen Erwerb komme keine Rückwirkung zu.54 Das Pfandrecht werde also erst ex nunc zu dem Zeitpunkt wirksam, in dem der Pfandbesteller den Gegenstand erwirbt. Eine ähnliche Rolle wie die Zugehörigkeit der Sache zum Vermögen des Schuldners spiele die Zustimmung des Eigentümers bei der Verpfändung. Die Verpfändung durch den Nichtberechtigten könne nicht nur durch den nachträglichen Erwerb der Sache geheilt werden, sondern auch durch die ex post abgegebene Zustimmung des Eigentümers in Form der ratihabitio. Auch hier scheint es, so Kacprzak, dass die ratihabitio ex nunc-Wirkungen entfalten sollte, da sie sonst die Rechte Dritter verletze, die durch den Eigentümer begründet worden sind, nachdem ein Nichtberechtigter ein Pfandrecht an der Sache bestellt hatte, aber bevor der Eigentümer der Verfügung des Nichtberechtigten zugestimmt hatte. Die Lösung Marcians gehe aber in die entgegengesetzte Richtung. Marcians Gedankengang sei der folgende: Ist das Pfandrecht nur wirksam, wenn der Pfandschuldner im Moment seiner Begründung verfügungsberechtigt war (weil die Pfandsache zu seinem Vermögen gehörte oder weil der Eigentümer seine Zustimmung erteilt hatte), da es nach dem Wortlaut der Musterformel nur dann mit der actio Serviana bewehrt ist, könne die später erworbene Verfügungsberechtigung das Pfandrecht nur heilen, wenn man auf die Fiktion zurückgreift, dass diese Berechtigung dem Pfandbesteller von Anfang an gebührte.55 Er erhebe damit das in der formula ausgesprochene Erfordernis zur absoluten Voraussetzung für das wirksame Entstehen des Pfandrechts.56 Kacprzak meint, Marcian habe dabei die Tatsache übersehen, dass seine Interpretation von der Rückwirkung der Genehmigung genau das Gegenteil bewirke, weil nämlich die Klausel in bonis esse eo tempore quo convenit auf diese Weise umgangen werde. Die ratihabitio solle eigentlich ex nunc-Wirkungen entfalten, sonst würde sie die vom Eigentümer selbst begründeten Rechte Dritter verletzen, die bestellt worden sind, nachdem eine nicht berechtigte Person ein Pfandrecht an der Sache bestellt hatte, aber bevor der Eigentümer dazu seine Zustimmung geben konnte.57 Für die von Kacprzak kritisierte Vorgehensweise von Marcian, eine Orientierung am Formelwortlaut, könnte sprechen, dass von den römischen Juristen zwischen materiellem Recht und Prozessrecht anders als heute nicht unterschieden wurde. Die römischen Juristen verstanden das Zivilrecht als Inbegriff von actiones und exceptiones, die sich im Verfahren durchsetzen lassen, so dass ein Rechtsproblem immer auch aus der prozessualen Verwirklichung heraus gedacht 54 55 56 57

Kacprzak, Ratihabitio Kacprzak, Ratihabitio Kacprzak, Ratihabitio Kacprzak, Ratihabitio

(2002), 36. (2002), 37. (2002), 37. (2002), 36 f.

1. Kap.: Quellenbelege zur Rückwirkung der ratihabitio

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wurde. Von diesem Standpunkt aus könnte man in der Tat vertreten, dass die Römer nicht so sehr das Pfandrecht als abstraktes Rechtsinstitut erfassten, sondern in erster Line daran interessiert waren, ob der Pfandgläubiger aus dem Pfandrecht Rechte herleiten kann, d. h. ob die actio Serviana dem Wortlaut ihrer formula zufolge begründet ist. Andererseits lässt sich jedoch argumentieren, dass die actio nur das Mittel ist, um das Pfandrecht zu verwirklichen, und dass ein entgegenstehender Wortlaut der formula für die römischen Juristen nicht unüberwindbar war. Die Musterformel der actio Serviana erfasste den Fall der Genehmigung der Verpfändung einer res aliena wohl nicht ohne Weiteres. Dass aber Marcian, wie Kacprzak meint, durch die Anordnung der Rückwirkung der ratihabitio beabsichtigte, die oben zitierten Formelworte zu erfüllen, scheint bei näherem Nachdenken nicht überzeugend. Im Schrifttum58 ist mit Recht darauf hingewiesen worden, dass in einem solchen Fall die Gewährung einer analogen Pfandklage, einer actio Serviana utilis mit abgewandelter Klageformel durch Beseitigung des Einschubs, der das Erfordernis des in bonis esse zum Zeitpunkt der conventio pignoris enthielt, näher gelegen hätte, ähnlich wie die meisten römischen Juristen dem Pfandgläubiger eine analoge Pfandklage (actio utilis) gewährten, wenn die verpfändete Sache erst nach Vornahme der Verpfändung in die bona des Verpfänders gelangte.59 Und darüber hinaus ist es, wie bereits von Finazzi60 angemerkt wurde, unwahrscheinlich, dass der Prätor zum Zeitpunkt der Einführung der formula Serviana das Bedürfnis hatte, den Erwerber eines Pfandrechts vom Berechtigten vor Erwerbern vom Nichtberechtigten zu schützen. Die Art und Weise, wie die Formel aufgebaut ist, schließt eigentlich die Möglichkeit aus, dass dieser Aspekt zu den primären Anliegen des Prätors gehörte.61 Mit der Klausel tunc, cum conveniebat, in bonis fuisse sollte wohl vielmehr sichergestellt werden, dass ein anschließender Wegfall des in bonis esse (zum Beispiel bei Veräußerung durch den Verpfänder) dem Pfandnehmer sein bereits entstandenes Pfandrecht nicht mehr entziehen kann und er auf diese Weise eine gesicherte Pfandrechtsposition erhält.62 In D. 20.1.16.1 liegt der Anordnung der Rückwirkung der ratihabitio das Prinzip der Rangwahrung zugrunde:63 Der Nichtberechtigte handelt mit Rechtswir58 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 905 unter Bezugnahme auf Ankum, van Gessel-De Roo, Pool, SZ 104 (1987), 394 Fn. 516. A. A. Schanbacher, Konvaleszenz (1987), 12, der den Fall der Genehmigung ohne Weiteres als von der Musterformel erfasst ansieht. 59 Vgl. Paulus D. 13.7.41; Modestinus D. 20.1.22; s. ferner Lenel, EP (1927), 494 Fn. 9; Kaser, RP I (1971), § 110 II 1a (464 m. Fn. 8); Schanbacher, Konvaleszenz (1987), 113 ff.; A. Wacke, SZ 115 (1998), 444. 60 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 905. 61 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 906. 62 S. auch A. Wacke, SZ 115 (1998), 444 m. Fn. 21. 63 Dernburg, Pfandrecht I (1860), 230; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 35; A. Wacke, SZ 121 (2004), 353. S. auch Gaius D. 20.4.11.1 zur Rückwirkung des Bedingungsein-

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

kung für den Berechtigten. Der Eigentümer bleibt verfügungsbefugt. Bei einer Mehrfachverpfändung gilt im Verhältnis zwischen den Verpfändungen des Eigentümers und den infolge der ratihabitio nachträglich wirksam gewordenen Verpfändungen des Nichtberechtigten das Prioritätsprinzip (Prior tempore, potior iure64); der Rang des Pfandrechts richtet sich nach dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Nur der erstrangige Gläubiger hatte das Recht, die Pfandsache zu verwerten. Für Marcian ergibt sich schon aus dem bloßen Umstand, dass der Eigentümer genehmigt, sein Wille, dass die Genehmigung auf denjenigen Zeitpunkt zurückwirkt, zu dem die Verpfändung vereinbart wurde. Denn die Entscheidung des Eigentümers für die Genehmigung beinhaltet zugleich den Verzicht auf die erneute Verpfändung durch den Eigentümer selbst und die damit verbundene Nichtrückwirkung. Hätte der Eigentümer die Rückwirkung abgelehnt, dann hätte er die ratihabitio verweigern und die Sache in eigener Person dem Pfandnehmer erneut verpfänden können.65 Aufgrund der Rückwirkung66 der ratihabitio wird das Pfandrecht als zur Zeit der Vereinbarung entstanden angesehen. Der Rekurs auf den Willen des Eigentümers in Form der Genehmigung zeigt, dass Marcian die Rückwirkung nicht als wesenseigentümliche Eigenschaft der ratihabitio betrachtet.67 Wie die Schlussworte voluntas autem fere eorum demum servabitur, qui et pignori dare possunt (Beachtlich ist gewöhnlich nur der Wille derer, die auch verpfänden können) zu verstehen sind, wird im romanistischen Schrifttum bis heute kontrovers beurteilt. Umstritten ist dabei, ob der Ausdruck voluntas derselbe Wille ist, der der ratihabitio zugrunde liegt und vom dem die Rückwirkung der ratihabitio abgeleitet wird, oder ob mit voluntas ein anderer von der Genehmigung zu unterscheidender Wille gemeint ist, entweder in zeitlicher Hinsicht, also ein vor oder nach der Genehmigung erklärter Wille des Genehmigenden selbst, oder womöglich der Wille eines ganz anderen Rechtssubjekts, eines Dritten. Nach De Filippi68 ist die Passage in dem Sinn zu verstehen, dass voluntas auf eine Handlung des Genehmigenden abzielt, die er vor der Genehmigung vorgenommen hat

tritts. Die Formel der actio Serviana berücksichtigt die Rangordnung des Pfandrechts nicht; ähnlich der rei vindicatio stellt sie allein darauf ab, ob dem Kläger das behauptete Recht zusteht. Der Beklagte benötigt daher eine exceptio, um sein konkurrierendes Pfandrecht geltend zu machen: die sogenannte exceptio rei sibi ante pigneratae, die auf die zeitliche Reihenfolge der Verpfändungen abstellt, vgl. Marcellus D. 44.2.19. 64 Antoninus C. 8.17.3 (212) Si fundum pignori accepisti, antequam reipublicae obligaretur, sicut prior es tempore, ita potior es iure. S. auch Kaser, RP I (1971), § 110 III 1 (467). 65 A. Wacke, SZ 121 (2004), 353. 66 In diesem Sinne z. B. auch Beckhaus, Ratihabition (1859), 6; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 116; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 250; Bertolini, Ratifica I (1889), 70. 67 Gleichsinnig Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 906. 68 De Filippi, Ratihabitio (2002), 172.

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und die sich konträr zur Rückwirkung der ratihabitio verhält. Das würde dann bedeuten, dass Rechte Dritter, die diese vor der Genehmigung durch den Berechtigten erlangt haben, durch die Rückwirkung der ratihabitio nicht beeinträchtigt werden. Die Rückwirkung der ratihabitio würde also beschränkt. De Filippi ist dabei der Ansicht, dies diene dem Schutz des Pfandgläubigers.69 Diese Auffassung beruht, wie Finazzi70 bereits klargestellt hat, insofern auf einem Missverständnis, als es im Gegenteil im Interesse des Pfandgläubigers liegen würde, wenn die Genehmigung die Wirkungen der zwischenzeitlichen Verfügungen über die Sache beeinträchtigt. Nach anderer Auffassung ist der Satz dahingehend zu verstehen, dass nur derjenige wirksam die Verpfändung genehmigen kann, der auch selbst wirksam an der Sache ein Pfandrecht bestellen kann.71 Ernst Zimmermann72 denkt an den Fall der Veräußerung der Sache, bei dem die Befugnis zur Genehmigung auf den Eigentumsnachfolger übergehe. Nach Finazzi73 deutet die Verwendung der Pluralform eorum . . . qui auf die Willen mehrerer hin und damit darauf, dass Marcian hier die Möglichkeit in Betracht ziehe, dass es mehrere Rechtsinhaber an der Sache gibt, die berechtigt sind, ein Pfandrecht an der Sache zu bestellen, wie es zum Beispiel für Miteigentümer zutrifft. Auf diesen Fall bezogen wolle Marcian am Schluss des Fragmentes zum Ausdruck bringen, dass das pignus nicht wirksam sei, soweit die Berechtigten nicht alle die conventio pignoris genehmigt haben, und überdies blieben auch Handlungen, die sie im Rahmen ihrer Anteile vorgenommen haben, ungeachtet der Rückwirkung der Genehmigung gültig.74 Nach wiederum anderer Ansicht75 bezieht sich die Passage auf die Notwendigkeit des Vorliegens der sonstigen Voraussetzungen, die für die Bestellung eines Pfandrechtes jenseits der Rechtsinhaberschaft vorliegen müssen wie beispielsweise die Geschäftsfähigkeit. Diese Voraussetzung versteht sich aber eigentlich von selbst. Auch die anderen dargestellten Erklärungsansätze vermögen nicht zu überzeugen. Von einer Verpfändung seitens des Eigentümers ist nicht die Rede.76 Es ist zudem sicher auszuschließen, dass der Jurist Verfügungen des Eigentümers über die Sache in der Zeit zwischen der conventio pignoris und der ratihabitio schützen wollte, da dies die obige Aussage retro recurrere bezüglich der Genehmigung unterliefe.77 Ein solches Verständnis würde der Anordnung der Rückwirkung jeden Sinn nehmen. Ebensowenig ist von einer Mehrheit von Rechtsinhabern die Rede. Der Satz voluntas autem fere eorum demum servabi-

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De Filippi, Ratihabitio (2002), 172. Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 906. 71 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 250. 72 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 250. 73 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 907. 74 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 907. 75 Potjewijd, Beschikkingsbevoegdheid (1998), 187; zust. A. Wacke, SZ 121 (2004), 353; s. auch seine Übersetzung in Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, Corpus Iuris Civilis III (1999), 619. 76 Bertolini, Ratifica I (1889), 71. 77 Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 907. 70

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tur, qui et pignori dare possunt ist hier in Anbetracht der Rückwirkung der ratihabitio auf den Zeitpunkt der Pfandbestellung wohl vielmehr so zu verstehen, dass die Sache im Zeitpunkt der Pfandbestellung bereits in bonis des Genehmigenden gewesen sein muss. Ein Pfandrecht kann grundsätzlich nur derjenige wirksam bestellen, der die Pfandsache im Zeitpunkt der pignoris conventio in bonis hat. Die Genehmigung kann nach dem Verständnis von Marcian denklogisch damit nicht auf einen Zeitpunkt zurückwirken, in dem der Genehmigende noch nicht Eigentümer der Sache war, denn der Pfandschuldner leitet das Recht zur Pfandbestellung vom Genehmigenden ab. Wenn der Genehmigende zu diesem Zeitpunkt noch kein Eigentümer war, scheidet eine Rückwirkung der ratihabitio aus, und sie wirkt nur ex nunc. Autem ist hier nicht adversativ zu verstehen, vielmehr ist das Wort hier nur eine kopulative Partikel des näheren Eingehens. Die Pluralform ist offenbar der Verallgemeinerung geschuldet. In einer angepassten actio Serviana wurde wohl darauf abgestellt, ob die Sache im Zeitpunkt der Pfandbestellung durch den Nichtberechtigten in bonis des Eigentümers war, mit dessen Zustimmung der Schuldner daran ein Pfandrecht begründet hat.

§ 18 Rückwirkung der ratihabitio bei der Einziehung eines debitum – Celsus D. 46.3.71 Neben diesen Hauptstellen, in denen der ratihabitio ausdrücklich eine Rückwirkung beigelegt wird, steht eine Reihe von Stellen, in denen der ratihabitio nach überwiegender Auffassung unausgesprochen die Vorstellung der Rückwirkung zugrunde liegt. I. Celsus D. 46.3.71 Von besonderem Interesse ist hierbei Celsus D. 46.3.71, dessen drei Entscheidungen zur ratihabitio nun nacheinander untersucht werden sollen. 1. D. 46.3.71.1 D. 46.3.71.1 Celsus 27 dig. Si fideiussor procuratori creditoris solvit et creditor post tempus, quo liberari fideiussor poterit, ratum habuit, tamen quia fideiussor, cum adhuc ex causa fideiussionis teneretur, solvit, nec repetere potest nec minus agere adversus reum mandati potest, quam si tum praesenti dedisset.

Ein vom Hauptschuldner beauftragter fideiussor, der für eine Schuld ad diem78 eingetreten ist, dessen Haftung also befristet ist, zahlt innerhalb der Frist an einen 78 Möglicherweise ist die Klage gegen den Bürgen durch die lex Furia befristet, so v. Savigny, System V (1841), 400 Fn. h; gefolgt von v. Seuffert, Ratihabition (1868), 34; Schneider, Krit. Vjschr. 35 [n. F. 16] (1893), 509; Alfred Neumann, Auslegung (1898), 8; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 866. Die lex Furia beschränkt die Haftung des Bürgen auf zwei Jahre, Kaser, RP I (1971), § 155 II 3a (662). Sie gilt nur für den sponsor und den fidepromissor, vgl. Gaius III.120. Dagegen haftet der fideiussor, wie Gaius dort ausdrücklich hervorhebt, grundsätzlich unbefristet. Demgemäß wird im Schrifttum vermutet, dass sich die vorliegende Stelle ursprünglich auf einen sponsor bzw. fidepro-

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hierzu nicht ermächtigten procurator des Gläubigers. Der Gläubiger genehmigt die Zahlung an den procurator erst nach Fristablauf. Es erhebt sich die Frage, ob der Bürge zur Rückforderung berechtigt sein soll. Nach Celsus kann der Bürge das Geleistete nicht zurückfordern (nec repetere potest). Repetere79 ist hier zur Bezeichnung der condictio80 gebraucht. Der Bürge kann nec minus beim Hauptschuldner mit der actio mandati contraria81 Regress nehmen. Aus der Verweigerung der condictio sowie der dem Bürgen zugestandenen actio mandati gegen den Hauptschuldner ist zu schließen, dass die ratihabitio Tilgungswirkung entfaltet, der Bürge seine Bürgenschuld erfüllt hat und damit das zwischenzeitliche Erlöschen der Bürgschaft auf die Wirksamkeit der ratihabitio ohne Einfluss ist, so dass die Erklärung der Genehmigung nicht an die Frist der Bürgschaft gebunden ist. Dies wird vom Schrifttum82 überwiegend mit der

missor bezog. Zu Zeiten Justinians wurden die Bürgschaftsarten sponsio und fidepromissio zugunsten der fideiussio abgeschafft. Die Begriffe sponsor und fidepromissor in den Quellen wurden von Justinian vielfach durch den Ausdruck fideiussor ersetzt, Kaser, RP I (1971), § 155 II 3a (661 Fn. 14); ders., RP II (1975), § 278 I 1 (458). Dass sich das Fragment auf einen sponsor bezog, vermuten Lenel, Pal. I (1889), Sp. 162 Fn. 4; Pietsch, SZ 69 (1952), 437. Für die Alternative sponsor oder fidepromissor sprechen sich aus Unterholzner, Quellenmäßige Zusammenstellung I (1840), 530 Fn. k; Alfred Neumann, Auslegung (1898), 8; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 864. Für fideiussio Bertolini, Ratifica I (1889), 74 ff. Die Haftung des fideiussor kann auch durch Vereinbarung zeitlich begrenzt werden. Die Form der Bürgschaft muss hier letztlich nicht entschieden werden, da die Problematik der Rückwirkung der ratihabitio davon nicht berührt wird. 79 Vgl. Heumann/Seckel, Handlexikon (1907,), s. v. repetere 1) etwas zurückfordern, repetitio, insbes. mittels einer condictio; Ehrhardt, Justa causa traditionis (1930), 47. 80 Nach einer vereinzelten Ansicht ist die condictio indebiti gegen den creditor gemeint, so v. Seuffert, Ratihabition (1868), 35, was naturgemäß damit zusammenhängt, dass er einen anderen dogmatischen Ausgangspunkt vertritt, indem er davon ausgeht, der Bürge leiste nicht als Bürge auf die Bürgenschuld, sondern als Dritter auf die Hauptschuld. Nach anderer Auffassung dachte Celsus an die condictio ob rem gegen den procurator, denn durch den Zeitablauf sei die Genehmigung an sich verspätet und damit unwirksam, so E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 261 f.; zust. Hellmann, Stellvertretung (1882), 141; Bertolini, Ratifica I (1889), 77 f.; Alfred Neumann, Auslegung (1898), 29; Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 866 Fn. 22 (mit der Begründung, entweder mache die ratihabitio die solutio wirksam und es gebe keine repetitio oder die Genehmigung mache die Zahlung nicht wirksam, passivlegitimiert sei dann nur der gestor). Unter repetere ist hier wohl in der Tat die condictio ob rem zu verstehen für den Fall, dass die ratihabitio unwirksam ist; deshalb ist der gestor passivlegitimiert. 81 Im Fall der sponsio war wohl ursprünglich die Rede von der actio depensi, s. Lenel, Pal. I (1889), Sp. 162 Fn. 7; Emunds, Drittleistung (2007), 206 Fn. 21; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 866 f. 82 Fein, AcP 26 (1843), 179 ff.; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 256 ff., 265 ff.; Karlowa, Rechtsgeschäft (1877), 62 f.; Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1906), 367 Fn. 6; Bertolini, Ratifica I (1889), 74 ff.; Alfred Neumann, Auslegung (1898), 11 f.; Behrends, SZ 88 (1971), 266 Fn. 207; De Filippi, Ratihabitio (2002), 175; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 868.

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Rückwirkung der ratihabitio auf den Zeitpunkt der Zahlung erklärt: Die Zahlung werde so angesehen, als ob sie rückwirkend mit ihrer Vornahme wirksam geworden und der Bürge liberiert worden sei. Die von Celsus angeführte Begründung (tamen quia fideiussor, cum adhuc ex causa fideiussionis teneretur, solvit) legt in der Tat einen solchen Schluss nahe. Der Satz nec repetere potest nec minus agere adversus reum mandati potest, quam si tum83 praesenti dedisset hat hier nicht die Funktion der rechtlichen Begründung84 der actio mandati (contraria), sondern beinhaltet einen bloßen Vergleichsfall (quam si), so wie es für das klassische Recht nichts Ungewöhnliches ist. Die Entscheidung wird an einem gedachten, einfacher gelagerten Vergleichsfall entwickelt, dessen Modalitäten im Ausgangsfall gerade nicht gegeben sind und der deshalb nicht auf denselben rechtlich-dogmatischen Erwägungen beruht. In Anlehnung an die Glosse85 und an den französischen humanistischen Juristen Cujaz86 wurde die Stelle von der pandektistischen Doktrin, vor allem um einen Widerspruch zu Africanus/Julian D. 46.8.25.187 zu vermeiden, vielfach damit erklärt, dass der Bürge als Dritter auf die noch bestehende Hauptschuld leiste, denn die Hauptschuld ist vom Ablauf der Frist nicht berührt und besteht folglich fort.88 83 Tum stellt auf den Zeitpunkt der Zahlung an den gestor ab, so auch Bertolini, Ratifica I (1889), 78; Alfred Neumann, Auslegung (1898), 9. A. A. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 35, nach dem tum den Zeitpunkt der ratihabitio meint, also als wenn er im Zeitpunkt der ratihabitio an den Gläubiger selbst gezahlt hätte, was naturgemäß damit zusammenhängt, dass Seuffert die Auffassung vertritt, der Bürge leiste nicht als Bürge auf die Bürgenschuld, sondern als Dritter auf die Hauptschuld. 84 Um ihm eine actio mandati (contraria) zu gewähren, ist der Bürge von Celsus nicht etwa rechtlich so gestellt worden, als ob er unmittelbar an den creditor geleistet und damit den Hauptschuldner befreit hat, indem Celsus die zwei Übertragungsvorgänge (Zahlung des Bürgen an den procurator und von diesem an den Gläubiger) gedanklich-konstruktiv als einen einheitlichen Zahlungsvorgang des Bürgen an den Gläubiger behandelt hat. Auch dieser Ansatz würde indes auf eine Fiktion hinauslaufen, aber eben auf keine Fiktion der Rückwirkung der ratihabitio, denn für diesen Fall der gedachten direkten Zahlung hätte es überhaupt keiner ratihabitio bedurft. 85 Gl. Praesenti creditori ad D. 46.3.71.1: Sed contra ji (D. ) rem ra. hab. l. fi. §. fi. (D. 46.8.25.1). So. hic ratam habuit solutionem eo tempore quo reus erat obligatus efficaciter licet fideiussor ipse esset liberatus tunc cum ratum habuit, ibi cum reus erat liberatus, et facit ad hoc et sequentia responsa supra de consti. pecu. item illa §. qd. addicitur (D. 13.5.18.1). 86 Cujaz, Opera IV (Prati 1837), Sp. 176 f.: Priore enim casu ratihabitio prorsus inutilis est. Posteriore utilis est in hoc ut debitor principalis liberetur, qui non erat tempore liberatus sicut fideiussor. 87 Dazu § 19 der Untersuchung. 88 S. Heimbach, Zeitschrift für Civilrecht und Prozess 1 (1828), 452; Büchel, Civilrechtliche Erörterungen I (1847), 82 Fn. 2; Beckhaus, Ratihabition (1859), 9 f.; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 35; Hellmann, Krit. Vjschr. 19 (1877), 368; ders., Stellvertretung (1882), 140 f.; Mitteis, Stellvertretung (1885), 263 Fn. 343; v. Brinz, Pandekten IV (1895), 381 Fn. 12.

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Seuffert89 verweist in diesem Zusammenhang auf Paulus D. 12.6.44,90 wonach die Leistung eines Dritten auf eine bestehende Schuld auch ohne Ermächtigung oder nachträgliche ratihabitio des Schuldners im römischen Recht mit kondiktionsausschließender und damit befreiender Wirkung erfolgt.91 Da der Bürge hier nicht unmittelbar an den Gläubiger, sondern an einen procurator geleistet hat, ist aber auch nach Seuffert die Genehmigung des Gläubigers erforderlich, die trotz des Fristablaufs noch möglich sei. Weil der Bürge die geleistete Zahlung nicht zurückfordern könne, sei es billig, dass er auch Regress mit der actio mandati gegen den Hauptschuldner nehmen kann. Die Ansicht von Cujaz und seiner Anhängerschaft ist in jüngerer Zeit von De Filippi92 aufgegriffen worden. Es trifft zu, dass das klassische römische Recht bei der Bürgschaft, wie bei anderen Schuldnermehrheiten auch, dogmatisch zwischen der Leistung auf die eigene Schuld und der Drittleistung differenziert:93 Dass der Bürge wählen kann, ob er nomine proprio oder nomine debitoris leistet, bezeugt auch D. 12.6.47.94 Und doch ist der Regelfall die solutio nomine proprio, dass also der Bürge auf seine eigene (Bürgen-)Schuld leistet, und die Ausnahme, dass der Bürge alieno nomine, d. h. unter Bezugnahme auf die Hauptschuld zahlt.95 Die Befreiung des Hauptschuldners ist nur eine Folge des Erlöschens der Bürgschaftsschuld.96 Die

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v. Seuffert, Ratihabition (1868), 35. D. 12.6.44 Paulus 14 Plaut. Repetitio nulla est ab eo qui suum recepit, tametsi ab alio quam vero debitore solutum est. 91 Vgl. Labeo D. 3.5.42; Gaius D. 46.3.53; Kaser, RP I (1971), § 149 II 1 (636). 92 De Filippi, Ratihabitio (2002), 174 f. 93 Vgl. Julian D. 46.3.37; Papinian D. 46.1.51.1; Tryphonin D. 46.1.69; Ulpian D. 46.1.31; s. ferner Emunds, Drittleistung (2007), 202 ff.; zust. F. Sturm, SZ 128 (2011), 548 f. 94 D. 12.6.47 Celsus 6 dig. Indebitam pecuniam per errorem promisisti: eam qui pro te fideiusserat solvit. ego existimo, si nomine tuo solverit fideiussor, te fideiussori, stipulatorem tibi obligatum fore: nec exspectandum est, ut ratum habeas, quoniam potes videri id ipsum mandasse, ut tuo nomine solveretur: sin autem fideiussor suo nomine solverit quod non debebat, ipsum a stipulatore repetere posse, quoniam indebitam iure gentium pecuniam solvit: quo minus autem consequi poterit ab eo cui solvit, a te mandati iudicio consecuturum, si modo per ignorantiam petentem exceptione non summoverit. S. ferner E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 262 Fn. 351; Alfred Neumann, Auslegung (1898), 24; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 875. 95 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 262; Fein, AcP 26 (1843), 180; Alfred Neumann, Auslegung (1898), 25 f.; Bertolini, Ratifica I (1889), 75; Karlowa, Rechtsgeschäft (1877), 62; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 875; ferner Kaser, Ausgewählte Schriften II (1976), 366; ders., Ius gentium (1993), 367; Emunds, Drittleistung (2007), 227. 96 Emunds, Drittleistung (2007), 120 Fn. 19; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 876 m.w. N. 90

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Bürgschaft war in der Regel im Hausbuch eingetragen, und dem Bürgen war natürlich vor allem daran gelegen, dass die Tilgung seiner Verpflichtung aus der fideiussio im Hausbuch vermerkt wurde.97 Dass der Bürge regelmäßig auf seine eigene Schuld leistet und beim Nichtbestehen der Bürgschaftsschuld seine Leistung für die Hauptschuld nicht angerechnet wird, zeigen auch die Stellen, in denen der Bürge bei Nichtbestehen der Bürgschaftsschuld oder bei einredebehafteter Bürgschaftsschuld die condictio indebiti erwirbt und die Hauptschuld ungetilgt fortbesteht.98 Hätte der Bürge in D. 46.3.71 nomine debitoris geleistet, dann hätte dies als Ausnahmefall und entscheidungserheblicher Aspekt aus dem Text ausdrücklich hervorgehen müssen.99 Das bloße solvere ohne klarstellende Zusätze, insbesondere ohne präpositionale Ergänzungen wie beispielsweise alieno nomine solvere und suo nomine, bezeichnet bei der Leistung des Bürgen regelmäßig die Leistung auf eine eigene Schuld, also gerade keine Drittleistung.100 Gewichtiger als diese allgemeinen Erwägungen wiegt gegen den cujazischen Erklärungsversuch die von Celsus für seine Entscheidung angeführte Begründung: quia fideiussor cum adhuc ex causa fideiussionis teneretur, solvit.101 Celsus argumentiert gerade nicht mit dem Fortbestand der Hauptschuld, sondern stellt darauf ab, dass der Bürge zum Zeitpunkt der Zahlung noch aus der Bürgschaft verpflichtet war. Die Worte des Celsus zeigen, dass der Jurist seine Aufmerksamkeit auf die Verpflichtung des Bürgen richtete und der Tatsache, dass die Hauptschuld noch nicht erloschen war, keine Bedeutung beilegte. Wenn der Bürge aus der Sicht von Celsus als Dritter auf die Hauptschuld geleistet hätte, wäre es gerade nicht auf die bestehende Verpflichtung aus dem Bürgschaftsvertrag im Zeitpunkt der Zahlung angekommen.102 Gegen die Richtigkeit der Auf-

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Flume, SZ 113 (1996), 92. Vgl. Celsus D. 12.6.47; Africanus D. 12.6.38.3; Papinian D. 12.6.59; Julian D. 12.6.32.1; Javolen D. 46.1.20; Julian D. 46.1.19; Fein, AcP 26 (1843), 180 m. Fn. 31; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 263; Bertolini, Ratifica I (1889), 75 f.; Emunds, Drittleistung (2007), 227 f. m. Fn. 95. Nur anscheinend widersprechend ist Ulpian D. 17.1.29.6. Der Sinn ist folgender: Der Bürge kann das Geld zurückfordern; will er aber dem Gläubiger die Zahlung überlassen, so steht ihm die actio mandati gegen den Hauptschuldner zu. Diese Entscheidung beruht auf Billigkeitserwägungen. S. auch Fein, AcP 26 (1843), 180 m. Fn. 31. 99 So auch Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 876. 100 Emunds, Drittleistung (2007), 227. 101 So auch Fein, AcP 26 (1843), 180; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 264; Karlowa, Rechtsgeschäft (1877), 62; Hellmann, Stellvertretung (1882), 141; Bertolini, Ratifica I (1889), 76; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 876. 102 Hellmann, Stellvertretung (1882), 141 versucht dieses Argument damit zu entkräften, dass der Satz quia fideiussor cum adhuc ex causa fideiussionis teneretur, solvit nicht die Begründung für die Versagung der condictio darstelle, sondern vielmehr die Begründung für die Gewährung der actio mandati (contraria) bilde. Für diese treffe nämlich der angeführte Grund zu, indem der fideiussor zur Zeit seiner Zahlung auf98

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fassung von Cujaz spricht zudem in systematischer Hinsicht der Blick auf den nachfolgenden § 2 desselben Fragments. In dem dort erörterten Fall ist gerade die Hauptschuld selbst durch den von dem Haussohn oder Sklaven vorgenommenen Erlass erloschen. Nichtsdestoweniger legt Celsus auch hier der ratihabitio scheinbar eine Rückwirkung bei, so dass infolgedessen die acceptilatio nichtig und wirkungslos ist. Der Erklärungsversuch von Cujaz und seiner Anhängerschaft ist damit zu verwerfen. Nach Regelsberger103 wird dem Bürgen aufgrund des in Ulpian D. 17.1.29.6104 geäußerten Gedankens die actio mandati gewährt. Entscheidend sei, dass der Bürge sein Versprechen erfüllt und den Schuldner befreit habe. Wäre aber der von Ulpian in D. 17.1.29.6 geäußerte Gedanke für Celsus ausschlaggebend gewesen und hätte ihn dazu bewogen, die verspätete ratihabitio noch anzuerkennen, käme es nicht darauf an, dass der Bürge noch zum Zeitpunkt des Bestehens der Bürgschaftsschuld gezahlt hat, sondern er hätte danach sogar bewusst nach Fristablauf leisten können. Der Entscheidung von Celsus muss daher eine andere Erklärung zugrunde liegen. Nach Kacprzak105 setzt die Argumentation des Celsus entgegen dem ersten Anschein nicht unbedingt voraus, dass die ratihabitio ex tunc-Wirkungen entfaltet, wenn man die Entscheidung jenseits des Rückwirkungs-Paradigmas unter dem Gesichtspunkt der Rechtsnatur der solutio als ein zweiseitiges Rechtsgeschäft („un negozio bilaterale“ 106) betrachte. Die solutio bestehe aus zwei Elementen, der Zahlung des Schuldners und der Annahme der Zahlung durch den Gläubiger. In der Regel, so Kacprzak, treten die zwei Elemente gleichzeitig auf. Manchmal jedoch könnten sie, wie im vorliegenden Fall, zeitlich auseinanderfallen. Problematisch sei dann die Bestimmung des maßgeblichen Moments. Celsus ent-

tragsgemäß gehandelt hat. Nach Hellmann hat Celsus den Grund für das non repetere seitens des Bürgen [hiernach der Leistung auf die Hauptschuld] als so selbstverständlich angesehen, dass er eine weitere Begründung als nicht erforderlich ansah. Diese Auslegung widerspricht jedoch dem Textduktus, denn die fragliche Passage bezieht sich zweifelsohne auf die Versagung der condictio und nicht auf die Gewährung der actio mandati. Die Zubilligung der actio mandati erfolgt vielmehr im Gegenzug zur Versagung der condictio als erläuternder Zusatz. 103 Regelsberger, Pandekten I (1893), 597 Fn. 7. 104 D. 17.1.29.6 Ulpian 7 disp. Fideiussor, si solus tempore liberatus tamen solverit creditori, recte mandati habebit actionem adversus reum: quamquam enim iam liberatus solvit, tamen fidem implevit et debitorem liberavit: si igitur paratus sit defendere reum adversus creditorem, aequissimum est mandati iudicio eum quod solvit reciperare. et ita Iuliano videtur. Selbst wenn der Bürge in Kenntnis des Fristablaufs gleichwohl bewusst an den Gläubiger zahlt, gewährt ihm Ulpian die actio mandati gegen den Hauptschuldner. Dies sei aequissimum, d. h. seine Entscheidung beruht auf Billigkeitserwägungen, denn, so die Begründung von Ulpian, obwohl der Bürge bereits als freigewordener Bürge gezahlt hat, hat er dennoch sein Versprechen erfüllt und den Schuldner befreit. 105 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 39 f. 106 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 40.

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

scheide sich zugunsten der Prävalenz der Zahlung.107 Der Grund für die von ihm präferierte Lösung liege in dem Umstand, dass die Frist im Interesse des Bürgen festgesetzt worden sei. Dieser habe mit der Zahlung an den procurator alles getan, was zur Bewirkung der Erfüllung erforderlich ist. Die Annahme durch den Gläubiger, die der ratihabitio entspreche, liege außerhalb des Wirkungskreises und der Sphäre des Bürgen und habe nach Celsus keine Bedeutung für die Frage, ob die Leistung fristgerecht erfolgt ist oder nicht. Daraus folgt für Kacprzak, dass dieser Text nicht als sicherer Beleg für die rückwirkende Kraft der ratihabitio gelten kann.108 Finazzi109 erscheint eine solche Erklärung nicht geeignet, den der Entscheidung zugrunde liegenden Gedanken korrekt darzustellen. Die solutio müsse als Ganzes verstanden werden, weil die Genehmigung des Gläubigers nicht so sehr die Zahlung des Bürgen betreffe als vielmehr Annahme der Zahlung durch den procurator, nämlich die fehlende Berechtigung, das Geld entgegenzunehmen.110 Die ratihabitio heile den Mangel der fehlenden Berechtgung des procurator. In diese Richtung gingen auch die Rechtsfolgen der Genehmigung im Hinblick auf die Begründung der Aktivlegitimation des Gläubigers zur actio negotiorum gestorum gegen den procurator, die den Juristen vorliegend nicht interessiere. Das Adverb tum sei in dem Sinne zu verstehen, dass als Folge der ratihabitio die Wirkungen der Annahme durch den gestor und somit diejenigen der solutio als Ganzes verstanden genau im Moment der Annahme durch den gestor entstünden. Daraus folge, dass die Zulassung der Rückwirkung der Genehmigung seitens Celsus hier nicht in Abrede gestellt werden könne.111 Der Sichtweise Kacprzaks ist entgegenzuhalten, dass die ratihabitio hier nicht nur Ausdruck eines bloßen Geltenlassens einer in der Vergangenheit abgeschlossenen Handlung ist, sondern notwendiger Bestandteil der solutio selbst. Der Gedanke der Aufspaltung eines bilateralen Rechtsgeschäfts in zwei Bestandteile wirkt prima facie „unrömisch“ vor dem Hintergrund, dass die Römer ein Rechtsgeschäft grundsätzlich „als Ganzes“ ansahen,112 wobei sich ein solcher Gedanke aber nicht vollends ausschließen lässt. Die Vorstellung eines Simultanitätsgebots

107 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 41. Für Africanus/Julian D. 46.8.25.1 sei dagegen der Moment der vollständigen Durchführung der solutio, d. h. der Moment der Annahme, die der ratihabitio entspreche, entscheidend. 108 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 41. 109 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 868. 110 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 868, 880. 111 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 868. 112 v. Jhering, Geist des römischen Rechts III 1 (1865), 151 ff. sah im römischen Recht die Vorstellung des Simultanitätsprinzips der Rechtsgeschäftslehre verwirklicht. Demzufolge bündeln sich Entstehung und Wirkung eines Rechtsgeschäfts im Zeitpunkt seiner Vornahme.

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wurde im römischen Recht, wie bereits die Zulassung der condicio zeigt, nicht ohne Ausnahme gehandhabt.113 Zumindest erscheint aber der von Kacprzak vermutete Sinn hinter der Lösung von Celsus im Sinne einer Besserstellung des Bürgen, weil er all seinen Pflichten nachgekommen sei und der Zeitpunkt der Genehmigung nicht mehr in seiner Hand liege, zweifelhaft. Denn der Bürge steht sich bei der Gewährung der actio mandati gegen den Hauptschuldner nicht wirklich besser als bei Gewährung der condictio gegen den procurator für den Fall, dass der ratihabitio ihre Wirkung abgesprochen wird. Der Regressanspruch gegen den Hauptschuldner ist für den Bürgen hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen sicherlich einfacher darzulegen; er muss nur die Valutierung (und die Beauftragung) dartun. Bei der Inanspruchnahme des creditor mit der condictio würde der Bürge sich möglicherweise stärker Einwendungen des Gläubigers ausgesetzt sehen, so würde dieser vielleicht zu seiner Verteidigung den Fristablauf oder den Einfluss des Fristablaufs auf die ratihabitio bestreiten. Andererseits dürfte aber die actio mandati gegen den Hauptschuldner mangels Solvenz sehr wahrscheinlich nicht oder nicht sofort durchsetzbar sein. Denn wenn der Schuldner solvent wäre, hätte er selbst den Gläubiger befriedigen können, und zu einer Inanspruchnahme des Bürgen wäre es erst gar nicht gekommen. Zwar war im klassischen römischen Recht die Bürgenhaftung nicht subsidiär, d. h. der Gläubiger konnte auch sofort gegen den Bürgen vorgehen, die Sitte forderte vom Gläubiger jedoch, zuerst den Hauptschuldner in Anspruch zu nehmen.114 Mit Blick auf die nachfolgenden Paragraphen stellt der Entscheidungsgrund von Celsus sehr wahrscheinlich einen „universellen“ im Hinblick darauf dar, dass er ebenso die Entscheidungen der nachfolgenden Paragraphen mitzutragen vermag. § 2 ist mit § 1 mittels der kopulativen Konjunktion item verknüpft, was dafür spricht, dass die ratio decidendi weniger in jeweils fallspezifischen Erwägungen als vielmehr in einer Erklärung zu suchen ist, die für alle drei Entscheidungen des Fragments gleichermaßen gilt. Aus der Zusammenschau mit den sich anschließenden Paragraphen lässt sich weiter folgern, dass die Berücksichtigung oder der Schutz bestimmter Interessen bei den Entscheidungen wohl nicht im Vordergrund standen, denn dafür fallen sie von ihren Ergebnissen her zu unterschiedlich aus. So wirkt sich in § 2 die Entscheidung für den Gläubiger, den Geschäftsherrn, vorteilhaft aus, indem er die Zahlung an den procurator trotz des Erlasses noch genehmigen kann. In § 3 ist die Richtung umgekehrt: Dort ist die Entscheidung für ihn nachteilig, weil sein Schuldner freigesprochen wird. Entscheidend ist nach Celsus, wie er selbst sagt, dass der Bürge gezahlt hat, als dieser noch aus der Bürgschaft verpflichtet war (cum adhuc ex causa fideiussionis 113 114

Bergmann, in: Festschrift für Reuter (2010), 18. Kaser, RP I (1971), § 155 II 4c (665).

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teneretur). Der Sinn dieser Aussage erschließt sich mit Blick auf die rechtlichen Folgen der Zahlung an den procurator: Mit der Entgegennahme der Münzen hat der procurator ein Geschäft des Gläubigers und zwar im Rechtssinne geführt. Am deutlichsten tritt dieser Gedanke in Paulus D. 3.5.23115 zu Tage. Er liegt auch hier zugrunde. Der Gläubiger kann das gezahlte Geld mithin mit der actio negotiorum gestorum (directa) vom gestor herausverlangen. Die Betonung des Bestehens der Schuld im Zeitpunkt der Zahlung ist darauf zurückzuführen, dass die Entstehung des Schuldverhältnisses aus der negotiorum gestio bei Einziehung einer Forderung vom Bestehen derselben abhängt. Nur wenn die eingezogene Forderung im Zeitpunkt der Einziehung tatsächlich besteht, gelangt nach den oben dargelegten Grundsätzen das Schuldverhältnis aus der negotiorum gestio ipso gestu zur Entstehung.116 Wie dort bereits ausgeführt, kommt es bei Einziehung einer bestehenden Forderung für die Entstehung der actio negotiorum gestorum nicht auf die Erteilung der ratihabitio an. Auf diese Weise kann der dominus eine für das Hauptgeschäft normierte Frist über einen nicht ermächtigten Geschäftsführer verlängern. Der Gestionstatbestand führt keinen Eigentumserwerb des Gläubigers an den gezahlten Münzen und keine Liberationswirkung herbei, sondern dafür bedarf es der Erteilung der ratihabitio des dominus.117 Es ist in der Romanistik allgemein anerkannt, dass bei Leistung auf eine Schuld nicht diese, sondern vielmehr das Erfüllungsgeschäft als solches, die solutio, iusta causa traditionis ist.118 Darauf, dass der Bürge zum Zeitpunkt der Genehmigung noch verpflichtet ist, kommt es für die Wirksamkeit des Eigentumserwerbs nicht an, die bloße Einigung über die causa solvendi genügt. Auch der Umstand, dass der Bürge möglicherweise nach dem Wegfall der Bürgschaftsverpflichtung nicht mehr causa solutionis an den Gläubiger übereignen wollte, verhindert den Eigentumserwerb des creditor nach Maßgabe von Paulus D. 3.5.23119 nicht. Damit der creditor das Eigentum an den Münzen endgültig, d. h. kondiktionsfest erwirbt, bedarf es aber einer iusta causa retinendi, also eines Rechtsgrundes, der das Recht des Empfängers zum Behaltendürfen des Geldes begründet. Indes sind causa traditionis und die kondiktionsrechtliche causa streng voneinander zu trennen.120 Die causa retinendi kann sich hier nur aus der Befreiung von der Bürgschaftsverpflichtung ergeben, wofür,

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S. dazu § 34 II. der Untersuchung. Vgl. die Ausführungen in §§ 5, 8 der Untersuchung. 117 Vgl. Julian/Ulpian D. 46.3.58 pr.; Gaius D. 3.5.38; Diokletian/Maximian C. 8.43.12 (293). S. auch § 5 der Untersuchung. 118 Vgl. Kaser, BIDR 64 (1961), 69 f. 119 S. zu dieser Stelle § 34 II. der Untersuchung. 120 Vgl. z. B. Schwarz, Condictio (1952), 228 f.; Jahr, SZ 80 (1963), 145 ff., 151 ff.; Kaser, RP I (1971), § 139 II 2 (596); Schanbacher, TR 60 (1992), 3; Klinck, in: Drittbeteiligung (2011), 20. 116

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anders lässt sich die Stelle in der Tat nicht erklären, der Rückwirkungsgedanke bemüht werden muss. Von der Beilegung der Rückwirkung hängt es hier ab, ob die gezahlten Münzen zurückzuzahlen sind oder nicht. Die Frage nach der zeitlichen Wirkung der ratihabitio ist aber von der Frage nach der eigentlichen ratio decidendi (dem Entscheidungsgrund) zu unterscheiden. Aufgrund des Schwerpunktes der Untersuchung liegt für uns die Fokussierung auf die ratihabitio nahe; sie birgt jedoch auch die Gefahr, dass man geneigt ist, den Grund für die Entscheidung in eben der ratihabitio beziehungsweise einer ihr vermeintlich zugesprochenen Eigenschaft zu suchen. Nun kann man gewiss darüber streiten, ob das Abstellen auf den Zeitpunkt der Zahlung des Bürgen ohnehin schon aus einer der ratihabitio innewohnenden rückwirkenden Kraft folgt, die in einer solchen Fallkonstellation wie der vorliegenden unausgesprochen zum Ausdruck kommt, oder ob die Rückbeziehung der ratihabitio auf den Zeitpunkt der Geschäftsführung hier aus dem tatbestandlichen Vorliegen der negotiorum gestio folgt. Die letztere Auffassung dürfte in Anbetracht der Begründung von Celsus vorzugswürdig sein. Das Rechtsinstitut der negotiorum gestio hatte für den römischen Juristen eine weitaus größere Bedeutung als die Geschäftsführung ohne Auftrag für das geltende Recht – einfach schon aus der Überlegung heraus, dass den Römern das Rechtsinstitut der Stellvertretung fremd war und der Ersatz hierfür bei personae sui iuris (wie es procuratores typischerweise waren) neben dem mandatum eben die negotiorum gestio war. Bis zur Hochklassik begriff man die Bestellung eines procurator noch nicht als Erteilung eines Mandats, sondern der procurator wurde als gestor negotii behandelt.121 Um die Geschäftsführung nicht um ihren Erfolg zu bringen, stellt Celsus für das Vorliegen der causa retinendi auf den Zeitpunkt der Geschäftsführung ab. Mit einer Rückwirkung der Genehmigung nach der modernen Vorstellung, die die Rückwirkung abstrakt vom Begriff der Genehmigung ableitet, hat die Denkweise von Celsus nichts zu tun. Richtigerweise bedarf es, um zu dieser Rechtsfolge gelangen zu können, nicht der Konstruktion, d. h. der Fiktion der Rückwirkung der ratihabitio; die Rückwirkung lässt sich unmittelbar aus der negotiorum gestio ableiten, da die Anordnung der Rückwirkung in ihr implizit enthalten ist. Der Blick von Celsus liegt auf dem Vorliegen des Gestionstatbestandes. Die sich erhebende Frage, warum Celsus hier nicht noch deutlicher zur Sprache bringt, dass der procurator ein negotium des creditor geführt hat, lässt sich damit beantworten, dass er die Rechtsposition des Bürgen untersucht, indem er der Frage nachgeht, ob der Bürge die gezahlten Münzen vom procurator zurückverlangen kann und nicht, ob der creditor sie vom procurator (mit der actio negotiorum gestorum) herausverlangen kann. Dass es Celsus hier ausschließlich um

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S. § 4 II. der Untersuchung.

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die Rechtslage des Bürgen geht, kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass er im Vergleichsfall auf die Situation des Bürgen abstellt. 2. D. 46.3.71.2

Auch die nachfolgende, eine noch heute lebhaft im Schrifttum diskutierte Stelle wird gemeinhin als ein Beleg für die Rückwirkung der ratihabitio gesehen: D. 46.3.71.2 Celsus 27 dig. Item si ignorans creditor procuratori suo solutum servo debitoris filiove acceptum fecerit, postea autem rescierit et ratum habuerit, confirmatur solutio et quod acceptum latum sit, nullius momenti est: et contra, si ratum non habuerit, quod acceptum fecerit, confirmatur.

Der Gläubiger erlässt die Schuld122 gegenüber dem Haussohn beziehungsweise Sklaven des Schuldners in Unkenntnis dessen, dass der Schuldner einem procurator bereits gezahlt hat. Die Grundproblematik des Falles liegt darin, dass der Gläubiger den Erlassvertrag nicht mit dem Schuldner selbst, sondern mit einem Gewaltunterworfenen des Schuldners abgeschlossen hat, während der Schuldner an einen nicht ermächtigten procurator gezahlt hat. Ein Gewaltunterworfener konnte eine acceptilatio zugunsten seines Gewalthabers wirksam abschließen.123 Hat der Gläubiger nach Kenntniserlangung später die Zahlung an den procurator genehmigt, versagt Celsus der acceptilatio jedwede Wirkung (et quod acceptum latum sit, nullius momenti est); stattdessen werde die Zahlung durch die ratihabitio bestätigt (confirmatur). Umgekehrt werde, wenn er nicht genehmigt haben sollte, der Erlass bestätigt. Die von Celsus an die acceptilatio geknüpften unterschiedlichen Rechtsfolgen je nach Erteilung beziehungsweise Versagung der ratihabitio können nur dadurch erklärt werden, dass die Wirksamkeit der acceptilatio vom Bestehen der Stipulationsschuld abhängt.124 Das Erlöschen der Stipu-

122 Die acceptilatio ist ein förmlicher Erlass und actus contrarius zur stipulatio und hatte dementsprechend dieselbe Rechtsnatur wie die stipulatio. Ursprünglich diente die acceptilatio dazu, als förmlicher Quittungsakt die Erbringung einer tatsächlichen Leistung bei einem Stipulationsversprechen zu belegen. Dadurch, dass die acceptilatio die Stipulationsschuld (aufgrund ihres formellen Charakters) auch unabhängig von tatsächlicher Erfüllung durch bloße Parteiabrede erlöschen ließ, entwickelte sie sich im Laufe der Zeit weiter zu einem förmlichen Erlassgeschäft, das den Schuldner ohne Erbringung der Leistung befreit, Kaser, RP I (1971), § 150 II 2 (641). 123 Vgl. D. 2.14.59 Paulus 3 reg. Per quos adquiri nobis stipulatione potest, per eosdem etiam pactis conventis meliorem condicionem nostram fieri posse placet. Dazu Finkenauer, SZ 135 (2018), 200 f. 124 Vgl. auch D. 46.4.14 Paulus 12 Sab. Nisi consentiat acceptilatio cum obligatione et nisi verum est, quod in acceptilatione demonstratur, imperfecta est liberatio, quia verbis verba ea demum resolvi possunt, quae inter se congruunt. S. auch A. Wacke, SZ 121 (2004), 354 („Zur Wirksamkeit der acceptilatio setzt Celsus offenbar voraus, dass bis dahin die Schuld noch bestand.“); in diesem Sinne auch Alfred Neumann, Auslegung (1898), 43.

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lationsschuld im Falle der Erteilung der ratihabitio resultiert nach überwiegender Ansicht125 aus der Rückwirkung der ratihabitio auf den Zeitpunkt der solutio mit der Folge, dass die Schuld erlischt und die acceptilatio gegenstandslos wird, denn die Befreiung des Schuldners kann nicht mehr durch sie herbeigeführt werden126 (imperfecta est liberatio, quia verbis ea demum resolvi possunt, quae inter se congruunt.). Umgekehrt wird, wenn der dominus die Zahlung an den procurator nicht genehmigt, die acceptilatio im Nachhinein indirekt bestätigt (confirmatur). Die Entscheidung von Celsus stößt im Schrifttum vielfach auf rechtsdogmatische Bedenken. Nach Ansicht von Andreas Wacke127 liegt mit Verweis auf Papinian D. 50.17.77128 ein Verstoß gegen die Bedingungsfeindlichkeit der acceptilatio als actus legitimus129 vor, weil die acceptilatio aufschiebend bedingt sei.130 Es ist aber fraglich, ob es sich bei der ratihabitio vorliegend überhaupt um eine Bedingung im Rechtssinne für den förmlichen Erlass handelt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die acceptilatio keine Wirkung zeitigt, wenn die aufzuhebende Schuld nicht besteht. Denn der materielle Sinn der acceptilatio besteht gerade darin, die Befreiung von der Stipulationsschuld herbeizuführen. Dass das Bestehen der Stipulationsschuld hier ausgerechnet von einer ratihabitio abhängt, kann nach Sinn und Zweck kein Fall von D. 50.17.77 sein. Der förmliche Erlass vermag bei vorzeitigem Erlöschen der Obligation keine Rechtsfolgen herbeizuführen. Es bleibt von der acceptilatio deshalb kein sinnvoller Rest übrig. Insoweit lässt sich in der Tat sagen, dass die acceptilatio unwirksam beziehungsweise nichtig (nullius momenti) ist, und zwar nicht wegen ihrer Nichtigkeit im Tatbestand, sondern wegen ihrer fehlenden Rechtsfolgen.

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Fein, AcP 26 (1843), 180 f.; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 252, 265 ff.; Karlowa, Rechtsgeschäft (1877), 63; Bertolini, Ratifica I (1889), 72; Alfred Neumann, Auslegung (1898), 43; Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1906), 368 Fn. 7; Behrends, SZ 88 (1971), 266 Fn. 207; De Filippi, Ratihabitio (2002), 171; A. Wacke, SZ 121 (2004), 354; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 870. A. A. Wesener, in: Festschrift für Herdlitczka (1972), 277 (ohne Begründung); Kacprzak, Ratihabitio (2002), 43. 126 S. Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 869 m. Fn. 38. 127 A. Wacke, SZ 121 (2004), 354 f. 128 D. 50.17.77 Papininan 28 quaest. Actus legitimi, qui non recipiunt diera, velcondicionem, valuti emancipatio, acceptilatio, heroditatis aditio, servi optio, datio tutoris, in totum vitiantur per temporis vel condicionis adiectionem. noimumquam tarnen actus supra scripti tacite recipiunt, quae aperte comprehonsa Vitium adferunt. nam si acceptum feratur ei, qui sub condicione promisit, ita demum egisse aliquid acceptilatio intellegitur, si obligationis condicio exstiterit: quae si verbis nominatim acceptilationis comprehendatur, nullius momenti faciet actum. 129 Vgl. D. 46.4.4 Pomponius 9 Sab. Acceptilatio sub condicione fieri non potest. 130 Diese Bedingungsfeindlichkeit folgt aus dem altzivilen Formalismus der Römer, der einen solchen Vorbehalt nicht zulässt, Kaser, RP I (1971), § 61 I 3 (255); Flume, SZ 92 (1975), 72.

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

Angesichts dieser Erwägungen kann man schon unter einem anderen Gesichtspunkt Zweifel am Vorliegen einer Bedingung im Rechtssinne haben. Prima facie kann die Bedingung als Rechtsfigur grundsätzlich sowohl auf das Rechtsgeschäft, also den Rechtsakt, oder auf die Rechtsfolgen, die Rechtswirkungen des Rechtsgeschäfts, bezogen werden.131 Für das geltende Recht ist allgemein anerkannt, dass sich die Bedingung in den Fällen der §§ 158 ff. BGB auf den Eintritt oder den Fortbestand von Rechtswirkungen bezieht,132 und nicht auf das Rechtsgeschäft selbst. Im römischen Recht ist die dogmatische Bedeutung der rechtsgeschäftlichen Bedingung nicht zur Gänze geklärt. Wie Flume in seiner Abhandlung „Der bedingte Rechtsakt“ 133 überzeugend dargelegt hat, finden sich in der römischen Bedingungslehre Anhaltspunkte für eine Sichtweise der römischen Juristen, nach der die Bedingung auf das Rechtsgeschäft selbst, den Rechtsakt, und nicht erst auf dessen Rechtswirkungen bezogen war. Flume ist der Ansicht, soweit die Rechtsgeschäfte nach klassischem Recht bedingungsfeindlich sind, beziehe sich diese Bedingungsfeindlichkeit auf die Geschäfte als Rechtsakte und nicht auf die Rechtsfolgen.134 Gemäß dieser rechtsaktbezogenen Denkweise ist die acceptilatio als Rechtsakt unbedingt.135 Bedingt wäre die acceptilatio nur dann, wenn dem Formelwortlaut expressis verbis eine Bedingung beigefügt wäre, in dem Sinn, dass die Schuld nur erlassen sein soll, wenn nicht nachträglich die ratihabitio seitens des creditor erteilt wird. Die rechtsdogmatischen Bedenken Wackes lassen sich damit entkräften. Nach Meinung von Kacprzak136 hat der Jurist die acceptilatio als ungültig angesehen aufgrund des dem Gläubiger bei der Vornahme der acceptilatio unterlaufenen Motivirrtums. Hätte er gewusst, dass sein Schuldner seinem procurator bereits gezahlt hat, hätte er die acceptilatio nicht vorgenommen. Dies werde durch die Tatsache belegt, dass der Gläubiger nach Kenntniserlangung von der Zahlung sofort genehmigt. Die Geltendmachung einer auf einem irrtumsbehafteten Erlass gestützten Klage (condictio) des debitor gegen den procurator auf Rückforderung des gezahlten Geldbetrages sei dolos, sofern der Gläubiger den Erlass nicht stillschweigend durch Nichterteilung der Genehmigung der Zahlung an den procurator bestätigt habe. Kacprzak beruft sich damit indirekt unter Bezugnahme auf einen dolus malus auf eine exceptio doli. Dafür, dass Celsus hier mit einer exceptio doli operiert hat, finden sich im Fragment jedoch keine Anhalts131

Flume, SZ 92 (1975), 70. Flume, BGB AT II (1992), § 38 4b. 133 Flume, SZ 92 (1975), 69 ff.; s. auch ders., Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 120 ff. 134 Flume, SZ 92 (1975), 88. 135 Flume, SZ 92 (1975), 88. 136 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 42 f. Auch Kacprzak bereitet nach eigenem Bekunden bei der Interpretation der Stelle die Formstrenge und die Abstraktheit der acceptilatio die größte Schwierigkeit. 132

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punkte.137 Da der Passus von Celsus keinen Hinweis auf die vermutete exceptio doli enthält, wäre zusätzlich die Annahme erforderlich, dass dies auf einen kompilatorischen Eingriff zurückzuführen ist, gerichtet auf die Beseitigung des Gegensatzes von ius civile und ius honorarium.138 Dass Celsus so beiläufig einem Motivirrtum bei einem formalen Geschäft eine Bedeutung zuschrieb, ist, wie auch bereits Finazzi139 eingewandt hat, wenig wahrscheinlich. Auch in der Sache wird die Entscheidung von Celsus im Schrifttum angegriffen. So wird von Windscheid/Kipp140 beanstandet, die Entscheidung widerspreche dem Grundsatz, dass in der Zwischenzeit erworbene Rechte Dritter nicht durch die Rückwirkung der ratihabitio beeinträchtigt werden dürfen. Eine der Regel des heutigen § 184 Abs. 2 BGB vergleichbare Vorschrift findet sich in den römischen Quellen nicht,141 jedenfalls nicht ausdrücklich. Die hier in Rede stehende Stelle scheint sogar eher für die gegenteilige Ansicht im römischen Recht zu sprechen.142 Es lässt sich aber auch vertreten, dass sich das dem § 184 Abs. 2 BGB zugrunde liegende Prinzip aus dem allgemeinen Grundsatz nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet ableitet, also daraus, dass man nicht mehr Rechtsmacht übertragen kann, als man selbst innehat (Ulpian D. 50.17.54),143 so dass die Regel des heutigen § 184 Abs. 2 BGB insoweit doch Bestandteil der römischen Rechtsordnung wäre. Eine Verletzung des Rechtsgedankens des § 184 Abs. 2 BGB sieht auch Rothkugel:144 Celsus verkenne, dass der Genehmigende nur soweit genehmigungsberechtigt ist, als er verfügungsberechtigt ist. Celsus prüfe die Wirksamkeit der Genehmigung gar nicht. Zum Teil wird eine Verletzung dieses Grundsatzes aber auch abgelehnt mit der Begründung, der Zahlende könne nicht als Dritter angesehen werden, da er am genehmigten Geschäft selbst beteiligt ist.145 Andreas Wacke146 kritisiert, dass der „sonst so scharfsinnige (zuweilen auch hochmütige)“ Celsus hier „ohne zu werten merkwürdig formal“ argumentiere.147 Wertungsmäßig sei es nicht vertretbar, dass der Gläubiger an den von ihm selber abgeschlossenen Erlassvertrag „nur wegen der vorherigen, ihm zufällig unbekannt gebliebenen Zahlung“ nicht gebunden sein soll. Celsus übertreibe den 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147

Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 870. Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 870. Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 870. Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1906), 368 m. Fn. 7. So schon Raape, AcP 121 (1923), 287. So bereits Raape, AcP 121 (1923), 287. So A. Wacke, SZ 121 (2004), 353, 357. Rothkugel, Rückwirkung (1911), 26 f. So z. B. Alfred Neumann, Auslegung (1898), 45; Bertolini, Ratifica I (1889), 72. A. Wacke, SZ 121 (2004), 354. A. Wacke, SZ 121 (2004), 354.

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Rückwirkungsgedanken.148 Der Gläubiger begehe, nachdem er die Schuld erließ, mit der Genehmigung der Zahlung ein venire contra factum proprium.149 Dem Rechtsgedanken des § 184 Abs. 2 BGB entsprechend müsse der vom Gläubiger selbst vorgenommenen acceptilatio gegenüber der vorherigen Zahlungsannahme durch den procurator der Vorrang eingeräumt werden, auch wenn Interessen Dritter nicht berührt seien, denn § 184 Abs. 2 BGB beschränke sich nicht auf den Schutz erworbener Rechte Dritter. Das Recht zur Genehmigung sei durch den Erlassvertrag überholt und damit verbraucht.150 Fraglich ist, ob sich der Gedanke von § 184 Abs. 2 BGB hier so unmittelbar auf das römische Recht übertragen lässt. Es zeigt sich bei genauer Betrachtung, dass die Sichtweise von Celsus eigentlich nicht als formaljuristisch bewertet werden kann. Celsus legt im Gegenteil sogar eine differenzierte Betrachtungsweise an den Tag. Die fragliche Fallkonstellation, die im Anschluss an die Entscheidung von Celsus auch für das geltende Recht in der Literatur vielfach erörtert worden ist,151 wird im Übrigen bis heute im Schrifttum überaus kontrovers beurteilt. Die Lösung von Celsus hat heute noch eine nicht unerhebliche Anhängerschaft im Schrifttum.152 Daneben findet sich im Schrifttum der Erklärungsansatz, die Entscheidung durch eine entsprechende Auslegung des Erlassvertrages herbeizuführen: Der Erlass soll danach nur für den Fall gelten, dass der debitor noch keine Erfüllungshandlungen vorgenommen hat.153 Zwar ist die acceptilatio im römischen Recht einer Auslegung grundsätzlich zugänglich.154 Das Fragment enthält in Richtung einer Auslegung der acceptilatio aber keinerlei Hinweise.

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A. Wacke, SZ 121 (2004), 357. A. Wacke, SZ 121 (2004), 354 Fn. 56. 150 A. Wacke, SZ 121 (2004), 354. 151 S. z. B. Rothkugel, Rückwirkung (1911), 26 f. 152 Für die Möglichkeit einer rückwirkenden Genehmigung, die den Erlass gegenstandslos macht, sprechen sich im Ergebnis aus z. B. Raape, AcP 121 (1923), 290 f.; Müller-Freienfels, Vertretung (1955), 264; Flume, BGB AT II (1992), § 57 3c (913 Fn. 20); Finkenauer, AcP 203 (2003), 306 f.; HKK/Finkenauer §§ 182–185 Rn. 8; MüKoBGB2018/Bayreuther, § 184 Rn. 40 (unter Berufung auf die Auslegung des Erlassvertrags). Abl. Rothkugel, Rückwirkung (1911), 27; v. Tuhr, BGB AT II 2 (1918), 244; Jacobi, Rückwirkungsanordnungen (1966), 103. 153 In diese Richtung tendierte bereits Mitteis, Stellvertretung (1885), 238: Der Gläubiger „will ja nur erlassen, was noch nicht gezahlt ist . . . es trägt daher der ganze Schulderlaß den Keim der Nichtigkeit von vornherein in sich“; s. sonst auch Flume, BGB AT II (1992), § 57 3c (913 Fn. 20). 154 Es ist heute in der Romanistik weitgehend anerkannt, dass die klassischen Juristen die stipulatio trotz ihres Formalismus wie alle anderen Rechtsgeschäfte auch nach dem id quod actum est, also nach dem Parteiwillen bzw. nach der Parteivereinbarung auslegten, s. z. B. Kaser, RP I (1971), § 158 I 2 (235 f.); Knütel, in: Festschrift für Kaser (1976), 202, 228; ders., in: Festschrift für Behrends (2009), 225; Babusiaux, Id quod actum est (2006), 35, 54 f., 104; Finkenauer, Stipulation (2010), 4; ders., SZ 126 (2009), 305 ff. 149

1. Kap.: Quellenbelege zur Rückwirkung der ratihabitio

151

Der Grund für die Entscheidung dürfte daher wohl jenseits einer ergänzenden Vertragsauslegung im Recht selbst zu suchen sein. Die wahre ratio decidendi dürfte sich hier, wie in § 1, aus dem tatbestandlichen Vorliegen der negotiorum gestio ergeben: Der creditor erlangt durch die Eintreibung der Forderung seitens des procurator die Rechtsstellung als dominus negotii und damit die actio negotiorum gestorum (directa) gegen den procurator. Die actio negotiorum gestorum besteht den allgemeinen Grundsätzen zufolge auch nach dem Erlass der Schuld tatbestandlich fort. Folglich kann der Gläubiger auch nach dem Erlass die Zahlungsannahme durch den gestor genehmigen. Seine Rechtsposition als dominus negotii erlaubt es dem creditor, wie Wacke155 es plastisch formuliert, wie „auf einer Schaukel . . . zwischen beiden Geschäften hin und her zu pendeln.“ Dem steht auch nicht der Rechtsgedanke des § 184 Abs. 2 BGB entgegen, wonach vorherige eigene Verfügungen des Genehmigenden wirksam bleiben und durch die Rückwirkung nicht beeinträchtigt werden. Vor dem Hintergrund der hier angestellten Erwägungen im Zusammenhang mit der negotiorum gestio könnte man meinen, dass eine solche Vorschrift schon nicht für das römische Recht passt, weil die negotiorum gestio, wenn auch nur in beschränktem Maße, Außenwirkung hat: Die Rechtsposition als dominus negotii verhindert das Wirksamwerden der von dem dominus selbst getroffenen Zwischenverfügung. Entscheidend dürfte hier wohl sein, dass der dominus durch Erteilung der ratihabitio nicht über mehr Rechte verfügt als er selbst zu diesem Zeitpunkt noch inne hat, weil sich in seiner Rechtsstellung als dominus negotii das materielle Forderungsrecht bereits verwirklicht hat, denn ohne sein Forderungsrecht wäre die negotiorum gestio nicht ipso gestu entstanden.156 Er genehmigt die Annahme der Zahlung durch den gestor, die zum Genehmigungszeitpunkt längst abgeschlossen ist. Gegen die Möglichkeit der Genehmigung der Einziehung der Forderung lässt sich somit insoweit auch nicht einwenden, dass das betroffene Forderungsrecht im Zeitpunkt der Genehmigung nicht mehr bestehe und die Genehmigung daher ins Leere gehe, zumal diese im römischen Recht auf den Zahlungsakt als solchen und nicht auf eine Verfügung gerichtet ist.157 Damit der Gläubiger das Eigentum an den Münzen kondiktionsfest erwirbt, stellt Celsus für das Vorliegen der causa retinendi auf den Beginn der Geschäftsführung ab (so wie bei der negotiorum gestio überhaupt auf den Anfang der Geschäftsführung abgestellt wird), weil sonst der gestio ihr Erfolg genommen werden würde und diese materiellrechtlich wieder mit der condictio rückabgewickelt werden müsste. Dass der Gläubiger die Forderung anschließend erlassen 155 156 157

A. Wacke, SZ 121 (2004), 354. Vgl. auch die Ausführungen in § 8 der Untersuchung. Vgl. die Ausführungen in § 8 der Untersuchung.

152

3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

hat, stellt auf rechtlich-konstruktiver Ebene grundsätzlich kein Problem dar. Rechtstechnisch bereitet es im Übrigen im römischen Recht generell keine Schwierigkeiten, nicht (mehr) Vorhandenes als existent zu behandeln. Dies hier umso weniger, als zur Methode der Römer ganz selbstverständlich die Fiktion gehörte.158 Die Vornahme der acceptilatio hat Celsus nicht als Verzicht des dominus auf Erteilung der ratihabitio gedeutet.159 Der dominus hat mit dem Erlass der Schuld nicht zugleich auch die bereits zu seinen Gunsten bestehende negotiorum gestio zurückgewiesen, weil er gar keine Kenntnis von der Einziehung durch den procurator und somit auch nicht von den den Tatbestand der negotiorum gestio begründenden Umständen hatte. Die Missachtung des von ihm selbst durchgeführten Erlasses wertet Celsus zudem nicht als doloses Verhalten des Gläubigers. Der Grund dafür, dass dieser sich nicht zu seinem mit der acceptilatio zum Ausdruck gebrachten Verzichtswillen in Widerspruch gesetzt hat, dürfte ebenfalls darin liegen, dass der Gläubiger im Zeitpunkt der ratihabitio nicht vollumfänglich über die Sachlage informiert war und von der Zahlung an den procurator keine Kenntnis hatte.160 Der Irrtum des Gläubigers ist hier nur insoweit rechtlich relevant, als er den Vorwurf des widersprüchlichen Verhaltens entkräftet. Der Jurist räumt dem creditor damit im Ergebnis die Möglichkeit ein, nunmehr in Kenntnis der bereits erfolgten Erfüllungshandlung des debitor nochmals über die acceptilatio zu befinden und ohne jede Rücksicht auf seine frühere Erklärung zu entscheiden, ob er an ihr festhalten will oder nicht. Es war nicht die primäre Absicht von Celsus, dem dominus mit dem Genehmigungsrecht faktisch ein Recht zu verschaffen, die acceptilatio wegen eines bloßen Motivirrtums „anzufechten“. Hierbei handelt es sich nur um eine Nebenfolge, die Celsus zwar bewusst in Kauf nimmt, die aber nicht den eigentlichen Entscheidungsgrund darstellt. Umgekehrt kann auch dem Schuldner, der zunächst an den procurator gezahlt hat, kein doloses Verhalten vorgeworfen werden dahingend, dass er den creditor treuwidrig nicht aufgeklärt und auf die bereits erfolgte Zahlung bei Abschluss der acceptilatio nicht hingewiesen hat, weil die acceptilatio nicht gegenüber dem Schuldner selbst, sondern gegenüber dessen Gewaltabhängigen vorgenommen worden ist. Es bot sich dem Schuldner wohl auch sonst keine Gelegenheit, dem Gläubiger von der an den procurator geleisteten Zahlung Mitteilung zu machen.

158

Vgl. Kaser, RP I (1971), § 52 III 2 (213). So auch Alfred Neumann, Auslegung (1898), 44. Umgekehrt verzichtet der dominus durch die Verweigerung der ratihabitio und der damit verbundenen Zurückweisung der Geschäftsführung des procurator nicht auf sein eigenes materielles Forderungsrecht. Insoweit wird ihm auch kein widersprüchliches Verhalten zur Last gelegt, der dominus hat vielmehr die Wahl zwischen ratihabitio und Verwerfung der Geschäftsführung des procurator. 160 Vgl. auch Raape, AcP 121 (1923), 290. 159

1. Kap.: Quellenbelege zur Rückwirkung der ratihabitio

153

3. D. 46.3.71.3

Endlich sei § 3 des Fragments erörtert, der – wenig überraschend – im Schrifttum ebenfalls als ein Zeugnis für die Rückwirkung der ratihabitio angesehen wird: D. 46.3.71.3 Celsus 27 dig. Sed si ignorans solutum litem contestatus est, si pendente iudicio ratum habuit, absolvi oportet illum, cum quo actum est, si ratum non habuit, condemnari.

Der creditor hat Klage erhoben, ohne zu wissen, dass sein Schuldner bereits an einen hierzu nicht ermächtigten Geschäftsführer gezahlt hat. Celsus entscheidet, dass der Beklagte freigesprochen werde, wenn der Gläubiger, während der Rechtsstreit schwebt, genehmigt hat. Wenn er dagegen nicht genehmigt, müsse der Beklagte verurteilt werden. Die Prozessbegründung erfolgt im römischen Recht durch „Streitbefestigung“ (litis contestatio),161 die mit der heutigen Klageerhebung vergleichbar ist. Mit der litis contestatio, dem Abschluss des Verfahrens vor dem Prätor, unterwerfen sich die Parteien dem eingesetzten Gericht und dem Prozessprogramm, nach modernem Verständnis wird die Streitsache also rechtshängig. Der iudex legte seiner Entscheidung an sich den Rechtszustand zugrunde, der im Augenblick der litis contestatio bestand. Demzufolge ist der Beklagte zu verurteilen, wenn die Kondemnationsbedingungen im Zeitpunkt der litis contestatio erfüllt sind. Nach der litis contestatio eintretende Umstände, die das eingeklagte Recht erlöschen lassen, werden normalerweise nicht mehr berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund verwundert es, dass die post litem contestatam erteilte ratihabitio hier doch noch Berücksichtigung finden und den Beklagten vor der Verurteilung retten soll. Dafür müsste der iudex feststellen, dass die Kondemnationsbedingung zur Zeit der litis contestatio nicht vorlag, was hier nur darauf zurückzuführen sein kann, dass die nachträgliche ratihabitio des Gläubigers dessen Forderung rückwirkend vor Vollzug der litis contestatio zum Erlöschen gebracht hat und damit das der Klage zugrunde liegende Recht nicht mehr bestand. Über die Berücksichtigung der solutio post litem contestatam berichtet Gaius IV.114162 in einer berühmten, leider nur fragmentarisch überlieferten Stelle über eine Schulenkontroverse zwischen Prokulianern und Sabinianern: Gaius IV.114 Superest, ut dispiciamus, si ante rem iudicatam is, cum quo agitur, post acceptum iudicium satisfaciat actori, quid officio iudicis conveniat, utrum absolvere an ideo potius damnare, quia iudicii accipiendi tempore in ea causa fuerit, ut damnari debeat. nostri praeceptores absolvere eum debere existimant, nec interesse, cuius

161

Vgl. dazu auch § 16 der Untersuchung. Zu Gaius IV.114 s. Kaser, Restituere (1968), 106 ff.; ders., RIDA 2 (1949), 526 ff.; Pietsch, SZ 69 (1952), 427 ff. 162

154

3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

generis sit iudicium. et hoc est, quod volgo dicitur Sabino et Cassio placere omnia iudicia absolutoria esse . . . de bonae fidei autem iudiciis idem sentiunt, quia in eiusmodi iudiciis liberum est officium iudicis. [. . .]

Die Sabinianer hielten demzufolge eine Befriedigung nach litis contestatio gemäß dem Grundsatz omnia iudicia absolutoria esse in Bezug auf alle Klagearten für möglich.163 Das Textstück esse – de bonae fidei ist nicht überliefert, nach wohl einhelliger Meinung164 ist es dem Sinne nach dahingehend zu ergänzen, dass sich Sabinianer und Prokulianer über die Behandlung der bonae fidei iudicia und der actiones in rem sowie einzelner actiones in personam einig, dass sie jedoch bei stricti iuris iudicia verschiedener Ansicht waren. Nach der prokulianischen Lehre war der einzige maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtslage der der litis contestatio.165 Bei strengrechtlichen Klagen konnte daher nach der prokulianischen Lehre eine nach der litis contestatio erbrachte Leistung niemals Berücksichtigung finden.166 Die Zugehörigkeit von Celsus zur prokulianischen Rechtsschule legt es zunächst einmal nahe, dass er dem Standpunkt seiner Schule treu blieb und ihn teilte. Aus der Stelle geht die Natur der fraglichen Klage aber explizit nicht hervor. Eine Ansicht167 geht wohl wegen § 2 desselben Fragments, dem in Anbetracht der acceptilatio eine actio ex stipulatu oder eine condictio und damit ein iudicium stricti iuris zugrunde liegt, auch in § 3 von einem solchen aus und erklärt die Entscheidung unter Einhaltung des prokulianischen Prinzips mit der Rückwirkung der ratihabitio. Zum Teil wird die Klageart offengelassen und im Fall des iudicium stricti iuris der Rückwirkungsgedanke herangezogen und beim iudicium bonae fidei auf die bona fides-Klausel abgestellt.168 Finazzi169 vermutet den Grund für die unbedingte Allgemeinheit der Aussage losgelöst vom Klagetyp gerade darin, dass der Klagetyp für Celsus keine Rolle gespielt habe, weil er selbst im Fall einer 163 Die Lehre der Sabinianer setzte sich durch, vgl. Ulpian D. 12.6.26.4; ders. D. 13.5.1, 5; Paulus D. 23.3.25. 164 S. z. B. Kaser, Restituere (1968), 106 f.; Kaser/Hackl, RZ (1996), § 42 II 3 (297 Fn. 16); Manthe, Institutiones (2004), 382. 165 Kaser/Hackl, RZ (1996), § 42 II 2 (297). 166 Kaser/Hackl, RZ (1996), § 42 II 3 (297). Die Ausnahme bei den bonae fidei iudicia erklärt sich daraus, dass der iudex aufgrund der bona fides-Klausel (quidquid dare facere oportet ex fide bona) über einen Ermessensspielraum verfügte, ebenso bei solchen, in deren Formel die Kondemnationsbedingung der unterbliebenen Leistung bzw. Erfüllung im Futurum gehalten war, also bei actiones in rem und einzelnen actiones in personam, Kaser/Hackl, RZ (1996), § 42 II (296 Fn. 9). 167 Kaser, Restituere (1968), 138 Fn. 1; Behrends, SZ 88 (1971), 266 Fn. 207; De Filippi, Ratihabitio (2002), 171. 168 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 871 f. 169 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 871.

1. Kap.: Quellenbelege zur Rückwirkung der ratihabitio

155

actio stricti iuris von seinem dogmatischen Standpunkt aus aufgrund der Rückwirkung der ratihabitio keinen unüberwindlichen Schwierigkeiten begegnet sei. Nach Kacprzak170 dagegen ist im Fall des iudicium stricti iuris die Klage wegen dolus praesens des Klägers abzuweisen. Dafür, dass Celsus mit dolus praesens beziehungsweise einer exceptio doli operiert, enthält die Stelle jedoch keinen Anhaltspunkt. Auch im vorliegenden Fall dürfte der Grund für die nachträgliche Berücksichtigung der ratihabitio darin liegen, dass die Annahme des Geldes ipso gestu eine negotiorum gestio zugunsten des creditor begründet hat und zwar vor Vornahme der litis contestatio. Der Schuldner hat wohl gerade deshalb an den procurator gezahlt, um einen Prozess abzuwenden. Die ratihabitio wirkt auf den Zeitpunkt der Zahlung an den procurator zurück und bewirkt daher das Erlöschen der Forderung. In diesem Fall hat die Rückwirkung kein Geschäft des dominus verdrängt, sondern es wird dem Richter auferlegt, den Beklagten freizusprechen, weil die Klage unbegründet ist.171 II. Zwischenergebnis zu D. 46.3.71 Zieht man ein erstes Fazit zu den von Celsus in D. 46.3.71 erörterten Fällen zur ratihabitio, so lässt sich Folgendes festhalten: Gemeinsam ist den drei Fällen, dass ein procurator eine Forderung zugunsten des Gläubigers eingezogen hat, der dominus später in Unkenntnis dessen selbst über das Forderungsrecht eine zu der Geschäftsführung des procurator konträre Verfügung getroffen und anschließend die Einziehung durch den procurator genehmigt hat. Den Konflikt zwischen beiden kollidierenden Handlungen des dominus löst Celsus im Sinne eines Vorrangs der ratihabitio, genauer gesagt der genehmigten Geschäftsführungshandlung auf. Es ist Finazzi172 darin zuzustimmen, dass das Fragment zum Grund der Rückwirkung der ratihabitio einer klaren dogmatischen Grundlage entbehrt, die Rückschlüsse auf das ursprüngliche rechtspolitische Motiv zulässt. Ausgeschlossen scheint zumindest, dass Celsus dem wirklichen Willen des Genehmigenden, weder dem ausdrücklich manifestierten noch dem durch Auslegung ermittelten, entscheidende Bedeutung beigemessen hat, denn wenn dem so wäre, würde es dafür irgendeinen Hinweis geben.173 Finazzi174 führt die Entscheidungen letztlich auf einen allgemeinen Standpunkt von Celsus zurück: Celsus habe es für notwendig erachtet, dem genehmigten Geschäft Wirksamkeit zu verleihen. Es seien ohne Zweifel praktische Bedürfnisse gewesen, die Celsus dazu veranlassten, diese Lösung zu 170 171 172 173 174

Kacprzak, Ratihabitio (2002), 42 Fn. 48. Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 872. Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 872. So auch Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 872. Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 872 f.

156

3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

bevorzugen. Diese lapidare Feststellung Finazzis vermag als Erklärung nicht vollends zu überzeugen. Es lässt sich, wie bereits dargestellt, als dogmatischer Anknüpfungspunkt für die Rückwirkung der ratihabitio, wenn auch nicht immer ausdrücklich benannt, in allen Fällen das Vorliegen der negotiorum gestio für den Genehmigenden ausmachen. Die ratihabitio rekurriert jeweils auf den Zeitpunkt der Übernahme des Geschäfts durch den Geschäftsführer. Insoweit lässt sich nicht sagen, dass die Rückwirkung der ratihabitio hier „juristisch konstruiert“ wird. Richtigerweise bedarf es, um zu dieser Rechtsfolge gelangen zu können, nicht der Konstruktion, d. h. der Fiktion der Rückwirkung; sie lässt sich unmittelbar aus der negotiorum gestio ableiten, da die Anordnung der Rückwirkung in ihr implizit enthalten ist. 2. Kapitel

Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio Als nächstes sollen nun diejenigen Stellen näher in den Blick genommen werden, in denen der ratihabitio scheinbar keine Rückwirkung zukommt.

§ 19 Stipulatio de rato und Nichtrückwirkung der ratihabitio – Africanus D. 46.8.25.1 D. 46.8.25.1 Africanus 6 quaest.175 Procurator cum ab eo aes alienum exegerat, qui tempore liberaretur, ratam rem dominum habiturum cavit: deinde post tempus liberato iam debitore dominus ratam rem habet. posse debitorem agere cum procuratore existimavit, cum iam debitor liberatus sit: argumentum rei, quod, si nulla stipulatio interposita sit, condictio locum adversus procuratorem habitura sit: in locum autem condictionis interponi stipulationem.176

In den Quaestiones177 referiert der hochklassische Jurist Sextus Caecilius Africanus folgende Entscheidung seines Lehrers Julian:178 Ein nicht beauftragter pro175 Das 6. Buch der Quästionen enthält nach Lenel, SZ 51 (1931), 23 ff. Fallmaterial zu Vermächtnissen und Fideikommissen sowie prätorischen und aedilizischen Stipulationen. 176 Für die Unechtheit v. Beseler, SZ 66 (1948), 295. Für die Echtheit z. B. MayerMaly, SZ 125 (2008), 272; De Filippi, Ratihabitio (2002), 173 f.; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 38; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 865 ff. 177 Die neun libri seiner Quaestiones, eine unsystematische Sammlung von Rechtsfällen, stellen offenbar das Hauptwerk von Africanus dar und waren als Literatur der Problemata vermutlich für den Rechtsunterricht vorgesehen, Seiler, in: Stolleis, Juristen (2001), 19 f. Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 883 Fn. 99 hegt daher Zweifel an der tatsächlichen praktischen Auswirkung der hier von Africanus vertretenen Auffassung. 178 Darauf deutet der Gebrauch der nicht-personalen Form existimavit hin, s. auch Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 874; Mayer-Maly, SZ 125 (2008), 271; auch Seiler, in: Stolleis, Juristen (2001), 20. A. A. Schneider, in: Otto/Schilling/Sintenis (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis IV (1832), 810.

