Die Planung transeuropäischer Verkehrsnetze [1 ed.] 9783428505432, 9783428105434

Die Europäisierung der nationalen Rechtsordnungen steht seit geraumer Zeit im Mittelpunkt der öffentlich-rechtlichen Dis

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German Pages 278 [279] Year 2002

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Die Planung transeuropäischer Verkehrsnetze [1 ed.]
 9783428505432, 9783428105434

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ECKHARD BOGS

Die Planung transeuropäischer Verkehrsnetze

Schriften zum Europäischen Recht Herausgegeben von

Siegfried Magiera und Detlef Merten

Band 83

Die Planung transeuropäischer Verkehrsnetze Von Eckhard Bogs

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek- CIP-Einheitsaufnahme Bogs, Eckhard: Die Planung transeuropäischer Verkehrsnetze I von Eckhard Bogs. Berlin : Duncker und Humblot, 2002 (Schriften zum europäischen Recht ; Bd. 83) Zugl.: Freiburg (Breisgau), Univ., Diss., 2000/2001 ISBN 3-428-10543-5

D25 Alle Rechte vorbehalten

© 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0937-6305 ISBN 3-428-10543-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

Meinen Eltern

Vorwort Diese Arbeit lag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-LudwigsUniversität Freiburg i.Br. im Wintersemester 2000/2001 als Dissertation vor. Sie befindet sich auf dem Stand Sommer 2000. Danken möchte ich zunächst Herrn Prof. Dr. Rainer Wahl, der während meiner Tätigkeit an seinem Institut das Interesse für europarechtliche Fragestellungen verstärkte sowie für planungsrechtliche Rechtsprobleme schärfte und so wesentlichen Anstoß zur vorliegenden Arbeit gab und diese durch stetige Diskussionsbereitschaft förderte. Danken möchte ich ebenfalls Herrn Prof. Dr. Andreas Voßkuhle für die Erstattung des Zweitgutachtens. Großen Dank schulde ich Herrn Dr. Jens Jeep für die Korrektur des Manuskriptes. Ebenfalls hierfür und für das Verständnis, welches die Fertigung einer solchen Arbeit erfordert, danke ich ganz besonders meiner Frau Maren Bogs. Schließlich möchte ich meinen Eltern danken. Sie förderten meine Ausbildung, ließen mir die notwendigen Freiheiten und ermöglichten so diese Arbeit. Karlsruhe, im Oktober 2001

Eckhard Bogs

Inhaltsübersicht

§ 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . .. . . . .. .. .. . .. . . .. . . . . . . . .. .. .. . . . . .. . . . .. . . .. . .. . .

15

§2

24

Die verkehrsinfrastrukturbezogene Rechtsetzung vor dem Vertrag von Maastricht

§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154- 156 EGV als begrenzte Planungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

§4

92

Die Leitlinien für transeuropäische Netze im Verkehrsinfrastrukturbereich . . . . . . . .

§ 5 Die rechtsdogmatische Einordnung der Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

§ 6 Die konkreten Vorgaben der Leitlinien für die Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

§ 7 Finanzierungsförderungen für Verkehrsprojekte auf Gemeinschaftsebene . . . . . . . . . 178

§8

Ergebnis bezüglich der gemeinschaftlichen Planungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

§9

Die Befolgung der gemeinschaftlichen Planungsverpflichtung nach dem deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

§ 10 Gesamtergebnis .. .. . . .. . .. .. . . . .. . . . . .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . . .. . . .. . . . . . . .. .. .. . .. . . 241

Anhang: Der Text der Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

Inhaltsverzeichnis

§ 1 Einführung . . . . .. . . . .. . .. .. . . . .. . . . .. . . . .. .. .. .. .. . . . . . .. . . .. . .. . . .. . . . . . . .. . .. .. .

15

I. Die Notwendigkeit und Problematik gemeinschaftlicher Verkehrsinfrastrukturplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

Il. Überblick über die derzeitige Rechtslage und hieraus resultierende Fragestellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

III. Der Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

§ 2 Die verkehrsinfrastrukturbezogene Rechtsetzung vor dem Vertrag von Maas-

tricht .... . ..................... .. ................... . . ... . .............. .. ........

24

I. Die Kompetenzlage nach dem EWGV . . .. .. . . . . . .. . . .. .. .. . .. . .. . . . .. . . . .. .

24

Il. Sekundäres infrastrukturbezogenes Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27

III. Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV als begrenzte Pla-

nungskompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

I. Entstehungsgeschichte .. .. .. . .. . . . .. .. .. .. . . . . . . .. . . .. . .. . . .. . . .. . .. .. . .. .. .

34

l. Die Regelung nach dem Vertrag von Maastricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

2. Die Modifizierungen durch den Amsterdamer Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

II. Die Grundprinzipien der Kompetenzverteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

1. Begrenzte Kompetenzzuweisung und Systematik der Gemeinschaftskompetenzen... . .... . .... . ..... .. .. . . . . .. . .... . ... . ... .. . .. . . . ........ .. .....

37

a) Grundzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

8

Inhaltsverzeichnis b) Die gemeinschaftlichen Auslegungsmethoden im Hinblick auf die Art. 154- 156 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

c) Die Art. 154-156 EGVals nicht ausschließliche Gemeinschaftskompetenz............ . .. . .................. . ... . ................. . .... . ..

41

2. Das Subsidiaritätsprinzip als Kompetenzausübungsschranke . . . . . . . . . . . . .

43

III. Die Aufgabe der Gemeinschaft nach Art. 154 Abs. 1 2. Hs. EGV . . . . . . . . . . . .

45

1. Die Verkehrsinfrastruktur als Bezugspunkt der Gemeinschaftsrechtsetzung .. . . . . . . . . . . . . . .. . . .. . . ... .... . . . . . .. . . . .. . . ... . . ... . . . ... . . . . . . . . . . .

45

2. Der Netzbegriff als Anknüpfungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

3. Die transeuropäische Bezugsgröße der Vernetzungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . .

49

4. Die Regelungsintensität der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

5. Zwischenergebnis: Die Gemeinschaftsaufgabe als Planungsaufgabe . . . . . .

52

IV. Das Zielsystem des Art. 154 EGV.............. . ... . .. . .............. . .. . . . .

52

1. Rechtliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

2. Die Ziele nach Art. 154 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

a) Der Binnenmarktbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

b) Die Bedeutung der Infrastrukturen für den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

c) Die Nennung der Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

3. Die Zielnormierungen des Art. 154 Abs. 2 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

a) Die Förderung des Netzverbundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

b) Die Förderung der Interoperabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

c) Die Förderung des Netzzugangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

d) Die Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

e) Die Anhindung geographisch abgelegener Gebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

4. Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

V. Die Handlungsformen nach Art. 155 Abs. 1 EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

1. Grundlagen und Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

Inhaltsverzeichnis 2. Die leitlinienbezogenen Aussagen des Art. 155 Abs. 1 EGV

9 62

a) Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

b) Die Ziele, Prioritäten und Grundzüge der Aktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

c) Die Ausweisung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse . . . . . . . . . .

64

d) Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

3. Die übrigen Gemeinschaftsmaßnahmen .. . . . . . . .. . . .. . . .. . .. . . . . . . . .. .. ..

67

VI. Das Rechtsetzungsverfahren zur Aufstellung der Leitlinien nach Art. 156 EGV.... . . ....... . ............ . . ........... . ............... . ... . ...

69

1. Das Rechtsetzungsverfahren nach Art. 156, 251 EGV als Planungsverfahren .................... . ..................... . ... . ............. .. . .......

69

2. Das Mitentscheidungsverfahren . .. .. . . .. . . .. . . .. . . .. . .. . . .. . . . .. .. .. .. . .

70

a) Die Regelung des Art. 189 b a. F. EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

b) Das Mitentscheidungsverfahren in der Neufassung des Art. 251 EGV.

73

3. Die Einbeziehung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

4. Das Billigungserfordernis durch die Mitgliedstaaten nach Art. 156 Abs. 2 EGV .... . .. . ....... . ... . ................. . ... . ....... . .. .. ....... . . .. . ..

77

5. Schlußfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

VII. Die flankierenden Regelungen nach Art. 155 Abs. 2 und 3 EGV....... .. .. . .

82

VIII. Das Verhältnis der Planungskompetenz nach Art. 154 ff. EGV zur allgemeinen Verkehrspolitik der Art. 70 ff. EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

IX. Fazit: Die Art. 154 ff. EGV als Basis einer funktionalen Aufgabenverteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten im Verkehrsinfrastrukturplanungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

§ 4 Die Leitlinien für transeuropäische Netze im Verkehrsinfrastrukturbereich . . .

92

I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

II. Das Verfahren der Leitlinienaufstellung im konkreten Anwendungsfall . . . . . .

93

III. Die regelungstechnische Grundstruktur der Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

IV. Die Erwägungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

10

Inhaltsverzeichnis V. Der textliche Regelungsteil der Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

1. Die Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

2. Der erste allgemeine Teil (Art. 1-8 der Leitlinien) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Zweck und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Netzumfang........ . . ................. . ...................... .. ...... 103 c) Grundzüge und Prioritäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 d) Netze von Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 e) Die Regelung bezüglich des Umweltschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Grundlegendes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 bb) Beriicksichtigung des Umweltschutzes auf Gemeinschaftsebene 110 cc) Beriicksichtigung des Umweltschutzes auf mitgliedstaatlicher Ebene ....... . .. . . ..... . ... . . .. ... . . . ... . ...... . .. . .. . .. .. . . .. . . . 112 dd) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3. Der besondere Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 4. Der zweite allgemeine Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 VI. Die Anhänge I- ßi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . .. .. . .. . . . . . . . . . .. . .. 118 1. Anhang I . .. . . .. .. . . . . . . . . .. . . .. .. .. . . . .. . . . . . . . .. . . .. .. . .. . . . .. . . . .. . . . . 118

2. Anhang II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3. Anhang III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 VII. Die Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 I. Bedeutung . .. . . . ... . . . . . . . . . .. . . .. .. ... . . .. . . .. .. ...... . ...... .. . . ... ... . 123

2. Entwicklungen während des Rechtsetzungsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. Die jetzige Regelung des Art. 7 der Leitlinien . . . .. . . .. .. . . .. . . . . .. . .. . . . . 127 4. Die Deutschland betreffenden Vorhaben

133

VIII. Schlußfolgerungen und Reformgedanken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 § 5 Die rechtsdogmatische Einordnung der Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

I. Einführung und praktische Bedeutung. . ... . ... . .. . .. .................. .. .... 138

Inhaltsverzeichnis

11

li. Primärvertragliche Anknüpfungspunkte . . .. . . . .. . . . . .. . .. . . .. . .. .. .. . .. . . .. . 139 I. Der Bereich der transeuropäischen Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

2. Verwendung des Leitlinienbegriffs in anderen Bereichen des EGV . . . . . . . 143 a) Die binnenmarktbezogenen Leitlinien . .. .. . . .. . .. . . .. . . .. . . .. . . . .. . .. 143 b) Die beschäftigungspolitischen Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3. Verwendung des Leitlinienbegriffs im EUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4. Schlußfolgerungen . . .. .. .. .. .. .. .. . .. . .. . . . .. .. .. . .. . . .. .. .. . .. .. . . .. .. . 148 III. Aussagen des sekundären Rechts............. . ... . ...... .. .............. .. .. 148 IV. Schlußfolgerung: Die infrastrukturellen Leitlinien als gemeinschaftsrechtlicher Planungstypus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 V. Die Umsetzung der Leitlinien als Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Die Rechtsform der Entscheidung im allgerneinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Fragwürdigkeit der Rechtsform der Entscheidung für die Leitlinienaufstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 3. DieSachproblematik der rechtlichen Kategorisierung des Plans . . . . . . . . . . 155 4. Schlußfolgerungen . .. .. .. . .. .. . . . .. . . . .. . . . . . . .. . .. . . . . . .. .. .. .. .. .. .. . . 162 VI. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

§ 6 Die konkreten Vorgaben der Leitlinien für die Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 164

I. Problernstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 li. Rechtspflichten aufgrund der Zielnormierung des Art. 2 Abs. 1 der Leitlinien? .. . . .. .. . .. .. . .. . .. . .. . .. . .. .. . .. . .. . .. . .. .. .. .. .. . . .. . .. . . . .. . . .. . . . . 165 III. Die Planungsverpflichtung aus Art. 7 Abs. 3 der Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 IV. Die flankierende Informationsverpflichtung aus Art. 18 Abs. 1 der Leitlinien

171

V. Ergebnis .. . . .. .. . .. .. . .. . .. . . .. .. . .. . .. .. .. .. . .. .. . . .. . . .. .. . . . .. . . . .. .. .. .. 173 VI. Annex: Die Leitlinienfestlegungen als Maßstab raumrelevanter Entscheidungen auf Gemeinschaftsebene . .. . .. . .. .. . .. . . . . . . . . .. . . . .. . .. . . .. . . .. . . .. . . . . 174

12

Inhaltsverzeichnis

§ 7 Finanzierungsförderungen für Verkehrsprojekte auf Gemeinschaftsebene . . . . . 178

I. Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 II. Der Rechtsrahmen gemeinschaftlicher Finanzbeiträge zugunsten der mitgliedstaatliehen Ebene . .. . .. . . . . .. . . . .. . .. . . . . . .. . . .. . . . .. . . . .. . . . . . . . . .. . . . 179 III. Die infrastrukturrelevanten Förderinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 1. Das spezielle Finanzierungsinstrument nach Art. 155 Abs. 1 3. Spiegelstrich EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 2. Infrastrukturförderung durch den Kohäsionsfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 3. Infrastrukturförderungen durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 4. Förderungen durch die Europäische Investitionsbank und den Europäischen Investitionsfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 a) Förderungen durch die Europäische Investitionsbank . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 b) Förderungen durch den Europäischen Investitionsfonds . . . . . . . . . . . . . . . 190 IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 § 8 Ergebnis bezüglich der gemeinschaftlichen Planungsebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 § 9 Die Befolgung der gemeinschaftlichen Planungsverpflichtung nach dem deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 II. Strukturelemente der Verkehrswegeplanung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 III. Die Planungsstufe des Bundesverkehrswegeplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 1. Das Planungskonzept des Bundesverkehrswegeplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Vergleichende Betrachtung des Bundesverkehrswegeplans mit den Leitlinien .. . ...... . . .. . ... .. ......... . ... .. ..... . . .... . ... . .... . . ...... . . . ... 206 3. Schlußfolgerungen . . .. .... . ........... .. ....... . .................. . . ... . 208 IV. Die fachbezogenen Ausbaugesetze .. . . . . . . . . . .. . . .. .. . .. . . . .. . . .. . . . . . .. . . .. 209 1. Die Systematik der Planungsstufe . . . . . . . . .. . . . .. . . . .. . . . . . .. . .. .. . . .. . . .. 209

Inhaltsverzeichnis

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2. Erfordernis zur Aufnahme der Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Fünfjahresplan oder im jährlichen Bauplan? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 3. Ausreichende Bindungskraft aufgrund der Ausweisung als vordringlicher Bedarf für die Linienbestimmung und die Planfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . 216 V. Die Linienbestimmung .. . ... . ............... .. . .. . ................ . . .. . ... .. 219 VI. Die Planfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 1. Das Rechtsinstitut der Planfeststellung (Überblick) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224

2. Die Relevanz der Bedarfsfeststellung im System der materiellen Bindung der Planfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 3. Weitergehende Einwirkung der gemeinschaftlichen Vorgaben auf der Ebene der Planfeststellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 VII. Gemeinschaftlich bedingte beschleunigte Planung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 VIII. Ergebnis . . .. . . .. . . . . .. . . . .. . . . .. .. . . .. .. . . .. . . . . .. . . .. . .. .. . . . . .. . . . . . . . .. . .. 238 IX. Anwendung der Ergebnisse . .. .. . . .. .. .. .. .. . . .. . . .. . . .. . .. . .. . . . . .. . . . . . . . . 239 § 10 Gesamtergebnis ... . . ......... . ..... . . . . ... ....... .. .. . . . ..... .. ... . ....... . .. . . . 241 Anhang: Der Text der Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262

§ 1 Einführung I. Die Notwendigkeit und Problematik gemeinschaftlicher Verkehrsinfrastrukturplanung

Die vorliegende Arbeit untersucht die Planung transeuropäischer Verkehrsnetze. Diese bestehen aus solchen Infrastrukturen der einzelnen Verkehrsträger, die aus Gemeinschaftsperspektive wichtige Bedeutung für den gemeinschaftsweiten Verkehr besitzen, 1 also vor allem aus spezifischen Femverkehrsverbindungen. 2 Wie bereits der Titel der Untersuchung ohne jedweden Blick auf primäres oder sekundäres Gemeinschaftsrecht vermuten läßt, ist die Gemeinschaftsebene nach dem erreichten Entwicklungsstand der europäischen Integration in das Verkehrswegeplanungsrecht eingebunden, so daß die Europäisierung des Öffentlichen Rechts 3 - ein allgemeines Schwerpunktthema der derzeitigen rechtswissenschaftliehen Diskussion- diesen speziellen Bereich erreicht hat. 4 Der Hintergrund für das Interesse der Gemeinschaft hieran und deren Einbindung in die Planung der Verkehrsinfrastrukturen ist die Erkenntnis, daß eine funktionierende Europäische Union Infrastrukturen benötigt, die sich an den Bedürfnissen und Dimensionen zurnindest5 des Unionsraums orientieren. 6 Diese Notwendig1 Das Gemeinschaftsrecht (Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV) verwendet den Begriff der "Vorhaben von gemeinsamem Interesse". 2 Der Gemeinschaftsansatz umfaßt ebenfalls die Festlegung sog. punktförmiger Infrastrukturen, wie beispielsweise Flughäfen. Die vorliegende Arbeit konzentriert sich vor allem auf die linienförmigen Infrastrukturen, die Verkehrswege. Zu dieser Eingrenzung näher im Nachfolgenden. 3 Exemplarisch sei diesbezüglich auf die Habilitationsschriften von Brenner. Der Gestaltungsauftrag der Verwaltung in der Europäischen Union, 1996, Hatje, Die gemeinschaftsrechtliche Steuerung der Wirtschaftsverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, 1998, und von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, hingewiesen. 4 Vgl. Wahl, Festschrift Blümel, 1999, S. 617 ff., zunächst bezogen auf das Planungsrecht insgesamt (S. 617 ff.) und sodann speziell auf das Verkehrswegeplanungsrecht (S. 625 ff.). 5 Die Planung der Gemeinschaft bezieht sinnvollerweise, wie bereits der Begriff "transeuropäisch" und nicht (nur) "gemeinschaftlich" nahelegt, auch Drittstaaten in ihre Überlegung mit ein und arbeitet mit diesen zusammen. 6 Eine Erkenntnis, die ihre geschichtliche Bestätigung in vielfältigen neuen politischen Gefügen findet. Schon das Netz der nach Rom führenden "viae Romanae" kann als Beispiel hierfür dienen, ebenfalls die Konsolidierung der europäischen Nationalstaaten im 19. und 20. Jahrhundert durch Straßen- und Eisenbahnnetze und schließlich die bedeutenden Rolle der Eisenbahn(infrastruktur) zum Aufbau und Zusammenhalt der Vereinigten Staaten im letz-

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§ 1 Einführung

keit zeigt sich in Bezug auf die wirtschaftliche Seite daran, daß der reine Abbau von den innergemeinschaftlichen Wirtschaftsverkehr beschränkenden Rechtsnormen nicht vollkommen ausreicht, um einen effektiven, leistungsfähigen Wirtschaftsraum herzustellen. Damit alle Mitgliedstaaten oder auch Regionen an diesem Wirtschaftsraum in angemessener Weise teilhaben und profitieren können, bedarf es darüber hinaus der Gewährleistung der tatsächlichen Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Betätigung, die geradezu idealtypisch durch eine leistungsfähige Infrastrukturanhindung vorgehalten wird. Insofern weist die verkehrsinfrastrukturelle Versorgung des Gemeinschaftsraumes enge Bezüge zu zentralen Tätigkeitsfeldern der Gemeinschaft auf, nämlich zur tatsächlichen Herstellung des Binnenmarktes,7 der ohne die Lebensadern der Verkehrsnetze nicht vorstellbar ist,8 und zur Stärkung des wirtschaftlichen Zusammenhalts der Gemeinschaft. Gerade das Kohäsionsziel, das neben der wirtschaftlichen Seite auch den sozialen Zusammenhalt nennt, zeigt aber, daß ein rein wirtschaftlich orientierter Begründungsansatz für das Gemeinschaftsinteresse an leistungsfähiger Infrastruktur zu kurz greifen würde. 9 Unabhängig davon, wie man die Europäische Union rechtlich begreifen möchte, zeigt sich doch, daß hier schon längst etwas geschaffen wurde, was zumindest staatsähnliche Züge trägt. Der Auf- und Ausbau von Infrastrukturen nach gemeinschaftlichen Kriterien verdeutlicht auch dies. Das so bestehende Bedürfnis gemeinschaftsorientierter Verkehrsinfrastruktur konnte bisher, wie ein Blick auf Infrastrukturnetze der Mitgliedstaaten zeigt, nicht in alleiniger Zuständigkeit von diesen befriedigt werden. So dokumentiert etwa die dem Verwaltungssystem entsprechende sternförrnige Ausrichtung der französischen Verkehrswege nach Paris diesen Befund. Aber auch in Deutschland mangelt es an leistungsfähigen Verbindungen vor allem in Ost-West Richtung. Verbindunten Jahrhundert. Dieser Zusammenhang wird treffend betont in: Transeuropäische Netze, Gruppe der persönlichen Beauftragten der Staats bzw. Regierungschefs, Bericht, 1995, S. 10. 7 Die Europäische Kommission (im folgenden: Kommission) mißt dem transeuropäischen Verkehrsnetz eine "essentielle Bedeutung" für den Binnenmarkt zu. Darüber hinaus erwartet die Kommission erhebliche positive beschäftigungspolitische Auswirkungen und zwar vor allem durch die langfristigen Auswirkungen der Verkehrsnetze auf Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit Sie geht so von bis zu 5 Mio. neuer Arbeitsplätze gemeinschaftsweit im Zeithorizont 2030 aus. Vgl. Kommission, Transeuropäisches Verkehrsnetz, Bericht über die Umsetzung der Leitlinien und die Prioritäten für die künftige Entwicklung 1998 gemäß Art. 18 der Entscheidung 1692/96/EG, KOM (1998) 614 endg. vom 28. 10. 1998, S. 2, 4 f. Bereits das Weißbuch der Kommission Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung, Herausforderungen der Gegenwart und Wege ins 21. Jahrhundert, 1994, unterstreicht denengen Zusammenhang von Infrastrukturen und der Schaffung von Arbeitsplätzen. B Wahl, Festschrift Blümel, 1999, S. 617,626. 9 Diese Ausrichtung und Bedeutung der Netze betont der gemeinsame Bericht der Kommission und der Europäischen Investitionsbank, Transeuropäische Netze für Verkehr und Energie, Infrastruktur für das 21. Jahrhundert, S. 3: ,,Bessere Verkehrsverbindungen werden unseren Bürgern das Reisen erleichtern, das Kennenlernen ihrer europäischen Nachbarn und deren Kulturen. Sie werden damit auch das Gefühl der europäischen Zusammengehörigkeit stärken."

I. Gemeinschaftliche Verkehrsinfrastrukturplanung

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gen, die in Zukunft im Zuge der EU-Osterweiterung noch wichtigere Bedeutung erhalten werden. 10 Ganz allgemein fehlen schließlich häufig Verbindungen zwischen den einzelstaatlichen Netzen oder sind unzureichend dimensioniert. Die bestehende Notwendigkeit der Einbindung der gemeinschaftlichen Regelungsebene in die Planung von Verkehrsinfrastrukturen darf allerdings nicht zu voreiligen Schlüssen bezüglich allzu weitgehender korrespondierender Gemeinschaftskompetenzen führen. Vielmehr wird ein Rechtsbereich angesprochen, der infolge zahlreicher Gründe einer behutsamen Vorgehensweise der gemeinschaftlichen Planungsebene in diesem hochsensiblen Bereich bedarf. Zunächst beginnt eine gemeinschaftsorientierte Planung nicht voraussetzungslos. Sie muß vielmehr im Verhältnis Gemeinschaft - Mitgliedstaat die gewachsenen nationalen Verkehrsinfrastrukturnetze rein tatsächlich beachten und in das Gesamtkonzept integrieren. Des weiteren wird ein Rechtsbereich tangiert, der letztlich zur Beplanung und entsprechenden Bebauung des Gebietes des Mitgliedstaates führt. Es existiert eben kein abstrakt definierter Gemeinschaftsraum als solcher, sondern jede Planung betrifft zugleich den Raum eines Mitgliedstaates, der aus seiner Perspektive bereits beplant ist. Das Merkmal des Staatsgebietes, bzw. die eng hiermit verbundene Frage, wer dieses Staatsgebiet beplanen darf, ist ein wesentliches Kennzeichen eines Staates, so daß die Abgabe von Kompetenzen in diesem Bereich noch schwerer fallt als in anderen Rechtsbereichen. Schließlich trifft ein gemeinschaftlicher Planungsansatz - zumindest bezogen auf Deutschland - auf ein bereits äußerst ausdifferenziertes Verkehrswegeplanungsrecht Dieses achtet intern die föderalistische Staatsstruktur, gewährleistet weiterhin vor allem durch das verfassungsrechtlich verankerte Abwägungsgebot 11 die Beachtung von öffentlichen und Individualinteressen, die gegen die Infrastrukturen sprechen und garantiert im Verhältnis zu Planbetroffenen grundrechtlich verankerten Rechtsschutz gegen staatliche Planung. 12 Demnach besteht einerseits ein Bedürfnis nach gewisser Steuerung der Planung und Realisierung von Verkehrswegen nach gemeinschaftlichen Kriterien, anderseits sollte die Gemeinschaftsebene schon aufgrund der angeführten Sachprobleme die mitgliedstaatliche Ebene nicht negieren, sondern achten. Unabhängig von kompetentiellen Erwägungen wäre die Gemeinschaft auch faktisch nicht in der Lage, den gesamten aufwendigen und vielfaltige Probleme abarbeitenden PlanungsproIO Nach den Worten von Grüter, Kommission, Generaldirektion Verkehr und Energie, Direktion Transeuropäische Netze, wird sich der Ost-West Güterverkehr nach Kommissionsprognosen in den nächsten 15 Jalrren verdoppeln; vgl. Süddeutsche Zeitung vom 14. 4. 2000, S. 14. 11 Abgeleitet aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG); vgl. bezogen auf das Straßenrecht Rinke, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Auf!. 1999, Kap. 32 Rn. 9. 12 Vgl. Art. 19 Abs. 4 GG. Einfachgesetzlich umgesetzt durch ein Rechtsschutzsystem, das umfassenden Rechtsschutz auf der Ebene des abschließenden Planfeststellungsbeschlusses gewährt. In der ,,klassischen" Konstellation als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO.

2 Bogs

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§ 1 Einführung

zeß für gemeinschaftlich relevante Vorhaben allein zentralistisch zu bewältigen. Die umfangreiche Aufgabe der Planung und Realisierung gemeinschaftlich bedeutsamer Infrastrukturen kann vielmehr weder allein durch die mitgliedstaatliche Ebene, noch durch die Gemeinschaftsebene gelöst werden. Schon diese angeführten allgemeinen Erwägungen verdeutlichen, daß der Auf- und Ausbau transeuropäischer Netze bzw. deren Planung sinnvoll nur in einem Verhältnis der Kooperation13 zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten erreicht werden kann.

II. Überblick über die derzeitige Rechtslage und hieraus resultierende Fragestellungen Vor diesem Hintergrund bewegt sich das primäre und sekundäre Gemeinschaftsrecht. Seit dem Maastrichter Unionsvertrag (damals Art. 129 b- d EGV) verfügt die Gemeinschaft mit den jetzigen Art. 154-156 EGV zwar über ausdrückliche, inhaltlich allerdings beschränkte Kompetenzen im Bereich der transeuropäischen Jnfrastruktumetze. Hierbei faßt das Primärrecht die Sachbereiche Verkehr, Telekommunikation und Energie zusammen, wohingegen sich diese Arbeit von vomherein auf die transeuropäischen Verkehrsnetze und hierbei auf deren Planung konzentriert. Dies rechtfertigt sich schon aufgrund der Unterschiedlichkeiten der drei Bereiche, 14 die allein über den Begriff der Infrastruktur gewisse Verknüpfungen 15

erhalten. Außerdem sind im Verkehrsinfrastrukturbereich, da räumlich besonders relevant, die interessantesten planungsrechtlichen Konflikte bereits virulent oder zu erwarten. Diese räumliche und damit rechtliche Relevanz und Brisanz besteht wiederum innerhalb des Verkehrsinfrastrukturbereiches vor allem bei der Planung der linienförrnigen Infrastruktur, der Verkehrswege. Diese stehen im Vordergrund der Untersuchung, wobei die Planung der Straßen und Schienenwege als Referenz dient. In Ausfüllung der angesprochenen primären Kompetenzen hat die Gemeinschaft bezogen auf den Verkehrssektor neben begleitenden Rechtsakten die sog. Leitlinien 16 erlassen, die eine Vorgabe des künftigen Infrastrukturausbaus auf Gemein13 Der Begriff der Kooperation wurde im gemeinschaftsrechtlichen Kontext vom BVerfG geprägt. Es geht in seinem Maastricht-Urteil (v. 12. 10. 93-2 BvR 2134, 2159/92- E 89, 155 ff.) von einem solchen Kooperationsverhältnis zwischen BVerfG und EuGH aus. Danach (a. a. 0 ., Leitsatz 7) "übt das BVerfG seine Rechtsprechung über die Anwendbarkeit von abgeleiteten Gemeinschaftsrecht in Deutschland in einem Kooperationsverhältnis zum Europäischen Gerichtshof aus." Das Kooperationsprinzip findet im vorliegenden planungsrechtlichen Bereich seine Stütze bereits in der dargestellten rein tatsächlichen Ausgangslage, die eine hinzutretende Planungsebene nicht negieren kann. 14 Dies führte dazu, daß im Rahmen der Verhandlungen des Maastrichter Vertragswerkes auch sektoral eigenständige Regelungen diskutiert wurden. Vgl. Cloos, Reinesch, Vignes, Weyland, Le Traite de Maastricht, Genese, Analyse, Commentaires, 1993, S. 298. 15 Zu diesen eingehend Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, ib. s. 162 ff.

II. Überblick über die derzeitige Rechtslage

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schaftsebene enthalten 17 und so das aufgabenbezogene Gemeinschaftsinstrument darstellen. Aus dieser Rechtslage ergibt sich die ganz grundsätzliche Fragestellung, wer bzw. welche Ebene welchen Beitrag im Gesamtgefüge der Planung transeuropäischer Verkehrsnetze leistet. In Konkretisierung dieser Grundsatzfrage ergeben sich weitere Einzelfragen, auf die die vorliegende Arbeit antworten möchte. So stellt sich die Frage, welche Grundstruktur das primäre Gemeinschaftsrecht aufweist, welche Rechtsakte es nach welchem Verfahren im planungsrechtlichen Bereich zuläßt, welche inhaltliche Reichweite diese haben können. Eng hiermit zusammenhängend muß untersucht werden, wie das Verhältnis der Art. 154 ff. EGV zu sonstigen primärvertraglich denkbaren Kompetenzen zu beurteilen ist. Daran anknüpfend ist zu klären, wie die Gemeinschaft in der Praxis das Primärrecht umgesetzt hat. Die hier relevanten Leitlinien geben weitere Fragen auf, nämlich wie sie in das Gesamtgefüge der Gemeinschaftsrechtsetzung dogmatisch einzuordnen sind und - eng hiermit zusammenhängend - ob und welche Rechtspflichten sie den Mitgliedstaaten auferlegen. Handelt es sich um rein oder überwiegend politische Deklarationen oder müssen die Mitgliedstaaten bestimmte Vorhaben sogar bis zu einem bestimmten Zeitpunkt realisieren oder in Angriff nehmen? 18 Oder enthalten die Leitlinien nicht vielmehr einen Planungsauftrag an die Mitgliedstaaten unter Achtung des mitgliedstaatliehen Planungsrechts? Wiederum eng mit der Beantwortung dieser Frage verknüpft stellen sich Folgefragen bezogen auf das nationale Verkehrswegeplanungsrecht Auf welcher Planungsstufe19 sind die Vorgaben zu berücksichtigen (Bundesverkehrswegeplan, Ausbaugesetze, Fünfjahrespläne, Jahrespläne, Linienbestimmung, Planfeststellung)? Kann national ohne rechtliche Bedenken, wie derzeit geplant, ein geänderter Bundesverkehrswegeplan erlassen werden? Handelt die Bundesregierung europarechtskonform, wenn sie - um wiederum ein aktuelles Beispiel aufzugreifen einen Baustopp der Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke Nürnberg - Erfurt verfügt, 16 Erlassen durch die Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABI. Nr. L 228 vom 9. September 1996, S. 1 ff. Geringfügig, das Straßennetz Großbritannien betreffend korrigiert durch: Berichtigung der Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (ABI. Nr. L 228 vom 9. 9. 1996, S. 1), ABI. Nr. L 15 vorn 17. 1. 1997, S. 1. Abgedruckt als Anhang, s. 246 ff. 17 Diese Leitlinien lassen sich, um eine erste Vorstellung dieses Planungsinstruments zu erhalten, am ehesten in gewisser Hinsicht mit dem Bundesverkehrswegeplan vergleichen. 18 Beides in der Literatur vertretene Positionen. 19 Mit der Unterfrage, in welcher Kategorie der jeweiligen Stufe die Vorgaben zu berücksichtigen sind. So kennen die Ausbaugesetze den vordringlichen und weiteren Bedarf, die Planfeststellung die Planungsleitsätze und das Abwägungsgebot etc.

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§ I Einführung

die wiederum ein wesentliches Teilstück des Hochgeschwindigkeitszuges Nord Süd darstellt, einem Zentralprojekt der Leitlinien? Bereits dieser Fragenkatalog zeigt, daß es sich um ein interessantes, in Entwicklung befindliches Rechtsgebiet handelt. 20 Antworten sind bisher allenfalls in Teilbereichen gefunden worden. Die sich bisher zu den angesprochenen Fragen äußernden Untersuchungen gelangen so beispielsweise bei der Problematik, welche Rechtspflichten die Leitlinien den Mitgliedstaaten auferlegen, zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen, die dem Kooperationsverhältnis zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten nicht gerecht werden. 21 Auch insofern besteht Klärungsbedarf, den diese Untersuchung im Wege einer adäquaten Gesamtlösung leisten möchte, die entsprechend der zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten aufgeteilten Planungsaufgabe, einerseits dem gemeinschaftlichen Anspruch nach Ausrichtung und Planung der Verkehrsnetze Rechnung trägt, andererseits aber die Rechtssphäre der Mitgliedstaaten angemessen achtet. Nach dieser positiven Beschreibung des Untersuchungsthemas bedarf es in negativer Hinsicht einiger klarstellender Abgrenzungen. Als rechtswissenschaftliche Arbeit kann und will sie wirtschaftswissenschaftliche22 und verkehrspolitische Fragen nur dort ansprechen, wo sie in den rechtlich relevanten Bereich hinübergreifen. Letzteres betrifft vor allem das Spannungsverhältnis zwischen Infrastrukturausbau und Umweltschutz. 23 Schließlich bestehen Querverbindungen zu zwei verwandten raumrelevanten Tatigkeitsfeldern der Gemeinschaft, 24 die vorliegend ebenfalls weitgehend ausgespart bleiben können. Der bereits skizzierte Wandel der Gemeinschaft hin zu einer den 20 Oppermann, Europarecht, 2. Auf!. 1999, Rn. 1478 führt aus: "Der Auf- und Ausbau transeuropäischer Netze stellt ein besonders faszinierendes Kapitel des europäischen Einigungsprozesses dar, weil er den Binnenmarkt und die Gemeinschaft über konkrete Projekte ... augenfällig macht." 21 Es überwiegt der Hang zu ,,klaren" und "spektakulären" Lösungen: Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998 vertritt trotz des Titels seiner Arbeit einen Extrempunkt: Die Vorhaben müssen zeitnah durchgesetzt werden, die Mitgliedstaaten und auch die Gemeinschaft dürfen (nahezu) alles hierzu. Andererseits geht Gottschewski, Zur rechtlichen Durchsetzung von europäischen Straßen, 1998, davon aus, daß das Gemeinschaftsrecht praktisch keine rechtliche Relevanz für die nationale Rechtsebene hat. 22 Auf primär wirtschaftswissenschaftliche Aspekte der transeuropäischen Netze gehen die Sammelbände von Karl (Hrsg.), Transeuropäische Netze - Die infrastrukturpolitischen Aufgaben der EU, 1997 und Zippel (Hrsg.), Transeuropäische Netze, 1996, ein. 23 Dort wird das gemeinschaftliche Umweltschutzrecht gelegentlich dazu mißbraucht, politische Argumente, die sich im Meinungsbildungsprozeß nicht durchsetzen konnten, rechtlich zu instrumentalisieren. So vor allem die Frage der konkreten Aufteilung der Infrastrukturanteile auf die einzelnen Verkehrsträger ("modal split"). Es geht hierbei nicht darum, die Güte dieser Argumente zu bewerten, sondern um die gebotene Trennung zwischen rechtlichen und allein politisch zu entscheidenden Fragestellungen. 24 Zu der Gesamtdimension der Europäisierung des Planungsrechts Wahl, Festschrift Blümel, 1999, S. 617 ff.

II. Überblick über die deneitige Rechtslage

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Gemeinschaftsraum beplanenden Institution vollzog und vollzieht sich nicht allein im Bereich der fachbezogenen Frage der Planung von Verkehrsinfrastrukturen. Vielmehr nutzt die Gemeinschaft die ebenfalls fachbezogenen umweltrechtlichen Kompetenzen (Art. 174 ff. EGV), um umfangreiche naturschutzrechtliche Vorgaben bezüglich des Gebietsschutzes aufzustellen. 25 Rechtlich weniger stark ausgeprägt, faktisch aber nicht zu unterschätzen, 26 befaßt sich auch27 die Gemeinschaft damit, die fachlich ausgerichteten Planungen in ein Gesamtkonzept der räumlichen Ordnung auf Gemeinschaftsebene einzubinden?8 Dieser Bereich der Raumord25 Sekundärrechtlich geschieht dies vor allem durch die sog. Flora-Fauna-Habitat Richtlinie (FFH-Richtlinie, Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABI. Nr. L 206 vom 22. 7. 1992, S. 7 ff.). Diese strebt ein gemeinschaftsweites zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten unter der Bezeichnung Natura 2000 an (Art. 3). Die Richtlinienregelungen sind weitgehend. Sie enthalten materielle Kriterien der Schutzgebiete, die in einem Verfahren unter Führung der Kommission und Einschaltung der Mitgliedstaaten zu konkretisieren sind. Für ausgewählte Gebiete- so der geregelte Normalfall-sieht die Richtlinie insbesondere eine Verträglichkeitsprüfung für potentiell beeinträchtigende Projekte und Pläne vor. Die deneitige Diskussion zur Richtlinie wird durch die defizitäre, da nicht rechtzeitige Umsetzung der Richtlinie bestimmt, so daß sich die typischen Fragestellungen nach der Möglichkeit der unmittelbaren Anwendbarkeit stellen. Zu dieser Frage im einzelnen: BVerwG, Urteil v. 19. 5. 1998-4 A 9/97- E 107, 1, 15 ff. (A-20); Wahl, Festschrift Blümel, 1999, S. 617, 629 ff. m. w. N. des umfangreichen Schrifttums zur FFH-Richtlinie; ferner zum hiesigen Problem aus planungsrechtlicher Sichtweise Spannowsky, UPR 1998, 161, 167 f. 26 Raumordnungs- bzw. Raumentwicklungskonzepte sind in erster Linie darauf angewiesen, so zeigt es auch die deutsche Erfahrung, sich mehr durch sachliche Notwendigkeit und Übeneugungskraft ("persuasorischer" Charakter der Raumordnung), denn durch rechtlichen Zwang durchzusetzen. Zur deutschen Entwicklungslinie eingehend Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, Bd. 1, 1978, S. 185 ff.; zur wiederkehrenden jetzigen Problematik auf Gemeinschaftsebene Wahl, Festschrift Blümel, 1999, S. 617, 620 ff., ib. 622. 27 Daneben positioniert sich die mitgliedstaatliche Ebene. Auf Ministerebene (Europäische Raumordnungsministerkonferenz EROMK - CEMAT) wurde im Wege informeller Sitzungen ein Europäisches Raumentwicklungskonzept (EUREK) erarbeitet und 1999 endgültig verabschiedet (abgedruckt in: BT-Drs. 14/1388). Hienu Gatawis, DVBI. 1999, 833 ff.; Jarass, DÖV 1999, 661 ff. Zur Politik der mitgliedstaatliehen Zusammenarbeit bereits Krautzberger/Selke, DÖV 1994,685,687. 28 Aus rechtswissenschaftlicher Sicht naturgemäß vor allem zur Kompetenzproblematik: Battis, Festschrift Schlichter, 1995, S. 185 ff.; David, DÖV 1993, 1021 ff.; Ders., Festschrift Lendi, 1998, S. 47 ff.; Krautzberger, Festschrift Weyreuther, 1993, S. 57 ff.; Ders./Selke, DÖV 1994, 685 ff.; Schmidt-Eichstaedt, DVBl. 1996, 1412 ff.; Schmidhuber/Hitzler, DÖV 1991, 271 ff.; Spannowsky, UPR 1998, 161 ff.; Wahl, Festschrift B1ümel, 1999, S. 617 ff.; aus österreichischer Perspektive: Pemthaler I Prantl, Raumordnung in der europäischen Integration, 1994, ib. S. 25 ff.; Daneben ist auf die problemschärfenden Veröffentlichungen der Akademie für Raumforschung und lAndesplanung hinzuweisen: Ansätze zu einer europäischen Raumordnung, 1985; Europäische Integration, Aufgaben für Raumforschung und Raumplanung, 1990; Perspektiven der Raumentwicklung in Europa, 1992; Perspectives de I' Amenagement du Territoire Europeen, auch in deutscher Übersetzung: Perspektiven einer europäischen Raumordnung, 1992; in Zusammenarbeit mit der Delegation a I' Amenagement du Territoire et a I' Action Regionale (DATAR); Institutionelle Bedingungen einer europäischen Raumentwicklungspolitik, 1994.

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§ 1 Einführung

nung bzw. Raumentwicklung29 verläuft allerdings nicht zuletzt mangels ausdrücklicher30 Gemeinschaftskompetenz im rechtlich schwer greifbaren Bereich des Informellen, bzw. des Vorstadiums einer eventuellen Kompetenz. Die bisherigen von der Kommission erstellten Dokumente erarbeiten in Studien dementsprechend vorwiegend erst den Bedarf einer gemeinschaftsweiten räumlichen Ordnung? 1 Dies bedeutet für den Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit, daß die Raumentwicklungspolitik der Gemeinschaft keinen direkten rechtlichen Einfluß auf die Planung transeuropäischer Netze nehmen kann, 32 so daß bei der Infrastrukturrechtsetzung der Gemeinschaft die Koordinierung mit konfligierenden Raumnutzungsinteressen nach Möglichkeit33 durch interne Berücksichtigungsbefehle innerhalb des sekundären Regelwerks der Leitlinien zu leisten ist. Für den wichtigsten Bereich der entgegenstehenden Belange, der umweltschutzrechtlichen, enthalten die Leitlinien dementsprechend eine Berücksichtigungsklausel, die bei der Untersuchung der Leitlinien ohne weiteres analysiert werden kann.

111. Der Gang der Untersuchung Nach dem Gesagten ist der Gang der Darstellung bereits vorgeprägt So wird zunächst die für das Verständnis des jetzigen Primärrechts wichtige Entwicklungslinie der bisherigen infrastrukturbezogenen Rechtsetzung vor dem Maastricht-Vertrag mit der Einfügung der infrastrukturbezogenen Kompetenzen dargestellt(§ 2). Hieran anschließend (§ 3) kann das geltende Primärrecht der Art. 154-156 EGV unter planungsrechtlichen Gesichtspunkten untersucht werden. Dabei steht die 29 Die unterschiedliche und nicht immer stringente Begriffsverwendung verdeutlicht die unterschiedlichen Erwartungen an ein gemeinschaftliches Konzept und dokumentiert die divergierenden Grundverständnisse im Bereich der gesamthaften Planung. Näher hierzu David, Festschrift Lendi, 1998, S. 47, 58 ff., der eine "Verwässerung des Raumordnungsbegriffs durch den Sprachgebrauch in EU-Dokumenten" beklagt. 30 Nicht von vornherein von der Hand zu weisen wäre eine Argumentation, die eine Gemeinschaftskompetenz analog der deutschen Rechtsentwicklung (vgl. BVerfG, Rechtsgutachten v. 16. 6. 54-1 PBvV 2/52- E 3, 407, ib. 427) unter dem Topos "Natur der Sache" herzuleiten sucht. 31 Auf Gemeinschaftsebene sind bisher vor allem zwei Dokumente zu nennen: Kommissionsdokument Europa 2000, Ausblick auf die Entwicklung des Gemeinschaftsraumes, KOM (91) 452 endg., abgedruckt in BT-Drs. 12/4640, S. 6 ff.; hierzu erläuternd das damalige Kommissionsmitglied Millan, Europäische Zeitschrift für Regionalentwicklung 1994, 3 ff.; Europa 2000+, Europäische Zusammenarbeit bei der Raumentwicklung, abgedruckt in BTDrs. 13/3577, S. 3 ff. 32 Es existiert keine gemeinschaftliche Raumordnungsklausel, da schon kein Geltung beanspruchendes Recht der Raumentwicklung bzw. Raumordnung auf Gemeinschaftsebene gesetzt wurde. 33 Ebenfalls ist zu beriicksichtigen, daß die Leitlinien nur eine erste sehr grobmaßstäbige Planung enthalten, die nicht geeignet ist, Nutzungskonflikte, die erst bei der weiteren genaueren Verortung der Vorhaben auftreten können, bereits abzuarbeiten.

III. Der Gang der Untersuchung

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Kompetenz der Gemeinschaft zum Erlaß der Leitlinien im Vordergrund. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf die Frage nach dem Rechtsetzungsverfahren gelegt, das Aufschluß auf die Frage nach der internen Planungszuständigkeit im Sinne der Organzuständigkeit gibt sowie die Einbeziehung der mitgliedstaatliehen Ebene regelt. Diese Untersuchung legt den Boden für die nähere Betrachtung der sekundärrechtlichen Leitlinien. In einem ersten Zugriff(§ 4) wird die diffizile interne Regelungsstruktur der Leitlinien analysiert und hierbei vor allem die rechtliche Regelungssystematik der sehr bedeutsamen Festlegung der sog. Vorhaben von gemeinsamem Interesse untersucht und auf Deutschland angewandt. Bevor die konkreten Vorgaben der Leitlinien für die Mitgliedstaaten erarbeitet werden (§ 6), geht die Untersuchung auf die eng hiermit zusammenhängende dogmatische Struktur der Leitlinien ein(§ 5). Als die Gemeinschaftsebene abschließender ,,Annex" stellt sie das verästelte und vor allem in Zeiten knapper Haushalte nicht uninteressante System der gemeinschaftlichen Finanzierungsförderungen für Verkehrsinfrastrukturvorhaben dar (§ 7).

Sodann kann der Bezug zum nationalen Verkehrswegeplanungsrecht hergestellt und geklärt werden, auf welcher Stufe der aus den Leitlinien abzuleitenden Rechtspflicht zu entsprechen ist (§ 9). Hierfür ist das nationale Planungsrecht vor allem unter der Fragestellung zu untersuchen, welche Planungsstufen welche Problempunkte im Zuge des gestuften Planungsverfahrens abarbeiten und welchen rechtlichen Einfluß die jeweils sachlich übergeordnete Planungsstufe auf die nachgeordnete Stufe ausübt.

§ 2 Die verkehrsinfrastrukturbezogene Rechtsetzung vor dem Vertrag von Maastricht I. Die Kompetenzlage nach dem EWGV Das Primärrecht der Art. 154-156 EVG, das nahezu inhaltsgleich der Regelung der durch den Maastrichter Unionsvertrag neu eingefügten Art. 129 b- d EGV entspricht, wurde nicht abstrakt auf dem Reißbrett entworfen und in den EGV aufgenommen. Obwohl sicher noch nicht völlig ausgereift, sind die jetzigen Regelungen bezogen auf den Teilbereich der Verkehrsinfrastruktur vielmehr eine bei der Auslegung und Abgrenzung des jetzigen Primärrechts zu beachtende Antwort auf das schon lange vorhandene Interesse der Gemeinschaft an der Ausrichtung der Verkehrsinfrastruktur am Gemeinschaftsraum. Dieses Interesse drückte sich in zunehmenden und qualitativ differenzierteren Rechtsakten aus. 1 Mangels spezifischer infrastrukturbezogener Rechtsgrundlage wurde hierfür die Verkehrspolitik nach Art. 74 ff. EWGV nutzbar gemacht. 2 Diese Politik gehört bereits seit den Gründungsverträgen zum Aufgabenbereich der Gemeinschaft, führte aber lange Zeit ein Schattendasein und erhielt allgemeine Impulse erst durch eine 1983 angestrengte recht spektakuläre Untätigkeitsklage des Europäischen Parlaments3 gegen den Rat. Die infrastrukturbezogenen Gemeinschaftsrechtsakte wurden hierbei auf Art. 75 Abs. 1 lit. c EWGV (jetzt Art. 71 Abs. 1 lit. d EGV4 ) gestützt, 5 wonach die Gemeinschaft "alle sonstigen zweckdienlichen Vorschriften erlassen" kann. Trotz dieses sehr offenen, auf den ersten Blick fast unproblematisch auch den infrastrukturellen Aspekt einbeziehenden Wortlautes sollte man sich doch vergegenwärtigen, Zur sekundären Rechtsentwicklung sogleich S. 27 ff. Jetzt Art. 70 ff. EGV. Die vorliegend relevanten Regelungen blieben abgesehen von der Neunumerierung inhaltlich im Kern unverändert. 3 Der EuGH entschied durch Urteil vom 23. 5. 1985, Rs 13/83 (Europäisches Parlament/ Rat) Slg. 1985, 1513 ff. Die Klage wurde im wesentlichen abgelehnt, führte jedoch politisch zu verstärkten Rechtsetzungsaktivitäten. Näher hierzu Gottschewski, Zur rechtlichen Durchsetzung von europäischen Straßen, 1998, S. 70 f.; Nicolaysen, Europarecht ß, 1996, S. 443 f.; ferner Calliess, Informationsdienst Umweltrecht 1992, 219, 221; Oppermann, Europarecht, 2. Auf!. 1999, Rn. 1440. 4 Die Änderung (lit. d statt c) basiert darauf, daß die jetzige Alternative lit. c (Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit) erst durch den Maastricht-Vertrag eingefügt wurde. s Regelmäßig wird als Rechtsgrundlage nur ungenau Art. 75 EWGV - vereinzelt auch nur der EWGV - als solcher genannt. Innerhalb des Art. 75 EWGV bietet allerdings nur die Generalklausel eine mögliche Rechtsgrundlage, da die anderen Alternativen eine gänzlich andersartige Ausrichtung haben und keinesfalls als Rechtsgrundlage für infrastrukturbezogene Rechtsakte nutzbar sind. I

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I. Die Kompetenzlage nach dem EWGV

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daß jede Generalklausel vor dem Hintergrund des Gesamtkontextes des Regelungsbereiches, in dem sie steht, interpretiert und gegebenenfalls begrenzt werden muß. Dieser Kontext, die allgemeine Verkehrspolitik, erwähnt die Verkehrsinfrastruktur mit keinem Wort. Aus den sonstigen Regelungen und Kompetenzen läßt sich vielmehr trotz häufig beklagter unzureichender Klarheit des Politikfeldes6 eine gänzlich andersartige Ausrichtung der gemeinschaftlichen Verkehrspolitik herleiten. So ermächtigt Art. 75 Abs. 1 lit. a EWGV (Art. 71 Abs. I lit. a EGV) den Rat, Regelungen im Bereich des Eingangs-, Ausgangs- und Durchgangsverkehrs innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten zu erlassen. Art. 75 Abs. I lit. b EWGV (Art. 71 Abs. llit. b EGV) sieht Regelungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmern in Staaten, in denen sie nicht ansässig sind vor (Kabotage7 ) und regelt so die Frage der Dienstleistungsfreiheit im Rahmen des gemeinschaftsweiten Verkehrs. Art. 77 EWGV (73 EGV) läßt als Ausnahme zum allgemeinen Subventionsverbot gewisse Beihilfen zu. Art. 79 EWGV (Art. 75 EGV) zielt darauf ab, Diskriminierungen abzubauen, die dadurch entstehen, daß ein Verkehrsunternehmer bei gleichen Gütern in Abhängigkeit vom Zielgebiet unterschiedliche Frachten und Beförderungsbedingungen anwendet. Nach Abs. 3 kann die Gemeinschaft zur Durchsetzung dieses Zieles Regelungen treffen. Art. 80 EWGV (Art. 76 EGV) wendet sich materiell an die Mitgliedstaaten, denen grundsätzlich untersagt wird, zum Schutz oder zur Unterstützung bestimmter Unternehmen oder Industrien Frachten oder Beförderungsbedingungen staatlich festzulegen. Schließlich dürfen Abgaben und Gebühren eines Verkehrsunternehmers bei Grenzübergang nach Art. 81 EWGV (Art. 77 EGV) nicht unangemessen hoch sein, sondern müssen sich am Aufwand orientieren. In ihrem grundsätzlichen Ansatz zielen diese Regelungen und Kompetenzen somit darauf ab, ein der Gemeinschaftsrechtsordnung entsprechendes, die Besonderheiten des Verkehrssektors respektierendes umfassendes Regelungsregime für die Nutzung der Verkehrswege zu erreichen, das vor allem den Wettbewerb von Verkehrsunternehmen gemeinschaftsweit ermöglicht. 8 Diese Regelungsrichtung wird durch Art. 84 EWGV (Art. 80 EGV) unterstrichen. Dieser eröffnet den Anwendungsbereich der allgemeinen Verkehrspolitik und spricht ausdrücklich von der Geltung dieses Titels für "Beförderungen" in den jeweiligen Verkehrssektoren. Verkehrspolitik im Sinne dieser Regelungen ist daher nach dem Grundverständnis 6 Vgl. nur Oppermann, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 1428: "Inhaltlich stellen die Art. 75 ff. =70 ff. neu EGV ein ziemlich undeutlich und beliebig aneinandergereihtes Sammelsurium von Einzelaspekten einer denkbaren gemeinsamen Verkehrspolitik dar." 7 Zu diesem Regelungsbereich näher Calliess, Informationsdienst Umweltrecht 1992, 219, 220 ff.; Erdmenger in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEGVertrag, 5. Aufl. 1999, vor Art. 75 EGV Rn. 39. s Wesentliches Augenmerk der Gemeinschaft liegt so auf der Liberalisierung der Märkte für Verkehrsdienste. Hierzu eingehend Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 211 ff.; Fehling, AöR 1996, 59 ff.

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§ 2 Verkehrsinfrastrukturbezogene Rechtsetzung vor Maastricht

des primären Vertragsrechts und dem überwiegenden dementsprechenden Sekundärrecht9 Ordnungspolitik, nicht Infrastrukturpolitik. 10 Anders ausgedrückt bedeutet dies für den Bereich der Verkehrsinfrastruktur, daß die gemeinschaftliche Verkehrspolitik bereits eine ausgebaute Verkehrsinfrastruktur als Basis voraussetzt und lediglich die Regelung eines fairen, diskriminierungsfreien und sicheren Nutzungsregimes für den Verkehrsmarkt anstrebt, nicht jedoch Regelungen über die Planung, den Bau oder die Finanzierung von infrastrukturellen Vorhaben beabsichtigt. Es wäre daher unter Zugrundelegung einer systematischen Auslegung naheliegend gewesen, auch den generalklauselartigen Art. 75 Abs. llit. c EWGV (Art. 71 Abs. 1 lit. d EGV) in der aufgezeigten Richtung zu verstehen und lediglich ergänzende verkehrsmarktbezogene Regelungen kompetentiell zuzulassen, 11 nicht jedoch andersartige infrastrukturbezogene Rechtsakte. Entgegen diesem Verständnis wird die verkehrsbezogene Generalklausel jedoch äußerst weit interpretiert und sogar als Blankettkompetenz für den Verkehrsbereich insgesamt bezeichnet. 12 So kann es trotz der aufgezeigten Bedenken kaum verwundern, daß auch infrastrukturbezogene Rechtsakte bis zum Erlaß der Regelungen über transeuropäische Netze auf die Generalklausel der Verkehrspolitik abgestützt wurden. In der Literatur wurde das extensive Kompetenzverständnis kaum problematisiert, sondern die infrastrukturbezogene Rechtsetzung als Notwendigkeit positiv aufgenommen. 13 Spätestens mit der Weiterentwicklung des Gemeinschaftsrechts durch spezifische infrastrukturbezogene primärvertragliche Regelungen, eben der im Folgenden zu untersuchenden Regelungen über die transeuropäischen Netze, muß dieses Verhältnis differenzierter gesehen werden. 14

9 Siehe hierzu die umfassenden Nachweise bei Basedow/ Dolfen, in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Stand 1999, Abschnitt L, Rn. 1 ff.; speziell zu den umfassenden Regelungen im Eisenbahnsektor, ib. der gemeinschaftsrechtlich initiierten Trennung des Betriebes der Infrastruktur und der Erbringung von Verkehrsleistungen, Magiera, in: B1ümel (Hrsg.), Verkehrswegerecht im Wandel, 1994, S. 35 ff.; Schmuck, Transportrecht 1992,41 ff. 1o Witte, in: Zippel (Hrsg.), Transeuropäische Netze, 1996, S. 63: "Im alten EWG-Vertrag wird die gemeinsame Verkehrspolitik nur als Ordnungspolitik aufgefaßt. Der neue EG-Vertrag sieht Verkehrspolitik hingegen auch als Infrastrukturpolitik." 11 Beispielsweise steuerliche Regelungen. Zu dieser Nutzbarmachung der Generalklausel Hof, Straßenverkehrsabgaben und Europarecht, 1998, S. 81 ff. 12 Oppermann, Europarecht, 2. Auf!. 1999, Rn. 1430. 13 Vgl. etwa Steiner, Recht der Verkehrswirtschaft in: Schmidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil 2, 1995, S. 131, 145 (Rn. 15); Erdmenger, in: Ehlermann/Bieber (Hrsg.), Handbuch des Europäischen Rechts, Stand Februar 2000, Vorb. zu Art. 74-84 Rn.24. 14 Hierzu im einzelnen § 3, S. 84 ff.

II. Sekundäres infrastrukturbezogenes Gemeinschaftsrecht

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II. Sekundäres infrastrukturbezogenes Gemeinschaftsrecht

Im Bereich des sekundären Gemeinschaftsrechts wurden entsprechend des aufgezeigten extensiven Kompetenzverständnisses bereits zeitlich weit vor Unterzeichnung des EU-Vertrages am 7. 2. 1992 und Inkrafttreten der Art. 129 b- d EGV a. F. am 1. 11. 1993 verkehrsinfrastrukturspezifische Rechtsakte erlassen. 15 Die Analyse dieser Rechtsakte veranschaulicht eine fortschreitende Entwicklung, an deren Ende derzeit die Rechtsakte aufgrundder Art. 129 b- d EGV a. F., und hierbei insbesondere die Leitlinien stehen. Den Beginn einer systematischen16 infrastrukturbezogenen Rechtsetzung auf Gemeinschaftsebene markiert die Ratsentscheidung 78/174/EWG 17• 18 • Durch sie wurde bei der Kommission ein Ausschuß für Verkehrsinfrastruktur etabliert, der aus Vertretern der Mitgliedstaaten unter Vorsitz eines Vertreters der Kommission bestand. Aufgabe dieses Ausschusses war es, in Bezug auf Infrastrukturen von grenzüberschreitender Bedeutung eine Beratungsebene zu installieren und den Informationsfluß zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, wurden die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission alle Planungen von "gemeinschaftlicher Bedeutung" mitzuteilen. Das Kriterium der gemeinschaftlichen Bedeutung definierte Art. 1 der Entscheidung in abstrakter 15 Hierzu Button, in: Bettelsmann Stiftung (Hrsg.), Europäische Verkehrspolitik, 1992, S. 27, 44 ff.; Gottschewski, Zur rechtlichen Durchsetzung von europäischen Straßen, 1998, S. 59 ff.; Hünnekens, Rechtsfragen der wirtschaftlichen Infrastruktur, 1995, S. 68 ff.; Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 35 ff.; Pemthaler/ Prantl, Raumordnung in der europäischen Integration, 1994, S. 152 ff.; Schulze, in: Zippel (Hrsg.), Transeuropäische Netze, 1996, 29, 32 f.; zur Entwicklung der InfrastruktuiJ?.olitik ab 1990 unter besonderer Berücksichtigung der politischen Impulse vgl. auch die Ubersichtsskizze bei Haubold, in: Ewers (Hrsg.), Verkehrsinfrastrukturpolitik in Europa: eine deutsch-polnische Perspektive, 1995, S. 7, 9; zur neueren Entwicklung siehe ebenfalls Fonger; Internationales Verkehrswesen 1994, 621, 622. 16 Für den davorliegenden Zeitraum kann auf die Ausführungen bereits aus dem Jahre 1985 von von Malchus, in: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.), Ansätze zu einer europäischen Raumordnung, 1985, S. 165 ff., ib. S. 192 f. verwiesen werden. Zu der Entwicklung die sich weitgehend außerhalb des rechtlich relevanten bewegte, vielmehr durch Studien etc. geprägt war, die den Bedarf an Infrastruktur, ausgerichtet an Gemeinschaftskriterien aufzeigte, vgl. ebenfalls Gottschewski, Zur rechtlichen Durchsetzung von europäischen Straßen, 1998, S. 59 ff. 17 Entscheidung 78/174/EWG des Rates vom 20. 2. 1978 zur Einführung eines Beratungsverfahrens und zur Schaffung eines Ausschusses auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur, ABI. Nr. L 54 vom 25. 2. 1978, S. 16 f.; zu diesem Ausschuß Zils, Die Wertigkeit des Umweltschutzes in Beziehung zu anderen Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft, 1994, S. 225; ferner Erdmenger; Europäische Zeitschrift für Regionalentwicklung 1996, 6, 7. 18 Die Einschätzung, daß dieses Datum einen Einschnitt darstellt und den Beginn intensiver und (zunehmend) systematischer infrastrukturbezogener Gemeinschaftsrechtsetzung bedeutet, wird etwa geteilt von Basedow!Dolfen, in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Stand 1999, Abschnitt L, Rn. 118; ähnlich auch Erdmenger; EG unterwegs, 1981, s. 31 f.

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§ 2 Verkehrsinfrastrukturbezogene Rechtsetzung vor Maastricht

Weise, wobei insbesondere Vorhaben bezüglich grenzüberschreitender Verkehrswege, aber auch Vorhaben mit bloßer Relevanz für den Verkehr zwischen Mitgliedstaaten erfaßt wurden. 19 Die Regelungen bezüglich Informationsgewinnung und Beratungsverfahren können für sich betrachtet zwar als durchaus gelungen angesehen werden, was sich auch schon daran zeigt, daß die jetzigen Leitlinien in Art. 18 immer noch eine ähnliche Regelung enthalten. 20 Dennoch war die tatsächliche Effektivität der Einsetzung des Infrastrukturausschusses gering, 21 da die Entscheidung ohne Einbindung in ein Gesamtkonzept isoliert erlassen wurde. Die Mitgliedstaaten hatten somit kein gesteigertes Interesse, Informationen über ihre nationalen Planungen offenzulegen und abzustimmen, so daß die Informationen seitens der Mitgliedstaaten letztlich nur unzureichend flossen. 22 Konsequenterweise unterschied sich die weitere infrastrukturbezogene Rechtsetzung von der ursprünglichen Konzeption dann auch durch ihre verstärkt finanzierungsbezogene Ausrichtung, die verständlicherweise bei den Mitgliedstaaten mehr Interesse und Anklang fand. Den Anfangspunkt einer ganzen Reihe von Verordnungen, die Finanzhilfen für aus gemeinschaftlicher Sicht förderungswürdige Verkehrsinfrastrukturprojekte vorsahen, bildete die Verordnung (EWG) Nr. 3600 I 82 des Rates23 . Ihr schlossen sich weiterführende Folgeverordnungen zur Ausschöpfung24 der Mittel der Haushaltspläne 1983 und 198425 und des Haushaltsplans 198526 an. Dabei blieb es nicht bei einer bloßen inhaltsgleichen Fortführung der anfänglichen Regelung. Vielmehr wurde das Förderkonzept materiell differenzierter ausgestaltet. So beließ es die erste Förderverordnung (3600 I 82) noch bei einer kurzen, lediglich zwei Artikel umfassenden Regelung, die sich darauf beschränkte, 19 Die Kriterien regelte im einzelnen Art. 1 Nr. 2 der Entscheidung 78/174/EWG des Rates vom 20. 2. 1978 zur Einführung eines Beratungsverfahrens und zur Schaffung eines Ausschusses auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur, ABl. Nr. L 54 vom 25. 2. 1978, S. 16 f. 20 Konsequenterweise wird die Entscheidung 78/174/EWG dann auch durch Art. 22 der Leitlinien aufgehoben. 21 So ebenfalls die Einschätzung von Zils, Die Wertigkeit des Umweltschutzes in Beziehung zu anderen Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft, 1994, S. 225. 22 Vgl. Dreijahresbericht der Kommission über die Tätigkeit des Ausschusses für Verkehrsinfrastruktur in den Jahren 1984-1987, KOM (88) 289, S. 6 ff. endg.; zu diesem Ergebnis kam auch das Europäische Parlament: Entschließung des Europäischen Parlaments über Maßnahmen auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur in der Gemeinschaft vom 12. 3. 1984, ABl. Nr. C 104 vom 16. 4. 1984, S. 24 ff. 23 Verordnung (EWG) Nr. 3600/82 des Rates vom 30. 12. 1982 über eine begrenzte Aktion auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur, ABl. Nr. L 376 vom 31. 12. 1982, S. 10. 24 Daher ergingen die Verordnungen auch immer erst frühestens am Ende des betreffenden Haushaltsjahres. 2s Verordnung (EWG) Nr. 3620/84 des Rates vom 19. 12. 1984 über eine Sonderaktion auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur, ABl. Nr. L 333 vom 21. 12. 1984, S. 58 ff. 26 Verordnung (EWG) Nr. 4059/86 des Rates vom 22. 12. 1986 über die Gewährung einer Finanzhilfe für Verkehrsinfrastrukturvorhaben, ABl. Nr. L 378 vom 31. 12. 1986, S. 24 f.

