Die confusio im klassischen römischen Recht. 342808263X, 9783428082636

Wenn Forderung und Schuld in einer Person zusammentreffen, erlischt die Verbindlichkeit, und wenn Eigentum und Belastung

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Kapitel 1: Die dingliche Konfusion
§ 1. Die Konfusion beim Nießbrauch
I. Das Erlöschen des Nießbrauchs durch Konfusion
II. Diskussion über Ausnahmen
1. Bestätigung der Konfusionswirkung
2. Wiederbegründung des Nießbrauchs trotz Konfusion
III. Konfusion des Nießbrauchs und das ius adcrescendi
1. Das Anwachsungsrecht des Nießbrauchers
2. Das Anwachsungsrecht und der Nießbrauch an der eigenen Sache
3. Ulpian (17 ad Sab) vat. 83
IV. Zusammenfassung
§ 2. Die Konfusion bei der Dienstbarkeit
I. Grundsatz
II. Die Konfusion einer Dienstbarkeit an mehreren Grundstücken
III. Servitus pro parte retineri
IV. Die Pflicht zur Wiederbegründung einer Dienstbarkeit
1. Die Pflicht zur Wiederbegründung beim Erbschaftskauf
2. Die Pflicht zur Wiederbegründung im Dotalrecht
3. Die Pflicht zur Wiederbegründung im Legatsrecht
V. Zusammenfassung
§ 3. Das Erlöschen des Pfandrechts durch Konfusion
Kapitel 2: Die obligatorische Konfusion
§ 4. Die obligatorische Konfusion
I. Die Wirkung der obligatorischen Konfusion
II. Die Wirkung der obligatorischen Konfusion auf das Pfandrecht
§ 5. Die Konfusion bei der Gesamtschuld
§ 6. Eviktionshaftung und Konfusion
§ 7. Noxalhaftung und Konfusion
§ 8. Die Konfusion im Bürgschaftsrecht
I. Die Konfusion der Bürgschaftsforderung
1. Das Erlöschen der Bürgschaftsforderung
2. Der Rückgriff des Erben beim Schuldner
II. Die Konfusion der Hauptschuld
§ 9. Exkurs: Die unechte Bürgschaftskonfusion
I. Das Erlöschen der Bürgschaftsforderung
II. Das Fortbestehen der Bürgschaftsforderung
III. Der Erlöschensgrund der unechten Bürgschaftskonfusion
IV. Die Bezeichnung der unechten Bürgschaftskonfusion als confusio
Kapitel 3: Erbrechtliche Sonderfragen
§ 10. Die Verhinderung der Konfusion im Erbrecht
I. Die tatsächliche Verhinderung der Konfusion
II. Die Beseitigung der Wirkungen des Erbschaftserwerbs
III. Die Aufhebung der Wirkung der Konfusion durch Dritte
IV. Die separatio bonorum bei Insolvenz des Erben
§ 11. Die Berechnung der Falzidischen Quart bei Konfusion
I. Grundsatz
II. Ausnahmen
III. Die Berechnung der Quart bei Konfusion der actio de peculio
IV. Zusammenfassung
§ 12. Konfusion und Indignität
I. Einleitung
II. Die Wiederbegründung der Forderungen des Erben
III. Die Wiederbegründung der Forderungen des Erblassers
§ 13. Die Konfusion beim Erbschaftskauf
I. Einleitung
II. Klagen des Erben
III. Klagen des Käufers der Erbschaft
§ 14. Die Konfusion beim Fideikommiß
I. Die Rechtslage nach dem SC Trebellianum
II. Die Rechtslage nach dem SC Pegasianum
§ 15. Konfusion bei Erbenmehrheit
I. Der Erblasser als Schuldner
1. Teilbare Forderungen
2. Unteilbare Forderungen
II. Der Erblasser als Gläubiger
Kapitel 4: Wirkung und historische Entwicklung der Konfusion
§ 16. Die Konfusion: ein selbständiger Erlöschensgrund
I. Einleitung
II. Der Vergleich mit der solutio
III. Der Vergleich mit der compensatio
IV. Der Vergleich mit der acceptilatio
V. Weitere Erklärungsmodelle der Pandektenwissenschaft
VI. Paul Kretschmars “Theorie der Konfusion”
VII. Ergebnisse
§ 17. Die Entwicklung der confusio im römischen Recht
I. Einleitung
II. Prinzipien der dinglichen Konfusion
III. Prinzipien der obligatorischen Konfusion
IV. Die Aufhebung der Wirkung der Konfusion
V. Der Begriff confusio
Quellenregister
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Die confusio im klassischen römischen Recht.
 342808263X, 9783428082636

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PETER KIESS

Die confusio im klassischen römischen Recht

Freiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen Herausgegeben vom Institut für Rechtsgeschichte und geschichtliche Rechtsvergleichung der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Br.

Neue Folge · Band 21

Die confusio im klassischen römischen Recht Von

Peter Kieß

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Kiess, Peter: Die confusio im klassischen römischen Recht I von Peter Kiess. - Berlin : Duncker und Humblot, 1995 (Freiburger rechtsgeschichtliche Abhandlungen ; N. F., Bd. 21) Zug!.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 1993/94 ISBN 3-428-08263-X NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1995 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6704 ISBN 3-428-08263-X Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier gemäß der ANSI-Norm für Bibliotheken

Meinen Eltern

Vorwort Diese Arbeit hat im Wintersemester 1993/1994 der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg als Dissertation vorgelegen. Mein Dank gilt vor allem Professor Joseph Georg Wolf, der diese Arbeit von den ersten Entwürfen bis zur Drucklegung mit konstruktiver Kritik und mit großem Interesse begleitete und mancherlei Gedanken anregte. Ich möchte mich auch bei Professor Dr. Wolfgang Zöllner bedanken, der mir in meiner Zeit am Institut für Arbeits- und Sozialrecht der Universität Tübingen genügend Freiraum für meine romanistischen Studien ließ. Sehr verbunden bin ich auch der Studienstiftung des deutschen Volkes, die durch die Gewährung eines großzügigen Promotionsstipendiums die Anfertigung dieser Arbeit unterstützt hat. Ohne die verständnisvolle Unterstützung meiner Frau wäre diese Arbeit nicht entstanden. Last but not least danke ich auch meinem Freund und Mitstreiter Justus Schmidt-Ott, der ein immer bereiter Gesprächspartner und großzügiger Gastgeber in Freiburg war. Freiburg/Dresden

Peter Kieß

Inhaltsverzeichnis 1. Kapitel

Die dingliche Konfusion § 1. Die Konfusion beim Nießbrauch ........... ... .... ............... ...... ........ ...... .... ............ 13 I. Das Erlöschen des Nießbrauchs durch Konfusion .. .... ........ ............ ....... ....... 13 U. Diskussion über Ausnahmen ....... . ........................... .. ............... ... ... ........ 15

1. Bestätigung der Konfusionswirkung .... .... ........ .... .......... ..... .. .. .. .... .... 15 2. Wiederbegründung des Nießbrauchs trotz Konfusion ....... ... ..... .. ......... . . 20 UI. Konfusion des Nießbrauchs und das ius adcrescendi ....... ...... ..... .. ............... . 23 1. Das Anwachsungsrecht des Nießbrauchers .......................... .... ... .. ...... 24 2. Das Anwachsungsrecht und der Nießbrauch an der eigenen Sache .. .. .. ..... 25 3. Ulpian (17 ad Sab) vat. 83 .............................. .. .. .. ............ ..... .... ... 29 IV. Zusammenfassung ..... ...... ....... ....... ..... ...... .... ....... ...... .... .... ........ ... ...... 34 § 2. Die Konfusion bei der Dienstbarkeit ...... ...... ........ .. .... ....... .. ... .... .. .. .. ................ 36 I. Grundsatz .......... ................. ....................... ..... . .............. . .. ... .. .... ....... 36 U.

Die Konfusion einer Dienstbarkeit an mehreren Grundstücken ............ .... ........ 37

UI. Servitus pro parte retineri ..... ........ . .. .. .. ..... .. .. ... .. ..... ........ .......... .. .... ...... 40 IV. Die Pflicht zur Wiederbegründung einer Dienstbarkeit. . .... ... .. .... .. ... ..... ....... .. 46

1. Die Pflicht zur Wiederbegründung beim Erbschaftskauf ...... ...... .. .. .... .... 47 2. Die Pflicht zur Wiederbegründung im Dotalrecht. .............. .... .. .... ........ 49 3. Die Pflicht zur Wiederbegründung im Legatsrecht ............ ........ .. .. ....... 52 V. Zusammenfassung ........... .... .... .............. ... .... ................. .. ..... .. ............ 55 § 3. Das Erlöschen des Pfandrechts durch Konfusion ........... .... ........ .. .. .... ....... .. .. .... .. 57

2. Kapitel

Die obligatorische Konfusion § 4. Die obligatorische Konfusion ..... ... .... .. .. .. ..... .......... .... ..... .. ............. .. ....... ....... . 60 I. Die Wirkung der obligatorischen Konfusion ........ .... ................ ...... .. .... ...... 60

II. Die Wirkung der obligatorischen Konfusion auf das Pfandrecht ...................... 64 § 5. Die Konfusion bei der Gesamtschuld .. ........................ .. .. .. ........... .. ... ...... .. .. ..... 67 § 6. Eviktionsbaftung und Konfusion .. ...... .... .. .. ............ .... ................ .......... ........... 72

§ 7. Noxalbaftung und Konfusion .... ........ .... ...... ...... .. .. .. ...... .. .... ... .. ........ ... ........... 80

10

Inhaltsverzeichnis

§ 8. Die Konfusion im Bürgschaftsrecht ..................... ...... ......................... .......... .. . 86

I.

Die Konfusion der Borgschaftsforderung ....... .............................. . ......... ... 86

1. Das Erlöschen der BOrgschaftsforderung .. .. ......... ..... .. .. ... ........ .... ... .. . 86 2. Der ROckgriff des Erben beim Schuldner ............ .. .............. .. .. .... .. .. .. 87 ß. Die Konfusion der Hauptschuld .................. .... ........ .. ................ .. .... ...... .. 90 § 9. Exkurs: Die unechte Bürgschaftskonfusion........................................................ 94

I.

Das Erlöschen der BOrgschaftsforderung ...... ... ... ..................... .. . .. .. .... ...... 94

U. Das Fortbestehen der BOrgschaftsforderung .... ..... ........... ...... .... .... .. .... .. . .... 97

m.

Der Erlöschensgrund der unechten BOrgschaftskonfusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 IV. Die Bezeichnung der unechten BOrgschaftskonfusion als confusio............ .. .. .. 107

3. Kapitel

Erbrechtliebe Sonderfragen § 10. Die Verbinderung der Konfusion im Erbrecht ........ .............. .. .............. ...... .... 112

I. ß. ID. IV.

Die tatsächliche Verhinderung der Konfusion ........ .... ............ .. ...... .. .. .. .. .. . 112 Die Beseitigung der Wirkungen des Erbschaftserwerbs ..... .... ............. ...... . .. 114 Die Aufhebung der Wirkung der Konfusion durch Dritte.................. .. .. .. .. .. . 115 Die separatio bonorum bei Insolvenz des Erben.. .. .. .. .. ..................... .. .... ... 120

§ 11. Die Berechnung der Falzidisdlen Quart bei Konfusion .... .. .................... .. .... .... . 122

I. Grundsatz.. .. ... ... ........ .. .. .......... ... .... .......... .... .... .. .... ....... .... .. .... ... ... . 122 ß. Ausnahmen......... ....... ... ........... .. ......... ..... ... ... ......... .. ........... .......... . 127 lli. Die Berechnung der Quart bei Konfusion der actio de peculio .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. 130 IV. Zusammenfassung ....... .... .. ...... .. ................... .. .. .. ........ .. ...... ...... .... .... 131 § 12. Konfusion und Indignität...... ........................... ........................................ .. 132

I.

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

0. Die Wiederbegrundung der Forderungen des Erben .. .. .................. .. .. .. .. .. .. . 133

lli. Die Wiederbegrundung der Forderungen des Erblassers...... .. .. .... .... .. .. .. .... .. 136 § 13. Die Konfusion beim Erbschaftskauf...... .... ........ .... .................. .......... .. ........ . 137

I. Einleitung . .. .. .. .. .. .. . . . . . . . . . . . . .. .. . . . .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. .. . . . . . .. .. . . . 137 0 . Klagen des Erben ........................................ . .............................. .. .... 138 m. Klag: n des Käufers der Erbschaft .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. 149 § 14. Die Konfusion beim Fideikommiß ...... .............................. ...................... .. .... 154

I.

Die Rechtslage nach dem SC Trebellianum .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. .. 154

0. Die Rechtslage nach dem SC Pegasianum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 § 15. Konfusion bei Erbenmehrheit .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . 170 I.

Der Erblasser als Schuldner .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. .. .. 170 1. Teilbare Forderungen... ..................... .. .......... .. .............. . ......... ... 170

2. Unteilbare Forderungen .. .... .. .. .. .. ....... .. .. .... .... .. .. ...... .......... .. . .... .. 171 0. Der Erblasser als Gläubiger.. ........ ......... ...... .. .. .. .... .. ...... .. .... .. .. .. .. .. .. .. .. 173

lnhaltsveaeichnis

11

4. Kapitel

Wirkung und bistorisehe Entwicklung der Konfusion § 16. Die Konfusion: ein selbständiger Erlllsdlensgnmd ......... ...................... .... ........ 176 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 6

0. Der Vergleich mit der solutio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Vergleich mit der compensatio ... .............. .... .................. ........ ........ IV. Der Vergleich mit der acceptilatio.......................................... ........ ....... V. Weitere Erklärungsmodelle der Pandektenwissenschaft ....................... ........ VI. Paul Kretschmars "Theorie der Konfusion" ....... ... ....................... .... ........ VD. Ergebnisse. ... ...... ... ....... ..... ... .. ... .. ....... .......... .. .. .. .. ................... ... ....

m.

§ 17. Die Entwicklung der conjusio im römisdlen Redlt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 0. Prinzipien der dinglichen Konfusion ............... ..... ... ..... ......... .... . .... ........ m. Prinzipien der obligatorischen Konfusion .......... .. .. . ....... ... .......... ..... .. .. ... .

177 182 184 185 186 189 190 I 90 191

193 IV. Die Aufhebung der Wirkung der Konfusion ...... .......... ........ .. .. ...... ... ........ 195 V. Der Begriff confusio ......................................................... .... ..... .. ...... 199

Quellenregister ..... ... ...... ....... ......... ... .... ...... .............. ... ... ...... .............. ........ .... 202

Abkürzungsverzeichnis Die romanistische Literatur wird nach dem Abkürzungsverzeichnis der Kaser' sehen Handbücher zitiert. Daneben werden abgekürzt zitiert: ANRW

Aufstieg und Niedergang der römischen Welt, Geschichte und Kultur Roms im Spiegel der neueren Forschung (Hg. H. Temporini u. W. Haase, 1972 ff.)

Cicu, estinz.

Estinzione di rapporti giuridici per confusione (1908)

Cugia, corso

La confusione dell ' obbligazione con cenni al nuovo codice civile (corso, 1943)

Cujaz

Band- und Spaltenangaben folgen der Ausgabe:

Jakob Cujacius, Opera omnia (Hg. von C. A. Fabrotus), Neapel 1758

Fadda, Conceni

Conceni fondamentali del dirino ereditario romano I, n (1949)

Favreau, Bürgschaftskonfusion

Über die Confusion von Bürgschaft und Hauptschuld (1898)

Friedmann , Wirkungen

Die Wirkungen der confusio nach römischen Recht (1884)

HojJmann!Szantyr

Lateinische Grammatik U. Lateinische Syntax und Stilistik (1965)

Hollfelder, confusio

Die confusio im römischen Recht (1930)

Jb. f. Dog.

Jahrbücher filr die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts

Kaser RP IlD

Das römische Privatrecht, 1/U, 2.Autl (1971 , 1975)

KaserRZ

Das römische Zivilprozeßrecht (1966)

Krelschmar, Konfusion

Die Theorie der Konfusion - Ein Beitrag zur Lehre von der Aufhebung der Rechte (1899)

Kunkel!Bearb.

Römisches Recht, 4. Autl. (1987), neu bearbeitet von

Honsell!Mayer-Maly/Selb

Lenel Pal

Palinigenesia luris Civilis I, II (1889)

Mosler, Konfusion

Zur Lehre von der Konfusion nach dem gemeinen römischen Recht (1897)

Sachs, Konfusion

Die Wirkungen der Konfusion nach römischem Recht und dem Rechte des Bürgerlichen Gesetzbuches (1898)

Wesenberg , Zusammenfall

Der Zusammenfall in einer Person von Hauptschuld und Bürgschaftsschuld im klassischen römischen Recht (1935)

1. Kapitel

Die dingliche Konfusion § 1. Die Konfusion beim Nießbrauch

I. Das Erlöschen des Nießbrauchs durch Konfusion 1. Nach römischem Recht erlischt der Nießbrauch, wenn Eigentum und Nießbrauch in einer Hand zusammenfallen. Da der Nießbrauch unveräußerlich war1, konnte dieser Fall aber nur eintreten, wenn der Nießbraucher das Eigentum erwarb: I 2.4.3 Item finitur usus fructus . . . si fructuarius proprietatem rei adquisierit, quae res ronsolidatio appellatur.

Diesen Vorgang bezeichnen die klassischen Juristen in den meisten Fällen mit conjusio 2 , in spätklassischer Zeit auch mit consolidatio3 • Sie sprechen aber auch davon, daß der Nießbrauch "zum Eigentum zurückkehrt" 4 oder der Nießbraucher "den Nießbrauch verliert" 5 • Wie im Recht der Dienstbarkehen wird allerdings auch beim Nießbrauch die Konfusion seltener umschrieben als ausdrücklich mit conjusio oder consolidatio benannt. 1 Nach I 2.4.3 kann der Nießbraucher den Nießbrauch an den Eigentümer 'abtreten'; mit dieser Umschreibung ist ein Aufhebungsvertrag gemeint. 2 Ulp (18 ad Sab) D 40.4.6: confusionefacta; Ven (12 stip) D 7.9.4: desinil quidem usus fructus ad eum peninere proprer confusionem. Paul D 7.4.27 spricht von einem durch confusio erloschenen Nießbrauch; an dieser Stelle ist das Fragment aber nachklassisch bearbeitet; vgl. Longo, Bull. 11 (1898) 323; Pampaloni, Bull. 22 (1910) 129; Bucklnnd, St. Ricrobono I ~1936) 278; Bund, SZ 73 (1956) 204. Buckland, LQR 43 (1909) 330, Kaser, SZ 65 (1947) 369 5 und Pampaloni, Bull. 22 (1910) 129 halten die Verbindung von confusio und Nießbrauch generell fiir nachldassisch. Dies ist aber unwahrscheinlich, da confusio und confundere ursprunglieh nur im Zusammenhang mit beschränkten dinglichen Rechten verwendet wurde; daher ist vielmehr zu vermuten, daß die Anwendung der terrnini technici auf den Nießbrauch der Anwendung auf die obligatorische Konfusion vorausging; dazu u. § 17 V. 3 Ulp D 7.2.3.2 = vat. 83; D 7.2.6; Tryph D 23.3.78.2. Bei Vlpian kann man jedoch keine systematisierende Terminologie erkennen; vgl. u. § 17 V 6. 4 Reveni adproprietatem: Pomp D 23.3.66; Tryph D 23.3.78.2. 5 Usumfructum aminere: Iul D 7.4.17.

14

§ 1. Die Konfusion beim Nießbrauch

Der Untergang des Nießbrauchs durch Konfusion wird damit begründet, daß ein Eigentümer kein Recht an seiner eigenen Sache haben kann. So lesen wir etwa bei Ulp (27 ad Sab) D 7.6.5pr.: Uti frui ius sibi esse solus polest intendere, qui habet usum fructum, dominus autem fundi non potest, quia qui habet proprietatem, utendi fruendi ius separatum non habet: nec enim polest ei suus fundus servire.

2. Der Nießbrauch erlosch nicht üblicherweise durch Konfusion; dies war vielmehr die Ausnahme. Das zeigt schon die cautio usujructuaria. Mit ihr verpflichtete sich der Nießbraucher bei der Bestellung des Nießbrauchs, die Sache redlich (arbitrio boni viri) zu nutzen und nach Beendigung des Nießbrauchs6 wieder herauszugeben (cum usumjructum ad eum pertinere desinet, restituturum quod inde exstabit)1. Nach ihrem Wortlaut deckte sie auch den Fall, daß der Nießbrauch durch conjusio erlosch. Eine Herausgabe der Sache an den Besteller und früheren Eigentümer war dann aber nicht gerechtfertigt: Ven (12 stip) D 7.9.4 Si fructuarius proprietatem adsecutus fuerit, desinit quidem usus fructus ad eum pertinere propter confusionem: sed si ex stipulatu cum eo agatur, [aut ipso iure inutiliter agi dicendum est, si viri boni arbitrium huc usque porrigitur, aut] in factum excipere debebit8.

Der Nießbraucher hat das Eigentum an der Nießbrauchssache erworben mit der Folge, daß der Nießbrauch durch Konfusion erlosch. Wird der Nießbraucher nun vom früheren Eigentümer aus der cautio usujructuaria in Anspruch genommen, so soll nach Venuleius die Klage entweder unbegründet sein oder der Nießbraucher eine exceptio haben. Die cautio usufructuaria hatte zwei Klauseln, die erste bezog sich auf den Umfang des Nutzungsrechts des Nießbrauchers, die zweite auf die Pflicht zur Herausgabe der Sache nach Beendigung des Nießbrauchs. Hier kommt nur eine Klage aus der zweiten Klausel in Betracht, zumal Venuleius bei der Schilderung des Sachverhalts wörtlich auf diese Klausel Bezug nimmt. Danach ist evident, daß die Entscheidung überarbeitet ist. Soweit sie die Klage aus der ersten Klausel voraussetzt, kann sie nicht von Venuleius

6 In der Regel wurde der Nießbrauch zu Versorgungszwecken auf Lebenszeit durch letztwillige Verfilgung begründet; vgl. dazu Kaser RP I§ 106 I I (448). 7 Zum Wortlaut vgl. Ulp D 7.9.1, 3. 8 Dazu: Pampaloni, Bull. 22 (1910) 129; Riccobono, APal. 3/4 (1917) 597 3; Beseler V (1931) 82; Kaser, SZ 65 (1947) 369; Vaucher, Usufruit et pars dominii (1940) 111; H.J. Wolff, Jura 3 (1952) 138 f.

ß. Diskussion über Ausnalunen

15

stammen9 . Venuleius entschied: si ex stipu/Lltu cum eo agatur in factum excipere debebit. Nach dem Wortlaut der zweiten Klausel hätte der Nießbraucher verurteilt werden müssen; als Eigentümer konnte er aber nicht mehr zur Herausgabe der Sache an den früheren Eigentümer verpflichtet sein, der ihm die Sache zuvor übereignet hatte. Dieser Rechtslage wurde im Prozeß mit einer exceptio in factum concepta Rechnung getragen. Der frühere Eigentümer, der sich die cautio versprechen ließ, kann aus der cautio nicht gegen den früheren Nießbraucher vorgehen, wenn er selbst durch die Übereignung der Sache für das Erlöschen des Nießbrauchs sorgt. Er würde sich sonst in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setzen10. Die Venuleiusstelle zeigt mithin zweierlei: einmal, daß der Nießbrauch durch Konfusion erlosch, und zum anderen, daß der Untergang durch Konfusion nicht die Regel war. II. Diskussion über Ausnahmen Die Juristen diskutierten jedoch auch Ausnahmen zu dem Grundsatz, daß der Nießbrauch durch Konfusion erlischt.

1. Bestätigung der Konfusionswirkung a) Wenn der Nießbraucher das Eigentum an der Nießbrauchssache erwirbt, zugleich aber feststeht, daß er es an einen Dritten wieder verlieren kann, etwa aufgrund eines bedingten Vindikationslegats, dann liegt die Überlegung nahe, ob die Wirkung der Konfusion durch die Wiederbestellung des Nießbrauchs aufgehoben werden soll. Diese Erwägungen werden jedoch von Julian zurückgewiesen: Iul (35 dig) D 7.4.17 Si tibi fundi usus fructus pure, proprietas autem sub condicione Titio 1egata fuerit, pendente condicione dominium proprietatis adquisieris, deinde condicio extiterit, pleno iure fundum

9 Der erste Teil der Entscheidung (aut - porrigitur) -setzt eine Klage aus der ersten Klausel voraus, was nicht zum Sachverhalt paßt. Zudem müßte eine Klage aus der ersten Klause! auch an einer exceptio in factum concepta scheitern (der Verkäufer der Nießbrauchsache ist nicht mehr Eigentümer; vgl. Ulp D 7. 9.3.4}, während der Text die Klage nur scheitern lassen will, wenn der Nießbraucher bis zur Klageerhebung die Sache nicht arbitrio boni viri genutzt hat. Im Ergebnis ebenso die o. in Anm. 8 Genannten. Kaser 369 hält proprer conjusionem fur eine Glosse (dazu o. 2); die Rekonstruktion von Beseler 82 überzeugt nicht. 10 Ebenso entscheidet Ulpian in D 7.9.3.3 fur den Fall, daß einem Legatar zunächst der Nießbrauch vermacht wurde und später, bei Verfall einer Bedingung, das Eigentum.

16

§ I. Die Konfusion beim Nießbrauch

Titius habebit neque interest, quod detracto usu fructu proprietas legata sit: enim dum proprietatem adquiris, ius omne legati usus fructus amisisti 11 .

Der Nießbrauch an einem Grundstück war Tu per vindicationem12 unbedingt und unbefristet vermacht worden, so daß er ihn mit dinglicher Wirkung sofort erwarb. Zugleich war das Grundstück detracto usu fructu Titius unter einer Bedingung vermacht worden. Nach dem Erwerb des Nießbrauchs, aber vor Eintritt der Bedingung, erwarb Tu das Grundstück. Trat jetzt die Bedingung ein, so erwarb Titius nach Julian das Grundstück ohne Beschränkung, zu vollem Recht. Und es war ohne Belang, daß ihm das Eigentum abzüglich des Nießbrauchs vermacht worden war; denn Tu hatte mit dem Erwerb des Eigentums sein ganzes Nießbrauchsrecht verloren. Als Tu das Grundstück erwarb, erlosch sein Nießbrauch (enim dum amisisti), er hatte folglich die plena proprietas. Bei Eintritt der Bedingung fiel Titius das Eigentum mit dinglicher Wirkung zu, da ihm das Grundstück per vindicationem vermacht war. Seinem Wortlaut nach schrieb das Legat Titius nur den fundus detracto usu fructu zu. Es lag nahe, daraus zu schließen, daß mit Bedingungseintritt der Nießbrauch wieder Tu zustehen sollte, zumal ihm der Erblasser das uti frui auf Lebenszeit zugedacht hatte. Julian13 weist diese Überlegungen implizit zurück, indem er am Untergang des Nießbrauchs, der mit dem Eigentumserwerb durch Tu eingetreten ist, festhält und Titius die plena proprietas zugesteht. Julian vermerkt ausdrücklich, daß dieser Lösung der Vorbehalt des Nießbrauchs im Legat des Grundstücks (detracto usu fructu) nicht entgegensteht. Der Vorbehalt detracto usufructu hat nicht die Bedeutung, daß Titius für alle Zeiten nur die nuda proprietas erhalten soll, mit detracto usu fructu ist vielmehr ausgedrückt, daß ihm das uti frui erst nach Erlöschen des Nießbrauchs

11 Dazu: Cujaz (Jul 35 dig) VI 245; Glück, Bd. 9 (1808) 356 f. (m.w.N. zu etrugen Venretem des usus modemus); Sachs, Konfusion (1898) 23; Kretschmilr, Konfusion (1899) 31; Pampaloni, Bull. 22 (1910) 134; Guarneri Citati, AMess. 1 (1927) 106 f. ; Kaser, Fs. Koschaker I (1939) 473 152 8 ; Ambrosino, SD 16 (1950) 208 f.; Fuenteseca, AHDE 21/22 (1951/52) 1282 ff.; Bretone, La nozione romana di usufruno I (1962) 65 34; Wesener, SZ 81 (1964) 103; Eckardl, Iavoleni epistulae (1978) 34 67; Liebs, Römisches Recht (3. Autl. 1987) 150 f. 12 Das wird auch durch das Futur habebit außer Zweifel gestellt; auch ist von keiner exceptio des Tu die Rede; das Vindikationslegat war der gebräuchlichste Bestellungsakt für einen Nießbrauch; vgl. Kaser RP I§ 10614 a (451). 13 Die Entscheidung wird allgemein für klassisch gehalten; vgl. Wesener 103, Ambrosino 208, Kaser 473 152 8 , Bretone 65 34, Fuenteseca 1282, Guarneri Citati 106 f. und Eckardl 34 67; anders Pampaloni 134, dessen Konzeption des Eigentums als usus ~ctus plus nudiJ propieras nicht von den Quellen gedeckt wird; vgl. Kaser RP I§ 106 I 1 (449 ).

II. Diskussion über Ausnahmen

17

zustehen soll 14 . Erloschen ist der Nießbrauch aber, als Tu das Eigentum erwarb. Vergegenwärtigt man sich diese Bedeutung der Klausel detracto usu fructu. dann wird deutlich, daß Tu aus diesem Vorbehalt keinen Vorteil ziehen kann, zumal er selbst durch den Eigentumserwerb diese Lage herbeigeführt hat15 und sich auch der Konsequenzen bewußt sein mußte 16 . Julian folgt mit seiner Lösung der Dogmatik der Konfusion. Er hält sie auch unter dem Gesichtspunkt nicht für ungerecht, daß von vornherein die Möglichkeit bestand, daß der Nießbraucher Tu das inzwischen erworbene Eigentum wieder verliert. Das Legat gewährte Tu den Nießbrauch nur einmal; für dessen Verlust war er selbst verantwortlich. b) Auch Ulpian ließ den Nießbrauch nicht wieder aufleben, wenn der Nießbraucher das Eigentum erwarb und die Möglichkeit bestand, daß er es bei Eintritt einer Bedingung wieder verlor. Ulpian behandelt das Problem am Beispiel eines Nießbrauchssklaven, dem die Freiheit unter einer Bedingung vermacht war: Ulp (18 ad Sab) D 40.4.6 Si fructuarium dominus proprietatis heredem scripserit et setvo sub condicione sit libertas data: quoniam interim fit heredis. confusione facta usus fructus, si extiterit condicio, perveniet ad Iibertatem17 .

Der Eigentümer eines Nießbrauchssklaven setzte den Nießbraucher zu seinem Erben ein und ließ gleichzeitig unter einer Bedingung den Sklaven frei 18 . Nach Ulpian wird der Sklave bei Eintritt der Bedingung frei, weil er

14 Der Zusatz derracro usu jrucru legte fest, daß der Legatar, dem das Eigentum vermacht war. in dem Fall, daß einem anderen der Nießbrauch vermacht war, vom urifrui ausgeschlossen war. solange der Nießbrauch bestand. Fehlte der Zusatz, so sprechen einige Fragmente davon, daß auch dem Eigentümer ein Nießbrauch zusteht (Paul D 33.2.26.1, Mod D 33.2.19. lul D 7.2.4; dazu u. ill 2 c und 3 b). Nach dem Erlöschen des Nießbrauchs spielte der Zusatz keine Rolle mehr, seine Bedeutung war dann aufgebraucht. 15 Deshalb verbietet es sich auch von einer unbilligen Entscheidung zu sprechen, so aber die bei Glück 357 Genannten. liebs 150 nennt die Entscheidung "begriffsjuristisch"; gegen ihn aber EckardJ 34 67 . Titius erhält auch nicht mehr, als ihm vermacht war, wie Cujaz 245 meint. Nach Krerschmar 31 ist die Entscheidung befremdlich. Sachs 23 schreibt sie der "alten Jurisprudenz" zu. 16 Wenn Tu sich der Konsequenzen nicht bewußt war, hatte er möglicherweise die acrio empri gegen den Verkäufer des Grundstückes - höchstwahrscheinlich den Erben; vgl. dazu Fuenleseca 1283, der die These von Ambrosino 209 widerlegt, Tu erwerbe in unserem Fall das Eigentum kraft Anwachsungsrecht. 17 Dazu: Kretschmar, Konfusion (1899) 63; Buckland, LQR 43 (1909) 350 7; Schulz, SZ 48 (1928) 274 f.; Vaucher (o. 8) !II f.; Kaser, SZ 65 (1948) 369 25 ; Espinosa Soeden, Iura 37 (1986) 73 f. 18 Es handelt sich um eine manumissio testamenlo direcra. Dareistterminus technicus; vgl. Paul D 40.4.56; Mod D 40.5.12.2. 2 Kieß

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§ 1. Die Konfusion beim Nießbrauch

inzwischen in das Eigentum des Erben gelangt und deshalb der Nießbrauch durch Konfusion erloschen war19. Mit der Erbschaft erlangte der Nießbraucher das Eigentum am Sklaven, so daß der Nießbrauch erlosch und der Erbe die plena proprietas hatte. Bei Ein-

tritt der Bedingung wurde die Anordnung des Erblassers wirksam: der Sklave wurde frei, und zwar ohne daß er als servus sine domino mit einem Nießbrauch belastet war20 • Normalerweise kann der Eigentümer eines Nießbrauchssklaven nur mit dem Einverständnis des Nießbrauchers den Nießbrauch zum Erlöschen bringen21 ; auch hier kann man das Einverständnis des Nießbrauchers annehmen: denn der Nießbraucher hat ja die Erbschaft angetreten und damit das Erlöschen des Nießbrauchs selbst herbeigeführt22 • Nachdem der Nießbrauch erloschen war, bezog sich die testamentarische Freilassung sozusagen auf den gesamten Sklaven; eine Trennung in nuda proprietas und uti jrui war nicht mehr möglich. Deshalb wurde der Sklave frei. Man hätte über ein Recht des Erben, den Nießbrauch zurückzubehalten, diskutieren können; schließlich war der Erbe nur für kurze Zeit Eigentümer des Sklaven; Ulpian ließ jedoch ohne Zögern den Nießbrauch endgültig erlöschen. Wir können also feststellen, daß Ulpian und Julian die Konfusion des Nießbrauchs nicht aufhoben, wenn die Möglichkeit bestand, daß der Nießbraucher das Eigentum wieder verlor23 •

19 Wie schon Buckland 350 7 hält Kaser 369 25 den Einschub confusionefacta ususfructus fiir eine Glosse - gegen Vaucher 111 und Schutz 274. Die Verbindung confusione facla kommt zwar nur noch einmal vor; wie bei Ulp D 46.3.43 muß sie darum aber nicht nachklassisch sein. Jedenfalls wird durch den Zusatz "und nachdem die Konfusion des Nießbrauchs erfolgt ist" die Lösung verdeutlicht. 20 Vgl. Just 530 C 7. 15. 1pr.; Ulp. Reg. 1.19; Schutz, SZ 48 (1928) 272 tf., insbes. 274. Er wäre erst bei Erlöschen des Nießbrauch frei geworden; vgl. Ulp (5 ad Sab) D 28.5.9.20: institutio valer, sed di.ffenur in id rempus quo exringuirur usus fructus . Zum servus sine dominus: Espinosa Soeden 77 tf. 2l Espinosa Soeden 75 tf.: Er kann nicht über das uri frui verfügen, da er insoweit nicht verfügungsberechtigt ist. 22 Ebenso Espinosa Soeden 74. Hätte der Nießbraucher die Erbschaft ausgeschlagen, wäre der Nießbrauch nicht erloschen, vgl. Pomp D 30.38.1. Der neue Erbe wäre aber wohl verptlichtet gewesen, den Nießbrauch des nicht angetretenen Erben abzulösen; vgl. Pap (17 quaest) D 31.66.6: Fundo legaro si ususrcrus alienus sir, nihilo minus perendus esr ab herede. Dazu Kaser RP I§ 185 IV 2 (750 zu 7 ). 23 So auch Kretschmar 63.

II. Diskussion über Ausnahmen

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c) Mit ihrer Entscheidung scheint unvereinbar Mare (16 dig) D 31.26: Is, cuius in servo proprietas erat, fructuario berede instituto a1icui eum servum 1egavit. non potest heres doli mali exceptione uti [, si Iegatanus vindicare servum vellet non re1icto heredi usu fructu )24 .

An einem Sklaven besteht ein Nießbrauch. Der Eigentümer setzt den Nießbraucher zum Erben ein und vermacht den Sklaven einem Dritten. Für den Fall, daß der Legatar den Sklaven vom Erben vindizieren will, entscheidet Marcellus, daß dem Erben die exceptio doli nicht zusteht, weil ihm der Nießbrauch nicht hinterlassen worden ist. Läge wirklich ein Vindikationslegat vor, wie es der überlieferte Text will, dann könnte mit dem Erbfall der Nießbrauch nicht untergegangen sein25 . Denn das per vindicationem vermachte Eigentum geht unmittelbar auf den Legatar über, so daß Konfusion nicht eintreten kann. Viele erklären darum die Ablehnung der exceptio doli mit der Pietätspflicht des Erben: der Erblasser habe dem Legatar den Sklaven unbelastet hinterlassen wollen, der Erbe handelte folglich gegen den Willen des Erblassers, wenn er auf seinem Nießbrauch bestände26 . Gegen diese Interpretation ist zu Recht eingewandt worden27 , daß sie die exceptio doli nicht erklärt: wenn der Nießbrauch nicht erloschen ist, steht dem Nießbraucher gegen die Vindikation des Eigentümers die exceptio usus fructus zu; dem Erblasserwillen könnte allenfalls mit einer replicatio Rechnung getragen werden28 • Der Text erklärt sich jedoch ohne weiteres, wenn der Sklave nicht per vindicationem, sondern per damnationem

24 Dazu: AmdJs, Glück Bd. 46 (1868) 127 ff.; Salkowski, Glück Bd. 49 (1889) 82 34 ; Kretschmar, Konfusion (1899) 64; Segre, St. Scialoja I (1905) 262; Wlassak, SZ 31 (1910) 224 1; Pampaloni, Mel. Girard li (1912) 350 f.; Beseler IV (1920) 147; Schulz, SZ 50 (1930) 219; D'Ors, Fs. Schu1z I (1951) 275 f.; Reggi, StParm. 4 (1954) 63; Marrone, APal. 28 (1961) 145 ff.; Grosso, I 1egati nel diritto romano (2.Aufl. 1962) 257 5; ders., Usufrutto e tigure affini ne1 diritto rornano (2.Aufl. 1958) 281 ; Voci, DER II (1963) 256 26; Kaser SZ 98 (1981) 92. 25 Für die Annahme eines bedingten Eigentumslegats wie in D 7.4.17 fehlt jede Grundlage; anders Voci 256 26 . Nach Kretschmar 64 soll der Nießbrauch trotz Vindikationslegat untergehen. 26 So Wlassak 224 1, Salkowski 82 34 • Schutz 219 und Segre 262. Auch Kaser 92 nimmt ein Vindikationslegat an. 27 Marrone 148 10. 28 Marrones Lösung, daß der Nießbrauch durch non usus erlischt, überzeugt freilich auch nicht. Auch die Meinung AmdJs 128, daß in unserem Fall das SC Neronianum eingreife, fuhrt nicht weiter; vgl. schon Beseler 147: Der Erblasser hat über keine res aliena verfugt; es wäre nur eine Klage ex testamento möglich.

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§ I. Die Konfusion beim Nießbrauch

vermacht worden ist29 . Dann nämlich ist der Nießbrauch wirklich mit dem Erwerb der Erbschaft durch Konfusion erloschen. Marcellus hat eine exceptio doli des Erben gegen die actio ex testamento erwogen, weil der Erbe durch die Konfusion den Nießbrauch endgültig verlor, obwohl er zugleich verpflichtet wurde, das Eigentum an den Legatar herauszugeben. Julian hat in D 7 .4.17 eine exceptio doli nicht in Betracht gezogen. Dort allerdings war der Verlust des Eigentums von einer Bedingung abhängig, während hier, bei Marcellus, von vornherein feststand, daß der Erbe das Eigentum auf den Legatar übertragen mußte. Diese Überlegungen legen nahe, daß si legatarius vindicare servum vellet non relicto heredi usu fructu verfalscht ist; wenn Marcellus eine exceptio doli mali erwogen und abgelehnt hat, dann kann weder vindicare von ihm stammen, noch die Begründung non relicto heredi usus fructus. Da vindicare nicht justinianisch sein kann30 , muß es sich um eine vorjustinianische Interpolation handeln31 . Es ist gut denkbar, daß vindicare die mißlungene Präzisierung eines Bearbeiters ist; im Problemzusammenhang von Nießbrauch und Sklaven beilandein die Juristen meistens nämlich Vindikationslegate. Derselbe Bearbeiter hätte dann, um die exceptio zu erklären, auch die Begründung hinzugefügt: der Eigentümer hätte das Legat detracto usu fructu anordnen müssen, wenn er zu einem anderen Ergebnis gelangen wollte. 2. Wiederbegründung des Nießbrauchs trotz Konfusion Den bisher behandelten Fragmenten ist gemeinsam, daß die Juristen am Grundsatz der Konfusion auch dann festhielten, wenn eine Ausnahme erwogen werden konnte. Drei Fragmente durchbrechen nur scheinbar die Wirkungen der Konfusion, denn die Wiederbegründung des Nießbrauchs nach Konfusion beruht auf Rechtsfolgen, die sich nicht aus dem Nießbrauchsrecht ergeben.

29 Ebenso Pampaloni 351, Beseler 147, Grosso, usufrutto 281, legati 257 5, D'Ors 276, Reggi 63. Die Kritik von D'Ors 276 und Beseler 147 an vindicare velle geht allerdings zu weit. Auch Marcellus verwendet diesen Ausdruck, vgl. D 17.1.49; zur Häufigkeit von agerelvindicare velle vgl. auch V/R V 1475 f.(vindicare), V 1469 (agere). 30 Bekanntlich hat Justinian das Vindikationslegat ausgemerzt; vgl. Kaser RP D § 297 D (550 ff.).

31 Reggi, StPann. 4 (1954) 23 ff. und Schulz, Gesch. 293 rechnen mit vorjustinianischen Veränderungen in den Digesten des Marcellus.

II. Diskussion über Ausnahmen

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a) Die Erneuerung des Nießbrauchs beruht auf Besonderheiten des Nießbrauchslegats in lu1 (35 dig) D 7 .1. 34pr.: Quotiens duobus usus fructus legatur ita, ut a1ternis annis utantur fruantur, si quidem ita legatus fuerit "Titio et Maevio", potest dici priori Titio, deinde Maevio legatum datum. si vero duo eiusdem nominis fuerint et ita scripturn fuerit "Titiis usum fructum alternis annis do" : nisi consenserint, uter eorum prior utatur, invicem sibi impedient. quod si Titius eo anno, quo frueretur, proprietatem accepisset, interim legatum non habebit, sed ad Maevium alternis annis usus fructus pertinebit: et si Titius proprietatem alienasset, habebit eum usum fructum, quia et si sub condicione usus fructus mihi legatus fuerit et interim proprietatem ab berede accepero, pendente autem condicione eandem alienavero, ad legatum admittar32 .

Ein Erblasser vermacht Titius und Maevius den Nießbrauch an einer Sache dergestalt, daß sie die Sache abwechselnd jeweils für ein Jahr ausschließlich nutzen dürfen33 . Zunächst (quotiens - impedient) geht es um die Frage, wem von den beiden Legataren der Nießbrauch als erstem zusteht. Julian schlägt vor (potest dici), daß als erster berechtigt sein soll, wer im Testament als erster genannt wird. Für den Fall, daß beide Legatare denselben Namen (Titius) haben und sich aus dem Testament keine Reihenfolge ergibt, müssen sie sich verständigen3 4 • Sodann (quod si - admittar) führt Julian den Ausgangsfall (Maevius und Titius) weiter: während Titius der Nießbrauch zusteht, erwirbt er das Eigentum. Mit dem Eigentumserwerb verliert er seinen Nießbrauch durch Konfusion (interim legatum non habebit). Maevius bleibt dagegen weiterhin aus dem Legat berechtigt, so daß er alle zwei Jahre für die Dauer eines Jahres den Nießbrauch erhält. In den Zwischenzeiten übt Titius das utifrui aufgrund seines Eigentums aus. Wenn Titius nun das Eigentum wieder veräußert, steht ihm der Nießbrauch wieder zu. Auf den ersten Blick scheint Julian mit dieser Entscheidung die Wirkungen der Konfusion aufzuheben: denn nichts deutet darauf hin, daß Titius das Eigentum detracto usu fructu veräußert hätte. Als Argument führt Julian folgende Entscheidung an: Ein Nießbrauch ist Ego bedingt vermacht worden. Erwirbt er vor Eintritt der Bedingung die Sache zu eigen und veräußert er sie wieder, erwirbt er mit Eintritt der Bedingung den Nießbrauch 35 . Vor Eintritt der Bedingung steht Ego weder der Nießbrauch selbst36 noch ein Recht an ihm zu 37 . Und wenn er das Eigentum 32 Dazu: Cujaz (Jul 35 dig) VI 236 f.; Elvers, Die römische Servitutenlehre (1856) 724. 33 Ein solches Legat war nicht ungewölmlich; vgl. Pap D 7.4.2pr. 34 Mitberechtigte waren immer zu solchen Vereinbarungen verpflichtet, wenn sich ihr Recht auf dasselbe Objekt bezog; vgl. Pap D 7.4.2.2. 35 Das habere deutet auf ein Vindikationslegat hin. 36 Wie dies bei D 7 .4.17 der Fall war.

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§ I. Die Konfusion beim Nießbrauch

wieder veräußert, steht dem Erwerb des Nießbrauchs nichts im Wege, weil der zwischenzeitliche Erwerb des Eigentums keine Auswirkungen auf das Legat hat. Das logische Glied zwischen der oben behandelten Variante und dieser Entscheidung finden wir bei Paul D 33.1.438 : Ein Legat, das jährlich wiederkehrende Leistungen gewährt, wird in einzelne Legate aufgeteilt; das Legat des ersten Jahres ist unbedingt vermacht, während die Legate der folgenden Jahre unter der Bedingung des Fortlebens des Legatars stehen39 . Auf Julians Variante bezogen bedeutet dies, daß der Nießbrauch für das erste Jahr dem einen oder dem anderen unbedingt vermacht ist, die Legate für die späteren Jahre dagegen unter der Bedingung ihres Fortlebens stehen. Titius erwirbt folglich, wenn er das Eigentum wieder veräußert hat und sobald er wieder an der Reihe ist mit dem nächsten (Teil-) Legat, erneut den Nießbrauch. Denn die Wirksamkeit des neuen (Teil-) Legats ist unabhängig vom Erlöschen des alten Nießbrauchs40 • Die Erneuerung des Nießbrauchs ist dann aber keine Durchbrechung der Wirkungen der Konfusion, sondern eine Folge des besonderen Legats41 • b) Die Erneuerung des Nießbrauchs nach Konfusion ist die Folge einer erbrechtlichen Regelung auch in Pap (7 resp) D 7.1.57pr.: Dominus fructuario praedium, quod ei per usum fructum serviebat, legavit, idque praedium aliquamdiu possessum Iegatanus restituere filio, qui causam inofficiosi testamenti recte pertulerat. coactus est: mansisse fructus ius integrum ex post facto apparuit.

Durch die erfolgreiche querella inofficiosi testamenti wird das Testament nach ius civile entkräftet, wodurch auch die Wirkung der Konfusion aufgehoben wird. Der Text spricht sogar davon, daß der Nießbrauch gar nicht erloschen ist42 • 37 Bei einem bedingten Legat war dies cedens erst der Tag des Bedingungseintritts; vgl. dazu Kaser RP I § 186 I (752). 38 So schon Cujaz 236; Paul (62 ad ed) D 33.1.4: Si in singulos annos alicui legatum sit, Sabinus, cuius sententia vera est, plura legata esse ait et primi anni purum, sequentium conditionale: videri enim hanc inesse conditionem "si vivat" et ideo monuo eo ad heredem legarum non transire. 39 Da bei einem bedingten Legat der dies cedens mit dem Legatserwerb zusammenfällt, wird so die Vererblichkeit dieses Legats verhindert. Würde man das Legat als befristet auffassen, wäre dies cedens schon der Zeitpunkt der Testamentseröffnung; vgl. Kaser RP I § 186 I (752). 40 Im Ergebnis ebenso Elvers 724. 41 Titius würde also nur dann, wenn er sich bei der Veräußerung den Nießbrauch vorbehielte, für den Rest 'seines' Jahres den Nießbrauch innehaben. 42 Zu diesem Fragment ausführlich u. § 10 m 2.

lU. Die Konfusion des Nießbrauchs und das ius adcrescendi

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c) Eine weitere scheinbare Durchbrechung der Wirkungen der Konfusion beruht ebenfalls auf einer erbrechtliehen Regelung, nämlich auf der bonorum possessio contra tabukls. Iav (3 epist) D 38.2.35 A liberto suo berede Seio usum fructum fundi Maevio legavit: is libertus Maevio berede relicto decessit: quaero, cum contra tabulas testamenti petierit filius Seii adversus Maevium, utrum deducto usu fructu pars debita ei fundi restituenda sit an solida, quia eorum bonorum acceperit possessionem, quae liberti cum moreretur fuerunt. respondit: usum fructum in causam pristinam restituendum puto. optimum itaque erit arbitrum postulare, ut arbitrio eius usus fructus in integrum restituatur4 3.

Es bleibt festzustellen, daß die Konfusion wegen der Wirkung der bonorum possessio contra tabukls aufgehoben wird. d) Sowohl bei der bonorum possesio contra tabukls wie der querelln inofficiosi testamenti wird die Voraussetzung der Konfusion, der Erwerb der Erbschaft, rückwirkend beseitigt. Darin liegt aber nicht die Anerkennung einer Ausnahme vom Grundsatz der Konfusion beim Nießbrauch durch die Jurisprudenz. Die bisher behandelten Fragmente bestätigen allesamt, daß die klassische Jurisprudenz Ausnahmen von der Wirkung der Konfusion beim Nießbrauch nicht anerkannten, es sei denn, daß sie sich aus der Dogmatik anderer Rechtsinstitute ergaben.

ID. Die Konfusion des Nießbrauchs und das ius adcrescend.i Die klassischen Juristen haben, soweit wir bisher sehen, einen Nießbrauch an der eigenen Sache nicht anerkannt; in den bisher behandelten Fällen heben die Juristen die Wirkungen der Konfusion wegen Wirkungen erbrechtlicher Rechtsinstitute auf. Man hat jedoch vermutet, daß die Juristen im Hinblick auf das ius adcrescendi einen Nießbrauch an der eigenen Sache anerkannt haben44 . Auch die Quellen scheinen davon zu sprechen. daß der Eigentümer einen Nießbrauch an der eigenen Sache habe45.

43 Zu diesem Fragment u. § I 0 lU 1.

44 So vorsichtig Sanjilippo, Bull. 49 (1948) 58 ff.; gegen ihn Solau.i, SD 18 (1951) 229 ff. Auch Kaser RP I § 106 I (452 54) und von Lübtow, Schenkun,en der Eltern an ihre minderjährigen Kinder und der Vorbehalt dinglicher Rechte (1949) 55 93 scheinen einen Nießbrauch an der eigenen Sache anzunehmen. 45 (Dominus) pars in uslifructu habet, vgl. Afr D 7.2. 9; Iu! D 7.2.4; zu diesen Fragmenten u. 2 c.

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§ I . Die Konfusion beim Nießbrauch

1. Das Anwachsungsrecht des Nießbrauchers Verliert der Mitberechtigte eines Nießbrauchs seinen Anteil46 , so wächst dieser Anteil in bestimmten Fällen dem anderen Mitberechtigten an47 . Dadurch wird verhindert, daß neben dem verbleibenden Nießbraucher der Eigentümer das uti frui an der Nießbrauchssache erhält. Das Anwachsungsrecht des Mitnießbrauchers bestand aber nicht bei jeder Mehrheit vom Nießbrauchern, es war vielmehr an bestimmte Voraussetzungen gebunden: Ulp (17 ad Sab) vat. 75.1 : Quotiens usus fructus Iegalus est, est inter fructuarios ius adcrescendi, sed ita si coniunctim sit usus fructus relictus nec nisi in "do lego" legato. ceterum si separatim unicuique partis rei usus fructus sit relictus. sine du bio ius adcrescendi cessat48 .

Das Anwachsungsrecht bestand nur, wenn derselbe Nießbrauch durch Vindikationslegat zwei Legataren coniunctim vermacht war49 . Dies bedeutete, daß jeder Legatar mit dinglicher Wirkung den Nießbrauch an der ganzen Sache erhielt50 ; durch das Zusammentreffen derselben Berechtigung mehrerer Nießbraucher beschränkt sich das Recht eines jeden auf eine pars usus fructus 51 : Jeder Nießbraucher hat einen ideellen Anteil am Nießbrauchsrecht, das sich aber real auf die ganze Sache bezieht. Die Nießbraucher mußten darum untereinander die tatsächliche Nutzung schuldrechtlich regeln52 .

46 Der Anteil erlosch ebenso wie der Nießbrauch selbst durch Tod, capilis diminulio , non ususund Verzicht, vgl. dazu Kaser RP I§ 106 I 5 (452 f.). 47 Allgemein zum Anwachsungsrecht des Nießbrauchs: Wieacker, Textst. 289 ff. m.w.Lit. in 59 . Die Literatur des 19. Jahrhunderts ist verzeichnet bei Windscheid-Kipp 111 § 645 (638 f.) und AmdJs, Glück Bd. 48 (1875) 101 ff. 48 Vgl. D 7.2.1pr. ; die Kompilatoren strichen nur den Hinweis auf das Vindikationslegat. Vgl. zum Text Wieacker. Textst. 291; Beseler, SZ 53 (1933) II. 49 Auch in Ulp D 7.2.3.2 strichen die Kompilatoren den Hinweis auf das Vindikationslegat. Justinian hat bekanntlich das Vindikationslegat ausgemerzt. Vgl. zur Entwicklung der Legate allgemein Kaser RP I§ 184 111 (745 f.). 50 Vgl. Cels (35 dig) D 32.80: Coniunclim heredes inslilui, aul coniunczim legari hoc esz: lolam heredilalem e11o1a legala singulis dala esse, panes aulemjieri; ebenso Ulp. Reg. 24.12. Zu den verschiedenen Arten des coniunctim vgl. Zimmermann, SZ 101 (1984) 234 ff. 51 Dieser Vorgang wird mit concursus bezeichnet; vgl. etwa Julian und Celsus bei Ulp (17 ad Sab) vat. 78 f. 52 Durch das von Ulpian erwähnte separatim-Legal erhält jeder Legatar einen eigenen Nießbrauch an jeweils verschiedenen ideellen Anteilen der Sache (usus fructus panis); hier war die Voraussetzung des Anwachsungsrechts- die Berechtigung an demselben Recht- nicht gegeben. Darum findet nach Celsus (18 dig) bei Ulp (17 ad Sab) vat. 80 und wahrscheinlich auch Julian bei Ulp vat. 78 keine Anwachsung statt: die beiden Erben haben wohl jeweils einen Nießbrauch an verschiedenen ideellen Anteilen. Auch bei einem Darnnationslegat war Anwachsung nicht möglich, weil ebenfalls keine pars usus fruclus , sondern nur ein usus fruclus panis bestellt werden konnte; vgl. dazu Ulp vat. 85, 86.

III. Die Konfusion des Nießbrauchs und das ius adcrescendi

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Sobald die Legatare ihren Nießbrauchsanteil erworben hatten53 • bestand die Möglichkeit der Anwachsung, wenn ein Mitnießbraucher seinen Anteil verlor. Der Eigentümer erhielt das uti frui also erst dann, wenn das Nießbrauchsrecht auch des letzten der Mitberechtigten erloschen war. 2. Das Anwachsungsrecht und der Nießbrauch an der eigenen Sache a) In einigen Fragmenten wird aber auch dem Eigentümer zugebilligt, einen Nießbrauchsanteil an der eigenen Sache durch Akkreszenz zu erwerben54. Daraus wurde geschlossen, daß der Eigentümer einen Nießbrauch an der eigenen Sache haben müsse55 • Die Vertreter dieser Ansicht verstehen die Anwachsung als einen Vorgang, durch den sich das Recht des Anwachsungsberechtigten auf seine eigentliche Größe ausdehnt, die es von vornherein gehabt hätte, wenn kein Mitberechtiger vorhanden gewesen wäre. Nach diesem Verständnis setzt die Anwachsung voraus, daß der Anwachsungsberechtigte im Zeitpunkt der Anwachsung selbst ein entsprechendes dingliches Recht an der Sache innehat: dem anwachsungsberechtigten Eigentümer müßte also in den angeführten Fällen auch ein Nießbrauch an der eigenen Sache zustehen56 . b) Diesem Verständnis des Anwachsungsrechts widersprechen aber eine Reihe von Fragmenten57 , so etwa Paul (70 ad ed) D 44.2.14.1: Qui, cum partem usus fructus haberet, totum petit, si postea partem adcrescentem petat, non summovetur exceptione, quia usus fructus non portioni, sed homini adereseiL

Der Inhaber eines Teilnießbrauchs klagt gegen den Besitzer auf Herausgabe der ganzen Sache zur uneingeschränkten Nutzung; er verliert den Prozeß wegen pluris petitio. Nach wie vor steht ihm der Nießbrauchsanteil zu; der Besitzer kann aber eine erneute Klage mit der exceptio rei iudicatae abwehren. 53 Die Anwachsung bei Erwerb der Legate gründet sich auf das Anwachsungsrecht unter Mitlegataren; vgl. Kaser RP I § 186 III (753). Das Anwachsungsrecht des Nießbrauchers ist davon streng zu scheiden. Dies wird von Wieacker, St. Arangio-Ruiz IV (1953) 245, ders. , Textst. 290, Kaser RP I § 186 Dl (753 22) und Zimmermann, SZ 101 (1984) 243 8 übersehen, wenn sie versuchen, vat. 75.1 mit Gai D 199 in Einklang zu bringen. Gaius behandelt nur das Anwachsungsrecht unter Mitlegataren. 54 So Ulp vat. 83; lu1 D 7.2.4 u.ö.; dazu vgl. u. 2 c und 3. 55 Vgl. o. 44. 56 So Sanjilippo. Bull. 49 (1948) 68. 57 Pap (17 quaest) D 7.1.33.1 (dazu u. 59); Ulp (17 ad ed) D 7.2.10 Paul (70 ad ed) D 44.2.14. 1 (zu beiden Fragmenten sogleich). So schon Solazzi, SD 18 (1951) 235, der das gemeinsame uti frui als Grundlage des Anwachsungsrechts ausreichen zu lassen scheint.