2. Kap.: Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

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curator hat eine fremde Forderung (aes alienum) von einem debitor, qui tempore liberaretur, eingezogen und die cautio ratam rem haberi gestellt. Die cautio ratam rem haberi ist eine Sicherheitsleistung, genauer gesagt ein in Stipulationsform abgegebenes Versprechen, mit dem der procurator Schadensersatz für den Fall verspricht, dass der dominus nicht genehmigt.179 Vorsichtige Geschäftsgegner eines nicht ermächtigten procurator verlangten nicht selten den Abschluss der stipulatio de rato auf Ersatz ihres Interesses, insbesondere wenn ein procurator eine Zahlung für einen anderen annahm.180 Der dominus erteilt die ratihabitio erst, nachdem der Schuldner von seiner Verpflichtung befreit ist. Julian entscheidet, dass die cautio verfällt, d. h. der debitor kann mit der actio ex stipulatu vom Geschäftsführer die gezahlte Summe zurückfordern. Den Verfall der cautio begründet er mit dem argumentum rei,181 wenn keine Stipulation abgeschlossen worden wäre, stünde dem Schuldner gegen den procurator eine condictio zu, an deren Stelle aber nun die Stipulation getreten sei (si nulla stipulatio interposita sit, condictio locum adversus procuratorem habitura sit: in locum autem condictionis interponi stipulationem). Herkömmlich erklärt man die Entscheidung damit, dass Julian inspiriert sei von der Vorstellung, dass die ratihabitio nicht zurückwirke und zwar je nach eingenommenem Standpunkt als Ausnahme von der Rückwirkung182 oder umgekehrt als Ausdruck der Regel der Nichtrückwirkung183 der ratihabitio. Die Argumentation basiert auf der Annahme, dass die Befreiung des Schuldners von der Verpflichtung zu dem Zeitpunkt eintritt, da der Gläubiger die Zahlung an den procurator genehmigt.184 Zum Teil wird behauptet, dass es gerade kein derartiges allgemeines Prinzip hinsichtlich der zeitlichen Wirkung der ratihabitio gegeben habe. Außerdem wird gemutmaßt, der Standpunkt Julians könnte in einem Kontext gestanden haben, der die Rückwirkung der Genehmigung zuließ, aber die verspätete Genehmigung könnte hier als eine unwirksame Handlung keine Rechtswirkungen zeitigen.185 Es wird ebenfalls für denkbar gehalten, dass Julian weit davon entfernt war, der ratihabitio die Rückwirkung abzusprechen, sondern dass er vielmehr der Ansicht war, die Rückwirkung dürfe nicht zur Umgehung 179

S. zur cautio ratam rem haberi die Ausführungen im 7. Teil der Untersuchung. Finkenauer, Stipulation (2010), 216 mit Verweis auf Ulpian D. 46.8.10. 181 Das argumentum rei meint hier keinen Tatsachenbeweis, sondern ein Sachargument. Diese Bezeichnung für ein juristisches Sachargument entspricht einer bei Julian bzw. Africanus häufig anzutreffenden Ausdrucksweise, vgl. Julian D. 8.2.32 pr.; s. auch Mayer-Maly, SZ 125 (2008), 271. 182 Fein, AcP 26 (1843), 179; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 258 ff.; Karlowa, Rechtsgeschäft (1877), 62 f.; Bertolini, Ratifica I (1889), 73 f.; Lenel, SZ 51 (1931), 25. 183 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 38. 184 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 38. 185 De Filippi, Ratihabitio (2002), 174. 180

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

von Fristen führen, auch wenn sie (nur) durch Vereinbarung festgesetzt und nicht ein gesetzliches Gültigkeitserfordernis sind.186 Aber selbst wenn das der Fall wäre, seien die beiden Juristen viel weniger geneigt als etwa Celsus in D. 46.3.71187, die ex tunc-Wirkung der ratihabitio zuzulassen.188 Africanus/Julian D. 46.8.25.1 wird in einem Spannungsverhältnis zu Celsus D. 46.3.71.1189 gesehen. Zum Teil wird gar eine unauflösbare Antinomie zwischen beiden Stellen angenommen.190 Dabei wird der Gegensatz auch auf eine Schulenkontroverse zurückgeführt.191 Seit der Glosse sind im Schrifttum zahlreiche Bemühungen unternommen worden, die beiden Passagen miteinander in Einklang zu bringen. Wenn man die beiden Fragmente nebeneinander stellt, sticht als Unterschied sofort ins Auge, dass im Fragment von Celsus die Bürgschaftsverpflichtung, also die Nebenschuld, erloschen ist und die Hauptschuld noch fortbesteht, während bei Africanus und Julian die Hauptschuld selbst erloschen ist. Da liegt es natürlich nahe, die gegensätzlichen Entscheidungen der Juristen auf diese Unterschiede zurückzuführen, so wie es vielfach als Erklärung im Schrifttum begegnet.192 Kacprzak193 dagegen argumentiert mit der Rechtsnatur der solutio als zweiseitiges Geschäft: Nach Africanus sei das entscheidende Moment die Annahme, die der ratihabitio entspreche. Demgegenüber sehe Celsus die Leistungserbringung des Schuldners als entscheidend an.194 Daneben lassen sich zahlreiche andere Erklärungsversuche im gemeinrechtlichen Schrifttum finden, die aber allesamt nicht zu überzeugen vermögen.195 Nach Kaden196 besteht zwischen beiden Stel186

Bertolini, Ratifica I (1889); 73; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 874 f. S. § 18 der Untersuchung. 188 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 874 f. 189 S. dazu die Ausführungen in § 18 I. 1. der Untersuchung. 190 Fein, AcP 26 (1843), 179 ff., 181; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 258 ff.; 265; Karlowa, Rechtsgeschäft (1877), 62 f.; Bertolini, Ratifica I (1889), 82; Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1906), 368; Lenel, SZ 51 (1931), 25 Fn. 9. 191 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 265 ff. Nach Bertolini, Ratifica I (1889), 82 sind die Entscheidungen schlichtweg der Meinungsvielfalt der beiden Juristen geschuldet; er wagt es nicht zu behaupten, dass sie auf einer Schulenkontroverse beruhen. 192 Vgl. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 35; Hellmann, Krit. Vjschr. 19 (1877), 368; ders., Stellvertretung (1882), 140 f.; Mitteis, Stellvertretung (1885), 263 Fn. 343; v. Brinz, Pandekten IV (1895), 381 Fn. 12. Dieser Erklärungsansatz ist in jüngerer Zeit auch von De Filippi, Ratihabitio (2002), 174 aufgegriffen worden. 193 S. dazu die Ausführungen in § 18 I. 1. der Untersuchung. S. die Gründe für die Ablehnung einer solchen Ansicht ebd. 194 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 40. 195 Vgl. nur Ruhstrat, JherJb 10 (1871), 229 ff.; ders., JherJb 19 [n. F. 7] (1881), 278 f.; v. Griesinger, Ratihabition (1862), 53; Koeppen, JherJb 11 (1871), 234 Fn. 207. 196 Kaden, SZ 56 (1936), 339 Fn. 6. 187

2. Kap.: Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

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len gar kein Widerspruch, denn in D. 46.8.25.1 handele es sich um eine unfreiwillige Zahlung an den procurator nach litis contestatio, bei der es nach D. 46.8.22.2197 für den vermeintlichen Gläubiger keine Genehmigungsmöglichkeit gebe. Dies ergebe sich daraus, dass Julian seine Entscheidung nicht nur auf eine Wortinterpretation des Kautionsformulars, sondern vor allem auf prozessrechtliche Erwägungen stütze. Gegen diesen Erklärungsansatz spricht jedoch der Schlussteil. Anders als Kaden behauptet, begründet Julian seine Entscheidung nicht mit prozessrechtlichen, sondern mit materiellrechtlichen Erwägungen. Die condictio kann nur im Fall einer außergerichtlichen Einziehung Platz greifen. Kaden hält den Schlussteil deshalb im Sinne seiner These für interpoliert. Bei den bisherigen Erklärungsversuchen ist bislang nur unzureichend berücksichtigt worden, dass die (fehlende) ratihabitio hier Bedingung für den Verfall der Kaution ist. Die Notwendigkeit, den Begriff ratum habere zu klären, ist hier eng mit dem Rechtsinstitut der stipulatio de rato verbunden. Von Bedeutung ist die Frage, wie der Eintritt der Bedingung zu verstehen ist, genauer gesagt, ob der Ablauf der Frist für die Hauptschuld bereits einen Verfall der Kaution auslöst. Die cautio de rato198 regelt ausweislich ihres Wortlauts nur den Fall des Ausbleibens der ratihabitio. Dass eine erst nach Fristablauf erteilte Genehmigung einer fehlenden gleichstehen muss, ergibt sich für Julian daraus, dass dem Schuldner ohne Abschluss der stipulatio de rato die condictio zustünde. Gemeinhin wird die Aussage von Julian dahingehend verstanden, dass zwischen cautio de rato und der condictio eine vollumfängliche „Funktionsäquivalenz“ 199 in dem Sinne bestehe, dass die ratihabitio bei der condictio nach Fristablauf keine Berücksichtigung mehr finde, und dies deshalb auch für die cautio gelten müsse.200 Der cautio de rato komme nach Julian die Funktion eines Bereicherungsanspruchs zu. In gleicher Weise, wie die condictio den Schuldner vor dem Risiko schützen wolle, dass seine Leistung die Erfüllungswirkung verfehlt, so solle auch die cautio den debitor vor diesem Risiko bewahren.201 Entgegen dem wohl nahezu einhelligen Verständnis im Schrifttum besteht diese „Funktionsäquivalenz“ hier aber für Julian wohl nur insoweit, als die condictio die Gleichsetzung der ausgebliebenen mit der verspäteten ratihabitio rechtfertigt, nicht etwa weil eine vollkommene Parallelführung der actio ex stipulatu mit der condictio stattfindet und die ratihabitio bei der condictio auch sonst nach Fristablauf keine Beachtung mehr findet. Julian äußert sich in diesem Zusammenhang nicht zu den Wirkungen der ratihabitio auf die condictio nach Frist197 198 199 200 201

S. dazu näher § 43 I. der Untersuchung. S. dazu die Ausführungen im 7. Teil der Untersuchung. So Harke, in: Africani quaestiones (2010), 44. Vgl. Harke, in: Africani quaestiones (2010), 43 f. Harke, in: Africani quaestiones (2010), 43 f.

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

ablauf, sondern seine Betrachtung beschränkt sich bei der condictio auf genau den Zeitpunkt des Fristablaufs. Die Aussage von Julian „in locum autem condictionis interponi stipulationem“ ist dahingehend zu verstehen, dass die Stipulation bei Fristablauf verfällt, weil ohne Abschluss der Stipulation im Moment des Fristablaufs die Voraussetzungen der condictio dem Grunde nach vorgelegen hätten,202 da zu diesem Zeitpunkt die ratihabitio nicht vorlag. Mit der condictio dürfte hier die condictio ob rem203 gemeint sein. Das Formular der cautio de rato enthält keine ausdrückliche Zeitbestimmung für die Erteilung der ratihabitio, der Schwebezustand kann mithin sehr lange andauern. Doch nimmt die Verfallsbedingung hier auf den Fristablauf der Hauptforderung Bezug. Das ist es, was Julian mit der Gleichsetzung eigentlich zum Ausdruck bringen will. Aus dieser Perspektive wirkt der Grund für den Verfall der cautio fast schon etwas gesucht. Für Julian gilt die ratihabitio als ausgefallen, wenn der Gläubiger sie nicht innerhalb der Frist für die Hauptverpflichtung erklärt. Soweit man den Verfall der cautio bei Fristablauf annimmt, kann eine nachträgliche Erteilung der ratihabitio anders als bei der condictio keine Berücksichtigung mehr finden, weil der eingetretene Verfall der Kaution nicht ungeschehen gemacht werden kann.204 Dafür bietet das Institut der cautio, anders als die condictio, von vornherein keinen Raum; sie verfällt abschließend oder nicht. Dies hängt mit dem Sinn und Zweck dieses Rechtsinstituts zusammen.205 Bei der condictio dagegen kann grundsätzlich eine zwischenzeitlich eingetretene Tatbestandlichkeit durch nachträgliche Erteilung der ratihabitio im Rahmen der interpretatio „aufgehoben“ werden. Die Auslegung Julians entspricht dem Telos der stipulato de rato: Hinter der cautio steht letztlich der umfassende Zweck der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Schuldner soll davon ausgehen dürfen, wenn die ratihabitio nicht innerhalb der betreffenden Frist erteilt wird, dass die cautio verfällt. Wer den außergerichtlichen Abschluss einer cautio de rato verlangt, der tut das regelmäßig deshalb, um den dominus zur alsbaldigen Herbeiführung der ratihabitio zu veranlassen. Das Sicherungsbedürfnis des Schuldners liegt nicht nur darin, dass ihm bei doppelter Inanspruchnahme sein Schaden ersetzt wird, sondern der Zweck 202

Vgl. auch Julian D. 46.8.22 pr. S. dazu § 43 I. der Untersuchung. So auch Bertolini, Ratifica I (1889), 74. 204 Vgl. auch die Aussage von Gaius zur stipulatio duplae a. E.: D. 21.2.57.1 Gaius 2 ed. aedil. curul. Quod cum ita est, videamus, num et si ab eo qui vicerit donata legatave res fuerit emptori, aeque dicendum sit ex stipulatu actionem non nasci, scilicet si antequam abduceret vel auferret donaverit aut legaverit: alioquin semel commissa stipulatio resolvi non potest. 205 Eine ganz andere Frage ist, ob es bei der cautio de rato eine Möglichkeit gibt, die nachträgliche ratihabitio des Gläubigers noch auf der Ebene des Honorarrechts über eine exceptio doli anzuerkennen, vgl. dazu § 42 I. 2. der Untersuchung. 203

2. Kap.: Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

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der stipulato de rato ist auch darin zu sehen, alsbald Klarheit über die Positionierung des Gläubigers im Hinblick auf die Zahlung an den procurator zu erhalten. Wenn für die Hauptverpflichtung eine Frist festgesetzt ist, verfällt die cautio mit dem Ablauf dieser Frist. Dann haftet diese Frist der ratihabitio derart an, dass jene automatisch zum Inhalt des Versprechens wird. Der Schuldner hat möglicherweise gerade aufgrund seiner befristeten Haftung auf den Abschluss der cautio de rato gedrängt. Im Grunde geht es Julian wohl nur um die formale Rechtfertigung für den Verfall der Stipulation bei Fristablauf. Eine rückwirkende Beachtung der ratihabitio scheidet für ihn von vornherein aus, denn für eine Berücksichtigung der ratihabitio müsste er nicht extra den Gedanken der Gleichstellung von cautio und condictio bemühen, da auch die „verspätete“ ratihabitio ohne Weiteres vom Wortlaut des Stipulationsformulars erfasst würde, das keine Frist für die Erteilung der ratihabitio vorsieht. Es wird deutlich, dass die Rückwirkung beziehungsweise ihr Fehlen gerade keine wesenseigene Eigenschaft der ratihabitio ist, sondern hier aus dem Vorliegen der stipulatio de rato resultiert. Diese Entscheidung begründet damit nicht zwingend eine Antinomie zu Celsus D. 46.3.71.1, wie vielfach im Schrifttum behauptet. Celsus hätte den vorliegenden Fall womöglich nicht anders entschieden.

§ 20 Unwirksame Schenkung und Nichtrückwirkung der ratihabitio – Pomponius D. 41.6.4 I. Ratihabito einer unwirksamen Schenkung Aus dem Kommentar des Hochklassiker Pomponius zum Werk ius civile des Frühklassikers Sabinus stammt folgender Fall: D. 41.6.4 Pomponius 32 Sab. Si pater filiae donaverit, quae in potestate eius erat, et eam exheredaverit: si id heres eius ratum habeat, exinde ea usucapiet donationem, qua ex die ratam heres donationem habuerit.

Der Erblasser, ein pater familias, macht seiner in patria potestate stehenden filia familias zu Lebzeiten ein nicht näher bezeichnetes Geschenk und enterbt sie später. Wenn der heres die donatio des pater familias genehmigt, so entscheidet Pomponius, fängt die Tochter von dem Zeitpunkt der Genehmigung an, zu ersitzen. Die filia familias kann die ihr vom pater familias zugewendete Sache zunächst nicht donationis causa zu Eigentum erwerben, d. h. der Schenkungsgegenstand verbleibt im väterlichen Vermögen. Schenkungen des Hausvaters an sein gewaltunterworfenes Kind sind nichtig,206 nicht aufgrund eines Schenkungsverbotes wie bei Schenkungen unter Ehegatten, sondern weil sie wegen der Vermö206 S. Paulus D. 41.6.1.1 54, vgl. auch Julian D. 41.5.2.2 sowie allgemein Pomponius D. 39.5.9. S. auch Siber, SZ 53 (1933), 103; Kaser, RP I (1971), § 82 IV 2 (343).

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

gensunfähigkeit207 des Hauskindes, genauer gesagt des Erwerbs des Hausvaters als notwendiges Korrelat dazu rechtlich unmöglich waren. Eine Eigentumsübertragung ist wegen der Personenidentität von Schenker und Beschenkten damit nicht möglich. Mit dem Tod des Vaters erlischt die patria potestas und die Tochter wird sui iuris und damit vermögensfähig. Ein Eigentumserwerb der filia familias als gesetzliche Erbin nach ius civile an dem Schenkungsgegenstand durch Erbgang tritt nicht ein, weil sie vom Vater enterbt wurde.208 Auch gelangt mit dem Wegfall des Schenkungshindernisses der Erwerbstitel pro donato nicht zur Entstehung, obwohl die väterliche Gewalt beendet wird und die filia familias mit dem Tode des pater familias vermögensfähig wird. Eine nichtige Schenkung des Vaters an das Hauskind konvaleszierte durch den Tod des Vaters trotz Fortdauer des Schenkungswillens bis zum Tode auch noch in spätklassischer Zeit nicht.209 Mit dem Erbfall fällt der Schenkungsgegenstand damit in das Vermögen des Erben. Die ratihabitio des heres ist im Schrifttum210 vielfach als eine Neuvornahme der Schenkung gedeutet worden, vollzogen durch eine brevi manu traditio.211 Dies beruht vor allem auf dem vertretenen Standpunkt, wonach ein nichtiges Geschäft nicht genehmigt werden könne.212 Unter dem Schein der Genehmigung des alten Geschäfts verberge sich daher der Abschluss eines neuen Geschäfts mit demselben Inhalt.213 Nach Finazzi besteht der Ersitungstitel dagegen in der väterlichen Schenkung, welche vom Erben ratifiziert wurde.214 Finazzi begründet das damit, dass die Diskussion des Juristen sich auf die Auswirkung des ratum habere im Hinblick auf die Schenkung des Vaters beziehe. Gemäß der Auslegungsregel aus Papinian D. 39.5.29 pr.,215 wonach das, was ohne irgendeine rechtliche Verbindlichkeit zugestanden wird, als Schenkung anzusehen ist, könnte die ratihabitio hier in der Tat als Schenkung zu qualifizieren sein. Das römische Recht kennt die Schenkung grundsätzlich216 nur als sofort 207 Die römische patria potestas bringt es notwendig mit sich, dass der Gewaltabhängige unfähig ist, eigenes Vermögen zu haben; alles, was er erwirbt, fällt dem Gewalthaber zu, vgl. Gaius II.87; Kaser, RP I (1971), § 82 IV 1 (343). 208 Sui heredes erwerben unmittelbar mit dem Tode des Erblassers ipso iure die Erbschaft, Kaser, RP I (1971), § 174 I 2 (714). 209 Vgl. Paulus D. 41.6.1.1. S. auch Siber, SZ 53 (1933), 127 f. 210 So z. B. v. Jhering, JherJb 1 (1857), 297 Fn. 28; Siber, SZ 53 (1933), 128; Voci, Modi di acquisto della proprietà (1952), 182; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 31. A. A. Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 885. 211 Vgl. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 31. 212 Vgl. z. B. v. Jhering, JherJb 1 (1857), 297 Fn. 28. S. auch § 45 der Untersuchung. 213 Vgl. v. Jhering, JherJb 1 (1857), 297 Fn. 28. 214 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 885. 215 D. 39.5.29 pr. Papinian 10 resp. Donari videtur, quod nullo iure cogente conceditur = Papinian D. 50.17.82. 216 Möglich ist natürlich eine Schenkungsstipulation.

2. Kap.: Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

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vollzogene Handschenkung, die keinen Obligierungsgrund bildet, d. h. keine schuldrechtlichen Beziehungen begründet.217 Sie ist lediglich Rechtsgrundgeschäft und rechtfertigt den Zuwendungsakt selbst (iusta causa traditionis) sowie das Behalten des Zugewendeten (causa retinendi). Der ratihabitio ist hier im Prinzip von Pomponius genau die Funktion einer iusta causa traditionis und causa retinendi zugedacht, denn sie soll letztlich bewirken, dass die filia familias die vom pater familias zugewendete Sache behalten darf. Wenn man die ratihabitio als Schenkung des Erben versteht oder auch, wenn die ratihabitio die Schenkung des pater familias nur heilt, stellt sich die Frage, warum die filia familias nicht sofort Eigentum an der Schenkungssache erwirbt, sondern erst nach Ablauf der Usukapionsfrist.218 Es wird gemutmaßt, dass es sich bei der Schenkungssache um einen Gegenstand handele, der nicht im quiritschen Eigentum des Vaters stand.219 Mangels gegenteiliger Anzeichen ist aber davon auszugehen, dass der pater familias Eigentümer der geschenkten Sache war. Der Erwerb des Ersitzungsbesitzes wird vielfach220 auch darauf zurückgeführt, dass es sich bei dem Schenkungsgegenstand um eine res mancipi tradita handele, also um eine res mancipi, die der Tochter bloß formlos übergeben worden ist. Diese Erklärung ist sicherlich im Hinblick auf die Beseitigung der mancipatio durch Justinian221 nicht völlig von der Hand zu weisen. Gegen eine bloße traditio einer res mancipi spricht aber, dass von tradere nicht die Rede ist. Stattdessen heißt es nur donavit. Wäre die zugewendete Sache eine res mancipi gewesen, erscheint es auch näherliegend, dass Pomponius den Schenkungsgegenstand genauer beschrieben hätte (zum Beispiel als fundus) und Justinian dies stehengelassen hätte. Nach Finazzi,222 der davon ausgeht, dass der titulus die Schenkung des Vaters ist, könnte es auf den ersten Blick den Anschein haben, dass die fehlende Anrechnung der Besitzzeit auf eine gewisse typologische Nähe des untersuchten Falles zur modernen Bestätigung zurückzuführen sei.223 Bezieht man die ratihabitio auf die Schenkung des Vaters, könnte man in der Tat meinen, dass der Erbe angesichts des Prinzips der Universalsukzession praktisch rechtlich gleichwertig 217

Kaser, RP I (1971), § 140 I 2 (602); Chiusi, IVRA 60 (2012) 234, 236. Vgl. v. Lübtow, in: Festschrift 41. DJT (1955), 163 Fn. 214. 219 Vgl. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 29. 220 v. Lübtow, in: Festschrift 41. DJT (1955), 163 Fn. 214 nimmt als geschenkten Gegenstand einen fundus traditus an. S. auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 29. 221 Die mancipatio wurde von Justinian abgeschafft, vgl. C. 7.31.1.5; s. auch Kaser, RP II (1975), § 242 I 1 (274 f. m. Fn. 8). Die Unterscheidung zwischen res mancipi und res nec mancipi wurde dementsprechend von den Kompilatoren aus den Quellen entfernt. Nicht immer wurden aber die Quellen inhaltlich angepasst. 222 Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 885. 223 In der Literatur wird dieses Fragment auch unter dem Aspekt der Unterscheidung zwischen Bestätigung und Genehmigung untersucht, vgl. Müller, Bestätigung (1989), 150 f. 218

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

ist mit dem, der sein eigenes Geschäft bestätigt,224 denn der Erbe tritt danach in die Rechte und Pflichten des Erblassers ein.225 Man könnte dementsprechend argumentieren, der Erbe sei gar nicht ein an der Schenkung unbeteiligter Dritter. Bei diesem Verständnis stellt sich das Problem, dass der pater familias selbst die Schenkung hätte nicht bestätigen können, weil seine Tochter von ihm gewaltabhängig war. Ein solcher Gedanke lässt sich im Schrifttum, namentlich bei Finazzi finden: Da der Erbe mit der Genehmigung ein Recht ausübe, das dem Erblasser nicht gebühre, sei damit seine Manifestation des Willens, wenn sie schon nicht mit Sicherheit als eine Genehmigung qualifiziert werden könne, jedenfalls nicht vergleichbar mit einer Bestätigung des eigenen unwirksamen Geschäfts.226 Finazzi227 stellt letztlich auf die Besonderheiten des Falles ab und meint, bei der Entscheidung, wonach die ratihabitio nicht zurückwirkt und die Besitzzeit vor der ratihabitio nicht angerechnet wird, habe eine Rolle gespielt, dass sich der Jurist in diesem speziellen Fall nicht mit einem Mangel in der Berechtigung konfrontiert sah, sondern mit einem nichtigen Rechtsgeschäft aufgrund der Unterwerfung der filia familias unter die patria potestas. Ähnlich argumentiert Kacprzak: Die Annahme der Rückwirkung der ratihabitio würde die Fiktion erfordern, dass die possessio ad usucapionem zugunsten der Tochter während der Zeit ihrer Unterwerfung unter die patria potestas bereits bestand. Eine solche Fiktion sei wahrscheinlich nicht akzeptabel für einen Juristen des zweiten Jahrhunderts n. Chr. gewesen. Deshalb komme Pomponius zu dem Schluss, dass die ratihabitio in diesem Fall ex nunc wirkt.228 Auf die Bemühungen des Schrifttums, die fehlende Rückwirkung der ratihabitio zu erklären, kommt es jedoch nicht an. Möglicherweise lässt sich die Entscheidung auch anders erklären. II. Zur Frage der Form der ratihabitio Es stellt sich die Frage, wie man sich die ratihabitio des Erben überhaupt vorzustellen hat. Dabei gilt es insbesondere zu berücksichtigen, dass die ratihabitio, zunächst einmal unabhängig von ihrer rechtlichen Qualifikation, insbesondere ungeachtet davon, ob man ihren Schenkungscharakter bejaht, einen einseitigen Akt darstellt und ihre Wirksamkeit nicht von der Zustimmung oder auch nur Kenntnis der Person abhängt, auf die sich die Auswirkungen der Genehmigung beziehen sollen.

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Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 885. Vgl. Gaius D. 50.16.24; Julian D. 50.17.62; Ulpian D. 50.17.59. 226 Müller, Bestätigung (1989), 150 f.; zust. Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 886. Vgl. auch u. § 45 der Untersuchung. 227 Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 886. 228 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 30. 225

2. Kap.: Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

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Und auf eine Mitwirkung der filia familias kam es wohl auch nicht weiter an, weil der Vater der Tochter, wie bei der Handschenkung üblich, das Geschenk sofort übergeben und ihr damit naturalis possessio229 verschafft hatte. Als Gewaltunterworfene kann die Tochter, obwohl ihr die Sache geschenkt ist, nur für den Vater besitzen und befindet sich damit in einer ähnlichen Position wie ein Verwahrer oder Entleiher. Die geschenkte Sache ist offensichtlich der filia familias nach dem Tod des Vaters verblieben, darauf lässt jedenfalls der Umstand der Ersitzung schließen. Wahrscheinlich soll hier gerade nicht über den Sachverhalt entschieden werden, in dem die ratihabitio ausdrücklich gegenüber der filia familias erteilt worden ist. Dieser Fall ließe sich ohne Weiteres als Schenkung des Erben begreifen. Die Annahme einer Schenkung wäre selbstverständlich und würde insoweit kein besonderes Problempotential aufweisen und bedürfte keines juristischen Gutachtens. Die Situation, an die der Jurist gedacht hat, ist wahrscheinlich vielmehr diejenige, dass der Erbe die Sache bei der filia familias belässt und nichts weiter tut. Die Vornahme der ratihabitio setzt zumindest voraus, dass der Erbe von der im Besitz der filia familias befindlichen Schenkungssache überhaupt Kenntnis erlangt hat. Das Erfordernis der ratihabitio dient insoweit auch dem Schutz des Erben: Sie bewahrt den Erben davor, dass er durch den Eigentumserwerb der Ersitzenden sein Eigentumsrecht an einer Sache verliert, ohne dass er überhaupt von ihrer Existenz weiß. Grundsätzlich wird man nicht annehmen dürfen, dass ein völlig passives Verhalten als Billigung aufgefasst wurde; der Wille des Genehmigenden musste in irgendeiner Form nach außen erkennbar in Erscheinung treten. Neben positiven konkludenten Handlungen kommt je nach Einzelfall aber wohl auch eine stillschweigende ratihabitio in Betracht.230 Ein Schweigen kann dort als Einverständnis zu werten sein, wo Widerspruch vom Schweigenden erwartet werden darf.231 Wenn der Erbe bewusst von einem ihm zustehenden Rechtsbehelf keinen Gebrauch macht und das, was ihm zusteht, nicht beansprucht, so kann dieses Verhalten durchaus als stillschweigende Genehmigung verstanden werden. Im Folgenden sollen nun kurz die Möglichkeiten der Durchführung der Schenkung erörtert werden, wenn man, wie hier vorgeschlagen, zugrunde legt, dass der Erbe die Sache bei der filia einfach belässt und nichts weiter tut. 1. Schenkung durch Duldung der laufenden usucapio

Man könnte erwägen, eine Zuwendung aus dem Vermögen des Erben in der Nichtausübung der vindicatio rei oder anders ausgedrückt, in der Duldung (Billi229

Vgl. Julian D. 41.5.2.2. S. auch PS 1.9.3 Si maior effectus rem, quam minor egit, pacto vel silentio comprobavit, adversus hoc quoque in integrum restitui frustra desiderat. 231 A. Wacke, SZ 121 (2004), 347. 230

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

gung) der laufenden usucapio zu sehen. Zwar ist eine Schenkung durch Duldung der usucapio in den Quellen nicht ausdrücklich bezeugt, sie lässt sich aber mit Kaser232 durchaus unter den römischen Schenkungstatbestand subsumieren. Die Schenkung ist eine unentgeltliche Zuwendung und wurde im römischen Recht weit gefasst. Der Grundfall der donatio war sicherlich die Sachübereignung, doch traten daneben zum Beispiel die schenkweise Delegation, die Übernahme oder der Erlass einer Verbindlichkeit und jede sonstige rechtliche oder faktische Zuwendung.233 Voraussetzung für eine Schenkung durch Duldung der usucapio ist das Vorliegen aller weiteren Ersitzungserfordernisse, allen voran muss ein Usukapionstitel, eine iusta causa usucapionis, vorliegen. Daran fehlt es hier. Aus der Schenkung des pater familias an die filia familias ist kein gültiger Schenkungstitel zustande gekommen.234 Auch kraft Putativtitels,235 d. h. kraft bloßen Glaubens an die Gültigkeit der Schenkung, kann die Tochter nicht ersitzen. Für die Schenkung gilt generell, dass als tauglicher Ersitzungstitel nur eine wirksam entstandene causa donationis in Betracht kommt,236 was wohl darin begründet liegt, dass von einer unwirksamen Schenkung, abgesehen vom Besitzübergang, nichts übrig bleibt, weil die Schenkung im römischen Recht, wie bereits ausgeführt, eine bloße Handschenkung ist. Die Zulassung eines Putativtitels bedeutet nicht, dass die römischen Juristen auf das Vorliegen einer causa vollständig verzichtet hätten, sondern nur, dass sie sich mit einer unvollkommenen zufrieden gaben.237 Namentlich die Spätklassiker unterstreichen die Regel, dass eine Schenkung als Voraussetzung für die Ersitzung wirksam sein muss.238 Selbst wenn die filia familias sich entschlossen haben sollte, die geschenkte Sache zu ersitzen, als sie erfahren hat, dass ihr Vater verstorben ist, und die Sache damit möglicherweise hereditär geworden ist, weil keine Hauserben da waren, kann sie nicht pro herede ersitzen,239 denn der usucapio pro herede würde das Verbot der eigenmächtigen Besitzänderung – niemand kann eine iusta causa für den Besitzerwerb schaffen (nemo sibi ipse causam possessionis mutare potest)240 – entgegenstehen. Die Ersitzungsvoraussetzungen liegen somit nicht vor. Eine Schenkung durch Duldung der usucapio kommt nicht in Betracht. 232

Kaser, TR 30 (1962), 340 f. Kaser, RP I (1971), § 140 I 1 (601). 234 Dies zeigt sich unter anderem in der Untauglichkeit des Schenkungsaktes als Ersitzungstitel, vgl. Ulpian D. 41.3.27; Paulus D. 41.6.1 pr. 235 Ob im Rahmen der usucapio überhaupt ein Putativtitel ausreicht, ist umstritten, vgl. Kaser, RP I (1971), § 101 I 3 (421); ders., BIDR 64 (1961), 91 ff.; Böhr, Besitzumwandlung (2002), 108 ff. Die Frage, ob nach Pomponius ein Putativtitel ausreicht, muss an dieser Stelle nicht entschieden werden. 236 Kaser, BIDR 64 (1961), 90; Böhr, Besitzumwandlung (2002), 114. 237 Kaser, RP I (1971), § 101 I 3 (421). 238 Kaser, RP I (1971), § 101 I 3 (421). 239 Vgl. Kaser, RP I (1971), § 101 I 3 (422). 240 Kaser, RP I (1971), § 94 II 1 (386). 233

2. Kap.: Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

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2. Schenkung durch brevi manu traditio

Ferner könnte man in Erwägung ziehen, dass die Schenkung des Erben durch brevi manu traditio vollzogen wird. Nach klassischer Lehre erfolgt der Besitzerwerb corpore et animo. Ein Besitzerwerb solo animo kommt dann in Betracht, wenn eine naturalis possessio vorangeht. Da die filia familias zu Lebzeiten des Erblassers nicht selbst besitzen konnte, weil sie in potestate war, hatte sie, wie oben dargestellt, nur naturalis possessio. Besitzer war die ganze Zeit über der pater familias, der per filia besaß. Mit dem Erbfall erlangt die filia familias die Fähigkeit selbst Besitzer zu sein, so dass ihre Beziehung zur Schenkungssache als possessio angesehen werden kann. Schon an der äußeren Erscheinung eines Schenkungstatbestandes, an einem Konsens über die causa donandi, also an einer Einigung von Schenker und Beschenktem, mangelt es aber. Zwar ist der Wille des Schenkers, der animus donandi, letztlich für das Vorliegen einer Schenkung ausschlaggebend.241 Wenn die Schenkung durch einen zweiseitigen Akt wie der traditio geschieht, ist jedoch die Übereinstimmung zwischen Geber und Empfänger erforderlich.242 Eine traditio manu brevi setzt, wie tradere schon begriffsnotwendig unterstellt, eine Einigung beider Beteiligten über die Besitzübertragung voraus. Die brevi manu traditio kommt nicht durch einseitigen Akt, sondern nur durch zwei korrespondierende Willensmomente zustande. Diese fehlen in dem hier zugrunde gelegten Sachverhalt gerade. Die Übertragung der Schenkungssache kann hier mithin nicht brevi manu erfolgt sein. 3. Schenkung durch einseitige Besitzüberlassung

a) Ratihabitio als Neuvornahme der donatio Vielmehr liegt eine „Schenkung“ durch einseitige Besitzüberlassung vor, bei der als Erwerbstatbestand nur die usucapio in Betracht kommt. Der Erbe „billigt“ die „Schenkung“ des pater familias, die nur als Faktum in Form der tatsächlichen Besitzüberlassung an die filia besteht. Die Schenkung des Vaters äußert ihre Wirkung ausschließlich darin, dass der Besitz an der Sache von ihm auf die filia übergegangen ist. Die ratihabitio als solche stellt keine allgemein anerkannte iusta causa usucapionis dar, jedenfalls lässt sich den Quellen in dieser Richtung nichts entnehmen. Möglich wäre natürlich, dass Pomponius hier ausnahmsweise jene aufgrund der oben aufgezeigten Funktionsäquivalenz zur donatio als ergänzenden Titel pro suo ausreichen ließ (usucapio pro suo243). Es dürfte dogmatisch aber näherliegend 241 Kaser, RP I (1971), § 140 I 2 (602 Fn. 15); Kaser, TR 30 (1962), 340. So schon v. Savigny, System IV (1841), 145 ff. 242 Kaser, TR 30 (1962), 340. 243 Der Titel pro suo wird von einzelnen Juristen in Fällen des Putativtitels angenommen, von anderen dagegen nur in Fällen, in denen keiner der übrigen anerkannten Titel vorliegt, Kaser, RP I (1971), § 101 I 3 (422).

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

sein, die ratihabitio als Neuvornahme der donatio seitens des Erben zu begreifen, auch deshalb, weil die Schenkung im römischen Recht eine Handschenkung ist,244 sie also nicht eine Verpflichtung des Schenkers begründet, sondern nur die Voraussetzungen festlegt, unter denen ein Verbleib der einmal erlangten Sache beim Beschenkten gerechtfertigt ist, was genau auf die hier zugrunde gelegte Situation, in der die Tochter die Sache schon erhalten hat, passt.245 b) Vergleichsfall aus dem Bereich der Ehegattenschenkung – Paulus D. 41.6.1.2 Für diese Auffassung spricht auch eine Entscheidung des Frühklassikers Cassius aus dem Bereich der Ehegattenschenkung: D. 41.6.1.2 Paulus 54 ed. Si inter virum et uxorem donatio facta sit, cessat usucapio. item si vir uxori rem donaverit et divortium intercesserit, cessare usucapionem Cassius respondit, quoniam non possit causam possessionis sibi ipsa mutare: alias ait post divortium ita usucapturam, si eam maritus concesserit, quasi nunc donasse intellegatur. possidere autem uxorem rem a viro donatam Iulianus putat.

Dort wird der Fall zugrunde gelegt, dass eine Frau während der Ehe ein Geschenk von ihrem Ehemann erhalten hat. Die Schenkung ist unwirksam aufgrund des Schenkungsverbotes unter Ehegatten.246 Paulus referiert die Auffassung von Cassius, wonach bei Belassen des Schenkungsgegenstandes bei der Ehefrau nach der Scheidung247 diese anfängt zu ersitzen. Dabei soll angenommen werden, dass der Mann der Frau die Sache jetzt erst geschenkt habe (quasi nunc donasse intellegatur). Auch hier heilt die ratihabitio des Ehemanns die ursprüngliche Schenkung nicht. Das Belassen der Sache bei der Frau soll ausdrücklich als Neuvornahme gelten. Diese Sichtweise kann eigentlich nicht auf Zufall beruhen. Aus Sicht der römischen Juristen war die dingliche Rechtslage an einem Schenkungsgegenstand in solchen Situationen, wie den beiden vorliegenden, klärungsbedürftig. Gemeint sind Situationen, in denen der Beschenkte zunächst kein Eigentum an dem Schenkungsgegenstand erwerben konnte, was vor allem bei Schenkungen an Gewaltunterworfene und Schenkungen unter Ehegatten der Fall war, und der Schenkende die Sache nach Wegfall des Schenkungshindernisses beim Beschenkten beließ und nicht herausverlangte. Möglicherweise kam es dabei wiederholt zu Rechtsstreitigkeiten. Anders als durch den Erwerbstatbestand

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S. dazu die hier eingangs zu der Entscheidung gemachten Anmerkungen. Vgl. auch D. 39.5.9.2 Pomponius 33 Sab. Quod filius familias patris iussu aut voluntate donavit, perinde est, ac si pater ipse donaverit aut si mea voluntate rem meam tu nomine tuo Titio dones. Als Schenker gilt danach der zustimmende Eigentümer. 246 Vgl. auch § 22 der Untersuchung. 247 Ausführlich zu dieser Stelle Böhr, Besitzumwandlung (2002), 225. 245

2. Kap.: Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

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der Ersitzung ließ sich eine Klärung der Rechtslage rechtskonstruktiv nicht herbeiführen. Zur Abgrenzung soll noch ein kurzer Blick auf D. 24.1.38.1 geworfen werden. Dort wird ebenfalls ein Fall der Ehegattenschenkung behandelt: D. 24.1.38.1 Alfenus 3 dig. a Paulo epit. Idem iuris erit, si ex tribus fratribus unus uxorem haberet et rem communem uxori donasset: nam ex tertia parte mulieris res facta non est, ex duabus autem partibus reliquis, si id scissent fratres aut posteaquam donata esset ratum habuissent, non debere mulierem reddere.

Einer von drei Brüdern schenkt seiner Ehefrau eine Sache, die ihm mit seinen Brüdern gemeinsam gehört. Die Schenkung ist wegen des Schenkungsverbotes in Höhe des Eigentumsanteils des Mannes am Schenkungsgegenstand teilnichtig. Zu einem Drittel ist die Sache also nicht Eigentum der Ehefrau geworden. Die übrigen zwei Drittel braucht die Ehefrau aber nicht zurückgeben, wenn die Brüder davon Kenntnis gehabt haben oder wenn sie anschließend ihre Genehmigung erteilt haben (si id scissent fratres aut posteaquam donata esset ratum habuissent, non debere mulierem reddere). Die ratihabitio wird hier wohl direkt gegenüber der Ehefrau erteilt, so dass es einer Ersitzungskonstruktion nicht bedarf und eine Schenkung, vollzogen durch traditio, möglich ist. Formfreie Verfügungsgeschäfte über ein fremdes Recht wie zum Beispiel die traditio sind, wie nun schon wiederholt angemerkt, im römischen Recht auch dem Nichtberechtigten zugänglich, sofern der Berechtigte vorher oder nachher zustimmt.248 Die tatsächliche Natur der traditio stellt – anders als etwa die mancipatio – keine besonderen Anforderungen an die Art und Weise der Übertragung des Eigentums.249 c) Weitere Erfordernisse der usucapio in Pomponius D. 41.6.4 Zurück zum eigentlichen Fall: Mit Ablauf der relativ kurzen Ersitzungsfrist von ein oder zwei Jahren250 erwirbt die filia quiritsches Eigentum. Eine Anrechnung der Besitzzeit der filia vor Erteilung der ratihabitio entfällt nach der insoweit ausdrücklichen Rede von Pomponius: Die Ersitzung beginnt erst im Zeitpunkt der ratihabitio und wirkt nicht auf den Zeitpunkt der Sachübergabe durch den pater familias zurück. Nach dem hier vertretenen Standpunkt, wonach der Ersitzungtitel die Schenkung des Erben und nicht die des Vaters ist, kann eigentlich schon folgerichtig keine Anrechnung der Besitzzeit erfolgen. Im Übrigen zeigt sich, dass im römischen Recht grundsätzlich nicht rückwirkend ersessen werden kann.251 Erwirbt etwa jemand unter einer Bedingung eine Sache gutgläu248

Siehe die Nachweise in Fn. 312 im 2. Teil der Untersuchung. Potjewijd, Beschikkingsbevoegdheid (1998), 179. 250 Bei beweglichen Sachen nach Ablauf eines Jahres, bei unbeweglichen Sachen nach zwei Jahren, Kaser, RP I (1971), § 101 I 5 (423). 251 Vgl. Wesener, in: Festschrift für Herdlitczka (1972), 282. 249

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

big vom Nichteigentümer oder wird dem Erwerber eine res manicipi nur tradiert, so wird die Zeit bis zum Bedingungseintritt nicht als Ersitzungszeit angerechnet.252 Es lässt sich konstatieren: Die fehlende Anrechnung der Besitzzeit beruht nicht auf dogmatischen Vorstellungen über das Wesen der ratihabitio, sondern sie hängt vielmehr mit dem Charakter des Rechtsinstituts der Ersitzung zusammen. Das Zeitmoment ist für die Ersitzung essentiell und soll nicht mittels Rückwirkung umgangen werden. d) Ergebnis In der ratihabitio liegt hier eine einfache Schenkung. Geschenkt wird in Pomponius D. 41.6.4 die Sache als Gegenstand einer neu beginnenden Ersitzung. Dem Fragment ist nichts zu entnehmen zu der Frage einer Rückwirkung der ratihabitio. Auch zum Nachweis für die Auffassung der Pandektistik, wonach ein nichtiges Rechtsgeschäft nicht vorhanden ist, lässt sich diese Stelle nicht heranziehen. Anhand dieser Entscheidung zeigt sich, dass für die Qualifizierung der ratihabitio als Neuvornahme aus der Sicht der Römer andere Gründe im Raum standen als die rein formale Unterscheidung zwischen Genehmigung und Bestätigung.

§ 21 Nichtrückwirkung der ratihabitio beim Erwerb der bonorum possessio I. Rechtliche Konstruktion des Erwerbs der bonorum possessio durch ratihabitio – Ulpian D. 37.1.3.7 Im Folgenden sollen nun Quellen betrachtet werden, die Fragen aus dem Bereich des prätorischen Erbrechts, genauer gesagt Fragen zum Antrag auf Einweisung in die bonorum possessio, den Nachlassbesitz, betreffen. Diese Quellen scheinen auf den ersten Blick für eine ex nunc-Wirkung der ratihabitio zu sprechen. Die bonorum possessio wies die Eigentümlichkeit auf, dass sie nicht automatisch anfiel, sondern von dem Berechtigten innerhalb einer vorgeschriebenen Frist beim Prätor beantragt werden musste.253 D. 37.1.3.7 Ulpian 39 ed.254 Adquirere quis bonorum possessionem potest vel per semetipsum vel per alium. quod si me non mandante bonorum possessio mihi petita sit, tunc competet, cum ratum habuero id quod actum est. denique si ante decessero quam ratum habeam, 252 Wesener, in: Festschrift für Herdlitczka (1972), 282 mit Verweis auf Paulus D. 41.4.2.2; ders. D. 18.6.8 pr. 253 Kaser, RP I (1971), § 176 I (719); vgl. auch Ulpian D. 37.1.3.3. 254 v. Beseler, SZ 53 (1933), 6 hält den Ausdruck nulla dubitatio est quin für einen „Fremdkörper“. Für die Echtheit Claus, Stellvertretung (1973), 207 f.; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 120; Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 893.

2. Kap.: Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

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nulla dubitatio est quin non competet mihi bonorum possessio, quia neque ego ratum habui neque heres meus ratum habere potest, cum ad eum non transeat ius bonorum possessionis.

Nachdem Ulpian in D. 37.1.3.7 vorausgeschickt hat, dass die bonorum possessio persönlich oder per alium, also durch einen anderen, erlangt werden kann, entscheidet er, wenn im letzten Fall ein Mandat fehlt, wenn also ein Geschäftsführer spontan beim Prätor einen Antrag auf Erteilung der bonorum possessio gestellt hat, der Nachlassbesitz dem dominus erst im Moment seiner Genehmigung255 zustehe. Ist der Anwärter auf die bonorum possessio aber vor Erteilung der Genehmigung gestorben, so stehe ihm die bonorum possessio nicht zu, weil weder er seine Genehmigung erteilt habe noch sein Erbe dies könne, da das ius bonorum possessionis, das Recht des Nachlassbesitzes, nicht auf diesen übergehe. Sowohl im ersten als auch im zweiten Fall liegt eine direkte Stellvertretung vor, unterschiedlich ist nur der Zeitpunkt, zu dem die Rechtsfolgen der Stellvertretung eintreten.256 In der ersten Situation erlangt der Mandant die bonorum possessio im Zeitpunkt der Antragstellung des Mandatars, genauer gesagt dann, wenn der Prätor dem Gesuch entspricht. Handelt der Geschäftsführer dagegen spontan und unautorisiert, dann bedarf es der Genehmigung des dominus, damit dieser in den Nachlassbesitz eingewiesen wird. Der Grund für diese Differenzierung liegt auf der Hand: Die Erklärung des Willens seitens des Berechtigten.257 Denn in dem Mandat, den Antrag auf Erteilung der bonorum possessio zu stellen, liegt zugleich die Zustimmung des Berufenen zum Erwerb der bonorum possessio.258 Dieser Wille liegt schon im Zeitpunkt der Antragstellung des Vertreters offen zutage. Der Vertreter fungiert dann praktisch nur als verlängerter Arm des Berechtigten.259 Anders liegt der Fall, wenn der Geschäftsführer spontan ohne Auftrag handelt.260 In diesem Fall ist der Wille des Berechtigten unbekannt und es kann sein, dass er kein Interesse an dem Nachlassbesitz hat, etwa weil der Nachlass überschuldet ist.261 Der zum Nachlassbesitz Berufene kann daher nicht ohne oder gegen seinen Willen durch die Handlung des Geschäftsführers belastet werden. Wenn der Berufene vor Erteilung der Genehmigung gestorben ist, kann die bonorum possessio überhaupt nicht mehr von ihm oder seinem Erben erworben 255 Die ratihabitio bezieht sich hier auf id quod actum est. Die Worte meinen die Antragstellung durch den procurator. 256 Vgl. Kaser, RP I (1971), § 62 IV 2 (264); Kacprzak, Ratihabitio (2002), 121. 257 Vgl. D. 37.1.3.3 Ulpian 39 ed. Invito autem nemini bonorum possessio adquiritur. S. auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 25. 258 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 25. 259 So Kacprzak, Ratihabitio (2002), 25. 260 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 25. 261 Vgl. Ulpian D. 37.1.3 pr.

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

werden. Weder kann also der Erbe für sich selbst genehmigen, so dass er die bonorum possessio unmittelbar (ohne dass ein (fiktiver) Durchgangserwerb des Erblassers stattfindet) in eigener Person erwirbt, noch kann der Erbe in der Weise genehmigen, dass der Erblasser noch rückwirkend in den Nachlassbesitz eingewiesen wird, als hätte er ihn noch zu Lebzeiten erworben. Zur Begründung beruft sich Ulpian auf die Unübertragbarkeit des ius bonorum possessionis.262 Das ius bonorum possessionis ist demnach personengebunden, ein höchstpersönliches Recht.263 Der bloße Antrag auf Erteilung der bonorum possessio wurde von den Römern dagegen, wie die Stelle zeigt, nicht als ein persönlicher Akt angesehen. Die von Ulpian hier eingenommene Rechtsposition hängt weder mit einem generellen Ausschluss der Rückwirkung der ratihabitio zusammen264 noch mit einem generellen Ausschluss des Übergangs der Genehmigungsbefugnis auf die Erben.265 Wäre die Genehmigungsbefugnis als solche grundsätzlich nicht vererblich gewesen, so hätte Ulpian weder ein Bedürfnis gehabt, ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Erbe nicht genehmigen kann, noch hätte Ulpian ein Motiv gehabt, dies besonders zu rechtfertigen.266 Die Befugnis zur Genehmigung als solche bildet zwar keinen rechtlich selbständigen Bestandteil des Nachlasses, aber das Rechtsverhältnis aus der negotiorum gestio gehört zum Nachlass und ist vererblich.267 Das Recht zur Genehmigung folgt aus der Stellung als dominus negotii. Folglich ist insoweit grundsätzlich auch das Recht zu genehmigen vererblich.268 Bei näherer Betrachtung erweist es sich als wahrscheinlich, dass im Bereich der bonorum possessio selbst Juristen, die grundsätzlich die Rückwirkung der ratihabitio favorisierten, sie hier ausschlossen, so dass ein potentieller Nachlassbesitzer nach Ablauf der Frist nicht mehr dazwischentreten konnte. Gegen eine Rückwirkung der ratihabitio spricht auch das prätorische Erbfolgesystem als solches: Anders als nach ius civile werden die prätorischen Erben in mehrere Klassen unterteilt, die hintereinander berufen werden (sogenannte sukzessive Delation).269 Für jede Klasse ist eine bestimmte Frist vorgesehen, in der die Erteilung des Nachlassbesitzes zu beantragen ist; verstreicht die Frist, wird die nächste 262

Kacprzak, Ratihabitio (2002), 26; Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 893. Auch Leist, Fremde Vermögensangelegenheiten (1855), 148. 264 Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 893. 265 So zutreffend v. Seuffert, Ratihabition (1868), 26. 266 S. auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 26 f. per argumentum a contrario aus Paulus D. 46.8.7 sowie Pomponius D. 46.8.18 (bezieht sich auf die Prozesskaution); Paulus D. 45.1.4.1; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 233 ff., insb. 235. 267 Vgl. auch Ulpian D. 3.5.3.7. 268 So auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 26. 269 Kaser/Knütel/Lohsse, RP (2021), § 77 Rn. 12. 263

2. Kap.: Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

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Klasse berufen. Eine Lösung, die eine ex tunc-Wirkung der ratihabitio zugelassen hätte, hätte zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit beim Erwerb der bonorum possessio geführt.270 In diesem Zusammenhang ist noch D. 46.8.7 zu erwähnen, woraus sich ebenfalls ergibt, dass der Erbe eines zur prätorischen Erbschaft Berufenen den Antrag beim Prätor durch einen Geschäftsführer nicht genehmigen kann: D. 46.8.7 Paulus 3 sent. Si is, cui ignoranti petita est bonorum possessio, decesserit, heres eius intra tempora petitionis ratam eam habere non potest.

II. Rechtliche Konstruktion des Erwerbs der bonorum possessio bei Geschäftsunfähigkeit des Geschäftsführers – Africanus D. 46.8.24.1 Die von Ulpian vertretene rechtliche Konstruktion des Erwerbs des Nachlassbesitzes wird von Africanus in D. 46.8.24.1 bestätigt: D. 46.8.24.1 Africanus 5 quaest. An autem et si mortuus fuisset qui petisset vel furere coeperit, ratum haberi possit, videamus: nam si in universum perinde haberi debet, ac si tunc, cum ratum habeat, per eum bonorum possessionem petat, frustra his casibus ratum habetur. sed illud consequens futurum etiam si paeniteat illum petisse, ratum haberi non posse, quod utique sit absurdum. rectius itaque dicitur neutram eorum causam impedire ratihabitionem.

Trotz der stilistischen Schwächen gibt es keinen Grund dafür, die Stelle Africanus abzusprechen.271 Gerade Africanus zeigt eine besondere Vorliebe für das Absurditätsargument,272 so dass hier von seiner Urheberschaft273 auszugehen ist. Africanus stellt die quaestio iuris, ob der Anwärter zur bonorum possessio noch genehmigen kann, wenn der Antrag durch einen Geschäftsführer gestellt worden ist und dieser danach gestorben oder geisteskrank geworden ist. Africa270

So auch Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 881 f. Für die Klassizität auch E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 267; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 122 ff.; De Filippi, Ratihabitio (2002), 172 f.; Waldstein, SZ 92 (1975), 54 Fn. 110; Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 882; Giaro, in: Africani Quaestiones (2011), 13. Lenel, SZ 51 (1931), 17 hält dagegen die gesamte Stelle für unecht. Er hält die Stelle sprachlich für auffällig, weil zu habeat und petat das Subjekt fehle. Deswegen besteht jedoch kein Grund, an der sachlichen Echtheit zu zweifeln. Müller-Eiselt, Divus Pius constituit (1982), 51 Fn. 44 hält die Stelle ab sed illud für nachklassisch mit der Behauptung, eine postmortale ratihabitio, also eine ratihabitio, die erst nach dem Tod des gestor erteilt wird, sei unzulässig. Dafür geben die Quellen jedoch keinen Anhaltspunkt. 272 Cerami, IURA 22 (1971), 136; Giaro, in: Africani quaestiones (2011), 1; Finazzi, in: Studi Franciosi II (2007), 882 f. 273 So auch zumindest im Ergebnis Kacprzak, Ratihabitio (2002), 122; Riechelmann, Paenitentia (1995), 83 ff.; Giaro, in: Africani quaestiones (2011), 13, 15; zust. Klingenberg, SZ 130 (2013), 582. 271

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

nus referiert die wohl seinerzeit herrschende Ansicht zu dieser Frage, wonach es so angesehen werde, als ob der dominus erst mit der Genehmigung durch den Geschäftsführer den Antrag auf Erteilung der bonorum possessio stellt (per eum bonorum possessionem petat).274 Es ist Kacprzak275 darin zuzustimmen, dass die von Africanus verwendete Wendung tunc, cum ratum habeat, per eum bonorum possessionem petat dahingehend verstanden werden muss, dass aus Sicht des Juristen der Antrag auf prätorische Erbeinweisung durch den Geschäftsführer erst im Moment der Genehmigung gestellt wird. Es wird also fingiert (nam si in universum perinde haberi debet), dass der Geschäftsführer den Antrag bis zum Zeitpunkt der Genehmigung noch nicht gestellt hat.276 Aus dieser Überlegung heraus resultiert nun die von Africanus aufgeworfene Frage, ob der Geschäftsführer auch zum Zeitpunkt der Genehmigung noch geschäftsfähig sein muss. Wie bereits Kacprzak277 ausgeführt hat, liegt im Falle des Erwerbs der bonorum possessio durch einen Geschäftsführer im Vergleich zu anderen durch einen Geschäftsführer vorgenommenen Rechtsgeschäften insoweit eine ganz besondere Situation vor, als im Moment der Stellung des Antrags durch den procurator die Rechtswirkungen nicht in seiner Person eintreten können. Selbst wenn man davon ausgeht, und wofür einiges spricht, dass mit der Antragstellung seitens des Dritten eine negotiorum gestio zugunsten des präsumtiven Nachlassbesitzers begründet worden ist, so hat doch der gestor im Zuge der Geschäftsführung keine bonorum possessio im Sinne eines Rechtserwerbs erlangt, die der dominus negotii mit der actio negotiorum gestorum (directa) hätte herausverlangen können. Die rechtliche Konstruktion der für das römische Recht typischen mittelbaren Stellvertretung, wonach die Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts zunächst den Vertreter selbst treffen und nachträglich auf den Vertretenen übergeleitet werden,278 ist in der vorliegenden Situation nicht möglich.279 Der gestor wird nicht selbst, auch nicht nur temporär prätorischer Erbe; er erwirbt selbst überhaupt keinen Nachlassbesitz,280 sondern er erwirbt, wenn überhaupt,281 durch Ansichnahme der bona nur die faktische Verfügungsgewalt über die Gegenstände des Nachlassbesitzes (die er dann im Wege der actio negotiorum gestorum herausgeben muss).282 274

Kacprzak, Ratihabitio (2002), 122. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 122 f. 276 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 123. 277 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 122. 278 Kaser, RP I (1971), § 62 V 1 (264 f.). 279 So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 123. 280 So auch richtig Leist, Fremde Vermögensangelegenheiten (1855), 148. 281 Vgl. Ulpian D. 37.1.3.1, 2. 282 Mit Einweisung in die bonorum possessio erlangt der Antragsteller grundsätzlich nicht automatisch den Besitz an den fraglichen Gegenständen, sondern lediglich die Befugnis, sie in Besitz zu nehmen oder auf dem Rechtsweg mit eigens dazu vom Prätor geschaffenen Klagen zu erstreiten oder sie, wenn er sie bereits hat, zu behalten, Kaser, RP I (1971), § 158 II 4 (676). 275

2. Kap.: Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

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Diese Konstruktion, wonach der Antrag auf Erteilung der bonorum possessionis seitens des gestor erst im Moment der Genehmigung als gestellt gilt, ist weniger, wie teilweise gemutmaßt,283 Ausdruck einer Lehre der sabinianischen Schule, die Rückwirkung der Genehmigung auszuschließen, sondern liegt vielmehr in dem Umstand begründet, dass das ius bonorum possessionis an die Person des prätorischen Erben gebunden ist,284 also nicht vererblich ist, während die formale Antragstellung beim Prätor, wie bereits gesagt, aus der Sicht der römischen Juristen kein höchstpersönlicher Akt ist.285 Bei strikter Anwendung des Prinzips, wonach der Antrag auf Erteilung der bonorum possessio durch den Geschäftsführer erst im Moment der Genehmigung gestellt wird und der dominus die bonorum possessio erst im Augenblick der Genehmigung durch die stellvertretende Tätigkeit des procurator erwirbt, hätte Africanus nicht nur die Möglichkeit einer wirksamen Genehmigung ablehnen müssen, wenn der procurator (zwischenzeitlich) verstorben oder geschäftsunfähig geworden ist, sondern konsequenterweise (consequens) auch im Fall der paenitentia des procurator (d. h., wenn den procurator im Nachhinein die Antragstellung reut und er den Antrag zurücknimmt). Dann wäre die ratihabitio frustra, also vergeblich. Im Gegensatz zu den Fällen Tod und Geschäftsunfähigkeit stellt die paenitentia286 einen rein subjektiven Hinderungsgrund dar. Damit hinge der Erwerb der bonorum possessio letztlich vom Willen beziehungsweise der Willkür des procurator ab und dieser könnte die Möglichkeit der ratihabitio und damit den Erwerb des Nachlassbesitzes vereiteln, was dem Zweck der Vertretung zuwiderliefe.287 Auch hätte dies zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit beim Erwerb der bonorum possessio geführt.288 Um dieses absurde Ergebnis zu vermeiden, postuliert Africanus: rectius itaque dicitur neutram eorum causam impedire ratihabitionem. Africanus erscheint es richtiger, dass keiner der angeführten Umstände die Wirkung der ratihabitio vereitelt, was sich rechtlich nur dadurch bewerkstelligen lässt, dass der maßgebliche Zeitpunkt für die Voraussetzungen der Antragstellung der Zeitpunkt der tatsächlichen Antragstellung durch den Geschäftsführer ist. 283

E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 267 f. Vgl. Ulpian D. 37.1.3.7 (dazu oben § 21 I. 1. der Untersuchung). 285 Vgl. Ulpian D. 37.1.3.7 (dazu oben § 21 I. 1. der Untersuchung); Kaser, RP I (1971), § 176 I (719). 286 Im gemeinrechtlichen Schrifttum (s. etwa v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 45 f.; Mitteis, Stellvertretung (1885), 219) wurde paeniteat teilweise als „rein innerlicher Vorgang“ verstanden mit der Begründung, dass nur bei dieser Auffassung die Gleichstellung mit den Fällen des Todes und des Wahnsinns sinnvoll sei. 287 Es handelt sich hierbei um eine sog. praxeologische reductio ad absurdum, die sich nicht mit rein logischen, sondern praxeologische Folgerungen, faktischen Entscheidungsfolgen befasst; s. dazu Giaro, in: Africani quaestiones (2011), 11 ff.; ders., OIR 11 (2006), 50. 288 A. Wacke, SZ 121 (2004), 351; Riechelmann, Paenitentia (2005), 85. 284

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

Was die Konstruktion dafür anbelangt, sind zwei Lösungen denkbar: Entweder wirkt die ratihabitio in einem solchen Fall ausnahmsweise ex tunc und man wendet die Fiktion an, dass die bonorum possessio bereits in dem Moment beantragt ist, in welchem der Geschäftsführer um ihre Erteilung im Wege eines Antrags tatsächlich nachgesucht hat, oder als Antrag auf Erteilung der bonorum possessionis wird, wie sonst auch, der Moment der Genehmigung angesehen – die Genehmigung würde ex nunc wirken.289 Nach Ansicht von Kacprzak290 wählt Africanus die zweite Lösung: Africanus löse das zuvor genannte Problem, indem er erkenne, dass die Fiktion, wonach der Antrag auf Erteilung der bonorum possessio juristisch im Zeitpunkt der Genehmigung gestellt wird, nicht so weit gehe, auch in diesem Moment die Handlungsfähigkeit beziehungsweise Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers zu fordern.291 Africanus halte das von ihm angeführte Prinzip der ex nunc-Wirkung der ratihabitio nur insoweit aufrecht, als er verlange, dass im Augenblick der ratihabitio der dominus in der Lage sein muss, die bonorum possessio zu erwerben. Der entscheidende Zeitpunkt für die Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers sei dagegen der seines Gesuchs um Erteilung der bonorum possessio. Daher schade eine nach Vornahme der Antragstellung eingetretene Geschäftsunfähigkeit des Geschäftsführers nicht. Hieraus leitet Kacprzak eine ex nunc-Wirkung der ratihabitio ab.292 Die überwiegende Gegenauffassung293 im Schrifttum spricht sich dagegen hier für die Rückwirkung der ratihabitio aus. Ganz sicher lässt sich nicht sagen, welches Lösungsmodell Africanus hier vertritt. Die Unschädlichkeit der nachträglichen an sich hindernden Umstände spricht auf den ersten Blick eher für die Rückwirkung der Genehmigung.294 Andererseits ist nach Africanus der für die Einhaltung der Frist maßgebliche Zeitpunkt nicht der Augenblick, in dem der Geschäftsführer den Antrag stellt, sondern der entscheidende Moment ist die Erteilung der ratihabitio,295 wie sich aus einem weiteren Fragment der Quaestiones von Africanus ergibt: D. 46.8.24 pr. Africanus 5 quaest. Bonorum possessionem ab alio adgnitam ratam haberi oportere eo tempore, quo adhuc in ea causa sit, ut peti possit: itaque post centensimum diem rata haberi non potest.

289

S. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 123 f. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 124. 291 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 123. 292 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 124. 293 A. Wacke, SZ 121 (2004), 351; Riechelmann, Paenitentia (2005), 85; Giaro, in: Africani quaestiones (2011), 13; ders., OIR 11 (2006), 50; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 883. 294 A. Wacke, SZ 121 (2004), 351. 295 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 124. 290

2. Kap.: Quellenzeugnisse gegen die Rückwirkung der ratihabitio

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Die Frist soll sich nicht dadurch verlängern, dass ein anderer für den Berufenen den Antrag stellt.296 Es ist nicht wahrscheinlich, dass die römischen Juristen ihren dogmatischen Ausgangspunkt, wonach das ius bonorum possessionis streng personengebunden ist,297 aufgegeben haben, sondern sie haben wohl versucht, einen solchen Fall im Einklang mit diesem Grundsatz zu lösen, wobei nur die von Kacprzak vertretene Lösung überzeugt. III. Rechtliche Konstruktion des Erwerbs der bonorum possessio bei Geschäftsunfähigkeit des Berufenen – Paulus D. 37.1.16 Vergleichbare Fragen stellen sich auch, wenn der zur bonorum possessio Berufene selbst (zwischenzeitlich) seine Geschäftsfähigkeit verloren hat, wie aus der nachfolgenden Stelle hervorgeht, auf die der Vollständigkeit halber noch kurz eingegangen werden soll: D. 37.1.16 Paulus 3 sent. Quotiens is, cui bonorum possessio ab altero postulata est, furere coeperit, magis probatum ratum eum videri habuisse: rati enim habitio ad confirmationem prioris postulati pertinent.298

Ist die Person, für die jemand den Antrag auf Erteilung der bonorum possessio gestellt hat, anschließend geisteskrank geworden, so spricht nach Paulus mehr (magis) für die Annahme, dass diese Person ihre Genehmigung erteile. Denn die Genehmigung betreffe die Bestätigung der früheren Forderung (rati enim habitio ad confirmationem prioris postulati pertinet). Es stellt sich die Frage, welche Situation dieser Entscheidung zugrunde liegt, genauer gesagt, welche Beziehung zwischen dem Berufenen und dem Antragsteller vorliegt: Hat ein unbeauftragter Geschäftsführer den Antrag auf Erteilung der bonorum possessio gestellt und ist der dominus negotii vor Erteilung der ratihabitio erkrankt oder besteht zwischen tatsächlichem Antragsteller und Berufenen ein Auftragsverhältnis (mandatum) und hat der Mandant seine Handlungsfä296

A. Wacke, SZ 121 (2004), 351. S. dazu § 21 I. der Untersuchung. 298 Die Konjektur Mommsens (Mommsen/Krüger, Corpus Iuris Civilis I, 544 Fn. 9), s. auch E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 166 Fn. 203, ein „non“ zwischen eum und videri einzuschalten, ist abzulehnen. Dann würde der Schlusssatz besagen, dass die ratihabitio in einer positiven Bestätigung bestehe, eine solche aber von einem Wahnsinnigen nicht ausgehen könne. Diese Deutung ist abzulehnen, weil dann die Aussage überflüssig erschiene, denn dass derjenige, welcher vor Erteilung der ratihabitio geschäftsunfähig geworden ist, ganz gewiss nicht wirksam genehmigt hat, steht wohl außer Zweifel, so zu Recht Hellmann, Stellvertretung (1882), 134. Ablehnend auch Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 902. Finazzi kritisiert an der Deutung Mommsens, dass dabei der Satz im Widerspruch zu dem vorangegangenen Satz interpretiert werde. 297

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

higkeit verloren, bevor der Prätor ihm per Dekret den Nachlassbesitz erteilt hat? Zugunsten der ersten Annahme scheint die Passage „ratihabitio rati enim habitio ad confirmationem prioris postulati pertinet“ zu sprechen, da die ratihabitio an sich, wie oben gesehen, nur erforderlich bei einem Antrag eines Geschäftsführers ohne Auftrag ist.299 Wie bereits Kacprzak300 richtig erkannt hat, könnte aber in diesem Fall die oben erwähnte Passage nicht dazu dienen, die Fiktion zu begründen, dass die ratihabitio erteilt werde. Im Gegenteil, wie sich aus Africanus D. 46.8.24.1301 ergibt, hängt in einem solchen Fall die Wirksamkeit des Antrags von der Genehmigung des Berufenen ab. Die Ansicht von Paulus wird eigentlich nur dann verständlich, wenn man annimmt, dass Gegenstand seiner Entscheidung der Antrag eines Mandatars ist.302 Dies würde jedenfalls seine Erwägung rechtfertigen, die (fingierte) Genehmigung stelle die Bestätigung des schon einmal zum Ausdruck gebrachten Willens dar.303 Auch diese Entscheidung knüpft materiellrechtlich daran an, dass das ius bonorum possessionis ein höchstpersönliches Recht ist. Die Leitlinie ist, dass beim Nachlassbesitz alles unmittelbar von dem zur bonorum possessio Berufenen aus beurteilt werden muss.304 Der Antrag soll nur dann wirksam sein, wenn der „Vertretene“ in dem Moment der tatsächlichen Antragstellung ein Mandat dazu hätte erteilen können oder selbst einen Antrag hätte stellen können. Da dies bei einer Person, die nachträglich geschäftsunfähig geworden ist, natürlich nicht möglich ist, operiert Africanus mit der Fiktion der Erteilung der ratihabitio. Es wird demnach der Erwerbswille trotz später eingetretener Geisteskrankheit gewissermaßen noch als vorhanden angenommen. 3. Kapitel

Die Rechtslage unter Justinian Ein näherer Blick ist auch noch auf zwei Konstitutionen von Justinian zu werfen, da sie möglicherweise Rückschlüsse im Hinblick auf die ratihabitio und ihre Wirkung im klassischen römischen Recht erlauben. Die Konstitutionen C. 5.16.25 und C. 4.28.7 pr. entfachten im 19. Jahrhundert eine Diskussion über die Allgemeingültigkeit der Rückwirkung der ratihabitio.305 Es ging insbesondere darum, ob die Rückwirkung der ratihabitio auch für Fälle der Bestätigung gilt.

299 300 301 302 303 304 305

S. Africanus D. 46.8.24.1 in § 21 II. der Untersuchung. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 126. S. § 21 II. der Untersuchung. So auch Bertolini, Ratifica I (1889), 115; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 129 f. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 126. Leist, Fremde Vermögensangelegenheiten (1855), 148. S. dazu Müller, Bestätigung (1989), 81 ff., 153 ff.

3. Kap.: Die Rechtslage unter Justinian

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§ 22 Justinian C. 5.16.25 (528) – Ratihabitio von Schenkungen unter Ehegatten und des Hausvaters an Hauskinder Justinian C. 5.16.25 Imp. Iustinianus A. Menae pp. Donationes, quae parentes in liberos cuiuscumque sexus in potestate constitutos conferunt vel uxor in suum maritum vel maritus in suam uxorem vel alteruter eorum in aliam personam, cui constante matrimonio donare non licet, vel ipsae aliae personae in eam cui donare non poterant, ita firmas esse per silentium donatoris vel donatricis sancimus, si usque ad quantitatem legitimam vel eam excedentes actis fuerint intimatae. nam amplioris quantitatis donationem minime intimatam nec per silentium eius qui donavit confirmari concedimus. 1. Sin vero specialiter eas in suprema voluntate donator vel donatrix confirmaverit, sine ulla distinctione ratae habebuntur, ita tamen ut, si quidem ultra lege finitam quantitatem expositae minime actis intimatae fuerint, specialis earum confirmatio ex eo tempore vim habeat, ex quo eaedem donationes confirmatae sunt. 2. Sin vero vel non amplior sit donatio vel, cum amplior esset, in actis insinuata sit, tunc et silentium donatoris vel donatricis et specialis confirmatio ad illud tempus referatur, quo donatio conscripta sit: sicut et alias ratihabitiones negotiorum ad illa reduci tempora oportet, in quibus contracta sunt. nec in ceterum subtilem divisionem facti vel iuris introduci posse. D. III id. Dec. dn. Iustiniano A. II cons. (a. 528)

Die Konstitution hat die Wirksamkeit von zwei Arten von Schenkungen zum Gegenstand: einmal Schenkungen unter Ehegatten und zum anderen Schenkungen von Hausvätern an Kinder, die sich in seiner Gewalt befinden. Zur Vorgeschichte: Schenkungen des pater familias an das gewaltunterworfene Kind waren im klassischen und nachklassischen Recht rechtlich unmöglich und nichtig.306 Die donatio inter virum et uxorem war in klassischer Zeit verboten307 und nichtig.308 Allerdings waren bereits in klassischer Zeit Ausnahmen von diesem Verbot anerkannt. So durfte nach einer oratio Severi aus dem Jahre 206 n. Chr.309 der beschenkte Ehegatte das Geschenk behalten, wenn der Schenker verstorben war, ohne die Schenkung bis zum Tod widerrufen zu haben. Konstantin ordnete 323 n. Chr. für Schenkungen körperlicher Sachen Sachübergabe, Beurkundung und behördliche Registrierung der Urkunde (insinuatio) an.310 Das Schenkungsverbot blieb auch unter Justinian bestehen, wurde jedoch, wie aus der vorliegenden Konstitution hervorgeht, durch Ausnahmen abgemildert.311 306

S. oben die Ausführungen in § 20 I. der Untersuchung. In der romanistischen Literatur ist die Frage hinsichtlich des Ursprungs und der Motive des Schenkverbotes unter Ehegatten umstritten, s. Kaser, RP I (1971), § 79 III 1 (331) m.w. N. Zur Herkunft des Verbots s. auch Misera, Der Bereicherungsgedanke bei der Schenkung unter Ehegatten (1974), 238 ff. 308 Vgl. Ulpian D. 24.1.1. 309 Zur oratio Severi s. Ulpian D. 24.1.32 und Kaser, RP I (1971), § 79 III 1 (332 m. Fn. 34). 310 Kaser, RP II (1975), § 265 I 1 (394 f.). 311 S. auch Kaser, RP II (1975), § 218 II 2 (172); § 265 III 1 (399). 307

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

Justinian integrierte in C. 5.16.25 das Wirksamwerden der Schenkung per silentium donatoris in das System der Registrierungspflicht. Unter ihm bestand die von Konstantin eingeführte behördliche Registrierungspflicht weiter, aber nur für Schenkungen größeren Umfangs (über 300, später 500 solidi)312, und sie wurde auch auf das Schenkungsversprechen erstreckt.313 Im Principium wird die Heilung der ungültigen Schenkung durch silentium nur dann für zulässig erachtet, wenn diese nicht das gesetzliche Maß überschritten hat oder, falls dies der Fall ist, sie behördlich registriert ist. § 1 des Fragments betrifft die ausdrückliche „Bestätigung“ (confirmatio) einer nichtigen Schenkung durch letztwillige Verfügung mit der Maßgabe, dass die confirmatio, wenn die Schenkung über den gesetzlich festgelegten Betrag hinausgeht und nicht bei der Behörde registriert ist, ex nunc wirkt. § 2, dem im vorliegenden Zusammenhang das besondere Interesse gilt, enthält die Regel, dass die Wirkungen der confirmatio (sowohl des Stillschweigens des Schenkenden wie auch der ausdrücklichen Bestätigung) auf den Zeitpunkt des Schenkungsakts zurückbezogen werden, sofern die Schenkung nicht die quantitas legitima überschreitet oder registriert ist. Justinian ordnet also an, dass die letztwillige Bestätigung die Schenkung von Anfang an gültig macht, wenn beim Abschluss derselben die Insinuationsvorschriften gewahrt sind, andernfalls gilt dies nur von der Zeit der Bestätigung an. Justinian begründet dies mit folgender Überlegung: sicut et alias ratihabitiones negotiorum ad illa reduci tempora oportet, in quibus contracta sunt. nec in ceterum subtilem divisionem facti vel iuris introduci posse. (So wie auch in anderen Fällen die Genehmigungen von Rechtsgeschäften auf diejenigen Zeitpunkte zurückbezogen werden sollen, in denen sie vereinbart worden sind und künftig für die divisio subtilis vel facti iuris kein Platz mehr ist.) Die Schwierigkeit besteht darin, die Bedeutung der divisio facti vel iuris zu bestimmen. Die Glosse führt die divisio facti vel iuris auf die Unterscheidung zwischen einem Tatbestandsirrtum des Schenkers über die Größe des Geschenks und einem Rechtsirrtum über die Rechtmäßigkeit der Schenkung zurück.314 Das wichtigste Gebiet der divisio facti vel iuris war im römischen Recht in der Tat die Irrtumslehre.315 Hinweise auf diese Thematik fehlen allerdings in der Konstitution gänzlich.316 Abwegig erscheint auch die schon bei älteren Schriftstellern 312

Vgl. Justinian C. 8.53 (54).34, 36 (529). Dazu Kaser, RP II (1975), § 265 I 2 (397). Vgl. Justinian C. 5.16.25 pr. (528); Kaser, RP II (1975), § 265 I 2 (397). 314 Gl. Posse ad C. 5.16.25: forte distinguebatur utrum vir donans errabat in facto credens rem donatam hic non valere ultra legitimam summam vel verius quia credebat valere donationem. 315 Vgl. Papinian D. 22.6.8. 316 Vgl. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 127 („Sehr schwach ist die Bemerkung der Glosse“); abl. auch v. Griesinger, Ratihabition (1862), 9. 313

3. Kap.: Die Rechtslage unter Justinian

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vorkommende Annahme, die divisio beziehe sich auf einen Schulenstreit zwischen Sabinianern und Prokulianern darüber, ob die ratihabitio einer gestio ein Mandatsverhältnis erzeuge oder nicht.317 In dem Fragment ist kein Fall einer negotiorum gestio entschieden, sondern es ist nach moderner Doktrin von der ratihabitio im Sinne einer Bestätigung die Rede. Es überzeugt nicht, dass Justinian, der von der Bestätigung von Schenkungen unter Ehegatten und an Hauskinder ausgeht, sich auf einmal mit der Frage beschäftigt, ob die ratihabitio einer gestio ein Mandatsverhältnis begründet, ohne diesen Übergang auch nur im Ansatz anzudeuten.318 Zum Teil319 wird angenommen, die divisio facti vel iuris habe sich darauf bezogen, dass im römischen Recht die Beurteilung der Rückwirkung der ratihabitio einmal als quaestio facti, also als eine Tatfrage aufgefasst wurde und die Rückwirkung vom Willen des Genehmigenden abhängig sein sollte, und ein anderes Mal als quaestio iuris, also als eine Rechtsfrage eingestuft wurde mit der Folge der Befürwortung der Rückwirkung aus Rechtsgründen.320 Auch die Ansicht von Cujaz,321 wonach Justinian danach unterschieden habe, ob die ratihabitio ein faktisches Verhältnis (etwa die possessio) oder ein Rechtsverhältnis betrifft und an die Rückbeziehung des Besitzerwerbs im Gegensatz zum Rechtserwerb zu denken sei, scheint nicht überzeugend, da die Konstitution zweifelsohne den rechtsgeschäftlichen Bereich betrifft.322 Die Prüfung des Quellenmaterials hat indessen gezeigt, dass bei der ratihabitio ein klassischer Streit über die Beilegung der Rückwirkung nicht bestand.323 Die klassischen Juristen haben von Fall zu Fall entschieden, so dass es jeweils auf die konkreten Umstände des Einzelfalles ankam. Es bleibt die Möglichkeit, dass Justinian aufgrund der unterschiedlichen Entscheidungen in den Quellen einen Streit unter den klassischen Juristen aus einem bloßen Missverständnis heraus behauptet oder gar frei erfunden hat.324 Eine solche Annahme hält Kaser generell für eine Fehleinschätzung.325

317

So bereits schon v. Seuffert, Ratihabition (1868), 127. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 127. 319 Pernice, Labeo A I (1873), 518; zust. Schindler, Justinian (1966), 189 f.; Wesener, in: Festschrift für Herdlitczka (1972), 277; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 913. 320 Vgl. zur Unterscheidung zwischen quaestio facti und iuris Celsus D. 24.1.47; Pomponius D. 50.16.122; Julian D. 39.5.2.7; Marcellus D. 45.1.94; Papinian D. 48.5.12.12. 321 Cujaz, Opera VIII (Prati 1839), Sp. 1489: Quidam enim aiunt ratihabitionem confirmare ea tantum, quae sunt facti, ut gestionem, possessionem, pactionem, non ea quae sunt iuris. Iustinianus vult omnia illam confirmare. 322 So auch v. Griesinger, Ratihabition (1862), 9; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 912. 323 S. §§ 16–23 der Untersuchung. 324 Vgl. Schindler, Justinians Haltung (1966), passim. 325 Kaser, RP II (1975), § 194 II 2a (35 Fn. 16). 318

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

Möglich ist aber auch, dass die divisio hier gar nicht auf eine Kontroverse unter den veteres abzielt. Vielleicht hielten die veteres einhellig an der subtilis divisio fest, so dass unter ihnen eine Rückwirkung der confirmatio überhaupt nicht stattfand und Justinian nun von sich aus meint, man solle doch die Unterscheidung von faktischem und rechtlichem Bestand einer Schenkung nicht zu spitzfindig durchführen. Denkbar ist ferner, dass unter den veteres streitig war, wie sich die Rechtslage zwischen Schenkung und confirmatio gestaltet, ob für die Wirksamkeit der Schenkung der faktische Schenkungsakt, die Zuwendung, oder die juristische Gültigkeit infolge der späteren confirmatio, d. h. der Moment des Todes des Schenkers326 entscheidend war.327 Es gab vielleicht Stimmen, die hier auf den Schenkungsakt abstellen wollten und andere, die sich auf den Zeitpunkt des Todes des Schenkers beziehen wollten. Praktische Bedeutung hat diese Frage etwa, wenn der Schenkungsgegenstand eine Nutzungen tragende Sache wie zum Beispiel ein Landgut ist, denn dann stellt sich die Frage der Nutzungsziehungsberechtigung für die Zeit bis zur confirmatio. Auch wenn sich eine sichere Beantwortung der Frage, was unter der divisio facti vel iuris zu verstehen ist, kaum geben lassen wird, spricht einiges dafür, dass sich die von Justinian angesprochene divisio speziell auf die Schenkung bezog. Justinian hebt die divisio dadurch auf, indem er das Nichtwiderrufen der Schenkung beziehungsweise die testamentarische Bestätigung als Formen der (konkludenten) ratihabitio ansieht. Im Grunde geht es Justinian in erster Linie darum, die Anordnung der Rückziehung der confirmatio zu rechtfertigen. Justinian bedient sich hierzu einer Analogie des Nichtwiderrufs mit der ratihabitio. Damit kommt es auf den Zeitpunkt der Vornahme der Schenkung und nicht auf den Zeitpunkt des Todes des Schenkers an. Möglicherweise gab den Anstoß hierzu die Behandlung der donatio mortis causa inter virum et uxorem, der Ehegattenschenkung auf den Todesfall, bei der zum Teil eine Rückwirkung angenommen wurde,328 so dass die testamentarisch oder mit dem bloßen Tode des Schenkers konfirmierte Schenkung vielleicht insoweit der mortis causa donatio angenähert werden sollte. Aber das ist ein anderer großer Themenkomplex, der hier nicht näher vertieft werden soll.

326 Entscheidend ist danach natürlich nicht etwa der Zeitpunkt der Niederschrift des letzten Willens, sondern der Moment des Todes des Testators, s. auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 126. 327 Auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 127 ff. glaubt, Justinian habe einen Streit über die Rechtslage zwischen Schenkung und confirmatio beilegen wollen. In der Sache auch Willems, Justinian (2017), 83. 328 Vgl. D. 39.6.40 Papinian 29 quaest. Si mortis causa inter virum et uxorem donatio facta sit, morte secuta reducitur ad id tempus donatio, quo interposita fuisset.

3. Kap.: Die Rechtslage unter Justinian

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Ein anderes Verständnis ist auch nicht deshalb geboten, weil der Text erweitert wurde um omnes ratihabitiones. Der positivrechtlichen Anordnung der Rückwirkung der ratihabitio sollte dadurch nur eine über das Recht der Schenkungen hinausgehende Bedeutung eingeräumt werden. Die Konstitution verfolgte insoweit auch den Zweck, den klassischen Grundsatz der Einzelfallösungen im Hinblick auf die Rückwirkung der ratihabitio aufzugeben und der durch sie hervorgerufenen Rechtsunsicherheit ein Ende zu bereiten. Der Umstand, dass selbst eine verbotene Ehegattenschenkung unter Justinian registriert werden musste, zeigt, dass er sie in der Sache durchaus anerkannte. Justinian hätte das Schenkungsverbot auch ganz abschaffen können. Formal wollte Justinian aber an dem Schenkungsverbot aufgrund seiner klassizistischen Grundhaltung festhalten.329 Inhaltlich wollte er das Schenkungsverbot über die Rückwirkung der ratihabitio soweit wie möglich umgehen. „Um das überkommene Gedankengut den Bedürfnissen der eigenen Zeit anzupassen, war es [für Justinian] unvermeidlich, ihren Inhalt durch die Einbeziehung der Gesetze aus der nachklassischen Zwischenzeit weiterzubilden und zu ergänzen.“ 330 Dass Justinian dabei weder terminologisch noch dogmatisch zwischen Genehmigung und Bestätigung unterscheidet, ist offensichtlich und entspricht auch dem klassischen Rechtszustand.331 Er dehnt die Rückwirkung der ratihabitio auf alle Rechtsgeschäfte aus, obgleich es sich nach heutiger Dogmatik um Bestätigungsfälle handelt, was nicht bedeutet, dass Justinian kein Bewusstsein für den Unterschied von Genehmigung und Bestätigung in der Sache hatte.

§ 23 Justinian C. 4.28.7 pr. (530) – Ratihabitio von Darlehen an Hauskinder Justinian C. 4.28.7 pr. Imp. Iustinianus A. Iuliano pp. Si filius familias citra patris iussionem vel mandatum vel voluntatem pecunias creditas acceperit, postea autem pater ratum habuerit contractum, veterum ambiguitatem decidentes sancimus, quemadmodum, si ab initio voluntate patris vel mandato filius familias pecuniam creditam accepisset, obnoxius firmiter constituebatur, ita et si postea ratum pater habuerit contractum, validum esse huiusmodi contractum, cum testimonium paternum respuere satis iniquum est. necesse est enim patris ratihabitionem principali patris mandato vel consensui non esse absimilem, cum nostra novella lege et generaliter omnis ratihabitio prorsus trahitur et confirmat ea ab initio quae subsecuta sunt. et haec quidem de privatis hominibus sancienda sunt. D. XII k. Aug. Lampadio et Oresta vv. cc. conss. (a 530)

Die Konstitution behandelt die Wirkung der ratihabitio des Hausvaters vor dem Hintergrund des SC Macedonianum.332 Justinian ordnet veterum ambiguita329 330 331 332

Vgl. Kaser, RP II (1975), § 194 II 1 (33 ff.). Kaser, RP II (1975), § 194 II 1 (34). S. die Ausführungen im 8. Teil (Appendix). Das auch unter Justinian weiterhin Bestand hatte.

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

tem decidentes an, dass ein Darlehensgeschäft des filius familias durch die ratihabitio des pater familias rückwirkend zur Wirksamkeit gelangt, weil es unbillig sei, die väterliche Erklärung zurückzuweisen. Denn die Genehmigung des Vaters sei dem Auftrag oder der Einwilligung des Vaters nicht unähnlich, da nach der novella lex jede Genehmigung überhaupt gänzlich zurückbezogen werde, und dasjenige, was von Anfang geschehen ist, bestätige („cum nostra novella lege et generaliter omnis ratihabitio prorsus trahitur et confirmat ea ab initio quae subsecuta sunt“). Unter der novella lex wird nach allgemeiner Auffassung in der Romanistik das nur zwei Jahre ältere, hier schon bekannte Gesetz C. 5.16.25333 verstanden.334 Das SC Macedonianum335 (aus der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts n. Chr.) verbot in klassischer Zeit das (in der Regel wucherische336) Darlehen an gewaltabhängige Haussöhne. Das SC ordnete nicht die Nichtigkeit des Darlehensvertrages an, sondern das Verbot wurde durch Versagung des Rückforderungsanspruches und Gewährung einer Einrede umgesetzt. Es bestimmte, dass gegen einen gewaltabhängigen Haussohn, dem ein Darlehen ausgezahlt worden war, auch337 nach dem Tod des Vaters nicht auf Rückzahlung geklagt werden konnte.338 Indem das SC Macedonianum die Rückforderung des Darlehens auch nach dem Tod des Vaters ausschloss, sollte das Motiv der Söhne beseitigt werden, ihre Väter zu ermorden, um auf diese Weise an die Erbschaft zu gelangen. Darlehensgeschäfte, bei denen Gläubiger und Schuldner auf den Tod des Gewalthabers spekulierten, sollten unmöglich gemacht werden.339 Das SC Macedonianum stell-

333

S. § 22 der Untersuchung. So z. B. v. Griesinger, Ratihabition (1862), 9; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 129; Bertolini, Ratifica II (1891), 43 f.; Wesener, in: Festschrift für Herdlitczka (1972), 277; A. Wacke, SZ 112 (1995), 287; ders., SZ 121 (2004), 355; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 914. 335 Vgl. Ulpian D. 14.6.1 pr.; Kaser, RP I (1971), § 124 II (532). 336 Die den Haussöhnen auferlegten Zinsen waren nach allgemeiner Vermutung besonders hoch, um das gesteigerte Risiko zu kompensieren, dass der Sohn (z. B. auf einem Kriegszug) vor seinem Vater starb und der Gläubiger das Geld nicht zurückerhielt, so A. Wacke, SZ 112 (1995), 249. 337 Zu Lebzeiten des Vaters waren Hauskinder vermögensunfähig. Deshalb war eine Klage gegen sie nicht durchsetzbar. Die Vermögensvollstreckung war gegenstandslos und der Gläubiger hat praktisch auf die Erreichung der Vermögensfähigkeit durch den Schuldner, üblicherweise infolge des Todes des Vaters, warten müssen. 338 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 178. Der Prätor konnte die Rückzahlungsklage des Darlehensgebers denegieren oder aber, wenn ihm die Aufklärung, ob ein unzulässiges Darlehen vorlag, nicht möglich erschien, gegen die Rückzahlungsklage des Darlehensgebers die exceptio SCti. Macedoniani gewähren und damit für die Klärung des Tatbestands vor dem iudex sorgen. Auch der pater familias konnte wegen des dem Hauskind Dargeliehenen nicht mit der actio de peculio belangt werden, s. z. B. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 178. 339 Den Anlass zur Einführung des SC Macedonianum soll das Verbrechen eines Haussohnes namens Macedo gegeben haben, der, von seinen Gläubigern unter Druck 334

3. Kap.: Die Rechtslage unter Justinian

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te damit kein rechtliches, sondern ein faktisches Darlehensverbot dar.340 Es diente über den Schutz des pater familias hinaus wohl auch der Bekämpfung von Luxus und Verschwendung.341 Nach der Aussage Justinians in C. 4.28.7 pr. soll im Zusammenhang mit der Genehmigung des Darlehensvertrages eine ambiguitas veterum (ein Meinungsstreit unter den älteren Juristen) bestanden haben. Der genaue Streitstand ist leider nicht überliefert und wird im romanistischen Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Zunächst einmal ist fraglich, ob die in der Konstitution erwähnten veteres klassische oder postklassische Juristen waren. Bezeichnungen wie veteres in Gesetzen Justinians weisen, anders als man meinen sollte, keineswegs immer auf einen klassischen Streit hin.342 Das Schrifttum geht aber überwiegend davon aus, dass der von Justinian hier geschilderte Meinungsstreit der klassischen Zeit angehört.343 Eine Ansicht vermutet, die von Justinian berichtete ambiguitas veterum beziehe sich darauf, dass die Genehmigungsfähigkeit der Darlehensaufnahme durch einen Gewaltunterworfenen als solche umstritten war.344 Andreas Wacke345 mutmaßt, einige klassische römische Juristen hätten möglicherweise die Genehmigungsfähigkeit im Hinblick auf die Zugehörigkeit des Darlehensverbotes zum ius publicum in Frage gestellt.346 Der Schutz aus dem SC schien manchen womöglich deshalb unverzichtbar, weil es eine Maßnahme im öffentlichen Interesse (publica utilitas) zur Bekämpfung von Luxus und Verschwendung sowie zur Verhinderung des Vatermords war. Es wird auch in Erwägung gezogen, dass die Kontroverse darin bestand, ob der ratihabito eine Rückwirkung zukommt oder nicht.347 gesetzt, seinen Vater ermordet habe, vgl. Ulpian D. 14.6.1 pr.; Daube, SZ 65 (1947), 308 ff.; Kaser, RP I (1971), § 142 II (532); A. Wacke, SZ 112 (1995), 253 f., 297 f. 340 So auch Strobel, in: Festschrift für Bürge (2017), 191. 341 A. Wacke, SZ 112 (1995), 254 sieht als „eigentliches Primärziel“ des Senatsbeschlusses die „Bekämpfung der Verschwendung“ an. Die Verhinderung von Vatermord sei nur „Sekundärziel“. 342 Schindler, Justinians Haltung (1966), 53 f. 343 Von einer klassischen Streitfrage gehen z. B. aus Fein, AcP 26 (1843), 181 Fn. 32; Siber, in: Gedenkschrift für Mitteis (1926), 53; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 110; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 916 f. S. auch Kaser, RP I (1971), 124 II (532 Fn. 30), der dies zumindest in Betracht zieht. In RP II (1971), § 262 I 2 (370) nimmt Kaser an, dass Justinians Gesetz „außer Streit“ stelle, dass die Genehmigung des Hausvaters den Vertrag gültig macht. 344 In diesem Sinne Bertolini, Ratifica II (1891), 2, 49; Siber, in: Gedenkschrift für Mitteis (1926), 53; A. Wacke, SZ 112 (1995), 287 ff.; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 109 ff.; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 915. Abl. Schindler, Justinians Haltung (1966), 188 f.; Strobel, in: Festschrift für Bürge (2017), 193. 345 A. Wacke, SZ 112 (1995), 288. 346 Vgl. Papinian D. 2.14.38. 347 Vgl. Fein, AcP 26 (1843), 181 Fn. 32; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 216 f. (Zimmermann, ebd., 217 Fn. 284 räumt allerdings ein: „Es kann allerdings nicht in Abrede gestellt werden, daß sich Justinian in einer Weise äu-

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

Der Wortlaut der Konstitution spricht dafür, dass Bedenken gegen die Tauglichkeit der ratihabitio als solche bestanden, das SC Macedonianum außer Kraft zu setzen. Es hat nach dem justinianischen Bericht den Anschein, dass einige (klassische) Juristen die nachträgliche ratihabitio des pater familias nicht zugelassen haben. In den Quellen finden sich aber für die von Justinian angedeutete Streitfrage keinerlei Anzeichen.348 Die Digesten bejahen vielmehr eindeutig die Genehmigungsfähigkeit der Darlehensaufnahme: Einen Fall stillschweigender Genehmigung des pater familias durch Unterlassen rechtzeitigen Widerspruchs ab Kenntnisnahme enthält Paulus D. 14.6.16.349 Ein Fall einer konkludenten Genehmigung findet sich auch unter dem Digestentitel De senatus consulto Macedoniano in Ulpian D. 14.6.9.3, wenn der Vater der Bürgschaftsübernahme eines Dritten für das vom Sohn aufgenommene Darlehen zustimmt, da man dadurch auch die Hauptschuld als genehmigt ansehen könne.350 Einen weiteren Fall konkludenter Genehmigung behandelt Ulpian D. 14.6.7.15.351 Der Senatsbeschluss findet danach keine Anwendung, wenn der Vater mit der Rückzahlung eines Teilbetrages des Darlehens begonnen hat, da er damit gleichsam genehmige.352 Wie bereits gesagt, gibt es entgegen der Darstellung Justinians auf der Ebene der Quellen keine Spur dafür, dass ein Teil der römischen Juristen die Genehmi-

ßert, als ob er auch die Frage entscheide, ob das contra S.C. Mac. aufgenommene Darlehen durch Ratihabition überhaupt gültig (klagfähig) werde“). Für eine Kontroverse über die Rückwirkung auch Schindler, Justinians Haltung (1966), 190; Müller, Bestätigung (1989), 153 ff.; De Filippi, Ratihabitio (2002), 62; Willems, Justinian (2017), 81; Strobel, in: Festschrift für Bürge (2017), 193. 348 So auch Bertolini, Ratifica II (1891), 6; Schindler, Justinians Haltung (1966), 188; A. Wacke, SZ 112 (1995), 288; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 915; Willems, Justinian (2017), 81; Strobel, in: Festschrift für Bürge (2017), 193. 349 D. 14.6.16 Paulus 4 resp. Si filius familias absente patre, quasi ex mandato eius pecuniam acceperit, cavisset et ad patrem litteras emisit, ut eam pecuniam in provincia solveret, debet pater, si actum filii sui improbat, continuo testationem interponere contrariae voluntatis. S. auch Schindler, Justinians Haltung (1966), 188; A. Wacke, SZ 112 (1995), 288, die ebenfalls auf diesen Text verweisen. 350 D. 14.6.9.3 Ulpian 29 ed. Non solum filio familias et patri eius succurritur, verum fideiussori quoque et mandatori eius, qui et ipsi mandati habent regressum, nisi forte donandi animo intercesserunt: tunc enim, cum nullum regressum habeant, senatus consultum locum non habebit. sed et si non donandi animo, patris tamen voluntate intercesserunt, totus contractus a patre videbitur comprobatus. S. auch Schindler, Justinians Haltung (1966), 188; A. Wacke, SZ 112 (1995), 288. 351 D. 14.6.7.15 Ulpian 29 ed. Hoc amplius cessabit senatus consultum, si pater solvere coepit quod filius familias mutuum sumpserit, quasi ratum habuerit. S. ferner Schindler, Justinians Haltung (1966), 188; A. Wacke, SZ 112 (1995), 288; ders., SZ 121 (2004), 348; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 915. Aus einer Teilzahlung des pater familias ist der Wille zur Totalbestätigung des Geschäfts zu folgern, so Kacprzak, Ratihabitio (2002), 108, nach A. Wacke, SZ 121 (2004), 348 gilt das nur bei Vorliegen konkreter Indizien. 352 Der Haussohn selbst kann nach seiner Gewaltentlassung die verbotene Darlehensaufnahme gleichfalls genehmigen, Severus/Antoninus C. 4.28.2 (198).