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die förderungswürdigen Projekte zu benennen und die Förderungshöchstgrenze (15%) festzulegen. Die Verordnung 3620184 enthielt darüber hinaus bereits eine ausführliche Kontrollregelung zur Sicherstellung der korrekten Verwendung der Finanzhilfen (Art. 5). Der Kommission wurde insofern die Aufgabe und Kompetenz überantwortet, die Mittelverwendung zu überwachen und gegebenenfalls die Finanzhilfe auszusetzen, zu kürzen oder zu widerrufen. Die Weiterentwicklung betraf damit weniger einen planungsrechtlich relevanten Bereich, sondern vielmehr die Ausdifferenzierung der Finanzierungsregelung. Die anschließende Verordnung 4059 I 86 betreffend der Mittelverwendung des Haushaltsplans 1985 enthielt neben der im Grundsatz gleichartigen Regelung entsprechend der Vorgängerverordnungen einen bemerkenswerten, materiell weitergehenden Anhang. Dieser definierte erstmals im Rahmen einer Verordnung ,,Ziele und Kriterien der Infrastrukturpolitik der Gemeinschaft im Rahmen eines mittelfristigen Programrns'm. Der Anhang stärkte so durch seine abstrakte, nicht nur einzelne Vorhaben nennende Abfassung den Bereich der aufgabenbezogenen Planungsebene deutlich. Er unterscheidet sich auch insofern von der bisherigen Rechtslage, als er die Notwendigkeit einer zeitlich länger angelegten Strategie erkennt, indem er "mittelfristig" und damit nicht auf jeweils ein bis zwei Jahre ausgerichtet ist. Es existieren nunmehr in ersten Ansätzen materielle Auswahlkriterien für aus gemeinschaftlicher Perspektive förderungs- und damit realisierungswürdige Vorhaben. Das gesteigerte Interesse der Gemeinschaft bezüglich der Verkehrsinfrastruktur läßt sich parallel zur rechtlichen Entwicklung auch arn tatsächlichen gemeinschaftlichen Finanzierungsvolumen ablesen, das im Jahr 1982 noch relativ bescheidene 10 Mio. Ecu ausmachte, sich dann aber bis zum Jahr 1985 immerhin auf 60 Mio. Ecujährlich erhöhte. 28 Der erreichte Entwicklungsstand wurde durch die Verordnung 4071 I 8729 für die Mittel der Haushaltspläne 1986 und 1987 und durch die Verordnung 40481 8830 für die Mittel der Haushaltspläne 1988 und 1989 ohne bedeutende rechtliche Änderungen weitergeführt. Der Umfang der gemeinschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen betrug für die Jahre 1986 bis 1989 jeweils 60 Mio. Ecu. In der darauffolgenden Phase wurde auf die Unzulänglichkeit kurzfristiger Fördermaßnahmen reagiert und die zeitlich eng begrenzten Fördermaßnahmen in ein 27 Als Ziel wird hierbei insbesondere die Schaffung eines modernen und effizienten Verkehrsnetzes in der Gemeinschaft definiert, wobei vor allem Engpässe beseitigt und Randgebiete angebunden werden sollen, vgl. im einzelnen: Anhang der Verordnung (EWG) Nr. 4059/86 des Rates vom 22. 12. 1986 über die Gewährung einer Finanzhilfe für Verkehrsinfrastrukturvorhaben, ABl. Nr. L 378 vom 31. 12. 1986, S. 24, 26. 28 Vgl. hierzu die Übersicht in: Commentaire Megret, Bd. 8, 2. Aufl. 1996, Les Reseaux transeuropeens, Rn. 2, S. 129 f. 29 Verordnung (EWG) Nr. 4071/87 des Rates vom 22. 12. 1987 über die Gewährung einer Finanzhilfe für Verkehrsinfrastrukturvorhaben, ABl. Nr. L 380 vom 31. 12. 1987, S. 33 f. 30 Verordnung (EWG) Nr. 4048/88 des Rates vom 19. 12. 1988 über eine Finanzhilfe für Verkehrsinfrastrukturvorhaben, ABl. 1988 Nr. L vom 24. 12. 1988, S. 5 ff.

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§ 2 Verkehrsinfrastrukturbezogene Rechtsetzung vor Maastricht

größer dimensioniertes Konzept überführt, das auch Fortschritte im Bereich der aufgabenbezogenen Planung brachte. Dies geschah durch die Aufstellung eines mehrjährigen Aktionsprogramms für die Jahre 1990-1992 auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur mit dem Volumen von insgesamt 328 Mio. Ecu. 31 Dieses Programm war zwar wiederum klar durch die Ausrichtung auf finanzielle Unterstützungsmaßnahmen für Vorhaben der Mitgliedstaaten geprägt, stellte aber für die Voraussetzungen der Förderung im Vergleich zu der bisherigen Verordnung deutlichere und weitergehende Kriterien auf. In den vorangestellten Direktiven der Verordnung werden schon Prioritäten der zukünftigen Infrastrukturpolitik deutlich. So betont der Rat bereits hier die Bedeutung leistungsfähiger Verkehrsverbindungen zwischen allen Gebieten der Gemeinschaft für den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhang, die Berücksichtigung der Belange des Umweltschutzes sowie die Notwendigkeit der Beseitigung von Verkehrsengpässen. Bezüglich der förderungswürdigen Vorhaben versucht die Regelung der Verordnung, abstraktere Kriterien festzulegen, die ein Vorhaben zu einem solchen von gemeinschaftlichen Interesse qualifizieren. Typische Topoi, die auch im jetzigen Primär- und Sekundärrecht weiterhin enthalten sind, finden sich in Art 1 (Beseitigung von Engpässen, Anhindung von Randgebieten, Ausbau des Hochgeschwindigkeitsbahnsystems) und in Art. 4 der Verordnung (Bedeutung der Vorhaben für den internationalen Verkehr). Aus heutiger Sicht finden sich bereits in dem Aktionsprogramm sowohl wichtige Elemente der jetzigen Finanzierungsverordnung (EG) 2236/95,32 als auch in gewissem Umfang materielle Kriterien, die in die jetzigen Leitlinien Eingang gefunden haben. Das Programm von 1990- 1992 wurde durch die Ratsverordnung 1738 I 9333 unter Beibehaltung der dargestellten Grundsätze und des Finanzierungsvolumens für die Jahre 1993 und 1994 verlängert?4 Das zunehmende Interesse der Gemeinschaft neben vornehmlich finanzieller Beeinflussung des Infrastrukturausbaus in Richtung auf eine zweite, primär aufgabenbezogene Planungsstufe zeigt eine weitere, teils parallele Entwicklung: Ausgangspunkt war hierbei das Entstehen konkurrierender Hochgeschwindigkeitszüge und entsprechender Infrastrukturen in Frankreich (TGV) und Deutschland (ICE). 31 Verordnung (EWG) Nr. 3359/90 des Rates vom 20. 11. 1990 zur Durchführung eines Aktionsprogramms auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur im Hinblick auf die Vollendung des integrierten Verkehrsmarktes bis 1992, ABI. Nr. L 326 vom 24. 11. 1990, S. 1 ff. 32 Verordnung (EG) Nr. 2236/95 des Rates vom 18. September 1995 über die Grundregeln für die Gewährung von Gemeinschaftszuschüssen für transeuropäische Netze, ABI. Nr. L 228 vom 23. 9. 1995, S. 1 ff. 33 Verordnung (EWG) Nr. 1738 I 93 des Rates vom 25. 6. 1993 zur Durchführung eines Aktionsprogramms auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur im Hinblick auf die Vollendung des integrierten Verkehrsmarktes, ABI. Nr. L 161 vom 2. 7. 1993, S. 4 ff. 34 Eine längere Laufzeit wurde im Hinblick auf die Vorschriften über die transeuropäischen Netze nicht beschlossen, vgl. die Erwägungsgründe der Verordnung (EWG) Nr. 1738/93 des Rates vom 25. 6. 1993 zur Durchführung eines Aktionsprogramms auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur im Hinblick auf die Vollendung des integrierten Verkehrsmarktes, ABI. Nr. L 161 vom 2. 7. 1993, S. 4 ff.

II. Sekundäres infrastrukturbezogenes Gemeinschaftsrecht

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Diese unterschiedlichen Hochgeschwindigkeitssysteme, die eigentlich für einen gesamteuropäischen Einsatz geradezu prädestiniert sind, zeigten anschaulich die Grenzen rein nationaler Planungen. Hierauf reagierte der (Verkehrsminister-)Rat mit der Einsetzung einer hochrangigen Arbeitsgruppe. 35 Diese erstellte einen detaillierten Bericht über die Entwicklung eines europäischen Netzes der Hochgeschwindigkeitsverbindungen, der im Dezember 1990 durch eine Ratsentschließung angenommen wurde36 und die Notwendigkeit gemeinschaftlicher Rechtsetzung auch im Bereich der Herstellung technischer Kompatibilität (lnteroperabilität) aufzeigte. 37 Noch weiter in Richtung auf einen umfassender dimensionierten aufgabenbezogenen Planungsansatz weisen drei Entscheidungen des Rates vom 29. 11. 1993. Es handelt sich um die Entscheidung hinsichtlich eines transeuropäischen Netzes für den kombinierten Verkehr, 38 eines transeuropäischen Straßennetzes39 und der Entwicklung eines transeuropäischen Binnenwasserstraßennetzes.40 Sie weisen bereits durch ihre Terminologie einen engen Bezug zur neuen Gemeinschaftskompetenz der transeuropäischen Netze auf,41 sind jedoch (noch) sektoral auf den jeweiligen Verkehrsträger bezogen,42 leisten mithin keine Vemetzungsperspektive für die jeweiligen Verkehrsträger. Die Abkehr von der reinen Finanzförderungsregelung manifestiert sich darin, daß die Entscheidungen konkrete, an die Mitgliedstaaten gerichtete zeitbezogene Vorgaben bezüglich der in den Entscheidungen festgelegten Verkehrswege nennen,43 während sie keine Aussagen mehr über Finanzbeiträge der Gemeinschaft enthalten. Die Entscheidungen sollten quasi als Vorarbeiten in die Regelungen der aufgrund des Art. 129 c EGV a. F. Uetzt Art. 155) zu erlassenden Leitlinien integriert werden.

35 Dieser Arbeitsgruppe gehörten Vertreter der mitgliedstaatliehen Verwaltungen, Eisenbahngesellschaften und Zulieferfirmen unter Vorsitz des Kommissars Karel Van Miert an. 36 Entschließung des Rates vom 17. 12. 1990 betreffend der Entwicklung eines europäischen Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes, ABI. Nr. C 33 vom 8. 2. 1991, S. 1 ff. 37 Man kann so insgesamt davon ausgehen, daß in dieser Zeit die wichtigen Weichenstellungen für die jetzige Gemeinschaftspolitik gelegt wurden. Kapteyn, VerLoren van Themaat, lntroduction to the Law of the European Communities, 3. Aufl. 1998, S. 1250: "The idea for trans-European networks was born in the late Eighties and early Nineties." 38 Entscheidung 93/628/EWG des Rates vom 29. 10. 1993 zur Schaffung eines transeuropäischen Netzes für den kombinierten Verkehr, ABI. Nr. L 305 vom 10. 12. 1993, S. 1 ff. 39 Entscheidung 93/629/EWG des Rates vom 29. 10. 1993 zur Schaffung eines transeuropäischen Straßennetzes, ABI. Nr. L 305 vom 10. 12. 1993, S. 11 ff. 40 Entscheidung 93/630/EWG des Rates vom 29. 10. 1993 über die Entwicklung eines transeuropäischen Binnenwasserstraßennetzes, ABI. Nr. L 305 vom 10. 12. 1993, S. 39 ff. 41 Vgl. Erdmenger, Europäische Zeitschrift für Regionalentwicklung 1996, 6, 8. 42 Vgl. Schulze, in: Zippel (Hrsg.), Transeuropäische Netze, 1996, S. 29, 32. 43 Ein Regelungsansatz, der noch lange Zeit im Rahmen des Rechtsetzungsprozesses der jetzigen Leitlinien diskutiert wurde. Vgl. § 6, S. 166 ff.

32

§ 2 Verkehrsinfrastrukturbezogene Rechtsetzung vor Maastricht

111. Schlußfolgerungen Die gemeinschaftliche infrastrukturbezogene Rechtsetzung weist eine deutliche Entwicklungslinie auf: Durch Studien und rechtlich unverbindliche Dokumente44 wird zunächst der Bedarf einer Ausrichtung der Infrastrukturen am Gemeinschaftsraum und die Notwendigkeit entsprechender Rechtsakte auf Gemeinschaftsebene unterstrichen. Sodann wird die Informationserlangung auf Gemeinschaftsebene durch einen Informationsausschuß institutionalisiert. Nun beginnt die eigentliche Phase der Rechtsetzung. Die Gemeinschaftsebene erkennt die Einflußmöglichkeit und die damit verbundene Bedeutung finanzieller Unterstützungsmaßnahmen (Politik der "goldenen Zügel") für Verkehrsprojekte der Mitgliedstaaten. Infolgedessen richtet sie zeitlich begrenzte spezielle Finanzierungsinstrumente ein, die jedoch nicht ohne eine gewisse Spezifizierung der Förderungskriterien auskommen können. Diese Aufstellung der materiellen Förderungsvoraussetzungen intensiviert der Rat weiter, vor allem durch das mehrjährige Programm für die Jahre 19901992. Wird eine solche Prioritätensetzung bereits im Rahmen von Förderungsprogrammen geleistet, so liegt der weitere Schritt, nämlich die Abkopplung und Verselbständigung des eigentlichen planensehen Teils, nicht mehr fern. Dies geschieht in ersten Ansätzen bereits durch die drei sektoralen Entscheidungen für die Bereiche des Straßennetzes, des Binnenwasserstraßennetzes und des Netzes für den kombinierten Verkehr und entspricht so bereits dem Konzept der Art. 154-156 EGV. Damit ist ein Bedeutungswandel in der gemeinschaftlichen Rechtsetzung eingetreten: Stand am Anfang des Infrastrukturengagements noch das Finanzierungselement im Vordergrund, so tritt nunmehr zunehmend die aufgabenplanensehe Dimension und Problembewältigung hervor. Die typisch planensehe Prioritätensetzung wird zunächst als bloße Notwendigkeit für eine differenzierte Finanzierung betrachtet, verselbständigt sich aber zunehmend und wird später vom reinen Finanzierungsbezug getrennt. Umgekehrt knüpfen jetzt (Art. 155 Abs. 1 3. Spiegelstrich EGV) die Finanzierungsinstrumente akzessorisch an die planensehen Aussagen an. Diese Planungen verstehen sich durch die gewonnene Eigenständigkeit auch nicht mehr allein finanzierungsbezogen, sondern verfolgen einen weitergehenden Ansatz, der sich auf die Entwicklung eines nach gemeinschaftlichen Kriterien gesteuerten aufgabenbezogenen Planungskonzepts hin bewegt, das vor der lmplementation der Art. 129 b- d EGV freilich noch am Anfang eines längeren Entwicklungsprozesses steht. Dennoch wird bereits vor Einfügung des Kompetenztitels der Bedarf für eine weitergehende Planungstätigkeit der Gemeinschaft deutlich. Dieses Bedürfnis ist im Bezug zur allgemeinen Integration der Gemeinschaft hin zu einer Europäischen Union zu sehen; so liegt es in der Natur einer enger verknüpften Gemeinschaft, 44 Vor allem in der hier nicht näher dargestellten Phase vor 1978. Hierzu Gottschewski, Zur rechtlichen Durchsetzung von europäischen Straßen, 1998, S. 59 ff.

III. Schlußfolgerungen

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daß wichtige, den Raum betreffende Tatigkeitsbereiche einer Regelung auf übergreifender Ebene bedürfen.45 Spätestens durch diese neue Qualität der Gemeinschaftsrechtsetzung stellt sich das Rechtsproblem der kompetentiellen Reichweite der Generalklausel des Art. 75 EWGV (Art. 71 EGV) in zunehmendem Maße. Diesem Kompetenzproblem ist nunmehr durch die Einfügung der Regelungen über transeuropäische Netze in Art. 154-156 EGV Rechnung getragen worden, wodurch die notwendige Ausdifferenzierung der Kompetenzen und Verfahren bezüglich des Infrastrukturbereichs zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten stattgefunden hat. Aufgrund dieser Kompetenzen wird der Gemeinschaft auch eine Vemetzungsaufgabe hinsichtlich der einzelnen Verkehrsträger zugewiesen, die die Gemeinschaft in ihrer bisherigen jeweils verkehrsträgerorientierten Tatigkeit nicht leisten konnte. Der Entwicklung von einer reinen finanzierungsbezogenen Planung hin zu einer Aufgabenplanung mit akzessorischer Finanzplanung wurde so sekundärrechtlich vorangetrieben und primärrechtlich nachvollzogen.

45 Für den Bereich der föderalistischen Bundesrepublik Deutschland werden die Verkehrswege etwa als "Lebensadern des Staatswesens und einer arbeitsteiligen Gesellschaft" bezeichnet, Steiner, Das Recht der Verkehrswirtschaft, in: Schrnidt (Hrsg.), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Besonderer Teil2, 1995, S. 127, 131.

3 Bogs

§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

als begrenzte Planungskompetenz I. Entstehungsgeschichte

1. Die Regelung nach dem Vertrag von Maastricht

Die nahezu identische Vorgängerregelung der jetzigen Art. 154-156 EGV enthielten die Art. 129 b - d des EGV in der Fassung des Maastrichter Unionsvertrages.1 Maßgeblichen Einfluß auf die Entstehungsgeschichte der Art. 129 b- d EGV a. F. nahm die aufgezeigte Entwicklung der infrastrukturbezogenen Rechtsetzung des Rates seit Beginn der achtziger Jahre, die aufgrund ihres zunehmenden Umfangs, Anspruchs und der Entfernung von der verkehrsmarktbezogenen allgemeinen Verkehrspolitik die Notwendigkeit einer spezifischen Rechtsgrundlage zur infrastrukturbezogenen Rechtsetzung nahelegte. Neben dieser rechtlich geprägten Entwicklung war es die Kommission, die auf politischer Ebene2 nicht zu unterschätzende Vorarbeiten und Vorstöße zur Realisierung der Neuregelung leistete. Hierbei waren vor allem die Initiativen seit Ende der achtziger Jahre von Bedeutung. 1989 unterbreitete die Kommission dem Rat einen Entwurf einer Entschließung des Rates über transeuropäische Netze, 3 in welchem sie erstmals verschiedene Infrastrukturbereiche4 zusarnmenfaßte, die Unzulänglichkeit der nach nationalen Gesichtspunkten geplanten Infrastrukturnetze darlegte und Lösungsmöglichkeiten5 auf Gemeinschaftsebene aufzeigte. Der Kommissionsentwurf stieß allerdings, obwohl er das Prinzip der Subsidiarität explizit hervorhob, zunächst auf Ressentiments einiger, insbesondere der größeren Mitgliedstaaten, die ihre bisher nahezu uneingeschränkte planungsrechtliche Gestaltungsfreiheit gefährdet sahen.6

I Im folgenden wird, wenn die Maastrichter Vertragsfassung gerneint ist, von EGV a. F. gesprochen. 2 Zu dieser Entwicklungslinie eingehend Cloos, Reinesch, Vignes, Weyland, Le Traite de Maastricht, Genese, Analyse, Commentaires, 1993, S. 296 f. 3 KOM (89), 643 vorn 18. 12. 1989. 4 Neben den nunmehr im Vertrag übernommenen Bereichen Verkehr, Telekommunikation und Energie war im damaligen Stadium ebenfalls der strukturell kaum vergleichbare Bereich der beruflichen Bildung aufgenommen. s Insbesondere das Schließen von Lücken zwischen den Infrastrukturnetzen der Mitgliedstaaten und das Herstellen der Kompatibilität der Netze. 6 Vgl. Frohnmeyer in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, vor Art. 129 b- d Rn. 6.

I. Entstehungsgeschichte

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Bereits 1990 wurde die Idee allerdings durch die Annahme einer Entschließung des Rates bezüglich der transeuropäischen Infrastrukturnetze7 im Anschluß an die Schlußfolgerungen der Tagung des Europäischen Rates im Dezember 1989 in Straßburg maßgeblich vorangebracht Hieran anschließend konkretisierte die Kommission den auf Gemeinschaftsebene angerlachten Gesamtansatz. 8 1991 befaßte sich die Regierungskonferenz mit Formulierungsvorschlägen. Als Ergebnis der Beratungen entstanden die seit dem 1. 11. 93 bis zum 1. 5. 99 geltenden Art. 129 b - d EGV a. F., die zu einer erstmaligen primärvertraglichen Anerkennung einer planungsrechtlichen Kompetenz der Gemeinschaft führten. 2. Die Modifizierungen durch den Amsterdamer Vertrag

Der Amsterdamer Vertrag,9 der umfangreiche Änderungen des Vertrages über die Europäische Union und die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften enthält, stellt die jüngste Entwicklungsstufe der Europäischen Integration dar. Die weitreichenden Reformen des Amsterdamer Vertrages betreffen hierbei nahezu alle Bereiche des Gemeinschaftsrechts. 10 Nach Abschluß des Ratifizierungsverfahrens- der Deutsche Bundestag und Bundesrat stimmten dem Gesetzesentwurf11 der Bundesregierung jeweils mit der gemäß Art. 79 II GG erforderlichen Zweidrittelmehrheit am 5. 3. 98 bzw. 27. 3. 98 zu- ist insbesondere der vorliegend relevante EGV in der Amsterdamer Fassung seit dem 1. 5. 1999 in Kraft. Für die noch junge Rechtsmaterie der transeuropäischen Netze ergaben sich keine substantiellen Änderungen. Nunmehr findet sich die Regelung über die 7 Entschließung des Rates vorn 22. l. 1990 zu einer europäischen Infrastruktur, ABI. Nr. C 27 vorn 6. 2. 1990, S. 8 ff. s Mitteilung der Kommission an den Rat: Auf dem Weg zu einer europäischen Infrastruktur, KOM (90) 585 vom 10. 12. 1990. 9 Vertrag von Arnsterdam zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, BGBl. 1998 II, S. 386 ff. w Einen detaillierten Überblick bieten Schmuck, in: Jopp (Hrsg.), Die Europäische Union nach Amsterdam, Analysen und Stellungnahmen zum neuen EU-Vertrag, 1998, S. 17 ff.; besonders weitgreifende Ergebnisse wurden auf den Gebieten der Innen- und Justizpolitik, Art. 29 ff. EUV, vgl. hierzu Monar, a. a. 0., S. 127 ff., und der Gerneinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, Art. 11 ff. EUV erzielt; vgl. zu letzterem Regelsberger I Jopp, a. a. 0 ., S. 155 ff. Ebenfalls wurden wichtige Änderungen des EGV beschlossen, die, sofern vorliegend relevant, im folgenden näher dargestellt werden. Zu den Neuerungen im institutionellen Bereich vgl. auch Streinz, Jura 1998, 57 ff. Zu den unterschiedlichen Bewertungen des erzielten Verhandlungsergebnisses vgl. näher Schmuck, in: Jopp (Hrsg.), Die Europäische Union nach Amsterdam, Analysen und Stellungnahmen zum neuen EU-Vertrag, 1998, S. 17, 18m. w. N. sowie Borkenhagen, a. a. 0. S. 171; vgl. auch Kin (Hrsg.), Der Vertrag von Arnsterdam, 1998, der zahlreiche Analysen auch aus österreichischer Perspektive enthält. II Entwurf: Gesetz zum Vertrag von Arnsterdam vorn 2. I 0. 1997, BT- Drs. 13/9339 S. 5 f.

3*

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

transeuropäischen Netze in Titel XV (Art. 154-156) des dritten Teils des EGV. Nur kurzer Erwähnung bedarf, daß die Numerierung des EGV vollständig überholt wurde, so daß die entsprechende Regelung von Art. 129 b EGV a. F. jetzt in Art. 154 EGV, von Art. 129 c EGV a. F. in Art. 155 EGV und von Art. 129 d EGV a. F. in Art. 156 EGV enthalten ist. Art. 154 EGV entspricht hierbei inhaltsgleich dem bisherigen Art. 129 b EGV. 12Art. 129 c EGVa. F. wurde lediglich marginal und im wesentlichen klarstellend bezüglich der Befugnis der Gemeinschaft im Rahmen der Finanzierungsinstrumente modifiziert. Während nach der alten Fassung des Art. 129 c Abs. 1 3. Spiegelstrich EGVeine gemeinschaftliche Förderung daran anknüpfte, daß die Vorhaben von den Mitgliedstaaten selbst vollumfänglich finanziert werden, ist dies jetzt nicht mehr notwendige Voraussetzung. Vielmehr genügt insofern eine "ganz oder teilweise" Unterstützung der Vorhaben durch die Mitgliedstaaten. Hintergrund dieser Vertragsänderung sind erhebliche finanzielle Schwierigkeiten der Mitgliedstaaten, die Infrastrukturen in Eigenfinanzierung zu realisieren. Diese Schwierigkeiten führen zu verstärkten Versuchen der Einbindung Privater in die Infrastrukturfinanzierung, 13 was wiederum einer Förderung derartiger Infrastrukturen nach Art. 129 c Abs. 1 3. Spiegelstrich EGV a. F. eigentlich entgegenstand. Dies erschien geradezu widersinnig, da es ein wichtiges Anliegen der Gemeinschaft ist, gerade den privaten Sektor bei der Realisierung der Infrastrukturen stärker einzubeziehen. 14 Die jetzige Vertragsformulierung trägt diesen Anforderungen Rechnung. 15 Die bedeutendste Neuerung betrifft das Rechtsetzungsverfahren nach Art. 156 EGV. 16 Da die kompetentielle Stärkung des Europäischen Parlaments ein wichtiges und zu begrußendes Anliegen des Amsterdamer Vertrages war,17 erfuhr konse12 Selbstverständlich wurden die Zielverweisungen bezüglich des Binnenmarktes, nunmehr Art. 14 EGV, und der Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltes, nunmehr Art. 158 EGV, redaktionell angepaßt. 13 Hinzuweisen ist vor allem auf das Gesetz über den Bau und die Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private (FStrPrivFinG) vom 30. 8. 1994, BGBI. I, S. 2243. Hierzu eingehend Schmitt, Bau, Erhaltung, Betrieb und Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private nach dem FStrPrivFinG, 1999. Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der privaten Finanzierung von Fernstraßen Pabst, Verfassungsrechtliche Grenzen der Privatisierung im Femstraßenbau, 1996, ib. S. 91 ff.; aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht, vor allem zu den denkbaren Finanzierungsmodellen Kolodziej, Die private Finanzierung von Infrastruktur, 1996, ib. s. 109 ff. 14 Beispielhaft etwa Kommission, Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung, Weißbuch, 1994, S. 33: "Sie (sc. die Gemeinschaft) muß dafür sorgen, daß private Investoren sich stärker Vorhaben von europäischem Interesse zuwenden." 15 Die Frage, inwieweit die Regelung von § 2 Abs. 2 der ursprungliehen Finanzierungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 2236/95 des Rates vom 18. September 1995 über die Grundregeln für die Gewährung von Gemeinschaftszuschüssen für transeuropäische Netze, ABI. Nr. L 228 vom 23. 9. 1995, S. 1 ff.), die einen gemeinschaftlichen Finanzbeitrag auch bei Vorhaben, die nicht allein von den Mitgliedstaaten finanziert werden, vorsah, mit Art. 129 c EGV a. F. vereinbar war, stellt sich nach der jetzigen Rechtslage also nicht mehr. 16 Hierzu eingehend S. 73 ff.

li. Kompetenzverteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten

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quenterweise auch der infrastrukturelle Bereich Änderungen. Nunmehr ist für alle Rechtsakte das reformierte Mitentscheidungsverfahren nach Art. 251 EGV vorgesehen, wobei jeweils der Wirtschafts- und Sozialausschuß und der Ausschuß der Regionen zu hören sind. Nach der alten Vertragsfassung wurden lediglich die Leitlinien im Mitentscheidungsverfahren erlassen, die übrigen Rechtsakte dagegen im Zusammenarbeitsverfahren nach Art. 189 c EGV a. F.. Dies macht auch die umständliche Textfassung der Neufassung nachvollziehbar, bei der der letzte Absatz des Art. 156 EGV beibehalten wurde, obwohl eine Kürzung ohne weiteres möglich gewesen wäre.

II. Die Grundprinzipien der Kompetenzverteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten 1. Begrenzte Kompetenzzuweisung und Systematik der Gemeinschaftskompetenzen a) Grundzüge

Maßgebliche Bedeutung für jede auf spezielle Kompetenznormen abgestützte Fachpolitik der EG weist die grundlegende Systematik der Kompetenzverteilung zwischen Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft auf, die fundamental anders ausgestaltet ist, als eine solche innerhalb eines föderalen Staates. Dies liegt im Rechtscharakterder Gemeinschaft begriindet, der als Staatenverbund 18 oder allgemeiner ausgedriickt als "Nicht-Staat" bezeichnet werden kann. Dieser bleibt auf abgeleitete Kompetenzen angewiesen und kann gerade keine "Kompetenzkompetenz" für sich in Anspruch nehmen, wie dies für einen Staat typisch ist. Die hier speziell für den Bereich der transeuropäischen (Verkehrs-)netze zu untersuchende Verteilung der Kompetenzen zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft ist durch allgemeine und grundlegende Prinzipien gekennzeichnet. 19 Diese Grundprinzipien ergeben sich aus zahlreichen primärvertraglichen Normen. 20 Art. 5 EGV21 stellt in Abs. 1 klar, daß die Europäische Gemeinschaft (nur) "innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und ge17 Vgl. hierzu ausführlich: Maurer; in: Jopp (Hrsg.), Die Europäische Union nach Amsterdam, Analysen und Stellungnahmen zum neuen EU-Vertrag, 1998, S. 41 ff. 18 So die Qualifizierung des BVerfG, Urteil v. 12. 10. 93 - 2 BvR 2134, 2159/92 - E 89, 155 Leitsatz 8 (Maastricht). 19 Hierzu insbesondere: Jarass, AöR (121) 1996, 173 ff. ; aus der umfangreichen Literatur vgl. auch: Beyer; Der Staat 35 (1996), 189 ff.; Götz, JZ 1993, 1081 ff.; von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 96 ff. jeweils mit umfangreichen weiteren Nachweisen. 20 Vgl. eingehend hierzu von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 96. 21 Art. 5 entspricht dem vielzitierten Art. 3 b EGV a. F.

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

setzten Ziele tätig" wird. Hierdurch wird die Verbandskompetenz begrenzt. Art. 7 Abs. 1 S. 2 EGV sieht eine ähnliche Regelung für die Verteilung der Kompetenzen innerhalb der Gemeinschaft vor und betrifft damit die Organkompetenz. 22 Art. 249 Abs. 1 EGV regelt weiterhin, daß die Rechtsetzungsorgane (nur) nach Maßgabe des EGV tätig werden. Durch diese Formulierungen wird ein Strukturprinzip der Kompetenzabgrenzung deutlich, das in unterschiedlicher Terminologie jedoch zumindest mit ähnlichem Grundverständnis als "Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung",23 als "Prinzip der begrenzten Ermächtigung"24 bzw. als "Prinzip der begrenzten Kompetenzzuweisung"25 bezeichnet wird. M. E. charakterisiert der Begriff der begrenzten Kompetenzzuweisung das Verhältnis am prägnantesten. Er nennt zum einen die Kompetenz als maßgebliches Verteilungskriterium ausdrücklich, bleibt zum anderen im Gegensatz zum häufig verwendeten Begriff der begrenzten Einzelermächtigung offener und trägt so der Bedeutung und dem Umfang der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsetzung am ehesten Rechnung. 26 Sachlich besagt dieses Kompetenzverteilungsprinzip, das auch schon vor dem Maastrichter Unionsvertrag anerkannt war, 27 daß eine gemeinschaftliche Verbandskompetenz rechtsdogmatisch nicht der selbstverständliche Regelfall ist, sondern einer primärvertraglichen Einräumung bedarf, die Inhalt und Ausmaß festlegt.28 Systematischer Ausgangspunkt dieses Prinzips ist damit, daß die mitgliedstaatliche Kompetenz der Regelfall ist und die gemeinschaftliche Regelung die Ausnahme darstellt. 29 22 Hierzu näher von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 98 ff. 23 Etwa Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 379, der allerdings trotz der Verwendung dieses Begriffs der Gemeinschaft äußerst weitgehende Kompetenzen zubilligt; Hatje, Gemeinschaftsrechtliche Steuerung der Wirtschaftsverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland, 1998, S. 81; Schwarze, in: Ders. (Hrsg.), Das Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluß, 1996, S. 789, 838; von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 51 ff. 24 Kraußer, Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung im Gemeinschaftsrecht als Strukturprinzip des EWG-Vertrages, 1991, S. 21 ff.; Streinz, Europarecht, 4. Aufl. 1999, Rn. 436; von Bogdandy I Nettesheim, in: Grabitz I Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 3 b Rn. 3. · 25 Jarass, AöR (121) 1996, 173,174. 26 Vgl. auch Grabitz, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 189 EGV Rn. 4, der das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung sogar aufgrund der umfangreichen Kompetenzen der Gemeinschaft als falsch bezeichnet. Kritisch merkt Schoch, JZ 1995, 109, 116 an, daß das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung in der Praxis ,,konterkariert" sei. 27 A.A. aber Beyer, Der Staat 35 (1996), 189 ff. 28 Daher reicht die reine Aufgabenumschreibung des Art. 2 EGV nicht aus, um eine Gemeinschaftskompetenz zu begriinden. Dies betont überzeugend das BVerfG, Urteil v. 12. 10. 93-2 BvR 2134,2159/92- E 89, 155, 192 (Maastricht). Näher hierzu Jarass, AöR (121) 1996, 173, 175 f.; Schoch, DVBI. 1997,289, 293.

II. Kompetenzverteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten

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Die Kompetenz der Gemeinschaft determiniert die Befugnis der Gemeinschaft in mehrfacher Hinsicht. Sie gibt sowohl in materieller Hinsicht das inhaltlich Mögliche vor, regelt weiterhin, in welcher rechtlichen Form die Gemeinschaft handeln darf und legt das Verfahren und damit zugleich die Funktion der Gemeinschaftsorgane bei der Rechtsetzung fest.

b) Die gemeinschaftlichen Auslegungsmethoden im Hinblick auf die Art. 154-156 EGV Über dieses grundlegende Kompetenzverteilungssystem besteht im Grundsatz Einigkeit. In unterschiedlicher Weise wird dagegen beantwortet, nach welchen Maximen die Gemeinschaftskompetenzen auszulegen und gegebenenfalls zu ergänzen sind. 30 Dabei sind verschiedenartige Fragenkomplexe zu unterscheiden. Ständiger Streit entzündet sich an der Problematik der Reichweite der Kompetenznorm des Art. 308 EGV,31 sowie bezüglich der Einräumung impliziter Gemeinschaftskompetenzen.32 Für den Bereich der transeuropäischen Netze als detailliert primärvertraglich ausgestaltetes Politikfeld mit differenzierter Aufgaben- und Kompetenzumschreibung sind diese Problernpunkte von untergeordneter Bedeutung, wohingegen ein anderes Strukturmerkmal der gemeinschaftlichen Kompetenzordnung, nämlich die sog. finale Ausrichtung der Kompetenznormen zu erwähnen ist. Dieses Prinzip kann zu einer tendenziell extensiven Kompetenzauslegung führen und ist daher 29 Schach, DVBI. 1997, 289, 293; ferner Jarass, AöR (121), 1996, 173, 175; ders., Grundfragen der innerstaatlichen Bedeutung des EG-Rechts, 1994, S. 11. Daß dieses systematische Regel-Ausnahme Prinzip, das sich in gewisser Weise mit Art. 70 ff. GG vergleichen läßt, in der Praxis leicht in sein Gegenteil verkehrt werden kann, soll nicht verschwiegen werden.

30 Sehr anschaulich werden die nahezu unüberwindbar erscheinenden Gegensätze beispielsweise durch einen Vergleich der Ansätze von Schach (besonders deutlich in JZ 1995, 107 ff.; bezogen auf den Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes DVBI. 1997, 289 ff., ib. 293 ff.) einerseits und Bleckmann (in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 379 ff.) andererseits. Während Schach - stark vereinfacht ausgedrückt - seine Argumentation von der strukturell gefesti.gten und dogmatisch durchdrungenen deutschen Perspektive her ausrichtet und zahlreiche (Ubergangs-)schwächen der Gemeinschaftsrechtsordnung aufzeigt, erscheint die Argumentation Bleckmanns wesentlich stärker von einem integrationspolitischen Ziel geprägt zu sein, so daß prinzipiell der Gemeinschaft weit mehr Kompetenzen zugestanden werden, als es der Begriff der "begrenzten Einzelermächtigung" suggeriert. 31 Auf die inhaltsgleiche Vorgängernorm des Art. 235 E(W)GV wurden bis zur Einfügung einer eigenständigen Umweltpolitik beispielsweise wichtige umweltbezogene Rechtsakte abgestützt. V gl. zur Problematik des Art. 308 bzw. 235 a. F. EGV i.e. Häde I Putt/er, EuZW 1997, 13, 14 und von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 441 ff. jeweils m. w. N.; auch in neuererZeitfällt es dem Rat erstaunlich schwer, sich von einer unreflektierten Inanspruchnahme des Art. 308 EGV zu trennen. Vgl. EuGH v. 26. 3. 1996, Rs C-271 /94 (Europäisches Parlament/ Rat- "Edicom"), S1g. I 1996, S. 1691 ff. Zu diesem Fall näher S. 84 ff. 32 Hierzu i.e. Jarass, AöR (121) 1996, 173, 176m. w. N. der Rechtsprechung des EuGH.

§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

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auch für das Verständnis der Art. 154-156 EGV nicht unbedeutend. Im Gegensatz etwa zur deutschen verfassungsrechtlichen Regelung, nach der die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern allein durch Sachbereiche abgegrenzt werden und damit einen grundsätzlich statischen Charakter aufweisen, 33 visieren die gemeinschaftlichen Kompetenzen regelmäßig die Herstellung eines definierten Zielzustandes an. Folge dieser sog. ,,Finalität" ist eine potentiell extensive Auslegung34 der Befugnisnormen der Gemeinschaft, die leicht in die Nähe des vor allem nach deutschen Verständnis gänzlich unzulässigen Schlusses von der Aufgabe auf die Befugnis gerät. 35 Betont man beispielsweise allein das Ziel und die Notwendigkeit der Herstellung gemeinschaftsorientierter Infrastrukturnetze, so besteht eine gewisse Gefahr, zu weitgehende gemeinschaftliche Rechtsakte zuzulassen. Um allerdings die Reichweite und Bedeutung der finalen, extensiven Auslegung einer Norm zu bewerten, ist zwischen verschiedenen Fallkonstellationen zu unterscheiden. Die größte Bedeutung hat eine zielgerichtete Auslegung in denjenigen Fällen, in denen neben dem Verweis auf das vorgegebene Ziel die Aufgabe der Gemeinschaft nicht weiter umschrieben wird und zusätzlich der Gemeinschaft alle Handlungsformen des EGV eröffnet werden. So verhält es sich im praktisch äußerst wichtigen Bereich des Art. 95 Abs. 1 EGV. Hier kann in der Tat davon gesprochen werden, daß das Prinzip der begrenzten Kompetenzzuweisung praktisch in sein Gegenteil verkehrt wird. 36 Für den Bereich der transeuropäischen Netze als spezielles, sachbezogenes Politikfeld der Gemeinschaft stellt sich die Rechtslage weniger dramatisch dar. Zwar finden sich auch hier deutliche finale Strukturen, wie Art. 154 EGV bereits durch den Auftrag zur Herstellung der Infrastrukturnetze klar zum Ausdruck bringt. Allerdings bestehen Restriktionen der Gemeinschaftsbefugnisse in den Fachpolitiken regelmäßig in zweifacher Hinsicht. Zum einen wird häufig die Intensität des gemeinschaftlichen Tätigwerdens selbst durch spezielle Konkretisierungen begrenzt. Zum anderen kann die durch die Finalität erreichte Weite durch Begrenzungen innerhalb der zulässigen gemeinschaftlichen Handlungsformen zurückgenommen werden. Beide Begrenzungselemente bestehen im Bereich der Politik der transeuropäischen Netze. Die Weite der Zielbestimmungen in Art. 154 Abs. 1 und 2 EGV wird einerseits durch die Beschränkung des Gemeinschaftsbeitrages auf ein bloßes "Beitragleisten" zum Auf- und Ausbau des Netzes37 begrenzt. Andererseits Vgl. Schoch, JZ 1995, 109, 115. Schoch, VBIBW 1999, 242, 245 weist darauf hin, daß die Finalstruktur dazu führt, daß das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung unterlaufen wird; er betrachtet die Finalstruktur pointiert als eine kaum begriindbare ,,Eigenrationalität des EG-Rechts". 35 Vgl. Jarass, AöR (121), 1996, 173, 180. 36 So Jarass, AöR (121), 1996, 173, 178, der diesen Befund allerdings noch auf weitere Prinzipien abstützt. Vorsichtiger von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 432 ff. 33 34

li. Kompetenzverteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten

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schränkt das abgestufte Instrumentarium der Handlungsformen in Art 155 EGV38 die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinschaft ein. Für die weitere Untersuchung der Vorschriften der Art. 154-156 EGV vor dem Hintergrund einer sachgerechten Abgrenzung der Kompetenz- und Verantwortungsbereiche kommt daher der Auslegung und Handhabbarkeit der dargestellten internen Begrenzungen hervorgehobene Bedeutung zu. 39

c) Die Art. 154-156 EGVals nicht ausschließliche Gemeinschaftskompetenz Praktisch in zweifacher Hinsicht relevant wird die systematische Einordnung der vorliegenden Kompetenz in die Kategorien der ausschließlichen bzw. nicht ausschließlichen Kompetenz. Die Einordnung dient dazu, abzugrenzen, ob und inwieweit die Mitgliedstaaten neben der Gemeinschaft rechtsetzend tätig werden dürfen. Zum anderen sind in Politikbereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, die Begrenzungen des Subsidiaritätsprinzips nach Art. 5 Abs. 2 EGV zu beachten. Direkt aus der Formulierung des Art. 5 Abs. 2 b EGV ergibt sich lediglich zwingend, daß es Bereiche und entsprechende Gemeinschaftskompetenzen gibt, in denen allein die Gemeinschaft tätig werden kann, die sog. "ausschließlichen Kompetenzen". Neben diesem Befund bestehen jedoch eine Reihe ungeklärter Zweifelsfragen bezüglich der weiteren Kategorisierung von Gemeinschaftskompetenzen. Umstritten ist bereits die Frage, wann eine ausschließliche Kompetenz vorliegt. Dies ist sicher dann der Fall, wenn die Mitgliedstaaten allein aufgrund der primärvertraglichen Regelung jegliche Kompetenz in einem Sachbereich eingebüßt haben, unabhängig von der Frage, ob die Gemeinschaft von der abstrakt übertragenen Kompetenz konkret Gebrauch gemacht hat. Auf diese seltenen Fälle sollte der Bereich der ausschließlichen Kompetenzen allerdings auch beschränkt bleiben. 40 Hierzu im einzelnen S. 50 ff. Hierzu im einzelnen S. 61 ff. 39 Ein Gegenbeispiel für eine unzureichende Beachtung dieser Vorgaben liefert m.E. Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 99 ff., ib 115, der zur Zielerreichung, der Herstellung transeuropäischer Netze, sogar Rechtsakte der Gemeinschaft, die den nationalen Planfeststellungsbeschluß ersetzen sollen, für zulässig erachtet. Eine der bestehenden Kompetenzlage nicht gerecht werdende Ansicht. 40 Als Beispiel dient vor allem das EG-Organisationsrecht. Näher hierzu Jarass, AöR (121), 1996, 173, 191. Sind die Mitgliedstaaten dagegen erst aufgrundeiner gemeinschaftlichen Regelung in (Teil-)Bereichen von der Gesetzgebung ausgeschlossen, so kann dieses Konkurrenzverhältnis nicht dazu führen, daß aus einer ursprünglich konkurrierenden Kompetenz eine ausschließliche Kompetenz der Gemeinschaft wird (so aber Pieper, Subsidiarität, 1994, S. 263 ff.; wie hier Jarass, AöR (121), 1996, 173, 187m. w. N.). Die Lösung solcher Kollisionsfragen betrifft vielmehr das allgemeine (Vorrang-)Verhältnis zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht: Soweit das Gemeinschaftsrecht von der Kompetenznorm 37 38

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

Damit bleibt der Bereich der ausschließlichen Gemeinschaftskompetenzen sehr eng abgesteckt, so daß sich die Folgefrage stellt, wie der Regelbereich der sonstigen Kompetenzen kategorisiert wird. Hierbei werden die Begriffe "konkurrierende" und "parallele" Kompetenzen vorgeschlagen. 41 Abstrakt sagt zunächst der Begriff der konkurrierenden Kompetenz lediglich aus, daß im jeweiligen Sachbereich grundsätzlich, d. h. soweit keine gemeinschaftlichen Regelungen vorliegen, die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten tätig werden können. Wird die Gemeinschaft wiederum tätig, so geht der innerhalb der Reichweite der Kompetenz erlassene Rechtsakt dem nationalen Recht nach den allgemeinen Grundsätzen des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts vor bzw. gibt einen Gesetzgebungsauftrag an den nationalen Gesetzgeber.42 Mit dieser sich aus dem allgemeinen Verhältnis der Rechtsordnungen ergebenden Aussage ist bereits die Grundlage gelegt, um die dritte Kategorie der Gemeinschaftskompetenzen, der sog. "parallelen" Kompetenzen als eigenständige Kategorie in Frage zu stellen. Diese Kompetenzart soll dann vorliegen, wenn in einem Bereich das sekundäre Gemeinschaftsrecht auch nach ausgeübter Gemeinschaftskompetenz keine Sperrwirkung für das Handeln der Mitgliedstaaten bewirken soll. Die grundsätzliche Schwäche dieser dritten Kompetenzkategorie besteht indes darin, daß sie unterschiedliche Problempunkte vermengt. So ist bereits unklar aber dennoch entscheidend, wie der "Bereich" als Anknüpfungspunkt der parallelen Kompetenz definiert werden soll, in dem die Mitgliedstaaten zur Regelung befugt bleiben sollen. Je größer der maßgebliche "Bereich" definiert wird, desto eher wird man eine parallele Kompetenz annehmen können. Im Bereich der transeuropäischen Netze ließe sich die Frage stellen, ob es sich um den "Bereich" der lnfrastrukturplanung handelt, dann wären die Mitgliedstaaten sicherlich zur konkreteren Planung und Verortung auf mitgliedstaatlicher Ebene kompetentiell berechtigt, oder ob bei der "Bereichs"definition das Schwergewicht auf die spezifisch transeuropäischen Netzdimension gelegt wird; dann wäre die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten schon eher abzulehnen. Schließlich kann die grundsätzliche und strukturbildende Fragestellung nach der Kompetenzart nicht beantworten, welche inhaltlichen Unterschiede hinsichtlich der Reichweite und des Regelungsanspruchs der einzelnen Fachkompetenzen bestehen. Daraus ist die Konsequenz zu ziehen, daß es einen sehr engen Bereich der ausschließlichen Gemeinschaftskompetenzen gibt und den weitaus größeren Bereich der nicht ausschließlichen, sondern "konkurrierenden" Kompetenzen. In diesem Bereich der konkurrierenden Kompetenzen kommt das in Art. 5 Abs. 2 EGV zum Ausdruck kommende Subsidiaritätsprinzip zur Anwendung. Die weitere Frage, ingetragen wird, geht es dem nationalen Recht in der Anwendung vor; die Kompetenz der Gemeinschaft selbst erfährt hierdurch keine Änderungen. 41 Vgl. Schweitzer/ Hummer; Europarecht, 5. Aufl. 1996, Rn. 344 f.; von Bogdandy I Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 3 b EGV Rn. 14. 42 Jarass, AöR (121), 1996, 173, 188m. w. N.

II. Kompetenzverteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten

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wieweit die Mitgliedstaaten nach ausgeübter gemeinschaftlicher Rechtsregelung ihrerseits tätig werden können oder auch müssen, richtet sich vor dem Hintergrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts nach den sekundärrechtlichen Rechtsakten, die selbstverständlich den primärrechtlichen Vorgaben entsprechen müssen. 43 Unsicherheiten bestehen schließlich bezüglich der Folgefrage, nach welchen materiellen Kriterien die Ausschließlichkeit oder das bloße Konkurrenzverhältnis zu ermitteln ist, wie also einzelne Sachbereiche einzuordnen sind. Gewisse Anhaltspunkte bestehen allerdings insofern, als es sich dann nur um eine konkurrierende Kompetenz handeln kann, wenn gewisse Vorbehalte zugunsten der Mitgliedstaaten eingeräumt werden und wenn die Finanzierung der Aufgabe den Mitgliedstaaten obliegt. 44 Beide Voraussetzungen liegen- ohne im Detail den nachfolgenden Ausführungen vorzugreifen - hier vor. Insbesondere beschränkt sich die Befugnis der Gemeinschaft darauf, einen Beitrag zum Netzaufbau zu leisten, so daß es sich bei der Gemeinschaftskompetenz im Bereich der transeuropäischen Netze um eine konkurrierende Kompetenz handelt.45 Das Subsidiaritätsprinzip des Art. 5 Abs. 2 EGV findet Anwendung.

2. Das Subsidiaritätsprinzip als Kompetenzausübungsschranke

Dem Subsidiaritätsprinzip46 liegt nach ganz allgemeinem Verständnis der Gedanke zugrunde, daß eine Aufgabe im Staat primär von der kleinsten dazu fähigen Einheit vorgenommen werden soll,47 um so eine sachnahe Problemlösung ohne unnötige Reibungsverluste durch Hochstufung von Aufgaben auf entferntere "höhere" Ebenen zu vermeiden. In der derzeitigen rechtlichen und vor allem (rechts-)politischen Diskussion,48 auch im Bereich der transeuropäischen Netze, wird der Begriff Subsidiarität häufig verwendet. 49 Probleme bereiten hierbei grundlegend verschiedene Begriffsver43 Nur gültiges Gemeinschaftsrecht kann den Anwendungsvorrang vor der nationalen Rechtsordnung auslösen, vgl. insbesondere Schoch, DVBI. 1997,289, 293. 44 Jarass, AöR (121), 1996, 173, 190 f. 45 So deutlich auch Epiney I Gruber. Verkehrspolitik und Umweltschutz in der Europäischen Union, 1997, S. 46. 46 Zur Herkunft des Begriffes, der in neuerer Zeit seit der Sozialenzyklika des Papstes Pius XI. aus dem Jahr 1931 Verwendung findet, Hitz, Aus Politik und Zeitgeschichte 1999, S. 28; ausführlich Hitz, Subsidiaritätsprinzip und EU-Gemeinschaftsordnung, 1998, S. 27 ff.; monographisch /sensee, Subsidiaritätsprinzip und Verfassungsrecht, 1968. 47 Blumenwitz, Gedächtnisschrift Grabitz, 1995, S. 1. 48 Anschauliche Beispiele für die unterschiedliche Verwendung des Prinzips nennt von Donat, in: Hrbek (Hrsg.), Das Subsidiaritätsprinzip in derEuropäischen Union, 1994, S. 9 ff. 49 Umfangreiche Nachweise der kaum überschaubaren Literatur zum Subsidiaritätsprinzip finden sich etwa bei Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 102 Fn. 306; monographisch aus

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

ständnisse bezüglich des Subsidiaritätsprinzips. Einerseits eignet sich Subsidiarität als Schlagwort für eine allgemeine Forderung nach mehr "Einfluß" oder auch Kompetenzen dezentraler Entscheidungsträger zu Lasten der übergeordneten Einheit, der eine Problemferne und Bürokratisierung vorgeworfen wird. Insofern wird der Begriff in einem politischen Sinne gebraucht, meist verbunden mit Ressentiments gegenüber einem als zentralistisch ausgemachten Europa. In diesem Sinne kann es als Vehikel für rein politische Forderungen dienen, nicht jedoch den Anspruch an ein Rechtsprinzip erfüllen. Neben diesem Verständnis steht aus juristischer Sicht das Subsidiaritätsprinzip als Rechtsprinzip im Vordergrund. Das so verstandene Prinzip hat in Art. 5 Abs. 2 EGV seine primärrechtliche Ausprägung gefunden. 51 Hiernach wird die Gemeinschaft in Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden und daher besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können. Von geradezu herausragender Bedeutung ist hierbei, daß dieses Prinzip bereits von der existierenden Verteilung der Kompetenzen zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten ausgeht. 5 2 Als Anknüpfungspunkte dienen gerade die Bereiche, in denen die Gemeinschaft zwar eine Zuständigkeit besitzt, diese Zuständigkeit jedoch nicht ausschließlich ist, so daß sich die Frage nach der Ausübung der an sich gegebenen Kompetenz überhaupt erst stellt. Das Subsidiaritätsprinzip stellt also die Kompetenzverteilung nicht in Frage, sondern setzt diese zwingend voraus. 53 Ansatzpunkt und Anwendungsfall für das Subsidiaritätsprinzip ist damit die sekundärrechtliche Ebene. Hier sind die an der Rechtsetzung beteiligten Organe zur Beachtung des Prinzips verpflichtet. Das Subsidiaritätsprinzip entfaltet insofern begrenzende Wirkung, es handelt sich um eine Kompetenzausübungsregel für die Bereiche, in denen der Gemeinschaft nicht die ausschließliche Zuständigkeit zukommt. 54



neuerer Zeit: Calliess, Subsidiaritäts- und Solidaritätsprinzip in der Europäischen Union, 2. Aufl. 1999. 50 Zu diesem Verständnis des Prinzips anschaulich Blanke, in: Hrbek (Hrsg.), Das Subsidiaritätsprinzip in der Europäischen Union, 1994, S. 95 ff. 51 Zur Auslegung und Konkretisierung ist das dem Amsterdamer Vertrag beigefügte Protokoll (Nr. C 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zu beachten. 52 Demgegenüber wird aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht überwiegend problematisiert, ob eine (bestehende) Kompetenz im Widerspruch zum- damit andersartig verstandenen - Subsidiaritätsprinzip steht; vgl. Laaser, in: Kar1 (Hrsg.), Transeuropäische Netze, 1997, S. 31 ff., ib. S. 49 ff. mit der Fragestellung "Steht die Kompetenz der EU für Infrastrukturpolitik im Widerspruch zum Subsidiaritätsprinzip?" 53 Blanke, in: Hrbek (Hrsg.), Das Subsidiaritätsprinzip in der Europäischen Union, 1994, S. 95, 105; Dehousse, in: Hailbronner (Hrsg.), Europa der Zukunft: zentrale und dezentrale Lösungsansätze, 1994, S. 33, 35 f.; Nicolaysen, Gedächtnisschrift Grabitz, 1995, 469, 473; so auch deutlich Nr. 3 des Protokolls (Amsterdam) zum EGV (Nr. C 2) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit.

III. Die Aufgabe der Gemeinschaft nach Art. 154 Abs. 1 2. Hs. EGV

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Für den Bereich der transeuropäischen Verkehrsnetze folgt aus dem Gesagten, daß das Subsidiaritätsprinzip zwar Anwendung findet, daß allerdings Zurückhaltung geboten ist. Es handelt sich (nur) um eine Kompetenzausübungsschranke, so daß das Prinzip nicht dazu verwendet werden kann, die bestehenden Kompetenzen in ihrer Substanz selbst anzugreifen oder zuzuweisen. Vor allem enthält das vorliegende primäre Vertragsrechts selbst Sicherungsmechanismen, wie die Beschränkung der Gemeinschaftsaufgabe auf ein "Beitragleisten" zum Infrastrukturausbau, die einer zentralistischen, dem Subsidiaritätsprinzip und dem ebenfalls in Art. 5 Abs. 3 EGV enthaltenen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widersprechenden Rechtsetzung entgegenwirken. Werden diese Vorgaben beachtet, bleibt kaum mehr Raum, das Ergebnis wegen eines Verstoßes gegen das Subsidiaritätsprinzip in Frage zu stellen. Die primärrechtlichen Vorgaben bedürfen auch vor diesem Hintergrund näherer Beleuchtung.

III. Die Aufgabe der Gemeinschaft nach Art. 154 Abs. 1 2. Hs. EGV Der Titel XV "Transeuropäische Netze" des EGV untergliedert sich in drei Artikel, Art. 154- 156 EGV. Art. 154 EGV umschreibt die gemeinschaftliche Aufgabe im Bereich der Infrastrukturnetze und enthält zudem Zielnorrnierungen. Aus Art. 154 EGV ergeben sich so begrenzte, den Planungsträgem einen erheblichen Gestaltungsspielraum überantwortende, materielle Vorgaben. Art. 155 EGV regelt, wiederum intern differenzierend, welches rechtliche Instrumentarium der Gemeinschaft eröffnet ist, um die übertragene Aufgabe zu erreichen. 55 Schließlich ordnet Art. 156 EGV den verschiedenen Handlungsformen die entsprechenden Rechtsetzungsverfahren zu56 und fungiert damit als eigentliche Rechtsgrundlage, auf die die Rechtsakte der Gemeinschaft in diesem Bereich abzustützen sind. Die Aufgabe der Gemeinschaft wird in Art. 154 Abs. I 2. Hs. EGV vorgegeben. Danach "trägt die Gemeinschaft zum Auf- und Ausbau57 transeuropäischer Netze in den Bereichen der Verkehrs-, Telekommunikations- und Energieinfrastruktur bei." 1. Die Verkehrsinfrastruktur als Bezugspunkt der Gemeinschaftsrechtsetzung

Der Begriff der Verkehrsinfrastruktur kennzeichnet den grundsätzlichen Bezugspunkt der Gemeinschaftsrechtsetzung im vorliegenden Bereich. Er findet hier 54 Vgl. nur Jarass, EuGRZ 1994, 209, 211; Zuleeg, DVBI. 1992, 1329, 1336 jeweils m.w.N. 55 Hierzu S. 61 ff. 56 Hierzu S. 69 ff. 57 Aufbau bedeutet Neubau; Ausbau dagegen die Anpassung bereits bestehender Infrastrukturen.

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

die einzige Erwähnung im EGV. Auf einer ersten Abgrenzungsebene bedarf es der sachlichen Klärung der Reichweite des Verkehrsinfrastrukturbegriffes, um so den Bezugspunkt der Gemeinschaftsrechtsetzung kompetentiell zu erfassen und zu begrenzen. Dariiber hinaus zeigt die Übertragung von (begrenzten) Kompetenzen im infrastrukturbezogenen Rechtsbereich aber eindrucksvoll ein erweitertes Selbstverständnis der Gemeinschaft. Zur Klärung der ersten Fragestellung, wie die Verkehrsinfrastruktur sachlich zu begreifen und abzugrenzen ist, bedarf es keiner grundsätzlichen Erörterungen zur Reichweite und Struktur des allgemeinen Oberbegriffs der Infrastruktur.58 Denn Einigkeit besteht, daß die sog. materiellen Infrastrukturen,59 zu denen geradezu exemplarisch die Verkehrswege60 zählen, ganz selbstverständlich und systembildend dem Infrastrukturbegriff unterfallen. Zweifelsfragen können sich insofern nur in Randbereichen ergeben. Steht auf der einen Seite fest, daß es sich bei den eigentlichen Straßen, Schienen- und Wasserwegen sicherlich um (Verkehrs-)infrastrukturen handelt, so kann als Gegenpol ebenso festgehalten werden, daß die Nutzung dieser Infrastrukturen nicht selbst dem Infrastrukturbegriff unterfällt bzw. zuzuordnen ist. Dies hat zur Folge, daß das Nutzungsregime der Infrastrukturen, also etwa die Frage des Zugangsrechtes von Verkehrsunternehmen zur Infrastruktur, schon aus diesen grundsätzlichen Erwägungen nicht den Regelungsbereich der infrastrukturellen Vertragsnormen untersteht, zumal die Gemeinschaft ausdrücklich nur einen Beitrag zum "Auf- und Ausbau" der Infrastrukturen zu leisten hat und nicht aufgrund der vorliegenden Normen befugt ist, Nutzungsregelungen aufzustellen. Zweifelsfragen bezüglich der Zugehörigkeit zum Verkehrsinfrastrukturbegriff können aber dort auftreten, wo nicht die Verkehrswege im eigentlichen Sinne erfaßt werden, sondern Einrichtungen und Dienste vorgesehen sind, die der einfacheren bzw. sichereren Nutzung der Verkehrswege dienen sollen. Es handelt sich um Verkehrsmanagement, Ortungs- bzw. Navigationssysteme, wie sie auch in den Leitlinien vorgesehen sind. Da diese Einrichtungen und Dienste einen sehr engen Bezug zu den eigentlichen Verkehrswegen haben, unterfallen sie richtigerweise ebenfalls dem Infrastrukturbegriff und damit dem hiesigen Regelungsbereich. 61 Es 58 Hierzu aus rechtswissenschaftlicher Perspektive insbesondere Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 164 ff.; Hünnekens, Rechtsfragen der wirtschaftlichen Infrastruktur, 1995, S. 7 ff. 59 Eine im wirtschaftswissenschaftlichen gebräuchliche, auf Jochimsen, Theorie der Infrastruktur, 1966, ib. S. 103 ff. zurückgehende Terminologie, die zwischen materieller Infrastruktur (hierzu werden neben den Verkehrsinfrastrukturen auch die Energieversorgung und die Telekommunikation gezählt), institutioneller Infrastruktur (Die gewachsenen und gesetzten Normen, Einrichtungen und Verfahrensweisen in ihrer "Verfassungswirklichkeit") und personeller Infrastruktur (Zahl und Eigenschaften der Menschen in einer arbeitsteiligen Wirtschaft, insbesondere ihre Allgemeinbildung, Spezialisierung und Qualifizierung) unterscheidet. 60 Ebenso die punktförmige Verkehrsinfrastruktur wie Flug- und Seehäfen. Der Untersuchungsrahmen bezieht sich vorliegend jedoch im wesentlichen auf die Verkehrswege.

III. Die Aufgabe der Gemeinschaft nach Art. 154 Abs. 1 2. Hs. EGV

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würde keinen Sinn machen, diese dienenden Neuerungen zu ignorieren und sie systemfremd aus dem Regelungsbereich der Infrastruktur auszuscheiden. Sie gehören sachnah zu den Verkehrswegen und sollten gemeinsam erfaßt werden. Demnach kann Verkehrsinfrastruktur in ihrer linienförmigen Ausprägung62 als die Verkehrswege sowie die unterstützenden Einrichtungen und Dienste definiert werden. Diese Definition entspricht dem den Leitlinien zugrundeliegenden Ansatz, der ebenfalls neben den eigentlichen Straßen, Schienenwegen und Wasserstraßen unterstützende Informations- und Verkehrsmanagementsysteme miteinbezieht Diesen Sachbereich können Rechtsakte aufgrund der vorliegenden Vorschriften betreffen, nicht dagegen Regelungen, die die eigentliche Nutzung der Infrastrukturen betreffen. 63 Zur Regelung des ordnungspolitischen Rahmens stehen die Kompetenzen der gemeinschaftlichen Verkehrspolitik unbeeinträchtigt von den infrastrukturellen Kompetenzen weiter zur Verfügung. 64 Neben dieser spezifizierenden, umschreibenden und eingrenzenden Ebene hat die Befassung der Gemeinschaft mit Fragen des Infrastrukturaufbaus indes eine weitergehende Bedeutung. Ein wesentliches Merkmal der Infrastruktur wird durch ihre Vorleistungsfunktion bzw. Basisfunktion gekennzeichnet. 65 Infrastruktur wird zutreffend als die tatsächliche Voraussetzung eines Gemeinwesens angesehen, das auf Kommunikation und Austausch von Waren angewiesen ist. 66 Eine wirtschaftswissenschaftlich untermauerte Erkenntnis ist es ebenfalls, daß einzelne nicht in der Lage sind, eine funktionierende Gesamtinfrastruktur herzustellen, da sich erst die Nutzung der bestehenden Infrastruktur im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit 61 Ähnlich Erdmenger, in: von der Groeben I Thiesing I Ehlermann, Kommentar zum EU- I EG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 b Rn. 6 ff., der von "organisatorischer Komponente" der Infrastrukturnetze spricht. 62 Erfaßt werden daneben ebenfalls die punktförrnigen Infrastrukturen wie Flug-, Seebzw. Binnenhäfen. 63 Diese grundlegende Ausrichtung gilt es bei Zweifelsfragen, wie beispielsweise der Problematik, wie das in Art. 154 Abs. 2 EGV erwähnte Ziel des Netzzugangs einzuordnen ist, zu beachten. Zugang zum transeuropäischen Netz kann daher im vorliegenden Zusammenhang nur eine tatsächliche Zugangsmöglichkeit bedeuten, nicht dagegen ein dem Nutzungsregime zuzuordnendes Zugangsrecht Hierzu ausführlich S. 57 ff. 64 Hof, Straßenverkehrsabgaben und Europarecht, 1998, S. 80; auf die ordnungspolitische Ausrichtung der Verkehrspolitik wurde bereits hingewiesen(§ 2, S. 24 ff.). 65 Vgl. Hünnekens, Rechtsfragen der wirtschaftlichen Infrastruktur, 1995, S. 15 m. w. N.; Diese Basisfunktion wird anband der Infrastrukturdefinition Sterns anschaulich. Stern, in: Arndt (Hrsg.), Grundfragen der Infrastrukturplanung für wachsende Wirtschaften, 1971, S. 69, 70 und Staatsrecht I, 1984, § 21 II. 2, begreift Infrastruktur als "den Inbegriff materieller und institutioneller Einrichtungen und Vorkehrungen, die zu einem bestimmten, fortgeschrittenen Entwicklungsstadium der Gesellschaft als Grundausstattung notwendig sind, um eine angemessene wirtschaftliche und personale Entfaltungsmöglichkeit des Individuums zu gewährleisten." 66 Bereits auf die gemeinschaftsrechtliche Ebene bezogen Jürgensen, in: von der GroebeniThiesingiEhlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 b

Rn.6.