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§ I. Die Konfusion beim Nießbrauch

Wächst dem Nießbraucher aber nach Prozeßverlust der andere Nießbrauchsanteil zu58 , und klagt er jetzt aus dem neuen Recht gegen denselben Besitzer, so steht ihm nach Paulus die exceptio rei iudicatae nicht entgegen: der neue Anteil wachse nicht dem alten zu, sondern der Person des Anwachsungsberechtigten59. Darum ist es nicht von Belang, daß der alte Anteil nicht mehr durchsetzbar ist. Läge der Anwachsung die Vorstellung zugrunde, der alte Anteil dehne sich aus, müßte die erneute (aufgrund des hinzugekommenen Anteils erhobene) Klage dagegen scheitern. Dies wird mit den Worten non portioni sed homini aber gerade abgelehnt. Beim Anwachsungsberechtigten vereinigen sich beide Anteile zu einem einheitlichen Recht - was ihre Durchsetzung angeht jedoch unter Wahrung ihrer Identität: durch die Vereinigung wird die Verfolgung der neuen Hälfte nicht von der exceptio rei iudicatae erfaßt. Anwachsung beim Nießbrauch bedeutet also nicht, daß der Anteil des Anwachsungsberechtigten sich ausdehnt; vielmehr wächst dem Berechtigten der andere Nießbrauchsanteil als ein zusätzliches Recht zu. Während Paulus und Papinian sich nur zu dem Fall äußern, in dem der Anwachsungsberechtigte den Nießbrauch nach ius civile noch hat, behandelt Ulpian darüber hinaus noch den Fall, daß der Berechtigte seinen Nießbrauch auch nach ius civile verloren hat. Auch in diesem Fall gewährt er ein Anwachsungsrecht: Ulp (17 ad ed) D 7.2.10: Interdum pars usus fructus et non habenti partem suam, sed amittendi adcrescit: nam si usus fructus duobus fuerit legatus et alter lite contestata < adversus eum qui se liti optulit > 60 amiserit usum fructum, mox et collegatarius, qui Iitern contestatus non erat, usum fructum amisit, partem dimidiam dumtaxat [quam amisit qui Iitern contestatus est adversus eum qui se liti optulit] a possessore consequitur: pars enim collegatarii ipsi adcrescit, non domino proprietatis: usus fructus enim personae adereseil etsi fuerit amissus61 .

Zwei Legataren (A und B) ist coniunctim der Nießbrauch an derselben Sache vermacht worden. Nießbraucher A läßt sich auf einen Prozeß ein und 58 Die Voraussetzungen von vat. 75.1 müssen also beim EIWerb des Nießbrauchs vorgelegen haben. 59 Die gleiche Entscheidung treffen Papinian und Julian, wobei der Nießbrauch ausdrücldich dem Eigentum gegenübergestellt wird; beim Eigentum kann dem Anwachsungsberechtigten die exceptio rei iudicatae entgegenhalten werden: Pap (17 quaest) D 7.1.33.1 : Usum fructum in quibusdam casibus non parlis effectum oplinere convenil: unde sijundi velfructus porlio petatur et absolutione secUla postea pars allera quae adcrevit vindicetur, in lite quidem proprietatis iudicatae rei exceptionem obstare, in fructus vero non obstare scribit /ulianus, quoniam ponio jundi velut alluvio ponioni, personae fructus adcrescerel. 60 Ins. Mo. 6! Dazu: Glück, Bd. 9 (1808) 287 tf. m. ält. Lit.; Elvers (o. 32) 732 f. (Note zz); Amdts, Glück Bd. 48 (1875) 131 ff.

m. Die Konfusion des Nießbrauchs und das ius adcrescendi

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verliert den Nießbrauch. Aus dem Text ergibt sich nicht, warum der Nießbrauch erlischt. Der Nießbrauch erlischt als dingliches Recht auf keinen Fall durch litis contestatio62. Ulpian verwendet lite contestata also nur untechnisch: der Nießbrauch geht aufgrund des Prozesses verloren. Wahrscheinlich hat A den Nießbrauch verloren, weil er den falschen Besitzer verklagt hat63 . Zwar obsiegt A in diesem Prozeß64 , er verliert aber den Nießbrauch65 . Der Anteil, den A verloren hat, wächst B zu66 , der seinerseits kurz darauf den ganzen Nießbrauch verliert. Ulpian entscheidet, daß A den Nießbrauchsanteil, der ursprünglich allein B zustand, durch Anwachsung erhält und A diesen Anteil auch gegen den (wahren) Besitzer67 geltend machen kann: nur A kann Subjekt des Hauptsatzes partem dimidiam dumtaxat etc. sein, da sich ipsi auf das Subjekt des vorangehenden Satzes bezieht und im folgenden Satz nur auf A beziehen kann. Dann ist das schwerfällige quam amisit - optulit interpoliert: den dort beschriebenen Anteil erhält, nachdem B seinen Nießbrauch verloren hat, der Eigentümer68 • Dieser kann aber nicht Subjekt zu consequitur sein. Der Bearbeiter hat die Nießbrauchsanteile falsch zugeordnet69. Nach Ulpian hat der Mitberechtigte auch dann ein Anwachsungsrecht, wenn er seinen Anteil nach ius civile verloren hat. Spätestens Ulpian macht das Anwachsungsrecht also nur vom coniunctim-Legat abhängig70 . Ulpian hat damit das von Julian in D 7 .1. 33.1 entwickelte Modell des non portioni sed personae adcrescit konsequent weiterentwickelt: wächst der Anteil dem Berechtigten als Person an und nicht dessen bisherigen Anteil, dann kann die 62 Vgl. Kaser RZ § 43 I 2 (230).

63 So Mommsen im Anschluß an die Pandektistik; vgl. etwa Glack 293 f. 64 Vgl. Paul 6.1 .27pr.

65 Vgl. Kaser RP I § 103 I 6 (437). Elvers 733 (Note zz}, Glack 291 (im Anschluß an Suerin) und Amdls 133 f. nehmen an, daß A seinen Anteil durch non usus verloren hat. Davon ist aber zum einen nicht die Rede; zudem hat A durch die Klageerhebung seinen Willen, den Nießbrauch auszuüben, deutlich gemacht. 66 Vgl. vat. 75.1. Anders Glack 291: der fictus possessor soll den Anteil erhalten.

67 Es gibt keinen Hinweis darauf, daß der possessor derjenige ist, gegen den A ursprünglich geklagt hat. 68 Sonst könnte A einen Nießbrauchsanteil, den er schon verloren hat, wieder durch Anwachsung erwerben, vgl. Amdls 139 f. 69 Er ging vielleicht davon aus, daß der consequitur-Satz in einem Widerspruch zum folgenden Satz stehen müsse. Dies ist aber nicht der Fall. Nach Glack 293 f. behandelt das Fragment nur den Anspruch des Nießbrauchers A gegen den jictus possessor aus der Geldkondemnation. Für diese Interpretation spricht auch Bas. 2.16.2, nicht aber der Oberlieferte Text, in dem mit pars nur der Nießbrauchsanteil gemeint sein kann. Auch nach der Interpretation von Glück stellt Ulpian hier fest, daß der Anwachsungsberechtigte einen Anteil erwerben kann, ohne daß er selbst noch Nießbraucher ist. 70 So auch die Lit. des 19. Jhs.; Wesener, RE 9 A (1961) 1165.

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§ I. Die Konfusion beim Nießbrauch

Akkreszenz nicht davon abhängen, ob der Berechtigte noch Inhaber des Nießbrauchsanteils ist oder nicht. c) Bisher ist festzustellen, daß spätestens seit Julian die Anwachsung nicht als Ausdehnung des alten Nießbrauchsanteils angesehen wird. Seit Ulpian muß der Anwachsungsberechtigte nicht mehr Inhaber eines Anteils sein. Danach könnte man annehmen, daß das Anwachsungsrecht des Eigentümers keinen Nießbrauch an der eigenen Sache voraussetzt. Vor Ulpian war dies jedoch nicht der Fall: Julian und Gaius gewähren dem Eigentümer nur ein Anwachsungsrecht, wenn er auch Inhaber eines Nießbrauchs an der eigenen Sache ist. Dies und die Notwendigkeit eines solchen Anwachsungsrechts zugunsten des Eigentümers wird in folgender Fragmentfolge deutlich: Iu! (35 dig) D 7.2.4: Si tibi proprietas fundi legata fuerit, mihi autem et Maevio et tibi eiusdem fundi usus fructus, habebimus ego et Maevius trientes in usu fructu, unus triens proprietate miscebitur. sive autem ego sive Maevius capite minuti fuerimus, triens inter te et alterotrum nostrum dividetur, ita ut semissem in usu fructu habeat is, qui ex nobis capite minutus non fuerat, ad te proprietas cum parte dimidia usus fructus pertineat71. Gai (7 ad ed prov) D 7.2.5 : Et si [tradideris) < mancipaveris > alicui proprietatem deducto usu fructu, nihilo minus putat Iulianus adcrescere, nec videri novum tibi adquiri usum fructum. Ulp (17 ad Sab) D 7 .2.6pr.: !dem et si apud unum ex tribus fructuariis consolidatus sit usus fructus.

Durch Legat erhalten Ego, Maevius und Tu denselben Nießbrauch an einer Sache, deren Eigentum zusätzlich dem Tu vermacht wird. Jeder erhält ein Drittel des uti jrui; Ego und Maevius aufgrund des Nießbrauchs, Tu aufgrund des Eigentums. Verliert Ego oder Maevius durch capitis diminutio seinen Anteil, wächst dieser gleichermaßen dem überlebenden Nurnießbraucher und Tu zu. Auch wenn Tu die nuda proprietas einem Vierten abtritt, verliert er nach Julian sein Anwachsungsrecht nicht, da er keinen neuen Nießbrauch erwirbt. Nach Ulpian macht es keinen Unterschied, ob Tu das Eigentum vom Erblasser durch Legat erhält oder später erwirbt. D 7 .2.4 zeigt, welchen Wert das Anwachsungsrecht für den Eigentümer hat: Hätte Tu kein Anwachsungsrecht, wäre ihm, als einer der beiden anderen seinen Anteil verlor, nichts zugewachsen72 • NachJulianhat Tu weiterhin zusätzlich zum Eigentum auch einen Nießbrauch: Wenn dieser sich auch mit dem Eigentum vermischt, so hat Tu nach der Anwachsung das Eigentum cum 7! Dazu: Vaucher (o. 8) 96 ff.; Sanjilippo, BuH. 49 (1948) 67; Solilzzi, SD 18 (1951) 234. 72 Der Erblasser hat hier übrigens anders als bei Mod D 33.2.19 deutlich gemacht, daß der Eigentümer auch das ulifrui erhalten soll (vgl. dazu u. 3 b).

m. Die Konfusion des Nießbrauchs und das ius adcrescendi

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parte dimidia ususjructus73 . Auch für Gaius besteht neben dem Eigentum der

Nießbrauch an der eigenen Sache: Tu behält seinen alten Nießbrauch, wenn er unter Vorbehalt des Nießbrauchs das Eigentum wieder veräußert. Julian und Gaius scheinen dem Eigentümer das Anwachsungsrecht nur zu gewähren, wenn dieser neben dem Eigentum zusätzlich den Nießbrauch durch Legat erhalten hatte74 . Das Anwachsungsrecht geht nicht verloren, solange der Legatar den Nießbrauch zusätzlich zum Eigentum oder (wie in D 7.2.5) ohne das Eigentum hat. Die Akkreszenz findet nach Julian und Gaius also nur statt, wenn der Berechtigte einen Nießbrauchsanteil hat15 , den er mit dem coniunctim-Legat erworben hat. Deshalb ist es für Julian und Gaius in D 7.2.5 notwendig, daß der Berechtigte den alten Nießbrauch, der durch das Legat begründet wurde, behält. Bei Ulpian spielt die Frage, ob der Anwachsungsberechtigte im Zeitpunkt der Akkreszenz noch Inhaber des Nießbrauchs ist, keine Rolle mehr: Nach seiner Auffassung kann Akkreszenz stattfinden, auch wenn der Berechtigte den ursprünglich durch Legat erworbenen Nießbrauch wieder verloren hat (D 7. 2.10). Hier verliert er den Nießbrauch durch Konfusion. Das Anwachsungsrecht hängt nach Ansicht der drei Juristen davon ab, daß der Berechtigte den Nießbrauch durch coniunctim-Legat erworben hat. Julian und Gaius nehmen zusätzlich einen Nießbrauch an der eigenen Sache an, um dem Eigentümer das Anwachsungsrecht zu gewähren. 3. Ulpian (17 ad Sab) vat. 83

Ausführlich mit der Frage des Anwachsungsrecht des Eigentümers setzt sich vat. 83 auseinander, dessen Text in veränderter Form auch in den Digesten überliefert ist:

73 Nach Wesener, SZ 81 (1965) 83 ff., 90 hat Julian grundsätzlich den Nießbrauch als pars rei angesehen. 74 Wie auch in dem Fall von vat. 83, in dem Julian eJWähnt wird : dort hat der Nießbrauchslegatar später das Eigentum eJWorben. 75 Dem widerspricht nicht Julian in D 7.1.33.1: dort geht es nur um den Vorgang der Akkreszenz, während Julian hier deren Voraussetzungen behandelt. Beide Aussagen lassen sich jedoch ohne Widerspruch vereinigen.

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§ I. Die Konfusion beim Nießbrauch

Ulp (17 ad Sab) vat. 83:76 Non solum autem si duobus "do lego" usus fructus legetur, erit ius adcrescendi, verum et si alteri usus fructus, alteri proprietas: nam amittente usum fructum altero, cui erat legatus, magis iure adcrescendi ad alterum pertinet quam redit ad proprietatem. nec novum: nam et si duobus usus fructus legetur et apud alterum sit consolidatus, ius adcrescendi non perlt nec ei, apud quem consolidatus est, neque ab eo, et ipse quibus modis amitteret ante consolidationem, iisdem et nunc ipso quidem iure non anrittet, sed praetor subsecutus exemplum iuris civilis utilem actionem dabit fructuario. et ita Neratio et Aristoni videtur et Pomponius probat quamquam Julianus libro 35 digestorum scribat ipsi quidem ius adcrescendi < competere, non vero fructuario ab eo > 77 .

a) Das Anwachsungsrecht besteht nicht nur, wenn zwei Personen jeweils der Nießbrauch vermacht worden ist, sondern auch dann, wenn der einen Person der Nießbrauch, der anderen aber das Eigentum vermacht worden ist18 : Wenn der Nießbraucher sein Recht verliert, soll es dem Eigentümer eher anwachsen, als daß Konfusion eintritt. Mit folgendem Fall verdeutlicht Ulpian das Ergebnis: zunächst liegen zwei Nießbrauchslegate vor; später erwirbt einer der Nießbraucher das Eigentum. Keiner der beiden Legatare soll sein Anwachsungsrecht verlieren; das des Nurnießbrauchers sei allerdings nur mit einer actio utilis durchsetzbar79 • Neraz, Aristo und Pomponius hätten ebenso entschieden, während Julian nur dem Eigentümer das Anwachsungsrecht gewährt habe, nicht aber dem Nurnießbraucher8°. b) Ulpian geht von dem Grundfall der Akkreszenz aus, daß zwei Legataren der Nießbrauch an ein und derselben Sache per vindicationem vermacht worden ist. Beiden Legataren stehe das Anwachsungsrecht aber auch dann zu,

76 Dazu: Glück, Bd. 9 (1808) 166 tT., 278; HartmiJ1111, Jb. f. Dog. 17 (1879) 90 f.; Kohler, Ges. Abhandlungen (1883) 305; Sachs, Konfusion (1898) 17; Kretschmar, Konfusion (1899) 24, 183 ff.; zur weiteren Literatur des 19. Jahrhunderts: Vangeraw, Lehrbuch der Pandekten ß (7. Autl. 1867) § 554 hoc casu maritus litis aestimationem praestabit: quod si maritus solvendo non erit, [utiles actiones adversus Titium mulieri ad restaurandam servitutem dantur) < non praestabit> . Sed cum uxor fundum cui praedia viri servitutem debebant in dotem dat, fundus ad mariturn pervenit amissa servitute et ideo non potest videri per mariturn ius fundi deterius factum. quid est ergo? officio de dote iudicantis continebitur, ut redintegrata servitute iubeat fundum mulieri vel heredi eius reddi5 7.

Im principiwn erhält der Ehemann ein Grundstück zur dos, dem das Grundstück des Titius dient. Danach erwirbt der Ehemann das Grundstück des Titius: die Dienstbarkeit erlischt durch Konfusion. Später veräußert der Ehemann das Grundstück wieder58 , und zwar an Titius59. Der Ehemann kann

57 Dazu: Cujaz (Jul 16 dig) VI 109 f.; Mommsen, Jahrbuch des gemeinen deutschen Rechts V (1862) 425; Kretschmar, Konfusion (1899) 184 f.; Biondi, APal. 7 (1917/18) 203 f.; ders., Bull. 29 (1918) 228 2; ders., Categoria (o. 39) 295 ff.; Beseler IV (1920) 80; Sola1.1.i (o. 1) 192 f.; Miquel, SZ 81 (1964) 317 ff.; Grosso, Serv. (1969) 277; Valino, Actiones utiles (1974) 240 ff.; Selb, St. Biscardi III (1982) 338 f.; Röhle, SZ 100 (1983) 510 ff. 58 So auch Cujaz 109, Mommsen 425, Kretschmar !85 17 , Mique/319 f., Selb 338, Valino 240: dieser Teil ist in der Vulgata überliefert. Dort stand er erst hinter praesrabit. Dies ist jedoch wohl ein Fehler des Kopisten; so auch Miquel 321, anders Röhle 512 ff. Ansonsten wäre es inkonsequent, der Ehefrau den Anspruch auf den Schätzwert, nicht aber einen Anspruch auf Wiedereinräumung der Dienstbarkeit zu gewähren; anders ausdrücklich Röhle 517 f. 4 Kieß

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§ 2. Die Konfusion bei der Dienstbarkeit

folglich bei Rückgabe der dos der Ehefrau die Dienstbarkeit nicht mehr einräumen. Nach Julian haftet er deshalb auf den Schätzwert der Dienstbarkeit. Ist der Ehemann insolvent. kann die Ehefrau mit actiones utiles von Titius die Wiederbegründung der Dienstbarkeit verlangen. In § 1 erhält der Ehemann ein Grundstück der Ehefrau zur dos. dem Grundstücke des Ehemanns selbst dienen. Mit der dos-Bestellung erlischt die Dienstbarkeit durch Konfusion. Da die Dienstbarkeit ipso iure erlischt, ist das Grundstück sichtlich nicht durch den Ehemann verschlechtert worden. Dennoch ist nach Julian der Ehemann verpflichtet, das Grundstück mitsamt einer neu bestellten60 Dienstbarkeit der Ehefrau oder ihren Erben zurückzugeben. Im principium übereignet der Ehemann dem Titius das Grundstück zurück. ohne sich eine Dienstbarkeit zugunsten des Dotalgrundstücks vorzubehalten. Wäre der Ehemann bei der Rückgabe der dos noch Eigentümer dieses an Titius zurückgegebenen Grundstücks, hätte er die Dienstbarkeit wiederbegründen müssen61 ; da er dies nach Rückgabe des Grundstücks an Titius nicht mehr kann. haftet er aus der actio rei uxoriae wegen verschuldeter Verschlechterung der Dotalsache62 auf den Schätzwert der Dienstbarkeit. Die actio rei uxoriae ist für die Ehefrau jedoch wertlos, wenn der Ehemann vermögenslos ist63 . Nach dem überlieferten Text löst allein die Insolvenz des Ehemanns die Haftung des Titius aus. Diese Entscheidung kann nicht von Julian stammen. Vielmehr wurde sie unter Justinian hinzugefügt, denn sie ist mit dem klassischen Insolvenz- und Dotalrecht unvereinbar. während sie ohne weiteres mit dem Dotalrecht Justimans in Einklang steht.

Röhle 51 0 ff. entwickelt seine These aus der Überlieferungsgeschichte. Die von ihm angenommene Überlieferungsgeschichte ist aber nicht zwingend. Viel überzeugender ist die Herleitung von Miquel aaü. Die von Röhle dem Klassiker Julian unterstellte Lösung ist unnötig unlogisch. Zu Röhles recensio der Digesten allgemein vgl. Wieacker, Römische Rechtsgeschichte (Erster Abschnitt, 1988) 126 r;9. 59 In der Abwandlung spricht Julian von einer Rückgabe an Titius; es liegt nahe, daß der Ehemann das Grundstück auch im Grundsachverhalt an Titius veräußert hat. 60 Er muß also zuerst das Grundstück übertragen und dann eine Dienstbarkeit bestellen. Er kann nicht, wie der Text glauben macht (redintegrata servitute reddJ), die Dienstbarkeit bestellen, während er noch Eigentümer beider Grundstücke ist. 61 Der Ehemann ist also verpflichtet, das Grundstück so an die Ehefrau zurückzugeben, wie er es zur dns erhalten hat, also mitsamt der Dienstbarkeit. Nach Röhle 517 f. ist nur Titius (in der Abwandlung) zur Wiederbegründung der Dienstbarkeit verpflichtet, nicht aber der Ehemann. Dies kann nicht richtig sein. 62 Vgl. lav D 24.3.66pr.; Paul D 23.3.17pr. ; KaserRPl § 81 ill 3 (340). 63 Die actio rei uxoriae geht nur auf id quod facere potest; vgl. Medicus, SZ 81 (1964) 241 f. ; Söllner, Zur Vorgeschichte und Funktion der actio rei uxoriae (1969) 135.

IV. Die Pflicht zur Wiederbegrundung einer Dienstbarkeit

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Aus mehreren Gründen kann die Entscheidung nicht klassisch sein: Zum ersten löste im klassischen Recht die Insolvenz des Schuldners nur dann Ansprüche des Gläubigers gegen einen Dritten aus, wenn der Schuldner Geschäfte wissentlich zur Benachteiligung des Gläubigers vornahm64 . Dann gewährte der Prätor dem Gläubiger entweder eine restitutio in integrum, ein interdieturn fraudatorium oder eine actio in factum; er gewährte aber nicht die im Text überlieferte actio utilis65 • Zum zweiten kann die überlieferte actio utilis auch nicht die actio utilis des bonorum emptor sein. Der bonorum emptor erwirbt das Vermögen des Schuldners im Konkursverfahren. Ihm wird eine Klage des vermögenslosen Schuldners gegen einen Dritten als actio utilis gewährt66 . Von dieser actio utilis spricht der Text nicht: es gibt keine Hinweise, daß die Ehefrau das Vermögen des Ehemanns als bonorum emptor gekauft hat oder daß dem Ehemann ein Anspruch auf Einräumung einer dos zustand67. Ein weiterer Grund spricht gegen die Echtheit der Entscheidung: Grundsätzlich trägt die Ehefrau das Risiko, daß ihr Ehemann insolvent wird und sie mit der actio rei uxoriae ausfällt. Nur wenn die Ehe nicht zustandegekommen oder nichtig ist, hat die Ehefrau ein Vollstreckungsprivileg68 . Muß die Ehefrau also normalerweise das Insolvenzrisiko wegen der gesamten dos tragen, dann kann es nicht sein, daß sie das Risiko nicht zu tragen hat bei einer durch Konfusion erloschenen Dienstbarkeit. Da schließlich der Satz auch sprachliche69 und inhaltliche70 Mängel aufweist, stammt die Entscheidung nicht von Julian71. Die Entscheidung stammt vielmehr von J ustinian: dieser gewährte der Ehefrau für Dotalgegenstände dingliche Ansprüche72 , die die Ehefrau im Falle der Insolvenz des Ehemanns vor Beendigung der Ehe gegen Dritte geltend machen konnte73 . Der Ehefrau stünde also grundsätzlich eine vindicatio 64 Vgl. dazu und zum folgenden: Kaser RP I§ 60 III (252 f.). 65 Zudem gibt es im Text überhaupt keine Hinweise auf kollusives Zusammenwirken des

Ehemanns und Titius; anders Miquel 319, Röhle 518, Biondi, Categoria 296. Valino 242 vermutet sogar eine.fiducia cum amico. 66 Vgl. Kaser RZ §58 II 2 (310 f.).

67 Anders Selb 339: dem Ehemann steht eine condictio gegen Titius zu. Dies ist dem Text nicht zu entnehmen. 68 Vgl. Kaser RZ §59 II (314).

69 Dantur paßt nicht von der Zeitenfolge; im Fragment wird sonst nur Futur verwendet. Es gibt keinen Grund, den Plural actiones utiles zu verwenden; ebenso Beseler 80, Solazzi 192; Röhle 518; Valino 240 f. 70 Es überrascht, daß der Ehemann trotz Insolvenz das Grundstück zurückgeben kann, nicht aber den Schätzwert der Dienstbarkeit leisten kann. 71 So auch Beseler 80, Solazzi 192; Röhle 518; Valino 240 f. 72 Just 529 C 5.12.30. 1; vgl. zum Ganzen Kaser RP Il § 223 U 2 (191 f.). 73 Just 529 C 5.12.29pr., I.

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§ 2. Die Konfusion bei der Dienstbarkeit

servitutis gegen Titius zu. Da die Dienstbarkeit aber durch Konfusion erloschen war, mußte Justinian der Ehefrau eine actio utilis gewähren. Wahr-

scheinlich entschied Julian, daß die Ehefrau bei Insolvenz des Ehemanns von Titius nicht die Wiederbegründung der Dienstbarkeit verlangen kann.

In § 1 erlischt die Dienstbarkeit mit der Bestellung der dos. Anders als im principium kann dem Ehemann das Erlöschen der Dienstbarkeit nicht zum Vorwurf gemacht werden, so daß eine Haftung wegen verschuldeter Verschlechterung der Dotalsache ausscheidet. Die Pflicht zur Wiederbegründung der Dienstbarkeit beruht vielmehr auf der Pflicht zur Rückgabe der dos: der Ehemann hat nicht nur das Dotalgrundstück, sondern auch die Befreiung seines Grundstücks von der Dienstbarkeit zur dos erhalten74 ; beides muß er an die Ehefrau oder an ihre Erben75 zurückgewähren76 .

3. Die Pflicht zur Wiederbegründung im Legatsrecht Diente ein mit Damnationslegat77 vermachtes Grundstück einem Grundstück des Erben, so mußte der Legatar die Wiederbegründung der durch Konfusion erloschenen Dienstbarkeit dulden; ebenso konnte der Legatar die Wiedereinräumung der Dienstbarkeit verlangen, wenn ein Grundstück des Erben dem vermachten Grundstück diente78 . Die älteste überlieferte Entscheidung zu diesem Thema ist 74 Vgl. Tryph (9 disput) D 23.3.78.2: die Ehefrau gibt dem Ehemann den ihr am Grundstücks des Ehemanns zustehenden Nießbrauch zur dos. Nach Tryphonin muß der Ehemann bei der Rückgabe der dos den Nießbrauch neu begründen. 75 An die Erben war die dos nur herauszugeben, wenn der Ehemann mit der Rückgabe der dos in Verzug war; vgl. Ulp. Reg. 6.7. Auch wenn dies sicher selten war, so ist die Berücksichtigung der Erben bei Julian nicht falsch. 76 So schon Cujaz 110. Röhle 518 f., Valino 241, Grosso 277 - echter Kern -, Biondi, Categoria 297, ders., APal. 203 f. halten die überlieferte Entscheidung für interpoliert. Nach ihrer Ansicht hat Julian die Pflicht zur Wiederbegründung abgelehnt. Dies ist jedoch falsch, da die Entscheidung Julians zwanglos mit der aclio rei uxoriae begründet werden kann. Die sprachlichen Mängel (z.B. "quid ergo est?"; vgl. dazu etwa Biondi, Bull. 228 2 u.ö.) sind kein Argument für eine nachklassische Veränderung der Entscheidung. Vielmehr bestätigen sie nur, daß der Text durch Kopisten verändert wurde. Ohne Zweifel stanunt die Entscheidung selbst von Julian. 77 War das Grundstück durch Vindikationslegat vermacht, erlosch die Dienstbarkeit nicht durch Konfusion, denn das Grundstück ging direkt an den Legatar über. Es ist kein Fragment überliefert, in dem ein mit einer Dienstbarkeit belastetes Grundstück durch bedingtes Vindikationslegat vermacht war (wie Iu! D 7 .4.17 für den Nießbrauch); anders Mosler, Konfusion 20 f. 78 Anders Friedmann, Wirkungen 9 f.: wegen des Legats erlischt die Dienstbarkeit trotz Damnationslegat nicht. Wieder anders Sachs, Konfusion 19: die Grundsätze des Universalfideikommiß aus Maec D 36.1. 75(73). 1 werden auf das Legat angewandt (zu Maecian jedoch vgl. u. §1413).

IV. Die Pflicht zur Wiederbegrundung einer Dienstbarkeit

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lul (33 dig) D 30.84.4: Aedes, quibus heredis aedes seiViebant, legatae sunt [traditae) < mancipatae > 79 legatario non imposita seiVitute. dixi, posse legatarium ex testamento agere, quia non plenum legatum accepisset: nam et eum, qui debilitatum ab berede seiVum acceperit, recte ex testamento agere80

Der Erblasser vermacht Hausgrundstücke, denen Hausgrundstücke des Erben dienten, mit Damnationslegat. Die Dienstbarkeit erlischt bei Erwerb der Erbschaft durch Konfusion. Der Erbe übereignet dem Legatar die Grundstücke, ohne die durch Konfusion erloschene Dienstbarkeit wieder einzuräumen. Julian gewährt dem Legatar die actio ex testamento auf Wiederbegründung der Dienstbarkeit, weil er das Legat nicht vollständig erhalten hat. Julian begründet diese Lösung mit dem ähnlich gelagerten Fall, in dem ein dem Legatar vermachter und nach dem Erwerb der Erbschaft verstümmelter Sklave dem Legatar übereignet wird: auch in diesem Fall habe der Legatar die actio ex testamento. Obwohl der Erbe die Hausgrundstücke in dem Zustand vermachte, in dem sie nach dem Erbfall bei ihm waren, so hat der Erbe dennoch nicht alles ihm Vermachte erhalten81 . Für den Inhalt des Legats ist also maßgeblich, in welchem Zustand das Grundstück beim Erblasser war. Deshalb entscheidet Julian, daß das Legat nur vollständig erfüllt ist, wenn die Dienstbarkeit wiederbegründet wird82 . Diese Entscheidung wird bestätigt von Flor (II inst) D 30. 116.4: Fundus legatus talis dari debet, qualis relictus est. itaque sive ipse fundo heredis setVitutem debuit sive ei fundus heredis, licet confusione dominii seiVitus exstincta sit, pristinum ius restituendum est. et ilisi Iegatanus imponi seiVitutem patiatur. petenti ei legatum exceptio doli mali opponetur: si vero fundo legato seiVitus non restituetur, actio ex testamento superest83

Diente dem vermachten Grundstück ein Grundstück des Erben, dann kann der Legatar mit der actio ex testamento84 die Wiedereinräumung der Dienstbarkeit verlangen. War dagegen das vermachte Grundstück zugunsten eines Grundstücks des Erben belastet, dann mußte der Legatar die Wiederbegründung der Dienstbarkeit dulden; weigerte er sich, die Wiederbegründung der

79 V gl. Lenel Pal 476; Pemice, Labeo II 2 (1900) 128. 80 Dazu: Genzmer, SZ 44 (1924) 107; Schulz, SZ 38 (1917) 170 f. 81 So auch Genzmer 107, Schulz 170. 82 Wurde trotz Übereignung des Legatsgegenstandes nur unvollkommen geleistet. so konnte seit Julian das noch nicht Geleistete mit der aclio ex leslamemo eingeklagt werden; vgl. dazu Kaser, Quanti 96 ff. 107 f. 83 Dazu: Jhering, Abhandlungen aus dem Römischen Recht (1844) 214; Sanlalucia, Bull. 68 (1965) 85 f.; Biondi (o. 39) 333 f. 84 Jherings Annahme (aaO. 214) eines Vindikationsiegals fiihrt nicht weiter.

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§ 2. Die Konfusion bei der Dienstbarkeit

Dienstbarkeit zu dulden, konnte der Erbe die actio ex testamento mit der exceptio doli mali abwehrenss. In allen von den Juristen behandelten Fällen vermacht der Erblasser nur einen fundus, ohne die Dienstbarkeit zugunsten oder zulasten des fundus im Testament zu erwähnen. Hätte der Erblasser ausdrücklich einen mit einer Dienstbarkeit belasteten fundus vermacht, so hätte der Legatar aus der actio ex testamento nur einen Anspruch auf dieses mit der Dienstbarkeit belastete Grundstück; die Juristen müßten dann für die Begründung ihrer Lösung nicht auf die exceptio doli mali zurückgreifen. Wäre das Grundstück ausdrücklich cum servitute vermacht, wäre die Lösung von Julian und Florentin so selbstverständlich, daß sie nicht hätte erwähnt werden müssen. Die Juristen entscheiden unsere Fälle, als ob die Dienstbarkeit nicht durch Konfusion erloschen wäre: erlischt nämlich die Dienstbarkeit nicht durch Konfusion. weil das dienende Grundstück nicht dem Erben. sondern einer weiteren Person gehört. dann hat der Legatar die actio ex testamento auf Übereignung des Grundstücks mitsamt der Dienstbarkeit, auch wenn diese im Testament nicht erwähnt wurde. Denn das rechtliche Schicksal der Dienstbarkeit ist an das des Grundstücks gebunden86 , weil die Dienstbarkeit nicht Gegenstand eines eigenen Legats sein kann. Gehört das herrschende Grundstück nicht dem Erben. dann ist der Erbe nur verpflichtet. das Grundstück mitsamt der Belastung zu übereignen87 • Erlischt jedoch wie in unseren Fällen die Dienstbarkeit durch Konfusion, weil der Erbe Eigentümer des herrschenden oder dienenden Grundstücks ist, dann ist das vermachte Grundstück in dem Zustand, den der Wortlaut des Legats scheinbar voraussetzt: der Erbe hat nur das Grundstück. das im einen Fall nicht mehr mit einer Dienstbarkeit belastet ist und zugunsten dessen im anderen Fall keine Dienstbarkeit mehr besteht. Die Juristen negieren jedoch die Konfusion. Für sie war entscheidend, wie der Erblasser das Grundstück hinterließ: der Inhalt des Legats bestimmt sich also nach dem Zeitpunkt, in 85 Ebenso Gai (18 ad ed prov) D 30.70.1: Nam et si fundus, qui meo junda serviebat, tibi Legarus fuerit, non aliter a me tibi praestari debeat, quam ut pristinam servitutem recipiam (dazu Jhering , aaO. 213) und Paul (nota ad Pap 31 quaest) D 8.1.18: In omnibus servitutibus, quae aditione conjusae sunt, responsum est dali exceptionem nocituram Legatario, si non patiatur eas irerum imponi. Dazu Solazzi (o. 1) 159, dessen Kritik an in omnibus servitutibus nicht überzeugt und Santalucia, Bull. 68 (1965) 84 f. 86 Vgl. Kaser, RP I § 105 lU 3 (443); Paul D 8.4.12: cum fundus funda servil, vendito quoque fundn servitutes sequuntur. 8? Diese Verpflichtung scheitert allerdings nicht an der fehlenden Verfiigungsmacht des Erblassers (der nur über das belastete Grundstück verfiigen kann), denn grundsätzlich ist der Erbe verpflichtet, Belastungen des Grundstücks abzulösen; vgl. I 2.20.5; Ulp D 30.57; Pap D 31.66.6. Anders jedoch bei einem mit einer Dienstbarkeit belasteten Grundstück: war nichts anderes ausdrücklich angeordnet, war der Erbe nicht verpflichtet, die Dienstbarkeit abzulösen; vgl. Gai D 30.69.3.

V. Zusammenfassung

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dem die Dienstbarkeit noch nicht durch Konfusion erloschen ist. Es kommt also nicht darauf an, in welchem Zustand das Grundstück beim Erben ist, sondern wie es beim Erblasser war88. Deshalb sagt Florentin: Fundus legatus

talis dari debet, qualis relictus est.

Bestand die Dienstbarkeit am Grundstück des Erben, so umfaßt das Legat des herrschenden Grundstücks die Dienstbarkeit, auch wenn diese nicht ausdrücklich vermacht ist; der Erbe muß die durch Konfusion erloschene Dienstbarkeit neu begründen. Er erfüllt das Legat nicht vollständig, wenn er nur das Grundstück übereignet. War das Grundstück des Erblassers vor dem Erbfall mit der Dienstbarkeit belastet, so mußte der Erbe nur das belastete Grundstück übereignen; er konnte sich die Dienstbarkeit zugunsten seines Grundstücks bei der Übereignung vorbehalten89 • Verlangt der Legatar mit der actio ex testamento die Übereignung des unbelasteten Grundstücks, dann kann der Erbe mit der exceptio doli mali90 geltend machen, daß er nur deducta servitute übereignen muß; der Legatar muß den Vorbehalt der Dienstbarkeit dulden:

pati servitutem imponi9 1•

Die Pflicht zur Wiederbegründung der Dienstbarkeit beruht hier darauf, daß der maßgebliche Zeitpunkt, nach dem der Inhalt des Legats bestimmt wird. vor dem Zeitpunkt liegt. in dem die Dienstbarkeit durch Konfusion erlischt. Auch in den hier untersuchten Fällen entwickelten die Juristen also keine speziellen Regeln für die Dienstbarkeit. V. Zusammenfassung Eine Dienstbarkeit erlischt, wenn das Eigentum am herrschenden mit dem am dienenden Grundstück zusammenfällt. Ist die Dienstbarkeit ein Wege- oder Wasserleitungsrecht an mehreren, nebeneinander gelegenen Grundstücken und erwirbt der Eigentümer des herrschenden Grundstücks das Eigentum nur eines der dienenden Grundstücke, so erlischt die Dienstbarkeit an diesem Grundstück nicht (o. II). Die Juristen sehen die Dienstbarkeit an mehreren Grundstücken als einheitliches Recht an,

88 So auch Santalucia 85; Biondi 333. 89 Zu dieser Art der Bestellung einer Dienstbarkeit vgl. Paul D 8.4.7pr.; von Lüblow, Gs. Schmidt 413 ff.

90 Historisch entspticht diese exceplio-Lösung der Lösung im umgekehrten Fall, in dem dem Legatar die actio ex lestamento zusteht: vor Julian wurde bei Schlechtleistung im Rahmen eines Legats die actio de dolo gewährt (vgl. Labeo bei Ulp D 4.3. 7.3; dazu Kaser, Quanti 96). Erst Julian gewährte die actio ex teslamento. 91 Vgl. Flor D 30.116.4; Paul D 8.1 .18.

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§ 2. Die Konfusion bei der Dienstbarkeit

das durch Konfusion nur erlischt, wenn alle dienenden Grundstücke vom Eigentümer des herrschenden Grundstücks erworben werden. Erwirbt der Eigentümer des dienenden oder herrschenden Grundstücks Miteigentum am jeweils anderen Grundstück, so entscheidet noch Julian (D 8.3.27), daß die gesamte Dienstbarkeit bestehen bleibt, während Papinian (D 8.3.34pr.) und Paulus (D 8.1.8.1; 8.2.30.1) annehmen, daß die Dienstbarkeit teilweise erlischt (o. III), so daß im einen Fall der Eigentümer des herrschenden Grundstücks nur an dem ihm nicht gehörenden ideellen Anteil des dienenden Grundstücks eine Dienstbarkeit hat; im anderen Fall hat nur der Miteigentümer, der nicht auch Eigentümer des dienenden Grundstücks ist, eine Dienstbarkeit zugunsten seines Miteigentumsanteils. Schließlich entscheiden die Juristen, daß beim Erbschaftskauf, Fideikommiß, Damnationslegat und im Dotalrecht eine durch Konfusion erloschene Dienstbarkeit wiederbegründet werden muß (o. IV). Die Untersuchung hat jedoch gezeigt, daß sie keine speziellen Regeln für die Dienstbarkeit entwickelt haben, sondern vielmehr nur am Beispiel der Dienstbarkeit darstellen, wie und unter welchen Voraussetzungen in diesen Konfusionsfällen das erloschene Recht wieder begründet wird.

§ 3. Das Erlöschen des Pfandrechts durch Konfusion Beim Pfandrecht sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: zum einen die dingliche Konfusion des Pfandrechts, zum anderen die obligatorische Konfusion der gesicherten Forderung. wodurch das Pfandrecht vermöge des Prinzips der Akzessorietät erlischt1.

I. Wird der Pfandgläubiger Eigentümer der Pfandsache, erlischt das Pfandrecht. Dies bestätigt etwa Ulp (30 ad ed) D 50.17.45pr.: Neque pignus neque depositum neque precarium neque emptio neque locatio rei suae consistere potest2 .

Die Juristen begründen jedoch nicht, warum das Pfandrecht durch Konfusion erlischt, wenn der Pfandgläubiger das Eigentum erwirbt. II. Bei Paulus ist jedoch der Fall überliefert, daß trotzKonfusiondie Klage aus dem Pfandrecht erhalten bleibt: Paul (14 quaest) D 44.2.30. 1 Latinus Largus: cum de hereditate inter Maevium, ad quem pertinebat. et Titium, qui controversiam moverat. transigeretur. traditio rerum hereditariarum Maevio heredi a Titio facta est, in qua traditione etiam fundum ei suum proprium. quem ante multos annos avo eiusdem Maevii heredis obligaverat quemque alii postea in Obligationern deduxerat. ex causa pacti tradidit. his gestis posterior Titii creditor ius suum persecutus est et optinuit. post hoc iudicium Maevius heres repperit in rebus avitis Chirographum eiusdem Titii ante multos annos conscriptum. per quod apparuit eum fundum, qui in causam transactionis venerat, etiam avo suo ab eodem Titio fuisse obligatum. cum ergo constet prius avo Maevii heredis in obligationem eundem fundum datum. de quo Maevius superatus est, quaero. an ius avi sui, quod tune. cum de eodem fundo ageretur. ignorabat. nulla exceptione opposita exsequi possit. respondi: .. . in proposita autem quaestione magis me illud movet. numquid pignoris ius exstinctum sit dominio adquisito: neque enim potest pignus perseverare domino constituto creditore. actio tarnen pigneraticia competit: verum est enim et pignori datum et satisfactum non esse. quare puto non obstare rei iudicatae exceptionem3.

Dazu u. § 4 II. 2 So auch Iu! (44 dig) D 13.7.29, Paul D 31.85 und Paul (4 quaest) D 44.2.30.1 (dazu sogleich). 3 Zu diesem Fragment eingehend zuletzt Schmidl-011, Paulusquästionen (1993) 121 ff., dessen Einordnung des gesamten Fragments als paulinisch überzeugt.

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§ 3. Das Erlöschen des Pfandrechts durch Konfusion

Titius hat Avus ein Grundstück verpfändet. Dieses Pfandrecht war in Vergessenheit geraten, als Titius das Grundstück ein zweites Mal verpfändete. Als Avus später stirbt, wird er von Maevius beerbt. Aufgrund eines Vergleichs überträgt Titius das verpfändete Grundstück dem Erben Maevius. Maevius wurde es von dem zweiten Pfandgläubiger daraufhin mit der actio Serviana abgestritten. Als jetzt die erste Verpfändung an Avus ans Licht kommt, verlangt Maevius als dessen Erbe vom zweiten Pfandgläubiger das Grundstück wieder heraus. Paulus wirft die Frage auf. ob die Klage des Maevius an der exceptio rei iudicatae scheitert. Ausführlich erörtert er diese exceptio, greift schließlich aber einen anderen Gesichtspunkt auf: als Titius das Grundstück Maevius übereignete, sei zwar das für Avus bestellte Pfandrecht erloschen, gleichwohl stehe Maevius aus dieser Verpfändung die actio pigneratitia4 zu, und er scheitere mit ihr nicht an der exceptio rei iudicatae. Wenn das Pfandrecht einmal wirksam bestellt worden ist, entfällt nach dem Wortlaut ihrer Formel die actio Serviana nur dann. wenn die gesicherte Forderung erfüllt oder für sie Sicherheit geleistet wird oder der Gläubiger in Verzug gerät5 . Keiner dieser Tatbestände ist gegeben, wenn der Pfandgläubiger die Pfandsache zu eigen erwirbt. Paulus braucht darum die Wirkung der Konfusion nicht in Frage zu stellen. Er kann daran festhalten, daß durch die Konfusion das Pfandrecht erloschen ist: neque enim potest pignus perseverare domino constituto creditore - und gleichwohl Maevius die Serviana zusprechen: actio tarnen pigneraticia competif'. Paulus argumentiert also formalistisch 7 : er macht sich den Wortlaut der actio Serviana zunutze, die die Konfusion nicht vorsieht. Diese Argumentation ist jedoch nicht neu: Gaius8 und Marcian9 haben ebenfalls schon in 4 Es geht um die actio Serviana, die gelegentlich von den Juristen auch actio pigneratitia genannt wird; vgl. Kaser RP I § 111 IV 3 (473). 5 . . eamque pecuniam neque solutam neque eo nomine satisfactum esse neque per rredüorem stare quo minus solvatur .. ; vgl. Lenel, EP 494 f.; dazu auch Wesenberg, Symb. Taubenschlag (1957) 561. 6 Anders Fn·edmann, Wirkungen 20; Mosler, Konfusion 31: Kretschmar, Konfusion 60 f.: Das Pfandrecht erlösche nur, wenn vollständige Identität zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem besteht. Da im vorliegenden Fall aber noch ein nachrangiges Pfandrecht besteht, kann das erstrangige Pfandrecht nicht durch Konfusion erlöschen. Dem widerspricht aber der Wortlaut. In der Pandektistik wurde auf diesem Gedanken aufbauend vielfach diskutiert, ob ein Nießbrauch überhaupt durch Konfusion erlischt, wenn der Nießbrauch durch ein Pfandrecht belastet ist. Man wollte dies trotz des eindeutigen Wortlauts von Maec D 20.6.8pr. verneinen, weil ein Recht (Nießbrauch), das Grundlage eines weiteren Rechts (Pfandrecht) war, nicht durch Konfusion erlöschen könne. wenn dadurch das weitere Recht zerstört wurde. Vgl. dazu z. B. Sachs. Konfusion 21 ff. 7 Daube, SZ 74 (1957) 297 nennt dieselbe Entscheidung in D 36.1.61(59)pr. eine "artificial construction". 8 Dl6. 1.13.1.

§ 3. Das Erlöschen des Pfandrechts durch Konfusion

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anderen Fragen mit dem Wortlaut der actio Serviana argumentiert. Dieses Ergebnis überrascht nicht: Die Formel der Serviana berücksichtigt das Erlöschen des dinglichen Rechts in keinem Fall. Erlosch das dingliche Recht, so stand dem Verpfänder gegen die Serviana des Pfandgläubigers regelmäßig eine exceptio zu 10 . Auch beim Erlöschen des Pfandrechts durch Konfusion muß dies in der Regel der Fall gewesen sein: es ist nicht einzusehen, warum ein Pfandgläubiger im Regelfall nach Erlöschen des Pfandrechts mit der actio Serviana erfolgreich sein sollte. Deshalb hätte Paulus auch im vorliegenden Fall eine exceptio doli erwägen können. In unserem Fallliegen aber besondere Umstände vor: Hätte Maevius das Eigentum an der Pfandsache nicht erworben, wäre also das Pfandrecht nicht durch Konfusion erloschen, hätte sich Maevius gegen den zweiten Pfandgläubiger mit der exceptio rei sibi ante pigneratae 11 wirksam verteidigen können oder selbst gegen den zweiten Pfandgläubiger mit der actio Serviana vorgehen können. Nach Paulus soll er dies trotz Konfusion weiterhin können. Ein Motiv für die Lösung mag zudem gewesen sein, daß bei der transactio das Pfandrecht sowohl Maevius als auch Titius unbekannt war. Der Sache nach beachtet Paulus die Konfusion nicht: er setzt sich über deren Wirkung hinweg, indem er Maevius die actio Serviana gewährt, die dem Schutz des Pfandrechts dient, obwohl das Pfandrecht erloschen ist. Genauso argumentiert Paulus in D 36.1.61(59)pr. 12 , wo auch das Pfandrecht durch dingliche Konfusion erlischt und Paulus dennoch die Serviana gewährt.

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D 20.1.13.4. 10 Vgl. Kaser RP I § 110 IV (469) und (469 73 ). 11 Dazu Kaser RP I§ 110 III I (467).

12 Vgl. dazu u. § 14 I 6.

2. Kapitel

Die obligatorische Konfusion § 4. Die obligatorische Konfusion

I. Die Wirkung der obligatorischen Konfusion 1. Im römischen Recht erlosch die Forderung endgültig, wenn Gläubiger und Schuldner in einer Person zusammenfielen1• Das war die logische Folge ihrer Definition: eine Forderung kann nur zwischen zwei Personen, dem Gläubiger und dem Schuldner bestehen; wird diese Personenverschiedenheit aufgehoben, muß die Forderung ihrem Begriffe nach erlöschen2 • Darum ist die Wirkung der Konfusion wertungsneutral: sie unterliegt nicht der Verfügung der Juristen. Die obligatorische Konfusion konnte im römischen Recht nur durch Erbgang eintreten. Auch nur in erbrechtliehen Zusammenhängen konnte sich darum für die Jurisprudenz die Frage stellen, wie das Erlöschen einer Forderung durch Konfusion bewertet werden sollte. In den Quellen begegnet diese Fragestellung in zweierlei Hinsicht: Einmal, ob die Wirkung der Konfusion korrigiert, nämlich die Forderung auf die eine oder andere Weise wieder hergestellt werden solJ3; zum anderen, ob ihr eine bestimmte Wirkungsweise beigelegt werden soll, nämlich die der Erfüllung. 2. Diese zweite Fragestellung ergab sich durchweg aber nur dann, wenn ein Dritter im Spiel war4: so etwa, wenn ein Gesamtschuldner den Gläubiger beerbte5 oder die durch Konfusion erloschene Forderung durch eine Bürg1 Die unechte Bürgschaftskonfusion hatte ihre eigenen Kriterien und hat nichts mit der confusio im technischen Sinne zu tun; vgl. dazu u. § 9 I I. Auch das Wiederaufleben der aclio noxalis nach Ansicht der Prokulianer betriffi nicht die Konfusion; vgl. u. § 7 V. Vgl. auch u. § 17 V 5. 2 So auch Solazzi, estinz. 283 und Cicu, estinz. 11, 17. 3 Vgl. u. §§ 10 II, ßl, 13, 14. 4 Ebenso Cugia, corso 17 ff. 5 Vgl. dazu u. § 5 I.

I. Die Wirkung der obligatorischen Konfusion

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schaftgesichert war6; oder bei der Eviktionshaftung des Verkäufers einer gestohlenen Sache, wenn der Käufer die Sache weiter verkauft und den zweiten Käufer beerbt hatte7 • 3. Die moderne Interpretation der Überlieferung beginnt am Ende des 19. Jahrhunderts mit Paul Kretschmar. Er entnahm den Quellen ein differenziertes System von Regel und Ausnahme, nach dem sich bestimmt haben sollte, ob der obligatorischen Konfusion die Wirkung der Erfüllung zukam oder nicht8 . Wenig später kam der italienische Romanist Cicu9 zu dem Ergebnis, daß die römische Jurisprudenz der Konfusion in allen Fällen die Wirkung der Erfüllung beilegte. Solazzi nahm davon nur den Fall aus, daß der Gläubiger vor der Konfusion die Möglichkeit hatte, auf mehrere Schuldner zuzugreifen10. Cugia 11 und Betti12 , die zuletzt das Thema eingehend behandelt haben, bestritten dagegen, daß der Konfusion in irgendeinem Fall Erfüllungswirkung zukam. Erst in der nachklassischen Zeit soll der Vergleich der conjusio mit der solutio in die Quellen Eingang gefunden haben. Sie bestreiten zwar nicht, daß eine Reihe von Entscheidungen nur mit der Annahme einer Erfüllungswirkung erklärt werden können; diese Texte seien jedoch überarbeitet. Die Interpolationsbehauptungen von Cugia und Betti sind indessen weder überzeugend noch erforderlich. Und die Entscheidungen, die sie als Belege ihrer These in Anspruch nehmen, haben ausnahmslos ihre spezifischen Gründe und stellen die Erfüllungswirkung der Konfusion nicht in Zweifel 13 . Vielmehr wird sich zeigen. daß die differenzierende Lehre Solazzis den Quellen wirklich entspricht1 4 •

6 Vgl. dazu u. § 8. 7 Vgl. dazu u. § 6. 8 Konfusion 147 ff. Zu diesem System jedoch Cicu, estinz. 22 f. Schon Friedmann , Wirkungen 40 f. sprach von einer befriedigenden Wirkung der Konfusion. 9 Estinz. 20 ff. 10 Estinz. 289 ff.. 296. 11 Corso 35 ff. 12 so 28 (1962) 14 ff. 13 Maßgeblich fuhren sie folgende Fragmente an: Paul D 36.1.61(59)pr. (dazu jedoch u. § 14 I 6); Paul D 46.1.71pr. (dazu jedoch u. § 5 I); Afr D 46.1.21.5 (dazu jedoch u. § 8 I 2); Paul D 44.2.30.1 (dazu jedoch o. § 3 ll); Afr D 46.3.38.5 (dazu jedoch u. li 2). 14 Nach Cicu. estinz. 25, Solaui, estinz. 290 und wohl auch Fadda, Concetti li 314 f. erklärt sich die erffillende Wirkung der Konfusion dadurch, daß aus einem "bene acquisibile" ein "bene acquisito" wird. Diese Erklärung kann jedoch nicht alle Fälle der obligatorischen Konfusion abdecken: So kann man beispielsweise bei einer Forderung aus einem Dienstvertrag nicht von "bene acquisibile" oder "bene acquisito" sprechen.

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§ 4. Die obligatorische Konfusion

4. In dieser Diskussion hat besonderes Gewicht: Afr (7 quaest) D 24.3.33 Quae dotis nomine certarn pecuniam promiserat, quosdam adhibuerat, qui stipularentur partem dotis distracto matrimonio sibi solvi: ea nulla data dote obierat eodem marito suo berede relicto: is damnosam hereditatem eius adierat. nihilo minus stipulatoribus tenebitur, quoniam adeundo hereditatem debitricis intellegeretur secum pensasse: nec ad rem pertinere, quod solvendo non esset hereditas, quando ceteris etiam creditoribus teneatur 15 .