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gungsfähigkeit des vom filius familias abgeschlossenen Darlehensvertrages verneinte. Auch zu der Frage der Rückwirkung der ratihabitio ist den Digestenfragmenten insoweit keine Kontroverse zu entnehmen. Und doch kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Kompilatoren aufgrund ihrer Harmonisierungsbestrebungen, um Widersprüche in den Digesten zu bereinigen, bewusst Passagen ausgelassen haben, in denen vielleicht eine entgegengesetzte Meinung im Sinne der Unbeachtlichkeit der Genehmigung berichtet wurde.353 Unterschiedliche Auffassungen im Zusammenhang mit der ratihabitio beim SC Macedonianum erscheinen jedenfalls denkbar. Vorstellbar ist, dass einzelne Juristen die Rückwirkung speziell im Falle eines an sich verbotenen Darlehensgeschäftes versagten354 oder dass sie die Rückwirkung nur zuließen, soweit sie dem Willen des Genehmigenden entsprach.355 Mögliche Gründe dafür, dass der Vater ein Interesse daran hat, seine Genehmigung nur mit ex nunc-Wirkung auszusprechen, sind etwa gegeben, wenn der Sohn bereits einen Teil des Darlehensbetrages ausgegeben hatte.356 Sein Genehmigungswille beschränkte sich dann auf die beim Sohn noch vorhandenene Bereicherung aus dem Darlehen.357 Eine ratihabitio pro parte war grundsätzlich zulässig.358 Dem Genehmigenden fehlte es wohl auch an einem Rückwirkungswillen, wenn eine Änderung der Zinskonditionen zugunsten des Darlehensnehmers aufgrund entsprechender Entwicklungen auf dem Darlehensmarkt in Frage stand.359 Vor dem Hintergrund, dass das SC Macedonianum über den Schutz des pater familias hinaus wohl auch der Bekämpfung von Luxus und Verschwendung diente,360 ist auch über die Möglichkeit einer ratihabitio als solche eine klassische Diskussion denkbar, allein schon aus der Überlegung heraus, dass ein wichtiger Zweck des SC Macedonianum darin bestand, die Geldverleiher davon abzu353 So auch Schindler, Justinians Haltung (1966), 188; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 915 f.; Willems, Justinian (2017), 81. 354 Schindler, Justinians Haltung (1966), 190; Willems, Justinian (2017), 81. 355 A. Wacke, SZ 112 (1995), 288 f. 356 A. Wacke, SZ 112 (1995), 289. 357 A. Wacke, SZ 121 (2004), 348, 355. 358 So auch z. B. A. Wacke, SZ 121 (2004), 348. Grundsätzlich ausgeschlossen ist eine teilweise Genehmigung bei unteilbaren Handlungen, A. Wacke, SZ 121 (2004), 348 Fn. 30. Die Frage, ob eine teilweise Genehmigung zulässig ist, wurde überaus kontrovers in der Pandektistik diskutiert. Für die prinzipielle Möglichkeit einer partiellen ratihabitio plädierten z. B. Beckhaus, Ratihabition (1859), 37; v. Griesinger, Ratihabition (1862), 47 ff. Gegen die Zulässigkeit einer ratihabitio pro parte z. B. Busse, De ratihabitione (1834), 34 ff.; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 79 ff.; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 167 ff.; v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 73; Mitteis, Stellvertretung (1885), 216. Hervorgerufen wurde die Kontroverse durch drei Stellen: Während Marcellus D. 46.8.17 und Pomponius D. 46.8.18 für die fragliche Zulässigkeit sprechen, scheint Paulus D. 45.1.4.1 a. E. dagegen zu sprechen. 359 A. Wacke, SZ 112 (1995), 289. 360 Siehe dazu die Nachweise in Fn. 341.

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

halten, ein Darlehen an einen Haussohn auszuzahlen.361 So lässt sich argumentieren, dass der mit dem SC Macedonianum verfolgte Zweck konterkariert würde, wenn die Geldverleiher die Aussicht hätten, dass das Geschäft noch nachträglich genehmigt werden kann.362 Damit, so könnte man meinen, würde dem zu unterbindenden Handeln sogar Vorschub geleistet werden. Auch die Überlegung, dass die ratihabitio den Sohn rechtlich sogar schlechter stellte, weil sie ihn erst recht dem Gläubigerzugriff aussetzte, da durch die ratihabitio das SC Macedonianum ausgeschlossen und der Darlehensrückzahlungsanspruch nach dem Ableben seines Vaters gegen ihn durchsetzbar war, mag manche Juristen veranlasst haben, die Genehmigung solcher Darlehen abzulehnen. Wenn der pater familias im großen Stil genehmigte, ohne dass er gleichzeitig die Schulden des Sohnes beglich, wartete auf den filius familias nach dem Tod des pater familias „ein riesiger Schuldenberg“. Etwaige Bedenken von einzelnen Juristen wären mehr als nachvollziehbar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die ratihabitio nicht dieselben Rechtsfolgen wie die vorherige Zustimmung des pater familias auslöste: Stimmte der pater familias der Darlehensaufnahme vorher zu, dann wurde dieser aus dem Darlehensgeschäft des Sohnes verpflichtet. Er haftete aus der actio quod iussu.363 Das SC Macedonianum griff deshalb nicht ein.364 Wenn der pater familias, um in eigener Person ein Darlehen aufzunehmen, seinen Sohn zum Geldempfang ermächtigte, dann haftete er statt aus der actio quod iussu aus der condictio.365 Die ratihabitio begründete dagegen keine Klage gegen ihn, regelmäßig auch nicht aus der actio quod iussu.366 Zwar war dem Sohn eine Darlehensaufnahme gestattet, soweit der Vater aus Geschäften des Sohnes mit der actio de in rem verso haftet. Die actio de in rem verso setzt aber eine Zuwendung in das Vermögen des Vaters voraus.367 Sie verlangt, dass das Darlehen auch wirklich dem Vermögen des pater familias zugewendet wird, was nicht regelmäßig der Fall gewesen sein wird. Weil der pater familias durch die ratihabitio in der Regel nicht zur Zahlung verpflichtet werden konnte, war sein Schutz nur sichergestellt, wenn seine Genehmigung an eine Zahlung geknüpft war. Es spricht vieles dafür, dass ursprünglich nur die Tatsache der Begleichung der Schulden des Sohnes durch den Vater das SC Macedonianum ausschloss.368 Wenn der pater familias freiwillig zahlte, konnte er das Geld nicht zurückfordern, weil eine erfüllbare naturalis obligatio 361 362 363 364 365 366 367 368

Schindler, Justinians Haltung (1966), 188 f. Schindler, Justinians Haltung (1966), 188 f. Vgl. Paulus D. 15.4.2.1. Vgl. Ulpian D. 15.4.1 pr. Vgl. Paulus D. 15.4.5 pr. S. dazu die Ausführungen im 5. Teil. Vgl. Ulpian D. 14.6.7.12. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 110.

3. Kap.: Die Rechtslage unter Justinian

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bestand.369 Der Gedanke einer Analogie der Rückzahlung einer Schuld zur ratihabitio lässt sich auch D. 14.6.7.15370 entnehmen, wo der Begriff ratum habuerit sekundären Charakter zu haben scheint und eine ganz untergeordnete Rolle spielt.371 Danach findet der Senatsbeschluss keine Anwendung, wenn der Vater mit der Rückzahlung eines von seinem Sohn aufgenommenen Darlehens begonnen hat, da er die Darlehensaufnahme damit gleichsam (quasi) genehmigt. Es ist nach dem Vorgesagten in der Tat denkbar, dass die ambiguitas veterum, von der in der vorliegenden Konstitution gesprochen wird, eine Genehmigung betrifft, die in Form einer bloßen Erklärung erfolgt und die weder von einer Zahlung begleitet ist, noch sonst durch konkludentes Handeln erfolgt. Eine konkludente Genehmigung in Form einer tatsächlichen Rückzahlung durch den pater familias war wahrscheinlich auch schon früher zugelassen. Justinian ging wohl dazu über, dass der pater familias die Genehmigung auch ohne begleitende Zahlung erklären konnte. Dies bedeutet aber nicht, dass die ratihabitio nach Justinian die actio quod iussu begründet. Justinian spricht im Hinblick auf das Verhältnis von ratihabitio und vorheriger Zustimmung nur von „nicht unähnlich“ (non esse absimilem). Der Hinweis auf die nunmehr unter Justinian allgemein anerkannte Rückwirkung der ratihabitio dient offenbar gerade nicht als rechtstechnisches Argument für die Beachtlichkeit der ratihabitio im Bereich des SC Macedonianum. In dem folgenden Satz necesse est enim – subsecuta sunt wird zwar auf das Gesetz C. 5.16.25.2 verwiesen. Die Entscheidung selbst in C. 4.28.7 pr. wird aber ganz wesentlich auf Billigkeitserwägungen gestützt (cum testimonium paternum respuere satis iniquum est). Billigkeitserwägungen passen zur Begründung der Gleichstellung von vorheriger Zustimmung und ratihabitio eigentlich nicht.372 Die Interessen des Darlehensgläubigers dürften hier aufgrund der Schutzrichtung des SC Macedonianum von vornherein nur von untergeordneter Bedeutung gewesen sein. Damit bleibt als Erklärung für die Tatsache, dass es sich um eine Billigkeitserwägung und nicht um eine rechtsdogmatische Argumentation zu handeln scheint, eigentlich nur, dass Justinian bei Abfassung der Vorschrift mehr von Zweckmäßigkeitserwägungen geleitet war und darauf abzielte, die Gesetzeslage zu vereinfachen.373 Justinian hat an anderer Stelle die Einfachheit eine Freundin der Gesetze genannt: Simplicitas amica legum.374 Die Billigkeitserwägung, die auf C. 5.16.25.2 Bezug nimmt, ist damit nur eine „äußerliche“, ja „vordergrün369

Vgl. A. Wacke, SZ 112 (1995), 302 f. S. den Text dazu oben in Fn. 351. 371 So Kacprzak, Ratihabitio (2002), 110. Abl. Strobel, in: Festschrift für Bürge (2017), 194 Fn. 39 mit Verweis auf das Ende von Justinian C. 4.28.7 pr. (530). 372 Vgl. auch Schindler, Justinians Haltung (1966), 191, wonach die Gleichstellung der nachträglichen Genehmigung mit Ermächtigung sich nicht aus einer Billigkeitserwägung erklären lässt. 373 In diese Richtung auch Schindler, Justinians Haltung (1966), 191. 374 Inst. 3.2.3. 370

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

dige“, die nur allgemein an die generelle Rückwirkung der ratihabitio anknüpft. Justinians Ziel war die Schöpfung eines in sich einheitlichen Gesetzeswerks, dessen einzelne Bestandteile miteinander harmonieren sollten. Da er an anderer Stelle die Rückwirkung der ratihabitio bereits ausgesprochen hatte, wollte er auch hier daran festhalten. Justinian löst einen klassischen Streit auf eine gesetzgeberische Art und Weise. 4. Kapitel

Zusammenfassung 3. Teil Aus den obigen Ausführungen ergibt sich für die Beurteilung der Rückwirkung der ratihabitio folgendes Bild: Zusammenfassend wird man sagen dürfen, dass die Römer keine feste Lehre von der Rückwirkung bei der ratihabitio kannten. Die Rückwirkung leitet sich für die römischen Juristen nicht aus der abstrakten Rechtsfigur der ratihabitio ab. Die Klassiker haben sich auch sonst nicht an einer festen Regelung orientiert, sondern sie haben die Frage der Rückwirkung als Problem der Auslegung behandelt und von Fall zu Fall entschieden. Der ratihabitio wird nur in wenigen Fragmenten, wo dies unbedingt notwendig erscheint und sich die Wirkungsweise der Genehmigung nicht auf andere Weise ergibt, explizit eine Rückwirkung zugesprochen, zum Beispiel in Form des Begriffes retro. In allen anderen Fällen lässt sich die Rückwirkung der ratihabitio indirekt aus der Entscheidung ableiten. Eine Rückwirkung der ratihabitio lässt sich etwa bei der Prozessvertretung, bei Verpfändung einer fremden Sache und bei der Einziehung einer befristeten Forderung durch einen Dritten feststellen. Es gibt auch Anwendungsfälle der ratihabitio, bei denen eindeutig keinerlei Rückwirkung im Raum steht. Fälle, in denen die römischen Juristen die Rückwirkung abgelehnt haben, sind beispielsweise solche, in denen es um eine Ersitzung geht. Wäre die Rückwirkung der ratihabitio der strikten Anwendung eines Rechtsgrundsatzes oder -prinzips geschuldet gewesen, hätten die klassischen römischen Juristen dies in den entsprechenden Quellen vermutlich deutlich gemacht, indem sie darauf bei der Begründung ihrer Entscheidungen verwiesen hätten. Obgleich aufgrund der uneinheitlichen Quellenlage die Vermutung naheliegt, dass in der Lehre zur ratihabitio im Hinblick auf ihre zeitliche Wirkung irgendwelche Gegensätze oder Kontroversen zwischen den Juristen oder den beiden Rechtsschulen bestanden haben, und derartige Vermutungen auch schon oft im romanistischen Schrifttum ausgesprochen worden sind, ließen sich in der Frage der Rückwirkung einer ratihabitio gerade kein Meinungsstreit oder gar eine Schulenkontroverse feststellen. Die einander entgegenstehenden Quellen sind, wie oben gesehen, alle anders zu erklären. Sofern die ratihabitio Rückwirkung entfaltet, leitet sich diese nicht aus der Rechtsfigur ab, sondern ergibt sich diese entsprechend der kasuistischen Vorgehensweise der Juristen aus fallspezifischen Gesichtspunkten. So ist etwa die ratihabitio bei der Einziehung einer fremden Forderung auf den Zeit-

4. Kap.: Zusammenfassung 3. Teil

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punkt der Geschäftsführung und damit des Entstehens der negotiorum gestio bezogen. Bei der Einziehung einer Forderung durch einen gestor entsteht die negotiorum gestio ipso gestu, und es bedarf der ratihabitio nur zur Herbeiführung der Befreiung des Schuldners. Im Zusammenhang mit der negotiorum gestio wird die Rückwirkung der ratihabitio nicht explizit formuliert, sondern liegt den Entscheidungen lediglich gedanklich zugrunde. Der ratihabitio „rückwirkende Kraft“ zuzusprechen ist aber auch in Fällen der negotiorum gestio nicht ganz korrekt. In diesen Fällen lässt sich nicht sagen, dass die Rückwirkung der ratihabitio „juristisch konstruiert“, d. h. im Wege der Fiktion herbeigeführt wird. Vielmehr lässt sich die Rückwirkung der ratihabitio unmittelbar aus dem Vorliegen der negotiorum gestio ableiten. Mit anderen Worten: Die Anordnung der Rückwirkung einer möglichen ratihabitio ist in der negotiorum gestio implizit enthalten. Die ratihabitio ist bezogen auf die bereits vorhandene negotiorum gestio. Es ist eine Rückwirkung auf der Tatbestandsseite, aber keine Rückwirkung auf der Rechtsfolgenseite im Sinne einer Fiktionswirkung, so wie sie im geltenden Recht in vielen Fällen anerkannt ist. Die voluntas des Geschäftsherrn scheint kein alleiniges Auslegungskriterium für die Rückwirkung der ratihabitio gewesen zu sein. Die Rückwirkung war jedenfalls nicht nur Interpretationsfrage hinsichtlich des Willens des Genehmigenden. In der Regel mag die Rückwirkung typischerweise dem Willen des Genehmigenden entsprechen, das ist aber nicht generell anzunehmen. Obgleich die Rückwirkung der ratihabitio in Fällen der negotiorum gestio regelmäßig dem Willen des dominus negotii entsprechen wird, wird dort gerade nicht auf seinen Willen verwiesen. Es spielen hier anscheinend ausschließlich andere juristische Erwägungen bei der Beilegung der Rückwirkung eine Rolle. Auch aus Marcian D. 20.1.16.1, wo ausdrücklich auf den Willen des Genehmigenden Bezug genommen wird, lässt sich nicht ableiten, dass die Rückwirkung (wie im heutigen Recht gemäß § 184 Abs. 1 BGB) dispositiv ist und der Genehmigende die Rückbeziehung ausschließen kann. Die Feststellung des Willens scheint hier weniger eine Beweis-, sondern mehr eine rechtliche Bewertungsfrage zu sein, bei der von den mutmaßlichen Interessen des Genehmigenden ausgegangen wird. Ein tatsächlich abweichender Wille in concreto scheint dabei nicht unbedingt eine Rolle zu spielen. Dass der Genehmigende eine abweichende Rechtsfolge herbeiführen kann, ist somit nicht zwingend. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage im Hinblick auf das Verständnis des Willensmoments, ob die römischen Juristen, soweit sie in ihren Entscheidungen zur Frage der Rückwirkung dem Willen des Genehmigenden Bedeutung schenkten, den individuell-konkreten oder den typisierten, hypothetischen Willen herangezogen haben. Resümierend lässt sich sagen, dass in allen besprochenen Fragmente die Rückwirkung beziehungsweise Nichtrückwirkung der ratihabitio zu einem sachgerechten Ergebnis führt. Erst Justinian betrachtet die Rückwirkung als zum Wesen der ratihabitio gehörig und ordnete sie per autoritativen Akt generell an. Justinian wollte die verzweigte klassische Kasuistik der ratihabitio vereinheit-

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3. Teil: Ratihabitio und Rückwirkung

lichen. Dass trotz des Eingreifens Justinians das Bild in den Digesten in Teilen widersprüchlich erscheinen mag, erklärt sich wohl auch aus der Nachlässigkeit der Kompilatoren. Eine solche Annahme liegt hier deshalb nahe, weil in den Quellen, die Justinians Auffassung entgegenstehen, die Nichtrückwirkung der ratihabitio an keiner Stelle ausdrücklich angeordnet wird und damit sofort ins Auge springt, sondern sie sich erst indirekt aus der Entscheidung in der Sache ergibt.

4. Teil

Ratihabitio und mandatum – Über den Ausspruch der Quellen ratihabitio mandato comparatur 1. Kapitel

Problemstellung und Meinungsstand im romanistischen Schrifttum § 24 Ausgangslage anhand der überlieferten Quellen Im Folgenden soll der Frage nach dem Verhältnis von ratihabitio und mandatum nachgegangen werden.1 Denn während in den bisher untersuchten Quellenzeugnissen und auch in anderen Fragmenten2 gestor und dominus nach Erteilung der ratihabitio weiterhin einander aus der negotiorum gestio verpflichtet sind und Scaevola in D. 3.5.83 sogar ausdrücklich konstatiert, dass auch nach der Genehmigung die Geschäftsführungsklage gegeben ist, gewährt Ulpian in D. 50.17.604 nach Erteilung der ratihabitio dem Geschäftsführer ausdrücklich die Mandatsklage und formuliert an anderen Stellen unter Bezugnahme auf Sabinus und Cassius mehrfach die Rechtsparömie ratihabitio mandato comparatur.5 Der Widerspruch zwischen diesen Stellen gibt Veranlassung zu einem lebhaften Streit in der Romanistik über die Wirkung der ratihabitio auf die Geschäftsführung. Von einigen, die D. 50.17.60 als die maßgebende Stelle ansehen, wird angenommen, dass die ratihabitio die negotiorum gestio in ein Mandat verwandle. Andere dagegen erklären D. 3.5.8 für entscheidend. Entsprechend dazu wird auch die Bedeutung der Rechtsparömie ratihabitio mandato comparatur unterschiedlich gesehen. Die negotiorum gestio weist per se eine Ähnlichkeit zum mandatum auf.6 Ihre Klagen sind sind offenbar den Mandatsklagen nachgebildet. Die negotiorum ge1

Vgl. Bertolini, Ratifica I (1889), 39: „La famosa controversia“. Vgl. Pedius/Ulpian D. 3.5.5.11; Papinian D. 47.2.81.5. Gegen eine Umwandlung sprechen auch Antoninus C. 2.18 (19).9 (217); Diokletian/Maximian C. 2.18 (19).19 (294); Alexander C. 3.32.3 (222); Diokletian/Maximian C. 3.36.20 (294); Antoninus C. 8.37 (38).3 (217). 3 S. zu dieser Stelle § 11 der Untersuchung. 4 S. zu dieser Stelle unten § 27 II. der Untersuchung. 5 Vgl. D. 43.16.1.14 und D. 46.3.12.4 sowie D. 50.17.152.2 (In maleficio ratihabitio mandato comparatur). 6 Grundlegend R. Zimmermann, Obligations (1996), 433 ff. 2

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

stio entspricht insofern dem mandatum, als Inhalt des Schuldverhältnisses die unentgeltliche Geschäftsbesorgung für einen anderen ist. Auch die Haftungsmodalitäten gleichen sich. Beim Mandat beruht die Befugnis zur Führung fremder Geschäfte jedoch auf einen consensus, bei der negotiorum gestio hingegen fehlt die vertragliche Grundlage; sie entsteht nicht ex consensu, sondern kommt ipso gestu zustande.

§ 25 Überblick über den Meinungsstand zur Bedeutung der Rechtssentenz ratihabitio mandato comparatur In der Romanistik herrscht bis heute Uneinigkeit über den Sinngehalt und die praktische Bedeutung der Parömie ratihabitio mandato comparatur, insbesondere wird kontrovers diskutiert, ob der Ausdruck mandatum im technischen Sinne des Mandatskontrakts aufzufassen ist oder nicht. Es ist schon oft im Schrifttum dargelegt worden, dass der Begriff mandatum im Sprachgebrauch der Quellen zum einen die Bedeutung von einem vertraglich verpflichtenden Auftragsverhältnis, zum anderen auch von einer einseitigen Ermächtigung hatte,7 die technisch iussus beziehungsweise iussum genannt wird.8 Die römischen Juristen waren sich der dogmatischen Unterscheidung zwischen mandatum und iussum durchaus bewusst,9 obgleich ihre Terminologie noch nicht fest war und sie mandatum und iussum nicht immer streng auseinander hielten.10 Allein das Wort mandatum lässt daher offen, ob damit nur eine Berechtigung (Ermächtigung) oder auch eine Verpflichtung zur Ausführung ausgesprochen werden soll. Ob mandatum oder iussum oder beide nebeneinander vorliegen, lässt sich nur nach der Einbettung im kontextlichen Zusammenhang beurteilen.

7 Vgl. E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 89; Drechsler, Die actio quod iussu (1877), 22 ff.; Kaser, RP I (1971), § 62 V 1 (265 Fn. 41), § 134 IV (579 mit Fn. 24); Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), 331 s. v. mandare 2). Vgl. auch Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 42, wonach das Mandat auch immer etwas hatte, „was spätere Zeiten als „Ermächtigung“ isolieren sollten“. A. A. Wieling, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 237 Fn. 11, der sich gegen die Behauptung Kasers ausspricht, das iussum werde teilweise auch als mandatum bezeichnet; zust. Klinck, SZ 124 (2007), 44 Fn. 74. 8 Kaser, RP I (1971), § 62 V 1 (265 Fn. 40). 9 Endemann, Der Begriff der delegatio (1959), 16, 18, 67 f.; Wieling, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 236. Vgl. auch die Auslegungsregel in D. 15.4.1.3 Ulpian 29 ed. Sed et si mandaverit pater dominusve, videtur iussisse. Selbst wenn der Hausvater oder der dominus ausdrücklich beauftragt hat, ist der Auftrag danach als iussum auszulegen. Gegenüber Gewaltabhängigen musste kein mandatum erteilt werden. Schon aufgrund des Gewaltverhältnisses war der Gewaltabhängige verpflichtet, im Sinne des Gewalthabers zu handeln. Das Gewaltverhältnis wirkte jedoch nur inter partes und um die Drittwirkung der Handlungen herbeizuführen, bedurfte es daher eines iussum. 10 Vgl. Modestin D. 3.3.63; Javolen D. 38.5.12; Ulpian D. 46.3.12.2; Paulus D. 46.3.56; Regelsberger, Krit. Vjschr. 11 (1869), 369.

1. Kap.: Problemstellung und Meinungsstand im romanistischen Schrifttum

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Eine schon im gemeinen Recht verbreitete Auffassung versteht den Ausdruck mandatum der Sentenz als schuldrechtliches Auftragsverhältnis und stellt dabei auf die Ähnlichkeit der Rechtsfolgen des mandatum mit den dieser Ansicht nach durch die ratihabitio ausgelösten Rechtswirkungen der negotiorum gestio ab.11 Der Geschäftsführer sei nach Erteilung der ratihabitio so gestellt, als sei er beauftragt worden, ihm werde volle Schadloshaltung zuteil.12 Nach anderer, zum Teil auch noch in neuerer Zeit vertretener Ansicht,13 die ebenfalls mandatum als schuldrechtliches Auftragsverhältnis auffasst, transformiert die ratihabitio die Geschäftsführung rückwirkend in ein mandatum, so dass die actiones mandati Platz greifen. Im gemeinen Recht14 wurde vielfach die modifizierte Ansicht vertreten, die Sentenz gelte nur einseitig zugunsten des gestor. Die gemeinrechtliche Doktrin führte dafür zur Begründung an, die ratihabitio könne als ein einseitiger Akt des dominus nur die Rechtsstellung des gestor zu seinem Schutz verbessern, nicht aber verschlechtern. Die ratihabitio begründe daher nur die Passivlegitimation des dominus zur actio mandati (contraria). Gegen den gestor sei weiterhin die actio negotiorum gestorum (directa) statthaft. Dahinter stand vor allem der Zweck, im Sinne der Pandektenharmonie einen Widerspruch zwischen D. 3.5.815 und D. 50.17.6016 zu vermeiden. In jüngerer Zeit großen Anklang hat die von Cosentini vertretene Ansicht gefunden, wonach der Begriff mandatum im Rahmen der Sentenz nicht im Sinne eines Auftragsvertrages zu verstehen ist, sondern in

11 Vgl. Chambon, Negotiorum Gestio (1848), 56 ff.; Ruhstrat, AcP 33 (1850), 228 ff., 231 f.; Köllner, Obligatio negotiorum gestorum (1856), 119 f.; v. Griesinger, Ratihabition (1862), 63; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 52 f.; v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 77 f. Fn. 19; Dernburg, Pandekten II (1903), 337 m. Fn. 23; C. Fuchs, Archiv für die practische Rechtswissenschaft 7 (1860), 292; Sturm, Negotium utiliter gestum (1878), 72; Bertolini, Ratifica I (1889), 39 ff., 57 („Ratihabitio mandato comparatur, la ratifica produce effetti analoghi al mandato“); Brückmann, Rechte des Geschäftsführers (1903), 169 ff.; Bortolucci, Ratihabitio mandato comparatur, (1916), 3 ff. 12 Vgl. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 48, 52 f.; A. Sturm, Negotium utiliter gestum (1878), 72. 13 Girtanner, De ratihabitione (1848), 6 ff.; Pernice, Labeo A I (1873), 516 (zumindest zeitweise); E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 270 Fn. 358, 271 (ohne Rückwirkung); Frese, in: Studi Riccobono IV (1936), 433; Behrends, SZ 88 (1971), 261 f. (zunächst nur mit Wirkung ex nunc, später auch ex tunc); ders., in: Festschrift für Waldstein (1993), 42; Schäfer, Spitzenmanagement (1998), 43 m. Fn. 61; Deppenkemper, Negotiorum Gestio II (2014), 328. 14 Welcker, Dissertatio (1813), 10 ff., 18; Thibaut, Versuche II 2 (1817), 217, 220 (während er in der ersten Auflage noch die andere Ansicht vertreten hat, dass die ratihabitio nur insofern die actio mandati begründe, als sie zugleich einen Auftrag für die Zukunft enthält); v. Wächter, Pandekten II (1880), 456; ders., AcP 20 (1837), 339 ff.; Unterholzner, Quellenmäßige Zusammenstellung II (1840), 603; Beckhaus, Ratihabition (1859), 51 ff., 55; Sintenis, Civilrecht II (1868), 596; Vangerow, Pandekten III (1869), 510; Ogonowski, Geschäftsführung ohne Auftrag (1877), 76; Baron, Pandekten (1896), 567 f.; Partsch, Synallagma (1931), 63, 82 ff. 15 S. zu dieser Stelle § 11 der Untersuchung. 16 S. zu dieser Stelle § 27 II. der Untersuchung.

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

der Bedeutung von Ermächtigung.17 Nach diesem Verständnis ist der Begriff comparatur also nur als Hinweis auf die übereinstimmenden Rechtswirkungen der beiden Rechtsinstitute im Außenverhältnis aufzufassen. Das schuldrechtliche Innenverhältnis bleibt demzufolge von der ratihabitio unberührt. Eine weitere sich erhebende Frage ist, ob der ratihabitio durch die Gleichstellung mit dem Mandat eine Rückwirkung beigelegt wird, oder, was ebenfalls denkbar ist, ob es aufgrund der Gleichstellung mit dem Mandat auf eine Rückwirkung der ratihabitio gar nicht weiter ankommt. Im romanistischen Schrifttum wird die Sentenz durchweg als ein der ratihabitio rückwirkende Kraft zusprechender Satz verstanden.

§ 26 Einzelfragen zur Parömie I. Klassizität der Sentenz An der Echtheit der Sentenz ratihabitio mandato comparatur sind immer wieder Zweifel laut geworden. Vielfach wird angenommen, sie beruhe auf einer nachklassischen Verallgemeinerung klassischer Einzelfälle wie zum Beispiel Ulpian D. 46.3.12.4, 43.16.1.14 und 50.17.152.1, 2 und sei für das klassische Recht ohne Bedeutung.18 Nach einer wohl im Vordringen befindlichen Ansicht ist der Satz dagegen als klassisch zu bewerten.19 Von Sabinus ist jedenfalls bekannt, dass er einen ausgesprochenen Hang zu „prägnanter Regelbildung“ und „axiomhaften Formulierungen“ hatte.20 Die Wendung comparatur begegnet bei Ulpian auch noch in anderen Zusammenhängen für rechtliche Gleichstellungen, allerdings ohne Rekurs auf Sabinus.21 Dort fin17 Cosentini, Annali Catania 1 (1947), 240 ff.; Sanfilippo, IURA 1 (1950), 497; Nicosia, Deiectio (1965), 107 Fn. 44; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 70 Fn. 45; Kaser, RP I (1971), § 62 V 1 (265 Fn. 43), § 134 IV (579 mit Fn. 24); Quadrato, Labeo 20 (1974), 218 Fn. 4; Procaccia, Tel Aviv University Studies in Law 4 (1978–1979), 14 f.; Ebert, in: Festschrift für Spendel (1992), 121 Fn. 27; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 166; A. Wacke, SZ 121 (2004), 355 Fn. 62; Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 253 ff., 271 f.; ders., Negotiorum gestio II.1, 402 Fn. 132. Wohl auch Klinck, SZ 124 (2007), 40 Fn. 58. 18 Vgl. Bortolucci, Ratihabitio mandato comparatur (1916), 3 ff.; zust. Stoll, SZ 47 (1927), 538; Levy, SZ 52 (1932), 517 Fn. 2; Ehrhardt, in: Romanistische Studien (1935), 17; Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 203 f.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 70, 114; Talamanca, Labeo 17 (1971), 232; R. Zimmermann, Obligations (1996), 434 Fn. 8; vgl. auch Kaser, RP I (1971), 482 Fn. 7 („Echtheit fraglich“). 19 Vgl. Partsch, Synallagma (1931), 83; Cosentini, Annali Catania 1 (1947), 240 ff.; Behrends, SZ 88 (1971), 261 ff.; De Filippi, Ratihabitio (2002), 179 ff.; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 49 ff.; A. Wacke, SZ 121 (2004), 355; Liebs, Lateinische Rechtsregeln (2007), R 2 (205); Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 328. 20 Behrends, SZ 88 (1971), 262 Fn. 190 mit Verweis auf Schulz, Sabinus-Fragmente (1906), 3. 21 Vgl. die rechtliche Gleichstellung der groben Fahrlässigkeit mit dem Vorsatz in Ulpian D. 11.6.1.1 (lata culpa plane dolo comparatur); s. ferner D. 34.3.7.1 (accepti latio solutioni comparatur); D. 38.5.1.1 (mortis causa enim donationes comparantur

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det eine „rechtliche Metamorphose“ der gegenüber gestellten Rechtsbegriffe oder Rechtsfiguren zweifelsohne nicht statt. Die Wendung comparatur gehörte offenbar zum festen juristischen Sprachgebrauch Ulpians, und der Nachweis in anderen Stellen ist ein Indiz für die Klassizität dieser Wendung. Möglicherweise hat Ulpian diese Formulierungsweise für eine rechtliche Gleichstellung bei Sabinus aufgegriffen. Die Stellen D. 43.16.1.14 und D. 46.3.12.422 sowie D. 50.17.152.2 machen den Interpolationsverdacht gegen den in Rede stehenden Satz eigentlich unhaltbar. Und selbst wenn man davon ausgehen sollte, dass die Sentenz in ihrer wörtlichen Fassung justinianischer oder nachklassischer Natur ist, so kann sie doch auf einen bereits vorhandenen klassischen Gedanken zurückgehen und damit einen sachlichen klassischen Kern aufweisen. II. Die Lehre von Behrends Auch nach Behrends23 begründet die ratihabitio ein mandatum im technischen Sinne zunächst mit Wirkung ex nunc und später auch ex tunc. Er nimmt an, dass die ratihabitio eine negotiorum gestio stets in ein Mandat verwandelte. Nach seiner Ansicht fasst die Sentenz ratihabitio mandato comparatur den klassischen Rechtszustand zusammen. In der Argumentation beschreitet er allerdings einen völlig anderen Weg als das übrige romanistische Schrifttum: Seine Auffassung fußt auf der Hypothese, die vorklassische sabinianische Rechtswissenschaft habe das mandatum noch nicht als Konsensualkontrakt, sondern als Realkontrakt begriffen.24 Das Mandat entstand danach aufgrund tatsächlichen Tätigwerdens für den Geschäftsherrn kraft bonae fidei interpretatio,25 d. h. im Wege einer Wertung auf der Grundlage der bona fides. Das mandatum sei also zunächst nur Ausdruck des allgemeinen Vertrauensprinzips gewesen und erst später institutionell als Konsensualvertrag aufgefasst worden. Die Vornahme der Geschäftsführung habe der bona fides wegen die beiden Teile verpflichtet, wenn der Geschäftsherr die Geschäftsbesorgung geduldet beziehungsweise widerspruchslos hingenommen habe.26 Der dominus gebe durch die Duldung einer Geschäftsführung stillschweigend die Wahrnehmung seines eigenen Interesses einem anderen, dem Beauftragten, an die Hand, so Behrends,27 mit der Deutung des Ausdrucks mandare als „Bild einer tätigen Hand, der etwas anvertraut wird und die dieses Etwas um legatis); D. 50.17.209 (servitutem mortalitati fere comparamus). Die Behauptung von Behrends, comparare komme in der Bedeutung von gleichbehandeln sonst nicht in den Quellen vor (Behrends, SZ 88 (1971), 261), trifft nicht zu. 22 Danach stellt der Grundsatz wohl Schulgut der sabinianischen Rechtsschule dar. 23 Behrends, SZ 88 (1971), 255 f. mit Fn. 165; ders., in: Festschrift für Waldstein (1993), 33 ff.; zust. Müller-Kabisch, Kündigung (2011), 27 ff. 24 Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 33 ff. 25 Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 34 ff. 26 Behrends, SZ 88 (1971), 255 f. m. Fn. 165 mit Hinweis auf Paulus D. 17.1.22.10. 27 Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 33.

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

dieses Anvertrauens willen tut“. Dieses vorklassische Gedankengut sei in der Klassik rezipiert worden.28 Die regula ratihabitio mandato comparatur sei Ausfluss eben dieser Rezeption und beruhe ebenfalls auf normativer Wertung. Sie wurde Behrends29 zufolge zu der von ihm angenommenen Rechtsfigur des sogenannten „Mandatsprokurators“ 30 entwickelt, bei dem der (Fort-)Bestand des mandatum durch geduldete Ausübung nicht von vornherein nachweisbar oder zweifelhaft war.31 Die Einsetzung als procurator absentis habe an sich ein mandatum vorausgesetzt. Aufgrund der Bestandsunsicherheit und der fehlenden Nachweisbarkeit des Mandats habe die ratihabitio irgendwann ganz dessen Platz eingenommen.32 Dies sei auch sachgerecht, denn der Geschäftsherr könne die Frage, ob eine Geschäftsführung seinem Interesse entspricht, nach der Durchführung besser beurteilen.33 Daher könne man ihm dieses Recht, wenn man nur wertend und nicht institutionell denkt, ohne Weiteres zubilligen. Folgerichtig würden das Mandat kraft Genehmigung und dasjenige kraft Duldung in D. 50.17.60 „als vom gleichen Gesichtspunkt beherrscht behandelt“. Nach Behrends kam der Sentenz zu Zeiten von Sabinus grundsätzlich nur eine ex nunc-Wirkung zu. Der Wortlaut der Sentenz lasse jedoch auch eine ex tunc-Wirkung zu, und die hochklassischen Juristen hätten der Sentenz auch eine solche Wirkung beigelegt.34 Die Prokulianer dagegen, insgesamt dem institutionellen Rechtsdenken stärker 28

Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 42. Behrends, SZ 88 (1971), 261. 30 Behrends geht (wohl angeregt durch die theoretisch zur Verfügung stehenden zwei Klagen aus Mandat und Geschäftsführung ohne Auftrag) entgegen der in der Romanistik vorherrschenden Meinung von der allmählichen Entwicklung des Prokurator aus der Tätigkeit Freigelassener für reiche Römer davon aus, dass es von Anfang an zwei verschiedene Prokuratorentypen gab, einen aufgrund eines mandatum tätig werdenden sog. „Mandatsprokurator“, der mit der actio mandati klagen und verklagt werden konnte, und einen durch republikanisches Gesetz (wegen Cicero, Pro Caecina 20.57 is qui legitime procurator dicitur) eingeführten procurator omnium rerum, der gegebenenfalls nur mit der actio negotiorum gestorum klagen und verklagt werden konnte, Behrends, SZ 88 (1971), 225 f., 229 ff., 247 f.; ders., SZ 95 (1978), 196 Fn. 18; zust. Schäfer, Spitzenmanagement (1998), 28, 237 m. Fn. 2; kritisch dazu Kaser, RP I (1971), § 137 II 1 (587 mit Fn. 11); Bürge, SZ 118 (2001), 439 m. Fn. 1; Klinck, SZ 124 (2007), 32. Zweifelhaft erscheint schon das von Behrends postulierte Gesetz zur Einführung des procurator omnium rerum, das er Cicero, Pro Caecina 20.57 (is qui legitime procurator dicitur) entnimmt, so Bürge, SZ 118 (2001), 439 Fn.1. Der Begriff legitime ist mehrdeutig und kann auch bedeuten, dass es dem Recht entspricht. Dazu und zur Auslegung von Cicero, Pro Caecina 20.57 s. Kaser, SZ 91 (1974), 190 f. und Burdese, SDHI 37 (1971) 307 ff. Cicero, Pro Caecina 20.57 beinhaltet nur einen wichtigen Fall eines procurator omnium rerum, s. Seiler, Negotiorum gestio (1968), 47 ff., 105, zust. Bürge, SZ 118 (2001), 439 Fn. 1. 31 Vgl. Behrends, SZ 88 (1971), 261 mit Fn. 189: „Solange man sie nicht auf den Mandatsprokurator bezieht, ist die Regel freilich auch nicht wirklich zu verstehen.“ 32 Behrends, SZ 88 (1971), 265 Fn. 204. 33 Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 43. 34 Behrends, SZ 88 (1971), 263, 267 ff.; s. auch ders., in: Festschrift für Waldstein (1993), 42. 29

1. Kap.: Problemstellung und Meinungsstand im romanistischen Schrifttum

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verhaftet,35 seien Anhänger der Konsenstheorie gewesen und hätten daher aus formalen beziehungsweise rechtskonstruktiven Gründen den Rechtssatz ratihabitio mandato comparatur nicht anerkennen können. Konsens sei danach ein tatsächlicher Zustand, der nicht normativ rückwirkend hergestellt werden könne.36 Die Auslegung der bona fides stand Behrends zufolge unter dem Einfluss der stoischen Rechts- und Staatsphilosophie, für die das Prinzip einer „natürlichen kooperativen Solidarität“ als Grundlage für die Verwirklichung der menschlichen Gesellschaft zentrale Bedeutung gehabt habe.37 Die Grundthese seiner Lehre, die vorklassische Rechtswissenschaft sei von den Stoikern geprägt, die auch Einfluss auf die Sabinianer hatten, und die klassische sei beeinflusst von der akademischen Skepsis und den Prokulianern, erscheint zweifellos von ihrem Ansatz her in höchstem Maße geistreich und interessant und darf allein schon deshalb hier nicht unerwähnt bleiben. Auch muss man Behrends zugestehen, dass sein Gedankengebäude, das sein gesamtes wissenschaftliches Wirken durchzieht, in sich kohärent und schlüssig erscheint. Dass Strömungen der griechisch-hellenistischen Philosophie die Denkweise der Jurisprudenz der späten Republik beeinflussten und dass sich solche Einflüsse bei den Schülern der beiden Rechtsschulen fortsetzten und sich gegebenenfalls auch in spezifischen Schulenkontroversen entfalteten, ist nicht von der Hand zu weisen. Nur lassen sich diese Einflüsse nicht en détail im römischen Recht nachweisen, und das ist die Schwierigkeit im Umgang mit der Theorie von Behrends. Sie lässt sich nicht verifizieren, und infolgedessen kann man ihr nur schwer etwas entgegensetzen. Abgesehen davon, dass der Theorie von Behrends von Teilen der Romanistik mit Zurückhaltung begegnet wird,38 birgt ein solcher Untersuchungsansatz, der letztlich darin besteht, sich von vornherein einem übermächtigen Theoriegebäude zu unterwerfen, immer die Gefahr, den Blick für mögliche Singularitäten zu verlieren, denn das Bestreben wird dahin gehen, die fragliche Theorie zu verifizieren. Aber das ist letztlich ein wissenschaftstheoretisches, methodologisches Problem, dessen Erörterung den Rahmen der Untersuchung sprengen würde. Schließlich erlaubt der hier vorliegende Untersuchungsgegenstand, der nur einen kleinen Ausschnitt der Lehre von Behrends betrifft, keine abschließende Würdigung dieser Lehre. Sie soll im Rahmen der Untersuchung deshalb nur kursorisch behandelt werden. III. Das Problem der formula Gegen die Umwandlung einer Geschäftsführung in ein mandatum wird vielfach das erstmals von Arangio-Ruiz39 geäußerte Argument vorgebracht, dass dies 35

Dazu Behrends, SZ 95 (1978), 192 ff. Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 43. 37 Dazu Behrends, SZ 95 (1978), 219. 38 Vgl. nur Harke, RabelsZ 72 (2008), 228 f.; Platschek, Index 38 (2010), 401 ff. 39 Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 198; zust. Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 283; 287 ff.; 315 f.; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 105 Fn. 12. 36

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

mit dem Wortlaut der formula der actio mandati unvereinbar sei. Nach dem Rekonstruktionsversuch Lenels,40 der allgemein Zuspruch41 gefunden hat, enthielt die demonstratio der Formel die Worte Quod Ns. Ns. Ao. Ao. mandavit, ut . . . Die actio mandati setzt also voraus, dass die Ausführung des Mandats der Manifestation des Willens des Mandanten (mandavit ut) nachfolgt (weil sich Art und Inhalt der geschuldeten Verpflichtung aus der Vereinbarung ergeben).42 Es sei wenig wahrscheinlich, so wird eingewandt, dass die römischen Juristen bei nachträglicher Genehmigung so tun konnten, als sei ein Mandat der Geschäftsführung vorausgegangen. Der Wortlaut der Formel lasse dafür keinen Spielraum.43 Denkbar sei eher, dass die klassischen Juristen für den Fall der genehmigten Geschäftsführung eine Formel nach dem Vorbild der actio mandati entwickelt hätten. Inspiriert von der actio Publiciana könnte man, wie im Schrifttum vorgeschlagen,44 vielleicht an eine Formel mit fiktizischer Fassung nach folgendem Muster denken: „si paret A.um A.um N.i. N.i. negotia gessisse, idque N.m N.m ratum habuisse, tum si N.s N.s. A.o A.o mandasset.“ Aber abgesehen von der Tatsache, dass sich in den Quellen keine Spur von einer solchen Klage findet,45 ist es, wie bereits Finazzi46 ausgeführt hat, nicht sehr wahrscheinlich, dass sich die römischen Juristen die Mühe gemacht haben, für den Fall der Genehmigung einer Geschäftsführung eigens eine actio in factum zu schaffen. Es war nämlich näherliegend die Rechtsbeziehung zwischen dominus und Geschäftsführer weiterhin als negotiorum gestio zu behandeln, um so den Einsatz der actio negotiorum gestorum zu ermöglichen.47 Dies umso mehr, als es keinen Grund gab, bei Übereinstimmung mit den verba der Formel die actio negotiorum gestorum auszuschließen.48 Als weiteres Argument gegen die rückwirkende Umwandlung der Gestion in ein Mandat wird noch vorgebracht,49 es sei unbillig, wenn der dominus durch

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Lenel, EP (1927), 295. Vgl. z. B. Wittmann, in: Auftrag und Verwandtes (1993), 39; Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 287. 42 So auch Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 315 f. 43 Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 315 f. 44 Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 288. 45 Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 288. 46 Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 288. 47 Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 288. 48 Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 288. 49 Thibaut, Versuche II 2 (1817), 218; Chambon, Negotiorum Gestio (1848), 57; Stoll, SZ 47 (1927), 538; Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 282. A. A. Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 229 f. mit der unrichtigen Begründung, durch die ratihabitio entfalle der dolus des Geschäftsführers als Voraussetzung der infamierenden Wirkung der actio mandati (directa). Dass der dolus bei ratihabitio nicht entfällt, zeigt Scaevola D. 3.5.8, s. dazu § 11 der Untersuchung. 41

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eine einseitige Handlung die infamierende Wirkung,50 d. h. die rechtlich relevante Minderung der Ehre mit all ihren negativen Folgen, insbesondere dem Ausschluss von öffentlichen Ämtern und von der Anklage- und Prozessvertretung, durch Verurteilung aus der actio mandati directa51 herbeiführen könnte. Denn der gestor wurde bei Verurteilung nicht infam.52 Der Grund für die Infamie des Auftragnehmers passe zudem überhaupt nicht auf den gestor.53 Der gestor habe nämlich anders als der Mandatar eine treugemäße Geschäftsbesorgung nicht versprochen.54 IV. Die Charakterisierung als regula Die Parömie ratihabitio mandato comparatur wird im romanistischen Schrifttum durchweg als Regel beziehungsweise regula oder regula iuris55 bezeichnet, was vor allem darin begründet liegt, dass Justinian den D. 43.16.1.14 entnommenen Satz sowie die Entscheidung aus D. 50.17.60 in den Titel De diversis regulis iuris antiqui (D. 50.17) einordnete. Es lässt sich nicht bestreiten, dass der Satz durch seinen Schlagwortcharakter sowie durch die sich wiederholende stereotype Formulierung aus den Quellen hervorsticht. Die prononcierte Wortwahl könnte auf Abwehr einer möglicherweise vertretenen Gegenmeinung, insbesondere auf eine Schulenkontroverse hindeuten. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Sentenz auch im klassischen Recht als regula verstanden wurde. Von Ulpian, Sabinus und Cassius wird der Satz jedenfalls an keiner Stelle expressis verbis als regula beschrieben. Möglicherweise haben Sabinus und Cassius auch eine bloße sententia formuliert, und erst unter Justinian ist die Anerkennung als regula iuris nachgefolgt. Hinzu kommen bis heute im Schrifttum anhaltende Kontroversen um Wesen und Bedeutung der regulae im klassischen römischen Recht.56 Für den Frühklassiker Sabinus57 ist eine

50 Kaser, RP I (1971) § 134.4 V 2 (579 m. Fn. 34). Zur Infamie grundlegend Kaser, Infamia und ignominia in den römischen Rechtsquellen, SZ 73 (1956), 220 ff. 51 Im Gegensatz dazu zog die Verurteilung aus der Konträrklage keine Infamie nach sich. 52 S. auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 52, der ebenfalls auf diesen Unterschied hinweist. 53 Thibaut, Versuche II 2 (1817), 21. 54 Nörr, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 18 Fn. 19; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 405 f. 55 Vgl. z. B. A. Wacke, SZ 121 (2004), 355. 56 Ob man die regulae als verbindliche, dogmatische Grundsätze betrachtete, wird in der Romanistik kontrovers beurteilt, vgl. nur Kaser, RP I (1971), § 46 I 1 (182 m. Fn. 20) mit Verweis auf Kaser, Zur Methode der römischen Rechtsfindung (1962), 60 ff.; Hausmaninger, in: Gedächtnisschrift Schmidt (1966), 407 ff.; Stein, Regulae iuris. From Juristic Rules to Legal Maxims (1966); Wieacker, SZ 84 (1967), 434 ff.; Schmidlin, Die römischen Rechtsregeln: Versuch einer Typologie (1970). 57 Vgl. D. 50.17.1 Paulus 16 Plaut. Regula est, quae rem quae est breviter enarrat. non ex regula ius sumatur, sed ex iure quod est regula fiat. per regulam igitur brevis

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

regula das, was die bestehende Rechtslage kurz wiedergibt: Nicht aus der Regel wird das Recht abgeleitet, sondern aus dem Recht, wie es ist (ius quod est), eine Regel gebildet. Sobald die Regel im gegebenen Fall unzutreffend ist, verliert sie ihre Wirksamkeit. Überdies erscheint gerade bei der Einordnung eines Fragments in den Titel De diversis regulis iuris antiqui (D. 50.17) im Hinblick auf die Beurteilung als klassische regula Zurückhaltung geboten.58 Justinian und seine Kompilatoren haben nämlich dort zum Teil aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gerissene klassische Exzerpte für sich allein als Regel vorgestellt.59 Dahinter stand ein Streben nach Abstraktion und Systematisierung. Der Rechtszustand kann im klassischen römischen Recht also ein ganz anderer gewesen sein. Ohnehin sagt die Charakterisierung als Regel nichts über ihre Herkunft aus und lässt den ihr zu Grunde liegenden Gedanken nicht ohne Weiteres erkennen, so dass dieser Aspekt hier nicht überbewertet werden sollte. Es gilt das von Sabinus Gesagte, dass sich Aufschluss über die Bedeutung der regula nicht aus einer reinen Untersuchung ihres Wortlauts, sondern nur aus dem Studium ihrer Anwendung in den Quellen erlangen lässt. Im Folgenden soll nun deshalb eine Durchsicht des einschlägigen Quellenmaterials erfolgen. 2. Kapitel

Quellenuntersuchung § 27 Kontraktsrecht I. Zur Aussage rati enim habitio mandato comparatur – Ulpian D. 46.3.12.4 Die Hauptquelle für die in Rede stehende Sentenz bildet Ulpian D. 46.3.12.4: D. 46.3.12.4 Ulpian 30 Sab. Sed et si non vero procuratori60 solvam, ratum autem habeat dominus quod solutum est, liberatio contingit: rati enim habitio mandato comparatur.61

rerum narratio traditur, et, ut ait Sabinus, quasi causae coniectio est, quae simul cum in aliquo vitiata est, perdit officium suum. 58 Derartige Bedenken hat bereits v. Seuffert, Ratihabition (1868), 60 geäußert. 59 Hausmaninger/Selb, Römisches Recht (2001), 54. 60 Der Ausdruck non verus procurator wird überwiegend als unecht angesehen, vgl. Pernice, Labeo A I (1873), 500; Albertario, SDHI 2 (1936), 168 f.; Donatuti, Annali Perugia 33 (1921), 687; Frese, in: Studi Bonfante IV (1930), 455 Fn. 262; ArangioRuiz, Mandato (1949), 202; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 5. S. dazu § 4 II. der Untersuchung. 61 Der Schluss rati enim habitio mandato comparatur wird für unecht gehalten von Bortolucci, Ratihabitio mandato comparatur (1916), 8; Donatuti, Annali Perugia 33 (1921), 687; Beseler, SZ 46 (1926), 141 Fn. 1; Stoll, SZ 47 (1927), 538. Für interpolationsverdächtig hält die Stelle auch Frese, in: Studi Riccobono IV (1936), 433 Fn. 149.

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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Die Stelle stammt aus Ulpians Kommentar zu den libri tres iuris civilis, der Gesamtdarstellung des ius civile des Sabinus.62 Die zitierte Quelle ist Teil einer längeren Passage, in der die Wirksamkeit der Leistung an eine andere Person als den Gläubiger erörtert wird (D. 46.3.12 pr.-4).63 So handelt das Principium zunächst von der Zahlung eines debitum an einen verus procurator, in § 1 geht es um die Leistung einer Nichtschuld an einen verus procurator, und in § 2 um die Berechtigung des procurator, Zahlungen an den Geschäftsherrn mit schuldbefreiender Wirkung anzunehmen, wenn es ihm verboten worden ist, das Geld anzunehmen. Die Stelle bietet keinen Anhalt dafür, dass der Text nicht so wörtlich aus der Feder von Sabinus64 geflossen sein könnte. Nach Sabinus tritt auch dann Befreiung ein (liberatio contingit), wenn der Schuldner an einen non verus procurator leistet und der Geschäftsherr dies genehmigt – rati enim habitio mandato comparatur (denn die Genehmigung wird dem Auftrag gleichgestellt). Liberatio kann sowohl die exzeptionsweise Befreiung meinen als auch, und das ist die regelmäßige Bedeutung, ein Freiwerden mit ipso iure-Wirkung.65 Sabinus scheint eine Befreiung ipso iure zu meinen, da er den Ausdruck liberatio nicht weiter konkretisiert. Die von Sabinus angeführte Begründung rati enim habitio mandato comparatur deutet darauf hin, dass er hier nicht eine Überlegung äußert, die er speziell bezogen auf diesen Fall infolge eines langen Entscheidungsprozesses gewonnen hat, sondern dass er vielmehr einen Satz anwendet, der Bestandteil seines bereits vorhandenen und gängigen juristischen Argumentationsrepertoires ist. Die Gleichstellung von ratihabitio und mandatum bezieht sich auf das Mandat, das Grundlage für die Tätigkeit des procurator im Principium ist.66 62 Das Fragment, welches die Kompilatoren in den Titel De solutionibus et liberationibus aufgenommen haben, gehörte ursprünglich nach Lenel zu einem von der Lehre vom Kauf handelnden Abschnitt des Sabinuskommentars mit der Rubrik De emptione et venditione, s. Lenel, Pal. I (1889), Sp. 1127 f., der es unter die Unterrubrik De pretii solutione gestellt hat, allerdings nicht ohne Bedenken, weil in keinem der fünf dort eingereihten Fragmente vom Kauf die Rede ist. 63 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 51. 64 So auch Behrends, SZ 88 (1971), 263, allerdings mit der Begründung, die ratihabitio wirke nur ex nunc und lasse die seit der hochklassischen Zeit diskutierte Frage einer Gültigkeitsschwebe, die durch ratihabitio nur bestätigt werde, noch gar nicht in den Blick treten. Die Frage nach der Rückwirkung der ratihabitio spielt hier jedoch gar keine Rolle. 65 Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), 314 s. v. liberare a); Knütel, SZ 84 (1967), 139. 66 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 51 f., 59. Nach De Filippi, Ratihabitio (2002), 182 wurde dieses „Prinzip“ ursprünglich zur Anerkennung des negotiorum gestor als Prozessvertreter eingeführt. Sie beruft sich hierbei auf Gaius IV.84 (s. den Text in Fn. 18 im 3. Teil der Untersuchung). De Filippis Ansicht vermag nicht zu überzeugen, denn im prozessrechtlichen Zusammenhang taucht die Sentenz an keiner Stelle auf, was aber

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

Aus D. 46.3.12 pr.67 folgt, dass der Schuldner an eine vom Gläubiger beauftragte Person mit befreiender Wirkung leisten kann: vero procuratori recte solvitur. Die Juristen hatten offenbar schon in früherer Zeit die Rechtsübung ausgebildet, dass jeder „wahre“, d. h. beauftragte procurator ohne Weiteres als ermächtigt gilt, Zahlungen des Schuldners des dominus mit befreiender Wirkung für den Schuldner entgegenzunehmen. Dies gilt sowohl für den procurator omnium rerum als auch für den procurator unius rei (eum cui mandatum est vel specialiter vel cui omnium negotiorum administratio mandata est). Im Zuge der Gleichstellung von ratihabitio und mandatum könnte der ratihabitio eine Rückwirkung beigelegt worden sein und auf diese Weise ex post ein Mandatskonsens zwischen dominus und Geschäftsführer mit Wirkung ex tunc von Sabinus anerkannt worden sein. Denkbar ist auch, dass die ratihabitio hier die negotiorum gestio begründet und insoweit eine Gleichstellung mit dem Mandat erfolgt. Allein der Wortlaut spricht indes bereits gegen eine Umwandlung in ein mandatum.68 Comparare (wörtlich: etwas zusammenstellen) hat im übertragenen Sinne die Bedeutung von „gleichstellen“ 69 oder „vergleichen“ 70 und meint nicht ein Umwandeln oder Verwandeln.71 Es heißt gerade nicht etwa mutatur oder convertitur.72 Von entscheidender Bedeutung für das Verständnis der Sentenz ist, dass der Blick des Juristen auf die Wirkung der ratihabitio nach außen gerichtet ist; Sabinus geht es hier ausschließlich um die Frage der Befreiung des Schuldners. Über den Ausgleich im Innenverhältnis trifft er dabei keine Aussage. Die Einziehung einer bestehenden Forderung begründet, wie bereits oben dargelegt,73 ipso gestu die negotiorum gestio, ohne dass es dafür der Erteilung der ratihabitio bedarf. Der creditor hat damit wie ein Mandant die Möglichkeit, gegen den non verus procurator klageweise vorzugehen; er kann Herausgabe des Erlangten mit

nicht bedeutet, dass die Sentenz in der Sache keine Ausstrahlung auf die prozessrechtliche Rechtslage gehabt hätte. 67 D. 46.3.12 pr. Ulpian 30 Sab. Vero procuratori recte solvitur. verum autem accipere debemus eum, cui mandatum est vel specialiter vel cui omnium negotiorum administratio mandata est. 68 Vgl. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 52. 69 Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), 83 s. v. comparare 5). 70 Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), 83 s. v. comparare 4); s. auch A. Sturm, Negotium utiliter gestum (1878), 72. Das Zusammenstellen zieht eo ipso ein Vergleichen nach sich. 71 Auch nach Kacprzak, Ratihabitio (2002), 67 ist comparatur nur als Hinweis auf die Ähnlichkeit der Rechtswirkungen der beiden Rechtsinstitute aufzufassen. 72 Vgl. z. B. D. 35.1.71.3 Papinian 17 quaest. [. . .] si post divortium genero pecuniam heres solverit, aeque liberabitur, quoniam in dotem solutio convertitur [. . .]. 73 S. die Ausführungen in §§ 5, 6 der Untersuchung.

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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der actio negotiorum gestorum (directa) verlangen. Für die Begründung eines mandatum durch Erteilung der ratihabitio ist demnach ein praktisches Bedürfnis nicht erkennbar. Auch Sabinus hat wohl das Innenverhältnis als unproblematisch betrachtet. Das Vorliegen einer negotiorum gestio verleiht dem Geschäftsführer – anders als das mandatum – allerdings keine Einziehungsermächtigung mit befreiender Wirkung für den Schuldner, sondern die Liberation des Schuldners hängt von der Genehmigung des Geschäftsherrn ab; Befreiung tritt erst ein, wenn der dominus die Forderungseinziehung genehmigt.74 Die Parömie ist auch nicht etwa dem Umstand geschuldet – woran man ebenfalls denken könnte –, dass die römischen Juristen irgendwann dazu übergingen, die Wirkung der ratihabitio allgemein als Obligierungsgrund im Rahmen der negotiorum gestio anzuerkennen. Als Beleg dafür, dass die Sentenz ratihabitio mandato comparatur sich nicht auf das Innenverhältnis bezieht, werden im Schrifttum75 regelmäßig die hier schon bekannten Stellen D. 3.5.5.1176 und D. 3.5.5.1277 bemüht. Ulpian, obgleich er die Sentenz nachweislich kannte und auch befürwortete, lässt sie dort unerwähnt und beruft sich ausschließlich auf die Rechtsansicht von Pedius, wonach die ratihabitio die actio negotiorum gestorum herbeiführt. Pedius tut sich mit seiner Entscheidung besonders in D. 3.5.5.11 nicht leicht – seine anfänglichen Zweifel sind offensichtlich – und sieht sich zu allerhand Begründungsaufwand genötigt. Bei Vorliegen einer allgemein anerkannten Rechtsauffassung beziehungsweise einer regula dahingehend, dass die ratihabitio einer Geschäftsführung das Schuldverhältnis aus der negotiorum gestio begründet, so könnte man zuerst meinen, hätte sich dies ohne besonderen Verweis auf die Haftung aus der condictio ergeben. Das Verhalten des Pedius könnte man noch damit erklären, dass er die Sentenz ratihabitio mandato comparatur nicht kannte oder ihr ablehnend gegenüberstand. Hätte aber Ulpian die Gleichstellung ratihabitio – mandatum als dogmatisches Argument für die Begründung der negotiorum gestio angesehen, so wäre es eigentlich schwer verständlich, warum er sich nicht einfach auf eine solche regula beruft, statt die nicht unkomplizierte Begründung von Pedius zu übernehmen. Diesen Überlegungen lässt sich aber entgegenhalten, dass bei Einziehung eines indebitum die Anwendung der Sentenz ratihabitio mandato comparatur von vornherein zweifelhaft erscheint, da ein mandatum nach römischer Auffassung

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Vgl. Julian/Ulpian D. 46.3.58 pr.; Diokletian/Maximian C. 8.43.12 (293). Vgl. z. B. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 402; vgl. aber auch Liebs, Lateinische Rechtsregeln (2007), R 2 (205), der unter anderem einen Zusammenhang mit dem heutigen § 684 S. 2 BGB sieht. 76 S. die Ausführungen in § 8 der Untersuchung. 77 S. die Ausführungen in § 10 der Untersuchung. 75

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

niemals zur Einziehung eines indebitum ermächtigt.78 Die Gleichstellung von ratihabitio und mandatum würde also selbst dann, wenn man sie mit der im Vordringen befindlichen Meinung auf die Wirkung im Außenverhältnis reduziert, bei der Eintreibung eines indebitum keinen Sinn ergeben. Im Kontext von einer Leistung eines indebitum taucht die Sentenz in den Quellen auch nirgends auf. Aus D. 3.5.5.11, 12 lassen sich deshalb keine sicheren Schlüsse auf den Aussagegehalt der Sentenz ziehen. Diese Stellen können weder für noch gegen irgendeine Auffassung reklamiert werden. Dennoch ist zur Kenntnis zu nehmen, dass Ulpian die Sentenz in diesem Zusammenhang noch nicht einmal erwähnt hat. Nur Scaevola weist in D. 3.5.8 ausdrücklich darauf hin, dass ein Mandat bei Genehmigung der Geschäftsführung nicht bestehe, freilich ohne Bezugnahme auf den Ausspruch von Sabinus und Cassius. Zum Teil wird die Passage in D. 3.5.8 als Glossem erachtet.79 Von Bedeutung sind allein, wie bereits ausgeführt, die Fragen, die Scaevola am Ende von D. 3.5.8 stellt. Sie ließen sich jedenfalls nicht stellen, wenn ein Mandat vorläge und Scaevolas Bemerkung, ein Mandat liege nicht vor, wäre auch nur dann ein Argument, wenn Pomponius gerade nicht das Vorliegen eines Mandats angenommen hätte.80 In Ulpian D. 46.3.12.4 kann nach den vorstehenden Ausführungen die Heranziehung der regula ausschließlich auf das Außenverhältnis bezogen und der Begriff mandatum im Rahmen der Sentenz nur im Sinne einer Ermächtigung zu verstehen sein. Anstoß nehmen könnte man daran, dass Sabinus die ratihabitio dem mandatum und nicht dem iussum gleichstellt, obgleich es doch nach der hier vertretenen Auffassung nur auf die Außenwirkung ankommen soll. Kacprzak81 hält praepositio anstatt mandatum für den in diesem Zusammenhang besser geeigneten Begriff und schlägt folgende Formulierung vor: ratihabitio praepositioni comparatur. Sie meint, die Anwendbarkeit der Begriffe ratihabitio und praepositio hänge davon, ob man den Schwerpunkt auf das Innenverhältnis zwischen procurator und dominus oder auf das Außenverhältnis lege. Angesichts der Rechts des procurator, die Forderung des dominus zu tilgen, überschreite der procurator die Grenzen des Innenverhältnisses. Sie weist darauf hin, dass Ulpian nicht der einzige Jurist sei, der den Begriff mandatum im Kontext des Außenverhältnisses gebrauche. Auch Celsus verwende mandatum in D. 12.6.6.2 in einer solchen Bedeutung (de hoc nomine exigendo mandasse videretur).82

78 Vgl. Paulus D. 12.6.6.2; s. ferner Wlassak, Negotiorum Gestio (1879), 74 Fn. 26; Schwarz, Condictio (1952), 155 f.; Kaser, SZ 91 (1974), 202; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 344. 79 S. § 11 V. der Untersuchung. 80 S. § 11 V. der Untersuchung. 81 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 54 f. 82 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 56.

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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Kacprzaks Vorschlag vermag nicht zu überzeugen. Der Begriff praepositio begegnet in den Quellen ausschließlich als Ausdruck für die Bestellung als institor (Leiter eines bestimmten Handels- oder Gewerbebetriebs) oder als magister navis (Schiffskapitän) und begründet eine Haftung des Geschäftsherrn in solidum für diejenigen Geschäfte, die im Rahmen der praepositio abgeschlossen worden sind. Die praepositio entspricht einer Ermächtigung,83 nur nicht für den Einzelfall, sondern sie beinhaltet eine Generalermächtigung für alle im Rahmen der praepositio abgeschlossenen Geschäfte. Als Bezeichnung der Einsetzung eines procurator ist die praepositio dagegen nicht geläufig.84 Erst von Papinian D. 17.1.10.5 wird sie mit dem procurator in nähere Verbindung gebracht, indem er in Bezug auf eine Darlehensverpflichtung des dominus bei Empfangnahme der Münzen durch den procurator eine Analogie zum institor zum Ausdruck bringt ([. . .] hic quasi praeposuisse [. . .] videatur [. . .]).85 Die Formulierung von Sabinus in D. 46.3.12.4 trägt wohl dem Regelfall Rechnung, dass bei der Ermächtigung zur Einziehung einer Forderung das iussum nicht isoliert erteilt wird, sondern in der Beauftragung zur Forderungseinziehung enthalten ist.86 Erteilt der Gläubiger jemandem den Auftrag, eine Forderung von seinem Schuldner einzuziehen, so kann der Auftrag gar nicht ohne eine Autorisierung erteilt werden. Und auch D. 46.3.12 pr. spricht von einem procurator cui mandatum est. Die von Sabinus verwendete Terminologie ist daher juristisch korrekt gewählt und weist einen sorgfältigen Sprachgebrauch auf. Freilich, allein die bloße Anerkennung einer Ermächtigungswirkung der ratihabitio im Außenverhältnis lässt die Schaffung dieses Rechtssatzes, jedenfalls aus heutiger Sicht, fast schon trivial erscheinen. Denn, so könnte man meinen, zu einem solchen Ergebnis wären die römischen Juristen wohl auch noch eben im Rahmen ihrer juristischen Auslegung gekommen. In dem zugrunde gelegten Rechtsempfinden nach heutiger Sicht liegt aber zugleich das Problem. Der wirkliche Regelungs- und Bedeutungsgehalt des Rechtssatzes erschließt sich einem wohl nur, wenn man ihn im Lichte seiner Zeit, d. h. vor dem Hintergrund des damaligen Verständnisses der solutio betrachtet und interpretiert. Hierbei ist zum einen von Bedeutung, dass die solutio im Bewusstsein der Römer immer ein Formalakt blieb.87 Solutio war ursprünglich in einer frühen Phase des römischen Rechts gar nicht einfach Erfüllung einer Schuld, sondern ein eigenständiges Geschäft zwischen Schuldner und Gläubiger, mit dem sich der Schuld-

83 84 85 86 87

Vgl. Kaser, RP I (1971), § 141 II 4.5 (608 f.). Klinck, SZ 124 (2007), 41 Fn. 61. Klinck, SZ 124 (2007), 41 Fn. 61. Vgl. auch Kaser/Knütel/Lohsse, RP (2021), § 55 Rn. 6. Vgl. Wesel, SZ 85 (1968), 102.

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

ner aus der Haftung löste,88 denn im altrömischen Haftungsverhältnis hatte der Gläubiger eine Zugriffsgewalt auf die Person des Schuldners. Mit der Zahlung an den Gläubiger kaufte sich der Schuldner also ursprünglich gleichsam frei. Dass dieses Verständnis bei den Sabinianern noch besonders fortwirkte, zeigt sich bei der rechtlichen Behandlung der datio in solutum, der Leistung an Erfüllungs statt: Bewirkte der Schuldner eine andere als die geschuldete Leistung, befreite dies den Schuldner auch im römischen Recht nicht. Nahm der Gläubiger sie jedoch bewusst an Stelle der geschuldeten Leistung an, so erlosch nach Ansicht der Sabinianer seine Forderung ipso iure, wie wenn obligationsgemäß geleistet worden wäre. Die Sabinianer schrieben der datio in solutum befreiende Wirkung nach ius civile zu, wohingegen die Prokulianer dem Schuldner nur eine exceptio doli nach ius honorarium gewährten, wenn der Gläubiger trotz vorausgegangener Annahme des aliud nachträglich doch noch aus dem Schuldverhältnis auf die ursprünglich geschuldete Leistung Klage erhob.89 Bei den Prokulianern blieb das Schuldverhältnis also bestehen, sie wollten die datio in solutum nicht als Erfüllung ansehen. Die Prokulianer achteten demzufolge genauer auf den Inhalt der aus dem Schuldverhältnis hervorgegangenen Verpflichtungen.90 Da die Sabinianer dem ursprünglichen Verständnis der solutio als Haftungslösung statt Schulderfüllung91 noch besonders anhingen, konnten sie die datio in solutum ohne Weiteres anerkennen.92 Die datio in solutum stellt genauso eine Haftungslösung dar. Die Sabinianer hatten nach dem oben Gesagten von ihrem Standpunkt aus zunächst vielleicht auch Schwierigkeiten, die Leistung an einen nicht ermächtigten procurator als Erfüllung anzuerkennen, da sich das Haftungsgeschäft als ein Formalgeschäft an sich nicht mit einer Schwebelage verträgt, sondern die Zahlung mit sofortiger Haftungslösung einhergehen muss. Dass die ratihabitio nicht von Anfang an Berücksichtigung im römischen Recht fand, hängt wohl auch damit zusammen, dass sie sich im Grunde nicht mit der Struktur des römischen Rechts verträgt. Bereits v. Griesinger hat zu Recht ausgeführt, dass die ratihabitio im

88 Kaser, BIDR 64 (1961), 72 ff. Dafür wird die Etymologie des Wortes solvere angeführt. Denn solvere bedeutet vornehmlich nicht eine Verbindlichkeit erfüllen, sondern losbinden, lösen. Im Vordergrund steht also nicht ein der Verbindlichkeit entsprechendes Verhalten des Erfüllenden, sondern seine damit gegebene Befreiung (liberatio) von der Verbindlichkeit. 89 Vgl. Gaius III.168 [. . .] unde quaeritur, si quis consentiente creditore aliud pro alio solverit, utrum ipso iure liberetur, quod nostris praeceptoribus placet, an ipso iure maneat obligatus, sed adversus petentem per exceptionem doli mali defendi debeat, quod diversae scholae auctoribus visum est. 90 Kaser, SZ 90 (1973), 211; ders., in: Rechtsquellen (1986), 102 f. 91 Schuld war nur mittelbar durchsetzbar durch Haftung – d. h. durch Zugriff auf die Person des Schuldners und sein Vermögen. In der Zeit der Undifferenziertheit von Schuld und Haftung musste eine Haftungsbefreiung zugleich als Schuldbefreiung verstanden werden. 92 Kaser, SZ 90 (1973), 211; ders., in: Rechtsquellen (1986), 102.

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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älteren römischen Recht aufgrund seiner Formalität keinen Platz fand.93 Jhering94 sah im römischen Recht grundsätzlich die Vorstellung des Simultanitätsprinzips der Rechtsgeschäftslehre verwirklicht. Das römische Rechtsgeschäft hat für ihn ein „punktuelles Dasein“. Hiervon gab es nur zwei Ausnahmen: das Testament und die bedingte Obligation. Die ratihabitio beruhe auf dem Gedanken der „successiven Entstehungsweise“, der sich erst allmählich im römischen Recht durchgesetzt habe. Wie die Sentenz ratihabitio mandato comparatur zeigt, haben die Sabinianer die oben erwogenen Probleme, soweit sie überhaupt bestanden, überwunden – wohl schon deshalb, weil die Sabinianer den Anforderungen des praktischen Rechtsverkehrs genügen wollten, denn das sich ausweitende römische Reich führte bekanntlich dazu, dass viele Römer häufig ortsabwesend waren, sei es als Soldat, sei es als Kaufmann oder aus anderen Gründen. Ob der Rechtssatz ratihabitio mandato comparatur bereits zur bloßen Anerkennung der Zahlung an einen nicht beauftragten procurator geschaffen wurde, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Wahrscheinlicher ist es, dass er im Zuge einer Auseinandersetzung mit den Prokulianern formuliert wurde. Denn aus der unterschiedlichen Behandlung der datio in solutum wird auch deutlich, dass für die Prokulianer die Schuld in den Blickpunkt ihrer Betrachtungen rückte. Die Kontroverse zwischen Sabinianern und Prokulianern, ob die datio in solutum ipso iure oder ope exceptionis wirke, konnte erst aufkommen, als für die Prokulianer bei der solutio der Gedanke der Schulderfüllung an die Stelle der Haftungslösung getreten war. Vor diesem Hintergrund ist es nicht völlig unwahrscheinlich, dass die Prokulianer die Zahlung an einen nicht beauftragten procurator ebenfalls wie die Leistung an Erfüllungs statt behandelten, und der Schuldner bei Zahlung an einen Dritten nur honorarrechtlich – also per exceptionem doli – befreit wurde, wogegen sich die Sabinianer in Form der Sentenz ratihabitio mandato comparatur in entschiedener und entscheidender Weise aussprachen. Für eine solche Erklärung der Sentenz spricht auch die Parallele zum Streit über die Wirkung der Zahlung an einen solutionis causa adiectus,95 also an eine vom Gläubiger verschiedene Person, die berechtigt ist, Zahlungen des Schuldners mit befreiender Wirkung anzunehmen, aber nicht forderungsberechtigt ist.96 Nach Gaius D. 45.1.141.597 wird der Schuldner bei Leistung an den adiectus 93

v. Griesinger, Ratihabition (1862), 5. v. Jhering, Geist des römischen Rechts III 1 (1865), 151 ff. S. auch Scheller, Ratihabition (1887), 3 f. 95 S. dazu Schnabel, Solutionis causa adiectus (2015), 26 ff. 96 Vgl. Kaser, RP I (1971), § 149 II 2b (637). 97 D. 45.1.141.5 Gaius 2 de verb. oblig. Cum ‘mihi aut Titio’ stipulor, dicitur aliam quidem rem in personam meam, aliam in Titii designari non posse, veluti ‘mihi decem aut Titio hominem’: si vero Titio ea res soluta sit, quae in eius persona designata fuerit, licet ipso iure non liberetur promissor, per exceptionem tamen defendi possit. 94

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

nur ope exceptionis befreit.98 Demgegenüber lehrt der Sabinianer Julian eine Befreiung ipso iure.99 Von Paulus wird die ipso iure-Lösung nicht ohne Weiteres geteilt.100 Bei der Genehmigung der Zahlung ist die Haftungslösung gegeben, ohne dass es hierfür noch auf den realen Vollzug der traditio an den Genehmigenden ankäme. Die Möglichkeit der befreienden Einziehung einer Forderung durch einen Dritten war lange anerkannt, bevor die Römer den Besitzerwerb durch Dritte in Erwerbsfällen anerkannten.101 Die Eintreibung einer fremden Forderung war aus römischer Sicht offenbar kein Fall einer Stellvertretung, d. h. kein klassischer Fall eines Besitzerwerbs durch eine libera persona. Die Einziehung einer Forderung durch einen Dritten wird zwar nicht schon im frühen Recht möglich gewesen sein, sondern sich erst auf fortgeschrittener Stufe entwickelt haben; eine prätorische Neuerung lassen die Quellen jedoch nicht erkennen.102 Dass der Sentenz ausschließlich Bedeutung für die Zahlung an einen Dritten beziehungsweise an einen unbeauftragten procurator zugedacht war, lässt sich nicht mit Sicherheit erweisen, aber mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuten. Sie findet in den Quellen, abgesehen von der besonderen Anwendung beim interdictum unde vi durch spätere Juristen,103 auschließlich in Verbindung mit der Leistung an einen Dritten Erwähnung, so dass vieles dafür spricht, dass die Gründe für die Schaffung dieser Sentenz in der Zahlung an einen nicht beauftragten procurator zu suchen sind. Die Einziehung einer Schuld für einen Abwesenden war ein wichtiges Tätigkeitsgebiet, wenn nicht sogar das wichtigste außergerichtliche Tätigkeitsfeld eines nicht beauftragten procurator, der aus eigenem Antrieb für einen anderen tätig wird.104 Die Sentenz sollte damit von ihrem Ursprung her wohl allein die Frage der Erfüllungswirkung regeln. Eine Beilegung der Rückwirkung wurde von Sabinus durch die Sentenz vermutlich regelmäßig nicht automatisch ausgesprochen. Zwar könnte man daran denken, dass Sabinus der ratihabitio eine rückwirkende Kraft beilegte, um wenigstens auf diese Weise rechtskonstruktiv die Simultanität von Leistungshandlung und Haftungslösung herbeizuführen. Das Problem der Schwebelage wäre durch die Beilegung einer Rückwirkung aber nicht beseitigt worden. 98

Schnabel, Solutionis causa adiectus (2015), 26 f. D. 46.3.34.2 Iulianus 54 dig. Stipulatus sum decem mihi aut hominem Titio dari: si homo Titio datus fuisset, promissor a me liberatur et, antequam homo daretur, ego decem petere possum. 100 D. 44.7.44.4 Paulus 74 ed. praet. Accessio vero in obligatione aut personae aut rei fit. personae, cum mihi aut Titio stipulor. rei, cum mihi decem aut Titio hominem stipulor: ubi quaeritur, an ipso iure fiat liberatio homine soluto Titio. 101 S. dazu § 32 der Untersuchung. 102 Kaser, SZ 91 (1974), 202. 103 S. dazu unten die Ausführungen in § 28 der Untersuchung. 104 S. § 5 I. der Untersuchung. 99

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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Im dem in D. 46.3.12.4 überlieferten Kommentar des Spätklassikers Ulpian zum ius civile des Sabinus umfasst die Definition der solutio als Form der Schuldbefreiung ohne Weiteres auch die Zahlung an einen nicht beauftragten procurator, der aus eigenem Antrieb für einen anderen tätig wird. Die Ansicht der Sabinianer hatte sich inzwischen durchgesetzt. Überbleibsel der Schulenkontroverse ist die Sentenz ratihabitio mandato comparatur. II. Die Begründung eines Bürgschaftsmandats durch ratihabitio – Ulpian D. 50.17.60 Die einzige in den Digesten überlieferte Stelle, in der die ratihabitio ausdrücklich die actio mandati begründet, ist D. 50.17.60. Sie stammt aus dem 10. Buch der Disputationen Ulpians: D. 50.17.60 Ulpian 10 disp. Semper qui non prohibet pro se intervenire, mandare creditur. sed et si quis ratum habuerit quod gestum est, obstringitur mandati actione.105

Ein mandatum kommt danach bereits zustande, wenn der Anwesende ohne Widerspruch die Intervention, das Eintreten eines Dritten, stillschweigend duldet. Nach dem zweiten Satz wird auch derjenige aus einem mandatum verpflichtet (obstringitur mandati actione), der das quod gestum est genehmigt hat. Der Ulpiantext enthält damit die ausdrückliche, wenn auch für sich blasse Aussage, dass der Geschäftsherr nach Erteilung der ratihabitio aus der actio mandati (contra-

105 Es ist vielfach belegt, dass bei Verbürgung oder Abschluss eines Kreditauftrages im Beisein des duldenden Schuldners ein Auftrag begründet wird, vgl. Papinian D. 17.1.53; Ulpian D. 17.1.6.2; ders. D. 17.1.18; s. auch Paulus D. 17.1.40; ders. D. 17.1.20.1. Zweifel an der Echtheit der Stelle sind für den ersten Teil daher nicht angebracht. Gegen die Echtheit der gesamten Stelle dennoch Bortolucci, BIDR 28 (1915), 217. v. Beseler, Beiträge IV (1920), 53 Fn. 1 hält die Auftragsklage für die Geschäftsführungsklage interpoliert; gegen die Echtheit der actio mandati auch Bortolucci, Ratihabitio mandato comparatur (1916), 11; Levy, SZ 52 (1932), 517 Fn. 2; so auch Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 199 f. Für die Interpolation der Stelle ferner Frese, in: Mélanges Cornil I, 375 Fn. 3. Auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 50 Fn. 4 hält das Fragment für unecht und lässt es wohl deshalb bei ihren Untersuchungen weitgehend außer Betracht. Vollständig unberücksichtigt bei ihren Betrachtungen lässt auch De Filippi die Stelle (allerdings ohne Begründung). Seiler, Negotiorum gestio (1968), 71 meint, der erste Satz enthalte eine nachklassische Verallgemeinerung und der zweite sei eine justinianische Neuerung, die im Zusammenhang mit dem justinianischen Verständnis der negotiorum gestio als Quasikontrakt zu sehen sei; zust. Kaser, RP II (1975), § 268 II 2 (418 Fn. 26); R. Zimmermann, Obligations (1996), 434 Fn. 8. Für die Echtheit dagegen Kreller, SZ 52 (1932), 504; Behrends, SZ 1971, 256 Fn. 65; 270 („Der sprachlich einwandfreie zweite Satz, der gerade seiner scheinbaren Kühnheit wegen kaum als Glosse hinwegerklärt werden kann“); Benöhr, SZ 87 (1970), 158 Fn. 159; Kaser, SZ 100 (1983), 125 Fn. 167 u. 169; Giménez-Candela, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 174 f.; Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 289 f., 316.

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

ria) gegenüber dem Geschäftsführer haftet. Der Vorwurf Seufferts106, wonach in der Bezeichnung mandati actione eine sprachlich ungenaue Ausdrucksweise liege und Ulpian in D. 50.17.60 nur die Wirkung der Genehmigung mit der des Mandats habe gleichstellen wollen, wie andernorts auch,107 verfängt nicht. Die Stelle wird im romanistischen Schrifttum regelmäßig in einem Atemzug genannt, wenn es um die Sentenz ratihabitio mandato comparatur und ihre Bedeutung geht,108 obgleich diese dort weder ausdrücklich erwähnt noch in irgendeiner anderen Art und Weise auf sie Bezug genommen wird. Dass sie einer Kürzung zum Opfer gefallen ist, ist unwahrscheinlich, denn die Kompilatoren hätten keinen Grund gehabt, sie zu streichen. Justinian ließ das Fragment in den Katalog seiner diversae regulae iuris antiqui aufnehmen, so dass vielfach davon ausgegangen wird, die in Rede stehende Entscheidung beruhe auf Anwendung einer regula.109 Man sollte also meinen, hier komme der Satz ratihabitio mandato comparatur zur Anwendung. Einen weiteren möglichen Bezugspunkt zur Sentenz ratihabitio mandato comparatur bildet die Autorschaft Ulpians, für den die Berufung auf die Sentenz, wie oben dargestellt,110 andernorts bezeugt ist.111 In D. 50.17.60 ist der Wortlaut eindeutig, die ratihabitio begründet hiernach ein Mandat. Im Gegensatz zum oben erörterten Fragment D. 46.3.12.4112 zielt die Wirkung der ratihabitio hier zweifelsfrei auf das Innenverhältnis ab. Gleichwohl oder gerade deshalb sind in der pandektistischen Literatur aufgrund der Harmonisierungsbestrebungen zahlreiche Deutungsversuche unternommen worden, um den vermeintlichen Widerspruch zu den anderen Stellen, bei denen nach 106 v. Seuffert, Ratihabition (1868), 52 f. (im Anschluss an Dankwardt, Negotiorum Gestio (1855), 22); zust. v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 77 f. Fn. 19; Brückmann, Rechte des Geschäftsführers (1903), 170 ff. 107 Vgl. auch § 25 der Untersuchung. 108 Vgl. nur Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 199 ff.; Frezza, Garanzie (1962), 212 f.; Behrends, SZ 83 (1971), 270 f. 109 Auch für Behrends, SZ 83 (1971), 270 f. stellt diese Entscheidung einen Anwendungsfall der Sentenz ratihabitio mandato comparatur dar: Der mandatslose procurator sei in ein Treuhandverhältnis eingetreten, das dem unsicheren, genehmigungsbedürftigen Mandat des procurator absentis nahestand. Es sei daher den Wertverhältnissen angemessen, wenn auch „formell kühn“, auch jenes Treuhandverhältnis durch die Genehmigung zu einem Mandat zu erheben. Damit ging Behrends zufolge ein Funktionswandel der ratihabitio einher: Die ratihabitio sei zum „Mandatssurogat“ erhoben worden und hätte nunmehr nicht nur die Funktion der Bestätigung des behaupteten Mandats des procurator absentis gehabt. Dies sei von den römischen Juristen vermutlich einfach als Ausfluss des geradezu fiktiven Charakters der regula ratihabitio mandato comparatur hingenommen worden. Als verus procurator seien nicht nur der procurator cui mandatum est und der procurator omnium rerum angesehen worden, sondern auch jede Person, die ohne Legitimität als procurator tätig geworden war, wenn der dominus seine Genehmigung erteilte. 110 S. § 27 I., ferner 28 I. der Untersuchung. 111 Vgl. Ulpian D. 46.3.12.4; ders. D. 43.16.1.14. 112 § 27 I. der Untersuchung.