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154- 156 EGV

rechnet, 67 nicht dagegen die Planung und Erstellung.68 Konsequenterweise wird somit die Infrastukturbereitstellung insbesondere im Verkehrswegebereich als staatliche Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge aufgefaßt, 69 deren Notwendigkeit sich aus dem im Sozialstaatsprinzip zum Ausdruck kommenden erweiterten, auch leistenden Staatsverständnis ergibt. In diesem Bereich der Staatsaufgaben wird nunmehr die Gemeinschaft primärvertraglich aufgefordert tätig zu werden. Sie handelt nicht mehr rein deregulierend und Handelshemmnisse abbauend, sondern wird versorgend, planend, vorausschauend tätig. Sie übernimmt in einem strukturell weitergehenden Handlungsfeld staatliche Aufgaben, wenn auch in begrenztem Umfang. 2. Der Netzbegriff als Anknüpfungspunkt

Die Gemeinschaft wird nicht allgemein und konturenlos auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur tätig, sondern ihr Beitrag hat dem Auf- und Ausbau transeuropäischer Netze zu dienen. Aus dieser Bezugnahme folgt bereits eine anspruchsvolle Planungsaufgabe. Eine abstrakte Definition des Netzbegriffs erweist sich allerdings als schwierig, so daß in den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen im einzelnen unterschiedliche Ansätze angeboten werden?0 Als kleinster gemeinsamer Nenner kann diesen Definitionen entnommen werden, daß es sich bei einem Netz um eine Verbindung von einzelnen Einheiten handelt, die nicht zufällig besteht. Bei diesen Einheiten handelt es sich im vorliegenden Sachbereich um die einzelnen Verkehrsinfrastrukturelemente, also vor allem um die linienförmigen Verkehrswege, Knotenpunkte und in gewissem Umfang Unterstützungssysteme. Diese Elemente, insbesondere einzelne Verkehrswege, müssen in einen sinnvollen Gesamtansatz gebracht werden. Damit wird der Gemeinschaft eine anspruchsvolle Planungsaufgabe überantwortet. Sie muß sich darüber klar werden, welche Verkehrswege überhaupt 67 Üblicherweise wird diese Erkenntnis mit einem Marktversagen begriindet. Hintergrund für dieses Versagen sind nach dieser Theorie, der ökonomischen Theorie des Marktversagens, zwei Faktoren. Zum einen sind derartige Infrastrukturen durch eine mangelnde Finanzierungsfähigkeit- und -Willigkeit von Marktteilnehmern gekennzeichnet. Zum anderen unterstützt die Infrastruktur die wirtschaftlichen Aktivitäten anderer Marktteilnehmer, bringt also erhebliche Vorzüge für Dritte mit sich. Näher hierzu etwa Schatz, in: Berger (Hrsg.), Wettbewerb und Infrastruktur in Post- und Telekommunikationsmärkten, 1996, S. 122, 124 ff. 68 Zu Privatisierungstendenzen und ihren Grenzen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur eingehend Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 190 ff. 69 Krämer; in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Auf!. 1999, Kap. 2 Rn. 6.1 m. w. N. 70 Hierzu im einzelnen Knieps, in: Zippel (Hrsg.), Transeuropäische Netze, 1996, S. 11 f. So wird der Begriff in der Soziologie im Sinne eines immateriellen Beziehungsgeflechts gebraucht, die Ökonomie unterscheidet wiederum zwischen materiellen und immateriellen Netzen ("Hardware-/ Softwarenetze"). Andere eigenständige Begriffsdefinitionen fmden sich in weiteren Disziplinen, etwa der Biologie oder den Ingenieurswissenschaften.

Ill. Die Aufgabe der Gemeinschaft nach Art. 154 Abs. 1 2. Hs. EGV

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ausbau- bzw. realisierungswürdig sind und wie diese in ein sinnvolles Gesamtbild zusammenzufügen sind. Des weiteren beschränkt sich die Planungsaufgabe nicht auf die Auswahl bestimmter Verkehrswege, sondern auch auf die Frage, welcher Verkehrsträger den jeweiligen Weg bedienen soll. Im Idealfall kann so ein Verkehrswegesystem entstehen, das die Vorteile der einzelnen Verkehrsträger voll entfaltet und dadurch Synergieeffekte freisetzt. 71 Bei dieser Vemetzungsaufgabe sind aber auch die gewachsenen Infrastrukturen der Mitgliedstaaten zu beachten. Dies ist primärvertraglich abgesichert, 72 ergibt sich aber schon sachlogisch daraus, daß die Gemeinschaft als neue hochstufige Planungsebene auf die Kooperation mit den nachfolgenden Planungsebenen angewiesen ist. 3. Die transeuropäische Bezugsgröße der Vernetzungsaufgabe

Die sich aus dem Netzbezug ergebende Planungsaufgabe der Gemeinschaft wird durch die transeuropäische Ausrichtung näher konturiert. Nur zum Aufbau transeuropäischer Netze leistet die Gemeinschaft nach Art. 154 Abs. 1 2. Hs. EGV einen Beitrag. Auf den ersten Blick verwundert es, daß nicht ein Begriff verwendet wird, der eine engere Beziehung zum gemeinschaftlichen Raum aufweist, etwa der Terminus der "gemeinschaftlichen Netze". Die Verwendung des Begriffs transeuropäisch soll zwar nicht den Anschein erwecken, daß die Gemeinschaft Kompetenzen zur Infrastrukturplanung in Nichtmitgliedstaaten beanspruche. Ihre Kompetenzen und damit ihre Regelungsbefugnis beschränkt sich selbstverständlich auf den gemeinschaftlichen Raum. Die Formulierung transeuropäisch läßt sich vielmehr dahingehend interpretieren, daß die Gemeinschaft die Bedeutung der europäischen Länder, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind im Auge behält, und ihre Infrastrukturplanung entsprechend den schon jetzt gegebenen Verkehrsströmen auf die Verbindung mit diesen Ländern ausrichtet. 73 Dies führt auch dazu, daß die Leitlinien relativ zügig an die geplante Osterweiterung angepaßt werden können. Der Sache nach wird die Netzplanungsaufgabe der Gemeinschaft durch die Bezugnahme auf transeuropäische Netze begrenzt, deren Aufgabe sich somit nicht auf Verkehrsnetze von (rein) nationaler oder gar lokaler Bedeutung bezieht. Nach der Vorstellung des Vertrages besteht eine Hierarchie der vernetzten VerkehrssyErdmenger; Europäische Zeitschrift für Regionalentwicklung 1996, 6, 8. n Insbesondere durch Art. 156 Abs. 2 EGV, aber auch durch die Anerkennung der einzel-

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staatlichen Netze in Art. 154 Abs. 2 EGV. 73 Vgl. zutreffend Frohnmeyer; in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, vor Art. 129 b- d EGV Rn. 1; diese Ansicht wird primärvertraglich auch durch Art. 155 Abs. 3 verdeutlicht und gestützt, der eine Zusammenarbeit gerade mit Nichtmitgliedstaaten vorsieht. 4 Bogs

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

steme. Zu unterscheiden ist zwischen Netzen mit gesamteuropäischer und Netzen von nicht gesamteuropäischer Bedeutung, die sich in Netze von nationaler, mitgliedstaatlicher und rein lokaler bzw. regionaler Bedeutung weiter untergliedern lassen. Nur bezüglich der europäisch bedeutenden Netze wird der Gemeinschaft eine Aufgabe übertragen. Dies dient zum einen einer Wahrung und Anerkennung der Kompetenzen der Mitgliedstaaten, die im Sinne einer abgestuften Problembewältigung für Vorhaben, die lediglich für ihr Gebiet relevant sind, zuständig bleiben sollen. Zum anderen bestünde eine Gefahr der Überfrachtung und Überforderung der Gemeinschaftsorgane, wollten diese für den Gesamtraum nahezu alle Verkehrswege (mit-)planen. Dies bedeutet insbesondere für die Leitlinienaufstellung, daß eine Aufnahme von Vorhaben mit rein nationaler oder lokaler Bedeutung schon nicht der Aufgabe der Gemeinschaft entspricht und daher kompetenzwidrig ist. So zutreffend diese Unterscheidung von ihrem theoretischen Ansatz auch sein mag, so schwierig erweist sich die praktische Abgrenzung. Bei isolierter Betrachtung würde- um eine aktuelles Beispiel74 aufzugreifen- der Eisenbahnverbindung durch den Thüringer Wald zwischen Nürnberg und Erfurt, die im Sommer 1999 von der Bundesregierung mit einem Baustopp belegt wurde, sicherlich kaum Relevanz für das transeuropäische Netz zukommen. Hält man sich aber vor Augen, daß es sich um ein zentrales Verbindungsstück der Hochgeschwindigkeitsstrecke Verona - Berlin handelt, so sollte evident sein, daß es hier nicht an transeuropäischer Bedeutung fehlt. Das Beispiel verdeutlicht so weiterhin, daß die reine Belegenheit des konkret betrachteten Vorhabens kein geeignetes Kriterium darstellt, um den Gemeinschaftsbezug abzulesen. Vielmehr muß ein Zusammenhang der Verbindung mit einer gemeinschaftsrechtlich relevanten Verbindung bestehen. Dies wird man nur bei evidenten Mißgriffen verneinen können. 4. Die Regelungsintensität der Gemeinschaft

Nach Art. 154 Abs. 1 2. Hs. EGV trägt die Gemeinschaft zum Auf- und Ausbau der Netze bei. In welcher Art und Weise genau die Gemeinschaft ihren Beitrag leistet, bleibt dagegen nach der vorliegenden Regelung offen. Immerhin regelt Art. 155, 156 EGV, mit welchem Instrumentarium und in welchen Verfahren die Gemeinschaft ihre Aufgabe erfüllt. Gegenüber diesen Regelungen bleibt die materielle Begrenzung offener. Dennoch lassen sich vor allem in negativer, aufgabenund kompetenzbeschränkender Hinsicht zumindest grundsätzliche Aussagen treffen. Aus dem Begriff des Beitragleistens folgt, daß die Gemeinschaft die Verkehrswege nicht gänzlich in eigener Regie planen und realisieren darf. Die Trägerschaft 74 Näher zu diesem Beispielsfall bei der Frage der rechtlichen Zulässigkeil dieser Abstandnahme von einem wesentlichen Projekt des gemeinschaftlichen Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes, § 9, S. 197 ff. ib. S. 213 ff.

III. Die Aufgabe der Gemeinschaft nach Art. 154 Abs. I 2. Hs. EGV

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der Netze verbleibt vielmehr in der Verantwortung der nach dem entsprechenden Recht dazu Zuständigen. Eine alleinige Zuständigkeit im Sinne einer Vollkompetenz der Gemeinschaft für die Gesamtplanung und die konkrete Zulassungsentscheidung besteht eben nicht und wäre angesichts des Verwaltungsaufwandes und der Sachferne der Gemeinschaftsorgane weder sinnvoll noch praktisch durchführbar. Aber auch in positiver Hinsicht können gewisse Rückschlüsse gezogen werden. Immerhin hat die Gemeinschaft einen Beitrag zum Netzaufbau zu leisten. Sie wird damit als neue Planungsebene positiv primärrechtlich eingeführt.75 Bezogen auf die bisher im deutschen Recht vorhandenen Planungsebenen tritt die Gemeinschaft neben der kommunalen, der Länderebene und der nationalen Ebene als vierte Planungsebene auf. 76 Als zumindest mißverständlich müssen Äußerungen in der Literatur zurückgewiesen werden, die aus der Begrenzung auf das "Beitragleisten" ableiten, daß die Gemeinschaft keine Kompetenz für eine eigenständige Infrastrukturpolitik habe. 77 Denn es ist gerade Aufgabe der Gemeinschaft, einen Planungsansatz aus gemeinschaftlicher Perspektive zu entwickeln, der zu einem transeuropäischen Netz führt. Das setzt eine eigenständige Infrastrukturpolitik voraus. Freilich nicht in dem Sinne, daß eine Planung ohne Rücksicht auf die bestehenden mitgliedstaatliehen Netze und unter Negierung der dortigen Planungsstufen durchgeführt wird. Dies ist allerdings eine Frage der materiellen Reichweite des gemeinschaftlichen Planungsansatzes und des Verhältnisses zu den mitgliedstaatliehen Planungsstufen, stellt die Eigenständigkeit des Planungsansatzes der Gemeinschaft aber nicht in Frage. Schließlich folgt - wie bereits erwähnt - aus der Beschränkung der Gemeinschaft auf ein "Beitragleisten", daß die Gesamtaufgabe, die Herstellung transeuropäischer Netze, kompetentiell zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten aufgeteilt ist. Es handelt sich daher nicht um eine ausschließliche Kompetenz, so daß das Subsidiaritätsprinzip nach Art. 5 Abs. 2 zu beachten ist.

75 Frohnmeyer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 b Rn. I beschreibt diese neue Aufgabenverteilung zutreffend: "Die Gemeinschaft wird auf einem Gebiet tätig, auf dem die Mitgliedstaaten als Inhaber der Territorialhoheit auch in Zukunft über weitgehende Zuständigkeiten verfügen. Um aber übergeordnete Gemeinschaftsziele erreichen zu können, ist die Gemeinschaft durch Art. 129 b berechtigt und verpflichtet, einen Beitrag zur Verwirklichung dieser Ziele zu leisten." 76 Vgl. Erdmenger, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/ EG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 b Rn. 4. 77 So insbesondere Rambow, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 1. Aufl. 1994, Art. 129 b EGV Rn. 5.; ihm folgend Gottschewski, Zur rechtlichen Durchsetzung von europäischen Straßen, 1998, S. 80 und Hof. Straßenverkehrsabgaben und Europarecht, 1998, S. 80; so auch noch die 2. Auflage dieses Kommentars, Dieter/Grüter, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 154 Rn. 3; ähnlich Ukrow, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUVund EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 154 Rn. 2.

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV 5. Zwischenergebnis: Die Gemeinschaftsaufgabe als Planungsaufgabe

Die Aufgabenübertragung zeigt bereits die planungsrechtliche Qualität der Gemeinschaftstätigkeit. Die Erfüllung der Aufgabe, einen Beitrag zur Schaffung eines an europäischen Maßstäben ausgerichteten Verkehrsnetzes zu leisten, erfordert ein planerisches Vorgehen. Das primäre Vertragsrecht negiert nicht die gewachsenen Infrastrukturen und das entsprechende Planungsrecht der Mitgliedstaaten. Die Gemeinschaft wird vielmehr von vornherein darauf beschränkt, lediglich einen Beitrag zur Netzgestaltung zu leisten, wobei die Art und Weise dieses Beitrages inhaltlich nicht näher konkretisiert wird und erst durch die Zielumschreibungen des Art. 154 EGV, die Systematik der Handlungsformen nach Art. 155 EGV und das Rechtsetzungsverfahren nach Art. 156 EGV primärvertraglich nähere Konturen gewinnt.

IV. Das Zielsystem des Art. 154 EGV 1. Rechtliebe Bedeutung

Art. 154 EGV enthält sowohl in Abs. 1 als auch in Abs. 2 umfangreiche Festlegungen, welchen Zielen die Gemeinschaftstätigkeit zu dienen hat. 78 Hierbei beleuchten die einzelnen Zielnormierungen jeweils positive Einzelaspekte des anvisierten Infrastrukturausbauzustandes. Damit handelt es sich in erster Linie um Handlungsanweisungen an die gemeinschaftlichen Planungsträger, die Rechtsetzungsorgane. Diese Vorgaben sind, da rechtsförmlich im primären Gemeinschaftsrecht aufgenommen, bei der Rechtsetzung zu beachten. Die inhaltliche Reichweite dieser bestehenden Bindungskraft ist allerdings wiederum begrenzt, da die Zielnormierungen offen ausgestaltet sind und sich zudem teilweise nur auf bestimmte nach Art. 155 EGV vorgesehene Rechtsakte und entsprechende Teilaspekte beziehen.79 Nicht jeder Rechtsakt nach Art. 155 EGV kann und muß daher allen Zielbestimmungen entsprechen. 80 Als Auslegungshilfe für das Sekundärrecht sind die Zielnormierungen darüber hinaus hilfreich.

78 Erdmenger; in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 b Rn. 13 ff. bezeichnet die Ziele nach Abs. I als "Oberziele", die nach Abs. 2 als "Unterziele", ohne daß diese Unterscheidung praktische Bedeutung hätte. 79 So korrespondiert das Ziel der Interoperabilität der einzelstaatlichen Netze nach Art. 154 Abs. 2 S. I EGV mit entsprechenden Rechtsakten nach Art. 155 Abs. I 2. Spiegelstrich. Umgekehrt betreffen alle übrigen Zielnormierungen nicht mehr diese Sachproblematik, sondern wenden sich vor allem an die Leitlinien nach Art. 155 Abs. 1 l. Spiegelstrich EGV. 80 So auch Haag, Archiv für Post und Telekommunikation 1994, 109, 113.

IV. Das Zielsystem des Art. 154 EGV

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2. Die Ziele nach Art. 154 Abs. 1 EGV

a) Der Binnenmarktbezug

Art. 154 Abs. 1 EGV postuliert, daß der gemeinschaftliche Beitrag zum Aufbzw. Ausbau der transeuropäischen Netze zugleich dazu dienen soll, wiederum einen Beitrag81 zur Verwirklichung der Ziele des Art. 14 EGV zu leisten. Art. 14 EGV fordert seinerseits die Gemeinschaft auf, einen Binnenmarkt herzustellen, der gemäß Abs. 2 einen Raum ohne Binnengrenzen umfaßt, in welchem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist. Der Bezug der (Verkehrs-)netze zu Art. 14 EGV trägt der Einsicht Rechnung, daß eine funktionierende Infrastruktur zu den Voraussetzungen eines funktionierenden Binnenmarktes gehört, da ohne die Nutzung der Infrastrukturen kein freier, unbehinderter und reibungsloser Verkehr von Personen, Waren und Dienstleistungen im Gesamtraum der Gemeinschaft vorstellbar ist. 82 Damit wird genau der Aspekt aktualisiert, der bereits aus der ganz allgemeinen Bedeutung der Infrastruktur abgeleitet werden konnte, nämlich der Basisfunktion der Infrastruktur insbesondere für wirtschaftliche Betätigung. Konsequenterweise zeigt sich so auf primärvertraglicher Ebene ein erweitertes Binnenmarktverständnis. Die zahlreichen bisherigen Rechtsakte zur Herstellung des Binnenmarktes beschränkten sich weitgehend darauf, bestehende rechtliche Hindernisse abzubauen bzw. unterschiedliche rechtliche Anforderungen anzugleichen. 83 Die Bereitstellung der tatsächlichen Grundlagen eines funktionierenden Binnenmarktes, nämlich der infrastrukturellen Basis, wurde demgegenüber weniger forciert. Mit den jetzigen infrastrukturellen Kompetenzen kann dieses Defizit zumindest verringert werden.

81 Die doppelte Verwendung des "Beitragleistens" in Art. 154 Abs. 1 EGV kann auf den ersten Blick verwirren. Der zuletzt genannte Beitrag bezieht sich auf den bereits dargestellten Umfang der Tatigkeit der Gemeinschaft. Sie leistet (nur) einen Beitrag im Gesamtgefüge der Realisierung der Infrastrukturen. Der am Anfang der Vorschrift genannte Beitrag bezieht sich auf die Ziele der Art. 14 und 158 EGV. Die Infrastrukturnetze können auch hier nicht zur umfassenden Zielerreichung führen, sondern als ein Mosaikstein nur dazu beitragen. 82 Vgl. Erdmenger, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/ EG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Vorb. Art. 129 b- d EGV Rn. 2 und Art. 129 b Rn. 13; Ukrow, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUVund EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 154 Rn. 8. 83 So schlug die Kommission 1985 in ihrem "Weißbuch über die Vollendung des Binnenmarktes" KOM (85) 310 282 Legislativakte vor, die die Abschaffung von materiellen, technischen und Steuerschranken bezweckten, also rechtliche Hindernisse eines funktionierenden Marktes betrafen.

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

b) Die Bedeutung der Infrastrukturen für den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt Des weiteren soll die Gemeinschaftstätigkeit zur Verwirklichung der Ziele des Art. 158 EGV einen Beitrag leisten. Damit wird auf das Ziel des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts der Gemeinschaft Bezug genommen. Dieser soll gestärkt werden, um eine harmonische Entwicklung der Gemeinschaft als Ganzes zu fördern, Art. 158 S. 1 EGV. Insbesondere intendiert die Gemeinschaft, die unterschiedlichen Entwicklungsstände der Regionen anzugleichen. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf den am stärksten benachteiligten Gebieten, vgl. Art. 158 S. 2 EGV. Auch insofern soll eine im gesamten Gemeinschaftsgebiet vorgehaltene infrastrukturelle Versorgung die Grundvoraussetzung für eine wirtschaftlich und sozial ausgewogene, d. h. die erheblichen bestehenden Unterschiede abbauende Entwicklung liefern. Standortprobleme lassen sich durch eine leistungsfähige Infrastruktur abmildern, indem bezogen auf die Verkehrsinfrastruktur84 Transportzeiten und -kosten verringert werden. In engem Zusammenhang85 mit dieser allgemeinen Verweisung auf die Ziele des Art. 158 EGV steht das in Art. 154 Abs. 2 S. 2 EGV festgelegte Ziel der infrastrukturellen Anhindung geographisch abgelegener Gebiete. Letztlich handelt es sich bei der vorliegenden Zielnormierung wiederum um eine Facette dessen, was Infrastruktur allgemein bewirkt, nämlich die tatsächliche Ermöglichung insbesondere von wirtschaftlicher Betätigung und damit die Chance, wirtschaftlich und sozial benachteiligte Gebiete dem höheren Gemeinschaftsniveau anzugleichen. Die gemeinschaftliche Regionalpolitik, deren Instrument bisher allein finanzielle Fördermaßnahmen86 waren, wird so durch die gemeinschaftliche Infrastrukturpolitik bereichert.87

84 Vgl. Frohnmeyer; in: Grabitz/Hilf, Kommentar zurEuropäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 b EGV Rn. 7; dort auch zu den Anhindungsvorteilen der anderen Infrastrukturnetze. 85 Frohnmeyer; in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 b Rn. 7 hält die Zielerwähnung in Art. 154 Abs. 2 EGV für überflüssig, da die Anhindung benachteiligter Gebiete ohnehin in der Kohäsionspolitik enthalten sei. 86 V gl. Glaesner; Der Grundsatz des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts im Recht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, 1990, ib. S. 29 ff. 87 Junkemheinrich, in: Karl (Hrsg.), Transeuropäische Netze, 1997, S. 17, 28 ff. hält allerdings aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive eine allgemeine Finanzausgleichspolitik gegenüber einer ausgleichspolitisch orientierten Infrastrukturpolitik aus ökonomischer Sicht tendenziell für sinnvoller.

IV. Das Zielsystem des Art. 154 EGV

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c) Die Nennung der Begünstigten

In ungewöhnlicher Weise beläßt es Art. 154 Abs. 1 EGV nicht dabei, auf einzelne Ziele hinzuweisen, sondern nennt darüber hinaus einzelne Begünstigte. Die gemeinschaftliche Infrastrukturpolitik soll dazu dienen, diesen die Vorteile zugute kommen zu lassen, die sich aus der Schaffung eines Raumes ohne Binnengrenzen ergeben. Genannt werden die Unionsbürger, die Wirtschaftsbeteiligten sowie die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften. Aus der Unterscheidung zwischen Unionsbürgern und Wirtschaftsbeteiligten wird abgeleitet, daß so Art. 154 EGV die umfangreichen Rechte der Unionsbürgerschaft,88 insbesondere das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 18 EGV, aktiv aufgreift. Die Infrastrukturnetze sollen den Bürgern allgemein und unabhängig von wirtschaftlichen Zwecken dienen, etwa zum privaten Ferienreiseverkehr.89 Wirtschaftsbeteiligte können demgegenüber neben den Unionsbürgern auch juristische Personen und am Wirtschaftsleben der EU beteiligte Drittstaatler sein.90 Die Funktion der Nennung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften bleibt nebulös. Die Nennung der Untergliederungen der Mitgliedstaaten wird damit zu begrunden versucht, daß diese durch die gemeinschaftlichen Planungen neben den Mitgliedstaaten, besonders betroffen sein können.91 Bedenken gegen eine "Überplanung" soll so mit dem Hinweis auf die Vorteile der Infrastrukturen ansatzweise begegnet werden. 92 3. Die Zielnormierungen des Art. 154 Abs. 2 EGV

Die Zielnormierungen des Art. 154 Abs. 2 EGV lassen sich schwer in klare Kategorien einordnen. Die Bezeichnung als Unterziele im Gegensatz zu den OberzieVgl. im einzelnen Art. 17 ff. EGV. So die Erklärung von Erdmenger, in: von der Groeben I Thiesing I Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 b Rn. 16; ebenso Erberich, in: Bleckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 2729; Ukrow, in: CalliessiRuffert (Hrsg.), Kommentar zum EUVund EGV, l. Aufl. 1999, Art. 154 Rn. 10. 90 Ukrow, in: CalliessiRuffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, I. Aufl. 1999, Art. 154 Rn. 10; Erberich, in: Bleckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 2729. 91 Erdmenger, in: von der Groeben/ThiesingiEhlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 b Rn. 16 "Die Erwähnung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften unterstreicht den hier gegebenen raumordnefischen ZusanJmenhang."; Ähnlich Erberich, in: Bleckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 2729 und Ukrow, in: Calliess/ Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUVund EGV, I. Aufl. 1999, Art. 154 Rn. 10 92 Nach der hier vorgeschlagenen Lösung (vgl. im einzelnen vor allem § 6, S. 164 ff. und § 9, S. 197 ff.) werden die Belange der Länder und Kommunen beim Auf- und Ausbau der Verkehrsnetze bzw. der Vorhaben von gemeinsamem Interesse ohnehin geachtet, da das Gemeinschaftsrecht (nur) einen Planungsauftrag enthält, nach mitgliedstaatlichem aufgabenbezogenem Planungsrecht auf die Realisierung der Vorhaben hinzuwirken. Dies impliziert ohne weiteres die Berücksichtigung der Belange der Gebietskörperschaften nach dem deutschen Planungsrecht 88 89

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

len nach Art. 154 Abs. 1 EGV bietet keinen Erkenntnisgewinn. Als Gemeinsamkeit kann am ehesten festgehalten werden, daß die Ziele des Abs. 2 Einzelaspekte als Zielvorstellungen hervorheben, wohingegen die Ziele des Abs. 1 eher die grundsätzlichen Vorzüge einer funktionierenden Infrastruktur betonten.

a) Die Förderung des Netzverbundes Als erstes Ziel der Gemeinschaftstätigkeit wird die Förderung des Verbundes der einzelstaatlichen Netze hervorgehoben. Interessant und gegenüber den bisherigen Zielaussagen neuartig werden die einzelstaatlichen Infrastrukturnetze in den Gesamtansatz mit einbezogenen. So wird primärvertraglich auf die Existenz der gewachsenen mitgliedstaatliehen Infrastrukturen Bezug genommen. Das Ziel des Netzverbundes knüpft an die Problematik an, daß aufgrund der bisherigen allein nationalen Planungs- und Ausbauzuständigkeit der Mitgliedstaaten Engpässe ("bottle necks") oder fehlende Verbindungen ("missing links") und damit verbundene Reibungsverluste im europäischen Maßstab entstanden sind.93 Hier soll der Gemeinschaft ein besonders bedeutender Vorteil durch die Schließung derartiger Lücken zukommen. Der Verbund kann durch den Auf- und Ausbau von Verbindungswegen hergestellt werden, die aus gemeinschaftlicher Perspektive geplant werden müssen. Das Ziel des Netzverbundes der einzelstaatlichen Netze zu einem aus gemeinschaftlicher Sicht akzeptablen transeuropäischen Netz kann somit durch das Planungsinstrument der Leitlinien nach Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV und eventuelle finanzielle Unterstützungsmaßnahmen erreicht werden.

b) Die Förderung der Interoperabilität Die Förderung der Interoperabilität der einzelstaatlichen Netze bezieht sich ebenfalls auf die bereits bestehenden Infrastrukturnetze, jedoch von einem anderen Grundansatz her. Interoperabilität definiert sich allgemein als die Möglichkeit der Zusammenarbeit verschiedener Systeme oder Einheiten. 94 Im Kontext des transeuropäischen Verkehrsnetzes skizziert dieser Begriff die Möglichkeit der Nutzung von Verkehrswegen in verschiedenen Mitgliedstaaten durch ein Verkehrsmittel. Eine Interoperabilität ist erreicht, sofern die Infrastrukturen kompatibel sind.95 Bedeutung erlangt dieser Begriff insbesondere im Eisenbahnsektor, der sich in infra93 E rdmenger; in: Ehlermann/Bieber (Hrsg.), Handbuch des Europäischen Rechts, Stand Februar 2000, Art. 129 b Rn. 17; Schulze, in: Zippel (Hrsg.), Transeuropäische Netze, 1996, S.29,31. 94 Dieser Begriff stammt ursprünglich aus dem militärischen Sprachgebrauch, vgl. Frohnmeyer; in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 bEGVRn. lO. 95 Laaser; in: Kar! (Hrsg.), Transeuropäische Netze, 1997, S. 31, 34.

IV. Das Zielsystem des Art. 154 EGV

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struktureller Hinsicht durch eine Vielzahl von technischen Unterschieden auszeichnet und so zu immensen zeitlichen Reibungsverlusten bei Grenzüberschreitungen führen kann. Diese Defizite werden vor allem im Bereich des Ausbaus eines europäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems deutlich. Hier konkurrieren die Systeme des französischen TGV und des deutschen ICE. Die Herstellung der Interoperabilität bedingt nicht die Realisierung weiterer Verkehrswege, sondern setzt diese voraus. Die Netze der Einzelstaaten können nur interoperabel gestaltet werden, wenn diese bereits bestehen, d. h. nicht erst hergestellt oder verbunden werden mussen. Durch dieses Erfordernis grenzt sich die Interoperabilität von dem Netzverbund ab. Letzterer setzt gerade Lücken zwischen den einzelnen bisher unkoordiniert geplanten Verkehrswegenetzen voraus. Damit wird deutlich, daß die Herstellung der Interoperabilität einen grundsätzlich anderen Ansatz verfolgt, als der eigentliche Netzauf- und -ausbau. Maßnahmen im Bereich der Interoperabilität zeichnen sich daher durch eine gewisse Autonomie gegenüber der planensehen Leitlinienaufstellung aus. 96 Interoperabilität wird daher auch nicht durch die planungsrechtlichen Leitlinien erzeugt, sondern aufgrund technischer Harmonisierung durch Rechtsakte nach Art. 155 Abs. 1 2. Spiegelstrich EGV. c) Die Förderung des Netzzugangs Des weiteren zielt die Gemeinschaftstätigkeit auf die Förderung eines Zugangs zu "diesen" Netzen ab. Fraglich ist hierbei, auf welche Netze sich das Zugangsziel bezieht. Da in Art. 154 Abs. 2 S. I 1. HS die einzelstaatlichen Netze Bezugspunkt sind, die ihrerseits verbunden werden sollen und deren Interoperabilität verbessert werden soll, könnte sich das Zugangsziel sachlich auf diese (primär) einzelstaatlichen Netze beziehen. Die Kompetenz der Gemeinschaft bezieht sich aber von vornherein nicht auf die mitgliedstaatliehen Netze als solche, sondern auf transeuropäische Netze. Wenn die mitgliedstaatliehen Netze Anknüpfungspunkt von Zielbestimmungen sind, dann nur, um diese zu einem Netz von transeuropäischer Bedeutung zu verknüpfen. Das Ziel des Netzzugangs ist daher dahingehend auszulegen, daß die Gemeinschaft darauf hinwirkt, daß der Zugang zu solchen (auch) einzelstaatlichen Netzen sichergestellt wird, die transeuropäische Bedeutung besitzen. Der Zugang zu Infrastrukturen von rein nationaler oder sogar regionaler Bedeutung wird mithin von Art. 154 Abs. 2 EGV nicht zum Gemeinschaftsziel erhoben.

96 Vgl. EuGH Rs. C-271 /94 Slg. I 1996, S. 1689, 1715; Sowie den Schlußantrag des Generalanwa1ts La Pergola, a. a. 0 .. S. 1698; Zu diesem Urteil, das im Kern die Abgrenzung der Rechtsgrundlagen Art. 129 d Abs. 3, 100 a, 235 EGVa. F. betrifft näher im entsprechenden Zusammenhang aufS. 84 ff.

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

Wesentlich wichtigere Bedeutung kommt allerdings der Frage zu, wie der Begriff des Netzzugangs im hiesigen Kontext auszulegen ist. Fraglich ist insofern, ob mit der Formulierung des Art. 154 Abs. 2 S. 1 EGV ein Zugang im Sinne eines anspruchsbegründenden Zugangsrechts insbesondere für Mitwettbewerber ("Third Party Access"97) erzielt werden soll,98 oder ob allein die physisch reale Zugangsmöglichkeit im Sinne einer leichten faktischen Erreichbarkeit als Ziel gesetzt wird. Eine Auslegung des Begriffes des Netzzugangs im Sinne eines anvisierten Zugangsrechts im Rahmen der vorliegenden Vorschrift würde der Gesamtstruktur des Titels widersprechen, findet auch ansonsten keine Stütze im Vertragsrecht und ist daher abzulehnen. Aufgabe und Ansatz der Gemeinschaft ist es, zum Auf- und Ausbau der Infrastruktur beizutragen und nicht, wettbewerbsrechtliche Regelungen in Konkurrenz zu bereits hierfür vorgesehenen primären Rechtsnormen99 aufzustellen. Infrastruktur war - wie aufgezeigt - begrifflich deutlich von der eigentlichen Nutzung der Infrastruktur zu trennen. Das Zugangsrecht würde den ersten Schritt der Nutzung betreffen und wäre nicht "Auf- bzw. Ausbau der Infrastruktur", würde also nicht der Gemeinschaftsaufgabe, wie sie in Art. 154 Abs. 1 EGV festgelegt ist, unterfallen. Wie nun aber Art. 154 Abs. 2 EGV zeigt, setzt dieser "die Tatigkeit der Gemeinschaft", bei der es sich nur um die nach Abs. 1 handeln kann, positiv voraus und nennt (nur) weitere Ziele, nicht dagegen eine andersartige weitergehende Aufgabe. Daraus folgt, daß Zugang im Verkehrsinfrastrukturbereich als tatsächliche Zugangseröffnung im Sinne einer räumlichen Erreichbarkeit zu verstehen ist. 100 Hierauf hat die Gerneinschaftsrechtsetzung abzuzielen, so daß 97 Dieser anschauliche Begriff wird vor allem im Energiesektor gebraucht, vgl. etwa Scholzl Langer, Europäischer Binnenmarkt und Energiepolitik, 1992, S. 234. Im Telekommunikationsbereich findet sich ferner der Begriff "Open Network", vgl. Fehling, AöR 121 (1996), 59, 72. 98 Dies vertreten Dieter/Grüter, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 154 Rn. 22, die in der Tat das Zugangsrecht regelnde Rechtsakte aufgrundvon Art. 155 Abs. 1 2. Spiegelstrich EGV für möglich halten. Das ist neben den genannten Argumenten so auch deshalb sicher nicht zutreffend, weil dies die Rechtsgrundlage für Rechtsakte zur Herstellung der technischen Kompatibilität (lnteroperabilität) ist, also einen ganz anderen Bereich betrifft. Eher beiläufige Äußerungen Jürgensens, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 42 (1. Abschnitt am Ende) können ebenfalls in eine ähnliche Richtung hindeuten. 99 Insbesondere die Wettbewerbsregelungen gemäß Art. 81 ff. EGV bzw. für den Verkehr nach Art. 71 ff. EGV. In der wettbewerbs- bzw. wirtschaftsrechtlichen Literatur wird die Frage des Netzzugangs ebenfalls allein als Frage dieses Rechtsbereiches gesehen. Vgl. hierzu jüngst die Aufsatzsammlung von Schwarze (Hrsg.), Der Netzzugang für Dritte im Wirtschaftsrecht, 1999, und dort ib. den Beitrag des Beamten der Kommission Haag, Der Netzzugang Dritter aus der Sicht des Europäischen Wettbewerbsrecht, a. a. 0., S. 57 ff. too So im Ergebnis auch die ganz überwiegende Meinung im Schrifttum: Erberich, in: Bleckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 2732; Erdmenger, in: von der Groeben/ Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999 Art. 129 b Rn. 20; Frohnmeyer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 b Rn. 11; Ukrow, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 154 Rn. 14.

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wiederum diejenigen Rechtskate angesprochen sind, die die Lage der Vorhaben planerisch festlegen, also die Leitlinien.

d) Die Rahmenbedingungen Die drei dargestellten Ziele sollen gemäß Art. 154 Abs. 2 S. 1 EGV "im Rahmen eines Systems offener und wettbewerbsorientierter Märkte" gefördert werden. Dieser Hinweis dient dazu, klarzustellen, daß die marktwirtschaftliehen Grundsätze des Vertrages beim Netzauf- und Ausbau nicht außer Kraft gesetzt sind. Für den Bereich der Planung der Verkehrsnetze hat die Regelung allenfalls geringe Bedeutung, da die hochstufige Planung von Verkehrswegen ohnehin keinen direkten Marktbezug hat, da sie nicht durch Private durchgeführt wird, sondern in einem staatlichen Planungsprozeß. Teils wird aus der Erwähnung der Rahmenbedingungen abgeleitet, daß die Gemeinschaft zumindest keine Bedenken gegen die verstärkte Einbeziehung Privater in Planung und Finanzierung hat. 101 Relevanz kann der Bestimmung aber bei Rechtsakten zur Herstellung der Interoperabilität zukommen, da dort bestimmte technische Normungen vorzunehmen sind. Eine Regelung, die nun ohne zwingende Gründe etwa das technische Hochgeschwindigkeitshahnsystem eines Landes übernehmen würde, wäre bedenklich, da so leicht eine marktbeherrschende Stellung des etablierten Herstellers geschaffen werden könnte. Ein größerer Anwendungsbereich besteht in den Bereichen der Telekommunikations- und Energieinfrastruktur, 102 da hier die Planung und Errichtung der linienförrnigen Infrastrukturen in weitem Maße in der Verantwortung privater Unternehmen liegt. 103 Zu Recht betont die Kommission in diesem Zusammenhang: ,,Die Bestimmung des EG-Vertrages, einschließlich der Wettbewerbsbestimmungen und Verfahren, gelten selbstverständlich für den Energiesektor. Das bedeutet insbesondere, daß die Einrichtung der transeuropäischen Netze nicht zur Stärkung einer eventuell marktbeherrschenden Stellung von Unternehmen, die die Netze kontrollieren, führen sollte." 104

e) Die Anhindung geographisch abgelegener Gebiete Nach Art. 154 Abs. 2 S. 2 EGV trägt die Tätigkeit der Gemeinschaft "insbesondere der Notwendigkeit Rechnung, insulare, eingeschlossene und am Rande gelegene Gebiete mit den zentralen Gebieten der Gemeinschaft zu verbinden." Obwohl 101 Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 42. 1o2 Hierzu Jarass, Europäisches Energierecht, 1996, S. 15. 103 Vgl. Rambow, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 1. Aufl. 1994, Art. 129 b Rn.6, 7. 104 Kommission, Transeuropäische Netze, Jahresbericht 1996, KOM (96) 645, S. 9.

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

die Auslegung des Begriffs des eingeschlossenen Gebietes 105 Fragen offen läßt, wird der Gesamtzweck dieser Zielnormierung deutlich, nämlich den Gemeinschaftsraum als gesamten Raum in seiner ganzen Unterschiedlichkeit infrastrukturell zu erschließen. Damit betont die Regelung in wesentlichen Punkten Ziele, die sich bereits aus der Verweisung in Art. 154 Abs. 1 EGV auf die Kohäsionspolitik ergaben. Etwas verengend wird die Vorschrift deshalb teilweise für überflüssig erachtet.106 Möchte man dagegen - und hiervon sollte ausgegangen werden - dem Anhindungsziel eigenständige Bedeutung zuerkennen, so ist darauf hinzuweisen, daß die Anhindung der geographisch abgelegenen Gebiete hier ganz allgemein, d. h. ohne die Notwendigkeit einer wirtschaftlichen oder sozialen Rückständigkeit, wie sie für die Kohäsionspolitik typisch ist, gefordert wird. Zwar werden die genannten Gebiete häufig auch diejenigen sein, die wirtschaftlich rückständig sind, dies muß aber keinesfalls so sein. So können beispielsweise "insulare Gebiete" aufgrund florierenden Tourismus durchaus wirtschaftlich einen sehr hohen Standard aufweisen und dennoch dem Anhindungsziel nach Art. 154 Abs. 2 S. 2 EGV unterfallen. In diesem Lichte ausgelegt, besteht nicht nur ein Bezug zum Kohäsionsziel, sondern auch zu der Regelung der Begünstigten, wonach u. a. den Unionsbürgern unabhängig von wirtschaftlichen Betätigungen, also etwa auch für Ferienreisen, die Vorteile des Verkehrsnetzes zugute kommen sollen. 4. Schlußfolgerungen

Die umfangreichen Zielnormierungen des Art. 154 EGV tragen dazu bei, den grundsätzlichen Ansatz, die Intention der Gemeinschaftsrechtsetzung zu begreifen. Da es sich um primäres Gemeinschaftsrecht handelt, sind die Zielnormierungen bei der Setzung des Sekundärrechts verbindlich zu beachten. Allerdings darf dies aufgrund der inhaltlichen Unbestimmtheit und Offenheit und des Charakters als Zielbestimmung nicht überbewertet werden. So beschränken sich die Zielnormierungen des Art. 154 Abs. 1 EGV im wesentlichen darauf, Teilaspekte dessen hervorzuheben, was Verkehrsinfrastruktur generell bewirkt. Nämlich als Basis dafür zu dienen, von rechtlichen Vorteilen zu profitieren, die vor allem aus der Herstellung des Binnenmarktes resultieren. Die Zielnormierungen des Abs. 2 greifen Einzelaspekle der Gemeinschaftstätigkeit heraus. Bereits hieraus folgt in rechtlicher 105 Man wird wohl am ehesten solche Gebiete hierunter zählen, die durch Gebirge "eingeschlossen" sind, wobei dann schwer fällt, die Größe eines Gebietes zu bestimmen, die notwendig ist, um eine Relevanz für die Anhindung an das transeuropäische Netz zu haben. Weitergehend allerdings Frohnmeyer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 b Rn. 7, der unter eingeschlossenen Gebieten auch solche versteht, die keinen Zugang zum offenen Meer besitzen. Das ist m.E. nicht zutreffend, da das auf Europa bezogene Netz sicher nicht primär auf eine Seeanhindung ausgerichtet ist, so daß bei einem Fehlen dieser nicht von einem eingeschlossenen Gebiet gesprochen werden kann. 106 Frohnmeyer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 b Rn. 7.

V. Die Handlungsformen nach Art. !55 Abs. 1 EGV

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Hinsicht, daß nicht jeder Rechtsakt allen Zielen des Art. 154 EGV dienen kann und muß. Da das Zielsystem des Art. 154 EGV insgesamt allein die positiven, wachsturnsorientierten Seiten 107 von Infrastrukturen hervorhebt, sollte darauf hingewiesen werden, daß das Gemeinschaftsrecht selbst in Form der umweltrechtlichen Querschnittsklausei und des sekundären Umweltrechts Instrumentarien bereit hält, um gegen den Infrastrukturausbau sprechende Interessen zu artikulieren. 108

V. Die Handlungsformen nach Art. 155 Abs. 1 EGV 1. Grundlagen und Systematik

Die in Art. 154 Abs. 1 EGV übertragene Aufgabe des Beitragleistens zum Aufund Ausbau der transeuropäischen Verkehrsnetze kann in den in Art. 155 Abs. 1 EGV geregelten rechtlichen Handlungsformen erfolgen. Gemäß dem Prinzip der begrenzten Kompetenzzuweisung, das auch bezüglich der Einräumung der möglichen Rechtsformen Anwendung findet, hat sich die Gemeinschaft abschließend hieran zu halten. Der Gemeinschaft steht ein dreifaches Instrumentarium zur Verfügung: Die Aufstellung von Leitlinien nach Art. 155 Abs. I 1. Spiegelstrich EGV, in welchen vor allem die Vorhaben von gemeinsamem Interesse auszuweisen sind und die mit dieser Aufgabe das zentrale fachbezogene Planungsinstrument der Gemeinschaft bilden. Zum Zweiten der Erlaß von nicht näher begrenzten Rechtsakten zur Gewährleistung der Interoperabilität Ein Rechtsbereich, der die Planung der Verkehrsnetze nicht direkt betrifft, da nicht die Verkehrswege als solche Anknüpfungspunkt sind, sondern die grenzüberschreitende technische Nutzbarkeit der bereits vorhandenen Wege betrifft. Und schließlich als dritte Handlungsmöglichkeit nach Art. 155 Abs. 1 3. Spiegelstrich EGV die Befugnis, ebenfalls nicht näher eingegrenzte Rechtsakte, die finanzielle Unterstützungsmaßnahmen der Gemeinschaft regeln, zu erlassen. Das akzessorische Verhältnis dieser Finanzierungsregeln zu der aufgabenbezogenen Planungsebene der Leitlinien zeigt sich nicht nur an der nachgeordneten Anordnung innerhalb des Art. 155 Abs. 1 EGV, sondern auch daran, daß die 101 Zur grundsätzlichen Kritik an der "Wachstumsphilosophie des europäischen Binnenmarktes" und der damit zusammenhängenden Steigerung der Verkehrsbelastung Baum, in: Kar! (Hrsg.), Regionalentwicklung im Prozeß der europäischen Integration, 1995, S. 185, 187 ff. Dort insbesondere zur Kritik an der Wirkungskette Integration- Verkehr- Wohlstand. Derartige Grundsatzfragen müssen rechtspolitisch gelöst werden. 108 Hierzu§ 4, S. 110 ff. Daneben wird eine weitere Schutzrichtung dadurch eröffnet, daß die Vorhaben von gemeinsamem Interesse nach dem nationalen Planungsrecht weiterverfolgt werden, das nach der hier vertretenen Lösung (vor allem§ 9, S. 197 ff.) nicht in Frage gestellt wird. Das entsprechende deutsche Verkehrswegeplanungsrecht verfügt vor allem aufgrund des Abwägungsgebotes und der Bindung der Planung an geltendes Recht (Planungsleitsätze) über ein Instrumentarium zur Beachtung umweltschutzrechtlicher Belange.

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

Förderung tatbestandlieh an die Ausweisung des Vorhabens in den Leitlinien als solches von gemeinsamem Interesse notwendig ist. Ebenfalls verbleibt die wesentliche Finanzierung bei den Mitgliedstaaten, die Gemeinschaft trägt nur zur Finanzierung bei. 109 Bei allen Maßnahmen berücksichtigt die Gemeinschaft gemäß Art. 155 Abs. 1 a.E. die potentielle wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Vorhaben. Für den Bereich der Verkehrsinfrastrukturen wird man zutreffenderweise eine sozio-ökonomische Betrachtungsweise ausreichen lassen können, die auch den Nutzen für den erschlossenen Raum einbezieht. 110 Bereits dieser Kurzüberblick veranschaulicht, daß unter der Fragestellung der vorliegenden Untersuchung die Leitlinien das zentrale planungsrechtliche Instrument der Gemeinschaft darstellen, um den Gemeinschaftsbeitrag zur Herstellung der Verkehrsnetze zu leisten. Auf die anders ausgerichteten interoperabilitätsbezogenen bzw. finanziell unterstützenden Rechtsakte wird daher im Nachfolgenden nur sofern notwendig weiter eingegangen.

2. Die leitlinienbezogenen Aussagen des Art. 155 Abs. 1 EGV

a) Struktur Die Leitlinien erhalten aufgrund der auch hier relativ offenen primärrechtlichen Vorgaben ihre wesentliche Prägung erst durch die sekundärrechtliche Umsetzung im Verfahren der Mitentscheidung. 111 Dies entspricht der Typik hochstufiger Verkehrswegeplanung, die - wie jedwede Planung - Gestaltungsfreiheit notwendigerweise erfordert und nicht der umfassenden Regelung durch primäres Vertragsrecht zugänglich ist. Gewisse Grundvorgaben, wie die Gemeinschaft in Leitlinienform ihren Beitrag zum Netzaufbau leistet, erfolgen dennoch in Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV. Einordnungsbedarf besteht bereits bezüglich des nicht näher definierten 112 Rechtsbegriffes der Leitlinien. Deren rechtsdogmatische Einordnung kann jedoch erst nach der Analyse des Sekundärrechts 113 sinnvoll und anschaulich durchgeführt Zum Finanzierungssystem näher § 7, S. 178 ff. Im einzelnen Erdmenger, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 c Rn. 38. 111 Mit Einbindung des Ausschusses der Regionen, des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie der betroffenen Mitgliedstaaten. Hierzu im einzelnen S. 69 ff. 112 Im Unterschied zu den bekannten Handlungsformen der Gemeinschaft (Verordnung, Richtlinien, Entscheidung, Empfehlung und Stellungnahme), deren Rechtswirkungen grundsätzlich in Art. 249 EGV festgelegt sind. 113 Bereits hier sei betont, daß das sekundäre Recht sich im an die primärrechtlichen Vorgaben halten muß, um kompetentiell Bestand haben zu können. Aufgrund der Offenheit des primären Vertragsrechtes, das verschiedene, rechtlich unbedenkliche Möglichkeiten einer Leitlinienaufstellung dem Gestaltungsspielraum der Planungsträger überträgt, haben die jetzigen Leitlinien ein erhebliches stilbildendes Potential. 109

110

V. Die Handlungsformen nach Art. 155 Abs. 1 EGV

63

werden. 114 Aus der Formulierung "eine Reihe von Leitlinien" ergeben sich Spielräume, so daß nicht einheitliche Leitlinien für die drei unterschiedlichen Infrastrukturhereiche erlassen werden müssen, sondern sinnvoll und in der Praxis durchgängig wahrgenommen, Leitlinien für jeden Infrastrukturbereich gesondert festgelegt werden können. Schließlich sind auch Leitlinien denkbar, die weiter differenzieren und sich nur auf einen Verkehrsträger beziehen. 115 Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV stellt in zweierlei Hinsicht inhaltliche Anforderungen an die Leitlinien. Sie müssen zum einen die Ziele, Grundzüge und Prioritäten der im Gesamtbereich der transeuropäischen Netze in Betracht zu ziehenden Aktionen festlegen. Zum anderen haben sie die wesentlich konkretere und die Hauptsache einer jeden Verkehrswegeplanung darstellende Aufgabe, sog. Vorhaben von gemeinsamem Interesse auszuweisen. b) Die Ziele, Prioritäten und Grundzüge der Aktionen

Gemäß Art. 155 Abs. 1 1. Gedankenstrich EGV enthalten die Leitlinien zunächst "die Ziele, die Prioritäten und die Grundzüge der im Bereich der transeuropäischen Netze in Betracht gezogenen Aktionen ...."Diese vagen Vorgaben und Anforderungen eröffnen den Planungsträgern einen erheblichen planensehen Gestaltungsspielraum 116 und überantworten diesen damit gleichzeitig eine anspruchsvolle Aufgabe. Gewisse Grundkonturen ergeben sich aber auch aus dem primären Vertragsrecht. Anknüpfungspunkt der Festlegungen ist der allgemeine Begriff der Aktionen. Sinnvollerweise wird man hierunter die gesamten rechtlich zulässigen Handlungsformen der Gemeinschaft im Rechtsbereich der transeuropäischen Verkehrsnetze zu verstehen haben. Das sind die Rechtsakte zur Herstellung der Interoperabilität und zur Regelung der gemeinschaftlichen Finanzierungsregelung, aber auch die Leitlinien selbst. Letzteres stellt keinen Zirkelschluß dar, da die Leitlinien als zweite Aufgabe auch die Ausweisung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse haben, so daß insofern eine grundlegende Festlegung der Ziele etc. notwendig erscheint. Damit wird schon die erste Funktion der Leitlinien deutlich, nämlich die Festlegung des Rahmens für die gesamte Rechtsetzung der Gemeinschaft im jeweiligen Infrastrukturbereich. Die Leitlinien sollen so darlegen, wie die Gemeinschaft insgesamt die schwierige, langwierige und damit Planungssicherheit voraussetzende Aufgabe meistern will, zur Netzherstellung beizutragen. 114

§ 5, s. 138 ff.

So aus Sicht der Kommission bereits Vinois, Revue du Marche Unique Europeen 1993, 93, 103. 116 Dies hebt zutreffend Frohnmeyer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 c Rn. 5 hervor. Treffend auch a. a. 0. Rn. 3: .,Die obigen Begriffe (sc. Ziele, Prioritäten und Grundzüge der Aktionen) erfahren ihren konkreten Inhalt im wesentlichen erst bei der praktischen Anwendung .... " 115

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

Insofern hat sie zunächst die Ziele der Aktionen, bzw. der Rechtsakte darzulegen. Welche Ziele die Gemeinschaft hierbei formulieren darf, wird bereits unterschiedlich beurteilt. Erdmenger geht davon aus, daß nur solche Ziele enthalten sein dürfen, die sich aus den dargestellten primärvertraglichen Vorgaben des Zielsystems des Art. 154 EGV ableiten lassen. 117 Demgegenüber sind andere Autoren weniger einschränkend und halten auch weitere, sich aus dem jeweiligen Sachbereich der verschiedenen Infrastrukturen ergebende Zielvorgaben für möglich. 118 M.E. wird man sicherlich fordern müssen, daß sich die Zielvorgaben der Leitlinien in dem ausfüllungsbedürftigen Rahmen der Vorgaben nach Art. 154 EGV bewegen. Dies kann aber nicht ausschließen, daß auch auf der Zielebene sonstiges primäres Vertragsrecht gänzlich ausgeblendet bleibt. Namentlich die Einbeziehung der Dimension des Umweltschutzes, die im Zielsystem des Art. 154 EGV überhaupt keine Erwähnung findet, muß angesichts der Querschnittsklausel des Art. 6 EGV auch bereits bei der Zielsetzung möglich sein, da es sich hierbei um den ersten Schritt der Durchführung einer Gemeinschaftspolitik im Sinne des Art. 6 EGV handelt. (Noch) weiterer Gestaltungsspielraum steht der Gemeinschaft bei der Festlegung der Grundzüge und Prioritäten 119 zu. Die Festlegung der Grundzüge der Aktionen wird kaum wesentlich über das hinausreichen können, was bereits generell durch das dreistufige Gemeinschaftsinstrumentarium vorgegeben ist, das auch die Leitlinien beachten müssen. Interessantere Impulse können dagegen durch die Bestimmung von Prioritäten der Aktionen gesetzt werden. Hier werden die Planungsträger ausdrucklieh aufgefordert, Wertungen zu treffen. Denkbar sind vor allem sachliche Prioritätensetzungen, also etwa die vordringliche Forderung der Herstellung der Interoperabilität vor der Realisierung neuer Vorhaben. Oder innerhalb der zu realisierenden Vorhaben die prioritäre Realisierung besonders dringender Vorhaben, etwa von besonders wichtigen Verbindungsstücken. Das Konkretere bleibt der Ausgestaltung im Rechtsetzungsprozeß vorbehalten. c) Die Ausweisung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse

Die zentrale Aufgabe einer aufgabenbezogenen Verkehrsinfrastrukturplanung stellt die Ausweisung der Vorhaben dar, die aus Sicht des jeweiligen Planungsträgers künftig realisiert werden sollen. 120 Demgegenüber können die Angaben von m In: von der Groeben I Thiesing I Eh1ermann, Kommentar zum EU-/ EG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 c Rn. 7. 118 Frohnmeyer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 c Rn. 4; Dieter/Grüter, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 155 Rn. 4. 119 Das primäre Vertragsrecht spricht logisch nicht sinnvoll umgekehrt zunächst von Prioritäten und erst dann von Grundzügen. 120 Erdmenger, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEGVertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 c Rn. 14 spricht treffend von "Kemstück(e) der Gemein-

V. Die Handlungsformen nach Art. 155 Abs. 1 EGV

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Grundzügen, Prioritäten und Zielen immer nur flankierende Bedeutung haben, da sie als Bezugspunkt die Festlegung der geplanten Verkehrsinfrastrukturen benötigen. Diese Festlegungsaufgabe haben die Leitlinien nach Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich 2. Hs. EGV zu leisten, indem sie sog. "Vorhaben von gemeinsamen Interesse" auszuweisen haben. Der Begriff des gemeinsamem Interesses kennzeichnet hierbei vor allem, daß die Realisierung aus Gemeinschaftssicht hohe Priorität besitzt. Nicht ganz eindeutig wird die Frage beantwortet, wieso nicht der naheliegende Begriff des Vorhabens von "gemeinschaftlicher Bedeutung" gewählt wurde. M.E. dient der Begriff des gemeinsamen Interesses dazu, die mitgliedstaatliche Planungsebene, die mit der weiteren planensehen Konkretisierung der Vorhaben betraut ist, bereits sprachlich mit einzubeziehen. Die Vorhaben können allein aufgrund eines gemeinschaftlichen Interesses nicht realistisch gegen die Mitgliedstaaten durchgesetzt werden, sondern nur, wenn daneben in gewissem Maße auch das mitgliedstaatliche Interesse an dem Vorhaben besteht. 121 Daß dieses besteht, wird dadurch dokumentiert, daß die Vorhaben von demjenigen Mitgliedstaat, dessen Hoheitsgebiet sie berühren, nach Art. 156 Abs. 2 EGV gebilligt werden müssen. Die Ausweisung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse muß den materiellen Vorgaben des Primärrechts genügen. Die Vorhaben haben sich somit in dem Rahmen zu halten, den Art. 154 EGV materiell vorgibt. Das Ziel- und Aufgabensystem des Art. 154 EGV beläßt den Planungsträgern allerdings- wie aufgezeigt- ebenfalls Gestaltungsspielräume. Dies gilt umso mehr, als vorliegend die Ausweisung einzelner Vorhaben von gemeinsamem Interesse in Frage steht, während Art. 154 EGV Vorgaben für das gesamte Netz enthält. Bei der hiesigen Ausweisung der Vorhaben wird man daher nur bei evidenten Mißgriffen, etwa bei Vorhaben ohne jeden Bezug zum Fernverkehr, einen Verstoß gegen das Primärrecht feststellen können, da nur dann keinerlei Gemeinschaftsinteresse, also auch kein gemeinsames Interesse und darüber hinaus kein Bezug zur Aufgabe des Auf- bzw. Ausbaus des transeuropäischen Netzes nach Art. 154 EGV festgestellt werden kann. Wesentlich wichtigere Bedeutung erhalten daher die formellen Voraussetzungen bezüglich der Vorhaben von gemeinsamem Interesse und hierbei vor allem das Verfahren der Festlegung nach Art. 156 EGV. In materieller Hinsicht ist aber anzumerken, daß die Vorhaben innerhalb den Leitlinien selbst auszuweisen sind. Dies ergibt sich zwingend aus dem Wortlaut des Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich 2. Hs. EGV. 122 Es widerspräche daher dem primären Vertragsrecht, in dem aufwendigen schaftsmaßnahrnen"; ähnlich Dieter/Grüter, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 155 Rn. 7; Frohnmeyer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 c Rn. 7 "wichtigster Bestandteil" der Leitlinien. 121 So zutreffend Ukrow, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 155 Rn. 6. Wenig überzeugend erscheint die Deutung Frohnmeyers, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 c Rn. 7, der den Begriff damit erklärt, daß sowohl öffentliche als auch private Interessen an der Verwirklichung der transeuropäischen Netze bestehen. 5 Bogs

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

und schwierigem Verfahren nach Art. 156 EGV nur tatbestandliehe Kriterien festzulegen und die konkrete Festlegung etwa der Kommission zu übertragen. 123 In welcher Art und Weise die Vorhaben festzulegen sind, bleibt den Planungsträgem überlassen, so daß sowohl die textliche Nennung als auch kartographische Darstellungen bzw. Kombinationen von beidem möglich sind. Der Grad der Detailliertheit der Festlegung der Vorhaben darf umgekehrt nicht zu hoch sein, um den Mitgliedstaaten den Raum für ihre weiteren Planungen zu belassen. Welche Rechtsfolgen an die Ausweisung eines Vorhabens von gemeinsamem Interesse anknüpft, läßt das primäre Recht offen. Vorgezeichnet ist lediglich die Maßgeblichkeil der Vorhabenfestlegung für finanzielle Fördermaßnahmen der Gemeinschaft, die nach Art. 155 Abs. 1 3. Spiegelstrich EGV tatbestandlieh nur für Vorhaben von gemeinsamem Interesse möglich sind. Daß sich hierin die Leitlinienaufstellung nicht erschöpft, sondern die Ebene der bloßen Finanzförderungen überschritten wurde, sollte sich aus den bisherigen Ausführungen ergeben und wird mittlerweile überwiegend in der Literatur so gesehen. Die Frage, welche konkreten Rechtspflichten die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Vorhaben treffen, kann ebenfalls erst nach der Analyse der Leitlinien beantwortet werden. 124

d) Schlußfolgerungen Das primäre Gemeinschaftsrecht überantwortet den Planungsträgem, also denjenigen, die nach dem in Art. 156 EGV geregelten Verfahren zur Aufstellung der Leitlinien berufen sind, eine anspruchsvolle planensehe Aufgabe. Das Primärrecht begnügt sich mit grundsätzlichen Vorgaben, die in Form des Planungsprozesses konkretisiert und realisiert werden. Diese Vorgaben des Primärrechts unterstreichen, daß es sich bei der Leitlinienaufstellung um das zentrale Planungsinstrument der Gemeinschaft handelt. Die Aufgabe der Festlegung der Ziele, Grundzüge und Prioritäten der Aktionen verdeutlicht die grundsätzliche Steuerungsfunktion der Leitlinien auch für die weiteren Rechtsakte im Bereich der Interoperabilität und der Finanzierung. Die Ausweisung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse stellt dariiber hinaus den wesentlichen Bezugspunkt einer Verkehrswegeplanung dar. An dieser Stelle muß eine Planung "Farbe bekennen" und kann sich nicht mehr auf mehr oder wenig unscharfe Ziel- oder Grundsatzbestimmungen zurückziehen. Die Brisanz dieser Festlegung auf Gemeinschaftsebene liegt darin, daß der betroffene Raum nicht der unbeplant vorgefundene Gemeinschaftsraum ist, son122 Und mittelbar auch aus Art. !55 Abs. 1 3. Spiegelstrich EGV, der in Bezug auf die Finanzierungsregelungen an die Ausweisung der Vorhaben in den Leitlinien anknüpft. 123 Ein solches Vorgehen wurde im Rechtsetzungsverfahren der jetzigen Leitlinien diskutiert. Hierzu § 4, S. 123 ff. Ein solches Vorgehen hält allerdings Frohnmeyer, in: Grabitz/ Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 c Rn. 7 offenbar für zulässig. 124 Siehe§ 6, S. 164 ff.

V. Die Handlungsformen nach Art. 155 Abs. I EGV

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dem jede Festlegung den Raum eines Mitgliedstaates betrifft, der seinerseits bereits schon umfassend beplant bzw. bebaut wurde und ein eigenes System der Raum- und Verkehrswegeplanung besitzt, das von den Leitlinien nicht ignoriert werden kann. Daß die Zugehörigkeit eines Vorhabens von gemeinsamem Interesse notwendige Voraussetzung für Finanzierungsbeiträge der Gemeinschaft ist, ergibt sich zwingend aus Art. 155 EGV. Welche weiteren Rechtspflichten die Mitgliedstaaten in Bezug auf die ausgewiesenen Vorhaben treffen, bedarf der näheren Untersuchung. Da diese Frage die bedeutsame Schnittstelle zwischen gemeinschaftlicher und mitgliedstaatlicher Planung anspricht, wird sie erst an späterer Stelle beantwortet. 125 Mit der primärvertraglichen Befugnis zum Erlaß der Leitlinien dokumentiert sich schließlich der Schritt der Gemeinschaft weg von einer rein punktuellen finanzierungsbezogenen Förderpraxis hin zu einer aufgabenbezogenen Planungsrechtsetzung. Die Gemeinschaft löst sich auf primärrechtlicher Ebene endgültig von der "Finanzierungslastigkeit" der bisherigen Rechtsetzung. 3. Die übrigen Gemeinschaftsmaßnahmen

Nach der planungsbezogenen Thematik dieser Untersuchung haben die weiteren zwei Maßnahmen im Gesamtsystem der Rechtsetzung im vorliegenden Bereich allenfalls untergeordnete Bedeutung, da sie nicht die eigentliche Planung der Netze betreffen. Diese Aussage trifft vor allem auf die in Art. 155 Abs. 1 2. Spiegelstrich EGV eröffnete Möglichkeit zu, Rechtsakte zur Herstellung der Interoperabilität zu erlassen. 126 Interoperabilität bedeutet technische Kompatibilität, also Nutzbarkeit der verbundenen Netze. Bereits angesprochen wurde, daß die Vorschrift die bestehenden Netze voraussetzt, da nur so ein Kompatibilitätskonflikt bestehen kann. Das verdeutlicht, daß kein direkter wegeplanenscher Bezug besteht. Dies wird noch deutlicher, wenn man die Regelungsmaterie eingehender betrachtet. Kompatibilitätsprobleme bestehen bei Infrastrukturen, die besondere technische Anforderungen an ihre Nutzung stellen, also vor allem bei der Schienenwegen. Dort müssen bestimmte technische Standards zwischen den einzelstaatlichen Netzen bestehen, damit eine grenzüberschreitende Nutzung möglich wird, damit beispielsweise das Hochgeschwindigkeitsbahnnetz zwischen Deutschland und Frankreich durchgängig genutzt werden kann. Dies erfordert nicht nur die Einbeziehung des Gleiskörpers, 127 sondern auch weitergehende Harmonisierungen des gesamten § 5 und 6, S. 138 ff. Dies rechtfertigt es, sogleich das entsprechende sekundäre Recht in die Betrachtung mit einzubeziehen: Richtlinie 96/48/ EG des Rates vom 23. Juli 1996 über die Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems, ABI. Nr. L 235 v. 17. 9. 96, S. 6 ff. 127 Als augenfälligstes Beispiel die Vereinheitlichung von Spurweiten, worauf etwa Dieter/Grüter, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 155 Rn. 12 zu Recht hinweisen. 125

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

Systems, also etwa die Standardisierung von lnteroperabilitätskomponenten, wie etwa Bauteile, die sich auch auf die Fahrzeuge 128 beziehen. 129 Eine solche technische Kompatibilität wird durch Angleichung von (Rechts· )vorschriften erreicht. Art. 155 Abs. 1. 2. Spiegelstrich EGV hebt daher zu Recht hervor, daß Aktionen zur Herstellung der Interoperabilität "insbesondere im Be· reich der Harmonisierung technischer Normen" anzusetzen haben. Damit besteht ein Konkurrenzverhältnis der Rechtsakte zur Herstellung der Interoperabilität zu den marktbezogenen Rechtsangleichungsvorschriften insbesondere nach Art. 95 EGV, nicht dagegen ein verkehrswegeplanungsrechtlicher Bezug. Völlig zutreffend geht der EuGH davon aus, daß Rechtsakte, deren Hauptzweck die Herstellung technischer Kompatibilität darstellt, allein in Art. 155, 156 EGV ihre Rechtsgrund· Iage finden können, so daß sich ein Rückgriff auf Art. 95 EGV verbietet. 130 NatÜr· lieh besteht ein Bezug der transeuropäischen Netze zum Binnenmarkt. Dieser wird auch schon in der Zielnormierung des Art. 154 Abs. 1 EGV deutlich hervorgeho· ben. Dieser bei Rechtsakten zur Herstellung der Interoperabilität immer bestehen· de ,,Nebenzweck" kann aber nicht dazu führen, daß die hiesige Rechtsgrundlage regelmäßig nicht zur Anwendung kommt. 131 Größeren Planungsbezug, da sachliche Prioritäten voraussetzend, hat schließlich die dritte in Art. 155 Abs. 1 EGV vorgesehene Handlungsmöglichkeit, nämlich die finanzielle Unterstützung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse. Die eigentli· ehe Hauptfinanzierungslast verbleibt dagegen auf der mitgliedstaatliehen Ebene. Dies verdeutlicht, daß der gemeinschaftliche Finanzbeitrag nur untergeordnete Bedeutung hat, wohingegen die Leitlinien die wesentliche Planung bereithalten. Materiell knüpft ein Finanzbeitrag der Gemeinschaft nach dem hiesigen Finanzierungsinstrument zwingend akzessorisch an die Einordnung eines Vorhabens in den Leitlinien als von gemeinsamem Interesse an. Da der Umfang der Finanzierung ge128 Vgl. Art. 2 a der Richtlinie 96/48/EG (Fn. 126), der die für die Benutzung der Infrastruktur ausgelegten Fahrzeuge in das transeuropäische Hochgeschwindigkeitsbahnsystem einbezieht. Inzident, da auf die hiesige infrastrukturbezogene Rechtsgrundlage gestützt, wird so ein weites Infrastrukturverständis deutlich, das sinnvollerweise neben den eigentlichen Strecken auch die zur Nutzung notwendigen Fahrzeuge umfaßt. Da zumindest die eigentliche Nutzung der Infrastruktur ausgespart bleibt, wird man dies kompetentiell noch für möglich halten können. So i. E. auch Ukrow, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 155 Rn. 9. 129 Die Richtlinie 96/48/EG (Fn. 126) enthält ein diffiziles Unterteilungsinstrumtarium zwischen "Teilsystemen", "Interoperabilitätskomponenten", "grundlegenden Anforderun· gen", "europäischen Spezifikationen", "technischen Spezifikationen für die lnteroperabilität" etc. (vgl. im einzelnen Art. 2 der Richtlinie), das weiter durch ausführliche Anhänge konkretisiert wird. Dies zeigt eindrucksvoll die technische Komplexität der Angleichungsaufgabe. Hierzu auch Dieter/Grüter; in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 155 Rn. 16. 130 EuGH v. 26. 3. 1996, Rs C-271/94 (Europäisches Parlament/Rat- "Edicom"), Slg. I 1996, S. 1689, 1716 f. Rn. 32 ff. Zu dieser Entscheidung eingehend S. 84 ff. 131 EuGH v. 26. 3. 1996, Rs C-271/94 (Europäisches Parlament/Rat - "Edicom"), Slg. I 1996, s. 1689, 1716f. Rn. 33.