Eine Frau bestellt eine dos, indem sie eine Summe Geldes verspricht. Dritte ließen sich vom Ehemann durch Stipulation16 die Rückgabe eines Teils der dos für den Fall der Auflösung der Ehe versprechen. Die Frau stirbt, ohne etwas auf das Dotalversprechen geleistet zu haben. Sie hat ihren Ehemann zum Erben eingesetzt, der die überschuldete Erbschaft auch antritt. Nach Afrikan haftet der Ehemann den Dritten trotz der Überschuldung der Erbschaft 17 : er werde so angesehen, als ob er sich selbst bezahlt habe; weil der Ehemann auch anderen Erbschaftsgläubigern hafte, spiele die Überschuldung der Erbschaft keine Rolle. Es geht um eine dotis promissio 18 ; mit dem Versprechen der Frau war die dos bestellt. Sie wird von ihrem Ehemann beerbt. Mit dem Antritt der Erbschaft erlischt seine Dotalforderung durch Konfusion. Und weil er selbst der Erbe ist, entsteht andererseits kein Anspruch des Erben gegen ihn, den Ehemann, auf Rückgewähr der dos. Die Rückgewähr eines Teils der dos hatte der Ehemann indessen Dritten versprochen. Diese Stipulation verfiel mit dem Tod der Ehefrau. Man könnte zwar annehmen, daß die Stipulation ohne Gegenstand und daher hinfällig sei, weil mit dem Erlöschen des Dotalversprechens keinedosmehr vorhanden ist, die zurückgewährt werden könnte. Afrikan läßt den Ehemann jedoch haften. Weil er die Erbschaft angetreten hat, wird er

15 Dazu: Cujaz (Afr. VII) I 1396 fT.; von Meyerjeld, Die Lehre von den Schenkungen I (1835/37) 271; Ginanner, Die Bürgschaft nach gemeinem Civilrechte (1850/51) 510; G. Kretschmar, Secum pensare (1886) 40 ff.; Kretschmar, Konfusion (1899) 153 ff.; Biondi, APal. 12 (1929) 439 f.; Lenel, SZ 51 (1931) 35 ; Solazzi. estinz. (1935) 292 f.; Cugia, corso (1943) 105 ff.; Wesenberg, Symb. Taubenschlaf (1957) 560; Beni, SD 28 (1962) 15fT.; Broise, Bull. 67 (1964) 239; Archi, Iura 27 (1976) 107 . !6 Gegen die häufige Annahme von adstipulaiOres in unserem Fragment (so Lenel 35 - anders aber in Pal 84 -. Cugia I 05 fT.• Wesenberg 560, Betti 15, Meyerfeld 271, Archi I 07 - gegen Broise 239) spricht, daß die adstipulatio mit der Stipulation der Ehefrau ebenfalls durch Konfusion erlöschen würde; wie bei der Bürgschaft erlischt mit der Hauptschuld auch die adstipulatio. So auch Solazzi 292 1. 17 Anders Cugia I 06 f.: der Ehemann habe eine Einrede als Erbe seiner Frau, weil diese von den adstipulatores den Betrag zurückverlangen könne. Er hält den Text ab quoniam fiir justinianisch (108 f.); ebenso Wesenberg 560. 18 Ebenso G. Kretschmar 41. Anders Ginanner 510 (nulla data dote bedeute, daß keine dos bestellt worden sei).

I. Die Wirkung der obligatorischen Konfusion

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nämlich so angesehen. als habe er sich selbst bezahlt19 . Wenn aber auf seine Dotalforderung gezahlt worden ist, dann war die Stipulation der Dritten nicht ohne Gegenstand, dann schuldete er ihnen die Rückgewähr eines Teils des Erlangten. Wenn auf die Dotalforderung gezahlt worden ist, dann ist sie erfüllt worden. Die Annahme, daß der Ehemann mit dem Antritt der Erbschaft selbst auf seine Forderung gezahlt bat, legt mithin der mit dem Erbschaftsantritt tatsächlich erfolgten Konfusion die Wirkung der Erfüllung bei2°. Nur auf diesem Wege konnte Afrikan zur Haftung des Ehemanns kommen. Gegen diese Konstruktion lag der Einwand nahe, daß man nicht annehmen könne, mit dem Antritt der Erbschaft bezahle der Ehemann sich selbst, wenn die Erbschaft überschuldet ist21 . Afrikan weist diesen Einwand zurück: der Ehemann war nicht zum Antritt der Erbschaft verpflichtet; trat er sie gleichwohl an, so haftete er unbeschränkt auch mit seinem eigenen Vermögen für alle Nachlaßverbindlichkeiten22 • Folglich konnte er so angesehen werden, als hafte er auch sich selbst gegenüber unbeschränkt; und weiter. als ob er selbst seine eigene Dotalforderung erfüllt habe. 5. Wie Solazzi beobachtet hat, legten die klassischen Juristen der Konfusion dagegen keine Erfüllungswirkung bei, wenn der Gläubiger vor der Konfusion mehrere Schuldner auf dieselbe Leistung in Anspruch nehmen konnte. Dies war der Fall bei der Gesamtschuld und bei der Bürgschaft23 . Erfüllte ein Schuldner die Forderung, erlosch auch die andere. Hätte die römische Jurisprudenz auch hier der Konfusion Erfüllungswirkung beigelegt, wäre bei Konfusion im einen Schuldverhältnis auch das andere erloschen. Nach ihrer Ansicht war diese automatische Folge aber nicht gerechtfertigt24 •

19 Berris Versuch (aaO. 16), dem secum pensasse die Bedeutung "bei sich selbst eiWägen" beizulegen. überzeugt nicht: zum einen ist nicht sicher, daß der Ehemann durch den Antritt besser stünde als bei Nichtantritt; zum anderen ist die ursprüngliche Bedeutung von pensare das Wägen im tatsächlichen Sinn. Biondi 439 will quoniam . . pensasse streichen, weil secum pensare nachklassisch sei. 20 So auch So/azzi 293, Fr. Weber. Krit. Vjschr. 27 (1935) 108; anders Cugia 113. :!I So in der Tat auch Berri 15. 22 Kaser RP I § 181 III I (733). Dies halten auch Cujaz 1396 und Kretschmar 154 fiir den entscheidenden Gesichtspunkt. 23 Für die Gesamtschuld vgl. Kaser RP I § 154 IV I (656); fiir die Bürgschaft vgl. Kaser RP I§ 155 II 4 c (665). 24 Nach Solazzi. estinz. 297 f. und Weber. Krit. Vjschr. 27 (1935) 108 lag dies daran, daß der Gläubiger sein Wahlrecht nicht verlieren solle. Nach dem Erbfall kann man jedoch nicht mehr von einem Wahlrecht sprechen. Wie So/azzi auch schon Ribbenrrop, Zur Lehre von den Correai-Obligationen (1831) 270 3. Anders wiederum Cugia. corso 144: durch die Konfusion sei das Wahlrecht ausgeübt.

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§ 4. Die obligatorische Konfusion

II. Die Wirkung der obligatorischen Konfusion auf das Pfandrecht

1. Erlischt die durch ein Pfandrecht gesicherte Forderung durch Konfusion, so erlischt das Pfandrecht kraft Akzessorietät25 • Dies wird festgestellt

m

Ulp (2 reg) D 46.3.43: In omnibus speciebus liberationum etiam accessiones liberantur, puta adpromissores hypothecae pignora .. 26 .

2. In den Digesten ist jedoch auch ein Fall überliefert, in dem das Pfandrecht nicht erlischt, obwohl die gesicherte Forderung erlischt. Der Erlöschensgrund ist hier allerdings die sogenannte unechte Bürgschaftskonfusion; Rückschlüsse auf Fälle der "echten" Konfusion läßt die Entscheidung daher nicht zu27 . Afr (7 quaest) D 46.3.38.5 Qui pro te apud Titium fideiusserat, pignus in suam obligationem dedit: post idem heredem te instituit. quamvis ex fideiussoria causa non tenearis, nihilo minus tarnen pignus obligatum manebit. at si idem alium fideiussorem dederit atque ita heredem te instituerit, rectius existimari ait sublata obligatione eius, pro quo fideiussum sit, eum quoque qui fideiusserit liberari 28 .

Jemand hat sich bei dem Gläubiger Titius für dessen Schuldner Tu verbürgt; zur Sicherung der gegen ihn gerichteten Bürgschaftsforderung hat er Titius ein Pfand bestellt. Nach Afrikan haftet Tu nicht aus der Bürgschaft, die Pfandhaftung bestehe aber fort. Wenn dagegen der Bürge die Bürgschafts25 Anders Solazz.i, estinz. 310 und Cugia, corso 202 ff.: Nach Solazz.i erlischt ein Pfandrecht wegen des Wortlauts der actio Serviana und der actio pigeraticia nie, wenn die gesicherte Forderung durch Konfusion erlischt; er hält deshalb die Begrundung in D 46.3.43 für nachklassisch. Anders wieder Cugia 206: das Pfandrecht erlischt nicht, weil im prätorisehen Recht der Konfusion keine erfüllende Wirkung zugesprochen werden könne. Daher bleibe das Pfandrecht und die Forderung trotz Konfusion bestehen. Cugia geht aber fälschlicherweise davon aus, daß das Pfandrecht nicht akzessorisch sei. Außerdem übersieht er, daß die erfüllende Wirkung die Forderung betriffi und nicht hinsichtlich des Pfandrechts ausgeschlossen sein kann. Auch Daube, SZ 74 (1957) 297 zweifelt an der Verallgemeinerung von Solazz.i und Cugia. Wie hier Kretschmar. Konfusion 129. 26 Obwohl das Fragment sicherlich nachklassisch bearbeitet ist (vgl. dazu u. § 8 II I), ist diese Aussage klassisch. 27 Vgl. dazu u. § 9 I I. 28 Dazu: Girranner, Die Bürgschaft nach gemeinem Civilrechte (1850/51) 511 tT.; Friedmann, Wirkungen (1884) 79 f.; Mosler. Konfusion (1897) 70 ff.; Favreau, Bürgschaftskonfusion (1898) 20 ff.; Kretschmar, Konfusion (1899) 77 f. ; Krokisius, Die "unechte Confusio" nach römischem Recht und dem Recht des Bürgerlichen Gesetzbuches (Diss. Berlin 1906) 35 ff.; Beseler, SZ 47 (1927) 55; Lenel, SZ 51 (1931) 33 f.; Wesenberg, Zusammenfall (1935) 31 ; Solazz.i, estinz. (1935) 301 1; Cugia, corso (1943) 131; Schwan, AcP !52 (1952/53) 205.

II. Die Wirkung der obligatorischen Konfusion auf das Pfandrecht

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forderung nicht durch ein Pfand gesichert, sondern auch seinerseits Titius einen Bürgen gestellt hat, dann soll mit dem Erbfall nicht nur die Bürgenschuld des Erblassers erlöschen, sondern auch die des zweiten Bürgen. Als Tu den Bürgen beerbte, erlosch die Bürgschaftsforderung aufgrundder sogenannten unechten Bürgschaftskonfusion29 . Nach den Regeln der Akzessorietät hätte auch das Pfandrecht erlöschen müssen, da es ja die erloschene Bürgschaftsforderung und nicht die fortbestehende Forderung des Titius gegen Tu sicherte. Titius hätte mithin beide Sicherheiten verlieren müssen. Im zweiten Fall verliert er dann auch beide: die erste durch Konfusion mit der Hauptforderung, die zweite infolge der Akzessorietät der fideiussio 30• Hier also hält sich Afrikan an das durch die Dogmatik gebotene Ergebnis. Wahrscheinlich denkt Afrikan31 auch hier an den Wortlaut der actio Serviana 32 : das Erlöschen der gesicherten Bürgschaftsforderung durch unechte Bürgschaftskonfusion wird vom Wortlaut der Serviana nicht erfaßt. Offenbar

wurde die unechte Bürgschaftskonfusion nicht als ein Tatbestand angesehen, aufgrund dessen das Pfandrecht kraft Akzessorietät erlischt33 •

Auch in diesem Fall hätte man wie in Paul D 44.2.30.1 34 eine exceptio doli erwägen können. Wahrscheinlich lehnte Afrikan das Fortbestehen der

Pfandhaftung ab, da anderenfalls eine Melioration der Erbschaft eintreten würde: die Pfandsache würde aus der Pfandhaftung frei auf Kosten eines Dritten, des Gläubigers Titius35 , obwohl die Pfandsache nach dem Erbfall in das Eigentum des Hauptschuldners Tu gelangt. 3. Erlischt die gesicherte Forderung durch echte Konfusion, lassen die Juristen keine Ausnahme von dem Grundsatz zu, daß mit der Forderung auch das Pfandrecht erlischt. Eine Verallgemeinerung der Argumentation von Afrikan in D 46.3.38.5 ist nicht möglich: Zum einen erlischt die Forderung 29 Dazu vgl. u. § 9. Dort unter § 9 II auch zu der verfehlten Ansicht von z.B. So/azzi 308 f .. daß in D 46.3.38.5 die Forderung deshalb plenior sei. weil sie durch ein Pfandrecht gesichert ist. 30 Vgl. u. § 8 II. 3! Lenel 33 f., So/azzi 301 1 (bis auf die Glosse arque .. instituerit) und Wesenberg 31 halten das Fragment fiir klassisch. 32 S. dazu o. § 3 II. So auch schon Beseler 55. Wesenberg 31, Willi, Über die Konfusion bei Obligationen nach römischem Rechte (Diss. Zürich. 1857) 27. Falsch ist die Wertung von Favreau 24. der dem Pfandrecht generell im römischen Recht eine größere Bedeutung als der Bürgschaft zusprechen will; dazu etwa Kaser RP I § 108 I (457 f. ). Für eine reine Billigkeitsentscheidung: Kretschmar 78; Mosler 72; Hol/felder. confusio 65; Friedmann 80; Krokisius 38. Dort auch 36 f. zu den Erklärungsversuchen der Pandektistik. Ginanner 512 f. lehnt die "Geltung" der Entscheidung fiir die Pandektistik ab. 33 Vgl. zu diesen Gründen Kaser RP I§ 110 IV (468 64 u. 65 ) . 34 Dazu o. § 3 II. 35 So Schwarz 205

5 Kieß

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§ 4. Die obligatorische Konfusion

durch unechte Bürgschaftskonfusion, zum anderen liegen in dem Fall besondere Umstände vor. die ausnahmsweise ein Fortbestehen des Pfandrechts rechtfertigen. Eine Verallgemeinerung verbietet sich auch aufgrund einer anderen Überlegung: Es würde keinen Sinn machen, dem Pfandgläubiger trotz Konfusion der Forderung die Pfandklage zu gewähren36 , weil das Pfandrecht nur für den Fall bestellt wird, daß der Schuldner ausfällt. Dies ist aber nicht der Fall, wenn die Forderung durch Konfusion erlischt.

36 So aber Solazzi, estinz. 310, Cugia, corso 202 ff. und Wesenberg, Symb. Taubenschlag (1957) 561 .

§ 5. Die Konfusion bei der Gesamtschuld

Wenn ein Gesamtschuldner 1 den Gläubiger oder der Gläubiger einen Gesamtschuldner beerbt, erlischt nur die zwischen ihnen bestehende Verbindlichkeit. Die Forderung gegen den anderen Gesamtschuldner bleibt bestehen. Von diesem Fall 'echter' Konfusion ist der Tatbestand zu unterscheiden, daß ein Gesamtschuldner den anderen beerbt2 • In diesem Fall bleiben beide Forderungen gegen den erbenden Schuldner bestehen3• I. Die Hauptstelle zu unserer Frage ist ein Paulus-Fragment; es behandelt sie im Zusammenhang mit dem Kreditmandat. Paul (4 quaest) D 46.1.71pr. Granius Antoninus pro lulio Pollione et Iulio Rufo pecuniam mutuam accipientibus, ita ut duo rei eiusdem debiti fuerint. apud Aureliam Palmam mandator exstitit: Iulii bona ad fiscum venerunt: similiter et creditori fiscus successerat. mandator allegabat se liberatum iure confusionis. quia fiscus tarn creditori quam debitori successerat. et quidem si unus debitor fuisset. non dubitabam sicut fideiussorem. ita et mandatorem liberatum esse: quamvis enim iudicio convento principali debitore mandator non liberetur. tarnen ubi successit creditor debitori. veluti solutionis iure sublata obligatione etiam mandator Iiberatur. vel quia non polest pro eodem apud eundem quis mandator esse. sed cum duo rei promittendi sint et alteri heres exstitit creditor. iusta dubitatio est. utrum alter quoque liberatus est. ac si soluta fuisset pecunia. an persona tantum exempta confusa obligatione. et puto aditione hereditatis confusione obligationis eximi personam: sed et accessiones ex eius persona liberari propter illam rationem, quia non possunt, pro eodem apud eundem obligati esse. ut quemadmodum incipere alias non possunt, ita nec remaneant. igitur alterum reum eiusdem pecuniae non liberari et per hoc nec fideiussorem vel mandatorem eius. plane quia is mandati iudicio eligere polest vel creditorem. competituram ei exceptionem doli mali. si coeperit conveniri. cum altero autem reo vel in solidum si non fuerit societas, vel in partem, si socii fuerunt, posse creditorem agere. quod si creditor fideiussori heres fuerit vel fideiussor creditori. puto convenire confusione obligationis non liberari reum4 .

Das Problem der Konfusion zwischen einem Gesamtgläubiger und dem Schuldner ist in den Quellen nicht überliefert. In der Pandektenwissenschaft war diese Frage umstritten; vgl. Amdls. Lehrbuch der Pandekten (14. Aufl. 1889) § 273 Anm. 2 (559) und Kretschmar. Konfusion 169 ff. In der Pandektenwissenschaft wurde dieser Vorgang 'unechte' Konfusion genannt; vgl. z.B. Hol/felder. confusio 54 ff. 3 Vgl. dazu u. II.

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§ 5. Die Konfusion bei der Gesamtschuld

Aurelius Palma gewährte Iulius Pollio und Iulius Rufus im Auftrag des Granius Antoninus ein Darlehen in der Weise, daß sie als Gesamtschuldner hafteten. Einer der beiden Darlehensschuldner. wir nehmen an: Rufus, und der Darlehensgeber Palma verstarben. Das Vermögen beider gelangte an den Fiskus. Der mandator Antoninus wurde offenbar vom Fiskus als Rechtsnachfolger des Palma mit der actio mandati contraria in Anspruch genommen. Zu seiner Verteidigung machte er geltend, daß der Fiskus sowohl den Gläubiger Palma als auch den Schuldner Rufus beerbt habe. darum Konfusion eingetreten sei und infolgedessen auch er (kraft Akzessorietät) von seiner Verpflichtung aus dem Mandat befreit sei. In seiner Antwort vereinfacht Paulus zunächst den Sachverhalt: Wird jemand beauftragt, einem einzelnen Schuldner ein Darlehen zu gewähren, liegt also keine Gesamtschuld vor, so wird der mandator, wie ein Bürge, frei, wenn die Darlehensschuld durch Konfusion erlischt. Zwar wird der mandator nicht wie ein Bürge mit litis contestatio zwischen Gläubiger und Schuldner frei: wie ein Bürge wird er aber bei Konfusion der Hauptschuld - ebenso wie im Falle der Zahlung - frei, weil niemand für eine Person bei dieser selbst mandator sein kann. Anschließend behandelt Paulus die Konfusion bei der Gesamtschuld. Wenn der Gläubiger einen Schuldner beerbt oder ein Schuldner den Gläubiger, erlischt nur die Verbindlichkeit zwischen ihnen: der Mitschuldner wird nicht frei und darum auch nicht sein Bürge oder mandator. Folglich ist im Ausgangsfall nur die Forderung des Palma gegen Rufus durch Konfusion erloschen, während die Forderung gegen Pollio nach wie vor besteht und deshalb auch Antoninus aus seinem Mandat unverändert verpflichtet ist. Allerdings kann Antoninus der Klage desfiscus die exceptio doli mali entgegenhalten. Antoninus hat den Kreditauftrag nicht aus freien Stücken erteilt. sondern war seinerseits von den Darlehensnehmern Pollio und Rufus beauftragt; aus diesem Auftrag hafteten sie ihm als Gesamtschuldner auf Regreß. An die Stelle des Rufus war der Fiskus getreten, so daß Antoninus nun wahlweise ihn oder Pollio in Anspruch nehmen kann. Diese Verpflichtung des Fiskus kann er aber auch mit der exceptio doli mali geltend machen, wenn er seinerseits vom Fiskus verklagt wird. Mit Erfolg kann demnach der Fiskus nur Pollio in Anspruch nehmen. Waren Pollio und Rufus Gesellschafter, haftet Pollio pro parte, anderenfalls in solidum.

4 Dazu: Kretschmar, Konfusion (1899) 122, 156 f.; Biondi, APal. 7 (1918) 14 IT.; Solazzi III 345; tkrs., estinz. (1935) 279 2 ; Cugia, corso (1943) 139 IT.; Wesenherg. Symb. Taubenschlag (1957) 558 f.; Frezza I (1962) 148 f.; Betti, SO 28 (1962) 26; Schmith-011, Paulusquästionen (1993) 130 ff.

§ 5. Die Konfusion bei der Gesamtschuld

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Am Ende des Fragments gebt Paulus noch auf einen anderen Fall ein: Beerbt der Gläubiger den Bürgen oder der Bürge den Gläubiger, dann wird der Schuldner nicht befreit5 .

Eine gründliche Untersuchung hat vor kurzem ergeben, daß der gesamte Text, entgegen vielfacher Verdächtigung, klassischen Ursprungs ist6 . Für unser Thema ist Folgendes von Interesse: Eine Bürgschaft erlischt, wenn die gesicherte Forderung durch Konfusion erlischt. Entsprechendes gilt für das Kreditmandat. Der mnndator wird von seiner Haftung frei veluti solutionis iure sublata obligatione. Aus dem Vergleich hat man geschlossen, daß die conjusio eine Art solutio sei. Diese weitreichende Interpretation ist jedoch nicht gerechtfertigt7 • Paulus beschränkt sich vielmehr darauf, die Wirkung von conjusio und solutio auf die Hauptschuld zu beschreiben. Sowohl bei solutio wie bei conjusio erlischt das Mandat; bei der solutio kraft Akzessorietät, bei der conjusio begründet Paulus das Erlöschen mit dem Grundsatz nemo potest pro eodem apud eundem obligatus

esse 8 •

Beerbt ein Gesamtschuldner den Gläubiger, so erwägt Paulus, ob die Konfusion Erfüllungswirkung haben solle: ac si soluta juisset pecunia. Hätte die Konfusion die Wirkung der Erfüllung, so müßte auch der andere Gesamtschuldner frei werden. Dies lehnt Paulus jedoch ab; die Konfusion hat bei der Gesamtschuld also keine erfüllungsgleiche Wirkung. Wie bei der Bürgschaft und dem Kreditmandat hatte der Gläubiger bei der Gesamtschuld die Wahl, welchen der beiden Schuldner er in Anspruch nehmen will. Darum lehnten die klassischen Juristen die erfüllungsgleiche Wirkung hier wie dort ab. In unserem Fall heißt das: die Forderung zwischen Palma und Rufus ist durch Konfusion erloschen, als der fiscus Rechtsnachfolger beider wurde. Die Forderung zwischen dem fiscus als Rechtsnachfolger des Palma und Pollio besteht fort. Dann haftet Antoninus grundsätzlich auch aus dem Mandat9 • Wie im Bürgschaftsrecht hat die Konfusion bei der Gesamtschuld also für die klassischen Juristen keine erfüllungsgleiche Wirkung, weil der Gläubiger 5 Dazu u. § 8 I I. 6 SchmidJ-011 131 ff. gegen Frezza 149, Solazzi. estinz. 279, ders. III 345. Belli 26 26 , Biontti 14. Cugia 139, Wesenberg 558. 7 Vgl. dazu u. § 16 II. 8 Zu dieser Begründung bei der Bürgschaft ausführlich u. § 8 II 2. Das vel ist nicht gleichordnend. sondern berichtigend; so auch SchmidJ-Ott 133. 9 Ob der jiscus die Forderung auch durchsetzen kann, hängt davon ab, was die Gesamtschuldner Pollio und Rufus vereinbart hatten: cum altero autem reo vel in solidum si non fuerit societas, vel in partem, si socii fuerunt, posse creditorem agere. Regelmäßig war der Regreß nicht zugelassen: vgl. Kaser RP I§ 154 IV 5 (659).

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§ 5. Die Konfusion bei der Gesamtschuld

vor der Konfusion die Möglichkeit hatte, auf beide Gesamtschuldner zuzugreifen. II. Beerbt ein Gesamtschuldner den anderen, so entscheiden die klassischen Juristen, daß der Erbe Schuldner beider Verbindlichkeiten bleibt; mithin erlischt keine Forderung durch den Erbgang. Scaevola verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff confundere10 : Scaev (lib sing quaest pub tract) D 46.3.93.1 Item si duo rei sint promittendi et alter alterum heredem scripsit 11 confunditur obligatio.

Scaevola lehnt eine Konfusion ab: beide Forderungen bleiben gegen den Erben bestehen. Ohne den Begriff confundere zu verwenden, entscheiden Ulpian in D 46.1.5 12 , Venuleius in D 45.2.13 13 und Afrikan in D 46.1.21.1' 4 wie Scaevola. Dies, obwohl der Erbe zweimal dieselbe Leistung schuldet, mithin auf den ersten Blick kein Grund für das Fortbestehen beider Forderungen besteht 15 . In einem vergleichbaren Fall, wenn der Bürge den Schuldner oder der Schuldner den Bürgen beerbt16 , entscheiden sie hingegen, daß in der Regel die Bürgschaftsforderung erlischt. Der Grund für die Differenzierung liegt im Folgenden: die Bürgschaftsforderung ist inhaltlich akzessorisch zur Hauptforderung; sie gewährt dem Gläubiger in der Regel nicht mehr Rechte als die Hauptforderung. Bei der Gesamtschuld können jedoch ohne weiteres Umstände auf die Forderung einwirken, die nur in der Person des einzelnen Schuldners wirken. wie etwa ein pactum de non petendo oder Verzug des

10 In D 46.3.93pr. entscheidet Scaevola auch, daß beide Forderungen fortbestehen, wenn ein Gesamtgläubiger den anderen beerbt: Si duo rei sint stipulandi et alter alterum heredem scripsit, videndum an con.fundatur obligatio. placet non con.fundi. quo bonum est hoc dicere? quod. si intendat dari sibi oponere. vel ideo dari oponet ipsi, quod heres e.xstitit, vel ideo, quod proprio nomine ei deberetur. atquin magna est huius rei differentia: nam si alter ex reis pacti conventi temporali exceptione summoveri poterit, intererit, is qui heres e.xstitit utrumne suo nomine an hereditario experiatur, ut ita possis animadvenere, exceptioni locus sit nec ne. Auch hier verwendet Scaevola den Begriff con.fundere, und er lehnt auch hier die Konfusion ab. Zu D 46.3. 93. 1 eingehend Johnston, On a singular book ofCervidius Scaevola (1987) 68 f. 11 Das non wurde von den Kompilatoren vergessen; vgl. dazu überzeugend Krokisius, Die "unechte Confusio" nach römischem Recht und dem Recht des bürgerlichen Gesetzbuches (Diss. Berlin 1906) 13 ff. (mit Nachweisen der Literatur des 19. Jahrhunderts in 17 1); Rollfelder, confusio (1930) 55; Johnston 66 191 12 Vgl. u. § 9 I 2. 13 Vgl. ebenda. 14 Et si .fideiussor confideiusson· heres extiterit idem erit (duabus obligationibus tenetur). 15 Vgl. dazu Bernasconi, SD 42 (1976) 93 f.; Branca, Fs. Lewald (1953) 23 ff. 16 Bei der sogenannten unechten Bürgschaftskonfusion; vgl. dazu u. § 9.

§ 5. Die Konfusion bei der Gesamtschuld

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Schuldners17 . Dann muß der Gläubiger wählen können. welche der beiden Forderungen er gegen den Erben geltend machen will. Wir halten fest, daß keine Forderung erlischt, wenn ein Gesamtschuldner den anderen beerbt. Und weil keine Forderung erlischt, bezeichnen die Juristen den Vorgang auch nicht als conjusio 18 •

17 Vgl. Kaser RP I§ I 54 IV 3 (658). 18 So aber die hochklassische Jurisprudenz bei der unechten Bürgschaftskonfusion; vgl. dazu u. § 9 IV. Deshalb kann auch Scaevola bei der Gesamtschuld conjundere vetwendet haben. Zur Textgeschichte des Scaevola-Fragments vgl. Johnston 97 ff.

§ 6. Eviktionshaftung und Konfusion I. Wurde dem Käufer die Kaufsache vom Eigentümer evinziert, dann stand ihm gegen den Verkäufer die actio auctoritatis oder, aufgrund der stipulatio duplae, die actio ex stipulatu zu 1 • Beide Forderungen erloschen wie jede Forderung durch Konfusion. wenn Gläubiger und Schuldner in einer Person zusammenfielen. Dies bestätigt Iul (58 dig) D 21.2.40: Si is qui satis a me de evictione accepit fundum a me herede legaverit, confestim fideiussores liberabuntur. quia. etiamsi evictus fuerit ab eo cui legatus fuerat. nulla adversus fideiussores actio est2

Ego verkauft und manzipiert ein ihm nicht gehörendes Grundstück; gleichzeitig bekräftigt er seine Eviktionshaftung aus der actio auctoritatis mit einer Stipulation; diese wird zusätzlich durch Bürgen3 gesichert". Der Käufer setzt Ego als Erben ein und vermacht das verkaufte Grundstück einem Dritten. Beim Legatar wird das Grundstück vom Eigentümer evinziert. Nach Julian waren die Bürgen frei, weil der Legatar gegen sie keine actio habe. Als der Verkäufer und Erbe Ego die Erbschaft antritt, erlischt sein Stipulationsversprechen. das er dem Erblasser geleistet hat, durch Konfusion. Da die Bürgschaft akzessorisch zur Hauptschuld ist, werden dadurch auch die Bürgen von ihrer Verpflichtung frei 5 • Der Legatar kann folglich nicht gegen sie vorgehen.

1 War die Kaufsache manz1p1ert worden, hatte der Käufer automatisch die actio auctoritatis; vgl. Kaser RP I § 33 I I (132). War die Kaufsache nur durch traditio übereignet, mußte die stipulatio duplae, die der actio auctoritatis nachgebildet war, gesondert versprochen werden. 2 Dazu: Lenel Pal 737; Beseler. SZ 51 (1931) 189 (dessen Kritik an confestim .. nicht überzeugt). 3 Lene/737, Beseler 189: sponsores.

4 So auch Lenel Pa! 737, Beseler !89. Diesen Vorgang nannte man satisdatio secun 1 oder verweisen darauf, daß Bürgschaftsforderung und Hauptforderung von unterschiedlichen Wert seien62 . Auf diesem Befund aufbauend entwickelte die Pandektenwissenschaft63 und noch Solazzi64 eine "Plenioritätslehre". Eine solche Lehre kannten die klassischen Juristen jedoch nicht. Zwar weisen die klassischen Juristen auf das stärkere Gewicht der Hauptforderung hin65 ; eine Erklärung für das Erlöschen der Bürgschaftsforderung kann das plenior jedoch nicht liefern. Denn sowohl Hauptforderung wie auch Bürgschaftsforderung sind im Grundfall gleichwertige zivilrechtliche Ansprüche. Mit plenior beschreiben die klassischen Juristen nur. daß die Bürgschaftsforderung als akzessorisches Sicherungs58 Zu Proculus vgl. o. II 3.

59 Keine Begründung liefert lul D 46.1.14 und Scaev D 46.3.93.2 (anders Wesenberg, Zusammenfall 3: Scaevola argumentiere mit der Akzessorietät). 60 Pap (28 quaest) D 46.3. 95.3: jideiussorem, qui debitori heres extitit, ex causa jideiussionis liberari, totiens verum est. quotiens rei plenior promittendi obligatio invenitur. Ulp (46 ad Sab) D 46.1.5: at injideiussore et reo repperitur, quia rei obligatio plenior est. 61 Pap (27 quaest) D 42.6.3pr.: obligatio. quae maior fuit; Pap (37 quaest) D 46.1.50: quoiam maior rollil minorem. 62 Ven (3 stip) D 45.2.13: ubi aliqua differentia obligationum esse possir, constitil alteram ab altera perimi. 63 Vgl. die Nachweise bei Krokisius 32 f.; Hol/felder, confusio 61 f.; außerdem Kretschmar, Konfusion (1899) 72 ff.; Solau.i, estinz. 305 ff. 64 So estinz. 308 f. (im Anschluß an Girtanner und Demburg): in Afr D 46.3.38.5 sei die Bürgschaftsforderung plenior. weil sie durch ein Pfand gesichert sei; in Pap D 42.6.3pr., weil sie zur separatio bonorum berechtige. 65 Anders Solau.i, estinz. 307 ff.: Papinian habe den Begriff der Pleniorität eingeführt, um zwischen Proculianer und Sabinianer zu vermitteln (darauf deute in D 46.3.95.3 quod volgo iactatur hin). Dann müßten aber Vlp D 46.1.5, Afr D 46.3.38.5 und D 46. 1.21.2 bearbeitet sein. Für diese Annahme besteht jedoch kein Anlaß.

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§ 9. Exkurs: Die unechte Bürgschaftskonfusion

mittel inhaltlich von der Hauptforderung abhängt und die Bürgschaftsforderung inhaltlich niemals wnfassender sein kann als die Hauptforderung66 . Die Bürgschaftsforderung wird zudem nicht plenior genannt, wenn sie bei naturaler Hauptforderung ausnahmsweise fortbesteht; die Hauptforderung wird auch dann als plenior bezeichnet, wenn sie mit Gegenrechten belastet ist, also etwa durch eine restitutio in integrum vernichtet werden kann67 oder wenn die Möglichkeit der separatio bonorum besteht68 • 3. Vorrangig ist vielmehr die Frage, warum die Bürgschaftsforderung überhaupt erlischt; in vergleichbaren Fällen entschieden die Juristen, daß beide Verbindlichkeiten fortbestehen69 . Ausgangspunkt für einen Erklärungsversuch70 ist die Funktion der Bürgschaft: dem Gläubiger soll die Wahl eines zweiten Haftungszugriffes eröffnet werden. Dann verfehlt die Bürgschaft ihren Zweck, wenn der Schuldner für sich selbst bürgt: Da der Bürge idem schuldet, können Schuldner und Gläubiger eines bestehenden Schuldverhältnisses keine Bürgschaft begründen. Wenn nun aber durch Erbgang Schuldner und Bürge in einer Person zusammenfallen, könnte man eigentlich beide Forderungen bestehen lassen: Klagt der Gläubiger aus der einen, erlischt die andere mit der litis contestatio. Maßgebend war für die klassischen Juristen offenbar die prinzipielle Überlegung, daß der Erbe nicht für sich selbst bürgen kann. Wenn aber nur eine der beiden Forderungen fortbestehen soll, dann kann das nur die Hauptforderung sein, weil die Bürgschaftsforderung eine Hauptforderung voraussetzt. Daher erlischt die Bürgschaftsforderung, wenn der Bürge den Schuldner oder der Schuldner den Bürgen beerbt. Der Gläubiger wird dadurch nicht verkürzt: er behält die Hauptforderung gegen den Erben, dem sowohl das Vermögen des Schuldners wie auch des Bürgen als Haftungsmasse zur Verfügung steht. Wo aber der Grundsatz den Gläubiger verkürzen würde, wird er nicht ange66 Vgl. Kaser RP I § 155 II 4 (664 f.) 67 Pap D 46.3. 95.3. 68 Pap D 42.6.3pr. Die Hauptforderung bleibt plenior, wenn die Bürgschaftsforderung zusätzlich gesichert ist (Afr D 46.3.38.5). 69 So wenn ein Gesamtschuldner den anderen beerbt (vgl. Scaev D 46.3.93pr., I) oder in Ulp D 19.1.10. Vgl. auch Ulp D 46.1.5: refen aulem haec in speciem, in qua vul/ oslendere non esse novum, ur duae obligariones in unius persona concurranl. Zu diesem Problem vgl. auch Bemasconi, SD 42 (1976) 94 m. w. Lit. 70 Wesenberg , Zusammenfall 21 wollte das Erlöschen der Bürgschaftsforderung als Teilproblem der Lehre von der Aktionenkonkurrenz behandeln. Er nahm jedoch fälschlicherweise an, daß der fideiussor nur nachrangig hafte; vgl. aber Kaser RP I § 155 I 4 c (665). Zu Wesenberg auch Krezschmar, SZ 56 (1936) 349 ff., Uebs, Die Klagekonkurrenz im römischen Recht (1972) 37 60 . Wesenberg revidierte auch seine Auffassung in Symb. Taubenschlag 553 1. Dort 568 f. versteht er plenior im Sinne einer vorrangigen Haftung des Hauptschuldners. Diese entwickelte sich aber erst in nachklassischer Zeit.

III. Der Erlöschensgrund der unechten Bürgschaftskonfusion

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wendet: so wenn die Hauptforderung natural ist71 • Es ist wahrscheinlich, daß Julian als erster diese Ausnalunen zum Grundsatz bildete72 • Iul D 46.1.14 beweist sogar, daß der Gläubiger auf keinen Fall in seinen Rechten verkürzt werden soll. Iu! (47 dig) D 46. 1.14 Cum reus promittendi fideiussori suo heres exstitit, obligatio fideiussoria peremitur: quid ergo est? tamquam a reo debitum petatur et, si exceptione fideiussori competente usus fuerit, in factum replicatio dari debebit aut doli mali proderit73 •

Ein Schuldner beerbt seinen Bürgen: die Bürgschaftsforderung erlischt. Soweit ist der Text ohne weiteres verständlich und bestätigt die unechte Bürgschaftskonfusion. Der zweite Teil des Textes erschließt sich dagegen erst aus dem ursprünglichen Kontext, den Lenel wiederhergestellt hat. In Julians Digesten stand der Text unter dem Ediktstitel Quemadmodum a bonorum emptore vel contra eum agatur14 • Im Edikt selbst hatte unter diesem Titel auch eine actio ihren Sitz, die für und gegen den bonorum emptor dann zuständig war, wenn er das Vermögen in einem Nachlaßkonkurs erworben hatte, die bona also Nachlaß waren. Mit dieser Klage wurde der bonorum emptor als heres fingiert1 5 . Damit wird klar. um was es Julian in unserem Text geht: Wetm der Schuldner den Bürgen beerbt. erlischt die Bürgschaftsforderung: was ist datm rechtens. wetm er die Erbschaft im Nachlaßkonkurs des Bürgen erwirbt? Für das genaue Verständnis des Textes müssen wir auf die Rechtsbeziehungen, die der Nachlaßkonkurs zeitigte, näher eingehen. Der Verkauf der Erbschaft an den bonorum emptor berührte die Erbenstellung selbst nicht; der Erbe blieb nach ius civile Erbe76 . Darum richteten sich die Forderungen der Nachlaßgläubiger auch nach wie vor gegen ihn. Der bonorum emptor folgte in die Rechtsstellung des Erben nur nach prätonsehern Recht. In unserem Fall blieb folglich der Erbe aus der Bürgschaft des Erblassers nach ius civile verpflichtet; darum trat keine unechte Bürgschaftskonfusion ein, als der reus promittendi unseres Textes im Nachlaßkonkurs des Bürgen die Erbschaft erwarb. Andererseits gewährt jetzt der Prätor die Klage aus der Bürgschaft nicht 71

So auch Favreau, Bürgschaftskonfusion 20, Fried.mann, Wirkungen 74, Hol/felder 62.

72 So auch Cugia, corso 134: In D 46.1.21.2 berichtet Afrikan eine Entscheidung Julians;

s.o. 23 _

73 Dazu: Cujaz (Jul 47 dig) VI 329; Gradenwitz, SZ 7 I (1886) 69 f.; Lenel, SZ 8 (1887) 202 ff. ; Kretschmar, Konfusion (1899) 92 ff.; Beseler, SZ 47 (1927) 54; Wesenberg, Zusammenfall (1935) 31: Cugia, corso (1943) 130 f.; Frezza I (1962) !51 f. 74

Lenel Pal lul 645 und SZ 8. 202 ff. Vgl. Gai IV 35: bonorum emptor ficto seherede agit. 76 Kaser RZ § 58 II I (31 0). 75

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§ 9. Exkurs: Die unechte Bürgschaftskonfusion

mehr gegen den (nach ius civile weiterhin verpflichteten) Erben, sondern nur noch gegen den bonorum emptor. Unser reus promittendi konnte mithin von seinem Gläubiger sowohl aus der Hauptschuld in Anspruch genommen werden, wie auch, als bonorum emptor, aus der Bürgschaft. Die Klage aus der Hauptschuld war unproblematisch; wie im Fall der Konfusion, wenn der reus den Bürgen beerbte, war sie natürlich gegeben. Wenn aber der Gläubiger aus der Bürgschaft klagte - quid ergo est? tamquam a reo debitum petatur: Es ist als ob vom Hauptschuldner das Geschuldete eingeklagt wird 77 . Und wenn der reus, aus der Bürgschaft verklagt, eine exceptio erhebt, die dem Bürgen zusteht18 , wird er an einer replicatio in factumoder der replicatio doli mali scheitem79 • Können die Gläubiger des Erblassers ihre Klagen gegen den bonorum emptor richten, dann müssen diesem auch die Verteidigungsmittel des Erblassers zustehen. In unserem Bürgschaftsfall will Julian sie jedoch durch eine replicatio entkräften. Diese Entscheidung kann ihren Grund nur darin haben, daß der aus der Bürgschaft des Erblassers verklagte bonorum emptor auch der Hauptschuldner ist: er soll keinen Vorteil daraus ziehen, daß ihn der Gläubiger aus der Bürgschaft in Anspruch nimmt und nicht aus der Hauptschuld, von der er mit der litis contestatio über die Bürgschaftsklage frei wird. Beerbt der Schuldner den Bürgen, erlischt die Bürgschaftsforderung; der Schuldner kann nach wie vor nur aus der Hauptschuld in Anspruch genommen werden. Erwirbt der Schuldner die Erbschaft des Bürgen im Nachlaßkonkurs, soll es im Ergebnis nicht anders sein. Die Bürgschaftsforderung erlischt nicht, weil keine unechte Bürgschaftskonfusion eintritt. Der Gläubiger hat die Wahl, den Schuldner aus der Hauptverpflichtung oder aus der Bürgschaft in Anspruch zu nehmen. Verklagt er ihn aber aus der Bürgschaft, so soll das für den Schuldner nicht von Voneil sein: mit Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis soll er erfolglos bleiben. Julian macht also ganz deutlich, daß der Gläubiger nicht in seinen Rechten verkürzt werden soll.

77 Diese Bedeutung von tamquam wird durch den Konjunktiv petatur gefordert.

78 So im Ergebnis Kretschmar 93 f. Er nimmt jedoch an, daß die Bürgschaftsforderung durch unechte Bürgschaftskonfusion erlischt. 79 Fideiussori competenle halten viele filr eine justinianische Interpolation: Gradenwitz 69, Lenel 204, Beseler 54, Wesenberg 31, Cugia 131, Frezza 151. Diese Annahme ist, wie man jetzt sieht, unbegründet.

IV. Die Bezeichnung der unechten Bürgschaftskonfusion als confusio

I 07

IV. Die Bezeichnung der unechten Bürgschaftskonfusion als confusio

Wenn Gläubiger und Schuldner in einer Person zusammenfallen, sprechen die klassischen Juristen von confusio. Mit einem ganz anderen Sachverhalt haben wir es zu tun, wenn Schuldner und Bürge in einer Person zusammenfallen. Es ist jeweils ein Fragment von Afrikan, Marcellus und Scaevola überliefen, in dem auch dieser Vorgang mit confusio bezeichnet wird80 • In spätklassischer Zeit wird conjusio zur Bezeichnung der unechten Bürgschaftskonfusion nicht mehr verwendet81 . 1. Bei Afrikan ist die Bezeichnung der unechten Bürgschaftskonfusion als conjusio sicherlich interpoliert: Afr (7 quaest) D 46.1.21.4: Cum et tu et Titius eiusdem pecuniae rei essetis, eum, qui pro te fideiussit, posse et pro Titio fideiubere respondit. quamvis eandem pecuniam eidem debiturus sit: [nec tarnen inanem eam creditor:i futuram: nonnullis enim casibus emolumentum habituram, veluti si ei, pro quo ante fidiussisset. heres existat: tune enim confusa prima obligatione posteriorem duraturam) 82 .

Tu und Titius sind Gesamtschuldner. Der Bürge, der sich schon für Tu verbürgt hat, kann sich nach Julian auch noch für Titius verbürgen, obwohl er aus der zweiten Bürgschaft dasselbe Geld demselben Gläubiger schulden wird. Für den Gläubiger könne das nämlich von Voneil sein, etwa wenn der Bürge Tu beerbt; dann erlösche nämlich die Bürgschaftsforderung für Tu, diejenige für Titius bleibe aber bestehen. Tu und Titius sind Gesamtschuldner, und zwar Geldschuldner. Wegen der Konsumptionskonkurrenz 83 kann der Gläubiger nur einen der beiden verklagen. Da auch Klagen gegen den Hauptschuldner und Bürgen als solche über eadem res verstanden werden84 • könnte der Gläubiger in unserem Fall den für beide Hauptverbindlichkeiten haftenden Bürgen ohnehin nur einmal in Anspruch nehmen. Deshalb ist fraglich, ob eine zweite Bürgschaft für die Forderung gegen Titius überhaupt möglich ist. Nach Julian war sie trotz dieser Bedenken möglich85 : quamvis eandem pecuniam eidem debitums sit. Denn die doppelte Bürgschaft sei für den Gläubiger vorteilhaft.

80

In Pap D 46.1.50 wird mit con.fusio das Erlöschen der Hauptschuld bezeichnet; vgl. u.

§ 15 I 1.

Zur Terminologie insgesamt u. § 17 V. Dazu: Lenel. SZ 51 (1931) 34 f.; Wesenberg. Zusammenfall (1935) 18 f .. 23; Soklzzi. estinz. (1935) 301 4. 83 Dazu Kaser RP I § !54 IV 4 (658). 84 Kaser RP I § !55 li 4 c (665). 81

82

85 Ebenso Paul D 46.1.71pr.: der mandator haftet für beide Gesamtschuldner.

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§ 9. Exkurs: Die unechte Bürgschaftskonfusion

In dem ab veluti überlieferten Beispiel wird dieser Vorteil jedoch nicht erläutert: Beerbt der Bürge Tu, so erlischt die Bürgschaftsforderung für Tu, dessen Hauptverbindlichkeit der Erbe aber übernimmt. Statt zweimal zu bürgen, für Tu und Titius. schuldet er jetzt anstelle von Tu und bürgt weiterhin als Bürge für Titius. Für den Gläubiger ergeben sich aus dem Erbfall aber keine Vorteile, denn er kann den Erben und Bürgen weiterhin wegen der Klagenkonsumption nur einmal in Anspruch nehmen. Aufgrund des Erbfalls ergeben sich für den Gläubiger also keine Vorteile. Die Vorteile bestehen für den Gläubiger vielmehr darin, daß die Forderungen gegen die Gesamtschuldner, und damit auch die akzessorischen Bürgschaften, verschieden sein können: so kann sich etwa die Forderung gegen Tu, und damit auch die Bürgschaft für Tu, verringern, so daß es für den Gläubiger vorteilhaft ist, wenn auch die Forderung gegen Titius, die unverändert bleibt, mit einer Bürgschaft gesichert ist. Dieser Vorteil besteht aber unabhängig vom Erbfall und von der unechten Bürgschaftskonfusion. Auch sprachlich fällt der letzte Teil ab: eam kann nicht pecuniam sein, auf das es sich aber grammatikalisch bezieht86 . Zudem ist tarnen nicht gerechtfertigt; auch die Verwendung von prima obligatio statt fideiussio ist auffällig87. Offenbar ist der Text ab nec tarnen in nachklassischer Zeit hinzugefügt worden 88 : Der Bearbeiter versucht, ein Beispiel für Vorteile zu finden, die möglicherweise von Julian gemeint sein könnten. Er erkennt jedoch nicht das Hauptproblem des Falles. 2. Anders bei Marcellus; hier ist die Verwendung von confundere für die unechte Bürgschaftskonfusion offenbar ursprünglich: Marce (lib sing resp) D 46. I. 24 Lucius Titius cum pro Seio fratre suo apud Septicium intervenire vellet. epistulam ita emisit: "si petierit a te frater meus. petodesei nummos fide et periculo meo" : post quam epistulam Septicius Seio pecuniam numeravit: deinde Titius inter reliquos et Seium fratrem pro tertia parte reliquit heredem. quaero, an, quia adversus Seium dehitorem Septicii confusa sit actio pro tertia parte. qua Titio fratri suo heres exstitit, cum coheredibus eius agere in solidum possit. Marcellus respondit cum coherede Seii non pro maiore quam hereditaria parte mandati agi posse.

Lucius Titius beauftragte Septicius, seinem Bruder Seius ein Darlehen zu gewähren, was Septicius auch tat. Später verstarb Titius und hinterließ mehrere Erben, unter ihnen, auf ein Drittel eingesetzt, auch seinen Bruder 86 Vermutlich steht eam fiir obligarionem. Nach Mo. istjideiussonem einzufiigen. 87 Zudem ist die Umschreibung von Tu als ei. pro quo ante jideiussisser umständlich. Der nec ramen-Satz wird fast gleichlautend mit nonnullis enim casibus emolumenrum habiruram wiederholt. 88 Ebenso Lenel 34 f. Außerdem Wesenberg 23 und Solazzi 301 4 ; deren Argumente allerdings nicht überzeugen.

IV. Die Bezeichnung der unechten Bürgschaftskonfusion als confusio

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Seius. Kann Septicius die Miterben des Seius in solidum verklagen? Die Frage wird mit der Begründung gestellt, daß die Forderung des Seius zu dem Bruchteil seiner Erbeinsetzung, also zu einem Drittel, durch Konfusion erloschen ist89 • Marcellus entscheidet, daß Septicius die Miterben aus dem Mandat nur entsprechend ihrer Erbquoten in Anspruch nehmen könne. Wenn mehrere Personen einen Kreditauftrag erteilen, haften sie als Gesamtschuldner mit der actio mandati contraria, auch wenn die solidarische Haftung nicht vereinbart war90 • Die Frage geht folglich dahin, ob diese solidarische Haftung auch dann eintritt, wenn der Auftraggeber von mehreren Personen beerbt wird; ob also die solidarische Haftung nur durch gemeinsame Erteilung des Kreditauftrags begründet wird (die hier nicht vorliegt) oder lediglich voraussetzt, daß mehrere Personen aus einem Auftrag haften. Mit dem quia-Satz der quaestio soll keine Begründung für die solidarische Haftung gegeben werden. Der Ausfall eines Schuldners kann kein Grund für die Annahme einer solidarischen Haftung sein. wohl aber ein Grund, nach ihr zu fragen. Wenn ein Mitschuldner ausfällt, ist es von Interesse, wer das Risiko seines Ausfalls trägt: die übrigen Schuldner oder der Gläubiger. Marcellus entscheidet gegen eine Solidarhaftung, also zugunsten der Mitschuldner und zulasten des Gläubigers. Er behandelt demnach die actio mandati contraria wie jede andere teilbare Verbindlichkeit. Im Erbfall wird sie unter mehreren Miterben ipso iure geteilt91 • Dieses Ergebnis ist einleuchtend. Der Erblasser hat den Kreditauftrag gegeben; er allein haftete aus dem Auftrag, und als er starb, verteilte sich diese Haftung ipso iure auf seine Erben. Es lag kein Grund vor, von der allgemeinen Regelung abzuweichen92 •

89 Nach dem Wortlaut des Textes könnte die pro pane erloschene Klage auch die actio mandali contraria des Lucius Titius gegen Seius gemeint sein; dann läge ein Fall der echten Konfusion vor. Indessen ist die aclio mandali contraria des Septicius aus dem Mandat des verstorbenen Lucius Titius gemeint. Andernfalls wäre der Zusatz debilorem Septicii mißverständlich; außerdem ist von einem Auftrag des Seius an Lucius Titius nicht die Rede, und eine acrio mandali contraria des Lucius Titius gegen Seius wäre vor dem Erbfall nicht verfallen. 90 Paul (4 resp) D 17.1.59.3: Paulus respondil unum ex mandatoribus in solidum eligi posse, eliamsi non sil concessum in mandatum; vgl. dazu Frezza I 224 ff. 91 Kaser RP I§ 181 II (733). 92 Dem steht auch nicht Paul D 17.1.59.3 entgegen: nach dessen Wortlaut ist eine ausdrückliche Vereinbarung über die Teilung der Haftung zulässig.

110

§ 9. Exkurs: Die unechte Bürgschaftskonfusion

Der Text ist in sich konsequent und die quaestio hat einen verständigen Anlaß. Auch sprachliche Mängel sind nicht ersichtlich93 . Wenn aber der Text echt ist, hat Marcellus94 hier von confundere gesprochen.

3. Das dritte Fragment, in dem die unechte Bürgschaftskonfusion als confusio bezeichnet wird, stammt aus dem liber singularis quaestionum publice tractatarum des Scaevola, der für vollkommen nachklassisch bearbeitet gehalten wird95 .

Scaev (lib sing quaest publ tract) D 46.3.93.2, 3: Sed [et] 96 si reus heredem fideiussorem scripserit, confunditur obligatio et quasi generale quid retinendum est, ut, ubi ei obligationi, quae sequellae locum optinet, principalis accedit, confusa sit obligatio: quotiens duae sint principales altera alteri potius adicitur ad actionem, quam confusionem parere. Quid ergo, si fideiussor reum heredem scripserit? confundetur obligatio secundum Sabini sententiam. licet Proculus dissentiat97 .

Scaevola stellt fest, daß die Bürgschaft durch Konfusion erlischt, we1m der Bürge den Schuldner beerbt, und im großen ganzen sei daran festzuhalten, daß die Nebenverpflichtung durch Konfusion erlischt, wenn die Hauptschuld hinzukommt. Anders bei der Gesamtschuld; hier finde keine Konfusion statt, wenn der eine Gesamtschuldner den anderen beerbt; vielmehr würde die eine Verbindlichkeit der anderen hinzugefügt. Für den Fall, daß der Schuldner den Bürgen beerbt, seien Sabinus und Proculus verschiedener Meinung gewesen: nach Sabinus soll die Forderung erlöschen, nach Proculus nicht98. Der Text von § 2 hat viele Mängel: er ist offensichtlich fehlerhaft und der gedankliche Aufbau ist nicht in Ordnung99 • Nach Johnston sind Ausdrucks93 Nachklassisch könnte allenfalls das zweite pro tertia parte sein: sonst wäre die quaestio in sich widersprüchlich. Wenn gefragt wird. ob die Erben in soli®m haften, kann die actio gegen Seius nicht pro parte durch Konfusion erlöschen, da dann auch Seius in solidJJm haften würde. Es fallt auf, daß pro tertia parte kurz hintereinander wiederholt wird. 94 Das Fragment paßt auch in das Schema der überlieferten Responsenfragmente: Dort (Lenel Pal 277 - 292) wird nur in einem Fragment (Pal 284 § I) die Anfrage begründet. 95 Vgl. dazu eingehend Johnston (o. 9) 91 ff. 96 Das et der F ist falsch, aber konsequent; vgl. dazu Johnston 66 191 ; Krokisius (o. 2) 14 f. 97 Dazu: Krokisius (o. 2 ) 12 ff, 20 ff.; Beseler, SZ 44 (1924) 360; Wesenberg , Zusammenfall (1935) 7 ff.. 16; Solazzi, estinz. (1935) 302; Cugia, corso (1943) 133 f.; Betti. SD 28 (1962) 23 f.; Johnston (o. 9) 65 ff.; 80 ff.; Honore, SZ 107 (1990) 621. 98 Vgl. dazu o. II 3.

99 Johnston 69 f. verzeichnet folgende Mängel: grammatikalische Inkorrektheilen bei potius

- quam; quasi generale quid sei uninformativ; quam conjusione schliesse an den vorangehenden Satz nicht an. Ebenso Beseler 360, Solazzi 302, Cugia 134; Wesenberg 16: ab et quasi interpoliert.

IV. Die Bezeichnung der unechten Bürgschaftskonfusion als confusio

II!

weise und Inhalt von den Juliantexten D 45.2.13 und D 46.1.5 abhängig 100 ; deshalb hält er den Scaevola-Text für einen nachklassischen Auszug aus Julian101 . Möglicherweise hat der nachklassische Bearbeiter im Juliantext die Bezeichnung der unechten Bürgschaftskonfusion als conjusio vorgefunden, auch wenn sie in einem Julianfragment nicht überliefert ist102 . Dennoch war diese Bezeichnung wohl nur in der hochklassischen Zeit üblich; in der spätund nachklassischen Zeit103 wird sie nicht mehr verwendet. 4. Wir können also feststellen, daß die unechte Bürgschaftskonfusion nur in der hochklassischen Zeit als confusio bezeichnet wurde 104. Über die gemeinsame Bezeichnung hinaus gab es allerdings für die klassischen Juristen keine Gemeinsamkeiten zwischen der eigentlichen Konfusion und der unechten Bürgschaftskonfusion. Deshalb verbietet es sich. Rückschlüsse von der unechten Bürgschaftskonfusion auf die eigentliche Konfusion zu ziehen. wie es in der modernen Romanistik immer wieder geschehen ist105 •

100 Aaü. 70; dazu o. I 2.

tot Aaü. 82; ebenso Honore 621. I02o 46.1.14; Bericht von Ulpian in D 46.1.5, von Afrikan in D 46.3.38.5; die Be-

zeichnung in D 46.1.21.4 ist nachklassisch (vgl. o. 1).

103 Vgl. für die nachklassische Zeit z.B. Diocl et Max 294/305 C 8.41.24. 104 z ur weiteren Entwicklung des Begriffes con.fusio vgl. u. § 17 V.

tosvgi. o . I I.