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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Erteilung der ratihabitio die actio negotiorum gestorum fortbesteht, auszuräumen. Teilweise wurde die These aufgestellt, die ratihabitio begründe nur einseitig zum Schutz des gestor die actio mandati contraria.113 Diese These würde erklären, warum nur in D. 50.17.60 eine solche Klage nach einer ratihabitio erwähnt wird. Aber abgesehen davon, dass es rechtsdogmatisch mehr als befremdlich anmutet, ein einheitliches Schuldverhältnis mit zwei verschiedenen Klagen auszustatten,114 steht der Annahme einer hybriden Regelung vor allem der überlieferte Quellenstand entgegen.115 Wenn die ratihabitio des Geschäftsherrn den Geschäftsführer zur actio mandati legitimiert hätte, hätte sich etwa Celsus nicht in einer solchen Art und Weise ausgedrückt, wie er es in D. 17.1.50 pr.116 tut. Nach anderer Auffassung konkurriert die actio mandati elektiv mit der actio negotiorum gestorum, so dass es beiden Teilen freistehe, mit der actio mandati oder mit der actio negotiorum gestorum zu klagen.117 Die Annahme einer elektiven Konkurrenz wird aber bereits durch das hier vorliegende Fragment widerlegt, denn es gestattet gerade nicht die actio negotiorum gestorum.118 Und wenn Celsus in D. 17.1.50 pr.119 die elektive Konkurrenz zwischen den beiden Klagen zugelassen hätte, hätte er neben der actio negotiorum gestorum auch die actio mandati erwähnt. Nach einer anderen Ansicht120 will Ulpian im zweiten Satz zum Ausdruck bringen, dass ein durch stillschweigende Duldung der Intervention bereits begründetes Mandatsverhältnis im Falle einer nachträglichen ratihabitio nicht mehr als negotiorum gestio behandelt werden kann. Es bleibe damit bei der Auftragsklage als Regressklage. Doch auch diese Erklärung vermag nicht zu überzeugen, denn nach der Entstehung eines Mandats konnte wohl kaum der Gedanke aufkommen, die Genehmigung könnte es „zerstören“ oder gar in eine Geschäftsführung ohne Auftrag umwandeln.121 Die Formulierung sed et si quis ratum habuerit spricht zudem dafür, dass Ulpian nicht von einem einzigen, sondern von zwei 113

Dazu auch bereits oben § 25 der Untersuchung. Vgl. auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 50; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 330 Fn. 5693. 115 So auch Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 285. 116 S. zu dieser Stelle § 6 der Untersuchung. 117 Cujaz, Opera VI (Prati 1838), Sp. 1898. 118 So argumentierten bereits Thibaut, Versuche II 2 (1817), 216; v. Griesinger, Ratihabition (1862), 62. 119 S. zu dieser Stelle § 6 der Untersuchung. 120 Busse, De ratihabitione (1834), 57 ff.; Gregory, Specimen juris civilis de ratihabitione (1864), 274 ff.; v. Griesinger, Ratihabition (1862), 63 ff.; Chambon, Negotiorum gestio (1848), 59 ff. 121 So auch v. Seuffert, Ratihabition (1868), 51 f.; Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 303. 114

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

verschiedenen Fällen spricht.122 Das quis scheint ein von qui non prohibet zu unterscheidendes Subjekt zu betreffen.123 Ernst Zimmermann124 erklärt die in Rede stehende Stelle mit einem Schulenstreit: Die Prokulianer hätten eine Änderung der Rechtsbeziehung zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherr durch die ratihabitio abgelehnt und die Gewährung der actio mandati nach Erteilung der ratihabitio verneint. Ulpian verteidige, sei es bewusst oder unbewusst, den sabinianischen Standpunkt in D. 50.17.60, wonach die Geschäftsführung ohne Auftrag durch Erteilung der ratihabitio in ein mandatum umgewandelt werde. Andere differenzieren zwischen sogenannter vollendeter und unvollendeter Geschäftsführung.125 Im ersten Fall soll es bei der negotiorum gestio bleiben. Im zweiten Fall soll die Genehmigung die Geschäftsführung in ein Mandat verwandeln. Hiergegen ist jedoch einzuwenden, dass es von Rechts wegen schon keine unvollendete Geschäftsführung gibt, denn auch die Führung eines „unvollendeten“ Rechtsgeschäfts stellt rechtlich eine Verwirklichung des Tatbestandes der negotiorum gestio dar.126 Das Schuldverhältnis der negotiorum gestio entsteht zwischen dominus und gestor zu dem Zeitpunkt, in dem der Geschäftsführer anfängt, Geschäfte des dominus in dessen Interesse zu führen. Eine anderere im gemeinrechtlichen Schrifttum weit verbreitete, erstmals von Thibaut vertretene, nicht unelegante Auffassung versteht D. 50.17.60 dahingehend, dass die ratihabitio nach Stellung einer Bürgschaft und vor Zahlung des Bürgen erfolge und als ein Auftrag des Hauptschuldners an den Bürgen zur Erfüllung seiner Bürgschaftsverpflichtung angesehen werde.127 Dieser Ansicht hat sich in jüngerer Zeit Finazzi128 angenähert: Im ersten Fall des anwesenden debitor erfolge das Angebot durch die Übernahme der Bürgschaft und die Annahme sei dem Schweigen des Hauptschuldners zu entnehmen. Im zweiten Fall sei die Zeitfolge der Willensäußerungen umgekehrt, die Eingehung der Bürgschaft stelle die Annahme dar und der Auftrag komme durch die ratihabitio des Hauptschuldners zum Ausdruck. Zwar könnte man, so Finazzi, auch daran denken, dass Ulpian sich im zweiten Fall, anders als bei dem anwesenden debitor, auf eine Konstruktion beziehe, bei der die Annahme durch den 122

Bertolini, Ratifica I (1889), 52. So auch Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 303. 124 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 271. 125 Vgl. Hellfeld, Iurisprudentia forensis (1787), § 419 (135); Höpfner/Weber, Commentar (1818), § 925. S. auch v. Tuhr, Actio de in rem verso (1895), 202. 126 So schon v. Seuffert, Ratihabition (1868), 49. Vgl. Ulpian D. 3.5.9.1 am Anfang. 127 Thibaut, Versuche II1 (1801), 247 ff.; Glück, Pandecten XV (1814), 247 f.; Koch, Das Recht der Forderungen III (1859), 523; C. Fuchs, Archiv für die praktische Rechtswissenschaft 7 (1860), 299 f.; Bertolini, Ratifica I (1889), 53. 128 Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 293 ff. 123

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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Mandatar mit der Erfüllung der Bürgschaftsschuld gleichgesetzt werde. Wenn dies aber der Gedanke von Ulpian wäre, so argumentiert Finazzi, dann hätte er zwischen der (freiwilligen) solutio des Bürgen und seiner Verurteilung zur Erfüllung der Bürgschaftsschuld differenzieren müssen, weil nur im ersten Fall eine Manifestation des Willens des Bürgen vorgelegen hätte. Da es aber keine Spur von einer unterschiedlichen Behandlung dieser beiden Situationen gebe, müsse davon ausgegangen werden, dass das Mandat in beiden Fällen vorliegt. Nach der Ansicht von Ulpian bringe es die Natur des Konsensualkontraktes mit sich, dass sich der Konsens zwischen Mandant und Mandatar in beliebiger Form manifestieren könne und dass es dabei nicht notwendig sei, eine bestimmte Ordnung beziehungsweise Reihenfolge für die Manifestation der Willen einzuhalten.129 Einzige Voraussetzung sei die Manifestation des Willens des Mandanten vor Ausführung des Mandats; dies hänge mit der Art und Weise zusammen, wie die formula der actio mandati aufgebaut war. Die von Thibaut und Finazzi vorgeschlagene Auslegung ist schon nicht mit dem allgemeinen römischen Verständnis vom Wesen der ratihabitio vereinbar. Nach der Begriffsbestimmung von Ulpian in D. 46.8.12.1 bezieht sich die ratihabitio auf das, was bereits geschehen ist (quod gestum est), also auf einen abgeschlossenen Sachverhalt und zwar in seiner Gesamtheit;130 die ratihabitio wirkt danach „nicht in die Zukunft“.131 Thibaut und Finazzi zufolge soll sich die ratihabitio zwar auf die bereits geschehene Verbürgung beziehen, die Ausführung des Auftrags soll jedoch in der Zukunft liegen. Für die von Thibaut und Finazzi angenommene Differenzierung zwischen der Übernahme der Bürgschaft und der Erfüllung der Bürgschaftsschuld bietet zudem der Wortlaut von D. 50.17.60 keinen Anhalt. Wenn Ulpian in der ratihabitio eine Auftragserteilung für die noch ausstehende Zahlung gesehen hätte, hätte er das als eine Frage der Auslegung wohl anders formuliert. Er hätte sehr wahrscheinlich in irgendeiner Weise auf den hinter der ratihabitio stehenden Willen des Hauptschuldners abgestellt, mit der Erteilung der ratihabitio zusätzlich einen Auftrag zur Zahlung erteilen zu wollen. Die Auslegung von Thibaut und Finazzi ist auch deswegen nicht überzeugend, weil sich das sed et si quis des zweiten Satzes wohl nicht auf zwei sukzessive, sondern auf zwei ganz verschiedene Fälle bezieht. Ulpian stellt das quod gestum est des zweiten Satzes der im ersten Teil erörterten Intervention deutlich gegenüber, so dass es schwer fällt, das quod gestum est mit dem Eintritt des Dritten aus dem ersten Satz gleichzusetzen. Es erscheint damit ausgeschlossen, dass Ulpian im ersten und zweiten Satz den gleichen Fall betrachtet.

129 130 131

Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 297. S. dazu auch § 4 II. der Untersuchung. Vgl. auch Köllner, Obligatio negotiorum gestorum (1856), 118.

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

Das sed et si des zweiten Satzes suggeriert aber, dass die beiden von Ulpian behandelten Situationen durch irgendeine Gemeinsamkeit verbunden sind. Vor dem Hintergrund, dass der Ausdruck pro se intervenire im ersten Teil nach überwiegender Ansicht in der Romanistik im Sinne der Bereitstellung einer Bürgschaft zu verstehen ist,132 haben einige die Vermutung geäußert, der Ausdruck quod est gestum, auf den sich die ratihabitio im zweiten Teil bezieht, betreffe ebenfalls die Übernahme einer Bürgschaft. Aufschluss über die genaue Bedeutung des Ausdrucks intervenire in D. 50.17.60 lässt sich leider nicht über die Palingenesie gewinnen, da die Stelle für Lenel nicht zuzuordnen ist und eine Rubrik sich seiner Ansicht nach nicht rekonstruieren lässt.133 Für die Begründung eines Mandats durch Duldung der Verbürgung gibt es aber zahlreiche Belege in den Quellen.134 Das Prinzip, wonach widerspruchsloses Hinnehmen einer Bürgschaftsübernahme ein Mandat darstellt, dürfte damit klassisches Gedankengut sein,135 und dieser Umstand spricht dafür, den Ausdruck pro se intervenire hier nicht im Sinne einer Intervention bzw. Interzession im weiteren Sinne, sondern im Sinne der Bereitstellung einer Bürgschaft zu verstehen. Der Ausdruck semper zeigt zudem, dass Ulpian sich im ersten Teil auf eine zu seiner Zeit allgemein anerkannte Rechtsauffassung beruft und keine neue Rechtsentwicklung vollzieht. Dieses Wort war wohl für Justinian der Grund für die Aufnahme unter die Rubrik De diversis regulis iuris antiqui.136 Ein Teil des Schrifttums137 führt die in Rede stehende Entscheidung auf eine generelle vom allgemeinen Mandatsrecht abweichende Sonderbehandlung des Bürgen beim Regress zurück.138 Die wohl überwiegende Ansicht in der Romanis132 So Bertolini, Ratifica I (1889), 52; Kaser, SZ 100 (1983), 125 Fn. 167 i.V. m. Fn. 164 (intervenire beziehe sich auf die drei Bürgschaftsarten im römischen Recht); s. auch Giménez-Candela, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 173. Ein Hinweis auf diese Erklärung dieser Stelle findet sich schon in der Glosse des Accursius, welcher sagt: speciale in fideiussore ut ratihabitio mandati actionem iudicat. Später ist diese spezielle Beziehung zum Bürgen in dem Ausspruch Ulpians nicht mehr gesehen worden, bis Thibaut in der ersten Ausgabe seiner „Versuche“ wieder darauf aufmerksam machte, s. Chambon, Negotiorum gestio (1848), 59. Gegen diese Beschränkung auf die Duldung einer Verbürgung und für die Erstreckung auf alle Arten von Geschäftsführungen: Schlossmann, JherJb 36 [n. F. 24] (1896), 324; Alexander Neumann, Bürgenregress (2011), 155 m. Fn. 679 mit dem Argument, es fehle an einem Differenzierungskriterium. 133 Lenel, Pal. II (1889), Sp. 421 (Nr. 169). Der gesamte Inhalt des 10. Buches der disp. (Ulp. 167–169) ist unsicher. 134 Vgl. Papinian D. 17.1.53 (fideiussio); Ulpian D. 17.1.6.2 (fideiubere vel alias intervenire); Ulpian D. 17.1.18 (mandatum pecuniae credendae); Paulus D. 17.1.20.1 (fideiussio); Gordian C. 4.35.6 (238). 135 Im Ergebnis auch Behrends, SZ 88 (1971), 256 Fn. 165. 136 So auch C. Fuchs, Archiv für die praktische Rechtswissenschaft 7 (1860), 298. 137 Emunds, Drittleistung (2007), 111 mit Fn. 15. 138 Vgl. z. B. Kaser, SZ 100 (1983), 125 m. Fn. 167, Fn. 169; Emunds, Drittleistung (2007), 111 mit Fn. 15.

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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tik139 geht davon aus, dass im Ediktstitel Mandati eine spezielle für die Fälle des Bürgenrückgriffs konzipierte Klageformel, eine formula in factum concepta beziehungsweise eine Sonderklage für den Bürgenregress, proponiert war.140 Lenel141 stützt dies darauf, dass in D. 17.1.26.2 und D. 17.1.47 pr. auf ein pecuniam abesse beim Bürgen abgestellt wird. In ihren Voraussetzungen soll die actio in factum weitgehend der alten actio depensi, der Regressklage des Sponsionsbürgen, entsprochen haben.142 Die sponsio setzte als Hauptschuld eine Stipulationsschuld voraus und wurde im unmittelbaren Anschluss an das Stipulationsversprechen des Hauptschuldners ebenfalls mittels Stipulation begründet.143 Sie verlangte die Anwesenheit aller drei Beteiligten und setzte dementsprechend schon nach der Art ihres Zustandekommens das ausdrücklich oder stillschweigend geäußerte Einverständnis des Hauptschuldners mit der Übernahme der Bürgschaft voraus. Als Formelbestandteile werden daher in den Vorschlägen für die actio in factum regelmäßig das Erfordernis pecuniam abesse sowie ein durch Stillschweigen erklärtes Einverständnis des Hauptschuldners genannt, aber eben kein ausdrückliches Mandat. Als Grund für die Schaffung der prätorischen Sonderformel wird unter anderem angeführt, dass den übrigen Stipulationsbürgen die gleiche Rückgriffsmöglichkeit wie dem sponsor eröffnet werden sollte und Lücken im damaligen Regressrecht bestanden,144 weil die Fälle der Duldung der Bürgenintervention in älterer Zeit weder unter das Mandat noch unter die negotiorum gestio gefallen seien.145 Für einen Mandatskonsens reichte die bloße Duldung einer Geschäftsführung nach damaligem Verständnis noch nicht aus. Auch wurde im Falle der Duldung keine actio negotiorum gestorum begründet, da nach damaliger Auffassung bis in die Frühklassik hinein die negotiorum gestio überhaupt nur bei Abwesenheit des dominus in Betracht kam.146 139 So z. B. Lenel, EP (1927), 296 f.; Levy, Sponsio (1907), 207 Fn. 1; Kreller, in: Festschrift für Heck/Rümelin/Schmidt (1931), 118 ff.; ders., SZ 59 (1939), 423 f.; SZ 66 (1948), 63 ff.; Schwarz, SZ 71 (1954), 174 f., 212; Kaser, SZ 100 (1983), 124 ff.; Wittmann, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 50. A. A. v. Beseler, SZ 45 (1925), 256 f.; Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 89 m. Fn. 1; Giménez-Candela, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 169 ff.; Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 290 f. Unbestimmt Watson, Contract of Mandate (1961), 85, 173 f. 140 Eingehend zur Sonderformel für den Bürgenregress Alexander Neumann, Der Bürgenregress im Rahmen des römischen Auftragsrechts, 2011. 141 Lenel, EP (1927), 296. 142 Partsch, Griechisches Bürgschaftsrecht (1909), 274; Kreller, in: Festschrift für Heck/Rümelin/Schmidt (1931), 123 f.; Kaser, SZ 100 (1983), 124 ff. Mit der actio depensi konnte der Bürge den Hauptschuldner auf das Doppelte des Aufgewendeten in Anspruch nehmen, wenn der Hauptschuldner dem Bürgen nicht innerhalb von sechs Monaten seine Aufwendungen erstattet hatte. 143 Gaius III.116; Kaser, RP I (1971), § 155 II 3a (661). 144 Alexander Neumann, Bürgenregress (2011), 37. 145 Kaser, RP I (1971), § 134 V 3 (580 Fn. 40); Alexander Neumann, Bürgenregress (2011), 162, 198. 146 Alexander Neumann, Bürgenregress (2011), 167 f., 198.

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

Es ist hier nicht der richtige Ort, über die Frage der Existenz oder Nichtexistenz einer Sonderklage für den Bürgenregress zu entscheiden. Diese Frage muss hier auch nicht entschieden werden. Denn die Formulierung mandare creditur deutet darauf hin, dass der vorliegenden Entscheidung eine erweiternde Auslegung der formula der in ius konzipierten actio mandati zugrunde liegt.147 Die Ausgestaltung des mandatum als formfreier Konsensualkontrakt lässt es grundsätzlich zu, dass das mandatum auch durch stillschweigend erklärten Konsens geschlossen werden kann.148 Nicht auszuschließen ist, dass die actio depensi oder, wenn man die Existenz der Sonderklage für den Bürgenregress anerkennt, dann diese hier Vorbild für die Auslegung gestanden hat und für die römischen Juristen den Anstoß dazu gab, Fälle des passiven Duldens der Verbürgung in das mandare der ediktalen Mandatsklage einzubeziehen.149 Es liegt auf der Hand, dass dafür an das Merkmal pecuniam abesse für den Mandatsregress nicht mehr angeknüpft werden konnte, sondern dass maßgeblicher dogmatischer Anknüpfungspunkt für diese Auslegung nur ein erzielter Konsens sein konnte. Die actio mandati war von ihrer formula her ohne Weiteres in der Lage, auch diese Fallkonstellation des stillschweigend erklärten Konsenses zu erfassen. Nach Ulpian D. 17.1.6.2150 genügt dementsprechend für den Mandatsregress des Bürgen, dass der Hauptschuldner die Bürgschaftsübernahme wissentlich geschehen lässt. Die Aussage des zweiten Satzes in Ulpian D. 50.17.60 ist im Lichte derjenigen des ersten zu sehen, wie die Anknüpfung mit der beiordnenden Konjunktion sed et es vorgibt.151 Es ist daher auch im zweiten Satz eine Verbürgung (quod gestum) zugrunde zu legen. Nur erfolgt diese nicht in Anwesenheit des Hauptschuldners. Es fragt sich, wie man sich die Erteilung der ratihabitio hier vorzustellen hat. Grundsätzlich ist es natürlich nicht ausgeschlossen, dass der Hauptschuldner sich nach Kenntniserlangung ausdrücklich gegenüber dem Bürgen mit allem einverstanden erklärt hat. Lebensnaher erscheint aber, dass die ratihabitio des Hauptschuldners sich für den Juristen darin ausdrückt, dass der Hauptschuldner Kenntnis von der Leistung der Bürgschaft erlangt und sich die Gefälligkeit des Bürgen zu Nutze macht und den Bürgen nicht freistellt beziehungsweise den Regressanspruch des Bürgen nicht befriedigt. Dass der Begriff ratihabitio grundsätzlich auch eine stillschweigende Genehmigung durch das Unterlassen einer an 147 Insoweit auch Alexander Neumann, Bürgenregress (2011), 158 f. m. Fn. 704; im Ergebnis auch Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 289. 148 Vgl. Paulus D. 17.1.1.1, 2; vgl. auch Giménez-Candela, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 173 f. 149 Kaser, SZ 100 (1983), 125 f. 150 D. 17.1.6.2 Ulpian 31 ed. Si passus sim aliquem pro me fideiubere vel alias intervenire, mandati teneor et, nisi pro invito quis intercesserit aut donandi animo aut negotium gerens, erit mandati actio. 151 Vgl. auch Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 43 Fn. 22: „Das Genehmigungsmandat wird durch ein „sed et“ – „aber auch“ dem Duldungsmandat angeschlossen“; vgl. auch Pernice, Labeo A I (1873), 518.

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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sich anstehenden Handlung erfassen konnte, zeigt sich auch anderer Stelle,152 wobei es sich hierbei um Ausnahmefälle handeln dürfte, was schon die Tatsache der Erörterung dieser Fälle durch die römischen Juristen deutlich macht. Die Frage, die sich hier stellt, ist, ob bei nachträglicher ratihabitio die römischen Juristen diese Art von Konsens noch unter die formula der actio mandati subsumieren konnten. Wenn man wie Ulpian grundsätzlich ein stillschweigendes Mandat durch Duldung anerkennt, ist es nicht abwegig und fernliegend, in der Deduktion noch einen Schritt weiter zu gehen153 und bei nachträglicher ratihabitio einer Verbürgung ebenfalls das Zustandekommen eines Mandats anzunehmen.154 Entgegen Seiler155 bedeutet Ulpians Entscheidung nicht, dass der für ein mandatum an sich erforderliche Konsens fingiert wird. Die Formfreiheit des Konsensualvertrages lässt es auch zu, dass ein Mandat unter Abwesenden (etwa durch Boten) abgeschlossen werden kann.156 Ein solches Verständnis stößt hier nur auf Bedenken im Hinblick darauf, dass das mandatum im römischen Recht durch Konsens über eine künftig vorzunehmende Geschäftsbesorgung entsteht, wie es in der Formulierung mandavit der Klageformel zum Ausdruck kommt.157 Über diese Bedenken lässt sich jedoch hinwegkommen: Die Vorzeitigkeit der ratihabitio kann rechtskonstruktiv durch Rückgriff auf das Mittel der Fiktion herbeigeführt werden, indem der ratihabitio eine Rückwirkung beigelegt wird. Damit wäre der Wortlaut der formula der actio mandati „rein formal“ gewahrt. Auch würde das Wort mandavit damit nicht seines Sinnes entleert, denn bei einer nachträglichen Billigung des quod gestum muss der Auftragsinhalt gerade nicht im Vorfeld vom Auftraggeber festgelegt werden, denn er erklärt sich mit der Geschäftsführung, so wie sie durchgeführt worden ist, einverstanden. Die Begründung des mandatum dient hier allein der Begründung des Regressanspruches des Bürgen. Bei der Gewährung der actio mandati schwingt bei Ulpian wohl auch der Gedanke einer Treueverletzung mit:158 Die Übernahme einer Bürgschaft war in Rom in ganz besonderer Weise von amicitia und fides geprägt.159 Der Bürge selbst profitiert in der Regel nicht von diesem Geschäft. Die Treue, die der Bürge dem Hauptschuldner dadurch erwiesen hat, dass er die Bürgschaft gestellt hat, fordert vom Hauptschuldner die gleiche Treue, indem er alles tut, um zu verhindern, dass es überhaupt zu einer Inanspruchnahme des Bürgen kommt.160 Als 152

S. § 20 II. 3. der Untersuchung. Pernice, Labeo A I (1873), 517 f. 154 Dagegen Seiler, Negotiorum gestio (1968), 71, der diese Konstruktion für nachklassisch hält. 155 Seiler, Negotiorum gestio (1968), 72. 156 Vgl. Paulus D. 17.1.1.1. 157 S. § 26 III. der Untersuchung. 158 Vgl. Kaser, SZ 100 (1983), 129 f. 159 Kaser, RP I (1971), § 155 II 1 (660); HKK/Haferkamp, §§ 765–778 Rn. 3. 160 Kaser, SZ 100 (1983), 129 f. 153

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

treuwidrig galt es daher, wenn der Hauptschuldner die Inanspruchnahme des Bürgen zuließ und ihn nicht umgehend wieder freistellte. Der besondere qualifizierte161 Treubruch des Hauptschuldners zeigt sich darin, dass die actio mandati (contraria), mit der der Bürge nach bewirkter Zahlung gegen den Hauptschuldner Rückgriff nehmen konnte, bei Verurteilung anders als andere Konträrklagen und anders als bei sonstigen Anwendungen der actio mandati eine infamierende Wirkung hatte.162 Ulpian zu seiner Zeit hätte jedenfalls für den zweiten Teil von D. 50.17.60, das Vorliegen eines negotium utiliter gestum einmal unterstellt, den Regress problemlos auch über die actio negotiorum gestorum abwickeln können.163 Dass er sich für die actio mandati entschied und damit besondere Mühen, d. h. dogmatischen Aufwand auf sich nahm, zeigt, dass Ulpian unbedingt die actio mandati gewähren wollte, was wohl mit ihrer infamierenden Wirkung im Zusammenhang steht. Über die negotiorum gestio wollte er nur die Fälle geregelt wissen, in denen der Hauptschuldner überhaupt keine Kenntnis von der Stellung der Bürgschaft hatte. Im Fall der ratihabitio erscheint es unter dem Gesichtspunkt der Treuverletzung wertungsmäßig folgerichtig, dem Bürgen die actio mandati (contraria) zu gewähren, weil der Hauptschuldner sich demselben Vorwurf wie im Fall der Duldung ausgesetzt sieht, nämlich dass er es zur Zahlung des Bürgen hat kommen lassen und nicht selbst die Schuld beglichen hat. Von Bedeutung ist für Ulpian vielleicht auch der nachwirkende Gedanke der actio depensi gewesen, der in den Köpfen der römischen Juristen fortwirkte. Es ist gut möglich, dass die klassischen römischen Juristen versuchten, die von der actio depensi erfassten Fallkonstellationen unter den Tatbestand der actio mandati zu subsumieren. Möglicherweise hat man sich zwischenzeitlich, so wie es von einem großen Teil der Romanistik vertreten wird, einer Sonderklage für den Bürgenregress bedient. Ulpian behandelt hier aber sehr wahrscheinlich die reguläre actio mandati. Gemäß dem der Sentenz ratihabitio mandato comparatur hier unterlegten Verständnis, nach dem sich die Gleichstellung auf die außen wirkende Ermächtigungswirkung von mandatum und ratihabitio beschränkt,164 stellt D. 50.17.60 161

Kaser, SZ 100 (1983), 129. Vgl. D. 3.2.6.5 Ulpian 6 ed. ‘Mandati condemnatus’: verbis edicti notatur non solum qui mandatum suscepit, sed et is, qui fidem, quam adversarius secutus est, non praestat. ut puta fideiussi pro te et solvi: mandatite si condemnavero,famosum facio. Die Stelle ordnet Infamie bei Verurteilung aus der actio mandati contraria eines fideiussor an. 163 Zur actio negotiorum gestorum des fideiussor vgl. etwa Africanus D. 3.5.45 pr.,1; Papinian D. 3.5.31 pr.; Papinian D. 16.1.7; Paulus D. 17.1.20.1; Paulus D. 17.1.40; Ulpian D. 3.5.4; Ulpian D. 3.5.5 pr.; Ulpian D. 46.1.4 pr.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 11 Fn. 11 und 121 Fn. 16. 164 Vgl. § 27 I. der Untersuchung. 162

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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keinen Anwendungsfall derselben dar. Die ratihabitio konstituiert hier nämlich unmittelbar ein mandatum. Auch sonst fehlt jeder Bezug zu der Rechtsparömie. Hätte Ulpian die Wirkung der ratihabitio in D. 50.17.60 auf die Sentenz ratihabitio mandato comparatur zurückgeführt, wäre es auch schwer verständlich, warum der Spätklassiker auf die Übernahme dieser relativ eleganten Begründung verzichtet. Es lässt sich nicht genau sagen, ob die Kompilatoren sich der genauen Bedeutung der Aussage von D. 50.17.60 bewusst waren, die diese in der Reflexion der klassischen Juristen hatte, und ob sie sie als Manifestation der Regel ratihabitio mandato comparatur verstanden.165 Aber das Fehlen einer kompilatorischen Anstrengung dahingend, die rechtliche Beziehung zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn durch die ratihabitio gezielt neu zu gestalten, ist offensichtlich. Die Anzahl von Zeugnissen, denen die Vorstellung der Bedeutungslosigkeit der ratihabitio für die Qualifikation der Rechtsbeziehung als Mandat zugrunde liegt, überwiegt eindeutig.166 Und diese Stellen befinden sich nicht an verborgenen Orten, wo ihr Vorkommen auf ein Versehen beruhen oder als Ungenauigkeit der Kompilatoren Justinians abgetan werden könnte, so dass sie die Widersprüchlichkeit übersehen und eine durchgängige Interpolation der einschlägigen Stellen vergessen hätten, sondern diese Zeugnisse befinden sich innerhalb der sedes materiae. Die vielen Passagen, in denen die ratihabitio das Rechtsverhältnis aus der negotiorum gestio als solches nicht berührt, sprechen dafür, dass auch unter Justinian die ratihabitio ebenfalls kein mandatum begründet hat.167 Justinian hielt wohl, auch aus einer gewissen klassischen Grundhaltung heraus, daran fest, dass die ratihabitio die negotiorum gestio nicht in ein Mandat umwandelt.168 Es spricht meines Erachtens manches dafür, dass Justinian dem zweiten Satz in D. 50.17.60 den Charakter einer abstrakten Regel beigelegt und die dortige actio mandati bloß als quasimandatsrechtliche actio negotiorum gestorum aufgefasst hat.169 Der Standort unter den regulae würde jedenfalls grundsätzlich eine solche Abstraktionshöhe erlauben. Dass Justinian die Geschäftsführung ohne Auftrag als Quasivertrag auffasste und sie damit in die Nähe des Auftrags rückte, ist unbestritten.170 Die Einordnung als Quasivertrag ging allem Anschein nach einher 165

So auch Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 316. Gleichsinnig Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 315. 167 Vgl. z. B. nur Antoninus C. 2.18 (19).9 (217). Dazu oben in § 5 III. 4. der Untersuchung. 168 Der Deutung Finazzis, in: Studi Talamanca III (2001), 315 Justinian habe eine elektive Konkurrenz zwischen actio mandati und actio negotiorum gestorum zugelassen, ist entgegenzuhalten, dass dann die Kompilatoren ein solches Wahlrecht wohl auch in D. 50.17.60 als an exponierter Stelle zum Ausdruck gebracht und sich nicht mit der Erwähnung der actio negotiorum gestorum in anderen Texten begnügt hätten. 169 Vgl. auch Seiler, Negotiorum gestio (1968), 71. 170 Vgl. die Nachweise in Fn. 38 im 2. Teil der Untersuchung. 166

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

mit einer materiellen Rechtsentwicklung.171 Justinian sah die Grundlage der negotiorum gestio nicht mehr in der Geschäftsführung, sondern in der Willensübereinstimmung zwischen dominus und gestor und legte dementsprechend der ratihabitio eine obligationsbegründende Wirkung für die negotiorum gestio bei. In der Anerkennenung dieser Wirkung lag wohl auch die Bedeutung der Sentenz ratihabito mandato comparatur für Justinian, so dass er die zweite regula damit als Ausfluss dieser Sentenz verstand. III. Die Begründung eines Kreditmandats durch ratihabitio – Scaevola D. 17.1.60.1 Auch in einem aus Scaevolas Responsen entlehnten Fall findet Finazzis oben erwähnte These,172 wonach die ratihabitio einer übernommenen Verpflichtung ein mandatum zu ihrer Erfüllung begründe, keine Bestätigung: D. 17.1.60.1173 Scaevola 1 resp. Ad eum qui uxorem ducturus erat litteras fecit tales: ‘Titius Seio salutem. Semproniam pertinere ad animum meum cognovisti: ideoque cum ex voto meo nuptura tibi sit, velim certus sis secundum dignitatem tuam contrahere te matrimonium. et quamvis idonee repromissuram tibi Titiam matrem puellae dotem sciam, tamen et ipse quo magis conciliem animum tuum domui meae, fidem meam interponere non dubito: quare scias, quodcumque ab ea ex hac causa stipulatus fueris, id me mea fide esse iussisse salvum te habiturum.’ atque ita Titia, quae neque Titio mandaverat neque ratum habuerat quod scripserat, dotem Seio promisit. quaero, si heres Titii ex causa mandati praestiterit, an actione mandati heredem Titiae convenire potest. respondi secundum ea, quae proponuntur, non posse. item quaesitum est, an nec negotiorum gestorum. respondi nec hoc nomine iure agere posse: palam enim facere Titium non tam Titiae nomine, quam quod consultum 174 vellet, mandasse. item si maritus adversus mandatorem ageret, an aliqua exceptione summoveatur? respondi nihil proponi, cur summovendus sit.

Titius hat sich in einem Brief an Seius, den künftigen Ehemann der Sempronia, die eine Tochter der Titia ist, für die Erfüllung eines zukünftigen Dotalversprechens von Titia verbürgt. Titia, die weder Titius beauftragt noch das von ihm Geschriebene genehmigt hat (quae neque Titio mandaverat neque ratum habuerat quod scripserat), verspricht dem Seius anschließend tatsächlich die Mitgift und Seius heiratet Sempronia. Nachdem Titius und Titia gestorben sind, hält sich Seius an den Erben des Titius, und dieser leistet aufgrund des Briefes ex causa mandati an Seius. Nunmehr möchte der Erbe des Titius bei dem Erben der 171

S. dazu auch oben § 5 III. der Untersuchung. S. dazu § 27 II. der Untersuchung. 173 Ausführlich besprochen wird diese Entscheidung von J. Wacke, OIR 10 (2005), 256 ff. 174 Mommsen/Krüger, Corpus Iuris Civilis I, 222 Fn. 8; Knütel, in: Behrends/Knütel/ Kupisch/Seiler (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis III, Digesten 11–20 (1999), 400 m. Fn. 2. 172

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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Titia Regress nehmen. Scaevola lehnt eine Klage aus Mandat ab. Aber auch die actio negotiorum gestorum sei in diesem Fall ausgeschlossen. Denn aus dem Inhalt des Briefes ergebe sich mit aller Klarheit, dass Titius den Auftrag nicht zur Entlastung der Titia erteilt hat, sondern um den Seius seinem Haus geneigt zu machen. Mangels Einhaltung der Stipulationsform ist die fideiussio zwischen Titius und Seius nicht wirksam entstanden. Scaevola deutet die formnichtige Bürgschaft offenbar in ein Mandat des Titius175 an den Bräutigam Seius um, Titia durch Stundung der dos Kredit zu geben, also als Angebot zum Abschluss eines Kreditauftrages.176 Dieser ist als Konsensualkontrakt formfrei und setzt keine Stipulation voraus und steht der fideiussio nahe: Der Darlehensnehmer ist der Hauptschuldner, der Auftraggeber fungiert als eine Art Bürge, von dem der Beauftragte mit der actio mandati Erstattung der dem Dritten kreditierten Summe verlangen kann. Bei einem Kreditauftrag geht anders als bei der Bürgschaft die Initiative regelmäßig vom Auftraggeber aus. Das Angebot des Titius nimmt Seius konkludent mit der Heirat an. Seius räumt Titia insofern ein Darlehen ein, als er auf sofortige Auszahlung der Mitgift verzichtet und sich mit deren bloßem Versprechen zufrieden gibt.177 Den Auftrag erteilt Titius ohne seinerseits von der Brautmutter Titia als Schuldnerin beauftragt worden zu sein. Hier handelt es sich insoweit um einen atypischen Fall eines Kreditmandats, bei dem der Mandant den Auftrag nicht im Interesse des Hauptschulders, sondern im eigenen Interesse erteilt.178 Nachdem sowohl Titius als auch Titia verstorben sind, haftet der Erbe des Titius dem Darlehensgeber Seius mit der actio mandati contraria auf Aufwendungsersatz, d. h. auf die gewährte Darlehenssumme in Höhe der dos. Nunmehr verlangt der Erbe des Titius von dem Erben der Titia Erstattung der gezahlten Summe. Scaevola verneint die actio mandati, da Titia weder den Titius zur Übernahme einer Bürgschaft beauftragt, noch diese genehmigt habe. Auch die actio negotiorum gestorum lehnt er ab. Entgegen einer bisweilen im Schrifttum anzutreffenden Ansicht179 wird die actio negotiorum gestorum dem klaren Wortlaut nach nicht aufgrund des Fehlens der ratihabitio, sondern deshalb abgelehnt, weil Titius im eigenen Interesse und nicht im Interesse der Titia gehandelt hat und es

175 Scaevola setzt voraus, dass der Erbe von Seius ex causa mandati in Anspruch genommen werden kann. 176 Kreller, SZ 59 (1939), 427; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 17. 177 J. Wacke, OIR 10 (2005), 258. 178 J. Wacke, OIR 10 (2005), 258. 179 Vgl. etwa Chambon, Negotiorum gestio (1848), 58 Fn. 1; J. Wacke, OIR 10 (2005), 258.

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

ihm deshalb am animus negotia aliena gerendi fehlte.180 Auch an dieser Stelle wird die in dieser Untersuchung vertretene Auffassung nicht widerlegt, wonach die ratihabitio die actio negotiorum gestorum nicht unmittelbar zu begründen vermochte. Die Aussage quae neque Titio mandaverat neque ratum habuerat quod scripserat ist im vorliegenden Zusammenhang von besonderem Interesse. Sie lässt sich eigentlich nur so verstehen, dass, wenn Titia die Übernahme einer Bürgschaft von Titius genehmigt hätte, der Erbe des Titius gegen den Erben von Titia die actio mandati hätte erheben können, um die geleistete Summe erstattet zu bekommen.181 Finazzi182 sieht in den Worten einen Beleg für die von ihm proklamierte These, wonach die Idee von der Auslegung der ratihabitio als Auftragserteilung in der römischen Jurisprudenz im zweiten Jahrhundert n. Chr. im Umlauf war. Dies sei keine Gleichstellung der Genehmigung mit dem Mandat, sondern die Feststellung, dass die ratihabitio dort, wo sie sich auf ein Rechtsgeschäft bezieht, durch das der gestor eine Verpflichtung zum Vorteil des Geschäftsherrn übernommen hat, geeignet war, den Willen zur Erteilung eines Auftrags auszudrücken, die übernommene Verpflichtung zu erfüllen. Demensprechend ist Finazzi der Ansicht, dass der vorliegende Fall, obwohl er weder eine Bürgschaft noch ein echtes mandatum pecuniae credendae zum Gegenstand habe, erhebliche Berührungspunkte zum zweiten Teil des D. 50.17.60183 aufweise. Es sei wahrscheinlich, dass Scaevola die Genehmigung der Übernahme einer Verpflichtung als eine Auftragserteilung zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung betrachtet habe. Auch in diesem Fall sei die logische und zeitliche Reihenfolge der Manifestation der Willen der Parteien juristisch irrelevant. Näherliegend ist es aber, dass Scaevola die an sich angestrebte Bürgschaft hier auf den Gedanken der Genehmigung gebracht hat: Scaevola könnte an die allgemein geltenden Besonderheiten184 für das Zustandekommen eines Mandats bei Duldung und Genehmigung der Übernahme einer Bürgschaft gedacht haben, weil von Titius aus an sich die Leistung einer Bürgschaft beabsichtigt war, die dann mangels Einhaltung der Stipulationsform nicht formgültig abgeschlossen wurde. Der Kreditauftrag und die in ihn umgedeutete Bürgschaft ähneln sich funktionell. Die Möglichkeit der Genehmigung der Intervention durch Titia schied hier aber von vornherein aus, weil Titia gar keine Kenntnis von dem Brief des Titius hatte. Andernfalls hätte ihr Erbe gehaftet, da Titia nach ihrem Tod nicht mehr aus der actio mandati hätte haften können.

180 181 182 183 184

So auch Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 301. So auch Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 302. Finazzi, in: Studi Talamanca III (2001), 302. S. § 27 II. der Untersuchung. S. § 27 II. der Untersuchung.

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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§ 28 Deliktsrecht – Zum Satz in maleficio ratihabitio mandato comparatur Im Folgenden soll nun der Bedeutung des in den Quellen zweimal begegnenden Ausspruches in maleficio ratihabitio mandato comparatur nachgegangen werden. I. Ulpian D. 43.16.1.14 D. 43.16.1.14 Ulpian 69 ed. Sed et si quod alius deiecit, ratum habuero, sunt qui putent secundum Sabinum et Cassium, qui ratihabitionem mandato comparant, me videri deiecisse interdictoque isto teneri, et hoc verum est: rectius enim dicitur in maleficio ratihabitionem mandato comparari.

Ulpian erörtert die Passivlegitimation zum interdictum unde vi. Er berichtet, dass einige ungenannte Juristen (quidam), worin sie dem Sabinus und Cassius folgen, qui ratihabitionem mandato comparant, das interdictum unde vi auch gegen denjenigen gewähren, der die von einem anderen begangene deiectio nachträglich genehmigt. Ulpian teilt diese Ansicht mit der von ihm stammenden Begründung et hoc verum est: rectius enim dicitur in maleficio ratihabitionem mandato comparari (und dies ist richtig, denn bei einer Übeltat lässt sich die Genehmigung wohl mit einem Auftrag vergleichen). Das Interdikt185 unde vi fand bei gewaltsamer Vertreibung aus dem Besitz eines Grundstücks Anwendung.186 Damit wurde demjenigen, der den ihm gegenüber fehlerfrei Besitzenden gewaltsam aus dem Besitz des Grundstücks vertrieben hatte, vom Prätor die Restitution befohlen, d. h. es wurde ihm aufgegeben, den Gegner so zu stellen, wie wenn dieser nie dejiziert worden wäre. Unterblieb die Restitution in natura, führte das Interdikt zu einer Geldverurteilung in deren Wert.187 Passivlegitimiert war grundsätzlich der unmittelbare Täter. Bereits nach dem Ediktswortlaut wurde die Passivlegitimation auch auf denjenigen erstreckt, dessen procurator oder dessen familia die Vertreibung vorgenommen hat.188 Das inderdictum unde vi wurde ferner auch gegen den gewährt, qui mandavit aut iussit, 185 Das Interdikt ist mit der einstweiligen Verfügung des heutigen Zivilprozessrechts vergleichbar, Kaser/Knütel/Lohsse, RP (2021), § 12 Rn. 3. 186 Kaser, RP I (1971), § 96 IV 3 (399). 187 Kaser, RP I (1971), § 96 IV 3 (399). 188 Die Ediktsformel lautet nach Kaser, RP I (1971), § 96 IV 3 (399) wie folgt: Unde in hoc anno tu illum vi deiecisti aut familia tua aut procurator tuus deiecit, cum ille possideret, quod nec vi nec clam nec precario a te possideret, eo illum quaeque tunc ibi habuit restituas. Die Formel enthielt in der im Edictum perpetuum proponierten Form nicht mehr die Worte procurator und familia, Lenel, EP (1927), § 245 (463); Kaser, RP I (1971), § 96 IV 3 (399 Fn. 30); vgl. auch Ulpian D. 43.16.1 pr.; doch änderte dies nichts an ihrer Auslegung, so Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 251.

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

ut aliquis deiceretur,189 also auch gegen denjenigen, der einen anderen mit der Vertreibung beauftragt hat. Das mandatum kann im Rahmen von in maleficio ratihabitionem mandato nur untechnisch zu verstehen sein, denn es kann kein wirksames mandatum zu einem Delikt erteilt werden.190 Das Mandat zu einem maleficium, das nach der heutigen Doktrin einer Anstiftung gemäß § 26 StGB entspricht191 und ein sittenwidriges Geschäft zum Inhalt hat, ist zivilrechtlich nichtig,192 so dass aus ihm keine Rechte und Pflichten erwachsen. Demgemäß kann ratihabitio ihrem ursprünglichen Wortsinn193 entsprechend hier nur „Billigung“ bedeuten.194 Zum Teil195 wird die Stelle dahingehend verstanden, dass bereits Sabinus und Cassius selbst, qui ratihabitionem mandato comparant,196 die Sentenz auf den hier zu entscheidenden Fall der deiectio angewandt haben und andere Juristen einschließlich Ulpian ihnen in ihrer Entscheidung samt der Begründung gefolgt sind. Eine solche Lesart ist aufgrund der Textstruktur grundsätzlich möglich, jedoch nicht zwingend. Denkbar erscheint auch eine Deutung in dem Sinne, dass spätere Juristen die Sentenz erstmals in Verbindung mit diesem Fall gebracht haben.197 Für dieses Verständnis spricht die adversative Konjunktion sed, die das in den vorangegangenen § 13 Gesagte nicht fortführt, sondern einen Gegensatz dazu beinhaltet.198

189 D. 43.16.1.12 Ulpian 69 ed. Deiecisse autem etiam is videtur, qui mandavit vel iussit, ut aliquis deieceretur: parvi enim referre visum est, suis manibus quis deiciat an vero per alium: quare et si familia mea ex voluntate mea deiecerit, ego videor deiecisse. Vgl. die daraus von den Kompilatoren gebildete unklassische Rechtsregel D. 50.17.152.1 Ulpian 69 ed. Deicit et qui mandat. S. auch D. 43.24.5.14 Ulpian 70 ed. Et hoc iure utimur, ut, sive ego fecissem dive fieri iussi, interdicto quod vi aut clam tenear. 190 Ebert, in: Festschrift für Spendel (1992), 121 Fn. 27; A. Wacke, SZ 121 (2004), 356; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 157. 191 Vgl. Bock, Beteiligungslehre (2006), 175; ders., ZIS 2006, 10. Ein abstrakter Begriff der Teilnahme ist im römischen Strafrecht nicht überliefert. Es lassen sich aber zahlreiche Einzelfälle der Anstiftung (und auch der Beihilfe) in den römischen Quellen finden, Bock, Beteiligungslehre (2006), 229. 192 Vgl. Ulpian D. 17.1.6.3 (Rei turpis nullum mandatum est); ders., D. 17.1.12.11; ders., D. 17.1.22.6; Gaius D. 18.1.35.2; Papinian D. 22.1.5; Gaius III.157; ders., III.26.7. S. ferner Ruhstrat, AcP 33 (1850), 232; Bock, Beteiligungslehre (2006), 171; Daube, SZ 76 (1959), 225; A. Wacke, SZ 121 (2004), 356. 193 S. auch § 4 I. der Untersuchung. 194 So auch Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 205; A. Wacke, SZ 121 (2004), 356. 195 So z. B. Daube, SZ 76 (1959), 225. 196 Der Einschub qui ratihabitionem mandato comparant für interpoliert halten Bortolucci, Rathabitio mandato comparatur (1916), 6 ff.; gefolgt von v. Beseler, SZ 46 (1926) 141 Fn. 1. Auch Albertario, SDHI 2 (1936), 169 f. sieht den Begriff mandato als unecht an, welchen er zu ersetzen vorschlägt mit ; gleichsinnig Cosentini, Annali Catania 1 (1947), 240 ff. 197 So auch A. Wacke, SZ 121 (2004), 356. 198 Vgl. Lenel, Pal. II (1889), Sp. 815.

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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In § 13199 referiert Ulpian die Meinung von Sabinus, nach dem das Interdiktenverfahren für den Fall, dass ein verus procurator dejiziert hat, gegen den dominus und den procurator erhoben werden kann. Die Passivlegitimation des dominus soll aber ausgeschlossen sein, wenn ein falsus procurator die deiectio vorgenommen hat. Und im Gegensatz zu dieser Ansicht von Sabinus steht offenbar die Ansicht einiger späterer Juristen, die das Interdiktenverfahren bei Genehmigung des dominus unter Berufung auf die in Rede stehende Sentenz auch gegen diesen zulassen wollen. Dazu passt die Auffassung,200 die das Wort alius, das am Anfang der Stelle steht, durch das Pronomen ersetzen möchte, das sich auf den falsus procurator im vorherigen Paragraphen bezieht.201 Der Inhalt von D. 43.16.1.14 ist somit als eine Konkretisierung der Haftung des dominus für die von einem procurator begangene Vertreibung zu verstehen.202 Dagegen, dass Sabinus und Cassius selbst die Sentenz bereits auf das interdictum unde vi angewandt haben, spricht, dass die Erwähnung von quidam (einige) dann eigentlich überflüssig wäre. Ulpian hält es wohl deshalb für geboten, quidam zu zitieren, weil Sabinus und Cassius selbst die Sentenz nicht auf die deiectio anwandten. Erst spätere Juristen haben die Passivlegitimation zum interdictum unde vi auch auf den Genehmigenden erstreckt und sozusagen als topische Begründung die zu ihrer Zeit allgemein bekannte und anerkannte Sentenz von Sabinus und Cassius angeführt. Dabei interessierte sie nicht mehr der ursprüngliche dogmatische Hintergrund der Parömie, sondern es ging ihnen letztlich nur darum, dass für den Genehmigenden die gleichen Rechtsfolgen wie für den unmittelbar Vertreibenden gelten. Die Erklärung für den Rekurs auf diese Sentenz liegt wohl weniger darin, dass den späteren Juristen das Verständnis für ihre Bedeutung abhanden gekommen war, sondern vielmehr darin, dass ein althergebrachter Rechtsgrundsatz von solchen Autoritäten wie den beiden frühklassischen Juristen große Anerkenung genoss und sich die späteren Juristen veranlasst fühlten, bei einem Sachverhalt wie dem vorliegenden, der auch nur entfernt an die Möglichkeit der Anwendbarkeit der Sentenz denken ließ, sie anzuführen. Vielleicht gab es auch Gegenstimmen und die späteren Juristen beriefen sich deshalb auf die Autoritäten.203 Die abschließende Bemerkung et hoc verum est, 199 D. 43.16.1.13 Ulpian 69 ed. Quotiens verus procurator deiecerit, cum utrolibet eorum, id est sive domino sive procuratore, agi posse Sabinus ait et alterius nomine alteri eximi, sic tamen, si ab altero eorum litis aestimatio fuerit praestita ( non enim excusatus est, qui iussu alicuius deiecit, non magis quam si iussu alicuius occidit): cum autem falsus est procurator, cum ipso tantum procuratore interdici debere. Sabini sententia vera est. 200 So Bortolucci, Ratihabitio mandato comparatur (1916), 6 gefolgt von Albertario, SDHI 2 (1936), 169 f. und Cosentini, Annali Cantania 1 (1947), 258. 201 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 164. 202 Gleichsinnig Kacprzak, Ratihabitio (2002), 164. 203 Dass quidam wohl die überwiegende Meinung ausdrückt, darf man Ulpian D. 43.16.3.10, 11 entnehmen. Das quidam deutet aber auch bereits an, dass es möglicherweise eine Gegenmeinung gab und eine Kontroverse über die Verantwortlichkeit des Genehmigenden bestand. Vgl. auch Giaro, Römische Rechtswahrheiten (2007), 364.

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

mit der sich Ulpian der Meinung der Juristen anschließt, ist ein Hinweis auf eine solche Kontroverse. Ulpian führt weiter aus: rectius enim dicitur in maleficio ratihabitionem mandato comparari.204 Die Wendung in maleficio ratihabitio mandato comparatur, mit der er den aus dem Kontraktsobligationenrecht entlehnten Satz auf die deiectio für anwendbar erklärt,205 stammt von Ulpian selbst. In der Sache war die Sentenz, wie bereits ausgeführt, sehr wahrscheinlich schon vor ihm von anderen Juristen auf die deiectio angewandt worden. Der Ausdruck rectius enim dicitur deutet darauf hin, dass Ulpian selbst nicht ohne letzten Zweifel der von ihm referierten Ansicht folgt und damit gerade nicht unter Anwendung einer allgemein anerkannten Rechtsregel zu dieser Entscheidung gelangt ist, sondern vielmehr im Rahmen einer zögerlichen Interpretation des ediktalen deicere. Es erweckt den Eindruck, als hadere Ulpian fast mehr mit der Begründung als mit der Entscheidung in der Sache, der er sich offenbar überzeugt anschließt (et hoc verum est). Die Zurückhaltung Ulpians erklärt sich daraus, dass ihm natürlich bewusst war, dass die Heranziehung der Sentenz von ihrem ursprünglichen Bedeutungsgehalt her hier eigentlich nicht passt und Sabinus und Cassius die Sentenz in einem völlig anderen Kontext verstanden wissen wollten. Hätten schon Sabinus und Cassius die analoge Anwendung der Sentenz auf die deiectio bejaht, wäre die Zurückhaltung eigentlich nicht nachvollziehbar, mit der Ulpian die Heranziehung der Sentenz befürwortet. Die Voranstellung des Ausdrucks in maleficio könnte darauf hindeuten, dass der pönale Charakter der deiectio im Hinblick auf die Gleichstellung von ratihabitio und mandatum im Vordergrund stehen soll und Ulpian mit dieser Formulierung sagen will, der in der Genehmigung zum Ausdruck kommende Gesinnungsunwert stehe einer eigenhändig verübten deiectio im Unrechtsgehalt gleich. Der Begriff maleficium206 wird in den römischen Quellen für die klassischen delicta 204 Die Phrase rectius enim dicitur in maleficio ratihabitionem mandato comparari für justinianisch halten Bortolucci, Ratihabitio mandato comparatur (1916), 6; v. Beseler, Beiträge IV (1920), 269 Fn. *; ders., SZ 46 (1926), 141 Fn. 1 (aufgrund des Substantivs ratihabitio); Albertario, SDHI 2 (1936), 169 f.; Cosentini, Annali Cantania 1 (1947), 258; Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 205 ff. Für die Echtheit spricht, dass die Formulierung rectius enim dicitur nicht Ausdruck einer Regel aus D. 50.17 sein kann, so auch schon Daube, SZ 76 (1959), 226. Für die Echtheit (der gesamten Stelle) sprechen sich aus z. B. Behrends, SZ 95 (1978), 216 m. Fn. 67; Apathy, SZ 96 (1979), 83 Fn. 63. 205 Maleficium und delictum werden sowohl von den klassischen Juristen als auch von Justinian synonym gebraucht. Justinian gebraucht delictum in den Titeln von Inst. 4.1 und Inst. 4.5. In Inst. 4.1 pr. und 4.5.3 ist auch die Rede von maleficium. Der Ausdruck maleficium verbalisiert stärker die soziale Missbilligung, Kaser/Knütel/ Lohsse, RP (2021), § 61 Rn. 1. 206 Das Wort wurde generell verdächtigt, aber zu Unrecht nach Kaser, RP I (1971), § 142 I 1 (609 Fn. 2) mit Verweis auf Levy, SZ 46 (1926), 415 f. Vgl. auch Gaius IV.75,112; ders. D. 44.7.1 pr.; ders. D. 44.7.4; Ulpian D. 47.6.1 pr.

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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(privata)207 verwendet, worunter die gewaltsame deiectio jedoch an sich nicht fällt.208 Die Betrachtung der deiectio als ein maleficium ist deshalb für ArangioRuiz209 ein Zeichen für eine Interpolation. Wenngleich auch durch das interdictum unde vi das Unrecht einer Besitzentziehung nicht mit einer Buße gesühnt, sondern nur das ursprüngliche Besitzverhältnis wieder hergestellt werden soll, weist es aber durchaus pönale Merkmale auf 210 und wird deshalb zum Teil als jedenfalls nicht rein sachverfolgend verstanden.211 Dennoch kann man begründete Zweifel an einer solchen Auslegung haben, wonach die nachträglich genehmigte deiectio einer eigenhändig verübten deiectio im Unrechtsgehalt gleichstehen soll, denn die ratihabitio hat im Gegensatz zum vorher erteilten Mandat keinen Beitrag zur Verwirklichung des Tatbestands der deiectio geleistet. Eine solche Handhabung liefe de facto auf eine „Gesinnungsstrafbarkeit“ hinaus. In diese Richtung geht die Erklärung von Behrends.212 Seiner Ansicht nach ist die Anwendung der Sentenz ratihabitio mandato comparatur auf eine Deliksbegehung nur eine folgerichtige Konsequenz der von ihm angenommenen dogmatischen Einordnung des vorklassischen mandatum als Realvertrag.213 Das Mandat kam Behrends zufolge auch dann214 kraft bonae fidei interpretatio zustande, wenn jemand eine fremde Interessen verletztende Geschäftsführung wie bespielsweise die Vertreibung von einem Grundstück duldet. Diese Lehre lasse bei der Genehmigung eine bloße Gesinnungsbetätigung ausreichen und bestrafe damit die Gesinnung.215 Dies entspreche der „Remoralisierung [des Rechtsdenkens] der spätprokulianischen Schule insbesondere seit Papinian“.216 Gegen eine solche Anschauung sprechen jedoch bereits allgemeine Erwägungen: Im römischen Recht begegnet die Strafbarkeit der nachträglichen Billigung eines 207 Wie z. B. furtum (Diebstahl), damnum iniuria datum (Sachbeschädigung), iniuria (Persönlichkeitsverletzung). 208 Mommsen, Römisches Strafrecht (1899), 101 Fn. 3. Die klassischen Delikte zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass ihnen (neben den sachverfolgenden Klagen) sog. Strafklagen (actiones poenales) bzw. gemischte Strafklagen entspringen, die auf Zahlung einer Geldbuße gerichtet sind. Das private Deliktsrecht hat neben der Wiedergutmachung des Schadens des Verletzten zugleich die Aufgabe, den Täter zu bestrafen, Kaser, RP I (1971), § 142 II (610), IV (611). 209 Arangio-Ruiz, Mandato (1949), 205. 210 Passive Unvererblichkeit, Gewährung einer actio in factum in id quod ad eium pervenit gegen den Erben (Ulpian D. 43.16.1.48; 3 pr.; 9 pr.), zeitliche Befristung der Haftung (Ulpian D. 43.16.1 pr.; 1.39), Haftung des Dejizienten für Zufall (Ulpian D. 43.16.1.34–36), Bezug der Restitution auf den Zeitpunkt der Tat (Ulpian D. 43.16.1 pr.). Dazu auch Kaser, Restituere (1968), 24 f.; ders., RP I (1971), § 96 IV 3 (399). 211 Vgl. Kaser, Restituere (1968), 24 f., 200; ders., RP I (1971), § 96 IV 3 (399). 212 Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 44. 213 Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 44. 214 S. zu Behrends auch oben § 26 II. der Untersuchung. 215 Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 44 Fn. 24. 216 Behrends, in: Festschrift für Waldstein (1993), 44 Fn. 24.

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

bereits begangenen Delikts beziehungsweise einer bereits begangenen Straftat an keiner Stelle.217 Daraus ergibt sich, dass für die Anwendung des interdictum unde vi im Falle der ratihabitio an eine mit der Genehmigung zum Ausdruck kommende missliebige Gesinnung nicht angeknüpft werden kann, weil eine solche Auslegung der römischen Strafrechtsdoktrin zuwiderliefe, die eine Gesinnungsstrafbarkeit nicht kennt. Man wird weiter folgern dürfen, dass Ulpian die Sentenz nicht für das gesamte Deliktsrecht beziehungsweise Strafrecht für anwendbar erklären wollte.218 Es gilt die Frage zu beantworten, warum dann Ulpian und die anderen Juristen beim interdictum unde vi die nachträgliche ratihabitio einem mandatum gleichstellten. Der Sinn und Zweck der Gleichsetzung erschließt sich einem, wenn man berücksichtigt, dass der dominus durch die Billigung der deiectio mittels des procurator Besitz an dem Grundstück erlangt. In der ratihabitio drückt sich sein animus possidendi aus.219 Der dominus, der die durch einen falsus procurator begangene deiectio genehmigt hat, muss interdiktal in gleicher Weise haften, wie wenn er den procurator zur deiectio beauftragt hätte, weil er in beiden Fällen Besitz an dem Grundstück erlangt. Auch wenn der Auftrag zivilrechtlich nicht wirksam vereinbart worden ist, liegt ihm ein tatsächlicher Konsens zugrunde; der „Mandatar“ übt die tatsächliche Sachherrschaft über das Grundstück für den „Mandanten“ als Besitzmittler aus.220 Die extensive Auslegung der Passivlegitimation zum interdictum unde vi steht im Zusammenhang mit dem dogmatischen Wandel in der römischen Besitzlehre im zweiten Jahrhundert n. Chr., genauer gesagt mit der Anerkennung der possessio per alium, des Besitzerwerbs durch ratihabitio.221 Die ratihabitio bildet auf diese Weise gewissermaßen die Fortsetzung der widerrechtlichen Inbesitznahme.222 Procurator und dominus haften als Gesamtschuldner.223 Dies ist dem Umstand geschuldet, dass sowohl der procurator als auch der dominus als Dejizienten angesehen werden, aber das Interesse des Vertriebenen an der Restitution nur einmal besteht.224 Der procurator verliert mit der ratihabito des dominus den Besitz an dem Grundstück. Er kann nicht mehr in natura restituieren, sondern wird in 217

Vgl. D. 48.19.18 Ulpian 3 ed. Cogitationis poenam nemo patitur. A. A. Daube, SZ 76 (1959), 225. Abzulehnen ist daher Mommsens Vorschlag, ein etiam vor in maleficio einzuschalten. 219 Vgl. auch § 32 der Untersuchung. 220 So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 161, 168; zust. A. Wacke, SZ 121 (2004), 356. 221 So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 166. Dazu genauer im 6. Teil „Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage“. 222 Insoweit zutreffend Schlossmann, JherJb 36 [n. F. 24] (1896), 322 Fn. 8, ohne aber auf den Wandel in der römischen Besitzlehre hinzuweisen. 223 Vgl. Ulpian D. 43.16.1.13. 224 Auch Steiner, Solidarobligationen (2009), 223. 218

2. Kap.: Quellenuntersuchung

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Geld kondemniert. Das interdictum unde vi hatte in erster Linie eine rekuperatorische Funktion,225 dem Dejizierten wird vornehmlich daran gelegen gewesen sein, den Besitz an dem Grundstück zurück zu erlangen.226 Der dominus ist in der Lage, sein Restitutionsinteresse zu realisieren. Daher entsprach es dem Telos des interdictum unde vi, den Kreis der Verantwortlichen im vorliegenden Fall auf den Genehmigenden auszudehnen und nicht ausschließlich auf den materiellen Vertreibungsakt abzustellen. Ulpian war sich des Ausnahmecharakters der Entscheidung vollends bewusst. II. Ulpian D. 50.17.152.2 In Ulpian D. 50.17.152.2227 wird der Satz von Ulpian als allgemeine Regel für alle Delikte statuiert: D. 50.17.152.2 Ulpian 69 ed. In maleficio ratihabitio mandato comparatur.

Bei einer Straftat ist danach die Genehmigung dem Auftrag gleichgestellt. Das mandatum kann auch228 hier nur untechnisch zu verstehen sein, denn es kann, wie bereits gesagt, kein wirksames mandatum zu einem maleficium erteilt werden. Das Mandat zu einem maleficium, das ein sittenwidriges Geschäft zum Inhalt hat, ist zivilrechtlich nichtig,229 so dass aus ihm keine Rechte und Pflichten erwachsen. Das war Anlass für einige, den Sinn der Gleichstellung in D. 50.17.152.2 in Frage zu stellen und sie als unecht anzusehen.230 Dass diese Schlussfolgerung so nicht richtig ist, weil es etwa beim Besitzerwerb auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des mandatum und der ratihabitio nicht ankommt, ist bereits oben231 in Bezug auf die deiectio dargelegt worden. Die von Ulpian getroffene Aussage ist für das römische Strafrecht beziehungsweise für das Deliksrecht (mit strafrechtlichem Charakter) nicht verallgemeinerungsfähig. Die einschränkende Auslegung dieses Satzes ergibt sich bereits aus der Grundlage der Gleichsetzung beim interdictum unde vi.232 Grundlage hierfür ist der Besitzerwerb infolge der ratihabitio.233 Bei den meisten maleficia fehlt es an einem solchen Grund, um den Genehmigenden für die begangene Tat zur 225

Kaser, RP I (1971), § 96 IV 3 (399). Vgl. Paulus D. 46.16.7. 227 Die Regel wird für unklassisch gehalten von Bortolucci, Ratihabitio mandato comparatur (1916), 8; v. Beseler, Beiträge IV (1920), 53 Fn. *. Für die Echtheit De Filippi, Ratihabitio (2002), 181. 228 Vgl. § 28 I. der Untersuchung. 229 S. dazu die Nachweise in Fn. 190. 230 Bortolucci, Ratihabitio mandato comparatur (1916), 7. 231 S. § 28 I. der Untersuchung. 232 S. § 28 I. der Untersuchung. 233 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 165. 226

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4. Teil: Ratihabitio und mandatum

Verantwortung ziehen zu können. Denn er erlangt in der Regel keinen Vorteil durch die ratihabitio, sei es, dass er das Delikt selbst nicht begangen hat, sei es, dass es an der actio fehlt, die es ihm ermöglichen würde, den erlangten Vorteil vom dem Täter einzufordern.234 Die Bedeutung des Satzes in maleficio ratihabitio mandato comparatur reicht damit nicht über die deiectio hinaus. Er scheint das unglückliche Produkt der Bemühungen zu sein, die Tragweite des Satzes ratihabitio mandato comparatur auf den außerrechtsgeschäftlichen deliktischen Bereich zu erweitern, um ein ganz bestimmtes Ergebnis im Hinblick auf das interdictum unde vi zu rechtfertigen.235 Die Gleichsetzung von mandatum und ratihabitio passt für den rechtsgeschäftlichen Bereich, wo den Vertretenen Rechtswirkungen treffen, weil er es so will. Hierbei ist es gleichgültig, ob er seinen Willen vor oder nach der Geschäftsführung des procurator erklärt hat.236 Für die deliktsrechtliche oder strafechtliche Verantwortlichkeit ist dieser Unterschied jedoch von Bedeutung. Ulpian wollte deshalb mit seiner Aussage in maleficio ratihabitio mandato comparatur keine neue regula für das Deliktsrecht beziehungsweise Strafrecht formulieren. Die ratihabitio begegnet im Delikstrecht sonst nur noch bei der calumnia, der wissentlich falschen Anklageerhebung, in Paulus D. 3.6.2. Allerdings liegt in Paulus D. 3.6.2 eine völlig andere, mit D. 43.16.1.14 nicht vergleichbare Sachlage zugrunde und ein Bezug zur Sentenz in maleficio ratihabitio mandato comparatur ist nicht erkennbar. D. 3.6.2 Paulus 10 ed. Quin etiam si quis obligatione liberatus sit, potest videri cepisse: idemque si gratuita pecunia utenda data sit, aut minoris locata venditave res sit. nec refert, ipse pecuniam acceperit an alii dari iusserit vel acceptum suo nomine ratum habuerit.

Wenn jemand von einem anderen Geld oder Geldwert angenommen hatte, um einen unbegründeten Prozess gegen den Geldgeber zu unterlassen oder gegen einen Dritten vom Zaun zu brechen, haftete er im römischen Recht mit einer prätorischen Strafklage (actio calumniae) auf das Vierfache, und zwar im ersten Fall dem Geldgeber, im zweiten Fall dem bedrohten Dritten. Paulus sagt nun in D. 3.6.2, es mache keinen Unterschied, ob das Geld dem caluminator selbst oder einem anderen in seinem Auftrag oder mit seiner Genehmigung gegeben wird. In diesem Fall wird die falsche Anklage vom Täter selbst erhoben, d. h. die Tat wird vom Täter eigenhändig ausgeführt, nur das Geld für die falsche Anklageerhebung wird nicht an ihn selbst, sondern an eine andere Person ausgezahlt, was der Täter im Anschluss genehmigt.

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Kacprzak, Ratihabitio (2002), 169. So richtig Kacprzak, Ratihabitio (2002), 169. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 162.

3. Kap.: Zusammenfassung 4. Teil

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Im Übrigen findet sich keine Überlieferung des Ausspruches in maleficio ratihabitio mandato comparatur im eigentlichen Kernstrafrecht.237 Dort findet mit Ausnahme der calumnia noch nicht einmal die ratihabitio Erwähnung.238 Die dort überlieferten Quellen sprechen auch in der Sache gegen die Geltung einer solchen Regel.239 Der Satz in maleficio ratihabitio mandato comparatur ist somit nicht für das Strafrecht verallgemeinerungsfähig.240 Erst von den Kompilatoren wurde der aus dem Zusammenhang gerissene Satz als allgemeine Regel für alle Delikte statuiert. Die Generalisierung der klassischen Aussage wurde durch das Streichen der Einleitung rectius enim dicitur und durch die Einordnung in den Titel De regulis (50.17) bewerkstelligt.241 Die Sentenz hat in ihrem ursprünglichen Kontext ein viel engeres Verständnis erfordert. Es bleibt die Frage, warum die Kompilatoren bei der Verallgemeinerung das in maleficio stehen ließen. Daube meint, dies liege auf derselben Linie wie andere Fälle ungenügender Verallgemeinerung wie etwa D. 18.1.36, D. 9.2.56.242 Andreas Wacke243 führt die Formulierung auf die „Ignoranz eines ahnungslosen Kompilators“ zurück. In späteren Regelsammlungen findet man die Voranstellung in maleficio nicht mehr.244 3. Kapitel

Zusammenfassung 4. Teil Die überlieferte abstrahierende Sentenz ratihabitio mandato comparatur, die ratihabitio ist dem Mandat gleichgestellt, sollte von ihrem Ursprung her wahrscheinlich die Frage der Erfüllungswirkung bei Zahlung an einen nicht beauftragten procurator regeln. Für diese Auslegung spricht der Regelungszusammenhang. Hintergrund der Sentenz ist vermutlich, dass die Prokulianer die Schuld nur bei Zahlung an den Gläubiger erfüllt und die Zahlung an einen procurator nur als eine Art von datio in solutum ansahen, so dass der Schuldner bei Zahlung an einen Dritten nach Auffassung der Prokulianer nur per exceptionem doli befreit wurde, wogegen sich die Sabinianer in Form der Sentenz ratihabitio mandato

237

Bock, Beteiligungslehre (2006), 223. So bereits Rein, Das Criminalrecht der Römer (1844), 195. 239 Vgl. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 158 ff. mit Verweis auf Javolen D. 9.2.37 pr.; Paulus D. 50.17.169 pr.; Ulpian D. 47.10.11.6; ders. D. 47.10.11.3. 240 So auch Bock, Beteiligungslehre (2006), 223. 241 In Auseinandersetzung mit der in D. 50.17.152.2 überlieferten Regel entwickelte sich letztlich der Spezialtatbestand des § 140 StGB (Belohnung und Billigung von Straftaten). Zur historischen Entwicklung s. Ebert, in: Festschrift für Spendel (1992), 115 ff. 242 Daube, SZ 76 (1959), 226. 243 A. Wacke, SZ 121 (2004), 356. 244 Liebs, Lateinische Rechtsregeln (2007), R 2, 3 (205). Das kanonische Recht stellt im Liber Sextus aus dem Jahre 1298 in 2.12(13).10 die Regel auf: Ratihabitio retrotrahitur et mandato comparatur. 238

234

4. Teil: Ratihabitio und mandatum

comparatur aussprachen. Die Kontroverse erklärt sich aus dem allmählichen Wandel der Auffassung über den Begriff der solutio. Für die Prokulianer rückte die Schulderfüllung in das juristische Blickfeld und die Sabinianer hielten am Gedanken der Haftungslösung fest. Die Sabinianer befürworteten daher wohl eine ipso iure-Befreiung bei Zahlung an einen procurator. Da die Schuldeneintreibung ein wichtiges Betätigungsfeld eines procurator war, haben Sabinus und Cassius der ratihabitio eine mandatsgleiche Wirkung im Außenverhältnis zugesprochen. Für eine solche Erklärung der Sentenz spricht auch die Parallele zum Streit über die Wirkung der Zahlung an einen solutionis causa adiectus. Die Sabinianer sprachen sich auch hier entgegen der Meinung anderer Juristen für eine ipso iure-Befreiung aus. Die Überprüfung der Quellen hat gezeigt, dass die ratihabitio grundsätzlich ein Mandat nicht zu begründen vermochte. Als Zeugnisse für die Begründung des Mandats durch Genehmigung bleiben nur die offenbar außerhalb der sedes materiae liegende Ulpianstelle D. 50.17.60 sowie die indirekte Aussage Scaevolas in D. 17.1.60.1 übrig: D. 50.17.60 enthält die ausdrückliche Aussage, dass der dominus nach der ratihabitio aus der actio mandati (contraria) gegenüber dem Geschäftsführer haftet. In der Digestenstelle 17.1.60.1 wird ein Mandat zur Eingehung einer Bürgschaft unter Verweis auf eine fehlende ratihabitio verneint. Beide Stellen erklären sich aus den Besonderheiten des römischen Bürgschaftsrechts. Für die Begründung eines Mandats durch Duldung der Verbürgung lassen sich in den Quellen zahlreiche Belege finden. Da liegt es nahe, dass die Römer bei Genehmigung der Verbürgung ebenfalls ein Auftragsverhältnis annahmen. Die Entscheidung in D. 50.17.60 steht aus klassischer Sicht in keinem Zusammenhang mit der Sentenz ratihabitio mandato comparatur. Dieser Satz wurde wohl nur im Verständnis der byzantinischen Juristen als regula iuris angesehen. Die Sentenz ist auch nicht Ausdruck dessen, dass die ratihabitio von der ursprünglichen tatsächlichen Anerkennung zur obligations- und und damit pflichtenbegründenden Genehmigung im Rahmen der negotiorum gestio avanciert wäre. Wie bereits festgestellt, vermochte die ratihabitio die negotiorum gestio im klassischen römischen Recht unmittelbar nicht zu begründen, und auch in den Fällen, in denen die ratihabitio mittelbaren Einfluss auf die Entstehung der negotiorum gestio hat, lassen die römischen Juristen die Sentenz unerwähnt.

5. Teil

Ratihabitio und iussum 1. Kapitel

Problemstellung und Quellenbefund Erörterungswürdig ist auch das Verhältnis von ratihabitio und iussum.1 Der Vergleich von ratihabitio als nachträgliche Zustimmung und iussum als vorheriger Willensakt drängt sich quasi förmlich auf. Das iussum bezeichnet die Verleihung der Rechtsmacht durch formlose einseitige Erklärung, Dritten gegenüber mit gewissen Wirkungen für den Ermächtigenden zu handeln.2 Die Figur der Ermächtigung darf aber nicht als eine fest umrissene Rechtsfigur gedacht werden.3 Iussum bedeutet in seiner Grundbedeutung „Befehl“, daneben auch „Ermächtigung“ und „Erlaubnis“,4 und konnte sowohl Gewaltabhängigen als auch Gewaltfreien erteilt werden.5 Die Quellen bezeichnen zudem die Weisung des Gläubigers an seinen Schuldner als iussum. Für die Bestimmung des Verhältnisses zwischen ratihabitio und iussum wird im Schrifttum vornehmlich auf die im Digestentitel Quod iussu enthaltenen Quellenzeugnisse zurückgegriffen, deren Betrachtung auch hier vorangestellt werden soll. Die Ermächtigung des Gewaltunterworfenen mit der Folge der Haftung aus der actio quod iussu war ein besonderes Anwendungsgebiet des iussum. Wenn sein Gewaltunterworfener ein Geschäft mit seiner Ermächtigung abgeschlossen hatte, konnte der Gewalthaber mit dieser Klage für Folgen dieses Rechtsgeschäftes in vollem Umfang (in solidum) belangt werden. Pernice sieht in der ratihabitio eine vollkommene Parallele zum iussum.6 Für ein hohes Alter des iussum und für die verhältnismäßig späte Entstehung der ratihabitio spreche der Umstand, dass beide nicht miteinander zu einer Rechtsfigur verschmolzen seien. 1 Der Nominativ des Substantivs iussus begegnet in den Quellen nicht, nur der Ablativ iussu und der Dativ iussui kommen vor, Kaser, RP I (1971), § 62 V 1 (265 Fn. 40). 2 Kaser, RP I (1971), § 141 II 3 (608 m. Fn. 21); A. Wacke, Index 27 (1999), 528. 3 Kaser, RP I (1971), § 62 V 1 (265). 4 A. Wacke, Index 27 (1999), 524. 5 Drechsler, Actio quod iussu (1877), 7; A. Wacke, SZ 121 (2004), 345. Für den korrespondierenden Gegenbegriff zur Genehmigung „Einwilligung“ gibt es keine unmittelbare Entsprechung in der Rechtsterminologie der Quellen. Gleichbedeutend finden sich z. B. voluntate eius (mit seinem Willen) oder auch consentiente (mit Zustimmung), s. A. Wacke, SZ 121 (2004), 345. 6 Pernice, Labeo A I (1873), 515.

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5. Teil: Ratihabitio und iussum

Eine weit verbreitete Ansicht im Schrifttum7 spricht sich jedenfalls im Hinblick auf die actio quod iussu für eine Gleichstellung von iussum und ratihabitio aus mit der Konsequenz, dass der genehmigende Gewalthaber fortan aus der actio quod iussu unbeschränkt (in solidum)8 für die vom Gewaltunterworfenen eingegangene Verbindlichkeit hafte. Überwiegend wird das darauf beschränkt, dass die ratihabitio dem Dritten gegenüber erteilt worden ist.9 Erklärt sich der Gewalthaber auf eine andere Weise mit dem Geschäft einverstanden, komme nur eine Haftung wegen Zuwendung in das Vermögen des dominus aus der actio de in rem verso in Betracht. Abgesehen von der theoretischen Schwierigkeit bei der Bestimmung, ob und innerhalb welcher Grenzen die ratihabitio überhaupt ein empfangsbedürftiger Akt ist,10 scheint jener Argumentation der Umstand entgegenzustehen, dass zumindest in der spätklassischen Epoche ein an den Gewaltunterworfenen gerichtetes Mandat ausweislich Ulpian D. 15.4.1.311 für die Erteilung eines iussum genügte und damit zumindest in dieser Zeit ein interner Befehl an den Gewaltunterworfenen in seiner Wirkung dem an einen Dritten erteilten iussum gleich stand. Damit waren sehr wahrscheinlich auch die Wirkungen der ratihabitio unabhängig von der Richtung ihrer Erklärung.12 Nach einer im Vordringen befindlichen Gegenansicht hatte freilich die ratihabitio aus Sicht der römischen Juristen grundsätzlich nicht die Wirkung eines nachträglichen iussum.13 Generelle Bedenken gegen eine Gleichstellung von iussum und ratihabitio bei der actio quod iussu werden im Hinblick auf die Formel erhoben, genauer gesagt in Bezug auf die in der demonstratio enthaltenen Worte, die voraussetzen, dass das Verhalten, auf das der Kläger seinen Anspruch stützt, iussu N. Negidii geschehen ist. Diese Worte, so wird argumentiert, passten nicht zur ratihabitio.14 7 Drechsler, Actio quod iussu (1877), 67; v. Tuhr, Actio de in rem verso (1895), 202 ff.; Chambon, Negotiorum Gestio (1848), 186; Pernice, Labeo A I (1873), 506, 510; Kaser, RP I (1971), § 141 II 3 (608 Fn. 21 m. Lit.); A. Wacke, Index 27 (1999), 525, 527; Kaser/Knütel/Lohsse, RP (2021), § 61 Rn. 11. S. auch Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 91. 8 Vgl. Gaius D. 14.5.1. 9 So z. B. v. Tuhr, SZ 13 (1892), 378; ders., Actio de in rem verso (1895), 203 ff., 206; Kaser, RP I (1971), § 141 II 3 (608 Fn. 21). A. A. Niederländer, Bereicherungshaftung (1953), 38 Fn. 2. Schon zur Zeit der Glossatoren bestand Streit darüber, ob das iussum an den Gewaltabhängigen oder dessen Kontrahenten gerichtet sein muss. 10 Auch die Frage, ob das iussum ein empfangsbedürftiger Akt ist, wird kontrovers diskutiert. Nach h. M., stellvertretend hierfür Kaser, RP I, § 141 II 3 (608 m. Fn. 21), muss es dem Dritten gegenüber erklärt werden. Zum Teil wird aber auch die Empfangsbedürftigkeit des iussum in Abrede gestellt, so A. Wacke, Index 27 (1999), 545. 11 D. 15.4.1.3 Ulpian 29 ed. Sed et si mandaverit pater dominusve, videtur iussisse. 12 Pernice, Labeo A I (1873), 506; Schlossmann, JherJb 36 [n. F. 24] (1896), 203; Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 405 f. 13 So z. B. Schleppinghoff, Actio quod iussu (1996), 89; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 91 ff., 111; Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 309 ff. 14 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 410 ff. Nicht beizupflichten ist den Bedenken von Finazzi, Studi Nicosia III (2007), 412 dahingehend, dass bei der Gleichsetzung von

1. Kap.: Problemstellung und Quellenbefund

237

Auch sei es müßig, darüber zu spekulieren, ob ein klassischer Jurist durch kühne Ausdehnung des Tatbestands iussum die actio quod iussu gegen den genehmigenden dominus gewährt hätte oder nicht.15 Es wird gegen die Idee der Gleichstellung von iussum und ratihabitio im Rahmen der actio quod iussu auch vorgebracht, bei der ratihabitio fehle ein vom Gewalthaber geschaffener Vertrauensschutz darauf gerichtet, dass der Gewalthaber für die von seinem Gewaltunterworfenen abgegebenen Erklärungen einstehen wird.16 Dieser Vertrauenstatbestand rechtfertige die Gewährung der actio quod iussu mit der Haftung im vollen Umfang überhaupt erst.17 Namentlich Kacprzak18 macht unter Berufung auf Gaius IV.7019 geltend, Grundlage der actio quod iussu sei es, den guten Glauben des Kontrahierenden zu schützen, der sich auf die Rechtschaffenheit des Gewalthabers verlasse und ihn als Garanten für die Erfüllung seiner zukünftigen Forderung aus dem Rechtsgeschäft mit dem Gewaltunterworfenen ansehe. Unter Berücksichtigung der beiden Umstände, nämlich dass das iussum an den Kontrahierenden gerichtet sei und dass dieser die grundlegende Erwartung habe, dass der Vertrag vollzogen wird, könne man sagen, dass das iussum den Grund für den Abschluss des Vertrages zwischen dem Gewaltunterworfenen und der anderen Partei darstelle.20 Im Falle der nachträglichen ratihabitio habe der Dritte mit dem Gewaltabhängigen gerade in dem Wissen kontrahiert, dass ihm keine adjektizische Klage zusteht.21 Zweifel an dieser Argumentation erhebt Finazzi.22 Die römische Jurisprudenz sei viel weniger sensiratihabito und iussum der Prätor, der bei Vorliegen der Genehmigung die litis contestatio zur Formel der actio quod iussu vollzogen hätte, Gefahr gelaufen wäre, im Voraus in schwerwiegender und endgültiger Weise über die Position des Klägers zu entscheiden, weil ein iudex privatus, der feststellte, dass die Genehmigung nach dem Abschluss des Geschäfts erteilt wurde, wahrscheinlich den Begriff iussum in seiner allgemeinen Bedeutung und damit im Sinne der vorherigen Manifestation des Willens oder zumindest als gleichzeitig zum Geschäft erteilt verstanden und den Beklagten freigesprochen hätte. Träfe dies so zu, wäre niemals eine Rechtsentwicklung durch den Prätor möglich gewesen. Der Magistrat konnte den Formelbestand beliebig erweitern und ändern und wurde zur Hauptquelle der Rechtsschöpfung. Auch Bedeutungsveränderungen einzelner Formelbestandteile gehörten zur prätorischen Rechtsschöpfung und waren damit an der Tagesordnung. Dem iudex privatus (Laienrichter) standen im Übrigen Juristen zur Beratung zur Seite. 15 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 412. 16 Vgl. auch D. 15.4.1 pr. Ulpian 29 ed. Merito ex iussu domini in solidum adversus eum iudicium datur, nam quodammodo cum eo contrahitur qui iubet. Im Anwendungsbereich der actio quod iussu wird nach der Vorstellung der Römer das Rechtsgeschäft gewissermaßen zwischen Gewalthaber und Dritten geschlossen. 17 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 103 f. 18 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 103 f. 19 Vgl. Gaius IV.70 [. . .] qui ita negotium gerit, magis patris dominive quam filii servive fidem sequitur. Dazu auch Claus, Stellvertretung (1973), 65 f., 70. 20 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 104. 21 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 104. 22 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 408.

238

5. Teil: Ratihabitio und iussum

bel für unser heutiges Problem des Vertrauensschutzes gewesen angesichts der Möglichkeit des Widerrufs23 des iussum.

§ 29 Divergierende Aussagen bei Ulpian im Bereich der adjektizischen Klagen In der Frage nach dem Verhältnis von ratihabitio und iussum erlauben die Quellen keine eindeutige Aussage. Ein Blick auf die Quellen zur adjektizischen Haftung lässt vielmehr verschiedene Deutungen zu. Im Folgenden sollen nun die teilweise divergierenden Fragmente Ulpian D. 15.3.5.1, 2 und D. 15.4.1.4, 6 näher betrachtet werden. I. Ulpian D. 15.3.5.1 Aus D. 15.3.5.1 geht hervor, dass die Gewährung der actio de in rem verso offenbar unabhängig von der Erteilung der ratihabitio ist.24 D. 15.3.5.1 Ulpian 29 ed. Idem ait, sive ratum habeat servi contractum dominus sive non, de in rem verso esse actionem.

Ulpian zitiert Pomponius (Idem), der sagt, die actio de in rem verso sei gegeben, gleichgültig, ob der dominus das Rechtsgeschäft des Sklaven genehmigt oder nicht. Pomponius und diesem offenbar beitretend Ulpian wollen also bei Erteilung der ratihabitio die actio de in rem verso und nicht die für den Gläubiger vorteilhaftere actio quod iussu gewähren. II. Ulpian D. 15.3.5.2 Ferner scheint Ulpian auch in D. 15.3.5.2 die Genehmigung einem vorangegangenen iussum nicht gleichzustellen: D. 15.3.5.2 Ulpian 29 ed.25 Quod servus domino emit, si quidem voluntate eius emit, potest quod iussu agi: sin vero non ex voluntate, si quidem dominus ratum habuerit vel alioquin rem necessariam vel utilem domino emit, de in rem verso actio erit: si vero nihil eorum est, de peculio erit actio.

In D. 15.3.5.2 stellt Ulpian die Voraussetzungen für die Haftung des dominus für den von seinem servus abgeschlossenen Kaufvertrag dar. Hat der Sklave ex voluntate, also mit vorheriger Zustimmung des Herrn gekauft, gewährt Ulpian die actio quod iussu. Hat der Sklave non ex voluntate gehandelt, der dominus jedoch genehmigt oder war die gekaufte Sache notwendig oder nützlich, so ge23

Vgl. Ulpian D. 15.4.1.2. Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 29. 25 Bortolucci, BIDR 28 (1915), 238 glaubt, dass die Phrase von sin vero bis si quidem von Kompilatorenhand sei und die Stelle sich allein auf die actio de in rem verso beziehe. 24

1. Kap.: Problemstellung und Quellenbefund

239

steht Ulpian die actio de in rem verso zu. Liegt keiner dieser Fälle vor, bleibt nur die actio de peculio. Aus der Gewährung der actio de in rem verso für den Fall der Genehmigung könnte man folgern, dass die actio quod iussu nicht anwendbar sein soll, denn diese Klage würde die weit weniger vorteilhafte actio de in rem verso überflüssig machen.26 Es mag seltsam erscheinen, dass Ulpian diesen Fall der Gewährung der actio de in rem verso durch ratihabitio (si quidem dominus ratum habuerit) als einen Kauf non ex voluntate ansieht. Diese Einordnung hat maßgebend dazu beigetragen, Zweifel an der Echtheit der Stelle hervorzurufen; sie bedeutet aber nicht zwingend, dass der § 2, so wie er in der Digesten erscheint, bearbeitet ist. Es ist gut möglich, dass der Jurist das voluntate domini emere nur anerkannte, wenn ein iussum vor oder bei der emptio erfolgte und eben nicht bei Genehmigung nach der emptio, zumindest im vorliegenden Fall.27 Der Begriff voluntas kann im Rahmen der kasuistischen Methode der römischen Jurisprudenz ganz unterschiedliche Bedeutungen haben. In manchen Stellen sind die Ausdrücke iussum und voluntas bedeutungsgleich, in anderen Stellen wird zwischen iussum und voluntas unterschieden oder das iussum nur als eine spezielle Manifestationsform der voluntas angesehen.28 Weitere Zweifel an der Echtheit von D. 15.3.5.2 werden darauf gestützt, dass die ratihabitio in § 2 als unbedingt notwendig erachtet werde, den Tatbestand der Version bei der actio de in rem verso zu erfüllen, wenn der Kaufgegenstand weder notwendig noch nützlich ist, während in § 129 jede Auswirkung der ratihabitio auf die Anwendbarkeit der actio de in rem verso ausgeschlossen zu sein scheint.30 III. Ulpian D. 15.4.1.6 Andererseits heißt es in einer anderen Stelle aus demselben 29. Buch von Ulpians Ediktskommentar: D. 15.4.1.6 Ulpian 29 ed. Si ratum habuerit quis quod servus eius gesserit vel filius, quod iussu actio in eos datur.

Ulpian gewährt hier gegen denjenigen, der ein Geschäft genehmigt hat, das sein Sklave oder sein Haussohn vorgenommen hat, die actio quod iussu. Es wird also die dem Geschäftsabschluss nachfolgende ratihabitio offenbar unter sonst

26

So auch Schlossmann, JherJb 36 [n. F. 24] (1896), 319 f. Ebenso Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 400 f. 28 Nach A. Wacke, SZ 121 (2004), 345 Fn. 12 erwähnen sieben Digestentexte die vorherige und nachträgliche Zustimmung (voluntate und ratum) ausdrücklich nacheinander (s. außer D. 15.3.5.2 noch D. 1.8.6.4; D. 13.7.20 pr.; D. 30.13; D. 36.1.38 pr.; D. 36.1.42; D. 43.24.13.6). 29 S. § 29 I. der Untersuchung. 30 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 403. 27

240

5. Teil: Ratihabitio und iussum

gleichen Umständen ebenso behandelt, wie die vorausgehende Ermächtigung. Prima facie kann nicht ausgeschlossen werden, dass Ulpian dabei an eine actio in factum oder eine actio utilis dachte, in deren formula die Gleichsetzung der ratihabitio mit dem iussum enthalten war.31 Auch könnte man daran denken, dass die Stelle auf einer Interpolation beruht und sich ursprünglich auf die actio de in rem verso bezog.32 Anlass zu dieser Interpolation könnte die Konstitution C. 5.16.2533 gegeben haben, welche die Rückwirkung der ratihabitio auf den Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses anordnet und in C. 4.28.7 pr.34 für einen speziellen Fall zur Begründung der Gleichstellung der ratihabitio mit der vorherigen Zustimmung angeführt wird.35 Die Kompilatoren könnten die Gleichstellung zwischen vorheriger Zustimmung und ratihabitio in den Rechtsvorschriften Justinians als Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes verstanden haben und dadurch zu einigen Bearbeitungen auf dem Gebiet der actio quod iussu inspiriert worden sein.36 Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass D. 15.4.1.6 klassisches Recht wiedergibt. Sprachlich ist der Satz in D. 15.4.1.6 nämlich unauffällig.37 Möglich ist, dass der Jurist im 29. Buch zum Edikt, das abwechselnd Erläuterungen zur actio de in rem verso und zur actio quod iussu des sogenannten triplex edictum enthält,38 eine umfassende Darstellung nicht für notwendig erachtet und auf die Erwähnung der actio quod iussu in D. 15.3.5.1, 239 verzichtet hat.40 Zu demselben Fragment aus Ulpians 29. liber ad edictum gehört noch die folgende Stelle: IV. Ulpian D. 15.4.1.4 D. 15.4.1.4 Ulpian 29 ed. Sed et si servi chirographo subscripserit dominus, tenetur quod iussu.