VI. Aufstellung der Leitlinien nach Art. 156 EGV

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wisse Rückschlüsse darauf zuläßt, welche Reichweite die Rechtspflichten der Mitgliedstaaten in Bezug auf die Realisierung des Verkehrsnetzes haben können, ist auf das sekundäre Recht gesondert einzugehen. 132 VI. Das Rechtsetzungsverfahren zur Aufstellung der Leitlinien nach Art. 156 EGV 1. Das Rechtsetzungsverfahren nach Art. 156, 251 EGV als Planungsverfahren

Das materielle Recht läßt den Planungsträgern erheblichen Gestaltungsspielraum für die konkrete Umsetzung und Ausgestaltung der Leitlinien. Daher gewinnt das Verfahren, in welchem die Leitlinien zu erlassen sind, zentrale Bedeutung. Dieses Verfahren muß der zu leistenden Aufgabe gerecht werden. Der Erlaß von Leitlinien mit Vorhaben, die aus europäischer Sicht realisierungsbedürftig sind, bedarf einer verfahrensmäßigen Absicherung. Eine Verkehrswegeplanung ohne Kooperation und Akzeptanz hat nahezu keine Realisierungschance, zumal die Gemeinschaft kompetentiell auf das Leisten eines "Beitrages" zum Netzaufbau beschränkt ist. Akzeptanz kann und sollte in zweierlei Richtung erreicht werden. Zum einen sollten die Leitlinien auf Gemeinschaftsebene - also horizontal - umfassende Unterstiitzung erhalten, um durchsetzungsfähig zu sein. Zum anderen sollte die Planung vor allem mit der nachfolgenden Ebene vertikal abgestimmt sein, damit keine Planung der einen Ebene gegen die andere, sondern mit dieser durchgeführt wird. 133 Das Verhältnis der Gemeinschaft zu ihren Mitgliedstaaten wird durch Kompetenzen und deren Ausübung geprägt. Die Ausübung der Kompetenzen vollzieht sich in förmlichen Verfahren und Formen. Der vorliegende planungsbezogene Sachbereich kann hiervon keine Ausnahme machen, so daß als Planungsverfahren ein gemeinschaftliches Rechtsetzungsverfahren vorgesehen ist, das zugleich festlegt, welches Gemeinschaftsorgan in welcher Funktion handelt. So wird deutlich, wer auf Gemeinschaftsebene plant, wer also genau der Planungsträger ist. Die konkrete Regelung enthält Art. 156 i.V.m. Art. 251 EGV. Nach der Neufassung des EGV durch den Amsterdamer Vertrag verweist Art. 156 EGV nunmehr einheitlich für alle Rechtsakte nach Art. 155 Abs. 1 EGV auf das Mitentscheidungsverfahren 134 nach Art. 251 EGV. Damit wurde die vormalige Differenzierung des Art. 129 d EGV a. F. aufgegeben, der nur für die Leit§ 7, s. 178 ff. Dies sind Grundsätze, die auch im deutschen Verkehrswegeplanungsrecht Anwendung finden. Die hochstufige Bedarfsfestregung wird in Gesetzesform beschlossen (Ausbaugesetze), wobei die Länder in der Praxis in den Planungsprozeß umfassend einbezogen werden. Zu dem deutschen Planungssystem eingehend§ 9, S. 197 ff. ib. 201 ff. 134 Die Rechtsakte werden von Rat und Europäischem Parlament gemeinsam erlassen. Hierzu sogleich. 132

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

Iinienaufstellung das Mitentscheidungsverfahren vorsah, während die sonstigen Rechtsakte- solche zur Herstellung der Interoperabilität und der Regelung von Finanzierungsbeiträgen - gemäß dem Zusammenarbeitsverfahren des Art. 189 c EGV a. F. zu erlassen waren. 135 Bei allen Rechtsakten bedarf es zusätzlich zu den Anforderungen des Mitentscheidungsverfahrens als eigenständiges Verfahrenserfordernis nach Art. 156 EGV der vorherigen Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen. Der besonderen Bedeutung der Leitlinienaufstellung im System der transeuropäischen Netze wird auch nach der Amsterdamer Neufassung in verfahrensrechtlicher Hinsicht dadurch entsprochen, daß die Mitgliedstaaten in den Rechtsetzungsprozeß eingebunden werden. Leitlinien und Vorhaben von gemeinsamem Interesse bedürfen der Billigung des betroffenen Mitgliedstaates. 2. Das Mitentscheidungsverfahren

a) Die Regelung des Art. 189 b a. F. EGV136

Obwohl die Regelung des Art. 189 b EGV a. F. durch Art. 251 EGV abgelöst und äußerst begrüßenswert (leicht) vereinfacht wurde, muß hier zunächst auf die bis zum 1. 5. 99 geltende Fassung des Mitentscheidungsverfahrens eingegangen werden, da die geltenden Leitlinien nach dieser Regelung erlassen wurden und somit die entsprechenden Verfahrensschritte vor dem Hintergrund dieses Verfahrens zu sehen sind. Das Rechtsetzungsverfahren der sog. Mitentscheidung oder Kodezision 137 wurde in den EGV erst durch die Änderungen des Maastrichter Unionsvertrages eingefügt, um durch die verstärkte Einbindung des Parlaments den Forderungen nach verbesserter demokratischer Legitimation der Rechtsakte der Gemeinschaft nachzukommen. 138 Es wurde aus dem Verfahren der Zusammen13S Diese Binnendifferenzierung innerhalb des Art. 129 d EGV a. F. ließ sich mit derbesonderen räumlichen Relevanz der Leitlinien für den mitgliedstaatliehen Raum durchaus stimmig begründen. 136 Hierzu sind aus der umfangreichen Literatur insbesondere die Darstellungen von Boest, EuR 1992, 182 ff.; von BurcluJrd, DÖV 1992, 1035 ff.; Wägenbaur, EuZW 1996, S. 587 ff. hervorzuheben. Ausführlich: Kühner, Rechtsetzung in der Europäischen Gemeinschaft, 1997, ib. S. 42 ff.; aufgrundder Komplexität der gemeinschaftsrechtlichen Rechtsetzungsverfahren eignen sich Übersichtsskizzen als Hilfsmittel, um einen Zugang zur Materie zu erlangen. Insofern kann auf die europarechtliche Lehrbuchliteratur verwiesen werden, vgl. etwa Schweitzer!Hummer, Europarecht, 5. Aufl. 1996, Rn. 387. 137 Diese Begriffe werden mittlerweile allgemein gebraucht, obwohl ein tatsächliches gleichgewichtiges Mitentscheidungsrecht des Europäischen Parlaments nur im Vermittlungsverfahren nach Art. 189 Abs. 4, 5 bestand. Vgl. Boest, EuR 1992, 182, 189. 138 Vgl. Hrbek, Gedächtnisschrift Grabitz, 1995, S. 171, 180 ff. Das Mitentscheidungsverfahren wurde letztlich aus dem Verfahren der Zusammenarbeit weiterentwickelt, das seinerseits durch die Einheitliche Europäische Akte eingeführt wurde; vgl. zu dieser Entwicklung näher Wägenbaur, EuZW 1996, 587; Wessels, Gedächtnisschrift Grabitz, 1995, S. 879, 888 ff.

VI. Aufstellung der Leitlinien nach Art. 156 EGV

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arbeit 139 weiterentwickelt, 140 räumte dem Europäischen Parlament im Zusammenspiel mit Kommission und Rat jedoch eine gestärkte und aktivere Funktion im Rechtsetzungsverfahren ein. Diese aufgewertete Position des Parlaments zeigte sich - zunächst unter Vernachlässigung aller Einzelheiten des Verfahrens - darin, daß ein Rechtsakt gegen den Willen des Europäischen Parlaments nicht mehr erlassen werden konnte, 141 wohingegen das Parlament im Zusammenarbeitsverfahren lediglich einen einstimmigen Ratsbeschluß erzwingen konnte. Zu Beginn des Verfahrens unterbreitete die Kommission dem Rat und dem Europäischen Parlament einen Vorschlag, 142 Art. 189 b Abs. 2 S. 1 EGV. Zeitlich schloß sich die nicht fristgebundene Stellungnahme des Europäischen Parlaments an, Art. 189 b Abs. 2 S. 2 EGV (erste Lesung im Parlament). Nicht ausdrücklich vorgesehen, jedoch gemäß Art. 189 a Abs. 2 EGV möglich und auch üblich war eine Reaktion der Kommission hierauf in Form eines geänderten Vorschlags. Ebenfalls ohne Fristbindung legte der Rat nach der Stellungnahme des Parlaments einen gemeinsamen Standpunkt fest, Art. 189 b Abs. 2 S. 2 EGV (Abschluß der ersten Lesung im Rat). Notwendig hierfür war zumindest die qualifizierte Mehrheit im Rat, vgl. Art. 148 Abs. 2 EGV a. F. Falls der Rat jedoch Abänderungen vom Kommissionsvorschlag vornahm, mußte er einstimmig beschließen, Art. 189 a Abs. 1 EGV a. F. Der gemeinsame Standpunkt wurde dem Parlament zugeleitet und der Rat unterrichtete das Parlament über die Gründe, die zur Festlegung des Standpunktes geführt hatten, Art. 189 b Abs. 2 S. 3 und 4 EGV. Zu diesem gemeinsamen Standpunkt unterrichtete die Kommission das Europäische Parlament über ihren Standpunkt, Art. 189 b Abs. 1 S. 5 EGV. Im Anschluß an diese erste Phase des Rechtsetzungsverfahrens fand die fristgebundene sog. zweite Lesung des Europäischen Parlaments statt, Art. 189 b Abs. 2 S. 6 EGV. Innerhalb von drei Monaten 143 mußte das Parlament reagieren. Die möglichen Reaktionen waren in Art. 189 b Abs. 2 S. 6 lit. a - d aufgeführt: Billigte das Parlament den gemeinsamen Standpunkt oder nahm es keine Stellung, so erließ der Rat den Rechtsakt entsprechend seines gemeinsamen Standpunktes, lit. a und b. Das Verfahren fand in diesen Fällen seinen Abschluß. 144 War das Parlament mit dem gemeinsamen Standpunkt des Rates grundsätzlich nicht einverstanden, so hatte es zwei weitere Möglichkeiten, lit. c und d. Es konnte gemäß Früher Art. 149 Abs. 2 EWGV bzw. Art. 189 c EGV. Dies wird vor allem durch den Gleichlauf des jeweiligen Verfahrensbeginns deutlich. 141 Dieses Vetorecht ergab sich aus Art. 189 b Abs. 2 S. 6lit. c, Abs. 5 S. 2, Abs. 6 EGV. 142 Bereits hier zeigt sich die gesteigerte Bedeutung des Europäischen Parlaments, da auch ihm bereits der Vorschlag direkt unterbreitet wird und nicht erst, wie bei dem Verfahren der Zusammenarbeit vom Rat zugeleitet wird. Sachlich ergeben sich jedoch hieraus keine Differenzen; vgl. Boest, EuR 1992, 182, 184 "Die praktischen Auswirkungen dieser Neuerung ist gering; wichtiger ist der symbolische Wert". 143 Eine Fristverlängerung war unter den Voraussetzungen des Art. 189 b Abs. 7 EGV möglich. 144 Zu Einzelheiten hierzu: Boest, EuR 1992, 182, 187 f. 139

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lit. c die Absicht äußern, den gemeinsamen Standpunkt abzulehnen. Hierfür war die absolute Mehrheit der Parlamentsmitglieder notwendig. Auf diese Absicht hin konnte der Rat seinen Standpunkt im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens näher darlegen. Bestätigte das Parlament dennoch seine ablehnende Haltung mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder und schlug nicht nur Änderungen vor, so war der Rechtsakt gescheitert und das Verfahren war beendet. Das Parlament konnte gemäß lit. d jedoch auch sogleich konstruktiv Abänderungen des gemeinsamen Standpunktes vorschlagen. 145 Hierfür benötigte es ebenfalls die absolute Mehrheit der Mitglieder. Die abgeänderte Fassung wurde dem Rat und der Kommission zugeleitet, woraufhin die letztere eine Stellungnahme abgab und fakultativ ihren Vorschlag abändern konnte, vgl. Art. 189 a Abs. 2 EGV. War das Verfahren noch nicht zu einem Abschluß gekommen, sondern hatte das Europäische Parlament Änderungen an dem gemeinsamen Standpunkt des Rates vorgenommen, so entschied wiederum die Reaktion des Rates hierauf, Art. 189 b Abs. 3 EGV (zweite Lesung im Rat). Billigte der Rat mit grundsätzlich qualifizierter Mehrheit 146 alle Änderungen des Parlaments, so änderte er seinen Standpunkt und erließ den Rechtsakt entsprechend. Hierfür sah die Regelung eine Frist von drei Monaten vor. Erließ der Rat in dieser Phase des Verfahrens den Rechtsakt nicht, weil er die Änderungen des Parlaments nicht vollständig übernehmen wollte, so berief der Ratspräsident im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Europäischen Parlaments unverzüglich den Vermittlungsausschuß ein, Art. 189 b Abs. 3 S. 2 EGV. Damit war der letzte eigentliche Verfahrensabschnitt, das Vermittlungsverfahren nach Art. 189 b Abs. 4 EGV erreicht. Gemäß Art. 189 b Abs. 4 S. 1 EGV wurde ein Vermittlungsausschuß gebildet, der aus den Ratsmitgliedern (oder deren Vertretern) und ebenso vielen Vertretern des Parlaments bestand. Die Kommission (bzw. Mitglieder der Kommission) gehörten dem Ausschuß selbst nicht an. Ihr kam eine vermittelnde Position zu, indem sie an den Arbeiten des Vermittlungsausschusses teilnahm und Initiativen ergriff, um auf die Annäherung der kontroversen Standpunkte hinzuwirken, Art. 189 b Abs. 4 S. 3 EGV. Das Vermittlungsverfahren zielte darauf ab, eine Einigung auf einen gemeinsamen Entwurf zu erreichen. Hierfür war eine Frist von sechs Wochen 147 vorgesehen, Art. 189 b Abs. 5 S. 1 EGV. Um eine derartige Einigung zu erzielen, wurden vor allem die Abstimmungsmodalitä145 Dies ist der eingeschlagene Weg innerhalb des Rechtsetzungsverfahrens für die Aufstellung der Leitlinien. 146 Hat die Kommission in ihrer Stellungnahme gemäß Art. 189 b Abs. 2 S. 61it. d EGV die entsprechenden Änderungen nicht befürwortet, so war Einstimmigkeit im Rat notwendig. Dieses Einstimmigkeitserfordernis ergab sich nicht bereits aus Art. 189 a Abs. 1 EGV, da es sich nur um eine Abweichung von einer Stellungnahme und nicht von einem Vorschlag der Kommission handelte. 147 Gemäß Art. 189 b Abs. 7 S. 1 EGV bestand die Möglichkeit der Verlängerung um zwei Wochen.

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ten der Mitglieder des Rates gelockert. Die Abstimmung im Vermittlungsausschuß fand in getrennten Blöcken statt. Die Mitglieder des Rates konnten in jedem Fall mit qualifizierter Mehrheit ein positives Ergebnis erzielen. Hierin besteht eine Lockerung insofern, als Einstimmigkeit auch dann nicht erforderlich ist, wenn von den Vorschlägen der Kommission abgewichen wurde. Zusätzlich mußten die Mehrheit der Vertreter des Parlaments für den gemeinsamen Entwurf votieren. Der Abschluß des Verfahrens hing davon ab, ob im Vermittlungsverfahren ein Ergebnis erzielt wurde. Konnte eine Einigung erzielt werden, so hatten Rat und Parlament eine Frist von grundsätzlich 6 Wochen, um den Rechtsakt entsprechend dem gemeinsamen Entwurf zu erlassen, vgl. Art. 189 b Abs. 5 EGV. 148 Hierfür wurde ein positives Abstimmungsergebnis beider Organe benötigt. Im Europäischen Parlament war hierfür die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Im Rat reichte in jedem Fall die qualifizierte Mehrheit aus. Einstimmigkeit bedurfte keinesfalls erforderlich, auch dann nicht, wenn der Rat inhaltlich von dem Kommissionsvorschlag abwich, Art. 189 a Abs. 1 EGV. Kam eine Einigung in einem der beiden Organe nicht zustande, so galt der Rechtsakt als nicht angenommen. Für den Fall, daß der Vermittlungsausschuß kein Ergebnis erzielt hatte, hielt Art. 189 b Abs. 6 EGV ein Annexverfahren 149 bereit, um dennoch ein Ergebnis zu erzielen. Der Rat konnte erneut in dritter Lesung seinen gemeinsamen Standpunkt innerhalb einer Frist von sechs Wochen, gegebenenfalls mit Abänderungen, bestätigen. Wollte das Parlament den Rechtsakt in einem solchen Fall endgültig verhindern, so mußte es die Vorlage mit der absoluten Mehrheit der Mitglieder ablehnen. Da die absolute Mehrheit der Parlamentarier nicht leicht zu mobilisieren war, folgte aus diesem Bestätigungsrecht des Rates eine gegenüber dem Parlament stärkere Position im Rechtsetzungsverfahren. Gemäß Art. 191 Abs. 1 EGVa. F. wurden die erlassenen Rechtsakte vom Präsidenten des Europäischen Parlaments und vom Präsidenten des Rates unterzeichnet. b) Das Mitentscheidungsverfahren in der Neufassung des Art. 251 EGV Art. 251 EGV knüpft an das dargestellte bisherige Mitentscheidungsverfahren an, reagiert jedoch auf allzu verständliche Forderungen nach Vereinfachung und Transparenz der gemeinschaftlichen Entscheidungsprozesse, indem einige Straffungen vorgenommen wurden. 150 Diese waren auch insofern notwendig, als der 148

lich.

Eine Verlängerung der Frist um zwei Wochen war gemäß Art. 189 b Abs. 7 EGV mög-

Hierzu im einzelnen Boest, EuR 1992, 182, 189. Diese Vereinfachungen wurden insbesondere seitens des Europäischen Parlaments, Deutschlands, Italiens, der Niederlande, Österreichs, Luxemburgs und Griechenlands gefordert; vgl. im einzelnen Maurer; in: Jopp u. a. (Hrsg.), Die Europäische Union nach Amster149 150

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

Anwendungsbereich des Mitentscheidungsverfahrens selbst auf weitere Rechtsgebiete151 ausgedehnt wurde und so davon zu Recht gesprochen werden kann, daß es sich bei diesem Verfahren um das nunmehr wichtigste Rechtsetzungsverfahren auf Gemeinschaftsebene handelt. 152 Eine Verfahrensbeschleunigung enthält Art. 251 EGV für diejenigen Fälle, bei denen in der konkreten Regelungsfrage Übereinstimmung anzutreffen ist. Rechtsakte können dann schon in erster Lesung erlassen werden, wenn das Parlament den Vorschlag der Kommission 153 nicht abändert, oder wenn der Rat alle Änderungen akzeptiert, vgl. Art. 251 Abs. 2 1. und 2. Spiegelstrich EGV. 154 Der Rat beschließt grundsätzlich mit qualifizierter Mehrheit, jedoch nach Art. 250 Abs. 1 EGV einstimmig, wenn er von dem Kommissionsvorschlag abweicht, also wenn er etwaige Abänderungen des Parlaments am Kommissionsvorschlag akzeptiert. Ansonsten legt der Rat einen gemeinsamen Standpunkt fest, der zur zweiten Lesung an das Parlament übermittelt wird. Faßt das Parlament innerhalb einer Frist von drei Monaten keinen Beschluß, so gilt der Rechtsakt gemäß dem gemeinsamen Standpunkt des Rates als erlassen. 155 Gleiches gilt, wenn das Parlament den Standpunkt billigt, vgl. Art. 251 Abs. 2lit. a EGV. Neu ist die weitere Möglichkeit, den gemeinsamen Standpunkt mit der absoluten Mehrheit der Mitglieder des Parlaments abzulehnen; in diesem Fall gilt der Rechtsakt, da keine reelle Einigungsbereitschaft besteht, als nicht erlassen/ 56 Art. 251 Abs. 2lit. b EGV. Schließlich kann das Parlament wiederum mit der absoluten Mehrheit der Mitglieder Abänderungen

dam, Analysen und Stellungnahmen zum neuen EU-Vertrag, 1998, S. 41, 70. Siehe überblicksartig auch Reich, Rechte des Europäischen Parlaments in Gegenwart und Zukunft, 1999, S. 142 ff. ; Piepenschneider, Der Vertrag von Amsterdam, 1997, S. 66 ff. und 76 ff.; einen graphischen Überblick des Verfahrens bieten Schweitzer/Hummer; Europarecht, Nachtrag 1999, S. 13. 151 Und auch innerhalb von Rechtsgebieten verstärkt Anwendung findet. Wahrend bisher, d. h. nach der Maastrichter Regelung, das Mitentscheidungsverfahren im hiesigen Rechtsbereich exklusiv für die Leitlinienaufstellung vorgesehen war, sind jetzt nach Art. 156 EGV alle Rechtsakte in diesem Verfahren zu erlassen. 152 So deutlich Schweitzer/Hummer; Europarecht, Nachtrag 1999, S. 11. 153 Die Kommission behält also auch weiterhin das Vorschlagsrecht. Das Parlament kann jedoch gemäß Art. 192 Abs. 2 EGV dazu veranlassen, Vorschläge zu unterbreiten; näher hierzu - bezogen auf die Vorgängernorm des Art. 138 b EGV a. F - Hrbek, Gedächtnisschrift Grabitz, 1995, S. 171, 181 154 Bisher war in jedem Fall eine zweite Lesung notwendig, in der der gemeinsame Standpunkt des Rates zur Diskussion stand. 155 Entgegen der bisherigen Rechtslage wird der Rechtsakt allein kraft Gesetzes erlassen; es bedarf keiner weiteren Handlung des Rates mehr. 156 Dieses Parlamentsrecht bestand bisher nicht, da zunächst die Absicht der Ablehnung geäußert und ein Vermittlungsverfahren durchlaufen werden mußte. Eine in der Praxis nicht angenommene und für sinnlos erachtete Regelung, vgl. Maurer; in: Jopp (Hrsg.), Die Europäische Union nach Amsterdam, Analysen und Stellungnahmen zum neuen EU-Vertrag, 1998, s. 41, 71.

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an dem gemeinsamen Standpunkt vorschlagen, Art. 251 Abs. 2 lit. c EGV. Zu diesen Änderungen gibt die Kommission eine Stellungnahme ab. Nunmehr ist wiederum in erster Linie der Rat gefragt: Er kann die Änderungen des Parlaments in der Regel mit qualifizierter Mehrheit 157 binnen drei Monaten billigen. Dann gilt der Rechtsakt entsprechend als erlassen. 158 Billigt der Rat die Änderungen nicht, so wird der Vermittlungsausschuß innerhalb von sechs Wochen einberufen. Der das Vermittlungsverfahren regelnde Art. 251 Abs. 4 EGV entspricht weitgehend 159 Art. 189 b Abs. 4 EGV a. F. 160 Der Vermittlungsausschuß hat die Aufgabe, einen gemeinsamen Entwurf zu erarbeiten, der mit der qualifizierten Mehrheit der Mitglieder des Rates - auch bei Abweichung von der Stellungnahme der Kommission, vgl. Art. 250 Abs. 1 EGV - und der Mehrheit der Parlamentsvertreter gefunden werden muß. Der Kommission kommt eine Mittlerrolle zu. Die Frist zur Erarbeitung eines gemeinsamen Entwurfs beträgt sechs Wochen, wobei Verlängerungen nach Art. 251 Abs. 7 EGV möglich sind. Billigt der Vermittlungsausschuß keinen gemeinsamen Standpunkt, so ist der Rechtsakt wiederum gescheitert. Ansonsten bedarf das Vermittlungsergebnis der Billigung des Europäischen Parlaments mit absoluter Mehrheit und des Rates mit qualifizierter Mehrheit innerhalb der - wiederum verlängerbaren - Frist von sechs Wochen. Billigt ein Organ das Vermittlungsergebnis nicht, ist der Rechtsakt gescheitert. Gestrichen wurde das "Annexverfahren" des Art. 189 b Abs. 6 EGV a. F., das trotz Scheitern der Vermittlungen dem Rat ermöglichte, seinen gemeinsamen Standpunkt in dritter Lesung mit der Folge zu bestätigen, daß das Parlament den Rechtsakt nur noch mit der politisch nicht leicht zu mobilisierenden absoluten Mehrheit verhindern konnte. Hierin sahen die Parlamentarier eine unangemessene Benachteiligung des Parlaments, dem so auch vordergriindig die Verantwortung für das Scheitern eines Rechtsaktes allzu leicht angelastet werden konnte. 161 Diesem Anliegen wurde durch die Streichung der Regelung entsprochen, so daß der

157 Bei Änderungen, die die Kommission in ihrer soeben angesprochenen Stellungnahme ablehnend beurteilt hat, muß der Rat einstimmig entscheiden, vgl. Art. 251 Abs. 3 2. Hs. EGV. 158 Wiederum bedarf es nach der Neufassung keiner weiteren Tätigkeit des Rates mehr; er muß also nicht seinen gemeinsamen Standpunkt zunächst abändern und dann den Rechtsakt erlassen. 159 Neu eingefügt wurde die Regelung des S. 3, der den gemeinsamen Standpunkt unter Einbeziehung der Änderungsvorschläge des Parlaments als Gegenstand der Vermittlung nennt. 160 Dennoch erfolgt eine kurze Darstellung des Verfahrensganges, um den Zusammenhang nicht zu verlieren. 161 Auf diesen Aspekt des Annexverfahrens weist Maurer, in: Jopp (Hrsg.), Die Europäische Union nach Amsterdam, Analysen und Stellungnahmen zum neuen EU-Vertrag, 1998, S. 41,71 hin.

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

Rat gegenüber dem Parlament im Rechtsetzungsprozeß keine dominierende Rolle mehr einnimmt. 162 Kurz zusammengefaSt ergeben sich bezüglich des künftig für die transeuropäischen Netze grundlegenden Mitentscheidungsverfahrens folgende Schlußfolgerungen: Die Kommission nimmt die Rolle des Initiativgebers und Mittlers ein. Die Rollen des Rates und des Parlamentes sind nahezu gleichwertig. 163 Kein Organ kann seine Vorstellungen gegen das andere durchsetzen, vielmehr bedarf es kompromißhafter Lösungen. 3. Die Einbeziehung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen

Neben den Verfahrensanforderungen gemäß Art. 251 EGV sieht Art. 156 Abs. 1 und 3 EGV zusätzlich die Einbeziehung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen vor. Regelungen über den Wirtschafts- und Sozialausschuß enthalten die Art. 257262 EGV. Der Ausschuß besteht aus 222 Vertretern verschiedener Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens ("der Lobby"), die vom Rat durch einstimmigen Beschluß für vier Jahre ernannt werden. Bei diesem Ausschuß handelt es sich nach ganz überwiegender und zutreffender Ansicht nicht um ein eigentliches Organ der Gemeinschaft, sondern um ein Nebenorgan 164 mit beratender Aufgabe, was Art. 257 Abs. 1 EGV deutlich unterstreicht. Eine Anhörung des Ausschusses sieht der EGV in mehreren Fallgestaltungen vor. Neben dem Selbstbefassungsrecht des Art. 262 Abs. 1 S. 3 EGV und der fakultativen Anhörung auf Veranlassung des Rates oder der Kommission, Art. 262 Abs. 1 S. 2 EGV, besteht eine Anhörungsverpflichtung für die im Vertrag vorgesehenen Fälle, Art. 262 Abs. 1 S. I EGV. Eine solche obligatorische Anhörung sieht Art. 156 Abs. 1 und 3 EGV vor. Der Ausschuß der Regionen wurde durch den Maastrichter Unionsvertrag geschaffen. 165 Die jetzige primärvertragliche Regelung enthalten die Art 263-265 162 Ähnlich die Analyse der Kommission, Der Vertrag von Amsterdam, Leitfaden, S. 66, die aus der Abschaffung der Möglichkeit der dritten Lesung des Rates die Gleichstellung von Rat und Parlament ableitet. 163 Das Parlament bringt seine Vorstellungen allerdings zunächst eher reagierend durch Änderungsvorschläge zum Ausdruck, während der Rat positiv durch das Instrument des gemeinsamen Standpunktes handelt. Erst im Vermittlungsverfahren besteht diese Differenzierung nicht mehr. 164 Etwa EuGH, Rs. 828179 (Adam/Kommission), Slg. 1982, S. 269, 290 f.; Hierfür spricht bereits Art. 7 Abs. I und Abs. 2 EGV, die den Ausschuß gerade nicht als Organ aufführen (Abs. 1), sondern ihm eine beratende Funktion zubilligen (Abs. 2). Demgegenüber weist der Wirtschafts- und Sozialausschuß zu Unrecht selbst gelegentlich auf seinen angeblichen Organstatus hin, vgl. Stellungnahme vom 28. März 1974, ABI. 1974 Nr. C 115, S. 37, 49. 165 Zur Rolle dieses Ausschusses näher: Dewost, in: Hailbronner (Hrsg.), Europa der Zukunft: zentrale und dezentrale Lösungsansätze, 1994, S. 9, 10 ff.; ausführlich: Hasselbach,

VI. Aufstellung der Leitlinien nach Art. 156 EGV

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EGV. Die Rechtsstruktur ist ähnlich der des Wirtschafts- und Sozialausschusses. Auch hier handelt es sich um ein beratendes Gremium, 166 vgl. Art. 263 EGV, das der Ebene der oftmals unmittelbar betroffenen Verwaltungseinheiten im Rechtsetzungsprozeß Rechnung tragen soll. Der Ausschuß wird gemäß Art. 263 mit ebenfalls 222 Vertretern von regionalen und lokalen Gebietskörperschaften besetzt. Daß hierbei die sehr unterschiedlichen Verwaltungssysteme der Mitgliedstaaten zu einer recht heterogenen Besetzung des Ausschusses führen, ist offensichtlich. Für die Bundesrepublik Deutschland gehören 21 Vertreter der Länder und drei Vertreter der Gemeinden dem Ausschuß an, 167 wobei die Mitglieder nicht etwa von den Regionen selbst, sondern von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen werden und vom Rat einstimmig für 4 Jahre ernannt werden, vgl. Art. 263 Abs. 2 EGV. Die Einbeziehung der Ausschüsse und vor allem des Ausschusses der Regionen168 findet ihre Rechtfertigung darin, daß die Belange der einzelnen Regionen der Mitgliedstaaten, deren Gebiet beplant wird, bereits im Verfahren artikuliert werden, damit etwaige Widerstände frühzeitig erkannt und gegebenenfalls berücksichtigt werden können. 169 Die Berücksichtigung der Stellungnahmen wird verfahrensrechtlich nicht garantiert, da die Ausschüsse lediglich anzuhören sind. Ihr Einfluß hängt daher allein von der inhaltlichen Überzeugungskraft der Stellungnahmen ab. 4. Das Billigungserfordernis durch die Mitgliedstaaten nach Art. 156 Abs. 2 EGV

Art. 156 Abs. 2 EGV legt fest, daß "Leitlinien und Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates betreffen" der Billigung des betroffenen Mitgliedstaates bedürfen. Dieses Verfahrenserfordernis ist dem EGV auf primärvertraglicher Ebene 170 ansonsten fremd. Der Ausschuß der Regionen in der Europäischen Union, 1996; Theissen, Der Ausschuß der Regionen, 1996. 166 Auch bei diesem Ausschuß ist zwischen der hier vorliegenden obligatorischen, der fakultativen, der akzessorischen und der Anhörung aufgrund Eigeninitiative zu unterscheiden, vgl. Art. 265 EGV. 167 Vgl. Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 358; das Nähere regelt§ 14 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union, BGBI. I 1993, 313. 168 Die Legitimation des Wirtschafts- und Sozialausschusses kann dagegen angezweifelt werden, da bereits aufgrund der Zusammensetzung des Ausschusses (noch) eher Partikularinteressen Gehör finden, die einem "gerechten" allgemeinwohlverträglichen Ergebnis nicht förderlich sind. Ohnehin leidet die Gemeinschaftsrechtsetzung nicht an zuwenig Lobbyarbeit. Diese muß nicht auch noch institutionalisiert werden. 169 Ähnlich Frohnmeyer, in: Grabitz I Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 d Rn. 1. 170 Im sekundären raumrelevanten Recht enthält Art. 4 Abs. 2 Der FFH-Richtlinie im Rahmen der Auswahl von Schutzgebieten ein ähnliches "Einvemehmenserfordemis" zwischen

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

Es gewährleistet, daß eine dirigistische, zentrale Überplanung des Gemeinschaftsraumes gegen den Willen der zugleich betroffenen Mitgliedstaaten ausgeschlossen wird. Die verfahrensrechtlich starke Stellung der Mitgliedstaaten - man kann von einem "Vetorecht" sprechen 171 -korrespondiert mit der Verteilung der Gesamtaufgabe des Netzaufbaus. Die Gemeinschaft leistet hierfür nur einen "Beitrag".172 Unabhängig von der noch zu untersuchenden 173 genauen rechtlichen Reichweite dieses Beitrages und der Rolle der Mitgliedstaaten bei der weiteren Planung der Vorhaben wird damit zum Ausdruck gebracht, daß die Mitgliedstaaten eine ganz wichtige, durch die Gemeinschaft nicht zu ersetzende Rolle beim Infrastrukturausbau leisten. Die gemeinschaftliche Planungsebene ist vor diesem Hintergrund bereits sachnotwendig auf Kooperation mit den betroffenen Mitgliedstaaten angewiesen. Diese Kooperationsnotwendigkeit wird durch das Billigungserfordernis institutionalisiert. 174 Auf der anderen Seite kann das Billigungserfordernis nicht nur in negativer Hinsicht als Möglichkeit der Verhinderung begriffen werden. Eine positive Billigung dokumentiert vielmehr, daß der Mitgliedstaat die Leitlinien bzw. die Vorhaben von gemeinsamem Interesse akzeptiert. Dadurch, daß eine Abstimmung nicht nur intern und informell, sondern gemäß dem primären Vertragsrecht durchzuführen ist, wird ein Stück mehr Rechtssicherheit erreicht, die im hiesigen Kontext Planungssicherheit bedeutet. Ein solches Kooperationsverhältnis mit der nachgeordneten Planungsebene ausgestaltet durch ein Billigungs- bzw. Zustimmungserfordernis ist zwar auf primärer Gemeinschaftsebene neu, jedoch im Grundgesetz bereits seit 1969 175 im Bereich der Gemeinschaftsaufgaben 176 nach Art. 91 a GG bekannt. Die Systematik der Gemeinschaftsaufgaben weist interessante Gemeinsamkeiten mit der vorliegenden Kommission und Mitgliedstaat. Fraglich erscheint allerdings, ob die gleichen Grundsätze wie im vorliegenden Bereich gelten, da die genannte Richtlinie sehr detaillierte materielle Kriterien in Bezug auf die Schutzgebietsauswahl aufstellt, so daß der Spielraum der Mitgliedstaaten eher geringer als hier einzuschätzen ist. 171 Erberich, in: Bleckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 2734; Haag, Archiv für Post und Telekommunikation 1994, 109, 115; Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 70. 112 Art. 154 Abs. 1 EGV. 173 Hierzu im einzelnen§ 4 ff., S. 92 ff. 174 Teils wird das Billigungserfordernis auch als Ausdruck des Subsidiaritätsprinzips verstanden, vgl. Bukold, Europäische Zeitschrift für Regionalentwicklung 1996, 30, 33. Dies widerspricht dem Charakter des Subsidiaritätsprinzips als Kompetenzausübungsschranke. 175 Auch hier wurde die übergeordnete Ebene nicht erst seit der verfassungsrechtlichen Regelung tätig. Vielmehr diente auch hier die Regelung des Art. 91 a GG, die tatsächliche Entwicklung in verfassungsrechtlich geordnete Bahnen zu lenken; umfassend hierzu Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Stand 1990, Art. 91 a Rn. 1 ff.; Dies entspricht auch der hiesigen Entwicklung, zu deren Konkretisierung die Art. 154 ff. EGV durch den Maastricht-Vertrag eingefügt wurden. Vgl. bereits§ 2, S. 24 ff. 176 Diese in Art. 91 a GG definierten Aufgaben sind im Bereich des Hochschulbaus, der Verbesserung der Wirtschaftsstruktur und der Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes vorgesehen.

VI. Aufstellung der Leitlinien nach Art. 156 EGV

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Problemlage auf: Es handelt sich nach Art. 91 a Abs. 1 GG bereits per definitionem um solche Aufgaben, die ftir die Gesamtheit bedeutsam sind und bei denen die Mitwirkung des Bundes eiforderlich ist. Aufgaben also, die von der nachgeordneten Ebene nicht ausreichend geleistet werden können. 177 Auch handelt es sich um solche Aufgaben, deren Erfüllung im wesentlichen im Verantwortungskreis der nachgeordneten Ebene der Länder verbleibt. 178 Ähnlich ist es auch hier, indem die Gemeinschaft nur befugt ist, einen Beitrag zum Netzaufbau zu leisten, während die eigentliche Durchführung auf mitgliedstaatlicher Ebene verbleibt. In einem solchen Verhältnis, das einerseits viel 179 von der sachlich nachgeordneten Ebene erwartet, andererseits sachnotwendig auf Planung nach übergeordneten Gesichtspunkten angewiesen ist, besteht das Erfordernis gegenseitiger Rücksichtnahme. Diese kann sinnvoll eben durch eine Einbeziehung der durchführenden Ebene bei der Aufstellung der übergeordneten Planung gelöst werden. Vergleichbar mit der Vorschrift des Art. 156 Abs. 2 EGV sieht Art. 91 a Abs. 3 S. 2 GG schon seit langem vor, daß die Aufnahme eines Vorhabens in die Rahmenplanung der Zustimmung des jeweiligen Landes bedarf, in dessen Gebiet es durchgeführt wird. So wird auch hier die Gefahr von ungewollter Planung ausgeschaltet, die sonst durch Mehrheitsentscheidungen möglich ist. 180 Das primäre Gemeinschaftsrecht bewegt sich mit dem vorliegenden Grundkonzept daher auf bekanntem und bewährtem Terrain. Es trägt der Aufgabenteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten verfahrensrechtlich angemessen Rechnung. Bisher unbeantwortet blieb, welche ganz konkreten Anforderungen in der Praxis des Rechtsetzungsverfahrens an die Billigung nach Art. 156 Abs. 2 EGV zu stellen sind. Anknüpfungspunkt des Erfordernisses sind die Leitlinien und Vorhaben von gemeinsamem Interesse. Diese müssen das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates betreffen, was dann anzunehmen ist, wenn die Leitlinien raumrelevante Festlegungen treffen, also insbesondere Vorhaben von gemeinsamem Interesse auf dem Gebiet des Mitgliedstaates verorten. Dem Wortlaut nach bedürfen erst Leitlinien und Vorhaben von gemeinsamem Interesse der Billigung, nicht dagegen entsprechende m Brockmeyer, in: Schrnidt-Bleibtreu/Klein, Grundgesetz, Kommentar, 9. Aufl. 1999, vor Art. 91 a GG Rn. 1 spricht bezogen auf die Gemeinschaftsaufgabe des Hochschulbaus, jedoch verallgemeinerungsfähig, von einer Aufgabe, die "wegen ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung den Rahmen regionaler Betrachtungsweise sprengt(en)." 178 Trotz der Legaldefinition des Art. 91 a Abs. 1 GG handelt es sich um Aufgaben der Länder, bei denen der Bund mitwirkt. 179 Auch in finanzieller Hinsicht, vgl. Art. 91 a Abs. 4 GG, wonach die Länder bis zur Hälfte der Ausgaben tragen. Im hiesigen Bereich tragen die Mitgliedstaaten einen wesentlich höheren Finanzierungslast Ein Gemeinschaftsbeitrag kommt nach der allgemeinen Finanzierungsverordnung maximal in Höhe von 10% in Betracht. Aufgrund der finanziellen Ausstattung wird es häufig bei der Alleinfinanzierung der Mitgliedstaaten verbleiben. Im einzelnen hierzu § 7, S. 178 ff. ISO Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Stand 1990, Art. 91 a Rn. 54. Dort näher zu der in den Ausführungsgesetzen näher geregelten Stimmengewichtung im Planungsverfahren.

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Entwürfe. Dies könnte es nahelegen, außerhalb des eigentlichen Rechtsetzungsverfahrens nach dessen Abschluß einen gesonderten Zustimmungsakt des betroffenen Mitgliedstaates zu verlangen. Nach dieser in der Tat vereinzelt vertretenen Ansicht reicht die Billigung des jeweiligen Ratsvertreters bei der das Mitentscheidungsverfahren abschließenden Beschlußfassung nicht aus, da hier nur das Gemeinschaftsorgan Rat handele und nicht die Mitgliedstaaten. 181 Die ganz überwiegende Ansicht in der Literatur sieht dies anders und läßt entsprechend der Praxis eine Billigung im Rahmen der abschließenden 182 Abstimmung des Rates im Mitentscheidungsverfahren ausreichen. 183 Billigung wird hierbei nicht als aktive Zustimmung, sondern als ein "Minus" zu verstehen sein, so daß auch ein Schweigen, also eine Stimmenthaltung für ausreichend angesehen wird. 184 Dies entspricht der gängigen Praxis der Abstimmungsmodalitäten im Rat, wonach vergleichbare Abstimmungsvorbehalte in der jeweiligen Ratssitzung erklärt werden müssen. 185 Dieser ganz überwiegenden Ansicht ist zu folgen. Nach Art. 203 EGV setzt sich das Gemeinschaftsorgan (Verkehrsrninister-)rat aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaates auf Ministerebene zusammen, der befugt ist, für die Regierung des Mitgliedstaates verbindlich zu handeln. Daher kann nicht davon gesprochen werden, daß die Zustimmung oder Nichtzustimmung im Mitentscheidungsverfahren allein das Organ Rat betreffe, jedoch nicht als Äußerung des Mitgliedstaates zu verstehen sei. 186 Der jeweilige Ratsvertreter unterliegt weiterhin 181 So die Ansicht von Rambow, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 1. Auf!. 1994, Art. 129 d Rn. 2 f. EGV, der allerdings vorsichtig formuliert: ,,Nach der Fassung der Vorschrift dürfte es nicht ausreichen, daß die Vertreter der Regierungen diese Mitgliedstaaten bei der Abstimmung im Rat als Ratsmitglieder zustimmen, vielmehr muß der Mitgliedstaat als solcher seine Zustimmung erteilen." Ihm folgt Gottschewski, Zur rechtlichen Durchsetzung von europäischen Straßen, 1998, S. 83, allerdings ohne die vorsichtige Formulierung. 182 Dies führt natürlich dazu, daß nicht erst ohne Einbeziehung der Mitgliedstaaten geplant wird und dann als wirkliche Entscheidung die Billigung abgewartet wird, sondern sinnvollerweise bereits vor dem ersten Kommissionsvorschlag kooperativ zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten geplant wird. In diesem Sinne auch: Erdmenger, in: von der Groebenl ThiesingiEhlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 d Rn. 3; Frohnmeyer, in: GrabitziHilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 d Rn. 4; Ukrow, in: CalliessiRuffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 129 d Rn. 7. 183 DieteriGrüter, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 156 Rn. 2 (entgegen der 1. Aufl.); Erdmenger, in: von der GroebeniThiesingiEhlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 d Rn. 3; Frohnmeyer, in: GrabitziHilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 d Rn. 3; Haag, Archiv fiir Post und Telekommunikation 1994, 109, 115; Ukrow, in: CalliessiRuffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 156 Rn. 8. Ebenfalls aus der französischen Literatur, Commentaire Megret, Bd. 8, 2. Aufl. 1996, Les Reseaux transeuropeens, Rn. 27, s. 150. 184 Vgl. Ukrow, in: CalliessiRuffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Auf!. 1999, Art. 156 Rn. 8. 185 Jacque, in: EhlermanniBieber (Hrsg.), Handbuch des Europäischen Rechts, Stand Februar 2000, Art. 148 Rn. 28.

VI. Aufstellung der Leitlinien nach Art. 156 EGV

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den Weisungen ihrer Regierungen nach dem nationalen Verfassungsrecht, 187 so daß auch insofern eine Rückbindung der Ratsvertreter besteht und eine Einbeziehung der Länderinteressen, wie sie von Art. 23 GG gefordert wird, bereits auf dieser Ebene zum Tragen kommt. 188 Die Billigungsentscheidung wird in Art. 156 EGV voraussetzungslos statuiert. Das bedeutet, daß keine materiellen Kriterien für die Billigung oder Nichtbilligung aufgestellt werden, so daß die Mitgliedstaaten aus Sicht des Gemeinschaftsrechts rechtlich in ihrer Entscheidung frei sind. Ansichten, die bei den allgemeinen 189 Ratsabstimmungen aus Art. 10 EGV gewisse Pflichten der Ratsvertreter ableiten, 190 sind auf die hiesige Vorschrift nicht übertragbar. Vorliegend wird nicht ganz allgemein eine bestimmte Stimmengewichtung im Rat vorgesehen, sondern die betroffenen Mitgliedstaaten als solche aufgrund der tangierten Gebietshoheit angesprochen. Diese sind Inhaber der Entscheidung. Die Regelungslage darf nicht durch die Annahme diffuser allgemeiner Rechtspflichten aus Generalklauseln verwischt werden. Eine ganz andere Frage ist, ob es sich ein Mitgliedstaat politisch leisten kann, gegen bestimmte Vorhaben zu votieren. Entsprechende politische Bindungen oder Sachzwänge bestehen zweifelsohne in großem und nicht zu unterschätzendem Umfang, dürfen jedoch nicht als Rechtspflichten uminterpretiert und damit mißverstanden werden, da ansonsten das aufgrund der vagen materiellen Vorgaben wichtige Verfahrensrecht der Mitgliedstaaten umgangen würde. 5. Schlußfolgerungen

Die Leitlinien werden in einem höchst differenzierten Rechtsetzungsverfahren von Rat und Parlament unter Beteiligung von Kommission, Ausschuß der Regionen und Wirtschafts- und Sozialausschuß und mit Einbeziehung der betroffenen Mitgliedstaaten erlassen, in welchem die materiell offenen Vorgaben des Primärrechts zu konkretisieren sind. Eigentliche Planungsträger sind in engerem Sinne nur Rat und Parlament, da sie die Leitlinien erlassen. Das Billigungserfordernis führt aber dazu, daß ein kooperatives Planungsverhältnis zwischen mitgliedstaatlieber und gemeinschaftlicher Ebene besteht. Schließlich darf der Einfluß der Kommission in ihrer Funktion als Initiativgeber und Mittler im Verfahren nicht unterschätzt werden; sie prägt in dieser Rolle praktisch die Struktur der Rechtsakte. 186 Vgl. nur Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 223: "Obwohl der Rat selbst ein europäisches Organ ist, seine Akte also nicht der nationalen Gerichtskontrolle unterworfen sind, handeln die Vertreter der nationalen Regierungen im Rat auch als Vertreter ihrer Regierungen und nicht nur als Teile eines europäischen Organs." 187 Im einzelnen hierzu etwa Oppennann, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 284. 188 Vgl. Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union vom 12. 2. 1993, BGBI. I, S. 313. 189 Also dann, wenn ganz allgemein auf eine Beschlußfassung z. B. nach Art. 251 EGV verwiesen wird. 190 Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 216 ff. m. w. N.

6 Bogs

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Das sehr aufwendige und rechtsförmlich ausgestaltete Verfahren legt den Schluß nahe, daß die Leitlinien als Ergebnis des Verfahrens kein "Produkt" sein können, das sich auf rein politische Aussagen beschränkt, sondern daß es sich um einen Rechtsakt handelt, der Rechtsfolgen für die Mitgliedstaaten nach sich zieht. 191 VII. Die flankierenden Regelungen nach Art. 155 Abs. 2 und 3 EGV Art. 155 Abs. 2 EGV enthält in S. 1 einen Auftrag an die Mitgliedstaaten und keine Befugnis der Gemeinschaft. Die Mitgliedstaaten koordinieren hiernach ihre einzelstaatlichen Politiken, die sich erheblich auf die Verwirklichung der Ziele des Art. 154 EGV auswirken können. Art. 155 Abs. 2 EGV fügt sich damit unterstützend in das Gesamtsystem der Art. 154 EGV ein, indem er die wichtige Rolle der Mitgliedstaaten bei der weiteren Planung der Verkehrsnetze verdeutlicht und die Mitgliedstaaten zu bi- oder auch multilateraler Koordination in die Pflicht nimmt. Auswirkungen in diesem Sinne auf die Verwirklichung der infrastrukturbezogenen Ziele des Art. 154 EGV können ebenfalls nur die infrastrukturbezogenen Politiken der Mitgliedstaaten aufweisen. Nicht von Art. 155 Abs. 2 EGV intendiert sind damit Koordinierungen und entsprechende Initiativen der Kommission nach S. 2 in zwar verkehrsrelevanten, jedoch nicht primär infrastrukturbezogenen Bereichen. Insbesondere läßt sich aus Art. 155 Abs. 2 EGV keine umfassende Koordinierungsverpflichtung für den Sektor des Betriebes der Infrastrukturen herleiten. 192 Wann genau im Einzelfall ein Koordinierungsauftrag nach Art. 155 Abs. 2 EGV besteht, ist angesichts der unbestimmten Fassung der Vorschrift im Einzelfall nicht leicht zu ennitteln, da einerseits potentielle Auswirkungen auf die infrastrukturbezogenen Ziele des Art. 154 EGV bereits ausreichen, andererseits eine Einschränkung durch das Merkmal der "Erheblichkeit" aufgenommen ist. 193 Man wird den Mitgliedstaaten aufgrund der Formulierung der Vorschrift einen erheblichen Spielraum zugestehen müssen. 194 Eine Koordinierung wird vor allem bei grenzüberschreitenden Vorhaben von gemeinsamem Interesse notwendig sein. 195 Hierzu im einzelnen § 5 ff., 138 ff. Eingehend für den Energiesektor Scholz/ Langer, Europäischer Binnenmarkt und Energiepolitik, 1992, S. 230 ff.; für den Verkehrsbereich ist allerdings darauf hinzuweisen, daß Art. 70 ff. EGV weitreichende Gemeinschaftskompetenzen auch im Bereich der Verkehrswirtschaft vorsieht. 193 Vgl. Erberich, in: Bleckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 2738; Ukrow, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUVund EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 155 Rn. 15. 194 Dies dürfte auch dazu führen, daß eine theoretisch denkbare Kontrolle der in Art. 155 Abs. 2 EGV enthaltenen Rechtspflicht durch den EuGH im Wege des Vertragsverletzungsverfahrens praktisch wohl kaum Realität werden wird, es sei denn, ein Mitgliedstaat verweigert sich gänzlich. Ähnlich Ukrow, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 155 Rn. 15. 195 Bei grenzüberschreitenden Vorhaben sollte sinnvollerweise etwa der potentielle zeitliche Ablauf der Planungs- und Realisierungsphase koordiniert und im idealen Fall synchronisiert werden. 19 1 192

VII. Die flankierenden Regelungen nach Art. 155 Abs. 2 und 3 EGV

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Die Kommission nimmt hierbei die Aufgabe wahr, an dieser Koordination teilzunehmen und beratend tätig zu werden. 196 Denn die primär mitgliedstaatliche, häufig bilaterale Koordination wird gemäß Art. 155 Abs. 2 S. 1 EGV "in Verbindung mit der Kommission" durchgeführt, der insofern die Aufgabe zukommt, das europäische Planungsinteresse, vorgegeben insbesondere durch die Leitlinien, angemessen zu vertreten. Die Befugnis, die der Kommission hierbei zukommt, wird in Art. 155 Abs. 2 S. 2 EGV konturiert. Sie kann alle "Initiativen" ergreifen, die dieser Koordination der Mitgliedstaaten förderlich sind. Die Initiativen sind in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten zu ergreifen. Als Initiativen im Sinne des Art. 155 Abs. 2 EGV kommen hierbei nur die Koordinierung der Mitgliedstaaten unterstützende, rechtlich nicht verbindliche Maßnahmen in Betracht. 197 Dies ergibt sich schon aus der Systematik der Art. 155 und 156 EGV, die nur für die näher in Art. 155 Abs. 1 umrissenen Rechtsakte ein Rechtsetzungsverfahren in Art. 156 EGV zuordnen. Besonders deutlich wird dies an der Regelung des Art. 156 Abs. 3 EGV, der für alle übrigen Maßnahmen- ausgenommen der Leitlinien - das Verfahren des Art. 251 EGV vorsieht. Bezugspunkt sind aber auch hier nur die Maßnahmen nach Art. 155 Abs. 1 EGV und nicht auch diejenigen der Art. 155 Abs. 2 EGV. Untermauert wird dieses Ergebnis dadurch, daß lediglich der Begriff der Initiativen gebraucht wird, der sich von dem Begriff der Maßnahmen, der seinerseits dann Verwendung findet, wenn die Gemeinschaft in der Wahl der Rechtsform gerade keinen Beschränkungen unterliegt, unterscheidet und begrifflich bereits darauf hindeutet, daß sich Initiativen allenfalls im Vorfeld eines etwaigen Rechtsaktes bewegen. 198 Der praktische Einfluß der Kommission hängt hierbei von der sachlichen Überzeugungskraft der Initiativen ab. Da ein Bedarf an Koordinierung besteht, sollte er nicht unterschätzt werden. Art. 155 Abs. 3 EGV 199 trägt der Tatsache Rechnung, daß Verkehrsnetze an den Gemeinschaftsgrenzen nicht enden, sondern gesamteuropäisch gedacht und geplant werden muß. Die Vorschrift unterstreicht das Anliegen der Gemeinschaft, ein "transeuropäisches" Verkehrsnetz herzustellen und nicht allein ein gemeinschaftli196 Es scheint dennoch überzogen, die Funktion der Kommission als lediglich "dienend" zu bezeichnen. So aber Scholzl Langer; Europäischer Binnenmarkt und Energiepolitik, 1992, s. 233. 197 Ukrow, in: CalliessiRuffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Aufl. 1999, Art 155 Rn. 16; Erberich, in: Bleckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 2738. Die Kommission kann natürlich aufgrund der Erfahrungen bzw. Probleme bei der hiesigen Koordination Vorschläge für Rechtsakte nach Art. 155 Abs. 1 EGV einbringen. Dann ist das normale Procedere zu durchlaufen. Bei Leitlinien hat dann etwa der betroffene Mitgliedstaat wiederum ein Vetorecht aufgrund des Billigungserfordemisses. 198 Erberich, in: Bleckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 2738, sowie für den vergleichbaren Fall des Art. 130 EGV (Bereich der Industriepolitik), ders., in: Bleckmann, Europarecht, 6. Auf!. 1997, Rn. 2758. Zustimmend: Ukrow, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), KommentarzumEUVundEGV,l.Aufl.l999, Art.155Rn.l6. 199 Hierzu ausführlich Erdmenger; in: von der Groeben I Thiesing I Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 c EGV Rn. 43 ff. Dort auch mit Darstellung des bisherigen Vorgehens in der Praxis, a. a. 0., Rn. 48.

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ches. Hierfür kann die Gemeinschaft mit Drittstaaten zusammenarbeiten. 200 Konkret regelt sich das Verfahren nach der allgemeinen Regelung des Art. 300 EGV. VIII. Das Verhältnis der Planungskompetenz nach Art. 154 tT. EGV zur allgemeinen Verkehrspolitik der Art. 70 tT. EGV Der Bezug des vorliegenden Regelungs- und Kompetenzbereiches zur Verkehrspolitik nach Art. 70 ff. EGV wird für den Sektor des Verkehrsinfrastrukturbereiches bereits durch die begriffliche Übereinstimmung deutlich. Ein offensichtliches Abgrenzungsproblem ergibt sich des weiteren daraus, daß vor Einfügung der Vorschriften über transeuropäische Netze zahlreiche Rechtsakte mit Infrastrukturbezug auf die allgemeine Verkehrskompetenz abgestützt wurden, 201 wobei einschränkend allein das Konkurrenzverhältnis zur Generalklausel des Art. 71 Abs. 1 lit. d EGV202 zu klären ist, da die anderen Regelungen der allgemeinen Verkehrspolitik ersichtlich keinen Bezug zur Planung, Finanzierung oder technischen Harmonisierung von Infrastruktur aufweisen. Die Abgrenzungsnotwendigkeit wird durch sehr weitreichende Literaturansichten hierzu unterstrichen. Vor allem203 Jürgensen hat sich hierzu umfangreich geäußert. 204 Er vertritt im Ergebnis, daß die Gemeinschaft Rechtsakte zur "Umsetzung" der Leitlinien erlassen kann, die den nationalen abschließenden Zulassungsakt ersetzen, also quasi Planfeststellungsbeschlüsse der Gemeinschaft(!). Die Kompetenz hierfür sieht er just in Art. 75 Abs. 1 lit. d EGV a. F. (jetzt inhaltsgleich Art. 71 Abs. llit. d EGV). 205 M.E. müssen bei dieser Abgrenzungsdiskussion zwei unterschiedliche Ebenen auseinandergehalten werden. Zunächst sollte begrifflich geklärt werden, ob die 200 So kann bei Beitrittskandidaten erreicht werden, daß deren Verkehrsnetze möglichst frühzeitig mit den Leitlinien der Gemeinschaft in Einklang gebracht werden. 201 Siehe § 2, S. 27 ff. 2o2 Inhaltsgleich Art. 75 Abs. 1 lit. d EGV a. F. 203 Daneben ist auch auf die Ansicht von Gottschewski, Zur rechtlichen Durchsetzung von europäischen Straßen, 1998, S. 78 f. hinzuweisen, die mit recht knapper Begründung davon ausgeht, daß die Gemeinschaft auch nach Einfügung der Art. 129 b- da. F. EGV (Art. 154156 EGV) weiterhin dazu befugt ist, infrastrukturelle Rechtsakte auf die allgemeine Verkehrspolitik abzustützen. Hierbei meint sie aber solche Rechtsakte, die sich in das bisherige Gefüge der Gemeinschaftsrechtsetzung einfügen, also Progranune zum Ausbau der Verkehrsinfrastrukturen und Gewährung von Finanzhilfen (a. a. 0. S. 79). Diese Ansicht Gottschewskis muß vor ihrem Gesamtansatz gesehen werden. Sie begreift die Leitlinien als im wesentlichen nur politisch faktisch relevant (etwa a. a. 0. S. 123), nicht dagegen als gemeinschaftliche Planungsrechtsakte. Eine solche - allerdings verfehlte - Ansicht legt es nahe, für gemeinschaftliche Rechtsakte weiterhin auf die "altbewährte" Rechtsgrundlage zurückzugreifen. 204 Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 71 ff. 205 Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. U5.

VIII. Das Verhältnis von Art. 154 ff. EGV zu Art. 70 ff. EGV

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Politik der transeuropäischen Netze in ihrem verkehrsinfrastrukturbezogenen Teil dem Oberbegriff der Verkehrspolitik unterzuordnen ist. Neben dieser praktisch weniger wichtigen Frage bestehen massive Meinungsverschiedenheiten, wie die Art. 154 ff. EGV gegenüber Art. 71 Abs. 1lit. d EGV ganz konkret und unabhängig von Begrifflichkeiten abzugrenzen sind. Die zentrale Frage lautet hier, ob ein Rückgriff auf Art. 71 EGV für verkehrsinfrastrukturbezogene Rechtsakte nach geltender Rechtslage, also nach Einfügung von ausdruckliehen Regelungen hinsichtlich des Infrastrukturausbaus in Art. 154 ff. EGV, noch eröffnet ist. Auf der begrifflichen Ebene ist es unschädlich, den verkehrsbezogenen Teil der hiesigen Netzpolitik unter den Oberbegriff der gemeinschaftlichen Verkehrspolitik zu fassen.Z06 Praktischer Nutzen läßt sich allerdings durch rein begriffliche Kategorien nicht erzielen.Z07 Es macht keinen rechtlichen Unterschied, einen Oberbegriff der Verkehrspolitik zu installieren und hierunter die allgemeine marktbezogene Verkehrspolitik nach Art. 71 EGV und die infrastrukturelle Netzpolitik nach Art. 154 ff. EGV zu fassen, oder als Verkehrspolitik allein die nach Art. 70 ff. EGV zu begreifen und die Besonderheiten der Art. 154 ff. EGV- Netzbezug, Infrastrukturbezug - schon begrifflich, etwa als Infrastrukturpolitik, hervorzuheben. Unabhängig hiervon besteht Abgrenzungsbedarf. Es handelt sich hierbei nicht um ein rein theoretisches Problem, sondern die Abgrenzung der Rechtsgrundlagen hat, wie die skizzierte Literaturansicht zeigt, weitreichende Konsequenzen: Die Rechtsgrundlage gibt sowohl die materiellen Bezugspunkte vor, regelt die zulässigen Handlungsformen und das zugehörige Rechtsetzungsverfahren. Bezogen auf den vorliegenden Konfliktfall bedeutet dies folgendes: Art. 71 Abs. 1 lit. d. EGV enthält eine weitgehend offene Generalklausel, während Art. 154 Abs. 1 und 2 EGV in gewissem Maße die Gemeinschaftsrechtsetzung materiell steuern, insbesondere wird die Gemeinschaft von vornherein darauf beschränkt, einen bloßen Beitrag zum Netzauf- bzw. Ausbau zu leisten. Des weiteren enthält Art. 71 Abs. 1 lit. d EGV keinerlei Beschränkungen bezüglich der möglichen Handlungsformen, während Art. 155 Abs. 1 EGV das dargestellte differenzierte System verschiedener Handlungsformen vorsieht. Schließlich kennt Art. 71 EGV nicht die verfahrensrechtliche Besonderheit des Billigungserfordernisses, das Art. 156 Abs. 2 EGV für die Leitlinien aufstellt. 208 206 So ausdrücklich Frohnmeyer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, vor Art. 129 b- d Rn. 11; Erdmenger, in: von der Groeben/Thiesing/ Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, vor Art. 129 b- d Rn. 5 und in: Ehlermann/Bieber (Hrsg.), Handbuch des Europäischen Rechts, Stand Februar 2000, vor Art. 74-84 Rn. 24; Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 58. 207 Es werden eher gegenteilig die Unterschiede verwischt, wenn man ganz allgemein von "der Verkehrspolitik" als solcher spricht, da es dann naheliegend ist auf "die Generalklausel der Verkehrspolitik" unterstützend zurückzugreifen. Genau betrachtet gibt es eben eine solche allgemeine Generalklausel der Verkehrspolitik nicht, sondern nur eine für den abgegrenzten Teilbereich der "allgemeinen" nicht infrastrukturbezogenen Verkehrspolitik nach Art. 70 ff. EGV.