3. Kapitel

Erbrechtliche Sonderfragen § 10. Die Verhinderung der Konfusion im Erbrecht Ein zwischen dem Erben und Erblasser bestehendes Recht erlosch durch Konfusion, wenn der Erbe die Erbschaft erwarb. Fand dieser Erwerb aber nicht statt, so konnte das Recht auch nicht durch Konfusion erlöschen. Das klassische römische Recht kannte außerdem Fälle, in denen die Wirkungen des Erbschaftserwerbs rückwirkend beseitigt wurden, so etwa bei der possessio bonorum contra tabulas; in diesen Fällen beseitigte die römische Jurisprudenz auch die Wirkungen der Konfusion. Die folgende Untersuchung wird zeigen, daß diese Grundsätze von den Juristen konsequent angewendet wurden. I. Die tatsächliche Verhinderung der Konfusion Wollte ein testamentarisch Bedachter verhindern, daß ein Recht durch Konfusion erlischt. so mußte! er den Erwerb der Erbschaft verhindern. Je nachdem ob er extraneus oder suus war. mußte der Bedachte auf verschiedene Weise vorgehen. 1. War der Erbe extraneus, dann unterließ er den Antritt der Erbschaft oder schlug die Erbschaft aus 1 • Die Rechte, die zwischen ihm und dem Erblasser bestanden, erloschen dann nicht durch Konfusion. Es ist zwar kein Fragment überliefert. in dem dies ausdrücklich festgestellt wird. Überliefert ist jedoch ein Fragment, in dem Pomponius die Auswirkungen der Nichtannahme eines Legats auf die Konfusion behandelt: Pomp (6 ad Sab) D 30.38.1 Si Iegatum nobis relictum constituerimus nolle ad nos pertinere, pro eo erit, quasi nec 1egatum quidem sit: et ideo dicimus nec confusas servitutes, si forte praedium mihi legatum praedio meo debuerit servitutes, et integra furti actio rnanebit, si servus Iegatus sit ei, cuius nomine furti agere poterit Iegatarius.

1 Gai II 169; Ulp Reg 22.29.

I. Die tatsächliche Verhinderung der Konfusion

113

Will der Legatar das Vermachte nicht erwerben, so ist er nach Pomponius so anzusehen. als ob ihm nichts vermacht worden sei: diente das vermachte Grundstück einem Grundstück des Legatars, so erlösche die Dienstbarkeit nicht durch Konfusion, wenn er das Legat nicht erwerben will. Ebenso behält er die actio noxalis. wenn er den vermachten Sklaven, der ihn zuvor bestohlen hat. nicht erwerben will. Durch die Annahme des Legats wäre sowohl die Dienstbarkeit2 als auch die

actio noxalis3 erloschen. Nimmt der Legatar das Legat nicht an, bleiben die Rechte bestehen.

2. War der Erbe suus heres, so bestand zwischen ihm und dem Erblasser nur eine naturalis obligatio. Die Konfusion dieser Forderung konnte er nicht durch Ausschlagung der Erbschaft verhindern. denn zur Ausschlagung war er nicht berechtigf; er konnte sich aber der Erbschaft enthalten5 . In diesem Fall bleibt er nach ius civile Erbe6 und das durch Konfusion erloschene Recht bleibt erloschen. Obwohl keine Entscheidung überliefert ist. nach der die durch Konfusion erloschenen Rechte zwischen dem suus heres und dem Erwerber der Erbschaft wiederbegründet werden, kann man vermuten, daß diese Rechte mit prätorisehen Mitteln wiederbegründet wurde; denn der Erbe. der sich der Erbschaft enthielt, wurde vom Prätor so gestellt, als sei er nicht Erbe geworden7 • Wir halten also fest: ein extraneus heres konnte das Erlöschen eines Rechts durch Konfusion ohne weiteres dadurch verhindern, daß er die Erbschaft nicht annahm. Der suus heres erzielte die gleiche Wirkung, indem er sich mit prätorischer Hilfe der Erbschaft enthielt.

2 Vgl. o. § 2 I. 3 Vgl. o. § 7 1: Pomponius folgt der sabinianischen Ansicht. 4 Gai II 157. 5 Er hatte das sogenannte benejicium abstinendi; vgl. Gai II 158, 160, 163. 6 Gai (23 ad ed prov) D 29.2.57pr.: .. quamvis creditoribus hereditariis iure civili teneantur, tarnen in eos actio non detur (sc. proconsul) si velint derelinquere hereditatem. Vgl. Voci, DER I 579. 7 lul (36 dig) D 30.89; vgl. auch Paul (17 ad ed) D 11.1.12pr.: quia hunc qui abstinuil praetor non habel heredis loco. Nach Lenel, EP 418 lautete die fiktivische Formel: .. perinde ac si suus heres non esset. Dazu Voci, DER I 578 tT. (insbes. 580). Wie hier im Ergebnis Mühlenbruch, Glück Bd. 42 (1841) 358 tT., der allerdings D 29.2.87.1 als Begründung heranzieht. ohne daß dort von einem suus die Rede ist. 8 Kieß

114

§ 10. Die Verhinderung der Konfusion im Erbrecht

II. Die Beseitigung der Wirkungen des Erbschaftserwerbs

Erwarb der Erbe die Erbschaft endgültig, so wirkte die Konfusion auf Dauer. Für zwei Fälle ist jedoch überliefert, daß der Erbe mit prätorischer Hilfe die durch Konfusion erloschenen Rechte wiederbegründen konnte: im einen Fall tritt ein minderjähriger Erbe eine überschuldete Erbschaft an, der andere Fall betrifft einen mit Freilassung zum Erben eingesetzten Sklaven. I. Ulp (12 resp) D 29.2.87.1 Pupillis, quos placuit oneribus hereditariis esse liberandos, confusas actiones restitui oportet8 .

Ein Minderjähriger erwirbt eine überschuldete Erbschaft. Wird er von dieser Erbschaft wieder befreit, so sind ihm nach Ulpian die durch Konfusion erloschenen Forderungen wiederzubegründen. Einem Minderjährigen wurde die restitutio in integrum gewährt, wenn er übervorteilt worden war9 • Im Rahmen der restitutio in integrum wurden auch durch Konfusion erloschene Rechte wiederbegründet, wenn der minderjährige Erbe eine überschuldete Erbschaft angetreten hatte. Durch die restitutio in integrum wurden der Antritt der Erbschaft selbst und damit auch die Folgen des Antritts rückgängig gemacht: der Minderjährige wurde so gestellt, wie wenn er die Erbschaft nicht angetreten hätte 10 • 2. Sklaven, die cum libertate zum Erben eingesetzt wurden, konnten sich der überschuldeten Erbschaft nicht enthalten 11 ; sie konnten jedoch die separatio bonorum beantragen12 . Die Folgerungen für Rechte, die durch Konfusion erloschen sind, wurden in einem Ulpian-Fragment behandelt; das Fragment ist aber an der entscheidenden Stelle bearbeitet:

8 Dazu: Cujaz (Pap 10 resp) IV 1265; Mühlenbruch, Glück Bd. 42 (1841) 358 ff.; Levy, SZ 68 (1951) 365; Daube, SZ 74 (1957) 314 f. 9 Kaser RP I § 60 I 2 (248), § 181 III (733 f.). 10 Vgl. zu der Diskussion, ob eine prätorisehe Wiederbegründung notwendig war einerseits Cujaz 1265 (ipso iure); andererseits Mühlenbruch 359 f.; Daube 314; Levy 365 (richterlicher Akt). 11 Vgl. I 2.14.1.

12 Dazu Ankum, St. Grosso II (1968) 563 ff.: insbes. zur Kontroverse zwischen Solazzi und Guarino über den klassischen Ursprung dieses Instituts. Dieses läßt sich nicht zuletzt aus Gai II 155 herleiten; so auch Kaser RP I§ 181 111 2 (734); Voci, DER I 676; Kunkel/Honsell § 178 III 2 (482). Vgl. zu dieser Frage zuletzt eingehend Wiechmann, Die separatio bonorum im klassischen römischen Recht (1992).

m. Die Aufhebung der Wirkung der Konfusion durch Dritte

115

Ulp (64 ad ed) D 42.6.1.18 ltem sciendum est necessarium heredem servum cum 1ibertate institutum impetrare posse separationem, scilicet ut, si non attigerit bona patroni, in ea causa sit, ut ei quidquid postea adquisierit separetur [: sed et si quid a testatore debetur)1 3.

Nach Ulpian kann der als 'notwendiger Erbe' eingesetzte und freigelassene Sklave die separatio bonorum erlangen, wenn er sich nicht in die Erbschaft eingemischt hat. Von der Vollstreckung in die überschuldete Erbschaft werden zwei Dinge ausgenommen: was er nach dem Tod des Erblassers erwirbt14 und was ihm der Erblasser schuldete. Der Text ist nur bis separetur klassisch 1S, der Schluß ist in nachklassischer Zeit hinzugefügt16 : die Berücksichtigung der durch Konfusion erloschenen Forderungen würde dem widersprechen, was Ulpian kurz zuvor festgestellt hat: der Sklave darf nur trennen, was er nach dem Tod des Erblassers erworben hat, nicht also ein peculium, das vor dem Erbfall bestand. In dieses peculium gehörte aber die durch Konfusion erloschene Forderung gegen den Erblasser. Eine bevorzugte Behandlung dieser Forderung gegenüber Naturalobligationen, die der Sklave Dritten gegenüber hatte, ist aber nicht gerechtfertigt17. 3. Nur dem Minderjährigen gewährte der Prätor die durch Konfusion erloschenen Rechte mit der restitutio in integrum wieder, wenn der Minderjährige eine überschuldete Erbschaft angetreten hatte.

Iß. Die Aufbebung der Wirkung der Konfusion durch Dritte Die Wirkung der Konfusion wurde aufgehoben, wenn das Testament und damit der Antritt der Erbschaft hinfa.Ilig wurde. Durch Dritte konnte das Testament auf zwei Wegen zu Fall gebracht werden: durch possessio bonorum contratabulas oder durch querella inofficiosi testamenti. 13 Dazu: Sola-u.i, DER II (1933) 251 f.; ders., II concorso dei Creditori nel Diritto Romano IV (1943) 70 f., 81; Guarino, SZ 60 (1940) 223 ff.; ders·. SD 10 (1944) 254; Fadda, Concetti II (1949) 361 Voci, DER I (1967) 676 zu 37 ; Ankum, St. Grosso II (1968) 568. 576 ff. ; Wiechmann (o. 1 ) 75 ff. 14 Vgl. auch Gai 11155. !5 Anders Guarino, SZ 60 (1940) 223 f. und SD 10 (1944) 254 und Solazzi DER 11251 und concorso IV 71. 81: § 18 sei vollständig interpoliert. wie sich aus seiner Stellung in D 42. 6.1 ergebe. Dagegen überzeugend Ankum 576 f. 16 Vgl. den Index intp.: Guarino 223, Ankum 576 f. 17 Nicht überzeugend Wiechmann 78 f.: Ulpian behandle die vom Sklaven ausgelegten Begräbniskosten, die dieser vorrangig verlangen dürfe. Dafür gibt es zum einen im Text überhaupt keinen Anhaltspunkt, zum anderen schuldete niemals der Testator selbst diesen Betrag; der Text lautet aber a tesrarore debetur.

ff.i

116

§ 10. Die Verhinderung der Konfusion im Erbrecht

1. Bei der bonorum possessio contra tabulas ist zu unterscheiden: war das gesamte Testament hinfällig18 • war auch der die Konfusion auslösende Tatbestand hinfällig. Fand nur eine An- und Abwachsung statt 19, wurde die Konfusion entsprechend den Quoten aufgehoben. Dies wird deutlich in einem Fall, in dem ein Nießbrauch durch Konfusion erloschen ist. Iav (3 epist) D 38.2.35 A liberto suo berede Seio usum fructum fundi Maevio legavit: is libertus Maevio berede re1icto decessit: quaero, cum contra tabulas testamenti petierit tilius Seii adversus Maevium, utrum deducto usu fructu pars debita ei fundi restituenda sit an solida, quia eorum bonorum acceperit possessionem, quae 1iberti cum moreretur fuerunt. respondit: usum fructum in causam pristinam restituendum puto. optimum itaque erit arbitrum postulare, ut arbitrio eius usus fructus in integrum restituatur20.

Seius setzt einen von ihm freigelassenen Sklaven zum Erben ein und vermacht gleichzeitig Maevius durch Damnationslegat21 den Nießbrauch an einem Grundstück. Der Erbfall tritt ein, und der Freigelassene erfüllt das Legat. Als er später auch stirbt, hinterläßt er den Nießbraucher Maevius als Erben. Weil er dabei den Sohn seines Patrons überging, beantragt dieser gegen Maevius die bonorum possesio contra tabulas. Die Frage, ob Maevius den Nießbrauch an dem Grundstücksanteil, den er dem Sohn herauszugeben hat, zurückbehalten darf oder nicht, entscheidet Javolen zugmiSten von Maevius: der Nießbrauch sei in seinem alten Zustand wiederherzustellen; gleichzeitig empfiehlt er den Parteien dafür einen arbiter heranzuziehen. Dem Sohn des verstorbenen Patrons22 stand das Erbrecht an der Hälfte23 der Erbschaft des Freigelassenen zu. Da er übergangen wurde, konnte er die bonorum possessio contra tabulas mit dem interdieturn quorum bonorum geltend machen24 . Als Maevius die Erbschaft erwarb, erlosch der Nießbrauch durch Konfusion. Bei der Herausgabe des Grundstücksanteils an den Sohn des 18 Wenn der gewaltunterworfene Sohn übergangen wurde; vgl. Gai II 123.

19

Wenn andere liberi übergangen wurden, oder das Pflichtteilsrecht des Patrons mißachtet wurde; vgl. Gai U 124; Kaser RP I§ 172 U (708). 20 Dazu: Krerschmar, Konfusion (1899) 206 f.; Beseler I1I (1913) 109 f~ Levy, SZ 36 (1915) 16 5; ders., SZ 68 (1951) 361 4 , 423 ff.; Daube, SZ 74 (1957) 314 .5 ; Kupisch, In intergrum restitutio und vindicatio utilis (1974) 98 zu 168 ; Kaser, SZ 94 (1977) 104; EckardJ, Iavoleni epistulae (1978) 33 ff.; Misera, SZ 98 (1981) 458, 468 41. 21 Darauf deutet die Verwendung von a libeno suo .. legavil hin; vgl. Heumann-Seckel, s.v. a, Nr. 3. 22 Gai III 45 f. 23 Weil Justinian den 'Pflichtteil' von der Hälfte auf ein Drittel reduzierte (vgl. I 3.7.3), ersetzten die Kompilatorenpars dimidia durch gars debila , die allgemeinere Umschreibung, die beide Fälle abdeckte; vgl. dazu EckardJ 33 u. 1. 24 Ulp D 43.2.1; zumganzen KaserRP I§ 172 II (708 f.) und§ 182 II (740).

lll. Die Aufhebung der Wirkung der Konfusion durch Dritte

117

Seius stellte sich die Frage, ob Maevius ihm den Anteil unbelastet, wie er bei ihm bestand, verschaffen müßte oder ob er sich den Nießbrauch vorbehalten und damit den Zustand, wie er vor dem Erbfall bestand, wiederherstellen könnte. Nach der ersten Alternative würde der Sohn des Patrons mehr erhalten, als ihm der Freigelassene selbst hätte hinterlassen können, weil er mit dem unbelasteten Anteil am Grundstück auch das uti frui erhielte. Deshalb entscheidet Javolen, daß der Nießbrauch wiederherzustellen sei, und rät den Parteien für diese Regelung einen arbiter heranzuziehen. Das quia - fuerunt scheint nicht zur Frage zu passen, weil es sich inhaltlich auf restituenda sit bezieht, im Text aber auf an solida folgt25 • Javolen wollte jedoch mit dem quia nicht eine der beiden Alternativen begründen, sondern das Problem des Falles insgesamt beleuchten26 : der Wortlaut des interdieturn quorum bonorum läßt bei der Restitution keine Einschränkungen zu: quod de his bonis .. possides .. id illi restituas. Javolen erläutert, warum im vorliegenden Fall ausnahmsweise an eine Restitution gedacht werden kann, bei der der berechtigte Sohn mit dem Interdikt weniger erhält, als dem Verpflichteten Maevius zusteht. Javolen leitet seine Antwort mit respondit ein, auf das der Indikativ puto21 und erit folgt28 . Den Ratschlag Javolens (optimum .. ) halten Beseler29 und Levy30 für interpoliert. Ihre Kritik ist aber nicht überzeugend: Javolen gibt hier einen Ratschlag, der über die Rechtsfrage hinausgeht31 , indem er darauf hinweist, 25 Schon Kretschmar 206 ff. hat überzeugend die Ansicht widerlegt, daß quia auf die zweite Alternative zu beziehen sei. Man könnte jedoch vermuten, daß quia als Begründung zur nachfolgenden Antwort gehört (so wohl Eckardt 60). Das ist aber abzulehnen, weil zum einen eine 'vorausgeschickte' Begründung beim Formenreichtum in den epistulae nicht überliefert ist. zum anderen sich der Konj. Perf. acceperit nur auf quaero, nicht aber auf respondit beziehen kann. 26 Die Darstellung ist etwas ungeschickt, kann aber damit begründet werden, daß das quaero von der Frage durch zwei Gedanken getrennt wäre, hätte man das quia vor das utrum gezogen. Dann war es sicher geschickter, vor die eigentliche Frage nur die Sachverhaltsergänzung zu stellen und erst anschließend die Motivation für den Fall. 27 Nicht überzeugend Misera 468 41 . der wegen des puto einen Widerspruch zu lul D 7.4.17 (dazu o. §I II I a) erkennen will: in D 7.4.17 erfolgt die Konfusion durch Rechtsgeschäft unter Lebenden, hier aufgrund Erbfalls. Es ist jedoch anzunehmen, daß Javolen nur seine eigene Ansicht deutlich machen will; vgl. dazu Eckardt 59. 28 Ein Indikativ, der auf respondit folgt, ist bei Javolen häufig; vgl. (2 epist) D 8.5.12; (5 epist) D 27.5.3; (2 epist) D 45.1.105. 29 111 I 09 f. : Die Übertragung einer pars jundi derraclo usu fruclu sei ein einfacher Rechtsakt. der keinen arbiter notwendig macht. 30 SZ 68, 361 zu 4 und SZ 36, 16 5 : Die Verwendung von reslitulio in integrum wird bei den Klassikern auf eine richterliche Anordnung beschränkt, während hier der Nießbrauch durch die Parteien wiederhergestellt werden soll; am Anfang des Textes war in der Tat nur von in causam pristinam resliluere die Rede. 31 Dies ist bei ihm durchaus üblich, vgl. Eckardt 35 u. 71. Insofern ~eht die Kritik Beselers ins Leere. Zur weiteren Textkritik Beselers vgl. überzeugend Eckardt 34 3.

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§ 10. Die Verhinderung der Konfusion im Erbrecht

daß bei einem Interdiktenverfahren ein arbiter vorteilhaft wäre, der alle Fragen im Zusammenhang mit der bonorum possessio contra tabukls entscheiden kölUlte. WelUl dieser arbiter die Wiederbegrundung des Nießbrauchs veranlaßt, ist der Hinweis auf eine richterliche restitutio in integrum zwar untechnisch, aber keineswegs verfehlt32 • Javolen leugnet nicht, daß der Nießbrauch durch Konfusion erlischt, als Maevius das Grundstück erwirbt; er verpflichtet jedoch die Parteien, die Wirkung der Konfusion aufzuheben, indem sie den Nießbrauch neu begrunden. 2. Der andere Weg war die querella inofficiosi testamenti: durch sie wurde der Zustand hergestellt, der bestünde, welUl der Berufene nicht Erbe geworden wäre; der Nichtantritt und damit das Ausbleiben der Konfusion wurde fingiert. Ausdrucklieh wird dies festgestellt in Paul (3 resp) D 5.2.21.2: !dem respondit, evicta hereditate per inofficiosi querellam ab eo qui heres institutus esset, perinde omnia observari oportere. ac si hereditas adita non fuisset. et ideo et petitionem integram debiti heredi institutuo adversus eum qui superavit competere et compensationem debiti 33 .

Bei der querelkl inofficiosi testamenti beruht die Aufhebung der Wirkung der Konfusion auf der Fiktion des Nichterwerbs der Erbschaft. Paulus bestreitet also nicht, daß die Konfusion eingetreten ist; er stellt aber die Beteiligten so, als hätte der Erbe die Erbschaft nie erworben, so daß die Konfusion nie eingetreten wäre. Dies ist auch die Erklärung von Pap (7 resp) D 7.1.57pr.: Dominus fructuario praedium, (quod ei per usum fructum serviebat], legavit, idque praedium aliquamdiu possessum Iegatanus restituere filio, qui causam inofficiosi testamenti recte pertulerat. coactus est: (mansisse fructus ius integrum ex post facto apparuit) 34•

Dem Nießbraucher ist das Grundstück vermacht worden, an dem er den Nießbrauch hatte. Der Sohn des Erblassers hat das Testament mit der querekl inofficiosi testamenti erfolgreich angegriffen35 • Infolgedessen mußte der Legatar das Grundstück dem Sohn herausgeben. Nach Papinian hat der Nießbrauch unverändert fortbestanden.

32 So ebenfalls Eckardl34 f., Kupisch 98 zu 168 , Kaser 104. 33 Vgl. auch Diocl et Max 294/300 C 3.28.22: ... quod si iam obtinuit vel postea vincal quodcumque maritus monis suae Iernpore debuisse tibi probetur, id ab ea reddi oponet. 34 Dazu: Bund. SZ 73 (1956) 202; Longo, Bull. II (1898) 311; Pampaloni, Bull. 22 (1910) 133; Daube, SZ 74 (1957) 313 f. 35 Zum Verfahren vgl. KaserRP I§ 173 I 1 (710).

UI. Die Aufhebung der Wirlrung der Konfusion durch Dritte

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Mit dem Erwerb des Legats war der Nießbrauch durch Konfusion erloschen. Durch die erfolgreiche querela inoffciosi testamenti des Sohnes wurde das Testament nach ius civile vernichtet, alle zivilrechtliehen Verfügungen des Erblassers wurden als von Anfang an als nichtig betrachtet36 . Ohne das Testament hätte der Nießbraucher das Eigentum nicht erworben, wäre der Nießbrauch nicht erloschen37 . Folgerichtig entscheidet Papinian, daß der Nießbrauch fortbestand; aufgrund der erfolgreichen querella inofficiosi testamenti habe sich im nachhinein herausgestellt (ex post jacto apparuit), daß der Nießbrauch nicht erloschen sei. Die Konfusion wird mithin als ungeschehen fingiert. Der Text wählt also eine andere Darstellung der rückwirkenden Fiktion der querella inofficiosi testamenti als wir sie bei Paulus finden. Der Text ist allerdings bearbeitet. Auf jeden Fall ist das quod ei per usum jructum serviebat nachklassisch 38 • Ebenso wie servire deutet die Verwendung von ius fructus 39 und praediwrf0 darauf hin, daß der Bearbeiter den Nieß-

brauch den Dienstbarkeilen zuordnete. Diese Zuordnung kam erst in nachklassischer Zeit au~ 1 • Die Entscheidung Papinians wäre allerdings bei einer Dienstbarkeit nicht anders ausgefallen. Darum läßt sich nicht mehr ausmachen, von welchem Rechtsinstitut der klassische Text handelte42 . Es ist also nicht anzunehmen, daß es Papinian war. der ex post das Erlöschen des Nießbrauchs leugnete.

36 Vgl. Ulp D 5.2.8. 16.

37 So auch Daube 313 f. 38 So Bund 202. der eine justinianische Interpolation überzeugend ablehnt; ebenso Pampaloni !33. Longo 311. Daube 313. Servire kommt im Zusammenhang mit dem Nießbrauch nur an dieser Stelle vor. vgl. VIR V 375. 39 Nur hier. vgl. VIR II 940. Typisch bei Dienstbarkeilen ist ius eundi, ius aquae ducendi usw.: vgl. Bund. SZ 73 (1956) 161. 40 Nach VIR IV I 1026 von Papinian nie im Zusammenhang mit dem Nießbrauch verwandt: selten aber auch von anderen Juristen: In Pomp D 7.8.6.1 und Ulp D 7. 1.13.4 (voluprarium praedium?) scheint ein bestimmtes. individualisienes Grundstück gemeint zu sein. Gai D 7.1.3pr. verwendet zwar zunächst den Begriff praedium, im weiteren Fragment wieder den Begriff fundus: Pomp D 7.1.32 verwendet praedium im Gegensatz zu persona: in Marci D 7.1.41 ist von der utilitas die Rede, was auf eine Dienstbarkeit hindeutet. 41 Bund, SZ 73 (1956) 209 ff. 42 Das Fragment stammt aus einem Buch de legatis, vgl. Lenel Pa! 568 ff.; dies würde eher filr einen Nießbrauch sprechen, der nämlich normalerweise durch Legat bestellt wurde, während die Dienstbarkeit meist durch Rechtsgeschäft unter Lebenden eingeräumt wurde; vgl. Kaser RP I§ 105 IV I a (443 f.).

120

§ 10. Die Verhinderung der Konfusion im Erbrecht

IV. Die separatio bonorum bei Insolvenz des Erben 1. Mußte ein Gläubiger des Erblassers befürchten, daß der Erbe insolvent sei, so konnte er vom Erben Sicherheitsleistung verlangen43 ; war der Konkurs über das Vermögen des Erben schon eröffnet, konnte der Gläubiger die separatio bonorum beantragen44 . War der Erbe vor dem Antritt der Erbschaft Gläubiger des Erblassers, so erlosch die Forderung durch Konfusion. Durch die separatio bonorum wurde nur für die Gläubiger das Vermögen des Erben vom Vermögen des Erblassers getrennt; der Erbschaftserwerb wurde aber nicht in Frage gestellt, so daß die durch Konfusion erloschenen Rechte nicht wiederbegründet wurden. Deshalb konnte der Erbe selbst in diesem Fall die separatio bonorum nicht beantragen45 . 2. Papinian gewährt einem Gläubiger die separatio bonorum, obwohl dessen Forderung gegen den Erblasser durch unechte Bürgschaftskonfusion46 erlosch. Da es sich um ein Erlöschen durch die unechte Bürgschaftskonfusion handelt, verbieten sich jedoch Rückschlüsse auf die eigentliche Konfusion. Pap (27 quaest) D 42.6.3pr. Debitor fideiussori heres extitit eiusque bona venierunt: quamvis obligatio fideiussionis extincta sit. nihilo minus separatio impetrabitur petente eo. cui fideiussor fuerat obligatus. sive solus sit hereditarius creditor sive plures. neque enim ratio iuris. quae causam fideiussionis propter principalem obligationem. quae maior fuit. exclusit. damno debet adficere creditorem. qui sibi diligenter prospexerat47 .

Der Hauptschuldner beerbt seinen Bürgen: danach wird über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffnet. Obwohl die Bürgschaftsforderung durch den Erbfall erlosch, gewährt Papinian dem Gläubiger im Konkurs des Erben die separatio bonorum. gleich ob er der einzige Gläubiger des Erblassers sei oder einer von mehreren. Denn ein Gläubiger, der sich gewissenhaft vorgesehen habe, dürfe nicht duch die ratio iuris der unechten Bürgschaftskonfusion geschädigt werden.

43 Kaser RP I§ 181 II1 2 (734).

44 Dazu zuletzt eingehend Wiechmann. Die separatio bonorum im klassischen römischen Recht (1992). 45 Vgl. auch Wiechmann 53. Ob dem Erben oder dessen bonorum emptor eine actio utilis gewährt wurde. wenn ein anderer Gläubiger die separatio bonorum beantragte, ist in den Quellen nicht entschieden. Kretschmar. Konfusion (1899) 198 f. lehnt dies ab. 46 Vgl. dazu o. § 9. 47 Dazu: Kretschmar, Konfusion (1899) 28, 82; Beseler, SZ 47 (1927) 53; Wesenberg , Zusammenfall (1935) 8 ff.; Solaui, estinz. (1935) 305 ff.; Ghiontkl, Rassenga bibliografica delle scienze giuridiche, I 0 (1935) 47; Cugia, corso (1943) 208 ff.; Wiechmann (o. 44 ) 53 ff.

IV. Die separatio bonorum bei Insolvenz des Erben

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Als der Schuldner den Bürgen beerbte, erlosch die Bürgschaftsforderung48 ; der Gläubiger war nur noch Gläubiger des Erben: er verlor eigentlich dadurch das Recht, die separatio bonorum zu beantragen und auf das Vermögen des Erblassers zuzugreifen. Dennoch gewährt Papinian ihm das Recht, die separatio bonorum zu beantragen. Seine Entscheidung basiert auf folgender Überlegung: Regelmäßig erlischt die Bürgschaftsforderung durch unechte Bürgschaftskonfusion, weil sie dem Gläubiger keinen Vorteil gewährt. In unserem Fall verliert der Gläubiger jedoch das Separationsrecht-49 • Papinian hätte deshalb daran denken können, wie in Pap D 46.3.95.3 die Bürgschaftsforderung bestehen zu lassen50 . Dies war jedoch nicht notwendig: der Prätor gewährte causa cognita die separatio bonorum51 ; dabei schloß er bestimmte Erben des Erblassers aus, während er andererseits auch in bestimmten Fällen die separatio bonorum denjenigen gewährte, die nicht mehr Gläubiger des Erblassers waren52 . Der Prätor war also in der Gewährung des Separationsrechts nicht streng gebunden. Offenbar lagen nach Papinian in unserem Fall genügend Gründe vor, den Gläubiger als Gläubiger des Erblassers zu fingieren und ihm die separatio bonorum zu gewähren53: so wollte sich der Gläubiger ursprünglich mit der Bürgschaft gerade für den Fall der Insolvenz des Schuldners absichern. Diese Sicherung hätte genau in dem Moment versagt, in dem sie akut geworden wäre. Der Prätor konnte also dem Gläubiger die separatio bonorum gewähren, ohne daß es notwendig wäre, die Bürgschaftsforderung fortbestehen zu lassen54 . Papinian hebt also nicht die Wirkungen der unechten Bürgschaftskonfusion auf.

48 Vgl. o. § 9 I; Papinian folgt also nicht der Lehre des Proculus. Er entschied ebenso in D 46.3. 95.3 und D 46.1.50. 49 Dennoch bleibt die Hauptforderung maior; anders Beseler 53; Wesenberg 25; vgl. auch 0. § 9 111. 50 So in der Tat Solau.i 305 f.: Papinian habe entschieden, daß die Bürgschaftsforderung nicht erlösche. Dagegen jedoch Cugia 211 und Wiechmann 54 (dort auch überzeugender Nachweis, daß sive solus .. plures von Papinian stammt). Wieder anders Girtanner, Die Bürgschaft nach gemeinem Civilrechte (1850/51) 494 f., der unseren Fall mit dem justinianischen benejicium inventarii zu erklären sucht (dort 189 auch weitere Literatur des usus modernus). 51 Wiechmann 9 ff.

52 Dazu Wiechmann 65 ff. 53 So auch Wiechmann 54; Ghionda 47. 54 So auch Krelschmar 82, Wesenberg 9, Cugia 209;

Wiechmann 56.

§ 11. Die Berechnung der Falzidischen Quart bei Konfusion

I. Grundsatz Nach der Lex Falcidia durfte der Erblasser durch Legate nur über drei Viertel der Erbschaft verfügen; belastete er auch das dem Erben zustehende Viertel, die sogenannte falzidische Quart, so wurden alle Legate verhältnismäßig gekürzt. Berechnet wurde die Quart regelmäßig von dem Wert, den die Erbschaft im Zeitpunkt des Erbfalls hatte 1• Bei der Berechnung des Wertes wurden Forderungen und Schulden des Erblassers natürlich berücksichtigt. Eine Forderung, die zwischen Erben und Erblasser bestand, erlosch durch Konfusion aber erst mit Erwerb der Erbschaft. War der Erbe ein extraneus, erwarb er den Nachlaß erst mit Antritt der Erbschaft; war er hingegen ein suus, erwarb er ihn mit dem Tod des Erblassers. Ob eine durch Konfusion erloschene Forderung bei der Berechnung der falzidischen Quart berücksichtigt, nämlich für den Wert der Erbschaft in Anschlag gebracht wurde 2 , ist deshalb für extraneus und suus getrennt zu untersuchen. 1. Ein extraneus erwarb die Erbschaft erst mit Antritt der Erbschaft3 • Im Zeitpunkt des Todes des Erblassers, der für die Berechnung der Quart entscheidend war, bestand folglich die Forderung zwischen ihm und dem Erblasser noch4 ; sie mußte daher bei der Berechnung der Quart berücksichtigt werden. a) Zunächst ist der Fall zu untersuchen, in dem der Erbe Gläubiger des Erblassers war. Kaiserliche Konstitutionen bestätigen, daß die Forderungen bei der Berechnung der Quart zu berücksichtigen sind:

1 Gai (18 ad ed prov) D 35.2.73pr.: In quantitate patrimonii exquirendß visum est monis tempus spectari; ebenso I 2.22.2. 2 Dazu insgesamt Cugia, corso 183 ff.; Kretschmar, Konfusion 132 ff.

3 Gai II 167. 4 Dem steht auch nicht entgegen, daß die klassischen Juristen den Erbschaftserwerb auf den Zeitpunkt des Todes des Erblassers zurückbezogen (vgl. Flor D 29.2.54); so auch Kretschmar 95; anders scheinbar Cugia 185, 187.

I. Grundsatz

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Alex 223 C 6.50.6pr. In ponenda ratione legis Falcidiae omne aes alienum deducitur, etiam quod ipsi heredi mortis tempore debitum fuerit, quamvis aditione hereditatis confusae sint actiones5.

Bei der Berechnung der Falzidischen Quart müssen alle Schulden des Erblassers abgezogen werden; dazu gehört auch das, was der Erblasser dem Erben selbst schuldete, obwohl diese Forderung bei Antritt der Erbschaft durch Konfusion erloschen ist. Im dem Zeitpunkt, in dem der Wert der Erbschaft und damit die Quart berechnet wird, besteht die Forderung des Erben gegen den Erblasser noch6 ; deshalb sagt Alexander: quod ipsi heredi mortis tempore debitum fuerit. Die Forderung des Erben wird also abgezogen. Dadurch verringert sich der Wert der Erbschaft und folglich auch die Quart des Erben. Dennoch steht sich der Erbe bei Berücksichtigung seiner Forderung besser: zwar verringert sich seine Quart um ein Viertel des Wertes seiner Forderung, dafür kommt ihm aber ihr Wert in voller Höhe zu.

Ein Rechenbeispiel mag dies verdeutlichen: Die Aktiva des Erblassers betragen 1.000, die Forderung des Erben 100. Berücksichtigt man diese durch Konfusion erloschene Forderung des Erben, dann ist der Wert der Erbschaft 900, die Quart folglich 225. Insgesamt bleiben dem Erben 325, weil er zusätzlich noch den Wert der Forderung behält?. Würde die Forderung dagegen nicht berücksichtigt, verblieben dem Erben 250. Der Erbe steht sich also bei Berücksichtigung der Forderung besser. Im Ergebnis wird er so gestellt, als habe der Erblasser die Forderung noch erfüllt. Nach Papinian kann der Erblasser vom Erben verlangen, daß dessen Forderung gegen den Erblasser bei der Berechnung der Quart nicht berücksichtigt wird:

' Vgl. auch Alex 233 C 6.50.8: lrritum quidem proplerea testamentumfralris tui esse non polest, quod ex causa fideicommissi obligatus fuit, ut, si sine liberis prior decederel, palemam tibi heredilatem redderet. Sed licet te heredem scripseril, in ponenda tarnen legalorum ratione, quibus te oneraturn esse suggeris, jideicommissum debitum aeris alieni loco deduci oponet, insuperque in residuo legis Falcidiae benejicium vindicabis. Der Bruder war als Erbeheres extraneus; er hatte gegen den Erblasser einen Anspruch aus dem Fideikommiß auf die Erbschaft des gemeinsamen Vaters. Bei der Berechnung der Quart muß dieser Anspruch vom Erbe abgezogen werden. 6 Anders Kretschmar. Konfusion 132: die Forderung werde nur fingiert. Kretschmar bemüht auch die erfüllungsgleiche Wirkung der Konfusion. Diese spielt hier aber keine Rolle, da die Forderung und deren Objekt denselben Wert haben. Wiederum anders Cugia, corso 187 ff.: die klassischen Juristen hätten nicht die Forderung selbst, sondern vielmehr die Befreiung der Erbschaft von der Verbindlichkeit berücksichtigt; so scheinbar auch Kaser, St. Sanfilippo II (1982) 259. Dafur geben die Texte aber keinen Anhaltspunkt. 7 Darauf verweist Alexander C 6.50.8 ausdrücklich: neben dem Fideikomtniß erhält der Bruder die Quart.

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§ II. Die Berechnung der Falzidischen Quart bei Konfusion

Pap (30 quaest) D 35.2.12 Si debitor creditore berede instituto petisset, ne in ratione legis Falcidiae ponenda creditum suum Iegatanis reputaret, sine dubio ratione doli mali exceptionis apud arbitrum Falcidiae defuncti voluntas servatur8.

Ein Schuldner setzt seinen Gläubiger zum Erben ein und bittet ihn gleichzeitig darum, bei der Berechnung der Quart seine Forderung gegen ihn, den Erblasser, nicht zu berücksichtigen. Nach Papinian muß der arbiter, der über die Quart entscheidet, dem Willen des Verstorbenen unter dem Gesichtspunkt der e.xceptio doli mali Rechnung tragen. Der Erblasser will den Legataren9 Legate zukommen lassen, deren Wert zusammengenommen mehr als drei Viertel des Wertes der Erbschaft ausmachen, wenn die Forderung des Erben berücksichtigt wird. Deshalb bittet er den Erben, seine Forderung bei der Berechnung der Quart nicht zu berücksichtigen: damit soll der Betrag erhöht werden, der für die Erfüllung der Legate zur Verfügung steht 10. Nach Papinian muß der arbiter, dessen Einsetzung in Erbschaftssachen durchaus häufig war 11 , diesen Willen des Erblassers berücksichtigen: er weist das Begehren des Erben auf eine höhere Quart ab, ratione doli mali e.xceptionis. Es handelt sich dabei nicht um eine technische e.xceptio, vielmehr nur um den Rechtsgedanken der e.xceptio doli mali 12 : von Rechts wegen müßte der arbiter die Forderung des Erben gegen den Erblasser berücksichtigen; wegen der Bitte des Erblassers unterläßt er dies. Der Erbe muß diese Entscheidung hinnehmen, weil ihn die Pietät verpflichtet, den Willen des Erblassers so weit als möglich zu respektieren 13 • Will er dies nicht, bleibt es ihm unbenommen, die Erbschaft nicht anzunehmen. Tritt er aber die Erbschaft an, dann erklärt er sich mit der Nichtberücksichtigung seiner Forderung einverstanden14. 8 Dazu: Cujaz (Pap 30 quaest) IV 790 ff.: Gustav Kretschmar, Giessener Fg. für von Jhering (1892) 30, 69 ff.; Dernburg, AcP 47 (1864) 297 f.; Vassalli, Bull. 26 (1913) 84 1; Steinwenter, RE 12, 2 (1925) 2349; Beseler, SZ 51 (1931) 61; ders. V (1931) 57; Wacke, Studien im römischen Recht. Max Kaser zum 65. Geburtstag (1973) 229 108. 9 Legatanis ist hier ein dativus commodi. 10 Beispiel: die Aktiva des Erblassers betragen 1.000, die Forderung des Erben gegen den Erblasser 100; außerdem hat der Erblasser Legate im Wert von 700 ausgesetzt. Wird die Forderung des Erben nicht berücksichtigt, erhalten die Legatare die Legate vollständig, bei Berücksichtigung der Forderung, müßte der Erbe die Legate nur in Höhe von 675 erfüllen. 11 Vgl. Kaser RZ § 8 I 2 (41 f.). Deshalb ist die Interpolationsannahme von Beseler, SZ 51, 61 und V 57 und Vassalli 84 1 unbegründet. 12 So auch Wacke 229 108, G. Kretschmar 71. 13 Ebenso Wacke 229 108. Einen ähnlichen Gedanken finden wir bei Mare D 39.5.20.1. 14 Ebenso Wacke 229 108, Demburg 298, G. Kretschmar 30, 70, Cujaz 791: compensandi animo debitor heredem scripsit.

I. Grundsatz

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Aus diesem Fragment ergeben sich zwei Dinge: Zum einen bestätigt Papinian indirekt den Grundsatz, daß die Forderung des Erben gegen den Erblasser, die durch Konfusion erlischt, bei der Berechnung der Quart in der Regel zu berücksichtigen ist; zum anderen weist er aber auch auf einen Weg hin, mit dem der Erblasser dies verhindem kann: es steht somit in der Macht des Erblassers, die Quart des Erben zu verringem 15 . b) Auch im umgekehrten Fall, in dem der Erblasser eine Forderung gegen den Erben hatte, wurde die Forderung bei der Berechnung der Quart berücksichtigt. Paul (lib sing ad leg Fal) D 35 .2.1.18 Si debitor creditori heres existat, quamvis confusione liberetur, tarnen locupletiorem hereditatem percipere videtur, ut computetur ei quod debet, quamvis aditione confusum sit 16 .

Obwohl die Forderung des Erblassers gegen den Erben durch Konfusion erlösche, gelangt nach Paulus dennoch eine größere Erbschaft an den Erben; deshalb müsse diese Forderung bei der Berechnung der Quart berücksichtigt werden. Die Erbschaft, die zum Erben gelangt, ist locupletior17 : die Forderung des Erblassers gegen den Erben gehört noch dazu. Erst mit dem Antritt der Erbschaft erlischt die Forderung 18 . Da die Quart aber im Zeitpunkt des Todes des Erblassers berechnet wird, muß sie bei der Berechnung der Quart berücksichtigt werden: der Erbe erhält eine Quart, die größer ist als bei Nichtberücksichtigung der Forderung. Weil er aber den Legataren auch einen größeren Betrag auszahlen muß, ist dies für ihn nicht vorteilhaft 19 . Weil die Forderung erst mit Antritt des heres extraneus durch Konfusion erlischt, wird sie bei der Berechnung der Quart berücksichtigt, es sei denn der Erblasser bittet den Erben darum, dies zu unterlassen. Im Endergebnis wird der Erbe wirtschaftlich im Regelfall so gestellt, wie wenn die Forderung erfüllt wird 20 .

15 Ebenso Steinwenter 2349, Wacke 229 108. 16 Dazu: Solazzi. estinz. (1935) 277 4 : Beseler, SZ 66 (1948) 608; Kaser, St. Sanfilippo II (1982) 259. 17 Diesen Begriff vetwendet Paulus im Zusammenhang mit der Konfusion auch in D 21.2.41.2 (vgl. o. § 6 II 3). 18 Entgegen Beseler 608 und Solazzi 277 4 ist Ul .. con.fusum sit nicht inte!Jloliert: aus dem vorangehenden Text zieht Paulus die Folgen für die Quart; so auch Kaser 259 1 1. 19 Beispiel: Der Erblasser hat ein Vermögen von 1.000, davon eine Forderung von 100 gegen den Erben. Wird die Forderung belilcksichtigt, erhalten die Legatare 750, wird sie nicht beliicksichtigt erhalten sie nur 675. 20 Vgl. die Rechenbeispiele bei C 6.50.6pr., 10 und 19 .

126

§ 11. Die Berechnung der Falzidischen Quart bei Konfusion

2. Anders ist die Rechtslage, wenn ein suus den Erblasser beerbt21 : Vor dem Erbfall hat der Erblasser eine naturaUs obligatio gegen den suus. Wie ein Bericht des Paulus zeigt, war unter den klassischen Juristen umstritten, ob solche Naturalobligationen überhaupt bei der Berechnung der Quart zu berücksichtigen waren: Paul (lib sing ad leg Falc) D 35.2.1.17 ld, quod natura hereditati debetur et peti quidem non potest, solutum vero non repetitur, non esse computandum in hereditate quidam putant. sed Julianus et haec ex eventu augere patrimonium aut non augere existimat et hereditario iure id quoque capi ideoque et in restitutionem hereditatis venturum.

Nach der einen Ansicht werden Naturalobligationen regelmäßig nicht berücksichtigt; diesen Juristen macht auch die Konfusion der naturalis obligatio keine Probleme. Nach Julian, dem sich Paulus anschließt. hängt die Berücksichtigung der naturalis obligatio davon ab, ob diese realisiert werden kann oder nicht. Es ist nicht überliefert, ob auch die naturaUs obligatio des Erblassers gegen den Erben, die durch Konfusion erlischt, berücksichtigt wird. Möglich wäre dies schon: zwar fallt der Erwerb der Erbschaft mit dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers zusammen22 , so daß die Begründung nicht herangezogen werden kann, die beim extraneus die Berücksichtigung der durch Konfusion erloschenen Forderung erklärt. Hier hilft jedoch die erfüllungsgleiche Wirkung der Konfusion weiter23: weil die Forderung als erfüllt anzusehen ist, ist sie als realisierbar anzusehen. Deshalb ist sie bei der Berechnung der Quart zu berücksichtigen, wenn man der Ansicht von Julian und Paulus folgt24.

3. Wahrscheinlich wurden also die durch Konfusion erloschenen Forderungen bei der Berechnung der Quart einbezogen, gleichgültig ob der Erbe suus oder extraneus war. Der Erblasser konnte jedoch den Erben bitten, eine Forderung des Erben gegen den Erblasser nicht einzubeziehen.

21 Das Problem der Berechnung der Quart stellt sich nicht, wenn der Gewalthaber den suus beerbt: der suus war in der Regel nicht testierfähig, konnte also auch keine Legate anordnen; vgl. dazu Kaser RP I§ 161 II (682 f.). 22 Kaser RP I § 174 I 1 (713). 23 Dazu o. § 4 I. 24 So auch Solazzi, estinz. 287 und Cicu, estinz. 25. Im Ergebnis ebenso Voci, DER II 759.

Anders Kretschmar, Konfusion 130 ff., dessen Aufspaltung des subjektiven Rechts in eine (bei der Konfusion erlöschende) Rechtsmacht und einen (nicht erlöschenden) rechtlichen Genußgehalt nicht überzeugt. Wieder anders Cugia, corso 192: eine naturalis obligatio könne nicht durch Konfusion erlöschen.

U. Ausnahmen

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II. Ausnahmen Zwei Fragmente sind überliefert, in denen die durch Konfusion erloschene Forderung bei der Berechnung der Quart nicht in voller Höbe berücksichtigt wird. 1. Der erste Fall betrifft eine Forderung, die schon vor dem Erbfall durch eine exceptio Senatusconsulti Vellaeani entkräftet war: Ulp (29 ad ed) D 16.1.8.12 Si mulieri heres extiterit creditor, videndum, an restitutoria uti non possit. et ait lulianus libro duodecimo restitutoria eum nihilo minus usurum, non immerito, cum non obligatae cum effectu successerit: denique in Falcidia hoc aes alienum non imputabiturl5.

Eine Frau gebt im Interesse eines Dritten eine Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger ein; später setzt sie den Gläubiger zu ihrem Erben ein. Nach Ulpian, der eine Entscheidung Julians wiedergibt, kann der Gläubiger den Dritten nach dem Erbfall mit der actio restitutoria belangen, weil der Gläubiger Erbe einer nicht wirksam Verpflichteten sei. Deshalb solle die Forderung gegen die Erblasserio nicht bei der Berechnung der Quart berücksichtigt werden. Vor dem Erbfall war das Interzessionsgeschäft der Frau wirksam: Hätte sie den Gläubiger befriedigt, hätte sie das Geleistete nicht kondizieren können26 . Eine Klage des Gläubigers wäre aber an der exceptio Senatusconsulti Vellaeani gescheitert. Darüberbinaus konnte der Gläubiger den Dritten, für den die Frau interzediert hatte, mit der actio restitutoria in Anspruch nehmen, wenn der Dritte durch diese Interzession frei wurde27 . Nach dem Erbfall erlosch die nicht einklagbare Forderung gegen die Frau durch Konfusion. Ulpian und Julian gewähren dem Gläubiger weiterhin die actio restitutoria. Diese Entscheidung ist vom Wortlaut der actio restitutoria gedeckt; die einschlägige Klausel der actio restitutoria lautet: .. si Seia non intercessisset turn

si Nm Nm dare oporteret28

••

Die Klausel stellt also nur darauf ab, ob eine wirksame Forderung des Dritten durch die Interzession der Frau erlischt; das Fortbestehen der Forderung gegen die Frau war demgegenüber nicht von Bedeutung. Ein Einwand könnte nun gelautet haben, der Gläubiger sei durch die erfüllungsgleiche Wirkung der Konfusion so anzusehen, als hätte die Frau die 25 Dazu: Cujaz (Jul 12 dig) VI 74 f.; Kretsehmo.r, Konfusion (1899) 151 f.; Beseler, TR 10 (1930) 215. 26 Metileus, Zur Geschichte des SC Velleianum (1957) 31. 27 Vgl. D 16.1.8.7; Metileus 64 ff. 28 Vgl. Metileus 64, Lenel, EP 287.

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§ II. Die Berechnung der Falzidischen Quart bei Konfusion

Forderung erfüllt29 . Wäre dies so, dann könnte der Gläubiger den Dritten in der Tat nicht mehr in Anspruch nehmen. Eine erfüllungsgleiche Wirkung der Konfusion nahmen die klassischen Juristen aber offenbar nicht an; wahrscheinlich, weil diese Wirkung dann nicht angenommen werden kann, wenn einer Forderung eine exceptio entgegensteht30 . Aus dieser Entscheidung folgert Ulpian, daß die Forderung auch bei der Berechnung der Quart nicht berücksichtigt werden darf. Die Begründung für diese Entscheidung ist der allgemeine Grundsatz, daß Forderungen bei der Berechnung der Quart nicht zu ihrem nominalen Wert berücksichtigt werden, sondern zu ihrem wirtschaftlichen Wert 31 . Eine Forderung, der eine exceptio entgegensteht, hat wirtschaftlich gesehen keinen Wert. Dann spielt es für die Berechnung der Quart auch keine Rolle, ob diese Forderung durch Konfusion erlischt. Ulpians Entscheidung stellt also keinen Widerspruch zu dem von uns oben entwickelten Grundsätzen dar. 2. Bisher haben wir nur Fälle kennengelemt, in denen die Juristen bei der Berechnung der Quart im Hinblick auf Forderungen, die durch Konfusion erloschen sind, zu demselben Ergebnis kommen, wie wenn die Forderungen nicht durch Konfusion erloschen wären, mithin ein Dritter Erbe geworden wäre. Bei einer Eviktionsstipulation rückt Paulus ausdrücklich von diesem Grundsatz ab: Paul (2 ad ed aed cur) D 35.2.48 Cum emptor venditori vel contra heres exstitit, evicto homine utrum duplum in aes alienum deducere vel computare debeat an simplum? duplum, enim esset, si alius heres extitisset. et benignius est eodem berede existente simplum ei imputari 32 .

Ein Nichtberechtigter verkauft einen Sklaven und übereignet ihn durch

mancipatio 33 ; danach wird der Sklave beim Käufer evinziert. Dann verstirbt entweder der Käufer und wird vom Verkäufer beerbt, oder der Verkäufer

29 Vgl. dazu o. § 4 I. 30 So auch Cujaz 74; im Ergebnis ebenso Kretsch111Llr 151 f. Die Interpolationsannahme von Beseler 215 ist nicht überzeugend. 31 Ulp (8 disput) D 35.2.82: dicebam legem Falcidiam ex eo quod rejici ex hereditate polest quartam heredi tribuere. 32 Dazu : Duarenus, operae (1592) Tit. ad Leg Falc. c.8. (564); Kretsch111Llr, Konfusion (1899) 143 ff.; Alberrario, Bull. 33 (1923) 74 f.; Scherillo, Bull. 36 (1928) 69 2; Beseler, SZ 66 (1949) 389; BergsTTILl-van Krimpen, RIDA 20 (1973) 275 ff. 33 Auch im Rahmen der Auktoritätshaftung hat der Käufer bei Eviktion der Kaufsache Anspruch auf das duplum; vgl. Kaser RP I § 131 I 2 (554). Paulus hätte aber ebenso entschieden, wäre der Sklave nur tradiert worden und hätte der Verkäufer dabei die stipulario duplae versprochen.

II. Ausnahmen

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stirbt und wird vom Käufer beerbt34 . Paulus fragt an, ob die Forderung wegen der Eviktion bei der Berechnung der Quart in Höhe des duplum oder nur in Höhe des simplum zu berücksichtigen sei. Nach Paulus müßte das duplum berücksichtigt werden, wäre ein Dritter Erbe geworden. Wenn aber der Käufer den Verkäufer oder der Verkäufer den Käufer beerbt, so sei es gerechter, nur das simplum zu berücksichtigen35 • Die actio auctoritatis erlischt durch Konfusion. Da man annehmen kann, daß der Erbeextraneus ist, ist dies aber, wie oben festgestellt, für die Berechnung der Quart unerheblich. Überraschend ist jedoch, daß Paulus bei der Berechnung der Quart nur das simplum berücksichtigen will anstelle des duplum, das zu berücksichtigen wäre, würde man die oben entwickelten Grundsätze anwenden. Die Berücksichtigung des simplum anstelle des von der Regel eigentlich geforderten duplum wirkt sich unterschiedlich aus, je nachdem ob der Käufer oder der Verkäufer Erbe wird: Beerbt der Käufer den Verkäufer, steht der Käufer schlechter36 , beerbt aber der Verkäufer den Käufer, dann steht er durch die Entscheidung des Paulus besser37 . Der Grund für diese Entscheidung kann nicht darin liegen, daß Paulus den Verkäufer bevorzugen will; dafür gibt es keinen Anlaß 38 . Der Grund liegt vielmehr in der Funktion der Eviktionsstipulation selbst: actio auctoritatis und stipulatio duplae dienten der Pauschalierung des Schadensersatzes39 : Der Käufer wird davon befreit, in einem Prozeß seinen konkreten Schaden nachzuweisen: im Zweifel ist das duplum jedoch höher als der konkrete Schaden. Fallen jedoch Käufer und 34 Die Eviktion findet vor dem Erbfall statt: Nur dann war die actio auctoritatis verfallen und konnte bei der Quart eingerechnet werden. 35 Beseler 389 und Albenario 75 halten die Entscheidung für interpoliert: Paulus habe entschieden. das duplum zu berücksichtigen. Kretschmar 143 hält die Entscheidung fur eine 'Anomalie'. 36 Beispiel: das simplum betrage 100, die Aktiva des Erblassers 1.000. Berücksichtigt man das simplum. erhält der Erbe 225 als Quart und 100 fur die Forderung, insgesamt also 325: berücksichtigt man das duplum, erhält er 200 als Quart und 200 fur die Forderung, insgesamt also 400. Zur Berechnung vgl. oben die Rechenbeispiele bei C 6.50.6pr., 10 und 19. 37 Beispiel: das simplum betrage 100, das restliche Vermögen des Erblassers 1.000: der Käufer hat also ein Vermögen von 1.100. Berilcksichtigt man das simplum, erhält der Erbe 275 als Quart, er muß jedoch I 00 an die Erbschaft zur Erfüllung der Legate leisten. insgesamt erhält er 175. Berücksichtigt man das duplum. erhält er 300 als Quart, muß aber 200 an die Erbschaft leisten, erhält also insgesamt I 00.

38 Bergsma-van Krimpen will das benignius durch einen Vergleich der wirtschaftlichen Situation vor und nach dem Erbfall jeweils fur Käufer und Verkäufer als Erben erklären. Sie kommt bei der Berücksichtigung nur des simplum zu einem Gleichstand in beiden Fällen (aaO. 284) und folgerte daraus. daß Paulus diesen Gleichstand fur gerecht hielt. weil dadurch die Zufalligkeit. wer Erbe würde, außer Betracht bliebe. Ihre Rechnung ist aber falsch: Sie unterschlägt (aaO. 279 f.), daß der Käufer als Erbe seine Forderung in Höhe desduplumverliert und so einen wirtschaftlichen Nachteil erleidet, während sie übersieht (aaO. 279 f.), daß der Verkäufer als Erbe eine Verringerung seiner Quart hinnehmen muß. 39 Vgl. Kaser RP I§ 131 I 2, 3 (554 ff.). 9 Kieß

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§ 11. Die Berechnung der Falzidischen Quart bei Konfusion

Verkäufer in einer Person zusammen, ist es nicht länger notwendig, den Schadensersatz höher zu berechnen, als er tatsächlich war: er belief sich allenfalls auf den Kaufpreis des Sklaven. Nicht Rechenexempel40 , sondern Überlegungen zur Funktion der Eviktionsstipulation waren also Beweggrund dafür, daß Paulus nur das simplum berechnete. 111. Die Berechnung der Quart bei Konfusion der actio de peculio Hatte der Erblasser vor dem Erbfall gegen den Erben eine actio de peculio, so war wnstritten, in welcher Höhe der Wert des Pekuliums zu berücksichtigen war, wenn dieser sich in der Zeit zwischen dem Tod des Erblassers und dem Antritt des Erben veränderte. Von dieser Kontroverse berichtet Mare (22 dig) D 35.2.56pr.: Cum quo de pecu1io agi poterat, heres creditori exstitit: quaeris, cuius temporis peculium computari oporteat in Falcidia lege. plerique putant, quod tune in peculio fuerit, cum adiretur hereditas. inspiciendum. ego dubito. quoniam mortis tempus in ratione legis Falcidiae ineunda placuit observari: quid enim interest, peculium servi post mortem creditoris deminutum sit an debitor pauperior factus sit41?