Der dominus haftet danach aus der actio quod iussu, wenn er das chirographum (Schuldschein) seines Sklaven unterschrieben hat.41 31 Schlossmann, JherJb 36 [n. F. 24] (1896), 321 f.; Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 415. 32 Bortolucci, BIDR 28 (1915), 238. Solazzi, SDHI 16 (1950), 271 hält den Text im Wesentlichen für echt. 33 S. dazu die Ausführungen in § 22 der Untersuchung. 34 S. dazu die Ausführungen in § 23 der Untersuchung. 35 So Schlossmann, JherJb 36[ n. F. 24] (1896), 321 f.; Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 414. 36 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 414 f. 37 So auch Schlossmann, JherJb 36 [n. F. 24] (1896), 322. 38 Es umfasst außer diesen beiden auch noch die actio de peculio, vgl. Ulpian D. 15.1.1.1. 39 S. § 29 I. u. II. der Untersuchung. 40 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 423. 41 Zum Interpolationverdacht vgl. Index Interpolationum Bd. 1, Sp. 259.

1. Kap.: Problemstellung und Quellenbefund

241

Die Unterschrift wird von Ulpian wohl als iussum und nicht als ratihabitio, die hier ausnahmsweise die actio quod iussu begründet, ausgelegt. Offenbar unterstellte Ulpian in einem solchen Fall von Rechts wegen aufgrund der Beweiskraft des chirographum, dass der Sklave von Anfang an zur Vornahme des Geschäfts berechtigt gewesen ist. Um dem Verkehrsschutzbedürfnis Rechnung zu tragen, haftet der dominus hier dem Dritten gegenüber für die Verpflichtung seines Sklaven, wenn der dominus das chirographum seines Sklaven unterschrieben hat, unabhängig davon, ob der dominus vorher das iussum dazu erteilt hat oder nicht. Aus diesem speziellen Fall lassen sich für die hier in Rede stehende Frage nach dem Verhältnis zwischen ratihabitio und iussum keine Erkenntnisse ableiten. V. Erklärung für die Divergenz Zur Harmonisierung der oben dargestellten divergierenden Stellen gibt es zahlreiche Erklärungsversuche im Schrifttum: Ausgehend von dem Postulat, das iussum sei bei der actio quod iussu stets eine vom Gewalthaber an den Dritten gerichtete Erklärung, versucht eine Ansicht den Widerspruch zwischen D. 15.4.1.6 und D. 15.3.5.1, 2 dadurch aufzulösen, dass die ratihabitio in D. 15.4.1.6 an den Gläubiger und in den anderen beiden Fällen an den Gewaltunterworfenen erteilt worden sei.42 Diese Unterscheidung der beiden Arten von Genehmigungserklärungen klingt in den Stellen aber in keiner Weise an.43 Ulpian spricht in allen Fällen von der ratihabitio in genau derselben Ausdrucksweise.44 Wäre ein iussum oder eine ratihabitio an den Dritten eine notwendige Voraussetzung für die Anwendbarkeit der actio quod iussu gewesen, so hätten die Römer sich nicht in so unbestimmter Weise im Hinblick auf die Richtung der Erklärung geäußert. Dagegen wird zwar eingewandt, den römischen Juristen habe die Rechtsnatur der actio quod iussu so eindeutig vor Augen gestanden, dass sie keinen Grund gehabt hätten, sich deutlicher auszudrücken.45 Bei unterschiedlichen Rechtsfolgen hätten sie aber Grund genug gehabt, den Empfänger eindeutig zu bestimmen. Es wurde auch die Vermutung aufgestellt, Ulpian habe in D. 15.4.1.6 eine Genehmigung vor Augen, die am Anfang einer sich fortsetzenden Geschäftsführung stehe und die als iussum für nachfolgende Handlungen wirken würde.46 Diese Ansicht, die entsprechend auch beim Verhältnis zwischen der actio negotiorum gestorum und der actio mandati vertreten wird,47 scheint unvereinbar mit der

42 43 44 45 46 47

So z. B. v. Tuhr, Actio de in rem verso (1895), 206. Schlossmann, JherJb 36 [n. F. 24] (1896), 320. Schlossmann, JherJb 36 [n. F. 24] (1896), 320. Schmid, AcP 29 (1846), 126. Schlossmann, JherJb 36 [n. F. 24] (1896), 322 f. Vgl. § 27 II. der Untersuchung.

242

5. Teil: Ratihabitio und iussum

zeitlichen Flexion von gesserit in D. 15.4.1.6, die den Vorausgang der Geschäftsführung in ihrer Gesamtheit zur Genehmigung impliziert.48 Der Erklärungsansatz, wonach die actio quod iussu und actio de in rem verso in elektiver Konkurrenz nebeneinander stünden,49 lässt offen, warum die für den Gläubiger sehr viel vorteilhaftere actio quod iussu in D. 15.4.1.6 erwähnt wird und in D. 15.3.5.1, 2 in Bezug auf den gleichen Fall unerwähnt bleibt.50 Zum Teil wird auch von einer Divergenz zwischen Pomponius, der ausschließlich die Anwendung der actio de in rem verso zugebilligt habe, und Ulpian, der nur die actio quod iussu zugestanden habe, um den Schutz des kontrahierenden Dritten zu stärken, ausgegangen.51 Diese Hypothese könnte vielleicht den Gegensatz zwischen D. 15.3.5.1, wo die Ansicht von Pomponius wiedergegeben wird, und D. 15.4.1.6, wo Ulpian seine eigene Meinung präsentiert, erklären, aber sicherlich nicht den zwischen D. 15.3.5.2 und D. 15.4.1.6, die beide Gedanken Ulpians zum Ausdruck bringen.52 Auch scheint es nicht überzeugend, den Gegensatz ganz allgemein auf das Schwanken und die Unschlüssigkeit der klassischen Juristen53 zurückzuführen.54 Es sollte auch ausgeschlossen sein, dass Ulpian die actio quod iussu anwendet, wenn die Genehmigung eine nützliche oder notwendige Geschäftsführung zum Gegenstand hat, und die actio de in rem verso, wenn jene sich auf eine überflüssige Geschäftsführung bezieht.55 Denn die Genehmigung erlaubt die Aneignung einer Geschäftsführung unabhängig von der Art der Geschäftsführung.56 Kacprzak57 vertritt die interessante These, dass Ulpian eine Kompromisslösung wähle, bei der die nachträgliche ratihabitio die Rechtsbeziehung zwischen dem dominus und dem Dritten nicht umgestalte und die Grundlage für actio quod iussu nicht schaffe, jedoch den Haftungsumfang im Rahmen der actio de in rem verso dadurch verändere, dass die ratihabitio die Höhe beziehungsweise das Ausmaß der Bereicherung des dominus beeinflusse. Kacprzak58 leitet aus

48

So richtig Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 406. So Drechsler, Actio quod iussu (1877), 65 ff.; Bertolini, Ratifica II (1891), 187 ff. Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 30 f. m. Fn. 47 bedient sich eines argumentum a maiore ad minus und vermutet, bei Anwendbarkeit der actio quod iussu sei stets auch die actio de in rem verso möglich. 50 So auch Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 407 f. 51 Mancaleoni, in: Il Filangieri 24 (1899), 8 Fn. 4. 52 So auch Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 406 f. 53 So Coppola Bisazza, Lo iussum Domini (2003), 70. 54 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 407. 55 Vgl. aber MacCormack, SDHI 48 (1982), 348 f. 56 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 407. 57 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 99. 58 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 100. 49

1. Kap.: Problemstellung und Quellenbefund

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D. 15.3.5.259 ab, dass der genehmigte Erwerb dem Erwerb von notwendigen Sachen im Hinblick auf den Umfang der Haftung gleichstehe. Im Falle der Genehmigung eines von einem Gewaltabhängigen aus eigener Initiative getätigten Kaufs hafte der dominus aus der actio de in rem verso im gleichen Maße wie im Fall des Kaufs von notwendigen Sachen und damit, wie sich aus D. 15.3.5 pr.60 ergebe, in Höhe des vereinbarten Preises. War der Kauf dagegen weder notwendig noch nützlich noch vom dominus genehmigt, sei die Haftung des dominus auf den Marktwert der Sache beschränkt, d. h. auf den Preis, der üblicherweise für den erlangten Gegenstand verlangt wird, und der weniger als der von dem Sklaven gezahlte Preis betragen könne. Der Wille des dominus beziehe sich in D. 15.3.5.261 nicht auf das von dem Sklaven abgeschlossene Geschäft, sondern nur auf die Art und Weise der Verwendung des Geldes.62 Da das Geld vom Sklaven dem Willen des dominus entsprechend verwendet worden sei, könne dieser vor dem iudex die versio in rem (die Zuwendung in sein Vermögen) nicht mit der Behauptung abstreiten, nicht bereichert worden zu sein. Diese Argumentation würde dem Grundsatz von Treu und Glauben zuwiderlaufen. Der These Kacprzaks hält Finazzi63 zu Recht entgegen, dass es Ulpian in D. 15.3.5.264 nicht um die Anwendung eines einheitlichen Kriteriums für die Bewertung der Höhe der Bereicherung des dominus gehe, sondern allein um die Tauglichkeit der ratihabitio, den Tatbestand der versio in rem zu erfüllen. Es spricht viel dafür, dass es Ulpian in D. 15.3.5.265 nicht darum ging, das Verhältnis der ratihabitio zur actio quod iussu, sondern lediglich das der ratihabitio zur actio de in rem verso zu beurteilen.66 Diesen Schluss stützt der palingenetische Zusammenhang des § 2 mit dem Principium67 und § 1.68 Nach der Entscheidung in D. 15.3.5 pr.69 referiert Ulpian die Ansicht von Pomponius in D. 15.3.5.1,70 wonach es in diesen Fällen des Erwerbs von notwendigen Sachen für die Zulässigkeit der actio in rem verso gegen den dominus keine Rolle spielt, ob er das Rechtsgeschäft des Sklaven genehmigt oder nicht. Die Auffassung des 59

S. dazu § 29 II. der Untersuchung. D. 15.3.5 pr. Ulpian 29 ed. Si res domino non necessarias emerit servus quasi domino necessarias, Pomponius scribit, quatenus servorum verum pretium facit, cum, si necessarias emisset, in solidum quanto venissent teneretur. 61 S. dazu § 29 II. der Untersuchung. 62 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 99. 63 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 420. 64 S. dazu § 29 II. der Untersuchung. 65 S. dazu § 29 II. der Untersuchung. 66 So auch schon Drechsler, Actio quod iussu (1877), 63. 67 S. den Text dazu in Fn. 60. 68 Drechsler, Actio quod iussu (1877), 64. 69 S. den Text dazu in Fn. 60. 70 S. dazu § 29 I. der Untersuchung. 60

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5. Teil: Ratihabitio und iussum

Pomponius ergänzt Ulpian in § 271 um seine Ansicht über das Erfordernis der notwendigen oder nützlichen Verwendung und entscheidet unter besonderer Berücksichtigung des Willens des dominus. Als einzige Stelle, welche zu Fragen Anlass gibt, verbleibt Ulpian D. 15.4.1.6. Über den Grund für die dort abweichende Entscheidung von Ulpian sollen im Nachfolgenden weitere Untersuchungen angestellt werden. VI. Verhältnis von iussum und fideiussio – Ulpian D. 15.4.1.5 Möglicherweise gibt der weitere Entscheidungskontext Aufschluss über den Grund für die „aus dem Rahmen fallende“ Entscheidung von Ulpian in D. 15.4.1.6. Ulpian gewährt dort nach Erteilung der ratihabitio die actio quod iussu.72 Auch nach Lenels Palingenesie steht D. 15.4.1.6 im Zusammenhang mit D. 15.4.1.5,73 einer überaus interessanten Stelle: D. 15.4.1.5 Ulpian 29 ed. Quid ergo si fideiusserit pro servo? ait Marcellus non teneri quod iussu: quasi extraneus enim intervenit: neque hoc dicit ideo, quod tenetur ex causa fideiussionis, sed quia aliud est iubere, aliud fideiubere: denique idem scribit, etsi inutiliter fideiusserit, tamen eum non obligari quasi iusserit, quae sententia verior est.

Ulpian berichtet beipflichtend eine Ansicht des Hochklassikers Marcellus, wonach die Übernahme einer Bürgschaft74 des dominus für eine Verpflichtung seines Sklaven nicht dazu führe, dass der dominus mit der actio quod iussu belangt werden kann. Zur Begründung führt Marcellus an, dass der dominus als Außenstehender (quasi extraneus) wie jeder andere für die Verbindlichkeit eingetreten sei, und damit nicht als Gewalthaber. Offenbar fühlt sich Marcellus bemüßigt, darauf hinzuweisen, dass der dominus, der eine Bürgschaft für seinen Sklaven übernimmt, damit nicht in seiner Eigenschaft als Gewalthaber der Verpflichtung seines Sklaven nachträglich zustimmt, was nach Marcellus eine Haftung quod iussu nach sich ziehen würde. Aus der Sicht des Gläubigers gleichen sich die Rechtsinstitute der fideiussio und der actio quod iussu darin, dass sich ihm gegenüber in beiden Fällen eine weitere Person verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeit seines Schuldners einzustehen. Die Haftung des Ermächtigenden ist wie die des Bürgen akzessorisch ausgestaltet, d. h. ihre Entstehung und ihr Fortbestand ist vom Bestand der Hauptschuld abhängig.75 Auch die Haftung im Außenverhältnis stellt sich bei 71

S. dazu § 29 II. der Untersuchung S. § 29 III. der Untersuchung. 73 Lenel, Pal. II (1889), Sp. 605 (Nr. 864). 74 Der Sinn einer Bürgschaft des Gewalthabers für den eigenen Gewaltunterworfenen liegt in der Vergrößerung der Haftungsmasse und damit der Erhöhung der Kreditwürdigkeit des Gewaltunterworfenen, A. Wacke, Index 27 (1999), 526. 75 A. Wacke, Index 27 (1999), 523. 72

1. Kap.: Problemstellung und Quellenbefund

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beiden gleich dar.76 Aus beiden Rechtsgründen haftete der dominus in vollem Umfang. Von besonderer Bedeutung ist vorliegend der Gesichtspunkt der zeitlichen Abfolge der Erteilung des iussum beziehungsweise der Übernahme der fideiussio und der Vornahme des Hauptgeschäfts. Das iussum ist, wie dargelegt,77 eine formlose einseitige Erklärung des Gewalthabers. Es braucht nicht gleichzeitig mit dem Hauptgeschäft, muss aber an sich vor Vornahme des Hauptgeschäfts erklärt werden. Die Bürgschaft erfolgt dagegen in der Regel gleichzeitig mit dem Hauptgeschäft oder nach dessen Zustandekommen.78 Zwar erscheint es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass die klassischen Juristen die Übernahme einer Bürgschaft auch für erst künftig entstehende Forderungen zugelassen haben. Hätten Marcellus und Ulpian auf einen solchen Fall Bezug genommen, so hätten sie diese Besonderheit aber wahrscheinlich zum Ausdruck gebracht. Die Tatsache, dass die fideiussio normalerweise nicht dem zu sichernden Hauptgeschäft vorausgeht, sondern gleichzeitig mit dem Hauptgeschäft erfolgt oder ihm nachfolgt, verhinderte aber offenbar aus der Sicht von Marcellus nicht, dass dieser Fall den Gedanken aufkommen lassen könnte, die fideiussio als iussum aufzufassen. Dem wollte er vorbeugen. Eigentlich hätte der Umstand dass die Bürgschaft grundsätzlich nicht vor dem Hauptgeschäft übernommen wird, Marcellus und Ulpian ein Argument gegen die Auslegung der Übernahme der Bürgschaft als iussum liefern sollen.79 Auf der anderen Seite scheint es aber denkbar, dass Marcellus und Ulpian eine fideiussio in Betracht zogen, die in einem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Hauptgeschäft geleistet wurde. Dies ist gerade in Anbetracht des Wortlauts der Klageformel der actio quod iussu zu vermuten, da die Juristen sonst auf unüberwindbare Hindernisse des Formelwortlauts gestoßen wären.80 Daher ist davon auszugehen, dass die beiden Juristen eine fideiussio vor Augen hatten, die vom dominus gleichzeitig mit der Vornahme des Hauptgeschäfts übernommen wurde. Unter diesen Umständen könnte die fideiussio abstrakt gesehen als iussum fungieren, wenn man nicht dem Umstand maßgebende Bedeutung zumisst, dass der dominus wie ein extraneus der Verbindlichkeit des Sklaven beitritt.81 76

A. Wacke, Index 27 (1999), 528. S. die Ausführungen eingangs dieses Kapitels. 78 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 425. 79 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 425. In diesem Sinne bereits Pernice, Labeo A I (1873), 510. A. Wacke, Index 27 (1999), 528 Fn. 37 i.V. m. 545 sieht für die Auslegung als iussum kein Problem darin, dass der Bürge regelmäßig einem schon abgeschlossenen Geschäft beitritt. 80 So auch Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 425 f. 81 A. Wacke, Index 27 (1999), 528 denkt an die Umdeutung einer nichtigen fideiussio in ein iussum, die vom Willen des Schuldners abhänge, weil dem Gläubiger die Konver77

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5. Teil: Ratihabitio und iussum

Mit einem iussum haftet der Gewalthaber für die von seinen Kindern oder Sklaven abgeschlossenen Geschäfte, als hätte er selbst mit dem Gläubiger kontrahiert (quodammodo cum eo contrahitur qui iubet82).83 Für den Bürgen bleibt die Hauptschuld hingegen eine fremde. Im Verhältnis zum Gläubiger ist er ein extraneus. Aber auch im Verhältnis zum Hauptschuldner ist er ein extraneus. Im Innenverhältnis zum Hauptschuldner steht dem Bürgen daher ein Regressanspruch zu. Die Aussage, der Gewalthaber sei wie ein extraneus zugunsten einer fremden Schuld interveniert, ist deshalb so zu verstehen, dass ihm auch gegen seinen eigenen servus ein Regressanspruch zustehen soll, der dann als Abzugsposten bei der Wertberechnung des peculium berücksichtigt wird.84 Ob ein iussum oder eine Bürgschaft vorliegt, ist weniger eine Frage der Form der Erklärung, sondern vielmehr eine Frage der Auslegung des Willens des Erklärenden. Entscheidend ist, ob die Erklärung von dem Willen getragen wird, die Folgen des Geschäfts persönlich auf sich nehmen und es auf eigene Rechnung zu tätigen.85 Maßgebliches Abgrenzungskriterium zwischen der Übernahme einer Bürgschaft und einem iussum ist hiernach also die Regressbefugnis im Innenverhältnis zwischen dominus und Sklaven.86 Für die Auslegung der ratihabitio in der eigentlich zu untersuchenden Stelle D. 15.4.1.6 folgt daraus, dass Ulpian möglicherweise dort eine im zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Hauptgeschäft erteilte ratihabitio vor Augen hatte. Für dieses Verständnis spricht die zeitliche Übereinstimmung zwischen gesserit und ratum habuerit.87 War der dominus bei Abschluss des Hauptgeschäfts anwesend und hat sofort genehmigt, scheint es jedenfalls auch aus klassischer Sicht vertretbar, die ratihabitio noch als iussum gelten zu lassen.88 Da jedoch die Formulierung in D. 15.4.1.6 recht allgemein erscheint, kann gleichwohl nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Kompilatoren einen klassischen Standpunkt in Bezug auf einen konkreten Fall verallgemeinert haben, um einer justinianischen Gleichwertigkeit zwischen ratihabitio und iussum zu entsprechen.89

sion nur Vorteile bringe. Die Umdeutung des Fremdgeschäfts fideiussio in ein Eigengeschäft bedeute eine Haftungsverschärfung und widerspreche nach Marcellus dem Willen eines bürgenden Gewalthabers, so A. Wacke, Index 27 (1999), 529. 82 Ulpian D. 15.4.1 pr. 83 Darauf weist auch A. Wacke, Index 27 (1999), 529 hin. 84 A. Wacke, Index 27 (1999), 528 f. mit Verweis auf D. 15.1.9.8. 85 A. Wacke, Index 27 (1999), 534. 86 So auch A. Wacke, Index 27 (1999), 534. 87 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 426. 88 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 426. 89 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 426 f.

2. Kap.: Weitere Quellenzeugnisse

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2. Kapitel

Weitere Quellenzeugnisse § 30 Labeo/Pomponius/Ulpian D. 3.5.5.8 als Beleg für die fehlende Gleichstellung von ratihabitio und iussum? Auch D. 3.5.5.8 stellt ein im Zusammenhang mit der Frage nach dem Verhältnis von ratihabitio und iussum im romanistischen Schrifttum vielfach diskutiertes Fragment dar. Auf den ersten Blick könnte man meinen, Ulpian und Pomponius sprechen hier der ratihabitio die Kraft ab, die actio quod iussu zu begründen. Es scheint, als berechtige sie nur zu einer sogenannten actio in quantum locupletior ex mea administratione factus sit. D. 3.5.5.8 Ulpian 10 ed. Sed si ego tui filii negotia gessero vel servi, videamus, an tecum negotiorum gestorum habeam actionem. et mihi videtur verum, quod Labeo distinguit et Pomponius libro vicensimo sexto probat, ut, si quidem contemplatione tui negotia gessi peculiaria, tu mihi tenearis: quod si amicitia filii tui vel servi, vel eorum contemplatione, adversus patrem vel dominum de peculio dumtaxat dandam actionem. idemque est et si sui iuris esse eos putavi. nam et si servum non necessarium emero filio tuo et tu ratum habueris, nihil agitur ratihabitione eodem loco Pomponius scribit hoc adiecto, quod putat, etsi nihil sit in peculio, quoniam plus patri dominove debetur, et in patrem dandam actionem, in quantum locupletior ex mea administratione factus sit.

Ulpian erörtert die Frage nach den Erfolgsaussichten der actio negotiorum gestorum (contraria) gegen den Gewalthaber Tu, wenn der Geschäftsführer Ego negotia filii vel servi, also Geschäfte des mit einem peculium ausgestatteten Sohnes oder Sklaven des Tu geführt hat. Ulpian referiert dazu eine Entscheidung des Frühklassikers Labeo, die von Pomponius geteilt wird und der auch Ulpian sich anschließt (et mihi videtur verum):90 Labeo differenziert danach, ob Ego die Geschäfte des Sonderguts im Hinblick auf den Gewalthaber Tu oder aber aus Freundschaft zum Sohn oder Sklaven oder jedenfalls im Hinblick auf sie geführt hat. Im zweiten Fall sei gegen den Vater oder gegen den dominus lediglich die actio de peculio zu gewähren. Dasselbe gelte auch, wenn Ego den Sohn oder den Sklaven für gewaltfrei gehalten habe. Denn auch, wenn Ego für den Sohn von Tu einen Sklaven kaufe, den er nicht benötigt, und Tu genehmigt, bewirke die Genehmigung nichts, schreibe Pomponius an derselben Stelle. Selbst wenn nichts im Sondergut sein sollte, da dem Vater oder dem dominus mehr, als der Wert des Sonderguts beträgt, vom Sohn oder vom Sklaven geschuldet wird, sei gegen den Vater eine Klage zu gewähren, soweit er durch die Geschäftsführung bereichert ist. 90 Diese Wendung könnte darauf hinweisen, dass die von Labeo und Pomponius bzw. Ulpian vertretene Lösung nicht ganz unumstritten war.

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5. Teil: Ratihabitio und iussum

Der Text bereitet bei der Auslegung erhebliche Erklärungsschwierigkeiten, welche zu umfangreichen Interpolationsverdächtigungen Anlass gaben.91 Die Stelle ist mit großer Wahrscheinlichkeit überarbeitet. Jedenfalls ist sie wohl verkürzt wiedergegeben. In der Sache erscheint sie jedoch echt.92 Namentlich von Finazzi93 wird in diesem Zusammenhang herausgestellt, dass nach Pomponius, dessen Gedanken von Ulpian kritiklos wiedergegeben würden, die Genehmigung des pater familias nicht dessen Haftung in solidum begründe, wenn das peculium des Kindes nicht groß genug ist, sondern den Dritten nur zu einer Klage in quantum (pater) locupletior ex administratione factus sit berechtige. Hieraus den Schluss zu ziehen, wie es Finazzi94 tut, iussum und ratihabitio seien im Rahmen der actio quod iussu nicht gleichgestellt, erscheint aber voreilig, wie sich bei genauer Untersuchung zeigt: I. Ausgangsfall Der hier maßgebliche Passus aus D. 3.5.5.8 ist Teil einer umfangreichen Darstellung. Der Ausgangssachverhalt liegt zwar außerhalb der hier interessierenden Problematik, doch muss er schon aufgrund des notwendigen Gesamtverständnisses – alle in § 8 erörterten Fälle bauen aufeinander auf – einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Der Ausdruck negotia filii am Anfang der Stelle ist gleichbedeutend mit negotia peculiaria, von denen im weiterem Fortlauf auch ausdrücklich die Rede ist. In den hier diskutierten Fallvarianten sind durchweg negotia peculiaria zugrunde zu legen, denn der Gewaltabhängige kommt überhaupt nur als dominus negotii in Betracht, soweit ihm ein peculium, ein Vermögen zur freien Verfügung, eingeräumt worden ist.95 Die Geschäftsführung des Ego hat sowohl das peculium als auch das patrimonium des pater familias beziehungsweise des dominus bereichert. Bei einem negotium peculiare wird zwangsläufig das Vermögensinteresse 91 Die Annahme, die Stelle habe statt der Differenzierung nach der contemplatio des gestor ursprünglich zwischen negotia peculiaria und non peculiaria unterschieden (so Lenel, SZ 39 (1918), 133 f.; Rabel, in: Studi Bonfante IV (1930), 288; Dulckeit, Erblasserwille und Erwerbswille (1934), 73 f. Fn. 1, Fn. 4; Niederländer, Bereicherungshaftung (1953), 122 Fn. 38), geht fehl, s. auch v. Beseler, SZ 56 (1936), 45; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 33 (der vermutet, dass nur von negotia filii die Rede war); Kroppenberg, Insolvenz (2001), 156 Fn. 91; Finazzi, Negotiorum gestio I (1999), 148 ff. Gegen diese Interpolationsannahme spricht, dass die Vermögensfähigkeit der Gewaltunterworfenen nur insoweit anerkannt war, als ihnen ein peculium eingeräumt worden war, so richtig Kroppenberg, Insolvenz (2001), 156 Fn. 91. 92 Für die Echtheit auch De Filippi, Ratihabitio (2002), 142 f.; Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 421 f. 93 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 421 f. 94 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 422. 95 So zu Recht Kroppenberg, Insolvenz (2001), 156 Fn. 91.

2. Kap.: Weitere Quellenzeugnisse

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des Gewalthabers tangiert,96 denn das „peculium ist pars patrimonii domini“;97 es steht de iure nach wie vor im Eigentum des Gewalthabers. Die Befolgung des in D. 3.5.5.198 niedergelegten Prinzips hätte hier zur Konsequenz, dass es zwei Geschäftsherren im Rechtssinne gäbe. Was bei einem Pekuliargeschäft für das peculium utiliter ist, ist für Gewaltunterworfenen und Gewalthaber in der Regel gleichermaßen nützlich.99 Labeo stellt daher bei der Frage nach den Erfolgsaussichten der actio negotiorum gestorum (contraria) gegen den Gewalthaber auf die contemplatio domini100 ab – in der Tat ein sinnvolles Kriterium ohne Alternative:101 Wenn Ego im Hinblick auf den Gewalthaber Tu (contemplatione tui) tätig geworden ist, steht Ego gegen Tu die actio negotiorum gestorum zu. Hat Ego stattdessen die Geschäfte aus Freundschaft zum Sohn oder zum Sklaven (quod si amicitia filii tui vel servi ) oder jedenfalls im Hinblick auf sie (vel eorum contemplatione)102 geführt, wird Ego, was Labeo nicht ausdrücklich ausspricht, sondern als selbstverständlich voraussetzt, die actio negotiorum gestorum de peculio zustehen. Denn da der Haussohn und Sklave alienis iuris sind, kann der Dritte nur gegen den Gewalthaber mit adjektizischen Klagen, hier mit der actio negotiorum gestorum de peculio vorgehen. II. Erste Fallabwandlung Ebenfalls nach der im Ausgangsfall vorgeschlagenen Distinktion will Labeo den Fall behandelt wissen, wenn der Geschäftsführer Ego irrtümlich den filius 96

Kohler, JherJb 25 [n. F. 13] (1887), 71; v. Tuhr, Actio de in rem verso (1895), 174. v. Tuhr, Actio de in rem verso (1895), 174. 98 Vgl. auch § 10 der Untersuchung. 99 Vgl. auch den von Lenel, SZ 39 (1918), 133 als Beispiel für ein negotium peculiare genannten Fall der Zahlung auf eine Pekuliarschuld: Zahlt jemand auf eine Pekuliarschuld, so kann dies eine negotiorum gestio zugunsten des Gewalthabers sein, weil ihm eine Befreiung von seiner Haftung de peculio zuteil wird oder eine negotiorum gestio zugunsten des Gewaltunterworfenen, weil die naturalis obligatio erlischt. S. auch Seiler, Negotiorum gestio (1968), 34 und Kroppenberg, Insolvenz (2001), 160, die sich ebenfalls auf Lenels Beispiel berufen. 100 Das Tatbestandsmerkmal der contemplatio gehört zum klassischen Gedankengut und ist hier nicht nachträglich in den Text hineingebracht worden, Kaser, RP I (1971), § 137 II 2 (588 Fn. 17); Kroppenberg, Insolvenz (2001), 157 Fn. 93; a. A. v. Beseler, SZ 56 (1936), 45; Rabel, in: Studi Bonfante IV (1930), 288. 101 Vgl. Seiler, Negotiorum gestio (1968), 34: „ein sinnvolles anderes Kriterium wird sich kaum finden lassen“; zust. Kroppenberg, Insolvenz (2001), 158 Fn. 102. Vgl. auch Finazzi, Negotiorum gestio I (1999), 150. 102 Der Wortlaut der Differenzierung, die Labeo vornimmt, verwundert etwas, denn der Fall quod si amicitia filii tui vel servi contemplatione ist von dem Ausdruck eorum contemplatio miterfasst. Dies muss aber nicht zwingend auf eine Interpolation zurückzuführen sein. Vel servi und vel dominum sowie vel eorum contemplatione werden jedoch vielfach für interpoliert gehalten, vgl. Lenel, SZ 39 (1918), 132 f.; Rabel, in: Studi Bonfante IV (1930), 288; Partsch, Synallagma (1931), 91; v. Beseler, SZ 56 (1936), 45; Niederländer, Bereicherungshaftung (1953), 121 Fn. 38; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 33 Fn. 51. 97

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5. Teil: Ratihabitio und iussum

familias beziehungsweise den Sklaven für gewaltfrei hielt (idemque est et si sui iuris esse eos putavi).103 III. Zweite Fallabwandlung – Unwirksamkeit der ratihabitio Die letzte Fallabwandlung stellt den eigentlichen Grund dafür dar, weshalb das Fragment hier überhaupt in den Blick geraten ist: Pomponius variiert den Fall, indem Ego filio tuo, also für den Sohn einen servus non necessarius kauft und Tu als pater familias genehmigt. Pomponius entscheidet, dass die Genehmigung wirkungslos sei (nihil agitur ratihabitione).104 Als Kriterium für die Bestimmung des dominus negotii kommt auch hier nur das subjektive Moment bei Ego in Betracht. Da Ego filio tuo handelt, kann die actio negotiorum gestorum grundsätzlich nur im Verhältnis zum filius familias entstehen. Die actio negotiorum gestorum scheidet in concreto aber aufgrund der Nutzlosigkeit der Geschäftsführung (servus non necessarius) aus. Es ist unklar, aus welcher Intention heraus der pater familias genehmigt und auf welche Rechtssphäre sich die ratihabitio des pater familias beziehen soll. Denkbar ist, dass der pater familias den Ankauf für den Sohn genehmigen will, obgleich der Sohn dem Kauf nicht zustimmt. Möglich erscheint auch, dass der pater familias das Geschäft an sich ziehen und sich selbst zum Geschäftsherrn aufschwingen möchte. Vielleicht bezieht Pomponius die Wirkungslosigkeit ratihabitio auch auf beide Rechtssphären. Es spricht hier wohl mehr dafür, dass der pater familias im Hinblick auf den Sohn genehmigt. Wollte er das Geschäft an sich ziehen, könnte er dem Geschäftsführer von sich aus die Erwerbskosten erstatten. Die ratihabitio zeigt augenscheinlich vom Ergebnis her in allen denkbaren Fällen keine rechtliche Wirkung. Hierfür begegnen im Schrifttum verschiedene Erklärungsversuche: 1. Erklärungsversuche des Schrifttums für die Unwirksamkeit der ratihabitio („nihil agi ratihabitione“)

Aarons105 legt den Worten „nihil agi ratihabitione“ den Sinn zu, dass die ratihabitio des Vaters keine Haftung über den Betrag des peculium hinaus bewirke. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass die Fallabwandlung zur Überschuldung des peculium ausdrücklich erst nach der Unwirksamkeitserklärung der ratihabitio erfolgt und sich die Unwirksamkeit der ratihabitio auf das Vorgesagte beziehen muss, in dem von einer Überschuldung des peculium noch keine Rede ist. 103 An äußeren Merkmalen waren Hauskinder nicht zu erkennen. Auch Sklaven waren in der Regel nicht von Freien zu unterscheiden, A. Wacke, SZ 112 (1995), 267. Vgl. auch D. 18.1.5 Paulus 5 Sab. Quia difficile dinosci potest liber homo a servo. 104 S. auch Bertolini, Ratifica I (1889), 125, der die ratihabitio für unwirksam hält. 105 Aarons, Negotiorum Gestio (1860), 9 f.

2. Kap.: Weitere Quellenzeugnisse

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Es wird auch die Auffassung vertreten, der Erwerb des für den Sohn bestimmten servus non necessarius stelle unter allen Umständen eine Geschäftsführung zugunsten des Sohnes dar und deshalb gehe die ratihabitio ins Leere.106 Gegen diese Ansicht lässt sich anführen, dass eine actio negotiorum gestorum contraria gegen den Sohn aufgrund des Fehlens eines negotium utiliter gestum gerade nicht vorliegt. Eine vielfach vertretene Auffassung führt die Wirkungslosigkeit der ratihabitio wohl mit Blick auf D. 3.5.5.11107 auf die fehlende inhaltliche Kongruenz von ratihabitio und contemplatio zurück,108 also darauf, dass der Geschäftsführer nicht für den pater familias handeln wollte. Dem ist zu entgegnen, dass sich der in D. 3.5.5.11 dargestellte Wirkungsmechanismus von ratihabitio und contemplatio nicht ohne Weiteres verallgemeinern und auf die hier vorliegende Fallkonstellation übertragen lässt.109 Nach wiederum anderer Ansicht kann vom Standpunkt eines bonus pater familias aus, d. h. einer Person, die ihr Vermögen auf vernünftige Weise verwaltet, eine unvernünftige Geschäftsführung durch die ratihabitio des pater familias nicht „überwunden“ werden.110 Hierfür spricht, dass der sogenannte bonus pater familias in den Quellen als ein normatives Ideal und Leitbild beziehungsweise Maßstab für die diligentia und custodia begegnet.111 Nützlich ist auch nach Ulpian D. 3.5.9.1 das, quod patri familias expedit. Nach der Ansicht von De Filippi112 ist die Genehmigung, um „den Vater und die Geschäftsführung zusammen zu bringen“, nicht erforderlich, weil die Bereicherung aus der Geschäftsführung dem Vater automatisch anfalle, so dass die actio negotiorum gestorum nicht benötigt werde. De Filippis Auffassung ist bereits an anderer Stelle abgelehnt worden.113

106

Lenel, SZ 39 (1918), 133; Harke, Geschäftsführung und Bereicherung (2007), 22. S. dazu oben § 8 der Untersuchung. 108 Dankwardt, Negotiorum Gestio (1855), 25; Witte, Bereicherungsklagen (1859), 38; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 21; Bertolini, Ratifica I (1889), 125; v. Tuhr, Actio de in rem verso (1895), 174 Fn. 1; 249; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 348. 109 Vgl. auch § 8 der Untersuchung. 110 Kroppenberg, Insolvenz (2001), 158; zust. Hackl, SZ 122 (2005), 338. 111 An verschiedenen Stellen der Quellen wird die diligentia, auch die custodia umschrieben als die Sorgfalt, die ein diligens pater familias in seinen Angelegenheiten anwendet, vgl. Gaius D. 13.6.18 pr.; Paulus D. 13.7.14; Gaius D. 18.1.35.4. 112 De Filippi, Ratihabitio (2002), 142 f. 113 S. § 11 VI. der Untersuchung. 107

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5. Teil: Ratihabitio und iussum 2. Stellungnahme und eigene Erklärung

All diesen vorgestellten Erklärungsversuchen liegt im Wesentlichen der Standpunkt zugrunde, dass die ratihabitio des dominus grundsätzlich einen selbständigen Obligierungsgrund für die actio negotiorum gestorum darstellt. Dass dies im römischen Recht nicht der Fall war, wurde bereits oben dargelegt.114 Es erhebt sich die Frage, warum Pomponius dann überhaupt eine mögliche Wirkung der ratihabitio des pater familias erörtert, wenn sie doch der negotiorum gestio so wesensfremd ist, wie es in der vorliegenden Untersuchung zugrunde gelegt wird. Sehr wahrscheinlich ist es die hier gegebene Sachnähe zur adjektizischen Haftung, insbesondere die zur actio de in rem verso, die Pomponius dazu veranlasst hat, auch über die Wirkung einer ratihabitio des pater familias nachzudenken, denn die ratihabitio des Gewalthabers begründet nach wohl allgemeiner Ansicht der Spätklassiker bei nutzloser Geschäftsführung mit überflüssigen Aufwendungen eine Haftung aus der actio de in rem verso.115 Aufgrund ihres Charakters und ihrer Funktion als Bereicherungsklage macht die Berücksichtigung der ratihabitio bei der actio de in rem verso anders als bei der actio negotiorum gestorum auch Sinn. Dass Pomponius an die actio quod iussu gedacht hat, ist dagegen unwahrscheinlich. Bei der actio de in rem verso handelt es sich wie bei allen adjektizischen Klagen nicht um einen selbständigen Klagetyp, sondern um eine prätorische Abwandlung der jeweiligen regulär zur Anwendung kommenden Klage gegen den Gewaltunterworfenen.116 Die Klageformel wird mittels Subjektwechsel dergestalt verändert, dass in der intentio als Verpflichteter der Gewaltunterworfene und in der condemnatio als zu Verurteilender der Gewalthaber genannt wird.117 Die hier allein als Anknüpfungspunkt für eine adjektizische Verpflichtung des Gewalthabers in Betracht kommende naturalis obligatio des Sohnes aus der negotiorum gestio besteht aufgrund der Nutzlosigkeit der Geschäftsführung aber nicht. Daraus folgt, dass der pater familias selbst nicht (adjektizisch) verpflichtet werden

114 S. insbesondere oben die Ausführungen zur negotiorum gestio in § 8 der Untersuchung. 115 Vgl. Ulpian D. 15.3.5.2, s. den Text dazu in § 29 II. der Untersuchung; s. auch Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 30. Die Haftung de in rem verso ist grds. unabhängig von der Genehmigung des dominus, vgl. Pomponius/Ulpian D. 15.3.5.1 (s. § 29 I. der Untersuchung). Wenn der dominus aber den Erwerb von Luxusgegenständen genehmigt hat, haftet er aus der actio in rem verso. 116 Kaser, RP I (1971), § 141 I 3 (606); A. Wacke, SZ 111 (1994), 284; Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 410. 117 Die Versionsklausel lautet wie folgt: eius iudex Numerium Negidium Aulo Agerio dumtaxat de peculio et si quid dolo malo Numerii Negerii factum est, quod minus peculii esset, vel si quid in rem Numerii Negidii inde versum est, condemnato si non paret absolvito, s. Lenel, EP (1927), 282; Kaser/Hackl, RZ (1996), § 49 I 1 (342). Es bestand eine einheitliche Formel für die actio de peculio und die actio de in rem verso, vgl. Gaius IV.74 f.; Lenel, EP (1927), 279.

2. Kap.: Weitere Quellenzeugnisse

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kann. Das ist der wahre Grund dafür, dass die ratihabitio hier wirkungslos ist.118 Die Wirkungslosigkeit der ratihabitio des pater familias ist auch in der Sache stimmig und interessengerecht: Der Gewaltabhängige soll sein peculium weitestgehend selbständig bewirtschaften und der Gewalthaber soll sich nicht einmischen. 3. Zur actio in quantum locupletior ex mea administratione factus sit

Bleibt noch zu überlegen, auf welche Umstände Pomponius die Klage am Ende des Fragments stützt: Pomponius fügt hinzu, selbst wenn nichts im Sondergut ist, da dem Vater oder dem dominus mehr als der Wert des Sonderguts ausmacht vom Sohn oder vom Sklaven geschuldet wird, sei auch gegen den Vater eine Klage zu gewähren, soweit er durch die Verwaltung bereichert ist. Auch wenn das peculium überschuldet ist, steht Ego gegen den Gewalthaber eine actio in quantum locupletior ex mea administratione factus sit zu. Die gewährte Klage wird leider nicht explizit von Pomponius bezeichnet. Die Erwähnung des überschuldeten peculium macht eigentlich nur Sinn, wenn die actio de peculio tatbestandlich an sich gegeben, aufgrund der Überschuldung des peculium aber nicht durchsetzbar ist. Aus der Existenz der actio de peculio ist weiter zu folgern, dass Pomponius in dieser Fallvariante implizit voraussetzt, dass der Gewaltunterworfene aus der actio negotiorum gestorum naturaliter obligiert ist. Dies ist aber mit der unmittelbar vorangegangenen Passage über den Kauf eines servus non necessarius unvereinbar, wobei, wie oben dargelegt, keine actio negotiorum gestorum naturalis begründet wird. Dennoch wurde das Fragment im Schrifttum aber bislang eigentlich immer dahingehend gedeutet, dass sich die Erteilung der actio unmittelbar auf die Passage über den Kauf des servus non necessarius bezieht. Nicht zu folgen ist Finazzi,119 der den Ausdruck non necessarius dahingehend interpretiert, dass der Kauf des Sklaven noch utiliter sei. Nach Finazzis These müsste necesse ein Unterbegriff zu utiliter sein. Eine solche begriffliche Relation lässt sich in der römischen Rechtsterminologie der Quellen für die negotiorum gestio nicht nachweisen. Zwischen den Kategorien necessitas und utilitas besteht im Geschäftsführungsrecht kein Stufenverhältnis.120 Nur bei einem utiliter gestum, d. h. nur wenn die Geschäftsführung dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht, entsteht grundsätzlich die actio negotiorum gestorum contraria.121 Cel118 Insoweit begegnet hier das Problem des Zusammentreffens der unterschiedlichen Voraussetzungen der Haftungsregime der actio negotiorum gestorum und der actio de in rem verso. 119 Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 421. 120 Mayer-Maly, SZ 86 (1969), 430. Vgl. aber auch Ankum, OIR 1(1995), 33, wonach im Allgemeinen auch ein nicht notwendiges Geschäft nützlich sein kann, wenn es tatsächlich den Interessen des Geschäftsherrn dient. 121 Vgl. auch § 8 der Untersuchung.

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5. Teil: Ratihabitio und iussum

sus etwa umschreibt das non utiliter negotium gestum als Vornahme einer res non necessaria.122 Im Gegensatz zur Zweiteilung bei der negotiorum gestio (nützliche und nutzlose Geschäftsführung) legen die Klassiker bei der Versionsklage eine Dreiteilung zugrunde.123 Die Kriterien der Nützlichkeit und der Notwendigkeit des Erworbenen bestimmen das Ausmaß der versio in rem und damit die Haftungshöhe des dominus.124 Die Übertragung der Dreiteilung auf das Geschäftsführungsrecht, wie es Finazzi vorschlägt, erscheint systemwidrig. Während es bei der actio de in rem verso um die Bereicherung des dominus geht, ist der dominus bei der negotiorum gestio grundsätzlich zum Aufwendungsersatz verpflichtet, die Haftungshöhe variiert nicht. Dennoch ist in den Quellen zur negotiorum gestio von einer res necessaria die Rede, wenn die Geschäftsbesorgung den Ankauf einer Sache zum Gegenstand hat.125 Ein negotium utiliter gestum liegt beim Kauf einer Sache grundsätzlich nur vor, wenn der Geschäftsführer eine notwendige Sache kauft.126 Dadurch wird sichergestellt wird, dass der gestor nicht auf Kosten des dominus spekuliert, denn gerade Erwerbsgeschäfte öffnen dafür Tür und Tor. Zu den res necessariae gehören ausweislich der Quellen frumentum, vinum und vestis127 sowie auch ein servus necessarius.128 Beim Kauf solcher Gegenstände für die familia lag aus Sicht der römischen Juristen stets ein negotium utiliter gestum vor, und die negotiorum gestio entstand ipso gestu. Insoweit kann man sagen, dass bei Erwerbsgeschäften der utilitas-Begriff variiert wurde.129 Diese Terminologie bei der negotiorum gestio ist aufgrund ihrer völlig anders gelagerten Bedeutung bei der actio de in rem verso nicht unbedingt glücklich. Treffender als mit den Worten Niederländers lässt sich dies eigentlich nicht kommentieren: „Diese Interpretation des utiliter gestum mit dem Begriff necessarius ist nicht gerade ein Meisterstück der

122

Ulpian D. 3.5.9.1. Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 30. 124 Vgl. Ulpian D. 15.3.5 pr., s. dazu oben in Fn. 60; Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 29. 125 Vgl. Gaius D. 3.5.21; vgl. ferner Africanus D. 3.5.45 pr. 126 Niederländer, SZ 75 (1958), 417 m. Fn. 20. 127 Vgl. Gaius D. 3.5.21 (Kauf von Wein und Getreide); vgl. ferner als anerkannte Fälle des versum im Rahmen der actio de in rem versio Ulpian D. 15.3.3.1 (Getreide und Kleidung); Ulpian D. 15.3.3.3 (Nahrung und Kleidung); Ulpian D. 15.3.3.7 (Getreide); Inst. 4.7.4 a (Abstützen von Gebäuden; Kauf von Nahrungsmitteln für die Familie). Ulpian hat sich beim versum der actio de in rem verso am Geschäftsführungsrecht orientiert, Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 126. 128 Vgl. Ulpian D. 3.5.9.1. Das Beispiel eines servus (non) necessarius wird häufig in den Quellen nicht nur im Zusammenhang mit der negotiorum gestio, sondern auch im Rahmen der actio de in rem verso herangezogen und stellte wohl eine Art Standardbeispiel der römischen Juristen dar, vgl. Ulpian D. 15.3.3.8; ders. D. 15.3.5 pr. 129 Im gemeinen Recht wurde zum Teil auch die Notwendigkeit der Geschäftsführung gefordert, vgl. Wächter, AcP 20 (1837), 337 ff. 123

2. Kap.: Weitere Quellenzeugnisse

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römischen Jurisprudenz.“130 Denkbar ist, wie auch Niederländer erwägt, dass die Trichotomie notwendig – nützlich – nutzlos beim Impensenersatz hierbei in den Köpfen der Juristen schwebte.131 Generell lässt sich bei dem Rechtsinstitut der negotiorum gestio eine Dreiteilung der Geschäftsführungstypen in utiliter, necesse und non utiliter, wie bereits gesagt, nicht feststellen. Auch von den vorgenannten Erwägungen abgesehen erscheint es fernliegend, dass Pomponius in D. 3.5.5.8 das Vorliegen der utilitas negativ umschreibt durch Betonung auf das, was gerade nicht vorliegt.132 Hier ist der Ausdruck non necessarius mit hoher Wahrscheinlichkeit dahingehend zu verstehen, dass die Geschäftsführung non utiliter ist.133 Servus non necessarius ist zu übersetzen mit „nicht notwendiger Sklave“ oder mit „überflüssiger Sklave“. Zweifelsfrei nicht mehr utiliter ist nämlich eine überflüssige Geschäftsführung.134 Mangels utilitas ist die actio negotiorum gestorum gegen den Sohn nicht zur Entstehung gelangt. Ein Teil des Schrifttums135 führt die Gewährung der Klage auf die Erteilung einer ratihabitio des filius familias zurück und unterstellt im gleichen Atemzug, dass diese einer Kürzung zum Opfer gefallen sei. Diese Ansicht stützt sich im Wesentlichen auf das et, wonach eine Haftung des filius vorausgesetzt werde (et in patrem dandam actionem). Wie bereits oben angeführt, ergibt die Erwähnung des überschuldeten peculium eigentlich nur dann einen Sinn, wenn die actio de peculio dem Grunde nach besteht, aufgrund der Überschuldung des peculium aber nicht durchsetzbar ist. Dass etwa die Existenz einer actio de peculio auf die Erteilung einer ratihabitio seitens des filius familias zurückzuführen ist, ist jedoch zweifelhaft. Denn es ist kaum vorstellbar, dass Pomponius einen solchen wichtigen, dieser Ansicht zufolge ja haftungsbegründenden Umstand unerwähnt gelassen haben sollte. Ebensowenig ist einzusehen, weshalb nachklassische Bearbeiter oder die Kompilatoren die Erwähnung einer solchen (rechtserheblichen) Tatsache gestrichen haben sollten. Dazu hätten sie überhaupt keinen Grund gehabt. Wahrscheinlich ist zwar, dass der Text gerade im hier wesentlichen Schluss130

Niederländer, SZ 75 (1958), 417 Fn. 19. Niederländer, SZ 75 (1958), 417 Fn. 19. 132 So aber Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 421 f. 133 Gleichsinnig auch Bertolini, Ratifica I (1889), 125; Ankum, OIR 1 (1995), 39 Fn. 87. 134 Vgl. Modestin D. 3.5.26 pr.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 57. 135 Lenel, SZ 39 (1918), 133 Fn. 1 („In dem Schlußpassus von hoc adiecto ab wird augenscheinlich vorausgesetzt, daß der Sohn persönlich haftet (et in patrem dandam actionem), also selber ratihabiert hat. Im Original dürfte das deutlicher hervorgetreten sein.“). S. auch v. Tuhr, Actio de in rem verso (1895), 249. Manche gehen auf diese Problematik gar nicht richtig ein. So begnügt sich Kacprzak, Ratihabitio (2002), 103 mit der Feststellung, dass im vorliegenden Fall das Rechtsverhältnis zwischen Geschäftsführer und dominus regelmäßig wirksam sei. Die ratihabitio biete keine Grundlage für eine Klage in solidum gegen den pater familias. 131

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5. Teil: Ratihabitio und iussum

teil eine Veränderung erfahren hat. Welcher Art diese Veränderung ist, wird sich nicht aufklären lassen, möglicherweise ist sie rein redaktioneller Natur. Die dargestellten Interpretationsversuche können die Stelle jedenfalls nur mit einer fragwürdigen Unterstellung erklären und vermögen daher nicht zu überzeugen. Vieles spricht dafür, dass Pomponius am Schluss der Stelle entgegen der im Schrifttum bislang nahezu einhellig anzutreffenden Deutung136 auf den Ausgangfall Labeos rekurriert und ihn um die Variante anreichert, dass das peculium überschuldet ist. Darauf lassen zwei Umstände schließen: Zum einen, dass Pomponius in dieser Fallvariante die Existenz der actio negotiorum gestorum voraussetzt, zum anderen als äußerer sprachlicher Befund, dass auf einmal, wie schon eingangs, wieder die Rede von filius familias und pater familias ist. Eigentlich handelt es sich bei dem Schlusspassus nicht um eine Fallabwandlung, sondern um eine Fallanknüpfung an den Ausgangsfall – Pomponius nimmt den Ausgangssachverhalt wieder auf und variiert ihn nicht, sondern setzt ihn fort. Pomponius denkt möglicherweise für den Fall der Überschuldung des peculium an eine Art allgemeine prätorische Bereicherungsklage.137 Die Frage, an welche Klage Pomponius für den Fall der Überschuldung des peculium konkret gedacht hat, ist im Schrifttum überaus umstritten. Die herrschende Meinung, die die Gewährung der locupletior-Klage auf den Kauf des servus non necessarius bezieht, versteht diese Klage als actio de in rem verso und stützt ihre These darauf, dass sich durch die Geschäftsführung des Ego der wirtschaftliche Wert des peculium und damit der Haftungsbetrag des pater familias erhöhe.138 Für diese Ansicht lässt sich ins Feld führen, dass die actio de in rem verso ihrem Inhalt nach auf quanto locupletior factus est geht.139 Der Ausdruck locupletior taucht vereinzelt auch im Zusammenhang mit der actio de in rem verso in den Quellen auf.140 Kroppenberg141 hält dieser Auffas-

136 Vgl. Finazzi, Negotiorum gestio I (1999), 151, der ebenfalls das Schlussstück des Fragments in sachlichem Zusammenhang mit dem ratihabitio-Passus des pater familias sieht. Der Verweis auf die actio de peculio deutet für ihn darauf hin, dass die ratihabitio den erworbenen Sklaven zu einer Pekuliarsache, res peculiaris, mache, wohingegen der Sklave zum Zeitpunkt des Kaufes objektiv unter Berücksichtigung der Kriterien für die Bestimmung des Inhalts des peculium noch kein Bestandteil des peculium war. Aus der Ausübung der administratio peculii folgt jedoch eigentlich automatisch, dass die angeschaffte Sache ohne Rücksicht auf Erteilung der ratihabitio des Gewalthabers Bestandteil des peculium wird. 137 Siehe dazu im Einzelnen die folgenden Ausführungen. 138 So schon Chambon, Negotiorum Gestio (1848), 140; Witte, Bereicherungsklagen (1859), 39, 264; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 21; Kohler, JherJb 25 = N.F Bd. 13 (1887), 72 Fn. 1; Bertolini, Ratifica I (1889), 125; Harke, Geschäftsführung und Bereicherung (2007), 22; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 417; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 349. Nach De Filippi, Ratihabitio (2002), 142 f. ist eine „azione di arricchimento“, eine Bereicherungsklage, gemeint. 139 Kroppenberg, Insolvenz (2001), 143. 140 Vgl. Ulpian D. 15.3.5.3. 141 Kroppenberg, Insolvenz (2001), 159.

2. Kap.: Weitere Quellenzeugnisse

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sung im Anschluss an v. Tuhr142 und Ruhstrat143 entgegen, die actio de in rem verso setze voraus, dass die Bereicherung des Gewalthabers auf einem Verpflichtungsgeschäft des Gewaltabhängigen beruht. Der dominus habe hier aber nichts aus einem Verpflichtungsgeschäft des Gewaltabhängigen erlangt, der Gewaltabhängige sei überhaupt nicht tätig geworden. Stattdessen habe ein gewaltfreier Dritter kontrahiert. Kroppenberg144 erklärt die gewährte Klage als eine actio de peculio in quantum locupletior factus sit, also als eine actio de peculio, die hier statt auf dumtaxat de peculio ausnahmsweise in quantum locupletior ex administratione factus sit gehe, um auf diese Weise den „Erschöpfungseinwand“ des peculium durch den Gewalthaber zurückzuweisen, so dass der Geschäftsführer mit seiner Forderung nicht ausfällt. Ausnahmsweise werde dem altruistisch handelnden und damit schutzwürdigen Geschäftsführer aus Billigkeitsgründen der Regress gestattet, indem er auf die Pekuliargegenstände zugreifen darf, die durch seine Verwaltungshandlung in das Sondergut gelangt sind.145 Gesetzliches Leitbild aller adjektizischen Klagen ist, so wie es aus den Quellen abzuleiten ist und wie es auch im romanistischen Schrifttum vielfach dargestellt wird, die Vorstellung einer Geschäftsführung des Gewaltunterworfenen, indem er sich durch einen Vertrag oder ein vertragsähnliches Verhältnis einem Dritten verpflichtet.146 Das Fehlen einer Geschäftsführung durch den Gewaltabhängigen wird im vorliegenden Fall aber offenbar von den römischen Juristen nicht als Problem angesehen oder scheint aus ihrer Sicht überwindbar. Die Bereicherung des Gewalthabers folgt hier nicht automatisch aus der bloßen Tatsache, dass der erworbene Sklave im peculium ist.147 Andererseits ist der Gewalthaber durch die Geschäftsführung des Ego möglicherweise faktisch bereichert. Und diese Überlegung ist wohl für Pomponius im vorliegenden Fall Anlass genug, dem Geschäftsführer dennoch einen Aufwendungsersatzanspruch zu gewähren, wenn auch nur in Höhe der Bereicherung des dominus. Diese Klage ist wohl nicht als eine besondere prätorische Bereicherungsklage, also als actio de in rem verso, zu verstehen, sondern als eine Art allgemeine prätorische Bereicherungsklage. Ratio decendi für die Gewährung der Bereicherungsklage ist wohl der Gedanke, dass sich die wirtschaftliche Selbständigkeit des Gewaltunterworfenen, der mit einem peculium betraut ist, nicht zum Nachteil eines altruistisch handelnden gestor auswirken soll. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass der gestor, der mit Rücksicht auf einen Gewaltabhängigen in irgendeiner Weise rechtserheblich tätig wird, einige besondere, sta142 v. Thur, Actio de in rem verso (1895), 249 m. Fn. 15, 16, der allerdings zu einem anderen Ergebnis gelangt. Er denkt an eine condictio. 143 Ruhstrat, AcP 34 (1851), 76 m. Fn. 113. Nach Ruhstrat ist diese Klage als actio negotiorum gestorum aufzufassen. Hiergegen spricht aber das Fehlen des subjektiven Bezugs zum pater familias und vor allem die für Falllösung dann irrelevante Information der Erschöpfung des peculium, so zutreffend Kroppenberg, Insolvenz (2001), 160 Fn. 112. 144 Kroppenberg, Insolvenz (2001), 161, 337 f. 145 Kroppenberg, Insolvenz (2001), 161 f., 167 f. 146 Vgl. Ulpian D. 15.1.1.2; s. ferner Kaser, RP I (1971), § 141 I 3 (606), § 141 II 2 (607); Kaser/Knütel/Lohsse, RP (2021), § 60 Rn. 4; A. Wacke, SZ 111 (1994), 283; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 50. A. A. Niederländer, Bereicherungshaftung (1953), 42 ff. 147 Vgl. Tryphonius 15.3.6; Ulpian D. 15.3.5.3; Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 175 ff.; Heinemeyer, Freikauf (2013), 106.

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5. Teil: Ratihabitio und iussum

tusbedingte Risiken bewusst in Kauf nimmt148 (beispielsweise das privilegium deductionis149 oder die Möglichkeit der ademptio peculii150). Pomponius will dem gestor auch für den Fall, dass das peculium überschuldet ist, eine Klage gewähren, d. h. der Vater kann dem Vorwurf der Bereicherung nicht die Überschuldung des peculium entgegenhalten, und die im Innenverhältnis zwischen pater familias und Gewaltabhängigem bestehenden Naturalobligationen haben keinen Einfluss auf das Außenverhältnis. 4. Folgerungen für das Verhältnis von ratihabitio und iussum

Für das Verhältnis von ratihabitio und iussum, um damit auf den eigentlichen Grund der Untersuchung dieser Stelle zurückzukommen, wird aus D. 3.5.5.8 überwiegend gefolgert, dass ratihabitio und iussum in ihren Rechtswirkungen nicht identisch seien,151 denn sonst, so wird argumentiert, würde Ulpian bei Erteilung der ratihabitio seitens des pater familias den Gläubiger auf die actio quod iussu und nicht auf die Bereicherungsklage verweisen. Aus den vorgenannten Erwägungen ergibt sich aber auch eine andere denkbare plausible Erklärung dafür, dass die ratihabitio des pater familias nicht die actio quod iussu begründet. Die actio quod iussu scheitert hier wohl schon am Fehlen einer Grundklage. Sichere Rückschlüsse für das Verhältnis von ratihabitio und iussum können somit aus der Stelle nicht abgeleitet werden.

§ 31 Justinian C. 4.28.7 pr. (530) Für Rückschlüsse auf das Verhältnis ratihabitio und iussum wird auch oft die hier bereits bekannte Konstitution C. 4.28.7 pr.152 herangezogen. Diese Konstitution behandelt das Senatus consultum Macedonianum, das Darlehensverbot an Haussöhne. Im Rahmen des SC Macedonianum näherte Justinian die ratihabitio des pater dem mandatum und generell der vorherigen Zustimmung desselben unter Berufung auf die hier ebenfalls bekannte Konstitution C. 5.16.25153 an, in der er das Prinzip der Rückwirkung der ratihabitio allgemein angeordnet hatte. C. 4.28.7 pr. wird von der überwiegenden Meinung dahingehend interpretiert, dass Justinian die ratihabitio infolge der ihr beigelegten Rückwirkung dem iussum gleichgestellt habe und deshalb das SC Macedonianum keine Anwendung gefunden habe.154 Allgemeine Erkenntnisse über den Einfluss der ratihabitio auf 148

Vgl. Chiusi, Actio de in rem verso (2001), 142. Vgl. Julian D. 15.1.14.1; Ulpian D. 14.4.1 pr., ders. D. 14.4.5.7; ders. D. 15.1.5.4; ders. D. 15.1.9.2, 3. 150 Vgl. Ulpian D. 15.1.21 pr.; Pomponius D. 15.1.4 pr. 151 So z. B. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 100, 103; Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 421 ff. 152 S. dazu die Ausführungen in § 23 der Untersuchung. 153 S. dazu die Ausführungen in § 22 der Untersuchung. 154 Vgl. Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 414; Coppola Bisazza, Del iussum domini (2008), 80. 149

3. Kap.: Zusammenfassung 5. Teil

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die Anwendbarkeit von adjektizischen Klagen, die unter Justinian grundsätzlich fortbestehen,155 lassen sich aus C. 4.28.7 pr. jedoch nicht ableiten.156 Auch die veterum ambiguitas scheint sich nicht auf die Frage der Begründung der actio quod iussu zu beziehen, sondern dem Tenor der gesamten Konstitution nach ausschließlich auf speziell mit dem SC Macedonianum verbundene Fragen.157 3. Kapitel

Zusammenfassung 5. Teil Die Untersuchung des Verhältnisses zwischen ratihabitio und iussum, wenn auch auf einige besondere Aspekte beschränkt, hat gezeigt, dass die ratihabitio, was die Haftung mit der actio quod iussu anbelangt, grundsätzlich nicht die Wirkung eines nachträglichen iussum hatte. Die ratihabitio hat im klassischen Recht grundsätzlich nicht die Voraussetzungen für die Gewährung der actio quod iussu geschaffen.158 Mit Blick auf die Formel, insbesondere darauf, dass das Verhalten, auf welches der Kläger seinen Anspruch stützt, iussu N. Negidii geschehen ist, ist es sehr unwahrscheinlich, dass die concepta verba auch die ratihabitio erfassen konnten.159 Die ratihabito konnte nur die actio de in rem verso begründen. Der Auffassung Finazzis, wonach es unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit gerechter erscheine, den Genehmigenden durch die Gewährung einer actio in factum oder actio quod iussu utilis, in denen ein erteiltes iussum fingiert wird, in vollem Umfang haften zu lassen, da die Genehmigung die volle Akzeptanz der Geschäftsführung des Gewaltabhängigen impliziere,160 kann nicht zugestimmt werden. Ein solcher Gleichlauf von iussum und ratihabitio ist schon deshalb nicht geboten, weil beide eine unterschiedliche Zweckrichtung haben: Anders als das iussum, das die Rechtsmacht des Dritten von vornherein bewusst erweitern soll, reagiert der Genehmigende nur auf eine ungewollte Einmischung in seine Rechtssphäre, was die unterschiedlichen Rechtsfolgen der actio quod iussu und der actio de in rem verso rechtfertigt. Die Gleichstellung der nachträglichen ratihabitio mit dem iussum wäre im Übrigen mit der Einräumung einer gewissen Selbständigkeit an die Gewaltabhängigen verbunden gewesen, und dem standen die römischen Juristen wohl ablehnend gegenüber. Beim Handeln von Gewaltunterworfenen waren iussum und ratihabitio nicht zuletzt deshalb nicht gleichgestellt, weil Gewaltabhängige, soweit ihnen kein peculium eingeräumt war, nicht von sich aus rechtsgeschäftliche Handlungen, insbesondere keine Erwerbsge155 156 157 158 159 160

Kaser, RP II (1975), § 204 III 3 (106). Kacprzak, Ratihabitio (2002), 109. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 109. Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 422. So richtig Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 412. Finazzi, in: Studi Nicosia III (2007), 422.

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5. Teil: Ratihabitio und iussum

schäfte tätigen sollten, sondern der Regelfall sein sollte, dass der dominus sie dazu vorher ermächtigt. Auch Dritte sollten auf diese Weise durch die auf die Bereicherung beschränkte Haftung des dominus vor spontanen Geschäften mit Gewaltabhängigen „abgeschreckt“ werden. Die Quellen lassen jedoch ein Bewusstsein der klassischen Juristen für die Nähe beziehungsweise für eine Annäherung zwischen ratihabitio und iussum durchaus erkennen; all dies geschah jedoch im üblichen Rahmen der vorherrschende Methode der Kasuistik und mit unterschiedlichen Schwerpunkten je nach Lage des Falles.161 Auch bei Justinian, unter dem die adjektizischen Klagen grundsätzlich fortbestehen, lässt sich eine allgemeine Äquivalenz zwischen den beiden Rechtsfiguren nicht mit Sicherheit feststellen. C. 4.28.7 pr. ist nicht so sehr als Anordnung der rechtlichen Gleichstellung der Auswirkungen der ratihabitio mit denen des iussum zu verstehen, sondern vielmehr als Ausdruck der Analogie zwischen der ratihabitio und jeder anderen Form der Manifestation der Zustimmung des pater familias (einschließlich des iussum)162 in Bezug auf ein von seinem Sohn aufgenommenes Darlehen.

161 162

Finazzi; in: Studi Nicosia III (2007), 434 mit Verweis auf Ulpian D. 36.1.38. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 108.

6. Teil

Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage – Funktionale und dogmatische Zusammenhänge zwischen ratihabitio und Eigentums- und Besitzerwerb Im Folgenden sollen nun Überlegungen zu möglichen Wirkungen der ratihabitio auf der dinglichen Ebene angestellt werden. In den jüngeren Darstellungen zur ratihabitio finden sich leider dazu keine thematisch selbständigen Ausführungen, sondern allenfalls beiläufige. Solche Überlegungen drängen sich aber deshalb auf, weil die ratihabitio von ihrem Ursprung her, wie oben bereits festgestellt,1 faktisch-gegenständlich ausgerichtet ist. Wirkung und Funktion der ratihabitio lassen sich vielfach nur durch eine umfassende, obligatorische wie dingliche Aspekte berücksichtigende Betrachtungsweise wirklich erfassen. Insbesondere soll hier der Zusammenhang zwischen negotiorum gestio und ratihabitio und dem Besitz- und Eigentumserwerb des dominus näher beleuchtet werden. Die Frage nach der Rolle der ratihabitio beim Besitz- und dem damit möglicherweise einhergehenden Eigentumserwerb durch traditio kann nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist ein Teilbereich der umfassenden Problematik zum Besitzerwerb per liberam personam.2 Hierzu können an dieser Stelle keine Einzelheiten vertieft werden. Es soll hier ausschließlich der Besitz- und Eigentumserwerb im Fall der ratihabitio im Blickpunkt der Betrachtungen stehen. Es soll sich dabei auch Fragen zugewandt werden, die nicht unmittelbar den Bereich des Besitz- und Eigentumserwerbs betreffen, aber mit diesem Fragenkreis zusammenhängen, wie etwa Fragen nach den sachenrechtlichen Konsequenzen der ratihabitio bei der Rückabwicklung von grundlosen Zahlungen an einen procurator oder der Rückabwicklung der Zahlung durch einen procurator. Aufgrund des spärlichen Quellenmaterials sollen auch indirekte Quellenzeugnisse herangezogen werden. In jüngerer Zeit hat Klinck3 eine eingehende Untersuchung zum Thema „Erwerb durch Übergabe an Dritte im klassischen römischen Recht“ vorgelegt und sich dabei auch mit der Wirkung der ratihabitio befasst. Klinck geht davon aus,

1

S. z. B. die Ausführungen in § 8 der Untersuchung. Grundlegend zu dieser Thematik Klinck, Übergabe an Dritte (2004). 3 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 206 ff., zusf. 244 ff., 294; s. ferner ders., in: Drittbeteiligung (2011), 18. 2

262

6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

dass seit dem zweiten Jahrhundert n. Chr. jede beliebige freie Person für einen anderen Besitz als Stellvertreter erwerben konnte, soweit ein mandatum oder eine nachträgliche ratihabitio seitens des Vertretenen vorlag.4 Dabei gelangt Klinck zu der bemerkenswerten These, Auftrag und Genehmigung des Vertretenen stünden mit den allgemeinen Voraussetzungen für den Besitzerwerb, corpus und animus, in keinem Zusammenhang, hätten vor allem mit dem Besitzwillen des Vertretenen nichts zu tun. Nicht nur die Ausführungen Klincks geben Anlass, die Funktion der ratihabitio für den Besitz- und Eigentumserwerb näher zu untersuchen. 1. Kapitel

Zum Erwerb ex causa venditionis § 32 Zum Besitzerwerb des Genehmigenden Die gemeinrechtliche Lehre bejahte die Möglichkeit eines unmittelbaren Besitzerwerbs durch eine freie Person und zwar nach der herrschenden Meinung unabhängig von der Stellung als sogenannter procurator.5 Die Doktrin des gemeinen Rechts verstand dabei den Besitzerwerb durch die Übergabe an Dritte als eine Stellvertretung im buchstäblichen Sinne. Der Vertreter „vertrat“ den Besitzer danach in der Ausübung der Sachgewalt (im corpus) mit der Folge, dass dieser das corpus possessionis als corpus alienum erwarb. Dagegen wurde eine Vertretung im Besitzwillen von den Pandektisten grundsätzlich abgelehnt.6 Einen Besitzwillen musste der Vertretene daher selbst fassen. Man argumentierte mit dem animus alieno nomine possidendi, einem dem heutigen Besitzmittlungswillen vergleichbaren Willen des Besitzstellvertreters beziehungsweise mit dem animus domini des Vertretenen.7 Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts bejahte eine Minorität8 die Stellvertretung im Besitzwillen.

4

Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 209; ders., SZ 124 (2007), 42. Vgl. v. Savigny, Recht des Besitzes (1865), 304 ff.; Keller, Pandekten I (1867), 267 ff.; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 63 f.; Puchta, Pandekten (1877), 221 ff.; Arndts, Pandekten (1883), 239 ff.; Baron, Pandekten (1896), 227 f.; Dernburg, Pandekten I (1902), 416 ff.; Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1906), 771 ff.; Last, JherJb 62 (1913), 53. S. dazu auch Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 17, 246 Fn. 19. 6 Vgl. Chambon, Negotiorum gestio (1848), 171. 7 Die herrschende Meinung im gemeinen Recht ging davon aus, dass bis zur ratihabitio Besitzer weiterhin der Übergebende ist, vgl. z. B. E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 221 Fn. 289; Mitteis, Stellvertretung (1885), 223 Fn. 281. Nach der Gegenauffassung ist der gestor bis zur ratihabitio hinsichtlich der für den dominus erworbenen Sache possessor, so Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 289 Fn. 4 mit Verweis auf Ulpian D. 5.3.13.12; Paulus D. 3.5.18.3; ders. D. 41.4.2.9; Papinian D. 20.6.1 pr. Mit Genehmigung gehe der Besitz an der erworbenen Sache (und mit ihm gegebenenfalls auch das Eigentum) auf den dominus über. 8 So etwa E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 90 ff., 220. 5

1. Kap.: Zum Erwerb ex causa venditionis

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Die moderne Romanistik9 geht überwiegend davon aus, dass das klassische Recht Besitzerwerb durch Stellvertreter nur im Fall des procurator omnium rerum,10 des dauerhaft bestellten Vermögensverwalters, zuließ, nicht dagegen bei einem procurator unius rei,11 einem für ein einzelnes Geschäft aufgrund speziellen Auftrags bestellten Vertreter, und schon gar nicht bei einer (unbeauftragten) libera persona, einer beliebigen freien Person. Dies wird vor allem damit begründet, dass in vielen Stellen, die den Besitzerwerb durch Dritte behandeln, immer nur vom procurator, aber nie von einer libera persona die Rede sei.12 Der Erwerb durch eine beliebige freie persona sei nachklassisch. Erst Justinian13 habe den Besitzerwerb per liberam personam anerkannt. Die Ausnahme für den procurator omnium rerum wird vielfach damit erklärt, dass dieser Typ des procurator in der spätrepublikanischen Zeit meist aus den Reihen der eigenen Freigelassenen stammte, der seinen Dienst bei seinem Herrn fortsetzte und damit weiterhin dem Machtbereich seines Patrons angehörte.14 Dass mit dem Begriff procurator nur der procurator omnium rerum gemeint ist, wie von einem bedeutenden Teil der Romanistik behauptet wird, bestätigen die Quellen jedoch nicht.15 Auch ein spontan auftretender Geschäftsführer wird in den Quellen als procurator bezeichnet.16 Die Bezeichnung procurator war in den Quellen kein fester Terminus technicus, darunter fiel jeder, der im fremden Interesse tätig wurde.17 Ob auch Besitz per liberam personam erworben werden kann, erscheint zweifelhaft vor dem Hintergrund eines Auszugs aus dem Institutionenlehrbuch des Gaius, wonach durch die Handlungen einer libera persona grundsätzlich nichts 9 Frese, in: Studi Riccobono IV (1936), 409; Kaser, RP I (1971), § 62 III 3 (263), § 95 II 4 (393); Honsell/Mayer-Maly/Selb, RR (1987), § 49 II 1b (113); Kaser/Knütel/ Lohsse, RP (2021), § 30 Rn. 4, § 21 Rn. 5. A. A. Behrends, SZ 88 (1971), 294, der die Möglichkeit des Besitzerwerbs durch den sog. Mandatsprokurator, der durch Einzelmandat und durch ratihabitio ermächtigt werden konnte, und damit im Ergebnis den Besitzerwerb per liberam personam bejaht. 10 S. auch § 4 II. der Untersuchung. 11 Vgl. Ulpian D. 3.3.1.1; ders. D. 17.1.12.7; Alexander C. 2.12 (13).10 (227). 12 F. Sturm, SZ 125 (2008), 798 f.; s. auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 381. 13 Inst. 2.9.5 Ex his itaque apparet per liberos homines, quos neque iuri vestro subiectos habetis neque bona fide possidetis, item per alíenos servos, in quibus neque usum fructum habetis neque iustam possessionem, nulla ex causa vobis adquirí posse. et hoc est, quod dicitur per extraneam personam nihil adquirí posse: excepto eo, quod per liberam personam veluti per procuratorem placet non solum scientibus, sed etiam ignorantibus vobis adquirí possessionem secundum divi Severi constitutionem et per hanc possessionem etiam dominium, si dominus fuit qui tradidit, vel usucapionem aut longi temporis praescriptionem, si dominus non sit. 14 S. dazu auch § 4 II. der Untersuchung. 15 S. auch bereits E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 95; ferner Wieling, in: Mandatum und Verwandtes (1993), 259. 16 Vgl. etwa Ulpian D. 46.3.58 pr.; Celsus D. 46.3.71.2; Africanus D. 46.8.25.1. 17 S. die Ausführungen in § 4 II. der Untersuchung.

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

erworben werden kann;18 nur beim Besitz, so Gaius, sei es fraglich, ob er durch einen freien Dritten erworben werden könne. Ob Gaius diesen freien Dritten, durch dessen Handlung man womöglich Besitz erwerben kann, näher bezeichnet hat, bleibt offen, denn hier ist die Veroneser Handschrift unlesbar.19 Nach heute herrschender Meinung ist die Konjektur per procuratorem zu ergänzen.20 Klinck21 ist darin zu folgen, dass der Streit darum, ob hier der procurator genannt war, bedeutungslos ist, wenn man, wie es auch hier geschieht,22 der These folgt, dass dieser Begriff zu Zeiten des Gaius jeden bezeichnen konnte, der sich fremder Angelegenheiten annimmt. I. Zur These Klincks anhand von Ulpian D. 41.2.42.1 In jüngerer Zeit hat sich Klinck,23 wie bereits gesagt, mit der hier in Rede stehenden Thematik in seiner Abhandlung zum „Erwerb durch Übergabe an Dritte im klassischen römischen Recht“ eingehend beschäftigt und sich dabei auch mit der ratihabitio befasst. Klinck geht davon aus, dass die Möglichkeit des Besitzerwerbs zunächst zwischen den römischen Juristen bis in die Hochklassik hinein umstritten war.24 Seit dem Erlass einer Konstitution der Kaiser Septimius Severus und Antoninus Caracalla25 aus dem Jahre 196 n. Chr. sei die Ansicht allgemein durchgedrungen, dass jede beliebige freie Person für einen anderen

18 Vgl. Gaius II.95 Ex his apparet per liberos homines, quos neque iuri nostro subiectos habemus neque bona fide possidemus, item per alienos servos, in quibus neque usumfructum habemus neque iustam possessionem, nulla ex causa nobis adquiri posse. et hoc est quod vulgo dicitur per extraneam personam nobis adquiri non posse. tantum de possessione quaeritur, an < per procuratorem > nobis adquiratur. 19 Claus, Stellvertretung (1973), 174. Ein Überblick über die mannigfachen Rekonstruktionsversuche zu diesem Fragment findet sich bei Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 206 Fn. 67. 20 Vgl. David/Nelson, Gai institutionum commentarii IV (1960), 310, wonach sich aus den von ihnen erkannten Zeichen im Gaius Veronensis der Passus per procuratorem ergebe. S. auch Manthe, Institutiones (2004), 142; Klinck, in: Drittbeteiligung (2011), 17 Fn. 2. 21 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 206 Fn. 67; ders., in: Drittbeteiligung (2011), 17 f. Fn. 3. 22 S. § 4 II. der Untersuchung. 23 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 206 ff., zusf. 244 ff., 294; ders., in: Drittbeteiligung (2011), 18. 24 Er hält einen Schulenstreit für möglich: Die Sabinianer hätten die Möglichkeit des Besitzerwerbs durch eine freie Person abgelehnt und die Prokulianer hätten ihn akzeptiert, s. Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 208 f., 213 ff.; ders., SZ 124 (2007), 42 Fn. 66. 25 C. 7.32.1 (196) Per liberam personam ignoranti quoque adquiri possessionem et, postquara scientia intervenerit, usucapionis condicionem inchoari posse tam ratione utilitatis quam iuris pridem receptum est. Das abschließende pridem receptum est zeigt, dass die Konstitution keine neue positive kaiserliche Rechtssetzung enthält, sondern nur die Anerkennung des bereits vorher anerkannten Besitzerwerbs per liberam personam.

1. Kap.: Zum Erwerb ex causa venditionis

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Besitz als Stellvertreter erwerben kann, soweit ein mandatum oder eine nachträgliche ratihabitio seitens des Vertretenen vorliegt.26 Im Rahmen seiner Untersuchungen gelangt Klinck zu der These, Auftrag und Genehmigung des Vertretenen stünden mit den allgemeinen Voraussetzungen für den Besitzerwerb, corpus und animus, in keinem Zusammenhang, hätten vor allem mit dem Besitzwillen des Vertretenen nichts zu tun, sondern seien vielmehr schuldrechtlichen Erwägungen geschuldet. Die ratihabitio sei kein Bestandteil des Erwerbsaktes selbst, sondern erforderlich, um die stellvertretende Wirkung des Erwerbs herbeizuführen. Klinck postuliert dementsprechend die Möglichkeit einer Stellvertretung sowohl im corpus als auch im animus possidendi.27 Zur Begründung seiner Ansicht beruft er sich unter anderem auf eine Stelle aus dem vierten Buch von Ulpians regulae, die hier einer näheren Betrachtung unterzogen werden soll, da die ratihabitio dabei eine entscheidende Rolle spielt. D. 41.2.42.1 Ulpian 4 reg. Procurator si quidem mandante domino rem emerit, protinus illi adquirit possessionem: quod si sua sponte emerit, non nisi ratam habuerit dominus emptionem.

Klinck möchte die Stelle offenbar dem klassischen Juristen (Domitius) Ulpianus zuschreiben. Es soll hier jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass innerhalb der Romanistik Zweifel an der Urheberschaft Ulpians bestehen; zum Teil werden die regularum libri VII einem anonymen nachklassischen Epitomator zugesprochen.28 Da die Autorschaft des klassischen Juristen nicht völlig von der Hand zu weisen ist und die regulae, auch wenn sie nicht von ihm stammen sollten, dennoch klassische Gedanken enthalten können, zumal sie nach der oben geäußerten Vermutung noch aus dem dritten Jahrhundert stammen sollen und damit zeitlich nicht völlig losgelöst von der Epoche der klassischen römischen Rechtswissenschaft zu sehen sind, soll das Fragment in der vorliegenden Untersuchung nicht unberücksichtigt bleiben. Auch deshalb, weil zu der hier in Rede stehenden Fragestellung insgesamt nur ein spärliches Quellenmaterial zur Verfügung steht. Ulpian zufolge erwirbt ein procurator,29 der im Auftrag des dominus eine Sache gekauft hat, sogleich für ihn Besitz. Wenn der procurator dagegen aus eige26

Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 206 ff.; ders., SZ 124 (2007), 42. Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 243 ff., 246; ders., AcP 205 (2005), 487, 501 ff. 28 Vgl. Honoré, Ulpian (1982), 111; Liebs, in: Romanitas–Christianitas (1982), 282 ff.; ders., in HLL V (1989), § 507.3 (67). Honoré, Ulpian (1982), 111 kommt nach Analyse des Sprachgebrauchs Ulpians zu der Schlussfolgerung, dass die Libri Regularum dem Spätklassiker Ulpian nicht zuzuschreiben seien, weil das Vokabular nicht typisch für Ulpian sei. Liebs vermutet, dass sie frühestens im späten 3. Jh. n. Chr. ein philosophisch geschulter Provinzialjurist aus dem Kulturkreis des Origenes, vielleicht ein Beiruter Rechtslehrer, möglichweise ein Namensvetter von Ulpian verfasste. Für die Autorschaft des Spätklassikers dagegen Nörr, in: Festschrift für P. Zepos I, (1973), 556 Fn. 6. 29 Vermutungen über die Unechtheit des Passus basieren im Wesentlichen auf bestimmten Vorstellungen über die Figur des procurator für den Besitzerwerb: Claus, 27

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

nem Antrieb (sua sponte) eine Sache kauft, erwirbt der dominus den Besitz erst dann, wenn dieser die emptio genehmigt. Die ratihabitio hat hier den Besitzerwerb des dominus ohne dessen selbständige Besitzergreifung zur Folge. Nach Klinck manifestiert sich in der Erteilung der ratihabitio, anders als man es annehmen könnte, gerade nicht der animus possidendi des Geschäftsherrn, sondern die ratihabitio bedeute lediglich die Zustimmung zur (abgeschlossenen) Besitzergreifung seitens des Geschäftsführers.30 Instruktiv für ihn ist der Wortlaut Ulpians, wonach die emptio vom dominus genehmigt werden müsse und nicht die traditio der res vendita. Wäre für Ulpian die Fassung des Besitzwillens des dominus entscheidend, so argumentiert Klinck, hätte Ulpian für den Besitzerwerb des dominus seine Kenntniserlangung von dem Erwerb des procurator sowie den eigenen Willen zum Besitzerwerb ausreichen lassen müssen, selbst wenn der dominus mit dem Kauf als solchem nicht einverstanden ist.31 Die von Ulpian geforderte Genehmigung gehe über eine nachträgliche Kenntniserlangung hinaus.32 Zur Bekräftigung seiner Auffassung von der Stellvertretung im Besitzwillen zieht Klinck einen Vergleich zum Besitzerwerb durch einen beauftragten procurator heran: Dem Mandanten fehle bei der Auftragserteilung die konkrete Kenntnis von der noch zu erwerbenden Sache und deshalb liege kein konkreter, sondern nur ein genereller Besitzwille vor, der im römischen Recht aber nicht ausreiche, gar ein quellenfernes Konstrukt sei.33 Auch auf die weitere Besitzvoraussetzung, das corpus, die tatsächliche Sachherrschaft, so Klinck, habe die ratihabitio keinen Einfluss. Die tatsächliche Sachherrschaft werde von der ratihabitio nicht berührt, weil die ratihabitio anders als etwa die Hausgewalt des pater familias keine physische Herrschaftsgewalt begründe.34 Da die ratihabitio nach dem Verständnis Klincks auf der dinglichen Ebene keine Wirkungen herbeizuführen vermag,35 schlussfolgert er, dass bei der Entscheidung Ulpians schuldrechtliche Aspekte im Vordergrund gestanden hätten. Aber auch auf der schuldrechtlichen Ebene ist das Wirkungsfeld der ratihaStellvertretung (1973), 189 streicht mandante domino, da er den procuratur als einen procurator omnium rerum auffasst, und insoweit folgerichtig die quod si – Alternative. v. Beseler, Beiträge IV (1920), 58 streicht das possessionem und will die Stelle so dem Eigentumserwerb zuordnen. Für die Echtheit dagegen Rabel, SZ 46 (1926), 474; Watson, TR 29 (1961), 38 f.; Kaser, SZ 91 (1974), 195 f. m. Fn. 181(Kaser geht von einem Spezialprokurator aus); Krenz, Labeo 43 (1997), 357 f. Krenz legt im zweiten Teil einen procurator omnium rerum zugrunde, der außerhalb des ihm zugewiesenen Aufgabenbereiches als Vermögensverwalter tätig geworden sei und daher eines Mandats bedürfe. 30 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 218, 244 f. 31 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 218. 32 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 218. 33 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 217 f. 34 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 245. 35 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 245.