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

Nachdem diese Unterschiede bestehen, bedarf es eigentlich keiner allzu großen juristischen Anstrengung, daß ein "Rückgriff'' auf die allgemeine Verkehrskompetenz diese Differenzierung mißachten würde, wenn der infrastrukturelle Regelungshereich der Netzpolitik der Art. 154 ff. EGV eröffnet ist. Der weitere Rückgriff würde dem Kompetenzgefüge, das mittlerweile ein erhebliches Maß an Differenzierung erreicht hat, widersprechen. Die Konsequenz kann daher nur sein, die Kompetenzen bezüglich der transeuropäischen Verkehrsinfrastrukturnetze der Art. 154-156 EGV als abschließende Sonderregelung gegenüber der allgemeinen Verkehrspolitik zu begreifen. 209 Die Behandlung als Sonderregelung setzt allerdings voraus, daß eine Abgrenzung nach sachlichen Kriterien in sinnvoller Weise möglich ist. Dies ist hier der Fall. Unabhängig davon, ob man die Art. 154 ff. EGV als Teil der Verkehrspolitik begrifflich einordnet, setzt sich der vorliegende Regelungshereich von dem der allgemeinen Verkehrspolitik deutlich nach klaren Kriterien ab. Das wesentliche Merkmal der Vorschriften der Art. 154-156 EGV stellt, wie bereits eingehend aufgezeigt, 210 der Infrastrukturbezug, das Ziel der Herstellung einer leistungsfähigen Infrastrukturbasis, dar. Demgegenüber hat die allgemeine Verkehrspolitik seit jeher eine gänzlich andersartige Regelungsintention, die sich nicht auf die Herstellung, sondern auf die diskriminierungsfreie Nutzung der bestehenden Infrastrukturen bezieht. Diese abweichende und andersartige grundsätzliche Zielrichtung der allgemeinen Verkehrspolitik stellte bereits die infrastrukturbezogene Rechtsetzung der Gemeinschaft im Vorfeld der hiesigen Kompetenzen mit zunehmender planungsrechtlicher Intensität in steigendem Maße in Frage.ZH Wenn auf diese Fragwürdigkeit in begrüßenswerter Weise klarstellend und differenzierend primärvertraglich durch die Aufnahme gesonderter infrastrukturbezogener Vorschriften reagiert wurde, verbietet sich ein Rückgriff auf die Generalklausel der andersartig ausgerichteten Verkehrspolitik. Bezogen auf den die vorliegende Untersuchung betreffenden planungsbezogenen Infrastrukturbereich bedeutet dies, daß die Gemeinschaft positiv ausgedrückt eine klare Kompetenzgrundlage für infrastrukturelle Rechtsetzung erhalten hat. Dies bedeutet negativ abgegrenzt, daß sie auf den Erlaß von Leitlinien 2os Wohingegen seit Amsterdam auch Art. 71 EGV das Mitentscheidungsverfahren vorsieht. Bis dahin waren Rechtsakte aufgrundvon Art. 75 a. F. im Verfahren nach Art. 189 c a. F. EGV (bloßes Zusarnmenarbeitsverfahren) zu erlassen. 209 So auch die Grundtendenz der überwiegenden Literatur, wobei teils in Randbereichen eine subsidiärer Rückgriff für möglich gehalten wird: Erdmenger, in: von der Groeben /Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Auf!. 1999, vor Art. 129 b- d EGV Rn. 6: "Seit dem !.November 1993 stehen .. . die Artikel 129 b- 129 d zur Verfügung. Im Verhältnis zu diesen kann Artikel 75 Abs. 1lit. d nur noch subsidiär gelten."; Frohnmeyer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, vor Art. 129 b- d Rn. 11: "Demgegenüber gelten die Vorschriften aus dem Titel Verkehr ... , auf die bisher Infrastrukturmaßnahrnen gestützt worden waren, nur noch für begleitende Maßnahmen, z. B. über Gebühren für die Benutzung der Infrastruktur." 210 Siehe S. 45 ff. 211 Siehe § 2, S. 32 ff.

VIII. Das Verhältnis von Art. 154 ff. EGV zu Art. 70 ff. EGV

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nach Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV beschränkt ist, sie hierbei die Vorgaben nach Art. 154 EGV einzuhalten hat und das Verfahren nach Art. 156 EGV zu beachten hat. Diese Auffassung steht im Einklang mit den Differenzierungskriterien der aktuellen Rechtsprechung des EuGH. 212 Diese Jassen sich beispielhaft anhand zweier neuerer Entscheidungen nachvollziehen, in welchen sich das Gericht erstmals mit der Kompetenz der transeuropäischen Netze auseinanderzusetzen hatte.Z 13 Im ersten entschiedenen Fall war die Rechtsgrundlage der sog. Edicom-Entscheidung 94 I 445 I EG214 des Rates zwischen Parlament, Rat und Kommission umstritten. Sachlich zielte die Entscheidung darauf ab, einen angemessenen Informationsaustausch zwischen Unternehmen, den nationalen Verwaltungen und den zuständigen Gemeinschaftsstellen zu gewährleisten, um so aussagekräftiges binnenmarktbezogenes Datenmaterial zu erhalten. Abgesehen von vorliegend nicht näher relevanten Details sollte dies durch Vereinheitlichung technischer Standards der Datenübertragungsnetze erreicht werden, so daß der Bereich der Herstellung der Interoperabilität der Telekommunikationsnetze berührt war. Der Gerichtshof urteilte zutreffend, daß die Entscheidung daher auf die speziellere interoperabilitätsbezogene Rechtsgrundlage des Art. 129 c Abs. 1 2. Spiegelstrich, 129 d Abs. 3 EGVa. F. 215 abzustützen sei und nicht, wie geschehen, 216 auf die Auffangvorschrift des Art. 235 EGV a. F. (Art. 308 EGV) und ebenfalls nicht, wie von der Kommission befürwortet, auf die Art. 100 a EGV a. F. (Art. 95 EGV). Unter Nachweis seiner ständigen Rechtsprechung führt der EuGH aus: "Weiter muß sich im Rahmen des Zuständigkeitssystems der Gemeinschaft die Wahl der Rechtsgrundlage eines Rechtsakts auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen. Zu diesen Umständen gehören insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts 212 Die Literatur behandelt dieses Thema, das vor allem anhand der Abgrenzung der gemeinschaftlichen Umweltkompetenz zu anderen Kompetenzen relevant wurde, ebenfalls ausführlich. Hierbei sollte beachtet werden, daß die ältere Rechtsprechung des EuGH teilweise gegenüber der jetzigen gefestigten Rechtsprechung abweichende und fragwürdige Abgrenzungen befürwortete. Vgl. im einzelnen Breier; EuR 1995, 46 ff.; Epiney, IZ 1992, 564 ff.; Everling, EuR 1991, 179 ff.; Nettesheim, EuR 1993, 243 ff. jeweils rn. w. N. 213 EuGH v. 26. 3. 1996, Rs C-271/94 (Europäisches Parlament/Rat- ,,Edicorn"), Slg. 1996, 1-1691 ff.; EuGH v. 28. 5. 1998, Rs C-22/96 (Europäisches Parlament/Rat- "IDA"), Slg. 1998, 1-3242 ff. 214 Entscheidung 94/445/EG des Rates vorn 11. Juli 1994 betreffend Telematiknetze zwischen Behörden für die Statistiken über den Warenverkehr zwischen Mitgliedstaaten (Edicorn), ABI. Nr. L 183, S. 42 ff. Edicorn ist die Abkürzung für Electronic Data Interchange on Cornmerce. 215 Wortgleich Art. 155 Abs. 1 2. Spiegelstrich, Art. 156 EGV. 216 Die Anwendung des fernliegenden Art. 235 EGV zeigt, daß zumindest der Rat noch nicht die Weiterentwicklung des primären Gemeinschaftsrechts und dessen Differenzierungen im Kompetenzgefüge zum damaligen Zeitpunkt nachvollzogen hatte. Der Rat stütze sich auf seine vorangegangene Praxis in ähnlichen Fällen, die Generalanwalt La Pergola zu Recht mit deutlichen Worten als "völlig irrelevant" bezeichnete, vgl. EuGH v. 26. 3. 1996, Rs C-271/94 (Europäisches Parlament/Rat- "Edicorn"), Slg. I 1996, S. 1691, 1693.

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV (vgl. insbesondere Urteile vom 11. Juni 1991 in der Rechtssache C-300/ 89, Kommission/ Rat, S1g. 1991, 1-2867, Randnr. 10, und vom 9. November 1995 in der Rechtssache C-426/93, Deutschland/Rat, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 29)."217

Demnach sind durch Auslegung Ziel und Inhalt des Rechtsaktes und sodann der Regelungsbereich der in Betracht kommenden Rechtsgrundlage zu ermitteln. Ergibt sich so, daß eine spezielle Rechtsgrundlage gegeben ist, so muß der Rechtsakt hierauf abgestützt werden. Ein Rückgriff auf die allgemeinere Rechtsgrundlage ist nicht (metu-2 18) zulässig. 219 Ebenso und unter ausdrücklichem Verweis auf die Edicom - Rechtsprechung urteilte der Gerichtshof im ähnlichen zweiten Urteil 220 bezüglich des sog. "IDABeschlusses"221. Dieser Beschluß bezweckte einen erleichterten Datenaustausch zwischen den Verwaltungen der Mitgliedstaaten und sah hierfür insbesondere die Festlegung von wichtigen Vorhaben sowie dariiber hinaus auch finanzierungsbezogene Regelungen vor22. Auch hier vollzog der Rat nicht die primärvertragliche Änderung des EG-Vertrages, 223 sondern stützte die Entscheidung trotz der Einfügung der Art. 129 b- d EGVa. F. (jetzt Art. 154-156 EGV) auf Art. 235 EGV a. F. 224 (jetzt Art. 308 EGV). Da der EuGH die "!DA-Entscheidung" auch hier 217 EuGH v. 26. 3. 1996, Rs C-271 /94 (Europäisches Parlament/Rat- "Edicom"), Slg. I 1996, s. 1691, 1711 (Rn. 14). 218 Es ist selbstverständlich die aktuelle, bei Erlaß des Rechtsaktes geltende Rechts- bzw. Kompetenzlage zugrundezulegen; vgl. nur EuGH v. 26. 3. 1996, Rs C-271 /94 (Europäisches Parlament/Rat- "Edicom"), Slg. I 1996, S. 1689, 1714 Rn. 24. Dies kann, wie der Edicom Fall veranschaulicht, dazu führen, daß friiher genutzte Generalklauseln (hier Art. 235 EGV) nicht mehr nutzbar sind. Man kann dal!er nicht daraus schließen, daß die Gemeinschaft bisher Art. 71 lit. d. EGV als Rechtsgrundlage für infrastrukturbezogene Rechtsakte nutzte, daß dies nach einer Rechtsänderung weiter so sein muß. 219 So für den vorliegenden Fall EuGH v. 26. 3. 1996, Rs C-271 /94 (Europäisches Parlament/Rat- ,,Edicom"), Slg. I 1996, S. 1691, 1716 Rn. 33. Das Urteil trifft ausdriicklich die Abgrenzungsaussage, daß Art. 129 c Absatz 1 2. Spiegelstich gegenüber Art. 100 a a. F. EGV die speziellere Rechtsgrundlage ist. 22o EuGH v. 28. 5. 1998, Rs C-22/96 (Europäisches Parlament/Rat- "IDA"), Slg. 1998, 1-3231 (Schlußantrag von GA La Pergola) bzw. 1-3242 (eigentliches Urteil). 221 Beschluß 95/468/EG des Rates vom 6.November 1995 betreffend den Gemeinschaftsbeitrag für den Informationsverbund für den Datenaustausch zwischen den Verwaltungen in der Gemeinschaft (IDA), ABI. Nr. L 269 vom 11. 11. 1995, S. 23. 222 Die bereits durch die offene Bezeichnung als "Beschluß" angelegte Unstrukturiertheit der Regelung des "!DA-Beschlusses" wird dadurch komplettiert, daß auch Aspekte, die die Interoperabilität der Netze betreffen, in die Regelung Eingang fanden. Es handelte sich so um ein buntes Sammelsurium von Elementen aller Handlungsmöglichkeiten nach Art. 129 b- d EGVa. F. (bzw. Art. 154-156 EGV). Vgl. hierzu im einzelnen EuGH v. 28. 5. 1998, Rs C22/96 (Europäisches Parlament/Rat- "IDA"), S1g. 1998,1-3242, Rn. 33 ff. 223 Urspriingliche Vorarbeiten der Kommission datierten noch vor dem lokrafttreten des Maastrichter Vertrages. Vgl. im einzelnen EuGH v. 28. 5. 1998, Rs C-22/96 (Europäisches Parlament/ Rat- "IDA''), Slg. 1998, 1-3242. Rn. 8 ff.

VIII. Das Verhältnis von Art. 154 ff. EGV zu Art. 70 ff. EGV

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wenig überraschend als Maßnahme im Bereich der Telekommunikationsinfrastrukturnetze nach Art. 129 b EGV a. F. kategorisierte, 225 so daß das Verfahren nach Art. 129 d EGV a. F. zu durchlaufen gewesen wäre, erklärte er sie für nichtig. Auch in dieser Entscheidung betont der EuGH mit gleichlautendem Wortlaut wie bereits in der Edicom-Entscheidung das Erfordernis, die Rechtsgrundlage auf objektive Umstände zu gründen226 und tritt ebenso bei Einschlägigkeit einer spezielleren Rechtsgrundlage dem Rückgriff auf Allgemeinklauseln entgegen?27 Nach alledem muß zuletzt nochmals auf die eingangs zitierte und ausführlich begründete Gegenansicht Jürgensens näher eingegangen werden. Zunächst gelangt dieser interessanterweise ebenfalls zum zutreffenden Ergebnis, daß die Art. 154 ff. EGV der allgemeinen Verkehrskompetenz vorgehen?28 Der entscheidende Fehlschluß liegt allerdings darin, daß er den Anknüpfungspunkt der Spezialität der Art. 154 ff. EGV unzutreffend wählt. Er sieht eine Verdrängung nicht fur den Sachbereich der infrastrukturbezogenen Planung von Verkehrswegen, sondern allein für die "Leitlinienplanung", nicht dagegen für konkrete Implementierungsakte zur Durchführung der allgemeinen Leitlinien. 229 Damit greift Jürgensen die das Spannungsverhältnis zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten im raumrelevanten Bereich widerspiegelnde Handlungsform der Leitlinie auf. Er zieht nicht den zutreffenden Schluß, daß aufgrund der mehrfach angesprochenen Sensibilität des Sachbereichs der Infrastrukturplanung allein die Leitlinien das kompetentiell zulässige Handlungsinstrument der Gemeinschaft sind. Er folgert vielmehr, daß genau in diesem Sachbereich viel weitergehende Rechtsakte aufgrund der Generalklausel der allgemeinen Verkehrspolitik erlassen werden können, da ja nur die Leitlinienplanung speziell in Art. 154 ff. EGV geregelt sei. Das führt dann dazu, daß er Implementierungsrechtsakte der Gemeinschaft für zulässig erachtet, die den nationalen Zulassungsakt, also den Planfeststellungsbeschluß ersetzen können sol224 Aufgrund der doch recht naheliegenden Einschlägigkeil der hiesigen Regelungen - immerhin sprach der !DA-Beschluß alle Elemente der Art. 129 b - d EGVa. F. an- erneut, d. h. nach der Edicom-Entscheidung, ein vermeidbarer und unnötiger Mißgriff des Rates, dem es anscheinend schwerfällt, geänderte Entscheidungsprozesse und hier vor allem das Mitentscheidungsrecht des Parlaments zu akzeptieren. 225 EuGH v. 28. 5. 1998, Rs C-22/96 (Europäisches Parlament/Rat- "IDA"), Slg. 1998, I-3242, Rn. 36. 226 EuGH v. 28. 5. 1998, Rs C-22/96 (Europäisches Parlament/Rat- "IDA"), Slg. 1998, I-3242, Rn. 23. 227 EuGH v. 28. 5. 1998, Rs C-22/96 (Europäisches Parlament/Rat - "IDA"), Slg. 1998, I-3242, Rn. 22. 228 Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 71 ff., ib. S. 77. 229 Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 91 formuliert etwa: "Da konkrete Implementierungen von Verkehrsprojekten nicht auf Art. 129 b ff. gestützt werden könne, verdrängen diese Vorschriften auch grundsätzlich keine andere Vertragsnorm. Der Iex specialis Grundsatz ist nicht anwendbar."

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§ 3 Das primäre Gemeinschaftsrecht der Art. 154-156 EGV

len.Z30 Eine Ansicht, die aus der kompetentiellen Beschränkung der Handlungsformen auf die Setzung rahmenartiger Leitlinien letztlich das Gegenteil herleitet, hierbei davon ausgeht, daß dies auch noch dem Subsidiaritätsprinzip entspreche und so zu einem Ergebnis gelangt, das nicht nur der geltenden Rechtslage völlig widerspricht, sondern auch die Notwendigkeit abgestufter Planungsprozesse in Frage stellt und schließlich in tatsächlicher Hinsicht die Kapazitäten der Gemeinschaft überschätzt. M.E kann man bei zutreffender Abgrenzung, die sich an dem Inhalt und Umfang des geregelten Sachbereichs zu orientieren hat, nur zu dem Ergebnis kommen, daß solche Implementierungsakte der Gemeinschaft, die den nationalen Zulassungsakt ersetzen sollen, ganz sicher primärvertraglich nicht zulässig sind. 231 Die Art. 154156 EGV enthalten eine selbständige Regelung, die Umfang und Grenze der Gemeinschaftsrechtsetzung im Bereich der (Verkehrs-) infrastrukturen enthält.

IX. Fazit: Die Art. 154 ff. EGV als Basis einer funktionalen Aufgabenverteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten im Verkehrsinfrastrukturplanungsrecht Die Art. 154-156 EGVenthalten die primärrechtliche Antwort auf die Notwendigkeit der Ausrichtung des verkehrsinfrastrukturbezogenen Planungsrechts auf den Gemeinschaftsraum. Mit dem zentralen Bezugspunkt der Infrastruktur erreicht das Gemeinschaftsrecht eine neue Qualität, indem es die Notwendigkeit von Infrastrukturen als Basis und Voraussetzung eines funktionierenden (Wirtschafts-)raumes erkennt. Die Gemeinschaft verfügt über Kompetenzen, die über die Möglichkeit finanzieller Unterstützung von Vorhaben qualitativ hinausgehen, indem die Gemeinschaft die das Recht erhält, Leitlinien zu erlassen, in denen sie vor allem durch die Festlegung von wichtigen Vorhaben die Vorstellung artikulieren kann, wie künftig das Infrastrukturnetz auf Gemeinschaftsebene aussehen soll. Sie legt mit den Leitlinien die Aufgabe fest, die aus ihrer Sicht zu bewältigen ist. Die Planung von Verkehrsinfrastrukturen auf Gemeinschaftsebene beginnt nicht voraussetzungslos auf leerem Tableau, sondern muß als neue Planungsebene den gewachsenen nationalen Verkehrsnetzen und Planungssystemen Rechnung tragen. 230 Daß dies so kaum sein kann, erkennt grundsätzlich auch Jürgensen, wenn er in verfahrensrechtlicher Hinsicht auf die Implementierungsakte nach Art. 71 lit. d EGV das Billigungserfordernis nach Art. 156 Abs. 2 EGV im Wege eines Analogieschlusses anwenden will (a. a. 0 ., S. 98 f.). Er sieht, daß es schlecht sein kann, wenn man aufgrunddes Schutzes der Gebietshoheit der Mitgliedstaaten bei der hochstufigen rahmenartigen Aufgabenplanung der Leitlinien eine Billigung vorsieht, bei gemeinschaftlichen Implementierungsakten, die das gesamte nationale Planungsrecht negieren, aber so etwas nicht vorgesehen ist. 231 Der tiefere Grund der Ansicht Jürgensens dürfte darin liegen, daß er die Planung der transeuropäischen Netze in seiner Arbeit an Gemeinschaftsgrundrechten messen will. Hierzu bedarf es eines gemeinschaftlichen Rechtsaktes, der Grundrechte berühren kann und den Jürgensen mit der vorliegenden Konstruktion kreiert.

IX. Fazit

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Eine aufgabenbezogene Planung gegen die Mitgliedstaaten unter Umgehung oder Ignorierung ihrer Planungsstufen ist weder wünschenswert und sachgerecht, noch haben die Mitgliedstaaten jemals entsprechende Kompetenzen auf die Gemeinschaftsebene transferiert. Hieran wird sich sicher auch künftig nichts ändern. Vielmehr besteht ein Verhältnis der kooperativen Bewältigung der ehrgeizigen Gesamtaufgabe des Netzaufbaus. Dieses spiegelt sich im analysierten Primärrecht wider, das Inhalt und Grenze der gemeinschaftlichen Rechtsetzung im Bereich der Planung der Verkehrsnetze festlegt. Der Gemeinschaft wird ein weitgehender planungsrechtlicher Gestaltungsspielraum eingeräumt, ihre Planung muß sich allerdings in den Grenzen dessen halten, was Art. 154 Abs. 1 EGV damit umschreibt, daß die Gemeinschaft lediglich einen "Beitrag" zum Netzaufbau leistet. Hieraus ergibt sich auch schon, daß die Gesamtaufgabe der Planung und anschließenden Realisierung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten aufgeteilt ist. Das BVerfG nennt ausdrücklich Art. 129 b ff. EGV a. F. (Art. 154 ff. EGV) in seinem Maastricht-Urteil232 in denjenigen Passagen, die sich mit der Abgrenzung der gemeinschaftlichen Kompetenzen befassen und sieht die Gemeinschaftstätigkeit (nur) als Ergänzung der an sich gegebenen mitgliedstaatliehen Politiken. Materiell typischerweise wenig festgelegte, hochstufige Aufgabenplanungen erhalten anband des Planungsverfahrens wesentliche Konturen. Die Leitlinien als zentrales Planungsinstrument der Gemeinschaft werden hierbei in demjenigen Rechtsetzungsverfahren kreiert, das die Gemeinschaftsorgane und Ausschüsse in hohem Maße einbindet. Konkret werden sie von Rat und Europäischem Parlament gemeinsam erlassen. Der Vorwurf mangelnder Legitimation oder Akzeptanzstiftung kann daher gegen die gemeinschaftliche Planung nicht erhoben werden. Die Mitgliedstaaten werden in das Rechtsetzungsverfahren durch das Erfordernis der Billigung von Planungen, die ihr Hoheitsgebiet betreffen, eingebunden. Die Besorgnis zentralistischer Überplanung ist daher unbegründet. Die Mitgliedstaaten bleiben Inhaber ihrer Territorialhoheit Neben diesem abwehrenden Aspekt sollte nicht unterschätzt werden, daß der betroffene Mitgliedstaat durch eine etwaige Billigung auch positiv zum Ausdruck bringt, daß er die Planung akzeptiert. Das Billigungserfordernis dokumentiert so rechtsförmlich im primären Vertragsrecht das sachnotwendig zwischen den Planungsebenen bestehende Kooperationsverhältnis. Da die Leitlinien ein neuartiges Instrument im Rahmen der Gemeinschaftsrechtsordnung sind, bedürfen sie noch näherer Analyse, bevor beantwortet werden kann, inwiefern sie rechtliche Bindungen erzeugen. Mit diesem Gesamtsystem enthält das primäre Gemeinschaftsrecht eine funktionelle Verteilung der Aufgaben und Kompetenzen zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten für den Sachbereich des verkehrsinfrastrukturbezogenen Planungsrechts.

232

BVerfG, Urteil v. 12. 10. 93-2 BvR 2134,2159/92- E 89, 155,210 (Maastricht).

§ 4 Die Leitlinien für transeuropäische Netze im Verkehrsinfrastrukturbereich 1 I. Einführung

Nach der vorhergehenden Analyse der primärvertraglichen Vorgaben kann nun darauf aufbauend die sekundärrechtliche Umsetzung in Form der planungsrechtlich relevanten Leitlinien untersucht und beurteilt werden. Hierbei wird in eine Materie eingedrungen, zu der Ronellenfitsch jüngst leicht resignierend anmerkte, sie lasse noch weniger Systematik erkennen als moderne deutsche Gesetze. 2 Ein Befund, der in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend, jedoch in Teilbereichen nicht von der Hand zu weisen ist. Zunächst wird im folgenden dargestellt, wie die Gemeinschaft von den relativ offenen leitlinienbezogenen Vorgaben des Primärrechts Gebrauch gemacht hat und welches Planungskonzept sie hierbei verfolgt. Besonderer Bedeutung kommt insofern der Frage zu, wie die Aufgabe der Bestimmung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse gelöst wurde. Ein gewichtiger Teil der beklagten Unklarheiten der Leitlinien basiert auf Meinungsverschiedenheiten im Rahmen des Rechtsetzungsprozesses. Die jetzigen Leitlinien lassen sich wie jede umfangreiche Planung nur vor dem Hintergrund ihrer Entstehungsgeschichte und aus dieser heraus verstehen und interpretieren. Dargestellt wurde bereits die grundsätzliche Entwicklungslinie der infrastrukturbezogenen Rechtsetzung im Vorfeld der primärvertraglichen Kompetenznormierung,3 deren Einfluß vor allem darin bestand, die Notwendigkeit einer nicht allein finanz- sondern auch aufgabenbezogenen Planung als solcher zu verdeutlichen. Das Verständnis der an diese Erkenntnis anknüpfenden Leitlinien wird dagegen durch das konkrete Planungs- bzw. Rechtsetzungsverfahren geprägt. In diesem Rechtsetzungsverfahren bestanden an zentralen Punkten erhebliche Meinungsverschiedenheiten, so daß manche Kompromißformeln der jetzigen Regelung ohne diesen Hintergrund unverständlich blieben. 4 An entsprechenden Problempunkten I Die Leitlinien wurden zwar bereits nachgewiesen, dennoch sei hier erneut darauf hingewiesen, daß diese schließlich durch die Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABI. Nr. L 228 vom 9. September 1996, S. 1 ff. erlassen wurden. 2 Vgl. den Tagungsbericht zum 4. Speyerer Forschungsseminar zum Eisenbahnrecht "Aktuelle Probleme des Eisenbahnrechts" von Stüer/Hermanns, DVBI. 99, 27, 29. 3 Hierzu § 2, S. 24 ff.

li. Verfahren der Leitlinienaufstellung im konkreten Anwendungsfall

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wird daher auf das Rechtsetzungsverfahren näher eingegangen. Nur so kann die Intention der Regelung erkannt werden, sowie weitergehend der Blick auf divergierende, teils überlegene Lösungsansätze frei werden. Schließlich ist anzumerken, daß eine umfassende rechtliche Einordnung der Leitlinien erst nach der hiesigen vorwiegend erläuternden Darstellung fundiert möglich ist. 5

II. Das Verfahren der Leitlinienaufstellung im konkreten Anwendungsfall Die Leitlinien wurden gemäß Art. 129 d Abs. 1 und 2 EGV a. F. (jetzt Art. 156 EGV) im Mitentscheidungsverfahren in der Fassung des Art. 189 b EGV a. F. erlassen. Die Frage, ob die dargestellten Vereinfachungen des Mitentscheidungsverfahrens im Zuge der Amsterdamer Vertragsrevision zu einem anderen Verfahrensablauf und -ergebnis geführt hätten, kann, da allzu hypothetisch, nicht beantwortet werden. Immerhin sollte berücksichtigt werden, daß im hiesigen Planungsgang eine Einigung erst im Vermittlungsverfahren erzielt wurde, in welchem das Parlament von seinen Vorstellungen erhebliche Abstriche hinnehmen mußte. Da das Annexverfahren des Art. 189 b Abs. 6 EGVa. F., das das Parlament in eine schwierige Position brachte, nach der Neuregelung ersatzlos gestrichen wurde, kann nicht ausgeschlossen werden, daß ohne diesen Druck das Vermittlungsergebnis so nicht akzeptiert worden wäre. Dies ist allerdings Spekulation. Das Planungsverfahren verlief in folgenden Teilschritten: 6 Den Beginn des Rechtsetzungsverfahrens stellt der Vorschlag der Kornmission dar, deren Generaldirektion VII "Verkehr" unter dem damaligen7 Kommissar, dem ehemaligen Chef 4 Als anschaulichstes Beispiel kann hier die kaum geglückte Einbeziehung der Vorhaben des Anhangs III angeführt werden. Diesen wurde vom Europäischen Rat 1994 in Essen hohe Priorität zugemessen. Man sollte nun eigentlich davon ausgehen dürfen, daß solche "Prestigeprojekte" in den Leitlinien ganz selbstverständlich an prominenter Stelle aufgegriffen werden. Ein Fehlschluß, wie Art 19 der Leitlinien zeigt, der auf den Anhang III nur "indikativ" und ohne jede Rückbindung an die Regelung bezüglich der Vorhaben von gemeinsamem Interesse hinweist. Eine Komprornißformel, die nur durch die erheblichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Rat und Parlament zu dieser Frage zu erklären ist. s § 5, S. 138 ff. 6 Zusarnmengefaßt: Vorschlag der Kommission, ABI. Nr. C 220 vom 8. 8. 1994, S. 1 sowie geänderter Vorschlag, ABI. Nr. C 97 vom 20. 4. 1995, S. 1; Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 23. 11. 1994, ABI. Nr. C 397 vom 31. 12. 1994, S. 23; Stellungnahme des Ausschusses der Regionen vom 8. 9. 1994, ABI. Nr. C 210 vom 14. 8. 1995, S. 34; Stellungnahme des Europäischen Parlaments in 1. Lesung vom 18. Mai 1995, ABI. Nr. C 151 vom 19. 6. 1995, S. 234; gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 28. September 1995, ABI. Nr. C 331 vom 8. 12. 1995, S. I; Beschluß des Europäischen Parlaments nach 2. Lesung vom 13. Dezember 1995, ABI. Nr. C 17 vom 22. 1. 1996, S. 58; Beschluß des Rates im Vermittlungsverfahren vom 15. Juli 1996, Bull. EU 7/811996 Ziff. 1. 3. 131.; Beschluß des Europäischen Parlaments im Vermittlungsverfahren (dritte Lesung) vom 17. Juli 1996 ABI. Nr. C 261 vom 9. 9. 1996, S. 50. 7 Die zuständige Generaldirektion wird seit Mitte 1999 von der spanischen Kommissann und Vizepräsidentin der Kornmission Loyola de Palacio del Valle-Lersundi geleitet, die

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

der britischen Labour-Partei Kinnock, hierbei federführend war. 8 Hieran schlossen sich die Stellungnahmen des Ausschusses der Regionen9 vom 28. 9. 1994 und des Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 23. 11. 199410 an. Ein weiteres wichtiges Ereignis, das den Entstehungsprozeß der Leitlinien beeinflußte, datiert in der weiteren Phase des Rechtsetzungsprozesses. Zeitlich nach den Ausschußstellungnahmen veröffentlichte die sog. Christophersen-Gruppe ihren Abschlußbericht unter dem allgemeinen Titel "Transeuropäische Netze". 11 Bei diesem Gremium handelte es sich um eine Gruppe der persönlichen Beauftragten der Staats- bzw. Regierungschefs, benannt nach dem Vorsitzenden der Gruppe, dem damaligen Vizepräsidenten der Kommission Christophersen. Neben diesem Vorsitzenden bestand die Gruppe aus jeweils einem Beauftragten pro Mitgliedsland. 12 Obwohl dieses speziell eingerichtete Gremium, das durch Beschluß des Europäischen Rates auf der Brüsseler Tagung im Dezember 1993 eingesetzt wurde, nicht dem förmlichen Rechtsetzungsverfahren zuzuordnen ist, kam ihrer Arbeit rein tatsächlich für den weiteren Verfahrensgang erhebliche Bedeutung zu. Aufgabe der Gruppe war es in erster Linie, die politisch heikle Frage der Einigung auf zentrale Infrastrukturprojekte zu erleichtern und damit den Aufbau der transeuropäischen Netze zu beschleunigen. 13 Wichtige Bedeutung erlangte die als Ergebnis eines Auswahlprozesses 14 der Gruppe stehende Liste der prioritären Verkehrsvorzuvor Ministerin für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung (seit 1996) sowie Mitglied des Abgeordnetenhauses (seit 1989) für die Volkspartei (Partido Popular) war. Sie ist neben dem hiesigen Verkehrsbereich ebenfalls für den Energiesektor zuständig. Neil Kinnock ist in der seit September 99 amtierenden Kommission unter Präsident Prodi weiterhin an einflußreicher Stelle vertreten und nunmehr für die internen EU-Reformen zuständig. Innerhalb der Generaldirektion ist die Direktion B für die transeuropäischen Verkehrsnetze zuständig. 8 Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 7. 4. 1994, ABI. Nr. C 220 vom 8. 8. 1994, S. 1 ff. 9 Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 28. 9. 1994, ABI. Nr. C 210 vom 14. 8. 1995, s. 34 ff. 10 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABI. Nr. C 397 vom 31. 12. 94, s. 23 ff. 11 Transeuropäische Netze, Gruppe der persönlichen Beauftragten der Staats- bzw. Regierungschefs, Bericht an den Europäischen Rat von Essen, 1995. 12 Von deutscher Seite wurde Haller, Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen benannt. 13 V gl. Kommission/Europäische Investitionsbank, Transeuropäische Netze für Verkehr und Energie, Infrastruktur für das 21. Jahrhundert, S. 8. 14 Als Kriterien für die Auswahl wurden die Wirtschaftlichkeit, der Umfang (ib. große Vorhaben), ihre mögliche Attraktivität für private Investoren und ihre Planungsreife (angestrebter Baubeginn innerhalb von 2 Jahren) beriicksichtigt, vgl. Vgl. Kommission/Euro-

li. Verfahren der Leitlinienaufstellung im konkreten Anwendungsfall

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haben, 15 die nunmehr inhaltsgleich in Anhang III der Leitlinien aufgenommen ist, wobei die konkrete Eingliederung des Anhangs III eindrucksvoll die Koordinationsschwierigkeiten zwischen der förmlichen Rechtsetzung und der daneben agierenden Christophersen-Gruppe aufzeigt. Die 14 von der Christophersen-Gruppe ausgewählten Projekte fanden auf dem Europäischen Rat im Dezember 1994 in Essen Zustimmung. Bereits am 22. 2. 1995 legte die Kommission einen geänderten Vorschlag für die Leitlinienaufstellung vor. 16 Damit reagierte sie auf Änderungen der Sachlage und Rahrnenbedingungen, wobei vor allem der Beitritt der neuen Mitgliedstaaten, der Bundesrepublik Österreich, der Republik Finnland und des Königreiches Schweden auch in den Arbeiten zu den Leitlinien berücksichtigt wurden. 17 Diese Aufgabe konnte durch eine bloße Änderung des kartographischen Anhangs I erreicht werden, der jetzt auch das Gebiet der neuen Mitgliedstaaten erlaßt und das angestrebte Netz für die jeweiligen Einzelnetze darstellt. Nunmehr gab das Parlament seine Stellungnahme in erster Lesung ab, in welcher es umfangreiche Änderungen verlangte und einen Forderungskatalog von insgesamt nicht weniger als 159 Einzelpunkten aufstellte. 18 Das Europäische Parlament schöpft damit bereits in der ersten Lesung die relativ starke Stellung im Mitentscheidungsverfahren aus. Es ist sich (über-)deutlich bewußt, daß ein Rechtsakt letztlich nicht gegen seinen Willen durchgesetzt werden kann. 19 Auf die Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments reagierte die Kommission ihrerseits mit einer erneuten Änderung ihres Vorschlages.20 Sie setzte sich in diesem mit den Kritikpunkten des Parlaments auseinander. Am 28. 9. 1995 legte der Rat daraufhin seinen gemeinsamen Standpunkt fest, 21 ein wichtiges Datum des Entstehungspropäische lnvestitionsbank, Transeuropäische Netze für Verkehr und Energie, Infrastruktur für das 21. Jahrhundert, S. 8. 1s Transeuropäische Netze, Gruppe der persönlichen Beauftragten der Staats- bzw. Regierungschefs, Bericht an den Europäischen Rat von Essen, 1995, S. 24 f. 16 Geänderter Vorschlag ftir eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABI. Nr. C 97 vom 20. 4. 1995, S. 1 ff. 17 Vgl. hierzu die Erläuterung der Kommission zum geänderten Vorschlag in BT-Drs. 13/ 2977, s. 94 ff. 18 Änderungsvorschläge zu dem Vorschlag und geänderten Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 18. Mai 1995, ABI. Nr. C 151 vom 19.6. 1995,S. 234ff. 19 Den nachfolgenden Abschnitt des Rechtsetzungsverfahrens bezeichnet Erdmenger; in: Weidenfeld/Wessels (Hrsg.), Jahrbuch der Europäischen Integration 1996/97, 1997, S. 167, 167 I 168 treffend als einen einjährigen intensiven "Trilog" zwischen Parlament, Rat und Kommission. 20 Geänderter Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 19. 6. 1995, KOM (95) 298 endg.

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

zesses, da hier zum ersten Mal die Sicht des zweiten Planungsträgers neben dem Parlament förmlich dokumentiert wurde. In der Sache lehnte der Rat zahlreiche Änderungen des Parlamentes ab, so daß bereits hier deutlich wurde, daß, wenn überhaupt, eine Einigung erst im Vermittlungsverfahren möglich sein würde. Erwartungsgemäß akzeptierte das Europäische Parlament daraufhin den gemeinsamen Standpunkt in zweiter Lesung nicht, 22 sondern schlug erneut über 100 Änderungen vor. Hierauf reagierte die Kommission mit einer Stellungnahme und einem erneuten geänderten Vorschlag. 23 Da der Rat die zahlreichen Änderungen des Parlaments, wie vorherzusehen war, nicht billigte, kam es zum Verrnittlungsverfahren. Nach drei Sitzungen24 wurde am 17. 6. 1996 ein Komprorniß erzielt und ein gemeinsamer Entwurf angenommen. 25 Der Rat26 und das Parlament27 billigten den erzielten Komprorniß, so daß diese am 23. Juli, also nach knapp zwei Jahren seit dem ersten Komrnissionsvorschlag, unterzeichnet werden konnten. Vorbehalte eines Mitgliedstaates wurden in der abschließenden Ratsabstimmung nicht erhoben, so daß das Billigungserfordernis ebenfalls beachtet wurde. Gemäß Art. 23 der Leitlinien sind diese seit dem 10. 9. 1996, dem Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Anfang 1997 wurden die Leitlinien in Anhang I betreffend Großbritannien geringfügig berichtigt. 28

21 Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 22195 vom Rat festgelegt am 28. September 1995 im Hinblick auf den Erlaß der Entscheidung . .. des Europäischen Parlaments und des Rates vom ... über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABI. Nr. C 331 vom 8. 12. 95, S. 1 ff. 22 Beschluß betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlaß der Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 13. Dezember 1995, ABI. C 17 vom 22. 1. 1996, S. 58 ff. 23 Stellungnahme der Kommission gemäß Art. 189 b Abs. 2 Buchstabe d des EG-Vertrages zu den Abänderungen des Europäischen Parlaments des gemeinsamen Standpunktes des Rates betreffend den Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 24. 1. 1996, KOM(96) 16 endg. 24 Vgl. Bull. EU 411996, Ziff. 1. 3. 66; Bu11. EU 5 I 1996, Ziff. 1. 3. 79; Bu11. EU 611996, Ziff. 1. 3. 94. Erdmenger, in: WeidenfeldiWessels (Hrsg.), Jahrbuch der Europäischen Integration 1996197, 1997, S. 167, 168 kommentiert dieses Vermittlungsverfahren als durchaus spannend und mehrere Nachtsitzungen erfordernd. 25 Vgl. Bull. EU61 1996, Ziff. 1. 3. 94. 26 Annahme des gemeinsamen Entwurfs durch den Rat am 15. Juli 1996, Bull. EU 7 I 8 I 1996 Ziff. 1. 3. 131. 27 Annahme des gemeinsamen Entwurfs durch das Europäische Parlament am 17. Juli, ABI. Nr. C 261 vom 9. 9. 1996, S. 50. 28 Berichtigung der Entscheidung Nr. 16921961EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes (ABI. Nr. L 228 vom 9. 9. 1996, S. 1), ABI. Nr. L 15 vom 17. l. 1997, s. l.

111. Die regelungstechnische Grundstruktur der Leitlinien

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Zur verbesserten Einbeziehung vor allem von Seehäfen, Binnenhäfen und zur stärkeren Einbeziehung von Schienengüterverkehrskorridoren werden die Leitlinien in naher Zukunft novelliert. 29 Die Grundstruktur der Leitlinien bleibt von diesen Änderungen, die aus Sicht dieser Untersuchung Randbereiche betreffen, unangetastet. 30 111. Die regelungstechnische Grundstruktur der Leitlinien

Die jetzigen Leitlinien sind das Produkt des skizzierten kompromißhaften Rechtsetzungsverfahrens. Rechtsförmlich sind sie als staatengerichtete Entscheidung abgefaßt und übernehmen die ursprüngliche Konzeption der Kommission, die seit Beginn des Rechtsetzungsverfahrens nicht mehr in Frage gestellt wurde. 31 Strukturell gliedern sich die Leitlinien in verschiedene Elemente: Eingangs werden zunächst die erläuternden Erwägungsgründe vorangestellt. 32 Hieran schließt sich der eigentliche Entscheidungstext an, 33 der aus 24 Artikeln besteht und- cum grano salis- die rechtliche Basis mit Zielvorstellungen und Handlungsaufträgen an die Mitgliedstaaten bildet. Den zentralen Punkt dieses verfügenden Leitlinienteils enthält Art. 7 mit der Regelung bezüglich der Vorhaben von gemeinsamem Interesse. 34 Dieser schlägt zugleich die Brücke zu den teils kartographischen Anhängen I - III, 35 die der besseren Spezifizierung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse dienen.

29 Aus dem Rechtsetzungsverfahren vgl. zuletzt: Kommission: Geänderter Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr. 1692/96/EG bezüglich Seehäfen, Binnenhäfen und intermodalen Terminals sowie des Vorhabens Nr. 8 in Anhang III vom 17. 6. 999, Korn (1999) 277. 30 So ausdrücklich die Kommission a. a. 0., Fn. 29, S. 2, in ihrer Begründung des geänderten Vorschlags. 31 Dies erstaunt, da gegen die Wahl der Entscheidung als Rechtsform rechtliche Bedenken durchaus bestehen, vgl. dazu§ 5, S. 153 ff. 32 Hierzu sogleich. 33 Hierzu S. 99 ff. 34 Hierzu im einzelnen S. 123 ff. 35 Zu diesen näher S. 118 ff.

7 Bogs

98

§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

Aufbau und Struktur der Leitlinien Allgemeiner Teil 1 (Art. 1-8):

Besonderer Teil (Art. 9-17):

Allgemeiner Teil 2 (Art. 18-24):

Allgemeine Bestimmungen: Anspruch, Ziele, Zweck, Prioritäten

Spezifika der einzelnen Netzteilbereiche

Organisationsrechtlicher Charakter: Ausschuß, Überpriifung, Inkrafttreten

Vorhaben von gemeinsamem Interesse Art. 7

Anhang 1:

Anhang II:

Anhang 111:

Netzschemata in Kartendarstellung

Ergänzende Kriterien für Vorhaben von gemeinsamem Interesse

Liste der vom Europäischen Rat 1994 ausgewählten 14 Projekte

IV. Die Erwägungsgründe Vor dem eigentlichen Entscheidungstext sind aufgrund des recht formalen Begründungserfordemises des Art. 253 EGV Erwägungsgründe angeführt. Diese können bei der Auslegung des Rechtsaktes eine gewisse Hilfe leisten. Die immensen Gegensätze im Rechtsetzungsverfahren treten schon hier zutage. Selbst die Aufnahme einzelner Erwägungsgründe war im Rechtsetzungsverfahren umstritten. Systematisch lassen sich die ersten fünf Erwägungsgründe zu einer homogenen Gruppe zusammenfassen. Sie knüpfen eng an die primärrechtlichen Vorgaben an und artikulieren die allgemeinen Ziele des Politikfeldes der transeuropäischen Netze. In weiteren sachlich zusammengehörenden Erwägungsgründen36 werden die Maßnahmen genannt, mit denen die eingangs angeführten Ziele zu erreichen sind. Im einzelnen handelt es sich bereits um eine Kurzübersicht der im verfügenden Teil aufgenommenen Punkte. Die beiden übrigen, auf Initiative des Parlaments eingefügten Erwägungsgründe (8) und (9) weisen auf die Beachtung des Umweltschutzes hin und sind so im Zusammenhang mit der Regelung des Art. 8 der Leitlinien zu sehen. 36

Erwägungsgriinde (6), (7), (10), (11), (12) und (13).

V. Der textliche Regelungsteil der Leitlinien

99

Inhaltlich klären die Erwägungsgründe gegenüber dem folgenden eigentlichen Entscheidungstext wenig. Sie begnügen sich mit Wiederholungen oder Betonungen von bereits primärrechtlich Vorgegebenem oder in der Entscheidung selbst näher Angeführtem. In einer solchen, allerdings im Gemeinschaftsrecht üblichen Abfassung, sind sie nahezu überflüssig.

V. Der textliche Regelungsteil der Leitlinien 1. Die Systematik

Der ausführliche verfügende Teil der Entscheidung untergliedert sich seinerseits in 24 Artikel, die in 11 Abschnitten zusammengefaßt sind. Eine weitere Unterteilung nehmen die Leitlinien nicht vor. Eine solche ist allerdings anband materieller Kriterien möglich und schon aufgrund des Umfangs der Regelung sinnvoll. Einzelne Abschnitte bzw. Artikel der Leitlinien können nach dem Regelungsinhalt zusammengefaßt werden. Danach wird die bereits überblicksartig vorgestellte Dreiteilung der Leitlinien deutlich: Der erste allgemeine Teil (Abschnitt 1 "Allgemeine Grundsätze", Art. 1- 8 der Leitlinien) enthält die zentralen Regelungen bezüglich des Anspruchs und der rechtlichen Wirkungen der Leitlinien. 37 Als besonderer Teil der Leitlinien lassen sich die Abschnitte 2- 10, Art. 9- 17 der Leitlinien zusammenfassen.38 Die Leitlinien verfolgen das Konzept der integrierten Verkehrswegeplanung, d. h. sie enthalten Festlegungen für mehrere verschiedene Infrastrukturen. Der besondere Teil trägt den Unterschiedlichkeiten der einzelnen Verkehrsträger Rechnung. Er enthält konkretisierende Spezifikationen, welchen Anforderungen die jeweilige Infrastruktur aus gemeinschaftlicher Perspektive entsprechen muß. Ein dritter und abschließender Teil39 (Abschnitt 11 "Gemeinsame Bestimmungen", Art. 18 - 24 der Leitlinien) enthält wiederum allgemeine, für das Gesamtnetz geltende Bestimmungen. Im Unterschied zum einleitenden allgemeinen Teil hat dieser einen anderen Charakter, indem er sich vor allem aus organisationsrechtlichen Regelungen zusammensetzt, etwa bezüglich des praktischen Informationsaustauschs zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten oder der Fortschreibung der Leitlinien.

37 38 39

7*

Hierzu im einzelnen S. 100 :ff. Zu diesem näher S. 114 :ff. Hierzu näher S. 116 :ff.

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

2. Der erste allgemeine Teil (Art. 1-8 der Leitlinien)

Zentrale Bedeutung für Funktion, Anspruch und Selbstverständnis der Leitlinien kommt dem ersten allgemeinen Teil (Abschnitt 1, Art. 1 - 8 der Leitlinien) zu. Hier erhält die Gemeinschaftsaktion wesentliche Konturen. Ebenfalls finden sich in diesem Abschnitt die wichtigsten Bestimmungen der Leitlinien, zunächst Art. 7, der regelt, wann ein Vorhaben ein solches von gemeinsamem Interesse ist. Ebenfalls enthält dieser Teil mehrere Regelungen (Art. 1, 2, 7 Abs. 3), aus denen sich Rechtspflichten der Mitgliedstaaten ableiten. Die letztgenannten Punkte werden aufgrundihrer Bedeutung im folgenden eingehend und gesondert40 untersucht. 41

a) Zweck und Ziele Art. I definiert den Zweck des Erlasses des Rechtsaktes. Gemäß Abs. 1 ist dies die Aufstellung von Leitlinien. Zur näheren Umschreibung des Inhalts der Leitlinien bezieht sich Abs. 1 eng auf primärrechtliche Vorgaben des Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV zurück und kann daher nur klarstellende Funktion haben. Die Ziele, Prioritäten und Grundzüge der geplanten Aktionen sollen die Leitlinien erfassen und außerdem die Vorhaben von gemeinsamem Interesse benennen. Insofern antizipiert Art. 1 Abs. 1 bereits den weiteren Aufbau der Leitlinien. Erwähnenswert, da in der primärvertraglichen Regelung nicht enthalten, ist der sich auf die Vorhaben von gemeinsamem Interesse beziehende letzte Halbsatz des Art. 1 Abs. 1, wonach deren Durchführung zum Aufbau des Netzes auf Gemeinschaftsebene beitragen soll. Dieser Halbsatz unterstreicht den hohen Stellenwert der Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Gesamtgefüge der Netzpolitik. Art. 1 Abs. 2 definiert den Leitlinienbegriff sekundärrechtlich.42 Die jetzige Definition als "allgemeiner Bezugsrahmen" geht hierbei auf einen Vorschlag des Parlaments in erster Lesung zurück. Nach dieser erstmaligen Definition43 stellen die Leitlinien einen "strategischen Bezugsrahmen dar, auf dessen Grundlage die Maßnahmen der Mitgliedstaaten und die gemeinschaftlichen Maßnahmen, die auf die Durchführung der Vorhaben von gerneinsamem Interesse zur Sicherstellung der Verbesserung, der Kohärenz und der Inter40 So läßt sich Art. 7 (Vorhaben von gerneinsamem Interesse) nicht isoliert betrachten, da tatbestandlieh nicht nur auf Bestimmungen des allgerneinen Teils, sondern auch auf Bestimmungen zu den Teilnetzen und auf die Anhänge verwiesen wird. 41 Bezüglich der Vorhaben von gerneinsamem Interesse S. 123 ff.; bezüglich der Rechtspflichten der Mitgliedstaaten§ 6, S. 164 ff. 42 Die Definition ist ein wichtiger Punkt für die Frage der dogmatischen Einordnung der Leitlinien und wird daher dort näher beleuchtet, vgl. § 5, S. 148 ff. 43 Vgl. Änderungsvorschläge zu dem Vorschlag und geänderten Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vorn 18. Mai 1995, ABI. Nr. C 151 vorn 19. 6. 1995, S. 234 ff., Änderung 5, S. 235

V. Der textliche Regelungsteil der Leitlinien

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Operabilität des transeuropäischen Verkehrsnetzes ausgerichtet sind, gefördert werden sollen. Diese Vorhaben bilden ein gemeinsames Ziel, dessen DurchfUhrung davon abhängt, wie weit die Netzpläne (Network Structure Plans) planefisch ausgereift und Finanzmittel verfügbar sind, die von den Mitgliedstaaten, der Europäischen Union und dem Privatsektor entweder zusammen oder einzeln aufgebracht werden müssen."

Die jetzige Definition weist hiervon nur noch in Details ab und entspricht gänzlich der Fassung des gemeinsamen Standpunktes des Rates. Sie enthält Modifikationen, indem sie die Leitlinien nicht als strategischen, sondern als allgemeinen Bezugsrahmen bezeichnet, indem sie weiterhin die Förderung des Netzzugangs als weiteres Element der Durchführung der Vorhaben nennt und indem sie schließlich Klarstellungen bezüglich der Bereitstellung finanzieller Mittel insbesondere der Mitgliedstaaten aufnimmt. Artikel 2 der Leitlinien trägt die Überschrift ,,Ziele". Die rechtliche Bedeutung der Zielregelung wird dadurch gestärkt, daß im Rahmen der tatbestandliehen Festsetzung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse hierauf verwiesen wird. Zu unterscheiden sind die Zielsetzungen des Absatzes 1 von denen des Absatzes 2. Abs. 1 gibt das allgemeine "Globalziel" der Gemeinschaft im Bereich der transeuropäischen Verkehrsinfrastrukturnetze vor. In klarer und schlichter Formulierung wird die Herstellung des maßgeblich durch die Anhänge I und II geprägten Netzes im Zeithorizont 2010 als Ziel festgelegt. Angesichts des durch die Anhänge festgelegten Ausbauvolumens eine Herkulesaufgabe, deren Realisierung schon jetzt mehr als fraglich erscheint. Weiterhin fällt die strikte Formulierung des Art. 2 Abs. 1 ("Das transeuropäische Verkehrsnetz wird im Zeithorizont 2010 auf Gemeinschaftsebene hergestellt"44) auf, die entgegen der Formulierung des "Zwecks" in Art. 1 Abs. 2 der Leitlinien keine Vorbehalte, wie beispielsweise die Verfügbarkeit von Finanzmitteln oder die planensehe Ausgereiftheit nach nationalen Ausbauplänen nennt. Dennoch darf man aus Art. 2 Abs. 1 der Leitlinien keine falschen Schlüsse ziehen. Es handelt sich um eine Zielnormierung, die schon wegen dieses Charakters notwendigerweise nur materiell begrenzte Rechtswirkungen entfalten kann. 45 Ungeachtet dessen wird hieraus deutlich, welch hohe Bedeutung der Herstellung einer gemeinschaftsfähigen Infrastruktur beigemessen wird. Die Zielnormierungen des Abs. 2 sind dagegen insofern eher sekundärer Natur, als sie bereits die anvisierten Funktionen des herzustellenden Netzes selbst formulieren. Dabei beziehen sie sich jeweils auf bereichsspezifische Einzelaspekte des Netzes. Die im Vergleich zu Art. 2 Abs. 1 andersartige Ausrichtung dieser Zielnormierungen wird auch durch die Eingangsformulierung verdeutlicht ("Das Netz soll . .. " 46), die weniger strikt formuliert ist als die des Abs. 1. Dies ist angesichts Hervorhebung durch den Verf. M.a.W.: Die Zielnormierung kann ungeachtet des Wortlauts nie in eine gleichlautende Handlungsverpflichtung für die Mitgliedstaaten als Adressaten der Leitlinien. Näher hierzu im Gesamtzusammenhang bei der Frage, welche Rechtspflichten die Leitlinien den Mitgliedsstaaten auferlegen,§ 6, S. 165 ff. 44 45

102

§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

der inhaltlichen Widersprüchlichkeit einzelner Zielformulierungen nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, da eine vollständige Durchsetzung aller Ziele des Art. 2 Abs. 2 völlig unmöglich erscheint. Die Widersprüchlichkeit einzelner Ziele des Abs. 2 basiert auf der Kompromißhaftigkeit der Leitlinien und der unterschiedlichen Erwartungen an die Infrastrukturen. Da die Rechtsetzungsorgane jeweils "ihre" Zielnormierungen verfolgten und teils eben auch durchsetzten, war eine homogene Gesamtregelung nicht zu erreichen. 47 Daher steht die Zweckmäßigkeit der gesamten Regelung in Frage. Lit. a faßt verschiedenartige Aspekte zusammen. Als grundlegendes Ziel soll das Netz ,,in einem Raum ohne Binnengrenzen einen auf Dauer tragbaren Personen- und Güterverkehr unter möglichst sozialverträglichen und sicherheitsorientierten Bedingungen sicherstellen ... ". Bereits diese Ziele sind nur schwer in Einklang zu bringen, da ein funktionierender Raum ohne Binnengrenzen eher die Tendenz zur Vergrößerung des Verkehrsvolumens in sich birgt und so in Konflikt zu einem auch auf Dauer tragbaren Verkehr gerät. Deutlicher treten diese Grundkonflikte noch in der weiteren Formulierung des lit. a hervor, wonach das Verkehrsnetz zugleich zur Verwirklichung in sich gegenläufiger weiterer Gemeinschaftsziele beitragen soll. Genannt werden die Ziele des Umweltschutzes, des Wettbewerbes und des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts. Mit der Nennung des Umweltschutzes auf Initiative des Europäischen Parlaments zeigt sich abermals der Kompromißcharakter. Diese Formulierung erkennt kaum die Realitäten des notwendigen Gegensatzes zwischen Infrastrukturausbau und Umweltschutz an. Da (fast) jede infrastrukturausbaubezogene Maßnahme die Umwelt beeinträchtigt, kann das Netz nicht dazu dienen, die Ziele der Gemeinschaft im Bereich des Umweltschutzes herzustellen. Möglich ist lediglich eine Beachtung der Umweltschutzbelange bei der Netzherstellung im Sinne einer möglichst geringen Beeinträchtigung. So wird man lit. a verstehen müssen. Trotz dieser Formulierungsungenauigkeiten erscheint die grundsätzliche Erwähnung des Umweltschutzes bereits in der Zielnorm des Art. 2 positiv, da insofern ein Gegengewicht zu den weiteren, häufig48 den Umweltbelangen tendenziell gegenläufigen Zielnormierungen gebildet wird. Denn die übrigen Zielnormierungen lassen, wie auch schon das Primärrecht, eine andere, weitgehend positive, wenig kritische und rein wachstumsorientierte Einstellung hinsichtlich des Infrastrukturausbaus und des damit verbundenen Verkehrs erkennen: Lit. b fordert etwa eine hochwertige Infrastruktur zu möglichst Hervorhebung durch den Verf Manches erinnert daher an die ebenfalls kaum lösbare globale Aufgabenstellung der Gemeinschaft in Art. 2 EGV. Man sollte sich ernsthaft fragen, ob derart vollmundiges ,.Beiwerk" nicht nur die immer wieder betonte Klarheit und Transparenz des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigt. 48 Eine Ausnahme stellt die Formulierung des lit. d, die als Ziel die Nutzung der vorhandenen Kapazitäten nennt und so ebenfalls eher umweltschonend ausgerichtet ist. 46 47

V. Der textliche Regelungsteil der Leitlinien

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vertretbaren wirtschaftlichen Bedingungen.49 Gemäß lit. c sollen ausdrücklich alle Verkehrsträger in das Netz einbezogen werden, wobei diese Passage als Absage an die Forderungen des Parlaments nach der Formulierung eines Vorrangs umweltschonender Verkehrsträger zu verstehen ist. Weiterhin übernimmt lit. g die bereits in Art. 154 Abs. 2 EGV formulierte Zielbestimmung, wonach vor allem insulare, eingeschlossene und am Rand gelegene Gebiete mit den übrigen Gebieten der Gemeinschaft ohne Engpässe verbunden werden sollen. Insgesamt nehmen die Rechtsetzungsorgane mit diesen Zielnormierungen für sich in Anspruch, neben den in Art. 154 EGV primärvertraglich festgelegten Zielen weitere Ziele zu formulieren. Dies ist aufgrund des Charakters und der Handlungsanweisung des Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV rechtlich zulässig und (grundsätzlich) auch wünschenswert. Die Formulierungen im einzelnen sind dagegen aufgrund inhaltlicher Widersprüchlichkeit nicht durchweg geglückt. Eine klare Linie läßt sich nicht erkennen, so daß die Gefahr besteht, daß sich die gegensätzlichen Zielnormierungen neutralisieren. Dies wirft seinerseits Probleme bei der Festlegung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse auf, da hierbei tatbestandlieh auf die Zielnormierung des Art. 2 der Entscheidung zurückverwiesen wird.

b) Netzumfang

Art. 3 der Leitlinien umschreibt in sehr abstrakter, einen ersten Überblick gebender Weise den Umfang des transeuropäischen Verkehrsnetzes und gibt damit weiteren Aufschluß über die sachliche Reichweite des gemeinschaftlichen Planungsansatzes. Gemäß Art. 3 Abs. 1 umfaßt das transeuropäische Netz die Verkehrsinfrastrukturen sowie die Verkehrsmanagement-, Ortungs- und Navigationssysteme. Die Verkehrsinfrastrukturen im engeren Sinne werden durch Art. 3 Abs. 2 bezeichnet, der zwischen linienförmiger Infrastruktur und punktförmiger Infrastruktur unterscheidet. Für den Bereich der linienförmigen Infrastruktur nennt Art. 3 Abs. 1 die Bereiche Straßen, Eisenbahn- und Binnenwasserstraßennetze. 50

49 Dennoch soll das Netz nach lit. f "soweit möglich wirtschaftlich lebensfähig sein". Auch bei der praktischen Umsetzung dieser beiden Forderungen kann es leicht zu Gegensätzen führen. so Das Netz für den kombinierten Verkehr muß hierbei nicht explizit aufgeführt werden. Es setzt sich aus geeigneten Eisenbahnstrecken bzw. Binnenwasserstraßen zusammen und entsprechenden Umschlagterminals, vgl. Art. 14 und für den Bereich des Eisenbahnnetzes Art. 10 Abs. 3. Bei den Umschlagterminals handelt es sich um punktförrnige Infrastruktur, die durch die Formulierung des Art. 3 Abs. 1 a.E. ebenfalls zum transeuropäischen Verkehrsnetz zu rechnen ist, da es sich hierbei um "andere Knotenpunkte" handelt. Eine gesonderte Erwähnung in Art. 3 war aufgrund dieses Querschnittscharakters des Netzes für den kombinierten Verkehr nicht mehr notwendig.

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

Diese nur sehr allgemeinen Nennungen der Unterarten der erfaßten Infrastrukturen bedürfen der weiteren Eingrenzung, da sich der gemeinschaftliche Planungsansatz selbstredend nicht auf alle Infrastrukturen51 bezieht, die ganz allgemein in Art. 3 genannt werden. Die weitere Begrenzungsaufgabe leistet zunächst der besondere Teil, in dem weitere Merkmale für die jeweiligen Teilbereiche der Infrastrukturen aufgestellt werden und auf letzter Ebene Art. 7, der die Vorhaben von gemeinsamem Interesse regelt.

c) Grundzüge und Prioritäten Wenig anschaulich sind Art. 4 und 5 mit "Grundzüge der Aktion" und "Prioritäten" überschrieben. Diese Benennung ist allerdings kein Mißgriff der Rechtsetzungsorgane, sondern basiert auf der bereits offenen primärvertraglichen Vorgabe des Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV, der als eine Aufgabe der Leitlinien eben diese Festlegungen vorsieht. Daß die Rechtsetzungsorgane bei der Umsetzung der primärvertraglichen Vorgaben erhebliche Schwierigkeiten mit der Auslegung der angesprochenen Begriffe hatte, zeigt die wenig strukturierte Regelung der Art. 4 und 5. Diese läßt kaum nachvollziehbare inhaltliche Differenzierungskriterien zwischen Grundzügen und Prioritäten erkennen, überschneidet sich teils, ist nicht selten sprachlich mißglückt und nennt häufig bereits primärvertraglich Bekanntes. 52 Dennoch muß zwischen den "Grundzügen der Aktion" nach Art. 4 und den "Prioritäten" nach Art. 5 differenziert werden, da nur die letztere Prioritätensetzung nach Art. 5 gesteigerte rechtliche Relevanz dadurch erhält, daß Art. 7, der die Voraussetzungen der Vorhaben von gemeinsamem Interesse regelt, hierauf verweist. Art. 4 nennt in elf Unterpunkten zunächst die "Grundzüge der Aktion". Lit. a und b beziehen sich hierbei zunächst auf die zentralen Aufgaben der Leitlinien selbst. Hiernach stellt die Aufstellung und Fortschreibung von Netzplänen sowie die Bestimmung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse einen Grundpfeiler der Gemeinschaftsaktion dar. Lit. c nennt mißverständlich den "Ausbau des bestehenden Netzes" als Bestandteil der Gemeinschaftsaktion. Damit könnte der Eindruck erweckt werden, daß die Gemeinschaft in eigener Trägerschaft am Ausbau der Netze teilnimmt. Eine solche Auslegung würde jedoch der gesamten Konzeption der Art. 154-156 EGV zuwiderlaufen und wäre kompetentiell durch diese nicht gedeckt. 53 Auch in den weiteren Art. der Leitlinien findet sich keinerlei Stütze für einen wie auch immer gearteten eigenständigen Ausbau der Infrastruktur 51 Also beispielsweise nicht auf alle Straßenarten, sondern nur auf solche, die europäische Dimension aufweisen, vgl. Art. 9 der Leitlinien. 52 Insofern erweist sich die bereits eingangs angeführte Kritik der fehlenden Systematisierung Ronellenfitschs, nachgewiesen bei Stüer/Hennanns, DVBI. 99, 27, 29 als allzu berechtigt. 53 Es handelte sich nicht mehr um einen bloßen Beitrag zum Netzaufbau. V gl. zu diesem begrenzenden Merkmal bereits§ 3, S. 50 ff.

V. Der textliche Regelungsteil der Leitlinien

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durch die Gemeinschaft. Aufgrund dieser Erwägungen kann lit. c nur so verstanden werden, daß die Gemeinschaft einen Beitrag zum Ausbau des bestehenden Netzes liefert, wie es auch die Aufgabenumschreibung des Art. 154 EGV vorsieht. Lit. d nennt die Förderung der Netzinteroperabilität und bezieht somit einen Bereich ein, der durch Rechtsakte außerhalb der Leitlinien aufgrund des Art. 155 Abs. 1 2. Spiegelstrich EGV erreicht werden soll. 54 Art. 4 lit. e nimmt Forderungen nach verstärkter Einbeziehung der Intermodalität durch die Kombination verschiedener Verkehrsträger, die erstmals deutlich in der Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses artikuliert wurden, in die Grundzüge der Gemeinschaftsaktion auf. Lit. f bezieht sich auf gemeinschaftliche Finanzierungsinstrumente, erkennt die durch die Anzahl und Verschiedenheit der einzelnen Instrumente gegebene Gefahr einer insgesamt undurchsichtigen Verteilung der Förderrnittel und nennt daher das "Streben nach Kohärenz und Komplementarität der finanziellen Maßnahmen" als einen Grundzug der Aktion. Der Sache nach nimmt lit. f damit u. a. auf Art. 155 Abs. 1 3. Spiegelstrich, bzw. auf sekundärrechtliche Umsetzungsbestimmungen Bezug. Art. 4 lit. g nennt ganz allgemein Forschungs- und Entwicklungsaktionen. Einen praktischen Fall der Notwendigkeit der weiteren Forschung greift Art. 8 Abs. 2 auf, der der Kommission die Aufgabe der Entwicklung geeigneter Analysemethoden im Hinblick auf eine strategische Umweltverträglichkeitsprüfung für das gesamte Netz und für Korridore zuweist. 5 5 Art. 4 lit. h weist auf die Zusammenarbeit mit durch das Netz berührten Drittländern hin. Bereits primärvertraglich wird diese Entwicklungsperspektive des Netzes durch die Formulierung "transeuropäisch" und nicht "gemeinschaftlich" sowie durch Art. 155 Abs. 3 EGV, der sich ebenfalls auf eine Zusammenarbeit mit Nichtmitgliedstaaten bezieht, berücksichtigt. Art. 4 lit. i erwähnt in allgemeiner Form die "Schaffung von Anreizen für die Mitgliedstaaten sowie für internationale Organisationen zur Unterstützung der Ziele der Gemeinschaft", wobei unklar bleibt, welche Anreize neben den bereits erwähnten finanziellen Beiträgen hier gemeint sind. Schließlich sieht Art. 4 lit. j die "Förderung einer ständigen Zusammenarbeit der Beteiligten" als Grundzug der Aktion an, die notwendig ist, um die Realisierung der auf europäischer Ebene bestimmten Vorhaben zügig zu realisieren. Art. 4 lit. k sieht schließlich generalklauselartig "alle übrigen Aktionen, die zur Verwirklichung der in Artikel 2 genannten Ziele notwendig sind" ebenfalls als Grundzug der Aktion an. Da die Ziele des Art. 2 sehr weit gefaßt sind,56 ist die generalklauselartige Formulierung nicht unproblematisch. Daher ist zu betonen, daß sich alle Aktionen im Rahmen der

54 Mit der Einbeziehung der Netzinteroperabilität und auch der finanziellen Maßnahmen (lit. f) nehmen die Leitlinien den primärvertraglichen Auftrag des Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich wahr, ftir alle rechtlich möglichen "Aktionen" im Rahmen der Art. 154-156 EGV die Leitfunk:tion zu übernehmen. 55 Hierzu im einzelnen unten S. 108 ff. 56 Art. 2 Abs. 1 nennt den Aufbau des Netzes im Zeitrahmen 2010 als Ziel.