Der Gläubiger hat eine flllturalis obligatio gegen einen Sklaven; für diese flllturalis obligatio haftet der Gewalthaber des Sklaven aufgrund der actio de peculio. Der Gläubiger setzt den Gewalthaber zum Erben ein. Nach Marcellus42 bestand unter den Juristen bei der Berechnung der Quart darüber Streit, ob das Pekuliwn mit dem Wert zu berücksichtigen sei, den es zur Zeit des Todes des Erblassers hatte, oder den es beim Erbschaftsantritt des Erben hatte. Nach Ansicht mehrerer Juristen. unter denen sich auch Julian befindet-43. sei der Zeitpunkt des Erbschaftsantritts des Erben entscheidend. Nach Marcellus, dem sich auch Scaevola44 und Papinian45 anschlossen, ist aber der 40 So aber Bergsma-van Krimpen 284; fiir Echtheit Scherillo 69 2. 41 Dazu: Cujaz (Pap 9 quaest) IV 199 ff; Kretschmar, Konfusion (1899) 133 ff.; Beseler m (1913) 133 f.; Cugia, corso (1943) 192 ff.; Reggi, StParm. 4 (1953) 75; Masi, Studi sulla condizione nel diritto romano (1966) 46 ff. 42 Gegen die Textkritik von Beseler m 133 f. überzeugend Masi 47. Auch die Kritik von Reggi überzeugt nicht. 43 lul (12 dig) D 35.2.83: Si crediror filii rui heretkm re inslilueril er legis Falicidiae rationem ponas, peculii quanriras, quod adirae herediralis Iernpore fuisser, in quadranlern libi impurabirur. 44 Marce (22 dig) D 35.2.56.2: SCAEVOLA nolal: quid ergo, si idem servus defunclo er alii dena debuil el una decem habuil? auge/ur scilicel el his heredilas, decem, quae defunclo naturaliter debebanlur, in herededirare manenlibus. 45 Pap (9 quaest) D 15.1.50.1: Si creditor parrem, qui de peculio tenebatur, heredem insriruerir, quia monis tempus in Falcidiae ralione specratur, illius temporis peculium considerabilur.

IV. Zusammenfassung

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Zeitpunkt des Todes des Erblassers entscheidend, weil dies regelmäßig der Zeitpunkt sei, in dem der Wert der Erbschaft im Hinblick auf die Quart berechnet werde. Vor dem Erbfall konnte der Gläubiger den Gewalthaber des Sklaven mit der actio de peculio in Anspruch nehmen. Trat der Gewalthaber die Erbschaft an, so erlosch diese Forderung durch Konfusion; außerdem erwarb der Gewalthaber die naturalis obligatio gegen seinen Sklaven46 • Für die Juristen geht es nur um diese naturalis obligatio41 : nur deren Wert und nicht die actio de peculio interessierte sie im Hinblick auf die Quart. Die naturalis obligatio wird auch seit Julian bei der Berechnung der Quart berücksichtigt"8 . Während Marcellus, Scaevola und Papinian das allgemeine Prinzip anwenden, nach dem der Wert der Erbschaft im Zeitpunkt des Todes des Erblassers berücksichtigt wird, will Julian den Antritt der Erbschaft als entscheidenden Zeitpunkt ansehen. Warum er so entscheidet, kann nicht festgestellt werden. Möglicherweise entscheidet er so, um den Erben vor den Nachteilen zu bewahren, die durch eine Verringerung des Pekuliums entstehen können. Wir halten jedoch fest, daß zwar die actio de peculio durch Konfusion erlischt, wenn der Gewalthaber den Gläubiger des Sklaven beerbt; dies war aber für die klassischen Juristen nicht der entscheidende Aspekt: ihnen ging es vielmehr darum, in welcher Höhe die auf den Erben übergegangene naturaUs obligatio zu berücksichtigen war.

IV. Zusammenfassung Bei der Berechnung der Quart spielte die Konfusion keine Rolle: Für die Berechnung der falzidischen Quart war der Tod des Erblassers der entscheidende Zeitpunkt. War ein extraneus Erbe, der die Erbschaft erst antreten mußte, so wurde der Wert der Erbschaft mithin in einem Zeitpunkt berechnet, in dem die Forderung noch nicht durch Konfusion erloschen war. War ein suus Erbe, so ist nicht überliefert, aber wahrscheinlich, daß die naturalis obligatio noch berücksichtigt wurde. Nur eine Ausnahme ist von Paulus überliefert: Erlischt die actio ex stipulatu aus der stipulatio duplae oder die actio auctoritatis durch Konfusion, so wird nicht das duplum berücksichtigt. sondern das simplum. Diese Einschränkung beruht aber auf der Funktion der Eviktionsstipulation. 46

Vgl. auch Scaevola bei Marce D 35.2.56.2. Anders Kretschmar 133 f.; Cugia 192 f. ; Cujaz 199: es gehe um die durch Konfusion erloschene actio de peculio. 48 Vgl. den Bericht bei Paul D 35.2. 1.17 (o. I 2). 47

§ 12. Konfusion und Indignität

I. Einleitung Erwies sich ein Erbe des Erwerbs der Erbschaft als unwürdig 1, so wurde er zwar Erbe; die Erbschaft wurde jedoch vom fiscus eingezogen2 • Klagen, die ihm als Erben zustanden, wurden ihm verweigert und dem fiscus gewährt; andererseits haftete der fiscus für die Verbindlichkeiten, die gegen den Erben bestanden. Eine Forderung, die zwischen dem Erben und dem Erblasser bestand, erlosch durch Konfusion. Die Konfusion wirkte auch nach dem Entzug der Erbschaft fort, weil der unwürdige Erbe nach ius civile die Erbenstellung behielt. Da der Erbunwürdige generell jedoch so gestellt wurde, als sei er nicht Erbe geworden, stellte sich die Frage, ob die durch Konfusion erloschenen Rechte wiederbegründet werden sollten, wie wir es etwa bei der querella inojficiosi testamenti gesehen haben3 • Die Überlieferung unterrichtet uns indessen nur über Forderungen, die dem Erben gegen den Erblasser zustanden. Wir werden sehen, daß diese Forderungen nur in bestimmten Fällen wiederbegründet wurden. Für die Forderungen des Erblassers gegen den Erben können wir dagegen erschließen, dal~ sie grundsätzlich erneuert wurden.

1 Zu den einzelnen lndignitätsgründen Nardi, I casi di indegnita (1937) 79 tT.und Voci, DER I 466 tT. 2 Paul (9 quaest) D 28.6.43.3: ... qui in fraudem legumjidum accomodat adeunda heres efficitur, nec desinil heres esse, licet res quae ita relictae sunt, auferuntur ... So war der unwürdige Erbe etwa weiterhin verpflichtet, die Bestattungskosten zu zahlen; vgl. Ulp (68 ad ed) D 11. 7.33. lm Streitfall wurde die Erbschaft im Rahmen der vindicatio caducorum entrissen. Zum Verfahren Nardi 287 tT. Das Verfahren war eine cognitio extra ordinaria; vgl. Kaser RZ § 68 II 2 (355 f .). 3 Vgl. o. § 10 ßl2.

D. Die Wiederbegründung der Forderungen des Erben

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ll. Die Wiederbegründung der Forderungen des Erben 1. Ob eine Forderung wiederbegründet wird. die der unwürdige Erbe gegen den Erblasser gehabt hat, hängt nach Papinian davon ab, wie schwer der Vorwurf wiegt, der die Indignität des Erben begründet: Pap (6 resp) D 29.5.21.1 Neptis, quae possessionem aviae petierat, mortem eius interfeetarn sciens non defenderat. tideicommissum, quod avia ex alio testamento nepti debuit, in restituendis fisco bonis non esse deducendum placuit: dolus enim heredis punitus est. si autem neglegentia mulier emolumentum bonorum amiserit, fideicommissum esse retinendum integrato iure debiti rationis est4 .

Eine Großmutter schuldet ihrer Enkelin ein Fideikommiß. Sie errichtet ein Testament und übergeht darin die Enkelin. Später wird die Großmutter getötet. Weil die Enkelin von ihrer Großmutter übergangen wurde. beantragt sie nach deren gewaltsamen Tod die bonorum possessio contra tabulas, unterläßt es aber, die Mörder der Großmutter zu verfolgen, obwohl sie vom gewaltsamen Tod der Großmutter weiß. Deshalb wird ihr die Erbschaft entzogen. Nach Papinian wird das Fideikommiß nicht abgezogen, wenn der fiscus die Erbschaft einzieht, weil der Vorsatz der Erbin zu bestrafen sei. Hätte die Enkelin jedoch die Verfolgung der Mörder aus Fahrlässigkeit unterlassen, so dürfe sie das wiederhergestellte Fideikommiß behalten. Da die Enkelin von der Großmutter im Testament übergangen wird, kann sie die bonorum possessio contra tabulas erfolgreich beantragen5 . Dies hat zur Folge, daß der Anspruch aus dem Fideikommiß, der ihr gegen die Großmutter zustand, zumindest teilweise durch Konfusion erlischt6 • Weil die Enkelin es jedoch unterließ, die Mörder der Großmutter zu verfolgen, war sie erbunwürdig7 • Ihr wurde also die Erbschaft entzogen gleich ob sie sich bewußt der Pflicht zur Verfolgung der Mörder ihrer Großmutter entzog, oder ob sie fahrlässig nicht erkannte, daß ihre Großmutter getötet worden war8 • Deshalb stellt sich die Frage, ob die Enkelin wenigstens wieder das Fideikommiß erhält. Papinian gewährt der Enkelin das Fideikommiß nur, wenn sie die Ver-

4 Kunkel, SZ 45 (1925) 321 , 339 2 ; Beseler, SZ 46 (1926) 274; D'Ors. St. Albertario II (1953) 298; Nardi (o. 1) 173, 331 5 (dort Hinweise auf die Literatur des 19. Jahrhunderts). 5 Vgl. Kaser RP I§ 172 I 3 (707 f.) 6 Vgl. zur bonorum possessio contra tabulas o. § I 0 lli I.

7 Zu diesem lndignitätsgrund Nardi (o. 1) 167 ff., Voci, DER 1468 f. , Müller-Eisell, Divus Pius constituit (1982) 257. 8 Voci, DER 1468. Anders Nardi 173, Kunkel32I, 339 2. D'Ors 298: die Differenzierung von tüJlus und neglegenlia sei nachlclassisch.

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§ 12. Konfusion und Indignität

folgung der Mörder ihrer Großmutter fahrlässig unterlassen hat9 . Unterließ sie es aber vorsätzlich, so wurde ihr das Fideikommiß nicht wieder eingeräumt. Dieselbe Entscheidung ist auch überliefert in Pap (13 resp) D 34.9.17: Heredem, qui sciens defuncti vindictam insuper habuit, fructus omnes restituere cogendum existimavi nec probe desideraturum actionem confusam restitui: deceptum autem ignoratione facti bonae fidei possessoris defensionem habiturum ante motam scilicet controversiam, si ratio fructuum subducatur, nec improbe confusam actionem reddi postulaturum10.

Der Erbe, der vorsätzlich den Tod des Erblassers nicht rächt, hat nicht nur alle Früchte herauszugeben, auch seine durch Konfusion erloschenen Klagen werden nicht wiederbegründet. Habe er die Verfolgung aber wegen Täuschung unterlassen, so sei er wie ein bonae fidei possessor vor Rechthängigkeit zu behandeln: ihm stünden die Früchte zu und die durch Konfusion erloschenen Rechte seien wiederzubegründen11 . Da auch dieser Text von Papinian stammt, ist nicht zu bezweifeln, daß auch die Unterscheidung zwischen dolus und neglegentia klassisch ist. Papinians Differenzierung hat pönalen Charakter12 : der vorsätzlich unwürdige Erbe verliert nicht nur die Erbschaft, sondern auch seine Forderung; ihm wird sogar mehr genommen, als er durch die Erbschaft erhalten hat. Der nur fahrlässig unwürdige Erbe wird dagegen lediglich so gestellt, als sei er nicht Erbe geworden: Er erleidet keinen Verlust, erzielt aber auch keinen Gewinn. Dieserpönale Charakter wird auch in einer weiteren von Papinian überlieferten Entscheidung deutlich:

9 Anders Beseler 274: Papinian habe in allen Fällen eine Wiederbegrundung fur richtig gehalten. 10 Dazu: Kühler, Fs. Gierke D (1910) 256 6; Mineis, SZ 33 (1912) 194; Albenario, SZ 35 (1914) 309 f., 318 f.; Beseler, SZ 56 (1936) 83; Nardi f/J.· 1) 173; Kaser, SZ 60 (1940) 104 4 ; Levy, SZ 68 (1951) 366; Voci, DER I (1967) 468, 487 1 . 11 Nach Beseler 322 und Albenario 309 f. ist der Text nachklassisch verändert. Diese Behauptung ist jedoch nicht begriindet: der Text folgt sprachlich und inhaltlich der in C 6. 35.1 überlieferten Kaiserkonstitution. Sev et Ant 204 C 6.35.1: Heredes, quos necem 1es1a1oris inullam omisisse conslileril, fruclus inlegros coganiUr reddere. Neque enim bonae fidei possessores anle controversiam illatam videniUr fuisse, qui debitum ojJicium pielatis scientes omiserint. In beiden Texten sagt der erste Satz nahezu dasselbe, zum Teil mit denselben Worten; einmal ist in beiden Texten ist vom bonae fidei possessor und von ante molam (oder illatam) controversiam die Rede. Im übrigen hat D 34.9.17 fur Papinian typische Wendungen: ignoratio nur bei ihm (vgl. VIR m I , 356), defensio bonae fidei possessoris (vgl. Mineis 194), insuper habere (vgl. D 22.7 .43). Wie hier Kühler 256 6, l..evy 366 30, Voci 487 und Kaser I 04 4 . 12 So auch Cujaz (Pap 6 resp) IV 1083, Hollfelder, confusio 38, Sachs, Konfusion 42.

ll. Die Wiederbegründung der Forderungen des Erben

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Pap (15 resp) D 34.9.18.1 Bonis universis ex causa taciti fideiconunissi fisco restitutis heredem onus aeris a1ieni non spectare convenit: nec a1iud servatur morte non defensa. si quid tarnen ob aditam hereditatem actionibus aut servitutibus confusis arniserit, auxilio restitutionis non merebitur.

Verliert der Erbe die Erbschaft wegen einesfideicommissum tacitum 13 , so muß er nicht mehr für die Nachlaßschulden aufkommen. Dasselbe sei der Fall, wenn er die Erbschaft verliert, weil er die Verfolgung der Mörder des Erblassers versäumt. Hat der Erbe - heres muß Subjekt von amiserit sein Forderungen und Dienstbarkehen durch Konfusion verloren, verdiene er deren Wiederbegründung nicht. Papinian spricht von mereri; er macht also deutlich, daß es sich um eine Bewertung der Verhaltensweise des Erben handelt. Diese Differenzierung ist nur bei Papinian überliefert. Ob sie allgemeiner Ansicht entsprach, kann nicht festgestellt werden. 2. Wahrscheinlich geht Papinians Entscheidung auf die in C 6.35.1 überlieferte Kaiserkonstitution 14 zurück: denn Pap D 34.9. 17 lehnt sich, soweit es nicht um die Konfusion geht, inhaltlich und sprachlich die Kaiserkonstitution von 204 an. Auch wenn die Konstitution, wie sie überliefert ist, nicht auf die Konfusion eingeht, so liegt es nahe zu vermuten, daß sie die Konfusion ursprünglich behandelte. Ulpian nämlich berichtet von einer Konstitution, die die durch Konfusion erloschenen Rechte des unwürdigen Erben regelt: Ulp (8 disput) D 49.14.29.1. 2 Eum. qui falsum testamenturn dixit, posse adire hereditatem constat: sed denegatis ei actionibus fisco locus erit. Et obligationes, quas adeundo confudit, non restituuntur: nam et in eo. qui post aditam hereditatem defuncti mortem non defendit. imperator noster cum patre rescripsit obligationes conflisas non resuscitare.

Nach Ulpian kann derjenige, der erfolglos ein Testament als gefälscht angegriffen hat, die Erbschaft zwar antreten; die Erbschaft werde ihm jedoch wegen Indignität entrissen, und die durch Konfusion erloschenen Forderungen würden nicht wiederbegründet. Denn Septirnus Severus und Caracalla (198 211) hätten reskribiert, daß die durch Konfusion erloschenen Rechte nicht wiederruhegründen seien, wenn der Erbe den Tod des Erblassers nicht räche. Ulpian behandelt zunächst einen anderen lndignitätsgrund: Ein Erbe ist unwürdig, wenn er das Testament mit der Behauptung angreift, es sei gefälscht15. Auch dann sollen die durch Konfusion erloschenen Forderungen des 13 Zu diesem lndignitätsgrund Johnston, The Roman Law of Trusts (1988) 42 ff. und

Müller-Eiselt (o. 7) 263 ff.

14 Zum Wortlaut der Konstitution vgl. o. 12 . 15 Vgl. auch Paul D 49. 14.13.9; Gord 239 C 6.35.8.

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§ 12. Konfusion und Indignität

Erben16 nicht wiederbegründet werden. Zur Begründung verweist er auf das Reskript, in dem dies für den Fall entschieden ist, daß der Erbe den Tod des Erblassers nicht rächt, also die Mörder nicht verfolgt. Mit diesem Reskript ist sehr wahrscheinlich das in C 6.35.1 teilweise überlieferte gemeint: Es ist daher anzunehmen, daß das Reskript, wie Papinian D 34.9.17, auch auf die durch Konfusion erloschenen Forderungen einging; die Kompilatoren haben beim Reskript diesen Sachverhalt gestrichen. 3. Für die spätklassische Zeit sind nur Entscheidungen überliefert, in denen die Indignität fallweise betrachtet wird. Dies entspricht der damaligen Auffassung von der Indignität17. Im späteren Recht wird die Indignität nicht mehr fallweise, sondern institutionell gesehen18 ; deshalb entscheidet Müdestin auch für alle Indignitätsgründe einheitlich: Mod (9 reg) D 34.9.8 lndigno herede pronuntiato adempta hereditate confusas actiones restitui non oportet.

Modestin differenziert also nicht mehr zwischen den einzelnen Indignitätsgründen und der Schwere des Vorwurfs: dem Erben werden die durch Konfusion erloschenen Rechte generell nicht wieder begründet. 111. Die Wiederbegründung der Forderungen des Erblassers

Über das Schicksal der durch Konfusion erloschenen Forderungen des Erblassers gegen den Erben geben die Quellen keine Auskünfte. Zieht man jedoch in Betracht, daß die Forderungen des Erben gegen den Erblasser darum nicht wiederbegründet wurden, weil man den unwürdigen Erben bestrafen wollte. so ist wahrscheinlich, daß der fiscus, der die Erbschaft einzog. die durch Konfusion erloschenen Forderungen des Erblassers gegen den Erben allerdings geltend machen konnte: anderenfalls wäre der unwürdige Erbe durch den Erbfall noch begünstigt worden.

16 Nur diese behandelt Ulpian, wie sich aus der Wendung obligationes, quas adeundo confudit ergibt. Auch in eo hat limitierende Bedeutung; vgl. Hofmann/Sumtyr § 156 (273): "in betretr'. 17 Vgl. Nardi (o. 1) II ff.; Müller-Eiselt (o. 7) 244 ff. 18 Müller-Eiselt (o. 7) 253 ff.; KaserRP I§ 178 U (725 f.).

§ 13. Die Konfusion beim Erbschaftskauf

I. Einleitung Verkauft der Erbe seine Erbschaft an den Erbschaftskäufer (fortan: Käufer), dann ist im Hinblick auf die Behandlung der mit dem Erbfall durch Konfusion erloschenen Forderungen1 entscheidend, was Gegenstand des Kaufvertrages ist: Wird die Erbschaft verkauft, wie sie sich beim Erben befindet2 • dann spielen die durch Konfusion erloschenen Forderungen keine Rolle, denn sie werden vom Kaufvertrag nicht erfaßt. Die Kaufvertragsparteien berücksichtigen diese durch Konfusion erloschenen Forderungen allenfalls bei der Festlegung des Kaufpreises3 • Wird jedoch die Erbschaft verkauft, wie sie sich beim Erblasser befand, dann entsteht das Problem, wie die durch Konfusion erloschenen Forderungen zwischen den Kaufvertragsparteien berücksichtigt werden. Nur diese Konstellation wird im Folgenden untersucht. Grundsätzlich behält der die Erbschaft verkaufende Erbe im klassischen römischen Recht formal die Erbenstellung. Aufgrund des Erbschaftskaufvertrages muß er jedoch den Käufer so stellen, als sei dieser Erbe geworden4 . Dies erreicht der Erbe, indem er dem Käufer die Erbschaft restituiert: Er übereignet die Gegenstände der Erbschaft und schließt mit dem Käufer die stipulationes emptae et venditae hereditatis ab5 • Diese Stipulationen haben zwei Funktionen: zum einen bekräftigen sie die Pflicht des Erben, alle Erb-

1 Grundlegend hierzu: Daube. SZ 74 (1957) 234 ff. Zu Torrem, Venditio hereditatis (1966) vgl. die Besprechungen von Mayer-Maly, SZ 85 (1968) 535 ff. und Wunner, TR 36 (1968) 159fT. Grundlegende Untersuchungen zu diesem Thema aus der Zeit nach Daube fehlen. Avenarius, Der Erbschaftskauf im römischen Recht (1877) behandelt hauptsächlich das Recht Justinians; dort 2 f. Übersicht über die Literatur des Gemeinen Rechts. 2 Nach Ulp (49 ad Sab) D 18.4.2. 1 gab es eine Auslegungsregel, wonach dies üblicherweise angenommen wird. 3 So auch Daube, SZ 74 (1957) 245 f. 4 Gai II 252: Olim aurem nec heredis loco erar nec legararii, sed porius emproris. 5 Vor kurzem hat Manrhe , Das senatus consultum Pegasianum (1989) 27 fT. die Stipulationen überzeugend rekonstruiert. Bestimmte Aspekte der Stipulationen untersucht auch Cugia, St. Besta I (1939) 513fT.

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§ 13. Die Konfusion beim Erbschaftskauf

Schaftsgegenstände an den Käufer zu übereignen6 ; zum anderen regeln sie das Schicksal der Forderungen für und gegen den Erben, die im römischen Recht nicht abgetreten werden können. Der Erbe ist verpflichtet, alles, was er aufgrund seiner formalen Gläubigerstellung noch erlangt, an den Käufer herauszugeben; der Käufer ist verpflichtet, den Erben von dessen Haftung für Nachlaßverbindlichkeiten freizustellen. Wir werden sehen, daß die stipulationes emptae et venditae hereditatis den Parteien bei der Bewältigung der durch die Konfusion entstehenden Probleme nicht weiterhelfen: Die Stipulationen setzen voraus, daß die Forderungen, die dem Käufer restituiert werden sollen, im Zeitpunkt der Restitution noch bestehen7. Die Forderungen, die zwischen Erbe und Erblasser bestanden, waren aber durch Konfusion erloschen8 • Wollten die Juristen die durch Konfusion erloschenen Rechte beim Erbschaftskauf berücksichtigen, so mußten sie andere Lösungen finden. Sie unterscheiden bei ihren Lösungen grundlegend zwischen dem Fall, in dem der Erbe Gläubiger des Erblassers war, und dem, in welchem er Schuldner des Erblassers war.

II. Klagen des Erben War der Erbe vor dem Erbfall Gläubiger des Erblassers und verkauft der Erbe die Erbschaft, wie sie sich beim Erblasser befand, so gewähren die Juristen dem Erben gegen den Käufer keine Klage aufgrund der stipulatio venditae hereditatis; sie gewähren ihm jedoch wohl durchgängig ein Zurückbehaltungsrecht, in bestimmten Fällen9 die actio venditi, mit der er geltend machen kann, was er gegen den Erblasser hätte geltend machen können. 1. Die älteste überlieferte Entscheidung zu unserem Thema stammt von Labeo; in dem von ihm entschiedenen Fall erlischt die Forderung jedoch erst nach Restitution der Erbschaft durch Konfusion; Labeo gewährt dem Erben die actio venditi.

6 Vgl. Cugia, St. Besta I (1939) 531 unter Hinweis auf Herrn D 50.16.222: 'Pecuniae' nomine non so/um numerata pecunia. sed omnes res tam soli quam mobiles et tam corpora quam iura continetur und Cels D SO. 16.97. 7 Auch die in manchen Konstitutionen im Rahmen des Erbschaftskaufs gewährten actiones utiles (vgl. C 4.39.2; dazu Manthe 38 f.) helfen nicht weiter. Auch sie setzen voraus, daß das Recht im Zeitpunkt der Restitution noch besteht. 8 So auch Daube, SZ 74 (1957) 235, dessen Aufteilung der Fälle danach, ob die Konfusion vor oder nach dem Erbschaftskauf stattfindet, nicht überzeugt. 9 Lab D 18.4.24, Pomp D 8.4.9, Ulp D 18.4.2.15, 18, 19.

ß . Klagen des Erben

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Lab (4 post a Iav epit) D 18.4.24 Hereditatem Comelii vendidisti: deinde Attius, cui a te berede Comelius legaverat, priusquam legatum ab emptore perciperet, te fecit heredem: recte puto ex vendito te acturum, ut tibi praestetur, quia ideo eo minus hereditas venierit, ut id legatum praestaret emptor, nec quicquam intersit, utrum Attio, qui te heredem fecerit, pecunia debita sit an legatario10 .

Comelius setzt Tu zum Erben ein und vermacht Attius mittels Damnationslegat11 eine Summe Geldes. Danach verstirbt Comelius; Tu tritt die Erbschaft an. Bevor Tu die Legatsforderung des Attius erfüllt, verkauft er die Erbschaft des Comelius an einen Dritten; die Kaufvenragsparteien schließen die stipulationes emptae et venditae hereditatis ab. Danach stirbt Attius und wird ebenfalls von Tu beerbt. Nach Labeo kann Tu vom Käufer mit der actio venditi das verlangen, was Attius aufgrund des Legats erhalten sollte, denn die Erbschaft des Comelius sei billiger verkauft worden, damit der Käufer das Legat erfülle. Nach Labeo macht es keinen Unterschied, ob Attius oder einem anderen Legatar das Geld geschuldet wird. Obwohl Tu die Erbschaft des Comelius verkauft, bleibt er weiterhin Schuldner der Legatsforderung des Attius 12 • Aufgrund der stipulatio venditae hereditatis ist aber der Erbschaftskäufer verpflichtet, Tu von dieser Verbindlichkeit freizustellen. Nach Manthe 13 lautete die stipulatio venditae hereditatis: Quidquid hereditatis Cornelii nomine, quod Comelius debuit vel quod mihi legatorum nomine ex testamento Comelii dari fieri oportet oportebit, sine dolo malo condemnatus solvero sive quid alias bona fide dedero praestitero, bis rebus recte praestari; quarumque rerum creditoribus hereditariis actiones petitiones persecutiones mecum sunt erunt, earum rerum nomine recte uti oportet defensionem suscipi, quanti ea res erit, tantam pecuniam mihi recte restitui. dolumque malum abesse afuturumque esse spondes?

Wäre also Tu noch von Attius zu dessen Lebzeiten verklagt worden, hätte der Käufer ihn im Prozeß defendieren müssen; hätte Tu das Legat erfüllt, hätte er vom Käufer Ersatz der Aufwendungen verlangen können 14 . Wenn nun aber Attius stirbt und Tu dessen Erbschaft antritt, erlischt das Legat durch Konfusion: Im Hinblick auf die stipulatio venditae hereditatis heißt dies, daß 10 Dazu: Glück, Bd. 16 (18141 370 ff.: Cugia, corso (1943) 162 ff. ; Daube. SZ 74 (1957) 276 ff. ; ders. , lura II (1960) 100 89 ; Torrent (o. 1) 183; 11 Vgl. dazu überzeugend Daube, SZ 74, 276 f.: a le legaveral, priusquam perciperel und praestare deuten auf ein Damnationslegat. 12 Vgl. Kaser RP I§ 178 lß 2 (723). 13 (0. 5 ) 30 f.

14 Auf diesen Aspekt weist auch Labeo hin: ul id legatum praeslarel emplor. Die Kritik

Cugias 163 f. an der Entscheidung überzeugt nicht: Labeo stellt nur fest, daß der Käufer im Verhältnis zum Erben zur Erfiillung verpflichtet ist; er gewährt Attius keinen direkten Anspruch gegen den Käufer. Auch Cugias Auslegung von C 2.3. 7 überzeugt nicht: die dort erwähnte Stipulation bekräftigt ein pactum; es ist keine slipulatio vendilae heredilalis.

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§ 13. Die Konfusion beim Erbschaftskauf

Tu das Legat nicht mehr erfüllen kann, er muß hingegen auch keinen Prozeß mehr befürchten. Dadurch wird aber auch der Käufer der Erbschaft von seiner Verpflichtung aus der Stipulation gegenüber Tu frei, denn die Klauseln der Stipulation können nicht mehr verfallen: Tu wurde nicht zur Zahlung verurteilt, so daß die Klausel sine dolo malo condemnatus solvero nicht mehr verfallen kann. Offenbar verfällt aber auch die Klausel quid alias bona fide dedero praestitero nicht15 , denn sie setzt eine tatsächliche Leistung des Erben an einen Erbschaftsgläubiger voraus. Deshalb gewährt Labeo Tu auch nicht die actio ex stipulatu. Er gewährt ihm vielmehr die actio venditi: Im Kaufvertrag verpflichtete sich der Käufer, die gesamte Erbschaft einschließlich der Verbindlichkeit aus dem Legat zu übernehmen; dies berücksichtigten die Parteien auch bei der Festsetzung des Kaufpreises. Nach Labeo entspricht es daher der bonafides, daß der Käufer das Legat erfüllt, auch wenn es durch Konfusion erloschen ist: Er muß Tu als Erben des Attius das gewähren, was Attius mit der actio ex testamento von Tu, der trotz des Verkaufs der Erbschaft weiterhin formal Erbe des Cornelius bleibt, hätte verlangen können. Aufgrund der stipulatio venditae hereditatis hätte aber Tu den Betrag vom Käufer der Erbschaft ersetzt bekommen; deshalb hat Tu direkt gegen den Käufer die actio venditi auf Erfüllung des Legats. Die actio venditi kann ohne weiteres neben einer etwaigen actio ex stipulatu geltend gemacht werden16. Im Schlußteil fühn Labeo aus, es sei unerheblich, ob Tu dem Attius oder einem anderen Legatar das Geld geschuldet habe. Wäre ein anderer als Attius Legatar, dann wäre das Legat nicht durch Konfusion erloschen, als Tu die Erbschaft des Attius erwarb. In diesem Fall stünde die Haftung des Käufers für die Legatsverbindlichkeit aufgrund der stipulatio venditae hereditatis außer Zweifel 17 • Mit diesem Hinweis geht Labeo wahrscheinlich auf die Ansicht älterer Juristen ein: Sie haben in unserem Fall Tu wohl keinen Anspruch gewähn. hätten ihm aber die actio ex stipulatu gewähn. wenn ein anderer als Attius Legatar geworden wäre. Es ist anzunehmen, daß in der Zeit vor Labeo Ansprüche im Zusammenhang mit der Restitution der Erbschaft nur aufgrund der stipulatio venditae hereditatis gewähn wurden. Dann wäre Labeo der erste Jurist. der dem Erben in diesem Fall auch die actio venditi gewähn. 15 Anders Cugia 166: Bestandteil der Stipulation sei auch die Klausel neque amplius te emplorem habiturum quam apud me heredemfuturum esse. Diese Klausel sei bei Konfusion verfallen. Durch die Konfusion hat der Käufer aber kein 'Mehr' erhalten; zudem war die Klausel nicht Bestandteil der Stipulation; vgl. Manthe (o. 5) 30 f. 16 Anders auch für die klassische Zeit Cugia, St. Besta I (1939) 513 ff. 17 Anders interpretieren Daube, SZ 74, 280 im Anschluß an die Glosse, Bynkershök und Glück 371 den Schlußsatz: Javolen (sie!) wolle vergleichen, ob Attius als gewöhnlicher Schuldner oder als Legatar schuldet. Die Überlegungen, die Daube zu diesem Gedanken führen, würden sich aber auf die Dogmatik des Erbschaftskaufs, die hier Thema ist, nicht auswirken. In lura 11, 100 89 will Daube nur ein überzeugenderes Argument des Juristen erkennen.

II. Klagen des Erben

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Legt man diese Interpretation zugrunde, dann fügt sich das Fragment in ein Aufbauschema ein, das für die libri posteriores des Labeo typisch ist: auf die Sachverhaltsschilderung folgt die Entscheidung Labeos, die anschließend begründet wird; am Ende berichtet Labeo Ansichten älterer Juristen 18 . Javolen hat das Fragment wegen seiner grundlegenden Bedeutung 19 in die libri posteriores aufgenommen. Es ist also sehr wahrscheinlich, daß Labeo der erste Jurist war, der dem Erben die actio venditi gewährte, wenn eine Forderung gegen den Erblasser durch Konfusion erlosch. Damit verhinderte er, daß die Konfusion der Legatsforderung den Käufer der Erbschaft unverdient begünstigte. Diese Gefahr bestand, weil der Wortlaut der stipu/atio venditae hereditatis das Erlöschen eines Rechts durch Konfusion nicht berücksichtigte. Im Rahmen der actio venditi, einem bonae fidei iudicium, war diese Berücksichtigung ohne weiteres möglich. 2. Labeo gewährt die actio venditi. wenn eine Forderung des Erben nach Restitution des Erbschaft durch Konfusion erlischt; Schuldner dieser Forderung war jedoch nicht der Erblasser. dessen Erbschaft verkauft wird. Den Fall, daß der Erbe Gläubiger desjenigen Erblassers war, dessen Erbschaft verkauft wird, behandelt dagegen Javolen, ein Schüler des Labeo. Javolen gewährt dem Erben für diese Forderung ein Zurückbehaltungsrecht, und für den Fall, daß er dieses Recht nicht ausübt, eine condictio: Iav (2 ex Plaut) D 12.6.45 Si is. qui hereditatem vendidit et emptori tradidit, id. quod sibi mortuus debuerat, non retinuit, repetere poterit. quia plus debito solutum per condictionem recte recipietur2°.

Der Erbe war vor dem Erbfall Gläubiger des Erblassers. Nach Antritt der Erbschaft verkauft und überträgt er die Erbschaft21 , ohne sich zurückzubehalten, was er aufgrund der durch Konfusion erloschenen Forderung vom Erblasser hätte verlangen können. Nach Javolen hat der Erbe eine con18 Nach Kohlluuls , Die Überlieferung der libri posteriores des Antistius Labeo (1986) 115 folgen alle Fragmente der von ihr sogenannten Labeo-Reihe diesem Schema. Ohne nähere Untersuchung ordnet sie allerdings unser Fragment fälschlicherweise einem anderen Schema zu (76 38 ). Trotzdem steht damit aber die Autorenschaft Labeos fest; anders Wubbe, Satura Feenstra (1985) 95 ff.; Sanli di Paola. Bull. 49/50 (1947/48) 277 ff. 19 Zu den Kriterien Javolens bei der Auswahl der Labeotexte: Kohlluuls 125 f. 20 Dazu: Pemice , Labeo 111 (1892) 251 2; Koschembar-Lyskowski. Die condictio als Bereicherungsklage II (1907) 145 f.; So/azzi, estinz. (1935) 294; Cugia, corso (1943) 168 ff.; Nardi , Studi sulla ritenzione in diritto romano I (1947) 131 f.; Schwarz, Die Grundlage der condictio im klassichen römischen Recht (1952) 198 17 ; Daube, SZ 74 (1957) 254 ff.; Levy, lura 14 (1963) 4; Torrem (o. 1) 191 f. 21 Die Annahme von Koschembar-Lyskowski 146, der Erbe habe die Erbschaft vor dem Antritt verkauft, entbehrt der Grundlage. Entgegen Cugia 170 verwendet Javolen tradidit nicht im technischen Sinne; so auch Levy 4.

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§ 13. Die Konfusion beim Erbschaftskauf

dictio, weil er an den Käufer zuviel geleistet habe. Javolen macht zwei wesentliche Aussagen: Der Erbe hat ein Zurückbehaltungsrecht wegen Forderungen, die durch Konfusion erlöschen; übt er dieses Recht nicht aus, kann er beim Käufer kondizieren. Aufgrund des Kaufvertrags soll der Käufer so gestellt werden, als sei er Erbe geworden: Wäre der Käufer Erbe geworden, wäre die Forderung des tatsächlichen Erben nicht durch Konfusion erloschen; vielmehr wäre der Käufer als Rechtsnachfolger des Erblassers zur Erfüllung dieser Forderung verpflichtet. Grundsätzlich ist der Käufer deshalb aufgrunddes Kaufvertrags verpflichtet, die Forderung des tatsächlichen Erben wiederzubegründen, um sie dann später zu erfüllen. Zur Vereinfachung des Verfahrens darf der Erbe nach Javolen dasjenige, was der Erblasser ihm schuldete, bei Restitution der Erbschaft zurückbehalten. Der Käufer hat mithin keinen Anspruch auf Übertragung des dem Erben geschuldeten Erbschaftsgegenstands: der Erbe schuldet nur die Übertragung der Erbschaft abzüglich der Sache, die Gegenstand der Forderung des Erben gegen den Erblasser war. Übt der Erbe dieses Zurückbehaltungsrecht nicht aus, steht ihm nach Javolen eine condictio zu. weil er zuviel an den Käufer geleistet habe: weil der Käufer keinen Anspruch auf Übertragung des dem Erben geschuldeten Erbschaftsgegenstands hat, muß er diesen vom Erben nicht geschuldeten Gegenstand an den Erben zurückgewähren22 . In der modernen Romanistik ist vorgebracht worden, Javolen habe nicht die condictio, vielmehr eine actio venditi gewährt23 ; nach einer wiederum anderen Ansicht hat er die ursprüngliche Forderung als fortbestehend fingiert24 • Als wesentliches Argument wird dabei angeführt, in den Digesten sei kein weiteres Fragment überliefert, das die von Javolen gefundene Lösung stütze. Dieser Argumentation stehen jedoch zwei Gründe entgegen: Im palingenetisch benachbarten Fragment Pal 151 ( = D 18.4.8) untersucht Javolen die Frage, was von einem Erbschaftskaufvertrag alles umfaßt wird; dann ist es naheliegend, darauf hinzuweisen, daß Gegenstände nicht umfaßt sind, auf die der Erbe einen Anspruch gegen den Erblasser hatte25 . Zum anderen ist das Fehlen weiterer zu Javolen gleichlautender Entscheidungen in den Digesten einleuchtend zu erklären: Justinian hat die Lösung Javolens nicht übernommen. weil er den Erbschaftskauf anders als die klassischen Juristen verstand. Im Recht Justimans stand der Käufer heredis loco: Er wurde behandelt. als sei er 22 Entgegen Daube 254 f. und Nardi 131 f. ist der 1uia-Satz nicht interpoliert, weil er auf die richtige Begründung verweist. Wie hier Schwan 198 7, Torrenr 191, Pemice 251 2. 23 So Daube 255 in Anlehnung an Buckland und Pemice. 24 So Schwan 198 17 ; dann hätte er allerdings keine condictio gewährt. 25 So auch Cicu, estinz. 27.

II. Klagen des Erben

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Erbe; der tatsächliche Erbe wurde behandelt, als sei er nicht Erbe geworden. Folglich wurden die durch Konfusion erloschenen Forderungen als fortbestehend behandelt26 . Die Entscheidung Javolens widerspricht daher eigentlich der Dogmatik des Erbschaftskaufs im justinianischen Recht. Die Kompilatoren nahmen dann auch die Entscheidung nicht unter dem Aspekt des Erbschaftskaufs in die Digesten auf, sondern vielmehr in den Titel D 12.6 zur Verdeutlichung der condictio, ohne zu erkennen, daß die Entscheidung der neuen, an anderer Stelle entwickelten Dogmatik des Erbschaftskaufs widerspricht. Wir können also feststellen, daß die Entscheidung, dem Erben ein Zurückbehaltungsrecht und die condictio zu gewähren, von Javolen stammt und der klassischen Konzeption des Erbschaftskaufs entspricht. 3. Ulpian berichtet von einer Entscheidung Julians, der dem Erben die

actio venditi gewährt, wenn eine stipulatio duplae oder stipulatio venditae hereditatis des Erben gegen den Erblasser, die erst nach Restitution der Erbschaft verfallen wäre, durch Konfusion erlischt:

Ulp (49 ad Sab) D 18.4.2.15 Si Titius Maevi hereditatem Seio vendiderit et a Seio heres institutus eam hereditatem Attio vendiderit. an ex priore venditione hereditatis cum Attio agi possit? et ait lulianus: [quod venditor hereditatis petere a quolibet extraneo berede potuisset, id ab hereditatis emptore consequatur: et certe si Seio alius heres exstitisset,] quidquid venditor Maevianae hereditatis nomine praestitisset, id ex vendito actione consequi ab eo [potuisset] < posse > : nam et si duplam hominis a Seio stipulatus fuissem et ei heres exstitissem eamque hereditatem Titio vendidissem, evicto homine rem a Titio servare[m] 27 .

Maevius setzt Titius zum Erben ein. Titius tritt die Erbschaft an und verkauft sie an Seius. Danach stirbt Seius, der ebenfalls von Titius beerbt wird. Titius verkauft nach Antritt der Erbschaft des Seius dann diese Erbschaft an Attius28 . Ulpian fragt an, ob Titius einen Anspruch gegen Attius aus dem ersten Erbschaftskauf habe. So wie der Text überliefert ist, führt Julian in seiner Antwort zunächst aus, daß der Verkäufer einer Erbschaft vom Käufer alles fordern könne, was er von einem außenstehenden Erben verlangen könne. Wäre also nicht Titius sondern ein anderer Erbe des Seius geworden, hätte Titius von Attius aufgrund der actio venditi all das verlangen können, was er wegen der Erbschaft des Maevius aufgewandt hat. Zur Begründung fügt Julian einen neuen Fall an: Seius verkauft an Ego einen Sklaven, tradiert 26 Vgl. dazu Daube, SZ 74 (1957) 239 ff. 27 Dazu: Lenel Pal 2966; Cugia, corso (1943) 159 ff.; Daube, SZ 74 (1957) 258 ff.; Torrem (o. 1) 180 f. 28 Entgegen Daube 261 und Torrem 180 spricht der Wortlaut des Textes dafiir. daß Titius die Erbschaft des Seius und nicht die des Maevius an Anius verkauft: eam bezieht sich, wenn im vorangehenden Satz zwei Alternativen erwähnt werden, sprachlich immer auf die zweite Alternative; mit ex priore venditione kann nur die erste im Text erwähnte Erbschaft, also die des Maevius gemeint sein. Wie hier Cugia 159.

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§ 13. Die Konfusion beim Erbschaftskauf

den Sklaven und verspricht Ego mit der stipulatio duplae für den Fall der Eviktion das duplum. Seius stirbt und wird von Ego beerbt. Ego verkauft die Erbschaft des Seius an Titius; danach verlangt der wahre Eigentümer den Sklaven von Ego mit Erfolg heraus. Auch in diesem Fall kann Ego nach Julian von Titius Ersatz verlangen. Als Titius im ersten Fall die Erbschaft des Maevius an Seius verkauft, versprechen sich die Parteien die stipulationes emptae et venditae hereditatis: Seius ist also verpflichtet, Titius von den Verbindlichkeiten der Erbschaft des Maevius freizustellen. Die Stipulationen erlöschen jedoch durch Konfusion, als Titius Seius beerbt. Als Titius die Erbschaft des Seius an Attius verkauft, schließen auch diese Kaufvertragsparteien die stipulationes emptae et venditae hereditatis ab. Nachdem Titius die Erbschaft des Seius an Attius restituiert hat, wird er als Erbe des Maevius in Anspruch genommen29 . Da er formal noch Erbe des Maevius ist, muß er die Forderung erfüllen. Hätte Seius aber noch gelebt, hätte Titius aufgrund der stipulatio venditae hereditatis von Seius zum einen verlangen können, daß Seius ihn bei einem Prozeß defendiert, zum anderen hätte er Ersatz der Aufwendungen verlangen können30 . Diese stipulatio venditae hereditatis ist jedoch durch Konfusion erloschen, so daß er weder Defension im Prozeß noch Aufwendungsersatz von irgendjemandem verlangen kann. Da die stipulatio venditae hereditatis des Seius durch Konfusion erloschen ist, versucht Titius von Attius Ersatz zu verlangen, weil dieser als Käufer der Erbschaft des Seius Rechtsnachfolger des Seius ist. Die stipulatio venditae hereditatis, die Attius für die Erbschaft des Seius versprochen hat, hilft nicht weiter: mit dieser Stipulation versprach Attius nur Aufwendungen zu ersetzen, die Titius wegen der Erbschaft des Seius gehabt hat. Hier ist Titius aber als Erbe des Maevius in Anspruch genommen worden31 . Auch nach Julian steht Titius keine actio ex stipulatu zu; er gewährt ihm vielmehr die actio venditi. Nach dem überlieferten Text begründet er dies damit, daß Titius Ersatz erhalten hätte, wenn nicht Titius selbst, sondern ein anderer Erbe des Seius geworden wäre. Diese Überlegung ist richtig: hätte nicht Titius, sondern ein Dritter Seius beerbt, so wäre der Dritte als Rechtnachfolger des Seius Verpflichteter der stipulatio venditae hereditatis, aufgrund derer er Titius 29 Wäre Titius vor dem Tod des Seius in Anspruch genommen worden, hätte er gegen Seius mit der actio ex stipulatu aus der stipulatio venditae hereditatis vorgehen können. Beim Verkauf der Erbschaft des Seius an Attius hätte er dann allenfalls ein Zurückbehaltungsrecht oder eine condictio gehabt; so auch Cugia 160. 30 Vgl. den Wortlaut der slipulatio vendilae hereditatis o. I. 31 Anders Daube 261 ff.; er nimmt jedoch falschlieherweise an, Titius hätte an Attius die Erbschaft des Maevius verkauft.

U. Klagen des Erben

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Aufwendungsersatz hätte leisten müssen für Aufwendungen, die Titius als Erbe des Maevius gehabt hätte. Titius hätte dann aber gegen den Dritten die actio ex stipulatu und nicht, wie im Text überliefert, die actio venditi32 • Es ist daher anzunehmen, daß die Begründung nachklassisch eingefügt ist. Die Begründung, die Ulpians und Julians Entscheidung zugrundelag, wird durch den zweiten mit nam et si eingeleiteten Fall verdeutlicht: dort hat der Erblasser Seius dem Erben Ego beim Verkauf eines Sklaven die stipulatio duplae versprochen. Bei Antritt der Erbschaft des Seius erlischt die stipulatio duplae durch Konfusion. Ego verkauft dann die Erbschaft des Seius an Titius; danach wird der Sklave evinziert. Julian und Ulpian gewähren Ego die actio venditi33 • In diesem wie im Hauptfall unseres Fragments ist die Stipulation durch Konfusion erloschen, bevor sie verfallen konnte. In beiden Fällen kann der Erbe deshalb die von Javolen in D 12.6.45 erörterten Rechte nicht geltend machen. Bei Restitution der Erbschaft hat der Erbe kein Zurückbehaltungsrecht, weil die Stipulation noch nicht verfallen ist34 ; deshalb hat er auch nach Verfall der Stipulation keine condictio, denn er hat bei der Restitution nicht zuviel geleistet. In beiden Fällen hat jedoch der Erbe die Erbschaft in dem Zustand verkauft, in dem sie beim Erblasser bestand: dort bestand die Stipulation noch. Wäre die Stipulation nicht durch Konfusion erloschen, hätte der Erbe in beiden Fällen noch Ersatz verlangen können, als die jeweilige Stipulation verfiel. Nach Ansicht von Ulpian und Julian widerspricht es dann der bona fides, wenn der Käufer der Erbschaft sich dem Erben gegenüber auf die Konfusion der Stipulation beruft. denn Erbe und Käufer haben die Erbschaft mitsamt den Verbindlichkeiten aus den Stipulationen verkauft. Mithin hat der Käufer die potentielle Haftung aus den Stipulationen miterworben. Die Juristen gewähren deshalb die actio venditi. Sie gewähren die actio venditi auch, weil Zurückbehaltungsrecht und condictio nicht möglich sind: der Verfall beider Stipulationen ist bei Restitution der Erbschaft ungewiß 35 . Dogmatische Gründe stehen der Anwendung der actio venditi nicht entgegen: sie setzt nicht den tatsächlichen Verfall der Stipulation voraus, der wegen Konfusion der Stipulation nicht mehr möglich ist. 32 So auch Daube 261 und Cugia 160 im Anschluß an Lenel Pal 2966. 33 So auch Daube 259; anders Cugia 161: actio ex stipulLltu. 34 Er hätte allenfalls eine cautio verlangen können oder ein pactum abschließen (wie in C 2.3.7). Dies hat er aber offenbar unterlassen. Anders Daube 245: die Parteien hätten eine bedingte Forderung bei der Restitution nicht betilcksichtigen können. 35 Dies übersieht Daube 268 f. ; er schreibt die Verbindung beider Fälle den Kompilatoren

zu.

10 Kieß

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§ 13. Die Konfusion beim Erbschaftskauf

Es sind also präzise Überlegungen zum Charakter der stipulatio venditae hereditatis und stipulatio duplae. die für Ulpian und Julian den Ausschlag geben. dem Erben die actio venditi zu gewähren. Die allgemeinen, im Text überlieferten Erwägungen36 sind von einem Bearbeiter, der diesen Zusammenhang nicht erkannte, nachldassich eingefügt. Der nachldassiche Bearbeiter hat posse, wie es bei Ulpian stand, grammatikalisch richtig in potuisset umgewandelt, während er diese Umwandlung bei servare vergaß 37. Wir halten also fest: Julian und Ulpian gewähren dem Erben gegen den Käufer die actio venditi, wenn eine bedingte Stipulation des Erben gegen den Erblasser durch Konfusion erlischt und die Umstände, die den Verfall der Stipulation begründet hätten, erst nach der Restitution eintreten. Sie gewähren die actio venditi. weil der Erbe ein Zurückbehaltungsrecht nicht ausüben kann. 4. Mir Sicherheit bearbeitet ist ein Ulpian-Fragment: dort wird deutlich,

daß Justinian den Käufer der Erbschaft heredis loco stellt:

Ulp (49 ad Sab) D 18.4.2.18 Cum quis debitori suo heres exstitit, confusione creditor esse desinit: sed si vendidit hereditatem, [aequissimum videtur emptorem hereditatis vicem heredis optinere et idcirco) teneri venditori hereditatis. sive cum moritur testator debuit (quamvis post mortem debere desiit adita a venditore hereditate) sive quid in diem debeatur sive sub condicione et postea condicio exstitisset. ita tarnen, si eius debiti adversus heredem actio esse poterat, ne forte etiam ex his causis, ex quibus cum berede actio non est, cum emptore agatu~ 8 .

Nach Ulpian verliert ein Gläubiger seine Forderung durch Konfusion, wenn er seinen Schuldner beerbt. Verkauft der Gläubiger aber die Erbschaft des Schuldners, so sei es gerecht, wenn der Käufer an die Stelle des Erben trete und deshalb dem Verkäufer der Erbschaft hafte, sei es. daß der Erblasser unter der Bedingung 'cum moritur' schulde. sei es, daß er befristet oder bedingt schulde und die Bedingung nach Verkauf der Erbschaft eintritt. Er könne aber nur gegen den Käufer klagen. wenn auch ein anderer Erbe gehaftet hätte.

Aequissimum .. idcirco ist mit Sicherheit eine justinianische Interpolation: erst Justinian stellt den Käufer heredis loco 39 • Zudem würde sich Ulpian in 36 Quod venditor hereditatis petere a quolibet extraneo herede potuisset, id ab hereditatis emptore consequatur: et certe si Seio alius heres exstitisset. 37 In F. ist in der Tat servare überliefert; Mommsen emmendierte es zu servarem. Posse und servare sind als Acl von ait abhängig; so auch Daube 258. 38 Dazu Cugia, St. Besta I (1939) 543; ders. , corso (1943) 156 ff.; Solazzi, Iura 8 (1957) 25; Daube, SZ 74 (1957) 242 ff.; Torrent (o. 1) 190 f. 39 So auch Cugia, St. Besta I (1939) 543. Wie hier auch Daube 249 f., der allerdings das gesamte Fragment fiir interpoliert hält: "legislative amalgamation, imbued with Byzantine ideas" (243). Ihm folgt Torrem 190.

U. Klagen des Erben

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D 18.4.2.19 selbst widersprechen, wo er den Käufer nicht heredis loco stellt. Die drei Entscheidungen, von denen das Fragment berichtet, sind jedoch klassisch. Im ersten Fall schuldet der Erblasser dem Erben etwas unter der Bedingung 'cum moritur' 40 : die Bedingung tritt mit dem Tod des Erblassers ein, so daß die Forderung geltend gemacht werden könnte, sie erlischt aber mit Antritt der Erbschaft durch Konfusion. Auch bei dieser bedingten Forderung entsprach es nach Ulpian der bona fides, daß der Käufer dem Erben den Betrag der Forderung gewährt. Ebenso gewährt Ulpian dem Erben die actio venditi, wenn der Erblasser dem Erben etwas unter einer Bedingung schuldet und die Bedingung erst nach der Restitution eintritt. Für diese Entscheidungen sind dieselben Erwägungen maßgebend, wie in D 18.4.2.15: auch stipulatio duplae und stipulatio venditae hereditatis sind bedingte Forderungen. Auch bei einer befristeten Forderung gewährt Ulpian dem Erben die actio venditi. Wahrscheinlich handelt es sich um einen dies incertus4 1; dann wird die Forderung wie eine bedingte behandelt42 •

Es ist sehr wahrscheinlich, daß alle drei Entscheidungen von Ulpian selbst stammen. Er nimmt dabei den Gedanken auf, den Julian bei stipulatio venditae hereditatis und stipulatio duplae entwickelt hat, und dehnt ihn allgemein auf alle bedingten Forderungen aus. Justinian hat den Text an seine Dogmatik des Erbschaftskaufs angepaßt: der Käufer wird heredis loco gestellt, die Forderungen gelten als fortbestehend. Ob Ulpian auch die Berücksichtigung unbedingter Forderungen behandelt hat, ist nicht mehr erkennbar. Wahrscheinlich hat er wie Javolen ein Zurückbehaltungsrecht oder die condictio gewährt. Justinian hätte einen solchen Hinweis getilgt, da er seiner Dogmatik widersprach. 5. Von Pomponius und Ulpian sind Entscheidungen überliefen, nach denen der Erbe Anspruch auf Wiederbegründung einer durch Konfusion erloschenen Dienstbarkeit hat, obwohl er sein Zurückbehaltungsrecht nicht ausgeübt hat. Beide Juristen gewähren dem Erben die actio venditi: Pomp (10 ad Sab) D 8.4.9 Si ei, cuius praedium mihi serviebat, heres exstiti et eam hereditatem tibi vendidi, restitui in pristinum statum servitus debet, quia id agitur, ut quasi tu heres videaris exstitisse.

40 So überzeugend Daube 246 f. Dann macht der in Klammer gesetzte Satz Sinn : Ulpian weist darauf hin, daß die Forderung, wenn auch nur filr die Zeit zwischen Erbfall und Antritt wirksam entsteht; anders Solazzi 25, Cugia, corso 158, Daube 244. 41 So auch Daube 246 f. 42 Vgl. Kaser RP I § 61 II 1 (258).

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§ 13. Die Konfusion beim Erbschaftskauf

U1p (49 ad Sab) D 18.4.2.19 Et si servitutes amisit heres institutus adita hereditate, ex vendito poterit experiri adversus emptorem ut servitutes ei restituantur4 3.