1. Kap.: Zum Erwerb ex causa venditionis

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bitio von vornherein begrenzt. Der Kaufvertrag besteht nur zwischen Drittem und procurator, daran vermag auch die ratihabitio nichts zu ändern. Sie führt nicht dazu, dass der dominus aus dem Kaufvertrag obligiert wird,36 da dem römischen Recht das Institut der unmittelbaren Stellvertretung unbekannt ist.37 Schuldrechtlich könnte die ratihabitio also – wenn überhaupt – nur für das Innenverhältnis zwischen procurator und dominus von Bedeutung sein, so wie es Klinck auch behauptet: Den Grund für das Erfordernis der nachträglichen Genehmigung erblickt er in der rechtlichen Sicherstellung der Regressmöglichkeit für den procurator.38 Mit der Erteilung der ratihabitio entstehe die actio negotiorum gestorum (contraria), vermöge derer der Stellvertreter seine Aufwendungen wie zum Beispiel Erwerbskosten ersetzt verlangen könne,39 so wie er sie auch als beauftragter procurator mit der actio mandati (contraria) hätte geltend machen können.40 Nach der Auffassung Klincks begründet Ulpian den Besitzerwerb damit nicht dogmatisch, sondern vom gewünschen Ergebnis her in Anerkennung der Interessenlage der Beteiligten. Die Entscheidung folge nicht aus der Subsumtion unter die allgemeinen Regeln für den Besitz- und Eigentumserwerb, sondern allein aus schuldrechtlichen Erwägungen heraus. Die römischen Juristen hätten hier nicht in dogmatischen Kategorien gedacht.41 Klinck ist insoweit beizupflichten, als er den Besitzerwerb durch eine libera persona grundsätzlich für klassisch erachtet.42 Dass bereits im (hoch-)klassischen Recht Besitz mittels einer libera persona für einen dominus erworben werden konnte, bezeugen in der Tat mehrere Stellen.43 Klincks Standpunkt im Hinblick auf die Sicherstellung des Regressweges kann hier aber, ohne freilich seinen Gedankengang im Einzelnen nachzeichnen und seine Ausführungen im Ganzen würdigen zu können, nicht geteilt werden. Bereits die Prämisse Klincks,44 das römische Recht kenne keinen generellen Besitzwillen, ist zweifelhaft.45 Hinweise dafür, dass im römischen Recht ein genereller Besitzwille ausreicht, ergeben sich etwa aus dem Pekuliarrecht: Der Pekuliarerwerb durch Gewaltabhängige zeigt, dass die konkrete Kenntnis vom Akt der Besitzergreifung 36

So auch De Filippi, Ratihabitio (2002), 136. Die Nichtexistenz der direkten Stellvertretung als Rechtsfigur erklärt Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 83 für die römische Jurisprudenz damit, dass das Rechtsverhältnis nicht verselbständigt gegenüber dem Rechtsakt gedacht wurde und so Rechte und Verpflichtungen nur für die am Rechtsakt Beteiligten entstehen konnten. 38 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 218 f. 39 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 219, 245. 40 Vgl. Ulpian D. 17.1.12.9. 41 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 218. 42 Ebenso Apathy, TR 74 (2006), 160. 43 Z. B. Pomponius D. 41.1.53; Ulpian D. 13.7.11.6; ders. D. 41.2.42.1. 44 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 52 ff., 217 f. 45 Kritisch auch F. Sturm, SZ 125 (2008), 797 f. Fn. 86, wonach Klincks Behauptung eine petitio principii sei. 37

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

beim dominus nicht erforderlich ist; dieser hat seinen Willen zum Besitzerwerb bereits betätigt, als er dem Gewaltabhängigen das peculium einräumte.46 Gleiches gilt für die Erteilung eines allgemeinen Erwerbsmandats, so dass die Schlussfolgerung vom mandatum zur ratihabitio nicht haltbar ist. In beiden Fällen genügt ein genereller Besitzwille. Und selbst wenn die Behauptung Klincks zuträfe: Die ratihabitio jedenfalls bezieht sich anders als das mandatum in der Regel auf den Erwerb eines konkreten Gegenstands, so dass im Hinblick auf sie diese Argumentation fehlgeht. Entgegen Klinck47 lässt sich dem Wortlaut in D. 41.2.42.1 nicht zwingend entnehmen, dass die von Ulpian geforderte Genehmigung über einen eigenen Willen zum Besitzerwerb hinausgehe. Der Begriff emptio in D. 41.2.42.1 kann auch im Sinne eines durch traditio vollzogenen Kaufes verstanden werden.48 Der Ursprung des Rechtsinstituts der emptio venditio liegt im Handkauf, bei dem Kauf und Übergabe zusammenfallen und dem die emptio venditio aus römischer Sicht immer verhaftet blieb. Ursprünglich war der Vertrag nur wirksam, wenn er nicht bloß vom Käufer, sondern auch vom Verkäufer sogleich vollzogen worden war. Die Rechtsfolge des Besitzerwerbs des dominus legt es in casu nahe, dass der Jurist hier mit dem Wort emptio den Kaufvorgang einschließlich der Übergabe bezeichnet und die ratihabitio sich damit zumindest auch auf den Besitzerwerb bezieht. Ulpian hatte hier gar keinen Grund, zwischen Kauf und Übergabe zu differenzieren. Die actio negotiorum gestorum contraria entsteht grundsätzlich nur, wenn ein negotium utiliter gestum, also eine nützliche Geschäftsführung vorliegt.49 Besitz- und Eigentumserwerb an einer Sache begründen im römischen Recht ohne Weiteres noch kein negotium utiliter gestum. Ein Erwerbsgeschäft ist insoweit juristisch indifferent. Die Notwendigkeit beziehungsweise Nützlichkeit der Geschäftsführung folgt erst aus dem Hinzutreten der Begleitumstände.50 Im Rahmen der negotiorum gestio wird deshalb in Erwerbsfällen von den römischen Juristen regelmäßig auf die Notwendigkeit der Geschäftsführung ausdrücklich hingewiesen.51 Für Geschäfte, die über den Erwerb einer res necessaria hinaus gingen, bedurfte der procurator eines mandatum, d. h. er musste vorher den dominus aufsuchen und ihn über den beabsichtigten Erwerb informieren und seine Zustimmung einholen.52 46

Vgl. Paulus D. 41.2.1.5. Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 218. 48 S. auch Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 896, der die Genehmigung ganz selbstverständlich auf den Besitzerwerb bezieht, ohne dies weiter zu thematiseren bzw. zu begründen. 49 Vgl. die Ausführungen im 2. Teil, insb. § 8 der Untersuchung. 50 S. auch Seiler, Negotiorum gestio (1968), 53. S. ferner Ankum, OIR 1 (1995), 36. 51 Vgl. Gaius D. 3.5.21; Africanus D. 3.5.45 pr. 52 S. auch § 12 der Untersuchung. 47

1. Kap.: Zum Erwerb ex causa venditionis

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Im vorliegenden Fall werden von Ulpian weder der Kaufgegenstand noch die dem Erwerbsgeschäft zugrunde liegenden Umstände mitgeteilt. Man wird die utilitas jedenfalls nicht einfach unterstellen dürfen, dafür ist die Aussage Ulpians zu allgemein gehalten. Dass er eine allgemeine, abstrakte Betrachtungsweise an den Tag legt, ist wohl auch der hier vorliegenden Literaturgattung geschuldet. Dem Umstand, dass Ulpian auf Geschäftsinhalt und die Begleitumstände des Kaufs nicht eingeht, lässt sich entnehmen, dass es darauf für den Besitzerwerb des Geschäftsherrn nicht ankommt. Die Tatsache, dass Ulpian nicht weiter zwischen den Fällen, in denen eine negotiorum gestio vorliegt, und Fällen, in denen dies nicht der Fall ist, differenziert, deutet darauf hin, dass es nach Ulpian in keinerlei Hinsicht auf die rechtliche Ausgestaltung des Innenverhältnisses für den Besitzerwerb durch eine unbeauftragte libera persona ankommt. Andernfalls würde sich auch die Frage erheben, wie die Fälle zu behandeln sind, in denen die actio negotiorum gestorum ipso gestu entsteht. Die Konsequenz der Lehre Klincks müsste eigentlich sein, dass dann die ratihabitio des dominus entbehrlich ist. Ulpian konnte sich wohl deshalb so scheinbar unbestimmt ausdrücken und einen Kauf „im Allgemeinen“ zugrunde legen, sei er utiliter, sei er non utiliter, weil nach seiner Auffassung in jedem Fall die ratihabitio des dominus für einen Besitzerwerb erforderlich war. Entgegen Klinck kann die ratihabitio nur als Manifestation des Besitzwillens des dominus verstanden werden. Die Regressfrage war vom Besitzerwerb abgetrennt. Aufwendungen, also vor allem Erwerbskosten, bekommt der procurator im Streitfall nur bei einem negotium utiliter gestum ersetzt, was auch interessengerecht erscheint. Der procurator kann die erworbene Sache „als Faustpfand“ so lange festhalten, bis sichergestellt ist, dass ihm seine Erwerbskosten ersetzt werden. Im Übrigen handelt der Geschäftsführer auf eigenes Risiko. Im vorliegenden Zusammenhang wird außerdem noch die Frage diskutiert, zu welchem Zeitpunkt der dominus Besitz erwirbt: In Betracht kommt der Zeitpunkt der Genehmigung und der der Besitzergreifung des procurator. Es wird im Schrifttum kontrovers beurteilt, ab welchem Zeitpunkt der dominus Besitz erwirbt, wenn der procurator aus eigenem Antrieb für ihn tätig wird. Diese Frage ist verbunden mit der Frage nach der Rückwirkung der ratihabitio beim Besitzerwerb. Die Rückwirkung der ratihabitio beim Besitzerwerb wurde vor allem in der Pandektistik im Hinblick auf die Natur des Besitzes als bloßes faktisches Verhältnis, insbesondere in Bezug auf das Erfordernis des Besitzwillens lebhaft diskutiert.53 Zum Teil wurde argumentiert, der animus possidendi sei 53 Für eine Rückwirkung beim Besitzerwerb z. B. v. Jhering, JherJb I (1857), 333 Fn. 58; Exner, Rechtserwerb (1867), 134; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 75 f.; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 220 ff.; Hellmann, Krit. Vjschr 19 (1877), 366; Meischeider, Besitz und Besitzschutz (1876), 288 f.; v. Mandry, AcP 63 [n. F. 13] (1880), 10 ff.; Bertolini, Ratifica I (1889), 83 ff.; Windscheid/Kipp, Pandekten-

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

als Faktum einer Fiktion nicht zugänglich und daher könne eine Rückwirkung der Genehmigung den tatsächlichen Besitzwillen nicht ersetzen. Auch eine Rückwirkung der tatsächlichen Lage lasse sich nicht konstruieren.54 Ein genauer Blick auf die Worte Ulpians in D. 41.2.42.1 erhellt, dass der Besitzerwerb des dominus erst zum Zeitpunkt der Genehmigung eintritt. Nach der ersten Regel, die sich auf den Fall des Mandats bezieht, bei dem der Besitz sofort (protinus) von dem Mandanten im Zeitpunkt der traditio an den Vertreter erworben wird, wird im zweiten Teil (quod si), der den Erwerb des Besitzes durch einen unbeauftragten procurator im Fall der ratihabitio regelt, der Begriff protinus nicht wiederholt.55 Ferner scheint der Ausdruck non nisi ratam habuerit dominus emptionem, der sich auf den Erwerb der possessio bezieht, besser zu einem Kontext zu passen, in dem die ratihabitio eine ex nunc-Wirkung entfaltet.56 Entgegen der Ansicht von Finazzi57 ergeben sich aus der Rückwirkung der Genehmigung durchaus praktische Konsequenzen. Eine Rückwirkung des Besitzerwerbs hätte vor allem Auswirkungen beim Besitzschutz. Wenn dem Geschäftsführer die Sache abhanden gekommen ist, und der dominus durch die Genehmigung rückwirkend als Besitzer anzusehen ist, stünden ihm die Besitzinterdikte zu.58 Auch wenn das Fragment aufgrund der umstrittenen Authentizität von nur begrenzter Aussagekraft für die Untersuchung der klassischen Rechtslage ist, so lässt sich doch immerhin die Feststellung treffen, dass diese Entscheidung zu den allgemeinen Grundsätzen des Besitzerwerbs im römischen Recht nicht im Widerspruch steht, sondern sich im Gegenteil gut in die hergebrachte römische Besitzdogmatik einfügt. Selbst wenn die regulae nicht vom klasischen Juristen Ulpian stammen sollten, so kann man immerhin in dieser epi- (oder quasi-)klassischen Literatur noch eine Fortsetzung der klassischen Lehre erkennen.

recht I (1906), 782; jüngst De Filippi, Ratihabitio (2002), 175 f. Gegen eine Rückwirkung z. B. v. Savigny, Recht des Besitzes (1865), 316 Fn. 1; Chambon, Negotiorum gestio (1848), 171; Harburger, Constitutum Possessorium (1881), 15; v. Brinz, Pandekten IV (1895), 381; Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 896. 54 A. A. Bertolini, Ratifica I (1889), 85, der meint, diese Argumentation gehe fehl, da die Faktizität des Besitzes nicht ausschließe, dass die Rechtsfolgen des Besitzes zurückbezogen werden. 55 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 896 f. 56 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 896 f. A. A. E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 222. Nach De Filippi, Ratihabitio (2002), 176 ist protinus aufgrund seiner Valenz grammatikalisch verbunden mit dem zweiten Fall des Erwerbs durch den spontanen procurator; der dominus erwerbe den Besitz sofort, aber unter der Bedingung der Genehmigung. Eine solche Argumentation entbehrt jeder Grundlage, in diesem Sinne auch Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 896 Fn. 152. 57 Finazzi, in: Scritti Franciosi II (2007), 897. 58 Bertolini, Ratifica I (1889), 87 f.

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Die Entscheidung von Ulpian findet seine Bestätigung in PS 5.2.2,59 auch wenn die Pauli sententiae nach heute unbestrittener Ansicht kein Orginalwerk des Spätklassikers Paulus sind, sondern vermutlich eine nachklassische Exzerptensammlung von einem epiklassischen Autor um die Wende zum vierten Jahrhundert aus Schriften von Paulus,60 was aber nicht ausschließt, dass die Gedanken von Paulus hier zum Ausdruck kommen. Per liberas personas, quae in potestate nostra non sunt, adquiri nobis nihil potest. sed per procuratorem adquiri nobis possessionem posse utilitatis causa receptum est. absente autem domino comparata non aliter ei, quam si rata sit, quaeritur.61

Durch freie Personen kann danach nichts erworben werden. Aber es sei aus Gründen der Nützlichkeit anerkannt, dass der Besitz durch einen procurator erworben werden kann. Jedoch werde in Abwesenheit des dominus Gekauftes nicht eher von ihm erworben, als er es genehmigt hat. II. Weitere Quellennachweise 1. Ulpian D. 5.3.13.12

Auch Ulpian D. 5.3.13.12 belegt den Besitzerwerb durch ratihabitio: D. 5.3.13.12 Ulpian 15 ed. Si quis absentis nomine possideat hereditatem, cum sit incertum an ille ratum habeat, puto absentis nomine petendam hereditatem, ipsius vero nequaquam, quia non videtur pro herede vel pro possessore possidere, qui contemplatione alterius possidet: nisi forte quis dixerit, cum ratum non habet, iam procuratorem quasi praedonem esse: tunc enim suo nomine teneri potest.

Ein procurator nimmt für einen Abwesenden die Erbschaft in Besitz. Ein weiterer Erbprätendent will die hereditatis petitio erheben. Es ist davon auszugehen, dass dieser Petent der wahre Erbe ist.62 Es stellt sich die Frage, gegen wen der Erbprätendent vorgehen muss, gegen den Geschäftsführer oder den abwesenden 59 Vgl. auch Bertolini, Ratifica I (1889), 58, der diese Entscheidung auf die Sentenz ratihabitio mandato comparatur zurückführt, dahingehend, dass die ratihabitio, die wie ein Mandat wirke, hier die gleiche stellvertretende Wirkung habe. 60 Kaser, RP I (1971), § 47 II 1 (189); Wieacker, RRG I, § 6 2b (133). 61 Zu der Stelle näher s. Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 211 f. 62 Diese prozessuale Rollenverteilung ist typisch für die Prätendentenfälle in den Quellen. Dies ergibt sich hier außerdem aus der Bezeichnung praedo (bei Nichtäußerung des abwesenden dominus), denn einen „Raub“ kann der procurator nur gegenüber dem wahren Erben begehen. Da der Abwesende hier nicht Erbe ist, hat der procurator an sich nicht die Rechtsstellung eines gestor inne. Die Inbesitznahme vom Nachlass für einen Abwesenden ist nur dann von Nutzen für ihn und damit ein negotium absentis im Rechtssinne, wenn der Abwesende auch wirklich Erbe ist. Aber infolge der Passivlegitimaton zur hereditatis petitio wird hier wohl, anders als in Ulpian D. 3.5.5.12, auch ohne die ratihabitio die negotiorum gestio im Verhältnis zum Abwesenden begründet. Zu D. 3.5.5.12 oben in § 10 der Untersuchung.

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

Geschäftsherrn. Ulpian entscheidet, dass die hereditatis petitio gegen den abwesenden Geschäftsherrn erhoben werden müsse, auch wenn zweifelhaft sei, ob dieser überhaupt jemals genehmigt. Keinesfalls sei der procurator zu verklagen, weil anzunehmen sei, dass er weder als Erbe noch als bloßer Eigenbesitzer besitzt. Zur Begründung der Passivlegitimation des Geschäftsherrn qualifiziert Ulpian den Abwesenden nicht positiv als hereditatis possessor (Erbschaftsbesitzer), sondern er schließt dies negativ daraus, dass der procurator nicht passivlegitimiert sein kann.63 Denn dieser behaupte weder ein eigenes Erbrecht noch besitze er für sich selbst. Es sei denn, man würde sagen, so fügt Ulpian hinzu (bezogen auf den dominus), wenn er nicht genehmigt (cum ratum non habet), sei der procurator schon gewissermaßen als ein praedo, also als ein Räuber im Sinne eines bösgläubigen possessor64 aufzufassen (weil er überhaupt keinen Besitzgrund vorzuweisen hat), dann freilich könne er selbst in Anspruch genommen werden. Die Negation cum ratum non habet ist infolge des Zusammenhangs mit dem ersten Teil des Fragments nicht im Sinne einer ausdrücklichen Verweigerung der ratihabitio, sondern als Nichtäußerung des Abwesenden zu verstehen.65 Der Entscheidung von Ulpian liegt wohl die Fallkonstellation zugrunde, dass der dominus sich zur Sache noch nicht geäußert hat. Wahrscheinlich hat der dominus aufgrund von Ortsabwesenheit noch gar keine Kenntnis von der Inbesitznahme des Nachlasses für ihn. Der Schlussteil (nisi forte quis dixerit, cum ratum non habet, iam procuratorem quasi praedonem esse: tunc enim suo nomine teneri potest) ist wohl mehr als ein Absurditätsargument denn als eine ernst gemeinte Alternativlösung zu verstehen.66 Klinck hält es zumindest für möglich, dass auch67 diese Entscheidung auf der von ihm postulierten Lehre von der Stellvertretung im Besitzerwerb beruhe:68 Solange die ratihabitio schwebt, könne der Abwesende dem procurator noch rückwirkend den Besitz entziehen, deswegen scheide die hereditatis petitio gegen ihn aus. Dieser Sichtweise ist entgegen zu halten, dass Ulpian die Passivlegitimation des procurator dem ausdrücklichen Wortlaut nach nicht deshalb ablehnt, weil der abwesende dominus dem Geschäftsführer durch ratihabitio rückwirkend den Besitz entziehen könnte, sondern mit der Erwägung, dass der Geschäftsführer von vornherein nicht als Klagegegner in Betracht komme, da er für den Abwesenden besitzt. Mit der hereditatis petitio kann im Grundsatz nur verklagt werden, wer aufgrund eines vermeintlichen Erbtitels oder ohne Angabe eines

63 64 65 66 67 68

Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 292 f. Vgl. Ulpian D. 5.3.25.3. In diesem Sinne auch Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 294. Vgl. Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 294, der beides für möglich hält. Vgl. § 32 I. der Untersuchung. Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 294.

1. Kap.: Zum Erwerb ex causa venditionis

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Besitzgrundes besitzt.69 Dahinter steht natürlich letztlich als Zweck, dass der Erbprätendentenstreit zwischen den Prätendenten ausgetragen werden soll.70 Das Fragment bestätigt die hier bislang zum Besitzerwerb durch ratihabitio gewonnenen Erkenntnisse. Der Abwesende wird grundsätzlich erst mit Erteilung der ratihabitio zum Erbschaftsbesitzer, die Ausdruck seines Besitzwillens ist.71 Im Unterschied zum Fall in D. 3.5.5.1272 braucht der Erbschaftsprätendent hier nicht abzuwarten, bis der andere die ratihabitio erteilt, um gegen ihn vorgehen zu können. Andernfalls würde die Klage des Erbschaftsprätendenten blockiert. Die unklare Erbrechtslage soll so schnell wie möglich geklärt werden, denn bei Streit zwischen zwei Erbprätendenten ist die hereditatis petitio nicht nur eine Restitutionsklage, sondern auch eine Feststellungsklage über die Erbenstellung.73 2. Ulpian D. 43.26.6.1

Auch Prekaristenbesitz kann mittels eines unbeauftragten Geschäftsführers durch Erteilung der ratihabitio erworben werden, wie aus Ulpian D. 43.26.6.1 hervorgeht: D. 43.26.6.1 Ulpian 71 ed. Si procurator meus me mandante vel ratum habente precario rogaverit, ego precario habere proprie dicor.

§ 33 Zum Eigentumserwerb des Genehmigenden bei ratihabitio eines Erwerbsgeschäfts eines Geschäftsführers Soweit ein Besitzerwerb durch ratihabitio anerkannt ist, ist auch an einen Eigentumserwerb durch traditio zu denken.74 Es sind leider keine Quellen zu Fällen überliefert, in denen der Geschäftsherr durch ratihabitio Eigentum vermittels eines procurator erwirbt, sondern der Kasuistik lassen sich nur Fälle entnehmen, in denen der procurator das Erwerbsgeschäft von vornherein im Auftrag des Geschäftsherrn abgeschlossen hat,75 was sicherlich im Rechtsalltag die Regel gewesen sein wird.76 69 Passivlegitimiert im Rahmen der hereditatis petitio ist der Besitzer des Erbschaftsgegenstands oder dessen Surrogats, sofern er sich auf ein eigenes Erbrecht beruft (possessor pro herede) oder überhaupt keinen Besitztitel geltend machen kann, also weder pro herede noch auf Grund eines Einzelerwerbstitels besitzt (possessor pro possessore), vgl. Ulpian D. 5.3.9; s. auch Kaser, RP I (1971), § 182 I 3 (736). 70 Vgl. insoweit auch Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 292 f. 71 So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 119. 72 S. § 10 der Untersuchung. 73 Kaser, RP I (1971), § 182 I 1 (735). 74 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 252 ff.; ders., in: Drittbeteiligung (2011), 18. 75 Den Eigentumserwerb durch den beauftragten procurator bejaht z. B. Neraz, der um 100 n. Chr. und damit vor dem Erlass der Konstitution von Severus und Antoninus lebte, in D. 41.1.13 pr.: Neraz 6 reg. Si procurator rem mihi emerit ex mandato meo

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

Die Frage des automatischen Eigentumserwerbs des Genehmigenden ist eng verknüpft mit der Frage, ob der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn auch die iusta causa traditionis vermitteln kann, auf die hier kurz eingegangen werden soll.77 Hat der Geschäftsherr die Sache selbst gekauft und den procurator nur für die Übergabe eingeschaltet,78 so ergeben sich für den Eigentumserwerb keine besonderen Probleme. Problematisch erscheint aber der Fall, in dem der Geschäftsherr den Kaufvertrag nicht selbst abgeschlossen hat. Im romanistischen Schrifttum finden sich zu dazu nur wenige Äußerungen. Manche meinen, der „Erwerb“ einer iusta causa durch einen freien Dritten sei nicht möglich gewesen, und gehen davon aus, der procurator sei beim Vertragsschluss als bloßer Bote des Geschäftsherrn aufgetreten.79 Nach anderer Ansicht ist das Verpflichtungsgeschäft iusta causa für den dominus, wenn der procurator im Namen des Geschäftsherrn aufgetreten ist,80 während wieder andere auf die Verbindung des Erwerbsgeschäfts des procurator mit dem Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen procurator und dominus abstellen.81 Namentlich nach Klinck82 ist der Kauf des beauftragten procurator auch iusta causa für den Erwerb des Geschäftsherrn. Dass die emptio des procurator die iusta causa für den Eigentumserwerb des dominus darstellen konnte, ergibt sich aus Neraz D. 41.1.13 pr.83

eique sit tradita meo nomine, dominium mihi, id est proprietas adquiritur etiam ignoranti. Wenn ein procurator im Auftrag des dominus eine Sache gekauft hat und ihm dieselbe für den dominus übergeben worden ist, so erwirbt dieser ohne Weiteres Eigentum daran, auch wenn der dominus davon nichts weiß. Mit meo nomine bringt Neraz zum Ausdruck, dass der procurator im Interesse des dominus gehandelt haben muss, Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 202. Einen weiteren Beleg für den Eigentumserwerb durch den beauftragten procurator stellt D. 41.1.20.2 Ulpian 29 Sab. dar: Si ego et Titius rem emerimus eaque Titio et quasi meo procuratori tradita sit, puto mihi quoque quaesitum dominium, quia placet per liberam personam omnium rerum possessionem quaeri posse et per hanc dominium. Darüber scheint jedoch keine einhellige Meinung bestanden zu haben. Z. B. heißt es in D. 41.1.59 Callistratus 2 quaest.: Res ex mandatu meo empta non prius mea fiet, quam si mihi tradiderit qui emit. Callistratus hält also am Traditionsprinzip fest. Nach ihm erwirbt der beauftragte procurator dem Auftraggeber nicht direkt das Eigentum. 76 S. auch § 13 der Untersuchung. 77 Diese Frage ist auch schon aufgeworfen und diskutiert worden von z. B. Krenz, Labeo 43 (1997), 355 ff.; Klinck, in: Drittbeteiligung (2011), 23 ff.; Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 204 Fn. 60. 78 Diesen Fall behandelt Ulpian D. 41.1.20.2. 79 Watson, SDHI 33 (1967), 193; Claus, Stellvertretung (1973), 138 f. („Werkzeug“). 80 Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 88 f., der allerdings bewusst offen lässt, ob es sich hierbei um eine klassische oder nachklassische Ansicht handelt. 81 Wohl Lenel, JherJb 36 (= N. F. Bd. 24) (1896), 80 ff. So wohl auch Klinck, in: Drittbeteiligung (2011), 27 f. 82 Klinck, in: Drittbeteiligung (2011), 27 f. 83 S. den Text dazu in Fn. 75.

2. Kap.: Zum Erwerb ex causa solvendi

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Instruktiv für die Frage des „Erwerbs der iusta causa“ ist auch D. 6.2.7.10:84 D. 6.2.7.10 Ulpian 16 ed. Si ego non emero, sed servus meus, habebo Publicianam. idem est et si procurator meus vel tutor vel curator vel quis alius negotium meum gerens emerit.

Die Stelle behandelt die Frage der Aktivlegitimation bei der actio Publiciana, wenn nicht der Kläger selbst die Sache gekauft hat, sondern sein servus, procurator, tutor, curator oder quis alius negotium meum gerens. Nach Ulpian wird der Kläger auch in diesen Fällen mit der actio Publiciana geschützt, was grundsätzlich den Ersitzungsbesitz und damit einen Ersitzungstitel voraussetzt. Dies lässt sich nur damit erklären, dass der Kauf des Dritten für den Kläger eine emptio im Sinne der Klageformel darstellt. Einen Anhaltspunkt für die dahinter stehende dogmatische Begründung beim Handeln eines Dritten gibt der letzte Teil der Stelle vel quis alius negotium meum gerens emerit. Voraussetzung ist danach, dass der Dritte negotium meum geführt hat. Gemeint ist damit wohl eine Geschäftsführung im Rechtssinne. Der Geschäftsführung muss also ein mandatum zugrunde liegen, oder sie muss zumindest eine negotiorum gestio begründen. Ist das der Fall, dann ist das vom Mandatar beziehungsweise gestor ausgeführte Geschäft dem Mandanten beziehungsweise dominus zuzurechnen. Gleiches gilt entsprechend für die Tutel und Kuratel. Tutor und curator nehmen kraft Amtes Geschäfte für das Mündel oder den Geisteskranken wahr. Für die römischen Juristen hat sich die Frage nach der Zurechnung der iusta causa traditionis in dieser Form vermutlich gar nicht gestellt. Weder passt es hier, von einem „Erwerb“ einer iusta causa zu sprechen, noch tritt der procurator beim Vertragsschluss als Bote oder Vertreter auf. Das Erwerbsgeschäft des procurator ist regelmäßig rechtlicher Bestandteil des Geschäftsführungsverhältnisses zwischen dominus und procurator. Folgerichtig muss es auch die iusta causa traditionis für den dominus mitbegründen. Wenn dagegen im Innenverhältnis zwischen dominus und procurator keine Rechtsbeziehung vorliegt – mangels mandatum oder mangels negotiorum gestio –, erscheint eigentlich nur ein Eigentumsübergang donationis causa denkbar. 2. Kapitel

Zum Erwerb ex causa solvendi bei der Einziehung einer Forderung durch einen Geschäftsführer § 34 Zum Eigentumserwerb des Genehmigenden I. Allgemeine Erwägungen sowie Überblick über den Meinungsstand im Schrifttum Bei der Einziehung einer Forderung durch einen dazu nicht beauftragten procurator stellt sich die Frage, ob der Genehmigende an den Geldmünzen, noch bevor diese ihm vom Geschäftsführer ausgehändigt werden, Besitz und Eigentum erwirbt. 84

S. dazu auch Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 226 f.

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

Die Bedeutung der ratihabitio ist bei der Einziehung einer Forderung durch einen Geschäftsführer auf den ersten Blick kaum zweifelhaft, bezweckt sie doch die Herbeiführung der Liberation des Schuldners.85 Schwierigkeiten bereiten die dinglichen Momente: Erwirbt der Genehmigende sofort Eigentum an den eingezogenen Münzen, und wenn ja, wie vollzieht sich der Eigentumserwerb des Genehmigenden, oder wird ihm der Münzerwerb nur zugerechnet? Es stellt sich auch die Frage, ob der Geschäftsführer vorübergehend bis zur Erteilung der ratihabitio Eigentum an den Münzen erlangt. Einen Erkenntnisgewinn zu diesem Fragenkreis versprechen insbesondere Entscheidungen, die sich mit der Rückabwicklung von rechtsgrundlosen Leistungen an einen procurator befassen. Eine Durchsicht der Quellen hat bereits gezeigt,86 dass die römischen Juristen die Rückabwicklung bei Leistung an einen (nicht ermächtigten) procurator erörterten. Es ist mehrfach belegt, dass der procurator dem Putativschuldner ohne Erteilung der ratihabitio aus einer repetitio zur Rückgewähr der Leistung verpflichtet ist.87 Der Ausdruck repetitio wird in den Quellen vor allem für die condictio gebraucht.88 Mit ihm kann aber auch die rei vindicatio89 gemeint sein. Dies hängt davon ab, ob der Empfänger bloß Besitz oder auch Eigentum an einer Sache erworben hat. In Julian D. 46.8.22 pr., 1, Julian/Ulpian D. 46.3.58 pr. und Pomponius D. 46.8.16 pr. wird dem Putativschuldner expressis verbis eine condictio gegen den procurator und bei Genehmigung gegen den dominus gewährt. Von einer vindicatio des Scheinschuldners gegen den Geschäftsführer ist in den Quellen an keiner Stelle ausdrücklich die Rede. Die Einordnung der fraglichen Fragmente in den Digestentitel De condictione indebiti und mehr noch der palingenetische Zusammenhang90 deuten darauf hin, dass mit repetitio in diesem Zusammenhang ausschließlich die condictio gemeint ist. Die römischen Juristen wandten zur Rückforderung eines indebitum solutum regelmäßig die condictio an.91 85 Vgl. Julian/Ulpian D. 46.3.58 pr.; Gaius D. 3.5.38; Diokletian/Maximian C. 8.43.12 (293). 86 S. § 9 IV. der Untersuchung. 87 Vgl. Paulus D. 12.4.14 (repetere); ders. D. 12.6.6.1, 2 (repetere); Pomponius D. 46.8.22 pr. (condictio); Pomponius D. 46.8.16 pr. (condictio). 88 Heumann/Seckel, Handlexikon (1907), 508, s. v. repetere 1: insb. mittels einer condictio. 89 In den Quellen ist von vindicare nummos (pecuniam), vindicatio nummorum die Rede (vgl. z. B. Ulpian D. 12.6.26.9; ders. D. 12.1.11.2; ders. D. 12.1.14; ders. D. 12.6.29). Die sog. vindicatio nummorum stand dem Geldeigentümer zu, solange die Geldmünzen beim Empfänger noch identifizierbar vorhanden waren. Waren sie dagegen verbraucht, trat an die Stelle der vindicatio die condictio, Kaser, TR 29 (1961), 173 ff. 90 Vgl. Lenel, Pal. I (1889), Sp. 1256 und 1257 (Nr. 1643 und 1644). 91 Vgl. Gaius III.91; Gaius D. 44.7.5.3; Paulus D. 12.6.15 pr.; Inst. 3.14.1; 3.27.6; Kaser, TR 29 (1961) 218 f.; ders. RP I (1971), § 100 IV 2 (417); Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 55; Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), § 9 II (65 ff.); 26 III 1 (222 Fn. 11).

2. Kap.: Zum Erwerb ex causa solvendi

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Wenn man bei der condictio mit der überwiegenden Meinung92 an der Voraussetzung der datio,93 der Verschaffung von quiritischem Eigentum, festhält, müsste bei Einziehung einer Forderung zunächst der procurator Eigentum an den Münzen erlangen und anschließend bei ratihabitio der dominus. Dabei ist aber auch zu berücksichtigen, dass das Erfordernis der datio wie beim Darlehen über die Jahre hinweg zunehmend „aufgeweicht“ 94 wurde und der mittelbare Eigentumserwerb genügte. Insbesondere im Falle von Geldzahlungen ist es denkbar, dass sich der Eigentumserwerb nach anfänglicher Besitzübertragung erst originär mittels commixtio nummorum vollzieht.95 (Hierfür haben sich die Begriffe „nachträglich vollendete datio“ 96 oder „gestreckte datio“ 97 eingebürgert.) Davon ist in den betreffenden Quellen jedoch keine Rede. Dies alles spricht dafür, dass der procurator, so wie es überwiegend im Schrifttum auch angenommen wird,98 derivativ (Zwischen-)Eigentum an den Münzen erwirbt, es sei denn, der Leistende behält sich das Eigentum an den Münzen ausdrücklich vor. Das geht aus D. 3.5.2399 hervor, denn hier wird der Fall, dass der Geschäftsführer kein Eigentum erwirbt, offenbar als Ausnahme angesehen. Bei einem indebitum solutum an einen Dritten beziehungsweise Geschäftsführer gewähren die römischen Juristen bei Erteilung der ratihabitio die condictio gegen den dominus, auch wenn sich das Geld weiterhin im Besitz des procurator befindet.100 Es stellt sich die Frage, ob die Begründung der Passivlegitimation des dominus in einem solchen Fall auf dessen Eigentumserwerb zurückzuführen ist. Den Quellen lässt sich auf diese Frage leider keine unmittelbare Antwort entnehmen. Probleme in dieser Hinsicht werden von den römischen Juristen nicht einmal diskutiert. Offenbar besteht hier kein Zweifel am Vorliegen einer wirksamen datio. Nach der Ansicht von Claus101 beruht die Haftung des Putativgläubigers aus der condictio auf dem vom ihm durch Erteilung der ratihabitio geschaffenen Ver92 v. Savigny, System V (1841), 514 f.; Schwarz, Condictio (1952), 154; Niederländer, Bereicherungshaftung (1953), 3; Kaser, BIDR 64 (1961), 70 f.; ders., TR 29 (1961), 218; ders., RP I (1971), § 139 II 1 (594). 93 Vgl. Gaius IV.4.5; Ulpian D. 7.9.12; ders. D. 13.3.1.1; Julian D. 12.6.33; Pomponius D. 12.4.15. 94 Kaser, RP I (1971), § 139 II 1 (594). 95 Kaser, RP I (1971), § 139 II 1 (594). 96 Schwarz, Condictio (1952), 191; Kaser, TR 29 (1961), 206. 97 J. Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 233; Kaser, TR 29 (1961), 206. 98 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 377 f.; v. Beseler, Beiträge IV (1920), 54; Ehrhardt, Justa causa traditionis (1930), 75; ders., in: Romanistische Studien (1935), 22; Schwarz, Condictio (1952), 154; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 62 Fn. 9; zuletzt Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 316 Fn. 5643. 99 Dazu näher unten in § 34 II. der Untersuchung. 100 Vgl. Pedius/Ulpian D. 3.5.5.11; Julian D. 46.8.22 pr. 101 Claus, Stellvertretung (1973), 296.

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

trauenstatbestand. Mit seiner ratihabitio habe der Putativgläubiger die Zahlung des Putativschuldners anerkannt. Das Vertrauen des Putativschuldners werde geschützt, indem er sich an den Genehmigenden halten und bei ihm kondizieren kann. Schwarz102 dagegen glaubt die Anwendbarkeit der condictio gegen den Geschäftsherrn nach Erteilung der ratihabitio nur durch eine fingierte datio erklären zu können. Nach Schwarz erwirbt der dominus durch die ratihabitio nicht das Eigentum, sondern will die Leistung an den Geschäftsführer nur als an sich erfolgt gegen sich gelten lassen.103 Der Geschäftsführer fungiere als bloße Zahlstelle beziehungsweise als Zahlungsempfänger vergleichbar mit einem solutionis causa adiectus.104 Mit Blick auf die Zahlungsanweisung (delegatio solvendi) im römischen Recht postuliert Schwarz,105 die Befreiung des Schuldners setze nicht zwingend voraus, dass der Gläubiger Eigentümer der zwecks Schuldtilgung vom Schuldner geleisteten Münzen geworden ist, sondern es genüge, dass die Zahlung an den Delegatar als Leistung an den Deleganten gelte. Die Besitz- und Eigentumsverhältnisse bei der Zahlungsanweisung im römischen Recht werden bis heute im Schrifttum derart kontrovers beurteilt, dass der Vergleich zum Anweisungsrecht für die Fälle nachträglicher ratihabitio eigentlich nichts zur Erkenntnis beizutragen vermag. So ist bei der delegatio solvendi umstritten, ob ein sachenrechtlicher Durchgangserwerb des Deleganten stattfindet oder nicht. Von einem Teil der Romanistik wird die Möglichkeit eines sachenrechlichen Durchgangserwerbs abgelehnt.106 Nach anderer Ansicht wird davon ausgegangen, dass im Falle einer Leistungsanweisung das Eigentum den Deleganten durchlaufe (Durchgangstheorie).107 Unter den Anhängern der Lehre vom Durchgangserwerb ist weiter umstritten, ob die Konstruktion des Durchgangserwerbs auf einer Fiktion beruht108 oder sich sachenrechtlich realiter vollzieht (beispielsweise mittels constitutum possessorium).109 Schon aufgrund dieser Un102

Schwarz, Condictio (1952), 155. Schwarz, Condictio (1952), 155. 104 Schwarz, Condictio (1952), 155. 105 Schwarz, Condictio (1952), 154 f. 106 Gegen einen Durchgangserwerb sprechen sich z. B. aus Jakobs, SZ 91 (1974), 205 ff.; Kupisch, SZ 93 (1976), 60 ff.; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 64 ff.; Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 297 ff. 107 Für einen Durchgangserwerb Kaser, in: Festschrift für Felgenträger (1969), 288 ff.; ders., Labeo 26 (1980), 24 ff.; ders., Rechtsquellen (1986), 255 ff.; Wieacker, in: Festschrift für Wolf (1962), 421 ff. 108 Kaser hält den Eigentumserwerb des Deleganten für bloß fingiert, es handele um ein „Mixtum compositum von Analogie und Fiktion“, Kaser, in: Rechtsquellen (1986), 260 ff. 109 Wieacker hält den Eigentumserwerb für real, s. Wieacker, in: Festschrift für E. Wolf (1962), 421 ff. Der Anweisungsempfänger besitze für den Anweisenden als freier Stellvertreter (Besitzkonstitut) und könne folglich für ihn Eigentum erwerben, sodann soll das Eigentum durch brevi manu traditio auf den Anweisungsempfänger über103

2. Kap.: Zum Erwerb ex causa solvendi

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sicherheiten lassen sich aus dem Anweisungsrecht keine sicheren Rückschlüsse ableiten, ob der Geschäftsherr Eigentum an den Münzen durch bloße ratihabitio erwirbt oder nicht. Überdies kann nicht einfach unterstellt werden, dass die römischen Juristen Fälle nachträglicher Genehmigung der Anweisung gleich behandelt haben. Eine Fiktion der datio würde auch bedeuten, dass es grundsätzlich einer solchen bedurfte. Dann könnte man auch die Frage aufwerfen, warum die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung nach Erteilung der ratihabitio nicht weiterhin innerhalb des tatsächlichen Zahlungsverhältnisses, also zwischen Putativschuldner und Geschäftsführer, erfolgt. Im Übrigen enthalten die betreffenden Quellen auch keinerlei Hinweise auf eine solche Fiktion. Den Rückgriff auf die Rechtsfigur der Fiktion bedarf es jedenfalls dann nicht, wenn sich der Eigentumserwerb des dominus nach den allgemeinen Vorschriften konstruieren lässt. Besitzund Eigentumsübergang an den Geldmünzen bei der Forderungseinziehung durch einen Geschäftsführer werden in den Quellen jedenfalls nicht thematisiert. Überraschenderweise herrscht vielmehr über die haftungsbegründende Wirkung der ratihabitio für die condictio unter den römischen Juristen Einigkeit. Die Haftung des Genehmigenden aus der condictio indebiti bei Leistung einer Nichtschuld ist mehrfach belegt und gehörte unter den klassischen Juristen augenscheinlich zum Gemeingut.110 Ausgangspunkt für die Überlegungen zu den Besitz- und Eigentumsverhältnissen bei der Genehmigung eines indebitum solutum an einen Dritten muss der Standpunkt der römischen Juristen bilden, wonach die irrtümliche Annahme eines indebitum solutum nicht rechtlich unwirksam ist.111 Ursprünglich war die Zahlung einer Nichtschuld entsprechend einer noch vorherrschenden archaischen Denkweise vermutlich nicht justiziabel und damit rechtlich endgültig.112 Hiernach stellte der Eigentumserwerb bei Leistung eines indebitum anfänglich nur eine Art Reflexvorteil dar.113 Klagbar wurde die solutio indebiti einhergehend mit einer Verfeinerung des Rechts- und Gerechtigkeitsgefühls und der Überwindung der Strenge und Unflexibilität des älteren Rechts wahrscheinlich in der Zeit der späten Republik beziehungsweise frühen Kaiserzeit.114 Dafür spricht, dass gehen. Nach Weyand, Durchgangserwerb in der juristischen Sekunde (1989), 138 f. soll der Delegat den Deleganten durch Besitzkonstitut zum Eigentümer machen. Der Delegant seinerseits übertrage dann anschließend das so erworbene Eigentum dem Delegatar. 110 Vgl. auch die Ausführungen in § 8 der Untersuchung. 111 Ehrhardt, Iusta causa traditionis (1930), 21. 112 Lange, Das kausale Element (1930), 77 f.; J. Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 241; Kupisch, Ungerechtfertigte Bereicherung (1987), 19; Hähnchen, Causa condictionis (2003), 49; dazu auch Laborenz, Solutio als causa (2014), 288 f. 113 Kaser, BIDR 64 (1961), 73. A. A. Schwarz, Condictio (1952), 279 (die Leistung eines indebitum lasse in primitiven Verhältnissen kein Eigentum des Empfängers entstehen). 114 Hähnchen, Causa condictionis (2003), 50.

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

diese Thematik von den klassischen Juristen in ihren Kommentaren ad Sabinum behandelt wurde, woraus zu schließen ist, dass der Frühklassiker Sabinus selbst diesen Anwendungsfall der condictio bereits gekannt hat.115 Die Einziehung einer Forderung durch einen Dritten war aus Sicht der römischen Juristen keine Verfügung über eine Forderung, sondern eine bloße solutio an einen Dritten. Der Blick der römischen Juristen lag also nicht auf der Forderung, sondern auf der Zahlung.116 Die dogmatsche Begründung dafür fällt nicht schwer. Diese Betrachtungsweise ist letztlich auch eine Folge davon, dass die Zahlung für die Römer ein eigenes Geschäft war, bei dem das Bestehen der Schuld nicht im Blickfeld stand. Die Genehmigung bezog sich folglich nicht, wie im geltenden Recht, auf eine fremde Verfügung, die ein Nichtberechtiger über ein indebitum trifft, sondern auf die Zahlung.117 Wenn man so will, war die ratihabitio ein sachbezogener Zuordnungsakt. Unter Zugrundelegung dieses römischen Verständnisses entbehrt auch die Frage nach einer Berechtigung oder Genehmigungsbefugnis für die ratihabitio jeder Grundlage. Bei Nichtbestehen der Forderung war zwar die Lösung, die Befreiung des Schuldners, nicht möglich, doch berührte das konsequenterweise nach römischer Sichtweise die Wirkung der ratihabitio insoweit nicht, als sie gegenständlich auf die konkret empfangene pecunia gerichtet war; Zahlungsempfänger war deshalb auch bei Nichtbestehen der Forderung der Genehmigende. Mit der ratihabitio erwarb der dominus sehr wahrscheinlich im Laufe der Zeit bei einem indebitum solutum an einen Dritten neben dem Besitz auch Eigentum an den eingezogenen Münzen. Ganz sicher sagen lässt sich das nicht, denn hierüber schweigen die römischen Juristen. Auf einen Eigentumserwerb des Genehmigenden deutet aber der Umstand hin, dass die Begründung der Passivlegitimation des Genehmigenden zur condictio den römischen Juristen keinerlei rechtliche Probleme bereitete. Dass der dominus bei der Einziehung seiner Forderung durch einen Dritten mit Erteilung der ratihabitio Eigentum an den eigezogenen Münzen erwerben kann, geht aus D. 3.5.23118 hervor. II. Zum Eigentumserwerb des Genehmigenden in Paulus D. 3.5.23 (24) D. 3.5.23 (24) enthält ein vereinzeltes Zeugnis über den Eigentumserwerb des Genehmigenden bei einem debitum solutum an einen Geschäftsführer, also einer Zahlung auf eine Schuld an einen Geschäftsführer. 115 116 117 118

Hähnchen, Causa condictionis (2003), 50 mit Fn. 183. So auch Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 91 Fn. 37. S. auch oben § 8 der Untersuchung. Diese Stelle wird hier im Anschluss besprochen.

2. Kap.: Zum Erwerb ex causa solvendi

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D. 3.5.23 (24) Paulus 24 ed. Si ego hac mente pecuniam procuratori dem, ut ea ipsa creditoris fieret, proprietas quidem per procuratorem non adquiritur, potest tamen creditor etiam invito me ratum habendo pecuniam suam facere, quia procurator in accipiendo creditoris dumtaxat negotium gessit: et ideo creditoris ratihabitione liberor.119

Der Spätklassiker Paulus erörtert folgenden Fall: Ein Schuldner gibt einem procurator Geld in der Absicht, dass eben dieses Geld Eigentum des Gläubigers werden soll. Der debitor übereignet die Münzen also nicht an den Geschäftsführer; er behält sich vielmehr das Eigentum an den Münzen bis zu deren Aushändigung an den Gläubiger vor. Paulus entscheidet, dass zwar zunächst durch den procurator kein Eigentum für den creditor erworben werde, doch dass dieser auch gegen den Willen des Schuldners (etiam invito me) durch Erteilung der ratihabitio das Geld zu seinem Eigentum machen könne. Zur Begründung führt Paulus an, der procurator habe mit der Annahme des Geldes ein Geschäft des Gläubigers geführt (in accipiendo creditoris dumtaxat negotium gessit). Daher werde der debitor durch die ratihabitio des creditor befreit. Paulus denkt offenbar an den Fall, dass beim Schuldner ein nachträglicher Sinneswandel eingetreten ist,120 der sich darin zeigt, dass er das Geld vom procurator zurückfordert, bevor dieser es an den creditor weitergeleitet hat. Diese Sinnesänderung könnte darauf zurückzuführen sein, dass er inzwischen Misstrauen gegenüber dem procurator hegt und Bedenken hat, ob die an den procurator gezahlten Münzen den Gläubiger tatsächlich erreichen.121 1. Qualifikation des Innenverhältnisses

Der debitor bedient sich des procurator als nuntius, der die Münzen an den Gläubiger übergeben soll.122 Dieser Botenschaft liegt jedoch kein Auftrag zu119 Die Interpolationsannahmen gehen überwiegend darauf zurück, dass der procurator als procurator omnium rerum verstanden wird. Bei der Annahme eines procurator omnium rerum muss das Ende der Stelle als interpoliert angesehen werden, da in diesem Fall kein Raum für eine nachträgliche ratihabitio bleibt, vgl. Claus, Stellvertretung (1973), 202. Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 90 trennt die Liberationswirkung, die er auf den Erwerb des Besitzes (durch den procurator als procurator omnium rerum verstanden) zurückführt, vom Erwerb des Eigentums an den Münzen. Der procurator erwerbe in diesem Fall dem dominus nur den Besitz. Eine Anknüpfung an eine durch den procurator herbeigeführte iusta causa sei bei der solutio nicht möglich, sondern eine Einigung zwischen dem debitor und creditor erforderlich. Flume hält den letzten Teil des Passus für unecht, gleichsinnig Krenz, Labeo 43 (1997), 356. Für die Echtheit dagegen Bertolini, Ratifica I (1889), 58 f.; Watson, SDHI 33 (1967), 201; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 62 Fn. 9 (sachlich echt); Kaser, SZ 91 (1974), 195 f.; Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 230 ff.; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 383; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 60 ff.; De Filippi, Ratihabitio (2002), 167. 120 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 233. 121 Vgl. auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 62. 122 Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 90; Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 231.

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

grunde.123 Hätte Paulus hier einen beauftragten procurator vorausgesetzt, hätte es keiner ratihabitio mehr bedurft, und der Schuldner wäre unmittelbar mit Zahlung an den procurator frei geworden.124 Bei dem in Rede stehenden procurator handelt es sich um einen unbeauftragten Geschäftsführer, für den die Verwendung dieses Begriffs in den Quellen ebenfalls bezeugt ist.125 Schuldtilgung und der sofortige Eigentumserwerb des Gläubigers scheitern am fehlenden Mandat und daran, dass der debitor nicht an den Geschäftsführer übereignen wollte.126 Aufschlussreich für das Verständnis der Rolle der ratihabitio ist die von Paulus angeführte Begründung quia procurator in accipiendo creditoris dumtaxat negotium gessit. Paulus begründet die Möglichkeit der ratihabitio gegen den inzwischen entgegenstehenden Willen des Schuldners damit, dass der procurator mit der Annahme des Geldes ein Geschäft des Gläubigers, ein negotium creditoris,127 geführt habe. Das kann hier mangels Vorliegens eines Auftrags nur in dem Sinne zu verstehen sein, dass Paulus die Entgegennahme der Münzen als eine negotiorum gestio zugunsten des creditor ansieht.128 Die Empfangnahme des 123 So auch Dernburg, Pfandrecht (1860), 208 Fn. 19; Voci, Modi di acquisto (1952), 73, 76 f.; Kaser, SZ 91 (1974), 196; Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 383; Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 230; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 343 f. Fn. 5755 (entweder sei das Mandat eng umgrenzt und beinhalte nicht die Entgegennahme ausstehender Schuldsummen oder der procurator habe von sich aus gehandelt). A. A. Sell, AcP 21 (1838), 143 f.; Last, JherJb 62 (1913), 76, die den Geschäftsführer als procurator des Schuldners ansehen, der als gestor des Gläubigers auftrete. A. A. Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 90, der den procurator für einen verus procurator bzw. procurator omnium rerum hält. 124 Vgl. Paulus D. 2.14.11; Celsus/Paulus D. 12.6.6.2; s. auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 383; Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 230 f.; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 343 f. Fn. 5755. 125 So auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 383. S. auch § 4 II. der Untersuchung. 126 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 231. 127 Die römischen Juristen verwenden, wenn sie von einer negotiorum gestio sprechen, Formulierungen wie negotium alterius, negotium absentis, negotium tuum oder negotium einer bestimmten Person. S. dazu auch Reichard, AcP 193 (193), 572. 128 Im Ergebnis so auch Bertolini, Ratifica I (1889), 58 f.; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 62 Fn. 9 (wie sich aus dem Zusammenhang ergibt); Kaser, SZ 91 (1974), 195 f. Ferner auch Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 384, nach dem im Zeitpunkt der Annahme der Münzen ein negotium alienum vorlag, da sich die Zahlung auf eine Forderung des dominus negotii bezog. Nicht geteilt werden können dessen weitere Ausführungen dahingehend, dass die Fremdheit des negotium gestum, obwohl objektiv damit an sich das Klagerecht des Gläubigers zur actio negotiorum gestorum verbunden sei, in diesem Fall nicht ausreiche, um den Geschäftsherrn zur Geltendmachung der actio negotiorum gestorum zu legitimieren, Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 384. Paulus fordere über die Fremdheit des negotium hinaus auch die Genehmigung des Geschäftsherrn und zwar zum einen für den Erwerb des Eigentums an den Münzen und zum anderen für die Befreiung des Schuldners. Finazzi sieht den Grund für die Notwendigkeit der ratihabitio darin, dass der Geschäftsführer ansonsten unmittelbar auf die Rechtssphäre des Geschäftsherrn einwirken und das Erlöschen seines Rechts herbeiführen könne, Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 384 f. Finazzis Auffassung ist nicht

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Geldes durch einen unbeauftragten procurator stellt nach allgemeinen Grundsätzen eine negotiorum gestio129 zugunsten des Gläubigers dar,130 weil der Gläubiger Forderungsinhaber ist und ihm das Geld gebührt. Die Existenz der negotiorum gestio wird, wie dargelegt, im romanistischen Schrifttum zwar erkannt, aber meines Erachtens wird den damit verbundenen Rechtsfolgen nicht ausreichend Rechnung getragen. Die Begründung von Paulus, der procurator habe mit der Annahme des Geldes ein negotium creditoris geführt, ist insofern bemerkenswert, als es hier nicht um den schuldrechtlichen Interessenausgleich zwischen procurator und creditor, sondern vielmehr um die Frage geht, ob der creditor auch gegen den Willen des debitor Eigentum an den Münzen erwerben kann, und damit um das Außenverhältnis. An dieser Stelle zeigt sich einmal mehr,131 dass der negotiorum gestio im römischen Recht Außenwirkung zukommt, wenn auch nur in einem beschränkten Maße, denn für den Eigentumserwerb des Gläubigers und die Liberation des Schuldners bedarf es auch nach Paulus der ratihabitio des dominus. 2. Besitzverhältnisse

Auch wenn sich die Frage nach den Besitzverhältnissen an den Münzen vor Erteilung der ratihabitio im Hinblick auf das von Paulus erörterte Problem nicht unbedingt stellt, so spricht hier doch einiges dafür, dass für Paulus allein aus der formalen Rechtsstellung des procurator als gestor folgt, dass der dominus an den Münzen Besitz erlangt, bevor er von der Besitzergreifung des gestor Kenntnis zu folgen. Aus dem Vorliegen des negotium alienum folgt automatisch die Aktivlegitimation zur actio negotiorum gestorum. Eine ganz andere Sicht auf die Dinge hat Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 230 Fn. 68: Er tut die Frage nach der Qualifikation als procurator und seiner Zuordnung zum Schuldner oder Gläubiger als „fruchtlos“ ab, „denn entscheidend ist nach Paulus offensichtlich nur das Vorliegen von Mandat oder ratihabitio“. Die Stellung des procurator bezeichnet Klinck als „eigenartig“. Denn der procurator überbringe das Geld im Auftrag und Interesse des Schuldners, Klinck, ebd., 233. Und dennoch sehe Paulus den Gläubiger als Herr des geführten Geschäfts an, s. Klinck, ebd., 233. Klinck verkennt, dass für Paulus das Vorliegen der negotiorum gestio entscheidend für die Rechtsstellung des procurator und damit auch für die Wirkung der ratihabitio ist. S. auch Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 343 f. Fn. 5755 mit der schemenhaften Aussage: „Wegen des objektiven Bezugs der Zahlung zum Gläubiger als Inhaber der Forderung, die der Schuldner erfüllen wollte, kann der Gläubiger als dominus die Entgegennahme des Geldes gegen sich gelten lassen.“ 129 Hierfür spricht auch die spätere Aufnahme im Titel De negotiis gestis. Lenel, Pal. I (1889), Sp. 1018 hat die Stelle unter Zweifeln der lex Publilia zugeordnet, sie also in einen bürgschaftsrechtlichen Kontext gestellt. Der Zahlende war danach ein Bürge. Für die Auslegung als negotiorum gestio lässt sich daraus nichts entnehmen. 130 Vgl. Ulpian D. 3.5.5.4. S. dazu § 5 III. 1. der Untersuchung. Wenn jemand etwas zur Beförderung an Ego übernommen hat, dann unterliegt er danach als gestor einer entsprechenden Klage des Ego. Vgl. Paulus D. 46.3.62 a. E.; zu dieser Stelle s. § 5 III. 3. der Untersuchung. 131 Vgl. auch § 18 der Untersuchung.

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

erlangt und damit einen Besitzerwerbswillen bilden kann. Ein tatsächlicher Besitzerwerbswille des Gläubigers ist nicht erforderlich.132 Demgegenüber will ein Teil des Schrifttums den Geschäftsherrn erst mit der Genehmigung als Besitzer ansehen.133 Die Annahme, der procurator besitze für den Schuldner, der weiterhin Eigentümer134 der nummi ist,135 erscheint nach der Argumentation von Paulus aber nahezu ausgeschlossen. Auch besitzt der procurator die nummi wohl nicht für sich, so dass er nicht vorübergehend Eigenbesitzer ist. Deswegen darf man die nummi jedoch nicht etwa als besitzlos betrachten. Bei einer solchen Fallkonstellation, wie der vorliegenden, spricht mehr dafür, dass der Gläubiger ausnahmsweise ohne seine Kenntnis Besitz an den Münzen erwirbt. Man könnte argumentieren, dass eine Art „normativierter Besitzwille“ des dominus aufgrund der Nützlichkeit der Geschäftsführung für ihn vorliegt, oder dass der Besitzwille überhaupt nicht erforderlich ist. Dass Paulus tatsächlich in diese Richtung dachte, darf einer von ihm in D. 41.2.1.20 zum Ausdruck gebrachten Rechtsansicht entnommen werden, auch wenn es dort im Unterschied zum vorliegenden Fall um einen Erwerbsfall geht: D. 41.2.1.20 Paulus 54 ed. Per procuratorem tutorem curatoremve possessio nobis adquiritur. cum autem suo nomine nacti fuerint possessionem, non cum ea mente, ut operam dumtaxat suam accommodarent, nobis non possunt adquirere. alioquin si dicamus per eos non adquiri nobis possessionem, qui nostro nomine accipiunt, futurum, ut neque is possideat cui res tradita sit, quia non habeat animum possidentis, neque is qui tradiderit, quoniam cesserit possessione.

Die Stelle handelt vom Besitzerwerb durch eine freie Person. Paulus statuiert, dass durch procurator, curator und tutor Besitz erworben werden könne, soweit sie suo nomine handeln und nicht für sich selbst Besitz erwerben wollen. Der Ausdruck suo nomine ist hier wohl nicht, wie man in Assoziation zum modernen Recht vermuten könnte, wörtlich im Sinne des Handelns im fremden Namen als 132 Insoweit gleichsinnig auch Meylan, in: Festschrift für Lewald (1953), 109; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 90; Krenz, Labeo 43 (1997), 356, die aber alle entgegen der hier vertretenen Ansicht von einem procurator omnium rerum ausgehen. 133 Für Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 232 Fn. 77 geht aus der Stelle eine Differenzierung zwischen Eigentums- und Besitzerwerb nicht hervor und es ist für ihn dafür auch kein innerer Grund ersichtlich. Klinck zufolge erwirbt der Geschäftsführer seinem Geschäftsherrn sowohl Besitz als auch Eigentum an den Münzen erst im Augenblick der Genehmigung, Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 231 f. Im gemeinen Recht wurde dieses Fragment als ein Beleg für eine Stellvertretung im Besitzerwerb, genauer gesagt im corpus angesehen, vgl. Chambon, Negotiorum Gestio (1848), 171 f.; Bertolini, Ratifica I (1889), 58 f. 134 Der römische Jurist unterstellt stillschweigend, dass der procurator die Münzen nicht mit seinen eigenen vorhandenen Münzen im Geldsack oder in der häuslichen Geldtruhe vermengt, sondern gesondert aufbewahrt, so dass sie nicht in sein Eigentum übergehen, weil der Schuldner den procurator gebeten hat, das übergebene Geld selbst (ea ipsa) dem Gläubiger zu übergeben. 135 So auch Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 232.

2. Kap.: Zum Erwerb ex causa solvendi

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Offenlegung der Stellvertretung, sondern im Sinne eines Handelns im fremden Interesse zu verstehen.136 Aus dem Willensentschluss, als procurator im fremden Interesse zu erwerben, schließt Paulus pragmatisch mittels eines argumentum ad absurdum137 auf den Besitzerwerb des dominus, denn andernfalls, so Paulus, würde die Sache aufgrund des Fehlens des animus possidendi des procurator sowie des Leistenden besitzlos werden. Es lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob der procurator hier aufgrund der Gleichstellung mit einem tutor (Vormund) und curator (Pfleger) nur als Mandatar zu verstehen ist138 oder ob Paulus auch an den gestor dachte, denn dieser fällt ohne Weiteres auch unter den Begriff des procurator. Selbst wenn Paulus seine Aussage nur bezogen auf den procurator als Mandatar getroffen haben sollte, lässt sich die Argumentation jedoch auch auf einen gestor negotii139 entsprechend anwenden. Die bloße subjektive Absicht einer Person, im fremden Interesse zu handeln, reicht nach Paulus dagegen wohl nicht aus. Hinzutreten muss als objektives Element die Innehabung einer im römischen Recht anerkannten Rechtsstellung, die zur Wahrnehmung fremder Interessen beziehungsweise zur Vermögensverwaltung berechtigt. Zumindest muss der Dritte, wenn vorher keine Ermächtigung ausgesprochen wurde, wohl als gestor negotii zu qualifizieren sein. Die Argumentation von Paulus lässt darauf schließen, dass er den Besitzerwerb durch den procurator von der Dogmatik her nicht als einen Fall einer Stellvertretung im Besitzwillen versteht, denn dann hätte es dieses Absurditätsarguments, das vom Erfordernis eines Besitzwillens des dominus entbindet, nicht bedurft. 3. Konstruktion des Eigentumserwerbs durch ratihabitio

In D. 3.5.23 kann der Ausdruck pecuniam suam facere nur so zu verstehen sein, dass der dominus mit der ratihabitio auch Eigentum an den nummi erwirbt, denn der Schuldner kann nicht befreit werden und gleichzeitig das Eigentum an den Münzen behalten und der gestor sollte von vornherein kein Eigentum an ihnen erlangen. Auf die Übertragung des Eigentums an Münzen als res nec mancipi findet der Erwerbstatbestand der traditio Anwendung.140 Der rechtsgeschäftliche Eigentumserwerb durch traditio setzt neben dem Besitzübergang vom Veräußerer auf den Erwerber nach heute ganz herrschender Ansicht141 eine iusta 136

In diesem Sinne auch Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 243. So auch Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 228. 138 Paulus behandelt dort im Voraus zum Erwerb ermächtigte Personen, denn nur bei diesen macht die Erwähnung von non cum ea mente, ut operam dumtaxat suam accommadarent nobis (und nicht in der Absicht, bloß ihren Dienst herzuleihen) einen Sinn. 139 So auch Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 229. 140 Kaser, RP I (1971), § 100 IV 1 (416 Fn. 30); ders., TR 29 (1961), 216 ff. 141 Vgl. Paulus D. 41.1.31 pr. S. ferner z. B. Kaser, RP I (1971), § 100 IV 2 (416 f.); ders., BIDR 64 (1961), 69 ff., 94; Schwarz, Condictio (1952), 221; Flume, Rechtsakt und Rechtsverhältnis (1990), 56 ff. 137

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

causa voraus. Die traditio verschafft das Eigentum nur, wenn sie von einer Zweckvereinbarung begleitet wird, die so beschaffen ist, dass sie den Übergang des Eigentums zu rechtfertigen vermag, und als solche kommt hier die causa solutionis in Betracht.142 Klinck143 glaubt, der procurator sei bei der Einigung über die causa solutionis als Vertreter des creditor aufgetreten. Denn weil der Eigentumserwerb des creditor auch möglich sei, wenn der Schuldner zur Zeit der Genehmigung gar nicht mehr zahlen will, könne sich die Einigung über die causa solutionis nicht unmittelbar zwischen debitor und creditor im Zeitpunkt der ratihabitio vollzogen haben. Durch Erteilung der ratihabitio könne der Vertretene die Wirkung der Einigung zwischen Schuldner und procurator mit Rückwirkung auf sich beziehen.144 Klinck145 begründet also die Unbeachtlichkeit des entgegenstehenden Willens des debitor mit der Rückwirkung der ratihabitio auf den Zeitpunkt der Annahme der Münzen durch den procurator, als der debitor noch zur Eigentumsübertragung an den creditor willens war. Umgekehrt wird das Fragment auch als ein Beleg für die Nichtrückwirkung der ratihabitio angesehen146 mit der Begründung, dass der Gläubiger erst mit der ratihabitio Eigentum und damit, so diese Ansicht, auch erst Besitz an den Münzen erwerbe. Entgegen Klinck hat Paulus hier nicht mit einer Rückwirkung operiert. Für eine Rückwirkung der ratihabitio als Hilfsvorstellung enthält das Fragment weder Anhaltspunkte noch bedarf es ihrer. Auch die Vorstellung einer Stellvertre-

142 Zum Teil wird von einigen Romanisten, die im Übrigen grds. Befürworter des Kausalprinzips sind, für Geldzahlungen über eine Ausnahme vom Erfordernis der causa traditionis nachgedacht, vgl. Ehrhardt, Justa causa traditionis (1930), 54 ff.; J. Fuchs, Iusta causa traditionis (1952), 163 ff., 249 f.; Kaser, TR 29 (1961), 216 ff. Die Sonderstellung begründet Kaser mit dem Bedürfnis, „den Geldverkehr nicht durch rechtliche Schranken zu hemmen“, Kaser, TR 29 (1961), 228. Er hält eine solche Lockerung für möglich, aber letztlich schwer beweisbar, Kaser, TR 29 (1961), 217; ders., BIDR 64 (1961), 95 Fn. 123. 143 Klinck, in: Drittbeteiligung (2011), 30. 144 Für Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 232 folgt auch diese Entscheidung nicht aus der Subsumtion unter die allgemeinen Regeln für den Besitz- und Eigentumserwerb im römischen Recht, sondern allein aus schuldrechtlichen Erwägungen. Klinck legt zugrunde, dass sich die Interessenlage bei der Zahlungsannahme insofern anders als bei dem Erwerb einer Sache darstelle, als dem procurator bei der Zahlungsannahme keine Auslagen entstünden. Infolgedessen bestehe hier auch nicht die Notwendigkeit der Begründung der negotiorum gestio durch die ratihabitio, um die Regressmöglichkeit des procurator sicherzustellen (wie Klinck dies zu Ulpian D. 41.2.42.1 vertritt – dazu ausführlich oben in § 32 I. der Untersuchung). Das Erfordernis der ratihabitio für eine wirksame Stellvertretung im Besitz- und Eigentumserwerb sei daher nicht den Interessen des procurator geschuldet, vielmehr würden die Interessen des Gläubigers, genauer gesagt der Eigentumserwerb an den Münzen sowie der Verlust seiner Forderung die ratihabitio erforderlich machen. 145 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 233. 146 Vgl. Chambon, Negotiorum gestio (1848), 55 Fn. 4, 171 f.

2. Kap.: Zum Erwerb ex causa solvendi

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tung bei der Einigung widerstrebt dem Denken der römischen Juristen, denen das Institut der Stellvertretung grundsätzlich unbekannt war. Ferner besteht für eine Stellvertretung bei der Einigung über die Zweckvereinbarung kein Bedürfnis. Die nachträgliche Willensänderung des debitor ist deshalb unbeachtlich, weil der procurator mit der Entgegennahme der Münzen ein negotium des Gläubigers im rechtlichen Sinne geführt hat, auf Grund dessen der Gläubiger von dem procurator die Herausgabe der Münzen verlangen kann. Vor diesem Hintergrund wäre es nicht sachgerecht, den Fortbestand des Willens des Schuldners bis zur Erteilung der ratihabitio zu verlangen, denn dann bliebe unberücksichtigt, dass der creditor bereits mit der Übergabe der Münzen an den procurator die actio negotiorum gestorum (directa) gegen den procurator auf Herausgabe der Münzen erlangt hat,147 die natürlich durch eine eine nachträgliche Willensänderung des Schuldners nicht berührt wird. Die ratihabitio ist überdies ein einseitiger Rechtsakt, der nicht angenommen werden muss. Erforderlich ist somit lediglich, dass im Zeitpunkt des Entstehens der negotiorum gestio der debitor die Münzen solutionis causa an den creditor übereignen wollte. Der Gläubiger hat es als dominus negotii mit der Annahme des Geldes durch den gestor in der Hand, durch Erteilung der ratihabitio die Liberation des Schuldners herbeizuführen, obgleich der Schuldner noch Eigentümer der nummi ist (tamen creditor etiam invito me ratum habendo pecuniam suam facere). Das rechtsgeschäftliche Handeln des debitor ist mit der Übergabe der Münzen an den procurator abgeschlossen und daher ist seine nachträgliche Willensänderung rechtlich unbeachtlich. Die hier vorliegende Konstruktion des Eigentumserwerbs ist mit der Dogmatik und dem Begriffssystem des modernen Rechts nur schwer zugänglich, sie ist vielmehr nur dann verständlich, wenn man sich von der modernrechtlichen Vorstellung einer dinglichen Einigung bei der Eigentumsverschaffung löst und sich gleichzeitig der großen Bedeutung des Rechtsinstituts der negotiorum gestio für die Römer bewusst wird. Den römischen Juristen fehlte überhaupt gänzlich die Vorstellung, dass die Parteien bei der Eigentumsverschaffung durch traditio einen auf Übertragung der dinglichen Rechtsstellung gerichteten Willen haben. Sie haben dem Willen, Eigentum zuzuwenden beziehungsweise zu erwerben, keine selbständige juristische Existenz eingeräumt.148 Es bedarf nur einer Einigung über die Zwecksetzung. Der Schuldner, der zur Zahlung, also zur Übereignung des geschuldeten Geldes, verpflichtet ist, leistet mit der Zahlung ohne Zweifel solutionis causa. Insoweit ist der debitor an der Zweckvereinbarung beteiligt. Durch die Erteilung der ratihabitio erklärt der creditor sein Einverständnis im Hinblick auf die vom Schuldner mit der Übergabe der Münzen an den procurator zum Ausdruck gebrachten Zwecksetzung, der causa solutionis.

147 In diese Richtung bereits Mitteis, Stellvertretung (1885), 218, der jedoch auf die gemeinrechtliche Rechtsfigur der sog. „stellvertretenden Negotiorum Gestio“ abstellt. 148 Kaser, BIDR 64 (1961), 95.

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

In der pandektistischen Doktrin wurde die Stelle neben D. 17.2.65.8149 zum Teil in Verbindung mit der gemeinrechtlichen Rechtsfigur der sogenannten „stellvertretenden Negotiorum Gestio“ als ein Beleg für die Annahme gesehen, dass dem Geschäftsherr ein selbständiges unentziehbares Recht der Ratihabition erwachse.150 Wie oben dargestellt, fußt die Entscheidung aber nicht auf einem verselbständigten Recht des Genehmigenden, sondern dogmatische Grundlage dafür sind die Grundsätze der negotiorum gestio im Zusammenspiel mit den allgemeinen Regeln für den Besitz- und Eigentumserwerb. Dadurch erhält der dominus eine Rechtsposition, die in der Sache durchaus mit der eines Anwartschaftsberechtigten nach heutiger Doktrin vergleichbar ist, da sie vom debitor nicht mehr einseitig zerstörbar ist. Der Passus tamen creditor etiam invito me ratum habendo pecuniam suam facere bringt dies explizit zum Ausdruck. Er meint zum einen, dass die Willensänderung des Schuldners pendente ratihabitione für den Eigentumserwerb des creditor unbeachtlich ist. Zum anderen spielt die Passage wohl auch auf den Umstand an, dass dem debitor keine Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, mit denen er die gezahlten Münzen zurückfordern könnte, was natürlich mit dem Vorgesagten im Zusammenhang steht. Hätte dagegen der Schuldner den procurator beauftragt, dem Gläubiger die Münzen zu überbringen, hätte der debitor das mandatum widerrufen151 und das Geld zurückfordern können, solange das Mandat noch nicht ausgeführt ist. Auch eine condictio des debitor gegen den procurator bleibt ohne Erfolg, solange der dominus nicht erklärt hat, dass er die Genehmigung verweigert.152 Zwar steht dem debitor, welcher dem procurator die Münzen nur übergeben, aber nicht übereignet hat, an sich die rei vindicatio zu. Soweit man den procurator hier überhaupt als passivlegitimiert ansieht,153 wird die rei vindicatio jedoch keinen Erfolg haben,

149 D. 17.2.65.8 Paulus 32 ed. Item scriptum est posse procuratori quoque meo socium meum renuntiare. quod servius apud alfenum ita notat: esse in potestate domini, cum procuratori eius renuntiatum est, an velit ratam habere renuntiationem. igitur is cuius procuratori renuntiatum est liberatus esse videbitur: an autem ipse quoque qui renuntiavit procuratori liberetur, in potestate eius erit, quemadmodum diximus in eo, qui socio renuntiat. 150 Vgl. Dernburg, Pfandrecht (1860), 208 Fn. 19; Regelsberger, Krit. Vjschr. 11 (1869), 368 f.; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 276 f.; 234 m. Fn. 315. Dagegen Hellmann, Stellvertretung (1882), 118. 151 Vgl. Gaius III.159; Inst. 3.26.9. 152 Vgl. Julian/Ulpian D. 46.3.58 pr. (s. dazu § 42 II. der Untersuchung); s. auch Julian D. 12.1.19 pr. 153 Der Fremdbesitzer war in klassischer Zeit zunächst nicht zur rei vindicatio passivlegitimiert. Eine Ausnahme galt lediglich für den durch Interdikte geschützten Besitzer. Ausgeschlossen vom Eigentumsprozess waren Detentoren wie Mieter, Pächter, Verwahrer und Entleiher. Der Eigentümer musste sich an denjenigen halten, der durch diese Personen mittelbar besaß, den Vermieter, Verpächter, Hinterleger und Verleiher, vgl. Ulpian D. 6.1.9; ferner Kaser, SZ 98 (1981), 90 ff.; ders., RP I (1971), § 103 I 2 (432 f.).

3. Kap.: Ratihabitio einer durch einen Geschäftsführer bewirkten Leistung

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da ihr die exceptio doli entgegengesetzt werden kann. An ein doloses Verhalten des Schuldners kann bei Rückforderung des Geldes in zweifacher Hinsicht gedacht werden: Zum einen könnte man auf den dolo petit-Einwand abstellen und argumentieren, dass er die nummi vom procurator nicht zurückfordern kann, da er zur Zahlung des Geldes verpflichtet ist (Dolo facit, qui petit quod redditurus est).154 Dem könnte man entgegenhalten, dass er nur dem creditor und nicht dem procurator gegenüber zur Zahlung verpflichtet ist. Andererseits ist aber der procurator als gestor negotii des creditor dessen Rechtssphäre zuzurechnen. Solange es noch ungewiss ist, ob die Genehmigung des dominus erfolgen wird, kann der procurator der rei vindicatio jedenfalls wohl deshalb eine exceptio doli entgegen halten, weil der debitor die Entscheidung des dominus abzuwarten hat. Der Erfolg der negotiorum gestio würde vereitelt werden, wenn der debitor vindizieren könnte. Im Ergebnis steht dem debitor damit nur noch eine formale Eigentümerstellung im Hinblick auf die an den Geschäftsführer gezahlten Münzen (nudum ius) zu. 4. Die Konsequenzen der vorstehenden Betrachtungen für den Eigentumserwerb durch ratihabitio

Aus Paulus D. 3.5.23 ergibt sich unmissverständlich, dass der dominus durch die bloße Erteilung der Genehmigung unmittelbar Eigentum an den einem procurator gezahlten Münzen erlangt, ohne dass es dafür eines Durchgangserwerbs des procurator oder einer Übergabe an den dominus bedarf. Auch wenn diese Stelle insofern einen Sonderfall behandelt, als der Geschäftsführer auf Wunsch des debitor kein Zwischeneigentum erwirbt, so zeigt sie doch, dass ein Direkterwerb des dominus durch ratihabitio möglich ist, und zwar sowohl des Besitzes als auch des Eigentums. Der Eigentumserwerb des dominus kann hier nicht damit erklärt werden, dass der Geschäftsherr sich den Eigentumserwerb des procurator zurechnen lässt, weil der Geschäftsführer kein Zwischeneigentum erwirbt. 3. Kapitel

Ratihabitio einer durch einen Geschäftsführer bewirkten Leistung Schließlich sei noch ein Blick auf die Besitz- und Eigentumsverhältnisse bei der Fallgestaltung geworfen, in der ein Geschäftsführer auf die Schuld beziehungsweise Nichtschuld des Geschäftsherrn leistet.155

154 155

Vgl. Paulus D. 44.4.8 pr. = Paulus D. 50.17.173.3. S. auch § 6 der Untersuchung.

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

§ 35 Debitum solutum Leistet der procurator auf eine wirklich bestehende Schuld des dominus mit seinem eigenen Geld, so führt die Leistung zum Eigentumserwerb des Gläubigers an den gezahlten Münzen und die Forderung des Geschäftsherrn erlischt. Die Frage der Ermächtigung spielt keine Rolle, auch eine ratihabitio ist gegenstandslos, ein Dritter kann den Schuldner auch ohne sein Wissen befreien.156 Für die Tilgung der Verbindlichkeit des Geschäftsherrn ist ferner grundsätzlich bedeutungslos, ob der procurator in seinem eigenen Namen oder namens des Geschäftsherrn agiert, solange er nicht in der Annahme, eine eigene Schuld zu tilgen, zahlt.157 Zahlt der procurator hingegen mit Münzen des dominus, um dessen Verbindlichkeit zu erfüllen, so muss er zur Zahlung ermächtigt sein, um dem Gläubiger Eigentum an den übergebenen Münzen verschaffen zu können. Fehlt es an einer solchen Ermächtigung, so verbleiben die Münzen bis zur Genehmigung des dominus in seinem Eigentum,158 es sei denn, der Empfänger wird etwa durch Vermischung Eigentümer der Münzen. Auch die Verbindlichkeit des Geschäftsherrn besteht bis zur ratihabitio fort.

§ 36 Indebitum solutum D. 12.6.6 pr. Paulus 3 Sab. Si procurator tuus indebitum solverit et tu ratum non habeas, posse repeti Labeo libris posteriorum scripsit: quod si debitum fuisset, non posse repeti Celsus: ideo, quoniam, cum quis procuratorem rerum suarum constituit, id quoque mandare videtur, ut solvat creditori, neque postea exspectandum sit, ut ratum habeat.

Paulus referiert in D. 12.6.6 pr. die Entscheidung Labeos, wonach zurückgefordert werden könne (posse repeti), wenn der Geschäftsherr die grundlose Leistung seines procurator nicht genehmigt hat. Es ist unklar, mit welcher Klage die Rückforderung erfolgen soll und wer zur Rückforderung der Zahlung berechtigt ist.159 Die Entscheidung hängt wohl davon ab, ob der Empfänger lediglich Besitz oder auch Eigentum – etwa durch Vermischung der geleisteten Münzen mit eige-

156

Vgl. § 6 der Untersuchung. Apathy, SZ 96 (1979), 68. 158 Eine rei vindicatio wird jedoch keinen Erfolg haben, da der dominus zur Zahlung des Geldes verpflichet ist, Apathy, SZ 96 (1979), 68 f. Vgl. auch § 34 II. 3. der Untersuchung. 159 S. auch Apathy, SZ 96 (1979), 70. Für eine Rückforderung des Geschäftsherrn Apathy, SZ 96 (1979), 72 mit Verweis auf den ursprünglichen Textzusammenhang, wonach Paulus von der Leistung eines indebitum legatum gehandelt habe; Babusiaux, in: Dogmengeschichte (2012), 410. Nach a. A. bezieht sich das posse repeti auf den procurator, in diesem Sinne Claus, Stellvertretung (1973), 155, 160 f., 292 f.; Kaser, SZ 91 (1974), 201 Fn. 215; Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 95. 157

4. Kap.: Ratihabitio einer furtiven Inempfangnahme einer Zahlung

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nem Geld – erworben hat und in wessen Namen die Leistung erfolgt ist.160 Dementsprechend kann eine Rückforderung je nach Lage des Falles mittels rei vindicatio oder condictio erfolgen. Der Ausdruck repetitio wird zwar in den Quellen regelmäßig für die condictio verwendet,161 aber nicht ausschließlich. Er wird auch im Sinn von rei vindicatio gebraucht.162 Grundsätzlich scheidet die Rückforderung des Geleisteten mittels rei vindicatio dann aus, wenn der Geschäftsführer entweder mit eigenem Geld zahlt – er verschafft dann dem vermeintlichen Schuldner solvendi causa Eigentum an den Münzen – oder wenn er zwar mit Geld aus dem Vermögen des Geschäftsherrn zahlt, dieser aber durch Vermischung sein Eigentumsrecht verliert.163 Bei Zahlung aus Mitteln des Geschäftsführers steht dem dominus eine Klage ohne Weiteres nicht zu, sondern nur dem Geschäftsführer.164 Sofern der Geschäftsführer aus eigenen Mitteln geleistet hat und der dominus dies genehmigt hat, ist der Geschäftsherr zur Rückforderung (mit der condictio) berechtigt.165 4. Kapitel

Ratihabitio einer furtiven Inempfangnahme einer Zahlung Weitere Erkenntnisse über den Besitz- und Eigentumserwerb im Falle der ratihabitio versprechen auch die folgenden Stellen, die von der Genehmigung einer furtiven Inempfangnahme einer Zahlung handeln und dabei recht komplexe Regressprobleme in Mehrpersonenverhältnissen zum Gegenstand haben.

§ 37 Ratihabitio der Zahlung eines indebitum an einen (falsus) procurator – Papinian D. 47.2.81 (80).5 D. 47.2.81 (80).5 Papinian 12 quaest.166 Si Titius, cuius nomine pecuniam perperam falsus procurator accepit, ratum habeat, ipse quidem Titius negotiorum gestorum aget, ei vero, qui pecuniam indebitam de160

Apathy, SZ 96 (1979), 70, 88. S. Fn. 82 im 2. Teil der Untersuchung. 162 Vgl. etwa Paulus D. 6.1.43. 163 Apathy, SZ 96 (1979), 71. 164 Vgl. aber Paulus D. 12.6.6.3. 165 Vgl. Papinian D. 47.2.81.5. 166 v. Beseler, SZ 46 (1926), 140 Fn. 1 verdächtigte das Fragment zunächst wegen des Substantivs ratihabitio, das gar nicht vorkommt. Später revidierte er seine Ansicht und begrenzte seinen Verdacht auf die Rückwirkung der ratihabitio, auf die er das Erlöschen der actio furti zurückführte und die er für eine justinianische Neuerung hielt, v. Beseler, SZ 52 (1932), 56. Ferner sei das Recht auf Klagezession verdächtig, weil Titius die condictio furtiva nicht brauche, v. Beseler, SZ 57 (1937), 28. Die Ansicht von Claus, Stellvertretung (1973), 301 mit Verweis auf Schwarz, Condictio (1952), 50 ff., wonach in der Erwähnung des furtum und in den sich daran anschließenden Überlegun161

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

dit, adversus Titium erit indebiti condictio, adversus falsum procuratorem furtiva durabit: electo Titio non inique per doli exceptionem, uti praestetur ei furtiva condictio, desiderabitur. quod si pecunia fuit debita, ratum habente Titio furti actio evanescit, quia debitor liberatur.

Der Spätklassiker Papinian, Lehrer des Ulpian, erörtert im 12. Buch der Quaestiones folgenden Fall: Ein falsus procurator167 hat im Namen des Titius Geld angenommen. Obwohl eine Verbindlichkeit nicht bestand, hat Titius die Annahme genehmigt. Papinian entscheidet, Titius könne gegen den falsus procurator mit der actio negotiorum gestorum vorgehen. Dem Putativschuldner stehe gegen Titius die condictio indebiti zu. Außerdem gewährt Papinian dem Putativschuldner gegen den falsus procurator die condictio furtiva. Macht der Putativschuldner von der condictio indebiti gegen Titius Gebrauch, müsse er Titius die condictio furtiva abtreten. War dagegen das Geld geschuldet, erlösche die actio furti mit der Genehmigung des Titius, da der Schuldner befreit werde. Aus dem Umstand, dass dem Putativschuldner gegen den falsus procurator die condictio furtiva gewährt wird, ist zu schließen, dass der procurator animo furandi gehandelt hat. Es lässt sich dem Text nicht entnehmen, worin die böse Absicht genau bestand. Der Begriff furtum entspricht nicht dem des heutigen Diebstahls, sondern der Tatbestand des furtum reichte weiter als der des § 242 StGB. Er erfasste zum Beispiel auch Unterschlagung, Veruntreuung und Betrug.168 Für die hoch- und spätklassische Zeit lässt sich, wie gesagt,169 der Tatbestand dahingehend bestimmen, „dass jemand vorsätzlich und heimlich eine einem anderen gehörende Sache an sich bringt“.170 Möglich ist, dass der procurator das Geld in Kenntnis der Nichtschuld angenommen hat.171 Denkbar ist auch, dass er die Absicht hatte, das Geld für sich zu behalten, statt die Genehmigung des Titius einzuholen und ihm das Geld auszu-

gen möglicherweise kompilatorische Eingriffe zu sehen seien, überzeugt nicht. Die Passage aus dem zwölften Buch der Quaestiones Papinians war wohl unter der Rubrik De furtis platziert, s. Lenel, Pal. I., Sp. 838. Für die Echtheit Levy, Nachträge (1962), 15. 167 Die Bezeichnung falsus procurator ist nach wohl überwiegender Auffassung in der Romanistik dann klassisch, wenn sie eine Person bezeichnen soll, die wider besseres Wissen als Ermächtigter auftritt, vgl. Kaser, RP I (1972), § 62 V 2 (266 Fn. 46) m.w. N. S. dazu auch § 4 II. der Untersuchung. 168 Kaser/Knütel/Lohsse, RP (2021), § 62 Rn. 1. 169 S. § 9 I. der Untersuchung. 170 Kaser/Knütel/Lohsse, RP (2021), § 62 Rn 1; s. auch Kaser, RP I (1971), § 143 I (615). 171 So Levy, Nachträge (1962), 15; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 346 Fn. 5764. Grundsätzlich begeht derjenige, der wissentlich ein indebitum annimmt, im römischen Recht ein furtum, vgl. Scaevola D. 13.1.18 (dazu unten); Ulpian D. 47.2.43 pr.; Kaser, RP I (1971), § 143 I (615). Auch der procurator verübt bei wissentlicher Annahme eines indebitum ein furtum, vgl. die Nachweise in Fn. 137 im 2. Teil der Untersuchung. S. auch § 9 I. der Untersuchung.

4. Kap.: Ratihabitio einer furtiven Inempfangnahme einer Zahlung

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kehren.172 Teilweise wird im Schrifttum im Hinblick auf den unmittelbar folgenden § 6173 angenommen, dass er sich wider besseres Wissen als ermächtigter procurator von Titius ausgegeben hat.174 Die Voraussetzungen, die § 6 an das Vorliegen eines furtum beim Handeln eines falsus procurator stellt, passen jedoch nicht zu dem in § 5 geschilderten Fall. Nach § 6 liegt ein furtum dann vor, wenn der falsus procurator unter dem Namen eines verus procurator des Gläubigers agiert. § 6 behandelt damit den Fall der Identitätstäuschung bei wirklich vorhandener Schuld (creditor, debitorem alienum).175 § 5 bezieht sich aber zum einen auf ein indebitum solutum und zum anderen hat der procurator nur im Namen von Titius gehandelt. Der Zusammenhang zwischen den beiden Paragraphen ist nicht ohne weiteres verständlich. Wahrscheinlich wollte Papinian in § 6 ursprünglich nur ein weiteres Beispiel für ein furtum eines falsus procurator geben.176 Da Papinian in § 5 die condictio ex causa furtiva gegen den procurator auch dann gewährt, wenn die Leistung geschuldet ist, ist davon auszugehen, dass der animus furandi in der Absicht des procurator besteht, das Geld zu unterschlagen.177 Es fällt schwer, die Gründe nachzuvollziehen, die den Gläubiger Titius dazu veranlasst haben könnten, die Zahlung an den falsus procurator zu genehmigen.178 Entweder hat der Gläubiger genehmigt in der Meinung, dass eine Schuld besteht, und er hat den procurator für redlich gehalten179 oder, und das ist wahrscheinlicher, Papinian behandelt hier einen Fall zu Übungszwecken für den Unterricht, der sich im tatsächlichen Rechtsleben so nie ereignet hätte.180 172

Kacprzak, Ratihabitio (2002), 70 Fn. 33; Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 345. D. 47.2.81.6 Papinian 12 quaest. Falsus autem procurator ita demum furtum pecuniae faciet, si nomine quoque veri procuratoris, quem creditor habuit, adsumpto debitorem alienum circumvenerit. quod aeque probatur et in eo, qui sibi deberi pecuniam ut heredi Sempronii creditoris adseveravit, cum esset alius. 174 Schwarz, Condictio (1952), 51; Seiler, Negotiorum gestio (1968), 64 Fn. 19; Claus, Stellvertretung (1973), 301. 175 Medicus, in: Synteleia Vincenzo Arangio-Ruiz I (1964), 215. 176 So zutreffend Medicus, in: Synteleia Vincenzo Arangio-Ruiz I (1964), 216. 177 Vgl. auch D. 47.2.43.1 Ulpian 41 Sab. Falsus procurator furtum quidem facere videtur. sed Neratius videndum esse ait, an haec sententia cum distinctione vera sit, ut, si hac mente ei dederit nummos debitor, ut eos creditori perferret, procurator autem eos intercipiat, vera sit: nam et manent nummi debitoris, cum procurator eos non eius nomine accepit, cuius eos debitor fieri vult, et invito domino eos contrectando sine dubio furtum facit. quod si ita det debitor, ut nummi procuratoris fiant, nullo modo eum furtum facere ait voluntate domini eos accipiendo. 178 Vor diesen Schwierigkeiten steht auch Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 119. 179 So Levy, Nachträge (1962), 15; Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 345 Fn. 9. Haymann, BIDR 59/69 (1956), 18 f. hält es für ausgeschlossen, dass Papinian gesagt habe, Titius könne den Betrug des falsus procurator durch Genehmigung „gutheißen“. S. auch Schwarz, Condictio (1952), 53; Levy, Nachträge (1962), 13; Claus, Stellvertretung (1973), 301 f. 180 Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 119. 173

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

Der Fortbestand der condictio furtiva gegen den falsus procurator (adversus falsum procuratorem furtiva durabit) zeigt, dass sie infolge der ratihabitio seitens des Titius weder gegen diesen geltend gemacht werden kann, noch dass sie untergeht.181 Die ratihabitio hebt die Furtivität nicht auf.182 Titius fehlt dazu schon die „Berechtigung“, denn das furtum wurde nicht ihm gegenüber, sondern dem Putativschuldner gegenüber verübt, da dieser Eigentümer der Münzen war. Die ratihabitio begründet auch nicht die Passivlegitimation des Titius zur condictio furtiva. Die Gewährung der condictio indebiti gegen Titius, obgleich sich die Münzen in der Sachgewalt des falsus procurator befinden sowie mehr noch der Umstand, dass der Zahlende in der Fallabwandlung bei Bestehen einer Verbindlichkeit befreit wird, lassen eigentlich nur den Schluss zu, dass Titius durch die Erteilung der ratihabitio Besitz und Eigentum an den eingezogenen Münzen erlangt.183 Der falsus procurator kann nicht Eigentum an den Münzen erwerben, da er ein furtum begangen hat. So bleibt daher, wenn der Schuldner frei werden soll, er deswegen das Eigentum an den Münzen verlieren muss, und der falsus procurator es nicht erwerben kann, nur die Lösung übrig, dass Titius es erwirbt, obwohl die Münzen ihm nicht übergeben worden sind. Fraglich ist, wie sich ein Eigentums- und Besitzerwerb des Titius hier vollzogen haben könnte. Ein Eigentumserwerb seitens des Titius durch commixtio nummorum, d. h. Vermischung kommt von vornherein nicht in Betracht, da sich das Geld, wie gesagt, nicht bei Titius, sondern noch beim falsus procurator befindet.184 Da der falsus procurator die Münzen nicht für Titius, sondern für sich erwerben wollte, scheidet, wie Klinck185 auch selbst einräumt, die von ihm sonst186 postulierte Konstruktion einer Stellvertretung im Eigentums- und Besitzerwerb aus.187 Wie der Eigentumserwerb des Titius rechtstechnisch zu begründen ist, bleibt für Klinck unerklärbar. Letztlich führt er den Eigentumserwerb auf das „Bemühen“ der römischen Juristen zurück, die Regressprobleme bei Zahlung an einen unberechtigten Dritten ohne Rücksicht auf die dingliche Rechtslage zu lösen.188 Die römischen Juristen hätten hier nicht in dogmatischen Kategorien gedacht. Besitz- und Eigentumserwerb des dominus lassen sich jedoch auch hier mit den dafür allgemein geltenden Regeln in Verbindung mit der negotiorum gestio

181

So auch Levy, Nachträge (1962), 15. Vgl. auch Apathy, SZ 96 (1979), 82 f. 183 Haymann, BIDR 59/60 (1956), 19 hält die Entscheidung deshalb für interpoliert, weil das Geld seiner Ansicht nach nicht in das Eigentum des Titius gelangen konnte. 184 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 346. 185 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 346. 186 Vgl. § 32 I. der Untersuchung. 187 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 346. 188 Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 347. 182

4. Kap.: Ratihabitio einer furtiven Inempfangnahme einer Zahlung

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erklären: Durch die ratihabitio begründet Titius zunächst einmal seine Passivlegitimation zur condictio indebiti,189 wodurch wiederum die Annahme des Geldes durch den falsus procurator zu einem negotium utiliter gestum für Titius wird, weil er zur Herausgabe des Geldes gegenüber dem Putativschuldner aus der condictio verpflichtet ist. Die Begründung der negotiorum gestio lässt sich auf dasselbe rechtliche Konstruktionsprinzip wie in Pedius/Ulpian D. 3.5.5.11190 zurückführen.191 Aus der Passivlegitimation des Titius zur condictio indebiti folgt die Aktivlegitimation zur actio negotiorum gestorum (directa). Wenn Papinian in D. 47.2.81.5 bei Erteilung der ratihabitio ohne Weiteres die actio negotiorum gestorum gewährt, so handelt es sich um eine abgekürzte Ausdrucksweise, die weglässt, was inzwischen selbstverständlich geworden ist. Wie die bisherige Untersuchung gezeigt hat, gehörte es unter den klassischen Juristen zum Gemeingut, dass die Genehmigung der Annahme eines indebitum durch einen Geschäftsführer die Passivlegitimation des Genehmigenden zur condictio indebiti begründet, ohne dass dafür im Innenverhältnis eine Rechtsbeziehung wie eine negotiorum gestio erforderlich ist.192 Im Gegenteil – Überlegungen zum Ausgleich im Innenverhältnis sind, wie eindeutig aus D. 3.5.5.11193 hervorgeht, von den römischen Juristen erst angestellt worden, nachdem die Wirkung der ratihabitio im Außenverhältnis bereits anerkannt war. Nicht unwahrscheinlich ist jedoch, dass, nachdem diese Möglichkeit der Begründung der negotiorum gestio allgemein in der römischen Jurisprudenz rezipiert worden war, bei der Genehmigung einer solutio indebiti nicht mehr streng zwischen Wirkung auf die condictio und die negotiorum gestio oder, wie man heute sagen würde, zwischen Innenund Außenverhältnis unterschieden wurde, sondern dies als ein einheitlicher Vor-

189 Claus, Stellvertretung (1973), 300 erblickt hierin fälschlicherweise eine begriffswidrige Konstruktion einer condictio indebiti; seiner Ansicht nach wäre es dogmatisch besser gewesen, den Geschäftsherrn „direkt als Bestohlenen anzusehen und ihm über die ratihabitio die condictio ex causa furtiva einzuräumen“. 190 S. die Ausführungen in § 8 der Untersuchung. 191 A. A. Kacprzak, Ratihabitio (2002), 70 Fn. 33: Im Gegensatz zu dem von Pedius untersuchten Fall, wo die Entstehung der actio negotiorum gestorum eine weitere Folge der Haftung des dominus negotii aus der condictio indebiti gegenüber dem Scheinschuldner sei, entstehe in der von Papinian beschriebenen Situation die condictio indebiti zugunsten des Schuldners als weitere Folge der Berufung des Titius als dominus negotii. Die ratihabitio begründe in diesem Zusammenhang scheinbar nicht die actio negotiorum gestorum zugunsten der dominus negotii; diese Klage sei vielmehr ohne Erteilung der ratihabitio begründet. Papinian sei offenbar der Ansicht, die Tatsache, dass der falsus procurator den Namen des Titius verwendete, um einem Dritten Geld abzulisten, stelle eine ausreichende Verbindung zwischen den Angelegenheiten des Titius und der Handlung des falsus procurator dar. Es wäre wider Treu und Glauben, den unredlichen procurator von der Haftung gegenüber der Person zu befreien, deren Namen er verwendet hat, um eine andere Person zu täuschen. 192 S. § 8 der Untersuchung. 193 S. dazu § 8 der Untersuchung.