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

transeuropäischen Verkehrsnetze in dem durch Art. 154-156 EGV kompetenzrechtlich begrenzten Rahmen bewegen müssen. Art. 5 formuliert Prioritäten des gemeinschaftlichen Interesses im Bereich der Verkehrsnetze. Es handelt sich bei dieser Vorschrift um die leitlinienintegrierte Umsetzung des Handlungsauftrages des Art. 155 Abs. 1 1. Gedankenstrich EGV. Demzufolge greifen die Prioritäten auch diejenigen denkbaren Handlungsfelder heraus, in denen sich die bisherige, ganz überwiegend nationale Planung besonders negativ ausgewirkt hat und in denen die Gemeinschaft daher schnelle Erfolge erreichen kann. Daneben werden innerhalb der Prioritäten aber auch andere programmartige Aussagen getroffen, die vor dem Hintergrund des durch unterschiedliche Auffassungen geprägten Rechtsetzungsverfahrens zu verstehen sind. Rechtliche Bedeutung erhält Art. 5 der Leitlinien vor allem durch den Verweis innerhalb des Art. 7, der die Vorhaben von gemeinsamem Interesse definiert. Nach der Eingangsformulierung des Art. 5 genießen die als prioritär eingestuften Aktionen Vorrang. Die Priorität des lit. a, wonach der Schaffung und dem Ausbau von Haupt- und Zwischenverbindungen, um Engpässe zu beseitigen, Lücken zu schließen und Fernverkehrsverbindungen zu ergänzen, Vorrang zukommt, legt anschaulich das Defizit rein nationaler Verkehrswegeplanungen offen, das Hintergrund der Einfügung der Gemeinschaftskompetenz in den EGV war. Damit handelt es sich um eine sehr weitgehende, für die eigentlichen Verkehrswege besonders wichtige Gemeinschaftspriorität Die ebenfalls verkehrswegebezogene Regelung des lit. b bezieht sich auf die Anhindung von insularen, eingeschlossenen und am Rande gelegenen Gebieten an die zentralen Gebiete der Gemeinschaft und greift damit die entsprechenden Zielnormierungen des Art. 154 Abs. 2 S. 2 EGV57 auf. Lit. c nennt die optimale Kombination und Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger als prioritäre Aktion, sieht also die Schaffung intermodaler Systeme als prioritär an. Lit. d erwähnt die Einbeziehung des Umweltschutzes beim Infrastrukturausbau als prioritär und greift damit die Forderung vor allem des Europäischen Parlaments nach umweltschutzrechtlichen Regelungen in die Leitlinien selbst auf. In ähnliche Richtung läßt sich lit. f interpretieren, der eine Optimierung der Kapazität und Effizienz der bereits vorhandenen Infrastruktur als prioritär einstuft. Lit. e erwähnt die schrittweise Verwirklichung der Interoperabilität der Netzteilhereiche und bezieht sich so auf Art. 155 Abs. 1 2. Spiegelstrich EGV. Auch die weiteren in lit. g - i genannten Prioritäten sind für die eigentliche Verkehrswegeplanung von untergeordneter Bedeutung: Lit. g nennt die Herstellung von Knotenpunkten und Umschlaganlagen, lit. h die Verbesserung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Netzes und lit. i bezieht die Entwicklung und Einführung von Ver57 Förderung des Netzzugangs und Verbindung der insularen, eingeschlossenen und am Rande gelegenen Gebiete der Gemeinschaft mit den zentralen Gebieten der Gemeinschaft; zu diesen Zielen bereits § 3, S. 57 f. und S. 59 f.

V. Der textliche Regelungsteil der Leitlinien

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kehrsmanagement und Kontrollsystemen in den Kreis der vorrangigen Aktionen ein. Lit. i schließt die Liste der Vorrangaktionen ab, indem er die Durchführung von Studien anführt. d) Netze von Drittstaaten

Art. 6 der Leitlinien nimmt auf die Verkehrsnetze von Drittstaaten Bezug, deren Einbeziehung aus dem angestrebten gemeinschaftlichen Verkehrsnetz erst ein tatsächlich transeuropäisches Verkehrsnetz schaffen würde und korrespondiert insofern mit der Vorschrift des Art. 155 Abs. 3 EGV. Anknüpfungspunkt des Art. 155 EGV ist in sachlicher Hinsicht die Zusammenarbeit mit Drittstaaten. 58 Mit dieser Zusammenarbeit soll als Zweck (mittelbar) die Förderung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse und die Sicherstellung der Interoperabilität verfolgt werden. Die Regelung betrifft damit den Bereich der Außenbeziehungen und die Kompetenz der Gemeinschaft, Beschlüsse mit dritten Ländern zu fassen. Diese primärvertragliche Regelung macht Sinn, um eine kohärente Planung der Leitlinien mit den Plänen von Drittstaaten erreichen zu können. Die Regelung des Art. 6 der Leitlinien weicht von dieser Systematik leider ab. Denn nach dieser Regelung steht nicht die Zusammenarbeit mit dritten Staaten zur Frage, sondern es soll über eine .,Förderung"59 von bestimmten Projekten von Fall zu Fall entschieden werden. Genannt sind die Förderung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse, sowie die Förderung von Maßnahmen, die der Verknüpfung und Interoperabilität dienen. Vor allem die Aussage, daß hinsichtlich der Vorhaben von gemeinsamem Interesse nach Art. 6 der Leitlinien entschieden werden soll, fügt sich nicht in das Gesamtkonzept der Leitlinien ein. Denn bei diesen Vorhaben handelt es sich nach Art. 7 der Leitlinien nur um Vorhaben, die sich auf dem gemeinschaftlichen Gebiet befinden. Für diese Vorhaben besteht bereits eine differenzierte Förderungsregelung in Form der Finanzierungsverordnung. Vorhaben, die in Drittstaaten belegen sind, können nach Art. 7 der Leitlinien per definitionem keine solche von gemeinschaftlichem Interesse sein. 60 ss Zu der praktischen Durchführung der Zusammenarbeit mit Drittstaaten vgl. im einzelnen Erdmenger, in: Weidenfeld/Wessels (Hrsg.), Jahrbuch der Europäischen Integration 1995/96, 1996, S. 173, 176 ff.; Jahrbuch der Europäischen Integration 1996/97, 1997, S. 167, 170; Jahrbuch der Europäischen Integration 1997/98, 1998, S. 185 ff. jeweils m. w. N. 59 Entgegen dieser Textfassung geht der Rat in seiner Begriindung des gemeinsamen Standpunktes, der die Grundlage der jetzigen Textfassung bildet, davon aus, daß Art. 6 .,die Zusammenarbeit mit Drittländern auf dem Gebiet der transeuropäischen Verkehrsnetze (behandelt)"; vgl. Begriindung des Rates zu: Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 22 I 95 vom Rat festgelegt am 28. September 1995 im Hinblick auf den Erlaß der Entscheidung .. . des Europäischen Parlaments und des Rates vom ... über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABI. Nr. C 331 vom 8. 12. 95, S. 101, 105. 60 Dies ergibt sich bereits daraus, daß die Netzpläne des Anhangs I nur Infrastrukturen des Gemeinschaftsgebietes ausweisen und auf etwaige Verbindungen mit anderen Staaten nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Legende des Anhangs I lediglich ,,hinweisen" .

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

Daß hier keine - theoretisch denkbare - Sonderentscheidung für solche Vorhaben von gemeinsamem Interesse gemeint ist, die besondere Relevanz für Drittstaatennetze aufweisen, zeigt sich auch daran, daß Art. 6 auf das geeignete Verfahren des (EG-)Vertrages verweist. Hierbei kann nur das Verfahren im Bereich der AllBenbeziehungen gemeint sein, vgl. Art. 300 EGV, da ein spezifisches Verfahren für wie auch immer geartete Entscheidungen bezüglich der Förderung einzelner Maßnahmen im Bereich der transeuropäischen Netze nicht vorhanden ist. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies, daß Art. 6 der Leitlinien den nach Art. 155 Abs. 3 EGV angestrebten sekundären ,,Zweck", nämlich die Förderung der besagten Projekte, zur Aufgabe erhebt. Die Intention der Regelung, nämlich die Zusammenarbeit mit Drittstaaten wird damit schlicht ignoriert. Daher empfiehlt sich unbedingt eine Korrektur des Art. 6 der Leitlinien, um dem Sinngehalt des Art. 155 Abs. 3 EGV gerecht zu werden. Vorzuschlagen wäre folgende Formulierung: "Nach dem Verfahren des Art. 300 EGV wird unter Beachtung der in Art. 155 Abs. 3 EGV festgelegten Ziele über die Zusammenarbeit mit dritten Ländern beschlossen."

e) Die Regelung bezüglich des Umweltschutzes aa) Grundlegendes Art. 8 der Leitlinien enthält umweltschutzbezogene Regelungen. Diese sind vor dem Hintergrund der primärrechtlichen umweltrechtlichen Querschnittsklausel61 zu betrachten, die seit der Amsterdamer Vertragsfassung in Art. 6 EGV an prominenter Stelle im Rahmen der Grundsätze der Gemeinschaft enthalten ist und nicht mehr nur innerhalb der fachspezifischen Regelungen der Umweltpolitik. 62 Diese Querschnittsklausel fordert die Einbeziehung des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der Gemeinschaftspolitiken. Dadurch soll insbesondere die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung erreicht werden. Die Implementation dieses Begriffes in die Querschnittsklausel und die damit verbundene Aufwer-

61 Teils auch als Interdependenzklausel bezeichnet, Oppermann, Europarecht, 2. Auf!. 1999, Rn. 2012. 62 Nach der jetzigen Vertragsfassung enthalten die Art. 174-176 EGV die primärrechtlichen Grundlagen der gemeinschaftlichen Umweltpolitik. Die Querschnittsklausel befand sich vorher, also nach der Maastrichter Vertragsfassung, etwas versteckt in Art. 130 r Abs. 2 S. 3 EGV. Aus der sehr umfangreichen Literatur hierzu sei exemplarisch auf folgende Beiträge verwiesen: Bleckmannt Koch, Jahrbuch des Umwelt und Technikrechts 1996, S. 33 ff.; Rengeling (Hrsg.), Umweltschutz und andere Politiken der Europäischen Gemeinschaft, 1993. Für den Bereich der Verkehrspolitik insbesondere Epiney I Gruber, Verkehrspolitik und Umweltschutz in der Europäischen Union, 1997, S. 65 ff.; Hailbronner, in: Rengeling (Hrsg.), Umweltschutz und andere Politiken der Europäischen Gemeinschaft, 1993, S. 149 ff.; Zils, Die Wertigkeit des Umweltschutzes in Beziehung zu anderen Aufgaben der Europäischen Gemeinschaft, 1994, ib. S. 223 ff.

V. Der textliche Regelungsteil der Leitlinien

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tung zu einem gemeinschaftlichen Rechtsbegriff ist ebenfalls eine Neuerung der Amsterdamer Vertragsrevision. 63 Materiell fordert die Querschnittsklausel (nur) die Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes, nicht dagegen einen absoluten Vorrang. 64 Dabei erkennt Art. 6 EGV die bestehenden Gemeinschaftskompetenzen an und setzt diese voraus. Dies gilt es im hiesigen Kontext zu betonen, da die Planung und anschließende Realisierung von Infrastrukturen natürlich immer in einem originären Spannungsverhältnis zu Belangen des Umweltschutzes steht. Die - um es mit einem Begriff des deutschen Planfeststellungsrechts auszudrücken - ,,Null-Variante", also den Verzicht auf ein Vorhaben, fordert Art. 6 EGV natürlich nicht von vornherein. M.E. läßt sich aber aufgrund der Querschnittsklausel auch kein Vorrang eines bestimmten Verkehrsträgers, also vor allem kein allgemeiner Vorrang der "Schiene" gegenüber der "Straße" ableiten. 65 Diese politisch zu treffende Entscheidung kann nicht durch Art. 6 EGV verrechtlicht werden. Das folgt ebenfalls aus der Anerkennung der Fachpolitiken durch Art. 6 EGV. Diese Fachpolitik intendiert vorliegend generell den Aufbau von Verkehrsnetzen und bezieht damit alle Verkehrsträger mit ein. Damit muß Art. 6 EGV bei der Festlegung und Durchführung der - also aller - Verkehrsnetze anknüpfen und kann nicht die Aufgabe der Schaffung von Verkehrsnetzen in die Schaffung von Schienennetzen reduzieren. Nach den Ausführungen zu den Differenzen der Planungsträger im Rahmen des Rechtsetzungsprozesses kann es nicht mehr überraschen, daß auch bezüglich der Einfügung und Ausgestaltung einer umweltschutzbezogenen Vorschrift erhebliche Meinungsverschiedenheiten66 bestanden. Der Ausschuß der Regionen regte die 63 Eine Annäherung an diesen Begriff unternehmen Frenz/ Unnerstall, Nachhaltige Entwicklung im Europarecht, Theoretische Grundlagen und rechtliche Ausforrnung, 1999, ib. S. 195 ff. Der Begriff wurde bereits in der Rio-Deklaration der Vereinten Nationen von 1992 ("Sustainable Developement") verwendet, vgl. Schrader; UPR 1999,201. 64 Schrader; UPR 1999, 201, 204m. w. N. 65 In diese Richtung lassen sich Ausführungen des Ausschusses der Regionen deuten, Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 28. 9. 1994, ABI. Nr. C 210 vom 14. 8. 1995, S. 34 ff., ib S. 36. Ähnlich auch vorsichtige Deutungen bei Epiney I Gruber; Verkehrspolitik und Umweltschutz in der Europäischen Union, 1997, S. 77 vor dem Hintergrund des Ursprungsprinzips. Allerdings nicht speziell auf die Leitlinien bezogen. Die Autoren betonen des weiteren ebenfalls die Gestaltungsspielräume der Gemeinschaftsorgane zur Beachtung der umweltrechtlichen Vorgaben im Rahmen der verkehrsbezogenen Politik; a. a. 0., S. 79. 66 Dies dokumentiert auch die Anzahl der parlamentarischen Anfragen zur umweltschutzrechtlichen Thematik im Rahmen der transeuropäischen Verkehrsnetze: Schriftliche Anfrage E-652/95 von Johanna Maij-Weggen (PPE) an die Kommission vom 10. März 1995, ABI. Nr. C 175 vom 9. 7. 1995, S. 55 (Natur- und Vogelschutz und transeuropäische Netze); Schriftliche Anfrage E-975/95 von Peter Skinner (PSE) an die Kommission vom 31. März 1995, ABI. Nr. C 209 vom 14. 8. 1995, S. 38 (Mittel der Europäischen Union für die umweltfreundlichere Gestaltung der transeuropäischen Netze); Schriftliche Anfrage E-3517/95 von Carlo Ripa di Meana (V) an die Kommission vom 3. Januar 1996, ABI. Nr. C 161 vom

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

Diskussion an und forderte eine Einbeziehung von Umweltschutzgesichtspunkten in den Leitlinien. 67 Das Parlament nahm dies auf und forderte im weiteren einen gesonderten Umweltschutzartikel innerhalb der Leitlinien. 68 Der Rat lehnte eine solche Regelung rundum ab, konnte sich aber mit seiner Haltung nicht durchsetzen.69 Art. 8 der Leitlinien sieht umweltrechtliche Regelungen entsprechend der Planung der Infrastrukturen auf mehreren Ebenen vor. bb) Berücksichtigung des Umweltschutzes auf Gemeinschaftsebene Gemäß Art. 8 Abs. 2 lit. a wird die Kommission damit beauftragt, geeignete Analysemethoden im Hinblick auf eine strategische Umweltverträglichkeitsprüfung (strategische UVP) für das gesamte Netz zu entwickeln. Die Problematik einer solchen strategischen UVP sind in dem - den Rahmen dieser Arbeit sprengenden - größeren Zusammenhang der grundsätzlichen Problematik einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) einzuordnen, die sich nicht nur auf konkrete Projekte bezieht, sondern auf vorgelagerte Planungsstufen zugreift. Ansatzpunkt einer strategischen UVP ist die Annahme, daß eine rein projektbezogene Verträglichkeitsprüfung aus Umweltschutzgesichtspunkten nicht ausreiche, da wichtige Entscheidungsprozesse bereits auf vorgelagerten Planungsstufen fallen und so vor allem eine Alternativenprüfung nur unzureichend möglich sei.70 Der Begriff der strategischen UVP wird daher für ein Verfahren verwendet, durch das während eines laufenden politischen und administrativen Entscheidungsprozesses die voraussichtlichen Umweltauswirkungen von Gesetzesentwürfen, politischen Program5. 6. 1996, S. 21 (Umweltschutz bei der Verwirklichung der prioritären Vorhaben der transeuropäischen Netze); Schriftliche Anfrage E-19ll/96 von Anita Pollack (PSE) an die Kommission vom 11. Juli 1996, ABI. Nr. C 385 vom 19. 12. 1996, S. 62 f. (Umweltverträglichkeitspriifung und Vorhaben im Rahmen der transeuropäischen Netze). 67 Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien ftir den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 28. 9. 1994, ABI. Nr. C 210 vom 14. 8. 1995, s. 34 ff. 68 Vgl. Änderungsvorschlag 12 der Änderungsvorschläge zu dem Vorschlag und geänderten Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 18. Mai 1995, ABI. Nr. C 151 vom 19. 6. 1995, S. 234,239 f. 69 Die SP,annungen zwischen Rat und Parlament bezüglich der Umweltschutzklausel werden durch Außerungen des Berichterstatters des Parlaments Piecyk (SPD/D) unterstrichen. Dieser erklärte (zitiert nach: Das Parlament Nr. 32196 vom 2. 8. 96, S. 10), daß das Parlament im Vermittlungsverfahren einen Rat erlebt habe, der zur Umweltpolitik ein Verhältnis habe, wie der Teufel zum Weihwasser und Mitentscheidung durch das Parlament für den Rat immer noch ein Negativbegriff sei. Unter diesen Umständen könne sich das erreichte Ergebnis jedoch sehen lassen. 70 Ein Grundansatz, der auf das deutsche projektbezogene Recht schon nicht oder nicht vollumfänglich zutrifft, da das Abwägungsgebot eine Altemativenpriifung bis hin zur ,,NullVariante" ermöglicht und fordert. Hierauf weist zu Recht Ziekow, UPR 1999, 287, 293 hin.

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men, Plänen sowie von möglichen Entscheidungsalternativen identifiziert und gewichtet werden. 71 Neben der hiesigen Frage einer solchen UVP auf der Ebene der Gemeinschaft für ihre eigene Planung in Form der Leitlinien, wird seitens der Kommission72 vor allem eine Plan-UVP für nationale raumrelevante Pläne schon seit langem befürwortet.73 Diesem Ansatz begegnen ähnliche Bedenken wie der anvisierten Verträglichkeitsprüfung der Leitlinien, wobei für eine strategische UVP auf nationaler Ebene zumindest auf praktische Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. 74 Die grundsätzliche Problematik einer solchen strategischen Prüfung des gesamten Netzes dürfte der Mangel an verläßlichen Bewertungsmethoden sein. So wird die Kommission in Art. 8 Abs. 2 vorliegend auch nur mit der Entwicklung geeigneter Analysemethoden beauftragt.75 Ob solche Analysemethoden in der Dimension des gesamten Netzes entwickelt werden können, die- etwas zugespitzt- einen Erkenntnisgewinn liefern werden, der über die Feststellung hinausgeht, daß jegliche Verkehrsinfrastrukturen in einem natürlichen Gegensatz zu den Belangen des Umweltschutzes stehen, wird abzuwarten sein, muß allerdings bezweifelt werden. Art. 8 II lit. b sieht vor, daß die Kommission ebenso geeignete umweltbezogene Analysemethoden für die Korridore entwickelt. Unter den angesprochenen Korridoren wird man, ähnlich dem deutschen Recht, die Verbindung zwischen zwei festgelegten Verbindungsstellen verstehen können, wobei die Trassenwahl der weiteren Planung offenbleibt Auch insofern wird abzuwarten sein, ob rechtlich verwertbare Methoden gefunden werden. Insgesamt muß, wie schon angeklungen, die vorliegende Regelung sehr skeptisch betrachtet werden. 76 Es scheint, daß hier sehr bedeutende umweltpolitische 71 So die Definition von Buck I Kraemer I Wilkinson, Aus Politik und Zeitgeschichte 1999, 12, 17. 72 Als jüngste Initiativen sind zu nennen: Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme Korn (96) 511 endg. v. 4. 12. 1996, AB11997 Nr. C 129, S. 14 ff. sowie geänderter Vorschlag hierzu, Korn (99) 73 endg., AB11999 Nr. C 83, S. 13 ff. 73 Hierzu, insbesondere zu den neuesten Vorschlägen der Kommission eingehend Ziekow, UPR 1999, 287 ff. m. w. N. 74 Buck I Kraemer I Wilkinson, Aus Politik und Zeitgeschichte 1999, 12, 17 weisen darauf hin, daß in Dänemark, Großbritannien, den Niederlanden, Norwegen und Schweden eine vergleichbare UVP existiert. 75 Die Kommission hat derzeit einige Studien vergeben, wie etwa die "Erstellung eines Handbuchs für Methoden der strategischen Umweltanalyse zur Anwendung auf Vorhaben-, Korridor- und Netzebene". Die Kommission arbeitet nach eigenem Bekunden derzeit mit Unterstützung der Europäischen Umweltagentur an einem Konzept für die Bewertung auf Netzebene. Sie konstatiert, daß sich die Arbeiten insbesondere aufgrund des Mangels an umfassenden Daten als schwierig erwiesen. Kommission, Transeuropäisches Verkehrsnetz, Bericht über die Umsetzung der Leitlinien und die Prioritäten für die künftige Entwicklung 1998 gemäß Art. 18 der Entscheidung 1692196/EG, KOM (1998) 614 endg. vom 28. 10. 1998, s. 21 f.

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Fragestellungen in vager Form auf eine rechtliche Ebene verschoben werden sollen. Man darf an das erinnern, was Schroeter zur Diskussion um die verstärkte Einbeziehung von Umweltschutzgesichtspunkten bei der Festlegung der deutschen Ausbauplanung ausführte: 77 "Die Eigenart der Aufgabenplanung begrenzt indessen vom Abwägungsmaterial her die Einbeziehung der Gesichtspunkte des Umweltschutzes. Der Bedarfsplan ... enthält Angaben ... nur, indem er die zwischen zwei geographischen Punkten zu bauende oder auszubauende Straße darstellt .... . . . Ansätze zu einer sehr groben Abwägung könnten sich allenfalls dann eröffnen, wenn die ganze Region, die für die Planung des Einzelvorhabens überhaupt in Betracht kommen kann, so "umweltsensibel" ist, daß ersichtlich bei jeder denkbaren planensehen Lösung zur Realisierung des Vorhabens gewichtige Belange des Umweltschutzes betroffen würden. Freilich ist zu bezweifeln, daß für solche Feststellungen Methoden, die auch nur einigermaßen zuverlässige Ergebnisse liefern, zu finden sind." cc) Beriicksichtigung des Umweltschutzes aufmitgliedstaatlicher Ebene Neben der Beriicksichtigung des Umweltschutzes auf Gemeinschaftsebene enthält Art. 8 Abs. 1 der Leitlinien Regelungen, die sich an die Mitgliedstaaten wenden. Die Vorschrift weist auf die strikte Anwendung der UVP-Richtlinie78 und der FFH-Richtlinie79 hin. Die Anwendung dieser Richtlinien ergibt sich aber ohnehin 76 Dieser Befund wird durch die eher diffuse Selbsteinschätzung der Kommission zu den bisherigen Ergebnissen der Forschungsinitiativen bezüglich der Strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung unterstrichen. Die Kommission, Transeuropäisches Verkehrsnetz, Bericht über die Umsetzung der Leitlinien und die Prioritäten für die künftige Entwicklung 1998 gemäß Art. 18 der Entscheidung 16921961EG, KOM (1998) 614 endg. vom 28. 10. 1998, S. 22 führt aus: "Die bisherigen Ergebnisse dieser Initiativen sprechen für eine flexible Methode, bei der die spezifischen Merkmale eines Korridors berücksichtigt werden, und für die Einbeziehung der Umweltprüfung in eine umfassendere strategische Analyse, die auch finanzielle und sozioökonomische Aspekte erfaßt. Bei der strategischen Analyse sollte der Schwerpunkt eher auf allgemeinen politischen Entscheidungen liegen als auf den Einzelauswirkungen, die auf der Ebene der Vorhaben analysiert wurden." Hervorhebung durch den

Verf.

77 Schroeter, in: Bartlsperger (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, s. 429,437. 78 Richtlinie 851337 IEWG des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten vom 27. Juni 1985, ABI. Nr. L 175 vom 5. Juli 1985, S. 40 ff., geändert durch die Richtlinie 971111EG des Rates vom 3. März 1997 zur Änderung der Richtlinie 851337 IEWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABI. Nr. L 73 vom 14. 3. 1997, S. 5 ff. Die Leitlinien bezeichnen die Richtlinien fälschlicherweise als 85 I 33 I EWG und nicht als 85 I 337 I EWG. Aus dem Zusammenhang ergibt sich aber zweifelsfrei, daß die UVP Richtlinie gemeint ist. 79 Richtlinie 92 I 43 I EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABI. Nr. L 206 vom 22. 7. 1992, S. 7 ff.

V. Der textliche Regelungsteil der Leitlinien

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aus allgemeinen Erwägungen. Im Regelfall, durch das nationale Umsetzungsrecht, im Ausnahmefallaufgrund der Richtlinie selbst i.V.m. den Grundsätzen der unmittelbaren Anwendbarkeit. Letzteres betrifft die FFH-Richtlinie, deren Umsetzung trotz Fristablauf aussteht. 8 Konsequent, da sachlich überflüssig, wollte der Rat daher auf eine entsprechende Vorschrift verzichten. 81

°

Möchte man der Passage über eine deklaratorische Appellfunktion hinausgehende Wirkung zuerkennen, so wäre eine weitergehende Interpretation des Wortlautes dahingehend denkbar, daß die genannten Richtlinien ohne Rücksicht auf die richterrechtlich festgelegten Voraussetzungen einer unmittelbaren Anwendbarkeit beriicksichtigt werden müssen. Insofern käme im Bereich der noch nicht umgesetzten FFH-Richtlinie nur eine Erweiterung dahingehend in Betracht, daß die Richtlinie auch bei sog. "Dreieckskonstellationen" 82 Anwendung findet, bei denen der EuGH eine unmittelbare Anwendbarkeit bisher nicht zweifelsfrei bejaht hat. 83 Die anderen Voraussetzungen der unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien, vor allem die Subsumtionsfähigkeit der Norm, können auch durch Art. 8 Abs. 1 der Leitlinien keinesfalls überwunden werden. Sie sind notwendigerweise Voraussetzung einer "Anwendung der Richtlinie." Eine solche Argumentation, die auch nur theoretische Relevanz besitzt,84 ist aber letztlich abzulehnen. 85 Es finden sich keinerlei Hinweise in den Dokumenten des Rechtsetzungsprozesses, daß so durch die Hin80 Vgl. hierzu BVetwG, Urteil v. 19. 5. 1998-4 A 9/97- E 107, 1 ff. (A-20). Das Urteil zeigt die Schwierigkeiten deutlich auf, die durch die nicht rechtzeitige Umsetzung der FFHRichtlinie bestehen. 81 Er führt aus: "Der Rat weist darauf hin, daß jedes Infrastrukturvorhaben Auswirkungen auf die Umwelt hat, macht jedoch geltend, daß die Mitgliedstaaten die einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Umweltschutzes in allen Phasen der Projektentwicklung einzuhalten haben und somit die umweltschonendste Lösung zu berücksichtigen haben." Begründung zu: Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 22/95 vom Rat festgelegt am 28. September 1995 im Hinblick auf den Erlaß der Entscheidung ... des Europäischen Parlaments und des Rates vom . .. über gemeinschaftliche Leitlinien ftir den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABI. Nr. C 331 vom 8. 12. 95, S. 101, 102 f. 82 Die Richtlinie begünstigt auf der einen Seite einen "einzelnen" durch verbesserte Umweltstandards, belastet gleichzeitig einen anderen "einzelnen", den "Investor", für den die höheren Standards Kosten bedeuten. 83 Ausführungen des EuGH Slg. 1989, 1839 Rn. 28 f. (Constanzo) und Slg. I 1995, 2189 Rn. 39 f. deuten allerdings auf die unmittelbare Anwendbarkeit auch in diesem Bereich hin. Das Dilemma, vor dem der EuGH in diesen Fällen steht, ist, daß er das Rechtsinstitut der unmittelbaren Richtlinienanwendung (noch) aufgrund eines mißbräuchlichen Verhaltens des nichtumsetzenden Staates gegenüber den Begünstigten herleitet. Diese Argumentation gebietet einerseits, daß der Begünstigte in den Genuß des Vorteils gelangt, verbietet aber andererseits eine Benachteiligung eines anderen. 84 Die interessante Dreieckssituation ist bei der Planung von Verkehrswegen kaum denkbar, da hier nicht der private Investor durch die Dritte begünstigende Richtlinienregelung belastet wird, sondern der Staat die weitere Plankonkretisierung bis hin zur Planfeststellung durchführt. 85 Ebenso im Ergebnis Epiney I Gruber, Verkehrspolitik und Umweltschutz in der Europäischen Union, 1997, S. 146.

8 Bogs

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

tertür eine Abkehr von den Voraussetzungen der unmittelbaren Anwendbarkeit beabsichtigt war. Vielmehr dominierte der Wunsch, überhaupt eine Umweltschutzregelung aufzunehmen. dd) Fazit Demnach muß konstatiert werden, daß Art. 8 der Leitlinien derzeit keine neuen rechtlichen Erkenntnisse enthält. 86 Es erscheint sehr zweifelhaft, ob das Instrument der strategischen UVP künftig die Ebene des rechtlich Relevanten erreicht. Immerhin zeigt die Aufnahme der Vorschrift, daß an den gemeinschaftlichen Umweltschutz gedacht wurde, so daß der Vorwurf, die umweltrechtliche Dimension sei bei der Leitlinienaufstellung ignoriert worden, nicht erhoben werden kann. 87 Ein Verstoß gegen die Querschnittsklausel des Art. 6 EGV kann demnach nicht festgestellt werden. 3. Der besondere Teil

Die Art. 9 - 17, Abschnitte 2- 10 der Leitlinien bilden den besonderen Teil der Leitlinien. Sie treffen für jeden Teilbereich des Netzes mit dem Begriff "Merkmale" umschriebene spezielle Regelungen. Ihre Bedeutung liegt darin, die Einzelbestandteile des transeuropäischen Verkehrsnetzes zu definieren und so dem in Art. 3 festgelegten Gesamtnetz Konturen zu geben. Die Regelung des Art. 7, Vorhaben von gemeinsamem Interesse, verweist tatbestandlieh auf die Bestimmungen des besonderen Teils, so daß ein Vorhaben nur dann der Kategorie des gemeinsamen Interesses zugeordnet werden kann, wenn es den näheren Spezifikationen des besonderen Teils entspricht. Im einzelnen werden Definitionen und Erläuterungen zu folgenden Einzelnetzen gegeben: Straßennetz (Art. 9), Eisenbahnnetz (Art. 10), Binnenwasserstraßennetz und Binnenhäfen (Art. 11), Seehäfen (Art. 12), Flughäfen (Art. 11 88), Netz für den 86 Ebenso im Ergebnis Epiney I Gruber; Verkehrspolitik und Umweltschutz in der Europ_äischen Union, 1997, S. 146. Die Kommission stellt sich daher auch bezogen auf künftige Anderungen der Leitlinien die Frage, in welcher Form der Umweltdimension in den Leitlinien größerer Stellenwert eingeräumt werden kann, vgl. Kommission, Transeuropäisches Verkehrsnetz, Bericht über die Umsetzung der Leitlinien und die Prioritäten für die künftige Entwicklung 1998 gemäß Art. 18 der Entscheidung 16921961EG, KOM (1998) 614 endg. vom 28. 10. 1998, s. 3. 87 Insofern kann man die Vorschrift des Art. 8 auch "begrüßen", so Epiney I Gruber; Verkehrspolitik und Umweltschutz in der Europäischen Union, 1997, S. 146. Allerdings sollte auch nicht außer acht bleiben, daß Vorschriften, die keinen aktuellen rechtlichen Anwendungsbereich haben, die Gesamtregelung verwässern und zu deren Unübersichtlichkeit ganz erheblich beitragen. 88 Bei dieser Numerierung muß es sich um ein Redaktionsversehen handeln. Folgerichtig wäre es, dem Abschnitt 6 ,,Flughäfen" den Art. 13 zuzuordnen, zumal Art. 11 bereits innerhalb des Abschnittes 4 ,,Binnenwasserstraßen und Binnenhäfen" besetzt ist.

V. Der textliche Regelungsteil der Leitlinien

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kombinierten Verkehr89 (Art. 14), Seeverkehrsmanagement- und Informationsnetz (Art. 15), Luftverkehrsmanagement (Art. 16) sowie Ortungs- und Navigationsnetz (Art. 17). Systematisch läßt sich dieser spezifische Abschnitt entsprechend der Eigenarten der jeweiligen Teilbereiche weiter in Vorschriften bezüglich der hier im Vordergrund stehenden linienförmigen Infrastruktur, 90 einschließlich der hierfür notwendigen Managementsysteme,91 der punktförmigen Infrastruktur92 sowie in gesondert aufgegriffene Unterstützungssysteme93 untergliedern. Die Regelungen des besonderen Teils werden hier für die wichtigsten Verkehrswege, Straße und Schiene, näher vorgestellt. Das Straßennetz setzt sich nach Art. 9 Abs. 1 der Leitlinien aus Autobahnen und hochwertigen Straßen zusammen, die weitere spezifische Merkmale aufweisen, Art. 9 Abs. 1 Spiegelstrich 1-494 • Gemäß der Gemeinschaftsaufgabe, Verkehrswege von transeuropäischer Bedeutung auszuwählen, sind vor allem solche Straßen erfaßt, die wichtige Funktionen des Fernverkehrs erfüllen, Art. 9 Abs. 1 1. Gedankenstrich. Da die Straßenwege nur alternativ eine der Funktionen des Art. 9 Abs. 1 Gedankenstrich 1-4 erfüllen müssen,95 gehört nach dieser Definition des Art. 9 jede Autobahn und hochwertige Straße, die wichtige Funktionen im Fernverkehr erfüllt, zum transeuropäischen Straßennetz. Eine Eingrenzung - auch und gerade im Hinblick auf die Kategorie der Vorhaben von gemeinsamem Interesse - leistet Art. 9 daher nicht. Das Eisenbahnnetz wird in Art. 10 der Leitlinien näher beschrieben. Unterschieden wird hierbei zwischen dem Hochgeschwindigkeitsbahnnetz, vgl. Art. 10 Abs. 2, und dem konventionellen Eisenbahnnetz, Art. 10 Abs. 3. Hervorzuheben -jedoch die Transparenz der Regelung nicht steigernd - ist, daß bereits innerhalb der Definition des Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes auf den kartographischen Anhang I Bezug genommen wird, indem nach den abstrakten Ausführungen zu diesem Netz festgestellt wird, daß dieses Netz die Strecken umfaßt, "die im Anhang I als Hochgeschwindigkeitsstrecken oder als Ausbaustrecken für 89 Zum Ansatz des kombinierten Verkehrs allerdings vor allem aus wettbewerbsrechtlicher Sicht Thum, Der kombinierte Verkehrs im Recht der EU, 1998. 90 Art. 9 (Straßennetz), Art. 10 (Eisenbahnnetz), Art. 11 Abs. 1 und 2 (Binnenwasserstraßen) und Art. 14 (Netz für den kombinierten Verkehr). 91 Eine Einbeziehung der Verkehrsmanagementinfrastruktur in das jeweilige spezifischen Netz sehen Art. 9 Abs. 3 (Straßennetz) und Art. 11 Abs. 4 (Binnenwasserstraßennetz und Binnenhäfen) vor. 92 Art. 11 Abs. 3 (Binnenhäfen), Art. 12 (Seehäfen), Art. 13 (Flughäfen). 93 Art. 15 (Seeverkehrsmanagement- und Informationsnetz), Art. 16 (Luftverkehrsmanagementnetz), Art. 17 (Ortungs- und Navigationsnetz). 94 Genannt werden: Die Erfüllung wichtiger Funktionen des Fernverkehrs, die Umgehung wichtiger Ballungsräume, die Gewährleistung der Verbindung mit anderen Verkehrsträgem und die Anhindung eingeschlossener und am Rande gelegener Gebiete. 95 Die Alternativen sind durch das Wort "oder" getrennt.

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

Hochgeschwindigkeitsverkehr ausgewiesen sind." Dies ist innerhalb der definitorischen Merkmalsumschreibungen des besonderen Teils eine Ausnahme und ein Fremdkörper, da es die sonstigen Umschreibungen des besonderen Teils dabei belassen, abstrakte Beschreibungen des Netzes zu geben. Folge dieser ausnahmsweisen Bezugnahme ist, daß diese Passage so auszulegen ist, daß bereits per definitionem ausschließlich die in den Anhängen als entsprechende Strecken ausgewiesene Verbindungen zum transeuropäischen Netz gehören. 96 M. E. ist hieran zu kritisieren, daß eigentlich zwei Regelungstechniken vermengt wurden. Es würde Sinn machen, das Hochgeschwindigkeitsnetz so wie in Art. 10 Abs. 2 S 1 geschehen, relativ detailliert textlich zu beschreiben. Ebenfalls wäre es -wenngleich mit den anderen Artikeln des besonderen Teils nicht konform- möglich, zur Definition auf den kartographischen Teil der Leitlinien zu verweisen. Beides kumulativ in eine Regelung einzufügen ist dagegen nicht sinnvoll. Wie sollen Konflikte zwischen Satz 1 und Satz 2 der Regelung gelöst werden, 97 wenn also im Anhang I ein Vorhaben als Hochgeschwindigkeitsstrecke ausgewiesen wäre, das die technischen Anforderungen des Satzes 1 nicht erfüllen würde?98 Beide Regelungen beanspruchen Geltung ohne daß für eine Verknüpfung der Regelungen gesorgt wäre. Vieles spräche m.E. dafür, ein kumulatives Vorliegen der Voraussetzungen des Satzes 1 und 2 zu fordern. Bei der Fortentwicklung der Leitlinien sollte Satz 2 der Regelung ersatzlos gestrichen werden, da zum einen so eine Konformität mit den anderen Bestimmungen des besonderen Teils erreicht würde und zum anderen für die Frage, ob ein Vorhaben ein solches von gemeinsamem Interesse ist, ohnehin in Art. 7 auf Anhang I verwiesen wird, so daß diese Festlegungen hinreichend Beachtung finden. Hinsichtlich des aus gemeinschaftlicher Sicht weniger bedeutsamen konventionellen Eisenbahnnetzes beläßt es Art. 10 Abs. 3 bei einer allgemeinen Umschreibung. 4. Der zweite allgemeine Teil

Der verfügende Teil der Leitlinien wird mit einem zweiten allgemeinen Teil abgerundet, der bereits als solcher durch die Überschrift "Gemeinsame Bestimmungen" (Abschnitt 11, Art. 18- 24) gekennzeichnet ist. Dieser zweite Teil unterscheidet sich von den einleitenden allgemeinen Bestimmungen durch größere Konkret96 Dies hat etwa für die Magnetschwebebahn, die nicht als Hochgeschwindigkeitsbahnnetz ausgewiesen ist, Folgen, vgl. S. 118 ff. 97 Glücklicherweise treten diese in der Praxis der Leitlinien soweit ersichtlich nicht auf, da derzeit nur solche Vorhaben in Anhang I enthalten sind, die auch den Spezifikationen S. 1 entsprechen. 98 Ein solcher Fall würde auch auf die Ebene der Vorhaben von gemeinsamem Interesse durchschlagen, da dort ja - wie angeführt - auf die Spezifikationen u. a. des Art. 10 tatbestandlieh verwiesen wird.

V. Der textliche Regelungsteil der Leitlinien

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heit. Er rundet die Leitlinien durch organisationsrechtliche und verfahrensrechtliche99 Vorschriften ab. Art. 18 enthält Regelungen über den erforderlichen Informationsaustausch zwischen den verschiedenen mit der Planung und Durchführung betrauten Ebenen (Abs. 1 und 2) und enthält des weiteren in Abs. 3 eine Berichtsverpflichtung der Kommission. Abs. 1 verpflichtet zunächst die Mitgliedstaaten, die zur Entwicklung des Netzes erstellten einzelstaatlichen Pläne und Programme in regelmäßigen Abständen zu übermitteln und trägt damit der Tatsache Rechnung, daß auf höchster Planungsebene bekannt sein muß, wie der konkrete weitere Planungsprozeß auf mitgliedstaatlicher Ebene voranschreitet Die Vorschrift gibt damit mittelbar darüber Auskünfte, welche Rechtspflichten die Mitgliedstaaten in Bezug auf die Realisierung des Netzes treffen. Des weiteren wird gemäß Art. 18 Abs. 2 ein Ausschuß für das transeuropäische Verkehrsnetz aus Vertretern der Mitgliedstaaten unter Vorsitz eines Vertreters der Kommission eingesetzt, in dem ein Informationsaustausch über die gemäß Art. 18 Abs. 1 übermittelten Pläne und Programme stattfindet. Diesem Ausschuß wird ein weitgehendes Prüfungsrecht zugestanden, vgl. Art. 18 Abs. 2 S. 2. Der Ausschuß ist von dem nach Art. 17 der infrastrukturellen Finanzierungsverordnung100 zu unterscheiden, der die Kommission bei der Vergabe von Gemeinschaftszuschüssen unterstützt. Zweck des hiesigen Ausschusses ist es, den Informationsfluß zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission zu gewährleisten, der bei der zwischen Mitgliedstaaten und Gemeinschaft geteilten Zuständigkeit der Gesamtaufgabe der Herstellung der Verkehrsnetze unerläßlich ist. Ebenfalls kann der Ausschuß dazu beitragen, den in Art. 155 Abs. 2 EGV vorgesehenen Koordinationsauftrag zu erfüllen. 101 Der jetzige Ausschuß nach Art. 18 Abs. 2 der Leitlinien tritt an die Stelle des bereits 1978 geschaffenen Verkehrsinfrastrukturausschusses 102 dessen Rechtsgrundlage daher Art. 22 der Leitlinien aufhebt. Art. 18 Abs. 3 der Leitlinien sieht vor, daß die Kommission, die aufgrund der voranstehenden Instrumente der Abs. 1 und 2 die wesentlichen Informationen über die Realisierung des Verkehrsnetzes besitzt, die weiteren an der Rechtsetzung beteiligten Organe bzw. Ausschüsse, in Form eines Berichtes über die Durchführung der Leitlinien informiert. Diese können sodann bei etwaigen Rechtsänderungen sachkundig im Rechtsetzungsprozeß Einfluß nehmen. Der Berichtszeitraum beträgt zwei Jahre. Der erste Bericht wurde Ende 1998 vorgelegt. 103 Er stellt das Ge99 Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, sei hier sogleich angemerkt, daß es sich nicht um Regelungen des Verwaltungsverfahrens zur Durchführung der Leitlinien auf mitgliedstaatlicher Ebene handelt, wofür die Gemeinschaft keine Kompetenz hätte, sondern um Regelungen, die sich auf die Fortentwicklung der Leitlinien selbst beziehen. wo Zu diesem Finanzierungsinstrument § 7, S. 180 ff. JOI Vgl. Erdmenger, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-/ EG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 c Rn. 42. 102 Zu diesem Ausschuß, dessen Einsetzung den Beginn einer systematischen infrastrukturbezogenen Rechtsetzung markiert, siehe bereits§ 2, S. 27 ff.

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

samtkonzept der Netzpolitik dar und berichtet über den tatsächlichen Realisierungsstand des Netzes. Darüber hinaus dokumentiert er die finanziellen Beiträge der Gemeinschaft. 104 Art. 19 und 20 der Leitlinien stehen im organisationsrechtlichen allgemeinen Teil an systematisch unzutreffender Stelle. Art. 19 verweist auf Anhang III und Art. 20 betont die Bedeutung des multimodalen Verkehrs. Systematisch müßten diese Regelungen im ersten allgemeinen Teil· plaziert sein, da sie grundsätzliche Aussagen über die Behandlung bestimmter Vorhaben enthalten. Die jetzige Stellung resultiert- vor allem bezogen auf die Regelung des Art. 19, der auf Anhang III verweist - aus den Streitigkeiten zwischen Rat und Parlament bezüglich der rechtlichen Behandlung der dortigen Vorhaben. 105 Art. 21 regelt die Fortentwicklung der Leitlinien, deren dynamische Komponente so unterstrichen wird. Die Kommission kann nicht nur aufgrund ihres ohnehin primärvertraglich bestehenden Initiativrechts tätig werden, sondern wird hierzu im Rahmen der Leitlinien aufgefordert. Die Kommission, unterstützt durch den Ausschuß des Art. 18, legt alle fünf Jahre einen Bericht an den Rat und das Europäische Parlament vor und macht gegebenenfalls geeignete Vorschläge zur Anpassung der Leitlinien, vgl. Art. 18 Abs. 2. Mit dieser Regelung wird gewährleistet, daß angemessen auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse, aber auch auf geänderte politische Präferenzen reagiert werden kann.

VI. Die Anhänge I- III l.Anhangl

Anhang I enthält die wichtigen sogenannten "Netzschemata in Kartendarstellung". Die einzelnen Karten sind als "Leitschema des transeuropäischen Verkehrsnetzes" überschrieben. Kartographisch dargestellt werden das Straßennetz (Abschnitt 2), das Eisenbahnnetz (Abschnitt 3), das Binnenwasserstraßennetz (Abschnitt 4), das Flughafennetz (Abschnitt 6) und das Netz für den kombinierten Verkehr (Abschnitt 7). Eine Darstellung des Netzes der Seehäfen ist geplant106 (Abschnitt 5). Die weiteren Netzteilbereiche, die die eigentlichen Infrastrukturen un103 Kommission, Transeuropäisches Verkehrsnetz, Bericht über die Umsetzung der Leitlinien und die Prioritäten für die künftige Entwicklung 1998 vom 28. 10. 1998 KOM (1998) 614endg. 104 Er darf dennoch nicht mit den jährlichen Berichten der Kommission über die Durchführung der Finanzierungsverordnung nach Art. 16 Abs. 1 der Verordnung verwechselt werden. 105 Hierzu näher S. 122 ff. 106 Vgl. zuletzt Kommission, Geänderter Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr. 1692/96/EG bezüglich Seehäfen, Binnenhäfen und intermodaler Terminals sowie des Vorhabens Nr. 8 in Anhang m vom 17. 6. 1999, KOM (1999) 277 endg.

VI. Die Anhänge I - III

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terstützen, 107 sind aufgrund ihrer Eigenart kaum kartographisch darstellbar, so daß sie nicht in den Anhang I aufgenommen wurden, sondern textlich in Anhang II erfaßt werden. Innerhalb der Darstellung des Netzes des jeweiligen Verkehrsträgers wird zunächst eine kartographische Übersicht des Netzes für den gesamten Gemeinschaftsraum vorangestellt. Dann folgen Einzelkarten, die das Netz für alle Mitgliedstaaten getrennt darstellen. Als weiteres allgemeines Kriterium der jeweiligen Darstellungen wird zwischen bestehenden Verkehrsinfrastrukturen und geplanten Infrastrukturen unterschieden. Die kartographische Darstellung beschränkt sich auf eine grobmaßstäbige Trassierung der Infrastrukturen. Die Deutschland betreffenden Karten wählen den Maßstab von 1: 4.000.000. Sie erreichen damit bei weitem nicht die Genauigkeit des Kartenmaterials der deutschen hochstufigen Aufgabenplanung des Bundesverkehrswegeplans bzw. der Ausbaugesetze. 108 Mit den kartographischen Darstellungen vor allem der geplanten Strecken handelt es sich bei Anhang I um das zentrale Element der gemeinschaftlichen Planung. Die rechtliche Relevanz erhält Anhang I durch die Regelung des Art. 7 der Leitlinien, der die Vorhaben von gemeinsamem Interesse festlegt. Art. 7 verweist für die linienförmigen Infrastrukturen im wesentlichen auf den hiesigen Anhang. Da Anhang I so letztlich die Vorhaben von gemeinsamem Interesse enthält, die aus gemeinschaftlicher Sicht forciert zu realisieren sind, wird im Detail auf die konkreten Festlegungen des Anhangs sinnvollerweise erst im Rahmen der Gesamtregelung des Art. 7 bezüglich der Vorhaben von gemeinsamem Interesse eingegangen. 2.Anbangll

Die rechtliche Relevanz des Anhangs II ist konzeptionell ähnlich wie die des Anhangs I ausgestaltet. Auch hier ist vor allem die tatbestandliehe Bezugnahme in Art. 7 Abs. 2 zur Konkretisierung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse von Bedeutung. Anhang II enthält sog. "Kriterien und Spezifikationen für Vorhaben von gemeinsamem Interesse". Unter Spezifikationen sind hierbei nähere technische Angaben zu verstehen, die im Bereich des Flughafennetzes vorgesehen sind. Ansonsten enthält Anhang II nähere Kriterien, die textlich abgefaßt und in der jetzigen Fassung für alle Netzteilbereiche, also auch für diejenigen Teilbereiche, die sich nicht kartographisch darstellen ließen, vorgesehen sind. Im Gegensatz zu Anhang I änderte sich die Abfassung des Anhangs II während des Rechtsetzungsverfahrens erheblich und für das Verständnis der jetzigen Regelung von Bedeutung. Waren ursprünglich für die linienförmigen Infrastrukturen 107 108

Also vor allem Managementsysteme; vgl. Abschnitte 8 - 10 des Anhangs II. Zu diesen Planungen im Detail in§ 9, S. 203 ff.

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

noch Vorhabengenaue Nennungen vorgesehen, so sollte sich nach der Vorstellung des Parlaments Anhang II gänzlich darauf beschränken, nur für die in Anhang I nicht genau spezifizierten punktförmigen Infrastrukturen nähere textliche Ausführungen zu tätigen. Diese in sich schlüssige Konzeption - kartographische Darstellung für die linienförmigen Infrastrukturen, textliche Darstellung für die kartographisch nur ungenügend dargestellten punktförmigen Infrastrukturen - wurde allerdings bedauerlicherweise während des Rechtsetzungsverfahrens nicht durchgehalten. Dem gemeinsamen Standpunkt des Rates folgend, enthält Anhang II nunmehr für alle Netzteile - also auch für diejenigen linienförmigen Infrastrukturen, die bereits durch Anhang I konkretisiert werden - nähere textliche Angaben. Dies führt zu einer weiteren Unübersichtlichkeit der Leitlinien. Inhaltlich erfüllt Anhang II in dieser Fassung daher zwei unterschiedliche Funktionen. Er legt zunächst originäre Kriterien und Spezifikationen für diejenigen Netzteilbereiche fest, die in Anhang I ungeregelt blieben. Dies sind die Abschnitte des Anhangs II, die sich mit den punktförmigen Infrastrukturen oder Managementsystemen befassen. 109 Hier werden zentrale Beschreibungen, die zur Festlegung des gemeinsamen Interesses dienen, vorgehalten. Insofern übernimmt Anhang II für diese Infrastrukturen die Konkretisierungsaufgabe, die Anhang I für die linienförmigen Infrastrukturen leistet. Eine ganz andere Aufgabe erfüllt Anhang II für diejenigen Netzteilbereiche, die bereits durch Anhang I eine nähere Konkretisierung erfahren haben. Nicht ohne weiteres einsichtig ist die Aufnahme von Abschnitten auch bezüglich dieser linienförmigen Infrastrukturen.U 0 Bei näherer Analyse ergibt sich allerdings, daß die Kriterien für diese Infrastrukturbereiche eine ergänzende Funktion zu den wesentlich wichtigeren kartographischen Darstellungen des Anhangs I haben.U 1 Wie die 109 Dies sind die Abschnitte 4 (Spezifizierung der Binnenhäfen), 5 (Seehäfen), 6 (Flughäfen), 8 (Seeverkehrsmanagement- und informationsnetz), 9 (Luftverkehrsmanagementnetz) und (Ortungs- und Navigationsnetz). 110 Abschnitte 2 (Straßennetz), 3 (Eisenbahnnetz) 4 (bezüglich des Binnenwasserstraßennetz) und 7 (Netz für den kombinierten Verkehr). 1ll Vgl. hierzu auch die Begründung des Rates zu dem insofern entsprechenden gemeinsamen Standpunkt, Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 22/95 vom Rat festgelegt am 28. September 1995 im Hinblick auf den Erlaß der Entscheidung ... des Europäischen Parlaments und des Rates vom . . . über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABI. Nr. C 331 vom 8. 12. 95, S. 1, 104 und 106, in der der Rat ebenfalls davon ausgeht, daß die eigentlichen linienförmigen Infrastrukturen in Anhang I dargestellt werden. Zu Anhang II heißt es dort (S. 104): "Es ist darauf hinzuweisen, daß der neue Anhang II die ausführlichen Kriterien und technischen Spezifikationen zur Bestimmung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse enthält, die die Seehäfen, die Flughäfen, das Managementnetz für den Flugverkehr sowie das Ortungs- und Navigationsnetz betreffen. Dieser Anhang enthält auch die Kriterien und Spezifikationen, anband deren ergänzende Vorhaben, die sich auf das Straßennetz, das Eisenbahnnetz, das Binnenwasserstraßennetz und das Netz für den kombinierten Verkehrs beziehen und die in Anhang I genannten Verbindungen betreffen, als Vorhaben von gemeinsamem Interesse eingestuft werden können." Hervorhebung durch den Verf.

VI. Die Anhänge I - IIl

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einheitliche Eingangsformulierung dieser auf die linienförmige Infrastrukturen bezogenen Abschnitte zeigt, 112 werden die eigentlichen kartographischen Darstellungen als Anknüpfungspunkt genutzt. Anliegen des Anhangs II ist daher bezogen auf den Bereich der linienförmigen Infrastruktur, auch anderen Vorhaben, als den kartographisch dargestellten Verbindungen selbst das Prädikat des gemeinsamen Interesses zu ermöglichen. Hierbei handelt es sich um Maßnahmen, die in der Regel in engem sachlichen Zusammenhang mit dem Bau des Verkehrsweges selbst stehen. Insgesamt läßt sich für diese Infrastrukturbereiche Anhang II als ergänzend und für die Frage nach der Planung der Verkehrswege als untergeordnet bezeichnen. Im einzelnen gilt exemplarisch für die Bereiche des Straßennetzes und des Eisenbahnnetzes folgendes: Abschnitt 2 (Straßennetz) des Anhangs II unterscheidet zwei Bereiche. Abschnitt 2 A bezieht Vorhaben ein, die nicht den Aufbau im Sinne einer Herstellung neuer Infrastruktur dienen, sondern Vorhaben, die sich auf den Ausbau bereits bestehender Straßen beziehen. Er reagiert damit auf ein Defizit der nur grobrastrigen kartographischen Darstellung des Anhangs I, der Ausbauvorhaben von Straßen, die durchaus aus europäischer Perspektive zum Abbau von Engpässen ("bottle necks") sehr wichtig sein können, nicht kennzeichnet. Als wichtige Projekte werden Vorhaben genannt, die sich insbesondere auf den Ausbau von (bestehenden) Autobahnen oder die Verbesserung (bestehender) hochwertiger Straßen, den Bau oder die Verbesserung von städtischen Umgehungsstraßen oder von Umgehungen um Ballungsräume sowie die Verstärkung der Interoperabilität der nationalen Netze beziehen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang allerdings, daß nicht ganz allein die Anhänge I und II über die Kategorisierung eines Vorhabens als von gemeinsamem Interesse entscheiden, sondern daß gemäß Art. 7 weitere Kriterien erfüllt sein müssen, um die europäische Dimension einer Ausbaumaßnahme herzustellen. Insofern ist der sehr apodiktische Wortlaut des Anhangs II in den einführenden Passagen der linienbezogenen Abschnitte ("gilt als Infrastrukturvorhaben von gemeinsamem Interesse" 113) nicht mit Art. 7 der Leitlinien zu vereinbaren. Er muß daher, um sich in die Gesamtkonzeption der Leitlinien überhaupt einzufügen, vorsichtiger dahingehend angewandt werden, daß die entsprechenden Vorhaben lediglich als solche von gemeinsamem Interesse in Betracht kommen. 114 Aber auch in diesem Sinne leistet Anhang II nicht das Entscheidende. Denn allein aus den Leitlinien kann nicht vorhabengenau abgelesen werden, welches Ausbauvorhaben das Prädikat des gemeinsamen Interesses innehat. Diese undifferenzierte und unnötige 115 112 Dort heißt es gleichlautend: "Außer den Vorhaben bezüglich der in Anhang I genannten Verbindungen gilt als Infrastrukturvorhaben von gemeinsamem Interesse jedes diese Verbindungen betreffende Vorhaben, das sich bezieht auf ... ". 113 Hervorhebung durch den Veif. 114 Richtig verstanden muß die Eingangsformulierung der Abschnitte 2, 3 und 4 daher heißen: "Außer den Vorhaben bezüglich der in Anhang I genannten Verbindungen kommt jedes diese Verbindungen betreffende Vorhaben als solches von gemeinsamem Interesse in Betracht, wenn es sich bezieht auf, ...."

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

Regelung verwischt den ansonsten in den Leitlinien zum Ausdruck kommenden Anspruch einer aufgabenbezogenen Planung und scheint allein vor dem Hintergrund eventueller Finanzhilfen fiir möglichst viele Ausbaustrecken Eingang in die Leitlinien gefunden zu haben. Die jetzige Regelung setzt eine weitere Konkretisierungsstufe voraus, die durch ein entsprechendes Verfahren mit Entscheidungsmöglichkeit der Kommission im Rechtsetzungsverfahren diskutiert wurde. 116 Dieses Instrument hat sich aber zu Recht, da kompetentiell höchst zweifelhaft, nicht durchgesetzt. Diesem Umstand wird der hiesige Teil des Anhangs II nicht gerecht. Um eine sinnvolle Eingrenzung der Ausbauvorhaben von gemeinsamem Interesse zu erzielen, wäre eine kartographische Darstellung auch dieser Vorhaben, vergleichbar der Regelung im Eisenbahnnetz, geboten. Abschnitt 2 B des Anhangs II führt dazu, daß auch Verkehrsmanagement- und Informationssysteme, die nach Art. 9 Abs. 3 unter den Bereich der Straßennetze fallen, ebenfalls fiir das Merkmal des gemeinschaftlichen Interesses in Frage kommt. Abschnitt 3 des Anhangs II, der sich auf das Eisenbahnnetz bezieht, sieht als ergänzende Vorhaben, die auch als solche von gemeinsamem Interesse in Betracht kommen, nur Vorhaben bezüglich der Interoperabilität zwischen den Eisenbahnnetzen und Vorhaben, die sich auf die Verknüpfung mit den Netzen anderer Verkehrsträger beziehen, vor. Eine Regelung fiir Ausbauvorhaben bedarf es hier im Gegensatz zum Straßennetz nicht, da die Unterscheidung zwischen Neu- und Ausbauvorhaben begrüßenswerterweise bereits im Rahmen der kartographischen Darstellungen des Anhangs I geleistet wird. 3. Anhang III

Der Anhang III enthält eine Auflistung von 14 Großprojekten. 117 Es handelt sich um diejenigen Vorhaben, die die eingangs vorgestellte Christophersen-Gruppe dem Europäischen Rat in Essen 1994 als Liste der prioritären Verkehrsvorhaben vorge115 Es ist, wie Anhang I für das Schienennetz zeigt, durchaus möglich, auch die gemeinschaftlich relevanten Ausbaustrecken kartographisch darzustellen. Auch Bundesverkehrswegeplan und Fernstraßenausbaugesetz kennzeichnen ganz selbstverständlich Ausbaustrecken kartographisch. 116 So noch die Vorstellung des Parlaments (Änderung 26) in zweiter Lesung: Beschluß betreffend den Gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlaß der Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 13. Dezember 1995, ABI. C 17 vom 22. I. 1996,S.58,66. 117 Der aktuelle Realisierungsstand dieser Prestigeprojekte kann auf der Hornepage der Generaldirektion VII der Kommission abgerufen werden. Die genaue Adresse lautet http:// www. europa. eu. int I comm I transport I themes I network I english I tentpp9807 I tentpp9807. htrnl. Dort geht die Kommission davon aus, daß die Projekte bis ca. 2005 realisiert sein werden.

Vß. Die Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse

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schlagen hat 118 und dementsprechend auch beschlossen wurden. Anhang 111 dokumentiert dies mit der Überschrift: ,,Liste der vom Europäischen Rat am 9. und 10. Dezember in Essen ausgewählten vierzehn Vorhaben". 119 Die damit vorgenommene Eingliederung der Beschlüsse der nicht am direkten Rechtsetzungsprozeß beteiligten Gremien war während des Rechtsetzungsprozesses sehr umstritten. Dieser Streit betraf allerdings nicht die Auswahl der 14 Projekte als solche. Insofern wurde die sachverständige Auswahl der ChristophersenGruppe im Kern nicht angezweifelt. Gegensätzliche Ansichten bestanden vielmehr hinsichtlich der rechtlichen Einbettung der Vorhaben in das Gesamtgefüge der Leitlinien und hierbei vor allem hinsichtlich ihres Verhältnisses zur Regelung bezüglich der Vorhaben von gemeinsamem Interesse. Aufgrund dieser Nähe zur Regelung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse wird der kontroverse Entwicklungsprozeß bezüglich des Anhangs III dort sogleich näher dargestellt.

VII. Die Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse 1. Bedeutung

Die Festlegung besonders wichtiger Vorhaben, der Vorhaben von gemeinsamem Interesse, stellt den Kern des gesamten Regelwerkes der Leitlinien dar. Es liegt in der Sachlogik einer zielorientierten Infrastrukturplanung, zur Erreichung des angestrebten Ausbauzustandes bestimmte Vorhaben als besonders wichtig zu kennzeichnen und so deren Durchführung als besonders dringlich zu kategorisieren. Vergleichbare Einteilungen sind aus dem Bundesverkehrswegeplan ebenfalls bekannt.t2o Die Kategorisierung als Vorhaben von gemeinsamem Interesse hat im hiesigen Kontext im wesentlichen zwei noch näher darzustellende Konsequenzen: Zum einen ist sie notwendige Bedingung einer gemeinschaftlichen finanziellen Förderung des Vorhabens. Zum anderen trifft die Mitgliedstaaten die Rechtspflicht, die entsprechenden Vorhaben im Rahmen des nationalen Rechts weiterzuverfolgen. 121 118 Vgl. Transeuropäische Netze, Gruppe der persönlichen Beauftragten der Staats- bzw. Regierungschefs, Bericht, 1995, Anhang I, S. 24 f. 119 Anhang ßl soll in einem hier nicht interessierenden Randbereich geändert werden. Vorhaben Nr. 8 Autobahn Lissabon - Valladolid soll in eine multimodale Verbindung Portugal/ Spanien mit dem übrigen Europa abgeändert werden. Dies wurde seitens der spanischen und portugiesischen Regierungen beantragt und vom Europäischen Rat in Dublin vom Dezember 1996 gebilligt. Dementsprechend wird auch die Bezeichnung des Anhangs ßl abgeändert werden (,,Liste der vom Europäischen Rat in Essen und Dublin ausgewählten vierzehn Vorhaben"). Vgl. Kommission, Geänderter Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Entscheidung Nr. 1692/96/EG bezüglich Seehäfen, Binnenhäfen und intermodaler Terminals sowie des Vorhabens Nr. 8 in Anhang III vom 17. 6. 1999, KOM (1999) 277 endg. 120 Hierzu § 9, S. 203 ff. 121 Hierzu im einzelnen§ 6, S. 164 ff.

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

Die Relevanz und Brisanz der Auswahl der entsprechenden Vorhaben wird damit offensichtlich und so kann es kaum verwundern, daß sich im Laufe des Rechtsetzungsverfahrens gerade in diesen Punkt die Meinungsverschiedenheiten am deutlichsten herauskristallisierten. Sie beschränkten sich nicht nur auf den naheliegenden Dissens betreffend der Aufnahme einzelner Projekte, sondern driickten sich auch in gegensätzlichen Meinungen bezüglich der allgemeinen Modalitäten der Festsetzung - konkrete Benennung oder allgemein tatbestandliehe Beschreibung, konkretisierendes Auswahlverfahren durch die Kommission oder nicht, Integration der prioritären Projekte der Christophersen-Gruppe - aus. Sedes materiae für die Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse ist Art. 7. Die außerordentlich komplizierte Regelung bezieht sich auf nahezu alle bereits dargestellten Teilbereiche der Leitlinien.

2. Entwicklungen während des Recbtsetzungsprozesses

Die Modalitäten der Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse war lebhaft umstritten, wobei die hauptsächlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Kommission und Rat bestanden, während das Parlament in diesem Bereich weniger in Erscheinung trat. Die jetzige nicht leicht verständliche Regelung des Art. 7 der Leitlinien läßt sich am ehesten vor dem Hintergrund seiner Entstehungsgeschichte interpretieren und kritisieren. Ein besonderes Augenmerk wird im folgenden darauf gelegt, welche Grundkonzeptionen für die Festlegung der Vorhaben vorgeschlagen wurden. Details vorgeschlagener, aber nicht durchgesetzter Regelungen interessieren dagegen heute nicht mehr. Bereits der ursprüngliche Vorschlag der Kommission 122 enthielt eine differenzierte Regelung bezüglich der Vorhaben von gemeinsamem Interesse. 123 Ähnlich der jetzigen Regelung war eine Konformität der Vorhaben mit Zielen und Prioritäten der Leitlinien und eine Übereinstimmung mit den Merkmalen der Netzteilbereiche notwendig. Wesentlich konkretisiert wurden die Vorhaben indes durch die Anhänge I und II. Wahrend Anhang I wie die jetzige Regelung Netzschemata in Kartendarstellung enthielt, enthielt Anhang II eine benennende Liste der in Frage kommenden Vorhaben. In Zweifelsfällen sah- und dies ist sehr bemerkenswertder Vorschlag ein klärendes Verfahren vor, 124 nach welchem letztlich die Kommission entscheiden sollte, ob das fragliche Vorhaben ein solches von gemeinsamem Interesse ist. Insgesamt wäre so eine zweifelsfreie Festlegung der Vorhaben gewährleistet gewesen.

122 Vorschlag für eine Entscheidung des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes vom 7. 4. 1994, ABI. Nr. C 220 vom 8. 8. 1994, S. 1 ff. 123 Das nachfolgende ergibt sich im wesentlichen aus Art. 6 des Vorschlages. 124 Art. 25 und 26 des Vorschlages.