Der Erbe hat vor dem Erbfall eine Dienstbarkeit am Grundstück des Erblassers; die Dienstbarkeit erlischt durch Konfusion. Der Erbe übereignet das Grundstück im Rahmen der Restitution der Erbschaft, ohne sich die Dienstbarkeit zurückzubehalten. Beide Juristen gewähren dem Käufer dennoch die actio venditi44 • Aufgrund der stipulatio venditae hereditatis kann der Erbe, wie wir oben gesehen haben, die Wiederbegründung der durch Konfusion erloschenen Dienstbarkeit nicht verlangen. Das Grundstück wurde aber nach dem Willen der Parteien nur belastet mit einer Dienstbarkeit verkauft, weil die Dienstbarkeit zu Lebzeiten des Erblassers bestand. Selbst wenn der Erbe ein Zurückbehaltungsrecht nicht ausgeübt hat, muß ihm die actio venditi gewährt werden, da die Dienstbarkeit für das herrschende Grundstück oft unersetzlich war45 . Dogmatisch war dies aufgrund eines bonae fidei iudicium ohne weiteres möglich. 6. Wir fassen zusammen: Erlischt eine Forderung des Erben gegen den Erblasser durch Konfusion, so kann der Erbe bei Restitution der Erbschaft das zurückbehalten, was ihm aufgrundder Forderung gebührte. Versäumt er die Ausübung dieses Rechts, hat er gegen den Käufer die condictio. Steht ihm das Zurückbehaltungsrecht nicht zu, weil etwa bei Restitution der Erbschaft eine Bedingung seiner Forderung noch nicht eingetreten ist, so kann er dasjenige, was er aufgrund der Forderung hätte verlangen können, mit der actio venditi geltend machen, wenn die Bedingung später eintritt. Die actio venditi wird ihm jedoch nur gewährt, wenn die Parteien die Erbschaft verkauft haben, wie sie beim Erblasser bestand; war die Erbschaft verkauft, wie sie beim Erben nach Antritt der Erbschaft bestand, war der Käufer nicht verpflichtet, die Verbindlichkeit des Erblassers zu erfüllen. Der erste Jurist, der die actio venditi gewährt, ist Labeo; in dem von ihm entschiedenen Fall erlischt die Forderung durch Konfusion jedoch erst nach Herausgabe der Erbschaft an den Käufer. Erst Julian überträgt diese Lösung auf unseren Fall, in dem die Forderung schon bei Erwerb der Erbschaft durch Konfusion erlischr46 , und Ulpian dehnt ihn noch einmal aus. Ulpian und Pomponius gewähren dem Erben die 43 Vgl. zu beiden Fragmenten o. § 2 IV I. 44 Nach Daube 275 geht die Entscheidung auf Sabinus zurilck, weil beide Entscheidungen einem Sabinuskommentar entstammen. Diese Hypothese ist aber nicht begrilndet. wenn man bedenkt, daß das Werk von Sabinus nur drei Bücher umfaßte, der Kommentar U1pians jedoch siebzig. 45 Vgl. u. § 17 IV 4. 4 6 So auch Daube 239.

III. Klagen des Käufers der Erbschaft

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actio venditi auch dann, wenn er mit Antritt der Erbschaft eine Dienstbarkeit durch Konfusion verliert und das Zurückbehaltungsrecht nicht ausübt. Anders als die stipulatio venditae hereditatis setzt die actio venditi nicht voraus, daß die Forderung noch im Zeitpunkt der Restitution besteht, wenn sie berücksichtigt werden soll.

m. Klagen des Käufers der Erbschaft 1. In drei Fragmenten gewähren die Juristen dem Käufer der Erbschaft einen Anspruch gegen den Erben, wenn der Erblasser vor dem Erbfall eine Forderung gegen den Erben hatte. In zwei der Fälle hatte der Erblasser gegen den Erben die actio de peculio47 • Wir werden sehen, daß die Juristen bei der durch Konfusion erloschenen actio de peculio im Rahmen des Erbschaftskaufs wie bei der Berechnung der falzidischen Quart48 nach anderen Gesichtspunkten entscheiden als bei gewöhnlichen durch Konfusion erloschenen Forderungen49.

2. Nur Afrikan entscheidet den Fall, in dem eine Forderung des Erblassers gegen den Erben, die keine actio de peculio ist, durch Konfusion erlischt. Verkauft der Erbe die Erbschaft. so steht dem Käufer die actio empti zu: Afr (7 quaest) D 18.4.20pr., § I Si hereditatem mihi Lucii Titii vendideris ac post debitori eiusdem heres existas, actione ex empto teneberis. Quod simplicius etiam in illa propositione procedit, cum quis ipse creditori suo heres exstitit et hereditatem vendiditso.

Ludus Titius hat Tu zum Erben eingesetzt. Tu tritt die Erbschaft an und verkauft sie an Ego. Zu dieser Erbschaft gehört eine Forderung gegen S. Nach dem Verkauf der Erbschaft macht Tu eine zweite Erbschaft: jetzt beerbt er eben den Schuldner S des Ludus Titius. seines ersten Erblassers. Nach Afrikan haftet Tu dem Käufer der ersten Erbschaft, Ego, aus der actio empti. Die Haftung liege klarer zu Tage, wenn ein Schuldner seinen Gläubiger beerbt und die Erbschaft verkauft. Im ersten Fall wird Tu mit dem Erwerb der Erbschaft des Ludus Titius Gläubiger des S; dies bleibt er auch, nachdem er die Erbschaft des Ludus

47 Iul D 15.1.37pr., Ulp D 18.4.2.6. 48 Vgl. o. § II III. 49 Vgl. dazu u. 3. SO Dazu: Lenel, SZ 51 (1931) 35; Cugia, corso (1943) 154 ff.; Beseler, SZ 66 (1948) 350; Daube, SZ 74 (1957) 281 ff, 291 ; To"ent (o. 1) 189.

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§ 13. Die Konfusion beim Erbschaftskauf

Titius an Ego verkauft hat51 . Aufgrund der stipulntio emptae hereditatis ist er jedoch verpflichtet, Ego alles herauszugeben, was er, Tu, aufgrundseiner Erbenstellung erwirbt. Nach Manthe lautete die stipulntio emptae hereditatis in unserem Fall: Quanta pecunia ex hereditate L. Titii ad te pervenit, pervenerit dolove malo tuo factum est erit, quominus perveniret, quarumque rerum contra debitores hereditarios actiones petitiones persecutiones tibi quaesitae sunt erunt, quantam pecuniam earum rerum nomine ab hereditariis debitoribus exegeris, taotarn pecuniam recte mihi restitui aut earum rerum nomine actiones hereditarias mihi praestari neque per te neque per heredem tuum fieri , quominus mihi heredive meo actiones hereditarias procuratorio aut cognitorio nomine exequi liceat, si adversus ea factum sit erit, quanti ea res erit, taotarn pecuniam dari spondes52?

Mit der stipulntio emptae hereditatis bekräftigt Tu einerseits seine schon durch den Kaufvertrag begründete Pflicht zur Übertragung der Erbschaftsgegenstände53; andererseits verspricht er, an den Käufer Ego alles herauszugeben, was er, Tu, aufgrundvon Forderungen des Erblassers erlangt hat oder noch erlangen wird54 . Indem Afrikan die actio empti gewährt, entscheidet er, daß die stipulntio emptae hereditatis nicht verfallt, wenn Tu den S beerbt, der Schuldner des

Lucius Titius war und inzwischen Schuldner des Tu ist. In der Tat verfallen die beiden Klauseln der Stipulation nicht: Die Klausel quanta pecunia verfällt nicht, weil Tu den Gegenstand der Forderung gegen S nicht in seiner Funktion als Gläubiger der Nachlaßforderung gegen S, sondern als Erbe des S erlangt hat. Die Klausel quantam pecuniam earum rerum nomine ab hereditariis debitoribus exegeris verfällt nicht, weil Tu die Forderung gegen S nicht geltend macht, vielmehr den Gegenstand der Forderung durch Antritt der Erbschaft des S erwirbt55 . Nach Afrikan steht dem Käufer aber die actio empti zu: Die Erbschaft, die Tu an Ego verkaufte, umfaßt auch die Forderung des Lucius Titius gegen S56 . Mithin ist Tu aus dem Kaufvertrag verpflichtet, Ego den Gegenstand der Forderung gegen S zukommenzulassen. Dies erreicht er als Erbe gewöhnlich mit dem Abschluß der stipulntio emptae hereditatis: hätte Tu den Gegenstand der Forderung gegen S zu Lebzeiten des S erworben, hätte Ego den Gegenstand mit der actio ex stipulntu von Tu herausverlangen können. Erlischt jedoch die 51 Vgl. Kaser RP I§ 178 III 2 (723). 52 Nach Manthe (o. 5) 29 f.

53 So auch Cugia, St. Besta I (1939) 514. 54 VgL auch Ulp (49 ad Sab) D 18.4.2.3. Dazu G.H. Maier, Prätorische Bereicherungsklagen (1932) 164 f. 55 VgL dazu überzeugend Cugia , St. Besta I (1939) 530 f. 56 So auch Torrent 190; vgl. dazu Kaser RP I § 158 I 3 (674).

m. Klagen des Käufers der Erbschaft

!51

Forderung, die 'abgetreten' wurde, durch Konfusion, so hilft die stipulatio emptae hereditatis nicht weiter: wie wir gerade gesehen haben, verfällt sie nicht, wenn die Forderung nach Restitution der Erbschaft durch Konfusion erlischt. Aus dem Kaufvertrag ist der Erbe Tu jedoch weiterhin verpflichtet, die Forderung, die vom Kaufvertrag umfaßt ist, abzutreten, mithin den Gegenstand der Forderung gegen S an Ego herauszugeben. Deshalb gewährt Afrikan dem Tu die actio empti. Mit anderen Worten: der Erbe ist aus dem Kaufvertrag verpflichtet, dem Käufer in der Form der stipulatio emptae hereditatis zu versprechen, die Gegenstände der Forderungen des Erblassers zukommen zu lassen. Erweist sich diese stipulatio emptae hereditatis als ungeeignet, dann wird die zugrundliegende Verpflichtung aus dem Kaufvertrag wieder aktuell.

Im principium erlischt die Forderung wie in Lab D 18.4.24 erst nach der Restitution der Erbschaft durch Konfusion; in § 1 erlischt die Forderung hingegen bei Antritt des Erben durch Konfusion. Auch in diesem Fall hat der Käufer nach Afrikan die actio empti, denn auch in diesem Fall verfällt die stipulatio emptae hereditatis nicht: Die Klausel quanta pecunia ad te pervenit verfällt nicht, da der Erbe die Forderung des Erblasser nicht erwirbt und die Befreiung von der Verbindlichkeit ebenfalls nicht zum Verfall der Klausel führt57 . Die Klausel quantam pecuniam earum rerum nomine ab hereditariis debitoribus exegeris verfällt nicht, weil der Erbe die Forderung mit Antritt der Erbschaft nicht tatsächlich geltend macht58 . Schließlich verfällt auch die Klausel dolove malo tuo factum est erit, quominus perveniret nicht, denn der Erbe kann die durch Konfusion erloschene Forderung nicht geltend machen59 . Afrikan gewährt auch hier die actio empti. weil auch in diesem Fall die Forderung des Erblassers gegen den Erben mit der gesamten Erbschaft an den Käufer verkauft wird; hätte der Erbe die Erbschaft verkauft, wie sie beim Erben bestand, hätte Afrikan natürlich anders entschieden6°. Da die stipulatio emptae hereditatis nicht verfällt, muß der Erbe dem Käufer den Gegenstand der Forderung aufgrundder actio empti herausgeben61 . 57 So auch Daube 237. 58 Vgl. Ulp D 18.4.2.3: diese Klausel verfällt nur, wenn der Erbe die Forderung latsächlich geltend macht. 59 Anders wohl Cugia, corso (1943) !52 f.: dolus malus verlange nur kausales Handeln des Erben. Dagegen spricht jedoch die technische Bedeutung des Begriffs (vgl. Heumann-Seckel, s.v.). Das von Cugia 149 tf. angefilhrte Fragment Iav D 5.3.48 steht in keinem Zusammenhang mit der Konfusion, sondern behandelt die Haftung im Rahmen der hereditatis petitio; vgl. dazu zuletzt überzeugend Manthe, Die libri ex Cassio des Iavolenus Priscus (1982) 187 f. und 275. 60 Siehe oben I. 61 Anders Daube 281 f. und Beseler 350. Deren Kritik an simplicius überzeugt nicht: es geht nur darum, daß der Sachverhalt um eine Person vereinfacht wurde (anders Lenel 35).

152

§ 13. Die Konfusion beim Erbschaftskauf

3. Erlischt eine actio de pecuUo des Erblassers gegen den Erben beim Antritt der Erbschaft durch Konfusion und verkauft der Erbe später die Erbschaft, so gewähren die Juristen dem Käufer der Erbschaft nicht eine actio empti, sondern die actio ex stipulatu aufgrund der stipulatio emptae

hereditatis:

Iu! (12 dig) D 15.1.37pr. Si creditor filii tui heredem te instituerit et tu hereditatem eius vendideris, illa parte stipulationis 'quanta pecunia ex hereditate ad te pervenerit' teneberis de peculio62. Ulp (49 ad Sab) D 18.4.2.6 Illud quaesitum est, an venditor hereditatis ob debitum a filio suo qui in potestate eius esset servove ei, cuius hereditatem vendidisset, praestare debeat emptori. et visum est, quidquid dumtaxat de peculio filii servive [aut in suam rem versum inveniatur], praestare eum debere63 .

Ein paterfamilias räumt seinem gewaltunterworfenen Sklaven oder Sohn ein pecuUum ein; der Gewaltunterworfene verpflichtet sich einem Gläubiger gegenüber. Der Gläubiger stirbt und wird vom paterfamilias beerbt; dieser verkauft die Erbschaft an einen Käufer. Nach Julian haftet der paterfamilias wegen der Verbindlichkeit des Gewaltunterworfenen aufgrund der actio ex stipulatu. Auch Ulpian gewährt die actio ex stipulatu, denn die Verwendung von quaesitum est und visum est deutet darauf hin, daß er die Entscheidung Julians berichtet64 . Durch Antritt der Erbschaft wird der paterfamilias Gläubiger der naturaUs obUgatio gegen den Gewaltunterworfenen; zudem erlischt die actio de pecuUo durch Konfusion. Durch den Erwerb der naturaUs obUgatio kann der paterfamilias seine Haftung aufgrund der actio de peculio gegenüber weiteren Gläubigern des Gewaltunterworfenen verringern. Diese können den paterfamilias nur in Anspruch nehmen auf den Betrag, der sich aus dem Wert des peculium abzüglich der Forderungen des paterfamilias gegen den Gewalt-

unterworfenen ergibt65 . Diese Verbesserung seiner Stellung gegenüber weiteren Gläubigern des Gewaltunterworfenen werten Julian und Ulpian als einen Vermögensvorteil, der aufgrund der Erbschaft des Gläubigers an den Erben gelangt ist. Deshalb verfällt in diesem Fall auch die stipulatio emptae hereditatis66 des Käufers der Erbschaft. Der Vermögensvorteil, den der paterfamilias hat, ist aber höchstens so hoch wie der Wert des peculium: ist das 62 Dazu: Cugia, corso (1943) 151 ff.; Daube, SZ 74 (1957) 285 ff.; Torrent (o. 1) 172 f. 63 Dazu: Cugia , corso (1943) 153 ff.; Daube, SZ 74 (1957) 288 ff.; Torrent (o. 1) 172 f. 64 So auch Daube 288. 65 Vgl. Gai IV 73. 66 Anders Torrent 172 f.: der Käufer habe die ursprüngliche aclio de peculio.

ill. Klagen des Käufers der Erbschaft

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peculium geringer als die Forderung des Erblassers, so ist der pateifamilias allenfalls um den Wert des peculium bereichert, da er vor dem Erbfall ohnehin nur in Höhe des peculium gehaftet hätte. Deshalb beschränken Julian (teneberis de peculio) und Ulpian (dumtaxat de peculio filii servive61 ) die Haftung des pateifamilias auf den Wert des peculium. Die Juristen gewähren also die actio ex stipu/atu nicht aufgrund des Erlöschens der actio de peculio durch Konfusion; vielmehr gewähren sie die actio ex stipulatu. weil der pateifamilias durch den Erwerb der naturaUs obligatio einen umnittelbaren Vermögensvorteil erlangt hat68 .

67 Die Erwähnung der actio de in rem verso ist nachklassisch: sie beruht darauf, daß sie mit der actio de peculio in einer Formel verbunden war (Gai IV 74 a). Der nachklassische Bearbeiter hat aber übersehen, daß die Erwähnung des Zusatzes de peculio nur zur Begrenzung der Haftung aufgrund der stipulatio ernptae hereditatis diente. So auch Daube 290. 68 Ebenso Cugia 153 f., Daube 286 f.

§ 14. Die Konfusion beim Fideikommiß Durch ein Fideikommiß wird der Erbe verpflichtet, die ganze Erbschaft oder einen Teil an den Fideikommissar herauszugeben. War der Erbe vor dem Erbfall Gläubiger oder Schuldner des Erblassers, so stellt sich die Frage, wie die durch Konfusion erloschene Forderung bei Restitution der Erbschaft zu berücksichtigen ist. Bei dieser Frage ist die Entwicklung des Fideikommiß zu beachten: Vor Erlaß des SC Trebellianum mußte der Erbe die Erbschaft an den Fideikommissar durch mancipatio nummo uno verkaufen1; dann galt bei Konfusion das Recht des Erbschaftskaufs, wie wir es gerade erörtert haben. Sowohl das SC Trebellianum als auch das SC Pegasianum warfen bei Forderungen, die durch Konfusion erloschen, neue Fragen auf2. I. Die Rechtslage nach dem SC Trebellianum 1. Das SC Trebellianum findet Anwendung, wenn der Erbe weniger als drei Viertel der Erbschaft an den Fideikommissar herauszugeben bat oder wenn er gezwungen wird, die Erbschaft anzutreten 3 . Durch das SC Trebellianum wird der Fideikommissar heredis loco gestellt: die Juristen gewähren aufgrund des SC Trebellianum anstatt der zugunsten des Erben und der gegen ihn bestehenden Klagen actiones utiles für und gegen den Fideikommissar4. Dieser trebellianische Aktionentransfer5 hilft aber bei der Bewältigung der durch Konfusion erloschenen Forderungen nicht weiter. Denn nach dem Wortlaut des SC Trebellianum werden nur Forderung restituiert, die dem Erben zustehen oder gegen den Erben bestehen: actiones quae iure civili heredi et in heredem competerenf>; die durch Konfusion erloschenen Forderungen

1 Vgl. KaserRP I§ 190 II (761 f.). 2 Über das Verhältnis der beiden senatus consulta zueinander vgl. Manthe, Das senatus consultum Pegasianum (1989) 211 ff. 3 Vgl. zum Wortlaut Manthe 36 f., zum Antrittszwang 85 ff. 4 Zur Entwicklung der Auslegung des SC Trebellianum durch die Juristen vgl. Manthe 38 f. 5 Vgl. zu diesem Begriff Mamhe 39. 6 Vgl. Ulp D 36.1.1.2 und Gai D 253; dazu Manthe 36.

I. Die Rechtslage nach dem SC Trebellianum

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des Erblassers standen dem Erben jedoch nie zu; ebenso war er nie Schuldner der durch Konfusion erloschenen Forderungen gegen den Erblasser7 • War der Erbe vor dem Erbfall Gläubiger des Erblassers, so haben sie Juristen dem Erben beim Fideikommiß wie beim Erbschaftskauf ein Zurückbehaltungsrecht gewährt. Dies bestätigt indirekt etwa Mare (15 dig) D 36.1.46(44)pr. : Potest tarnen evenire, ut restitutionem distulerit heres, veluti si pecuniam ei debuerit defunctus, quam retinere maluit quam petere8.

Dieses Zurückbehaltungsrecht gewähren die Juristen jedoch nicht uneingeschränkt. Wir werden sehen, daß sie es verweigern, wenn im Einzelfall die Billigkeit gegen die Gewährung eines Zurückbehaltungsrechts spricht9 • 2. Schon die erste Nachricht in Iul D 36.1.28(27).11 zeigt, daß Forderungen, die durch Konfusion erloschen sind, nicht mit Hilfe des SC Trebellianum wiederhergestellt werden können: lul (40 dig) D 36.1.28(27).11 Si ex Trebelliano hereditatem reslituit heres et [fructus praediorum retinet vel ipsa praedia, sive etiam) debitor eius qui testamenturn fecit fuerit necessarium est actionem adversus eum fideicommissario dari. MARCELLUS: hoc idem necessario faciendum est, cum parte hereditatis restituta familiae erciscundae iudicium inter eum qui restituit hereditatem et qui receperit accipieturlO.

Dem überlieferten Text liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Erbe restituiert die Erbschaft nach dem SC Trebellianum an den Fideikommissar; dabei behält er entweder Früchte eines Grundstücks oder das Grundstück selbst zurück. In dem weiteren mit sive eingeleiteten Fall war der Erbe vor dem Erbfall Schuldner des Erblassers 11 . Nach Julian ist es notwendig, in beiden Fällen dem Fideikommissar eine actio zu gewähren. Marcellus wandelt den Fall in seiner Note ab: der Erbe ist aufgrund des Fideikommiß verpflichtet, nur einen Teil der Erbschaft zu restituieren. Deshalb findet zwischen dem Er-

7 Darauf weisen die Juristen ausdrucklieh hin; vgl. etwa Paul (4 quaest D 36.1.61pr.: aditione quidem hereditatis confusa obligatio est (dazu u. 6) und Tryph bei Scaev (5 dig) D 36.1.82: aditione enim hereditatis conjusa obligatio interciduat (dazu u. 4). 8 Ebenso Pap D 46.3.95.2; vgl. dazu u. § 16114. 9 Vgl. dazu D 36. 1.82; dazu u. 4. 10 Dazu: So/azzi, estinz. (1935) 295 1 ; Cugia, corso (1943) 180 f.; Daube, SZ 74 (1957) 305 ff.; Raställer, Marcelli notae ad Iuliani Digestae (Diss. Freiburg 1980) 67 ff.; liebs, Iura 32 (1981) 285 f. 11 Nach Daube 307 f. und Rastälter 67 bezieht sich retinet auch auf etiam debitor eius qui testamenturn fecit fuerit, mithin mache der Erbe von seinem Zuruckbehaltungsrecht Gebrauch. Dagegen spricht jedoch der Satzbau: retinet undjuerit hängen gleichermaßen von heres ab.

!56

§ 14. Die Konfusion beim Fideikommiß

ben und dem Fideikommissar das iudicium familiae erciscundae statt. Auch in diesem Fall sei dem Fideikonunissar eine actio zu gewähren. Die Worte 'et fructus praediorum retinet vel ipsa praedia, sive' sind nachklassisch eingefügt: Wie sich aus dem Vergleich mit der Note Marcells ergibt, ist der Erbe in unserem Fall verpflichtet. dem Fideikommissar die gesamte Erbschaft herauszugeben; dazu gehört zweifellos auch das Grundstück. Es gibt keinen Anhaltspunkt, warum der Erbe das Grundstück soll zurückbehalten können 12. Wollte Julian nur mitteilen, daß ein unberechtigterweise zurückbehaltenes Grundstück auch übertragen werden muß, wenn die gesamte Erbschaft übertragen werden muß, dann wäre diese Aussage zwar richtig, aber banal. Die Behandlung der Früchte des Grundstücks entspricht hingegen nicht einmal dem klassischen Recht: Früchte einer Erbschaftsache muß der Erbe nur übertragen, wenn er mit der Restitution der Erbschaft in Verzug ist 13 oder die Erbschaftaufgrund einesfideicommissum in diem übertragen werden muß. Für beide Alternativen gibt der Text keinen Anhaltspunkt. Einen weiteren Beweis dafür. daß die Früchte des Grundstücks nicht Thema des Fragments sein können, liefert die Note Marcells: Marcellus gewährt die actio fideicommissaria14; Früchte werden aber schon von der actio familiae erciscundae erfaßt 15 . Es wäre also falsch, dem Fideikommissar wegen der Früchte die actio fideicommissaria zu gewähren. Julian hat also in unserem Fragment nur den Fall behandelt, daß der Erbe vor dem Erbfall Schuldner des Erblassers war16 . Diese Forderung. die der Erblasser vor dem Erbfall gehabt hat. ist durch Konfusion erloschen; de1moch gewährt Julian dem Fideikonunissar eine actio. Damit kann nicht eine actio utilis gemeint sein: diese kann nur gewährt werden, wenn die Forderung im Zeitpunkt der Restitution der Erbschaft noch besteht. Julian gewährt dem Fideikonunissar vielmehr die actio fideicommissaria17. Mit dieser Klage kann der Fideikonunissar vom Erben verlangen, so

12 So auch Daube 308, Rasrätter 67, Liebs 285 18. Auch sprachlich tilgt sich retinet nicht ein: es müßte gleichzeitig zu restituit sein; außderdem müßte es hinter vel ipsa praedia stehen. 13 Vgl. Gai II 280; anders jedoch Daube 306 gegen den klaren Wortlaut bei Gaius. 14 Siehe dazu sogleich. 15 Vgl. Kaser RP I § 179 I 2 (728).

16 Anders Daube 307, Raställer 67,/.iebs 285. 17 Wie hier Cugia 181. Wenn wir von der actiofideicommissaria sprechen, so müssen wir uns im klaren sein, daß dieser Ausdruck nicht technisch gemeint ist. Er ist jedoch nicht interpoliert; vgl. Kaser RP I§ 189 II 2 (759 29), Johnston, The Roman Law of Trusts (1988) 222 f. Er ist nicht technisch gemeint, weil Streitigkeiten über Fideikommisse im Kognitionsverfahren ausgetragen werden, dem das Aktionenwesen fremd ist; Kaser RZ § 66 IV (345 f.).

I. Die Rechtslage nach dem SC Trebellianum

157

gestellt zu werden, als ob er Erbe sei, also etwa die Übertragung der Erbschaftsgegenstände verlangen. Nach Julian kann er damit vom Erben auch den Gegenstand der durch Konfusion erloschenen Forderung verlangen. Dieser Entscheidung liegt folgender Gedankengang zugrunde: Wäre der Fideikommissar selbst Erbe geworden, wäre die Forderung nicht durch Konfusion erloschen: Der Erbe wäre also weiterhin zur Leistung verpflichtet. Mit der actio fideicommissaria kann der Fideikomrnissar vom Erben verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn er, der Fideikommissar, Erbe wäre. Also kann er mit der actio fideicommissaria das verlangen, was der Erblasser vom Erben hatte fordern können. Julian gewährt also nicht die ursprüngliche Klage oder eine actio utilis; die ursprüngliche Klage bestimmt nur den Inhalt der actio fideicommissaria18. Die actio fideicommissaria hat mithin im Recht des Fideikommiß für die durch Konfusion erloschenen Forderungen dieselbe Funktion wie actio empti im Recht des Erbschaftskaufs. Wahrscheinlich hat Julian als erster Jurist eine actio fideicommissaria wegen der durch Konfusion erloschenen Forderung gewährt: dafür spricht das necessarium est und die Tatsache, daß kein älteres Zeugnis überliefert ist. Außerdem hat Julian auf dem Gebiet des Fideikommißrechts auch andere Neuerungen entwickelt 19 . Marcellus wandelt den Sachverhalt ab: Der Erbe ist aufgrund des Fideikomrniß nur verpflichtet, einen Teil der Erbschaft zu restituieren. In einem solchen Fall setzen sich Erbe und Fideikommissar aufgrund der actio jamiliae erciscundae utilis auseinander20 • Forderungen werden jedoch von dieser Klage nicht erfaßt21 : sie müssen vielmehr nach den allgemeinen Regeln übertragen werden: Der Teil der Forderung, der dem Fideikommissar zukommen soll, wird diesem als actio utilis gewährt. der andere Teil steht weiterhin dem Erben zu. Bei einer durch Konfusion erloschenen Forderung ist diese Teilrestitution mit Hilfe der actio utilis jedoch nicht möglich. Deshalb gewährt Marcellus aus denselben Gründen wie Julian dem Teilfideikommissar die actio fideicommissaria hinsichtlich des Anteils der Forderung, die ihm zu-

Wenn Julian die acrio jideicommissaria gewährt, so bedeutet dies auf unseren Fall bezogen, daß der praeror jideicommissarius dem Fideikommissar das zuspricht, was der Erblasser aufgrund der Forderung vom Erben hatte verlangen können. Zur Vereinfachung wird im folgenden Text der Begriff acrio jideicommissaria weiter verwendet. 18 Anders Sola:u.i 295 1: acrio jicricia. 19 Vgl. dazu den Bericht in Gai 11280. 20 Dazu Voci, DER I 736 zu 21 ; Kaser RP I§ 190 111 (762). 21 Vgl. Ulp, Paul D 10.2.2.5; 25.1.

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§ 14. Die Konfusion beim Fideikommiß

steht. Marcellus bildet also ein weiteres Beispiel zur Bekräftigung der von Julian entwickelten Entscheidung22 . Eine durch Konfusion erloschene Forderung kann also mit dem SC Trebellianum nicht restituiert werden. Julian und Marcellus23 gewähren dem Fideikommissar deshalb eine actio fideicommissaria. Mit dieser actio wird der Fi-

deikommissar so gestellt, als sei er selbst Erbe geworden: Seine Forderung wäre nicht durch Konfusion erloschen. Die ursprüngliche Forderung wird aber nicht wiederbegründet, denn deren Inhalt ist nur für den Inhalt der actio fideicommissaria entscheidend. 3. Diesem Ergebnis scheint Maecian mit seiner Feststellung zu widersprechen, daß Dienstbarkeiten, die vor dem Erbfall zwischen den Grundstücken des Erben und Erblassers bestanden, "nichtsdestoweniger wirksam sind", nachdem die Erbschaft aufgrund des SC Trebellianum restituiert worden ist: Maec (13 fid) D 36.1. 75(73).1 Cum ex Trebelliano senatus consulto restituitur hereditas, servitutes, quas mutuo praedia heredis et testatoris habent, nihilo minus valent24 .

So wie der Text überliefert ist, stammt er nicht von Maecian; auch Maecian entschied, daß die Dienstbarkeiten, die vor dem Erbfall zwischen den Grundstücken des Erben und Erblassers bestanden, durch Konfusion erlöschen. Indiz dafür ist, daß nach dem überlieferten Wortlaut unseres Fragments die Restitution der Erbschaft aufgrund des SC Trebellianum zur Wirksamkeit der Dienstbarkeit führt25 . Dies kann jedoch nicht sein, weil das SC Trebellianum auf Dienstbarkehen keinen Einfluß hat; mit dem SC Trebellianum werden vielmehr nur die Forderungen und Verbindlichkeiten übertragen, die nicht durch Konfusion erloschen sind26 . Dienstbarkeiten, die, anders als in unserem Fall, nach dem Antritt der Erbschaft noch bestehen, muß der Erbe aber wie einen Erbschaftsgegenstand übertragen. 22 Zu dieser Art der Noten Marcells vgl. Rasrätier 56 ff. Nach Cugia 180 f. ist die Note aus sprachlichen Gründen nachklassisch. 23 Nach Daube 307 ff. und Rasrätier 67 ff. hat Julian die herediraris peririo fideicommissaria behandelt. Diese würde aber eine Restitution des Fideikommiß voraussetzen. Dafür gibt jedoch der Sachverhalt keinen Anhaltspunkt. Wie hier gegen Rasrärrer auch Liebs 285. Außerdem basiert DaubesAnsicht auf einer nicht zwingenden Interpretation von Ulp D 5.6.3.1. 24 Dazu: Kretschmar, Konfusion (1899) 64; Daube, SZ 74 (1957) 312 f. 25 So auch Daube 312. Anders stellvertretend für die Pandektenwissenschaft Kretschmar 64 u.ö. Im 19. Jahrhundert wurde dieses Fragment als Beweis dafür gewertet, daß eine Dienstbarkeit trotz Konfusion weiterbesteht. Vgl. die Nachweise bei Hol/felder, confusio 27; dagegen jedoch schon Mosler, Konfusion 17. 26 0 . unter I I und Manrhe (o. 2) 38 f.

I. Die Rechtslage nach dem SC Trebellianum

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Maecian hat also entschieden, daß die Dienstbarkeiten, die vor dem Erbfall zwischen den Grundstücken des Erben und Erblassers bestanden, durch Konfusion erlöschen. Bei Restitution der Erbschaft gewährte er daiUl den Parteien die actio fideicommissaria: war der Erbe Eigentümer des herrschenden Grundstücks, koiUlte er vom Fideikommissar die Dienstbarkeit bei Restitution des dienenden Grundstücks zurückbehalten oder die Wiederbegründung der Dienstbarkeit verlangen. War der Erbe Eigentümer des dienenden Grundstücks. mußte er dem Fideikommissar eine neue Dienstbarkeit bestellen27 . Dieses Ergebnis läßt sich auch durch den Textzusammenhang belegen: im unmittelbar vorangehenden Fragment D 36.1. 7 5(73)pr. gewährt Maecian ebenfalls die actio fideicommissaria. Wahrscheinlich ist die Entscheidung Maecians in nachklassischer Zeit verkürzt zusammengefaßt worden28 . Bei Maecian wird der Schluß wie folgt gelautet haben: habent < aditione confusae > nihilominus {valent} < restituendae sunt > 29 . So wie der Text überliefert ist, kaiUl man ihn nur aufrechterhalten, weiUl man annimmt, Maecian habe nur darauf hinweisen wollen, daß die durch Konfusion erloschene Dienstbarkeit nach der Restitution der Erbschaft noch Wirkungen entfaltet. Auf jeden Fall widerspricht Maecian nicht dem bei Julian gefundenen Ergebnis: Auch Maecian nimmt an. daß die Dienstbarkeit durch Konfusion erlischt und nach Restitution des Erbschaft wiederbegründet werden muß. 4. Nicht immer gewähren die klassischen Juristen dem Fideikommissar oder dem Erben das Recht, die durch Konfusion erloschene Forderung im Rahmen der actio fideicommissaria zu berücksichtigen. Scaevola verweigert dem Erben das Zurückbehaltungsrecht, weiUl er gegen den Geist des Testaments verstossen hat: Scaev (15 dig) 30 D 36.1. 82(80) Matrem et avunculum eosdemque creditores suos heredes scripsit Lucius Titius et eorum fidei commisit, ut post mortem restituerent, quod ex re familiari testatoris superfuerit, Septicio. heredes non modicam partem bonorum testatoris consumpserunt et multos heredes reliquerunt, quibus scientibus multa corpora, quae remanserant ex bonis Lucii Titii, Septicus possedit. quaesitum est. an id, quod Lucius Titius debuit matri et avunculo. heredes eorum a Septicio petere possint. respondit non posse. CLAUDIUS: aditione enim hereditatis confusa 27 Vgl. zu anderen Entscheidungen, in denen die Pflicht zur Wiederbegrundung einer Dienstbarkeit angenommen wird o. § 21V. 28 So auch Daube 312. 29 Das Wort valere wird nur an zwei Stellen im Zusammenhang mit servitus verwendet: bei Ulp D 8.4.2 muß man es mit "als Dienstbarkeit gelten" übersetzen; nur bei Pap D 8.4.8 hat valere die Bedeutung von "wirksam sein". 30 Das Fragment betriffi das Fideikommiß; deshalb stand es bei Scaevola im 15. Buch (Lenel: de legatis et jideicommissis); so auch Krüger.

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§ 14. Die Konfusion beim Fideikommiß

ob1igatio interciderat, sed fideicommissi repetitio erat. cuius aequitas defecit bis, qui mu1ta ex hereditate consumpsisse proponuntur31 .

Lucius Titius ist Schuldner seiner Mutter und seines Onkels. Er setzt Mutter und Onkel zu seinen Erben ein und verpflichtet sie durch Fideikommiß, alles, was von seiner Erbschaft bei ihrem Tod übrig bleibt, an Septidus herauszugeben. Mutter und Onkel treten die Erbschaft des Ludus Titius an und verbrauchen einen großen Teil dieser Erbschaft. Beide hinterlassen bei ihrem Tod viele Erben. Mit Wissen dieser Erben nimmt Septidus viele Gegenstände, die aus der Erbschaft des Lucius Titius übrig geblieben sind, in Besitz. Scaevola wirft die Frage auf, ob die Erben der Mutter und des Onkels von Septidus dasjenige verlangen können, was ursprünglich Ludus Titius der Mutter und dem Onkel geschuldet hat. Scaevola verweigert den Erben diese KlagemöglichkeiL Tryphonin fügt in seiner Note hinzu, daß eine durch Konfusion erloschene Forderung zwar grundsätzlich mit der actio fideicommissaria geltend gemacht werden könne; nach Sinn und Zweck dieser Klage sei sie aber denjenigen zu verweigern, die, wie in unserem Fall Mutter und Onkel, viele Gegenstände der Erbschaft verbraucht haben. Als Mutter und Onkel die Erbschaft des Ludus Titius antreten, erlischt ihre Forderung durch Konfusion. Ludus Titius verpflichtet sie durch Fideikommiß, alles was von seiner Erbschaft bei deren Tod übrig bleibt, an Septidus herauszugeben; mithin liegt ein sogenanntes fideicommissum eius quod superest vor. Als die Mutter und der Onkel versterben, haben sie einen großen Teil der Erbschaft des Ludus Titius verbraucht. Septidus hat jetzt einen Anspruch auf die Gegenstände, die noch übrig sind. Er nimmt sie deshalb mit Wissen der Erbt:n der Mutter und des Onkels an sich32 ; diese Vorgehensweise kommt nach Auffassung der Juristen einer Restitution der Erbschaft im Rahmen des SC Trebellianum gleich33 . Die Erben der Mutter und des Onkels wollen nun den Betrag der Forderung zurückerhalten, den Ludus Titius ihren Erblassern geschuldet hat: Nach ihrer Ansicht hat Septidus nur einen Anspruch auf die Erbschaftsgegenstände abzüglich des Betrags dieser 31 Dazu: Kretschmar, Konfusion (1899) 33 58; SamJer, SZ 27 (1906) 201; Beseler, SZ 45 (1925) 454; Biondi, APal. 12 (1929) 454 1; Schutz, Symb. Lene1 (1935) 179 ff.; Cugia, corso (1943) 177 ff.; Sciascia, Ann. Cag1iari (1946) 117 ff. (zitiert nach Klami, Entscheidungen); Solazzi, AG 134 (1947) 68 f.; Daube, SZ 74 (1957) 298 ff.; Seidl, Eran. Maridakis (1963) 239 f.; Klami, Entscheidungen und Begrundung in den Kommentaren Tryphonins zu Scaevo1as Responsen (1975) 29 ff. (dazu Horak, SZ 94 (1977) 418 ff.); Klami, St. Biscardi IV (1983) 226 f.; Klami, SZ 107 (1990) 617. 32 Nach Klami (Entscheidungen 33 und St. Biscardi 226 f.) nimmt Septicius die Gegenstände zu Lebzeiten von Mutter und Onkel mit deren Wissen in Besitz. Quibus scientibus bezieht sich aber grammatikalisch eindeutig auf die Erben von' Mutter und Onkel (So auch Cugia 177). 33 Ulp D 36.1.38pr. Eine traditio durch die Erben ist nicht notwendig; vgl. Klami, SZ 107, 617.

I. Die Rechtslage nach dem SC Trebellianum

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Forderung. Deshalb verlangen sie den Betrag zurück. Scaevola lehnt dieses Ansinnen jedoch ab34 • Aus der Note Tryphonins ist ersichtlich, warum Scaevola so entscheidet35 : grundsätzlich kann der Erbe eine durch Konfusion erloschene Forderung gegen den Fideikommissar im Rahmen der actio fideicommissaria, die hier petitio fideicommissaria genannt wird36 , geltend machen. Diese actio fideicommissaria ist - wie alle im Rahmen des Kognitionsverfahrens geltend gemachten Rechte- vom Gedanken der aequitas bestimmt37 . Und im vorliegenden Fall spricht die aequitas gegen die Berücksichtigung der durch Konfusion erloschenen Forderung38 : Als Lucius Titius der Mutter und dem Onkel das Fideikommiß auferlegte, ging er davon aus. daß ein beträchtlicher Teil der Erbschaft übrig bleibt und an Septidus gelangt. Zweck eines fideicommissum eius quod superest war nicht, den Erben das Recht zu geben, die Erbschaft ohne nachteilige Folgen so weitgehend wie möglich zu verbrauchen, sondern vielmehr, die Abwicklung des Fideikommiß zu vereinfachen39 . Da Mutter und Onkel aber einen Großteil der Erbschaft verbrauchten, verstießen sie gegen den Geist des Fideikommiß. Deshalb wird die Forderung der Mutter und des Onkels gegen Lucius Titius nicht mehr berücksichtigt4°. Es ist in der modernen Romanistik oft vorgebracht worden, Scaevola und Tryphonin hätte hier eine condictio gewährt, weil sie von petitio und repetitio sprechen41 . Petitio ist jedoch terminus technicus für die in der cognitio extra 34 Beseler 454 will das non streichen. Diese Entscheidung wäre durchaus auch möglich (je nachdem wie negativ man den übermäßigen Verbrauch durch Mutter und Onkel bewertet); so auch Daube 300 f.

35 36

Die Erklärung Sciascias 117 ff. entbehrt jeder Andeutung im Sachverhalt. Deshalb ist die Einordnung des Fragments in das 15. Buch der Digesten Scaevolas (Lenel: de legaris erjideicommissis wahrscheinlicher (so auch Krüger). 37 Siehe fur das in unserem Fall vorliegende Fideikommiss: Pap (19 quaest D 36.1.56(54): .. verbis enimjideicommissi (sc. eius quod superesl bonamjidem inesse conslal. 38 Ebenso Kretschmar 33 58_ 39 D 31.70.3; D 36. 1.60(58).8: die Zuordnung einzelner Gegenstände zum Fideikommiß sollte wohl vereinfacht werden. 40 Im Ergebnis ebenso Daube 302, Klami, Entscheidungen 33 f., ders., St. Biscardi 226 f. Auch cuius .. proponunrur ist wahrscheinlich klassisch: intereiderar ist als Plusquamperfekt stets vorzeitig; vgl. Hojfmann/Szanryr § 179 (320), § 297 II (548) zum Imperfekt erar; die repelitio entsteht also erst, als Septicius die Gegenstände erlangt (auch possetfit ist vorzeitig zu petere possinr). Insofern sind die Bedenken Daubes 302 ff. nicht angebracht. Der letzte Satzteil muß nicht auf die konkrete Personenkonstellation bezogen sein (so aber Daube 302 f.; Klami, Entscheidungen 34: erst die Erben, die nicht zu viel verbraucht haben, machen den Anspruch geltend). Er stellt vielmehr allgemein fest, daß in den Fällen des Fideikommiß eius quod superest nur daM die durch Konfusion erloschenen Forderungen berücksichtigt werden, wenn die Erben nicht zu viel verbraucht haben. 41 So etwa Kretschmar 33 58 , Beseler 484, Solazzi 68, Schulz 179 (zu dessen Fehlverständnis aber Daube 301), Daube 299 unter Hinweis auf die palingenetische Einordnung. II Kieß

162

§ 14. Die Konfusion beim Fideikommiß

ordinaria aufgrund eines Fideikommiß geltend gemachten .Klagen42 • Deshalb

ist es richtig, wenn Scaevola und Tryphonin in diesem Zusammenhang mit

petitio die von uns so genannte actio fideicommissaria bezeichnen43 . Das

Fragment ist also mitsamt der Note Tryphonins klassisch44 : Grundsätzlich wird von Scaevola und Tryphonin bestätigt, daß eine durch Konfusion erloschene Forderung im Rahmen der actio fideicommissaria zu berücksichtigen ist. Spricht jedoch im Einzelfall die Billigkeit gegen eine Berücksichtigung, so scheuen sich die Juristen nicht, die actio fideicommissaria zu versagen.

5. Auch nach Pap D 36.1.60(58)pr. wird nicht die ursprüngliche durch Konfusion erloschene Forderung wiederbegründet, sondern eine neue Forderung aus der actio fideicommissaria gewährt; auch Papinian stellt fest, daß eine durch Konfusion erloschene Forderung nicht aufgrund des SC Trebellianum restituiert werden kann. In dem von ihm behandelten Fall ist jedoch nicht die Forderung des Erblassers gegen den Erben, sondern eine Forderung des Erblassers gegen einen Dritten durch Konfusion erloschen, nachdem der Erbe die Erbschaft des Erblassers erworben hat: Pap (9 quaest) D 36.1. 60(58)pr. Deducta parte quarta restituere rogatus hereditatem, prius quam restitueret, hereditario debitori heres extitit. quoniam actio eo confusa per Trebellianum redintegrari non potest, pecumae quoque debitae dodrans ex causa fideicommissi petetur. sed in eum diem. quo actio confusa est, usurae praeteriti temporis. quae in obligatione vel in officio iudicis fuerunt, computabuntur: posteriores ita demum, si mora fideicommisso facta sit45 .

Der Erblasser hat eine Forderung gegen einen Schuldner. Er setzt einen Dritten zum Erben ein und verpflichtet ihn, die Erbschaft unter Abzug eines Viertels an den Fideikommissar herauszugeben. Bevor der Erbe die Erbschaft an den Fideikommissar herausgibt. beerbt er auch den Schuldner des Erblassers. Dadurch erlischt die eingangs erwähnte Forderung durch Konfusion. Weil diese durch Konfusion erloschene Forderung mit dem SC Trebellianum nicht wiederhergestellt werden könne, kann nach Papinian der Fi42 Vgl. dazu Johnston (o. 17) 222 f. und 6, Kaser RZ § 73 I (383 f.); Pap D 36.1.60(58)pr. (s.u. 5): e:x causajideicommissi petetur, VTR D 834 f., 838. 43 Wie hier Klami, Entscheidungen 33 f. Falsch auch Cugia 178: actio e:x stipulatu bei Scaevola, condictio bei Tryphonin. Seidl 239 etwägt ein Wiederaufleben der Forderung. 44 Die Echtheit der Noten Tryphonins ist umstritten: Schulz, Symb. Lenel (1935) 179 ff., Solazzi 69 halten sie fiir nachklassisch; dagegen Klami, Entscheidungen 92 f. Der Teil, der Scaevola zugeschrieben wird, wird allgemein filr echt gehalten; so schon SamJer 201 , Daube 301 f., Klami, Entscheidungen 33 f., Biondi 454 1. K.lamis Interpretation istjedoch falsch: Es ist sehr unwahrscheinlich, daß Scaevola etwogen hat, ob die repetitio .fideicommissi. überhaupt auf die Erben übergeht (so aber Klami, Entscheidungen 33 f., ders., St. Biscardi IV 226, Horak 422 13); gegen eine Vererblichkeit würde überhaupt nichts sprechen. 45 Dazu: Kretschmar, Konfusion (1899) 117 23; Cugia, corso (1943) 181 f.; Daube, SZ 74 (1957) 310 ff.; Liebs, Iura 32 (1981) 285.

I. Die Rechtslage nach dem SC Trebellianum

163

deikommissar drei Viertel der Forderung er causa fideicommissi verlangen. Nach Papinian kann der Fideikommissar darüberhinaus Zinsen für die durch Konfusion erloschene Forderung für die Zeit vor deren Erlöschen nur verlangen, wenn die Zinsen gerichtlich festgestellt waren oder vereinbart waren. Für die Zeit nach Erlöschen der Forderung durch Konfusion könne der Fideikommissar Zinsen nur verlangen, wenn der Erbe mit der Restitution der Erbschaft in Verzug sei. Weil der Erbe nur drei Viertel der Erbschaft restituieren muß, findet das SC Trebellianum Anwendung46 . Hätte der Erbe die Erbschaft vor dem zweiten Erbfall restituiert. wäre die Forderung gegen den Schuldner zu drei Viertel im Rahmen des trebellianischen Aktionenstransfers auf den Fideikommissar übergegangen47 • Die Forderung erlischt jedoch vor Restitution der Erbschaft durch Konfusion: Ein Aktionentransfer ist, wie Papinian ausdrücklich sagt, nicht mehr möglich. Deshalb gewährt Papinian dem Fideikommissar die actio fideicommissaria, die er hier mit er causa fideicommissi umschreibt48. Damit wird der Fideikommissar so gestellt, als wäre er von vomherein Erbe geworden: Dann nämlich wäre die Forderung gegen den Schuldner nicht durch Konfusion erloschen49 • Mit seiner Entscheidung zu den Zinsen, die dem Fideikommissar zustehen können, macht Papinian deutlich, daß dem Fideikommissar nicht mehr die Klage zusteht. die ursprünglich dem Erblasser zustand: Der Fideikommissar kann Zinsen bis zum Erlöschen der Forderung durch Konfusion nur verlangen. wenn sie vor der Konfusion schon begründet waren50 . Für die Zeit nach der Konfusion und nach der Restitution erhält der Fideikommissar nur noch Zinsen. wenn der Erbe mit der Restitution in Verzug war: das sind aber Zinsen für das Fideikommiß selbst, mithin für die actio fideicommissaria 51 • Hätte Papinian entschieden, daß mit der actio fideicommissaria die ursprüngliche. durch Konfusion erloschene Forderung wiederbegründet wird. dann hätte er entscheiden müssen. daß der Fideikommissar auch schon für die Zeit vor der Restitution Zinsen hätte verlangen können. Auch Papinian gewährt dem Fideikommissar also keine actio utilis im Rahmen des SC Trebellianum: er verweist ihn vielmehr auf die actio fideicommissaria. Weiterhin stellt er fest. daß die ursprüngliche Forderung nicht 46 Vgl. Gai D 255.

47 Vgl. Manthe (o. 2) 78 f.

48 Vgl. zur Terminologie o. 17. 49 Wie hier

Cugia 181. 50 Nur wenn sie in obligalione vel in officio iudicis waren; vgl. Paul D 19.2.54pr. und Herrn D 19. 1.49.1. 51 Ebenso Kretschmar 117 23 .

164

§ 14. Die Konfusion beim Fideikommiß

wiederbegründet wird. In diesem von Papinian behandelten Fall erlischt die Erblasserforderung nach dem Erbfall durch Konfusion. Er wird aber ebenso entschieden haben, wenn eine Forderung des Erblassers gegen den Erbe mit Antritt der Erbschaft durch Konfusion erlischt52. 6. In einem berühmten Fragment untersucht Paulus einen anderen Fall: Der Erbe ist Gläubiger des Erblassers und hat diese Forderung mit einem Pfandrecht gesichert. Paulus untersucht die Frage, ob der Erbe im Rahmen der Restitution der Erbschaft auf dieses Pfandrecht zurückgreifen kann. Bisher ist bei der Interpretation des Fragments meist übersehen worden, daß es entscheidend um die Frage der Berücksichtigung eines durch Konfusion erloschenen Pfandrechts beim Fideikommiß geht. Paul (4 quaest) D 36.1.61(59)pr. Debitor sub pignore creditorem heredem instituit eumque rogavit restituere hereditatem tiliae suae, id est testatoris: cum nollet adire ut suspectam, coactus iussu praetoris adit et restituit: cum emptorem pignoris non inveniret, desiderabat permilli sibi iure dominii id possidere. respondi: aditione quidem hereditatis confusa obligatio est: videamus autem, ne et pignus liberatum sit sublata [naturali)53 obligatione. atquin sive possidet creditor actor idemque heres rem sive non possidet, videamus de effectu rei. et si possidet, nulla actione a fideicommissario conveniri potest, neque pigneraticia, quoniam hereditaria est actio, neque fideicommissum, quasi minus restituerit, recte petetur: quod eveniret, si nullum pignus intercessisset: possidet enim eam rem quasi creditor. sed et si fideicommissarius rem teneat. et hic Serviana actio tenebit: verum est enim non esse solutam pecuniam, quemadmodum dicimus, cum amissa est actio propter exceptionem. igitur non tantum retentio. sed etiam petitio pignoris nomine competit et solutum non repetetur. [remanet propter pignus naturalis obligatio]. in re autem integra non putarem compellendum adire, nisi prius de indemnitate esset ei cautum vel soluta pecunia esset: nam et cum de lucro heres scriptus a sit, quod forte legatum accepit, si heres non extitisset, responsum est non esse cogendum adire nisi legato praestito. ubi quidem potuit dici nec cogendum esse heredem adire quodammodo contra voluntatem defuncti , qui legando heredi, si non adisset, in ipsius voluntate posuit aditionem: sed cum testator alterotrum dederit, nos utrumque ei praestamus54 .

52 Ebenso Daube 311; anders Liebs 285, dessen Interpretation des eo nicht überzeugt.

53 Naturali ist nachklassisch: mit obligatio kann nur die Forderung zwischen Erbe und Erblasser gemeint sein. Es gibt keinen Hinweis darauf, daß diese natural ist. Der Bearbeiter hat vielmehr wegen der später im Text erwähnten naturalis obligalio angenommen, diese habe schon vor dem Erbfall bestanden. Wie hier schon Beseler IV 184, Comioley 237, Carrelli 41, Rani 39 f. 54 Dazu: Francke, Civilistische Abhandlungen (1826) 86 ff.; Wening-lngenheim, AcP 6 (1831) 144 ff.; Savigny, System des heutigen Römischen Rechts V (1841) 392 f.; Bache/, Civilrechtliche Erörterungen I (2. Aufl. 1847) 59 ff.; Erman, SZ 13 (1892) 197 2 ; Kretschmar, Konfusion (1899) 32 f., 123 ff.; Fbrard~, Die Digestenfragmente ad formulam hypothecariam und die Hypothekarrezeption (1917) 66 6 '; Levy, Konk. I (1918) 361 5; Beseler IV (1920) 183 f. ; Kahler, SZ 42 (1921) 528 f.;.Siber, Fs. L. Mitteis (1926) 70; Pringsheim, SZ 46 (1926) 361 ; Ratti, SulJ'accessorieta del pegno (1927) 34 ff.; Beseler, SZ 51 (1931) 74 f.; Carrelli, Sulla accessorieta del pegno nel diritto romano (1934) 35 ff.; Solazzi, estinz. (1935) 298, 310; Cugia, corso (1943) 205 ff.;

I. Die Rechtslage nach dem SC Trebellianum

165

Der Erblasser bestellt seinem Gläubiger ein Pfandrecht: er setzt den Gläubiger zu seinem Erben ein und ordnet ein Universalfideikommiß zugunsten seiner eigenen Tochter55 an. Der Erbe will die Erbschaft nach dem Tod des Erblassers nicht antreten, weil er sie für überschuldet hält: er wird dazu aber vom Prätor aufgrund des SC Pegasianum gezwungen56 . Daraufhin gibt er die Erbschaft, wie vom Erblasser angeordnet, an die Tochter heraus. Offenbar ist der Erbe jedoch weiterhin im Besitz der Pfandsache, die er zu verwerten sucht. Dieser Versuch scheitert jedoch, worauf der Erbe einen Antrag auf Erwerb des Eigentums an der Pfandsache stellt57 . Nachdem Paulus zunächst feststellt, daß die Forderung durch Konfusion erloschen sei, wirft er überraschenderweise dennoch die Frage auf, ob auch das Pfandrecht erloschen sei 58 . In seiner Antwort auf diese Frage untersucht Paulus, ob der Erbe die Pfandsache von der Tochter herausverlangen könnte, wenn diese Besitzerin der Pfandsache wäre, oder ob die Tochter die Pfandsache vom Erben herausverlangen kann. Wäre der Erbe Besitzer, würde nach Paulus die actio pigneraticia der Tochter scheitern, da die Klage eine erbrechtliche sei. Die actio fideicommissaria der Tochter würde scheitern, weil der Erbe nicht zuwenig herausgegeben habe; das Pfandrecht habe nämlich bestanden. Wäre jedoch die Tochter Besitzerin der Pfandsache, so stünde dem Erben die actio Serviana zu, weil noch nicht gezahlt worden sei. Da also in beiden Fällen der Erbe im Verhältnis zur Tochter einen Anspruch auf die Pfandsache habe, könne dieser das Eigentum an der Pfandsache verlangen59 . Wegen des Pfandrechts bestehe auch eine naturaUs obligatio60 • Am Ende des Fragments kritisiert Paulus den Prätor: er hätte den Erben nur gegen Sicherheitsleistung oder Zahlung zum Antritt der Erbschaft zwingen dürfen. Er begründet seine Kritik mit einem weiteren Fall: Ein Erbe wird mit einem Fideikommiß belastet: für den Fall, daß er die Erbschaft nicht anvon Lübtow, Schenkungen der Eltern an ihre minderjährigen Kinder und der Vorbehalt dinglicher Rechte (1949) 80 tT.; Schwarz, AcP 152 (1952/53) 205; Rabel, Grundz. (2. Aufl. 1955) 165; Wesenberg, Symb. Taubenschlag (1957) 561; Daube, SZ 74 (1957) 295 tT.; Belli, SD 28 (1962) 20 tT.; Longo, Ricerche sull'"obligatio naturalis" (1962) 208 tT; Frezza li (1963) 104 ff.; Comioley, Naturalis obligatio (1964) 236 tT.; Flume. SZ 82 (1965) 392; Kaser SZ 83 (1966) 470. 55 Allgemein wird das sachlich unerhebliche id esl leslaloris fiir glossiert gehalten; vgl. etwa Beseler, SZ 51 , 74, Frezza I 04, von Lübtow 80; dies ist nicht zwingend. 56 Vgl. dazu Manthe (o. 2) 85 tT. 57 Dieser Antrag wurde als impetratio dnminii bezeichnet; vgl. auch Alex 229 C 8.33.1.

58 Comioley 238 f. will diesen Satz als Aufforderung verstehen: "sehen wir zu, daß das Pfandrecht nicht befreit sei!" 59 Anders Carrelli 46 f. : die Tochter habe einen Anspruch auf die Pfandsache. 60 Von Lübtow 81 liest: remanet ergo proprer formulam pignus .