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

gang betrachtet wurde, obgleich der hinter dieser Haftungskonzeption stehende Gedanke in den Köpfen der römischen Juristen natürlich fortbestand. Titius erlangt wohl aus Sicht des spätklassischen Juristen Besitz an den Münzen. Der falsus procurator wird von Papinian offenbar aufgrund seiner Geschäftsführerstellung als Detentor für Titius angesehen.194 Dieser hat durch die ratihabitio zugleich seinen Besitzwillen manifestiert. Der Zahlende hat seinen Willen, solutionis causa an den Titius zu übereignen, bereits mit der Zahlung an den procurator zum Ausdruck gebracht. Titius steht damit eine causa solvendi zur Seite, so dass er auch Eigentum an den Münzen erwerben kann. Der einzige Unterschied zwischen der von Ulpian und Pedius erörterten Fallkonstellation in D. 3.5.5.11 und dem von Papinian vorliegend untersuchten Fall besteht darin, dass der falsus procurator hier nicht das Geld für Titius angenommen hat, sondern im eigenen Interesse gehandelt hat und ihm damit der Fremdgeschäftsführungswille, der animus negotia aliena gerendi, fehlt, was die Begründung einer negotiorum gestio aber nicht ausschließt. Denn der Wortlaut negotia alterius gerere der formula lässt es zu, auf den Fremdgeschäftsführungswillen zu verzichten.195 Wie sich zeigt, schadet dem dominus die Unredlichkeit seines Geschäftsführers nicht. Auch dem lässt sich entnehmen, dass nicht eine Zurechnung erfolgen soll, sondern vielmehr beide, Geschäftsherr und Geschäftsführer, im Hinblick auf ihre Erwerbsmöglichkeiten für sich getrennt betrachtet werden. Etwas anderes müsste dann gelten, wenn der falsus procurator, der die Münzen in Empfang nimmt, zugleich als Vertreter des Titius auftritt und die Einigung über die causa solutionis herbeiführt. Wie sich auch aus D. 3.5.23196 ergibt, vertritt der gestor bei der Einziehung einer Forderung den dominus weder bei der Einigung über die causa solutionis noch beim Besitzerwerb, noch bedarf es sonst für einen Eigentumserwerb des dominus eines Durchgangserwerbs beim gestor, so dass die Eigenschaft des gestor als fur dem Eigentumserwerb des Titius nicht entgegensteht. Wenn der Putativschuldner mit der condictio indebiti gegen Titius vorgeht, kann dieser unter Geltendmachung der exceptio doli die Abtretung der condictio furtiva gegen den falsus procurator verlangen. Hauptproblem der Entscheidung ist, wie Levy197 klargestellt hat, die Konkurrenzproblematik zwischen der condictio indebiti und der condictio ex causa furtiva. Beide Klagen haben dasselbe 194 Der procurator, dem die Sache tradiert wird, damit das Eigentum an der Sache auf den dominus übergeht, kann sich das Eigentum nicht durch eine entsprechende eigene Absicht selbst aneignen. Der Wille des procurator, für sich selbst zu erwerben, gilt nichts, vgl. Ulpian D. 39.5.13. 195 Reichard, AcP 193 (1993), 582. 196 S. dazu oben in § 34 II. der Untersuchung. 197 Levy, Nachträge (1962), 13.

4. Kap.: Ratihabitio einer furtiven Inempfangnahme einer Zahlung

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Klageziel – das gezahlte Geld.198 Es ist somit im Wege „judizialer Konsumption“ zu verhindern, dass der Putativschuldner zweimal den Geldbetrag erfolgreich einklagen kann.199 Papinian spricht sich für die Abtretung der condictio furtiva an Titius aus. Die abgetretene sachverfolgende condictio furtiva steht Titius wohl in Klagenkonkurrenz zur actio negotiorum gestorum (directa) zu.200 Titius kann also wählen, ob er mit der actio negotiorum gestorum (directa) oder der condictio furtiva gegen den falsus procurator vorgeht. Papinian tut letztlich nichts anderes, als dass er das in dem Fragment in D. 3.5.5.11201 zum Ausdruck gekommende Prinzip bekräftigt, wonach die Genehmigung einer ungeschuldeten Zahlung den Putativschuldner dazu legitimiert, gegen den Genehmigenden vorzugehen.202 Diese Lehre war seinerzeit schon längst Allgemeingut geworden. Beim Handeln eines falsus procurator mit animus furandi geht er dann noch einen Schritt weiter: Wird der dominus von dem Putativschuldner in Anspruch genommen, erhält jener neben der actio negotiorum gestorum außerdem die condictio furtiva, mit der er gegen den falsus procurator vorgehen kann. Bei der Geschäftsführungsklage waren, da von der bona fides beherrscht, auch Zinsen geschuldet. Die condictio furtiva bot aber als strengrechtliche Klage ohne jegliche Möglichkeit der Kompensation mehr Schutz als die auf die bona fides gestützte actio negotiorum gestorum.203 Im letzten Teil führt die ratihabitio des Geschäftsherrn Titius für den Fall, dass der Zahlende wirklich Schuldner des Titius ist (solutum debitum), zum Erlöschen der actio furti. Die plötzliche Erwähnung der actio furti wird im romanistischen Schrifttum mit äußerstem Argwohn betrachtet und vielfach für verfälscht gehalten.204 Es wird vorgebracht, das Erlöschen der actio furti sei mit ihrem Wesen nicht in Einklang zu bringen, dies umso weniger, als nach klassischem Recht die ratihabitio nicht zurückwirke. Zum Teil wird vermutet, dass sich der letzte Satz ursprünglich auf die condictio furtiva bezog.205 Levy206 dagegen meint völlig zu Recht: „Nichts war berechtigter als dieser Wechsel. Nur die condictio bot ein Konkurrenzproblem.“ Wird der Schuldner bei Erteilung der ratihabitio befreit, so wird er damit auch das Eigentum an den nummi verloren haben. Dann kann es nur der Gläubiger erworben haben. Dass dann auch die condictio furtiva des 198

Levy, Nachträge (1962), 13. Levy, Nachträge (1962), 13. 200 So auch Levy, Nachträge (1962), 13 f. 201 S. die Ausführungen in § 8 der Untersuchung. 202 So zutreffend auch Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 124. 203 Levy, Nachträge (1962), 14; Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 123. 204 Vgl. Schulz, SZ (1906), 98 Fn. 5; v. Beseler, SZ 52 (1932), 56; Sachers, SDHI 4 (1938), 327 Fn. 9; Schwarz, Condictio (1952), 54 Fn. 43. 205 Vgl. Finazzi, Negotiorum gestio II.1 (2003), 406; Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 344 Fn. 7, 345. 206 Levy, Nachträge (1962), 15. 199

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

Schuldners gegen den falsus procurator erlischt, war für Papinian selbstverständlich.207 Zwar war die condictio furtiva im römischen Recht grundsätzlich unabhängig davon, ob der Dieb die gestohlene Sache noch hatte. Die condictio furtiva des Schuldners gegen den falsus procurator passt hier aber nicht, denn der Schuldner kann nicht liberiert werden, während ihm gleichzeitig ein Rückforderungsanspruch gegen den falsus procurator zusteht. Einzig bei der actio furti als einer reinen Pönalklage kann man zweifeln, ob sie bei Erteilung der ratihabitio auch erlischt, denn die ratihabitio „heilt“, wie bereits oben ausgeführt, das furtum nicht nachträglich, sondern bezieht sich ausschließlich auf die Zahlung. Papinian stellt deshalb am Ende klar, dass auch die actio furti untergeht. Die Aktivlegitimation zur actio furti setzt ein Interesse an der Unversehrtheit der gestohlenen Sache208 voraus, das hier nach Erteilung der ratihabitio nicht mehr vorliegt, da der Schuldner von seiner Verpflichtung befreit wird.209

§ 38 Ratihabitio der Zahlung eines debitum durch einen Geschäftsführer an einen (falsus) procurator – Papinian D. 47.2.81 (80).7 D. 47.2.81 (80).7 Papinian 12 quaest. Qui rem Titii agebat, eius nomine falso procuratori creditoris solvit et Titius ratum habuit: non nascitur ei furti actio, quae statim, cum pecunia soluta est, ei qui dedit nata est, cum Titii nummorum dominium non fuerit neque possessio. sed condictionem indebiti quidem Titius habebit, furtivam autem qui pecuniam dedit: quae, si negotiorum gestorum actione Titius conveniri coeperit, arbitrio iudicis ei praestabitur.

Eine ähnliche Situation wie in D. 47.2.81.5210 begegnet auch hier. Im Unterschied zum obigen Fall behandelt Papinian die spiegelbildliche Situation, dass ein unbeauftragter procurator eine Zahlung mit eigenem Geld im Namen des Titius an einen falsus procurator eines Gläubigers von Titius geleistet und Titius dies genehmigt hat. Den Ausgangspunkt der Entscheidung bildet also nicht ein Drei-Personen-Verhältnis, sondern ein Vier-Personen-Verhältnis. Es geht hier um Regressmöglichkeiten von Titius. Denn Titius ist dem Geschäftsführer aus der actio negotiorum gestorum zur Erstattung verpflichtet. Die Zahlung eines Dritten

207 Dafür, dass die condictio furtiva erlischt, ebenfalls Levy, Nachträge (1962), 15; Pika, Ex causa furtiva (1988), 58 f. 208 Vgl. Gaius III.203: interest rem salvam esse. Nach Gaius steht die actio furti demjenigen zu, der ein Interesse daran hat, dass die Sache erhalten bleibt, auch wenn er nicht der Eigentümer der gestohlenen Sache ist. 209 Pika, Ex causa furtiva (1988), 58 Fn. 111. S. auch Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 123 mit der Begründung, dass die Befreiung des Schuldners auch die Grundlage des Deliktstatbestandes ausschließe. 210 S. § 37 der Untersuchung.

4. Kap.: Ratihabitio einer furtiven Inempfangnahme einer Zahlung

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auf eine fremde Schuld liegt grundsätzlich im Interesse des Schuldners und stellt daher eine negotiorum gestio für den Schuldner dar.211 Aus dem Umstand, dass dem Geschäftsführer die actio furti sowie die condictio ex causa furtiva gegen den falsus procurator auf der Gläubigerseite gewährt werden, ist zu schließen, dass sich der gläubigerseitige falsus procurator das Geld animo furandi zahlen ließ. Worin genau diese unredliche Absicht liegt, geht nicht aus dem Fragment hervor. Man könnte daran denken, dass der falsus procurator wissentlich ein indebitum angenommen hat. Auch der procurator begeht bei wissentlicher Annahme einer nicht geschuldeten Leistung ein furtum.212 Allerdings ist zu Beginn vom creditor die Rede, so dass man eine Schuld des Titius annehmen muss.213 Deshalb ist davon auszugehen, dass der falsus procurator das Geld unterschlagen wollte.214 Die Diebstahlsklagen condictio ex causa furtiva und actio furti gewährt Papinian nur dem schuldnerseitigen Geschäftsführer als Eigentümer der gezahlten Münzen. Wenn dieser Titius mit der actio negotiorum gestorum auf Aufwendungsersatz in Anspruch nimmt, muss er die condictio furtiva an Titius abtreten. Eine eigene Aktivlegitimation zur actio furti (und damit auch zur condictio furtiva) wird Titius ausdrücklich von Papinian abgesprochen, stattdessen erkennt Papinian ihm die condictio indebiti gegen den falsus procurator zu. Obgleich der Geschäftsführer hier ausdrücklich im Namen des Titius gezahlt hat, wird diesem die Zahlung jedoch nicht automatisch zugerechnet und seine Aktivlegitimation zur condictio indebiti nicht ohne Weiteres begründet, sondern es bedarf dazu noch seiner Genehmigung. Dies liegt wohl darin begründet, dass der Empfänger der Zahlung ein furtum begangen hat.215 Dieses bringt als zentrale Rechtsfolgen die condictio furtiva und actio furti und nicht die condictio indebiti hervor.216 In Bezug auf die deliktsrechtliche Beziehung zwischen dem Geschäftsführer und dem fur stellt der Geschäftsherr Titius einen unbeteiligten Dritten dar.217

211 Die Tilgung fremder Schulden war im römischen Recht ein Musterfall der Geschäftsführung ohne Auftrag. Wenn diese utiliter geschah, also für den Schuldner nützlich war, hatte der Geschäftsführer die actio negotiorum gestorum (contraria) auf Aufwendungsersatz, s. § 6 der Untersuchung. Auch wenn, wie hier, an einen falsus procurator des Gläubigers geleistet wird, der mit der Annahme des Geldes ein furtum begeht, so begründet dies wohl für Papinian (wegen des Bestehens der Schuld) eine negotiorum gestio für den Schuldner, weil es ausreicht, dass das Geschäft nützlich begonnen wird (utiliter coeptum), auch wenn der Nutzen tatsächlich verfehlt wird. 212 S. § 9 I. der Untersuchung. 213 Gleichsinnig Pika, Ex causa furtiva (1988), 56. 214 So auch Claus, Stellvertretung (1973), 299. Vgl. auch Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 95, die dabei auf ein subjektives indebitum, also darauf abstellt, dass das Geld gegenüber dem procurator nicht geschuldet war. 215 Apathy, SZ 96 (1979), 80. 216 Apathy, SZ 96 (1979), 80 f. 217 So Apathy, SZ 96 (1979), 81.

300

6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

Es stellt sich die Frage nach den Gründen, die den Schuldner Titius dazu bewogen haben könnten, die Zahlung an den falsus procurator zu genehmigen. Wenn ein Geschäftsführer ein debitum an den Gläubiger seines Geschäftsherrn leistet, bedarf es an sich nicht dessen ratihabitio. Der dominus wird sofort frei. Ein Dritter kann grundsätzlich ohne das Wissen des Schuldners, sogar gegen seinen Willen mit schuldbefreiender Wirkung an den Gläubiger leisten.218 Es liegt die Vermutung nahe, dass Papinian einen Fall zu Übungszwecken für den Unterricht behandelt, der sich in der Praxis so nie ereignet hätte. Mit der ratihabitio wird die Zahlung dem Schuldner Titius zugerechnet. Die ratihabitio begründet infolgedessen die Aktivlegitimation des Titius zur condictio indebiti gegen den gläubigerseitigen falsus procurator, da er die Münzen einbehalten hat und ihm gegenüber die Zahlung nicht geschuldet war.219 Da die condictio indebiti nach allgemeiner Ansicht grundsätzlich eine eigentumsverschaffende datio voraussetzt, wird davon ausgegangen, dass der fur durch die Erteilung der ratihabitio Eigentümer der Münzen geworden ist.220 Es fragt sich, wie sich ein Eigentumserwerb des falsus procurator hier vollzogen haben könnte. Einem Eigentumsübergang vom schuldnerseitigen procurator auf den gläubigerseitigen falsus procurator steht entgegen, dass dieser jenem gegenüber ein furtum begangen hat.221 Für Titius gilt dieses Hindernis indessen nicht, weil er, wie Papinian selbst im Hinblick auf die Versagung der actio furti herausstellt, nicht Eigentümer der Münzen war und somit im Hinblick auf das furtum ein unbeteiligter Dritter ist. Wenn der Schuldner Titius sich die Zahlung seines Geschäftsführers durch die Erteilung der ratihabitio nach außen hin zurechnen lässt, scheint es daher nicht ausgeschlossen, dass der gläubigerseitige falsus procurator nachträglich doch noch Eigentum an den Münzen erwerben kann. Dies führt zu einer Trennung von Zahlungszurechnung und Eigentumserwerb durch ratihabitio:

218

S. § 6 der Untersuchung. Schwarz, Condictio (1952), 55 hält die condictio indebiti des dominus für interpoliert mit der Begründung, dass das Geld dem gestor gehöre und dieser es nicht verloren habe, daher fehle es an einer datio des dominus. Die Genehmigung des Geschäftsherrn habe auf das sachenrechtliche Schicksal des Geldes keinen Einfluss. Pika, Ex causa furtiva (1988), 55 f. meint, durch Genehmigung erlange der Schuldner Titius selbst aufgrund der Anwendung celsinischen Durchgangstheorie das Eigentum an den Münzen und damit die condictio gegen den falsus procurator. Pika zweifelt an der Klassizität der Bezeichnungen der condictio indebiti und condictio furtiva und vermutet, dass sie die Frucht nachklassischer Schuljuristen oder Kompilatoren seien. Die Bezeichnung indebiti sei schon deshalb zu beanstanden, weil ein debitum vorliege. Er übersieht dabei, dass gegenüber dem falsus procurator das Geld nicht geschuldet ist (Fall des sog. subjektiven indebitum, vgl. auch § 10 der Untersuchung), so richtig Müller-Ehlen, Hereditatis petitio (1998), 96 Fn. 29. 220 Vgl. Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 347; Deppenkemper, Negotiorum gestio II (2014), 359. A. A. Apathy, SZ 96 (1979), 84 m. Fn. 66. 221 Vgl. Ulpian D. 47.2.43 pr.; s. auch Pika, Ex causa furtiva (1988), 55. 219

4. Kap.: Ratihabitio einer furtiven Inempfangnahme einer Zahlung

301

Es findet ein Durchgangserwerb des Genehmigenden Titius nicht statt, er wird kein Eigentümer der Münzen.222

§ 39 Ratihabitio der Zahlung eines indebitum durch einen Geschäftsführer an einen fur – Pomponius D. 13.1.18 Ebenso wie Papinian entscheidet offenbar Pomponius in D. 13.1.18: D. 13.1.18 Scaevola 4 quaest. Quoniam furtum fit, cum quis indebitos nummos sciens acceperit, videndum, si procurator suos nummos solvat, an ipsi furtum fiat. et Pomponius epistularum libro octavo ipsum condicere ait ex causa furtiva: sed et me condicere, si ratum habeam quod indebitum datum sit. sed altera condictione altera tollitur.

Ein procurator leistet ein indebitum mit eigenem Geld an einen Putativgläubiger. Diese Konstellation unterscheidet sich von der vorangegangenen dadurch, dass Empfänger des indebitum der vermeintliche Gläubiger selbst ist und nicht ein procurator auf Empfängerseite zwischengeschaltet ist. Scaevola entscheidet unter Berufung auf die Autorität von Pomponius, der procurator könne ex causa furtiva kondizieren. Aber auch der Putativschuldner selbst könne kondizieren, wenn er die Leistung des procurator genehmigt.223 Doch mit Erhebung der einen Kondiktion werde die andere ausgeschlossen. Die Gewährung der condictio furtiva impliziert, dass der procurator Opfer eines furtum geworden ist. Dies kann nur darauf zurückzuführen sein, dass der Putativgläubiger wider besseren Wissens die nicht geschuldete Leistung angenommen hat.224 Nach heutiger Strafrechtslehre handelt es sich um ein furtum in der Form eines Betruges,225 denn der Putativgläubiger nutzt den Irrtum des procurator zu seinen Gunsten aus. In D. 13.1.18 ist nicht klar, welcher Anwendungsfall der dem dominus zugesprochenen condictio zugrunde liegt. In diesem Punkt sind die Ansichten im romanistischen Schrifttum geteilt. Es wird vertreten, die von Pomponius und Scaevola dem dominus gewährte condictio sei die condictio furtiva.226 Überwiegend wird angenommen, Scaevola und Pomponius hätten beabsichtigt, den dominus zur condictio indebiti zu legitimieren.227 Eine solche Auslegung liegt eigentlich am 222 So auch Schwarz, Condictio (1952), 55; Apathy, SZ 96 (1979), 84 m. Fn. 65; Klinck, Übergabe an Dritte (2004), 347 f. 223 Haymann, BIDR 59/60 (1956), 3 f., 21 ff. erachtet D. 13.1.18 ab sed et me condicere bis zum Schluss für unecht. Er sieht in D. 13.1.18 den Gedanken der „byzantinischen Rückwirkung der ratihabitio“ verwirklicht, wenn dem Geschäftsherrn infolge seiner ratihabitio die condictio ex causa furtiva zusteht. Doch erscheint dies schon wegen der Parallelentscheidung in Papinian D. 47.2.81.7 nicht überzeugend. 224 Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 93. 225 Pika, Ex causa furtiva (1988), 53. 226 Levy, Konkurrenz I (1918), 389; Pika, Ex causa furtiva (1988), 53. 227 Liebs, Die Klagenkonkurrenz (1972), 132; Apathy, SZ 96 (1979), 78; Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 96.

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6. Teil: Die Wirkung der ratihabitio auf die dingliche Rechtslage

nächsten, wie ein Vergleich mit Papinian D. 47.2.81.7228 zeigt, einer Stelle, die oft mit D. 13.1.18 in Verbindung gebracht wird.229 Im Unterschied zu D. 47.2.81.7 entsteht hier im Verhältnis zwischen dem leistenden procurator und dem Putativschuldner nicht automatisch eine negotiorum gestio, da die Zahlung nicht geschuldet ist. Infolgedessen kann die condictio furtiva auch nicht an den Putativschuldner als Ausgleich dafür abgetreten werden, dass er dem Geschäftsführer auf Erstattung haftet, vielmehr erlischt die jeweilige condictio bei Geltendmachung der anderen. 5. Kapitel

Zusammenfassung 6. Teil Grundlage der Untersuchung zum Besitz- und Eigentumserwerb im Fall der ratihabitio bildet die Annahme, dass seit der Hochklassik nach der Meinung einiger Juristen Besitz und Eigentum per liberam personam erworben werden konnte.230 Auch wenn an der einen oder anderen Stelle sicherlich noch manche Vertiefung möglich ist, lässt sich einstweilen Folgendes konstatieren: Soweit der Besitzerwerb durch einen unbeauftragten Geschäftsführer erfolgt, bedarf es grundsätzlich der ratihabitio des dominus für dessen Besitzerwerb. Die ratihabitio hat dabei nicht die Funktion, die negotiorum gestio im Innenverhältnis zwischen Besitzendem und Geschäftsführer zu begründen, sondern sie ist Ausdruck des Besitzwillens. Das Vorliegen einer Rechtsbeziehung wie einer negotiorum gestio ist grundsätzlich keine Voraussetzung für den Besitzerwerb durch eine libera persona. Bei Einziehung einer Forderung des dominus durch einen Geschäftsführer dient die ratihabitio neben der Herbeiführung der Liberationswirkung auch dem Besitz- und Eigentumserwerb des dominus an den dem Geschäftsführer gezahlten Münzen. Dass der dominus bei Eintreibung einer Forderung durch die bloße Erteilung der Genehmigung grundsätzlich unmittelbar Eigentum an den einem procurator gezahlten Münzen erlangen kann, geht ausdrücklich aus D. 3.5.23 hervor. Bei Einziehung einer Nichtschuld erwirbt der dominus infolge seiner ratihabitio allem Anschein nach neben dem Besitz ebenfalls Eigentum an den eingezogenen Münzen. 228

S. § 38 der Untersuchung. Fargnoli, „Alius solvit alius repetit“ (2001), 96. 230 Diese Entwicklung ist im Zusammenhang mit der Änderung der rechtlichen Qualifikation des procurator zu sehen. Zunächst konnte Besitz nur durch einen procurator im Sinne eines procurator omnium rerum erworben werden. Hierbei handelte es sich in vorklassischer Zeit zunächst um Freigelassene, die auch nach ihrer Freilassung noch dem Machtbereich ihres Patrons unterstanden. Seitdem sich das soziale Anhängigkeitsverhältnis gelockert und sich die rechtliche Stellung des procurator verselbständigt hatte, und auch Freigeborene zu Prokuratoren bestellt wurden, lieferte das personenrechtliche Abhängigkeitsverhältnis keine ausreichende Grundlage mehr für den Besitzerwerb durch einen procurator. Vgl. auch § 4 II. der Untersuchung. 229

7. Teil

Zur cautio ratam rem haberi Im Folgenden soll nun auf die ratihabitio im Zusammenhang mit der cautio ratam rem haberi eingegangen werden. 1. Kapitel

Die Voraussetzungen des Verfalls der cautio ratam rem haberi § 40 Allgemeines Zunächst sollen einige allgemeine, zum Teil auch technische Bemerkungen zur cautio de rato vorangestellt und auch auf das Stipulationsformular eingegangen werden. Eine cautio ist eine Sicherheitsleistung,1 genauer gesagt ein in Stipulationsform abgegebenes Versprechen, mit dem jemand eine Leistung, besonders Schadensersatz für den Fall promittiert, dass der andere Teil aus einem näher bezeichneten Umstand künftig einen Schaden erleidet.2 Die cautio hat eine doppelte Funktion. Einerseits dient sie als Druckmittel gegen den Stipulationsschuldner, den Versprechenden, um die Erfüllung eines bestimmten Verhaltens zu sichern (Präventivfunktion).3 Sie bewirkt insoweit mehr als eine gewöhnliche Klage.4 Andererseits soll sie dem Stipulationsgläubiger, dem Versprechensempfänger, bei Zuwiderhandlung die Schadensersatzforderung (actio ex stipulatu) sichern.5 Die cautio de rato erlangte im römischen Rechtsleben große Bedeutung. Dies beruht darauf, dass es im römischen Prozessrecht die Möglichkeit gab, sich durch einen Prokurator im Prozess vertreten zu lassen, dessen Prozessführung man nachträglich genehmigte. 1 Der Ausdruck findet sich in D. 46.5.1.2 Ulpian 70 ed. Cautionales sunt autem, quae instar actionis habent et, ut sit nova actio, intercedunt, ut de legatis stipulationes et de tutela et ratam rem haberi et damni infecti. Ulpian merkt in diesem Zusammenhang sogleich (§ 4) an, dass eigentlich alle Stipulationen Kautionen seien: hoc enim agitur in stipulationibus, ut quis cautior et securior sit interposita stipulatione. 2 Kaser, RP I (1971), § 128 II 1 (539). 3 S. auch v. Woess, SZ 53 (1933), 394. 4 v. Woess, SZ 53 (1933), 394. 5 S. Ulpian D. 46.5.1.2. S. den Text dieser Stelle in Fn. 1.

304

7. Teil: Zur cautio ratam rem haberi

Ein procurator6 musste als Prozessvertreter Sicherheit mittels der cautio ratam rem haberi, kurz cautio de rato,7 für den Fall leisten, dass der Vertretene die Prozessführung nicht genehmigen, also seinerseits noch einmal Klage erheben würde.8 Wie bereits an anderer Stelle dargelegt,9 wurde das Klagerecht des Vertretenen bei Prozessführung durch einen procurator nicht konsumiert. Bei Klageerhebung des procurator gegen den Schuldner enthob nur die cautio den Schuldner der Gefahr einer doppelten Leistung, denn eine Kondiktion der infolge der Verurteilung an den procurator erbrachten Leistung scheiterte an der Bindungswirkung des Urteils.10 Verweigerte der procurator die cautio de rato, denegierte der Prätor die Klage.11 Die Prozesskaution erfolgte in der Regel durch satisdatio, d. h. unter Stellung von Bürgen.12 Dadurch bot sie dem Stipulationsgläubiger eine zusätzliche Sicherheit. Die Entstehungsgeschichte der cautio de rato ist eng verknüpft mit der Entwicklung des Prozessvertreters, denn zuvor bestand für sie praktisch kein Bedürfnis. Die cautio de rato hat sich im Anschluss an die Zulassung des Prozessvertreters ausgebildet, wohl aus der Gewohnheit heraus. Sie wurde dann irgendwann als verbindlich betrachtet und vom Prätor befohlen. Auch außergerichtlich konnte sich der Geschäftspartner eines Prokurators die Genehmigung im Rahmen einer freiwillig vorgenommenen Stipulation versprechen lassen.13 Vorsichtige Geschäftsgegner verlangten wohl nicht selten den Abschluss der stipulatio de rato als außergerichtliches Versprechen auf Ersatz ihres Interesses oder auf Zahlung einer Vertragsstrafe, insbesondere wenn ein procurator über einen fremden Gegenstand verfügte oder eine Zahlung für einen anderen annahm.14 Gaius merkt zur Kautionspflicht des Prokurators Folgendes an: Gaius IV.98 Procurator vero si agat, satisdare iubetur ratam rem dominum habiturum. periculum enim est, ne iterum dominus de eadem re experiatur; quod periculum 15 intervenit, si per cognitorem actum fuerit, quia de qua re quisque per cognitorem egerit, de ea non magis amplius actionem habet, quam si ipse egerit. 6 In der Regel auf der Klägerseite, vgl. Ulpian D. 3.3.33.3; Finkenauer, Stipulation (2010), 213. 7 In den Quellen findet sich häufig der Ausdruck ratam rem dominum habiturum, s. Finkenauer, Stipulation (2010), 216, wohl entsprechend der Formel. 8 Kaser/Hackl, RZ (1996), §§ 29 III 3 (215); 39 II (280). 9 S. § 16 der Untersuchung. 10 Harke, SZ 138 (2021), 520. 11 Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 III 3 (215). 12 Vgl. Ulpian D. 46.5.7. S. auch Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 III 3 (215), § 39 II (280); Kaser, RP I (1971), § 128 II 1 (539); Finkenauer, Stipulation (2010), 213. 13 Vgl. D. 46.8.10–12; Finkenauer, Stipulation (2010), 216. 14 Finkenauer, Stipulation (2010), 216 mit Verweis auf Ulpian D. 46.8.10. 15 Manthe, Institutiones (2004), 376.

1. Kap.: Die Voraussetzungen des Verfalls der cautio ratam rem haberi

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Der genaue Grund für die von Gaius angeführte Gefahr der erneuten Inanspruchnahme des Beklagten durch den Vertretenen ist im romanistischen Schrifttum umstritten. Die überwiegende Meinung in der Romanistik16 entnimmt der Aussage von Gaius, dass noch in der klassischen Zeit der procurator selbst bei hinreichender Legitimation (durch mandatum beziehungsweise iussum) im Gegensatz zum cognitor das Klagerecht des dominus litis zunächst nicht konsumierte, so dass die Gefahr einer zweiten Klage des dominus bestand. Dies wird unter Bezugnahme auf D. 3.3.33.317 mit der Strenge des Prozessrechts begründet.18 Die ratihabitio sei im Edikt anerkannt, das mandatum oder das formlose iussum dagegen nicht, was darauf zurückgeführt wird, dass das Vorliegen eines Mandats (oder eines formlosen iussum) in iure nicht nachgeprüft werden konnte. Erst mit der nachträglichen ratihabitio sei deshalb die Konsumptionswirkung eingetreten. In der Spätklassik sei aber der Klage des beauftragten procurator eine konsumierende Wirkung beigelegt worden.19 Nachdem die Konsumptionswirkung der Klage eines Prokurators anerkannt worden war, sei dennoch an der cautio de rato weiter festgehalten worden, da die Konsumptionswirkung der Klage auch weiterhin vom Bestehen der Prozessermächtigung abhing und das Vorliegen eines Mandats bei Klageerhebung unsicher sein konnte und auch, weil die exceptio procuratoria, mit der der Mangel der Ermächtigung geltend gemacht werden konnte, nicht immer zielführend war.20 Nach anderer Ansicht21 geht es Gaius in IV.98 um die Frage der Legitimation des Klägers als solcher. Die Gefahr einer erneuten Klage bestand dieser Auffassung zufolge darin, dass die Beauftragung oft ungewiss war. Der Vertretene konnte bis zur litis contestatio sein mandatum widerrufen.22 Dem eindeutig beauftragten procurator sei aber seit alters her eine konsumierende Wirkung zugesprochen worden. Die Argumentation, im Prozessrecht könne das formlose iussum, das im Mandat enthalten sei, nicht mit der ratihabitio gleichgesetzt werden, überzeuge nicht, da die ratihabitio ebenso wie das Mandat nicht an Formvorschriften gebunden sei.23 Beide Auffassungen stimmen insoweit überein, 16 Beckhaus, Ratihabition (1859), 36 Fn. 99; v. Bethmann-Hollweg, Der römische Civilprozeß II (1865), 432 ff.; Eisele, Cognitur und Procurator (1881), 141 ff.; Gehrich, Kognitur und Prokurator (1963), 74 ff.; Mecke, SDHI 28 (1962), 124 ff.; Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 III 3 (215 m. Fn. 53). 17 D. 3.3.33.3 Ulpian 9 ed. Ait praetor: ,cuius nomine quis actionem dari sibi postulabit, is eum viri boni arbitratu defendat: et ei quo nomine aget id ratum habere eum ad quem ea res pertinet, boni viri arbitratu satisdet‘. 18 Gehrich, Kognitur und Prokurator (1963), 79. 19 Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 III 3 (216); Liebs, SZ 86 (1969), 171. 20 Kaser/Hackl, RZ (1996), § 29 III 3 (216). 21 Huschke, ZGRW 14 (1848), 64 ff.; Finkenauer, Stipulation (2010), 215; Zwalve, SZ 127 (2010), 300. 22 Kaser, RP I (1971), § 153 I 2 (653). 23 So Finkenauer, Stipulation (2010), 215 Fn. 18.

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7. Teil: Zur cautio ratam rem haberi

als dass der Prokurator bei ungewissem Mandat die cautio de rato zu leisten hatte,24 was in der Praxis nicht selten der Fall gewesen sein wird. Die Gefahr des Doppelprozesses beziehungsweise der Doppelinanspruchnahme des Beklagten wird freilich durch die cautio nicht ausgeräumt, denn der dominus kann, wie gesagt, nicht zur Genehmigung gezwungen werden. An dem Recht des dominus litis, die Klage gleichwohl zu erheben, ändert die Kaution nichts. Das Risiko dafür wurde aber insoweit gemindert, als der procurator infolge des Abschlusses der cautio wohl in der Regel auf den Vertretenen einwirkte, die Genehmigung zu erteilen. Der procurator als gestor konnte überdies die ihm bei der Prozessführung entstandenen Kosten regelmäßig ungeachtet der Erteilung der ratihabitio als Aufwendungsersatz im Wege der actio negotiorum gestorum (contraria) vom dominus ersetzt verlangen und damit auf ihn abwälzen.25

§ 41 Der Inhalt der cautio ratam rem haberi Die cautio de rato hat der Prätor als erzwingbare Stipulation mit einer Musterformel ins Edikt gestellt.26 Der Kautionswortlaut ist nicht überliefert. Lenel27 hat den Wortlaut der prozessualen cautio de rato folgendermaßen rekonstruiert: Quo nomine mecum acturus es, eo nomine amplius non esse petiturum eum, cuius de ea re actio petitio persecutio est erit, ratamque rem habiturum esse Lucium Titium heredemve eius eumve ad quem ea res pertinebit dolumque malum huic rei abesse afuturumque esse, quod si ita factum non erit sive quid adversus ea factum erit, quanti ea res erit, tantam pecuniam dari spondesne? Spondeo.

Die Kaution enthält danach drei Klauseln, nämlich 1., dass der Vertretene nicht nochmals in derselben Sache klagen wird (amplius non esse petiturum – clausula de amplius non petendo), 2., dass der Vertretene und seine Rechtsnachfolger die Prozessführung genehmigen werden (ratamque rem habiturum esse – clausula de rato), sowie zuletzt 3., dass keine Arglist in dieser Sache vorliegt und vorkommen wird (dolumque malum huic rei abesse afuturumque esse – clausula doli).28 Der procurator verspricht dem Beklagten, eine Genehmigung des Geschäftsherrn herbeizuführen und im Falle des Ausbleibens der Genehmigung für den Schaden einzustehen. Der procurator promittiert kein factum alienum, d. h. kein 24

So auch Finkenauer, Stipulation (2010), 215 Fn. 18. Vgl. Gaius D. 3.3.46.6. 26 Kaser, RP I (1971), § 128 II 1 (539). 27 Lenel, EP (1927), 541. Zum Wortlaut der cautio de rato s. auch Kaser, SZ 90 (1973), 210; De Filippi, Ratihabitio (2002), 77; Finkenauer, Stipulation (2010), 213 f. 28 Kaser/Hackl, RZ (1996), § 39 II (280); Finkenauer, Stipulation (2010), 213 f. Das Versprechen dolum malum abesse afuturumque esse o. ä. kommt öfter bei Stipulationen vor, s. Kaser, RP I (1971), § 128 II 1 (539). 25

1. Kap.: Die Voraussetzungen des Verfalls der cautio ratam rem haberi

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fremdes Verhalten infolge einer direkten Stellvertretung des dominus oder eines Vertrages zu Lasten des dominus, sondern ein factum proprium, d. h. ein eigenes Verhalten.29 Das ratum habere wird deshalb nicht geschuldet, ist also nicht in obligatione, sondern nur in solutione, d. h. befreiend.30 Geschuldet ist nach dem Formelwortlaut nur die mit der Wendung quanti ea res erit bestimmte Geldsumme. Im Gegensatz zur außergerichtlichen Einziehung von Forderungen bezieht sich das ratam rem habere nicht auf eine Zahlung, sondern auf die Prozessführung durch den Vertreter.31 Fraglich ist, welche Anforderungen an die Erteilung der ratihabitio zu stellen sind. Die Antwort auf diese Frage hängt vom Verhältnis der beiden ersten Klauseln zueinander ab. Die Beziehung der beiden Klauseln zueinander, deren Verbindung durch Julian D. 46.8.2332 belegt wird,33 ist nicht ganz eindeutig. Dem Wortlaut zufolge soll mit der cautio ratam rem haberi nicht nur das (negative) amplius non agi, sondern auch das (positive) ratum haberi erreicht werden.34 Die Frage, die sich stellt, ist, ob die Klauseln wirklich so streng auseinander zu halten sind, wie es der Wortlaut des Edikts nahelegt, oder ob nicht vielleicht vielmehr die Klauseln zusammen zu lesen sind und das Geschehen als einheitlicher Vorgang zu sehen ist. Auch im Prozessrecht ist die ratihabitio formfrei. Das ratam rem non haberi ist umfassend zu verstehen und kann auch ein vorprozessuales oder außergerichtliches Verhalten erfassen.35 Es kommt vor allem bei der Verweigerung der Genehmigung nicht auf die Worte des dominus an, sondern auf sein konkludentes Verhalten.36 Eine Genehmigung liegt insbesondere dann nicht vor, wenn der dominus den Anspruch, dessen sich der procurator berühmt hat, noch einmal selbst geltend macht.37 Bei gerichtlicher Geltendmachung ist auch die erste Klausel der 29

Finkenauer, Stipulation (2010), 219. Kaser, SZ 90 (1973), 210. 31 Gehrich, Kognitur und Procurator (1963), 78. 32 D. 46.8.23 Julian 5 ex Minic. Procurator cum peteret pecuniam, satisdedit amplius non peti: post iudicium acceptum extitit, qui et ipse procuratorio nomine eandem pecuniam peteret: quaesitum est, cum is, qui postea peteret, procurator non esset et propter hoc exceptionibus procuratoriis excludi posset, num fideiussores prioris procuratoris tenerentur. Iulianus respondit: verius est non obligari fideiussores: nam in stipulatione cavetur non petiturum eum, cuius de ea re actio petitio persecutio sit, et ratum habituros omnes, ad quos ea res pertinebit: hic autem, qui procurator non est, nec actionem nec petitionem habere intellegendus est. 33 Lenel, EP (1927), 541; zust. Finkenauer, Stipulation (2010), 213 Fn. 7. 34 S. auch Kaser, SZ 90 (1973), 203. Entscheidend ist allein die Nichterteilung der ratihabitio, nicht der Ausgang des Prozesses des Gläubigers, wie aus Venuleius D. 46.8.8.1 hervorgeht. 35 Finkenauer, Stipulation (2010), 217. 36 Vgl. Scaevola D. 46.6.5; Paulus D. 46.1.66; Papinian D. 46.8.3.1; s. auch Finkenauer, Stipulation (2010), 216 f. 37 Finkenauer, Stipulation (2010), 217. 30

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7. Teil: Zur cautio ratam rem haberi

Kaution, das amplius non peti, verwirkt.38 Nach teilweise vertretener Ansicht macht die Klausel de rato die Klausel de amplius non petendo überflüssig und entbehrlich.39 Ein praktisches Bedürfnis für die Klausel de amplius non petendo bestehe angesichts des mit der Klausel de rato zu erreichenden Schutzes nicht. Nach anderer Auffassung kommt den beiden Klauseln eine wechselseitige deklaratorische Bedeutung zu, und sie dienen der Klarstellung.40 Streitig ist in diesem Zusammenhang auch, ob eine selbständige cautio amplius non peti ediktaler Vorläufer der cautio de rato war.41 Aufgrund dessen, dass der procurator letzten Endes den Klageverzicht und die ratihabitio durch den dominus in der Sache nicht promittieren kann, sein Versprechen auch keine Verpflichtung des dominus zum Klageverzicht und zur ratihabitio begründet, der dominus aber auch in eigener Person diesbezüglich kein Versprechen abgibt und der Klageverzicht als innere Absicht nicht erkennbar beziehungsweise nachweisbar ist, kann letztendlich bei Erteilung der ratihabitio nur auf den Akt der ratihabitio als einzige für den Prozessgegner erkennbare Handlung abgestellt werden. Der dominus bringt mit der ratihabitio zum einen zum Ausdruck, dass er die Prozessführung des procurator anerkennt, und zugleich auch, dass er nicht selbst den Prozessgegner in Anspruch nehmen wird.

§ 42 Der Verfall I. Der Verfallszeitpunkt Die Frage, wieviel Zeit bis zur Genehmigung (ratum haberi) der Vertretungshandlung vergehen darf, erörtern Julian und Ulpian in D. 46.3.13 und D. 46.8.12.2.42 1. Julian D. 46.3.13 D. 46.3.13 Julian 54 dig. Ratum autem habere dominus debet, cum primum certior factus est. sed hoc ™n plÜtei et cum quodam spatio temporis accipi debet, sicut in legato, cum de repellendo quaereretur, spatium quoddam temporis adsumitur nec minimum nec maximum et quod magis intellectu percipi quam ex locutione exprimi possit.43 38

Finkenauer, Stipulation (2010), 217. Lenel, EP (1927), 541. 40 Guizzi, Labeo 7 (1961), 338. 41 S. dazu Kaser/Hackl, RZ (1996), § 39 II (280 Fn. 15 m.w. N.). S. auch Finkenauer, Stipulation (2010), 213 Fn. 7. 42 Behrends, SZ 88 (1971), 271 wertet das Eingehen auf diese Frage als ein Indiz für die Verrechtlichung der ratihabitio. 43 Dieses Fragment wurde von v. Beseler, SZ 51 (1931), 196 f. als interpoliert betrachtet vom Wort sed bis zum Ende („Paraphrastenwerk“). Für die Echtheit dagegen Bertolini, Ratifica I (1889), 104 ff.; De Filippi, Ratihabitio (2002), 164; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 18; Klingenberg, SZ 126 (2009), 262 f. 39

1. Kap.: Die Voraussetzungen des Verfalls der cautio ratam rem haberi

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Die Erteilung der ratihabitio ist sowohl für die Frage der Befreiung des Schuldners als auch für die Frage des Verfalls der stipulatio ratam rem haberi von Bedeutung.44 Das 54. Buch, aus dem der Text von Julian ursprünglich stammt, handelt de solutionibus et liberationibus, also von Zahlung und Befreiung.45 Aufgrund des palingenetischen Zusammenhangs steht für Julian die Liberationswirkung der ratihabitio im Vordergrund.46 Er erörtert die Frage, welche Frist dem dominus für eine ratihabitio offensteht, wenn der Schuldner den geschuldeten Betrag an einen Geschäftsführer gezahlt hat. Nach Julian muss sich der dominus, cum primum certior factus est, also bald, nachdem er von der Zahlung an den Geschäftsführer in Kenntnis gesetzt worden ist,47 entscheiden, ob er genehmigen will oder nicht. Doch gewährt ihm Julian zugleich einen spatium temporis: Bei dem spatium temporis (Zeitraum) handelt es sich, wie die Parallele zur Ausschlagungsfrist beim Legat zeigt, um eine Bedenkzeit,48 innerhalb derer der Gläubiger Überlegungen dahingehend anstellen kann, bei wem von beiden, Geschäftsführer oder Schuldner, die Realisierung des Betrages am aussichtsreichsten erscheint.49 Der Gehalt des spatium temporis lässt sich nur schwer präzisieren, um mit Julian zu reden: Weder sei der Zeitraum ein kleiner, noch ein sehr großer, sondern vielmehr ein solcher, welchen man mehr durch den Verstand begreifen als durch Worte ausdrücken könne (nec minimum nec maximum et quod magis intellectu percipi quam ex locutione exprimi possit). Die von Julian gewählte Formulierung entspricht der aristotelischen Mesotes (mesüthò)-Lehre,50 der Lehre von der rechten Mitte aus der Nikomachischen Ethik. Sie wird von Aristoteles zur Bestimmung seines Tugendideals eingeführt.51 Aristoteles begreift Tugend als einen zwischen extremen Empfindungen und Wollensinhalten angesiedelten „Habitus des Wählens“, welcher die Mitte hält. Die Mesotes-Lehre wurde von den römischen Juristen auch in anderen Rechtsbereichen wie etwa dem Legatsrecht als ein angemessener Maßstab zur Bewertung eines Zeitraums herangezo-

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Klingenberg, SZ 126 (2009), 262. Lenel, Pal. I (1889), Sp. 458 (Nr. 716); Klingenberg, SZ 126 (2009), 262. 46 So auch Klingenberg, SZ 126 (2009), 262. 47 Das bedeutet auch, dass der Schuldner, bevor er eine Klage erhebt, die ihm bei fehlender ratihabitio des dominus gegen den gestor zusteht, zu klären hat, ob der dominus Gelegenheit hatte, sich im Hinblick auf die Handlung des gestor zu positionieren, Kacprzak, Ratihabitio (2002), 23. Die passive Formulierung lässt darauf schließen, dass es nicht darauf ankommt, durch wen die Information des dominus erfolgt. Bei einer Forderungseinziehung wird diese in der Regel durch den debitor oder durch den procurator erfolgen, so Klingenberg, SZ 126 (2009), 262. 48 A. Wacke, SZ 121 (2004), 352; Klingenberg, SZ 126 (2009), 263. 49 Klingenberg, SZ 126 (2009), 263. 50 Aristoteles, Ethica Nicomachea II 6, 1107 a 2–6. 51 Kinzler, Rechtliche Argumentationsfiguren (2016), 165. 45

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7. Teil: Zur cautio ratam rem haberi

gen.52 Da der Gläubiger genehmigen soll cum primum certior factus est, ist ihm ohne Zweifel nur eine kurze Zeit zur Überlegung gestattet. 2. Julian/Ulpian D. 46.8.12.2

Die Überlegungen von Julian zur Frist für die Erteilung der ratihabitio in D. 46.3.1353 sind auch von Ulpian im ersten Teil von D. 46.8.12.2 überliefert: D. 46.8.12.2 Ulpian 80 ed. Iulianus ait interesse, quando dominus ratam habere deberet solutionem in procuratorem factam, an tunc demum, cum primum certior factus esset. hoc autem ™n plÜtei accipiendum et cum quodam spatio temporis nec minimo nec maximo et quod magis intellectu percipi, quam elocutione exprimi possit. quid ergo, si, quod primo ratum non habuit, postea habebit ratum? nihilo magis proficere ad impediendam actionem suam et ob id, quod primo non habuit ratum, actionem salvam habere ait. ideoque si, quod procuratori fuerat solutum, exegerit, agi perinde ex ea stipulatione poterit, ac si ratum habere se postea non dixisset. sed ego puto exceptionem doli mali locum habituram.54

Ulpian kommentiert hier das obige Formular der cautio de rato unter Bezugnahme auf Julian. Er setzt in seiner Darstellung einen anderen Akzent als Julian: Während Julian die Liberationswirkung der ratihabitio betrachtet, steht für Ulpian nach dem palingenetischen Zusammenhang der Gesichtspunkt des Verfalls der stipulatio ratam rem haberi im Vordergrund.55 Der erste Teil ist weitgehend wortgleich mit D. 46.3.13.56 Im Hinblick auf den ersten Teil des Fragments kann daher auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.57 Neu hingegen ist, dass Julian Stellung zu dem Fall bezieht, dass der dominus eine nach den obigen Grundsätzen verspätete ratihabitio erteilt, also nach Ablauf des spatium temporis.58 Die verspätete ratihabitio ist nach Julian rechtlich unbeachtlich: Die ratiha52 S. auch Klingenberg, SZ 126 (2009), 263 mit Verweis auf Winkel, Error iuris nocet (1985), 55 ff., 74. Zu der Mesotes-Lehre als rechtliche Argumentationsfigur im geltenden Recht s. Kinzler, Rechtliche Argumentationsfiguren in der Nikomachischen Ethik (2016), 165 ff. S. ferner Bydlinski, Die Suche nach der Mitte als Daueraufgabe der Rechtswissenschaft, AcP 204 (2004), 309 ff. 53 S. § 42 I. 1. der Untersuchung. 54 In der älteren Literatur wurde das gesamte Fragment oftmals als interpoliert betrachtet, so auch v. Beseler, SZ 51 (1931), 196 f. (ganz oder fast ganz). Die Passage von hoc bis possit wird als unecht verdächtigt von Kreller, in: Scritti Ferrini IV (1949), 148 ff., der das spatium quoddam temporis im Sinne einer vom Schuldner zu setzenden Frist versteht, Kreller, ebd., 160, 162. Für „weitgehend überarbeitet“ unter Berufung auf v. Beseler auch Kaser, Quanti ea res est (1935), 211 Fn. 22. Für die Echtheit dagegen A. Wacke, TR 48 (1980), 217 Fn. 90; Behrends, SZ 88 (1971), 271 Fn. 224; De Filippi, Ratihabitio (2002), 164; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 12. 55 Lenel, Pal. II (1889), Sp. 880 (Nr. 1738); Klingenberg, SZ 126 (2009), 262. 56 S. § 42 I. 1. der Untersuchung. 57 S. § 42 I. 1. der Untersuchung. 58 Hierunter fällt nicht nur eine nach den obigen Grundsätzen verspätete ratihabitio, also eine nach Ablauf des quoddam spatium erklärte Genehmigung, sondern auch der

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bitio führt dementsprechend nicht zur Befreiung des Schuldners, und der Anspruch des dominus gegen den Schuldner besteht fort. Hat der Gläubiger das, was dem procurator gezahlt geworden war, gefordert (quod procuratori fuerat solutum, exegerit), könne der Schuldner, so Ulpian,59 ebenso gegen den procurator aus der Stipulation klagen,60 wie wenn der Gläubiger nicht noch verspätet genehmigt hätte.61 Unklar ist, gegen wen sich das mit exegerit beschriebene Vorgehen des Gläubigers richtet, gegen den procurator oder gegen den Schuldner. Überwiegend wird exegerit dahingehend aufgefasst, dass der creditor den bereits durch den Geschäftsführer eingezogenen Betrag nunmehr selbst vom debitor einfordert.62 Für dieses Verständnis spricht der Textduktus, denn der vorangehende Satz bezieht sich auf den Fortbestand der actio des Gläubigers gegen den Schuldner.63 In dem Herausgabeverlangen des Gläubigers könnte nach diesem Verständnis keine konkludente Genehmigung der Einziehung durch den procurator liegen, denn dadurch, dass er nunmehr selbst die Leistung vom Schuldner fordert, würde er die dem procurator geleistete Zahlung zurückweisen. Die in D. 46.8.12.2 erwähnte ratihabitio müsste demnach extra seitens des Gläubigers erteilt worden sein. Es spricht meines Erachtens mehr dafür, dass sich das mit exegerit beschriebene Vorgehen des Gläubigers gegen den procurator richtet: Die verspätete (konkludente) Genehmigung liegt wohl gerade darin, dass der Gläubiger vom procurator die eingezogenen Münzen nunmehr herausverlangt oder annimmt.64 Das exigere meint möglicherweise die Erhebung der actio negotiorum gesto-

Fall, dass sich der Geschäftsherr nach (ausdrücklicher oder konkludenter) Verweigerung der ratihabitio mit der Leistung an den procurator doch einverstanden erklärt, vgl. Harke, SZ 138 (2021), 511. 59 So auch Klingenberg, SZ 126 (2009), 263 Fn. 403 mit Verweis auf die direkte Rede. A. A. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 30 f.; Bertolini, Ratifica I (1899), 107. 60 Mit der Formulierung agi perinde ex ea stipulatione ist die actio ex stipulatu (aus der cautio de rato) gemeint. In diesem Sinne auch Bertolini, Ratifica I (1889), 104 ff.; Kaser, Quanti ea res est (1935), 210 f.; Kacprzak, Ratihabitio (2002), 13; Klingenberg, SZ 126 (2009), 263. A. A. De Filippi, Ratihabitio (2002), 165, wonach die actio des creditor gegen den debitor gemeint ist. Gegen eine solche Interpretation spricht, dass der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte dafür enthält, dass es sich bei der Forderung des creditor gegen den debitor um eine Stipulationsforderung handelt, so auch Klingenberg, SZ 126 (2009), 263 f. 61 Nicht eindeutig geht nach Kacprzak, Ratihabitio (2002), 13 ff. aus dem Fragment hervor, ob sich Ulpians Vorschlag auf eine Prozessituation bezieht oder auf eine außergerichtliche Situation, theoretisch seien zwei Lösungen denkbar. 62 In diesem Sinne v. Seuffert, Ratihabition (1868), 31; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 280 m. Fn. 375; ausdrücklich Bertolini, Ratifica I (1891), 105 ff.; Klingenberg, SZ 126 (2009), 264. 63 So argumentiert auch Klingenberg, SZ 126 (2009), 264. 64 In diesem Sinne auch v. Thur, SZ 13 (1892), 378 mit Verweis auf einen ähnlichen Tatbestand in Ulpian D. 17.1.12.16.

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7. Teil: Zur cautio ratam rem haberi

rum.65 Bezöge man das exegerit auf ein Vorgehen des Gläubigers gegen den Schuldner, wäre die Aussage, dass im Hinblick auf die Verwirkung der cautio de rato der Fall, dass der Gläubiger nach nachträglich erteilter (verspäteter) Genehmigung dann doch noch selbst gegen den Schuldner vorgeht, dem Fall gleichsteht, dass er nicht noch nachträglich genehmigt hat. Nach dieser Deutung müsste man die Stelle eigentlich so verstehen, dass die cautio de rato nicht schon im Moment der Ablehnung der Genehmigung (bei Fristablauf) verfällt, sondern erst, wenn der Gläubiger selbst gegen den Schuldner vorgeht,66 was aber in einem gewissen Widerspruch zum Formular der cautio de rato steht. Eine zum Wortformular der cautio de rato konforme Auslegung liegt an sich nur dann vor, wenn man exegerit auf ein Vorgehen des Gläubigers gegen den procurator im Wege der actio negotiorum gestorum bezieht. Letztendlich lässt sich aber über die Richtung des mit exegerit beschriebenen Vorgehens des Gläubigers keine sichere Aussage treffen. Ulpian aber will die exceptio doli gewähren: „sed ego puto exceptionem doli mali locum habituram“ („Aber ich glaube, dass die exceptio doli einschlägig sein könnte.“). Auf den ersten Blick sind im Hinblick auf die Entkräftung durch die exceptio doli zwei Lösungen denkbar: Die exceptio doli steht dem procurator gegen die actio ex stipulatu des Schuldners zu oder dem Schuldner gegen die Hauptforderung des Gläubigers. Entsprechend dazu haben sich im romanistischen Schrifttum verschiedene Meinungen herausgebildet: Vereinzelt ist vorgeschlagen worden, dass sich die exceptio auf die Hauptforderung des Gläubigers gegen den Schuldner bezieht, der die eingezogene Leistung vom Geschäftsführer bereits erhalten hat.67 Nach anderer Auffassung68 richtet sich Ulpian gegen die Lösung Julians als solche. Ulpian zeige einen ganz anderen Weg zum Schutz des debitor auf: Während nach Julian die verspätete ratihabitio von Rechts wegen unwirksam sei, könne nach der Ansicht von Ulpian der Schuldner selbst über die Wirksamkeit der verspäteten ratihabitio entscheiden. Der Schuldner könne der Klage des Gläubigers eine exceptio doli entgegen65 Die actio negotiorum gestorum des Gläubigers gegen den procurator erlischt zwar grundsätzlich bei Verweigerung der ratihabitio (vgl. Paulus D. 46.3.62 a. E. S. dazu die Ausführungen in § 5 III. 3. der Untersuchung) und wohl auch bei als verweigert anzusehender Genehmigung nach Fristablauf. Wenn die ratihabitio aber, wie unten noch zu sehen sein wird, von Ulpian honorarrechtlich noch als wirksam behandelt werden soll, dann wird sie natürlich auch im Innenverhältnis wirksam sein. Entgegen Klingenberg, SZ 126 (2009), 264 ist die actio negotiorum gestorum nicht deshalb abzulehnen, weil sie eine wirksame ratihabitio im Innenverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner zu ihrer Entstehung voraussetzt, denn bei Einziehung einer bestehenden Forderung entsteht die negotiorum gestio, wie oben festgestellt, grundsätzlich ipso gestu. S. dazu die Ausführungen in §§ 5, 6 der Untersuchung. 66 So wohl Klingenberg, SZ 126 (2009), 264. 67 v. Thur, SZ 10 (1889), 405. 68 E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 280 Fn. 375; Bertolini, Ratifica I (1889), 106, 108; Klingenberg, SZ 126 (2009), 264 f.

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halten, und auf diese Weise habe der Schuldner es in seiner Hand, ob er der verspäteten ratihabitio noch rechtliche Geltung zukommen lassen will oder nicht.69 Wenn der Schuldner die exceptio doli erhebe, sei die Zahlung an den procurator und damit die verspätete ratihabitio (nach prätorischem Recht) wirksam. Umgekehrt sei, wenn der Schuldner sich nicht auf die exceptio doli berufe, die ratihabitio unwirksam. Da der Schuldner somit – wenn er die exceptio geltend macht – nicht zu einer nochmaligen Zahlung herangezogen werden könne, erübrige sich auch ein Vorgehen gegen den procurator aus der cautio de rato, da es an einem dem Schuldner zu ersetzenden Interesse fehle.70 Das sei durchaus im Sinne des Schuldners, weil für ihn damit die Angelegenheit erledigt sei und auch das Insolvenzrisiko bezüglich des procurator genauso auf den Gläubiger übergehe wie bei rechtzeitiger ratihabitio.71 Seuffert72 dagegen legt im Hinblick auf die exceptio doli folgenden Fall zugrunde: Der Schuldner handele dolos, wenn er sich aus Schikane auf die Ungültigkeit der verspäteten ratihabito berufe, nur damit die cautio verfällt. Wenn er dann aus der cautio klage, stehe dem procurator die exceptio doli gegen den Schuldner zu. Die allgemeine Formulierung „sed ego puto exceptionem doli mali locum habituram“ lässt indessen die Annahme dieser besonderen Umstände für ein rechtsmissbräuchliches Handeln nicht zu.73 Nach Kacprzak steht die exceptio doli wohl dem procurator gegen die actio ex stipulatu des Schuldners zu und zwar für den Fall, dass der Gläubiger die geschuldete Leistung vom procurator erhalten hat.74 Zu diesem Ergebnis kommt Kacprzak, nachdem sie alle möglichen Varianten gedanklich durchgespielt hat, die sich bei Berücksichtigung der exceptio doli ergeben könnten: Wenn die von Ulpian vorgeschlagene exceptio doli dem Schuldner gegenüber der Hauptforderung des Gläubigers zustehen würde, müsste, so Kacprzak, der Schuldner die Möglichkeit verlieren, Schadensersatz aufgrund der cautio de rato vom procurator fordern zu können, denn dies würde dem Schuldner einen ungerechtfertigten Gewinn einbringen, da er dann nicht mehr der Gefahr einer erneuten Inanspruchnahme des Gläubigers ausgesetzt wäre. Auf der anderen Seite sollte der Gläubiger, der die Möglichkeit verloren hat, die geschuldete Leistung vom Schuldner zu fordern, das Recht haben, das, was er von dem procurator erhalten hat, zu behalten. Der Schuldner könne daher nicht vom Gläubiger das gezahlte Geld zurückfordern. In dieser Situation würde der procurator, der mit der Haf69

E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 280 Fn. 375. E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 280 Fn. 375; Klingenberg, SZ 126 (2009), 265. 71 Klingenberg, SZ 126 (2009), 265. 72 v. Seuffert, Ratihabition (1868), 31. 73 So auch Bertolini, Ratifica I (1889), 107. 74 Kacprzak, Ratihabitio (2002), 13 ff.; in diese Richtung auch schon Kreller, in: Scritti Ferrini IV (1949), 164 f. 70

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tung aus der cautio belastet ist, einen unangemessenen Vermögensnachteil erleiden, weil er die Leistung vom Gläubiger nicht zurückfordern könne. Diese Lösung sei daher weniger wahrscheinlich. Dem procurator stehe deshalb die exceptio doli gegen die actio ex stipulatu des Schuldners zu. Die einzige Voraussetzung, um zu rechtfertigen, dass der procurator die exceptio doli gegen die actio ex stipulatu erheben kann, sei, so Kacprzak, dass der Gläubiger nach dem Erhalt der Leistung vom procurator die Möglichkeit verliert, die Leistung vom Schuldner einzufordern. Für Kacprzaks These, wonach dem procurator die exceptio doli gegen die actio ex stipulatu des Schuldners zusteht, spricht die Tatsache, dass der Vorschlag von Ulpian zur Gewährung der prozessualen Ausnahme unmittelbar nach der Passage folgt, in welcher dem Schuldner die Möglichkeit eingeräumt wird, gegen den procurator im Wege der cautio de rato vorzugehen. Der Vorschlag von Ulpian bezieht sich sehr wahrscheinlich auf den Fall, in dem der Gläubiger, obwohl er zunächst das spatium temporis fruchtlos verstreichen lassen hat, seine Meinung geändert und die eingezogenen Münzen vom Geschäftsführer schließlich doch noch angenommen hat. Diese verspätete Annahme stellt bei lebensnaher Auslegung die verspätete ratihabitio dar. Will der Schuldner nun in einem solchen Falle aus der cautio vorgehen, erhält der procurator die exceptio doli gegen die Klage aus der cautio. Die Feinheit der Argumentation Ulpians besteht darin, hervorzuheben, dass die Tatsache der verspäteten ratihabitio die Haftung des procurator aus der cautio de rato auf der Ebene des ius civile nicht berührt.75 Wenn die stipulatio verfallen ist, kann der Verfall nachträglich nicht ohne Weiteres bereinigt werden. Allerdings ist diese Entscheidung nicht zwingend, da das Stipulationsformular der cautio de rato, wie bereits ausgeführt, keine Fristbestimmung enthält und anders als in Africanus/Julian D. 46.8.25.176 das ratum haberi in D. 46.8.12.2 nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt Bezug nimmt, so dass hier für eine zivilrechtliche interpretatio, einen zunächst eingetretenen Verfall zu bereinigen, grundsätzlich Raum wäre. Dem Wortlaut der cautio wird auch dann entsprochen, wenn der Gläubiger verspätet genehmigt. Er soll zwar nach Julian und Ulpian innerhalb des spatium temporis genehmigen. Davon ist jedoch im Versprechen keine Rede. Ulpian stand aber wohl einer nachträglichen Verfallsbereinigung im Wege der interpretatio aufgrund des formellen Charakters sowie des Sinns und Zwecks der cautio ablehnend gegenüber. Er kommt zu dem Schluss, dass der verspäteten ratihabitio nur Bedeutung auf der Ebene des Honorarrechts in Form der exceptio doli zukommt und damit der Verfall der cautio honorarrechtlich bereinigt wird.77 Im Ergebnis steht es damit im Belieben des

75

In diese Richtung auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 17. S. § 19 der Untersuchung. 77 Vgl. auch die honorarrechtliche Verfallsbereinigung kraft exceptio doli bei der römischen Vertragsstrafe. Dazu eingehend Knütel, Stipulatio ponae (1976), §§ 18–22. 76

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Gläubigers, ob er die an den procurator erbrachte Leistung doch noch annimmt. Die Entscheidung Ulpians bezweckt wohl die Unsicherheiten bei der Auslegung des „unbestimmten Rechtsbegriffes“ spatium temporis auszugleichen. Das spatium temporis erweist sich als ein nur schwer bestimmbarer Zeitraum.78 Gegen die Sichtweise Ulpians spricht, dass danach die Rechtslage bis zum Moment der gerichtlichen Entscheidung, d. h. bis zur Streiteinsetzung über die actio ex stipulatu, in der Schwebe bleibt, weil der Gläubiger durch eine verspätete Genehmigung stets noch honorarrechtlich die Befreiung des Schuldners herbeiführen kann.79 Und außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens könnte der Schuldner die actio ex stipulatu dann nur selten geltend machen. Das Stipulationsversprechen wäre für den Stipulator insoweit praktisch wertlos: Er müsste auf die Erteilung der ratihabitio möglicherweise eine ungewisse Zeit lang warten. Die stipulatio de rato würde erst dann verfallen, wenn sicher festeht, dass die ratihabitio nicht erteilt wird. Wer den Abschluss einer (außergerichtlichen) stipulatio de rato verlangt, der tut das regelmäßig deshalb, um den dominus zur alsbaldigen Herbeiführung der ratihabitio zu veranlassen. Das Sicherungsbedürfnis des Schuldners, d. h. des Stipulators liegt nicht nur darin, dass bei Zuwiderhandlung sein Schaden ersetzt wird, sondern der Zweck der stipulato de rato ist auch darin zu sehen, alsbald Klarheit über die Positionierung des Gläubigers im Hinblick auf die Zahlung an den procurator zu erhalten. Die cautio dient ebenso der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit dahingehend, dass der Schuldner davon ausgehen darf, dass, wenn die ratihabitio nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums erteilt wird, die cautio verfällt. II. Rechtslage während der Schwebezeit – Julian/Ulpian D. 46.3.58 pr. Nach Julian D. 46.3.13 muss der dominus genehmigen, sobald er Kenntnis von der Zahlung erlangt hat. Aus umgekehrter Sicht erörtert Ulpian unter Bezugnahme auf Julian in D. 46.3.58 pr. die Frage, ob der Schuldner in der Zwischenzeit beim Geschäftsführer kondizieren kann oder die Erteilung beziehungsweise Ablehnung der ratihabitio abwarten muss. D. 46.3.58 pr. Ulpian 80 ed. Si quis offerenti se negotiis alienis bona fide solverit, quando liberetur? et ait Iulianus, cum dominus ratum habuerit, tunc liberari. idem ait, antequam dominus haberet ratum, an condici ex ea causa possit? et ait interesse, qua mente solutio facta esset, utrum ut statim debitor liberetur an vero cum dominus ratum habuisset: priore casu confestim posse condici procuratori et tunc demum extingui condictionem, cum dominus ratum habuisset, posteriore tunc demum nasci condictionem, cum dominus ratum non habuisset.

78 79

Vgl. auch Knütel, Stipulatio ponae (1976), 152 f. Harke, SZ 138 (2021), 511.

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7. Teil: Zur cautio ratam rem haberi

Der Schuldner hat an einen Geschäftsführer in gutem Glauben (bona fide80) gezahlt. Ulpian wirft die Frage auf, wann er befreit wird. Nach Julian komme es erst im Zeitpunkt der Erteilung der ratihabitio zur liberatio des Schuldners, so Ulpian. Julian stelle die weitere Frage, ob der Schuldner die condictio gegen den Geschäftsführer sofort erheben kann oder erst, wenn festeht, dass der Gläubiger die ratihabitio nicht erteilt. Während Ulpian hier dem palingenetischen Zusammenhang nach das obige Formular der cautio de rato81 kommentiert,82 untersucht Julian offenbar die Rechtslage, wenn keine stipulatio de rato vorliegt.83 Julian stellt daher auf die condictio und nicht auf die actio de stipulatu ab.84 Julian entscheidet, es komme darauf an, in welcher Absicht (mente) die Leistung erfolgt ist.85 War der Schuldner davon überzeugt, dass der procurator zur Einziehung der Leistung ermächtigt ist, könne er die condictio noch während der Pendenz anstrengen, sobald er entdeckt, dass der procurator ohne Zustimmung des dominus gehandelt hat. Anders liegen die Dinge, wenn der Schuldner in Kenntnis der fehlenden Zustimmung des Gläubigers gezahlt hat. Dann ist die condictio während der Frist (vorläufig) gehemmt. Dem Schuldner steht während der Pendenz keine condictio zu, sondern erst wenn feststeht, dass der dominus seine Genehmigung nicht erteilt. Unter cum dominus ratum non habuisset fällt hier wohl nicht nur die ausdrückliche oder konkludente Ablehnung der ratihabitio, sondern auch der Fall, dass der Gläubiger eine für die Hauptforderung bestehende Frist fruchtlos verstreichen lässt.86 Dem Schuldner ist dann die bis dahin bestehende Ungewissheit über die Wirksamkeit seiner Zahlung zuzumuten, da er von der Nichtberechtigung des procurator wusste. Dies folgt auch aus D. 12.1.19 pr.87 Julian gewährt danach die condictio ob rem erst, wenn sicher ist,

80 Angesichts des Umstands, dass Julian als zweite Möglichkeit die Absicht in Betracht zieht, die ratihabitio abzuwarten, beziehen sich diese Worte nicht auf die Vertreterqualität des procurator. 81 § 41 der Untersuchung. 82 Lenel, Pal. II (1889), Sp. 880 (Nr. 1737). 83 Vgl. auch § 42 I. 1. der Untersuchung. 84 Vgl. auch Julian D. 46.8.22 pr. in § 43 I. der Untersuchung. 85 Nicht korrekt hat De Filippi, Ratihabitio (2002), 170 die Stelle paraphrasiert bzw. verstanden: Nach De Filippi ist es irrelevant, in welcher Absicht der Zahlende geleistet hat. 86 So auch E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 297. 87 D. 12.1.19 pr. Julian 10 dig. Non omnis numeratio eum qui accepit obligat, sed quotiens id ipsum agitur, ut confestim obligaretur. nam et is, qui mortis causa pecuniam donat, numerat pecuniam, sed non aliter obligabit accipientem, quam si exstitisset casus, in quem obligatio collata fuisset, veluti si donator convaluisset aut is qui accipiebat prior decessisset. et cum pecunia daretur, ut aliquid fieret, quamdiu in pendenti esset, an id futurum esset, cessabit obligatio: cum vero certum esse coepisset futurum id non esse, obligabitur qui accepisset: veluti si Titio decem dedero, ut stichum intra calendas manumitteret, ante kalendas nullam actionem habebo, post kalendas ita demum agere potero, si manumissus non fuerit.

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dass der Erfolg nicht eintritt (cum vero certum esse coepisset futurum id non esse), nicht aber solange er noch in der Schwebe ist (in pendenti esset). III. Ratihabitio nach ergangenem Urteil – Venuleius D. 46.8.8.1 Der Hochklassiker Venuleius behandelt im 15. Buch seiner Abhandlung de stipulationibus eine erst nach Urteilsspruch vorgebrachte ratihabitio. D. 46.8.8.1 Venuleius 15 stipul. Si procurator a debitore pecuniam exegerit et satisdederit dominum ratam rem habere, mox dominus de eadem pecunia egit et litem amiserit, committi stipulationem: et, si procurator eandem pecuniam domino sine iudice solverit, condicturum. sed cum debitor ex stipulatu agere coeperit, potest dici dominum, si defensionem procuratoris suscipiat, non inutiliter doli mali exceptione adversus debitorem uti, quia naturale debitum manet.

Ein nicht beauftragter procurator hat eine bestehende Forderung eingezogen und die stipulatio de rato geleistet. Es lässt sich dem Text nicht unmittelbar entnehmen, ob der Schuldner die Leistung freiwillig erbracht hat oder zu ihr aufgrund eines Urteils gezwungen worden ist und damit, ob die cautio ratam rem haberi außergerichtlich oder auf Anordnung des Prätors gestellt worden ist.88 Das Verb exigere lässt ein Hineinlesen eines Rechtsstreits zwischen dem procurator und dem debitor und somit grundsätzlich beide Auslegungen zu.89 Gegen die Annahme eines gerichtlichen Verfahrens spricht aber die ausdrückliche Erwähnung des folgenden durch die Klage des Gläubigers gegen den Schuldner eingeleiteten Rechtsstreits.90 Der Gläubiger klagt selbst gegen den Schuldner. Obgleich der Gläubiger unterliegt (litem amiserit91), soll der procurator dem Schuldner aus der cautio haftbar sein. Hat der procurator die eingezogenen Münzen bereits an den Gläubiger weitergeleitet, soll er sie von diesem mit der condictio92 88

Harke, SZ 138 (2021), 507. Harke, SZ 138 (2021), 507. 90 Harke, SZ 138 (2021), 507. 91 Gemeinhin bezieht man das litem amiserit auf das Unterliegen im Prozess durch abweisendes Urteil. Francke, Civ. Abhandlungen (1826), 76 f., gleichsinnig Keller, Ueber Litis Contestation und Urtheil (1827), 159; Eisele, Compensation (1876), 94 wollen dagegen das litem amiserit im Sinne eines Verlierens des Prozesses durch die Prozessverjährung verstehen. Francke beruft sich zum Beweis dieses Sprachgebrauchs auf Ulpian D. 9.2.30.1. 92 Und zwar mit der condictio indebiti, so auch Fein, AcP 26 (1843), 183. Zwar könnte auch an die condictio ob rem gedacht werden, indem der procurator das eingezogene Geld in Erwartung der ratihabitio an den dominus gezahlt hat. Da er aber durch die Aushändigung des Geldes die (vermeintliche) Verbindlichkeit aus der negotiorum gestio erfüllen wollte, ist wohl die condictio indebiti einschlägig. Mit der Verweigerung der ratihabitio ist die actio negotiorum gestorum (directa) erloschen, s. dazu die Ausführungen in § 5 III. 3. der Untersuchung. S. auch Schwanert, Naturalobligationen (1861), 197 Fn. 21, der beide Kondiktionen für möglich hält. 89

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7. Teil: Zur cautio ratam rem haberi

zurückfordern können, soweit die Zahlung nicht in Erfüllung einer Urteilsschuld erfolgt ist. Die Verwendung der indirekten Rede am Anfang deutet darauf hin, dass Venuleius offenbar einen älteren Juristen zitiert, bei dem es sich um den im Principium erwähnten Sabinus handeln könnte.93 Nach dessen Ansicht verfällt wegen der erfolglosen Klage des Gläubigers gegen den Schuldner die cautio de rato, und der Gläubiger ist zur Rückerstattung des ihm von dem Geschäftsführer gezahlten Betrags verpflichtet. Im Schlusssatz, der in direkter Rede wiedergegeben ist, entscheidet Venuleius, der Gläubiger könne die exceptio doli gegen den Schuldner geltend machen für den Fall, dass er die Verteidigung des procurator übernimmt und sich anstelle des procurator auf die Klage des Schuldners aus der cautio de rato einlässt. Auf diese Weise wird die actio ex stipulatu undurchsetzbar; und der Gläubiger kann die an ihn weitergereichte Leistung des Schuldners behalten. Zur Begründung beruft Venuleius sich auf die Existenz einer naturalis obligatio (quia naturale debitum manet – weil eine Schuld nach Naturrecht bleibt). Der Gläubiger hat selbst Klage gegen den Schuldner erhoben und damit zum Ausdruck gebracht, dass er eine Genehmigung verweigert, auch wenn seine Klage gegen den Schuldner abgewiesen wurde und sich damit nicht die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme realisiert hat. Entscheidend ist allein die Nichterteilung der ratihabitio, nicht der Ausgang des Prozesses. Bei rein formaler Betrachtung verfällt die stipulatio de rato, d. h. die actio ex stipulatu ist begründet. Der procurator ist somit verpflichtet, dem Schuldner das volle Interesse zu leisten, das dieser an der Erteilung der ratihabitio hat, wozu vor allem die Erstattung des an den procurator gezahlten Geldbetrages gehört. Verfügt der Geschäftsführer noch über den eingezogenen Betrag, kann er sich seiner Verpflichtung entledigen, indem er die Summe an den Schuldner zurückzahlt. Hat er sie dagegen schon dem Gläubiger ausgehändigt, kann er sie von diesem mit der condictio zurückfordern.94 Übernimmt der Gläubiger jedoch die Verteidigung des procurator, erteilt Venuleius dem Gläubiger die exceptio doli, wenn der Schuldner aus der Stipulation klagt. Man muss wohl annehmen, dass der Gläubiger apud iudicem von der an den procurator geleisteten Zahlung noch keine Kenntnis hatte.95 Als Grund für die Gewährung der exceptio doli kommt auch96 hier die Annahme einer nachträglichen ratihabitio in Betracht.97 In der Entgegennahme des eingezogenen Geldes,

93 94 95 96 97

Harke, SZ 138 (2021), 508. Harke, SZ 138 (2021), 508 So auch Fein, AcP 26 (1843), 182. Vgl. Julian/Ulpian D. 46.8.12.2 in § 42 I. 2. der Untersuchung. Vgl. auch Harke, SZ 138 (2021), 510, der diese aber letztlich verneint.

1. Kap.: Die Voraussetzungen des Verfalls der cautio ratam rem haberi

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spätestens in der Übernahme der defensio könnte man eine nachträgliche ratihabitio des Gläubigers sehen.98 Mit den möglichen Konsequenzen eines solchen Verhaltens haben sich Julian und Ulpian in dem bereits bekannten Fragment D. 46.8.12.299 beschäftigt.100 Die hier behandelte Fallkonstellation lässt sich mit der von Julian und Ulpian behandelten Konstellation jedoch ohne Weiteres nicht vergleichen:101 Bei Julian und Ulpian geht es um den Fall, dass der Schuldner auf eine wirklich bestehende Schuld geleistet hat. In der von Venuleius behandelten Konstellation hat der Schuldner dagegen auf eine bestehende Forderung geleistet, die sich anschließend trotz Bestehens als prozessual undurchsetzbar erwiesen hat. Für Harke erklärt sich die Annahme der obligatio naturalis aus dem von ihm der cautio de rato zugrunde gelegten Zweck, die vom Geschäftsführer eingezogene Forderung für die Zukunft jedem weiteren Streit zu entziehen. Der Schuldner sei daher mit der Behauptung ausgeschlossen, die vom Geschäftsführer eingezogene Forderung bestehe in Wahrheit nicht.102 Erfolge die cautio de rato bei gerichtlicher Inanspruchnahme des Schuldners, solle sie sicherstellen, dass es für diesen mit dem einzuleitenden Verfahren sein Bewenden hat.103 Denn die ihm geleistete Sicherheit gelte nicht nur für den Fall einer Klageabweisung, sondern decke auch und gerade seine Verurteilung ab.104 Im Fall einer freiwilligen Leistung, um den es Venuleius höchstwahrscheinlich gehe, bedeute die Bereitschaft zur Zahlung gegen Sicherheitsleistung, dass der Schuldner sich mit dem Ausgang des vom procurator gegen ihn geführten Prozesses abfindet.105 Demnach ist es nach Auffassung von Harke als ein Anerkenntnis zu werten, wenn der Schuldner gegen Sicherheitsleistung an den procurator leistet.106 Die Annahme einer naturalis obligatio ergebe sich nicht aus der bloßen Leistung, sondern aus der sie begleitenden cautio.107 Habe der procurator die Zahlung an den Gläubiger weitergereicht, vereinige sich in der Person des Gläubigers die Leistung mit dem sich aus dem Schuldanerkenntnis ergebenden Rechtsgrund, so dass er den procurator erfolgreich gegen den Schuldner verteidigen kann.108 Auf diese Weise korrigiere Venuleius die Entscheidung des von ihm zitierten älteren Juristen. 98

Harke, SZ 138 (2021), 510. S. § 42 I. 2. der Untersuchung. 100 Vgl. auch Harke, SZ 138 (2021), 510. 101 Harke, SZ 138 (2021), 512. 102 Harke, SZ 138 (2021), 520 f. 103 Harke, SZ 138 (2021), 521. 104 Harke, SZ 138 (2021), 521. 105 Harke, SZ 138 (2021), 521. 106 Harke, SZ 138 (2021), 520 f. 107 Harke, SZ 138 (2021), 521. 108 Harke, SZ 138 (2021), 521. 99

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7. Teil: Zur cautio ratam rem haberi

Meines Erachtens erklärt sich die Annahme der naturalis obligatio mit Blick auf Paulus D. 12.6.60 pr.109 daraus, dass der durch den procurator eingezogene Betrag dem Geschäftsherrn materiellrechtlich zusteht. Im Principium referiert Paulus eine Stellungnahme Julians, der die Kondiktion einer nach litis contestatio beglichenen Leistung auf eine tatsächlich bestehende Schuld eines anschließend Freigesprochenen ablehnt. Ob verurteilt oder freigesprochen, der Beklagte leiste hier, was er zu zahlen verpflichtet war. Auch im vorliegenden Fall zieht Julian den Gedanken einer post litem contestatam fortbestehenden naturalis obligatio heran. Beide Entscheidungen bringen ein allgemeines Prinzip zum Ausdruck: Der Gläubiger einer undurchsetzbaren ihm materiellrechtlich aber zustehenden Forderung kann zwar einerseits den Status quo nicht mehr zu seinen Gunsten verändern, weil sein Anspruch eben nicht durchsetzbar ist. Er muss aber andererseits auch keine Veränderung des Status quo zu seinen Lasten hinnehmen. Wenn die Leistung in seine Hände gelangt ist, darf er sie nach dem Prinzip der materiellen Gerechtigkeit behalten. Erst nach Klageerhebung des Gläubigers hat der procurator wohl diesem das Geld ausgehändigt und wird nun von dem Schuldner mit der actio ex stipulatu belangt.110 Aufgrund des formellen Charakters der cautio kann eine nachträgliche ratihabitio grundsätzlich nur eine honorarrechtliche Berücksichtigung über eine exceptio doli finden.111 Dass der Schuldner auf eine Forderung geleistet hat, die sich anschließend trotz Bestehens vor dem Richter als nicht durchsetzbar erwiesen hat, hält Venuleius nicht von der Erteilung der exceptio doli ab. Ungeachtet dessen kann der Gläubiger genehmigen, quia naturale debitum manet, weil der Schuldner trotz des klageabweisenden Urteils naturaliter obligiert bleibt.112 Venuleius erreicht auf diese Weise, wenn der Gläubiger, statt an den procurator zu zahlen, dessen Verteidigung übernimmt, dass der Gläubiger die an ihn ausgekehrte Leistung des Schuldners behalten kann. Ansonsten findet eine Rückabwicklung übers Dreieck statt.113 Der procurator wird danach von dem Schuldner aus der cautio de rato in Anspruch genommen, und der procurator belangt den Gläubiger mit der condictio. 109 D. 12.6.60 pr. Paulus 3 quaest. Iulianus verum debitorem post litem contestatam manente adhuc iudicio negabat solventem repetere posse, quia nec absolutus nec condemnatus repetere posset: licet enim absolutus sit, natura tamen debitor permanet: similemque esse ei dicit, qui ita promisit, sive navis ex asia venerit sive non venerit, quia ex una causa alterius solutionis origo proficiscitur. 110 So Fein, AcP 26 (1843), 182 f. 111 Dies liegt auf der Linie von Ulpian, vgl. D. 46.8.12.2 in § 42 I. 2. der Untersuchung. 112 Der Rekurs auf die Naturalobligation bereitet dem Schrifttum zum Teil Unbehagen, s. Harke, SZ 138 (2021), 510 mit Verweis unter anderem auf Siber, in: Gedenkschrift für Mitteis (1926), 75. 113 Harke, SZ 138 (2021), 509.

2. Kap.: Die Verfallswirkungen

321

Es erscheint gerecht, dass der mit seiner Klage wohl zu Unrecht abgewiesene Gläubiger nicht zur Herausgabe des schon Empfangenen angehalten werden kann. Wenn der Schuldner die Zahlung mit der cautio de rato rückgängig machen könnte, würde ihm dadurch eine Möglichkeit geschaffen, sich seiner naturaliter bestehenden Schuld noch indirekt zu entziehen. 2. Kapitel

Die Verfallswirkungen Nach den obigen Ausführungen114 zeitigt die cautio de rato als Rechtsfolge eine Haftung auf quanti ea res erit (wie viel diese Sache wert sein wird).115 Das Interesse des Stipulators besteht im Ersatz der Prozesskosten,116 und, wenn der procurator gesiegt hat, der diesem gezahlten Judikatssumme.117 Im Folgenden soll vor allem die Frage im Vordergrund stehen, welche Auswirkungen der Verfall der cautio auf die sonst zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsbeziehungen hat.

§ 43 Zum Verhältnis von condictio und actio ex stipulatu Es erhebt sich gerade auch im Anschluss an die zuletzt besprochene Stelle (D. 46.8.8.1) die Frage, in welchem Verhältnis die actio ex stipulatu zu der condictio gegen den Geschäftsführer steht. In Betracht kommen grundsätzlich eine kumulative, elektive (nach Wahl des Schuldners) oder eine einander ausschließende (verdrängende) Beziehung. Diese Frage stellt sich nur bei der Leistung einer Kaution im Falle der außergerichtlichen Einziehung einer Forderung. Denn 114

S. dazu § 41 der Untersuchung. Die Frage, ob die Formel der cautio auf quanti ea res erit lautete, der Promissor also verpflichtet werden sollte, dem Stipulator das Interesse, den Geldwert, zu ersetzen, wenn er das ratum habere nicht herbeiführt, wird allerdings kontrovers beurteilt. Die h. M. begründet die quanti ea res erit-Klausel mit Paulus D. 46.5.2.2; ders. D. 46.8.13 pr. und Venuleius D. 46.8.8.2, die im Zusammenhang mit der Kaution das quanti ea res erit anführen, so Lenel, EP (1927), 541 Fn. 13. Zweifel daran, dass die Kaution diesen Wortlaut schon in der frühen Klassik hatte, erhebt Finkenauer, Stipulation (2010), 214 Fn. 9. Er beruft sich auf Ulpian D. 45.1.38 pr. und 2, die zeigten, dass die für die Frage des Haftungsumfangs gegebene Differenzierungsmöglichkeit mittels der quanti ea res erit-Klausel zur Zeit des Sabinus noch nicht bestand. Die Klausel scheint auf den ersten Blick überflüssig zu sein, weil eine Klage aus dieser Stipulation gemäß dem Prinzip der condemnatio pecuniaria ohnehin nur auf Bezahlung des Geldinteresses in Betracht kommt. Ihr Sinn liegt jedoch darin, dem Promissor zu ermöglichen, sich auch durch außergerichtliche Zahlung des Geldinteresses zu befreien. Außerdem handelt es sich bei der condemnatio pecuniaria um ein rein prozessuales Prinzip, vgl. Reichard, Die Frage des Drittschadensersatzes (1993), 205 u. ö. 116 Vgl. Julian D. 46.8.22.5. 117 Finkenauer, Stipulation (2010), 215. 115

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7. Teil: Zur cautio ratam rem haberi

nach der Klageerhebung scheidet eine condictio wegen der festlegenden Wirkung der litis contestatio aus. I. Julian D. 46.8.22 pr. Mit der Konkurrenzproblematik zwischen der actio ex stipulatu und der condictio hat sich Julian in D. 46.8.22 pr. beschäftigt: D. 46.8.22 pr. Julian 56 dig. Si sine iudice non debitam pecuniam exegerit procurator et dominus ratam solutionem non habuerit, sed eandem pecuniam petere instituerit: fideiussores tenentur et condictio, qua procurator teneretur, si stipulatio interposita non fuisset, peremitur. quotiens enim procuratori pecunia solvitur et dominus eam solutionem ratam non habet, existimo id agi, ut condictio perematur et sola actio ei, qui indebitum solvit, adversus procuratorem ex stipulatu competat. hoc amplius praestant fideiussores impensas, quae in iudicium factae fuissent. quod si dominus ratam habuisset, fideiussores quidem liberantur, sed ab ipso domino eadem pecunia per condictionem peti potest:118

Ein procurator119 hat außergerichtlich Geld vom vermeintlichen Schuldner eingetrieben und die stipulatio de rato unter Stellung von Bürgen120 geleistet. Der Geschäftsherr und vermeintliche Gläubiger verweigert die Genehmigung der Zahlung und fordert seinerseits das nicht geschuldete Geld vom Putativschuldner ein.121 Es gibt keinen Hinweis darauf, dass der dominus wider besseres Wissens geklagt hat. Julian entscheidet, dass auch in diesem Fall die für die Sicherung aufgetriebenen Bürgen haften und die dem Putativschuldner aufgrund der Zahlung gegen den procurator zustehende condictio untergehe. Sowohl die elektive als auch die kumulative Klagenkonkurrenz werden von Julian also abgelehnt. Die actio ex stipulatu verdrängt die condictio. Der Grund für Julians Entscheidung liegt wohl darin, dass die actio ex stipulatu gegenüber er condictio eine umfassendere Haftung vorsieht, indem sie auf quanti ea res erit geht, also in der Regel

118 Nach v. Beseler, TR 10 (1930), 240 ist die Stelle „stark verfälscht“; Beseler nimmt dabei Bezug auf seine Ausführungen zu D. 3.5.5.11–13 in SZ 46 (1926), 140 Fn. 1. S. dazu § 8 der Untersuchung. Für einen klassischen Gehalt Schwarz, Condictio (1952), 57 Fn. 56. 119 Nach Zwalve, SZ 127 (2010), 298 muss es sich dabei um einen procurator omnium rerum gehandelt haben. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass der dominus die Genehmigung verweigert und selbst die Zahlung einklagt, was darauf hindeutet, dass er dem procurator kein Vertrauen entgegenbringt, weil es sich um einen einfachen spontanen gestor negotii handelt. 120 Schwarz, Condictio (1952), 57 hält den sponsor für durch den fideiussor ersetzt. 121 Schwarz, Condictio (1952), 57 Fn. 56, 154 hält die Passage sed eandem pecuniam petere instituerit für ein Glossem; er hält den Gedanken, dass der dominus seinerseits ein indebitum einklagt, für „seltsam“. Ebenso streicht er quotiens enim procuratori pecunia solvitur et dominus eam solutionem ratam non habet, existimo id agi, ut condictio perematur et sola actio ei, qui indebitum solvit, adversus procuratorem ex stipulatu competat. Zust. Claus, Stellvertretung (1973), 289 m. Fn. 239.