VII. Die Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse

125

Der weitere Fortgang des Rechtsetzungsverfahrens wurde durch den zwischenzeitlichen Bericht der außerhalb des Rechtsetzungsprozesses arbeitenden Christophersen-Gruppe beeinflußt, 125 in welchem diese Gruppe 14 besonders wichtige Projekte benannte. Die Kommission bemühte sich um eine Integration der benannten Vorhaben in die Leitlinien bzw. in deren Prioritätensetzung. Vorgeschlagen wurde ein neuer, diese Vorhaben enthaltender Anhang III, der - wie bereits angeführt - auch in die jetzigen Leitlinien Eingang gefunden hat. Völlig anders war dagegen nach der Vorstellung der Kommission der rechtliche Gehalt des Anhangs III, da insofern die neue und besonders bedeutsame Kategorie der prioritären Vorhaben eingefügt wurde. Nach dem verfügenden Teil des Vorschlages sollten die Arbeiten an diesen Projekten sogar innerhalb von fünf Jahren aufgenommen werden. Das nächste für diesen Teilbereich wichtige Datum des Rechtsetzungsprozesses markiert der gemeinsame Standpunkt des Rates. Der Rat folgte den Vorstellungen der Kommission nicht. Er lehnte zunächst das Konkretisierungsverfahren ab. Diese Absage an ein nachgeordnetes Verfahren ist zu begriißen. Denn so sinnvoll im Grundsatz dieses Verfahren zur Präzisierung auch sein mag, so bedenklich ist es in Hinsicht auf (organ-)kompetentielle Fragen. Faktisch würde es entgegen der Regelung des Art. 155 Abs. 1 1. Gedankenstrich und Art. 156 Abs. 1 EGV dazu führen, daß die Kommission die letztentscheidende Rolle bei der Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse gewinnt und nicht die eigentlich dazu ermächtigten Organe, nämlich Rat und Europäisches Parlament im Verfahren des Art. 156 Abs. 1 EGV.126 Ob diese kompetenzrechtlichen Argumente allerdings bei der ablehnenden Haltung des Rates im Vordergrund standen, erscheint sehr zweifelhaft und eher unwahrscheinlich. Vielmehr zielte die Gesamtstrategie des Rates darauf ab, keine zu konkreten ausdriicklichen Festlegungen oder entsprechende verfahrensrechtliche Regelungen zu einzelnen Projekten zu treffen. Der aus den Vertretern der Mitgliedstaaten bestehende Rat hatte offenbar Vorbehalte gegen Formulierungen, die zu offensichtlich umfassende Verpflichtungen der Mitgliedstaaten begriindeten. Dieser Befund wird dadurch unterstützt, daß der Rat im gemeinsamen Standpunkt ebenfalls die Aufnahme des Anhangs III rundum ablehnte. Wenn man sich vor Augen hält, daß Anhang III genau die seitens der Christophersen-Gruppe ausgewählten Vorhaben enthält und beriicksichtigt, daß diese Gruppe gerade zur Prio125 Die rechtlich -auch bezogen auf dieses Stadium des Verfahrens -zwar nicht zutreffende Ansicht von Baum, in: Karl (Hrsg.), Regionalentwicklung im Prozeß der europäischen Integration, 1995, S. 185, 186, wonach die Christophersen-Gruppe selbst die prioritären Vorhaben - gemeint sind die von gemeinsamem Interesse - festlegt, verdeutlicht aber den Einfluß, der dieser Gruppe zugesprochen wurde. 126 Insofern ist die Regelung in Art. 7- 9 der Telekommunikationsleitlinien (Entscheidung Nr. 1336/97/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1997 über Leitlinien für transeuropäische Telekommunikationsnetze, ABl. Nr. L 183 vom 11. 7. 97, S. 12 ff.), die der Kommission auch bei der Auswahl der Vorhaben von gemeinsamem Interesse einen erheblichen Einfluß überantwortet, kompetenzrechtlich sehr zweifelhaft (vgl. § 3, S. 64 ff.).

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

ritätensetzung auf Initiative des Europäischen Rates, der sich wiederum aus den Staats- und Regierungschefs sowie (lediglich) dem Präsidenten der Kommission zusammensetzt, gebildet wurde, ein eigentlich widersprüchliches Verhalten des Rates. Er agiert im Rechtsetzungsverfahren- jetzt "wo es Ernst wird"- entgegen dem vorherigen Verhalten. Der Rat versucht dieses Verhalten in der gemäß Art. 189 b Abs. 2 S. 4 EGV a. F. 127 erforderlichen Begründung 128 damit zu erklären, daß es nicht Aufgabe einer Planungsentscheidung sei, die Rangfolge der durchzuführenden Vorhaben festzulegen, sondern dies im Rahmen eines finanzpolitischen Beschlusses aufgrund der Verordnung über die Gemeinschaftszuschüsse erfolgen müsse. 129 Eine in dieser Allgemeinheit nicht überzeugende Argumentation, da gerade Art. 155 Abs. 1 S. 1 1. Spiegelstrich, 156 EGV dem Rat gemeinsam mit dem Parlament im Mitentscheidungsverfahren die materielle Prioritätensetzung innerhalb der Leitlinien - also der Planungsentscheidung - überantworten. Der Rat vermengt in dieser Begründung die notwendige aufgabenbezogene Prioritätensetzung im Rahmen der Leitlinien mit Beschlüssen im Rahmen der nicht identischen Finanzplanung. 130 Im Rahmen des weiteren Verfahrens wurde als Komprorniß die jetzt geltende Regelung gefunden. Der Rat setzte sich mit seiner Auffassung weitgehend durch: Ein Konkretisierungsverfahren durch die Kommission ist nicht vorgesehen. Anhang III wurde zwar Bestandteil, jedoch in einer rechtlich denkbar schwachen Form. Es existiert keine besondere Vorhabenkategorie, die sich auf Anhang III bezieht, und jedwede zeitlichen Vorgaben speziell für diese Vorhaben fehlen. Lediglich Art. 19 der Leitlinien verweist indikativ auf Anhang III. Für die Ausweisung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse spielt er rechtsförmlich 131 keine Rolle, da Art. 7 nicht auf Anhang III verweist. 132 127 Nach der Amsterdamer Vertragsfassung wäre Art. 251 Abs. 2 S. 2 3. Spiegelstrich S. 2 EGV einschlägig. 128 Diese Begründung des Rates ist dem gemeinsamen Standpunkt (Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 22/95 vom Rat festgelegt am 28. September 1995 im Hinblick auf den Erlaß der Entscheidung ... des Europäischen Parlaments und des Rates vom .. . über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABI. Nr. C 331 vom 8. 12. 95, S. I ff. ) angefügt; a. a. 0., S. 101 ff. 129 A. a. 0., Fn. 128, S. 103.

130 Daß die Finanzplanung vor allem der Mitgliedstaaten durch die Leitlinien mit deren sachlicher aufgabenbezogener Prioritätensetzung nicht ersetzt oder überhaupt nur angezweifelt wird, läßt sich auch deutlich an Art. I Abs. 2 der Leitlinien selbst ablesen, der die Realisierung der Vorhaben unter Finanzierungsvorbehalt stellt. 131 Tatsächlich handelt es sich dennoch um diejenigen Vorhaben, die besonders zügig durchgeführt werden. Dies hängt damit zusammen, daß den Mitgliedstaaten ein Spielraum bei der Umsetzung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse verbleibt (Vgl. näher § 9, s. 197 ff.). 132 Klarstellend sei darauf hingewiesen, daß dies natürlich nicht dazu führt, daß die Vorhaben des Anhangs III nicht einmal solche von gemeinsamem Interesse wären. Die entsprechenden Verbindungen sind vor allem in Anhang I ausgewiesen. Darauf weist auch Art. 19 der Leitlinien hin.

VII. Die Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse

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3. Die jetzige Regelung des Art. 7 der Leitlinien 133

Art. 7 enthält drei Absätze. Abs. 1 legt eigenständige und vor allem auf den allgemeinen Teil der Leitlinien bezogene Merkmale fest, denen ein Vorhaben entsprechen muß, um als solches von gemeinsamem Interesse zu gelten. Abs. 2 enthält kumulativ weitere Voraussetzungen, die sich auf den besonderen Teil und die Anhänge I und I oder II beziehen. Abs. 3 regelt nicht mehr die Voraussetzungen der Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse, sondern legt auf der Rechtsfolgenseile die Verpflichtungen der Adressaten der Leitlinien, der Mitgliedstaaten fest. 134 Die interne Regelung der Art. 7 Abs. 1 und 2 folgt dem Aufbau der Leitlinien vom Allgemeinen zum Besonderen. Dies hat zur Folge, daß die wirklich eingrenzenden Tatbestandsmerkmale erst in Abs. 2 der Regelung Eingang gefunden haben. Gemäß Art. 7 Abs. 1 müssen sich die Vorhaben von gemeinsamem Interesse in das Gesamtgefüge des EG-Vertrages einfügen und vor allem den Wettbewerbsregelungen entsprechen. Ein Anwendungsbereich der Wettbewerbsregeln der Art. 81 ff. EGV kann allerdings nur in Bereichen eröffnet sein, in denen bereits die Vorhabenfestsetzung innerhalb der Leitlinien den Wettbewerb potentiell beeinträchtigen kann. Dies ist bei der aufgabenbezogenen grundsätzlichen Festlegung der zu realisierenden Verkehrswegeinfrastrukturen nicht der Fall. 135 Als erstes eigentliches und selbständiges Tatbestandsmerkmal regelt Art. 7 Abs. 1 1. Spiegelstrich, daß ein Vorhaben den in Artikel 2 genannten Zielen 136 dient. Der Wortlaut des Art. 7, der von Zielen spricht, legt für sich betrachtet nahe, daß ein Vorhaben allen Zielvorstellungen dienen muß, die in Art. 2 normiert sind. Dies wäre angesichts der aufgezeigten Reichweite und der Gegenläufigkeit einzelner Zielnormierungen nahezu unmöglich und kann nicht in diesem Sinne intendiert sein. Indem Art. 7 auf die Ziele des Art. 2 verweist, müssen vielmehr sinnvollerweise die Besonderheiten und die Ausgestaltung des Zielsystems des Art. 2 selbst beachtet werden. Diese Zielnormierungen sind ihrerseits von unterschiedlicher Intensität. Während Art. 2 Abs. 1 sehr stringent formuliert ist, 137 eröffnet Abs. 2 Abweichungsmöglichkeiten von den dortigen Zielnormierungen. 138 Dies verdeutlicht, daß ein einzelnes Vorhaben ohnehin nicht allen Zielvorstellungen des Art. 2 entm Eine Orientierung über die Regelung bietet die arn Ende des Abschnitts angefügte tabellarische Übersicht. 134 Hierzu im einzelnen§ 6, S. 166 ff. 135 Eher dagegen bei unterstützenden Manangementsystemen, sofern die Leitlinien derart detaillierte technische Festlegungen enthielten, die bereits einen echten Wettbewerb ausschließen würden. 136 Zu den Zielen und den Unterschieden der Zielnormierungen des Art. 2 Abs. 1 und 2 siehe im einzelnen S. 100 ff. 137 ,,Das transeuropäische Verkehrsnetz wird ... hergestellt". Hervorhebung durch den Verf. 138 Dort heißt es lediglich: ,,Das Netz soll". Hervorhebung durch den Verf.

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

sprechen muß. Noch deutlicher wird die Ungenauigkeit der Verweisungsnorm des Art. 7 Abs. 1 1. Spiegelstrich aber durch folgende Überlegung: Art. 2 normiert nach seinem eindeutigen Wortlaut sowohl in Abs. 1 als auch in Abs. 2 ausschließlich Ziele für das gesamte transeuropäische Verkehrsnetz, nicht jedoch für einzelne Vorhaben innerhalb des Netzes. Für die im Rahmen des Art. 7 zu entscheidende Frage, ob ein einzelnes Vorhaben mit dem Prädikat des gemeinsamen Interesses versehen ist, eignet sich daher Art. 2 schon strukturell nicht. Einzig Art. 2 Abs. 1 kann insofern herangezogen werden, als sich das Vorhaben in das transeuropäische Netz nach den näheren Ausgestaltungen des Anhangs I und/ oder II eingliedern muß. Dies folgt allerdings ohnehin schon aus der konkreteren Regelung des Art. 7 Abs. 2. Damit ergibt sich insgesamt durch den zudem sprachlich ungeschickt formulierten tatbestandliehen Verweis des Art. 7 auf Art. 2 keine sinnvolle Abgrenzungsmöglichkeit zwischen Vorhaben von gemeinsamem Interesse und anderen Vorhaben. Gemäß Art. 7 Abs. 1 2. Spiegelstrich muß ein Vorhaben von gemeinsamem Interesse weiterhin das in Artikel 3 beschriebene Netz 139 betreffen. Damit wird klargestellt, daß ein Vorhaben selbstverständlich dem definierten Netzumfang entsprechen muß. Auch bei diesem tatbestandliehen Rückbezug auf Art. 3 handelt es sich nicht um ein entscheidendes Merkmal zur Abgrenzung eines Vorhabens von gemeinsamem Interesse. Auch insofern wäre der Tatbestand des Art. 7 Abs. 2 völlig ausreichend gewesen, da dieser ohnehin auf die Teilbereiche des Netzes verweist, die ihrerseits den Netzumfang und damit Art. 3 konkretisieren. Ein Verweis auf Art. 3 ist damit überflüssig und im Sinne einer sinnvollen textlichen Straffung der Leitlinien entbehrlich. Gemäß Art. 7 Abs. 1 3. Spiegelstrich muß ein Vorhaben von gemeinsamem Interesse den in Art. 5 genannten Prioritäten 140 entsprechen. Hinsichtlich des Wortlautes des Art. 7 ("den ... Prioritäten") gilt ähnliches wie im Hinblick auf den Verweis auf die Ziele des Art. 2 in Art. 7 Abs. 1 1. Gedankenstrich. Auch hier betonen die zehn genannten Prioritäten sehr unterschiedliche Teilaspekte der Netzherstellung,141 so daß nicht ein Vorhaben allen Prioritäten entsprechen kann. Ausreichend muß daher sein, daß sich ein Vorhaben zumindest in den Gesamtzusammenhang der Prioritäten einordnen läßt, indem es zumindest einem prioritären Bereich entspricht. Inhaltlich unterscheidet sich Art. 5 von Art. 2 allerdings insofern, als er Prioritäten nennt, die für einzelne Projekte fruchtbar gemacht werden können, die sich also nicht nur auf das gesamte Netz beziehen. Damit kann durch den Verweis auf die Prioritäten des Art. 5 eine erste tatbestandliehe Eingrenzung eines Vorhabens von gemeinsamem Interesse in Abgrenzung zu der Vielzahl der sonstigen Zu·diesem Netz im einzelnen S. 103 ff. Zu diesen Prioritäten im einzelnen S. 104 ff. 141 Z. B. bezieht sich Art. 5 lit. b auf Infrastrukturen zur Anhindung abgelegener Gemeinschaftsgebiete. Lit. g dagegen auf die völlig andersartige Aufgabe der Herstellung von Knotenpunkten. 139

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VII. Die Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse

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Projekte vorgenommen werden, wenngleich auch hier die Formulierung der Prioritäten sehr weit gefaßt ist. Von besonderer Bedeutung für die linienfönnige Verkehrswegeinfrastruktur ist hierbei Art. 5 lit. a., der die Schaffung und den Ausbau von Haupt- und Zwischenverbindungen, um Engpässe zu beseitigen, Lücken zu schließen und Fernverkehrsverbindungen zu ergänzen, als prioritär einstuft. Diese Formulierung ist ihrerseits zwar sehr weit geraten, kann jedoch zur Aussonderung solcher Vorhaben führen, die keine Haupt- oder Zwischenverbindungen betreffen, sondern lediglich Verkehrswege von untergeordneter Bedeutung. Allerdings können die letzteren Verkehrswege der Priorität des Art. 5 lit. b entsprechen, der sich auf die Anhindung von verkehrsinfrastrukturell benachteiligten Gebieten bezieht. Schließlich muß ein Vorhaben von gemeinsamem Interesse "im Lichte von Analysen des sozioökonomischen Kosten- I Nutzenverhältnisses potentiell wirtschaftlich lebensfahig sein", Art. 7 Abs. I 4. Gedankenstrich. Die vorsichtige Einbeziehung derartiger Analysen, soll vermeiden, daß Infrastrukturen am tatsächlichen Bedarf vorbei ausgebaut werden. Durch die Einbeziehung nicht nur des ökonomischen, sondern auch des sozioökonomischen Nutzens ist es allerdings möglich, auch Fernwirkungen der Infrastrukturen in das Kosten- I Nutzenverhältnis miteinzubeziehen. Damit wird dem grundlegenden wirtschaftswissenschaftlichen Befund Rechnung getragen, daß sich der Nutzen der Infrastruktur aufgrund ihrer Basisfunktion für wirtschaftliche Betätigung typischerweise erst in Fernwirkungen realisiert. Zusammenfassend ist zu den Merkmalen des Art. 7 Abs. 1 festzustellen, daß diese allenfalls eine erste Eingrenzung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse bieten können. Hierbei kann vor allem der Rückbezug auf die Prioritäten des Art. 5 eine eingrenzende Funktion übernehmen. Aufgrund dieser Unschärfe des Art. 7 Abs. 1 kommt dem detaillierteren Art. 7 Abs. 2 die wesentliche Funktion der Vorhabenfestlegung zu. Gemäß Art. 7 Abs. 2 der Leitlinien müssen die Vorhaben "einen Teilbereich des Netzes im Sinne der Artikel 9 bis 17 und insbesondere - die Verbindungen betreffen, die in den Karten des Anhangs I angegeben sind, und/oder - den Spezifikationen oder Kriterien des Anhangs II entsprechen." Als Grundvoraussetzung muß das Vorhaben einen Netzteilbereich der Art. 9-17 betreffen. 142 Kumulativ und bereits sprachlich besonders hervorgehoben ("und insbesondere") müssen die Vorhaben die Verbindungen betreffen, die in den Karten des Anhangs I angegeben sind. Dieser tatbestandliehe Verweis auf den kartographischen Anhang I "Netzschemata in Kartendarstellung" innerhalb der Ausweisung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse bildet das Kernstück der Bestimmung der ent142

9 Bogs

Zu den Anforderungen im einzelnen S. 114 ff.

130

§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

sprechenden Vorhaben. In diesem Anhang sind die Vorhaben für jeden Mitgliedstaat und getrennt nach den jeweiligen Netzteilbereichen dargestellt. 143 Allerdings sind nicht für alle Teilbereiche des angestrebten Netzes Netzschemata in Kartendarstellung vorgesehen. Nur für die Bereiche Straßennetz (Abschnitt 2), Eisenbahnnetz (Abschnitt 3), Binnenwasserstraßennetz (Abschnitt 4), und für das Netz für den kombinierten Verkehr (Abschnitt 7) sind Kartenschemata in Anhang I enthalten. Die Aufnahme eines Abschnittes 5 (Seehäfen) ist zwar in Anhang I vorgesehen, jedoch noch nicht durchgeführt; die Karten des Abschnittes 6 (Flughäfen) dienen darüber hinaus explizit nur zur Information und beziehen sich auf Informationsmaterial von 1992. Für die Netzteilbereiche Seeverkehrsmanagement- und Informationsnetz, Luftverkehrsmanagementnetz und Ortungs- und Navigationsnetz enthält Anhang I keine Aussagen, da für diese Bereiche die kartographische Darstellung ungeeignet ist. Dies verdeutlicht, daß allein anhand des Anhangs I nicht für alle Bereiche des Netzes eine hinreichende Eingrenzung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse möglich ist. Tatbestandlieh mit einbezogen wird daher auch Anhang II ("Kriterien und Spezifikationen für Vorhaben von gemeinsamem Interesse"), die Vorhaben müssen in Anhang I aufgeführt sein "und I oder" Anhang II entsprechen. Diese Formulierung ist ohne weiteres für diejenigen Bereiche einleuchtend, für die Anhang I keine Aussagen enthält, also für die Netzteilbereiche Binnenhäfen (Abschnitt 4), Seehäfen (Abschnitt 5), Seeverkehrsmanagement- und informationsnetz (Abschnitt 8), Luftverkehrsmanagement (Abschnitt 9) und Ortungs- und Navigationsnetz (Abschnitt 10). Da Anhang I in diesen Bereichen keine Aussagen enthält, müssen lediglich ("oder") die Kriterien des Anhangs II erfüllt sein. Probleme bereitet die Formulierung des Art. 7 Abs. 2 1. Gedankenstrich a.E. der Leitlinien aber daher, daß es Anhang II nicht dabei beläßt, für die kartographisch nicht dargestellten Netzteilbereiche textliche Festlegungen zu treffen, sondern in seiner jetzigen Fassung für alle Teilbereiche des Netzes, also auch für die kartographisch bereits erfaßten linienförrnigen Infrastrukturen, weitere Kriterien und Spezifikationen enthält. Dies wirft die Frage auf, ob die dort festgelegten Merkmale kumulativ zur Ausweisung des Vorhabens in den Karten des Anhangs I gegeben sein müssen ("und"), oder ob auch in diesen Fällen ein alternatives Vorliegen der Kriterien des Anhangs I oder des Anhangs II ausreicht. Würde auch hier ein alternatives Vorliegen ausreichen, so wäre das Wort "und" in der Formulierung des Art. 7 Abs. 2 1. Gedankenstrich a. E. gänzlich überflüssig. Da hiervon nicht ausgegangen werden kann, ergibt sich folgende auch durch weitere Argumente unterstützte Systematik des Art. 7 Abs. 2: Sofern es sich um Infrastrukturbereiche handelt, die nicht in Anhang I aufgegriffen werden (vor allem punktförrnige Infrastruktur und Managementsysteme), muß ein Vorhaben den Merkmalen des jeweiligen Artikels des besonderen Teils entsprechen und allein den näheren Kriterien und Spezifikationen des Anhangs II genüt43

Vgl. zu Anhang I näher S. 118 ff.

VII. Die Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse

131

gen, da Anhang I für diese Infrastrukturbereiche regelmäßig keine Angaben enthält. Handelt es sich dagegen um ein Vorhaben, das sich auf die linienförmige Infrastruktur bezieht, so muß es den Merkmalen der Artikels des besonderen Teils entsprechen, außerdem die Verbindungen betreffen, die in den Karten des Anhangs I angegeben sind und kumulativ den Spezifikationen des Anhangs II genügen. Diese Auslegung des Art. 7 Abs. 2 wird auch von dem auf den ersten Blick schwer verständlichen Wortlaut der Abschnitte 2, 3, 4 und 7 bezüglich der linienförmigen Infrastruktur des Anhangs II untermauert, die jeweils formulieren: ,,Außer den Vorhaben bezüglich der in Anhang I genannten Verbindungen gilt als Infrastrukturvorhaben von gemeinsamem Interesse jedes diese Verbindungen betreffende Vorhaben, das sich bezieht auf ... ".

Wäre in Art. 7 Abs. 2 ein bloß alternativer Hinweis auf Anhang I oder II intendiert, so könnte sich Anhang II entsprechend seiner inhaltlichen Ausrichtung darauf beschränken, die ergänzenden Vorhaben zu benennen. Dadurch daß Anhang II die eigentlichen linienförmigen Infrastrukturvorhaben aber in der obigen Weise erwähnt, wird deutlich, daß die eigentlichen Vorhaben des Anhangs I nochmals durch Anhang II aufgenommen werden. Erst nach dieser Erwähnung kann Anhang II regeln, daß es ausreicht, daß ein ergänzendes Vorhaben diese Verbindungen (nur) betreffen muß. Diese in sich komplizierte Regelung führt im Ergebnis dazu, daß für die wesentlichen, besonders raumbedeutsamen linienförmigen Infrastrukturen als solche doch wiederum Anhang I maßgeblich ist, während Anhang II weitere Vorhaben unter den dort genannten Voraussetzungen in den Kreis der Vorhaben von gemeinsamem Interesse aufnimmt, die die Infrastrukturen des Anhangs I nur betreffen, also im wesentlichen flankierende Vorhaben, für den Bereich des Straßennetzes darüber hinaus auch Vorhaben des Ausbaus der bestehenden Infrastruktur.144 Weitere Anforderungen sieht die Regelung des Art. 7 nicht vor. Insbesondere stellt Art. 7 keinen Bezug zum Anhang III her, der die 14 als besonders bedeutsam eingestuften Projekte der Christophersen-Gruppe enthält. Wie sich aus der Komprornißformel des Art. 19 ergibt, versteht sich die Ausweisung der Projekte des Anhangs III lediglich als "indikativ". Seine Bedeutung darf dennoch in praktischer Hinsicht nicht unterschätzt werden, da insofern eine politische Weichenstellung getroffen wurde. Ebenfalls enthalten die Leitlinien kein näheres Verfahren, welches in Zweifelsfällen zu einer Klärung führen könnte, ob das betreffende Vorhaben ein solches von gemeinsamer Bedeutung ist. Die Vorschläge der Kommission konnte sich nicht durchsetzen.

144 Die Problematik der Regelung bezüglich des Straßenausbaus wurde bereits dargestellt und kritisiert; vgl. S. 119 ff.

9*

132

§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

Das vorgehend Beschriebene- bezüglich der Rechtsfolgen teils noch zu Entwikkelnde - wird für den wichtigsten Bereich der linienförmigen Infrastrukturen (Straßen, Schienen- und Wasserwege) in nachfolgender Übersicht veranschaulicht: Vorhaben von gemeinsamem Interesse (linieruörmige Infrastruktur) Tatbestandliehe Voraussetzung:

Praktische Bedeutung:

1.

Vorhaben entspricht Zielen des Art. 2,

Sehr gering.

2. kumulativ

betrifft das Netz nach Art. 3,

Sehr gering.

3. kumulativ

entspricht den Prioritäten des Art. 5,

Gering.

4. kumulativ

ist potentiell wirtschaftlich lebensfähig,

Gering.

5. kumulativ

entspricht den speziellen Merkmalen für das jeweilige Teilnetz,

Unterschiedlich. Straßennetz: gering; Eisenbahnnetz: höher.

6. kumulativ

ist in den Netzplänen des Anhangs I aufgeführt,

Maßgebliche Konkretisierungsstufe.

7. kumulativ (hier greift die Variante "und" in Art. 7 Abs. 2)

entspricht den Kriterien des Anhangs II.

Gering. Nur für Nebenprojekte und Ausbau des Straßennetzes von Bedeutung.

Konsequenz bei Vorliegen von 1 - 7:

Rechtsfolgen:

Das Vorhaben ist per se ein solches von gemeinsamer Bedeutung. Kein gesondertes Ausweisungsverfahren bzw. förmlicher Ausweisungsakt erforderlich.

1. Verpflichtung der Mitgliedstaaten bezüglich der Durchführung der Vorhaben 145 2. Vorhaben kann durch die Gemeinschaft nach Art. 155 EGV finanziell gefördert werden.

145

Hierzu § 6, S. 166 ff.

VII. Die Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse

133

4. Die Deutschland betreffenden Vorhaben 146

Für den Bereich der Straßen ergibt sich demnach folgendes: Der zentrale Anhang I enthält im Gegensatz zum Teilbereich der Schienenwege nur die grobe Einteilung der Straßen in "bestehende" und "geplante". Die geplanten Straßen werden hierbei durch eine gestrichelte und farblieh abgehobene Darstellung gekennzeichnet, während das bestehende Netz durchgehend markiert ist. Bei letzterem handelt es sich um alle wichtigen Autobahnen Deutschlands. Als geplant sind im Vergleich mit anderen Mitgliedstaaten nur relativ wenige Verbindungen aufgeführt. Dies liegt am bereits hohen Bestand an Fernverkehrsstraßen in Deutschland. Als geplant werden vornehmlich solche Straßen aufgeführt, die einen Bezug zur Anhindung der neuen Bundesländer an das Autobahnnetz aufweisen, oder auch sonstige West-Ost Verbindungen, die in der bisherigen Infrastrukturentwicklung Deutschlands und Europas eher vernachlässigt wurden. Eine Kennzeichnung von aus europäischen Sicht besonders wichtigen Ausbaustrecken findet nicht statt. Die Klärung, welche Ausbauvorhaben aus Gemeinschaftssicht als Vorhaben von gemeinsamem Interesse einzustufen sind, wird Anhang II überantwortet. Dieser leistet aber, wie gezeigt, keine vernünftige Abgrenzung in dem Sinne, daß aus den Leitlinien heraus konkrete Strecken für Ausbauvorhaben benennbar wären. lnsofern legt Anhang II lediglich fest, daß jedes Vorhaben, das sich auf den Ausbau der im Anhang II festgelegten Verbindungen, also die dort als bestehend aufgeführten, bezieht, als Vorhaben von gemeinsamem Interesse "gilt". Das heißt, daß nicht konkrete Ausbaumaßnahmen gemeinschaftlich festgelegt werden, sondern daß nur bestimmte Strecken bezeichnet werden, die aus gemeinschaftlicher Sicht ausbauwürdig sind. Dies hat die Konsequenz, daß die Gemeinschaft nicht den konkreten Ausbau bestimmter Abschnitte fordert, diesen jedoch unterstützt, sofern ein Ausbau in Angriff genommen wird, so daß Finanzierungsbeiträge möglich sind. 147 Ein Planungsauftrag der Gemeinschaft bezüglich Ausbauvorhaben besteht dagegen nicht. Konkret werden dagegen die Neubauvorhaben von gemeinsamem Interesse festgelegt. Es sind die im Leitschema des Anhangs I der Leitlinien gepunktet festgelegten Vorhaben. Die wichtigsten Vorhaben sind die folgenden Verbindungen: • Ostseeautobahn A-20 148 als umfangreichstes Projekt, 149 • Verbindung Gießen - Kassel - Halle und Halle - Magdeburg,

146 Beschränkt auf die wesentlichen Bereiche der Straßeninfrastruktur und Schienenwege. Die weiteren Infrastrukturbereiche lassen sich nach ähnlicher Systematik ablesen. 147 Nach Maßgabe des gemeinschaftlichen Finanzierungssystems, vgl. hierzu § 7, S. 178 ff. 148 Die Numerierung wird auf europäischer Ebene nicht übernommen. Es handelt sich um die des deutschen Autobahnnetzes, die hier zur besseren Kennzeichnung übernommen wurde. 149 Nördliche Umfahrung Hamburgs, Lübeck, Wismar, südliche Umfahrung Rostocks, Richtung polnische Grenze (Anbindung an Autobahn Berlin, Stettin).

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§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

• Verbindung Dresden - Görlitz, polnische Grenze und Dresden - tschechische Grenze, • Würzburg - Erfurt, • Autobahn A-96 und 94 Nähe Bodensee- Memmingen- München- Passau, • Nürnberg - Grenze zur Tschechischen Republik (Anbindung an Strecke nach Pilsen und Prag). Für den Bereich der Eisenbahninfrastruktur enthält Anhang I wesentlich detailliertere Aussagen. Er unterscheidet entsprechend der Differenzierung in Art. 10 der Leitlinien zwischen einzelnen Infrastrukturunterkategorien. Im Bereich der konventionellen Strecken sind lediglich die wichtigen überregionalen Verbindungen als bestehende Strecken aufgeführt. Geplante konventionelle Strecken enthält Anhang I für Deutschland nicht. Das Schwergewicht des europäischen Interesses liegt dagegen auf der Herstellung eines Hochgeschwindigkeitsbahnsystems. Anhang I unterscheidet zwischen bestehenden Hochgeschwindigkeitszugstrecken und geplanten Hochgeschwindigkeitszugstrecken einerseits und Ausbaustrecken für Hochgeschwindigkeitsverkehr bzw. geplanten Ausbaustrecken für Hochgeschwindigkeitsverkehr andererseits. Diese Unterscheidung basiert auf der Regelung des Art. 10 Abs. 2, der hinsichtlich der Anforderungen an die zu erreichende Geschwindigkeit differenziert und für Ausbaustrecken eine technische Auslegung von ca. 200 km/h ausreichen läßt, 150 wohingegen bei eigens für hohe Geschwindigkeiten gebaute Strecken eine Auslegung von 250 km I h gefordert wird. 151 Damit werden im Gegensatz zur Regelung des Straßennetzes auch die Ausbaustrecken deutlich gekennzeichnet. Anhang II hat bezogen auf die Verkehrswegeplanung keine Bedeutung. Aus der Legende des Anhangs I läßt sich aus sich verständlich ablesen, ob es sich um eine geplante originäre Hochgeschwindigkeitszugstrecke oder um eine Ausbaustrecke handelt. Die nachfolgend aufgeführten Angaben enthalten die Gesamtverbindung, die sich auch aus beiden Unterkategorien zusammensetzen kann: • Nord- Süd- Verbindung: (Brenner-) München-Nürnberg-Erfurt- Halle/ Leipzig - Berlin; 152 • Verbindung Berlin - Stralsund sowie Berlin - Rostock; • Verbindung Harnburg- Lübeck- Puttgarden (DK); • Verbindung Berlin - Dresden; • Verbindung Halle - Leipzig - Dresden; 150 Da diese die bisherige Streckenführung nicht ignorieren können und so nicht das Niveau der originär für Hochgeschwindigkeiten geplanten Strecken erreichen können. 151 Eine Ausnahme macht Art. 10 Abs. 2 3. Gedankenstrich, der auf spezifisch topographische Probleme reagiert und eine fallbezogene Auslegung der Strecken zuläßt. 152 Zugleich wesentlicher Teil des Projekts Nr. 1 der Liste der vom Europäischen Rat am 9. und 10. Dezember in Essen ausgewählten 14 Vorhaben, Anhang 111 der Leitlinien.

VII. Die Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse

135

• Verbindung Hannover- Stendal- Berlin- Frankfurt (Oder)- polnische Grenze; • Hannover- Rotenburg a. d. Wümme (Strecke Bremen - Hamburg); • niederländische Grenze (Nähe Arnheim)- Duisburg/Essen; und weiter: Dortmund - Kassel; • Nord - Süd - Verbindung: Aachen - Köln - Frankfurt - Schweizer Grenze (Basel); 153 • Verbindung Frankfurt- Fulda - Erfurt; 154 • Ost - West Verbindung: Frankfurt - Würzburg - Nümberg - Regensburg Passau (Wien); • Stuttgart - Ulm - Augsburg (- München); • Anhindung Saarbrücken- Mannheim; 155 • Anhindung Straßburg (Fr)- Kehl- Appenweier. 156 Abschließend kann auf die ebenfalls in Anhang I der Leitlinien im Rahmen des Leitschemas der Eisenbahnen ausgewiesene Magnetschwebebahnstrecke zwischen Harnburg und Berlin eingegangen werden. Die nicht gerade als stringent zu bezeichnende Planungsentwicklung dieses Verkehrsträgers und der hiesigen Strecke setzt sich auch auf der europäischen Planungsebene fort. Sie ist in Anhang I nicht in der Darstellungsweise für Hochgeschwindigkeitsstrecken aufgeführt. Dies ist folgenreich, da bereits die Begriffsdefinition des Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes an die Ausweisung in Anhang I als "Hochgeschwindigkeitsstrecken oder als Ausbaustrecken für Hochgeschwindigkeitsver153 Teilweise (Abschnitt: Aachen - Köln- Rhein I Main) Projekt Nr. 2 (Hochgeschwindigkeitszug Paris-Brüssel-Köln- Amsterdam- London: PBKAL) der Liste der vom Europäischen Rat am 9. und 10. Dezember in Essen ausgewählten vierzehn Vorhaben, Anhang Ill der Leitlinien. 154 Und weiter nach Halle und Berlin auf der bereits genannten Nord - Süd Verbindung Brenner - Berlin. 155 Teil des Projekts Nr. 4 (Hochgeschwindigkeitszug Ost: Paris - Metz - Straßburg Appenweier (Karlsruhe) einschließlich der Abschnitte Metz- Saarbrücken- Mannheim und Metz- Luxemburg) der Liste der vom Europäischen Rat am 9. und 10. Dezember in Essen ausgewählten vierzehn Vorhaben, Anhang III der Leitlinien. 156 Ebenfalls Teil des Projekts Nr. 4 (Hochgeschwindigkeitszug Ost: Paris - Metz - Straßburg - Appenweier (- Karlsruhe) einschließlich der Abschnitte Metz - Saarbrücken - Mannheim und Metz- Luxemburg) der Liste der vom Europäischen Rat am 9. und 10. Dezember in Essen ausgewählten vierzehn Vorhaben, Anhang III der Leitlinien. Vgl. zu dieser Anhindung auch die schriftliche Anfrage P-0888/98 des Abgeordneten des Europäischen Parlaments Elchlepp (PSE) an die Kommission vom 11. 3. 1998 u. a. zum Planungsstand bezüglich der Verbindung und die Antwort des zuständigen Kommissars Kinnock im Namen der Kommission, ABI. Nr. C 323 vom 21. 10. 1998, S. 92. In der Antwort betont die Kommission die Bedeutung beider Anhindungen (Forbach - Saarbrücken und Straßburg - Kehl) zwischen Frankreich und Deutschland für das transeuropäische Hochgeschwindigkeitsbahnnetz in dessen Ost-West Ausrichtung.

136

§ 4 Die Leitlinien im Verkehrsinfrastrukturbereich

kehr" anknüpft. Die kartographische Darstellung verwendet die Darstellungsart für eine geplante konventionelle Eisenbahnstrecke mit dem Zusatz "Magnetschwebebahn". Auch diese Ausweisung ist problematisch, da es sich bei der Technik der Magnetschwebebahn gerade nicht um eine herkömmliche und damit konventionelle Technik handelt, sondern um eine neuartige Technologie. Nimmt man die Definition des Eisenbahnnetzes in Art. 10 der Leitlinien also ernst, so unterfällt die Magnetschwebebahn mangels entsprechender Ausweisung in Anhang I nicht dem Hochgeschwindigkeitsbahnsystem das aber nach Art. 10 der Leitlinien allein für neuartige Technik offen ist. Und mangels konventioneller Technik unterfällt sie nicht dem konventionellen Eisenbahnnetz. Die Magnetschwebebahn gehört damit nach jetziger Rechtslage nicht zum transeuropäischen Netz und ist schon gar kein Vorhaben von gemeinsamem Interesse. Die Abstandnahme der Bundesregierung von der Strecke Harnburg - Berlin ist aus europäischer Sicht irrelevant. Ohnehin stellt eine singuläre Verbindung mit einer neuartigen Technik aus der Gemeinschaftsperspektive eher einen Fremdkörper denn einen interoperablen Teil des Gesamtnetzes dar.

VIII. Schlußfolgerungen und Refonngedanken Die Leitlinien entwickeln auf Gemeinschaftsebene erstmals eine auf alle Verkehrsträger bezogene Gesamtvorstellung des künftigen Ausbauzustandes der Verkehrsinfrastruktur. Die hierfür zentrale Aufgabe der Festlegung von Neu- und Ausbauvorhaben, die zur Herstellung des Netzes notwendig sind, wird durch Art. 7 der Leitlinien unternommen. Dieser verknüpft die Gesamtregelung der Leitlinien, indem er tatbestandlieh auf alle wichtigen Teilbereiche der Leitlinien verweist. Damit nimmt die Regelung allerdings auch die Unzulänglichkeiten bzw. Ungenauigkeiten dieser Teilbereiche auf, die wiederum vor dem Hintergrund des Rechtsetzungsverfahrens zu beurteilen sind, das im konkreten Fall einer stringenten Planung aus einem Guß entgegenstand. Wesentliche Konkretisierungsarbeit zur Festlegung der vorliegend wichtigen Verkehrswegeinfrastrukturen leistet der kartographische Anhang I, aufgrund dessen die Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die Deutschland betreffen, bestimmt werden konnten. Bevor die zentrale Frage näher untersucht wird, welche rechtlichen Folgen sich konkret an diese Ausweisung anknüpfen, 157 bedarf es einer näheren rechtsdogmatischen Einordnung der Leitlinien, die nunmehr nach der Darstellung der Leitlinien sachgerecht vorgenommen werden kann. 158 Abschließend sind m.E. einige zusammenfassende Reformgedanken zu der regelungstechnischen Ausgestaltung der Leitlinien angebracht, deren Realisierung das beklagte 159 Transparenzdefizit der Leitlinien deutlich verringern würde: 160 157 158

Hierzu§ 6, S. 164 ff., zu Art. 7 Abs. 3 S. 166 ff. Hierzu sogleich § 5, S. 138 ff.

VIII. Schlußfolgerungen und Reformgedanken

137

Ganz grundsätzlich erscheint die einfache Einsicht erinnerungsbedürftig, daß "weniger" manchmal "mehr" bedeutet. Es ist zwar rechtlich nicht angreifbar, liefert allerdings auch keinen Erkenntnisgewinn, umfangreiche Zielbestimmungen, Grundzüge und Prioritäten zu formulieren, die häufig allein das Primärrecht wiederholen und sich teils widersprechen. Wenn dann bei der zentralen Aufgabe der Festlegung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse auf derartige Bestimmungen verwiesen wird, führt dies zu einer weiteren lntransparenz der Gesamtregelung. Weiterhin muß die Abfassung der Anhänge harmonisiert werden. Die eigentlichen Infrastrukturen, also die Verkehrswege, 161 möglichst auch die ohne weiteres darstellbaren punktförmigen Infrastrukturen sollten allein in Anhang I kartographisch aufgeführt werden. Anhang II sollte dagegen ausschließlich die Aufgabe erfüllen, für unterstützende, eng mit den Infrastrukturen zusammenhängende Dienste die Vorhaben von gemeinsamem Interesse textlich zu umschreiben, da diese nicht kartographisch darstellbar sind. Anhang III stellt einen Fremdkörper innerhalb der Leitlinien dar, dessen wirkliche Integration in die Regelungsstruktur der Leitlinien, etwa durch einen besonderen Verweis in Art. 7 der Leitlinien, erst bei einem Umdenken vor allem des Rates möglich erscheint. Neben dieser regelungstechnisch notwendigen Harmonisierung wäre es ratsam, sich ebenfalls bei dem Umfang der Vorhaben von gemeinsamem Interesse zurückzunehmen. Auch hier läßt die Leitlinienregelung Augenmaß vermissen. Man kann den festgelegten Vorhaben, zumindest denjenigen, die Deutschland betreffen, zwar vor dem Hintergrund der offenen primärvertraglichen Rechtsgrundlagen nicht die gemeinschaftliche Bedeutung absprechen, so daß die Leitlinien nicht etwa als rechtswidrig einzustufen wären. 162 Es wäre allerdings zweckmäßiger, sich anlehnend an die Arbeiten der Christophersen-Gruppe auf Gemeinschaftsebene von vornherein auf weniger Aufgaben bzw. Vorhaben zu konzentrieren, deren Realisierung im vorgegebenen Zeithorizont möglich erscheint.

159 Erinnert sei an die eingangs (Fn. 2) zitierte Stellungnahme Ronellenfitschs, wonach die Leitlinien noch weniger Systematik erkennen ließen als moderne deutsche Gesetze. 160 Es ist natürlich evident, wie schwer Reformen in diesem heiklen Bereich und zudem im dargestellten Verfahren zu erzielen sind, so daß auch hier nicht naiv davon ausgegangen wird, daß eine umfassende Reform der Leitlinien leicht möglich sein wird. Um Verbesserungen zu erreichen, müssen vor allem die Planungsträger über ihr Selbstverständnis nachdenken. Es wird auf Dauer schwierig sein, vernünftige Rechtsakte zustande zubringen, wenn das Parlament sein Mitentscheidungsrecht durch hunderte von Änderungsvorschlägen unter Beweis stellt und der Rat sich gegenüber dem Parlament bei wichtigen Anliegen taub stellt. 161 Und hierbei, auch bezogen auf das Straßennetz, jeweils Neu- und Ausbaustrecken. 162 Dies wird, soweit ersichtlich, nicht bestritten. Allerdings muß beachtet werden, daß eine dezidierte Auseinandersetzung mit den sekundären Leitlinien in der Literatur bisher nicht unternommen wurde.

§ 5 Die rechtsdogmatische Einordnung der Leitlinien I. Einführung und praktische Bedeutung Durch die Analyse der primärrechtlichen Vorgaben der Art. 154-156 EGV haben die Leitlinien Konturen gewonnen, die durch die Umsetzung, den Ist-Zustand der Leitlinien vertieft wurden. Die Frage, wie die Leitlinien rechtsdogmatisch aufzufassen sind, wurde bisher noch nicht näher erörtert. Hierfür ist vor allem die Kenntnis der primärrechtlichen Grundlagen notwendig, aber auch die der konkreten Umsetzung hilfreich, da aufgrundder relativ offenen primärrechtlichen Vorgaben das Sekundärrecht prägende Wirkung entfaltet. Die Einordnung der Leitlinien wird dadurch erschwert, daß dieser Begriff sich nicht reibungsfrei in die bekannten Rechtsformen des gemeinschaftlichen Handeins einfügt. Der Leitlinienbegriff findet in der allerdings nicht abschließenden Auflistung der gemeinschaftlichen Handlungsformen in Art. 249 EGV keine Erwähnung. Die rechtliche Qualifizierung der Leitlinien erhält dadurch ihre unmittelbare praktische Bedeutung, daß die Leitlinien nicht als solche von den Rechtsetzungsorganen erlassen wurden, sondern - entsprechend dem Vorgehen auch in den anderen beiden Infrastrukturbereichen der transeuropäischen Netze 1 -in der Rechtsform der mitgliedstaatengerichteten Entscheidung ergingen, die per definitionem umfassende Verbindlichkeit beansprucht. Die Zulässigkeit dieses Vorgehens ist zu klären. Hierbei geht das Nachfolgende zunächst von dem speziellen Rechtsbereich der Art. 154- 156 EGVaus. Anschließend wird die Verwendung des Leitlinienbegriffs in weiteren Rechtsbereichen des EGV und EUV untersucht, bevor die Verknüpfung zu der allgemeinen Rechtsformendogmatik des Gemeinschaftsrechts hergestellt wird. Notwendigerweise muß innerhalb der Betrachtung des Leitlinienbegriffs von der primärvertraglichen Ebene ausgegangen werden, da das umsetzende Sekundärrecht sich im primärrechtlich Abgesteckten halten muß. Eng mit der dogmatischen Einordnung der Leitlinien hängt die Frage zusammen, welche Rechtswirkungen

I Für den Energiebereich: Entscheidung Nr. 12541961EG des Europäischen Parlaments und des Rates vorn 5. Juni 1996 über eine Reihe von Leitlinien betreffend die transeuropäischen Netze im Energiebereich, ABI. Nr. L 161 vorn 29. 6. 96, S. 147 ff. Für den Telekornrnunikationsbereich: Entscheidung Nr. 2717 I 95 I EG des Europäischen Parlaments und des Rates vorn 9. 11. 95 über Leitlinien für die Entwicklung des EURO-ISDN (dienstintegrierendes digitales Fernmeldenetz) zu einem transeuropäischen Netz, ABI. Nr. L 282 vorn 24. 11. 95, S. 16 ff. ; Entscheidung Nr. 1336197 lEG des Europäischen Parlaments und des Rates vorn 17. Juni 1997 über Leitlinien für transeuropäische Telekommunikationsnetze, ABI. Nr. L 183 vorn 11. 7. 97, S. 12 ff.

li. Primärvertragliche Anknüpfungspunkte

139

die Leitlinien für die Mitgliedstaaten entfalten können und im konkreten Fall tatsächlich entfalten. 2

II. Primärvertragliche Anknüpfungspunkte Der Begriff der Leitlinie(n) wurde bis zur Einfügung der Vorschriften über die transeuropäischen Netze durch den Maastrichter Unionsvertrag lediglich in Art. 8b Abs. 2 EWGV Vertrag verwendet. 3 In der gleichermaßen Rechtsverbindlichkeit4 beanspruchenden französischen Vertragsfassung findet sich der nuancierte Begriff "ensemble d'orientations" (Orientierungsrahmen); der englische Begriff "guidelines" entspricht deckungsgleich dem Leitlinienbegriff. Mittlerweile wird der Leitlinienbegriff nach den Änderungen des Amsterdamer Vertrags in drei Sachbereichen des EGV verwendet. Bereits dies zeigt, daß die Leitlinien keine ,,Episode" der transeuropäischen Netze sind, sondern zunehmende Bedeutung bereits erlangt haben bzw. erlangen werden und einer allgemeineren rechtlichen Einordnung damit zugänglich sind. Zum einen enthält Art. 14 Abs. 3 EGV eine entsprechende Bestimmung innerhalb der Regelungen bezüglich des Binnenmarktes, zum anderen findet der Begriff im durch den Amsterdamer Vertrag neu eingeführten Kapitel "Beschäftigung" (Art. 128 ff. EGV) Erwähnung. Schließlich enthält der EUV Bestimmungen im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), die ebenfalls den Leitlinienbegriff verwenden (Art. 12, 13 Abs. 3, 17 Abs. 3 EUV). 1. Der Bereich der transeuropäischen Netze

Die primärrechtlichen Vorschriften über die transeuropäischen Netze verwenden den Begriff der Leitlinien in Art. 155 und 156 EGVohne eine Definition vorzunehmen. Während der Vertragsverhandlungen hinsichtlich der damaligen Vorgängerregelung der Art. 129 b- d EGV wurde anstelle des Begriffes der Leitlinien auch die nicht deutlicheren Begriffe des "Referenzrahrnens" 5 bzw. des "Richtkonzepts"6 erwogen. Der (deutsche) Begriff der Leitlinie weist zwar sprachliche Ähnlichkeiten7 zu dem der Richtlinie auf. Dennoch kann eine Analogie oder Umdeutung Hierzu umfassend§ 6, S. 164 ff. Es handelt sich um die im Nachfolgenden näher dargestellten binnenmarktbezogenen Leitlinien. 4 Dies ergibt sich aus Art. 314 EGV. 5 Vgl. Frohnmeyer; in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 c EGV Rn. 2. 6 So die Fassung des Iuxemburgischen und niederländischen Vertragsentwurfes; vgl. Pemthaler/ Prantl, Raumordnung in der europäischen Integration, 1994, S. 160. 7 Diese Ähnlichkeit besteht bereits im französischen (ensemble d'orientations = Leitlinien; directive = Richtlinie) und englischen (guidelines = Leitlinie; directive = Richtlinie) Vertragstext nicht mehr. Auch dies spricht gegen eine Gleichsetzung. 2

3

140

§ 5 Die rechtsdogmatische Einordnung der Leitlinien

in Richtung auf diese in Art. 249 EGV abstrahierend definierte Rechtsform nicht vorgenommen werden,8 da das primäre Gemeinschaftsrecht seit jeher sprachlich präzise zwischen den verschiedenen Rechtsakten unterscheidet. Trotz des Fehlens einer abstrakten Definition des Leitlinienbegriffs lassen sich aus dem primären Gemeinschaftsrecht klärende Rückschlüsse hinsichtlich des Rechtscharakters der Leitlinien ableiten. Der Wortlaut "Leitlinie" sagt bereits aus, daß sich ihr Ansatzpunkt auf hochstufiger Ebene befindet, so daß es notwendigerweise zumindest eine nachfolgende Ebene geben muß, die dem Leit- oder Orientierungscharakter entsprechen soll. Diesen Charakter unterstreicht in anschaulicher Weise der französische Vertragstext, der den Begriff "ensemble d'orientations", übersetzt etwa als Orientierungsrahmen oder Orientierungsplan, verwendet. Die für die Leitlinien maßgebliche Bezugsgröße ist hierbei ihre Regelungsebene, die Gemeinschaftsebene. Für diese wird ein Leitbild der angepeilten Infrastruktur nach gemeinschaftlichen Kriterien entworfen. Das einzelstaatliche Planungsrecht, das erst auf der nachgeordneten Stufe der Mitgliedstaaten für deren beschränkte Bezugsgröße Festlegungen und Regelungen enthält, wird dagegen nicht direkt durch die Leitlinien angesprochen. Dieses soll nicht - wofür sich Richtlinien eignen würden - gemeinschaftsweit harmonisiert werden. Denn ganz abgesehen davon, daß das Primärrecht insofern keine Kompetenz bereitstellt, wäre mit reiner Rechtsangleichung qualitativ nicht das zu erreichen, was die Leitlinien leisten wollen, nämlich ein gemeinschaftsweites Infrastrukturleitbild. Die Rechtsangleichung setzt demgegenüber immer auf einer (Planungs-)stufe tiefer, nämlich der mitgliedstaatliehen, an. Schließlich wird eine Hochstufung nationaler Planungsentscheidungen - etwa die konkrete Zulassungsentscheidung eines Vorhabens - auf die Gemeinschaftsebene ebenfalls nicht intendiert und ist nach jetziger, wohl kaum rechtspolitisch antastbarer Kompetenzlage nicht zulässig. Insofern korrespondiert die Leitlinie mit der nur begrenzten Aufgabe und Kompetenz der Gemeinschaft, lediglich einen Beitrag zu leisten. Die Betonung der Aussage, daß es gerade die Gemeinschaftsebene ist, die die Leitlinien nach ihren gemeinschaftlichen Kriterien und Zielvorgaben aufstellt, wird durch das in Art. 156 Abs. 2 EGV geregelte verfahrensrechtliche Billigungserfordernis der Leitlinien durch die betroffenen Mitgliedstaaten rechtstechnisch nicht in Frage gestellt. Bemerkenswert ist insofern für das Grundverständnis der Leitlinien, daß es (zunächst) allein die Aufgabe der Gemeinschaft und hierbei des Rates und des Europäischen Parlamentes ist, die Leitlinien aufzustellen. Eine förmliche Beteiligung der Mitgliedstaaten sieht Art. 156 Abs. 2 EGV im Stadium der Aufstellung der Leitlinien nicht vor, wobei das Vetorecht der Mitgliedstaaten natürlich faktisch eine möglichst friihzeitige Einbindung der Mitgliedstaaten nahelegt Weitere Rückschlüsse lassen sich aus den primärvertraglichen Aussagen des Art. 155 Abs. l 1. Spiegelstrich EGV9 hinsichtlich des Inhaltes und damit auch der 8 So zutreffend Scho[zl Langer, Europäischer Binnenmarkt und Energiepolitik, 1992, S. 236 und Pemthaler I Prantl, Raumordnung in der europäischen Integration, 1994, S. 163.

II. Primärvertragliche Anknüpfungspunkte

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Funktion der aufzustellenden Leitlinien herleiten. Als Ergebnis konnte hierzu bereits festgestellt werden, daß den Leitlinien allgernein die Funktion der Konkretisierung der Gemeinschaftstätigkeit im Bereich der Infrastrukturnetze zukommt. 10 Innerhalb dieser Konkretisierungsfunktion ist zwischen der Festlegung von Zielen, Grundzügen und Prioritäten einerseits und der Festlegung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse andererseits zu differenzieren. Letztere sind durch ein gesteigertes Maß an Detailliertheit gekennzeichnet, wohingegen sich die Aussagen zu Zielen, Grundzügen und mit Abstrichen auch zu den Prioritäten durch ein hohes Maß an Abstraktheit und damit gleichzeitig durch Gestaltungsspielraum der angesprochenen Gemeinschaftsorgane auszeichnen. Auch diese inhaltlichen Anforderungen verdeutlichen, daß die Leitlinien einer nur in weiten Zügen durch das primäre Gemeinschaftsrecht vorgegebenen Politik eine nähere Konkretisierung verleihen sollen. Bei der Aufstellung der Leitlinien sind die materiellen Vorgaben des Art. 154 EGV zu beachten. Da es dieser seinerseits bei einer Reihe von Zielvorstellungen beläßt, ist es die Aufgabe der Leitlinien, ihrerseits erst die Politik der Gemeinschaft im Bereich der transeuropäischen Verkehrsnetze zu konkretisieren und so zu bestimmen, wie die Gerneinschaft ihren Beitrag zum Auf- und Ausbau der transeuropäischen Netze leistet. Es ist somit festzuhalten, daß die Leitlinienaufstellung trotz der Vorgaben des Art. 154 und Art. 155 EGV den Rechtsetzungsorganen bei Vorgabe grundlegender Leitvorstellungen einen breiten Spielraum zur Ausgestaltung lassen und ihnen die Aufgabe überantworten, diesen Spielraum gestalterisch wertend zu füllen. Bildlich gesprochen setzt das primäre Gemeinschaftsrecht einen übergreifenden Rahmen, der durch eine weitere Rahrnenregelung, die Leitlinien, eine erste Konkretisierung erfahrt und sodann durch die weiteren nachgeordneten Planungsebenen bis hin zur Durchführung der Vorhaben zu verdichten ist. Weitere Schlußfolgerungen ergeben sich aufgrund der Regelung des Rechtsetzungsverfahrens in Art. 156 Abs. 1 und 2 i.V.rn. Art. 251 EGV.n Dort wird ein äußerst differenziertes Rechtsetzungsverfahren auf Gemeinschaftsebene und ein Schutzmechanismus der Mitgliedstaaten gegen ungewollte Überplanung durch die Aufstellung des Billigungserfordernisses in Art. 156 Abs. 2 EGV vorgesehen. Aus diesem aufwendigen und rechtsförmlichen Verfahren läßt sich folgern, daß es sich bei den Leitlinien um rechtlich bedeutsame Akte, also um Rechtsakte gegenüber den Mitgliedstaaten handelt 12 und nicht um sonstige lediglich faktisch politische Hierzu bereits allgemein § 3, S. 62 ff. Siehe § 3, S. 66 ff. 11 Zu diesem Rechtsetzungsverfahren allgemein näher§ 3, S. 69 ff. Zur konkreten Durchführung zum Erlaß der jetzigen Leitlinien § 4, S. 93 ff. 12 Dies betont zu Recht die mittlerweile überwiegende Ansicht: Erberich, in: Bleckmann, Europarecht, 6. Auf!. 1997, Rn. 2734; Erdmenger; in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Auf!. 1999, Art. 129 c Rn. 16; Frohnmeyer; 9

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§ 5 Die rechtsdogmatische Einordnung der Leitlinien

Handlungen bzw. Beschlüsse außerhalb des rechtlich relevanten Bereichs. 13 Diese Schlußfolgerung wird durch die Formulierung des Art. 251 Abs. 1 EGV ("Wird in diesem Vertrag hinsichtlich der Annahme eines Rechtsaktes auf diesen Artikel Bezug genommen, so gilt das nachstehende Verfahren." 14) , auf den Art. 156 Abs. 1 EGV verweist, untermauert. Auch die weiteren Absätze des Art. 251 EGV, Abs. 2- 7 gehen ganz selbstverständlich davon aus, daß das geregelte Verfahren auf den Erlaß eines Rechtsaktes gerichtet ist. Der Konzeption des EGV wäre es fremd, einem rechtlich nicht belangvollen Akt ein derart rechtsförmliches und aufwendiges Verfahren zuzuordnen. Schließlich wäre die Schutzklausel in Form des Billigungserfordernisses durch den betroffenen Mitgliedstaat nach Art. 156 Abs. 2 EGV nicht sinnvoll zu erklären, wenn die Leitlinien keine rechtliche Relevanz für sein Territorium hätten, 15 da der betroffene Mitgliedstaat überhaupt nicht in seiner Territorialhoheit betroffen sein könnte, wenn es sich lediglich um Beschlüsse politischer Natur handelte. Auch zeigt diese verfahrensrechtliche Einbeziehung der mitgliedstaatliehen Ebene nochmals deutlich, daß die Leitlinien sich an eben diese Mitgliedstaaten wenden 16 und sich nicht als (Verwaltungs-)Internum der Gemeinschaftsebene verstehen. 17 Der primärrechtlich relativ offene, durch Gestaltungsaufin: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 c Rn. 2 und 8; für den Energieinfrastrukturbereich: Scholzl Langer. Europäischer Binnenmarkt und Energiepo1itik, 1992, S. 236 ff.; in diese Richtung auch aus französischer Sicht: Commentaire Megret, Bd. 8, 2. Aufl. 1996, Les Reseaux transeuropeens, Rn. 20, S. 144 f. Nicht klar zuzuordnen: Dieter/Grüter. in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 155 Rn. 2, die einerseits davon ausgehen, daß die Leitlinien keine verpflichtenden Beschlüsse seien, anderseits aber bezüglich der Rechtsform davon ausgehen, daß die Leitlinien in einer Rechtsform nach Art. 249 EGV erlassen werden müssen. 13 So aber tatsächlich entgegen den in Fn. 12 nachgewiesenen Autoren: Rambow, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 1. Aufl. 1994, Art. 129 c Rn. 2, der dies aus dem Gesamtzusammenhang der Vorschrift herleiten will; ihm folgend: Gottschewski, Zur rechtlichen Durchsetzung von europäischen Straßen, 1998, S. 112; ähnlich mit Bezug auf die Energieinfrastrukturnetze Jarass, Europäisches Energierecht, 1996, S. 16 (FN 18): "Die Leitlinien dürften zu keiner rechtlichen Verpflichtung führen."; Wink, in: Kar! (Hrsg.), Transeuropäische Netze, 1997, S. 59, 74, geht ebenfalls von keiner rechtlichen Verbindlichkeit im Hinblick auf eine Umsetzung aus, sondern sieht die alleinige Wirkung in der Determinierung der Zu1ässigkeit finanzieller Hilfen durch die Europäische Union; ähnlich: Ders., Wirtschaftsdienst 1996/ VI, 301, 305. 14 Hervorhebung durch den Verf. 15 So zutreffend und deutlich Erberich, in: B1eckmann, Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 2734. 16 Wie die nachstehenden Ausführungen zeigen (S. 143 ff.), existieren nach der derzeitigen Konzeption des EGV I EUV Leitlinien, bei denen die Adressaten die Mitgliedstaaten sind (infrastrukturelle Leitlinien und beschäftigungspolitische Leitlinien nach Art. 128 EGV) und Leitlinien, die sich an Gemeinschaftsorgane wenden (GASP-Leitlinien nach Art. 12, 13 EUV und binnenmarktbezogene Leitlinien nach Art. 14 Abs. 3 EGV). Nur bei den letzteren ergibt sich hieraus der Charakter als gemeinschaftsinterne Maßnahmen, während ein Gemeinschaftsinternum bei Leitlinien, die auf Umsetzung durch die Ebene der Mitgliedstaaten ausgerichtet und angewiesen sind, nicht angenommen werden kann. 17 Hiervon gehen selbstverständlich die soeben in Fn. 12 nachgewiesenen Autoren aus. Dies problematisiert Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei

II. Primärvertragliche Anknüpfungspunkte

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trag und -freiheit geprägte Charakter der Leitlinien und die durch das Rechtsetzungsverfahren angelegte starke Stellung der Mitgliedstaaten darf nicht zu einer rein politischen Bedeutung der Leitlinien umgedeutet und mißverstanden werden. Die andersartige Fragestellung, welche Verpflichtungen die Leitlinien den Mitgliedstaaten ganz konkret auferlegen, 18 muß von der hier vorgenommenen grundlegenden rechtlichen Qualifizierung deutlich unterschieden werden. Die Leitlinien unterscheiden sich durch diesen Charakter als Rechtsakt von rein unverbindlichen Dokumenten, wie beispielsweise Grünbüchern und Weißbüchern, die bloßen Vorbereitungscharakter für eine Sachpolitik haben und die daher auch nicht in einem Rechtsetzungsverfahren erlassen werden müssen. 19 Die Leitlinien verstehen sich mithin als ein die Grundlinien festlegender Rechtsakt innerhalb eines Sachbereichs, der durch Aufgabenteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten geprägt ist. Sie sind Rechtsakte im Infrastrukturbereich, die auf hochstufiger Ebene der Gemeinschaft den primärvertraglich überantworteten Gestaltungsspielraum ausfüllen und Leitcharakter für die nachfolgenden Planungsebenen beanspruchen, die allerdings nicht ersetzt werden.

2. Verwendung des Leitlinienbegriffs in anderen Bereichen des EGV

Der Begriff der Leitlinien wird in der jetzigen Fassung des EGV ebenfalls in Art. 14 Abs. 3 (Binnenmarkt) und in Art. 128 EGV (Beschäftigung) verwendet.

a) Die binnenmarktbezogenen Leitlinien Art. 14 EGV, dessen Vorgängerregelung Art. 7 a EGV a. F. war, wurde durch den Amsterdamer Vertrag ein zusätzlicher Absatz 3 angefügt, der die ersatzlos gestrichene Regelung des Art. 7 b Abs. 2 EGV a. F. in die Regelung des Art. 14 EGV integriert. Hiernach wird dem Rat die Aufgabe übertragen, "Leitlinien und Bedingungen" festzulegen, die "erforderlich sind, um in allen betroffenen Sektoren einen ausgewogenen Fortschritt zu gewährleisten." Mit diesen Sektoren sind die einzelnen in Art. 14 Abs. 2 EGV näher bezeichneten Teilaspekte des Binnenmarktes gemeint, also der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Von der Möglichkeit der Festlegung von Leitlinien hat der Rat bisher keinen Gebrauch gemacht. Vergleichbar mit den infrastrukturellen Leitlinien haben die binnenmarktbezogenen Leitlinien damit die Funktion, eine rahmenartige Gesamtstrader Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 59 ff., der letztlich zum gleichen Ergebnis kommt. 18 Hierzu im einzelnen§ 6, S. 164 ff. 19 Vgl. die Einschätzung der Kommission zur Einordnung von Grün- und Weißbüchern: Kommission, Regierungskonferenz 1996, Bericht der Kommission an die Reflexionsgruppe, 1996, s. 40.