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§ 14. Die Konfusion beim Fideikommiß

tritt, erhält er ein Legat. Hier sei entschieden worden, daß der Erbe nur gegen Gewährung des Legats zum Antritt gezwungen werden könne61 • Aber auch diese Entscheidung kritisiert Paulus: Läßt der Erblasser dem Erben durch alternative Verfügungen im Testament die Wahl, ob er antreten wolle oder nicht, so könne der Erbe überhaupt nicht zum Antritt gezwungen werden. Auf den Ausgangssachverhalt bezogen stellt Paulus also klar: Er behandelt nicht die Frage, wie der Sachverhalt richtig zu lösen sei, vielmehr versucht er die falsche Entscheidung des Prätors zu korrigieren62 . In diesem Zusammenhang stellt er fest, daß die Forderung zwischen Erbe und Erblasser zwar durch Konfusion erloschen sei63 • als der Erbe die Erbschaft unter Zwang angetreten habe64 , dem Erben aber dennoch die Pfandsache zustehe65 . Zu diesem Ergebnis gelangt Paulus, indem er untersucht, ob die Tochter vom Erben oder der Erbe von der Tochter die Pfandsache herausverlangen könne. Nach Paulus würde eine actio pigneraticia der Tochter gegen den Erben scheitern, weil diese Klage eine erbrechtliche sei. Paulus nennt die Klage erbrechtlich, weil sie dem Erblasser gegen den Erben zustand; mit ihr hätte der Erblasser vom Erben die Pfandsache herausverlangen können, wenn er die zugrundeliegende Forderung bezahlt hätte66 • Diese Forderung ist durch Konfusion erloschen. Wie jede andere durch Konfusion erloschene Forderung hätte die Tochter die actio pigneraticia allenfalls im Rahmen der actio fideicommissaria geltend machen können: Hätte sie die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung erfüllt, hätte sie aufgrund der actio fideicommissaria einen Anspruch auf Rückgabe der Pfandsache gehabt67 . Auch diese actio erwägt Paulus; er lehnt sie jedoch ab: Der Erbe hat als Gläubiger des Erblassers das Recht, den Betrag der Forderung, die durch Konfusion erlischt, bei Herausgabe der Erbschaft an die Tochter zurückzubehalten68 . Nach Paulus hat er dann auch das Recht, statt des Betrags der Forderung die Pfandsache zurück6! Dieser Fall ist überliefert in Iu! D 36.1.28(27).15. 62 Ebenso Daube 296, Comioley 239, Frezza 106. Auch nach Cugia 206 ist der Fideikommissar verpflichtet, Kautionen zu leisten. 63 Zu diesem Textteil überzeugend Kühler 528 f. gegen Beseler IV 183. 64 Da der Erbe die Erbschaft nur gezwungenermaßen antritt, ist das SC Trebellianum anzuwenden; vgl. Manrhe (o. 2) 85 ff. 65 Anders Solaui 310: das Pfandrecht erlösche nie, wenn die gesicherte Forderung durch Konfusion erlischt; so auch Wesenberg 561. Wening-lngelheim 148 nimmt ein relatives Fortbestehen des Pfandrechts an. 66 Vgl. Kaser RP I § 127 I (536 f.). 67 Vgl. dazu o. 2. Ebenso Kretschmar 33, Bachel 61. Anders Cugia 207 (quoniam .. actio]: die actio pigneraticia scheitere, weil nicht gezahlt worden sei; das Pfandrecht bestehe fort, weil es als prätorisches Recht nicht erlösche, wenn die gesicherte Forderung durch Konfusion erlischt; ebenso Solaui 310; dazu aber o. § 4 25 . 68 Vgl. o. I; Marce D 36.1.46(44)pr.; so auch Solaui 298.

I. Die Rechtslage nach dem SC Trebellianum

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zubehalten, mit der die Forderung vor dem Erbfall gesichert wurde 69 . Paulus gewährt dem Erben gegenüber der Tochter also im Rahmen der actio fideicommissaria die Wahl, ob er den Betrag der Forderung oder die Pfandsache zurückbehalten will: Damit stellt er den Erben im Verhältnis zur Tochter, als ob die Tochter selbst Erbin des Erblassers geworden wäre70 . Wäre die Tochter Erbin geworden, hätte der tatsächliche Erbe auch entweder die Forderung oder das Pfandrecht geltend machen können. Ist also der Erbe Besitzer der Pfandsache, so kann die Tochter die Pfandsache nicht von ihm herausverlangen. Wäre jedoch die Tochter Besitzerin der Pfandsache, so stünde dem Erben nach Paulus die actio Serviana zu: Wir haben schon oben bei Paul D 44.2.30.1 gesehen, daß die Serviana nach ihrem Wortlaut dem Pfandgläubiger weiterhin zusteht, obwohl das dingliche Pfandrecht durch Konfusion erloschen ist1 1 . Auch in unserem Fall wendet Paulus diese Argumentation an72 : der Erbe hat also weiterhin die Serviana und könnte die Pfandsache von der Tochter herausverlangen73 . Wir halten als Ergebnis fest: Obwohl das Pfandrecht eigentlich durch Konfusion erlischt, kann der Erbe die Pfandsache dennoch behalten und die impetratio dominii beantragen. Die im Text überlieferte Schlußfolgerung: remanet propter pignus naturaUs obligatio ist jedoch nachklassisch eingefügt14 . Paulus benötigt keine naturaUs obligatio, um sein Ergebnis zu begründen: Seine Argumentation mit dem Wortlaut der Serviana setzt eine naturaUs obligatio, die durch das Pfandrecht gesichert wird, nicht voraus 75 . Unser Fragment macht also für die Behandlung eines durch Konfusion erloschenen Pfandrechts des Erben beim Fideikommiß zwei wesentliche Aussa69 Ebenso Büchel 62. Ratti 41, Freu.a 108: der Erbe darf als Gläubiger (quasi creditor) die Pfandsache zurückbehalten. 70 Gegen ein Wahlrecht Solav.i 298. 71 Vgl. o . § 3 II.

72 So auch Solav.i 298, 310, Pringsheim 361, Beseler, SZ 51, 75, Schwarz 205, Siber 70 und Rabe/ 165. Paulus vergleicht die einschlägige Klausel nur in ihrer Wirkung mit einer exceptio. Daube hält die Entscheidung filr eine "artificial construction"; Savigny 392 filr eine "subtile Behandlung des Edikts" . 73 Konsequenterweise hätte Paulus die Serviana nur im Rahmen der actio jideicommissaria gewähren dürfen. 74 So Schwarz 205 , Siber 70, Beseler IV 183 f., Ebrard 66 67 , Flume 392; anders Levy 361 5: "ein wohl über das Denkvermögen der Kompilatoren hinausgehender und deshalb (sie !) schon echter Satz", Pringsheim 361. 75 Anders Daube 298: die Tochter könne, müsse aber nicht die Forderung erfilllen. Darum liege eine naturalis obligatio vor (So auch Longo 216; Kretschmar 127 ff, m.w.N. in 126 38 ). Auf jeden Fall abzulehnen ist die Ansicht, nach Konfusion der Forderung würde immer eine naturalis obligatio entstehen; so aber die in Kretschmar 126 38 Genannten, Francke 93 f.; noch immer: Freu.a 109 f. ; Kaser SZ 83, 470. Dagegen jedoch überzeugend Kretschmar 126 f.

168

§ 14. Die Konfusion beim Fideikommiß

gen: Zum einen hat der Erbe im Rahmen der actio fideicommissaria die Wahl, ob er den Betrag der Forderung oder die Pfandsache zurückbehalten will: Erbe und Fideikommissar werden inter partes so gestellt, als sei der Fideikommissar Erbe geworden. Zum anderen steht dem Erben nach Paulus die Serviana weiterhin zu, weil der Wortlaut der Serviana das Erlöschen des Pfandrechts durch Konfusion nicht berücksichtigt16 . Paulus legt also in D 36.1.61(59)pr. den Schwerpunkt seiner Argumentation auf die Frage, wie das durch Konfusion erloschene Pfandrecht im Rahmen der actio fideicommissaria zu berücksichtigen ist. 7. Wir fassen zusammen: War der Erbe Gläubiger des Erblassers, dann kann er den Betrag der Forderung zurückbehalten, wenn er die Erbschaft an den Fideikommissar aufgrund des SC Trebellianum herausgibt. Die Juristen verweigern jedoch das Zurückbehaltungsrecht, wenn ein solches Recht, wie in Scaev D 36.1.82(80) der Billigkeit widerspräche. Durch Konfusion erloschene Dienstbarkeiten müssen immer wiederbegründet werden77 . Stand dem Erben vor dem Erbfall ein Pfandrecht für die erloschene Forderung zu, so kann er statt des Betrages der Forderung die Pfandsache zurückbehalten. War der Erblasser Gläubiger des Erben, so kann der Fideikommissar den Betrag der Forderung vom Erben verlangen. All dies wird im Rahmen der actio fideicommissaria entschieden: Auf der Grundlage der actio fideicommissaria werden Erbe und Fideikornmissar so gestellt als sei der Fideikornmissar Erbe geworden. Der Fideikornmissar muß dem Erben gewähren, was der Erblasser dem Erben schuldete; der Erbe muß herausgeben, was er dem Erblasser schuldete. Die actio fideicommissaria war im Kognitionsverfahren ein ideales Mittel zur Berücksichtigung der durch Konfusion erloschenen Klagen: Sie setzte anders als der trebellianische Aktionentransfer nicht voraus, daß die zu berücksichtigende Forderung bei Restitution der Erbschaft noch bestand.

II. Die Rechtslage nach dem SC Pegasianum Muß der Erbe mehr als drei Viertel der Erbschaft herausgeben und tritt er die Erbschaft dennoch freiwillig an. so kann er nach dem SC Pegasianum die pegasianische Quart zurückbehalten, die wie die falzidische Quart berechnet

76 So auch Erman 197 2: bei Konfusion fiel die actio Serviana zwar nicht weg, sie wurde aber regelmäßig prätorisch denegiert; in unserem Fall verweigere aber Paulus die Denegation aus Billigkeit. 77 Vgl. Maecian D 36.1.75(73).1.

I. Die Rechtslage nach dem SC Trebellianum

169

wird78 . Bei der Berechnung der falzidischen Quart wurde, wie wir gesehen haben79 , die durch Konfusion erloschenen Forderungen berücksichtigt. Es ist daher anzunehmen, daß durch Konfusion erloschene Forderungen auch bei der Berechnung der pegasianischen Quart berücksichtigt wurden. Der um die pegasianische Quart bereinigten Rest der Erbschaft mußte restituiert werden: die Gegenstände wurden übereignet. die Forderungen aufgrund der stipulationes partis et pro parte übertragen. Deren Wortlaut entsprach in den für unser Thema entscheidenden Klauseln dem Wortlaut der stipulationes emptae et venditae hereditatis80 • Wie wir bei diesen Stipulationen gesehen haben, wurden durch Konfusion erloschene Forderungen nicht berücksichtigt81. Die durch Konfusion erloschenen Forderungen werden folglich wie bei der Restitution nach dem SC Trebellianum behandelt: Auch bei der Restitution der Erbschaft nach dem SC Pegasianum erhält also der Erbe, der Gläubiger des Erblassers war, ein Zurückbehaltungsrecht82 • Übt er dieses Recht nicht aus, so war die erloschene Forderung wie in D 36. 1.61(59)pr. im Rahmen der actio fideicommissaria zu berücksichtigen. War der Erblasser Gläubiger des Erben, dann kann der Fideikommissar mit der actio fideicommissaria die Erfüllung der Forderung in Höhe von drei Viertel ihres Betrages verlangen. Die Behandlung der durch Konfusion erloschenen Forderungen ist also bei einer Restitution der Erbschaft sowohl nach dem SC Trebellianum als auch nach dem SC Pegasianum gleich.

78 Vgl. den Wortlaut des SC Pegasianum: proinde ei liceat quanam panem retinere, atque e lege Falcidia in legatis retinenda conceditur. Zum Wortlaut des Senalus consultum vgl. Manthe (o. 2) 42 f. 79 Vgl. o. § II.

80 Vgl. überzeugend

Manthe 6! f.

81 Vgl.o.§l301 , 012.

82 Vgl. dazu lul (I ad Urs Fer) D 30.104.7: Si socero a genero suo herui.e instituto pars hereditatis alii Legara .fuisset, de®cta date eum debiturum esse panem hereditatis legatam Sabinus respondit, quemadmo®m, si pecunia ex crediti causa socero debita .fuisset, ea de®cta panem hereditatis daturus .fuisset. Der Erbe hat ein Zurückbehaltungsrecht; so auch Manthe (o. 2) 56 10 u. 13.

§ 15. Konfusion bei Erbenmehrheit

I. Der Erblasser als Schuldner Setzte der Schuldner seinen Gläubiger zum Miterben ein, hing die Konfusion der Forderung von ihrer Teilbarkeit ab. 1. Teilbare Forderungen Eine teilbare Verbindlichkeit zerfiel mit dem Erbfall ipso iure im Verhältnis der Erbquoten in selbständige Verbindlichkeiten der Miterben1• Der miterbende Gläubiger wurde damit in Höbe seiner Erbquote Schuldner seiner eigenen Forderung, so daß sie in dieser Höhe durch Konfusion erlosch. Dies ist die Grundlage der Entscheidung in Pap (37 quaest) D 46.1 . 50: Debitori creditor pro parte heres extitit accepto coherede fideiussore: quod ad ipsius quidem portionem attinet, obligatio ratione confusionis intercidit [aut (quod est verius) solutionis potestate]. sed pro parte coheredis obligatio salva est non fideiussoria, sed hereditaria quoniam maior tollit minorem2.

Ein Gläubiger sicherte seine Forderung mit einer Bürgschaft. Der Schuldner setzte Gläubiger und Bürge zu seinen Erben ein. Da die Verbindlichkeit teilbar war, wurden nach der Regel nomina ipso iure divisa die Miterben Schuldner der Forderung. Papinian entscheidet, daß die Verbindlichkeit, soweit sie auf den Gläubiger übergeht, durch Konfusion erlischt3; soweit sie auf den Miterben und Bürgen übergeht, bleibt sie bestehen. Soweit die Verbindlichkeit durch Konfusion erlischt, erlischt kraft Akzessorietät auch die Bürgschaftsforderung, soweit aber die Verbindlichkeit auf den Bürgen übergegan1 Vgl. Kaser RP I§ 181 0 (733). 2 Dazu: Beseler V (1931) 80; Solazzi, estinz. (1935) 284; Wesenberg, Zusammenfall (1935) 26 f.; Cu~ia, corso (1943) 129; Wesenberg, Symb. Taubenschlag (1957) 557 f. ; Betti, SD 28 (1962) 20 8; Frezza I (1962) 149 f. 3 Mit ipse wird hier der Gläubiger bezeichnet; ebenso Cugia 129. Die Klausel quod ad ipsius quidem ponionem altinel ist daher nicht interpoliert; anders Beseler 80 und Wesenberg , Zusammenfall 27 (wie hier jedoch in Symb. Taubenschlag 557)

I. Der Erblasser als Schuldner

171

gen ist, erlischt die Bürgschaftsforderung aufgrund 'unechter Bürgschaftskonfusion'4. Bei teilbaren Forderungen blieb demnach dem miterbenden Gläubiger ein Anspruch gegen die Miterben in Höhe ihrer Erbquoten5 • Der Text ist nachklassisch überarbeitet: aut (quod est verius) solutionis potestate ist offenbar eine Glosse6 . Sie ist grammatikalisch keine 'disjunktive

Beiordnung' 7 ; als solche wäre sie sinnlos. Sie ist vielmehr eine Berichtigung des vorangehenden ratione confusionis8• Sie will zum Ausdruck bringen, daß die Forderung erlischt 'in Wahrheit' nicht durch Konfusion, sondern durch Leistung. Der Glossator sah also in der Konfusion einen Fall der solutio. Für die Entscheidung ist dieser Gesichtspunkt ohne Belang und im Duktus der Stelle störend. 2. Unteilbare Forderungen

Bei einer unteilbaren Forderung werden Miterben mit dem Erbfall Gesamtschuldner: Der Gläubiger kann von jedem Miterben die Erfüllung der gesamten Forderung verlangen. Wird ein Miterbe in Anspruch genommen, kann er von den anderen Miterben Ausgleich im Rahmen der actio familiae erciscundae verlangen. Ist der Gläubiger des Erblassers Miterbe, so kann er auch weiterhin die gesamte Forderung geltend machen, auch er ist seinen Miterben im Rahmen der actio familiae erciscundae zum Ausgleich verpflichtet. Dies ist Grundlage von Scaevola (5 resp) D 45.1.135.3: Ea lege donatum sibi esse a Seia servum et [traditum) < mancipio daturn> 9, ut ne ad fratrem eius aut filium aut uxorem aut socrum perveniret, scripsit et haec ita stipulante Seia spopondit 4 Dazu o. § 9 I. Zur 'Pienioritätslehre', die von Papinian verwendet wird o. § 9 II. Wie Papinian entscheidet Marce D 46.1.24 (dazu o. § 9 IV 2). 5 Mehrere Konstitutionen bestätigen diese Entscheidung: Sev et Ant 205 C 8.45(44).2: .. adversus coheredes tuos .. pro portione hereditaria; Ant 218 C 2.19(18).7: .. in reliquis decem unciis adversus coheredem compelil tibi pelilio; Gord 241 C 4.16.1 .. pecuniam . . ab heredibus eius, coheredibus tuis, pro parte tibi campeienie petere debes; Diocl et Max 299 C 7. 72.7: .. debitum a coheredibus pro besse petere non prohibetur, cum ultra eam portionem, qua successil, actio non confundatur; dies. auch 293/302 C 4.16. 5. Das pelere und petitio weist nicht auf eine hereditalis petitio hin; dazu u. 26 . 6 Ebenso Wesenberg, Zusammenfa1127, ders., Symb. Taubenschlag 557, Solazzi 284, Belli 20 18, Cugia 129, Frezza 150. 7 Kühner/Stegmann, Ausfuhrliehe Grammatik der lateinischen Sprache II (4. Aufl. 1962) 100. 8 Vgl. ebd., 101. 9 Vgl. Pemice 146 3, Mommsen, Knüte/282 7, bezweifelt von Miche/271 f.

172

§ 15. Konfusion bei Erbenmehrheit

Titius, qui post biennium heredes reliquit Seiam et fratrem, cui ne serviret, expressum erat: quaeritur, an Seia cum fratre et coherede ex stipulatu agere possit. respondit posse in id quod eius interest10.

Seia schenkt und manzipiert dem Titius einen Sklaven unter einer Auflage: Titius hat dafür Sorge zu tragen, daß der Sklave nicht an seinen Bruder, seinen Sohn, seine Ehefrau oder seine Schwiegermutter gelangt. Zur Sicherung des Vollzugs dieser Auflage läßt sich Seia von Titius eine stipulatio poenae versprechenll. Danach setzt Titius Seia und seinen Bruder zu Erben ein; außerdem verfügt er in seinem Testament, daß der geschenkte Sklave nicht dem Bruder dienen solle. Nach zwei Jahren verstirbt Titius; Seia und der Bruder des Titius treten die Erbschaft an. Nach Scaevola kann Seia den Bruder des Titius aus der stipulatio poenae in Anspruch nehmen. Mit Antritt der Erbschaft werden Seia und der Bruder des Titius Schuldner der stipulatio poenae12 • Wäre die stipulatio poenae teilbar, würde sie unter den Miterben entsprechend deren Erbquoten aufgeteilt. Eine stipulatio poenae ist aber nur teilbar, wenn sie eine teilbare Leistung sichert13 . In unserem Fall sichert die stipulatio poenae ein nicht teilbares non facere 14 • Die Stipulation zugunsten von Seia ist also auch nach dem Antritt der Erbschaft ungeteilt. Mit Antritt der Erbschaft verfällt nach Scaevola die Stipulation, obwohl Titius im Testament eine Teilungsanordnung verfügt hat, um den Verfall der Stipulation zu verhindern: Dies hätte er nach Scaevola jedoch nur erreichen können, wenn er den Bruder überhaupt nicht zum Erben eingesetzt oder aber den Sklaven mit Vindikationslegat einem Dritten vermacht hätte. Da die Stipulation verfällt, hätte Seia einen Anspruch gegen sich selbst und den Bruder des Titius als Gesamtschuldner. Da sie gleichzeitig Gläubigerin und Schuldnenn der Forderung ist, erlischt die Forderung, soweit sie als Schuldnenn betroffen ist: Seia kann die andere Forderung der Gesamtschuld dennoch in vollem Umfang gegen ihren Miterben, den Bruder des Titius geltend machen 15 . Dieser kann dann allenfalls im Rahmen der actio familiae erciscundae Ausgleich verlangen. 10 Dazu: Dazu: Pemice Labeo D1 I (1892) 146 3; Kretschmar, Konfusion (1899) 166 f.; Ugier, Varia 3 (1958) 220 4; Michel, Gratuite en droit romain ~ 962) 271 f., 276 30; Kaser RP I (1971) § 61 In (259 77); Knütel, Stipulatio poenae (1976) 282 u.?. 11 Zu dieser stipulatio poenae vgl. Knütel282 6 , Kaser 259, Ugier 220 4 . Weitere Beispiele fiir ein solches Strafversprechen: Scaev (18 dig) D 32.37.3; (28 dig) D 45. 1.122.2. 12 Zur Vererblichkeit dieser stipulatio poenae vgl. Knütel 85 mit weiterer Literatur. 13 Vgl. Frezza I (1962) 365. 14 So auch Kretschmar 167; vgl. Paul D 10.2.25.13. Wäre die Forderung teilbar, hätte Scaevola wohl auch darauf hingewiesen, wie dies die Juristen regelmäßig tun; vgl. etwa D 46.1.24; 50., D 10.2.51.1, C 8.45(44).2, C 2.19(18).7, C 4.16.1, C 7.72.7 und C 4.16.5. 15 Vgl. o. § 5 I.

II. Der Erblasser als Gläubiger

173

II. Der Erblasser als Gläubiger 1. Setzt der Gläubiger seinen Schuldner zum Miterben ein, so wird eine teilbare Forderung wie eine teilbare Verbindlichkeit ipso iure geteilt16 : Der Miterbe des Schuldners behält eine Forderung gegen den Schuldner in Höhe seiner Erbquote 17 . 2. Nach einer Entscheidung Julians kann der Miterbe des Schuldners seinen Teil der Forderung gegen den Schuldner jedoch nicht mit der ursprünglichen Klage, sondern nur mit der hereditatis petitio geltend machen: Iu! (8 dig) D 10.2.51.1 Si ego a te hereditatem petere vellem, tu mecum familiae erciscundae agere, ex causa utrique nostrum mos gerendus est: nam si ego totam hereditatem possideo et te ex parte dimidia heredem esse confiteor. sed a communione discedere volo, impetrare debeo familiae erciscundae iudicium. quia aliter dividi inter nos hereditas non potest. item si tu iustam causam habes, propter quam per hereditatis petitionem potius quam familiae erciscundae iudicium negotium distrahere velis, tibi quoque permittendum erit hereditatem petere: nam quaedam veniunt in hereditatis petitionem, quae in familiae erciscundae iudicio non deducuntur: veluti si ego debitor hereditarius sim, iudicio familiae erciscundae non consequeris id quod defuncto debui, per hereditatis petitionem consequeris 18 .

Nach Julian kann ein Miterbe die actio familiae erciscundae erheben, während der andere Miterbe gleichzeitig aus der hereditatis petitio klagt 19: Besitzt etwa der Miterbe Ego die gesamte Erbschaft, anerkennt er aber die Mitberechtigung des Tu, so müsse Ego auf die actio familiae erciscundae zurückgreifen, wenn er mit Tu die Erbschaft auseinandersetzen wolle, weil nur so die Erbschaft geteilt werden könne. Habe aber Tu einen berechtigten Grund, statt der actio familiae erciscundae die hereditatis petitio zu beantragen, so müsse ihm die hereditatis petitio auch gewährt werden, denn es gebe zur Erbschaft gehörende Rechte, die nicht von der actio familiae erciscundae erfaßt würden. So könne Tu etwa eine Forderung des Erblassers gegen Ego nicht

16 Vgl. Kaser RP I§ 179 I 3 (729). 17 Vgl. Iu! D 28.5.38.3 und Marci D 28.5.39: Cum venditor servum ante traditionem ab

emptore pro pane heredem scriprum adire iubet, restituere coheredi servi necesse est, quia lucrumfacere eius servi iure quem vendidit non debet. plane non totum quod adquisierit restituet, sed pro ea dumtaxat pane, qua servus coheredem habuerit. MARCIANUS: id est partem dimidiam servi et quanam hereditatis. Dazu Rastäner, Marcelli notae ad luliani Digestae (Diss. Freiburg 1980) 189 ff. : die actio empti erlischt mit dem Erbfall in Höhe der Erbquote des Sklaven durch Konfusion. weil der Sklave einen Teil der Erbschaft des Käufer fiir den Verkäufer erwirbt. 18 Dazu: Beseler, SZ 54 (1934) 13 f. ; Kaser, SZ 59 (1939) 75 2: Kaden , SZ 62 (1942) 446; Carcaterra, La hereditatis petitio (1940) 67; Kreller, SZ 71 (1954) 441; Kaser, SZ 72 (1955) 91 ZU 9 .

19 Zu morem gerere vgl. Kaser, SZ 59, 75 2 .

174

§ 15. Konfusion bei Erbenmehrheit

mit der actio familiae erciscundae, sondern vielmehr nur mit der hereditatis petitio geltend machen. Für unsere Untersuchung ist nur der letzte Satz von Bedeutung: Wir müssen annehmen, daß die Forderung des Erblassers gegen Ego teilbar war20 • Denn Julian21 gewährt Tu die hereditatis petitio, die der Prätor zum Schutz des Miterben gewährte22 • Tu kann, worauf Julian richtig hinweist, die Forderung nicht im Rahmen des iudicium familiae erciscundae geltend machen, denn in diesem Verfahren werden Forderungen nicht berücksichtigt23 . Tu kann jedoch auch nicht die ursprüngliche Klage des Erblassers in Höhe seiner Erbquote geltend machen. da einer solchen Klage die exceptio 'quod praeiudicium hereditati non fiat' entgegengesetzt werden könnte24 • Mit dieser exceptio soll verhindert werden, daß die Erbberechtigung eines Gläubigers bei Geltendmachung der actio für eine später möglicherweise stattfindende hereditatis petitio präjudiziell festgestellt wird; die Feststellung der Erbenstellung ist nämlich der hereditatis petitio vorbehalten25 . In unserem Fall ist Tu nur dann Gläubiger des Ego, wenn er auch Erbe ist. Weil die Erbenstellung des Tu also bei einer Klage festgestellt werden müßte, verweist Julian Tu auf die hereditatis petitio26 •

Carcaterra27 hat vorgebracht, zur Zeit Julians hätte ein Gläubiger die hereditatis petitio gegen einen Schuldner der Erbschaft nicht geltend machen können, wenn dieser, wie in unserem Fall, behauptete, die Forderung sei durch Konfusion erloschen. Unter dieser Voraussetzung wäre D 10.2.51.1

20 So auch Kaser RP I § 181 II (733 4 ); wäre die Forderung unteilbar, hätte Ego und Tu sie gemeinsam geltend machen müssen und den Erlös im Rahmen des iudiciumjamiliae erciscuntlile aufteilen müssen. 21 Nach Beseler 13 1 ist unser Fragment eine Paraphrase von D 5.4.7. Beseler stößt sich vor allem daran, daß im Einleitungssatz Ego die hereditatis petitio beantragt, während im weiteren Text Tu diese beantragt. Dieser Rollentausch entstand wahrscheinlich jedoch dadurch, daß die KompilatorenD 5.4.7 und D 10.2.51.1, die bei Julian aufeinander folgten (so auch Lenel Pa! 116), auseinanderrissen. Die Kompilatoren mußten zur Verständlichkeit des Fragments einen Einleitungssatz hinzufilgen. Dabei vertauschten sie die Rollen von Tu und Ego. 22 Vgl. dazu Ulp (5 ad ed) D 5.4.1pr.: Post actionem, quam proposuit praetor ei qui ad se solum hereditatem peninere contendit, consequens .fuit et ei proponere qui panem hereditatis petit. 23 Vgl. dazu Kaser RP I § 180 I 3 (729). 24 Vgl. zu dieser exceptio Kaser RP I § 182 I 7 (739) und RZ § 33 111 5 (185 f.); Gai IV 133. 25 Vgl. Ulp D 44.2.7.5. 26 War der Erblasser Schuldner eines Miterben, wird diese exceptio nicht angewendet, denn

Gegenstand der hereitatis petitio sind nur Aktiva des Erblassers. Eine präjudizielle Wirkung auf die hereditatis petitio scheidet daher aus. 27 AaO. 67.

ß. Der Erblasser als Gläubiger

175

nachklassisch bearbeitet. Dies ist jedoch nicht richtig28 . Vielmehr erfüllt die

hereditatis petitio gerade in der genannten Konstellation ihre ursprüngliche

Funktion als Erbprätendentenstreit29: Behauptet jemand, er sei von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Erblasser vollständig befreit, weil die Forderung durch Konfusion erloschen sei, so behauptet er damit inzident, Alleinerbe zu sein. Wenn dann ein anderer behauptet, ihm stünde entsprechend seiner Erbquote ein Teil der Forderung gegen den zu, der behauptet, Alleinerbe zu sein, so behauptet der andere, daß er Miterbe, jener mithin nicht Alleinerbe sei: dies ist ein Erbprätendentenstreit Wir müssen also annnehmen, daß im letzten Satz in D 10.2.51.1 Ego die Erbenstellung des Tu bestreitet. Dann steht fest, daß das et te ex parte dimidia heredem esse confiteor am Anfang des Fragments sich nicht auf unseren Fall bezieht; Julian behandelt also im letzten Satz einen neuen Sachverhalt. Denn Julian gewährt nur dann die hereditatis petitio, wenn der Miterbe behauptet. Alleinerbe zu sein. Bestreitet der Miterbe aber gegenüber seinem Miterben nur die Höhe der Forderung, so hat auch Julian, wie in D 28.5.38.3, nur die ursprüngliche Klage entsprechend der Erbquote gewähn.

28 So auch Kaden 446 , Kreller441, KaserSZ 72, 91 zu 9 . Die Quellen (Uip D 5.3.13.15; 16.3; Paul eod. 14; Gai eod. 15; u.ö.) sprechen in diesem Zusammenhang vom Beklagten der herediratis peririo als einem iun's possessor. Diesen Ausdruck hielt man seit Di Marzo , St. Moriani II (1905) 23 ff. fllr interpoliert, so noch Kunkel!Selb, Anh. § 17 10 (545 6). Dagegen Quadraro, Hereditatis petitio possessoria (1972) 76 ff. und Kaser, St. Sanfilippo ß (1982) 248 ff. ; ders., St. Biscardi ß (1982) 258 ff.; jeweils mit zahlreichen Hinweisen auf weitere Literatur. Letzterer hält die Figur des iuris possessor fllr eine klassische Denkhilfe und daher für echt. 29 Vgl. dazu Kaser RP I§ 182 I 3 (735).

4. Kapitel

Wirkung und historische Entwicklung der Konfusion § 16. Die Konfusion: ein selbständiger Erlöschensgrund

I. Einleitung Wir haben bei der Untersuchung der einzelnen Quellen gesehen, daß die klassischen Juristen das Erlöschen des Rechts durch Konfusion in keinem Fall in Frage stellen. Zu untersuchen bleibt, wie sich die Juristen den Vorgang der Konfusion vorgestellt haben. Dies soll in Auseinandersetzung mit den seit dem letzten Jahrhundert entwickelten Theorien geschehen. Die Frage, wie die Konfusion verstanden wurde, hat aus naheliegenden Gründen besonders die pandektistische Literatur des 19. Jahrhunderts beschäftigt. Weil die conjusio in den Quellen gelegentlich mit den Erlöseheustatbeständen der solutio und der compensatio verglichen wird, hat die Pandektenwissenschaft eine Reihe von "Theorien der Konfusion" entwickelt1, mit denen die Wirkung der conjusio aus der Wirkung der anderen Erlöseheustatbestände erkärt wurde. Dabei nahm man an, daß schon die klassische Jurisprudenz die Konfusion als einen Fall der solutio oder der compensatio angesehen habe, mithin die conjusio kein eigenständiger Erlöschenstatbestand sei. Einige Pandektenwissenschaftler haben darüberhinaus unabhängig von den Quellen weitere Theorien der Konfusion entwickelt, die der Konfusion eine eigenständige Wirkung zuschrieb: Sie betrachteten die conjusio als eigenständigen Erlöseheustatbestand und versuchten die Wirkung der confusio unabhängig von den in den Quellen gefundenen Vergleichen zu erklären. (dazu u. V.). Auch wurde behauptet, daß die klassischen Juristen das Erlöschen eines Rechts durch Konfusion einer eigenen Rechtsregel zuschrieben (dazu u. VI.). 1 Einen guten Überblick liefert von Kübel in seinem Teilentwurf des BGB, Schuldrecht, 18 Abs. I Titel V, 2 ff.; abgedruckt in Schuhen (Hg.), Vorentwürfe der Redaktoren zum BGB, Recht der Schuldverhältnisse, Teil 1, Allgemeiner Teil (1980) 1113 ff. Sehr ausfuhrlieh setzt sich auch Schwedler, Das Erlöschen der Schuldverhältnisse durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit nach bürgerlichem Recht (1897) mit den Ansichten der Pandektenwissenschaft auseinander.

U. Der Vergleich mit der solutio

177

Zentrales Fragment bei der Entwicklung der Theorien der Konfusion war meist Paul D 46.1. 71pr. 2 : dort entscheidet Paulus. daß ein Schuldner durch Konfusion frei werde veluti solutionis iure sublata obligatione; auf der anderen Seite werde der eine Gesamtschuldner nicht frei, wenn der andere Gesamtschuldner den Gläubiger beerbt. Wäre die Konfusion tatsächlich eine solutio, so hätten jedoch beide Gesamtschuldner frei werden müssen. Vor allem diesen Widerspruch suchte die Pandektenwissenschaft mit Hilfe eigener Theorien der Konfusion zu lösen. Anband einer Untersuchung der Quellen wird sich jedoch zeigen, daß die Pandektenwissenschaft übersah, daß die römischen Juristen in Wahrheit nur die Wirkungen der confusio mit den Wirkungen der anderen Erlöschenstatbestände verglichen haben; sie wird auch zeigen, daß die klassischen Juristen keine besondere Theorie der Konfusion entwickelt haben.

H. Der Vergleich mit der solutio 1. Weil die confusio in den Quellen häufig mit der solutio verglichen wird3 , haben einige Vertreter der Pandektenwissenschaft wie etwa Girtanner' und KunzeS angenommen, die Konfusion sei eine solutio. Sie fühlten sich in ihrer Annahme bestärkt durch weitere Fragmente, die nach ihrer Ansicht nur durch eine Gleichsetzung von confusio und solutio zu erklären seien6 • Die Annahme von Girtanner und Kunze kann jedoch schon aus einem einfachen Grund nicht überzeugen: Aufbauend auf einer Lehre Puchtas7 gehen die beiden Juristen, wie wir heute wissen, fälschlicherweise davon aus, daß im klassischen Recht das Vermögen von Erbe und Erblasser nach Antritt der Erbschaft weiterhin rechtlich getrennt sei. Hätte es im klassischen Recht eine solche rechtliche Trennung gegeben, wäre es durchaus naheliegend, daß der Erbe nach Erwerb der Erbschaft die Forderung noch mit Mitteln des Vermögens des Schuldners erfüllen müsse8 •

2 Vgl. dazu und zum Folgenden o. § 5 I. 3 Vgl. Pap D 46.1.50; Paul D 21.2.41.2; Pap D 46.3.95.2; Paul D 46.1.71pr. ; Ter Clem D 34.3.21.1. 4 Die Bürgschaft nach gemeinem Civilrecht (1850/51) 504 ff. 5 Die Obligation und die Singularsuccession (1856) 217 ff. So auch Ribbentrop, Zur Lehre von den Correai-Obligationen (1831) 270 3, Willi, Über Konfusion bei Obligationen nach römischem Recht (Diss. Zürich 1857) 7 ff. 6 Vor allem Pomp D 17.1.11 und Paul D 35.2.1.18; vgl. etwa Kretschmar, 140 f. 7 Pandekten (II. Aufl. 1872) § 447. 8 Gegen diese Ansicht bereits Schwedler (o. 1) 25 ff. ; Friedmann, Wirkungen 33 f. 12 Kieß

178

§ 16. Die Konfusion: ein selbständiger Erlöschensgrund

Auch die moderne Theorie9 hat noch aus dem Vergleich der conjusio mit der solutio gefolgert, daß durch die conjusio, wie durch die Leistung, die Schuld erfüllt wird, daß die confusio eigentlich selbst Leistung ist. Der römischen Jurisprudenz war diese 'Solutionstheorie' aber sicher fremd. Zwar hatte die Konfusion in der Regel Erfüllungswirkung; Erfüllung war sie aber nicht. Wie wir gesehen haben, legten die klassischen Juristen der Konfusion bisweilen eine erfüllungsgleiche Wirkung beil 0 • Sie waren sich dabei aber bewußt, daß eine tatsächliche Leistung nicht stattfindet, von einer solutio im technischen Sinne also keine Rede sein kannll. 2. Auch die Untersuchung der Texte, die zur Entwicklung der 'Salutionstheorie' geführt haben, ergibt, daß diese Texte, wie etwa Pap D 45.1.50 12. entweder interpoliert sind und nachklassische Vorstellungen wiedergeben oder den Vergleich zur solutio nur ziehen. weil sie der exemplarische Erlöschenstatbestand ist. So beruft sich die 'Salutionstheorie' zu Unrecht auf Pomp D 17.1.11 und Paul D 35.2.1.18 13 : In D 17.1.11 erlischt die Bürgenschuld durch Konfusion; als Erbe des verklagten Bürgen kann der Gläubiger vom Schuldner Regreß verlangen. Zur Erklärung dieser Entscheidung brauchen wir nicht anzunehmen, daß Pomponius in der conjusio eine solutio sah; zur Erklärung reicht vielmehr aus. daß er der conjusio im konkreten Fall Erfüllungswirkung zuschrieb14; mehr darf darum der Stelle. wie etwa auch Paul D 21.2.41.2 15 , nicht entnommen werden. In D 35.2.1.18 wird die Forderung des Erblassers gegen den Erben bei Berechnung der Quart berücksichtigt, weil der Zeitpunkt des Todes maßgebend ist, die Konfusion aber erst mit dem Antritt der Erbschaft erfolgt16. Für die Annahme einer Erfüllungsfiktion besteht auch hier kein Anlaß. Gegen die 'Salutionstheorie' spricht zudem entschieden Paul D 46.1. 71 pr. Hier beerbt der Gläubiger einen von zwei Gesamtschuldnern. Wäre die confusio Erfüllung, müßte der andere frei werden. Diese Konsequenz wird aber 9 So noch Cicu, estinz. 18 ff. Dagegen zuletzt Betti, SD 28 (1962) 14 ff. 10 Vgl. dazu o. § 4 I 2 - 5.

11 So verwendet Paulus in D 21.2.41.2 die Zahlung nur als Bild, um die Haftung des Verkäufers zu verdeutlichen; vgl. o. § 6 II 2. 12 Vgl. o. § 15 I 1. 13 So etwa Girtanner, Die Bürgschaft nach gemeinem Civilrechte (1850/51) 509 f., Krerschmar, Konfusion 140 ff., Cicu, estinz. 23. 14 Dazu ausführlich o. § 8 I 2. 15 Vgl. o. § 6 II 2. 16 Vgl. o. § II I I ; anders noch Solazzi, estinz. 291 (Obwohl er grundsätzlich die erfüllende Wirkung der Konfusion anerkennt).

n. Der Vergleich mit der Solutio

179

von Paulus ausdrücklich abgelehnt; er hat vielmehr die confusio nur in ihren Wirkungen mit der solutio verglichen1 7 • 3. Dieses Ergebnis wird durch zwei weitere, bisher noch nicht untersuchte Fragmente bestätigt, die ebenfalls von der 'Solutionstheorie' in Anspruch genommen werden: Ter Clem (12 ad leg lul et Pap) D 34.3.21pr., § I Si id, quod mihi deberes vel tibi vel alii legavero solveris, vel qualibet alia ratione liberatus a me fueris, extinguitur legatum. Unde luliano placuit et si debitori heres exstiterit creditor posteaque ipse creditor decesserit, legatum exstingui: et hoc verum est, quia confusione perinde exstinguitur obligatio ac solutione 1g.

Ego vermacht eine Forderung entweder dem Schuldner oder einem anderen. Das Legat wird unwirksam, wenn der Schuldner zu Lebzeiten des Erblassers die Schuld erfüllt oder die Schuld aus anderem Grund erlischt19. Julianhabe deshalb auch entschieden, daß das Legat einer Forderung erlischt, wenn der Gläubiger nach Testamentserrichtung den Schuldner beerbt und später selbst stirbt. Das sei richtig, weil die Forderung durch Konfusion ebenso erlösche wie bei Erfüllung. Das Legat erlischt, weil es im Zeitpunkt des Erbfalls keinen Legatsgegenstand mehr gibt20 • Die vermachte Forderung fällt fort, wenn sie erfüllt wird. Das ist gewiß der häufigste Fall. Sie kann aber auch aus einem anderen Grund fortfallen. Das belegt Terentius mit dem Julianzitat. In Julians Fall erlischt die Forderung durch Konfusion. Terentius hebt eben diesen Punkt hervor und macht die Wirkung der confusio besonders deutlich, indem er sie mit der Wirkung der solutio vergleicht21 ; denn ihre Tilgungswirkung ist exemplarisch. Das Fragment ist indessen im Hinblick auf die Verwendung des Begriffes

confusio durch die klassischen Juristen bedeutsam: Terentius nennt den Vorgang, auf dessen Wirkung Julians Entscheidung beruht, confusio. Julian han-

delt in 11 Fragmenten von der obligatorischen Konfusion, ohne sie je so zu benennen. Der Kommentar des Terentius zu Julians Entscheidung macht daher wahrscheinlich, daß alsbald nach Julian confusio sich auch als

17 Vgl. zu diesem Fragment o. § 5 I. IS Dazu: Kretschmar, Konfusion (1899) 147; Cugia, corso (1943) 219 ff. ; Solazzi, estinz. (1935) 288; Wesenberg, Symb. Taubenschlag (1957) 556; Belli, SD 28 (1962) 21 21 . 19 Vgl. auch 12.20.21; Voci, DER D 318 zu 252. 20 Vgl. Kaser RP I§ 187 I I (754). 21 Ebenso Kretschmar 147, Solazzi 288.

180

§ 16. Die Konfusion: ein selbständiger Erlöschensgrund

Bezeichnung der obligatorischen Konfusion durchsetzte22 . Für Zweifel, daß der Text nicht echt sein könnte, gibt es keinen An1aß23. 4. Auch Papinian D 46.3.95.2 kann für die 'Solutionstheorie' nicht in Anspruch genommen werden. Lange Zeit wurde übersehen, daß Papinian hier die confusio überhaupt nicht mit der solutio vergleicht24 • Pap (28 quaest) D 46.3.95.2 Aditio hereditatis nonnumquam iure confundit obligationem, veluti si creditor debitoris vel contra debitor creditoris adierit hereditatem. aliquando pro solutione cedit, si forte creditor, qui pupillo sine tutoris auctoritate nummos crediderat, heres ei extitit. non enim quanto locupletior pupillus factus est, consequeretur, sed in solidum creditum suum ex hereditate retinet25 .

Papinian behandelt besondere Auswirkungen der aditio26 : der Antritt der Erbschaft bewirkt den Untergang einer Forderung durch Konfusion, wenn der Gläubiger den Schuldner oder der Schuldner den Gläubiger beerbt27 . Bisweilen hat die aditio auch die Wirkung einer solutio: Wenn etwa ein Gläubiger einem Pupill ohne Einverständnis seines Tutors ein Darlehen gewährt und ihn später beerbt28 , kann er nicht nur die Bereicherung des Pupill zurückbehalten, sondern den gesamten Darlehensbetrag.

22 Vgl. dazu u. § 17 V 4. 23 Terentius zitiert Julian häufig (vgl. Lenel Pal 10, 11, 12, 14, 15, 24, 29), mehrmals in der Weise, daß er die Entscheidung und Begrundung Julians wiedergibt (vgl. Lenel Pal 10, 12, 14, 24); gelegentlich fugt er eine eigene Bemerkung hinzu (vgl. Lenel Pal 11 -Kritik an Julian -, Pal 15). Mit verum esl oder ähnlichen Wendungen leitet Terentius oft seine eigenen Überlegungen ein (vgl. Lenel Pal 5. 8, 29; Pal 31: quod aequius esse videlur, Pal 8: quod sane magis rationem habere videtur). Die Anknüpfung mit verum esr gehört also zu seinem Sprachgebrauch und ist kein lnterpolationsindiz. Weiteres Indiz fur die Authentizität ist, daß perinde ac fur Terentius nochmals überliefert ist: vgl. Lenel Pal 8. Wie hier So/azzi 288. Anders Wesenberg 556, Cugia 226 (der Schlußsatz sei "scholastisch"). Nach Beni 21 21 ist der Schlußsatz ein nachklassischer Einschub. 24 Anders So/azzi, 285: Papinian unterscheide zwei Arten der Konfusion (iure con.fundit obligationem, con.fusio pro solutione cedit). 25 Dazu: Kretschmar, Konfusion (1899) 135; Cicu, estinz. (1908) 19 m.w.Lit.; So/azzi, estinz. (1935) 285; Cugia, corso (1943) 194 lf.; Beseler, SZ 66 (1948) 390; Niederländer, Die Bereicherungshaftung im klassischen römischen Recht (1953) 92 f.; Wesenberg, Symb. Taubenschlag (1957) 556 f. ; Berri, SO 28 (1962) 21. 26 Im dritten hier nicht zu untersuchenden Fall (aliquando evenit .. ) fuhrt die adirio dazu, daß eine Person, die vor dem Antritt nicht erfolgreich verklagt werden konnte, nach dem Antritt unbeschränkt haftet. 27 Das nonnumquam hat entgegen So/azzi 285 und Wesenberg 556 eigenständige Bedeutung: statistisch gesehen findet beim Antritt einer Erbschaft Konfusion nur selten statt. Auch die Streichung des vel contra durch Beseler 390 ist willkürlich. Bemerkenswert ist allenfalls, daß Papinian con.fundere transitiv gebraucht; dies kommt nur noch bei Ulp D 49.14.29.1 vor. 28 Ei muß sich auf den Pupill beziehen.

II. Der Vergleich mit der solutio

181

Damit der Pupill, wenn er die Darlehensvaluta zurückzahlte, sie nicht als

indebitum kondizieren konnte29 , nahmen die Juristen eine naturale Darlehensverbindlichkeit an. Einen Anspruch gegenüber dem Pupill hatte der creditor nur auf dessen Bereicherung3o.

In unserem Fall beerbt der Darlehensgeber den Pupill. Er muß jedoch, vielleicht an einen Fideikommissar31 , die Erbschaft herausgeben. Nach Papinian darf er aber nicht nur zurückbehalten32 quonto locupletior pupillus factus est, also die Bereicherung des Pupill, sondern den vollen Darlehensbetrag. Weil der Gläubiger in diesem Fall so steht, als hätte der Pupill das Darlehen zurückgezahlt, kann Papinian sagen: aliquando pro solutione cedit: die aditio tritt an die Stelle der solutio33 • Die aditio ist es, und nicht die confusio, die hier im Ergebnis wie eine solutio wirkt34 • 5. Daß die confusio kein Fall der solutio war, wird vollends deutlich in Pomp (2 ench) D 46.3. 107 Verborum obligatio aut naturaliter resolvitur aut civiliter: naturaliter veluti solutione aut cum res in Stipulationern deducta sine culpa promissoris in rebus humanis esse desiit: civiliter veluti acceptilatione vel cum in eandem personam ius stipulantis promittendisque devenit.

Nach Pomponius kann eine Stipulationsverbindlichkeit naturaliter oder civiliter erlöschen. Während er der solutio die naturale Wirkung beilegt, soll die confusio civiliter wirken. Die klassischen Juristen betrachteten die confusio also nicht als solutio35 . Sie verglichen zwar die confusio mit der solutio; sie verglichen sie mit der 29 Jedenfalls nach Pap D 46.3.95.4. Weitere Nachweise bei Kaser RP I§ 113 II (481).

30 Quanto locuplentior jactus est: wahrscheinlich aufgrund eines Reskripts von Antoninus Pius; vgl. Kaser RP I § 65 II 2 (276), Niederländer II! ff. , 124 ff. 31 Oder an einen Erbschattskäufer. Andere Restitutionsgrunde kommen hier nicht in Betracht: Der creditor ist Erbe und nicht Erbschaltsbesitzer: bei der querella inofficiosi testamenri wird fingiert, daß die aditio nicht stattgefunden hat; bei der possessio bonorum conrra tabulas war das Testament nichtig und damit die aditio hinfällig. Die aditio ist aber in § 2 des Fragments das entscheidende Thema.

32 Nach Kretschmar 135 und Cugia 197 ist retinere Hinweis auf die Bereclmung der falzidischen oder pegasianischen Quart. Das kann aber nicht sein: Zum einen ist bei der Berechnung der Quart nicht von retinere die Rede: die terrnini technici sind dort meist impurari, deducere, augere. Zum anderen war fiir die Bereclmung der Quart der Zeitpunkt des Todes maßgebend, so daß die Folgen der aditio ohne Einfluß waren (vgl. o. § II I). 33 Das Subjekt zu pro solutione cedit kann nur aditio sein: aditio ist das Subjekt des vorangehenden Satzes; ein neues Subjekt wird nicht eingefiihrt. Papinian behandelt in § 2 nur Folgen der aditio. Ebenso Berri 21, Cugia 195 (unter Hinweis auf die Glosse), Wesenberg 557; anders Cicu 19, Niederländer 92. 34 Natürlich erlischt hier der Bereicherungsanspruch durch conjusio (anders Cugia 197; Wesenberg 557). Papinian behandelt hier jedoch nur die Höhe des Betrages, den der Erbe bei Restitution der Erbschalt zuliickbehalten kann. 35 So auch Kaser RP I § !50 III (643 21 ).

182

§ 16. Die Konfusion: ein selbständiger Erlöschensgrund

solutioaber nur, wn ihre Wirkung zu demonstrieren36 . Diesolutio ist der exemplarische Erlöschensgrund; wie durch die Leistung eine Verbindlichkeit erlischt, so erlischt sie auch durch die Konfusion. In Wirkung und Rechtsfolgen unterscheiden sich jedoch Konfusion und Erfüllung grundlegend. Bei der Erfüllung wird der eigentliche Zweck der Obligation, die Leistung des Geschuldeten, verwirklicht37 ; es findet eine tatsächliche Leistung aus dem Vermögen des Schuldners in das Vermögen des Gläubigers statt. Außerdem bleibt die Obligation nach ihrem Erlöschen Rechtsgrund für das Behaltendürfen des Geleisteten. Bei der Konfusion hingegen gelangt das Geschuldete nicht durch die bestimmungsgemäße Verwirklichung der Obligation zwn Gläubiger, als vielmehr durch den Tatbestand, der die Konfusion auslöst, also etwa durch den Erwerb der Erbschaft; eine tatsächliche Leistung liegt nicht vor38 • Der die Konfusion auslösende Tatbestand ist dann auch der Rechtsgrund für das Behaltendürfen, nicht aber die mittlerweile erloschene Obligation.

Eine richtige Erkenntnis verdanken wir aber den Vertretern der 'Solutionstheorie': Da Paul D 46.1.71pr. und Afr. 46.1.21.5 ihrer Annahme, die confusio sei eine solutio, offen widersprechen, schränken sie diese Annahme dahingehend ein, daß die confusio nur dann solutio sei, wenn nur ein Schuldner vorhanden ist, nicht aber, wenn der Gläubiger vor der Konfusion auf mehrere Schuldner zugreifen kann39 • Damit erkennen sie richtig, daß die klassischen Juristen der Konfusion nicht generell erfüllungsgleiche Wirkung zusprechen40 .

m. Der Vergleich mit der compensatio I. Die Annahme, die confusio sei eine compensatio, wird in den Quellen nur durch Afr D 24.3.3341 nahegelegt. Dort ist der Ehemann Gläubiger eines Dotalversprechens seiner Ehefrau. Außerdem schuldet er stipulationsweise für den Fall der Auflösung der Ehe die Rückgabe eines Teiles der dos an Dritte. Als der Ehemann die Ehefrau beerbt, erlischt die Dotalforderung durch Konfusion; nach Afrikan verflillt die Stipulation zugunsten der Dritten, obwohl 36 So auch Mosler, Konfusion 38; Kretschmar, Konfusion 17; Faddß, Concetti U 313 ff.; Solazz.i, estinz. 288; Belli, SD 28 (1962) 15 ff. 37 So etwa Kaser RP I§ 149 I (635).

3S So schon Windscheid-Kipp U § 352 Anm. 4 am Ende. 39 So etwa Ribbentrop 270 3 und Ginanner 506. 40 Insofern ist die Kritik SchwedJer (o. 1) 23 f. an Ribbentrop unberechtigt. 4 1 Vgl. dazu und auch zum Folgenden o. § 4 14.

III. Der Vergleich mit der compensatio

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die Dotalforderung nicht erfüllt wurde. In diesem Zusammenhang spricht Afrikan davon, daß die Stipulation verfallt, weil der Ehemann secum pensat. Wie wir gesehen haben, beschreibt Afrikan nur die erfüllende Wirkung der confusio; diese erfüllende Wirkung der Konfusion war nämlich für den Verfall der Stipulation entscheidend. 2. Dennoch folgerte vor allem Gustav Kretschma~2 • daß die Konfusion compensatio sei: nach Kretschmar legt der 'Forderungsberechtigte' dem Erlö-

schen der Forderung durch Konfusion den "Charakter einer satisfaktionsmäßigen Befriedigung seiner Forderung" bei43 ; der Erbe könne mithin Befreiung von der Verbindlichkeit und Verlust der Forderung miteinander verrechnen. Kretschmar übersieht jedoch, daß die Konfusion, anders als die compensatio. nicht vom Willen der Beteiligten abhängig ist. denn sie wirkt ipso iure. Kretschmars Erklärung der Konfusion ist außerdem auch nicht andeutungsweise den Quellen zu entnehmen44 ; eine Gleichsetzung von conjusio und compensatio nimmt selbst Afr D 24.3.33 nicht vor45 .

Ein Verdienst gebührt jedoch Gustav Kretschmar uneingeschränkt: er unterscheidet von vornherein zwischen dem Erlöschen der Forderung durch Konfusion einerseits und der nur im Verhältnis zu Dritten interessierenden Erfüllungswirkung andererseits46 : denn er stellt fest, daß der 'Forderungsberechtigte' dem Erlöschen der Forderung durch Konfusion nur in bestimmten Fällen diesen 'Charakter einer satisfaktionsmäßigen Befriedigung seiner Forderung' beilegt. 3. Windscheid vergleicht hingegen nur 'das Resultat' 47 der Konfusion mit dem der compensatio. Der Gläubiger erhalte in beiden Fällen eine seiner Forderung entsprechende Befreiung: bei der compensatio werde er von einer Schuld befreit, welche er gegen einen anderen hat, während er bei der Konfusion "von einer Schuld befreit werde, die er gegen einen anderen haben würde, wäre er selbst nicht der Gläubiger" 48 • Eine solche Beobachtung bringt jedoch für die Frage, wie die Konfusion wirkt, keine Erkenntnisse, da sie nur

42 Secum pensare. Fs. Wasserschieben (1886) 40 ff.; weitere Nachweise bei Cugia , corso

111 ff.

43 Aaü. 40. 44 Kritisch zu Gustav Kretschmar auch SchwedJer 29 ff.

45 Vgl. o. § 4 I 4.

46 Vgl. o . § 4 I 2 - 5. 47 Für Windscheid ist der Grund für das Erlöschen der Forderung durch Konfusion aller-

dings die 'natürliche' Tatsache, daß niemand ein Recht gegen sich selbst haben könne; vgl. Windscheid-Kipp ß § 352 zu Anm. 3. 4 8 Vgl. Windscheid-Kipp II § 352 Anm. 4.

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§ 16. Die Konfusion: ein selbständiger Erlöschensgrund

das Resultat der Erlöschenstatbestände, nicht aber auf ihre Wirkungen beschreibt49. 4. Die Quellen geben also für einen strukturellen Vergleich von conjusio und compensatio nichts her-5°. Entschieden gegen eine Gleichstellung spricht zudem, daß für die klassischen Juristen die conjusio zum Erlöschen der Forderung führt, während die compensatio nur prozessual erfaßt wurde51 .

IV. Der Vergleich mit der acceptilatio In Mod D 46.3.75 und Pomp D 46.3.107 wird die confusio der acceptilatio gegenübergestellt, ohne daß jedoch mit dieser Gegenüberstellung auf

grundlegende Zusammenhänge zwischen den beiden Erlöschenstatbeständen geschlossen wird. Bei Pomponius (3 ench) D 46.3. 107 werden, wie wir sahen, naturale und zivile Erlöschensgründe unterschieden und acceptilatio und confusio als zivile eingeordnet. Beide erscheinen als eigenständige Tatbestände. Bei Modestin hingegen werden nur die Wirkungen der Erlöschensgründe miteinander verglichen: Mod (8 reg) D 46.3.7552 Sicut acceptilatio in eum diem praecedentes peremit actiones, ita et confusio. nam si debitor heres creditori exstiterit. confusio hereditatis peremit petitionem53 actionem.