2. Kap.: Die Verfallswirkungen

323

auf Ersatz des gezahlten Betrages zuzüglich der Prozesskosten.122 Der Ersatz der letzten Position wird von Julian besonders hervorgehoben (hoc amplius praestant fideiussores impensas, quae in iudicium factae fuissent123). Die condictio geht dagegen auf bloße Rückgabe des Erlangten. Eventuelle Prozesskosten werden von der condictio nicht abgedeckt. Es zeigt sich, dass der Scheinschuldner die condictio eigentlich nicht benötigt.124 Bei seiner Entscheidung ließ sich Julian wohl primär von prozessökonomischen Erwägungen leiten. Hinter dem Ausschluss der condictio steht wahrscheinlich der Gedanke, eine überflüssige Klagenkumulation zu vermeiden.125 II. Pomponius D. 46.8.16 pr. Auch Pomponius hat zum Verhältnis zwischen der condictio und der actio ex stipulatu Stellung bezogen: D. 46.8.16 pr. Pomponius 3 ex Plaut. Si indebitum procuratori solutum sit, agi statim ex hac stipulatione adversus procuratorem potest, ut ratum habeat dominus, ut possit dinosci, utrumne domino condici debeat id quod indebitum solutum sit, si is ratum habeat, an vero procuratori condicendum sit, si dominus ratum non habeat.

Wenn einem procurator eine Nichtschuld gezahlt worden ist, kann der Zahlende nach Pomponius sogleich aus der Stipulation gegen den procurator darauf klagen, dass der Geschäftsherr dies genehmigen möge, damit man erkennen könne, ob die Nichtschuld beim dominus zu kondizieren sei, wenn dieser die Zahlung genehmigt, oder aber ob beim procurator kondiziert werden müsse, wenn der dominus nicht genehmigen sollte. Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass der Putativschuldner natürlich auch nach Pomponius keinen Anspruch gegen den procurator darauf hat, dass dieser die Genehmigung des domi-

122

Vgl. auch De Filippi, Ratihabitio (2002), 96. Diese Passage streicht Schwarz, Condictio (1952), 57 Fn. 56 mit der zweifelhaften Begründung, der Gedanke der Prozessimpensen sei nicht klassisch. Zust. Claus, Stellvertretung (1973), 289 m. Fn. 239. 124 Schwarz, Condictio (1952), 57. 125 So Schwarz, Condictio (1952), 57. S. auch Claus, Stellvertretung (1973), 290. Babusiaux ist der Ansicht, der Ausschluss der condictio ergebe sich aus den der cautio zugrunde liegenden Parteiwillen, Babusiaux, Id quod actum est (2006), 36. Die conventio der stipulatio de rato verhindere die Klage aus der condictio. Julian, so Babusiaux, stelle darauf ab, welchen Zweck die Parteien mit der Vereinbarung eines Strafversprechens normalerweise verfolgen. Dieser sei mit Kaser, SZ 90 (1973), 210 ff. einerseits darin zu sehen, den Promissor zur Herbeiführung der selbst nicht erzwingbaren ratihabitio anzuhalten, andererseits diesem die Möglichkeit zu geben, durch Zahlung des durch die Zuwiderhandlung entstandenen Schadens weitere Prozesse abzuwenden. Beides sei nur sinnvoll, wenn die entstandene Vermögenslage der Beteiligten fortbestehe, damit also für den procurator überhaupt noch ein positiver Anreiz besteht, auf den dominus einzuwirken. In diese Richtung tendiert auch Zwalve, SZ 127 (2010), 298. 123

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7. Teil: Zur cautio ratam rem haberi

nus herbeiführt.126 Pomponius will lediglich sagen, dass der Putativschuldner mit der Erhebung der Klage gegen den procurator den dominus zur Entscheidung zwingt. Die Erhebung der actio ex stipulatu gegen den procurator führt insofern bereits eine Klärung der Rechtslage herbei, als der dominus sich entscheiden muss, ob er genehmigt oder nicht. Denn der iudex legt seiner Entscheidung im allgemeinen den Rechtszustand zugrunde, der im Augenblick der Streitbezeugung (litis contestatio) bestand. Nach der Klageerhebung scheidet eine nachträgliche ratihabitio wegen der festlegenden Wirkung der litis contestatio aus. Im Falle der Ablehnung der Genehmigung soll dem Putativschuldner eine condictio gegen den Geschäftsführer zustehen, mit dem er ihn auf Herausgabe des gezahlten Betrages in Anspruch nehmen kann. Anders als nach Julian in D. 46.8.22 pr. tritt die actio ex stipulatu anscheinend nicht an die Stelle der condictio gegen den procurator. Daraus folgt aber nicht, wie De Filippi meint,127 dass der procurator zweimal verurteilt wird, einmal aus der cautio und des Weiteren aus der condictio.128 Die actio ex stipulatu und die condictio verfolgen im Wesentlichen gleiche Anspruchsziele. Der Putativschuldner kann nicht zugleich Schadensersatz aus der cautio und Rückforderung des Geleisteten verlangen. Mehr noch als von einer elektiven Konkurrenz ist hier aber wohl von einem nachklassischen Texteingriff auszugehen.129 Denn es liegt eigentlich näher, dass der Geschäftsführer, wie auch nach der Auffassung von Julian, ausschließlich aus der cautio haftet.

§ 44 Zum fehlenden Interesse des Beklagten an der Erteilung der ratihabitio Zuletzt soll noch ein kurzer Blick auf D. 46.8.22.2 geworfen werden, der den besonders gelagerten Fall eines möglichlichen fehlenen Interesses des Beklagten an der Erteilung der ratihabitio betrifft. D. 46.8.22.2 Julian 56 dig. Quod si procurator per iudicem non debitam pecuniam exegisset, dici potest, sive ratum dominus habuisset sive non habuisset, fideiussores non teneri, vel quia nulla res esset, quam dominus ratam habere possit, vel quia nihil stipulatoris interest 126

Zwalve, SZ 127 (2010), 299. De Filippi, Ratihabitio (2002), 97. 128 De Filippi denkt über eine exceptio doli nach, lehnt sie letztendlich aber ab mit dem Argument, der procurator müse sich dem Umstand fügen, dass der dominus nicht genehmigt hat, s. De Filippi, Ratihabitio (2002), 97 f. Aber selbst im Fall der Kumulierung der actio ex stipulatu mit der condictio würde sich ein Vorgehen gegen den procurator aus der cautio de rato insoweit erübrigen, als der Leistende den Betrag über die condictio ersetzt bekommen hat, weil es dann an einem dem Putativschuldner zu ersetzenden Interesse fehlt. Für Positionen, die von der condictio nicht abgedeckt werden, könnte die actio ex stipulatu dann nur ergänzend herangezogen werden. Es wäre nur noch der Differenzbetrag zu leisten. 129 Vgl. auch z. B. Claus, Stellvertretung (1973), 297. 127

2. Kap.: Die Verfallswirkungen

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ratum haberi: adficietur ergo iniuria is, qui procuratori solvit. magis tamen est, ut, si dominus ratum non habuerit, fideiussores teneantur.130

Ein procurator hat unter Abschluss der cautio de rato nicht geschuldetes Geld eingeklagt (per iudicem) und aufgrund eines Fehlurteils zugesprochen bekommen. Julian sagt, man könnte die Ansicht vertreten, dass die Bürgen nicht haften, unabhängig davon, ob der Geschäftsherr genehmigt oder nicht, entweder weil keine Sache vorhanden sei, welche der Geschäftsherr genehmigen könnte, oder weil dem Beklagten nichts daran gelegen sei, dass genehmigt werde. Es werde also dem Scheinschuldner, welcher dem procurator gezahlt hat, ein Unrecht zugefügt. Es spreche aber mehr dafür, dass, wenn der Geschäftsherr nicht genehmigt hat, die Bürgen haften. Für den Fall, dass der dominus die Genehmigung erteilt, lässt sich vertreten, dass sie ins Leere gehe, weil es an einem Genehmigungsgegenstand fehlt, da eine Forderung des dominus nicht besteht.131 Die Nichtschuld betrifft den dominus nicht.132 Zwar kann der dominus grundsätzlich auch die Leistung einer Nichtschuld an einen procurator genehmigen (und sich auf diese Weise zum Kondiktionsschuldner machen),133 doch fehlt es hier Julian zufolge an einem Interesse des Beklagten an der Genehmigung. Fraglich ist, worauf das von Julian in Erwägung gezogene fehlende Interesses an der Erteilung der ratihabitio zurückzuführen ist. Vielleicht ist es für Julian deshalb unerheblich, ob der dominus die Prozessvertretung des procurator nachträglich genehmigt oder nicht, weil die condictio indebiti, welche bei einer außergerichtlichen Zahlung gegen den Putativgläubiger gegeben sein würde, bei einer Leistung auf eine Urteilsschuld aufgrund der Bindungswirkung des Urteils ausgeschlossen ist.134 Dieser Gedanke könnte daher rühren,135 dass Julian im selben Fragment weiter oben, wo es um die außergerichtliche Leistung auf eine Nichtschuld an den procurator geht,136 ausführt, dass die Passivlegitimation der condictio bei Zahlung auf eine Nichtschuld an den procurator davon abhängt, ob der dominus genehmigt oder nicht. Damit passt es gut ins Bild, dass Julian den Unterschied zu der aufgrund eines Urteils bewirkten Zahlung aufzeigen möchte. Denkbar ist, dass es am Interesse des Beklagten an der Genehmigung mangelt, da sie nur verhindern würde, dass 130 Nach v. Beseler, TR 10 (1930), 240 ist die Stelle „stark verfälscht“; Beseler nimmt dabei Bezug auf seine Ausführungen zu D. 3.5.5.11–13 in SZ 46 (1926), 140 Fn. 1. 131 Rudorff, ZGR 14 (1847/1848), 326. 132 Harke, Argumenta Iuventiana – Argumenta Salviana (2012), 234. 133 S. §§ 8, 36 der Untersuchung. 134 So Rudorff, ZGR 14 (1847/1848), 326; Zwalve, SZ 127 (2010), 297. Vgl. Cujaz, Opera III (1837), Sp. 1136 f. und Schneider, in: Otto/Schilling/Sintenis (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis IV (1832), 807 Fn. 201. 135 So ausdrücklich Mangold, Iniuria iudicis (2004), 60. 136 Vgl. Julian D. 46.8.22 pr.

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7. Teil: Zur cautio ratam rem haberi

der dominus selbst noch einmal gegen ihn Klage erheben könnte.137 Dem Beklagten würde durch sie aber keine Möglichkeit eingeräumt, sich den nicht geschuldeten Betrag vom procurator wiederzuholen.138 Dem procurator steht die actio iudicati zu.139 Im Ergebnis spricht für Julian aber doch mehr (magis est) für die Haftung der Bürgen. Eine ausdrückliche Begründung fehlt. Vermutlich befürchtet Julian trotz der Argumente für das fehlende Interesse des Beklagten an der Erteilung der ratihabitio, dass der dominus seinerseits gegen ihn klagt und dass erneut eine Fehlentscheidung ergeht.140 Insoweit ist der Putativschuldner auch hier der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme ausgesetzt. Folglich ist der Sicherungszweck der cautio de rato nicht weggefallen. 3. Kapitel

Zusammenfassung 7. Teil Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Herausbildung der cautio de rato der ratihabitio einen technischen Gehalt gab. So stellten die römischen Juristen insbesondere im Zusammenhang mit der Etablierung der cautio de rato zeitliche Vorgaben für die Erteilung der ratihabitio auf, um den genauen Verfallszeitpunkt der cautio zu bestimmen, und stellten auch Überlegungen zu ihrer Form an. Das war aufgrund der formellen Rechtsnatur der cautio de rato auch notwendig. Es scheint, dass die Römer bei der condictio weniger streng als bei der cautio waren und bei der condictio grundsätzlich die verspätete ratihabitio zuließen.141 Die Tatbestandsvoraussetzungen der condictio liegen zwar bei Fristablauf an sich gleichermaßen vor, wenn der Gläubiger sich aber dennoch entschlossen haben sollte, (verspätet) zu genehmigen, so stand dies einer Kondiktion in bestimmten Fällen entgegen.

137 138 139 140 141

Harke, Argumenta Iuventiana – Argumenta Salviana (2012), 234. Harke, Argumenta Iuventiana – Argumenta Salviana (2012), 234. Harke, Argumenta Iuventiana – Argumenta Salviana (2012), 234. So auch Mangold, Iniuria iudicis (2004), 66. So auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 20 ff.

8. Teil (Appendix)

Ratihabitio und Bestätigung – Überlegungen zum Verhältnis von ratihabitio und Bestätigung § 45 Die Behandlung der Bestätigung als Anwendungsfall der ratihabitio? Schließlich sei noch anhangsweise1 auf das bereits oben2 flüchtig angerissene Problem der Bestimmung des Verhältnisses von ratihabitio und Bestätigung im römischen Recht zurückgekommen.3 Bei der Betrachtung des Verhältnisses zwischen Bestätigung und Genehmigung geht es nicht nur darum zu sehen, ob die Römer Situationen kannten, die heute der einen oder anderen Kategorie zuzuordnen wären, sondern auch um die Frage, ob sie den Unterschied auf zwei verschiedene dogmatische Konzeptionen zurückgeführt haben, und wenn ja, mit welchen Rechtsfolgen.4 Die Bestätigung ist ein aus dem gemeinen Recht überkommenes Rechtsinstitut, das Eingang ins BGB gefunden hat. Sie unterscheidet sich von der Genehmigung dadurch, dass bei ihr nicht ein Dritter (ein Zustimmungsberechtigter oder einer, für den ein Vertreter ohne Vertretungsmacht tätig wurde), sondern ein am Rechtsgeschäft selbst Beteiligter es in Geltung setzt.5 Das BGB ordnet die Bestätigungserklärung in § 141 als Neuvornahme ein. Dies bedeutet, dass es sich hierbei nicht um eine rückwirkende Genehmigung oder gar um eine Heilung handeln soll. Inhalt und Bedeutung des Begriffs „Bestätigung“ wurden erst im 19. Jahrhundert ganz wesentlich von Seuffert aus der gemeinrechtlichen ratihabitio entwickelt. Er klammerte die Bestätigung aus dem Begriff der ratihabitio aus. Seuf1 Eine ausführliche Darstellung soll einer gesonderten Abhandlung vorbehalten sein. Im Übrigen sei an dieser Stelle verwiesen auf die Abhandlung von Finazzi, Riflessioni sul rapporto fra convalida e ratifica nell’esperienza giuridica romana, in: Fides Humanitas Ius, Studii in onore di Luigi Labruna, Band 3 (2007), 1908 ff., dessen Ansichten hier im Wesentlichen geteilt und durch die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse ergänzt werden. 2 S. § 20 der Untersuchung. 3 Mit dem Verhältnis „Ratihabitio e convalida“ beschäftigt sich auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), 175 ff. Allerdings vermischt sie dies mit der Frage, ob die ratihabitio mit einer vorherigen „autorizzazione“, also einer Ermächtigung gleichzusetzen ist. Beide Fragen sind voneinander zu trennen. 4 Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1910. 5 Bei der Bestätigung unterscheidet das BGB in den §§ 141 und 144 zwischen nichtigen und anfechtbaren Geschäften.

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8. Teil (Appendix): Ratihabitio und Bestätigung

fert selbst wies darauf hin, dass die römischen Juristen terminologisch nicht zwischen Bestätigung und ratihabitio unterschieden hätten.6 Den dogmatischen Hintergrund für diese gemeinrechtliche Entwicklung bildete der Gegensatz zweier scheinbar unvereinbarer Prinzipien: Dem Gedanken, wonach die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts zwingend mit Unheilbarkeit einhergeht, stand der Gedanke gegenüber, dass der ratihabitio Rückwirkung beizulegen sei.7 Die Vorstellung, dass ein nichtiges Rechtsgeschäft nicht geheilt werden kann, beruht auf einer Überbewertung des Satzes Quod initio vitiosum est, non potest tractu temporis convalescere (Paulus D. 50.17.29), denn die Stelle spricht eigentlich nur aus, dass eine Heilung durch bloßen Zeitablauf nicht möglich ist.8 Der überwiegende Teil der Pandektisten ging aber davon aus, dass Nichtigkeit endgültige Nichtexistenz des Rechtsgeschäfts bedeute und zog hieraus die Konsequenz, dass die ratihabitio eines nichtigen Rechtsgeschäfts nicht möglich sei.9 Eine ratihabitio eines nichtigen Geschäfts konnte es nach gemeinrechtlichem Verständnis also nicht geben. Diese Aporie konnte nur durch eine Neuvornahme des Geschäfts aufgelöst werden, die mit der Schaffung einer neuen Kategorie der ratihabitio verbunden sein musste.10 Die überwiegende Ansicht in der Pandektistik lehnte daher mit Seuffert eine Rückwirkung der Bestätigung eines nichtigen Geschäfts ab.11 Die hier bereits bekannten Codexstellen C. 5.16.2512 und C. 4.28.713 haben zum Teil aber auch zu der Gegenauffassung geführt, dass allen Arten von „Ratihabitionen“, also auch der ratihabitio eines nichtigen Rechtsgeschäfts, eine rückwirkende Kraft zukomme.14 Die klassischen römischen Juristen standen vor jenem gemeinrechtlichen „hausgemachten“ Problem nicht. Die ratihabitio wirkte aus ihrer Sicht, wie oben festgestellt,15 nicht automatisch zurück, so dass sie in Bestätigungsfällen schon deshalb nicht im Widerspruch zur genannten Parömie mit dem von der Pandektistik unterstellten Bedeutungsgehalt stand. Überdies ist die ratihabitio im römischen Recht, wie oben mehrfach festgestellt, gegenstandsbezogen, d. h. selbst wenn das Rechtsgeschäft nichtig ist, kann sie sich immer noch auf den im Rahmen

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v. Seuffert, Ratihabition (1868), 3 Fn. 4. Vgl. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 122; s. ferner Beckhaus, Ratihabition (1859), 12 ff. S. auch Mot. I, 217. 8 HKK/Dorn, §§ 139–141 Rn. 42. 9 Vgl. v. Jhering, JherJb 1(1875), 273, 296; Sigerist, Ratihabition (1887), 89; s. auch Bertolini, Ratifica II (1891), 3 ff. und 29 ff. 10 Vgl. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 121. 11 Vgl. Girtanner, Ratihabitio (1848), 39; v. Seuffert, Ratihabition (1868), 121 ff.; 130 f.; E. Zimmermann, Stellvertretende Negotiorum Gestio (1876), 214 Fn. 282. 12 S. § 22 der Untersuchung. 13 S. § 23 der Untersuchung. 14 Vgl. Windscheid/Kipp, Pandektenrecht I (1906), 375. 15 S. hierzu die Ausführungen im 3. Teil der Untersuchung. 7

8. Teil (Appendix): Ratihabitio und Bestätigung

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des nichtigen Rechtsgeschäfts ausgeführten tatsächlichen Zahlungsakt16 beziehungsweise auf die Besitzüberlassung einer Sache17 beziehen. Angesichts einer solchen Betrachtungsweise sind etwa nichtige Schenkungen im römischen Recht ohne Weiteres genehmigungsfähig, und die teilweise ohnehin nur schwer abzugrenzenden, formalen Kategorien Genehmigung und Bestätigung treten in den Hintergrund.18 Außerdem haben die römischen Juristen eine allgemeine Doktrin der Unwirksamkeit der Rechtsgeschäfte nicht entwickelt.19 Hinzu kommt im römischen Recht die Besonderheit der Differenzierung zwischen einer Ungültigkeit nach ius civile und ius honorarium. Es fehlte schon an einer einheitlichen Terminologie zur Erfassung dieser unterschiedlichen Unwirksamkeitsfälle.20 Auch deshalb konnte das römische Recht keine allgemeine Lehre der Bestätigung ausbilden. Heute besteht in der modernen Romanistik weitgehend Einigkeit, dass die Rechtsfigur ratihabitio im römischen Recht weiter verstanden wurde als die Genehmigung im geltenden Recht und darunter nicht nur die Zustimmung zu von nicht autorisierten Dritten vorgenommenen Geschäften fiel, sondern auch die Zustimmung zu eigenen mangelhaften Rechtsgeschäften.21 Diskutiert wird in diesem Zusammenhang, ob die ratihabitio für die Fälle der Bestätigung im heutigen Sinne als Neuvornahme oder als bloßes Festhalten am Rechtsgeschäft verstanden worden ist.22 Eine andere Ansicht ist in jüngerer Zeit von De Filippi vertreten worden. Nach De Filippi23 haben sowohl die klassischen Juristen als auch Justinian eine klare dogmatische Unterscheidung zwischen Genehmigung und Bestätigung vorgenommen. Ein Genehmigender manifestiere seinen Willen nämlich nur einmal. Bei der Bestätigung werde hingegen der zunächst unwirksam geäußerte Wille später, nach dem Wegfall des Hindernisses, noch ein zweites Mal geäußert.24 Beide Situationen seien deshalb vom dogmatischen Standpunkt aus völlig verschieden; kein logisches Kunststück könne sie gleichsetzen.25 Abgesehen von einigen terminologischen Schwankungen in den Quellen würden nur im ersten Fall der Begriff ratihabitio und die Ausdrücke ratum facere und ratum habere von den römischen Juristen verwendet. Zu dieser These gelangt De Filippi infolge der Betrachtung von Quellen zur Bekräftigung von Rechtsgeschäften Minderjähriger 16

S. nur § 8 der Untersuchung. S. § 20 der Untersuchung. 18 S. § 20 der Untersuchung. 19 HKK/Dorn, §§ 139–141 Rn. 41. 20 HKK/Dorn, §§ 139–141 Rn. 41. 21 HKK/Dorn, §§ 139–141 Rn. 41; Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1907; ders., in: Studi Franciosi II (2007), 861 Fn. 2. 22 HKK/Dorn, §§ 139–141 Rn. 41. 23 De Filippi, Ratihabitio (2002), 68 f. 24 De Filippi, Ratihabitio (2002), 69. 25 De Filippi, Ratihabitio (2002), 69. 17

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8. Teil (Appendix): Ratihabitio und Bestätigung

nach Vollendung des 25. Lebensjahres. Ulpian spricht hier in D. 4.4.3.1 und 2 von comprobare: D. 4.4.3.1, 2 Ulpian 11 ed. Si quis cum minore contraxerit et contractus inciderit in tempus quo maior efficitur: utrum initium spectamus an finem? et placet, ut est et constitutum, si quis maior factus comprobaverit, quod minor gesserat, restitutionem cessare. unde illud non ineleganter Celsus epistularum libro undecimo et digestorum secundo tractat, ex facto a Flavio Respecto praetore consultus. minor annis viginti quinque, annos forte viginti quattuor agens, iudicium tutelae heredi tutoris dictaverat: mox factum ut (non finito iudicio iam eo maiore effecto viginti quinque annis) tutoris heres absolutus proponeretur: in integrum restitutio desiderabatur. Celsus igitur Respecto suasit non facile hunc quondam minorem in integrum restitui, sed si ei probaretur calliditate adversarii id actum, ut maiore eo facto liberaretur: neque enim extremo, inquit, iudicii die videtur solum deceptus hic minor, sed totum hoc structum, ut maiore eo facto liberaretur. idem tamen confitetur, si levior sit suspicio adversarii quasi dolose versati, non debere hunc in integrum restitui. Scio etiam illud aliquando incidisse. minor viginti quinque annis miscuerat se paternae hereditati maiorque factus exegerat aliquid a debitoribus paternis, mox desiderabat restitui in integrum, quo magis abstineret paterna hereditate: contradicebatur ei, quasi maior factus comprobasset, quod minori sibi placuit: putavimus tamen restituendum in integrum initio inspecto. idem puto, et si alienam adiit hereditatem.

Diokletian und Maximian hingegen gebrauchen den Ausdruck ratum habere beziehungsweise facere: Diokletian/Maximian C. 2.45 (46).1 (293) Impp. Diocletianus et Maximianus AA. et CC. Eutychiano. Si inter minores quinque et viginti annis vel scriptura interposita vel sine scriptura facta sine dolo divisio est eamque post legitimam aetatem ratam fecerunt, manere integram debere convenit. S. VIII K. Mai. AA. conss. (a. 293) Diokletian/Maximian C. 2.45 (46).2 (294) Impp. Diocletianus et Maximianus AA. et CC. Soteri. Qui post vicesimum quintum annum aetatis ea quae in minora aetate gesta sunt rata habuerunt, frustra rescissionem eorum postulant. D. id. Febr. CC. Conss. (a. 294)

Gerade die eigene Bekräftigung des unbeschränkt geschäftsfähig Gewordenen ist für die von De Filippi postulierte Begriffsdifferenzierung und die Einführung der Kategorie der Bestätigung aber schon deswegen kein gut gewähltes Beispiel und bringt keinen wirklichen Erkenntnisgewinn, weil in diesem Fall die eigene Genehmigungsbefugnis des Volljährigen an die Stelle der vorherigen Genehmigungsbefugnis des gesetzlichen Vertreters (des curator minoris) tritt; die Genehmigung geht hier also in eine Bestätigung über.26 26 So A. Wacke, SZ 121 (2004), 347. Im Anschluss daran wurden in der Pandektistik Fragen wie die Zulässigkeit der Genehmigung eines Rechtsgeschäfts durch den pupillus aufgeworfen, Kacprzak, Ratihabitio (2002), xiv. Die Erörterung dieses Problems, das in römischen Quellen überhaupt nicht diskutiert wird (eine Beobachtung, die auch Kacprzak, Ratihabitio (2002), xiv, macht), ist in den Darstellungen des 19. Jahrhunderts sehr

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Es besteht kein Zweifel, dass der Ausdruck ratum habere grundsätzlich die Absicht beinhaltet, sich der Rechtswirkungen einer Handlung durch eine nicht berechtigte Person zu bemächtigen,27 und das gilt auch für das Substantiv ratihabitio. Auf der anderen Seite wird die Genehmigung eines Geschäfts, das von einer nicht berechtigten Person vorgenommen worden ist, in einigen Fällen auch mit dem Verb comprobare beschrieben.28 Von Bedeutung zur Bestimmung des Verhältnisses von ratihabitio und comprobatio ist die wenn auch inhaltlich nur wenig aussagekräftige und austauschbare Charakterisierung der ratihabitio in D. 46.8.12.129 als comprobare adgnoscereque („billigen und anerkennen“).30 Der Passus von Ulpian belegt, dass der Begriff comprobare, mit welchem auch die Heilung des eigenen Geschäfts bezeichnet wurde, zur Gattung des ratum habere unter Bezugnahme auf die Geschäftsführung eines Nichtberechtigten gehörte. Hinweise in diesem Zusammenhang liefert auch D. 46.8.5, wo Scaevola ausführt, die Genehmigung für die Prozessführung des Prozessvertreters könne actu erteilt werden, das man, modernrechtlich gesprochen, als konkludente Genehmigung bezeichnen kann, beispielsweise wenn der dominus den von einem procurator litis begonnenen Rechtsstreit post litis contestationem fortsetzt: D. 46.8.5 Scaevola 5 resp. Respondit non tantum verbis ratum haberi posse, sed etiam actu: denique si eam litem, quam procurator inchoasset, dominus comprobans persequeretur, non esse commissam stipulationem.

Die Terminologie in der fraglichen Passage scheint nicht die Hypothese zu bestätigen, die klassischen Juristen hätten dogmatisch zwischen Genehmigung und Bestätigung unterschieden, da das Partizip Präsens comprobans das ratum haberi posse beschreibt, was zeigt, dass für den Juristen des 2. Jahrhunderts n. Chr. die Grenze zwischen ratum habere und comprobare fließend war.31 Die Präferenz für einen Ausdruck, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, ist die eine Sache,32 eine ganz andere Sache ist die strikte Trennung zwischen zwei Konzeptionen.33 Die Genehmigung der Handlung eines nicht berechtigten Geschäftsführers, entweder ausdrücklich oder durch schlüssige Handlung erteilt, ist zugleich

verbreitet. Im römischen Recht konnte die auctoritas tutoris, d. h. die Zustimmung des Vormunds nach allgemeiner Ansicht in der Romanistik nicht nachgeholt werden, Kaser, RP I, § 87 IV (361 f.), d. h. die ratihabitio konnte nur unter Wiederholung des ganzen Geschäftsabschlusses wirksam erfolgen. 27 Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1930. 28 S. auch Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1936. 29 S. § 4 II. der Untersuchung. 30 Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1940; insoweit auch De Filippi, Ratihabitio (2002), 29. 31 A. Wacke, SZ 121 (2004), 347; Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1937. 32 So Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1937. 33 So richtig Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1937.

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ratum habere (oder facere) und comprobare, mit der daraus resultierenden „Fungibilität“ der Ausdrucksformen.34 Ein weiterer Beleg dafür, dass der Ausdruck comprobare auch verwendet wurde, um eine Handlung desjenigen zu beschreiben, welcher ein Geschäft genehmigt, das von einem Nichtberechtigten vorgenommen ist, ist das oben35 ausführlich besprochene Fragment D. 3.5.8.36 Pomponius verwendet das Verb probare, um die Handlung des Geschäftsherrn anzuzeigen, der das negotium des Geschäftsführers genehmigt hat, und Scaevola wechselt zwischen ratum habere, comprobare und probare und macht im Schlussteil Gebrauch vom Substantiv ratihabitio. Es zeigt sich einmal mehr, dass auf der begrifflichen Ebene die Unterscheidung zwischen ratum habere oder ratihabitio und (com)probare unter den klassischen Juristen alles andere als eindeutig war. Comprobare in Verbindung mit ratum habere und ratihabitio begegnet auch im Fragment D. 46.8.17, aus dem man glaubt ableiten zu können, dass die ratihabitio eine Dualität von Rechtssubjekten voraussetze:37 D. 46.8.17 Marcellus 21 dig. Cum debitore decem creditoris nomine Titius egit: partem petitionis ratam habuit dominus. dicendum est obligationis partem consumptam, quemadmodum si decem stipulatus esset aut exegisset creditorque non totum, sed partem gestae rei comprobasset. idcirco si ex stipulatu ‘decem aut stichum, utrum ego voluero’ absente me Titius domino quinque petisset, insecuta ratihabitione recte actum videri.

Während die Genehmigung der von dem Vertreter erhobenen Klage von Marcellus mit den Worten ratum habere und ratihabitio beschrieben wird, wird die Genehmigung von Rechtsgeschäft und außergerichtlicher Einziehung mit dem Verb comprobare zum Ausdruck gebracht. Die gewählte Terminologie bedeutet weder zwingend, dass der Jurist auf den Gebrauch von ratum habere und ratihabitio im Fall der Billigung einer außergerichtlichen Geschäftsführung verzichtet hätte, noch dass die Verwendung solcher Ausdrücke ursprünglich auf den Bereich der Prozessführung beschränkt war.38 Wenn man aber nicht an einen zufälligen Gebrauch der Terminologie glauben möchte, könnte sie darauf hindeuten, dass der Jurist die Terminologie außerhalb der Prozessvertretung möglicherweise weniger streng handhabte.39 Dieser Sprachgebrauch der Römer wird vielleicht erklärt durch die Tatsache, dass im Falle der cautio de rato40 der Ausdruck ratam rem habiturum im Edikt des Prätors erwähnt wurde, während es in Bezug auf die 34

Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1937. S. dazu die Ausführungen in § 11 der Untersuchung. 36 Vgl. Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1937. 37 Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1938 mit Verweis auf De Filippi, Ratihabitio (2002), 49 f. 38 Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1939. 39 So zutreffend Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1939. 40 S. dazu den 7. Teil. 35

8. Teil (Appendix): Ratihabitio und Bestätigung

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außergerichtliche Vertretung keine Vorgabe durch das Edikt gab.41 Die Wahl des Ausdrucks ratam rem habiturum bei der Ausarbeitung des Formulars der cautio de rato deutet darauf hin, dass der Gebrauch von ratum habere im genannten Sinne in der ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. bereits üblich war, als diese Stipulation im Edikt vorgesehen war.42 Aber es ist auch denkbar, dass die Einführung der cautio de rato überhaupt erst zu einer Verfestigung der Terminologie geführt hat, vor allem in Bezug auf das Substantiv ratihabitio.43 Und zu dieser Entwicklung könnte der Umstand beigetragen haben, dass die cautio auch in Fällen von außerprozessualen Geschäftsführungen zum Einsatz kam.44 Die sich in den Quellen abzeichnende Tendenz, die Zustimmung zu der Handlung des nicht berechtigten Dritten mit ratum habere oder facere zu beschreiben, bedeutet jedoch nicht, dass eine andere Verwendung dieser Ausdrücke ausgeschlossen war. Die Begriffe waren auch in der Lage, die Heilung eines nichtigen Geschäfts durch den Handelnden selbst zu beschreiben. Zwar dürfte es keinen Zweifel daran geben, dass die Römer den Unterschied zwischen der Absicht, ein eigenes fehlerhaftes Geschäft zu heilen und ein Geschäft eines Nichtberechtigten in Geltung zu setzen, vor Augen hatten.45 Dies spiegelte sich jedoch nicht auf der Ebene der rechtlichen Konstruktion wider.46 Die Rückwirkung der ratihabitio war, wie bereits festgestellt, auch in Fällen der Genehmigung durchweg fallabhängig.47 Und ein weiteres Indiz dafür liefert eben die Untersuchung der Terminologie. Es hat sich gezeigt, dass die Ausdrücke ratum habere und ratum facere, die oft die Genehmigung eines Geschäfts eines Nichtberechtigten beschreiben, auch schon in der Klassik und später verwendet wurden, um die Heilung der eigenen (fehlerhaften) Handlung zum Ausdruck zu bringen. Wenn die Unterscheidung zwischen Genehmigung und Bestätigung von den römischen Juristen in einem größeren Ausmaß auch auf der Ebene der Terminologie verfolgt worden wäre, wäre es im Übrigen schwerlich erklärbar, wie es unter Justinian möglich war, einen Fall der Bestätigung im heutigen Sinne als Anwendungsfall der ratihabitio verbunden mit einer generellen Rückwirkung zu betrachten, wie es aus C. 5.16.2548 ausdrücklich hervorgeht. Eine durchgehende terminologische Unterscheidung zwischen Bestätigung und Genehmigung, ohne dass damit eine unterschiedliche rechtliche Behandlung der ratihabitio des eigenen Geschäfts und desjenigen eines anderen verbunden gewesen wäre, hätte nicht der Vorgehensweise der römischen Juristen entsprochen. 41 42 43 44 45 46 47 48

Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1939. Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1941. Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1942. Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1951. S. auch § 40 der Untersuchung. So auch Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1950. Finazzi, in: Studi Labruna III (2007), 1950. S. dazu den 3. Teil der Untersuchung. S. dazu § 22 der Untersuchung.

9. Teil

Wesentliche Ergebnisse und Schlussbetrachtung Die gewonnenen Resultate zur ratihabitio lassen sich wie folgt zusammenfassen: I. Es handelt sich bei der ratihabitio um einen einseitigen und formlosen Willensakt. Da jede Person innerhalb gewisser Schranken die Macht hat, ihre Rechtsverhältnisse frei zu gestalten, muss sie auch anderen die nachträgliche Erlaubnis erteilen können, über ihre Rechte verfügen zu können. Die ratihabitio ist damit ein Akt der autonomen Rechtsgestaltung, obgleich es auch zweifelhaft ist, ob die römischen Verhältnisse mit dem modernen Begriff Privatautonomie beschrieben werden können. Doch so selbstverständlich die ratihabitio auf den ersten Blick scheinen mag, weit weniger selbstverständlich war sie im römischen Recht. Dass die ratihabitio nicht von Anfang an Berücksichtigung im römischen Recht fand, dürfte damit zusammenhängen, dass sie sich eigentlich nicht mit seiner Struktur verträgt.1 Das römische Recht ist auf eine sukzessive Rechtsentstehung an sich nicht ausgerichtet, sondern ist ursprünglich durch ein uno actu-Prinzip bestimmt gewesen, was besonders deutlich wird, wenn man die das dezemvirale Recht, also das Zwölftafelrecht, und die das frühklassische Recht prägenden starren Spruchformeln zum Ausgangspunkt nimmt. Die Römer scheinen nicht immer streng zwischen tatsächlichem Akt und Rechtsgeschäft beziehungsweise Rechtsakt unterschieden zu haben, die Unterscheidung ist in den Quellen jedenfalls oft schwer erkennbar. Gerade bei der ratihabitio bestehen aufgrund ihres faktischen Ursprungs und auch aufgrund der Komplexität der durch sie geschaffenen Rechtsverhältnisse zwischen drei oder mehr Personen derartige Schwierigkeiten. Die römischen Juristen haben die ratihabitio nicht von Anfang an als einen Rechtsakt verstanden – dazu hat sie sich erst allmählich entwickelt –, sondern ursprünglich als tatsächliches Verhalten im Sinne eines bloßen „Billigens“. Ein besonderes Bedürfnis für eine konkretere Erfassung und Ausgestaltung der ratihabitio ist mit der Etablierung der cautio de rato entstanden.2 Einzelheiten der Genehmigungserteilung und die Rechtsfolgen genehmigter und ungenehmigter Geschäftsführungen wurden von den römischen Juristen näher geregelt. Auch wenn der Begriff des Rechtsgeschäfts, mit dem das

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S. § 27 I. der Untersuchung. S. den 7. Teil der Untersuchung.

9. Teil: Wesentliche Ergebnisse und Schlussbetrachtung

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geltende Recht an verschiedenen Stellen tatbestandlich an eine privatautonome Rechtsetzung anknüpft, um zum Beispiel Wirksamkeitsvoraussetzungen aufzustellen, den Römern noch unbekannt war,3 unterliegt die ratihabitio als solche durchaus gewissen eigenen Regeln, und insoweit lässt sie sich als eigenes Rechtsgeschäft, jedenfalls als ein eigener Akt verstehen. Andererseits hat sie funktional in der Regel nur hilfsrechtsgeschäftlichen Charakter und ist als bloße Wirksamkeitsvoraussetzung zu sehen.4 Das ist deshalb wichtig, weil Möglichkeit und Reichweite der ratihabitio sich aus dem Hauptgeschäft ergeben.5 Die ratihabitio musste grundsätzlich einem archaischen Recht entsprechend in irgendeiner Weise erkennbar zum Ausdruck gebracht werden, gleichviel in welcher Form. Sie konnte ausdrücklich und konkludent erfolgen.6 In der Regel wird sie gegenüber demjenigen erklärt worden sein, der ein Interesse an ihr hatte.7 Je nach Einzelfall kommt auch eine stillschweigende ratihabitio durch das bewusste Unterlassen einer an sich anstehenden Handlung in Betracht.8 Die ratihabitio ist wie im geltenden Recht unwiderruflich.9 Die Verweigerung der Genehmigung (einschließlich der als Verweigerung anzusehenden verspäteten Genehmigung) ist ebenfalls grundsätzlich10 unwiderruflich und führt zur endgültigen Unwirksamkeit der zustimmungsbedürftigen Handlung; eine danach noch erteilte Genehmigung ist prinzipiell11 wirkungslos.12 II. Die Anfänge der Anerkennung der verbindlichen Kraft der ratihabitio, d. h. der dogmengeschichtliche Ausgangspunkt der Entwicklung der „Lehre von der ratihabitio“, liegen sehr wahrscheinlich in der Genehmigung von Verfügungen Nichtberechtigter (zum Beispiel der Verfügung über eine fremde Sache, der Einziehung einer fremden Forderung oder der gerichtlichen Geltendmachung einer fremden Forderung).13 Den rechtstatsächlichen Hintergrund dafür bildet der Einsatz von Vermögensverwaltern, wie sie reiche Römer seit der späten Republik einzusetzen pflegten.14 Die Wahrnehmung von Angelegenheiten eines abwesenden Römers war überdies in der römischen Oberschicht Ausdruck von fides und

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Kaser, RP I (1971), § 56 I 1 (227); A. Wacke, SZ 121 (2004), 350. S. auch A. Wacke, SZ 121 (2004), 350. 5 S. § 14 der Untersuchung. 6 S. § 9 I. der Untersuchung. 7 S. § 9 I. der Untersuchung. 8 S. §§ 20, 27 II. der Untersuchung. 9 S. § 11 der Untersuchung. 10 S. §§ 42 I. 2., 42 III. der Untersuchung. 11 S. §§ 42 I. 2., 42 III. der Untersuchung. 12 S. § 5 III. 3. der Untersuchung. 13 S. § 11 V. der Untersuchung. 14 S. § 4 II. der Untersuchung. 4

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9. Teil: Wesentliche Ergebnisse und Schlussbetrachtung

amicitia, also von Treue und Freundschaft.15 Die Möglichkeit einer nachträglichen Zustimmung des Berechtigten zu einer Verfügung über seine Rechte wird nicht von Anfang an, sondern erst im Laufe der Rechtsentwicklung anerkannt worden sein. Es blieb hauptsächlich bei jener dogmatischen Bedeutung der ratihabitio für Verfügungen Nichtberechtigter.16 Dazu gehörte seit der Spätklassik auch die Möglichkeit der Genehmigung von Prozessführungen unbeauftragter Geschäftsführer.17 III. Ein in den Quellen überliefertes größeres Anwendungsgebiet der ratihabitio findet sich im Zusammenhang mit der negotiorum gestio, der Geschäftsführung ohne Auftrag. In den Quellen, in denen die ratihabitio im Zusammenhang mit der negotiorum gestio erwähnt wird, bezieht sich die ratihabitio primär auf das Außenverhältnis, auf die Verfügung des gestor als Nichtberechtigter. Die ratihabitio vermochte nach klassischer Auffassung im Innenverhältnis Rechte und Pflichten des Genehmigenden aus der negotiorum gestio unmittelbar nicht zu begründen, sondern nur mittelbar über ihre Außenwirkung.18 Gegenstand der Genehmigung ist demzufolge nicht das negotium in abstracto (also wie man heute sagen würde „die Übernahme der Geschäftsführung“),19 sondern genehmigt wird das der negotiorum gestio zugrunde liegende konkrete Handeln des Geschäftsführers. Das ist aus heutiger Sicht bemerkenswert und für das Verständnis der ratihabitio im römischen Recht überaus aufschlussreich. Bei Einziehung einer Forderung durch einen gestor gilt die ratihabitio genau genommen auch gar nicht, wie es modernrechtlichem Denken entspricht, einer Verfügung, die ein Nichtberechtigter über eine Forderung trifft. Die römischen Juristen verstanden die ratihabitio vielmehr gegenständlich auf den bloßen Zahlungsakt bezogen.20 Dies führt dazu, dass im römischen Recht eine Zahlung auf eine nicht bestehende Forderung genehmigt werden kann, mit der Folge der Passivlegitimation des Genehmigenden zur condictio indebiti.21 Bei Genehmigung der Einziehung einer nicht bestehenden Forderung durch einen Geschäftsführer folgt erst aus der Passivlegitimation des Putativgläubigers zur condictio indebiti seine Aktivlegitimation zur actio negotiorum gestorum (directa). Die römischen Juristen lassen auf diese Weise durch die Genehmigung die Zahlung nachträglich zu einer

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S. § 4 II. der Untersuchung. S. § 11 V. der Untersuchung. 17 S. § 16 der Untersuchung. 18 S. §§ 8, 10 der Untersuchung. 19 Im geltenden Recht bezieht sich die Genehmigung des § 684 S. 2 BGB nicht auf ein Rechtsgeschäft, sondern auf die Geschäftsführung ohne Auftrag als geschäftsähnliche Handlung. Deswegen sind die Vorschriften über Zustimmung, Einwilligung und Genehmigung der §§ 182 ff. BGB nicht unmittelbar anwendbar, sondern nur analog, BGH NJW 1989, 1672 (1673); MüKoBGB2020/Schäfer, § 684 Rn. 13. 20 S. § 8 der Untersuchung. 21 S. § 8 der Untersuchung. 16

9. Teil: Wesentliche Ergebnisse und Schlussbetrachtung

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Anweisungsleistung werden. Die Haftung des die Einziehung einer Nichtschuld Genehmigenden aus der condictio indebiti ist mehrfach belegt und gehörte zum Gemeingut der klassischen Juristen. Auch eine furtive Inempfangnahme einer Zahlung kann genehmigt werden, also etwa eine auf Täuschung beruhende Zahlung.22 Die Unredlichkeit des Geschäftsführers hindert den dominus nicht, sich die Forderungseinziehung durch Genehmigung zurechnen zu lassen. Vergleichbares begegnet auch bei der ratihabitio einer von einem anderen begangenen gewaltsamen Vertreibung aus dem Besitz eines Grundstücks, wo sich die Genehmigung auf den Besitzerwerb am Grundstück bezieht und infolgedessen das interdictum unde vi gegen den Genehmigenden gewährt wird.23 Im Übrigen ist eine ratihabitio im deliktischen Bereich ausgeschlossen. Dass die ratihabitio als auf die Tatsache der – beispielsweise – Zahlung und nicht auf ein Rechtsgeschäft oder im Falle der negotiorum gestio auf einen Quasikontrakt bezogen gedacht wurde, lässt sie aus modernrechtlicher Sicht als entwicklungsgeschichtlich alt erscheinen. Insoweit lässt sich davon sprechen, dass die ratihabitio aus heutiger Sicht eine archaisch anmutende Rechtsfigur ist. Erst im Zusammenwirken mit bereits etablierten Rechtsinstituten wie der condictio und der negotiorum gestio kommt der ratihabitio eine pflichten- und haftungsbegründende Rechtswirkung für den Genehmigenden zu.24 Über die Rolle eines „Anhängsels“ zu diesen Rechtsinstituten ist die ratihabitio im Obligationenrecht praktisch nie hinausgekommen. So blieb die ausdrückliche Anerkennung der ratihabitio als selbständiges Tatbestandsmerkmal für die negotiorum gestio im klassischen römischen Recht aus. Dafür, dass sich die ratihabitio zwar nicht für sich allein, aber im Zusammenspiel mit der condictio im Laufe der Zeit so tief im Rechtsbewusstsein verwurzelt hätte, dass sie selbst für die römischen Juristen als Bestandteil der negotiorum gestio galt, lassen sich jedenfalls keine Belege finden. Dies ist damit zu erklären, dass die negotiorum gestio kein Konsensualkontrakt war, sondern allein die Geschäftsführung das verpflichtende Element der negotiorum gestio war. Den römischen Juristen musste die ratihabitio daher rechtsdogmatisch wie rechtspolitisch als ein Fremdkörper innerhalb ihrer Gestionslehre erscheinen. Insoweit zeigt sich auch hier der im römischen Recht geltende numerus clausus der Vertragstypen, also die Beschränkung des Klageschutzes auf bestimmte, rechtlich anerkannte Typen von Verträgen, genauer gesagt die Verweigerung des Klageschutzes für den außerhalb eines Mandats erklärten Konsens der Parteien.

22 23 24

S. § 37 der Untersuchung. S. § 28 I. der Untersuchung. S. exemplarisch D. 3.5.5.11 in § 8 der Untersuchung.

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9. Teil: Wesentliche Ergebnisse und Schlussbetrachtung

Wie bereits Ernst v. Monroy25 zum Ausdruck gebracht hat, ist in der Dogmengeschichte der negotiorum gestio „von jeher eine Neigung bemerkbar, in die Ratihabitionshandlung des Vermögensherrn den Schwerpunkt des ganzen Rechtsinstituts zu verlegen“. Die gemeinrechtliche Lehre beeinflusst auch heute noch nachhaltig das romanistische Schrifttum. Die rechtshistorischen Abhandlungen heutiger Zeit, die das klassische römische Recht abbilden wollen, stellen die Funktion der ratihabitio für die negotiorum gestio nicht in Frage, sondern halten ganz selbstverständlich an der „Überzeichnung“ der ratihabitio für die negotiorum gestio fest. Doch sind erst von späteren Interpreten und Bearbeitern, insbesondere von Justinian, die betreffenden Stellen zur negotiorum gestio, bewusst oder unbewusst, anders gelesen und ist die ratihabitio unmittelbar auf das Schuldverhältnis der negotiorum gestio bezogen verstanden worden. Die vorzufindenden verschiedenen Ansätze zur Wirkungsweise der ratihabitio im Zusammenhang mit der negotiorum gestio26 im römischen Recht sind entgegen vielfach geäußerten Vermutungen im Schrifttum27 nicht Zeugnis einer Kontroverse zwischen den Juristen oder gar eines Schulenstreits, sondern sie sind vielmehr Ausdruck der noch fehlenden theoretischen Durchbildung und Ausdifferenzierung der ratihabitio durch die römische Rechtswissenschaft, wobei man diese vermutlich auch nicht erwarten darf. Der Modus operandi der römischen Juristen war hier, wie sonst auch, die Kasuistik. Die Rechtsentwicklung führte zu einer Herausbildung bestimmter Fallgruppen des Ratihabitionsrechts (beispielsweise zwischen negotiorum gestio und Kondiktionenrecht28). IV. Es lassen sich die wichtigen Regeln des geltenden Genehmigungsrechts, nämlich die Rückwirkung nach § 184 Abs. 1 BGB29 und die Rückwirkungssperre des § 184 Abs. 2 BGB,30 nicht ohne Weiteres auf das römische Recht übertragen, so verlockend es aus heutiger Sicht auch sein mag, die Ursprünge von Sätzen und Regeln des geltenden Rechts im römischen Recht aufzuzeigen. Obgleich die Entscheidungen bei Anwendung des geltenden Rechts vom Ergebnis her oftmals gleich ausfallen, stehen im römischen Recht ganz andere Sachgründe und Erwägungen der Juristen dahinter. Insbesondere konnte festgestellt werden, dass die Römer keine feste Lehre von der Rückwirkung bei der ratihabitio kannten.31 So25 v. Monroy, Fremde Vermögensrechte (1878), 76 f. S. auch Wlassak, Negotiorum gestio (1879), 76. 26 S. § 11 der Untersuchung. 27 v. Seuffert, Ratihabition (1868), 128 ist der Ansicht, dass solche Vermutungen lediglich der Gewohnheit entsprungen seien, auf die Entdeckung möglichst zahlreicher Spuren des römischen Schulengegensatzes Jagd zu machen. In diesem Sinne auch schon Beckhaus, Ratihabition (1859), 1. 28 S. § 8 der Untersuchung. 29 S. dazu den 3. Teil der Untersuchung. 30 S. § 18 I. 2. der Untersuchung. 31 S. den 3. Teil der Untersuchung.

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fern die ratihabitio Rückwirkung entfaltet, leitet sich diese nicht aus der Rechtsfigur der ratihabitio ab, sondern ist eine Frage der wertenden Auslegung, so trivial eine solche Feststellung vielleicht auch klingen mag. Die Rückwirkung ist nicht nur Frage der Interpretation des Willens des Genehmigenden, sondern eine Frage der wertenden Auslegung des Sachverhalts überhaupt. Die unterschiedlichen Entscheidungen zur Rückwirkung sind dementsprechend nicht einem Schulenstreit, sondern unterschiedlichen Tatbeständen geschuldet. Bei Vorliegen einer negotiorum gestio haben die römischen Juristen in der Regel eine Rückwirkung der ratihabitio angenommen.32 Das sind typischerweise Fälle der Einziehung einer Forderung durch einen Geschäftsführer, in denen die negotiorum gestio ipso gestu entsteht und es der ratihabitio zur Herbeiführung der Liberation des Schuldners bedarf. Im Zusammenhang mit der negotiorum gestio wird die Rückwirkung der ratihabitio nicht explizit formuliert, sondern liegt den Entscheidungen lediglich gedanklich zugrunde. In diesem Fall lässt sich nicht sagen, dass die Rückwirkung der ratihabitio „juristisch konstruiert“ wird, d. h. im Wege der Fiktion herbeigeführt wird. Vielmehr lässt sich die Rückwirkung der ratihabitio unmittelbar aus dem Vorliegen der negotiorum gestio ableiten. Mit anderen Worten: Die Anordnung der Rückwirkung einer möglichen ratihabitio ist in der negotiorum gestio implizit enthalten.33 Die ratihabitio ist bezogen auf die bereits vorhandene negotiorum gestio. Es ist eine Rückwirkung auf der Tatbestandsseite, aber keine Rückwirkung auf der Rechtsfolgenseite im Sinne einer Fiktionswirkung, so wie sie im geltenden Recht in vielen Fällen anerkannt ist. In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass der negotiorum gestio auch eine Außenwirkung zukam, wenn auch nur in beschränktem Maße.34 Wirkungen, die das geltende Recht aus dem abstrakten Rechtsbegriff „Genehmigung“ ableitet, haben die römischen Juristen vielfach auf das Rechtsinstitut der negotiorum gestio zurückgeführt, die oftmals neben der ratihabitio vorlag. Das Rechtsinstitut der negotiorum gestio hatte für den römischen Juristen eine weitaus größere Bedeutung in der Rechtsdoktrin als für das geltende Recht – einfach schon aus der Überlegung heraus, dass den Römern das Rechtsinstitut der Stellvertretung fremd war und der Ersatz hierfür bei personae sui iuris (wie es procuratores typischerweise waren) neben dem mandatum eben die negotiorum gestio war. Eine dem heutigen § 184 Abs. 2 BGB vergleichbare Regel, die die Rückwirkung dahin einschränkt, dass zwischenzeitlich erfolgte anderweitige Verfügungen des Genehmigenden selbst (Zwischenverfügungen) bestehen bleiben, findet sich in den römischen Quellen nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich. Man könnte zwar argumentieren, so wie es im Schrifttum zum Teil auch vertreten wird, dass sich die Rechtsfolge von § 184 Abs. 2 BGB aus dem allgemeinen Grundsatz nemo 32 33 34

S. § 18 der Untersuchung. S. § 18 der Untersuchung. S. § 18 I. 2. der Untersuchung.

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plus iuris transferre potest quam ipse habet35 ableiten lässt, also aus dem Prinzip, dass man nicht mehr Rechtsmacht übertragen kann, als man selbst innehat, so dass dieser Rechtssatz insoweit doch Bestandteil der römischen Rechtsordnung wäre. Vor dem Hintergrund der hier angestellten Erwägungen im Zusammenhang mit der negotiorum gestio passt eine solche Vorschrift für das römische Recht aber nicht recht, weil die negotiorum gestio, wie bereits oben ausgeführt, wenn auch nur in beschränktem Maße, Außenwirkung hat: Die Rechtsposition als dominus negotii verhindert sogar das Wirksamwerden der von dem dominus selbst (in Unkenntnis der zu genehmigenden Handlung) getroffenen Zwischenverfügung.36 V. Auch wenn das Zuordnungsmoment im Außenverhältnis das anfängliche wesentliche Moment der ratihabitio war, so ist im Verständnis der hoch- und spätklassischen Zeit neben der herkömmlichen Zuordnungswirkung ein konsensuales Moment der ratihabitio im Innenverhältnis hinzugetreten, wenn auch nur in bestimmten Ausnahmefällen (zum Beispiel beim Mandat in D. 50.17.6037). Die ratihabitio vermochte grundsätzlich ein mandatum nicht zu begründen. Die überlieferte Sentenz ratihabitio mandato comparatur ist als klassisch einzustufen und sollte von ihrem Ursprung her vermutlich ausschließlich die Frage der Erfüllungswirkung bei Zahlung an einen nicht beauftragten procurator regeln.38 Da die Schuldeneintreibung ein wichtiges Betätigungsfeld eines Geschäftsführers für einen Abwesenden war, haben Sabinus und Cassius der ratihabitio eine mandatsgleiche Wirkung im Außenverhältnis zugesprochen. VI. Die Untersuchung zum Verhältnis zwischen ratihabitio und iussum hat ergeben, dass die ratihabitio aus der Sicht der römischen Juristen grundsätzlich nicht die Wirkung eines nachträglichen iussum hatte, sondern insoweit eine funktionell eigenständige Rechtsfigur mit eigenen Rechtsfolgen war, insbesondere bei der Genehmigung von Handlungen von Gewaltabhängigen, also Sklaven und Hauskindern.39 Die ratihabitio hat im klassischen Recht grundsätzlich nicht die Voraussetzungen für die Gewährung der actio quod iussu geschaffen. Sie konnte nur die actio de in rem verso begründen. Die Quellen lassen jedoch ein Bewusstsein der klassischen Juristen für die Nähe beziehungsweise für eine Annäherung zwischen ratihabitio und iussum durchaus erkennen; all dies geschah freilich im üblichen Rahmen der vorherrschenden Methode der Kasuistik. VII. Was die dingliche Ebene anbelangt, so konnte in der Spätklassik vermöge der ratihabitio Besitz erworben werden.40 Auch hierbei hatte die ratihabitio keine

35 36 37 38 39 40

Ulpian D. 50.17.54. S. § 18 I. 2. der Untersuchung. S. § 27 II. der Untersuchung. S. § 27 I. der Untersuchung. S. § 29 der Untersuchung. S. §§ 32, 33, 34 der Untersuchung.

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unmittelbare Wirkung auf das Innenverhältnis zwischen Besitzendem und dem die tatsächliche Sachgewalt Ausübenden. Bei Einziehung einer Forderung durch einen Geschäftsführer diente die ratihabitio neben der Herbeiführung der Liberationswirkung dem Besitz- und Eigentumserwerb des dominus an den vom procurator eingezogenen Münzen. Bei Einziehung einer Nichtschuld erwarb der dominus infolge seiner ratihabitio offenbar neben dem Besitz auch Eigentum an den vom procurator eingezogenen Münzen.41 VIII. Die römischen Juristen haben nicht zwischen Bestätigungs- und Genehmigungsfällen unterschieden.42 Dies macht allein der Sprachgebrauch der römischen Juristen deutlich. Hierfür lässt sich nicht zuletzt der allgemeine rechtsstrukturelle Grund anführen, dass die ratihabitio sich im römischen Recht auf den tatsächlichen Vorgang bezieht: Die betreffenden Geschäfte waren für die römischen Juristen nicht unheilbar nichtig, sondern potentiell, nämlich im Hinblick auf die tatsachenbezogene ratihabitio, wirksam. Der Sache nach war die Unterscheidung zwischen Bestätigungs- und Genehmigungsfällen jedoch bereits den römischen Juristen bekannt. IX. Soweit sich die Romanisten mit der Frage der Durchbildung der ratihabitio zu einem klar umrissenen Rechtsinstitut befassen, wird dies allgemein abgelehnt. Schon Seuffert43 konstatierte (allerdings von seinem damaligen wissenschaftlichen Standpunkt aus), eine allgemeine Ratihabitionslehre habe es nie gegeben. Kaser44 zufolge ist die Genehmigung von den Römern nicht zu einer „scharfumrissenen Rechtsfigur durchgebildet worden“. Auch nach Claus45 lässt sich der der ratihabitio zugrunde liegende Gedanke nicht auf ein bestimmtes Prinzip zurückführen. Die klassischen römischen Juristen haben die ratihabitio wohl in der Tat nicht als ein Rechtsinstitut erfasst. Sie findet Erwähnung über das ganze römische Recht verstreut. Die römischen Juristen setzten sich aber durchaus mit den materiellen Voraussetzungen der ratihabitio näher auseinander. So stellten sie insbesondere im Zusammenhang mit der cautio de rato zeitliche Vorgaben für ihre Erteilung auf und machten sich Gedanken über ihre Form.46 Die Ausbildung der cautio de rato gab der ratihabitio offenbar eine technische Verfestigung. Das war aufgrund der formellen Rechtsnatur der cautio de rato notwendig. Der Zweck der cautio de rato lässt sich nur erreichen, wenn die Anforderungen an die Erklärung der ratihabitio streng formalisiert sind. Entsprechend dem Wesen eines Terminus technicus, der sich von seiner Bedeutung in der Alltagssprache entfernt hat und auf einen spezifischen begrenzten 41 42 43 44 45 46

S. § 34 der Untersuchung. S. § 45 der Untersuchung. v. Seuffert, Ratihabition (1868), 4; zustimmend Sigerist, Ratihabition (1887), 3. Kaser, RP I (1971), V 1 (265). Claus, Stellvertretung (1973), 160. S. § 42 I. der Untersuchung.

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Inhalt beschränkt, bezeichnet ratihabitio beziehungsweise ratum habere in den Quellen vornehmlich die Zustimmung zu einem nicht vom Zustimmenden selbst abgeschlossenen Rechtsgeschäft oder zu einer fremden Handlung.47 Möglich ist, dass die Formelfassung der cautio de rato im Edikt dazu beigetragen hat, das Wort ratum habere in der hier berührten Bedeutung vermehrt in den Sprachgebrauch der Juristen zu bringen.48 Vielleicht ist der Sprachgebrauch des Edikts aber auch damit zu erklären, dass die Verwendung von ratum habere für die Zustimmung zu einer Handlung eines Dritten bereits unter den Juristen etabliert war.49 Die römischen Juristen haben kein systematisches Verständnis der ratihabitio etwa mit Hilfe einer allgemeinen Rückwirkung entwickelt. Grund hierfür ist, wie so oft im römischen Recht, der Modus operandi der Römer, der sich in einer kasuistischen Denkweise erschöpft und keiner abstrakten Theorie und keiner ganzheitlichen Schau bedarf. Im Ergebnis muss konstatiert werden, dass die ratihabitio zweifelsohne auf einen einheitlichen Tatbestand, namentlich den Willen des Genehmigenden, zurückgeführt werden kann und angesichts ihrer ursprünglich gegenständlichen Wirkung auch eine einheitliche Rechtsfolge aufweist, und daher jedenfalls insoweit als eigene dogmatische Kategorie im römischen Recht anzuerkennen ist. X. Justinians Bemühungen, einen einheitlichen ratihabitio-Begriff zu schaffen, sind nicht zu übersehen.50 Wie schon zu klassischer Zeit sollte dieser auch Fälle der Bestätigung erfassen. Zudem legte Justinian der ratihabitio generell eine Rückwirkung bei51 und sah sie als allgemeine, zwingende Voraussetzung der negotiorum gestio an.52 Das allgemeine Genehmigungserfordernis bei der negotiorum gestio beruht insbesondere auf der Fehlinterpretation des Textes in D. 3.5.853 und ist aus der justinianischen Quasikontraktslehre zu erklären. Diese Lehre betont die Nähe der negotiorum gestio zum Vertragsrecht.54 Maßgeblicher dogmatischer Anknüpfungspunkt ist danach ein Konsens zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn. Dabei werden sich der Wandel in der Auffassung über den Entstehungsgrund der Obligation negotiorum gestio und das Systematisierungsstreben von Justinian gegenseitig beeinflusst haben. Ob die Entwicklung der Quasikontraktslehre durch die Verselbständigung des Erfordernisses der ratihabitio eine weitere Dynamik erfahren hat oder ob umgekehrt die Entwicklung der Quasi47 48 49 50 51 52 53 54

S. § 45 der Untersuchung. S. § 45 der Untersuchung. S. § 45 der Untersuchung. S. §§ 5 III. 4., 5.; 22, 23 der Untersuchung. S. §§ 22, 23 der Untersuchung. S. § 5 III. 4., 5. der Untersuchung. S. § 11 der Untersuchung. S. §§ 5 III. 4., 5.; 27 II. a. E. der Untersuchung.

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kontraktslehre überhaupt erst Auslöser war und zur Verselbständigung des Erfordernisses der ratihabitio führte, bleibt eine offene Frage. Unter Justinian entwickelte sich die ratihabitio zu einem gefestigten Rechtsinstitut. Die Anerkennung als Rechtsinstitut kommt endlich durch die Schaffung des Titels Ratam rem haberi (D. 46.8) im letzten Teil der Digesten und auch des Codextitels De donationibus inter virum et uxorem et a parentibus in liberos factis et de ratihabitione (C. 5.16) zum Ausdruck, auch wenn im Digestentitel fast ausschließlich die cautio de rato behandelt wird. Der ursprüngliche Kontext der Stellen war ein anderer. Die klassischen Juristen handelten die ratihabitio in verschiedenen Sachzusammenhängen mit ab.

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39 Fn. 27 126 Fn. 13 116 Fn. 398 68 Fn. 165 264 Fn. 18 124 Fn. 2 226 Fn. 192 276 Fn. 91 217 Fn. 143 227 Fn. 192 289 Fn. 151 209 Fn. 89 298 Fn. 208 277 Fn. 93 237 252 Fn. 117 229 Fn. 206 31 Fn. 77 127 Fn. 20 127 Fn. 19 304 55 Fn. 104 53

Pauli sententiae 1.9.3 5.2.2

165 Fn. 230 271

Corpus iuris civilis Institutiones 1.21 pr. 2.1.30 2.1.42

68 Fn. 165 116 Fn. 398 95 Fn. 312

Quellenverzeichnis 2.9.5 3.2.3 3.13.2 3.14.1 3.26.9 3.27 pr. 3.27.1 3.27.6 4.1 pr. 4.5.3 4.7.4 a

369

263 Fn. 13 189 Fn. 374 41 Fn. 38 276 Fn. 91 288 Fn. 151 41 Fn. 38 41 Fn. 38 276 Fn. 91 228 Fn. 205 228 Fn. 205 254 Fn. 127

Digesta 1.4.1 pr.,1 1.7.25 pr. 1.8.6.4 2.14.11 2.14.27.3 2.14.38 2.14.59 3.2.6.5 3.3.1.1 3.3.33.3 3.3.46.6 3.3.49 3.3.63 3.3.66 3.5.2 3.5.3 pr. 3.5.3.7 3.5.4 3.5.5 pr. 3.5.5.1 3.5.5.3 3.5.5.4 3.5.5.5 3.5.5.8 3.5.5.10 3.5.5.11

3.5.5.12

39 Fn. 27 91 Fn. 295 239 Fn. 28 282 Fn. 124 88 Fn. 281 185 Fn. 346 146 Fn. 123 220 Fn. 162 263 Fn. 11 304 Fn. 6 306 Fn. 25 33 Fn. 4 106 Fn. 365 f., 194 Fn. 10 129 Fn. 35 74, 87 Fn. 277, 115 Fn. 394 51 Fn. 76, 77 Fn. 217 172 Fn. 267 220 Fn. 163 220 Fn. 163 249 43 Fn. 50 33 Fn. 2, 35, 41 Fn. 37, 73 Fn. 195, 77 Fn. 218, 283 Fn. 130 86 Fn. 270, 87 Fn. 272, 108, 115 Fn. 394 89 Fn. 284, 247 ff., 258 109 Fn. 379 33 Fn. 2, 48 ff., 75, 77, 81 Fn. 245, 85 Fn. 262, 86 Fn. 267, 101 f., 120 f., 193 Fn. 2, 205 f., 251, 276 Fn. 100, 295 ff., 322 Fn. 118, 337 Fn. 24 56 Fn. 107, 66 Fn. 157, 74, 76 ff., 102, 205, 271 Fn. 62, 273

370 3.5.5.13 3.5.8 3.5.9.1 3.5.11.2 3.5.12 (13) 3.5.15 3.5.18.3 3.5.21 3.5.22 (23) 3.5.23 (24) 3.5.26 pr. 3.5.27 3.5.30.1 3.5.31 pr. 3.5.36 pr. 3.5.38 3.5.42 3.5.45 pr. 3.5.48 (49) 3.6.2 4.2.1 4.2.9.3 4.2.21.1 4.4.3.1, 2 4.4.22 4.8.3 pr. 5.1.56 5.3.9 5.3.13.12 5.3.16.1 5.3.25.3 5.3.31.5 6.1.9 6.1.41.1 6.1.43 6.1.59 6.2.7.10 7.1.48 pr. 7.9.12 9.2.37 pr. 10.3.14.1

Quellenverzeichnis 56 Fn. 107, 102, 109 Fn. 379, 114 ff. 26 Fn. 43, 27 Fn. 55, 33 Fn. 2, 38 Fn. 22, 42, 51 Fn. 79, 83 ff., 106 47 Fn. 63, 55 Fn. 95, 72, 74, 77 Fn. 220 115 Fn. 396 111 78 Fn. 224 262 Fn. 7 115 Fn. 396, 255 Fn. 125, Fn. 127, 268 Fn. 51 33 Fn. 2, 72 f. 36, 73 Fn. 195, 77 Fn. 218, 144, 277, 280 ff. 255 Fn. 134 53 Fn. 87 63, 76 Fn. 210 43 Fn. 50, 220 Fn. 163 109 Fn. 379 33 Fn. 3, Fn. 4, 144 Fn. 117, 276 Fn. 85 43 Fn. 49 220 Fn. 163, 254 Fn. 125, 268 Fn. 51 107 ff. 232 26 Fn. 46 26 Fn. 46 26 Fn. 46 330 26 Fn. 47 26 Fn. 46 126 ff. 79 Fn. 229, 273 Fn. 69 78 Fn. 228, 79 Fn. 232, 262 Fn. 7, 271 ff. 79 Fn. 229 272 Fn. 64 83 288 Fn. 153 95 Fn. 312 291 Fn. 162 118 Fn. 398 274 f. 115 Fn. 394 277 Fn. 93 233 Fn. 239 116 Fn. 402

Quellenverzeichnis 10.3.19.2 11.6.1.1 12.1.9.4 12.1.11.2 12.1.14 12.1.19 pr. 12.1.23 12.1.41 12.2.10 12.2.17.2, 3 12.4.14 12.4.15 12.6.6 pr. 12.6.6.1 12.6.6.2 12.6.6.3 12.6.8 12.6.15 pr. 12.6.26.4 12.6.29 12.6.32.1 12.6.33 12.6.38.3 12.6.44 12.6.47 12.6.55 12.6.59 12.6.60 pr. 12.6.65.9 13.1.18 13.3.1.1 13.5.1, 5 13.6.17 pr. 13.6.18 pr. 13.7.2 13.7.9.4 13.7.11.6 13.7.11.7 13.7.14 13.7.20 pr. 13.7.41 14.4.1 pr.

115 Fn. 394 196 Fn. 21 41 Fn. 35 76 Fn. 89 276 Fn. 89 288 Fn. 152, 316 107 Fn. 371 33 Fn. 2 67 Fn. 159 26 Fn. 47 27 Fn. 20, 33 f., 52 Fn. 84, 62 Fn. 137, 70, 276 Fn. 87 277 Fn. 93 30 Fn. 67, 290 f. 34 Fn. 9, 52 Fn. 84, 68 ff., 276 Fn. 87 34 Fn. 9, 276 Fn. 87 291 Fn. 164 43 Fn. 49 276 Fn. 91 154 Fn. 163 276 Fn. 89 140 Fn. 98 277 Fn. 93 140 Fn. 98 139 139, 140 Fn. 98 62 Fn. 135 140 Fn. 98 320 49 Fn. 71, 77 Fn. 214 45 Fn. 60, 62 Fn. 135, 292 Fn. 171, 301 f. 277 Fn. 93 154 Fn. 163 88 Fn. 281 251 Fn. 111 130 Fn. 45 130 Fn. 44 267 Fn. 43 131 Fn. 47 251 Fn. 111 131 Fn. 46, 239 Fn. 28 133 Fn. 59 258 Fn. 149

371

372 14.4.5.7 14.6.1 pr. 14.6.7.15 14.6.9.3 14.6.7.12 14.6.16 15.1.1.1 15.1.1.2 15.1.4 pr. 15.1.5.4 15.1.9.2, 3 15.1.11.2 15.1.14.1 15.1.21 pr. 15.3.3.1 15.3.3.2 15.3.3.3 15.3.3.4 15.3.3.7 15.3.3.8 15.3.5 pr. 15.3.5.1 15.3.5.2 15.3.5.3 15.3.6 15.4.1 pr. 15.4.1.2 15.4.1.4 15.4.1.5 15.4.1.6 15.4.2.1 15.4.5 pr. 16.1.7 16.3.1.7 16.3.1.13 17.1.1.1, 2 17.1.3.2 17.1.6.2 17.1.6.3 17.1.10.10 17.1.12.6 17.1.12.7

Quellenverzeichnis 258 Fn. 149 184 186, 189 186 188 Fn. 367 186 240 Fn. 38 257 Fn. 146 258 Fn. 150 258 Fn. 149 258 Fn. 149 46 Fn. 61 258 Fn. 149 258 Fn. 150 254 Fn. 127 118 f. 254 Fn. 127 118 ff. 254 Fn. 127 254 Fn. 128 254 Fn. 124 238 ff., 252 Fn. 115 118, 238 ff. 256 Fn. 140, 257 Fn. 147 257 Fn. 147 188 Fn. 364, 237 Fn. 16, 246 Fn. 82 238 Fn. 23 238, 240 f. 244 ff. 239 ff. 188 Fn. 363 188 Fn. 365 220 Fn. 163 88 Fn. 281 101 Fn. 339 218 Fn. 148 122 Fn. 426 211 Fn. 105, 216 Fn. 134, 218 226 Fn. 192 120 43 Fn. 50 263 Fn. 11

Quellenverzeichnis 17.1.12.9 17.1.12.11 17.1.18 17.1.20.1 17.1.22.6 17.1.29.6 17.1.40 17.1.50 pr. 17.1.53 17.1.60.1 17.2.3.3 17.2.65.8 18.1.5 18.1.35.2 18.1.35.4 18.6.8 pr. 19.1.6.9 19.2.24 pr. 20.1.5.1 20.1.5.2 20.1.16.1 20.1.22 20.4.11.1 20.4.16 20.6.1 pr. 21.1.51.1 21.2.57.1 22.1.5 22.1.35 22.1.38.4 22.3.23 22.6.8 23.3.25 24.1.1 24.1.32 24.1.38.1 24.1.47 26.7.37.1 26.8.4 26.8.13 27.4.1.4 27.6.1.5

267 Fn. 40 226 Fn. 192 211 Fn. 105, 216 Fn. 134 211 Fn. 105, 216 Fn. 134, 220 Fn. 163 226 Fn. 192 140 Fn. 98, 141 211 Fn. 105, 220 Fn. 163 29 Fn. 66, 43 ff., 70 Fn. 178, 91 Fn. 294, 213 211 Fn. 105, 216 Fn. 134 222 ff., 234 88 Fn. 281 288 Fn. 149 250 Fn. 103 226 Fn. 192 251 Fn. 111 170 Fn. 252 88 Fn. 281 88 Fn. 279, 104 Fn. 358 130 Fn. 40 130 Fn. 39 129 ff., 191 133 Fn. 59 133 Fn. 63 67 Fn. 159 262 Fn. 7 87 Fn. 276 160 Fn. 204 226 Fn. 192 129 Fn. 33 129 Fn. 33 130 Fn. 41 180 Fn. 315 154 Fn. 163 179 Fn. 308 179 Fn. 309 169 181 Fn. 320 33 Fn. 2 26 Fn. 46 67 26 Fn. 47 26 Fn. 46

373

374 30.13 33.2.31 34.3.7.1 35.1.71.3 36.1.38 36.1.38 pr. 36.1.42 36.1.58 37.1.3 pr. 37.1.3.1, 2 37.1.3.3 37.1.3.7 37.1.16 38.5.1.1 38.5.12 39.1.1.10 39.5.2.7 39.5.9 39.5.9.2 39.5.13 39.5.29 pr. 39.6.40 41.1.9.4 41.1.13 pr. 41.1.20.2 41.1.31 pr. 41.1.53 41.1.59 41.2.1.20 41.2.1.5 41.3.27 41.4.2.2 41.4.2.9 41.5.2.2 41.6.1 pr. 41.6.1.1 41.6.1.2 41.6.4 41.1.7.10 41.1.7.12 43.16.1 pr. 43.16.1.12

Quellenverzeichnis 239 Fn. 28 67 Fn. 159 196 Fn. 21 204 Fn. 72 260 Fn. 161 239 Fn. 28 239 Fn. 28 130 Fn. 45 171 Fn. 261 174 Fn. 281 170 Fn. 253, 171 Fn. 257 170 ff. 177 f. 197 Fn. 21 194 Fn. 10 26 Fn. 46 181 Fn. 320 161 Fn. 206 168 Fn. 245 296 Fn. 194 162 182 Fn. 328 95 Fn. 312 273 Fn. 75, 274 274 Fn. 75, Fn. 78 285 Fn. 141 267 Fn. 43 274 Fn. 75 284 286 Fn. 46 166 Fn. 234 170 Fn. 252 262 Fn. 7 161 Fn. 206, 165 Fn. 229 166 Fn. 234 161 Fn. 206 168 161 ff. 116 Fn. 398 116 Fn. 398 225 Fn. 188, 229 Fn. 210 226 Fn. 189

Quellenverzeichnis 43.16.1.13 43.16.1.14 43.16.1.34-36 43.16.1.48 43.16.3.10, 11 43.17.3.7 43.24.5.14 43.24.13.6 43.26.6.1 44.1.10 44.2.1 44.2.19 44.4.2.4 44.4.8 pr. 44.7.1 pr. 44.7.4 44.7.5.3 44.7.44.4 45.1.4.1 45.1.38 pr., 2 45.1.78 pr. 45.1.94 45.1.141.5 46.1.4.pr 46.1.19 46.1.20 46.1.31 46.1.51.1 46.1.66 46.1.69 46.3.12 pr. 46.3.12.2 46.3.12.4 46.3.13 46.3.14 pr. 46.3.23 46.3.34.2 46.3.34.3 46.3.34.4 46.3.34.9 46.3.37

375

227 Fn. 199, 230 Fn. 210 193 Fn. 5, 196, 197, 201, 225 ff. 229 Fn. 210 229 Fn. 210 227 Fn. 203 116 Fn. 398 226 Fn. 189 239 Fn. 28 273 67 Fn. 159 67 Fn. 159 134 Fn. 63 91 Fn. 295 289 Fn. 154 228 Fn. 206 228 Fn. 206 276 Fn. 91 210 Fn. 100 172 Fn. 266; 187 Fn. 358 321 Fn. 115 124 Fn. 2 181 Fn. 320 209 220 Fn. 163 140 Fn. 98 140 Fn. 98 139 Fn. 93 139 Fn. 93 307 Fn. 36 139 Fn. 93 203 f., 207 194 Fn. 10 33 Fn. 3, 69 Fn. 171, 83 Fn. 253, 193 Fn. 5, 196 f., 202 ff., 206 f., 211, 212 Fn. 111 308 ff. 69 Fn. 171 43 Fn. 49 210 Fn. 99 33 Fn. 2, 83 Fn. 253 83 Fn. 254 83 Fn. 254 139 Fn. 93

376 46.3.38.1 46.3.56 46.3.58 pr. 46.3.62 46.3.71.1 46.3.71.2 46.3.71.3 46.3.91 46.4.4 46.4.14 46.5.1.2 46.5.2.2 46.5.7 46.6.5 46.8.3.1 46.8.8.1 46.8.8.2 46.8.10 46.8.10-12 46.8.12.2 46.8.13 pr. 46.8.16 pr. 46.8.17 46.8.18 46.8.22 pr. 46.8.22.1 46.8.22.2 46.8.23 46.8.24 pr. 46.8.24.1 46.8.25.1 46.16.7 47.2.43 pr. 47.2.43.1 47.2.52.11 47.2.52.22 47.2.81.5 47.2.81.6 47.2.81.7 47.6.1 pr.

Quellenverzeichnis 62 Fn. 137, 94 Fn. 304 45 Fn. 59, 194 Fn. 10 33 Fn. 2, Fn. 3, 144 Fn. 117, 205 Fn. 74, 263 Fn. 16, 276, 288 Fn. 152, 315 ff. 36 ff., 73 Fn. 195, 77 Fn. 218, 283 Fn. 130, 312 Fn. 65 136 ff., 158, 161 146 ff., 263 Fn. 16 153 ff. 43 Fn. 49 147 Fn. 129 146 Fn. 124 303 Fn. 1, Fn. 5 321 Fn. 115 304 Fn. 12 307 Fn. 36 307 Fn. 36 307 Fn. 34, 317 ff., 321 321 Fn. 115 94 Fn. 304, Fn. 305, 157 Fn. 180, 304 Fn. 13, Fn. 14 304 Fn. 13 38 Fn. 25, 308, 319, 320 Fn. 111, 310 ff. 321 Fn. 115 323 f. 129 Fn. 35, 187 Fn. 358, 332 172 Fn. 266, 187 Fn. 358 52 Fn. 84, 160 Fn. 202, 276, 277 Fn. 100, 316 Fn. 84, 322 f. 94 Fn. 304 159, 324 ff. 307 176 f. 173 ff., 178 49 Fn. 68, 138 Fn. 85, 139, 142 Fn. 107, 156 ff., 263 Fn. 16, 314 231 Fn. 226 62 Fn. 135, 136, 292 Fn. 171, 300 Fn. 221 62 Fn. 135, 293 Fn. 177 62 Fn. 137 64 Fn. 149 31 Fn. 78, 49 Fn. 68, 52 Fn. 84, 62 Fn. 137, Fn. 138, 193 Fn. 2, 291 ff., 295, 298 293 Fn. 173 45 Fn. 60, 298 ff. 228 Fn. 206

Quellenverzeichnis 48.2.7.2 48.5.12.12 48.19.18 49.15.16 49.15.22.2 50.16.24 50.16.73 50.16.122 50.17.1 50.17.54 50.17.59 50.17.60 50.17.62 50.17.77 50.17.82 50.17.152.1 50.17.152.2 50.17.173.3 50.17.209

67 Fn. 159 181 Fn. 320 230 Fn. 217 124 Fn. 2 124 Fn. 2 164 Fn. 225 128 Fn. 22, Fn. 23 188 Fn. 320 201 Fn. 57 130 Fn. 41, 149, 340 Fn. 35 164 Fn. 225 193, 195, 198, 201, 211 ff. 164 Fn. 225 147 162 Fn. 215 196, 226 Fn. 189 193 Fn. 5, 196, 197, 231 ff. 289 Fn. 154 197 Fn. 21

Codex Iustinianus 2.12 (13).10 (227) 2.13.16 (293) 2.18 (19).9 (217) 2.18 (19).19 (294) 3.32.3 (222) 3.36.20 (294) 4.28.7 pr. (530) 4.28.2 (198) 4.35.12 (293) 4.35.6 (238) 5.16.25 (528) 7.31.1.5 7.32.1 (196) 8.17.3 (212) 8.37 (38).3 (217) 8.43.12 (293) 8.53 (54). 34, 36 (529)

263 Fn. 11 106 Fn. 365 33 Fn. 2, 39 112 109 f., 193 Fn. 2 112 f. 178, 183 ff., 240, 258 f., 260 186 Fn. 352 110 Fn. 383 216 Fn. 124 179 ff., 189, 240, 258, 328, 333 163 Fn. 221 264 Fn. 25 134 Fn. 64 33 Fn. 2, 40 ff., 193 Fn. 2 33 Fn. 3, 144 Fn. 117, 205 Fn. 74, 276 Fn. 85 180 Fn. 312

Basiliken 17.1.8

42, 91 Fn. 294

377

378

Quellenverzeichnis

BGB § 141 § 144 §§ 158 ff. § 184 § 185 § 280 § 677 § 684

327 327 Fn. 5 148 19, 338 f. 94, 121 87 87 32 Fn. 1, 336 Fn. 19

Nichtjuristische Quellen Aristoteles, Ethica Nicomachea II 6, 1107 a 2–6

309 Fn. 50

Cicero, De legibus 2.20.50 3.3.6

27 Fn. 53 27 Fn. 49

Cicero, De natura deorum 1.10

27 Fn. 51

Cicero, De re publica 2.32.56

27 Fn. 49

Cicero, Epistulae ad familiares 7.23.1

27 Fn. 53

Cicero, In Verrem 2.4.149

27 Fn. 49

Cicero, Pro Balbo 14.33

27 Fn. 49

Cicero, Pro Caecina 20.57

198 Fn. 30

Cicero, Pro Q. Roscio com. 1.3

27 Fn. 50

Sachverzeichnis acceptilatio 141, 146 ff. actio de in rem verso 118 f., 188, 236, 238 f., 240, 242 f., 252, 254, 256 f., 259, 340 actio de peculio 239, 247, 253, 255, 257 actio ex stipulatu 154, 157, 159, 312 f., 314 f., 318, 320, 321 ff. actio furti 106, 292, 297 ff. actio mandati 44 ff., 112, 118 f., 137 ff., 195, 200 f., 211, 213 ff., 218 ff., 234, 241, 267 actio negotiorum gestorum 35, 37 ff., 50 ff., 142, 144 f., 151, 174, 195, 200, 205, 213, 217, 220 f., 223 f., 241, 247, 249 ff., 267 f., 269, 287, 292, 295, 297 f., 299, 306, 312 actio Publiciana 200, 275 actio quod iussu 188 f. 235 ff., 340 Besitz 23, 58, 75, 78 f., 95, 113 f., 117, 163 ff. Bestätigung 19 f., 24, 163 f., 170, 177 f., 180 ff., 222, 271, 327 ff. bona fides 88, 92 f., 97, 154, 197, 199, 297 bonorum possessio 170 ff. brevi manu traditio 162, 167 ff. Bürgschaft 45, 137, 139 ff., 158, 186, 211 ff., 222 ff., 244 ff. cautio ratam rem haberi/de rato stipulatio de rato 23 f., 28, 31, 127, 157 ff., 303 ff., 332 f., 334, 341 ff. comprobare 28, 31, 103, 330 ff. comprobatio 105, 331 condictio (ex causa) furtiva 63, 106, 292 ff., 301 ff.

condictio indebiti 52 f., 57 f., 60, 68 ff., 120, 140, 279, 292, 294 ff., 325, 336 f. condictio ob rem 34, 160, 316 confirmatio 180, 182 contemplatio 56 f., 78 f., 249, 251 datio 34, 57, 61, 107, 208 f., 233, 277 ff. datio in solutum 208 f., 233 debitum solutum 32 ff., 280, 290 donatio 161 ff., 179, 182, 275 donatio inter virum et uxorem 179, 182 Eigentum 58, 62 ff., 94 f., 102, 105 f., 108 f., 114, 261 ff., 275 ff. exceptio doli 92, 148 f., 155, 208, 289, 296, 312 ff., 318, 320 fideiussio 140, 223, 244 f. furtum 62 ff., 292 ff., 298 ff. hereditatis petitio 77 ff., 113, 116 f., 271 ff. in maleficio ratihabitio mandato comparatur 225 ff. indebitum (solutum) 47 ff., 205 f., 277, 279 f., 290 f., 291 ff., 301 f. interdictum unde vi 210, 225 ff., 231 f., 337 iussum 235 ff., 305, 340 male gestum 83 ff. maleficium 226, 228 f., 231 mandatum 39 Fn. 28, 50, 71 f., 98, 100 f., 114, 118 ff., 126, 145, 177, 193 ff., 258, 262, 265, 268, 275, 288, 305, 339 f.

380

Sachverzeichnis

naturalis obligatio 188, 252, 318 ff. naturalis possessio 165, 167 negotiorum gestio 21 ff., 29 f., 32 ff., 144 f., 151 f., 155 f., 172, 174, 181, 191, 193 ff., 197, 200, 204 f., 213 f., 217, 220 ff., 234, 252 ff., 261, 268 f., 275, 282 f., 287 ff., 295 f., 299, 302, 336 ff. nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet 149, 339 pater familias 161 ff., 184 ff., 248, 250 ff., 260, 266 patria potestas 162, 164 peculium 246, 247 ff., 268 Pfandrecht 129 ff. praepositio 206 f. prior tempore potior iure 134 probare 103, 332 probatio 88 ff., 99, 103 procurator 28 ff., 44 ff., 63 f., 69 f., 118 ff., 124, 126 ff., 137 ff., 157, 159 ff., 174 f., 198, 203 ff., 207 ff., 225 ff., 262 ff., 304 ff.

– (falsus) procurator 28 ff., 64, 72, 82, 227, 230, 291 ff., 298 ff. – procurator omnium rerum 30, 44, 50, 71 f., 106, 204, 263 ratihabitio mandato comparatur 23, 100 f., 193 ff., 234, 340 ratum facere 26, 329, 333 ratum habere 26, 31, 95, 103, 159, 162, 307, 329, 331 ff., 342 regula 198, 201 f., 205 f., 212, 221 f., 232, 234, 265, 270 rei vindicatio 109, 276, 288 f., 291 Rückwirkung 124 ff., 204, 210, 219, 240, 258, 269 f., 286, 328, 333, 338 f., 342 SC Macedonianum 183 ff., 258 f. solutionis causa adiectus 209, 234, 278 superficies solo cedit 116 usucapio 165 ff. utilitas 45 ff., 72, 73 ff., 92 ff., 114, 117, 121, 185, 253 ff., 269