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§ 5 Die rechtsdogmatische Einordnung der Leitlinien

tegie bezüglich der weiteren Entwicklung des Binnenmarktes zu entwerfen, die sodann in den einzelnen binnenmarktbezogenen Teilbereichen umgesetzt werden soll. Keine Gemeinsamkeiten bestehen allerdings bezüglich des hier - im Gegensatz zu den infrastrukturellen Leitlinien - wenig aufwendigen Verfahrens zur Festlegung der Leitlinien. Der Rat entscheidet ohne Einbeziehung des Parlaments mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission. Dies läßt sich allerdings mit Blick auf die Kompetenzlage bezüglich der Binnenmarktherstellung begründen. In diesem Bereich verfügt die Gemeinschaft insbesondere mit der Rechtsangleichungskompetenz des Art. 95 EGV (Art. 100 a EGV a. F.) über umfangreiche eigene (Verbands-) kompetenzen. Folglich müssen die Leitlinien hier nicht durch die Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Diese sind vielmehr erst Adressaten der wiederum bereits die Leitlinien umsetzenden Rechtsakte der Gemeinschaft selbst. Erst auf dieser Ebene sind daher auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht höhere Hürden vorgesehen. So werden z. B. die Rechtsakte im Bereich der Rechtsangteichung nach Art. 95 Abs. 1 EGV regelmäßig nach dem Mitentscheidungsverfahren gemäß Art. 251 EGV erlassen. Da sich die binnenmarktbezogenen Leitlinien sachlich an die Gemeinschaftsorgane selbst wenden, handelt es sich um Binnenrecht, so daß auch insofern keine Vergleichbarkeit mit den infrastrukturellen Leitlinien besteht. Festzuhalten bleibt aber, daß die Funktion der binnenmarktbezogenen Leitlinien derjenigen der infrastrukturellen Leitlinien entspricht. Beide dienen dazu, die Grundlagen eines umfangreichen Politikfeldes aus Gemeinschaftsperspektive festzulegen, wobei die konkrete Umsetzung einer anderen Ebene (infrastrukturbezogene Leitlinien) bzw. einem anderen Verfahren (binnenmarktbezogene Leitlinien) überantwortet ist.

b) Die beschäftigungspolitischen Leitlinien Nach der Neufassung des EGV aufgrund der Änderungen durch den Amsterdamer Vertrag verfügt die Gemeinschaft mit den Art. 125- 128 EGV über gesonderte Bestimmungen zur Beschäftigungspo1itik. In Art. 128 Abs. 2 und Abs. 4 EGV wird hierbei der Leitlinienbegriff verwendet (beschäftigungspo1itische Leitlinien). Die beschäftigungspolitischen Leitlinien weisen in wesentlichen Bereichen strukturelle Gemeinsamkeiten mit den verkehrsinfrastrukturbezogenen Leitlinien auf, die zur weiteren Spezifizierung des Leitlinienbegriffs nutzbar sind. Wie insbesondere Art. 125 EGV aufzeigt, handelt es sich bei der Beschäftigungspolitik, durchaus ähnlich der Politik der transeuropäischen Netze, um eine solche, in der die Gemeinschaft nur begrenzte Kompetenzen innehat. 20 Wie Art. 128 EGV ver20 Die Aufnahme eines Beschäftigungstitels war als solche während der Amsterdamer Vertragsverhandlungen außerordentlich umstritten. Deutschland war erst nach erheblichen Zu-

II. Primärvertragliche Anknüpfungspunkte

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deutlicht, hat die Gemeinschaft aber auch hier die Kompetenz erhalten, aus gemeinschaftlicher Sicht in Form der Leitlinien die Eckpfeiler, also den Rahmen der Beschäftigungspolitik festzulegen, wobei die Durchführung konkreter beschäftigungspolitischer Maßnahmen wiederum bei den Mitgliedstaaten verbleibt. 21 Die grundsätzliche Maßgeblichkeit der gemeinschaftlichen Beschäftigungsleitlinien für die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten zeigt sich besonders deutlich an Art. 128 Abs. 2 EGV, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Leitlinien "in ihrer Beschäftigungspolitik (zu) berücksichtigen"22 und in Art. 128 Abs. 3 EGV, wonach jeder Mitgliedstaat verpflichtet wird, "einen Bericht über die wichtigsten Maßnahmen, die er zur Durchführung seiner Beschäftigungspolitik im Lichte der beschäftigungspolitischen Leitlinien ... getroffen hat"23 dem Rat und der Kommission zu übermitteln. Der Maßgeblichkeitsanspruch der Leitlinien wird ein weiteres Mal schließlich an Art. 128 Abs. 4 EGV zum Ausdruck gebracht. Hiernach prüft der Rat anhand der soeben erwähnten Berichte der Mitgliedstaaten deren Durchführung der Beschäftigungspolitik wiederum im Lichte der beschäftigungspolitischen Leitlinien. Erforderlichenfalls - also wenn die Beschäftigungspolitik nicht dem "Lichte der Leitlinien" entspricht - ist der Rat immerhin24 befugt, Empfehlungen an die Mitgliedstaaten zu richten. Schließlich werden die Leitlinien auch in diesem Sektor in einem relativ aufwendigen und tendenziell akzeptanzstiftenden Verfahren aufgestellt, das in Art. 128 Abs. 1 und 2 EGV näher ausgestaltet wird: Sie werden anhand der Schlußfolgerungeständnissen in anderen Bereichen, insbesondere mit Blick auf die Europäische Wahrungsunion bezüglich des Stabilitätspaktes, zur jetzigen Regelung bereit. Diese wurde vor allem von der französischen Regierung unter Premierminister Jospin unterstützt. Näher zum ganzen Hörburger; in: Jopp (Hrsg.), Die Europäische Union nach Amsterdam, Analysen und Stellungnal!men zum neuen EU-Vertrag, 1998, S. 103, 110 ff. 21 Zutreffend beschreibt Coen, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 128 Rn. 5 das Verhältnis zwischen gemeinschaftlicher und mitgliedstaatlicher Ebene: "Der Grundsatz der Koordinierung der nationalen Beschäftigungspolitiken schränkt im Prinzip die Möglichkeit einer eigenen Beschäftigungspolitik der Gemeinschaftsorgane im Sinne eines Eingreifens in die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten ein. Gleichzeitig wird jedoch auch der Gestaltungsspielraum nationaler Beschäftigungspolitik eingeschränkt, die diese nur noch im Rahmen der gemeinschaftlichen Zielvorgaben nach Art. 2 und der dazu vom Rat festgelegten Leitlinien nach Art. 128 Abs. 2 Satz 1 möglich ist." Hervorhebung durch den Veif. Daß Rechtsangleichung in diesem Bereich nicht in Betracht kommt, unterstreicht Art. 129 Abs. 2 EGV. 22 Die Kommission, Der Vertrag von Amsterdam, EU-Nachrichten Nr. 3 1997, S. III, geht in Ihrer Analyse von einem ähnlichen Leitlinienverständnis aus: "Klar formulierte Beschäftigungsleitlinien und eine jährliche Bewertung der nationalen Maßnahmen sollen die nötige Kohärenz (sc. der nationalen Beschäftigungspolitiken) gewährleisten." 23 Hervorhebungen durch den Veif. 24 Die Empfehlungen nach Art. 249 EGV sind der Kategorie der Rechtsakte zuzuordnen, vgl. nur Oppermann, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 571 ff. Sie sind nach der dortigen Regelung allerdings nicht verbindlich. Dennoch sollte die faktische Wirkung, die als "politischpsychologisch" (Begriff nach Schweitzer/Hummer; Europarecht, 5. Aufl. 1996, Rn. 382) bezeichnet werden kann, nicht unterschätzt werden. 10 Bogs

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§ 5 Die rechtsdogmatische Einordnung der Leitlinien

gen des Europäischen Rates25 zur Beschäftigungslage, die wiederum durch einen gemeinsamen Jahresbericht des Rates und der Kommission vorbereitet werden, auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung26 des Europäischen Parlaments, des Wirtschafts- und Sozialausschusses, des Ausschusses der Regionen und des nach Art. 130 EGV vorgesehenen Beschäftigungsausschusses mit qualifizierter Mehrheit vom Rat erlassen. Dies spricht dafür, die beschäftigungspolitischen Leitlinien ebenfalls als gemeinschaftsrechtliche Rechtsakte zu begreifen.27 Konsequenterweise wird in der Literatur zu den beschäftigungspolitischen Leitlinien 28 vertreten, daß ein Vertragsverletzungsverfahren gegen einen Mitgliedstaat nach Art. 226, 227 EGV in Betracht, wenn dieser sich weigert, die Leitlinien in seiner Beschäftigungspolitik zu berücksichtigen. 29 Insgesamt haben die Leitlinien auch hier die Funktion, in einem Bereich, in welchem die Mitgliedstaaten die Durchführungskompetenz innehaben, die nach gemeinschaftlichen Kriterien entwickelten Grundentscheidungen vorzugeben, denen die nationalen Rechtslage entsprechen muß. Da die in Art. 125 EGV, der insbesondere auf das in Art. 2 und Art. 127 EGV festgelegte allgemeine Ziel des hohen Beschäftigungsniveaus in der Gemeinschaft rekurriert, festgelegten Ziele in hohem Maße konkretisierungsbedürftig sind, wird den gemeinschaftlichen Rechtsetzungsorganen auch in diesem Sachbereich eine gestalterische, auswählende und damit der Sache nach planecisehe Aufgabe überantwortet. Der beschäftigungspolitische Leitlinienbegriff läßt sich damit ohne weiteres in das bisher erarbeitete infrastrukturelle Leitlinienbild einfügen. Er unterstützt die dort gewonnenen Aussagen.

25 Der Europäische Rat ist kein Rechtsetzungsorgan der Gemeinschaft, sondern die institutionalisierte Konferenz der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, vgl. Art. 4 EUV; näher hierzu etwa Gündisch/ Mathijsen, Rechtsetzung und Interessenvertretung in der Europäischen Union, 1999, S. 57 ff. 26 Im Bereich der infrastrukturellen Leitlinien besteht dagegen gemäß Art. 156 Abs. 1, 251 EGVein echtes Mitentscheidungsrecht 27 So Coen, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 128 Rn. 15. Anders wohl Krebber; in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 128 Rn. 6, der davon ausgeht, daß die Leitlinien "letztlich nicht verbindlich sind." Die bisherigen Leitlinien wurden jedenfalls nicht in der Rechtsform der Entscheidung, sondern als Entschließung erlassen, vgl. Coen, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 128 Rn. 23. Zum Inhalt der bisherigen Leitlinien vgl. auch Lesch, Aus Politik und Zeitgeschichte 2000, 3, 7 ff. 28 Zu den Möglichkeiten und Grenzen rechtlicher Sanktionen näher§ 6, S. 173 ff. 29 So zutreffend Coen, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 128 Rn. 18; Thun-Hohenstein, Der Vertrag von Amsterdam, 1997, S. 83. Ob ein solches Verfahren in der Praxis jemals durchgeführt werden wird, erscheint dennoch fraglich, da die Leitlinien den Mitgliedstaaten per se einen gewissen Beriicksichtigungsspielraum lassen müssen. Denkbar wäre ein solches Verfahren, wenn ein Mitgliedstaat sich "aus politischer Überzeugung" explizit gegen die Leitlinien wendet.

li. Primärvertragliche Anknüpfungspunkte

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3. Verwendung des Leitlinienbegriffs im EUV

Außerhalb des EGV wird der Begriff der dort "allgemeinen" Leitlinien im EUV im Zusammenhang mit den Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), also im Bereich der zweiten Säule des Unionsrechts verwendet (GASP-Leitlinien). Konkret nennt Art. 12 1. Spiegelstrich EUV30 die allgemeinen Leitlinien als ein Mittel, um die in Art. 11 EUV allgemein festgelegten Ziele der GASP umzusetzen. Art. 13 EUV enthält nähere Bestimmungen vor allem hinsichtlich des Verfahrens zur Aufstellung der GASP-Leitlinien. Nach Art. 13 EUV bestimmt der Europäische Rae 1 die Grundsätze sowie die hier interessierenden allgemeinen Leitlinien der GASP. Es handelt damit auch in diesem Bereich, vergleichbar mit der Situation bei den binnenmarktbezogenen Leitlinien, das höchste denkbare Gremium der Union. Die materielle Maßgeblichkeit der allgemeinen Leitlinien für die konkretere Ebene der Entscheidungstindung verdeutlicht Art. 13 Abs. 3 EUV. Hiernach trifft nunmehr der Rat zur konkreteren Durchführung der GASP-Leitlinien Entscheidungen "auf der Grundlage der vom Europäischen Rat festgelegten allgemeinen Leitlinien." 32 Die Leitlinien bilden somit die Grenze der Befugnisse des Rates. 33 Schließlich erwähnt Art. 17 Abs. 3 S. 2 EUV nochmals den Leitlinienbegriff im Bereich der Gemeinsamen Verteidigungspolitik/WEU. Hiernach wird die Befugnis des Europäischen Rates zur Festlegung der Leitlinien nach Art. 13 auch auf den Bereich der WEU ausgedehnt. Damit haben die Leitlinien auch in diesem Bereich die Funktion, die Grundlagen der Vorgehensweise im Bereich der Gemeinsamen Verteidigungspolitik zu bestimmen. Insgesamt weisen die GASP-Leitlinien somit erhebliche Gemeinsamkeiten mit den binnenmarktbezogenen Leitlinien auf. Dies kann nicht verwundern, da hier wie dort sich die Leitlinien, da beide Leitlinien durch Organe der Gemeinschaft bzw. Union selbst weiter umgesetzt und konkretisiert werden müssen, an die Ebene der Union bzw. der Gemeinschaft wenden und nicht bereits an die mitgliedstaatliche Ebene. Gemeinsam mit den an die Mitgliedstaaten gerichteten außenrechtlichen Leitlinien erfüllen sie die notwendige Konkretisierungsfunktion einer durch die Vertragstexte nur unscharf umrissenen Politik. Sie beanspruchen Geltung für die jeweils nachgeordnete Ebene. Mag diese nachgeordnete Ebene eine Konkretisierungsebene der Gemeinschaft sein oder eine solche der Mitgliedstaaten. Im letzteren Fall bedarf es eines differenziert ausgestal30 Bereits die vorherige Fassung des EUV enthielt in Art. J.3 den Begriff der allgemeinen Leitlinien. Vgl. Burglwrdt/Tebbe, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. J.3 EUV, Rn. 9 ff. 31 Vgl. Art. 4 Abs. 2 EUV. 32 Cremer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 13 EUV Rn. 2 konstatiert: "Die Grundsätze und allgemeinen Leitlinien der GASP stehen am Ausgangspunkt außen- und sicherheitspolitischen Handeins der Union." 33 Cremer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 13 EUV Rn. 3.

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§ 5 Die rechtsdogmatische Einordnung der Leitlinien

teten speziellen Rechtsetzungsverfahrens, das den Maßgeblichkeitsanspruch untermauert. 4. Schlußfolgerungen

Bereits aufgrund der Aussagen der primären Rechtsebene ergeben sich folgende Schlußfolgerungen: Die infrastrukturbezogenen Leitlinien sind gemeinschaftsrechtliche Rechtsakte. Die Besonderheit liegt in ihrer Funktion. Sie haben die Aufgabe, für die nachgeordnete(n) Rechtsebene(n) grundsätzliche Vorgaben zu treffen, deren Umsetzung der nachgeordneten Ebene überantwortet bleibt, die sich allerdings an die Vorgaben der Leitlinien halten müssen. Die insofern notwendige Auswahl und Prioritätensetzung ist eine dem Planungsrecht zuzuordnende gestaltende Tätigkeit. Ihr Ergebnis, die Leitlinien, sind damit eine Form des gemeinschaftsrechtlichen Plans. Der Leitlinienbegriff weist auf Gemeinschaftsebene Abstraktionspotential auf und deutet auf die Entwicklung einer neuartigen allgemeinen Handlungsform des Gemeinschaftsrechts hin. Nach der bisherigen Rechtsentwicklung sind zwei (Unter-)formen der Leitlinien zu unterscheiden. Zum einen diejenigen Leitlinien, die sich aufgrund der Kompetenzlage an Organe der Gemeinschaft bzw. Union selbst wenden (binnenmarktbezogene Leitlinien; GASP-Leitlinien). Sie üben zwar die aufgezeigte grundsätzliche, planerisch gestaltende Funktion der Leitlinien ebenfalls aus, unterscheiden sich aber hinsichtlich ihres Rechtscharakters und hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Absicherung. Zum anderen sind diejenigen Leitlinien zu nennen, die sich an die Mitgliedstaaten wenden. Es handelt sich um die hiesigen infrastrukturbezogenen Leitlinien und um die beschäftigungspolitischen Leitlinien. Die Zuordnung zum Bereich der Rechtsakte ergibt sich schon aufgrund des jeweils - insbesondere bei den infrastrukturbezogenen Leitlinien - vorgesehenen aufwendigen förmlichen Rechtsetzungsverfahrens und letztlich aus der Tatsache, daß das Handeln zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten - auf dem Prinzip der begrenzten Kompetenzzuweisung basierend - der rechtsförmlichen Umsetzung bedarf.

111. Aussagen des sekundären Rechts Das sekundäre Gemeinschaftsrecht untermauert und ergänzt die bisherigen Ableitungen. Auch wenn die rechtliche Einordnung der Leitlinien nicht durch das sekundäre Recht, sondern durch das primäre Vertragsrecht definiert wird, darf die tatsächliche Beschreibungskraft des sekundären Rechts in primärrechtlich relativ offenen Sachbereichen wie dem vorliegenden ihrerseits nicht unterschätzt werden.34 34

Hierauf weist zu Recht Ukrow, in: Calliess, Ruffert (Hrsg.), Art. 155 Rn. 2m. w. N. hin.

III. Aussagen des sekundären Rechts

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Art. 1 Abs. 2 S. 1 der infrastrukturbezogenen Leitlinien lautet: "Die Leitlinien nach Absatz 135 stellen einen allgemeinen Bezugsrahmen dar, durch den die Maßnahmen der Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die gemeinschaftlichen Maßnahmen, die auf die Durchführung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse zur Sicherstellung der Kohärenz, der Verknüpfung und der Interoperabilität des transeuropäischen Verkehrsnetzes sowie des Zugangs zu diesem Netz ausgerichtet sind, gefördert werden sollen. " 36 Die Definition bzw. Umschreibung der Leitlinien als allgemeinen Bezugsrahmen unterstreicht, daß sich die Leitlinien - in Einklang mit dem primären Gemeinschaftsrecht - als diejenige Planungsebene verstehen, an der sich die nachgeordneten Planungsstufen auszurichten haben. Hier liegt der eigentliche Ansatzpunkt der Leitlinien. Mit diesem Ausrichtungsanspruch beriihren sie die bisher rechtlich allein national determinierte Planungshoheit der Mitgliedstaaten. Der Rahmencharakter der Leitlinien veranschaulicht dementsprechend, daß die Gemeinschaft sich nicht kompetenzwidrig und dariiber hinaus gänzlich unpraktikabel anmaßt, die eigentliche Durchführung der Vorhaben auf Gemeinschaftsebene zu zentralisieren. Dies wird auch an der Formulierung deutlich, daß die Verwirklichung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse davon abhängt, "wie weit die Vorhaben planefisch ausgereift sind und inwieweit Finanzmittel verfügbar sind"?7 Demnach bleibt festzuhalten, daß sich die Leitlinien als rahmenartige Bezugsgröße aus Gemeinschaftssicht begreifen. Es handelt sich um eine gemeinschaftliche Rahmenplanung. Dieses - allerdings noch unscharfe - Zwischenergebnis wird auch von der "Gemeinsamen Erklärung" des Europäischen Parlaments, des Rates und der Komrnission 38 getragen, die den Leitlinien angehängt ist. Sie bezeichnen die Leitlinienentscheidung als Vollendung des "Rechtsrahmen(s) für das transeuropäische Verkehrsnetz". Die bisher ergangenen Leitlinien im Energieinfrastrukturbereich39 enthalten einen vergleichbaren Definitionsansatz, wohingegen die Leitlinien im Telekommunikationsinfrastrukturbereich40 von einer solchen absehen. Die Energieleitlinien ver35 Art. 1 Abs. 1 wiederholt nahezu den Text des Art. 155 Abs. 1 l. Gedankenstrich EGV, indem er erläutert, daß in den Leitlinien die Ziele, Grundzüge, Prioritäten der Aktion sowie die Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausgewiesen werden. 36 Hervorhebung durch den Verf. 37 Vgl. Art. 1 Abs. 2 S. 2 der Leitlinien. 38 Gemeinsame Erklärung in Anschluß an die Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes, ABI. Nr. L 228 vom 9. September 1996, s. 1 ff., 104. 39 Entscheidung Nr. 1254/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 1996 über eine Reihe von Leitlinien betreffend die transeuropäischen Netze im Energiebereich, ABl. Nr. L 161 vom 29. 6. 96, S. 147 ff. 40 Entscheidung Nr. 2717 /95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. 11. 95 über Leitlinien für die Entwicklung des EURO-ISDN (dienstintegrierendes digitales Fernmeldenetz) zu einem transeuropäischen Netz, ABI. Nr. L 282 vom 24. 11. 95, S. 16 ff.;

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§ 5 Die rechtsdogmatische Einordnung der Leitlinien

wenden den Begriff der gemeinschaftlichen Orientierungsaktion. 41 Gravierende Unterschiede zu den verkehrsbezogenen Leitlinien bestehen insofern nicht.

IV. Schlußfolgerung: Die infrastrukturellen Leitlinien als gemeinschaftsrechtlicher Planungstypus Wie im Laufe der bisherigen Untersuchungen bereits dargestellt, handelt es sich bei den Leitlinien um einen Rechtsakt Aufgabe und Inhalt dieses Rechtsaktes ist die Konkretisierung und Rahrnensetzung durch ein zielsetzendes Infrastrukturleitbild im Verkehrssektor für die gesamte Gemeinschaft aus deren Perspektive. Abgesehen von den im einzelnen unterschiedlichen Konkretisierungen der Art. 154 und 155 EGV zeichnet sich die Gemeinschaftsaufgabe durch ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit aus, um das Ziel eines transeuropäischen Netzes herzustellen. Erforderlich sind zahlreiche Bewertungen etwa hinsichtlich der Entwicklungstendenzen der Verkehrsströme in der Gemeinschaft. Jenseits der rechtlich bindenden gemeinschaftlichen Vorgaben bedarf es einer wertenden Entscheidung, etwa wie die Präferenzen zwischen den einzelnen Verkehrsträgern zu treffen sind, oder welche Vorhaben der Kategorie des gemeinsamen Interesses zuzuordnen sind. Innerhalb dieses diffizilen Entscheidungsprozesses sind jeweils die gegenläufigen Interessen gegeneinander in einem umfassenden Verfahren nach Art. 156 EGV abzuwägen. Die Aufgabe der Gemeinschaft ist so dadurch gekennzeichnet, daß sie intensive Zielkonflikte aufgrund widerstreitender Belange möglichst zum Ausgleich bringen soll. Das kann nur durch eine kompromißhafte, abwägende Lösung erreicht werden. Eine solche Situation besteht insbesondere im Bereich der raumrelevanten, bodenbeanspruchenden Maßnahmen. Diese gesamte Typik ist für den Bereich der planensehen Tätigkeit kennzeichnend. Die Leitlinien, als Ergebnis dieses Prozesses, stellen mithin einen Plan dar.42 Dies ist allerdings nur eine erste Eingrenzung, da die Handlungsform "Plan" eine äußerst inhomogene Vielfalt von sehr verschiedenen Planungstypen erlaßt. Um die Leitlinien näher einzuordnen, muß nach verschiedenen Kriterien unterschieden werden. Allerdings hat sich auf Gemeinschaftsebene noch keine eigenständige PlaEntscheidung Nr. 1336/97 /EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1997 über Leitlinien für transeuropäische Telekornmunikationsnetze, ABI. Nr. L 183 vom 11. 7. 97, s. 12 ff. 41 Art. 1 der Energieleitlinien lautet: "Diese Entscheidung legt die Natur und die Tragweite der gemeinschaftlichen Orientierungsaktion im Bereich der transeuropäische Energienetze fest. Sie stellt eine Reihe von Leitlinien auf, in denen die Ziele, die Prioritäten und die Grundzüge der Gemeinschaftsaktionen im Bereich der transeuropäischen Energienetze erfaßt werden. In diesen Leitlinien werden dariiber hinaus Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Bereich der transeuropäischen Elektrizitäts- und Erdgasnetze ausgewiesen." 42 Dieser Befund wird hier zusammenfassend nochmals hervorgehoben. Bereits bei der Untersuchung des primären Vertragsrechts (vgl. § 3, S. 48 ff.) wurde dieser Planungsansatz im Grundsatz deutlich.

IV. Schlußfolgerung: Die Leitlinien als Planungstypus

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nungsrechtsdogmatik herausgebildet. Diese steht erst am Anfang ihrer Entwicklung. Um nicht bei der Feststellung verbleiben zu müssen, daß die Leitlinien einen Planungsakt eigener, spezifisch europäischer Art bereitstellen, soll hier zur genaueren rechtlichen Einordnung der infrastrukturellen Leitlinien auf die deutsche Planungsrechtsdogmatik43 und die dort entwickelten Differenzierungskriterien44 rekurriert werden. Es handelt sich zunächst um eine öffentliche Planung, die die Gemeinschaft in Ausübung ihrer Verbandskompetenz durchführt. Die sekundärrechtlichen Leitlinien greifen verschiedene Teilnetze auf und integrieren diese in einem gesamthaften Planungsansatz. Die Leitlinien stellen damit eine umfassende integrierte Verkehrsinfrastrukturplanung dar. Sie beschränken sich nicht nur auf eine isolierte Straßenwegeplanung oder Schienenwegeplanung. Andererseits verbleiben sie auf der fachlich bezogenen Ebene der Verkehrsinfrastrukturplanung, 45 begreifen sich also nicht als ganzheitliche Planung im Sinne der Raumordnung bzw. Raumentwicklungsplanung. Planungsebene ist hierbei grundsätzlich die europäische Ebene, wenngleich sich die Regelungsbefugnis auf die Mitgliedstaaten beschränkt. Wie sich bereits aus dem Rahmencharakter der Leitlinien ergeben hat, handelt es sich ferner um eine hochstufige Leit-, Bedaifs-46 oder Rahmenplanung, die durch weitere Planungsstufen auf mitgliedstaatlicher Ebene ausfüllungsbedürftig ist. Die rechtliche Trägerschaft47 der Netze verbleibt daher folgerichtig auf dieser Ebene der Mitgliedstaaten.48 Diese Rahmenplanung ist weiterhin dynamisch ausgerichtet, d. h. sie sieht sich als einen ersten Ansatz, der in Zukunft weiterhin ausdifferenziert 43 Vgl. zu dieser eingehend Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, Bd. 1, 1978, insbesondereS 101 ff. 44 Zusanunengefaßt bei Rinke, in: Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Auf!. 1999, Kapitel31, Rn. 1 ff., ib. Rn. 7; vgl. auch Blümel, in: Bartlsperger (Hrsg.), Ein Vierteljahrhundert Straßenrechtsgesetzgebung, 1980, S. 309 ff. 45 Vgl. Wahl, Festschrift Blümel, 1999, S. 617, 625 ff., der die transeuropäischen Netze zu Recht als raumbezogene Fachplanung kategorisiert. 46 Im Gegensatz zur Vorhabenplanung, die als Zulassungsentscheidung für das konkrete Projekt aufgefaßt wird, vgl. Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 196. 47 Diese umfaßt Eigentum, Unterhaltspflicht, Betrieb und Finanzierung. Näher hierzu Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 189 f. 48 Hermes, Staatliche Infrastrukturverantwortung, 1998, S. 189 ff. Dort auch m. w. N. zu Privatisierungstendenzen insbesondere durch das Gesetz über den Bau und die Finanzierung von Bundesfernstraßen durch Private (FStrPrivFinG) vom 30. 8. 1994, BGBI. I, S. 2243, wonach die bisher staatlich wahrgenommenen Aufgaben Privaten "zur Ausführung" übertragen werden können. Aus gemeinschaftlicher Sicht bestehen insoweit keine rechtlichen Probleme, da das nationale (Planungs-)recht vorausgesetzt wird. Auch ergibt sich aus der Formulierung des Art. 155 Abs. 1 3. Spiegelstrich EGV bereits, daß die Gemeinschaft zumindest die private Projekterstellung anerkennt, da nach dem Wortlaut nicht mehr die mitgliedstaatliche Durchführung der Vorhaben erforderlich ist, um gemeinschaftlich förderungswürdig zu sein. Zu Bemühungen der Einbindung Privater bei der Finanzierung der Infrastrukturen siehe auch § 7, s. 180 ff.

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und fortgeschrieben wird.49 Trotz ihrer großen Bedeutung für finanzielle Beiträge der Gemeinschaft sind die Leitlinien keine Finanzierungsplanung. Wie sich schon aus der Systematik des Art 155 Abs. 1 EGV ergibt, steht vielmehr die Finanzierungsregelung in einem akzessorischen Verhältnis zu den Leitlinien50 und insbesondere zu der dortigen Ausweisung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse. Insofern hat die gemeinschaftliche Infrastrukturpolitik mit den Leitlinien im Gegensatz zu früheren ausschließlich finanzierungsbezogenen Rechtsakten eine neue Qualität erhalten. Es handelt sich demnach um eine Aufgabenplanung, nicht um eine Finanzierungsplanung. Im Anschluß an diese Einzelkategorien stellt sich die Frage, ob es sich bei den Leitlinien um eine unverbindliche oder verbindliche Planung handelt. Hierbei sind allerdings wiederum verschiedene Fragenkreise zu unterscheiden. Zunächst ist auf die Frage des "ob" einer rechtlichen Verbindlichkeit zu antworten, daß es hieran keinen Zweifel geben kann. Dies ergab sich bereits aus der vorherigen Analyse der primärvertraglichen Vorschriften. Hiernach handelt es sich, möchte man die deutsche Planungsrechtsterminologie verwenden, bei den Leitlinien um den planbindenden Plan und bei den nationalen, mitgliedstaatliehen um die planabhängigen Pläne. 51 Differenzierter ist dagegen die Frage zu beantworten, welche Reichweite die rechtliche Bindungskraft der Leitlinien beanspruchen. Aber auch zur Beantwortung dieser Frage kann zu einer zunächst noch groben Festlegung52 auf bereits gewonnene Erkenntnisse zurückgegriffen werden. Aus dem Charakter der Leitlinien als Rahmenplanung ergibt sich, daß sie ein zielorientiertes Leitbild setzen können, das von den Mitgliedstaaten in nachgeordneten Planungsstufen zu beachten ist. Nicht möglich wäre dagegen, die Leitlinien derart auszugestalten, daß den Mitgliedstaaten kein eigener Planungsspielraum verbleiben würde. Dies widerspräche dem Rahmencharakter und der Leistungsfähigkeit einer transeuropäischen Verkehrswegeplanung. In engem Zusammenhang mit der Frage der Rechtsverbindlichkeit ist die Tatsache zu sehen, daß die Leitlinien als Entscheidung, die an die Mitgliedstaaten gerichtet ist, erlassen wurden.

49 Dies zeigt deutlich Art. 21 der Leitlinien, wonach die Kommission zu prüfen hat, ob die Leitlinien an die fortschreitende Entwicklung anzupassen sind. 50 Das sich auch anband des relativ bescheidenen Förderumfangs durch die Gemeinschaft dokumentiert. Hierzu§ 7, S. 178 ff. 51 Zu diesen Begriffen umfassend Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, Bd. 1, 1978, S. 91 f. 52 Zu den Vorgaben im einzelnen§ 6, S. 164 ff.

V. Die Umsetzung der Leitlinien als Entscheidung

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V. Die Umsetzung der Leitlinien als Entscheidung 1. Die Rechtsform der Entscheidung im allgemeinen53

Die verkehrsinfrastrukturellen Leitlinien wurden als Entscheidung, die gemäß Art. 24 der Leitlinien an die Mitgliedstaaten gerichtet ist, erlassen. Ebenso verfuhren die Rechtsetzungsorgane im Energieinfrastrukturbereich und im Telekommunikationsinfrastrukturbereich. 54 Die Entscheidung nach Art. 249 Abs. 4 EGV kommt in der Gemeinschaftspraxis allgemein in (zumindest) zwei stark unterschiedlichen Erscheinungsformen vor, nämlich zum einen als individuengerichtete und zum anderen als mitgliedstaatengerichtete Entscheidung. Für den Fall der individuengerichteten Entscheidung kann eine zumindest prinzipielle Vergleichbarkeit zum Verwaltungsakt des deutschen Rechts hergestellt werden,55 da hier regelmäßig ein konkreter Sachverhalt einer konkreten Regelung unterzogen wird. Auf die mitgliedstaatengerichtete Entscheidung paßt dieses Bild dagegen nicht mehr, da solche Entscheidungen regelmäßig abstrakte und für eine Vielzahl von Fällen bestimmte Aussagen für den Geltungsbereich einzelner oder aller Mitgliedstaaten aufstellen. Die mitgliedstaatengerichtete Entscheidung nähert sich damit den gemeinschaftsrechtlichen Rechtsformen der Verordnung56 und Richtlinie57 an. Die Vollzugsnähe der individuellen Entscheidung liegt bei einer derartigen Form nicht mehr vor. 58 Nur durch diesen zweiten, vom Grundsystem an sich entfernten Entscheidungstypus ergibt sich für den Bereich der Leitlinien überhaupt erst die Möglichkeit der Verwendung dieser Rechtsform. Die Leitlinien weisen nämlich vor allem aufgrund ihrer einen Aufgabe, Ziele, Grundzüge und Prioritäten des Politikfeldes festzulegen, keine Gemeinsamkeiten mit einer verwaltungsaktsähnlichen Entscheidung mehr auf. Die Rechtswirkung der Entscheidung wird allgemein durch Art. 249 Abs. 4 EGV geregelt. Danach ist eine Entscheidung in allen ihren Teilen für diejenigen verbindlich, die sie bezeichnet. Die hier vorliegende staatengerichtete Entscheidung kann insbesondere die nationalen Behörden und Gerichte binden und somit 53 Hierzu ausführlich Bockey, Die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, 1998 und Junker, Der Verwaltungsakt im deutschen und französischen Recht und die Entscheidung im Recht der Europäischen Gemeinschaften,1990, insbesondere S. 155 ff. 54 Siehe Fn. I.

V gl. nur Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 463. V gl. Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 460 und Bockey, Die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, 1998, S. 49 ff. Die Gemeinsamkeit besteht hier hinsichtlich des Grades der Verbindlichkeit, jedoch nicht bezüglich der unmittelbaren Rechtswirkung "in" den Mitgliedstaaten, die grundsätzlich nur bei der Verordnung gegeben ist. 57 Bockey, Die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, 1998, S. 52 ff.; dieses Näheverhältnis ergibt sich dann, wenn man die Fortentwicklung der Richtliniendogmatik betrachtet, die herausgearbeitet hat, daß zwischen Ziel, Mittel und Form i. S. d. Art. 251 EGV kaum zu unterscheiden ist und unmittelbar Geltung beanspruchende Richtlinien anerkennt. ss V gl. von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und Europäische Integration, 1996, S. 169 f. 55

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auch für die Bürger der Mitgliedstaaten konkrete - auch nachteilige - Auswirkungen (zumindest59) auch dann haben, wenn der Mitgliedstaat einer eventuellen Verpflichtung aus der Entscheidung nachkommt. 60 Damit handelt es sich insgesamt im Gefüge der rechtlichen Handlungsmöglichkeiten der Gemeinschaft nach Art. 249 EGV neben der Verordnung um denjenigen Rechtsakt, der die größtmögliche Bindung für die Adressaten begründet. 2. Fragwürdigkeit der Rechtsform der Entscheidung für die LeitlinienaufsteUung

Genau daraus ergeben sich rechtliche Bedenken gegen die Einkleidung der Leitlinien in die Rechtsform der Entscheidung. Ausgangspunkt für diese Bedenken sind grundlegende Strukturprinzipien der gemeinschaftsrechtlichen Kompetenzverteilung und -einräumung in Abgrenzung zur Rechtsebene der Mitgliedstaaten. So enthält Art. 249 EGV zunächst eine nicht abschließende Aufzählung der im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Rechtsformen mit verschiedener Regelung der Rechtswirkungen der entsprechenden Rechtsakte. Art. 249 EGV selbst ist aber nach allgemeiner Meinung keine Kompetenznorm, 61 sondern nur eine abstrahierende Definitionsnorm zur generellen Umschreibung der Rechtswirkungen der Handlungsformen. Welche der allgemein vorgesehenen Rechtsformen im konkreten Anwendungsbereich eines Rechtsetzungsverfahrens der Gemeinschaft aufgrund einer kompetenzeinräumenden Norm rechtlich zulässig ist, entscheidet sich dagegen nach den speziellen Normen der einzelnen Politikbereiche. Auch diese Folgerungen ergeben sich aus dem bereits erläuterten62 Prinzip der begrenzten Kompetenzzuweisung, das somit auch bezüglich der Rechtsform über die Reichweite der gemeinschaftlichen Möglichkeiten entscheidet. 63 In den Art. 155 und 156 EGV wird die gemeinschaftliche Handlungsform nicht freigestellt. Es wird vielmehr ausdriicklich nur die Aufstellung von Leitlinien vorgesehen, nicht dagegen der Erlaß von Entscheidungen. Daß die Leitlinien auch als exklusiver Rechtsakt nach Art. 156 Abs. 1 EGV zu verstehen sind, zeigt ein Vergleich mit den übrigen Kompetenzen der Gemeinschaft im Bereich der transeuropäischen Netze nach Art. 156 Abs. 3 EGV. Die dortige Regelung, die sich auf 59 Zur unmittelbaren Anwendbarkeit, die auch im hiesigen Rechtsbereich angenommen wird: Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 460. 60 Schweitzer/ Hummer, Europarecht, 5. Aufl. 1996, Rn. 378 f. 61 Vgl. nur Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 380. 62 Siehe § 3, S. 37 ff. 63 Allgemeine Meinung: Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, § 7, Rn. 380; /psen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 426 f.; Oppermann, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 535; Schweitzer/ Hummer, Europarecht, 5. Aufl. 1996, Rn. 335; Streinz, Europarecht, 4. Aufl. 1999, Rn. 436. Speziell bezogen auf die Entscheidungsform Bockey, Die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, 1998, S. 81.

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Art. 155 Abs. 1 2. und 3. EGV Gedankenstrich bezieht (lnteroperabilität und Finanzierung), spricht abweichend und weitergehend von "Maßnahmen". Bei Verwendung dieser Terminologie wird der Gemeinschaft grundsätzlich eine Wahlfreiheit bezüglich der nach Art. 249 EGV denkbaren Rechtsformen zugestanden.64 Umgekehrt muß also davon ausgegangen werden, daß Art. 156 Abs. 1 EGV, der nur den Begriff der Leitlinien verwendet, gerade nicht von vornherein auf alle denkbaren Rechtsakte nach Art. 249 EGV verweist. Die dennoch erfolgte Umsetzung der Leitlinien in der Rechtsform der Entscheidung bedarf daher einer besonderen Rechtfertigung. Der Rechtfertigungs- und Klärungsbedarf wird durch die gänzlich unterschiedlichen und häufig nur kursorisch begründeten Ansichten in der Literatur bezüglich der rechtsförmlichen Umsetzung der Leitlinien unterstrichen. Erdmenger verweist auf die praktische Zweckmäßigkeit der Rechtsform der Entscheidung.65 Weitere Autoren gehen ähnlich davon aus, daß die Leitlinien in jedweder Rechtsform des Art. 249 EGV umgesetzt werden können. 66 Frohnmeyer ist der Ansicht, daß die Leitlinien grundsätzlich in Form der Richtlinie oder Entscheidung ergehen können67 und sieht interessanterweise dagegen die nicht in Art. 249 EGV genannte Rechtsform des bloßen ,,Beschlusses" als nicht vertragskonform an. 68 Demgegenüber sehen Schweitzer I Hummer gerade gegenteilig für die Leitlinienaufstellung einen Anwendungsbereich lediglich für den Erlaß eines "Beschlusses".69

3. Die Sachproblemadk der rechtlichen Kategorisierung des Plans

Insgesamt zeigt sich hier auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene in anschaulicher Deutlichkeit das Problem der rechtlichen Einordnung eines Plans in das Gefüge rechtlicher Kategorien. Die planungsrechtlichen Leitlinien sind weder ein rein unverbindliches lnstrument,70 noch beanspruchen sie umfassende unmittelbare GelVgl. nur Geiger, Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1995, Art. 189. Rn. 24. Erdmenger, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Kommentar zum EU-lEG-Vertrag, 5. Aufl. 1999, Art. 129 c Rn. 16. 66 So Dieter!Grüter, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 155 Rn. 2; Epiney/Gruber, Verkehrspolitik und Umweltschutz in der Europäischen Union, 1997, S. 36; Ukrow, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), Kommentar zum EUV und EGV, 1. Aufl. 1999, Art. 156 Rn. 5, der - insoweit abweichend - auch rechtlich unverbindliche Rechtsakte - als hinreichend erachtet. 67 Frohnmeyer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 d Rn. 2. 68 Ähnlich Dieter/Grüter, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 2. Aufl. 1999, Art. 155 Rn. 2, die ebenfalls eine Rechtsform des Art. 249 EGV als zwingend ansehen. 69 Schweitzerl Hummer, Europarecht, 5. Aufl. 1996, Rn. 413, die sehr apodiktisch formulieren: "So sieht z. B. Art. 129 c EGV "Leitlinien" vor, die allerdings immer in Form von "Beschlüssen" ergehen." 70 Wie Empfehlung und Stellungnahme nach Art. 249 Abs. 5 EGV. 64

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tung im Sinne eines vollziehbaren Gesetzes/ 1 noch sind sie auf Rechtsvereinheitlichung in den Mitgliedstaaten ausgerichtet72 und sind schließlich auch kaum mit einer Einzelfallentscheidung73 vergleichbar. Um die Rechtmäßigkeit der Umsetzung der Leitlinien als staatengerichtete Entscheidung näher beurteilen zu können, sollten zwei Fragestellungen unterschieden werden. 74 Zunächst stellt sich die Frage, ob die Leitlinien überhaupt in der Form eines Rechtsaktes nach Art. 249 EGV erlassen werden dürfen, oder ob sie nicht als gekennzeichnete "sonstige Rechtshandlung", eben als Leitlinien, erlassen werden müssen. Sodann ist - sofern die Umsetzung in einer Rechtsform nach Art. 249 EGV als grundsätzlich zulässig erachtet wird - weiter zu fragen, welche Rechtsform hierfür in Betracht kommt. 75 Bezüglich der ersten Fragestellung ist folgendes auszuführen: Die vorstehenden Ausführungen haben ergeben, daß die Leitlinien Rechtsakte mit materiell begrenzter Reichweite sind. Bereits daraus ergibt sich, daß eine rechtlich relevante Umsetzung der Leitlinien erforderlich ist. Die Ansicht, daß auch eine politische Festlegung76 denkbar wäre, ist somit abzulehnen. Weiterhin handelt es sich bei den Leitlinien um planungsrechtliche Rechtsakte. Die Schwierigkeit der rechtlichen Handhabung eines solchen Plans ist ein allgemeines Phänomen und Rechtsproblem. Es zeigt sich nunmehr auf europarechtlicher Ebene eine planungsrechtliche Problematik, die im deutschen Recht bereits bekannt und untersucht ist. Dort konnte für das vielschichtige Rechtsphänomen "Plan" ebenfalls keine umfassende und Allgemeingültigkeit beanspruchende Kategorisierung auf der Ebene der Rechtsformen gefunden werden. 77 Pläne finden sich hier in rechtsförmlich unterschiedlichster Ausgestaltung, wobei in Bezug auf die unterschiedliche Rechtslage auf europäischer Ebene sogleich darauf hinzuweisen ist, daß der deutsche Gesetzgeber hinsichtlich der Handlungsform nicht den Begrenzungen aufgrund des Prinzips der begrenzten Kompetenzzuweisung unterliegt. Er kann also eine Planung durch for71 Wie die Verordnung nach Art. 249 Abs. 2 EGV. Das Gemeinschaftsrecht kennt die Unterscheidung zwischen förmlichem Gesetz und Rechtsverordnung allerdings nicht. Aufgrund der generell abstrakten Ausrichtung der Verordnung kann sie dennoch als das "Europäische Gesetz" bezeichnet werden, vgl. Oppermann, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 540; Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 413. n Wie die Richtlinie nach Art. 249 Abs. 3 EGV. 73 Wie die Grundstruktur der Entscheidung nach Art. 249 Abs. 4 EGV. 74 Ähnlich die Vorgehensweise von Jpsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 462 f. bezüglich der älteren Problematik der Behandlung von formal nicht gekennzeichneten Rechtshandlungen. 75 Diese zweite Fragestellung ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß die jetzigen Leitlinien rechtstatsächlich als Entscheidung ergingen. 76 Dies halten zumindest für möglich: Oppermann, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 1474; Rambow, in: Lenz (Hrsg.), Kommentar zum EGV, 1. Aufl. 1994, Art. 129 c Rn. 2 sowie die weiteren in Fn. 13 nachgewiesenen Autoren. 77 V gl. im einzelnen Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, Bd.1, 1978, S. 101 ff.

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melles Gesetz (z. B. Fernstraßenausbaugesetz), durch Satzung (Bebauungsplan, § 10 BauGB) oder auch durch Verwaltungsakt (Planfeststellungsbeschluß, z. B. § 17 FStrG) ermöglichen und so vor allem den Rechtsschutz steuern. Einfach übertragbare Lösungsmöglichkeiten für die Behandlung der Leitlinien sind dem deutschen Recht daher wegen der aufgezeigten Unterschiedlichkeit der Kompetenzordnungen kaum zu entnehmen. Allerdings kann bereits die offenbar immanente Schwierigkeit der rechtlichen Einordnung von Plänen dazu führen, den jeweils zur Aufstellung der Pläne Zuständigen einen gewissen Spielraum einzuräumen. Dieser Spielraum ergibt sich m.E. auf Gemeinschaftsebene bereits aus dem Spannungsverhältnis der Verwendung des Leitlinienbegriffs und der Nennung der typischen Handlungsformen in Art. 249 EGV, die diesen Begriff nicht kennen. Es stellt sich damit die weitergehende Frage, in welchen Rechtsformen die Gemeinschaft überhaupt befugt ist, zu handeln. Insoweit wird allgemein anerkannt, daß neben den in Art. 249 EGV vorgesehenen Rechtsformen weitere Rechtsakte "sui generis" existieren.78 Art und Umfang dieser Rechtsakte sind im einzelnen nicht abschließend geklärt. Da sich die Rechtsform der Entscheidung, die in Art. 249 Abs. 4 EGV definiert wird, in der Praxis der transeuropäischen Netze durchgesetzt hat, bedarf hier nur der Klärung, ob aus Art. 155 und 156 EGV mit der Nennung des Begriffs der Leitlinien ein Verbot der nach Art. 249 EGV etablierten Rechtsformen primärvertraglich festgelegt ist. Dies ist im Ergebnis aber zu verneinen. Denn auch wenn man neben den bekannten Rechtsakten des Art. 249 EGV die Existenz weiterer wie auch immer zu begreifender sonstiger Rechtsakte nicht absprechen kann, so muß doch beachtet werden, daß die Handlungsformen nach Art. 249 EGV dem Leitbild des Gemeinschaftshandeins entsprechen, insbesondere, wenn das Rechtsverhältnis zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten betroffen ist. Bei der Akzeptanz auch sonstiger Rechtsakte handelt es sich daher um eine Ausnahme von diesem Leitbild. Berücksichtigt man ergänzend insofern noch die aufgezeigte grundsätzliche Problematik der rechtsförmlichen Handhabung eines Plans, so ist die rechtliche Einkleidung der Leitlinien in eine nach Art. 249 EGV vorgesehene Rechtsform grundsätzlich nicht zu beanstanden, sondern sogar zu begrüßen. Denn die Verwendung einer nach Art. 249 EGV vorgesehenen Rechtsform führt zur klaren Einhaltung rechtsstaatlicher Anforderungen. Die Möglichkeiten des Rechtsschutzes, Art. 220 ff. EGV, das Begründungserfordernis nach Art. 253 EGV, sowie das Veröffentlichungserfordernis nach Art. 254 EGV knüpfen hieran an. 79 Sofern man der Ansicht80 folgt, die auch bindende Rechtsakte außerhalb der 78 Etwa lpsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 477; Constantinesco, Recht der Europäischen Gemeinschaften I, 1977, S. 582 ff. 79 Die überwiegend angenommene (vgl. Oppermann, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 591; Constantinesco, Recht der Europäischen Gemeinschaften I, 1977, S. 583; bezüglich des Rechtsschutzes vgl. EuGH Rs. 22170, Slg. 1971, 263 ff. (AETR), seither st. Rs.) analoge Anwendung der genannten Rechtsvorschriften auf mit Rechtswirkungen ausgestattete "Beschlüsse" verringert das rechtsstaatliche Defizit, kann aber eine primärvertraglich klar geregelte Rechtslage nicht vollständig ersetzen.

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in Art. 249 EGV vorgesehenen Formen akzeptiert, wäre auch der Erlaß der Leitlinien als Beschluß81 denkbar, aber jedenfalls nicht zwingend. Hierbei handelt es sich allerdings um rein theoretische Erwägungen, da die Praxis die Rechtsform der Entscheidung tatsächlich gewählt hat und hiervon nicht ohne Grund künftig abweichen wird. Die im bisherigen stillschweigend vorausgesetzte Prämisse, daß die Leitlinien auch tatsächlich in der Rechtsform der Entscheidung umgesetzt wurden, bedarf einer näheren Betrachtung. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH82 ist für die rechtliche Qualifizierung eines Rechtsaktes nicht deren Bezeichnung durch die Rechtsetzungsorgane maßgeblich, sondern der Inhalt des Rechtsaktes ist entscheidend. Somit ist die zweite aufgeworfene Frage zu beantworten, welche Rechtsform nach Art. 249 EGV zur Umsetzung der Leitlinien geeignet ist. 83 Insofern ist zunächst ein Blick auf die weiteren nach Art. 249 EGV in Betracht kommenden Rechtsakte aufschlußreich. Hierbei wird deutlich, daß die rechtliche Fassung der planungsrechtlichen Leitlinien in keiner der überkommenen Formen des gemeinschaftlichen Handeins ohne jedwede Friktionen möglich ist, daß die Rechtsform der Entscheidung aber noch am ehesten zur Umsetzung der Leitlinien in Betracht kommt. Schnell als ungeeignet zu qualifizieren sind Empfehlung und Stellungnahme nach Art. 249 Abs. 5 EGV, die schon per definitionem nicht verbindlich sind und damit in die Nähe von politisch relevanten Bekundungen rücken. Dies würde nach dem bisher Ausgeführten- insbesondere mit Blick auf das aufwendige Rechtsetzungsverfahren - nicht dem Ansatz der Leitlinien entsprechen. 84 Die Verordnung hat nach Art. 249 Abs. 2 EGV allgemeine Geltung. Sie ist in allen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Das heißt, daß ein Umsetzungsakt nicht erforderlich ist, sondern die Verordnung aus sich heraus 80 So etwa Oppermann, Europarecht, 2. Auf!. 1999, Rn. 579 ff. m. w. N.; anders aber Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Auf!. 1997, Rn. 470, der bindende Rechtsakte außerhall? des Kataloges des Art. 189 EGVa. F. (jetzt Art. 249 EGV) nur gegenüber Organen und diesen angehörigen Personen der Gemeinschaft für möglich hält. 81 Der Begriff des Beschlusses wird hier nur als Bezeichnung für diejenigen Rechtsakte außerhalb des Kataloges des Art. 249 EGV verstanden (so etwa ausdrücklich Oppermann, Europarecht, 2. Auf!. 1999, Rn. 579). Gelegentlich findet der Begriff ,,Beschluß" dagegen auch als Oberbegriff für jedwedes Rechtshandeln der Gemeinschaft, also auch solches nach Art. 249 EGV, Verwendung (so z. B.: Wagner, Grundbegriffe des Beschlußrechts der Europäischen Gemeinschaften, 1965). Constantinesco, Recht der Europäischen Gemeinschaften, 1977, S. 582, unterscheidet nochmals anders zwischen spezifizierten Beschlüssen (solche nach Art. 249 EGV) und unspezifizierten Beschlüssen. 82 Seit EuGH Rs. 20/58, Slg. 1959, 163, 183 (Phoenix-Rheinrohr); aus neuerer Zeit: EuGH Rs. 307/81, Slg. 1982,3463,3472, Rn. 10 f. (Alusuisse). 83 Vgl. zu dieser Fragestellung auch Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 62 ff. 84 Dies betont zutreffend Frohnmeyer, in: Grabitz I Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 d Rn. 2.

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Gerichte, Behörden und Individuen bindet. Damit läßt sich die Verordnung in ihrer Grundform als das europäische Gesetz bezeichnen. 85 Die Verordnung ist schlicht anzuwenden. Die generell abstrakte, gemeinschaftsweit geltende Regelung gegenüber einem unbestimmten Personenkreis charakterisiert den Rechtsakt der Verordnung. 86 Wie der Inhalt und Anspruch der Leitlinien zeigt, weisen sie mit diesen rechtlichen Determinanten keine Gemeinsamkeiten auf. Sie sind nicht aus sich im Sinne einer Vollzugsfähigkeit anwendbar und wenden sich nicht an einzelne in den Mitgliedstaaten, sondern ausschließlich an die Mitgliedstaaten selbst. Aufgrund des Mangels der Beanspruchung umfassender Rechtswirkung in den Mitgliedstaaten läßt sich schon an der grundsätzlichen Zulässigkeil einer Verordnung zur Realisierung der Leitlinien stark zweifeln. In Randbereichen kommen in der Praxis zwar auch untypische Rahmenverordnungen vor,87 die durch die angesprochenen Mitgliedstaaten erst noch ausgefüllt werden müssen. Solche untypischen Verordnungen rücken allerdings doch schon sehr nah in den Bereich der Richtlinie, so daß zu konstatieren ist, daß die Rechtsform der Verordnung in ihrer grundsätzlichen Ausrichtung nicht zur Umsetzung der Leitlinien brauchbar ist. Die Rechtsform der Richtlinie erscheint demgegenüber zur rechtlichen Umsetzung der Leitlinien schon wesentlich geeigneter. Sie wendet sich wie auch die Leitlinien an die Mitgliedstaaten. Nach der Grundkonzeption der Richtlinie setzt sie lediglich eine Zielvorgabe,88 wohingegen den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und Mittel überantwortet bleibt.89 Da auch die Leitlinien u. a. Ziele der gemeinschaftlichen Tatigkeit im Bereich der Verkehrsnetze formulieren 90 und die Leitlinien selbst in Art. 2 Abs. 1 die Herstellung des Verkehrsnetzes im Zeithorizont 2010 als "Ziel" nennen, scheint sich die Richtlinie dementsprechend zunächst ohne weiteres zur Umsetzung der Leitlinien anzubieten. Zur Terminologie vgl. bereits Fn. 71. So anschaulich Oppermann, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 543. 87 Näher hierzu Bleckmann, in: Ders. Europarecht, 6. Aufl., 1997, Rn. 410 f.; Bockey, Die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, 1998, S. 51 f. 88 Freilich bleibt den innerstaatlichen Stellen nach der Rechtsprechung des EuGH nur sehr begrenzter Spielraum. Beispielhaft können die Urteile EuGH Rs C - 361/88, Slg. I 1991, 2567, 2602 (Luftreinhaltungsrichtlinie/Schwefeldioxid); Rs. C- 59/89, Slg. I 1991, 2607, 2632 (Luftreinhaltungsrichtlinie I Blei) angeführt werden, wonach die Umsetzung einer Richtlinie durch die normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift TA Luft nicht ausreichen soll. Diese Rechtsprechung wirft natürlich letztlich die Frage auf, ob der EuGH sich noch kompetenzgerecht verhält. Kritisch daher insbesondere Lübbe-Wolf!, in: Behrens (Hrsg. ), Umweltschutz in der Europäischen Gemeinschaft, Spannungsfelder zwischen nationalem und europäischen Gemeinschaftsrecht, 1991, S. 127, 148 ff.; Stadie, NVwZ 1994, 435 ff.; Weber, UPR 1992, 5, 8. 89 Sehr zweifelhaft ist bereits, ob eine Trennung zwischen Ziel, Form und Mittel, wie es Art. 249 Abs. 3 EGV vorsieht, überhaupt möglich ist. Hierzu Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 422 ff. m. w. N.; Bockey, Die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, 1998, S. 53 f.; Oldekop, Die Richtlinien der EWG, 1968, S. 117 ff. 90 Vgl. insofern auch den bereits primärvertraglich formulierten Auftrag in Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich EGV. 85

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Bedenken werden aber gegen die Richtlinie als geeignete Rechtsform insofern erhoben, als die Leitlinien über diese Zielformulierungen hinaus auch weitere Elemente enthalten, die gemeinschaftsunmittelbar festgelegt werden, nämlich insbesondere die Festlegung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse sowie ferner auch der Grundzüge und Prioritäten der transeuropäischen Netze. 91 Wirklich durchzugreifen vermögen diese Bedenken allerdings nicht, da sich die Richtlinie nicht zuletzt initiiert durch die Rechtsprechung des EuGH - schon seit langem von dem Idealbild des lediglich zielvorgebenden Rechtsaktes weit entfernt hat und Richtlinien, die detailgenau einen Sachbereich umfassend regeln, 92 vorkommen und mittlerweile praktisch gebilligt werden. 93 Mehr Bedeutung sollte m.E. einem weiteren systematischen Argument zugemessen werden, das gegen die Richtlinien zur Umsetzung der Leitlinien spricht. Die Richtlinie fungiert in der Gemeinschaftsrechtsordnung als Instrument der Rechtsangleichung. 94 Die Richtlinie beabsichtigt primär keinen Selbstvollzug, sondern enthält einen Handlungsauftrag an den nationalen Gesetzgeber, sein nationales Recht entsprechend der Richtlinienregelung anzugleichen, so daß letztlich in der gesamten Gemeinschaft nahezu gleiche Standards herrschen. Die Mitgliedstaaten werden also dazu aufgerufen, die Richtlinie auszuführen, indem sie innerstaatliches Recht beseitigen, modifizieren oder neu schaffen. 95 Dies entspricht indes nicht dem Ansatz der Leitlinien. In Einklang mit den nur begrenzten Kompetenzen der Gemeinschaft haben die Leitlinien einerseits nicht den Ansatz und andererseits nicht die Steuerungskraft, um das Planungsrecht in der gesamten Gemeinschaft zu vereinheitlichen und so erheblich in die gewachsenen (Verwaltungs-) strukturen einzugreifen. Die Leitlinien beziehen sich in ihrem Planungsansatz auf die gesamte Gemeinschaft als solches, nicht auf die nachgeordnete Regelungsebene der Mitgliedstaaten, auf der jede Rechtsangleichung durch Richtlinien ansetzt. Dies schließt zwar an die Mitgliedstaaten gerichtete Rechts91 Frohnmeyer, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 129 d Rn. 2; Jürgensen, Gemeinschaftlicher und nationaler Grundrechtsschutz bei der Realisierung transeuropäischer Verkehrsnetze, 1998, S. 65. 92 Als Beispiel eignet sich die "Schwefeldioxid Richtlinie" (Richtlinie 80/779/ EWG des Rates vom 15. 7. 1980 über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwebestaub ABI. 1980 Nr. L 229 vom 30. 8. 1980, S. 30), die detailgenau Regelungen etwa bezüglich Schadstoffgrenzwerten enthält. Diese Detailgenauigkeit ist letztlich wiederum Grundlage der "unmittelbaren Richtlinienwirkung". 93 Vgl. Oppenrumn, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 551 und 547, der konstatiert, daß die Richtlinie so "in die Nähe der Verordnung gerückt" worden sei; Bleckmann, in: Ders., Europarecht, 6. Aufl. 1997, Rn. 429; Bockey, Die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, 1998, s. 55 ff. 94 Vgl. nur Grabitz, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 189 Rn. 51; Oppermann, Europarecht, 2. Aufl. 1999, Rn. 548 f.; Pipkom, in: Beutler/Bieber/Pipkom/Streil, Die Europäische Union, 4. Aufl. 1993, S. 195. 95 Grabitz, in: Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Stand Oktober 1999, Art. 189 Rn. 51.

V. Die Umsetzung der Leitlinien als Entscheidung

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pflichten nicht aus, diese können aber aufgrundder Sensibilität des planungsrechtlichen Kontextes nicht den Eingriff in das gewachsene Recht der Mitgliedstaaten erreichen. Danach erscheint die Richtlinie nicht als Idealfonn zur Umsetzung der Leitlinien. Aufgrund der Vielgestaltigkeit der Richtlinie ist die Umsetzung der Leitlinien in der Fonn der Richtlinie aber rechtstheoretisch nicht ausgeschlossen. Demnach verbleibt die Rechtsfonn der Entscheidung, die wie eingangs erwähnt in sehr unterschiedlichen Ausgestaltungen angewendet wird. Die hier allein in Frage stehende staatengerichtete Entscheidung hat mit der individuengerichteten Entscheidung, der verwaltungsaktsähnlicher Charakter zukommt, nahezu keine Gemeinsamkeiten mehr. Gegenüber der Verordnung96 hat sie den Vorteil, daß ihr Adressatenkreis durch die Entscheidung selbst bestimmt werden kann und nicht regelmäßig eine Geltung "in" den Mitgliedstaaten gegeben ist. Da die Leitlinien sich an die Mitgliedstaaten wenden, können diese in der Rechtsfonn der Entscheidung klar benannt werden. Gegenüber der Richtlinie eignet sich die Entscheidung insofern besser, als sie sich von Regelungen der Rechtsangleichung unterscheidet und so nicht den Anschein erweckt, daß das nationale Planungsrecht gemeinschaftsweit zu harmonisieren sei. Gegenüber diesen Vorzügen erscheint allerdings bedenklich, daß die Entscheidung per definitionem des Art. 249 Abs. 4 EGV umfassende Verbindlichkeit in allen ihren Teilen für die Adressaten beansprucht. Dies kann leicht eine strengere, materiell weitergehende Bindung der Adressaten suggerieren, als es die Leitlinien kompetentiell vennögen.97 Insofern muß klargestellt werden, daß die Leitlinien selbst Maßstab und Grenze in materieller Hinsicht für die gemeinschaftliche Rechtsetzung sind.98 Der Inhalt der Leitlinien darf das primärrechtlich vorgegebene Regelungsmaß nicht überschreiten und muß die Rechtssphäre der Mitgliedstaaten entsprechend wahren. Die Leitlinien bilden damit eine planungsrechtliche Sonderfonn innerhalb der gemeinschaftlichen Handlungsfonn der Entscheidung, mit der sie nicht einfach gleichgesetzt werden können. 99 M.E. ist daher zu fordern, daß 96 Zur Abgrenzung der Entscheidung zu den übrigen Rechtsakten der Gemeinschaft vgl. insbesondere Bockey, Die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft, 1998, S. 48 ff. 97 Bei einem eingeschränkten Blick allein auf die Rechtsform der Entscheidung wird man wesentlich schneller sehr weitgehende Verpflichtungen, etwa die Pflicht, die ausgewiesenen Vorhaben bis zu einem bestimmten Datum zu realisieren, annehmen, als wenn sofort darauf hingewiesen wird, daß es sich (nur) um materiell begrenzte Leitlinien handelt. 98 Trotz der aufgezeigten strukturellen Unterschiede zwischen deutscher und europäischer Rechtsordnung kann auch insofern ein vorsichtiger Vergleich zu der Feststellung der deutschen Planungsrechtslehre gezogen werden, die treffend ausführt, daß "eine Planaussage nicht dadurch eindeutiger wird, daß sie als Rechtssatz ergeht." Vgl. Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, Bd. 1, 1978, S. 110m. w. N. Man müßte vorliegend in Bezug auf die gemeinschaftliche Entscheidung, die regelmäßig keinen Rechtssatzcharakter hat, vorsichtiger formulieren: "Eine Planaussage wird dadurch nicht eindeutiger, daß sie in verbindlicher Rechtsform ergeht." 99 Vgl. bezogen auf die wiederum ähnliche Problematik im deutschen Recht: Wahl, Rechtsfragen der Landesplanung und Landesentwicklung, Bd. 1, 1978, S. 110. Die andere

II Bogs

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§ 5 Die rechtsdogmatische Einordnung der Leitlinien

die Leitlinien, sofern sie in der Rechtsform der Entscheidung - oder auch Richtlinie - erlassen werden, als Leitlinien zu bezeichnen sind. Dies ist bisher auch geschehen. Eine durchaus denkbare Entscheidung zur Ergänzung der Vorhaben von gemeinsamem Interesse mit dem Titel ,,Entscheidung Nr. . .. zur Festlegung von Vorhaben von gemeinsamem Interesse" wäre nicht zulässig. Solche Vorhaben können nur im Rahmen von Leitlinien festgelegt werden, 100 die dann auch als solche zu bezeichnen sind. Letztlich ist zu konstatieren, daß sich keine der vorgesehenen Rechtsformen vollständig eignet, die Leitlinien in eine rechtlich handhabbare Form zu bringen, so daß auch eine Umdeutung der bisher gewählten staatengerichteten Entscheidung in eine andere Rechtsform nicht in Frage kommt. Die Einkleidung der Leitlinien in eine der gemeinschaftlich typisierend vorgesehenen Rechtsformen ist nicht zu beanstanden, sofern die Leitlinien als solche gekennzeichnet werden. 4. Schlußfolgerungen

Die nun auf Gemeinschaftsebene deutlich werdende Problematik der rechtlichen Handhabbarkeit eines Planungsrechtsaktes führt letztlich zu folgenden Schlußfolgerungen: Die Leitlinien können grundsätzlich in eine der Rechtsformen des Art. 249 EGV eingekleidet werden. Keine der dort vorgesehenen Rechtsformen eignet sich ohne Spannungen, die Leitlinien umzusetzen. Am ehesten eignen sich die Formen der Richtlinie und der staatengerichteten Entscheidung. Die Rechtsetzungsorgane haben sich vorliegend für die staatengerichtete Entscheidung entschieden. Eine Umdeutung in eine andere Rechtsform scheidet mangels eindeutiger Zuordnung aus. Ungeachtet der Rechtsform, in welcher die Leitlinien erlassen werden, können Bindungen der Mitgliedstaaten nicht über das Maß hinausgehen, das durch den Planinhalt der Leitlinien mit ihrem Charakter als grundsätzlichem Orientierungsrahmen bestimmt wird. Insofern kann die Rechtsform der Entscheidung leicht dazu führen, dies zu verwischen. Es ist daher m.E. zu fordern, daß die Leitlinien ungeachtet ihrer Rechtsform als solche ausdrücklich bezeichnet werden.

Im Ergebnis ist damit die Einkleidung der Leitlinien in die Rechtsform der Entscheidung nach der jetzigen Rechtslage nicht zu beanstanden. Bei der Frage der rechtlichen Auswirkungen der Leitlinien auf das nationale Planungsrecht muß allerdings jeweils bedacht werden, daß der rahmenartige planungsrechtliche Leitliniencharakter Inhalt und Ausmaß der Rechtspflichten determiniert. Alternative, eine neue eigene rechtliche Kategorie des Plans als solche zu schaffen, also die Leitlinien als solche zu erlassen, wurde damit auf Gemeinschaftsebene ebenfalls nicht gewählt. 100 Dies ergibt sich aus Art. 155 Abs. 1 1. Spiegelstrich a.E. EGV .,in diesen Leitlinien werden Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausgewiesen." Hervorhebung durch den Verf.

VI. Ergebnis

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VI. Ergebnis Die (infrastrukturellen) Leitlinien verstehen sich als gemeinschaftlicher Planungsrechtsakt mit der Aufgabe, einen nur in Grundzügen materiell durch das primäre Gemeinschaftsrecht determinierten Bereich näher in einem akzeptanzstiftenden Verfahren zu konkretisieren und auszufüllen. Insoweit stimmen sie mit den übrigen im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Leitlinien überein, so daß mit der gebotenen Vorsicht von einer allgemeinen gemeinschaftlichen planungsrechtlichen Rechtsfigur der Leitlinie gesprochen werden kann. Der Inhalt der Leitlinien muß, da auf sehr hochstufiger Planungsebene erlassen, inhaltlich konkretisierungsbedürftig bleiben. Dies ändert indes nichts daran, daß er zu beachten ist, also insofern verbindlich ist. Die infrastrukturellen Leitlinien als gemeinschaftliche, rahrnenartige, aufgabenbezogene, integrierte Verkehrsinfrastrukturplanung bedürfen und beanspruchen hierbei der Umsetzung im Sinne einer weiteren Konkretisierung durch nachfolgende Planungsebene(n). Da die Gemeinschaft in aufgabenbezogener Hinsicht auf die Leitlinienfestlegung kompetentiell beschränkt ist, wenden sich die Leitlinien an die Regelungsebene der Mitgliedstaaten. Diese Rechtsebene wird nicht ersetzt oder angeglichen, sondern vorausgesetzt. Die planungsrechtlichen Leitlinien stehen mit diesem Ansatz in einem Spannungsverhältnis zu den in Art. 249 EGV typisierend vorgesehenen rechtlichen Handlungsformen, die jeweils zur Lösung anderer Konstellationen und Konfliktf