Durch Konfusion erlöschl!n wie durch acceptilatio alle Verbindlichkeiten, die im Zeitpunkt des Geschehens bestehen. Müdestin behandelt eine acceptilatio, die einer stipulatio Aquiliana folgte 54 , denn er bezieht sich offenbar auf deren Klausel praesens in diemve5 5 • Auch bei der Konfusion erlöschen alle zwischen den Beteiligten bestehenden Rechte. Die Konfusion wird hier also 49 Darauf weist Windscheid aaO. auch ausdrücklich hin. 50 So auch Kaser RP I§ !50 111 (643 21). 51 Vgl. dazu etwa Kaser RP I§ !51 I (644). 52 Dazu: Kretschmar, Konfusion (1899) 205 3; Kreller, Römisches Recht II (1950) 385 1; Pringsheim, SZ 41 (1921) 259 2 ; Lenel Pal 260; Schnorr von Carolsfeld, RE 19, I (1937) 1160; Solazzi, estinz. (1935) 273; Cugia, corso (1943) 15; Wesenberg, Symb. Taubenschlag (1957) 559; Sturm, Fg. von Lübtow (1970) 397 30. 53 F: pelilionis. Petitionis ist unsinnig; Schnorr von Carolsfeld 1160, Pringsheim 259 2. Zu dem Asyndeton actio petitio vgl. z.B. Ulp (59 ad ed) D 50.16.49; Casavola, Actio Petitio Persecutio (1965) 6 ff. 54 Ebenso Cugia 15, Solazzi 273. Die stipulatio Aquiliana faßte alle Ansprüche des Stipulanten gegen den Promittenden in einen Anspruch zusammen, um diesen dann durch acceptilatio zu tilgen; vgl. Kaser RP I § !52 I 4 (649). 55 Vgl. Flor (8 inst) D 46.4. 18. 1; I 3.29.2.

V. Weitere Erklärungsmodelle der Pandektenwissenschaft

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mit einer acceptilatio verglichen, die einer stipulatio Aquiliana folgte: durch conjusio erlöschen wnfassend alle zwischen den Parteien bestebenden Rechte, die im Zeitpunkt der conjusio besteben56 . Auch im Zusammenhang mit der acceptilatio erkennt man also, daß die klassischen Juristen die conjusio als eigenständigen Erlöschenstatbestand behandelten. Zwei Dinge haben die Erlöschenstatbestände gemeinsam: wie bei der acceptilatio erlischt bei der conjusio das Recht; wie bei der acceptilatio erlöschen bei der Konfusion alle zwischen den Beteiligten bestehende Rechte. V. Weitere Erklärungsmodelle der Pandektenwissenschaft Die Juristen der Pandektenwissenschaft nahmen nicht nur in den Quellen angedeutete Vergleiche der Konfusion mit der solutio oder compensatio zwn Anlaß, Theorien der Konfusion zu entwickeln, sondern entwickelten auch eigene Theorien zur Erklärung der Konfusion. 1. Eine bemerkenswerte Auffassung vertritt Baron51 : nach seiner Ansicht ist die Rechtsnachfolge des Gläubigers in die Stellung des Schuldners oder des Schuldners in die Stellung des Gläubigers begrifflich gar nicht möglich. Eine Forderung erlösche daher durch Konfusion, weil der Gläubiger nicht dem Schuldner nachfolgen könne. Seine Ansicht basiert jedoch auf einer verfehlten Interpretation der Quellen58 . Zudem übersieht er, daß in den Quellen die Forderung durch Konfusion erlischt, nachdem das Recht vom Gläubiger auf den Schuldner oder die Verpflichtung vom Schuldner auf den Gläubiger übergegangen ist59 . Die Ansicht Barons wurde daher auch schon im letzten Jahrhundert allgemein abgelehnt60 ; und auch er selbst hat seine Theorie später aufgegeben61.

56 Der gesamte Text ist klassisch (anders Solazzj 273, Kreller 385 1, Wesenberg 559, die petitionis oder actionem streichen): Hereditatis bezieht sich auf petitionem actionem, wie sich das ebenfalls vor peremit stehende praecedentes auf actiones bezieht. Ein Zusammenhang mit der Indignität (so Lenel Pal 260) ist auszuschließen. Sturm 397 30 will statt confusio aditio lesen. 57 Die Gesammtrechtsverhältnisse im römischen Recht (1864) 335 ff. 58 Vgl. dazu Sclrwedler (o. 1) II ff. So zieht Baron etwa D 31.13pr. heran (S. 341), das die Konfusion gar nicht behandelt. Ebenso erlischt in Marce D 46. 1.38.1 (dazu Baron 342) die Forderung nicht durch Konfusion; sie entsteht vielmehr gar nicht (vgl. o. § 8 li 2). 59 Vgl. etwa Pomp (3 ench) D 46.3.107: in eandem personam ius stipulantis promittendisque devenit; Paul (4 quaest) D 46.1.71pr.: ubi successit creditor debitori; Pap (28 quaest) D 46.3. 95.2 : aditio hereditatis nonnumquam iure confundit obligationem; so auch Mosler, Konfusion 33 f. 60 Vgl. etwa Windscheid-Kipp li § 352 Anm. 5. 6l In seinen Pandekten, 5. Aufl. (1885), § 270 II spricht er davon, daß die Obligation durch Konfusion erlischt, wenn der Gläubiger Universalsukzessor des Schuldners wird.

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§ 16. Die Konfusion: ein selbständiger Erlöschensgrund

2. Nach wiederum anderer, weit verbreiteter Ansicht erlischt die Forderung nicht durch Konfusion, vielmehr wird der Gläubiger durch den Erbfall sein eigener Schuldner; er verliert nur die Möglichkeit, die Forderung geltend zu machen62 . Auch diese Ansicht verkennt die Quellenlage, nach der die klassischen Juristen stets entscheiden, daß ein Recht durch Konfusion endgültig erlischt. Soll dieses Recht wiederentstehen, so entscheiden sie durchweg, daß das Recht neu begründet werden muß 63 . 3. Bei den Vorarbeiten zum BGB hielt sich der Verfasser des Teilentwurfes des Schuldrechts, von Kübel, im wesentlichen an die Konzeption Windscheids: die Konfusion sei eigenständiger Erlöschensgrund und trete unmittelbar mit der Vereinigung ein, weil niemand ein Recht gegen sich selbst haben könne. Die Konfusion zerstöre die Forderung objektiv und wirke kraft innerer Notwendigkeit. Von Kübel lehnt ausdrücklich die Auffassung von Vangerow und Baron ab. Zur Frage der erfüllungsgleichen Wirkung äußert er sich nicht; er weist nur, wie Windscheid, darauf hin, daß mit der Konfusion die Befreiung von der Schuld eintrete64 . Die Aufbebung der Wirkung der Konfusion, die das BGB häufig im Erbrecht anordnet, wird im Vorentwurf, wie im klassischen Recht, als besondere Regelung des jeweiligen erbrechtliehen Rechtsinstituts angesehen, die sich aus der Wirkung der Konfusion nicht selbst ergibt65 . VI. Paul Kretschmars "Theorie der Konfusion" 1. Ende des letzten Jahrhunderts hat Paul Kretschmar die Konfusion im klassischen römischen Recht in einer grundlegenden Arbeit untersucht66 , die allerdings noch stark von dem pandektenwissenschaftlichen Drang nach Har62 Vgl. Vangerow, Lehrbuch der Pandekten ID (7. Aufl. 1869) § 573 Anm II I (93 f.). Diese Ansicht hat in Frankreich viele Vertreter gefunden; vgl. die Nachweise bei Kretschmar, Konfusion 39 7, Cugia, corso 37. Ähnlich schon Savigny, Das Obligationenrecht I (1851) 196: nicht das Dasein der Forderung sei betroffen, vielmehr erlösche nur das persönliche Band. Wie Savigny auch von Keller, Pandekten (1861) 529; Samhaber, Zur Lehre von der Correalobligation (1861) 118 f. Auch im modernen deutschen Recht gewinnt diese Ansicht unter Verkennung der eindeutigen Festlegungen im BGB an Anhänger; vgl. etwa Kollhosser/Jansen, Juristische Arbeitsblätter, 1988, 305 ff. 63 Vgl. o. § 1 II 2, § 2 IV u. ö. Besonders deutlich kann man dies Pap D 36.1.60(58)pr. entnehmen (dazu o. § 14 I 5). 64 Vgl. zum Vorstehenden von Kübel (o. 1) 2; zur Konzeption Windscheids o. m 3. 65 Von Kübel, aaO., 4 f. Zum klassischen Recht vgl. u. § 17 IV; zum geltenden Recht die scharfsinnige Untersuchung von von Lübtow, Erbrecht (1971) 1. Halbband, 774 ff. 66 Kretschmar, Konfusion (1899).

VI. Paul Kretschmars "Theorie der Konfusion"

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monisierung und Systematisierung des klassischen römischen Rechts geprägt ist67 . Nach seiner Ansicht war im klassischen Recht der innere Grund für das Erlöschen eines Rechts durch Konfusion die Regel: ea, quae initio recte constiternnt, resolvuntur, cum in eum casum recidernnt, a quo non potuissent consistere (incipere): Ein Recht erlischt, wenn es in den Zustand gelangt, in dem es nicht hätte begründet werden können68 . Kretschmar hielt diese formelhafte Reget die bei mehreren Juristen überliefert ist69 , für sehr alt1°. Ihr hohes Alter kann man kaum bestreiten71 , wohl aber ihren Zusammenhang mit der Konfusion. Zwar beschreibt die Regel die Konfusion durchaus richtig72 , sie paßt jedoch in ihrer allgemein gehaltenen Fassung auch auf viele Fälle, in denen ein Recht erlischt, ohne daß Konfusion vorläge. Die Regel sagt nicht mehr, als daß ein Recht erlischt, wenn ein das Recht konstitutiv begründendes Element wegfällt. So erlischt etwa eine Dienstbarkeit, wenn ihre Nützlichkeit wegfällt73, so erlischt eine Bürgschaftsforderung kraft Akzessorietät, wenn die Hauptforderung erlischt14 und eine societas endet, wenn einer der beiden Gesellschafter ausscheidet15 . Und ebenso erlischt eine Forderung durch Konfusion, wenn ein die Forderung konstitutiv begründendes Element, nämlich die Personenverschiedenheit von Gläubiger und Schuldner, wegfällt76 . 2. Auch die Quellen sprechen gegen die Annahme Kretschmars: So begründet Paulus in D 46.1. 7lpr. mit dieser Regel, daß die Bürgschaftsforderungkraft Akzessorietät erlischt77 ; ebenso betreffen Mod D 8.1.1 !18 und Paul

67 So auch Wesenberg, Zusammenfall 4. Wesenberg nahm seine Kritik an Kretschmar in Symb. Taubenschlag 553 wieder zutilck. 68 Kretschmar, Konfusion 8 ff. Der Ansicht von Kretschmar folgen Weber, Krit. Vjschr. 27 (1935) 106 f. und Fadda, Concetti U 313. 69 Ulp D 5.1.11 ; Gai IV 78; I 2.20.14; Mare D 45. 1.98pr.; Mod D 8.1.11 ; Paul D 45. 1.140.2 und D 46.1.71pr.; Marci D 34.8.3.2 und D 9.2.16. 70 Kretschmar, Konfusion 8. So auch Wesenberg, Symb. Taubenschlag 553 f., der diese Regel sogar als Bestandteil eines 'Allgemeinen Teils' der klassischen Juristen ansieht, Weiss, Inst. 436 f., der eine Ähnlichkeit mit der regula Catonia erkennen will, und Fadda, Concetti II 313. 71 Vgl. Weber, Krit. Vjschr. 27 (1935) 107; anders jedoch Solazzi, estinz. 282, der die Regel fiir nachklassisch hält. 72 So auch Solazzi, estinz. 279; Kaser, SZ 56 (1936) 349. 73 Vgl. Kaser RP I§ 106 V (446) unter Hinweis auf Ulp D 8.5.6pr. 74 Vgl. o. § 8 II. 75 Vgl. Kaser RP I § 133 IV (575).

76 Vgl. u. § 17 lß. 77 Dazu o. § 5 I; so auch Cugia, corso 27. 78 Dort geht es darum, daß eine Dienstbarkeit nicht an einem ideellen Grundstücksteil begtilndet werden kann.

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§ 16. Die Konfusion: ein selbständiger Erlöschensgrund

D 45.1.140.279 und die beiden Marcian-Fragmenten D 34.8.3.2 80 und D 9.2.1681 nicht die Konfusion. Auch in einem weiteren von Kretschmar angeführten Fragment erlischt das Recht nicht durch Konfusion: Ulp (12 ad ed) D 5.l.ll82 Si a me fuerit adrogatus qui mecum erat Iitern contestatus vel cum quo ego: solvi iudicium Marcellus libro tertio digestorum scribit, quoniam nec ab initio inter nos potuit consistere83 .

Ego nimmt seinen Prozeßgegner an Kindes Statt an. Ulpian berichtet von der Entscheidung Marcells, nach der in diesem Fall das iudicium erlösche, weil ein iudicium zwischen Gewalthaber und Gewaltunterworfenen von Anfang an nicht hätte bestehen können84 • Für die Frage der Konfusion gibt dieses Fragment nichts her: Thema ist nur das iudicium, nicht die zugrundeliegende Forderung85 . Ulpian und Marcellus stellen fest, daß ein iudicium zwischen Gewalthaber und Gewaltunterworfenen nicht möglich ist86 . In keinem Fragment, in dem die von Kretschmar angeführte Regel überliefert ist, wird die Regel zur Erklärung der Konfusion herangezogen87 . Sie wird vielmehr nur in anderen Fällen verwendet, um zu verdeutlichen, daß ein Recht erlischt, wenn ein das Recht konstitutiv begründendes Element wegfallt. Wenn die Regel aber von den klassischen Juristen nicht im Zusammenhang mit der Konfusion erwähnt wird, so verbietet es sich von selbst, anzunehmen, diese Regel wäre im klassischen Recht der innere Grund für das Erlöschen eines Rechts durch Konfusion gewesen.

79 Dazu o. § 2 III 2. 80 Gläubiger des Legats ist der Sklave, Schuldner der Erbe des Gewalthabers des Sklaven. Das Recht kann also nicht durch Konfusion erlöschen, weil keine Personengleichheit besteht. 81 Der Sklave hat keine Klageaufgrund der Iex Aquilia gegen seinen Gewalthaber, er kann sie somit auch nicht vererben. 82 Kretschmar, Konfusion (1899) 10; in SZ 56 (1936) 354 räumt er jedoch selbst ein, daß das Fragment der Konfusion nur "sehr nahe stehe". 83 Dazu: Kretschmar, Konfusion (1899) 10; Beseler, SZ 54 (1934) 2; Solazzi, estinz. (1935) 280; Weber, Krit. Vjschr. 27 (1935) 107; Kretschmar, SZ 56 354; Cugia, corso (1943) 59; Biscardi, Lezioni sul processo romano antico e classico (1967) 277 f. ; Voci, Iura 31 (1980) 86. 84 Falls es sich um ein iudicium legitimum handelt, ist die Entscheidung evident: mit der capitis diminutio erlischt das iudicium; vgl. Gai Dl 83. Beseler 2 will deshalb nach qui einfiigen. 85 So auch Solazzi 280, Cicu, estinz. 10; vgl. auch Lenel Pa! 23. 86 Ebenso Biscardi 278, Voci 86 zu 223 . 87 Ebenso Solazzi, estinz. 281; Cicu, estinz. 9 ff.; Cugia, corso 21 ff.; Kaser RP I § 150 lll (643 21 ).

VII. Ergebnisse

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Nur bei der unechten Bürgschaftskonfusion88 und in dem Fall, daß der Gläubiger einer actio noxalis den Sklaven, der ihn geschädigt hat, erwirbt89 • wird diese Regel auch von den klassischen Juristen angewandt. Diese Fälle rechnete jedoch Kretschmar fälschlicherweise der Konfusion zu90 .

VII. Ergebnisse Wir können also festhalten: die klassischen Juristen entscheiden, daß ein Recht durchweg durch Konfusion erlischt, wenn Gläubiger und Schuldner in einer Person zusammenfallen. Anders als bei der solutio, bei der die Forderung nach Erfüllung noch Rechtsgrund für das Behaltendürfen des Geleisteten bleibt, entfaltet ein durch Konfusion erloschenes Recht keine weiteren Wirkungen. Die confusio war im klassischen Recht ein eigenständiger Erlöschensgrund. Die Juristen vergleichen die confusio mit anderen Erlöschenstatbeständen nur, um die Wirkung zu demonstrieren, denn besonders die solutio ist der exemplarische Erlöschensgrund. Auch die Quellen legen einen darüberhinausgehenden strukturellen Vergleich der confusio mit dersolutiooder compensatio nicht nahe. Erlischt eine Forderung durch Konfusion, so stellen sich die Juristen nicht vor, daß eine Leistung vom Schuldner an den Gläubiger stattfindet; dennoch legen sie der Konfusion erfüllungsgleiche Wirkung bei, wenn der Gläubiger vor der Konfusion nur einen Schuldner hat. Entspricht die Konfusion nicht dem Willen der Beteiligten, so mußte das Recht neu begründet werden; ein Wiederaufleben eines durch Konfusion erloschenen Rechts kennen die klassischen Juristen nicht. Schließlich ergab die Untersuchung der Quellen, daß die klassischen Juristen, entgegen der Ansicht von Paul Kretschmar die Konfusion nicht mit einer Rechtsregel zu erklären versuchten.

88 Vgl. o. § 9. 89 Vgl. o. § 7 II. Die Regel wird dort von Gai IV 78 (zum Wortlaut o. § 7 II) verwendet. 90 Vgl. u. § 17 13.

§ 17. Die Entwicklung der conjusio im römischen Recht

I. Einleitung I. Wenn der Gläubiger einer Forderung gleichzeitig Schuldner der Forderung wird oder wenn Pfandrecht, Nießbrauch oder Dienstbarkeit mit dem Eigentum zusammenfällt, erlischt das jeweilige Recht. Das Erlöschen eines Rechts durch Konfusion wird von den klassischen Juristen zu keiner Zeit in Frage gestellt; ebenso sind uns Klassikerkontroversen im Bereich der Konfusion nicht bekannt1 • 2. Es lassen sich jedoch historische Entwicklungen im klassischen Recht der conjusio erkennen: zum einen bei der Frage, wann und wie die Wirkung der Konfusion aufgehoben werden soll (dazu IV.) und zum anderen in der Verwendung der termini technici conjusio, confundere und consolidatio (dazu V.). Die Entwicklungen in der Terminologie lassen gewisse Rückschlüsse auf die Frage zu, wie sich die klassischen Juristen die Wirkung der Konfusion vorgestellt haben. 3. Die eigentliche Konfusion muß von zwei Sachverhalte abgegrenzt werden, die in der Vergangenheit immer wieder als Konfusion behandelt wurden, die aber. wie wir sahen. mit der eigentlichen Konfusion nichts gemein haben: der Fall. daß der Gläubiger einer actio noxalis den Sklaven, der ihn geschädigt hat. erwirbt2 und die sogenannte unechte Bürgschaftskonfusion, wenn der Schuldner den Bürgen oder der Bürge den Schuldner beerbt3 • Die unechte Bürgschaftskonfusion wird zwar in hochklassischer Zeit auch von den Juristen bisweilen als confusio bezeichnet; über die gemeinsame Bezeichnung hinaus

I Anders bei der unechten Bürgschaftskonfusion (vgl. Scaev D 46.3.93.3; dazu o. § 9 D 3) und beim Erlöschen der acrio noxalis (vgl. Gai IV 78; dazu o. § 7 D); diese Vorgänge wurden aber von den klassischen Juristen nicht als Fälle der eigentlichen Konfusion angesehen (vgl. u. 3.). 2 Vgl. o. § 7 II. 3 Vgl. o. § 9.

U. Prinzipien der dinglichen Konfusion

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gab es allerdings für die klassische Jurisprudenz keine Gemeinsamkeiten zwischen der unechten Bürgschaftskonfusion und der eigentlichen Konfusion4. II. Prinzipien der dinglichen Konfusion

1. Nießbrauch. Dienstbarkeit und Pfandrecht erlöschen ipso iure, wenn sie mit dem Eigentum in einer Person zusammenfallen5 : es gibt grundsätzlich keinen Nießbrauch, kein Pfandrecht und keine Dienstbarkeit an der eigenen Sache6 • Aus der Verwendung der termini technici conjusio und confundere kann man Rückschlüsse ziehen, wie sich die klassischen Juristen die Konfusion bei den genannten dinglichen Rechten vorgestellt haben: Den Begriff confundere verwenden die Juristen bis einschließlich Julian nur im Zusammenhang mit der dinglichen Konfusion7 . Danach wird confundere sowohl für die dingliche als auch die obligatorische Konfusion verwendet. In seiner Grundbedeutung bezeichnet confundere einen tatsächlichen Vorgang: das tatsächliche Vermischen oder Zusammenfließen von Gegenständen8. Dieser Vorgang hat zur Folge, daß die ursprünglich getrennten Sachen nicht mehr voneinander getrennt betrachtet werden können9 • Wenn die Juristen diesen Begriff auch für den Fall verwenden, daß Nießbrauch, Dienstbarkeit oder Pfandrecht mit dem Eigentum in einer Person zusammenfallen, so stellen sie sich vor, daß der Eigentümer nach der Konfusion nicht mehr zwei getrennte Rechte an der Sache hat, sondern nur noch das umfassende Eigentum. Die Befugnisse des Eigentümers bleiben nur dann noch beschränkt, wenn vor der Konfusion ein Dritter ebenfalls ein gesondertes Recht an der Sache hatte, das nach der Konfusion fortbesteht. Vor der Konfusion besteht neben dem Eigentum, das die klassischen Juristen als Recht an der Sache verstehen, ein weiteres Recht an der Sache: der Nießbrauch. eine Dienstbarkeit10 oder ein Pfandrecht. Nach der Konfusion sind die beiden getrennten Rechte nicht mehr zu unterscheiden und zu erkennen. Dies wird besonders deutlich in folgenden Fragmenten: 4 Vgl. o. § 9 IV 4 und u. § 17 V 4. 5 Vgl.o.§§III,2Iund31. 6 Zu den scheinbaren Ausnahmen vgl. o. § I III 2 und § 2 U. 7 Iav D 8.6.15; Iul D 23.5.7pr.; Gai D 8.6.1; Pomp D 30.38.1; und Ven D 7.9.4. 8 In diesem Sinne wird conjusio von Paul D 6.1.4 und Ulp D 6.1.5pr. verwendet. 9 Vgl. dazu Kaser RP I§ 102 II 5 (430). 10 Es wird angenommen, daß im altrömischen Recht die Dienstbarkeit sogar als Eigentum an dem Wegstreifen oder der Wasserrinne angesehen wurde; vgl. Kaser RP I § 38 II (143).

192

§ 17. Die Entwicklung der confusio im römischen Recht

Ulp (27 ad Sab) D 7.6.5pr. Uti frui ius sibi esse solus potest intendere, qui habet usum fructum, dominus autem fundi non polest, quia qui habet proprietatem, utendi fruendi ius separatum non habet: nec enim polest ei suus fundus servire. Ven (12 stip) D 7.9.4 Si fructuarius proprietatem adsecutus fuerit, desinit quidem usus fructus ad eum pertinere propter confusionem: sed si ex stipulatu cum eo agatur, [aut ipso iure inutiliter agi dicendum est, si viri boni arbitrium huc usque porrigitur, aut) in factum excipere debebit.

Ulpian spricht davon, daß der Eigentümer ius separatum non habet; nach Venuleius hört der Nießbrauch auf zu existieren. Nach der Konfusion gibt es also nicht nebeneinander nuda proprietas und Nießbrauch, vielmehr verschmelzen beide Rechte zum Eigentum11 • Ein solches Verschmelzen zweier Rechte wird auch noch an anderer Stelle conjusio genannt12 . Nach der Konfusion bleibt also nur das Eigentum übrig; dies gewährt all jene Befugnisse, die auch Gas erloschene Recht gewährte: der Eigentümer hat grundsätzlich das volle Nutzungs- und Gebrauchsrecht, er hat alle Befugnisse, die ihm aufgrund einer Dienstbarkeit zustehen könnten, und er hat das Verwertungsrecht an seiner eigenen Sache. Neben dem Eigentum ist darum eine zusätzliche Berechtigung als solche nicht möglich und erforderlich. Bei der Dienstbarkeit verdeutlichen die klassischen Juristen dieses Ergebnis gelegentlich mit dem Satz res sua nulli servit13 • Zwar wird dieser Satz auch zur Begründung anderer Vorgänge herangezogen 14 : er verdeutlicht jedoch nur die Vorstellung der klassischen Juristen, die Wirkung der Konfusion erklärt er nicht.

2. Der Erstreckung des Begriffes conjundere auf die obligatorische Konfusion15 entspricht die Entwicklung einer weiteren Erklärung für die dingliche Konfusion. Die Juristen erkennen, daß dem Nießbrauch, der Dienstbarkeit und dem Pfandrecht auch Forderungsrechte zugrundeliegen: der Nießbrauch gewährt dem Inhaber auch gegen den Eigentümer das Recht auf vollständige Gebrauchsüberlassung; die Dienstbarkeit ermöglicht dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks, den Eigentümer des dienenden Grundstücks zu ei11 Beim Nießbrauch vertritt Pampaloni, Bull. 22 (1910) 109 ff. die These, daß das Eigentum in nuda proprietas und usus fructus aufgeteilt war, vgl. dazu jedoch Vaucher, Usufruit et pars dominii (1940) und Kaser RP I§ 106 II (449 9). 12 Vgl. etwa Ulp (Pomp) D 7.8.14.2 und Paul D 44.7.34.2. 13 Vgl. o. § 2 2. Beim Erlöschen des Pfandrechts oder des Nießbrauchs durch Konfusion ist diese Regel nicht überliefert. Servire wird typischerweise nur im Zusammenhang mit der Dienstbarkeit verwendet. Die Verwendung in Pap D 7. l.57pr. ist nachklassisch (dazu o. § 10 lU 2).

14 Vgl. o. § 2 2_ 15 Vgl. u. V.

ID. Prinzipien der obligatorischen Konfusion

193

nem Dulden oder Unterlassen zwingen zu können; das Pfandrecht gewährt dem Gläubiger den Anspruch gegen den Eigentümer auf Duldung der Verwertung der Pfandsache bei Pfandreife. Somit setzen diese Rechte, wie obligatorische Rechte, einen vom Gläubiger verschiedenen Schuldner voraus. Wie bei der obligatorischen Konfusion muß das Recht dann auch erlöschen, wenn Gläubiger und Schuldner in einer Person zusammenfallen (dazu sogleich) 16 • Wahrscheinlich war dies in der späteren Zeit der wesentliche Erklärungsgrund für das Erlöschen des dinglichen Rechts durch Konfusion.

ill. Prinzipien der obligatorischen Konfusion

1. Bei der obligatorischen Konfusion erlischt die Forderung, weoo Gläubiger und Schuldner in einer Person zusammenfallen 17 • Die Forderung, obligatio, wird als Rechtsverhältnis verstanden, vermöge dessen der Schuldner dem Gläubiger zu einer Leistung verpflichtet ist. Zwei Elemente sind ihr wesentlich: zum einen die Verpflichtung zur Vermögensverschiebung vom Schuldner auf den Gläubiger, also zwischen zwei verschiedenen Personen, zum anderen die Möglichkeit des Gläubigers, eine Leistung des Schuldners zu erzwingen18 . Fallen Gläubiger und Schuldner in einer Person zusammen, so fallen diese beiden Elemente weg: eine Person kann sich selbst nicht zwingen, desweiteren ist eine Vermögensverschiebung zwischen zwei Personen nicht mehr möglich 19 • Deoo der Leistungsgegenstand befindet sich nach der Konfusion im Vermögen des Gläubigers. Beerbt der Gläubiger den Schuldner. so befindet sich der Gegenstand beim Gläubiger jedoch nicht aufgrundder Forderung,

16 So auch Solav.i. estinz. 282 f. Anders Kretschmar, Konfusion 53 f. Er verweist darauf, daß Nießbrauch, Dienstbarkeit und Pfandrecht, also Rechte die wir heute beschränkte dingliche Rechte nennen, sich nicht in der Verpflichtung des Eigentümers des belasteten Grundstücks erschöpfen; vielmehr seien auch Dritte verpflichtet, daß dingliche Recht zu dulden; so habe etwa der Nießbraucher auch gegenüber Dritten Unterlassungsansprüche, wenn sie die Ausübung des Nießbrauchs behindern. Kretschmar übersieht jedoch, daß diese Abwehrbefugnisse, die dem Inhaber eines beschränkten dinglichen Rechts zustehen, dem Eigentümer schon aus dem Eigentum zustehen, so daß er gegenüber Dritten das beschränkte dingliche Recht nicht braucht, wenn Eigentum und beschränktes dingliches Recht in einer Person zusammenfallen. 17 Die klassischen Juristen behandeln bei der Konfusion nur die einzelne Forderung, nie das gesamte Schuldverhältnis. Dies entspricht auch der damaligen Behandlung der Obligation. Vgl. Kaser RP I§ 113 I I (479). 18 Vgl. etwa Mod 50. 16.108; I 3.13pr.

19 In Paul D 21.2.41.2 wird eine fiktive Leistung nur als Bild benutzt, die erfiillungsgleiche Wirkung der Konfusion zu beschreiben; vgl. o. § 6 II 3. Zur erfiillungsgleichen Wirkung der Konfusion sogleich. 13 KieB

§ 17. Die Entwicklung der confusio im römischen Recht

I94

sondern vermöge des Tatbestandes, der die Konfusion ausgelöst hat20 • Beerbt der Schuldner den Gläubiger, so bleibt der Gegenstand beim Schuldner, weil dieser nicht mehr zur Leistung verpflichtet ist. Weil das Element des möglichen Zwanges weggefallen ist und der Schuldner den Leistungsgegenstand jetzt nicht mehr zum Gläubiger verschieben kann, verliert die Forderung nach der Konfusion ihren Sinn; sie muß erlöschen, weil sie begrifflich nicht mehr möglich ist. Nach Auffassung der klassischen Juristen erlischt die Forderung durch Konfusion, nicht nur das mögliche Prozeßverhältnis21 • 2. Bei der obligatorischen Konfusion interessiert daneben noch eine anderes Thema: die Frage. ob und in welchen Fällen die Konfusion erfüllungsgleiche Wirkung hat22 • Wir haben gesehen. daß die klassischen Juristen dabei differenzierten: Hat der Gläubiger vor dem Erlöschen der Forderung durch Konfusion die Möglichkeit, mehrere Schuldner auf die gleiche Leistung in Anspruch zu nehmen, wie etwa Bürgen und Hauptschuldner oder mehrere Gesamtschuldner, so legen die klassischen Juristen der Konfusion keine erfüllungsgleiche Wirkung bei. Schuldet dagegen nur ein einziger Schuldner den Gegenstand, so hat die Konfusion erfüllungsgleiche Wirkung. Diese erfüllungsgleiche Wirkung spielt allerdings nur gegenüber Dritten eine Rolle: Hängt etwa von der Erfüllung einer Forderung der Verfall einer Stipulation ab, so verfällt die Stipulation, wenn die Forderung durch Konfusion erlischt23 • Die erfüllungsgleiche Wirkung ergibt sich nicht denknotwendig aus der Konfusion; vielmehr wurde sie von den klassischen Juristen der Konfusion beigelegt. Für die Juristen war wohl folgende Überlegung ausschlaggebend: wenn die Forderung nicht, wie ursprünglich zwischen den Parteien beabsichrigt. erfüllt werden kann, soll der Dritte weder davon profitieren, noch deswegen einen Nachteil erleiden. Konnte der Gläubiger vor der Konfusion auf mehrere Schuldner zurückgreifen, so war diese Überlegung nicht stichhaltig: man konnte eben nicht sicher annehmen, daß der Gläubiger gerade den Schuldner in Anspruch genommen hätte, bei dem die Konfusion eintrat. Hätte er ihn nicht in Anspruch genommen. sondern einen anderen Schuldner, dann wäre der Anspruch auf20 Vgt.

o. §

t6

n 5.

21 Es gibt keine Quelle, in der darauf abgestellt wird, daß die Forderung erlischt, weil eine

aclio, also ein Prozeß nicht mehr möglich ist; auch Ulp D 5. I. I l behandelt nicht die Konfusion (vgl. o. § I6 VI 2). 22 Dazu o. § 4 I.

23 Vgl. etwa Afr D 24.3.33 (o. §

5 14); Paul D 21.2.41.2 (o. § 6 II).

IV. Die Aufhebung der Wirkung der Konfusion

195

grund der dem römischen Recht eigenen Konsumtionskonkurrenz gegen diesen Schuldner ohnehin erloschen.

IV. Die Aufbebung der Wirkung der Konfusion Die Wirkungen der Konfusion sind, gemessen an dem Willen der Beteiligten, nicht immer zweckmäßig: so beispielsweise, wenn der Erbe das Eigentum an einem Erbschaftsgrundstück wieder verliert, bei dessen Erwerb etwa eine Dienstbarkeit durch Konfusion erloschen ist, oder wenn von vornherein feststeht. daß der Erbe, der Gläubiger oder Schuldner des Erblassers war, die gesamte Erbschaft aufgrund eines Fideikommiß wieder herausgeben muß. In diesen Fällen entnehmen wir ohne Ausnahme den Quellen, daß die Juristen die Wirkung der Konfusion grundsätzlich als eine strukturelle Vorgabe ansahen und sie sich daher mit der Frage beschäftigen mußten. wann ein durch Konfusion erloschenes Recht wieder begliindet. wann also die Wirkung der Konfusion wieder aufgehoben werden soll. Soweit die klassische Jurisprudenz die Wirkung der Konfusion aufhebt, lassen sich drei große Gruppen unterscheiden: I. Zu einer ersten Gruppe kann man die Entscheidungen zusammenfassen, welche die Wirkung der Konfusion dadurch beseitigen, daß der die Konfusion auslösende Tatbestand wieder rückgängig gemacht wird. Dies war der Fall, wenn die Wirkung eines Erbschaftsantritts aufgehoben wird: Ein Recht erlischt durch Konfusion, wenn der Gläubiger die Erbschaft des Schuldners erwirbt oder der Schuldner die Erbschaft des Gläubigers. Wird der Erbschaftserwerb beseitigt. so wird damit auch die Konfusion aufgehoben, denn sie hat sowenig wie der Erbschaftserwerb stattgefunden. Dies geschieht entweder aufgrunddes ius civile oder dadurch, daß der Prätor den Erben so stellt, als sei er nicht Erbe geworden, folglich das betroffene Recht auch nicht durch Konfusion erloschen ist. Diese Gruppe umfaßt folgende Fälle: die querella inofficiosi testamenti, bei deren Erfolg das Testament zivilrechtlich unwirksam wird24 ; die bonorum possessio contra tabulas. bei der in manchen Fällen die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Testaments angenommen wird, in anderen das Testament mit prätorischer Hilfe teilweise als hinfällig behandelt wird25 ; die restitutio in integrum des Minderjährigen, bei der der Prätor ein zivilrechtlich wirksames

24 Vgl. Ulp D 5.2.8.16: testamenrum ipso iure rescissum est; vgl. o. § 10 III 2. 25 Vgl. o. § 10 III I und Kaser RP I§§ 171 Ul (706) und 172 I 3, II (707 f.).

196

§ 17. Die Entwicklung der confusio im römischen Recht

Rechtsgeschäft entkräftet26 ; schließlich noch der Entzug der Erbschaft bei Indignität des Erben durch den Fiskus27 . Der die Konfusion bewirkende Vorgang hat, wie nachträglich festgestellt wird, nicht stattgefunden. In der Zwischenzeit ist das Recht jedoch durch Konfusion erloschen. In all den Fällen dieser Gruppe ergibt sich dieses Ergebnis als Folge des jeweiligen Rechtsinstituts. 2. Die zweite Gruppe bilden die Fälle, in denen ein Recht besteht, mit dem der Gläubiger verlangen kann, daß der Tatbestand, der die Konfusion ausgelöst hat, mit Wirkung für die Zukunft rückgängig gemacht. Wir haben einen Fall dieser Gruppe untersucht: erlischt ein Recht bei der dotis datio durch Konfusion, dann hat die Ehefrau einen Anspruch auf Wiederbestellung dieses Rechts mit der actio rei u.xoriae28. 3. Die dritte Gruppe, die wir unterscheiden, ist die interessanteste. Dort erlischt das Recht durch Konfusion; die Beteiligten sind aber verpflichtet, ein inhaltsgleiches Recht neu wiederzubegründen. Diese Fälle finden wir bei der cautio usufructuaria, beim Erbschaftskauf, Fideikommiß und beim Pfandrecht. Diesen Fällen ist gemeinsam, daß der Wortlaut einer actio, einer Stipulation oder eines serultus consultum den Tatbestand der Konfusion nicht erfaßt. So wird das Erlöschen des Nießbrauchs durch Konfusion nicht von der cautio usufructuaria erfaßt, so daß der vormalige Eigentümer nach Verlust seines Eigentums an den Nießbraucher noch aus der cautio klagen könnte29 . Ebenso wird das Erlöschen des Pfandrechts von der Serviana nicht erfaßt, so daß der Pfandgläubiger auch nach der Konfusion weiterhin die Pfandsache von einem späteren Ernierber herausverlangen könnte 30 . Beim Erbschaftskauf werden Forderungen, die zwischen dem Erben und dem Erblasser bestehen, durch die stipu/ationes emptae et venditae hereditatis auf den Erbschaftskäufer transferiert31. Die Stipulationen setzen aber voraus, daß diese Forderungen, die transferiert werden sollen, beim Abschluß der Stipulationen noch bestehen, während sie im konkreten Fall immer schon durch Konfusion erloschen sind. Ebenso erfaßt das SC Trebellianum nicht die Forderungen, die durch Konfusion erloschen sind32 .

26 Vgl. o. § 10 II I und Kaser RP I§ 60 I 2 (248). 27 Vgl. o. § 12. 28 Vgl. Afr. D 23.5.7. 1; o. § 21V 2. 29 Vgl. o. § I I 2. 30 Vgl. o. § 3 U; § 14 I 6. 31 Vgl. o. § 13 I. 32 Vgl. o. § 14 I I und 2.

IV. Die Aufhebung der Wirkung der Konfusion

197

Dem Erbschaftskäufer gewähren die Juristen die actio empti33 , dem Verkäufer ein Zurückbehaltungsrecht, die condictio oder die actio venditi34 , um die durch Konfusion erloschenen Rechte zu berücksichtigen. Beim Fideikommiß gewähren sie sowohl dem Erben wie dem Fideikommissar grundsätzlich die actio fideicommissaria 35 , wenn sie nicht aus besonderen Gründen diesen Anspruch aus Billigkeitserwägungen denegieren36 • In beiden Fällen bleiben die Juristen damit jedoch im Bereich der Dogmatik des Erbschaftskaufs und der Fideikommisse: Die Rechtsbehelfe stellen, wie von den Parteien beabsichtigt, den Erben in jeder Hinsicht so, als sei er nicht Erbe geworden. Bei der cautio usufructuaria gewährt Venuleius dem Nießbraucher, der das Eigentum an der Sache erworben hat, eine exceptio in factum concepta, wenn er vom Erben des Eigentümers aus der cautio in Anspruch genommen wird37 . Auch diese Entscheidung entspricht dem, was die Juristen in anderen, ähnlich gelagerten Fällen entscheiden38 • Bei der actio Serviana argumentiert Paulus in D 44.2.30.1 besonders subtil: wenn er dem ehemaligen Pfandgläubiger die Serviana gewähren will, obwohl das Pfandrecht durch Konfusion erloschen ist, argumentiert er mit dem Wortlaut der Klage, der nämlich auch dann noch zutrifft, wenn das Pfandrecht durch Konfusion erloschen ist39 • Dabei war er sich durchaus bewußt. daß dem Pfandschuldner eigentlich. weil das Pfandrecht durch Konfusion erloschen war, die exceptio doli mali zustünde. Die Juristen gewährten die exceptio doli mali immer dann, wenn das dingliche Recht erlosch, denn dieser Vorgang wurde vom Wortlaut der Serviana ohnehin nie erfaßt4°. Paulus verweigert sie aber aufgrund besonderer Umstände des konkreten Falles. In D 36.1.61(59)pr. gewährt Paulus die Pfandklage aufgrund des Rechts des Fideikommiß41 • Auch in diesen Fällen entspricht also die Lösung der Dogmatik des Pfandrechts. 4. Bei der dinglichen Konfusion ist auffällig, daß Dienstbarkeit und Nießbrauch unterschiedlich behandelt werden: Die Tendenz ist deutlich, den er-

33 Vgl. o . § 13 ll.

34 Vgl. o. § 13 lll. 35 Vgl. o. § 14. 36 Vgl. Scaev D 36.1.82(80); vgl. o . § 14 I 4.

37 Vgl. D 7. 9.4. 38 Vgl. o. § I 12. 39 Vgl. D 44.2.30.1 (dazu o. § 3 II). 40 Vgl. o . § 3 n. 41

Vgl. o . § 14 I 6.

198

§ 17. Die Entwicklung der conjUsio im römischen Recht

losebenen Nießbrauch nicht zu erneuern42 . Auf der anderen Seite erneuern die Juristen in mehreren Fällen die durch Konfusion erloschene Dienstbarkeit-43 • Dogmatische Gründe für die unterschiedliche Behandlung von Dienstbarkeit und Nießbrauch44 sind nicht ersichtlich. Aus der Tatsache, daß die Dienstbarkeit im Gegensatz zum Nießbrauch res mancipi war, kann man für diese Frage nichts herleiten. Eher scheinen praktische Gründe eine Rolle gespielt zu haben: Der Nießbrauch schloß als umfassende Belastung des Eigentums den Eigentümer von der Nutzung der Sache vollständig aus. Diese Belastung wollten die Juristen sobald wie möglich beseitigen. Auf der anderen Seite war eine Dienstbarkeit gerade in der bäuerlichen Wirtschaft für den Eigentümer des herrschenden Grundstücks von großer Bedeutung: Ohne ein Wasserleitungsrecht oder ein Wegerecht konnte ein Grundstück für den Eigentümer völlig wertlos werden45 . 4. Wir sehen also, daß die klassischen Juristen die Konfusion grundsätzlich anerkennen und in der Regel ihre Wirkungen nur in den von der Dogmatik vorgegebenen Fällen aufheben. Der Vorwurf, die klassische Jurisprudenz hätte die Wirkungen der Konfusion undogmatisch behandelt-46 , trifft also nicht zu. Besonders beim Erbschaftskauf, beim Fideikommiß und im Recht der Indignität ist zu erkennen, daß die Juristen mit der Zeit immer mehr Ausnahmen anerkennen. Beim Erbschaftskauf setzt die Entwicklung mit Labeo ein47 ; sie wird insbesondere von Pomponius und Ulpian weiterentwickelt und ausgedehnt-48. Beim Fideikommiß entscheidet Julian als erster über Ausnahmen49 ; seine Entscheidung wird in der Folgezeit erheblich differenziert50 . Im Recht der Indignität ist vermutlich Papinian der erste, der die Wirkung der Konfusion aufhebt51 .

42 Es sei denn, die Voraussetzungen filr die Konfusion werden rückwirkend beseitigt. Dazu o. § I II 2. Selbst in lul D 7.4. 17 und Ulp D 40.4.6, in dem eine Wiederbegründung durchaus billig erschiene (vgl. o. § I II I a und b), lehnen die Juristen eine Wiederbegründung ab. So auch schon Cujaz (Pap 31 quaest) IV 795. 43 Vgl. o. § 2 IV.

44 Man vergleiche nur Marce D 31.26 mit lul D 30. 84.4, Flor D 30.116.4, Paul D 8.1.18 und Gai D 30.70.1 (vgl. o. § I II u. § 2 IV). 45 Diese Einschätzung teilt auch Kaser RP I § 38 ß (143). 46 So aber etwa Winkel, SZ I 02 (1985) 485. 47 D 18.4.24; vgl. o. § 13 II I. 48 Vgl. o. § 13 II 6.

49 D 36. 1.28(27). 11; vgl. o . § 14 12. 50 Vgl. o. § 14 I. 51 Vgl. o . § 12 II I.

V. Der Begriff confusio

199

V. Der Begriff confusio

Die Bezeichnung des Erlöschens eines Rechts durch Konfusion als confusio setzt erst in hochklassischer Zeit ein. In seiner Grundbedeutung bezeichnet confusio einen tatsächlichen Vorgang: das Vermischen von Gegenständen52 . Gelegentlich klingt diese Bedeutung noch an, wenn die Juristen den Vorgang beschreiben, mit dem das Recht durch Konfusion erlischt: Florentin spricht in D 30.116.4 von confusio dominii und Ulpian in D 40.4.6 von conjusio ususfructus53. Hauptsächlich aber verwenden die Juristen den Begriff für das Ergebnis des Vorgangs, das Erlöschen des Rechts54 • 2. Den Begriff confundere verwenden die Juristen bis einschließlich Julian nur für die dingliche Konfusion55 . Bei der dinglichen Konfusion kommt der juristische Begriff seiner eigentlichen Bedeutung 'vermischen' oder 'zusammenfließen' am nächsten: Das durch Dienstbarkeit oder Nießbrauch ausgehöhlte Eigentumsrecht und das beschränkte dingliche Recht fließen zusammen zum vollen Eigentumsrecht; nach der Konfusion bleibt nur noch ein einziges Recht: das umfassende Eigentum, dessen Bestandteile wie bei einem gegenständlichen Zusammenfließen nicht mehr erkennbar sind56 . 3. Erst nach Julian wird von den Juristen auch das Deverbativum conjusio verwendet57 . Es wird, wie bisher schon confundere, für die dingliche Konfusion gebraucht, zugleich aber auf die obligatorische58 und auch auf die unechte Bürgschaftskonfusion59 erstreckt. 4. Die Verwendung des Deverbativum60 und die Bezeichnung auch der obligatorischen Konfusion als confusio fallen zeitlich zusammen. Dies überrascht nicht. Die Verwendung von confusio für die dingliche wie für die obligatorische Konfusion ist Ausdruck eines Abstraktionsprozesses: die gedankliche Analyse beider Vorgänge erlaubt es, sie auf einen Begriff zu bringen. Die klassische Jurisprudenz löst sich von der Vorstellung, daß sich das beschränkte dingliche Recht mit dem Eigentum 'vermischt'. wenn beide Rechte

52 In diesem Sinne verwenden Paul D 6. 1.4 und Ulp D 6.1.5pr. das Wort confusio. Vgl. zu den anderen Bedeutungen, die confusio in den Quellen hat, den Überblick bei Cugia. corso 4 ff. 53 In Ulp D 46.3.43 ist inrer creditorem et adpromissores conjusio facta est wohl nachklassisch eingefügt; vgl. o. § 8 ll I. 54 Dazu Kretschmar. Konfusion 6; Solazzi, estinz. 277. 55 Iav D 8.6.15; Iul D 23.5.7pr.: Gai D 8.6.1; Pomp D 30.38.1; und Ven D 7.9.4. 56 Vgl. o. ll. 57 Ven D 7.9.4; Ter Clem D 34.3.21.1; Flor D 30. 116.4; Scaev D 46.3.93.2. 58 Ter Clem D 34.3.21.1 ; dann erst wieder bei Pap D 29.2.87.1. 46.3.95.2 und öfter. 59 Vgl. o. § 9 IV. 60 Dazu Kaser. St. Biondi I (1965) 95 ff.

200

§ 17. Die Entwicklung der conjusio im römischen Recht

derselben Person zustehen, und daß infolge dieser 'Vermischung' das beschränkte dingliche Recht erlischt. Sie sieht jetzt den eigentlichen Grund für das Erlöschen des beschränkten dinglichen Rechts darin, daß Berechtigter und 'Verpflichteter' in einer Person zusammenfallen. Und auf dieser Abstraktionsebene erkennen die Juristen den Zusammenhang mit der obligatorischen Konfusion: auch dort fallen Verpflichtung und Berechtigung in einer Person zusammen. Danach liegt es nahe, auch für die obligatorische Konfusion die Begriffe con[usio und confundere zu gebrauchen. In den kaiserlichen Konstitutionen taucht der Begriff confusio nur im Zusammenhang mit der obligatorischen Konfusion auf; die erste Erwähnung stammt aus dem Jahre 213 61 . 5. In hochklassischer Zeit hat die römische Jurisprudenz den Begriff confusio, bevor sie ihn auf die obligatorische Konfusion erstreckte, vorübergehend

auch zur Bezeichnung der unechten Bürgschaftskonfusion verwendet62 . Dieser Gebrauch war offensichtlich an der dinglichen Konfusion orientiert. In der Tat sind gewisse Ähnlichkeiten zu erkennen: Wie bei der dinglichen Konfusion Eigentum und beschränktes dingliches Recht zu einem Recht 'zusammenfließen', so fließen bei der unechten Bürgschaftskonfusion zwei Verbindlichkeiten zusammen63 . In beiden Fällen absorbiert das stärkere Recht (Eigentum oder Hauptschuld) das schwächere Recht (beschränktes dingliches Recht oder Bürgenschuld) 64 . Die Bezeichnung der unechten Bürgschaftskonfusion als confusio wird jedoch aufgegeben, sobald der Begriff für die obligatorische Konfusion verwendet wird. Wir sehen darin die Folge einer dogmatisch konsequenten Begriffsbildung. Bemerkenswert bleibt indessen, daß in einem Fall der unechten Bürgschaftskonfusion zum ersten Mal das Erlöschen eines obligatorischen Rechts als conjusio bezeichnet wird. 6. In spätklassischer Zeit verwenden Papinian65 , Paulus66 und Ulpian67 den Begriff confusio sowohl für die dingliche 68 wie die obligatorische Konfusion. 61 Ant 213 C 2.3.7; ders. 215 C 6.42.3; A1ex 223 C 6.50.6; Diocl et Max 299/304 C 4. 16.6; dies. 299 C 7.72.7; dies. 294/304 C 4.16.5; dies. 294/305 C 5.58.3; dies. 293/304 C 6.50.14; Just 531 C 6.30.22.9. 62 Marce D 46.1 .24, Scaev D 46.3. 93.2, 3; vgl. o. § 9 IV. 63 In diesem Sinne wird conjusio auch in anderen Zusammenhängen verwendet, um die Vereingiung zweierRechte oder Verpflichtungen zu einem einheitlichen Recht zu beschreiben; vgl. etwa U1p (Pomp) D 7.8.14.2 und Pau1 D 44. 7.34.2. 64 So auch Kretschmar, Konfusion (1899) 36 f. 65 D 8.1.18; 29.2.87.1; 34.9.17; 34.9.18.1; 36.1.60(58)pr.; 46.1.50; 46.3.95.2. 66 D 8.1.18; 8.2.30pr.; 35.2.1.18; 36.1.61(59)pr.; 44.2.30.1; 46.1.71pr. 67 D 18.4.2.18; 40.4.6; 46.3.43; 49.14.29.2. 68 Anders Buckland, LQR 43 (1909) 330, Pampaloni, Bull. 22 (1910) 129, Kaser, SZ 65 (1947) 369 25 .

V. Der Begriff confusio

201

Für die dingliche Konfusion verwendet zuerst Ulpian69 , dann sein Schüler Tryphonin70 und später Justinian71 auch den Begriff der consolidatio. Dies hat jedoch nicht zu einer konsequenten Begriffsbildung geführt, deßn Ulpian bezeichnet weiterhin die Konfusion beim Nießbrauch mit conjusio72 •

69 D 7.2.3.2; 6pr. ; vat. 83.

70 D 23.3.78.2. 71 I 2.4.3. 72 D 40.4.6.

Quellenregister A. Vorjustinianische

IV

Schriftsteller und Sammelwerke Fragmenta Vaticana 24f, 2553, 2658, 2766 2451, 24.52 2451 2452 133, 2554, 29ff. 2974. 32, 20169 2452 2452

75.1 78 79 80 83 85 86

73 74 a 78 133

15265 15367 80ff., 18769, 18989, 1901 17424

Pauli Sententiae 2.

17.8

7619

Ulpiani regulae 19 1. 6. 7 22. 29 24. 12

1820 5275 1122 2450

B. Corpus iuris civilis Gai Institutiones II

III

IV

123 124 155 157 158 160 163 167 169 199 252 253 255 280 45 f. 83 35

11618 11619 11514 1134 1135 1135 1135 1223 1122 2553 1374 1546 16346 15613 11622 18884 10575

Institutiones 2.

3. 4.

4.3 14.1 20.5 20. 14 20.21 22.2 7.3 13pr. 3.29.2 8.6

13. 20171 11411 5487 18769 17919 1221 11623 19318 18455 816

Digesta 2. 4. 5.

8.8.3 3.7.3 1.11 2.8.16

90 5590 802, 18769, 188f., 19421 11936, 19524

203

Quellenregister

5.

6. 7.

2.21.2 3.13.15 3.14 3.15 3.16.3 3.48 4.1pr. 4.7 6.3. 1 1.4 1.5pr. 1.27pr. 1.3pr. 1.13.4 1.32 1.33.1 1.34pr. 1.41 1.57pr. 2.1pr. 2.3.2 2.4

2.5 2.6 2.6pr. 2.9 2.10 4.2pr. 4.2.2 4.17

118 17528 17528 17528 17528 151 59 17422 17421 15823 1918, 19952 191 8, 19952 2764 119"0 119"0 119"0 2557 ' 2559' 27' 2975, 3289 21f, 34 119"0 22, 34, 118f.• 19213 2448 13 3, 2449 , 3077 , 201 69 1714, 2345, 2554 . 28/.• 3080, 3181, 3187, 3289, 3291, 3497, 3498 28f. 13 3 28f., 201 69 2345, 3187 2557 , 26ff., 29, 32 2}33 2}33 135, 15jf.• 19 25, 20, 2136, 3498 , 35, 5277 , 11727. 19842

7.

4.27 6.4 6.5pr. 8.6.1 8.14.2 9.1 9.3 9.3.3 9.3.4 9.4

8.

1.8.1 1.11 1.18 2.26pr. 2.30pr. 2.30.1 3.3.3 3.7.1 3.14 3.18 3.20 3.27 3.30 3.31 3.33.1 3.34pr. 3.34.1 3.35 4.2 4.6.1 4.7pr. 4.8 4.9 4.10 4. 12 5.6pr.

132, 82 11 3498 14, 31 84 , 31 86 , 362, 192 119"0 19212, 20063 147 147 1510 159 132, 14f, 19F, 192, 19955 • 19957 41, 4224 , 4533 187, 18769 5485, 5591, 19844' 20065. 20066 362 361, 20066 4Jf, 4535, 4537 3814 3812, 3917 3814 37. 378 3814 40f., 45 4848 362, 38ff. 362 41, 42.ff. 4641 4641 15929 4533 4848, 5589 15929 47, 147f. 361, 362 5486 18773

204

8.

Quellenregister

5.12 6.1. 6.6.1 6.14pr. 6.15

9.

2.16 4.2.1 4.37 4.38.1 10. 2.2.5 2.25.13 2.25.1 2.51.1 11. 1.12pr. 7.33 12. 6.45 13. 6.1.2 7.29 15. 1.37pr 1.50.1 16. 1.8.7 1.8.12 1.13.1 17. 1.11

18.

11728 361, 191 7, 19955 3810 4641 37f., 1917, 19955 18769 , 188 8314

82f.

8317 15721 17214 15721 172 14 • 173ff. 1137 1322 141ff., 145 802 572 14947, 152f. 13045 12727

19.

1.10 1.11.14 1.13.15 1.29 1.49.1 2.54pr. 1.13.4 6.8pr. 1.23.8 2.8 2.9 2.29pr. 2.40 2.41 2.41.2

20. 21.

23.

127f.

4.8 4.9

142 1389

148

3.17pr. 3.66 3.78.2 5.7pr.

88f., 1776,

4.2.19

4.2.18

4.20 4.24

58 8

178 8525 2029 10990' 10992 1372 4743 15054• 15158 14947. 152f. 1389, 143ff., 147 1389, 146f., 20067 47, 1389, 147,

1.26.7 1.49 1.59.3 4.2.1 4.2.2pr. 4.2.3 4.2.6 4.2.15

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5.7.1 3.33 3.66pr. 5.3 5.38.3 5.39 5.9.20 6.43.3 2.54 2.57pr. 2.87.1 5.21.1

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12517 • 1773, 178, 17811 , 193 18 ' 19423 506 134 13 3, 134, 5274 , 2017° 23ff.' 1917. 19628 • 19955

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3.93.3 3.95.2 3.95.3 3.95.4 3.107 4.18.1 2.17.1 2.18 2.65(64) 49. 14.13.9 14.29.1 14.29.2 50. 16.49 16.97 16.108 16.222 17.45pr. 47.

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